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German Pages 215 Year 2013
Untersuchungen über das Spar-, Giro- und Kreditwesen Abteilung B: Rechtswissenschaft Herausgegeben von Peter O. Mülbert, Uwe H. Schneider und Dirk A. Verse
Band 193
Der Schutz von Genussrechtsinhabern im Anwendungsbereich des Kreditwesengesetzes Von
Stephan V. Dangelmayer
Duncker & Humblot · Berlin
STEPHAN V. DANGELMAYER
Der Schutz von Genussrechtsinhabern im Anwendungsbereich des Kreditwesengesetzes
Un t e r s u c h u n g e n ü b e r d a s Spar-, Giro- und Kreditwes en Abteilung B: Rechtswissenschaft Schriften des Instituts für deutsches und internationales Recht des Spar-, Giro- und Kreditwesens an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz Herausgegeben von
Prof. Dr. Peter O. Mülbert, Prof. Dr. Dr. h. c. Uwe H. Schneider, Prof. Dr. Dirk A. Verse
Band 193
Der Schutz von Genussrechtsinhabern im Anwendungsbereich des Kreditwesengesetzes
Von
Stephan V. Dangelmayer
Duncker & Humblot · Berlin
Die Juristische Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München hat diese Arbeit im Wintersemester 2012/2013 als Dissertation angenommen.
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© 2013 Duncker & Humblot GmbH, Berlin
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Meinen lieben Eltern sowie in Erinnerung an meinen Cousin Dr. Tobias Schmid (*9. 12. 1966 – †16. 8. 2006), der mir als ausgezeichneter Jurist und wundervoller Mensch stets Vorbild war und sein wird.
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2012/2013 von der Juristischen Fakultät der Ludwig-Maximilians-Universität München als Dissertationsschrift angenommen. Literatur und Rechtsprechung sind bis April 2013 berücksichtigt. Besonderen Dank schulde ich meinem verehrten Doktorvater, Herrn Professor Dr. Mathias Habersack, der die Anregung zur Auseinandersetzung mit dem hier bearbeiteten Thema gegeben und das Entstehen der Arbeit stets wohlwollend begleitet und gefördert hat. Mein Dank gilt auch Herrn Professor Dr. Dr. h.c. Wolfgang Schön für die Übernahme des Zweitgutachtens. Danken möchte ich dem „Arbeitskreis Wirtschaft und Recht“ des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft für die Förderung der Drucklegung. Ebenso gilt mein Dank der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V. Über deren großzügige finanzielle Unterstützung hinaus, die mir im Rahmen zunächst der Studien- und später der Promotionsförderung zuteilwurde, hat diese mir durch zahlreiche internationale und interdisziplinäre Seminare Gelegenheit gegeben, meinen Horizont in fachlicher sowie menschlicher Hinsicht zu erweitern. Für die auf Schloss Eichholz, auf Schloss Wendgräben, in Cadenabbia, in Estland sowie in meiner Tübinger Stipendiatengruppe geschlossenen Freundschaften bin ich sehr dankbar. Auch meinen Arbeitskollegen und Wegbegleitern in Studium und Referendariat spreche ich einen herzlichen Dank aus. Insbesondere richtet sich dieser an Dr. Magdalena Grupp sowie Dr. Sebastian Zander, die mich in meiner Zeit als studentische Hilfskraft begleitet und den Grundstein meiner Begeisterung am wissenschaftlichen Arbeiten gelegt haben. Während der Promotion standen mir Dr. Anton Ederle, Dr. Matthias Heusel, Professor Dr. Tobias Tröger und Dr. Christoph Weber mit zahlreichen Ratschlägen und Anregungen zur Seite. Meine Tübinger Kommilitonen, Sven Bösing, Dr. Nicolas Kneba, Theresia Knoblauch und Karina Maier, sowie meine Kollegen aus dem Referendariat in München, Hendrik Kern, Dr. Daniel Petzold und Theresa Selder, sind mir wichtige Ansprechpartner und gute Freunde geworden. Mit ihnen allen habe ich unzählige Stunden im Juristischen Seminar und die tägliche Mittagspause verbracht sowie manches Feierabendbier getrunken. Der größte Dank gebührt schlussendlich meiner Familie: meinen Eltern, meinen Geschwistern Andreas und Pia sowie Anna Färber. Sie alle haben nicht nur die unumgängliche Last sorgfältiger Korrekturarbeiten auf sich genommen, sondern mir
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Vorwort
größtmöglichen Rückhalt gegeben und mich zu jeder Zeit und in jeglicher Hinsicht bedingungslos und liebevoll unterstützt. Danke! München, im Juni 2013
Stephan V. Dangelmayer
Inhaltsübersicht A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 I. Anlass der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 II. Stand der Forschung und Bearbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 III. Begrenzung des Untersuchungsgegenstandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 IV. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 B. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 I. Begriffsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 II. Historische Entwicklung des Genussrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 III. Verwendungs- und Ausgestaltungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 IV. Rechtsnatur des Finanzierungsgenussrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 V. Abgrenzung zu anderen Rechtsverhältnissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 VI. Emittentenkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 VII. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 C. Das Genussrecht als eigenkapitalverstärkendes Finanzierungsinstrument . . . . . . 66 I. Eigen- und Fremdfinanzierung im Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 II. Eigenkapitalfinanzierung durch Hybrid-/Mezzanine-Kapital . . . . . . . . . . . . . . . . 67 III. Bilanzrechtliche Wesensmerkmale von Eigenkapital in der Aktiengesellschaft . . 70 IV. Spezielle aufsichtsrechtliche Anforderungen des KWG an eigenkapitalverstärkende Genussrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73
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Inhaltsübersicht
D. Das Verhältnis von Anlegerschutz und Bankenaufsichtsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . 92 I. Beeinträchtigungen und Anlegerschutz im Spannungsfeld zwischen Schuld-, Gesellschafts- und Aufsichtsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 II. Begriff des Anlegerschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 III. Beeinträchtigungen und Schutzmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 E. Zusammenfassung in Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 I. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 II. Das Genussrecht als eigenkapitalverstärkendes Finanzierungsinstrument . . . . . . 197 III. Das Verhältnis von Anlegerschutz und Bankenaufsichtsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . 198 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214
Inhaltsverzeichnis A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 I. Anlass der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 II. Stand der Forschung und Bearbeitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 III. Begrenzung des Untersuchungsgegenstandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27 IV. Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 B. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 I. Begriffsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 1. Genussrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 2. Genussschein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 II. Historische Entwicklung des Genussrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 III. Verwendungs- und Ausgestaltungsmöglichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 1. Ausgestaltungsmöglichkeiten in der Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 a) Gewinnbeteiligung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 b) Verlustbeteiligung, Rangvereinbarung und Besserungsabreden . . . . . . . . . 37 c) Beteiligung am Liquidationserlös . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 d) Beteiligung an übrigen Vermögensrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 e) Mitbestimmungs-, Kontroll- und sonstige Verwaltungsrechte . . . . . . . . . . 38 f) Verhaltens- und Sorgfaltspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 g) Laufzeit, Kündigung, Rückzahlung und Änderung der Genussrechtsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40 h) Verbriefung und Börsennotierung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 41
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Inhaltsverzeichnis 2. Typologie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 a) Schwerpunkt: Finanzierungsgenussrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 aa) Obligationsähnlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 bb) Aktiengleichheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 cc) Aktienähnlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 47 b) Besonderheit: Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen . . . . . . . . . 48 3. Die tatsächliche Ausgestaltung von Genussrechten in der Emissionspraxis . 49 a) Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 b) Allgemeine Erkenntnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 c) Inhaltlich typische Gestaltungsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 d) Besondere Gestaltungsvarianten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 e) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 IV. Rechtsnatur des Finanzierungsgenussrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 1. Organisations- oder Schuldrecht? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 2. Das Genussrechtsverhältnis als besonderer Vertragstyp? . . . . . . . . . . . . . . . . 54 a) Einheitliche Rechtsnatur oder Unterscheidung nach Genussrechtstypus?
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b) Dauerschuldverhältnis sui generis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 c) Stille Gesellschaftsbeteiligung oder BGB-Innengesellschaft . . . . . . . . . . . 57 d) Partiarisches Rechtsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 e) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 V. Abgrenzung zu anderen Rechtsverhältnissen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 1. Aktie, insbesondere Vorzugsaktie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 2. (Gewinn-)Schuldverschreibung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 3. Stille Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 4. Partiarisches Darlehen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 62 5. Teilgewinnabführungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 VI. Emittentenkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 VII. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65
Inhaltsverzeichnis
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C. Das Genussrecht als eigenkapitalverstärkendes Finanzierungsinstrument . . . . . . 66 I. Eigen- und Fremdfinanzierung im Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 1. Begriffsbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 2. Funktionen von Eigen- und Fremdkapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 II. Eigenkapitalfinanzierung durch Hybrid-/Mezzanine-Kapital . . . . . . . . . . . . . . . . 67 III. Bilanzrechtliche Wesensmerkmale von Eigenkapital in der Aktiengesellschaft . . 70 1. Erfolgsabhängigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 2. Nachrangigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 71 3. Dauerhaftigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 4. Ausweis als Eigenkapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 IV. Spezielle aufsichtsrechtliche Anforderungen des KWG an eigenkapitalverstärkende Genussrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 1. Vorüberlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 73 2. Historische Entwicklung der Eigenmittelanforderungen . . . . . . . . . . . . . . . . 74 3. Rechtsnatur und Zweck der bankenrechtlichen Eigenmittelbestimmungen . . 77 4. Die Eigenmittelausstattung nach § 10 KWG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 a) Kernkapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 b) Ergänzungskapital „erster Klasse“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 aa) Verlustteilnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 (1) Relevanz des Verlustbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 (2) Für den Verlust maßgebliche Bilanzgröße . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 (a) Ordentliches Betriebsergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 81 (b) Jahresfehlbetrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 83 (c) Bilanzverlust . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 84 (d) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 (e) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 87 bb) Übrige Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1-5 KWG . . . . . . . . 88 c) Ergänzungskapital „zweiter Klasse“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 d) Drittrangmittel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90
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Inhaltsverzeichnis e) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 5. Folgen bei Unterschreiten der Mindestkapitalgrenze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91
D. Das Verhältnis von Anlegerschutz und Bankenaufsichtsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . 92 I. Beeinträchtigungen und Anlegerschutz im Spannungsfeld zwischen Schuld-, Gesellschafts- und Aufsichtsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 92 II. Begriff des Anlegerschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 1. Anlegerschutz durch Individualschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 2. Anlegerschutz durch Funktionsschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 a) Anlegerschutz durch Aktienrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 b) Anlegerschutz durch Kapitalmarktrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 c) Anlegerschutz durch Bankenaufsichtsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 III. Beeinträchtigungen und Schutzmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 98 1. Vorüberlegung: Schutz der Genussberechtigten durch AGB-Recht? . . . . . . . 100 a) Genussrechtsbedingungen im Kontext der §§ 305 ff. BGB . . . . . . . . . . . . 100 b) Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 aa) Vielzahl von Verträgen, § 305 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . 101 bb) Einseitiges Stellen der Vertragsbedingungen, § 305 Abs. 1 S. 1 BGB 103 cc) Einbeziehung der Genussrechtsbedingungen in das Vertragsverhältnis 103 dd) Bereichsausnahme der §§ 310 Abs. 4, Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . 104 ee) Ausschluss der Inhaltskontrolle bei Leistungsbeschreibungen gemäß § 307 Abs. 3 S. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 (1) Abstrakte Abgrenzung von Leistungsbeschreibung und Leistungsnebenabrede . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 (2) Bestimmung der Leistungsbeschreibungen in der Emissionspraxis 106 ff) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 c) Umfang der Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 aa) Maßstab der Auslegung von Genussrechtsbedingungen . . . . . . . . . . . 108 bb) Grundsatz KWG-konformer Auslegung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 cc) Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 dd) Verbleiben von Auslegungszweifeln, § 305c Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . 111
Inhaltsverzeichnis
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ee) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 d) Gesellschaftsrechtliche Inhaltskontrolle, §§ 134, 242 BGB . . . . . . . . . . . . 112 e) Einzelne Klauseln im Lichte des AGB-Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 aa) Begriff des Bilanzverlusts, insbesondere Berücksichtigung von Verlustvorträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 (1) Entscheidungen des OLG München und des OLG Frankfurt a. M. 113 (2) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 (a) Objektiver Auslegungsmaßstab auch beim Genussrecht . . . . . 115 (b) Berücksichtigung von Verlustvorträgen . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 bb) Abgangsentschädigung bei vertragswidrigem Verhalten . . . . . . . . . . . 117 (1) Entscheidung des OLG Hamm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 (2) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 (3) Spezifische Erwägungen im Anwendungsbereich des KWG . . . . 119 2. Beeinträchtigung durch Maßnahmen der Geschäftsführung . . . . . . . . . . . . . . 119 a) Allgemeine Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 aa) Ermessensspielraum des Vorstandes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 bb) „Klöckner“ und die aktuelle Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121 cc) Das Genussrecht ausdrücklich schützende Vorschriften . . . . . . . . . . . 123 dd) Anlegerschutz durch privatrechtliche Erfüllungs- und Ersatzansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 (1) Entwicklung der Haftung bei pflichtwidriger Geschäftsführung . . 124 (2) Rezeption der Klöckner-Entscheidung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 (a) Primärrechtlicher Anspruch auf Wiederauffüllung des Genusskapitals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 (aa) Allgemeine Pflichten zur Wiederauffüllung des Genusskapitals . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 (bb) Pflicht zur Ausgleichung von durch satzungs- oder gesetzeswidrige Geschäfte erzielten Verlusten . . . . . . . . . . 128 (b) Anspruch auf Schadensersatz gegenüber der Gesellschaft aus § 280 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 (aa) Schuldverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 (bb) Pflichtverletzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 (cc) Vertretenmüssen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 (dd) Schaden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 (ee) Begrenzung, Ausschluss und Rang der Haftung . . . . . . . 136 (ff) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137
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Inhaltsverzeichnis (c) Deliktsrechtliche Ersatzansprüche . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 (d) Ersatzansprüche gegenüber den Leitungsorganen des Emittenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 (aa) §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 (bb) § 93 Abs. 2, Abs. 5 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 (cc) § 826 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 (dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 (3) Kündigungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 ee) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 143 b) Abweichende Beurteilung im Anwendungsbereich des KWG? . . . . . . . . . 144 aa) Vorüberlegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 bb) Stand der Diskussion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 (1) Meinungsstand in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 (2) Instanzgerichtliche Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 (3) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 cc) Rechtliche Würdigung der Argumente und eigene Lösungsansätze . . 152 (1) Rechtsnatur und vermeintliche Vorrangwirkung des KWG . . . . . . 152 (a) Rangfolge von KWG und BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 (b) Rangfolge von Öffentlichem Recht und Privatrecht . . . . . . . . 153 (c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 (2) (Un-)Vereinbarkeit von Anlegerschutz mit den Zielsetzungen des Bankenaufsichtsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 (a) Abstrakte Zielsetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 (b) Schutz von Ein- und Anleger durch Beseitigung von Fehlanreizen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 (c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 (3) Auslegung der Genussrechtsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 158 (a) Vereinbarter Zweck der Genussrechtsemission . . . . . . . . . . . . 158 (b) Konkludenter Ausschluss der Klöckner-Grundsätze? . . . . . . . 159 (c) Abweichende Interessenverteilung bei Klöckner-Verlusten . . . 159 (d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 (4) Notwendigkeit der Verlustteilnahme für Qualifikation als Eigenkapital . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 (a) Vergleich mit Nachrangverbindlichkeiten . . . . . . . . . . . . . . . . 161 (b) Vergleich mit Einlagen stiller Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . 162 (c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162
Inhaltsverzeichnis
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(5) Trennung von vertragsrechtlichem Primär- und ersatzrechtlichem Sekundärverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 (a) Rechtliche Bedenken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 163 (b) Rechtstatsächliche Bedenken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 (c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 (6) Kapitalerhaltung und Emittentenhaftung im Aktien- und Kapitalmarktrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 (a) Analoge Anwendung von § 57 AktG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 (aa) Regelungslücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 (bb) Vergleichbarkeit der Interessenlagen . . . . . . . . . . . . . . . . 166 (b) Verbot der Einlagenrückgewähr und Kapitalmarkthaftung im Aktienrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 (aa) Verbot der Einlagenrückgewähr i. S. d. § 57 AktG . . . . . 167 (bb) Haftung für fehlerhafte Information am Kapitalmarkt . . 168 (cc) Verhältnis von Kapitalbindung und Kapitalmarkthaftung 169 (c) Übertragbarkeit der Grundsätze auf das Gebiet des Genussrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 (aa) Klöckner-Ansprüche als verbotene Einlagenrückgewähr? 170 (bb) Vergleichbarkeit der Interessenlage bei Aktionär und Genussberechtigtem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171 (d) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 (7) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 3. Konzernierung des Emittenten durch Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 a) Allgemeine Erwägungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 aa) Rechtliche Behandlung der lückenhaften Genussrechtsbedingungen . 175 (1) Anspruch auf Anpassung nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . 176 (2) Ergänzende Vertragsauslegung gemäß § 133, 157 BGB . . . . . . . . 177 (a) Ungewollte vertragliche Regelungslücke . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 (b) Kein anwendbares dispositives Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 (c) Ermittlung des hypothetischen Parteiwillens . . . . . . . . . . . . . . 179 (aa) Ergebnis der Konzernmutter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 (bb) Fiktives Ergebnis des Emittenten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 (cc) Prognose im Zeitpunkt der Konzernierung . . . . . . . . . . . 182 (dd) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 (3) Analoge Anwendung konzernrechtlicher Vorschriften . . . . . . . . . 185 (4) Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 314 BGB . . 186
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Inhaltsverzeichnis (5) Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 (6) Zulässigkeit abweichender genussvertraglicher Vereinbarungen . 188 (7) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 b) Abweichende Beurteilung im Anwendungsbereich des KWG? . . . . . . . . . 189 aa) Abstellen auf fiktives Ergebnis aufgrund von §§ 2a Abs. 1, 25 Abs. 1 KWG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 bb) Kollision der ergänzenden Vertragsauslegung mit § 10 Abs. 5 KWG? 190 (1) Aufhebung der Verlustteilnahme aufgrund der Ausgleichspflicht entsprechend § 304 AktG? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 (2) Verhältnis von bankenaufsichtsrechtlicher Verlustbeteiligung und konzernrechtlicher Ausgleichspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192 cc) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 c) Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 4. Allgemeine unternehmerische Entwicklung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 5. Ergebnis- und Gewinnverwendung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 6. Kapitalmaßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195 7. Übrige Maßnahmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195
E. Zusammenfassung in Thesen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 I. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 II. Das Genussrecht als eigenkapitalverstärkendes Finanzierungsinstrument . . . . . . 197 III. Das Verhältnis von Anlegerschutz und Bankenaufsichtsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . 198 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214
Abkürzungsverzeichnis a. A. ABl. EG Abs. a. F. AG AGB AktG AöR AT Aufl. Az. BaFin BB Bd. Begr. BGB BGBl. BGH BGHZ BKR BörsG BT BVerfGE bzgl. bzw. ca. DB DJT DStR DStRE DZWir Entsch. v. EStG etc. EWiR f. F. A. Z. ff. FinDaG Fn. FS
anderer Ansicht Amtsblatt der Europäischen Union Absatz alte Fassung Aktiengesellschaft; Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift) Allgemeine Geschäftsbedingungen Aktiengesetz Anstalt öffentlichen Rechts Allgemeiner Teil Auflage Aktenzeichen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Betriebs-Berater Band Begründer; Begründung Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen Zeitschrift für Bank- und Kapitalmarktrecht Börsengesetz Besonderer Teil Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts bezüglich beziehungsweise circa Der Betrieb Deutscher Juristentag Deutsches Steuerrecht Deutsches Steuerrecht Entscheidungsdienst Deutsche Zeitschrift für Wirtschafts- und Insolvenzrecht Entscheidung vom Einkommensteuergesetz et cetera Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht und der/die/das Folgende Frankfurter Allgemeine Zeitung und die Folgenden Gesetz über die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht Fußnote Festschrift
20 GbR GenG GesR GewO GG ggf. ggü. GmbH GmbHG GmbHR GroßkommAktG GStB GWR HGB h. M. Hrsg. Hs. HypBG IFRS i. H. v. InsO i. S. d. ISIN i. S. v. JZ KG KGaA KMRK KöKoAktG KöKoWpHG KStG KWG Lfg. LG lit. MüAHb MüHdbGesR MüKoAktG MüKoBGB MüKoHGB MüKoZPO m. w. N. n. F. NJW NZG NZI OLG
Abkürzungsverzeichnis Gesellschaft bürgerlichen Rechts Genossenschaftsgesetz Gesellschaftsrecht Gewerbeordnung Grundgesetz gegebenenfalls gegenüber Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau Großkommentar zum Aktiengesetz Gestaltende Steuerberatung Gesellschafts- und Wirtschaftsrecht Handelsgesetzbuch herrschende Meinung Herausgeber; herausgegeben Halbsatz Hypothekenbankgesetz International Financial Reporting Standards in Höhe von Insolvenzordnung im Sinne der/des International Securities Identification Number im Sinne von Juristenzeitung ¢ Kommanditgesellschaft ¢ Kammergericht Kommanditgesellschaft auf Aktien Kapitalmarktrechtskommentar Kölner Kommentar zum Aktiengesetz Kölner Kommentar zum Wertpapierhandelsgesetz Körperschaftssteuergesetz Kreditwesengesetz Lieferung Landgericht littera (= Buchstabe) Münchener Anwaltshandbuch Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts Münchener Kommentar zum Aktiengesetz Münchener Kommentar zum BGB Münchener Kommentar zum HGB Münchener Kommentar zur ZPO mit weiteren Nachweisen neue Fassung Neue Juristische Wochenschrift Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Neue Zeitschrift für das Recht der Insolvenz und Sanierung Oberlandesgericht
Abkürzungsverzeichnis RegE RG RGZ RL Rn. S. s. a. s. o. SoFFin sog. SolvV s. u. u. a. Urt. v. UStG VAG Var. VerkProspG VermBG vgl. WKN WM WPg WpHG WpÜG WuB z. B. ZBB ZGR ZHR ZIP zit. ZPO ZWR
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Regierungsentwurf Reichsgericht Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Richtlinie Randnummer Seite/n siehe auch siehe oben Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung sogenannte/n Solvabilitätsverordnung siehe unten unter anderem/n; und andere Urteil vom Umsatzsteuergesetz Versicherungsaufsichtsgesetz Variante Wertpapier-Verkaufsprospektgesetz Vermögensbildungsgesetz vergleiche Wertpapierkennnummer Wertpapier Mitteilungen Die Wirtschaftsprüfung Wertpapierhandelsgesetz Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz Entscheidungssammlung zum Wirtschafts- und Bankrecht zum Beispiel Zeitschrift für Bankrecht und Bankwirtschaft Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht und Insolvenzpraxis zitiert Zivilprozessordnung Zeitschrift für Wirtschaftsrecht
A. Einleitung I. Anlass der Untersuchung Wie kaum ein anderes Ereignis hat die vergangene Finanzmarktkrise die wirtschaftliche, gesellschaftliche und nicht zuletzt rechtliche Entwicklung der vergangenen Jahre geprägt. Binnen kürzester Zeit weitete sich die Krise, die 2007 als Immobilienkrise bzw. Subprime-Krise in den Vereinigten Staaten von Amerika ihren Ursprung nahm, zu einer der größten weltweiten Finanz(markt)- und Bankenkrisen seit Ende des Zweiten Weltkrieges aus. Während heute, etwa sechs Jahre nach Ausbruch der Krise, noch immer zahlreiche Volkswirtschaften mit der Bewältigung der Folgen ringen, hat sich die Lage in Deutschland wieder weitgehend stabilisiert. Doch darf dies nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Krise auch hier zu Lande Spuren hinterlassen hat – mit der zum Teil dramatischen Absenkung des Niveaus der Eigenkapitalausstattung von Unternehmen, insbesondere von Kreditinstituten, der Verstaatlichung sogenannter systemrelevanter Banken (wie der Hypo Real Estate) und der Etablierung des Sonderfonds Finanzmarktstabilisierung (SoFFin) seien nur einige Beispiele gegeben. Doch ist es weder Ziel der vorliegenden Arbeit, sämtliche Probleme, die sich im Zusammenhang mit den wirtschaftlichen Folgen der Finanzkrise gestellt haben und mitunter auch aktuell noch immer stellen, zu erörtern, noch könnte dies geleistet werden. Vielmehr beschränkt sich die Abhandlung mit dem Markt des Genussrechtskapitals auf einen Teilbereich der Finanzwirtschaft, in dem sich die Konsequenzen der wirtschaftlichen Turbulenzen in Form von Konflikten zwischen Emittenten und Inhabern von Genussrechten niedergeschlagen haben. Denn als Gläubigerrecht, das Vermögensrechte gewährt, wie sie typischerweise einem Gesellschafter zustehen, ist das Genussrecht von Maßnahmen der Geschäftsführung und insbesondere von aus Missmanagement resultierenden Verlusten besonders betroffen. Den hieraus folgenden derzeit anhängigen Rechtsstreitigkeiten1 liegt – vereinfacht dargestellt – folgende Problematik zugrunde: Während es den Emittenten von Wertpapieren in der Zeit vor der Krise noch möglich war, einen unpopulären Ausweis von Bilanzverlusten durch Vornahme bilanzgestaltender Maßnahmen zu vermeiden und gewinnabhängige Anlageformen wie Genussrechte demgemäß zu bedienen, obwohl bereits operative Verluste eingetreten waren, gestaltete sich eine derartige Praxis in den Folgejahren zunehmend 1 Vgl. LG Köln, Urt. v. 19.03.2010 – 87 O 159/08 („Corealcredit“), Rz. 74 = GWR 2010, 280, mit zust. Anm. Mosel.
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A. Einleitung
schwierig.2 Denn finanzielle Reserven der Unternehmen hatten sich seit Beginn der Krise durch sukzessives Abschmelzen ihrer Eigenkapitalausstattung merklich verringert. Zur Rettung der angeschlagenen Banken notwendig gewordene Beihilfen wurden vom Staat und der EU-Kommission jedoch nur unter strengen Auflagen gewährt. So durften etwa keine Zinsen auf Genussrechte und andere Hybrid-Kapitalia ausgeschüttet werden, solange ein Gewinn nur infolge bilanzgestaltender Maßnahmen, wie etwa durch Auflösung von Rückstellungen, ausgewiesen werden konnte,3 denn das Eigenkapital sollte nicht weiter zulasten der Gesellschaftsgläubiger belastet werden. Dieses Verbot der Bilanzkosmetik zog wiederum nach sich, dass durch den nun nicht mehr zu vermeidenden Ausweis von Verlust das Rating der betroffenen Banken herabgestuft wurde, und führte somit zu einer Belastungsprobe für den gesamten Genussrechtsmarkt.4 Die ausbleibenden Gewinne waren freilich nicht nach dem Geschmack der Inhaber von Genussrechten, die von den unmittelbaren wirtschaftlichen Folgen der Krise bis dahin weitgehend verschont geblieben waren. Als sich sodann abzeichnete, dass verschiedenen Kreditinstituten nicht allein die gesamtwirtschaftliche Situation zugesetzt hatte, sondern die Verluste auch auf erhebliches Missmanagement zurückzuführen waren, versuchte mancher Anleger, über den Klageweg an die ihm entgangenen Ausschüttungen zu gelangen bzw. eine Wiederauffüllung des durch die Verluste geminderten Genusskapitals herbeizuführen. Die grundlegende Weichenstellung für derartige Klagen von Genussrechtsinhabern gegenüber den Emittenten hat der Bundesgerichtshof in seiner richtungsweisenden Klöckner-Entscheidung im Jahr 1992 vorgenommen. Im Hinblick auf eine Ersatzpflicht stellte der II. Zivilsenat des BGH seinerzeit fest: Verletzt eine Gesellschaft die Pflicht, „in gewissem Umfang […] für die Erhaltung und den Schutz der Genußrechte zu sorgen, […] durch eine Geschäftstätigkeit, die dem in der Satzung festgelegten Unternehmensgegenstand nicht entspricht oder die kaufmännisch schlechthin unseriös und verantwortungslos ist, haftet sie dem Genußrechtsinhaber auf Schadensersatz.“5 Seit dieser bemerkenswerten Entscheidung, die schadensrechtliche Konsequenzen im Bereich des Genussrechts erstmals im Vertrags- und nicht mehr ausschließlich im Deliktsrecht verortet sah, konnte als gesicherte Erkenntnis gelten, dass sich Anleger im Falle von durch satzungswidrige Geschäfte verursachten Beeinträchtigungen des Genussrechts an den Emittenten
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Mülbert, in: Festschrift Hüffer, S. 679. Solche Auflagen finden sich etwa in den Regelungswerken über staatliche Rettungsmaßnahmen für die Landesbanken LBBW, Bayern LB, HSH Nordbank und West LB sowie für die Commerzbank, vgl. F.A.Z. v. 8. 1. 2010, S. 19; F.A.Z v. 24. 11. 2009, S. 19; F.A.Z. v. 28. 2. 2009, S. 19; Mülbert, in: Festschrift Hüffer, S. 679. 4 Mülbert, in: Festschrift Hüffer, S. 679. 5 BGH, Urt. v. 5.10.1992 – II ZR 172/91 = BGHZ 119, 305, 306 = NJW 1993, 57 („Klöckner“). 3
I. Anlass der Untersuchung
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halten und gegenüber diesem Erfüllungs-6 bzw. Schadensersatzansprüche geltend machen können. Auf einem weitgehend brachliegenden Rechtsgebiet war es dem BGH mit dieser Entscheidung somit gelungen, zahlreiche Fragen, welche die Rechtswissenschaft in den vorangegangenen Dekaden beschäftigt hatten, zu beantworten. Gleichwohl warf die positive Bestätigung einer Emittentenhaftung gegenüber Inhabern von Genussrechten auch Folgefragen auf. Zu deren bedeutendsten zählt die Frage, ob die im Urteil aufgestellten Haftungsgrundsätze für Emittenten aller Unternehmensbranchen gleichermaßen Geltung beanspruchen. Sie stellt sich aktuell unter dem Gesichtspunkt, dass Emittenten aus dem Banken- und Versicherungssektor spezialgesetzlichen Regelungen aus dem Kreditwesen-7 oder Versicherungsaufsichtsgesetz8 unterliegen, insbesondere was die Zusammensetzung und Aufbringung ihrer Eigenmittel anbelangt. Möchte ein Kreditinstitut oder ein Versicherer das gegen Ausgabe der Genussrechte einbezahlte Kapital bilanziell seinen Eigenmitteln zurechnen, so sind hierfür nicht die allgemeinen Grundsätze der Eigenkapitalfinanzierung, sondern die Anforderungen der § 10 Abs. 5 KWG, § 53c Abs. 3a VAG maßgeblich. Diese verlangen unter anderem, dass das Genusskapital „bis zur vollen Höhe am Verlust teilnimmt“. Ob dieser Verlustpartizipation auch dann genügt wird, wenn sich die Genussberechtigten im Sinne der KlöcknerRechtsprechung auf dem Wege des Schadensersatzes im Nachhinein wirtschaftlich schadlos halten können, ist indes fraglich. Denn folgte man dieser Annahme, so wäre zu befürchten, dass die gesetzlich vorgesehene Teilnahme der Genussrechtsinhaber am Verlust des Unternehmens und damit der Zweck der Eigenmittelbestimmungen – nämlich eine ausreichend umfangreiche Haftungsmasse der Gesellschaft sicherzustellen – durch derartige Schadensersatz- oder Erfüllungsansprüche unterlaufen würde. Da es sich bei der Klöckner & Co. KGaA um ein Handelshaus handelte, bestand seinerzeit kein Anlass, darüber zu urteilen, ob die in der Entscheidung aufgestellten Grundsätze über den konkreten Einzelfall hinaus, insbesondere auch im Geltungsbereich des KWG anwendbar sind. Dies ist insofern bedauerlich, als zum einen im Zuge der Finanzmarktkrise insbesondere Kreditinstitute in finanzielle Schieflage gerieten und sich nun den Klagen geschädigter Anleger ausgesetzt sehen.9 Zum 6
Besteht das Genussrechtsverhältnis fort, so ist primär an einen auf Wiederauffüllung des Kapitals gerichteten Anspruch zu denken. Dies war im Fall „Klöckner“ aufgrund der Kraftloserklärung der Genussscheine nicht möglich. Daher konnte sich die Haftung lediglich auf Geldersatz richten, vgl. Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 278; a. A. Sethe, AG 1993, 351, 362, der die Wiederauffüllung auch während der Laufzeit der Genussrechte als Form der Naturalrestitution begreift. 7 Gesetz über das Kreditwesen, v. 9.9.1998, BGBl. 1998 I, S. 2776 ff. 8 Gesetz über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen, v. 17. 12. 1992, BGBl. 1993 I, S. 2 ff. 9 Zu diesen zählt etwa der Rechtsstreit gegen die Corealcredit AG vor dem LG Köln und zur anschließenden Berufung vor dem OLG Köln.
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A. Einleitung
anderen stammen mehr als 90 % der Emittenten an deutschen Börsen gehandelter Genussrechte aus dem Banken- und Versicherungssektor und unterfallen somit den gesteigerten Anforderungen des KWG und VAG. Die Klärung des Verhältnisses von Klöckner-Grundsätzen und bankenaufsichtsrechtlichen Eigenmittelbestimmungen ist daher nicht allein von dogmatischer, sondern für einen beachtlichen Teil der Genussrechtsemittenten auch von großer praktischer Relevanz.10 Gerichtliche Auseinandersetzungen rund um das Genussrecht werden derzeit allerdings nicht nur im Rahmen des Konflikts von Schadensersatz und Bankenaufsichtsrecht geführt. So hatte sich das OLG Frankfurt a. M. gleich in zwei Verfahren mit der Frage zu beschäftigen, welche Auswirkung der Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags auf das Genussrechtsverhältnis hat.11 Denn infolge der Gewinnabführungs- und der Verlustausgleichspflicht aus § 291 Abs. 1 AktG und § 302 AktG tritt bei der emittierenden Bank weder ein Bilanzgewinn noch ein Bilanzverlust ein. Für den Genussberechtigten hätte dies zwar zur Folge, dass er nicht mehr Gefahr liefe, zur Verlustdeckung herangezogen zu werden. Doch bliebe ihm auf der anderen Seite jegliche Chance auf Ausschüttungen auf das von ihm zur Verfügung gestellte Genusskapital verwehrt. Daher wird zu überprüfen sein, wie es gelingen kann, die ursprüngliche Interessenverteilung zwischen dem Emittenten und dem Anleger bei Bestehen eines Unternehmensvertrags wiederherzustellen. Dies wird auch auf Ebene des Bankenaufsichtsrechts relevant, da fraglich ist, inwieweit sich die ausgesetzte Verlustpartizipation des Genussrechtsinhabers mit den Anforderungen des § 10 Abs. 5 KWG an Ergänzungskapital in Einklang bringen lässt. Weitere Streitigkeiten sind im Hinblick auf das Verhältnis von Genussrechtsbedingungen und deren richterlicher Überprüfbarkeit nach §§ 305 ff. BGB vor die Gerichte getragen worden. Verfahren sowohl vor dem OLG München als auch vor dem OLG Frankfurt a. M. betrafen die Auslegung und Kontrolle von Verlustteilnahmeklauseln.12 Dabei waren sich die Parteien darüber uneins, wie der in den streitgegenständlichen Bestimmungen verwendete Begriff der „Verlustteilnahme“ zu verstehen war, insbesondere ob dieser auch eine Herabsetzung des Genusskapitals infolge von Verlustvorträgen aus dem Vorjahr zulässt. Schließlich befasste sich auch das OLG Hamm mit der Wirksamkeit einer genussvertraglichen Klausel, nach der dem Anleger im Falle der vertragswidrigen Beendigung des Genussrechtsverhältnisses oder der Zahlungseinstellung eine Ab10 Die statistischen Angaben sind Lühn, S. 13, Tabelle 7 entnommen. Da hiervon nur ein geringer Teil der Genussrechte Versicherungsinstituten zuzuordnen ist und im Vergleich zum KWG keine Abweichungen zu erwarten sind, wird von einer gesonderten Untersuchung und Nennung der entsprechenden Vorschriften im VAG abgesehen. 11 OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 13.12.2011 – 5 U 56/11 = ZIP 2012, 79 ff. („Eurohypo/ Rheinhyp“); vorgehend LG Frankfurt a. M., Urt. v. 14. 12. 2010 – 3 – 5 O 65/10 = Der Konzern 2011, 118 ff. 12 OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 16.11.2011 – 19 U 12/11(„Corealcredit“); OLG München, Urt. v. 12.01.2012 – 23 U 2737/11 = ZIP 2012, 576 („Deutsche Pfandbriefbank“).
II. Stand der Forschung und Bearbeitung
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gangsentschädigung zu zahlen war. Überdies hatte es in diesem Zusammenhang zu klären, ob es formularmäßig möglich ist, das ordentliche Kündigungsrecht auszuschließen, und inwiefern eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Emittenten zur Kündigung aus wichtigem Grund berechtigt.
II. Stand der Forschung und Bearbeitung Erste monographische Abhandlungen des Genussrechts finden sich bereits Anfang des 20. Jahrhunderts. Mit zunehmender Anzahl der Genussrechtsemissionen seit 1980 („Renaissance des Genussrechts“) hat sich die Rechtswissenschaft der Thematik erstmals umfassend zugewandt. Dies fand Ausdruck in einer Vielzahl von Publikationen, deren Bandbreite von Aufsätzen in Fachzeitschriften über zahlreiche Monographien bis hin zu einem ausführlichen Gutachten im Rahmen 55. Deutschen Juristentags reicht. Schließlich mussten sich auch die Gerichte vermehrt mit dem Phänomen des Genussrechts befassen. Die bislang wohl prominentesten Entscheidungen stellen in diesem Zusammenhang das bereits angesprochene Klöckner-Urteil13 sowie das Urteil Bremer Bankverein14 des Bundesgerichtshofs aus dem Jahre 1992 dar. Nachdem es danach um das Genussrecht im Allgemeinen ruhiger geworden war, haben sich in Anbetracht der derzeit anhängigen Verfahren in jüngster Zeit wieder mehrere Publikationen der Thematik gewidmet. Hierbei steht aktuell insbesondere zur Diskussion, wie der Begriff der Verlustteilnahme aus § 10 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 KWG auszulegen ist und ob die im Klöckner-Urteil festgestellten Grundsätze mit Genussrechten im Anwendungsbereich des § 10 Abs. 5 KWG zu vereinbaren sind. Eine umfassende wissenschaftliche Erörterung dieser Problematik in der Gemengelage aus bürgerlich-rechtlichen Ansprüchen und öffentlich-rechtlichem Aufsichtsrecht ist bislang jedoch ausgeblieben.
III. Begrenzung des Untersuchungsgegenstandes Wie sich zeigen wird, bietet das Genussrecht eine beinahe endlose Zahl an Ausgestaltungs- und Einsatzmöglichkeiten. Dennoch gestaltet sich der Genussrechtsmarkt keineswegs so unübersichtlich, wie aufgrund dieser Tatsache zu vermuten wäre. Zurückzuführen ist dies darauf, dass in der Emissionspraxis eine gewisse Standardisierung der Genussrechtsbedingungen vorherrscht. Anderenfalls ließen sich die angebotenen Genussrechte kaum untereinander vergleichen, was eine geringe Fungibilität dieser Anlageform nach sich zöge. Bei den an deutschen Börsen 13 14
BGH, Urt. v. 5.10.1992 – II ZR 172/91 = BGHZ 119, 305 = NJW 1993, 57 („Klöckner“). BGH, Urt. v. 9.11.1992 – II ZR 230/91 = BGHZ 120, 141 („Bremer Bankverein“).
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A. Einleitung
gehandelten Genussrechten handelt es sich daher ganz überwiegend um Finanzierungsgenussrechte, die zum Zwecke der Eigenkapitalverbreiterung des Emittenten ausgegeben sind. Dieser Genussrechtstypus bildet den Gegenstand der Untersuchung. Da nur ein geringer Teil der Emittenten dieser Genussrechte dem Versicherungssektor zuzuordnen ist und sich die Bestimmungen über Eigenmittel im Bankenund Versicherungsaufsichtsrecht in weiten Teilen entsprechen, nehmen die Ausführungen ausschließlich auf Vorschriften des KWG Bezug. Auf die zusätzliche Nennung der Normen aus dem VAG wird daher verzichtet.
IV. Gang der Untersuchung Im Gegensatz zu anderen Finanzierungsformen fehlt es dem Genussrecht an einer umfassenden gesetzlichen Regelungsgrundlage. Zwar finden sich in verschiedenen Gesetzen Anknüpfungspunkte, die verschiedene Teilbereiche normieren. Im Wesentlichen hat der historische Gesetzgeber die Ausgestaltung und Entwicklung des Rechtsinstituts Genussrecht jedoch der Rechtswissenschaft sowie der Emissionspraxis überlassen. Im zweiten Abschnitt der Arbeit werden daher grundlegende Vorfragen erörtert, die für den Fortgang der Untersuchung von Entscheidung sind.15 Neben der Definition des Genussrechts und Ausführungen über Verwendungs- und Ausgestaltungsmöglichkeiten sowie seine Rechtsnatur gehört hierzu auch eine Analyse der aktuell vorzufindenden Genussrechtsbedingungen. Daraufhin beschäftigt sich die Untersuchung mit den Eigenschaften des Genussrechts als eigenkapitalverstärkendes Finanzierungsinstrument.16 Hierbei wird insbesondere auf die Voraussetzung einer Finanzierung im Unternehmen mittels Eigen- und Fremdkapital eingegangen und erläutert, wie das Genusskapital als sogenanntes Hybrid- oder Mezzanine-Kapital zwischen diesen beiden Polen einzuordnen ist. Auch wird in diesem Zusammenhang den besonderen Anforderungen, die das Bankenaufsichtsrecht mit § 10 Abs. 5 KWG an die Aufbringung und Erhaltung von Eigenkapital durch Genussrechte aufstellt, wenn es sich beim Emittenten um ein Kreditinstitut handelt, Rechnung getragen.17 Einen wesentlichen Aspekt stellt hierbei unter anderem die Frage dar, welches Ausmaß der Spielraum des Emittenten hat, damit die von ihm ausgegebenen Genussrechte dem Tatbestandsmerkmal der Verlustteilnahme in voller Höhe (§ 10 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 KWG) genügen. Das nachfolgende dritte Kapitel (C.) widmet sich dem Schutz der Genussberechtigten und den Besonderheiten, die sich im Anwendungsbereich des KWG er-
15 16 17
Unter B. Unter C. Unter C. IV.
IV. Gang der Untersuchung
29
geben.18 Anhand der jeweiligen dem Anleger drohenden (unmittelbaren und mittelbaren) Beeinträchtigungen wird das Instrumentarium dargestellt, das ihm zur Verfügung steht, um sich diesen zu erwehren. Hier wird sich im Besonderen mit etwaigen Schadensersatzansprüchen gegen den Emittenten im Sinne der eingangs bereits erwähnten Klöckner-Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes sowie den Gefahren infolge einer Konzernierung durch Abschluss eines Unternehmensvertrags auseinandergesetzt. Dabei wird unter Berücksichtigung der aktuellen Judikatur und Bewertung im Schrifttum erörtert, welche Möglichkeiten den Genussberechtigten jeweils im Allgemeinen zur Verfügung stehen, um in einem nächsten Schritt zu überprüfen, ob und ggf. welche Abweichungen sich – insbesondere unter Berücksichtigung von § 10 Abs. 5 KWG – ergeben, wenn es sich beim Emittenten der Genussrechte um ein Kreditinstitut handelt.
18
Unter D.
B. Grundlagen I. Begriffsbestimmungen 1. Genussrecht Der Begriff des Genussrechts taucht in verschiedenen aktien-, handels- und aufsichtsrechtlichen Vorschriften auf.19 Jedoch ist er bis heute weder Gegenstand einer abschließenden privatrechtlichen Kodifikation geworden,20 noch existiert eine Legaldefinition, die Auskunft über die Voraussetzungen und Wesensmerkmale dieses Rechtsinstitutes gibt.21 Obwohl mehrfach angeregt, wurde eine Begriffsbestimmung weder im ersten Entwurf des Reichsjustizministeriums zum Aktiengesetz 1930 noch im Aktiengesetz von 193722 oder im Rahmen der Aktienrechtsreform im Jahr 1965 als notwendig erachtet.23 Vielmehr wurde in der Absicht, die natürliche Ausprägung und Entwicklung unterschiedlicher Typen von Genussrechten nicht zu behindern, die Definition des Genussrechts der Rechtsprechung und Rechtswissenschaft überlassen.24 In einer der wenigen bislang zu diesem Thema ergangenen höchstrichterlichen Entscheidungen schickte sich der BGH im Jahr 1992 erstmals an, den Begriff des Genussrechts zu bestimmen. Nach der Definition des II. Zivilsenats handelt es sich bei Genussrechten um Dauerschuldverhältnisse eigener Art, die keine gesellschaftsrechtlich geprägten Mitgliedschaftsrechte begründen, sondern sich in einem
19 So z. B. in § 221 Abs. 3 AktG; § 53c Abs. 3 S. 1 Nr. 3a Abs. 3a VAG; § 341a Abs. 4 HGB; § 2 Abs. 1 Nr. 1 EStG; § 8 Abs. 3 S. 1 KStG. Der Begriff des Genussrechts in § 10 Abs. 5 KWG wurde hingegen im Zuge der jüngsten KWG-Novelle 2010 durch eine allgemeinere Begriffsbestimmung ersetzt, vgl. hierzu noch unter C. IV. 2. 20 Thünnesen, in: Recht und Praxis der Genußscheine, S. 18. Diese Feststellung aus dem Jahr 1987 ist bis heute zutreffend. 21 Ernst, Genußschein, S. 38 f.; Lutter, ZGR 1993, 291, 307, 311, hält es gar für möglich, dass die Regelungen des § 221 AktG und § 10 Abs. 5 KWG nicht den gleichen Genussrechtsbegriff beschreiben. 22 Vgl. Ernst, Genußschein, S. 40 f.; Frantzen, Genußscheine, S. 1. 23 Sethe, AG 1993, 293, 296. 24 Verhandlungen zum 55. DJT, K 146 f.; Gehling, WM 1992, 1093, 1094; Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 64; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221 Rn. 18; Luttermann, DB 1993, 1809; Thünnesen, in: Recht und Praxis der Genußscheine, S. 18.
I. Begriffsbestimmungen
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bestimmten geldwerten Anspruch erschöpfen.25 Die einhellige Auffassung im Schrifttum versteht Genussrechte ebenfalls als Gläubigerrechte, die Vermögensrechte gewähren, wie sie typischerweise einem Gesellschafter zustehen.26 Nicht von Belang für das Vorliegen eines Genussrechts ist nach allgemeiner Ansicht jedenfalls die Bezeichnung als solches27 – entscheidend ist alleine, ob die tatbestandlichen Voraussetzungen erfüllt sind. Diese Eigenschaften lassen bereits deutlich werden, dass das Genussrecht sowohl Elemente des Aktien- als auch des Schuldrechts in sich trägt. Gewissermaßen handelt es sich um eine „Mixtur, die rechtlich zwischen Anteils- und reinem Gläubigerrecht siedelt.“28 Auf das Konfliktpotential, das diese Zwitterstellung des Genussrechts sowie seine tatsächliche Konkurrenz zu einem vermögensmäßigen Mitgliedschaftsrecht birgt,29 wird im Laufe der Abhandlung noch mehrfach zurückzukommen sein.
2. Genussschein Die Begriffe Genussrecht und Genussschein werden bisweilen fälschlicherweise synonym verwandt. Dabei handelt es sich beim Genussschein um eine besondere Unterart des Genussrechts. Der Genussschein bezeichnet nur all solche Genussrechte, die wertpapiermäßig verbrieft sind,30 was in der Praxis auf einen Großteil der Genussrechte zutrifft.31 Im Gegensatz zum nicht verbrieften Genussrecht bringt die Ausgestaltung als Wertpapier eine erhöhte Verkehrsfähigkeit des gehandelten Gläubigerrechts mit sich. Je nachdem, welcher Grad an Fungibilität erreicht werden soll, ist eine Verbriefung als Inhaber-, Order- oder Rektapapier denkbar.32
25 BGH, Urt. v. 5.10.1992 – II ZR 172/91 = BGHZ 119, 305 = NJW 1993, 57 („Klöckner“); BGH, Urt. v. 21. 7. 2003 – II ZR 109/02 = BGHZ 156, 38 = NJW 2003, 3412 („Deutsche Hypothekenbank AG“). 26 Allgemeine Ansicht: Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 64; Hüffer, AktG, § 221 Rn. 25; Merkt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 221 Rn. 43; Schön, JZ 1993, 925, 926; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221 Rn. 22; Stadler, in: Bürgers/Körber, AktG, § 221 Rn. 88; Vollmer, ZGR 1983, 445, 451. 27 Gehling, WM 1992, 1093, 1094; Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 64; Lutter, in: KöKoAktG, § 221 Rn. 217 f.; Lutter, ZGR 1993, 291, 307; Luttermann, Unternehmen, S. 97. 28 Luttermann, DB 1993, 1809. 29 Gehling, WM 1992, 1093, 1094. 30 BGH, Urt. v. 5.3.1959 – II ZR 145/57 = WM 1959, 434, 436; Hirte, ZIP 1988, 477; Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 63; Hüffer, AktG, § 221 Rn. 28; Karollus, in: Geßler/ Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 221 Rn. 236; Reusch, in: Recht und Praxis der Genußscheine, S. 22; Ziebe, DStR 1991, 1594. 31 Von den an deutschen Börsen gehandelten Genussrechten sind sämtliche als Genussschein verbrieft, vgl. unten B. III. 3. 32 Hüffer, AktG, § 221 Rn. 28; Luttermann, DB 1993, 1809; Sethe, AG 1993, 293, 297; Vollmer, ZGR 1983, 445, 456; Ziebe, DStR 1991, 1594; hierzu auch B. III. 1. h).
32
B. Grundlagen
In den folgenden Ausführungen wird – soweit möglich – stets der allgemeine Terminus des Genussrechts verwendet.
