Der Volksgesang in der Altmark: Von der Mitte des 19. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts [Reprint 2022 ed.] 9783112645284


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Der Volksgesang in der Altmark: Von der Mitte des 19. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts [Reprint 2022 ed.]
 9783112645284

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DORIS

STOCKMANN

DER VOLKSGESANG IN DER

ALTMARK

Berichtigung S. 1 \ Z. 3: Wetttrinken S. 86, Z. 9: dem hervorgehobenen Wort S. 314, Z. 15/16: Dem Franzosenkaiser fiel es ein S. 325, Z. 4: Atlas der deutschen Volkskunde S. 380/381, Nr. 142, letzte Spalte: 227, 230,234,252f.,

2034/29

314 1

Stockmann • Der Volksgesang.

DEUTSCHE A K A D E M I E DER WISSENSCHAFTEN ZU BERLIN VERÖFFENTLICHUNGEN D E S I N S T I T U T S FÜR D E U T S C H E

VOLKSKUNDE

B A N D 29

AKADEMIE-VERLAG • BERLIN 1962

DORIS

STOCKMANN

DER VOLKSGESANG IN DER ALTMARK Von der Mitte des 19. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts

AKADEMIE-VERLAG • BERLIN 1962

Erschienen im Akademie-Verlag GmbH, Berlin W 8 , Leipziger Str. 5—4 Copyright 1962 by Akademie-Verlag GmbH, Berlin Lizenz-Nr.: 202 • 100/129/62 Kartengenehmigung: M d l der D D R Nr. 7922/62 Gesamtherstellung: Druckhaus „Maxim G o r k i " , Altenburg Bestellnummer: 2034/29 • E S 1 4 G

Inhalt

Votwort Einleitung

VII IX I. DIE QUELLEN

A. Bisherige Sammlungen altmärkischer Volkslieder 1. Einzelaufzeichnungen und Nachrichten aus älterer Zeit 2. Die Sammlung Parisius um 1850 . . 3. Altmärkische Kinderlieder, Spiele und Volksreime in Sammlungen aus den siebziger und achtziger Jahren 4. Die Sammlungen Gehne und Matthies 1912 5. Die Sammlungen Horenburg, Ehlies und weitere Aufzeichnungen altmärkischer Lehrer 6. Altmärkisches Material aus den Umfragen des Atlas der deutschen Volkskunde 7. Sammlung Schlomka, handschriftliche Tanzbücher, Einsendungen an das Berliner Volksliedarchiv und andere Einzelmaterialien B. Die Neuaufnahme des altmärkischen Liedbestandes 1955

3 3 11 18 20 21 25 25 29

II. DIE SÄNGER UND IHRE UMWELT A. Zur geographischen, sozialen und wirtschaftlichen Struktur der Altmark

41

B. Die Sänger

54

III. SINGGEMEINSCHAFTEN UND SINGGELEGENHEITEN A. Die traditionellen Formen des Singens und ihre Trägergemeinschaften 1. Die altmärkische Koppel als singende Gemeinschaft a) Koppelgang b) Spinnkoppel 2. Lied und Gesang im Arbeitsleben 3. Singen in der Familie 4. Singen^n der kindlichen Spielgemeinschaft 5. Singen im Festbrauchtum 6. Singen auf dem Tanzsaal B. Die von organisierten Verbänden neu geschaffenen Formen des Singens

74 74 80 87 95 102 108 119 149 177

Inhalt

VI

IV. D A S A L T M Ä R K I S C H E

LIEDGUT

A. V o l k s k u n d l i c h e Analyse des 1955 gesammelten Liedgutes 1. D i e L i e d g r u p p e n , ihr prozentualer Anteil a m Gesamtbestand u n d ihre A u f f ä c h e r u n g in G a t t u n g e n 2. Die Verteilung des Liedgutes auf Geschlechter u n d Altersklassen 3. Die A r t e n der L i e d v e r b r e i t u n g in ihren A u s w i r k u n g e n auf Beschaffenheit u n d H a n d h a b u n g des Repertoires 4. D i e Stellung des altmärkischen Liedgutes innerhalb der gesamtdeutschen Überlieferung B. Die W a n d l u n g e n des altmärkischen Liedgutes

223 224 244 257 275 299

ANHANG Verzeichnis der A b k ü r z u n g e n Quellen- u n d Literaturverzeichnis U n g e d r u c k t e Materialien z u m altmärkischen Volksgesang Publikationen z u m Volksgesang, zur Landes- u n d V o l k s k u n d e der A l t m a r k Benutzte Volksliedsammlungen u n d weiteres Schrifttum Verzeichnis des 1955 gesammelten Liedgutes V o r b e m e r k u n g e n zu den Liedtabellen Liedtabelle I Liedtabelle I I

325 327 327 . . . 328 334 351 351 356 482

Register der in d e n Liedtabellen nicht enthaltenen Liedanfänge, Liedtitel u n d T a n z namen 486 Sachregister K a r t e des Sammelgebietes

494

Vorwort

Im Zusammenhang mit der Arbeit an Ludolf Parisius' altmärkisch-magdeburgischer Volksliedsammlung, die — vor rund 100 Jahren zusammengetragen — 1957 endlich ihr Erscheinen erlebte, tauchte der Gedanke auf, in der Altmark noch einmal eine größere Sammelaktion durchzuführen. Im Frühjahr 1955 begann ich diesen Plan zu verwirklichen. Ziel des Unternehmens war es, die Grundlagen für eine monographische Untersuchung des altmärkischen Volksgesanges zu gewinnen. Nach mehrmonatiger Sammelarbeit lag ein reiches Material an Tonaufnahmen, schriftlichen Aufzeichnungen und volkskundlichen Notizen vor. Schon bei der Arbeit im Terrain, mehr noch aber bei der Durchordnung und Transkription des Sammelgutes sowie bei der Auswertung der älteren altmärkischen Literatur zeigte sich, daß mir ein äußerst vielgestaltiger und problematischer Stoff als Untersuchungsobjekt zugewachsen war. Die vorliegende Arbeit — sie wurde 1958 von der Berliner Humboldt-Universität als Dissertation angenommen, inzwischen jedoch in vielen Abschnitten überarbeitet und ergänzt — mußte sich, um zu greifbaren Ergebnissen zu kommen, auf die Behandlung einiger Fragen beschränken. Sie ist ein Versuch, den Volksgesang einer deutschen Landschaft innerhalb eines fest umgrenzten Zeitabschnittes in seinem Wesen und Leben und in seiner historischen Bedingtheit zu verstehen. Von der ersten Sammelfahrt bis zur Fertigstellung der letzten Manuskriptseite stand diese Arbeit unter der Obhut der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin. Ihr, insbesondere dem Institut für deutsche Volkskunde und seinem Leiter, Professor Dr. Wolfgang Steinitz, der dieses Unternehmen unterstützte und verständnisvoll förderte, gilt an erster Stelle mein Dank. Manchen nützlichen Rat auf volkskundlichem Gebiet ließen mir meine Arbeitskollegen im Institut für deutsche Volkskunde wie auch Mitarbeiter des Instituts für Volkskunstforschung Leipzig zuteil werden. Danken möchte ich an dieser Stelle vor allem Dr. Reinhard Peesch, der warmen Anteil am Werden dieser Arbeit genommen hat und mich in vielen Einzelfragen sachkundig beriet, und meinem Mann, Dr. Erich Stockmann, von dem die Anregung zur Neuaufnahme des altmärkischen Liedgutes ausging. Letzterer hat auch an einigen Sammelfahrten teilgenommen und die Erhebungen bei altmärkischen Tanzmusikern, von denen in dieser Untersuchung nur ein kleiner Teil verwertet wurde, durchgeführt. Durch Hinweise, Auskünfte auf Anfragen und sonstige Hilfe haben mich darüber hinaus dankenswerterweise zahlreiche Fachkollegen unterstützt, die — sofern ihre Angaben in diese Untersuchung aufgenommen wurden — jeweils an den betreffenden Stellen genannt sind. An Institutionen habe ich dem Deutschen Volksliedarchiv Freiburg i. Br., dessen Leiter Prof, Dr. Erich Seemann

VIII

Vorwort

mir während eines 14tägigen Arbeitsaufenthaltes das Archivmaterial bereitwillig zur Verfügung stellte, sowie der Handschriften-Abteilung an der Universitäts- und Landesbibliothek Halle für die mehrmalige unbefristete Überlassung der Sammelmaterialien Ludolf Parisius' besonders zu danken. Nicht zuletzt gilt mein Dank allen altmärkischen Gewährsleuten, Sängern und Nichtsängern, Privatpersonen und Dienststellen, die durch ihr freundliches Entgegenkommen und ihre nie ermüdende Auskunftsfreudigkeit diese Arbeit nicht nur unterstützten, sondern überhaupt erst ermöglichten. Berlin, Ostern 1961

Doris Stockmann

Einleitung

Seit der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts sind in fast allen deutschen Landschaften von zahlreichen Wissenschaftlern und Liebhabern Volkslieder gesammelt worden. Auch die Altmark hatte um 1850 in dem Gardelegener Juristen und Politiker Ludolf Parisius ihren ersten und gleichzeitig bedeutendsten Sammler gefunden, und wie unser Quellenbericht erweist, war sie auch danach der allgemein aufblühenden Sammelfreudigkeit ein ertragreiches Betätigungsfeld, so daß heute aus diesem kleinen Gebiet rund 4000 Einzelaufzeichnungen vorliegen. Diese wie in der Altmark so aus den verschiedensten Gegenden Deutschlands in jahrzehntelanger Sammelarbeit zusammengetragene Volksliedernte, die teilweise in landschaftlichen Publikationen ihren Niederschlag fand, zum größeren Teil jedoch unveröffentlicht blieb und weitgehend in Archiven zusammengefaßt wurde (ihre seit 1914 bestehende Zentralstelle, das Deutsche Volksliedarchiv Freiburg, vereinigt gegenwärtig rund 300000 Aufzeichnungen), bildet für die wissenschaftliche Forschung eine bedeutsame Materialgrundlage. Dessenungeachtet ist der Ruf nach neuen Sammlungen bis in die Gegenwart nicht verstummt und die intensive Erforschung des Volksgesanges kleinerer landschaftlicher Räume immer wieder mit Nachdruck gefordert worden. Mit dem Aufstieg der Volkskunde und Volksliedforschung nach der Jahrhundertwende haben sich neue Betrachtungsweisen und Arbeitsmethoden herausgebildet, die an Sammlung und Forschung gleichermaßen neue und höhere Ansprüche stellen. Diesen modernen Anforderungen genügen die unter anderen Aspekten zusammengetragenen älteren Volksliedsammlungen größtenteils nicht. Vornehmlich in drei Punkten erweisen sie sich als unzureichend und ergänzungsbedürftig. Während erstens die moderne Volksliedforschung ein möglichst getreues Bild vom Volksgesang einer Siedlungsgemeinschaft oder Landschaft anstrebt, bieten die meisten älteren Sammlungen bewußt Auswahlen, die durch einen zu engen Volksliedbegriff, durch den subjektiven Geschmack des Sammlers oder andere Umstände bedingt sind. Unter Bevorzugung bestimmter Gattungen, z. B. der Ballade, und möglichst schöner, altertümlicher und vollständiger Fassungen, die notfalls gewaltsam hergestellt wurden, zeigen sie einen willkürlichen Ausschnitt, aber kein typisches Bild vom Singgut ihres Sammelgebietes. Zweitens ist die in neuerer Zeit in den Blickpunkt des Interesses getretene volkskundliche Seite der Liedforschung, die das Volkslied in seinem vollen Wesen und Leben verstehen und seine Zugehörigkeit zu den Menschen, ihrer Heimat und ihren Bräuchen erkennen will, in den älteren Sammlungen kaum berücksichtigt. Sie sind meist reine Stoffsammlungen, arm an Mitteilungen über Sänger und Singgelegenheiten, über die Zusammenhänge des Lebens

X

Einleitung

und der Gemeinschaft, in denen ein Lied erklingt. Der dritte Punkt, in dem die älteren Volksliedsammlungen den heutigen Ansprüchen der Forschung nicht genügen, sind die Melodien. Abgesehen davon, daß durch mangelnde Beteiligung von Fachmusikern die Zahl der aufgezeichneten Weisen im Verhältnis zu den Texten ungleich gering ist 1 , bieten die notierten Melodien meist nur ein sehr unvollkommenes Abbild des tatsächlich Erklungenen. Die Aufzeichner neigten im allgemeinen zu einer den Normen der Kunstmusik angenäherten Notierungsweise, die Unebenheiten glättet, Dehnungen oder Verkürzungen negiert usw. Angaben , über den konkreten Klang, über Tempo, Dynamik, Vortragsart, spontane Mehrstimmigkeit usw. fehlen meist völlig. Diese Seite des Singens hat erst seit der Entwicklung mechanischer Aufzeichnungsgeräte, besonders des Magnetophons, stärkere Beachtung gefunden. Die Tonaufnahme und die planmäßige Beobachtung und Untersuchung des Singvorganges, der Art und Weise der Liedgestaltung ist neben dem Studium der volkskundlichen Zusammenhänge und dem Bemühen um ein realistisches Bild vom Liedgut eines Sammelgebietes ein wesentliches Anliegen moderner landschaftlicher Sammlung und Forschung. Aufzeichnungen, welche Rhythmus, Tonalität, Vortragsart usw. protokollgemäß genau und reichhaltig wiedergegeben, und Verzeichnisse oder Sammlungen, die zeigen, wie sich das Liedgut der Sänger, Orte und Landschaften zusammensetzt, sind seit einigen Jahrzehnten von namhaften Gelehrten immer wieder gefordert worden 2 . Fruchtbare Ansätze zur Verwirklichung der angedeuteten Ziele finden sich in einigen Untersuchungen zum Singgut und Volksliedleben einzelner Sängergruppen, Dörfer oder Landschaften, die — teilweise auf neuen Sammlungen fußend — vornehmlich während der zwanziger und dreißiger Jahre unternommen wurden. Genannt seien besonders die Arbeiten von Fritz Spieser (Das Leben des Volksliedes im Rahmen eines Lothringerdorfes, Bühl-Baden 1934) und Martha Bringemeier (Gemeinschaft und Volkslied, Ein Beitrag zur Dorfkultur des Münsterlandes, Münster 1931). Sie brachten für die volkskundliche Seite der Liedforschung fruchtbare Ergebnisse 3 . Spiesers soziographische Untersuchung des Dorfes Hambach stützt Innerhalb des altmärkischen Materials beispielsweise betrug der Anteil der Melodieaufzeichnungen bislang nur 1 4 % . Durch unsere eigene Sammlung (mit rund 700 Melodiefassungen) ist er auf knapp 3 0 % angewachsen. 2 Vgl. z. B. Arthur Hübner in seiner methodisch wegweisenden Schrift „Die Lieder der Heimat", Breslau 1926, und Walter Wiora in mehreren seiner Arbeiten. 3 Vgl. weiterhin auch die bereits 1 9 1 5 erschienene kleine Abhandlung über das Spessartdorf Weibersbrunn von Johann Ruppert, ferner die Untersuchungen von Max Beck (Vom waldeckischen Volkslied, Bad Wildungen 1933), Paul Klein (Volkslied und Volkstanz in Pommern, Greifswald 1935), Anna Loschdorfer (Volkslieder aus der deutschen Kolonie Veszpremfajsz im südlichen Bakonyerwald in Ungarn, Das dt. Vld. 3 7 , 1 9 3 5 , S. 89, 109 und 131), Kurt Huber (Volkslied und Volkstanz im bajuwarischen Raum, Dt. Musikkultur 3, 1938, S. 7 6 - 8 7 ) , Otto Mahr (Das Volkslied im bäuerlichen Jahr der Rhön, Frankfurt 1939), Ernst Klüsen (Das Volkslied im niederrheinischen Dorf, Potsdam 1940) - u. a. — Parallelen zu dieser Entwicklung der Volksliedforschung finden sich auch auf anderen Gebieten der Volkskunde, z. B. in der Erzählforschung (vgl. die Arbeiten Brinkmanns, Hains und Henßens). 1

Einleitung

XI

sich — a u ß e r auf eigene statistische E r h e b u n g e n — auf die w e g w e i s e n d e L o t h r i n g e r V o l k s l i e d s a m m l u n g des H a m b a c h e r Pastors L o u i s P i n c k (4 Bde., 1926—1939), die a u c h eine R e i h e p h o n o g r a p h i s c h e r A u f n a h m e n u m f a ß t u n d m i t i h r e m u m f a n g reichen u n d v o l k s k u n d l i c h a u f s c h l u ß r e i c h e n A n m e r k u n g s t e i l als M u s t e r b e i s p i e l einer landschaftlichen L i e d s a m m l u n g gelten k a n n 1 . V o r b i l d l i c h f ü r die m u s i k w i s s e n schaftliche E d i t i o n u n d Analyse eines geschlossenen L i e d r e p e r t o i r e s w u r d e v o r allem G e o r g S c h ü n e m a n n s S a m m l u n g u n d U n t e r s u c h u n g „ D i e L i e d e r der d e u t s c h e n K o l o n i s t e n in R u ß l a n d " ( M ü n c h e n 1923), der bis h e u t e in D e u t s c h l a n d nichts Gleichwertiges a n die Seite gestellt w u r d e 2 . D i e so v i e l v e r s p r e c h e n d eingeleitete E n t w i c k l u n g geriet d u r c h d e n K r i e g ins Stocken. M a n c h e a n g e f a n g e n e A r b e i t blieb u n v o l l e n d e t ; viele Sammelmaterialien w u r d e n v e r n i c h t e t . E i n i g e s r u h t n o c h h e u t e u n a u s g e w e r t e t in A r c h i v e n 3 , a n d e r e s ist inzwischen veröffentlicht w o r d e n 4 . U b e r h a u p t h a t m a n sich w ä h r e n d der letzten J a h r e in D e u t s c h l a n d allenthalben b e m ü h t , die in der landschaftlichen V o l k s l i e d s a m m l u n g u n d - f o r s c h u n g e i n g e t r e t e n e Stagnation z u ü b e r w i n d e n 5 . E i n e r g a n z e n R e i h e v o n A u s g a b e n liegen n e u e A u f z e i c h n u n g e n z u g r u n d e 6 . B e s o n d e r s v e r d i e n s t v o l l ist die erstmalige V e r ö f f e n t l i c h u n g v o n T o n a u f n a h m e n a u t h e n t i s c h e n V o l k s g e s a n g e s 7 . W o r a n es in der d e u t s c h e n V o l k s 1

Schon vorher hatte Augusta Bender in ihren „Oberschefflenzer Volksliedern" (Karlsruhe 1902) die Lebens weit des Liedgutes wenigstens andeutungsweise mitzuerfassen versucht, und Carl Köhler und J o h n Meier hatten sich in ihren „Volksliedern von der Mosel und Saar" (Halle 1896) um ein getreues Abbild landschaftlichen Singens bemüht. 2 Die bedeutenden Publikationen des Auslands, z. B. Ungarns, bleiben hier außer Betracht. — Was in Deutschland außer Schünemanns Arbeit an musikwissenschaftlichen Untersuchungen zeitgenössischen oder älteren landschaftlichen Liedgutes erschien (z. B. Max Böhm, Volkslied, Volkstanz und Kinderlied in Mainfranken, N ü r n b e r g 1929; Willi Schwinn, Studien zur Sammlung „Fränkische Volkslieder" von Franz Wilhelm von Ditfurth, München 1939; Ernst Imbescheid, Die Melodien der Volkslieder in Oberhessen, ungedr. Diss. Gießen 1941), brachte keine befriedigenden Ergebnisse. Hierher gehört auch noch Klusens 1953 erschienene Schrift Der Stammescharakter in den Weisen neuerer deutscher Volkslieder. 3 So z. 5 . die umfangreiche Tonbandsammlung von Quellmalz und Bose aus Südtirol. 4 Vgl. die Angaben bei Salmen, Die Volksliedforschung in Deutschland und Österreich seit 1955, Zs. f. Vkde. 56 (1960), S. 243. 5 Vgl. z. B. die Arbeiten von Walter Salmen über Westfalen: Ergebnisse und Aufgaben der Volksliedforschung in Westfalen nach 1945 (Rhein.-westf. Zs. f. Vkde. I, 1954, S. 258 bis 262), Das Volkslied in Westfalen, seine Geschichte und Eigenart (Der Raum Westfalen, Bd. IV/1, Münster 1958, S. 155 — 188), besonders aber den kurzen, Grundsätzliches enthaltenden Aufsatz im Rhein. J b . f. Vkde. 3 (1952), S. 135 — 144, der am Beispiele Westfalens wesentliche Aufgaben heutiger landschaftlicher Liedforschung umreißt. 6 Vgl. Zs. f. Vkde. 56 (1960), S. 242 ff., wo auch die zahlreichen österreichischen Veröffentlichungen (z. B. die Sammlungen Kliers aus dem Burgenlande) angeführt sind. ' Neben der von Constantin Brailoiu in der Reihe Collection Universelle als N r . 40 herausgegebenen Schallplatte mit Sing- und Spiel gut einiger deutscher Landschaften besonders Johannes Künzigs Sammlung Ehe sie verklingen . . ., Freiburg 1958, seit 1962 auch die 4 Langspielplatten Deutsche Volkslieder, hg. v o m D V A , W. Wiora u. a.

XII

Einleitung

liedforschung der Nachkriegszeit bislang noch mangelt, sind Monographien, gründliche Untersuchungen von Dörfern und Landschaften auf Grund neuen Sammelmaterials, das die ganze Breite volkstümlichen Singens widerspiegelt. Vorerst sind nur wenige Arbeiten erschienen, die in diese Richtung tendieren 1 . So ist die von uns 1955 in der Altmark durchgeführte Sammelaktion und die aus ihr erwachsene Untersuchung das erste Unternehmen nach dem Kriege, das den Versuch unternimmt, ein größeres deutsches Siedlungsgebiet auf Grund neu gewonnenen Materials im Sinne moderner Volksliedforschung zu erschließen. Aus den erwähnten Monographien der zwanziger und dreißiger Jahre und den eben genannten Publikationen kann unsere Arbeit methodisch und sachlich manche Anregung entnehmen. In einigen Fragestellungen berührt sie sich mit Spiesers Untersuchung. Im ganzen aber geht sie eigene Wege. Ihr Anliegen und ihre Ziele seien im folgenden kurz dargelegt. Im Gegensatz zu- den älteren Landschafts- und Dorfuntersuchungen, die in der Regel nur die momentane Lage der Erscheinungen berücksichtigen, gingen wir von der Voraussetzung aus, daß unserer Sammelaktion als lebensgesättigter Aufnahme eines zeitlich und örtlich begrenzten Befundes eine mehrgerichtete, vor allem geschichtliche Vertiefung — auf Grund der vorhandenen Quellen — zu folgen habe, wodurch die beobachtete Augenblickssituation in das feste historisch-geographische Koordinatensystem von Raum und Zeit gestellt und das bei der Aufnahme registrierte Geschehen als Teil eines geschichtlichen Gesamtverlaufes erkennbar wird 2 . Unser Untersuchungsgebiet 3 erwies sich für eine solche Zielsetzung in mancher Hinsicht als geeignet. Obgleich die Altmark keineswegs zu den Landschaften gehört, in denen man eine besondere Buntheit und Fülle volkstümlichen Überlieferungsgutes vermutet, hat sie durch die Zeiten des Niederganges bis in die Gegenwart mit erstaunlicher Zähigkeit beachtenswerte Reste alter ländlicher Singtraditionen und Musizierpraktiken bewahrt. Diese Tatsache setzt eine gewisse Kontinuität der Über1

2

4

Neben kleineren Veröffentlichungen zum Liedschatz einzelner Sänger (z. B. von Hans Commenda und Johannes Künzig) oder über einzelne gesangbegleitete Bräuche (z. B. Rhein.westf. Zs. f. Vkde. 4, 1957, S. 231—255) sind besonders einige Untersuchungen zum Kinderlied in der Großstadt zu nennen, so die methodisch neuartige Wege gehende Studie von Reinhard Peesch über Das Berliner Kinderspiel der Gegenwart (Berlin 1957) sowie zwei weitere, uns bisher leider nicht zugänglich gewesene Arbeiten von Ruth Lorbe (Das Kinderlied in Nürnberg, Nürnberg 1956 = Nürnberger Forschungen, Bd. 3) und H. M. Gärtner (Das Kinderspiellied, Lieder aus dem alten Essen, in: Das Münster am Hellweg 9, Essen 1956). In der Formulierung dieser Gedankengänge folgen wir Friedrich Sieber, der sich in einem 1960 innerhalb der Sektion für Völkerkunde und deutsche Volkskunde an der Deutschen Akademie der Wissenschaften zum Thema „Gruppe und Funktion" gehaltenen, unveröffentlichten Diskussionsbeitrag über die oben angedeutete Problemstellung äußerte. Bei seiner räumlichen Abgrenzung ließen wir uns von der Überlegung leiten, daß nur innerhalb eines größeren, aber fest umgrenzten und dank seiner relativ einheitlichen wirtschaftlich-sozialen und geographischen Struktur noch einigermaßen überschaubaren Raumes verbindliche Ergebnisse gewonnen werden können.

Einleitung

XIII

lieferung voraus, die denn auch durch die vorhandenen Quellen weitgehend bestätigt wird. Ein wesentlicher Grund für den bis in unsere Zeit verfolgbaren Traditionszusammenhang liegt in der ökonomisch-gesellschaftlichen Struktur unserer Landschaft. Als im wesentlichen landwirtschaftlich bearbeitetes und im Verhältnis zu Mitteldeutschland dünnbesiedeltes, industriearmes Gebiet hat die Altmark von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis zum Ende des zweiten Weltkrieges — da von der Industrialisierung und ihren Auswirkungen nicht unmittelbar betroffen — ihr wirtschaftliches und kulturelles Gesicht nur langsam verändert. Erst nach 1945 vollzog sich in diesem Agrarland durch die Bodenreform (1945/46) und die Kollektivierung der Landwirtschaft (1952—1960) ein tiefgreifender Strukturwandel, der Wirtschaftsform und Sozialgefüge grundlegend änderte. Dieser Entwicklungsprozeß, der noch heute nicht abgeschlossen ist, verlief in mehreren Etappen. Unsere Aufnahme aus dem Jahr 1955 spiegelt ein inzwischen der Vergangenheit angehörendes Stadium wider, als zwar die Bodenreform schon durchgeführt war, die sozialistische Umgestaltung der Landwirtschaft und der Dörfer aber gerade erst begonnen hatte. Was wir damals beobachten und sammeln konnten, bestätigt nicht nur die Erfahrung, daß sich die Auswirkungen derart umwälzender wirtschaftlich-politischer Ereignisse im kulturellen Bereich erst allmählich abzeichnen, sondern zeigt auch, daß der Entwicklungsrhythmus des Volksgesanges wie überhaupt der Volkskultur immer mit einer gewissen Phasenverschiebung zur historischgesellschaftlichen Aktualität verläuft, was mit der Zähigkeit der Überlieferung, mit dem langen Prozeß des Volkläufigwerdens und vielen anderen Faktoren zusammenhängt. So fanden wir im Aufnahmejahr — namentlich innerhalb der älteren Generation — eine noch ziemlich intakte mündliche Tradition vor, mit Liedern aus den ersten vier Jahrzehnten unseres Jahrhunderts und aus noch früherer Zeit, während das nach 1945 neugeschaffene bzw. neubelebte Singgut (Jugend- und Massenlieder, Gesänge der Arbeiterbewegung usw.), das — neben anderen Liedern — innerhalb der neuentstandenen Volkskunstgruppen, Betriebs- und Schulchöre gepflegt wurde, damals gerade erst anfing, sich auszubreiten. Da inzwischen mit der Gesamtentwicklung auch die Neugestaltung des Kulturlebens besonders auf dem Lande ständig und mit großer Schnelligkeit fortgeschritten ist — die ersten Ansätze dazu hatten wir 1955 beobachten können —, dürften sich die letztgenannten Lieder seither zunehmend verbreitet haben, ein Teil des alten mündlich tradierten Singgutes hingegen endgültig verschwunden sein. Doch läßt sich das nur auf Grund erneuter Aufnahmen definitiv sagen. Wer unsere Sammlung, die neben zahlreichen volkskundlich interessanten Notizen 1000 Lied- und Instrumentalmusikaufzeichnungen (größtenteils Tonaufnahmen) und über 100 genaue Repertoireverzeichnisse von Sängern aller Altersklassen und verschiedener sozialer Herkunft aus rund 30 Dörfern und Städten der Altmark erbrachte, richtig verstehen will, muß sie als Momentaufnahme am Beginn eines sozialen und politischen Umwandlungsprozesses von größtem Ausmaß sehen. Mehr kann und will sie nicht sein. So betrachtet, bietet sie einen reichhaltigen Überblick über das im Aufnahmejahr innerhalb unseres Untersuchungsgebietes gesungene Liedgut, das

XIV

Einleitung

ungeachtet seines Charakters, seiner Herkunft und Verbreitungsart aufgezeichnet oder registriert wurde. Da wir sowohl bei der Inventarisation im Terrain als auch später bei der Untersuchung des Materials — gemäß den neueren Erkenntnissen volkskundlicher Forschung — weniger vom ,Volkslied' als von den singenden Menschen ausgingen, die als Gruppen für uns volkskundlich-soziologisch faßbar und unterscheidbar sind (Familien, Koppeln, Spielkameradschaften der Kinder, Arbeitsgemeinschaften, Volkskunstgruppen, Gesangvereine usw.), schien uns alles, was innerhalb dieser Gruppen singend geschieht, der Aufnahme bzw. Registrierung wert, also alle von ihnen gepflegten Formen des Singens und alle dabei gesungenen Lieder, seien es nun ,Volkslieder' oder ,Kunstlieder', Jugendlieder' oder ,Männerchorlieder', .Arbeiterlieder', .Massenlieder', ,Heimatlieder' oder gar Schlager' 1 . Uns ging es u. a. darum, zu zeigen, wie der Mensch sich das Leben in der Gemeinschaft gestaltet und wie er dabei das Lied benutzt. Dazu mußte das volkstümliche Singen unserer Zeit, das sich — unter Benutzung von Sangesgut unterschiedlichsten Charakters — teilweise geradezu untraditionellen Formen zugewandt hat, in seiner ganzen Vielschichtigkeit erfaßt werden. In der bisherigen landschaftlichen Liedforschung war das in dem Maße nicht üblich. Alles was nicht zum Volkslied und zu den traditionellen Formen des Singens im engeren Sinne gehörte, wurde entweder beiseite gelassen oder nur am Rande behandelt. Inzwischen aber haben Rundfunk und populärer Musikbetrieb auf der einen und organisierte Verbände zur Pflege des Singens auf der anderen Seite mit den ihnen eigenen Formen des Gesanges und der Liedverbreitung das traditionelle Volksliedsingen so weit zurückgedrängt, daß es nicht mehr angemessen erscheint, sie nur im Nebensatz oder mit einer Fußnote abzutun. Wie alle Zweige der Volkskunde hat auch die Volksliedforschung die Aufgabe, sich auf die veränderte Situation, die durch Industrialisierung und Technisierung, durch Organisation und allgemeine Schulung entstanden ist, ein- und umzustellen. N u r so ist eine reale Einschätzung des Volksgesanges in unserer Zeit möglich. Daß sich dieses Verfahren auszahlt, erweist unsere Materialanalyse, die üur Klärung der Sachlage einen kleinen Beitrag liefern kann. In diesem Zusammenhang sei auf den bereits mehrfach gebrauchten und auch im Titel dieser Untersuchung erscheinenden Terminus Volksgesang, der einen wesentlichen Teil unseres Forschungsanliegens beinhaltet, eingegangen. Dieser Begriff 1

Diese absichtlich bunt gehaltene und keineswegs vollständige Aufzählung gebräuchlicher Bezeichnungen, die die verschiedensten Seiten und Charakterzüge der Lieder benennen, zeigt, daß es einen umfassenden Terminus für die in unseren Tagen im Volke gesungenen Lieder nicht gibt. Obzwar der Geltungsbereich des Volksliedbegriffes seit seinem Bestehen umstritten ist, sind es zweifellos nicht alles Volkslieder, weder im engeren noch im weiteren Sinne. Vgl. dazu u. a. E. H. Meyer, D i e Intonation im deutschen Volkslied, Aufsätze über Musik, Bln. 1957, S. 1 0 4 - 1 6 8 , W. Wiora, Das echte Volkslied, Heidelberg 1950, und Der Untergang des Volksliedes und sein zweites Dasein, Musikalische Zeitfragen, Heft 7 , 1 9 5 9 , S. 9—25. S. auch M. Braun, Das Volkslied als philologisches Problem, D i e Welt der Slawen III (1958), S. 1 - 1 3 und W. Steinitz in Dt. Jb. f. Vkde. I V (1958), S. 50 ff.

Einleitung

XV

umfaßt und bezeichnet sowohl das gesungene Lied (die schriftlich fixierbare Textund Melodiegestalt) als auch den Gesang oder besser das Singen des Liedes, das uns in seinen gesellschaftlichen Erscheinungsformen (Koppelgesang, Heischegesang, Schulgesang usw.) ebenso interessiert wie in seinen spezifisch musikalischen. Somit verstehen wir unter Volksgesang das volkstümliche Singen als Gesamterscheinung, umfassend das Singgut (und zwar alle im Volke gesungenen Lieder), das in verschiedenen Formen sich abspielende Leben dieses Singgutes (seine Bindungen an bestimmte Gelegenheiten und Bräuche) und schließlich den konkreten musikalischkörperlichen Vorgang des Singens (die Vortragsart samt Tempo und Dynamik, Gefühlscharakter und allen Feinheiten rhythmischer Gestaltung). Dieses volkstümliche Singen in seinen verschiedenen Arten und Formen innerhalb des festumgrenzten landschaftlichen Raumes Altmark darzustellen, ist das eine Ziel unserer Untersuchung, wozu uns besonders unsere eigenen Sammelmaterialien die nötigen Grundlagen liefern. Die Situation des Volksgesanges, wie wir sie 1955 in der Altmark aus eigener Anschauung kennengelernt haben, kann aber nur dann richtig verstanden und eingeschätzt werden, wenn wir sie — und damit kommen wir zu dem anderen, früher schon angedeuteten Anliegen unserer Untersuchung — historisch sehen, als Resultat einer langen und vielschichtigen Entwicklung. Dieser in volkskundlichen Abhandlungen bislang vernachlässigte Aspekt 1 ist in methodisch wegweisenden Schriften der letzten Jahrzehnte immer wieder als wesentlich hervorgehoben und auch für die landschaftliche Volksliedforschung gefordert worden. Das seit dem vorigen Jahrhundert zusammengetragene Sammelgut ermöglicht es heute, die historische Betrachtungsweise anzuwenden, dem geschichtlichen Wandel landschaftlichen Singens in Lied und Brauch nachzugehen. In der Altmark sind, wie schon bemerkt, die Voraussetzungen für ein solches Unternehmen nicht ungünstig. Von einzelnen zufällig erhaltenen Dokumenten aus der Zeit vor 1850 abgesehen, liegen seit der Mitte des 19. Jahrhunderts — neben zahlreichen Materialien kleineren Umfangs — neun größere Liedsammlungen vor, die, zum überwiegenden Teil unveröffentlicht oder in abgelegenen Druckwerken publiziert, bislang ein unbeachtetes Schattendasein führten. Diese Sammlungen bilden neben unseren eigenen Aufzeichnungen eine ausreichende Grundlage, um einen Überblick über Charakter und Veränderungen des altmärkischen Liedgutes während der letzten hundert Jahre zu gewinnen. Gerade in diesem durch die Quellenlage diktierten Untersuchungszeitraum aber, zugleich einem charakteristischen Abschnitt in der Entwicklung des neueren deutschen Volksgesanges, hat nicht nur das Liedgut, sondern das volkstümliche Singen als ganzes bedeutsame Wandlungen durchgemacht, die mit den wirtschaftlichen und sozialen Umwälzungen aufs engste zusammenhängen. Sie am Beispiel der Altmark — soweit

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Die historisch orientierten Untersuchungen von Fritz Günther (Die schlesische Volksliedforschung, Breslau 1916) und Johannes Künzig (Das Volkslied in Baden einst und jetzt, ungedr. Diss., Heidelberg 1921/22; Auszug in: Jb. d. Philos. Fakultät d. Univ. Heidelberg 1921/22, 1. Teil, S. 46—49) beschränken sich im wesentlichen auf eine Geschichte der Volksliedsammlung in den betreffende^ Landschaften.

XVI

Einleitung

es das vorliegende Material erlaubt — zu verfolgen, die einzelnen Entwicklungszüge herauszustellen und die bewegenden Kräfte zu erkennen, die den im Aufnahmejahr beobachteten Zustand herbeigeführt und geformt haben, ist nicht zuletzt das Ziel unserer Arbeit. Mit den Mitteln volkskundlich-soziologischer, historischer sowie geographisch- und philologisch-vergleichender Betrachtungsweise versuchen wir dieser Aufgabe — aufbauend auf den vorhandenen Quellen (Kapitel I) — in drei Themenkreisen gerecht zu werden: Die Sänger und ihre Umwelt (Kapitel II), Singgemeinschaften und Singgelegenheiten (Kapitel III) und schließlich (Kapitel IV) Das altmärkische Liedgut, sein Charakter und seine Wandlungen von der Mitte des 19. Jahrhunderts bis an die Schwelle unserer Zeit.

I. D I E Q U E L L E N

A. Bisherige Sammlungen Altmärkischer Volkslieder

Ein Abriß der Volksliedsammlung und -forschung in der Altmark existiert bisher nicht. Es erscheint daher nützlich, unserer Untersuchung einen Überblick über den Bestand an altmärkischen Liedaufzeichnungen (gedruckten wie handschriftlichen Materialien) vorauszuschicken. Wie schon angedeutet, beginnt in unserer Landschaft die Geschichte der wissenschaftlichen Beschäftigung mit dem Volkslied um 1850, als Ludolf Parisius seine ersten Aufzeichnungen zu Papier brachte. Die meisten der von ihm gesammelten Lieder werden vor der Aufnahme schon eine erhebliche Zeit unter der altmärkischen Bevölkerung gelebt haben. Doch können wir darüber nur Vermutungen anstellen, da sich schriftliche Zeugnisse über das Leben des Volksliedes aus früherer Zeit nur sehr spärlich finden.

1. E i n z e l a u f z e i c h n u n g e n u n d N a c h r i c h t e n aus älterer Zeit Das früheste aus der. Altmark erhalten gebliebene Liedzeugnis 1 , eines der ältesten historischen Volkslieder in niederdeutscher Sprache, schildert „den Sieg, welchen die Stendaler Bürger am 3. November 1372 über die ,Harzgrafen' von Wernigerode und Regenstein und die Magdeburger Mannen unter Führung des Ritters Busso von Erxleben erfochten, als diese zum Rauben und Plündern mit mehreren Hundert Reitern in die Altmark einfielen" 2 . In der altmärkischen Literatur ist über den Einfall # der Harzgrafen und das damit zusammenhängende Lied viel geschrieben worden, von den Chronisten Christoph Entzelt und L u d w i g Goetze über Heinrich Christoph Steinhart und Ludolf Parisius bis hin zu Paul L. B. Kupka und Rudolf von Kalben. 1

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Das von Ludwig Götze, Urkundliche Geschichte der Stadt Stendal, S. 157, ohne Herkunftsangabe angeführte Geißlerlied Nu tredet her de boten willen stammt offensichtlich nicht aus altmärkischen Quellen, sondern ist der Magdeburger Schöppenchronik entnommen (vgl. dazu Arthur Hübner, Die deutschen Geißlerlieder, Berlin-Leipzig 1931, S. 154f.). Doch dürften die Lieder der Flagellanten während der Pestjahre auch in der Altmark nicht unbekannt geblieben sein, zumal 1349 ein Zug von Büßern von Magdeburg her zum wundertätigen Kruzifix nach Bismark wallfahrte. Dietrichs-Parisius, Bilder aus der Altmark, Bd. 2, Hamburg 1883, S. 221 f. Eine Abschrift des Liedes und Bemerkungen dazu befinden sich in Parisius' nachgelassenen Papieren auf der Universitäts-Bibliothek Halle (Signatur: Yi 5a).

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Die

Quellen

Mit einigen Äußerungen sollen die Genannten hier zu Wort kommen. „Auf den Straßen von Stendal und in den Dörfern bis über die Deetzer Landwehre hinaus erklang der Gesang der vermutlich von einem Stendaler . . . gedichteten, von Mund zu Mund getragenen Verse" 1 . Die erste Strophe lautet: Herr Busse von Erxleven sik vermat wel up dem Huse, da he sat: „Were ik vifhundert starke, ik wolde so viele köe weghaln, wel ut der olden marke." Liliencron, der das zehnstrophige Lied in „Historische Volkslieder der Deutschen vom 13. bis 16. Jahrhundert" (Bd. I, 1865, S. 84 ff.) abdruckt, bemerkt dazu S. 86: „Die Sprache des Liedes, wie es vorliegt, mag etwa dem 16. Jh. angehören." Nach der Mitte des 16. Jahrhunderts, „als das Lied im Volksmunde drohte auszusterben" 2 , hat der Stendaler Rat — nach einer allerdings „sonst unbeglaubigten Bemerkung des Stendaler Chronisten Ludw. Goetze" 3 — „eine Niederschrift auf einem Pergamentblatt, befestigt auf einer Holztafel, an der Wand der Ratsstube zu Jedermanns Einsicht öffentlich ausgestellt" 4 . Von Kalben zitiert den Chronisten Entzelt 5 : „die a l t e n Bauern singen das Lied n o c h " 6 und schließt daraus, daß das Lied damals schon seltener gesungen worden sei, ja daß vielleicht Entzelt die Niederschrift für die Ratsstube geliefert habe, um das Lied zu erhalten. Ein weiteres Lied findet sich in den Prozeßakten über den großen Brand Tangermündes im Jahre 1617, der in der altmärkischen Literatur ebenfalls ausgiebig behandelt wird. Mit der Tangermünder Patriziertochter Grete Minden und ihrem Mann Tonnies Meilahn wird auch der Burger Müllerknecht Merten Emmert angeklagt und später, wie Parisius nachweist — unschuldig, hingerichtet. Von ihm heißt es in einem der Gerichtsprotokolle im Zusammenhang mit seinem lockeren Lebenswandel, daß er •„. . . auch sonsten Lieder dichtet und schreibt, wie deren ein Exemplar Nr. 18 bei den Akten vorhanden ist . . ," 7 . Parisius hat die letzten fünf Strophen des siebenstrophigen Liedes, das in zwei geringfügig differieren1

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Rudolf von Kalben, Zur Geschichte der Familie von Kalben, 53. Salzwedler Jahresbericht (1939), S. 14. V o n Kalben, a. a. O., S. 16. Paul L. B. Kupka, Neues über den rühmlichen Sieg der Stendaler Mannschaft im Jahre 1372, Stendaler Beiträge, Bd. I (Neudruck 1931), S. 221. Von Kalben, a. a. O., S. 16. Magister Christ. Entzelts Chronicon der Altmark 1579, hg. von P. L. B. Kupka, Stendal 1925 (Faksimile-Ausgabe). Das angeführte Zitat, das sich im Abschnitt „Der fünffte Stamm der Markgraffen zu Brandenburgk" findet, lautet im Original: „ V o n diesem einfall singen die alten Bawren noch / von dem Herrn zu Falckenstein. Item / Busso von Erxleuen." Dietrichs-Parisius I, S. 90 ff.

Bisherige Sammlungen alimärkischer den Fassungen lauten 1 :

Volkslieder

den Gerichtsakten beiliegt, mitgeteilt. Strophe

5 eins bis

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Hort zu ihr Christen iunck vnd alt was icht uon gott will heben an kürzlig wilig beschlisen dis meine gesanck mit schal lasset euch nicht ver drisen vnd gebet dem armen balt vnd las eucht nicht vergessen das ihr kriget dem tron vnd den ewigen lohn das eucht der herre wirt schenken Die woltaht christ zu erkennen er hat seine geselscap schone beweist mit vater söhn vnd heiliger geist ein gott der drei namen hat genent den dinet fleissig tag vnd nacht das ihr nicht verloren wert amen schrei alle gläubigen herzen gottes wort ist kein scherz Lasset vns bessern es ist grose Zeit die axt schonne an dem bomme leit drei Ruten sind vorhanden krich pestelenze und teuwervng sint das nicht straf vnd plage nuch in vnsern deuchen lande. Dieses Lied zeigt, daß der unschuldig Gefangene, der sich die Zeit mit der Niederschrift von geistlichen Sprüchen, Liedern und Gebeten verkürzte, an diesen modelte und vergessene oder auf seine Situation nicht passende Zeilen und Strophen durch eigene Formulierungen ersetzte 2 . In diesem Zusammenhang sei auch ein Spottlied aus dem Jahre 1738 auf den in Salzwedel amtierenden Kriegs-, Domänen- und Steuerrat Titius, unter dessen despotischem Regimente die Salzwedeler Bürger viel zu leiden hatten, erwähnt. Das 1

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Wiedergegeben nach Fotokopien der beiden Originale, die mir Dr. Gerhard RichterStendal freundlicherweise zur Verfügung stellte. — Unter der letzten Liedstrophe (Wer ist der vns das litlein sanck / Ein armer gefange wirt er genant / Mertin Emmert ist er wolbekant / gottes name get durg das deuche land / durg iesum Christum amen) ist in einem der beiden mit zahlreichen Figuren bemalten Originale (im Besitz des Tangermünder Heimatmuseums, Fotografische Teilwiedergabe in: Unsere Heimat I, 1959, S. 216f.) zu lesen: Merten Emmerts handtschrifft vnd gemehlte so ehr im gefengnis, da ehr in vinculis ist, gemacht den 25. Feber 1619. Vgl. besonders die letzte Strophe.

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Die Quellen

13strophige Lied, das nach Titius' Tode 1 in Salzwedel bekannt wurde, lautet in der 1., 2., 5. und 6. Strophe 2 : Piep, Titze, piep. Du bist tor Straffe riep, Hört man doch an allen Enden, Dat du bist in's Schinners Händen. Piep, Titze, piep. Du warst jo so keck, Nu ligst du doch in Dreck, Du woltst alle Ding umkehren, J a dat gantze Land verheeren, Bistu noch so keck? Awerst de dick dett In dinen Kopp het sett't Alto strenge to regeren Un de Armoth nich to hören, Fällt mit di in Dreck. Schämen mot't se sick, 't Land freut sick met mick, Gott hebb Danck in't Himmels Schloße, Dat wy di sint worden loße, 't Land freut sick met mick. Der Verfasser bezeichnet sich in der Unterschrift als guter Freund, „de et mit de olde Marek sehr wohl meenet". Auf Spottlieder und -reime scheinen sich die Altmärker zu allen Zeiten recht gut verstanden zu haben. So berichtet Götze (Urkundliche Geschichte der Stadt Stendal, 1 2

E r beging, nachdem er beim König in Ungnade gefallen war, Selbstmord. Der volle Wortlaut des Liedes sowie Einzelheiten zum Fall Titius im 23. Salzwedler Jahresbericht (1893), 2. Heft, S. 120 — 124. — Das vermutliche Textvorbild zu diesem Spottliede findet sich in dem Kinderreim Piep, Schahper, piep! Dreimal um'n Diek, Dreimal um de Korschenkähren (Kirschkerne) Kleine Mäkens danzen gähren. Piep, Schahper, piep! Siehe Firmenich, Germaniens Völkerstimmen I, S. 162 (aus der Magdeburger Börde), ferner Winter, Magdeburger Geschichtsbll. 10 (1875), S. 314, Hölzer Nr. 86, Harzer Volkslieder Nr. 61. Vgl. auch die verschiedenen Varianten bei Frischbier, Preußische Volksreime (Nr. 519): Piep, Blaurock, piep, und Piep, Dänen, piep, die auf bestimmte historische Ereignisse gedichtet wurden.

Bisherige Sammlungen altmärkischer

Volkslieder

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S. 332) aus der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts über zwei ähnliche, gegen den Stendaler Rat und den damaligen Bürgermeister Nicolaus Goldbeck 1 gerichtete Schmähschriften, von denen die eine ebenfalls in Liedform abgefaßt ist: Nun ist Stoltbecken Raet vollenbracht, / so er und sein Anhangk haben erdacht usw. Auch aus der Franzosenzeit und aus den Märztagen des Jahres 1848, als sich die Stendaler Bürgerschaft in zwei Lager spaltete, von denen das eine für die Republik, das andere für die konstitutionelle Monarchie eintrat, sind eine Reihe von Spottreimen überliefert 2 . Noch zwei andersgeartete Zeugnisse altmärkischer Reimlust, die uns Parisius aus dem vorigen Jahrhundert mitteilt 3 , seien angeführt. In dem altmärkischen Elbdorfe Buch (Kreis Tangerhütte) wütete 1844 eine Feuersbrunst, die 76 Haushaltungen in Schutt und Asche legte, und im darauffolgenden Jahre brachen die Elbdeiche und überfluteten die wenigen vom Feuer verschont gebliebenen Häuser des Dorfes und die ganze Feldmark. Diese für die Dorfbewohner recht traurigen Ereignisse sind vom Tagelöhner Güldenpfennig und von dem im Dienste des Ortsschulzen stehenden Hütejungen Andreas Stürmer in langen Liedern besungen worden, wobei Letztgenannter der notvollen Lage des ihm anvertrauten Viehs bei der Überschwemmung in einer besonderen Strophe liebevoll gedenkt 4 . Inwieweit diese mehr oder weniger geschickten Reimereien von den Buchern aufgegriffen und gar gesungen worden sind, wissen wir nicht, doch sind es Zeugnisse der künstlerischen Auseinandersetzung einfacher Menschen mit einem sie bewegenden Erlebnis 5 . Sind die hier mitgeteilten Einzelaufzeichnungen und Nachrichten — mehr oder weniger zufällig festgehaltene Mosaiksteinchen aus einem weitaus vielschichtigeren 1

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Er setzte ein bereits bestehendes Verbot über das Bierzapfen zu unziemlichen Zeiten (z. B. an Sonntagen, bevor in der Marienkirche das Salve regina gesungen war), über Wettrinken und andere verderbliche Spiele verschärft in Kraft. Vgl. Götze, a. a. O., S. 556, 524, 547 und unten S. 311 ff. Dietrichs-Parisius I, S. 126 f. Mich dauert nur das Arme Vieh, / wo stand es jemals nasser ? / Nur wenig stand bis an die Knie, / sonst bis %um Bauch im Wasser. Daß die Altmark auch eine Reihe von Dichtern hervorgebracht hat, deren Lieder allgemein Verbreitung fanden, sei nur am Rande erwähnt. Außer einigen geistlichen Liederdichtern sind vor allem Christoph August Tiedge (1752 — 1841), dessen Schöne Minka, ich muß scheiden und An Alexis send ich dich eine Zeitlang in aller Munde waren, und Johann Wilhelm Jakob Bornemann (1767—1851) mit seinem Jägerlied Im Wald und auf der Heide zu nennen. Bornemann, der vieles in plattdeutscher Mundart schrieb, hatte übrigens nach 1809 in Zelters Berliner Liedertafel das Amt eines „Tafelmeisters" inne, mit der Verpflichtung, für festliche Anlässe Tafellieder zu verfassen, deren über 60 — z. T. von bedeutenden zeitgenössischen Komponisten, u. a. C. M. v. Weber, vertont — erhalten sind (nach freundlicher Mitteilung von Dr. Edwin Nitter-Gardelegen, vgl. auch Altmarkbote III, 1958, S. 88—92). — In die Reihe der über die engere Heimat hinaus bekannt gewordenen Altmärker gehört auch der aus Gardelegen stammende Couplet-Dichter und -Sänger Otto Reutter, während die Nachfolger Bornemanns in der Dialektdichtung (vgl. dazu K. Lehrmann und W. Schmidt, Die Altmark und ihre Bewohner, Bd. I, S. 280 ff.) in ihrem Wirkungskreis wohl durchweg beschränkt blieben.

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Die

Quellen

Liedschatz — auch spärlich genug, so setzen sie doch einige Richtpunkte in das Dunkel der älteren altmärkischen Überlieferung, dies um so mehr, als die Quellen nicht nur die Lieder wiedergeben, sondern auch manchen Zug des Volksliedlebens miterfassen. A l s bewahrende, mitgestaltende oder sogar schöpferisch wirkende Trägergruppen lernen wir die von Entzelt im Zusammenhang mit dem Busso von Erxleben-IÄed erwähnten „alten Bawren" kennen 1 , ferner einen Müllerknecht, Tagelöhner und Hütejungen und schließlich das Stadtvolk Stendals und Salzwedels, das sich in Spottliedern über unliebsame Ratsherren lustig macht. Zu ergänzen ist dieses Bild noch durch einige weitere Nachrichten über das Musikleben in den Städten. Wenn auch in der Altmark (die als Grenzland und Siedlungsgebiet germanischer und slawischer Stämme jahrhundertelang in kriegerische Auseinandersetzungen verwickelt war und die überdies manchen Kampf zwischen ihren eigenen staatlichen und kirchlichen Obrigkeiten zu bestehen hatte) das kulturelle Leben nicht so stetig blühte wie in den alten deutschen Stammlanden, so entwickelten sich doch schon früh zahlreiche geistige Zentren, in denen Musik und Gesang nicht zu kurz kamen 2 . Pflegestätten des Singens waren neben Kirchen und K l ö s t e r n 3 v o r allem die Schulen der größeren Städte, namentlich die Gymnasien zu Stendal und Salzwedel, bei denen mehrere Jahrhunderte hindurch Singechöre und Kurrenden bestanden 4 . Sie hatten 1

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Ob der in Entzelts kurzer und etwas unklar formulierter Bemerkung genannte Herr von Falckenstein als weiteres zum Repertoire der alten Bauern zählendes Lied zu betrachten ist oder als Tonangabe zum Busso-lÄed oder auch nur auf einer Verwechslung des Chronisten beruht, ist schwer zu entscheiden. Das erstere wäre möglich, da die FalckensteinBallade im niederdeutschen Raum allenthalben verbreitet war (vgl. Paul Alpers, Untersuchungen über das alte niederdeutsche Volkslied, Jb. d. Vereins f. niederdt. Sprachforschung 38, 1912, S. 30 ff., und DVldr. Nr. 21). Eine Musikgeschichte der Altmark ist bisher nicht geschrieben. Doch lassen die diesbezüglichen Bemerkungen in der einschlägigen Heimatliteratur (vgl. u. a. Götze, Geschichte des Gymnasiums zu Stendal; ders., Urkundliche Geschichte der Stadt Stendal; Danneil, Kirchengeschichte der Stadt Salzwedel; ders., Geschichte des Gymnasiums zu Salzwedel; Pohlmann und Stöpel, Geschichte der Stadt Tangermünde) vermuten, daß sich das Wirken eines Adam Ileborgh von Stendal (seine 1448 geschriebene Tabulatur, jenes früheste und so merkwürdig isoliert stehende Zeugnis hochentwickelter norddeutscher Orgelkunst, wurde erst vor einigen Jahren vollständig veröffentlicht, vgl. MGG, Bd. 6, Sp. 1040ff.) vor einem breiten und musikhistorisch interessanten Hintergrund entfaltete. Über die Musikpflege in den zahlreichen altmärkischen Klöstern und Stiften sind die Nachrichten recht spärlich. Quellen, die über das Singrepertoire dieser Gemeinschaften Aufschluß geben, fehlen leider völlig. So berichtet Götze, Urkundliche Geschichte der Stadt Stendal, S. 217ff. zwar, daß die Augustinerinnen des 1456 gestifteten Katharinenklosters wegen Abweichungen von den Ordensregeln in Gesang, Zeremoniell und Tracht mit dem Stendaler Rat und der kirchlichen Obrigkeit in Konflikt gerieten, aber worin diese Abweichungen bestanden, erfahren wir nicht. Vgl. u. a. Götze, Geschichte des Gymnasiums zu Stendal, besonders S. 52ff. und 175ff., Danneil, Kirchengeschichte der Stadt Salzwedel, S. 214, Dietrichs-Parisius I, S. 197ff. Nach Götze waren beide Einrichtungen ihrem Wesen nach gleich. Sie dienten dem Zweck,

Bisherige Sammlungen altmärkischer

Volkslieder

9

— wie anderswo auch — nicht nur im öffentlichen Gottesdienst zu singen, sondern daneben noch eine ganze Reihe weiterer, z. T. recht zeitraubender Singgelegenheiten wahrzunehmen, wobei Choristen 1 und Kurrendanern 2 unterschiedliche A u f gaben zufielen. Zu den hauptsächlichen außerkirchlichen Obliegenheiten gehörten das an bestimmten Tagen der Woche stattfindende Umsingen v o r den Chorhäusern der Stadt 3 , die Umzüge zu Martini, zum Gregorienfeste, in der Weihnachtszeit, auch am Neujahrstage, das Singen bei Hochzeiten und nicht zuletzt bei Begräbnissen 4 . Obgleich von der Obrigkeit zeitweise scharf bekämpft, hielten sich diese Bräuche, die für die schlecht besoldeten Lehrer und die ärmeren Schüler eine wichtige Einnahmequelle bildeten, jahrhundertelang. Die Leichenbegleitungen z. B. — sie staffelten sich je nach Zahl der mitwirkenden Sänger und nach A r t des ausgeführten Zeremoniells in „halbe" und „ganze Schulleichen" (auch „Chorleichen" genannt) —wurden selbst in den ärgsten Seuchenzeiten nicht aufgegeben, was zu erheblicher Dezimierung der Schüler- und Lehrerschaft führte. Folgende Nachricht findet sich im Pestjahr 1636 im Kirchenbuche von St. Petri 5 : „Johannes Lüdecke, des Pastoris Sohn von Garlip, ein Schüler, welcher die gantze Sterbenszeit über ausgehalten, und etzliche viel hundert hat helffen hinsingen und christlicher und ehrlicher Weise zu Grabe bringen . . . ist er ihnen endlich gefolget die Michaelis archangeli 29. Sept. 1636." Kein Wunder, daß dies der altmärkischen Bevölkerung jahrhundertlang vertraute Bild im Liede fortlebte: Schön Hannchen sangen die Schäler ins Grab und Schon

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den Kirchengesang zu heben und den ärmeren Schülern Unterstützung zu verschaffen. Die Stendaler Kurrende wird unter diesem Namen zuerst 1578 erwähnt. Die Institution selbst jedoch reicht weiter zurück. Obgleich die Domschule Stendals erst im 14. Jahrhundert urkundlich erwähnt wird, ist von Scolaren, die als „Chorales" beim Gottesdienst zu singen hatten, seit 1283 die Rede (vgl. Götze, a. a. O., S. 3). Die Stendaler Kurrende hat bis 1798 bestanden, der Schülerchor bis 1829. Der Salzwedler Chor löste sich 1830 auf. Auch in den kleineren Städten bestanden zeitweise ähnliche Einrichtungen, z. B. in Seehausen und Tangermünde (vgl. Pohlmann, Geschichte der Stadt Tangermünde, S. 270, 81, 88, 265, und Götze, a. a. O., S. 177). Die älteren Schüler unter Leitung des Kantors. Gute Choristen waren übrigens begehrt und wurden, wenn Mangel herrschte, aus Sachsen, Thüringen und anderen Gegenden herbeigerufen. Nicht uninteressant ist, daß sowohl Johann Friedrich Danneil, der bedeutende Salzwedler Gelehrte und Schulmann, als auch Johann Joachim Winckelmann als Gymnasiasten den Singechören ihrer Schulen angehörten. Letzterer hatte 1734—35, damals knapp 17jährig, das Amt des Stendaler Chorpräfekten inne. Vgl. Götze, Geschichte des Stendaler Gymnasiums, S. 175 f., und Wilhelm Danneil, Zur Erinnerung an Joh. Fr. Danneil. Die unter der Leitung des Kurrendeküsters stehenden kleineren Knaben, meist Kinder ärmerer Bürger, die zum Schulbesuch auf den Erlös aus der Chorkasse angewiesen waren. Diejenigen Häuser, deren Bewohner Geldspenden zugesagt hatten. Vgl. Götze, Geschichte des Stendaler Gymnasiums, S. 38f., 52ff., 59, 144, 175ff., 179, 182, 184, 187 und 247. Von den drei Gregorientagen wurde — nach Götze — in der Altmark nur der 12. März auf diese Weise gefeiert. Götze, a. a. O., S. 88.

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Die

Quellen

Hannchen singen die Schüler nach heißt es in zwei Fassungen der UlingerhzMz&e (ParisiusAusgabe Nr. 550 und 682). Ähnliches findet sich in anderen Liedern. Beispielsweise ist in den Martinsgesängen [Marten-Marten-Vöggelken) bis zum heutigen Tage von „Schülern" und „Studenten" die Rede: Papier und Posamenten, / hier stöhn de jung Stodenten oder Marie, Marie, m&k open de Dör, / stahn pdr arme Schöler vor Dör (Salzwedel, 1955). Eine andere interessante Wendung, die auf die Choristen und ihre Bräuche hinweist, findet sich in einem auf die Frage 40 des Atlas der deutschen Volkskunde eingesandten Martinslied aus Schönberg (Kreis Seehausen). Statt der sonst üblichen Formulierung m will hüt ämd noch wieder jähn / bet vor NäbersDör heißt es dort: bet vor Stapels Dör, / Stapel Dör de is nich lviet usw. Dieser merkwürdige Ausdruck bezieht sich auf jenes oben erwähnte Umsingen in der Weihnachtszeit, das man „Stapeln" nannte 1 . Sowohl die Stendaler wie die Salzwedler Gymnasiasten pflegten diesen Brauch. Parisius, der in den Bildern aus der Altmark 2 dem Salzwedler Gymnasium einen ausführlichen Abschnitt widmete, beschreibt ihn folgendermaßen: „Alljährlich um Weihnachten zogen die Choristen auf das Land und in nähere und entferntere hannoversche, mecklenburgische und preußische Städte und ersangen sich viel Geld." Während die Sänger bei ihren Umgängen in der Stadt meist lateinische Lieder oder Choräle sangen 3 , um dadurch „vor anderen Bettlern" erkannt zu werden (Götze, a. a. O., S. 52), dürften bei den „auf eigene Hand" durchgeführten Sängerfahrten, die nach Parisius zwar Mitte des 18. Jahrhunderts verboten wurden, sich aber noch bis weit ins 19. Jahrhundert hinein hielten, auch damals bekannte und beliebte Volkslieder erklungen sein, zumindest auf den Dörfern 4 . Die Art und Weise, in der sich diese mehrwöchigen Überlandreisen abwickelten, werden sich von den Sängerfahrten der Burger Betteljungen, denen Parisius zahlreiche Lieder ablauschte 5 , nicht allzusehr unterschieden haben 6 .

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Danneil (Wb., S. 210), der das staopeln der Chorschüler extra anführt, erklärt es als „stapfen = hochbeinig gehen, in welchem Sinne es auch noch hie und da gebraucht wird. Na! ivatt staopelst denn in'n Dreck rümml" Bd. I, S. 196 ff. Auch im Gottesdienst-Repertoire der Kurrendaner und Choristen standen seit der Reformation lateinische Psalmen, Antiphonen, Responsorien und deutsche Gesänge nebeneinander. Ebenso wurden bei den Feierlichkeiten zur Einweihung des neuen Tangermünder Schulhauses im Jahr 1609 außer einer Motette und einem lateinischen Hymnus zwei deutsche Lieder gesungen: Herr Gott, du bist von Ewigkeit und Komm, beiliger Geist. Vgl. Pohlman, S. 265, und Götze, a. a. O., S. 89. Das ist schon deshalb mit ziemlicher Sicherheit anzunehmen, weil das Singen von weltlichen Liedern, leichtfertigen gesengen, reutter- und bulenliedern seit dem Bestehen der Schülerchöre und Kurrenden immer wieder ausdrücklich untersagt wird (vgl. u. a. G. Schünemann, Geschichte der deutschen Schulmusik, 2. Aufl., Leipzig 1931, S. 130,133). Vgl. Parisius-Ausgabe, S. 190ff. Da in den letzten Jahrzehnten des Bestehens der Schülerchöre und Kurrenden das Überhandnehmen vagierender Choristen allenthalben beklagt wird (vgl. z. B. Götze, a. a. O., S. 176fF. und Nachtrag), ist es nicht ausgeschlossen, daß sich unter den Burger Sängern solch ein ehemaliger Chorschüler befand.

Bisherige

Sammlungen

altmärkischer

Volkslieder

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Trotz mancher interessanter Einzelheiten über die Singgewohnheiten und Bräuche der Kurrendaner und Choristen, v o n denen die älteren altmärkischen Quellen anschaulicher berichten als v o n anderen volkstümlichen Singgemeinschaften, bleibt unser Wissen über das v o r dem 19. Jahrhundert in der Altmark verbreitete Singgut recht lückenhaft und theoretisch. Die ersten aus wissenschaftlichem Interesse aufgezeichneten Lieder unseres Untersuchungsgebietes, mit denen w i r etwas festeren Boden unter die Füße bekommen, stammen aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Sie finden sich in Erk-Böhmes Liederhort (Bd. II, Nr. 5 1 7 : Als ich an einem Sommertagin Erk-Irmers Sammlung (Bd. III/H. 1, Nr. 6 6 : Lieben Brüder, wo kommt ihr her* sowie Bd. II/H. 3, Nr. 4 0 : Juchhei! Hochtied, un Hochtied is hät3 und bei Karl Voretzsch 4 . Weitere handschriftliche Aufzeichnungen enthält das ErkMaterial 5 , mehrere v o r der Jahrhundertmitte aufgezeichnete Stücke auch Parisius' Sammlung 6 .

2. D i e S a m m l u n g Parisius u m 1 8 5 0 Das umfangreiche Material der Parisius-Sammlung 7 , rund 900 Einzelaufzeichnungen, liegt seit 1957 — herausgegeben v o n Ingeborg Weber-Kellermann — zum größten Teil gedruckt v o r 8 . Die beigefügte Notiz lautet: „von altmärkischen Bauernburschen beim Husarenkorps 1813 gehört. A. Kretzschmer's Nachlaß". Das gleiche Lied findet sich später (mit der Melodie Steh ich in finstrer Mitternacht verbunden) in Friedrich Gehnes Sammlung (Die Altmark und ihre Bewohner II, S. 372). 2 Quellenangabe: „mündlich aus Seehausen in der Altmark". 3 Der Text stammt von Wilhelm Bornemann (Gedichte in plattdeutscher Mundart, 1. Aufl. 1.810, 4. umgearb. Aufl., Berlin 1827), die Melodie „vielfach mündlich aus dem Brandenburgischen". 4 Siehe dazu unten S. 27. 5 Nach freundlicher Mitteilung von Erich Seemann, wofür ich an dieser Stelle herzlich danke, sind es die Nummern E 1 4 6 9 8 - 7 0 7 , 1 2 3 2 3 - 2 7 , 13489, 14784 und 14973 (aus dem Landkreis Salzwedel), E 1345, 4530,18241a und 18243a (aus dem Kreis Gardelegen), E 1 2 2 8 7 - 2 9 1 und 12294 (aus dem Kreis Stendal) sowie E 77, 110, 209, 301, 365, 443, 702, 776, 866, 922, 1063, 1172, 1181, 1323, 1354, 1482, 1520, 1525, 1663, 2061, 2864, 3117, 3601, 4531, 4 7 7 4 , 1 2 5 9 6 - 9 8 , 1 4 6 5 6 , 1 8 2 2 3 , 1 8 2 2 6 , 1 8 2 3 5 und 18246 (aus dem Landkreis Osterburg). Außerdem sind im Freiburger Volksliedarchiv noch sechs A-Nummern (handschriftliche Aufzeichnungen verschiedener Einsender) vorhanden. * Einige Aufzeichnungen Krügers, die in Salzwedel und im Hansjochenwinkel während der dreißiger und vierziger Jahre gemacht wurden (vgl. Parisius-Ausgabe, S. 609ff.). 7 Im Besitz der Hallischen Universitätsbibliothek, Sign. Yi 5a. 8 Ingeborg Weber-Kellermann: Ludolf Parisius und seine altmärkischen Volkslieder. Herausgabe der Melodien von Erich Stockmann. Veröff. d. Inst. f. dt. Vkde. a. d. D A d W zu Berlin, Bd. 10. Akademie-Verlag Bln. 1957. Die Ausgabe enthält 273 Liedtypen in 782 Fassungen (davon 221 mit Melodie). Nicht mit veröffentlicht wurden die von Parisius selbst nur als Randerträgnisse seiner Sammelarbeit gewerteten Kinderspiele, -lieder 1

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Die Quellen

1879 hatte Parisius selbst im 19. Jahresbericht des Altmärkischen Vereins für vaterländische Geschichte zu Salzwedel ein erstes Heft seiner Lieder veröffentlicht 1 . Ihm sollten weitere Hefte folgen. Doch ließen berufliche Verpflichtungen dem inzwischen in Berlin lebenden Politiker und Juristen nicht genügend Muße, seine Volksliedausgabe fortzuführen. Nach seinem Tode im Jahre 1900 übernahm sein jüngerer Vetter, der Pfarrer Max Parisius, die Sammlung und bereitete sie zum Druck vor, ohne jedoch einen Verleger für dieses Unternehmen zu finden. 1911 hielt der Hettstedter Pastor Friedrich Sannemann auf dem 4. Kongreß der Internationalen Musikgesellschaft in London ein Referat 2 über das druckfertige Sammelwerk (281 Volksliedtexte und über 150 Melodien, die Varianten nicht gerechnet). Obgleich er darauf hinwies, daß das preußische Kultusministerium für die Drucklegung einen angemessenen Beitrag zugesagt habe, war auch jetzt kein Verlag bereit, das dickleibige Manuskript zu übernehmen. So kam das Material durch Vermittlung Karl Voretzsch' und im Einvernehmen mit John Meier in die damals unter Gustav Roethes Leitung stehende Preußische Volkslied-Commission, die es durch Voretzsch im Mai 1921 der Hallenser Universitätsbibliothek übergab. In der umfangreichen Einleitung, die Ingeborg Weber-Kellermann ihrer Parisiusausgabe vorausschickt, werden „Geschichte und Anlage der Sammlung" sowie das „Persönlichkeitsbild des Ludolf Parisius" (Abschnitt 1 und 2) eingehend behandelt. Die dort gebotene Darstellung enthebt uns der Aufgabe, eine ausführliche Würdigung des großen altmärkischen Volksliedsammlers zu geben. Es erscheint jedoch nützlich, hier die für unsere Untersuchung notwendigen Fakten noch einmal in aller Kürze zusammenzustellen und die Methoden beim Zusammentragen dieses umfänglichsten altmärkischen Quellenwerkes zu betrachten. Die Umstände, unter denen die Volksliedsammlung des aus Gardelegen gebürtigen Juristen zustande gekommen ist, beleuchten einige Angaben des Sammlers. In der 1879 erschienenen kleinen Ausgabe 3 berichtet Parisius über die Anfänge seiner Beschäftigung mit dem deutschen Volkslied und den Anstoß zu seiner eigenen Sammlung: „Als Student (1847) hatte ich, zufolge einer Liebhaberei für die älteren deutschen Sprachdenkmäler, die Werke von Uhland, Hoffmann und was sonst an Sammlungen die Hallische Universitätsbibliothek enthielt, fleißig durchstudiert und auch hin und wieder gelegentlich in Gardelegen von alten Mütterchen ein Volkslied aufgezeichnet. Aber erst nach Beendigung der Vorbereitungszeit für den Justizdienst, bot sich mir in meinem damaligen Aufenthaltsort Burg bei Magdeburg

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und -reime. Vgl. dazu S. 1 6 f . — Schon vorher ist Parisius' Sammlung für kleine landschaftliche Ausgaben zum praktischen Gebrauch mehrfach ausgewertet worden, so von Hermann Horenburg, Karl Voretzsch, Fritz Klämbt und Paul Donath (vgl. unten S. 22 und 27). Deutsche Volkslieder mit ihren Singweisen (geistliche Lieder und Balladen) in der Altmark und im Magdeburgischen aus Volksmunde gesammelt von Ludolf Parisius. Erstes Heft. Magdeburg 1879 ( = Sonderdruck aus den Salzwedler Jahresberichten). Vgl. Report of the Fourth Congress of the International Musical Society (London, Mai/Juni 1911). London 1912, S. 205. a. a. O., S. 4, Anmerkung.

Bisherige Sammlungen altmärkischer

Volkslieder

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Veranlassung und Gelegenheit, planmäßig selbst zu sammeln." An der gleichen Stelle erwähnt Parisius die Magd seines Hauswirtes zu Burg, die sich von ihm eines Tages Simrocks deutsche Volkslieder auslieh und durch die Mitteilung, sie kenne viele Lieder, wenn auch alle etwas anders, den ersten Anstoß zum Sammeln gab (1855). In einem Brief an Franz Ludwig Mittler 1 führt Parisius bewegte Klage über die seiner Liebhaberei so wenig Zeit übrig lassende dienstliche Inanspruchnahme, doch gibt er der Hoffnung Ausdruck, „die bald beginnenden Gerichtsferien zu allerlei Volkslied-Entdeckungsfahrten benutzen zu können". Ein anderer Brief 2 , ebenfalls an Mittler gerichtet, enthält (neben einigen Bemerkungen über seine derzeitige Beschäftigung mit dem Kirchenliede) eine aufschlußreiche Analyse seiner Situation: „Daß aus meinen Aufzeichnungen später einmal eine ,gedruckte' Sammlung der Volkslieder hiesiger Gegenden werden könnte, daran habe ich noch nicht gedacht. Nur wenn ich in den nächsten Jahren so glücklich wäre, meinen Wohnort im hießigen Bezirke . . . . öfters wechseln zu können, und bei mäßiger amtlicher Beschäftigung öfters so gute Quellen wie mein hießiges Dienstmädchen fände, und wenn ich endlich eine Anzahl tüchtiger Freunde, die auf dem Lande wohnen, für meine Zwecke gewinnen könnte, nur dann würde ich hoffen können, eine der Veröffentlichung werte selbständige Sammlung zu Stande zu bringen. Aber jene Bedingungen werden kaum eintreffen, und ich werde mich damit begnügen müssen auch fernerweit, wie jetzt, zu sammeln — aus Liebhaberei." Blieb auch sein Aufruf zur Mitarbeit bei seiner Sammlung in Prutz' „Museum" 3 , w o er zehn seiner Volkslieder abdruckte und sein Sammelunternehmen bekanntgab, ohne Widerhall, so fand sich doch bald „eine Anzahl tüchtiger Freunde", die er sich zur Durchführung seines Vorhabens so sehnlich wünschte. Bekannte und Verwandte halfen mit und machten es überhaupt erst möglich, daß die Sammlung, doch immer nur als Freizeitbeschäftigung betrieben, im Verlaufe weniger Jahre so beträchtlich anwachsen konnte 4 . Da die Helfer, die vorwiegend im Magdeburgischen beheimatet waren, fast nur in ihren Wohnorten sammelten, ergibt sich ein Belegortnetz mit starkem Übergewicht des Magdeburger Raumes und Ausläufern bis ins Harzvorland. Von insgesamt 41 Aufzeichnungsorten liegen zwölf im Gebiet der Altmark: Gardelegen, Kloster Neuendorf, Lüffingen, Mieste, Estedt, Kassieck, Berkau, Kläden, Stendal, Salzwedel, Lagendorf und Bonese (mit 217 Liedaufzeichnungen gegenüber 530 aus dem Magdeburgischen). 1

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V o m 11. Juli 1856 aus Wolmirstedt. Enthalten in Parisius' hs. Slg., zitiert bei WeberKellermann, S. 9 f . V o m 13. März 1856 aus Burg. Enthalten in Parisius' hs. Slg., zitiert bei Weber-Kellermann, S. 8f. Volkslieder aus der Altmark und dem Herzogtum Magdeburg, Deutsches Museum, Zs. f. Lit., Kunst und öffentliches Leben. Wochenschrift, hg. von Rob. Prutz, Nr. 19 (7. 5. 1857), S. 6 9 9 - 7 1 0 , s. Weber-Kellermann S. 3, 6f. und 4 3 f . Parisius selbst hat nachweislich nur in Burg, Wolmirstedt und wohl auch in Hötensleben, w o er jeweils einige Zeit lebte, ferner in Pechau, in seiner Heimatstadt Gardelegen, in den benachbarten Dörfern Estedt, Kassieck, Mieste und in Lagendorf aufgezeichnet.

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Die Quellen

In einem erst kürzlich aufgefundenen Brief vom 14. Mai 1858 1 wird dieses Faktum von Parisius selbst ausdrücklich hervorgehoben. Aus seinem damaligen Wirkungsorte Hötensleben schrieb er an Franz Ludwig Mittler: „. . . Um nochmal auf die Volksliedsammlerei zurückzukommen, so will ich jetzt mit Hülfe des „altmärkischen Vereins für Geschichte" nochmal versuchen, ob Aufforderungen, in der Altmark zu sammeln, nichts fruchten. Dort muß sich noch sehr viel finden lassen." Bei Erwähnung seiner beiden interessantesten Gewährsfrauen Katharina Jennrich und Mutter Beiendorf heißt es : „Beide sind eigentlich fast meine einzigen altmärkischen Liederquellen . . . Tiefer bin ich in die Altmark noch gar nicht hinein gekommen mit meinem Sammeln, von den abgelegenen Gegenden des Salzwedler Kreises verspreche ich mir besonders viel. In diesem Kreis ist auch ein Distrikt, in welchem die Slawen bei der Kolonisierung der Altmark nicht ausgerottet sind, wie dies sonst geschehen zu sein scheint. Dieser, an das hannoversche „Wendland" stoßende Distrikt hat sehr viel originelles in Sitte und Brauch aufbewahrt, also gewiß auch in Liedern . . ."2. Parisius' starkem volkskundlichen Interesse ist es zu danken, daß wir heute nicht nur die aufgezeichneten Lieder, sondern auch Notizen über die Sänger dieser Lieder vorliegen haben, eine Arbeitsweise, die damals nur die wenigsten Volksliedsammler teilten und die Ingeborg Weber-Kellermann bei der Betrachtung und Anordnung der Sammlung auswerten konnte. Am meisten erfahren wir natürlich über die Gewährsleute, bei denenParisius selbst gesammelt hat, während seine Zuträger und Mitarbeiter mit diesbezüglichen Hinweisen sparsamer waren. Ein Teil des Materials ist dem Sammler auch aus handschriftlichen Liederbüchern zugeflossen 3 , von deren Besitzern oft nicht viel mehr als der Name überliefert ist. Die Prinzipien, die Parisius bei der Aufnahme selbst obwalten ließ, zeigen sich am deutlichsten an seiner Auswertungsmethode handschriftlicher Liederbücher. Nicht eines der von ihm im Verlaufe seiner Sammeltätigkeit durchgesehenen Liederbücher 4 ist in der Sammlung mit seinem vollen Inhalt vertreten. Zu Hause am Schreibtisch bei der Durchsicht des eingegangenen Materials wie draußen in der Bauernstube beim Aufzeichnen ließ sich Parisius, hierin ganz dem Geiste und den Ideen seiner Zeit folgend, von auswählenden und wertenden Gesichtspunkten leiten. Sein Hauptaugenmerk richtete er auf alte und selten gewordene Lieder, besonders auf Balladen. Die von ihm selbst besorgte Ausgabe 1879 mit dem Untertitel „geistliche Lieder und Balladen" legt davon ein beredtes Zeugnis ab. In der Einleitung zu 1

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Gerhard Richter, Zwei hundertjährige Briefe, Jahresgabe des Altmärkischen Museums Stendal XII (1958), S. 77 — 83, bes. S. 81. Außer diesen beiden, im Hinblick auf Parisius' Sammelarbeit aufschlußreichen Briefen (vgl. auch unten S. 295 f.) veröffentlichte Edwin Nitter (ebd. XIII, 1959, S. 85 — 101) noch 6 weitere neuaufgefundene Briefe des Sammlers. In diesem Gebiet (Lagendorf, und Bonese) begann Parisius erst um 1860 zu sammeln (vgl. Parisius-Ausgabe Nr. 680—731), ebenso in Mieste. Meist Soldatenliederbücher. Parisius selbst gibt im erhaltenen Manuskript zu der oben genannten Veröffentlichung in Prutz' Museum (zitiert bei Weber-Kellermann, S. 11) an, daß er allein „im letzten Jahre [also 1855/56] an hundert eingesehen habe".

Bisherige Sammlungen altmärkischer

Volkslieder

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dieser Ausgabe bemerkt Parisius bei Beschreibung der Aufnahme mit Frau Jennrich 1 : „Ich schrieb mir von dieser liederkundigsten aller Frauen, die mir bisher vorgekommen ist, an zwei Sonntagnachmittagen Lieder auf, ließ das Bekanntere beiseite und forschte nur nach seltenerem." Von dem Bekannten und Verbreiteten, was er überall hören konnte, hatte er keine hohe Meinung, wie aus dem Vorwort zu seiner Veröffentlichung zehn altmärkischer Volkslieder in Prutz' Deutschem M u seum hervorgeht 2 : „Was jetzt im Volke neu gedichtet wird, ist selten des Aufschreibens wert . . . Die Volkslieder verklingen . . . und machen guten und schlechten kunstmäßigen und Bänkelsängerliedern Platz." Im erhaltenen Manuskript zur eben genannten Veröffentlichung schreibt Parisius, daß er bisher „unter strengster Ausscheidung aller beliebten Lieder" gesammelt habe 3 . Auf der Suche nach einer vollständigen altmärkischen Fassung der Z7//«g«r-Ballade stieß er auf „gute und schlechte kunstmäßige Lieder aus Westentaschenliederbüchern und fliegenden Blättern", die neben „schauerlichen Zoten-, Bänkelsänger- und Opernliedern" überall in Aufnahme gekommen waren 4 . In Briefen an und von Franz Ludwig Mittler 5 ist mehrfach von „unendlich viel Spreu" die Rede, die sich dem Sammler von Volksliedern aufdrängt. Parisius aber wußte Spreu und Weizen wohl zu sondern. Es ist fraglich, ob er nicht viele der jetzt in der Sammlung enthaltenen Lieder noch getilgt hätte, wenn es ihm.vergönnt gewesen wäre, seine Sammlung selbst herauszugeben. Die strengen Auswahlprinzipien, mit denen Ludolf Parisius den Wertmaßstäben seiner Zeit Tribut zollt und die auch die meisten anderen Sammler anwendeten, müssen bedacht sein, wenn man zu einer richtigen Einschätzung des gesammelten Materials kommen will. So darf man die Parisius-Sammlung nicht als ein A b bild des um 1850 lebendigen altmärkischen Volksgesangs ansehen, sondern als eine Auslese damals schon selten gewordenen Liedgutes, das etwa eine Generation vorher, um 1830 und noch früher, bekannt und allgemein verbreitet gewesen sein mag, eine Tatsache, die Parisius selbst ausspricht 6 : „. . . nicht blos im Magdeburgischen, auch in der Altmark höre ich in allen Dörfern, die ich für meine Sammlung auszubeuten Gelegenheit habe, daß die Volkslieder, und vorzüglich die erzählenden romanzenartigen Lieder seit 10 Jahren und drüber immer mehr aus der Mode gekommen sind, und daß deshalb die meisten Lieder, nach denen ich forschte, jetzt nicht mehr gesungen werden." Die „Bänkelsänger- und Opernlieder und die guten und schlechten kunstmäßigen Lieder aus Westentaschenliederbüchern", die er zwar hörte, aber nicht aufschrieb, würden den Grad der Übereinstimmung zwischen dem nach 1900 aufgenommenen altmärkischen Material und der Parisius-Sammlung vermutlich erheblich steigern. 1 2 3 4 5

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a. a. O., S. 5 (Anmerkung). S. 799 f., s. auch Weber-Kellermann, S. 7. Enthalten in Parisius' hs. Slg., zitiert bei Weber-Kellermann, S. 44. Aus dem obengenannten Manuskript, zitiert bei Weber-Kellermann, S. 11. Enthalten in Parisius' hs. Slg., s. Weber-Kellermann, S. 8 und 9. Vgl. auch den Hötenslebener Brief, Jahresgabe d. Altmärk. Museums Stendal XII (1958), S. 81. In dem schon mehrfach zitierten Manuskript seiner Veröffentlichung von 1857, s. WeberKellermann, S. 43 f.

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Die Quellen

So kritisch Parisius auch das ihm begegnende Liedgut betrachtete und so sehr er nach schönen alten Fassungen suchte, bei der Aufnahme selbst hielt er sich diplomatisch getreu an den vom Sänger gebotenen Wortlaut. Er wollte aufzeichnen, was im Volke gesungen wurde, und nichts hineinbessern. Verderbte Wortbildungen, lückenhafte Strophen und jede noch so unbedeutende Variante hielt er fest 1 . Besonders auch bei den Melodieaufzeichnungen versuchte er protokollarisch das wiederzugeben, was erklang, besonders gut zu erkennen an der rhythmisch zerdehnten Fassung vom „Jäger auf der königlichen Heid" (Parisiusausgabe Nr. 401), zu der im Manuskript der Sammlung mehrere Niederschriften vorliegen 2 . Daß Parisius den Melodien so viel Aufmerksamkeit widmete, ist ein um so größeres Verdienst, als er sie selbst nur mit Mühe aufzeichnen konnte, wie er in den „Bildern aus der Altmark" gelegentlich der Beschreibung seiner Miester Aufnahmen schildert 3 : „Allmählich nahm das ganze Dorf an meiner Sammelei Interesse. Ein Klavier wurde herbeigeschleppt, da ich ohne ein solches die Volksweisen nicht wohl aufzuzeichnen verstand." Daß Parisius keine Umstände scheute, um der Melodien habhaft zu werden, macht seine Sammlung für uns besonders wertvoll. Obwohl Parisius den Schwerpunkt seiner Sammelarbeit auf das Volkslied legte, ging er doch an den vielen anderen Erscheinungen des Volkslebens seiner Heimat nicht vorbei. In den Bildern aus der Altmark (Bd. I, S. 244 f.) schreibt er selbst: „Mir ist es bei der Suche nach Volksliedern ergangen wie jedem eifrigen Sammler; das sprichwörtlich gewordene Sammlerglück trieb mir neben eigentlichen Volksliedern, denen allein ich nachging, Kinderlieder und Scherzreime, Volksrätsel, Sprichwörter, Zaubersprüche und ähnliche Volksüberlieferungen in die Hände, so daß aus diesem nebenbei Aufgerafften eine ganz artige Sammlung hervorging 4 , die viel Mundartliches enthielt. Hiermit konnte ich Danneil unterstützen." Nicht nur dem Salzwedler Gymnasialprofessor und Altertumsforscher Johann Friedrich D a n n e i l , Begründer

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Vgl. die diesbezüglichen Bemerkungen in einem Brief an Mittler aus Gardelegen, Jahresgabe d. Altmärk. Museums Stendal XII (1958), S. 83. — Die zahlreichen Varianten dürfte Parisius allerdings vor allem deshalb notiert haben, um später schöne und vollständige Fassungen rekonstruieren zu können, wie in der Ausgabe von 1879 geschehen. Vgl. dazu das von I. Weber-Kellermann (S. 14) Gesagte. Zur Melodienotierung allgemein vgl. das von Erich Stockmann in der Parisiusausgabe, S. 62ff., besonders S. 65f., Gesagte. Dietrichs-Parisius II, S. 78. In Parisius' nachgelassenen Papieren auf der Universitäts-Bibliothek Halle befindet sich eine — unter Ausscheidung der Duplikate — 178 Nummern umfassende Sammlung von Kinderspielen (36), Abzählreimen (14), Tier- und Wetterliedchen (17), Bastlösereimen (8), Wiegen- und Koseliedchen (16), Rätseln (19), Heischeliedern (12) sowie Spott- und Neckreimen, Schnellsprechübungen u. dgl. (55), außerdem das von Schläger (Zs. d. V . f. Vkde. 27, 1917, S. 1 1 8 f . ) erwähnte Spielverzeichnis aus Ellenberg, 10 Spiele umfassend. Zum Teil sind die Aufzeichnungsorte vermerkt, die fast ausschließlich in der Altmark und im Magdeburger Räume liegen: Gardelegen, Lüffingen, Garlipp, Salzwedel, Ostheeren, Lühe, Tangein, Stöckheim, Lüge, Immekath, Gieseritz, Zethlingen, Köbbelitz, Jahrstedt, Neuhaidensieben, Hörsingen, Krüssau, Pechau und Bornstedt.

Bisherige Sammlungen altmärkischer Volkslieder

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des Altmärkischen Vereins für vaterländische Geschichte und Industrie, ließ Parisius für sein „Wörterbuch der altmärkisch-plattdeutschen Mundart" vieles zukommen, auch in Philipp Wegeners Sammlungen, über die im folgenden Abschnitt zu sprechen sein wird, sind Aufzeichnungen von Parisius eingeflossen, u. a. drei Heischesprüche der Burger Betteljungen, ein Erntespruch aus Mose (Bindespruch) 1 , drei Pfingstheischelieder aus Jahrstedt und Etingen mit teilweise ausführlichen Brauchbeschreibungen 2 , ferner eine ganze Reihe Bötformeln aus Mieste, Güssefeld, Kassieck und Gardelegen 3 . Schwieriger festzustellen ist der Anteil Parisius' am Danneilschen Wörterbuche 4 . Danneil hat Spiele der Jugend, Volksreime und sprichwörtliche Redensarten „vielfach berücksichtigt", jedoch Belegorte und Vermittler nur selten angegeben. Unter den Zuträgern und „Beförderern der Arbeit" werden (Vorwort, S. X ) neben Parisius noch drei Pastoren und ein Kantor genannt, unter ihnen der Lagendorfer Pfarrer, Heimatforscher und vielseitige Gelehrte Johann Heinrich Friedrich K r ü g e r , der wie Parisius tätiges Mitglied des Altmärkischen Vereins für vaterländische Geschichte und Industrie war und für die Jahresberichte manches Material beisteuerte. Ein handschriftliches Konvolut des in Salzwedel geborenen, seit 1831 in Lagendorf lebenden Pfarrers, dessen weltabgeschiedenes Gelehrtendasein Parisius in den „Bildern aus der Altmark" so trefflich schildert 5 , befindet sich in Parisius' nachgelassenen Papieren auf der Universitätsbibliothek Halle. Es enthält neben 39 Volksliedern, die bis auf eines in der Parisiusausgabe (unter Nr. 680 ff.) abgedruckt sind, viele mundartliche Kinderreime und Tierliedchen, Redensarten, Heischesprüche und Kinderspiele mit teilweise ausführlichen Spielbeschreibungen 6 . Allerdings ist es nicht immer einfach, das altmärkische Material aus kulturhistorischen Betrachtungen und langwierigen vergleichenden Anmerkungen herauszulösen, zumal das Manuskript stellenweise schwer lesbar ist. Belegorte werden leider nur selten angegeben 7 . Ein anderer dickleibiger Band handschriftlichen Materials des Lagendorfer Pastors enthält vorwiegend Volkslieder, allerdings — wie ich bei flüchtiger Durchsicht feststellte — fast durchweg Abschriften aus anderen Sammlungen. Er befindet sich jetzt im Salzwedler Danneil-Museum. 1

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Magdeburger Geschichtsblätter 15 (1880), S. 387f. — Die Bettelsprüche befinden sich (wie vieles andere des „nebenbei Aufgerafften") in den hs. Materialien der ParisiusSammlung. I. Weber-Kellermann teilt sie in ihrer Ausgabe, S. 190 und 194, mit. Magdeburger Geschichtsblätter 15 (1880), S. 267. Magdeburger Geschichtsblätter 16 (1881), S. 250ff. Joh. Fr. Danneil, Wörterbuch der altmärkisch-plattdeutschen Mundart, Salzwedel 1859. Bd. I, S. 247ff. Vgl. auch Weber-Kellermann, S. 609. Vgl. Weber-Kellermann, S. 48, Anmerkung 3. Unter drei Spielreimen steht in Klammem Parisius' Name.

Volksgesang

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Die Quellen 3. Altmärkische Kinderlieder, Spiele und Volksreime in Sammlungen aus den siebziger und achtziger Jahren

In den Jahren 1875 und 1877 veröffentlichte der Schönebecker Prediger August Franz W i n t e r in den Magdeburger Geschichtsblättern die erste Sammlung von Volksreimen und Kinderliedern aus dem Magdeburger Lande 1 , die auch altmärkisches Material enthält. Zum größten Teil hat er die Lieder und Reime offenbar selbst aus Volksmund gesammelt, teilweise auch von Lehrern und Freunden zugesandt bekommen. Der 1833 in Stolzenhain bei Jüterbog geborene Pfarrer, Mitbegründer und bis zu seinem Tode Vorstandsmitglied des Magdeburger Geschichtsvereins, hat sich besonders auf historischem und archäologischem Gebiete betätigt. Im 9. Jahrgang der Magdeburger Geschichtsblätter (1874) trat er das erstemal mit einer Arbeit über „Die Volkssprache in der Landschaft am Zusammenfluß von Bode, Saale und Elbe" hervor 2 , worin auch einige Volksreime (Spielreime, Spottreime, Bastlösereime u. ä.) aus den Landkreisen Staßfurt und Schönebeck abgedruckt sind. Die obengenannte spätere Arbeit, in der die Altmark mit den Belegorten Rossau, Kalbe, Bismark und Umgebung sowie dem Drömling vertreten ist, umfaßt 28 Wiegen- und Koseliedchen, 42 Tier-und Wetterliedchen sowie Bastlösereime, 65 Spielreime, Kreislieder, Spottreime auf Spielverderber, Abzählreime und Rätsel sowie Heischelieder und 54 Neckreime auf Orte, Berufe und Personen. Nach Pastor Winter nahm sich innerhalb des Magdeburger Geschichtsvereins der Gymnasiallehrer Dr. Philipp W e g e n e r der Erforschung von Volkstum und Volkssprache im Magdeburger Lande an 3 . 1879 und 1880 erschienen seine „ V o l k s t ü m lichen Lieder aus Norddeutschland" in drei Heften, (1. Aus dem Kinderleben. 2. Rätsel, Abzählreime, Volksreime. 3. Spott, Tänze, Erzählungen) 4 . Die reichhaltige Sammlung, die für das Magdeburger Land Vollständigkeit anstrebt, aus den übrigen norddeutschen Landschaften nur Proben und Ergänzungen bringen will, speist sich aus mehreren Quellen: Firmenichs Völkerstimmen 5 , Winters eben beschriebener Arbeit, Joh. Friedr. Danneils Altmärkisch-plattdeutschem Wörterbuche, Fiedlers Anhalt-Dessauer Volksreimen und Volksliedern 6 , ferner aus 1 3 3

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10. Jg. (1875), S. 3 0 3 - 3 3 5 und 12. Jg. (1877), S. 3 8 1 - 3 9 4 . S. 9 7 - 1 2 1 . 1877 wurde innerhalb des Vereins eine „Sektion für Erforschung der niederdeutschen Sprache und Literatur" gegründet, an deren Entstehung und Entwicklung Wegener maßgeblich mitbeteiligt war. Volksthümliche Lieder aus Norddeutschland, besonders aus dem Magdeburger Lande und Holstein, nach eigenen Sammlungen und nach Beiträgen von Carstens und Pröhle. 1. und 2. Heft, Leipzig 1879, 3. Heft 1880. Johann Matthias Firmenich, Germaniens Völkerstimmen, Sammlung deutscher Mundarten, 4 Bde., Berlin 1846 — 1854. Proben der altmärkischen Mundart (neben Liedern von W . Bornemann auch drei Heischelieder) finden sich im 1. Bande, S. 133 — 140, Proben der Magdeburger Mundart ebd., S. 156ff. Volksreime und Volkslieder in Anhalt-Dessau. Gesammelt und hg. von Eduard Fiedler. Dessau 1847.

Bisherige Sammlungen altmärkischer

Volkslieder

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handschriftlichen Sammlungen von Pröhle (aus verschiedenen Teilen Norddeutschlands) und Carstens (aus Dithmarschen), im übrigen aber aus Materialien, die Wegener selbst „theils auf Wanderungen durch meine Heimath, theils durch Nachfrage bei Schülern, theils aus schriftlichen Aufzeichnungen von Freunden" 1 gesammelt hat. Dankenswerterweise hat Wegener bei jeder Textfassung vermerkt, aus welcher der genannten Quellen sie stammt. Die Altmark ist in der Wegenerschen Sammlung mit folgenden Orten vertreten: Gardelegen, Mieste, Miesterhorst, Rohrberg, Ahlum, Bismark, Plathe, Rossau, Stendal, Dolle, Satuelle, Ringfurth, Seggerde, Weferlingen und der Wische. Das altmärkische Material, etwa ein Sechstel der 1093 Nummern umfassenden Sammlung, stammt zum großen Teil aus Wegeners eigenen Aufzeichnungen. Auf „Fest- und Spiellieder", die in den Volkstümlichen Liedern fehlen (vgl. Vorwort zum dritten Heft), konzentrierte sich Wegeners weitere Sammelarbeit. 1880 erschien in den Magdeburger Geschichtsblättern ein umfangreicher Aufsatz über „Festgebräuche des Magdeburger Landes" 2 , der ebenfalls einiges altmärkische Material enthält, Beschreibungen brauchtümlicher Feste mit vielen Liedern und Reimen. Einige dort gegebene Mitteilungen gehen auf Einsendungen Ludolf Parisius' zurück. Brauchtümliche Lieder und Sprüche enthält auch Wegeners Arbeit über „Hochzeitsgebräuche des Magdeburger Landes" 3 . „In Ergänzung der volkstümlichen Lieder aus Norddeutschland" erschien 1882/83 eine neue Sammlung Wegeners, „Spiele aus dem Magdeburger Lande mit Beiträgen aus anderen Gegenden Nord-Deutschlands" 4 . Sie enthält — die örtlichen Varianten nicht gerechnet — 271 Kinder- und Erwachsenenspiele mit exakten Spielbeschreibungen, die wie die Reime und Lieder mit örtlichen Varianten angegeben werden. Die Altmark ist mit den Belegorten Mieste, Gardelegen, Rossau, Seggerde, Weferlingen und Satuelle vertreten. Eine Arbeit Wegeners über „Frühlingslied und Frühlingsbrauch im Magdeburger Lande", die 1877 oder 1878 in den Verhandlungen des Vereins für niederdeutsche Sprache und Literatur zu Magdeburg erscheinen sollte, ist offenbar nie gedruckt worden 5 . Im übrigen trat der vielseitige Magdeburger Lehrer auch noch mit anderen volkskundlichen und dialektgeographischen Arbeiten hervor, von denen seine Aufsätze „Zauber und Segen aus dem Magdeburger Lande" 6 , „Zur Kunde der Mund1

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V o r w o r t zum 1. Heft, S. IV. — Einiges Material verdankt er z. B. dem Niederndodelebener Pfarrer Friedrich Danneil, einem Schulfreund von Parisius, der auch zu dessen Sammlung 32 Lieder mit Melodien beigesteuert hat. 15. Jg. (1880), S. 2 4 5 - 2 7 4 und 3 7 4 - 3 8 9 . Magdeburger Geschichtsblätter 13 (1878), S. 2 2 5 - 2 5 5 , 1 4 (1879), S. 1 8 4 - 2 2 2 , Ergänzungen und Nachträge im 18. Jg. (1883), S. 371—380. Magdeburger Geschichtsblätter 17 (1882), S. 4 1 0 - 4 3 7 , 18 (1883), S. 1 - 1 6 , 1 4 6 - 1 8 4 . Trotz vielfacher Nachfragen konnten wir den in der Voranzeige genannten Titel der Vetöffentlichungsreihe nicht einmal bibliographisch feststellen. Über den Verbleib v o n Wegeners Nachlaß war gleichfalls nichts in Erfahrung zu bringen. „Aus dem Volksmunde gesammelt von Ph. Wegener." Magdeburger Geschichtsblätter 15 (1880), S. 76—97 (enthält viele Beiträge von Ludolf Parisius).

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Die Quellen

arten und des Volkstums im Gebiet der Ohre" 1 sowie „Zur Charakteristik der niederdeutschen Dialekte" 2 und „Idiotische Beiträge zum Sprachschatze des Magdeburger Landes" 3 erwähnt seien. Als Sammler von Kinderreimen und Kinderspielen betätigte sich auch Max E b e l i n g , Verfasser der zweibändigen Volkskunde des Drömlings „Blicke in vergessene Winkel" 4 . Im Abschnitt „Der Kinder Lust und Spiel" (Bd. II, S. 251—256) bemerkt er beiläufig: „Verfasser hat im Drömling allein an 50 Lieder auf der Dorfstraße gesammelt." Es handelt sich vorwiegend um Spielgut der schulpflichtigen Jugend. Etwa die Hälfte des gesammelten Materials (Kreisliedchen, Abzählreime und sonstige Spielreime, Tierliedchen usw.) flicht Ebeling in seine Betrachtungen ein, z. T. allerdings nur die Anfänge. Melodien sind in keiner der genannten Sammlungen enthalten. 4. Die Sammlungen Gehne und Matthies 1912 Auf Parisius und die Magdeburger Sammlungen folgt 1912 eine weitere Veröffentlichung zum altmärkischen Volkslied 5 . Die vonK. Lehrmann und W. Schmidt herausgegebenen Beiträge zur altmärkischen Volkskunde enthalten eine 45 Nummern umfassende Liedersammlung des Bismarker Lehrers Friedrich Gehne 6 . Aus der kurzen Einleitung ist lediglich ersichtlich, daß die Lieder aus Volksmunde, namentlich von älteren liederkundigen Frauen, gesammelt sind. Uber Zeitpunkt und Ort der Aufnahmen wird nichts mitgeteilt. Leider war darüber auch nachträglich nichts mehr in Erfahrung zu bringen, wie auch die Nachforschungen über Gehnes Nachlaß ohne Erfolg blieben. Glücklicherweise sind die abgedruckten Lieder durchweg mit Melodien (39 Nrn.) oder Melodieangaben (6 Nrn.) versehen. Ebenfalls aus der Feder Gehnes stammt der im gleichen Werke veröffentlichte umfangreiche Aufsatz über „Volksbräuche und Volksglaube in der Altmark'"7, der eine Fülle von Wiegen- und Koseliedchen, Kinderliedern und Kinderreimen (105 Nrn.), Rätseln (71 Nrn.), Spielliedern (42 Nrn.), Abzählverschen (50 Nrn.), Reimen zum Bastabklopfen beim Herstellen von Weidenflöten (10 Nrn.), Heischeliedern und anderen brauchtümlichen Gesängen (20 Nrn.) sowie Tanzliedern {17 Nrn.) enthält. Über die Herkunft dieses reichen Materials, dem leider keine Melodien beigegeben sind, verlautet nichts. Magdeburger Geschichtsblätter 32 (1897), S. 326—364 (mit einem Anhang von Volksbräuchen und Volksüberlieferungen aus dem Drömlingsdorfe Rätzlingen). 2 Magdeburger Geschichtsbll. 13 (1878), S. 1 - 3 0 und 1 6 7 - 1 7 7 . 3 Magdeburger Geschichtsbll. 13 (1878), S. 4 1 6 - 4 4 3 . 4 Leipzig 1889. 5 Eine hs. Liedersammlung des Gardelegener Rektors W . Dietlein, 1910 in Taterberg (Kreis Klötze) zusammengetragen und — nach den Angaben des Sammlers — etwa 100 Nrn. umfassend, ist während des letzten Krieges verlorengegangen. * Die Altmark und ihre Bewohner, Stendal 1912, Bd. 2, S. 3 6 1 - 4 1 3 . '' Bd. 2, S. 1 3 7 - 3 2 2 . 1

Bisherige Sammlungen altmärkischer

Volkslieder

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Eine weitere Sammlung altmärkischer Volksreime, durch den Lehrer Heinrich M a t t h i e s 1 1 9 1 2 in Stendal herausgegeben 2 , enthält 136 Lieder und Sprüche (Wiegenlieder, Koseliedchen, Kreisspiele, Abzählreime, Tier- und Wetterliedchen, Klopfreime beim Flötenmachen, Heischelieder zu Pfingsten, zum Martins- und Nikolaustag, Neck- und Spottverse, Heil- und Trostsprüchlein). Sie stammen aus verschiedenen Orten der Altmark (besonders aus dem Drömling und aus den Kreisen Salzwedel Klötze und Gardelegen). Über den Zeitpunkt der Aufnahme gibt Matthies in seiner kurzen Einleitung nichts bekannt. Ebenso erfährt der Leser nicht, ob Matthies die Reime selbst aufgeschrieben hat. Doch ist dies nicht unwahrscheinlich, da eine zweite elf Nummern umfassende Liedersammlung des Neuferchauer Lehrers, die 1918 in den Beiträgen zur Geschichte, Landes- und Volkskunde der Altmark 3 erschien, von ihm selbst aus dem Munde eines „75jährigen Landmannes" aufgeschrieben wurde. Leider enthalten beide Sammlungen keine Melodien. Matthies weist in der Einleitung zu seinen „Volksliedern" (S. 229) auf die Ursache dafür hin: „Kunstverständige behaupten von den Altmärkern, daß sie wenig musikalisch beanlagt sind. Da dies Urteil seinem ganzen Umfange nach auf mich zutrifft, kann ich weder etwas dafür noch dagegen sagen." Wie so häufig scheiterte auch hier die Aufzeichnung der Weisen am mangelnden Musikverständnis des Sammlers bzw. am Fehlen eines geeigneten Mitarbeiters. Einige Melodien zu bei Matthies stehenden Liedern und Reimen befinden sich bei Gehne, im Altmärkischen Musikanten 4 und in unserer Sammlung 5 . 5. Die Sammlungen Horenburg, Ehlies und weitere Aufzeichnungen altmärkischer Lehrer In den Jahren 1919—22 und 1928—32 hat der damals in Gardelegen, jetzt in Ditfurt (Kreis Quedlinburg) lebende Lehrer Hermann H o r e n b u r g in mehreren Orten der Altmark 6 Lieder und Tänze gesammelt, von denen ein Teil in Jödes 1

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Matthies, 1867 in Neuferchau bei Klötze geboren, trat auch als Heimatdichter hervor. Vgl. Die Altmark und ihre Bewohner, Bd. 1, S. 306ff. Altmärkische Volksreime, hg. von Heinr. Matthies, Stendal, im Selbstverläge des Verfassers, 1912, und Stendaler Beiträge, Bd. III, Heft 3, 1912, S. 1 9 0 - 2 1 9 . Hg. vom altmärk. Museumsverein zu Stendal, Bd. IV, Heft 4, S. 229—236: „Volkslieder, früher in der Altmark gesungen." s. dazu den folgenden Abschnitt. BVA-Nummern 1139, 1415, 1565; 1730; 1475; 1598; 1793; 1145, 1479, 1 5 8 0 ; 1466, 1613, 1618, 1795; 1614, 1719, 1773, 1796; 1233, 1559; 1200, 1240, 1293; 1653; 1 6 4 8 ; 1652; 1649; 1650; 1647 und 1651. Gardelegen, Potzehne, Goldbeck, Iden, Miesterhorst, Stendal, Lindstedterhorst, Schinne, Calberwisch, Krusemark, Hemstedt, Meseberg, Jerchel, Jävenitz, Seethen, Berkau, Kloster Neuendorf, Arendsee, Molitz, Diesdorf, Bertkow, Jeseritz, Meseritz, Bonese; ferner Lagendorf, Estedt, Mieste und Osterburg.

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Die Quellen

„Altmärkischem Musikanten" 1 und in Oetkes „Schürt den Kedel ut" 2 abgedruckt wurde. Die Anregung zu diesem Unternehmen kam ihm aus Kreisen der Jugendbewegung, insbesondere von Fritz Jöde, seinem Berliner Lehrer. Horenburg, von Beruf Musiklehrer, ist der einzige altmärkische Sammler, der die Lieder und Tänze besonders um der Melodien willen aufgezeichnet hat. Um so bedauerlicher für uns, daß seine handschriftlichen Aufzeichnungen, über deren Umfang der Sammler heute leider keine genauen Angaben mehr machen kann, gegen Kriegsende in Königsberg, wo er seit 1932 lebte, verloren gegangen sind. Aus einem Zeitungsartikel Horenburgs (am 7. 6. 1930 im „Altmärker" erschienen) 3 , der die Sammlung bekannt macht, zur Mithilfe aufruft und die Herausgabe eines Altmärkischen Liederbuches ankündigt, ist zu entnehmen, daß zum damaligen Zeitpunkt bereits „100 verschiedene Melodien" gesammelt waren. Nach des Sammlers mündlicher Mitteilung sind in diesen 100 Melodien jedoch 63 Parisiusabschriften enthalten. Horenburg hatte damals das in der Hallenser Universitätsbibliothek liegende ParisiusMaterial eingesehen und 63 Lieder mit Melodien kopiert 4 , die dann teilweise in die obengenannten praktischen Ausgaben von Jöde 5 und Oetke 8 eingeflossen sind. Von den in diesen Sammlungen abgedruckten Liedern stammen 66 Aufzeichnungen von Horenburg 7 , und zwar im Altmärkischen Musikanten 39 Nummern 8 und in Schürt den Kedel ut 27 Nummern 9 .

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Der altmärkische Musikant, Lieder für die Schule, hg. von Fritz Jöde in Verbindung mit Hermann Horenburg, 1. u. 2. Teil, Wolfenbüttel/Berlin 1931. Jedem Band ist ein Anhang beigegeben, in dem in der Altmark aufgezeichnete Lieder abgedruckt sind: Teil I, 34 Nummern, Teil II, 25 Nummern. Märkische Volkstänze mit einem Anhang märkischer Volkslieder, gesammelt und hg. von Herbert Oetke, Halle 1952. Der Museumsleiter des Altmärkischen Museums Stendal, Dr. Gerhard Richter, überließ mir den Artikel freundlicherweise aus Archivbeständen, wofür ich an dieser Stelle herzlich danke. Horenburgs Abschriften befinden sich im Nachlaß des um die altmärkische Heimatund Volkskunde verdienten Pfarrers Paul Pflanz aus Kloster Neuendorf, der mit dem Sammler in jenen Jahren in Verbindung stand. Für Durchsicht des Nachlasses auf Volksliedmaterialien und Aufzeichnungen möchte ich Frau Marie Pflanz an dieser Stelle danken. Teil I: A 15 [ = Anhang, S. 15] und Teil II: A 2; A 3/1, 2; A 4/1 bis 3; A 6/1; A 7/1, 2; A 13; A 14/2 und A 15 sind Parisius-Aufzeichnungen. Von dem im II. Teil abgedruckten Tuchknappenlied (A 1/2) stammt der Text aus Parisius' Sammlung. 5 Nrn. des Liedanhangs sind Parisiusaufzeichnungen: S. 169, 180, 183, 185 und 191. Nach briefi. Mittig. d. Sammlers v. 7. u. 17. 1. 1957. Teil I: A 1/2 bis.A 6/1; A 7/1 bis A 14/2; A 16/1, 3. Die Melodie zu A 6/2 hat Horenburg selbst komponiert. Teil II: A 6/2 und A 8/2 bis A 12/2. Nrn. 5, 7, 10 (2. Fassung), 13, 16, 22 (2. Fassung), 24, 25, 28, 30, 33, 36, 39, 43, 47, 50, 53, 55, 58 (2. Fassung), 60, 68, 69 und 76. Die Nrn. 59, 70 und 77 sind ebenfalls von Horenburg in der Altmark aufgezeichnet. Die Angabe „aus der Mark" ist unzutreffend.

Bisherige

Sammlungen

altmärkischer

Volkslieder

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Einige der in den genannten Sammlungen abgedruckten altmärkischen Lieder sind auch in Fritz Jodes „Singestunde" 1 übernommen worden. Für den Abdruck wurden Horenburgs Aufzeichnungen, die außer den Parisiusabschriften sich etwa auf 70 bis 80 Nummern belaufen haben mögen, durchweg bearbeitet. Außer der Sammlung Horenburgs konnte jetzt noch eine weitere (hs.) Sammlung altmärkischen Liedgutes ausfindig gemacht werden. Durch einen Artikel von Ingeborg Weber-Kellermann in „Forschungen und Fortschritte" 2 wurde der Salzwedeler Lehrer Martin E h Ii es auf die damals in Vorbereitung befindliche Parisius-Ausgabe der Deutschen Akademie der Wissenschaften aufmerksam und bot seine in den dreißiger Jahren gesammelten Materialien zur Auswertung an. Auf einer meiner Aufnahmefahrten konnte ich die umfangreiche Sammlung für die Akademie erwerben 3 . Wie Parisius hat sich Martin Ehlies von Jugend auf mit dem altmärkischen Volkstum und den Sitten und Gebräuchen seiner Heimat beschäftigt. Beider Ziel war es, Lieder und Brauchtum unter ihren Landsleuten wieder heimisch zu machen. Die Erhaltung bzw. Wiederbelebung volkstümlicher Traditionen waren letztlich die Beweggründe, die den einen unter den Nachwirkungen der Romantik, den anderen unter dem Eindrucke der Jugendbewegung zum Propagator der Sammlung landschaftlichen Liedgutes werden ließen. 1932 forderte der damals in Lüdelsen (Kreis Klötze) lebende Lehrer Ehlies mit einem Aufruf, der in den meistgelesenen altmärkischen Tageszeitungen und Wochenschriften erschien, zur Sammlung heimatlichen Singgutes auf. Die Leser sollten ihnen bekannte Lieder aufschreiben und einschicken. Als Anreiz ließ Ehlies 170 numerierte Liedanfänge abdrucken, die er der 1879 erschienenen Parisius-Ausgabe, der Sammlung Gehnes und einigen anderen ihm zur Verfügung stehenden, altmärkisches Liedgut jedoch nicht enthaltenden Liederbüchern entnahm 4 . Der Aufruf war dahingehend formuliert, daß zu den abgedruckten Liedanfängen die Texte nicht eingesandt zu werden brauchten, während alle darüber hinaus bekannten Lieder mit vollständigem Wortlaut angegeben werden sollten. Ehlies plante, aus dem eingehenden Material ein handliches altmärkisches Singebuch zusammenzustellen, für das ihm auf dem Lande wie in der Stadt ein dringendes Bedürfnis vorzuliegen schien. Jedoch konnte er seine Absicht nicht verwirklichen. Hier wie seinerzeit bei Max Parisius fehlten die Mittel zur Finanzierung des Unter1

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Nr. 28, Lieder aus der Altmark, März 1931. — Der Parisius-Melodie Es waren einmal zwei Schwestern (Parisiusausgabe Nr. 607) werden hier die Worte Es steht ein Baum im Odenwald unterlegt. Der Liedvorrat einer altmärkischen Bauersfrau des 19. Jahrhunderts auf Grund der Volksliedersammlung von Ludolf Parisius. Forschungen und Fortschritte, Bd. 28, Heft 3 (März) 1954, S. 85 ff. Die Ehliessche Sammlung wurde von uns inzwischen geordnet und dem Berliner Volksliedarchiv beim Institut für deutsche Volkskunde einverleibt (BVA-Nummern 342—763). So benutzte er z.B. Roeses „Spinnstubenlieder"; an einige andere verwendete Sammlungen konnte er sich jetzt nicht mehr erinnern.

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Die Quellen

nehmens. So blieb das reichlich eingegangene Material 1 unbearbeitet liegen. Da das geplante Liederbuch nicht zustande kam, unterblieb leider auch die ursprünglich als zweiter Arbeitsgang geplante Aufzeichnung der Melodien. So haben wir heute rund 400 Texte 2 vorliegen. Dazu kommen etwa 700 Lieder, die zusätzlich aus den abgedruckten Anfängen als bekannt angegeben, aber deren Texte von den Einsendern nicht mitgeteilt wurden. Diese Angaben sind als Belege über die Verbreitung von Liedern im ersten Drittel unseres Jahrhunderts von großer Bedeutung. Zwei kleinere Sammlungen aus den zwanziger und dreißiger Jahren wurden durch die Lehrer Adolf T h i e und August S c h w e r i n zusammengetragen. Aus heimatkundlichem Interesse 3 zeichneten sie in ihren Heimatorten und deren Umgebung 4 Lieder auf und schickten einige davon aufgrund des Ehliesschen Aufrufes nach Salzwedel. Während meines Altmarkaufenthaltes 1955 konnte ich die nicht im Ehliesmaterial enthaltenen Lieder ergänzen und die Melodien teilweise neu aufzeichnen. Die Thiesche Sammlung enthält 20 Lieder: elf vollständige (davon 4 Melodie und 4 mit Melodieangaben) und neun Lieder, von denen nur die Anfänge oder Bruchstücke mitgeteilt sind. Aus Schwerins Sammlung befinden sich acht Lieder mit Melodien abschriftlich im Ehliesmaterial. Freundlicherweise stellte uns der jetzt in Klötze lebende pensionierte Lehrer sein altes Aufzeichnungsheft (von 1935) zur Verfügung, das 35 Nrn. enthält: 24 vollständige Lieder (7 davon mit Melodie) und elf Liedanfänge 5 . Die Zahl der Melodien konnten wir durch Neuaufnahme bei einer der seinerzeit befragten Sängerinnen auf 22 vergrößern 6 . Einen dritten Sammler lernte ich durch Ehlies' freundliche Vermittlung in Bonese (Kreis Salzwedel) kennen, den Lehrer Adolf T h o m s . Seine ebenfalls während der dreißiger Jahre in der Umgebung von Klötze (besonders in Köbbelitz) aufgezeichneten Lieder konnte ich leider nur sehr kurz einsehen. Die Sammlung enthält etwa 50 Einzelaufzeichnungen (einige davon mit Melodie) und ein handschriftliches Liederbuch mit 14 Liedern, dessen Besitzer, ein Maurer aus Ellenberg (Kreis Salzwedel), es um 1890 anlegte 7 . Adolf Thoms, der auch viele Bötformeln, Haus-

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Aus verschiedenen Orten der altmärkischen Kreise Tangerhütte, Stendal, Osterburg, Seehausen, Salzwedel, Klötze, Kalbe und Gardelegen sowie aus der Umgebung von Magdeburg und aus den Kreisen Havelberg und Gifhorn. z. T. in hs. Liederbüchern (das älteste aus dem Jahre 1855). Thie trat auch sonst als Heimatforscher hervor. Vgl. seinen Aufsatz „ A u s Klotzes Geschichte" in Nitters Gardelegener Heimatbuch, Bd. 3, S. 227 ff. — Schwerin hat sich als langjähriger Leiter des Klötzer Männergesangvereins einen Namen gemacht. Thie in Königstedt (Kreis Salzwedel), Schwerin in Nesenitz und Jeeben (Kreis Klötze). Die Sammlung Schwerin wurde ebenfalls in das Berliner Volksliedarchiv aufgenommen: BVA-Nummern 7 6 4 - 7 8 7 . Das Aufzeichnungsheft Schwerins gestattet interessante Einblicke in die Arbeitsweise des Sammlers, vor allem bei der Melodienotierung. Aufschlußreich ist auch ein Vergleich der alten Aufzeichnungen mit den Transkriptionen der jetzt gemachten Tonbandaufnahmen. 19 Liedaufzeichnungen stellte mir Thoms freundlicherweise abschriftlich zur Verfügung (BVA-Nummern 9 3 5 - 9 5 3 ) .

Bisherige Sammlungen altmärkischer

Volkslieder

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inschriften, Materialien zur Bienenzucht und zum Jahresbrauchtum aufgezeichnet hat, notierte — trotz großen Interesses — die Melodien leider nur selten 1 . Das Material der genannten handschriftlichen Sammlungen, das besonders wertvolle oder interessante Einzelstücke kaum enthält, wird uns bei Feststellung der Liedverbreitung in den dreißiger Jahren und vorher gute Dienste leisten. 6. Altmärkisches Material aus den Umfragen des Atlas der deutschen Volkskunde Außer den bisher aufgeführten Sammlungen stellt der Atlas der deutschen Volkskunde (Auf nähme jähr: 1930 ff.)2 einiges für unser Thema wichtige, bisher kaum ausgewertete Material bereit. Besonders die Fragen 141 (nach Gesangvereinen, Kirchenchören, Singgelegenheiten, Ein- und Mehrstimmigkeit), 128/129 (Tänze, Tanzlieder, Tanzvergnügen), 24 (Laternenumzüge und Laternenlieder), 40 (Martinsumzüge und Martinslieder) und 60 (Marienkäfer-, Maikäferlieder) sind im Zusammenhang mit unserem Thema von Interesse. Nützliche Ergänzungen bieten die Fragen 191 (Burschenvereinigungen), 84 (gemeinschaftliche häusliche Arbeiten der Erwachsenen, Nachbarschaftshilfe) und 127 (Vereine), 139 (Hochzeitsgebräuche), 147 (Erntebräuche), 70 (Bräuche am Dreikönigstag), 37 und 41 (Martinsumzüge und Bedeutung des Martinsfestes) sowie 123 (Bastlösereime). Die Antworten aus der Altmark befinden sich innerhalb des ADV in dem landschaftlichen Komplex Provinz Sachsen. Da die Südgrenze der Altmark nicht eindeutig festliegt (s. unten S. 41), haben wir in unsere Untersuchung alle die Orte mit einbezogen, die nördlich des 52. Breitengrades 15' liegen. Ausgewertet sind also die Antworten aus den jetzigen Kreisen Gardelegen (17 Belegorte), Klötze (30 Belegorte), Salzwedel (26 Belegorte), Seehausen (18 Belegorte), Osterburg (20 Belegorte), Kalbe (16 Belegorte), Stendal (19 Belegorte), Tangerhütte (15 Belegorte) und aus den jeweils nördlichen Teilen der Kreise Wolmirstedt (4 Belegorte) und Haldensleben (19 Belegorte). 7. Sammlung Schlomka, handschriftliche Tanzbücher, Einsendungen an das Berliner Volksliedarchiv und andere Einzelmaterialien Mit dem bisher ausgebreiteten Material ist unsere Quellenzusammenstellung noch nicht erschöpft. Als weitere Sammlung zum altmärkischen Volksliede ist eine 1938/39 entstandene Arbeit über das Brauchtum im Jahreslauf der westlichen Alt1

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Wie vielen von mir besuchten Lehrern, machte ihm die Aufzeichnung direkt nach Gehör Schwierigkeiten. Er versuchte sich die Melodie beim Vorsingen einzuprägen, spielte sie dann zu Hause auf der Geige nach und schrieb sie danach nieder. Benutzt wurden die Kopien der Antworten aus den ehemaligen Landesstellen des A D V , die sich jetzt im Institut für deutsche Volkskunde an der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin befinden.

