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German Pages 190 [192] Year 1932
Der
vergnügte Theologe Eine Sammlung von Anekdoten aus Uirchengeschichte und kirchlicher Gegenwart
Cuthqmius Ejaas Erste Sammlung Dritte, vermehrte Auflage
1932 Verlag von Alfred Töpelrnann in Gießen
(Ein Inhaltsverzeichnis be findet sich am Zchluffe des Vuches
Made in Eermanq Druck von Omnitypie-Ges. Nächst., L. Zechna», Stuttgart-
Tribus amicis hospiti qui spectabat ad montem album qui de hoc libello optime meruit
parocho olim Caprino
Guilelmo in via vici vulpis exiguum hoc oblectamentum qua par est modestia dedicat autor
Für Leute, die sich schon über den Titel ärgern, ist dieses Büchlein nicht geschrieben. Solche sind aber, meine ich, erstlich blind gegen ein Stück der Wirklichkeit, ein nicht unbeträchtliches und nicht un. interessantes. Tatsächlich spielt der Humor in der Theologie und im kirchlichen Kampf überall seine Rolle. (Er ist inter konfessionell. Ich bin ein evangelischer Theologe, aber ich freue mich ehrlich des behaglichen Humors mancher katholifcher Kirchenleute. Religiöse Auseinandersetzung kann aller, dings auch zu bösartigem Spott, zu gehässigem hohn ausarten. Die polternde Grobheit polemischer Folianten unserer Väter mag uns ab und zu einmal vergnüglich fein; es gibt auch einen Humor der Distanz. Soweit aber in unseren Tagen theologische Polemik wirklich roh und gehässig wird, scheidet sie für uns hier aus. Gift ist kein Humor. Immer hat es jedoch daneben eine Art gegeben, theologische, kirchliche Fragen mit feiner Satire, oder auch gutmütigem Humor zu behandeln. Solche Gutmütigkeit braucht nicht Indolenz zu sein. Gerade solche Männer, die ihres Glaubens völlig gewiß waren, Luther, Abraham a Sankt« Klara, Klaus Harms, RIban Stolz, Tho. luck, Luthardt, Spurgeon — ihnen fehlte es wahrhaftig nicht an Humor in ihrer Theologie. Ja man kann getrost sagen: an Humor in ihrer Religion. Matthias Tlaudius sagt ge. radezu: „es gibt auch in der Religion Kurzweil und Ernst." Das ist das zweite, was denen entgegenzuhalten wäre, die scheel zu solchem Büchlein sähen: so gewiß Frömmigkeit und Komik einander völlig fremd sind, so gewiß will echte Religion Humor gar nicht verwerfen, ja sie bedient sich seiner. Der Herr selbst hat ihn nicht verschmäht, und wer seine Bibel liest und kennt, weiß, daß der Humor darin hier und dort seinen Platz gefunden hat. Und immer wieder lesen wir in der Geschichte von Männ'ern, die mit frommem, festem Glau.
5 den eine unverwüstliche Fröhlichkeit verbanden. Als man Josef Haydn vorhielt, seine Messen seien zu heiter, antwor tete er: „Wenn ich an meinen lieben Gott denke, werde ich so lustig, daß ich mich nimmer zu lassen weiß." hätte nicht Luther Ähnliches sagen können? Warum es so ist, und was wir daraus lernen sollen, davon soll hier nicht weiter die Rede sein. Denn wir wollen hier nicht Fragen der Ästhetik, keligionspsychologie oder Religionsphilosophie erörtern. Wer dem Zusammenhang von Religion und Humor grund sätzlich nachdenken will, wird mancherlei Anregung in dem Vortrag von E. I. Meier, dem späteren Dresdner (vberhofprediger, finden: Humor und Christentum mit be sonderer Beziehung auf den Ratholizismus und den deutschen Protestantismus (Leipzig, Teubner 1876), und in dem schönen Aufsatz Emil Frommels: Christentum und Humor (zuerst im Daheim-Ralender 1884; abgedruckt in: Aus allen vier winden, 1886, neue Aufl. 1897 bei lviegandt und Grieben, Berlin). (Es schwebte mir auch nicht als Hauptaufgabe vor, Beispiele religiösen, christlichen Humors zusammenzustellen, vieles dieser Art findet sich, um einen deutschen Schrift, steiler unserer Tage zu nennen, bei Hermann Geser (Des