II. Historische Entwicklung des Genussrechts Als das Phänomen des Genussrechts in Deutschland im Laufe des 19. Jahrhunderts bekannt wurde, waren die mit der Emission verfolgten Zwecke mannigfaltig. In zahlreichen Fällen bestand schon vor Ausgabe der Genussrechte eine rechtliche oder tatsächliche Verbindung von späteren Genussberechtigten zur Gesellschaft.33 Genussrechte wurden etwa an Gesellschaftsgründer,34 Vorstandsmitglieder oder Lizenzgeber (als Gegenwert für deren Einsatz) ausgegeben.35 Darüber hinaus wurden Genussrechte aber auch bereits massenweise veräußert und dienten damit der heute vorherrschenden Zwecksetzung: der Kapitalbeschaffung.36 Diese erste Blütezeit in der Geschichte des Genussrechts fand ihr vorläufiges Ende mit Zulassung der Vorzugsaktie im Zuge des AktG 1937.37 Da auch die Vorzugsaktie die Beschaffung finanzieller Mittel ermöglichte, ohne dem Anleger im Gegenzug Mitspracherechte gewähren zu müssen, trat diese in unmittelbare Konkurrenz zum Genussrecht. Dass sie sich diesem gegenüber schließlich durchsetzen konnte, ist wohl auf die gesetzliche Regelung in §§ 139 ff. AktG und das damit einhergehende höhere Maß an Rechtssicherheit zurückzuführen.38 Nicht zuletzt dürfte auch die restriktive Rechtsprechung des Reichsfinanzhofs zum vorläufigen Niedergang des Genussrechts beigetragen haben.39 Von da an bis etwa Ende der 1970er Jahre fristeten Genussrechte ein regelrechtes „Schattendasein“.40 Dass es zwischen dem Ende des Zweiten Weltkrieges und 1971 zu nicht mehr als einer einzigen Genussrechtsemission kam,41 erklärt wohl, warum
33
Hirte, ZIP 1988, 477, 478. Weipert/Schilling, in: GroßkommAktG, 2. Aufl. 1965, § 174 Anm. 9 f. 35 Hirte, ZIP 1988, 477, 478; Thünnesen, in: Recht und Praxis der Genußscheine, S. 10; hierzu ausführlich Ernst, Genußschein, S. 32 ff. 36 Lutter, in: KöKoAktG, § 221 Rn. 24; Ziebe, DStR 1991, 1594; zu den ursprünglichen Anwendungsgebieten auch Thünnesen, in: Recht und Praxis der Genußscheine, S. 10 ff. 37 Gesetz über Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien v. 30. 01. 1937, RGBl. 1937 I, S. 107. 38 Dies lässt zumindest ein Vergleich mit solchen Ländern vermuten, denen das Rechtsinstitut der Vorzugsaktie fremd ist, vgl. Vollmer, ZGR 1983, 445, 446. 39 Näher dazu Hirte, ZIP 1988, 477, 479; Sethe, AG 1993, 293, 295. 40 Sethe, AG 1993, 293. 41 Diese erfolgte durch die Audi NSU AG, vgl. dazu Lutter, in: KöKoAktG, 1. Aufl. 1971, § 221 Rn. 65. Nach Thünnesen, in: Recht und Praxis der Genußscheine, S. 13 erfolgte bereits 1964 eine Emission durch die Triumph Interdress AG. 34
II. Historische Entwicklung des Genussrechts
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dem Genussrecht auch in der Rechts- und Wirtschaftswissenschaft in dieser Zeit eine untergeordnete Rolle zuteil wurde.42 Der Dornröschenschlaf des Genussrechts fand sein Ende in den achtziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts.43 Als Finanzierungsinstrument feierte es dank zahlreicher Emissionen eine regelrechte „Renaissance“.44 Für das erneut aufkeimende Interesse sorgten insbesondere die folgenden gesetzgeberischen Maßnahmen: Einen maßgeblichen Anreiz setzte zum einen die 3. KWG-Novelle aus dem Jahr 1984,45 durch deren Neuerungen unter bestimmten Voraussetzungen eine Bilanzierung des Genusskapitals als haftendes Eigenkapital ermöglicht wurde. Da die niedrige Eigenkapitalversorgung der deutschen Wirtschaft seinerzeit große Sorgen bereitete und Anlass für lebhafte Diskussionen bot,46 wurde der Vorschlag, die Eigenkapitalbasis von Kreditinstituten durch Anrechnung von Genusskapital mit Eigenkapitalcharakter im Rahmen von § 10 Abs. 5 KWG zu stärken, überwiegend begrüßt.47 Doch auch Genussrechte ohne Eigenkapitalcharakter wurden zunehmend attraktiver. So legten beispielsweise das 4.48 und das 5.49 Vermögensbildungsgesetz den Grundstein für eine staatliche Förderung von Mitarbeitern, wenn diese durch Ausgabe von Genussrechten am Unternehmensgewinn beteiligt werden. Schließlich trug auch die Ausweitung der ertragssteuerrechtlichen Begünstigung von Genussrechten dazu bei, dass sich diese wieder größerer Beliebtheit erfreuten. Als abzugsfähige Betriebsausgaben konnten Ausschüttungen auf Genussscheine seit jeher das Einkommen der Gesellschaft mindern, wenn sie entweder eine Beteiligung am Gewinn oder am Liquidationserlös vorsahen, § 8 Abs. 3 S. 2 KStG. Seit dem Steuerbereinigungsgesetz 1985 erfasst der Anwendungsbereich steuerlicher Abzugsfähigkeit über Genussscheine hinaus auch nicht verbriefte Genussrechte.50 Diese Faktoren trugen im Wesentlichen dazu bei, dass sich das Rechtsinstitut des Genussrechtes erneut etablierte. Seinen Höhepunkt als Finanzierungsinstrument („große[r] Bedeutung in der Praxis“51) erreichte es Anfang der neunziger Jahre. 42
Koppensteiner, ZHR 139 (1975), 191; Vollmer, ZGR 1983, 445. Thünnesen, in: Recht und Praxis der Genußscheine, S. 14. 44 Sethe, AG 1993, 293; Ziebe, DStR 1991, 1594, 1595. 45 Drittes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Kreditwesen, v. 20. 12. 1984, BGBl. 1984 I, S. 1693, vgl. hierzu Möschel, ZHR 149 (1985), 206 ff. 46 Reusch, in: Recht und Praxis der Genußscheine, S. 21. 47 Sethe, AG 1993, 293, 295 f.; Thünnesen, in: Recht und Praxis der Genußscheine, S. 17. 48 Viertes Gesetz zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer, v. 22. 12. 1983, BGBl. 1983 I, S. 1592, vgl. hierzu Reuter, NJW 1984, 1894 ff. 49 Fünftes Gesetz zur Förderung der Vermögensbildung der Arbeitnehmer, v. 04. 03. 1994, BGBl. 1994 I, S. 1959. 50 Steuerbereinigungsgesetz 1985, v. 14. 12. 1984, BGBl. 1984 I, S. 1493. 51 Lutter, in: Festschrift Döllerer, S. 383. 43
34
B. Grundlagen
Mit dem Erfolg und den stetig ansteigenden Emissionszahlen gingen indes auch vermehrt Rechtsstreitigkeiten einher, von denen insbesondere die Leitentscheidungen des Bundesgerichtshofs Klöckner und Bremer Bankverein auch über Fachkreise hinaus Aufsehen erregten. Zwar konnten durch die höchstrichterliche Rechtsprechung zahlreiche Einzelfragen verbindlich geklärt werden. Gleichwohl führten die Entscheidungen dem Anlegerpublikum vor Augen, welches Risiko (wirtschaftliche Verluste, Rechtsunsicherheit) Genussrechten grundsätzlich innewohnt. Lutter bemerkte hierzu treffend, durch die Behandlung der Genussscheine im Falle Klöckner sei die immer häufiger praktizierte Genussscheinfinanzierung gegen Einlagen erheblich in Misskredit gebracht worden.52 Die anfängliche Euphorie schlug allmählich in „Katerstimmung“ um.53 Nichtsdestotrotz erfreuten sich Genussscheine als alternative Finanzierungsform auch nach der Jahrtausendwende noch großer Beliebtheit. Im Jahr 2005 betrug das Gesamtvolumen der ca. 300 an inländischen Wertpapierbörsen notierten Genussscheine deutscher Emittenten 15,3 Mrd. Euro. Doch ist auch diese Anlageform von der Finanzmarktkrise seit 2007 nicht verschont geblieben. Generell konnte zwar ein langfristiger Anstieg der Eigenkapitalquote in deutschen Unternehmen verzeichnet werden.54 Studien der KfW Bankengruppe weisen jedoch darauf hin, dass diese Eigenkapitalreserven nun abzuschmelzen drohen.55 Dass seit langer Zeit erstmals gewinnabhängige Genussrechte nicht bedient werden konnten, lässt deutlich werden, dass der gesamte Markt für Genussrechtskapital sich in einer erneuten Krise befindet.
III. Verwendungs- und Ausgestaltungsmöglichkeiten Aufgrund des Fehlens einer gesetzlichen Regelung des Genussrechts ist es erforderlich, dass der Vertrag zwischen Emittenten und Ersterwerber Auskunft darüber gibt, unter welchen inhaltlichen Bedingungen das Genussrecht ausgegeben wird.56 Wie bereits angedeutet wurde,57 offenbart das Genussrecht eine Vielfalt möglicher Einsatzzwecke und Ausgestaltungsmodalitäten, die sich in den Genussrechtsbedingungen vereinbaren lassen. Welche Möglichkeiten sich den Vertragsparteien bei der Ausgestaltung der Genussrechtsbedingungen theoretisch bieten und wo diese ihre rechtlichen Grenzen finden, wird sogleich erörtert. 52
Vollmer/Lorch, ZBB 1992, 44. Hirte, ZIP 1991, 1461. 54 2003: 21,9 %; Quelle: Monatsbericht der Deutschen Bundesbank, 10/2005, S. 46.; 2007: 25,5 %; Quelle: Studie der KfW: Eigenkapital im Mittelstand und Finanzierung in der aktuellen Krise, Juli 2009, S. 1 f. 55 Studie der KfW: Eigenkapital im Mittelstand und Finanzierung in der aktuellen Krise, Juli 2009, S. 4. 56 Frantzen, Genußscheine, S. 14 f. 57 Siehe oben, B. II. 53
III. Verwendungs- und Ausgestaltungsmöglichkeiten
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Dass durch die Ausgestaltungsvielfalt eine individuelle Anpassung des Finanzierungsinstruments an die Interessen und Bedürfnisse des Emittenten möglich wird, ist ein großer Vorzug des Genussrechts. Kehrseite dieser Flexibilität sind hingegen ein Mangel an Vergleichbarkeit und ein gesteigerter Informationsbedarf der potentiellen Zeichner, was beim Anlegerpublikum in der Regel für Verunsicherung sorgt.58 Aufgrund dessen haben sich im Laufe der Zeit unterschiedliche Genussrechtstypen herausgebildet. Diese werden überblicksartig dargestellt, wobei der Fokus auf dem zur Kapitalbeschaffung ausgegebenen Finanzierungsgenussrecht liegt. In einem dritten Schritt wird durch Auswertung derzeit an deutschen Börsen gehandelter Genussrechte ermittelt, ob sich die vor allem in den achtziger und neunziger Jahren des letzten Jahrhunderts herausgebildeten Genussrechtstypen noch auf die aktuell gehandelten Genussrechte übertragen lassen und ob Genussrechte, trotz des theoretisch denkbaren Facettenreichtums, heute einer Standardisierung unterliegen.
1. Ausgestaltungsmöglichkeiten in der Theorie In der Ausgestaltung der Genussrechte sind die Vertragsparteien (in der Praxis erfolgt diese im Wesentlichen durch den Emittenten, der regelmäßig allgemeine Genussrechtsbedingungen verwendet) weitgehend frei.59 Aufgrund der nahezu unerschöpflichen Vielfalt denkbarer Ausgestaltungsparameter ist es im Folgenden nur möglich, übliche Inhaltsbestimmungen überblicksmäßig zu erläutern. a) Gewinnbeteiligung Insbesondere was die Beteiligung des Genussrechtsinhabers an Gewinnen des Emittenten angeht, ist nahezu jede Vereinbarung möglich.60 Das Spektrum reicht hier von der Zahlung eines gewinnabhängigen Festzinses61 bis hin zu einer Ausschüttung, deren Umfang an die Dividende der Aktionäre gekoppelt ist. Kombination und
58
Claussen, Bank- und Börsenrecht, § 6 Rn. 171. BGH, Urt. v. 5.10.1992 – II ZR 172/91 = BGHZ 119, 305, 309 = NJW 1993, 57 („Klöckner“); BGH, Urt. v. 9.12.1992 – II ZR 230/91 = BGHZ 120, 141, 146 = NJW 1993, 400 („Bremer Bankverein“); Reusch, in: Recht und Praxis der Genußscheine, S. 22; Stellungnahme der Bundesregierung, BT-Drs. 10/2079, S. 8 = DB 1984, 2448. Zur rechtlichen Qualität dieser Erklärung vgl. Reuter, AG 1985, 104, 105. 60 Eine detaillierte Abhandlung findet sich bei Frantzen, Genußscheine, S. 102 ff; Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 94 ff. sowie Lutter, in: KöKoAktG, § 221 Rn. 199 ff. 61 Erfolgt eine Ausschüttung unabhängig vom Gewinnvortrag des Emittenten, so handelt es sich nicht um ein Genussrecht, sondern eine reguläre Gewinnschuldverschreibung. Denn es fehlt an der für das Genussrecht konstitutiven Gewähr von Vermögensrechten, wie sie einem Aktionär zustehen. Vgl. hierzu auch B. III. 2. a) aa). 59
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B. Grundlagen
Mischformen sind zulässig, so zum Beispiel die Gewährung einer fixen Verzinsung mit zusätzlicher gewinnabhängiger Dividende.62 Während sich im Falle gewinnorientierter Verzinsung die Höhe der Ausschüttung nach dem Erfolg63 der Gesellschaft richtet, ist dem gewinnabhängigen Anspruch eigen, dass ein fester oder variabler Zinssatz vereinbart wird, der Zins jedoch erst bei Erreichen eines bestimmten Ergebnisses ausgezahlt wird oder – andersherum formuliert – dann ausbleibt, wenn das gesetzte Ziel nicht erreicht wird oder durch die Ausschüttung ein Verlust entstünde.64 Die Zahlung einer vom Gewinn unabhängigen Festverzinsung scheidet indes aus, da es bei einer solchen an einem konstitutiven Merkmal des Genussrechts, der Gewähr typischer Aktionärsrechte, fehlt, wie ein Blick auf § 57 Abs. 2 AktG zeigt.65 Der Anteil der Ausschüttung auf die Genussrechtsinhaber im Verhältnis zu den Aktionären lässt sich entweder anhand des Nennbetrags des Genusskapitals im Verhältnis zum gesamten Grundkapital (beim sog. Nominalgenussrecht) oder einer festen Quote66 bestimmen. Auch als Anknüpfungspunkt für die Verzinsung sind verschiedene Bemessungsgrundlagen67 denkbar, zu denen etwa Jahresüberschuss, ausschüttungsfähiger Gewinn, Bilanzgewinn, das Ergebnis einzelner Teilbetriebe oder alternative Finanzkennzahlen zählen.68 Schließlich kann das Genussrecht für den Fall, dass in einem Jahr das für eine Ausschüttung erforderliches Ergebnis nicht erreicht wird und eine Ausschüttung somit ausbleibt, mit einer Nachbesserungsklausel ausgestattet werden, durch welche ein Anspruch auf Nachzahlung in später folgenden Gewinnjahren begründet wird.69
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Thünnesen, in: Recht und Praxis der Genußscheine, S. 9. Zu den Bemessungsgrundlagen des Erfolges sogleich. 64 Gehling, WM 1992, 1093, 1094; Sethe, AG 1993, 293, 298, die beide auf den obligationsähnlichen Charakter solcher Genussrechte hinweisen. 65 Dass anderes gelten kann, wenn der Emittent der Genussrechte nicht eine AG, sondern eine GmbH oder Personengesellschaft (vgl. hierzu unten B. VI.) ist, zieht Sethe, AG 1993, 293, 298 in Erwägung. Jedoch handelt es sich bei einer solchen Beteiligung nicht mehr um ein Genussrecht, vgl. Fn. 61 sowie B. III. 2. a) aa). 66 Der Vorteil der Quotengenussrechte liegt darin, dass sie – im Gegensatz zu den Nominalgenussrechten – von Veränderungen des Grundkapitals etwa durch Kapitalmaßnahmen nicht berührt werden, vgl. Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 97; Lutter, in: KöKoAktG, § 221 Rn. 205; Merkt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 221 Rn. 56. 67 Nach der Terminologie von Frantzen, Genußscheine, S. 102 sowie Lutter, in: KöKoAktG, § 221 Rn. 200 handelt es sich bei der Bemessungsgrundlage um die Kennziffer, nach der sich der zu zahlende Gewinnanteil berechnet. Den für die Auszahlung maßgeblichen Bilanzposten bezeichnen sie hingegen als „Bezugsgröße“. 68 Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 95; Merkt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 221 Rn. 54; Sethe, AG 1993, 293, 298. Entscheidend ist auch bei der Wahl der Bemessungsgrundlage, dass die Konkurrenz des Genussrechts zur Dividende des Aktionärs erkennbar bleibt, Merkt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 221 Rn. 54. 69 Vollmer, ZGR 1983, 445, 470. 63
III. Verwendungs- und Ausgestaltungsmöglichkeiten
37
b) Verlustbeteiligung, Rangvereinbarung und Besserungsabreden Als Kehrseite der aktionärstypischen Rechte, die Ausdruck des dem Genussrecht eigentümlichen Risikocharakters sind, lassen sich dem Genussberechtigten auch solche Pflichten oder Belastungen auferlegen, wie sie üblicherweise den Aktionär treffen. Zu diesen zählt insbesondere die Vereinbarung, dass das Genusskapital nicht nur an Erfolgen, sondern auch an Verlusten des Emittenten teilnimmt.70 Gemeinhin wird zwischen drei Arten der Verlustbeteiligung unterschieden.71 So handelt es sich bei Lichte betrachtet bereits bei der – eben thematisierten – ergebnisabhängigen oder -orientierten Ausschüttung von Gewinnen um eine Möglichkeit, den Genussberechtigten an den Verlusten teilhaben zu lassen, da der Auszahlungsanspruch sich entsprechend dem Verlustvortrag der Gesellschaft mindern oder sogar vollständig ausfallen kann. Zum zweiten können die Genussrechte dergestalt an laufenden Verlusten beteiligt werden, dass sich der Rückzahlungsanspruch des Genussrechtsinhabers in Folge von Verlustvorträgen72 verringert oder das Genusskapital bei Herabsetzung des Grundkapitals (zwecks Deckung von Verlusten) im gleichen Verhältnis herabgesetzt wird.73 Schließlich kann die Risikobeteiligung an den sog. Endverlust anknüpfen, indem vereinbart wird, dass die Ansprüche der Genussberechtigten in der Insolvenz74 und bei Liquidation der Gesellschaft hinter denen der übrigen Gläubiger oder gar hinter denen weiterer Nachranggläubiger zurücktreten.75 Auch in diesem Zusammenhang lässt sich eine unverhältnismäßige Abwälzung des Verlustrisikos auf die Inhaber der Genussrechte dadurch vermeiden, dass das herabgesetzte Genusskapital in gewinnbringenden Folgejahren vor anderweitiger Gewinnverwendung wiederaufgefüllt wird.76 70
Weder ist eine solche Vereinbarung zwingend, noch ergibt sich die Verlustteilnahme aus der Rechtsnatur des Genussrechts selbst, vgl. Frantzen, Genußscheine, S. 122; Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 101. Jedoch gibt Letzterer mit Recht zu bedenken, dass das Merkmal der Verlustteilnahme (zumindest im Falle verbriefter Genussrechte) Abgrenzungskriterium zur gewöhnlichen Schuldverschreibung oder Gewinnschuldverschreibung ist. 71 Diese Möglichkeiten schließen sich gegenseitig nicht aus, sondern können auch kumulativ in die Genussrechtsbedingungen aufgenommen werden. 72 Wie bei der Gewinnbeteiligung sind auch hier verschiedene Anknüpfungspunkte denkbar, z. B. der Jahresfehlbetrag, der Bilanzverlust oder das negative ordentliche Betriebsergebnis, vgl. hierzu unten C. IV. 4. b) aa). 73 Frantzen, Genußscheine, S. 122 ff; Lühn, Bilanzierung, S. 46 ff. 74 Vgl. § 39 Abs. 2 InsO. 75 Frantzen, Genußscheine, S. 129 f.; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221 Rn. 36. Obgleich das Aufsichtsrecht zwischen Verlustbeteiligung i. e. S. und Nachrangabrede unterscheidet (vgl. § 10 Abs. 5 S. 1, Nr. 1, Nr. 2 KWG, § 53 c Abs. 3a S. 1 Nr. 1, Nr. 2 VAG), können nach Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 102 und Karollus, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/ Kropff, AktG, § 221 Rn. 299 sowie Lutter, in: KöKoAktG, § 221 Rn. 306 beide als Formen der Verlustbeteiligung bezeichnet werden, da einerseits das Risiko laufender Verluste und andererseits das Risiko des Verlustes bei Liquidation und Insolvenz getragen werde. 76 Frantzen, Genußscheine, S. 128 f.
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B. Grundlagen
Auf die besondere Rolle, die der Verlustbeteiligung in denjenigen Fällen zukommt, in denen das Genusskapital nach Maßgabe des § 10 Abs. 5 KWG als haftendes Eigenkapital anerkannt werden soll, wird an entsprechender Stelle ausführlich eingegangen.77 c) Beteiligung am Liquidationserlös Neben der Beteiligung an den laufenden Gewinnen und Verlusten der Gesellschaft ist auch denkbar, den Genussrechtsinhaber am Liquidationserlös der Gesellschaft teilhaben zu lassen. In der Regel wird die Beteiligung am Liquidationserlös jedoch bestenfalls anstelle der Gewinnbeteiligung vereinbart. Zwar ist auch eine Kombination beider Beteiligungen theoretisch möglich. Da eine Beteiligung an Gewinn und Liquidationserlös jedoch den Emittenten nach § 8 Abs. 3 S. 2 KStG daran hindert, die Ausschüttungen als gewinnmindernde Betriebsausgabe abzusetzen, empfiehlt sich eine derartige Ausgestaltung in steuerlicher Hinsicht nicht.78 d) Beteiligung an übrigen Vermögensrechten Überdies können dem Genussberechtigten all solche (Vermögens-)Rechte eingeräumt werden, wie sie auch einem Aktionär gewährt werden könnten. Denkbar sind in etwa Bezugsrechte auf Aktien, Wandel- und Gewinnschuldverschreibungen oder weitere Genussrechte,79 die Benutzung von Betriebseinrichtungen oder die Erbringung von Dienstleistungen durch die Gesellschaft.80 e) Mitbestimmungs-, Kontroll- und sonstige Verwaltungsrechte Ob und in welchem Umfang den Genussberechtigten Verwaltungsrechte von Gesetzes wegen zustehen oder vertraglich zugebilligt werden können, ist im Hinblick auf die zentrale Frage nach dem Anlegerschutz von einiger Bedeutung. Was Mitbestimmungsrechte und Kontrollrechte anbelangt – vor allem sei hier gedacht an das in der Hauptversammlung ausgeübte Stimmrecht (§ 134 AktG), das Anfechtungsrecht gegen Beschlüsse der Gesellschaft (§§ 243 ff. AktG) oder das Recht auf Beantragung einer Sonderprüfung (§ 142 Abs. 1, Abs. 2 AktG) –, steht einer Eröffnung des Anwendungsbereichs dieser Vorschriften entgegen, dass das
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Vgl. C. IV. 4. b) aa). Vgl. hierzu näher Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 114; Merkt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 221 Rn. 72. 79 Frantzen, Genußscheine, S. 160 ff.; Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 116 f.; Stadler, in: Bürgers/Körber, AktG, § 221 Rn. 100 f. 80 Frantzen, Genußscheine, S. 165; Gehling, WM 1992, 1093, 1094; Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 118; Habersack, ZHR 155 (1991), 378, 384; Merkt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 221 Rn. 70; Weipert/Schilling, in: GroßkommAktG, 2. Aufl. 1965, § 174 Anm. 11. 78
III. Verwendungs- und Ausgestaltungsmöglichkeiten
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Genussrecht seinem Wesen nach auf dem Gebiet des Schuldrechts81 angesiedelt ist.82 Zudem bleibt den Parteien die Möglichkeit verschlossen, solche Rechte wirksam in den Genussrechtsbedingungen zu vereinbaren, da sie Ausdruck der organisationsrechtlichen Beziehung von Gesellschaft und der an ihr beteiligten Aktionäre sind.83 Da der Genussrechtsinhaber der AG – anders als der Aktionär – als außenstehender Gläubiger gegenübersteht, kann diesem kein Recht verschafft werden, das es ihm ermöglicht, „in die Innenverhältnisse der AG einzugreifen.“84 Dies lasse auch der Rechtsgedanke des § 717 S. 1 BGB erkennen,85 der eine Abspaltung der Mitbestimmung von der Mitgliedschaft (auch im Aktienrecht) untersagt.86 Ein anderes Bild ergibt sich indes für übrige Verwaltungsrechte, die keinen Eingriff in originäre Aktionärsrechte nach sich ziehen. Zwar stehen z. B. das Recht auf Teilnahme an der Hauptversammlung sowie Rede- und Auskunftsrechte (§ 131 Abs. 1 AktG) zunächst ex lege nur den Aktionären, nicht aber den Inhabern von Genussrechten zu.87 Da diese Rechte dem Genussrechtsinhaber jedoch nur ein vergleichsweise beschränktes Maß an Einflussnahme ermöglichen, bleibt es den
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Vgl. hierzu noch später B. IV. 1. Ganz überwiegende Ansicht: BGH, Urt. v. 5.10.1992 – II ZR 172/91 = BGHZ 119, 305, 316 = NJW 1993, 57 („Klöckner“); Feddersen/Meyer-Landrut, ZGR 1993, 312, 313; Habersack, ZHR 155 (1991), 378, 384; Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 119; Haberstock/ Greitmann, in: Hölters, AktG, § 221 Rn. 21; Hirte, ZIP 1988, 477; Lutter, in: KöKoAktG, § 221 Rn. 197; Luttermann, DB 1993, 1809, 1811 f.; Merkt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 221 Rn. 43 f.; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221 Rn. 24; Stadler, in: Bürgers/Körber, AktG, § 221 Rn. 94; Thünnesen, in: Recht und Praxis der Genußscheine, S. 9; a. A. nur Vollmer, ZGR 1983, 445, 462 ff., 469 sowie Vollmer/Lorch, ZBB 1992, 44, 46 ff. die sich zumindest im Hinblick auf ein Anfechtungsrecht für eine analoge Anwendung von § 243 Abs. 2 AktG aussprechen. Insbesondere gelte dies für Inhaber aktiengleicher, von einer GmbH ausgegebener Genussrechte, da diese interessen- und verantwortungsmäßig weitgehend mit der Gesellschaft verbunden seien. 83 BGH, Urt. v. 5.10.1992 – II ZR 172/91 = BGHZ 119, 305, 316 = NJW 1993, 57 („Klöckner“); Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 119 m. w. N. (Fn. 345); Luttermann, DB 1993, 1809, 1811 f.; Ursache und Wirkung verwechselt hingegen Van Look, in: Recht und Praxis der Genußscheine, S. 35, wenn er konstatiert; „Da dem Kapitalgeber vereinbarungsgemäß keine gesellschaftsrechtlichen Mitwirkungsbefugnisse zustehen sollen, handelt es sich um eine ausschließlich schuldrechtliche Beziehung zwischen dem Unternehmensträger (Gesellschaft) und dem Kapitalgeber (Anleger).“ 84 Weipert/Schilling, in: GroßkommAktG, 2. Aufl. 1965, § 174 Anm. 11. 85 Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 119; Vollmer ZGR 1983, 462 ff. und Lorch, Genußschein, S. 303 ff. wollen hingegen zumindest den Inhabern aktienähnlich ausgestalteter Genussrechte mitgliedschaftliche Kontrollrechte zuteilwerden lassen. 86 Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 119. 87 BGH, Urt. v. 5.10.1992 – II ZR 172/91 = BGHZ 119, 305, 317 = NJW 1993, 57 („Klöckner“); Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 120; a. A. Feddersen/Meyer-Landrut, ZGR 1993, 312, 313; Vollmer/Lorch, ZBB 1992, 44, 46, die eine Vereinbarung für entbehrlich halten, da Schutzmechanismen, die unbedingt notwendig seien, um den Anleger vor schwerwiegenden Beeinträchtigungen zu bewahren, „kraft Gesetzes“ bestünden. 82
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B. Grundlagen
Vertragsparteien unbenommen, diese in die Genussrechtsbedingungen (und die Satzung des Emittenten) aufzunehmen.88 Überdies existieren für den Anleger womöglich Mitwirkungs- und Kontrollrechte, die ihren Ursprung nicht im Aktienrecht haben, sondern im Genussrechtsverhältnis selbst wurzeln. Je nachdem, wo man dieses rechtlich verortet sieht,89 sind beispielsweise Auskunftsansprüche aus allgemeinen schuldrechtlichen Grundsätzen, aus dem Recht der stillen Gesellschaft (respektive § 233 Abs. 1, Abs. 3 HGB) oder den Vorschriften anderer gesetzlich geregelter Dauerschuldverhältnisse in Betracht zu ziehen.90 f) Verhaltens- und Sorgfaltspflichten Wie in den allermeisten vertraglichen Austauschverhältnissen erschöpfen sich auch die durch das Genussrechtsverhältnis begründeten wechselseitigen Verpflichtungen nicht in den Hauptleistungspflichten von Emittent (in der Regel: Ausschüttung einer Gewinnbeteiligung) und Anleger (Bereitstellung des Genusskapitals). Vielmehr wird die rechtliche Beziehung zwischen den beiden Vertragsparteien von umfangreichen Verhaltens- und Sorgfaltspflichten geprägt, die beide Vertragsparteien dazu verpflichten, auf die Interessen und Rechtsgüter des jeweiligen Vertragspartners Rücksicht zu nehmen.91 Die Anerkennung solcher vertraglicher Rücksichtnahmepflichten ist unter dem Aspekt des Anlegerschutzes essentiell. Auf Inhalt und Reichweite dieser Pflichten, insbesondere auf die Verpflichtung des Emittenten, vertragswidrige Beeinträchtigungen des Genusskapitals zu unterlassen, wird daher später noch einzugehen sein.92 g) Laufzeit, Kündigung, Rückzahlung und Änderung der Genussrechtsbedingungen Was Laufzeit und Kündigung des Genussrechtsverhältnisses anbelangt, unterliegt die Vereinbarung auch dieser Modalitäten weitgehend der dem Genussrecht eigentümlichen Dispositionsfreiheit. Die gewählte Laufzeit bestimmt, ob und zu 88 Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 120; Lutter, ZGR 1993, 291, 294; Lutter, in: KöKoAktG, § 221 Rn. 220; Seiler, in: Spindler/Stilz, § 221 Rn. 24. Zutreffend weist auch der BGH darauf hin, dass diese Informationsrechte für den Genussrechtsinhaber jedoch ein „stumpfes Schwert“ bleiben, allerdings ohne zur Frage ihrer Zulässigkeit Stellung zu beziehen, vgl. BGH, Urt. v. 5.10.1992 – II ZR 172/91 = BGHZ 119, 305, 329 = NJW 1993, 57 („Klöckner“); a. A. Feddersen/Meyer-Landrut, ZGR 1993, 312, 313; Vollmer/Lorch, ZBB 1992, 44, 46. 89 Hierzu später unter B. IV. 90 Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 121; Karollus, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/ Kropff, § 221 Rn. 322. 91 So der BGH, Urt. v. 5.10.1992 – II ZR 172/91 = BGHZ 119, 305, 330 = NJW 1993, 57 („Klöckner“) sowie zuvor bereits Habersack, ZHR 155 (1991), 378, 393 ff. 92 Vgl. D. III. 2. a) dd) (2) (a).
III. Verwendungs- und Ausgestaltungsmöglichkeiten
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welchem Zeitpunkt der Anleger das durch ihn zur Verfügung gestellte Genusskapital zurückerhält. Im Falle befristeter Ausgabe des Genussrechts kann dies nach einer vereinbarten Zeitspanne oder zu einem bestimmten Termin, bei unbefristeter Ausgabe auch erst im Rahmen von Liquidation oder Insolvenz der Fall sein.93 Unabhängig von der Dauer der Kapitalüberlassung kann beiden Seiten ein ordentliches Kündigungsrecht zugestanden und ggf. mit weiteren Parametern, wie z. B. dem erstmöglichen Ausübungszeitpunkt, gewissen Kündigungsintervallen oder -fristen individualisiert werden.94 Nicht zur Disposition der Vertragsparteien steht hingegen das Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund.95 Denn einer ewigen vertraglichen Bindung, die nicht vorsieht, dass sich eine Partei in besonderem Falle außerordentlich von dem Vertragsverhältnis lösen kann, steht die persönliche Freiheit der Vertragschließenden und damit letztlich die im Zivilrecht garantierte Privatautonomie entgegen. Dieser Rechtsgrundsatz, der sich im Allgemeinen Schuldrecht in § 314 Abs. 1 S. 1 BGB und für besondere Vertragstypen z. B. in § 723 Abs. 3 BGB in gesetzlichen Regelungen niedergeschlagen hat, beansprucht auch auf dem Gebiet des Genussrechts Geltung.96 Über die einseitige Kündigung können Emittent und Genussberechtigter auf das Genussrechtsverhältnis indes ausschließlich gemeinsam, also durch Abschluss eines Änderungs- oder Aufhebungsvertrags Einfluss nehmen.97 Doch gilt es auch hier zu beachten, dass die Gestaltungsfreiheit von Laufzeit und Kündigungsrechten erhebliche Einschränkungen erfährt, sofern die Genussrechte den Anforderungen an Eigenkapital nach Maßgabe des § 10 Abs. 5 KWG genügen sollen.98 h) Verbriefung und Börsennotierung Schließlich bleibt es dem Emittenten überlassen, ob und in welcher Weise dieser das Genussrecht verbrieft, es folglich als Genussrecht oder Genussschein begibt.99 Kommt eine Emission als Wertpapier in Betracht, so ist ferner festzulegen, ob der Genussschein auf den Inhaber,100 einen bestimmten Namen, oder an Order101 lau93 Frantzen, Genußscheine, S. 136; Reusch, in: Recht und Praxis der Genußscheine, S. 25. Wird eine diesbezügliche Vereinbarung in den Genussrechtsbedingungen nicht getroffen, muss wohl von einer unbegrenzten Laufzeit ausgegangen werden, vgl. Lühn, Bilanzierung, S. 48 f.; Schaber/Kuhn/Eichhorn, BB 2004, 315, 316. 94 Lühn, Bilanzierung, S. 49. 95 Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221 Rn. 32; Lutter, in: KöKoAktG, § 221 Rn. 269; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221 Rn. 37. 96 Ulmer/Schäfer, in: MüKoBGB, § 723 Rn. 61. 97 Hüffer, AktG, § 221 Rn. 37. 98 Vgl. hierzu später C. IV. 4. 99 Zum Unterschied vgl. B. I. 2. 100 Als Inhaberpapier i. S. d. § 793 BGB. 101 Als Orderpapier nach § 363 HGB.
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B. Grundlagen
ten102 und die Verbriefung in einer Global- oder mehreren Einzelurkunden erfolgen soll.103
2. Typologie Ebenso wenig, wie sich im deutschen Recht eine Legaldefinition oder eine über die bloße Erwähnung hinausgehende Regelung des Genussrechts findet, existiert eine gesetzliche Typologie.104 Entscheidend für die Bestimmung verschiedener Genussrechtsarten ist daher die Ausgestaltung der der Emission zugrunde liegenden Genussrechtsbedingungen. Da diese – wie bereits ausgeführt – unzählige Ausgestaltungsvarianten zulassen,105 könnte man zu dem Schluss kommen, das (typische) Genussrecht gebe es nicht.106 Im Interesse eines übersichtlichen Angebots von Genussrechten am Kapitalmarkt und damit der Attraktivität des Finanzierungsinstruments selbst, ist hingegen keine allzu große Vielfalt, sondern eine Kategorisierung in verschiedene Genussrechtstypen erwünscht, wenn nicht gar geboten.107 Noch weitergehend formuliert Thünnesen die These, eine Standardisierung des Inhalts und der Konditionen scheine unumgänglich, jedenfalls soweit die Genussrechte dem freien Markt zugeführt würden.108 Da die Transparenz einer Geldanlage nicht bloß schmückendes Beiwerk, sondern ein wesentlicher preisbildender Faktor ist, wurde bereits früh davon ausgegangen, dass sich eine Angleichung von Genussrechtsbedingungen im markteigenen Interesse einstellen würde. Von der Schaffung gesetzlicher Leitbilder konnte daher abgesehen werden.109 a) Schwerpunkt: Finanzierungsgenussrechte Von einer eingehenden Betrachtung sämtlicher Genussrechtstypen wird im Rahmen dieser Untersuchung aus mehrfachem Grund abgesehen. Zum einen ist dies bereits der enormen Bandbreite an Ausgestaltungsmöglichkeiten und Ausgabezwecken geschuldet, aufgrund derer sich eine allumfassende Darstellung als äußerst 102
Hüffer, AktG, § 221 Rn. 28; Stadler, in: Bürgers/Körber, AktG, § 221 Rn. 120. Vgl. hierzu Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 203; Hüffer, AktG, § 221 Rn. 28; Stadler, in: Bürgers/Körber, AktG, § 221 Rn. 120. 104 Habersack, ZHR 155 (1991), 378, 383 f; Werner, ZHR 149 (1985), 236, 238. 105 Thünnesen, in: Recht und Praxis der Genußscheine, S. 10. 106 Busch, AG 1994, 93; Habersack, ZHR 155 (1991), 378, 383; Reusch, in: Recht und Praxis der Genußscheine, S. 28. 107 Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 75; Lutter, in: KöKoAktG, § 221, Rn. 405; Reusch, in: Recht und Praxis der Genußscheine, S. 21. Zur Standardisierung von Genussrechten in der Praxis, vgl. unten B. III. 3. 108 Thünnesen, in: Recht und Praxis der Genußscheine, S. 19. 109 So auch Claussen, AG 1991, 441, 443, der „den Ruf nach dem Gesetzgeber“ als „vielfach überflüssig, wenn nicht sogar schädlich“ erachtet. 103
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schwierig gestaltet.110 Zudem erscheint es mit Blick auf die Vorschrift des § 10 Abs. 5 KWG („Kapital, das gegen Gewährung von Genußrechten eingezahlt ist“) als möglich, einige Genussrechtsgattungen im Folgenden von einer näheren Untersuchung auszunehmen, nämlich all solche, deren Ausgabe sich ohne messbare Gegenleistung vollzieht.111 Schließlich stellen zum Zweck der Kapitalbeschaffung begebene Genussrechte nicht nur den gesetzlichen Idealtypus,112 sondern ebenfalls den wirtschaftlich bedeutsameren und tatsächlichen Regelfall dar.113 Auf eine Darstellung anderer Typen als dem zur Kapitalbeschaffung eingesetzten Finanzierungsgenussrecht wird aus diesen Gründen im Folgenden verzichtet. Innerhalb der Kategorie Finanzierungsgenussrecht haben sich in der Emissionspraxis wiederum drei unterschiedliche Ausgestaltungstypen herausgebildet, die in Literatur und Rechtsprechung als obligationsähnliches, als aktiengleiches sowie als aktienähnliches Genussrecht bezeichnet werden.114 aa) Obligationsähnlichkeit In Abhandlungen über Genussrechte wird der Begriff der Obligationsähnlichkeit regelmäßig verwendet, wobei oftmals unklar bleibt, welche Art der Ausgestaltung diesen Genussrechtstypus tatsächlich auszeichnet.115 Räumen die Genussrechtsbedingungen den Anlegern einen vom Gewinn des Unternehmens abhängigen Festzinsanspruch116 oder eine gewinnunabhängige Mindestverzinsung117 ein, so werden solche Titel wegen ihrer Nähe zu (Gewinn) Schuldverschreibungen als obligationsähnliche Genussrechte bezeichnet.118 Unklar ist hingegen, ob eine solche Nähe noch besteht, wenn über eine gewinnabhängige Ausschüttung hinaus vereinbart wird, dass der Schuldtitel auch am Verlust des 110 So auch Claussen, Bank- und Börsenrecht, § 6 Rn. 171. Eine Auswahl möglicher Genussrechtsarten findet sich bei Frantzen, Genußscheine, S. 1 ff. 111 Man denke beispielsweise an einen Bonus für besondere Leistungen, z. B. für Vorstandsmitglieder, Lizenzgeber etc. oder die Mitarbeiterbeteiligung nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 lit. l 5.VermBG. 112 Hierauf lässt zumindest die systematische Stellung des § 221 AktG im zweiten Abschnitt des sechsten Teils des Aktiengesetztes unter der Überschrift „Maßnahmen der Kapitalbeschaffung“ schließen. 113 Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221 Rn. 19; Reusch, in: Recht und Praxis der Genußscheine, S. 22. 114 Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 76 ff.; Hammen, DB 1988, 2549, 2550; Meilicke, BB 1987, 1609. 115 Dies hat seinen Grund im Wesentlichen darin, dass in Schrifttum und Rechtsprechung unter Zugrundelegung des gleichen Terminus verschiedene Varianten von Genussrechten beschrieben werden, vgl. Luttermann, Unternehmen, S. 117. 116 Lutter, in: KöKoAktG, § 221 Rn. 218. 117 Frantzen, Genußscheine, S. 114; Vollmer/Lorch, ZBB 1992, 44, 45. 118 Von einer Gewinnschuldverschreibung unterscheiden sich diese nur im Falle fehlender Verbriefung, vgl. hierzu unter B. V. 2.
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B. Grundlagen
Emittenten teilnimmt, etwa indem sich sein Rückzahlungsanspruch mindert oder die Geltendmachung von Ansprüchen in der Insolvenz oder Liquidation mit einem Nachrang versehen wird. Bezeichnet man ein Genussrecht als obligationsähnlich, so bedeutet dies zunächst nur, dass es an den Rechtstypus der Schuldverschreibung119 angelehnt sein und mit den wesentlichen Tatbestandsmerkmalen wesensverwandt sein muss. Als unverzichtbares Spezifikum setzt eine Schuldverschreibung etwa voraus, „dass zumindest auch ein fester und unbedingter Rückzahlungsanspruch besteht.“120 Ein Schuldtitel, dessen Werthaltigkeit von Verlusten des Emittenten berührt wird, weist indes in Bezug zur Schuldverschreibung einen grundlegenden konzeptionellen Unterschied auf. Auch hindert die Einordnung der (Gewinn)Schuldverschreibungen als sogenanntes partiarisches Rechtsverhältnis121 daran, diese mit einer Verlustbeteiligung auszugestalten.122 Mit einer Verlustteilnahme versehene Genussrechte können daher denknotwendig nicht als obligationsähnlich bezeichnet werden.123 Auch handelt es sich nicht um ein obligationsähnliches Genussrecht, wenn die gewährte Verzinsung nicht vom Erreichen einer bestimmten Bilanzkennziffer abhängig ist, sondern ohne Rücksicht auf etwaige Gewinne des Unternehmens ausgezahlt wird.124 Da es hierbei bereits an der für die Qualifizierung als Genussrecht konstitutiven Gewähr aktionärstypischer Vermögensrechte fehlt,125 handelt es sich bei derartigen Titeln um herkömmliche Schuldverschreibungen. Wie aus § 221 Abs. 1 S. 1 Var. 1 AktG hervorgeht, liegt in der Gewinnbezogenheit das entscheidende Kriterium, um Titel im Sinne des § 221 Abs. 1, Abs. 3 AktG von solchen abzugrenzen, bei deren Ausgabe es eines Ermächtigungs-
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Herder Lexikon Wirtschaft, S. 1293 f. Karollus, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 221 Rn. 475; in diesem Sinne auch Merkt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 221 Rn. 58 f. 121 Hüffer, AktG, § 221 Rn. 8; Karollus, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 221 Rn. 477. 122 BGH, Urt. v. 29. 9. 1957 – II ZR 42/56 = WM 1957, 1335, 1336; Busch, AG 1994, 93, 95; Riegger, in: MüHdbGesR/BGB, § 30 Rn. 12; Ulmer, in: MüKoBGB, vor §§ 705 ff. Rn. 107. 123 Für einen zwingenden Ausschluss der Verlustteilnahme auch Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 77; Luttermann, Unternehmen, S. 117 f.; Karollus, in: Geßler/Hefermehl/ Eckardt/Kropff, AktG, § 221 Rn. 286; Müller, in: Ulmer/Habersack/Winter, GmbHG, Anh. § 29 Rn. 8; a. A. BGH, Urt. v. 9.12.1992 – II ZR 230/91 = BGHZ 120, 141, 147 f. = NJW 1993, 400 („Bremer Bankverein“); Busch, AG 1994, 93, 96 f.; Lutter, in: KöKoAktG, § 221 Rn. 218; Sethe, AG 1993, 293, 299; Vollmer/Lorch, ZBB 1992, 44, 45, die eine Verlustbeteiligung zumindest dann für unschädlich halten, wenn der Fehlbetrag aus den Überschüssen in den Folgejahren wiederaufgefüllt wird. 124 Kanders, Sparkasse 1990, 328, 329; Lühn, Bilanzierung, S. 41 f.; Sethe, AG 1993, 293, 299; a. A. Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221 Rn. 33. 125 Vgl. hierzu § 57 Abs. 2 AktG, nach dem eine Zinszahlung an Aktionäre zwingend ausgeschlossen wird. So auch bereits Gehling, WM 1992, 1093, 1094 f.; Niemeyer, Genußrechtskapital von Privaten, S. 19 f. 120
III. Verwendungs- und Ausgestaltungsmöglichkeiten
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beschlusses nicht bedarf.126 Denn gerade hierdurch tritt auch das obligationsähnliche Genussrecht in tatsächlicher Hinsicht in Konkurrenz zu den Rechten der Aktieninhaber.127 Festzuhalten bleibt: Als obligationsähnlich sind solche Genussrechte zu bezeichnen, deren Genussrechtsbedingungen einen gewinnabhängigen Festzinsanspruch oder eine gewinnunabhängige Mindestverzinsung mit zusätzlicher Ausschüttung im Falle verbuchter Gewinne vorsehen, diese also nur am Gewinn, nicht jedoch am Verlust des Emittenten partizipieren. Da eine Verlustteilnahme in voller Höhe jedoch Voraussetzung dafür ist, dass sich das gegen die Ausgabe der Genussrechte eingezahlte Kapital nach § 10 Abs. 5 KWG als Eigenkapital verbuchen lässt,128 kommt dieser Genussrechtart im Fortlauf der Untersuchung keine größere Bedeutung zu. bb) Aktiengleichheit Am anderen Ende des Spektrums möglicher Ausgestaltung rangiert indessen das sogenannte aktiengleiche Genussrecht. Es zeichnet sich dadurch aus, dass die Rechte der Erwerber denen eines Aktionärs, der sich mitgliedschaftlich an einer Gesellschaft beteiligt, weitgehend nachgebildet sind. Im Hinblick auf die zugesagte Vermögensbeteiligung kann dies zum Beispiel bedeuten, dass der Genussrechtsinhaber an Gewinn und Liquidationserlös beteiligt wird, ihm jedoch vor Auflösung der Gesellschaft weder ein Kündigungsrecht noch ein Rückzahlungsanspruch zusteht und Letzterer nur gleichrangig mit dem Anspruch der Aktionäre auf das Auseinandersetzungsguthaben geltend gemacht werden kann.129 Überdies könnte der Begriff der Aktiengleichheit darauf schließen lassen, dass dem Anleger neben Vermögensrechten auch Mitbestimmungs- und sonstige Ver-
126 Busch, AG 1994, 93, 9 sowie Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221 Rn. 64 halten es insofern zu Recht für entbehrlich, zwischen Gewinnorientierung und -abhängigkeit zu differenzieren. 127 Hüffer, AktG, § 221 Rn. 25b; zustimmend: Lühn, Bilanzierung, S. 42. Ein verbrieftes obligationsähnliches Genussrecht stellt ohnehin eine Gewinnschuldverschreibung dar (vgl. B. V.2), die nach § 221 Abs. 1 S. 1 Var. 2 AktG wiederum eines Ermächtigungsbeschlusses bedarf. Hingegen wird das obligationsähnliche Genussrecht wegen vermeintlich fehlender Konkurrenz zu Aktionärsrechten in Teilen des Schrifttums als bloße Schuldverschreibung qualifiziert und daher aus dem Tatbestand des § 221 Abs. 3 AktG ausgenommen, vgl. Gehling, WM 1992, 1093 ff.; Lutter, in: KöKoAktG, § 221 Rn. 218.; Merkt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 221 Rn. 76. 128 Da obligationsähnliche Genussrechte somit jedoch zur Zuführung von Fremdkapital geeignet sind, erweist sich die Feststellung von Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221 Rn. 64 und Sethe, AG 1993, 293, 299, die lediglich eigenkapitalähnliche Finanzinstrumente von § 221 AktG erfasst sehen, als unzutreffend. 129 Müller, in: Ulmer/Habersack/Winter, GmbHG, Anh. § 29 Rn. 8.
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B. Grundlagen
waltungsrechte vertraglich eingeräumt sind, wie sie sonst nur einem an der Gesellschaft teilhabenden Aktionär von Gesetzes wegen zustehen.130 Doch ist die Unzulässigkeit einer vollständigen Nachahmung der mitgliedschaftlichen Beteiligung insbesondere im Hinblick auf die Einbeziehung von Mitbestimmungsrechten131 heute ganz überwiegend anerkannt.132 Denkbar ist demnach allenfalls, die Genussrechte ausschließlich mit aktiengleichen Vermögensrechten, nicht aber mit Verwaltungsrechten auszustatten und sie so der im Aktienrecht vorgesehenen stimmrechtslosen Vorzugsaktie nach §§ 139 ff. AktG nachzuempfinden. Wenn sich jedoch aktiengleiches Genussrecht und Vorzugsaktie in wirtschaftlicher Hinsicht entsprechen, so wirft dies die Frage auf, ob die Ausgabe solcher Genussrechte zu einer Umgehung zwingender organisationsrechtlicher Wertungen aus §§ 139 ff. AktG führt.133 Zwar gestattet das Aktienrecht im Grundsatz die Möglichkeit der Ausgabe flexibler Kapitalmarktinstrumente und somit die Mittelbeschaffung über alternative Wege (man denke insbesondere an § 221 AktG). Anders als beispielsweise im Recht der Personengesellschaften oder der GmbH gilt dort jedoch der Grundsatz der Satzungsstrenge, weswegen die privatautonome Gestaltungsfreiheit nur eingeschränkt Geltung beanspruchen kann, vgl. § 23 Abs. 5 AktG. Im Falle der exakten Nachbildung sämtlicher Vermögensrechte eines Aktionärs stellen §§ 139 ff. insofern eine abschließende Sonderregelung dar,134 die – in ihrem Charakter als zwingendes Recht – Abweichungen von der gesetzlichen Regelung nicht toleriert.135 130 Sethe, AG 1993, 293, 307 hingegen will den Begriff der Aktiengleichheit lediglich auf die Übereinstimmung der Vermögensrechte abstellen. Über das Ziel hinaus schießt Hirte, ZIP 1988, 477, der jedes gegen Einlage ausgegebene Genussrecht, das an Gewinn und/oder Liquidationserlös beteiligt wird, als aktiengleich bezeichnet. 131 Vgl. hierzu bereits B. III. 1. e). 132 BGH, Urt. v. 5.10.1992 – II ZR 172/91 = BGHZ 119, 305, 311 f. = NJW 1993, 57 („Klöckner“); Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 78, 123 ff.; Hirte, ZIP 1988, 477 ff.; Hirte, ZIP 1991, 1461 ff.; Möschel, ZHR 149 (1985), 231 f.; Reuter, Gutachten zum 55. DJT, B 25 f.; Silberberger, Partizipationsschein, S. 145; Stadler, in: Bürgers/Körber, AktG, § 221 Rn. 90; Dem voraus gingen jedoch heftige Diskussionen während der Hochkonjunktur des Genussrechts in den späten achtziger und frühen neunziger Jahren, vgl. hierzu etwa die abweichenden Auffassungen von Claussen, Verhandlungen des 55. DJT, K 108 ff.; Claussen AG 1985, 77 ff.; Frantzen, Genußscheine, S. 179 ff.; Sethe AG 1993, 293, 300. 133 Zu befürchten wäre etwa eine Umgehung der quantitativen Begrenzung bei der Emission von Vorzugsaktien, wie sie § 139 Abs. 2 AktG vorsieht. Eine solche Deckelung findet sich für Genussrechte nämlich nur bei Emittenten, die der Banken- und Versicherungsaufsicht unterfallen, vgl. § 10 Abs. 2 S. 2 KWG, § 53c Abs. 3 S. 2 VAG. Darüber hinaus liefe der durch § 140 Abs. 2 S. 1 AktG bezweckte Schutz- und Sanktionsmechanismus, der das Stimmrecht des Vorzugsaktionärs im Falle nicht gezahlter Vorzugsbeträge wieder aufleben lässt, Gefahr, entkräftet zu werden. 134 Gehling, WM 1992, 1093, 1099 f., der auf die geringe Relevanz des Streits hinweist, da Genussrechte praktisch nicht (mehr) aktiengleich ausgestaltet werden; so auch Reuter, in: FSFischer, S. 617 f.; Werner, ZHR 149 (1985), 236, 238. 135 Hirte, ZIP 1988, 477, 478.
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Abgesehen von der zweifelhaften rechtlichen Zulässigkeit des aktiengleichen Genussrechts, kommt diesen in praktischer Hinsicht nur geringe Bedeutung zu.136 In erster Linie dürfte dies darauf zurückzuführen sein, dass ein solches Genussrecht durch die Beteiligung an Gewinn und Liquidationserlös für den Emittenten ertragssteuerlich uninteressant ist.137 Da sich unter den an deutschen Börsen gelisteten Genussrechten kein einziges findet, das die vorgenannten Eigenschaften in sich vereint, ist eine weitere Auseinandersetzung mit diesem Genussrechtstypus nicht geboten. cc) Aktienähnlichkeit Als dritter Grundtypus ist zwischen den eben erörterten Gestaltungsarten das aktienähnliche Genussrecht angesiedelt. Dieses zeichnet sich durch eine vermögensmäßige Annäherung an die Stellung eines Aktionärs aus, wobei diese nur soweit reicht, dass die Schwelle zur unzulässigen Aktiengleichheit nicht überschritten wird. Die vermögensmäßige Stellung eines Aktionärs wird gekennzeichnet durch die Beteiligung gleichermaßen an den Chancen wie auch den Risiken der Gesellschaft. Dementsprechend zeichnet sich auch das aktienähnliche Genussrecht dadurch aus, dass dessen Inhaber durch Vereinbarung gewinnabhängiger Ausschüttung und Verlustbeteiligung an Erfolg und Misserfolg des Emittenten partizipiert.138 Dies kann zum einen durch die Teilnahme des Genusskapitals an allen Maßnahmen der Kapitalerhöhung und -herabsetzung verwirklicht werden.139 Zum anderen wird die Haftungs- und „Risikogemeinschaft von Aktionär und Inhaber aktienähnlicher Genussrechte“140 häufig dadurch zum Ausdruck gebracht, dass beide bei der Ausschüttung von Gewinnen sowie in der Insolvenz oder Liquidation im Range erst nach den übrigen, nicht nachrangigen Gläubigern befriedigt werden.141 Zur Sicherstellung der längerfristigen Verfügbarkeit des Kapitals wird üblicherweise eine verhältnismäßig lange Laufzeit der Genussrechte gewählt, innerhalb derer ein (fester) Rückzahlungsanspruch nicht besteht.142 Damit der Rubikon zur Umgehung der §§ 139 ff. AktG nicht überschritten wird,143 gilt es indes, einigen Faktoren Beachtung zu schenken. Eine auf ewige Zeit angelegte Bindung des Genusskapitals ist als unzulässig zu betrachten. Sofern das 136 Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 127; Merkt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 221 Rn. 85; so auch bereits Werner, ZHR 149 (1985), 236, 240. 137 Vgl. § 8 Abs. 3 S. 2 KStG und hierzu bereits ausführlich B. III. 1. c). 138 Karollus, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 221 Rn. 278; Luttermann, Unternehmen, S. 117 f.; Merkt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 221 Rn. 45; Vollmer/Lorch, ZBB 1992, 44, 45. 139 Vollmer/Lorch, ZBB 1992, 44, 45. 140 Vollmer/Lorch, ZBB 1992, 44, 45. 141 Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 79. 142 Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 79; Niemeyer, Genußrechtskapital von Privaten, S. 22; Reusch, in: Recht und Praxis der Genußscheine, S. 23. 143 So wie dies beim aktiengleichen Genussrecht der Fall ist, vgl. B. III. 2. a) bb).