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Die Quellen

mark von Hildegard S c h l o m k a zu nennen 1 . Dieser instruktiven, im wesentlichen auf eigenen Sammlungen und Beobachtungen fußenden Untersuchung ist eine Sammlung von Heischeliedern (81 Pfingst- und 55 Martinslieder, ohne Melodien) beigegeben, die — laut brieflicher Mitteilung des Vaters der Verfasserin vom 1. 6. 1957 2 — sich jetzt im Archiv des deutschen Sprachatlas Marburg befindet. Leider konnte ich die ganze Sammlung — ein großer Teil der Texte, vor allem die interessanteren Fassungen, sind in der Dissertation selbst mitgeteilt — nicht einsehen. Das z. Z. im Aufbau befindliche Oebisfelder Heimatmuseum will sich — nach Mitteilung von Dr. Schlomka — die vollständige Sammlung abschriftlich beschaffen. Weiteres Material, vornehmlich Tanzlieder, aber vereinzelt auch Choräle und andere Lieder, findet sich in mehreren handschriftlichen Notenbüchern altmärkischer Musiker, die Erich Stockmann auf Sammelfahrten zur Erkundung der Volksmusiktraditionen in der Altmark erwerben oder fotokopieren konnte. Das dem Repertoire nach älteste dieser z. T. sehr umfangreichen Tourenbücher enthält keine Angaben, die Anhaltspunkte für eine genauere Datierung bieten. Ein dem Repertoire nach jüngeres Notenbuch (Tourenbuch Hartwig) trägt an einer Stelle die Jahreszahl 1877. Drei weitere sind zwischen 1900 und 1914 geschrieben (Tourenbücher Hund-Dähre, Ahrendt und Schulze-Elbeu und Anonym). Das jüngste (Tourenbuch Lampe), zwischen 1922 und 1929 geschrieben, ist mit dem zuerst erwähnten zusammengeheftet. Die geschlossene Auswertung dieses überaus wertvollen und für die einzelnen Abschnitte der historischen Entwicklung von Tanz und Tanzmusik in der Altmark wertvollen Materials erfolgt in einer Untersuchung über „Tanzmusik und Tanzmusiker in der Altmark", die Erich Stockmann vorbereitet. In der vorliegenden Untersuchung werden nur die in den Tourenbüchern enthaltenen Tanzlieder berücksichtigt 3 . Von 1954 bis 1957 wurden an das Berliner Volksliedarchiv beim Institut für deutsche Volkskunde (Deutsche Akademie der Wissenschaften) einige kleinere Liedsendungen (insgesamt 46 Nummern) aus der Altmark eingeschickt (vermittelt durch Dr. Edwin Nitter-Gardelegen und Martin Ehlies-Salzwedel) 4 . Es handelt sich bei den Einsendern um ältere Frauen und Männer aus Salzwedel, Audorf (Kreis Salzwedel), Oebisfelde (Kreis Klötze) und Wollenhagen (Kreis Gardelegen), die auf persönliche Veranlassung der Vermittler oder aufgrund von (im Zusammenhang mit meiner eigenen Sammelaktion erschienenen) Presseaufrufen ihnen bekannte Lieder aufschrieben. Dieses Material wird wie alle altmärkischen Quellen in unserer Liedübersicht als Beleg herangezogen 5 . Eine andere, gedruckte Sammlung aus der zweiten Hälfte der dreißiger Jahre bedarf in diesem Zusammenhange noch der Erwähnung, die 1937 als 30. Heft der 1

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Das Brauchtum im Jahreslauf. Eine volkskundliche Untersuchung der westlichen Altmark. Diss. Marburg 1942 (maschinenschriftl.). Ich möchte bei dieser Gelegenheit Herrn Dr. Schlomka-Oebisfelde für seine bereitwillig erteilten Auskünfte herzlich danken. Vgl. Kapitel III/A, Abschnitt 6, besonders S. 155 ff. BVA-Nummem 954 bis 999. Über weitere Einsendungen s. unten S. 37. Anhang, S. 356ff., jeweils Spalte 7a.

Bisherige Sammlungen altmärkischer

Volkslieder

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Reihe „Landschaftliche Volkslieder mit Bildern und Weisen" 1 von Karl V o r e t z s c h zusammengestellten „Volkslieder der Provinz Sachsen". Von den darin enthaltenen 57 Liedern mit Melodien entstammen 29 der Sammlung Ludolf Parisius', vier weitere Herbsts eichsfeldischen Volksliedern 2 . Einiges — wohl vorwiegend die älteren Aufzeichnungen — steuerte das Freiburger Volksliedarchiv aus seinen Beständen bei. Die übrigen Lieder sowie Parallelbelege trug Karl Voretzsch größtenteils in Halle und Umgebung und im Magdeburgischen zusammen. Außer den Parisius-Materialien enthält die Sammlung nur eine altmärkische Liedfassung, das 1843 in Seehausen aufgezeichnete Faule Gretchen3. Ebenso sind in dem von Fritz K l ä m b t für den praktischen Gebrauch in der Jugendbewegung zusammengestellten Märkischen Liederblatt 4 und den durch Paul D o n a t h herausgegebenen kleinen landschaftlichen Sammlungen 5 , die ebenfalls der praktischen Liedpflege dienen, keine altmärkischen Neuaufzeichnungen enthalten. Endlich sind noch einige altmärkische Einzelaufzeichnungen, auf die mich Erich Seemann freundlicherweise aufmerksam machte, erwähnenswert. Sie wurden in der Zeitschrift für Volkskunde innerhalb verschiedener Aufsätze und kleinerer Artikel abgedruckt. Im besonderen handelt es sich um eine Arbeit Georg Schlägers (Nachlese zu den Sammlungen deutscher Kinderlieder), die im 17. und 18. Jahrgang der genannten Zeitschrift erschien 6 und unter den Nummern 50b, 97b, 146b, 165b und 227 altmärkische Liedaufzeichnungen (aus Seehausen) enthält. Ferner findet sich im 8. und im 15. Jahrgang derselben Zeitschrift je eine altmärkische Liedfassung (aus Rohrberg ein Bastlösereim und wiederum aus Seehausen ein Soldatenlied)'. Soweit unser Quellenbericht über die älteren Liedsammlungen und Einzelaufzeichnungen aus der Altmark. Er zeigt, daß diese Landschaft ein verhältnismäßig 1 2

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Hg. vom Deutschen Volksliedarchiv Freiburg i. Br. Hugo Herbst, 100 Eichsfeldische Volkslieder, aus dem Munde sangesfroher Eichsfelder gesammelt und zweistimmig herausgegeben, Heiligenstadt 1 9 1 1 . Vier Fassungen dieses Liedes aus dem Magdeburger Räume finden sich in Weber-Kellermanns Parisiusausgabe unter den Nummern 132, 315, 407 und 454. Märkisches Liederblatt, hg. von Fritz Klämbt, Leipzig 1912. Die in dem 80 Nummern umfassenden Bändchen vertretenen fünf Lieder aus der Altmark (S. 1, 9, 37, 66) wurden durchweg Erk-Böhmes Liederhort entnommen; vier davon sind Aufzeichnungen Ludolf Parisius' (Parisiusausgabe Nr. 643, 553, 731 und 352). Donath veröffentlichte 1954: Es steht eine Linde im tiefen Tal. Eine Auswahl aus Ludolf Parisius' Sammlung „Deutsche Volkslieder und Balladen in der Altmark und im Magdeburgischen". Auch einige andere Ausgaben Donaths enthalten Parisius-Aufzeichnungen (z. B. „30 Volkslieder aus dem Lande Sachsen-Anhalt", Halle 1951, S. 5, 6, 13, 15, 16, 23, 26, 28, 32, 37, 43, 46, 49, und „Von dem Berge fließt ein Wasser", Volkslieder aus SachsenAnhalt = Volkslieder aus deutschen Landschaften, Heft 5, Leipzig 1958, Nr. 7, 13 — 15, 1 9 - 2 1 , 24, 29, 31, 32, 3 5 - 3 9 , 46, 47, 49, 52, 59, 60). Zs. f. Vkde. 17 (1907), S. 2 6 4 - 2 9 8 , und 18 (1908), S. 2 4 - 5 3 . Zs. f. Vkde. 8 (1898), S. 66, Nr. 43, und 15 (1905) S. 100.

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Die Quellen

gut erschlossenes Gebiet darstellt. Seit der Mitte des 19. Jahrhunderts hat fast jede Generation einen kleineren oder größeren Beitrag zur Einbringung der heimatlichen Volksliedernte geleistet. Nachdem Parisius um 1850 den entscheidenden Anstoß gegeben hatte, waren es in der Folgezeit vor allem am Volkslied interessierte altmärkische Lehrer, die zwischen 1870 und 1935 in unermüdlicher Sammelarbeit über 2000 Aufzeichnungen zusammenbrachten. Wenn auch Parisius' Sammlung an Wert und Reichhaltigkeit den späteren Sammelmaterialien überlegen ist, so tragen diese doch entscheidend zur Abrundung des Bildes bei, ja sie ermöglichen uns erst, die Entwicklung und Veränderung des altmärkischen Liedbestandes zu verfolgen. Zusammen mit unserer eigenen Sammlung, auf die wir im folgenden Abschnitt näher eingehen werden, bilden die vorstehend abgehandelten Quellen eine gesicherte Grundlage für unsere Untersuchung. Soweit Arbeiten über unser Thema berührende Fragen vorliegen, werden sie dankbar benutzt, insbesondere Ingeborg Weber-Kellermanns Parisius-Ausgabe, die — über den Rahmen einer bloßen Edition hinausgehend — die Liedrepertoires der einzelnen Sänger als Aussagen sozialer Gruppen interpretiert und in der Einleitung wie auch in den einzelnen Sängercharakteristiken den Versuch unternimmt, ein Bild des altmärkischen Volksliedlebens um 1850 zu entwerfen. Weiterhin werden uns Hildegard Schlomkas inhaltreiche Arbeit sowie die zahlreichen im heimatkundlichen Schrifttum verstreuten Aufsätze und Berichte, die Mitteilungen und Beobachtungen zum Volksgesang und zur allgemeinen Volkskunde wie auch zur Geschichte und ökonomischen Struktur der Altmark enthalten, bei unserer Untersuchung wertvolle Dienste leisten. Ein Gesamtverzeichnis der benutzten altmärkischen Literatur befindet sich auf S. 327ff.

B. Die Neuaufnahme des altmärkischen Liedbestandes 1955

Nachdem wir die älteren altmärkischen Liedsammlungen hinsichtlich ihres Zustandekommens und Inhalts untersucht haben, sollen die folgenden Ausführungen über unsere eigene, 1955 durchgeführte Sammelaktion, ihre Ziele, Methoden und Ergebnisse informieren. Wie oben schon angedeutet, war der erste Gedanke einer erneuten Aufnahmeaktion in der Altmark bei der Beschäftigung mit Ludolf Parisius' Liedersammlung aufgetaucht. Mehr beiläufig hatten wir uns die Frage vorgelegt, ob denn der damals so reichlich fließende Quell altmärkischen Singens im Laufe der Zeit gänzlich versiegt sei oder ob sich nicht auch heute noch Spuren von den Liedern finden lassen sollten, die der Gardelegener Jurist um 1850 aufgezeichnet hatte. Je mehr dieser Gedanke Gestalt gewann, umso deutlicher zeigte sich, daß man nicht dabei stehen bleiben durfte, den Resten der von Parisius seinerzeit aufgeschriebenen Lieder nachzuspüren. Zu viele in der Zwischenzeit aktuell gewordene Probleme drängten sich zur Untersuchung auf: das allmähliche Versiegen der mündlichen Liedüberlieferung, der teilweise Ersatz traditioneller Formen des Singens durch neue Arten und Formen, der Einfluß von Bewegungen der Volksliederneuerung, von Rundfunk, Schlagermusik usw. Aus diesen Überlegungen heraus ergaben sich die Zielsetzungen der Aufnahmeaktion von selbst: 1. Alles 1955 in der Altmark verbreitete Liedgut (soweit wir seiner habhaft werden konnten) festzuhalten, um damit einen Überblick über die Situation in unserer Zeit zu gewinnen und eine reale Einschätzung der Entwicklung seit Parisius zu ermöglichen. 2. Die in der Gegenwart zu beobachtenden volkskundlichen Zusammenhänge, in denen das Lied lebt, zu studieren: wer sind die Sänger, bei welchen Gelegenheiten wird gesungen usw. 3. Mit Hilfe von Tonbandaufnahmen die Grundlage für das Studium des Singens, der Liedgestaltung und aller damit zusammenhängenden Fragen zu schaffen. Gerade der letzte Punkt bedarf heute besonderer Beachtung. Seit Auf kommen und Verbesserung mechanischer Aufzeichnungsgeräte ist die Aufnahme gegenwärtig noch lebendigen Liedgutes mit ihrer Hilfe immer wieder nachdrücklich gefordert worden. Im Gegensatz zu anderen europäischen Ländern existieren jedoch bis heute in Deutschland, gemessen an den unzähligen schriftlich aufgezeichneten Liedern, erst wenige klingende Volksliedsammlungen 1 . 1

Bis 1945 waren es: Louis Pincks Lothringer Aufnahmen (heute im D V A Freiburg, ausgewertet in Verklingende Weisen, 1926ff.); Georg Schünemanns Wolgadeutsche Phono-

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Die

Quellen

Die von uns im Auftrage des Instituts für deutsche Volkskunde an der Deutschen Akademie der Wissenschaften zu Berlin durchgeführte Sammlung altmärkischen Liedgutes soll zu dem großen Unternehmen, den Volksgesang deutscher Landschaften klingend zu bewahren, einen bescheidenen Beitrag liefern. Für die richtige Einschätzung des von uns gesammelten Materials dürfte es von Interesse sein, zu erfahren, wie die Sammlung zustande gekommen ist und wie sie aufbereitet wurde. Obgleich allgemeinverbindliche Regeln für die Sammlung volkstümlichen Überlieferungsgutes in zahlreichen Sammelanweisungen vorliegen 1 ,, erfordern die jeweiligen äußeren Gegebenheiten und die mit einer Sammelaktion verfolgten Ziele immer aufs neue eine besondere Auswahl der Aufnahmemittel und -methoden. Ob man eine Landschaft mit noch lebendigen Traditionen aufnimmt oder ein Gebiet, in dem das mündlich überlieferte Liedgut im Verklingen begriffen ist, ob man eine einzelne Siedlungsgemeinschaft systematisch zu erfassen sucht oder einen Überblick über größere Räume anstrebt, ob man speziellen Liedgruppen und guten Einzelfassungen nachgeht oder alles, was gesungen wird, berücksichtigt, ob ein einzelner Sammler aufgezeichnet oder — wie heute vielfach üblich — ein A u f nahme-Kollektiv sich in die anfallenden Arbeiten teilt, — in jedem Falle muß die Sammelaktion anders betrieben und entsprechend vorbereitet werden. Im folgenden

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gramme (ausgewertet in Das Lied der deutschen Kolonisten in Rußland, 1923); Schallplatten des früheren Instituts für Lautforschung der Universität Berlin, besonders aus Lothringen (Fritz Bose) und dem Spessart (vgl. Katalog der Schallsammlung des Instituts für Lautforschung Berlin von Fritz Bose); Magnetophonaufnahmen im Schallarchiv des Instituts für Musikforschung Regensburg aus Südtirol (Fred Quellmalz/Fritz Bose), aus der Oberpfalz und von Umsiedlern aus Galizien, Wolhynien, der Bukowina und dem Egerland (vgl. Katalog der Schallsammlung des Instituts für Musikforschung Regensburg von Felix Hoerburger). Nach 1945 entstand Johannes Künzigs umfangreiche Tonbandsammlung von Umsiedlern aus den ehemaligen deutschen Sprachinseln (ca. 2000 Nrn., davon 34 Nrn. 1958 auf Schallplatten veröffentlicht in „Ehe sie verklingen . . .") und in den letzten Jahren eine Beispielsammlung aus verschiedenen deutschen Landschaften beim DVA Freiburg (1962 z.T. publiziert, s. oben S. XI'). Aus der DDR sind G. Krafts thüringische Aufnahmen zu nennen, die in den letzten Jahren entstandene Sammlung des Instituts für Volkskunstforschung Leipzig (nach Mitteilung von W. Schrammek ca. 800 Volksmusik-, Volkstanz- und Liedaufnahmen aus der Priegnitz, Lausitz, Großenhainer Pflege, Dresdner Umgebung, aus Sebnitz, Thüringen, dem Harz und von der Insel Poel), die Sammlung des Instituts für sorbische Volksforschung Bautzen (nach Mitteilung von Jan Raupp ca. 550 Nrn. aus der Nieder-, Mittel- und Oberlausitz), schließlich im Institut für deutsche Volkskunde an der DAdW Berlin — außer unserer altmärkischen Sammlung und umfangreichen nichtdeutschen Materialien — rund 250 Aufnahmen von Berliner Kindern, Umsiedlern aus Ungarn u. a. Neuere methodische Beiträge zur Sammlung von Volksmusik sind z. B. : Maud Karpeles, Arnold Baké: Manuel for Folk Music Collectors, London 1951 ; Campbell: The mechanical Recording of Folklore and Folksongs, 1948; Béla Bartók: Miért és hogyan gyüjtsünk népzenét? (Warum und wie sammelt man Volksmusik?), Budapest 1936, jetzt auch in: Béla Bartók, Weg und Werk, Schriften und Briefe, Zusammengest. v. B. Szabolcsi, Leipzig 1957, S. 1 7 1 - 1 9 3 .

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seien deshalb einige unsere Sammelmethode und Aufnahmetechnik betreifenden Fakten zusammengestellt. Die Auswahl der Aufnahmeorte innerhalb des Sammelgebietes erfolgte — nach einer kurzen Informationsfahrt zur Erkundung der bestehenden Voraussetzungen 1 — unter dem Gesichtspunkt, möglichst typische Verhältnisse zu erfassen. Der auch heute noch stark bäuerliche Charakter der Altmark legte die gründliche Aufnahme eines Bauerndorfes nahe. In Breitenfeld (Kreis Gardelegen) fanden sich günstige Bedingungen, die alten Lied- und Singtraditionen einer stadtfernen Ortschaft neben dem Wirken eines unlängst ins Leben gerufenen Laienensembles zu studieren 2 . Um aber auch einen Einblick in das Singen der Städte und unter städtischem Einfluß stehender Dörfer zu gewinnen, wurden als weitere Aufnahmeschwerpunkte die Kreisstadt Salzwedel im nordwestlichen Zipfel der Altmark und ein größeres Dorf in Stadtnähe ausgewählt (Jävenitz, unweit Gardelegen). Streufahrten in verschiedene andere Städte und Dörfer der Altmark sollten das dort gewonnene Bild bestätigen oder berichtigen helfen 3 . Die beigefügte Karte gibt einen Überblick über die Orte, in denen Aufnahmen gemacht wurden. Neben der Aufnahmearbeit innerhalb der traditionellen Singgemeinschaften und dem Besuch von Proben und Aufführungen der Volkskunstgruppen dienten unsere Sammelfahrten auch der Orientierung in den verschiedenen kulturellen Einrichtungen (Schulen, Museen, Volkskunstkabinette, Arbeitskreise des Kulturbundes u. ä.). Mitarbeiter dieser Institutionen waren uns teilweise dabei behilflich, für die Aufnahme geeignete Personen ausfindig zu machen. Zumeist aber versuchten w i r direkt Kontakt zu gewinnen. Als besonders günstige Gelegenheiten, mit einem größeren Kreis von Personen bekannt zu werden, erwiesen sich Festtage: Hochzeiten und Kindtaufen, Flurumgänge vor der Ernte, Sängerfeste mit Freiluftveranstaltungen und Umzügen, die Pfingsttage, Fastnachts- und Martinsumzüge, der 1. Mai — kurz alle festlichen und brauchtümlichen Anlässe, w o Veranstaltungen im Freien die einheimische Bevölkerung aus den Häusern locken. An solchen Feiertagen sind namentlich die Dörfler aufgeschlossener als an normalen Arbeitstagen und zur Unterhaltung und zu Auskünften gern bereit. Daß sich ein Ortsfremder für alte und neue Formen derartiger traditioneller Feste interessiert, ist ihnen durchaus verständlich, ja sogar angenehm. Fast immer konnten bei solchen Gelegenheiten einige Bekanntschaften, die sich für die Aufnahmearbeit auszahlten, geschlossen werden. 1

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Besuch in Breitenfeld (Kreis Gardelegen) und Diesdorf (Kreis Salzwedel). Fühlungnahme mit den Dorfbewohnern, Umfragen im Ort und Gespräche mit alteingesessenen Bauern, die für Breitenfeld recht gute Ergebnisse versprachen. — Aufnahme von Verbindungen mit den Volkskunstkabinetten Stendal, Gardelegen und Salzwedel. — Dauer der Fahrt: 4 Tage (Ende Febr. 1955, Fastnachtsfeiern). Die erste Sammelfahrt zur Aufnahme des Breitenfelder Dorfrepertoires nahm vier Wochen in Anspruch (Mitte April bis Mitte Mai 1955). 2. Sammelfahrt: Jävenitz und andere Orte im Kreis Gardelegen. Dauer: 2 Wochen (Ende Mai bis Mitte Juni 1955, Pfingsten). — 3. Sammelfahrt: Salzwedel und Kreise Salzwedel, Klötze, Stendal und Tangerhütte. Dauer: 4 Wochen (Anfang Juli 1955 bis zum Beginn • der Roggenernte Ende Juli).

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Die Quellen

Jeder Aufnahme ging in der Regel ein vorbereitendes Gespräch voraus, das dem Kennenlernen des Sängers diente. Dabei wurde alles Wissenswerte über seine Lebensumstände (Beruf, Alter und Herkunft, musikalische Betätigung, Mitgliedschaft in Vereinen u. dgl.) erfragt und seine Lieder 'nach Anfängen notiert. Nur in den seltensten Fällen hatte eine Gewährsperson ihr gesamtes Repertoire parat. Des öfteren war zu beobachten, daß sich im Gedächtnis der Sänger bestimmte einmal gelernte Lieder mit noch anderen Komponenten zu einer Art Erlebniskomplex zusammengeschlossen hatten, entweder nach dem Inhalt des Liedes, nach der handelnden Hauptperson, nach der vorherrschenden Stimmung oder auch nach der Gelegenheit des Erlernens. Das äußerte sich in Bemerkungen wie „Da war doch noch so ein Lied mit einem Matrosen . . . " oder „Auf dem Acker haben wir doch immer noch ein anderes gesungen . . ." Damit der Sänger Muße hatte, sich auf entstandene Textlücken zu besinnen und auf Lieder zu kommen, die ihm nicht gleich gegenwärtig waren, wurde die Aufnahme — soweit möglich — nicht unmittelbar nach diesem ersten Gespräch angesetzt, sondern erst einige Tage später. Viele Gewährsleute benutzten die Zwischenzeit, um einige ihrer Texte aufzuschreiben oder wenigstens die Anfänge der noch einfallenden Lieder zu notieren. Eine Breitenfelder Bäuerin legte sich, da ihr altes handschriftliches Liederbuch abhanden gekommen war, sogar ein neues Heftchen an, in das sie alle ihr ins Gedächtnis kommenden Texte eintrug. Obgleich die meisten Sänger in ihrer Jugend ein solches Büchlein besessen hatten, waren jetzt leider nur noch wenige vorhanden 1 . Handgeschriebene Liederhefte erleichtern die Feststellung des Repertoires natürlich wesentlich, selbst wenn man in Rechnung stellt, daß sie oft nur einen Bruchteil dessen enthalten, was der Sänger wirklich kennt, und daß umgekehrt ein gewisser Prozentsatz des Buchinhaltes auf irgendwo abgeschriebene Gedichte, Stammbuchverse und solche Lieder entfällt, die der Schreiber selbst nie gesungen hat 2 . Das Interesse an der Sammelarbeit war bei den Sängern im allgemeinen groß, wenn auch die Liedkenntnisse nach Alter und Veranlagung naturgemäß stark differierten. Bei manchen trat ein großer Schatz von Liedern, den sie halb unbewußt mit sich herumgetragen hatten, durch den äußeren Anstoß fast unversehrt zutage. Andere wieder hatten das meiste vergessen und kamen beim Vorsingen über die erste Strophe selten hinaus, wobei sich die Unsicherheit in der Regel mehr auf den Text als auf die Melodie erstreckte. Lerntypen, denen Text- und Melodieverlauf fast mechanisch einfielen, sobald sie die erste Zeile wußten, waren zu beobachten neben solchen, die Inhalt und Sinnzusammenhang der Lieder behalten hatten, nicht aber die einzelnen Formulierungen. Es war erstaunlich, zu sehen, mit welchem Eifer sich auch diese letztgenannten an der Aufnahmearbeit beteiligten, wie besonders die Älteren unter ihnen mit schreibungewohnten Händen die halbvergessenen Lieder 1

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Häufiger wurden gedruckte Liederbücher vorgezeigt, allerdings solche, mit denen die Gewährsleute wirklich gelebt, aus denen sie gesungen hatten. Vgl. A . Hübner, Lieder der Heimat, 1926, S. 26f., und O. Drüner, Die deutsche Volksballade in Lothringen, 1939, S. 11.

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ihrer Jugend zu Papier brachten und sich mühten, durch Umfragen bei ihren ehemaligen Schul- und Koppelfreundinnen entfallene Textzeilen zu ergänzen. Daneben gab es aber auch viele, die nur die in letzter Zeit gelernten Lieder im Kopf hatten, teilweise nicht einmal diese genau. Bei den Aufnahmen selbst wurde, je nach den Gegebenheiten, mit Einzelpersonen oder mit Gruppen gearbeitet. Gute Erfahrungen wurden mit kleineren Gemeinschaften gemacht, Gruppenbildungen, wie wir sie z. B. in den altmärkischen Koppeln (s. S. 74ff.) oder in den Spielkameradschaften der Kinder vor uns haben. Zwar herrscht dort nicht jene Ruhe und Konzentration, die der Vorteil einer Aufnahme mit Einzelsängern ist, aber dafür entsteht eine Atmosphäre der Geselligkeit, der gegenseitigen Anregung und Ergänzung, namentlich beim beliebten Zweistimmigsingen, kurz jene Resonanz der Gemeinschaft, die viele Sänger brauchen, um sich voll entfalten zu können 1 . Diese Form der Aufnahme erwies sich für solches Singgut als geeignet, das auch sonst unter ähnlichen Bedingungen lebt oder gelebt hat. Die heute in Volkskunstgruppen und Ensembles gesungenen, teilweise neu aufgekommenen Lieder, mit denen andere Formen des Singens und Liedlernens und eine andere Einstellung der Sänger zum Liede überhaupt verbunden sind, müssen mit anderen Aufnahmemethoden erfaßt werden 2 . Eine Scheu vor der technischen Apparatur und dem Mikrophon war im allgemeinen nicht festzustellen, im Gegenteil, die Sammlung wurde durch das Magnetophon, das sich als Anziehungspunkt erwies, erheblich gefördert. Das Vorspielen eines aufgenommenen Liedes gab immer neuen Anreiz zum Singen, so daß sich während der Aufnahme ungezwungen Lied an Lied reihte 3 . Überdies dienten die in den vorbereitenden Gesprächen gesammelten Repertoire-Notizen als sichere Grundlage für den flüssigen Aufnahmeablauf. Sie boten auch die Gewähr, daß kein Lied vergessen wurde. Der Verlauf der Aufnahme wurde entsprechend den gebräuchlichen Regeln volkskundlicher Feldforschung protokolliert 4 . Im allgemeinen ließen wir die Lieder

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Die begabten (und seltenen) Sänger- und Erzählerpersönlichkeiten, wie sie Pinck mit Papa Gemè oder dem Bickel-Kättel und Henßen mit Egbert Gerrits begegneten, sind mit anderen Maßstäben zu messen als die breite Masse der Sänger. Die Entscheidung, in welchem Rahmen man eine Gewährsperson wirken läßt, kann erst fallen, nachdem man sich mit ihrer Eigenart vertraut gemacht hat. Mitschnitte bei Übungsabenden und öffentlichen Veranstaltungen, Informierung über das Singrepertoire bei den Gruppenleitern u. ä. Vgl. dazu S. 261 ff. Meist waren die Frauen der aktive Teil bei den Aufnahmen, während die Männer zuhörend dabeisaßen und sich nur mit gelegentlichen Randbemerkungen beteiligten. Ort, Datum, Anwesende; Name des Sängers; Textanfang und Strophenzahl jedes auf Tonband gesungenen Liedes mit allen dazu gemachten Angaben, z. B. wann, von wem und w o gelernt, bei welchen Gelegenheiten gesungen; wer von den Anwesenden das Lied noch kennt, Varianten; Legenden oder historische Begebenheiten, die sich nach Meinung der Gewährsleute an das Lied knüpfen usw. Bei Kinderspielen wurde, wenn möglich, auch der Spielablauf in Stichworten notiert. Volksgesang

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Die Quellen

mit sämtlichen Strophen auf Tonband singen 1 . Geringfügige Varianten schon aufgenommener Lieder wurden meist nur schriftlich notiert, stärker abweichende Fassungen hingegen stets neu aufgenommen. Wegen eines kurzfristigen Defekts am Magnetophongerät und einiger anderer technischer Schwierigkeiten (z. B. in Gleichstromgebieten) konnte ein kleiner Teil des gesammelten Materials nur schriftlich aufgezeichnet werden, was nicht nur die Anzahl der pro Aufnahmeabend notierten Lieder reduzierte 2, sondern auch die Qualität der Aufzeichnungen. Abgesehen davon, daß eine schriftliche Notierung die Magnetophonaufnahme nicht zu ersetzen vermag, da sie den sinnlichen Klangeindruck, den Gesamthabitus des Vortrages nicht wiedergeben kann, ist es — selbst für einen geübten Notator — fast unmöglich, während des Gesanges alle Einzelheiten betreffs Takt, Tempo, Dynamik, Vortragsart usw. (kleine Unebenheiten im Takt- und Formgefüge, Rubati, Verkürzungen und Überdehnungen, Verzögerungen an Zeilenenden oder beschleunigtes Übersingen der Formzäsuren u. ä.) getreu zu Papier zu bringen, d. h. das wiederzugeben, was er einer Tonbandaufnahme durch ruhiges Einhören ablauscht. Durch den Zwang, das Gehörte praktisch im Moment des Erklingens niederzuschreiben, wird automatisch zum schulmäßig Normalen, Schematischen hin vereinfacht 3 . Mit Recht sind deshalb die Grenzen der schriftlichen Melodienotierung im Terrain und die Problematik der schriftlichen Aufzeichnung als einziger Quelle immer wieder betont worden 4 . Im Vergleich zu den transkribierten Tonaufnahmen, bei denen ja auch vom sinnlichen Klang abstrahiert und das Gehörte in das vorgegebene System der Notenschrift eingepaßt werden muß, wirken sie karg, gerüsthaft, schematisiert. Daß trotz Kenntnis der Probleme keine wesentlich besseren Ergebnisse erzielt werden können als im 19. Jahrhundert mit seinen vereinfachenden Melodienotierungen, beweist einmal mehr die Notwendigkeit, die modernen technischen Apparate so oft als irgend möglich einzusetzen, um die für die heutige Forschung nötigen protokollarischen Aufzeichnungen (wiedergegeben in einer durch mannigfache Zusatzzeichen belebten Notierungsweise) und die ebenso erforderlichen sachgerechten Beschreibungen des klanglichen Gesamteindrucks, den sich der Übertragende durch immer wiederholtes Anhören einer Aufnahme zu eigen machen kann, zu gewinnen. 1

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Dabei konnte manches schöne Beispiel zur Strophenvariation, von einfachen rhythmischen Umformulierungen (entsprechend Silbenzahl und Metrik der einzelnen Textstrophen) bis zu stärkeren Umgestaltungen der rhythmischen, melodischen oder formalen Struktur, aufgenommen werden, ebenso Beispiele, in denen sich die dem Sänger vorschwebende, eigentliche Gestalt der Weise erst nach und nach herauskristallisiert u. ä. Bei schriftlicher Aufzeichnung konnten (unter günstigen Voraussetzungen) höchstens 10 — 12, mit dem Magnetophon aber 25—30 Lieder aufgenommen werden. Die „sinnvolle Melodiegestalt" und die ihr „wesenseigenen Normen" (W. Wiora im Jb. f. Vldf. VI, S. 67) im Moment des Erklingens zu erfassen, ist weitaus schwieriger. Beispielsweise von W . Danckert, Grundriß der Volksliedkunde, 1939, S. 108. Daß die schriftliche Notierung als zusätzliche „Leistung des Verstehens und Begreifens" (Wiora, Zur Lage der Volksliedforschung, Zs. f. dt. Philologie 73, S. 203, s. auch Jb. f. Vldf. VI, S. 59) notwendig ist, bedarf keiner Erörterung.

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Hier seien noch einige Bemerkungen zum Verständnis der in dieser Untersuchung wiedergegebenen Text- und Notenbeispiele angefügt. Sie bieten einen Querschnitt durch unsere Sammlung, die vollständig transkribiert und in das Berliner Volksliedarchiv (BVA) am Institut für deutsche Volkskunde aufgenommen wurde. Bei jeder Liedfassung sind — außer der BVA-Nummer — Aufnahmeort, Datum, Name und Alter des Sängers bzw. der Sänger sowie die Form der Aufzeichnung (Tonbandaufnahme 1 oder schriftliche Aufzeichnung) vermerkt. Handschriftliche Aufzeichnungen der Sänger sind durch den Zusatz hs. oder hs. Ldb. kenntlich gemacht. Nur noch unvollständig im Gedächtnis haftende Texte wurden als solche gekennzeichnet, wenn der Sänger nach eigenen Angaben früher mehr Strophen des betreffenden Liedes gekannt hat. Die Texte und Melodien werden so wiedergegeben, wie sie bei der Aufnahme erklangen, d. h. mit allen musikalischen und textstilistischen Unebenheiten, grammatischen Fehlern und mundartlichen Besonderheiten 2 . Sowohl bei der Übertragung vom Tonband wie auch — in den gegebenen Grenzen — bei der schriftlichen Aufzeichnung im Terrain wurde möglichste Genauigkeit angestrebt 3 . Zur Aufzeichnung und Wiedergabe der Texte 4 : In dem Bemühen, ein annähernd getreues Abbild der Volkssprache zu vermitteln, konnte bei der Schreibung mundartlicher Wendungen und bei der Apostrophierung von Wortverkürzungen nicht immer ganz konsequent verfahren werden. Immer war die klangliche Erscheinung maßgebend für die Schreibweise. Mit der Setzung von Apostrophen wurde, um das Schriftbild nicht unnötig zu belasten, sehr sparsam umgegangen. Im allgemeinen stehen sie bei Zusammenziehungen zweier Worte und bei Auslassungen in einem Wort, wenn sonst das Verständnis des Wortsinnes beeinträchtigt ist (z. B. or'lich — ordentlich, Gär'n — Garten), ferner auch bei verkürzten, aber klingenden Endungen (schön'n Dank, lang'n). Zur Bezeichnung von Besonderheiten der altmärkischen Mundart mußten einige phonetische Zusatzzeichen benutzt werden. Im allgemeinen gelten die Aussprachegesetze des Hochdeutschen, die für die Belange der Mundart wie folgt modifiziert werden. Für langes offenes a mit Neigung nach o steht ä (Strät, lät). Für langes offenes ö steht Q (Vijjelchen, Ncjt), für langes offenes e steht ä (dä, jäm), sofern nicht nachfolgende Konsonanten den Vokal ohnehin dunkel färben (Dör, Tweern). W o im Hochdeutschen Diphthonge, im Niederdeutschen aber einfache lange Vokale gesprochen werden, sind diese verdoppelt (Bruut, keen) bzw. durch ie ausgedrückt (riep). Nur die häufig vorkommenden Possessivpronomina min, din, sin werden,

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Tonbandaufz. Nr. 21a/12 = Band 21, Spur a, Aufnahme 12. Lediglich fehlerhafte Orthographie und Interpunktion in handschriftlichen Textniederschriften der Sänger wurden verbessert. Die folgenden Angaben beziehen sich nur auf die Lieder unserer Sammlung. Soweit Beispiele aus älteren Quellen entnommen sind, wurde die dort gebrauchte Schreibweise beibehalten. In Fragen der Mundartschreibung berieten mich dankenswerterweise Dr. Gisela Schneidewind und Dr. Reinhard Peesch.

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Die Quellen

obwohl lang gesprochen, nicht durch ie belastet. Reduzierte Elemente von Diphthongen erscheinen hochgestellt (twei), auch bei im Hochdeutschen nicht gebräuchlichen Kombinationen (to u , Bualala, schöin). Vokallänge und -kürze werden dort, wo sie von der hochdeutschen Aussprache abweichen, durch Verdopplung der Vokale bzw. der nachfolgenden Konsonanten bezeichnet (leern; hemm). Nur bei mundartlichen Formen einiger Personalpronomina wurde darauf verzichtet (lang: ju, ji, je, he, wi, we, mi, di; kurz: wer, wa, em, aber: ick, dick, sick). Anlautendes st und sp werden im Altmärker Platt meist seht und schp gesprochen. Abweichungen sind durch s-t und s-p kenntlich gemacht. Im ganzen wurde versucht, das Erklingende so exakt als irgend möglich wiederzugeben, so daß nicht selten mehrere Schriftbilder desselben Wortes auftauchen, z. B. geben — gebn — gäm — jäm, auch — ooch — och — ook — o u k — auk, die — dei — de' — dee — dä — de. Zur Aufzeichnung und Wiedergabe der Melodien: Tonhöhe und Tonart: Da die Wahl der Tonart beim Vorsingen mehr oder weniger zufällig ist und keine ausdrucksmäßige Bedeutung besitzt, wurden alle Weisen in C-, G- oder F-Dur notiert. Bei transkribierten Tonaufnahmen ist die originale Höhe des Anfangstones vor Beginn jeder Melodie vermerkt. — Unfeste Tonhöhen und ungefähre Tonhöhenverläufe (bei mehr gerufenen als gesungenen Partien, z. B. im Kinderspiel und Heischegesang) werden durch J-Noten bezeichnet. Pfeile nach oben oder unten über einer Note bezeichnen zu hoch bzw. zu tief intonierte Tonstufen, z. B. wenig scharfe Leittöne, zu kleine Obersekunden, unsaubere Durchgangstöne usw. Starke Verschleifungen werden durch das Glissandozeichen ausgedrückt. Rhythmus und Takt: Die exakte und sinnvolle Darstellung der rhythmischen Struktur wurde mit folgenden Mitteln zu erreichen versucht. Irrationale Schwankungen der Tonlänge werden durch Zusatzzeichen über der Note wie - (Notenwert geringfügig verkürzt), - (Notenwert etwas gedehnt) und ^ (Notenwert um das Doppelte und mehr gedehnt) ausgedrückt. Nicht ausgehaltene Pausen erscheinen eingeklammert; längere Atempausen an Zeilen- oder Halbzeilenenden (nicht selten exakt im Werte eines Grundschlages) werden durch " angezeigt, metrisch tote Pausen ohne Zählwert sowie kurze Atempausen durch '. — Der verhältnismäßig häufig auftretende Taktwechsel ist meist nicht strukturell, sondern vortragsbedingt, d. h. es handelt sich um mehr oder minder willkürliche Dehnungen oder Verkürzungen (meist im Werte eines Grundschlages), die sich in der überwiegenden Zahl der Fälle jedoch ganz organisch in den rhythmischen Ablauf einfügen, ihn eher bereichern und beleben als beeinträchtigen. Sofern dieser vortragsbedingte, uneigentliche Taktwechsel nicht durch Zusatzzeichen, wie oben erläutert (Fermaten, eingeklammerte Pausen usw.) dargestellt werden kann, wird er für die entsprechenden Takte vorgezeichnet. Steht die Vorzeichnung in Klammern, so gilt sie nur für den betreffenden Takt; ohne Klammern gilt sie bis zur Auflösung. Tempo und Ausdruckscharakter: Bei transkribierten Tonaufnahmen ist zu Beginn der Weise die Metronomzahl des Grundschlages vermerkt. Ansteigende oder abnehmende Tempi sind durch mit Pfeilen verbundene Metronomangaben ( J = 112-»120), leicht schwankende Tempi durch die Angabe eines Skalenausschnittes (J =

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112—116) oder durch das Ungefährzeichen gekennzeichnet. Tempo und Charakter jeder Weise wurden überdies durch beschreibende Zusätze wie „belebt erzählend", „gewichtig" usw. zu verdeutlichen gesucht. Zweistimmigkeit: Die in vielen Aufzeichnungen vertretene zweite Stimme ist des öfteren nur wenig durchgebildet. Nicht selten fällt sie willkürlich ein und bricht wieder ab. Um den mehr oder minder zufälligen Charakter dieser Singmanier zum Ausdruck zu bringen, wurden in solchen Fällen die einstimmigen Partien nicht nach oben und unten gestielt. Die Ausbeute der Sammelfahrten beträgt 685 Tonbandaufnahmen und 315 schriftliche Aufzeichnungen. Davon sind ca. 720 Nummern Liedfassungen mit Text und Melodie, der Rest Text ohne Melodien 1 , Textfragmente und Instrumentalmusik, die wir bei öffentlichen Tanzveranstaltungen mitgeschnitten haben. Außerdem wurden zur Kennzeichnung des altmärkischen Repertoires etwa 2000 Lieder nur dem Anfange nach notiert 2 . — Zu erwähnen ist in diesem Zusammenhang noch, daß mir nach meiner Sammelaktion im Jahre 1955 — über die oben S. 26 angeführten Einsendungen an das Berliner Volksliedarchiv hinaus — eine größere Zahl von Liedaufzeichnungen und anderen Materialien zum altmärkischen Volksgesang zugeschickt wurde. Die meisten Sendungen ergaben sich durch Nachfragen von unserer Seite (z. B. nach dem Singrepertoire altmärkischer Gesangvereine oder nach einzelnen Liedern) 3 . Vermittler bzw. Gewährsleute waren Martin Ehlies-Salzwedel, Otto Goethe und Dr. Gerhard Richter-Stendal, Joachim Kohlmann-Tangermünde sowie einige unserer seinerzeit befragten Sänger. Alle nach 1955 e i n g e g a n g e n e n Materialien konnten in der vorliegenden Untersuchung noch weitgehend ausgewertet werden. Wie jede landschaftliche Liedsammlung — und sei sie mit noch so großer Intensität betrieben —, so konnte auch diese das ideale Ziel, alles gesungene Liedgut zu erfassen, nicht erreichen. Doch dürfte sich aus unserer Sammlung aufgrund der ausgewählten Sammelorte und Gewährsleute 4 ein typisches Bild vom altmärkischen Volksgesang in der Mitte unseres Jahrhunderts ergeben. Diese Texte stammen meist aus hs. Liederbüchern oder sind Einzelaufzeichnungen der Sänger, zu denen die Melodien nicht bekannt oder in Vergessenheit geraten waren bzw. deren Aufnahme widrige Umstände verhinderten. - Es handelt sich dabei meist um nichtabweichende Fassungen schon aufgenommener Stücke oder um feste Formungen allgemein verbreiteter Lieder. 3 Die darin enthaltenen Liedaufzeichnungen haben wir in das Berliner Volksliedarchiv aufgenommen: BVA-Nr. 1 8 2 2 - 1 8 2 4 (1958 aus Salzwedel), B V A - N r . 1 8 2 7 - 1 8 4 4 (1960/61 aus verschiedenen Orten der westlichen Altmark), B V A - N r . 1967 — 1969 (1961 aus Insel). 4 Vgl. das folgende Kapitel. 1

II. D I E S Ä N G E R U N D I H R E U M W E L T

A. Zur geographischen, sozialen und wirtschaftlichen Struktur der Altmark

Die vielfältigen Erscheinungen, die die Bewohner einer Landschaft umgeben, die auf sie einwirken und ihre Lebensform bestimmen — die jeweilige historische Situation, die soziale und wirtschaftliche Struktur eines Gebietes mit ihren verschiedenen Gruppenbildungen und Gemeinschaftsformen, die Verkehrslage, geographische und klimatische Bedingungen, ethnische, sprachliche, konfessionelle Faktoren usw., prägen auch den Volksgesang. Sie sind Voraussetzung und Grundlage für Eigenart und Wandlung landschaftlichen Singgutes. Eine ausführliche Darstellung dieser Gegebenheiten und ihrer Entwicklung ist hier nicht unsere Aufgabe. Gestützt auf die bisher erschienene einschlägige Literatur 1 und die von uns 1955 gesammelten Fakten und Beobachtungen, müssen wir uns im folgenden auf einen knappen Abriß beschränken, wobei wir besonders die Erscheinungen berücksichtigen, die für Zusammensetzung und Charakter der altmärkischen Sängerschaft von Bedeutung sind. Im Osten und Nordosten durch die Elbe, im Norden und Westen durch hannoversches und braunschweigisches Gebiet und im Süden etwa durch die in die Elbe mündende Ohre begrenzt, nimmt die Altmark — ein Gebiet von rund 4500 qkm — den nordwestlichen Teil des Bezirkes Magdeburg ein. 1

Aus älterer Zeit besonders W. Zahn, Heimatkunde der Altmark, 2. Aufl., Salzwedel 1928; ders., Geschichte der Altmark, Stendal 1891; Die Altmark und ihre Bewohner, Beiträge zur altmärkischen Volkskunde, hg. von K. Lehrmann und W. Schmidt, 2 Bde., Stendal 1912; H. Dietrichs und L. Parisius, Bilder aus der Altmark, 2 Bde., Hamburg 1882. Nach 1945 erschien als einzige größere Arbeit das „Heimatbuch des Kreises Gardelegen", Gardelegen 1955, das auch die neueste Entwicklung berücksichtigt, daneben eine Reihe von kleinen Beiträgen in Unsere Heimat, 1959ff. und Der Altmarkbote, 1956ff. Zu den zahlreichen Aufsätzen und Artikeln, die in älteren örtlichen Zeitschriften (Salzwedler Jahresberichte, Stendaler Beiträge, Alte Mark, Altmarkland u. a.), in Heimatbüchern und Heimatkunden erschienen sind, vgl. die von A. Schimmel und R. Schulze herausgegebene „Bibliographie der Altmark" (Heimatschriften im Bezirk Magdeburg, Burg bei Magdeburg, 1932). Eine vorzügliche wirtschaftsgeographische Arbeit, die die Altmark in ihrem Verhältnis zu Mitteldeutschland untersucht, sei hier an Stelle vieler anderer genannt: Kurt Achterberg, Altmark und Mitteldeutschland, Stendal 1931. Weitere von uns für dieses II. Kapitel benutzte Literatur findet sich im Literaturverzeichnis. Leider mangelt es bisher an einer gründlichen sozialgeschichtlichen Untersuchung über die Altmark. Sie hier für das letzte Jahrhundert zu geben, würde nicht nur den Rahmen dieser Arbeit, sondern auch unseren Kompetenzbereich erheblich überschreiten. Diese Aufgabe muß sachkundigen Historikern und Soziologen vorbehalten bleiben.

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Die Sänger und ihre Umwelt

Verwaltungspolitische und geographische Grenzen des altmärkischen Gebietes decken sich nicht völlig. Während die Elbe als Ostgrenze und die durch ein flußreiches, teilweise sumpfiges Gebiet bezeichnete Nordgrenze beides miteinander vereinigen, ist im Westen eine natürliche geographische Abgrenzung nicht vorhanden. „Hier gibt jedoch die Jahrhunderte lange politische Trennung . . . und das starke Hervortreten der Landwirtschaft gegenüber der dünnbesiedelten, mehr forstwirtschaftlichen Charakter tragenden Lüneburger Heidelandschaft Anhaltspunkte zur Grenzführung" 1 . Im Süden bildet die wenig besiedelte Kolbitz-Letzlinger Heide und die Ohre, die in ihrem Mittellauf auch als Sprach- und volkskundliche Grenze in Erscheinung tritt 2 , eine natürliche geographische Abgrenzung 3 . Die verwaltungspolitischen Grenzen verlaufen hier jedoch etwas anders. Aus dieser Tatsache sind die verschiedenen Größen- und Grenzangaben in der altmärkischen Literatur zu erklären 4 . Nach der Verwaltungsreform im Jahre 1952, die eine neue Kreiseinteilung mit sich brachte, umfaßt die Altmark die Landkreise Tangerhütte, Stendal, Osterburg, Seehausen, Kalbe, Salzwedel, Klötze und Gardelegen (vgl. die beigegebene Karte) 5 . Jahrhundertelang Durchgangsland von Nord nach Süd und West nach Ost, von alten Handelsstraßen durchkreuzt, im Osten durch eine wichtige Verkehrsader, die 1 2

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s. Achterberg, S. 39, der sich mit diesen Fragen eingehend auseinandersetzt. Vgl. auch J. H. Schultze, Die Naturlandschaften der DDR, 1955, S. 173ff. Vgl. Philipp Wegener, Zur Kunde der Mundarten und des Volkstums im Gebiet der Ohre, Magdeburger Geschichtsblätter 32 (1897), S. 326-364; K. Bischoff, Mittelelbische Wortgeographie, 1940, und Elbostfälische Studien, 1954, S. 39ff.; Hildegard Schlomka, Das Brauchtum im Jahreslauf der westlichen Altmark, 1942, S. 225. — Daß die Altmark in sich eine sprachliche Zweiteilung aufweist, aber über alle Unterschiede hinweg ein gegenüber den umliegenden Landschaften sprachlich eigenständiges Gebiet bildet, weist Karl Bischoff anhand instruktiver Wortkarten in seiner Abhandlung „Sprachliche Beziehungen zwischen niederdeutschem Altland und Neuland im Bereich der mittleren Elbe" nach (Berichte üb. d. Verh. d. Sächs. Akademie der Wissenschaften zu Leipzig, Phil.-hist. Kl., Bd. 103, Heft 4, Bln. 1958, bes. S. 36 u. 38). Der unterschiedliche Charakter des Landschaftsbildes diesseits und jenseits der genannten Grenze wird schon um 1800 von Heinrich Christoph Steinhart (Uber die Altmark, Teil 1, S. 151) folgendermaßen beschrieben: „Von Wolmirstädt bis zum ersten Altmärkischen Dorfe Burgstall ist ein öder Weg, der umso unangenehmer ist, da man eben die fetten Fluren Magdeburgs verlassen hat. Der Contrast zwischen j e n s e i t und d i s s e i t der Ore kann nicht auffallender seyn. Ein mageres Sandfeld, ein isolierter Birkenstrauch, überall kein erquickender Gegenstand, als im Zurückblick die Spitzen Magdeburgs, die erst dann verschwinden, wenn ein dichterer Wald uns in die Grenzen der Altmark aufnimmt." Vgl. Zahn, Lehrmann-Schmidt u. a. Vorher (seit 1916) bestanden nur vier Kreise: Stendal, Osterburg, Salzwedel und Gardelegen, die allerdings wiederum im Süden nicht mit den heutigen Kreisgrenzen übereinstimmen. — Wir legen unserer Untersuchung die heute bestehenden acht Landkreise zugrunde und beziehen aus praktischen Erwägungen die nördlichen Teile der im Süden angrenzenden Kreise Haldensleben und Wolmirstedt, etwa bis zur Linie Haldensleben —Wolmirstedt —Burg, mit ein.

Zur geographischen, sozialen und wirtschaftlichen

Struktur der Altmark

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Elbe, begrenzt, liegt die Altmark heute als Grenzland in einem verkehrsmäßig relativ toten Winkel der DDR, eine Tatsache, die sich besonders in den Kreisen Klötze und Salzwedel bemerkbar macht. Orientierten sich beispielsweise vor 1945 viele Dörfer des sogenannten „Hansjochenwinkels" nach dem nahegelegenen Wittingen und nicht nach der Kreisstadt Salzwedel, so fühlen sich die Bewohner heute wegen ungünstiger Verkehrsverbindungen „wie am Ende der Welt". Die zwischen 1844 und 1871 gebaute Eisenbahnlinie Berlin—Stendal—Oebisfelde—Hannover 1 , die der Altmark (besonders Stendal als Bahnknotenpunkt) wirtschaftlich großen Aufschwung brachte, hat momentan ihre Bedeutung als eine der wichtigsten Ost-West-Verbindungen weitgehend eingebüßt 2 . Historisch gesehen hat das Gebiet der Altmark eine bewegte und bedeutende Vergangenheit. Seine hervorragende Verkehrslage im Herzen des nördlichenDeutschland spielte dabei eine entscheidende Rolle. Schon in frühester Zeit besiedelt, in den Stürmen der Völkerwanderung heftig umkämpft, Jahrhunderte hindurch umstrittenes Grenzgebiet zwischen Germanen und Slawen, wurde die Altmark zur Ausgangsbasis für die Eroberung und Christianisierung der slawischen Gebiete östlich der Elbe und schließlich zur Keimzelle des brandenburgisch-preußischen Staates 3 , von dem sie erst durch den Frieden von Tilsit (1807) getrennt wurde, um — nach kurzer Zugehörigkeit zum Königreich Westfalen — auf dem Wiener Kongreß der neugegründeten Provinz Sachsen zugeordnet zu werden 4 . Diese regionale Bindung wurde auch nach 1945 beibehalten (Bezirk Magdeburg). Die geographischen und auch die wirtschaftlichen Bedingungen der Altmark lassen sich am ehesten mit denen der Mark Brandenburg vergleichen, während zum Magdeburger Gebiet, dem unsere Landschaft verwaltungspolitisch zugehört, erhebliche Unterschiede bestehen 5 . Ebenes Acker- und Weideland, teilweise bewaldete, sanftgeschwungene Hügel und Hochflächen, sumpfige Flußtäler und Bruchgebiete, kleine freundliche Bauerndörfer mit alten Feldsteinkirchen und betriebsame Städtchen voll kostbarer Baudenkmäler und romantisch verwinkelter Gassen prägen das Landschaftsbild der Altmark, aus dem sich einige Teilgebiete charakteristisch hervorheben: die großen Sandflächen der Kolbitz-Letzlinger Heide und der Hellberge 6 , die moorige Nie-

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Mancher altmärkische Landarbeiter ist zeitweise beim Bahnbau als Schachtarbeiter beschäftigt gewesen. Doch habe ich entsprechende Lieder jetzt nicht mehr ausfindig machen können. Zur Verkehrslage der Altmark vgl. Achterberg, S. 51 ff. Seit dem 15. Jahrhundert war die Altmark Kernland des Kurfürstentums Brandenburg. Ihre Hauptstadt Stendal, Mitglied der Hanse, galt bis zum Anfang des 17. Jahrhunderts als „die größte und reichste Stadt der ganzen Markgrafschaft Brandenburg" (Zahn, S. 76). Erst nach dem 30jährigen Krieg begann ihre Bedeutung für das Hohenzollernreich zu schwinden. Nach Achterberg, S. 58. Vgl. auch die einschlägigen Kapitel bei Zahn, Mertens u. a. Vgl. u. a. die auf S. 42 zitierte Schilderung Steinharts. Höchste Erhebungen um 140 m ü. M.

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derung des Drömling bei Oebisfelde, die fruchtbare Wische im Nordosten 1 ; zu nennen sind etwa noch die ehemaligen Hopfenbaugebiete im Mildetal und der Kalbesche Werder. Die Wirtschaftsstruktur unseres Untersuchungsgebietes, dessen geringe Bevölkerungsdichte gegenüber dem Magdeburger Lande und anderen mitteldeutschen Landschaften ins Auge fällt 2 , ist weitgehend durch die geographischen Verhältnisse bedingt. Da abbauwürdige Bodenschätze hier fast völlig fehlen, blieb die Altmark — im Gegensatz zur übrigen Provinz Sachsen — bis heute überwiegend Agrarland. Ackerbau und Viehzucht sind die Haupterwerbszweige 3 der Bevölkerung. Die ethnische und konfessionelle 4 Zusammensetzung der Einwohnerschaft hat sich nach 1945 — wie überall in Deutschland — durch Zuzug von Umsiedlern 5 gewandelt.

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Dieses Gebiet mit vorwiegend schlickigem, tonhaltigem Marschboden wird seit einigen Jahren von Jugendbrigaden der F D J kultiviert und ist zu einem Aufbauschwerpunkt der Landwirtschaft geworden. Vgl. Altmarkbote III (1958), S. 4 0 - 4 2 , 1 7 0 - 1 7 4 und 199—203 sowie Unsere Heimat I (1959), S. 376—381. — 1958 entstand ein 3strophiges Lied auf die Neulandgewinnung in der Wische, dessen erste Strophe lautet: Wir wandern durch das morgenfrohe Land, und grüßend ziehn sich Wiesen bis fern zum Deichesrand. Das ist die liebe Erde, der unsre Arbeit gilt, auf das sie fruchtbar werde, vom Reichtum überquillt. Wir tragen unsre Frische in dieses Land hinein, bald wird die grüne Wische voll Kraft und Leben sein. Und unsre blanken Spaten und unsre junge Hand vollbringen Friedenstaten, erobern neues Land.

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Die Autoren Werner Salchow (Text) und Kurt Dachwitz (Vertonung) veröffentlichten ihr Lied (mit der Bemerkung „Wir hoffen, daß es bald überall auf dem ,Bauplatz der Jugend' gesungen wird") in: Altmarkbote III, 1958, S. 175. Altmark: 57,3 Einwohner pro qkm; Regierungsbezirk Magdeburg (ohne Altmark): 153,8 Einwohner pro qkm; Verwaltungsbezirk Leipzig: 366,6 Einwohner pro qkm (Achterberg, S. 83; berechnet nach statistischen Erhebungen aus dem Jahre 1925). Achterberg gibt 1931 folgende prozentuale Anteile der Berufsgruppen an (S. 84): Landwirtschaft 44%, Industrie und Handwerk 23,7%, Handel und Verkehr 14,8%, Verwaltung 3,4%, Gesundheitswesen 1,1%, Häusliche Dienste 2,9%, ohne Beruf 10,1%. Demgegenüber für die gesamte Provinz Sachsen: 22,5% Landwirtschaft, 42,2% Industrie und Handwerk (und 33,8% für die übrigen Gruppen in ähnlicher Verteilung) und für Sachsen: 9,1% Landwirtschaft, 56,5% Industrie und Handwerk (und 34,4% für die übrigen Gruppen in ähnlicher Verteilung wie Altmark). In dem vor 1945 fast rein evangelischen Gebiet (nur in Stendal, Salzwedel, Gardelegen und Oebisfelde befanden sich katholische Pfarreien und Pfarrvikarien) sind heute eine ganze Reihe kleiner katholischer Gemeinden anzutreffen. Uberwiegend aus dem ehemaligen Ostpreußen, Pommern, Schlesien und aus der Tschechoslowakei.

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Tragende so2iale Schicht sind die Bauern. Während bis zum Ende des zweiten Weltkrieges Großbauern und Großgrundbesitzer über 6 0 % des Bodens verfügten 1 , verschob sich 1945 durch die Bodenreform, die zusammen mit der später einsetzenden sozialistischen Umgestaltung der Landwirtschaft eine grundlegende Änderung der Wirtschaftsform und Sozialstruktur mit sich brachte, das Übergewicht auf die Klein- und Mittelbauern. Die großen Güter wurden aufgeteilt 2 bzw. in Mustergüter mit besonderen Aufgaben umgewandelt 3 . Überall in Städten und Dörfern bildeten sich Bodenkommissionen, die die enteigneten Güter mit ihren Liegenschaften und dem lebenden und toten Inventar übernahmen und an Landarbeiter, Kleinbauern und Umsiedler aufteilten. Im Kreise Gardelegen 4 z. B. „entstanden 8 1 0 Neubauernwirtschaften. 4 1 3 2 landarme Betriebe der Kleinbauern erhielten Landzuteilung, um eine bessere Existenzgrundlage zu haben. Entsprechend der geringen Bodengüte im Kreisgebiet wurden die neuen Betriebe in der Regel mit 10 bis 12,5 ha Land versehen" 5 . Drei große Güter des Kreises Gardelegen „wurden nicht aufgeteilt und als 1

Einen Überblick über Zahl und Größe der landwirtschaftlichen Betriebe in der Altmark sowie ihren Anteil an der gesamten Nutzfläche um 1930 gibt Achterberg, S. 85. Ein Auszug daraus soll hier zur Veranschaulichung dienen (Zahlenangaben abgerundet): Nutzfläche unter 2 2- 5 5 - 20 2 0 - 50 50-100 über 100

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ha ha ha ha ha ha

Prozentualer Anteil an der Gesamtbetriebszahl

Prozentualer Anteil an der bewirtschafteten Fläche

55 % 13 % 22 % 8 % 1,5% 0,5%

10% 5% 25% 31% 11% 18%

Die meisten Klein- und Mittelbetriebe befanden sich in den ehemaligen Kreisen Gardelegen und Salzwedel, unseren Hauptaufnahmegebieten, die meisten Großbetriebe in den Landkreisen Osterburg und Stendal. Aufgrund der „Verordnung über die Bodenreform in der Provinz Sachsen" vom 3.9.1945 (s. bes. Artikel I und II). Vgl. auch den entsprechenden Passus im „Gesetz über die Verfassung der D D R " vom 7. 10. 1949, Artikel 24, Absatz 5 und 6: „Der private Großgrundbesitz, der mehr als 100 Hektar umfaßt, ist aufgelöst und wird ohne Entschädigung aufgeteilt. Nach Durchführung dieser Bodenreform wird den Bauern das Privateigentum an ihrem Boden gewährleistet." Vgl. die „Verordnung über die Bodenreform in der Provinz Sachsen", Artikel I/e und IV/14. Die Darstellung der Entwicklung in diesem Gebiet stützt sich auf Mertens, Heimatbuch des Kreises Gardelegen, 1955, S. 168f. Das ist mehr als die „Verordnung über die Bodenreform in der Provinz Sachsen" vorsieht (Artikel IV/9: ,,. . . Der durch die Bodenreform zugeteilte Boden darf 5 ha nicht überschreiten. Bei schlechter Bodenqualität kann diese Höchstgrenze auf 8 ha erhöht werden, bei sehr schlechter Bodenqualität in Ausnahmefällen bis auf 10 ha . . ."). Allerdings ist die Güte des Bodens in der Altmark aufgrund der geographischen und geologischen Bedingungen nicht besonders. Nach einer Ermittlung des Jahres 1861, die Achterberg

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Volksgüter (VEG) eingerichtet. Sie erhielten besondere Aufgaben auf den Gebieten der Viehzucht und des Saatgutanbaues". Als sich die neugebildeten MaschinenAusleihstationen (MAS) zu Maschinen-Traktorenstationen (MTS) weiterentwickelten „und immer mehr und bessere landwirtschaftliche Großmaschinen einsetzen" konnten, begannen die Bauern ihr Land zu Großflächen zusammenzulegen, „um eine bessere Bearbeitung durch die Maschinen zu erzielen. So entstanden . . . die ersten Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften" (LPG) 1 . Industrie und Gewerbe kommt in der Altmark untergeordnete Bedeutung zu. Ein Vergleich mit dem Magdeburger Gebiet, dem Harzvorland und anderen Teilen Mitteldeutschlands läßt dies deutlich werden. Die Anziehungs- und Ausstrahlungskraft einer industriereichen Großstadt (wie etwa Magdeburgs in der Börde) fehlt in unserer Landschaft. Nur im südöstlichen Zipfel, in Stendal, Tangermünde und Tangerhütte konzentrieren sich größere Industrien 2 , die auch einen Teil der Landbevöl-

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seinen diesbezüglichen Ausführungen (S. 89f.) zugrundelegt, gehören zwei Drittel der „vorwiegend sandigen Böden . . . den drei schlechtesten Bodenklassen an". Die besten Voraussetzungen haben die ehemaligen Landkreise Osterburg und Stendal, in denen auch der meiste Großgrundbesitz lag, während der ehemalige Kreis Gardelegen zu 4/5 aus sehr schlechtem Boden besteht, auf dem nur Roggen, Hafer und Kartoffeln gedeihen. Jedoch ist seit dem vorigen Jahrhundert — und besonders in jüngster Zeit — die Bodenqualität durch Entwässerung, künstliche Düngung usw. erheblich verbessert worden. Im ganzen gesehen nimmt die Altmark zwischen den erstklassigen Böden der Magdeburger Börde und den Sandgebieten der rechtselbischen Mark Brandenburg durchaus eine Mittelstellung ein. (Nach Achterberg, S. 93.) Über die Entwicklung der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften und der Großraumbewirtschaftung vgl. Helmut Gäde, Die Aufgaben der altmärkischen Landwirtschaft, Der Altmarkbote IV (1959), S. 2 2 5 - 2 2 7 und 262f. und Willi Tarrach, ebd. III (1958), S. 155f. — Das Genossenschaftswesen spielte schon vor 1945 in der Altmark eine bedeutende Rolle. Vgl. Achterberg, S. 112ff. und Mertens, Heimatbuch, S. 86. Zum Beispiel das seit 1873 bestehende Reichsbahnausbesserungswerk Stendal (RAW),. das Eisenhütten- und Emaillierwerk Tangerhütte (seit 1843; es verarbeitete ehemals den in der Tangerniederung vorkommenden Raseneisenstein, mußte aber schon bald wegen Unrentabilität des Abbaus Rohmaterial einführen), mehrere Eisengießereien, Eisenmöbel- und Maschinenfabriken, vor allem aber zahlreiche Konserven- und Zuckerfabriken, unter denen bis 1945 die Zuckerraffinerie Tangermünde, damals das größte Industrieunternehmen der Altmark und eine der bedeutendsten Raffinerien Europas, den ersten Platz einnahm. Charakteristisch für die altmärkische Industrie war und ist ihre enge Verbundenheit mit der Landwirtschaft. Das galt schon für die alte Leinen- und Wollindustrie Salzwedels sowie die zahllosen Brennereien, Brauereien und Mühlenbetriebe, hat sich aber mit dem planmäßigen Anbau der Zuckerrübe und der Entwicklung der Konservenindustrie noch verstärkt. Als Folge der engen Bindung an die Landwirtschaft ergab sich die Saisonbedingtheit führender Industriegruppen und damit die Teilbeschäftigung der Arbeiter, die in der übrigen Zeit als Gelegenheitsarbeiter beschäftigt waren oder, sofern es sich um Wanderarbeiter aus den östlichen Provinzen handelte, in ihre Heimat zurückzogen. (Vgl. dazu Klaus Polte, Zur neueren Geschichte unserer Heimat, Unsere Heimat I, 1959, S. 118, und Achterberg, S. 117ff.) Nach 1945 gingen alle großen Industriewerke in Volkseigentum über. Von in den letzten Jahren neuentstandenen Volks-

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kerung beschäftigen 1 und seit der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts zur Bildung einer städtischen Arbeiterschaft 2 führten. Die übrigen Städte tragen — trotz einzelner Fabriken und der damit zusammenhängenden Konzentrierung der Arbeitskräfte aus umliegenden Orten — stark ländlichen Charakter, z. B. Kalbe, Bismark, Arneburg, Werben und Klötze 3 . Der Kontakt der Stadtbewohner zu den umliegenden Dörfern ist stark. Teilweise stammen sie vom Lande und haben Verwandte und Bekannte dort wohnen, oder sie

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eigenen Betrieben (VEB) sind besonders das Faserplattenwerk Tangermünde, das Dauermilchwerk Stendal und die Salzwedler Schwefelsäurefabrik zu nennen. (Zur Entwicklung der altmärkischen Industrie seit 1945 vgl. Der Altmarkbote III, 1958, S. 70 — 73 und 145 bis 149 sowie Unsere Heimat I, 1959, S. 295-298, 3 2 3 - 3 2 8 und 3 2 8 - 2 4 0 . ) Die drei genannten Städte beschäftigten in ihren Fabriken zahlreiche Arbeiter aus den nahegelegenen Dörfern. Ein Teil der Tangerhütter Arbeiterschaft kommt sogar aus den südlich gelegenen, schon nicht mehr zur Altmark gehörenden Dörfern. Von hier aus fahren aber auch viele nach Magdeburg zur Arbeit. „Der Scheitel des nach zwei Seiten abströmenden Pendelverkehrs der Arbeitskräfte liegt etwa bei Angern. Alles Gebiet südlich davon steht unter dem Einfluß der benachbarten Großstadt Magdeburg", während die nördlich gelegenen Dörfer enger mit der Altmark verbunden sind. Andererseits arbeiten aber auch viele Einwohner des Stendaler Kreises in der optischen Industrie von Rathenow/Havel. (Vgl. Achterberg, S. 123 und 139.) Besonders ausgeprägt in Tangerhütte und Tangermünde, während Stendal in der Vergangenheit „infolge der hier ansässigen Behörden des Reiches, Preußens, der Provinz und des Stadt- und Landkreises" mehr den Charakter einer Beamtenstadt trug. (Vgl. Achterberg, S. 134, und Klaus Polte, Unsere Heimat I, 1959, S. 88 und 117f.) Dagegen ist Tangerhütte — mit der Entstehung des Eisenverhüttungswerkes um die Mitte des vorigen Jahrhunderts gewachsen — eine ausgesprochene Arbeiterstadt, ebenso Tangermünde, das 1826 (als die Zuckersiederei, mit sechs Mann Belegschaft, gegründet wurde) ca. 3500 Einwohner zählte, um 1900 aber bereits rund 11500 (davon etwa 1600 als Arbeiter in der Zuckerraffinerie beschäftigt). Deshalb konnte in diesen beiden Städten auch die Arbeiterbewegung tiefer Fuß fassen als in den übrigen industriedurchsetzten Städten der Altmark. (Vgl. Günter Altenberger, Tangerhütte, südlichste Stadt der Altmark, Altmarkbote III, 1958, S. 7 0 - 7 3 sowie ebd. II, 1957, S. 3 3 7 - 3 3 9 , III, 1958, S. 1 9 - 2 1 , Joachim Kohlmann, Der Allgemeine Arbeiterverein für Tangermünde und Umgegend, Unsere Heimat I (1959), S. 3 7 - 4 2 , Götze, Urkundliche Geschichte der Stadt Stendal, S. 608f., 611 f. und den schon mehrfach erwähnten Fortsetzungsbericht von Klaus Polte, Zur neueren Geschichte unserer Heimat, Unsere Heimat I, 1959; s. auch Mertens, Heimatbuch des Kreises Gardelegen, S. 136fF., 114f., 107, und Unsere Heimat I, 1959, S. 68, 1 0 1 - 1 0 3 und 2 6 4 - 2 6 7 . ) Zur Veranschaulichung seien einige Einwohnerzahlen mitgeteilt. Da uns die gegenwärtigen Zahlen nicht aus allen Orten bekannt sind, müssen wir den Stand vom Jahre 1925 angeben und können nur in einigen Fällen Angaben von 1946 bzw. 1957 (nach Mertens und Statist. Jb. der DDR) hinzufügen. Danach betragen die Einwohnerzahlen (jeweils für 1925): Stendal 30000 (1957: 38150), Salzwedel 15000 (1957: 21200), Tangermünde 13000 (1957: 14250), Gardelegen 9000 (1957: 12500), Osterburg und Tangerhütte 5500, Oebisfelde und Klötze 4500 (Oebisfelde 1946: 7000, Klötze 2600 [?]), Seehausen 4000, Bismark 2500, Kalbe und Kurort Arendsee 2000 (Kalbe 1946: 2500), Werben 1500. Alle Zahlen sind abgerundet wiedergegeben.

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sind eine Zeitlang beim Bauern in Stellung gewesen 1 . Die Bebauung eines größeren Stückes Gartenland und Kleintierhaltung gehören zur Feierabendbeschäftigung der meisten altmärkischen Stadtbewohner, gahz gleich, ob sie tagsüber im Büro, in handwerklichen Berufen oder in der Fabrik tätig sind. Das lange Fortleben der plattdeutschen Mundart in den altmärkischen Städten — auf den Märkten z. B. wurde bis in die jüngste Vergangenheit hinein fast ausschließlich Platt gesprochen — kann als sichtbares Zeichen der engen Verbundenheit zwischen Dorf und Stadt gewertet werden 2 . Waren die Städte für die Landbevölkerung früher in erster Linie Marktflecken, in denen die bäuerlichen Erzeugnisse feilgeboten wurden, so büßten sie diese Funktion nach 1945 durch die Schaffung von Aufkaufs- und Erfassungsstellen 3 in den größeren Dörfern weitgehend ein. Als Verwaltungs- und Einkaufszentrum, Ausbildungsstätte und Vergnügungsort jedoch bildeten sie nach wie vor lebhaft besuchte Mittelpunkte für die umliegenden Dörfer. Auf kulturellem Gebiet (Theater, Konzerte, Volkskunstveranstaltungen, anleitende Tätigkeit der Volkskunstkabinette für die dörflichen Kulturgruppen, Ausbildung in Oberschulen, Berufsschulen, Volksmusikschulen usw.) ist ihre Ausstrahlungskraft in den letzten Jahren erheblich gewachsen. Den altmärkischen Landstädtchen in der sozialen Struktur und im äußeren Bilde verwandt sind die größeren Dörfer, die sich an Hauptverkehrswegen 4 und in Stadtnähe 5 entwickelt haben und die teilweise durch besondere örtliche Gegebenheiten ihr Gepräge erhalten 6 . Ihre Zahl ist gegenüber den kleinen Bauern- und ehemaligen Gutsdörfern relativ gering. Jävenitz, das wir als Beispiel eines solchen größeren, städtisch beeinflußten Dorfes für die Aufnahmearbeit auswählten, zählte 1946 rund 1300 Einwohner 7 . Die Bevölkerung, zum größeren Teil nicht mehr im Ort selbst in bäuerlichen oder handwerklichen Betrieben tätig, sondern in der Nervenheilanstalt des benachbarten Uchtspringe als Pflegepersonal bzw. in Gardelegen beschäftigt, orientiert sich stark nach der nahen Stadt 8 . Mit der Bahn oder dem Fahrrad 1 2

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Siehe meine Stendaler, Gardelegener, Salzwedler, Tangerhütter und Klötzer Gewährsleute. A u f dem Lande ist das Plattdeutsche noch heute allgemein Umgangssprache, während man es in den Städten nur mehr vereinzelt hört. Vgl. dazu Mertens, Heimatbuch des Kreises Gardelegen, S. 173. z. B. Apenburg (1300 Einw.), Beetzendorf (1200), Diesdorf (1000), sogenannte „Flecken", in denen auch Märkte abgehalten wurden; weiterhin Wallstawe (650), Dähre (850),Rohrberg (800) und Goldbeck (1100 Einw.). (Die Einwohnerzahlen geben den Stand von 1925 wieder). Wie Wahrburg (1925: 1400 Einw.), Kloster Neuendorf (1925: 6 0 0 , 1 9 4 6 : knapp 900 Einw.) und Jävenitz. z. B. Letzlingen (Luftkurort), Mieste (Industrie, Maschinen-Traktoren-Station, Abgabestelle für landwirtschaftliche Erzeugnisse), Uchtspringe (Nervenheilanstalt, die Bewohner aus allen umliegenden Ortschaften als Pflegepersonal beschäftigt. Sogar Gardelegener arbeiten dort). 1925 waren es ca. 900 Einw. Kloster Neuendorf, ein um 1100 gegründeter Klosterort, noch näher als Jävenitz bei der Kreisstadt gelegen, hat den bäuerlichen Charakter stärker bewahrt, obgleich im neueren

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fahren die Jävenitzer oft hinüber, nicht nur diejenigen, die dort arbeiten oder zur Schule gehen, sondern auch die übrigen, zum Einkauf, Theater- oder Kinobesuch. Dadurch gewinnt man in diesem Dorf, das an einer verhältnismäßig belebten Verkehrsstraße liegt, nie den Eindruck des in sich Ruhenden, Abgeschlossenen, das für die meisten abseits liegenden altmärkischen Bauerndörfer so charakteristisch ist. Um auch ein solches Bauerndorf, das unter den dörflichen Siedlungen der Altmark dominiert wie die kleine Landstadt unter den Städten, zu charakterisieren, seien die Verhätlnisse in meinem Hauptaufnahmeort Breitenfeld geschildert 1 . Dieses Dorf, in einem breiten Tale zwischen dem Klötzer Forst und den dicht bewaldeten Hellbergen einsam und abgeschieden gelegen, ist eine selbständige, zum Kreise Gardelegen gehörende Gemeinde mit rund 300 Einwohnern 2 , Schule und Pfarrkirche. Die Verbindungen zu den staatlichen Organen in der Kreisstadt laufen nicht mehr wie vor 1945 über den Amtsbezirk Zichtau 3 , sondern zwischen Gemeindevertretung und Rat des Kreises bestehen unmittelbare Beziehungen. Die Kreisleitungen der wichtigsten politischen Parteien und Massenorganisationen sind im Dorf mit Ortsausschüssen und Mitgliedern vertreten 4 . Schulisch ist Breitenfeld seit mehreren Jahren mit der Zentralschule in Schwiesau gekoppelt (vgl. dazu S. 52), zu Breitenfeld als Pfarrdorf gehören die Nebenkirchen Schwiesau und Quarnebeck. Die nächste Bahnstation (Solpke) ist 10 km entfernt. Befestigte, mit Autos befahrbare Straßen führen von Gardelegen aus entweder über Estedt und Wiepke, durch das an den Hang des Stakenberges sich anschmiegende Gutsdorf Zichtau und durch Schwiesau (22 km) oder über Mieste und Jeggau (24 km) nach Breitenfeld. 1955 verkehrte nur einmal in der Woche ein Omnibus nach der Kreisstadt und zurück. Wegen der ungünstigen Verkehrsverbindungen wurden gelegentlich auch das täglich ins Dorf kommende Postauto oder der Schulbus zu Fahrten in die Stadt benutzt, doch war die Rückfahrt damit erst am nächsten Tage möglich. Ortsteil an der Hauptstraße (mit Eisdiele und einigen Geschäften) der städtische Einschlag unverkennbar ist. 1 Ausgesprochene Bauerndörfer unter meinen Aufnahmeorten sind außerdem: im Kreise Salzwedel: Hagen (100 Einw.), Schmölau (250), Hilmsen (180): Kreis Klötze: Nesenitz •(100, 157); Kreis Gardelegen: Quarnebeck (350, 453), Laatzke (150, 285), Hottendorf (250, 511); Kreis Stendal: Klinke (170 Einw.). Die Einwohnerzahlen geben den Stand von 1925, sofern zwei Zahlen angegeben sind, von 1925 und 1946 wieder. 2 1840: 219 Einwohner, 1900: 266,1925: 269,1946:433,1955: 320 und 1957:297 Einwohner. 3 Vom 14. bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts war Breitenfeld geteilt. Die eine Hälfte des Dorfes gehörte zum Amt Klötze, das eine Exklave von Braunschweig-Lüneburg bildete, und war dorthin dienstpflichtig. Die andere Hälfte gehört? zur Altmark und unterstand denen von Alvensleben (Rittergut Zichtau). Erst 1815/16 kam das Amt Klötze zur preußischen Provinz Sachsen und damit ganz Breitenfeld unter einheitliche Verwaltung innerhalb des damals in Amtsbezirke aufgeteilten altmärkischen Landkreises Gardelegen. Vgl. Zahn, Heimatkunde der Altmark, S. 207, 196f., und Mertens, Heimatbuch des Kreises Gardelegen, S. 200 und 108ff. 4 Sozialistische Einheitspartei, Liberal-Demokratische Partei, Freier Deutscher Gewerkschaftsbund, Freie Deutsche Jugend usw. Vgl. dazu Mertens, Heimatbuch des Kreises Gardelegen, S. 146 f. 4

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V o n der Höhe der Schwiesauer Allee, zur Rechten die Reste der bei Kriegsende niedergebrannten Bockmühle und den Friedhof, zur Linken die nach 1945 gebaute Neubauernsiedlung, kommt man an der Achterstraße vorbei auf eine platzartige Erweiterung der von Ost nach West verlaufenden Dorfstraße zu, die mit der Kirche, dem Schulhaus und den anliegenden Bauernhöfen den Kern des Dorfes bildet 1 . Einige typische Züge des altmärkischen Bauerndorfes prägen sich sofort ein: die gedrungene Feldsteinkirche, die charakteristischen an der Straßenseite gelegenen Scheunenfronten der älteren Höfe mit dem großen Einfahrtstor (das oft kunstvoll geschnitzte Balken und Türbretter aufweist), den meist seitwärts liegenden Stallungen mit zahlreichen Türen zum Hof, die das Sauberhalten erleichtern, und dem gegenüber der Scheune v o r dem Wirtschaftsgarten gelegenen Wohnhaus. In Breitenfeld bestanden im Aufnahmejahr 1955 eine Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft sowie 41 Bauernhöfe und kleinere Wirtschaften, deren Besitzverhältnisse sich wie folgt staffelten: Bodenbesitz der Einzelbauern unter bis bis bis bis bis

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ha ha ha ha ha ha 2

Zahl der Betriebe 3 17 16 2 2 1

Die meisten Einzelbauern bewirtschafteten nach der Bodenreform 5 bis 15 ha Nutzfläche3. Fünfzehn von ihnen schlössen sich zu der erwähnten L P G 4 zusammen. Ihr gehörten anfangs vor allem Umsiedler 5 an. 1957 zählte die Genossenschaft bereits 1

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Eine Karte der Breitenfelder Flur aus dem Jahre 1828 („Karte von der Feldmark Breitenfelde im Landraethlichen Kreise Gardelegen belegen, behufs der Separation vermessen, in dem Jahre 1827/28 . . . Abänderungen eingetragen 1851") zeigt den Dorfanger mit Kirche und Pfarrhaus und beiderseits der Dorfstraße 16 Bauernhöfe (14 Bauern und 2 Kossathen). — Die damals aufgezeichneten Flurnamen waren 1955 noch unverändert im Gebrauch; auch einige der Personennamen sind noch im Dorfe vertreten. Die fünf Großbauernhöfe des Dorfes (mit etwas über 100 ha Nutzfläche) sind im Zuge der Bodenreform 1945/46 (s. oben S. 45) aufgeteilt worden. Früher als Grundsitzer bzw. Kossathen (um 20 — 30 Morgen) bezeichnet, je nachdem ob sie mit Ochsen oder Pferden pflügten. Die größeren Bauern führten die Bezeichnung Ackermann und besaßen 2 bis 3 Gespanne. 200 ha Nutzfläche, Typ III, d. h.: Acker, Weideflächen und Wald werden gemeinsam bewirtschaftet, Großgeräte und Vieh sind gemeinsamer Besitz. Zwei Morgen Land gehören jedem Mitglied zur individuellen Bewirtschaftung; außerdem hält jeder für sich eine Kuh, ein Schwein und Kleinvieh. Sic machen knapp 10% der Bevölkerung aus und haben sich inzwischen ganz in die Dorfgemeinschaft eingegliedert, teilweise durch Einheirat, wodurch etwas frisches Blut in das untereinander verschwisterte und verschwägerte Dorf gekommen ist. Die vielen

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21 Mitglieder, während sich die Zahl der Einzelbauern verringert und innerhalb ihrer Besitzverhältnisse durch Heirat und Todesfälle einiges verändert hatte. Inzwischen hat sich das Bild erneut gewandelt. Seit März 1960 ist die gesamte Landwirtschaft des Bezirkes Magdeburg (und damit auch der Altmark) genossenschaftlich 1 . Die Zahl der nicht dem bäuerlichen Berufe nachgehenden Einwohner ist in Breitenfeld gering, und auch diese sind, soweit es sich nicht um Alte und Gebrechliche handelt, durch zeitweilige Arbeitsleistungen auf den Bauernhöfen an den Rhythmus des bäuerlichen Lebens gebunden. Knechte und Mägde gab es 1955 fast gar nicht mehr im Dorf, ganz vereinzelt eine Art Hausgehilfin, Haustochter oder Kleinmagd 2 . Die meisten Betriebe arbeiteten nur mit Familienangehörigen, die in Zeiten starker Arbeitsüberlastung (z. B. bei der Ernte, beim Kartoffelpflanzen und Rübenverziehen) gegenseitig ausgeliehen wurden 3 . Besonders die jungen Burschen und schulentlassenen Mädchen, die in der elterlichen Wirtschaft nicht täglich gebraucht wurden, gingen dann gegen Kost und Entlohnung auf den größeren Höfen helfen. Weil alle Arbeitskräfte dringend benötigt wurden, wanderten verhältnismäßig wenig Jugendliche in die Stadt ab 4 . Doch trat späterhin (1957), besonders unter den jungen Mädchen, die Tendenz, einen nichtbäuerlichen Beruf (Säuglingsschwester, Verkäuferin und dgl.) zu ergreifen, stärker hervor, während es die jungen Burschen, denen sich auf dem Lande eine ganze Reihe neuer handwerklich-technischer Berufszweige eröffnet haben (als Mechaniker, Schlosser und Traktoristen auf den Maschinen-Traktoren-Stationen) 5 , weniger in die Städte zog. An alten handwerklichen Berufen waren 1955 nur Schmied und Schuster, die beide nebenbei Landwirtschaft betrieben, im Dorfe vertreten. Die Bäckerei ist seit 1945 verwaist. Ein im Aufnahmejahr als Gemeindeschreiber tätiger Umsiedler, gelernter Konditor, übernimmt bei Festlichkeiten die Herstellung von Torten und feinerem Backwerk, während eine Verkaufsstelle der Konsumgenossenschaft den Bedarf an Brot und anderen Lebensmitteln wie auch einigen Industriewaren be-

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Schachels, Schulz', Schmidts und Lüders mußten (vor allem bei gleichen Vornamen) schon nach Hausnummern unterschieden oder mit Beinamen belegt werden, damit man wußte, wer gemeint war (Schuster-Schmidt, Könn'-Schmidt und Diek-Schmidt, Hermann Schulz-Acht'ndreißig und Hermann Schulz-Fuffzehn). Nähere Auskünfte über die spezielle Situation in Breitenfeld haben wir bisher auf unsere diesbezüglichen Anfragen leider nicht erhalten. Bis Kriegsausbruch beschäftigen die großen Bauern neben Großknecht und Großmagd, Kleinknecht und Kleinmagd meist noch einen Stallburschen und eine Haushalthilfe. Einige Jahre zu dienen, war unter den Söhnen und Töchtern der Grundsitzer und kleineren Bauern die Regel (vgl. die Daten der Sängertabelle). Gegenseitige Aushilfe war schon früher bei den Bauern üblich, vor allem während des Krieges (Ausleihen von Zugtieren und Landmaschinen an die kleineren Betriebe u. ä.). Über die nach 1945 organisierte Vereinigung der gegenseitigen Bauernhilfe (VdgB) und ihre Wirksamkeit vgl. Mertens, Heimatbuch, S. 1 6 9 f . In Einzelfällen wurde sogar der erlernte Beruf aufgegeben: die Tochter eines Laatzker Bauern — früher Verkäuferin — wechselte im Aufnahmejahr zur Landwirtschaft über. Breitenfeld bildet eine Außenstelle der MTS Mieste, von w o aus der Einsatz der Arbeitsbrigaden und landwirtschaftlichen Maschinen disponiert wird.

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Die Sänger und ihre Umwelt

friedigt 1 . Fleisch jedoch muß aus dem Nachbarort Schwiesau, aus Klötze oder Gardelegen besorgt werden. Auch Schneiderarbeiten gibt man seit dem Tode des Dorfschneiders in die genannten Orte, und die Mädchen und Frauen fahren dorthin zum Friseur, während sich die Männer mit der Haarschneidekunst eines ortsansässigen Bauern begnügen. Die nach Kriegsende abgebrannte Bockmühle wurde noch bis 1945 ausschließlich mit Wind angetrieben. Seither wird das Getreide unverarbeitet zur Erfassungsstelle nach Mieste gegeben und dort z. T. gegen Mehl eingetauscht, während Schrot auf einer im Dorfe vorhandenen Schrotmühle gemahlen wird. Von den beiden Gastwirtschaften Breitenfelds war 1955 nur eine in Betrieb. Der alte Gastwirt verwaltete gleichzeitig die Poststelle. Die Kinder des Dorfes gehen im Ort selbst und in den Nachbardörfern Schwiesau und Zichtau, mit denen sich Breitenfeld zur Überwindung des Einklassensystems in die Unterrichtung der einzelnen Jahrgänge teilt, zur Schule 2 . Der Schulbus, im Aufnahmejahr noch ein umgebauter Lastwagen, seit 1957 ein moderner Autobus, befördert sie allmorgendlich zum Schulort und zurück. Die noch nicht Schulpflichtigen besuchen den vor einigen Jahren eingerichteten Kindergarten, in dem eine ausgebildete Kindergärtnerin und eine Helferin von morgens 8 00 bis abends 1700 Uhr rund 25 Kinder betreuen. Der Bau einer Kinderkrippe zur Entlastung der jungen Bäuerinnen stand 1955 im Plan. Hat sich im Schulwesen und in der sozialen Betreuung der Bevölkerung nach 1945 vieles vorteilhaft verändert, so ist seitdem auch ein recht reges kulturelles Leben in diesem abgelegenen Bauerndorfe zu verzeichnen 3 . Abgesehen von monatlichen Theaterbesuchen in der Kreisstadt Gardelegen oder in Mieste, vom gelegentlichen Kulturbund-Vortrag, ja sogar vom wöchentlichen Filmabend, ist der Gasthof oder das Schulhaus mindestens jeden zweiten Abend Schauplatz irgendeiner Zusammenkunft. Es handelt sich um die Arbeit des 1957 mit dem Volkskunstpreis ausgezeichneten Dorfensembles, das sich unter der tatkräftigen Leitung des Lehrers zu einer leistungsfähigen Sing-, Spielund Tanzgemeinschaft entwickelt hat. An anderer Stelle wird darüber noch ausführlicher zu sprechen sein (s. S. 208ff.). Altes und Neues, Tradition und Fortschritt standen zur Zeit unserer Aufnahme in diesem Bauerndorf, das als typisch für die Altmark angesehen werden kann, nebeneinander. Die Gemeindedienerin ging wie eh und je mit ihrer Glocke durchs Dorf, um Bekanntmachungen auszurufen; in der Kirche wie auf dem Tanzvergnügen hatte sich die alte Sitzordnung, streng getrennt nach Geschlecht und Altersgruppen, nach Verheirateten und Unverheirateten, erhalten; traditionelles Brauch-

1

2

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In kleineren Dörfern (wie Klinke, Nesenitz und Hagen) gibt es oft weder einen Handwerker noch ein Ladengeschäft. Das 1. und 3. sowie 2. und 4. Schuljahr werden in Breitenfeld bzw. Zichtau (Einklassenschulen) unterrichtet; Schwiesau (Zentralschule mit 4 Lehrkräften) übernimmt aus diesen Orten das 5. bis 8. Schuljahr. — Vgl. dazu auch Mertens, Heimatbuch des Kreises Gardelegen, S. 182ff., besonders S. 185. Zur allgemeinen Lage auf kulturellem Gebiet im Kreise Gardelegen nach 1945 vgl. Mertens, a. a. O., S. 187 ff.

Zur geographischen, sozialen und wirtschaftlichen

Struktur der A.ltmark

53

tum des Jahreslaufs wie „Fiestemeier" und „Fasselämd" wurden von der Jugend 1955 noch aus eigenem Antrieb gepflegt. Andererseits begann das Ensemble bereits einige der alten Bräuche wie das Koppelgehen als Programmnummern einzuüben. Radio und Fernsehen haben früherer Freizeitunterhaltung, besonders dem Koppelsingen, den Rang abgelaufen. Organisation und Lenkung machen sich im kulturellen wie im wirtschaftlichen Bereiche bemerkbar. Alte Arbeitstechniken werden in zunehmendem Maße von maschinellen und mechanisierten Arbeitsvorgängen abgelöst. Daß all diese Veränderungen und Neuerungen, die in zunehmendem Maße auch Arbeit und Leben der Landbevölkerung bestimmen und zur Überwindung der dörflichen Isoliertheit und Rückständigkeit beitragen, auf die Menschen und Träger volkstümlichen Überlieferungsgutes nicht ohne Einfluß bleiben können, liegt auf der Hand.

B. Die Sänger

Wenn nach Beschreibung der örtlichen Verhältnisse in der Altmark nun die bei meinen Aufnahmefahrten befragten Gewährsleute vorgestellt werden sollen, so müssen wir uns bei der großen Zahl der aufgenommenen Personen auf einige wenige Angaben beschränken. So unterschiedlich die Schicksale und Entwicklungswege der einzelnen Gewährspersonen auch sein mögen, so individuell und besonders mir jeder Sänger erscheint, wenn ich mir die Gespräche mit ihm und die verschiedenen Umstände bei der Aufnahme wieder ins Gedächtnis rufe, so ergeben sich bei genauerem Vergleich doch viele Gemeinsamkeiten. Je mehr man sich von der Betrachtung der Einzelsituation löst, um so deutlicher tritt das für eine Generation, eine bestimmte soziale Gruppe oder eine Gemeinschaftsform Typische hervor, das sich in Lebensanschauung und allgemeinem Verhalten, in Lied-Repertoire und Vortragsart widerspiegelt und das Gewährleute mit unterschiedlichen Einzelschicksalen untereinander verbindet}. Der nachfolgende Überblick über die 1955 aufgenommenen Sänger umfaßt alle Personen, die uns in Direktbefragungen Lieder aus ihrem Repertoire vorgesungen haben 2 . In Gruppen aufgenommene Kinder und Jugendliche (beim Spiel auf der Straße, bei Heischeumzügen u. dgl.) sind jeweils unter einer Nummer aufgeführt. Lehrer und andere Mittelspersonen wurden nur soweit einbezogen, als sie aus ihrem eigenen (Jugend-)Repertoire vorgesungen haben 3 . Die Tabelle gibt nur die Daten aus dem Leben jedes Sängers an, die für Repertoire-Zusammensetzung und Singen von Interesse sein können: Aufnahmeort (meist zugleich Wohnort 4 ) und Name des Sängers, Alter im Aufnahmejahr 5 , 1

2

3

4 5

Vgl. die Interpretation der Parisius-Gewährsleute und ihrer Repertoires durch WeberKellermann. Nicht in dieser Aufstellung enthalten sind diejenigen Volkskunstgruppen und Chöre, die wir nur bei öffentlichen Aufführungen und Wettbewerben hörten, deren einzelne Mitglieder wir aber nicht im persönlichen Gespräch befragten und aufnahmen (vgl. dazu S. 202ff.). Ebenso erscheinen hier nicht die auf Tanzveranstaltungen aufgenommenen Kapellen und die von uns nach ihrem Repertoire an Singtänzen befragten Tanzmusiker und Kapell-Leiter (vgl. dazu S. 161 f, 164ff.). Über die nachfolgend angeführten 113 Einzelsänger bzw. Sängergruppen hinaus sind von uns 1955 noch eine ganze Reihe weiterer Personen aus verschiedenen Bevölkerungskreisen befragt worden, die sich jedoch als nicht liederkundig erwiesen. W o dies nicht zutrifft, geben Anmerkungen Aufklärung. Ungenaue Altersangaben und andere unsichere Daten sind mit dem Zusatz ca. oder mit Fragezeichen versehen.

Die Sänger

55

Beruf 1 , zahlenmäßiger Umfang des Liedrepertoires sowie Zahl der daraus vorgesungenen und aufgenommenen Lieder 2 und Angaben über Mitgliedschaft in Singorganisationen3. Da die Jugendjahre (vom schulpflichtigen Alter bis etwa zum 25. Lebensjahr, dem ungefähren Zeitpunkt der Verheiratung) nicht nur die Hauptsingezeit, sondern auch die wichtigste Periode für das Kennenlernen des persönlichen Repertoires ist, wurde ferner eine Rubrik eingefügt, die über die Aufenthaltsorte namentlich der älteren Sänger in jenen Jahren informiert. Die Anordnung der Gewährsleute erfolgt nach Aufnahmeorten, wobei — vom Aufnahmezentrum Breitenfeld ausgehend — die Orte der Kreise Gardelegen, Stendal, Tangerhütte, Seehausen, Salzwedel und Klötze aufeinander folgen 4 . Wir haben versucht, die in irgendeiner Weise zusammengehörigen Sänger räumlich möglichst nahe beieinander zu gruppieren 5 . Allerdings war die mannigfache Verflechtung der Gewährsleute untereinander (auch über Ortsgrenzen hinaus) in dieser tabellarischen Übersicht nicht immer darstellbar. 1

2

3 4

5

In dieser Rubrik wird neben der jetzigen nach Möglichkeit auch die frühere Tätigkeit der Gewährsleute angegeben. Für die in der räumlich beschränkten tabellarischen Anordnung nicht differenziert genug darstellbare beruflich-soziale Stellung und Entwicklung jedes Sängers verweisen wir auf unsere Ausführungen auf S. 66ff., die das Typische herausgreifen und zusammenfassend beschreiben. Die letzte Rubrik enthält nur die vollständig, mit Text u n d Melodie, aufgenommenen Lieder. — Die Zahlen der vorletzten Rubrik klären nicht immer über das Gesamtrepertoire eines Sängers auf, da nicht alle Gewährsleute mehrmals und intensiv befragt werden konnten (z. B. Nr. 6, 24, 32, 46, 47, 56, 68, 7 2 - 7 4 ) . (Männer-)Gesangvereine, Volkskunstensembles und dgl., in der Tabelle abgekürzt wiedergegeben: MGV, GV und Ensemble. Wegen Platzmangel in der Tabelle abgekürzt: G. = Gardelegen, St. = Stendal, T. = Tangerhütte, Sh. = Seehausen, Sw. = Salzwedel, Kl. = Klötze; dazu kommen noch Haldensleben (H.) und Kalbe (K.). Soweit ganze Familien, Koppeln und ähnliche Gemeinschaften systematisch befragt wurden, sind sie in unserer Aufstellung als solche kenntlich gemacht (wobei natürlich jeweils nur die Gemeinschaftsmitglieder erscheinen, die Lieder mitgeteilt haben). Näheres dazu im nächsten Kapitel.

Die Sänger und ihre Umwelt

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In dieser Form 1955 in Breitenfeld aufgezeichnet.

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B V A 1312. Slg. Stockmann 1955. Tonbandaufz. Nr. 2b/15 v o m 27. 4. aus Breitenfeld (Annemarie R., 46, die das Spiel als Kind in Magdeburg gelernt hat).

Was die kurzen L i e d c h e n u n d R e i m e betrifft, d i e n i c h t a n g e r e g e l t e S p i e l a b l ä u f e g e b u n d e n s i n d , sondern von den Kindern bei verschiedenen während des Spiels oder sonst im Tageslauf sich ergebenden Situationen gesungen bzw. gerufen werden, so ist der ehemalige Reichtum mundartlicher Formen heute stark reduziert. All die plattdeutschen Tier- und Wetterliedchen, Bastlösereime, Spottund Neckverschen, deren Winter, Wegener, Matthies, Gehne u. a. eine ganze Anzahl aufgezeichnet haben (auch in Ehlies' Sammlung findet sich einiges Material), hört man heute fast nur noch von Angehörigen der älteren Generation, während die Kinder hochdeutsche Reime bevorzugen. Hier einige Beispiele 1 :

Aus älteren

Sammlungen:

Hannotter, Notter Langbeein, steaht upp Schult'n Schoar'steein! Matthies, Volksreime, S. 196. Aus Neuferchau.

Slg. Stockmann 1955: Storch, Storch, Guter, bring mir einen Bruder! Storch, Storch, Bester, bring mir eine Schwester! B V A 1248. Sehr. Aufz. vom 30. 4. aus Breitenfeld.

1

Die Orthographie der Belege aus älteren Sammlungen wurde im wesentlichen so, wie dort gegeben, beibehalten.

8*

116

Singgemeinschaf ten und Singgelegenheiten

Regenbogn, mak mi nich natt, mak all Möllnbecksch Kinner natt. B V A 569/1. Slg. Ehlies. Aus Insel, Kr. Stendal.

Es regnet, es regnet, tropf-tropf-tropf-tropf auf mein Haus, es regnet, es regnet, und ich, ich muß hinaus . . . B V A 1280. Tonbandaufz. Nr.2b/6 vom 24. 4. aus Breitenfeld.

Sunn' schient upp'n natten Busch, givt bald werrer'n Husch! — Sunn' schient upp't natte Blatt, givt bald werrer w a t !

Sonne Sonne scheine, fahr mich übern Rheine, fahr mich übers Glockenhaus, komm auch bald in unser Haus.

Hesselbarth, S. 117. A m Johannistag von den Kindern im Hansjochenwinkel gesungen.

B V A 1735. Tonbandaufz. Nr. 23b/3 vom 6. 7. aus Diesdorf.

oder: Liebe Sonn, komm wedder mit dine goldne Fedder. Et säten twei Engelken an der Wand, die harren ein Goldfederken an der Hand, die eine heit Margreitchen, die leit dat Water fleitchen, die eine heit Kathrineken, die leit die liebe Sonn schieneken. Slg. Parisius (Hs.) Nr. 148. Aus Pechau b. Magdeburg.

Schnäckhus, du Päckhus, stäk din veer fief Hörnken rut. Wenn du dat nich don wist, smietn wi di in'n Graben, da fräten di die Raben, die Raben nich alleene, die Höhner kriegn die Beene. Slg. Parisius (Hs.) Nr. 65. Aus Gardelegen.

Ich bin die kleine Schnecke in meinem Haus. Ich rühr mich nicht vom Flecke und kann nicht heraus, kann spazieren gehn nicht allein. Es muß noch jemand bei mir sein . . . B V A 1298. Tonbandaufz. Nr. la/6 vom 23. 4. aus Breitenfeld.

Die traditionellen Formen des Singens und ihre

Trägergemeinschaften

117

Mit den Abzählreimen verhält es sich ähnlich: |: Ein Blatt fiel ab.: |

Ene, mene, Mieken, Mäken, Köster hett den Stock verstäken. Kinner salin na't Schol komm', salin leern bockstabeern. Biff-batt, du stuhst af.

oder: Ich und du, Müllers Kuh, Müllers Esel, das bist du.

B V A 597. Slg. Ehlies. Aus Groß-Chüden, K r . Salzwedel.

Sehr. Aufz. vom 6. 7. Aus Diesdorf.

K l o p f r e i m e , die die Jungen im Frühjahr beim Herstellen der Weidenpfeifen sangen 1 , haben wir 1955 aus Kindermund überhaupt nicht mehr aufzeichnen können. Die Umfrage 123 des Atlas der deutschen Volkskunde 2 bringt zwar für die Altmark eine gute Ausbeute (nur 17 von 94 Orten antworten negativ, und 45 Gewährsleute teilen Reime mit), aber wenn man die von den Korrespondenten befragten Altersgruppen durchsieht, so ergibt sich, daß die meisten Auskünfte von älteren Personen stammen 3 . Nur 3 % der Antworten entfallen auf Angaben von Kindern (bis 15 Jahre). Offenbar sind auch schon in den dreißiger Jahren diese Reime unter den Kindern nicht mehr sehr verbreitet gewesen. Einige Reime aus dem Atlasmaterial, die allerdings rhythmischer Zeichen oder sonstiger Angaben über ihre Ausführung entbehren, seien hier mitgeteilt: Kloppen kloppen Staken, Fleitn willn wi maken, willn beid na Wisch gahn, Wiedn will woll af gahn, solin nich entzwei gahn, dat wi rasch na Hus kam. Stapen, K r . Klötze.

1

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Vgl. Ebeling (a. a. O., Teil II, S. 170): „Zu den speziellen Jungenbeschäftigungen gehört das Floitchen- oder Flötenmachen aus Weidenstücken. Mit Eifer sehen wir die kleinen Burschen auf das Weidenholz klopfen, damit die Schale sich vom inneren Holze abziehen lasse, ohne aufzuspringen." Dazu wird gesungen: Bilder Bilder Bastian, lat gut afgahn, oder: Bilder Bilder Balder, Bosse hat'n Halder . . . Auch Gehne (Volksbräuche, S. 190) beschreibt diesen Vorgang des Fleitn- oder Fopenmachens und teilt zehn verschiedene Bastlösereime mit. Vgl. auch unsere BVA-Nummern 1651 und 1652. 123 a) Werden von den Kindern oder f ü r die Kinder Flöten oder Pfeifen aus Weiden oder Haselzweigen hergestellt? (Name und Zeichnung erbeten). b) Muß man beim Herstellen schweigen oder werden bestimmte Verse gesprochen? 3 1 % von 60- bis 80jährigen, 5 4 % von 40- bis 60jährigen, 1 0 % von 25- bis 40jährigen, 2 % von 15- bis 25jährigen.

118

Singgemeinschaften

und

Singgelegenbeiten

Hubbubb hubbubb Köster) an, lät den Saft in't Holt ringähn. Lät dat Holt verderbn, lät de Hubbubb werdn. Seehausen.

Fope Fope Bastian, lät de Koh int Gras gähn, lät se nich so wiet gähn, lät se bald werrer käm. Hinner Genthien (auch: hinner de Gardin) da liet'n fett Swien, noch'n büschen näger, da liet'n fettn Jäger. Piff-pafF, min Fleut is äff. Klein-Schwechten, Kr. Osterburg.

Wi-wi-wo, Fleitje von Stroh, Fleitje von Bastilion, lät de Fleitje afgähn. Kloster Neuendorf, Kr. Gardelegen.

Hochdeutsche Klopfreime sind uns aus der Altmark nicht bekannt. Das V e r h ä l t n i s v o n m u n d a r t l i c h e n u n d h o c h d e u t s c h e n F o r m e n eines Tierliedchens kann man für den Anfang der dreißiger Jahre aus den Antworten auf die Atlasfrage Nr. 60 ablesen 1 . Von 100 Orten geben 73 das bekannte Maikäfer, flieg! Dein Vater ist im Krieg, deine Mutter ist in Pommerland, Pommerland ist abgebrannt — z. T. mit kleinen Varianten 2 — an, davon fünf in mundartlicher Form, die übrigen 68 hochdeutsch. In 16 Orten ist das ehemals ebenfalls sehr verbreitet & Heilandsworm (Hewoswörmken, Liebegottsöhniken, Puterworm, Puderhahn, Mareikenkäber, Herrgottsvoggel), fleg n f f n Himmel, breng mi'n grotn Sack {Pott, K o r f ) voll Kringel (Studn un Kringel, Zuckerkringel) bekannt 3 . Nur dreimal kommt vor: Heinicken, Steinicken, krup op vier Beinicken, segg tau din Vader: Morgen un übermorgen un befn Sonndag sali gut Wäer bliervn. 1

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Frage 60: Ist ein Lied bekannt mit dem ungefähren Anfang „Maikäfer flieg" a) vom Marienkäfer? b) vom Maikäfer? c) wie lauten die am Ort bekannten Fassungen? Veränderungen des Tiernamens (Marienkäfer, Herrgottssöhnchen, Marienwürmchen u. a.), Zusatzzeilen (Pommernland ist zugeschlossen und der Schlüssel abgebrochen, Harpe und Krumke, Pommernland ist abgebrannt in 24 Stunden, dann ist das Land verschwunden, Tangerhütte) und Neuformungen ( M a i k ä f e r komm, ich gebe dir Bonbon, Bonbon nich alleene, Butterbrot und Käse, Ringfurth). Die letzte Zeile auch in modernerem Jargon: bring mir'n Sack voll Geld mit runter (Letzlingen). Dieser Reim wird 15mal plattdeutsch und nur einmal hochdeutsch angegeben.

Die traditionellen

Formen des Singens und ihre Trägergemeinscbaften

119

Nur reichlich ein Fünftel aller mitgeteilten Liedchen und Reime bedienen sich der heimischen Mundart 1 . Das allmähliche Schwinden der plattdeutschen Reime ist durch die zeitweiligen Verbote, in der Schule Mundart zu sprechen, zweifelsohne begünstigt worden 2 . Die heutige Umgangssprache der Kinder ist, wenn man ihnen beim Spiel auf der Straße zuhört, zwar das (allerdings stark mit hochdeutschen Redewendungen durchsetzte) Plattdeutsche 3 , aber in den Spielreimen selbst überwiegen hochdeutsche Formen bei weitem. Nur die Gesänge der Heischeumzüge, die wir im folgenden Abschnitt betrachten wollen, haben sich bis in die Gegenwart hinein in heimischer Mundart erhalten.

5. Singen im Festbrauchtum Die Altmark ist an festlichen Sitten und Gebräuchen durchaus nicht so karg, wie ihr Ruf es will. Das traditionelle Brauchtum, das die bedeutsamen Einschnitte im Jahres- und Lebenskreis umrankt, hat sich zwar seit den letzten Jahrzehnten des vorigen Jahrhunderts zunehmend verringert 4 , doch werden bis in die Gegenwart hinein eine ganze Reihe brauchtümlicher Feste mit mehr oder weniger ausgeprägtem Zeremoniell begangen: Hagelfeiern und Reiterspiele, Flurumgänge vor der Ernte und Heischeumzüge am Martinstag, zu Fastnacht und Pfingsten, ferner Hochzeiten, Kindtaufen und viele andere. Gestaltung und Ausübung dieser Feste war und ist zum großen Teil noch Sache der traditionellen Gemeinschaften. Schon seit längerem aber werden einige von ihnen auch durch Organisationen verschiedener Art veranstaltet, wodurch sich ihre Erscheinungsform gewandelt hat 5 . Darüber wird im zweiten Teil dieses Kapitels zu berichten sein. Was die hier in Rede stehenden Festbräuche der traditionellen Träger-

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Und auch diese stammen, soweit die befragten Altersgruppen von den Korrespondenten angegeben sind, überwiegend von Angehörigen der älteren Generation (60 — 80: 7mal, 40—60: 3mal, 25—40: 2mal, 15—25: keinmal, bis 15: einmal). Auch in den Pausen war es verboten, teilt ein Einsender der Sammlung Ehlies aus Beetzendorf mit, während wir bei Ebeling (Teil II, S. 181) nachlesen können, daß das Hochdeutsche noch gegen Ende des 19. Jahrhunderts von den Dorfkindern „fast wie eine fremde Sprache" geübt werden mußte. Auch die Kinder der Umsiedler, die zu Hause einen anderen Dialekt hören, bilden keine Ausnahme. Die beiden Weltkriege haben den Brauchtumsverfall beschleunigen helfen. Bräuche, die während dieser Jahre nicht geübt wurden, sind in vielen Orten auch nachher nicht wieder aufgenommen worden. Vgl. dazu Friedrich Sieber, Aspekte der Brauchtumsforschung (Wiss. Annalen V, 1956, S. 497 — 503), der drei Erscheinungsformen von Brauchtum unterscheidet: Glaubensform, Spielform und Veranstaltungsform (S. 501 f.).

120

Singgemeinschaften

und

Singgelegenheiten

gemeinschaften betrifft, so treten verschiedene Gruppen als Ausübende bei den Brauchhandlungen auf: die unverheirateten Burschen eines Dorfes (z. B. zu Fastnacht und Pfingsten), die schulpflichtigen Kinder (z. B. Pfingsten und Martinstag), die Koppeln der jungen Mädchen (Teile des Fastnachts- und Hochzeitsbrauchtums, Bruutball), die Belegschaft eines großen Gutes oder sämtliche Arbeitsgemeinschaften eines Bauerndorfes (Flurumzüge, Erntefeste), Familie, Verwandtschaft und Nachbarschaft (Geburtstage, Hochzeit, Kindtaufe) usw. Natürlich haben die brauchtümlichen Erscheinungen selbst und ihre Verbundenheit mit bestimmten Trägergruppen im Verlaufe der letzten hundert Jahre mancherlei Veränderungen erfahren. Vieles ist ganz in Vergessenheit geraten, anderes von den Erwachsenen zu den Kindern abgesunken, w o es als spielerische Spätform weiterlebt. Doch soll der geschichtlichen Entwicklung der Festbräuche, deren Darstellung sich nebenbei bemerkt wegen der Lückenhaftigkeit des vorhandenen Materials schwierig gestaltet, hier nicht nachgegangen werden 1 . Unsere Aufgabe besteht

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Für die ausführliche Beschreibung der Bräuche und ihrer lokalen und zeitgebundenen Besonderheiten verweisen wir auf die einschlägige Literatur. G e s a m t d a r s t e l l u n g e n : Hildegard S c h l o m k a , Das Brauchtum im Jahreslauf . . . der westlichen Altmark, ungedr. Diss. Marburg 1942 (stützt sich auf Sammlungen aus den Jahren 1937/38); Friedrich G e h n e , Volksbräuche und Volksglaube in der Altmark, in: Die Altmark und ihre Bewohner II, Stendal 1912, S. 137—322. E i n z e l u n t e r s u c h u n g e n : Paul S c h u m a c h e r : Der „Fißmeier", in: Heimatbuch, Beiträge zur altmärkischen Heimatkunde, hg. von Edwin Nitter, Bd. I, Gardelegen 1937, S. 1 4 7 - 1 5 4 ; Heinz Julius N i e h o f f , Bunte Blüten und bunte Bänder, in: Mitteldeutsche Volkheit, Hefte für Vorgeschichte und Volkskunde, Halle 1936 (2. u. 3. Heft), S. 5 0 - 6 4 und 7 7 - 9 1 ; Paul L. B. K u p k a , Volkstümliches. Über Pfingstbräuche und über den Brutball, in: Stendaler Beiträge, Bd. I, Neudruck 1931, S. 1 9 7 - 2 1 2 , 2 7 0 - 2 7 4 , und Bd. V (1926), S. 96f. K l e i n e r e M i t t e i l u n g e n u n d B r a u c h b e s c h r e i b u n g e n in: D i e t r i c h s - P a r i s i u s , Bilder aus der Altmark, Bd. I und II, auch in P a r i s i u s ' hs. Nachlaß; Max E b e l i n g , Blicke in vergessene Winkel, Teil II, Leipzig 1889, bes. Kap. IV und V (Brauchtum im Drömling); 3. und 5. J a h r e s b e r i c h t d e s a l t m ä r k i s c h e n V e r e i n s für vaterländische Geschichte und Industrie, 1840 und 1842, S. 8 0 - 9 3 und 1 1 8 - 1 2 4 ; Adalbert K u h n , Märkische Sagen und Märchen nebst einem Anhange von Gebräuchen und Aberglauben, Bln. 1843, S. 307 ff.; G. W. v. R a u m e r , Volksfeste in der Altmark, Allg. Archiv f. d. Geschichtskunde des preuß. Staates, Bd. 14 (Bln. 1834), S. 289—297; Philipp W e g e n « , Festgebräuche des Magdeburger Landes, Magdeburger Geschichtsblätter 15 (1880), S. 245—274 u. 374—389 (enthält auch altmärkisches Material, z. T. Aufzeichnungen v. L. P a r i s i u s ) ; ders., Zur Kunde der Mundarten und des Volkstums im Gebiet der Ohre, Magdeburger Geschichtsblätter 32 (1897), S. 326—364; W. S c h m i d t , Des Altmärkers Eigenart und altmärkische Bauernart, Die Altmark und ihre Bewohner II, S. 1—136; W. S c h r ö d e r , Vom Aberglauben im Hansjochenwinkel und anderswo, Teil I, Berlin 1925; H. Chr. S t e i n h a r t , Über die Altmark, 1. u. 2. Teil, Stendal 1800 und 1802; H. M a t t h i e s , Altmärkische Volksreime, Stendaler Beiträge, Bd. III, S. 201— 210; Karl H. L a m p e , Die Bewohner der Altmark in Sitte und Brauch, Salzwedel 1922; Clemens M e n z e l , Hochzeitsgebräuche in der Altmark, Stendal 1877 u. a.

Die traditionellen Formen des Singens und ihre

Trägergemeinschaften

121

ja weniger darin, dieses Brauchtum als Ganzes zu charakterisieren 1 , als vielmehr seine musikalischen Bestandteile zu beschreiben und zu analysieren. Unsere Aufmerksamkeit gilt vor allem dem Singen und Rufen brauchgebundener Lieder und Formeln, die neben Tanz, Instrumentalmusik und Lärm einen wichtigen Platz innerhalb vieler brauchtümlicher Zeremonien einnehmen. Bei den singgebundenen brauchtümlichen Handlungen unterscheiden wir zwischen solchen, die ein braucheigenes Lied (z. B. ein Heischelied) enthalten, und solchen, die beliebige Lieder aus den verschiedensten Bereichen (Choräle, volkstümliche Weihnachtslieder, Tanzlieder, Frühlingslieder, Moritaten u. a.) einem Brauche beiordnen und ihnen dadurch einen neuen Funktionswert geben. Doch ist bei dieser zweiten Gruppe zu beachten, ob ein solches Lied nur unwesentliche Zutat ist, ob es gleichsam nur zur Ausschmückung gesungen wird, oder ob es sich direkt auf die Brauchhandlung, mit der ja etwas bezweckt wird, bezieht. Im allgemeinen ist zu beobachten, daß die jeweiligen Ausübenden eines Brauches seiner musikalischen Ausgestaltung ihren besonderen Stempel aufdrücken. Alle von Kindern geübten Bräuche beispielsweise zeigen unter sich gemeinsame Züge und weichen deutlich vom Brauchtum der herangewachsenen Jugend oder der Erwachsenen ab. Deshalb wird im folgenden die von Friedrich Sieber in seinem bereits erwähnten Aufsatz vorgeschlagene Ordnung nach Trägergemeinschaften angewendet 2 . Die meisten jahreszeitlichen Feste liegen, was ihre landschaftlich-besondere brauchtümliche Ausgestaltung anbelangt, heute in den Händen der K i n d e r 3 . Meist sind es die Schulkinder 4 , die den Brauch ausführen, Jungen und Mädchen vermischt oder auch nur die Jungen bzw. nur die Mädchen. Vereinzelt werden auch Kinder im Vorschulalter mit herangezogen (Vier- und Fünfjährige). Einzelne Bräuche, z. B. das unseres Wissens jetzt nicht mehr übliche Silvester- und Neujahrssingen der Kinder, wurden wie zu den Zeiten der Kurrende teilweise sogar vom Lehrer des Ortes betreut und vorbereitet. Die meisten aber führen die Kinder selbständig ohne Anleitung Erwachsener durch. Schon Wochen vorher tun sie sich zusammen, um ihr Festprogramm vorzubereiten, die einzelnen Ämter zu verteilen, die Verkleidungsutensilien zu basteln und die Sprüche und Lieder, die bei der Brauchhandlung aufgesagt oder gesungen werden, einzuüben 5 .

1

2 3

4

5

Nur in einzelnen Fällen, besonders dort, w o sich in neuerer Zeit abweichende Formen herausgebildet haben, wird eine kurze Beschreibung des ganzen Brauches gegeben. Aspekte der Brauchforschung, S. 4 9 8 f . Über die Zusammenhänge der von den Kindern geübten Bräuche mit dem Burschenbrauchtum vgl. unten S. 1 4 1 3 , 142ff., 148 f. Daß schon in älterer Zeit, besonders in den Städten, der Schule und ihren Zöglingen bei der Ausgestaltung von Bräuchen eine wichtige Rolle zufiel, hatten wir früher (S. 8ff.) bereits angedeutet. Vgl. Niehoff, S. 62 u. 64, über das „Stellen" der Mädchen und Jungen für den Pfingstumzug.

122

Singgemeinschaften

und Singgelegenbeiten

Den Pf i n g s t h e i s c h e u m z u g d e r K i n d e r konnten wir 1955 in mehreren Orten der Kreise Gardelegen, Stendal und Klötze beobachten 1 . Er wurde am 1. bzw. 2. Pfingsttag vormittags oder nachmittags von schulpflichtigen Kindern durchgeführt. In größeren Orten (wie Letzlingen) zogen mehrere Gruppen in vorher abgegrenzten Bezirken umher, in kleineren Dörfern (Breitenfeld z. B.) schlössen sich alle Kinder des Ortes zu einer großen Heischegruppe zusammen. In Jävenitz wurde der Brauch nur von Jungen durchgeführt, in den übrigen Dörfern, die wir besuchten, von Mädchen und Jungen gemeinsam 2 . Schon früh am Morgen waren die Kinder auf den Beinen. Der „Fiestemeier" (Pfingstmeier, Fischgemei, Fischmeier, Fißmeier, füschtje Meier, Pfitzmeier und wie die örtlichen verschiedenen Bezeichnungen alle lauten 3 ), die Hauptgestalt des Umzuges und Sinnbild des Frühlings, wurde mit frisch geschnittenen Birkenzweigen ganz und gar umkleidet und — da er unter seiner kunstvollen Laubumhüllung nicht viel sehen kann — von einem oder zwei „Leiern" geführt, in einigen Orten auch auf einen Handwagen gesetzt (Hottendorf, Breitenfeld). Sein Name wurde von den Heischenden streng geheim gehalten. Auch die anderen Kinder waren verkleidet und zum Teil maskiert. Während des Umzugs walteten „Hunneböttel" (Hunnenbrössel, Hunnpitscher, Hunn- un Kattenschläjer), „Polizisten", „Pennigmeister", „Mudder un Vader" mit der Kiepe, „Großkönig und Kleinkönig", „Bettler und Schornsteinfeger" und wie immer die traditionellen bzw. von den Kindern neu erfundenen Figuren alle hießen 4 , streng ihres Amtes. Kleine Kinder, die die wüst anzuschauende Schar von weitem kommen sahen und die Hunneböttel mit ihren Peitschen knallen hörten, nahmen schreiend Reißaus. Vor jedem Hause mußte „de Fiestemeier danzn"; während die Kinder ihr Heischelied anstimmten, drehte er sich mit Hilfe seiner beiden Führer einige Male um sich selbst 5 . Bevor die Kinder zu singen begannen, wurde vom Wortführer der Heischegruppe um Erlaubnis gefragt, in Jävenitz mit den Worten: GudnDagl Soll de Fiestemeier dan^n worauf die Bäuerin antwortete: Ja, lätn mä dan^n! Der Heischegesang selbst lautete in diesem Ort:

1

2

3 4

5

Solpke, Breitenfeld, Laatzke, Lindstedt, Kassieck, Jävenitz, Hottendorf, Letzlingen, Staats, Börgitz, Volgfelde, Klinke, Badingen, Quarnebeck, Uchtspringe, Vinzelberg. Laut Mitteilung im Altmarkboten I V (1959), S. 126ff., ist der Pfingstumzug der Kinder bis zur Gegenwart auch in Dequede und Krumke (Kreis Osterburg) und Lindenberg (Kreis Seehausen) lebendig. Es kam auch vor, daß nur ein Jahrgang heischen ging (Börgitz), oder daß nur die ärmeren Kinder den Brauch durchführten (Staats), doch war das nicht die Regel. Vgl. Schlomka (S. 135f.), Schumacher (S. 147) u. a. Auch historische Figuren wurden dargestellt, in Klinke beispielsweise das sagenumwobene „Fieken" des Henning von Treffenfeld. — Zu den Pfingstgestalten allgemein vgl. Schlomka, S. 138 ff. Die eingesammelten Eßwaren (z. T. sind sie in den Heischeliedem genannt) wurden später in einer festlich geschmückten Scheune gemeinsam verzehrt oder untereinander geteilt. Soweit Geld eingenommen wurde, fiel dem Fiestemeier bei der Verteilung der Löwenanteil zu.

Die traditionellen Formen des Singens und ihre Trägergemeinschaften N o t e n b e i s p i e l 13 Eintönig gerufen 1 ' J = 88-92

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J

Schock Ei-er, Stück Speck,

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* J 7 II'

jähn mer g l i x w e r r ' weg. 84 IJ = Schön' J Dank, J schön' U , Dank. J I

J> J l - M l - h J ^ - M Jäm se uns de f u u l n E i - e r ,

-M^h

J I

schmeet mer j u vor Dör entwei.

3)Höhe etwa bei g ' . Die durch A k z e n t bezeichneten Noten { ) ) t r a g e n Hochton (etwa die Q u i n t e d">.