Herrn Archemoros Gedanken; Am Wege und abseits — diese Schriften sind bei Helbing und Lichtenhahn in Basel erschienen), was ich zunächst wollte, war etwas Beschei. deneres: Scherze von und über Theologen, Anekdoten aus dem theologischen und kirchlichen Leben zu sammeln. Manches, besonders int ersten Abschnitt, wird wesentlich nur von Theologen verstanden werden, das Meiste aber von allen Lesern. Immerhin mag der Nichttheolog besser mit dem zweiten Abschnitt beginnen. So nimm das Buch, wie es ge meint ist: du sollst manchmal zur Erholung darin blättern, zur Erholung nach und vor ernster Arbeit, (vhne Ernst gibt es kein Christentum, und die letzten Jahre haben uns alle ernster werden lassen. Aber wenn wir Theologen oft in der Gefahr sind, allzu gravitätisch zu werden, dann sollen wir Verständnis dafür haben, wie gefund es uns ist, wenn wir aneinander auch dadurch Kritik üben, daß wir uns necken. Wir wollen es da mit den schönen Worten halten, die sich (in einer Glosse auf Goethes
6 Verse: „(Eines schickt sich nicht für alle") im Athenäum der Bruder Schlegel finden:
Um das $eucr zu ernähren find viel zarte Geister nötig, die zu allem Dienst erbötig . . . Mag der Lärm sich nun vermehren, suche jeder, wen er reib«, wisse jeder, was er schreibe, und wenn schrecklich alle Dummen aus den dunklen Löchern brummen, sehe jeder, wie er's treibe. (§. Schlegels Werke, IX, 49.)
So ist mein Buch gedacht. Eine besonders weise Verwendung dafür hat mein Zreund Johannes, ein würdiger Universitäts lehrer: er gibt es den Examinanden am Abend vor der mündlichen Prüfung zu lesen und verhindert dadurch, daß diese Unglücklichen etwa den schädlichen versuch machen, in den letzten verfügbaren Stunden noch mehr wissen in ihren ohnehin wüsten Kopf hineinzubringen. Auf zwei Vorgänger, die ich habe, bin ich erst aufmerksam geworden, als ich die 2. Auslage vorbereitet«: Johannes Einsiedel hat 1857 bei Rieger in Augsburg erscheinen lassen: „Parochus iovialis, das ist Geistliche Kurzweil für melan cholisches und langweiliges Gemüt" 1. Banb. Die vierte Auf lage des Buchs erschien 1869; es sind beim Verleger noch einige Exemplare vorhanden (2 Mk). Dagegen sind der unter dem Titel speculum pastorum erschienene zweite Teil und der dritte, Wohlgelaunter Doctor iuris (1870) vergriffen, überdies minder wertvoll. Ich habe dem Buch einiges We nige, namentlich Kirchengeschichtliches, entnommen. Der pfeudonyme Verfasser hieß Alexander Schäppner, war Priester und ist bereits 1860 gestorben. Sodann erschien in der „Bibliothek des Humors" (Berlin, Pfeilstücker) als dritter Band: Geistlicher Humor (1900). Auch aus dieser Sammlung, die übrigens manches enthält, was man nicht eigentlich als Humor bezeichnen kann, nahm ich einiges auf. Dem gleich betitelten und ähnlich zu beurteilenden hefte von E. Puschel (Rostock, Kaufungen-Verlag) verdanke ich die Geschichte vom
7 Sich-Versprechen (S. 110) und die von Neander (S. 132). Einiges fand ich in Ebelings Geschichte der komischen Literatur in Deutschland (1869 ff-)- Daß von neueren Kirchenhistorikern vor allen Hase und sein Schüler Gustav Frank mit Humor begabt waren, weiß, wer beider Schriften kennt. Einige äl tere Stücke habe ich nicht zum Abdruck gebracht, weil sie ohnehin sehr bekannt sind, z.v. aus Kortüms Iobsiade die Geschichte vom Kandidatenexamen des Helden. Aus der Kir. chengeschichte wären noch unendliche Scherz« mitzuteilen — aber großenteils setzt ihre Würdigung genauere Kenntnis der jeweiligen Situation voraus. Ebenso hab« ich einige humorvolle Stücke von Schriftstellern unserer Tage weggelassen, weil jeder, der es will, sie leicht nachlesen kann, so die schöne Geschichte von der Pfarrwahl in