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Genussrecht mit unbefristeter Laufzeit ausgegeben wird, muss dem Inhaber nach einem gewissen Zeitablauf daher zumindest die Möglichkeit zur Kündigung eingeräumt werden. Werden die Anleger mit geringfügigen Informations- oder Kontrollrechten ausgestattet, so ändert dies freilich nichts an der noch immer schuldrechtlichen Beziehung zwischen Gesellschaft und Anleger.144 Auch ist in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass die aktienrechtlichen Vorschriften eine Zuführung von (Eigen)Kapital nicht per se verbieten. Dies zeigt sich schon daran, dass die Koexistenz von Vorzugsaktie und Genussrecht durch den Gesetzgeber bewusst nicht ausgeschlossen wurde,145 ein numerus clausus der Quellen von Eigenkapitalfinanzierung nicht existiert. In dieser Form lässt sich das Genussrecht weder dem Schuld- noch dem Aktienrecht zweifelsfrei zuordnen. Auch das durch seine Ausgabe aufgebrachte Kapital rangiert seinem Charakter nach zwischen den klassischen Erscheinungsformen von Eigen- und Fremdkapital.146 Daher werden derartige Finanzierungsformen häufig auch als Hybrid oder Mezzanine bezeichnet. Die Zulässigkeit aktienähnlicher Investitionsgenussrechte ist inzwischen einhellig anerkannt.147 Ehemals bestehenden Zweifeln an der Europarechtskonformität148 (das aktienähnliche Genussrecht verstoße gegen Art. 25 Abs. 2 der Zweiten gesellschaftsrechtlichen Richtlinie („Kapitalschutzrichtlinie 1976“)149 kann eine klare Absage erteilt werden.150 b) Besonderheit: Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen Werden aktienähnliche Genussrechte durch Banken oder Versicherungsunternehmen ausgegeben, so unterliegen diese im Hinblick auf § 10 Abs. 5 KWG sowie § 53c Abs. 3a VAG speziellen Vorschriften. Vom eingangs dargestellten Grundsatz, 144 A. A.: Vollmer/Lorch, ZBB 1992, 44, 46, die annehmen, dass der Inhaber aktienähnlicher Genussrechte zu Gesellschaft und Gesellschaftern in einem organisationsrechtlichen Verhältnis stehe. 145 Zur historischen Begründung vgl. Lutter, in: KöKoAktG, § 221 Rn. 226. 146 Vgl. hierzu noch unter C. 147 BGH, Urt. v. 5.10.1992 – II ZR 172/91 = BGHZ 119, 305 = NJW 1993, 57 („Klöckner“); Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 125, 127; Hüffer, AktG, § 221 Rn. 25; Merkt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 221 Rn. 84 ff.; Vollmer/Lorch, ZBB 1992, 44, 45 f. 148 Nach Auffassung von Hirte, ZIP 1988, 477, 480 f. sehe die Richtlinie vor, dass Kapitalerhöhungen ausschließlich durch die Ausgabe von Aktien (und mittelbar nur über Wandelschuldverschreibungen oder Optionsanleihen) vorgenommen werden dürften. Im Umkehrschluss sei eine Eigenkapitalzufuhr auf anderem Wege europarechtswidrig. 149 RL 77/91/EWG des Rates zur Koordinierung der Schutzbestimmungen, die in den Mitgliedstaaten den Gesellschaften im Sinne des Art. 58 Abs. 2 des Vertrages im Interesse der Gesellschafter sowie Dritter für die Gründung der Aktiengesellschaft sowie für die Erhaltung und Änderung ihres Kapitals vorgeschrieben sind, um diese Bestimmungen gleichwertig zu gestalten, v. 13. 12. 1976, ABl. EG Nr. L 2, S. 1 ff. 150 Luttermann, Unternehmen, S. 128 ff.
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dass die verschiedenen Genussrechtstypen nicht Gegenstand gesetzlicher Regelung seien, macht das Aufsichtsrecht insofern eine Ausnahme. Sowohl im Kreditwesenals auch im Versicherungsaufsichtsgesetz finden sich ausdrückliche Regelungen, die es der emittierenden Gesellschaft ermöglichen, gegen Ausgabe in einer bestimmten Form ausgestalteter aktienähnlicher Genussrechte haftendes Eigenkapital zuzuführen.151 Mit Blick auf die Zielsetzung der Arbeit sowie die praktische Bedeutsamkeit – von den an deutschen Börsen gehandelten Genussrechten waren im Jahr 2005 insgesamt 93,5 % der Emittenten dem Banken- und Versicherungsgewerbe zuzuordnen152 – wird sich die Untersuchung im Folgenden ausschließlich auf das aktienähnliche Genussrecht beschränken.153
3. Die tatsächliche Ausgestaltung von Genussrechten in der Emissionspraxis a) Vorbemerkung Die eben dargestellten Möglichkeiten der Ausgestaltung und die Kategorisierung in verschiedene Genussrechtstypen belegt, dass den Emittenten eine Vielzahl an Parametern zur Verfügung steht, die es theoretisch ermöglichen, ein auf ihre individuellen Bedürfnisse maßgeschneidertes Finanzinstrument auf den Markt zu bringen.154 Auf einem anderen Blatt steht indes, ob und in welchem Maße dieses Potential in der Rechtspraxis tatsächlich ausgeschöpft wird. Diese Frage zu beantworten gestaltet sich aus mehreren Gründen als schwierig. Denn weder existieren Statistiken, die den Bestand der Genussrechte in Deutschland umfassend abbilden,155 noch kann die Erfassung all solcher Genussrechte, die entweder der Öffentlichkeit nicht zugänglich sind156 oder abseits der Wertpapierbörsen gehandelt werden, praktisch erreicht werden. Eine Antwort lässt sich jedoch zumindest in Bezug auf jene Genussrechte geben, die an deutschen Börsen gehandelt werden. Zu diesem 151
Zu den besonderen Anforderungen an diese Ausgestaltung siehe sogleich unter C. IV. Lühn, Bilanzierung, S. 13, Tabelle 7, vgl. auch Bungert, DZWir 1996, 185, 186. 153 Die Unmöglichkeit einer sämtliche Genussrechtstypen umfassenden Betrachtung erkannte bereits Busch, AG 1994, 93: „Jeder Beitrag über Genußrechte ist zu einer Eingrenzung insofern gezwungen, als klarzustellen ist, von welcher Art von Genußrechten die Rede ist. Denn mangels ausreichender gesetzlicher Regelung gibt es ,das‘ Genußrecht nicht.“ 154 Aufgrund des hohen Maßes an individualisierbaren Regelungen halten Haberstock/ Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221 Rn. 22 eine Anwendung allgemeiner Regeln überwiegend nicht für erforderlich. Dass diese Einschätzung in vielen Bereichen – insbesondere dem Anlegerschutz – nicht zutrifft, wird unter D. dargelegt. 155 Die letzte Erhebung stammt aus dem Jahr 2005 und findet sich bei Lühn, Bilanzierung, S. 14 ff. 156 Man denke etwa an die Ausgabe sogenannter Mitarbeitergenussrechte, die nur einem eng umgrenzten Kreis an Beschäftigten eines Unternehmens oder Betriebs zur Verfügung gestellt werden. 152
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B. Grundlagen
Zweck wurden die Ausgabebedingungen dieser Genussrechte untersucht und ihre Ausgestaltungsmerkmale ausgewertet.157 b) Allgemeine Erkenntnisse Eine Übersicht von Genussrechten findet sich etwa in der Börsenzeitung. Hier sind unter der Überschrift „Genussscheine inländischer Emittenten nach § 10 Abs. 5 KWG“ alle an deutschen Börsen gehandelten Genussrechte zusammengefasst. Dieser Titel ist allerdings insofern irreführend, als – wie sich zeigen wird – keineswegs alle der dort aufgelisteten Genussrechte die bankenaufsichtsrechtlichen Eigenmittelanforderungen aus § 10 Abs. 5 KWG erfüllen.158 Der Untersuchung liegen 97 Genussrechtsemissionen von 41 unterschiedlichen Emittenten zugrunde. Das Gesamtvolumen der Emissionen beläuft sich auf insgesamt 6.472.292.715,00 Euro. Was die Rechtsform der Emittenten anbelangt, ist festzustellen, dass eine deutliche Mehrheit in Form der Aktiengesellschaft organisiert ist, 29 von 41 = 70,73 %. Während noch einige Emissionen durch (Landesbanken in Gestalt von) Anstalten öffentlichen Rechts zu verzeichnen sind (7 von 41 = 17,1 %), stellt die Ausgabe durch Emittenten übriger Rechtsformen die klare Ausnahme dar (eingetragene Genossenschaft: 3 von 41 = 7,32 %; GmbH: 1 von 41 = 2,44 %; GmbH & Co. KG: 1 von 41 = 2,44 %). Die Entscheidung, sich in der vorliegenden Arbeit auf durch Aktiengesellschaften ausgegebene Genussrechte zu konzentrieren, erweist sich mit Blick auf die in der Praxis üblicherweise auftretende Rechtsform somit als sachgerecht. c) Inhaltlich typische Gestaltungsformen Da die untersuchten Genussrechte zum Handel an Börsen bestimmt sind, sind sie allesamt verbrieft und lauten auf den Inhaber, wodurch größtmögliche Fungibilität gewährleistet wird. In der Laufzeit der Genussrechte spiegelt sich das Merkmal dauerhafter Kapitalüberlassung wider, auf das im Rahmen der Berücksichtigung des Genusskapitals als Eigenmittel noch besonderes Augenmerk gelegt werden wird.159 In einer Spannweite zwischen fünf und 25 Jahren bemisst sich die durchschnittliche Laufzeit auf etwa elf Jahre. In aller Regel stellt der Erwerb von Genussrechten somit eine auf lange Frist angelegte Investition dar. Die Teilhabe der Genussrechtsinhaber am Erfolg des Unternehmens vollzieht sich ganz überwiegend dergestalt, dass eine dem Gewinnanteil der Aktionäre vorgehende 157 158
IV. 159
Stand: 31. 01. 2011. Zu diesen Anforderungen an eigenkapitalverstärkende Genussrechte sogleich unter C. Vgl. hierzu eingehend C. III. 3.
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Ausschüttung gewährt wird. Üblich ist eine Dividende, die der Höhe nach zwischen 4,5 % und 12 % des Nennbetrags angesiedelt ist und im Durchschnitt 5,41 % beträgt.160 In keinem Fall schuldet der Emittent eine zusätzliche Beteiligung am Liquidationserlös.161 Ebenfalls weitgehend standardisiert ist die Regelung der Verlustteilnahme. Bei Ausweis eines bestimmten Fehlbetrags oder bei Herabsetzung des Grundkapitals zwecks Deckung von Verlusten vermindert sich der Rückzahlungsanspruch der Anleger. Ausgebliebene Dividendenzahlungen werden jedoch in den Folgejahren prinzipiell nachgeholt sowie das durch Verluste geschmälerte Genusskapital wiederaufgefüllt – zumindest während der Laufzeit der Genussrechte.162 Bei der Kennziffer, an welche die Verlustpartizipation anknüpft, handelt es sich in einem Großteil der Ausgabebedingungen um den Bilanzverlust (76 von 90 = 84,44 %). Weniger üblich ist es dagegen, auf den Jahresfehlbetrag abzustellen (13 von 90 = 14,44 %). Nur in einem Fall wird schließlich das Ergebnis der normalen Geschäftstätigkeit als Bemessungsgrundlage herangezogen (1 von 90 = 1,11 %).163 Deutlich wird der Charakter des Genusskapitals als Risikokapital zudem im Hinblick auf die regelmäßige Vereinbarung, dass eine Befriedigung der Genussberechtigten zwar vor den Aktionären, jedoch erst nach allen nicht nachrangig gestellten Gläubigern der Gesellschaft erfolgt. Obwohl es der mittlerweile einhelligen Meinung entspricht, dass es nicht möglich ist, Genussrechtsinhabern Mitbestimmungsrechte einzuräumen,164 wird es von nahezu allen Emittenten für notwendig erachtet, solche Rechte in ihren Genussrechtsbedingungen ausdrücklich auszuschließen. Vereinzelt werden den Genussberechtigten hingegen umfangreiche Informationsrechte und andere Kontrollmöglichkeiten (etwa das Recht auf Bestellung eines Drittprüfers bei Zweifeln an der Ordnungsmäßigkeit von Bilanzierung und Buchführung) zugestanden.165
160 In Einzelfällen finden sich auch abweichende Bezugspunkte für die Berechnung der Ausschüttung, etwa die Koppelung an bestimmte Zinssätze wie den EURIBOR, so beispielsweise in § 2 Abs. 2b Nr. 1 der Genussscheinbedingungen der Berlin-Hannoverschen Hypothekenbank AG (WKN 802907). Nach § 2 Abs. 1 der Genussscheinbedingungen der Drägerwerk AG (ISIN DE0005550719) entspricht die Ausschüttung hingegen dem Zehnfachen der Dividende für Vorzugsaktionäre. 161 Dies verwundert nicht, da eine Doppelbeteiligung an Gewinn- und Liquidationserlös steuerlich nachteilig wäre, vgl. B. III. 1. a). 162 Nur in einem Falle verpflichtet sich ein Emittent etwaig vermindertes Genusskapital bis zu vier Jahre nach Ende der Laufzeit wiederaufzufüllen, vgl. §§ 5 Abs. 3, 15 Abs. 1 der Genussscheinbedingungen der Sixt AG (ISIN DE000 A0DJZP8). 163 Vgl. § 4 Abs. 1 der Genussscheinbedingungen der Landeskreditbank Baden-Württemberg – Förderbank (ISIN DE000 A0B1R64). Zur Zulässigkeit der Verwendung der für die Verlustteilnahe maßgeblichen Bilanzgrößen vgl. unten C. IV. 4. b) aa) (2). 164 Vgl. hierzu oben B. III. 1. e). 165 Vgl. § 6 der Genussscheinbedingungen der EDEKA Südwest eG (ISIN DE000 A0M7FH9).
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B. Grundlagen
Voraussetzung für die Anerkennung des Genusskapitals als aufsichtsrechtliches Eigenmittel ist nach § 10 Abs. 5 S. 4 KWG der ausdrückliche Hinweis auf die in § 10 Abs. 5 S. 1 und S. 2 KWG aufgestellten Anforderungen und Rechtsfolgen. Der hierauf bezugnehmenden Überschrift der Börsenzeitung zum Trotz findet sich ein solcher Verweis indes nur in etwa drei Vierteln der ausgewerteten Emissionsbedingungen (72 von 93 = 77,41 %). d) Besondere Gestaltungsvarianten Neben den in großen Teilen einheitlich abgefassten inhaltlichen Bestimmungen finden sich vereinzelt auch von der faktischen Gestaltungsnorm abweichende Regelungen, von denen einige – insbesondere unter dem Blickwinkel des Anlegerschutzes – erwähnenswert sind. So beinhalten drei Ausgabebedingungen verschiedener Emittenten einen Hinweis oder gar eine Verpflichtung, im Rahmen der Konzernpolitik auch auf die Belange der Genussberechtigten Rücksicht zu nehmen. Dies soll derart geschehen, als bei der Aufstellung der Jahresabschlüsse der Konzernunternehmen und besonders bei der Bildung und Auflösung von Rücklagen den berechtigten Interessen der Genussscheininhaber auf Ausschüttung Rechnung getragen wird.166 Um die Wahrung dieser Anlegerinteressen sicherzustellen, wird in einem Fall die Einsetzung eines Treuhänders angeordnet, dessen Aufgabe es ist, die Genussberechtigten gegenüber dem Emittenten zu vertreten.167 In einem anderen Fall wacht ein unabhängiger externer Mittelverwendungskontrolleur darüber, dass das Genusskapital tatsächlich zur Erreichung derjenigen Zwecke verwendet wird, die in den Ausgabebedingungen bestimmt wurden.168 Schließlich wird den Anlegern an anderer Stelle dadurch entgegen gekommen, dass ihre Ansprüche auf Rückzahlung des Genusskapitals gesichert und ihre Ausfallrisiken damit gemindert werden. Anzutreffende Gestaltungsvarianten sind beispielsweise die Rückstellung von Teilen des Genusskapitals in einen durch Treuhänder verwalteten Fonds169 oder die Bestellung von Grundschulden an Immobilien, die aus dem überlassenen Kapital finanziert wurden.170 166 Vgl. § 7 der Genussscheinbedingungen der Bertelsmann AG (WKN 552990), § 3 Abs. 8 der Genussscheinbedingungen der Schaltbau Holding AG (ISIN DE000 A0D66Z2) sowie § 7 der Genussscheinbedingungen der Sixt AG (ISIN DE 000 A0DJZP8). 167 Vgl. § 6 der Genussscheinbedingungen der Magnum AG (WKN 650155). 168 Vgl. § 12 der Genussscheinbedingungen der Plambeck Neue Energien AG (ISIN DE000 A0B9VG7). Eine Zweckbindung findet sich zudem in § 4 der Genussscheinbedingungen der WGF Westfälische Grundbesitz und Finanzverwaltung AG (ISIN DE000WGFH901). 169 Vgl. § 7 Abs. 3 der Genussscheinbedingungen der GWB GmbH & Co. KG (ISIN DE000 A0DQSE2). 170 Vgl. § 6 der Genussscheinbedingungen der Magnum AG (WKN 650155).
IV. Rechtsnatur des Finanzierungsgenussrechts
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e) Zwischenergebnis Der Fundus zahlreicher Individualisierungsmöglichkeiten, der den Emittenten bei der Ausgestaltung ihrer Genussrechtsbedingungen in der Theorie zur Verfügung steht, wird in der Emissionspraxis bei weitem nicht ausgeschöpft. Das Bedürfnis nach Transparenz und damit Fungibilität sowie Marktfähigkeit der Wertpapiere hat sich insofern gegenüber den Vorzügen durchgesetzt, dass Genussrechte in ihrer inhaltlichen Bestimmung flexibel sind und entsprechend der Vorstellungen des Emittenten maßgeschneidert werden können. Befunde,171 nach denen den an deutschen Börsen gehandelten Genussrechten bereits in vergangenen Jahrzehnten eine starke Standardisierung bescheinigt wurde, beanspruchen somit auch im Jahr 2011 Geltung.172 Es kann daher festgestellt werden, dass sich der Markt der Genussrechte zugunsten von Vergleichbarkeit und Rechtssicherheit erfolgreich selbst reguliert hat. Dem seit langem kundgetanen Ruf nach einer gesetzlichen Regelung von Genussrechten und einer Vereinheitlichung derer Bedingungen173 kann daher eine klare Absage erteilt werden.
IV. Rechtsnatur des Finanzierungsgenussrechts Da das Genussrecht Wesenszüge sowohl des Aktien- als auch des Schuldrechts in sich trägt, stellt sich seit jeher die Frage, in welcher der beiden Kategorien es rechtlich zu verorten ist. Dabei beruht die Unterscheidung keineswegs auf bloßen rechttheoretischen Erwägungen, sind doch zahlreiche Folgefragen von der rechtlichen Einordnung abhängig. Man denke nur mit Blick auf § 310 Abs. 5 BGB an die Anwendbarkeit des AGB-Rechts, an einen möglichen Ausschluss der ordentlichen Kündigung in den Personengesellschaften nach § 723 Abs. 3 BGB oder an die Einräumung von Auskunfts- und Kontrollrechten, wie sie § 233 HGB vorsieht.
1. Organisations- oder Schuldrecht? Nach heutigem Stand ist Konsens, dass das Genussrecht Gläubigerrecht und somit im Schuld- und nicht im Aktienrecht angesiedelt ist.174 Die vormals vertretene 171
Z. B. Steinbach, Standardisierter Genussschein, S. 1 ff. Nunmehr auch Sethe, WM 2012, 577. 173 Bogenschütz, Eigenkapitalbegriff, S. 17; Sethe, AG 1993, 293, 297 (Fn. 43) m. w. N. 174 So die ganz h. M.: BGH, Urt. v. 5.3.1959 – II ZR 145/57 = WM 1959, 434, 436; OLG Köln, Urt. v. 25.9.2012 – 15 U 101/10, Rz. 80 („Corealcredit“); Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 86; Habersack, ZHR 155 (1991), 378, 384; Haberstock/Greitmann, in: Hölters, AktG, § 221 Rn. 21; Hüffer, AktG, § 221 Rn. 26; Merkt, in: Schmidt/Lutter, AktG, § 221 Rn. 43 ff.; Schön, JZ 1993, 925, 927; Stadler, in: Bürgers/Körber, AktG, § 221 Rn. 88, 94; Ziebe, DStR 1991, 1594. Zur Auseinandersetzung vgl. Frantzen, Genußscheine, S. 9 ff.; 172
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Auffassung, das Genussrecht sei Beteiligungsrecht im Sinne einer eigenständigen rechtlichen Kategorie,175 findet heute berechtigterweise keine Anhänger mehr. Denn weder wird der Genussrechtsinhaber Teilhaber von Anteilen der Gesellschaft, noch kann er mit seinem finanziellen Beitrag (als „Einlage“ im Sinne der §§ 54, 182 AktG) zu einer Mehrung des Grund- oder Stammkapitals beitragen,176 da originäre organisationsrechtliche Elemente dem Genussrecht fremd sind.177 Insofern steht der Genussberechtigte dem Emittenten trotz der vermögensrechtlichen Angleichung an den Aktionär wie ein Darlehensgeber und damit als außenstehender Dritter gegenüber.178
2. Das Genussrechtsverhältnis als besonderer Vertragstyp? Ist zumindest geklärt, dass das Genussrecht schuldrechtlicher Natur ist, so stellt sich im Weiteren die Frage, welchem Vertragstypus es entspricht. Das breite Spektrum an Vorschlägen, das Genussrecht zu verorten, reicht von der Annahme eines Rechtsverhältnisses eigener Art über die Einordnung als stille Gesellschaftsbeteiligung im Sinne von § 230 HGB bis hin zum partiarischen Rechtsverhältnis. Zu klären ist vorweg auch, ob sich diese Frage überhaupt für alle Genussrechte einheitlich beantworten lässt oder ob eine differenzierte Beurteilung des Rechtsverhältnisses angezeigt ist, die eine Unterscheidung nach den jeweiligen Genussrechtstypen gebietet. a) Einheitliche Rechtsnatur oder Unterscheidung nach Genussrechtstypus? Aufgrund der großen Bandbreite an Ausgestaltungsmöglichkeiten wird vereinzelt in Zweifel gezogen, dass sich das Genussrechtsverhältnis unter dem Schirm einer einzigen Rechtsform zusammenfassen lässt. Die pauschalisierende Einordnung sämtlicher Erscheinungsformen erweise sich als ungeeignet, da es ihr an der Ergiebigkeit bei der Gewinnung von Leitbildern, wie sie für eine Inhaltskontrolle erGöhrum, Einsatzmöglichkeiten, S. 38 ff.; Kratzsch, Genussrecht als stille Gesellschaft, S. 5 ff.; Lühn, Bilanzierung, S. 38 f.; Rid-Niebler, Genußrechte für die GmbH, S. 10 f.; Silberberger, Partizipationsschein, S. 75 ff. 175 Nach Würdinger, Aktienrecht, 1. Aufl. 1959, § 15 II 2, § 9 II 1 handelt es sich bei dem Genussrecht um eine Beteiligung, die zwar nicht mitgliedschaftlicher Art ist, jedoch dieselbe Rechtsnatur wie die Beteiligung des Aktionärs hat. Zwar wird die Theorie der Beteiligung gleich der Aktie später aufgegeben, als Gläubigerrecht erkennt er das Genussrecht dennoch nicht an, vgl. Würdinger, Aktien- und Konzernrecht, 5. Aufl. 1981, S. 86. 176 Gottlieb, Genußschein im deutschen Recht, S. 10 f.; Rid-Niebler, Genußrechte für die GmbH, S. 11. 177 Habersack, ZHR 155 (1991), 378, 384. 178 Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 86, der den Inhaber eines Genussrechts in seiner Stellung zur Gesellschaft nicht anders beurteilt als einen Darlehensgeber.
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forderlich sind, fehle.179 Vielmehr müsse sich von dem allgemeinen Begriff des Genussrechts gelöst und für jeden einzelnen Genussrechtstypus hinterfragt werden, welchem bekannten schuldrechtlichen Vertragstypen er entspreche.180 Dem ist nicht zuzustimmen. Wenngleich der historische Gesetzgeber dem Genussrecht durch den Verzicht auf eine Begriffsbestimmung keine allzu engen Zügel anlegen wollte, damit dessen Entwicklung nicht gehemmt würde, so hatte dieser dennoch die Schaffung eines rechtlichen Gebildes im Sinn. Anderenfalls hätte es einer ausdrücklichen gesetzlichen Erwähnung des Genussrechts nicht bedurft; die unter diesem Begriff existierenden Erscheinungen hätten vielmehr denjenigen bekannten Vertragstypen zugeordnet werden können, denen sie inhaltlich am ehesten entsprachen. Dem einheitlichen rechtlichen und wirtschaftlichen Grundgerüst sämtlicher Genussrechtstypen ist somit auch eine eigene und einheitliche Kategorie geschuldet.181 Auch geht die Annahme fehl, dass hierdurch in Ermangelung eines Leitbildes die Inhaltskontrolle vereitelt würde. Denn die einheitliche Beurteilung der Rechtsnatur hindert nicht daran, dass sich die rechtliche Behandlung und Beurteilung der verschiedenen Typen nach Art der in Frage stehenden Regelung im Einzelfall an verschiedenen gesetzlichen Leitbildern orientieren kann.182 Die Rechtsnatur des Genussrechts ist damit richtigerweise ohne Rücksicht auf seine inhaltliche Ausgestaltung zu bestimmen. Sie gilt daher über das hier untersuchte aktienähnliche Investitionsgenussrecht hinaus für alle Genussrechtstypen. b) Dauerschuldverhältnis sui generis Das Genussrechtsverhältnis wird nach der Rechtsprechung des BGH,183 der Instanz-184 und Fachgerichte185 sowie ganz überwiegenden Teilen des Schrifttums186 als 179 Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 87 ff; Karollus, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/ Kropff, AktG, § 221 Rn. 277. 180 Ernst, Genußschein, S. 122 ff.; Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 87; Karollus, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 221 Rn. 277 ff. 181 So auch Gottlieb, Genußschein im deutschen Recht, S. 9; Luttermann, Unternehmen, S. 107, der das Genussrechtsverhältnis selbst als „Grundtypus“ bezeichnet. Im Ergebnis auch Frantzen, Genußscheine, S. 14 ff.; Rid-Niebler, Genußrechte für die GmbH, S. 80 ff.; Silberberger, Partizipationsschein, S. 80 ff. 182 Zum Maßstab der Inhaltskontrolle sogleich unter D. III. 1. c) aa). 183 BGH, Urt. v. 5.10.1992 – II ZR 172/91 = BGHZ 119, 305, 330 = NJW 1993, 57 („Klöckner“); BGH, Urt. v. 21. 7. 2003 – II ZR 109/02 = BGHZ 156, 38, 43 = NJW 2003, 3412 („Deutsche Hypothekenbank AG“). 184 OLG Köln, Urt. v. 25.9.2012 – 15 U 101/10, Rz. 99; OLG Hamm, Urt. v. 19.10.2010 – 7 U 21/10. 185 FG Baden Württemberg, Urt. v. 3.12.2004 – 10 K 225/01 = DStRE 2006, 15; FG Köln, Urt. v. 25.3.1998 – 12 K 1927/92. 186 Lutter, ZGR 1993, 291, 300; Luttermann, Unternehmen, S. 145; Niemeyer, Genußrechtskapital von Privaten, S. 31; Pougin, in: Festschrift Oppenhoff, S. 275 ff.
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Dauerschuldverhältnis eigener Art verstanden. Zwar scheint der Begriff im Hinblick auf die rechtlichen Konsequenzen, die diese Einordnung mit sich bringt, nur wenig aussagekräftig. Zwei Schlüsse lassen sich jedoch bereits bei erster Betrachtung ziehen: Hierzu gehört zunächst die Charakterisierung als Dauerschuldverhältnis. Diese folgt unmittelbar aus der Gewährung von Vermögensrechten, die denjenigen der Aktionäre nachgebildet sind. Denn die den Anlegern nach den Genussrechtsbedingungen gewährten Zahlungen – im Normalfall ist dies die im Jahresturnus auszuschüttende Dividende – erschöpft sich nicht in einer einmaligen Erfüllungshandlung, sondern erfolgt im Sinne wiederkehrender und fortlaufender Leistungen während der Laufzeit des Genussrechts.187 Die Bestimmung als Recht sui generis lässt sich aus folgender Erwägung schließen: Enthält ein Vertrag inhaltliche Bestimmungen, die einem gesetzlichen Grundvertragstypus fremd sind oder verbindet er Elemente verschiedener gesetzlich geregelter Vertragstypen derart, dass diese sich nicht dem einen oder dem anderen Typus zweifelsfrei zuordnen lassen, so handelt es sich im ersten Falle um einen atypischen, im zweiten Falle um einen sog. Typenmischvertrag.188 Anders als bei den im Privatrecht verbreiteten Mischkonstruktionen, wie z. B. dem Beherbergungsvertrag189 oder der gemischten Schenkung,190 scheitert die Annahme eines gemischten Typenvertrags beim Genussrecht jedoch. Denn im Gegensatz zu den oben genannten Mischverträgen verknüpft das Genussrechtsverhältnis nicht mehrere Elemente verschiedenartiger schuldrechtlicher Vertragsverhältnisse, sondern kombiniert vielmehr Eigenarten zweier in ihrem Wesen grundverschiedener rechtlicher Kategorien, dem (in weiten Teilen zwingenden) Organisationsrecht auf der einen und dem privatautonomen, auf bloße Austauschbeziehungen ausgerichteten Schuldrecht auf der anderen Seite.191 Auch wird nicht lediglich ein bereits bestehender, gesetzlich geregelter Vertragstyp in dafür untypischer Weise modifiziert. Mit anderen Worten: Das Genussrechtsverhältnis lässt sich weder in eine gesetzliche Typenordnung eingliedern, noch handelt es sich dabei um eine Typenmischung oder -abwandlung. Mit Einführung des Genussrechts hat der Gesetzgeber 187 BGH, Urt. v. 5.10.1992 – II ZR 172/91 = BGHZ 119, 305, 330 = NJW 1993, 57 („Klöckner“). 188 Larenz/Canaris, Schuldrecht BT, Bd. 2, § 63 I 1, S. 41 f. 189 Dieser stellt einen Typenkombinationsvertrag dar, vereint also mehrere Leistungen, die für den jeweiligen Vertragstypus charakteristisch sind, vgl. Larenz/Canaris, Schuldrecht BT, Bd. 2, § 63 II, S. 46; Looschelders, Schuldrecht BT, § 1 II, S. 3; Martinek, Moderne Vertragstypen, Bd. I, § 2 II 1, S. 20; Oetker/Maultzsch, Vertragliche Schuldverhältnisse, § 16 III 1, S. 721. 190 Da die charakteristischen Leistungen hier nicht nur miteinander kombiniert, sondern untrennbar miteinander verschmolzen werden, spricht man hier von sog. Typenverschmelzungsverträgen, vgl. Larenz/Canaris, Schuldrecht BT, Bd. 2, § 63 III, S. 54; Looschelders, Schuldrecht BT, § 1 II, S. 3; Martinek, Moderne Vertragstypen, Bd. I, § 2 II 1, S. 20; Oetker/ Maultzsch, Vertragliche Schuldverhältnisse, § 16 III 2, S. 724. 191 Im Ergebnis auch Luttermann, Unternehmen, S. 116.
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vielmehr einen eigenständigen Vertragstyp geschaffen.192 Über die Rechtsfolgen, die eine solche Einordnung als typenfremder Vertrag sui generis mit sich bringt, ist freilich noch nichts ausgesagt.193 c) Stille Gesellschaftsbeteiligung oder BGB-Innengesellschaft Insbesondere den letztgenannten Kritikpunkt, die Unbestimmtheit eines Rechtsverhältnisses sui generis erschwere die für die Auslegung und Inhaltskontrolle notwendige Gewinnung von Leitbildern, haben diejenigen Stimmen aufgefasst, die das Genussrechtsverhältnis als stille Gesellschaftsbeteiligung im Sinne von § 230 BGB verstehen.194 Als die vom Gesetz vorgesehene Organisationsform für eine schuldrechtliche vermittelte Beteiligung an unternehmerischem Risiko gewähre die stille Gesellschaft eine unverkennbare sachliche Nähe zum Genussrecht. Zumal das Genussrechtsverhältnis die Tatbestandsmerkmale der §§ 230 ff. HGB – Teilnahme an Gewinn und Verlust – erfülle, komme man um eine Verortung im Recht der stillen Gesellschaft nicht umhin.195 Dem allgemeinen Merkmal einer jeden gesellschaftsrechtlichen Beziehung, dem Vorliegen eines gemeinsamen Zwecks, vgl. § 705 BGB, sei insofern genügt,196 als durch die Kapitalhingabe eine Zweckgemeinschaft entstehe, deren überindividuelles Interesse es sei, unter Verwendung der geleisteten Einlagen nach Maßgabe des Unternehmensgegenstands größtmögliche Gewinne zu erzielen.197
192 Dem widerspricht Karollus, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 221 Rn. 277. Zur Schaffung eines neuen Rechtstypus fehle es an einer gesetzlichen Definition. 193 Martinek, Moderne Vertragstypen, Bd. I, § 2 II 1, S. 20 erkennt diese Verlegenheit des Rechtsanwenders und zieht hieraus folgende Schlüsse: „die Unanwendbarkeit der normativtypischen Regelungsprogramme des besonderen Schuldrechts“ sowie die „Anwendbarkeit des allgemeinen Schuldrechts“. 194 Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 88; Karollus, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/ Kropff, AktG, § 221 Rn. 277 ff.; Schön, JZ 1993, 925, 928 f. Dies kann entgegen dem oben unter B. IV.2.a) Gesagten keinesfalls für sämtliche Genussrechtstypen, sondern nur in Bezug auf das aktiengleiche Finanzierungsgenussrecht gelten. 195 Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 89; Habersack, ZHR 155 (1991), 378, 395; Karollus, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 221 Rn. 277 ff.; im Ergebnis auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 62 II 1 c bb, S. 1842 f., wenngleich Letzterer zur Abgrenzung der stillen Gesellschaft zum partiarischen Rechtsverhältnis Stellung bezieht: „Wer außer am Gewinn auch am Verlust beteiligt ist, kann nur Gesellschafter sein.“ 196 Kratzsch, Genussrecht als stille Gesellschaft, S. 19 ff.; im Ergebnis auch Silberberger, Partizipationsschein, S. 82 f., der das Vorliegen einer stillen Gesellschaft jedoch aus anderem Grunde verneint. Als von vornherein ungeeignetes Abgrenzungskriterium wird die gemeinsame Zweckverfolgung hingegen von K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 62 II 1 c bb, S. 1843 angesehen, was durch die Aussage von Larenz/Canaris bestätigt wird, dass auch beim partiarischen Vertrag ein gemeinschaftliches Interesse an einem optimalen Ertrag bestünde, vgl. Larenz/ Canaris, Schuldrecht BT, Bd. 2, § 63 III 2, S. 57. 197 Kratzsch, Genussrecht als stille Gesellschaft, S. 20.
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Zweifel an der Einordnung des Genussrechts als stille Gesellschaftsbeteiligung wirft indes die Frage auf, wie die Beteiligung in diesem Falle zu übertragen wäre. Im Interesse sowohl des Emittenten als auch des Anlegers liegt nämlich, dass das Genussrecht möglichst einfach weiterveräußert werden kann, es also möglichst fungibel ist. Dies wäre jedoch – qualifizierte man das Genussrecht als Beteiligung an einer stillen Gesellschaft – nicht gewährleistet. Denn eine Übertragung der stillen Beteiligung ist wegen ihres persönlichen Charakters im Grundsatz an die Zustimmung der übrigen Gesellschafter gebunden.198 Darüber hinaus ist auch die Übertragung einzelner Rechte durch § 717 S. 1 BGB gehindert, sofern es sich nicht nach Maßgabe des S. 2 um vermögensrechtliche Einzelrechte handelt.199 Daher scheidet schließlich eine Verbriefung der stillen Gesellschaftsbeteiligung – wie sie zwecks Erhöhung der Verkehrsfähigkeit beim Genussrecht die Regel ist – auf Grundlage der §§ 230 ff. HGB aus.200 d) Partiarisches Rechtsverhältnis Durch das Genussrechtsverhältnis wird dem Emittenten zeitweise Kapital gegen Gewährung einer gewinnabhängigen oder -orientierten Ausschüttung überlassen. Daher ist nicht verwunderlich, dass auch eine Qualifizierung des Genussrechts als partiarisches Rechtsverhältnis,201 respektive partiarisches Darlehen,202 für möglich gehalten wird. Doch weist auch der Vergleich mit derartigen Rechtsverhältnissen Schwächen auf. Insbesondere lassen sich im Hinblick auf die Suche nach vergleichbaren gesetzlichen Leitbildern keine Erkenntnisse gewinnen, da „das“ partiarische Rechtsverhältnis im Sinne einer abschließenden Typenbeschreibung nicht existiert. Vielmehr ist es möglich, einen jeden (Austausch-)Vertrag mit partiarischen Elementen – also einer dynamischen, erfolgsbezogenen Vergütung – zu versehen, so dass hinsichtlich der Einordnung in eine gesetzliche Kategorie nichts gewonnen ist.203 Überdies steht der Annahme eines partiarischen Rechtsverhältnisses entgegen, dass das an Börsen gehandelte Genussrecht überwiegend mit einer diesen Rechtsverhältnissen fremden Verlustteilnahme versehen wird.204 198 BGH, Urt. v. 12. 1. 1998 – II ZR 98/96 = WM 1998, 555, 557; Koller, in: Koller/Roth/ Morck, HGB, § 230 Rn. 26; K. Schmidt, in: MüKoHGB, § 230 Rn. 175; Schubert, in: Oetker, HGB, § 230 Rn. 88; Zutt, in: Staub, HGB, § 230 Rn. 97. 199 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 62 IV 2 c, S. 1857. 200 Luttermann, Unternehmen, S. 114. 201 Gottlieb, Genußschein im deutschen Recht, S. 28 f. 202 Karollus, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 221 Rn. 286, jedoch ausschließlich in Bezug auf das obligationsähnliche Genussrecht ohne Verlustteilnahme. Zur typenabhängigen Bestimmung der Rechtsnatur vgl. oben B. IV. 2. a). 203 Larenz/Canaris, Schuldrecht BT, Bd. 2, § 63 III 2, S. 56 f.; Luttermann, Unternehmen, S. 115. 204 BGH, Urt. v. 29. 9. 1957 – II ZR 42/56 = WM 1957, 1335; Busch, AG 1994, 93, 95; Ulmer, in: MüKoBGB, vor § 705 Rn. 108, wobei die Aussage Ulmers „Ist eine Verlustteilnahme vereinbart, so handelt es sich notwendig um eine Gesellschaft.“ nur in Abgrenzung der
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e) Zwischenergebnis Das Genussrecht kann keinem bestimmten Vertragstypus zugewiesen werden. Denn jeder der soeben aufgezeigten Versuche, das Genussrechtsverhältnis in rechtlich bekanntem Fahrwasser zu verankern, weist Schwächen auf. Dennoch spricht vieles dafür, das Genussrecht als Dauerschuldverhältnis eigener Art zu bestimmen. Denn weder stellt das partiarische Rechtsverhältnis eine eigenständige rechtliche Kategorie dar, noch ließe sich etwa mit dem partiarischen Darlehen eine dem (aktienähnlichen) Genussrechtsverhältnis eigentümliche Teilnahme am Verlust vereinen. Was die stille Gesellschaftsbeteiligung anbelangt, so darf trotz einiger Gemeinsamkeiten nicht darüber hinweggetäuscht werden, dass das Verhältnis im Wesentlichen durch Unterschiede gekennzeichnet ist. Zwar lässt sich dies nicht auf den Einwand stützen, eine stille Gesellschaftsbeteiligung werde nicht begründet, da den Genussrechtsinhabern Kontrollrechte, wie sie § 233 HGB vorsieht, nach den Genussrechtsbedingungen oftmals nicht zustehen.205 Denn dies ist nicht Ursache, sondern Folge der Nichtanwendbarkeit der §§ 230 ff. HGB.206 Auch der Rechtsprechung des BGH aus dem Jahre 2003 kann keine entscheidende Bedeutung beigemessen werden. Zwar räumte der II. Zivilsenat ein, dass zwischen Genussrechten mit Verlustbeteiligung und stiller Beteiligung „gewisse Ähnlichkeiten“ bestünden und stellte sodann fest: „Ein als stille Beteiligung an einer Aktiengesellschaft vereinbartes und einzuordnendes Rechtsverhältnis ist nicht als Genußrecht im Sinne von § 221 Abs. 4 AktG, sondern als Unternehmensvertrag im Sinne von § 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG zu qualifizieren und löst kein Bezugsrecht der Aktionäre aus.“207 Hiermit wird auf die umgekehrte Fragestellung, nämlich, ob ein Genussrecht womöglich eine stille Beteiligung darstellt, jedoch keine Antwort gegeben. Maßgeblich für das Verhältnis von stiller Beteiligung und Genussrecht ist indessen die Tatsache, dass Emittent und Genussrechtsinhaber bei Ausgabe des Genussrechts keinen gemeinsamen Zweck verfolgen. Vielmehr dürften sich die Beweggründe der Parteien bei Vertragsschluss in höchst eigennützigen Motiven erschöpfen.208 Neben dem Mangel an Verkehrsfähigkeit209 beruht der wohl gewichstillen Gesellschaft zum partiarischen Darlehen, nicht hingegen im Hinblick auf das aktienähnliche Genussrecht zutrifft. Vgl. zum Ganzen bereits oben B. III. 2. a) aa). 205 Busch, AG 1994, 93, 97 Fn. 56; Ernst, Genußschein, S. 118 f. 206 In letzter Konsequenz auch Schön, JZ 1993, 925, 229. 207 BGH, Urt. v. 21. 7. 2003 – II ZR 109/02 = BGHZ 156, 38, 43 = NJW 2003, 3412 („Deutsche Hypothekenbank AG“); Kratzsch, Genussrecht als stille Gesellschaft, S. 10 f. 208 Gegen das Vorliegen eines solchen Motivs bereits BGH, Urt. v. 5.3.1959 – II ZR 145/57 = WM 1959, 434, 436; ferner Ernst, Genußschein, S. 108 ff.; Frantzen, Genußscheine, S. 15 ff.; Göhrum, Einsatzmöglichkeiten, S. 45 ff.; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221 Rn. 24; Lühn, Bilanzierung, S. 65 ff.; Rid-Niebler, Genußrechte für die GmbH, S. 81; Sethe, AG 1993, 293, 297.
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tigste Einwand indessen auf der Einschätzung des Gesetzgebers selbst. Ließen sich Genussrechtsverhältnis und stille Gesellschaftsbeteiligung gleichsetzen, wäre die Unterscheidung, wie sie etwa im Arbeits-210, Bankenaufsichts-211 oder Steuerrecht212 ausdrücklich angelegt ist, hinfällig. Dem Rechtsanwender würde sich daher etwa im Rahmen des Bankenaufsichtsrechts die Frage aufdrängen, ob er das gegen die Ausgabe von Genussrechten eingezahlte Kapital nach § 10 Abs. 5 S. 1 KWG dem Ergänzungskapital oder nach § 10 Abs. 4 S. 1 KWG wie eine Vermögenseinlage stiller Gesellschafter dem Kernkapital zurechnen kann.213 Stünde dem Emittenten dann ein Wahlrecht zu oder wäre das Genussrecht als Sonderfall der stillen Gesellschaftsbeteiligung anzusehen, mit der Konsequenz, dass § 10 Abs. 5 KWG als lex specialis vorrangig anzuwenden sei? Trotz der nicht von der Hand zu weisenden wirtschaftlichen Ähnlichkeit beider Anlageformen ist davon auszugehen, dass vom Gesetzgeber eine Unterscheidung in rechtlicher Hinsicht bezweckt und alternative Formen der Kapitalzufuhr geschaffen werden sollten.214 Bei dem Genussrecht handelt es sich somit um einen Vertragstypus eigener Art. Doch ist diese Feststellung weitaus mehr als die bloße Folge der soeben angestellten Negativtestate. Denn bei Eingliederung des Genussrechts in das AktG 1937 hat der historische Gesetzgeber offensichtlich davon abgesehen, das Genussrecht anderen, bereits bekannten vertraglichen Schuldverhältnissen zuzuordnen. Auch tragen die Einwände, dem Vertrag sui generis fehle es an Aussagekraft und Eignung bei Auslegung und Inhaltskontrolle, insofern nicht, als eine rechtliche Kategorisierung hierfür verzichtbar ist. Denn auch im Rahmen anderer atypischer Vertragstypen werden Überschneidungen mit verwandten Schuldverhältnissen zu Auslegungs- und Kontrollzwecken herangezogen,215 wobei sich die rechtliche Würdigung an demjenigen Vertragstypus orientiert,216 der dem Schwerpunkt nach die meisten Gemeinsamkeiten aufweist. Für das Genussrecht bedeutet dies: Ist Gegenstand der Auslegung eine Frage der Verlustteilnahme, lassen sich die Wertungen der stillen Gesellschaftsbeteiligung heranziehen, während bei Streitigkeiten über die Gewinnverwendung auch die Regelungen spezieller partiarischer Vertragstypen fruchtbar gemacht werden können. In jedem Falle sind jedoch unmittelbar – und unabhängig von den speziellen Fra-
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Siehe hierzu bereits oben B. IV. 2. c). Vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 1 lit. f), lit. i). VermBG. 211 Vgl. § 10 Abs. 4, Abs. 5 a. F. KWG. 212 Vgl. § 20 Abs. 1 Nr. 1, Nr. 4 EStG sowie § 8 Abs. 3 S. 2 KStG. 213 Hierzu Boos, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 10 Rn. 68 ff. 214 So bereits Gottlieb, Genußschein im deutschen Recht, S. 28; Niemeyer, Genußrechtskapital von Privaten, S. 27. 215 Göhrum, Einsatzmöglichkeiten, S. 37, 50. 216 So im Ergebnis auch Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221 Rn. 22. 210
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gestellungen – die sich aus den §§ 241 ff. BGB erwachsenden Grundsätze des allgemeinen Schuldrechts zu beachten. Was die Rechtsnatur des Genussrechts angeht, bleibt festzuhalten: Aufgrund seiner Verortung im Schuldrecht begründet das Genussrecht, obschon in seinem Wesen maßgeblich durch aktienrechtliche Einflüsse geprägt, keine Mitgliedschaftsrechte. Daher begründet das Genussrecht keine Sozialansprüche und -pflichten zwischen Aktionären oder anderen Genussrechtsinhabern.217 Darüber hinaus ist das Genussrechtsverhältnis nicht abhängig von der jeweiligen Ausgestaltungsart, sondern vielmehr einheitlich zu bestimmen. Da der Gesetzgeber sich bei der Verortung des Genussrechts an unterschiedlichen gesetzlichen Leitbildern orientiert hat, steht es als Recht eigener Art zwischen mehreren rechtlichen Kategorien. Dies schlägt sich in einer differenzierten rechtlichen Behandlung, insbesondere bei Auslegung und Inhaltskontrolle nieder.
V. Abgrenzung zu anderen Rechtsverhältnissen Auf Grundlage der bereits herausgearbeiteten Charakteristika des aktienähnlichen Finanzierungsgenussrechts stellt sich die Frage, in welchem Verhältnis das Genussrecht mit anderen Beteiligungsrechten und Finanzierungsinstrumenten steht und wie es sich von diesen unterscheidet.
1. Aktie, insbesondere Vorzugsaktie Obwohl beide Finanzinstrumente an Gewinn und Verlust des ausgebenden Unternehmens teilnehmen, fällt es nach dem bisher Gesagten nicht schwer, eine klare Trennlinie zwischen Genussrecht und Aktie – dies gilt auch in Bezug auf die stimmrechtslose Vorzugsaktie – zu ziehen. Denn während die Zeichnung Letzterer verbandsrechtliche Mitgliedschaftsrechte an der Gesellschaft des Emittenten begründet, führt der Erwerb eines Genussrechts zu einer Rechtsverbindung ausschließlich auf schuldrechtlicher Ebene.218 Überdies lässt sich mit der Ausgabe von Finanzierungsgenussrechten zwar das haftende Eigenkapital (in Form des Ergänzungskapitals), jedoch nicht das Grundkapital verbreitern.
217 218
So bereits Gottlieb, Genußschein im deutschen Recht, S. 25. Vgl. hierzu bereits B. III. 1. e).
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2. (Gewinn-)Schuldverschreibung Auch im Hinblick auf Schuldverschreibung und Gewinnschuldverschreibung im Sinne des § 221 Abs. 1 S. 1 Var. 2 AktG weist das Genussrecht deutliche Unterscheidungsmerkmale auf. Keine Abgrenzungsprobleme bestehen für diejenigen Titel, die andere (Vermögens-)Rechte als die Teilnahme am Gewinn gewähren219, die nicht verbrieft sind220 oder deren Ausschüttung vom Gewinn des Emittenten unabhängig ist.221 Ebenso ist die dem aktiengleichen Finanzierungsgenussrecht eigentümliche Verlustteilnahme mit dem partiarischen Charakter der Gewinnschuldverschreibung unvereinbar.222
3. Stille Gesellschaft Die Gemeinsamkeiten von stiller Gesellschaft und Genussrecht erschöpfen sich in der Tatsache, dass beide eine vermögensrechtliche Beteiligung auf schuldrechtlicher Grundlage vorsehen, die neben der Teilnahme am Gewinn auch die Verlustpartizipation umfasst. Doch fehlt es dem Verhältnis von Emittent zu Genussrechtsinhaber an einem gemeinsamen, überindividuellen Zweck, der von beiden Vertragsparteien gleichermaßen verfolgt wird.
4. Partiarisches Darlehen Die Übereinstimmungen zwischen Genussrecht und partiarischen Darlehen sind nicht zu übersehen: Während weder das eine noch das andere aufgrund der Stellung im Schuldrecht eine Mitgliedschaft am emittierenden Unternehmen begründet,223 partizipieren beide im Erfolgsfall an dessen Erträgen. Doch unterscheidet sich das aktienähnliche Genussrecht vom partiarischen Darlehen durch die zwingende Teilnahme an Verlusten.224
219 So z. B. ein Bezugsrecht auf Aktien oder weitere Genussrechte, vgl. hierzu auch Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 68; Haberstock/Greitemann, in: Hölters, AktG, § 221 Rn. 24. 220 Die Verbriefung ist im Gegensatz zum Genussrecht bei der Gewinnschuldverschreibung obligatorisch, vgl. Habersack, MüKoAktG, § 221 Rn. 54. 221 Hedrich, Genussschein als eigenkapitalverstärkendes Finanzierungsinstrument, S. 48; Reusch, in: Recht und Praxis der Genußscheine, S. 23, 26 f.; Sethe, AG 1993, 293, 299. 222 Vgl. B. III. 2. a) cc). 223 Der für eine organisationsrechtliche Verbindung erforderlichen Absicht gesellschaftlichen Zusammenwirkens fehlt es beiden, Ernst, Genußschein, S. 121. 224 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 62 II 1 c bb, S. 1857, in Abgrenzung zur stillen Gesellschaft; Sethe, AG 1993, 293, 297.
VI. Emittentenkreis
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5. Teilgewinnabführungsvertrag Durch einen Teilgewinnabführungsvertrag verpflichtet sich eine Aktiengesellschaft, einen Teil ihres Gewinns oder den Gewinn einzelner ihrer Betriebe ganz oder zum Teil an einen anderen abzuführen, § 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG. Auch Inhaber von Finanzierungsgenussrechten partizipieren durch die Ausschüttung einer erfolgsabhängigen Dividende am Gewinn der Gesellschaft. Diese Parallele lässt deutlich werden, dass eine Überschneidung der Tatbestände von Genussrecht und Teilgewinnabführungsvertrag zumindest denkbar ist. Eine Entscheidung darüber, welcher der beiden Regelungen ein Vertrag, durch den Gewinne an den Vertragspartner abgeführt werden, schließlich unterliegt, ist im Hinblick auf deren unterschiedliche Rechtsfolgen geboten. Zwar ist der Ausgabe von Genussrechten sowie dem Abschluss eines Teilgewinnabführungsvertrags gemein, dass sie eines Hauptversammlungsbeschlusses bedürfen. Doch während den Aktionären im Rahmen des § 221 Abs. 3, Abs. 4 AktG darüber hinaus ein Bezugsrecht einzuräumen ist, gebieten §§ 292 Abs. 1 Nr. 2, 294 Abs. 1 Abs. 2 AktG zur Wirksamkeit des Vertrages, dass dieser ins Handelsregister eingetragen wird. Unter Berücksichtigung der schwierigen Abgrenzbarkeit beider Vertragstypen geht die herrschende Meinung deswegen davon aus, dass zunächst einmal jedes (aktienähnliche) Genussrecht auch den Tatbestand des § 292 Abs. 1 Nr. 2 AktG erfüllen kann.225 Dessen Anforderungen, insbesondere die Handelsregistereintragung, muss das Genussrecht gleichwohl nicht erfüllen, da § 294 AktG insofern durch die speziellere Regelung des § 221 Abs. 3, Abs. 4 AktG verdrängt wird.226
VI. Emittentenkreis Wie sich aus der Analyse der Genussrechtsbedingungen ergeben hat, handelt es sich bei den Emittenten, deren Genussscheine an deutschen Börsen gehandelt werden, nicht ausschließlich um Aktiengesellschaften.227 Zwar stellen diese die deutliche Mehrheit, daneben finden sich jedoch auch Unternehmen in Rechtsform der Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), der eingetragenen Genossenschaft (eG), der Gesellschaft mit beschränkter Haftung & Compagnie Komman225
Busch, AG 1994, 93, 97; Feddersen/Meyer-Landrut, ZGR 1993, 312, 316; Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 72 ff.; Hirte, ZBB 1992, 50 f.; Silberberger, Partizipationsschein, S. 152; ausführlich hierzu Eyber, Genußrecht und Teilgewinnabführungsvertrag, S. 71 ff. 226 Im Kern auch BGH, Urt. v. 21. 7. 2003 – II ZR 109/02 = BGHZ 156, 38, 43 = NJW 2003, 3412 („Deutsche Hypothekenbank AG“): die stille Gesellschaftsbeteiligung sei Teilgewinnabführungsvertrag und unterliege insofern „ihren eigenen Regeln nach § 293 ff. AktG“; Hirte, ZBB 1992, 50 f.; nach Feddersen/Meyer-Landrut, ZGR 1993, 312, 315 erteilt der BGH dieser Auffassung im Urteil „Bremer Bankverein“ jedoch eine Absage, indem er mit keinem Wort auf diese Problematik eingeht. 227 Vgl. hierzu die praktischen Befunde unter B. III. 3.