123

124

Singgemeinschaften

und

Singgelegenheiten

h

j> Jäm se uns de judn Ei-er, J> J>J> X f e J O H steck mer in de Fie-ste-mei-er. Wenn die K i n d e r n i c h t s bekommen, rufen sie: J = 84

I

}> J> J | J^ J » J I Wit-ten Tweern, swat-ten Tweern,

*

j f t j ii dat ol-le Wief, dat jift nich jeern. BVA 1466. Slg. Stockmann 1955. Tonbandaufz. Nr. 16a/l vom 29. 5. aus Jävenitz (Knaben zwischen 6 u. 14 Jahren). Jeder Ort hat darin wie in Kostümierung und Gesamtausgestaltung des Umzugs seine eigenen Traditionen 1 . Teilweise werden die Heischelieder nur mit erhobener Stimme rhythmisch rezitiert (wie unser Jävenitzer Beispiel zeigt), teilweise mischen sich auf diese Weise gerufene mit gesungenen Zeilen 2 . Einige Heischegesänge sind noch heute recht umfangreich, andere nur kurz und lückenhaft. Daß jedoch auch solche Kurzfassungen sehr plastisch und geschlossen sein können, belegt folgender Text aus Lockstedt (Kreis Klötze) 3 : Hüüt un morgn is Pingsten, Wat kriegn de Jungs tum ringsten? Schock Eier, Stieg Eier, un fürn Dreier Speck, dat nehm' wer auch noch met. Als beständigster und meistgesungener Teil erweist sich heute, besonders in der westlichen und südlichen Altmark, Hoch in de HQcht hangn lange Wqst sowie der Spott1

2 3

Vgl. z. B. die Angaben von Fritz Ebruy im Altmarkboten IV (1959), S. 127ff. über dasPfingstheischen der Kinder im Osterburg-Seehausener Kreisgebiet (Belegorte: Hohenberg-Krusemark, Altenzaun, Walsleben, Storbeck, Zedau, Krumke, Krevese, Polkern, Dequede, Bretsch, Priemen, Lindenberg, Sanne-Kerkuhn), bei dem andere Heischereime als die von uns mitgeteilten üblich sind oder waren. Charakteristische Zeilen sind u. a.: Wenn Pingsten is, wenn Pingsten is, denn kömmt de gröne Mann . . . (Krumke), Tein Eier, tein Eier in unsere Kiep, denn wärn ji selig un wi wärn riek . . . (Altenzaun), Wi sind August und Fieken aus Amerika, hebFn jrofnHunger unBukwehdag (Krevese), auch Ich bin der kleine König, ich bitte um ein wenig (Hohenburg-Krusemark), z. T., Sprüche, die sonst bei anderen Heischegelegenheiten der Kinder (Ostern, Dreikönigstag, Martinstag) verwendet werden. Vgl. das nächstfolgende Notenbeispiel und BVA-Nummer 1618 und 1795. Mitgeteilt in der Antwort auf die 40. Umfrage des Atlas der deutschen Volkskunde, bis. etwa 1930 in dieser Form gesungen.

Die traditionellen Formen des Singens und ihre Trägergemeinschaften

125

reim Witten Tweern, swatten Tweern, der auch beim Martinsheischen gerufen wird. In einigen Orten wird noch bis in die Gegenwart während des Umzugs mit Schellen und Glocken gelärmt, wovon schon Ebeling gegen Ende des vorigen Jahrhunderts berichtet 1 . Die Letzlinger Kinder führten 1955 einen mit Birkengrün und Flieder geschmückten Stock mit sich, an dem Kuhglocken befestigt waren. Er wurde während des Gesanges mehr oder weniger rhythmisch auf den Boden gestampft, so daß kaum ein Wort zu verstehen war. Außerdem trug der „Großkönig" (ein Mädchen) eine Glocke, mit der vor jedem Hause die Bewohner herausgeläutet 2 und — nachdem die Grußformel gesagt und die Erlaubnis zum Singen erteilt worden war (Großkönig : Guten Tag, Frau N. N. Dürfen wir tanken ? Frau N. N.: Ja, fangt mal an denn!} — der Gesang begleitet wurde: Notenbeispiel 14 Gemächlich J= 104 -108

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A. a. O. II, S. 229: Die Knaben „toben . . . am zweiten Pfingsttage, mit Schlittenschellen und allerlei Glocken ausgerüstet, halb singend, halb schreiend von Haus zu Haus . . .". — Auch von Parisius ist in seinen nachgelassenen Papieren eine handschriftliche Beschreibung des mit Laub und Glocken behangenen Fiestemeier (aus Jahrstedt und Immekath, Kreis Klötze) erhalten. Vgl. ebenso Wegener, Volkstum im Gebiet der Ohre, S. 359. Auch der Buurklas, der etwa vier Wochen vor Weihnachten umging, klingelte in Mieste vor jedem Hause mit einer Glocke (Wegener, Festgebräuche, S. 245).

126

Singgemeinschaften

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Singgelegenheiten

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Halb gesprochen (ungefährer Sprechduktus)

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jähn wa janze Jähr mit weg.

Wenn die Kinder nichts bekommen, rufen sie: J = ~116 (ungefährer Sprechduktus)

Twit-ten Tweern,

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ol - le Wief, det

jift nich jeern.

BVA 1613. Slg. Stockmann 1955. Tonbandaufz. Nr. 16b/4 vom 30. 5. aus Letzlingen (Kinder zwischen 6 u. 14 Jahren).

Die traditionellen Formen des Singens und ihre

Trägergemeinschaften

127

Daß beim Heischeumzug der Kinder b r a u c h f r e m d e L i e d e r gesungen werden, haben wir 1955 nicht beobachten können. Doch ist davon in der einschlägigen Literatur mehrfach die Rede. Matthies 1 berichtet schon 1912 aus Neuferchau, daß der alte Heischespruch nicht mehr in Übung sei und statt dessen gesungen werde O heiiger Geist, kehr bei uns ein und Der Mai ist gekommen. Und bei Gehne 2 ist zu lesen, daß die am zweiten Pfingsttage in Niendorf (bei Oebisfelde) heischenden Mädchen vor jedem Hause drei Strophen des Liedes An einem Fluß, der rauschend floß sangen. Im gleichen Ort sangen die Knaben — außer dem Heischelied — zweistimmig Üb immer Treu und Redlichkeit. Für Kunrau, Kusey und Köbbelitz (Kreis Klötze) belegt Hildegard Schlomka (außer Der Mai ist gekommen und 0 heiiger Geist) Alle Vögel sind schon da sowie hochdeutsche Umformungen bzw. Neufassungen der alten mundartlichen Heischetexte 4 . Beim Umzüge der Mädchen mit der „Maibruut", der besonders im Drömling gepflegt wurde 5 , sangen die Mädchen (schon um 1910) statt des ursprünglichen mundartlichen Heischeliedes6 erbauliche Lieder wie Geh aus, mein

Her%, und suche

Freud7.

Das „ U m s i n g e n " d e r K i n d e r in d e r W e i h n a c h t s z e i t , besonders am Silvester- und Neujahrstage, das bis in die dreißiger Jahre belegt 8 , aber jetzt unseres Wissens nicht mehr üblich ist, war gleichfalls häufig mit brauchfremden Liedern verknüpft 9 . Für Kalbe beschreibt es Hesselbarth 10 folgendermaßen: „Der Rektor der 1. Knabenklasse ging am 3. Weihnachtsfeiertage mit acht seiner besten Schüler (Sänger) von Haus zu Haus und stimmte Lieder aus dem „SingVolksreime, S. 204. Volksbräuche, S. 255. 3 Gehne, Volksbräuche, S. 257; S. 255ff. werden auch mehrere mundartliche Reime, die früher in den verschiedenen Orten üblich waren, angeführt. 4 S. 154f. 5 Teilweise neben dem Fiestemeier-Umzug der Knaben. Vgl. Ebeling II, S. 229f.: „Doppelchöre der Knaben und Mädchen", wobei der sanfte Gesang der letzteren gegenüber den tobenden und schreienden Jungen hervorgehoben wird. 6 Kuhn, S. 319ff., Ebeling II, S. 231 ff. ' Kupka, S. 203 und 211. 8 Vgl. Schlomka, S. 37ff. 9 Das schöne Neujahrsheischelied, das Parisius mit Melodie von der alten Frau Saul in Hötensleben aufzeichnete (Wir treten hierher ohn allen Spott, Parisius-Ausgabe Nr. 506), ist in den späteren Sammlungen der Altmark nicht mehr verzeichnet. Nur die einprägsame Weise blieb bis in unser Jahrhundert — in Verbindung mit einem anderen Heischetext — lebendig (vgl. dazu unten S. 302f.); einzelne Textteile (IVir wünschen dem Herrn einen goldenen Tisch usw.) finden sich in Pfingst- und Martinsliedern (vgl. Wegener, Festgebräuche, S. 379f., Danneil, Wörterbuch, S. 267f., Gehne, Volksbräuche, S. 258, sowie Parisius, Hs. Nachlaß). Ein traditionelles Neujahrslied scheint auch das im Altmärkischen Musikanten verzeichnete, aus der südlichen Altmark stammende Heute laßt uns singen mit der Engelschar (AM I, A 8/1) gewesen zu sein. 10 Die Altmark, Stendal 1921, S. 121 f. Die Beschreibung gilt für die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts. Auch hier sind die Parallelen zum alten Kurrende-Singen und zu den weihnachtlichen Stapelgängen der Choristen deutlich. 1 2

128

Singgemeinschaften

und

Singgelegenheiten

vögelein" und aus dem Buche „Preußenlieder" an. Patriotische Weisen, Fest- und Frühlingslieder wechselten miteinander ab. Bei dem Oberprediger wurde um 8 Uhr morgens angefangen mit dem Choral Lobe den Herrn, den mächtigen König der Ehren. Er gab stets einen Taler. Dann ging es weiter durch den nördlichen Teil der Stadt. Am nächsten Tage wurde dann im südlichen Teil weiter gesungen. Die reichen Bürger gaben 8 gute Groschen, andere 4 gute Groschen und 2 Groschen, die Armen 1 Groschen. Es gehörte dies zu der Einnahme des „Rektors" (Accidentien). Er wollte das Neujahrssingen gern abschaffen, aber die Behörde sagte immer: „Es geht nicht. Er mag sich das ersingen." Und so blieb es. Jetzt ist es wohl abgelöst. Für die Jungen galt es als große Ehre zu Neujahr mitzusingen. 8 Groschen gab der Rektor jedem, ob der Junge reich oder arm war. Jeder mußte es nehmen. Der Gesang war nur einstimmig. Der Rektor sekundierte im tiefen Baß. Er trug einen alten Zylinder und abgetragenen schwarzen Überzieher mit breitem Samtkragen. Die „Honoratioren" spendierten ihm ein Gläschen „Warmes", Punsch oder Glühwein. Daß dann seine Stimme manchmal versagte usw., ist einleuchtend. Die kleinen Sänger wurden mit Honigkuchen, Äpfeln, Nüssen und Zuckerwerk bedacht. Einige der Sänger gingen dann in die benachbarten Dörfer und setzten den Gesang fort. Die Bauern gaben dann den Neujahrssängern gern gebackene Pflaumen, Bratschen, Backobst, Birnen, Äpfel und Nüsse u. dgl." In Bösdorf ging ebenfalls der Lehrer mit seinen Schülern Choräle singend von Haus zu Haus In anderen Orten des Gardelegener Kreises zogen die Kinder selbständig um und sangen Das alte Jahr vergangen ist, Lobet Gott, den Herren (Oebisfelde) und Lobt Gott, ihr Christen, all^ugleich (Eschenrode bis 1914, Behnsdorf) 2 . Auch der Vierzeiler Ich bin der kleine König, der ursprünglich offensichtlich zum Dreikönigsbrauchtum gehörte 3 , wurde zu Silvester und Neujahr gesungen. Heute hört man ihn beim Martinssingen, das in vielen Orten der Altmark noch lebendig ist. Die Karte 40 a des Atlas der deutschen Volkskunde zeigt die Altmark (neben Thüringen) als geschlossenes Überlieferungsgebiet des M a r t i n s b r a u c h t u m s , das sich von den unmittelbaren Nachbarlandschaften 4 deutlich abhebt und nur durch eine schwache Brücke mit dem Hannoverschen (und über diesen Umweg auch mit Thüringen) verbunden ist.

1

2

3

4

Schlomka, S. 37. Für das Drömlingsdorf Rätzlingen Belege bei Wegener, Volkstum im Gebiet der Ohre, S. 355. Vgl. Schlomka, S. 37f. u. Gehne, Volksbräuche, S. 240; s. auch Ebeling II, S. 51. Parallelen aus dem Magdeburger Lande bringen Wegener, Festgebräuche, S. 249ff., und Winter, Volksreime und Kinderlieder, S. 386. Die 70. Atlasfrage [Sind bestimmte Gebräuche üblich, und welche? a) am Dreikönigstag (6. 1.)? b) am Vorabend des Dreikönigstages?] bringt für die Altmark durchweg negative Auskünfte. Der Fiessauer Gewährsmann teilt mit, daß die Umzüge schon um 1860 abgekommen seien. Vgl. Gehne, Volksbräuche, S. 243, und Schlomka, S. 40 (Dreikönigssingen bis in die dreißiger Jahre unseres Jahrhunderts aus Könnigde belegt); s. auch Wegener, Festgebräuche, S. 256 (Dreikönigslieder aus Mieste). Magdeburger Land, Brandenburg und Mecklenburg.

Die traditionellen

Formen des Singens und ihre

Trägergemeinschaften

129

Der Brauch, den Martinstag mit einem Heischeumzug der Kinder festlich zu begehen, war — wie wir oben zeigten — schon seit alters her in den altmärkischen Städten Sitte. „Schöler" und „Studenten", die in den Texten der Heischelieder bis heute eine Rolle spielen, veranstalteten den Umzug. Das eingesammelte Geld wurde zur Unterstützung der ärmeren Schüler und der (besonders im 17. und 18. Jahrhundert) schlecht besoldeten Lehrer benutzt 1 . Weil beim Heischen allerhand Unfug getrieben wurde 2 und der ganze Brauch teilweise in simple Bettelei ausartete (wobei die Stadtbewohner mehrmals am Tage von verschiedenen Kindergruppen, die auch aus den benachbarten Dörfern herbeiströmten, belästigt wurden 3), wurde der Martinsumgang in den Städten zunehmend von der Polizei unterdrückt. Erst danach scheint er mehr und mehr in den Dörfern Eingang gefunden zu haben. In den Antworten auf die 37. Umfrage des Atlas der deutschen Volkskunde 4 , die für den Beginn der dreißiger Jahre 68 positive gegen 78 negative Einsendungen erbrachte, ist der Brauch nur noch aus den Städten Salzwedel, Klötze, Seehausen und Osterburg belegt. Arendsee 5 , Arneburg, Werben und Stendal geben an, daß der Martinsumzug in den letzten Jahrzehnten 8 abgekommen bzw. von der Polizei verboten worden sei. Dörfer und Städte geben fast durchweg Schulkinder (Jungen und Mädchen) als Veranstalter des Brauches an 7 . Vereinzelt gehen auch Kinder im Vorschulalter mit. Vor jedem Hause wird die ortsübliche Fassung des Martinsliedes gesungen. In Letzlingen lautete sie 1955:

Notenbeispiel 15

Maar-tens-Maar-tens - Vö-gel-chen, hier stähn paar ar-me Kin-ner-chen.

1

2

3 4

5 6

7

9

Vgl. Dietrichs-Parisius I, S. 196ff. Abschnitt über das Salzwedler Gymnasium, besonders S. 200ff. Schon 1706 beklagte sich ein Salzwedler Ratsherr: „Auf dem Perver, wenn die Schüler singen, schlagen sie den Leuten in die Fenster, sonderlich, wenn sie nichts bekommen." Dietrichs-Parisius I, S. 199. Vgl. auch Hesselbarth, a. a. O., S. 118, und Gehne, Volksbräuche, S. 276 (dort auch mehrere Martinslieder). Vgl. Schlomka, S. 206f. Finden Umzüge statt a) am Martinstag (11.11.), b) am Abend vorher? c) Wer beteiligt sich an diesen Umzügen? (Angaben über Alter und Geschlecht der Teilnehmer erbeten). Vgl. Engelien und Lahn, Der Volksmund in der Mark Brandenburg, Berlin 1868, S. 236f. Um 1890 bis 1914. In Stendal wurden (nach Götze, S. 606) „das Singen und die Mummereien am Martinstag" schon 1872 polizeilich verboten. Nur aus drei Orten wird eine Beteiligung der 14—18jährigen gemeldet. Und ganz vereinzelt steht die Antwort aus Schenkenhorst (K.), die „alte Frauen aus dem Armenhaus" als Heischende am Martinstage angibt (für Ende des 19. Jahrhunderts). Volksgesang

Singgemeinschaften und Singgelegenheiten

130

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Nä-bärs Dör

lat uns gahn

bis

is nichwiet;

na

Nä-bärs

Äp-pel un Beern

Dör

sind all riep.

(ungefährer Sprechduktus)

die

T u - t e n - T u - t e n - hörn,

h

J die

m

U mögn

J ,1 de Kin-der

Der Him-mel hat sich

m Dort

Äp-pel

un die

Beern,

jeern.

op-pe-dan,da

al - le j u - w e

Ja - ste, Frau

al - 1er ehr

Be - ste.

wolln wir al - le

N. ist die

Be

-

ste,

nij

j ä b t ' n nich zu

we

-

nig.

,i lan-ge stähn,wi

J Ji Ji J i wolln hüüte ämd noch

steiht 'n klein



-

N.

rin-na-jähn,

(ungefährer Sprechduktus)

^

P Ü l i Lät uns nich zu

^ ^ wie-der-jähn.

BVA 1614. Slg. Stockmann 1955. Tonbandaufz. Nr. 14b/5 vom 30. 5. aus Letzlingen (Jungen und Mädchen im Alter von 6 bis 14 Jahren).

A u c h hiervon sind sehr ausgeprägte und andererseits sehr rudimentäre Fassungen im Gebrauch 1 , die — anders als das Pfingstheischelied, das recht unterschiedliche A n f ä n g e und überhaupt reichere Varianten kennt — fast durchweg mit der Zeile 1

Vgl. die Antworten auf die 40. Atlasfrage (Singen Kinder beim Martinsumzug Lieder und welche?) und Sammlung Schlomka; s. auch Wegener, Festgebräuche, S. 379ff.

Die traditionellen Formen des Singens und ihre Trägergemeinschaften

131

Martens-Martens-Vöggelken beginnen 1 . Von 68 Orten, die auf die 40. Atlasfrage positiv Auskunft geben, führen 55 diese Form des Martinsliedes an. Der Kleine König, der als Anhängsel an das Martens-Vöggelken oder selbständig auftritt, ist — obgleich noch heute 2 sehr verbreitet — nur neunmal angegeben. In Quarnebeck (Kreis Klötze) wurde uns 1955 folgende Fassung vorgesungen: Notenbeispiel 16

vi

Ziemlich langsam

i«j

u—

Ich

• M, jo 11 bin der k l e i - n e

Laßt uns nicht zu

Kö - nig;

n i i 111 gebt uns nich zu

we - nig.

l a n - g e stähn, denn w i r wolln noch weiter-gehn.

A-men.

B V A 1797. Slg. Stockmann 1955. Tonbandaufz. Nr. 18b/8 v o m 2. 6. aus Quarnebeck (Eckart G. und andere K i n d e r zwischen 5 und 13 Jahren).

Andere kurze Reime, die ebenfalls als Teil des Martinsliedes oder selbständig im Gebrauch waren, lauten •/.. B. Kloppen kloppen Ringelken, hier stähn de armen Kinnerken usw. 3 oder: Notenbeispiel 17 J = so Maar-tens-Maar-tens-

Bil - l e r - b l a t t ,

gäv

all

Kin-ner wat,

= 96 (ungefähre TonJiöhen, rasches glissando)

mi

ook,

mi

ook,

mi

ook. B V A 1757. Slg. Stockmann Tonbandaufz. Nr. 23b/5 v o m aus K l ö t z e (Herr K . , 65).

1955. 8. 7.

(in den Atlasantworten und durch Ehlies' Zeitungsumfrage 1960 in ähnlicher Form belegt aus Groß-Apenburg, Salzwedel, Köbbelitz, Immekathund Kusey). Der Spott1 2 3

Über die Texte der Martinslieder vgl. Schlomka, S. 208ff. Lt. Zeitungsumfrage v o n Martin Ehlies 1960. In Breitenfeld noch heute innerhalb des Martinsliedes gebräuchlich.

9*

132

Singgemeinschaften

und Singgelegenheiten

vers Wittn Tweern, swattn Tweern, dem wir schon beim Pfingstheischen der Kinder begegneten, sowie derbere Spottreime werden im Atlasmaterial siebenmal genannt. Wie zu Pfingsten, so werden auch beim Martinsumzug zusätzlich b r a u c h f r e m d e L i e d e r gesungen, entweder beliebige Volkslieder (viermal belegt), z. B. Mit dem P f e i l , dem Bogen, oder Choräle, z. B. Nun danket alle Gott, meist aber mit Rücksicht auf Martin Luthers Geburtstag am 10. November, auf den ja das Martinsfest in protestantischen Gegenden vielfach bezogen wird 1 , Ein feste Burg ist unser Gott2. Doch ist die Zahl der Orte, die diese Lieder nennen, relativ niedrig. Das Charakteristische am altmärkischen Martins- und Pfingstsingen der Kinder sind gerade die bis in die Gegenwart gebräuchlichen alten Heischelieder. Es ist bedauerlich, daß zu der großen Zahl gesammelter und in der heimatkundlichen Literatur veröffentlichter Heischetexte kaum eine Melodie mitgeteilt wird 3 . Wie vielgestaltig gerade diese halb gesungenen, halb rhythmisch gerufenen Vielzeiler sein können, belegen die wenigen Fassungen, die wir während unseres Altmarkaufenthaltes auf Tonband festhalten konnten. Ein Grund für die mangelnden Melodieaufzeichnungen mag (neben den vielen anderen, die für die Melodienotierung allgemein gelten) in der besonderen Ausführung dieser Gesänge zu suchen sein 4 , die vielfach mehr als Sprechen empfunden wird. In einigen Orten, wo wir das Lied nicht direkt bei der Brauchausübung hatten aufzeichnen können, bekamen wir die Auskunft, der Heischetext werde nicht gesungen, obwohl sich später herausstellte, daß auch dort eine Ausführung üblich war, die gesungene und rhythmisch gerufene Zeilen aneinanderreiht bzw. den Text in der Weise rezitiert, wie wir es am Jävenitzer Beispiel beobachten konnten. Keine Gattung ist so stark wie die Heischegesänge an die gemeinsame Ausführung innerhalb des Brauches gebunden. Sofern sie außerhalb ihrer Funktion von einzelnen Sängern aufgenommen werden, muß man, was allgemeine Ausführung, Tempo, Intensität, Tonhöhenverlauf der gerufenen Zeilen usw. betrifft, kritisch sein. Für die Melodienforschung sind diese Gesänge, die eine Vorform durchgestalteter Melodik darstellen und, da sie von Jahr zu Jahr mündlich weitergegeben werden, viele mehr oder weniger bewußte Veränderungen erfahren, höchst interessant. Während Martins- und Pfingstsingen sich bei den altmärkischen Kindern bis in die Gegenwart allgemeiner Beliebtheit erfreuen, sind eine ganze Reihe anderer Kinderbräuche heute nicht mehr lebendig. Dazu gehören: das F a s t n a c h t s s i n g e n d e r K i n d e r , die verkleidet von Haus zu Haus zogen und sangen Havele-havele-Hahne,

1

2 3

4

In der Altmark von 2/3 der Einsender auf die 41. Atlasfrage (Wird das Martinsfest, statt auf den heiligen Martin, auf Martin Luther bezogen?) angegeben. Im ganzen zehnmal angegeben. Einige unzureichende Angaben sind zu finden bei Wegener, Festgebräuche, S. 384 (allerdings über ein Dortmunder Martinslied), und bei Emst Schräder, Beiträge zur Geschichte und Kulturgeschichte des Dorfes Hödingen, Selbstverlag 1936, S. 59. Ein Martinslied mit Melodie sowie vier weitere Heischelieder finden sich — von Horenburg aufgezeichnet — in Jodes Altmärkischem Musikanten, Teil I, A 8f. Der Heischespruch wird „gebetet", schreibt Schröder (Hansjochenwinkel, S. 82) bei der Schilderung des Abbendorfer Pfingstumzuges der Knaben.

Die traditionellen Formen des Singens und ihre

Trägergemeinschaften

133

Fastnacht geht bald ane .. . oder Droben in der Hausfirst hängen die langen Mettwurst. . .1, das Ostersingen (Tein Eier, fein Eier in unsre Kiep)2, das besonders im Kalbeschen Werder (Mehrin, Beese, Packebusch, auch Lindstedt) verbreitet war, das vereinzelt (z.B. aus Döhren) belegte S i n g e n der K i n d e r b e i m O s t e r f e u e r (Hule-hule,

de Nacht is hen, de Sunn is nie worden, heililala3), sowie das von Hildegard Schlomka erwähnte „ H e x e n a u s t r e i b e n " der Jungen zu W a l p u r g i s , wobei unter lautem

Peitschenknall gesungen wurde: Hei wie dat knallt / hei wie dat schallt / knallt luut, knallt luut I denn löppt de Bruut / knallt fester, knallt fester / denn löppt de Gespenster / maktn Kru^ an de Wand / denn löppt se int annere Land*. Vom Bruutballsingen 5 , das in mehreren Orten der Altmark unter den Ballspielen der Osterzeit bis in die dreißiger Jahre hinein einen festen Platz einnahm, konnten wir 1955 aus dem Munde einer alten Arendseerin nur noch das Liedchen aufzeichnen: Notenbeispiel 18 Gehend II

I

J

J

Hier s tehn wirKnäblein

Und wenn ji

1

II *

al

-

lf

*

1

"

I

*

I

und sin-gen uns den

I Bai -

le.

uns den Ball nich gäm,dann will wi ju den Mann wegnahm.

t

E t w a s rascher

* J hier-her, *I J Hier-her,

— - ^^ ifmz: 1 hier-her,hier-her.

BVA 1642. Slg. Stockmann 1955. Sehr. Aufz. vom 10. 7. aus Arendsee (Frau S., 60). 1 5 3 4

5

Gehne, Volksbräuche, S. 244. Einige Fassungen bei Wegener, S. 263 f. Vgl. auch Schröder, Hansjochenwinkel, S. 80. Vgl. Schlomka, S. 79 f. und 92. Belegt für Döhren, Schlomka, S. 123. — Walpurgis ist heute allerorten durch die Vorbereitungen zum 1. Mai bestimmt (Einholen und Aufrichten des Maibaumes durch die Burschen, Schmücken der Festwagen für den Umzug u. dgl.). In der Osterzeit (am 3. Ostertage, zu Palmarum oder vierzehn Tage vor Ostern), vereinzelt auch zu anderen festlichen Terminen (am Johannistag, zu Fastnacht) zogen die Schulkinder oder nur Präparanden und Konfirmanden (früher auch die ehemaligen Koppelfreundinnen der jungen Ehefrau bzw. Mädchen und Burschen) zu den im verflossenen Jahre vermählten Eheleuten und ersangen sich mit Sägespänen gefüllte kleine Bälle und einen großen, mit Troddeln geschmückten „Bruutball", womit im nahen Walde so lange gespielt wurde, bis er entzwei war. Teilweise war dieses Bruutballsingen auch mit Geldgaben verbunden oder es wurde überhaupt nur Geld gegeben („Schölljensingen", „Schiljenafsingen"). Vgl. besonders Schlomka, S. 109fE, Pohlmann und Stöpel (Geschichte der Stadt Tangermünde, Stendal 1829, S. 93), die den Brauch als ein Vergnügen der „dienenden Klasse" charakterisieren, Niehoff, S. 56, Ebeling II, S. 201 f. (der eine wesent-

134

Singgemeinschaften und Singgelegenheiten

Das gleiche Lied (mit nur geringen melodischen Varianten) findet sich im 5. Jahrgang der Mitteilungen des Vereins für die Geschichte Berlins 1 , nebenbei (mitParisius' Neujahrsansingelied und den fünf von Horenburg gesammelten Heischeliedern) eine der wenigen älteren Melodieaufzeichnungen, die uns von altmärkischen Heischeliedern bekannt sind. Der Aufzeichner, ein aus Arendsee gebürtiger Lehrer, gibt überdies eine sehr hübsche und ausführliche Schilderung des Brauches, wie er ihn 1887 bei einem Besuche in seiner Heimatstadt erlebte und wie er ihn schon 30 Jahre früher selbst mitgemacht hat. — Im 3. Salzwedler Jahresbericht (1840), S. 85, wird erwähnt, daß im Anschluß an das Bruutballied gesungen wurde Wer nur den lieben Gott läßt walten und zwar „nach der Melodie des Dessauer Marsches" 2 . Zu diesen brauchtümlichen Festen des Frühlings traten im Spätherbst — außer dem Martinstag — die dörflichen S c h l a c h t e f e s t e , die ebenfalls Anlaß zur Veranstaltung von Heischeumzügen boten 3 . Nachfolgend ein dafür bestimmtes Liedchen, das wir — wie das Bruutballied — 1955 nur noch aus dem Munde älterer Gewährsleute aufzeichnen konnten: Notenbeispiel 19 Gehend

ü

J=

-100

Ich

h a b g e - h ö r t , ihr

Ich

ha - be Hun-ger

h a b t geschlacht; h a b t ihr f ü r mich 'ne Wurst gemacht?

und auch Durst auf

ei - ne

lan-ge

Le-ber-wurst.

B V A 1721. Slg. Stockmann 1955. Tonbandaufz. N r . 27 b/3 v o m 14. 7. aus Salzwedel (Frieda B., 58).

1

2 3

lieh ausgeprägtere Liedfassung als die v o n uns oben wiedergegebene mitteilt), ferner Engelien und Lahn, S. 230f., K u h n , S. 313f., W. Schmidt, Altmärkers Eigenart, S. 71, K u p k a , Pfingstbräuche und Brutball, S. 270 —274, Wegener, Festgebräuche, S. 258 und 264, sowie 3. und 12. Salzwedler Jahresbericht 1840 und 1859, S. 85 und 23f., u n d Menzel, Hochzeitsgebräuche, S. 53fF.; s. auch Erk-Böhme III, S. 140f. Wegener, Volkstum im Gebiet der Ohre, S. 356, beschreibt das Bruutballsingen in Rätzlingen (Drömling), das dort in der Fastnachtszeit stattfand, und teilt einen sehr ausführlichen Heischetext mit. — Belegorte f ü r diesen verbreiteten Brauch sind in der Altmark (außer Arendsee): Ziethnitz (Kreis Salzwedel), Jeggeleben und Winkelstedt (Kreis Kalbe), Ziemendorf (Kreis Seehausen), Iden (Kreis Osterburg), Borstel, Tangermünde, Heeren (Kreis Stendal), Klein-Schwarzlosen (Kreis Tangerhütte), Mieste (Kreis Gardelegen) sowie einige Drömlingsdörfer. 1888, S. 70—72: W. Körner, Das Bällesingen und -fangen in der Stadt Arendsee im Kreise Osterburg in der Altmark. Vgl. auch v o n Raumer, S. 296. Vgl. Wegener, Festgebräuche, S. 257, und Schlomka, S.215f., ebd. S. 57f. einige weitere, v o n Kindern und Jugendlichen vereinzelt f ü r Heischeumzüge benutzte Ereignisse des Jahreslaufes.

Die traditionellen

Formen des Singens und ihre

Trägergemeinschaften

135

Auch war es unter den Laatzker Kindern Sitte, z u r Zeit der H a s e n j a g d mit einem toten Fuchs umherzuziehen, wobei gerufen wurde: Paar Eier, paar Eier in unse Kiep. Der Vader, die Mutter, die habn uns lieb. Un wenn ju uns nich wolln paar Eier reingäm, Dann soll ju de Foss alle Hühner wegnehm. BVA 1462. Slg. Stockmann 1955. Sehr. Aufz. aus Laatzke (Christa R., 12).

Doch gehörte dies wohl zu den Ausnahmen, zu denen — nach der Karte 42 b des ADV — auch die sonst in ganz Norddeutschland an verschiedenen Tagen im Spätherbst üblichen L a t e r n e n u m z ü g e der K i n d e r zu rechnen sind 1 . Obgleich eine ganze Reihe kindlicher Bräuche heute nicht mehr geübt werden, ist das Festbrauchtum der altmärkischen Kinder — im Vergleich zu anderen Trägergruppen — bis in die Gegenwart recht vielgestaltig. Das Vorhandensein mundartlicher Heischgesänge und deren noch immer erstaunlicher Variantenreichtum deuten auf eine lange, wenig unterbrochene Tradition, die sich auch in der Beschaffenheit der Sing- und Rufweisen dokumentiert. Wie sehr diese Art der Melodik dem kindlichen Merkvermögen und der kindlichen Vorstellungswelt entspricht, zeigt sich daran, daß sich die alten Gesänge neben dem in neuerer Zeit eingeflossenen brauchfremden Liedgut bis heute behauptet haben. Anders steht es mit den Festbräuchen der verschiedenen J u g e n d g e m e i n s c h a f ten. Ehemals von bunter Vielfalt, aber im Aufnahmejahr nur mehr in geringen Resten lebendig und, sofern noch geübt, durch Veränderung bzw. Verarmung und Lockerung des Zeremoniells gekennzeichnet, erwiesen sie sich auch in musikalischer Hinsicht weniger ergiebig als das Kinderbrauchtum. Das Singen brauchgebundener Lieder war weitgehend zugunsten begleitenden Gesanges, der nichts mit der eigentlichen Brauchhandlung zu tun hatte, sowie durch Musik und Lärm zurückgedrängt. Um das Gesagte zu verdeutlichen, seien zwei 1955 beobachtete Bräuche, die im wesentlichen von den unverheirateten Burschen veranstaltet wurden, kurz geschildert, die Fastnacht und die „Freie Nacht" vor Pfingsten 2 . 1

2

Vgl. auch Schlomka, S. 214. — Auf die andersgearteten, bei Vereinsfesten und ähnlichen Veranstaltungen auch in der Altmark stattfindenden Lampionumzüge für Kinder ist in anderem Zusammenhang noch einzugehen (s. S. 187f.). Andere Festbräuche der Burschen wie das heute noch übliche, gewöhnlich in der Pfingstzeit stattfindende Ring- oder Kränzchenreiten, das ehemals von den Knechten und Pferdehirten ausgetragen (vgl. Kuhn, S. 324, der es vor der Mitte des 19. Jahrhunderts „in den sogenannten Zwölfdörfern [wendischen Ursprungs, nördlich von Salzwedel]" und auch außerhalb der Altmark verbreitet fand), in der zweiten Jahrhunderthälfte von örtlichen Vereinen übernommen und nach 1945 verschiedentlich von der Gesellschaft für Sport und Technik durchgeführt wurde (vgl. Ebeling II, S. 233, Gehne, Volksbräuche, S. 233f.,

136

Singgemeinschaften und Singgelegenheiten

Die F a s t n a c h t , altmärkisch „Fasselämd", ist gegenwärtig nur noch in ganz wenigen Orten der westlichen Altmark heimisch und wird unseres Wissens nur noch in Breitenfeld als ausgeprägter Burschenbrauch durchgeführt 1 . Das Fest, an keinen festen Termin gebunden 2 , fand dort im Aufnahmejahr am letzten Wochenende im Februar statt und dauerte zwei Tage. Zu seiner Vorbereitung und Ausübung hatten sich die jungen Burschen des Dorfes — unabhängig von ihrer Zugehörigkeit zu verschiedenen Koppeln — zur „Breitenfelder Fasselstüwergesellschaft" zusammengeschlossen. Am Samstag mittag um 12 Uhr, dem Beginn des Festes, versammelten sie sich im Dorfkrug, alle mit einer frischgeschnittenen und mit Bändern und Papierblumen geschmückten Birkenrute (Fasselstüwerrute) versehen, mit der während des Umzuges Bäume und Sträucher geschlagen und die Mädchen geärgert wurden. Nachdem der „Schultenknecht", der älteste und angesehenste Bursche, noch einmal die für den Heischeumzug geltenden Regeln, bei deren Übertretung Strafe zu zahlen war, verlesen hatte, formierte sich der Zug, voran die Musik (Handharmonika und Teufelsgeige) und der Vorbeter mit der Wurstgabel (Gaffel), danach der Schultenknecht mit den beiden Schöffen und die übrigen Fasselstüwer. So ging es von Haus zu Haus. Beim Eintritt in jede Stube erklang der traditionelle Fasselämdruf (alle: Hüüt un morgn is — Fasselämdl Darauf einer: Wat is hüüt un morgn? alle: Fasselämd), bevor der Vorbeter an die Hausfrau seinen Spruch richtete: N.N's Muddi, Stellt ju vor, Wenn wir det Jähr Fasslämd fiern don, Wat wir denn für eine Ernte kriegn. Rochen wie Kerl grout, Ährn wie Maisküüln, Tüffeln wie Kopp dick Un Ko u hlrübn wie Kürbisse. Un wenn ju dat wulln Und'n schöin Fröihjahr därtu, Dann gävt'n pär Eier oder'n Wurst in uns' Kiep Dann warn ji seelig un wi warn riek. und für seine Gaffel eine Wurst erhielt sowie Eier und Speck in die dafür mitgeführten Körbe, wofür er sich bei der Hausfrau bedankte und zum sonntäglichen Tanz einlud:

1

2

und Ehlies, Maireiten und Maitanz, Altmarkbote III, 1958, S. 114—116), bleiben hier außer Betracht, da musikalische Elemente entweder gänzlich fehlen oder nur eine untergeordnete Rolle spielen (Beteiligung von Musikkapellen zur allgemeinen Ausschmückung der Feste). Vgl. Wilhelm Reinhardt, Hüde und morgen is Fasseloamd, Altmarkbote II (1957), S. 85 f. Das Datum wird nach Vereinbarung (je nach Stand der landwirtschaftlichen Arbeiten) festgesetzt.

Die traditionellen Formen des Singens und ihre

Trägergemeinschaften

137

N.N's Muddi, Hebbt ook schö'n Dank, Un wi lädn ju hüüde ämd in Zum Danzn un Fröhlichsin. BVA 1235. Slg. Stockmann 1955. Tonbandaufz. Nr. 32a/2b vom 26. 2. aus Breitenfeld (Heinrich W. II, 20). Danach wurden die Spenderin und die im Hause wohnenden Töchter nach der Melodie von Lott is dod, Schön ist die Jungfernschaft und Wenn hier'n Pott mit Bohnen steiht herumgeschwenkt, wobei man kräftig mitsang. Die Mädchen hefteten den Burschen bunte Bänder an ihre Mützen, die am Sonntagabend „abzutanzen" waren, die „Schluckpulle" machte die Runde, und dann ging es mit Musik, Gesang und viel Lärm, den namentlich der Bursche mit der Teufelsgeige verursachte, ins nächste Haus1. Gesungen wurden, mehr laut als schön, neben den älteren Tanzliedern auch moderne Schlager, allerdings meist nur die Kehrreime 2 . Je mehr Häuser hinter den Heischenden lagen und je öfter von den mitgeführten Schluckpullen gekostet worden war, um so ausgelassener wurde die Stimmung. Der Heischeumzug nahm den ganzen Nachmittag in Anspruch. Abends, nachdem jeder zu Hause das Vieh hatte besorgen helfen, trafen sich die Fasselstüwer zum Verzehr der geheischten Gaben (es gab den traditionellen altmärkischen „Eierback") und zur anschließenden „Gerichtsverhandlung" im Gasthaus 3.

1 2 3

Vgl. Schröder, Hansjochenwinkel, S. 75: „Unter Musik, Lärm, Schellengeläute und Peitschenknallen flutet der Zug auf den nächsten Hof . . ." Vgl. unten S. 165f. Der Schultenknecht, der während des Umzugs alle Sünder und ihre Vergehen in sein Merkheft eingetragen hatte, eröffnete die Verhandlung. Zwei Schöffen und zwei Beisitzer (Altstüwer) stellten die Strafanträge, über die die ganze Versammlung abstimmte. Die Höhe der Geldstrafe wurde jeweils von Fall zu Fall festgesetzt, wobei die augenblickliche wirtschaftliche Situation des Angeklagten in Rechnung gestellt wurde. Der Sohn des gutsituierten großen Bauern und der gut verdienende Traktorist mußten mehr zahlen als ein wirtschaftlich momentan schlecht gestellter Bursche. Als strafbar galten folgende Vergehen (die in Klammern angegebenen Beträge geben die ungefähre Höhe des Strafgeldes an; das einkommende Geld diente zur Bezahlung der Tanzkapelle und für sonstige Ausgaben): § 1. Zu spätes Erscheinen zum Heischeumzug am Samstag (1.—DM) § 2. Zu spätes Erscheinen zum Festumzug am Sonntag (2.—) § 3. Betreten eines Hauses vor dem Gaffelträger beim Heischeumzug, die Musik ausgenommen (—.50) § 4. Mehr als drei Häuser Zurückbleiben beim Heischeumzug ( — .50) § 5. Abschneiden der Würste von der Gaffel ( — .50)

138

Singgemeinschaften

und Singgelegenheiten

Währenddessen waren die Koppeln der jungen Mädchen, die sich bei der Gerichtssitzung nicht blicken lassen durften, unter sich zusammen. Die Jüngsten zogen — vereinzelt mit Gesang — auf der Straße umher, vor allem in der Nähe des Gasthauses, um durch die Fenster etwas vom nächtlichen Treiben der Burschen zu erspähen. Die „Großen" dagegen fertigten im Hause eines Mitgliedes der ältesten Mädchenkoppel die „Wurstkrone" für den sonntäglichen Festumzug an. A m anderen Morgen wurde diese Krone von den Burschen eingeholt und — die inzwischen eingetroffene Blaskapelle voran — in feierlichem Zuge zum Bürgermeister, dann durch das ganze Dorf zum Gasthof getragen und dort in der Mitte des Tanzsaales aufgehängt. Nach nochmaligem gemeinsamem Essen fanden sich am Nachmittag die Schulkinder und die jungen Mädchen zum Tanz ein, der abends von den Erwachsenen fortgesetzt und erst spät in der Nacht beendet wurde. Der Breitenfelder Fastnachtsbrauch, während des letzten Krieges abgekommen, ist vor einigen Jahren von den älteren Breitenfeldern den jungen Burschen erklärt und beigebracht worden. Man wollte auf dieses traditionelle Fest, das dem Ende des Winters und Beginn eines neuen fruchtbaren Arbeitsjahres sinnbildhaft Ausdruck verleiht, nicht verzichten. Hatten die Verheirateten bei den ersten Versuchen nach so langer Pause noch mitgemacht, so waren die Jungen 1955 schon wieder so vertraut mit allen Regeln, daß sie den Brauch allein durchführen konnten. Wie wir schon andeuteten, ist uns außer Breitenfeld kein Ort bekannt, der den Fasselämd in dieser ausgeprägt-traditionellen Form nach dem letzten Krieg noch durchgeführt hat. Schon in der älteren Literatur wird er fast immer nur als etwas Vergangenes erwähnt 1 . Und in der Tat ist er viel rascher als das Pfingst- und Martinsbrauchtum der Vergessenheit anheimgefallen. Hildegard Schlomka fand ihn 1937/38 — außer in Breitenfeld — mit einigen Varianten 2 noch in Jeggau (Kreis Gardelegen), Weddendorf, Steimke, Jeeben, Hanum (Kreis Klötze), Ziethnitz und Schmölau

§ 6. Weigerung, beim Heischeumzug mit zur Mühle [die etwas außerhalb des Dorfes liegt] zu gehen (2.—) § 7. Nichtsagen des Fasselämd-Rufes (—.50) § 8. Vergessen des Hutes zum Bänderabtanzen am Sonntag (1.—) § 9. Vergessen der Fasselstüwerrute zum Heischeumzug (—.50)

1

2

Bis in die späte Nacht hinein wurde mit viel Stimmaufwand um jedes einzelne Vergehen gefeilscht und gehandelt. Bei jeder Entscheidung spielte die Musik einen Tusch, die einzige musikalische Äußerung, die während der nächtlichen Sitzung zu hören war. Lediglich im 3. Salzwedler Jahresbericht, S. 84 ( = Kuhn, S. 307), also vor der Mitte des 19. Jahrhunderts, wird er — in ganz ähnlicher Form wie von uns geschildert — als noch lebendig und in der Altmark allgemein verbreitet beschrieben. In einigen Orten wurde der Heischeumzug auch maskiert veranstaltet und Tiergestalten wie der strohverhüllte „Erbsbär" als Sinnbild des Winters (vgl. unten S. 187) und das „Kamel" mitgeführt. Statt der Segenswünsche für Fruchtbarkeit, die der Vorbeter vorzubringen hat, wurden auch beliebige Volkslieder oder sogar Schlager gesungen.

Die traditionellen Formen des Singens und ihre

Trägergemeinschaften

139

(Kreis Salzwedel) 1 . Die von uns 1955 beobachtete „Gerichtssitzung" ist sonst nirgends beschrieben. Aber gerade darin — und aus diesem Grunde haben wir sie so ausführlich geschildert — scheinen sich Reste jener alten Traditionen der dörflichen Burschenvereinigungen erhalten zu haben, auf die wir oben (S. 91 f.) anhand der Beschreibungen von Friedrich Danneil, Ebeling, Schmidt und Schlomka bereits kurz eingingen. Sowohl die Großknechte als auch die Kleinknechte (Enken) führten ein nach strengen Gesetzen geregeltes Gemeinschaftsleben. Übertretung der Vorschriften 2 wurde mit Geld- und Branntweinstrafen belegt. Auch hier wurde das Strafmaß individuell festgesetzt, je nachdem, ob es sich um einen armen Burschen oder einen Bauernsohn handelte. Die ungeschriebenen Gesetze der Burschenvereinigungen, die zwar schon früher in den Festbräuchen besonders sinnfällig zum Ausdruck kamen, aber im übrigen auch das Alltagsleben durchgängig bestimmten und durchaus ernst genommen wurden, sind heute auf solche Feste wie den Fasselämd beschränkt und werden mehr als Ulk und Spielerei aufgefaßt. Das zeigt sich auch an den brauchtümlichen Zeremonien in der „ F r e i e n N a c h t " v o r dem ersten Pfingsttage, die ebenfalls von den Burschen veranstaltet werden. Noch deutlicher als beim Fasselämd lassen sich hier spielerische Spätformen ehemals sicher sehr ernst gemeinter Rechtsbräuche erkennen. Aus dem „Rügegericht" der Burschen über die Dorfbewohner ist eine Nacht der losen Streiche und allerhand Schabernacks geworden 3 . Im folgenden eine kurze Schilderung des Brauches, wie er sich 1955 in Jävenitz abspielte. A m Spätnachmittag des Pfingstsonnabend zogen die Burschen mit einem großen Kastenwagen in den nahen Wald, um die bereits vorher ausgesuchte Fichte zu schlagen. Das Aufrichten des Pfingstbaumes auf dem Dorfplatz — der Strohkerl (Maikerl, Pfingstkerl) lag schon wohl ausstaffiert bereit — dauerte bis zum Einbruch der Dunkelheit. Mit dem aus dem Walde mitgebrachten Birkengrün versehen, zogen die Burschen gegen 21 00 von Haus zu Haus, um die „Pingstmaien anzukloppen" (Maienstecken), wofür die Bewohner mit Geld, Schnaps und Zigaretten dankten. Vor jeder Tür blies der Posaunist (die Musik setzte sich aus Handharmonika und Posaune zusammen) herzergreifend Im schönsten Wiesengrunde, wozu die übrigen Burschen stellenweise eine zweite Stimme summten: 1

2

3

Wegener (Festgebräuche, S. 258 f.) teilt ihn 1880 aus Mieste und Etingen (Kreis Gardelegen und Haldensleben) mit. Die Etinger Aufzeichnung ist eine Einsendung L. Parisius'. Einen weiteren Beleg bringt Wegener (Volkstum im Gebiet der Ohre, S. 357 f.) aus Rätzlingen (Drömling). Steinhart, S. 132, erwähnt das Fastnachtsstäupen (um 1800) ebenfalls, allerdings ohne Ortsangabe. Sich anständig zu betragen, die Arbeit auf dem Hof ordentlich zu tun, beim Turmsingen an den großen Festen zu erscheinen (s. unten S. 141), die Herrschaft nicht vor Martini zu wechseln, einander zu helfen, die Aufnahmegebräuche nicht auszuplaudern; für die Enken: nicht zu rauchen, den Mädchen nicht nachzulaufen, um 9 0 0 abends im Hause zu sein usw. Vgl. auch die von Ebeling (II, S. 59) mitgeteilten Vorschriften für die Hütejungen (als jüngste Mitglieder der Drömlinger Koppeln). Vgl. Schlomka, S. 1 2 7 f .

Singgemeinschaften

140

und

Singgelegenheiten

N o t e n b e i s p i e l 20 Langsam und sentimental

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Chor Pos. BVA 1465. Slg. Stockmann 1955. Tonbandaufz. Nr. 15a/7 vom 28. 5. aus Jävenitz (Burschen zwischen 17 u. 23 Jahren).

D a n n sangen alle m i t H a n d h a r m o n i k a b e g l e i t u n g d e n Choral :

N o t e n b e i s p i e l 21 Getragenj

T

Lo-bet den Her-ren,den mächti-gen Sei-ne ge - lo - b e - t e See-le,das C T

Kom-met

zu

D Las-set den

Häuf;

Kö-nigder ist mein Be

Psal - ter und

T

D

Lob-ge-sang



-

Eh - ren. geh - ren.

Har - fe,wacht

auf!

T -

ren.

1) Der Harmonikaspieler spielt die Melodie mit und greift dazu die angegebenen Harmonien. BVA 1464. Slg. Stockmann 1955. Tonbandaufz. Nr. 15a/8 vom 28. 5. aus Jävenitz (Burschen zwischen 17 u. 23 Jahren).

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Formen des Singens und ihre

Trägergemeinschaften

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der vorher mit viel Mühe einstudiert worden war 1 . Um Mitternacht stiegen sie auf den Kirchturm, um die Pfingsten einzuläuten 2. Inzwischen hatte man beim Pfingstbaum ein Feuer entzündet und Wachen aufgestellt, um ihn vor übelwollenden Jugendlichen aus den Nachbardörfern zu schützen. Nichts ist für die Burschen schmachvoller als ein im unbeobachteten Moment umgesägter Pfingstbaum. Während die beiden Wachhabenden am Feuer saßen, begann im ganzen Dorf ein geheimnisvolles Treiben, hier und da von unterdrücktem Gelächter begleitet. „Katerstiege" wurden durch Häcksel- oder Kalkstreu bezeichnet, Melkschemel und Ackergeräte herbeigeschleppt, Türen ausgehängt und Milchkannen entwendet. Die Burschen schafften „Ordnung". Alles, was ihnen unter die Hände kam, wurde mitgenommen und später an den verschiedensten Orten versteckt bzw. an schwer zugänglichen Stellen, auf Dächern, Bäumen und Laternenpfählen, also am nächsten Morgen für alle sichtbar, deponiert. Auch der Pfingstbaum wurde mit solchen Beutestücken dekoriert. Je mehr Melkschemel ihn schmücken, um so ehrenvoller für die Burschen. Die Breitenfelder erzählten mir am 2. Pfingsttag voller Stolz, was sie in der Freien Nacht alles angestellt hatten. „Schultn sin Hoffport" schwamm am Morgen des ersten Feiertages im Dorfteich, sehr zum Leidwesen des Betroffenen, der wie alle Erwachsenen meinte, daß die Jugend es diesmal wieder ziemlich toll getrieben habe. In vielen Dörfern des Stendaler, Kalber, Klötzer und Gardelegener Kreises bis hinunter nach Calvörde ist die Freie Nacht in verschiedener Ausgestaltung bis in unsere Zeit Sitte 3 . Selbst dort, wo der Heischeumzug der Kinder nicht mehr stattfindet, zeugen die am Pfingstbaum angenagelten Melkschemel vom lockeren Treiben der Burschen, die in Jävenitz übrigens am Pfingstmorgen, als schon die Kinder vor den Türen ihr Heischelied sangen, immer noch auf den Beinen waren, mit Gesang und Posaunenklängen durchs Dorf zogen und den Dorfbewohnern bei der Wiedererlangung ihres Eigentums behilflich waren. 1

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In anderen Orten (Staats, Lindstedt) singt man pfingstgemäßer: 0 heiiger Geist, kehr bei uns ein. Doch war der Wortführer der Jävenitzer Gruppe froh, daß er das bekanntere und einfachere Lobe den Herren mit seinen Burschen — trotz einiger Fehler {seine gelobete Seele) — so gut zuwege gebracht hatte. — Vielerorts (z. B. in Solpke) werden bei diesem nächtlichen Heischeumzug auch beliebige Volkslieder gesungen. Auch in der Christ- und Neujahrsnacht und in der Nacht vor Ostern war in verschiedenen Orten (Behnsdorf, Siestedt, Magdeburger Gegend) das Läuten durch die Burschen Sitte. Zwischen dreimaligem Läuten (drei Pulse läuten) sang man vom Turm herab Choräle und Festlieder {Das alte Jahr vergangen ist yx-'i!). Vgl. Gehne, Volksbräuche, S.241, Schlomka, S. 238, Danneil, Von der Brüderschaft der Ackerknechte, S. 423,433 und 439, Götze, S. 519. Vgl. u. a. die Mitteilungen im Altmarkboten II (1957), S. 148, 172 und IV (1959), S. 126f. (Belegorte: Arendsee, Kreis Seehausen, Orpensdorf, Kreis Osterburg und Dannefeld, Kreis Klötze, wo anschließend an die freie Nacht der Umzug der Hunnebrössel und der Heischegang mit dem birkenlaubumhüllten Pfingstkerl noch durch die Burschen veranstaltet wird, nicht durch Kinder, was schon Schlomka, S. 157ff., als altertümliches Relikt ausführlich beschreibt). Die meisten Belegorte für die freie Nacht finden sich im alten Gardelegener Kreisgebiet, im Kalbeschen Werder und in einigen Dörfern des Kreises Stendal, nicht aber im Salzwedlischen (vgl. Schlomka, S. 125ff.).

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Singgemeinschaften

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Singgelegenheiten

Die hier geschilderten Fastnachts- und Pfingstbräuche der Burschen — die Mädchen nehmen daran, wie wir sahen, aktiv kaum (besser gesagt: kaum noch) teil 1 — sind die einzigen bis in unsere Zeit lebendigen traditionellen Festzeremonien der Jugend, die musikalische Elemente enthalten. Hinsichtlich Gesang und Musik fußen sie nicht eben auf alter Überlieferung. In beiden Bräuchen wird ausschließlich brauchfremdes Liedgut benutzt. Beim Fasselämd spielt das Singen während der eigentlichen Brauchhandlung überhaupt keine Rolle (der Heischetext wird gesprochen), sondern es dient nur zur allgemeinen Ausschmückung während des Umzugs und zum Tanz. Am stärksten mit dem festlichen Anlaß verbunden ist noch der Pfingstchoral O heiiger Geist, der aber vielerorts schon durch beliebige andere Lieder und Choräle ersetzt wurde. Es erhebt sich die Frage, inwieweit der Mangel an braucheigenen Liedern ein schon früher ausgeprägter Zug gerade des Burschenbrauchtums ist bzw. seit wann er sich herausgebildet hat. Leider sind — im Hinblick auf die musikalische Ausgestaltung — detaillierte Brauchbeschreibungen aus älterer Zeit selten. Immerhin erfahren wir, daß — bis in die 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts, vereinzelt auch noch darüber hinaus — fast alle festlichen Termine des Jahreslaufes von der altmärkischen Jugend mit verschiedenen, meist gesangbegleiteten Brauchhandlungen gefeiert wurden, außer den uns bereits bekannten (Fastnacht und Pfingsten) z. B. auch Silvester, Dreikönigs- und Johannistag mit Umzügen, Ostern mit dem traditionellen Tanz ums Osterfeuer usw. Während für die drei erstgenannten Feste unmittelbar zum Brauch gehörige Lieder genannt werden 2 , scheint beim Osterfeuer wie auch beim Fasselämd, der ja in fast unveränderter Form bis in die Gegenwart fortdauerte, das lärmende Singen an sich, wobei es auf das, was gesungen wurde, nicht so sehr ankam, eine Rolle gespielt zu haben 3 . Etwas anders steht es mit der Freien Nacht. In der Form, wie wir sie 1955 in Jävenitz beobachten konnten, stellt sie ein Konglomerat verschiedener Elemente des Frühlingsbrauchtums dar und bietet ein Beispiel für die Umwandlung von Brauchgut, wobei einzelne nicht mehr verstandene, weil den Umweltbedingungen nicht 1

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Eine ganze Reihe von Brauchteilen wie das von Burschen und Mädchen gemeinsam durchgeführte fastnachtliche „Fäutewaschen" und das zu Pfingsten verbreitete Nadelstechen und Nadelschenken, bei dem entsprechende Verse gesungen wurden (z. B. Nadel her, Nadel her, oder ick stäck dei! vgl. Schlomka, S. 132), werden schon längere Zeit nicht mehr geübt. Für Sylvester Das alte Jahr vergangen ist, für Epiphanias verschiedene Dreikönigslieder ohne Textangabe (vgl. Gehne, Volksbräuche, S. 240 und 243), für den Johannistag Johann, Johann, bräng uns wat, bräng uns doch dat Natt! — Dat Natt is doch so nödig, sunst warnwie alle ködig [krank]", gesungen von Mädchen und Burschen, die — nach Hesselbarth, S. 116 — mit Blumen reich geschmückt umherzogen; ein anderes Johannislied (aus Mieste) bringt Wegener, Festgebräuche, S.273f.: Johannisdag int Feld. / Denn goarn'we joa noan Wald,! plück'n uus de Hann'styasem bald. / Denn goam'we joa noan Busch, / denn gaihfat in de Kusch. — — (Hier wie auch bei von Raumer, S. 290, und Schmidt, Altmärkers Eigenart, S. 124f., weitere Beschreibungen altmärkischer Johannisbräuche, die teilweise Elemente des Bruutballspiels und der freien Pfingstnacht aufgreifen.) Vgl. Gehne, S. 251.

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Trägergemeinschaften

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entsprechende Brauchteile zusammen mit dem darein verwobenen Sing- und Spruchgut aufgegeben wurden. Wir können diesem komplizierten und vielschichtigen Vorgang hier nicht nachgehen, sind doch das Einholen der Pfingstmaien und des Maibaumes, das Maienstecken, das Stehl- und Rügerecht, die Heischeumgänge und alle anderen in der Maienzeit geübten brauchtümlichen Zeremonien im Verlaufe der letzten hundert Jahre nicht nur zu wechselnden Terminen, sondern auch in recht unterschiedlichen Formen durchgeführt worden 1 . Lediglich auf einen Komplex, in dem einige Teile der bis heute lebendigen Bräuche wurzeln, sei hier kurz eingegangen, auf das B r a u c h t u m d e r H i r t e n und H ü t e j u n g e n . Innerhalb dieser Zunft, der fast jeder Bursche eines Ortes zeitweilig angehörte, sind wohl — etwa bis zur Mitte des vorigen Jahrhunderts 2 — die meisten Bräuche der männlichen Jugend gepflegt worden, damals mit einem bestimmten, zur Arbeit in Beziehung stehenden Sinngehalt erfüllt. So war der Austrieb der Herden in der Zeit zwischen Ostern und Pfingsten mit mancherlei brauchtümlichen Handlungen verknüpft, dem Abstecken der Brachweide beispielsweise oder dem Heischeumzug mit dem „Bunten Jungen", „Pfingstkäm" oder „Pingstkärl", wobei eine Vielzahl entsprechender Reime gesungen oder gesagt wurden 3 . Derjenige, der mit seinen Tieren zuletzt auf die Weide kam, erhielt den Titel „Bunter Jung", von dem in Heischeliedern bis zum heutigen Tage die Rede ist 4 . Ebenso wurde der säumigsten Gänsehirtin — nach Wegener, Festgebräuche, S. 271 — der Spottname „Pfingstaaie" 1

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Zu den verschiedenen Formen des Maienholens, Maiensetzens, des Maienschmucks an Häusern, Kirchen, Standbildern (z. B. das Bekränzen des Roland in dem kleinen Elbdorfe Buch), zu den pfingstlichen Heischeumzügen mit Maikronen, geschmückten Gaffeln oder Stangen (Bammel, Pingstrick etc.) und den anschließenden Festgelagen (Pfingstbier u. ä.) sowie zur Ausübung des Stehl- und Rügerechts vgl. u. a. von Raumer, S. 289f., Kuhn, S. 315, 318, 326 ( = 3. Salzwedler Jahresbericht, S. 87, 88, 90), Engelien und Lahn, S. 234, Wegener, Festgebräuche, S. 266ff., ders., Volkstum/Ohre, S. 360, Ebeling II, S. 233, Gehne, Volksbräuche, S. 253f., 259ff., Schröder, Hansjochenwinkel, S. 82, Schlomka, S. 124ff., auch die Mitteilungen im Altmarkboten II (1957), S. 148, 172ff., III (1958), S. 115f. und IV (1959), S. 126f., die zwar größtenteils die angeführten Quellen verwerten, aber den Fortbestand einzelner Brauchteile bis in die Gegenwart belegen. In der von uns beschriebenen Form wird das Pfingstfest von den Burschen — der einschlägigen Literatur zufolge — erst etwa seit der Jahrhundertwende durchgeführt (vgl. Kupka, Pfingstbräuche und Brutball, S. 198ff., und Schlomka, S. 125ff.). Bereits in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts werden sie meist als nicht mehr lebendig beschrieben, doch wird nicht mitgeteilt, seit wann sie in der Altmark nicht mehr geübt wurden. Vgl. 3. Salzwedler Jahresbericht (1840), S. 86ff.; Schmidt, Altmärkers Eigenart, S. 65; Gehne, Volksbräuche, S. 260f.; Niehoff, S. 52ff.; Wegener, Festgebräuche, S. 266ff.; handschriftliche Aufzeichnungen auch in Parisius' nachgelassenen Papieren (aus Garlipp, Kreis Stendal, Lüge, Kreis Kalbe, und Hörsingen, Kreis Haldensleben). So in dem kurzem Reim, den die Riebauer Schulkinder bei ihrem pfingstlichen Umzug mit dem „bunten Hund" zu singen pflegen: Wei bring'n ju'n bunt'n Jun£n int Hus, / wer'n sehen will, mutt-ruterkaom'n . . . ; vgl. Altmarkbote II (1957), S. 146f.; eine ältere Fassung bei Gehne, Volksbräuche, S. 261.

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Singgemeinschaften

und

Singgelegenheiten

beigelegt und das Faule Greteben (s. Parisius-Ausgabe und Karl Voretzsch) gesungen. Auch dort, wo der pfingstliche Heischeumzug nicht direkt mit dem Austrieb der Herden verbunden wurde, war er z. T. Sache der Hütejungen. Durch einen Wettlauf oder Wettkampf handelten sie aus, wem beim Umzug die Rolle vom „Grotkönig", „Königsknecht" oder „Fiestemeier", die uns bekannten Figuren aus den Kinderumzügen, zufiel 1 . Allerdings geht aus den älteren Belegen nicht immer eindeutig hervor, wer den Brauch durchführte, ob nur die Hütejungen oder alle Kinder bzw. Jugendlichen des Dorfes 2 . Die Pferdebuben und Enken, die teilweise noch schulpflichtig, teilweise schon Schulentlassene (bis etwa 17 Jahre) waren, bildeten ehemals eine eigene Gruppe zwischen den Kindern und den bereits dem „groten Chor", der ältesten Jungkoppel angehörenden erwachsenen Burschen. Nach Aufhebung der Gemeindeweiden und damit der Hüterzünfte scheinen ihre Bräuche allmählich einerseits von den Burschen, andererseits von den Kindern assimiliert worden zu sein3. Möglicherweise sind die beiden letztgenannten Trägergruppen seitdem nicht nur im Frühsommerbrauchtum verstärkt in Aktion getreten, sondern auch zu Weihnachten und Sylvester, die bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts mit Umzügen der Hirten und Hütejungen gefeiert wurden. Schmidt (Altmärkers Eigenart, S. 64), Ebeling (II, S. 51), Wegener (Volkstum im Gebiet der Ohre, S. 355) und von Raumer (S. 292) beschreiben sie als reich mit Musik und Gesang ausgestaltet: „Am heiligen Abend, sobald es schummrig wurde, gingen" die Hirten und Hütebuben „mit ihren Instrumenten von Hof zu Hof und machten mit ihren Kuhhörnern, Tuten und Schäferflöten wunderliche Musik" (Schmidt). „So schön als der Lob1

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Vgl. Parisius, Hs. Nachlaß (Belegort Hörsingen). Ebendort findet sich ein von Parisius aufgezeichneter Umsingereim aus Lüge (Kreis Kalbe), der sich auf den beim Heigrasabstecken durchgeführten Wettlauf bezieht: En Timmermann hett sik'n Been to brekn. Bei Kuhn, S. 323f. ( = 3. Salzwedler Jahresbericht, S. 88f.) heißt es: Wi hemm Haigras uthstecken, Timmermann hat sick Hals unn Been terbraken; wulln sehn, as uns woll'n half Schock Eier wulln gewen (Kalbescher Werder). Nach der dort gegebenen Beschreibung (vgl. auch Schlomka, S. 117f., die Tein Eier, tein Eier in unsre Kiep als Heischereim angibt) wurde bei diesem Wettlauf der schnellste Hütejunge „König", der letzte „lahmer Timmermann", den man mit geschientem und bastumwickeltem Bein unter Absingen der obigen Verse im Dorf umherführte. Am Südrande des Drömling, wo das Abstecken der Pfingstweide ebenfalls Sitte war, wurden die eingesammelten Gaben später draußen auf der Weide verzehrt (s. Kuhn, S. 321). Vgl. außer den bereits angeführten Belegen (vorige Anmerkung und S. 143®) die Beschreibungen bei v. Raumer, S. 292 (Eickendorf, Kreis Haldensleben), Wegener, Festgebräuche, S. 266ff. (Eickendorf, Etingen, Kreis Haldensleben; Jahrstedt, Kreis Klötze; Klein-Engersen, Kreis Kalbe, und einige Dörfer des Magdeburger Landes), ders., Volkstum im Gebiet der Ohre, S. 359 (Rätzlingen im Drömling), sowie Ebeling II, S. 229ff. (Drömlingsdörfer) und Parisius, Hs. Nachlaß (über Fiestemeier und Maibruut in Immekath, Jahrstedt und Köbbelitz). Vgl. auch die Ausführungen Schlomkas (S. 96f.) über die in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts erfolgende allmähliche Auflösung der gegliederten Burschenschaften und die damit verbundene Vorverlegung des Bengelns, das ehemals vor der Aufnahme in das „grote Chor" stattfand, auf den Termin der Schulentlassung und Konfirmation.

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Formen des Singens und ihre

Trägergemeinschaften

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gesang der Hirten zu Bethlehem . . . hat die edle Musica allerdings nicht geklungen; denn jeder sang und spielte in eigener Melodie. Voran zogen die Schäfer, in winterlichen Zwieselpelz eingehüllt . . . Die Schäfer-Musikanten pfiffen auf dem Finger. Die Kuhhirten bliesen dazu auf großem, glattem Hörne; die Kälberhirten auf einem kleinen gewundenen Hörne, die Schweinehirten auf einer langen Tute, die Pferdeund Fohlen- wie die Gänsehirten klatschten mit der Peitsche. Was von der Jugend mitzog — und da wollte kein großes und kleines Menschenkind fehlen — erfüllte mit nervenerschütterndem Sanggeheule das Land auf eine halbe Meile" (Ebeling). Nach der Separation ging nur noch der Nachtwächter, manchmal „zusammen mit ein paar guten Sängern" in der Christ- oder Neujahrsnacht von Hof zu Hof, wobei gesungen wurde Hört, ihr Herrn, und laßt euch sagen und Dies ist der Tag, den Gott gemacht1. Hier wird der Übergang von einer Trägergruppe zur anderen einmal deutlich, auch der dabei sich vollziehende Wandel der Brauchausgestaltung. Die speziell auf das Hüteamt bezogenen Elemente (hier die Musik auf den Hirteninstrumenten) gingen verloren bzw. wurden durch andere ersetzt. Während die Festbräuche der Hirten und Hütejungen schon um die Mitte des vorigen Jahrhunderts abkamen bzw. von anderen Trägergemeinschaften unter entsprechenden Veränderungen übernommen wurden, blieb anderes festliches Arbeitsbrauchtum länger in der alten Form lebendig. Ihm wie auch den Familienfesten seien abschließend einige Worte gewidmet. Von den F e s t e n der b ä u e r l i c h e n A r b e i t s g e m e i n s c h a f t e n 2 verdient in unserem Zusammenhang besonders das reich mit Musik und Gesang ausgestattete Erntebrauchtum des V e r g o d e n d e e l Erwähnung. Es wurde besonders im Salzwedler und Klötzer Kreis gepflegt 3 . Schon der Beginn der Ernte wurde vielerorts festlich begangen, besonders auf Gütern und großen Bauernhöfen. Die Mäher nahmen ihr Gesangbuch mit aufs Feld. Ließ sich jemand von der Herrschaft auf dem Felde blicken, wurde er gebunden und mußte sich — nachdem ein entsprechender Heischespruch gesagt war 4 — mit Geld lösen. Dann sang man gemeinsam einen Choral (Krumke) 5. In den Wochen der Getreideernte wurde auf dem Wege zum Feld und abends bei der Heimfahrt überhaupt gern und viel gesungen 6 . Vergodendeel wurde nach Abschluß der Roggenernte gefeiert. Knechte und Mägde fuhren mit geschmück1

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Durch Schlomka, S. 35ff., belegt aus Breitenrode, Köbbelitz, Beese, Hödingen (Kreis Klötze, Kalbe und Haldensleben). Festbräuche der Handwerker und anderer städtischer Arbeitsgruppen werden in der älteren altmärkischen Literatur nicht beschrieben. Für die Dörfer um Rohrberg finden sich Belege schon vor der Mitte des 19. Jahrhunderts (vgl. v. Raumer, S. 296f.). — Über die Verbreitung des Namens Vergodendeel vgl. Karte 78 des ADV. Vgl. u. a. Ebeling II, S. 235, Gehne, Volksbräuche, S. 266f. Mitgeteilt in der Anlage zum 3. Fragebogen des A D V . Gehne, Volksbräuche, S. 266: Allabendlich hört man dann das Lied erschallen Wir sind ja so fröhlich beisammen. Ebeling (II, S. 234) erwähnt Was frag ich viel nach Geld und Gut. Vgl. auch Schröder, Hansjochenwinkel, S. 86, Schlomka, S. 186f. und 198, und Antwort auf die 147. Atlasfrage aus Seehausen.

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Volksgesang

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Singgemeinschaften und Singgelegenheiten

ten Wagen aufs Feld, um den letzten Schnitt zu tun 1 und die Erntekrone einzuholen. Bei der Rückfahrt ins Dorf, beim Einzug auf den Hof zur Überreichung des Erntekranzes wurden Volkslieder oder Choräle gesungen, nach der festlichen Erntemahlzeit meist Nun danket alle Gott und Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren2. Im garbengeschmückten Zelt, im Gasthaussaal oder in einer festlich hergerichteten Scheune, in deren Mitte die Erntekrone hing, wurde so lange getanzt, bis alles „umdanzt" war (Hagen) 3. Die bei den alten Erntefesten gesungenen Lieder, entweder beliebige Volkslieder oder Lob- und Dankchoräle, stehen mit dem Brauch nur in loser Verbindung. Die speziell auf die Ernte bezogenen Aussagen wurden gesprochen, Bindereime, Sprüche bei der Überreichung der Erntekrone 4 usw., die von Mähern und Binderinnen — unter Verwendung überlieferter Formeln — nicht selten aus dem Stegreif improvisiert wurden. Ein hübsches Beispiel dafür ist der von Ebeling (II, S. 235) im Drömling aufgezeichnete Erntekranzspruch mit dem Schluß Ich bin ein Bauer und kein Student / Ich weiß nicht viel von Koppelment, in dem das unverstandene .Kompliment' in das vertrautere ,Koppel'-ment umgewandelt wurde. Das Vergodendeelsfest wurde bis etwa in die ersten beiden Jahrzehnte unseres Jahrhunderts in den hier beschriebenen Formen begangen. Schon Anfang der dreißiger Jahre aber war davon wie auch von den sonst in der Altmark üblichen Erntefesten traditioneller Art 5 nicht mehr viel lebendig 6 . Nur durch bewußte Pflege, etwa von Seiten der Lehrer, blieben die alten Bräuche in einigen Orten länger erhalten, so in Lüdelsen, dem ehemaligen Wirkungsort von Martin Ehlies. Wesentlich durch seine Initiative erstand Vergodendeel dort während der dreißiger Jahre nochmals in altem Glänze 7 . Die seit Anfang der fünfziger Jahre wieder vielerorts durchgeführten Erntefeste, die von den Räten der Gemeinden organisiert und von den Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften zusammen mit den Maschinen-Traktoren-Stationen 1

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„Früher ging die Musik von Feld zu Feld, überall den einzelnen zu Tanze auf dem Roggenfelde aufspielend, und dieser Tanz fand statt um ein Büschel Korn, das man zu diesem Zwecke hatte stehen lassen, und das hinterher der Großknecht des Hofes mit einem Hiebe abhieb" (Gehne, Volksbräuche, S. 268). Nach der Beschreibung von Pastor Krüger-Lagendorf. Vgl. Steinhart, S. 130, DietrichsParisius I, S. 2 4 9 f . ; s. auch Schlomka, S. 1 % und 198; Gehne, Volksbräuche, S. 2 6 9 ; Ebeling II, S. 235; Schröder, S. 86, und Antwort aus Schönfeld auf die 147. Atlasfrage. Zum Erntebrauchtum allgemein vgl. Gehne, Volksbräuche, S. 265ff., und Schlomka, S. 1 8 6 - 2 0 4 , zum Vergodendeel speziell Schlomka, S. 194ff., Gehne, S. 267ff. Vgl. Gehne, Volksbräuche, S. 268ff. Ein Gewährsmann aus Wallstawe (Kreis Salzwedel) teilte uns mit, daß dort früher drei Erntefeste gefeiert wurden; eines veranstalteten die Bauern, eines die Kossathen und das letzte die Besenbinder. Keiner durfte sich auf dem Fest des anderen blicken lassen. Vgl. die Antworten auf die Umfrage 147 des A D V : Welche volkstümlichen Redensarten und Bräuche knüpfen sich a) an das Schneiden der letzten Halme? b) an das Binden der letzten Garbe? c) an das Einfahren des letzten Erntewagens? (Dazu Karte 96.) Beiläufig erwähnt bei Schlomka, S. 198.

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Trägergemeinschaften

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veranstaltet werden, haben mit den alten, unter ganz anderen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Bedingungen entstandenen Erntebräuchen naturgemäß nicht viel mehr als den Anlaß gemeinsam. Sie sind den veränderten dörflichen Bedingungen entsprechend charakterisiert durch Umzüge mit festlich geschmückten Wagen, Traktoren und Mähdreschern, durch „Sternfahrten" zur Ablieferung des Getreides (das erste Korn dem Staate), durch Vorführungen der dörflichen Volkskunstgruppen u. ä. Den Abschluß bildet meist — hierin den alten Erntefesten gleich — ein allgemeines Tanzvergnügen. Bisher galt unsere Betrachtung den an den Jahreslauf gebundenen festlichen Bräuchen, die sich für unsere Fragestellung als besonders ergiebig erwiesen. Zum Abschluß sei noch das wichtigste Fest des Lebensbrauchtums mit einigen Bemerkungen gestreift, die H o c h z e i t . Sie war (und ist teilweise noch bis in unsere Zeit) das glanzvollste und ausgedehnteste aller F a m i l i e n f e s t e und — namentlich auf dem Lande — reich mit traditionellen Zeremonien, Musik und Gesang ausgeschmückt. Noch im Aufnahmejahr konnten wir einiges davon beobachten 1 . Einen großen Teil der musikalischen Ausgestaltung übernahm die für diesen Zweck engagierte Kapelle. Sie brachte den Gästen am Hochzeitsmorgen ein Ständchen, z. B. Lobe den Herren, den mächtigen König der Ehren (Bretsch, Lindstedt). Sofern Braut oder Bräutigam aus dem Nachbardorfe abgeholt werden mußten, sorgte sie auf dem geschmückten Festwagen für Unterhaltung (Gohre, Gladigau); doch wurde der Weg auch singend verkürzt 2 . Auf dem Wege zur Kirche spielen die Musikanten Choräle, z. B. Jesu, geh voran, auf dem Rückwege lustige Märsche (Bretsch, Ristedt). Gehne (Volksbräuche, S. 206) nennt u. a. „ein Musikstück, zu dessen Melodie der Reim gemacht war: Nu' hat häi sei, nu' bät häi sei, nu' kriegt sei ook keen'n ännern meh/" Manchmal wurde auch bei der Ankunft im Hochzeitshause nochmals ein Choral geblasen (Jübar) 3 . Vor bzw. nach der Mahlzeit sang die Hochzeitsgesellschaft früher Nun danket alle Gott (Jarchau, Stapen, Solpke, Stappenbeck, Drömlings1

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Unsere Darlegungen stützen sich für die Gegenwart auf eigene Aufzeichnungen und Beobachtungen (besonders aus Ristedt und Breitenfeld), für die zwanziger Jahre und davor auf Mitteilungen der Korrespondenten des Atlas der deutschen Volkskunde (Antworten zu Frage 139: Gibt es am Hochzeitstage oder am Tage vor der Hochzeit herkömmliche Spiele und Scherze oder sonstige Bräuche? sowie Anlagen zu dieser Frage) und für die Zeit vor dem ersten Weltkrieg auf Gehne, Volksbräuche, S. 193—212; für die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts: 5. Salzwedler Jahresbericht, 1842, S. 118 — 124, „Hochzeitsfeier im Calbeschen Werder nach einer Beschreibung des Schoppen Schernikau in Thüritz"; Philipp Wegener, Hochzeitsgebräuche des Magdeburger Landes, Magdeburger Geschichtsbll. XIII (1878) und XIV (1879), S. 2 2 5 - 2 5 5 und 1 8 4 - 2 2 2 ; Ergänzungen und Nachträge Jg. XVII (1883), S. 3 7 1 - 3 8 0 ; Ebeling II, S. 1 9 3 - 2 0 2 ; weiterhin werden die hs. Aufzeichnungen des Pastors Joh. Heinr. Friedr. Krüger-Lagendorf (in Parisius' Nachlaß) herangezogen. (Aus Krügers Materialien speisen sich Clemens Menzels „Hochzeitsgebräuche in der Altmark", Stendal 1877 und ein Aufsatz von Paul Pflanz, Altmärkische Hochzeitsgebräuche, Altmärkischer Hausfreund, 60. Jg., 1939, S.106 —110). Erwähnt bei Schernikau und Pastor Krüger, ohne Ortsangaben. Menzel, S. 36, erwähnt (ohne genaue Ortsangabe) Bis hierher hat mich Gott gebracht.

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dörfer), teilweise spielte während des Festessens auch die Kapelle. Beim abendlichen Tanz kann man auch heute noch einige der alten Tanzlieder, worüber im nächsten Abschnitt zu sprechen sein wird, hören. Unter den Klängen des Weberschen Jungfernkran^es wird um Mitternacht der „Schleier abdanzt", wobei — besonders von den Brautjungfern — kräftig mitgesungen wird (Tangerhütte, Kalbe, Jübar, KleinBierstedt). Wegener (Hochzeitsgebräuche, S. 202) teilt ein älteres Kranzlied aus Mieste mit 1 : Brautkranz, Brautkranz! Wie wackelt der Brautkranz, Wie schön wirst du gewackelt! Hast du unser Frau ihre Haube nich gesehn, Hast du sie nicht gesehn, habe ich sie nicht gesehen, Haben wir sie beide nicht gesehen ? „Darauf spielte die Musik ,lustig': Soll diese Braut ne Jumfer sein ? / Soll mich ewig wundern, / wird wohl eine gewesen sein, / aber nicht jet^under." Daß die Hochzeitsgesellschaft sich auch durch Vortrag selbstverfaßter Lieder und Gedichte, die auf allgemein bekannte Melodien gesungen werden, unterhält, wurde früher schon erwähnt. Zu den Spielen der unverheirateten Jugend am Tage nach der Hochzeit gehörte bis in die jüngste Vergangenheit das „Einholen des Brautbettes", eines Lakens, das an einer Heugabel befestigt und unter Musik, Gesang und Topfdeckelgeklapper durchs Dorf getragen oder gefahren wurde. Gegen Wein und Kuchen erhielten die Brautleute ihr Eigentum zurück (Berge, Breitenfeld und Umgebung, Kloster Neuendorf). Am 2. Hochzeitstag bestand bis in unsere Zeit auch die Sitte, die „Weegenföt" {Wiegenfüße) einzuholen. Unter den anfeuernden Rufen der Umstehenden mußte das junge Paar ein Stück von einem Baumstamme absägen, wozu die Burschen und Mädchen z. B. in Breitenfeld beziehungsreich sangen Ihr Kinderlein kommet2 (Breitenfeld und Nachbardörfer, Audorf, Stapen, Jahrstedt, Hohen- und Siedenlangenbeck, Püggen, Ferchau) 3. Der „Kampf um das alte Spinnrad", der ebenfalls am Tage nach der Hochzeit stattfand (Drömlingsdörfer, Kalbescher Werder) und mit Gesang und Tanz der Juger^d verknüpft war, gehört schon lange Jahre der Vergangenheit an, während von den übrigen aufgezählten Bräuchen noch heute einzelnes zu finden ist. Von allen in diesem Abschnitt geschilderten Festbräuchen zeigt sich — wie wir sahen — einiges bis in die Gegenwart recht lebenskräftig, vor allem das Brauchtum der Kinder mit seinen traditionellen Liedern. Da in der altmärkischen Literatur seit 1 2

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Vgl. auch Ebelings Schilderungen aus dem Drömling, a. a. O. II, besonders S. 194. Der zeichenhafte Sinn der Anfangszeile, den Bringemeier an mehreren Beispielen beschrieben hat, tritt hier klar zutage. Daß das Lied in seinem weiteren Verlaufe nichts mehr mit der Situation, bei der es gesungen wird, zu tun hat, tut der Sache keinen Abbruch. Vgl. die Umfrage von Otto Held, Altmarkbote V (1960), S. 77 der die vier letztgenannten Belegorte angibt und ebenfalls Ihr Kinderlein kommet erwähnt.

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Jahrzehnten über das Schwinden der alten Bräuche bewegte Klage geführt wird 1 , ist dieses Ergebnis erstaunlich, und man fragt sich unwillkürlich, welche Faktoren ihre Auslöschung oder Erhaltung bewirkten, wo die Ursachen für Verlust, Fortbestehen oder Umwandlung von Brauchgut zu suchen sind. Zwar mögen in den einzelnen Orten verschiedene Umstände zur Weiterführung bzw. Wiederaufnahme eines Brauches beigetragen haben. Wir erinnern an die Neubelebung des Breitenfelder Fasslamd nach dem letzten Kriege und des Vergodendeelsfestes in Lüdelsen während der dreißiger Jahre. Nicht selten spielten heimatkundlich interessierte Lehrer, wie im letzten Falle, und Pastoren in diesem Zusammenhang eine Rolle 2 . Im ganzen aber wird man sagen können, daß der Ausübung eines überlieferten Brauches so lange nichts im Wege steht, wie er sich natürlich und ungezwungen in einen Lebensbereich einfügt. Und das ist besonders innerhalb der kindlichen Brauchgemeinschaften, in denen übrigens der (den traditionellen Zeremonien heute durchweg anhaftende) Spielcharakter am deutlichsten zutage tritt, der Fall. Wenn sich aber die Struktur des Lebenskreises gewandelt hat, wenn die wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Verhältnisse, auf denen ein Brauch basierte, verändert wurden, so ergibt sich seine Aufgabe von selbst bzw. seine Ersetzung durch andere Formen, wobei traditionelle Brauchelemente nur so weit übernommen werden, als sie sich sinnvoll in das neue Ganze eingliedern lassen.

6. Singen auf dem Tanzsaal Das Singen bzw. Mitsingen auf dem Tanzboden, „upn Sil", wie die Altmärker sagen, ist noch bis zur Gegenwart eine relativ verbreitete Erscheinung, die in mannigfaltigen Formen auftritt und sich auf das ältere Tanzlied ebenso erstreckt wie auf den modernen Schlager. Auf volkstümlichen Tanzvergnügen in der Altmark konnten wir mehrfach beobachten, wie die Tanzenden die von der Kapelle gespielten Melodien mitsummten, mitträllerten oder — besonders an den Texthöhepunkten (Refrain, Erinnerungskern) — lauthals mitsangen, wie sie plötzlich „dabei" waren und mitgingen, wenn ein Stück gespielt wurde, dem ein bekannter und beliebter Singtext zugehört. Dieses Singen beim Tanz unterscheidet sich wesentlich von den bisher behandelten Singformen der Erwachsenen. Als Teilerscheinung des Gesamtkomplexes Tanz ist 1

2

Schon 1912 schreibt Matthies (Altmärkische Volksreime, S. 202), daß der „Fistemeyer . . . nur noch in der Erinnerung weniger" lebt und daß derjenige „ v o n Glück sagen" kann, der noch einen Heischereim aufspürt. Hier noch ein Beispiel aus Groß-Möringen. Der dortige Pfarrer schrieb in den zwanziger Jahren (zitiert bei Kupka, Pfingstbräuche und Brutball, S. 2 1 2 ) : „Der Pfiestemeier geht hier um seit meiner frühesten Kindheitserinnerung. Erst im Kriege 1 9 1 4 — 1 8 kam der Brauch ab. Um ihn wieder einzuführen, gab ich den Text einigen bedürftigen Konfirmanden und regte sie an, am ersten Pfingstfeiertage wieder den gewohnten Umgang durchs Dorf zu machen. Seitdem kommen in jedem Jahr ca. acht Tage vor Pfingsten drei K o n firmanden, holen sich den Text, lernen ihn und liefern ihn nachher wieder ab."

150

• Singgemeinschaften

und

Singgelegenheiten

es mehr als jene in einen leibseelischen Gesamtvorgang eingebettet, an dem der Tanzende mit allen Sinnen beteiligt ist. Es steht dem durch Gesang begleiteten Reigenspiel der Kinder nahe, das ja die Reste alter Singtänze der Erwachsenen bis in die Gegenwart bewahrt hat. Wie beim Kinderspiel (und etwa beim Heischegesang) haben wir es beim Singen zum Tanz mit einer im engsten Sinne funktionsgebundenen Erscheinung zu tun, die ihren Sinn erst durch die mit ihr zusammenhängende Tätigkeit erhält. Der Tanz, d. h. die Bewegungskomponente, ist — innerhalb des von uns betrachteten Zeitraumes 1 — das Primäre. Das gesungene Textwort spielt eine untergeordnete Rolle. Es ist zum Vollzuge der Tanzhandlung nicht unbedingt erforderlich. Gleichwohl trägt es wesentlich dazu bei, die Stimmung der Tanzenden und ihre Hingabe an das Tanzgeschehen zu erhöhen. Ob alt oder jung macht dabei keinen Unterschied; lediglich die mitgesungenen Stücke unterscheiden sich. Während z. B. heute in der Altmark die ältere Generation sich noch an all jene Polka-, Marsch- und Walzerlieder hält, die im Tanzrepertoire bis zum ersten Weltkrieg dominierten, bevorzugt die Jugend die jeweils aktuellen Tanzschlager. Die beim Tanz gesungenen Lieder bilden eine besondere Gruppe innerhalb des Singgutes einer Landschaft. Die eigentlichen Tanzlieder sind fest an den Tanz gebunden und bei anderen Gelegenheiten kaum zu hören. Daneben gibt es jedoch noch eine beträchtliche Zahl von Liedern, die — ursprünglich dem geselligen Bereich, Koppel und Familie, zugehörend — zu Tänzen umgearbeitet wurden, oft unter Veränderung des rhythmischen Charakters. Der Form nach finden wir unter den altmärkischen Tanzliedern älteren Typs neben den häufig auftretenden Kurzformen (meist Vierzeiler) auch mehrstrophige und fragmentarische Formen. Zu den letzteren gehören die — in der Altmark seltenen — Tanzrufe und all die Tänze, denen nur eine Textzeile unterlegt ist (meist den ersten vier Takten). Auch Kehrreimformen, die im modernen Tanzschlager dominieren 2 , finden sich im älteren altmärkischen Tanzliede. Tanzlieder und -reime sind gleich den Kinder- und Ammenversen für die Erhellung der landschaftlichen Eigentümlichkeiten im Volksgesang von besonderer Bedeutung, da sich in ihnen die schöpferische Kraft des Volkes am längsten bewahrt hat. Neben den seit vielen Jahrzehnten gebräuchlichen Texten (wie beispielsweise Herr Schmidt, Wenn hier ein Pott mit Bohnen steiht und hott is dod), die z. T. weite Verbreitung gefunden haben, werden beim Tanz immer wieder spontan neue Textformulierungen erfunden. Besonders prägnante und sangbare Stellen in beliebten Tänzen regen die Phantasie der Tänzer immer aufs neue an, passende Worte, und sei es nur ein Ausruf oder eine einzelne Zeile, hinzu zu erfinden. Wir erinnern an den 1

2

Generell wird sich diese Feststellung kaum treffen lassen. Vgl. dazu Zoder, Der deutsche Volkstanz (in: Deutsches Volkstum, hg. v. John Meier, Bd. 3, Bln. 1938), S. 168. Zu den Kehrstrophen als „Ausgangspunkt für die Refrains der modernen städtischen Tanzschlager" bemerkt Hildegard Henschel (Das volkstümliche deutsche Tanzlied der neueren Zeit, Berlin 1938, S. 45): „Sie sind textlich sowie melodisch Mittelpunkt des Liedes geworden, und nach ihren Anfangsworten werden auch die Schlager größtenteils benannt."

151

Die traditionellen Formen des Singens und ihre Trägergemeinschaften

oben zitierten vielgespielten altmärkischen Hochzeitsmarsch, dem die Zeilen unterlegt waren Nu hett hei se, nu hett hei se, nu kricht se ook keen andern meb. Zu einem beliebten Rheinländer dichtete man: Hanschom kümmt von Tarnfit¡j1 her, hett sin Fiedl un Bass verquer und zu einem vielgespielten Schottischen 2 Schön ist die Jungfernschaft, drauf gehts die gan^e Nacht, gings nicht die gan^e Nacht, war es keine Jungfernschaft. Ein Walzer endlich, der häufig als „Rausschmeißer" am Schluß von Tanzveranstaltungen gespielt wurde, erhielt eine Reihe von Ortsnamen 3 als Text unterlegt: Notenbeispiel 22

Staats

Vi

rj

un

Bör-gitz,

Staats

jh r M

un

Bör-gitz,

h///inii/i;

Volg - feld', V i n - z e l - b e r g ,

4r ^ i ' h 1

Deetz,

i

iN' h' i' i1 i|'

l

l' l, 1 . 1 ,' ! , ' , • ; 1,1

II

Gar-lipp un

VU

Kät-hen un

Bee - se-weg',

Bii-litz

un Schmoor,

Dob-ber-kau, Möl-len-beck, Döll-nitz un

Por'tz.

A M I, A 16. Aus Berkau.

Wie das beim Tanze gesungene Liedrepertoire eine besondere Gruppe innerhalb des Liedbestandes einer Landschaft bildet, so trägt auch die Art, beim Tanze zu singen, einen ganz eigenen, von den übrigen Singformen sich unterscheidenden Charakter. Obwohl — im Vergleich zu den bisher behandelten Singgelegenheiten — am meisten Nebenerscheinung, Zutat, drückt sich im lebendig mitgesungenen Tanzliede eine besonders starke Hingabe an das musikalische Geschehen aus, wie sie sich bei Erzählliedern oder anderen in geselligem Kreise gesungenen Liedern nur selten zeigt. Zwar kann man auch hier zwischen mehr mechanisch ablaufender und

1 2

3

Bauerndorf im Kreise Gardelegen. Die Musik dieses Tanzes geht auf einen sehr populären Festmarsch „Kriegers L u s t " von J. Gungl aus dem Jahre 1841 zurück, dessen Melodie später zum TschechWcA (Ditfurth, Histor. Vldr. 1815 — 1866, S. 79, Nr. 55, u n d S. 208) und leicht variiert zu Als die Römer frech geworden (Friedländer, Kommersbuch, N r . 3) gesungen wurde. Vgl. Steinitz II, N r . 199 und Lukas Richter, Das Parodieverfahren im Berliner Gassenlied, D t . J b . d. Musikwissenschaft IV (für 1959), S. 58 ff. Aus den Landkreisen Stendal und Kalbe.

Singgemeinschaften

152

und Singgelegenheiten

bewußt gestaltender Singweise unterscheiden 1 , aber die Vitalität des Tanzliedes eignet diesen Liedern nicht. Wie einige 1955 von uns gemachte Tonbandaufnahmen, über die in anderem Zusammenhang noch ausführlicher zu sprechen sein wird, dokumentieren, bleibt die intensive (körperliche) Anteilnahme, mit der beim Tanze gesungen wird, auch dann erhalten, wenn das Lied nur vorgesungen und nicht dazu getanzt wird. Die im geselligen Tanze sich ausdrückende sinnenhafte Lebenslust und Ausgelassenheit, die sich ja auch in den teilweise derben Texten äußert, wird zu einem unverlierbaren Wesenszug des Tanzliedes, gleichgültig unter welchen Umständen es erklingt. Obzwar unser Augenmerk in diesen Zeilen nur einer Seite des oben beschriebenen Gesamtvorganges Tanz gilt, dem Singen und dem Gesungenen, müssen wir zum besseren Verständnis der historischen Entwicklung gleich zu Beginn einen kurzen Blick über die von uns gesteckten Grenzen werfen. Wie die Tänze, so ist auch das Tanzlied dem Modewechsel besonders stark unterworfen, und dies um so mehr, je näher wir zur Gegenwart kommen. Im Verlaufe des von uns untersuchten Zeitraumes hat sich die Tanzmode, bedingt durch Veränderungen im politisch-sozialen Bereich, stark gewandelt. Die aus den gesellschaftlichen Wandlungen erwachsende neue Einstellung der Menschen spiegelt sich auch in den jeweils beliebtesten Tänzen wider 2 . Die bunte Folge der in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts verbreiteten Tänze, vor allem Walzer, Rheinländer, Polka, Polka-Mazurka und Contre-Tänze in ihren vielfältigen Formen, reduzierte sich gegen Ende des Jahrhunderts immer mehr auf den Walzer, der bis zum ersten Weltkrieg alle anderen Tänze an Beliebtheit übertraf und in vielen Walzerliedern folgender Art blühte 3 : Notenbeispiel 23 Beschwingt E É ^ I Bei

% $ i

derschö-nen

es

Drauf war mir mein

3

A-bend hin; .2)

Und wie oft man

2

bring ich gern den

l)

ach, wie ist

1

Mei-ste-rin

wun-der-bar,

sich ver-gißt,

Herz

so bang,

wenn der Mann im Wirts-haus war.

hab ich heim-lich

sie

a - ber

sie

lu - stig

geküßt.

¥

sang:

Das letztere besonders, wenn die Sänger am Liedinhalt starken Anteil nehmen oder sich gar mit ihm identifizieren. Vgl. W. Brepohl, Industrievolk, Tübingen 1957, S. 243. Die Singfassungen tendieren meist zum 6/8-Takt.

Die traditionellen Formen des Singens und ihre Trägergemeinschaften

mm

153

Refrain:

Küs sen ist

m

kei - ne

Sünd

bei ei-nem schö - nen

Kind,

lacht dir ein

Ro - sen - mund,

küß ihn zu

je - der

Stund;

pflük-ke die

Ro - sen

die dir am

"We - ge

blühn,

weil sonst ein and - rer

sie nimmt.

3)

J

M 'r r

sie sind für dich Uauehic"

2)aueh:

e'

kühn,

be - stimmt,

»)auch: e' a' h'| BVA 1044. Slg. Stockmann 1955. Sehr. Aufz. vom 7. 5. aus Breitenfeld (Lina W., 52; Adolf W., 65; Elli W„ 44; Fritz W., 46).

Nach dem ersten Weltkrieg vollzog sich eine tiefgreifende und grundlegende Wandlung, als die aus Übersee importierten Tanzarten sich auf den heimischen Tanzböden breitzumachen begannen, um fortan immer mehr an Einfluß zu gewinnen 1 . Seither sind die alten Tänze und Tanzlieder unaufhaltsam im Verklingen. Dafür beherrschen schnell wechselnde Tagesschlager, die von der internationalen Vergnügungsindustrie zu den gerade gängigen Modetänzen in Massen produziert werden, das Feld, auf dem Lande fast genauso wie in der Stadt. Kleine Reservate der älteren Tanzmusik blieben — teilweise bis in die Gegenwart — die brauchtümlichen bäuerlichen Feste, deren Abschluß ein Tanzvergnügen bildete, z. B. Hochzeiten und andere Familienfeierlichkeiten sowie die meisten jahreszeitlich gebundenen Dorffeste. Auch innerhalb der örtlichen Vereine, besonders bei den traditionellen Winterbällen und Sommervergnügen, wurde das ältere Tanzrepertoire gepflegt. Und auf der anderen Seite nahmen sich die seit den zwanziger Jahren neu entstehenden Volkstanzgruppen der Jugendbewegung und spätere pflegerische Organisationen seiner an. Wie sich die hier grob skizzierten allgemein zu beobachtenden Veränderungen speziell in der Altmark auswirkten, wollen wir im folgenden versuchen zu erhellen. Uber Charakter und Repertoire altmärkischer Tanzvergnügen, wie sie etwa bis zur Jahrhundertwende und bis zum ersten Weltkrieg üblich waren, informieren uns W. Schmidt und Friedrich Gehne in dem schon mehrfach zitierten volkskund1

Vgl. dazu den Artikel Gesellschaftstanz in MGG, Bd. 5, Sp. 27ff.

154

Singgemeinschaften

und

Singgelegenheiten

liehen Sammelwerk Die Altmark und ihre Bewohner 1 . In seinem Aufsatz über Altmärkers Eigenart und altmärkische Bauernart kommt Schmidt auch auf Tanzfestlichkeiten und Dorfmusikanten zu sprechen 2 : „In den altmärkischen Dörfern lebten früher Familien, in denen neben der Landwirtschaft oder einem Handwerk auch die edle Musika eine Pflegestätte gefunden hatte. Aus ihnen gingen die Dorfmusikanten hervor, die in weitester Entfernung zu den ländlichen Festen aufspielen mußten. Von dem Vater vererbte sich auf den Sohn auch die Kenntnis und Fertigkeit, die alten Volkstänze, die ehemals auf keinem Tanzvergnügen fehlen durften spielen zu können . . . In früheren Jahren wurden mit Vorliebe die sogenannten ,Bunten-, Kontratänze oder Viertourigen' getanzt, die allerlei bezeichnende Benennungen führten, z. B. Tweetritt, Dreetritt, Schottsch, Stürsch, Hannacksch, Rutscher, TampeSchändörch3, BarbiertanPeter Wüppup, dat Dunnerwief, oll Lüttk! hat freit, Mann von Rhinow, Nu hät hei se." Weiterhin nennt Schmidt: Hänsken satt in'n Schornsteen, Es ging ein Jäger wohl jagen dreiviertel Stund vor Tagen, Der Jäger in dem grünen Wald, Jungfer Trina, miner Bruut, der bin ich so gut, Mit den Füßen trapp-trapp-trapp und das Hobelbanklied4, bemerkt allerdings dazu, daß von all den angeführten Tanzliedern, die auf den Tanzböden gesungen wurden, nur noch Reste vorhanden seien, wie er sich überhaupt düsterer Prognosen befleißigt: „Die meisten dieser Tänze sind bereits im Aussterben begriffen, kein junger Musikant lernt sie spielen, kein Bursche mehr tanzen. So bröckelt auch hierin ein Stück des alten Volkslebens nach dem anderen ab 5 ." Und an anderer Stelle: „Die alten Dorfmusikanten sind jetzt ausgestorben und städtische Musikanten machen städtische Musik! 6 Echte volkstümliche, d. h. ursprüngliche Musik ist auf dem Lande immer seltener geworden; sie ist mit den alten Volksfesten und Volkssitten zugrunde gegangen." 1

2 3

4

5

6

Vgl. auch die knappen Bemerkungen von Max Ebeling (Blicke in vergessene Winkel, Teil II, S. 75 u. 46f.) und Friedrich Danneil (Von der Brüderschaft der Ackerknechte, Magdeburger Geschichtsblätter 7, 1872, S. 434). Band 2 des genannten Werkes, S. 135 f. Vgl. Franz M. Böhme, Geschichte des Tanzes in Deutschland, Leipzig 1886, Bd. I, S. 206, dort als mecklenburgischer Hochzeitstanz (Quadrille) angeführt: Schön dör und stok(_ (Schön durch und stolz). Vgl. Eduard Kück, Heidjers Tanzmusik, Bln. 1911, S. 28f. Aus einem altmärkischen Tourenbuch ist ein Galopp mit dem Namen Hobelhank jedoch mit anderem Texte belegt: Julchen geiht ook mit hen na Minna, de Olsche blift to Huus. Ähnlich beklagt sich schon Stöpel am Anfange des 19. Jahrhunderts, daß früher bei Hochzeiten und Taufen der Tanz von den Alten „mit einer sehr gravitätischen Menuett" eröffnet worden sei, daß man überhaupt die langsamen und würdigen Tänze bevorzugt habe, während jetzt bei den Tanzpartien allein die Jugend prädominiere (Pohlmann und Stöpel, Geschichte der Stadt Tangermünde, S. 90). Bezieht sich möglicherweise auch auf Wilhelm Lüdecke, den altmärkischen Paul Lincke, dessen „Bismarker Konzert-, Marsch- und Tanzausgaben" kurz nach der Jahrhundertwende von vielen Kapellen nicht nur in Deutschland und den deutschsprachigen Gebieten, sondern auch in Belgien, Dänemark, Schweden und England, ja sogar in Überssee bezogen und gespielt wurden. Vgl. dazu Altmarkbote II (1957), S. 314 — 316. — Noch heute sind übrigens gelegentlich „Bismarker" in der Altmark zu hören.

Die traditionellen

Formen des Singens und ihre

Trägergemeinschaften

155

Einen noch besseren und reichhaltigeren Einblick in das ältere altmärkische Tanzlepertoire gewährt Gehne in seinem umfänglichen Aufsatz über Volksbräuche und Volksglaube in der Altmark 1 . Wie Schmidt beschreibt er die ländlichen, an jahreszeitliche Feste gebundenen Tanzvergnügen, so wie sie zum Fasselämd, zu Pfingsten oder zum Vergodendeelsfeste üblich waren 2 . Gehne betont ausdrücklich, daß zu •den damals üblichen Tänzen auch gesungen wurde, und nennt: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19.

Freut euch des Lebens Herr Schmidt, Herr Schmidt, was kriegt denn Julchen mit? Mit den Füßen trab, trab, trab Wir winden dir den Jungfernkranz Wenn mine Frau nich danzen kann, dat mäkt dat lähme Been Wenn hier een Pott met Bohnen steiht Min Mudder stoppt'n Pipenkopp, min Väder rookt Toback Und ich verkauf mein' Heirat nicht, um keine Million Immer mit'n Buddel, immer mit'n Buddel hin nach Stadt Rathenow Jungfer Trina, miner Bruut, der bin ick so gut Mein Mädchen heißt Karoline, ich bin ihr gar so gut Liebes Schätzchen, sei so gut, schenk mir einen Federhut 3 Jetzt danzt Lademann, jetzt danzt Lademann met sine lewe Frau Lott is dod, Lott is dod, Jule sitt in'n Keller Wist'n Joppjack hemm? Frau, du sollst nach Hause kommen 3 Alle werd'n sie nicht, alle werd'n sie nicht, Onkel bringt mehr! Hänschen saß im Schornstein 3 Mann von Rhinow, leben so wie ich und du

Von allen Tanzliedern teilt Gehne den vollständigen Text mit, leider nicht die Melodien. Vereinzelt gibt er sogar eine grobe Tanzbeschreibung. — Auch er beklagt das Dahinschwinden der alten Tanztraditionen. Werfen wir einen Blick in altmärkische Tourenbücher aus der Zeit von etwa 1875 bis 1914, so können wir diese Klagen wohl verstehen. Das liebevoll verklärende Bild, das Schmidt und Gehne vom altmärkischen Tanzvergnügen und dem dort getanzten und gesungenen Repertoire zeichnen, ist für die Zeit um 1900 nicht mehr zutreffend. Während unter den reinen Instrumentaltänzen noch vieles Alte zu finden ist, überwiegen unter den textunterlegten Tänzen die städtischen Walzer1 Die Altmark und ihre Bewohner, Bd. 2, S. 246f. * Vgl. a. a. O., S. 261 und 269. 3 Die Nummern 12, 16 und 18 finden sich auch in Parisius' Sammlung, ohne dort als Tanzlieder gekennzeichnet zu sein (vgl. Weber-Kellermann, S. 54). Ein Tanzlied ist wohl auch Nr. 317 der Parisius-Ausgabe, das mit dem zuvor schon genannten Hanschom kümmt von Tarnfitz her korrespondiert: Es kam ein Mann vom Dorfe her, der tanzt den Schottschen ganz verquer.

Singgemeinschaften

156

und Singgelegenheiten

und Polkalieder, die sich sentimental oder betont flott geben und in Inhalt und Form den modernen geistlosen Tanzschlagern nicht nachstehen. Wir geben einige Beispiele: Du, du, nur du allein, du sollst es sein, du sollst es sein (Walzer) Morgen kommt die Tante (Schottisch) Es streuet Blüten jedes Jahr (Nur einmal blüht im Jahr der Mai) (Walzer) Du bist verrückt, mein Kind (Marsch) Nur am Rhein, da will ich leben (Walzer) Zu der schönen Müllerin zog es oft den Fischer hin (Walzer) Schön ist die Jugend bei frohen Zeiten (Walzer) Im Grunewald, im Grunewald ist Holzauktion (Rheinländer) Komm in meine Liebeslaube (Rheinländer) Auf den Sonntag freu ich mir (Rixdorfer Polka) Male war in Afrika, Male trank gern Tee (Walzer) Nach Hause, nach Hause, nach Hause gehn wir nicht (Walzer) usw. Ein „Öhlheimer Polka" überschriebener Tanz 1 besingt die Erdölbohrungen am Südrand der Lüneburger Heide:

Notenbeispiel 24

Spru-del von Pe - t r o - le - um,

und der Mensch steht

Tourenbuch 1

„ v . J. Beck, Op. 248."

staunend stumm,

Hartwig

(um

1877).

Die traditionellen Formen des Singens und ihre

Trägergemeinschaften

157

Daneben finden sich eine ganze Reihe von volkläufigen Liedern (u. a. auch Soldatenliedern!) zu Walzern, Polkas, Galopps und Schottischen umgearbeitet, z. B . : Die Sonne sank im Westen (Walzer) Wer will unter die Soldaten (Galopp) Mädchen, warum weinest du (Polka) Es ritten drei Burschen zum Tore hinaus (Walzer) Im Wald und auf der Heide (Walzer) In einem kühlen Grunde (Walzer) Der Mai ist gekommen (Walzer) Waldeslust (Walzer) Gold und Silber lieb ich sehr (Walzer) Hoch vom Dachstein an (Walzer) Wie die Tage so golden verfliegen (Sei gegrüßt, du mein schönes Sorrent) (Walzer) Mariechen saß weinend im Garten (Walzer) Wir lustigen Hannoveraner (Jägerschottisch) usw. Aus dieser Aufstellung, die ungefähr das Verhältnis der Tanzarten zueinander in den Tourenbüchern wiedergibt, können wir zugleich die große Beliebtheit der Walzer ablesen. Bevor wir einen Blick auf die nach dem ersten Weltkriege auf den Tanzsälen heimisch gewordenen Lieder und Schlager werfen, wofür uns wieder ein solches Tourenbuch (aus den zwanziger Jahren) Material liefert, wollen wir uns kurz mit den altmärkischen Antworten auf die 128. und 129. Umfrage des Atlas der deutschen Volkskunde 1 beschäftigen. Sie vermitteln uns einen guten Einblick in Art und Form der Tanzvergnügen in der Altmark um und vor 1930. Es zeigt sich, daß in vielen Dörfern regelmäßige Tanzveranstaltungen überhaupt nicht üblich waren, sondern daß die tanzlustigen Dörfler im allgemeinen auf die aller acht bis vierzehn Tage bzw. nur aller vier Wochen stattfindenden Bälle und Tanzkränzchen in größeren Nachbarorten oder auf die Stadt angewiesen waren. Im wesent1

128. Frage: a) Gibt es in Ihrem Ort oder in den Nachbarorten regelmäßig allgemeine Tanzvergnügen, zu denen jedermann Zutritt hat? Wie nennt man sie, und wie oft finden sie statt? b) Besteht etwa ein Tanzverbot für den Sonntag oder für bestimmte Sonntage? c) Werden Tanzvergnügen nur zu besonderen Festen veranstaltet und zu welchen ? d) Werden sie nur von Vereinen veranstaltet? e) Aus welchen Instrumenten setzt sich gewöhnlich bei allgemeinen Tanzvergnügen die Tanzmusik zusammen? 129. Frage: a) Welche Tänze werden von den Ortsansässigen am liebsten getanzt? 1. ältere Tänze? 2. moderne Tänze? b) Überwiegen dabei die älteren oder die modernen Tänze? c) Werden etwa ältere Tänze nur noch bei Familienfesten und ähnlichen Gelegenheiten getanzt?

158

Singgemeinschaften und Singgelegenheiten

liehen waren die als DanDan^tnusik, Musike, Sechserbums, Sechserschwof, Sechserkrach, Sechsermusik, Groschenball, auch Reihenmusik, Rejenmusik oder einfach Rejem bezeichneten regelmäßigen Tanzvergnügen nur auf Städte und größere Dörfer (meist über 500 Einwohner) beschränkt 1 . Die kleineren Dörfer hatten nur zwei- bis viermal jährlich ein eigenes Tanzvergnügen, das größtenteils an jahreszeitliche Feste gebunden war. Genannt werden im einzelnen: Fasselämd, Erntefest (Vergodendeel) und frühsommerliche Feste wie Zeltfest, Waldfest, Ringreiten, Maifeier, Arbeiterfest, Johannisfeier, Frühlingsfest, Sommerfest, Schützenfest u. ä. Während die regelmäßigen Tanzmusiken in Städten und größeren Dörfern von den Gastwirten und Tanzkapellen veranstaltet wurden, sind die Veranstalter der letztgenannten meist Vereine: Gesangvereine, Schützenvereine, Gesellenvereine, Feuerwehrvereine, Reitervereine, Arbeitervereine, Turnvereine usw. Einige Male werden auch noch „die jungen Leute" als Träger und Veranstalter dörflicher Vergnügen angeführt, was sich in erster Linie auf Fasselämd und Ringreiten beziehen wird. Doch scheint dies schon um 1930 nicht mehr verbreitet gewesen zu sein. Die Besetzung der Tanzkapellen, auf deren Bedeutung für das Singen wir später noch zu sprechen kommen, wird in den Atlasantworten verschieden angegeben. Am häufigsten (40mal) ist eine gemischte Besetzung aus Streich- und Blasinstrumenten genannt, die als Streichmusik bezeichnet wird (Klarinette, Trompete, eine oder zwei Geigen und Kontrabaß, vereinzelt auch mit Klavier und Schlagzeug). Reine Blasmusik (Hornmusik: meist Klarinette, Trompete, Tenorhorn und Tuba) ist seltener (32 Angaben). Daneben beginnt sich eine modernere Ensemblebildung aus Violine, Klarinette oder Saxophon, Klavier und Schlagzeug langsam einzubürgern (18 Angaben). Als beliebteste ältere Tänze werden Walzer (72mal), Rheinländer (48mal), Polka (40mal), Schottisch (7mal), Polka-Mazurka (4mal), Dreischritt (14mal), Polonaise (dreimal), Galopp (einmal), Kontratänze (dreimal) und verschiedene Tanzspiele mit einem überzähligen Tänzer 2 (7mal) angegeben. Dem stehen an modernen Tänzen Tango (17mal), Foxtrott (15mal), Charleston u. ä. allgemein als „Schieber" bezeichnete Tänze (26mal), Slowfox und Rumba (je einmal) gegenüber. Siebenundzwanzig Einsender sind der Meinung, daß die älteren Tänze überwiegen 3 , sieben glauben, daß Älteres und Modernes sich die Waage halten, und fünfundvierzig halten die modernen Tänze für am verbreitetsten 4 . Jedenfalls wurden um 1930 die älteren Tänze nicht „nur noch bei Familienfesten und ähnlichen Gelegenheiten" getanzt. Auch auf dem Tanzsaal waren sie noch zu hören 5 .

1

2 3 4

5

Ein Tanzverbot für bestimmte Tage bestand in der Altmark, außer für gesetzlich festgelegte ernste Feiertage wie Totenfest, Bußtag und Karfreitag, nicht. Korbtanz, Besentanz usw. Einige schränken ein: bei Vereins vergnügen. Einige Vorsichtige begnügen sich mit der Feststellung, daß je nach Gelegenheit und Alter der Tänzer das eine oder andere überwiegt, eine Beobachtung, die auch wir 1955 wiederholt machen konnten. 47 Antworten gegenüber 25, die die Frage 1 2 9 c bejahen.

Die traditionellen

Formen des Singens und ihre

Trägergemeinschaften

159

Über gesungene Tänze werden wir in den Antworten auf die beiden Atlasfragen leider nur spärlich informiert. Lediglich in den Anlagen zum dritten Fragebogen finden sich einige Hinweise. Aus Kirchpolkritz wird Freut euch des Lebens als Tanz zum Mitsingen angeführt, aus Tangerhütte 0 du liebe Lene, aus Diesdorf Wenn hier'n

Pott mit Bohnen steiht und Wisfn Nachtjack hemm, aus Jahrstedt ebenfalls Wenn hier

ein Pott mit Bohnen steiht und die (als Singtext) wohl besonders in der westlichen Altmark verbreitete Jungfernschaft. Aus diesem in den zwanziger Jahren noch des öfteren anzutreffenden älteren altmärkischen Tanzrepertoire hat Hermann Horenburg, über dessen Sammeltätigkeit wir im ersten Kapitel (S. 21fF.) berichteten, eine ganze Reihe von Stücken (alle mit Melodien und die meisten auch mit Text) aufgezeichnet, die zum Teil im Anhang von Fritz Jödes Altmärkischem Musikanten (1931), zum Teil erst 1952 in Herbert Oetkes Tanzsammlung Schürt den Kedel ut Aufnahme fanden 1 . Die Kreise der Jugendbewegung, von denen Horenburg zur Aufzeichnung angeregt wurde, hatten für die praktische Arbeit ihrer Volkstanzgruppen ja ständig Bedarf an älteren landschaftlichen Tänzen. Zum Teil verdanken die alten Tänze, die wir 1955 noch im Gebrauch fanden, der pflegerischen Arbeit der Jugendbewegung ihr Weiterleben. Unter den von Horenburg gesammelten singbaren Tänzen finden sich folgende, teilweise schon bei Schmidt und Gehne genannten Stücke: Mudder Witsch, Mudder Witsch, kiek mi mal an Lott is dod 2 Peter Wüpp-up Mann, wir wollen tanzen Wist'n Juppjack hemm Jetzt danzt Lademann Staats un Börgitz 3 Mit den Füßen trapp-trapp-trapp (Fingerschottsch) Dat Haberstroh, dat Haberstroh, dat is ja veel to lang 4 Mann von Rhinow Tanz mit mir, tanz mit mir, hab 'ne weiße Schürze für Hans sitt in'n Schorsteen Liebes Mädel, schau mich an Wenn ich morgens früh aufstehe

1

2

3 4

In Jödes Liederbuch (Anhang) sind 12 altmärkische Tänze zum Mitsingen (auch Kindertänze) abgedruckt: Bd. 1 A 12 (2), 13 (2), 14 und 16; Bd. 2 A 8, 9, 10, 11 und 12 (2). In Oetkes Tanzbüchlein finden sich die oben, S. 22 9 , genannten Nummern. — Die zu den Tanzmelodien in beiden Sammlungen gebotenen Sätze entsprechen nicht den in der Altmark gebräuchlichen. Nachtanz, in der Altmark meist mit dem Anfang Eins, %rt>ei, drei un vier, Mutter pust de Lampe ut, de Wiehnachtsmann is hier. S. oben S. 151 In Oetkes Sammlung ohne Text, als Schlendergang bezeichnet.

160

Singgemeinschaften und Singgelegenheiten Karl, wat kiekste Ach du liebe Lene (ohne weitere Textangabe) Ich schlaf bei uns Mudder in Butz (ohne weitere Textangabe) O lieber Schuster du Hanschom kimmt von Tarnfitz her

Bei einigen Tänzen ist nur der ersten Melodiezeile Text unterlegt, z. B. Wo geht der Weg nach Halle, Dat Johr is lang und Ein Kaufmann, der sich Schulde nennt, oder sie tragen lediglich einen bezeichnenden Tanznamen wie Hackblock, HaspeltanKupferschmied, Hackenschottisch (fmgfernschaft), Jägerschottisch, Fünftritt, Schleifersmann, NachtmiitManchester (= Lott is dod) usw. Auch im Ehliesmaterial finden sich einige Tanzlieder (leider nur Texte), z. B. das hübsche Kumm, willn beid'n Schottschen peddn, Kumm, min söte Heinerich! Anna, nee, dat do ick nich! BVA 596. Slg. Ehlies. Einsendung aus Chüden 1 . Z u einem anderen zehnstrophigen Liede, das Dorfmusikanten auf einer Hochzeit schildert, schreibt der Einsender: Dieses Lied spielten unsereDorfmusiker vor 60 Jahren (also um 1875) als Trio in einer Polka 2 . 1

2

Das Lied wurde 1896 durch einen Imker aus der Münsterer Gegend, der seine Bienen nach der Altmark auf die Honigweide brachte, in Chüden, Kreis Salzwedel, bekannt gemacht. Es heißt darin, nachdem die Hochzeitsgesellschaft festgestellt hat „Hier müssen doch ook Muskanten sin": Da sett ick mick glix up een Peerd un reet tau'n olln bekannten Mann, de düchtig een fiddeln kann. Ick segg, godn Dag, Väder Fiddelsmann, Ick breng je'n Gruss von Muddern an. Ji süllt doch glix mal tau ehr komm' met jüm ganzen Fiddelskram. Je sülln ook denn vor alln Ding'n dat groot gäl Tuthörn ook metbring'n. Den Bass, den dörvens nich vergäten, Süss is de ganz Musik beschäten. Un as wi henkeem, heet ook gliek, striekt up Muskanten un makt Musik. Un Hans un Gret un Fruu un Mann fing'n lustig an tau danzn an.

Die traditionellen Formen des Singens und ihre Trägergemeinschaften

161

Da die Sammlungen Horenburgs und Ehlies' mit der Absicht zusammengetragen wurden, die alten langsam verklingenden Tänze und Tanzlieder durch Aufzeichnung zu bewahren, geben sie kein realistisches Bild des Tanzrepertoires zwischen 1920 und 1930. Ein solches wäre etwa durch die Atlasumfrage zu gewinnen gewesen, doch wurden dort — wie wir sahen — meist nur allgemeine Tanzbezeichnungen angegeben. Glücklicherweise konnte auch aus diesem Zeitraum ein altmärkisches Tanzbuch ausfindig gemacht werden. Ergänzend versuchten wir, von alten Musikern, die zwischen den beiden Weltkriegen in der Altmark Tanzmusik gemacht haben, die damals beliebtesten Tanzlieder zu erfahren. Einem jetzt knapp achtzigjährig in Jävenitz lebenden Kapelleiter zufolge gehörten — besonders auf dem Lande — folgende elf Lieder zu den meistgespielten und am liebsten mitgesungenen Stücken: Freut euch des Lebens Es streuet Blüten jedes Jahr (Nur einmal blüht im Jahr der Mai) Ach, wie ists möglich dann A m Holderstrauch Müde kehrt ein Wandersmann zurück Mariechen saß weinend im Garten Schön ist die Jugend bei frohen Zeiten De öllst Jung blast de Klarnett, de änner Tuba, dat ging nett. Da künns sehn, wie de Finger fleegn un wie sich all de Klappen röjn. In fortgeschrittener Stunde „geiht dat Fiddeln nicht mehr so recht", vor allem beim „öllst Muskanten": Hei fiddelt ja immer unnern Steg. Dat fing ook glix so an to piepen. Wi seggn em, du mußt C-Dur griepen. Worauf er antwortet: Ach leewe Lüüd, lät mi doch hüüt, dat C-Dur liet ja hüüt tau deep. Am Schluß heißt es: Mudder spring doch, Mudder spring doch! Hochtied is nich alle Dag. Dieses vermutlich von einem niederdeutschen Heimatdichter stammende, aber in folklorisierten Fassungen mehrfach aufgezeichnete und veröffentlichte Scherzlied (vgl. Haas-Worm, Die Halbinsel Mönchgut und ihre Bewohner, Stettin 1909, S. 109ff.; Jugendliederbuch, hg. vom Hauptvorstand der Arbeiterjugendvereine Deutschlands, 3. Aufl. Bln. 1920, S. 103f. und — mit Melodie und der Angabe „ut Dithmarschen" — Liederblätter der NS-Gemeinschaft KdF, Nr. 43—49, S. 26) gehört zwar nicht zu den Tanzliedern im engeren Sinne, und sicher wurde es auch nur selten als Ganzes beim Tanz gesungen. Aber es gibt etwas von der Atmosphäre wieder, innerhalb der sich solche bäuerliche Tanzmusik abspielte. 11

Volksgesang

162

Singgemeinschaften

und

Singgelegenheiten

Ist alles dunkel, ist alles trübe Im grünen Wald, dort wo die Drossel singt Lott is dod Wist'n Juppjack hemm Die meisten der genannten Stücke sind Walzerlieder, und es ist erstaunlich zu sehen, was alles an Liedern verwalzert wurde. Es handelt sich vielfach um jene damals in Koppel und Familie allgemein gesungenen Lieder, die — wie wir noch sehen werden — die absolute Spitze in der Verbreitung hielten. Die Umarbeitung zu Tänzen kann zusätzlich als Gradmesser für ihre Beliebtheit angesehen werden. Dem eben genannten ländlich-gemütlichen Repertoire gegenüber scheint das erwähnte Tourenbuch, das zum größten Teil zwischen 1922 und 1929 geschrieben wurde, mehr das damals in den Städten übliche Tanzgut zu repräsentieren. Leider konnten wir über Besitzer und Schreiber bisher nichts Näheres in Erfahrung bringen. Während eine ältere Schicht des dickleibigen Buches, offenbar noch vor der Jahrhundertwende geschrieben, 23 textunterlegte Tänze enthält, die wir oben auszugsweise mitteilten, umfaßt der neuere Teil neben zahlreichen Instrumentaltänzen 50 Schlager und Tanzlieder. Wir geben einige Beispiele, zunächst Walzer-, Rheinländer-, Polka- und Marschlieder: Auf der Lüneburger Heide (Marsch) Das ist der Frühling, das ist der Frühling, das ist der Frühling in Berlin (Marsch) Es war einmal ein rot Husar (Walzer) Die Mama hat den Zopf verlorn (Polka) Gold und Silber lieb ich sehr (Walzer) Ich wünsch mir eine Frau wie du (Walzer) Es gibt nur einen deutschen Wein (Polka) Wir versaufen unser Oma ihr klein Häuschen (Polka) In Berlin an der Ecke von der Kaiser-Allee (Marsch, „Schieber") Männe, hak mir mal die Taille auf (Rheinländer) Fräulein, können sie linksrum tanzen (Walzer) 1 Jule kommt zu mir, sagt, ick soll ihr küssen (Polka) Siehste wohl, da kömmt er (Polka) Ferdinand, wie schön bist du (Walzer) An Tanzschlagern (die meisten im Foxtrott- und Shimmy-Rhythmus) sind u. a. vertreten: Puppchen, du bist mein Augenstern (Foxtrott) Wenn du nicht kannst, laß mich mal (Shimmy) Mein Schatz ist bei der grünen Polizei (Shimmy) Vier Meter lang, zwei Meter dick, so sieht er aus, mein Vetter Nick (Onestep) 1

Aus der Operette Das Autoliebchen von Jean Gilbert.