den (bei Grünow er. schienenen) „Skizzen aus unserem heutigen Volksleben" von Fritz Anders (Max Allihn). Meinen Vornamen habe ich hinzugesetzt, um niemand in Zweifel zu lassen, daß Haas — der Name kommt in Süddeutschland oft vor — Pseudonym ist. Ein Leser hat den Wunsch nach einem Register ausgesprachen,- ich werde mich aber dreimal hüten, eins beizufügen. Da viele treffliche Männer in dem Ruche vorkommen, ohne daß ihr Name genannt wird, wäre jede Aufzählung der mit Namen Erwähnten ein Unrecht sowohl gegen sie, als auch gegen die, deren Namen sorgfältig verschwiegen blieben, verschwiegen habe ich die Namen nach Möglichkeit dort, wo die Nennung Lebende verletzen könnte. Doch habe ich auch die Erfahrung machen dürfen, -atz Theologen, deren Name im Folgenden vorkommt, mit freundlichem Verständnis auf die Scherze des Buchs eingegangen find Recht verschieden von den vielen zum Teil harmlosen Scherzen über Theologen ist die religiöse und theologische Satire. Sie hat ihre eigene Geschichte. (Es gibt berühmte Stück« dieser Art aus dem Mittelalter, aus der Reformations zeit und aus jedem folgenden Jahrhundert; oft genug zeigen sie freilich, wie gefährlich es ist, im Kampfe um heiliges die Waffen des Spottes zu verwenden. Ich möchte aus der reichen Literatur dieser Art nur weniges bringen. Vie satirischen Stücke überhaupt wegzulassen, konnte ich mich
8 nicht entschließen. Manche Satiren -er Vergangenheit er freuen uns noch heute; darf dann die Gegenwart hier etwa ein Privileg beanspruchen? wenn wir Gegenwart und vergangenheit in dieser Hinsicht irgend verschieden behandeln dürfen, dann doch gewiß nur so, daß wir der Gegenwart den strafenden Spiegel deutlicher vorhalten; das ist uns nötiger, als über die Schwächen der Väter zu lächeln. Bet manchen Stücken habe ich aus anderen Gründen ge» schwankt, ob sie aufzunehmen seien, wie die Erfahrung zeigt, geht in Bezug auf diese Art „Literatur" das Urteil auch solcher, denen man Sachkenntnis und Geschmack zutrauen darf, sehr auseinander. Dieses bescheidene Buch wünscht sich darum Leser, die, weil vergnügt, auch nachsichtig sind. Es erschien zuerst 1913; eine zweite Auflage war bereits ein Jahr danach in Vorbereitung; da kam der Krieg. So lange er währte, mochten Verleger und Verfasser nicht an einen Neudruck gehen, und noch lange hernach standen ihm die Schwierigkeiten entgegen, die auf dem Buchhandel lasten. Vie 2. Auflage (1924) war gegenüber der ersten auf das Doppelte gewachsen; die dritte ist wiederum vermehrt. Aus technischen Gründen sind die Zusätze an den Schluß gestellt. Eine zweite Sammlung erschien 1930. ver im Vorwort zur 1. Auflage ausgesprochenen Bitte: „wenn Du andere, namentlich bessere Scherze weißt, als die hier erzählten, so schreib sie nieder und schicke sie dem Verlag für den Herausgeber dieser Sammlung" haben manche Leser in liebenswürdiger weise entsprochen. Ich danke ihnen bestens und wiederhole hiermit jene Bitte. Venen, die sich öffentlich über das Büchlein geäußert haben, danke ich gleich falls für ihre meist wohlwollenden Besprechungen. Blätter von so verschiedener Richtung wie der Reichsbote und die Ehristliche Freiheit haben es freundlich beurteilt und dieses friedliche Buch soll auch weiter beim Kampfe der kirchlichen Parteien und theologischen Schulen seine völlige Neutralität wahren. Soweit der Scherz einmal einer Gruppe besonders gilt, war ich alsbald redlich auf Parität bedacht.
Gegen die weltliche Herrschaft und Pracht der Bischöfe sträubte sich im Mittelalter das Empfinden vieler, nament» lich auch schlichter Leute. Eine dafür bezeichnende Geschichte erzählt nach altem Vorbild Heinrich Mohr in seinem „Narrenbaum" fFreiburg, Herder):