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B. Grundlagen
ditgesellschaft (GmbH & Co. KG) sowie der Anstalt öffentlichen Rechts (AöR). Trotz dieser faktischen Emittentenvielfalt ist seit jeher umstritten, ob als Emittent aktienähnlich ausgestalteter Finanzierungsgenussrechte auch andere Rechtspersönlichkeiten als die AG, deren Möglichkeit Genussrechte auszugeben aufgrund der ausdrücklichen Regelung in § 221 Abs. 3 AktG unbestritten ist, in Frage kommen. Denn die Begebung von Genussrechten durch die GmbH hat etwa zur Folge, „daß ein von der Rechtsform her nicht emissionsfähiges Unternehmen […] Genußscheine als Instrument für den Börsenzugang“ nutzbar machen kann.228 Durch die wesentlich geringere Satzungsstrenge und das Fehlen von auf eine „breite Publikumsbeteiligung ausgelegten Rechtsvorschriften“ könnte eine Umgehung aktienrechtlicher Regelungen, wie sie für die AG oder KGaA gelten, zu befürchten sein.229 Im Hinblick auf die eingetragene Genossenschaft könnte indessen § 19 Abs. 1 S. 1 GenG230 Anlass zur Annahme geben, eine Ausschüttung an außerhalb der Genossenschaft stehende Inhaber von Gläubigerrechten sei prinzipiell ausgeschlossen. Schließlich stellt sich die Frage gleichermaßen für Personengesellschaften wie für (Einzel-)Kaufleute, insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Erhaltung des gegen Ausgabe der Genussrechte eingezahlten Kapitals. Denn Kapitalbindungsvorschriften, wie sie im Aktienrecht existieren, sind dort nicht zu finden.231 Entgegen der im Schrifttum vorgebrachten Bedenken ist davon auszugehen, dass eine Emission von Genussrechten nicht an eine bestimmte Rechtsform des Unternehmensträgers gebunden ist.232 Hieran hindert weder der Umstand, dass das Genussrecht nur im Aktiengesetz erwähnt wird, noch das vermeintliche genossenschaftsrechtliche Verbot der Gewinnausschüttung an Fremdgläubiger.233 Denn obschon sich in § 58 Abs. 4 AktG und § 29 Abs. 1 GmbHG für AG und GmbH entsprechende Regelungen finden, wurde hieraus zu keiner Zeit ein vergleichbarer Schluss gezogen und die Zulässigkeit der Genussrechtsausgabe bestritten.234 So wie § 221 AktG nicht die Zulässigkeit der Ausgabe von Genussrechten statuiert, sondern lediglich deren Voraussetzungen vorgibt,235 lässt auch das Fehlen von Vorschriften in 228
Vollmer, ZGR 1983, 445, 446 f. Rid-Niebler, Genußrechte für die GmbH, S. 74 f., die, um diese Konkurrenz zu vermeiden, nur eine Ausgabe obligationsähnlicher Genussrechte durch die GmbH (unter entsprechender Heranziehung des § 139 Abs. 2 AktG) für möglich hält. In diesem Sinne ferner Reuter, Gutachten zum 55. DJT, B 26 f. 230 „Der bei Feststellung des Jahresabschlusses für die Mitglieder sich ergebende Gewinn oder Verlust des Geschäftsjahres ist auf diese zu verteilen.“ 231 Vollmer, ZGR 1983, 445, 453. 232 So auch Reusch, in: Recht und Praxis der Genußscheine, S. 23; Lindemann, Gewinnabhängige Ansprüche, S. 18 ff.; Vollmer, ZGR 1983, 445, 453. 233 So die h. M.: Frantzen, Genußscheine, S. 26 f.; Lühn, Bilanzierung, S. 57 ff.; Möschel, ZHR 149 (1985), 206, 233. 234 Lühn, Bilanzierung, S. 58; Möschel, ZHR 149 (1985), 206, 233. 235 Frantzen, Genußscheine, S. 24. 229
VII. Zwischenergebnis
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GmbH, GenG oder HGB nicht auf die generelle Unzulässigkeit der Emission in den jeweiligen Rechtsformen schließen. Nichtsdestotrotz kommt man nicht umhin, die Genussrechtsemission je nach Rechtsform des Emittenten auch außerhalb des AktG gegebenenfalls besonderen Anforderungen zu unterwerfen. Bei der Ausgestaltung der Genussrechtsbedingungen ist den Eigenarten der Rechtsform des Unternehmensträgers daher Rechnung zu tragen. Für Kreditinstitute wird die hier getroffene Einschätzung zudem durch die Wertungen des KWG bestätigt. Denn wie sich aus § 2b Abs. 1 KWG ergibt, dürfen zumindest Kreditinstitute in sämtlichen Rechtsformen (mit Ausnahme des Einzelkaufmanns) betrieben werden. Für Wertpapierhandelsunternehmen, die auch in der Form eines Einzelkaufmanns oder einer Personenhandelsgesellschaft betrieben werden können, legt § 2b Abs. 2 KWG in Bezug auf die Kapitalerhaltung zwar strengere Maßstäbe an, gebietet eine Emission von Genussrechten jedoch im Grundsatz, vgl. §§ 10 Abs. 1, Abs. 5, 2b, 1 Abs. 3d S. 2, S. 3 KWG.236
VII. Zwischenergebnis Das Genussrecht ist ein Gläubigerrecht eigener Art, das Vermögensrechte gewährt, wie sie typischerweise einem Gesellschafter zustehen. Aufgrund der Vielzahl an Ausgestaltungsparametern ist eine flexible und bedürfnisgerechte Gestaltung der Genussrechtsbedingungen denkbar. In der Emissionspraxis unterliegen diese indessen einer weitgehenden Standardisierung. Dabei hat sich der Typus des – rechtlich zulässigen – aktienähnlichen Genussrechts durchgesetzt. Dieser sieht vor, dass der Anleger durch eine gewinnabhängige Ausschüttung an den Erfolgen des Emittenten partizipiert, im Verlustfall jedoch das wirtschaftliche Risiko mitträgt, indem sich sein Rückzahlungsanspruch entsprechend mindert und er seine Ansprüche im Vergleich zu übrigen Gläubigern nur nachrangig geltend machen kann.
236
Vgl. hierzu Hirte, in: GroßKommAktG, § 221 Rn. 337.
C. Das Genussrecht als eigenkapitalverstärkendes Finanzierungsinstrument I. Eigen- und Fremdfinanzierung im Unternehmen 1. Begriffsbestimmungen Als Finanzierungsinstrument dient das aktienähnliche Genussrecht – wie auch die übrigen Titel des § 221 AktG – dazu, dem Emittenten frisches Kapital zuzuführen. Das Kapital als Gesamtheit der Mittel, welche für Investitionszwecke zu Verfügung stehen sollen,237 teilt das Bilanzrecht nach §§ 266 Abs. 3 lit. A., 247 Abs. I, 272 HGB in zwei unterschiedliche Kategorien ein: das Eigen- und das Fremdkapital.238 Eine (Legal-)Definition dieser Begrifflichkeiten bietet das Handelsrecht allerdings nicht.239 Vielmehr bewendet es das HGB in den §§ 266 Abs. 3 lit. A., 272 HGB mit einer Inhaltsbestimmung des Eigenkapitals. Aus diesen Regelungen geht hervor, welche Posten als Eigenkapital berücksichtigt werden, nämlich das gezeichnete Kapital (also im Falle der AG das Grundkapital), Kapital- und Gewinnrücklagen sowie Gewinnvortrag und Jahresüberschuss. Zwar konkretisiert § 272 HGB diese Angaben, indem er die einzelnen Posten näher beschreibt. Die Anforderungen an das Eigenkapital ergeben sich hieraus jedoch nicht.240 Im Hinblick auf das Fremdkapital findet sich im Bilanzrecht des HGB gar weder eine Begriffs- noch eine Inhaltsbestimmung. Jedoch ist anerkannt, dass der Terminus als Oberbegriff der Bilanzposten Rückstellungen und Verbindlichkeiten verstanden wird. Er wird im HGB in anderem Zusammenhang stillschweigend vorausgesetzt.241 237
Luttermann, Unternehmen, S. 6, in Anlehnung an Preiser, in: Festschrift Rieger, S. 20 f. Für den Fortgang der Untersuchung sind ausschließlich der bilanz- und aufsichtsrechtliche Begriff des Eigenkapitals maßgeblich, weswegen von der steuerrechtlichen Begriffsbestimmung, die hiervon in Teilen erheblich abweicht, abgesehen wird. Zur steuerlichen Einordnung: Lühn, Bilanzierung, S. 1 ff.; Welter, in: Recht und Praxis der Genußscheine, S. 49 ff. 239 Insofern stellen die Begriffe Eigen- und Fremdkapital unbestimmte Rechtsbegriffe dar, die einer nähern inhaltlichen Bestimmung bedürfen, vgl. hierzu auch Emmerich/Naumann, Wpg 1994, 677, 678. 240 Auch sonst findet sich eine positivgesetzliche Definition des Eigenkapitals im bilanzrechtlichen Sinne in BGB oder HGB ebenso wenig wie eine Vorgabe durch die Betriebswirtschaftslehre oder gar naturrechtlicher Art, vgl. Kraft, in: Festschrift R. Schmidt, S. 739; Möschel, ZHR 149 (1985), 206, 214. 241 Vgl. § 255 Abs. 3 HGB sowie § 284 Abs. 2 Nr. 5 HGB. 238
II. Eigenkapitalfinanzierung durch Hybrid-/Mezzanine-Kapital
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2. Funktionen von Eigen- und Fremdkapital Vornehmliche Aufgabe des Eigenkapitals ist es, für Schulden des Unternehmens einzustehen und Verluste abzufedern, bevor diese auf Forderungen der Gläubiger durchschlagen (sog. Puffer-, Haftungs- oder Garantiefunktion).242 Darüber hinaus kann es sinnvoll sein, langfristige (Risiko-)Investitionen, bei denen Unklarheit darüber besteht, ob und wann sie sich auszahlen, auf Grundlage von Eigenkapital zu finanzieren, da so Unwägbarkeiten und gewinnunabhängige Finanzierungskosten (z. B. starre Zinsvereinbarungen, fixe Rückzahlungstermine), wie sie bei der Aufnahme von Fremdkapital üblich sind, vermieden werden können.243 Besonders in mittelständischen Unternehmen ist das Vorhandensein einer ausreichenden Eigenkapitalbasis unverzichtbar, da diese – im Unterschied zu Großunternehmen – in der Krise nicht in gleicher Weise auf Unterstützung von Banken oder den Staat hoffen können.244 Eine andere Funktion in der unternehmerischen Kapitalstruktur kommt hingegen den als Fremdkapital bezeichneten Verbindlichkeiten zu, mittels derer sich Unternehmen typischerweise erfolgsunabhängig und befristet Kapital beschaffen. Im Gegensatz zum Eigenkapital lässt sich die Beschaffung solchen Kapitals tendenziell flexibler und vor allem kurzfristiger realisieren. Zudem bringt die Aufnahme von Fremdkapital dann einen besonderen finanziellen Nutzen mit sich, wenn die hierbei entstehenden Kosten, wie insbesondere Zinszahlungen, unter denen liegen, die etwa durch Ausschüttungen der den Eigenkapitalgebern geschuldeten Rendite entstehen (Leverage-Effekt).245
II. Eigenkapitalfinanzierung durch Hybrid-/Mezzanine-Kapital Aufgrund dieser deutlichen Unterschiede in Funktion und Inhalt scheint die Grenzziehung zwischen Eigen- und Fremdkapital unproblematisch. Da die deutsche Bilanzierungssystematik im Grundsatz „bei der Verteilung der Insolvenzrisiken auf Gesellschaft und Gläubiger [grundsätzlich] von einer Dichotomie von Fremd- und Eigenkapital aus[geht]“,246 wurde eine Abgrenzung von Eigen- und Fremdkapital klassischerweise dahingehend vorgenommen, dass die der Gesellschaft durch aus der 242 Gehling, WM 1992, 1093, 1096 f.; Habersack, ZHR 155 (1991), 378, 382, 396; Hager, Bilanzierung von Mezzanine-Kapital, S. 12 f.; Lühn, Bilanzierung, S. 75 ff.; Wengel, DStR 2000, 395, 397. 243 Feddersen/Knauth, Eigenkapitalbildung, S. 7; Habersack, ZHR 155 (1991), 378, 381 f; Reuter, Gutachten zum 55. DJT, B 7, S. 1 ff. 244 Herlitz, Kreditwesen 1982, 172; Vollmer, ZGR 1983, 445, 448. 245 Luttermann, Unternehmen, ,S. 9 ff. 246 Busch, AG 1994, 93, 99; Busch AG 1993, 163, 165; Wengel, DStR 2000, 395.
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C. Das Genussrecht als Finanzierungsinstrument
Gesellschaftersphäre zufließenden Kapitalia Eigenkapital und Investitionen außenstehender Gläubiger auf schuldrechtlicher Grundlage stets Fremdkapital darstellen sollten. Für die aus der Ausgabe von Genussrechten entstehenden Verbindlichkeiten würde dies bedeuten, dass diese zwingend als Fremdkapital auszuweisen wären, da die Rechtsbeziehung zwischen Genussrechtsinhaber und Emittent doch gerade nicht im Organisations- sondern (als Dauerschuldverhältnis eigener Art) im Vertragsrecht wurzelt.247 In der Finanzierungspraxis erweist sich die Abgrenzung der beiden Kapitalarten indessen als komplizierter. Denn den tatsächlichen Gegebenheiten an den Kapitalmärkten würde man nicht gerecht, ginge man bei der Bilanzierung von Finanzinstrumenten von einer derartigen Polarisierung aus. Vielmehr hat sich über die Jahre hinweg zwischen der Finanzierung durch „originäre“ Instrumente248, wie die Aktie auf der einen oder Darlehen oder Anleihen auf der anderen Seite, ein breites Spektrum an Mischfinanzierungen gebildet. Aufgrund dieser Entwicklung gilt heute als anerkannt, dass Eigenkapital nicht notwendigerweise aus der Gesellschaftersphäre stammen muss, sondern auch auf Grundlage eines schuldrechtlichen Vertrags zugeführt worden sein kann.249 Die Unterscheidung zwischen Eigen- und Fremdkapital ist also nicht anhand der Rechtsnatur der Finanzierung, sondern nach funktionalen Kriterien vorzunehmen. Aus der Ausgabe von Finanzinstrumenten zugeflossene Vermögenswerte können daher Eigenkapital darstellen, sofern sie den eben erläuterten Funktionen des Eigenkapitals250 genügen. Entscheidendes Kriterium ist somit die Frage, welche wirtschaftlichen Risiken der Anleger bei Erwerb des Finanzierungsinstruments übernimmt.251 Eigenkapital kann dem Unternehmen nur durch diejenigen Anleger zugeführt werden, die sich am wirtschaftlichen Risiko der Gesellschaft beteiligen.252 Der Eigenkapitalgeber muss mit dem Schicksal des von ihm finanzierten Unternehmens gewissermaßen „auf Gedeih und Verderb“ verbunden sein.253 Dies ist freilich insbesondere der Fall, wenn er Anteilseigner ist und somit von Verlusten vor und 247
Vgl. oben B. IV. So die Terminologie bei Bogenschütz, Eigenkapitalbegriff, S. 51. 249 Busch, AG 1993, 163, 165; Habersack, ZHR 155 (1991), 378, 383; Vollmer, ZGR 1983, 445, 451; auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 18 II 2 a, der jedoch ausdrücklich darauf hinweist, dass Eigenkapital grundsätzlich von den Mitgliedern des Verbandes herrührt. 250 Vgl. oben C. I.; Emmerich/Naumann, Wpg 1994, 677, 678 f.; Wengel, DStR 2000, 395. 251 Luttermann, Unternehmen, S. 259. Nach Bogenschütz, Eigenkapitalbegriff, S. 106 sind diese tradierten Abgrenzungskriterien überholt, da die Ausgestaltung von Hybridkapital häufig von den klassischen Risikostrukturen abweicht. Daher bedarf es vielmehr eines pragmatischinstrumentellen Verständnisses des Eigenkapitalbegriffs. 252 Habersack, ZHR 155 (1991), 378, 393; Luttermann, DB 1993, 1809, der jedoch allzu pauschal annimmt, jegliches Genusskapital stelle Risikokapital dar. Bis zu welcher Grenze der Anleger das Risiko zu tragen hat, wird unter D. III. 2. zu klären sein. Dass darüber hinaus noch zahlreiche weitere Fälle der Risikoübernahme vorliegen, wird sogleich unter C. II. deutlich. 253 Habersack, ZHR 155 (1991), 378, 383. 248
II. Eigenkapitalfinanzierung durch Hybrid-/Mezzanine-Kapital
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schließlich auch in der Insolvenz besonders betroffen wird. Darüber hinaus können solche Risiken jedoch auch jedem Dritten kraft vertraglicher Vereinbarung, etwa einer Verlustbeteiligung, eines Rangrücktrittes in der Insolvenz oder einer an den unternehmerischen Erfolg des Emittenten gekoppelten Ausschüttung eingeräumt werden. Demgegenüber bleibt ein Kapitalgeber, dessen Rückzahlungsanspruch der Höhe nach oder im Bestehen nicht von dem wirtschaftlichen Schicksal der Gesellschaft abhängt, von solchen Risiken verschont. Da das von ihm zur Verfügung gestellte Vermögen in der Insolvenz nicht verloren geht, sondern lediglich entwertet wird,254 stellt es eine Verbindlichkeit dar, die eine Anrechnung (nur) als Fremdkapital zur Folge hat. Durch die Möglichkeit, Forderungen auch auf rein schuldrechtlicher Grundlage unter bestimmten Voraussetzungen255 bilanziell dem Eigenkapital zuzurechnen,256 erfreuen sich Mischfinanzierungen zusehends an Beliebtheit. Unter dem Sammelbegriff hybride Finanzinstrumente oder auch Mezzanine-Kapital257 werden all solche Finanzierungsformen zusammengefasst, die zwischen Eigenkapital im klassischen Sinne und Fremdkapital angesiedelt sind.258 Je nach Art der Ausgestaltung können hierzu neben dem aktienähnlichen Genussrecht auch nachrangige Darlehen, Wandelund Optionsanleihen oder Beteiligungen als stiller Gesellschafter zählen. Dass derartige Hybridfinanzierungen immer mehr ins Interesse der Emittenten rücken, rührt daher, dass sie die Vorteile einer Zuführung von haftendem Eigenkapital mit denen der bloßen schuldrechtlichen Verbindung vereinen. So hat beispielsweise die Erreichung einer bestimmten Eigenkapitalquote, wie sie insbesondere seit der Neuregelung der Eigenkapitalanforderungen durch Basel II259 erforderlich ist, eine verbesserte Bewertung des Unternehmens durch Rating-Agenturen und Kreditinstitute zur Folge, was sich wiederum in vergünstigten Konditionen für Kredite niederschlägt.260 Im Gegensatz zu den im Gesellschaftsrecht vorgesehenen Kapitalbeschaffungsmaßnahmen, etwa einer ordentlichen Kapitalerhöhung durch Ausgabe neuer Aktien, ist es jedoch nicht notwendig, zusätzliche mitspracheberechtigte Anteilseigner an den Entscheidungen über die Geschicke des Unternehmens zu beteiligen. Auch bieten die hohe Flexibilität der Finanzierungsform Genussrecht, die 254
Busch, AG 1993, 163, 165. Zu deren erforderlichem Inhalt vgl. unten C. III. sowie C. IV. 256 Busch, AG 1993, 163, 165. 257 Wie die Begriffe Hybrid oder Mezzanine bringt auch die Bezeichnung einer „Zwitterstellung“ (Van Look, in: Recht und Praxis der Genußscheine, S. 36) des Finanzierungsgenussrechts zum Ausdruck, dass sich dieses auf der Nomenklatur der Finanzinstrumente nicht per se als Maßnahme zur Beschaffung von Eigen- oder Fremdkapital einordnen lässt, sondern abhängig von der Art der Ausgestaltung zwischen diesen beiden Sektoren angesiedelt ist. 258 Hager, Bilanzierung von Mezzanine-Kapital, S. 5 f. 259 Vgl. die Empfehlungen des Baseler Ausschusses für Bankenaufsicht: Internationale Konvergenz der Eigenkapitalmessung und Eigenkapitalanforderungen, Juni 2004 (http:// www.bundesbank.de/bankenaufsicht/bankenaufsicht_basel.php); in englischer Urfassung: http://www.bis.org/publ/bcbs128.htm. 260 Bogenschütz, Eigenkapitalbegriff, S. 46 f. 255
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C. Das Genussrecht als Finanzierungsinstrument
„nahezu jede mögliche Variation von Risiko und Ertragschance“261 ermöglicht,262 sowie die steuerlich günstige Behandlung von Hybriden weitere Anreize für eine Emission solcher Finanzierungsinstrumente.
III. Bilanzrechtliche Wesensmerkmale von Eigenkapital in der Aktiengesellschaft Damit aus Genussrechtsemissionen zugeflossenes Kapital den Funktionen von Eigenkapital gerecht wird, ist notwendig, dass es bestimmte qualitative Anforderungen erfüllt. Denn es ist sicherzustellen, dass das Kapital zu Haftungszwecken in der Gesellschaft verbleibt. Die Untersuchung dieser Voraussetzung beschränkt sich im Folgenden auf die Anforderungen nach den handelsrechtlichen Vorschriften über die Rechnungslegung. Die International Financial Reporting Standards (IFRS)263 finden keine Berücksichtigung. In Literatur und Bilanzierungspraxis haben sich folgende Voraussetzungen herausgebildet, unter deren kumulativem Vorliegen sich Genusskapital als haftendes Eigenkapital berücksichtigen lässt: die Erfolgsabhängigkeit des Kapitals, die ausschließlich nachrangige Behandlung vor und in der Insolvenz sowie die Dauerhaftigkeit der Kapitalüberlassung.264
1. Erfolgsabhängigkeit Vom Erfolg des Unternehmens ist das Genusskapital nur dann abhängig, wenn es auf der einen Seite nur im Erfolgsfall an Gewinnen der Gesellschaft partizipiert 261
Luttermann, Unternehmen, S. 258 f. Diesem vermeintlichen Vorteil kommt indessen ausschließlich theoretische Bedeutung zu. Denn mehr als die Flexibilität der Ausgestaltung schätzen Emittenten und Anleger die Vergleichbarkeit der Genussrechte am Kapitalmarkt, die sich jedoch nur durch eine Standardisierung der Genussrechtsbedingungen erreichen lässt. 263 Obschon sich die Voraussetzungen für die bilanzielle Behandlung als Eigenkapital nach Maßgabe des International Accounting Standards (IAS) 32 von denen des HGB unterscheiden, weisen die Voraussetzungen in Bezug auf Genussrechte folgende Parallelen auf: eine Koppelung der zu leistenden Zahlungen an die Aktionärsdividende sowie eine unbegrenzte und nicht durch Kündigung zu unterwandernde Laufzeit. Vgl. hierzu ausführlich: Dürr, MezzanineKapital, S. 1 ff.; Hager, Bilanzierung von Mezzanine-Kapital, S. 1 ff.; Kraft, in: Festschrift R. Schmidt, S. 746 ff.; Mentz, in: MüKoBil, IAS 32 Rn. 123 ff.; Reiner, in: MüKoHGB, § 272 Rn. 96. 264 Vgl. Stellungnahme des Hauptfachausschusses des Instituts der Wirtschaftsprüfer in Deutschland e. V. (HFA-Stellungnahme) 1/1994, WPg 1994, 419 ff.; zu dieser auch Dürr, Mezzanine-Kapital, S. 228 ff.; im Übrigen Emmerich/Naumann, WPg 1994, 677, 680 ff.; Feddersen/Knauth, Eigenkapitalbildung, S. 12; Kraft, in: Festschrift R. Schmidt, S. 739 ff.; Lühn, Bilanzierung, S. 83 ff.; Obermüller, Genussrecht als Sanierungsinstrument, S. 84 ff. 262
III. Bilanzrechtliche Wesensmerkmale von Eigenkapital in der Aktiengesellschaft
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(Gewinnabhängigkeit) und auf der anderen Seite die Verluste der Gesellschaft mitträgt (Verlustteilnahme). Anders als dem bloßen Darlehensgeber unterliegt der Inhaber eigenkapitalersetzender Genussrechte also bereits hinsichtlich der Frage, ob und in welchem Umfang er für die Überlassung seines Kapitals vergütet wird, dem wirtschaftlichen Risiko des Unternehmens.265 Die Ausschüttung der vereinbarten Dividende darf daher nur im Falle eines ausgewiesenen Gewinns (also dem Vorliegen eines Bilanzgewinns oder einer anderen „Erfolgsgröße“ wie z. B. dem Jahresüberschuss oder dem positiven ordentlichen Betriebsergebnis266) und ausschließlich aus frei verfügbaren Eigenkapitalbestandteilen erfolgen. Denn andernfalls wäre zu befürchten, dass in Folge der Ausschüttung die Haftungsmasse des Emittenten gemindert würde.267 Die Teilnahme der Anleger auch am Verlust der Gesellschaft bedeutet, dass neben dem Stamm- oder Grundkapital auch das Genusskapital aufgewendet wird, um wirtschaftliche Verluste auszugleichen. So belasten diese zunächst die Eigen- und erst danach die Fremdkapitalgeber.268 Dies kann entweder als sog. laufende Verlustbeteiligung vor der Liquidation geschehen, etwa durch Auflösung von Rücklagen (stille Reserven, freie oder gesetzliche Rücklagen), oder durch Herabsetzung des Genusskapitals bis zur vollen Höhe, die den Inhaber spätestens im Zeitpunkt der vereinbarten Rückzahlung belastet.269
2. Nachrangigkeit Damit die Haftungsfunktion des Eigenkapitals aus Genussrechten auch bei Insolvenz (vgl. § 39 Abs. 2 InsO) oder Liquidation (vgl. § 264 ff. AktG und insbesondere § 271 AktG) der Gesellschaft gewahrt bleibt, ist vonnöten, dass Ansprüche der Genussberechtigten nachrangig bedient werden.270 Die Partizipation am Verlust vollzieht sich in diesen Fällen dergestalt, dass dem Anleger die Geltendmachung seiner Ansprüche auf Kapitalrückzahlung erst nach Befriedigung aller nicht nach-
265 Dieses Risiko findet sein Äquivalent im Recht der Aktiengesellschaft in Form der Ausschüttungs- und Verlustrechnungsvorschriften, HFA-Stellungnahme 1/1994, WPg 1994, 419, 420; Emmerich/Naumann, WPg 1994, 677, 681. 266 Wengel, DStR 2000, 295, 396. Im Rahmen des Zulässigen ist eine feste Mindestvergütung allerdings nur, sofern diese aus dem ausschüttungsfähigen Gewinn geleistet wird, vgl. Reusch, in: Recht und Praxis der Genußscheine, S. 29. 267 Kraft, in: Festschrift R. Schmidt, S. 741 f.; Lühn, Bilanzierung, S. 86 f. 268 Angerer, Genußrechte als Finanzierungsinstrument, S. 215 f.; Bogenschütz, Eigenkapitalbegriff, S. 33; Habersack, ZHR 155 (1991), 378, 382; Hirte, ZIP 1988, 477, 478; Reusch, in: Recht und Praxis der Genußscheine, S. 29; Vollmer, ZGR 1983, 445, 451. 269 Kraft, in: Festschrift R. Schmidt, S. 741. 270 Busch, AG 1993, 163, 165.
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C. Das Genussrecht als Finanzierungsinstrument
rangig gestellten Gläubiger möglich ist. 271 Im Verhältnis zu allen übrigen Eigenkapitalgebern, vor allem zu Aktionären oder anderen Nachranggläubigern, steht einer vor- oder gleichrangigen Bedienung der Genussrechtsinhaber indes nichts entgegen.
3. Dauerhaftigkeit Ebenso wie das Stammkapital als klassisches Eigenkapital strengen Kapitalaufbringungs-272 und Kapitalbindungsvorschriften273 unterliegt, ist es für eigenkapitalersetzende Mittel geboten, deren langfristige Verfügbarkeit sicherzustellen und einen willkürlichen vorzeitigen Entzug zulasten der Fremdkapitalgeber zu unterbinden.274 Daher gilt es, die Dispositionsfreiheit der beteiligten Vertragsparteien für eine gewisse Zeitspanne zu beschränken, etwa durch Ausschluss einseitiger Kündigungsrechte275 oder Verbot der einvernehmlichen Rückzahlung des Genusskapitals.276 Nicht hiervon berührt wird hingegen die Einräumung außerordentlicher Kündigungsrechte.277 Da die Ausübung solcher Gestaltungsrechte nicht beliebig erfolgen kann, sondern stets an den Eintritt bestimmter Ereignisse gebunden ist, Emittent und Anleger somit nicht frei über das Bestehen des Genussrechtsverhältnisses verfügen können, besteht die Gefahr eines beliebigen oder eigenmächtigen Kapitalabflusses nicht.278 Die Kapitalüberlassung muss nicht auf unbestimmte Zeit angelegt sein.279 Grundsätzlich ist es zulässig, sie zeitlich zu begrenzen.280 Um dennoch zu gewährleisten, dass das Kapital dem Emittenten langfristig zur Verfügung steht, darf die Kapitalrückzahlung jedoch nicht vor Ablauf einer gewissen Frist erfolgen. Da es an gesetzlichen Richtwerten fehlt, gehen die Meinungen über die erforderliche Mindestdauer der Kapitalbelassung auseinander. Das Spektrum der in der Literatur vorgeschlagenen Laufzeiten reicht von fünf, sieben281 oder 15 bis hin zu 25 Jahren.282 271 HFA-Stellungnahme 1/1994, WPg 1994, 419, 420; Bogenschütz, Eigenkapitalbegriff, S. 34; Emmerich/Naumann, WPg 1994, 677, 681; Kraft, in: Festschrift R. Schmidt, S. 740; Vollmer, ZGR 1983, 445, 452. 272 Z. B. §§ 27, 36a, 52 Abs. 1, 66 AktG. 273 Z. B. §§ 57, 71 AktG. 274 Bogenschütz, Eigenkapitalbegriff, S. 35 ff.; Habersack, ZHR 155 (1991), 378, 382; Hirte, ZIP 1988, 477, 478; Reusch, in: Recht und Praxis der Genußscheine, S. 29. 275 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 18 II 2 a. 276 Habersack, ZHR 155 (1991), 378, 382; Vollmer, ZGR 1983, 445, 451 ff. 277 Dies wäre auch gar nicht zulässig, vgl. B. III. 1. g). 278 Kraft, in: Festschrift R. Schmidt, S. 744 f.; krit. Häuser, Eigenmittel der Kreditinstitute, S. 199; Wengel, DStR 2000, 395, 397. 279 So jedoch Lühn, Bilanzierung, S. 90. 280 Habersack, ZHR 155 (1991), 378, 382 Fn. 22. 281 Kraft, in: Festschrift R. Schmidt, S. 743; Stegemann, GStB 2004, 208 ff. 282 Emmerich/Naumann, WPg 1994, 677, 683.
IV. Spezielle aufsichtsrechtliche Anforderungen des KWG
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Für den sogleich noch näher zu betrachtenden Sonderfall der Emission von Genussrechten durch Kreditinstitute sieht die Regelung des § 10 Abs. 5 Nr. 3 KWG eine Zeitspanne von zumindest fünf Jahren vor, für welche das Kapital beim Kapitalnehmer zu verbleiben hat. Das Bankenaufsichtsrecht legt mit den Vorgaben des § 10 KWG für Kredit- und Finanzdienstleistungsinstitute im Vergleich zu den allgemeinen Vorschriften des Gesellschaftsrechts besonders strenge Maßstäbe an. Daher ist a majore ad minus davon auszugehen, dass dem Merkmal der Dauerhaftigkeit bereits bei einer Überlassung des Kapitals für zumindest fünf Jahre genügt wird.283
4. Ausweis als Eigenkapital Sind die drei vorgenannten Anforderungen erfüllt, ist zudem erforderlich, dass das Genusskapital ausdrücklich als solches in der Bilanz ausgewiesen wird. Dabei muss aus den, nach § 160 Abs. 1 Nr. 6 AktG obligatorischen Angaben im Anhang die Art und Weise der Ausgestaltung des Genussrechts hervorgehen. Der Eigenkapitalcharakter des Genussrechts ist deshalb darzulegen.284
IV. Spezielle aufsichtsrechtliche Anforderungen des KWG an eigenkapitalverstärkende Genussrechte 1. Vorüberlegungen Als hybrides Finanzierungsinstrument befindet sich das aktienähnliche Genussrecht an einer Schnittstelle von Schuld- und Gesellschaftsrecht. Im Falle der Emission durch ein Kreditinstitut tritt mit dem Bankenaufsichtsrecht ein weiteres Rechtsgebiet hinzu.285 Über die eben dargestellten Grundsätze der Finanzierung hinaus enthält das Kreditwesengesetz für das Bankengewerbe detaillierte Vorschriften, durch welche die allgemeinen bilanzrechtlichen Eigenkapitalanforderungen ergänzt und konkretisiert werden. „Grundpfeiler“286 bzw. „zentrale
283
Selbst wenn gemäß der Einschätzung des IDW die Vorschrift des § 10 Abs. 5 KWG für die Bewertung des Eigenkapitals in der Handelsbilanz grundsätzlich unerheblich, ist, steht dies der Annahme eines Erst-Recht-Schlusses nicht entgegen. Vgl. hierzu HFA-Stellungnahme 1/ 1994, WPg 1994, 419, 420; Wendel, DStR 2000, 395, 397. 284 HFA-Stellungnahme 1/1994, WPg 1994, 419, 420; Brönner, in: GroßKommAktG, § 160 Rn. 30; Euler/Wirth, in: Spindler/Stilz, AktG, § 160 Rn. 27; Hirte, ZIP 1988, 477, 478; Hüffer, AktG, § 160 Rn. 16; Kraft, in: Festschrift R. Schmidt, S. 745. 285 Hammen, in: Recht und Praxis der Genußscheine, S. 69. 286 Auerbach/Fischer, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 10 Rn. 1.
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C. Das Genussrecht als Finanzierungsinstrument
Norm“287 des Finanzierungsrechts für Banken ist § 10 KWG (in Verbindung mit der Solvabilitätsverordnung288).
2. Historische Entwicklung der Eigenmittelanforderungen Bereits seit 1863 stellte das Hypothekenbankengesetz zumindest für einen eng umgrenzten Teil des Bankengewerbes Mindestanforderungen an die Eigenmittelausstattung von Banken. Die Vorstellung einer umfassenden und fortlaufenden Überwachung des gesamten Kreditwesens wurde hingegen noch zu Beginn des 20. Jahrhunderts als undenkbar und geradezu „grotesk“ abgelehnt.289 Erst in Folge der großen internationalen Wirtschafts- und Bankenkrise der zwanziger Jahre entschloss sich der Gesetzgeber zum Handeln und etablierte eine flächendeckende Beaufsichtigung mit dem KWG 1934.290 Die Aufsicht über das Kreditwesen in ihrer heutigen Gestalt und insbesondere die Eigenmittelanforderungen in § 10 KWG lassen sich indessen überwiegend auf das KWG 1961291 zurückführen. Dem umfangreichen europäischen Einfluss sowie den Entwicklungen im Bankensektor sind seither zahlreiche Änderungen im gesamten KWG geschuldet, von denen jedoch keine andere Vorschrift im KWG so häufig und grundsätzlich betroffen war wie § 10 KWG.292 Denn zunächst beinhaltete § 10 KWG lediglich Rahmenregelungen, aus denen hervorging, welche Kapitalbestandteile als Eigenmittel zu berücksichtigen waren. Um bei der praktischen Anwendung der Norm größtmögliche Flexibilität zu gewährleisten,293 wurde die Regelung technischer Fragestellungen, etwa die Angemessenheit der Eigenmittelausstattung, in rechtskomplettierende Verwaltungsvorschriften (die Grundsätze I und II) ausgelagert.294 Auch die bankenaufsichtsrechtliche Anerkennung von Genusskapital fand sich nicht von Beginn an in § 10 KWG, sondern wurde erst 1985 im Zuge der 3. KWG-
287 Boos, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 10 Rn. 1; Kokemoor, in: Beck/Samm/ Kokemoor, KWG, § 10 Rn. 4a; Kokemoor, WM 2009, 1637, 1639. 288 Verordnung über die angemessene Eigenmittelausstattung von Instituten, Institutsgruppen und Finanzholding-Gruppen, v. 14.12. 2006, BGBl. 2006 I, S. 2926. 289 So „Bankbrüche und Bankkontrollen“, in: Der Deutsche Oekonomist, zu finden bei Möschel, ZHR 149 (1985), 206. 290 Reichsgesetz über das Kreditwesen, v. 05. 12. 1934. Zur allgemeinen Entwicklung der Bankenregulierung vor dem KWG von 1961 vgl. auch Kokemoor, in: Beck/Samm/Kokemoor, KWG, § 10 Rn. 6 f.; Neus, in: Luz/Neus/Scharpf/Schneider/Weber, KWG, Einführung Rn. 116 ff; Nirk, KWG, S. 1. 291 Gesetz über das Kreditwesen, v. 10. 07. 1961, BGBl. 1961 I, S. 881. 292 Boos, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 10 Rn. 5. 293 Auerbach/Fischer, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 10 Rn. 10 f. 294 Boos, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 10 Rn. 4.
IV. Spezielle aufsichtsrechtliche Anforderungen des KWG
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Novelle 1985 durch Einfügung des Abs. 5 aufgenommen.295 Die darauffolgende 4. Novelle des KW vom 21. 12. 1992296 diente in weiten Teilen der Transformation maßgeblicher europäischer Richtlinien297 und brachte weitere grundlegende Änderungen des § 10 KWG, insbesondere die Differenzierung der Eigenkapitalkomponenten zwischen Kern- und Ergänzungskapital mit sich.298 Durch die 7. Novellierung des KWG299 wurde hingegen die Banken-300 und die Kapitaladäquanzrichtlinie301 umgesetzt,302 die wiederum auf die Baseler Eigenkapitalvereinbarung von 2004 (Basel II) zurückgehen.303 Die in diesem Zusammenhang erlassene Solvabilitätsverordnung löste die bis dahin geltenden Grundsätze I und II ab. Durch die jüngsten Änderungen des § 10 KWG folgt der Gesetzgeber dem in der neuesten Fassung von Banken- und Kapitaladäquanzrichtlinie304 zum Ausdruck gebrachten Bestreben, die Prinzipien für die Anerkennung von hybriden Kapitalbestandteilen als Kernkapital europaweit zu vereinheitlichen.305. Mit dem Gesetz zur Umsetzung dieser Richtlinien306 wird daher von der bislang begriffsorientierten Bestimmung der Eigenmittel Abstand genommen, die an das Vorliegen bestimmter nationalgesetzlicher Rechtstypen anknüpfte. Dementgegen hängt die Frage, ob 295 Drittes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Kreditwesen, v. 20. 12. 1984, BGBl. 1984 I, S. 1693. 296 Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Kreditwesen und anderer Vorschriften über Kreditinstitute, v. 21. 12. 1992, BGBl. 1992 I, S. 2211 ff. 297 RL 89/646/EWG („2. Bankrechts-Koordinierungsrichtlinie“), v. 30. 12. 1989, ABl. EG Nr. L 386, S. 1 ff.; RL 89/299/EWG über die Eigenmittel von Kreditinstituten („Eigenmittelrichtlinie“), v. 17. 4. 1989, ABl. EG Nr. L 124, S. 16 ff. 298 Auerbach/Fischer, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 10 Rn. 14; Boos, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 10 Rn. 41; Kokemoor, in: Beck/Samm/Kokemoor, KWG, § 10 Rn. 9a. 299 Gesetz zur Umsetzung der Richtlinie 2004/109/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. Dezember 2004 zur Harmonisierung der Transparenzanforderungen in Bezug auf Informationen über Emittenten, deren Wertpapiere zum Handel auf einem geregelten Markt zugelassen sind, und zur Änderung der Richtlinie 2001/34/EG, v. 10. 01. 2007, BGBl. 2007 I, S. 10 ff. 300 RL 2006/48/EG über die Aufnahme und Ausübung der Tätigkeit der Kreditinstitute (Neufassung), v. 14. 06. 2006, ABl. EG Nr. L 177, S. 1 ff. 301 RL 2006/49/EG über die angemessene Eigenkapitalausstattung von Wertpapierfirmen und Kreditinstituten, v. 14. 06. 2006, ABl. EG Nr. L 177, S. 201 ff. 302 Vgl. zur Transformation Mielk, WM 2007, 52 ff.; Mielk, WM 2007, 621 ff. 303 Kokemoor, in: Beck/Samm/Kokemoor, KWG, § 10 Rn. 11c; Scharpf/Schaber, in: Luz/ Neus/Scharpf/Schneider/Weber, KWG, § 10 Rn. 5. 304 RL 2009/111/EG zur Änderung der Richtlinien 2006/48/EG, 2006/49/EG und 2007/64/ EG hinsichtlich Zentralorganisationen zugeordneter Banken, bestimmter Eigenmittelbestandteile, Großkredite, Aufsichtsregelungen und Krisenmanagement, v. 16. 09. 2009, ABl. L 302, S 97. 305 Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der geänderten Bankenrichtlinie und der geänderten Kapitaladäquanzrichtlinie, S. 1, 63. 306 Gesetz zur Umsetzung der geänderten Bankenrichtlinie und der geänderten Kapitaladäquanzrichtlinie, v. 19. 11. 2010, BGBl. 2010 I, S. 1592, 1599.
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C. Das Genussrecht als Finanzierungsinstrument
Hybridkapital als Eigenkapital anerkannt wird, nunmehr ausschließlich davon ab, ob das zugeführte Kapital die qualitativen aufsichtsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt. In der neuen „prinzipienbasierten Definition von aufsichtlichen Eigenmitteln“307 wurden die Formulierungen des § 10 Abs. 1 S. 1, S. 2 KWG „Kapital, das gegen Gewährung von Genußrechten eingezahlt ist“ und „Erwerber der Genußrechte“ durch die allgemeineren Termini „Kapital“ und „Kapitalgeber“ ersetzt.308 Die praktischen Auswirkungen dieser Neufassung für die Anerkennung von Genusskapital dürften indes überschaubar sein. Da sich die Definition des Abs. 5 von der Rechtsnatur des Finanzinstruments losgelöst hat, wird die BaFin nun allerdings nicht mehr zu überprüfen haben, ob die Grundlage der Kapitalzufuhr tatsächlich ein Genussrecht oder in Abgrenzung hierzu eine Beteiligung als stiller Gesellschafter oder mittels einer nachrangigen Verbindlichkeit war. Denn maßgeblich dafür, ob der Anwendungsbereich des § 10 Abs.4, Abs. 5 oder Abs. 5a KWG n. F. eröffnet ist und damit eine Anrechnung zum Kernkapital oder zum Ergänzungskapital in Betracht kommt, ist nun ausschließlich die materielle Qualität des Kapitals, also die Frage, in welchem Umfang es an der Haftung des Emittenten teilnimmt. Sind die Voraussetzungen des § 10 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 – 5, S. 2 KWG n. F. erfüllt, dürfte es sich im deutschen Recht in der überwiegenden Zahl der Fälle ohnehin um ein aktiengleiches Genussrecht handeln.309 Mit Streichung des „Genußrechts“ zugunsten einer allgemeineren Formulierung erübrigt sich auch die bis zuletzt ungeklärte Streitfrage darüber, in welchem Verhältnis die Genussrechtsbegriffe aus § 10 Abs. 5 KWG a. F. und § 221 Abs. 3 AktG standen.310 Als Antwort auf die vergangene Finanzmarktkrise hat der Baseler Ausschuss für Bankenaufsicht unter dem Namen Basel III ein weiteres Reformpaket ausgearbeitet.311 Zwar beinhaltet dies eine weitere Stärkung des Eigenkapitals von Banken. Umfangreiche Neuerungen der Eigenmittelbestimmungen des KWG in Bezug auf
307
Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der geänderten Bankenrichtlinie und der geänderten Kapitaladäquanzrichtlinie, S. 43. 308 Gesetz zur Umsetzung der geänderten Bankenrichtlinie und der geänderten Kapitaladäquanzrichtlinie, v. 19. 11. 2010, BGBl. 2010 I, S. 1592, 1599; Gleiches gilt im Übrigen auch für § 10 Abs. 4 S. 1 KWG, der nun anstelle von “Vermögenseinlagen stiller Gesellschafter” von „sonstiges Kapital“ spricht. 309 Vgl. hierzu bereits B. III. 2. a) cc) sowie sogleich C. IV. 4. 310 Vgl. Gehling, WM 1992, 1093, 1096; Lutter, ZGR 1993, 291, 307, 311, die dies unter Berufung auf die unterschiedliche Schutzrichtung der Regelungen, Schutz der Aktionäre vor Verwässerung einerseits und Schutz der Gläubiger des Kreditinstituts andererseits, ablehnten. Sich für eine Gleichbedeutung der Begrifflichkeiten aussprechend dagegen Möller, Sparkasse, 1987, 241; Werner, ZHR 149 (1985), 236, 239. 311 Basel III: Internationale Rahmenvereinbarung über Messung, Standards und Überwachung in Bezug auf das Liquiditätsrisiko, Dezember 2010, abzurufen unter: http://www.bis.org/ list/basel3/index.htm.
IV. Spezielle aufsichtsrechtliche Anforderungen des KWG
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durch hybride Finanzinstrumente zugeführtes Kapital sind hierdurch jedoch nicht zu erwarten.312
3. Rechtsnatur und Zweck der bankenrechtlichen Eigenmittelbestimmungen Wie aus § 6 Abs. 1 KWG hervorgeht, handelt es sich bei den Vorschriften des KWG um Gewerbeaufsichtsrecht, das als besonderes Verwaltungsrecht dem Öffentlichen Recht zugeordnet ist.313 Das Gewerbeaufsichtsrecht des KWG ist zudem Gefahrenabwehrrecht314 und als solches in der Lage, die im Grundsatz durch Art. 12 GG gewährleistete Freiheit der Berufswahl und -ausübung einzugrenzen.315 Zielsetzung des KWG ist im Wesentlichen die Stabilisierung des gesamten Banken- und Finanzdienstleistungssektors, insbesondere die Sicherstellung der allgemeinen Kreditversorgung.316 Die der Allgemeinheit der Institutsgläubiger drohende Gefahr, dass Banken ihren Verpflichtungen nicht mehr nachkommen können,317 soll abgewendet und das allgemeine Einlegervertrauen geschützt werden. Hierfür soll die Sicherstellung von ausreichender Zahlungsbereitschaft (§ 11 KWG) und Eigenmittelversorgung (§ 10 KWG) sorgen. Dass dies tatsächlich gelingt, ist im Vergleich zu anderen Branchen aus zwei Gründen besonders wichtig. Denn zum einen haben Kreditinstitute durch die Vielzahl ihrer Anleger einen besonders großen Kreis an Gläubigern, die im Falle der Zahlungsunfähigkeit betroffen wären. Zum anderen wird bei Einlagen von Privatanlegern in der Regel davon abgesehen, diese Forderung mit Sicherheiten zu versehen.318
4. Die Eigenmittelausstattung nach § 10 KWG Dass Kreditinstitute ihren Verbindlichkeiten gegenüber Gläubigern nachkommen können, versucht § 10 Abs. 1 S. 1 KWG durch die Erforderlichkeit einer ange312
Kokemoor/Theilig, WM 2011, 337, 343; Schäfer, ZHR 175 (2011), 319, 335 f. Kokemoor/Theilig, WM 2011, 337; Kokemoor, WM 2009, 1637. 314 BVerfG, Entsch. v. 24. 07. 1962, 2 BvF 4/61 = BVerfGE 14, 197, 211 f.; Habetha/ Schwennicke, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 6 Rn. 1; Heimerl, in: MüAHb Verwaltungsrecht, § 14 Rn. 20; Kokemoor, WM 2009, 1637; Müller-Feyen, in: Luz/Neus/Scharpf/ Schneider/Weber, KWG, § 6 Rn. 4; Schäfer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 6 Rn. 2; Tettinger/Wank, GewO, Einführung Rn. 1. 315 Scholz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 12 Rn. 18. 316 Kokemoor, WM 2009, 1637, 1638; Nirk, KWG, S. 11. 317 Nicht vom Gesetzeszweck erfasst ist hingegen der Schutz einzelner Anleger, was durch das Tätigwerden der BaFin ausschließlich in öffentlichem Interesse offenbar wird, § 4 Abs. 4 FinDaG, vgl. auch Schäfer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 6 Rn. 2. 318 Fischer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, Einf. Rn. 61 f.; Samm, in: Beck/ Samm/Kokemoor, KWG, § 6 Rn. 29. 313
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C. Das Genussrecht als Finanzierungsinstrument
messenen Eigenmittelausstattung zu gewährleisten. Dabei beschränkt sich § 10 KWG im Wesentlichen darauf festzulegen, welche Bestandteile als Eigenmittel im aufsichtsrechtlichen Sinne berücksichtigt werden können, während sich die Angemessenheit der jeweiligen Mittelausstattung im Sinne des § 10 Abs. 1 S. 1 KWG nach den Anforderungen der SolvV richtet. Nach § 10 KWG setzen sich die Eigenmittel eines Kreditinstitutes aus haftendem Eigenkapital und Drittrangmitteln zusammen. Dabei werden die einzelnen Bestandteile nach der Qualität der durch sie gebotenen Haftungsmasse abgestuft.319. Das haftende Eigenkapital bildet nach Maßgabe des § 2 Abs. 2 S. 2 KWG das Kernkapital auf der einen und das Ergänzungskapital auf der anderen Seite (unter Berücksichtigung diverser Abzugsposten), wobei bei Letzterem noch weiter zwischen Ergänzungskapital „erster Klasse“ und „zweiter Klasse“ unterschieden wird.320 a) Kernkapital Als qualitativ „höchstwertigste Haftungsmasse“ stellt das Kernkapital die „Basis“321 bzw. „tragende Säule“322 der Eigenmittel dar. Dies beruht auf der Tatsache, dass als Kernkapital nur solche Mittel angerechnet werden können, die dem Institut uneingeschränkt und auf unbestimmte Zeit zur Verfügung stehen.323 Deshalb kann es in beliebiger Höhe aufgenommen werden, ohne einer mengenmäßigen Begrenzung zu unterliegen.324 Zu den berücksichtigten Mitteln zählt nach § 10 Abs. 2a S. 1 Nr. 1-6 KWG insbesondere das eingezahlte Kapital, welches je nach Organisationsform des Kreditinstituts das Stamm- bzw. Grundkapital oder Geschäftsguthaben darstellt. Ebenfalls zum Kernkapital zählen der Bilanzgewinn und gebildete Rücklagen, unter den besonderen Voraussetzungen des § 10 Abs. 2a S. 1 Nr. 10, Abs. 4 KWG aber auch sonstiges Kapital, etwa die Einlagen stiller Gesellschafter. Zur Ermittlung der Ei-
319 Dementsprechend ergibt sich für die Aufnahme einzelner Eigenkapitalbestandteile eine mengenmäßige Begrenzung. 320 Diese Terminologie geht zwar nicht unmittelbar aus dem Gesetz hervor, ist jedoch allgemein anerkannt und findet sich u. a. wieder bei Auerbach/Fischer, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 10 Rn. 71, 167; Boos, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 10 Rn. 98 ff.; Nirk, KWG, S. 85. 321 Scharpf/Schaber, in: Luz/Neus/Scharpf/Schneider/Weber, KWG, § 10 Rn. 86. 322 Auerbach/Fischer, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 10 Rn. 90. 323 Boos, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 10 Rn. 51; Scharpf/Schaber, in: Luz/ Neus/Scharpf/Schneider/Weber, KWG, § 10 Rn. 70. 324 Zwar existiert, was die Aufnahme von Kernkapital betrifft, keine Höchstgrenze. Die erforderliche Mindestausstattung wird jedoch durch das Gesellschaftsrecht zum einen (vgl. z. B. § 7 AktG, § 5 Abs. 1 GmbHG, zumindest fakultativ in § 8a GenG) und durch die bankenaufsichtsrechtlichen Anforderungen zum anderen (vgl. § 33 Abs. 1 Nr. 1 lit. a-g KWG) vorgegeben.
IV. Spezielle aufsichtsrechtliche Anforderungen des KWG
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genmittel sind jedoch ein etwaiger Bilanzverlust sowie unterschiedliche in § 10 Abs. 2a S. 2 KWG enumerierte Korrekturposten in Abzug zu bringen. b) Ergänzungskapital „erster Klasse“ Im Rahmen der Zuführung von Eigenmitteln durch Genussrechte ist der Teil des haftenden Eigenkapitals von besonderer Bedeutung, der als Ergänzungskapital erster Klasse bezeichnet wird. Zu diesem zählt neben den übrigen in § 10 Abs. 2b KWG aufgeführten Bestandteilen, wie z. B. ungebunde Vorzugsreserven, Vorzugsaktien, Rücklagen nach§ 6 EStG und Neubewertungsreserven, auch das Genusskapital.325 Zwar ist auch für diese Eigenmittelkomponenten charakteristisch, dass diese dem Institut für einen langen Zeitraum zur Verfügung stehen. Doch mindert sich, verglichen mit dem Kernkapital, die Haftungsqualität dieser Mittel insofern, als einige der in § 10 Abs. 2b KWG genannten Eigenmittelkomponenten nicht zwingend in der Bilanz auszuweisen sind. Um einer angemessenen Kapitalausstattung dennoch zu genügen, kann das Ergänzungskapital dem haftenden Eigenkapital nur in einem Umfang zugerechnet werden, der die Höhe des Kernkapitals nicht übersteigt (sog. Kappungsgrenze326). Die Zusammensetzung des Ergänzungskapitals ist wiederum ihrerseits dahingehend begrenzt, als dieses nur bis zu einer Höhe von fünfzig Prozent des Kernkapitals aus Ergänzungskapital zweiter Klasse327 bestehen darf, vgl. § 10 Abs. 2 S. 6, S. 7 KWG. Ausgehend von den bereits erörterten allgemeinen handelsrechtlichen Anforderungen an Eigenkapital wurde bereits im Jahr 1974 im Bericht der vom Bundesfinanzminister einberufenen Studienkommission „Grundsatzfragen der Kreditwirtschaft“328 festgehalten, dass Eigenkapital durch die folgenden Wesenszüge charakterisiert werde: effektive Einzahlung des Kapitals, seine dauerhafte Verfügbarkeit sowie Teilnahme an Verlusten des Unternehmens. Diese seither anerkannten Merkmale wurden in Bezug auf die besonderen Anforderungen an Kreditinstitute durch den Gesetzgeber spezifiziert und mit der 5. Novelle 1985329 in das KWG aufgenommen.