Die traditionellen Formen des Singens und ihre

Trägergemeinschaften

163

Ach, mach dir doch 'nen Bubikopf, wer trägt denn heut noch Hängezopf (Foxtrott) Ausgerechnet Bananen, Bananen verlangt sie von mir (Foxtrott) Wo sind deine Haare, August (Foxtrott) Onkel Gustav hat mir was mitgebracht (Shimmy) Ich möchte einmal, ich möchte zweimal (Foxtrott) Wenn die Sterne am Himmel leuchten (Foxtrott) Wer hat bloß den Käse zum Bahnhof gerollt usw. All diese Stücke bezeichnen einen neuen Abschnitt in der altmärkischen Tanzmusik und in den auf den Tanzböden heimischen Schlagern. Die Zeit der Hakkelblock, Strängschläger und Jägerschottisch ist abgelöst durch Dollar-Walzer, AutomobilPolka und zahllose Foxtrotts, wie anstelle von Wisfn Juppjack hemm und Ach lieber Schuster du gesungen wird Die Männer sind alle Verbrecher und Ja, wenn das der Petrus wüßte. Es bleibt noch übrig festzustellen, wie es im Aufnahmejahr mit Tanzvergnügen und Tanzrepertoires in der Altmark stand und welcher Art die Stücke waren, die beim Tanze gesungen wurden. In dieser jüngsten Entwicklungsphase zeichnet sich — auch auf dem Lande — deutlich die Vorherrschaft der modernen Tanzmusik ab, wie sie sich nach dem letzten Kriege international herausgebildet hat 1 . Besonders innerhalb der regelmäßig stattfindenden Tanzvergnügen, die im wesentlichen von Jugendlichen besucht werden, dominieren die modernen Tänze. Das ältere Tanzgut spielt hier nur noch eine untergeordnete Rolle bzw. ist gar nicht mehr zu hören. Trotzdem ist es noch nicht völlig der Vergessenheit anheimgefallen, wenn es sich auch nicht mehr so vielgestaltig zeigt wie ehedem. Bei den traditionellen bäuerlichen Festlichkeiten, gelegentlich auch bei Vergnügen des Kulturbundes, der MTS u. ä. Organisationen haben Lott is dod, Dat Haberstroh, die Jungfernschaft und andere ältere Tänze noch ihren festen Platz. Zur Fastnacht, bei frühsommerlichen Festen, beim Erntebier und bei ländlichen Hochzeiten greifen die Musiker zu ihren alten, von Generation zu Generation vererbten Tourenbüchern, um auch den älteren Leuten, die ja an diesen Festen besonders starken Anteil nehmen, gerecht zu werden. Zwar nimmt die ältere Generation am Tanzvergnügen vorwiegend als Zuschauer und Zuhörer teil, aber auch als solche will sie auf ihre Kosten kommen. Bei diesen Festen ist übrigens auch noch die alte Sitzordnung, getrennt nach Geschlechtern und Altersgruppen, Sitte 2 . Von der „Frauenseite" sind die Tanzenden gewöhnlich strenger Kritik unterworfen, besonders wenn ältere Tänze gespielt werden. Dann kommt es vor, daß die Alten der Jugend vormachen „wie't richtig is", wie man den Windmüller oder die Jungfernschaft tanzt. Die Jugend ist im allgemeinen diesen praktischen Demon1

2

Neben Foxtrott, Slow Fox, Tango, Wiener Walzer und English Waltz, die bis 1 9 4 5 die gängigen Tänze waren, traten um und nach 1950 eine ganze Reihe neuerer Modetänze wie Rumba, Samba, Raspa, Mambo in Erscheinung. Beim traditionellen Breitenfelder Pfingsttanz z. B. saßen die verheirateten Frauen an der einen Seite des Saales auf Bänken, die Mädchen, immer koppelweise, an der gegenüberliegenden. Die Männer standen an der Theke.

11*

164

Singgemeinschaften

und

Singgelegenheiten

strationen gegenüber sehr aufgeschlossen, was nicht zum kleinsten Teil ein Verdienst der Volkstanzgruppen ist. Wird das innerhalb dieser Gruppen gepflegte Tanzgut auch in eine andere Form der Ausübung übertragen, wodurch es einen anderen Inhalt und andere Funktion erhält 1 , so sehen wir doch aus dem angeführten Beispiel, daß die pflegerische Arbeit auch außerhalb ihres eigenen Bereichs Früchte trägt, daß sie auf das Leben zurückwirkt 2 . Haben einige Formen altmärkischer Tanzvergnügen noch Züge der älteren bäuerlichen Tanztradition bis in die Gegenwart bewahrt, so ist im ganzen eine gewisse Vereinheitlichung des äußeren Ablaufs wie des Repertoires, eine Angleichung zwischen Dorf und Stadt unverkennbar. Die volle Tanzfläche beispielsweise ist allenthalben ein gewohnter Anblick. Das Tanzen auf kleinem Raum, wie es bei den Figurentänzen (Bunten) üblich war 3 oder im geschlossenen Kreis um den ganzen Saal (Walzer, Polka u. ä. Rundtänze), von dem ältere Gewährsleute noch berichten 4 , gehört der Vergangenheit an. Auch in der Altmark wird heute vorwiegend „dem Schreiten, Gleiten und Steuern durch den überfüllten Tanzsaal im modernen verkehrstechnischen Sinne gefrönt" 5 . Es wird in diesem Zusammenhang von Interesse sein, Verlauf und Repertoirt einiger altmärkischer Tanzveranstaltungen, die wir 1955 besuchten und von denen z. T. Tonbandaufnahmen gemacht werden konnten, kennenzulernen. Wir werden sehen, wie sich das Bild je nach Tanzgelegenheit und Art der Kapelle differenziert. Zum Breitenfelder Fasselämd wurde die Tanzmusik (und die Marschmusik beim sonntäglichen Festumzug) von einer in der westlichen Altmark bekannten und beliebten Kapelle bestritten 6 , deren Mitglieder aus Klötze und Wernstedt stammen 7 . Das Tanzprogramm enthielt, neben einer Reihe von modernen Tänzen (Foxtrott, Tango, Samba), vor allem Rheinländer, Ländler, Walzer und Polkas. An älteren Tänzen zum Mitsingen waren vertreten: A.ch du liebe Lette, Dat Haberstroh, Schön ist die Jungfernschaft und Lott is dod. Sie wurden auf Verlangen der Tänzer (Zuruf des 1

2 3

4

5 6

7

Vgl. dazu Abschnitt B dieses Kapitels, besonders die Ausführungen über das Breitenfelder Dorfensemble (S. 208ff.). Vgl. dazu auch das S. 165f. angeführte Beispiel. Vgl. dazu E. Kück, Heidjers Tanzmusik, S. 7ff., über die ehemals in der Lüneburger Heide bestehenden Tanzsitten. Nach unserem Gewährsmann Adolf W. war „untern Kronleuchter danzn" verpönt. Ließ sich ein Tanzpaar dazu hinreißen, wurde es vom Tanzmeister zur Ordnung gerufen. Nach jedem Tanz verließen die Paare die Tanzfläche, gingen hinten um die Kapelle herum, bezahlten erneut und konnten erst wieder tanzen, wenn sie an der Reihe waren. So war auch immer für genügend Platz auf der Tanzfläche gesorgt. Artikel Gesellschaftstanz in M G G , Bd. 5, Sp. 28. Besetzung: Trompete, Klarinette, Posaune, Tenorhorn, Schlagzeug (zum Umzug), zur Tanzmusik auch Saxophon statt Klarinette und Posaune. Der ehemalige Leiter Fahrenkamp, der mit dem älteren Repertoire besonders vertraut war, hat die Leitung jetzt einem jüngeren Musiker übertragen, da er aus gesundheitlichen Gründen nicht mehr Trompete blasen kann. Doch gehört Fahrenkamp der Kapelle noch an.

Die traditionellen Formen des Singens und ihre Trägergemeinschaften

165

Tanznamens oder Zusingen des Anfangs) mehrmals gespielt. Ebenso starken Anklang fanden bei jung und alt einige Walzer und Märsche zu den Singtexten: Mein Hut, der hat drei Ecken, Dort auf dem Baume, da hängt 'ne Pflaume, Wer kann das befahlen1, Auf der grünen Wiese hab ich sie gefragt, Mariechen saß auf einem Stein und Es war einmal eine Müllerin. Die Tänzer und auch die Kapelle waren in übermütigster Stimmung, was sich in Juchzern (besonders bei den Ländlern), im immer von neuem aufbrandenden Fasselamd-Ruf, vor allem an den Melodiehöhepunkten Notenbeispiel 25

Slg. Stockmann 1955. Tonbandaufz. Nr. 35b/lc vom 27. 2. aus Breitenfeld (Kapelle Fahrenkamp).

und in Tanzrufen wie Notenbeispiel 26 Teil eines Marsch-Potpourris

Slg. Stockmann 1955. Tonbandaufz. Nr. 34b/l,8 vom 27. 2. aus Breitenfeld (Kapelle Fahrenkamp).

kundtat 2 . Trotzdem wurde während des Tanzes fast gar nicht mitgesungen. Der Grund dafür ist möglicherweise in der klangstarken Besetzung der Kapelle zu suchen, die den Gesang erdrückt 3 . Daß bei klangschwächerer Besetzung die genannten Tänze durchweg mitgesungen werden, hatte der Heischeumzug der Breitenfelder Burschen am Tag zuvor gezeigt. Dort wurde die Musik von zwei Burschen mit Akkordeon und Teufelsgeige bestritten. Der Tanz mit Hausfrau und Töchtern nach der Heischhandlung geschah fast ausschließlich zu singbaren Tänzen: Dat Haberstroh, Hans sitt in Schorsteen, Lott is dod, Trink mer noch ne Pulle Wein, (mit Anhang: Ein Prosit, ein Prosit der Gemütlichkeif), Es wollt ein Mädchen Wasser holn, Schön ist die Jungfernschaft 1 2

3

In der Altmark erst 1954/55 allgemein zur Beliebtheit gelangt. Der weitere Text des zuletzt angeführten Beispiels de Hoot, dee hett en Daler kost usw. wurde nicht gesungen, dafür das zur gleichen Melodie verbreitete Mariechen saß auf einem Stein. Siehe auch Hans Erdmann, Zur musikalischen Praxis des mecklenburgischen Volkstanzes, Dt. Jb. f. Vkde. 1956, S. 217. Unser letztes Beispiel findet sich dort ebenfalls in ganz ähnlicher Form (S. 216).

166

Singgemeinschajten

und Singgelegenheiten

und der Fasselämd-Walzer, der seinen Namen vom dreimaligen Fasselämd-Ruf am Ende des Mittelteiles hat, und im übrigen, da ohne Text, auf lalala mitgesungen wurde. Notenbeispiel 27 Fasselämd -Walzer a- =~ 60

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B V A 1236. Slg. Stockmann Tonbandaufz. Nr. 31a/8 vom aus Breitenfeld.

1955. 25.2.

Daß das beim Heischeumzug gespielte und gesungene Tanzgut diesen Charakter zeigt, ist zum großen Teil auf die Arbeit des Breitenfelder Dorfensembles zurückzuführen, dessen Chor und Tanzgruppe alle Jugendlichen des Ortes angehören. Die Tätigkeit im Ensemble hat das Interesse der jungen Generation an den heimatlichen Überlieferungen in so starkem Maße geweckt, daß sie das im organisierten Rahmen Erworbene auf ihre traditionellen Bräuche überträgt, also in den ursprünglichen Zusammenhang zurückversetzt. Die in Breitenfeld allgemein spürbare Aufgeschlossenheit für altüberlieferte Sitten und Gebräuche ist vielleicht auch der Grund, weshalb die zum Fasselämd spielende Tanzkapelle das ältere Tanzrepertoire so stark berücksichtigte 1 . Von irgendeiner Seite ausdrücklich dazu angehalten war sie nicht. 1

A u f anderen dörflichen Festen, z. B. bei einer Ristedter Bauernhochzeit, fanden wir das ältere Tanzgut nicht so stark vertreten.

Die traditionellen

Formen des Singens und ihre Trägergemeinschaften

167

Anders steht es mit dem Repertoire einer Fastnachts-Tanzveranstaltung, die wir in Diesdorf besuchten. Sie wurde vom Volkskunstkabinett und der Kulturbundleitung des Kreises Salzwedel organisiert und war bewußt auf die Pflege alter altmärkischer Tanztraditionen abgestellt 1 . Dies zu verwirklichen brachte die in Diesdorf ansässige Kapelle Holtorf, die schon viele Jahrzehnte besteht, sich von Großvater auf Vater und Sohn vererbte und im sogenannten Hans-Jochen-Winkel einen guten Ruf genießt, alle Voraussetzungen mit 2 . „Drei Körte vor de Dör" leiteten die Veranstaltung ein. Nacheinander folgten dann (unterbrochen von Darbietungen des Altmarkensembles) im Saal 3 : Schmetterlingspolka Schön ist die Jungfernschaft Rosenpolka Windmüller (Schottisch) Dat Haberstroh Haspeltanz Fitschelbeen oder Trippelschottisch Von Hamburg gehts nach Altona Wist'n Juppjack hemm Strängschläger Hackblock Ich schlaf bei uns Mudder in Butz Dreetritt (Ländler) Ach lieber Schuster du Herr Schmidt Wenn hier ein Pott mit Bohnen steiht Ach du liebe Lene Ein Tanzprogramm der gleichen Kapelle auf einem anderen nicht auf diese Weise organisierten Tanzvergnügen 4 trug ein etwas anderes Gesicht. Zwar waren auch 1

2

3

4

Die Volkstanzgruppe des Salzwedler Altmarkensembles sowie Mitglieder des Staatlichen Volkskunstensembles der DDR (Berlin) waren anwesend, um Material für ihre eigene praktische Arbeit zu gewinnen. Man hatte aus umliegenden Dörfern als gute Tänzer bekannte Bauern und Bäuerinnen herbeigeholt, um von ihnen zu lernen. Die dabei aufgenommenen Tänze wurden inzwischen vom Zentralhaus für Volkskunst herausgegeben: Volkstänze aus des Altmark, zusammengestellt von Erich Janietz ( = Volkstänze für Volkskunstgruppen, Bd. IV), Leipzig 1957. Das Bändchen enthält 16 Tänze mit Tanzbeschreibungen. Besetzung (wechselnd): Trompete, Klarinette, Piston, Tenorhorn; zum Tanz vorwiegend: Trompete, Violine, Klarinette, Kontrabaß. Die textunterlegten Tänze wurden größtenteils mitgesungen. — Die Musiker spielten fast alles aus einem alten, der Familie Holtorf gehörigen Tourenbuch. Einiges „machten sie aus'm Hut", d. h. auswendig. Molkerei-Ball in Mehmke, von dem mir die Leitung des Staatlichen Volkskunstensembles freundlicherweise einen Tonband-Umschnitt zur Verfügung stellte.

168

Singgemeinschaften

und

Singgelegenheiten

hier Tänze wie Hackblock, Dreischritt, Schmetterlingspolka, Von Hamburg gehts nach Altona und Wenn hier'n Pott mit Bohnen steiht zu hören, aber daneben erklangen viele neuere Polkas, Rheinländer, Märsche und Walzer 1 sowie Foxtrotts, Tangos und andere moderne Tänze. Wie beim Breitenfelder Fasselamd-Tanz wurde auch hier wegen der klangstarken Besetzung der Kapelle (reine Blasmusik) kaum mitgesungen. Wurden die bisher besprochenen Tanzveranstaltungen von Kapellen bestritten, die in der Altmark alteingesessen sind und deren Spielrepertoire hier langsam gewachsen ist, so sei jetzt noch eine Musikergemeinschaft angeführt, die sich erst nach dem letzten Kriege zusammenfand und fast ausschließlich aus Zugewanderten besteht 2 . Ihnen fehlte naturgemäß die Kenntnis des älteren altmärkischen Repertoires. Teilweise spielten sie Stücke, die sie aus ihrer alten Heimat mitgebracht haben 3 , im übrigen aber hielten sie sich an die neu herauskommende Tanzmusik, die sie meist vom Radio abhörten, grob notierten und dann nach eigenem Geschmack und vorhandenen Mitteln arrangierten. Das nach 1945 neuangelegte Tourenbuch dieser Kapelle, in das mich der Leiter, Herr Geißler, freundlicherweise Einblick nehmen ließ, enthielt rund 100 Tänze 4 , von denen hier einige charakteristische Beispiele mitgeteilt seien: Wenn du eine Schwiegermutter hast Donnerwetter, Donnerwetter, so ein schönes Badewetter Man müßte noch mal zwanzig sein Bella bella Donna, bella bella mia Sag doch nicht immer Dicker zu mir Rosamunde, Rosamunde, du bist die schönste Frau der Welt Ein Lied von Paris, das heißt Moulin Rouge Es hängt ein Pferdehalfter an der Wand Regentropfen, die an mein Fenster klopfen Wer hat denn den Käse zum Bahnhof gerollt Der Neger hat sein Kind gebissen Ich küsse ihre Hand, Madam Das ist der Frühling von Berlin Das gibts nur einmal, das kommt nicht wieder Revolver-Jim aus Texas Wodka-Annuschka-Fox Wir, wir, wir haben ein Klavier Leg deine Hand in meine Hand 1

2

3

4

Zum Teil mit Singtexten: Tanten möcht ich, jauchten möcht ich, Am Brunnen vor dem Tore, Es war in Schöneberg im Monat Mai. Der Leiter der Kapelle, 1955 in Wöpel (Kreis Salzwedel) wohnhaft, ist Umsiedler aus Schlesien. Er war dort im ehemaligen Schlesischen Landesorchester und am Breslauer Operettentheater tätig, hat nebenbei aber auch mehrere Jahre Tanzmusik gemacht. Zum Beispiel: Böhmische Mädchen (Polka), Schützenfest (böhmische Polka), Schlesische Kirmes (Polka), Schlesische Bauernpolka. Die meisten Stücke sind zum Mitsingen geeignet.

Die traditionellen Formen des Singens und ihre

Trägergemeinschaften

169

Du hast so wunderschöne blaue Augen Addio, Donna Gracia Im Harz, da ist es wunderschön (Köhlerliesl) Ich wandre ja so gerne (Rennsteiglied) O mein Papa Meine Tante fährt im Hühnerstall Motorrad Wenn bei Capri die rote Sonne im Meer versinkt Ich hab ein Diwan-Püppchen Egon, ich hab ja nur aus Liebe zu dir Traditionelle altmärkische Tänze und Tanzlieder fanden sich im Repertoire dieser Kapelle nicht, wenn man nicht Wilhelm Lüdeckes Walzer Abschied vom Liebchen, der einzige auf altmärkischem Boden entstandene Tanz in Geißlers Tourenbuch, dieses Prädikat zugestehen will. Jedoch war der Kapelleiter eifrig bemüht, solche zu beschaffen, da — wie er sagte — die alten Sachen immer wieder verlangt wurden, besonders von älteren Leuten 1 . Die angeführten Stücke aus dem Tourenbuch der Wöpler Kapelle geben zugleich einen Eindruck von den 1955 bei der altmärkischen Jugend in Stadt und Land beliebten Schlagern, die sich nur wenig von denen unterschieden haben werden, die in anderen Gegenden Deutschlands zur gleichen Zeit gesungen und gespielt wurden. Aus dem von uns in großen Zügen skizzierten Verlauf der Entwicklungen und Veränderungen im volkstümlichen altmärkischen Tanzvergnügen und Tanzrepertoire ist ersichtlich, daß sich die von Schmidt und Gehne kurz nach der Jahrhundertwende ausgesprochenen Befürchtungen über das Schwinden des alten Tanzgutes in gewisser Hinsicht bestätigt haben. Pflegerische Bemühungen, die seit den zwanziger Jahren unseres Jahrhunderts auch in der Altmark einsetzten, vermochten die Gesamtentwicklung nur bedingt aufzuhalten. In einigen Fällen gelang zwar die Neubelebung der alten Tänze in ihrem ursprünglichen Lebensbereich (Beispiel Breitenfeld), aber meist vollzog sie sich, abseits der Allgemeinheit und abseits des Lebens und Treibens auf dörflichen und städtischen Tanzböden, nur innerhalb der Volkstanzgruppen selbst. Die Neigung, beim Tanze mitzusingen und die Vorliebe des Publikums für Tänze, die es gestatten, dieser Neigung nachzugeben, ist — ungeachtet dieser Entwicklung — erhalten geblieben. Seitdem die alten bodenständigen Tanzreime und Tanzliedchen langsam zu verklingen beginnen, ist durch eine Fülle von außen eindringender neuer Walzer- und Marschlieder, Foxtrott- und Tangoschlager immer wieder für die M ö g lichkeit zum Mitsingen gesorgt worden. Ja, der moderne Tanzschlager mit seinem eingängigen Refrain scheint eigens dafür geschaffen, diese Neigung zu fördern. Daß sie trotzdem auf manchen Veranstaltungen nicht zum Durchbruch kommt, liegt wahrscheinlich — wie wir schon andeuteten — in der teilweise üblichen klangstarken 1

Da die alteingesessenen Musiker eifersüchtig über ihre Schätze wachen, deren Kenntnis sie zum großen Teil ihre Beliebtheit bei der einheimischen Bevölkerung verdanken, macht diese Beschaffung keine geringen Schwierigkeiten.

170

Singgemeinschaften

und

Singgelegenheiten

Besetzung der Kapellen. Besonders die im 19. Jahrhundert zur Beliebtheit gelangte Blasmusik erschwert das Mitsingen ungemein. Zwar wird auch dann, wenn nicht laut mitgesungen wird, der melodische Ablauf von den Tanzenden anhand des bekannten Singtextes in Gedanken mitvollzogen, aber die Anteilnahme ist nicht so unmittelbar zu spüren. Es ist möglich, daß die Bläserbesetzung die vermehrte Entstehung von textlosen Rund- und Kontratänzen in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts und die Ausprägung mehr instrumental empfundener Melodien begünstigt hat.

Notenbeispiel 28 A n f a n g des W i n d m ü l l e r t a n z e s

Tonbandaufz. Nr.36a/6 (Kopie) d. Staatl. Volkskunst ensembles 1954 (Kapelle Holtorf, Diesdorf).

Notenbeispiel 29 B-Teil des S t r ä n g s c h l ä g e r r

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Tonbandaufz. Nr. 36a/9 (Kopie) d. Staatl. Volkskunstensembles 1954 (Kapelle Holtorf, Diesdorf).

Notenbeispiel 30 A n f a n g des B-Teiles eines L ä n d l e r s * &

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Slg. Stockmann 1955. Tonbandaufz. Nr. 3 4 b / l , 8 vom 27. 2. aus Breitenfeld (Kapelle Fahrenkamp).

Notenbeispiel 31 C - T e i l des Hackblock

Tonbandaufz. Nr. 36 a/3 (Kopie) d. Staatl. Volkskunstensembles 1954 (Kapelle Holtorf, Diesdorf).

Die traditionellen Formen des Singens und ihre Trägergemeinschaften

171

Doch finden sich solche Beispiele in dem uns bekannten altmärkischen Tanzmaterial nicht allzuhäufig. Im ganzen haben die dort verbreiteten Tänze, auch die textlosen, durchaus sangliches Gepräge, Notenbeispiel 32 A- und B - T e i l des H a c k b l o c k (Rheinländer)

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112.



(Walzer)

Quelle wie Bsp. 31.

Notenbeispiel 33 B-und C-Teil des Dreetritt

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12.

il.

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Tonbandaufz. Nr. 36a/10 (Kopie) d. Staatl. Volkskunstensembles 1954 (Kapelle Holtorf, Diesdorf).

so daß zu manchem Tanz, dem ursprünglich kein Text zugehörte, Worte hinzuerfunden wurden. Wir erinnern an Staats und BörgitHanschom kümmt von Tarnfit£ her und Schön ist die Jungfernschaft. Auch Wanderstrophen, besonders Vierzeiler, legte man beliebigen Tanzmelodien gern unter, z. B. Notenbeispiel 34 Rheinländerzeitmaß

$

mm

J = 69- 72

Wer Äp-fel pflückt und ißt sie nicht, wer

£ 4 werP IMä-dels ? Pliebt und

küßt sie nicht, der

Mä-dels liebt und küßt sie nicht,

P P I PP

muß ein rech-ter Schafskopp sein.

B V A 1113. Slg. Stockmann 1955. Tonbandaufz. Nr. 31a/3 vom 25. 2. aus Breitenfeld (Erich F., 5 1 ; Minna F., 4 8 ; Anna S., 43).

172

Singgemeinschaften

und

Singgelegenheiten

Notenbeispiel 35 Beschwingt

Was

nützt

mir ei - nen

Ap - fei,

der

ma - dig; ist

was nützt m i r ei-nen Jiing-ling.derein and-re küßt aufs Maul,

und

faul,

and - re küßt aufs Maul.

B V A 1107. Slg. Stockmann 1955. Tonbandaufz. Nr. 13b/7 v o m 31. 5. aus Breitenfeld (Gisela T . , 2 5 ; Lisbeth G . , 41).

Die Sanglichkeit der volkstümlichen Tanzmelodien wird einerseits darauf zurückzuführen sein, daß — namentlich auf Blechblasinstrumenten — komplizierte Partien (schnelle Läufe und Umspielungsfiguren, Chromatik usw.) eine gute Blastechnik voraussetzen, die den meist nur im Nebenberuf zum Tanz aufspielenden Musikern nicht zu Gebote steht. Zum anderen aber, und dies ist sicher das Entscheidende, trägt eine eingängige sangbare Melodik wesentlich dazu bei, daß die Tänze ihr Publikum finden, daß sie beliebt und bekannt werden. Gewisse Instrumentalismen weisen übrigens auch die textunterlegten Tänze häufig auf. Zwar gehen die Melodieinstrumente im ganzen gesehen mit dem Gesang der Tanzenden parallel, aber es bestehen doch feine Unterschiede zwischen Sing- und Instrumentalfassung, die für beide Prinzipe recht charakteristisch sind.

Notenbeispiel 36 Ach du liebe Lene "Zweiter Viertakter des A-Teiles

$

Singfassung

. . . s c h a f f dich wie-der

g r a - de

an,

s o n s t be-kommst du

k e i - n e n Mann.

Instrumentalfassung

B-Teil

Das

schadt

j a nischt, das

schadt j a nischt, dann bleib ich

e - wig

jung,

Die traditionellen Formen des Singens und ihre Trägergemeinschaften

:Singfassung: BVA 1558. Slg. Stockmann 1955. Tonbandaufz. Nr. 14b/2 vom 28. 5. aus Jävenitz (Clara H., 51; Anna N., 64; Erna R., 45). N o t e n b e i s p i e l 37 Wenn hier ein Pott mit Bohnen Schluß des A - T e i l e s *

173

Instrumentalfassung: ebd. Tonbandaufz. Nr. 34b/2,6 vom 27. 2. aus Breitenfeld (Kapelle Fahrenkamp).

steiht

Singfassung

A . ^ f t l f f B f l r l r f f C ' j ^ ...denn

lät ick Brie un

lg,

Boh-nen stähn un

i

g a h to

h

N i I

min Ma - rie.

Instrumentalfassung

Singfassung: BVA 1233. Slg. Stockmann 1955. Tonbandaufz. Nr. 31 b/1 vom 25. 2. aus Breitenfeld (Anneliese P., 20; Elli P., 35).

Instrumentalfassung: Tonbandaufz. Nr. 37a/6 (Kopie) d. Staad. Volkskunstensembles 1954 aus Mehmke (Kapelle Holtorf, Diesdorf).

N o t e n b e i s p i e l 38 Schön ist die

Jungfernschaft

f E i J l I r i j j> *

Singfassung: J = ~ 1 0 0

i

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Schön ist

die

die

g a n - ze Nacht.

Instrumentalfassung; J = 100-112.

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174

Singgemeinschaften

und Singgelegenheiten

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ie Jung-fe rn-schaft.

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1

1



Singfassung: B V A 1 1 1 2 . Slg. Stockmann 1955. Tonbandaufz. Nr. 31a/7 vom 2 5 . 2 . aus Breitenfeld (Erich F., 5 1 ; Anna S., 43). Instrumentalfassung: Tonbandaufz. Nr. 36a/2,8 (Kopie) d. Staatl. Volkskunstensembles 1 9 5 4 aus Diesdorf (Kapelle Holtorf).

Notenbeispiel 39 Dat

Haberstroh

Anfang des B-Teiles y " '

^

H in und

her,

^ Instr umentalfassung jr * i-»—

hin und

her. ,

1

4,

Singfassung: B V A 1235a. Slg. Stockmann 1955. Tonbandaufz. Nr. 32a/2a vom 26. 2. aus Breitenfeld (Burschen zwischen 17 u. 23 Jahren). Instrumentalfassung: ebd. Tonbandaufz. Nr. 35b/3vom 27. 2. aus Breitenfeld (Kapelle Fahrenkamp).

Dies sind die Unterschiede in den singbaren Teilen der Tänze. Überdies aber sind die Instrumentalfassungen meist auch länger als die Singfassungen. Häufig wird n u r ein Teil des Tanzes mitgesungen, während andere Teile keinen Text haben 1 . Die rein instrumentalen Partien unterscheiden sich oft in verschiedenen Fassungen desselben Tanzes, während die gesungenen Teile seltener Varianten aufweisen. Wie einerseits die Singfassung eines Tanzes alles Instrumentale, Unsangliche ausläßt, wie sie zusammenfaßt und kürzt und damit plastischer, einprägsamer wird, so zeigt sie sich doch andererseits auch von der Instrumentalfassung beeinflußt, besonders was die Vortragsart, die Singmanier betrifft. Die Betonung der Taktschwerpunkte in der Tanzmusik, die sich in der instrumentalen Ausführung (be1

Vereinzelt finden sich sogar in den Tourenbüchern Angaben wie Singen! — Blasen!, was dann besagt, daß bei den textunterlegten Stellen die Melodieinstrumente schweigen und die Musiker statt zu blasen mitsingen.

Die traditionellen Formen des Singens und ihre

175

Trägergemeinschaften

sonders in der ländlichen Blasmusik) durch jenes rüm-ta-ta / rüm-ta-ta bzw. rüm-ta / rüm-ta / rüm-ta / rüm-ta ausdrückt, überträgt sich auch auf die Singfassung. Vor allem Schlagzeugeffekte werden beim Singen gern nachgeahmt, was man gegenwärtig oft beobachten kann, wenn Jugendliche moderne, stark rhythmisch bestimmte Tanzschlager singen. Aber auch bei älteren Tänzen konnten wir dergleichen feststellen. Hier ist es vor allem der Beckenschlag an bestimmten Stellen von Tänzen, der den Tänzern so sehr ins Ohr geht, daß er beim Singen durch besonders heftiges Ausstoßen der Luft markiert wird. Es läßt sich dies schwer im niedergeschriebenen Beispiel darstellen, doch seien zwei Stellen, an denen uns diese Erscheinung besonders auffiel, mitgeteilt: Notenbeispiel 40 M i t S a f t und K r a f t , ü b e r m ü t i g

Durch Juchz er Schenkelklats chen und Schunkeln begleitet

Im

A - ach, du

Schaff dich wie-der

lie

-

be

gra - de

Le - ne, du hast j a krumme Bee - ne.

an,

sonst

bekommst du

Das schadt ja nischt,das schadt ja nischt.dann bleib ich 1)

das »auch.- I'

1)

¿mm

e - wig 2)

schadt ja nischt, das schadt j a nischt,dann bleib ich

kei-nenMann

jung,

ÉS

e - wig

jung,

2) auch: a' g' B V A 1558. Slg. Stockmann 1955. Tonbandaufz. Nr. 14b/2 v o m 2 8 - 5 . aus Jävenitz (Clara H., 5 1 ; Anna N., 64; Erna R., 45).

Notenbeispiel 41

m

rvu, einmal Es war

: 120-126 Ei - ne

eine

Müllerin-,

Refrain

H ppM ^T^

T r i - k o - T r i - k o - T r i - k o - T r i - k o - t a l i - je hat se

an...

B V A 1667. Slg. Stockmann 1955. Tonbandaufz. 25b/15 vom 11. 7. aus Salzwedel (Adina M., 44).

176

Singgemeinschaften

und Singgelegenheiten

Wir sehen daraus, was oben schon angedeutet wurde, daß gewissen Liedgattungen Eigentümlichkeiten ihrer Lebenssphäre anwachsen, daß sie durch ihre Zugehörigkeit zu bestimmten Bräuchen und Praktiken geprägt werden. Wir waren am Anfang dieser spezielleren Ausführungen über die Art des Singens beim Tanz von der im 19. Jahrhundert so beliebt gewordenen Blasmusikbesetzung ausgegangen, die auf das Mitsingen einen negativen Einfluß ausübte. Mit dem Aufkommen neuerer klangschwächerer Tanzmusikbesetzungen nach dem ersten Weltkrieg 1 , das sich bereits in den Antworten auf die Atlasfrage 128e abzeichnete, stehen dem Mitsingen beim Tanze keine äußeren Hindernisse im Wege. Wenn die entsprechenden Voraussetzungen gegeben sind, kann man ihm bis heute auf volkstümlichen Tanzveranstaltungen allenthalben begegnen, nicht nur in der Altmark. Mit dieser Betrachtung über das Singen beim Tanz sei der erste Teil unseres Kapitels Singgemeinschaften und Singgelegenheiten abgeschlossen. In sechs Themenkreisen haben wir die traditionellen Formen des Singens und ihre Trägergemeinschaften darzustellen versucht, ohne damit den Anspruch erheben zu wollen, erschöpfend gewesen zu sein. Für den zweiten Teil dieses Kapitels bleibt uns die Aufgabe, die organisierten Formen des Singens in der Altmark, ihre Entwicklung während der letzten hundert Jahre und ihre Beziehungen zu den traditionellen Singgebräuchen zu umreißen. 1

Zum Beispiel das sogenannte Bar-Trio (ein Melodie- und zwei Rhythmusinstrumente), wie überhaupt die Rhythmusgruppe (Schlagzeug, Schlagbaß, Gitarre, Klavier) in der neueren Tanzmusik hervorzutreten beginnt. — Daneben gibt es natürlich nach wie vor auch klangstarke, große Besetzungen.

B. Die von organisierten Verbänden neu geschaffenen Formen des Singens

In der Einleitung zu diesem Kapitel haben wir kurz angedeutet, aus welchen Gründen wir die organisierten Formen des Singens in unserer Betrachtung berücksichtigen. Sie überwiegen in der Gegenwart den traditionellen Volksgesang bei weitem, auch in der noch vorwiegend bäuerlichen Landschaft, die wir untersuchen. Überdies beeinflussen sie diesen schon seit geraumer Zeit in so starkem Maße, daß es zur Erklärung und Beurteilung vieler Erscheinungen im traditionell-gebundenen Volksgesang eines Eingehens auf das organisierte Singen bedarf. Nicht nur die Zusammensetzung der einzelnen Sängerrepertoires zeigt Einwirkungen von Seiten der Singorganisationen, auch in der Art und Weise zu singen halten sich viele Sänger an diese Vorbilder. Es hieße die Augen vor den Realitäten verschließen, wollte unsere Untersuchung — um lieb gewordener Gewohnheiten willen — diesen mächtig angewachsenen Sektor des Singens ignorieren. Wie unzählige andere „Einrichtungen", „Organe" und „Institutionen", die jeweils einem bestimmten Zwecke dienen, sind die Singorganisationen ein Produkt des industriellen Zeitalters, Ausdruck der zunehmenden Differenzierung der menschlichen Gesellschaft. Funktionen, die eine Gesellschaft wie die bäuerliche gemeinsam erfüllt (jeder kann alles), werden verselbständigt und zur Aufgabe von Sondergruppen. „Mit zunehmender Organisation entsteht der Zuschauer im Gegensatz zum Handelnden" 1 . An der Geschichte der bürgerlichen Musikkultur mit ihren vielen, teilweise divergierenden Einzelströmungen (Entfaltung des Konzertwesens, der musikalischen Volksbildung, Entstehung einer „musikalischen Öffentlichkeit" und einer zunächst städtisch, dann staatlich organisierten Musikpflege usw. 2 kann man diese Entwicklung, die sich in mehreren Ebenen und Etappen vollzog, verfolgen. Für die verschiedenen Formen des organisierten Singens ist besonders der Volksbildungsgedanke, der seit dem ausgehenden 18. Jahrhundert an Boden gewinnt, von Bedeutung. Er liegt den Reformplänen aller fortschrittlich denkenden Pädagogen und Musikorganisatoren zugrunde und wirkt sich besonders auf die Schulmusik und die Entwicklung des modernen Chorwesens aus, von den bürgerlichen Liedertafeln und Männergesangvereinen über die Arbeitersängerbewegung

1 2

W . Brepohl, Industrievolk, Tübingen 1957, S. 153 und 217. Vgl. hierzu Eberhard Preußner, Die bürgerliche Musikkultur, Hamburg 1935. Siehe auch Hans Staudinger, Individuum und Gemeinschaft in der Kulturorganisation des Vereins, Jena 1913 (betrachtet die musikalisch-gesellige Organisation).

12

Volksgesang

178

Singgemeinschaften

und Singgelegenheiten

und die musikalische Jugendbewegung 1 bis zur musikalischen Laienkunstbewegung der Gegenwart. Seiner Herkunft entsprechend erfaßte der Volksbildungsgedanke und seine praktischen Verwirklichungen in der Regel zunächst die Städte, vor allem das Bürgertum, um sich erst allmählich auch auf die bildungshungrige Arbeiterschaft einerseits und die Landbevölkerung andererseits auszudehnen, wobei aber — wie wir noch sehen werden — auf dem Lande nicht alle Organisationsformen gleich gut Fuß faßten. W i r wollen hier unter organisierten Singgemeinschaften in erster Linie jene verstehen, die ausschließlich der Pflege des Singens dienen: die Gesangvereine und Kirchenchöre, die Volkskunstgruppen der Gegenwart und sonstigen Singvereinigungen und Laienchöre. Mit einigen kurzen Bemerkungen zu streifen wären darüber hinaus noch solche Institutionen, die das Singen gelegentlich als eine Form der Betätigung unter anderen heranziehen: volksbildende Einrichtungen wie Schule und Kindergarten, weiterhin politische und kirchliche Vereinigungen sowie Interessenverbände aller Art. Fragen wir — ungeachtet des verschiedenen Ursprungs und der verschiedenen Entwicklungswege der einzelnen Singorganisationen — nach den allgemeinen Merkmalen, die das organisierte Singen vom traditionellen Volksgesang unterscheiden, so ist in erster Linie der veränderte äußere Rahmen, in dem sich das Singen vollzieht, zu vermerken. Das Leben der organisierten Singgemeinschaften wird im wesentlichen durch Übungsabend und Konzert, durch Einstudieren und Vorführen von Programmen bestimmt. Die Produktion vor einem zuhörenden Publikum, das Wirken nach außen, ist ihnen Bedürfnis und Bestätigung ihrer Arbeit. Damit zusammen hängt ihr Streben nach Leistung und Vervollkommnung, um vor diesem Publikum bestehen zu können. Ein weiteres unterscheidendes Merkmal ist der Chorleiter, der nicht mehr in dem Maße wie die Vorsängerin einer Mädchenkoppel Teil der Gemeinschaft ist, sondern vor ihr, über ihr steht, und sie in Programmgestaltung und Art zu singen seinem Willen und seinen künstlerischen Absichten unterwirft. Die Abhängigkeit vom Chorleiter geht häufig so weit, daß die Singegruppe aufhört zu bestehen, wenn der Leiter aus irgendeinem Grunde die Gruppenarbeit aufgeben muß. Das Verhältnis zum gesungenen Liede ist innerhalb der Singorganisationen ebenfalls ein anderes als in den traditionellen Trägergemeinschaften. Erscheint es dort fest in die Zusammenhänge des Lebens eingebettet und unlösbar mit Bräuchen und Situationen verknüpft, so wird es hier in ein andersartiges Dasein übertragen 2 . Selbst das Volkslied, das ja nur einen Teil des organisierten Singrepertoires ausmacht, trägt hier den Charakter eines Bildungsgutes, das aufgenommen wird wie ein Lied von Schubert oder Beethoven. Begünstigt wird dies durch die Ausführung in festen, vorgezeichneten Formen, die der im traditionellen Volksgesang üblichen Improvisation und Variantenbildung keinerlei Spielraum

1

2

Gemeint sind die späteren Formen der Jugendbewegung nach der Einflußnahme Wynekens und Halms. Vgl. dazu Hilmar Höckner, Die Musik in der deutschen Jugendbewegung, Wolfenbüttel 1927. Vgl. dazu Wiora, Europäische Volksmusik und abendländische Tonkunst, Kassel 1957, S. 139, und Musikalische Zeitfragen 7 (1959), S. 9ff.

Die von organisierten Verbänden neu geschaffenen Formen des Singens

179

mehr läßt. Auch in der Wahl der Darstellungsmittel unterscheiden sich die Singorganisationen von den Singgemeinschaften alter Prägung. Statt schlichter Einoder Zweistimmigkeit herrschen hier kunstvolle mehrstimmige Sätze vor. Nicht selten tritt Orchesterbegleitung hinzu. All dies zeigt, daß wir es bei den Singorganisationen mit einer Erscheinung zu tun haben, die sich von den alten Volksgesangstraditionen deutlich abhebt. Dabei soll — wie wir eingangs dieses Kapitels bereits betonten — nicht übersehen werden, daß sich in der Praxis nicht selten Zwischenformen finden lassen, die in mancher Beziehung den Bedingungen organisierten Singens entsprechen, in anderer Hinsicht aber fest auf dem Boden der Überlieferung stehen. Wenn wir im folgenden darzustellen versuchen, wie sich der neue Typus gemeinschaftlichen Singens in der Altmark auf verschiedenen Wegen allmählich ausgebreitet hat, bis er in unserer Zeit allgemein herrschend wurde, so werden wir auf die erwähnten Übergangsformen besonders zu achten haben. Verfolgt man die Entwicklung der Singorganisationen in der Altmark von Parisius' Zeit bis zur Gegenwart, so kann man drei Abschnitte deutlich unterscheiden. Zwar sind sie zeitlich nicht fest gegeneinander abzugrenzen (während etwas Neues schon an Einfluß gewinnt, besteht das Alte noch unvermindert fort, es entstehen Mischformen und ein Nebeneinander verschiedener Richtungen), doch darf das Ineinanderflochtensein, das alles historische Geschehen bestimmt, nicht davon abhalten, bestehende Unterschiede herauszuarbeiten. Diese Einschränkungen vorausgesetzt, läßt sich der von uns behandelte Zeitraum in folgende Entwicklungsstadien gliedern: 1. Aufkommen und allgemeine Verbreitung der Gesangvereine (im wesentlichen Männerchöre) bis etwa zum ersten Weltkrieg. 2. Einflußnahme der Jugendbewegung mit ihren Singkreisen bis Anfang der dreißiger Jahre und danach bis 1945 die teilweise Übernahme ihrer Traditionen in die Jugendverbände der Hitlerzeit. 3. Entstehung und Verbreitung der Volkskunstgruppen nach 1945. Nebenher läuft, stets beeinflußt durch die jeweils herrschenden Formen des organisierten Singens, die Musikausbildung in der Schule. — Von den drei ebengenannten Entwicklungsstadien des organisierten Singens, deren jedes seine eigenen Gemeinschaftsformen, Singgewohnheiten und Liedrepertoires aufweist, sind die ersten beiden in sich aufgefächert nach Klassen und politischen Richtungen. Neben den bürgerlichen Liedertafeln und Männergesangvereinen, die eine national-konservative oder liberale Gesinnung pflegten, entwickelten sich gegen Ende des Jahrhunderts sozialdemokratisch orientierte Arbeiterchöre, neben den bürgerlichen, z. T. -auch konfessionell gebundenen Singegruppen der Jugendbewegung solche der sozialdemokratischen und kommunistischen Jugendverbände. Allerdings haben in der Altmark aufgrund ihrer ökonomischen Struktur die von der Arbeiterklasse getragenen Singorgansiationen nur eine bescheidene Rolle gespielt. Den Hauptanteil der Sängerschaft stellte neben dem Bürgertum und Kleinbürgertum der 12*

180

Singgemeinschaften

und Singgelegenheiten

Städte die bäuerliche Bevölkerung, zumindest in den Gesangvereinen. Die ländlichen Liedertafeln aber, in denen Groß- und Kleinbauern nebeneinander sangen, orientierten sich an den bürgerlichen Vorbildern. Betrachten wir zunächst den E n t w i c k l u n g s w e g d e r b ü r g e r l i c h e n G e s a n g vereine. „Die Gründung der ersten Männergesangvereine in der Altmark fällt in die vierziger Jahre des vorigen Jahrhunderts", schreibt Gehne in seinem schon mehrfach zitierten Aufsatz Volksbräuche und Volksglaube in der Altmark, in dem auch die „Sitten und Gebräuche bei Vereins- und Volksfesten" behandelt werden 1 . Besonders in Städten und größeren Dörfern waren schon vor 1850 Gesangvereine am Werke, u. a. in Lindstedt (Männergesangverein, gegründet 1835), Klötze (Männerchor, gegründet 1847) 2 , Tangermünde 3 und Stendal. In der Altmarkmetropole fanden, dem Chronisten Ludwig Götze zufolge 4 , schon seit dem zweiten Jahrzehnt des 19. Jahrhunderts wiederholt Konzerte von Laienvereinigungen — meist zu Wohltätigkeitszwecken — statt. Erwähnt werden, neben mehreren Veranstaltungen mit unbekannter Vortragsfolge, Aufführungen von Grauns Passionskantate Der Tod Jesu (1817 und 1847), C. M. v. Webers Euryanthe und L. Spohrs Jessonda (1838), ferner ein Haydn-Konzert, das 1825 von Mitgliedern eines Musikvereins veranstaltet wurde, sowie „musikalisch-dramatische Abendunterhaltungen" einer „Vereinigung von Dilettanten". 1835 ist — anläßlich einer geistlichen Musik in der Marienkirche — zum erstenmal von einer „Liedertafel" die Rede. 1847 gründete J . G. Rönnefarth — ein Mann der auch sonst im gesellschaftlichen und politischen Leben der Stadt eine führende Rolle spielte 5 — „einen neuen Gesangverein, der wieder den Namen Liedertafel" führte. Es handelt sich um die Allgemeine Liedertafel Stendal, die mit 92 Mitgliedern ihre Arbeit aufnahm, um sich von nun an rund ein Jahrhundert führend am Musikleben der Stadt zu beteiligen 6 . Schon 1849 trat sie gleich mit zwei bedeutenden Werken vor die Öffentlichkeit, mit Mendelssohns Oratorium Paulus und Händeis Samson 7 . Daß neben den großen Chorwerken auch das Volkslied und volkstümliche Lied von Anfang an mit Erfolg gepflegt wurden, belegt die Vereinschronik. 1854 konnten die Liedertäfler unter der Leitung v o n 1 2 3

4 5 6 7

A . a. O., S. 227ff., besonders S. 231. Der Klötzer wie auch der Lindstedter Chor bestehen übrigens heute noch. In Pohlmanns Geschichte der Stadt Tangermünde (Stendal 1829, S. 94f.) heißt es, daß der dortige Gesangverein schon „seit mehren Jahren" besteht: „Mehre junge musikalische Damen und Herren, vorzüglich die seit 1826 hier angestellten jungen und thätigen Lehrer bilden diesen Verein, der sich wöchentlich einmal versammelt." Auch ein Musikverein wird erwähnt, der Sinfonien und Oratorien zur Aufführung brachte, u. a. Haydns Schöpfung und Die Jahreszeiten. Urkundliche Geschichte der Stadt Stendal, S. 584f. Vgl. dazu Götze, S. 554ff. Vgl. Der Altmärker (Altmärkische Tageszeitung Stendal) vom 27. Oktober 1937. Das letztgenannte Oratorium war schon 1840 von dem Musiklehrer Dr. C. W . Lange unter Heranziehung aller Musikkräfte der Stadt mit 120 Sängern und Instrumentalisten aufgeführt worden.

Die von organisierten Verbänden neu geschaffenen Formen des Singens

181

C. Zeckwer mit dem Liede Seht, wie die Sonne dort sinket in Braunschweig den ersten Preis unter zehn wetteifernden Vereinen ersingen 1 . Waren es anfangs nur wenige Laienchöre, die sich um eine Belebung des örtlichen Musiklebens bemühten, so stieg seit der zweiten Jahrhunderthälfte die Vereinszahl ständig an. Kurz vor dem ersten Weltkrieg konnte Gehne 2 berichten, daß „heutzutage . . . nicht nur jede Stadt ihre Liedertafel, ihren Liederkranz oder dergl., sondern auch fast jedes Dorf . . . seinen Männergesangverein" besitzt. Im Jahre 1930 bestanden allein im Sängerkreis Salzwedel 126 aktive Chorgruppen 3 , die sich auf den damals zwei Städte, 182 Landgemeinden und sieben selbständige Gutsbezirke umfassenden Landkreis verteilten. In diesem an Territorium zweitgrößten der vier alten altmärkischen Kreisgebiete lebten damals etwa 24% der Altmark-Bevölkerung. Man kann daher annehmen, daß die Chorzahl in den übrigen drei Kreisen nicht geringer war 4 . Diese Vermutung wird gestützt durch die Antworten auf die Fragen 141 und 127 des A D V 5 , die am Anfang der dreißiger Jahre für die ganze Altmark ein den Salzwedler Verhältnissen angenähertes Verbreitungsbild vermitteln. Von 100 altmärkischen Orten, aus denen Antworten vorliegen, gaben nur 29 eine negative Auskunft. Die übrigen 71 Dörfer und Städte unterhielten einen bzw. mehrere Gesangvereine, wobei — soweit man das aus den diesbezüglich lückenhaften Angaben ablesen kann — Männergesangvereine und gemischte Chöre in der Überzahl waren, während Frauen- und Jugendchöre nur vereinzelt genannt wurden. Nicht nur die größeren Orte hatten eine solche Singvereinigung aufzuweisen; auch in vielen kleinen Bauerndörfern bestand ein Chor. Reichlich 2/3 der angeführten 71 Orte liegen unter der 500-Einwohnergrenze, davon x/3 unter 300, 1/6 unter 200 und ein Ort sogar unter 100 Einwohnern. Die Städte unterhielten größtenteils mehrere Gesangvereine. Die höchste Zahl erreichte Haldensleben mit acht Chören. Aber auch einige kleinere Dörfer sind unter den insgesamt siebzehn Orten, in denen mehrere Singvereinigungen bestanden, vertreten, u. a. Schmölau (mit 250 Einwohnern), Kossebau (mit 300 Einwohnern) und Iden (mit 350 Einwohnern) 6 . Da dem Deutschen Sängerbund (DSB) von allen bestehenden gesamtdeutschen Chorverbänden die meisten altmärkischen Gesangvereine angegliedert waren, vermitteln seine statistischen Veröffentlichungen einen ungefähren Eindruck von der zahlenmäßigen Entwicklung des bürgerlichen Chorwesens in der Altmark. Die Anregung zu einem verbandsmäßigen Zusammenschluß der in der Altmark und im Elb1 2 3

4

5

6

Der Altmärker vom 27. Okt. 1937. Volksbräuche, S. 231. Siehe das Geleitwort der „Festschrift zum Sängerfest der Salzwedler Chorgemeinschaft am 10. Juli 1955 in Salzwedel", S. 4. Eine umfassende Chor-Statistik existiert unseres Wissens für die Altmark leider nicht. Lediglich der Deutsche Sängerbund, auf dessen altmärkische Unterorganisation wir noch zu sprechen kommen, veröffentlichte statistisches Material, das natürlich nur über die ihm angeschlossenen Chöre Auskunft gibt. Wortlaut der 141. Frage s. oben S. 85. Frage 1 2 7 : Welche Vereine sind im Leben des Ortes besonders wichtig? Die Einwohnerzahlen geben den Stand von 1925 wieder.

182

Singgemeinschaften und Singgelegenheiten

Havel-Gebiet (Landkreise Jerichow I und Jerichow II) bestehenden Chöre „zum gemeinsamen Wirken im Dienste des Männergesanges, zur Verbreitung des Interesses für denselben und Hebung der Gesangskunst" war 1864 vom Verein der Gesangsfreunde Seehausen ausgegangen. Noch im gleichen Jahr trat der neugegründete „Elb-Havel-Sängerbund", dem anfangs 15 Vereine angehörten (darunter der Verein der Gesangsfreunde und der Handwerkergesangvereine Seehausen, die Gesangvereine Groß-Apenburg, Arendsee, Arneburg, Wolmirstedt, die Liedertafeln Gardelegen und Salzwedel und die Allgemeine Liedertafel Stendal), dem Deutschen Sängerbund bei 1 . Mit dem Anhaltischen Sängerbund, dem Sängerbund an der Saale und der Provinzial-Liedertafel gehörte er zum Kreis VII des DSB (Provinz Sachsen und Anhalt). Bis 1896 stieg die Vereinszahl des Elb-Havel-Sängerbundes auf 51. Nach der Jahrhunderwende zunächst stagnierend oder sogar rückläufige Tendenzen zeigend (1912: 45 Vereine), machte der Bund zwischen 1924 und 1929 seine stärkste Entwicklung durch. Die Vereinszahl vergrößerte sich in dieser Zeit von 62 auf 214 Vereine 2 . Leben und Treiben der altmärkischen Gesangvereine vollzog sich in ähnlichen Formen wie anderswo in Deutschland auch. Bei Gehne (Volksbräuche, S. 231 f.) finden wir eine ausführliche Beschreibung der wenigstens einmal jährlich — meist im Frühsommer — stattfindenden G e s a n g s f e s t e , in denen sich ein wesentlicher Zug des Vereinslebens ausprägt: „DieVeranlassung zur Veranstaltung derartiger Feste ist häufig ein Jubiläumstermin oder die Weihe einer neubeschafften Fahne. Schon mehrere Wochen vorher ergehen von dem festgebenden Verein Einladungen an verschiedene auswärtige Vereine. Ist der zum Feste bestimmte Sonntag herbeigekommen, dann wird der Ort festlich ausgeschmückt: Guirlanden werden von Haus zu Haus gezogen, Ehrenpforten mit sinnigen Inschriften errichtet und vor den Häusern grüne Birken aufgepflanzt. Gegen Mittag kommen die eingeladenen Vereine auf mit Maien geschmückten Leiterwagen. Am Eingange des Ortes werden dieselben von dem Festkomitee empfangen und dann zu Fuß unter Vorantritt einer Musikkapelle nach dem Vereins- bzw. Festlokal geleitet. Nachdem sämtliche angemeldeten Vereine eingetroffen sind, findet gewöhnlich eine Generalprobe der Chorlieder statt. Die gern auf Sängerfesten gesungenen Chorlieder sind: Brüder reicht die Hand %um Bunde und Auf, ihr Brüder, laßt uns wallen. Hierauf ordnen sich die Vereine mit ihren Fahnen zum Festzuge, der sich durch den Ort nach dem Festplatz bewegt. Dort angekommen, nimmt die Sängerschar vor einer errichteten Tribüne Aufstellung. Der Vorsitzende des festgebenden Vereins begrüßt die erschienenen Festteilnehmer in einer kurzen Ansprache, worauf in der Regel ein Chorlied gesungen wird. Darauf folgt die Festrede und ein zweites Chorlied . . . dann tragen die einzelnen Vereine der Reihe nach ihre Preislieder vor. Nach Erledigung des Konzertprogramms beginnt in dem Festzelt der Tanz. Die am folgenden Tage noch stattfindende Nachfeier ist speziell dem festgebenden Verein gewidmet." 1 2

Vgl. Dt. Sängerbund 1912, S. 51. Vgl. Ewens, Sängerbuch 1930, S. 109f.

Die von organisierten Verbänden neu geschaffenen Formen des Singens

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Ähnlich wird man sich auch die Sängerfeste des Elb-Havel-Sängerbundes, die zwischen 1864 und 1906 14mal in verschiedenen Städten der Altmark (1864,1880 und 1900 Seehausen, 1873 Gardelegen, 1875 und 1889 Stendal, 1883 Salzwedel, 1892 Osterburg, 1903 Klötze) und des Elb-Havel-Gebietes stattfanden 1 , vorzustellen haben. In Stendal, dem Sitz des Bundes (geschäftsführender Verein war lange Jahre Sängerkränzchen Stendal), fanden daneben noch andere Veranstaltungen wie die Einweihung des Bundesbanners (1873) und Chormeisterversammlungen (z. B. 1881) statt. Teilweise nahmen an diesen Zusammenkünften auch auswärtige Vereine teil, wie der Elb-Havel-Bund seinerseits zu den Veranstaltungen befreundeter Bünde, zu den Gesangsfesten und Chormeisterlehrgängen des übergeordneten Kreises und den allgemeinen Deutschen Sängerbundesfesten Delegierte entsandte (z. B. 1874 nach München, 1882 nach Hamburg, 1890 nach Wien, 1896 nach Stuttgart, 1902 nach Graz, 1907 nach Breslau) 2 . Seit der Jahrhundertwende häuften sich die Jubiläumstermine, die nach Gehne besonders gern zum Anlaß genommen wurden, örtliche Gesangsfeste durchzuführen. Eine besonders prächtige Veranstaltung scheint das goldene Jubiläum des 1878 gegründeten, seit 1883 dem Elb-Havel-Sängerbund angehörenden Stendaler Gesangvereins Frohsinn im Jahre 1928 gewesen zu sein 3 . Allein aus der Altmark waren 29 Chöre als Gratulanten und Teilnehmer erschienen 4 , zahlreiche weitere aus den angrenzenden Landschaften. Der Chronist weiß von einem glanzvollen Umzug durch die festlich geschmückten Straßen der Stadt zu berichten, von einem würdevollen Festakt und zwei großen, gutgelungenen Konzerten, an denen sich auch die auswärtigen Vereine beteiligten. Neben einer ganzen Reihe zeitgenössischer Kompositionen wurden Werke von Richard Wagner, Grieg, Schubert, C. M. v. Weber und volkstümliche Lieder wie Ach du klarblauer Himmel, Wer recht in Freuden wandern will,

Schön ist die Jugend, Ein Jäger aus Kurpfals^ und Am Brunnen vor dem Tore zu Gehör gebracht. Als Massenchöre erklangen Auf der Lüneburger Heide, Die Finken und die schlagen (ein Chorlied von Ernst Pfusch, das wir noch 1955 von einem altmärkischen Männergesangverein hörten) und das auf fast keinem Sängertreffen fehlende BundesVgl. Dt. Sängerbund 1912, S. 51 ff. - Auch von sich aus unternahmen die altmärkischen Vereine mehrfach Sängerfahrten, die Allgemeine Liedertafel Stendal z. B. nach dem Harz und nach Thüringen, ins Rheinland und zur Ostsee. Vgl. Der Altmärker v. 27. Okt. 1937. 3 Vgl. Der Altmärker vom 30. Aug. 1928. 4 So aus Salzwedel (MGV Liederhain und Liederkranz), Klötze (MGV Liedertafel), Osterburg (MGV Frohsinn), Arneburg (Zabbesche Liedertafel), Gardelegen (MGV Eintracht), Tangerhütte (MGV Liedertafel, gegr. 1877), ferner Männergesangvereine aus GroßApenburg, Bertkow, Sandau (Liedertafel), Groß-Möhringen, Meßdorf, Rochau (Concordia), Kläden, Bindfelde (Einigkeit), Eichstedt (Einigkeit) sowie zwei gemischte Chöre aus Eichstedt und Käthen. Aus Stendal selbst beteiligten sich — außer dem Jubilar — die Allgemeine Liedertafel, der Cäcilien-Verein, der Arnoldsche Männergesangverein, die Rummertsche Gesangvereinigung, die Männergesangvereine Röxe und Wahrburg, der Bethsche Liederkranz, der Allgemeine und der Zeckwer Männergesangverein sowie Sängerkränzchen Stendal. 1

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Singgemeinschaften und Singgelegenheiten

lied Brüder, reicht die Hand %um Bunde. Auf ähnliche Weise feierten auch die Allgemeine Liedertafel Stendal und die anderen traditionsreichen Chöre der Stadt (z. B. der 1887 gegründete Lehrergesangverein) ihre Jubiläen oder andere festliche Termine (u. a. den 100. Geburtstag von EichendorfF, Theodor Körner und Richard Wagner). Besonders erwähnenswert ist die mehrmalige Aufführung von Max Bruchs Oratorium Frithjof (1897, 1913 und 1922) sowie eine Konzertaufführung des Tannhäuser zu Wagners 100. Geburtstag, die wegen des glänzenden Erfolges wiederholt wurde 1 . Immer aber stand neben den großen Werken gleichberechtigt die einfache Liedbearbeitung. Viele Konzerte waren ausschließlich den kleinen Formen gewidmet, den Liedkompositionen des 19., teilweise auch des 20. Jahrhunderts und dem Volksliede 2 . Dieses FeFd bestellten vor allem die kleineren ländlichen Vereine, von denen nur wenige dem Elb-Havel-Bund oder ähnlichen Chorverbänden angeschlossen waren, die jedoch in ihren Heimatorten eine rege Tätigkeit entfalteten. Nach Hesselbarth, der das Vereinsleben während der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts in seinem viele persönliche Erinnerungen enthaltenden Altmarkbüchlein 3 schildert, waren in dem Landstädtchen Kalbe an der Milde „stimmbegabte, einfache Ackerbürger und Handwerksmeister" 4 , die unter der Leitung des Rektors und später des „ersten Lehrers" sich zusammenfanden, Mitglieder der Liedertafel. „Alljährlich im Winter fanden drei bis vier K o n z e r t e im Fritz Dannehl'schen Saal statt. Die Sänger standen im Halbkreis auf der Bühne, mit schwarzem Frack, weißer Pikeweste, weißer Binde und weißen Glacehandschuhen, die Notenblätter in der Hand. Alles rüstige Gestalten, denen man ihren schweren Beruf hier nicht ansah! Der Saal war stets von den Familien der Sänger gefüllt, ja, aus der ganzen Umgegend kamen die Zuhörer herbeigeeilt." Den winterlichen Konzerten trat im Sommer das ebenso beliebte „Gartenfest", das im ,Wildgarten' stattfand, an die Seite. Gesungen wurden in diesen Konzerten Gesänge wie Wer hat dich, du schöner Wald, Dies ist der Tag des Herrn (die beliebte Kreutzersche Vertonung von Uhlands Gedicht Schäfers Sonntagslied), Frühmorgens, wenn die Hähne krähn u. ä. Ein Zugstück war es, schreibt Hesselbarth, wenn der „Heldentenor", der auch mit verschiedenen Blasinstrumenten umzugehen wußte, das Lied sang Gesang verschönt das Leben, Gesang erfreut das HerDann nahm er die Flöte und spielte ein Solo aus dem Troubadour und danach ein Stück auf dem Tenorhorn. Einen wesentlichen Bestandteil der Winterprogramme bildeten daneben „all die schönen Lieder aus der Zeit der großen Erhebung der Freiheitskriege" : Du Schwert an meiner Unken, Was ist des Deutschen Vaterland, Und hörst du das

1

2

3 4

Sie erfolgte unter Mitwirkung der Kapelle des Infanterie-Regiments Nr. 27 Halberstadt und namhafter auswärtiger Solisten. Vgl. die Mitteilungen über die Entwicklung der Allgemeinen Liedertafel Stendal und den Stendaler Lehrergesangverein sowie den Verein Sängerkränzchen, der sich 1933 mit der Allg. Liedertafel vereinigte, in: Der Altmärker v. 25. Sept. und 27. Okt. 1937. Die Altmark, S. 35ff.: „Die alten Sänger in Calbe". Schneider- und Schmiedemeister, Seifensieder und Wassermühlenbesitzer, Färber- und Drechslermeister.

Die von organisierten Verbänden neu geschaffenen Formen des Singens

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mächtige Klingen, von der Ostsee bis über den Rhein und Vater, ich rufe dich. Man merkte es, wie die Einigkeit des deutschen Vaterlandes herbei gesehnt wurde", schreibt Hesselbarth dazu. Mehrere humoristische Lieder, auf die wir an anderer Stelle noch zurückkommen, vervollständigten dieses für die achtziger und neunziger Jahre des vorigen Jahrhunderts typische Vereinsrepertoire. Einige Jahrzehnte später gehörten zum Singgut eines kleinen ländlichen Vereins etwa: In einem kühlen Grunde; Am Brunnen vor dem Tore; Wer hat dich, du schöner Wald; Schon die Abendglocken klangen; Nun leb wohl, du kleine Gasse-, Traute Heimat meiner Lieben-, Ich habe geglaubet-, Im Frühjahr ists auf den Alpen u. ä. Diese Lieder hatte der Breitenfelder Männergesangverein, der während des letzten Krieges zu bestehen aufhörte 1 , während der zwanziger und dreißiger Jahre in seinem Programm. Übrigens fanden rührselige Stücke wie die letztgenannten um die Jahrhundertwende allenthalben Eingang, namentlich in die Repertoires der kleinen Vereine, die sich an schwierigere Chorliteratur nicht heranwagten, aber auch den Mut zum einfachen Volksliede nicht aufbrachten. Eine ganze Reihe derartiger Lieder hat — nach dem Zeugnis einiger unserer Gewährsleute — über die ländlichen Gesangvereine Verbreitung und Eingang in den persönlichen Liedschatz der Sänger gefunden, z. B. Es liegt ein Weiler fern im Grund; Verlassen, verlassen, verlassen bin i; Noch ist die blühende goldene Zeit; Wie die Tage so golden verfliegen; Ein Vöglein sang im Lindenbaum; Du mei flachshaarnes Dirndel; Am Hügel, wo der Flieder blüht usw. Auch sie mögen hin und wieder auf Gesangsfesten und Konzertveranstaltungen erklungen sein. „Aber nicht nur Konzerte gaben die Sänger", heißt es bei Hesselbarth an anderer Stelle, „sondern auch an den F e s t t a g e n verschönten sie den Gottesdienst in der K i r c h e . Sie sangen die Liturgie und nach Schluß der Predigt . . . noch ein passendes geistliches Lied . . . Am Karfreitag wurde ein Teil der Matthäuspassion von Joh. Sebastian Bach zu Gehör gebracht." Derartige chorische Darbietungen der Gesangvereine im Gottesdienst waren vielerorts üblich, da nur verhältnismäßig wenige Orte einen eigenen Kirchenchor besaßen. Besonders der Weihnachts-, Oster- und Pfingstgottesdienst wurde auf diese Weise festlich ausgestaltet, wozu neben den Gesangvereinen gelegentlich auch die Schulkinder herangezogen wurden 2. Als Sonderfall sei hier das traditionelle Sandauer Quempassingen in der Christnachtsmette erwähnt. Die in vier Chöre eingeteilten Schulkinder sangen — von der Gemeinde kräftig unterstützt — alternierend den alten, seit vielen Generationen in schmuckreichen handschriftlichen Quempasheften überlieferten Festgesang Quem pastores laudavere%. Wo K i r c h e n c h ö r e bestanden, besorgten natürlich sie die musi1

2 3

Die prunkvolle Vereinsfahne ruht jetzt — sorgfältig verpackt — auf dem Hausboden eines ehemaligen Vorstandsmitgliedes, unseres rührigen Gewährsmannes Adolf W., der sie hervorholte und voller Stolz zeigte. Vgl. Ebeling II, S. 2 1 9 f . Vgl. dazu die ausführliche Schilderung des Sandauer Gewährsmannes in der Anlage zur Frage 1 1 2 des A D V . Nach Hölzer (Eine alte Volksweise, S. 14, sowie Notizen im Nachlaß) war eine ähnliche Form des Quempas-Singens auch in Westeregeln (südlich von Magdeburg) und um 1890 in Neuhaidensieben Sitte.

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Singgemeinschaften

und

Singgelegenheiten

kaiische Ausgestaltung der Gottesdienste. Daneben entfalteten sie, besonders in den größeren Städten, eine rege Konzerttätigkeit, z. B. in Stendal. Dort besaß jede Kirchgemeinde (u. a. der Dom, die Marienkirche, St. Jacobi, St. Petri, Gemeinde Röxe) ihren eigenen Chor, daneben z. T. noch Jugendsingegruppen und Posaunenchöre. Auf die Frage 141 des ADV liegen aus weiteren 20 Orten der Altmark (von insgesamt 97, die diese Frage beantworten) positive Auskünfte über Kirchenchöre vor, meist aus Städten und größeren Dörfern. Alle kleineren Ortschaften aber behalfen sich in der oben beschriebenen Weise mit ihren Gesangvereinen und Schulchören. Neben der Ausgestaltung des Gottesdienstes gehörten auch H o c h z e i t s s t ä n d c h e n u n d G r a b g e s ä n g e zu den Obliegenheiten der Gesangvereine 1 . „Hatte ein Sänger Hochzeit, so wurden ihm am Polterabend vor seiner Tür herrliche Lieder gesungen, starb einer von den Sängern oder jemand aus der Familie, so stellten sie sich am Grabe ein", berichtet Hesselbarth. Nach Aussage unserer Calvörder Gewährsfrau Anna L. (Sängerliste Nr. 48) wurde in den zwanziger Jahren bei Beerdigungen mit Vorliebe gesungen Laß mich gehen, laß mich gehen, daß ich Jesum möge sehen BVA Nr. 1344), während bei Hochzeiten unter anderem erklang: Notenbeispiel 42 F l o t t J = 108 Fritz-chen ist

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aus, nicht,

Teilweise übernahmen auch diese Funktion — wie in früheren Zeiten (vgl. oben S. 9 f.) — die Schulkinder. Vgl. Ebeling II, S. 212, Gehne, Volksbräuche, S. 217, und Schröder, Hansjochenwinkel, S. 90.

Die von organisierten Verbänden neu geschaffenen Formen des Singens

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—K K—h i' J' * ff ^ kommst mir g-ar nicht recht.

1

B V A 1346. Slg. Stockmann 1955. Tonbandaufz. Nr. 19b/2 vom 4. 6. aus Calvörde (Anna L., 63).

Als T r ä g e r d e s g e s e l l i g e n L e b e n s spielten die Gesangvereine — neben anderen örtlichen Vereinen — in Städten und Dörfern eine wichtige Rolle 1 . Sie veranstalteten die ein- bis zweimal jährlich stattfindenden großen Vergnügungen und Bälle. In Lindstedt war z. B. das Fest des „Erbsbären" („Bärenleier") zur Fastnachtszeit eine Angelegenheit des Gesangvereins geworden, das mit einem großen Balle endete 2 . Derartige Sängerfeste sind wohl vorwiegend gemeint, wenn in den Antworten auf die 141. Atlasfrage (Teil c) mehrfach Vereinsbälle als Singgelegenheiten genannt werden. Den winterlichen Vergnügungen traten im Sommer Feste im Freien 3 und Ausflüge an die Seite, die die Sänger und ihre Familien in die Letzlinger Heide oder in die Hellberge führten und die mit Gesang, Spiel und Tanz verschönt wurden 4 . In der wilhelminischen Ära wurden beispielsweise Staatsfeiertage wie das Sedansfest, das die örtlichen Krieger- und Landwehrvereine veranstalteten, häufig von gesanglichen Darbietungen bürgerlicher Gesangvereine umrahmt. Hier wie bei anderen Vereinsfesten in der warmen Jahreszeit (z. B. den Schützenfesten) 'fehlte auch der abendliche „Fackelzug" der Kinder nicht, wobei statt des herkömmlichen Laterne-Laterne vielfach schon beliebige Volkslieder oder andere, auf den Charakter des jeweiligen Festes bezügliche Gesänge (natürlich von den mitgehenden 1

3

3

4

Nach Ebeling (Blicke in vergessene Winkel II, S. 241) galten „außer den Sänger-, Krieger-, Turner-, Schützen- und wer weiß was f ü r Vereinen" auf dem Lande besonders die Landwehrvereine (die in den Jahren 1864, 1866 und 1870/71 ins Leben gerufen wurden) mit ihren Festen „als Gipfel aller Freuden". Sie hießen schlechtweg „dasFest". Vgl. auch Gehne, Volksbräuche, S. 227ff., besonders S. 233. Daß vor oder nach diesen Vereinsfesten (z. B. nach dem Wintervergnügen der Gesangvereine in Roxförde und Potzehne, Kreis Gardelegen) von den Veranstaltern auch Heischegänge durchgeführt wurden — in Fortsetzung der ehemals von den Burschen geübten Fastnachts- und Pfingstbräuche, beschreibt Schlomka, S. 57 und 173. Besonders die frühsommerlichen Feste, die örtlich verschiedene Namen tragen und teilweise über die Ortsgrenzen hinaus bekannt sind: das Beeser Buschfest, das Klädener Kirschfest usw. — Auch an den um diese Zeit stattfindenden Schützenfesten waren die örtlichen Gesangvereine verschiedentlich mitbeteiligt. Vgl. Dietrichs-Parisius II, S. 64f.

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Singgemeinscbaften

und Singgelegenheiten

Erwachsenen) gesungen wurden 1 . Weitere Anlässe, bei denen die Gesangvereine für musikalische Umrahmung sorgten, waren etwa Denkmalsenthüllungen, Einweihungen neuer Schulen, Krankenhäuser, Kirchen, Verwaltungsgebäude und ähnliche örtliche Festlichkeiten 2 . Innerhalb der Gesangvereine wurde gelegentlich auch Theater gespielt 3 , Heimatstücke vorwiegend, mit gesanglichen Einlagen verbrämt. Aus einem solchen kannte unsere Kloster Neuendorfer Gewährsfrau Anna M. das Lied Morgens früh bei kühlen Tagen, das sich — allerdings mit anderer Melodie — schon in Parisius' Sammlung befindet 4 . Überhaupt spielten Geselligkeit und Unterhaltung eine nicht unwesentliche Rolle, namentlich auf Sängerbällen und Vereinsfesten, wobei gern humoristische Lieder, komische Szenen, Couplets u. dgl. vorgetragen wurden. Schon Hesselbarth teilt davon Proben mit: Du verdammter Schuh, Schuh, Schuh und du verdammter Schuhknecht da%u (Das Schuhdrücken); Sonntags %ieht der junge Mann seinen neuen Leibrock an; Wer auf der Welt sein Glück will machen; Fische fangen, Vogelstellen verdirbt so manchen Junggesellen usw. Lieder dieses Genres hielten sich, besonders in den kleinen V e r einen, bis in die jüngste Vergangenheit. Zum Beispiel sang unsere Gewährsfrau Auguste S. (Sängertabelle Nr. 69), eine sympathische Sängerin mit warmer, ungewöhnlich tiefer Altstimme, die uns durch differenzierte Gestaltung vielstrophiger Erzähllieder auffiel, Anfang der fünfziger Jahre auf einem Wintervergnügen des Lindstedter Gesangvereins — angetan mit Frack und Zylinder! — Freddy Siegs Krumme Lanke. Offenbar waren derartige Stücke, zu denen auch das oben mitgeteilte Hochzeitsständchen Frischen ist ja kreuzfidel zu rechnen ist, beim Publikum nicht unbeliebt, haben sie doch — ebenso wie die sentimentalen Lieder der Jahrhundertwende — im nichtorganisierten Volksgesang manche Spuren hinterlassen. Wie die mitgeteilten Programmausschnitte demonstrieren, war das S i n g r e p e r t o i r e der bürgerlichen Gesangvereine durchaus nicht einförmig. Es reichte von der einfachen Volksliedbearbeitung bis zum Oratorium, vom hymnischen Festgesang bis zum Couplet; Gesänge, die der herrschenden politischen Gesinnung Ausdruck gaben, waren darin ebenso zu finden wie Choräle und frische Wanderlieder. J e nach den örtlichen und zeitlichen Gegebenheiten stand das eine oder andere mehr im Vordergrund. Bei allen Niveauunterschieden, die zwischen den großen Chören der Städte und den kleinen ländlichen Vereinen bestanden, bei allen Veränderungen auch, denen das Sangesgut im Laufe der historischen Entwicklung unterworfen war, bleibt jedoch erstaunlich, in wie hohem Maße sich die romantische Chorliteratur — 1

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Vgl. die Antworten auf die 22. und 24. Atlasfrage (Laternen-Umzüge und Laternenlieder). Vgl. z. B. die Mitteilungen über den Stendaler Lehrergesangverein in: Der Altmärker v. 25. Sept. 1937. Sofern nicht, wie in Kalbe, ein eigener Theaterverein bestand. Vgl. Hesselbarth, S. 33f. BVA-Nr. 1596 und Parisiusausgabe Nr. 165, 206, 314, 403, 745. - Ähnliches erfahren wir übrigens aus Götzes Stendaler Chronik, in der manches Interessante über das Theaterleben der Altmarkmetropole verzeichnet ist. Bei der Aufführung von Holteis Leonore verlegte man den Ort der Handlung teilweise in die Altmark und verwendete ebenfalls altmärkische Lieder als Gesangseinlagen (Urkundliche Geschichte der Stadt Stendal, S. 588).

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über alle Verschiedenheiten und Wandlungen hinweg — als tragfähiges Fundament erwies und behauptete. Sie bildete den vielgestaltigen Kern, die gemeinsame Repertoiregrundlage, aus der die Vereine je nach ihrer Leistungsfähigkeit die leichten Einzelchöre oder größere und schwierigere Werke auswählen konnten. Kein Wunder, daß die Chorlieder der Romantik, seien es Kompositionen von Weber, Spohr, Kreutzer, Schubert, Zöllner, Marschner, Mendelssohn, Schumann, Fesca, Silcher, Methfessel oder anderen Meistern des 19. Jahrhunderts, zu den meistgesungenen gehörten und daß einige ihrer Natur- und Wander-, Liebes- und Abschiedslieder nicht nur zum festen Bestand jedes Vereins zählten, sondern als zugkräftige Standardnummern auch in fast keinem Konzert fehlten. Selbst als man in den ersten Jahrzehnten unseres Jahrhunderts einerseits das zeitgenössische Chorschaffen, andererseits — unter dem Einfluß der jungen Volksliederneuerungsbewegung — das Liedgut früherer Epochen, namentlich des 16. Jahrhunderts, stärker zu berücksichtigen begann, wurde diese aus dem 19. Jahrhundert überkommene und vielfach bewährte Grundlage nicht ganz aufgegeben. Zusammen mit den Früchten der eben erwähnten Reform, die — als Reaktion auf die Verfallserscheinungen der achtziger und neunziger Jahre — vor allem von den größeren Vereinen verwirklicht wurde 1 , prägte sie bis in die jüngste Vergangenheit dem Repertoire der Laienchöre ihren Stempel auf. Einiges davon dürfte sich auch in Zukunft halten. Es bleibt die Frage, inwieweit sich das Repertoire der in der Altmark bestehenden A r b e i t e r g e s a n g v e r e i n e (nach vorsichtiger Schätzung etwa 3—4% aller Chöre) vom Liedgut der bürgerlichen Chorvereinigungen abhob und welchen Entwicklungsweg die Arbeitersängerbewegung überhaupt in diesem vorwiegend landwirtschaftlichen Gebiet genommen hat. Beides ist nicht ganz leicht zu beantworten, denn das zur Verfügung stehende Material ist äußerst lückenhaft. Offenbar sind bis zum heutigen Tage auch an Ort und Stelle kaum Fakten bekannt. Nicht nur blieben viele unserer diesbezüglichen Anfragen, z. B. bei den Kulturabteilungen der Kreisräte, unbeantwortet. Auch dort, wo wir Auskünfte erlangen konnten 2 , machten sich immer wieder Rückfragen notwendig, da die einzelnen Angaben häufig differierten. Doch ergab sich nach und nach aus allem, was wir der Literatur entnehmen bzw. von altmärkischen Gewährspersonen erfragen konnten, ein ungefähres Bild. In der Deutschen Arbeiter-Sängerzeitung (DASZ) finden sich verschiedene Artikel, die die Situation der Arbeiterchöre in solchen kleinen Landstädten, wie sie für die Altmark typisch sind, schildern. Da ist u. a. von den Problemen der Repertoiregestaltung die Rede und von den allgemeinen Schwierigkeiten, in Orten „von vorherrschend kleinbürgerlicher Schichtung einen Arbeitergesangverein hochzu1

2

Vgl. z. B. die diesbezüglichen Angaben über die Stendaler Gesangvereine Allgemeine Liedertafel und Sängerkränzchen in: Der Altmärker v. 27. Okt. 1937. Hinweise und Auskünfte verdanken wir den Museumsleitern Dr. G. Richter-Stendal und J. Kohlmann-Tangermünde, der Kommission zur Erforschung der Geschichte der örtlichen Arbeiterbewegung-Stendal, Martin Ehlies-Salzwedel, Otto Goethe, einem alten Stendaler Arbeitersänger, und unserem Gewährsmann Erich S. (Sängertabelle Nr. 80).

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Singgemeinschaften

und Singgelegenheiten

bringen" 1 . An einer anderen Stelle derselben Zeitschrift heißt es 2 , daß die Arbeitergesangvereine (mit Ausnahme der großstädtischen Chöre) bis kurz vor dem ersten Weltkrieg wegen der vielerorts üblichen polizeilichen Überwachung keine rechten Pflegestätten der Kunst sein konnten. „Konzerte kannte man nicht. Die Veranstaltungen waren auf Unterhaltung und Geselligkeit eingestellt" und konnten zunächst auch keine Breitenwirkung entfalten, sondern „umfaßten nur die eigenen Berufs- und Gesinnungsgenossen". Überall, w o Arbeitergesangvereine bestanden, hatten sie Schwierigkeiten, ein Übungslokal zu finden. Nach Mertens 3 konnte z. B. für die Arbeitervereine Gardelegens (Gesang- und Turnverein) die Saalfrage erst 1914 gelöst werden. „Der Pächter des Saallokals ,Deutscher Kaiser' . . . gab seinen Saal und weitere Räume für die Veranstaltungen der SPD und der oben erwähnten sozialistischen Vereine her und gestattet regelmäßige Gesangs- und Turnübungen in seinem Betrieb. Im Bericht des Bürgermeisters von Gardelegen P. 2678 vom 15. 7. 1914, Geheim, schreibt dieser u. a. an den Landrat: . . . Es darf nicht verkannt werden, daß mit der Gewinnung des Lokals das Vereinsleben gehoben wird, besonders aber auch die sozialistischen Ideen der Mitglieder eine gewisse Stärkung erfahren." Seit wann der Gardelegener Arbeitergesangverein, der sich wahrscheinlich vorwiegend aus Arbeitern der Knopffabrik sowie Wald- und Holzarbeitern zusammensetzte,, bestand, teilt Mertens leider nicht mit 4 . Doch scheinen die altmärkischen Arbeiterchöre größtenteils erst nach dem Fall des Sozialistengesetzes gegründet worden zu sein 5 . So erfuhren wir durch unsere Stendaler Gewährsleute, daß der dortige Arbeitermännergesangverein, der später den Namen Freie Sängerschaft führte, Mitte der neunziger Jahre entstand 6 . Nach Auskunft des langjährigen Vereinsmitgliedes Otto Goethe waren an der Gründung etwa zwanzig Stendaler Arbeiter, meist Maurer, beteiligt. Doch kam der Verein nur schwer in Gang. Erst nach 1918 konnte er, i n zwischen zum gemischten Chor geworden, sich voll entfalten. Zwischen 1924 und 1937 zählte die Freie Sängerschaft rund 300 Mitglieder, 120 Männer und 180 Frauen.. 1 2 3 4

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D A S Z 22 (1921), S. 72: Karl Werner, Richtig gewählte Chorlieder. D A S Z 23 (1922), S. 35: A . Kirch, Der Tendenzchor. Heimatbuch des Kreises Gardelegen, S. 142. Daß schon während der 48er Revolution bei den auch in der Altmark verschiedentlich vorgekommenen Unruhen (vgl. z. B. Götze, Urkundliche Geschichte der Stadt Stendal, S. 554ff., und Altmarkbote III, 1958, S. 63 — 65) demokratische Freiheitslieder — mitgebracht aus Magdeburg und anderen Städten — gesungen wurden, bestätigt selbst der erzkonservative Max Ebeling in seiner Drömlingsvolkskunde (I, S. 208), der auch an anderer Stelle (II, S. 133) durchblicken läßt, daß sozialdemokratische Agitatoren aus Magdeburg, Neuhaidensleben und Oebisfelde unter der Landarbeiterschaft des Drömling Anhänger fanden. Vgl. die Angaben von Victor Noack, Der Deutsche Arbeitersängerbund, Berlin 1 9 1 1 , S. 49, über die Gründungsjahre der Arbeitergesangvereine im Bezirk Magdeburg. Die Angaben differieren: 1894 oder 1896. Die Vereinsakten konnten bisher nicht aufgefunden werden. Die Umbenennung des Vereins erfolgte (nach Angabe des ehemaligen 2. Vorsitzenden August Gülzer) 1918/19, die gerichtliche Eintragung erst 1924.

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Die meisten arbeiteten, wie uns die Kommission zur Erforschung der Stendaler Arbeiterbewegung mitteilte, im Reichsbahnausbesserungswerk und im Bahnbetriebswerk Stendal 1 . Von den männlichen Teilnehmern waren etwa 2/3 politisch und fast alle gewerkschaftlich organisiert. Als erster und zweiter Vorsitzender fungierten Franz Müller und August Gülzer, beide Mitglieder der SPD; Dirigent war der Röxer Lehrer Heinrich Müller, der vom Verein einige Male zum Kursus nach Berlin geschickt wurde. In ihrer Blütezeit gab die Freie Sängerschaft Stendal jährlich ein Konzert 2 ; daneben sangen die Chormitglieder zur Jugendweihe und bei Begräbnissen von Freidenkern, zu Weihnachten auch in den Krankenhäusern und Altersheimen der Stadt und natürlich bei den Feierlichkeiten zum ersten Mai, wobei in erster Linie Arbeiterkampflieder erklangen. Sängerfahrten führten den Verein nach Hannover zum 1. Deutschen Arbeiter-Sängerbundesfest und in die Städte der angrenzenden Landschaften, u. a. nach Wittenberge und Rathenow. Weiterhin ließ es sich die Freie Sängerschaft Stendal angelegen sein, die kleinen altmärkischen Arbeitergesangvereine, die sich in ihrer Stadt nicht recht behaupten konnten, zu unterstützen, indem sie mit ihnen gemeinsam Konzerte veranstalteten, z. B. in Seehausen, Werben, Bismark und Arendsee. All diese Angaben verdanken wir unserem Gewährsmann Otto Goethe, den wir vor allem um Auskünfte über das Singrepertoire seines Vereins ersuchten. Als Antwort erhielten wir die Guttmannsche Sammlung des Deutschen Arbeitersängerbundes (für gemischten Chor) und eine ebenfalls vom DASB herausgegebene Frauenchor-Sammlung, in der die ehemals gesungenen Lieder angekreuzt waren. Die Zahl der eigentlichen Arbeiter- und Kampflieder ist — gemessen an dem großen Umfang des Singrepertoires (rund 140 Lieder sind als bekannt bezeichnet) — relativ gering: Wacht auf, Verdammte dieser Erde; Brüder, %ur Sonne, s^ur Freiheit; Unsterbliche Opfer, ihr sänket dahin; Morgenrot, dein heilig Glühen von Otto de Nobel und von Uthmann Empor %,um Licht; Ich warte dein; Die Freiheit hält den Maienritt; Der Freiheit mein Lied und Nicht dort, wo Kriegsfanfaren (Völkermai). Dazu kommen noch Wann wir schreiten Seit an Seit und etwa Die Sonne segnet den

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Otto Goethe erwähnt beiläufig, daß ursprünglich Eisenbahner (die ja die Hauptmasse der Stendaler Arbeiterschaft ausmachten) in der Freien Sängerschaft nicht gern gesehen waren. Dies ist wohl ein Grund, weshalb der Verein sich anfangs nicht recht entwickeln konnte. Nicht wenige Arbeiter sangen in bürgerlichen Chorvereinigungen, denen sonst Beamte, Angestellte und Handwerker angehörten, mit, z. B. im Gesangverein der Arnoldschen Eisenmöbelfabrik und in den Männerchören Röxe und Wahrburg. Nach Otto Goethes Angabe wurden u. a. aufgeführt: Beethovens 9. Sinfonie (mit Solisten aus Berlin), Franz Schuberts (im Konzertsaal als Ganzes nicht eben häufig dargebotene) Rosamunde und Die Tageszeiten (gemeint ist wohl der Liederzyklus für Männerchor und Orchester von Richard Strauß, nicht das Kochsche Oratorium). Genannt wird außerdem noch eine Veranstaltung unter dem Motto Die blaue Donau, wahrscheinlich ein Unterhaltungskonzert mit beliebten Wiener Liedern und Melodiefolgen, wie sie von kleinstädtischen Vereinen des öfteren durchgeführt wurden. — K u r z vor dem letzten Kriege studierte die Freie Sängerschaft noch Gersters Rote Revue (vgl. dazu D A S Z 31, 1930, S. 79) ein, kam aber nicht mehr zur Aufführung, da der Verein 1938/39 auseinanderfiel.

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kleinsten Halm (Der blühende Hammer). Daneben stehen eine Reihe allgemeiner Fest- und Feierlieder, wie sie auch von bürgerlichen Vereinen gesungen wurden (z. B. Brüder, reicht die Hand %um Bunde, Eintracht und Liebe gab uns die Macht von Nägeli und Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre). Das meiste aber sind volkstümliche Lieder und Volkslieder, z. B. Annchen von Tharau; Die beste Zeit im Jahr ist mein; Die Sonne scheint nicht mehr; Drei Laub auf einer Linden; Ei, du feiner Reiter; Entlaubet ist der Walde; Es flog ein kleins Waldvögelein; Es ritten drei Reiter %'um Tore hinaus; Es war ein König in Thüle; Ich hab mein Sach auf nichts gestellt; Mir ist ein feins brauns Maidelein; Nun fanget an, ein guts Liedlein singen; Nun ruhen alle Wälder; Rosen auf den Weg gestreut; Suse, liebe Suse; Tan% mir nicht mit meiner Jungfer Käthen; Wenn ich ein Vöglein war; Als mich die Mama Hänschen küssen sah; Das Laub fällt von den Bäumen; Der Len% ist angekommen; Ein Veilchen auf der Wiese stand; Ich ging im Walde so für mich hin; Nun bricht aus allen Zweigen; Schwester lein, wann gehen wir nach Haus-, Über allen Wipfeln ist Ruh usw. 1 . Aus diesem großen und reichhaltigen Fundus bestritt die Freie Sängerschaft ihre öffentlichen Veranstaltungen während der zwanziger und dreißiger Jahre. Wie ihr Repertoire, die in Konzerten aufgeführten Werke inbegriffen, deutlich macht, stand sie damals auf beachtlichem künstlerischen Niveau. Bemerkenswert ist u. a., daß sie sich gegenüber den Erneuerungsbestrebungen der ersten drei Jahrzehnte unseres Jahrhunderts offen zeigte, indem sie viel wertvolles älteres Liedgut in ihr Programm aufnahm, was — auch in den bürgerlichen Vereinen — durchaus nicht die Regel war. Damit nahm sie an der Reformierung des Repertoires und überhaupt des Sängerwesens, um die sich auch die anderen großen Chöre, etwa die Allgemeine Liedertafel und Sängerkränzchen Stendal, erfolgreich bemühten, bewußt teil und stieg in relativ kurzer Zeit zu einem der führenden Arbeitergesangvereine der Altmark auf. Kurz vor dem letzten Kriege löste sich die Freie Sängerschaft Stendal — wie oben schon angedeutet — auf, fand sich aber nach 1945 noch einmal zusammen, bis Chorleiter Müller, der den Verein während seiner Blütezeit erfolgreich geleitet hatte, verstarb. Einen ähnlichen Werdegang wie die Freie Sängerschaft, die — nach übereinstimmender Auskunft unserer Stendaler Gewährsleute — der einzige Arbeiterchor der Altmarkmetropole war 2 , mögen auch die anderen altmärkischen Arbeitergesang1

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Eine große Zahl der von unserem Gewährsmann angeführten Lieder sind auch in unserem 1955 gesammelten Material enthalten (Liedtabelle I Nr. 9 , 1 3 , 1 4 , 3 2 , 6 2 , 7 0 , 7 4 , 89,101,108, 1 0 9 , 1 2 1 , 1 2 5 , 1 6 7 , 1 6 9 , 196, 221, 279, 316, 335, 368, 380, 413, 424, 479, 499, 502, 507, 515, 528, 534, 556, 602, 617, 648, 666; Liedtabelle II Nr. 6, 8 , 1 1 , 24). Die übrigen Lieder finden sich in den beiden genannten Liederbüchern, DASF Nr. 5, 12, 15, 20—23, 26, 32, 33, 41, 46, 51, 60, 62, 64, 68, 69, 73, 75, 82, 84, 89, 96, 98, 105, 106, 108, 1 1 0 - 1 1 2 , 1 1 4 , 1 1 7 , 119, 124 und D A S G , S. 19, 100, 164, 180, 1 8 6 - 1 8 8 , 196, 238, 255, 276, 280, 316, 319, 338, 346, 356, 358, 377, 380, 382, 383, 387, 420, 432. Daneben bestand — wie einer Nr. des Altmärker (vom 20. Aug. 1928), die uns Dr. G. Richter freundlicherweise aus Archivbeständen des Altmärkischen Museums zur Verfügung stellte, zu entnehmen ist — noch ein Arbeitermusikverein Akkordion. Er wird gelegentlich einer im August 1928 in Stendal abgehaltenen Bundestagung der Arbeitermusikvereine Deutschlands erwähnt, an der auch die Freie Sängerschaft und die Arbeiter-

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vereine durchlaufen haben. Doch besitzen wir darüber kaum Zeugnisse. Auch wissen wir nicht, ob der eine oder andere von ihnen zu solcher Leistungsfähigkeit gedieh wie der Stendaler Chor. Zum Beispiel fehlen uns bisher Nachrichten über das Singrepertoire des Tangermünder Arbeitergesangvereins Lyra. Wie uns der Direktor des dortigen Heimatmuseums, J. Kohlmann, mitteilte, wurde er im Jahre 1893 gegründet 1 . Im Statut dieses Vereins, das Kohlmann uns freundlicherweise übermittelte 2 , wird die Abhaltung der Übungsstunden in 14tägigen Abständen festgelegt. Über politische Funktionen und Bindungen enthält das Dokument (wie auch ein anderes aus dem Jahre 1924) keine Angaben. In den zwanziger Jahren spaltete sich vom Männergesangverein Lyra ein gemischter Chor ab, dem wir später noch einige Worte zu widmen haben. Im benachbarten Industriestädtchen Tangerhütte wirkte (neben drei zwischen 1855 und 1883 entstandenen bürgerlich orientierten Chören) der Arbeitergesangverein Harmonie. Unser Stendaler Gewährsmann Erich S. brachte (über Franz Grube-Tangerhütte) in Erfahrung, daß er bereits 1888 gegründet wurde. Damit wäre er — nach unserer bisherigen Kenntnis — der älteste Arbeiterchor der Altmark, was nicht unwahrscheinlich ist, da die Arbeiterbewegung in Tangerhütte zuerst Fuß fassen konnte 3 . Nach beiläufigen Bemerkungen in Konzert- und Versammlungsberichten der DASZ betrug die Zahl der Arbeitergesangvereine in der Altmark im Februar 1922 13, im Oktober desselben Jahres 16 Chöre 4 . Im Oktober-Bericht heißt es, daß die „Zahl der Vereine im Bezirk Stendal von 10 auf 16 gestiegen" sei, wenig später 5 , daß sie sich „in kurzer Zeit von 6 auf 16" erhöht habe. Man kann danach annehmen, daß bis zum ersten Weltkrieg nur sehr wenige Vereine bestanden haben, wozu der bereits erwähnte Gardelegener Chor, der Salzwedler Arbeitergesangverein 6 sowie Freie Sängerschaft-Stendal, Harmonie-Tangerhütte und Lyra-Tangermünde gehörten, und daß erst nach der Revolution von 1918 eine vermehrte Gründung von Arbeiterchören einsetzte. Die geringe Vereinszahl war auch der Grund, weshalb die Altmark lange Zeit keinen selbständigen Bezirk innerhalb des Deutschen Arbeitersängerbundes (DASB) bildete, sondern dem Bezirk Magdeburg angeschlossen war 7 . Während andere Gebiete gleicher Größe von Anfang an einen eigenen Bezirk bildeten, löste sich die

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7

Sportler Stendals (Freie Turnerschaft und Arbeitersportverein 1894) sowie einige Musikvereine aus Magdeburg und Burg teilnahmen. Lt. Brief v o m 22. 1 1 . 1960. Stadtarchiv Tangermünde, Pol.-Reg. III 27/15 (Fassung v o n 1896, die ältere Fassung ging verloren). V g l . dazu oben S. 47. D A S Z 23 (1922), S. 4 2 und 82. D A S Z 2 4 (1923), S. 51. Nach Mitteilung v o n Martin Ehlies wurde er 1 9 0 8 gegründet und bestand bis 1933. Noch im Juni 1933 hat er in der „Suppenküche" (Volksküche) gesungen. (Lt. Brief v o m 19. 6. 61.) Magdeburg gehörte anfangs (1908) mit den Bezirken Halle, Bernburg, Halberstadt (vgl. Victor Noack, S. 47) zum Gau Mitteldeutschland des D A S B ; später kamen Dessau und Mansfeld hinzu (nach Angaben in der D A S Z ) , Halberstadt wird nicht mehr erwähnt.

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Volksgesang

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Singgemeinschaften

und Singgelegenheiten

Altmark erst 1921 von Magdeburg und führte zunächst die Bezeichnung „Unterbezirk Stendal", später „Bezirk Stendal". Aber auch danach scheint sie an Vereinszahl der schwächste Bezirk des ganzen Gaues Mitteldeutschland geblieben zu sein. Dies läßt sich aus den Statistiken des DASB ungefähr ablesen. Nach einer von Walter Fillies 1 gegebenen Tabelle betrug die Vereinszahl für den Gau Mitteldeutschland 1908: 70, 1910 und 1913: 103, 1920: 151 Vereine (mit zuerst 3586, zuletzt 8577 Mitgliedern) 2 . Der Bezirk Stendal stellte demzufolge nur etwa 1/10 aller Chöre, während sich die übrigen 5 (oder 6?) Bezirke in die restlichen 9/10 teilten. Trotzdem ist die rasche Steigerung der altmärkischen Vereinszahl nach 1918 beachtlich, zumal die Dezimierung der Vereine durch den Krieg und die damals herrschenden Verschmelzungsbestrebungen (Zusammenführung kleiner Chöre zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit) sich in der Statistik allenthalben als Minderung der Mitglieder- und Vereinszahl niederschlug. 1929 wird in der D A S Z lobend erwähnt, daß die Entwicklung der gemischten Chöre, die einen wichtigen Programmpunkt des D A S B bildete (besonders seit dem 1. Deutschen Arbeiter-Sängerbundesfest in Hannover 1928), im Bezirk Stendal gut vorangekommen sei. In diesem Jahr existierten nur noch zwei Männerchöre 3 . Seit Bestehen des selbständigen Bezirkes Stendal wurden regelmäßig Bezirksversammlungen abgehalten 4 und in größeren Abständen Gesangsfeste durchgeführt. Schon 1921 fand ein solches Sängerfest statt: „In dem Industriestädtchen Tangermünde gaben sich am 21. August 10 Vereine des Unterbezirks Stendal ein Stelldichein, das mit seinen Gesangskonzerten auf dem Marktplatz [Massenchöre] und im ,Elbpark' sowie anschließendem Volksfest den zahlreichen Teilnehmern und Gästen die Lebensnöte für kurze Zeit vergessen machte . . , " 5 Einladender Verein — im Namen der „Gesamteinwohnerschaft" Tangermündes — war der 1893 gegründete Arbeiterchor Lyra 6 . Nicht nur von dieser Veranstaltung, auch vom „1. Bezirkssängerfest" in Stendal im Juni des darauffolgenden Jahres, vom 1. Gardelegener Sängerfest im August 1922, vom 2. [?] Bezirkssängerfest, das am 16. und 1

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3 4 6 6

Die Arbeitersängerbewegung. Ein Beitrag zur Klassengeschichte der Arbeiterschaft. Phil. Diss. Rostock 1922 (maschinenschriftlich), S. 29 (Tabelle I). Vgl. auch die in der D A S Z 1914, Nr. 58, S. l f f . gegebene Statistik. Ein Vergleich mit dem territorial viel kleineren Gau Chemnitz (ohne Vogtland), dessen Chorzahl schon vor dem ersten Weltkrieg wesentlich höher war (1908: 1 1 1 , 1 9 1 3 : 212 Vereine), zeigt, daß der Gau Mitteldeutschland, obgleich er industriereiche Gebiete einschloß, anfangs im ganzen nicht zu den stärksten gehörte. Vgl. Fillies S. 29a und D A S Z 1914, S. 1flf.V o n den 29 Gauen des D A S B rangierte er 1908 bis 1913 etwa an 12., 1920 allerdings schon an 7. bis 8. Stelle, sowohl hinsichtlich der Vereins- als auch der Mitgliederzahl. D A S Z 30 (1929), S. 98f. D A S Z 23 (1922), S. 42, S. 82; 24 (1923), S. 5 1 ; 29 (1928), S. 4 4 ; 30 (1929), S. 98f. D A S Z 22 (1921), S. 85. Lt. Annonce im Tangermünder Anzeiger Nr. 194 vom 19. 8. 1921, die mir J . Kohlmann zusammen mit dem in der gleichen Zeitung (Nr. 196 vom 22. 8.) erschienenen Kurzbericht vom Verlauf des Festes freundlicherweise übersandte. Beide Notizen enthalten keine Hinweise auf das Vortragsprogramm.

Die von organisierten

Verbänden neu geschaffenen

Formen

des

Singens

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17. Juni 1923 offenbar in Gardelegen stattfand, sowie vom „3. Bezirksfest" in Salzwedel am 5. und 6. Juli 1924 werden keine Programme mitgeteilt 1 . Man erfährt lediglich, daß „Massen- und Einzelchöre" zu Gehör kamen, vereinzelt auch, daß diese bei Publikum und Presse gute Aufnahme fanden. Auch sind die Angaben über die Zahl der teilnehmenden Vereine zumeist ungenau („eine Anzahl Chöre", „einige Vereine"). Hinweise über die Heimatorte der beteiligten Chöre fehlen leider gänzlich. Die Sängerfeste verliefen in der Regel so, daß — nachdem die auswärtigen Vereine am Bahnhof empfangen worden waren — am Samstagabend ein Kommers in einem Lokal abgehalten wurde (in Stendal in Klinkaus Festsälen, in Gardelegen in der „Neuen Welt"), am Sonntagvormittag Vereinsvorstände und Dirigenten tagten, Massenchorproben abgehalten wurden und ein Festumzug stattfand (so 1924 in Salzwedel), während am Nachmittag das Festkonzert entweder in einem großen Saallokal (in Stendal z. B. in den Städtischen Ausstellungshallen) oder im Freien (in Gardelegen etwa im Schützenhausgarten) veranstaltet wurde. An sonstigen Gesangskonzerten innerhalb des Bezirkes Stendal wird in der DASZ nur eine gemeinsame Veranstaltung des gemischten Chores Frohe Sänger Tangermünde 2 in Verbindung mit dem Männer- und gemischten Chor Freie Sängerschaft Stendal angeführt. Das Programm dieses Konzerts enthielt neben Chören von Kreutzer, Schumann, Marschner, Schubert und Beethoven ( S c h ä f e r s Sonntagslied, Abendchor aus dem Nachtlager von Granada, Die Minnesänger, Der träumende See, Der weiße Hirsch, Liedesfreiheit, Die Nacht, Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre) Silchersche Volkslieder (für gemischten Chor eingerichtet), Agathes Gebet aus dem Freischütz (für Chor eingerichtet), ,Muttersegen' von Opladen (wird als entbehrlich kritisiert) und einen der Preciosa-Chöre 3 . Weitere Vortragsfolgen (z. B. der Sängerfestkonzerte), aus denen sich u. a. die besonders häufig gesungenen Lieder hätten ablesen lassen, waren bisher nicht aufzufinden 4 . Auch fehlt es bislang an Nachrichten 1 2

3 4

Vgl D A S Z 22 (1921), S. 85; 23 (1922), S. 59, 75; 24 (1923), S. 5 1 ; 25 (1924), S. 66. Nach Mitteilung J. Kohlmanns entstand dieser Chor 1924 durch Trennung des Frauenchores vom Arbeitergesangverein Lyra. Im Statut heißt es (wie schon in den Statuten des A G V Lyra): „Der Zweck des Vereins ist, den mehrstimmigen Gesang zu pflegen, sowie von Zeit zu Zeit gesellige Vergnügen, bestehend aus Gesangsvorträgen und Aufführungen mit anschließendem Ball oder Kränzchen zu veranstalten." Vgl. D A S Z 29 (1928), S. 97. Über die beiden sehr aktiven und künstlerisch offenbar auf hohem Niveau stehenden Burger Arbeiterchöre (Sängerchor und Volkschor) wie auch über ein Sängerfest des Bezirkes Magdeburg in Neuhaidensleben wird in der D A S Z dagegen mehrfach sehr ausführlich berichtet. Vgl. D A S Z 22 (1921), S. 33, 1 0 1 ; 27 (1926), S. 243; 28 (1927), S. 206; 32 (1931), S. 62, und 29 (1928), S. 97. Von den beiden Burger Chören werden u. a. Aufführungen der Bruchschen Oratorien Frithjof und Odysseus erwähnt, ferner ein Kirchenkonzert mit Bach-Chorälen, Männer- und gemischten Chören von Hain, Kreutzer, Kuhlau, Abt und Uthmann ( D u fernes Land) sowie Orgel Vorträgen. Ausführlich rezensiert wird eine Uthmann-Gedenkfeier des Volkschores Burg im Jahre 1931 (vgl. D A S Z 32, 1931, S. 62) mit folgendem Programm: Du fernes Land, Tord Foleson, Ich warte dein, Am Strom, Dem Lenz

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196

Singgemeinschaften

und

Singgelegenheiten

über die kleinen Vereine in den Landstädtchen (etwa in Werben, Bismark, Seehausen und Arendsee), deren Singrepertoire etwas anders ausgesehen haben dürfte als das der Freien Sängerschaft Stendal. Da es uns an direkten Zeugnissen mangelt, sei der eingangs dieses Abschnitts erwähnte Artikel aus der DASZ ( J g . 22, 1921, S. 72), der einige Züge der damaligen Situation deutlich werden läßt, hier auszugsweise mitgeteilt. Der Autor, Karl Werner, berichtet über einen kleinen Arbeitergesangverein, den er in einem Landstädtchen singen hörte und dessen Liedvorträge — trotz guter Stimmen und ansprechender Singtechnik — bei den Zuhörern keinen rechten Anklang fanden. Daran trug nach Meinung des Berichterstatters die Wahl der Chorlieder, die er als „melodisch ohne besonderen Reiz, harmonisch gesucht und unnatürlich, die Gedichte armselig und nichtssagend" bezeichnet, die Schuld. Als er „später mit dem Dirigenten, einem gescheiten Menschen — er war Schneider von Beruf — ins Gespräch" kam, klagte dieser, „wie schwer es ihm werde, in dem kleinen Städtchen von vorherrschend kleinbürgerlicher Schichtung einen Arbeitergesangverein hochzubringen". Der Berichterstatter meinte dazu, „das wichtigste im Anfang sei, Chorlieder singen zu lassen, die den Sängern Freude machen und die den Zuhörern gefallen". Als leicht zu singende, für kleine Vereine geeignete Stücke empfiehlt er: ,Abendlied' von Albert Epp, Abendlied In stiller Nacht von Paul Hübner, die beide auch als Ständchen geeignet sind, ferner Die Abendglocken rufen von Abt, Heiige Nacht, o gieße du von Beethoven und , Abendlied' von Robert Volkmann. Wir wissen nicht, ob sich die Arbeitersänger aus Bismark, Seehausen und den übrigen altmärkischen Landstädten an derartige Liedvorschläge gehalten haben oder ob sie andere Wege gegangen sind. Diesen Fragen ist durch Archivstudien an Ort und Stelle und durch intensive Befragung ehemaliger aktiver Vereinsmitglieder noch genauer nachzugehen. Ferner müßte auch untersucht werden, ob es in der Altmark Chöre gab, die mit der kommunistisch orientierten Arbeiterkulturbewegung der Weimarer Zeit verbunden waren, und gegebenenfalls, inwieweit sich deren Repertoire vom Singgut der sozialdemokratisch geleiteten Gesangvereine unterschied. Von Interesse wäre es z. B. zu wissen, mit welcher Intensität die einzelnen Liedgattungen (etwa der sogenannte Tendenzchor) hier und dort gepflegt wurden. Solange diese Fragen nicht geklärt sind, ist ein abschließendes Urteil über das Singrepertoire der altmärkischen Arbeitergesangvereine, über seine Zusammensetzung und Schichtung nicht möglich; und auch ein Vergleich mit dem Liedgut der bürgerlichen Chorvereinigungen erscheint erst dann sinnvoll, wenn die soeben angedeuteten Voraussetzungen erfüllt sind. Zur allgemeinen Entwicklung des Chorwesens in der Weimarer Zeit sei hier abschließend angemerkt, daß sich 1927 die drei größten deutschen Chorverbände, der DASB, der DSB und der Reichsverband der gemischten Chöre Deutschlands, zu entgegen, Das heilige Feuer, Empor %um Licht (Männerchöre); Ich will in meinen Garten, Weltenfriede (gemischte Chöre), Ein altes Lied, Der Freiheit Maienritt (Frauenchöre). Außer diesen Uthmann-Chören erklang von Otto de Nobel Morgenrot und — gespielt vom mitwirkenden Orchester — Beethovens Egmont-Ouvertüre.

Die von organisierten Verbänden neu geschaffenen Formen des Singens

197

einer „Interessengemeinschaft für das deutsche Chorgesangwesen" zusammenschlössen; zwei Jahre später trat auch die Vereinigung deutscher Lehrergesangvereine der neuen Organisation bei 1 . 1933 wurde diese Entwicklung unterbrochen, die Interessengemeinschaft aufgelöst, der Arbeitersängerbund zerschlagen, die übrigen Chorverbände der neugegründeten Reichsmusikkammer unterstellt. Der zweite Weltkrieg führte schließlich zu Stagnation und Niedergang. Ehe wir uns der Nachkriegsentwicklung in der Altmark zuwenden, ist ein Blick auf jene Formen des organisierten Singens zu werfen, die — von der Jugend getragen — seit der Jahrhundertwende zur Entfaltung drängten. Dem eben beschriebenen Chorgesang teilweise konträr entgegengesetzt, strahlten sie neue, das gemeinschaftliche Singen allenthalben befruchtende Impulse aus. An erster Stelle sind die unter dem Oberbegriff J u g e n d b e w e g u n g zusammengefaßten lose organisierten Bünde zu nennen, von denen einige der stärksten Anregungen im neueren deutschen Volksgesang ausgegangen sind. Sie gehörten jener Gruppe von Bewegungen an, die seit 1900 durch Sport, Wandern, natürliche Kleidung usw. einen gesunden, neuen Lebensstil erstrebten. Von den ersten Anfängen im Steglitzer Wandervogel kurz vor der Jahrhundertwende bis zum Wirken Fritz Jödes und Walther Hensels hat die Jugendbewegung eine charakteristische, von den verschiedensten Seiten her beeinflußte Entwicklung durchgemacht, die sich in einer allmählichen Differenzierung, z. B. der Entstehung unterschiedlicher politischer und konfessioneller Richtungen, aber auch in der Herausbildung einer besonderen Sing- und Musizierbewegung äußerte. Diese letztere — im wesentlichen von bürgerlichen Kräften getragen — hat sich mit dem steigenden Einfluß von Pädagogen und Komponisten wie Gustav Wynecken und August Halm mit volksbildnerischen Bestrebungen verbunden und von der Wiederbelebung des einfachen Volksgesanges, der ihr ursprünglich am Herzen lag, fortentwickelt 2 . Gleichwohl blieben Volkslied und volksliednahes Singen die charakteristischen Kenn2eichen der musikalischen Jugendbewegung. Das gilt auch für die organisierte Arbeiterjugend, die daneben am Liedrepertoire der Arbeitersängervereine teilnahm und mit der Bildung von gemischten Jugendchören nach eigenen Wegen suchte 3 . Trotz unterschiedlicher Ansichten und Ziele bestanden zwischen den einzelnen Richtungen der Jugendbewegung vielfältige Kontakte, was sich nicht nur in gemeinsamen Fahrten und Singabenden verschieden orientierter Gruppen und in der Fluktuation ihrer 1

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3

Vgl. Ewens, Sängerbuch 1930, S. 326. Chormeisterkurse, die der Fortbildung der Dirigenten dienten, wurden schon seit 1922 unter Beteiligung des DSB und des D A S B alljährlich durchgeführt; s. ebd. S. 327. Vgl. Hilmar Höckner, Die Musik in der deutschen Jugendbewegung, Wolfenbüttel 1927, und Walter Wiora, Europäische Volksmusik und abendländische Tonkunst, Kassel 1957, S. 1 4 2 - 1 4 6 . Vgl. Walter Fillies, S. 79f., der auch zwei von der „Zentralstelle für die arbeitende Jugend" herausgegebene Jugendliederbücher anführt, leider ohne genaue Titelangabe. Das erste enthält 300 Volkslieder, das zweite 178 Volks- und Freiheitslieder (gemeint sind offenbar die in der Bibliogr. d. dt. Arbeiterliederbücher, Veröff. d. Dt. Akad. d. Künste, Berlin 1961, unter Nr. 320 und 387 angeführten Publikationen).

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Singgemeinschaften

und Singgelegenbeiten

Mitglieder äußerte, sondern vor allem in jenem spezifischen, der gesamten Bewegung eigenen Sing- und Musizierstil, der bis in die Gegenwart nachwirkt. Obgleich die Jugendbewegung in ihrem Wirken beschränkt war — sie erfaßte nur einige Altersgruppen der städtischen, vor allem der großstädtischen Bevölkerung, wurden weiteste Kreise von ihrer am einfachen Volkslied erprobten Singpraxis erfaßt. Diese neue Art des Singens, die in bewußtem Gegensatz zur erstarrten Singmanier der Gesangvereine stand, orientierte sich an den im Aussterben begriffenen Formen und Bräuchen des traditionellen Volksgesanges. Jöde formulierte es im Nachwort zum „Musikanten" so 1 : „Alles was hier geschieht, ist nicht als Unterweisung gedacht, sondern nur als Lösung der Kräfte im singend freundschaftlichen Beieinandersein aller Beteiligten . . . . Es ist natürlich, daß der Führer eines solchen kleinen Singkreises sein allererster Vorsänger . . . zu sein hat." Aus diesem Grundgedanken heraus ist auch die Form des „offenen Singens", die bis in die Gegenwart gepflegt wird, entstanden. Sie bildete einen besonders wirksamen Gegensatz zu der noch heute gelegentlich zu beobachtenden starken Abhängigkeit der Gesangvereine von ihren Dirigenten. Wie in der Art und Form des Singens, so unterschied sich die Singbewegung auch in ihrem L i e d r e p e r t o i r e wesentlich von den Gesangvereinen, und wie mit dieser, so hat sie auch mit jenem nachhaltig auf organisiertes wie unorganisiertes Singen eingewirkt. Das durch sie, besonders durch die zahlreichen Auflagen des Zupfgeigenhansl, aber auch durch andere Liederbücher und Singeblätter 2 verbreitete Liedgut, von den geistigen Führern der Bewegung alten Sammlungen entnommen oder selbst aus Volksmund aufgezeichnet und vielfach charakteristisch umgeformt, wird teilweise noch heute gepflegt und ist in den Repertoires zahlreicher Sänger und Singkreise anzutreffen. Sowohl das Liedgut der Jugendbewegung als auch die von ihr propagierte Art zu singen wurden von den verschiedensten Seiten aufgegriffen. U. a. machte sich der Hitler-Staat, der die bestehenden Jugendbünde auflöste bzw. seinen Organisationen einverleibte, die von ihr gesammelten Erfahrungen weitgehend zunutze. Nach 1933 wurde nicht nur ein großer Teil der bestehenden Gruppen den neugebildeten nazistischen Jugendverbänden eingegliedert, sondern — unter Auslassung einiger Bereiche (z. B. der religiösen Lieder) — auch deren Singgut übernommen. In einem viel dichteren Netz als die Jugendbewegung überzogen die neuen Gruppen das Land bis in die abgelegensten Dörfer hinein und erfaßten, da seit 1936 Zugehörigkeitszwang bestand, die entsprechenden Jahrgänge aller Bevölkerungskreise. Während sich die männliche Jugend (innerhalb der Jugendgruppen wie auch später im Arbeits- und Militärdienst) im Zuge der vormilitärischen und militärischen Ausbildung dem — z. T. neugeschaffenen — Soldaten- und Marschlied zu widmen hatte, blieben die Mädchen -und Frauengruppen von diesen Tendenzen weitgehend verschont. Hier fanden viele Abschieds- und Wander-, Liebes- und Scherzlieder aus dem Repertoire der Jugendbewegung eine Heimstatt 3 . Sie bildeten den Repertoire1 2 3

Der Musikant, Lieder für die Schule, hg. v. Fritz Jöde, Wolfenbüttel 1925. Vgl. z. B. die S. 197 (Anmerkung 3) genannten. Vgl. dazu auch Klein, Volkslied und Volkstanz in Pommern, S. 97.

Die von organisierten Verbänden neu geschaffenen Formen des Singens

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grundstock der weiblichen Gruppen, der im Laufe der dreißiger Jahre durch eine Reihe neuentstandener Lieder ergänzt, aber nicht von Grund auf erneuert wurde. Von den neuen Liedern fand nur ein gewisser Prozentsatz nachhaltigere Verbreitung 1 . Als gutes Beispiel eines solchen Gruppenrepertoires kann der Liederschatz unserer Salzwedler Gewährsfrau Brigitte R. (Sängertabelle Nr. 94) gelten: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 1

Ick wull, wi w e m noch kleen, Johann Mein Vater war ein Wandersmann Es freit ein wilder Wassermann Es waren zwei Königskinder Öwer de stillen Straten Dat du min Leevsten büst Da weer eenmäl ne lütte Buurdeern Rosemarie, Rosemarie Rose weiß, Rose rot Du hast gesagt, du willst nicht lieben Hab mein Wagen vollgeladen Auf, du junger Wandersmann I bin a Steirerbua Ihren Schäfer zu erwarten Spinn, spinn, meine liebe Tochter Als ich ein Junggeselle war Ich ging wohl bei der Nacht Als Bualala geboren was Stehn zwei Stern am hohen Himmel Es schienen so golden die Sterne Und der Hans schleicht umher Hoch auf dem gelben Wagen Der Winter ist vergangen Nun will der Lenz uns grüßen Die Blümelein, sie schlafen Kumm, o kumm, Geselle min Alle Birken grünen in Moor und Heid Es fiel ein Reif in der Frühlingsnacht Es stehn drei Birken wohl auf der Heide Von allen blauen Hügeln

Wenn man handschriftliche Liederbücher aus jener Zeit durchblättert, so fällt die äußerst geringe Zahl ausgesprochener Nazi-Lieder auf. Sofern sich solche Lieder finden, waren — wie wir jetzt feststellen konnten — die Melodien vergessen, d. h. diese Lieder haben nie recht Fuß gefaßt. (Vgl. dazu auch unten S. 269). Diese Feststellung gilt in erster Linie für unsere weiblichen Gewährsleute. V o n männlichen Sängern der entsprechenden Altersgruppen haben wir umfangreichere Repertoires nicht aufnehmen können, doch ist anzunehmen, daß von den Marschliedern der Kriegsjahre noch etliches im Gedächtnis haftete.

200

Singgemeinschaften

und Singgelegenheiten

31. Kenn ji all dat nieje Lied 32. Es geht eine helle Flöte 33. Hohe Nacht der klaren Sterne 34. Der helle Tag ist aufgewacht 35. Ich wollt ein Bäumlein steigen 36. Es hat sich ein Trömmlein gerühret 37. Die Erde braucht Regen 38. Es dunkelt schon in der Heide 39. Bei einem Wirte wundermild 40. Das Buernbüble mag i net 41. Es ist ein Schnitter, der heißt Tod 42. O du stille Zeit 43. Wach auf, meins Herzens Schöne 44. Du mein einzig Licht 45. All mein Gedanken, die ich hab 46.' Es wollt ein Jägerlein jagen 47. Ach Blümlein blau, verdorre nicht 48. So grün als ist die Heiden 49. Es steht ein Baum im Odenwald 50. Viel Freuden mit sich bringet 51. A m Weg dort hinterm Zaune 52. Bunt sind schon die Wälder 53. O Danneboom, o Danneboom, du drägst een grönen Twieg 54. Der Wächter auf dem Türmlein saß 55. Wach auf, wach auf, der Tag bricht an 56. Wenn kei Nacht nimmer käm 57. Lever dod as Slav 58. Ich armes welsches Teufli 59. Die Geige, sie singet 60. Nacht bricht an, unser Tagwerk ist getan 61. Mit Mädeln sich vertragen 62. Es zogen auf sonnigen Wegen 63. Bub und Spinne, Bub und Spinne gingen in den Wald 64. Ein Spielman ist aus Franken kommen 65. Wenn der Frühling kommt und von den Bergen schaut 66. In den Krieg will ich reiten 67. Der Apfel war nicht gleich am Baum 68. Unterm Machandelbaum 69. Es jagt ein Jäger wohlgemut 70. Es ist für uns eine Zeit angekommen 71. Fassen wir die Hände um den Baum im Kreis 72. Erwach, erwach und tu dein Sach 73. Dort im Wald ist großer Ball 74. Schlaget eine Nachtigallen

Die von organisierten Verbänden neu geschaffenen Formen des Singens

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Die hier angeführten 74 Lieder bilden den „am meisten und liebsten" gesungenen Teil, nicht das ganze Repertoire unserer Salzwedler Gewährsfrau, das wir aus Zeitmangel nicht vollständig aufnehmen konnten. Mag ein Liedvorrat in dieser Fülle und Reichhaltigkeit ein Einzelfall sein oder jedenfalls nicht allzu häufig vorkommen, so ist sein Charakter (nicht unbedingt seine Zusammensetzung) typisch für die Generation der 1955 etwa 30- bis 40jährigen, typisch allerdings mehr für die Städter als für die Landbewohner, bei denen — soweit wir das auf Grund von Befragungen beurteilen können — das mündlich überlieferte Singgut noch eine größere Rolle spielte und deshalb die damals neu aufgekommenen Lieder nicht so begierig aufgegriffen wurden wie in den Städten. Die Übernahme des von der Jugendbewegung (und den weiblichen Organisationen der Nazi-Zeit) gepflegten Liedgutes ging auf dem Lande gegenüber den Städten gewissermaßen mit Phasenverschiebung vor sich. Zum Beispiel wurde in Breitenfeld während der dreißiger Jahre bei den Gruppenabenden der Frauen und Mädchen gelegentlich Hensels „Singender Quell" 1 benutzt. Aber nur drei Lieder daraus wurden gesungen und fanden im Dorf Verbreitung (Im Märien der Bauer die Rößlein einspannt, Ich wollt, wenns Kohlen schneit und Wem Gott will rechte Gunst erweisen). Das aus mündlicher Tradition überlieferte Liedgut des Dorfes war noch reichhaltig und lebenskräftig genug, um die Singabende zu füllen. Betrachten wir die Übernahme des Repertoires der Jugendbewegung von kirchlicher Seite (besonders durch Jungmädchen- und Jungmännerbünde), so zeigt sich das gleiche Bild. Während bei den Jugendabenden, die der Breitenfelder Pastor in den dreißiger Jahren allwöchentlich veranstaltete 2 , von wenigen Ausnahmen abgesehen, genau die Lieder erklangen, die die Mädchen am Samstagabend in ihren Koppeln sangen ( A l s ein Sklav bin ich geboren, Wenn ich am Berge steh, In der Heimat ist es schön usw.), nannte uns 1955 die 12jährige Christa M. (Sängertabelle Nr. 78), Umsiedlerkind aus Oberschlesien, seit 1945 mit ihren Eltern in dem kleinen Bauerndorf Klinke lebend, aus einem „Liederbuch für das christliche Heim" 3 folgende Lieder, die sie in den Jugendstunden bei einem jungen katholischen Pfarrer gelernt hat: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 1 2 3

Nun will der Lenz uns grüßen Im Walde, da wachsen die Beern Kumm, kumm, Geselle min Mein Schätzlein kommt von ferne Junges Mädchen saß am Meere Es freit ein wilder Wassermann Es zogen drei Sänger wohl über den Rhein Ihr lieben Brüder mein, rundadinella Heut ist ein Fest bei den Fröschen am See

Walther Hensel, Der singende Quell, Lieder für Fahrt und Herberge. Kassel 1929. S. oben S. 91. Karl Schollmeier, Lieder der Runde, Leipzig 1953.

202 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31.

Singgemeinschaften

und Singgelegenheiten

Meine Mutter hat Gänse Wer kauft mir einen hübschen wachsamen Hahn Zu Regensburg auf der Kirchturmspitz Was macht der Fuhrmann Bismark ist ne schöne Stadt Ein Jäger längs dem Weiher ging Jetzt fahrn wir übern See, übern See Froh zu sein bedarf es wenig Alleweil ein wenig lustig Im Märzen der Bauer die Rößlein einspannt Dort nieden in jenem Holze Feinsliebchen, du sollst mir nicht barfuß gehn Wir radeln durch das Land Auf, auf zum fröhlichen Jagen Ich wachse wie die Weide Falken sind geschwind Rauscht der Sommerwind über Felder Im Frühtau zu Berge Auf, du junger Wandersmann Der Mond ist aufgegangen Kindlein mein Kein schöner Land

Diese Lieder wurden nicht nur beim Pfarrer gesungen, sondern auch wenn die Mädchen unter sich zusammen waren. Doch wurde bezeichnenderweise das Liederbuch mitgenommen, wenn man in die „Sandkuhle" zum Spielen ging. So wie hier in Klinke werden nach und nach in allen Dörfern die von den Singorganisationen neugeschaffenen bzw. neubelebten Lieder Platz greifen und die aus der mündlichen Tradition überkommenen verdrängen und ersetzen, ein Vorgang, an dem die nach 1945 entstandene V o l k s k u n s t b e w e g u n g mit ihren zahlreichen Ensembles und Einzelgruppen, ihren Chören und Tanzkreisen wesentlichen Anteil hat. Zur Veranschaulichung der Nachkriegsentwicklung in der Altmark sei zunächst auszugsweise ein Abschnitt aus dem schon öfter zitierten Heimatbuch des Kreises Gardelegen von Franz Mertens (S. 192f.), der die Verhältnisse in diesem altmärkischen Landkreis 1 schildert, wiedergegeben: „Im Frühjahr 1947 wurden die ersten Volkskunstgruppen wieder gebildet, die sich, wie alle bestehenden Vereine, durch eine Verordnung des Kontrollrates den zugelassenen Massenorganisationen anschlössen. Träger der kulturellen Arbeit waren anfangs der Kulturbund und der FDGB, später die Deutsche Volksbühne. Einer 1

Beschrieben werden hier die Verhältnisse im alten Kreisgebiet, während unsere unten S. 204 angegebenen Zahlen sich auf das neue Kreisgebiet (nach der Verwaltungsreform von 1952) beziehen.

Die von organisierten Verbänden neu geschaffenen Formen des Singens

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•der ersten Gesaijgvereine, der seine Arbeit wieder aufnahm, war der Männergesangverein „Eintracht" in Gardelegen. Ihm folgten die Chöre in Lindstedt, Jävenitz, Lüffingen, Berge, Calvörde, Oebisfelde, Solpke, Wiepke, Schenkenhorst und Kalbe/ Milde. Aus dem Männerchor in Kloster Neuendorf entwickelte sich ein gemischter Chor, und 1953 gliederte sich diesem eine Volkstanzgruppe an. Im Jahre 1952 entstand in Wannefeld ein Kultur-Ensemble, das eine Dorfmusik-, eine Sing- und eine Volkstanzgruppe umfaßte. Es zeigte sehr gute Leistungen und konnte beim Bezirksentscheid in Magdeburg den vierten Platz erreichen, hörte aber schon 1953 wieder mit seiner Arbeit auf. An seine Stelle trat das Dorfensemble Breitenfeld, das sich aus dem Zusammenwirken von einem gemischten Chor und einer PionierMusikarbeitsgemeinschaft entwickelt hatte. In den Volkskunstentscheiden 1953/54 gelang es dieser Gruppe, zweiter Bezirkssieger zu werden Auch in verschiedenen Betrieben und innerhalb der F D J waren Volkskunstgruppen gegründet worden. Im Jahre 1954 bestanden in unserem Kreis 25 dieser Gruppen mit 250 Mitgliedern. Die Anleitung erfolgte hier in regelmäßigen Wochenendschulungen durch das am 1. April 1954 geschaffene Volkskunstkabinett des Kreises Gardelegen. Diese Zentralstelle übernahm jene Arbeit, die von der Deutschen Volksbühne begonnen wurde, also die Anleitung und Schulung der Volkskunstgruppen. Einen entscheidenden Anteil an der Entwicklung der Volkskunst haben auch die Arbeitsgemeinschaften „Junge Künstler" der Thälmann-Pioniere. Die Zentralschulen in Mieste, Letzlingen, Estedt und Jävenitz leisteten auf diesem Gebiet gute Arbeit. Die weitaus beste Leistung sowohl in der Massenbeteiligung wie auch in künstlerischer Hinsicht brachte die Goetheschule Gardelegen hervor. Dem Pionier-Ensemble dieser Schule, dem besten des Kreises, gelang es im Jahre 1954, über den Bezirksentscheid im Endkampf, der anläßlich des zweiten Deutschlandtreffens der F D J in Berlin stattfand, Republiksieger zu werden." Die anfangs auf der Initiative einzelner Lehrer und anderer interessierter Personen beruhende Arbeit wurde 1952 durch die Schaffung einer staatlichen Institution zentralisiert und unter einheitliche Leitgedanken gestellt. Das neugegründete Zentralhaus für Laienkunst (später in Zentralhaus für Volkskunst umbenannt), dem nach und nach in allen Bezirks- und Kreisstädten Bezirkshäuser für Volkskunst und Volkskunstkabinette angegliedert wurden, stellte sich als Hauptaufgabe, „das künstlerische Schaffen des Volkes zu fördern und zu entwickeln, die schöpferischen Kräfte unserer Menschen frei zu machen, Künstler in ihnen zu erziehen", um mit dieser Grundvoraussetzung das allgemeine „kulturelle Niveau der Werktätigen . . . heben und ihnen Kunst und Literatur in reicher Fülle . . . erschließen" zu können 1 . So gehörten von Anfang an der „Kampf gegen den Kitsch" und die „Popularisierung der großen deutschen und internationalen Werke der Kunst" mit zum Programm des Zentralhauses. Direkt oder über die Bezirkshäuser und Volkskunstkabinette erhielten die einzelnen Gruppen fachliche und ideologische Anleitung sowie materielle Unterstützung, Notenmaterial, Instrumente usw. Diese großzügige Förderung von staatlicher Seite, die in solchem Umfang bis dahin keiner künstlerischen Laien1

Zeitschrift Volkskunst 1 (1952), Heft 1, S. 1 und 4.

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Singgemeinschaften

und Singgelegenheiten

bewegung zuteil geworden war, ließ die Zahl der Chöre und Ensembles rasch ansteigen. Mitte der fünfziger Jahre fanden wir in vielen Orten der Altmark — neben zahlreichen Instrumentalgruppen, Tanzkreisen und anderen Laienzirkeln — Chöre und kleinere Singgemeinschaften am Werke. W i r geben die Zahlen aus drei altmärkischen Landkreisen. 1957 bestanden im Gardelegener Gebiet 17 1 , im Kreis Salzwedel 18 2 und im Stendaler Stadt- und Landkreis 21 Chöre 3 . Im Gegensatz zu den alten Gesangvereinen, die selbständig bestanden, schlössen sich die neugegründeten Singegruppen Produktions- und Verwaltungsbetrieben, Schulen, Jugend- und Massenorganisationen an 4 . Ihre Mitglieder waren Menschen aus allen Bevölkerungsschichten und Berufszweigen. Je nachdem, ob es sich um städtische oder dörfliche Gruppen handelte, ob sie Industriebetrieben oder Verwaltungsstellen, Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaften oder Organisationen verschiedenster Art angeschlossen waren, wirkten Arbeiter und Angestellte, Handwerker und Bauern mit, sofern sie nur Lust und Liebe zum Singen hatten. Der größte Teil der Mitglieder waren Jugendliche, doch nahmen auch erstaunlich viele ältere Menschen die Gelegenheit zum Singen und Mitsingen wahr, besonders auf dem Lande. Hinsichtlich ihres S i n g r e p e r t o i r e s vermitteln die Programme zweier Sängerfeste, die wir 1955 zu besuchen Gelegenheit hatten, einen ungefähren Eindruck. In Salzwedel fand im Juli ein Sängertreffen statt, das außer einem westdeutschen Männerchor 17 altmärkische Chöre in den Mauern der Jeetzestadt vereinigte. Nach dem Empfang der teilnehmenden Chöre am Bahnhof, einer öffentlichen Hauptprobe auf dem Platz vor der Stadthalle und dem traditionellen Umzug durch die festlich geschmückten Straßen 5 wickelte sich im Burggarten vor vielen Schaulustigen, die aus der näheren und weiteren Umgebung zu diesem Ereignis herbeigeeilt waren, folgendes Programm ab (Wortlaut des gedruckten Festprogramms): 1

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Acht Männerchöre, sechs gemischte und zwei Frauenchöre, ein Jugendchor, davon sechs in Gardelegen, die übrigen in Dörfern des Kreises. Lt. Mitt. des Volkskunstkabinetts Gardelegen vom 3. 7. 1957. Zehn Männerchöre, vier gemischte und vier Jugendchöre; davon sieben in Salzwedel, die übrigen in Dörfern des Kreises. Lt. Mitt. des Volkskunstkabinetts Salzwedel vom 4. 7. 1957. — Beim Vergleich mit der Chorgruppenzahl von 1930 (s. oben S. 181) ist zu berücksichtigen, daß der heutige Kreis Salzwedel nur etwa die Hälfte des damaligen Kreisgebietes, umfaßt. Genaue Angaben über die A r t der Chöre fehlen (Mitt. des Volkskunstkabinetts Stendal vom 25. 6. 1957). 13 der genannten 21 Chöre bestehen in Stendal, die übrigen in Städten und Dörfern des Kreises. Einige charakteristische Bezeichnungen: Chor der L P G Groß-Schwechten, Kulturgruppe der Knopffabrik Gardelegen, Chor und Volkstanzgruppe der Nahrungs- und Genußmittelwerke Stendal, Chor und Instrumentalgruppe der MTS Kläden, Männerchor des Rates der Stadt Salzwedel, Chor, Laienspielgruppe und Volkstanzgruppe der Betriebsberufsschule des R A W [Reichsbahnausbesserungswerk] Stendal, Jugendchor der F D J Lindhorst, Jugendchor, Männerchor-und Instrumentalgruppe Post- und Fernmeldewesen Stendal, Männer- und gemischter Chor Wahrburg des Kulturbundes usw. Abends, nach dem Festkonzert, fand in der Stadthalle der ebenso traditionelle Sängerball statt.

Die von organisierten Verbänden neu geschaffenen Formen des Singens

205

1. Massenchor: „Brüder, reicht die Hand zum Bunde" von Mozart (letzte Komposition) 2. Begrüßung durch den Bürgermeister der Stadt Salzwedel 3. Ehrung der Toten — Gedenkworte — Massenchor: „Schottischer Bardenchor", Bearbeitung v. Silcher 4. Festansprache des stellvertretenden Vorsitzenden des Rates des Kreises, Sangesbruder Rechel 5. Gesangskonzert der beteiligten Chöre 1. Männerchor Apenburg

Die Finken und die schlagen Ernst Pfusch

2. Gemischter Chor Schmölau

Goldlockig springt der junge Tag

3. Männerchor 1847 Klötze 4. Gemischter Chor Audorf

Jägers Morgenbesuch Volksweise, Bearb. von Jüngst Böhmische Volksweise Satz von Helmut Harden

5. Männerchor Oebisfelde

Neuer Frühling

6. Gemischter Chor Dambeck

Herrlicher Baikal, du heiliges Meer

7. Männerchor Beetzendorf

Bauerngebet

8. Männerchor Zethlingen

Nur die Hoffnung festgehalten

9. Männerchor Neuekrug 10. Gemischter Chor Salzwedel 11. Männerchor Groß-Garz 12. Männerchor „Concordia" Salzwedel 13. Gemischter Chor vom Männerchor des Rates der Stadt (Salzwedel) 14. Männerchor Stendal 15. Männerchor Seehausen 16. Männerchor „Harmonie" Salzwedel

(Wilhelm Bein)

Eduard Surläuly Grüß dich Gott, du schönerHansen Rhein Der Schmied In einem kühlen Grunde Friedrich Glück Heimkehr (Es war ein Knab gezogen) Ferdinand Kamm Abschied vom Walde Mendelssohn-Bartholdy Heimat

(Ernst Hansen)

Lützows wilde J a g d C. M. v. Weber Die Himmel rühmen L. v. Beethoven

17. Kleefelder Männergesangverein Hannover Heidesehnsucht, Meine Heide, Sonntagsseele (Wilhelm Bein) 18. Männerchor des Rates der Stadt Salzwedel

Empor zum Licht G. A. Uthmann

6. Massenchor: „Wo gen Himmel Eichen ragen" von H. Heinrichs-Hannover

Singgemeinscbaften

206

und Singgelegenheiten

Wie wir sehen, handelte es sich bei dem Salzwedler Sängertreffen im wesentlichen um eine Zusammenkunft von Chören, die noch ganz den Traditionen der Gesangvereine alten Stils verhaftet waren. Züge, die in den zwanziger und dreißiger Jahren die Sängerfeste bestimmten, fand man hier unverändert wieder, so als habe es keine Singbewegung, keinen Krieg und keinen Neubeginn nach 1945 gegeben. Dieses Konzert hätte in eben der gleichen Form schon dreißig Jahre früher stattfinden können, und zwar nicht nur, was das Programm, sondern auch was die Art zu singen betrifft 1 . Das zweite Sängerfest, das wir 1955 besuchten, eine Veranstaltung zum 120jährigen Bestehen des Lindstedter Männergesangvereins, zu der aus der ganzen Altmark Chöre, Singkreise und Volkskunstgruppen nach Lindstedt gekommen waren, vermittelt in seinem Programm ein etwas anderes Bild: 1. Chor Lindstedt: Willkommen! 2. Prolog 3. Massenchor: Brüder, reicht die Hand zum Bunde 4. Begrüßung durch den Vereinsvorsitzenden des Lindstedter und den Vorsitzenden des Rates des Kreises Gardelegen

Gesangvereins

5. Blasorchester des Reichsbahnausbesserungswerkes Stendal (a) Bauerntanz (b) Rheinländer 6. Chor Lindstedt: Im Wald und auf der Heide 7. Gemischter Chor Kloster Neuendorf: (a) Heut ist ein wunderschöner Tag (b) Meine Altmark 8. Arneburger Ensemble und Altmarkensemble: (a) (b) (c) (d) (e) (f) (g) (h) (i) (k) 1

Gruß ut de Altmark, von Fritz Hagen (Sprecher: Martin Ehlies) Gelöbnis (Mädelsingegruppe Salzwedel) Volksreim über Eigenart und Charakter der Altmark (Sprecher: M. Ehlies) Trina, komm mal vor de Dör (Ensemble Arneburg) Wer so ein faules Gretchen hat (Mädelsingegruppe Salzwedel) Det is wat anners, von Pohlmann (Sprecher: M. Ehlies) Tampet (Tanzgruppe Salzwedel) Das Buernbüble mag i net (Ensemble Arneburg) Zwei Schnurren (Sprecher: M. Ehlies) Lütt Anna Susanna (Ensemble Arneburg)

Vgl. zu diesem und dem nachfolgenden Konzertprogramm die stark kritisierten Programme zweier Sängertreffen (im Kreis Hoyerswerda und im Spreewald) aus dem Jahre 1957, die dem zuerst angeführten zum Verwechseln ähnlich sehen, im Oktoberheft der Zeitschrift „Volkskunst" 6 (1957), S. 34.

Die von organisierten

Verbänden

207

neu geschaffenen Formen des Singens

(1) Schwedisch — Schottisch (Tanzgruppe Salzwedel) (m)'Wir sind die erste Reihe (Ensemble Arneburg) (n) Brüder am Werke (Ensemble Arneburg) 9. Volkskunstgruppe Solpke: (a) Frauenchor: Draußen auf der grünen Au (b) Männerchor: Duftende, blühende Heide (c) Gemischter Chor: Zigeunerchor aus Preciosa 10. Gemischter Chor Engersen: (a) Aus der Enge dieser Tage (b) Schöne Ahnung ist erglommen 11. Männerchor Berkau: (a) Die Himmel rühmen des Ewigen Ehre (b) Empor zum Licht 12. Ensemble Breitenfeld: (a) (b) (c) (d) (e)

Frisch auf, mein Volk Viel Blut ward'hingegeben Knüppelchen-Lied (Manches Lied hört ich einst) Ade, ade, de Sommer geiht Ich kann nicht sitzen, ich kann nicht stehn

Chor und Instrumentalgruppe

Koppelsingen: (f) Es trieb ein Schäfer die Lämmelein heraus j (g) Es wollt ein Mädchen Wasser holn / (h) Hans sitt in Schorsteen

^ s

PP

13. Blasorchester des Reichsbahnausbesserungswerkes Stendal: (a) Bauerntanz (b) Rheinländer 14. Singgemeinschaft Börgitz (Mädchengruppe): (a) Bald prangt den Morgen zu verkünden (b) N u n strahlt der Mai den Herzen 15. Schlußchor Der äußere Rahmen der Lindstedter Veranstaltung unterschied sich nicht wesentlich vom Salzwedler Sängerfest. Wie dort fand ein Festumzug der teilnehmenden Chöre, einige mit ihren Vereinsfahnen, durch die buntgeschmückten Straßen des etwas mehr als 600 Einwohner zählenden Dorfes statt. Auch das abendliche Tanzvergnügen fehlte nicht. Einige der in Salzwedel dargebotenen Lieder finden wir im Lindstedter Programm ebenfalls. Aber das Gesamtbild ist doch ein anderes. Besonders die drei teilnehmenden Ensembles trugen einen anderen Charakter in diese Veranstaltung. Abgesehen davon, daß sie sich nicht auf chorische Darbietungen beschränkten, sondern Instrumentenspiel, Tanz und gesprochenes Wort einbezogen und damit

208

Singgemeinschaften

und Singgelegenheiten

das Programm abwechslungsreicher gestalteten, hatten die beteiligten Chöre eine ganze Reihe von Liedern in ihrem Repertoire, die man auf Sängerfesten alten Schlages vergeblich suchen würde, in erster Linie zahlreiche Volkslieder und -tänze aus der altmärkischen Uberlieferung (5a, 5b, 8d, 8e, 8g, 81, 12e, 12f, 12g, 12h, 13a, 13b) oder aus dem niederdeutschen Traditionsbereich (8 k), einige von altmärkischen bzw. niederdeutschen Heimatdichtern geschaffene Stücke (6, 7 b, 8 b, 12d), dann etliche Gesänge, mit denen an die Traditionen der Arbeitersängerbewegung angeknüpft wurde (8m, I I b , 12c), und schließlich mehrere nach 1945 neu entstandene Lieder (7a, 8n, 10a, 12b). Und in der Art zu singen eiferten sie — namentlich die Volkskunstgruppen — weniger den Vorbildern der Liedertafeln nach als denen der Singbewegung, ohne sie jedoch sklavisch zu imitieren. Man kann sagen, daß die Volkskunstensembles, die außer einem Chor in der Regel auch eine Tanzgruppe und einen Instrumentalkreis umfassen, eine neuartige Form organisierten Singens und Musizierens vertreten. Ihre Auffächerung in verschiedene Gruppen kommt der unterschiedlichen Veranlagung der Teilnehmer entgegen und ermöglicht damit über das Singen hinaus eine allgemeine musische Erziehung und Bildung. 1955 bestanden in der Altmark — neben den oben angeführten Chören — bereits eine große Zahl von Tanz- und Instrumentalkreisen, Laienspielgruppen und anderen künstlerischen Arbeitszirkeln 1 . Kombinierte Gruppen, innerhalb derer die einzelnen Interessengemeinschaften nicht neben-, sondern miteinander arbeiteten, existierten damals allerdings erst drei, das Altmarkensemble in Salzwedel, das Ensemble „Thomas Müntzer" in Arneburg und das Breitenfelder Dorfensemble. Überall, wo solche Volkskunstgruppen arbeiteten, bestimmten sie das Gesicht des Ortes wesentlich mit. Zusammen mit anderen Institutionen (Schule, Kulturbund usw.) begannen sie das kulturelle Leben langsam umzuformen, besonders auf dem Lande. Verfolgen wir Werdegang und Wirken einer Volkskunstgruppe am Beispiele Breitenfelds 2 . Das dortige D o r f e n s e m b l e entstand Anfang der fünfziger Jahre. Damals wurde sein Gründer und Leiter, W . Reinhardt, als Lehrer nach Breitenfeld versetzt. Der ideenreiche und tatkräftige Mann, gebürtiger Magdeburger, der sehr bald das Vertrauen der Dorfbewohner gewann, hat — nach den Worten seiner Frau — noch in jedem Ort, in den ihn sein Beruf verschlug, eine kleine Sing- oder Instru-

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2

So 1957 im Kreise Gardelegen: 14 Volkstanzgruppen (vier davon in Gardelegen selbst) und ein Kindertanzkreis; vier Instrumentalgruppen (drei davon in Gardelegen selbst) und fünf Tanzkapellen; außerdem ein dramatischer Zirkel. Im Kreis Salzwedel: sechs Volkstanzgruppen (vier davon in Salzwedel); 1 4 Instrumentalgruppen (sieben davon in Salzwedel) und drei Tanzkapellen; außerdem vier Laienspielgruppen, zwei Zirkel für bildende Kunst und zwei Artistengruppen. Im Kreis Stendal: 12 Volkstanzgruppen (vier davon in Stendal), 12 Instrumentalgruppen (fünf davon in Stendal) und eine Tanzkapelle; außerdem fünf Laienspielgruppen. (Lt. Mitteilung der Volkskunstkabinette Gardelegen, Salzwedel und Stendal). — In dichter besiedelten Gebieten liegen die Zahlen übrigens weit höher. So bestanden z. B. im Kreis Döbeln (Sachsen), lt. Pressenotiz vom 7. Dez. 1957, 150 Volkskunstgruppen mit 3100 Mitgliedern. Vgl. zu den folgenden Ausführungen auch Altmarkbote II (1957), S. 134 — 136.

Die von organisierten Verbänden neu geschaffenen Formen des Singens

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mentalgruppe auf die Beine gestellt. In Breitenfeld war sein Ziel, den Bauern und Bäuerinnen, vor allem aber den Jugendlichen in ihrer arbeitsreichen Woche eine kleine Oase der Erholung und musischen Entspannung zu schaffen. Und die Breitenfelder, seit der Auflösung ihres Gesangvereins im Kriege derartiger Abwechslung entwöhnt, machten mit. Zuerst bildete sich ein kleiner Chor; ihm folgten eine Tanzgruppe, ein kleines Instrumentalensemble und ein Kindertanzkreis. Knapp 1/3 der Einwohnerschaft Breitenfelds war 1955 Mitglied im Dorfensemble. Jede Familie hatte wenigstens einen Vertreter in einer der genannten Gruppen, manche auch mehrere, und die Lehrerfamilie arbeitet vollzählig mit. Von den noch Schulpflichtigen bis hinauf zu den 50- bis 60jährigen waren alle Altersgruppen vertreten. Die dörfliche Jugend gehörte dem Ensemble ohne Ausnahme an. Dank der Umsicht des Lehrers, der nicht so sehr die Ausbildung eines bühnenwirksamen Ensembles als vielmehr die Erziehung einer natürlichen Spiel-, Sing- und Tanzgemeinschaft zur Freude ihrer selbst anstrebte, wurden vorwiegend solche Stücke ausgesucht, geprobt und ins Repertoire aufgenommen, denen die Sänger, Tänzer und Instrumentalisten gewachsen waren. Chor- und Instrumentalsätze machte Reinhardt meist selbst, dabei den Fähigkeiten seiner Leute Rechnung tragend. Lieber modelte er die Melodie um, als daß er seinen Sängern Unerreichbares oder nur schlecht Erreichbares zumutete. Hatte der auf vielen Instrumenten versierte Lehrer („bloß blasen kannn ich nicht") in seiner Instrumentalgruppe — den Gegebenheiten Rechnung tragend — zunächst mit leichter erlernbaren Instrumenten (Blockflöte, Mandoline, Handharmonika, Baß) angefangen, so plante er seit 1957 eine langsame Umstellung auf die in der Altmark heimische und traditionsverwurzelte „alte Besetzung" (Blasmusik). Durch einen damals neu ins Dorf gekommenen Bläser, der nach und nach einige jüngere Kräfte anlernen sollte, war die Voraussetzung für die Verwirklichung dieses lange gehegten Planes gegeben. Je einmal in der Woche kamen die einzelnen Ensemblegruppen im Gasthof oder in der Schule zur Probe zusammen. Der Lehrer leitete die Übungsabende des Chores und der Tanzgruppe und betreute die Instrumentalisten, während eine junge Tänzerin des Ensembles mit dem Kindertanzkreis arbeitete. In der A u s w a h l des R e p e r t o i r e s bewies der Lehrer viel Geschick und Spürsinn. Seine instinktive Abneigung gegen alles Süßliche und Sentimentale ließ ihn aus dem Singgut seines Dorfes und der näheren und weiteren Umgebung die Stücke auswählen, die ihm in Text und Melodie, in Form und Aussage für unsere Zeit passend erschienen und die der Mentalität seiner Sängerschar angemessen waren. Daneben gehörten eine ganze Reihe neuentstandener bzw. wiederverbreiteter Lieder, die seit Jahren überall in Singegruppen, Schulen und Jugendorganisationen gesungen werden, fest zum Ensemble-Repertoire. Einige davon fanden wir schon im Programm des Lindstedter Sängerfestes, z. B. das Knäppelchen-Lied, Frisch auf, mein Volk, die Flammengetchen rauchen und Viel Blut ward hingegeben. Andere sind: Über der Heimat vertrauten Gefilden wandert der Sonne gesegnetes Jahr und Kinder der Republik, ein neugeschaffenes Jugendlied. Aus dem überlieferten heimatlichen Lied- und Tanzgut hatte das Ensemble 1955 folgende Stücke in seinem Repertoire (es handelt sich vorwiegend um AufzeichX4

Volksgesang

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Singgemeinschaften

und

Singgelegenheiten

nungen Parisius' und Horenburgs, die Jöde-Horenburgs Altmärkischem Musikanten bzw. Donaths praktischer Parisius-Ausgabe entnommen wurden): 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15. 16. 17.

Ach du liebe Lene (Stockmann) Es trieb ein Schäfer die Lämmelein heraus (Parisius) Es war einmal ein Königssohn (Parisius) Es wollt ein Jäger jagen, wollt jagen auf der königlichen Heid (Parisius) Es wollt ein Mädchen Wasser holn (Horenburg, Stockmann) Fasselämd-Spruch und Fasselämd-Walzer (Stockmann) Fiestemeier-Heischelied (Stockmann) Hans sitt in Schorsteen (Horenburg, Stockmann) Ich kann nicht sitzen, ich kann nicht stehn (Parisius, Stockmann) Jetzt danzt Lademann (Horenburg) Lina, komm mal vor de Dör (Stockmann) Lott is dod (Horenburg, Stockmann) Mudder, ick will en Ding hebbn (Parisius) Schön ist die Jungfernschaft (Stockmann) Warum bist du denn, mein Kind, so traurig (Parisius) Wie komm ich denn zu Schwiegervaters Haus (Parisius) Wistn Juppjack hemm (Horenburg, Stockmann)

Für die Aufnahme vorgesehen bzw. später aufgenommen wurden: 18. 19. 20. 21. 22.

Dat Haberstroh (Stockmann) Friederich hats Geld versoffen (seit 1957 im Repertoire) Köster, Katt un Bettelmann (seit 1957 im Repertoire) Was nützt mir ein Apfel (Stockmann) Wer Äpfel pflückt und ißt sie nicht (Stockmann)

Vor 1955 gehörten zum Repertoire des Ensembles wohl auch: 23. Es waren zwei Königskinder (Stockmann) 24. Es welken alle Blätter (Stockmann) 25. Wenn hier ein Pott mit Bohnen steiht (Stockmann) Eine ganze Reihe dieser Lieder ist in Breitenfeld heimisch. Sie haben in unserer Sammlung Aufnahme gefunden. Nr. 19 ist in mehreren altmärkischen Tourenbüchern belegt. Nr. 20 soll als Tanzlied im Nachbardorfe Schwiesau gebräuchlich gewesen sein. Die Tanzlieder (Nr. 1, 8, 10, 12, 14, 17, 19 und 20) wurden durchweg mit entsprechenden Tanzspielen verbunden, die der Lehrer aus dem traditionellen, von älteren Einwohnern erfragten Schrittmaterial zusammenstellte. Auch das „Koppelgehen" wurde als Spiel der Tanzgruppe dargestellt 1 . Mädchen und Burschen zogen in breiter Reihe untergehakt singend über die Bühne. Zwischen einigen Burschen entspann sich ein Wortwechsel und eine markierte Schlägerei, die von den anderen 1

Vgl. dazu das Programm des Lindstedter Sängerfestes, oben S. 206 f.

Die von organisierten Verbänden neu geschaffenen Formen des Singens

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geschlichtet wurde. Ein Tanz schloß sich an. Dazu wurden Nr. 2, 5 und 8 der obengenannten Lieder gesungen. Die Vorführung dieses Brauches auf der Bühne, das Herübernehmen aus der lebendigen Wirklichkeit in die Veranstaltungsform dürfte das Ende des Koppelgehens deutlicher bezeichnen als jeder andere Beleg über sein allmähliches Verschwinden. Auch einige Teile des Pfingst- und Fastnachtsbrauchtums, das ja noch allenthalben lebendig ist, wurden vom Breitenfelder Ensemble in stilisierter Form vorgeführt, wobei das heimische Sing- und Spruchgut Verwendung fand. Das durch die Initiative des unermüdlichen Lehrers langsam gewachsene Ensemble hat bald nach seiner Gründung durch das Volkskunstkabinett Gardelegen, besonders durch dessen damaligen, aus Kreisen der Jugendbewegung hervorgegangenen Leiter, rege Unterstützung erfahren. Die Betreuung durch die Kulturfunktionäre der Kreisstadt, die sich nicht nur auf die Anschaffung von Instrumenten und Kostümen, sondern auch auf künstlerische Fragen erstreckte, brachte es mit sich, daß das Ensemble aus seiner dörflichen Isolierung heraus mehr in den Blickpunkt der Öffentlichkeit rückte. Seitdem hat es bei zahlreichen öffentlichen Veranstaltungen und Volkskunstwettbewerben in verschiedenen Städten mitgewirkt (wobei es immer den ersten Platz belegte bzw. in der Spitzengruppe abschnitt) und sogar eine mehrwöchige Tournee nach Westdeutschland unternommen. Einerseits bedeutet diese Teilnahme an Wettbewerben und sonstigen Veranstaltungen außerhalb des Dorfes einen gewissen Anreiz und Ansporn für die Ensemblemitglieder. Die Möglichkeit, Neues kennenzulernen, Eindrücke zu sammeln, zu vergleichen, kurz über den eigenen Zaun hinauszuschauen, hatte — namentlich für die Jugendlichen — viel Verlockendes. Andererseits erforderte eine solche vielfältige Beanspruchung für Aufführungen verschiedenster Art bei der Einstudierung der einzelnen Programme disziplinierte Arbeit, die in einer Laiengruppe nicht so leicht zu verwirklichen ist. Besonders in den angespannten Monaten der Erntezeit, wenn die Bauern müde und zerschlagen von der Feldarbeit in die Proben kamen, kostete es Mühe, die in den ruhigeren Wintermonaten erreichte Leistungshöhe aufrechtzuerhalten. Mit dieser Schwierigkeit hatten und haben viele Laiengruppen zu kämpfen. Der Drang, immer neue und immer bessere Programme zu erarbeiten, führte leicht zu einer Überforderung der Kräfte. Es kann aber nicht Sinn und Zweck eines Laienensembles sein, gänzlich in Proben und Konzertbetrieb aufzugehen wie ein Berufsensemble. Diesem gegenüber muß es eigene Werte entwickeln, eine eigene Qualität darstellen. Zwar ist die Produktion vor einem zuhörenden Publikum seit der allgemeinen Verbreitung der Gesangvereine ein wesentliches Merkmal der Singorganisationen, aber es ist nicht ihr einziges. Nicht minder bedeutungsvoll ist die gesellschaftliche Funktion, die sie innerhalb ihres Ortes zu erfüllen hatten und noch haben. Nach allem, was wir über das allmähliche Schwinden der alten dörflichen Singgemeinschaften geschrieben haben, ist es nur natürlich, daß die neuen organisierten Singgemeinschaften als deren Nachfolger angesehen werden. Daß diese neue Gemeinschaftsform, die sich in vielerlei gemeinsamen Unternehmungen zu bewähren hat, gleichzeitig ein künstlerisch leistungsfähiges Organ ist, das in angemessenem Rahmen öffentliche Veranstaltungen zu tragen und auszugestalten vermag, ist ein erstrebens14*

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Singgemeinschaften

und Singgelegenheiten

wertes Ziel. Dazu ist es notwendig, die rechte Mitte und das rechte Maß zu halten zwischen öffentlichem Auftreten mit ansprechenden Leistungen einerseits und andererseits einer gesellig-musischen Betätigung in den wöchentlichen Zusammenkünften, die — ohne daß ihre erzieherische Funktion geschmälert wird — den Beteiligten Freude und Entspannung nach arbeitsreichem Tagwerk gewährt. Um dieses Ziel in möglichst vielen Laiengruppen zu erreichen, war und ist man vor allem bemüht, den Mangel an guten Ensembleleitern zu überwinden. Die wenigsten Gruppen befinden sich in der glücklichen Lage, seit Jahren einen so qualifizierten und vielseitigen Lehrer zu besitzen wie die Breitenfelder. Das Dorfensemble, das für seine gute Arbeit 1956 mit dem Preis für künstlerisches Volksschaffen ausgezeichnet wurde, stellte — als wirkliches Laienensemble — in seiner Leistungshöhe, aber auch in seiner gesellschaftlichen Bedeutung innerhalb des Ortes, 1955 in der Altmark durchaus noch einen Sonderfall dar. Daß selbst eine solche hervorragende Gruppe mit den eben angedeuteten Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, zeigt, welcher Umsicht und Geschicklichkeit es bedarf, ein Volkskunstensemble auf die Dauer erfolgreich zu leiten. Nicht jeder Lehrer eignet sich für die Betreuung eines Chores, geschweige denn einer Sing-, Tanz- und Spielgemeinschaft. Anfangs brachten nur die wenigsten die nötigen Voraussetzungen und Erfahrungen mit. Einige hatten sich in den Kreisen der Jugendbewegung entsprechende Kenntnisse angeeignet, andere bemühen sich, aus eigenen Kräften etwas aufzubauen. Obwohl die übergeordneten Institutionen, die Volkskunstkabinette und Bezirkshäuser, in Wochenendkursen und Kurzlehrgängen die gröbsten Mängel zu überwinden suchten, reichte dies für die praktische Arbeit oft nicht aus. Inzwischen hat sich die 1953 gegründete S a l z w e d l e r V o l k s m u s i k s c h u l e , die in Stendal und Osterburg Außenstellen besitzt und darüberhinaus in 12 weiteren ländlichen Gemeinden Unterricht erteilt, zu einer wichtigen Ausbildungsstätte für Laienmusiker entwickelt 1 . Nachdem die in den ersten Jahren bestehenden Schwierigkeiten und Hemmnisse (Fehlen geeigneter Lehrkräfte und Übungsräume, Mangel an brauchbaren Instrumenten und Unterrichtsmaterialien) überwunden waren, konnte sie ihre Schülerkapazität erheblich steigern 2 und damit maßgeblichen Einfluß auf die musische und musikalische Erziehung besonders der altmärkischen Jugend nehmen. Ihre Schüler — von Anfang an zum gemeinschaftlichen Musizieren erzogen, um sich nach Abschluß ihrer Ausbildung leicht in Laienorchester und Ensembles einfügen zu können — dürften den in vielen Gruppen herrschenden Mangel an leistungsfähigen Musikern überwinden helfen. Doch bleibt — trotz allem bereits Erreichten — auch dann noch genug zu tun, um allen Bevölkerungsschichten und Altersgruppen zu echtem Musikverständis zu verhelfen und damit die so oft geforderte Überbrückung der Kluft zwischen Volk und Kunst auf breitester Basis zu verwirklichen.

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Vgl. Siegfried Rost in: Altmarkbote III (1958), S. 1 2 2 - 1 2 5 , und ebd. II (1957), S . 2 8 4 f . Im letztgenannten Beitrag wird auch auf die Arbeit des Staatlichen Kulturorchesters der Altmark (Sitz Salzwedel) kurz eingegangen. 1953: 100, 1958: 500 Schüler, davon wurden im Schuljahr 1956/57 119 Jugendliche auf Zupfinstrumenten und 71 Holz- und Blechbläser ausgebildet.

Die von organisierten Verbänden neu geschaffenen Formen des Singens

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Von den zahlreichen Fragen, die mit der Entwicklung der Volkskunstbewegung in der Altmark und der ganzen DDR zusammenhängen, konnten im Rahmen dieser Studie nur einige wenige angedeutet werden. Dieses Thema hat zu viele Aspekte, als daß es innerhalb unserer ein ganzes Jahrhundert umspannenden, noch dazu landschaftlich spezifizierten Untersuchung hätte allseitig erfaßt werden können, die Bewegung selbst sich zu schnell und vielseitig entfaltet. Ohnehin erschwert eine im Geschehen befindliche, unter den Tagesereignissen sich ständig wandelnde und in die Zukunft weiterweisende Erscheinung die analytische Fixierung. So ist bei allen hier mitgeteilten Fakten zu bedenken, daß es sich um Beobachtungen und Erhebungen aus dem Jahre 1955 handelt, die ein inzwischen überholtes Entwicklungsstadium widerspiegeln. Was sich danach in den altmärkischen Volkskunstgruppen getan hat, kennen wir aus eigener Anschauung nicht 1 . Unter diesen Umständen mußten wir uns darauf beschränken, die damalige Situation anhand einiger konkreter Beispiele zu erläutern, wobei uns — unserer Themenstellung entsprechend — nicht nur die Art und Weise der Einbeziehung landschaftlichen Uberlieferungsgutes in die praktische Volkskunstarbeit interessierte, sondern auch der spezifische Charakter solcher Gruppen wie des Breitenfelder Dorfensembles, das 1955 durchaus noch eine Zwischenstellung zwischen zentral gelenkter, „organisierter" und aus eigenemAntrieb hervorgegangener Gemeinschaftsbildung und Programmgestaltung einnahm. Eigeninitiative, Bindungen an die bis vor kurzem noch lebendige örtliche Tradition und staatliche Anleitung und Förderung ergänzten sich hier recht glücklich. Diese in überlieferungsreichen Gebieten 2 noch verbreitete Art volkskünstlerischer Betätigung demonstriert, daß sich auch in unserer schnellebigen Zeit Wandlungen nicht abrupt vollziehen, sondern stufenweise. Gerade derartige Laienzirkel aber vermögen es am ehesten, die noch an den alten Singgemeinschaften und Singgewohnheiten hängenden Menschen aufzusaugen, womit sie — man denke an die Vielzahl der heute bestehenden Chorgruppen und den wachsenden Einfluß der anleitenden Institutionen (Beispiel Salzwedler Volksmusikschule) — den endgültigen Übergang vom traditionellen Volksgesang zu den neuen organisierten Formen volkstümlichen Singens bewirken. An diesem Prozeß, der sich zunehmend auch in der Repertoiregestaltung widerspiegeln wird, nehmen allerdings nicht nur die Volkskunstgruppen teil, sondern auch andere staatliche Institutionen, innerhalb derer gemeinschaftlicher Gesang gepflegt wird, in erster Linie Schulen und Kindergärten. Auf sie sei abschließend noch kurz eingegangen. Besonders der S c h u l g e s a n g , der in der Altmark — wie wir früher (S. 8ff.) bereits andeuteten — eine weitzurückreichende Tradition besitzt 3 , muß hier unser Auch erhielten wir leider auf 1960 ausgeschickte Anfragen an die altmärkischen Volks. kunstkabinette (über Gruppenzahl und Repertoires) keine Auskünfte. 2 Beispielsweise im Harz, wie ein Wissenschaftler-Kollektiv des Instituts für Volkskunstforschung Leipzig feststellte (vgl. vorerst: Zur Situation der traditionellen Volkskunst im Harz, Leipzig 1958). 3 Seit Bestehen der altmärkischen Schulen stand der Singunterricht wegen seiner Bedeutung für den Gottesdienst im Schulplane obenan. Zeitweise war ihm — nach Latein und 1

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Singgemeinschaften

und Singgelegenheiten

Interesse beanspruchen, ist er doch nicht nur ein getreuer Spiegel des jeweiligen musikalischen Bildungsideals einer historischen Epoche, sondern auch ein den freien Volksgesang mannigfach beeinflussender Faktor. Liedgut, Singstil und Mehrstimmigkeitsformen der traditionellen Singgemeinschaften wurden durch das in der Schule Erlernte mitbestimmt, wie andererseits der Schulgesang sich an den Vorbildern der zeitgenössischen Singorganisationen und sonstigen musikpflegenden Organe orientierte. Die für das letzte Jahrhundert festgestellten Entwicklungsstadien des organisierten Singens sind auch im Schulrepertoire erkennbar. Betrachten wir einige altmärkische Schulliederverzeichnisse aus der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts, der Zeit zwischen den beiden Weltkriegen und der Gegenwart. In der Ehliesschen Sammlung befindet sich eine Zuschrift, die das Liedgut einer altmärkischen Schule um 1870 aufzählt. Eine alte Frau aus Seeben (Kreis Salzwedel), 1862 geboren, teilt folgende Lieder mit, die sie während ihrer Schulzeit (von 1867 bis 1877) in ihrem Heimatdorf Darsekau (Kreis Salzwedel) im Singunterricht gelernt hat: 1. 2. 3. 4. 5. 6. 7. 8. 9. 10. 11. 12. 13. 14. 15.

Hinaus in die Ferne mit lautem Hörnerklang Stimmt an mit hellem hohen Klang Ich weiß nicht, was soll es bedeuten O wie wohl ist mir am Abend Ach, wie ists möglich dann Morgenrot, Morgenrot, leuchtest mir zum frühen Tod Ich hatt einen Kameraden Des Sommers letzte Rose Was frag ich viel nach Geld und Gut Üb immer Treu und Redlichkeit Nun ade, du mein lieb Heimatland In der Heimat ist es schön Der alte Barbarossa Zu Straßburg auf der Schanz Geh aus mein Herz und suche Freud

Religion — die höchste Stundenzahl gewidmet, nämlich vier Wochenstunden. In älterer Zeit wurden in den mittleren Klassen nur praktische Gesangsübungen veranstaltet, während in den oberen Klassen die Hälfte der Zeit für den theoretischen Unterricht zur Mitteilung der Praecepta Musices und der Doctrina modorum bestimmt war (vgl. Götze, Geschichte des Gymnasiums zu Stendal, S. 28, 35 und öfter). Trotz mehrfacher Veränderungen der Lehrpläne und Lehrmethoden (nach Götze, a. a. O., S. 158 und 263, traten z. B. am Ende des 18. Jahrhunderts, als eine Reihe neuer Fächer eingeführt wurde, an die Stelle des alten Gesangsunterrichts zwei Stunden „Musik für Liebhaber", und 1849 schaffte das Stendaler Gymnasium zur Begleitung des Gesangunterrichts ein Pianoforte an) blieb Gesang und Musiklehre immer eines der wichtigeren Unterrichtsfächer, selbst in den städtischen Elementar- und den Dorfschulen, in denen der übrige Unterricht nicht nur zeitweise, sondern bis zum Ende des 19. Jahrhunderts fast durchweg kläglich genug war und kaum die notwendigsten elementaren Kenntnisse vermittelte.

Die von organisierten Verbänden neu geschaffenen Formen des Singens 16. 17. 18. 19. 20. 21. 22. 23. 24. 25. 26. 27. 28. 29. 30. 31. 32. 33. 34. 35. 36.

215

W o findet die Seele die Heimat, die Ruh Laß mich gehen, laß mich gehen Als Jesus noch ein Knabe war Des Morgens in der Frühe O wie ist es kalt geworden Wer hat dich, du schöner Wald Wie herrlich ists im Wald Lieber Gott, wir danken dir in Freude Wenn es schneit, wenn es schneit Ich bin ein Preuße, kennt ihr meine Farben? Was blasen die Trompeten? Husaren heraus! Joachim Hans von Ziethen Im Wald und auf der Heide Es ging ein Jäger wohl in den Wald Es braust ein Ruf wie Donnerhall Wenn die Schwalben heimwärts ziehen Harre, meine Seele Kuckuck, Kuckuck rufts aus dem Wald Fuchs, du hast die Gans gestohlen O du fröhliche, o du selige Wie fröhlich bin ich aufgewacht

Hier finden wir eine ganze Reihe von Stücken wieder, die auch die Repertoires der Gesangvereine jener Zeit zierten, daneben einige Kinderlieder und etliche geistliche Gesänge. Die letzteren sind später immer mehr aus dem Schulgesang geschwunden. Schon in den 70er Jahren, aus denen die angeführte Zusammenstellung stammt, spielten sie offenbar nicht mehr die beherrschende Rolle wie etwa noch 50 bis 60 Jahre zuvor, als der Schulunterricht namentlich auf dem Lande durch Lernen und Lesen des Katechismus und durch Kirchenlieder bestimmt wurde 1 . Unsere Kloster Neuendorfer Gewährsfrau Anna M. bewahrte lange Jahre ein handgeschriebenes Schulliederheftchen ihrer Großmutter (geb. 1816) auf, das leider in den Nachkriegswirren verlorengegangen ist. Es enthielt fast ausschließlich geistliche Lieder (mit Melodien!), Katechismuslieder, Legenden und Gesänge erbaulichen Charakters der Art, wie sie Katharina Jennrich, Parisius' liederreiche Gewährsfrau, noch u m 1850 zu singen pflegte 2 . Unsere Sängerin übernahm daraus in ihr Repertoire Maria täte wandern und Das Jahr entfloh, Lieder, die sonst längst vergessen sind. Mit dem Schwinden des kirchlichen und dem Anwachsen des staatlichen Einflusses auf das

1 2

Vgl. Zahn, Heimatkunde der Altmark, 2. Aufl., S. 67f. Vgl. Weber-Kellermann, Parisius, S. 497 ff., besonders Nr. 636 ff. — Das von August Stöpel am Anfang des 19. Jahrhunderts veröffentlichte Schulchoralbuch, das nach einer Bemerkung des Herausgebers (in Pohlmanns Geschichte der Stadt Tangermünde, S. 82) rund —j die

hat - te ei - ne

Toch-ter,

wun-der-scho-nes Weib;

iJ

^

die war zumSterbn bereit.

B V A 1747. Slg. Stockmann 1955. Tonbandaufz. N r . 24a/4 vom 8. 7. aus Klötze (Luise P., 60).

D a s gleiche G e s i c h t t r a g e n die M e l o d i e n z u r Rheinbraut u n d z u r Ballade v o m v e r s t e i n e r t e n B r o t {Die beiden Schwestern)1:

N o t e n b e i s p i e l 53

m

Stockend erzählt, ungleich J-

1

=-60

Es w a r

m

ein-mal

ein Reicher,

der suchte sich sei - nes-gleichen

Ebenso drei weitere, hier nicht mitgeteilte Weisen des letztgenannten Liedes sowie die verschiedenen Melodiefassungen von Es waren einst %wei Banernsöhn, Es zog einst ein Ritter in das fränkische Land, Es ging einst ein verliebtes Paar u. a.

236 -ö r7t 1 • i w — 1L -tr—

Das altmärkische Liedgut m.

1)

: U— kf fi— H V—t er such-te nicht länger denn sie-ben Jahr, bis daß die junge Frau sei - newar. •h

1

t—

F E-

ffB-J

i) auch: ; BVA 1776. Slg. Stockmann 1955. Tonbandaufz. Nr. 26a/l vom 12. 7. aus Nesenitz (Hulda S., 60). Notenbeispiel 54 Bänkelsängerhaft erzählend J-- 66-69 .

$

$

Chri-stin-chenging

in

Garten,

drei

Ro-sen zu

p J ri r t

er - warten.

Ihr Zei - chen sah sie am Him-mel stehn,daß sie im Rhein sollt un-ter-gehn. BVA 1496. Slg. Stockmann 1955. Tonbandaufz. Nr. 9b/4 vom 7. 6. aus Jävenitz (Hertha W., 50; Anna N., 64).

Notenbeispiel 55 E t w a s gehetzt J- = 66-72

m

Es wa- reneinst zwei Schwestern,

die

and - re war ei - ne Wit-we

die

ei - ne, die war

reich;

mrnm

und hat-te sechs Kin - der-lein.

BVA 1247. Slg. Stockmann 1955. Tonbandaufz. Nr. 5 a / l vom 28.4. aus Breitenfeld (Regine R., 13). Notenbeispiel 56 T e m p o R u b a t o , m i t Pathos J- = ~60

m

Es

w a - r e n einst zwei Schwesterlein, die

ei-ne war reich an Geld;

Volkskundliche Analyse des 1955 gesammelten Liedgutes

J? l

n

1-

.

.

,

. i,

j

> .

.

J"1 .

i h

J M LT v 'P ' * J > ' P p g ß and-i e ha t sec h s klei-ne Kin-der, die and-re hat sechs kle i-ii e Kind ;r,

die

Ju

.

237



r?—r--—t—m—r "i

die schrein vor H u n g e r s - n o t ,

die

h

r

—fc-

Schrein vor H u n - g e r s - not. B V A 1777. Slg. Stockmann 1955. Tonbandaufz. Nr. 2 6 b / l v o m 12. 7. aus Nesenitz (Hulda S., 60).

Die Grenzen zwischen der Ballade und dem neueren bänkelsängerartigen und sentimentalen Erzählliede sind, wie wir an der Melodik sehen, durchaus fließend. Aber auch zu einem Teil der reflektierenden Lieder (Gattung b/2) lassen sich deutliche Beziehungen feststellen. Ein größerer Prozentsatz der in Rede stehenden Erzähllieder 1 neigt — wie schon angedeutet — mehr zu einer lyrisch-weichen, gefühlsbetonten und sanglichen Melodik, z. B.: Notenbeispiel 57 Mit Ausdruck und Empfindung

Mit schwachen

da t r i t t , das

Ar- men,blei-chen

Herz voll h e i - ßem

Die L o k - k e n s t r e i - c h e l t sie

A

.

.

dem

l

ein K i n d - l e i n s t e h t v o r m Bergmannshaus,

B a n - f e n , s e i n M ü t - t e r - l e i n zu

Kin-de,

'

3

r_

a c h Mut - t e r l , w e n n die Glok-ken

7

l a u - t e n . d a n n kommt d e r V a - ter *

_

ihm h e r - a u s .

das fröh-1 ich s p r i c h t beim A - b e n d - s c h e i n :

' 3

Ach Mut-terl, w e n n die G l o k - k e n

a

Wan-pen

r

~3

?

wie-der

rit.

lau - ten, dann kommt der Va-ter w i e - d e r

heim,

^ heim.

B V A 1755. Slg. Stockmann 1955. Tonbandaufz. Nr. 2 5 b / 2 2 v o m 12. 7. aus Klötze (Luise P., 60). 1

Besonders solche, die auch im Texte erzählende und lyrisch betrachtende Elemente verknüpfen.

238

Das altmärkische

Liedgut

Ähnlich rührselige und im Gegensatz zu den kurzatmig-leiernden Bänkelweisen mehr kantabel-strömende Melodien mit weitgespannten Phrasen zeigen Gefangen in maurischer Wüste, Verlassen auf der ganzen Welt, Wenn grün die Eichen stehn auf ihren Fluren, Ein deutsches Schiff lag einst am Indienstrande, Es %og ein Wandersmann so still einher, Leise tönt die Abendglocke, Was hallet vom Turme ja heut für ein Geläut, Nach der Heimat möcht ich eilen (Der Negersklave) u. a. Diese Melodik ist in noch ausgeprägterer Form auch für das neuere Heimatlied und ähnliche sentimentale Lieder reflektierenden Charakters, worüber gleich zu sprechen sein wird, bezeichnend. Teilweise werden von dort direkt Melodien übernommen und Erzählliedern angeschmiegt 2 . Ein besonders treffendes Beispiel für eine solche Übernahme bieten unsere beiden Aufzeichnungen des Liedes Als ein Sklav bin ich geboren. Zu diesem Liede war in Breitenfeld eine vierzeilige Melodie üblich, wie sie auch zum Tod auf den Schienen (Es war ein Mädchen jung von Jahren, verführt durch Männer Schmeichelei) gesungen wird: Notenbeispiel 58 Leise und klagend

imüi J = - 69

Als ein Sklav bin ich ge - bo - ren, als ein

rs schon in

', 3 l

,

Skia - ve sterb ich auch;

., r~3~~'

'

mei-nen jun-gen Jah - ren wüßt ich nicht,was Freu-de war.

1. Als ein Sklav bin ich geboren, Als ein Sklave sterb ich auch; |: Schon in meinen jungen Jahren Wüßt ich nicht, was Freude war.: | 2. Meine Eltern wurden gerufen In den Tod zur Ewigkeit, Welche mir nichts hinterließen Als nur Gram und Herzeleid. 1

2

Mischformen beider Melodiearten repräsentieren etwa unsere Aufzeichnungen von: Es war einmal ein reicher Bauer, Von der Wanderschaft zurück, Es wollt ein Mann nach seiner Heimat reisen, Mutlos mit fliehenden Schritten, Es zog ein Matrose wohl über das Meer, Die Erde braucht Regen (Ein Jüngling wollt reisen), Zu Straßburg auf der langen Brück u. ä. Zum Beispiel wird die Weise von Wie die Blümlein draußen zittern auch zu dem sentimentalen Erzähllied Fern im Süd das schöne Spanien, das mit zahlreichen verschiedenen Melodien im Umlauf ist, gesungen. Eine andere dieser Melodien wiederum ist auch zu der Moritat von der Hamburger Rabenmutter (Wem soll denn das Herz n'cht bluten) verbreitet.

Volkskundliche Analyse des 1955 gesammelten

Liedgutes

239

3. Eines Tags ging ich spazieren, Kam ein reicher Herr zu mir, Schmeichelte mit schönem Gelde, Sprach: mein Kleiner, geh mit mir. 4. Endlich ließ ich mich belehren, Zog mit ihm von Ort zu Ort. Ach wie bald mußt ich verlassen Meinen schönen Heimatsort. 5. Als wir waren angekommen, Sprach der Herr im strengen T o n : Hier sollst du zeitlebens schmachten. Dein Erlöser sei der Tod. BVA 1368. Slg. Stockmann 1955. Tonbandaufz. Nr. 16b/l vom 29. 5. aus Laatzke (Liselotte R., 41, hs. Ldb.). In dieser Form zeichneten wir das Lied bei der aus Breitenfeld stammenden, aber schon mehrere Jahre in Laatzke lebenden Bäuerin Liselotte R. auf. So ist es in den zwanziger und dreißiger Jahren in den Breitenfelder Koppeln gesungen worden. In Breitenfeld selbst konnten sich die ehemaligen Koppelfreundinnen der Laatzker Bäuerin nur noch vage an dieses Lied erinnern. Elli W . hatte es wie auch Liselotte R . mit fünf vierzeiligen Strophen in ihr handschriftliches Liederbuch notiert. Vorgesungen wurde mir aber — nach langem Überlegen — folgendes: Notenbeispiel 59 Sentimental . J =-60 . Als ein S k l a v b i n

ich

schon in

jun-gen

mei - nen

ge - bo - r e n .

Jah - ren

M e i - n e ETl-tern wurden ge - r u - f'en

als ein Skla-ve sterb ich auch;

w ü ß t icli nicht,was Freude w a r .

in den Tod zur

E-wig-keit,

Ii. wel - che m i r nichts h i n - t e r - l i e - ßen

a l s n u r Gram und Herze - leid,

1(27 H e r - z e - leid.

BVA 1055. Slg. Stockmann 1955. Sehr. Aufz. vom 7. 5. aus Breitenfeld (Elli W., 44, hs. Ldb.; Lina W., 52; Anna S., 43).

240

Das alimärkische

Liedgut

Das ist die Weise von Köln am Rhein, du schönes Städtchen, Köln am Rhein, du schöne Stadt und darinnen eine Festung, die so hohe Mauern hat, eines achtzeiligen, durch die Wiederholung in der Melodie sogar auf 10 Zeilen anwachsenden Liedes. Zur Übernahme gerade dieser Weise (das Köln-Lied ist in Breitenfeld bekannt 1 ) hat offenbar die ähnliche Anfangsformel in Verbindung mit der gleichen Versstruktur geführt, daneben natürlich auch die Tatsache, daß beide Lieder sehr verwandten Inhalt und Gefühlscharakter zeigen. Auch an vielen anderen Beispielen kann man beobachten, daß vorwiegend solche Melodien übertragen werden, die zu gleichgebauten, stilund ausdrucksverwandten Texten gehören. Richten wir nunmehr unser Augenmerk auf d i e r e f l e k t i e r e n d e n L i e d e r über Natur und Welt, verschiedene Berufe, Heimat und Fremde, Abschied und Wandern (Gattung b/2). Diese umfangreichste Gattung unserer Sammlung (knapp 29% des Gesamtbestandes) umfaßt verschiedene Untergruppen, z. B. die Schul- und Vereinslieder der philantropischen Aufklärung, wie sie bis in unser Jahrhundert in den höheren Klassen der Grundschulen und in Gesangvereinen gepflegt wurden, die „Haus-, Spazier- und Wanderlieder im Volkston" (Wiora), die durch die Jugendbewegung und spätere Jugendorganisationen verbreiteten neuen und älteren naturbetrachtenden und Wanderlieder 2 . Daneben bilden die stark verbreiteten reflektierenden Lieder sentimentalen Charakters eine charakteristisch sich abhebende Untergruppe dieser Gattung. Sie haben in der Regel rührselige Betrachtungen über Natur und Welt, Heimat und Fremde und ähnliche allgemeine Themen zum Inhalt. Eine große Rolle spielen die verschiedensten Arten von Verlusten, Verlust der Jugend, der Eltern, der Liebsten, der Heimat usw. Bei den meisten Stücken dieser Art handelt es sich um wenig wertvolle Kunstlieder drittrangiger Dichter und Komponisten aus der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts. Meist sind die Texte wie auch die Melodien vielzeilige, aufgeschwollene Gebilde (8 bis 12 und mehr Zeilen). In der Melodik herrscht der gefühlsbetonte Sextenaufschwung, das Auf und Ab im Septimendreiklang, überhaupt das Spiel mit der Septime. Schluchzende Vorhalte sind sehr beliebt, auch Chromatismen werden nicht verschmäht. Kurz, diese Melodien vereinigen all das, was an wenig Liebenswertem uns aus dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts überkommen ist. Einige Beispiel mögen das Gesagte verdeutlichen:

1 2

BVA-Nrn. 1164 und 1222. Die Lieder dieser Gruppen zeigen einen bewußt frischen, kernigen, „volksliedhaften" Charakter, der auch in der Melodik seinen Niederschlag findet. Beispiele sind aus unserer Sammlung: Auf der Berge grünem Saume; O du klarblauer Himmel; O Täler weit, o Höhen; Wenn die Mailüfte säuseln; Wer hat dich, du schöner Wald; Wer recht in Freuden wandern will-, Die Sonn erwacht; Guter Mond, du gehst so stille; und aus neuerer Zeit: Ade nun %ur guten Nacht; Alle Birken grünen in Moor und Heid; Es schienen so golden die Sterne; Hoch auf dem gelben Wagen; Im Frühtau Berge; In der Lüneburger Heide; Kein schöner Land in dieser Zeit; Rote Wolken am Himmel; Wenn der Frühling kommt und von den Bergen schaut u. a.

241

Volkskundliche Analyse des 1955 gesammelten Liedgutes

Notenbeispiel 60 Langsam und sentimental schleppend J = 60

Nachmei-ner Hei-mat ziehts mich wie-der,

es

die-sel - be Luft, die-sel-ben fro-hen Lie-cter,

ist

die al - te Hei-mat noch,

"und a l - l e s

ist ein and-res

doch.

BVA 1031. Slg. Stockmann 1955. Tonbandaufz. N r . 6b/8 vom 28. 4. aus Breitenfeld (Lina W., 52, hs. L d b . ; Elli W., 44, hs. Ldb.; Minna S. II, 48).

Notenbeispiel 61 Rubato,mit Gefühl

%

J = 66

1

1

3

Horch,die

Sonst ist

$

J>|J-

P f ?

J'J

al - ten Ei-chen rauschen im-mer noch d a s al - te

mm

r

t

¡T-1

al - les an-ders wor-den,seit

l-j-1

i

sonst ist

al - les an-ders

ich

aus der Hei-mat schied,

-

i

J 1

worden, seit

ich

t J. f r^—j—i

aus

Mit Ge-leit zog ich von J=

t

66

Herz, wie bist

$

I

hin - nen,

alt

'r

der Hei-mat schied.

rit. t

Lied.

o

und ein-sam k e h r ich her.

öI

du voll von Seh-nen, H e i - m a t ,

Herz, wie bist du voll von

Seh-nen, Hei-mat,

ach, wie bist

ach, wie bist

du

leer.

du

leer.

BVA 1489. Slg. Stockmann 1955. Tonbandaufz. Nr. 21a/5 vom 7 . 6 . aus Jävenitz (Anna N., 64; Hertha W., 50). 1Q

Volksgesang

Das altmärkische Liedgut

242 Notenbeispiel 62 Wehmütig und sehr langsam

I c h b i n so

gern,so

gern d a - h e i m ,

da - h e i m in m e i - n e r s t i l - l e n

Klau-se,

J! .Jj W i e k l i n g t es doch dem Her-zen wohl,

das

l i e - be t r a u - t e W b r t : zu l

L

D o c h nirgends auf der w e i t e n W e l t

»

2) =r -»

.

f ü h l ich

.

>

i

.

L

i

Hau-

,

I

Kind,

i

so f r e i mich von B e - schwerden:

, la.) J

E i n b r a - v e s Weib, e i n h e r - z i g

se.

das ist m e i n H i m m e l

auf der

1) auch: J 2) B e i der W i e d e r h o l u n g , auch i n den w e i t e r e n S t r o p h e n , e n t f a l l e n A k z e n t u n d

Er

, i * J -

^ 1

den.

Dehnung.

B V A 1033. Slg. Stockmann 1955. Tonbandaufz. Nr. 3a/l vom 25.4. aus Breitenfeld (Lina W., 52, hs. Ldb). Notenbeispiel 63 Ruhig fließend, mit sentimentaler Empfindung, etwas rubato

D e n T o - nen lauschend w i e i m Traum,hab

Und B l ü - t e n - d u f t und

mir

ich

an sie

ge-dacht.

Vo-gel-sang, die ha - ben s i c h v e r - e i n t ,

w u r - d e , ach, s o w c h , so bang, ich h a - b e leis ge - w e i n t , ich

ha-be

leis g e - w e i n t .

B V A 1490. Slg. Stockmann 1955. Tonbandaufz. Nr. 15a/l u. 9a/3 vom 28. 5. aus Jävenitz (Anna N., 64; Clara H., 51; Hertha W., 50). Weitere Lieder dieser A r t sind etwa: A m Hügel, w o der Flieder blüht Es war ein Sonntag hell und klar H o c h v o m H i m m e l strahlt die Sonne

Volkskundliche Analyse des 1955 gesammelten

Liedgutes

243

Holde Blum der Männertreu Ich bin das ganze Jahr vergnügt Ich habe den Frühling gesehen Ich habe geglaubet Ich weiß ein einsam Plätzchen auf der Welt Im Frühjahr ists auf den Alpen so herrlich, so schön 1 In einem Tale, wo Ostwind wehte Kein Heimatland, kein Elternhaus Mir ist die Sonne aufgegangen Nach der Heimat möcht ich wieder Noch ist die blühende goldene Zeit O hast du noch ein Mütterlein Tirol, Tirol, Tirol, du bist mein Heimatland 1 Verlassen, verlassen, verlassen bin ich Wenn die Schwalben heimwärts ziehn Wenn ich mich nach der Heimat sehn W o den Himmel Berge kränzen Wo's Dörflein dort zu Ende geht usw. Die eben beschriebene Liedgattung wie auch die bänkelsängerhaften und sentimentalen Erzähllieder sind besonders für das Repertoire älterer vom Lande stammender Sänger charakteristisch. Zwar findet sich einiges davon auch noch unter der jüngeren Generation, aber deren Liedschatz besteht in der Hauptsache aus den in Schule und Singorganisationen gelernten Liedern. Darüber wie auch über einen anderen auf das Singgut der Jugendlichen einwirkenden Faktor, die kommerzielle Unterhaltungsmusik, wird in einem gesonderten Abschnitt (S. 259 ff.) noch zu sprechen sein. Zu klären ist noch das V e r h ä l t n i s v o n h o c h d e u t s c h e n u n d m u n d a r t l i c h e n L i e d e r n innerhalb unserer Sammlung. Die ersteren umfassen rund 88% des Gesamtbestandes. Von den restlichen 12% entfällt der größte Teil auf rein niederdeutsche Lieder (7,2%). Eine kleine Gruppe weist Mischformen zwischen Hochsprache und altmärkischer Mundart auf (0,8%) 2 . Die übrigen 4 % sind Lieder in anderen Dialekten, zufällige Randerträgnisse unserer Sammelarbeit, die in diesem Zusammenhang nicht interessieren 3 . 1

2

3

Wie in allen deutschen Landschaften, so spielt auch in der Altmark innerhalb dieser Liedgruppe die „Konjunktur des Bairischen", wie es Bausinger nennt (Jb. d. Österreich. Volksliedwerkes 1956, S. 73), eine gewisse Rolle. Entweder wechseln sie in den einzelnen Strophen zwischen Mundart und Hochsprache (z. B. Zwiegespräche) oder sie enthalten nur einzelne mundartliche Wendungen. Es handelt sich dabei vorwiegend um Lieder, die uns von Umsiedlern (aus dem Adlergebirge, CSSR) vorgesungen wurden. — Zu erwähnen sind hier auch die pseudomundartlichen Salonlieder, die seit der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts aus dem bayrischösterreichischen Raum in breiter Front nach Norden vordrangen (z. B. verschiedene Stücke von Thomas Koschat).

16*

Das

244

altmärkische

Liedgut

Auf unsere fünf Liedgruppen verteilen sich die altmärkischen Mundartlieder wie folgt: Liedgruppe

I

II

III

IV

V

rein niederdeutsche Lieder

3,1%

27,7%

10,2%

61%

33,2%

gemischt-sprachliche Lieder

0,4%

0,9%

11,1%

3%

mundartl. Lieder insgesamt

3,5%

11,1%

72,1%

36,2%

-

27,7%

Die letzte Querspalte unserer Tabelle gibt den Gesamtbestand an mundartlichen Liedern innerhalb jeder Gruppe in Prozenten an, deren Ergänzung zu 100 jeweils den Anteil der hochdeutschen Lieder ausmacht. Im Verhältnis zur Größe der einzelnen Liedgruppen ist der Anteil an altmärkischen Dialektliedern in der IV. Gruppe (Heischelieder und andere brauchtümliche Gesänge) am höchsten: fast 3/4 der ganzen Gruppe. Dann folgen die Tanzlieder (Gruppe V) mit etwas mehr als 1/3 mundartlichen Texten, dann die Wiegen- und Koselieder (Gruppe II) mit einem knappen Drittel, danach die III. Gruppe (Reime, Lieder und Spiele der Kinder) mit reichlich 10% und zum Schluß erst die Gruppe I, die nur 3,5% echte Mundartlieder aufzuweisen hat, darunter besonders folgende Gattungen: Humoristische Erzähllieder (a/3) wie Bualala und Pastors Kaub, einige Liebeslieder (b/1), z. B. Ick wien mei die Oogen noch rot un noch blank, zahlreiche reflektierende Lieder (b/2), größtenteils von Heimatdichtern stammend, ferner lokale Scherz-, Spott- und Trinklieder (c) und schließlich auch eine Reihe von Dialektliedern verschiedener Gattungszugehörigkeit, die im Zuge der erwachenden Mundartpflege besonders durch die Jugendbewegung verbreitet bzw. wieder verbreitet wurden (z. B. Et ivassen twee Künnigskinner, Dat du min Leevsten bist, öwer de stillen Straten u. a.). Diese letzteren wie auch ein Teil der plattdeutschen Tanzlieder gehören bis in die Gegenwart zum Repertoire der organisierten Singegruppen.

2. Die Verteilung des Liedgutes auf Geschlechter und Altersklassen Einen interessanten Einblick sowohl in die Situation des altmärkischen Volksgesanges im Aufnahmejahr als auch in die Entwicklung der letzten Jahrzehnte gewährt die Betrachtung der mengen- und artmäßigen Verteilung des Liedgutes auf unsere Gewährsleute, auf Männer und Frauen, Dorf- und Stadtbewohner und auf die verschiedenen Altersgruppen. Zur Untersuchung dieser für die weiteren Ausführungen wesentlichen Frage gibt uns die tabellarische Liedübersicht und der im II. Kapitel enthaltene Überblick über die Sänger die notwendigen Fakten an die Hand.

Volkskundliche Analyse des / 955 gesammelten

Liedgutes

245

Wie das auf S. 56 ff. gegebene Sängerverzeichnis und seine anschließende Auswertung zeigte, haben wir mehr Frauen als Männer und eine wesentlich größere Zahl Land- als Stadtbewohner aufnehmen können. Diese Bevorzugung bzw. Benachteiligung lag ursprünglich nicht in unserer Absicht, ergab sich aber während der Sammelaktion zwangsläufig, da Befragungen in den schwächer vertretenen Gruppen mehrfach negativ verliefen. Mag dies teilweise auf mangelndes Sammlerglück zurückzuführen sein, oder, was den größeren Anteil der Frauen betrifft, auch daran liegen, daß ich als Sammlerin mit den Frauen schneller Kontakt bekam, so scheint uns der Hauptgrund doch ein anderer zu sein. Unsere Sammlung erfolgte zu einem Zeitpunkt, da die Traditionen mündlicher Liedüberlieferung mehr denn je im Schwinden begriffen waren. Viel mehr als bei der Aufnahme in einer noch lebendigen Volksliedlandschaft waren wir deshalb auf liederkundige und an der Sache interessierte Gewährsleute angewiesen, die aus der Erinnerung schöpfen konnten bzw. die sich auch unter den veränderten Bedingungen den Sinn für Lied und Singen bewahrt hatten 1 . Wir fanden solche Personen weniger in der Stadt als auf dem Lande, und dort stärker unter den Frauen als unter Männern. Erscheinungen, die auch sonst zu beobachten sind, wie z. B. die für die Volksliedsammlung sprichwörtlich gewordene Ergiebigkeit älterer Frauen vom Lande, treten unter bestimmten historischen Bedingungen besonders deutlich zutage. Insofern spiegelt die Verteilung unserer Gewährsleute auf Dörfer und Städte, Geschlechter und Altersgruppen die im Aufnahmejahr herrschende Situation innerhalb des altmärkischen Volksgesanges durchaus getreu wider. Auch die Altersklassen waren ja, wie die Sängertabelle zeigte, mit recht unterschiedlichen Anteilen vertreten. Den größten Prozentsatz aller in Direktbefragung erfaßten Personen nahm die vierte Altersgruppe (40—65 Jahre) ein (rund 35%, davon etwa 2/3 Frauen); es folgten die Jugendlichen (15—25 Jahre) mit ca. 2 5 % (über die Hälfte weibliche Gewährspersonen) und die Kinder (bis 14 Jahre) mit ca. 20% (zu gleichen Teilen Knaben und Mädchen); in den bescheidenen Rest teilten sich die dritte und fünfte Altersgruppe (25—40 Jahre und über 65 Jahre), beide mit ca. 10% und wieder einer geringeren Zahl Männer als Frauen. Hinsichtlich der Altersklassen und ihrer Anteilzahlen ist jedoch — wie früher schon angedeutet — zu bedenken, daß unsere Aufgliederung nicht schematisch gleichgroße Zeiträume abteilt. Sie erfolgte vielmehr unter dem Gesichtspunkt, trotz geringer Gruppenzahl alle für das Singen wichtigen Lebensabschnitte zu markieren: 1. das Schul- und Vorschulalter (Kinder bis zu 14 Jahren), 2. den für das Singen und Liedlernen besonders bedeutungsvollen Zeitraum, in dem die Sänger Jungkoppeln und anderen Singgemeinschaften angehören (Jugendliche von 15 bis zu 25 Jahren), 3. die relativ singarme Periode, die etwa das erste Ehejahrzehnt umschließt (Erwachsene von 26 bis zu 40 Jahren), 4. den Abschnitt, in dem eine erneute Zunahme des Interesses an Lied und Gesang festzustellen ist, besonders bei liederkundigen und singefreudigen Menschen (Personen von 41 bis zu 65 Jahren) und 1

Allgemein war zu beobachten, daß die in der alten Singtradition aufgewachsenen Gewährsleute unserer Liedbefragung viel stärker zugänglich waren als der große Kreis v o n Personen, der nur die organisierte Form des Singens kennengelernt hat.

246

Das altmärkische

Liedgut

5. das Alter, in dem sich bereits eine Verminderung der geistigen und körperlichen Spannkraft bemerkbar macht, was sich auf das Singen (Nachlassen der Stimme) wie auch auf die Liedkenntnis (Nachlassen des Gedächtnisses ) auswirkt (Personen über 65 Jahre). Die 41- bis 65jährigen bilden also auch hinsichtlich des umspannten Zeitraumes (25 Jahre) die umfangreichste Gruppe, was ihre hohe Anteilzahl mitbedingt, während die dritte und fünfte Altersgruppe (mit einem Zeitraum von ca. 15 Jahren) und schließlich die Kinder und die Jugendlichen (mit einem Zeitraum von je 10 Jahren) notwendig tiefer liegen müssen. Was es mit den verschiedenen Altersgruppen tatsächlich auf sich hat, ergibt sich weniger aus ihren Anteilzahlen an der aufgenommenen Sängerschaft als aus ihren Liedkenntnissen. Die m e n g e n m ä ß i g e V e r t e i l u n g d e s L i e d g u t e s auf die verschiedenen Sängergruppen kann unter zwei Gesichtspunkten erschlossen werden: 1. indem die Zahl der registrierten Liedfassungen und 2. indem die Zahl der registrierten Liedtypen zugrunde gelegt wird 1 . Den ersten Weg ist Spieser in seiner schon mehrfach erwähnten Untersuchung des Hambacher Liedschatzes gegangen 2 . Wenn wir unsere Gewährsleute nach dieser Auswertungsmethode überprüfen, so ergibt sich, daß (sowohl hinsichtlich des Gesamtbestandes der pro Sängergruppe gewußten Liedfassungen als auch hinsichtlich der auf den einzelnen Sänger im Durchschnitt entfallenden Liedzahl) die Frauen der vierten Altersgruppe an der Spitze stehen. Rund 1500 Liedfassungen steuerten sie insgesamt bei, das sind pro Kopf etwa 35. Erst in weitem Abstand folgen die Männer der vierten und die Mädchen der zweiten Altersklasse (mit etwa je 220—250 Fassungen insgesamt und rund 10 Liedern pro Person). Die gleiche Durchschnittszahl findet sich auch bei den Frauen der dritten und in der fünften Altersgruppe, deren Gesamtbestand jeweils um 100 Liedfassungen liegt. Die geringsten Liedzahlen (insgesamt und im Durchschnitt) weisen die Männer der dritten Altersklasse und die Knaben auf. Dieses Ergebnis bestätigt sich an den Repertoirezahlen der einzelnen Sänger. Bei den Männern liegt die Spitzenzahl um 50 Lieder. Sie kommt nur höchst selten vor. Die meisten der von männlichen Gewährsleuten erfragten Repertoires (rund 3/4) überschreiten zehn Lieder nicht. Bei den Frauen hingegen liegen die höchsten Repertoirezahlen über 100 (einige Sängerinnen der vierten Altersgruppe). 50 bis 100 Lieder sind etwa 15% aller weiblichen Gewährspersonen (wieder vorwiegend aus der vierten, aber auch aus der zweiten und dritten Altersklasse) bekannt, 10 bis 50 Lieder etwa 30% (besonders aus der zweiten und vierten Altersgruppe), und bis zu zehn

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2

Die Gesamtzahl der von unseren Gewährsleuten aufgenommenen Liedfassungen ergibt sich aus den Repertoireziffern der Sängertabelle (ca. 2200 bzw. — unter Berücksichtigung der eingeklammerten Zahlen — ca. 2800), die Gesamtzahl der registrierten Liedtypen (worunter hier verschiedene Lieder im Gegensatz zu Fassungen verstanden werden) aus dem im Anhang gegebenen Liedverzeichnis (690 plus 52). Das Leben des Volksliedes im Rahmen eines Lothringerdorfes, S. 102 ff. — Übrigens sagen die dort angegebenen Zahlen nichts über die Häufigkeit des Singens aus, wie Spieser meint. Sie geben lediglich wieder, wieviele Liedfassungen zum Zeitpunkt der Aufnahme im Gedächtnis der Sänger lebendig waren.

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Lieder kannten etwa die Hälfte aller Sängerinnen (worunter die erste Altersgruppe am stärksten vertreten ist). Innerhalb derjenigen Sängergruppen, in denen schon eine Gewährsperson über 100 verschiedene Lieder vorzusingen weiß, wird nicht nur der Umfang, sondern auch die Mannigfaltigkeit des Repertoires am größten sein. Genauer informiert darüber eine Betrachtung der Liedtypen in ihrer Verteilung auf Geschlechter und Altersklassen. Die größte Typenzahl haben — wie zu erwarten — die Frauen der vierten Altersgruppe aufzuweisen (etwas über 500 verschiedene Lieder) 1 . Die übrigen Gruppen folgen in ungefähr der gleichen Anordnung wie bei den Liedfassungen aufeinander (Männer der vierten, Frauen der zweiten und dritten Altersgruppe usw.), wobei auffällt, daß die Typenzahlen anteilmäßig höher liegen als bei den 40—65jährigen Frauen 2 . In den schwächsten Gruppen ist die Typenzahl mit der Anzahl der Fassungen sogar ungefähr identisch. Diese Tatsache zeigt einerseits, daß eine größere Zahl von Fassungen hinsichtlich der in einer Gruppe verbreiteten Typen ein genaueres Bild ergibt, zum anderen aber, daß auch von den wenig hervortretenden Alters- und Geschlechtsgruppen mehr Lieder aufzuzeichnen wären, wenn für Lied und Gesang dort allgemein mehr Interesse bestünde. Ihr Liedvorrat ist immer noch von beachtlicher Vielgestaltigkeit, wenn auch keineswegs mit den besonders hervorragenden Gruppenrepertoires zu vergleichen. Die vorstehenden Darlegungen und Berechnungen geben einen ungefähren Eindruck von der mengenmäßigen Verteilung des Liedgutes. Mag darin auch manche Zufälligkeit ihren Niederschlag gefunden haben, so ist das Ergebnis als ganzes doch einleuchtend. Die Gründe für das Zurück- oder Hervortreten einzelner Gruppen sind teilweise ganz natürliche und allgemein zutreffende, z. B. daß das Liedwissen der Kinder noch relativ gering ist. Andere ergeben sich aus dem schon früher über Entwicklung und Situation des altmärkischen Volksgesanges Gesagten. So hatten wir gelegentlich der Beschreibung von Singgemeinschaften und Singgelegenheiten darauf hingewiesen, daß die Mädchen im Singen aktiver sind als die Burschen (z. B. innerhalb der Koppeln), teilweise aufgrund ihrer Veranlagung, teilweise auch aufgrund bestimmter Tätigkeiten, die Lied und Singen von sich aus begünstigen 3 . Daneben bleiben jedoch einige Erscheinungen auffallend und der Interpretation bedürftig. Beispielsweise ist die Liedzunahme von der ersten zur zweiten Altersgruppe, innerhalb der die meisten Sänger organisierten und nichtorganisierten Singgemeinschaften angehören und nicht nur viel singen, sondern auch die meisten

1

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3

Dabei ist zu bedenken, daß ein beachtlicher Teil der in der älteren Generation geläufigen Liedtypen in recht unterschiedlichen Varianten verbreitet ist, während für die erste bis dritte Altersgruppe dieser Faktor weitgehend ausscheidet. Die gleiche Erscheinung können wir auch beim Vergleich von Land- und Stadtbewohnern beobachten. Die letzteren weisen — gemessen an den von ihnen beigesteuerten Liedfassungen — eine verhältnismäßig hohe Typenzahl auf. Erinnert sei u. a. an die Bevorzugung singgebundener Spiele durch die Mädchen oder auch an die meist den Mädchen zufallende Betreuung der jüngeren Geschwister, die Spiel- und Koseliedchen im Repertoire zur Folge hat.

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Lieder lernen, relativ gering. Das hängt offensichtlich mit der besonderen Situation unserer Zeit zusammen. Wie wir früher darlegten, haben die traditionellen Formen des Singens fast aufgehört zu bestehen. Die Lern- und Singgelegenheiten sind im wesentlichen auf die Singorganisationen beschränkt. Doch vermag deren begrenzter Liedvorrat das Fehlen der mündlichen Überlieferung nicht auszugleichen. Weiterhin fällt der überaus geringe Anteil der dritten Altersgruppe ins Auge. Bei den Männern wäre dies das Alter, in dem die während der Soldatenzeit (eine der Hauptsinggelegenheiten und Lernquellen für das männliche Geschlecht) gesungenen Lieder in Übung oder wenigstens noch im Gedächtnis sein müßten. Doch war davon bei unserer Sammelaktion nur wenig zu spüren 1 . Außer den schon angeführten, für unsere Zeit allgemeingültigen Gründen und einer Reihe von Faktoren, auf die wir in anderem Zusammenhang noch einzugehen haben 2 , spielt hierbei wohl auch das Erlebnis des letzten Krieges eine nicht zu unterschätzende Rolle. Für viele waren diese Jahre die unerfreulichste Zeit in ihrem Leben überhaupt, die auch nur in Liedern wieder aufleben zu lassen bei keiner der befragten Personen große Neigung bestand. Das besagt jedoch nicht, daß die damals zahlreich genug im Umlauf befindlichen Soldatenlieder nicht gesungen worden sind. Aus einigen handschriftlichen Liederbüchern können wir ziemlich genau ablesen, welche Stücke sich besonderer Beliebtheit erfreuten 3 . Namentlich unter den Mädchen waren auf den Soldatenstand bezogene Liebes- und Abschiedslieder, meist schlagerhaften Gepräges, offenbar recht verbreitet. Im ganzen aber wirkte auch auf die Frauen der dritten Altersgruppe der Krieg durchaus negativ ein. Das Singen in Koppel und Familie, das schon während der dreißiger Jahre stark abgenommen hatte, kam durch ihn fast völlig zum Erliegen, da Frauen und Mädchen doppelte Arbeitslast aufgebürdet war. Auch hier war das organisierte Singen innerhalb der politischen Jugend- und Frauenverbände kein vollgültiger Ersatz. Vergleichen wir die Liedkenntnis der drei ersten Altersgruppen, die durch den Niedergang des traditionellen Volksgesanges gekennzeichnet sind, mit den 40- bis 65jährigen, besonders mit den Frauen dieser Gruppe, so tritt der Unterschied besonders kraß zutage. Selbst wenn man berücksichtigt, daß in diesem Alter das Liedwissen für den Sammler besonders plastisch in Erscheinung tritt, daß die Liedzahl sich mit zunehmendem Alter naturgemäß vergrößert und daß die diesem Alter eigene Neigung zur Rückerinnerung an die eigene Jugend und Kindheit, an Elternhaus und Jugendfreunde die Aufnahme erleichtern, so ist der Hauptgrund für das Herausragen dieser Generation, die bei Männern wie Frauen den Höhepunkt des Liedwissens zeigt, doch offensichtlich in der Bindung an die alte Singtradition zu suchen. In dieser Altersgruppe, deren Jugend zwischen 1900 und 1930 lag, ver1

2 s

Demgegenüber konnte z. B. Spieser, dessen Befragungsaktion in ungefähr dem gleichen Zeitabstand nach dem ersten Weltkrieg erfolgte wie die unsere nach dem zweiten, bei den meisten Männern mittleren Alters ein umfangreiches, größtenteils aus Soldatenliedern bestehendes Liedwissen feststellen. Vgl. dazu unten S. 259ff. Vgl. dazu unten S. 251 f. und 267 ff.

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schwinden die in der Schule und in anderen Singorganisationen gelernten Lieder zahlenmäßig hinter denen, die in Koppel und Familie, von Freundinnen, Eltern und Großeltern gelernt wurden 1 . In der Altmark und vermutlich auch in anderen Landschaften ähnlicher gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Entwicklungsstufe dürfte diese Altersgruppe die letzte sein, die sich noch eines so reichen und vielgestaltigen Liedschatzes rühmen kann. Die historischen und gesellschaftlichen Bedingungen, in die das Leben der Sänger eingeordnet ist, beeinflussen nicht nur die mengenmäßige Verteilung des Liedgutes, sondern auch die V e r t e i l u n g d e r L i e d a r t e n . Bei der Untersuchung dieser Frage können wir z. B. im Hinblick auf das Verhältnis von Stadt und Land interessante Beobachtungen machen. Es gibt keine Liedgattung, die in den Repertoires städtischer Gewährsleute überhaupt nicht anzutreffen ist, was bei dem vergleichsweise ländlichen Gepräge der altmärkischen Städte nicht Wunder nimmt. Allerdings sind die meisten Liedgruppen und -gattungen auf dem Lande zahlenmäßig stärker vertreten. Die Dörfer haben in vielen Gattungen die doppelte, in einigen sogar die dreifache Liedzahl aufzuweisen wie die Städte. Gegenüber anderen Liedarten auch in den Städten relativ stark verbreitet sind die reflektierenden Lieder sentimentalen Charakters (Heimatlieder usw.). In drei Gattungen jedoch überwiegt die Stadt das Land bzw. steht mit ihm gleich: in den aus dem populären Musikbetrieb und der kommerziellen Unterhaltungsmusik übernommenen Stücken (Schlager, Operettenlieder u. dgl.) und in all den Liedern, die durch die Singorganisationen verbreitet wurden. Untersuchen wir die Verteilung der einzelnen Liedgruppen und -gattungen auf Geschlechter und Altersklassen, so macht sich zwar der starke Anteil der 40- bis 65jährigen Frauen allenthalben bemerkbar, doch ist trotzdem ein recht unterschiedliches Interesse an den verschiedenen Liedarten zu beobachten. Aus unserer umfangreichen Gruppe I seien nur einige charakteristische Gattungen herausgegriffen. Balladen und bänkelsängerhafte bzw. sentimentale Erzähllieder finden sich am stärksten bei den 40- bis 65jährigen Frauen. Einzelnen Stücken dieser Gattung begegnet man jedoch in allen Altersklassen, bis hinab zu den Kindern. — Auch bei den Liebesliedern überrunden die Frauen der vierten Altersklasse alle anderen Gruppen, doch sind die 15- bis 40jährigen Mädchen und Frauen ebenfalls relativ stark vertreten, etwas schwächer die männlichen Gewährsleute. Der Ablauf der Intensitätskurve von Altersgruppe zu Altersgruppe ist bei beiden Geschlechtern gleich. — Das Interesse an den reflektierenden Liedern verschiedener Art, die ebenfalls vorwiegend von Frauen und Mädchen gesungen werden, beginnt in der zweiten Altersgruppe, um in der vierten dem Höhepunkt zuzustreben. Während die frischen, volksliedhaften Lieder dieser Art, die besonders durch die Jugendbewegung verbreitet wurden, vor allem in der dritten, zweiten und ersten Altersgruppe beliebt sind, bevorzugt die vierte das lyrisch-sentimentale Kunstlied. Einige Stücke der letztgenannten Art hörten wir auch bei jungen Mädchen vom Lande, die daran durchaus noch Gefallen finden. In der Gegenwart gewinnen jedoch die durch Sing1

Das bei den Männern dieser Altersklasse zu verzeichnende Ansteigen der Liedkurve ist allerdings zum Teil auch auf die Singtätigkeit in Männergesangvereinen zurückzuführen.

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Organisationen und Rundfunk verbreiteten Lieder immer mehr Raum. — Operettenlieder und Couplets schließlich nahmen wir fast ausschließlich von Frauen der letzten beiden Altersgruppen auf, Schlager hingegen überwiegend von 15- bis 25jährigen Burschen und Mädchen, wobei die letzteren den gefühlsbetonten Schlager bevorzugten, während bei den Burschen besonders die flotten, lautstarken, zum Gröhlen geeigneten Stücke zu hören waren. Wiegen- und Koselieder (Gruppe II) finden sich vorwiegend bei Frauen, und zwar von der ersten bis zur vierten Altersgruppe langsam ansteigend. Doch konnten wir auch von einigen männlichen Gewährsleuten der vierten Altersgruppe, die durch die Beschäftigung mit ihren Enkelkindern Interesse an dieser Liedgruppe gewonnen hatten, derartige Lieder aufnehmen. Die Lieder, Reime und Spiele der Kinder (Gruppe III) werden ebenfalls vorwiegend vom weiblichen Geschlecht gepflegt und bewahrt, besonders ausgeprägt in der ersten Altersgruppe, etwas abflauend in der zweiten, wieder stärker in der dritten (Weitergabe des Sing- und Spielgutes an die eigenen Kinder) und stark ansteigend in der vierten Altersklasse. Spielt bei den 40- bis 65jährigen Frauen einerseits die Beschäftigung mit den Kindern bzw. Enkelkindern eine Rolle, so ist der Hauptgrund für das starke Vorhandensein von Kinderliedern in der dieser Altersklasse allgemein eigenen reichen Liedkenntnis zu suchen. •Heischelieder und andere brauchtümliche Gesänge (Gruppe IV) nahmen wir überwiegend von Kindern beiderlei Geschlechts auf, vereinzelt auch von Angehörigen der zweiten und fünften Altersgruppe. Bei den letzteren hafteten diese Lieder als Erinnerungsrest aus der eigenen Jugend noch im Gedächtnis. Tanzlieder (Gruppe V) finden sich bei beiden Geschlechtern, von der ersten bis zur vierten Altersgruppe langsam ansteigend; die modernen Tanzschlager singt nur die Jugend. Einige Einzelrepertoires mögen diese theoretischen Ausführungen veranschaulichen 1 . Von der im Aufnahmejahr 13jährigen Regine R. aus Breitenfeld (Sängertabelle Nr. 37) hörten wir folgende Lieder: Auf unserer Wiese gehet was; Das Ännchen von der Mühle; Der Mai ist gekommen; Dreht euch nicht um; Dornröschen war ein schönes Kind; Es geht eine ZipfelmütEs stehn %wei draußen vor der Tür; Es tan^t ein Bi-Ba-But%emann; Es war einmal ein kleiner Mann; Es war einmal ein Königssohn; Es waren einst %wei Schwestern; Es wollt ein Mann nach seiner Heimat reisen; Hansel und Gretel; Hüaho, alter Schimmel, hüaho; Ringlein, Ringlein, du mußt wandern; Storch, Storch, Guter; Trauer über Trauer; Wenn ich morgens früh aufstehe-, Ziehet durch. Helga K. und Gisela E. (Sängertabelle Nr. 33 und 34), ebenfalls aus Breitenfeld und im Aufnahmejahr 15 Jahre alt: Der Mai ist gekommen; Ein deutsches Schiff lag einst am Indienstrande; Es waren einst %wei Schwestern; Es wollt ein Mann nach seiner Heimat reisen; Gestern abend auf der Brücke; Hans sitt in Schorsteen; Lauren^ia, liebe Lauren^ia mein; Nach meiner Heimat ^iehts mich wieder; Rosel, wenn du meine 1

Vgl. dazu auch die früher S. 199ff. und 217f. bereits mitgeteilten Liedverzeichnisse einzelner Sänger.

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wärst; Wem soll denn das Herz nicht bluten; Wenn wir im Sommer mal nach Holland gehn. Gisela T., Breitenfeld, 25 Jahre (Sängertabelle Nr. 10): Bei Sedan; Das schönste Blämlein auf der Welt; Der Mai ist gekommen; Die blauen Dragoner, sie reiten; Dort nieden in jenem Holze; Droben im Oberland; Ein Kind, das noch so jung; Ein Mädel von 16 Jahren; Es geht eine Zipfelmütz; Es stehn zwei draußen vor der Tür; Es tarnet ein Bi-Ba-But^emann; Es war einmal ein treuer Husar; Es wollt ein Madel Lämmlein weiden im Holze; Es wollt ein Mädchen früh auf stehn; Gold und Silber; Grün, grün, grün sind alle meine Kleider; Horch, was kommt von draußen rein; Ich bin ein armes Mädchen (Heute gehts %um ersten Mal) ; Ich bin ein junger Soldat; Ist alles dunkel, ist alles trübe; Kein Feuer, keine Kohle; Kindlein mein; Lina, komm mal vor de Dör; Einehen ging einmal spazieren; Lott is dod; iMstig ist das Zigeunerleben; Müde kehrt ein Wandersmann zurück; Mutlos mit fliehenden Schritten ; O wie ist es kalt geworden; Püppchen, mein Liese l; Rote Kirschen eß ich gern; Schlaf, Kindchen, schlaf; Schön ist die Jungfernschaft; Taler, Taler, du mußt wandern; Unter Erlen steht eine Mühle; Von den Bergen rauscht ein Wasser; Was nützt mir ein Apfel; Was schleicht durch den nächtlichen Wald; Wenn ich am Berge steh; Wenn in Großmutters Stäbchen ganz leise; Wie die Blümlein draußen gittern-, Zehntausend Mann, die %ogen ins Manöver-, Zeigt her eure Füßchen. Hildegard G., ebenfalls 25 Jahre alt und aus Breitenfeld stammend (Sängertabelle Nr. 9) schrieb zwischen 1940 und 1945 in Breitenfeld folgende Lieder in ihr handschriftliches Liederbuch 1 : Kehr ich einst z u r Heimat wieder; Von dem Berge fließt ein Wasser; Glutrot sank die Sonn am Himmelszelt; Wir lagen vor Madagaskar; Hört ihr, wie die Straßensänger singen (O mia bella Napoli); Mann an Mann marschieren wir (Gerda, Gerda, Ursula, Marie); Vor der Kaserne, vor dem großen Tor {Lilli-Marlen); Ein Tiroler wollte jagen; Als wir im August hinausgezogen sind {Tapfere kleine Soldatenfrau); Auf Posten in einsamer Nacht (Es geht alles vorüber); Kind, ich hab dich gerne {Parodie auf Lilli-Marlen); Als ich im blauen Kleide z u r Mädchenschule ging; Wovon kann der Landser denn schon träumen; Hamburg ist ein schönes Städtchen; Drei Lilien, drei Lilien; Morgen will mein Schatz verreisen, siehstewoll; Das Schönste auf der Welt ist mein Tirolerland; Wir fahren hin und her (Leb wohl, Irene); Heut ist Männer-Mission; Hallo, Big Braun, was macht ihr Harem. Außerdem kannte die Sängerin noch: Ein Kind, das noch so jung und Es waren zwei Königskinder. Von den umfangreichen Repertoires der älteren Generation 2 sei das erste, der über hundert Nummern umfassende Liedschatz von Liselotte R. aus Laatzke (Sängertabelle Nr. 49, im Aufnahmejahr 41 Jahre alt), nur auszugsweise wiedergegeben: Bei ihrem schwer erkrankten Kinde; Das Lieben bringt groß Freud; Das schönste Blümlein auf der Welt; Das Wasser rauscht, das Wasser fließt; Deutsch ist die Saar; Dort tief im Böhmerwald; Ein Jüngling in die Fremde zog; Ein Jüngling wollt nach Preußen; Ein Mädchen 1

2

Ähnlichen Charakter zeigen die von Elisabeth R. (Sängertabelle Nr. 51) aus Laatzke in ihr Liederheft eingetragenen Stücke. Den drei hier angeführten verwandt sind die Repertoires von Lisbeth G., Minna S. I, Minna S. II, Anna N., Hertha W., Auguste S., Adina M., Minna W., Frieda B., Luise P. und Hulda S. (Sängertabelle Nr. 13, 25, 26, 60, 61, 69, 88, 89, 91, 106 und 110).

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so schön wie ein Engel; Ein Mädchen wollte weiden; Einst war ich so glücklich; Ein Tiroler wollte jagen; Emmas Herz klopft ungestüm; Es steht eine Lind im tiefen Tal; Es steht eine Mühle im Schwarzwäldertal; Es streuet Blüten jedes fahr; Es war einmal eine füdin; Ei war ein Sonntag hell und klar; Es %og ein Matrose; Gam£ einsam und verlassen; Gegrüßt seist du, Altmärkerland; Hänschen saß am Ofenloch; Heiß ist die Liebe; Heute an Bord; Holder füngling, willst du Riehen; Ich bin ein freier Wildbretschütz; Ich bin ein Ungarmädchen; Ich habe geglaubet; Ich kann nicht sitzen, ich kann nicht stehn; Im Wald, im Wald, dort wo die Drossel singt; In einer kleinen Taverne spielen Gitarren ihr Lied; Ist alles dunkel, ist alles trübe; Kaiser Otto, der große Held; Marie, Helen, wann sehen wir uns wieder; Saßen einst i(wei Turteltauben; Schate, ach Schatz, reise nicht so weit von hier; Schwarzbraun ist die Haselnuß; Tief betrübt stand eine Waise; Unter Erlen steht eine Mühle; Wer nennt mir jene Blume, die allein; Wer uns getraut; Wenn in Großmutters Stäbchen ganz leise; Wie hat das Gott so schön bedacht; Wir sindjung, die Welt ist o f f e n ; Zieh hinaus beim Morgengraun usw. Lina W. (Sängertabelle Nr. 2) aus Breitenfeld, im Aufnahmejahr 52 Jahre alt: Als ein Sklav bin ich geboren; Als ich dich %um ersten Mal erblickte; Als ich noch im Flügelkleid; Bei der schönen Meisterin; Bei Sedan; Da droben auf dem Berg; Das Annchen von der Mühle; Das Wasser rauscht, das Wasser fließt; De Dörpschmied sitt vor sine Dör; Des Nachts um die 12. Stund; Die Anna saß auf einem Stein; Die Erde braucht Regen; Die erste Liebe ist die beste; Doktor Bär schickt mich her; Drei Lilien; Ein armer Fischer bin ich zwar; Eine Heldin ward geboren; Ein füngling wollte reisen; Ein Kind, das noch so jung; Ei, wie so töricht ists; Es dunkelt in der Heide; Es schlief ein Graf bei seiner Magd; Es verliebte sich ein füngling; Es war einmal eine Jüdin; Es war einmal ein treuer Husar; Es waren zwei Königskinder; Es welken alle Blätter; Es wohnt ein Markgraf an dem Rhein; e'n Matrose; Es wollt ein Mädchen früh aufstehn; Es Es Z°ien drei Burschen wohl über den Rhein; Es Z°!ien drei Jäger wohl auf die Pirsch; Es Zpgen drei Regimenter; Fern im Süd das schöne Spanien; Gold und Silber; Glutrot sank die Sonn am Himmelszelt; Heute gehts zum ersten Mal; Hier steh ich am Eisengitter; Hinnert Hellberg liet ein stilles Dorp; Hort ihr Herrn, und laßt euch sagen; Holder Jüngling, willst du ziehen; Horch, was geht da draußen vor; Ich bin ein reicher Vogel; Ich bin so gern, so gern daheim; Ich habe den Frühling gesehen; Im Frühjahr ists auf den Alpen; In der Heimat ist es schön; In des Gartens dunkler Laube; In einem Tale, wo Ostwind wehte; In einem Wald, in einem tiefen Tale; In meines Vaters Garten; Ist alles dunkel, ist alles trübe; Kehrt ein Wandersmann so still einher; Lieben sind zwar schöne Sachen; Linchen ging einmal spazieren; Lott is dod\ Mariechen saß weinend im Garten; Mägdlein in dunkler Nacht; Morgen wolln wir heiraten; Müde kehrt ein Wandersmann zurück; Nach der Heimat möcht ich eilen; Nach der Heimat möcht ich wieder; Nach meiner Heimat z^hts mich wieder; 1925 war fürwahr ein Unglücksjahr; Schatz, ach Schatz, re'se nichtso weit von hier; Schön ist die Jungfernschaft; Schon die Abendglocken klangen; Traute Heimat meiner Lieben; Von den Bergen rauscht ein Wasser; Von der Wanderschaft zurück; Was schleicht dort im finsteren Wald; Wem sollte da das Herz nicht bluten; Wenn alles grünt und blüht auf dieser Erden; Wenn ich am Berge steh; Wer das Scheiden hat erfunden; Wie die Blümlein draußen zittern; Wisfn Juppjack hemm; Wo grün die Eichen stehn auf ihren Fluren. Anna M. aus Kloster Neuendorf, im Aufnahmejahr 61 Jahre alt (Sängertabelle Nr. 67): Ach, wenns doch der König erst wüßt; Bei der schönen Meisterin; Christinchen ging

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Jn Garten; Das Jahr entfloh; Das menschliche Leben eilt schnelle dahin; Die Erde braucht Regen; Die Sonne, die frühe lacht-, Eine Heldin ward geboren; Ein Jäger in dem grünen Wald; Es dunkelt in der Heide; Es ging einst ein verliebtes Paar; Es schlief ein Graf bei seiner .Magd; Es war ein Knab gebogen; Es war einmal ein Mädchen; Es waren einst %wei Bauernsöhn; Es waren %,wei Königskinder; Es wohnt ein Markgraf an dem Rhein; Es wollt ein Jüngling auf Reisen gehn; Es wollt ein Mädchen Lämmlein weiden im Holste; Es wollt ein Mann nach seiner Heimat reisen; Es %ogen drei Reiter dem Dörfchen f(u; Fern im Süd das jchöne Spanien; Gefangen in maurischer Wüste; Ich stand auf hohem Berge; Ich weiß nicht, warum ich so traurig bin; Ick wien me' die Oogen; Ihren Schäfer erwarten; Im Holderjtrauch; In des Gartens dunkler Laube; In des Waldes tiefsten Gründen; In einem Wald, in •einem tiefen Tale; Jet^t gang i ans Brünnele; Jet^t reisen wir %um Tor hinaus; Je freund nehm ich eine Büchse; Köln am Rhein, du schönes Städtchen; Leise tönt die Abendglocke; Macht man im Leben kaum den ersten Schritt; Maria täte wandern; Martens-Martens-Vöggelken; Mein Liebster ist ein Weber; Mit schwachen Armen, bleichen Wangen; Morgen muß ich Jort von hier; Morgens früh am kühlen Tage; Nun ade, nun ade, keinen kümmerts, daß ich _geh; O du Deutschland, ich muß marschieren; O Straßburg-, Rosestock, Holderblüt; Saßen einst %wei Turteltauben; Schatach Schate, reise nicht so weit von hier; Von den Bergen rauscht ein Wasser; Wenn ich mich nach der Heimat sehn-, Wie hat das Gott so schön bedacht; Wir sind ja so fröhlich beisammen; Zehntausend Mann, die %ogen ins Manöver; Zu Straß•burg auf der langen Brück. Gegenüber diesen Repertoires vom Lande stammender oder dort aufgewachsener Sängerinnen mögen einige Stücke aus dem über 60 Nummern umfassenden Liedschatz unserer Tangerhütter Gewährsfrau Anna S., im Aufnahmejahr ca. 58 Jahre alt (Sängertabelle Nr. 84) das unter der älteren Generation in den Städten geläufige

Singgut charakterisieren1:^!^,/^ hab sieja nur auf die Schulter geküßt; Ach, wie ists mög lieh dann; Ah Bualala geboren war; Am Brunnen vor dem Tore; An der Saale hellem Strande; Argonnerwald; Dunkelrote Rosen; Du, du liegst mir im Herfen; Ein getreues Her%e wissen; Ein Sträußchen am Hute; Es steht ein Soldat am Wolgastrand; Es wollte sich einschleichen; Gern hab ich die Fraun geküßt; Goldne Abendsonne; Hab ich nur deine Liebe; Heimatland: Horch, was kommt von draußen rein; Ich bin nur ein armer Wandergesell; Ich ging durch einen grasgrünen Wald; Ich schenk mein Herz nur Mein \ Ich weiß nicht, was soll es bedeuten ; Im Krug %um grünen Kranke; Mit dem Pfeil, dem Bogen; Morgen muß ich fort von .hier; Nun leb wohl, du kleine Gasse; O mia bella Napoli; Wie mei Ahnderl %wan%ig Jahr; Wenn ich den Wandrer frage usw. Für die jüngere städtische Generation bezeichnend ist das früher bereits mitgeteilte Repertoire 2 unserer Salzwedler Gewährsfrau Brigitte R. Deutlich vor Augen traten uns die Unterschiede zwischen Älteren und Jüngeren und zwischen Stadt und Land an einem Aufnahmeabend in Salzwedel, den wir innerhalb einer von Martin Ehlies geleiteten Arbeitsgruppe des Kulturbundes zur Pflege der plattdeutschen Mundart durchführten. An jenem Abend waren eine Reihe vom Lande 1

3

A u f gleicher Ebene liegen etwa die Repertoires von Erich S., Emma S. und Hilde A . (Sängertabelle Nr. 80, 81 und 90). Vgl. oben S. 199f.

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stammender, meist älterer Frauen und die ebengenannte Sängerin mit ihrem kleinen Sing- und Musizierkreis 1 anwesend. Von jeder Gruppe wurden Lieder genannt "und teilweise vorgesungen. Der Kreis um Brigitte R. sang z. B. Et wassert twee Kiinnigskinner, Kennji alldat nieje Lied, Da iveer eenmal ne lütte Buurdeern u. ä. Von den anderen Frauen wurden dagegen Lieder wie Es war ein Mädchen jung an Jahren, Wem soll denn das Her% nicht bluten, Es %pg einst ein Ritter in das fränkische Land bzw. Waldeslust und Wenn die Schwalben heimwärts t(iehn gesungen, wobei die jungen Frauen ihre Lachlust nur mühsam unterdrücken konnten. Nicht nur den Inhalt der Lieder, auch die ziehende oder pressende Sing'manier fanden sie komisch. Es war ihnen unverständlich, wie man heute noch so singen könne. Dagegen findet die Jugend der Dörfer Liedgut und Singgewohnheit der Älteren, wie die vorstehend angeführten Repertoires zeigen und wir selbst bei den Aufnahmen mehrfach beobachten konnten,, durchaus nicht lächerlich, man möchte sagen: noch nicht. Vereinzelt hörte ich schon,, daß ein junger Bursche, der im Jugendchor andere Lieder singt, zu einer von seiner Mutter mit Emphase vorgetragenen Schauerballade bemerkte: So ein Quatsch! Trotz des recht unterschiedlichen Interesses der Geschlechter und Altersklassen an den einzelnen Liedgruppen und -gattungen ist eine gewisse Kontinuität der Liedkenntnis auch in unserer Zeit noch zu beobachten, zumindest beim weiblichen Geschlecht. Die meisten Liedarten finden sich in der vierten Altersgruppe. Zwischen ihr und den 15- bis 25jährigen (Eltern- und Kindergeneration) sind, bedingt durch die Weitergabe von Liedern innerhalb der Familie, Gemeinsamkeiten im Repertoire festzustellen, wenngleich das Liedgut der zweiten (wie auch der dritten) Altersgruppe bereits stark durch neue Einflüsse geprägt ist. Die Verbindungen der dritten Altersklasse zu ihrer Elterngeneration (über 65 Jahre) lassen sich schwerer erkennen, da beide Gruppen weniger Lieder zum Gesamtbestand beigesteuert haben als die anderen. Trotzdem sind sie zweifelsohne vorhanden wie auch zwischen der ersten und dritten Altersgruppe. Daneben hat jede Altersgruppe auch zu der jeweils benachbarten älteren bzw. jüngeren, von der Lieder aufgenommen bzw. der solche beigebracht werden, Kontakte. Graphisch lassen sich die im Repertoire sichtbar werdenden Beziehungen der Gruppen untereinander etwa so darstellen 2 : i -14 t

1

2



15-25



26-40 I



41-65



über 65

t

Unsere Sängerin hatte sich nach dem Kriege mit einigen etwa gleichaltrigen Salzwedler Frauen, die einen ähnlichen Entwicklungsweg durchlaufen haben wie sie selbst, zu einer kleinen Sing- und Musiziergemeinschaft zusammengetan, um bei geselligen Zusammenkünften Lieder der oben genannten A r t und in ähnlicher Weise wie innerhalb der Jugendbewegung (meist mit Gitarrenbegleitung) gemeinsam zu singen. Die Pfeile geben an, von welchen zu welchen Altersgruppen Lieder vorwiegend weitergegeben wurden. Daneben bestehen natürlich noch andere Verbindungen, z. B. die von

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Bei den männlichen Gewährsleuten sind diese Verbindungen viel weniger deutlich. Aus ihrer allgemein sehr mageren Liedkenntnis lassen sich kaum engere Zusammenhänge zwischen den Altersgruppen ablesen. Ein in gewisser Weise profiliertes Repertoire fanden wir nur bei den 40- bis 65jährigen. Bei ihnen, die weder für die bänkelsängerhaften und sentimentalen Erzähllieder noch für die allzu gefühlsseligen Kunstlieder viel übrig haben (einige Gesangvereinslieder ausgenommen), besteht eine Neigung zu derb-lustigen Trink- und Spottliedern, zu Tanzliedern und flotten Marschliedern 1 . Auch das humoristische Erzähllied und besonders das mundartliche Heischelied wird von männlichen Gewährsleuten mit Vorliebe bewahrt. Das bodenständige plattdeutsche Liedgut 2 wird im allgemeinen von Burschen und Männern besser gewußt als andere Lieder, während bei Frauen und Mädchen der Anteil mundartlichen Liedgutes gegenüber der großen Zahl sonstiger Lieder, die sie kennen, relativ gering ist. Diese allgemein zu beobachtenden Züge sind in allen Altersklassen zu finden. Nachdem wir einen Eindruck von der Verteilung der Liedgattungen auf Stadtund Landbewohner, Geschlechter und Altersklassen gewonnen haben, seien noch diejenigen E i n z e l l i e d e r zusammengestellt, die in m e h r e r e n dieser S ä n g e r g r u p p e n v e r b r e i t e t sind. Auf dem Lande wie in der Stadt und in jeweils vier Altersklassen beiderlei Geschlechts fanden wir z. B. folgende Lieder: Bei Sedan wohl auf den Höhen Drei Lilien, drei Lilien Es war einmal ein treuer Husar Es waren einst zwei Schwestern Es wollt ein Mädchen früh aufstehn Es wollt ein Mann nach seiner Heimat reisen Es zogen drei Burschen wohl über den Rhein Fünftausend Mann, die zogen ins Manöver Ich kann nicht sitzen, ich kann nicht stehn Lieben sind zwar schöne Sachen Mariechen saß weinend im Garten Müde kehrt ein Wandersmann zurück Nach meiner Heimat ziehts mich wieder Schatz, ach Schatz, reise nicht so weit von hier Wenn hier ein Pott mit Bohnen steiht Wie die Blümlein draußen zittern

1

2

der Großeltern- zur Enkelgeneration. Doch treten diese in unserem Material kaum in Erscheinung. Bezeichnenderweise ist auch die Neigung zu parodistischen Einschüben und Anhängseln bei den Männern ausgeprägter als bei den Frauen. (So singen sie u. a. in dem Soldatenliede Fünftausend Mann, die zogen ins Manöver statt dem sonst üblichen ,,Wide-bum-bumbum" oder ,,Schalum-di-bum" häufig ,,Mit'n Rejenschirm", an Stelle von ,,Es lebe Lieb und Wein" in Heut gehts an Bord „Es lebe der Verein" usw.). Heischelieder, Tanzlieder, Scherz -und Spottlieder, Neckreime, Bastlösereime usw.

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Das altmärkische Liedgut

Ebenfalls in Dorf und Stadt und bei beiden Geschlechtern, aber nur in jeweils drei Altersgruppen waren u. a. bekannt: Am Brunnen vor dem Tore Das schönste Blümlein auf der Welt Droben im Oberland Ein armer Fischer bin ich zwar Es dunkelt in der Heide Es schlief ein Graf bei seiner Magd Es waren zwei Königskinder Es welken alle Blätter Es zogen drei Regimenter wohl über den Rhein Herr Schmidt, Herr Schmidt Hier steh ich am Eisengitter Horch, was geht im Schlosse vor Im Feldquartier, auf hartem Stein Im schönsten Wiesengrunde Ist alles dunkel, ist alles trübe Lott is dod Martens-Martens-Vöggelken Mägdlein in dunkler Nacht Steh ich in finstrer Mitternacht Von den Bergen rauscht ein Wasser Die meisten dieser in mehreren Altersklassen bekannten Lieder sind in genormten Einheitsfassungen verbreitet. Nur wenige zeigen geringere Varianten in Text und Melodie, und nur zu einzelnen sind mehrere Melodien im Umlauf. Das gleiche gilt für die Lieder, die wir nur in einer oder in zwei Altersgruppen stark verbreitet fanden, 2. B.: Es gingen drei Jäger wohl auf die Pirsch Es war einmal eine Jüdin Es wohnt ein Markgraf an dem Rhein Fern im Süd das schöne Spanien Holder Jüngling willst du ziehen Ich habe den Frühling gesehen Ich habe geglaubet Ich weiß ein einsam Plätzchen auf der Welt Im Holderstrauch Im Frühjahr ists auf den Alpen In der Heimat ist es schön In des Gartens dunkler Laube In einem Tale, wo Ostwind wehte In einem Wald, in einem tiefen Tale In Hamburg, da bin ich gewesen

Volkskundliche Analyse des 1955 gesammelten

Liedgutes

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Kenn ji all dat nieje Lied Nach der Heimat möcht ich eilen Nun leb wohl, du kleine Gasse Traute Heimat meiner Lieben Wem soll denn das Herz nicht bluten Zieh hinaus beim Morgengraun All diese Lieder wurden in Direktbefragung von mindestens zehn verschiedenen Gewährsleuten aus Dörfern und Städten aufgenommen 1 . Sie zählen neben den vorher genannten zu den meistgesungenen Liedern unserer Sammlung. 3. Die Arten der Liedverbreitung in ihren Auswirkungen auf Beschaffenheit und Handhabung des Repertoires Neben der mündlichen Liedüberlieferung haben in neuerer Zeit immer stärker andere Formen der Liedverbreitung Raum gewonnen. Durch Liederbücher, Einblattdrucke, organisierte Veranstaltungen verschiedenster Art, seit der Entwicklung moderner technischer Verbreitungsmittel vor allem auch durch Rundfunksendungen, Filme, Schallplatten usw. dringen ständig neue Lieder unterschiedlichsten Gepräges ins Volk, die von ihm mehr oder weniger assimiliert werden. Während das mündlich überlieferte Liedgut innerhalb der traditionellen Singgemeinschaften lebte, wo es vielfältig umgesungen und abgewandelt von Generation zu Generation sich forterbte und als lebendiges Eigentum empfunden wurde, wenden sich die neueren Verbreitungsmittel, die ihre Lieder opusmäßig fixiert als Bildungs- oder Unterhaltungsgut anbieten, an organisierte Gruppen (Vereine u. dgl.) oder an die breite Öffentlichkeit. Das auf diese Weise unter die Bevölkerung kommende Liedgut wird im Laufe der Zeit entweder in die mündliche Überlieferung aufgenommen und wie die eigengewachsenen (genuinen) Volkslieder umgeformt, abgewandelt und so „angeeignet" oder es treibt als zwar vielgesungenes, aber nicht heimisch werdendes Fremdgut eine Zeitlang im volkstümlichen Liedstrome mit, um danach wie eine Modeerscheinung wieder zu verschwinden. Gleichwohl bestimmen auch diese lediglich übernommenen, aber nicht angeeigneten Lieder das Gesicht der einzelnen historischen Epochen des Volksgesanges sehr stark. Je näher wir zur Gegenwart kommen, um so größer wird ihr Anteil am gesamten Liedbestand, und der Prozentsatz der eigentlichen Volkslieder (im genuinen und possessiven Sinne) geht immer mehr zurück 2 . Wenn wir die Lieder unserer Sammlung unter diesem Gesichtswinkel betrachten, wenn wir prüfen, aus welchen Quellen und Einflußsphären sie stammen, in welcher 1 2

Vgl. die genauen Angaben in der Liedtabelle. Zur Unterscheidung von Eigenwuchs, Eigentum (Aneignung) und Übernahme, die zur Klärung des Meinungsstreites um den Volksliedbegriff beitrug, vgl. W . Wiora, Das echte Volkslied, Heidelberg 1950, S. 38ff., und Der Untergang des Volksliedes und sein zweites Dasein, Musikalische Zeitfragen VII (1959), S. 9 ff.

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Volksgesang

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Das altmärkische

Liedgut

Form sie vorwiegend gesungen und auf welche Weise sie von den Sängern gehandhabt werden, so kommt es einmal darauf an, die verschiedenen Formen der Verbreitung, die im folgenden als mündliche Überlieferung, Verbreitung durch Singorganisationen und gewerbsmäßiger bzw. industrieller Vertrieb bezeichnet seien, zu erkennen und ihre Besonderheiten aufzuzeigen; zum anderen aber ist es notwendig, den Unterschied zwischen eigengewachsenen und angeeigneten Liedern auf der einen und übernommenen auf der anderen Seite sichtbar zu machen 1 . Schon eine flüchtige Durchsicht unseres Materials läßt erkennen, wie schwer die Grenzen auch hier zu ziehen sind. Nicht nur, daß beispielsweise die Lieder der Singorganisationen teilweise auch in Familie, Koppel und kindlicher Spielgemeinschaft gesungen werden und daß andererseits alte Volkslieder zum festen Repertoirebestand organisierter Singegruppen gehören, erschwert eine exakte Trennung der verschiedenen Bereiche; auch die bei den gleichen Liedern in einigen Fällen nicht erfolgende, in anderen aber erfolgende Aneignung durch Umsingen, die wiederum graduell recht unterschiedlich sein kann, macht das Bild unübersichtlich. Desgleichen ist zu bedenken, daß die von einem Sänger vor längerer Zeit in Singorganisationen oder auch aus dem Rundfunk u. ä. Quellen gelernten Lieder, die er in sein persönliches Repertoire aufnahm, selbst wenn sie nicht umgesungen wurden, anders einzuschätzen sind als die zum Zeitpunkt unserer Sammlung offiziell (z. B. im populären Musikbetrieb) gerade gängigen Stücke, von denen wir noch nicht wissen können, was davon Bestand haben wird und was nicht. Trotz dieser Problematik wollen wir versuchen, anhand unserer Sammlung einige Tatbestände aufzuzeigen. Zu den bis heute in mündlicher Tradition lebenden und in unserem Material enthaltenen Gattungen sind zu rechnen: aus der I. Liedgruppe die erzählenden Lieder verschiedener Art (besonders Balladen und bänkelsängerhafte oder sentimentale Erzähllieder), ferner die meisten Liebes- und Abschiedslieder, die Scherz- und Spottlieder, ebenso der überwiegende Teil der Wiegenund Koselieder (Gruppe II), die meisten Kinderspiele und Kinderreime (Gruppe III), fast alle beim Heischen und anderen brauchtümlichen Zeremonien gesungenen Lieder (Gruppe IV) und aus der V. Gruppe schließlich die meisten älteren Tanzlieder. Die Reihe der Liedgattungen, die nicht in mündlicher Tradition gewachsen sind, reicht von der gereimten „Newen Zeitung" und dem nachfolgenden Bänkelgesang über das Liedgut der organisierten Gemeinschaften (z. B. das staatskirchliche Gemeindelied, das Schul- und Vereinslied der bürgerlichen Aufklärung, das moderne Arbeiter- und Massenlied 2 ) bis zum Schlager 3 . Verschiedenes findet sich auch in Während die A r t der Verbreitung wenigstens teilweise aus den Zeugnissen unserer Sänger abzulesen ist, bedarf es für den zweiten Punkt einer genaueren Analyse der Liedbeschaffenheit. 2 Zur Unterscheidung von folklorisiertem Arbeiterlied und dem übrigen Singgut der Arbeiterbewegung vgl. W. Steinitz, Das Leunalied, Dt. Jb. f. Vkde. 1958, S. 49ff. » Vgl. dazu W . Wiora, Artikel Deutschland in M G G , Bd. 3, Sp. 270 f. 1

Volkskundlkhe Analyse des 1955 gesammelten

Liedgutes

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unserer Sammlung: gewerbsmäßig bzw. industriell verbreitetes Singgut wie Drehorgellieder, textunterlegte Märsche, Tänze, Salonstücke, Schlager, Couplets und ähnliche Vortragsstücke des kommerziellen Vergnügungsbetriebes, aus der Sphäre der musikdramatischen Unterhaltung auch populäre Theaterlieder, Gesangsstücke aus Opern, Operetten, Musicals usw., also die verschiedensten Genres der niederen und gehobenen Unterhaltungsmusik; auf der anderen Seite stehen die durch Gesangvereine, Jugendorganisationen, durch die Schule und ähnliche Einrichtungen gepflegten Liedgattungen, Natur- und Wanderlieder sentimentalen oder bewußt unsentimentalen, volksliedhaften Charakters, patriotische Gesänge, Fest- und Feierheder, geselliges Liedgut, Kanons, humoristische Erzähllieder, sogar einige Balladen. All diese Liedarten gehören — ausgenommen die Schlager und textunterlegten Tänze, die auch unserer V. Liedgruppe zuzurechnen sind — der I. Gruppe an. Darüber hinaus haben durch die Singorganisationen auch einige Schlaf- und Wiegenlieder (Gruppe II) und vor allem eine ganze Reihe von Kinderliedern (Gruppe III) Verbreitung gefunden. Während ein Teil des älteren gewerbsmäßig oder durch Singorganisationen verbreiteten Liedgutes in die mündliche Überlieferung einging (z. B. das bänkelsängerhafte Erzähllied, das bis in die Gegenwart — vielfältig umgesungen — von M u n d zu Mund weitergegeben wird, auch etwa das gassenhauermäßige Tanzlied), ist in neuerer Zeit zu beobachten, daß viele der aus den genannten Quellen stammenden Lieder nicht mehr zum Eigenbesitz der Sänger im oben beschriebenen Sinne werden. Nehmen wir als Beispiel den S c h l a g e r . Unser Sammelmaterial enthält nur einen relativ kleinen Prozentsatz von Stücken dieser Kategorie. Wir haben sie — wie auch Operettenlieder, Couplets u. dgl. — überall dort aufgesammelt, w o sie sich boten, ohne angestrengt nach ihnen zu fahnden. Da die modernen Schlager vorwiegend innerhalb der jüngeren, also im Singen aktivsten Generationen bekannt sind, durfte man annehmen, daß sie auch ohne ausdrückliche Nachfrage genannt und vorgesungen würden. Doch war dies verhältnismäßig selten der Fall. Im ganzen hatten wir den Eindruck, als seien zwar viele Schlager dem ungefähren Verlauf sowie dem Refrain nach bekannt, aber nicht als Ganzes so zum Besitz geworden, daß sie jederzeit reproduziert werden konnten 1 . Von den vielen Tanzschlagern, die das oben (S. 168f.) beschriebene Geißlersche Tourenbuch enthält, konnten wir fast keinen vollständig erhalten. Der Grund dafür mag einerseits in der schnell wechselnden Schlagermode liegen, andererseits ist er sicher auch im Fehlen des gemeinsamen Singens und Selbsttätigseins, wie es in der Koppel üblich war, zu suchen. Die ständig

1

„Der eigentliche Schlager ist der Refrain", schreibt Else Haupt in ihrer instruktiven Arbeit Stil- und sprachkundliche Untersuchungen zum deutschen Schlager (unter besonderer Berücksichtigung des Vergleichs mit dem Volkslied), Diss. München 1957, S. 30. Vgl. dort auch die Ausführungen über Herstellung und geschäftsmäßige Verbreitung der Schlager (meist auf mechanischem Wege), durch die zwar größtmögliche Breitenwirkung, Resonanz im Publikum angestrebt, aber tatsächliche Aneignung weitgehend ausgeschlossen wird (S. 6 ff.).