325
Bis zum 31. 12. 2010 ergab sich dies noch unmittelbar aus dem Gesetzeswortlaut. Da jedoch im Zuge europäischer Harmonisierungsbestrebungen von einer begriffsspezifischen Eigenmitteldefinition Abstand genommen wurde, findet sich das Genusskapital nun in einer allgemein gehaltenen Formulierung („Kapital“) wieder, ohne dass sich hierdurch in der Sache etwas ändern würde vgl. C. IV. 2. 326 Boos, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 10 Rn. 46; Nirk, KWG, S. 81; Scharpf/ Schaber, in: Luz/Neus/Scharpf/Schneider/Weber, KWG, § 10 Rn. 202. 327 Hierzu sogleich unter C. IV. 4. c). 328 Auerbach/Fischer, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 10 Rn. 178; Boos, in: Boos/ Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 10 Rn. 40. 329 Drittes Gesetz zur Änderung des Gesetzes über das Kreditwesen, v. 20. 12. 1984, BGBl. 1984 I, S. 1693.
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C. Das Genussrecht als Finanzierungsinstrument
Damit Genusskapital aufsichtsrechtlich als Ergänzungskapital erster Klasse berücksichtigt werden kann, sind nach Maßgabe des § 10 Abs. 5 S. 1 KWG sieben Voraussetzungen zu erfüllen: (1) die Teilnahme des Kapitals am Verlust des Emittenten (Nr. 1 Hs. 1), (2) die Berechtigung des Instituts, im Verlustfall Zinsen aufzuschieben (Nr. 1 Hs. 2), (3) die Vereinbarung einer nachrangigen Rückzahlung des Kapitals in Insolvenz und Liquidation (Nr. 2), (4) der Verbleib der Mittel beim Emittenten für eine Dauer von mindestens fünf Jahren (Nr. 3), (5) eine zweijährige Mindestfrist des Rückzahlungsanspruchs nach dessen Entstehen (Nr. 4), (6) ein Verzicht auf Besserungsabreden, die eine Wiederauffüllung des verlustbedingt geschmälerten Rückzahlungsanspruchs vier Jahre nach dessen Entstehung zum Inhalt haben (Nr. 5), sowie (7) der ausdrückliche Hinweis bei Vertragsschluss darauf, dass eine nachträgliche Änderung von Verlustteilnahme und Nachrangvereinbarung zulasten des Emittenten gem. S. 3 unzulässig und eine vorzeitige Rückgewähr des Genusskapitals nach S. 4 im Grundsatz ausgeschlossen ist (Nr. 6). Von diesen Voraussetzungen hat bislang insbesondere das Merkmal der Verlustteilnahme Anlass für Meinungsverschiedenheiten in Rechtsprechung und Literatur gegeben. Da es auch im Zusammenhang mit der später noch zu beantwortenden Frage, ob auch außerordentliche Verluste von den Genussrechtsinhabern mitzutragen sind, von einiger Bedeutung ist, wird hierauf besonderes Augenmerk gelegt. aa) Verlustteilnahme (1) Relevanz des Verlustbegriffs Dass Ausschüttungen an den Genussrechtsinhaber nur dann geleistet werden, wenn der Emittent Gewinne verzeichnet, ist nicht nur für das Vorliegen eines sog. aktienähnlichen Genussrechts und die allgemeine handelsrechtliche Bilanzierung als Eigenkapital, sondern ebenso für die Anerkennung als Ergänzungskapital nach dem KWG erforderlich. Dabei ist nicht maßgeblich, auf welche Bemessungsgrundlage sich die Gewinnausschüttung bezieht, da weder Aktien- noch Bankenaufsichtsrecht hierfür eine besondere Bezugsgröße vorsehen.330 Sicherzustellen ist jedoch, dass eine Ausschüttung ausbleibt, sobald dem Kreditinstitut durch diese ein Verlust entstünde.331 Ein ebensolcher wird in zahlreichen Genussrechtsbedingungen auch vorausgesetzt, um Grundkapital und hierzu anteilig das Genusskapital herabzusetzen332 oder
330 Werner, ZHR 149 (1985), 236, 246. Geht man jedoch mit der Definition des Genussrechts davon aus, dass Vermögensrechte gewährt werden, wie sie einem Aktionär zustehen, so wäre in der Konsequenz an den Bilanzgewinn anzuknüpfen, da dieser nach § 174 Abs. 1 AktG den für die Dividendenzahlung entscheidenden Anknüpfungspunkt darstellt. 331 Busch, AG 1994, 93, 94. 332 Frantzen, Genußscheine, S. 122 ff; Lühn, Bilanzierung, S. 46 ff.
IV. Spezielle aufsichtsrechtliche Anforderungen des KWG
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den Rückzahlungsanspruch des Genussrechtsinhabers im Rahmen einer Teilnahme am laufenden Verlust zu vermindern.333 Zwar ist beiden Regelungen damit gemein, dass sie das Vorliegen eines Verlusts voraussetzen. Nicht zwingend ist hingegen die Annahme, beiden müsse die identische Bezugsgröße zugrunde liegen. Denn vielmehr können Ausschüttung und Herabsetzung des Rückzahlungsanspruchs an unterschiedliche Bezugsgrößen anknüpfen.334 (2) Für den Verlust maßgebliche Bilanzgröße Doch geben auf die Frage, an welche Bezugsgröße die Verlustteilnahme überhaupt anknüpfen kann oder muss, weder AktG oder HGB noch das KWG Auskunft. Zwar wurde bereits bei der Ausgestaltung des § 10 KWG im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens zur 3. KWG Novelle erkannt, dass der Begriff des Verlustes nicht eindeutig belegt ist und somit Spielraum für verschiedene Interpretationen und Ausgestaltungen bietet.335 Dennoch hat der Gesetzgeber seinerzeit davon Abstand genommen, den Verlustbegriff zu konkretisieren. Als mögliche Bezugsgrößen kommen in Betracht die Bilanz (Bilanzverlust), das festgestellte Jahresergebnis (Jahresfehlbetrag) und auch das (negative) ordentliche Betriebsergebnis. Der Wahl der Bemessungsgrundlage ist insofern große praktische Bedeutung beizumessen, da von ihr abhängen kann, ob die Anleger für das vergangene Jahr Ausschüttungen erhalten oder ihr eingezahltes Genusskapital gekürzt wird. (a) Ordentliches Betriebsergebnis Hinter dem Begriff des ordentlichen Betriebsergebnisses verbirgt sich in der Terminologie des Handelsrechts nach §§ 275 Abs. 2 Nr. 14, Abs. 3 Nr. 13, 285 Nr. 6 HGB das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit. Als Zwischensumme der Posten aus §§ 275 Abs. 2 Nr. 1 – 13 HGB (bei Gewinn- und Verlustrechnung nach dem Gesamtkostenverfahren) bzw. aus § 275 Abs. 3 Nr. 1 – 12 HGB (bei Anwendung des Umsatzkostenverfahrens), also aus Betriebs- und Finanzergebnis, beinhaltet das ordentliche Geschäftsergebnis die Einnahmen aus der ordentlichen Geschäftstätigkeit abzüglich aller Ausgaben, die direkt im Zusammenhang mit dieser Geschäftstätigkeit stehen.336 (Noch) unberücksichtigt bleiben in diesem Zusammenhang au-
333 Wie bei der Gewinnbeteiligung sind auch hier verschiedene Anknüpfungspunkte denkbar, wie z. B. der Jahresfehlbetrag, der Bilanzverlust oder das negative ordentliche Betriebsergebnis, vgl. hierzu unten C. IV. 4. b) aa). 334 Steinbach, Standardisierter Genussschein, S. 75. 335 So äußerte der Präsident des Bundesaufsichtsamts für Kreditwesen Geiger wegen der Unbestimmtheit des Verlustbegriffs bereits im Rahmen des Hearings vor dem Finanzausschuss Bedenken; im Wortlaut abgedruckt bei Werner, ZHR 149 (1985), 236, 241. 336 Baumbach/Hopt, HGB, § 275 Rn. 4.
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ßerordentliche Erträge und Aufwendungen (§ 275 Abs. 2 Nr. 15 – 17 HGB) sowie der Steueraufwand (§ 275 Abs. 2 Nr. 18 – 19 HGB).337 Das Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit birgt generell den Vorteil, dass sich die eigentliche Betriebstätigkeit über eine längere Periode hinweg zuverlässig abbilden lässt. Da kurzfristige Ereignisse und externe Faktoren dieses Ergebnis nicht verfälschen,338 kann die langfristige Entwicklung der Geschäftstätigkeit als solche zuverlässig analysiert werden.339 Weniger Aussagekraft wohnt dem ordentlichen Betriebsergebnis hingegen inne, will man feststellen, wie rentabel ein Unternehmen im jeweiligen Geschäftsjahr tatsächlich gewirtschaftet hat, da alle nicht unmittelbar betriebsnahen Aufwendungen ausgeblendet werden. Diese können den Jahresüberschuss oder Bilanzgewinn indessen erheblich schmälern. Als außerordentliche Posten der Gewinn- und Verlustrechnung werden Erträge und Aufwendungen nach § 277 Abs. 4 S. 1 HGB dann ausgewiesen, wenn sie außerhalb der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit der Kapitalgesellschaft anfallen. Als außergewöhnliche Geschäfte sind diejenigen zu qualifizieren, die auf einer wesentlichen Änderung der Geschäftstätigkeit oder -grundlage beruhen. Dabei betrachtet der Begriff der Geschäftstätigkeit die tatsächlich existierende Geschäftspraxis des Unternehmens als für die Beurteilung maßgeblich. Keine außerordentlichen Geschäfte sind deswegen Erträge oder Aufwendungen, wenn sie sich außerhalb der von Gesellschaftszweck oder -vertrag gesteckten Grenzen, jedoch im Rahmen der gewöhnlichen, faktischen Geschäftstätigkeit bewegen.340 Ferner bedeutet außerhalb des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs, dass die im außerordentlichen Ergebnis abgebildeten Ereignisse der Art nach ungewöhnlich und von einiger materieller Bedeutung sind und in zeitlicher Hinsicht nur selten anfallen.341 Durch die gebündelten Kreditausfälle haben zahlreiche Banken im Zuge der Finanzmarktkrise seit 2007 erhebliche Wertminderungen der von ihnen gehaltenen verbrieften Forderungen hinnehmen müssen. Dass diese zumeist als besonderes Ereignis außerhalb der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit aufgetreten und auch als solches bilanziert wurden, spiegelt sich in den Jahresabschlüssen der Kreditinstitute wider.342 Während etwa die Württembergische Versicherung AG im Geschäftsjahr 2008 ein negatives außerordentliches Ergebnis in Höhe von 21 Mio. Euro ausweisen 337 Förschle, in: Beck’scher Bilanz-Kommentar, § 275 Rn. 213; Reiner/Haußer, in: MüKoHGB, § 275 Rn. 98. 338 http://www.wirtschaftslexikon24.net/d/umsatzrentabilitaet/umsatzrentabilitaet.htm. 339 Förschle, in: Beck’scher Bilanz-Kommentar, § 275 Rn. 213. 340 Förschle, in: Beck’scher Bilanz-Kommentar, § 275 Rn. 217; Morck, in: Koller/Roth/ Morck, HGB, § 277 Rn. 6. 341 Förschle, in: Beck’scher Bilanz-Kommentar, § 275 Rn. 220; Wiedmann, in: Ebenroth/ Boujong/Joost/Strohn, HGB, § 277 Rn. 6; Winnefeld, in: Bilanz-Handbuch, Kapital G, Rn. 645. 342 Dies ist zumindest der Fall, erfolgt eine Rechnungslegung nach den Grundsätzen des HGB. Entgegen der Aufstellung bei Lühn, Finanzierung, S. 350 ff. ist dies bei Kreditinstituten nur noch vereinzelt der Fall, da die Bilanz- und Erfolgszahlen mittlerweile ganz überwiegend nach IFRS aufgestellt werden.
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musste,343 ergab die Gegenüberstellung außerordentlicher Erträge und Aufwendungen bei der HSH Nordbank oder der DZ Bank AG im Geschäftsjahr 2008 gar ein Minus von 164 Mio. Euro344 bzw. gar 223 Mio. Euro.345 Knüpft man bei der Teilnahme eines Genussrechts am Verlust an das ordentliche Betriebsergebnis an, wie dies vereinzelt für möglich gehalten wird,346 so hat dies zur Folge, dass außerordentlich anfallende Verluste den Genussrechtsinhaber nicht tangieren. Obwohl das Kreditinstitut erhebliche Verluste außerhalb des gewöhnlichen Geschäftsbetriebs erleidet, wäre es ihm dennoch möglich, das Genusskapital zu bedienen und davon abzusehen, dieses zur Deckung von Verlusten heranzuziehen. (b) Jahresfehlbetrag Über die Bezugsgröße des gewöhnlichen oder des außerordentlichen Betriebsergebnisses hinaus geht das in § 275 Abs. 2 Nr. 20, Abs. 3 Nr. 19 HGB geregelte Jahresergebnis. Dieses bildet das Ergebnis der gesamten Erfolgsrechnung in der Gewinn- und Verlustrechnung ab, indem es die in § 275 Abs. 2 Nr. 1 – 18 HGB aufgeführten gewöhnlichen und außergewöhnlichen Tätigkeiten sowie die Steuerlast zusammenfasst.347 Je nachdem, ob die ermittelte Kennziffer positiv oder negativ ausfällt, wird sie als Jahresüberschuss oder Jahresfehlbetrag bezeichnet. In den Kreis der möglichen Bezugspunkte für die Verlustteilnahme gehört das Jahresergebnis schon deshalb, weil es im Aktienrecht zahlreichen Vorschriften als Berechnungsgrundlage dient. Als eines der bedeutendsten Ereignisse ist zunächst die Gewinnverwendung durch die Hauptversammlung in § 58 AktG zu nennen. Darüber hinaus knüpfen jedoch auch die Regelungen betreffend die Gewinnbeteiligung der Vorstandsmitglieder, § 86 Abs. 2 AktG, die Bildung gesetzlicher Rücklagen gemäß § 150 AktG bzw. im Vertragskonzern nach § 300 AktG sowie die konzernrechtliche Pflicht zur Verlustübernahme aus § 302 AktG an das Jahresergebnis an. Da nach Maßgabe von § 275 Abs. 4 AktG Veränderungen der Kapital- und Gewinnrücklagen erst nach dem Posten „Jahresüberschuß/Jahresfehlbetrag“ ausgewiesen werden dürfen und auch ein Gewinn- oder Verlustvortrag aus dem Vorjahr unberücksichtigt bleibt, ist die Wahl dieser Bezugsgröße geeignet, sofern man der Ausschüttung eine möglichst unverfälschte Darstellung des tatsächlichen, in einem Geschäftsjahr er343
Geschäftsbericht der Württembergische Versicherungen AG 2008, abzurufen unter: http://www.ww-ag.com/rmedia/media/konzern/dokumente_2/geschftsuzwischenberichte/ 2008/gj2008_wv_gb_030409.pdf. 344 Finanzbericht der HSH Nordbank AG für das Jahr 2008, abzurufen unter http:// www.hsh-nord-bank.de/media/de/pdf/investorrelations/geschaeftsber/2008/gb2008/jahresfinanzbericht2008.pdf. 345 Jahresabschluss und Lagebericht der DZ Bank AG 2008, S. 46, abrufbar unter: http:// www.dzbank.de/unternehmen/index.jsp?path=/downloads/DZ_BANK_AG_Jahresabschluss_Lagebericht_2008.pdf. 346 Auerbach/Fischer, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 10 Rn. 282; Schäfer, ZHR 175 (2011), 319, 332. 347 Förschle, in: Beck’scher Bilanz-Kommentar, § 275 Rn. 40, 261.
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wirtschafteten Ergebnisses zugrunde legen will. Der Jahresfehlbetrag stellt insofern eine relativ neutrale Größe in der Gewinn- und Verlustrechnung dar. Durch Bezugnahme auf ihn lässt sich daher sicherstellen, dass die Anleger an einer Unternehmenskrise tatsächlich partizipieren.348 (c) Bilanzverlust Ausgangspunkt der Rechengröße des Bilanzergebnisses (also Bilanzgewinn oder -verlust) einer Gesellschaft ist das gemäß § 172 AktG festgestellte Jahresergebnis. Zu berücksichtigen sind nun jedoch zusätzlich die Gewinnverwendung, nach § 158 AktG Gewinn- bzw. Verlustvorträge aus dem Vorjahr sowie Änderungen der Kapital- und Gewinnrücklagen.349 Was den Bilanzverlust als Bezugspunkt für die Verlustteilnahme von Genussrechten naheliegend erscheinen lässt, ist die Tatsache, dass auch die Bedienung der Aktionäre hieran gebunden ist, wie § 174 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 Nr. 1 AktG zeigt. Nimmt man die dem Genussrecht eigentümliche Gewähr aktienähnlicher Vermögenswerte ernst, so könnte man hieraus gar schließen, dass zwingenderweise an den Bilanzverlust anzuknüpfen sei.350 Auch aus Praktikabilitätsgründen empfehle sich dies, vor allem bei standardisierten Genussscheinen, die einem breiten Publikum angeboten werden.351 Für den Emittenten dürfte es jedoch vor allem aus einem Grund interessant sein, den Bilanzverlust als Bezugsgröße zu definieren: Denn durch die Variabilität des Bilanzergebnisses ergibt sich für das Unternehmen ein weiter Gestaltungsspielraum. Erscheint es ihm bei Vorliegen eines Jahresüberschusses opportun, eine Ausschüttung an die Genussrechtsinhaber gering zu halten oder gar zu vermeiden, so lässt sich der Bilanzgewinn durch Einstellungen in freie Rücklagen mindern. Verzeichnet das Unternehmen auf der anderen Seite in einer Krise einen Jahresfehlbetrag, so kann eine Bedienung der Dividendenberechtigten dennoch dadurch erreicht werden, dass andere Eigenkapitalbestandteile aufgelöst werden.352 Der Grund für eine solche bilanzkosmetische Maßnahme kann beispielsweise darin liegen, dass die Anleger
348 Die Aussage Förschles, in: Beck’scher Bilanz-Kommentar, § 275 Rn. 261, der das Jahresergebnis aufgrund der zahlreichen Einflussfaktoren als betriebswirtschaftlich wenig aussagekräftig bezeichnet, mag darauf zurückzuführen sein, dass im Rahmen einer Langzeitbetrachtung gerade die außerordentlichen Erträge und Aufwendungen Störfeuer darstellen mögen. Bezieht man sich hingegen auf ein konkretes Geschäftsjahr, so wohnt dem Jahresergebnis mit Blick auf den Erfolg des Unternehmens deutlich mehr Aussagekraft inne, insbesondere im Vergleich zum ordentlichen Betriebsergebnis. 349 Waclawik, in: Hölters, AktG, § 158 Rn. 14; Winnefeld, in: Bilanz-Handbuch, Kapitel G, Rn. 440. 350 So in etwa Werner, ZHR 149 (1985), 236, 241. 351 Möschel, ZHR 149 (1985), 206, 226. 352 Auerbach/Fischer, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 10 Rn. 284; Kokemoor, WM 2009, 1637, 1639.
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(zulasten der Einleger) geschont werden sollen und eine drohende Abstufung der Bewertung durch Rating-Agenturen vermieden werden soll.353 (d) Stellungnahme Bereits in rechtstatsächlicher Hinsicht spricht vieles dafür, dass es zulässig ist, bei der Verlustteilnahme an den Bilanzverlust anzuknüpfen.354 In mehr als drei Viertel (73 von 93) der untersuchten Genussrechtsemissionen wird in den Wertpapierbedingungen bei Erfolgsabhängigkeit der Gewinnausschüttung und der Teilnahme am laufenden Verlust auf den Bilanzverlust als maßgebliche Bezugsgröße abgestellt. Bestätigt wird dies durch die unlängst im Schrifttum vorgenommene systematische Begriffsauslegung, in deren Rahmen darauf hingewiesen wurde, dass vergleichbare Normen innerhalb des KWG ebenfalls auf den Bilanzverlust abstellen.355 Kritik wird der Bezugnahme auf den Bilanzverlust jedoch insofern entgegengebracht, als dessen Verwendung die vollständige Auflösung von Rücklagen ermöglicht, bevor das Genusskapital überhaupt angetastet wird.356 Gerade bei öffentlichen Banken könne eine derartige Bilanzkosmetik weitreichende Folgen haben. Seien diese als Anstalt öffentlichen Rechts organisiert, so bedürften sie keines Grund- oder Stammkapitals, weswegen die dem Eigenkapital immanente Pufferfunktion praktisch aufgehoben sei.357 Trotz dieser Kritik bleibt es dem Emittenten unbenommen, Ausschüttung und Verlustteilnahme an den Bilanzverlust anzuknüpfen. Wie die übrigen Eigenmittelkomponenten dient auch das im Sinne von § 10 Abs. 5 KWG zugeführte Genusskapital dazu, eine Überschuldung des Emittenten zugunsten seiner Gläubiger zu vermeiden. Eine feste Reihenfolge, in der das Eigenkapital aufgebraucht werden muss, existiert gleichwohl nicht.358 Zumindest ist sie im KWG nicht derart angelegt, dass bestimmte – der Haftungsqualität nach minderwertigere – Bestandteile vor anderen Eigenmittelkomponenten aufgelöst werden müssten. Vielmehr hat der Gesetzgeber eine solche Abstufung in der Systematik des § 10 Abs. 5 KWG zum 353
Vgl. hierzu etwa Mülbert, in : Festschrift Hüffer, S. 679. Dies ist ganz im Sinne der von Jellinek bezeichneten „normativen Kraft des Faktischen“, vgl. Jellinek, Allgemeine Staatslehre, S. 338. 355 So etwa § 10 Abs. 2a S. 2 Nr. 1 KWG, der den Bilanzverlust ausdrücklich erwähnt. Darüber hinaus wird auch unter dem in §§ 10 Abs. 3 KWG, 35 Abs. 2 Nr. 4 KWG verwendeten Begriff des Verlusts anerkanntermaßen der Bilanzverlust verstanden vgl. Kokemoor, WM 2009, 1637, 1639 m. w. N. 356 Busch, AG 1993, 163, 166. 357 Busch, AG 1993, 163, 166; in diesem Sinne äußerte sich auch der Präsident des (ehemaligen) Bundesaufsichtsamts für Kreditwesen Geiger in der Sitzung des Finanzausschusses am 03. 10. 1984, abgedruckt bei Werner, ZHR 149 (1985), 237, 241. 358 Insbesondere dient das Genusskapital nicht dazu, herkömmliche Eigenmittel längstmöglich im Unternehmen zu halten. Es ist gewissermaßen „nicht das Kanonenfutter, das zunächst in die Schlacht zu schicken ist, wenn es darum geht einer Überschuldung vorzubeugen.“ Vgl. Werner, ZHR 149 (1985), 236, 241. 354
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Ausdruck gebracht, indem er manche Bestandteile mengenmäßig unbeschränkt, andere hingegen der Höhe nach limitiert anerkennt.359 Innerhalb dieser quantitativen Grenzen bleibt es dem Kreditinstitut überlassen, auf welche Art und Weise es seine Eigenmittel zusammensetzt, um dem Erfordernis einer angemessenen Eigenkapitalbasis gerecht zu werden. Diese Auffassung wird von der jüngsten Erweiterung der Maßnahmen zur Verbesserung der Eigenmittelausstattung und der Liquidität im Zuge des Restrukturierungsgesetzes 2010360 gestützt. Nach § 45 Abs. 2 Nr. 2 KWG ist es der BaFin nun möglich, bei Unterschreiten der Eigenmittelanforderungen bilanzielle Maßnahmen zu untersagen oder zu beschränken, die dazu dienen, einen entstandenen Jahresfehlbetrag auszugleichen oder einen Bilanzgewinn auszuweisen. Dass der Gesetzgeber die Problematik erkannt hat und eine anlegerfreundliche Bilanzgestaltung in Krisenzeiten untersagt, verdeutlicht, dass es im Grundsatz möglich sein muss, die Verlustteilnahme an den Bilanzverlust zu koppeln. Über den Bilanzverlust hinaus ist es auch zulässig, den Jahresfehlbetrag als Grundlage der Verlustteilnahme zu bestimmen. Zwar beziehen sich die Regelungen des KWG regelmäßig, jedoch keineswegs ausschließlich auf den Bilanzverlust. Stattdessen wird in der Systematik des KWG von unterschiedlichen Verlustbegriffen ausgegangen.361 Kokemoor verweist hier insbesondere auf die Vorschriften der §§ 24 Abs. 1 Nr. 4, 36 Abs. 1 S. 1 KWG, in deren Zusammenhang der Verlustbegriff als Jahresfehlbetrag interpretiert wird, sowie auf ein Schreiben der BaFin, welches dies im Rahmen von § 10 Abs. 4 KWG im affirmativen Sinne bestätigt.362 Auch steht dem nicht entgegen, dass beim Beschluss über die Gewinnverwendung in der Hauptversammlung vom Bilanzgewinn auszugehen ist. Zwar gewährt das Genussrecht Vermögensrechte, wie sie einem Aktionär zustehen. Doch bedeutet dies nicht, dass diese Rechte vollumfänglich abzubilden sind. Von der vertraglichen Gestaltungsfreiheit umfasst und im Sinne des § 10 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 KWG zulässig ist somit ebenfalls die Entscheidung, den Jahresfehlbetrag als Bezugsgröße zu wählen.363 Dass von der vertraglichen Gestaltungsfreiheit auch noch ein Anknüpfen an das Betriebsergebnis erfasst ist, erscheint dagegen fraglich. Zwar ist in diesem Zusammenhang den Feststellungen Habersacks zuzustimmen, weder in den europarechtlichen Quellen, die der Eigenkapitalregelung des § 10 KWG zugrunde liegen, noch in den Erörterungen des nationalen Gesetzgebers ließen sich Anzeichen finden, 359
Vgl. oben C. IV. 4. Gesetzes zur Restrukturierung und geordneten Abwicklung von Kreditinstituten, zur Errichtung eines Restrukturierungsfonds für Kreditinstitute und zur Verlängerung der Verjährungsfrist der aktienrechtlichen Organhaftung, v. 09. 12. 2010, BGBl. 2010 I, S. 1900 ff. 361 Lutter, in: KöKoAktG, § 221 Rn. 295. 362 Kokemoor, WM 2009, 1637, 1639, wobei hiermit vermutlich gemeint seien dürften: §§ 24 Abs. 1 Nr. 5, 36 Abs. 1 S. 2 KWG. 363 In der praktischen Vertragsgestaltung kommt dies auch zumindest in 16 der 93 untersuchten Genussrechtsbedingungen vor. 360
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die die Notwendigkeit einer inhaltlichen Beschränkung des Verlustteilnahmebegriffs belegen könnten.364 Denn bezogen auf die Anrechnung hybrider Kapitalbestandteile als Eigenmittel spricht Art. 63 Nr. 2 lit. d Richtlinie 2006/48/EG lediglich davon, dass „Verluste aus[zu]gleichen“ seien, während Basel II voraussetzt, dass das Kapital in der Lage sein muss „Verluste aufzufangen“.365 Über diese Vorgaben geht das deutsche Aufsichtsrecht in § 10 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 KWG indessen hinaus, indem es nicht nur eine Verlustteilnahme fordert, sondern davon ausgeht, dass das Genusskapital „bis zur vollen Höhe“ am Verlust teilnimmt. Das bedeutet zunächst, dass das gegen die Ausgabe der Genussrechte eingezahlte Kapital im Verlustfall vollständig haften soll, also schlimmstenfalls auf null herabgesetzt werden kann. Überdies suggeriert der Wortlaut jedoch auch, dass Verluste weder im Hinblick auf ihre Höhe noch auf ihre Herkunft von der Partizipation der Genussberechtigten auszunehmen sind. Wie die Erwägungsgründe zur Bankenrichtlinie zeigen, ist eine solche strenge Interpretation der Verlustteilnahme durch die nationalen Gesetzgeber auch möglich.366 Für eine Verlustteilnahme, bei der in sachlicher Hinsicht keine Verlustposten ausgenommen sein sollen, ist ein Anknüpfen an das ordentliche Betriebsergebnis daher ungeeignet. Denn sämtliche Verluste, die außerhalb des gewöhnlichen Geschäftsverkehrs eintreten, würden damit außen vor gelassen. Dies wurde auch in der Praxis erkannt. Schließlich legt nur ein einziger Emittent, die LBBW Förderbank, der Verlustteilnahme in §§ 2 Abs. 2, 4 Abs. 1 ihrer Ausgabebedingungen das „negative Ergebnis der normalen Geschäftstätigkeit“ zugrunde.367 Nach dem eben Gesagten ist eine solche Vertragsgestaltung nicht nur unüblich, sondern mit Blick auf die Voraussetzungen des § 10 Abs. 5 KWG auch als unzulässig zu betrachten. (e) Zwischenergebnis Den Anforderungen, die § 10 Abs. 5 KWG an die Anerkennung als Ergänzungskapital stellt, können von den vorgestellten Bezugsgrößen der Bilanzverlust sowie der Jahresfehlbetrag gerecht werden.368 Zwar hat der Gesetzgeber den Emittenten bei der Gestaltung ihrer Vertragsbedingungen einen weiten Spielraum zu364
Habersack, AG 2009, 801, 802 f. Im Original „able to support losses“, Basel II: International Convergence of Capital Measurement and Capital Standards: A Revised Framework – Comprehensive Version, June 2006, S. 16. 366 Vgl. Nr. 28 der Erwägungsgründe zur RL 2006/48/EG: „Für bestimmte Eigenmittelbestandteile sollten Kriterien festgelegt werden, die ein Kreditinstitut für die Anwendung eines bestimmten Ansatzes erfüllen muss, wobei es den Mitgliedstaaten freisteht, strengere Bestimmungen anzuwenden.“ 367 Genussscheinbedingungen der Landeskreditbank Baden-Württemberg – Förderbank (ISIN DE000 A0B1R64). 368 Vgl. OLG München, Urt. v. 12.01.2012 – 23 U 2737/11 = ZIP 2012, 576, 578 („Deutsche Pfandbriefbank“). 365
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gebilligt.369 Überschritten werden die Grenzen der Gestaltungsfreiheit jedoch, wenn die Verlustteilnahmebedingungen an das ordentliche Jahresergebnis anknüpfen.370 Dies spiegelt sich insofern auch in der Kautelarpraxis wieder, als in der ganz überwiegenden Anzahl von Genussrechtsbedingungen Bilanzverlust oder Jahresfehlbetrag als maßgeblicher Anknüpfungspunkt für die Verlustteilnahme gewählt werden.371 Nicht im Zusammenhang mit dem Verlustbegriff und der Anerkennung des Genusskapitals als Eigenmittel im Sinne von § 10 Abs. 5 KWG steht hingegen der Fragenkomplex, ob und inwieweit die Genussrechtsinhaber für eingetretene Verluste etwa im Wege von Schadensersatzansprüchen kompensiert werden. Dass durch die Zahlung von Schadensersatz an die Anleger in bestimmten Fällen die „Verlustteilnahme aufgehoben“ würde,372 stimmt allein bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise. In rechtlicher Hinsicht sind die Fragen nach der Risikoteilhabe der Genussberechtigten und der Geltendmachung zivilrechtlicher Ersatzansprüche hingegen voneinander getrennt zu beantworten. Hierauf wird zu späterem Zeitpunkt umfassend eingegangen.373 bb) Übrige Voraussetzungen des § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1-5 KWG Über die Partizipation am Verlust hinaus statuiert § 10 KWG für die aufsichtsrechtliche Anerkennung als Ergänzungskapital erster Klasse weitere Anforderungen: die Berechtigung, im Verlustfall Zinsen aufzuschieben, eine Nachrangvereinbarung, den Verbleib der Mittel beim Emittenten für mindestens fünf Jahre, eine Mindestfrist des Rückzahlungsanspruchs von zwei Jahren, eine zeitliche Begrenzung der Reichweite von Besserungsabreden sowie den expliziten Hinweis auf die Rechtsfolgen der Sätze 3 und 4. Im Gegensatz zum Merkmal der Verlustteilnahme bieten die übrigen Tatbestandsvoraussetzungen des § 10 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 – 6 KWG weniger Anlass für abweichende Interpretationen. Daher sind sie für den Rechtsanwender im 369 Habersack, AG 2009, 801, 802; Kokemoor, WM 2009, 1637, 1639; Kokemoor/Theilig, WM 2011, 337; Möschel, ZHR 149 (1985), 206, 226. 370 So auch Kokemoor, WM 2009, 1637, 1639 f.; Kokemoor/Theilig, WM 2011, 337 f.; Lutter, in: KöKoAktG, § 221 Rn. 295; a. A. Busch, AG 1993, 163, 167; Busch, AG 1994, 93, 94, der ein Abstellen auf den Bilanzverlust nicht mit dem Eigenkapitalcharakter des Genusskapitals vereinbar sieht, sowie Auerbach/Fischer, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 10 Rn. 282, Boos, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 10 Rn. 115; Habersack, AG 2009, 801, 802 f.; Möschel, ZHR 149 (1985), 206, 226; Scharpf/Schaber, in: Luz/Neus/Scharpf/Schneider/Weber, KWG, § 10 Rn. 276; Schick, BB 1985, 2137 f.; Werner, ZHR 149 (1985), 236, 243 f., die auch das ordentliche Jahresergebnis als zulässige Referenz erachten. 371 Zu einem vergleichbaren Ergebnis sind auch vorige Auswertungen von Genussrechtsbedingungen gekommen, so etwa Steinbach, Standardisierter Genussschein, S. 74 f., Grafik Nr. 20. 372 Busch, AG 1993, 163, 167; Kokemoor, WM 2009, 1637, 1642; Kokemoor/Theilig, WM 2011, 337, 341 f.; Mülbert, in: Festschrift Fischer, S. 696 ff. 373 Vgl. D. III. 2. b).
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Kontext des – aufgrund zahlreicher Novellierungen ohnehin schwer verständlichen – § 10 KWG374 vergleichsweise einfach zu handhaben. Für Detailfragen kann daher auf die einschlägige Kommentarliteratur verwiesen werden.375 Bedingt durch die hohe Zahl präzise umschriebener Voraussetzungen haben die Genussrechte, die zum Zwecke der Beschaffung aufsichtsrechtlichen Ergänzungskapitals ausgegeben wurden, eine weitgehende Standardisierung erfahren.376 c) Ergänzungskapital „zweiter Klasse“ Genügt Kapital den strengen Anforderungen an Ergänzungskapital erster Klasse nicht, weil eine oder mehrere der in § 10 Abs. 5 KWG normierten Anforderungen nicht erfüllt werden, so hat dies nicht automatisch zur Folge, dass die Berücksichtigung als haftendes Eigenkapital ausscheidet. Denn in derartigen Fällen ist in Betracht zu ziehen, dass die Mittel als sog. Ergänzungskapital zweiter Klasse berücksichtigt werden. Dieses ist in der in § 10 KWG angelegten Hierarchie der Haftungsqualität unterhalb des soeben eingehend beleuchteten Ergänzungskapitals erster Klasse angesiedelt. Der Tatbestand des § 10 Abs. 5a S. 1 KWG setzt voraus, dass das aufgrund einer Verbindlichkeit eingezahlte Kapital mit einer Nachrangabrede versehen ist (Nr. 1), es dem Institut für mindestens fünf Jahre zur Verfügung steht (Nr. 2) und eine Aufrechnung des Rückzahlungsanspruchs gegen Forderungen der Bank sowie eine Besicherung durch das Institut oder Dritte ausgeschlossen ist (Nr. 3). Einer Verlustteilnahme, wie sie das Aufsichtsrecht für Kernkapital im Sinne des § 10 Abs. 4 KWG oder Ergänzungskapital nach § 10 Abs. 5 KWG vorsieht, bedarf es hierfür also nicht. Dass eine solche in den Genussrechtsbedingungen vereinbart ist, hindert jedoch umgekehrt nicht daran, den Tatbestand des § 10 Abs. 5a KWG zu erfüllen, auch wenn die Norm regelmäßig Anlageformen im Blick hat, bei denen eine Verlustteilnahme nicht vorgesehen ist.377 Eine Legaldefinition der längerfristigen nachrangigen Verbindlichkeit existiert nicht. Versteht man diese mit Teilen der Literatur als schuldrechtliche Vereinbarung, die keine unternehmerische Beteiligung gewährt,378 so könnte dies einer Subsumtion 374
Mielk, WM 2007, 52. Z. B. Auerbach/Fischer, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 10 Rn. 284 ff.; Boos, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 10 Rn. 115 ff.; Kokemoor, in: Beck/Samm/Kokemoor, KWG, § 10 Rn. 229 ff.; Nirk, KWG, S. 85 ff.; Scharpf/Schaber, in: Luz/Neus/Scharpf/ Schneider/Weber, KWG, § 10 Rn. 271 ff. 376 Dies ergab die Auswertung der an deutschen Börsen notierten Genussrechtsbedingungen, vgl. B. III. 3. 377 Auerbach/Fischer, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 10 Rn. 183; Boos, in: Boos/ Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 10 Rn. 153; Kokemoor, in: Beck/Samm/Kokemoor, KWG, § 10 Rn. 133. 378 So Boos, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 10 Rn. 153 und Scharpf/Schaber, in: Luz/Neus/Scharpf/Schneider/Weber, KWG, § 10 Rn. 286, deren Ausführungen sich nahezu wortgleich entsprechen. 375
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des Genussrechts entgegenstehen. Für eine solche Deutung gibt der Wortlaut des § 10 Abs. 5a KWG jedoch keinen Anlass. Denn hier wird nicht das Fehlen der Verlustteilnahme vorausgesetzt, sondern lediglich davon abgesehen, dass die Vereinbarung einer solchen erforderlich ist. Die geringere Haftungsqualität des Ergänzungskapital zweiter Klasse im Vergleich mit anderen Eigenmittelbestandteilen wurde vom Gesetzgeber freilich dadurch gewürdigt, dass er aus nachrangigen Verbindlichkeiten stammende Mittel (und dem kreditgenossenschaftlichen Haftsummenzuschlag) innerhalb des Ergänzungskapitals auf einen Anteil von höchstens fünfzig Prozent beschränkt hat, § 10 Abs. 2 S. 7 KWG. d) Drittrangmittel Dass Genusskapital als Eigenmittel außerhalb des Ergänzungskapitals verbucht wird, kann vorkommen, wenn das Genusskapital die in § 10 Abs. 2 S. 6, S. 7 KWG vorgegebenen Maximalwerte übersteigt. Als sog. Kappungsbeträge finden die überschüssigen Mittel gemäß § 10 Abs. 2c S. 1 Nr. 3 KWG sogar dann im Rahmen der Drittmittel Berücksichtigung, wenn diese nicht alle Anrechnungsvoraussetzungen des § 10 Abs. 7 KWG erfüllen.379 Die Hinzurechnung zu Drittrangmitteln erfolgt allerdings nicht unbegrenzt. Vielmehr darf das zu Rede stehende Genusskapital zusammen mit dem freien Ergänzungskapital das freie, d. h. nicht zur Abdeckung von Risikopositionen benötigte Kernkapital nicht um mehr als 250 Prozent übersteigen, § 10 Abs. 2 S. 2 KWG.380 e) Zwischenergebnis Gegen die Ausgabe von Genussrechten eingezahltes Kapital kann dem Kreditinstitut bei entsprechender Ausgestaltung der Genussrechtsbedingungen als aufsichtsrechtliches haftendes Eigenkapital dienen. Den tatsächlichen und auch in der Systematik der Eigenmittelkonzeption des KWG vorgesehenen Regelfall stellt die Anrechnung als Ergänzungskapital erster Klasse im Sinne des § 10 Abs. 2b S. 1 Nr. 4, Abs. 5 KWG dar. In Betracht zu ziehen ist in bestimmten Fällen überdies, dass das Genusskapital als Ergänzungskapital zweiter Klasse (etwa bei Fehlen der Verlustteilnahme, vgl. § 10 Abs. 2b S. 1 Nr. 5, Abs. 5a KWG) oder zumindest als Drittrangmittel (bei Überschreiten der Kappungsgrenze, vgl. § 10 Abs. 2c S. 1 Nr. 3 KWG) berücksichtigt wird.
379 Auerbach/Fischer, in: Schwennicke/Auerbach, KWG, § 10 Rn. 220 f.; Scharpf/Schaber, in: Luz/Neus/Scharpf/Schneider/Weber, KWG, § 10 Rn. 335. 380 Für Wertpapierunternehmen beträgt die Grenze 200 %, vgl. § 10 Abs. 2 S. 3 KWG.
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5. Folgen bei Unterschreiten der Mindestkapitalgrenze Während nach der bisherigen Rechtslage Anknüpfungspunkt für das Einschreiten der Bankenaufsicht das Nichterreichen oder Unterschreiten einer angemessenen Eigenmittelausstattung war, können Rechtsfolgen seit Ende des Jahres 2010 bereits im Vorfeld einer solchen finanziellen Schieflage eintreten. Als Antwort auf die Finanzmarktkrise hat der Gesetzgeber mit dem Restrukturierungsgesetz381 durch Änderungen im KWG den Katalog möglicher Maßnahmen verschärft und Befugnisse der BaFin ausgeweitet. Dem präventiven Charakter der wichtigen Eingriffsnorm des § 45 KWG geschuldet, kann diese nun, um einer möglichen Unterkapitalisierung bereits frühzeitig entgegenzusteuern, eine Prüfung und Darstellung der wirtschaftlichen Lage und Risiken des Instituts bereits verlangen, wenn die Annahme gerechtfertigt ist, dass die Anforderungen u. a. des § 10 KWG in Zukunft nicht dauerhaft erfüllt werden können (Abs. 1). Kommt es schließlich tatsächlich dazu, dass die Eigenmittelausstattung die Mindestanforderungen unterschreitet, so kann die BaFin von den weitreichenden Befugnissen des § 45 Abs. 2 KWG Gebrauch machen. Diese beinhalten neben der bereits bestehenden Möglichkeit, die Gewährung von Krediten und die Kapitalentnahme durch Gesellschafter zu untersagen, jetzt auch die Beschränkung bilanzgestaltender Maßnahmen sowie der Auszahlung von Erträgen auf Eigenmittelinstrumente oder variabler Vergütungsbestandteile.382 Werden diese Anordnungen nicht umgesetzt, so stellt dies eine Ordnungswidrigkeit dar, die nach Maßgabe von § 56 Abs. 3 Nr. 5 KWG zur Verhängung einer Geldbuße in Höhe von bis zu 150.000 Euro führen kann. Die weitaus gravierendere Folge ordnet jedoch § 33 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 KWG an. Fehlt es dem Kreditinstitut an einer angemessenen Eigenmittelausstattung, so ist es der BaFin möglich, die Erlaubnis zum Betreiben des Bankgeschäfts aufzuheben bzw. zu versagen.383
381 Gesetz zur Restrukturierung und geordneten Abwicklung von Kreditinstituten zur Errichtung eines Restrukturierungsfonds für Kreditinstitute und zur Verlängerung der Verjährungsfrist der aktienrechtlichen Organhaftung, v. 09. 12. 2010, BGBl. 2010 I, S. 1907 ff. 382 Vgl. zur Neuregelung des § 45 KWG Müller-Eising/Brandi/Sinhart/Lorenz/Löw, BB 2011, 66 ff.; Obermüller, NZI 2011, 81, 82 f. 383 Hierzu Kokemoor, in: Beck/Samm/Kokemoor, KWG, § 10 Rn. 4a.
D. Das Verhältnis von Anlegerschutz und Bankenaufsichtsrecht I. Beeinträchtigungen und Anlegerschutz im Spannungsfeld zwischen Schuld-, Gesellschafts- und Aufsichtsrecht Die jüngste Finanzmarktkrise hat den Anlegern, Aktionären wie Inhabern aktiengleicher Genussrechte gleichermaßen vor Augen geführt, wie unmittelbar sie die Folgen von Fehlverhalten in Management und Unternehmensleitung betreffen können. Schließlich zeichnet es die von ihnen gehaltenen Wertpapiere gerade aus, dass diese an wirtschaftlichen Erfolgen, aber auch an Verlusten des Unternehmens teilhaben. Sie tragen das Risiko der Substanzerhaltung, also die Gefahr, dass sich die Wertpapiere in ihrem Wert schmälern oder diesen vollständig verlieren.384 Doch ist es im Interesse der Anleger, dass sich dieses Risiko nach ihrer Anlageentscheidung nicht beliebig vergrößert, wie dies etwa der Fall wäre, wenn das Unternehmen, welches vom Kapitalzufluss profitiert, seine Tätigkeit auf neue Geschäftsfelder ausweitet. Um zu gewährleisten, dass der vereinbarte Rahmen und damit das von den Eigenkapitalgebern eingegangene Risiko nicht überschritten wird (z. B. durch zweckfremde oder unsachgemäße Verwendung der zur Verfügung gestellten Mittel), finden sich sowohl für Eigen- als auch für Fremdkapitalbeteiligungen auf verschiedenen Rechtsgebieten Instrumentarien, mit deren Hilfe sich der Anleger gegen das Fehlverhalten des Emittenten und die Realisierung von Risiken, die über die von ihm übernommenen hinausgehen, schützen kann. Während das Allgemeine Schuldrecht für Gläubigerrechte eine Kontrolle der Vertragsbedingungen oder Ansprüche auf Schadensersatz ermöglicht, existiert im Aktienrecht die Möglichkeit, durch die Wahrnehmung von Mitwirkungs- und Kontrollrechten auf die Geschicke der Gesellschaft Einfluss zu nehmen. Werden die Wertpapiere an einem Finanzmarkt gehandelt, dienen darüber hinaus kapitalmarktrechtliche Schutzvorschriften, wie das Verbot von Insiderhandel und Marktmanipulation, dazu, den Anleger vor drohender oder bereits eingetretener Unbill zu schützen. Die Mehrzahl der Finanzinstrumente lässt sich entweder als fremdkapitalverstärkendes Gläubigerrecht oder als eigenkapitalverstärkendes Beteiligungsrecht einer dieser Kategorien zuordnen. Damit ist festgelegt, auf welches System an
384
Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 83, 289 ff; Schwark, Anlegerschutz, S. 10.
II. Begriff des Anlegerschutzes
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Schutzvorschriften zurückgegriffen werden kann.385 Aufgrund seines hybriden Charakters ist eine solche Einordnung beim Genussrecht indessen nicht möglich. Obwohl das aktienähnliche Finanzierungsgenussrecht grundsätzlich im Schuldrecht angesiedelt ist, sind auch seine aktienrechtlichen Wesenszüge zu würdigen. Bei Konzernierung des Emittenten oder Ausgabe der Genussrechte durch ein Kreditinstitut treten mit dem Konzern- bzw. dem Bankenaufsichtsrecht schließlich weitere Faktoren hinzu. Aufgrund seiner „Zwitterstellung“ lässt sich das Genussrecht keinem dieser Rechtsgebiete zweifelsfrei zuordnen. Damit ist unklar, welche anlegerschützenden Vorschriften dem Genussberechtigten zur Verfügung stehen. Klar ist lediglich, dass dies weder zur Folge haben darf, dass sich der Anlegerschutz beim Genussrecht auf nur einer Ebene abspielt. Denn dies würde seinem Charakter nicht gerecht und ließe einen unvollkommenen Schutz des Anlegers befürchten. Noch – und das versteht sich gleichermaßen – ist anzunehmen, dass zugunsten des Genussrechtsinhabers sämtliche Schutzinstrumentarien dergestalt anwendbar sind, dass sich der Anleger aus dem breiten Spektrum die für ihn günstigsten Abwehrmöglichkeiten nach Belieben heraussuchen kann. Die Frage, wie sich der Anlegerschutz von Genussrechtsinhabern an dieser Schnittstelle von Schuld-, Gesellschafts- und Bankenaufsichtsrecht386 gestaltet, kann folglich nicht allgemeinverbindlich beantwortet werden. Im folgenden Kapitel wird daher erörtert, zu welchen Beeinträchtigungen es beim Genussrecht kommen kann und auf welche Art und Weise diese den Anleger treffen. Daraufhin werden die in den bereits angesprochenen Rechtsgebieten angelegten Schutzmechanismen überblicksweise dargestellt und schließlich für jedes einzelne Instrumentarium geprüft, ob es mit den Eigenarten des Genussrechts als schuldrechtliche Beteiligung sui generis vereinbar ist. In diesem Zusammenhang wird jeweils auf die Besonderheiten eingegangen, die sich im Anwendungsbereich des Bankenaufsichtsrechts ergeben.
II. Begriff des Anlegerschutzes 1. Anlegerschutz durch Individualschutz Die konzeptionellen Grundlagen sowie zahlreiche Detailfragen des Anlegerschutzes sind bislang nicht abschließend geklärt.387 Einig ist man sich in der Literatur jedoch insoweit, als der Begriff des Anlegerschutzes unterschiedliche Erscheinungsbilder und mehrere Schutzgüter umfasst. Nach derzeitigem Stand der Diskussion wird als primäres Schutzgut das Anlegerpublikum im Sinne der unbestimmten Personengesamtheit aller Anleger sowie – 385
Lutter, in: KöKoAktG, § 221 Rn. 347. Mülbert, in: Festschrift Hüffer, S. 679 f.; Van Look, in: Recht und Praxis der Genußscheine, S. 36 f. 387 Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, § 1 II 2. 386
94
D. Das Verhältnis von Anlegerschutz und Bankenaufsichtsrecht
da untrennbar miteinander verbunden und sich in vielen Bereichen überschneidend – die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes an sich angesehen.388 Die überwiegende Zahl der zivil- und kapitalmarktrechtlichen Rahmenbedingungen bezweckt somit, das öffentliche Interesse an leistungsfähigen Kapitalmärkten zu schützen, indem dem Anleger signalisiert wird, dass er auf die Funktionsfähigkeit des Marktes vertrauen kann. Verwirklicht wird ein solcher institutioneller Schutz durch Gewährleistung rechtlicher Rahmenbedingungen, insbesondere Schaffung von Verhaltensregeln, die sich in zahlreichen dem Kapitalmarktrecht zuzuordnenden Gesetzen finden.389 Damit diese durch den Normadressat beachtet und eingehalten werden, sind sie oftmals mit Ordnungswidrigkeitstatbeständen (also in der Regel die Androhung von Bußgeldern) oder strafrechtlichen Sanktionen verknüpft.390 Unmittelbar erwächst dem einzelnen Anleger aus der Anwendung dieser Vorschriften zwar kein Vorteil in dem Sinne, dass er für etwaige wirtschaftliche Verluste entschädigt würde. Denn die Strafvorschriften an sich haben in der Regel keine einklagbaren Ansprüche zur Folge391. Dennoch strahlt der überindividuelle Institutionenschutz durch seine generalpräventive Abschreckungswirkung zumindest reflexartig auf den Anleger als Individuum aus.392 Neben dem Schutz des gesamten Anlegerpublikums wird der Schutz des individuellen Anlegers als zweites Element des Anlegerschutzes verstanden. Unter dem Sammelbegriff Individualschutz lassen sich hierbei alle rechtlichen Instrumentarien zusammenfassen, die der Erhaltung oder (Wieder-)Herstellung von Interessen eines bestimmten Anlegers dienen und sich aus dem Rechtsverhältnis dieses einzelnen Anlegers zum Emittenten herleiten lassen. Ist die wirtschaftliche Substanz der Anlage beeinträchtigt, besteht das Anlegerinteresse für gewöhnlich darin, die eingetretene finanzielle Minderung auszugleichen. Dies kann etwa geschehen durch Wiederauffüllung des Kapitalkontos oder durch Gewährung von Schadensersatz, wobei Grundlage hierfür das Vertragsverhältnis,393 spezialgesetzliche394 oder in
388
Oulds, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 14.170. Zur Regelung des Kapitalmarktes tragen beispielsweise Vorschriften aus WpHG, WpÜG, WpPG, BörsG, InvG etc. bei. Eine einheitliche Rechtsquelle im Sinne einer Kodifizierung existiert hingegen nicht. 390 Vgl. Oulds, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 14.170; ebenso BuckHeeb, Kapitalmarktrecht, § 1 II 2. 391 Zu denken ist allenfalls an Schadensersatzansprüche aus § 823 Abs. 2 BGB, sofern die Sanktionsnorm als Schutzgesetz einzuordnen ist. 392 Vgl. Caspari, in: Anleger- und Funktionsschutz, S.8; Oulds, in: Kümpel/Wittig, Bankund Kapitalmarktrecht, Rn. 14.175. 393 In Betracht kommen nach Vertragsschluss insbesondere Ansprüche wegen Verletzung vertraglicher Pflichten aus § 280 Abs. 1 BGB, im Vorfeld aber auch eine auf culpa in contrahendo gestützte Haftung nach Maßgabe der §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB. Hierzu sogleich ausführlich unter D. III. 2. a) dd). 394 Vgl. etwa §§ 37b, 37c WpHG, § 12 WpÜG, § 44 Abs. 1 BörsG oder § 127 InvG. 389
II. Begriff des Anlegerschutzes
95
seltenen Fällen auch allgemeine deliktsrechtliche Haftungsnormen sein können.395 Überdies ist in anlegerschützender Hinsicht daran zu denken, ob und in welchem Umfang das Vertragsverhältnis von Gerichten zu kontrollieren und überprüfen ist.396 Die Haftungsrisiken, die Emittenten bei Fehlverhalten drohen, bezwecken in erster Linie eine Kompensation der beim Anleger eingetretenen Schäden. Durch die etwaige Ersatzpflicht gegenüber den Anlegern werden jedoch auch Anreize zu unternehmerischem Wohlverhalten geschaffen, die sich wiederum reflexartig positiv auf das Vertrauen des gesamten Anlegerpublikums auswirken und damit das System der Kapitalmärkte schützen.397 Bedingt durch die derartige wechselseitige Verflechtung von Funktions- und Individualschutz ist es oftmals nicht möglich, zwischen beiden Schutzobjekten eine klare Trennlinie zu ziehen. Da die folgenden Ausführungen Aspekte aus beiden Bereichen des Anlegerschutzes zum Inhalt haben, wird darauf hingewiesen, welcher Kategorie das jeweilige Schutzinstrumentarium zugeordnet ist: im individualschützenden Bereich, der besonders den einzelnen Anleger als Schutzobjekt im Fokus hat, oder im Bereich systemschützender Vorschriften, die den rechtlichen Schutz von Genussberechtigten allenfalls mittelbar intendieren.