17*

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Das altmärkische

Liedgut

vorhandene Möglichkeit, sich die Schlager im Rundfunk — besser als man sie selbst je singen könnte — anzuhören, scheint den Drang, die Stücke vollständig zu lernen, jedenfalls einzuschränken 1 . Sofern jetzt in der Altmark Schlager von Jugendlichen aufgegriffen und richtiggehend gelernt wurden, handelt es sich meist um die betont gefühlsseligen Stücke, die in der modernen Umgangssprache gewöhnlich mit dem W o r t „Schnulze" bezeichnet werden 2 . Das Köhlerliesl und besonders das alte Försterhaus3 sind dafür treffende Beispiele. Sie waren 1955 in der Altmark allgemein bekannt und wurden uns sogar von älteren Leuten, die — ebenso wie die Jugend — hin und wieder Lieder aus dem Rundfunk aufnehmen, vorgesungen 4 . Im Gedächtnis älterer Sänger hafteten daneben auch noch einige Walzerlieder aus der Zeit v o r dem ersten Weltkrieg 5 , während die Shimmy- und Foxtrottlieder der zwanziger Jahre in den Repertoires kaum Spuren hinterlassen haben. Noch verhältnismäßig gut in Erinnerung sind dagegen die Schlager und schlagerhaften Marschlieder aus dem letzten Kriege und den Vorkriegsjahren. Sie fanden sich in mehreren handschriftlichen Liederbüchern aus jener Zeit und wurden während des Krieges in den Mädchenkoppeln offenbar viel gesungen 6 .

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Gerade das Radiohören, wobei ja die meisten Schlager kennengelernt werden, begünstigt ein völlig passives Aufnehmen, wodurch Text und Melodie nur unvollständig im Gedächtnis haften bleiben. — Um 1930 gab es, um diesem Übel abzuhelfen, Textsammlungen „für Hörer der Funkkonzerte . . . und Grammophonfreunde" (z. B. Julius Lerche, Das Wort zum Lied, 1800 der beliebtesten Konzertlieder, Bln. o. J.), die Liedern wie Noch ist die blühende goldene Zeit; Wie die Tage so golden verfliegen; Am Hügel, wo der Flieder blüht; Wo sie war, die Müllerin; Wie mei Ahnderl zwanzig Jahr; Verlassen, verlassen, verlassen bin ich; Du mei flachshaarnes Dirndel; Am Holder Strauch; Im Feldquartier; Hab ich nur deine Liebe-, Gute Nacht, mein herzensgutes Mädchen; Bei der schönen Meisterin; Aus der Jugendzeit u. ä. zu längerem Leben verhalfen. Die Etymologie dieses Wortes (das übrigens als Ausdrucksbezeichnung bereits in die seriöse Musik Einzug hielt: Allegretto snulzando lautet eine Satzüberschrift im 9. Streichquartett von Max Butting) ist unseres Wissens bisher nicht geklärt. Die „Schnulzen" können als die legitimen Nachfolger der Heimatlieder und ähnlicher sentimentaler Lieder reflektierenden Charakters angesehen werden. Die Übereinstimmung der Textinhalte ist oft verbüffend. Vgl. z. B. den Schlagerrefrain ,,. . . und die Heimat liegt so weit, so weit. Dieser Schlager war von seinen Produzenten ursprünglich als Parodie auf den Schlagerkitsch gedacht, fand dann aber in Ost- und Westdeutschland wie jeder andere Schlager Verbreitung. Vgl. dazu die westdeutsche Wochenzeitschrift Der Spiegel, 10. Jg. 1956, Nr. 35, S. 46f. S. auch Walter Haas, Das Schlagerbuch, München 1957, S. 113. So ist z. B. das letztgenannte Schlagerlied (Es liegt der Wald im letzten Abendschimmer) von unserer 60jährigen Klötzer Gewährsfrau Luise P., „aus'm Radijo, weil es sich so wunderbar anhört", gelernt worden. Beispielsweise Küssen ist keine Sünd und Wo sie war, die Müllerin. Schon 1911 wandte sich der Musikkritiker Anton Penkert in einer Broschüre gegen diese Art musikalischer Schundliteratur (Kampf gegen musikalische Schundliteratur I, Das Gassenlied, eine Kritik, Leipzig, Verlag Breitkopf und Härtel, 1911). Vgl. dazu oben S. 251 f.

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Liedgutes

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Hinsichtlich der hier mitgeteilten Beobachtungen über die nur zögernde und unvollkommene Aufnahme moderner Schlager ist zu bedenken, daß sie an einem ländlichen Gebiet gewonnen wurden. In Industrie- und Großstädten ist das Bild etwas anders, wie wir selbst an mehreren Beispielen in Berlin feststellen konnten. „Nicht nur nach ihrer Herkunft, sondern auch nach ihrer hauptsächlichen Verbreitung wird man die Schlager den großen Städten zuordnen dürfen", schreibt Hermann Bausinger in seinem instruktiven Aufsatz Volkslied und Schlager 1 . Die Kenntnis des gerade herrschenden Schlagerangebots ist hier besser als auf dem Lande, zumindest dem Umfange nach, aber sie bleibt wohl meist ebenso oberflächlich wie dort. Von all dem, was abends vor den Haustüren, an Straßenecken und in Grünanlagen aus Kofferradios ertönt, dürfte nur das wenigste richtiggehend gelernt werden. Im allgemeinen begnügen sich die Jugendlichen damit, die eingängigen melodischen Wendungen der Refrainzeilen mitzusummen oder mitzupfeifen, hie und da einen rhythmischen Effekt des Schlagzeugs oder eine besondere Vortragsnuance des Schlagersängers nachzuahmen. Auf diese Weise entsteht eine Art passives Repertoire, das kein rechtes Eigenleben gewinnen kann, sondern immer wieder der Auffrischung durch Anhören bedarf. Das rasch wechselnde Angebot tut ein übriges, um kein Stück recht heimisch werden zu lassen. Daß sich die ländliche Jugend, der die traditionellen Formen des Singens und der Liedüberlieferung zwar nicht mehr recht vertraut, aber doch auch noch nicht gänzlich fremd sind, dieser ungewohnten Art des Liedkonsums nur zögernd anschließt, ist verständlich. Es bleibt die Frage, wie sich die Sänger, vor allem die jüngere Generation, zum L i e d g u t d e r S i n g o r g a n i s a t i o n e n verhalten. Aus der zweiten Hälfte des vorigen und den ersten Jahrzehnten unseres Jahrhunderts ist uns bekannt, daß eine ganze Reihe der Schul- und Gesangvereinslieder in das persönliche Repertoire der Sänger Eingang fand. Im dritten Kapitel haben wir darüber wiederholt berichtet. Doch war aus dem dort Mitgeteilten auch zu entnehmen, daß nur bestimmte Liedarten übernommen wurden, während andere beiseite blieben. Hymnische Gesänge, Fest- und Feierlieder, Chöre größeren Ausmaßes und schwierigeren Satzes, alles was der Thematik und der formalen Anlage nach ins Monumentale tendiert, fehlt in den Repertoires unserer Sänger. Ausgewählt wurden die kleinen volksliedhaften Stücke, die sich inhaltlich in die eigene Vorstellungswelt leicht einfügten, deren Melodien (auch wenn man im Chor nicht die Oberstimme mitsang) gut zu behalten waren. Im Prinzip hat sich daran — wie ein Vergleich der entsprechenden Lieder unserer beiden im Anhang befindlichen Liedtabellen lehrt — bis zur Gegenwart nicht viel geändert, nur daß durch den Verlust der regelmäßigen Singgelegenheiten innerhalb Koppel und Familie das Bedürfnis, sich Lieder für seinen Privatgebrauch anzueignen, überhaupt zurückgegangen ist. Das letztgenannte Faktum ist eigentlich für die ganze jüngere Generation bezeichnend. Unsere früheren Betrachtungen zeigten, daß die breite Masse der nach dem ersten Weltkrieg Geborenen, namentlich die Städter, ihre Lieder fast nur noch in Singorganisationen oder durch Schallplatte, Rundfunk und ähnliche Quellen kennen1

Jb. d. Österreich. Volksliedwerkes V (1956), S. 59 — 76, besonders S. 74 f.

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lernten, wobei zu unterscheiden ist zwischen denen, die die Nazi-Zeit oder zumindest den letzten Krieg noch bewußt miterlebt haben, und denen, die erst nach dem Kriege jn das für das Singen entscheidende Alter eintraten 1 . Je nach den Bedingungen, unter denen die einzelnen Sänger aufwuchsen, enthalten ihre Repertoires Liebes-, Abschieds- und Wanderlieder, wie sie in den Jugendverbänden der zwanziger und dreißiger Jahre gepflegt wurden, Schlager der Vorkriegszeit, Schlager und Marschlieder aus dem letzten Kriege, moderne Schlager, neue Jugendlieder, einige russische Lieder, die in ansprechender Verdeutschung nach 1945 in der DDR allenthalben Verbreitung fanden, u. ä. 2 Auch den älteren Gewährsleuten ist dieses Liedgut teilweise bekannt. Was aber bei ihnen, die sich in ihrer Jugend bereits einen festen Bestand von Liedern aus der mündlichen Überlieferung angeeignet haben, zu einem vorhandenen Fundus hinzukommt, macht bei den Jüngeren in der überwiegenden Zahl der Fälle ihr gesamtes Repertoire aus. Wie die Zahlenangaben der Sängertabelle und die Ausführungen des vorigen Abschnitts deutlich machten, ist die Liedkenntnis der meisten unter den neuen Verhältnissen aufgewachsenen Sänger begrenzt. Nur selten besitzen ihre Repertoires einen solchen Umfang wie der Liedschatz unserer Salzwedler Gewährsfrau Brigitte R. (vgl. oben S. 199f.). Die meisten greifen auf, was sich bei leichter Gelegenheit bietet, vergessen aber auch vieles wieder, seien es nun Schlager, Schul- oder Ensemble-Lieder. Obgleich bei den letztgenannten, die man ja nicht nur passiv aufnimmt wie die Schlagermusik, sondern richtiggehend lernt und mitsingt, das Problem etwas anders liegt, scheinen auch sie vielfach nicht mehr in dem Maße zum persönlichen Besitz zu werden wie das ehemals in Koppel und Familie gepflegte Liedgut. Man hört sie nur selten außerhalb der Schulstunden, Übungsabende und Veranstaltungen, weil eben heutzutage abseits der Singorganisationen überhaupt kaum noch gesungen wird. Damit fehlt die ständige Übung, durch die sich die Sänger das erworbene Liedgut nach und nach ganz zu eigen machen könnten. Auffallend ist z. B., daß viele unserer jugendlichen Gewährsleute bei der Befragung spontan nur eine sehr kleine Zahl von Liedern vorsangen (von denen, die ganz stumm blieben, sei hier nicht gesprochen), obwohl sie — wie wir in einigen Fällen nachträglich feststellten — in Schule und Ensemble wesentlich mehr gelernt hatten 3 . Da das dort Gesungene der Programmgestaltung eines Leiters obliegt, der dem einzelnen alle Verantwortung abnimmt, machen sich nur die wenigsten Gedanken über den Umfang des schon Gelernten. Aus all diesen Gründen kann man von jüngeren Gewährsleuten kaum noch ein geschlossenes Liedrepertoire im alten Sinne erfragen. Entweder muß das gedruckte Liederbuch als Gedächtnisstütze herangezogen werden 4 oder aber das Mitgeteilte beschränkt

1

2 3 4

Weitere Differenzierungen ergeben sich dadurch, daß ein Teil der Älteren an der Nachkriegsentwicklung nicht mehr direkt teilnahm, andere aber weiterhin aktiv oder wenigstens interessiert blieben. Vgl. die Repertoirebeispiele S. 199ff., 217f. und 250ff. Vgl. die entsprechenden Angaben im Sängerverzeichnis. Die 12jährige Christa M. aus Klinke z. B. (Sängertabelle Nr. 78) konnte uns ihre Lieder nur unter Zuhilfenahme ihres gedruckten Singebüchleins nennen. Da sie nicht zum Vor-

Volkskundliche Analyse des 1955 gesammelten

Liedgutes

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sich auf ein paar mehr oder weniger zufällig haften gebliebene Stücke. Wenn man erfahren will, was tatsächlich in Schule und Jugendchor gesungen wird, wendet man sich besser an den Lehrer oder Ensembleleiter. Das Schwinden der traditionellen Singgelegenheiten und die Verlagerung des Schwergewichts auf die Singorganisationen hat also nicht nur die Formen des Singens verwandelt, sondern auch die überlieferte Art der Repertoirebildung erschüttert. Mithin ist die ganze jüngere Generation, insonderheit die heutige Jugend, mit anderen, den veränderten Bedingungen entsprechenden Maßstäben zu messen. Diese Erkenntnis ist notwendig, um die erzielten'Befragungsergebnisse richtig einschätzen zu können. Nach diesem Exkurs über die Stellung der Sänger zum Liedgut der Singorganisationen und zur kommerziellen Unterhaltungsmusik zurück zu unserer Sammlung. Das V e r h ä l t n i s der aus den v e r s c h i e d e n e n E i n f l u ß b e r e i c h e n s t a m m e n d e n L i e d e r gestaltet sich darin etwa folgendermaßen: Knapp 1/5 aller registrierten Lieder 1 wurden zur Zeit unserer Aufnahmetätigkeit in Singorganisationen gesungen; etwas mehr als die Hälfte davon — also etwa 1/10 — konnten wir in Direktbefragung aufzeichnen, den Rest auf Proben und Veranstaltungen notieren. Ebenfalls rund 1/s des Materials wurde von den Sängern schon früher (vor 1945) in Singorganisationen gelernt und uns in der Direktbefragung als Bestandteil des persönlichen Repertoires mitgeteilt. Knapp 1/10 des aufgenommenen Liedgutes entstammt der kommerziellen Unterhaltungsmusik und ähnlichen Quellen. Das übrige, etwas mehr als die Hälfte aller 1955 registrierten Lieder, ist den Gewährsleuten aus der mündlichen Überlieferung zugeflossen. Vergleicht man die Repertoires der einzelnen Altersgruppen hinsichtlich ihres Anteiles an den verschiedenen Liedbereichen miteinander, so zeigt sich — entsprechend der zunehmenden Entfaltung der kommerziellen Musikindustrie und der organisierten Formen des Singens — mit abnehmendem Alter der Gewährsleute ein relatives Anwachsen des aus diesen Quellen stammenden Singgutes und eine deutliche Verminderung der mündlich tradierten Lieder. Im Liedbestand der älteren Generation (41—65 und über 65 Jahre) machen die letztgenannten etwa 65—70% aus, bei den ersten drei Altersklassen nur noch ca. 30—35%. Diese aus unserem Material sich ergebenden Vergleichszahlen 2 sind natürlich in Relation zum jeweiligen Umfang des Liedbestandes der einzelnen Altersklassen zu sehen, der ja im ganzen von der älteren zur jüngeren Generation erheblich abgenommen hat, weshalb auch das anteilmäßige Anwachsen der gewerbsmäßig oder durch Singorganisationen

1 2

singen zu bewegen war, können wir nicht einmal beurteilen, inwieweit sie die angeführten Stücke wirklich beherrschte. Und bei unseren beiden Jävenitzer Sängerinnen (Sängertabelle Nr. 57 und 58) mußten wir uns mit der Aufnahme von neun Liedern begnügen (die den Mädchen allerdings fließend geläufig waren), weil sie ihr FDJ-Liederbuch, aus dem sie in der Schule noch eine ganze Reihe weiterer Stücke gelernt hatten, am A u f nahmetag nicht finden konnten. Vgl. die beiden Liedtabellen im Anhang. Obgleich von mancherlei Zufälligkeiten abhängig, ist aus ihnen die Entwicklungstendenz doch deutlich abzulesen.

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Das altmärkische

Liedgut

verbreiteten Lieder de facto nicht ins Gewicht fällt. Veränderung der Repertoirezusammensetzung zugunsten des ebengenannten Singgutes und allgemeine Repertoireschrumpfung gehen gewissermaßen Hand in Hand. Den geringsten Prozentsatz mündlich tradierten Liedgutes besaßen 1955 — nach unseren Befragungsergebnissen zu urteilen — die 26- bis 40jährigen, die in den zwanziger und dreißiger Jahren und während des letzten Krieges besonders viel Lieder aus Singorganisationen und aus der Unterhaltungsmusik aufgenommen hatten. Die jüngste Altersgruppe stand mit ihnen etwa auf gleicher Stufe, während die damals 15- bis 25jährigen, deren Hauptentwicklung unmittelbar nach dem Kriege einsetzte, etwas weniger in Singorganisationen gelernte Lieder kannten. Da die Tätigkeit der Volkskunstgruppen erst nach 1950 einsetzte, als sich die Lebensverhältnisse zu normalisieren begannen, hat diese Altersklasse die geringsten Möglichkeiten zum (organisierten) Singen und Liedlernen gehabt. Im übrigen ist anzunehmen, daß sich seit 1955 durch das verstärkte Wirken von Chören und Kulturensembles das Verhältnis der Anteile weiter in der angedeuteten Richtung verschoben hat. Möglicherweise hat die künstlerische Breitenarbeit inzwischen unter den Sängern auch in bezug auf die nachhaltigere Aneignung des Liedgutes Früchte getragen. Aus den vielen Teilfragen zu dem hier angeschnittenen Thema sei noch eine letzte herausgegriffen: die Auswirkung der verschiedenen Verbreitungsformen auf die Art und Weise des Singens, auf Vortrag und Liedgestaltung. Damit zusammen hängt die Frage des Umsingens als schöpferische Umgestaltung, Zurechtsingen, wertneutrale Veränderung oder Zersingen 1 . Im allgemeinen ist zu beobachten, daß die aus autoritativen Quellen stammenden Lieder in einer dem Vorbilde möglichst angenäherten Manier gesungen werden, im Gesangverein gelernte Stücke beispielsweise mit der dort eingeübten forciert deutlichen Textaussprache und mit allen dynamischen Schattierungen (Forte- und Pianissimo-Stellen, übertriebene Crescendi und Decrescendi) 2 . Lieder, die innerhalb der Jugendbewegung und späterer Jugendorganisationen gelernt wurden, zeigen demgegenüber oft eine gleichförmige Regelmäßigkeit im Vortrag, sowohl in dynamischer als auch in rhythmischer und agogischer Hinsicht. Operettenlieder, Couplets und Schlager schließlich werden dem Vorbilde der Berufssänger, von denen man sie in Rundfunk, Film und bei Veranstaltungen hörte, möglichst angeglichen. Besonders die Manier, wie moderne Schlagersänger vor dem Mikrophon zu singen

1

2

Vgl. dazu W. Wiora, Systematik der musikalischen Erscheinungen des Umsingens, Jb. f. Vldf. VII, S. 128 ff. Mehrere charakteristische Beispiele dafür finden sich in unserer Tonbandsammlung, u. a. die Aufnahmen eines 54jährigen Breitenfelder Bauern mit dem sentimentalen Liede Ich habe geglaubet und einer etwa gleichaltrigen Klötzer Handwerkerfrau mit dem schlagerhaften Als Bübchen mit heißem Verlangen. Beide Gewährsleute haben jahrelang einem Gesangverein angehört und sich die dort übliche Singmanier ganz zu eigen gemacht. Vom Räuspern und „in Szene setzen", bevor sie ein Lied beginnen, bis zum übertrieben pointierten Schluß in verhauchendem Pianissimo bzw. triumphalen Forte sind all die Eigenarten des Gesangvereinsstils enthalten, die ihn so in Verruf gebracht haben.

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Liedgutes

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pflegen, wird von Jugendlichen gern nachgeahmt 1 . Diese letzte Beobachtung konnten wir vorwiegend bei städtischen Gewährsleuten machen. Unter den mündlich überlieferten Liedern hingegen treffen wir — namentlich bei älteren Gewährsleuten — die verschiedensten Gestaltungsweisen an, je nach Charakter und Temperament des Sängers, nach seiner augenblicklichen Gemütsverfassung, nach der Art eines Liedes und dessen Funktion im Volksliedleben 2 . Bei genauerem Einhören in die Tonaufnahmen finden wir taktbetonte (tanzmäßige) oder linien- oder aber sprachbetonte Vortragsart, strömende, flüssige oder stockendgehemmte Vortragsweise. Durch Mittel des Vortrags wird die formale, melodische oder rhythmische Struktur der Lieder entweder verhüllt, verschleiert oder bewußt herausgestellt. Wir begegnen aktiv steuernder oder lässig passiver Singweise 3 . Nicht an allen Sängern und nicht an allen Liedern lassen sich solche Beobachtungen machen, aber noch in der Gegenwart kann man genug untersuchenswertes Material sammeln. Besonders gut sind im jetzigen Stadium der Entwicklung die Unterschiede zwischen alten und neuen Formen der Liedgestaltung zu beobachten. Nur an einem Beispiel sei die differenzierte Vortragsweise einer 56jährigen Breitenfelder Bäuerin der schematisch-gleichförmigen Singart zweier Jugendlicher aus dem gleichen Ort gegenübergestellt. Die allbekannte Ballade Es waren %wei Königskinder, die im zuerst angeführten Fall von Mutter und Großmutter, im zweiten Falle in der Schule gelernt worden war, wird beide Male mit dem gleichen Text und mit nur geringfügig voneinander abweichenden Melodien gesungen, aber wie verschieden ist das Ergebnis:

Notenbeispiel 64/65 WH"**

A

J= 84 (Schulmäßig exakt) Es

Es

1

2 3

w a - r e n zwei Königs - k i n - d e r , d i e hat-ten e i n - a n - der so l i e b .

o= 40 (Tempo rubato, belebt) r. 1)', j—|

M

i d=-50

wa-ren zwei Kö - n i g s - k i n - d e r , d i e bat-ten ein-an - der so l i e b .

Auch hierfür finden sich treffliche Beispiele unter unseren Tonaufnahmen. Einige davon zeigen die Übertragung des Schlager-Singstils auf Moritaten (z. B. eine Aufnahme des Liedes vom Wilddieb Was schleicht durch den finsteren Wald, das übrigens nach einer Bemerkung von Else Haupt, Stil- und sprachkundliche Untersuchungen zum deutschen Schlager, S. 34, auch zu einem Schlager umgearbeitet wurde), auf Marschlieder und sogar auf Wiegenlieder, wobei meist der Rhythmus synkopiert wird. Vgl. z. B. das oben S. 174 ff. über einige Tanzlieder Gesagte. Vgl. dazu Walter Wiora, Europäischer Volksgesang, S. 8.

266

Das altmärkische

i IT i

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H

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Liedgut

J'^JJI^J

N

J

^

S

B

Sie konnten zusammen nicht kom-mec,das Wasser war viel zu tief, das Wasser war viel zu tief, d = 44'—3—i

1

3—>

r-j—i

rit.

= - so) .

Sie könn-ten zusammen nicht kom - men, denn das Wasser war viel zu tief. D 3. Strophe:

2) .3. Strophe'

64: B V A 1080. Slg. Stockmann 1955. Tonbandaufz. Nr. 8b/8 vom 1. 5. aus Breitenfeld (Hildegard G., 25; Adi W., 19).

65: B V A 1280. ebd. Tonbandaufz. Nr. 8b/6 vom 1. 5. aus Breitenfeld (Minna S. II, 48).

Wie hier so kann man Differenzierung und Eigenwilligkeit auf der einen und Normierung und Schematisierung auf der anderen Seite an zahlreichen Beispielen beobachten. Derart direkte Vergleichsmöglichkeiten zwischen dem Singstil älterer und jüngerer Gewährspersonen am gleichen Liede bieten sich allerdings selten, da die Jugend größtenteils andere Lieder singt. Gerade die differenziert-balladeske Gestaltungsweise aber, wie sie unser zweites Beispiel zeigt, ist im wesentlichen auf Balladen und Erzähllieder beschränkt, die schon unter der älteren Generation nicht mehr allgemein bekannt sind. Dieser Singstil jedenfalls wird nur noch von einzelnen älteren Sängern, meist Frauen, gepflegt und bewahrt 1 . Im allgemeinen aber ist heute auch auf die noch in der alten Tradition aufgewachsene oder wenigstens davon angerührte Generation der Einfluß autoritativer Vorbilder aus dem organisierten Musikwesen groß, sowohl hinsichtlich der Lieder als auch hinsichtlich der Singmanier. Nur wenige Sänger bewahren sich diesen äußeren Einwirkungen gegenüber ihren eigenen Stil und die Freude am selbständigen Gestalten und Umgestalten. Es besteht kein Zweifel, daß mit dem Schwinden des freien Volksgesangs und der ihm eigenen Singgelegenheiten, Singgemeinschaften und Überlieferungsformen sowohl die eigengeprägten Gestaltungsweisen der angeführten Art als auch die damit eng zusammenhängende Variierungspraxis, das Umsingen alten Stils mit all seinen Eigenwilligkeiten und Absonderlichkeiten, aber auch mit seiner Vielfalt und Buntheit zurückgehen. Davon werden nicht nur die Weisen betroffen, sondern auch die Liedtexte mit ihrem in zahlreichen Varianten sich zeigenden unfesten Strophenbestand, mit ihrer oft unterschiedlichen inhaltlichen Ausprägung und ihren 1

Zwei weitere besonders plastische Beispiele für diesen eigengeprägten Erzählstil, der von Strophe zu Strophe wechselt und immer neue überraschende Formulierungen, vorwiegend im Rhythmischen, erfindet, sind das von einer alten Gastwirtin in Nesenitz aufgezeichnete Robert-Blum-Lied (eine Strophe davon wurde oben S. 231 mitgeteilt) und eine Fassung der Ballade von den Zwei Schwestern aus Lindstedt (BVA-Nr. 1603). Auch einige Erzähllieder unserer Kloster Neuendorfer Gewährsfrau Anna M., z. B. Es wollt ein Jüngling auf Reisen gehn und Zu Straßburg auf der langen Brück (BVA-Nr. 1573 und 1574) gehören neben anderen zu dieser Kategorie. Über das „rezitativnahe Singen" von Erzählliedern allgemein vgl. W. Wiora, „Gesungene Erzählung als Strophenlied", Les Colloques de Wegimont 1954, Bruxelles 1956, S. 1 2 0 - 1 3 1 , besonders S. 122ff.

Volkskundliche Analyse des 1955 gesammelten Liedgutes

267

-mannigfach wechselnden Formulierungen innerhalb der Strophen 1 . Unter den neuen Bedingungen, die Gemeinschafts- wie Einzelgesang prägen, kann diese aus den ver•schiedensten Motiven sich ergebende Variierfreudigkeit nicht in dem Maße fortbestehen. Im organisierten Chorgesang hat sie keine Daseinsberechtigung, und in •die private Sphäre des Singens wirken die ständig vor Augen und Ohren stehenden Normen und Vorbilder so stark nach, daß sich kaum ein besonderer, eigengeprägter Singstil oder bedeutendere Text- und Melodievarianten entwickeln können 2 . Es fragt sich, inwieweit unter diesen Umständen der Hang zu umsingender Aneignung überhaupt noch verwirklicht werden kann und ob gewisse umformende Tendenzen auch an den erst in neuerer Zeit (also durch Singorganisationen oder durch die Unterhaltungsindustrie) verbreiteten Liedern zu beobachten sind. Ein gutes Beispiel für die eigenwillige H a n d h a b u n g v o n L i e d t e x t e n bieten die aus dem letzten Kriege stammenden Aufzeichnungen eines Sängers der vierten Altersgruppe (Fritz W., Sängertabelle Nr. 5), von denen wir durch besondere Umstände Kenntnis erhielten. Beim Durchblättern des handschriftlichen Liederbuches von Elli W. (Sängertabelle Nr. 4), der Ehefrau unseres Gewährsmannes, entdeckten wir eine große Zahl einzelner Verse und Liedstrophen, die säuberlich eingetragen und jeweils mit Datumsangabe versehen Seite um Seite des dickleibigen Heftes 3 füllten. Nach der Herkunft dieser Strophen befragt, erzählten mir die Eheleute folgendes: Anfang des letzten Krieges wurde Fritz W., eben jungverheiratet, eingezogen und nach Norwegen abkommandiert. Da die dort stationierten Besatzungssoldaten im allgemeinen ein ziemlich ruhiges Leben führen konnten, hatte er genügend Muße, seiner jungen Frau wenigstens jeden zweiten Tag einen Brief zu schreiben, dem er auch immer eine Lied- oder Gedichtstrophe bzw. einige Zeilen in der Art der gereimten Liebesbriefe beifügte. Elli W. übertrug daheim alles sorgfältig mit Angabe des Briefdatums in ihr handschriftliches Liederbuch, wodurch uns diese, z. T. auf die eigene Situation umgedichteten und zurechtgebogenen Verse und Liedfragmente zugänglich wurden 4 . 1

2

3

4

Vgl. z. B. die auch in unserer Sammlung noch ziemlich häufig v o r k o m m e n d e n verschiedenen Eingangsformeln und Anfangsstrophen zum gleichen Liede. Allein zur Räuberbraut registrierten wir sechs A n f ä n g e : In einem Wald, An der Donau, Vor alten Zeiten, In einem Tälchen, An einem Bach und In einem Städtchen in einem tiefen Tale. S. auch die teilweise vor erzählenden Liedern gebräuchlichen allgemeinen Eingangsstrophen wie Die erste Liebe ist die beste, In der Heimat wohnt die Liebe, Die Erde braucht Regen, Lieben sind %n'ar schöne Sachen, Wo grün die Eichen stehn auf ihren Fluren usw. Vgl. dazu und zu dem folgenden E . H . Meyer, Die Intonation im deutschen Volkslied, Aufsätze über Musik, Berlin 1957, besonders S. 116ff. Es enthielt außerdem zahlreiche Koppellieder, die Elli W . als junges Mädchen mit ihren Freundinnen sang, eine ganze Reihe v o n Koch- und Backrezepten (vorwiegend solche aus den Kriegsjahren „ o h n e Fett"), Anleitungen zur Säuglingspflege, dazwischen Wiegen- u n d Koseliedchen, ferner Nähbeschreibungen f ü r Haushaltwäsche (vom „garniertenKissen" bis zum „ H e r r e n h e m d " ) u. ä. f ü r eine junge Bäuerin, Hausfrau und Mutter nützliche N o t i z e n . Im ganzen sind es 120 N u m m e r n , ' d i e innerhalb eines knappen Jahres (erster Brief v o m 3. 11. 1940, letzte E i n t r a g u n g vom 28. 10. 1941) niedergeschrieben wurden.

268

Das altmärkische

Liedgut

Da wird in beliebige Liebeslieder der Name der Frau eingesetzt 1 ; zu dem sentimentalen Erzähllied vom Ritter Ewald, einem in Breitenfeld ehemals sehr beliebten Liede, wird ein glücklicher Schluß aus vorgeformten Einzelteilen zusammengesetzt 2 ; auf die Geburt des ersten Kindes wird mit mehreren Liedstrophen angespielt 3 ; die norwegische Umgebung findet ihren Niederschlag in Versen, die Meer, Wind und Möwen besingen 4 ; nach jedem Heimaturlaub schreibt der Mann mit Vorliebe Lieder nach Haus, die die Schönheit der Heimat besingen 5 ; viele Verse, meist aus Schlagern, Gedichten oder Volksliedern entnommen, teilweise auch überliefertes Formelgut, wie es in gereimten Liebesbriefen seit altersher üblich ist, enthalten Liebes- und Treuebeteuerungen, die je nach Stimmung von zartesten Anspielungen bis zu leidenschaftlichen Ausbrüchen reichen6. Neben Klopstocks Im Frühlingsschatten fand ich sie und anderen Kunstgedichten stehen Teile aus Operettenliedern und Schlagern wie Hab ich nur deine Liebe, Hörst du mein heimliches Rufen, Schön war die Zeit, da wir uns so geliebt (Kreuder), Und deine Lippen sprechen leis von Liebe heiß (aus: Am Abend auf der Heide) und einfache Volksliedstrophen wie die folgenden: Laub und Gras, das mag verwelken, aber unsre Liebe nicht. Du kommst mir aus meinen Augen, aus dem Herzen aber nicht. Beispielsweise: Soll ich dir mein Liebchen nennen, Elli heißt das holde Kind. In des Gartens dunkle Laube / saßen mir einst Hand in Hand, / küßten uns die roten Wangen, [ schmiedeten ein festes Band. / Jene frohen Liebesstunden / sind entschwunden längst dahin; / doch sie kehren einstmals ¡nieder, / wenn ich wieder bei Dir bin. / Sitz ich hier auch jetzt alleine, / denk ich stets ja doch an Dich, / denn ich lieb nur Dich alleine, / so wie Du nur liebest mich, / Und so wolln wir treu uns bleiben, / bis die frohe Stunde naht, / bis wir uns einst wiederfinden, / alles Leid ein Ende hat. / Fügen woll'n wir geduldig / uns in allem frohen Blicks: / Gott bestimmt ja unsre Wege, / einst führt er uns doch zurück. 3 Zum Beispiel: So träumet süß, und schlafet ruhig ein. / Ich wach für Dich undfür Dein Töchterlein . . oder: Ich habe Dich geliebet, / Dich nur so ganz allein, / und liebe Dich auch heute, / Dich und Dein Töchterlein. / Sind wir auch nicht zusammen, / hast Du Dein liebes Kind; / einst kommt ja doch die Stunde, / wo wir zusammen sind, / wo ich Dich wieder küsse / wie es ja schon so o f t . / Man hat ja auf den Frühling / des Friedens doch gehojft. / Einst ivird die Sonne scheinen / nach langer trüber Zeit, / und alles Leid wird enden / in doch so großer Freud. 4 Wo die Nordseewellen rauschen an den Strand; Leis die Wellen wiegen, die Möwen heimwärts fliegen; Ich sitze am Wegrand alleine und schaue ins schäumende Meer; Am Meere stand ich abends oft u. a. 5 Im schönen Märkerland ist meine Heimat; Ich hab dich noch nie so schön gesehen, meine Heimat. . .; Aus dir, o Heimat, fließt immer mein Leben u. ä. 6 Vgl. folgende Beispiele: Du bist mein, ich bin Dein. / Drum werd ich ewig treu dir sein. / Du bist in meinem Herfen eingeschlossen, / verloren ist das Schlüsselein. / Drum mußt Du ewig drinne sein. — Dich lieb ich immer, / Dich lieb ich auch heut. / Dich werde ich lieben in Ewigkeit. — Holdes Mädel, trag kein Leid, / blicke nicht so trübe, / Du bist ja die einzige Frau, / die ich herzlich liebe. / Schöne Soldaten machens so, / lieben mehr als eine. / Ich liebe aber Dich doch nur, / Dich so ganz, alleine. — Mögen tausend schöne Frauen j locken auch mit aller Pracht / in des Nordens 1

2

Volkskundliche Analyse des 1955 gesammelten

Liedgutes

269

Ich glaub, du bist die Schönste wohl auf der ganzen Welt und auch die Angenehmste, die mir gefällt. Fast alle Anreden innerhalb der Lieder werden groß geschrieben, so daß die junge Frau auch wirklich jede Strophe auf sich beziehen mußte. Der immer wiederkehrende Tenor in allen Liebes- und Trostsprüchen ist der Gedanke an die Rückkehr in die Heimat, zu Weib und Kind, wozu einzelne Strophen aus nazistischen Kriegsliedern ebenso herhalten müssen wie Schlager, Kunstgedichte und Volkslieder 1 . All diese Lieder und Verse sind Fritz W . aus den verschiedensten Quellen zugeflossen. Einiges hat er als junger Bursche — er diente zehn Jahre bei einem Breitenfelder Großbauern als Knecht — in seinem Heimatdorfe beim abendlichen Koppelgang oder bei ähnlichen Gelegenheiten, anderes später im Gesangverein gesungen 2 . Einen Teil der Lieder lernte er als Soldat, pflichtmäßig während des Dienstes oder in der Freizeit von Kameraden, andere wieder hörte er im Rundfunk, und einiges schrieb er aus diversen Feldpostbändchen und gedruckten Soldatenliederbüchern ab 3 . Diese verschiedenartigen Quellen und Lerngelegenheiten bedingen jenes enge Nebeneinander der heterogensten Stile und Formen. Um so erstaunlicher ist es zu sehen, wie dem Schreiber alles zu einer Einheit zusammenwächst, wie ihm Klopstocks Gedicht ebenso wie der banalste Schlager zum Ausdruck seiner Gedanken, Gefühle und Wünsche wird. Jedes von außen an ihn herangetragene poetische Gebilde weiß er durch die Auswahl der Verse und Strophen, durch Auslassung oder Hinzufügung von Textzeilen, durch bloße Wortveränderungen oder gewichtigere Eingriffe in den Sinngehalt seiner konkreten Situation anzupassen. Im Formelschatz der Lieder und Gedichte findet er das vorgeprägte Rohmaterial, mit dem er frei schaltet und waltet, um die ihn bewegenden Gedanken mitzuteilen. Alles, was er in der Alltagssprache nicht auszudrücken vermag, legt er in die Verse, die so zum Höhepunkt jedes Briefes werden. In ihnen ist alles enthalten, was ihn beglückt und bekümmert.

1

2

3

schönen Auen, / wo der Wind p f e i f t durch die Nacht. / . . . usw. — Du umfaßtest mein Haupt, / und heiß ist Dein Mund, / Dein Anlitz vor Freude so heiß. / . . . usw. Zum Beispiel: Einst wird ein Morgen tagen / nach langer Trennungszeit, / wo unsere Herfen schlagen / für eine bessere Zeit. — Schlafe wohl, schlaf wohl mein Schätzelein. / Viele tausend Sterne grüßen, / wollen Dir den Schlaf versüßen, / bis ich einst kann bei Dir sein. (Aus: Glutrot sank die Sonn am Himmelszelt). — Und während wir an weiten Küsten stehn, / erfüllst Du Deine heimatliche Pflicht, / die Dich berufen hat wie mich. / Nur andere Wege sind es, die wir beide gehn. — Fern in der lieben Heimat / wohnst Du Geliebte mein. / Ist meine Zeit beendet, / werd ich bei Dir sein. Beispielsweise In des Gartens dunkler Laube, ferner Ein getreues Herze wissen und Wenn grün die Eichen stehn auf ihren Fluren. Aus dem Singrepertoire des Breitenfelder Männergesangvereins stammt Traute Heimat meiner Lieben. Ein solches gedrucktes Liederbuch befand sich noch jetzt in Fritz W.'s Besitz. Wir konnten daraus nicht nur sehen, welche Lieder er für seine Zwecke auswählte (die zahlreich darin enthaltenen nazistischen Kriegslieder wurden bezeichnenderweise fast ausnahmslos umgangen bzw. nur in ihren harmlosen Strophen herangezogen), sondern auch wie er sie veränderte.

270

Das altmärkiscbe

Liedgut

Daß die junge Frau daheim jeden einzelnen sorgfältig abschrieb, zeigt, wie genau sie deren Bedeutung verstanden hatte. Obgleich die angeführten Briefverse — spätes Zeugnis einer altüberlieferten Gattung der Volkspoesie 1 — das Singrepertoire unseres Gewährsmannes nur teilweise beleuchten, erhalten wir durch sie doch nebenbei auch einen recht bezeichnenden Einblick in das Verhältnis eines Sängers zu seinen Liedern, dies um so mehr, als wir nicht nur papierne Niederschriften vorfanden, sondern im persönlichen Gespräch mit dem Briefschreiber und der Empfängerin den unmittelbaren Lebensbezug der Verse aufdecken konnten. Eine derart eigenwillig-schöpferische Verarbeitung vorgeformten Materials — hier zweifelsohne hervorgerufen durch die besonderen äußeren Umstände, die gewaltsame Trennung von Heimat und Familie, die eine Aktivierung des Gedanken- und Gefühlslebens und eine intensivere Auseinandersetzung mit allen Dingen bewirkten — begegnet bei uns heute allerdings selten, vor allem selten im eigentlichen Singrepertoire. Dort beschränken sich die bewußten oder unbewußten Umformungen meist auf kleinere Eingriffe, Auslassung oder Hinzufügung von Strophen, Abänderung einzelner Zeilen, die dem persönlichen Sprachgebrauch des Sängers nicht entsprechen, Ersetzung vergessener Teile durch eigene, manchmal unbeholfene, manchmal recht geschickte Wendungen. Aus der mündlichen Tradition stammende Lieder sind davon natürlich mehr betroffen als gewerbsmäßig oder durch Singorganisationen verbreitete Stücke. Doch lassen sich auch hieran noch ab und an Umformulierungen beobachten, sogar an den Melodien. An einigen Liedern, die erst in jüngerer oder jüngster Zeit Verbreitung fanden,, sei der Frage nachgegangen, inwieweit p r o d u k t i v e s U m s i n g e n v o n W e i s e n heute noch verwirklicht wird. Zunächst mögen zwei Melodien zu Gedichten von Hermann Löns, deren ja eine ganze Reihe vertont und in den zwanziger und dreißiger Jahren weithin bekannt und viel gesungen wurden, als Beispiel dienen. Noch 1928 stellte Alfred Potthoff in seiner Untersuchung über Hermann Löns und das Volkslied fest: „Text und Sangesweise der Lönslieder sind im Laufe der Jahre keinerlei Veränderungen durch das singende Volk ausgesetzt gewesen 2 ." Demgegenüber konnten wir 1955 mehrere Lönslieder aufzeichnen, die gewisse Veränderungen aufweisen 3 , u. a. das folgende: 1

2

3

In neuerer Zeit scheint diese Art der poetischen Briefgestaltung, die in älteren handschriftlichen Liederbüchern u. a. Quellen (vgl. z. B. K. M. Klier, Drei handschriftliche Liederbücher aus dem Burgenlande, Eisenstadt 1958, besonders S. 41 ff., 64ff., 84ff. und 91 ff.) des öfteren begegnet, sei es in Form von gereimten Liebesbriefen oder in kleinen Liebesversen und verwandten formelhaften Reimgebilden, ziemlich aus der Mode gekommen zu sein. Jedenfalls ist uns aus der jüngsten Vergangenheit, der unser Beispiel angehört, bisher nichts Vergleichbares bekannt geworden. Beiträge zur niedersächsischen Literaturgeschichte, Bd. II, Hannover 1928, S. 102. Potthoff führt dies darauf zurück, daß die Lönslieder zunächst nur in solche Kreise eindrangen, denen der Begriff des literarischen Eigentums vertraut und in denen es nicht gebräuchlich war, „Herrenrecht" an Kunstliedern zu üben. Außer den beiden angeführten Stücken zeigt z. B. auch Über die Heide geht mein Gedenken (BVA-Nr. 1687) Varianten gegenüber dem Vorbild. Die im 9/s-Takt stehende Jödesche

Volkskundliche Analyse des 1955 gesammelten Liedgutes

271

Notenbeispiel 66/67

1.

•J P P ff

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ich jetzt von dir geh,

schöns Mägdelein, F"einsliebchen mein, wenn

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geh.



^ L 66: Löns-Licht, S. 34. 67: B V A 1679. Slg. Stockmann 1955. Tonbandaufz. Nr. 27a/8 vom 1 4 . 7 . aus Salzwedel (Adina M., 44).

Sowohl durch die melodischen als auch durch die geringfügigen rhythmischen Veränderungen hat die ganze Weise zweifelsohne gewonnen. Die statt der etwas monoton klopfenden Achtelgruppen gesungenen Triolen versetzen die ganze Weise in ein leichtes Schwingen und Pendeln. Der Ubergang in den 4 / 4 -Takt und die Rückkehr zur Ausgangstaktart am Ende der letzten Zeile werden als völlig natürlich und organisch beibehalten. Gewichtiger noch sind die ebenfalls sparsamen Änderungen des Melodieverlaufs in den beiden ersten Zeilen. Auf ganz einfache Weise wird die bohrende Wiederholung des Quinttones beseitigt. Statt achtmal in der Vorlage erscheint er nur noch viermal in der von uns aufgezeichneten Fassung. Dadurch bekommt auch der tonale Ablauf ein etwas anderes Gesicht. Der im zweiten und dritten Takt sukzessiv entstehende d-moll-Akkord trägt sehr dazu bei, die Weise farbiger und interessanter zu machen. Auch das dreimal auf verschiedenen Stufen einsetzende Terzintervall wirkt einprägsamer als das dreimalige Anlaufen der Quinte

1

Melodie (Löns-Jöde, S. 18) wurde in einen durchgängigen 4 / 4 -Takt umgesungen, einzelne Melodiefloskeln sind etwas abgeändert. Vgl. zu dieser A r t des Umsingens besonders E. H. Meyers Aufsatz „Gesunkenes Kulturgut?", Oberdt. Zs. f. Vkde. IV, 43 — 57, der als einen wesentlichen Grundsatz volkstümlicher Umgestaltung von Kunstliedern den „Zug zur Geschlossenheit . . . in tonaler, melodischer und rhythmischer Hinsicht" herausstellt. Sie wird besonders „gegenüber solchen Stilliedern, die einzelne Teile oder Gedanken lose nebeneinandersetzen", angewandt (S. 44).

272

Das altmärkische

Liedgut

Das zweite Beispiel, wieder ein Lönslied, bringt vor allem im Bereich der Textaufteilung interessante Veränderungen gegenüber dem Vorbilde: Notenbeispiel 68/69

: '.i i 'ii es.

Ach, ichwar den ganzen Tag al

lein, denn mein Liebster könnt nicht bei mir

m

69. J = - so (Leise und zärtlich)

w

A-berinder Nacht,

inüp

a-ber in der

denn dann klopft es an mein Fen-ster

Nacht,da binich

auf - ge

wacht,

lein.

£

¥ 68: Löns-Jöde, S. 13. 69: B V A 1681. Slg. Stockmann 1955. Tonbandaufz. Nr. 25b/6 vom 11. 7. aus Salzwedel (Adina M., 44).

Hier ist der versuchte Ausgleich rhythmisch unklarer Stellen offensichtlich nicht ganz gelungen. Zur (bewußten oder unbewußten) Umänderung herausgefordert fühlte sich die Sängerin zunächst anscheinend durch die auf Durchgangsnoten liegenden Betonungen (Hauptschwerpunkte im zweiten und fünften Takt auf der Sekunde) und durch die in der Taktaufteilung als Nebensache behandelten, tonal aber gewichtigen Spitzentöne (Quinte im ersten und vierten, Leitton im zweiten und fünften Takt). Dem Leitton versucht sie durch Dehnung Gewicht zu geben. Im ganzen aber ist sie zu keiner verbessernden Lösung gekommen. Wie wenig sicher sie ihrer Sache war, ist daran zu erkennen, daß sie kaum Akzente setzt. Aus der Tonaufnahme ist eine eindeutige Takteinteilung kaum herauszuhören. Nur einige Male, wenn sie statt des Quasi-Auftaktes am Anfang der ersten und zweiten Zeile folgende Formulierung singt

Volkskundliche Analyse des 1955 gesammelten Liedgutes

273

Notenbeispiel 70

4'

J

' F lf *

wird deutlich, wohin ihre Umformung tendiert. Daß der kaum als volksliedgemäß anzusprechende 3 / 4 -Takt am Schluß der vierten Zeile auf ihren Widerspruch stößt, ist natürlich. Ebenso läuft die merkwürdige Schwerpunktsetzung beim letzten Wort Notenbeispiel 71

Fen-ster- lein ihrem Betonungsempfinden zuwider und wird, analog der ersten, zweiten und vierten Zeilenkadenz, abgeändert 1 . Im ganzen ist an der rhythmischen Umformung dieser Weise eine gewisse Neigung zum Parallelismus, die die einander entsprechenden Stellen auf die gleiche Weise verändert, zu erkennen 2 . Noch ein letztes interessantes Beispiel rhythmischen Umsingens sei angeführt. Es handelt sich um ein russisches Lied, das nach dem letzten Kriege in der D D R überall Verbreitung fand und bei der Jugend, besonders unter den Mädchen, sehr beliebt war und wohl noch ist. Es wurde allenthalben und auch von unseren beiden Sängerinnen aus dem Liederbuch der Freien Deutschen Jugend 3 gelernt, wo es in einer teilweise recht merkwürdigen und unsanglichen Rhythmisierung (besonders in atemtechnischer Hinsicht) abgedruckt ist 4 . Unsere beiden Jävenitzer Sängerinnen formten die Weise — ihrem Melodiegefühl entsprechend — um: Notenbeispiel 72/73

Leis das Glöckchen nur tönt, so ver-schwie-gen. Auf dem Weg tanzt der Staub sacht wie S c h n e e — J _ E^J f T i n i r e l m

rui n-afii Ii Iwrtlll

Leis das Glöckchen nur tönt, ganz verschwiegen,

1

2

3

4

auf dem Weg t a n z t der Staub s a n f t wie Schnee;

Zu der an diesem Beispiel sichtbar werdenden Art des rhythmischen Umsingens (Taktund Gewichtsverteilung betreffend) vgl. Wiora, Jb. f. Vldf. VII, S. 160 (Verlagerung der rhythmischen Schwerpunkte) und 165 (Veränderungen der Taktgruppierung). Vgl. E . H. Meyer, a. a. O., S. 46, über „das Gesetz der Symmetrie" beim rhythmischen Umsingen. Leben, Singen, Kämpfen, 5. Aufl., Berlin 1949, S. 258. Vgl. auch HOBLIH ÜGCGHHHK (Neues Russ. Liederbuch), S. 44, u. a. In dieser F o r m haben wir das Lied auch in Berlin und anderswo nie singen hören.

18

Volksgesang

274

Das altmärkische Liedgut

Wodie Fei-der zum Walde sich schmiegen, singt der Fuhrmann sei n L ied vol-ler Weh.

•wodie Fel-der zum Walde sich schmiegen, singt der Fuhrmann sein Lied vol-ler Weh.

72: F D J - L d b . 1949, S. 258 (dort in G-Dur). 73: B V A 1473. Slg. Stockmann 1955. Tonbandaufz. Nr. 2 2 a / 3 vom 3. 7. aus Jävenitz (Erika H., 18; Ursel R., 15).

Wenn man die Vorlagen, von denen beim Lernen der drei angeführten Lieder immer ausgegangen wurde, mit den aufgezeichneten Fassungen vergleicht, so ist bei allen Beispielen zu beobachten, daß die Veränderungen in erster Linie auf eine Abrundung und einen Ausgleich unklarer Stellen abzielen, daß sie einen harmonischen, sanglichen Ablauf zumindest anstreben. Eingriffe dieser Art werden nur bei solchen Liedern vorgenommen, die nach dem Empfinden der Sänger in irgendeiner Form zu wünschen übrig lassen. Andere weitverbreitete Lieder aus neuerer und älterer Zeit, vorwiegend solche, die eine einprägsam-plastische Melodiegestalt zeigen, werden ohne jede Variante gesungen, z. B. die auch in der Melodik sehr volksliedhaft empfundenen Löns-Lieder Es stehn drei Birken auf der Heide (Melodie von Jode), Alle Birken grünen in Moor und Heid (Melodie von Licht) und viele andere Bei genauerer Prüfung wird man das verändernde Zurechtsingen der besprochenen Art möglicherweise häufiger finden. Jedenfalls zeigen die angeführten Beispiele, daß auch heute, im Zeitalter der Technik und Organisation, ein selbständigproduktiver Anteil des singenden Volkes an seinen Liedern vorhanden und möglich ist. Greifen die Veränderungen auch nicht mehr so tief in Gehalt und Gestalt der Lieder ein wie die Variierungspraxis der mündlichen Tradition, so zeigt sich an ihnen doch, daß der Drang zur Aneignung, zur Anpassung des übernommenen Liedgutes an die eigene Empfindungs- und Vorstellungswelt erhalten geblieben ist. Er dürfte auch in Zukunft nicht völlig erlöschen. 1

Geringfügige Veränderungen, die sich durch die volkstümliche Singpraxis ergeben (Übersingen der Pausen am Zeilenende, Abschleifung punktierter Rhythmen zu Triolen u. dgl.), auch unbedeutende Änderungen einzelner Töne bleiben hier außer Betracht. Sie kommen — wie unsere beiden Aufzeichnungen von Es liegt der Wald im letzten Abendschimmer (BVA-Nr. 1467 und 1769) zeigen — sogar bei modernen Schlagern vor.

Volkskundliche Analyse des 1955 gesammelten Liedgutes

275

4. Die Stellung des altmärkischen Liedgutes innerhalb der gesamtdeutschen Überlieferung Betrachtet man den altmärkischen Liedbestand — so wie wir ihn 1955 innerhalb der verschiedenen Altersgruppen und Siedlungsgemeinschaften vorfanden und aufzeichneten — in seinem Verhältnis zum Liedgute anderer deutscher Landschaften, so zeigt sich, daß die Altmark ihre Rolle als allseitig offenes und aufnehmendes Durchgangsland auch auf dem Gebiete des Liedes wahrnimmt. Nicht nur mit den benachbarten Gebieten hat sie in dieser Hinsicht engen Kontakt, sondern bis in die entferntesten Ausläufer des deutschen Sprachgebietes sind, wie die vergleichenden Anmerkungen unserer im Anhang befindlichen Liedtabelle nächweisen, bestimmte Liedtypen, die sich auch in der Altmark finden, belegt 1 . Auf vielen Wegen strömten und strömen von außen ständig Lieder in die Altmark ein, in unserem Jahrhundert vor allem durch die oben beschriebenen neueren Formen der Liedverbreitung, die große Gebiete erfaßten und eine weitgehende Angleichung der landschaftlichen Repertoires bewirkten. Aber auch durch mündliche Weitergabe wurden bis in die jüngste Vergangenheit viele Lieder in die Altmark eingeschleußt und andere hinausgetragen. Namentlich die alljährlich zur Ernte zuwandernden Saisonarbeiter 2 , vom Soldatendienst heimkehrende Burschen 3 und nicht zuletzt wandernde Handwerksgesellen sorgten für einen lebhaften Austausch des Liedgutes. Interessante Aufschlüsse gerade über die diesbezügliche Rolle der Handwerksburschen gibt ein im Altmark-Kalender für das Jahr 1941 abgedruckter Artikel: „Aus den Wanderjahren eines altmärkischen Handwerksgesellen" 4 . Er enthält den Bericht eines Salzwedler Sattlermeisters, der zwischen 1879 und 1892 durch halb Europa trampte. Sein Weg führte ihn von seiner Heimatstadt Salzwedel, wo er bei einem gestrengen Meister dreieinhalb Jahre Lehrzeit glücklich hinter sich gebracht und noch ein halbes Jahr als Geselle gearbeitet hatte, über Osterburg und Stendal zunächst in das benachbarte Brandenburg und dann nach Sachsen und Schlesien. Nach kürzeren oder längeren Aufenthalten in den verschiedensten Städten und Marktflecken trieb es ihn über die Grenze nach Mähren und Böhmen, weiter in das Donautal, nach Budapest und Wien und schließlich sogar über die Alpen nach Italien. Auf jedem Abschnitt seiner langen Wanderschaft hatte er einen anderen Weg-

1

2

3

4

Vgl. auch die diesbezüglichen Bemerkungen in Weber-Kellermanns Parisius-Ausgabe, S. 25 ff. Sie kamen vornehmlich aus Gebieten östlich der Elbe und Oder. Nicht wenige von ihnen wurden in der Altmark ansässig. — Vgl. dazu das oben ( S . 9 7 f . ) über den „Lied- und Heiratsmarkt" während der Hopfenernte Gesagte. Garnisonsorte für Altmärker waren bis zum ersten Weltkrieg u. a. Erfurt und Magdeburg. Vgl. dazu unten S. 3 1 2 f . V o n F. W . Meyer, Christlicher Hausfreund f ü r die Altmark ( = Altmärkischer Hausfreund) 62 (1941), S. 6 2 - 7 9 .

18*

276

Das altmärkische

Liedgut

genossen zur Seite, mit dem er auch immer fleißig sang und Lieder austauschte. Einmal war es ein Drechsler, dessen Lieblingslied Mir sein Tiroler Schützen und haben frohen Muet er lernte. Ein anderes Mal begleitete ihn ein schwäbischer Holzbildhauer, der immer nur ein Lied sang: Es gebe Gott, der alles gibt, mir eine Seele, die mich liebt. Die an Arbeit und Verdienst arme Zeit in Italien verbrachte er ebenfalls zusammen mit einem Tippelbruder. Eines Sonntags stiegen beide auf den Vesuv, um wenigstens eine Sehenswürdigkeit des Landes besichtigt zu haben, und sangen dabei Wir sind nicht stol%, wir brauchen keine Pferde, Fuß marschieren wir. Über Süddeutschland, Westfalen und Bremen kehrte der Sattler nach 13jähriger Wanderschaft reich an Erfahrungen und Liedern in seine Vaterstadt zurück, um sich dort als Meister niederzulassen. „Wir kannten viele Handwerksburschenlieder" erzählt er später aus der Erinnerung. Außer den angeführten nennt er noch: Köln am Rhein, du schönes Städtchen; Nicht weit von Württemberg und Baden; Wohin ich wandre durch die Welt; Pfeifchen, wer hat dich erfunden und Es wohnt ein Krauter in Frankfurt an dem Main, der hielt sich Gesellen t{u zweien und dreien1. Wie der Salzwedler Sattler auf seiner Wanderschaft in die verschiedensten Orte und Gegenden geriet, so zogen auch durch die Altmark ständig fremde Handwerksburschen, Gelegenheitsarbeiter und Handelsleute, die — wie wir oben (S. 93) schon andeuteten — manches Lied in dem einen oder anderen Dorfe zurückließen. Als solche Liedvermittler wurden uns auch „mit Spitzen handelnde Siebenbürger" genannt, an deren siebenbürgischer Abstammung wir anfangs Zweifel hegten. Durch Zufall stießen wir bei der Suche nach Belegen für das folgende Lied, das sich in keiner Sammlung, nicht einmal mit Anklängen finden ließ, auf ein dem Texte nach verblüffend ähnliches Lied bei Brandsch 2 , für das dieser angibt, „keine außersiebenbürgische Parallele gefunden" zu haben:

Notenbeispiel 74 E t w a s frei erzählend, Zeilenenden langsam ausklingend ~ Jr

IT ? w IS

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§ 1

2

Das

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reich - ste der

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fei - er t Hoch-zeit

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Fast alle angeführten Lieder sind in altmärkischen Liedsammlungen belegt, die meisten im Ehlies-Material. Dort findet sich auch die Mitteilung eines Schneiders, der auf der Wanderschaft Erks „Sängerhain" in seinem Gepäck hatte. Brandsch-Schullerus, S. 139 (aufgezeichnet 1902).

Volkskundliche Analyse des 1955 gesammelten

$ $

Es

wal - let der

es

glän - zet vor

» auch: I J J

Schlei - er

im

Freu - den ein

lok

Liedgutes

-

ki - gen

277

Haar,

dunk- les Au-gen - paar.

J I 1. Was hallet vom Turme ja heut für ein Geläut? Das reichste der Mädchen, sie feiert Hochzeit heut. Es wallet der Schleier im lockigen Haar, Es glänzet vor Freuden ein dunkles Augenpaar. 2. Der Bräutgam bei der Feier sitzt finster und so bleich, Er sieht nicht sein Glück, auch nicht sein Himmelreich. Er wendet den Blick, und er denket zurück, Da drüben, da draußen, da weilet sein Glück. 3. Da drüben, da draußen im hohen Gemach Beweinen zwei Frauen ein treulosen Tag. Der Tochter, der tut ja das Herze so weh, Die Mutter stand am Fenster, ob Geister sie säh. 4. „Ach Tochter, liebste Tochter, ach weine nicht um ihn, Er hat dich verführet, dich und dein Kind. Er hat dich verführet, du warst ihm viel zu arm. Heut hält er das reichste der Mädchen im Arm. 5. Er hat dich getrieben durch Wetter und durch Wind, Er hat dich verführet, dich und dein Kind. Verfluche den Verführer, verfluche all sein Glück, Und kehret er einst wieder, so stoße ihn zurück." 6. „Ach Mutter, liebste Mutter, verstoße du ihn nicht. Er hat mich treu geliebet, seine Eltern wollten es nicht. Er hat für mich gegeben sein Geld und all sein Gut; Er hat für mich geopfert sein letzten Tropfen Blut." 7. Da drüben, da draußen im hohen Gemach, Da weint eine Mutter der toten Tochter nach. Die schönen blauen Augen verloren ihren Glanz, Und in den blonden Locken, da lag der Totenkranz. BVA 1361. Slg. Stockmann 1955. Tonbandaufz. Nr. 16b/8 vom 30. 5. aus Laatzke (Liselotte R., 41, hs. Ldb.).

278

Das altmärkische Liedgut

Es ist nicht unwahrscheinlich, daß dieses Lied durch die erwähnten Siebenbürger in die Altmark gekommen ist 1 , ein Beispiel dafür, über welche weiten Entfernungen hinweg sich die mündliche Verbreitung erstrecken kann. Entsprechend der große Gebiete umspannenden Fluktuation des volkstümlichen Singgutes enthält unsere Sammlung viele a l l g e m e i n v e r b r e i t e t e L i e d e r . Die meisten finden sich unter den verschiedenen Gattungen der umfangreichen Liedgruppe I; doch auch bei den Liedern, Reimen und Spielen der Kinder (Gruppe III) gibt es eine größere Anzahl überall geläufiger Stücke, während in den Gruppen II, IV und V die lokalen Besonderheiten stärker ausgeprägt sind. Der überwiegende Teil des weitverbreiteten Liedgutes ist aus landschaftlichen Volksliedsammlungen und Repertoireverzeichnissen zahlreich belegbar (vgl. die Anmerkungen in unserer Liedübersicht), z. B. Balladen, bänkelsängerhafte und sentimentale Erzähllieder, Liebes- und Abschiedslieder, Kinderreime und -spiele, also im wesentlichen das ältere, mündlich tradierte Singgut. Weithin bekannt und viel gesungen wurden aber auch eine ganze Reihe erst um oder nach 1900 in den Volksgesang eingedrungener Lieder, für die sich Verbreitungsnachweise nicht so leicht beibringen lassen. Durch Rundfunk, Schallplatten, Einblattdrucke, Westentaschenliederbücher u. dgl. unter der Bevölkerung bekannt gemacht, aber von Sammlern nur selten aufgezeichnet, sind sie in ihrer tatsächlichen Verbreitung schwer festzustellen, z. B. die meisten Schlager und Operettenlieder, Walzer- und Marschlieder, ebenso manches sentimentale Lied reflektierenden oder erzählenden Charakters, das in Haus, Schule und Verein häufig und gern gesungen wurde. Bedingt gilt das auch für die volkläufig gewordenen Lieder der Jugendbewegung und späterer Singorganisationen, die — in wissenschaftlichen Sammlungen gleichfalls sehr schwach vertreten — fast nur aus praktischen Liederbüchern und Singeblättern belegbar sind. Während ein gewisser Prozentsatz der dort abgedruckten Stücke weithin Anklang fand, wurden andere erfahrungsgemäß kaum gesungen; im einzelnen nachweisen läßt sich das jedoch vorläufig nicht 2 . Wir geben nachfolgend aus dem altmärkischen Repertoire einige Beispiele von Liedern, die unserer Kenntnis nach in weiten Kreisen bekannt, aber in landschaftlichen Sammlungen und Liedverzeichnissen nur schwach oder gar nicht belegt sind: Als Bübchen mit heißem Verlangen (Die Kirschen in Nachbars Garten); Es steht eine Mühle im SchwarsQväldertal; Gan^ einsam und verlassen; Wenn in Großmutters Stäbchen gan% leise; Wir lagen vor Madagaskar; Wie herrlich ist die Jugendzeit; Am Hügel, wo der Flieder blüht; Blaue Berge, grüne Täler; Wo's Dorf lein dort Ende geht; Hoch auf dem gelben Wagen; Heut ist ein Fest bei den Fröschen am See; Ich nahm die Brille von meinen Augen; Wenn wir im Sommer mal nach Holland gehn usw. Hierzu gehört offenbar auch Siehst du die Brigg dort auf den Wellen, ein unter dem Titel „Der Lotse" durch Schullesebücher in der älteren Generation

1

2

Übrigens haben wir nur aus Breitenfeld Aufzeichnungen dieses Liedes. Auch die angeführte, in Laatzke notierte Fassung wurde von der Sängerin in Breitenfeld gelernt. Selbst häufiger Abdruck eines Liedes in praktischen Sammlungen ist ja kein sicherer Beweis für seine Beliebtheit.

Volkskundliche

Analyse

des 1955 gesammelten

279

Liedgutes

bekannt gewordenes Gedicht von Ludwig Giesebrecht 1 . Wir konnten es als Lied in keiner wissenschaftlichen oder praktischen Sammlung finden, auch nicht in Schulliederbüchern, stellten aber durch Umfragen bei Freunden und Bekannten fest, daß es auch außerhalb der Altmark gesungen wurde. Die in Breitenfeld aufgezeichnete Fassung lautet:

Notenbeispiel 75 Tempo rubato, sehr belebt erzählend J = 76-80 i—¡y 1

É

r

piror

Siehst du die Brigg dort auf den

$ $

und muß am

'.

r

7p

:

m

Wel-len? Sie steuert falsch,sietreibt her-ein

Vor-gebirgzer - schel-len, lenktsienicht

augenblicklich ein,

lenkt sie nicht

augenblicklich ein.

1. Siehst du die Brigg dort auf den Wellen ? Sie steuert falsch, sie treibt herein Und muß am Vorgebirg zerschellen, |: Lenkt sie nicht augenblicklich ein.: | 2. „Ich muß hinaus, daß ich sie leite." „Gehst du ins offne Wasser vor, So legt dein Boot sich auf die Seite Und richtet nimmer sich empor." 3. „Allein ich sinke nicht vergebens, Wenn sie mein letzter Ruf belehrt. Ein ganzes Schiff voll jungen Lebens Ist wohl ein altes Leben wert. Gib mir das Sprachrohr! SchifTlein eile, Es ist die letzte höchste Not." Vorm fliegenden Sturme, gleich dem Pfeile, Hin durch die Schären eilt das Boot. 1

3

Zuerst abgedruckt in: Ludwig Giesebrecht, Gedichte, Leipzig 1836, S. 116.

Das altmärkische

280

Liedgut

5. Jetzt schießt es aus dem Klippenrande: „Links müßt ihr steuern!" hallt ein Schrei. Kieloben treibt das Boot zu Lande, Und sicher fährt die Brigg vorbei. B V A 1151. Slg. Stockmann 1955. Tonbandaufz. Nr. 10a/2 vom 2. 5. aus Breitenfeld (Minna S. I, 52).

Innerhalb der großen Gruppe weitverbreiteter Lieder haben wir zu unterscheiden 2wischen denen, die in Text und Melodie gar nicht oder nur geringfügig von den Fassungen anderer Landschaften abweichen, und solchen, die stärkere Varianten aufweisen bzw. (durch weitgehende Umformung von Text und Weise oder durch anpassende Übernahme fremder Melodien) völlig eigengeprägte Liedgestalten darstellen. Die letzteren finden sich unter anderem im Bereich des Liebesliedes, das von allen Gattungen wohl am stärksten zu textlicher und melodischer Kontamination neigt. Eine singuläre Fassung scheint z. B. das folgende Lied zu sein: Notenbeispiel 76 Langsam und schleppend J- = 50

$fr» P

Wenn ich

f

am Ber - ge

f: r

steh, zwei

1

r pT n

wei - ße Ro - sen

& "• P 1 / ¡i' / l '/• fLj so

4) auch: }

J

denk ich ganz ge - wiß,

hier

blüht

1, zweite Stimme an dieser Stelle auch:

Wenn ich am Berge steh, Zwei weiße Rosen seh, | :So denk ich ganz g e w i ß : Hier blüht mein Glück.: | 2. Hätt ich es eh'r gewußt, Daß du mir untreu wurdst, Hätt ich mein junges Herz Dir nie geschenkt.

mein

/•

seh,

Glück.

Volkskundliche Analyse des 1955 gesammelten

Liedgutes

281

3. Im Himmel möcht ich sein, W o Sonne, Mond und Stern Da wohnen ganz allein Im Kämmerlein. B V A 1043. Slg. Stockmann 1955. Tonbandaufz. Nr. 3a/3 vom 25. 4. aus Breitenfeld (Lina W., 52, hs. Ldb.).

Weitere anscheinend selten vorkommende Fassungen weit verbreiteter Liebeslieder sind unsere Aufzeichnungen von Als ich dich %um ersten Mal erblickte (BVANrn. 1069 und 1407), Treue Liebe hast du mir geschworen (BVA-Nr. 1422), Nie könnt ich die Gegend vergessen (BVA-Nr. 1698), Einst war ich so glücklich (BVA-Nr. 1139 und 1565), Dort unten im Tale, wo das Bächlein so rauscht (BVA-Nr. 1530), Ein Mädchen, so schön wie ein Engel (BVA-Nr. 1119, 1138 und 1421) und Als ich einstens stand vorm Spiegel (BVA-Nr. 1215). Auch unter den Erzählliedern, die dem Typ nach fast alle allgemein verbreitet sind, finden sich eine ganze Reihe deutlich abweichender Varianten. Die meisten Stücke dieser Gattung wurden von uns in mehreren Fassungen aufgezeichnet, worunter immer einige in der Melodie eigene W e g e gehen, sei es, daß sie Weisen von anderen Liedern einfach übernehmen, oder daß sie solche fremden Melodien charakteristisch abwandeln und umsingend anpassen 1 . Zu dem sentimentalen Erzählliede vom Ritter Ewald beispielsweise nahmen wir — neben vier anderen Melodien — auch folgende, anscheinend aus der städtischen Tanzmusik stammende Weise auf: Notenbeispiel 77 Tänzerisch beschwingt

Die

Lie-be macht trü-be, die macht so manches Herze schwer.die macht so manches Herze schwer. B V A 1658. Slg. Stockmann 1955. Tonbandaufz. Nr. 25b/l vom 11. 7. aus Salzwedel (Adina M., 44).

1

Der wandelbarere Teil eines Liedes ist im allgemeinen die Singweise; doch wirkt sich das Übernehmen fremder Melodien nicht selten auch auf die Textgestaltung aus (Änderung des Wortbestandes, Strophenbildes u. dgl.). Vgl. oben S. 238ff.

282

Das altmärkische Liedgut

E i n e charakteristische A b w a n d l u n g des Melodietyps Steh ich in finstrer Mitternacht — offensichtlich beeinflußt v o n einer zum Treuen Knaben geläufigen Liedweise — bildet eine in Laatzke aufgezeichnete Fassung der Liebesprobe1:

Notenbeispiel 7 8

m

Etwas frei erzählend O

J = 66

Ö

Esstehtei-ne Lind im tie-fen Tal, rub.

i

Dar-un-ter

mm

rub.

77

S ist o-benbreit O

zwei Ver-lieb-te warn,

,

,

o

und un-ten schmal. ,

iT\

diesichdie Treu versprochen han.

1. E s steht eine L i n d im tiefen T a l , Ist oben breit und unten schmal. D a r u n t e r zwei Verliebte warn, D i e sich die T r e u versprochen han. 2. I c h kam geritten in T a n n e n h o l z , B e g e g n e t mir ein Mädel stolz. „ N u n sag, was tust du hier a l l e i n ? " „ I c h suche den Geliebten mein. 3. H e u t sinds gerade sieben J a h r , D a mein Feinsliebchen einst A b s c h i e d nahm. H e u t sinds gerade sieben J a h r , U n d mein Feinsliebchen ist n o c h nicht d a . " 4. „ I c h k a m geritten durch eine Stadt, W o dein Feinsliebchen heut H o c h z e i t hat. N u n sag, was w ü n s c h t du i h m dafür, W e i l er g e b r o c h e n hat die T r e u e d i r ? " 5. „ I c h wünsch i h m so viel W o h l e r g e h n , S o viele Sternlein a m H i m m e l stehn, J a , ja, i c h w ü n s c h i h m G l ü c k vielmehr, W e i l er g e b r o c h e n hat die T r e u e m i r . " 1

Die Melodie Steh ich in finstrer Mitternacht ist in neuerer Zeit mehrfach zu dieser Ballade belegt.

Volkskundliche

Analyse

des 1955 gesammelten

Liedgutes

283

6. E r zog aus seinem Täschelein E i n feines weißes Tüchelein: „Wisch ab, wisch ab die Träne dir, Denn dein Geliebter, er steht vor dir." BVA 1347. Slg. Stockmann 1955. Tonbandaufz. Nr. 17b/6 vom 30. 5. aus Laatzke (Liselotte R., 41, hs. Ldb.). Hier ist die Umformung schon so weit fortgeschritten, daß man bei flüchtiger Betrachtung die Ausgangsmelodie nicht mehr erkennt. Bei anderen kaum umgesungenen und an sich plastischen Melodiegestalten fällt die Feststellung des Originals leichter. Zu dem Liede Mein Vater war Bergmann beispielsweise, das sonst mit einer sentimentalen Weise bekannt ist, wurde in der Altmark die /.»¿ivfea-Melodie (während der dreißiger Jahre auch zu dem Marschlied Obs stürmt oder schneit, ob die Sonne uns lacht verbreitet) gesungen:

Notenbeispiel 79 Kraftvoll und flüssig

i i

m

mm

J = 120

Mein

Va - t e r

Mit

Kum-mer

Ich

muß - te

mußt

f a h - ren

war Berg -

und Sor

als

mm die

mann,und

-

Kna -

gen

zog

das

war

er

r\



be

tief

un

le

mit

Wa

mich dann

-

Los.

groß.

o -

ter

-

gen

r Koh

sein

der

Erd,

und

Pferd.

r

1. Mein Vater war Bergmann, und das war sein Los. Mit Kummer und Sorgen zog er mich dann groß. |: Ich mußte als Knabe tief unter der Erd, Mußt fahren die Kohle mit Wagen und Pferd.: | 2. D o c h eines Tages, da hat es gekracht, Man hörte ein Jammern tief unten im Schacht. Ich erkannte die Stimme, die um Hilfe schrie: Mein Vater, mein Vater, schon brachten sie ihn.

284

Das altmärkiscbe Liedgut 3. Wir waren Kinder wohl sechs an der Zahl, Meine Mutter war schwach und krank allzumal. Ihr einzger Ernährer, der war nur ich, Drum laß ich mein Mütterlein niemals im Stich. BVA 1512. Slg. Stockmann 1955. Tonbandaufz. Nr. 9b/7 vom 7.6. aus Jävenitz (Hertha W., 50).

Weitere wenig belegte Melodiefassungen an sich verbreiteter Erzähllieder finden sich unter unseren Aufzeichnungen zu Wem soll denn das Her\ nicht bluten, Es wollt ein Mann nach seiner Heimat reisen, Fern im Süd das schöne Spanien, Es wollt ein Madel Lämmlein weiden im Hol^e, Dort auf dem Friedhof, da steht ein Kreu^}. Zu einem anderen, unseres Wissens ziemlich selten aufgezeichneten, aber in neuerer Zeit nicht unbekannt gebliebenen Waisenliede nahmen wir folgende einprägsame Melodie auf: Notenbeispiel 80 Sehr l a n g s a m , mit feierlichem Ernst (I J = 56 .

V 1 * J |J~ ^•J'fflJ i

Waren einst zwei Waisen - kin-der,

$> ii'JU'jir r J ) -teJ j sie zo gen hin in 11

auch: a

frem-de

Län der,

r

^ & NM

die hat-ten kei - ne El-tern mehr;

J;-u j sie zo-gen ü - ber Wald und Flur.

auch: e

BVA 1605. Slg. Stockmann 1955. Tonbandaufz. Nr. 7b/2 vom 6.6. aus I.indstedt (Auguste S., 48).

Natürlich gibt es solche vereinzelt stehenden Varianten auch in den übrigen Gattungen 2 , aber weitaus seltener als unter den erzählenden und den Liebesliedern. Die Übernahme und Anpassung von Weisen zu den verschiedensten Texten bringt es mit sich, daß man selbst in einer so zentral gelegenen und allseitigen Einflüssen ausgesetzten Landschaft wie der Altmark bis in die Gegenwart noch singulare Fassungen aufzeichnen kann. Ihre Zahl ist zwar nicht übermäßig groß, und möglicherweise wird sich beim Vergleich mit neueren, noch unveröffentlichten Aufzeichnungen aus anderen Landschaften herausstellen, daß einzelne davon verbreiteter 1

2

Vgl. auch die oben (S. 229) mitgeteilte Weise zu Ein Kind, das noch so jung und keine Mutter mehr hat. U. a. konnten wir zu dem mit verschiedenen Weisen bekannten Abendliede Müde bin ich, geh s^ur Ruh eine singuläre Melodie aufzeichnen.

Volkskundliche Analyse des 1955 gesammelten

Liedgutes

285

sind, als wir nachzuweisen imstande waren. Jedoch dürfte auch dann immer noch ein kleiner Prozentsatz von ausgesprochenen Lokalredaktionen übrigbleiben, sind doch bis in die Gegenwart sogar dem Liedtyp nach Einzelstücke aufzufinden. Zu diesen letztgenannten, g a r n i c h t o d e r n u r s e h r s c h w a c h b e l e g b a r e n L i e d e r n , die auf g e r i n g e V e r b r e i t u n g s c h l i e ß e n l a s s e n , gehören mehrere sentimentale Erzähllieder, einige reflektierende Lieder verschiedenen Inhalts sowie einzelne Kinderlieder, z. B.

Notenbeispiel 81 Ziemlich frei erzählend

I j ^ j i l f

p f b M i J-

Ach Mutter,wie ist es so

j .Hj ^

ji j w j j i

st ür-misch und schaurig hier draußen die Nacht. poco rit.

=H=n Doch schüre ein we-nig die



j 1 J1 & P r p hel-ler 1p v diepKammer uns macht.

L a m - p e , die

1. „Ach Mutter, wie ist es so stürmisch Und schaurig hier draußen die Nacht. | :Doch schüre ein wenig die Lampe, Die heller die Kammer uns macht.: | 2. Schon lange, daß ich krank bin, Ich glaub es war im Mai. Jetzt fliegen schon gelbe Blätter An meinem Fenster vorbei. 3. Ach Mutter, ein schwarzer Vogel Mit Flügeln am Fenster schlägt." „Mein Kind, es ist der Weinstock, Der draußen vom Wind sich bewegt." 4. „Ach liebe Mutter, ich glaube, Es ist doch der Wille des Herrn, Daß ich so jung schon muß sterben Und lebte doch noch so gern." 5. „Mein Kind, so darfst du nicht reden, Hier zu der nächtlichen Stund. Der Herr, der krank dir ließ werden, Der macht dich auch wieder gesund."

286

Das altmärkische

Liedgut

6. Die Mutter ging beiseite, Sie fiel ins Knie und bet't, Bis daß im fernen Osten Die Morgenrot aufgeht. BVA 1789. Slg. Stockmann 1955. Tonbandaufz. Nr. 26a/4 vom 12. 7. aus Nesenitz (Hulda S., 60).

ferner Das Jahr entfloh; Mutlos mit fliehenden Schritten; Wenn ich nur wissen tat; In unserm Garten, da sit^t ein Amselchen; Heute war im Schlosse großer Königsball; Hüaho, alter Schimmel, hüaho und andere 1 . Neben der großen Menge allgemein verbreiteter Lieder und den eben angeführten nicht sehr zahlreichen Einzelstücken steht als eigentlicher landschaftscharakteristischer Teil unserer Sammlung d a s l o k a l g e b u n d e n e b z w . n u r i m n i e d e r d e u t s c h e n S p r a c h r a u m v e r b r e i t e t e S i n g g u t . Wie früher schon angedeutet, sind darunter am stärksten die Liedgruppen II, IV und V vertreten. In den mundartlichen Wiegen- und Koseliedchen, den Heischegesängen und Tanzreimen lebt am meisten vom spezifisch altmärkischen Wesen, von der Schlichtheit und Natürlichkeit, vom behäbigen Spott und der derben Geradheit dieses Menschenschlages 2 . Wir verweisen auf die im dritten Kapitel (besonders in den Abschnitten Singen im Festbrauchtum und auf dem Tanzsaal) zahlreich gegebenen Beispiele. Hier sei noch ein Koseliedchen ausgesprochen lokaler Prägung, für das wir nur altmärkische Belege beibringen konnten 3 , mitgeteilt: Notenbeispiel 82 Wiegend

% i

de

Bim - mel

Pree-ster

de

bam - mel, de

m mm

von

Ähln

soll uns klein

Kö - ster

m

von

Tan - geIn,

Lies - chen weg - häln.

BVA 1649. Slg. Stockmann 1955. Sehr. Aufz. aus Salzwedel (Martin E., 55> der das Lied als Kind in Ahlum gelernt hat). 1

2

3

Vgl. auch die oben (S. 238f. und 276f.) mitgeteilten Lieder Als ein Sklav bin ich geboren und Was hallet vom Turme ja heut für ein Geläut. Das äußert sich weniger in der musikalischen als in der sprachlichen Gestaltung und in der lokal eingefärbten Thematik (vgl. dazu W. Salmen, Das Volkslied in Westfalen, S. 161 f.). Einige Stücke der genannten Gattungen gehören übrigens zur ältesten Schicht des uns greifbaren altmärkischen Liedbestandes überhaupt. Vgl. auch die oben S. 104fF. wiedergegebenen Wiegen- und Koselieder, besonders Notenbeispiel 4.

Volkskundliche Analyse des 1955 gesammelten Liedgutes

287

sowie einige Stücke aus der III. Liedgruppe, die mit Tier- und Wetterliedchen, Neckversen, Bastlösereimen, Tanz- und Spielliedchen ebenfalls bis in die Gegenwart einiges an landschaftlich eigengeprägtem Singgut bewahrt hat:

Notenbeispiel 83

t

Gehend

Regn - bogn.regn

mi nich natt, regn

an-ner Dör-per

Kin-ner natt.

BVA 1650. Quelle wie Bsp. 82.

Notenbeispiel 84 Gehend

m t

gE

Flei - tn

lät

Flei - tn

se nich

ver

Bast - jân,

lät

de Fleit

af - gähn,.

- deer - bn,

lät

s'n Fleit

weer - dn.

BVA 1651. Quelle wie Bsp. 82.

Notenbeispiel 85 Gehend

$ i

Zipp-zapp

runn,

all Wie'n

gàhn

Bot-tergeht

af,

gâh

to

Grunn,

mm

du doch

ook

ai.

BVA 1652. Quelle wie Bsp. 82. Früher in Ahlum beim Bastabklopfen gesungen.

288

Das altmärkische

Liedgut

Notenbeispiel 86 Gehend Rin-gel-rin-gel

Ro - sen-kranz,

Mäd-chen^danz,

Käd - dl hangt up't



Jung'ns

-

er,

BVA

sin

to

1653.

dü - er.

Quelle

wie

Bsp.

82.

Notenbeispiel 87

m

Gehalten, abgesetzt J=~84

Wenn de

f

K r i - schän

steiht

an

de

Eck

un

fleiht,

2)

ganz be - drövt, denn he

l) zuerst wurde begonnen:

J

J ' IH

glövt, dat Ma - r i e - k e n

em ver -

lä - tn.

2) 2. Strophe: pst!

1. Wenn de Krischän steiht An de Eck un fleiht, Ganz bedrövt, denn he glövt, Dat Marieken em verlätn. 2. Un Marieken, bubb, Rütt dat Fenster up Un röppt dal von den Säl: Pst! Krischän, kumm mal rup. B V A 1 7 1 2 . Slg. Stockmann 1955. Tonbandaufz. Nr. 2 7 b / l l v o m 14. 7. aus Salzwedel (Hilde A . , 67).

Das zuletzt angeführte Tanzliedchen, wozu nach Angabe unserer Gewährsfrau die Kinder im Polkaschritt miteinander tanzten, mag allerdings auch unter den Erwachsenen geläufig gewesen sein, wie überhaupt die kurzen und einprägsamen Tanzreime bei Groß und Klein gleichermaßen bekannt waren.

Volkskundliche

Analyse des 1955 gesammelten

289

Liedgutes

Von den wenigen lokal gebundenen Stücken der I. Liedgruppe, wozu — neben plattdeutschen Fassungen hochdeutscher Lieder und volkläufig gewordenen Liedern niederdeutscher Mundartdichter 1 — vor allem Scherz-, Spott-, Trinklieder u. ä. gehören (Gattung c), seien hier ebenfalls noch einige angeführt. Das folgende deftige Trinklied, das von den Breitenfeldern in feucht-fröhlicher Runde gern und viel gesungen wurde, ist offenbar in der Altmark nicht (oder nicht mehr?) allgemein bekannt. Notenbeispiel 88 Übermütig; 88-92

Finis

t r i n k mernoch'n l ü t t - j e n ,

Wenn a l l

t r i n k m e r noch'n l ü t t - j e n

e i n n e m m , w i l l ick a u k e»n hemm, dat ick g á r ke*n mag, k a n n ick

Schluck.

auk nichseggn.

BVA 1115. Slg. Stockmann 1955. Tonbandaufz. 31 a/6 vom 25. 2. aus Breitenfeld (Erich F., 51).

Wir konnten es nur in Breitenfeld aufzeichnen, fanden aber auch in der älteren altmärkischen Literatur keinen Beleg 2 . Dafür entdeckten wir im Nachlaß Hugo Hökers ein anderes hübsches Lied dieser Gattung, dort als „Altmärkisches Bauernlied" bezeichnet. Es benutzt die Melodie des Studentenliedes Was kommt dort von der Höh: Notenbeispiel 89

m

i

Wat

sin wi Burn va - jniegt,

& f 1P M M M É1ÉË

% 1

5

wat

,r

wat

sin wi ollmärkschBurn va-jniegt,

wat

sin

sin wi Burn va - jniegt,

ja,

ja,

Burn va-jniegt,

wi Burn va - jniegt.

z. B. das im niederdeutschen Raum allgemein bekannte mehrfach vertonte Gedicht von Klaus Groth Lütt Mattn, de Has, zu dem wir eine sonst nicht belegte Melodie notieren konnten (BVA-Nr. 1327). Eine Variante (als Tanzreim und mit stark abweichendem Wortlaut) fand sich bei Sohnrey und Schröder, Der Spinntrupp im deutschen Volkstum, S. 71, mitgeteilt nach E. H. Wilh.

19

Volksgesang

290

Das altmärkische 2. 3. 4. 5. 6.

Liedgut

Dat kümmt von K ö m un Bier. Un von de scharpe Luft. Un von de scharpe Jungs. Un von de fixe Deerns. Wat sin wi Burn vajniegt. Nachlaß Hölzer. „ V o n Lehrer Lentze in Nahrstedt", Kr. Stendal.

Aus einem ganz anderen Genre, aber nicht minder bezeichnend ist das folgende, von der verstorbenen Breitenfelder Bäckersfrau Minna S. auf ihr Heimatdorf gedichtete Lied, das dort, besonders unter der älteren Generation, sehr gern (nach der etwas variierten Melodie von Wo die Nordseewellen rauschen an den Strand) gesungen wurde: Notenbeispiel 90 Ziemlich langsam, mit sentimentaler Empfindung

Hin-nert

Da

Hellberg liet ein stil-les Dürp,

i s t mi - ne' H e i - m a t ,

da bin ick

wo nich mäl ein I - sen-bahn d ö r c h - f ö h r t ,

tu Huus,

da

bin ick

tu

Huus.

1. Hinnert Hellberg liet ein s-tilles Dorp, Wo nich mal ein Isenbahn dörchföhrt, | :Wo am Sommeräbend jeder sitt vört Huus, Da ist mine Heimat, da bin ick tu Huus.: | 2. Morgens fröh, wenn da de Sunn upgeiht, Jeder werrer an sin Arbeit geiht, Schafft för Huus und Hoff und Volk und Vaterland, All sin Not und Sorgn stellt he in Gottes Hand. Meyer, Ein niederdeutsches Dorf am Ende des 19. Jahrhunderts, Bielefeld 1927, eine andere in Erdmanns Mecklenburger Volksliedern, Nr. 58. Nach Mitteilung von D r . Ullrich Bentzien ist das Trinkliedchen auch in Stralsund bekannt.

291

Volkskundliche Analyse des 1955 gesammelten Liedgutes

3. Ja, et gift auk mal vergnügte Stun'n, Wo sich Alt und Jung tosammen fun'n; Spölt de Fiedel schöin, dann fiert dat ganze Dorp, Dat is alle Sitte un dei hälln we wert. 4. Bin ick fern, denk an min s-tilles Dorp, Wo nicht mal ein . . . (weiter wie Str. 1) B V A 1034. Slg. Stockmann 1955. Tonbandaufz. N r . 1 2 a / l v o m 3. 5. aus Breitenfeld (Lina W., 52).

Abschließend sei noch eines jener im ostniederdeutschen Raum volkstümlichen plattdeutsch-hochdeutschen Zwiegespräche zwischen einem Bauernmädchen und einem Junker angeführt, in dem diesem eine derbe Abfuhr erteilt wird:

Notenbeispiel 91 Munter und keck f P

M

-1

^

i

Komm doch, du fein ar-tig Bau - ernmädchen,kom m doch zu mir auf mein Schloß. Ich will dir g e - b e n Ro - si-nen und Mandeln,soll t s i t - z e n bei mir auf mein Schoß. 1

F

V V

P P F ' P

Rei-zen-de Klej-ne, brauchst dich nicht zu schämen, wenn dich ein a r - t i - ger

j

-y—

E-del-mann küßt.

1. Kommm doch, du feinartig Bauernmädchen, Komm doch zu mir auf mein Schloß. Ich will dir geben Rosinen und Mandeln, Sollst sitzen bei mir auf mein Schoß. Reizende Kleine, brauchst dich nicht zu schämen, Wenn dich ein artiger Edelmann küßt. 2. Nu kiek doch eener den Ekel an, Wat dee man eegentlich will? Min Hans is doch veel better als hei Un werd ook bi Tieden min Mann. Gäh mi man bi Tieden von Lieve Oder ick hau dick mit'n Swins-tock up Muul. B V A 1728. Slg. Stockmann 1955. Sehr. A u f z . v o m 13. 7. aus Salzwedel (Marie B . , 80; Walter N . , 50). 19*

292

Das altmärkische

Liedgut

sowie ein in seiner Schlichtheit unmittelbar ansprechendes Liebeslied, für das wir bisher keinen Beleg beibringen konnten: Notenbeispiel 92 Mit Bedacht, aber nicht langsam; mit warmer Empfindung J =-108

t

ti

» Ick

Oo-gen noch

rot

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1) auch: h

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2)auch:

Herz w i l l mei

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1. Ick wien me' die Oogen noch rot un noch blank: Min Herz will mei s-pringen, Min Hert ist mei krank. 2. Ach, liech ick in't Water, recht deep in dee See. Min Herz will mei s-pringen, Min Hert deit mei weh. 3. Min Vader, min Mutter Kenn'n jär nich min Not. Möch better woll wesen, Wenn keem bal dee Dod. B V A 1590. Slg. Stockmann 1955. Tonbandaufz. Nr. 29a/3 vom 19. 7. aus Kloster Neuendorf (Anna M., 61).

Diese Beispiele zeigen, daß die Altmark auch in der Gegenwart noch mit kleinen Besonderheiten aufwarten kann. Jedoch sind sie im Verhältnis zum Gesamtbestand verschwindend gering. Dies tritt deutlich zutaige, wenn man die prozentualen Anteile der beim Vergleich mit dem Singgut anderer Landschaften sich ergebenden Gruppen nebeneinanderstellt: 1. Allgemein verbreitete und gut belegte Lieder: a) keine oder nur geringe Varianten b) stärkere Varianten bzw. deutliche Abweichungen in Text bzw. Melodie

ca. 65% (ca. 55%) (ca. 10%)

Volkskundliche

Analyse des 1955 gesammelten

293

Liedgutes

2. Allgemein verbreitete, aber schwach belegte Lieder:

ca. 20%

3. Gar nicht oder schwach belegte Lieder, die auf geringe Verbreitung ca. schließen lassen: 4. Lokales bzw. nur im niederdeutschen Sprachgebiet verbreitetes Liedgut:

5%

knapp 10%

Dieses Untersuchungsergebnis bestätigt die während der letzten Jahrzehnte auch in anderen Landschaften gemachten Erfahrungen. Der weitaus überwiegende Teil des heutzutage geläufigen Singgutes besteht — namentlich in zentral gelegenen und verkehrsoffenen Gegenden — aus allgemein gängigen Jedermannsliedern, zu denen sich die Sänger nicht mehr umbildend verhalten. Selbst dort, wo Reste älterer Traditionen und Singpraktiken in die Gegenwart hereinragen, wie in der Altmark, treten charakteristische Wesenszüge nur noch in Randbezirken zutage, z. B. im mundartlichen Tanz-, Spott- oder Wiegenlied. Zuweilen, jedoch durchaus nicht immer ohne weiteres greifbar, schwingen solche Eigentümlichkeiten in Teilmomenten der musikalischen und sprachlichen Gestaltung mit, etwa bei der spezifischen Behandlung des Rhythmus in der Umsingeform eines Erzählliedes 1 , bei der Durchsetzung des einen oder anderen Liedtextes mit Bildern und Erfahrungen aus der eigenen Lebenswelt bzw. mit Formulierungen der Umgangssprache 2 u. ä. Ein anderes dieser Teilmomente, die gleichsam als Ferment wirken und Liedern eine charakteristische Färbung, um nicht zu sagen die Aura der Zugehörigkeit zu bestimmten Menschen und ihrer Heimat verleihen können, ist die Art und Weise des Singens, der peripher-klangliche Bereich. Ihn intensiv zu durchleuchten, über die Analyse der papiernen Aufzeichnungen hinaus den einem Menschenschlag eigenen Charakterzügen im Vortragsstil nachzuspüren, bietet die Tonaufnahme heute alle Möglichkeiten. Aber sie sind bislang wenig genutzt worden. Um die an unserem altmärkischen Material diesbezüglich gemachten Beobachtungen vergleichend auswerten zu können, bedarf es nicht nur ähnlicher Untersuchungen aus anderen Ge1

2

Beispielsweise wenn ein solches Lied weniger nach Maßgabe der musikalisch-strophischen Gliederung gesungen als zeilenweis rezitierend „erzählt" wird, mit längeren oder kürzeren Pausen, Beschleunigung und Verlangsamung des Tempos, ähnlich wie man auch eine Geschichte oder Begebenheit berichten würde und im Tonfall der normalen Sprechweise nahe. Eine ziemlich häufige Erscheinung ist z. B. die Verwechslung von Dativ und Akkusativ, die in der plattdeutschen Mundart in einer Form zusammenfallen. Sie findet sich namentlich in den Liedtexten der noch vielfach Dialekt sprechenden älteren Generation: Ein Jüngling, der sie untreu war; Da wuchsen Rosen auf ihr Grab; Es wachsen schon zeitige Rosen auf sie; Der sprach sein einzig Kind; Jetzt kauf ich mich eine Pistol; Muß diese Welt entsagen usw., und umgekehrt: Der sich beim Ringelspielen in ihr verliebet hat; Dein Stolz dir gereun; Der krank dir ließ werden; Denkst du noch an jener Stunde; Ich denk an keiner Liebe usw. Schon in Merten Emmerts Lied von 1619 heißt es: das ihr kriget dem tron; den dinet fleißig tag vnd nacht, und in einer Aufzeichnung aus Parisius' Sammlung (Mädchen und Hasel, Nr. 24): die tun dir sonst abhauen; haun sie mir auch im Winter. Vgl. dazu auch Stöpel in Pohlmanns Geschichte der Stadt Tangermünde, S. 85.

294

Das altmärkische

Liedgut

genden, sondern auch noch gründlicher methodischer und sachlicher Vorarbeiten. Noch fehlen uns die nötigen Voraussetzungen, um die an bestimmte Sängertypen, Liedgattungen und Situationen gebundenen Vortragsweisen 1 von den evtl. ethnisch bedingten Gestaltungsfaktoren (z. B. in bezug auf Tempo und Tonhöhe) unterscheiden zu können 2 . Zur Lösung dieser Fragen ist ein Einhören in die Singmanieren und Vortragsbräuche der verschiedensten Gegenden, also ein reiches klingendes Vergleichsmaterial erforderlich. Und auch wenn dieses allgemein zugänglich vorliegt, wird man sich auf diesem neuen und wichtigen Betätigungsfeld der regionalen Volksliedforschung schrittweise vortasten müssen, um voreilige Schlußfolgerungen, wie sie im Bereich „Stammescharakter" nur zu oft gezogen wurden, zu vermeiden. Über die Untersuchung des Vortragsstils und anderer am Liedgut unserer Tage zu beobachtenden Einzelzüge hinaus ist zur Erhellung der regionalen Eigentümlichkeiten im Volksgesang ein Eingehen auf die historische Entwicklung und die gründliche vergleichende Analyse aller aus einer Landschaft vorliegenden Aufzeichnungen unerläßlich. Den gesamten Liedbestand der Altmark unter bestimmten Aspekten zu beleuchten, die darin enthaltenen Stilschichten und ihre Veränderungen aufzuzeigen, ist zwar dem folgenden Kapitel vorbehalten. Einiges sei jedoch vorweggenommen. Wie wir wissen, reichen die Volksliedaufzeichnungen unseres Untersuchungsgebietes nicht sehr weit in die Vergangenheit zurück. Von einigen wenigen Liedtexten und Repertoireangaben abgesehen, fehlen alte Quellen völlig, und die bewußte Sammlung setzte — im Vergleich etwa zu Westfalen — erst verhältnismäßig spät ein. Schon um die Mitte des vorigen Jahrhunderts aber, als Parisius seine ersten Aufzeichnungen zu Papier brachte, waren die älteren Liedschichten schon weithin verschwunden oder von neueren Einflüssen überformt. Nur weil der Sammler sein Augenmerk besonders auf das Altüberlieferte und bereits selten Gewordene richtete, wodurch es ihm gelang, manches kostbare Stück kurz vor dem Verklingen aufzustöbern und festzuhalten, können wir uns ein unge-

1

2

In der A r t und Weise bestimmte Gattungen, z. B. Heischelieder vorzutragen, rücken sich Bewohner entfernter Gebiete — vorausgesetzt, daß sie Stücke aus einer Stilschicht singen — nicht selten überraschend nahe. Bei einer ganzen Reihe unserer älteren Gewährsfrauen konstatierten wir beispielsweise eine eigentümlich tiefe Singweise, während sonst von bejahrten Sängerinnen oft behauptet worden ist, sie sängen sehr hoch. U. a. schreibt auch Parisius in einem seiner Romane, in denen er verschiedentlich seine als Sammler gemachten Beobachtungen verwertete: „Grete sang wie alle älteren Frauen auf dem Lande einen furchtbar hohen Diskant, und zwar mit dem üblichen Zittern und Bebern in der Stimme ... eben, wie es Gewohnheit und Mode mit sich brachten." (Pflicht und Schuldigkeit II, S. 189, zitiert nach WeberKellermann, S. 53.) Die letzte Bemerkung scheint uns dabei nicht unwesentlich. Es ist durchaus möglich, daß sich auf diesem Sektor ein gewisser „Modewechsel" vollzogen hat. W i r haben zwar auch ausgesprochene Soprane, die ihre natürliche Stimmlage nicht verleugnen konnten oder wollten, aufgenommen, aber die Neigung zum Tiefsingen herrschte vor. Im Zusammenhang damit ist auch die große Beliebtheit des Zweistimmigsingens erwähnenswert, offenbar ein ebenfalls erst in neuerer Zeit ausgeprägter Zug, da bei Parisius davon nie die Rede ist.

Volkskundliche Analyse des 1955 gesammelten

Liedgutes

295

fähres Bild von der älteren altmärkischen Überlieferung und ihren Besonderheiten machen. Danach bestanden am Anfang des vorigen Jahrhunderts in der Altmark — vergleichbar der Situation im benachbarten Westfalen 1 — noch mehrere historische Schichten, teilweise von beachtlichem Alter, nebeneinander, die nach ihrer Beschaffenheit unsere Landschaft bis zu einem gewissen Grade als eines der innerdeutschen Rückzugsgebiete ausweisen. Wenn sich darunter auch keine offenkundig hervortretende Liedgruppe findet, die etwa nur hier anzutreffen ist, so wird an einer Reihe von Aufzeichnungen doch deutlich, daß das altmärkische Singgut teil- und zeitweise eine charakteristische Sonderstellung, z. B. zwischen dem ost- und westdeutschen Überlieferungsgebiet, dem alten deutschen Stammland und den seit dem Hochmittelalter besiedelten Gebieten östlich der Elbe einnahm. Parisius selbst hat darauf mehrfach hingewiesen und sich über eigentümliche Varianten, die ihm weniger im Magdeburgischen als in der Altmark begegneten, über Verbreitung, Vorkommen und Fehlen bestimmter Liedtypen in seinem Sammelgebiet Gedanken gemacht. In einem der beiden kürzlich aufgefundenen Briefe 2 an Franz L u d w i g Mittler, dem Parisius seine Materialien zur Einsichtnahme übersandt hatte, heißt es u. a.: „Ich weiß nicht, ob sie bei den Romanzen auf die Fassungen der Frau Jenrich aus Estedt u. der alten Frau Beiendorf aus Cassieck geachtet haben . . . fast alle Fassungen ihrer Lieder bieten interessante Abweichungen, an denen das höhere Alter augenscheinlich . . . Ob ich die Lieder vom Waßermann und von der verkauften Müllerin 3 noch vervollständigen werde, scheint mir zweifelhaft. Sie sind anscheinend fast überall unbekannt gewesen. Namentlich das erstere Lied. Die Bruchstücke, die ich davon habe, scheinen meinem eigentlichen Sammelbezirk nicht mehr recht anzugehören. Aken, woher die vollständigere Fassung war 4 , hat zwar zum Herzogtum Magdeburg, aber zum Saalkreis gehört, u. hat wie dieser eine ganz andere Bevölkerung, die niedersächsische Sprachgrenze ist dort schon überschritten. Slawischen Ursprungs kann das Lied sein, wenigstens sind um Aken und namentlich im Anhaltischen am jenseitigen Ufer der Elbe die Einwohner entschieden von slawischer Mischung, und in rein deutschen Theilen der Altmark und des Magdeburgischen habe ich auch nicht die leiseste Spur vom Waßermann entdecken können, d. h. v o m Liede Hoffmann Nr. 1 . . . während dort Hoffmann Nr. 2 [Rheinbraut\ ohne irgend einen Anklang an das Dämonenhafte (an den Waßermann) viel verbreiteter gewesen zu sein scheint." In dem zweiten der erwähnten Briefe 5 kommt Parisius auf die Balladenweisen Katharina Jennrichs zurück: „Die meisten Melodien der seltenen 1

2

3

4 5

Vgl. dazu Walter Salmen, Das Volkslied in Westfalen, seine Geschichte und Eigenart, in: Der Raum Westfalen IV, 1, Münster 1958. V o m 14. Mai 1858 aus Hötensleben, Jahresgabe des Altmärkischen Museums Stendal X I I (1958), S. 81 f. Vgl. auch den oben S. 1 4 wiedergegebenen Auszug aus diesem Brief. Die letztgenannte Ballade zeichnete Parisius später mit Melodie in Mieste auf (ParisiusAusgabe Nr. 553). Die zweite Fassung (mit Melodie) notierte Parisius 1855 in Pechau (Parisius-Ausgabe Nr. 1). V o m 21. Oktober 1858 aus Gardelegen, ebenfalls an Mittler gerichtet. Jahresgabe des Altmärkischen Museums Stendal XII (1958), S. 82.

Das altmärkische

296

Liedgut

Lieder der Estedter Frau sind aufgezeichnet; auch hierin hat sich das Gedächtnis der Frau wunderbar bewährt, ihre Melodien nehmen meist dasselbe Verhältnis zu den früheren Aufzeichnungen ein wie die Texte. So ist z. B. die Melodie des Jägerliedes 1 . . . sehr ähnlich dem von Erk und Hoffmann aufgefundenen; allein die Abweichungen heben die Weise so außerordentlich u. sind so eigentümlich (sie bestehen namentlich in einer sehr kecken Behandlung des Rhythmus), daß sie dadurch zu einer wahren Perle unter den Volksweisen wird. Mein Freund Kretschmann aus Wolmirstedt, welcher mit mir der Frau einen Sonntagsnachmittagsbesuch abstattete u. dabei an die 30 Melodien aufzeichnete, konnte zuerst keine Form des Taktes finden, um die Weise getreu aufzuzeichnen, die Alte geriet überdies in Konfusion, so daß ihre Kinder, denen sie die Weise früher mitgetheilt, sie besser konnten als sie selbst; da mußten denn diese alle 22 Verse durchsingen . . . Übrigens sind die Estedter Melodien der Romanzen entschieden alterthümlich; Kretschmann findet vielfach Anklänge an die alten Kirchentöne des 16 saec. Jener Nachmittag in Estedt hat meiner Sammlung auch die erste Mollmelodie verschafft u. zwar zu dem Liede von den beiden Schwestern . . . " Beim Vergleich der von Parisius so ausdrücklich hervorgehobenen Estedter Aufzeichnungen mit Fassungen aus anderen Landschaften zeigt sich in der Tat, daß sie vor allem in der Melodik eine eigentümliche Position einnehmen. Das erwähnte Lied vom Glücksjäger, an dem Parisius besonders die rhythmischen Eigentümlichkeiten lobt, ist auch in anderer Hinsicht ein wertvoller Fund. Die Weise gehört einem in älterer Zeit über weite Teile Europas verbreiteten, später besonders von den Ungarn gepflegten Typenkreis an, der durch Vierzeiligkeit und Quintversetzung zweier Zeilen, etwa A A 5 A 5 V A {Dursli und Babeli) oder A 5 A J A A V , charakterisiert wird 2 . Jedoch bildet die altmärkische Melodie einen in dieser reinen Ausprägung nicht sehr oft belegten Sonderfall, indem sie die beiden ebengenannten Formstrukturen miteinander verbindet, so daß ein Vierzeiler mit sequenzartigem Mittelteil in der Unterquint und Reprise (A 5 A V A V A®) entsteht: Notenbeispiel 93 Etwas bewegt Es trug ein Ja - ger ein

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Hi - hei hop-sa jung,

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0 J' j j *' hi - hei val-de-ral-de-ra,

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drei

Fe-dern rot.

Fe-dernrot.

Parisius-Ausgabe, Nr. 631. 1 2

Parisius-Ausgabe Nr. 631 (Glücksjäger), hier gegenüber den von Parisius angegebenen 22 nur 20 Strophen. Vgl. Zoltän Kodäly, Die ungarische Volksmusik, Budapest 1956, S. 60ff., Béla Bartók, Das ungarische Volkslied, Berlin-Leipzig 1925, S. 25, und die von W. Wiora in : Angebinde, John Meier zum 85. Geburtstag, Lahr 1949, Melodietafel Va und Vb, sowie Europäischer Volksgesang, S. 50—52, aufgezeigten Parallelen.

Volkskundliche Analyse des 1955 gesammelten

Liedgutes

297

Einige der in anderen Gebieten aufgezeichneten Fassungen vom Glücksjäger lassen diese ältere Struktur nur noch vage erkennen 1 . Ähnlich steht es mit der modalen Weise zur Ballade von den Zwei Schwestern,. für deren ausgewogene Gestaltung sich ebenfalls kein nahestehender Beleg beibringen läßt 2 : Notenbeispiel 94 Gehalten S

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Parisius-Ausgabe, Nr. 607.

Noch eine Reihe weiterer Beispiele ließe sich anführen für diese Eigenständigkeit altmärkischer Melodieüberlieferung, die manchmal in der ganzen Weise, manchmal nur in einzelnen Wendungen (vgl. z. B. die Schlußkadenz in Mädchen und. Hasel, Parisius-Ausgabe Nr. 602) zutage tritt. Auffallend ist, daß Parallelen zu den Melodien der Parisius-Sammlung häufiger im ostdeutschen Überlieferungsgebiet zu finden sind als anderswo 3 , während sich in den von Parisius kaum aufgezeichneten jüngeren Stilschichten (z. B. den bänkelsängerhaften und sentimentalen Erzählliedern, auch den neueren Kinderliedern) ein stärkeres Geöffnetsein gegenüber dem mitteldeutschen Raum verrät 4 ; in anderen Bereichen wiederum, namentlich in den verschiedenen Gattungen des Mundartliedes, spiegelt sich die Teilhabe der Altmark an den Traditionen Gesamtniederdeutschlands 5 . Das sind nur einige Beobachtungen, die man beim Vergleich mit dem Singgut anderer Landschaften machen kann. Inwieweit sie auch für die Zeit vor dem 19. Jahrhundert zutreffen, läßt sich wegen des Mangels an älteren Quellen nicht entscheiden. Wahrscheinlich ist, daß sich die Einflußsphären im Laufe der Geschichte mehrfach verlagert haben und daß die jeweils charakteristischen Züge im Liedgut der Altmark sich im Widerspiel mit ver1

2

3

4

5

Vgl. z. B. Hoffmann-Richter Nr. 174 und 175 sowie Jungbauer-Horntrich, Die Volkslieder der Sudetendeutschen, Kassel 1938 — 1942, Nr. 2 1 8 b. Nur in einer von Schünemanns Wolgadeutschen Aufzeichnungen (Nr. 98), die im ganzen moderneres Gepräge zeigt, finden sich verwandte Formulierungen (vgl. besonders die 3. Melodiezeile). Vgl. dazu Erich Stockmanns Melodie-Kommentare in den vergleichenden Anmerkungen der Parisius-Ausgabe, die nicht selten auf verwandte Melodien, z. B. in Hoffmann-Richters Sammlung, hinweisen. In den genannten Liedgruppen finden sich z. B. zahlreiche Übereinstimmungen mit Aufzeichnungen aus dem Anhaltischen, dem Harzvorland und Sachsen. Vgl. dazu unten S. 300ff. und die Belege in den Liedtabellen.

298

Das altmärkische

Liedgut

schiedenen „Kontaktbereichen" (nicht nur im geographischen Sinne) herausbildeten. Da die das Volkslied bewahrenden und mitgestaltenden Trägergruppen, Stil- und Brauchgemeinschaften (von denen die meisten ihrerseits an überregionalen Zusammenhängen teilhatten) nicht wenige waren 1 , dürfte an solchen Kontaktbereichen kein Mangel geherrscht haben. Gerade am Beispiel der Altmark zeigt sich — und das folgende Kapitel wird dies vollends deutlich machen, daß die Frage nach dem Allgemeinen und Besonderen im Volksgesang einer Landschaft von äußerster Vielschichtigkeit und keineswegs mit einer einfachen Formel zu beantworten ist. 1

Namentlich durch Parisius' Randbemerkungen zu seiner Sammlung lernen wir sie kennen, nicht nur die singenden Grundschichten des alten altmärkischen Bauerntums, sondern auch landfahrende Betteljungen, Handwerkergruppen wie die Salzwedler Tuchmacher und andere städtische Singgemeinschaften, z. B. die früher erwähnten Choristen und Kurrendaner u. a.

B. Die Wandlungen des altmärkischen Liedgutes

Die Entwicklung der letzten hundert Jahre mit ihren einschneidenden politischen Ereignissen, weltumspannenden Kriegen und Revolutionen, vor allem aber mit ihren tiefgreifenden wirtschaftlichen und sozialen Umwälzungen, die — auf sämtliche menschlichen Lebensformen ausstrahlend — einen der bedeutsamsten Wandlungsprozesse der Geschichte einleitete, hat den Volksgesang aller deutschen Landschaften nachhaltig beeinflußt. Industrialisierung, Verstädterung und Technisierung, Verschriftlichung des Liedgutes und Organisierung des Singens haben den Niedergang der alten Volksliedtradition bewirkt und zur Entstehung neuer Formen geführt. In Städten, Industriegebieten und Verkehrszentren hat diese Entwicklung eher eingesetzt und sich schneller vollzogen als auf dem Lande und in abgelegenen Gegenden. Aber auch diese sind — wie wir am Beispiel der Altmark zu zeigen versuchten — davon erfaßt und allmählich verwandelt worden. Wenngleich unsere Landschaft zu den Gebieten gehört, die mehr passiv aufnehmend als aktiv eingreifend am Geschehen des vergangenen Jahrhunderts teilgenommen haben, so konnten wir doch eine Fülle von Fakten zusammentragen, die deutlich machten, daß die Entwicklung auch hier keinen Augenblick stehengeblieben ist. Das Schwinden der alten Sitten, Bräuche, Überlieferungsformen, Lern- und Singgelegenheiten samt ihren Trägergemeinschaften und das Vordringen neuer Formen und Gemeinschaftsbildungen war ein permanenter, weniger sprunghaft als langsam und stetig sich vollziehender Vorgang. Daß nicht nur die Formen des Singens, sondern auch das Liedgut ständiger Veränderung unterworfen war, zeigte sich schon an den generationsbedingten Unterschieden in den einzelnen Sängerrepertoires unserer eigenen Sammlung. Aber erst wenn man das gesamte seit Parisius aufgezeichnete Singgut betrachtet und miteinander vergleicht, werden die Ausmaße und die Grundtendenzen dieses Wandlungsprozesses deutlich. Die im ersten Kapitel dieser Untersuchung zusammengestellten und bezüglich ihres Inhalts und Charakters beschriebenen altmärkischen Liedsammlungen gruppieren sich zeitlich um drei Zentren. Von etwa 1850 bis um 1880 entstanden, neben Materialien kleineren Umfangs, die Sammlungen von Parisius, Winter und Wegener. Der zweite Abschnitt reicht von etwa 1900 bis 1930 und wird durch die Sammeltätigkeit von Gehne, Matthies, Ehlies, Horenburg und einigen anderen altmärkischen Lehrern bestimmt. Die Gegenwart schließlich ist durch unsere eigene Sammlung und die nach 1954 an die Deutsche Akademie der Wissenschaften eingesandten altmärkischen Aufzeichnungen vertreten. An diesen drei, verschiedene Entwicklungsstadien spiegelnden Materialgruppen sei — soweit es die Quellenlage erlaubt — folgenden Fragen nachgegangen: welche

300

Das altmärkische

Liedgut

Liedgruppen und Gattungen sind stärkeren und welche weniger starken Veränderungen unterworfen gewesen, welche Gruppen und Einzellieder sind verklungen, welche wurden bis heute bewahrt und welche sind neu aufgekommen und schließlich in welchen Einzelzügen treten Geschmacks- und Stilwandel besonders evident zutage. Natürlich bedarf es zur Beantwortung dieser Fragen einer verstehenden Einschätzung der vorhandenen Aufzeichnungen, bieten doch die meisten älteren Sammlungen keinen Querschnitt, sondern eine mehr oder minder subjektive Auswahl aus dem zeitgenössischen Singrepertoire. Liedgattungen, denen die Sammler mit besonderem Eifer nachgegangen sind (wie Parisius der Ballade, Winter, Wegener, Matthies und Gehne der mundartlichen Volkspoesie), finden sich unter den Aufzeichnungen namentlich des vorigen Jahrhunderts vollständiger und variantenreicher als damals ebenfalls verbreitete, aber nur mehr oder weniger zufällig mit aufgegriffene Liedgruppen, z. B. Lieder kunstmäßigen Ursprungs, wie sie in den Gesangvereinen gepflegt wurden, Moritaten und Bänkellieder, Gassenhauer u. ä . 1 Das aus den Sammlungen sich abzeichnende Bild ist also durch sonstige Beobachtungen und Mitteilungen, die die Sammler selbst machten oder die sich in der heimatkundlichen Literatur finden, zu ergänzen 2 . Wenn wir von den in unserem eigenen Sammelmaterial enthaltenen Liedarten ausgehend die oben beschriebenen Gruppen und Gattungen durch sämtliche altmärkischen Sammlungen verfolgen, so lassen sich hinsichtlich ihrer historischen Kontinuität die unterschiedlichsten Beobachtungen machen. Einige Liedgruppen zeigen eine stetig fortschreitende Verminderung ihres Bestandes; in anderen werden die herkömmlichen Lieder weitgehend durch neue ersetzt, so daß sich das Gesicht der Gruppen völlig wandelt; andere wieder verändern Bestand und Charakter kaum. Das Entwicklungsbild ist also keineswegs einheitlich, sondern von vielfältiger Buntheit. Zu den im Verlaufe des letzten Jahrhunderts umfangmäßig zusammengeschmolzenen Liedgruppen gehören die W i e g e n - u n d K o s e l i e d e r (unsere Gruppe II), die H e i s c h e l i e d e r (Gruppe IV) und auch die L i e d e r , R e i m e u n d S p i e l e d e r K i n d e r (Gruppe III). Sie enthalten, besonders die Gruppen II und IV, sehr viel plattdeutsches Liedgut. Im gleichen Maße wie sich das Verhältnis, von Mundart und Hochsprache allmählich zugunsten des Hochdeutschen verschob, sind die bodenständigen mundartlichen Liedchen und Reime nach und nach aus dem Repertoire verschwunden. Während Parisius und vor allem Winter, Wegener, Matthies und Gehne vor und kurz nach der Jahrhundertwende noch viel plattdeutsches Liedund Spruchgut aufzeichnen konnten, macht es in unserer Sammlung nur einen kleinen Prozentsatz aus. Mundartliche Wiegen- und Koselieder sind heute fast vergessen oder nur noch in Resten bei älteren Gewährsleuten zu finden. Neue aber sind nicht an ihre Stelle getreten. Die Lieder, Reime und Spiele der Kinder enthalten ebenfalls 1

2

Vgl. dazu Spalte 7a unserer Liedübersicht, die besonders für die Ballade und das bodenständige Heische-, Tanz- und Spiellied zahlreiche Belege aus älteren altmärkischen Sammlungen enthält. Eine wichtige Ergänzung bieten z. B. Angaben über die Repertoires der Gesangvereine.

Die Wandlungen des altmärkischen

Liedgutes

301

kaum noch plattdeutsche Formen. Überhaupt hat sich diese Gruppe auf eine beschränkte Anzahl von Typen verringert. Von den ehemals in vielfältigen Varianten verbreiteten Spielen und Reimen ist unter den Kindern jetzt nur noch weniges in ziemlich einheitlichen Fassungen im Gebrauch. Neue Reime sind kaum aufgekommen, neue Spiele (d. h. gesungene Spiele) nur wenige, dagegen aber durch die Schule einige neue Kinderlieder. Doch vermögen diese den Verlust an Spielen und vor allem an Reimen nicht auszugleichen. Das beste Überlieferungsbild von den drei in Rede stehenden Funktionsgruppen bieten noch die Heischelieder. In der älteren Literatur mit zahlreichen, aber mehr oder weniger zufälligen Einzelaufzeichnungen vertreten, konnten sie noch in den dreißiger Jahren unseres Jahrhunderts von Hildegard Schlomka in ihrem ganzen Variantenreichtum aufgezeichnet werden, und selbst in unserer Sammlung ist diese Gruppe noch recht gut vertreten 1 . Bezeichnenderweise stammen die meisten unserer Aufzeichnungen auch nicht von alten Leuten, sondern von Kindern und Jugendlichen. Die Heischefeste und mit ihnen das Singen der alten mundartlichen Bittreime haben — trotz mehrfach erlassener Verbote — ihre Aktualität länger bewahrt als etwa das Singen von Wiegenliedern. Neu einsetzende bewußte Pflege und ein eigenes Interesse der Jugend an diesem ebenso unterhaltsamen wie einträglichen Geschäft haben sicher nicht wenig dazu beigetragen, daß wir die alten Heischelieder noch heute verschiedentlich im Gebrauch finden. Trotzdem ist auch in dieser Liedgruppe etwa seit dem ersten Weltkrieg eine abnehmende Tendenz vorhanden. Das Aufkommen von hochdeutschen Fassungen und vor allem das Eindringen brauchfremder Lieder sind dafür ein untrügliches Zeichen. Inwieweit sich die Singweisen der genannten Liedgruppen seit dem vorigen Jahrhundert verändert haben, läßt sich mit Sicherheit nicht feststellen, da ältere Melodieaufzeichnungen fast völlig fehlen. Obgleich die Sammler der mundartlichen Kleinmünze der Liedpoesie von Anfang an Aufmerksamkeit schenkten, ist erst in unserem Jahrhundert eine größere Anzahl von Weisen festgehalten worden. Wie unsere eigenen Aufnahmen, von denen wir früher einige Proben mitteilten, zeigen, kann man Resten elementarer Formeln liedhaften und rezitativischen Singens, primitiver Akkordmelodik, Terzformeln und tetrachordischen Strukturen, mehr gerufenen als gesungenen zweitönigen Gebilden, stichischen Weisen und anderen Formen nichtstrophischer Melodik bis heute begegnen. All diese Züge dürften in der Vergangenheit wesentlich stärker und in größerer Mannigfaltigkeit ausgeprägt gewesen sein. Noch vor mehreren Jahrzehnten konnten einige Stücke notiert werden, die darauf hindeuten 2 . Zum Vergleich mit dem von uns aufgezeichneten Spielliedchen Ringelringel Rosenkranz, Mädchendan'.j (Notenbeispiel 86) sei eine von Horenburg während der zwanziger Jahre in mehreren Orten der Altmark gehörte Fassung mitgeteilt:

1

2

Die 1960 an Martin Ehlies zahlreich eingegangenen Martinslieder bestätigten erneut ihre Lebenskraft. Vgl. z. B. die rezitierenden Einleitungsformeln des Liedchens von der Trommel, A M I, A 7/2 aus Miesterhorst, aufgezeichnet von Hörenburg, ebenso A M I, A 1/1 (Wiegenlied aus Calberwisch), A 2/2 (Spielliedchen aus Potzehne) und A 8/1 (in mehreren Orten der Altmark gesungenes Neujahrslied).