2. Anlegerschutz durch Funktionsschutz Insbesondere im Aktien-, dem Kapitalmarkt- sowie dem Bankenaufsichtsrecht finden sich zahlreiche Vorschriften, durch die Inhabern von Genussrechten ein reflexartiger Schutz zuteil wird. a) Anlegerschutz durch Aktienrecht Wie bereits im Grundlagenteil festgestellt wurde, erstrecken sich die Verwaltungs- und Mitbestimmungsrechte, wie sie das Verbandsrecht zum Schutz der Aktionäre vorsieht, weder von Gesetzes wegen auf die Genussrechtsinhaber, noch ist es wegen des Gleichlaufs von Mitgliedschaft und Mitverwaltung zulässig, außerhalb des Gesellschafterkreises stehenden Gläubigern derartige Rechte auf vertraglicher Ebene zuzugestehen.398 Dieser Grundsatz beansprucht zumindest für all jene In395 Eine deliktsrechtliche Haftung nach §§ 823 Abs. 1 oder Abs.2 BGB und § 826 BGB scheitert zumeist daran, dass ein bloß primärer Vermögensschaden und keine absolute Rechtsverletzung oder Verletzung eines anderen Rechts vorliegt, es dem fraglichen Schutzgesetz an drittschützender Wirkung fehlt oder sich der Nachweis anderer Tatbestandsmerkmale wie Sittenwidrigkeit oder Kausalität als schwierig gestaltet. Hierzu mehr unter D. III. 2. a) dd) (2) (c). 396 Zum Beispiel im Rahmen der § 305 ff. BGB oder basierend auf §§ 134, 242 BGB, s. unten D. III. 1. a). 397 In diesem Sinne auch Hopt, Kapitalanlegerschutz, S. 336. 398 Vgl. hierzu bereits B. III. 1. e).
96
D. Das Verhältnis von Anlegerschutz und Bankenaufsichtsrecht
strumentarien Geltung, durch deren Ausübung unmittelbar in organisationsrechtliche Bereiche und Abläufe eingegriffen würde, also beispielsweise die Bestellung und Abberufung von Vorstand und Aufsichtsrat nach §§ 84 Abs. 3 S. 2 AktG und § 119 Abs. 1 Nr. 1 AktG, die Entlastung der Leitungsorgane nach § 120 Abs. 2 AktG, die Anordnung einer Sonderprüfung gemäß § 142 Abs. 1 AktG oder gar die Anfechtung von Beschlüssen der Hauptversammlung, wie sie die §§ 243 ff. AktG vorsehen. Im Umkehrschluss folgt hieraus jedoch, dass sich auch der gesellschaftsexterne Anleger möglicherweise weiterer Aktionärsrechte bedienen darf, sofern diese nicht in den Wesensgehalt der verbandsrechtlichen Struktur eingreifen. Unter diese Kategorie fallen etwa das Recht auf Teilnahme an der Hauptversammlung sowie insbesondere das Auskunftsrecht nach § 131 Abs. 1, Abs. 2 S. 1 AktG. Zugunsten der Genussberechtigten leiten sich diese allerdings nicht etwa aus dem Organisationsrecht ab, sondern haben – dem schuldrechtlichen Charakter des Genussrechts geschuldet – ihre Grundlage im die beiden Vertragsparteien verbindenden Genussrechtsverhältnis. Als besonderer Ausdruck gegenseitiger Fürsorgepflichten399 besteht die Verpflichtung, über die wesentlichen getätigten Geschäfte nicht nur gegenüber der Gesellschaft, sondern auch gegenüber Gläubigern, die dem Emittenten Kapital überlassen, Rechenschaft abzulegen. Falls eine Schädigung der Anleger bereits im Raum steht, umfasst diese Pflicht auch die Auskunft über interne Vorgänge aus der Sphäre des Emittenten, damit sich der Anleger hinsichtlich der genaueren Umstände und dem Umfang des Schadens Gewissheit verschaffen kann.400 Einer ausdrücklichen Vereinbarung solcher Nebenpflichten bedarf es nicht. Zwar stellen die hieraus im Hinblick auf den Genussberechtigten abgeleiteten Rechte weniger einen Schutzschild dar, welcher drohende Verluste im Voraus abzuwehren in der Lage wäre. Im weiteren Sinne anlegerschützend wirkt dennoch vor allem das Auskunftsrecht, mit dessen Hilfe dem geschädigten Kapitalgeber Anspruchsgeltendmachung und -durchsetzung erleichtert werden. b) Anlegerschutz durch Kapitalmarktrecht Der überwiegende Teil aller Genussrechte wird nicht als bloßes Recht im Sinne der Gesamtheit aller aus den Genussrechtsbedingungen resultierenden Forderungen ausgegeben, sondern zu einem Genussschein verbrieft.401 Denn durch die wertpapiermäßige Verbriefung wird seine Übertragbarkeit erleichtert und damit die Fungibilität erhöht, was die Attraktivität des Vertriebs und Handels mit derartigen Instrumenten an Finanzmärkten deutlich steigert. Die Gesellschaften, die solche Genussscheine anbieten und veräußern, sind neben den bislang bereits genannten Vorschriften aus dem allgemeinen Privatrecht und Aktienrecht auch Rechtsquellen 399 Zu den im Genussrechtsverhältnis bestehenden Nebenpflichten vgl. oben D. III. 2. a) dd) (2) (a). 400 Larenz, Schuldrecht AT, § 10 II e). 401 Siehe zur Verbriefung von Genussrechten bereits oben B. I. 2.
II. Begriff des Anlegerschutzes
97
aus dem Gebiet des Kapitalmarktrechts unterstellt. Hieraus folgen eine Vielzahl in Hinblick auf den Anleger direkt oder zumindest reflexartig wirkender Schutzmechanismen. So eröffnet etwa § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 a) Alt. 1 WpHG in Verbindung mit § 1 Abs. 1 WpHG den Anwendungsbereich des Wertpapierhandelsgesetzes,402 welches die Inhaber von Genussrechten unter anderem vor den Folgen von Insiderhandel und Marktmanipulation schützt (vgl. §§ 12 ff. und 20a WpHG).403 Bereits im Vorfeld der Zulassung des Genussscheins zum Börsenhandel wird über § 32 Abs. 3 Nr. 1 BörsG404 in Verbindung mit den Voraussetzungen der Börsenzulassungsverordnung405 sowie § 32 Abs. 3 Nr. 2 BörsG in Verbindung mit §§ 1 ff. des Wertpapierprospektgesetzes406 zudem bewirkt, dass die Wertpapiere den im Verkaufsprospekt gemachten Angaben und gewissen generellen Mindestanforderungen entsprechen. Mit Hilfe der in diesen Vorschriften vorgesehenen Mechanismen soll zwar der zwischen Emittenten und Anleger existierenden Informationssymmetrie begegnet werden.407 In erster Linie bezwecken diese indessen keinen Individualschutz des einzelnen Anlegers, sondern tragen vielmehr dafür Sorge, dass die Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes an sich gewährleistet und aufrechterhalten wird.408 Der Schutz von Genussberechtigten sowie Inhabern anderer Wertpapiere ist insofern (bloßer) Rechtsreflex und nicht finales Ziel. Über diese mittelbare Wirkung hinaus sieht das Kapitalmarktrecht an verschiedenen Stellen auch Schutzinstrumentarien vor, die es dem Anleger ermöglichen, sich direkt an den Emittenten zu halten und diesen bei Fehlverhalten in Anspruch zu nehmen. Mit den Ansprüchen wegen unterbliebener oder fehlerhafter Kapitalmarktinformation aus §§ 37 b, c WpHG wurden die bereits seit Inkrafttreten des Börsengesetzes geltenden Ersatzansprüche aus börsenrechtlicher Prospekthaftung nach § 44 BörsG ergänzt.409 Sämtlichen dieser Anspruchsgrundlagen ist dabei gemein, dass es nicht bei einer aufsichtsrechtlichen Sanktionierung des Informati-
402
Gesetz über den Wertpapierhandel, v. 26. 07. 1994, BGBl. 1994 I, S. 2708 ff. Zum gesamten Spektrum kapitalmarktrechtlicher Schutzinstrumentarien vgl. Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 246. 404 Börsengesetz, v. 16. 07. 2007, BGBl. 2007 I, S. 1351 ff. 405 Verordnung über die Zulassung von Wertpapieren zum regulierten Markt an einer Wertpapierbörse, v. 09. 09. 1998, BGBl. I, S. 2832. 406 Gesetz über die Erstellung, Billigung und Veröffentlichung des Prospekts, der beim öffentlichen Angebot von Wertpapieren oder bei der Zulassung von Wertpapieren zum Handel an einem organisierten Markt zu veröffentlichen ist, v. 22. 06. 2005, BGBl. I 2005, S. 1698. 407 Assmann, Prospekthaftung, S. 24 ff.; Groß, in: Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, § 32 BörsG Rn. IX 257; Heidelbach, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 32 BörsG Rn. 1; Trapp, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung, § 31 Rn. 2. 408 Zimmer/Kruse, in: Schwark/Zimmer, KMRK, § 15 WpHG Rn. 135; Van Look, in: Recht und Praxis der Genußscheine, S. 42. 409 Zimmer/Grotheer, in: Schwark/Zimmer, KMRK, §§ 37 b,c WpHG Rn. 3. 403
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D. Das Verhältnis von Anlegerschutz und Bankenaufsichtsrecht
onsverstoßes bleibt, sondern der Anleger unmittelbar durch den Emittenten für die bei ihm entstandenen Schäden zu kompensieren ist.410 c) Anlegerschutz durch Bankenaufsichtsrecht Ob auch das Bankenaufsichtsrecht prinzipiell anlegerschützende Elemente in sich trägt und insbesondere dazu beitragen kann, Missmanagement im Kreditinstitut zulasten der Genussberechtigten zu verhindern, scheint zumindest auf den ersten Blick zweifelhaft. Sinn und Zweck der durch das Kreditwesengesetz realisierten Bankenaufsicht sind in erster Linie die Stabilisierung des gesamten Banken- und Finanzdienstleistungssektors und damit einhergehend die Wahrung des Einlegervertrauens.411 Im Blickfeld der gesetzgeberischen Intention stehen somit das Bankensystem als solches sowie die Kunden, die ihr Erspartes in die Obhut des Kreditinstituts geben. Nicht vom Kanon der Schutzobjekte erfasst sind dagegen der Aktionär oder Inhaber von Genossenschaftsanteilen als Teilhaber der Banken sowie übrige Anleger, die den Kreditanstalten aus einem anderen Rechtsgrund als der Sparer, etwa über den Erwerb von Finanzierungsinstrumenten Kapital zufließen lassen. Doch darf das eng gefasste Bestreben des KWG nicht darüber hinwegtäuschen, dass auch diese Gruppe aus der Existenz einer Bankenaufsicht ihre Vorteile zieht. Denn wie der Einleger profitiert auch der Genussberechtigte von den erhöhten Liquiditätsanforderungen und Dokumentationsstandards, die notwendig sind, um die Funktionsfähigkeit des gesamten Bankensektors sicherzustellen. Denn zum einen ist die Zahlungsfähigkeit einer Bank auch für den Inhaber von Genussrechten von grundlegendem Interesse. Zum anderen tragen die Kontrolle der Banken und die Beschränkung in ihrer Gewerbefreiheit dazu bei, dass missbräuchliche und riskante Maßnahmen der Geschäftsführung effektiver unterbunden werden können oder ihre Durchführung jedenfalls erschwert wird. Auf diesem Wege ist das Bankenaufsichtsrecht trotz seiner im Grundsatz systemschutzorientierten Zielsetzung geeignet, präventiv zugunsten der Genussberechtigten zu wirken.412
III. Beeinträchtigungen und Schutzmaßnahmen Kehrseite des hybriden Charakters sowie der vielfältigen Ausgestaltungsmöglichkeiten des Finanzierungsgenussrechts ist, dass dieses eine vergleichsweise große 410 Zu einer etwaigen Haftung des Anlageberaters, der Genussrechte öffentlich vertreibt, ohne auf die ihnen immanenten Risiken hinzuweisen vgl. BGH, Urt. v. 27. 10. 2005 – III ZR 71/ 05 = NJW-RR 2006, 109. 411 Im Überblick bei Fischer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, Einf. Rn. 61 f.; so bereits ausführlich oben unter C. IV. und insbesondere C. IV. 3. 412 So im Ergebnis bereits Möschel, ZHR 149 (1985) 206, 234.
III. Beeinträchtigungen und Schutzmaßnahmen
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Angriffsfläche für Beeinträchtigungen bietet. Da auch die zum Anlegerschutz zählenden Schutzmechanismen ihrer Natur nach verschieden sind, empfiehlt es sich, die Störungen, die das Genussrechtsverhältnis betreffen können, zu kategorisieren.413 Im Schrifttum hat sich über die Jahre folgende systematische Unterscheidung herausgebildet: Wird ein Genussrecht in seinem Bestand berührt, spricht man von unmittelbaren, bei Minderung seines wirtschaftlicher Werts von einer mittelbaren Beeinträchtigung des Genussrechts.414 Das Genussrecht wird in seinem Bestand beeinträchtigt, wenn es von einer der Vertragsparteien (in der Regel dem Emittenten) eingezogen wird oder Inhalt bzw. Umfang des vereinbarten Genussrechtsverhältnisses nachträgliche Änderung erfahren.415 Wie im allgemeinen Vertragsrecht gilt jedoch auch beim Genussrecht, dass ein einseitiges Einwirken auf den Inhalt des Schuldverhältnisses grundsätzlich nicht in Betracht kommt,416 sondern jede Änderung sowie die Beendigung eines Änderungs- bzw. Aufhebungsvertrages somit der Zustimmung beider Parteien bedarf.417 Eine Beeinträchtigung kann dennoch auftreten, etwa, wenn der Emittent seine Genussrechtsbedingungen mit einem Änderungsvorbehalt versieht418 und von diesem in unangemessener Weise Gebrauch macht, so dass die vereinbarten Rechte und Pflichten zu Lasten des Anlegers verschoben werden. Deutlich facettenreicher sind die Gefahren, die dem Genussrecht durch eine mittelbare Beeinträchtigung drohen, also nicht seinen Bestand selbst betreffen, sondern seinen wirtschaftlichen Wert schmälern. Denn im Unterschied zu anderen Gläubigerrechten ist das Finanzierungsgenussrecht an die Dividende der Aktionäre (oder eine alternative Erfolgsgröße) gekoppelt und somit seinem Wert nach von der wirtschaftlichen Lage des Emittenten abhängig.419 Aufgrund dieser Risiko- und Erfolgsbeteiligung schlägt eine Vermögenseinbuße der Gesellschaft auf die Genussberechtigten durch. Dies kann so weit gehen, dass der wirtschaftliche Wert des Genussrechts vollständig ausgehöhlt wird.420 Doch ist der Anleger bei Eintritt von Verlusten nicht schlechterdings schützenswert. Denn das Risiko unterbliebener Ausschüttung oder Wertverlust ist schließlich Wesensmerkmal des Finanzierungsgenussrechts und wird bei der Aus413
Vollmer, ZGR 1983, 445, 461. Eine solche Unterscheidung findet sich etwa bei Vollmer, ZGR 1983, 445, 461 sowie bei Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 263, 271. 415 Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 263; Lutter, in: KöKoAktG, § 221 Rn. 349 ff.; Van Look, in: Recht und Praxis der Genußscheine, S. 38 ff. 416 Vollmer, ZGR 1983, 445, 461. 417 Lutter, in: KöKoAktG, § 221 Rn. 350 m. w. N. 418 Hierzu im Näheren Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 264 ff.; Lutter, in: KöKoAktG, § 221 Rn. 349 ff. 419 Vgl. oben B. III. 2. a) cc) sowie C. III.; darüber hinaus auch Habersack, ZHR 155 (1991), 378, 381; Vollmer, ZGR 1983, 445, 461. 420 Habersack, ZHR 155 (1991), 378, 381. 414
100
D. Das Verhältnis von Anlegerschutz und Bankenaufsichtsrecht
gabe des Genussrechts in der Regel durch Einräumung einer höheren Gewinnbeteiligung berücksichtigt. Daher ist zu prüfen, welche Risiken von der unternehmerischen Anlageentscheidung noch erfasst werden und im Hinblick auf welche Risiken der Anleger zu schützen ist.
1. Vorüberlegung: Schutz der Genussberechtigten durch AGB-Recht? Obwohl die Genussrechtsbedingungen in der Regel ein umfangreiches Regelungswerk darstellen, kommt es vor, dass bei der Durchführung der vertraglichen Leistungen Umstände eintreten, die von den Parteien bei Vertragsschluss nicht bedacht wurden oder ex ante nicht vorherzusehen waren. Im Gegensatz zu gesetzlich normierten Vertragstypen ergibt sich für das Genussrecht jedoch das Problem, dass im Falle derartiger Regelungslücken kein besonderes dispositives Vertragsrecht existiert, das in der Lage wäre, die entstehenden Lücken von Gesetzes wegen zu füllen. Daher besteht oftmals die Notwendigkeit, die streitigen Passagen oder gar den gesamten Vertragstext auszulegen.421 Dies ist insofern eine generelle Frage des Anlegerschutzes, als sie im Rahmen verschiedenster Beeinträchtigungen relevant wird, und von der Art und Weise der Auslegung abhängt, in welchem Umfang die Belange und Interessen der Anleger berücksichtigt werden. Unter anderem interessiert in diesem Zusammenhang, von welchem Erkenntnis- und Verständnishorizont bei der Auslegung ausgegangen werden soll und ob die vertraglichen Bestimmungen einer inhaltlichen Kontrolle durch Gerichte unterliegen. Sind die Parteien als gleichwertige Vertragspartner anzusehen und ihre Interessen dementsprechend in gleichem Umfang zu gewichten? Unterliegt das Vertragswerk im Hinblick auf die Transparenz der Regelungen gewissen Mindestanforderungen? Und: Zu wessen Lasten gehen Zweifel, die sich trotz Auslegung nicht beseitigen lassen? a) Genussrechtsbedingungen im Kontext der §§ 305 ff. BGB Nach der Klöckner-Entscheidung des BGH sind Genussrechtsbedingungen als Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB zu werten,422 so wie auch Wertpapierbedingungen im Allgemeinen einer AGB-Kontrolle unterlie-
421 BGH, Urt. v. 21. 09. 1994 – XII ZR 77/93 127 = BGHZ 127, 138, 142; vgl. zu den Voraussetzung einer ergänzenden Vertragsauslegung im Einzelnen Ellenberger, in: Palandt, BGB, § 157 Rn. 3 ff.; Hefermehl, in: Soergel, BGB, § 157 Rn. 103 ff. 422 BGH, Urt. v. 5.10.1992 – II ZR 172/91 = BGHZ 119, 305, 312 = NJW 1993, 57 („Klöckner“).
III. Beeinträchtigungen und Schutzmaßnahmen
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gen.423 Denn regelmäßig sind die der (massenweisen) Ausgabe von Genussrecht zugrundeliegenden Bedingungen vorformuliert, so dass der Anleger keinen Einfluss auf deren Ausgestaltung nehmen kann. Doch ist die Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB nicht selbstverständlich. Denn im Hinblick auf mehrere der zu erfüllenden Tatbestandsvoraussetzungen stellt sich die Frage, ob diesen das aktienähnliche Genussrecht genügt oder grundsätzlich genügen kann. Kommt man zu dem Ergebnis, dass eine Inhaltskontrolle auf Grundlage des AGB-Rechts zulässig ist, so bleibt ferner zu klären, in welcher Gestalt und in welchen Grenzen diese zu erfolgen hat. b) Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB Die h. M. geht davon aus, dass die §§ 305 ff. BGB sowohl auf Genussrechtsbedingungen als auch auf die Ausgabebedingungen von Anleihen Anwendung finden.424 Dies ist insofern erörterungsbedürftig, als derartige Finanzinstrumente den Tatbestand des § 305 BGB auf den ersten Blick nicht zu erfüllen scheinen. aa) Vielzahl von Verträgen, § 305 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 BGB Genussrechte werden in der Regel nicht einzeln ausgegeben, die Bedingungen zwischen den Parteien nicht gemäß der ursprünglichen Idealvorstellung des BGB im Sinne individualvertraglicher Vereinbarungen privatautonom ausgehandelt. Dies ist unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten sinnvoll, zumal eine einigermaßen rationale und effiziente Geschäftsabwicklung wohl keine andere Verfahrensweise zuließe. Daher sind in rechtstatsächlicher Hinsicht nahezu ausschließlich Emissionen ganzer Serien oder Tranchen gängig, die eine große Stückzahl von Genussrechten umfassen. Die der Ausgabe zugrunde liegenden Emissionsbedingungen sind hierbei identisch und vom Emittenten vorgefertigt.425 423 Für Anleihebedingungen von Inhaberschuldverschreibungen vgl. BGH, Urt. v. 28. 6. 2005 – XI ZR 363/04 = BGHZ 163, 311, 315 f. = NJW 2005, 2917; vorgehend OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 13.10.2004 – 23 U 218/03 = WM 2005, 1080 sowie LG Frankfurt a. M., Urt. v. 25.07.2003 – 2/21 O 375/01 = WM 2005, 1078. 424 BGH, Urt. v. 28. 6. 2005 – XI ZR 363/04 = BGHZ 163, 311, 314 = NJW 2005, 2917; BGH, Urt. v. 5.10.1992 – II ZR 172/91 = BGHZ 119, 305, 312 = NJW 1993, 57 („Klöckner“); OLG Köln, Urt. v. 25.9.2012 – 15 U 101/10, Rz. 80; OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 16.11.2011 – 19 U 12/11 („Corealcredit“); OLG München, Urt. v. 12.01.2012 – 23 U 2737/11 = ZIP 2012, 576 („Deutsche Pfandbriefbank“); OLG Hamm, Urt. v. 19.10.2010 – 7 U 21/10 = GWR 2010, 603; Hüffer, AktG, § 221 Rn. 35; Lindacher, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB, § 305 Rn. 15; Luttermann, Unternehmen, S. 495 ff.; Sethe, WM 2012, 577, 579; Ulmer/Habersack, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB, § 305 Rn. 71; a. A. Assmann, WM 2005, 1053, 1062 ff.; Becker, NZG 2012, 1089, 1090; Ekkenga, ZHR 160 (1996), 59, 66 ff.; Joussen, WM 1995, 1861, 1863 ff.; Kallrath, Inhaltskontrolle der Wertpapierbedingungen, S. 60 ff. 425 Dies bedeutet für die Ausgabe von Wertpapieren jedoch nicht, dass es auf eine Mehrzahl unterschiedlicher Emissionen ankäme. Entscheidend ist allein die Menge der innerhalb einer
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D. Das Verhältnis von Anlegerschutz und Bankenaufsichtsrecht
Der Einordnung als Allgemeine Geschäftsbedingung könnte indessen entgegenstehen, dass Genussrechte und andere Wertpapiere in der Emissionspraxis oftmals nicht vom Unternehmen, das von der Kapitalzufuhr profitiert, in Umlauf gebracht werden. Neben einer solchen Form der unmittelbaren Emission ist aus mehreren Gründen eine Fremdemission üblich geworden. Um das Risiko der Platzierung der Wertpapiere am Markt abzumindern und die Expertise der Banken am Kapitalmarkt nutzbar zu machen, wird eine Bank oder bei Emissionen größeren Umfangs ein Konsortium mehrerer Banken zwischengeschaltet.426 Während im Rahmen einer Selbstemission zahlreiche Begebungsverträge zwischen Emittent und Investoren geschlossen werden, übernimmt bei der Fremdemission die Emissionsbank zunächst sämtliche Papiere, um sie dann in einem zweiten Schritt im eigenen Namen auf dem Markt zu platzieren. Da in derartigen Konstellationen zwischen Emittenten und Emissionsbank jedoch zunächst ein Vertragsverhältnis besteht, die zwischengeschaltete Bank zumeist in die Ausarbeitung der Genussrechtsbedingungen mit einbezogen ist und diese im Verhältnis zum eigentlichen Anleger nicht stellt, sondern lediglich übernimmt, wird zum Teil in Zweifel gezogen, dass die Möglichkeit zur richterlichen Inhaltskontrolle auch in solchen Konstellationen eröffnet ist.427 Dass das AGB-Recht über den eigentlichen Wortlaut des § 305 Abs. 1 S. 1 BGB hinweg auf im Wege der Fremdemission ausgegebene Wertpapiere anzuwenden ist, sei es im Wege einer Analogie, sei es im Wege einer teleologischen Reduktion des Merkmals „Vielzahl von Verträgen“, wird allerdings mit Blick auf die Stellung von Emittenten und Anleger deutlich. Denn die Zwischenschaltung des Intermediärs vermag – als bloßer technischer Kunstgriff – nicht die strukturelle Unterlegenheit des Anlegers zu beseitigen. Dieser läuft bei der Eigen- wie bei der Fremdemission gleichermaßen Gefahr, von der im Interesseneinklang mit dem Emittenten agierenden Bank mit einem umfangreichen Klauselwerk konfrontiert zu werden und hierdurch Vertragsbedingungen aufgedrängt zu bekommen, die er nolens volens akzeptieren muss.428 Emissionstranche ausgegebenen Rechte. Auch kommt es nicht auf die Anzahl der tatsächlich ausgegebenen Urkunden an – eine Verbriefung der verschiedenen Rechte in einer Sammel- oder Globalurkunde ist insofern unschädlich, vgl. Bungert, DZWir 1996, 185, 187. 426 Die beiden hier beschriebenen Vorgehensweisen werden vereinfacht dargestellt. Zu den zahlreichen weiteren Möglichkeiten, die zwischen diesen beiden Arten der Emission existieren, Claussen, Bank- und Börsenrecht, § 6 Rn. 304 ff.; Kallrath, Inhaltskontrolle der Wertpapierbedingungen, S. 38 ff.; Müller, in: Kümpel/Wittig, Bank- und Kapitalmarktrecht, Rn. 15.81 ff. 427 Vgl. Assmann, WM 2005, 1053, 1062 ff.; Ekkenga, ZHR 160 (1996), 59, 66 ff.; Joussen, WM 1995, 1861, 1863 ff.; ebenso Kallrath, Inhaltskontrolle der Wertpapierbedingungen, S. 60 ff., der sich in Fällen der Fremdemission stattdessen für eine Inhaltskontrolle nach § 242 BGB ausspricht. 428 Für eine Anwendbarkeit der §§ 305 ff. spricht sich auch die h. M. aus, vgl. BGH, Urt. v. 28. 6. 2005 – XI ZR 363/04 = BGHZ 163, 311, 314 = NJW 2005, 2917; BGH, Urt. v. 5.10.1992 – II ZR 172/91 = BGHZ 119, 305, 312 = NJW 1993, 57 („Klöckner“); Ulmer/ Habersack, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB, § 305 Rn. 71; Lindacher, in: Wolf/Lindacher/ Pfeiffer, AGB, § 305 Rn. 15.
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bb) Einseitiges Stellen der Vertragsbedingungen, § 305 Abs. 1 S. 1 BGB Gleichermaßen verhält es sich im Zusammenhang mit der Frage, ob die Genussrechtsbedingungen vom Emittenten im Einzelnen ausgehandelt werden und sich damit der Einflussnahme des Anlegers entziehen. Geht man davon aus, dass das Kreditinstitut die Genussrechte direkt an die Anleger veräußert, so ergeben sich hierbei wiederum keine Probleme. Im Falle der mittelbaren Fremdemission oktroyiert der Emittent dem Intermediär hingegen üblicherweise seine Vertragsbedingungen nicht auf, sondern handelt diese im Sinne von § 305 Abs. 1 S. 3 BGB individuell aus, während im Verhältnis des Emittenten zum Anleger eine vertragliche Beziehung zunächst überhaupt nicht begründet wird.429 Dass die Genussrechtsbedingungen dennoch unter die Definition des § 305 Abs. 1 S. 1 BGB fallen, wird anhand folgender Erwägungen deutlich: Zum einen sind die Genussrechte von vornherein für den Anleger und nicht für den Intermediär bestimmt. Der zwischenzeitliche Erwerb durch ein Emissionskonsortium stellt dabei lediglich einen technischen Zwischenschritt dar, der ausschließlich dazu dient, das Platzierungsrisiko abzumildern.430 Die Emissionsbank bzw. das Konsortium steht dem Emittenten dabei nicht wie ein üblicher Anleger gegenüber, sondern wird – ganz im Gegenteil – in seinem Interesse tätig.431 Darüber hinaus bleibt die AGB-spezifische Situation des Anlegers, die eine Inhaltskontrolle zum Schutz einer Vertragspartei erforderlich macht, im Falle einer mittelbaren Emission unverändert. Denn gegenüber der Konsortialbank ist es ihm in gleicher Weise unmöglich, an der Vertragsgestaltung mitzuwirken.432 cc) Einbeziehung der Genussrechtsbedingungen in das Vertragsverhältnis Die Genussrechtsbedingungen werden sowohl im Rahmen der Eigen- als auch der Fremdemission wirksam in das Vertragsverhältnis einbezogen. § 305 Abs. 2 BGB, der grundsätzlich Anforderungen an die Art und Weise der Einbeziehung von Vertragsbedingungen stellt, findet nach ständiger Rechtsprechung des BGH auf fungible Wertpapiere keine Anwendung. Denn bei der Bewältigung des heutigen Massengeschäfts sei es unmöglich, Wertpapierurkunden tatsächlich zu übergeben und damit den Anforderungen an die Einbeziehung zu genügen. Für diejenigen, die ihre Wertpapiere am Sekundärmarkt erwerben, ist dann jedoch nicht mehr erkennbar, ob 429
Bungert, DZWir 1996, 185, 188; Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 255. v. Randow, ZBB 1994, 23, 27 ff. 431 Kallrath, Inhaltskontrolle der Wertpapierbedingungen, S. 58 f. 432 Daher spricht sich die h. M. für die Anwendbarkeit der § 305 ff. BGB auf Wertpapierbedingungen aus, vgl. OLG Köln, Urt. v. 25.9.2012 – 15 U 101/10, Rz. 80; Ulmer/Habersack, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB, § 305 Rn. 71 m. w. N.; a. A. Kallrath, Inhaltskontrolle der Wertpapierbedingungen, S. 54 ff. 430
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D. Das Verhältnis von Anlegerschutz und Bankenaufsichtsrecht
bei der Emission des von ihnen erworbenen Wertpapiers die Voraussetzungen des § 305 Abs. 2 BGB erfüllt und die Wertpapierbedingungen entsprechend Vertragsbestandteil wurden.433 dd) Bereichsausnahme der §§ 310 Abs. 4, Abs. 1 BGB Auch hindert die Bereichsausnahme des § 310 Abs. 4 S. 1 Var. 3 BGB die Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB nicht. Denn das Genussrecht ist kein gesellschaftsrechtlich geprägtes Mitgliedschaftsrecht (sondern bloßes schuldrechtliches Gläubigerrecht).434 Die tragenden Gründe für die Versagung einer verbraucherschutzrechtlichen Inhaltskontrolle, nämlich das Vorhandensein spezieller gesellschaftsrechtlicher Rechtsbehelfe, greifen hier gerade nicht.435 Zu denken ist allenfalls an die Teilbereichsausnahme des § 310 Abs. 1 Var. 1 BGB. Denn sofern ein institutioneller Anleger die Genussrechte gewerbsmäßig hält, ist dieser selber Unternehmer im Sinne des § 14 BGB und entzieht sich dadurch zumindest in Teilen dem Anwendungsbereich einer AGB-Kontrolle. ee) Ausschluss der Inhaltskontrolle bei Leistungsbeschreibungen gemäß § 307 Abs. 3 S. 1 BGB Einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle können nach dem Willen des europäischen und des nationalen Gesetzgebers keineswegs sämtliche Regelungen eines Klauselwerks unterzogen werden. Der Möglichkeit, Regelungen einer richterlichen Kontrolle am Maßstab der §§ 308, 309 BGB zu unterziehen, wird vielmehr durch § 307 Abs. 3 S. 1 BGB in zweierlei Hinsicht Grenzen gesetzt: Zum einen sind Klauseln kontrollfrei, die sich darauf beschränken, gesetzliche Regelungen widerzugeben. Zum anderen sollen über den recht vagen Wortlaut des Abs. 3 hinaus nach dem Willen des europäischen436 und nationalen437 Gesetzgebers auch solche Klauseln einer richterlichen Beurteilung entzogen sein, die eine Leistungsbeschreibung 433 BGH, Urt. v. 28. 6. 2005 – XI ZR 363/04 = BGHZ 163, 311 = NJW 2005, 2917; OLG München, Urt. v. 12.01.2012 – 23 U 2737/11 = ZIP 2012, 576 („Deutsche Pfandbriefbank“). 434 Vgl. hierzu bereits B. IV.1. sowie BGH, Urt. v. 5.10.1992 – II ZR 172/91 = BGHZ 119, 305, 312 = NJW 1993, 57 („Klöckner“); OLG Köln, Urt. v. 25.9.2012 – 15 U 101/10, Rz. 81; OLG München, Urt. v. 12.01.2012 – 23 U 2737/11 = ZIP 2012, 576 („Deutsche Pfandbriefbank“); Feddersen/Meyer-Landrut, ZGR 1993, 312, 318; Habersack, ZHR 155 (1991), 378, 386. 435 So bereits Hirte, in: GroßKommAktG, § 221 Rn. 399; Hirte, ZIP 1991, 1461, 1464. 436 Vgl. Art. 4 Abs. 2 der RL 93/13/EWG des Rates über mißbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen, v. 5.4.1993, ABl. EG Nr. L 95, S. 29 ff.: „Die Beurteilung der Mißbräuchlichkeit der Klauseln betrifft weder den Hauptgegenstand des Vertrages noch die Angemessenheit zwischen dem Preis bzw. dem Entgelt und den Dienstleistungen bzw. den Gütern, die die Gegenleistung darstellen, sofern diese Klauseln klar und verständlich abgefasst sind.“ 437 Vgl. BT-Drs. 7/3919, S. 22.
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enthalten. Eine Ausnahme besteht für letztere Klauseln nach § 307 Abs. 3 S. 2 BGB indessen bezüglich des in § 307 Abs. 1 S. 2 BGB enthaltenen Transparenzgebots. Im Hinblick auf die Ausgabebedingungen von Genussrechten ist der ersten Fallgruppe, den deklaratorischen Klauseln, keine große Bedeutung beizumessen. Da das Genussrecht Gläubigerrecht sui generis ist und nicht durch eine gesetzliche Kodifikation bestimmt wird, enthalten die ihm zugrundeliegenden Bedingungen denknotwendig keine Regelungen, die sich in einer bloßen Wiedergabe von Rechtsvorschriften erschöpfen könnten. Umso bedeutsamer ist hingegen die Frage, bei welchen der (bei den Genussrechtsbedingungen üblicherweise zahlreichen) Klauseln es sich um zentrale Leistungsbestimmungen handelt, die sich nach § 307 Abs. 3 BGB zumindest der Kontrolle anhand der §§ 308, 309 BGB entziehen, und welche als Leistungsnebenabrede in vollem Umfang einer gerichtlichen Überprüfung unterliegen. Zur Klärung der Frage, an welcher Stelle die Grenze zwischen kontrollfreier Leistungsbestimmung und der Inhaltskontrolle vollständig unterworfener Leistungsnebenabrede zu ziehen ist, ist die Problematik unter zwei unterschiedlichen Gesichtspunkten zu betrachten. Zunächst ist zu klären, wie sich der Begriff der Leistungsbestimmung abstrakt definiert. Sodann gilt es zu ermitteln, welche der in der Praxis der Genussrechtsemissionen gängigen Bedingungen unter diese Definition subsumiert werden können. (1) Abstrakte Abgrenzung von Leistungsbeschreibung und Leistungsnebenabrede Die Bezeichnung der Leistungsbeschreibung als „Hauptgegenstand des Vertrages“ wie sie sich in Art. 4 Abs. 2 der dem AGBG zugrundliegenden Richtlinie über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen findet, wurde über die Jahre hinweg durch Rechtsprechung und Literatur konkretisiert. Nach stetiger Rechtsprechung des BGH sind diejenigen Klauseln als Leistungsbeschreibung zu verstehen und somit kontrollfrei, die „Art, Umfang und Güte der geschuldeten Leistungen fest[legen],“ und „ohne deren Vorliegen mangels Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit des wesentlichen Vertragsinhalts ein wirksamer Vertrag nicht mehr angenommen werden kann.“ Dieser als Kern der Leistungszusage verstandene unmittelbare Gegenstand der Hauptleistung entspricht dem Begriff der essentialia negotii.438 Die über dieses Mindestmaß bzw. den Kerngehalt der vertraglichen Vereinbarung hinausgehenden „Klauseln, die das Hauptleistungsversprechen ein-
438 BGH, Urt. v. 12. 3. 1987 – VII ZR 37/87 = BGHZ 100, 157, 173; Fuchs, in: Ulmer/ Brandner/Hensen, AGB, § 307 Rn. 40; Kallrath, Inhaltskontrolle der Wertpapierbedingungen, S. 71.
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D. Das Verhältnis von Anlegerschutz und Bankenaufsichtsrecht
schränken, verändern, ausgestalten oder modifizieren,“ sind hingegen als Leistungsnebenabreden kontrollfähig.439 Zweck dieser vom Gesetz vorgesehenen Einschränkung ist es, die wesentlichen Eckpfeiler des Vertrages, also insbesondere die Vereinbarung der geschuldeten Leistung und des für diese zu entrichtenden Entgelts, den Vertragsparteien und damit den Wettbewerbs- und Marktmechanismen zu überlassen. Bezogen auf das unmittelbare Leistungsangebot und den Preis tritt der Schutzzweck des AGB-Rechts, der Gefahr einer einseitigen Ausnutzung der Vertragsgestaltungsfreiheit des Verwenders zulasten des Vertragspartners entgegenzuwirken,440 insoweit hinter der Privatautonomie und dem Interesse an der Wahrung betriebswirtschaftlicher Prinzipien zurück.441 (2) Bestimmung der Leistungsbeschreibungen in der Emissionspraxis Auf der Grundlage dieser Erkenntnis sind nun die Ausgabebedingungen von Genussrechten zu betrachten und darauf zu untersuchen, welche ihrer Bestandteile als kontrollfreie Hauptleistungsbestimmung und welche als kontrollunterworfene Leistungsnebenabreden einzuordnen sind. Dabei fällt die Ermittlung der essentialia negotii für das Genussrecht anders als für gesetzlich vertypte Austauschverträge schwer. Denn während die Parteien eines Kaufvertrags lediglich über Kaufgegenstand und den hierfür zu entrichtenden Kaufpreis Einigkeit erzielen müssen, verläuft die Grenze der Hauptleistungs- zur Nebenbestimmung beim Genussrecht auf einem wesentlich schmaleren Grat. Entscheidend ist, dass im Hinblick auf jede Klausel hinterfragt wird, ob der Vertrag auch ohne sie hätte geschlossen werden können. Diese Frage muss beim aktienähnlichen Finanzierungsgenussrecht verneint werden, wenn es um die Höhe der Verzinsung,442 der zu leistenden Einlage und des
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BGH, Urt. v. 12. 3. 1987 – VII ZR 37/87 = BGHZ 100, 157, 173; BGH, Urt. v. 21. 4. 1993 – IV ZR 33/92 = NJW 1994, 520; BGH, Urt. v. 23. 6. 1993 – IV ZR 195/92 = BGHZ 123, 83, 84; BGH, Urt. v. 24. 3. 1999 – IV ZR 90/98 = BGHZ 141, 137 ff.; BGH, Urt. v. 12. 12. 2000 – VI ZR 138/00 = BGHZ 146, 138; BGH, Urt. v. 12. 5. 2010 – I ZR 37/09 = NJW-RR 2012, 257; Frantzen, Genußscheine, S. 32; Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB, § 307 Rn. 37 f.; Grüneberg, in: Palandt, § 307 Rn. 44; Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 259; Kallrath, Inhaltskontrolle der Wertpapierbedingungen, S. 71; Wurmnest, in: MüKoBGB, § 307 Rn. 12. 440 BGH, Urt. v. 30. 6. 1994 – VII ZR 116/93 = BGHZ 126, 326, 332; BGH, Urt. v. 19. 11. 2009 – III ZR 108/08 = BGHZ 183, 223; Basedow, in: MüKoBGB, Vorbemerkung zu §§ 305 ff. Rn. 4 ff.; Grüneberg, in: Palandt, Überbl v § 305 Rn. 8; Ulmer/Habersack, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB, Einl. Rn. 48. 441 Vgl. BT-Drs. 7/3919, S .22; Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB, § 307 Rn. 6, 14. 442 Frantzen, Genußscheine, S. 33; Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB, § 307 Rn. 66; Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 259; Kallrath, Inhaltskontrolle der Wertpapierbedingungen, S. 74; Sethe, WM 2012, 577, 583.
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Rückzahlungsbetrags geht.443 Ebenso unmittelbar wirkt sich auf die Preisbildung die Art und Weise der Gewinnbeteiligung aus, weswegen einer richterlichen Kontrolle auch die Frage entzogen ist, ob für das Genussrecht eine Mindestverzinsung vorgesehen ist und ob und inwiefern sich die Ausschüttung an der Aktionärsdividende oder einer sonstigen Gewinngröße orientiert.444 Darüber hinaus sind diejenigen Modalitäten für das aktiengleiche Genussrecht konstitutive Hauptleistungsbestimmungen, die darüber entscheiden, welche Haftungsqualität dem Genusskapital zukommt. Hierzu gehören neben dem „Ob“ der Verlustbeteiligung sämtliche Bestimmungen, die sich auf die Qualität des Genusskapitals als Eigenkapital auswirken,445 namentlich die Frage, ob sich die Verlustbeteiligung durch Teilnahme am laufenden Verlust oder durch eine Herabsetzung des Kapitals im Sinne einer Koppelung an das Grundkapital vollzieht.446 Dies betrifft daher auch die Vereinbarung nachrangiger Haftung.447 Um eine bloße Modalität der Teilnahme an den Gewinnen und den Verlusten des Emittenten handelt es sich dagegen bei der Frage, auf welche Art und Weise diese festgestellt wird und an welche Bezugsgröße sie anknüpft.448 Gleichermaßen verhält es sich mit Klauseln, die die Nachholung ausgebliebener Ausschüttungen für die Folgejahre sowie die Wiederauffüllung herabgesetzten Genusskapitals vorsehen.449 Zwar kann nur schwerlich bestritten werden, dass auch diese Regelungen die Art der geschuldeten Leistung beschreiben und sich damit auf die Preisbildung des gesamten Genussrechts auswirken. Doch sind die Emission und der Absatz eines Genussrechts grundsätzlich auch ohne derartige Klauseln denkbar. Sie zählen somit ebenso wenig zum eng gefassten Kern der Leistungszusage wie Regelungen, die das Kündigungsrecht450 oder das Schicksal der Genussrechte im Falle von Verschmelzung und Liquidation betreffen.451
443 Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 259; Kallrath, Inhaltskontrolle der Wertpapierbedingungen, S. 72 ff.; Sethe, WM 2012, 577, 583. 444 Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB, § 307 Rn. 66; Kallrath, Inhaltskontrolle der Wertpapierbedingungen, S. 72 f. 445 Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB, § 307 Rn. 67; Sethe, WM 2012, 577, 583. 446 BGH, Urt. v. 5.10.1992 – II ZR 172/91 = BGHZ 119, 305, 314 f. = NJW 1993, 57 („Klöckner“); Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB, § 307 Rn. 67; Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 259; a. A. Kallrath, Inhaltskontrolle der Wertpapierbedingungen, S. 73 f. 447 Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 259. 448 OLG Köln, Urt. v. 25.9.2012 – 15 U 101/10, Rz. 80; Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB, § 307 Rn. 67; Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 259; Sethe, WM 2012, 577, 583. 449 Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB, § 307 Rn. 66. 450 Kallrath, Inhaltskontrolle der Wertpapierbedingungen, S. 74. 451 Kallrath, Inhaltskontrolle der Wertpapierbedingungen, S. 74.
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ff) Zwischenergebnis Nachdem zunächst nicht die Notwendigkeit gesehen wurde, Genussrechte einer Inhaltskontrolle zu unterziehen,452 wird seit der Klöckner-Entscheidung ganz überwiegend davon ausgegangen, dass die §§ 305 ff. BGB auf die Emissionsbedingungen von Genussrechten anzuwenden sind.453 c) Umfang der Inhaltskontrolle nach §§ 305 ff. BGB aa) Maßstab der Auslegung von Genussrechtsbedingungen Die Grundsätze einer Auslegung richten sich für Willenserklärungen im Allgemeinen nach § 133 BGB. Für die Interpretation von individuell ausgehandelten Verträgen tritt darüber hinaus die Vorschrift des § 157 BGB hinzu, woraus sich Folgendes ergibt: Wird eine Willenserklärung oder eine vertragliche Bestimmung ausgelegt, so ist nicht an deren bloßem Wortlaut zu haften, sondern zunächst zu erforschen, was der Erklärende tatsächlich bekunden wollte. Ferner ist zu hinterfragen, wie der Empfänger das Erklärte nach Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte inhaltlich hätte verstehen dürfen. Im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung werden die Lücken der rechtsgeschäftlichen Vereinbarung zudem anhand des im Vertrag enthaltenen Regelungsplans der Parteien unter Berücksichtigung von Treu und Glauben und der Verkehrssitte geschlossen.454 Der konkrete Empfänger wird dabei gedanklich durch einen objektivierten, unbefangenen Dritten ersetzt.455 Grundsätzlich ist in diesem Zusammenhang die Erkenntnismöglichkeit des Empfängers maßgeblich, so dass im Rahmen individualvertraglicher Vereinbarungen sowohl das Vorhandensein als auch das Fehlen besonderen Fachwissens beim Erklärungsempfänger zu berücksichtigen ist.456 452 Möschel stellte im Jahr 1985 noch fest, die Problematik der Inhaltskontrolle stelle sich im Bankenbereich nur abgeschwächt. Gerade hier sei das Insolvenzrisiko für Genussrechtsinhaber denkbar gering, da mit den branchenüblichen Bilanzierungs-, Prüfungs- und Publizitätsregeln bei gleichzeitiger Überwachung durch eine Aufsichtsbehörde dem Anlegerrisiko zu Genüge Rechnung getragen würde, vgl. Möschel, ZHR 149 (1985), 206, 234. 453 BGH, Urt. v. 5.10.1992 – II ZR 172/91 = BGHZ 119, 305, 312 = NJW 1993, 57 („Klöckner“); OLG Düsseldorf, Urt. v. 10.5.1991 – 17 U 19/90 = AG 1991, 438, 439 f.; Feddersen/Meyer-Landrut, ZGR 1993, 312, 318; Grundmann, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 112 Rn. 115; Hirte, ZIP 1991, 1461, 1464; Hüffer, AktG, § 221 Rn. 35; Lutter, in: KöKoAktG, § 221 Rn. 221; Lutter, ZGR 1993, 291, 295 ff.; Möschel, ZHR 149 (1985), 206, 234. 454 Für das Genussrecht ausdrücklich OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 07.02.2012 – 5 U 92/11; OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 13.12.2011 – 5 U 56/11 = ZIP 2012, 79 ff.; LG Frankfurt a. M., Urt. v. 05. 02. 2011 – 3 – 5 O 100/10; LG Frankfurt a. M., Urt. v. 14. 12. 2010 – 3 – 5 O 65/10. 455 BGH, Urt. v. 11. 11. 1993 – VII ZR 47/93 = BGHZ 124 64, 67; Busche, in: MüKoBGB, § 133 Rn. 28 m. w. N. 456 St. Rspr. seit RG, Urt. v. 21. 11. 1927 – VI 71/27 = RGZ 119, 21, 25; 96; BGH, Urt. v. 03. 02. 1967 – VI ZR 114/65 = BGHZ 36, 30, 33 sowie h. M., s. Busche, in: MüKoBGB,
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Anders verhält es sich hingegen mit wertpapiermäßig verbrieften Genussrechten, da diese, wie eben herausgestellt, dem Anwendungsbereich der §§ 305 ff. BGB unterfallen. Bei diesen orientiert sich die Auslegung in der für Wertpapiere üblichen Weise457 am Maßstab eines objektivierten Durchschnittsanlegers.458 Daher ist nicht die Erkenntnismöglichkeit des Vertragspartners im konkreten Fall oder einer mit besonderen Fachkenntnissen ausgestatteten Person, sondern die Verständnismöglichkeit eines typischerweise bei Verträgen der geregelten Art zu erwartenden Durchschnittskunden maßgeblich.459 Mit Blick auf das breite Anlegerpublikum sind diese Anforderungen entsprechend niedrig.460 Dabei werden üblicherweise der Wortlaut der streitgegenständlichen Klausel(n) sowie der sich aus der Vertragsurkunde selbst ergebende Sinn und Zweck der Genussrechtsbedingungen herangezogen.461 Individuelle Besonderheiten in der Person des einzelnen Genussberechtigten werden im Interesse der Funktionsfähigkeit des Kapitalmarktes nicht berücksichtigt.462 bb) Grundsatz KWG-konformer Auslegung? Die Zuführung neuen Eigenkapitals ist oftmals ein wesentliches Motiv, wenn nicht gar der Beweggrund schlechthin für die Emission neuer Genussrechte. Entsprechend ist er bei der Auslegung und Inhaltskontrolle von Genussrechtsbedingungen durch die Gerichte zu würdigen 463 und als Belang in die Interessenabwägung § 133 Rn. 12; Ellenberger, in: Palandt, BGB, § 133 Rn. 9; Hefermehl, in: Soergel, BGB, § 133 Rn. 13; Palm, in: Erman, BGB, § 133 Rn. 19. 457 BGH. Urt. v. 23. 10. 1958 – II ZR 4/57 = BGHZ 28, 259, 261 (für börsengängige Schuldverschreibungen); RG, Urt. v. 30. 6. 1927 – II 7/27 = RGZ 117, 379, 382 (für Genussscheine); OLG Köln, Urt. v. 25.9.2012 – 15 U 101/10, Rz. 83; Lenenbach, NZG 2001, 481, 482 (für Aktienanleihen). 458 BGH, Urt. v. 5.10.1992 – II ZR 172/91 = BGHZ 119, 305, 313 = NJW 1993, 57 („Klöckner“); BGH, Urt. v. 24. 11. 1988 – III ZR 188/87 = BGHZ 106, 41, 49; OLG München, Urt. v. 12.01.2012 – 23 U 2737/11 = ZIP 2012, 576 („Deutsche Pfandbriefbank“); Bunte, in: Schimansky/Bunte/Lwowski, Bankrechts-Handbuch, § 88 Rn. 40 ff.; Frantzen, Genußscheine, S. 31; Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 258. 459 BGH, Urt. v. 24. 11. 1988 – III ZR 188/87 = BGHZ 106, 41, 49; OLG München, Urt. v. 12.01.2012 – 23 U 2737/11 = ZIP 2012, 576, 577 („Deutsche Pfandbriefbank“). 460 Luttermann, DB 1993, 1809, 1811. 461 RG, Urt. v. 18. 11. 1913 – II 280/13 = RGZ 83, 295, 296 f.; auch außerhalb der Urkunde liegende Umstände können jedoch ausnahmsweise hinzugezogen werden, vgl. Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 258. 462 BGH, Urt. vom 30. 6. 2009 – XI ZR 364/08 = ZIP 2009, 1558; OLG München, Urt. v. 12.01.2012 – 23 U 2737/11 = ZIP 2012, 576 („Deutsche Pfandbriefbank“), unter Bezugnahme auf Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 258. 463 Dass die Praxis dem nachkommt, zeigen die jüngsten obergerichtlichen Entscheidungen, vgl. OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 16.11.2011 – 19 U 12/11 („Corealcredit“); OLG München, Urt. v. 12.01.2012 – 23 U 2737/11 = ZIP 2012, 576 („Deutsche Pfandbriefbank“); OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 07.02.2012 – 5 U 92/11 = ZIP 2012, 524, 526 („Eurohypo/Rheinhyp/
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mit einzustellen.464 Darüber hinaus existiert jedoch ein Grundsatz, der eine Auslegung dergestalt gebietet, dass den bankenaufsichtsrechtlichen Vorgaben entsprochen oder in größtmöglichem Maße Rechnung getragen zu werden braucht, ebenso wenig wie eine gesetzliche Pflicht, die Kriterien etwa des § 10 Abs. 5 KWG einzuhalten.465 Eine solche KWG-günstige Interpretation von Klauseln in Genussrechtsbedingungen ist mit der Zielsetzung der §§ 305 ff. BGB nicht in Einklang zu bringen. Denn Ansinnen des Gesetzgebers ist es, mit Hilfe der richterlichen Kontrolle Allgemeiner Vertragsbedingungen der Gefahr vorzubeugen, dass der Verwender seine Vertragsgestaltungsfreiheit einseitig zulasten des Vertragspartners ausnutzt.466 Diese Zielsetzung würde jedoch verfehlt, orientierte man sich bei der Beurteilung genussvertraglicher Klauseln von vornherein an den Anforderungen des Bankenaufsichtsrechts, deren Einhaltung primär im Interesse des Emittenten und nicht des Anlegers liegt. Eine vorrangige Beachtung von Vorschriften des KWG hätte demnach zur Folge, dass Zweifel bei der Auslegung entgegen dem Rechtsgedanken des § 305 Abs. 2 BGB nicht zulasten des Verwenders, sondern zulasten des Anlegers gingen. cc) Inhaltskontrolle nach § 307 Abs. 1, Abs. 2 BGB Sofern es sich bei den Regelungen in Genussrechtsbedingungen nicht um Hauptleistungsbestimmungen handelt, die einer Kontrolle gemäß § 307 Abs. 3 S. 1 BGB entzogen sind, sind sie inhaltlich an der Generalklausel des § 307 Abs. 1 S. 1 BGB, am Transparenzgebot des Abs. 1 S. 2 sowie am Benachteiligungsverbot des Abs. 2 zu messen. Nach Maßgabe des Abs. 1 S. 1 sind Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen. Gegenstand der Untersuchung ist zwar eine einzelne Klausel. Zur Klärung der Frage, ob ein vertragliches Ungleichgewicht besteht, kommt man indes nicht umher, den gesamten Vertragsinhalt in die Prüfung mit einzubeziehen.467 Erforderlich ist zudem, dass es
Essenhyp“); OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 13.12.2011 – 5 U 56/11 = ZIP 2012, 79, 80 („Eurohypo/Rheinhyp“); OLG Hamm, Urt. v. 19.10.2010 – 7 U 21/10 = GWR 2010, 311220. 464 Vgl. Wurmnest, in: MüKoBGB, § 307 Rn. 33. 465 OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 07.02.2012 – 5 U 92/11 = ZIP 2012, 524, 528 („Eurohypo/ Rheinhyp/Essenhyp“); OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 13.12.2011 – 5 U 56/11 = ZIP 2012, 79, 83 („Eurohypo/Rheinhyp“). 466 BGH, Urt. v. 30. 6. 1994 – VII ZR 116/93 = BGHZ 126, 326, 332; BGH, Urt. v. 19. 11. 2009 – III ZR 108/08 = BGHZ 183, 223; Basedow, in: MüKoBGB, Vorbemerkung zu §§ 305 ff. Rn. 4 ff.; Grüneberg, in: Palandt, Überbl v § 305 Rn. 8; Ulmer/Habersack, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB, Einl. Rn. 48. 467 Jauernig, BGB, § 307 Rn. 4; Wurmnest, in: MüKoBGB, § 307 Rn. 34.