302

Das altmärkische

Liedgut

Notenbeispiel 95

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Ndät,

klein

Ro - sen-kranz,

Wi'

Nöät:

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Kätt-chen-schwanz,

spinnt gäl

Si'_

ki - ke - ri - k i !

AM I, Al/2. Namentlich aber das einzige von Parisius mit Melodie aufgezeichnete Brauchtumslied, der Neujahrsgesang Wir treten hierher ohn allen Spott1, ein Zweizeiler, der einem in August Nörmigers Tabulaturbuch von 1598 enthaltenen Spielstück mit der Überschrift „Im Anfangk zw dem Neuenn Jahr" 2 eng verwandt ist, läßt vermuten, daß im 19. Jahrhundert — neben den bis in unsere Zeit erhaltenen, teilweise schon von neueren Einflüssen überformten Weisen — noch andere ältere Melodietypen lebendig waren, liegen doch gerade in Brauchtumsgesängen, Wiegen- und Kinderliedern die geschichtlich tiefer reichenden Wurzeln des altmärkischen Liedbestandes verborgen. Notenbeispiel 96—98

1

2

Die Weise war in der Altmark noch vor einigen Jahrzehnten im Gebrauch und wurde von Horenburg als Heischegesang nach der Fuchsjagd (vgl. dazu oben S. 135) notiert. Im Altmärkischen Musikanten (I, A 9/1) heißt es dazu: „Nach der Fuchsjagd wird der tote Fuchs durchs Dorf getragen und dabei dieses Lied gesungen". Hier mitgeteilt nach Wilhelm Merian, Der Tanz in den deutschen Tabulaturbüchern, Leipzig 1927, S. 229, Nr. 4. Vgl. dazu die von W. Wiora für diesen Melodietyp aufgezeigten Zusammenhänge, die über ganz Europä und bis ins 13. Jahrhundert zurück verfolgbar sind (Europäischer Volksgesang, S. 20f.).

Die Wandlungen des altmärkischen

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Liedgutes

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96: Aug. Nörmigers Tabulaturbuch 1598, II, Nr. 1. 97: Parisius-Ausgabe, Nr. 506. 98: A M I , A 9/1.

Während in den Gruppen II bis IV, mitbedingt durch ihren starken Prozentsatz an mundartlichen Liedern, innerhalb der letzten hundert Jahre eine rückläufige Entwicklung zu beobachten ist, haben die ehemals ebenfalls viel plattdeutsche Stücke enthaltenden T a n z l i e d e r (Gruppe V ) ihren Verlust an älteren bodenständigen Formen durch neue Tanzschlager ausgeglichen. Seit dem letzten Drittel des 19. Jahrhunderts sind die Walzer- und Polkalieder und nach dem ersten Weltkrieg, als Deutschland ein Absatzmarkt für überseeische Importe wurde, zunehmend die modernen, teilweise vom Jazz beeinflußten Schlager in das Tanzrepertoire eingedrungen. Durch diesen „Ersatz" hat sich der Charakter der Gruppe V stark gewandelt. Eine ähnliche Entwicklung wie die Tanzlieder zeigen auch einzelne Gattungen der I. Liedgruppe. Überhaupt lassen sich hieran die vielfältigen Wandlungen im altmärkischen Liedbestande gut verfolgen, nicht zuletzt deshalb, weil uns in mehreren geschlossenen Liedsammlungen ein umfangreiches Vergleichsmaterial zur Verfügung steht 1 . Der Einfachheit halber gehen wir wieder von den in unserem 1955 gesammelten Material enthaltenen Gattungen aus 2 . Die B a l l a d e n als erste Untergruppe der Lieder erzählenden Charakters (a/1) sind in den Aufzeichnungen aus dem vorigen Jahrhundert, vor allem dank Parisius' Vorliebe für diese Gattung, sehr stark vertreten. Nach der Jahrhundertwende ist ihr Anteil am Gesamtbestand merklich zurückgegangen, und in der Gegenwart sind die Balladen auf einen geringen Rest zusammengeschmolzen 3 : 1

2 3

Der Gesamtbestand an Liedern der Gruppe I liegt in den drei oben angeführten Sammelperioden ungefähr gleich hoch, sowohl was die Zahl der Liedtypen als auch der Fassungen betrifft, so daß sich gute Vergleichsmöglichkeiten ergeben. Die den ersten Zeitabschnitt repräsentierenden Aufzeichnungen Parisius' werden bei den folgenden Berechnungen durch zwei hs. Liederbücher der Sammlung Ehlies aus den fünfziger und sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts ergänzt. Vgl. oben S. 226. Die Tabellen geben jeweils den Prozentsatz vom Gesamtbestand der Gruppe I innerhalb jedes Zeitabschnittes an.

Das altmärkische

304 um 1 8 5 0 - 1 8 8 0

Liedgut um 1955

um 1 9 0 0 - 1 9 3 0

Typen

Fassungen

Typen

Fassungen

Typen

Fassungen

ca. 11

ca. 23

ca. 4

ca. 8

ca. 3

ca. 4

% der Gr. I

Der Rückgang dieser Gattung wäre noch stärker, wenn nicht in neuerer Zeit einige Balladen durch Singorganisationen, vor allem durch die Jugendbewegung, neu belebt worden wären 1 . Die b ä n k e l s ä n g e r h a f t e n und s e n t i m e n t a l e n E r z ä h l l i e d e r hingegen (Gattung a/2) haben seit dem vorigen Jahrhundert, wenn man den Sammlungen Glauben schenken darf, ständig zugenommen, und erst in der Gegenwart ist eine gewisse Stagnation eingetreten: um 1 8 5 0 - 1 8 8 0

um 1 9 0 0 - 1 9 3 0

um 1955

Typen

Fassungen

Typen

Fassungen

Typen

Fassungen

ca. 5

ca. 6

ca. 10

ca. 26

ca. 13

ca. 25

% der Gr. I

Nun wissen wir allerdings, daß Parisius der Moritat und dem Bänkelliede, die seinen eigenen Äußerungen und vollständig erhaltenen hs. Liederbüchern zufolge um 1850 in der Altmark bereits recht verbreitet waren, weit weniger Aufmerksamkeit schenkte als den Balladen. Während er diese besser und reichhaltiger aufzeichnete als der damalige allgemeine Stand des Bailadensingens war 2 , bietet seine Sammlung für das bänkelsängerhafte Erzähllied nur ganz geringe Ausbeute 3 . Die beiden in die Berechnungen unserer ersten Tabellenspalte einbezogenen handschriftlichen Liederhefte aus Ehlies' Sammlung, deren eines eine ganze Reihe moritatenhafter und sentimentaler Erzähllieder enthält, vermögen das durch Parsius' Auswahlmethode entstehende Zahlenbild zwar etwas zu korrigieren. Aber trotzdem bleiben die Anteilzahlen dieser Spalte mehr ein Spiegel des Gesammelten als des Gesungenen und allgemein Verbreiteten. Ein wesentlich genaueres Verbreitungsbild sowohl für die Balladen als auch für die Bänkellieder bieten die Sammlungen nach der Jahrhundertwende. Zwischen 1900 und 1930 steht vor allem das sentimentale Erzähllied in Hochblüte. Aber auch Mord- und Schauergeschichten sind noch sehr beliebt. In den bänkelsängerhaften und sentimentalen Erzählliedern wird die alte Balladentradition gewissermaßen fortgesetzt. Beide Liedgruppen zusammen betrachtet zeigen Beispielsweise die Königskinder oder die Wassermannh&WaAe.. - Vgl. seine oben, S. 15, mitgeteilten diesbezüglichen Bemerkungen. 3 Neben einigen Flugblattliedem nur das sentimentale Lied vom Ritter Weber-Kellermann, Parisius-Ausgabe, S. 572.

1

Ewald. Vgl. dazu

Die Wandlungen des altmärkischen

Liedgutes

305

deutlich, wie das Schwinden der Ballade und das Anwachsen des Bänkelliedes ineinandergreifen 1 . Die in der Gegenwart aufgezeichneten Lieder beider Gattungen stammen allerdings größtenteils von älteren Gewährsleuten. Die Jugend lernt sie kaum noch. So dürften nicht nur die letzten Balladen, sondern auch das bänkelsängerhafte und sentimentale Erzähllied in nächster Zukunft endgültig zugrunde gehen. Als dritte Untergruppe der Lieder erzählenden Charakters (a/3) hatten wir oben all die Stücke zusammengefaßt, die in derb-komischer, scherzhafter oder genrehafter Form (humoristische Erzähllieder wie Lütt Mattn, de Has, aber auch Idyllen und Romanzen aus dem Bereich der Schäferdichtung u. dgl.) irgendeinen Hergang erzählend schildern. Sie sind in den älteren Sammlungen etwa in dem gleichen Maße vertreten wie heute. Da ein Teil dieser Lieder auch in den Singorganisationen gepflegt wurde und noch wird, ist der konstante Anteil dieser Gruppe nicht verwunderlich. Trotzdem ist eine rückläufige Tendenz in der ganzen Gattung Erzähllied nicht zu übersehen 2 . In unserem Jahrhundert ist auf diesem Gebiet kaum Neues geschaffen worden, das geeignet gewesen wäre, in den Volksgesang einzudringen 3 . Anders steht es mit den lyrisch betrachtenden Liedern. Auf diesem Gebiet sind innerhalb des letzten Jahrhunderts zahlreiche neue Lieder entstanden, die teilweise nur kurze Zeit, z. T. auch länger im Volke Verbreitung fanden. Dafür sind andere nach und nach aus dem Repertoire verschwunden. Das Schwinden von Liedern ist besonders in der Gattung L i e b e s l i e d (b/1) zu beobachten: um 1 8 5 0 - 1 8 8 0

um 1 9 0 0 - 1 9 3 0

um 1955

Typen

Fassungen

Typen

Fassungen

Typen

Fassungen

ca. 27

ca. 26

ca. 19

ca. 13

ca. 18

ca. 19

% der Gr. I

Diese Liedgruppe, die von allen Sammlern mit gleich starkem Interesse aufgezeichnet wurde, ist nicht nur dem Umfange nach kleiner geworden, sondern sie hat auch in sich eine stärkere Wandlung durchgemacht. Von den in Parisius' Material enthaltenen Liebesliedern, die einer relativ jungen, allenfalls ins 18. Jahrhundert zurückrei1

2

3

Die Typenzahlen beider Gattungen für jeden Zeitabschnitt zusammengezählt, ergeben jeweils rund 1 5 % des Gesamtbestandes der Gruppe I. — Die Prozentzahlen der aufgezeichneten Fassungen, die nur den Variantenreichtum und die Verbreitung anzeigen sollen, sind mehr als die Typenzahlen von Zufälligkeiten abhängig und geben fast immer ein weniger genaues Bild. Vgl. dazu auch unten S. 310ff. — Welches Gesicht die Melodien der erzählenden Lieder in der Gegenwart tragen, hatten wir früher geschildert (S. 229fF.). Zu den älteren Stilschichten vgl. S. 231 ff., 296f. und 315f. Von den Formen des Erzählliedes, die sich in der Haus- und Konzertmusik entwickelten (z. B. die Ballade mit Klavierbegleitung), später auch in der Unterhaltungsmusik und im

20

Volksgesang

306

Das altmärkische

Liedgut

chenden Stilschicht angehören 1 , sind viele heute nicht mehr bekannt 2 . Von anderen sind nur einzelne Strophen, die in neue Textzusammenhänge eingingen, erhalten geblieben 3 . Die gerade für diese Gattung bezeichnenden zahllosen Wanderstrophen und Kontaminationsformen haben zur Folge, daß die Liebeslieder im ganzen kurzlebiger sind als Lieder anderer Gattungen, während einzelne Formeln und Bilder, Zeilen und Strophen mitunter sehr lange fortleben. Die Verminderung des Liebesliedanteiles am Gesamtbestand der Gruppe I dürfte zweierlei Gründe haben. Einmal sind die Singgelegenheiten, bei denen das Liebeslied vorwiegend erklang, die Spinnstubengeselligkeiten der Jugend und der Koppelgang im Lauf der letzten hundert Jahre immer weniger geworden, zum anderen aber spielt ohne Zweifel die Tatsache eine entscheidende Rolle, daß in neuerer Zeit das Thema Liebe immer stärker vom Schlager beansprucht worden ist 4 . Aus handschriftlichen Liederbüchern jugendlicher Gewährsleute ist deutlich abzulesen, wie das Liebeslied im nichtorganisierten Volksgesang allmählich vom Schlagerlied verdrängt wird 5 . Die eifrige Pflege des älteren Liebesliedes in den Singorganisationen hat dieser Entwicklung zwar entgegengewirkt, aber sie nicht aufzuhalten vermocht. Die zweite Untergruppe der lyrisch betrachtenden Lieder (Gattung b/2), die Reflexionen über N a t u r u n d W e l t , v e r s c h i e d e n e B e r u f e , H e i m a t u n d F r e m d e , A b s c h i e d u n d W a n d e r n zum Inhalt hat, nimmt als Gesamtkomplex folgende Anteile innerhalb der altmärkischen Sammlungen ein: um 1 8 5 0 - 1 8 8 0

1

2

3 4

5

um 1 9 0 0 - 1 9 3 0

um 1955

Typen

Fassungen

Typen

Fassungen

Typen

Fassungen

ca. 29

ca. 23

ca. 44

ca. 32

ca. 38

ca. 32

% der Gr. I

Kabarett (Couplets, Chansons und Songs), ist kaum etwas in das volkstümliche Singrepertoire aufgenommen worden. Einige sehr schöne Beispiele finden sich unter den Liedern aus Mieste (Parisius-Ausgabe Nr. 549 — 589), die teilweise reich ausgezierte Melodien zeigen. Vgl. z. B. Wie kommt s, daß du so traurig bist (Nr. 559) und Lebe wohl, du liebes Mädchen (Nr. 571). Zum Beispiel: In Stücke möcht ich mich zerreißen; Mädchen, wenn ich dich erblicke; Gott grüß dich, Wilhelminechen; Mädchen meiner Seelen, bald verlaß ich dich; O Klosterleben, du Einsamkeit u. a. — Das letztere wurde schon im vorigen Jahrhundert von Wegener (Spiele, S. 432f.) als Kinderspiel aufgezeichnet. Vgl. dazu unten S. 319f. Beispielsweise: Laub und Gras das mag verwelken, aber unsre Liebe nicht ... Der Ubergang dieser Thematik auf eine neue Gattung geschah nicht abrupt und unvorbereitet. Vielmehr war das Liebeslied selbst (stärker als alle anderen Gattungen der Gruppe I) seit langem für schlagerhafte Formulierungen empfänglich. Schon in Parisius' Sammlung finden wir gassenhauermäßige Umprägungen von Liebesliedern. Vgl. besonders das Repertoire der Burger Dienstmagd bei Weber-Kellermann, S. 246ff. Vgl. die oben, S. 151f., mitgeteilten Repertoires.

Die Wandlungen des altmärkischen

Liedgutes

307

Um hier ein genaueres Bild der Entwicklung von Parisius bis zur Gegenwart zu erhalten, müssen wir an das oben (S. 240) über die Differenzierung dieser Gruppe Gesagte erinnern. Sie umfaßt zunächst die älteren im Volke lebenden reflektierenden Lieder, z. B. Berufs- und Ständelieder, die in allen Sammlungen von 1850 bis heute mit ziemlich gleichen Anteilen und im Charakter kaum verändert vertreten sind. Da sie seit dem Wirken der Jugendbewegung in den Singorganisationen bewußt gepflegt wurden, mehr als andere Gattungen, sind ein Gutteil dieser Lieder heute auch den Jugendlichen noch geläufig. Die zweite Gruppe der reflektierenden Lieder, die „im Volkston" vorwiegend im 18. und 19., aber auch noch in unserem Jahrhundert geschaffenen (und auch gelungenen) Schul- und Vereins-, Haus-, Spazier- und Wanderlieder zeigen in den altmärkischen Sammlungen von 1850 bis zur Gegenwart eine ansteigende Tendenz. Das liegt z. T. daran, daß Parisius diese von ihm noch ganz kunstmäßig empfundene Gattung überhaupt nicht aufgezeichnet hat, obgleich sie — wie die beiden handschriftlichen Liederbücher aus Ehlies' Sammlung erweisen — damals auch in der Altmark schon gesungen wurden 1 . Doch ist das nicht der einzige Grund. Die Singorganisationen, innerhalb derer solche Lieder besonders gepflegt wurden, gewinnen hier erst im Laufe der zweiten Jahrhunderthälfte stärkeren Einfluß, der bis zur Gegenwart mit geringen Unterbrechungen ständig gewachsen ist. Wenn man für die letzten hundert Jahre charakteristische Gattungen namhaft machen will, so wird man auf diese Liedgruppe besonders hinzuweisen haben, zumal sie nicht nur in Schule und Gesangverein lebendig war, sondern auch in den persönlichen Repertoires der Sänger weithin Fuß fassen konnte. Während viele der in Rede stehenden Lieder den schlichten „volksliedhaften" Ton zu treffen suchten, neigt eine andere (im altmärkischen Material allerdings nur mit Einzelstücken vertretene) Gruppe der seit dem Ende des 18. Jahrhunderts entstandenen volkstümlichen Lieder mehr zu einem breitausladenden pathetischen oder hymnischen Stil. Auf dieser Ebene liegen vaterländische Gesänge, wie sie in den Befreiungskriegen entstanden, Fest- und Feierlieder, Nationalhymnen u. ä. Seit dem Ausgang des 19. Jahrhunderts ist dieser Liedstil, der sich teilweise mit marschartigen Zügen mischt, namentlich auch innerhalb der Arbeiterbewegung gepflegt worden, z. B. in den Gesängen von Uthmann. Elemente davon leben in den Jugend- und Massenliedern der Gegenwart fort 2 . Die letzte Unterabteilung der Gattung b/2, die früher bereits ausführlich beschriebenen reflektierenden Lieder sentimentalen Charakters, die nicht selten von drittrangigen Verfassern stammen und entweder aus Unvermögen oder absichtlich, auf rasche Eingängigkeit und guten Verkauf spekulierend, mit klischeehaften Bildern und billigen Effekten arbeiten wie viele „Heimat"-Lieder und sonstige rührselige oder treuherzig-kleinbürgerliche Stimmungsbilder, sind — obgleich von den volks1

2

Besonders das (offenbar ein Gesangvereins-Repertoire widerspiegelnde) Liederheft des Hohentrammer Ortsschulzen, das vor 1876 geschrieben wurde, enthält eine Fülle solcher Lieder. Vgl. auch die oben (S. 182ff.) wiedergegebenen Ausschnitte aus den Repertoires älterer altmärkischer Gesangvereine. Vgl. z. B. Liedtabelle II, Nr. 42 und 49.

20*

Das altmärkische

308

Liedgut

liedpflegenden Organisationen nicht beachtet, ja sogar bekämpft — bis in unsere Zeit reich genug vertreten. Aber der Höhepunkt scheint überschritten. Die Jugend singt sie kaum noch 1 . Der Entwicklungsverlauf dieser Teilgruppe der reflektierenden Lieder ist aus den vorhandenen altmärkischen Sammlungen nur unvollkommen abzulesen. Parisius hat sie völlig außer acht gelassen, obwohl sie im damaligen Repertoire bereits einen breiten Raum einnahmen. Die von ihm wegen solcher Lieder immer nur teilweise ausgewerteten handschriftlichen Liederbücher 2 und vor allem der Inhalt der beiden in Ehlies' Sammlung enthaltenen Liederhefte bestätigen das 3 . Erst aus dem Ehlies-Material geht die ungeheure Verbreitung dieser Lieder hervor. Innerhalb des von uns untersuchten Zeitraumes haben sie offenbar zunächst kontinuierlich zugenommen, um nach einem Höhepunkt von der Jahrhundertwende bis etwa zum ersten Weltkrieg allmählich wieder zurückzugehen. Die oben für die ganze Gattung der reflektierenden Lieder angegebenen Anteilzahlen erweisen sich unter Berücksichtigung des eben Ausgeführten 4 zwar nicht als getreuer Spiegel der Entwicklung, aber sie zeigen doch die ungefähre Entwicklungsrichtung auf. Die nächste in unserem Material enthaltene Gattung (Gruppe I, Abteilung c), die das L i e d g u t g e s e l l i g e n C h a r a k t e r s umfaßt (Scherz- und Spott-, Trinkund Rätsellieder, auch Kanons, Quodlibets u. dgl.), ist innerhalb der altmärkischen Sammlungen mit folgenden Anteilzahlen vertreten: um 1 8 5 0 - 1 8 8 0

um 1 9 0 0 - 1 9 3 0

um 1955

Typen

Fassungen

Typen

Fassungen

Typen

Fassungen

ca. 10

ca. 7

ca. 8

ca. 6

ca. 8

ca. 5

% der Gr. I

Auch innerhalb dieser kleinen Liedgruppe vollzogen sich gewisse Veränderungen. Während das bodenständige, nicht selten mundartliche Uberlieferungsgut an Scherz-, Spott- und Trinkliedern bzw. -reimen ständig abnahm, wurden durch die Singorganisationen, vor allem seit dem Wirken der Jugendbewegung, neue gesellige Singformen wie der Kanon verbreitet. Streng genommen handelt es sich um eine Wiederbelebung alter Formen, die aber durch die bewußte Pflege neue Impulse 1

2

3

4

Allerdings lebt die Thematik und die .Machart' dieser Lieder in einem Teil der modernen Schlagerlieder weiter. Vgl. besonders das Liederbuch der Kossatenfrau Sierig aus Samswegen bei Wolmirstedt, Weber-Kellermann, S. 376f. Unter den äußerst bezeichnenden Uberschriften „I. Abtheilung: Sanfte und wehmuthsvolle Lieder, II. Abtheilung: Schweizer Lieder, III. Abtheilung: Komische Lieder" gliedert ein Liederbuchschreiber aus dem benachbarten Thüringen um 1856 sein umfangreiches hs. Liederbuch auf, das zahlreiche Stücke der ebenbesprochenen A r t enthält. Die besprochenen Teilgruppen bilden natürlich keine streng abgegrenzten Bezirke. Vielmehr bestehen auch hier die mannigfachsten Übergänge und Zwischenformen, die für alle im Volksgesang lebenden Gattungen bezeichnend sind.

Die Wandlungen des altmärkiscben

Liedgutes

309

erhielt und auch zu einer nicht unbedeutenden Zahl von Neuschöpfungen führte. Durch diese Neubelebung blieb der Anteil geselliger Lieder von 1850 bis heute ziemlich gleichmäßig erhalten. Der geringfügige Rückgang in der mittleren Sammlungsgruppe zeigt ziemlich genau an, daß die neuen geselligen Singformen erst nach 1930 in breiteren Kreisen der Altmark Fuß gefaßt haben. Der im Charakter dieser Liedgruppe sich vollziehende Wandel von derben Spott- und deftigen Trinkliedern, die bei ländlichen Festen und sonstigen geselligen Zusammenkünften gesungen wurden, zu kunstmäßig gepflegten Kanons und anderen chorisch gesungenen geselligen Liedern in den Singorganisationen, ist für die Gesamtentwicklung, d. h. für den Prozeß der Loslösung des Liedgutes wie des Singens aus den ursprünglichen Lebenszusammenhängen äußerst bezeichnend. Die Anteilzahlen der letzten beiden Gattungen (Gruppe I, Abteilung d und e) vermitteln allen bisherigen gegenüber nur ein sehr ungenaues Entwicklungsbild. L i e d e r a u s O p e r n , O p e r e t t e n , S i n g s p i e l e n u. dgl. (d) sowie G a s s e n h a u e r , S c h l a g e r u. ä. (e) sind von allen älteren Sammlern kaum oder nur am Rande, mehr durch Zufall als absichtlich erfaßt worden. A m besten vertreten sind Stücke dieser Art noch im Ehlies-Material, vor allem in den darin enthaltenen handschriftlichen Liederbüchern. Aber ein reales Verbreitungsbild vermittelt auch diese Sammlung nicht. In den ersten beiden Zeitabschnitten, zwischen 1850 und 1930, ist die Gattung d innerhalb der Gruppe I mit weniger als einem Prozent vertreten, die Gassenhauer und Schlager (e) mit ca. 3 % . In unserer Sammlung nehmen beide Gattungen 4 bis 5% bzw. 8% der Gruppe I ein. Diese Zahlen erwecken den Anschein, als haben die populären Opern- und Operettenlieder und die Gassenhauer und Schlager auf Kosten anderer Gattungen von 1850 bis heute um ein Vielfaches zugenommen. Wenn eine Zunahme dieser Liedgruppen als. Faktum teilweise auch zutrifft, so geht diese doch nicht so rapid vor sich wie die Prozentzahlen angeben. Für die Gattung d möchten wir ein durchlaufendes Anwachsen überhaupt in Zweifel ziehen. Seit dem 18. Jahrhundert haben die populären Stücke aus Opern, Operetten und Singspielen weite Verbreitung gefunden, besonders in den Städten. Erinnert sei an A.ls ich auf meiner Bleiche, an den Jungfernkranan Lieder aus Singspielen Holteis und Lortzings, an Mozartsche, Verdische Opernmelodien und viele andere. Parisius selbst schreibt, daß zu seiner Zeit eine Fülle solcher Opernlieder in Aufnahme gekommen waren. Danach darf man annehmen, daß diese Gattung als Ganzes von der vorigen Jahrhundertmitte bis zur Gegenwart mit ziemlich gleichen Anteilen durchläuft 1 , ja daß eher heute, w o Übernahmen aus dem zeitgenössischen Opern- und Operettenschaffen fehlen, ein gewisser Rückgang einsetzt. Anders dürfte es sich allerdings mit den Gassenhauern und Schlagern verhalten. Beide Gattungen, die zwar hinsichtlich ihrer Kurzlebigkeit ungefähr auf einer Ebene liegen, sich aber durch die Art, wie sie von den Sängern gehandhabt werden (aktive Teilnahme an der Gestaltung

1

Eine gewisse Zunahme, besonders der Operettenlieder, dürfte in unserem Jahrhundert durch den Einfluß der modernen Verbreitungsmittel Rundfunk, Schallplatte und Film erfolgt sein. Eine Differenzierung ergibt sich auch aus dem unterschiedlichen Entwicklungstempo von Dorf und Stadt.

310

Das altmärkische

Liedgut

und Umgestaltung auf der einen und passiver Konsum auf der anderen Seite), deutlich unterscheiden, haben einander gewissermaßen abgelöst. Mit dem Aufkommen der modernen Tanz- und Unterhaltungsmusik um die Jahrhundertwende und besonders nach dem ersten Weltkrieg ist die Verbreitung von Schlagerliedern stark gestiegen und der Gassenhauer alter Prägung beiseite gedrängt worden. Doch scheint der letztere zumindest auf dem Lande auch vordem nicht die beherrschende Stellung eingenommen zu haben wie heute der Schlager. Zwar können wir schon aus Parisius' Sammlung entnehmen, daß namentlich unter städtischen Gewährsleuten die oben erwähnten schlagerhaften Umprägungen von Liebesliedern üblich waren. Möglicherweise ist dies verbreiteter gewesen, als die Sammlung des Gardelegener Juristen erkennen läßt; denn das Repertoire der am Anfang seiner Sammeltätigkeit befragten Burger Dienstmagd, bei der diese Erscheinung besonders auffällig zutage tritt, hat Parisius, entgegen seiner späteren Sammelmethode, ziemlich vollständig aufgenommen. Um 1890 jedenfalls hören wir von Ebeling sogar aus den abgelegenen Drömlingsdörfern, daß die Jugend in den seinerzeit modernen Gassenhauern und schlagerhaften Stücken durchaus bewandert ist. Aber während damals neben den Gassenhauern noch eine Fülle anderer Gattungen fortbestand, hat sich in neuerer Zeit der Schlager ein wesentlich breiteres Feld erobert. Auch wenn dieses Feld, wie wir an anderer Stelle darzulegen versuchten, nicht so aktiv bestellt wird wie die ehemaligen Liedbereiche, bestimmt es Charakter und Haltung heutigen volkstümlichen Singens wesentlich mit. Neben den bis in die Gegenwart lebendigen und von uns aufgezeichneten Gattungen ist noch derjenigen zu gedenken, die im Laufe des letzten Jahrhunderts verklungen sind. Dazu gehört vor allem Singgut erzählenden Charakters wie h i s t o r i s c h - p o l i t i s c h e L i e d e r und L e g e n d e n 1 , aber auch andere Gruppen. So ist z. B. nicht nur die religiöse Ballade, sondern der gesamte B e r e i c h des g e i s t l i c h e n V o l k s l i e d e s in der Altmark so gut wie verschwunden. 1955 konnten wir außer der oben (S. 233) mitgeteilten Legende Maria täte wandern, einem zufällig bewahrten Einzelstück, nur noch ganz wenige geistliche Lieder reflektierenden Charakters aufzeichnen. Sie nehmen innerhalb unserer I. Liedgruppe nicht einmal 1% in Anspruch. In den Sammlungen aus der Zeit von 1900 bis 1930 ist religiöses Liedgut noch mit etwas mehr als 2% vertreten, während es um 1850 mit 6% des Gesamtbestandes eine zwar ebenfalls nicht mehr sehr umfangreiche, aber noch durchaus eigengeprägte Gruppe bildete. Erbauungs- und Andachtslieder, von denen Parisius nur wenige (teilweise aus Flugblättern) in seiner Sammlung hat, dürften damals noch verbreiteter gewesen sein, als der aufgezeichnete Liedbestand spiegelt, sind doch nicht wenige Lieder dieser Art im 19. Jahrhundert noch neu entstanden und volkläufig geworden 2 . Aber die Legenden und Katechismuslieder, in denen 1

2

Beide Gattungen, die im Gegensatz zur Ballade innerhalb der Singorganisationen überhaupt nicht gepflegt wurden, bilden mit dieser zusammen das erzählende Strophenlied älterer Art, sozusagen die „Vorläufer" der bänkelsängerhaften und sentimentalen Erzähllieder (vgl. dazu W. Wiora in: Les Colloques de Wegimont, Brüssel 1956, S. 130). Vgl. u. a. die oben S. 81 mitgeteilte Bemerkung von Ebeling.

Die Wandlungen des altmärkiscben

Liedgutes

311

eine auch in der Melodik tiefer in die Geschichte zurückreichende Schicht greifbar wird, wurden schon 2u Parisius' Zeiten fast nur noch von älteren Frauen gewußt. Obgleich die Weisen der letztgenannten Lieder schon von neueren Stileinflüssen überformt sind, haben sich in ihnen doch eine Reihe altertümlicher Züge erhalten, in Teilmomenten der tonalen Struktur, Kadenzbildung, Zeilengestaltung u. ä. 1 Eines der in Rede stehenden Lieder (Parisius-Ausgabe, Nr. 642) gehört zum Typus des Schwelliedes (mit von Strophe zu Strophe wachsender Aufzählung als Mittelteil). Von den großen religiösen Balladen sind leider nur zwei mit Melodie überliefert, die Sultanstochter (Parisius-Ausgabe, Nr. 639) und das Lied von den armen Sündern vor der Himmelstür Es sungen drei Engel ein süßen Gesang (ebd. Nr. 731), das Parisius aus dem Munde der Lagendorfer Krugwirtstochter aufgezeichnet hat. Für die Gruppe der h i s t o r i s c h - p o l i t i s c h e n E r z ä h l l i e d e r , die bestimmte, zum größten Teil kriegerische Ereignisse und deren Helden besingen, ist der früheste altmärkische Beleg jenes oben (S. 4) angeführte, im 14. Jahrhundert entstandene Lied über den Einfall der Harzgrafen unter Busso von Erxleben. Eines der letzten historischen Geschehnisse, das derartige Gesänge in großer Zahl hervorbrachte 2 , war die napoleonische Herrschaft. Wie sie sich in der Altmark auswirkte, erfahren wir recht anschaulich aus Götzes Urkundlicher Geschichte der Stadt Stendal 3 . Am Morgen des 26. Oktober 1806, einem Sonntag, als der Pastor von St. Petri eben von den wenigen Gemeindegliedern, die den Weg durch die unruhigen Straßen der Stadt zum Gottesdienst gewagt hatten, den Choral In allen meinen Taten anstimmen ließ, zogen die napoleonischen Truppen in Stendal ein. In der folgenden unsicheren und entbehrungsreichen Zeit wuchs der Unmut der Bevölkerung gegen die Besatzungsmacht. So empfing ein Stendaler Bürger den im Jahre 1808 zur Entgegennahme des Huldigungseides in der Stadt weilenden König Jérôme von Westfalen, zu dessen Ankunft Illumination der Häuser und Straßen befohlen war, mit folgendem Transparent : Diesen König kenn ich nicht, / drum brenn ich nur ein halbes Eicht. Durch die harten Kontributionen und Requisitionen, die der neue Herrscher von Napoleons Gnaden Stadt und Land auferlegte, wurde die Altmark ärmer denn je zuvor, so daß im Volke bald ein neuer Zweizeiler kursierte : Vivat Hieronymus rex! / Wer noch was hat, versteckst Der Boden für die zahlreichen Napoleonlieder, die sich bis in die zweite Hälfte des Jahrhunderts in den altmärkischen Repertoires hielten, war gut vorbereitet. An diesen Liedern aus der Franzosenzeit (vgl. z. B. Parisius-Ausgabe Nr. 609—615, 516, 517) „ist sehr anschaulich der Wandel zu beobachten, den das historische Volks1

3

3

Auch in den Texten ist dergleichen zu beobachten. Vgl. Weber-Kellermann, S. 36f. und 499 f. über die Mischung katholischer und protestantischer Elemente, z. B. in der Verquickung der zwölf heiligen Zahlen mit den zehn Geboten. Als späte Ausläufer des alten historisch-politischen Liedes können die — im Bauernland Altmark allerdings kaum bekannt gewordenen — revolutionären Arbeiterlieder erzählenden Charakters aus der Zeit von 1918 — 1923 angesehen werden, z. B. das aus einem im ersten Weltkrieg verbreiteten sentimentalen Soldatenlied entstandene Bei Leuna sind viele gefallen (vgl. W. Steinitz in: Dt. Jb. f. Vkde. IV, 1958, S. 3ff. und Volkslieder demokratischen Charakters, Bd. II, Nr. 280). Vgl. besonders S. 524, 547 und Nachtrag von Kupka.

Das altmärkische Liedgut

312

lied gerade in jener Zeitspanne erfuhr: Waren Lieder wie Es geschah der erste Schuß (Nr. 107), Franzosen brachen ein (Nr. 609) . . . noch ganz aus der Mentalität des an einen militärischen Führer gebundenen Söldnerheeres erwachsen, so brachten die Freiheitskriege die große Umwandlung zum Volksheer und ließen mit der Vaterlandsliebe ein ganz neues bis dahin unbekanntes patriotisches Gemeinschaftsgefühl entstehen. Freilich hatte diese positive Entwicklung auch wiederum ihre Schattenseite im Wuchern eines übertriebenen und unziemlichen Chauvinismus . . .'1541

17 b/20

Ehlies.BVA 429 ¡Nachlaß Hölzer

21 a/3

Hoffm.-Prahl 50; Friedl., 18. Jh. 318f, II, S. 447; vgl. Wustmann, S. 390; 251 Spieser 38; Mahr, S. 79; Steglich 252 Ms. 685 u. a.

Jävenitz

+1556

21 a/2

Ähnlich unserer Nr. 25

Laatzke

+1399

17 b/3

Belegorte

BVANr.

Breitenfeld, Laatzke, Jävenitz

Ehlies, 1 X R

Belege in sonstigen deutschen Sammlungen u. dgl.

Jb. f. Vldf. III, S. 156; Challier, S. 42; Klüsen 6; Beck 24; Schier Verz.; Mahr, S. 114 u. a.

Breitenfeld

1090

Breitenfeld

R

EB 136a; Hoffm.-Prahl 54; Allg. Kommersb., S. 128; Zupf, S. 148; Mahr, S. 64; Chorkatalog 223 bis 229 u. a.

Breitenfeld

R

Parod. Lied nach d. Mel. Gold u. Silber

Kloster Neuendorf

R

Schuhmacher, S. 196, Nr. 16

Breitenfeld, Tangerhütte, Hagen

R

37 a/4

Breitenfeld, Jävenitz

+1323 +1509

4 a/3 9 a/4

Salzwedel Salzwedel, Seerau/ Hannover Tangerhütte Hagen

Jävenitz, Nesenitz

Schlagerlied von Carl Sträßer (um 251 314 3 1940)

R 1723 +1632

28 a/1

R

+1483 +1781

Vgl. Seite

22 a/5 26 b/5

314

168 1 Ehlies, BVA 689, l x R ; BöV 518; Hoffm.-Prahl 56; BVA 979 (Wollenhagen); Werckm. WV, S. 172; Chorkata- 185 u. ö. GV u. AGV Stendal (R) log 2 3 5 - 2 4 3 u. a. Menzenhauer 1486 (Chanson im 185 Volkston v. Willy Kunkel); Chal- 242 278 lier, S. 2247; Lerche, S. 94 u. a. 200

Ehlies, 1 X R

Baumann, Helle Flöte, S. 20; Singet, S. 124 u. a.

Ehlies, BVA 445, 2 x R

BöV 464; Hoffm.-Prahl 64; Ruppert 115 u. a.

Ehlies, BVA 485, 754, 1 xR

BöV 527; Marriage, S. 194; KiV 98 7 20; Werckm. WV, S. 16 u. v. a. 253

Ehlies, BVA 364, 569, 1 XR

EB 1427; KiV 354; Kutscher, 314 2 S. 6; Kö-Mei, S. 260; Klämbt, S. 39 u. a.

Parisius +441; Gehne, Volksbräuche, S. 255 (R), Mel. b. Gehne 10; Ehlies, BVA 345, die Oogen noch rot un noch blank

I

67

+

+

367

Ick wull, wi wem noch kleen, Johann

I

94

+

+

368

Ihren Schäfer zu erwarten

I

61,62,67,94,100

+

+

369

Ihr lieben Brüder mein, rundadinella

I

78, Jugendgruppe Klinke

Lfd. Nr.

Liedanfang

363

Ich weiß nicht, was soll es bedeuten

364

Liedgruppe

+

w

+

- 1 4 - 2 5 - 4 0 - 6 5 über 65

+ +

+

+

+

Im Dörfchen im Tale, da fließt siehe: In einem Tale, da floß Im dunklen Haine die Nachtigall siehe: Die stille Sehnsucht 370

Im Feldquartier auf hartem Stein

I

12,13,21,25-27, 29, 38, 80, 81

+

+

+ (+) +

371

Im Frühjahr ists auf den Alpen

I

2 - 4 , 1 2 - 1 4 , 26, 27,80,81,99,107

+

+

+

372

Im Frühtau zu Berge wir ziehn, vallera

I

61,78, Jugendgruppe Klinke

+

I

49

+

+

(+) +

Im Garten steht ein Taubenhaus siehe: Der Bauer hat ein Taubenhaus 373

Im Garten unterm Fliederbaum hab Abschied ich genommen

+

+

Liedtabelle I

Belegorte

BVANr.

TonbandNr.

Ehlies, 1 X R

Tangerhütte

R

Salzwedel

R

Breitenfeld

+1171

1 b/7

Kloster Neuendorf

+1590

29 a/3

Salzwedel

Jävenitz, Kloster Neuendorf, Salzwedel, Hagen

Klinke

+1550

A G V Stendal (R)

R

+1177 +1223 +1271 +1628

Breitenfeld, Stendal, Hagen, Klötze

+1029

Laatzke

7 a/9

R

1412

10 18 5 13

b/5 a/2 b/2 a/3

6 a/5

Belege in sonstigen deutschen Sammlungen u. dgl.

Vgl. Seite

B ö V 120; KiV 167; Reisert, S. 197; Bringemeier 115; Chorkatalog 2 9 2 6 - 2 9 3 0 u. a.

214 253

E B 527 a ; Pröhle, S. 52; Krapp, S. 114; Bruder Singer, S. 124; Chorkatalog 2940 u. a.

200

Quell, S. 33; Bruder Singer, S. 89; Schlesw.-Holst., S. 278 u. a.

201 292 u. ö.

R

Breitenfeld, Magdeburg, Stendal

Jävenitz, Klinke

Belege in anderen altmärk. Sammlungen u. dgl.

423

Ehlies, BVA 630 (Thie), 757

Klaus G r o t h , Q u i c k b o r n , S. 2 ; Löns-Licht, S. 20; Challier, S. 1235; Chorkatalog 2973; Schlesw.Holst., S. 26 u. a.

199

B ö V 149; Friedl., 18. J h . II, S. 347f., 575; K i V 467; Allg. K o m m e r s b . , S. 102; Z u p f 2, 4, 7 - 9 , S. 105, 159, 192; Chorkatalog 2 9 5 2 - 2 9 5 4 u. a.

192 1 199 253

Hensel, Fähnlein, S. 170; Schollmeier, S. 209; Chorkatalog 2963; Gesell, S. 398 u. a.

201

Schuhmacher, S. 214, 238f.; Schier Verz.; Spieser 477; Lerche, S. 82 u. a.

256 260 314

H e - W ü 355a/II; Weber, Hess., S. 104; Herbst 64; Lew., N h . I V , S. 57; Beck 276; Klein, S. 102 u. a.

185 243 u. ö.

St. Georg, S. 154; Schollmeier, S. 114; J o d e 1949, S. 109; Chorkatalog 2 9 9 4 - 3 0 0 3 u. a.

202 240 2

424

Verzeichnis des 1955 gesammelten Liedgutes N r n . d. Sängertabelle, weitere Trägergruppen

m

w

55, 61, 85

+

+

i,v

1 1 - 1 3 , 21, 25 - 2 7 , 29, 67, 80, 81

+

+

III

38, 6 0 - 6 2

Lfd. Nr.

Liedanfang

Liedgruppe

374

Im Harz, da ist es wunderschön (Köhlerliesl)

I.(V)

375

I m Holderstrauch,: | der blühte schön im Mai

376

I m Jahre Sechsundsechzig Luxenburg am Rhein

377

I m K r u g zum grünen Kranze

378

I m Märzen der Bauer die Rößlein einspannt

379

I m schönen Harzerland ist meine Heimat

380

I m schönsten Wiesengrunde

381

I m schwarzen Walfisch zu Ascalon

382

zu

I

I.III

I

84, 88

29, 35, 36, 78, 113, Schule Breitenfeld, Jugendgruppe Klinke

-14 -25 -40 -65

+

+

+

+

+

+

+

(+) +

+

+

57, 58

+

+

+

+

+ +

+

55, 84, 99

+

+

I

87, 88

+

+

+

I m tiefen Keller sitz ich hier

I

61

+

+

383

I m Walde, da wachsen die Beern

I

78, Jugendgruppe Klinke

+

384

I m Walde möcht ich leben

I

51

+

385

Im Wald,: | dort w o die Drossel singt

1,1V

I,v

49, 80, 81, 102

+

+

über 65

+

+ +

+

+

Liedtabelle I Belege in anderen altmärk. Sammlungen u. dgl.

425 Belege in sonstigen deutschen Sammlungen u. dgl.

BVANr.

TonbandNr.

Jävenitz, Tangerhütte

+1539

28 a/16

Tourenbuch Geißler

Wanderlieder, S. 26; nach Mitt. v . W . Schrammek auch in L. Willes hs. Slg. (aus dem Harz)

111 169 260

Breitenfeld, Kloster Neuendorf, Stendal

+1170 +1213

10a/10 18 a/1

Ehlies, 1 x R ; Kapell-R Jävenitz

Schuhmacher 71; Beck 30; Klein, S. 85, 87, 93,95 ; Challier, S. 2367 ; Landsch. 18, S. 43; Spieser 131; Schier Verz. u. a.

253 256 260

Breitenfeld, Magdeburg, Jävenitz

+1294 +1563

2 b/3 22 b/14

Stückrath 1043a, b ; Lew.-Schläger 243; Wehrhan 3315; Beck 287; Peesch, S. 29 u. a.

Tangerhütte, Salzwedel

+1634

28 a/8

BöV 313; Hoffm.-Prahl 706; Werckm. WV, S. 364; Chorkatalog 3 0 2 1 - 3 0 2 4 u. a.

Breitenfeld, Klinke, Quarnebeck

+1245

8 b/5

Jävenitz

+1471

21 b/11

Jävenitz, Tangerhütte, Hagen

+1465

15 a/7

Belegorte

(AM, S. 77)

(R) +1644

Jävenitz

R

BöV 561; KiV 175; Allg. Kommersb., S. 352 u. a.

Klinke

R

Schollmeier, S. 148; Bruder Singer, S. 24; Strube, S. 73; Jöde 1949, S. 110; Koeber, S. 33; Thüringer Volkslieder, S. 72; Chorkatalog 3076—3079 u. a.

Laatzke, Stendal, Hilmsen

217

Hoffm.-Prahl 712; Reisert, S. 404; Studentenldr., S. 272 u. a.

25 b/12

1450

+1425

253

139 f BöV 275; Hoffm.-Prahl 791; Schier Verz.; Spieser 483; Mahr, 192 1 256 S. 23; Chorkatalog 3 0 6 3 - 3 0 6 9 u. a.

Salzwedel

Laatzke

Seite

Hensel, Fähnlein, S. 65; Bruder 201 Singer, S. 7; Chorkatalog 3028 202 217 bis 3037 u. a.

Wille, S. 79 BVA 957 (Wollenhagen); A G V Stendal

Vgl.

201

BöV 176; Werckm. WV, S. 29; Wanderldb., S. 63; Tonger, S. 129 u. a. Ehlies, 2 X R ; Nachlaß Hölzer; Kapell-R Jävenitz

Schuhmacher, S. 54, 214 (Nr. 260), 240; Schremmer 129; Pott, S. 59; Spieser 480; Schier Verz.; Klein, S. 63,84,85,86,95,105 u. a.

162 252

Verzeichnis des 1955 gesammelten Liedgutes

426

Lfd. Nr.

Liedanfang

386

Im Wald, im Wald, im frischen grünen Wald

387

Im Wald und auf der Heide

388

I m Winter, wenns oft stürmt und schneit

Liedgruppe I

N r n . d. Sängertabelle, weitere Trägergruppen

m

w

über -14 -25 -40 -65 65

+

61, Volkskunstgruppe Solpke

+ +

+

61, Männergesangverein Lindstedt

+

+

44, 45

+

+

+

25, 60, 61

+

+

II,III

38

+

+

+

UV)

I

In dem allnächtlich stillen Haine siehe: Als ich im nächtlich stillen Haine 389

In dem Wagen erster Klasse

III

390

In dem Walde steht ein Haus

391

In den Krieg will ich reiten

I

94

392

In der Heimat ist es schön

I

2 - 4 , 16, 48, 49, 6 0 - 6 2 , 81, 88

+

+

+

+

+

+

In der Heimat w o h n t die Liebe siehe: Es verliebte sich ein Jüngling 393

In der K ü c h e auf dem Tisch

II

4

394

In der Lüneburger Heide

I

55

+

395

In der Witwe ihrem Zimmer hängt die alte Pendeluhr

I

44, 45

+

396

In des Gartens dunkler Laube

I

1, 2, 1 2 - 1 4 , 18, 49, 6 0 - 6 2 , 67, 81, 88, 99, 106, 109, 110

+ (+) +

+

+

+

+

427

Liedtabelle I

Belegorte

BVANr.

Jävenitz, Solpke

R

Jävenitz, Lindstedt

R

TonbandNr.

Ehlies, BVA 501, l x R ; T o u r e n b u c h Hartwig

Breitenfeld, Adlergebirge

+1320

4 b/1

Breitenfeld, Jävenitz

+1195 +1546

1 a/14 22 b/15

Breitenfeld, Magdeburg

+1276

2 a/7

Salzwedel

Belege in anderen altmärk. Sammlungen u. dgl.

Hoffm.-Prahl 714; Fink 916; Werckm. W V , S. 30; Chorkatalog 3080 u. a.

195 207

B ö V 589; KiV 176; Bringemeier 118; Schier Verz.; Chorkatalog 3 0 8 2 - 3 0 8 3 u. a.

75 157 215

Gehne, S. 179

Schremmer 256; Kanthack, S. 56; Oetke K 110 u. a. Kilometerstein, S. 106; Blumensaat, S. 172; B V A +133 (aus Schwerin); Gesell, S. 348 u. a. Vgl. Gesell, S. 376; Holst., S. 287 u. a.

16 a/4

Vgl. Seite

A n t o n G ü n t h e r , Volkst. Ldr. 3, S. 4 ; Schier Verz.; Zupf 2, S. 104; Chorkatalog 3172 u. a.

R

Breitenfeld, Calvörde, +1059 Laatzke, Jävenitz, +1384 (+>1518 Stendal, Salzwedel +1553

Belege in sonstigen deutschen Sammlungen u. dgl.

Ehlies, BVA 390, 551, 1 XR

Schlesw.-

B ö V 5 2 8 ; KiV 179; Reisert, S. 290; Schier Verz.; Ruppert 179; Spieser 488 u. v. a.

15 b/2

200 201 214 317 4 u. ö. 2671

Breitenfeld Jävenitz, Breitenfeld Breitenfeld, Adlergebirge Breitenfeld, Laatzke, Jävenitz, Kloster Neuendorf, Stendal, Salzwedel, Hagen, Klötze, Nesenitz

1077b 1884

Tourenbuch Lampe; G V Stendal (R)

R +1001 +1022 +1365 +1579 +1621 +1658 +1786

Löns, Rosengarten, S. 1; Bruder Singer, S. 92; Klein, S. 88 u. a. J u n g b . Bw. 620; Schier Klier, S. 55/31 u. a.

8 b/4 21 b/2 28 b/13 13 a/7 25 b/1 27 a/1

Parisius +736; Ebeling II,S. 99;Maaß,S.77ff.; Gehne +1; Ehlies, B V A 381, 677, 15 x R ; Schwerin, 1 X R

162 183

Verz.;

E B 112b; Meisinger 18; Lew., N h . I V , S. 11; Steglich, S. 43 (1. Mel.); Kutscher, S. 79 u. v. a.

88 101 268 269 2 281 304 2 u. ö.

428

Lfd. Nr.

Verzeichnis des 1955 gesammelten Liedgutes

Liedgruppe

Liedanfang

N r n . d. Sängertabelle, weitere Trägergruppen

m

w

-14 -25 -40 -65

+

+

397

In des Waldes tiefsten G r ü n d e n (Rinaldini)

398

In einem kühlen G r u n d e

I,(V)

3 , 5 , 6 , 1 9 , 20, 23, 40, 84, 88, Männerchor Groß-Garz

+

+

399

In einem Polenstädtchen

I

68, 87, 88, 89, 91, 92

+

+

48, 67, 82

I

+

+

über 65

+

+

In einem Städtchen (Tälchen), in einem tiefen Tale siehe: In einem Wald, in einem tiefen Tale 400

In einem Tale, da floß ein Bach, der das Mühlrad begoß

I

61, 107

+

+

+

+

401

In

Ostwind

I

1, 2, 12, 25, 26, 61, 69, 81,88,89, 106, 109, 110

+

+

+

+

402

In einem Wald, in einem tiefen Tale

I

2, 7, 20, 21, 23, 2 5 , 2 6 , 4 8 , 60, 67, 69

+

+

403

In einer kleinen Taverne spielen Gitarren ihr Lied

I

49

+

+

404

In Flandern sind viele Soldaten

I

13, 26

+

+

405

In H a m b u r g , da bin ich gewesen

I

11,13, 23,26, 62, 64, 65, 80, 81, 89

406

In meinem Häuschen gibts schrecklich viele Mäuschen

II

4

einem Tale, w o wehte

+

+

+

+

+

+

+

+

Liedtabelk I

Belegorte

Calvörde, Kloster Neuendorf, Dolle

429 Belege in sonstigen deutschen Sammlungen u. dgl.

BVANr.

TonbandNr.

Belege in anderen altmärk. Sammlungen u. dgl.

+1332 +1581

19 b/3 30 a/7

Ehlies, BVA 375, 604, 738, 3 x R; Magdeburger Geschichtsbll. VII, S. 430 (R)

92 BöV 134; Friedl., 18. Jh. II, S. 430, 583; KiV 180; Bringe-' 253 meier 121; Pott, S. 82 u. v. a.

Ehlies, BVA 378, 406, 480, 687, 1 X R; Tourenbuch Hartwig

BöV 453; KiV 181; He-Wü 236; Werckm. WV, S. 135; Chorkatatalog 3 1 3 0 - 3 1 3 4 u. v. a.

Vgl. Seite

157 185 205 317 1

Breitenfeld, Salzwedel, Tangerhütte, Groß-Garz

R

Kloster Neuendorf, Salzwedel

+1680

25 a/11

Jävenitz, Klötze, Königstedt

+1506 +1772

21 a/8 23 b/6

Ehlies, BVA 582, +626 (Thie), 2 x R

E B 1425; KiV 386; Weber, Hess., S. 62; Voretzsch 42; Landsch. 1, S. 54; Wille, S. 48 u. v. a.

Breitenfeld, Jävenitz, +1042 Lindstedt, Stendal, +1179 Stappenbeck, Salz[+>1532 wedel, Klötze, (+>1791 Nesenitz

3 b/2 31 a/10

Ehlies, BVA 694,2 x R ; Schwerin, BVA 774; Thoms, 1 X R

Kö-Mei 44; Weber, Hess., S. 78; He-Wü 252/III; Landsch. 6, S. 4 4 ; Jungb. Bw. 541; Wille, S. 52; Schremmer 122 u. a.

243 252 256

Breitenfeld, Calvörde, Jävenitz, Kloster Neuendorf, Lindstedt

10a/5 12 b/7 19 b/4 20 b/4

Gehne +6; Ehlies, BVA 357, 6 x R; BVA 994 (Salzwedel)

Marriage 33; Lew., N h . V, S. 24; Herbst 81; Stemmle, S. 170; Schier 27 u. v. a.

252 253 256 267 1

1441

Schlagerlied u m 1940. Schier Verz.

252

R

Schuhmacher, S. 216 (Nr. 278), 241; W. Steinitz in: D t . Jb. f. Vkde. 1958, S. 15ff.; Steinitz II, S. 440ff.; Spieser 499 u. a.

Laatzke Breitenfeld

+1147 +1209 +1331 +1606

Breitenfeld, Jävenitz, Stendal, Salzwedel

+1117 +1555

Breitenfeld

1077 c

BöV 434; Kö-Mei, S. 108; Steglich, S. 62f.; Pott, S. 88; Schuhmacher 273; Beck 294; Klein, S. 84, 91; Spieser 493; D t . Liederkunde, S. 111 ff. u. a.

Nachlaß Hölzer 7 a/6

Schuhmacher, S. 214 (Nr. 255), 237, 55; Jungb. Bw. 32; Schier41; Stemmle, S. 134; Ostwald, S. 182f.; Spieser 494; Beck 298; Klein, S. 93 u. a.

256

430

Verzeichnis des 1955 gesammelten

Lfd. Nr.

Liedanfang

Liedgruppe

407

In meiner Heimat, da blühen die Rosen

I

408

In meines Vaters Garten, da steht ein schöner Birnenbaum

III

409

In Mutters Stübele, da geht der hm-hm-hm

410

411

Liedgutes

Nrn. d. Sängertabelle, weitere Trägergruppen

m

w

- 1 4 - 2 5 - 4 0 - 6 5 über 65

88

+

+

2, 25, 91

+

+

I

38

+

+

In Myrtills zerfallner Hütte

I

48

+

+

In Ostreich stand ein schönes Schloß

I

61

+

+

38

+

+



In Polen steht ein Haus siehe: Dort oben auf dem Berg 412

In unserm Garten, da sitzt ein Amselchen

III

413

Ist alles dunkel, ist alles trübe

I, v

414

Ist denn kein Stuhl da für meine Hulda (Ist es Sonntag, welche große Freud)

I

415

Ist die schwarze Köchin da

416

Jetzt fahrn wir übern See, übern See

417

Jetzt geh i ans Brünnele

1-5,10,12-14, 18, 25,38,49,51, 61, 84, 8 7 - 9 2 , 106

+

+

+

+

(+) +

+

38, 88

+

+

I.III

78, Jugendgruppe Klinke

+

I

13, 25, 44, 45, 61, 67, 80, 81, 84, Kapelle Holtorf

III

20, 21 ,25

+

+

+

(+)

(+)

+

+

Liedtabelle I

Belegorte

Salzwedel Breitenfeld, Salzwedel

Breitenfeld, Magdeburg

BVANr.

TonbandNr.

Belege in anderen altmärk. Sammlungen u. dgl.

R +1192

431 Belege in sonstigen deutschen Sammlungen u. dgl. +BVA 32 (1952 in Bln. v. ostpr. Umsiedl. aufgez.); Schier Verz. (?)

1 b/3

Gehne, S. 181

R

Stückrath 3511a; Oetke K 111; P o m m . Archiv 2647; vgl. auch E B 872

1334

19 b/14

Maaß, S. 77ff.; G e h n e +28; Ehlies, B V A 601, 665, 679, 15 x R

KiV 184; Friedl., 18. J h . II, S. 435; A m f t , S. 512; Stemmle, S. 206; Wille, S. 28 u. a.

Jävenitz

+1495

21 a/9

Parisius 176 — 179, 520, 666, 667; Ehlies, 2 x R

D V l d r . 24, bes. S. 253; Meisinger 10; Landsch. 4, 5, 6, 8, 18, S. 24, 23, 14, 26, 17; Z u p f , S. 71 u. v. a.

Breitenfeld, Magdeburg

+1291

2 a/9

Breitenfeld

Breitenfeld, Magdeburg, Salzwedel

Klinke

Breitenfeld, Jävenitz, Kloster Neuendorf, Stendal, Tangerhütte, Diesdorf, Adlereebiree

2 a/10 21 b/4

Parisius (+>188, +379, vgl. auch+380,504,288, +570; Maaß, S. 77ff.; Klämbt, S. 29; G e h n e +16; Ehlies, B V A 351, 673, 17 x R ; A G V Stendal (R); Kapell-R Jävenitz

E B 698a; K ö - M e i 53; Z u p f , S. 54; Landsch. 3, 6, S. 26, 73; Schremmer 109 u. v. a.

98' 101 162 192 1 216 256 3152 u. ö.

Challier, S. 1620; D u n k e l wars, S. 79; Mies, S. 48; K o e p p , S. 89; Richter, S. 76 u. a. 2 a/6

B ö K , S. 507; W e h r h a n 3382; Lew.-Schläger 274; Stückrath 3563 a, d ; K ü c k , S. 30; Schremmer 237; Oetke K 113 u. a.

R

+1172

227

286

R

+1302

252

Meisinger 254; Landsch. 8, S. 97; Z u p f , S. 213; J ö d e , S. 48; Chorkatalog 3146 u. a.

Calvörde

Breitenfeld, Laatzke, +1266 Jävenitz, Tangerhütte, +1405 Salzwedel, Klötze

Vgl. Seite

11 a/4 36 a/4

Parisius 262, +606; Klämbt, S. 11; Ehlies, B V A 751

E B 1737; B ö K , S. 671; J u n g b . Bw. 427; Hensel, Fähnlein, S. 171; Schollmeier, S. 188; Chorkatalog 3 2 1 6 - 3 2 2 0 u. a.

202

E B 203 a; K ö - M e i 86; Z u p f , S. 55; Landsch. 7, S. 45; Spieser 503; Chorkatalog 3221 —3235 u. a.

253

Verzeichnis des 1955 gesammelten

432 Lfd. Nr.

Liedanfang

Liedgruppe

418

Jetzt reisen wir zum Tor hinaus, ade, ade, ade

I

419

Jetzund nehm ich eine Büchse

420

Junges Mädchen saß am Meere, eia, eia

421

Kaiser Otto, der große Held

422

Kehr ich einst zur Heimat wieder

Liedgutes

Nrn. d. Sängertabelle, weitere Trägergruppen

w

-14 -25 -40 -65

67

+

+

I

67

+

+

I

78, Jugendgruppe Klinke

+

1, 4, 13, 49

+

I

9

+

III

m

über 65

+ + +

Kehrt ein Wandersmann so müd daher siehe: Es zog ein Wandersmann 423

Keinen Tropfen im Becher mehr

I

100

+

424

Kein Feuer, keine Kohle

I

10, 13, 61, 84, 109, 110

+

425

Kein Heimatland, kein Elternhaus (Mutterhaus)

I

4, 20, 21, 49, 60, 61,81

+

426

Kein schöner Land in dieser Zeit

I

25, 78, 84, Jugendgruppe Klinke

+

427

Kenn ji all dat nieje Lied (Pastor sine Kauh)

I

6,12,13, 2 0 - 2 2 , 25,26,88,94,106

428

Kennst du das Land, wo die Zitronen blühen

I

61,62

+

-f-

+

+

+

+

(+) +

+

+

(+) +

+

+

+

+

Liedtabelle

I

433 Belege in sonstigen deutschen Sammlungen u. dgl.

BVANr.

TonbandNr.

Kloster Neuendorf

+1587

29 b/9

EB 757 a ; Marriage 116; Hoffm.Prahl 755; Meisinger 132; Zupf, S. 13; Chorkatalog 3963 u. a.

Kloster Neuendorf

+1577

29 b/1

EB 1468; Herbst 71; Marriage 156; Landsch. 2, 5, 8, 11, S. 101, 128, 88, 26; Wille, S. 38; Chorkatalog 3254 u. a.

Belegorte

Klinke Breitenfeld, Laatzke Breitenfeld

Hagen

R +1076 +1123

Schollmeier, S. 224; Pfannenstiel, S. 10; Chorkatalog 3304 13 b/3

R

Hoffm.-Parhl 766; Friedl., S. 117; Schier Verz.; Klein, S. 95 u. a.

Breitenfeld, Jävenitz, « 1 0 6 2 Stendal, Laatzke +1372 +1486

16 a/3 15 a/5

Breitenfeld, Salzwedel, Klötze

Jävenitz

Wehrhan 3210; Böhm, S. 231, 248 u. a. He-Wü 338/11; Allg. Kommersb., S. 61; Spieser 525; Klein, S. 82, 84, 106 u. a.

23 a/2

Breitenfeld, Klinke, Tangerhütte

Vgl. Parisius 612, Str. 2

1085

+1524

Breitenfeld, Jävenitz, Tangerhütte, Nesenitz, Klötze

Belege in anderen altmärk. Sammlungen u. dgl.

Parisius 185 (Str. 4ff.), 765 (Str. 2); Schwerin, 1 X R ; AGV Stendal (R)

EB 507; Hoffm.-Prahl 768; Meisinger 96; Zupf S. 34; Jöde, S. 142; Beck 317; Chorkatalog 3350 bis 3358 u. a.

Ehlies, BVA 562, 762, 2 x R

Jb. f. Vldf. III, S. 157; Penkert, S. 23; Challier, S. 1333, 1405, 1421; Spieser 521; Schier Verz.; Beck 318; Klein, S. 104 u. a.

R

+1141 +1664

R

BöV 243; Kr.-Zucc. II, 274; Allg. Kommersb., S. 82; Hensel, Fähnlein, S. 50; Jöde, S. 248; Mahr, S. 50; Chorkatalog 3 3 6 2 - 3 3 6 9 19 a/8 25 b/9

Ehlies, BVA 645

EB 1114; Schuhmacher 297; Landsch. 9, 10, 11,12, S. 128 72, 105, 84; Bringemeier 129; Kilometerstein, S. 129; Mecklenburger Volkslieder 51; Chorkatalog 3372 bis 3374 u. a. Hoffm.-Prahl 772; Friedl.. 18. Jh. I, S. 203, Anh. S. 206, II, S. 186; Challier, S. 1621, 1863, 1983; Werckm. W V , S. 365; Schier Verz.; Spieser 523 u. a.

Verzeichnis des 1955 gesammelten Liedgutes

434

Lfd. Nr.

Liedanfang

Liedgruppe

N r n . d. Sängertabelle, weitere Trägergruppen

m

w

-14 -25 -40 -65

+

429

Kind, ich hab dich gerne

I

9

+

430

Kindlein mein, schlaf doch ein

II

10, 13, 78, Jugendgruppe Klinke

+

431

Köln am Rhein, du schönes Städtchen (Abschied vom Schatz)

I

21, 49, 67, 80

+

+

432

K ö l n am Rhein, du schönes Städtchen . . . und darinnen eine Festung

I

25-27,29

+

+

433

K o m m doch, du feinartig Bauernmädchen

I

95, 96

+

+

+

434

K o m m , lieber Mai, und mache

I

84

+

+

435

K o m m t ein Vogel geflogen

III

25

+

+

436

K u m m , k u m m , Geselle min

I

78, 94, Jugendgruppe Klinke

+

437

Laß doch den Trübsinn fahren (Ich pflücke dunkle Rosen od. Zwei dunkle rote Rosen)

I

88

+

+

438

Laß mich gehn,: | daß ich Jesum m ö g e sehen

I

48

+

+

439

Laurenzia, liebe Laurenzia mein

33, 34

+

III

über 65

+

+

+ +

+

+

+

+

+

+

Liedtabelle I

Belegorte

Breitenfeld

Breitenfeld, Klinke

BVANr. '

TonbandNr.

R

Jöde, S. 40; Schollmeier, S. 52; 202 Wundergarten, S. 54; Oetke K 251 120; Chorkatalog 3 3 7 9 - 3 3 8 4 u . a .

Breitenfeld

+1164 +1222

llb/10 18 a/6

Salzwedel

+1728

Tangerhütte

R

Breitenfeld

+1205

Klinke, Salzwedel

Vgl. Seite

Parodie auf Norbert Schultzes 251 Schlager Lili Marlen (hier Nr. 597). Vgl. Haas, Schlager, S. 110

18 a/7 17 a/17 30 a/6

Laatzke,

Belege in sonstigen deutschen Sammlungen u. dgl.

1096

+1140 +1418 +1594

Breitenfeld, Stendal

Belege in anderen altmärk. Sammlungen u. dgl.

435

Ehlies, BVA354, 3 x R ; Meyer, S. 76

EB 1600; Marriage 55; Weber, 253 Hess., S. 113; Herbst 72; Zupf, 276 S. 187; Studentenldr., S. 326u.v.a. 314 2 Steinitz II, 279; Schuhmacher, 240 S. 177, 218 (Nr. 300); Spieser526; Schier Verz., Fassung b; A 166005 (Kurhessen); A 191985 (Pfalz); A 112992 (Pommern) u. v. a. Firmenich III, S. 109f.; Frisch- 291 bier, Plattdt., S. 10; Steinitz I, S. 163f.; Mersmann, S. 106f. ( = +A 51678); A 151534 (Rhein. Archiv); A 117057, A 116894 (Hannov. Archiv); A 141719 (Westfäl. Archiv); A 136146 (Pommern); Mecklenburger Volkslieder 83 u. a. BöV 629; Friedl., 18. Jh. II, S. 282, 380; Wustmann, S. 244; Jöde, S. 193; Chorkatalog 3419 bis 3421 u. a.

llb/12

Ebeling II, S. 252; Gehne, S. 179; Ehlies, 1 X R

EB 1051; KiV 191; Bringemeier 188; Stückrath 3513a; Werckm. WV, S. 99; Chorkatalog 3425 bis 3426 u. a. Zupf, S. 20; Schollmeier, S. 172; 199 Chorkatalog 3422,3460-3468u.a. 201

R

Salzwedel

+1686

25 a/18

Calvörde

+1344

19 b/11

Ehlies, 1 X R

Challier, S. 2374; Sängerhain III, 186 215 S. 221; Petrich, S. 23 u. a.

Breitenfeld

+1244

32 b/5

Nachlaß Hölzer

EB 1742; Meisinger 272; Wolfram 250 443/2; Kilometerstein, S. 181 f. u. a.

28

Volksgesang

Schremmer 113; Steglich Ms. 320 = A119 291; A 92 832 (Pomm. Archiv); A 105673 (Hannover) u. a.

Verzeichnis des 1955 gesammelten

436

Lfd. Nr.

Liedanfang

Liedgruppe

Liedgutes

Nrn. d. Sängertabelle, weitere Trägergruppen

m

w

- 1 4 - 2 5 - 4 0 - 6 5 über 65

440

Leis das Glöckchen nur tönt

I

57,58, Schule Jävenitz

+

441

Leise rieselt der Schnee

I

49

+

+

442

Leise tönt die Abendglocke

I

1, 13, 14, 18, 25, 67, 80, 81, 88, 90

+

+

443

Leise über sanften Wogen

I

4

+

+

+

+

+

+

Lenchen ging einmal spazieren siehe: Linchen ging einmal spazieren 444

Lever dod as Slav (Kanon)

I

94

445

Lieben sind zwar schöne Sachen (Saßen einst zwei Turteltauben)

I

1, 2, 9, 13, 21, 2 6 - 2 9 , 49, 54, 59, 60, 62, 6 5 67, 69, 70, 82

+

+

+

+

+ +

+

+

+

+

+

+

+

Liebster, ach du brachst den Schwur der Treue siehe: Treue Liebe hast du mir geschworen Lila ist Mode, lila ist modern siehe: Püppchen, mein Liesel Lina ging zum ersten Mal siehe: Heute gehts zum ersten Mal 446

Lina, komm mal vor de Dör (Gretchen, Liesken, Mäken, Trina)

I

1, 10, 15, 18, 25, 38, 48, 90, Ensemble Breitenfeld, Ensemble Arneburg

447

Lina war ein schönes Mädchen

I

61

+

+

-r

Liedtabelle

Belegorte

Jävenitz

BVANr.

TonbandNr.

+1473

22 a/3

A2>1

I

Belege in anderen altmärk. Sammlungen u. dgl.

Belege in sonstigen deutschen Sammlungen u. dgl. FDJ-Liederbuch,

S. 258;

Vgl. Seite

Chor- 217 273 f .

katalog 3558; IIOBWH IleceHHMK

S. 44 u. a.

Laatzke

+1398

Breitenfeld, Kloster Neuendorf, Stendal, Salzwedel

+1146 +1622

Breitenfeld

1057

Salzwedel

R

Breitenfcld, Laatzke, Gardelegen, Jävenitz, Kloster Neuendorf, Lindste'dt, Dolle

+1009 +1120 +1137 +1216

+1419 +1493 +1593 +1609

Fett-Koob, S. 7; Unser Lied, S.69; Stimmt an, S. 34 u. a. 2 a/3 13 a/4

Gehne +24; Ehlies, 7 x R

227 KiV 534; Amft, S. 497/1; Landsch. 3, S. 83; Herbst 73; 253 Kutscher, S. 86; Klier, S. 73/19 u. v. a.

Ehlies, BVA 519

227 KiV 490; Schuhmacher 380; Schremmer 29; Shanties, S. 67; Werckm., S. 151 u. a.

Lahusen, S. 6; Strube, Blumensaat, S. 16 u. a. 17 b/15 13 b/1 18 a/5 18 b/4 17 a/11 16 a/3 7 a/3 29 a/11 20 a/1

Vgl. Parisius 218, 292, 482, 543

S. 116;

200

EB 782; Kö-Mei 107B; Krapp, 252 S. 50; Schier 36; He-Wü 180; 253 255 Weber, Hess., S. 64 u. a. 267 1 268 306 3

106

Breitenfeld, Calvörde, Salzwedel, Arneburg

+1269 1345 +1701

27 b/10

Jävenitz

+1542

21 a/10

2 b/8

Parisius 224, 527; Wegener 668 — 670; Ehlies, BVA 556, 568, 1 x R ; Thorns, 1 X R ; Nachlaß Hölzer

206 Frischbier, Plattdt., S. 14; Landsch. 10, 11, 14, S. 64, 98, 210 96; Möller 51; Haas-Worm, S.67; 251 Wille, S. 48f.; Koeber, S. 29; Mecklenburger Volkslieder 47 u.a. Challier, S. 1627; Lew., Nh. V, S. 36; Stemmle, S. 88; Goertz, S

28*

54

Verzeichnis des 1955 gesammelten Liedgutes

438

Lfd. Nr.

Liedanfang

Liedgruppe

448

Linchen ging einmal spazieren (Lenchen, Lottchen ging im Wald spazieren)

I, V

449

Lippe-Detmold, schöne Stadt

450

Lobet den Herren, den mächtigen König der E h r e n

eine

wunder-

N r n . d. Sängertabelle, weitere Trägergruppen

m

w

-14 -25 -40 -65

+

2, 10, 12, 13, 25, 26, 61, 69, 88

(+) +

I

25

(+) +

IV, I

55

+ (+)

+

+

+

über 65

+

+

Lottchen ging im Wald spazieren siehe: Linchen ging einmal spazieren

+

451

Lott is d o d , : | Jule liegt im Sterben

V

1 - 5 , 1 0 - 1 3 , 25, 26, 31, 32, 90, 103, Ensemble Breitenfeld, Kapelle Fahrenkamp

452

Lütt Mattn, de Has

I

48

+

+

+

+

+

Lumpen, Alteisen, Knochen, Papier siehe: Püppchen, mein Liesel 453

Lustig ist das Zigeunerleben

I

10, 12, 13, 26, 88

454

Macht man im Leben kaum den ersten Schritt

I

21, 26, 49, 67, 109,110

+

+

+

+

+

+

Liedtabelle

Belegorte

BVANr.

TonbandNr.

I

439

Belege in anderen altmärk. Sammlungen u. dgl.

Belege in sonstigen deutschen Sammlungen u. dgl.

Ehlies, B V A 346, 720, 1 XR

E B 712; He-Wü 189; K ö - M e i l 3 4 ; Schremmer 112; Krapp, S. 133; Stemmle, S. 88, vgl. auch S. 96; Pott, S. 76; John 69(a) u. a.

Vgl. Seite 251 252

Breitenfeld, Jävenitz, Lindstedt, Salzwedel

+1121 +1207 +1612

11 b/6 20 b/3

Breitenfeld

+1160

11 a/7

Jävenitz

+1464

15 b/1

Antwort auf die 139. Atlasfrage aus Lindstedt ; Dietrichs-Parisius I, S. 250 (R); Hesselbarth, S. 121 (R); Schlomka, S. 30 (R)

Zahn 1912 (c); Knapp 1675; Bruder Singer, S. 216 u. a.

Breitenfeld, Salzwedel, Wallstawe

+1124

31 a/6 32 a/2f 32 b/lg 35 a/1

Parisius Hs. 91; Winter, S. 385; Wegener 993; ders., Spiele, S.436; Gehne, S. 246; A M II, A+12/2 (Horenburg); Horenburg-Oetke +58; Ehlies, B V A 572; Tourenbuch Lampe; Kapell-R Jävenitz

E B 1032; Pomm. Bll. V, S. 145; 137 Treichel, S. 148; Frömmel I, 50f., 150 II, 159; Möller, S. 60; Pommern- 155 sang, S. 80; Lew.-Schläger 40; 159 f. 162 ff Stückrath 735; Wehrhan 2917; 210 Mecklenburger Volkslieder 71 251 f. u. v. a. 256

Calvörde

+1327

19 a/12

Breitenfeld, Salzwedel

R

Breitenfeld, Laatzke, Kloster Neuendorf, Klötze, Nesenitz

+1135 +1397 +1792

12 a/4 17 b/1 26 b/6

Kutscher, S. 87; Schuhmacher, S. 33, 219; Ndt. Zs. f. Vkde. 11, S. 81; Landsch. 9, S. 94; Zupf, S. 186; Treichel, S. 53 u. a.

Ehlies, 9 X R ; rin, B V A 777

Schwe-

128 140f. 146 147

Klaus Groth, Quickborn, S. 65; Challier, S. 1522,1628,1871,2377; Westf. Ldb., S. 168; Pommernsang, S. 8; Jöde 1949, S. 87; Chorkatalog 3 6 3 8 - 3 6 3 9 ; Mecklenburger Volkslieder 25 u. a.

289 1 305

E B 1585f.; Weber, Hess., S. 23; Wehrhan 3311; Jungb. Bw. 347; Schuhmacher 314; Klämbt, S. 83; Mahr, S. 122 u. a.

251

B ö V 672; K i V 201; Jungb. Bw. 629; Herbst 74; Schremmer 133; Klier, S. 55/38 u. v. a.

253

Verzeichnis des 1955 gesammelten Liedgutes

440

Lfd. Nr.

Liedanfang

Liedgruppe

N r n . d. Sängertabelle, weitere Trägergruppen

455

Mädel klein, Mädel fein

I

84

456

Mädel, merk dirs fein (Büberl, merk dirs fein)

I

106

457

Mägdlein in dunkler Nacht

I

2, 21, 26, 29, 80, 81, 84, 89, 102, 106

m

w

-14 -25 -40 -65

+

+

(+) +

+

+

+

+

+

+

über 65

+

Mäken, mak mal u p dat Fenster siehe: Lina, k o m m mal vor de Dör 458

Mann an Mann marschieren wir (Gerda — Ursula — Marie)

I

9

+

459

Maria täte wandern

I

67

+

+

Mariechen saß auf einem Stein siehe: Die Anna saß auf einem Stein

+

460

Mariechen saß weinend im Garten

461

Marie Helen, wann sehen wir uns wieder

462

Martens- Martens-Billerblatt {auch als Anhang MartensM.-Vöggelken)

IV

108

+

463

Martens- Martens-Fisch {auch als Anhang : MartensM.-Vöggelken)

IV

91, 108, 109

+

I, v

I

1, 2, 1 1 - 1 3 , 24 - 2 6 , 30, 60, 62, 80, 81, 89, 106, 109,110

49

+

(+) +

+

+

+

+

(+) + +

+

+

+

Liedtabelle I

Belegorte

Tangerhütte

BVANr.

TonbandNr.

Belege in anderen altmärk. Sammlungen u. dgl.

R

441 Belege in sonstigen deutschen Sammlungen u. dgl.

Vgl. Seite

Lehär, Graf v. Luxemburg

Klötze

+1762

24 a/9

Challier, S. 131 (Lied von T h o mas Koschat); Gitarre III, S. 20f.; vgl. E B 1037 u. a.

Breitenfeld, Stendal, Tangerhütte, Salzwedel, Hilmsen, Klötze, Osterburg

+1040 +1134 +1765

6 b/1 18 b/3 24 a/5

KiV 493; Schremmer 110; Chal- 252 lier, S. 1522, 1629; Werckm. WV, 256 S. 99; Spieser 548; Schier Verz. u. a.

Breitenfeld Kloster Neuendorf

1089 +1568

30 a/8

Parisius 661; A M II, A +6/2 (Horenburg); Ehlies, BVA 728

Marsch und Lied von H.-Niel, Apollo-Verl. Bln. 414 (1939)

251 314 3

E B 2058ff.; Amft 613; Kö-Mei 1; Zupf, S. 94 u. a.

103 215 233 165

Breitenfeld, Jävenitz, +1023 Stendal, Salzwedel, Klötze, Nesenitz (+>1211 (+11757

3 b/4 8 a/3

Ehlies, 15 X R; Schwerin, 1 x R ; BVA 991 (Salzwedel); Thoms, BVA 935; Tourenbuch Hund-Dähre; Kapell-R Jävenitz

Laatzke

+1433

13 a/14

Klötze

+1775

23 b/5

Dietrichs-Parisius I, S. 201 f.; ParisiusHs.31; Danneil, Wb., S. 268; Gehne, S. 279; Antworten auf d. 40. Atlasfrage (5 x ) ; Schlomka, S. 210; BVA 1841 (Immekath)

+1774 +1719a

23 b/5a 25b/16a

Danneil, Wb., S. 286; Antwort auf d. 40. Atlasfrage aus Osterburg; BVA 1842 (Immekath)

Salzwedel, Klötze

BöV 486; KiV 210; Zs. f. Vkde. 10, S. 66ff.; Marriage 82; Weber, Hess., S. 31 u. v. a.

157 161 228 2 229 314 1 u. ö.

Sturm- u. Kampflieder, S. 87 (Worte u. Weise Günter Joachim)

252 131

Schimpfreim. Vgl. Jürgensen 75 u. a.

442

Verzeichnis des 1955 gesammelten

Lfd. Nr.

Liedanfang

Liedgruppe

464

Martens-Martens-Vöggelken (Maartens-M.-VQjelchen; ^4«hang\ Dort steiht'n klein König; Ach du kleiner König und Schimpfreim Wittn Tweern, swattn Tweern)

IV

Liedgutes

Nrn. d. Sängertabelle, weitere Trägergruppen

m

w

67, 73, 91, 107 -109,113

+

+

- 1 4 - 2 5 - 4 0 - 6 5 über 65

+

+

Martin, der ist gar nicht stolz siehe: Heinrich Holz ist nicht stolz

+

465

Mein bester Kamerad ist die Harmonika

I

51

+

466

Meine, meine Freud ist groß, wenn ich seh, wenn die Sonn aufgeht

I

88

+

467

Meine Mutter hat Gänse

78, Jugendgruppe Klinke

+

468

Mein Hüttlein steht unten im Tale (Ich lebe als Landmann zufrieden)

I

98

+

+

469

Mein Liebster ist ein Weber

I

67

+

+

470

Mein Mädel hat einen Rosenmund

I

61, 84

+

+

471

Mein Schätzlein kommt von ferne

I

78, Jugendgruppe Klinke

+

III

+ +

+

+

443

Liedtabelle I

Belegorte

Kloster Neuendorf, Letzlingen, Salzwedel, Klötze, Quarnebeck

Laatzke Salzwedel

BVANr. +1614 +1719 +1773 +1796

TonbandNr.

Belege in anderen altmärk. Sammlungen u. dgl.

16 b/5 25 b/16 23 b/4 23 b/7 18 b/7

Parisius Hs. 31 ( 2 x ) ; Dietrichs-Parisius I, S. 201 f.; Danneil, Wb., S. 132, 267f.; Engelien u. Lahn, S. 2 3 6 f . ; K u h n , S. 344 f.; Firmenich I, S. 139, 140; Winter, S. 387 ;Wegener, Festgebräuche, S.379ff.; Hesselbarth, S. 118ff.; Matthies, S. 199,208f.; Gehne, S. 277f.; A M I, A +8/2 (Horenburg); Antworten auf d. 40. Atlasfrage (70 x ) ; Jürgensen 71—74 (nach Firmenich, Simrock, K u h n u. a.); Schlomka, S. 207 ff.; BVA 1 8 2 7 - 1 8 3 5 , 1838 bis 1840, 1843, 1844 (1960 aus verschiedenen Orten der westlichen Altmark)

Vgl. Seite

BöK, S. 364 (Nr. 1670); Nieder10 sachsen 8, S. 80, ebd. 5, S. 48; 129ff. Angermann, S. 234ff.; A 193042, 253 A 193002 (Westfalen); A 151228 256 (Hannover); A 153054 (Oldenburg) u. v. a. Mei. vgl. E B 1269

Schlagerlied um 1940

1459 +1682

Belege in sonstigen deutschen Sammlungen u. dgl.

25 b/5

Nachlaß Hölzer

Schier Verz.; Spieser 566; Soldadaten, Kameraden, S. 96; Steglich Ms. 75

Klinke

R

B ö K , S. 141; Fiedler, S. 112; Schollmeier, S. 203 u. a.

Schmölau

R

E B 1551; KiV 447; Wolfram 364; Schremmer 199 u. a.

Kloster Neuendorf

+1595

Jävenitz, Tangerhütte

R

Kr.-Zucc. II, 164; Klein, S. 92; Chorkatalog 3740—3743 u. a.

Klinke

R

Schollmeier, S. 173; garten, S. 95 u. a.

29 b/5

Challier, S. 1875; Schier Ldb. 1843, S. 178 u. a.

Verz.;

Wunder-

202

253

201

Verzeichnis des 1955 gesammelten

444

Lfd. Nr.

Liedanfang

Liedgruppe

Liedgutes

Nrn. d. Sängertabelle, weitere Trägergruppen

m

w

- 1 4 - 2 5 - 4 0 - 6 5 über 65

472

Mein Vater war Bergmann

I

61

+

473

Mein Vater war ein Wandersmann

I

94

+

474

Min Vader rookt de Piepe

III

112

475

Mir ist die Sonne aufgegangen

I

49

476

Mit dem Pfeil, dem Bogen

I

84

+ +

477

Mit Mädeln sich vertragen (Kanon)

I

94

+

478

Mit schwachen Armen, bleichen Wangen

I

48, 6 0 - 6 2 , 67, 106

+

+

479

Morgen muß ich fort von hier

I

5, 60, 61, 67, 84, 99

+

+

+

480

Morgen muß (will) mein Schatz verreisen (Morgen müssen wir uns scheiden, siehste wohl; Hamburg ist ein schönes Städtchen)

I

9,21,27-29,60, 61, 84, 106

+

+

481

Morgens früh am kühlen Tage

I

67

+

+

482

Morgen wolln wir heiraten, ju-u-u (Petersilien-Suppenkraut)

III

1, 2, 25, 38

+

+

483

Mudder Witsch,: | kiek mi mal an

V

105

+

+ +

+

+

+

+ + +

+

+

+

+

+

Liedtabelle

Belegorte

Jävenitz

Salzwedel Quarnebeck Laatzke

BVANr.

TonbandNr.

+1512

9 b/7

Belege in anderen altmärk. Sammlungen u. dgl.

+1798

Belege in sonstigen deutschen Sammlungen u. dgl. „ E i n Lebensbild von H . Bastyr". Menzenhauer 1010; Steinitz I, 112; Heilfurth, S. 686; Spieser 574; Beck 359 u. a. Mel. vgl. Pott, S. 60; D t . Liederkunde, S. 151 ff.

R

Werckm. W V , S. 32 = Werckm., S. 32 u. a. 18 b/9

Carriere-

R

Salzwedel

R

228 283 f .

199

243 A n t w o r t auf die 40. Atlasfrage aus Kahrstedt

Calvörde, Jävenitz, Kloster Neuendorf, Klötze, Osterburg

+1329 +1482 +1583 +1755

19 9 30 25

Breitenfeld, Jävenitz, Tangerhütte, Kloster N e u e n d o r f , Hagen

+1635 1876

28 a/11

Breitenfeld, Jävenitz, Tangerhütte, Klötze

1081 1087 +1228 +1520 +1633

18 b/2 23 a/5 28 a/12

Kloster Neuendorf

+1596

Breitenfeld, Magdeburg

+1046 +1194 +1303

R

Vgl. Seite

155

Winter, S. 310; Gehne, S. 246; Hölzer 12, 13

1394

Tangerhütte

Diesdorf, Molmke, Schmölau, Waddekath

445

I

b/6 b/6 a/3 b/22 Parisius 234; Stendal (R)

AGV

Hoffm.-Prahl 877; W u s t m a n n , S. 514; Schier Verz.; Spieser 579 u. a.

132 253

Friedl., 18. J h . II, S. 170; Singende Mannschaft, S. 96 (Mel. C. Lahusen) u. a.

200

J b . f. Vldf. III, S. 176; Heilfurth, S. 114, 504f., 688; Steinitz I, 121; Schremmer 44; Schuhmacher 337; Spieser 581; Schier 34; Klüsen 109; Ittenbach, S. 130/9

228

E B 791c; H e - W ü 319/1; Hoffm.Prahl 893; K ö - M e i 162; Bringemeier 131; Werckm. W V , S. 119 u. a.

237

253

192i 253 3171

Parisius 193, 711; E h lies, 1 x R ; vgl. Matthies, Vldr., S. 234

E B782c;Landsch. 3 , 5 , 7 , 1 1 , 1 2 , 1 3 , 251 4 S. 53, 98, 50, 54, 60, 80; Schrem- 315 mer 100; Weber, Hess. 177; Schuhmacher 57; Z u p f , S. 12 u. v. a.

29 a/10

Parisius +165, 206, 314, +403,+745

Pröhle 51; Meier 20 u. a.

188 253

17 b/9 1 b/3 5 b/13

Winter, S. 333; vgl. Gehne, S. 178; A M I , A +4/1 (Horenburg), vgl. auch A +1/3 (unsere N r . 662); Hölzer, S. 10 f.

Klein, S. 62; vgl. E B 1872; Stückrath 3516; W e h r h a n 3206; Landsch. 10, S. 21; Steglich Ms. 473, 667 u. a.

113 252

A M II, A + 1 2 / 1 ; Nachlaß Hölzer

P o m m . Bll. V, S. 147f.; Haas, S. 26; Landsch. 10, 36, S. 33, 60; P o m m e r n s a n g , S. 80; Mecklenburger Volkslieder 69 u. a.

159

Verzeichnis des 1955 gesammelten Liedgutes

446

Lfd. Nr. 484

Liedanfang

Müde bin ich, geh zur Ruh

Liedgruppe I

Nrn. d. Sängertabelle, weitere Trägergruppen

m

w

-14 -25 -40 -65

+

26

über 65

+

Müde kehrt ein Wandersmann einher siehe: Es zog ein Wandersmann

+

+

+

+

+

(+)

+

485

Müde kehrt ein Wandersmann zurück

486

M u ß i denn,: | zum Städtele hinaus

I

25, 84

+

487

Mutlos mit fliehenden Schritten (Zigeuner)

I

10

+

488

Nach der Heimat geht mein heißes Sehnen

I

28, 29, 51, 52

+

489

Nach der Heimat möcht ich eilen (Negersklave)

I

2, 4, 26, 48, 49, 6 0 - 6 2 , 80, 81

+

+

+

490

Nach der Heimat möcht ich wieder (Teure Heimat)

I

2, 49, 61, 80, 81, 99

+

+

+

491

Nach Hause,: | nach Hause gehn wir nicht

I,(V)

492

Nach meiner Heimat ziehts mich wieder

I

I, V

1-5,10,12-15, 18,49, 54, 60,62, 63, 69, 80, 81, 109, 110

99

2, 4, 13, 16, 26, 33, 34, 42, 48, 49, 61, 80, 88, 99

+ +

+

+

+

+

rf

+

+

+ (+) +

+

Liedtabelle I

Belegorte

Breitenfeld

Breitenfeld, Laatzke, Gardelegen, Klinke, Jävenitz, Lindstedt, Stendal, Nesenitz

BVANr.

TonbandNr.

+1221

18 a/3

+1016 (+>1353

3 b/1

Belege in anderen altmärk. Sammlungen u. dgl.

G e h n e + 2 0 ; Ehlies, 19 x R ; Schwerin, l x R ; T h o m s , BVA 945; B V A 977, l x R (Wollenhagen, Salzw.); KapellR Jävenitz;

447 Belege in sonstigen deutschen Sammlungen u.dgl. B ö V 247; Hoffm.-Prahl 895; Wehrhan 2746; Spieser 588; Böhm, S. 249; Schollmeier, S. 50 u. a.

284 2

E B 672; K i V 227; Marriage 29; Schremmer 100 u. v. a.

161 251 252 255 3141

Breitenfeld, Tangerhütte

R

Breitenfeld

+1105

13 b/2

Schier Verz.

Breitenfeld, Laatzke

+1232

13 b/12

A 103146, A 139758, A 153911 (Grenzmark. Archiv); +A 102041 (Westpr.); +BVA 26 (aufgez. 1952 in Bln. v o n einer ostpr. Umsiedlerin durch H . Wegener) u. a.

Breitenfeld, Calvörde, +1031a Laatzke, Jävenitz, (+H061 Stendal +1383 +1514 Breitenfeld, Laatzke, Jävenitz, Stendal, Hagen

Hagen

+1032 (+>1390 1866

E B 7 8 5 a ; K i V 228; H e - W ü 315; Pröhle, S. 67; Z u p f , S. 13; M a h r , S. 51; Chorkatalog 3 8 5 4 - 3 8 6 1 u. v. a.

6 b/3

3 a/2

6 b/8 32 b/4

2381 286

228 238 252 257

Ehlies, 1 x R

Hoffm.-Prahl 899; K ö - M e i 155; Schier 33; Beck 364; Gitarre V , S. 13 u . a .

Ehlies, 2 x R

Lied v. K . K r o m e r . D o m k o w s k y 243 1010; Schuhmacher, S. 48, 221 252 (Nr. 346); Schier 56 b ; Klein, S. 95, 104, 106; Allg. K o m m e r s b . , S. 62; D t . Liederkunde, S. 108 u. v. a.

Tourenbücher Hartwig, Hurjd-Dähre, L a m p e

Challier, S. 1433, 1528; Ittenbach, S. 126/68; Mies, S. 281, vgl. auch S. 48 u. a.

90 156

B V A 989, 993 (Oebisfelde, Salzwedel); H ö l zer +154

Challier, S. 1513, 1980, 2091; Schier Verz.; Klein, S. 63, 65, 88, 91, 105; Steglich Ms. 631 u. a.

241 250 252 255

16 a/5 21 a/4

R

Breitenfeld, Calvörde, +1031 Laatzke, Jävenitz, +1239 Stendal, Salzwedel, 1385 Hagen (+H519 (+11671

Vgl. Seite

Verzeichnis des 1955 gesammelten

448

Liedgutes

Nrn. d. Sängertabelle, weitere Trägergruppen

Lfd. Nr.

Liedanfang

Liedgruppe

493

Nach Sibirien, da muß ich jetzt reisen

I

20, 21, 89

+

494

Nacht bricht an, unser Tagwerk ist getan (Kanon)

I

94

+

+

495

Neunzehnhundertfünfundzwanzig war fürwahr ein Unglücksjahr (Dicht bei Dortmund)

I

1, 2, 4, 13, 20, 22, 26

+

+

496

Niemand liebt dich so wie ich

I

84

+

+

497

Nie werd (könnt) ich die Gegend vergessen (Bald sind wir auf ewig geschieden)

I

49, 89

+

+

498

Noch einmal möcht ich dir sagen

I

61

+

+

499

Noch ist die blühende goldene Zeit

I

48

+

+

500

Nun ade, du mein lieb Heimatland

I

84

_L

501

Nun ade,: | keinen kümmerts, daß ich geh

I

67

+

502

Nun leb wohl, du kleine Gasse

I

3, 5, 6, 19, 27 - 2 9 , 40, 61, 84, 88

503

Nun will der Lenz uns grüßen

I

78, 94, Jugendgruppe Klinke

504

Oben am Berg steht a Tannabaam

I

44, 45

I

94

m

+

w

+

+ +

+

+

+

+

+

Oben • auf der Holstein-Alm siehe: Droben im Oberland 505

O Danneboom,: | du drägst een grönen Twieg

+

+

(+) +

+

+ +

- 1 4 - 2 5 - 4 0 - 6 5 über 65

+

449

Liedtabelle I

Belegorte

Breitenfeld, Salzwedel

BVANr.

TonbandNr.

+1131 +1694

19 a/3 25 b/19

Salzwedel

R

Breitenfeld

+1054

Tangerhütte Laatzke, Salzwedel

1411 +1698 R

Calvörde

+1340

Ehlies, BVA 371, 3 x R 27 b/5

19 a/7

R

Ehlies, 1 x R ; BVA 972 (Wollenhagen); (AM, S. 85); A G V Stendal (R) 29 b/6

Breitenfeld, Jävenitz, Tangerhütte, Salzwedel

+1229 +1636

18 b/1 28 a/9

Salzwedel

R

+1317

R

Vgl. Seite

KiV 503; Kö-Mei 189; Beck 366; He-Wü 341a; Steinitz II, 244; Wille, S. 27; Steglich Ms. 467; D t . Liederkunde, S. 108 u. v. a. Schollmeier, S. 44 (aus K. Marx, Kanons); Strube, S. 44; Chorkatalog 3882 u. a.

200

Heilfurth, S. 689; Steinitz 1,123

113 1 228 252

E B 780; He-Wü 312; Krapp, S. 133; Kö-Mei 169; Landsch. 8, S. 58; Klein, S. 83 u. a.

281

Lied v. Krasinsky. D o m k o w s k y 1479; Challier, S. 2001; Schier Verz.; Gitarre V, S. 8

+1589

Breitenfeld, • Adlergebirge

Belege in sonstigen deutschen Sammlungen u. dgl.

Lehär, Paganini

Kloster Neuendorf

Klinke, Salzwedel

Ehlies, 1 X R

R

Jävenitz

Tangerhütte

Belege in anderen altmärk. Sammlungen u. dgl.

4 b/4

Hoffm.-Prahl 919; Reisert, S. 76; Werckm., S. 113; Schier Verz. u. a.

185 u. ö.

BöV 503; Allg. Kommersb., S. 89; Jode, S. 114; Spieser 604; Klein, S. 95; Chorkatalog 3933 u. a.

214

Challier, S. 636; A 40792 (Westfalen)

253

Ehlies, 1 X R ; Einsendungen an BVA, 1 x R (Salzwedel); A G V Stendal (R)

BöV 493; KiV 239; Allg. Kom- 185 mersb., S. 419; Chorkatalog 3960 192 1 253 u. a. 257

(AM, S. 154)

Jode, S. 228; St. Georg, S. 207; Schollmeier, S. 97; Chorkatalog 3 9 8 3 - 3 9 9 8 u. a. Jungb. Bw. S. 166 f.

562;

Gitarre

199 201

IV,

E B 175d; Kr.-Zucc. I, 89; Reifferscheid 24; Hensel, Fähnlein, S. 52 u. a.

200

Verzeichnis des 1955 gesammelten Liedgutes

450

Lfd. Nr.

Liedgruppe

Liedanfang

N r n . d. Sängertabelle, weitere Träger gruppen

m

w

-14 -25 -40 -65

+

506

O

muß

I

67

+

507

O du klarblauer H i m m e l (Ach du klarblauer Himmel)

I

90

+

d u Deutschland, ich marschieren

+

O du liebe Lene siehe: Ach du liebe Lene 508

O du stille Zeit

I

94

+

+

509

ö w e r de stillen Stritten

I

88,94

+

+

510

O glücklich, wer ein Herz gefunden

I

9, 26, 28, 29

+

511

O hätt ich Flügel,: | ich flog zum blauen Himmelsmeer

I

4

+

+

512

O hast du noch ein Mütterlein

I

88

+

513

O

Mädchen, mein wie lieb ich dich

Mädchen,

I

51

+ +

514

O

Straßburg,: | schöne Stadt

wunder-

I

67

+

+

515

O Täler weit, o H ö h n

I

60, 61, 90

(+) +

+

516

O wie ist es kalt geworden

517

Paar Eier,: ] in unse Kiep

du

Petersilien-Suppenkraut wächst in unserm Garten siehe: M o r gen wolln wir heiraten

I.III IV

10,12,13,16,25, 80, 81 52

+

+

+

+

+

+ +

über 65

+

+

+

451

Liedtabelle I

BVANr.

TonbandNr.

Belege in anderen altmärk. Sammlungen u. dgl.

Belege in sonstigen deutschen Sammlungen u. dgl.

Vgl. Seite

Kloster Neuendorf

+1588

29 a/8

Parisius +677, 716; Ehlies, BVA 503, 1 X R

E B 1375; KiV 242; Schuhmacher 359f.; Voretzsch, S. 64; Herbst 83 u. v. a.

253 314 3151

Salzwedel

+1705

27 b/8

G V Stendal (R); A G V Stendal (R)

B ö V 292; Hoffm.-Prahl 10; Werckm. W V , S. 58; Chorkatalog 2 5 - 2 8 u. a.

183 192 1 240 2

Belegorte

159 Salzwedel

R

Strube, S. 44 (Weise von v. Bresgen); Gesell, S. 233f.; Schlesw.Holst., S. 158 u. a.

200

Salzwedel

R

Challier, S. 1639, 2301, 2385; St. Georg, S. 332; Pommernsang, S. 51; Chorkatalog 4 0 3 1 - 4 0 3 2 u. a.

199 244

Breitenfeld

+1218

Breitenfeld

1072

A 116052 (Rhein. Archiv); Challier, S. 1257(?)

Salzwedel

R

Schier Verz.; Österr. Ldb., S. 114

Laatzke

R

Lehär, Friederike

Kloster Neuendorf

+1575

Jävenitz, Salzwedel

(+>1708

Breitenfeld, Stendal Laatzke

+1198 1462

13 b/11

29 a/6

10a/3

Ehlies, BVA 456, 491

Hoffm., Ges. Werke I, S. 86; Challier, S. 1041, 1169,1257,1350, 1436, 2003 u. a.

Parisius 308, 397, 452, 458, 546, 715; Ehlies, BVA 420

E B 1392; Hoffm.-Prahl 955; Landsch. 3, 4, 12, S. 75, 63, 69; Meisinger 184; Z u p f , S. 166 u. a.

253

A G V Stendal (R)

B ö V 178; Hoffm.-Prahl 958; Allg. K o m m e r s b u c h , S. 10; Schier Verz.; Chorkatalog 4063 bis 4066 u. a.

192 1 240 2

Ehlies, 1 x R

B ö V 222; KiV 244; Werckm. W V , S. 54; Spieser 626 u. a.

215 251 124 1 133 135 144 1

Wegener, Festgebräuche, S. 263f.; Matthies, S. 209; A M I, A +9/1 (Horenburg); Schröder, S. 80; Schlomka, S. 80; Altmarkbote IV, S. 128 t

29

Volksgesang

243

452

Verzeichnis des 1955 gesammelten

Nrn. d. Sängertabelle, weitere Trägergruppen

Lfd. Nr.

Liedanfang

Liedgruppe

518

Püppchen, mein Liesel, schlafe doch ein (Püppchen ist so niedlich; Lumpen Alteisen; Lila ist Mode; Schlaf Kind, mein Püppchen)

II

10, 12, 13, 38

519

Putthöhneken,: [ wat deist up unsen Hoff

III

113

520

Putt- putt- putt, ihr Hühnerchen

III

521

Rauscht der Sommerwind

522

Regnbogn, regn mi nich natt

III

87

523

Ringel-rangel Rosen, schöne Aprikosen

II,III

22

524

Ringel-ringel Rosenkranz, Mädchendanz

II,III

87

525

Ringlein,: | du mußt wandern (Taler,: | du mußt wandern)

526

Rosel, wenn du meine wärst

527

Rosemarie,: | sieben Jahre mein Herz nach dir schrie

I

Liedgutes

m

w

- 1 4 - 2 5 - 4 0 - 6 5 über 65

+

+

+

+

+

38, 104, Schule Diesdorf

+

+

78, Jugendgruppe Klinke

+

+

+

+

+

+

+ (+)

+

+

+

+

+

10, 37, 38

+

I

33, 34

+

+

I

51, 61, 94, 99

+

+

III

+

+

+

+

Liedtabelle I

Belegorte

BVANr.

TonbandNr.

Belege in anderen altmärk. Sammlungen u. dgl.

453 Belege in sonstigen deutschen Sammlungen u. dgl. Wehrhan 3 1 4 4 - 3 1 4 6 ; 2292

Stückrath

Vgl. Seite 106 251

Breitenfeld, Magdeburg

+1108 +1275

2 b/16

Quarnebeck

+1801

18 b/11

Parisius Hs. 3 ; Danneil, Wb., S. 223; Winter, S. 312; Wegener 85; Ebeling II, S. 252; Gehne, S. 147; A M I, A +11/1 (Horenburg); Sylvester, S. 12

B ö K , S. 138; Frischbier 80ff.; K ü c k , S. 15; Bringemeier 193; Frömmel I, S. 9 u. II, S. 9 ; P o m mernsang, S. 7; Klämbt, S. 62; C-horkatalog 4120 u. a.

Breitenfeld, Magdeburg, Diesdorf

+1299 +1738

1 a/7 23 b/2

Thoms, 1 X R

B ö K , S. 138; F r ö m m e l I, S. 34; Schön, S. 91; Mecklenburger Volkslieder 22 u. a. Vgl. H o f f m . , Ges. Werke II, S. 114

218

Schollmeier, S. 125; N e u e Fahrt, S. 36

202

Klinke

R

Salzwedel, Ahlum

+1650

Winter, S. 110; Danneil, Wb., S. 153; Wegener 212f.; Matthies, S.195; Ehlies, 1 x R

F r ö m m e l I, S. 20; Wossidlo I V , 658 ff.

116 287

Breitenfeld

+1143

Gehne, S. 175; Zs. f. Vkde. 18, S. 31, Nr.227; Nachlaß Hölzer

E B 1870; Lew.-Schläger 255; Stückrath 3480, 3482 c; D u n g e r K , S. 180; Chorkatalog 4145 u. a.

107

Salzwedel, Ahlum

+1653

Parisius Hs. 37, 3 8 , 1 3 5 ; Danneil, Wb., S. 175; Winter,S. 111,318; Wegener, Spiele, S. 410ff.; Ebeling II, S.- 252; Firmenich I, S. 163; Matthies, S. 200; Gehne, S. 175; A M I, A +1/2 (Horenburg); vgl. auch Sylvester, S. 12

Frischbier 664ff., 668

288 301

Breitenfeld, Magdeburg •

+1253 +1311

2 b/20 2 b/19

Parisius Hs. 59, 60; Wegener, Spiele, S. 178; Gehne, S. 176

Wehrhan 3229; Fiedler, S. 7 6 ; 250 Schremmer 242; D u n g e r K , 251 S. 185; Chorkatalog 4146 u. a.

Breitenfeld

+1242

32 b/6

Parisius 276; Wegener 671

E B 573 a; H o - R i 90; K n a p p e , 250 f. S. 38; Werckm. W V , S. 157 u. v . a .

Laatzke, Jävenitz, Salzwedel, Hagen 29*

1452

Löns, Rosengarten, S. 47; LönsJöde, S. 4 u . a.

199

Verzeichnis des 1955 gesammelten Liedgutes

454

Lfd. Nr.

Liedanfang

Liedgruppe

N r n . d. Sängertabelle, weitere Trägergruppen

m

-14 -25 -40 -65

+

+

94

+

+

1 0 , 1 2 , 1 3 , 2 5 , 83, 85, 88, 104, Kindergarten Dolle, Schule Diesdorf

+

88

+

+

38, 88

+

+

I

4, 13, 25, 60, 61

+

+

+

+

+

+

+ +

528

Rosenstock, Holderblüt

I

13, 38, 67, 80, 81

529

Rose weiß, Rose rot, wie süß ist doch dein M u n d

I

530

Rote Kirschen eß ich gern (^4«hang-, Gretchen, hast du's Bett gemacht)

III

531

Roter Klee, weißer Klee

532

Rote Rosen auf meinem H u t

533

Rote Wolken am Himmel, in den Bergen der F ö h n

I III

+

w

+

+

über 65

+

Saßen einst zwei Turteltauben siehe: Lieben sind zwar schöne Sachen 534

Sah ein K n a b ein Röslein stehn

I

25, 42, 44, 45

535

Sarina, ein braunes Naturkind

I

51

536

Schatz, ach Schatz, reise nicht so weit von hier (Schatz, wenn du reist)

I

1 , 2 , 4, 4 9 , 5 1 , 5 2 , 61, 67, 99, 101, 109, 110

537

Schatz, ach Schatz (Schätzchen, ach Schätzchen), was zürnest du

I

60, 61

+

+

538

Schenkt man sich Rosen in Tirol

I

84

539

Schlaf, Kindchen, schlaf

II

10, 12, 13, 26

+ +

+ +

Schlaf, Kind, mein Püppchen siehe: Püppchen, mein Liesel

+

+ +

+

+

+

Liedtabelle

Belegorte

BVANr.

TonbandNr.

Breitenfeld, Magdeburg, Kloster Neuendorf, Stendal

+1264

5 a/11

Salzwedel

I

Belege in anderen altmärk. Sammlungen u. dgl. AGV Stendal (R)

R

455 Belege in sonstigen deutschen Sammlungen u. dgl.

EB 1016; Wolfram, S. 452; Zupf, 192 1 S. 31; Jode, S. 139; Chorkatalog 253 4 1 5 8 - 4 1 6 6 u. v. a. Löns, Rosengarten, S. 4; LönsLicht, S. 6; Löns-Jöde, S. 32 u. a.

Breitenfeld, Dolle, Tangerhütte, Salzwedel, Diesdorf

+1193 +1641 +1741

1 b/1 28 a/14 23 a/13

Salzwedel

+1679

27 a/8

Breitenfeld, Magdeburg, Salzwedel

+1296

1 a/4

Breitenfeld, Jävenitz

+1063 +1536

9 b/2

Wegener, Spiele, S.434; Ebeling II, S. 254 (R); Gehne, S. 177

Vgl. Seite

199

Stückrath 3564b, c, d, f ; Lew.- 218 Schläger 707; Wehrhan 3391 ff.; 251 Frömmel I, S. 30 (Nr. 121) u. a.

Löns, Rosengarten, S. 103; Löns- 271 Licht, S. 34 u. a. Wehrhan 3325; Jöde, S. 20; Unser Lied, S. 16; Winter 1913, S. 27 u.a. Challier, S. 1890; Brehmer, S. 137; Schlesw.-Holst., S . 9 9 ; Singet, S. 75; Chorkatalog 4 1 7 1 - 4 1 7 2

240 2

252 253 Breitenfeld, Adlergebirge

Laatzke

(+>1174

Ehlies, BVA 518; BVA 955 (Wollenhagen); AGV Stendal (R)

1457 +1038

17 b/8

Jävenitz

+1491 +1528

23 a/4 22 b/5

R

Breitenfeld

R

192 1

Vgl. Haupt, S. 18

Breitenfeld, Laatzke, Jävenitz, Kloster Neuendorf, Hagen, Klötze, Nesenitz

Tangerhütte

KiV 254; Friedl., 18. Jh. II, S. 160, 542; Allg. Kommersb., S. 156; Werckm. W V , S. 102; Bringemeier 139; Ruppert 152; Klein, S. 93; Chorkatalog 4 1 9 4 - 4 2 1 1 u. a.

Parisius +160,233,+386, EB 766d; Marriage 134; Kut- 9 8 ' +387 ;Gehne+l 3; Ehlies, scher, S. 116; Zupf, S. 181 u . v . a . 252 f. 255 BVA 675,16x R;Schwe315 2 rin, 1 x R; Thoms, 1 X R KiV 339; Lew., Nh. V, S. 89; Jungb. Bw. 145; Landsch. 35, S. 35; Beck 7; Alpers, S. 89 u. a. Zeller, Vogelhändler Parisius Hs. 1; Danneil, BöV 619; Fiedler, S. 13; Frisch- 251 Wb., S. 195; Wegener bier 1 ff.; Chorkatalog 4244-4245 1 - 4 ; Winter, S. 305; u. v. a. Gehne, S. 146, 150

456 Lfd. Nr.

Verzeichnis des 1955 gesammelten

Liedgruppe

Liedanfang

540

Schlaget eine Nachtigallen

541

Liedgutes

Nrn. d. Sängertabelle, weitere Trägergruppen

m

- 1 4 - 2 5 - 4 0 - 6 5 über 65

+

I

94

Schnierer, Schnierer, wupp, wupp, wupp

III

87

+

542

Schön'nDank,: | vomFiestemeier {Schimpfreim-Anhang: Witten Tweern, swatten Tweern)

•IV

74

+

543

Schön ist die Jugend bei frohen Zeiten (Es blühen Rosen, es blühen Nelken od. Vergangne • Zeit, sie kommt nicht wieder)

544

Schön ist die Jungfernschaft

V

1 - 5 , 1 0 - 1 3 , 25, 26, 31, 32, 39, 105, Ensemble Breitenfeld, Kapelle Fahrenkamp, Kapelle Holtorf

545

Schön sind Italiens sonnige Felder

I

81

I, v

w

+

+

+

+

2, 88

+

+

+

+

+

+

+

+

+

Schönster Jüngling, willst du ziehen siehe: Holder Jüngling 546

Schon die Abendglocken klangen

I

1 - 6 , 19, 40

+

+

+

547

Schwarzbraun ist die Haselnuß

I

49, 61, 101

+

+

+

548

Seht, wie die Sonne dort sinket

I

90

549

Seid lustig, seid fröhlich, ihr Handwerksgesellen

I

107, 109, 110

550

Sei gepriesen, Nacht

I

84

du

lauschige

+ +

"T

+

+

+

+

+

Liedtabelle I

Belegorte

BVANr.

TonbandNr.

Belege in anderen altmärk. Sammlungen u. dgl.

457 Belege in sonstigen deutschen Sammlungen u. dgl. Vgl. Chorkatalog 1893, 5304-5307

Salzwedel

R

Salzwedel/ Ahlum

R

Matthies, S. 214; Stegmann, S. 110

Vgl. Stückrath 2359

Hottendorf

1615

Vgl. die Angaben zu unseren Nrn. 119, 248, 275 und 318

Niedersachsen 8, S. 275 ; vgl. auch die Angaben zu unseren N r n . 119, 248, 275 und 318

Breitenfeld, Salzwedel

R

Ehlies, BVA 362,2 x R ; Tourenbücher HundDähre, Lampe; KapellR Jävenitz; G V Stendal (R)

E B 543 a; Hoffm.-Prahl 1007; KöMei 71; Landsch. 3, 11, 13, S. 3, 60, 48; Zupf, S. 120; Klier, S. 56/ 56 u. v. a.

Vgl. Seite 200

156 161 183

Breitenfeld, Diesdorf, Waddekath, Molmke, Schmölau

+1112

31 a/7 34 b/4 34 b/7 36 a/2 36 a/8 37 a/9

Mel. nach J. Gungls Festmatsch Horenburg-Oetke 16; „Kriegers Lust". Vgl. Steinitz II, Tourenbuch Lampe (beide ohne Text) ; Ant- 199; Richter, S. 58ff. wort auf d. 129. Atlasfrage aus Jahrstedt; Altm. Volkstänze 2

Stendal

+1625

13 a/6

BVA 1969 (Insel)

Mel. des verbreiteten Schlager- 216 liedes Santa Lucia (Hell glänzt das Mondeslicht am Himmelsbogen). Vgl. Klüsen, S. 18 u. Notenbeilage (Was glänzt das Mondlicht)-, Steinitz II, S. 555 f. u. a.

Ehlies, BVA 488

Hoffm.-Prahl 999; Reisert, S.374; Zupf 1, S. 28 u. a.

185 u. ö.

Allg. Kommersb., S. 452; Kilometerstein, S. 40; Steglich Ms. 480; Mahr, S. 62 u. a.

252

Breitenfeld Laatzke, Jävenitz, Hagen Salzwedel

Klötze, Nesenitz, Königstedt

Tangerhütte

R +1426

1710

+1793

R

26 a/7

Ehlies, 1 x R ; G V Stendal (R)

BöV 228; KiV 523; J u n g b . Bw. 655; Jode, S. 189; Spieser 663; Mahr, S. 84 u. a.

Parisius 492; Matthies, Vldr., S. 235; Ehlies, BVA 630 a (Thie); Schwerin, BVA +764

E B 1614; Ho-Ri, S. 239; Wolfram 378; Krapp, S. 27; Landsch. 1, S. 66; Chorkatalog 4387 u. a. Ziehrer, Landstreicher

137 151 159 f. 163 ff. 173 f . 210 u. ö.

Verzeichnis des 1955 gesammelten Liedgutes

458

Liedgruppe

N r n . d. Sängertabelle, weitere Trägergruppen

Lfd. Nr.

Liedanfang

551

Siehst du die Brigg dort auf den Wellen

I

13, 2 5 - 2 7

552

So grün als ist die Heiden

I

94

m

w

+

+

über -14 -25 -40 -65 65

+

+

+

So leb denn wohl, du stille Gasse siehe: N u n leb w o h l 553

So leb denn wohl, du stilles Haus

I

61, 67, 88

554

Soll ich euch (dir) mein Liebchen nennen

I

5, 20, 60, 61, 89, 93

(+) +

+

+

+

+

+

+

+

+

+

Sollte mir das Herz nicht bluten siehe: Wem soll denn das Herz nicht bluten 555

Sonne, Sonne, scheine, fahr mit übern Rheine

III

104, Schule Diesdorf

+

+

So oft der Frühling durch das offne Fenster siehe: Wie oft der Frühling 556

So viel der Mai auch Blümlein beut

I

90, 106

+

557

Spinn, spinn, meine liebe Tochter

I

94

+

I

69, 70

+

Spinn, spinn, spinn, Tochter mein siehe: Mägdlein in dunkler Nacht 558

Steh ich an meinem Fensterlein

Steh ich hier am Eisengitter siehe: Hier steh ich am Eisengitter

+

+

Liedtabelle I

BVANr.

TonbandNr.

Breitenfeld

+1151

31 b/9

Salzwedel

R

Belegorte

Jävenitz, Kloster Neuendorf, Salzwedel

+1522

23 a/8

Breitenfeld, Jävenitz, Salzwedel, Seerau / Hannover

+1130 +1527 +1697 1727

22 b/6 25 b/14

Diesdorf

+1735

23 b/3

Belege in anderen altmärk. Sammlungen u. dgl.

459 Belege in sonstigen deutschen Sammlungen u. dgl.

Vgl. Seite

Gedicht von Ludwig Giesebrecht (Gedichte, Lpz. 1836, S. 116, 2. Ausg. Stettin 1867, S. 111 u. 448), durch Schullesebücher verbreitet

228 278ff

Seile-Pohl, S. 159 = Zupf, S. 42; Werckm. WV, S. 123; Klein, S. 86 u. v. a.

200

Gehne 1350 +1476 +1659 +1660

Belege in sonstigen deutschen Sammlungen u. dgl.

Vgl. Seite

J u n g b . Bw. 366; Frischbier, Plattdt., S. 49; P o m m . Archiv 14

1048

Salzwedel

Breitenfeld, Laatzke, Jävenitz, Salzwedel, Hagen

TonbandNr.

465

Wegener 1051

B ö K , S. 276 (Nr. 1305) Wilh. Bender, N e u e Ldr. f. kl. Kinder, Bln. o. J . ; Chorkatalog 4892

13 b/6

BVA 990 (Salzwedel); Nachlaß Hölzer

16 a/2 25 a/14 25 a/15

R

J u n g b . Bw. 617 b ; Brandsch, S. 261; Schier 24; Steglich, G r u n d r i ß , S. 311; Goertz, S. 36

228 251 252

Lerche, S. 83, 11, 220; Kaiserldb. I I , S. 374ff. u. 759

200

Laatzke, Jävenitz, Salzwedel, Klötze

+1760

23 b/11

J b . f. Vldf. I, S. 189; Klüsen 131; Spieser 707; Beck 421; Klein, S. 83, 104, 106; C o m m e n d a 42; Klier, S. 56/57 u. a.

98 6 228 238

Breitenfeld, Adlergebirge, Laatzke, Stendal, Salzwedel, Klötze

+1373 +1759

17 a/9 24 a/8

Hoffm.-Prahl 1137; Beck 422; Schuhmacher 424; Spieser 708; Schier Verz. u. a.

185 243 260

E B 491; Jode, S. 250; Schollmeier, S. 117; Chorkatalog 4954 bis 4964 u. a.

200

Salzwedel

R

Calvörde

+1342

Salzwedel

R

Baumann, Helle Flöte, S. 5 u. a.

Jävenitz

R

B ö V 420; Friedl., 18. J h . I I , S. 233; Hoffm.-Prahl 1150; W e r c k m . W V , S. 85 u. v. a.

Breitenfeld, Laatzke, Jävenitz, Kloster Neuendorf, Stendal, Dolle, Salzwedel

+1035 1083 (+>1378 +1554

Breitenfeld, Calvörde, Laatzke, Jävenitz, Quarnebeck

+1056 +1150 +1330 1392 +1607

31 b/9

Ehlies, 1 x R

Breitenfeld, Laatzke Breitenfeld, Mieste, Adlergebirge 30

Volksgesang

20 b/1

1058 +1361

16 b/8

+1325

13 b/9

Challier, S. 237, 1595; Spieser 719; Schier Verz.; Mahr, S. 65; Ittenbach, S. 134/49 u. a. Vgl. dazu Brandsch, S. 139 Amft, S. 353 (Str. 8)

276 f . u. ö.

Verzeichnis des 1955 gesammelten Liedgutes

468

N r n . d. Sängertabelle, weitere Trägergruppen

Lfd. Nr.

Liedanfang

Liedgruppe

610

Was klagest du in deinem Weh

I

61

+

+

611

Was k o m m t dort v o n der H ö h

I

38

(+) +

+

612

Was macht der F u h r m a n n

I.III

78, Jugendgruppe Klinke

613

Was nützt mir ein(en) Apfel, der madig ist und faul

I, V

10, 11, 13, (Ensemble Breitenfeld)

+

+

+

+

+

+ (+) +

+

+

m

w

+

- 1 4 - 2 5 - 4 0 - 6 5 über 65

+

+

Was rauschet der Frühling so licht durch den Hain siehe: Was glänzet der Frühling 614

Was schleicht durch den finsteren Wald (Was schleicht dort im nächtlichen Walde; Was schleicht hinter jenem Gebüsche)

I

1, 2, 10, 13, 49, 107

615

Wem G o t t will rechte Gunst erweisen

I

25, 84

616

Wem soll denn das Herz nicht bluten (Sollte mir das Herz nicht bluten)

I

1, 2, 13, 26, 33, 34, 6 0 - 6 2 , 69, 80, 89, 98, 106

617

W e n n alle Brünnlein fließen

I

84

+

(+) +

618

Wenn alles grünt und blüht auf dieser Erde(n)

I

1, 2, 20, 21, 26, 49

+

+

619

Wenn de Krischän steiht an de Eck un fleiht

III.V

90

+

620

Wenn der Frühling k o m m t und v o n den Bergen schaut

I

94

+

+

+

+

+

+

+

+

Liedlabelle

Belegorte Jävenitz

BVANr.

TonbandNr.

+1538

28 b/5

Breitenfeld, Magdeburg

R

Klinke

R

469

I

Belege in anderen altmärk. Sammlungen u. dgl. Ehlies, 1 x R

Belege in sonstigen deutschen Sammlungen u. dgl.

Vgl. Seite

Lied v. Dornfeld. Domkowsky 1020; Challier, S. 1457; vgl. Penkert, S. 22 EB 1699a; Friedl., 18. Jh. II, S. 320; Hoffm.-Prahl 1199; Reisert, S. 56 u. a.

(AM, S. 32)

Challier, S. 295; Landsch. 9, 202 S. 117; Jöde, S. 44; Schollmeier, S. 194; Chorkatalog 5158 bis 5163 u.a.

Breitenfeld

+1107

13 b/7

Vgl. Parisius 92 (Str. 6), Schremmer 69, Str. 2; vgl. auch 172 Bender, S. 229 (Nr. 48) 210 231 (Str. 6), +568 251 (Str. 2)

Breitenfeld, Laatzke, Klötze

+1007 +1116 +1367

17 b/18

Ehlies, B VA 633 (Thie); BVA 988 (Oebisfelde)

Schier Verz.; Klüsen 70, s. auch Melodieanhang; Inibescheid, S. 103; Mahr, S. 17; Wille, S. 39; Nötzold, S.52; A164706 (Schlesw.Holst.); A 164444, A 166456 (Thüringen) u. v. a. Vgl. auch Haupt, S. 34

Breitenfeld, Tangerhütte

+1167

BVA 964 (Wollenhagen)

BöV 508; Hoffm.-Prahl 1214; 110 Allg. Kommersb., S. 422; Jöde, 201 S. 114; Spieser 729; Klein, S. 86 u. a.

Ehlies, BVA 361, 750, 2x R

Marriage 41; Jungb. Bw 20; 228 Stemmle, S. 146; Beck 393; Spie- 238 2 ser 627 u. a. Mel. Weber, Hess. 59 251 f. 284 u. ö.

(AM, S. 97); AGV Stendal (R)

He-Wü 78; Hoffm.-Prahl 1215; Zupf, S. 44; Klein, S. 95; Chorkatalog 5244—5256 u. a.

192 1

Mahr, S. 22 und 48

252

Breitenfeld, Jävenitz, +1006 Lindstedt, Stendal, +1023a Salzwedel, Schmölau, +1237 Klötze +1480 +1753 Tangerhütte

17 a/14 13 a/5

1 b/12

32 b/4 14 a/6 24 a/6

R

Breitenfeld, Laatzke

+1015 +1133 +1420

17 b/9 19 a/5 21 b/9

Salzwedel

+1712

27 b/9

Salzwedel

R

30*

228 230 251 252 265 1

288 BöV 212; KiV 303; Hoffm.-Prahl 200 240 2 1217(a) u. a.

470

Lfd. Nr.

Verzeichnis des 1955 gesammelten Liedgutes

Liedgruppe

Liedanfang

N r n . d. Sängertabelle, weitere Trägergruppen

m

w

-14 -25 -40 -65

über 65

Wenn der T o p p aber n u n ein Loch hat siehe: Hole Wasser, d u m m e Liese 621

Wenn die Mailüfte säuseln

I

88-90

+

+

+

622

Wenn die Schwalben heimwärts ziehn

I

61, 88, 90, 91

+

+

+

+

+

Wenn grün die Eichen stehn auf ihren Fluren siehe: W o grün die Eichen

+

+

+

+

+

+

623

Wenn hier ein Pott mit Bohnen steiht

V

1 2 , 1 3 , 1 8 , 24, 30, 60, 62, 63, 69, 87, 103, 105, Kapelle Holtorf

624

Wenn ich am Berge steh, zwei weiße Rosen seh

I

1, 2, 4, 10, 13, 49

625

Wenn ich den Wandrer frage

I

44, 45, 84

626

W e n n ich mich nach der Heimat sehn

I

67

+

627

Wenn ich morgens f r ü h aufstehe

I, III

37, 38, 60, 62

+

628

Wenn ich nur wissen tat, wie das wär

I

38

+

+

629

W e n n im Herbst die fallen

Blätter

I

25

+

+

630

W e n n in Großmutters Stübchen ganz leise

I

10, 13, 28, 29, 4 9 , 5 1 , 81

+

631

Wenn in weiter, weiter Ferne es uns in die Heimat zieht

I

90

+

+

+ +

+

+

+

+

+ +

Liedtabelle

I

Belege in anderen altmärk. Sammlungen u. dgl.

471 Belege in sonstigen deutschen Sammlungen u. dgl.

BVANr.

TonbandNr.

Salzwedel

+1684 +1706

27 b/7 27 b/6

BöV 250; KiV 294; Sängerhain 216 BVA 965 (Wollenhagen) ; Einsendungen III, S. 260; Werckm. WV, S. 14 240 2 an BVA, 1 X R (Salz- u. a. wedel)

Jävenitz, Salzwedel

+1673

25 a/17

Ehlies, BVA 392, 494, BöV 270; KiV 305; Reisert, 215 S. 291; Wustmann, S. 477; Beck 317 1 621,661,2 x R u. ö. 449 u. v. a.

Belegorte

Vgl. Seite

228 238 269 2 Breitenfeld, Jävenitz, Lindstedt, Wallstawe, Diesdorf, Molmke, Schmölau, Waddekath, Ahlum, Salzwedel Breitenfeld, Laatzke

Breitenfeld, Adlergebirge, Tangerhütte

+1233 +1559

+1043 (+>1066 1408

31 b/1 14 b/5 37 a/6 37 b/1

3 a/3

Winter, S.392; Wegener 959—961; ders., Spiele, S. 435; Matthies, S. 216; Gehne, S. 246; Antworten auf d. 129. Atlasfrage aus Diesdorf u. Jahrstedt; Hölzer 156

EB 1012; Pomm. Bll. VI, S. 18; Kück, Heidjer, S. 45; Landsch. 10, 11, S. 27, 30; Frischbier 152; Treichel, S. 161; Wehrhan 1777 f.; Pommernsang, S. 84; Mecklenburger Volkslieder 63 u. a.

Ehlies, 1 X R

EB 704, 705a, b; Roese, S. 237; 201 He-Wü 181a; Steglich, S. 79 u. a. 251 f.

137 150 155 159 167 f. 173

210

280f.

BVA 970 (Wollenhagen)

R

BöV 665; Hoffm.-Prahl 1226; 253 Werckm. WV, S. 207; Spieser737; Schier Verz. u. a.

Kloster Neuendorf

+1585

30 a/10

Ehlies, BVA 619, 663; BöV 261; KiV 309; Ruppert 183; 243 Nachlaß Hölzer Beck 455; Schier Verz.; Spieser 253 740; Klier, S. 57/64 u. a.

Breitenfeld, Jävenitz, Magdeburg

+1249 +1282

5 b/11 5 b/12

A M I, A +3/3 ( H o r n - KiV 372; Amft, S. 203; Jungb. 159 burg); Nachlaß Hölzer Bw. 236; Chorkatalog 5334-5335 250 u. v. a.

Breitenfeld, Magdeburg

+1267

1 a/8

Egerländer, S. 164; Challier, S. 1917(?)

Breitenfeld

+1183

11 b/4

Challier, S. 2409; 100 Ldr., S. 134f.

Breitenfeld, Laatzke, +1106 Stendal (+>1395

13 b/8

Salzwedel

1703

BVA 1967 (Insel)

286

251 f. 278

Verzeichnis des 1955 gesammelten

472

Lfd. Nr.

Liedanfang

Liedgruppe

632

Wenn kei Nacht nimmer kam (Kanon)

I

Liedgutes

Nrn. d. Sängertabelle, weitere Trägergruppen

m

w

- 1 4 - 2 5 - 4 0 - 6 5 über 65

+

+

94

Wenn mine Olsch nich danzn kann siehe: Wenn hier ein Pott mit Bohnen steiht

+

+

+

+

633

Wenn Pingsten is,: | dann Schlacht uns Vader 'n Bock

634

Wenn sich die Wimpern senken

I

51

635

Wenn weit in der Ferne du findest Glanz und Glück

I

90

+ +

636

Wenn wir fahren auf dem See

III

25, 38, 81

+

637

Wenn wir im Sommer mal nach Holland gehn

III

33, 34

+

638

Wenn wir marschieren, ziehn wir zum deutschen Tor hinaus

I

13, 38, 80, 81, 90

+

+

+

639

Wer Äpfel pflückt und ißt sie nicht

I, V

1, 11, 39, (Ensemble Breitenfeld)

+

+

(+) +

640

Wer das Scheiden hat erfunden

I

1, 2, 4, 4 9 - 5 1 , 80, 81

+

+

+ (+) +

641

Wer hat dich, du schöner Wald, Aufgebaut so hoch da droben

I

3, 5, 6,19, 40, 90, Gemischter Chor Salzwedel

+

+

+

642

Wer kauft mir einen hübschen, einen wachsamen Hahn

I.III

643

Wer lieben will, muß leiden

644

Wer nennt mir jene Blume, die allein (Edelweiß)

III,V

61, 113

78, Jugendgruppe Klinke

+

I

51,98

+

I

49, 88

+

+ + +

+

+

+

+

+ +

+

+

473

Liedtabelle I

Belegorte

Salzwedel

BVANr.

TonbandNr.

Belege in anderen altmärk. Sammlungen u. dgl.

Belege in sonstigen deutschen Sammlungen u . dgl.

Vgl. Seite

Baumann, Der helle T a g 11; 200 Klingender Tag II, S. 44; Liederbll. 8, S. 9 u. a.

R

155

Jävenitz, Quarnebeck

1803

18 b/9

Winter, S. 324; Wegener 1019 a, b ; Matthies, S. 202; Gehne, S. 158; Hölzer 111

E B 1832; Bringemeier 177; Fiedler, S. 82; K ü c k , S. 151; Bender, S. 250 (Nr. 9); Peesch, Brandenburg, S. 77 u. a.

Laatzke

1453

Challier, S. 953, 2324

Salzwedel

1702

Challier F K , S. 129(?)

Breitenfeld, Magdeburg, Stendal

+1190 +1297

1 a/12 1 a/5

Breitenfeld

+1243

33 a/3

Breitenfeld, Magdeburg, Stendal, Salzwedel

+1263

5 a/4

E B 1361; Schuhmacher, S. 229, 245; Kutscher, S. 139; H e - W ü 317; Voretzsch, S. 77; Werckm. W V , S. 244 u. a.

Breitenfeld

+1113

31 a/3

Treichel, S. 142; Landsch. 2, S. 126; Marriage 237; H e - W ü 257 b, Str. 2

171 210

Breitenfeld, Laatzke, Stendal

+1070 +1406 +1451

Meisinger 95; Landsch. 3, 8, S. 19, 73; Steglich, S. 75; Beck 457 u. a. Mel. J b . f. Vldf. I, S. 180

252

16 b/2

Breitenfeld, Salzwedel Klinke

(+>1709

E B 1895; Stückrath 3561c; Lew.Schläger 308; Schremmer 267; J ö d e 1949, S. 6; Chorkatalog 5374 u. a. Nachlaß Hölzer

Ehlies, BVA +550, 1 X R ; Hesselbarth, S. 38 (R)

1455

Laatzke, Salzwedel

+1431 +1685

251 278

BöV 177; Hoffm.-Prahl 1248; 184f. Friedl., 18. J h . I, S. L V I ; Spieser 215 1 746; Chorkatalog 5 3 9 6 - 5 3 9 7 u . a . 317 Herbst 95; Landsch. 9, S. 133; 202 Schollmeier, S. 198; Beck 459; Thüringer Vldr. 71; Chorkatalog 5414 u. a.

R

Laatzke, Schmölau

BVA +135 (aus Schwerin) = Mecklenburger Volkslieder 20u. a.

17 b/4 27 b/14

T h o m s , BVA 953

E B 617; Marriage 9 6 A ; Steglich, S. 74; Zupf 2, 7 - 9 , S. 50, 51; Wille, S. 55

Ehlies, BVA 583, l x R ; Nachlaß Hölzer

Beck 461; Spieser 749; Schier Verz.; Böhm, S. 247; Turnerschaft, S. 101 u. a.

252

Verzeichnis des 1955 gesammelten

474

Liedgutes

Lfd. Nr.

Liedanfang

Liedgruppe

Nrn. d. Sängertabelle, weitere Trägergruppen

m

w

645

Wer recht in Freuden wandern will

I.III

12, 13, 25, 80, 81

+

+

+

646

Wer uns getraut, das sag ich euch

I

49

647

Wi bringn ju den Fiestemeier

IV

79

+ +

+

648

Wie die Blümlein draußen zittern

649

Wie die Tage so golden verfliegen (Sei gegrüßt, du mein schönes Sorrent)

I,(V)

650

Wie hat das Gott so schön bedacht

I

49, 67, 80, 81, 88

651

Wie herrlich ist die Jugendzeit

I

44, 45, 61

652

Wie lieblich schallts durch Busch und Wald

I

653

Wie mei Ahnderl zwanzig Jahr

654

Wie oft der Frühling durch die goldne Sonne

I

2 , 1 0 - 1 3 , 1 7 , 26, 60, 62, 63, 69, 80,81,88,97,98, 109,111

+

+

- 1 4 - 2 5 - 4 0 - 6 5 über 65

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+

+

88

+

+

I

84

+ '

+

I

49

+

+

+

+

48, 61

+

Wie scheinet die Sonne so licht durch den Hain siehe: Was glänzet der Frühling 655

Wir brauchen keinen König mehr

I

95, 96

656

Wir fahren hin und her (Leb wohl, Irene)

I

9

657

Wir habn gehört, ihr habt geschlacht

IV

76, 87, 91

+

+

+

+

+

+

+

+

Liedtabelle I

Belegorte

Breitenfeld, Stendal

BVANr.

Tonband- „ Nr.

+1197

1 a/18

475

Belege in anderen altmärk. Sammlungen u. dgl.

Belege in sonstigen deutschen Sammlungen u. dgl.

BVA 958 (Wollenhagen) ; Einsendungen an BVA, 1 x R (Salzwedel); G V Stendal (R)

B ö V 516; Bothmer, S. 137; St. Georg, S. 152; Chorkatalog 5431; Schier Verz. u. a.

111 183 240 2 320 252

Laatzke

1439

Ehlies, 1 X R

Strauß, Zigeunerbaron

Klinke, Badingen

1620

Vgl. die A n g a b e n zu unseren N r n . 119, 248, 275, 318

Vgl. die Angaben zu unseren N r n . 119, 248, 275 u n d 318; s. auch Niedersachsen 4, S. 319

Vgl. Seite

Breitenfeld, Jävenitz, Lindstedt, Stendal, Salzwedel, Schmölau, Klötze, Quarnebeck

+1217 +1492

6 b/7 14 b/9

Ehlies, B V A 498, 587, 609,623,683,730,2 x R ; Schwerin, l x R ; B V A 992 (Salzwedel); A G V Stendal (R)

E B 779; KiV 318; Marriage 81; H e - W ü 310; Schier Verz. u. v. a.

192 1 228 2 238 2 251 f. 255

Calvörde, Jävenitz

+1339

19 b/5

T o u r e n b u c h AhrendtSchulze

T e x t : D . Heyse, Mel.: L. Waldmann. D o m k o w s k y 1001; Challier, S. 1565, 1670, 1919, 1796, 2141; Lerche, S. 232 u. a.

157 185 260

Laatzke, Kloster Neuendorf, Stendal, Salzwedel

1+H380 +1626

Nachlaß Hölzer 13 a/9

Challier, S. 972; D u n g e r , S. 248; Klein, S. 86, 105; Wanderldb., S. 110 u. a.

252 253

+1319

4 b/6

Schier Verz.; Wandere, S. 91

278

BöV, S. 147; Hoffm.-Prahl 1283; Mahr, S. 96; Chorkatalog 5473 bis 5474 u. a.

216

Zeller, Vogelhändler. Lerche, S. 258 u. a.

253 260

Breitenfeld, Adlergebirge, Jävenitz Salzwedel

R

Tangerhütte

R

Laatzke

+1430

Salzwedel

R

Breitenfeld

(+>1093

Börgitz, Salzwedel

1619 +1654 +1721

Einsendungen an B V A , 1 X R (Salzwedel)

16 b/9 17 a / l a

Ehlies, 1 X R

Challier, S. 1447, 1653; R u p p e r t 161; Spieser 675; Schier Verz.; Ittenbach, S. 94/137

Vgl. Steinitz I, S. 310 (Str. 3), II, S. 196f. (Str. 3, 2), 267 (Vers 3)

14 a/3 27 b/2 27 b/3

Wegener, Festgebräuche, S. 257; Gehne, S. 157; A M I, A +9/2 (Horenburg); Schlomka, S. 216; Hölzer 149 u. Nachlaß

Schlagerlied v. H . Niel

251 314s

Lew.-Schläger 724; Landsch. 37, S. 85; Beck, S. 46; A 5531 (Hessen); A 160737 (Hannover); A 115652 (Mark. Archiv) u. a.

134

Verzeichnis des 1955 gesammelten

476

Liedgutes

Nrn. d. Sängertabelle, weitere Trägergruppen

Lfd. Nr.

Liedanfang

Liedgruppe

658

Wir kommen aus dem Morgenland

III

88

659

Wir lagen vor Madagaskar

I

9

660

Wir radeln durch das Land

I

78, Jugendgruppe Klinke

661

Wir sind die Harzgebirgler

I

, 57, 58

m

w

- 1 4 - 2 5 - 4 0 - 6 5 über 65

+

+

(+) +

+

+

+ +

+

Wir sind die Musikanten siehe: Ich bin ein Musikant 88, 89, 91

-L

+

I

67

+

+

I

28, 29, 49

+

+

662

Wir sind in eurem (unserm) Garten gewesen

III

663

Wir sind ja so fröhlich beisammen

664

Wir sind jung, die Welt ist offen

+

+

Wir sind so arm und haben nichts siehe: Ich bin ein reicher Vogel 665

Wir treten auf die Kette

III

25, 38, 83, 90, 91, 104, Kindergarten Dolle, Schule Diesdorf

666

Wir winden dir den Jungfernkranz

IV

60-62

667

Wir wolln den Zaun binden

III

668

Wir ziehen durch,: | durch die goldne Brücke (Ziehet durch, :|)

III

+

+

(+) +

+

91

+

+

12, 13, 25, 37, 38

+

+

+

+

Liedtabelle I

Belegorte

BVANr.

TonbandNr.

477

Belege in anderen altmärk. Sammlungen u. dgl.

Belege in sonstigen deutschen Sammlungen u. dgl.

Hölzer 10; vgl. auch Niedersachsen 14, S.129 (aus Mieste)

Lew.-Schläger 713; Peesch, S. 35; Niedersachsen 14, S. 129; Chorkatalog 5610

Vgl. Seite

Salzwedel

R

Breitenfeld

(+>1094

Seemannslied aus den 30er Jahren (von J. Scheu?)

251 278

R

Schollmeier, S. 138; N e u e Fahrt, S. 53 f.

202

Schallarchiv d. Inst. f. Volkskunstforschung Leipzig, N r . 54 u n d 76

217

Klinke Jävenitz

+1470

14 a/5

Salzwedel

+1718

25 b/21

Ebeling II, S. 252 (R); Gehne, S. 178; vgl. auch A M I, A +3 ( H o r n burg) ; Nachlaß Hölzer

Stückrath 3578B; Wehrhan 3181; F r ö m m e l II, S. 81; Schön, S. 107f.; Winter 1913, S. 46

Kloster Neuendorf

+1599

29 a/9

Parisius 184, 223, 415, 456, +738; G e h n e +40; ders., Volksbräuche, S. 266 (R); Ehlies, 8 x R

E B 353; K i V 89; Marriage 138; Klämbt, S. 42 u. v. a.

145 6 253

Breitenfeld, Laatzke

+1230 1379

12 b/3

F D J - L i e d e r b u c h , S. 212; Volksliederbuch 1946, S. 35; Chorkatalog 5 7 0 5 - 5 7 1 1 u. a.

252

Breitenfeld, Dolle, Salzwedel, Diesdorf

+1187 +1304 +1716 +1740

2 2 27 23

Parisius Hs. 44; Wegener, Spiele, S. 415f.; Ebeling II, S. 253; Gehne, S. 177, 187; Ehlies, BVA 599

B ö K , S. 450; Stückrath 3526 a, f ; Fiedler, S. 63; F r ö m m e l II, S. 63, N r . 290; Frischbier 670f.; Chorkatalog 5735 — 5736 u. a.

218

R

Gehne, S. 246; Ehlies, BVA 729; A n t w o r t e n auf d. 139. Atlasfrage ( 4 x ) ; A G V S t e n d a l (R)

KiV 329; Marriage 76; Bringemeier 178; B ö h m , S. 247 u. a.

148 155 1921 309

Salzwedel

+1717

A M I, A +3/1 ( H o r n burg); Nachlaß Hölzer

Stückrath 3523 b ; Wehrhan 3298; Schremmer 261; Peesch, S. 18 u. a.

Breitenfeld, Salzwedel, Magdeburg

+1257 +1312

Parisius Hs. 137; Gehne, S. 157; A M I, A +5 (Horenburg); Hölzer 44, 52

B ö K , S. 524ff.; Schremmer 258; Peesch, S. 77; Chorkatalog 5879 u. a.

Jävenitz

b/9 b/10 b/18 a/14

5 a/9 2 b/15

114 f 250

Verzeichnis des 1955 gesammelten

478 Lfd. Nr.

Liedanfang

Liedgruppe

Liedgutes

Nrn. d. Sängertabelle, weitere Trägergruppen

m

w

+

-14 -25 -40 -65

Wist'n Juppjack hemm

V

1-5,11-13,25, 26,31,60, 62, 63, 103,105, Ensemble Breitenfeld, Kapelle Holtorf

+

670

Wi-wi Wäder, we'g'n kle'n Käder

II

87

+

671

Wo den Himmel Berge kränzen

I

49, 60, 62

+

672

Wo de Nordseewellen trekken an den Strand

I

51

+

673

Wo die Wälder noch rauschen, die Nachtigall singt

I

88

+

+

674

Wo grün die Eichen stehn auf ihren Fluren

I

1, 2, 107, 109, 110

+

+

675

Wohin ich wandre durch die Welt, weit über Meer und Land (Am grünen Strand der Spree)

I

49

+

676

Wohlan, die Zeit ist kommen

I

88

+

(+) +

III

88

+

+

+

+

+

+

+

+

669

Wollt ihr wissen,: | wie's die kleinen Mädchen machen

678

Wo mag denn nur mein Christian sein

I

38

679

Wo mag er sein, wo mag er bleiben

I

4, 5, 24, 26, 27, 61

680

Wo's Dörflein dort zu Ende geht

I

13, 28, 29, 61

+

+

+ +

+

Wollt ihr sie mein Liebchen nennen siehe: Soll ich euch mein Liebchen nennen 677

über 65

+

+ +

+

+ +

+

Liedtabelle

Belegorte

BVANr.

Breitenfeld, Jävenitz, +1011 Wallstawe, Diesdorf, +1557 Waddekath, Molmke, Schmölau, Salzwedel

Salzwedel, Ahlum

+1646

Laatzke, Jävenitz

+1381

Laatzke, Breitenfeld Salzwedel Breitenfeld, Klotze, Königstedt, Nesenitz

TonbandNr. 31 a/9 14 b/4

I

Belege in anderen altmärk. Sammlungen u. dgl.

Belege in sonstigen deutschen Sammlungen u. dgl.

Vgl. Seite

Gehne, S. 247; Ehlies, Frischbier 952; Treichel, S. 148 1 X R ; A M II, A +9 (Horenburg); Horenburg-Oetke +24; Tourenbuch Hartwig; Antwort auf d. 129. Atlasfrage aus Diesdorf; Altm. Volkstänze 6; Kapell-R Jävenitz

155 159 162 163 167 210 252

Wegener 47; Matthies, S. 192

104

Challier, S. 1799,2040,2144,2413; Spieser 768 u. a.

16 a/9

(+>1449 1847

243

Shanties, S. 35; Knurrhahn 27; 268 4 290 Schlesw.-Holst., S. 34 u. a. Challier FK, S. 135; Evang. Ldb., S. 57f.; Tonger, S. 43

R +1000 +1785

479

26 b/7

Ehlies, B V A 600, 627 EB 191c; Wolfram 70 b ; Mei- 252 (Thie), 642, 758, 3 X R ; singer 53; Hoffm.-Prahl 1222; 267 1 u. ö. Schwerin, BVA 778 Pott, S. 52 u. v. a.

Laatzke

1391

Meyer, S. 76

Challier, S. 992; Steglich Ms. 762 276 u. a.

Salzwedel, Breitenfeld

1856 1863

Parisius 705

EB 1421; Pröhle, S. 48; Zupf, 269 S. 127; Chorkatalog 5 8 0 1 - 5 8 0 4 u. a.

Salzwedel

R

Wegener, Spiele, S. 147 f.

Stückrath 3496; FrömmelII, S. 60 ; Schremmer 243; Jöde, S. 9 u. a.

Breitenfeld, Magdeburg

R

Ehlies, B V A 665, 2 x R

EB 1028; KiV 562; Frischbier, S. 5; Bruder Singer, S. 130; Wille, S. 76; Chorkatalog 5 8 4 6 - 5 8 5 1 u. a.

Parisius 73, 373, 740, 777 (jeweils Str. 7)

He-Wü 124; Krapp, S. 198; Dunger, S. 109 (Str. 7) u. a.

Breitenfeld, Jävenitz

+1214 1893

Breitenfeld, Jävenitz

+1118 +1231 +1516

18 a/8

12 b/2 28 b/7

Challier, S. 2413, 2145; Penkert, 243 S. 56; Bothmer, S. 83; Schier 278 Verz.; Carrière-Werckm., S. 90; zur Mei. vgl. EB 93 c

Verzeichnis des 1955 gesammelten

480

Lfd. Nr.

Liedanfang

Liedgruppe

Liedgutes

Nrn. d. Sängertabelle, weitere Trägergruppen

m

9

(+) +

w

-14 -25 -40 -65

über 65

Wo sind die Jugendjahr geblieben siehe: Wo mag er sein, wo mag er bleiben 681

Wovon kann der Landser denn schon träumen

I

+ (+)

Zehntausend Mann, die zogen ins Manöver siehe: Fünftausend Mann 682

Zeigt her eure Füßchen

683

Zieh hinaus beim Morgengraun

III

I

+

10, 13, 38, 88

4, 20, 21, 49, 60, 62,81,82,88,106

+

+

(+) +

+

Ziehet durch,: | durch die goldne Brücke siehe: Wir ziehen durch 684

Zipp-zapp runn, Botter geht to Grunn

III

87

+

+

685

Zuckel-zuckel Roß, Schultn ehr oll Foss

II

87

+

+

686

Zu der schönen Müllerin trieb es oft den Fischer hin (Wo sie war, die Müllerin)

i,v

100

+

687

Zum Abschied reich ich dir die Hände

I

51

+

688

Zu Regensburg auf der Kirchturmspitz

I

78, Jugendgruppe Klinke

+

689

Zu Straßburg auf der langen Brück

I

61,67

+

+

690

Zwischen Berg und tiefem, tiefem Tal

I

61

+

+

+ + (+) +

481

Liedtabelle I

Belegorte

Breitenfeld

BVANr.

TonbandNr.

Belege in anderen altmärk. Sammlungen u. dgl.

1092

Belege in sonstigen deutschen Sammlungen u. dgl.

Schlagerlied v. Werner Plückner (Text) u. Willy Richartz (Mel.) 1942

Vgl. Seite

251 314 3 251 253

Breitenfeld, Magdeburg, Salzwedel

+1305

5 a/14

Breitenfeld, Laatzke, Jävenitz, Stendal, Dolle, Salzwedel, Klötze

+1128 +1376 +1488 +1672

16 a/10 14b/8 25 b/2

Gehne, S. 179

Lew.-Schläger 41; Eskuche, Siegerl. 339; Schön, S. 83; Schremmer 248; Jöde, S. 11 ; Chorkatalog 5875 u. a.

251

Ehlies, 2 x R

KiV 333; Meisinger 124; Marriage 88; Schier 44; He-Wü 345; Beck 479 u. a.

252 2?7

250 Salzwedel, Ahlum

+1652

Matthies, S. 197; Antw. auf d. 123. Atlasfrage ( 4 x ) ; Zs. f. Vkde. 8, S. 66; vgl. Wegener 369

Niedersachsen 14, S. 362

287

Salzwedel, Ahlum

+1648

Parisius Hs. 10; Winter, S. 308, 382; Wegener 126; Krüger, Bl. 147b; Matthies, S. 194; Gehn e ^ . 152

Wossidlo III, 488 d

106

Hagen

+1734

Tourenbuch HundDähre

Zeller, Obersteiger. Schier Verz. ; Lerche, S. 258; Ittenbach, S. 115/ 32 u. a.

156 260

Laatzke

(+)1458

Klinke

R

Jävenitz, Kloster Neuendorf Jävenitz

25 a/4

Schlagerlied um 1940

l+)1502 +1574 . 28 b/11 R

Parisius 258

Zupf, S. 221; St. Georg, S. 177; Schollmeier, S. 107; Chorkatalog 5 9 2 2 - 5 9 2 4 u. a.

202

BöV 587; KiV 335; Lew., N h . V, S. 51; Landsch. 5, S. 113 u. v. a.

2381 266 1

E B 170; Lew.-Schläger 309; Wolfram 449; Werckm. WV, S. 285; Chorkatalog 5 9 3 5 - 5 9 3 8 u. v. a.

L I E D T A B E L L E II

Lfd. Nr.

Liedanfang

Liedgruppe

Singegruppe und O r t

Nachweise und Belege

Vgl. Seite

Ensemble Breitenfeld

Klaus G r o t h , Quickborn, 207 S. 231; A M II, A+8/1

Schule Breitenfeld

Chorkatalog 253 u. a.

217

I

Gemischter Chor Engersen Chorkatalog 5 0 1 - 5 0 6

207

Bald prangt den M o r g e n zu verkünden

I

Singgemeinschaft Börgitz

Chorkatalog 543 — 550 u. a. 207

5

Bewahr uns gnädig Vieh u n d K o r n (Bauerngebet)

I

Männerchor Beetzendorf

Schünemann, Chorlit. II, S. 149

6

Brüder, reicht die H a n d zum Bunde

I

Von den am Salzwedler und Lindstedter Sängerfest 1955 beteiligten Singegruppen als Massenchor gesungen

182 Chorkatalog 6 9 2 - 6 9 7 ; Gehne, Volksbräuche, S. 184 192 231 (R); A G V u. G V 205 Stendal (R) u. v. a. 206

7

Die Finken und die schlagen

I

Männerchor A p e n b u r g

183 Männerchor v o n Ernst Pfusch, H a n n o v e r [1927], 205 D M S 0.59909; Buck, S. 90; G V Stendal (R) u. a.

8

Die Himmel r ü h m e n des Ewigen E h r e

I

Männerchor Harmonie Salzwedel, Männerchor Berkau

Chorkatalog 1226; Kaiserldb. I, S. 89; A G V Stendal u. Tangermünde (R) u. a.

192 195 205 207

9

Draußen auf der grünen Au

I

Frauenchor der Volkskunstgruppe Solpke

E B 1746; Liederbll. 5, S. 16 u. a.

207

10

D u f t e n d e blühende Heide

I

Männerchor der Volkskunstgruppe Solpke

11

E m p o r zum Licht

I

Männerchor des Rates der Chorkatalog 1652; D A S M 191 4 Stadt Salzwedel, Männer- 95; D A S G 27; A G V Sten- 195 205 dal (R) u. a. chor Berkau

12

Es taget vor dem Walde (Jägers Morgenbesuch)

I

Männerchor 1847 Klötze

1

Ade, ade, de Sommer geiht

2

A m Himmel fährt ein Wagen

3

Aus der E n g e dieser Tage

4

I III

205

207

205 Altdeutsche Liedlein f ü r Männerchor, bearb. v. H u go Jüngst, op. 29, H . I, S. 4; Chorkatalog 1958 bis 1966 u. a.

Liedtabelle Lfd. Nr.

31

Liedanfang

Liedgruppe

II

Singegruppe und Ort

Nachweise und Belege

Vgl. Seite

Parisius 170, 341, +410, 207 +551 ( = Donath 1954, S. 8 210 218 = Chorkatalog 1981), +592; EB 43 (43 a = Donath 1958, S. 19) u. a.

13

Es trieb ein Schäfer die Lämmelein heraus

14

Es war einmal ein Königsohn, der freit eine Königstochter

I

Ensemble Breitenfeld

Parisius 48, +623 ( = Do- 210 nath 1954, S. 167) u. a.

15

Es wollt ein Jäger jagen, wollt jagen auf def königlichen Heid

I

Ensemble Breitenfeld

Parisius 63, +401 ( = Do- 16 nath 1954, S. 10, Text u. 210 Mel. etwas verändert, = Chorkatalog 2041), 547, 718 u. a.

16

Friederich hats Geld versoffen

V

Ensemble Breitenfeld

In mehreren Tourenbüchern altmärkischer Tanzmusiker belegt

17

Frisch auf mein Volk, die Flammenzeichen rauchen

I

Ensemble Breitenfeld

Algier, S. 308; Tröstein207 samkeit, S. 222; Ldb. 1883, 209 S. 503 u.

18

Frühlingszeit, machst uns das Herz so weit

I

Gemischter Chor Audorf

205 Chorkatalog 2 2 7 8 - 2 2 7 9 (Bearb. v. Helmut Harden)

19

Ging auf den Jahrmarkt ein Bäuerlein

I

Ensemble Breitenfeld

Chorkatalog 2 3 7 4 - 2 3 7 6

20

Goldlockig springt der junge Tag

I

Gemischter Chor Schmöl- Frisch gesungen A III 1929, 205 au S. 90

21

Heimat

I

Männerchor Stendal

205 Männerchor von Ernst Hansen, op. 264, DMS 0.88338

22

Herrlicher Baikal, du heiliges Meer

I

Gemischter Chor Dambeck

Chorkatalog 2 6 0 6 - 2 6 0 9 u. a.

205

23

Heut ist ein wunderschöner Tag

I

Gemischter Chor Kloster Neuendorf

Chorkatalog 2650-2660 u. a.

206

24

Ich hör meinen Schatz (Der Schmied)

I

Gemischter Chor Salzwedel

Chorkatalog 2862; AGV Stendal (R) u. a.

192 1 205

25

In allen guten Stunden

I

Massenchor der am Lind- DASG 234; Bö V 324; Chorstedter Sängerfest 1955 be- katalog 3 0 8 8 - 3090 u. a. teiligten Chöre

26

In den Kellern meiner Heimat (Grüß dich Gott, du schöner Rhein)

I

Männerchor Neuekrug

Volksgesang

I, (III) Ensemble Breitenfeld, Kindergarten Breitenfeld

483

210

Text von Bender. Vgl. 205 DMS 0.57201 u. Challier M, S. 925

Verzeichnis des 1955 gesammelten Liedgutes

484

Lfd. Nr.

Liedanfang

Liedgruppe

Singegruppe und Ort

Nachweise und Belege

Vgl. Seite

27

Jetzt danzt Lademann met sine lewe Fruu

V

Ensemble Breitenfeld

155 A M II, A +8/2; Gehne, Volksbräuche, S. 246; vgl. 159 210 Chorkatalog 3209 u. a.

28

Kleine weiße Friedenstaube

III

Schule Breitenfeld

Chorkatalog 3392

217

29

Köster, Katt u n Bettelmann

V

Ensemble Breitenfeld

Vgl. Knappe, S. 97

210

30

Lütt Anna Susanna

I

Ensemble Arneburg

Chorkatalog 3634 - 3637; 206 Mecklenburger Volkslieder 30 u. a.

31

Manches Lied hört ich einst in der Arbeiter Kreis (Knüppelchen)

I

Ensemble Breitenfeld

Chorkatalog 3 6 7 9 - 3 6 8 2 ; D A S M 13; D A S G 15

32

Meine Altmark

I

Gemischter Chor Kloster Neuendorf

33

Min Muddersprak, min Heimatlan' (Gelöbnis)

I

Mädelsingegruppe Salzwedel (Altmarkensemble)

A M II, A +1/1

34

Mudder, ick will'n Ding hebbn

I

Ensemble Breitenfeld

Parisius +372 ( = Donath 210 1954, S. 84); Chorkatalog 4 0 2 4 - 4 0 2 5 ; Mies, S. 26 u. a.

35

N u n strahlt der Mai den Herzen

I

Singgemeinschaft Börgitz

Chorkatalog 3 9 7 9 - 3 9 8 0 u. a.

36

N u r die Hoffnung festgehalten

I

Männerchor Zethlingen

Gem. Chor von Eduard 205 Surläuly, Hannover [1924], D M S 0.60032; Buck, S. 119 u. a.

37

ö f f n e t die Herzen (Neuer Frühling)

I

Männerchor Oebisfelde

Männerchor von Wilhelm 205 Bein, Hannover [1926], D M S 0.59096

38

Schöne A h n u n g ist erglommen

I

Gemischter Chor Engersen

Chorkatalog 4292; Algier, 207 S. 627; Kaiserldb. I, S.379 u. a.

39

Spannenlanger Hansel, nudeldicke Dirn

III

Schule Breitenfeld

Chorkatalog 4563 u. a.

40

Stumm schläft der Sänger (Schottischer Bardenchor)

I

Von den am Salzwedler Silcher, Vldr., S. 274; Ldb. 205 Sängerfest 1955 beteiligten d. dt. Sängerbundes I, S. 90; Chören als Massenchor ge- D A S M 61; Gitarre V, S. 42 sungen

41

Über der Heimat vertrauten Gefilden

I

Ensemble Breitenfeld

207 209 206

Chorkatalog 4 7 9 1 - 4 7 9 3

206

207

217

209

Liedtabelle II

Lfd. Nr.

Liedanfang

Liedgruppe

Singegruppe u n d O r t

485

Nachweise u n d Belege

Vgl. Seite

42

Viel Blut ward hingegeben

I

Ensemble Breitenfeld

Chorkatalog 4 9 4 7 - 4 9 5 0

43

Warum bist du denn, mein Kind, so traurig

I

Ensemble Breitenfeld

Parisius +161 (Mei. = D o - 210 nath 1954, S. 118 = D o nath 1958, S. 41), 218, 292, +389 (Mei. = Donath 1954, S. 116, Texte aus mehreren Fassungen zusammengesetzt), 482, 543 u. a.

44

Was glänzt dort v o m Walde (Lützows wilde verwegene Jagd)

I

Männerchoi Seehausen

Chorkatalog 5 1 3 5 - 5 1 4 0 ; BöV 63 u. a.

45

Wer so ein faules Gretchen hat

I

Mädelsingegruppe Salzwedel (Altmarkensemble)

27 Parisius 132, 315, +407 (Mei. = D o n a t h 1954, 144 S. 74 = Donath 1958, 206 S. 95 = Chorkatalog 5439, Text nach 315, etwas verändert), +454; Voretzsch, S. 86; Klämbt, S. 75 u. a.

46

Wer will fleißige Handwerker sehn

III

Schule Breitenfeld

Chorkatalog 5442 u. a.

47

Wie komm ich denn zu Schwiegervaters Haus

I

Ensemble Breitenfeld

Parisius 264, 361, +416 210 (Mei. = Donath 1954, S. 90 = Chorkatalog 5472, Text nach 264) u. a.

48

Willkommen

I

Chor Lindstedt

Vgl. Challier, S. 981 ; Chal- 206 lier M, S. 646 u. 586f.; Tonger, S. 81 u. S. 36

49

Wir haben gelernt, das Leben zu lieben (Brüder am Werke)

I

Ensemble Arneburg

Chorkatalog 5 5 8 2 - 5 5 8 5

207

50

Wir Kinder sind glücklich im friedlichen Land (Kinder der Republik)

I

Ensemble Breitenfeld

Chorkatalog 5607

209

51

Wir sind die erste Reihe

I

Ensemble Arneburg

Chorkatalog 5 6 7 8 - 5 6 8 1

207

52

Wo gen Himmel Eichen ragen

I

Von den am Salzwedeier Sängerfest 1955 beteiligten Chören als Massenchor gesungen

Frisch gesungen A II 1928, 205 S. 95; vgl. auch Schünemann, Chorlit. I, S. 243 u. a.

31*

207 209

205

217

Register der in den Liedtabellen nicht enthaltenen Liedanfänge, Liedtitel und Tanznamen

Abendchor s. Schon die Abendglocken klangen (Liedtab. I) Abendlied 196, 284 2 Abends, wenn der Mond scheint 319 1 Abschied vom Walde s. Wer hat dich du schöner Wald (Liedtab. I) Ach Bruder, unser Vaterland 92 Ach, mach dir doch 'nen Bubikopf 163 Ach, wozu dienen uns die Sorgen 103 Addio, Donna Gracia 169 Ännchen von Tharau 192 Agathes Gebet s. Leise, leise, fromme Weise Alle Vögel sind schon da 127 Alle werd'n sie nicht, : | Onkel bringt mehr 155 Als die Römer frech geworden 151 2 Als ich an einem Sommertag 11 Als ich auf meiner Bleiche 309 Als ich in Frankreich Posten stand 314 2 Als ich mit Spitzenkleidern 319 Als ich noch zur knicker-knacker-Bürgerschule ging 319 Als Jesus noch ein Knabe war 215 Als mich die Mama Hänschen küssen sah 192 Als wir 1870 sind nach Frankreich hineinmarschiert 314 Alte Försterhaus, das s. Es liegt der Wald im letzten Abendschimmer (Liedtab. I) „Altmärkisches Bauernlied" s. Wat sin wi Burn vajniegt A m Abend auf der Heide 268 A m Holderstrauch s. Im Holderstrauch (Liedtab. I) A m Meere stand ich abends oft 268 4 Am Strom s. Wenn die Sonne die goldenen Funken versprüht An Alexis send ich dich 7 5 Auf den Sonntag freu ich mir 156

Auf der grünen Wiese hab ich sie gefragt 165 Auf der Lüneburger Heide s. In der Lüneburger Heide (Liedtab. I) Auf, ihr Brüder, laßt uns wallen 182 Ausgerechnet Bananen, Bananen verlangt sie von mir 163 „Automobil-Polka" 163 Barbiertanz 154 Bauerngebet s. Bewahr uns gnädig Vieh und Korn (Liedtab. II) „Bauerntanz" 206, 207 Bei Leuna sind viele gefallen 311 2 Bella bella Donna, bella bella mia 168 Bilder Bilder Balder 117 1 Bilder Bilder Bastian 117 1 Bis hierher hat mich Gott gebracht 147 3 Blühende Hammer, der s. Die Sonne segnet den kleinsten Halm „Böhmische Mädchen" (Polka) 168 3 Böhmische Volksweise s. Frühlingszeit, machst uns das Herz so weit (Liedtab. II) Brautkranz, :| wie wackelt der Brautkranz 148 Brüder am Werke s. Wir haben gelernt, das Leben zu lieben (Liedtab. II) Brüder, zur Sonne, zur Freiheit 191 Bualala f. Als Bualala geboren war (Liedtab. I) Busso von Erxleben-Lied s. Herr Busse von Erxleven sik vermat Das alte Jahr vergangen ist 128, 141 2 , 1422 Das gibts nur einmal, das kommt nicht wieder 168 Das heilige Feuer schüren wir 1954 Das ist der Frühling von Berlin 162, 168 Das Laub fällt von den Bäumen 192 Dat Johr is lang 160

Liedregister Dem Franzosenkaiser fiel es ein 314 Dem Lenz entgegen j\ Horch, :| welch Klirrklang Der alte Barbarossa 214 Der Freiheit Maienritt s. Die Freiheit hält den Maienritt Der Freiheit mein Lied 191 Der J ä g e r i n dem grünen Wald s. Ein Jäger in dem grünen Wald (Liedtab. I) Der König von Preußen, der hat es gesagt 313 Der Lenz ist angekommen 192 Der Neger hat sein Kind gebissen 168 Der See ruht tief im blauen Traum (Der träumende See) 1^)5 Des Morgens in der Frühe 215 Dessauer Marsch 134 Des Sommers letzte Rose 214 Dich lieb ich immer s. Es zogen drei Burschen (Liedtab. I) Die Abendglocken rufen 196 Die beste Zeit im Jahr ist mein 192 Die Freiheit hält den Maienritt 191, 195 4 Die Kirschen in Nachbars Garten s. Als Bübchen mit heißem Verlangen (Liedtab. I) Die Leineweber haben ein Schwein geschlacht 92 Die Männer sind alle Verbrecher 163 Die Mama hat den Zopf verlorn 162 DieseA König kenn ich nicht 311 Dies ist der Tag, den Gott gemacht 145 Dies ist der Tag des Herrn (Schäfers Sonntagslied) 184, 195 Die Sonne sank im Westen 157, 314 2 Die Sonne scheint nicht mehr 192 Die Sonne segnet den kleinsten Halm 191 f. Die Trommel ruft, und ich muß fort 314 „Dollar-Walzer" 163 Donnerwetter, :| so ein schönes Badewetter 168 Dort auf dem Baume, da hängt 'ne Pflaume 165 Dreetritt (Tanz) 154, 158, 167, 168, 171 Drei Laub auf einer Linden 192 Dreischritt j-, Dreetritt Droben in der Hausfirst s. Dort om in die l i s c h t (Liedtab. I)

487

Du bist mein, ich bin dein 268® Du bist verrückt, mein Kind 156 Du, du, nur du allein 156 Du fernes Land, da Wunderbäche rauschen 1954 Du hast so wunderschöne blaue Augen 169 Dunnerwief, dat 154 Dursli und Babeli 296 Du Schwert an meiner Linken 184 Du verdammter Schuh, Schuh, Schuh 188 Egon, ich hab ja nur aus Liebe zu dir 169 Ei du feiner Reiter 192 Ein altes Lied s. Ich weiß ein altes, altes Lied Ein feste Burg ist unser Gott 132 Ein Jäger aus Kurpfalz s. Der Jäger aus Kurpfalz (Liedtab. I) Ein Kaufmann, der sich Schulze nennt 160 Ein Lied von Paris, das heißt Moulin Rouge 168 Ein Prosit, :| der Gemütlichkeit 165 Ein Schäfer trägt Sorgen des Morgens früh

81 Eins, zwei, drei un vier s. Lott is dod (Liedtab. I) Eintracht und Liebe gab uns die Macht 192 Ein Veilchen auf der Wiese stand 192 Ene, mene, Mieken, Mäken 117 En Timmermann hett sik'n Been to brekn 144 1 Entlaubet ist der Walde 192 Es braust ein Ruf wie Donnerhall 215 Es flog ein kleins Waldvögelein 192 Es gebe Gott, der alles gibt 276 Es geht alles vorüber Auf Posten in einsamer Nacht (Liedtab. I) -Es geschah der erste Schuß 312 Es gibt nur einen deutschen Wein 162 Es ging ein Jäger wohl in den Wald 215 Es ging ein Jäger wohl jagen s. Es wollt ein Jäger wohl jagen (Liedtab. I) Es gingen drei Tuchknappen Zum Tore hinein 22 5 , 99 Es hängt ein Pferdehalfter an der Wand 168 Es ist wohl eine große Stadt 92 Es kam ein Mann vom Dorfe her 155 3 Es reiste ein Böttchergeselle 100 Es ritten drei Burschen zum Tore hinaus 157

488

Liedregister

Es ritten drei Reiter zum Tore hinaus 991, 192 Es standen in Norwegs Feld (Tord Foleson) 1954 Es sungen drei Engel ein süßen Gesang 311 Es trug ein Jäger ein grünen Hut 296, 297 Es war ein König in Thüle 192 Es war einmal ein rot Husar s. Es war einmal ein treuer Husar (Liedtab. I) Es war in Schöneberg im Monat Mai 1681 Es wohnt ein Krauter in Frankfurt an dem Main 276 Falckenstein-Ballade s. Herr von Falckenstein Fasselämd-Spruch s. Hüüt un morgen is Fasselämd (Liedtab. I) Fasselämd-Walzer 166, 210 Faule Gretchen, das s. Wer so ein faules Gretchen hat (Liedtab. II) Ferdinand, wie schön bist du 162 Fingerschottisch 159, s. auch Schottisch Fische fangen, Vogelstellen 188 Fitschelbeen (Tanz) 167 Fope Fope Bastian 118 Fräulein, können sie linksrum tanzen 162 Franzosen brachen ein 312 Frau, du sollst nach Hause kommen 155 Frei wie des Adlers mächtiges Gefieder (Liedesfreiheit) 195 Frisch auf, Kameraden, wann kriegen wir Geld 313 Frisch Gesellen, rührt die nervigen Arme 992

Frühmorgens, wenn die Hähne krähn 184 Fuchs, du hast die Gans gestohlen 215 Fünftritt (Tanz) 160 Geh aus, mein Herz, und suche Freud 127, 214 Gelöbnis s. Min Muddersprak, min Heimatlan' (Liedtab. II) General Blücher, den großen Held 320 Gerda, :| Ursula, Marie s. Mann an Mann marschieren wir (Liedtab. I) Gesang verschönt das Leben 184 Glücksjäger, der s. Es trug ein Jäger ein grünen Hut Gott grüß dich, Wilhelminechen 3062

Graf und Nonne s. Ich stand auf hohem Berge (Liedtab. I) Grüß dich Gott, du schöner Rhein s. In den Kellern meiner Heimat (Liedtab. II) Hackblock (Tanz) 160, 163, 167, 168, 170f. Hackenschottisch (Tanz) 160 Hakkelblock s. Hackblock Hamburger Rabenmutter, die s. Wem soll denn das Herz nicht bluten (Liedtab. I) Hannacksch (Tanz) 154 Hannotter, Notter Langbeein 115 Hanschom kümmt von Tarnfitz her 151, 1553, 160, 171 Hans hat Hosen an (Kornabladen) 97, vgl. auch Hans hat Hosen an (Liedtab. I) Harre, meine Seele 81, 215 Haspeltanz 160, 167 Havele-havele-Hahne 132 f. „Heidesehnsucht" 205 Heilandsworm, fleg nä'n Himmel 118 Heiige Nacht, o gieße du 196 Heilige Feuer, das s. Das heilige Feuer schüren wir „Heimkehr" s. Es war ein Knab gezogen (Liedtab. I) Heinicken, Steinicken, krup op vier Beinicken 118 Hei wie dat knallt, hei wie dat schallt 133 Heldin Isabell, die s. Eine Heldin ward erzogen (Liedtab. I) Herr Busse von Erxleven sik vermat 4, 8, 311 Herr Gott, du bist von Ewigkeit 103 Herrgottsvoggel, fleg nä'n Himmel 118 Herrgottssöhnchen, flieg 1182 Herr von Falckenstein 4 6 , 8 1 Heute laßt uns singen mit der Engelschar 1279 Hewoswörmken, fleg nä'n Himmel 118 Hinaus in die Ferne mit lautem Hörnerklang 214 Hobelbank-Lied 154 Hoch in de Hgcht x. Dort om in de Hijcht (Liedtab. I) Hörst du mein heimliches Rufen 268 Hört, ihr Menschen, groß und klein 320 Holdes Mädel, trag kein Leid s. Gold und Silber (Liedtab. I)

Liedregister Horch, :| welch Klirrklang (Dem Lenz entgegen) 1954 Hort zu ihr Christen iunck vnd alt 5 Hubbubb hubbubb Kösterjän 118 Hüüt un morgn is Pingsten j-. Hüüt, hüüt Pingsten (Liedtab. I) Hule-hule, de Nacht is ben 133 Ich bete an die Macht der Liebe 81 Ich bin ein Preuße, kennt ihr meine Farben 215 Ich ging im Walde so für mich hin 192 Ich glaub, du bist die Schönste s. Wohlan die Zeit ist kommen (Liedtab. I) Ich habe dich geliebet 2683 Ich hab ein Diwan-Püppchen 169 Ich hab mein Sach auf nichts gestellt 192 Ich hatt einen Kameraden 214 Ich küsse ihre Hand, Madam 168 Ich möchte einmal, ich möchte zweimal 163 Ich sitze am Wegrand alleine 2684 Ich warte dein 191, 1954 Ich weiß ein altes, altes Lied 1954 Ich will in meinen Garten 1954 Ich wünsch mir eine Frau wie du 162 Ihr Kinderlein kommet 148 Ihr lustigen Brüder seid alle beisammen 92 Im Anfangk zw dem Neuenn Jahr 302 f. Im Frühlingsschatten fand ich sie 268 Im grünen Harzerwald ist meine Heimat s. Im schönen Harzerland (Liedtab. I) Im grünen Wald, dort wo die Drossel singt s. Im Wald, :| dort wo die Drossel singt (Liedtab. I) Im Grunewald, :| ist Holzauktion 156 Immer mit'n Buddel, :| hin nach Stadt Rathenow 155 Im schönen Märkerland ist meine Heimat 2685, vgl. Im schönen Harzerland (Liedtab. I) Im Sommer ist gut wandern 98 In allen meinen Taten 311 In Berlin an der Ecke von der Kaiser-Allee 162

In stiller Nacht 196 In Stücke möcht ich mich zerreißen 3062 Internationale j\ Wacht auf, Verdammte dieser Erde

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Invalidenlied s. mit jammervollen Blicken Ist denn Lieben ein Verbrechen 987 Jäger auf der königlichen Heid, der s. Es wollt ein Jäger jagen (Liedtab. II) Jägerschottisch (Tanz) 157, 160, 163, s. auch Schottisch „Jägers Morgenbesuch" s. Es taget vor dem Walde (Liedtab. II) Ja, wenn das der Petrus wüßte 163 Jesu, geh voran 147 Jetzo wird der Schluß gemacht 80 Jetzt geht der Feierabend an 92 Joachim Hans von Ziethen 215 Johannisdag int Feld 1422 Johann, Johann, bräng uns wat 1422 Juchhei! Hochtied, un Hochtied is hüt 11 Jüdin, die j-. Es war einmal eine Jüdin (Liedtab. I) Julchen geiht ook mit hen na Minna 1544 Jule kommt zu mir, sagt, ick soll ihr küssen 162 Jungfer Dörtchen s. Es zogen drei Reiter dem Dörfchen zu (Liedtab. I) Jungfernkranz s. Wir winden dir den Jungfernkranz (Liedtab. I) Jungfernschaft, die s. Schön ist die Jungfernschaft (Liedtab. I) Jungfer Trina, miner Bruut 154, 155 Kamerad, ich bin erschossen 92 Karl, wat kiekste 160 Kleine König, der s. Ich bin der kleine König (Liedtab. I) Kloppen kloppen Ringelken 131 Kloppen kloppen Staken 117 Knüppelchen-Lied s. Manches Lied hört ich einst (Liedtab. II) Köhlerliesl, das s. Im Harz, da ist es wunderschön (Liedtab. I) Königskinder, die s. Es waren zwei Königskinder (Liedtab. I) König Wilhelm saß ganz heiter 314 Komm, heiliger Geist 103 Komm in meine Liebeslaube 156 Krumme Lanke s. Vor zwei Jahren im August (Liedtab. I) Kuckuck, rufts aus dem Wald 215

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Liedregister

Küssen ist keine Sünd s. Bei der schönen Meisterin (Liedtab. I) Kumm, willn beid'n Schottschen peddn 160 Kupferschmied (Tanz) 160 Laterne-Laterne 187 Laub und Gras, das mag verwelken j-, Lieben sind zwar, schöne Sachen (Liedtab. I) Lebe wohl, du liebes Mädchen, lebe wohl, du Himmelslust 306 1 Lebe wohl, du schönes Mädchen, weil ich von dir scheiden muß 91 Leb wohl, Irene s. Wir fahren hin und her (Liedtab. I) Leg deine Hand in meine Hand 168 Leis die Wellen wiegen s. Heut gehts an Bord (Liedtab. I) Leise, leise, fromme Weise (Agathes Gebet) 195 Liebegottsöhniken, fleg nä'n Himmel 118 Lieben Brüder, w o kommt ihr her 11 Lieber Gott, wir danken dir in Freude 215 Liebes Mädel, schau mich an 159 Liebe Sonn, komm wedder 116 Liebesprobe, die s. Es steht eine Lind im tiefen Tal (Liedtab. I) Liebes Schätzchen, sei so gut 155 Liedchen von der Trommel 301 2 Liedesfreiheit s. Frei wie des Adlers mächtiges Gefieder Lilli-Marlen s. Vor der Kaserne (Liedtab. I) Lobet Gott, den Herren 128 Lobt Gott, ihr Christen, allzugleich 128 Lotse, der s. Siehst du die Brigg dort auf den Wellen (Liedtab. I) Lützows wilde Jagd s. Was glänzt dort vom Walde (Liedtab. II) Luiska s. Wohl über die Berge Mädchen meiner Seelen, bald verlaß ich dich 306 2 Mädchen, so du heiraten willst 92 Mädchen und Hasel 293 2 , 297 Mädchen, warum weinest du 157 Mädchen, wenn ich dich erblicke 306Männe, hak mir mal die Taille auf 162 Maikäfer, flieg 118 Maikäfer, komm, ich gebe dir Bonbon 1182

Male war in Afrika 156 Manchester (Tanz) 160 Man müßte noch mal zwanzig sein 168 Mann von Rhinow, leben so wie ich und du 154, 155, 159 Mann, wir wollen tanzen 159 Mareikenkäber, fleg nä'n Himmel 118 Marienkäfer, flieg 1182 Marienwürmchen, flieg 118 ä Markgraf am Rhein, der s. Es wohnt ein Markgraf an dem Rhein (Liedtab. I) Martens-Vöggelken j-. Martens-MartensVöggelken (Liedtab. 1) „Meine Heide" 205 Meine Tante fährt im Hühnerstall Motorrad 169 Mein Hut, der hat drei Ecken 165 Mein Mädchen heißt Karoline 155 Mein Schatz ist bei der grünen Polizei 162 Min Mudder stoppt'n Pipenkopp s. Min Vader rookt de Piepe (Liedtab. I) Minnesänger, die s. Zu dem Wettgesange schreiten Mir ist ein feins brauns Maidelein 192 Mir sein Tiroler Schützen und haben frohen Muet 276 Mit den Füßen trapp-trapp-trapp 154, 155, 159 Mit jammervollen Blicken 313 Mögen tausend schöne Frauen s. Strömt herbei, ihr Völkerscharen Morgen kommt die Tante 156 Morgenrot, dein heilig Glühen 191, 1954 Morgenrot, :| leuchtest mir zum frühen Tod 214 Muttersegen j-, O Mutter, gib-mir deinen Segen Nacht, die s. Wie schön bist du, freundliche Stille Nachtmütz (Tanz) 160 Nädel her, Nädel her 142 1 Napoleon ist nicht mehr stolz 320 Negersklave, der s. Nach der Heimat möcht ich eilen (Liedtab. I) Neuer Frühling s. öffnet die Herzen (Liedtab. II)

Liedregister Neuer Tag, mit deinen Strahlen (Weltenfriede) 1954 Nicht dort, wo Kriegsfanfaren 191 Nicht weit von Württemberg und Baden 276 Nu hett hei se 147, 151, 154 Nun bricht aus allen Zweigen 192 Nun danket alle Gott 132, 146, 147 Nun fanget an, ein guts Liedlein zu singen 192 Nun ist Stoltbecken Raet vollenbracht 7 Nun ruhen alle Wälder 192 Nur am Rhein, da will ich leben 156 Nu tredet her de boten willen 3 1 O alte Burschenherrlichkeit 317 Obs stürmt oder schneit 283 O du fröhliche, o du selige 215 „öhlheimer Polka" 156 O Erfurt, :| verfluchtes Jammertal 313 1 O heiiger Geist, kehr bei uns ein 127, 1411, 142 O Kassel, o Kassel 3135 O Klosterleben, du Einsamkeit 3062 O König von Preußen, du großer Potentat 3135 O lieber Schuster du s. Ach lieber Schuster du (Liedtab. I) Oll Lüttk' hät freit 154 O mein Papa 169 O mia bella Napoli s. Hört ihr, wie die Straßensänger singen (Liedtab. I) O Mutter, gib mir deinen Segen (Muttersegen) 195 Onkel Gustav hat mir was mitgebracht 163 O wie wohl ist mir am Abend 214 Pastors Kauh s. Kenn ji all dat nieje Lied (Liedtab. I) Peine, :| endlich wird es Licht 156 Peter Wüppup (Tanz) 154, 159 Pfeifchen, wer hat dich erfunden 276 Piep, Blaurock, piep 6 2 Piep, Dänen, piep 6 2 Piep, Schahper, piep 6 2 Piep, Titze, piep 6 Por Eier, por Eier in unsere Kiep 302f. 32

Volksgesang

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Preciosa-Chöre s. Die Sonn erwacht mit ihrer Pracht u. Im Wald, :| im frischen grünen Wald (Liedtab. I) Prinz Eugen, der edle Ritter 92 Puderhahn, fleg nä'n Himmel 118 Puppchen, du bist mein Augenstern 162 Puterworm, fleg nä'n Himmel 118 Quem pastores laudavere 185 Räuberbraut, die s. In einem Wald, in einem tiefen Tale (Liedtab. I) Recht vergnügt kann man leben 92 Regenbogn, mak mi nich natt s. Regenbogn regn mi nich natt (Liedtab. I) Regentropfen, die an mein Fenster klopfen 168

Rennsteiglied s. Ich wandre ja so gerne (Liedtab. I) Revolver-Jim aus Texas 168 Rheinbraut, die j-. Christinchen ging in Garten (Liedtab. I) Ringel ringel Rosenkranz, Kättchenschwanz 302 Ritter Ewald s. In des Gartens dunkler Laube (Liedtab. I) Ritter und Magd s. Es schlief ein Graf bei seiner Magd (Liedtab. I) „Rixdorfer Polka" 156 Robert-Blum-Lied s. Des morgens um die vierte Stunde (Liedtab. I) Rosamunde, :| du bist die schönste Frau der Welt 168 Rosen auf den Weg gestreut 192 Rosenpolka 167 Rutscher (Tanz) 154 Sag doch nicht immer Dicker zu mir 168 Salve regina 7 1 Sauf, Bruder, sauf! Es geht noch alles drauf 922 Schäfers Sonntagslied s. Dies ist der Tag des Herrn Schändörch (Tanz) 154 Schieber (Tanz) 158, 162 Schlafe wohl, schlaf wohl, mein Schätzelein s. Glutrot sank die Sonn am Himmelszelt (Liedtab. I)

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Liedregister

Schleifersmann (Tanz) 160 „Schlendergang" (Tanz) 1594 „Schlesische Bauernpolka" 1683 „Schlesische Kirmes" (Polka) 1683 Schmetterlingspolka 167, 168 Schmied, der s. Ich hör meinen Schatz (Liedtab. II) Schnäckhus, du Päckhus 116 Schön dör (durch) und stolz 1543 Schöne Jüdin, die s. Es war einmal eine Jüdin (Liedtab. I) Schöne Minka, ich muß scheiden 7 5 Schöner, grüner, :| Jungfernkranz s. Das Ännchen von der Mühle (Liedtab. I) Schöner, grüner, schön schmeckt der Wein am Rhein s. Morgen wolln wir heiraten (Liedtab. I) Schön war die Zeit, da wir uns so geliebt 268 Schottischer Bardenchor j-. Stumm schläft der Sänger (Liedtab. II) Schottisch, Schottsch (Tanz) 151, 154, 156, 157, 158, 159, 160, 167 „Schützenfest" (Böhmische Polka) 1683 Schuhdrücken, das J-. Du verdammter Schuh „Schwedisch-Schottisch" (Tanz) 207 Schwesterlein, wann gehen wir nach Haus 192 Schwestern, die ES waren einst zwei Schwestern (Liedtab. I) Seht, wie die Sonne dort sinket 181 Siehste wohl, da kömmt er 162 Soll diese Braut ne Jumfer sein 148 „Sonntagsseele" 205 Sonntags zieht der junge Mann seinen neuen Leibrock an 188 Staats un Börgitz, 151, 159, 171 Stimmt an mit hellem hohen Klang 214 Strängschläger (Tanz) 163, 167, 170 Strömt herbei, ihr Völkerscharen (Mögen tausend schöne Frauen) 2686 Stürsch (Tanz) 154 Sultanstochter, die 311 Sunn' schient upp'n natten Busch 116 Suse, liebe Suse 192 Tampet, Tampez (Tanz) 154, 206 Tanzen möcht ich, jauchzen möcht ich 1681

Tanz mir nicht mit meiner Jungfer Käthen 192 Tanz mit mir, :| hab 'ne weiße Schürze für 159 Tapfere kleine Soldatenfrau s. Als wir im August hinausgezogen sind (Liedtab. I) Tein Eier, :[ in unsere Kiep s. Paar Eier, :| in unse Kiep (Liedtab. I) Tod auf Schienen, der s. Es war ein Mädchen jung von Jahren, verführt durch Männerschmeichelei (Liedtab. I) Tord Foleson s. Es standen in Norwegs Feld Träumende See, der j\ Der See ruht tief im blauen Traum Treue Knabe (Husar), der s. Es war einmal ein treuer Husar (Liedtab. I) Trippelschottisch (Tanz) 167; x. auch Schottisch Tschech-Lied 1512 Tuchknappenlied s. Es gingen drei Tuchknappen zum Tore hinein Tweetritt (Tanz) 154 Twitten Tweern, twatten Tweern s. Witten Tweern, swatten Tweern Über allen Wipfeln ist Ruh 192 Üb immer Treu und Redlichkeit 127, 214 Ulinger-Ballade s. Es zogen drei Sänger wohl über den Rhein (Liedtab. I) Ungetreue Mädchen, das s. Es war einmal ein Mädchen (Liedtab. I) Und hörst du das mächtige Klingen 184f. Und ich verkauf mein' Heitat nicht 155 Unsterbliche Opfer, ihr sänket dahin 191 Vater, ich rufe dich 185 Verkaufte Müllerin, die s. Es wollt ein Müller früh aufstehn (Liedtab. I) Versteinerte Brot, das j\ Es waren einst zwei Schwestern (Liedtab. I) Vier Meter lang, zwei Meter dick 162 Vivat Hieronymus rex 311 Völkermai s. Nicht dort, wo Kriegsfanfaren Von Hamburg gehts nach Altona 167, 168 Wacht auf, Verdammte dieser Erde 191 Wann wir schreiten Seit an Seit 191 Warum hast du dies getan 1091

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Liedregister Was blasen die Trompeten 215 Was ist des Deutschen Vaterland 184 Was kommt dort von der Höh 289 Wassermann-Ballade j\ Es freit ein wilder Wassermann (Liedtab. I) Wat sin wi Burn vajniegt 289 f. Wei bring'n ju'n bunt'n jung'n int Hus 1434 Weiße Hirsch, der s. Es gingen drei Jäger wohl auf die Pirsch (Liedtab. I) Weltenfriede s. Neuer Tag, mit deinen Strahlen Wenn bei Capri die rote Sonne im Meer versinkt 169 Wenn die Sonne die goldenen Funken versprüht (Am Strom) 1954 Wenn die Sterne am Himmel leuchten 163 Wenn du eine Schwiegermutter hast 168 Wenn du nicht kannst, laß mich mal 162 Wenn es schneit 215 Wenn ich ein Vöglein war 192 Wenn mine Frau nich danzen kann s. Wenn hier ein Pott mit Bohnen steiht Wenn Pingsten is, :| denn kömmt de gröne Mann 1241 Wer auf der Welt sein Glück will machen 188 Wer hat denn (bloß) den Käse zum Bahnhof gerollt 163, 168 Wer kann das bezahlen 165 Wer nur den lieben Gott läßt walten 134 Wer soll denn dieses Gläslein haben 923 Wer soll dies gute Branntwein haben 923 Wer will unter die Soldaten 157 Wie fröhlich bin ich aufgewacht 215 Wie herrlich ists im Wald 215 Wie ist doch die Falschheit 314 Wie kommts, daß du so traurig bist 3061 Wie schön bist du, freundliche Stille (Die Nacht) 195 Wie schön ist das Soldatenleben 314 Wie schön ist es Soldat zu sein 314 Wi hemm Haigras uthstecken 1441 Wilddieb, der s. Was schleicht durch den finsteren Wald (Liedtab. I) Windmüller (Tanz) 163, 167, 170 Wir lustigen Hannoveraner 157

32*

Wir sind nicht stolz, wir brauchen keine Pferde 276 Wir sind Tiroler Schützen s. Mir sein Tiroler Schützen Wir treten hierher ohn allen Spott 127 9 , 302f. Wir versaufen unser Oma ihr klein Häuschen 162 Wir wandern durch das morgenfrohe Land 441

Wir, wir, wir haben ein Klavier 168 Wi sind August und Fieken aus Amerika 1241 Wist du mi nich lesen 90 Wist du mi nich plücken 90 Wist du mi nich we(d)n 90 Wist'n Nachtjack hemm s. Wist'n Juppjack hemm (Liedtab. I) Witten Tweern, swatten Tweern 124, 125, 126, 132, j. auch Liedtab. I, Nr. 119, 248, 275, 318, 464, 542 Wi-wi-wo, Fleitje von Stroh 118 Wo die Nordseewellen rauschen an den Strand s. Wo de Nordseewellen (Liedtab. I) Wodka-Annuschka-Fox 168 Wo findet die Seele die Heimat, die Ruh 215 Wo geht der Weg nach Halle 160 Wohl über die Berge, wohl übers tiefe Tal (Luiska) 283 Wo sie war, die Müllerin .r. Zu der schönen Müllerin (Liedtab. I) Wo sind deine Haare, August 163 Zigeunerchor (aus Preciosa) s. Im Wald, :| im frischen grünen Wald (Liedtab. I) Zu dem Wettgesange schreiten (Die Minnesänger) 195 Zum Tor hin auf der Schanz 92 Zum Vivat, : | wir Gerber müssen leben 992 Zu Straßburg auf der Schanz 214 Zwei Liebchen in Mailand s. Es war einmal ein Jüngling und ein Mädchen (Liedtab. I) Zwei Schwestern, die s. Es waren einst zwei Schwestern (Liedtab. I)

Sachregister

Abschiedslieder 80, 89, 91, 189, 198, 226, 240, 248, 258, 262, 278, 306, 312, 315 4 Abzählen, Abzählreime 16 4 , 18, 20f., 113, 117, 225 Ackerbau s. Landwirtschaft Ackerknechtsbruderschaften s. Burschen, Burschengemeinschaften A k k o r d e o n s. Ziehharmonika Altersgruppen, Generationsverhältnis X I I I , 52, 66ff., 71 ff., 76f., 83, 93f., 102ff„ 110£, 117, 119 1 , 120, 129 4 , 163, 198, 209, 212, 216, 223f., 243, 244ff., 261 ff., 352, s. auch Jugendliche, Kinder, Ledige, Verheiratete Altkoppel 76, 78f., 91 3 , 94, auch Koppel Altmärkischer Museums verein Stendal 21 2 Altmäriischer Verein f ü r vaterländische Geschichte und Industrie zu Salzwedel 14,17 Altmärkisches Museum Stendal 22 3 , 1922 Ammenlieder s. Wiegen- und Koselieder Aneignung, Folklorisierung 257f., 259 1 , 267, s. auch Variantenbildung, Variierungspraxis Angestellte, Büroangestellte 59, 60ff., 65ff., 191 1 , 204 Antiphonen 10 3 Arbeit, Arbeitsleben, Arbeitstechnik, Arbeitsvorgänge 25, 53, 72f., 74, 75 2 , 87ff., 95ff., 143, 224 Arbeiter, Arbeiterklasse 24, 43 1 , 46f., 51, 58, 62, 67f., 93, 99, 101, 102 4 , 137 3 , 179, 190f., 204, s. auch Dienstleute, Landarbeiter Arbeiterbewegung X I I I , 472, 189ff., 258 2 , 307 Arbeiterchöre, Arbeitergesangvereine 179, 189ff Arbeiterjugend 197 Arbeiterlieder, Arbeiterkampflieder X I V , 191, 195 4 , 196, 207f., 258, 311 2

Arbeitersängerbewegung 177, 189ff., 208 Arbeitervereine 47 2 , 158, 190, 192 2 , j-, auch Arbeiterchöre, Arbeitergesangvereine Arbeitsbrauchtum 25, 31, 87ff., 95ff., 119, WZArbeitsgemeinschaften X I V , 71 f., 74, 87ff., 95ff., 107, 120, 145 Arbeitslieder 95 ff. Arbeitsrhythmus, taktmäßige Arbeit 95f., 99, 101 Atlas der deutschen Volkskunde (ADV) 25, 75, 78, 85ff., 117f., 128f., 131, 135, 145, 147 1 , 157 ff., 161, 176, 181, 185 3 , 186£, 188 1 , 217 1 Aufnahmemethoden J-. Sammelmethode und Aufnahmetechnik Austrieb der Viehherden 96, 98, 143 Bälle s. Tanzveranstaltungen,Tanzvergnügen Bänder abtanzen 137 Bänkelgesang, bänkelsängerhafte Erzähllieder 15, 107, 113 1 , 226, 227ff., 243, 249, 255, 258f., 276f., 278, 284,297, 300, 304f., 310 1 , 320 Bänkelsängermelodik s. Melodiestile Balladen I X , 1 2 \ 14f., 81, 111, 218, 225 2 , 226, 231 ff., 249, 258f., 265f., 278, 282, 295ff., 300, 303ff., 310 1 , 311, 316f., 320 Ballspiele 83, 108ff., 113f., 133 Bartholomäustag 97 Bastlösereime 16 4 , 18, 20f., 25, 27, 101, 115, 117f., 225, 255 2 , 287 Bauern 4 6 , 8, 31 1 , 44ff., 50f., 56ff., 66ff., 76ff., 87ff., 96ff., 107, 120, 136ff., 145ff., 204, s. auch Genossenschaftsbauern, G r o ß bauern, Kleinbauern, Kossathen, Neubauern Bauerndorf 31, 43, 49ff., Verhältnis D o r f — Stadt s. unter Stadt

Sachregister Beamte 47 2 , 67, 1911 Befreiungskriege 184, 312, 313 Begräbnis 9, 186, 191 Bergmannslieder 1131, 237, 283 Berliner Volksliedarchiv (BVA) 23 3 , 24 5 , 25f., 35, 37, 224 3 , 352 Berufe, Berufsgruppen 44 3 , 51 f., 56ff., 6 6 f f . , s. auch Angestellte, Arbeiter, Bauern, Beamte, Dienstleute, Handelsleute, Handwerker, Landarbeiter Berufs- und Ständelieder 225f., 240, 306f. Besiedlungsdichte XIII, 42, 44 Betriebschöre XIII, 204, J\ auch Frauenchöre, gemischte Chöre, Gesangvereine, Volkskunstensembles Betteljungen 10, 17, 68, 1024, 298 1 Bienen, Bienenzucht 25, 101, 160 1 Bindereime J-. Erntesprüche Binnenkehrreim s. Kehrreim Bismarker Tänze 1546 Bittreime J-. Heischelieder, Heischereime Blaskapellen, Blasmusik, Blasorchester 138, 158, 168, 170, 175f., 206f., 209 Blockflöte 209 Bodenreform XIII, 45 , 50 2 , 67 1 Bötformeln j-. Segenswünsche, Beschwörungsformeln Böttcherlied 100 Brachweide-Abstecken ( H e i g r a s utstecken) 143, 144 1 Bräuche J\ Festgebräuche, brauchtümliche Zeremonien Brauchfremde Lieder 127f., 132, 135, 142, 225 3 , 301 Brauchgeräte ( B a m m e l , Erntekrone, Fasselstüwerrute, G a f f e l , Maikrone, Pingstrick, Wurstkrone u. a.) 136, 137 1 , 138f., 1431, 146 Brauchgestalten {Bunter Jung, Buurklas, Erbsbär, Fasselstümr, Fiestemeier, Großkönig, Hunneböttel, Hunn- und Kattenschläjer, Kleinkönig, lahmer Timmermann, Mainbruut, Pennigmeister, Pingstkärl, Schultenknecht u. a.) 122, 125ff., 136f., 138 2 , 1413, 143f.,187, 219, s. auch Laubgestalten Brauchtümliche Gesänge 19, 20, 121, 133f., 142, 148, 302f., 351, s. auch Heischelieder

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Brauchtum des Jahreslaufes s. Frühlingsbräuche, Herbstbrauchtum, Winterbrauchtum Brauchtum des Lebenskreises s. Familienfeste, Hochzeit, Taufe, Begräbnis Brauchtumsverfall 119 4 , 135, 139, 149 Brauchverbote 89, 129, 301 Brauchwandel 142f., 145, 149, 219 Brautballsingen (Bruutballsingen, Schölljensingen, Schiljenajsingen) 120, 133f., 142 2 2 Braut, Brautleute 77 , 147 f. Briefverse s. Gereimte Liebesbriefe Brückespiel 114f. Bürgertum, bürgerlich 5£f., 177ff., 191 1 , 192f., 196, 258, s. auch Kleinbürgertum Bunte Tänze j-, Contre-Tänze Burschen, Burschenbrauchtum, Burschengemeinschaften, Burschenkoppeln II 1 , 25, 58, 60, 72, 75 2 , 76f., 79, 80ff., 91f . , 120, 1213, 135ff., 144 3 , 255, 275, 313, j-. auch Jugendgemeinschaften, Koppel Butterreime 101, vgl. auch 287 Chanson 305 3 Charleston 158 Chöre, Chorwesen s. Frauenchöre, Gesangvereine, Jugendchöre, Kirchenchöre, Männerchöre, Schulchöre Choräle 10, 26, 121, 128, 132, 140ff., 145ff., 188, 195 4 , 215 2 , 216, 311, x. auch Geistliche Lieder Chorales 8» Chorhäuser 9 Choristen, Chorschüler 9ff., 127 10 , 298 1 Chorkasse 9 Chorleichen s. Schulleichen Chorleiter, Ensembleleiter 178, 208ff., 212, 262f., 354 Chorpräfekt 9 1 Chorsatz s. Liedbearbeitung, Liedsatz Chorverbände 181 ff., 191, 193f., 196f. Chorwerke, Kantaten, Liederzyklen, Motetten, Oratorien 103, 180, 183ff., 188, 191 2 , 1954 Christianisierung 43 Christliche Orden, Ordensregeln 8 3 Christnacht, Christnachtsmette 141 2 , 145, 185, s. auch Weihnachten

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Sachregister

C h r o m a t i k 172, 240 Clique, C l i q u e n b i l d u n g 83 1 C o n t r e - T ä n z e (Bunte Tänze) 152, 154, 158, 164, 170 C o u p l e t , Coupletdichter 7 5 , 188, 250, 259, 264, 305 3 D a n n e i l - M u s e u m Salzwedel 17 Deserteurlieder 313 2 D e u t s c h e r A r b e i t e r s ä n g e r b u n d (DASB) 191, 193 ff., 196 f. D e u t s c h e r S ä n g e r b u n d (DSB) 181 ff., 196f. D e u t s c h e s Volksliedarchiv F r e i b u r g ( D V A ) V I I , I X , I I 5 , 27 Dialekt s. M u n d a r t D i e n s t h e r r s c h a f t 90, 145 Dienstleute (Deensten) 13, 51, 56f., 60ff., 6 6 f f . , 77f., 86 5 , 90, 93f., 102 4 , 135 2 , 139, 143ff., 223, 269, 3 0 6 \ 310, s. auch Landarbeiter, T a g e l ö h n e r Dienstleutewechsel 87, 139 2 D i r e k t b e f r a g u n g 54, 65 1 , 224, 227, 245, 257, 263, 351, 354, vgl. auch S a m m e l m e t h o d e und Aufnahmetechnik D o r f s. B a u e r n d o r f D o r f e n s e m b l e s. Volkskunstensembles, Volkskunstgruppen D o r f m u s i k a n t e n s. M u s i k a n t e n Drehorgellieder 259, s. auch Bänkelgesang, sentimentale Lieder D r e i k ö n i g s b r a u c h t u m , Dreikönigslieder, D r e i k ö n i g s s i n g e n 25, 124 1 , 128, 142 E i n b l a t t d r u c k e s. F l u g b l a t t d r u c k e E i n s t i m m i g k e i t 25, 85, 179, s. auch M e h r stimmigkeit E l b - H a v e l - S ä n g e r b u n d 182 ff. E n g l i s h Waltz 163 1 E n s e m b l e s. V o l k s k u n s t e n s e m b l e s , Volkskunstgruppen E p i p h a n i a s s. D r e i k ö n i g s b r a u c h t u m E r b a u u n g s - u n d Andachtslieder 215, 310, vgl. auch Choräle, geistliche Lieder E r n t e 17, 25, 31, 67 1 , 80, 9 6 f f . , 119f., 145ff., 149, 155, 158, 163 E r n t e a r b e i t e r s. Dienstleute, Landarbeiter, Saisonarbeiter E r n t e b r a u c h t u m 25, 31, 96ff., 119, 145ff.

E r n t e f e s t (Vergodendeel) 120, 145ff., 149, 155, 158 E r n t e s p r ü c h e 17, 146 Erzähler, E r z ä h l g u t 33 1 , 84, 87f., 91 Erzähllieder 15, 18, 97, 107, 151, 188, 224, 226, 227ff„ 238, 243, 249, 255, 258f., 265/., 268, 276f., 278f., 281 ff., 293, 295ff., 304f., 31 Off., .315/., s. auch Balladen, historisch-politische Lieder, Legenden E t h n i s c h e F a k t o r e n 41, 44, 294, s. auch Landschaftliche E i g e n a r t Evangelisch s. K o n f e s s i o n e n Fabrikarbeit, Fabrikarbeiter 4 6 f . , 67f., 101, 102 4 , vgl. auch Industrie Familienfeste 74, 76, 79, 93, 145, 147/., 153, 157 1 , 158, 218 1 Familie, V e r w a n d t s c h a f t X I V , 50 5 , 55 5 , 56f., 60, 71 f., 74, 76, 79, 84, 90, 93, 102ff., 110, 120, 150, 162, 219, 224, 225 2 , 248f., 254, 258, 261 f., 265 Fangsteinchenspiel (Snappken) H O 1 Fastnacht (Fasselämd), Fastnachtsbräuche 31, 53, 64, 90, 119f., 132f., 135ff., 142, 149, 155, 158, 163, 164ff., 167, 187, 225 Fastnachtssingen 132f. Fastnachtsstäupen 136, 139 1 Feldarbeit 72, 96, 98, vgl. auch E r n t e Fernsehen 53, 75, 96 4 , 107 Festgebräuche, b r a u c h t ü m l i c h e Z e r e m o n i e n 19, 25, 31, 52f., 68 2 , 74, 92, 119ff., s. auch Familienfeste, Vereins- u n d Volksfeste F e s t u m z ü g e 138, 164, 182f., 204, 207, vgl. auch H e i s c h e u m z ü g e , Martinsumzüge, Pfingstumzüge Fest- u n d Feierlieder 128, 141 2 , 188, 192, 227, 259, 261, 307 F i g u r a t i o n , M e l o d i e o r n a m e n t e 172, 306 1 Figurentänze j-. C o n t r e - T ä n z e Film 52, 257, 264, 309 1 Flagellanten 3 1 Flöte (Fleitje, Floitche, Fope, Hubbubb), Flöt e n m a c h e n 20f., 117f., 144, vgl. auch Blockflöte, Querflöte F l u g b l a t t d r u c k e , Flugblattlieder 257, 278, 304 3 , 310, 318 F l u r u m g a n g 31, 119f.

Sachregister Folklorisierung s. Aneignung Formeln, Formelgut 146, 150, 172, 2281, 240, 2671, 268 f., 301, 306 Foxtrott 158, 162ff., 168f., 260 Franzosenzeit 7, 311 f., 320 Frauenchöre 181, 1952, 2041, vgl. auch Gesangvereine, Volkskunstensembles Freiheitskriege s. Befreiungskriege Frühlingsbräuche, Frühsommerbräuche 19, 31, 122ff., 133f., 139ff., 142ff., 149, 153, 158, 184, 187 Frühlingslieder 19, 121, 128 Funktion, gesellschaftlich-brauchtümliche IXff., XIVf., 29ff., 71 ff., bes. 121, 132, 150, 164, 223f., 265, 301, 309, 315, 320, 351 Funktionsharmonik s. Tonalstruktur Galopp 1544, 157 f. Gasselaufen (Kinderspiel) 1091 Gassenhauer 81, 86, 226, 259, 300, 3064, 309 f. Gattung s. Liedgattung Geburtstagsfeier, Geburtstagsgesellschaft 74f., 79, 83, 120 Gedichte 32, 267, 268f., 289 1 Geige 251, 158, 1672 Geißlerlied 3 1 Geistliche Lieder, Kirchenlieder, religiöse Gesänge 5, 103, 13£, 81, 98, 103, 185, 215f., 225, 227, 258, 284 2 , 310J., s. auch Choräle, Erbauungs- und Andachtslieder, Katechismuslieder, Legenden Gelegenheitsarbeiter s. Saisonarbeiter Gemeinschaft, Gruppe X, XII 2 , XIV, 8ff., 33, 41, 54, 71ff., 253f., 298, j-, auch Altersgruppen, Arbeitsgemeinschaften, Familie, Jugendgemeinschaften, Kindergemeinschaften, Nachbarschaft, Singorganisationen, Vereine Gemeindelied s. Geistliche Lieder, Choräle Gemeinschaftsarbeit s. Arbeit, Arbeitsleben Gemischte Chöre 181, 1831, 195, 204f., vgl. auch Gesangvereine, Volkskunstensembles Genossenschaftsbauern 50f., 56ff., 66 Genossenschaftswesen 461, 51, s. auch Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft

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Gerberlied 992 Gereimte Liebesbriefe 267 f., 270 Gesangsfeste s. Sängerfeste Gesangvereine (GV) XIV, 24f., 37, 553, 56ff., 71 ff., 75, 85, 93, 110f., 158, 177ff., 180ff., 198, 203ff., 209, 215, 2171, 224, 2491, 259, 261, 264, 269, 300, 307, 317 1 Gesangvereinslieder, Gesangvereinsrepertoire 180, 182ff., 205ff., 215, 240, 255, 258f., 261, 269, 300, 307, 317 1 Geschlechter 52, 6 6 f f . , 1294, 163, 223f., 244ff., 352, s. auch Burschengemeinschaften, Mädchengemeinschaften Geschmack, Geschmackswandel 95, 102, 300, 318, vgl. auch Mode Gesellige Arbeit s. Arbeit, Arbeitsleben Gesellige Lieder 224, 226, 259, 308f., 320 Geselligkeit, gesellige Unterhaltung 72, 83, 87, 95, 100, 150ff., 187f., 190, 1952, 212, 219, 224, 254, 309 Gesellschaft, gesellschaftliche Bedingungen XIII, XV, 71 ff., 147, 149, 152, 177, 180, 211, 219, 249 Gesellschaftsspiele, Spiele der Erwachsenen 19, 79\ 84, 89 Gewerbe 46f., j-, auch Handwerk Gewerkschaft, gewerkschaftlich 49 4 , 191, 202 Gitarre 1761, 254 1 Glocken 125 Grabgesänge 186 Gregorienfest, Gregorientag 9 Grenzland 8, 43 Großbauern 45, 502, 512, 664, 671, 1373, 180, 269 Großgrundbesitz 45 , 493, 982, 120, 145 Großstadt 46, 47\ 831, 190, 198, 261 Grundsitzer 503, 512 Gruppe s. Gemeinschaft Gruppenarbeit s. Arbeit, Arbeitsleben Grußformeln, Grußsitten 122, 125, 136, 1373 Hagelfeier 119 Halli-hallo (Kinderspiel) 83, 110, 113/. Handelsleute 93, 276 Handharmonika s. Ziehharmonika Handwerkergesangvereine 182, 184 ff.

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Sachregister

Handwerkerlieder, Handwerksburschenlieder 99f., 276 Handwerk, Handwerker (Drechsler, Färber, Lohgerber, Müller, Sattler, Schmied, Schneider, Schuster, Seifensieder, Tuchmacher u. a.) 4, 8, 44 3 , 48, 51 f., 56ff., 62ff., 66ff., 76, 77, 9 9 f f . , 107, 145 2 , 154, 184, 191 1 , 196, 204, 275, 276, 298 1 Handwerksburschen, Handwerksgesellen 4, 8, 68, 99 2 , 100, 275 f. Hanse 43 3 Hausinschriften 24f. Hausmusik 305 3 Heilig Abend Weihnachten Heil- und Trostsprüche 21 Heimarbeit, Heimarbeiter 59, 67 1 Heimat IX, 268, 290, 293 Heimatlieder XIV, 95, 97, 218 1 , 225f., 238, 240ff., 249, 260 2 , 290f., 306f. Heimatmuseum Oebisfelde 26 Heimatmuseum Tangermünde 5 1 Heimatschriftsteller, Mundartdichter 7 5 , 21, 60, 160 2 , 208, 244, 289 Heischelieder, Heischereime, Heischegesang X V , 16 4 ,17ff., 26, 36,114,119,121, 122ff., 136f., 141, 143ff., 149f., 225f., 244, 250, 255, 258, 286, 294, 300ff., 351 Heischen, Heischeumzüge X V , 10, 36, 54, 86 1 , 92, 114, 119, 127 10 , 136f., 138 2 , 139, 141 ff., 165£, 187 2 , 301 Herbstbrauchtum 31, 128ff., 134ff., 145ff., 149, 153, 158, 302 1 Hexenaustreiben 133 Hirten, Hütejungen 7f., 98, 135 2 , 139 2 , 143 ff. Hirteninstrumente 144 f. Historisch-politische Lieder 3f., 227, 310, 311f., 320 Hochzeit, Hochzeitsbräuche, Hochzeitsgesellschaft 9, 19, 25, 31, 74, 79, 120, 147f., 153f„ 160, 163, 166 1 , 186, 225 Hochzeitslieder, Hochzeitsständchen 147, 148, 186, 188 Hochzeitsmarsch 151 Holzblasinstrumente 158, 164 6 , 167 2 , 212 2 Hopfenbau, Hopfenernte 44, 96, 97f., 275 2 Horn 144 f. Hornmusik ,r. Blasmusik

Hütejungen j-, Hirten Humoristische Erzähllieder 188, 226, 244, 255, 259, 305 Hymnen 10, 261, 307, vgl. auch Fest- und Feierlieder Industrialisierung XHIf., 101, 299 Industrie, industriell XIII, 44 3 , 46f., 48 6 , 101, 177, 191 1 , 193f., 204, 258f., 261, 263, 299 Initiationsbräuche {Bengeln, Hänseln) 92,144 3 Instrumentalmusik, volkstümliche XIII, 37, 121,135,137ff., 144f., 147f., 149ff., 206f., s. auch Musikkapellen, Tanzmusik Jägerlieder T , 296 Jahresbrauchtum s. Frühlingsbräuche, Herbstbrauchtum, Winterbrauchtum Jargon j\ Umgangssprache Jazz 303 Johannistag, Johannisbrauch, Johannislieder 75 3 , 133 5 , 142 Juchzer 165, 175 Jugendbewegung 23, 27, 153, 159, 178f., 197f., 201, 211f., 216, 240, 244, 249, 264, 278, 304, 307f., 353, s. auch Singbewegung Jugendchöre, Jugendsingegruppen 181, 186, 204, 224, 225 2 , 263, j-, auch Jugendbewegung, Schulchöre, Volkskunstensembles Jugendkoppel, Jungkoppel s. Koppel Jugendliche, Jugendgemeinschaften 54, 67, 68 2 , 7 4 f f . , 110f., 120f., 133f., 135ff., 144, 148, 158, 169, 244ff., 269ff., x. auch Burschen, Burschengemeinschaften, Jugendorganisationen, Koppel, Ledige, Mädchengemeinschaften Jugendlieder X l l l f . , 209, 262, 307 Jugendorganisationen, Jugendverbände 44 1 , 49 4 , 72, 93, 103 2 , 110, 178, 179, 197ff., 203f., 240, 248, 259, 262, 264, auch Jugendbewegung, Jugendchöre, Volkskunstensembles Jugendweihe 191 Kanon 226, 259, 308 f. Kantaten s. Chorwerke Kantor 9 1 , 17

Sachregister Katechismuslieder 215, 310f. Katholisch s. Konfessionen Kehrreim, Kehrreimformen 84, 100, 137, 149, 150, 169, 259, 261, 316 Kindergarten 52, 72, l l l f . , 178, 213, 217, 218 Kinder, Kinderbräuche, Kindergemeinschaften XIV, 20, 33, 52, 54, 58, 60, 62ff., 71 f., 74, 86 1 , 102ff., 108ff., 120, 121 ff., 138, 143 4 ,144,148f., 185,186 1 ,208 1 ,209,218f., 245, 258 Kinderlieder, Kinderrreime s. Lieder, Reime und Spiele der Kinder Kinderspiele (Bewegungsspiele, Erwerbsspiele, Rollenspiele) 108ff., 112, 113, s. auch Kreisspiele Kinderwartung 72, 103ff., 247 3 Kindtaufe s. Taufe Kino j-. Film Kirche, kirchlich 7 1 , 8f., 10 3 , 4 9 f „ 52, 72, 91, 143 1 , 147, 178, 180, 185f., 201 f., 213 3 , 215J., 217 3 , 219, 258, 311, j-, auch Konfessionen Kirchenchöre 25, 85, 178, 185f. Kirchengesangbuch 145 Kirchengesang, Gemeindegesang 8 4 , 216 Kirchenlieder s. Geistliche Lieder, Choräle Kirchenkonzert, Kirchenmusik 180, 185f., 195 4 Kirchliche Jugendbünde 201 f. Klarinette 158, 164«, 167 2 Klavier 158, 176 1 , 213 3 Kleinbauern 45, 51 2 , 67f., 180 Kleinbürgertum, kleinbürgerlich 67, 179, 189, 196,'307 Klöster 8, 48 8 Klopfreime s. Bastlösereime Kniereiterliedchen s. Wiegen- und Koselieder Kollektivierung der Landwirtschaft XIII, 45 f., 50 f. Kommerzielle Unterhaltungsmusik, populärer Musikbetrieb, Unterhaltungsindustrie XIV, 72,153, 243, 249, 257ff., 263f., 267, 305 3 , 310, 320, s. auch Fernsehen, Film, Rundfunk Komponisten (Bach, Beethoven, Bruch, Graun, Grieg, Händel, Haydn, Kreutzer,

499

Marschner, Mendelssohn, Schubert, Spohr, Wagner, Weber u. a.) 7 5 , 180, 183ff., 189, 191, 195, 205, 240, 309, vgl. auch Kunstlied, Kunstmusik Konfessionen 44, 132, 179, 197, 201, 216, 311 1 Konfirmanden, Konfirmation 133 5 , 144 3 , 149 2 Kontamination 280, 306, s. auch Variantenbildung, Variierungspraxis Kontinuität der Überlieferung X l l f . , 73, 254, 300, 353 Kontrabaß 158, 167 2 , 176 1 , 209 Konzerte, Konzertwesen 48, 72, 177f., 180, 182ff., 189, 190ff., 204ff., 211, 305 3 Koppel {Chor, Chore, Koppel, Korps), Koppelbräuche, Koppelgeselligkeit, Koppellieder, Koppelsingen, Koppelwesen X I V f . , 33, 55 5 , 56, 58f., 65, 7 4 f f . , 98, 102, 108, 110, 120, 133 5 , 136, 138, 139 2 , 144, 150, 162, 163 2 , 178, 201, 216 2 , 219, 224, 225 2 , 239, 245, 247ff., 258ff., 267 3 , 269, 287 3 , s. auch Altkoppel, Koppelgang, Spinnkoppel Koppelgang, Koppelgehn 75, 8 0 f f . , 90ff., 96, 210f., 269, 306 Koselieder s. Wiegen- und Koselieder Kränzchenreiten j-. Ringreiten Kranzlied s. Hochzeitslieder Kreisspiele, Reigenspiele, Ringelreihen 72f., 107,108ff., 1 5 0 , 1 5 9 1 , 2 2 5 , 2 4 7 3 , 2 8 8 , 3 0 1 f . , 320, vgl. auch Lieder, Reime und Spiele der Kinder Kriege 8, 187 1 , 314, s. auch Befreiungskriege, Weltkriege Kruzifix, wundertätiges 3 1 Kuhglocken s. Glocken Kuhhorn 144 Kulturbund z. d. E. D. 31, 52, 63, 163, 167, 202, 204 4 , 208, 253 Kulturgruppen s. Volkskunstensembles, Volkskunstgruppen Kunstlied, Kunstmusik X, XIV, 7 5 , 8 2 , 10 3 , 72, 81, 180, 183ff., 188, 191 f., 195, 207, 240, 255, 268, 270 2 , 271 1 , 300, 305 3 , 317 1 , 318, 320 Kurrende, Kurrende-Singen 8f., 121, 127 10 , 298 1

500

Sachregister

Ländler 164f., 167, 170 Lärm 121, 125, 127 5 , 135, 137, 142, 145, 148, s. auch Peitschenknallen, Pfeifen (auf den Fingern), Schallgeräte Lärmgeräte s. Schallgeräte Läuten 141 Laiengruppen, Laienvereinigungen, Laienzirkel s. Volkskunstensembles, Volkskunstgruppen Laienkunstbewegung j-, Volkskunstbewegung Laienorchester s. Musikkapellen Landarbeiter, Tagelöhner 7, 8, 45, 51, 68, 77f., 93, 97f., 145f., 190 4 , vgl. auch Dienstleute Landschaftliche Eigenart 41, 150, 219, 278, 286ff. Landschaftliche Volksliedsammlung und -forschung IXff., 11 ff., 293ff. Landstädtchen 48f., 184, 189, 196 Landwirtschaft X I I I , 42, 44ff., 50f., 56ff.,

66 ff. Landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft (LPG) 46, 50, 56ff., 66, 146, 204 Lateinische Gesänge 10 Laternenlieder, Laternenumzüge 25, 135, 137f., 187, 188 1 Laubgestalten (Fiestemeier, Fischgemei, Fißmeier,/üschtje Meier, Pfingstmeier, Pfit^meier u. a.) 53, 122ff., 141 3 , 143f., 149 Ledige 52, 72, 76, 120, 135, vgl. auch Verheiratete Legenden 215, 233, 310 Lehrer, Musiklehrer 21 ff., 28, 54, 59, 63, 65f., 78, 82, 91, 103, 112, 121, 128f., 134, 146, 149, 180 3 , 184, 188 2 , 191, 197, 203, 208ff., 263, 354 Leichenbegleitungen 9 Lerngelegenheiten, Liedvermittler 75, 92ff., 98, 100, 102f., l l O f f . , 2 1 7 \ 248, 254, 257ff., 269, 275f., 299 Liebeslieder 81 1 , 110, 189, 198, 226, 244, 248f., 258, 262, 268f„ 271 ff., 278, 280/., 284, 292, 305f., 310, 312, 315 4 , 320 1 Liebesverse 270 1 , s. auch Gereimte Liebesbriefe Lieblingslieder 79, 276

Liedbearbeitung, Lied- und Chorsätze 179, 184, 188, 209, 261 Liederbücher, gedruckte 15, 27, 32 1 , 73, 103 2 , 197 3 , 198, 202, 217, 257, 262, 269, 273, 278, 353 f. Liederbücher, handschriftliche 14, 24 2 , 32, 35, 37 1 , 65, 84, 94, 215, 239, 251, 267 ff., 304, 306ff., 312, 313 1 , 317 1 , 318, 354 2 Lieder, Reime und Spiele der Kinder 6 2 , I I 8 , 16ff., 27, 33 4 , 36, 72f., 103, 107, 108ff., 150, 215, 217f., 225, 244, 247 3 , 250, 258f., 278, 285, 287f., 297, 300ff., 306 2 , 319/., 351 Liedertafeln 7 5 , 177, 180ff., s. auch Gesangvereine, Männerchöre Liedform, musikalischer F o r m a u f b a u 34, 110f., 150, 229, 240, 265, 296, 301 f., 311, 317 f. Liedgattungen I X , 224ff., 249ff., 258/, 278, 30 0 f f . Liedtypen I I 8 , 225 5 , 246f., 295f., 303 1 Lockrufe 98 3 Lokale Besonderheiten s. Landschaftliche Eigenart Mädchengemeinschaften, Mädchenkoppeln (iChordeerns) 58, 72, 76ff., 80ff., 87ff., 120, 133 5 , 138, 260, s. auch Jugendgemeinschaften, Koppel Männerchöre, Männergesangvereine ( M G V ) 24, 55 3 ,177,179, 180ff., 203ff., 2 4 9 \ 269 2 , s. auch Gesangvereine, Liedertafeln Märchen s. Erzählgut Märzrevolution 1848 j-, Revolution Magdeburger Geschichtsverein 18 Magdeburger Schöppenchronik 3 1 Maibaum 143, s. auch Pfingstbaum Maibraut s. Brauchgestalten Maiensetzen, Maienstecken (Pingstmaien anklopperi) 139, 143 Maifeier (1. Mai) 31, 158, 191 Maikäferlieder j-. Tier- u n d Wetterliedchen M a m b o 163 1 Mandoline 209 Marienkäferlieder s. Tier- und Wetterliedchen Markt, Marktflecken 48, 88

Sachregister Marschlieder, Märsche 81, 147, 150f., 156, 162, 164f., 168f., 198, 199 1 , 255, 259f., 262, 265 1 , 278, 283, 307, 315, 317 Martini, Martinsfest, Martinstag 9, 21, 25, 74, 91, 119, 120, 124 1 , 129, 134, 139 2 , 225 Martinsbrauchtum, Martinssingen, Martinsumzüge 9, 25, 31, 125, 128ff., 138 Martinslieder, Martinsreime 10, 25f., 68 2 , 127 9 , 129ff., 301 1 Maschinen-Traktorenstation ( M T S ) 46, 48 6 , 51, 58, 66 4 , 108, 146, 163, 204 4 Masken, Verkleidung 121 f., 124, 129 6 , 132, 1382 Massenchöre 183, 194f., 205f. Massenlieder XIII, XIV, 258, 307 Massenorganisationen 49, 202, 204 Mechanisierung 53, 88, 96, vgl. auch Technisierung Mehrstimmigkeit, Zweistimmigkeit X, 25, 33, 37, 84f., 87, 97, 139f., 151, 179, 214, 217, 229f., 241, 273f., 280, 294 2 Melodiekadenzierung 229, 273, 297, 311 Melodienotierung, Transkription VII, X, 21, 24, 25 1 , 3 4 f f . , 101, 132, 296 Melodieornamente s. Figuration Melodiestile, Melodietypen 172ff., l28ff., 237f., 240, 296, 301 f., 306 1 , 307, 316ff., s. auch Sprechgesang, rezitierendes Singen, Rufen, Vortragsart, Singstil Melodiestruktur X V , 34,111, 229, 240, 265, 271, 318 Menuett 154 5 , 31 8 Methoden der Volkskunde und Volkliedforschung j-. Landschaftliche Volksliedsammlung und -forschung Metrum s. Takt Militär, Militärdienst Soldatendienst, Soldatenstand Mittelalter 8ff., 43, 295 Mode 152, 257, 270 1 , 294 2 , vgl. auch Geschmack, Geschmackswandel Modetänze, moderne Tänze 153, 157 1 , 158, 163f., 168 f. Moritaten 88, 95,107, 121, 227ff., 238 2 , 254, 265 1 , 300, 304, s. auch Bänkelgesang Motetten s. Chorwerke

501

Mündliche Tradierung XIII, 29f., 72f., 93, 102f., 201 f., 245, 248, 254, 257ff., 262f., 265ff., 270, 274ff., 278 Mundartdichter s. Heimatschriftsteller Mundartlieder, Mundartreime 3f., 6, 10, 16ff., 104ff., 115ff., 122ff., 150f., 154 f., 159ff., 172ff., 206f., 210, 243f., 2 5 5 , 2 8 6 f f . , 297, 300ff., 308 Mundart, Mundartpflege 3, 16ff., 35f., 41 f., 48, 63, 88 2 ,115,118f., 127,135, 2 0 8 , 2 4 3 f . , 253, 286ff., 300f. Musikanten, Tanzmusiker VII, 54 2 , 147, 154, 160, 164, 167ff., 172, 174 1 , 354 2 , vgl. auch Musikkapellen Musikinstrumente 25 1 , 83, 90, 98 3 , 136, 139ff., 144f., 157 1 , 158, 164f., 167 2 , 172, 176 1 , 184, 186, 203, 209, 211f., 213«, 254 1 , vgl. auch Schallgeräte Musikkapellen, Orchester, Tanzkapellen 135 2 , 137 3 , 147f., 149, 154ff., 164ff., 182, 184 1 , 195 4 , 206f., 208 1 , 212, vgl. auch Blaskapellen Musiklehrer s. Lehrer Musikvereine 180, 1922 Nachbarschaft 61, 74\ 76', 87, 96, 108, 120 Nachbarschaftshilfe 25, 75 2 Nachtanz 159 2 Nachtwächter 145 Nadelstechen, Nadelschenken 142 1 Namen (Kosenamen, Spitznamen, Spottnamen) 50, 106, 143 Napoleonlieder 311 f., 320 Naturbetrachtende Lieder 189, 226, 240, 259, 306 Nazi-Lieder 199 1 , 269 Nazi-Organisationen 179, 198, 201, 248 Neckreime s. Scherz- und Neckreime Neubauern 45, 50, s. auch Umsiedler Neujahrsfest, Neujahrsnacht 9, 127f., 141 2 , 145 Neujahrsheischelied 127 9 , 134, 301 2 , 302f. Neujahrssingen 121, 127, 128 Newe Zeitung 258 Nichtstrophische Melodien 104, 106f., 109, 114f., 123ff., 286ff., 301 Niederdeutsch s. Mundart Nikolaustag 91

502

Sachregister

N o n n e n s. Christliche O r d e n Notenbücher, handschriftliche s. Tourenbücher Onestep 162 Operetten, Operettenlieder 162 1 , 226, 249f., 259, 264, 268, 278, 309 Opern, Opernchöre, Opernlieder 15, 180, 183f., 195, 207, 226, 259, 309 Oratorien s. Chorwerke Orchester s. Musikkapellen O r d e n s. Christliche O r d e n Organisationen, organisierte Verbände s. Jugendorganisationen, Massenorganisationen, Parteien, Singorganisationen, Vereine Orgelmusik 195 4 Orgeltabulatur 8 2 Osterfeuer 133, 142 Ostern, Ostersingen 80, 91, 124 1 , 133, 142, 143, 185 Palmarum 133 5 Parodistische Einschübe (in Liedern) 255 1 Parteien, politische Organisationen 49, 72, 91, 178f., 190, 191, 193, 196, 202f., 217 3 Pastor s. Pfarrer Patriotische Gesänge, Vaterlandslieder 81, 128, 227, 259, 307, 315 1 Peitschenknallen 122, 133, 137 1 , 145 Pest 3 \ 9 Pfänderspiele i. Gesellschaftsspiele Pfarrer 9, 17f., 76, 81, 84, 88, 91, 94, 149, 201 f., vgl. auch Kirche Pfeife s. Flöte Pfeifen, auf den Fingern 98 3 , 145 Pfingstbaum 139, 141, 143 Pfingsten, Pfingstbräuche, Pfingstsingen, Pfingstumzüge 17, 21, 31, 74, 119f., 121 5 , 122ff„ 132, 135, 138, 139ff., 142f., 149 2 , 155, 163 2 , 185, 187 2 , 219, 225 Pfingstgestalten j-. Brauchgestalten, Laubgestalten Pfingstheischelieder 17, 26, 122ff., 130, 351 1 Pfingstweide s. Brachweide P h o n o g r a m m e s. Tonaufnahmen, Schallsammlungen

Piston 167 2 Plattdeutsch j-. Mundart Plumsackspiel 109 f. Politische Parteien, Organisationen j-, Parteien Polizeiliche Verbote s. Brauchverbote Polka-Mazurka 152, 158 Polka, Polkalieder 150, 152, 156ff., 160, 162ff., 168, 288, 303 Polonaise 158, 318 Polterabend s. Hochzeit Populärer Musikbetrieb s. Kommerzielle Unterhaltungsmusik Posaune 139, 140, 141, 1646 Posaunenchor 186 Preislieder 99 2 , 182 Preußenlieder 128, 216 Protestantisch j\ Konfessionen Psalmen 10 3 Quadrille 154 3 Quempas-Singen 185 Querflöte 184 Quodlibet 226, 308 Radio j-, R u n d f u n k Rätsel 16, 18, 20, 90, 91 Rätsellieder 226, 308 Raspa 163 1 Rechtsbrauch 92, 137ff., 143 Redensarten j-. Sprichwörter Reflektierende Lieder 224, 237f., 240ff., 244, 249, 260 2 , 278, 285, 307f., 315 Reformation 10 3 , vgl. auch Konfessionen Refrain s. Kehrreim Reigenspiele s. Kreisspiele Reiterspiele j-. Ringreiten Rekrutenabschiedslieder 91, 314, 315 1 Rekrutierung 91, 314, 315 1 Religiöse Gesänge j-. Choräle, Erbauungsund Andachtslieder, geistliche Lieder Religion j-, Kirche, christlich, Konfessionen Responsorien 10 3 Revolution 7, 190", 193, 299 Rezente Traditionen s. Rückzugslandschaft Rezitieren, rhythmisches Sprechen j-. Sprechgesang

Sachregister Rheinländer 83, 151 f., 156, 158, 162, 164, 168, 171, 206, 207 Rhythmus, rhythmische Gestaltung, Struktur X, XV, 34, 36, 73, 101, 1042, 106f., 111, 113f., 117, 124f„ 175, 229, 261, 264f., 2661, 271 ff., 2741, 293, 296 Ringelreihen, Ringelspiele, Ringeltänze s. Kreisspiele Ringreiten, Kränzchenreiten 119, 1352, 158 Rittergut s. Großgrundbesitz Romantik, romantisch 23, 82, 189 Romanzen s. Balladen, Erzähllieder Rückzugslandschaft, rezente Traditionen 101, 295 Rumba 158, 1631 Rundfunk XIV, 29, 53, 75, 83, 93, 964, 107f., 110, 168, 250, 257f., 260f., 264, 269, 278, 309 1 Ruten, im Brauch 136

503

Schauerballaden s. Moritaten Schauspielmusiken 1912, 1954 Schellen, Schlittenschellen 125, 1371 Scherzlieder 1601, 185, 198, 226, 244, 258, 289, 308 Scherz- und Neckreime 16, 18, 115, 225, 255, 287, s. auch Spott, Spottlieder, Spottreime Schlachtefeste 134 Schlaflieder s. Wiegen- und Koselieder Schlager XIV, 29, 72, 86, 985, 99, 110f., 137, 1382, 149f., 153, 156f., 162f., 168f., 175, 225f., 248ff., 258, 259ff., 264, 265 1 , 268f., 2741, 278, 303, 306, 308 1 , 309f., 314f., 317f., 320, 3542, j-. auch Tanz, Tanzmusik, Modetänze, moderne Tänze Schlagersänger 261, 264 Schlagzeug 158, 1646, 175, 1761, 261 Schleier abtanzen 148 Schlosserlied 992 2 Schnellsprechübungen 164 Sängerfahrten 10, 183 , 191 Schützenvereine, Schützenfeste s. Vereine, Sängerfeste, Sängertreffen 31, 182f., 187, 194f., 204ff. Vereins- und Volksfeste Sängerrepertoires, Repertoire-BeschaffenSchulchöre XIII, 8ff., 111, 186, 203, vgl. heit 94f., 97, 199ff., 214f., 217f., 250ff., auch Jugendchöre 261 ff., 307, 354 Schule 8, 31, 48ff., 52, 65 l , 72, 85, 872, 93, Sänger, Sängerpersönlichkeit IX, XIIIf., 14, 1032, 104, llOff., 119, 1214, 1291, 177ff., 29, 32f., 5 4 f f . , 71, 93ff., 97f., 102f., 203f., 208, 212, 213ff., 225 2 , 240, 243, 105ff., 188, 244ff., 260 4 ,264ff., 275f„ 2942, 249, 259, 261 f., 265, 278, 301, 307 296, 352 Schulgesang XV, 213ff. Sage j-. Erzählgut Schulkinder s. Kinder Saisonarbeit, Saisonarbeiter 462, 671, 93, Schulleichen 9 Schulliederbücher 215 2 , 216 3 , 279, j\ auch 97f., 275f. Liederbücher Salonlieder, Salonstücke 228 1 , 2433, 259 Schullieder, Schulrepertoire 10,110f., 127f., Samba 1631, 164 Sammelmethode und Aufnahmetechnik IX, 214ff., 240, 258, 261 f., 307, 354 14f., 23, 26, 2 9 f f . , 300, 304, 310, 313, vgl. Segenswünsche, Beschwörungsformeln, auch Direktbefragung Zaubersprüche 16, 19, 24, 1382 6 Saxophon 158, 164 Seilspringeliedchen 1122, 218 Sentimentale Lieder 86, 95, 97, 188, 226, Schackereiter-Verse s. Wiegen- u. Kose227ff., 237ff., 249, 255, 258f., 260 2 , 264 2 , lieder 3 268, 273f., 278, 281, 283ff., 297, 304f., Schäfer 98 , 145, s. auch Hirten 307f., 3101, 311 2 , 315, 318, 320 Schäferflöte s. Flöte Separation 501, 144f. Schallgeräte (Lärmgeräte) 122, 125, 133, 136f., 145,165, vgl. auch Musikinstrumente Shimmy 162f., 260 Schallplatten (als Verbreitungsmittel popu- Siedlungsformen s. Dorf, Stadt lärer Unterhaltungsmusik) 257, 261, 278, Signale der Hirten und Hütejungen 98 3 , 144 f. 309 1

504

Sachregister

Silvester, Silvestersingen 121, 127f., 142,144 Sinfonien 180 1 , 191 2 Singbewegung 197f., 206, 208, j-, auch Jugendbewegung Singgelegenheiten I X , X V , 9f., 25, 29, 31, 33 4 , 54, 71 ff., 224, 269, 276, 299, 351 Singgemeinschaften s. Gemeinschaft Singorganisationen 55, 71 ff., 75, 83, 93, 177ff., 224, 225 5 , 243f., 247ff., 258f., 261 ff., 264, 267, 269f., 304ff„ 315*, 318, 320, 354 Singstil s. Vortragsart Singtänze s. Tanzlieder Sitte u n d Brauch s. Brauchtum, Festgebräuche Slawen, slawisch 8, 14, 43, 135 2 , 295 Slowfox 158, 163 1 Soldatendienst, Soldatenstand I I 1 , 91 ff., 248, 267, 269, 275, 312ff. Soldatenlieder 27, 157,198, 248, 255 1 , 268f., 311 2 , 312ff. Soldatenliederbücher 14 3 , 269 Song 305 3 Sozialgefüge, soziale Bedingungen, beruflich-soziale Stellung, soziale Unterschiede XII 3 , X I I I , X V , 41 ff., 55 1 , 66ff., 75f., 78f., 122 2 , 129, 133 5 , 137 3 , 139, 299 Sozialistengesetz 190 Soziographie, Soziologie X , X I V , 41 1 , 78 Speisen 137 Spiele der Erwachsenen s. Gesellschaftsspiele Spielgemeinschaften der Kinder s. Kinder, Kindergemeinschaften Spielgut, Spiellieder, Spielreime j\ Lieder, Reime u n d Spiele der Kinder, Kreisspiele Spießrutenlaufen 313 2 Spinnen, Spinnrad 87ff., 96, 101, 148 Spinnkoppel, Spinnstube 75, 77 1 , 81 4 , 86, 87ff., 96, 306 Sport, Sportvereine 108, 135 2 , 158, 190, 192 2 , 197 Spott, Spottlieder, Spottreime 5 f f . , 8, 16 4 , 18, 21, 115, 124ff., 131/., 226, 244, 255, 258, 286, 289, 293, 308f., 311f . , 320 Sprachgrenze 42, 295 Sprechgesang, rezitierendes Singen, Rufen 36, 113f., 121, 124, 132, 135, 293 1 , 301, s. auch Tanzrufe

Sprichwörter, Redensarten 16, 17, 90, 146 6 Staat, staatlich 8, 187, 203, 213, 215, 219 Stadt, städtisch XII 1 , X I I I , SS., 31, 43,45ff., 99ff., 121 4 , 145 2 , 154f„ 157, 162, 180ff., 198, 201, 216, 244f., 247 2 , 249, 253f., 255ff., 261, 265, 281, 298 1 , 309, .f. auch Großstadt, Landstädtchen, Verstädterung Ständchen 147, 186, 188, 196 Ständelieder J-. Berufs- u n d Ständelieder Stammbuchverse 32 Stehl- und Rügerecht s. Rechtsbrauch Stilschichten 231, 286 2 , 294, 297, 306, 311, 315 Stimmbruch 92 Stimmlage 97, 128, 294 2 Streichmusik 158 Strophe, Strophenvariation 266 1 , 293 1 , s. auch Liedform Studentenlied 289 Tabulaturbuch 8 2 , 302 Tafellieder 7 5 , 79 Tagelöhner s. Landarbeiter Takt, Taktgefüge, Taktwechsel 34, 36, 100 1 , 106, 107, 111, 114, 174, 229, 265, 270 3 , 271 ff., 296, 318 T a n g o 158, 163 1 , 164, 168f. Tanzbücher s. Tourenbücher Tanzkapellen s. Musikkapellen Tanzlieder, Tanzreime 20, 25f., 54 2 , 121, 137, 147f., 149ff., 210, 225, 244, 250, 255, 258ff., 262, 264, 265 2 , 286ff., 293, 300 1 , 303, 351, 352 1 , 354 2 Tanznamen 154, 160, 165 Tanzrufe 150f., 165f., vgl. auch Juchzer Tanzspiele (Korbtanz, Besentanz) 158 Tanz, Tanzmusik {Dan%, Dan^musik, Musike, Sechserbums, Sechserschwof, Sechserkrach, Sechsermusik, Groschenball, Reihenmusik, Rejenmusik, Rejem) 18, 21, 25, 26, 72, 77, 79 1 , 81, 90,121, 1 3 6 , 1 4 2 , 1 4 6 , 1 4 8 , 149ff., 182, 187, 207, 259, 281, 310 Tanzveranstaltungen, Tanzvergnügen 25, 37, 52, 54 2 , 74, 83, 147, 149, 151, 153ff., 157ff., 187f., 195 2 , 204 5 , 207, 354 2 Tanzverbot 157 1 , 158 1 Taufe, Taufgesellschaft 31, 74, 79, 119, 120, 154 5

Sachregister Technik, Technisierung X I V , 72, 299, vgl. auch Industrialisierung T e m p o X , X V , 34, 36f., 80, 101, 111, 1 1 3 \ 132, 216 1 , 293 1 , 294, s. auch Vortragsart Tendenzchor 196, vgl. auch Arbeiterlieder T e n o r h o r n 158, 164 6 , 167 2 , 184 Termine (Brauchtermine, Festtermine, Terminwechsel)133 5 ,jl36,139 2 ,142f., 144 3 ,183 Terrainforschung V I I , X I V , 29 ff. Teufelsgeige 136, 137, 165 Theater, Theaterlieder, Theatervereine 48, 52, 72, 188, 259, j-. auch Opern, Opernlieder, Schauspielmusiken Tier- und Wetterliedchen 16 4 , 17f., 20f., 25, 113/., 118, 225, 287 Tonalstruktur (Dur, Moll, Modal-Strukturen, suboktavische O r d n u n g e n ) X , 36, 110f., 271, 296f., 301, 311, 317f. Tonaufnahmen, Schallsammlungen VII, X, X I , X I I I , 29, 34ff., 101, 132, 152, 265 1 , 293f. Tourenbücher (Tanzbücher) 25f., 155ff., 162f., 167 3 , 168f., 174 1 , 210, 259 Tradition, Tradierung s. Mündliche Tradierung Transkription s. Melodienotierung Treib- und Lockrufe s. Lockrufe Trinklieder 92, 226, 244, 255, 289, 308 f. Trinksitten 7 1 , 92 T r o m p e t e 158, 164, 167 2 T u b a 158 Tuchknappenlied 99 Turmsingen 139 2 , 141 2 Turnvereine j-, Sport, Sportvereine T u t e 145 Überlieferung s. Mündliche Tradierung Umgangssprache 118 3 , 119, 293, 315 4 , s. auch Mundart Umsiedler 29 1 , 44, 45, 50, 51, 78, 119 3 , 168, 201, 243 3 Umsingen j-. Variantenbildung, Variierungspraxis Unterhaltungsmusik s. Kommerzielle Unterhaltungsmusik Variantenbildung, Variierungspraxis 5, 6 2 , 33 4 , 34 1 , 72, 80, 93f., 112f., 118, 135, 174,

505

178, 218f., 228, 238ff., 247 1 , 258, 264ff., 270ff„ 280f., 283f., 293, 295, 300f., 310, 313, 351, s. auch A n e i g n u n g , Folklorisierung, Zersingen Vaterländische Gesänge j-. Patriotische G e sänge Vereine, Vereinswesen 25, 32, 135, 153, 157 1 , 158, 180, 181 5 , 187f., 219, 257, 278, s. auch Gesangvereine, Sportvereine Vereins- u. Volksfeste (Buschfest, Ringreiten, Schützenfest, Sommerfest, Zeltfest u. a.) 31, 135, 153, 158, 184, 187f., 309, s. auch Festgebräuche, Sängerfeste, Tanzveranstaltungen Verheiratete 52, 55, 72, 138, 163 2 , vgl. auch Ledige Verkehr, Verkehrslage 41 ff., 44 3 , 49, 275, 293, 299 Verkleidung s. Masken Verstädterung 31, 73, 299 Verwandtschaft s. Familie Viehwirtschaft, Viehzucht 4 4 , 4 6 , 96, vgl. auch Hirten Viertourige Tänze s. Contre-Tänze Violine s. Geige Volksbildung, Volksbildungsgedanke 72. 177f., 197, 203 V o l k s k u n s t b e w e g u n g 178, 202ff., 219 Volkskunstensembles, V o l k s k u n s t g r u p p e n X I I I , X I V , 33, 48, 52, 54 2 , 55 3 , 56ff., 65 1 , 71 ff., 75, 83, 147, 159, 164, 166f., 169, 178f., 202ff., 217, 218 1 , 224, 262f., 264 .Volkskunstkabinett 3 1 , 4 8 , 1 6 7 , 2 0 3 f . , 211f., 213 1 Volksliedbearbeitung J-. Liedbearbeitung Volksliedbegriff I X , X I V , 85 1 , 257 Volksliedsammlung und -forschung s. Landschaftliche Volksliedsammlung u n d -forschung Volksmusikschule 48, 212 Volkssprache s. M u n d a r t , Umgangssprache Volkstanzgruppen s. Volkskunstensembles, Volkskunstgruppen Vorsänger, Vorsängerin 80, 84, 95, 178, 198 Vortragsart, Singstil X , X V , 29, 34, 36f., 54, 80, 101, 132, 151 f., 174f., 177, 214, 219, 228 3 , 261, 264ff., 2 9 3 f „ j-, auch Rhythmus, rhythmische Gestaltung, T e m p o

506

Sachregister

Waisenlieder s. Bänkelgesang, sentimentale Lieder Walpurgis 133 Walzer, Walzerlieder 81, 83, 150ff., 155]}., 158, 162ff., 168f., 260, 278, 303, 318ff. Wanderarbeiter s. Saisonarbeiter Wanderburschen s. Handwerksburschen Wanderlieder 110, 188f., 198, 225 2 , 226, 240, 259, 262, 306, 307, 320 Wandermusikanten 93 Wanderstrophen 171, 306 Wandervogel 197, s. auch J u g e n d b e w e g u n g Weben 89 3 , 90, 99 Weidenflöte, Weidenpfeife x. Flöte Weihnachten 9, 125 2 , 127f., 141 2 ,144f., 185, 191 Weihnachtslieder 121 Weltkriege X I I I , 78, 82, 89f., 93, 95, 103, 119 4 , 138, 149, 153, 157, 161, 163, 168, 179, 181, 190, 194, 197, 199 1 , 206, 214, 218 1 , 248, 254 1 , 260ff., 267, 275 3 , 299, 308, 311 2 , 313f. Wettbewerbe, Wettkämpfe (Wettläufe, Wettsingen, Wetttrinken) 7 1 , 54 2 , 72, 92, 144, 203, 211 Wetterliedchen s. Tier- und Wetterliedchen

Wiegenfüße ( Weegenföt) holen 148 Wiegen- und Koselieder 16*, 18, 20, 104ff., 150, 225, 244, 247 3 , 250, 258f., 265 1 , 267 3 , 286, 293, 300f., 302, 351 Winterbrauchtum 31, 121, 127J., 132f., 135ff., 141 2 ,142, 144f., 1 4 9 , 1 5 3 , 1 5 8 , 1 8 4 , 187 Wirtschaftsstruktur XII 3 ,

XIII,

XV,

41,

ff-

Wirtshaus 92, 138 Zaubersprüche j-, Segenswünsche, Beschwörungsformeln Zehn Gebote 311 1 Zersingen 84, 264, s. auch Variantenbildung, Variierungspraxis Ziehharmonika 83, 90, 136, 139, 140, 165, 209 Zigeuner {Täter) 93, 105 Zotenlieder 15, 81 Zuchtreime 225 Zupfinstrumente 176 1 , 209, 212 2 , 254 1 Zweistimmigkeit s. Mehrstimmigkeit Zwiegespräche 243 2 , 291 Zwölf heilige Zahlen 311 1

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