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sich um eine Benachteiligung von einigem Gewicht handelt, etwa eine erhebliche Verlagerung des Vertragsrisikos zulasten eines Vertragspartners.468 Konkretisiert wird dieser Grundtatbestand durch das in § 307 Abs. 1 S. 2 BGB angesiedelte Transparenzgebot. Hiernach kann bereits die unklare Abfassung der Genussrechtsbedingungen eine Benachteiligung des Anlegers begründen. Dies kann beim Genussrecht insbesondere dann die Unwirksamkeit von Bestimmungen zur Folge haben, wenn sich dem Vertragswerk nicht entnehmen lässt, welche wirtschaftlichen Risiken und Belastungen auf den Anleger zukommen (können), wobei „nicht auf die Erkenntnismöglichkeit des jeweiligen Vertragspartners oder auf das Verständnis einer mit besonderen Fachkenntnissen ausgestatteten Person, sondern auf die Verständnismöglichkeit des typischerweise bei Verträgen der geregelten Art zu erwartenden Durchschnittskunden abzustellen ist.“469 Die Annahme einer über das Transparenzgebot des Abs. 1 S. 2 hinausgehenden Unangemessenheit einzelner Bedingungen im Sinne des § 307 Abs. 2 BGB lässt sich hingegen nicht ohne weiteres begründen. Denn hierfür fehlt es dem Genussrecht als Dauerschuldverhältnis sui generis auf den ersten Blick an einem gesetzlichen Leitbild, anhand dessen sich konkrete Klauseln messen lassen könnten.470 Zwar erfahren die aktienähnlichen Finanzierungsgenussrechte heutzutage eine erhebliche Standardisierung, doch genügt die Heranziehung in der Emissionspraxis üblicher Regelungen nicht dem Erfordernis an einen gesetzlichen und damit im Sinne des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB tauglichen Vergleichsmaßstab. Dennoch ist darüber nachzudenken, ob nicht, wie bei anderen gesetzlich ungeregelten Vertragstypen (z. B. dem Garantie-, Factoring- oder Franchisevertrag), auch bei Genussrechten „anhand von Vertragszweck, Interessenlage und Verkehrsgewohnheit sowie tragender rechtlicher Wertungsprinzipien ein typenspezifisches Leitbild zu entwerfen und der Inhaltskontrolle zugrunde zu legen“471 ist. dd) Verbleiben von Auslegungszweifeln, § 305c Abs. 2 BGB Wesentlich weiter als der Anwendungsbereich des § 307 BGB reicht der des § 305c Abs. 3 BGB. Trotz seiner systematischen Stellung im Rahmen des §§ 305 ff. BGB beschränkt er sich nicht auf Bedingungen, die einer Vielzahl von Verträgen zugrunde liegen, sondern ist im Einzelfall sogar auf individualvertragliche Vereinbarungen anwendbar, sofern der Verbraucher dort in AGB-typischer Art und 468
Fuchs, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB, § 307 Rn. 96, 100 f.; Jauernig, BGB, § 307 Rn. 4; Wurmnest, in: MüKoBGB, § 307 Rn. 34. 469 BGH, Urt. v. 5.10.1992 – II ZR 172/91 = BGHZ 119, 305, 312 ff. = NJW 1993, 57 („Klöckner“); BGH, Urt. v. 24. 11. 1988 – III ZR 188/87 = BGHZ 106, 42 ff.; Fuchs, in: Ulmer/ Brandner/Hensen, AGB, § 307 Rn. 344 f.; Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 258. 470 OLG Düsseldorf, Urt. v. 10.05.1991 – 17 U 19/90 = AG 1991, 438; als ein solches Leitbild scheidet insbesondere die Vorzugsaktie nach §§ 139 ff. AktG aus, vgl. BGH, Urt. v. 5.10.1992 – II ZR 172/91 = BGHZ 119, 305, 312 = NJW 1993, 57 (Klöckner). 471 Luttermann, DB 1993, 1809, 1811, 1813.
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Weise strukturell unterlegen ist. Wie das OLG München jüngst bestätigt hat, stehen der Anwendbarkeit der Unklarheitenregelung aus § 305c Abs. 2 BGB daher im Bezug auf Genussrechte keine Bedenken entgegen. Bei der Auslegung der Genussrechtsbedingungen verbleibende Zweifel gehen demnach zulasten des sie verwendenden Emittenten.472 ee) Zwischenergebnis Das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen aus den §§ 305 ff. BGB ist in der Lage, einen wertvollen Beitrag zum Anlegerschutz von Genussrechtsinhabern zu leisten. Zwar ergeben sich besonders im Rahmen der häufig vorzufindenden mittelbaren Platzierung Bedenken hinsichtlich der Anwendbarkeit der verbraucherschützenden Vorschriften. Doch lassen vor allem teleologische Erwägungen es geboten erscheinen, die Genussrechtsbedingungen unter die Definition des § 305 Abs. 1 S. 1 BGB zu subsumieren. d) Gesellschaftsrechtliche Inhaltskontrolle, §§ 134, 242 BGB Insbesondere diejenigen Stimmen, die eine Inhaltskontrolle am Maßstab der §§ 305 ff. BGB ablehnen, halten es für geboten, die Genussrechtsbedingungen einer gesellschaftsrechtlichen Kontrolle zu unterziehen.473 Doch ist dies insofern zweifelhaft, als das Verhältnis zwischen Anleger und Emittent auf schuldrechtlicher Basis steht und sich eine derartige Inhaltskontrolle daher nicht wie im Gesellschaftsrecht aus Treuepflichten herzuleiten vermag. Hieran ändert auch der aktienrechtliche Einschlag des eigenkapitalverstärkenden Finanzierungsgenussrechts nichts. Im Ergebnis dürften sich die Abweichungen indessen ohnehin in Grenzen halten, da sich AGB- sowie gesellschaftsrechtliche Inhaltskontrolle ähnlicher Beurteilungsmaßstäbe bedienen.474 e) Einzelne Klauseln im Lichte des AGB-Rechts Die Kontrolle einzelner Bestimmungen in Genussrechtsbedingungen wurde höchstrichterlich erstmals im Rahmen der Klöckner-Entscheidung thematisiert.475 472
OLG München, Urt. v. 12.01.2012 – 23 U 2737/11 = ZIP 2012, 576 („Deutsche Pfandbriefbank“), unter Bezugnahme auf Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 258 sowie Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 305c Rn. 15. 473 Hierzu BGH, Urt. v. 14. 4. 1975 – II ZR 147/73 = BGHZ 64, 238 = NJW 1975, 1318; BGH, Urt. v. 3.5.1982 – II ZR 78/81 = BGHZ 84, 11 = NJW 1982, 2303; Reuter, in: Festschrift Stimpel, S. 655; Vollmer/Lorch, ZBB 1992, 44, 48, allerdings mit dem unzutreffenden Hinweis, dass die Notwendigkeit einer gesellschaftsrechtlichen Inhaltskontrolle auf den organisationsund verbandsrechtlichen Beziehungen des Anlegers zur Gesellschaft beruhe. 474 Bungert, DZWir 1996, 185, 191 f.; Möschel, ZHR 149 (1985), 206, 234. 475 BGH, Urt. v. 5.10.1992 – II ZR 172/91 = BGHZ 119, 305, 306, 331 = NJW 1993, 57 („Klöckner“).
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Dort hatte der BGH seinerzeit im Hinblick auf das Transparenzgebot des § 9 AGBG, das sich nunmehr in § 307 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 BGB befindet, zu überprüfen, ob ein durchschnittlicher Anleger auch im Falle einer durch bloße Rückstellungen veranlassten Kapitalherabsetzung mit dem Verlust des sich aus den Genussrechtsbedingungen ergebenden Rückkaufwertes seiner Genussrechte hätte rechnen müssen. In den Verfahren, die die Diskussion um das Genussrecht in den vergangenen Jahren geprägt haben, ist die Problematik der Inhaltskontrolle einzelner Klauseln anhand der §§ 305 ff. BGB wieder verstärkt in den Fokus der Gerichte gerückt. aa) Begriff des Bilanzverlusts, insbesondere Berücksichtigung von Verlustvorträgen (1) Entscheidungen des OLG München und des OLG Frankfurt a. M. Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen vor dem OLG München476 sowie dem OLG Frankfurt a. M.477 war die Frage, wie der in den Genussrechtsbedingungen der Deutschen Pfandbriefbank AG sowie der Corealcredit Bank AG verwendete Begriff des Bilanzverlusts zu verstehen sei. In den Geschäftsjahren 2008 und 2009 wurde das Genusskapital beider Kreditinstitute vermindert bzw. vollständig aufgebraucht, unter anderem, weil bei der Berechnung der Verluste neben den jeweiligen Jahresfehlbeträgen auch Verlustvorträge aus den Vorjahren berücksichtigt worden waren. Zur Herabsetzung des Genusskapitals sahen sich die Banken als Beklagte aufgrund der folgenden Regelungen ihrer Genussrechtsbedingungen berechtigt: § 6 (Deutsche Pfandbriefbank AG, WKN 812721): „Wird ein Bilanzverlust ausgewiesen oder das Grundkapital […] zur Deckung von Verlusten herabgesetzt, so vermindert sich der Rückzahlungsanspruch jedes Genußscheininhabers in demselben Verhältnis, in dem das in der Bilanz ausgewiesene Eigenkapital (ohne nachrangige Verbindlichkeiten) durch Tilgung des Bilanzverlustes gemindert wird.“ § 7 (Corealcredit Bank AG, WKN 800287): „Die Genußscheininhaber nehmen am Bilanzverlust der Bank in voller Höhe durch Verminderung ihrer Rückzahlungsansprüche und zwar im Verhältnis der Rückzahlungsansprüche zu dem jeweils ausgewiesenen sonstigen Eigenkapital gemäß § 10 Kreditwesengesetz teil.“
Die Kläger machten hiergegen geltend, die Regelungen hätten nicht erkennen lassen, dass auch bei einem Ausweis von Jahresüberschüssen durch buchhalterische Maßnahmen wie Verlustvorträge ein Bilanzverlust entstehen könne. Alleine die Formulierung „ein Bilanzverlust“ lasse darauf schließen, dass eine mehrfache Berücksichtigung von Verlusten nicht von der Regelung umfasst werde. Ferner übersteige es die Möglichkeiten eines durchschnittlichen Anlegers, die verschiedenen 476 OLG München, Urt. v. 12.01.2012 – 23 U 2737/11 = ZIP 2012, 576 („Deutsche Pfandbriefbank“). 477 OLG Frankfurt, Urt. v. 16.11.2011 – 19 U 12/11 („Corealcredit“).
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Begriffe der Rechnungslegung (Ergebnis, Jahresergebnis, Bilanzergebnis) zu unterscheiden, weswegen sie nicht mit einer Verlustteilnahme aufgrund von Vorträgen aus dem Vorjahr hätten rechnen können und brauchen. In beiden Verfahren haben die Kreditinstitute indessen bislang obsiegt und die Oberlandesgerichte die Berufungen der Kläger zurückgewiesen. Zwar waren sie der Auffassung, die Klauseln seien einer inhaltliche Kontrolle grundsätzlich zugänglich, da es sich zum einen um Allgemeine Geschäftsbedingungen im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB handele. Zum anderen stellten diese auch insofern keine aus dem Anwendungsbereich des § 307 BGB ausgenommenen Hauptleistungsbestimmungen dar, als sie nicht das „Ob“ der Verlustbeteiligung zum Inhalt haben, sondern lediglich vorsehen, in welcher Art und Weise die Genussrechte am Verlust beteiligt werden.478 Die Bestimmungen begründeten jedoch weder einen Verstoß gegen § 307 Abs. 1 S. 2 BGB noch stellten diese gemäß § 305c Abs. 1 BGB überraschende Klauseln dar. Dass die Bezugnahme auf den Bilanzverlust als Bezugsgröße auch die Möglichkeit von Verlustvorträgen erfasse, sei auch für den Durchschnittsanleger erkennbar, das Transparenzgebot somit gewahrt. Denn beide Genussrechtsbedingungen bedienten sich mit dem Bilanzverlust eines gesetzlich determinierten Begriffs. Nach Maßgabe der §§ 268 HGB, 158 AktG umfasse dieser eben nicht nur den Jahresfehlbetrag, sondern (neben anderen Posten) nach § 158 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 AktG auch vorhandene Verlustvorträge. Bei der Auslegung sei allerdings zu berücksichtigen, dass die Begrifflichkeiten in den Genussrechtsbedingungen den Bilanzverlust dahingehend modifizierten, als der Bilanzverlust vor dem Abzug des Verlustanteils der Genussrechtsinhaber gemeint sei, da dieser ja gerade berechnet werden solle. Im Münchener Verfahren kam hinzu, dass die zusätzliche Formulierung in § 6 a. E. der Genussrechtsbedingungen „durch Tilgung des Bilanzverlusts gemindert wird“ sprachlich auch darauf schließen lassen könne, dass es sich um einen noch andauernden Vorgang handele, während der Verlustvortrag den Bilanzverlust des Vorjahres, also einen bereits abgeschlossenen Vorgang beschreibe. Ein eindeutiges Ergebnis, ob der Verlustvortrag erfasst werden solle oder nicht, sei somit durch Auslegung nicht zu erreichen. Verbleibende Zweifel seien gemäß § 305 Abs. 2 BGB zulasten des Verwenders zu berücksichtigen.479 Dennoch sei selbst bei Zugrundelegung der kundenfeindlichsten Auslegung keine unangemessene Benachteiligung der Inhaber von Genussrechten erkennbar. Zwar ermögliche die Bezugnahme auf den Bilanzverlust auf der einen Seite die Berücksichtigung von Verlustvorträgen. Auf der anderen Seite werde hierdurch jedoch die 478
OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 16.11.2011 – 19 U 12/11 („Corealcredit“); das OLG München, Urt. v. 12.01.2012 – 23 U 2737/11 = ZIP 2012, 576 („Deutsche Pfandbriefbank“), konnte die Entscheidung hierüber offenlassen, da es der Ansicht war, die streitgegenständliche Klausel halte einer Inhaltskontrolle anhand von § 307 BGB ohnehin stand. 479 OLG München, Urt. v. 12.01.2012 – 23 U 2737/11 = ZIP 2012, 576, 577 f. („Deutsche Pfandbriefbank“).
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Attraktivität des Genussrechts am Kapitalmarkt gesteigert, da auf diese Art und Weise ein Bilanzverlust trotz Vorliegen eines Jahresfehlbetrags durch Auflösung von Rücklagen und anderen Sonderposten vermieden werden könne.480 Soweit den genussvertraglichen Regelungen der Verlustteilnahme gesetzliche Regelungen zugrunde lägen, könne unter Berücksichtigung der Einheit der Rechtsordnung auch nicht davon ausgegangen werden, dass diese im Sinne des § 305 Abs. 1 BGB überraschend seien.481 (2) Stellungnahme Die Entscheidungen der Oberlandesgerichte München und Frankfurt a. M. zum Verständnis des in Genussrechtsbedingungen verwendeten Begriffs „Bilanzverlust“ verdienet im Großen und Ganzen Zustimmung. (a) Objektiver Auslegungsmaßstab auch beim Genussrecht Für die richterliche Inhaltskontrolle und die Frage, für welchen Personenkreis die streitgegenständliche Klausel im Sinne von § 305c Abs. 1 BGB überraschend sein muss, legen die Richter einen objektiven Maßstab an und bestätigen somit die Übertragbarkeit der bisherigen, für börsengängige Schuldverschreibungen und Anleihen entwickelte Rechtsprechung482 auf das Gebiet des Genussrechts. Überzeugenderweise ist daher bei der Auslegung von Genussrechtsbedingungen nicht das Verständnis einzelner Anleger, sondern die Sichtweise eines typischerweise an Geschäften dieser Art beteiligten Durchschnittskunden maßgeblich. Individuelle Besonderheiten in der Person des einzelnen Anlegers bleiben daher außen vor.483 (b) Berücksichtigung von Verlustvorträgen Die bereits im Vorfeld geäußerte Kritik daran, dass der Begriff des Bilanzverlusts, wie er in den streitgegenständlichen Genussrechtsbedingungen verwendet wurde, auch den Verlustvortrag beinhalten solle, wurde auch im Nachgang der Entscheidung bekräftigt.484 Beabsichtigte der Emittent, das Genusskapital auch zum Ausgleich von Verlustvorträgen heranzuziehen, so bedürfe es hierfür einer ausdrücklichen Regelung. Da nach dem Grundsatz objektiver Auslegung auf den Durchschnittsanleger und gerade nicht auf einen besonders erfahrenen Kunden abzustellen sei, könne nicht erwartet werden, dass der Anleger bei Verwendung des Begriffs Bilanzverlust die 480 OLG München, Urt. v. 12.01.2012 – 23 U 2737/11 = ZIP 2012, 576, 579 („Deutsche Pfandbriefbank“). 481 OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 16.11.2011 – 19 U 12/11 („Corealcredit“); OLG München, Urt. v. 12.01.2012 – 23 U 2737/11 = ZIP 2012, 576, 579 („Deutsche Pfandbriefbank“). 482 Vgl. hierzu oben D. III. 1. c) aa). 483 OLG München, Urt. v. 12.01.2012 – 23 U 2737/11 = ZIP 2012, 576, 577 („Deutsche Pfandbriefbank“); dem zustimmend Sethe, WM 2012, 577, 580. 484 Vgl. Habersack, AG 2009, 801, 806; Sethe, WM 2012, 577, 581.
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Möglichkeit von Verlustvorträgen aus den Vorjahren erkenne.485 Der Rückgriff auf die gesetzliche Bestimmung des Bilanzverlusts in §§ 268 HGB, 158 AktG passe inhaltlich nicht und sei insofern irreführend, als die Entnahme aus dem Genusskapital bereits in die Berechnung des Bilanzergebnisses mit einfließe und damit ein vom handelsrechtlichen Verständnis abweichendes Begriffsverständnis vorliege.486 Tauche in den Genussrechtsbedingungen der Begriff Bilanzverlust auf, so handele es sich um einen Terminus sui generis, der das Bilanzergebnis als Zwischenrechnung exklusive getätigter Entnahmen aus dem und Ausschüttungen auf das Genusskapital beschreibe.487 Diese in Teilen des Schrifttums vorgebrachten Bedenken gegenüber dem obergerichtlichen Verständnis des Bilanzverlusts vermögen indes nicht zu überzeugen. Liegt der Ausschüttung oder der Verlustteilnahme das Bilanzergebnis zugrunde, so ergibt sich für die Rechnungslegung von Kreditinstituten aufgrund von §§ 1 RechKredV488 in Verbindung mit dem Formblatt 2, dass Entnahmen aus dem Genussrechtskapital bei der Gewinn- und Verlustrechnung bereits zu berücksichtigen sind. Daher wird der Bilanzverlust aus Sicht eines verständigen Anlegers denknotwendig als Bilanzverlust vor Entnahme aus Genusskapital verstanden.489 Einen weiteren hilfreichen Gedanken, der dieses Ergebnis stützt, äußert Mülbert. Er nimmt dem Einwand, die Begrifflichkeit „Bilanzverlust“ sei in Genussrechtsbedingungen perplex, den Wind aus den Segeln. Denn wäre dem so und wäre die Verlustteilnahmeklause folglich nichtig oder aufgrund von § 307 Abs. 1 S. 2 BGB unwirksam, so würde die Lücke im Wege ergänzender Vertragsauslegung geschlossen. Solle dies interessengerecht geschehen, so sei auch die Motivationslage des Emittenten, Ergänzungskapital nach § 10 Abs. 5 KWG zuzuführen und die dort aufgestellten Anforderungen zu erfüllen, zu berücksichtigen. Dem Erfordernis der Verlustteilnahme in voller Höhe würde genügt, wenn diese an den Bilanzverlust oder den Jahresfehlbetrag anknüpfe. Stellten die Genussrechtsbedingungen jedoch ausdrücklich auf den Bilanzverlust ab, so könne Letzteres von den Parteien nicht gewollt sein, so dass man auch auf diesem Wege zum Bilanzverlust vor Entnahmen aus dem Genussrechtskapital gelange.490 Nicht zu überzeugen vermag indessen der Hinweis des OLG Frankfurt a. M., ein aufmerksamer und sorgfältiger Teilnehmer am Wirtschaftsverkehr könne erkennen, dass das Bilanzergebnis gemeint sein müsse, da in den Genussrechtsbedingungen auf § 10 Abs. 5 KWG Bezug genommen würde. Diese Schlussfolgerung geht insofern fehl, als die bankenrechtlichen Eigenmittelbestimmungen Genusskapital nicht nur 485
Sethe, WM 2012, 577, 581. Habersack, AG 2009, 801, 806; Sethe, WM 2012, 577, 581. 487 Sethe, WM 2012, 577, 581 f. 488 Verordnung über die Rechnungslegung der Kreditinstitute und Finanzdienstleistungsinstitute v. 10. 2. 1992, BGBl. I, S. 3658. 489 So bereits Mülbert, in Festschrift Hüffer, S. 685. 490 Mülbert, in Festschrift Hüffer, S. 685 f. 486
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bei Anknüpfen an den Bilanzgewinn und -verlust als Ergänzungskapital anerkennen, sondern auch dann, wenn die Gewinn- und Verlustteilnahme vom Jahresergebnis abhängt.491 Zutreffend sind allerdings beide Gerichte davon ausgegangen, dass keine ungewöhnlichen Klauseln im Sinne von § 305c Abs. 1 BGB vorlagen. Auf dem Genussrechtsmarkt finden sich zahlreiche Bedingungen, die – wie die streitgegenständlichen Regelungen – im Rahmen der Verlustteilnahme vom Bilanzergebnis ausgehen, ohne zum Begriffsverständnis dieser Bezugsgröße nähere Ausführungen zu machen. Demgegenüber enthält eine Vielzahl von Genussrechtsbedingungen auch Regelungen, die Verlustvorträge ausdrücklich außen vor lassen. Diese lauten etwa „Verlustvorträge aus den Vorjahren bleiben hierbei [der Kapitalherabsetzung] außer Betracht“.492 Daher ist eine Klausel, die einen Verlustvortrag nicht ausklammert, zum einen nicht überraschend. Zum anderen hätten die Anleger durch einen Vergleich mit den Emissionsbedingungen anderer Gesellschaften auch darauf schließen können, dass Verlustvorträge berücksichtigt werden können, sofern dies in den Ausgabebedingungen nicht ausdrücklich ausgeschlossen wird.493 bb) Abgangsentschädigung bei vertragswidrigem Verhalten (1) Entscheidung des OLG Hamm In einem Verfahren vor dem OLG Hamm stritten die Parteien darüber, ob es dem Genussberechtigten möglich sei, sich von dem Genussrechtsverhältnis vor dem Ende der vorgesehenen Laufzeit zu lösen.494 Für das Genussrecht war eine Laufzeit von zehn Jahren vereinbart, in denen die Kapitalüberlassung durch monatliche Ratenzahlung erfolgen sollte. Das Recht zur ordentlichen Kündigung wurde während dieses Zeitraums formularmäßig ausdrücklich ausgeschlossen. Darüber hinaus ordneten die Ausgabebedingungen jedoch an, dass der Genussberechtigte bei einer vorzeitigen vertragswidrigen Beendigung der Beteiligung, die die Gesellschaft nicht 491 Diesen Einwand würdigt auch das OLG München, Urt. v. 12.01.2012 – 23 U 2737/11 = ZIP 2012, 576, 578 („Deutsche Pfandbriefbank“). Zwar sei die aufsichtsrechtlich gebotene umfassende Verlustbeteiligung bei der Auslegung zu berücksichtigen. Sie sei jedoch nicht ausschlaggebend. Der Verlustbegriff des KWG sei nicht eindeutig, da er sowohl die Teilnahme am Jahresfehlbetrag als auch am Bilanzverlust zulasse. Ebenso Sethe, WM 2012, 577, 582. 492 Vgl. Sethe, WM 2012, 577, 580, der auf die Klausel in dem Verfahren LG Köln, Urt. v. 19.03.2010 – 87 O 159/08 = GWR 2010, 280 („Corealcredit“) hinweist. Eine gleichlautende Bestimmung findet sich in den den Eurohypo-Verfahren zugrundeliegenden Genussrechtsbedingungen, vgl. LG Frankfurt a. M., Urt. v. 14. 12. 2010 – 3 – 5 O 65/10 = Der Konzern 2011, 118, 123; LG Frankfurt a. M., Urt. v. 15. 02. 2011 – 3 – 5 O 100/10. 493 So auch Mülbert, in: Festschrift Hüffer, S. 686. Im Gegensatz hierzu geht Sethe, WM 2012, 577, 582 davon aus, dass das Verhältnis von Regel und Ausnahme genau umgekehrt sei, der Emittent die Verlustvorträge also ausdrücklich in den Genussrechtsbedingungen vorsehen müsse. 494 OLG Hamm, Urt. v. 19.10.2010 – 7 U 21/10 = GWR 2010, 311220.
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D. Das Verhältnis von Anlegerschutz und Bankenaufsichtsrecht
zu vertreten hat, oder bei Zahlungseinstellung die Zahlung des Agios sowie eine Abgangsentschädigung in Höhe von 12 % der gezeichneten Nominaleinlage zu leisten habe. Die Richter legten diese Regelung derart aus, dass die vertragswidrige Beendigung durch unberechtigte Kündigung oder Zahlungseinstellung seitens des Genussrechtsinhabers eine automatische Vertragsbeendigung für die Zukunft unter Verpflichtung zur Zahlung einer Entschädigung nach sich ziehe.495 Hierfür spreche neben dem Wortlaut („Abgangsentschädigung“), der ein Ausscheiden aus dem Genussrechtsverhältnis suggeriere, auch die Intention der Parteien, dem Emittenten durch die Beteiligung Eigenkapital zuzuführen. Denn dies ermögliche der Gesellschaft, die Genussrechte anderweitig zu vergeben und neue zahlungsfähige und -willige Anleger zu rekrutieren, anstatt weiterhin das Durchsetzungsrisiko der säumigen Schuldner tragen zu müssen. Da jedoch ebenfalls die Annahme einer Schadenspauschalierung denkbar sei, greife die Unklarheitenregelung des § 305 Abs. 2 BGB, so dass verbleibende Zweifel zulasten des Emittenten gingen. Bei kundenfeindlichster Auslegung, der Anordnung eines automatischen Abgangs, halte die Klausel den Anforderungen des § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB nicht stand. Dass sie keine Fristsetzung vorsehe, stelle im Hinblick auf die Grundsätze der §§ 280 ff. BGB eine unangemessene Benachteiligung dar. Für den Genussberechtigten würde die Unwirksamkeit der Abgangsentschädigungsklausel zwar bedeuten, dass er weder aus der Beteiligung ausscheidet noch das Agio sowie die 12 %-ige Entschädigung zu entrichten hat. Doch hätten die Aufrechterhaltung des Genussrechtsverhältnisses und die damit verbundene Verpflichtung zur fortwährenden Ratenzahlung für ihn einen größeren finanziellen Aufwand zur Folge. Deswegen sei die Klausel trotz der Unvereinbarkeit mit § 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB ausnahmsweise nicht unwirksam, da der Anleger durch sie im konkreten Einzelfall begünstigt werde.496 (2) Stellungnahme In seiner Entscheidung führt das OLG Hamm die richterliche Inhaltskontrolle gemäß der §§ 305 ff. BGB in nachvollziehbarer Weise durch und kommt zu einem formell zutreffenden Ergebnis. Gleichwohl entspricht die Annahme eines Kündigungsrechts während der Laufzeit des Genussrechts materiell nicht der Vorstellung beider Vertragsparteien. Denn weder war es im Interesse des Emittenten, dass sich seine Kapitalgeber einseitig durch Zahlungseinstellung oder sonstiges vertragswidriges Verhalten vom Genussrechtsverhältnis lösen und damit Kapital aus der Gesellschaft abziehen können, noch gingen die Genussberechtigten – wie sie in erster 495
Dies entsprach auch der Auffassung des Klägers. Nach Ansicht der Beklagten beinhalte die Regelung lediglich eine Schadenspauschalierung, ohne dass es dem Anleger möglich sei, sich auf diesem Wege von der Beteiligung zu lösen, vgl. OLG Hamm, Urt. v. 19.10.2010 – 7 U 21/10 = GWR 2010, 311220. 496 OLG Hamm, Urt. v. 19.10.2010 – 7 U 21/10 = GWR 2010, 311220 unter Bezugnahme auf BGH, Urt. v. 4.12.1997 – VII ZR 187, 96 = WM 1998, 767.
III. Beeinträchtigungen und Schutzmaßnahmen
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Instanz selbst einräumen mussten – davon aus, dass sie während der zehnjährigen Laufzeit auf ihr Kapital zugreifen können würden. Dass das OLG Hamm dennoch zu einem solchen Ergebnis gelangte und gelangen musste, ist auf die unglückliche Formulierung der Abgangsentschädigungsklausel zurückzuführen, die im Hinblick auf die durch sie angeordnete Rechtsfolge vage blieb und somit mehrere Auslegungsmöglichkeiten zuließ. Von der ihm grundsätzlich zustehenden Möglichkeit, das ordentliche Kündigungsrecht durch Allgemeine Geschäftsbedingungen auszuschließen,497 hatte der Emittent auch Gebrauch gemacht. Auch die Vereinbarung einer Mindestvertragslaufzeit von zehn Jahren ließ deutlich werden, dass eine Beendigung des Genussrechtsverhältnisses vor Ablauf dieser Frist nicht in Frage kommen sollte. Die Festsetzung einer Abgangsentschädigung, insbesondere unter Verwendung dieses Begriffs, war daher kontraproduktiv. Damit derartige (vermeintliche) Widersprüche innerhalb der Genussrechtsbedingungen vermieden werden und die Bestimmungen einer richterlichen Kontrolle anhand der §§ 305c, 307 BB standhalten, ist bei deren Formulierung größte Sorgfalt geboten.498 (3) Spezifische Erwägungen im Anwendungsbereich des KWG Fraglich ist, ob sich ein anderes Bild ergäbe, wäre der Emittent der Genussrechte ein Kreditinstitut, das den besonderen bankenaufsichtsrechtlichen Anforderungen des KWG unterliegt. In diesem Fall wäre es jedenfalls nicht mehr möglich, dem Anleger ein Kündigungs- oder Abgangsrecht vor Ablauf einer Mindestvertragsdauer von fünf Jahren einzuräumen, wenn das Genusskapital als Ergänzungskapital angerechnet werden soll, vgl. § 10 Abs. 5 Nr. 3 KWG. Ist dies für den Anleger erkennbarer Vertragszweck, so sind die Wertungen des § 10 Abs. 5 KWG im Rahmen der Auslegung selbstverständlich so zu berücksichtigen, wie es die Interessen der Parteien im Allgemeinen sind, jedoch nicht im Sinne einer spezifischen KWGkonformen Auslegung.499
2. Beeinträchtigung durch Maßnahmen der Geschäftsführung Mit der Klöckner-Entscheidung aus dem Jahre 1991 sind Beeinträchtigungen des Genussrechts infolge von Geschäftsführungsmaßnahmen erstmals in den Blickpunkt der Öffentlichkeit gelangt. Eineinhalb Jahrzehnte später stellt sich im Rahmen der Finanzkrise erneut die Frage, inwiefern die Geschäftsleitung durch pflichtwidriges 497
BGH, Urt. v. 21. 7. 2005 – I ZR 312/02 = NJW-RR 2006, 117; OLG Hamm, Urt. v. 19.10.2010 – 7 U 21/10 = GWR 2010, 311220. 498 Vgl. Mousel, Anm. zu OLG Hamm, Urt. v. 19.10.2010 – 7 U 21/10 = GWR 2010, 311220. 499 Vgl. D. III. 1. c) bb).
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D. Das Verhältnis von Anlegerschutz und Bankenaufsichtsrecht
Handeln zur wirtschaftlichen Malaise der Gesellschaft beigetragen hat und wie sich Inhaber von Genussrechten vor den Folgen von Verlusten schützen können. a) Allgemeine Erwägungen aa) Ermessensspielraum des Vorstandes In der Aktiengesellschaft obliegen nach Maßgabe der §§ 76, 77 AktG das Recht und die Pflicht, die Geschicke der AG zu leiten und deren Geschäfte zu führen, dem Vorstand. Die Geschäftsführung, die gemeinhin als Summe aller tatsächlichen oder rechtsgeschäftlichen Handlungen im Namen des Vorstands oder der Gesellschaft verstanden wird,500 stellt einen Teilaspekt der Gesellschaftsleitung dar501 und ist somit vom Vorstand in eigener Verantwortung auszuführen. Im Gegensatz zur Geschäftsführung einer GmbH bedeutet dies, dass der Vorstand einer AG die Unternehmenspolitik selbstständig und frei von Weisungen bestimmt. Selbst wenn sich die vom Vorstand gewählte Strategie als verfehlt oder dessen Investitionsentscheidungen und Geschäftsabschlüsse ex post als nachteilig herausstellen, besteht für die Aktionäre keine Möglichkeit, unmittelbaren Einfluss auf die Geschäftsleitung auszuüben. Umso mehr gilt dies für Inhaber von Genussrechten, als diese der Gesellschaft nur auf schuldrechtlicher Basis verbunden sind.502 Daher haben beide, Aktionäre und Genussbeteiligte gleichermaßen, Verluste aus nachteiligen Geschäftsführungsmaßnahmen grundsätzlich mitzutragen, da sich in diesen ein Teil des von ihnen übernommenen allgemeinen unternehmerischen Risikos realisiert.503 Die Schwelle von zu duldender Werteinbuße zu nicht mehr hinzunehmender Beeinträchtigung wird allerdings übertreten, wenn der Vorstand das ihm eingeräumte unternehmerische Ermessen überschreitet. Dies kann etwa geschehen, indem er Maßnahmen der Geschäftsführung trifft, die entweder nicht mehr vom satzungsgemäßen Unternehmensgegenstand gedeckt sind oder die über die gesetzlich festgeschriebenen Grenzen hinausgehen. Denn auch die umfassende Entscheidungsfreiheit, die §§ 76 f. AktG dem Vorstand einräumen, ändert nichts daran, dass er der Gesellschaft gegenüber verpflichtet ist, satzungs-504 und gesetzestreu zu agieren.505
500 Hüffer, AktG, § 77 Rn. 3; Kort, in: GroßKommAktG, § 77 Rn. 3; Mertens/Cahn, in: KöKoAktG, § 77 Rn. 2; Spindler, in: MüKoAktG, § 77 Rn. 6. 501 Meyer-Landrut, in: GroßKommAktG, 3. Aufl., § 76 Rn. 2. 502 Frantzen, Genußscheine, S. 288. 503 Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 272. 504 Kort, in: GroßKommAktG, § 77 Rn. 4. 505 Hopt, in: GroßKommAktG, § 93 Rn. 98 f.; Spindler, in: MüKoAktG, § 93 Rn. 63 f. Zur Diskussion über die Reichweite der Legalitätspflicht in jüngerer Zeit vgl. Bayer, in: Festschrift K. Schmidt, S. 85 ff.; Fleischer, ZIP 2005, 141 ff.; Poelzig/Thole, ZGR 2010, 836 ff.; Thole, ZHR 173 (2009), 504 ff.
III. Beeinträchtigungen und Schutzmaßnahmen
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bb) „Klöckner“ und die aktuelle Entwicklung Vermögensrechtliche Beeinträchtigungen von Genussberechtigten, die auf Geschäftsführungsmaßnahmen zurückzuführen sind, wurden bislang nur unzureichend untersucht. Insbesondere wurde dies auf die Annahme zurückgeführt, derartige Fälle seien in der Praxis von untergeordneter Bedeutung.506 Dem muss heute mit Blick auf ihren tatsächlichen Stellenwert widersprochen werden.507 Nachdem das Reichsgericht 1922 erstmals über einen derartigen Sachverhalt zu entscheiden hatte,508 kam erst mit der Klöckner-Entscheidung im Jahr 1991 ein weiteres höchstrichterliches Urteil hinzu.509 Den vorinstanzlichen Urteilssprüchen des Landgerichts Duisburg,510 des Oberlandesgerichts Düsseldorf511 und schließlich dem Urteil des II. Zivilsenats des Bundesgerichtshofs lag hierbei folgender Sachverhalt zugrunde: Die Klöckner & Co. KGaA, ein Handelshaus mit Schwerpunkt im Stahlhandel,512 war durch fehlgeschlagene Spekulationen am Rohölmarkt in eine finanzielle Schieflage geraten. Nach der Auflösung sämtlicher Rücklagen wurde das Grundkapital und in Entsprechung der Genussrechtsbedingungen auch das Genusskapital von 135 Mio. DM auf 37 DM herabgesetzt, die Genussrechte für wertlos erklärt und eingezogen. Die erlittenen Verluste stellten sich später als weniger drastisch als zunächst erwartet heraus, weswegen das Grundkapital wieder aufgefüllt wurde. Da dies für die erloschenen Genussrechte nicht möglich war, richtete die Gesellschaft an die ehemaligen Inhaber das Angebot, diese entsprechend der letzten vor Bekanntwerden der Krise bestehenden Notierung der Genussrechte an der Börse abzufinden, was vom Kläger jedoch abgelehnt wurde. Nachdem es um den Jahrtausendwechsel um Genussrechte im Allgemeinen sowie um die Behandlung rechtswidriger Geschäftsführungsmaßnahmen des Vorstandes im Speziellen vergleichsweise ruhig wurde, haben in jüngster Zeit die Folgen der Finanzmarktkrise Anlass gegeben, sich wieder verstärkt der Thematik zuzuwenden. So ließ die gesamtwirtschaftliche Krise in einigen Kreditinstituten Missstände offenbar werden, die dort bereits angelegt waren, in der Vergangenheit jedoch (womöglich aufgrund bilanzgestaltender Maßnahmen) zunächst nicht offenbar wurden.
506
Frantzen, Genußscheine, S. 289; Habersack, ZHR 155 (1991), 379, 391. Dies betont auch Luttermann, Unternehmen, S. 517: „wobei das Schwergewicht bei Beeinträchtigungen durch eine „Misswirtschaft“ (pflichtwidrige Geschäftsführung) des Vorstandes liegt.“ 508 RG, Urt. v. 20. 10. 1922 – II 654/21 = RGZ 105, 236, 240 f. 509 BGH, Urt. v. 5.10.1992 – II ZR 172/91 = BGHZ 119, 305, 313 = NJW 1993, 57 („Klöckner“). 510 LG Duisburg, Urt. v. 20.12.1989 – 6 O 215/89. 511 OLG Düsseldorf, Urt. v. 10.05.1991 – 17 U 19/90. 512 Heute Klöckner Stahl- und Metallhandel GmbH als deutsche Tochtergesellschaft der Klöckner Co. SE. 507
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D. Das Verhältnis von Anlegerschutz und Bankenaufsichtsrecht
Ein solches Beispiel liefert etwa die Allgemeine Hypothekenbank Rheinboden AG,513 die seit 2007 unter dem Namen Corealcredit Bank AG firmiert. Diese hatte in einem Umfang Handel mit Zinsderivaten, Zinsswaps und sog. Forward-Rate-Agreements getätigt, welcher das Volumen der Bilanzgeschäfte bei weitem überstieg und der später zu Verlusten in Höhe von ca. 1,9 Mrd. Euro führte. Ob die Durchführung solcher Geschäfte zulässig war, ist zweifelhaft, denn satzungsmäßiger Zweck war der Betrieb einer Hypothekenbank. Deren Aufgabe besteht nach § 1 des (seinerzeit geltenden) Hypothekenbankgesetzes darin, inländische Grundstücke zu beleihen und auf Grund der erworbenen Hypotheken Schuldverschreibungen auszugeben. Neben diesem Hauptzweck ließ § 5 HypBankG zwar diverse Hilfs- und Nebengeschäfte zu, denen sich die Derivatgeschäfte jedoch nicht zuordnen ließen.514 Da die Bank in den Geschäftsjahren 2001 bis 2004 Bilanzpositionen auflöste und somit weiterhin Gewinne ausweisen konnte, kamen die aus den Derivatgeschäften rührenden Verluste jedoch zunächst nicht zum Tragen. Als sich diese später, im Laufe der Geschäftsjahre 2005 und 2006, realisierten, verminderte sich der aus dem Genussrechtsverhältnis resultierende Rückzahlungsanspruch entsprechend zu Lasten der Anleger. Stellt man die beiden vorgenannten Verfahren Klöckner und Corealcredit nebeneinander, wird deutlich, dass sich die hierbei zugrunde liegenden Problemkreise in vielerlei Hinsicht überschneiden. Die zentralen Unterschiede, insbesondere die Anwendbarkeit des Bankenaufsichtsrechts und die hieraus notwendigerweise folgende differenzierte Beurteilung, werden später noch ausführlich erörtert.515 Folgendes ist indessen bereits jetzt festzuhalten: Verringern sich die Rückzahlungsansprüche der Anleger in Folge von Verlusten in der Gesellschaft oder werden Ausschüttungen auf die Genussrechte ausgesetzt, haben die Inhaber solcher Rechte zunächst ein verstärktes Interesse daran, zu erfahren, auf welchen Ursachen die Verluste beruhen, an denen sie partizipieren. Dazu tritt in der Regel das Begehren, für die erlittene Werteinbuße entschädigt zu werden, sei es durch Wiederauffüllung der Genussrechte oder im Wege des Schadensersatzes. Letzteres hatte u. a. die Klage von 20 geschädigten Fondgesellschaften vor dem LG Köln zum Ziel.516 Die hierzu ergangene Berufungsentscheidung des OLG Köln517 sowie die Revision im Verfahren gegen die Vorstände der Corealcredit Bank AG lassen die Bedeutsamkeit erahnen, die mittelbaren Beeinträchtigungen des Genussrechts infolge satzungs- oder gesetzeswidrigen Verhaltens des Vorstands heute und in naher Zukunft zukommt. Daher rückt diese Kategorie mittelbarer Beeinträchtigungen ins Zentrum der weiteren Untersuchung. 513
Diese ging aus der im Jahr 2001 vollzogenen Verschmelzung der Rheinboden Hypothekenbank AG auf die Allgemeine Hypothekenbank AG hervor. 514 Vgl. insofern die Ausführungen des LG Frankfurt a. M. im Verfahren gegen die Vorstände, Urt. v. 25. 01. 2006 – 3 – 9 O 143/04. 515 Vgl. unten D. III. 2. b). 516 LG Köln, Urt. v. 19.03.2010 – 87 O 159/08 = GWR 2010, 280 („Corealcredit“). 517 OLG Köln, Urt. v. 25.9.2012 – 15 U 101/10 („Corealcredit“).
III. Beeinträchtigungen und Schutzmaßnahmen
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cc) Das Genussrecht ausdrücklich schützende Vorschriften Wie unvollkommen das rechtliche Verhältnis zwischen dem Emittenten und dem Genussberechtigten gesetzlich geregelt ist, macht sich auch im Hinblick auf den Schutz des Anlegers bemerkbar. Ihn direkt schützende Vorschriften finden sich nur vereinzelt und werden der Vielzahl der hier vorab dargestellten Beeinträchtigungen somit nicht gerecht. Expliziten Schutz erfährt der Genussrechtsinhaber im Rahmen einer Kapitalerhöhung aus Gesellschaftsmitteln gem. § 216 Abs. 3 AktG. Denn er ist Partei „vertraglicher Beziehungen der Gesellschaft zu Dritten, die von der Gewinnausschüttung der Gesellschaft, dem Nennbetrag oder Wert ihrer Aktien oder ihres Grundkapitals oder sonst von den bisherigen Kapital- oder Gewinnverhältnissen“ abhängt, und somit vor einer drohender Verwässerung seiner Vermögensrechte geschützt.518 Der Beeinträchtigung des Genussrechts bei Verschmelzung durch Aufnahme wird in § 23 UmwG (und in entsprechender Anwendung bei weiteren Formen der Umwandlung nach §§ 36 Abs. 1, 125, 204 UmwG) ausdrücklich begegnet. Doch zeigen diese beiden Tatbestände, dass Regelungen, die einen auf Genussrechte zugeschnittenen Anlegerschutz entfalten, eine Ausnahme darstellen und nicht über die Erfassung weniger Spezialfälle hinausgehen. dd) Anlegerschutz durch privatrechtliche Erfüllungs- und Ersatzansprüche Neben den (wenigen) Spezialvorschriften, die sich ausdrücklich mit dem Genussrecht befassen, beeinflussen vor allem allgemeine privatrechtliche Vorschriften das Verhältnis zwischen Emittent und Anleger. Zudem beinhalten das Aktiengesetz sowie das gesamte Handels- und Gesellschaftsrecht als Sonderprivatrecht Vorschriften, die die allgemeinen bürgerlich-rechtlichen Rechtssätze und -instrumentarien in Teilen als leges speciales verdrängen, diese ergänzen oder neben diesen gelten.519 Als Grundlage und Kernbereich des Privatrechts finden daher zunächst Bestimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuchs Anwendung.520 Die Einordnung des Ge518 Zudem wird für möglich gehalten, dass die Vorschrift des § 216 Abs. 3 AktG den Genussrechtsinhaber über ihren eigentlichen Anwendungsbereich hinaus auch bei ordentlichen Kapitalerhöhungen oder gar im Rahmen sämtlicher Verwässerungstatbestände schützt, vgl. Frantzen, Genußscheine, S. 260 ff.; Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 306 ff.; Lutter, in: KöKoAktG, § 221 Rn. 386 ff.; a. A.: RG, Urt. v. 18. 11. 1913 – II 280/13 = RGZ 83, 295, 298 f.; Hüffer, AktG, § 221 Rn. 67; Stadler, in: Bürgers/Körber, AktG, § 221 Rn. 135; bezogen auf Gewinnschuldverschreibungen auch BGH, Urt. v. 23. 10. 1958 – II ZR 4/57 = BGHZ 28, 259, 277. 519 Vgl. hierzu D. II. 2. a). 520 Boecken, BGB AT, Rn. 22; Brox/Walker, BGB AT, § 1 Rn. 14; Habersack, in: MüKoAktG, Einl. Rn. 157; Korenke, Bürgerliches Recht, S. 5; Oetker, in: Staub, HGB, § 1 Rn. 25 ff.;
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D. Das Verhältnis von Anlegerschutz und Bankenaufsichtsrecht
nussrechts als Schuldverhältnis (eigener Art) eröffnet insbesondere die Möglichkeit, auf den Regelungsinhalt des Schuldrechts zurückzugreifen.521 Das Genussrechtsverhältnis ist durch die wechselseitige Übernahme verschiedener Pflichten geprägt, die von beiden Parteien zu erfüllen sind. Zu diesen gehören neben den eigentlichen (Haupt-)Leistungspflichten auch sog. Neben- und Schutzpflichten, die ggf. bereits im Vorfeld des Vertragsschlusses und in jedem Falle bei dessen Durchführung auftreten.522 Werden diese Pflichten verletzt, so kann der Gläubiger der jeweiligen Pflicht zunächst verlangen, dass die Pflicht nunmehr erfüllt wird. Widersetzt sich der Schuldner dem unberechtigterweise oder ist die Erfüllung inzwischen unmöglich, so kann dies nach § 280 Abs. 1 BGB Schadensersatzansprüche nach sich ziehen. (1) Entwicklung der Haftung bei pflichtwidriger Geschäftsführung In einer der ersten Entscheidungen, die ein Ersatzbegehren von Genussrechtsinhabern wegen pflichtwidriger Geschäftsführungsmaßnahmen zum Inhalt hatte, hat das Reichsgericht im Jahre 1922 eine allgemeine vertragliche Haftung abgelehnt. Eine Gesellschaft hafte dem Anleger gegenüber nicht bereits bei einfachem Verschulden523, sondern erst dann, „wenn sie absichtlich zu seinem Nachteil“ handle.524 Unterhalb dieser Schwelle bleibe es der Gesellschaft überlassen, auf welche Art und Weise sie ihre Geschäfte führe. In Teilen des darauf Bezug nehmenden Schrifttums wurde das Erfordernis einer „absichtlichen“ Schädigung durch den Emittenten allerdings dahingehend interpretiert, dass es über den Vorsatz hinaus auf ein „treuoder sittenwidrig[es]“ Handeln der Geschäftsführung ankäme.525 Bis zu einer Haftung nach allgemeinen vertraglichen Grundsätzen dauerte es 70 Jahre. In der Klöckner-Entscheidung526 legte der BGH im Jahr 1992 dar, die Gesellschaft hafte dem Genussrechtsinhaber auf Schadensersatz, wenn sie die Pflicht „in gewissem Umfang […] für die Erhaltung und den Schutz der Genußrechte zu Larenz/Wolf, BGB AT, § 1 Rn. 56; Rüthers/Stadler, BGB AT, § 1 Rn. 2 ff.; K. Schmidt, in: MüKoHGB, Vorbem. zu § 1 Rn. 1 ff. 521 Dies gilt insbesondere für den Allgemeinen Teil des Schuldrechts. Je nach Art und Weise der Beeinträchtigung sowie der betroffenen Rechtsgüter kann ferner nicht auszuschließen sein, dass auch Vorschriften aus dem besonderen Vertragsrecht herangezogen werden oder gar auf das Deliktsrecht zurückzugreifen ist. 522 Zu diesen sogleich unter D. III. 2. a) dd) (2) (a). 523 RG, Urt. v. 20. 10. 1922 – II 654/21 = RGZ 105, 236, 240 f. 524 RG, Urt. v. 20. 10. 1922 – II 654/21 = RGZ 105, 236, 240 f. 525 Lutter, in: KöKoAktG, 1. Aufl., § 221 Anm. 70; Rid-Niebler, Genußrechte für die GmbH, S. 116; Sethe, AG 1993, 351, 361; Vollmer, ZGR 1983, 445, 467; Wünsch, in: Festschrift Strasser, S. 881, vgl. hierzu auch Habersack, ZHR 155 (1991), 379, 391. Zur Haftung auf der Grundlage vorsätzlicher sittenwidriger Schädigung nach § 826 BGB vgl. unten D. III. 2. a) dd) (2) (c). 526 BGH, Urt. v. 5.10.1992 – II ZR 172/91 = BGHZ 119, 305, 306, 331 = NJW 1993, 57 („Klöckner“).
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sorgen, […] durch eine Geschäftstätigkeit, die dem in der Satzung festgelegten Unternehmensgegenstand nicht entspricht oder die kaufmännisch schlechthin unseriös und verantwortungslos ist,“ verletze.527 Damit wurde erstmals positiv anerkannt, dass Grundlage eines Ersatzanspruchs das Genussrechtsverhältnis selbst ist und sich der Anleger somit nicht mehr den Unwägbarkeiten des Deliktsrechts ausgesetzt sieht.528 Ferner trugen die Anerkennung von Schutz- und Verhaltenspflichten, insbesondere der Pflicht, das Kapital nicht durch vertragswidrige Beeinträchtigungen zu mindern, dazu bei, Ansprüche gegen den Emittenten tatsächlich durchsetzen zu können. (2) Rezeption der Klöckner-Entscheidung Die Entscheidung des BGH in Sachen Klöckner wurde im Schrifttum ganz überwiegend begrüßt, wobei vor allem das Ergebnis, in weiten Teilen aber auch dessen inhaltliche Begründung mit Zustimmung aufgenommen wurde.529 Mit dieser „großen und wichtigen“530 sowie „erfreulich klaren“ Entscheidung531 gehe der BGH im Vergleich mit der überkommenden Judikatur des Reichsgerichts einen entscheidenden Schritt weiter. Durch die deutliche Abgrenzung des Genussrechts von der Aktie bei gleichzeitiger Anerkennung von Rechtspflichten auf Seite des Emittenten, die über die Hauptleistungspflichten hinausgehen, würde den konzeptionellen Unterschieden von Gesellschafts- und Schuldrecht Rechnung getragen.532 Zudem trüge der II. Senat des BGH mit der Setzung klar erkennbarer Leitpfosten für die zukünftige Behandlung von Genussrechten sowie mit der erstmaligen Schaffung eines funktionstauglichen anlegerschützenden Instrumentariums maßgeblich dazu bei, dass wieder Vertrauen in das Genussrecht als Finanzierungsinstrument gewonnen werden könne.533
527
BGH, Urt. v. 5.10.1992 – II ZR 172/91 = BGHZ 119, 305, 306, 331 = NJW 1993, 57 („Klöckner“). 528 Dass die Geltendmachung von Ansprüchen aus vertraglichen Beziehungen für den potentiellen Gläubiger vorteilhafter ist als ein Ersatz wegen unerlaubter Handlung ist auf die sog. Unzulänglichkeiten des Deliktsrechts zurückzuführen. Neben der i. R. v. § 280 Abs.1 S. 1 BGB für den Anspruchsteller günstigeren Beweislast und der Unmöglichkeit einer Exkulpation für Gehilfenhaftung i. R. d. § 278 BGB (verglichen mit § 831 Abs. 1 S. 2 BGB), werden die vertraglich geschützten Rechtsgüter nicht abschließend enumeriert. Von ihnen erfasst werden somit auch primäre Vermögensschäden. 529 Dross, Genußrechte, S. 107; Feddersen/Meyer-Landrut, ZGR 1993, 312 ff.; Karollus, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 221 Rn. 385a; Knauth, DZWir 1993, 97 ff.; Lutter, ZGR 1993, 291 ff.; Luttermann, DB 1993, 1809; Luttermann, Unternehmen, S. 87; Schön, JZ 1993, 925 ff.; Sethe, AG 1993, 351 ff. 530 Lutter, ZGR 1993, 291, 292, 302. 531 Knauth, DZWir 1993, 97. 532 Schön, JZ 1993, 925, 928; Sethe, AG 1993, 351, 352. 533 Feddersen/Meyer-Landrut, ZGR 1993, 312; Sethe, AG 1993, 351, 361.
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D. Das Verhältnis von Anlegerschutz und Bankenaufsichtsrecht
Bedenkt man, dass die Entscheidung in wesentlichen Teilen auf Überlegungen beruht,534 die im Vorfeld der Entscheidung als Mindermeinung galten,535 überrascht es, dass nur ein Teil der Autorenschaft grundlegende Kritik daran übte. So bemängelte insbesondere Busch, dass sich die Öffnung gegenüber Ersatzansprüchen sanierungsfeindlich auswirken würde. Neue Investoren würden dadurch abgeschreckt, dass sie zusammen mit den Inhabern alter Aktien für Verluste einstehen müssten, die vor ihrer Beteiligung entstanden seien,536 während die Genussrechtsinhaber im Fall einer pflichtwidrigen Herabsetzung auf null ohne Neuinvestition profitierten.537 Überdies bringe die Verstärkung des Anlegerschutzes nicht nur eine einfache Privilegierung der Genussberechtigten, sondern gleich eine doppelte Belastung der Aktionäre mit sich, da Letztere neben dem durch die Kapitalherabsetzung verlorenen Kapitalanteil auch durch den gegen die Gesellschaft gerichteten Ersatzanspruch belastet würden.538 Hinzu komme, dass etwa die Abgrenzung von anspruchsbegründender Pflichtwidrigkeit von (noch) zulässigen Geschäften539 und auch die Schadensberechnung540 Schwierigkeiten bereite und es widersprüchlich sei, das Genusskapital je nach Art des Verlustes einmal als Eigen- und ein anderes Mal als Fremdkapital zu behandeln.541 Setzten die Anleger ihre Ansprüche durch, liefe dies auf eine faktische Rückzahlung des Genusskapitals vor Ablauf des vereinbarten Zeitraums hinaus. Eine solche sei jedoch mit den an Eigenkapital geknüpften Voraussetzungen unvereinbar.542 Werner schließt sich dem an und führt aus, für die Annahme einer Pflicht zur sorgfältigen Geschäftsführung bleibe insofern kein Raum, als sämtliche Anlegerrechte abschließend in den Genussrechtsbedingungen aufgeführt gewesen seien.543 Wolle man den Anleger für fehlende Mitgliedschaftsrechte kompensieren, so dürfe dies zumindest nicht auf finanzieller Ebene, sondern allenfalls durch ein Zugeständnis weiterer Rechte, wie etwa einem Anspruch zur Bestellung eines Sonderprüfers, geschehen.544 534 Für eine vertragliche Haftung wurde sich bereits in der Ära vor Klöckner ausgesprochen, grundlegend durch Habersack, ZHR 155 (1991), 379, 388 ff.; des weiteren Hirte, ZIP 1991, 1461, 1467; Van Look, in: Recht und Praxis der Genußscheine, S. 42. 535 So Feddersen/Meyer-Landrut, ZGR 1993, 312, 319. 536 Busch, AG 1993, 163, 164 ff.; eine ähnliche Befürchtung äußert auch K. Schmidt, ZGR 1982, 519, 520. 537 Busch, AG 1994, 93, 101. 538 Bracht, WM 2012, 585, 588; Busch, AG 1993, 163, 166. Um dies zu verhindern, bleibt den Aktionären allerdings die Möglichkeit, ihren Vorstand gemäß § 93 AktG in Haftung zu nehmen, vgl. hierzu Habersack, ZHR 155 (1991), 378, 399. 539 Luttermann, DB 1993, 1809, 1812, der dem BGH jedoch der Sache nach zustimmt. 540 Vollmer, ZGR 1983, 445, 465, der sich in seinen Ausführungen im Wesentlichen auf eine mittelbare Beeinträchtigung durch fehlerhafte Gewinnfeststellung bezieht und seine Kritik noch vor der Entscheidung des BGH anbringt. 541 Busch, AG 1993, 163, 166 f. 542 Busch, AG 1994, 93, 101. 543 Werner, WuB II A. § 229 AktG 1.93. 544 Werner, WuB II A. § 229 AktG 1.93.
III. Beeinträchtigungen und Schutzmaßnahmen
127
(a) Primärrechtlicher Anspruch auf Wiederauffüllung des Genusskapitals Die Frage, ob den Emittenten eine Rechtspflicht trifft, das Genusskapital wiederaufzufüllen, wenn es aufgrund satzungs- oder gesetzeswidriger Geschäfte vermindert wurde, ist Gegenstand zahlreicher Beiträge. Dass die Diskussion ganz überwiegend auf dem Gebiet des Schadensersatzrechts geführt wird,545 überrascht auf den ersten Blick insofern, als – wie bei der Durchführung von Schuldverhältnissen üblich – anstelle des Sekundäranspruches doch zuerst an den primärrechtlichen Erfüllungsanspruch zu denken wäre. Dies verhält sich beim Genussrecht nicht anders. Doch waren im Rahmen der höchstrichterlichen Entscheidung mit dem wohl bisher größten Wirkungskreis, dem Klöckner-Urteil, die Genussrechte bereits vom Emittenten für kraftlos erklärt und eingezogen worden. Ein vertraglicher Anspruch auf Wiederauffüllung schied somit aus. Aus der Besonderheit dieses Falles erklärt sich die Verortung des Problemkreises im Schadensrecht. Sie ändert jedoch nichts daran, dass – solange das Genussrechtsverhältnis fortdauert – vorrangig der aus diesem Verhältnis resultierende Primäranspruch auf Wiederauffüllung des Genussrechts zu prüfen ist.546 (aa) Allgemeine Pflichten zur Wiederauffüllung des Genusskapitals Beiden Ansprüchen gemein ist, dass sie eine Verpflichtung des Schuldners voraussetzen, das vom Genussrechtsinhaber eingebrachte Kapital nicht dauerhaft zu schmälern bzw. es im Falle der Minderung wiederaufzufüllen. Da der Genussrechtsvertrag im Falle Klöckner hierüber keine Aussage getroffen hatte, bestand Rechtsunsicherheit darüber, ob der Emittent ex lege verpflichtet ist, entstandene Verluste wiederauszugleichen, sobald er wieder Gewinne erzielt.547 In rechtstatsächlicher Hinsicht hat diese Frage heutzutage an Bedeutung verloren. Denn die Emissionspraxis hat schnell reagiert und die Regelungslücke geschlossen. Nahezu alle Genussrechtsbedingungen sind daher mit einer Wiederauffüllungsregelung versehen, die in etwa wie folgt lautet: Werden nach einer Verlustbeteiligung gemäß Absatz (…) in den folgenden Geschäftsjahren Jahresüberschüsse erzielt, sind aus diesen – nach der gesetzlich vorgeschriebenen Wiederauffüllung der gesetzlichen Rücklage – die Rückzahlungsansprüche bis zum Nennbetrag der Genussscheine zu erhöhen, bevor eine anderweitige Verwendung dieser Jahresüberschüsse vorgenommen wird; diese Verpflichtung besteht nur während der Laufzeit der Genussscheine.548 545 Vgl. etwa Hüffer, AktG, § 221 Rn. 65; Lutter, ZGR 1993, 291, 300 f.; Radlmayr, in: Heidel, AktG, § 221 Rn. 50; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221 Rn. 177. 546 Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 278; Sethe, AG 1993, 351, 362. 547 Dafür: Frantzen, Genußscheine, S. 244 f. 548 So stellvertretend für viele: § 7 Abs. 2 der Genussscheinbedingungen der Aareal Bank AG (ISIN DE0001615805); ebenso § 6 Abs. 2 der Genussscheinbedingungen der BerlinHannoversche Hypothekenbank AG (ISIN DE0008029075); ebenso § 7 Abs. 2 der Genussscheinbedingungen der Commerzbank AG (ISIN DE0008032053).
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D. Das Verhältnis von Anlegerschutz und Bankenaufsichtsrecht
(bb) Pflicht zur Ausgleichung von durch satzungs- oder gesetzeswidrige Geschäfte erzielten Verlusten Unbeantwortet bleibt indessen die Frage, ob eine Ausgleichspflicht in besonderen Fällen, namentlich bei satzungs- und gesetzeswidrigen Geschäften, auch dann besteht, wenn die Gesellschaft keine wirtschaftlichen Erfolge verbuchen kann. Mit anderen Worten: Sind finanzielle Einbußen zu kompensieren, die Genussrechtsinhaber dadurch erleiden, dass der Emittent außerhalb des mit dem Anleger vereinbarten oder gesetzlich vorgegebenen Rahmens agiert? Eine derartige Verpflichtung ist zumindest in aller Regel nicht in den Hauptleistungspflichten des Genussrechtsverhältnisses angelegt. Diese erschöpfen sich – nach den typischen Ausgestaltungsarten – vielmehr darin, dass auf der einen Seite Zahlung und langfristige Belassung des Genusskapitals und auf der anderen Seite eine Ausschüttung geschuldet wird.549 Zusätzlich zu diesen Leistungspflichten begründet das Genussrechtsverhältnis jedoch weitere Verhaltenspflichten, welche die Hauptpflichten flankieren und eine reibungslose und vertrauensvolle Durchführung des Vertrages gewährleisten sowie die Schädigung von Rechtsgütern des Vertragspartners durch nachteilige Handlungen des anderen Teils verhindern sollen.550 Gerade bei Dauerschuldverhältnissen im Allgemeinen und im Besonderen auch beim Genussrecht stehen die Vertragsparteien in einer engeren Verbindung zueinander, als dies bei Austauschgeschäften der Fall ist. Daher werden bei diesen langfristig angelegten Vertragsbeziehungen über bloße Verhaltenspflichten hinaus besondere Pflichten begründet, die in diesem Kontext oftmals als Treue-, Fürsorge- oder Sorgfaltspflichten bezeichnet werden.551 Solche Verpflichtungen werden insbesondere aus § 241 Abs. 2 BGB sowie dem Prinzip von Treu und Glauben nach § 242 BGB abgeleitet.552 Dabei steigen der Grad und der Umfang der wechselseitigen Pflichten mit zunehmender Enge der vertraglichen Beziehung an, weswegen etwa in Treuhandverhältnissen besonders ausgeprägte Rücksichtnahmepflichten existieren. Da auch das Genussrechtsverhältnis zum Teil als Treuhand bezeichnet oder zumindest in die Nähe eines Treuhandverhältnisses gerückt wird,553 könnte in diesem im Sinne einer „Rechtspflicht zur Be-
549 BGH, Urt. v. 5.10.1992 – II ZR 172/91 = BGHZ 119, 305, 306, 330 = NJW 1993, 57 („Klöckner“). 550 Für Verhaltenspflichten in allgemeinen Schuldverhältnissen vgl. Bachmann/Roth, in: MüKoBGB, § 241 Rn. 55; Grüneberg, in: Palandt, § 241 Rn. 7; Larenz, Schuldrecht AT, § 2 I. 551 Frantzen, Genußscheine, S. 237; Habersack, ZHR 155 (1991), 379, 393 ff.; Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 122; Larenz, Schuldrecht AT, § 2 I.; Van Look, in: Recht und Praxis der Genußscheine, S. 39. 552 Frantzen, Genußscheine, S. 237; Van Look, in: Recht und Praxis der Genußscheine, S. 39. 553 Vgl. etwa Frantzen, Genußscheine, S. 241 f. oder Habersack, ZHR 155 (1991), 379, 397.
III. Beeinträchtigungen und Schutzmaßnahmen
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rücksichtigung auch der Interessen der Genussrechtsinhaber“554 die Pflicht des Emittenten bestehen, das Genusskapital zu erhalten und die Vornahme solcher Geschäfte zu unterlassen, die den durch Satzung und Gesetz vorgegebenen Rahmen überschreiten und den Anleger einem Risiko aussetzen, das er mit seiner Investitionsentscheidung nicht übernommen hat. Gegen die Annahme einer solchen Sorgfaltspflicht lässt sich indes einwenden, dass ein Verlustausgleich durch Wiederauffüllung des Genusskapitals mit der Charakterisierung der Genussrechte als aktienähnlich unvereinbar wäre. Da die Genussrechtsinhaber von der Beteiligung an rechtswidrig verursachten Verlusten ausgenommen würden, wäre ihre vermögensrechtliche Stellung in dieser Hinsicht nicht derjenigen der Aktionäre nachempfunden. Letztere hätten vielmehr den Verlust alleine zu tragen. Überdies beschneidet die Annahme einer solchen Verhaltenspflicht den Emittenten in seinem unternehmerischen Handlungsspielraum,555 da dieser sein Handeln nicht mehr allein am Wohle der Gesellschaft ausrichten kann, sondern außerdem die Interessen der Genussrechtsinhabern zu wahren hat. Diese Bedenken können bei genauerer Betrachtung jedoch nicht überzeugen. Damit ein Unternehmen wirtschaftlich erfolgreich agieren kann, ist es unverzichtbar, der Geschäftsleitung umfassendes unternehmerisches Ermessen einzuräumen, auch wenn dies – aus Sicht der Genussrechtsinhaber – unpopuläre Entscheidungen zur Folge haben kann.556 Denn wer sein Kapital in aktienähnlichen Finanzierungsgenussrechten anlegt, dem muss bewusst sein, dass er ein spekulatives Finanzierungsinstrument erwirbt, in dessen Rahmen seine Interessen als gegenüber der Gesellschaft Außenstehender im Zweifelsfall hinten anstehen. Dieser unternehmerische Spielraum der Gesellschaft und ihrer Leitung ist indessen ausgereizt, wenn an die Stelle der Ermessensausübung ein „objektiver Fehlgebrauch […] zu Lasten der Genußrechtsinhaber“557 tritt. Auch eine weitreichende Risikopartizipation seitens der Genussberechtigten bedeutet nämlich nicht, dass die Geschäftsleitung im Sinne eines Freifahrscheins nach ihrem Belieben und ohne Rücksicht auf die durch Satzung und Gesetz festgelegten Regeln und Interessen Dritter agieren und die geleistete Einlage dadurch zweckentfremden darf.558 Gleichermaßen unberechtigt ist auch der Einwand, die Genussrechtsinhaber seien in vermögensrechtlicher Hinsicht gegenüber den Aktionären besser gestellt. Zwar ist nicht zu bestreiten, dass Erstere im Falle von Verlusten, welche die Gesellschaft durch gesetzes- oder satzungswidrige Geschäfte erlitten hat, wirtschaftlich privile554 555
393 f. 556
Frantzen, Genußscheine, S. 240. Solche Erwägungen erkennt und widerlegt bereits Habersack, ZHR 155 (1991), 379,
Habersack, ZHR 155 (1991), 379, 393. Habersack, ZHR 155 (1991), 379, 393. 558 In diesem Sinne auch Habersack, ZHR 155 (1991), 379, 393; gegen eine Pflicht zur ordnungsgemäßen Unternehmensleitung gegenüber dem Genussrechtsinhaber U.H.Schneider, in: Festschrift Goerdeler, S. 517. 557
130
D. Das Verhältnis von Anlegerschutz und Bankenaufsichtsrecht
giert werden. Dies ist jedoch nicht nur in diesem Zusammenhang der Fall, sondern auch bei der Verlustteilnahme in Insolvenz und Liquidation, in deren Rahmen die Genussrechte vorrangig vor den Aktionären bedient werden.559 Die vollkommene Angleichung beider Vermögensstellungen – von Genussberechtigtem und Aktionär – wäre hingegen weder zulässig560 noch zweckmäßig. Entscheidend für die gebotene Besserstellung sind hierbei im Wesentlichen zwei Erwägungen: ein gesteigertes Vertrauensverhältnis zwischen dem Emittenten und dem Anleger sowie das Auseinanderfallen von Risiko und Verwaltung. Durch die lange Dauer der Kapitalüberlassung wird zwischen den Vertragsparteien eine jahre- oder gar jahrzehntelange Rechtsbeziehung begründet. Bereits im Rahmen eines solchen Dauerschuldverhältnisses geht die Bindung von Anleger an den Emittenten weit über die eines bloßen Austauschverhältnisses hinaus. Für die Begründung eines besonderen Vertrauensverhältnisses maßgeblich ist darüber hinaus aber die Tatsache, dass die vermögensrechtliche Stellung des Genussberechtigten unmittelbar mit dem wirtschaftlichen Erfolg oder Misserfolg des Unternehmens verknüpft ist. Anders als für einen Fremdkapitalgeber ist für diesen nicht allein die Wahrung der Zahlungsfähigkeit der Gesellschaft, sondern der ganzheitliche wirtschaftliche Erfolg des Unternehmens von Belang.561 Im Hinblick auf Angelegenheiten der Geschäftsleitung des Emittenten bleibt der Inhaber eines Genussrechts dagegen (insbesondere im Gegensatz zum Aktionär) ohne Einfluss, da er weder Mitgliedschafts- noch Mitverwaltungsrechte innehat. Der alleinige Einfluss auf die Rechtsposition des Genussrechtsinhabers verbleibt somit bei der Gesellschaft. Dennoch trägt der Genussberechtigte als Kapitalgeber das Unternehmensrisiko in erheblichem Maße mit. Diese Inkongruenz von Risiko und Verwaltung hat zur Folge, dass das Eigeninteresse des Vorstands an größtmöglichem unternehmerischem Erfolg (zumindest im Hinblick auf die Genussrechte) entfällt oder zumindest vermindert wird, da diesem von Seiten der externen Anleger keine persönliche Inanspruchnahme zu drohen scheint.562 Konstruktionsbedingt lässt sich das Auseinanderfallen von Verwaltung und Risiko nicht verhindern. Doch kann den hieraus resultierenden negativen Folgen begegnet werden, indem objektive Sorgfaltspflichten begründet werden, die die Geschäftsleitung der Gesellschaft zu rücksichtsvollem Verhalten auch externen Eigenkapitalgebern gegenüber verpflichtet.563 Aus den beiden vorgenannten Erwägungen ist Folgendes zu schließen: Die Überlassung des Genusskapitals durch den Anleger begründet, bezogen auf den Emittenten, Verhaltenspflichten, deren Intensität aufgrund der Dauer der vertragli559 BGH, Urt. v. 5.10.1992 – II ZR 172/91 = BGHZ 119, 305, 306, 327 = NJW 1993, 57 („Klöckner“). 560 Vgl. insofern zur Zulässigkeit des aktiengleichen Genussrechts B. III. 2. a) bb). 561 Frantzen, Genußscheine, S. 241 f. 562 Frantzen, Genußscheine, S. 238 ff. 563 Habersack, ZHR 155 (1991), 379, 397.
III. Beeinträchtigungen und Schutzmaßnahmen
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chen Beziehung und der Schutzbedürftigkeit des Anlegers im Vergleich zu einfachen Austauschverhältnissen besonders ausgeprägt ist.564 Unter anderem beinhalten sie die Verpflichtung, Geschäfte außerhalb des mit dem Anleger vereinbarten oder gesetzlich vorgegebenen Rahmens zu unterlassen, um eine finanzielle Belastung der Anleger zu vermeiden. Denn mit Vornahme solcher Geschäfte wird die Grenze des vom Genussrechtsinhaber zu tragenden Risikos überschritten.565 Werden derartige Verluste dennoch erzielt, so setzt sich diese Pflicht dergestalt fort, dass die Einbußen durch Wiederauffüllung des Genusskapitals auszugleichen sind. Die gelegentlich gewählte Bezeichnung dieser weitreichenden Verhaltenspflichten als „Treuepflicht“566 darf indes nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Pflichten in einem schuldrechtlich begründeten Genussrechtsverhältnis wurzeln. Sie sind daher nicht mit Treue- oder Förderpflichten im verbandsrechtlichen Sinne zu verwechseln, denn diese setzen einen mitgliedschaftlichen Charakter der Rechtsbeziehung voraus. (b) Anspruch auf Schadensersatz gegenüber der Gesellschaft aus § 280 Abs. 1 BGB Als vertragliche Verhaltenspflicht entfaltet die eben positiv festgestellte Verpflichtung der Gesellschaft zur Wiederauffüllung des Genusskapitals grundsätzlich nur während der Laufzeit des Genussrechts Wirkung. Daher besteht auch der auf Auffüllung gerichtete Primäranspruch des Anlegers nur, solange er mit dem Emittenten durch das Genussrechtsverhältnis verbunden ist. Dementsprechend scheidet er aus, wenn die vertragliche Grundlage nicht (mehr) besteht, sei es, weil die Genussrechte nach Ablauf der vereinbarten Laufzeit fällig geworden sind und das Kapital bereits zurückgezahlt wurde,567 sei es, weil die Rechte durch den Emittenten für wertlos erklärt, daraufhin eingezogen wurden und damit erloschen sind.568
564 Die langfristige Überlassung von Vermögenswerten zum Zweck (gewinnbringender) Verwaltung ist auch Kennzeichen der Treuhand, vgl. Schramm, in: MüKoBGB, Vorbem. zu § 164 – 181 Rn. 28. Daher leiten etwa Frantzen, Genußscheine, S. 241 f. oder Habersack, ZHR 155 (1991), 379, 397 die gesteigerten Sorgfaltspflichten des Emittenten gegenüber dem Genussberechtigten aus dem Vorliegen eines Treuhand- oder zumindest treuhandähnlichen Verhältnisses ab. Dies bringt im Ergebnis indessen keine Unterschiede zur hier aufgezeigten Lösung mit sich. 565 So auch Lutter, ZGR 1993, 291, 301, der zutreffend formuliert, es gehe nicht darum, den Genussberechtigten vor Geschäftsrisiken im Allgemeinen zu schützen, sondern (nur) vor Risiken, die er so nicht übernommen hat. 566 So etwa Emde, Genußschein als Finanzierungsinstrument, S. 106; Frantzen, Genußscheine, S. 238 ff. 567 So im Falle der Corealcredit Bank AG, vgl. LG Köln, Urt. v. 19.03.2010 – 87 O 159/08 = GWR 2010, 280; OLG Köln, Urt. v. 25.9.2012 – 15 U 101/10 („Corealcredit“). 568 BGH, Urt. v. 5.10.1992 – II ZR 172/91 = BGHZ 119, 305, 306, 331 = NJW 1993, 57 („Klöckner“).
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D. Das Verhältnis von Anlegerschutz und Bankenaufsichtsrecht
Die Beendigung oder Störung des Schuldverhältnisses bringt den Anleger jedoch nicht um seine Möglichkeit, den Emittenten in Anspruch zu nehmen. Vielmehr bleibt es ihm unbenommen, seine vertraglichen Rechte auf der Sekundärebene durchzusetzen, etwa, indem er Schadensersatz für die ihm durch die satzungs- oder gesetzeswidrige Geschäftsführung entstandenen Verluste geltend macht. Dieser Anspruch gründet heute freilich nicht mehr auf den ungeschriebenen Grundsätzen der positiven Vertragsverletzung, sondern ist seit der Schuldrechtsreform569 positivgesetzlich geregelt und folgt daher den Regeln des Schadensersatzes wegen Pflichtverletzung aus § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem Genussrechtsverhältnis.570 Da die Grundlagen dieser Haftung im Genussrechtsverhältnis seit jeher für Diskussionen gesorgt haben, werden – ausgehend von den durch die Rechtsprechung aufgestellten Grundsätzen und den hierzu geäußerten Stellungnahmen in der Literatur – die einzelnen haftungsbegründenden und -ausfüllenden Tatbestandsvoraussetzungen, derer es für eine vertragliche Haftung des Emittenten bedarf, dargestellt. (aa) Schuldverhältnis Vom Anwendungsbereich des § 280 Abs. 1 S. 1 BGB werden alle Schuldverhältnisse gleichermaßen erfasst, unabhängig davon, ob sie von Gesetzes wegen oder durch Vertrag begründet wurden.571 Hierunter fällt auch das durch den Begebungsvertrag begründete Genussrechtsverhältnis, das Emittenten und Genussberechtigten vertraglich verbindet. Maßgeblicher Zeitpunkt für das Bestehen der Vertragsbindung ist der Zeitpunkt der schädigenden Handlung, also die Vornahme des gesetzes- oder satzungsüberschreitenden Geschäfts. Die Geltendmachung des Anspruchs dürfte demgegenüber regelmäßig in den Zeitraum nach Beendigung des Genussrechtsverhältnisses fallen. Denn solange dieses Bestand hat und dem Anleger ein Primäranspruch auf Auffüllung des Genusskapitals zusteht, besteht keine Veranlassung, Schadensersatz zu fordern. Selbst wenn das Genussrecht übertragen wird, bleibt dem Erwerber das Recht, Schadensersatz zu verlangen, unbenommen.572 (bb) Pflichtverletzung Dass sich der Inhalt des Genussrechtsverhältnisses nicht in der Erfüllung der Hauptleistungspflichten erschöpft, sondern von intensiven Sorgfalts- und Rücksichtnahmepflichten geprägt ist, wurde bereits ausführlich erörtert.573 Im besonderen
569
Gesetz zur Modernisierung des Schuldrechts, v. 26. 11. 2001, BGBl. 2001 I, S. 3138 ff. So auch LG Köln, Urt. v. 19.03.2010 – 87 O 159/08 = GWR 2010, 280 („Corealcredit“); OLG Köln, Urt. v. 25.9.2012 – 15 U 101/10, Rz. 80 („Corealcredit“). 571 Ernst, in: MüKoBGB, § 280 Rn. 6; Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 280 Rn. 6; Jauernig, BGB, § 280 Rn. 2. 572 Roth, in: MüKoBGB, § 398 Rn. 99. 573 Siehe oben unter D. III. 2. a) dd) (2) (a). 570
III. Beeinträchtigungen und Schutzmaßnahmen
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Blickpunkt steht dabei die Pflicht des Emittenten, das Genusskapital nicht durch Vornahme satzungs- oder gesetzeswidriger Geschäfte zu beeinträchtigen.574 Innerhalb der Gesellschaft, also im Verhältnis zu den Aktionären, liegt die Zuständigkeit für die Wahrung von Sorgfaltspflichten beim Vorstand. Daher läge es nahe, in Beziehung zum Genussberechtigten, dessen wirtschaftliche Situation ebenso von der Geschäftsleitung abhängt wie die eines Aktionärs, ebenfalls auf den aktienrechtlichen Sorgfaltsmaßstab abzustellen. Die Schwelle zur haftungsbegründenden Pflichtverletzung wäre demnach gemäß § 93 Abs. 1 S. 1 AktG übertreten, wenn der Vorstand die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters unterschreitet.575 Durch den Grundsatz aus § 76 Abs. 1 AktG, der besagt, dass der Vorstand die Gesellschaft unter eigener Verantwortung zu leiten hat, sowie die Einräumung unternehmerischen Ermessens durch die business judgement rule des § 93 Abs. 1 S. 2 AktG wäre dennoch sichergestellt, dass der Unternehmensleitung ausreichend Handlungsspielraum verbleibt und sie in ihrer Entscheidungsfreudigkeit nicht gehindert ist.576 Einer Anlehnung an den aktienrechtlichen Haftungsmaßstab hat der BGH im Rahmen von Klöckner indes eine Absage erteilt, indem er eine Pflichtverletzung nur für Maßnahmen der Geschäftsführung angenommen hat, die sich nicht „im Rahmen des von der Satzung vorgegebenen Unternehmensgegenstandes bewegen“ sowie für solche, die „schlechthin nicht gerechtfertigt werden können und zu deren Durchführung ein verantwortungsbewußt denkender und handelnder Kaufmann zu keiner Zeit bereit wäre.“ Damit haben die Richter klargestellt, dass nicht bereits eine jede Pflichtverletzung beim Emittenten haftungsrechtlich relevant ist, die Ersatzpflicht vielmehr nur in Fällen besonders schwerwiegender Verletzung von sich aus dem Genussrechtsverhältnis ergebenden Sorgfaltspflichten ausgelöst wird. Dies sei zum einen der Fall, wenn der Vorstand völlig unverantwortlich handele, und zum anderen, wenn er bei seinem Handeln die Grenzen der Satzung verlasse.577 Denn in beiden Fällen überschreite das wirtschaftliche Risiko der Anleger dasjenige, das sie bei Zeichnung des Genussrechts übernommen hätten. Damit die Gesellschaft dennoch nicht damit rechnen müsse, „für jedes Versehen und jede Fehlentscheidung haftbar gemacht zu werden“, sei eine Eingrenzung der Reichweite an zu beachtenden Pflichten im Hinblick auf eine zu befürchtende Beeinträchtigung „unternehmerische(r) Entschlußfreudigkeit und Handlungsfreiheit“ 574
BGH, Urt. v. 5.10.1992 – II ZR 172/91 = BGHZ 119, 305, 331 = NJW 1993, 57 („Klöckner“). 575 Habersack, ZHR 155 (1991), 378, 398 f. 576 Habersack, ZHR 155 (1991) 378, 399. 577 In Bezug auf die Vornahme satzungswidriger Geschäfte wurde angeregt, dass auch diese das Erfordernis besonders Verantwortungslosigkeit erfüllen müssten. Denn änderte die Gesellschaft ihre Satzung nachträglich und erhöhte sich hierdurch das Anlegerrisiko, so könne der Genussrechtsinhaber hiergegen auch nicht vorgehen, vgl. Karollus, in: Geßler/Hefermehl/ Eckardt/Kropff, AktG, § 221 Rn. 388.
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D. Das Verhältnis von Anlegerschutz und Bankenaufsichtsrecht
geboten.578 Eine allzu weitreichende Haftung und die hieraus resultierenden, gegen die Gesellschaft gerichteten Ersatzansprüche könnten zudem eine weitere Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage zur Folge haben, wodurch die auch für die Fremdkapitalgeber vorhandene Haftungsmasse weiter geschmälert würde.579 Die Unterschiede, die sich bei den zur Diskussion stehenden Haftungsmaßstäben aus §§ 76, 93 AktG einerseits und den Klöckner-Grundsätzen andererseits auf den ersten Blick ergeben, stellen sich bei genauerer Betrachtung als weniger weitreichend dar. Denn beiden ist gemein, dass sie dem Unternehmen, respektive seiner Geschäftsleitung, einen großzügigen Beurteilungsspielraum einräumen und somit die unternehmerische Handlungsfreiheit würdigen.580 In der überwiegenden Zahl der denkbaren Fälle dürften daher beide Ansätze zu übereinstimmenden Ergebnissen führen. (cc) Vertretenmüssen So ausführlich sich der II. Zivilsenat zur Reichweite der Pflichtverletzung äußert, so bedauerlich ist es, dass er in seiner Entscheidung keine Aussage darüber trifft, ob die gesteigerten Anforderungen auch auf der Verschuldensebene gelten sollen oder ob hier womöglich andere Maßstäbe anzulegen sind. Für Ersteres haben sich Teile des Schrifttums ausgesprochen, indem sie das Erfordernis schlechthin unseriösen und verantwortungslosen Handelns im Rahmen der Pflichtverletzung als Beleg dafür heranziehen, dass es grob fahrlässigen oder leichtfertigen,581 „gröbst[e]“ fahrlässigen582 oder gar vorsätzlichen, völlig unvertretbaren Verhaltens bedürfe.583 Für eine derartige Interpretation geben die Ausführungen des BGH jedoch keinen Anlass. Fehlt es an einer ausdrücklichen Modifizierung des Verschuldensmaßstabs, so ist dieser nicht in Anlehnung an die genussvertraglichen Pflichten auszumachen. Vielmehr ist auf allgemeine Regeln des Vertrags- oder Organisationsrechts zurückzugreifen. In diesem Zusammenhang macht es keinen Unterschied, ob man sich des Allgemeinen Schuldrechts bedient oder wiederum auf aktienrechtliche Grundsätze zurückzugreifen sucht. Denn sowohl nach § 276 Abs. 1 S. 1 Hs. 1 BGB als auch im Rahmen von § 93 Abs. 1, Abs. 2 AktG hat der Schuldner für vorsätzliches wie auch fahrlässiges Handeln einzustehen. Daher ist es für die Anspruchsbegründung ausreichend, wenn die qualifizierte Pflichtverletzung durch die Gesellschaft bei 578 BGH, Urt. v. 5.10.1992 – II ZR 172/91 = BGHZ 119, 305, 306, 331 = NJW 1993, 57 („Klöckner“). 579 Karollus, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 221 Rn. 386. 580 So auch Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 276, vgl. hierzu auch Bürgers/Israel, in: Bürgers/Körber, AktG, § 93 Rn. 9. 581 Feddersen/Meyer-Landrut, ZGR 1993, 312, 320. 582 Werner, WuB II A. § 229 AktG 1.93. 583 Lutter, in: KöKoAktG, § 221 Rn. 355.
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nur geringfügigem Außerachtlassen der gebotenen Sorgfalt begangen wird.584 Die Befürchtung, dass sich die Emittenten bei einer Haftung bereits für einfaches Verschulden einer Vielzahl von Klagen ausgesetzt sähen und somit erpressbar machten,585 hat sich nicht bestätigt. Zum einen ist die Hürde der erfolgreichen Geltendmachung des Anspruchs für den Genussberechtigten noch immer hoch, da das von ihm eingegangene Risiko im Rahmen des erhöhten Pflichtenmaßstabs gewürdigt wird586 und einen erheblichen Verstoß gegen geltendes Recht erfordert. Zum anderen dürfte in den allermeisten Fällen die grob pflichtwidrige Vornahme von Geschäften ohnehin mit grob fahrlässigem wenn nicht gar bedingt vorsätzlichem Verhalten einhergehen, so dass selbst dem besonders strengen Haftungsmaßstab genügt würde. Schuldner des Genussberechtigten und für die Wahrnehmung der Pflichten dem Rechtsverhältnis zuständig ist der Emittent selbst. Doch muss er sich pflichtwidrige Handeln und das Verschulden seiner Organe über § 31 BGB rechnen lassen. Die Zurechnung übriger Angestellter erfolgt nach Maßgabe § 278 BGB.587
aus das zudes
(dd) Schaden Welchen Umfang der zu ersetzende Schaden hat, bestimmt sich nach der sog. Differenzhypothese.588 Nach dieser wird ein Saldo durch Gegenüberstellung des aktuell vorhandenen Vermögens mit dem Zustand des Vermögens gebildet, wie es ohne Vornahme der pflichtwidrigen Geschäftsführungsmaßnahme bestünde. Grundsätzlich hat der Ersatzpflichtige nach § 249 Abs. 1 BGB zur Schadensbegleichung vorrangig Naturalrestitution zu leisten, also den Zustand wiederherzustellen, der bestünde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. Dies bedeutet im Falle einer Wertminderung des Genusskapitals, dass dieses auf den ursprünglichen Betrag aufzufüllen ist und ggf. gewinnbezogene Ausschüttungen nachgeholt werden.
584 Hopt, in: GroßKommAktG, § 93 Rn. 253 f., der zudem darauf hinweist, dass der Haftungsmaßstab auch nicht zur Disposition gestellt werden kann. Ebenso Hüffer, AktG, § 93 Rn. 14; Mertens/Cahn, KöKoAktG, § 93 Rn. 136; Sethe, AG 1993, 351, 361. 585 Werner, WuB II A. § 229 AktG 1.93. 586 Die Annahme besonders qualifizierter Sorgfaltspflichten stellt insofern den Flaschenhals der Haftung dar. 587 So die ganz überwiegende Meinung, BGH, Urt. v. 5.10.1992 – II ZR 172/91 = BGHZ 119, 305, 333 = NJW 1993, 57 („Klöckner“); Feddersen/Meyer-Landrut, ZGR 1993, 312, 320; Habersack, ZHR 155 (1991) 378, 398; Hüffer, AktG, § 221 Rn. 65; Karollus, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 221 Rn. 389; Lutter, ZGR 1993, 291, 301; a. A. nur Werner, WuB II A. § 229 AktG 1.93, der sich zwar für eine Zurechnung der Organwalter, jedoch gegen eine Einbeziehung einfacher Angestellter ausspricht. 588 H. M.: Lange/Schiemann, Schadensersatz, § 1 I, III 4 m. w. N.
136
D. Das Verhältnis von Anlegerschutz und Bankenaufsichtsrecht
Wird das Kapital gar auf null herabgesetzt und werden die Genussrechte eingezogen (wie bei Klöckner geschehen),589 so könnte der Schuldner der Ersatzpflicht diesem Grundsatz nur durch Ausgabe neuer Rechte nachkommen. Im letzteren Fall ist dies jedoch insofern problematisch, als das Verbandsrecht zwingend vorschreibt, dass der Ausgabe neuer Schuldtitel, die in Konkurrenz zu Vermögensrechten der Aktionäre stehen, ein Hauptversammlungsbeschluss vorauszugehen hat, vgl. § 221 Abs. 1, Abs. 3 AktG. Denn hierdurch soll einerseits gewährleistet werden, dass Aktionäre vor Eingriffen in ihre mitgliedschaftliche und vermögensmäßige Stellung geschützt werden und darüber hinaus eine eingehende Prüfung wirtschaftlicher Gesichtspunkte vor der Ausgabe solcher Kapitalia sichergestellt ist.590 Dem Gericht fehlt es insofern an der notwendigen Entscheidungsbefugnis, eine Begebung weiterer Genussrechte unter Umgehung der Kompetenzen der Hauptversammlung auszusprechen.591 In diesem Falle kann dem Genussberechtigten demnach – aufgrund der Unmöglichkeit der Naturalrestitution – nach § 251 Abs. 1 Var. 1 BGB nur eine Entschädigung in Geld gewährt werden.592 (ee) Begrenzung, Ausschluss und Rang der Haftung Dem Umfang nach findet die Entschädigung keine Begrenzung, etwa dahingehend, dass sie nur aus künftigen Gewinnen oder den das Grundkapital übersteigenden Aktiva zu erfolgen hätte. Sie ist vielmehr aus dem gesamten Vermögen des Emittenten zu leisten.593 Dem Eigenkapitalcharakter des Genusskapitals wird im Verhältnis zu Fremdkapitalgebern dadurch Rechnung getragen, dass der Anspruch auf Schadensersatzleistung an den Genussberechtigten – wie die übrigen Ansprüche aus dem Genussrechtsverhältnis auch – im Falle drohender Insolvenz hinter den Ansprüchen zurücktreten, die von allen übrigen, nicht nachrangigen Gläubigern geltend gemacht werden.594 Ein Haftungsausschluss ist nur für den äußerst untypischen Fall denkbar, dass das Genussrechtsverhältnis auf der Grundlage einer Individualvereinbarung zwischen Gesellschaft und Anleger begründet wurde. Befinden sich die Vertragsparteien 589 So die Annahme des BGH, Urt. v. 5.10.1992 – II ZR 172/91 = BGHZ 119, 305, 306, 333 f. = NJW 1993, 57 („Klöckner“); nach Lutter, ZGR 1993, 291, 297 ist die Einziehung der Genussrechte nicht zwingende Folge einer Herabsetzung des Genusskapitals auf null. Dies zeige der Vergleich mit den Einlagen des Kommanditisten oder des stillen Gesellschafters. Denkbar sei somit sowohl der Fortbestand als auch das Erlöschen des Genussrechts. 590 Hüffer, AktG, §§ 221 Rn. 1. 591 BGH, Urt. v. 5.10.1992 – II ZR 172/91 = BGHZ 119, 305, 331 f. = NJW 1993, 57 („Klöckner“). 592 BGH, Urt. v. 5.10.1992 – II ZR 172/91 = BGHZ 119, 305, 333 f. = NJW 1993, 57 („Klöckner“). 593 Busch, AG 1993, 163, 164. 594 Habersack, ZHR 155 (1991), 378, 400; Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 279; Karollus, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 221 Rn. 392a.
III. Beeinträchtigungen und Schutzmaßnahmen
137
hingegen im Anwendungsgebiet des AGB-Rechts, so verbietet sich eine Haftungsfreizeichnung nach Maßgabe des § 309 Nr. 7b BGB bei Begehung grob fahrlässiger oder vorsätzlicher Pflichtverletzungen.595 Über den Wortlaut des § 309 Nr. 7b BGB ist zudem eine Freistellung von durch leichte Fahrlässigkeit verursachter Haftung ausgeschlossen, soweit sie die Verletzung von Kardinalpflichten betrifft. Zwar ist nicht abschließend geklärt, welche Pflichten von dem Begriff der Kardinalpflicht erfasst werden. Einigkeit besteht jedoch zumindest insofern, als im Gegenseitigkeitsverhältnis stehende Hauptpflichten stets Kardinalpflichten darstellen, da durch ihre Verletzung der Vertragszweck gefährdet wird.596 Für die Ausgabebedingungen von Genussrechten bedeutet dies: Ein pauschaler Ausschluss der Haftung für leichte Fahrlässigkeit597 dürfte ebenso unwirksam sein wie die Freizeichnung der Haftung bei Verletzung von Pflichten, die Hauptleistungsbestimmungen betreffen.598 (ff) Zwischenergebnis Über die Hauptleistungspflichten hinaus begründet das Genussrechtsverhältnis auch zwischen dem Emittenten und dem Anleger (und nicht nur im Verhältnis von Gesellschaft zu ihren Aktionären) Pflichten zur wechselseitigen Rücksichtnahme. Verletzt der Emittent eine solche Sorgfaltspflicht, indem er Geschäfte tätigt, die sich nicht mit dem satzungsmäßigen Unternehmensgegenstand decken oder die kaufmännisch vollkommen unvertretbar sind, und schädigt er hierdurch das Vermögen des Genussberechtigten schuldhaft, so ist er zum Ersatz des entstandenen Schadens verpflichtet. Die Zwitterstellung des Finanzierungsgenussrechts zwischen Schuldund Aktienrecht steht der Anwendbarkeit vertraglicher Haftung aus § 280 Abs. 1 BGB nicht entgegen. Dem Charakter des Genusskapitals als Eigenkapital ist folglich nicht bereits im Rahmen der Anspruchsbegründung, sondern erst dadurch Rechnung zu tragen, dass der Anspruch – im Bezug auf Fremdkapitalgeber – nachrangig zu befriedigen ist. (c) Deliktsrechtliche Ersatzansprüche Möglicher Anknüpfungspunkt für eine Haftung des Emittenten im Falle pflichtwidriger Geschäftsführung könnte neben vertraglichen Ansprüchen das Deliktsrecht sein. Die allgemeine deliktische Generalklausel aus § 823 Abs. 1 BGB erweist sich für den Anleger jedoch als wenig erfolgversprechend. Denn die vom Anwendungsbereich der Norm geschützten absoluten Rechte und Rechtsgüter umfassen jedenfalls nicht einen (bloßen) primären Vermögensschaden, den der Ge595 Karollus, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 221 Rn. 392b; Sethe, AG 1993, 351, 362. 596 BGH, Urt. v. 5.5.1992 – VI ZR 188/91 = NJW 1992, 2016, 2017; BGH, Urt. v. 11. 11. 1992 – VIII ZR 238/92 = NJW 1993, 335 ff.; Christensen, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB, § 309 Rn. 35; Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 309 Rn. 48; Sethe, AG 1993, 351, 362; Wurmnest, in: MüKoBGB, § 309 Rn. 26. 597 Christensen, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB, § 309 Rn. 35. 598 Zum Umfang der Hauptleistungsbestimmungen vgl. oben D. III. 1. b) ee) (2).
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D. Das Verhältnis von Anlegerschutz und Bankenaufsichtsrecht
nussberechtigte durch die Misswirtschaft des Unternehmens in der Regel erleidet.599 Ersatzfähig wäre dieser zwar über § 823 Abs. 2 BGB – nach einer als Schutzgesetz zu qualifizierenden positivrechtlichen Norm, welche die Gesellschaft verletzt haben soll, sucht man indes in Bezug auf das Genussrecht vergebens.600 Deliktsrechtlichen Vermögensschutz gewährt überdies auch die Haftung für vorsätzliche sittenwidrige Schädigung aus § 826 BGB. Entgegen der ursprünglichen Interpretation des Reichsgerichts ist die Schwelle zur Sittenwidrigkeit jedoch nicht überschritten, wenn die Maßnahme der Geschäftsführung dem „Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden“601 widerstrebt. Vielmehr ist heute anerkannt, dass in den offenen Tatbestand des § 826 BGB über das Merkmal der Sittenwidrigkeit Wertungen des jeweiligen tangierten Rechtsgebiets einfließen. Das Vorliegen besonderer Verwerflichkeit der Schädigungshandlung ist somit an den Eigentümlichkeiten zu beurteilen, auf deren Sachgebiet die Schädigung erfolgt.602 Für die mittelbare Beeinträchtigung des eigenkapitalverstärkenden Genussrechts bedeutet dies: Der Einlage der Genussrechtsinhaber ist immanent, dass sie einem hohen wirtschaftlichen Risiko unterliegt, weswegen nicht bereits eine jede (weitere) Gefährdung die Sittenwidrigkeit auslöst. Über das bloße Fehlverhalten hinaus erforderlich ist vielmehr ein besonders hoher Grad an Misswirtschaft. Agiert die Gesellschaft – wie im Falle Klöckner – unternehmerisch schlechthin unseriös und verantwortungslos und bewegt sie sich damit an der Grenze zum Missbrauch, so ist die Geschäftstätigkeit nicht nur als pflicht-, sondern auch als sittenwidrig im Sinne des § 826 BGB zu qualifizieren. Mit einer derart schwerwiegenden unerlaubten Handlung korrespondiert regelmäßig, dass der Emittent den Schadenseintritt vorausgesehen und billigend in Kauf genommen hat. Zumal § 826 BGB kein absichtliches oder hinterlistiges Handeln voraussetzt, sondern bedingten Vorsatz genügen lässt,603 ist nicht unwahrscheinlich, dass der Anleger den Beweis des Schädigungsvorsatzes zu erbringen in der Lage ist.
599 H. M.: BGB, Urt. v. 04. 02. 1964 – VI ZR 25/63 = BGHZ 41, 127 ff.; Larenz/Canaris, Schuldrecht BT Bd. 2, § 75 I 3 b.; Sprau, in: Palandt, BGB, § 823 Rn. 11; Wagner, in: MüKoBGB, § 823 Rn. 184. Im Gegensatz zu den geschützten absoluten Rechten stellen die vermögensrechtlichen Ansprüche aus dem Genussrechtsverhältnis Rechte dar, die allein relativ, also zwischen den beiden Vertragsparteien und nicht in Bezug auf jedermann Wirkung entfalten. Vgl. zur Abgrenzung Wagner, in: MüKoBGB, § 823 Rn. 142; Eine Emittentenhaftung auf deliktsrechtlicher Grundlage hält Dross, Genußrechte, S. 106 f. gleichwohl für möglich. 600 Zur spärlichen Regelung des Genussrechts vgl. bereits oben B. I. 1. Zum Umstand, dass die überwiegende Anzahl von Vorschriften aus dem Kapitalmarktrecht im Hinblick auf die Inhaber von Genussrechten nicht die Anforderungen eines Schutzgesetzes im Sinne des § 823 Abs. 2 BGB erfüllt vgl. D. II. 2. b). 601 RG, Urt. v. 11. 04. 1901 – VI 443/00 = RGZ 48, 114, 124. 602 Wagner, in: MüKoBGB, § 826 Rn. 11; Wagner, Festschrift Canaris, S. 495; so auch Tröger/Dangelmayer, ZGR 2011, 558, 582 ff. 603 BGH, Urt. v. 14. 06. 2000 – VIII ZR 218/99 = NJW 2000, 2896; Sprau, in: Palandt, BGB, § 826 Rn. 10 f; Wagner, in: MüKoBGB, § 826 Rn. 23.
III. Beeinträchtigungen und Schutzmaßnahmen
139
Der Emittent, der seinen Anleger durch pflichtwidrige Geschäftsführungsmaßnahmen schädigt, unterliegt somit grundsätzlich auch einer Haftung aus unerlaubter Handlung, wenngleich die hohen Hürden des § 826 BGB für den Ersatz begehrenden Genussberechtigten im Einzelfall schwer zu überwinden sein werden. (d) Ersatzansprüche gegenüber den Leitungsorganen des Emittenten Je nach Umfang des Missmanagements im Unternehmen, können die hierdurch erlittenen Verluste zum wirtschaftlichen Ruin der Gesellschaft führen. Machen in der Folge die externen Gläubiger, die der Gesellschaft Fremd- oder Eigenkapital zugeführt haben, ihre auf Auffüllung oder Schadensersatz gerichteten Ansprüche geltend, so kann dies die bereits bestehende Krise noch verschärfen und letztlich zur Zahlungsunfähigkeit und Insolvenz des Emittenten führen. Zwar führt dies nicht zum Erlöschen der den Anlegern zustehenden Ansprüche. In wirtschaftlicher Hinsicht sind sie jedoch wertlos. Aus diesem Grunde liegt es im Interesse der Kapitalgeber, neben der Gesellschaft selbst auch diejenigen natürlichen Personen haftungsrechtlich zur Verantwortung zu ziehen, deren Fehlverhalten der Gesellschaft zugerechnet wurde. (aa) §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB Eine unmittelbar aus dem Vertragsverhältnis hergeleitete Haftung aus § 280 Abs. 1 BGB, wie sie dem Anleger gegen die Gesellschaft zusteht, scheidet im Hinblick auf Vorstand oder Geschäftsführung des Emittenten aus. Da alleiniger Vertragspartner des Genussberechtigten die Gesellschaft selbst ist, treffen auch nur diese die Sorgfaltspflichten, deren Verletzung letztlich haftungsauslösend ist.604 (bb) § 93 Abs. 2, Abs. 5 AktG Aus ihrer Stellung als Gläubiger der Gesellschaft steht es den Anlegern indes möglicherweise offen, über § 93 Abs. 5 AktG Ersatz zu erlangen. So wie die Gesellschaft im Verhältnis zum Genussberechtigten an die Einhaltung von Pflichten gebunden ist,605 ist der Vorstand der Gesellschaft gegenüber verpflichtet, bei der Geschäftsführung die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden, § 93 Abs. 1 S. 1 AktG. Verletzt ein Mitglied des Vorstands diese Pflicht schuldhaft, so macht es sich nach § 93 Abs. 2 AktG gegenüber seiner Gesellschaft schadensersatzpflichtig. Der AG bleibt somit die Möglichkeit, den Schaden, den sie durch sorgfaltswidrige Maßnahmen der Geschäftsleitung erleidet, mit der Geltendmachung von Regressansprüchen auf die Verantwortlichen Organwalter abzuwälzen.
604 So auch Habersack, ZHR 155 (1991), 378, 400; Karollus, in: Geßler/Hefermehl/ Eckardt/Kropff, AktG, § 221 Rn. 389. 605 Vgl. oben D. III. 2. a) dd) (2) (a).
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D. Das Verhältnis von Anlegerschutz und Bankenaufsichtsrecht
§ 93 Abs. 5 AktG ordnet überdies an, dass nicht allein der Emittent, sondern – sofern von diesem keine Befriedigung erlangt werden kann – deren Gläubiger das Heft des Handelns in die Hand nehmen und auf direktem Wege Ersatz beanspruchen können. Die Verfolgung dieses Rechts müsste auf den ersten Blick auch den Inhabern von Genussrechten möglich sein, da diese dem Emittenten als externe Gläubiger gegenüberstehen. Diese Auffassung wird vom BGH und Teilen der Literatur gleichwohl nicht geteilt.606 Mit der Begründung, das Genusskapital sei zumindest beim eigenkapitalergänzenden Investitionsgenussrecht haftungsrechtlich der Einlage der Gesellschafter gleichgestellt, wollte der II. Zivilsenat § 93 Abs. 5 S. 1 AktG dahingehend verstanden wissen, dass das Verfolgungsrecht ausschließlich Fremdkapitalgläubigern zustehe.607 Für eine derartig enge Auslegung des Verfolgungsrechts besteht jedoch kein Anlass. Richtig ist zwar, dass Eigen- und Fremdkapitalgeber auch im Rahmen des Organhaftungsanspruches im gleichen Konflikt stehen, der in der Beziehung zur Gesellschaft unterschiedliche Haftungsränge nach sich zieht. Denn auch hier ist die zur Verfügung stehende Haftungsmasse, das Vermögen des Organwalters, begrenzt. Wertungsmäßig haben daher die Genussberechtigten ebenfalls höhere Risiken zu tragen als die übrigen Gläubiger. Doch ist die Nichtanwendbarkeit des § 93 Abs. 5 AktG nicht das richtige Mittel. Nach dem Vorschlag Habersacks könnte dem Eigenkapitalcharakter des Genusskapitals dadurch Rechnung getragen werden, dass die Vorschrift des § 93 Abs. 5 AktG für sämtliche Gläubiger anwendbar bleibt, Inhaber von Genussrechten jedoch „nicht auf Leistung an sich, sondern allein auf Leistung an die Gesellschaft klagen können.“608 Ebenso ist es mit Blick auf die Beziehung der Anleger zur Gesellschaft konsequent, den im Genussrechtsverhältnis vereinbarten Nachrang über dieses Verhältnis hinaus auf den Anspruch gegenüber dem Vorstand zu erstrecken. Denn auch auf diesem Wege bleibt sichergestellt, dass Vermögenswerte nicht von Genussrechtsinhabern aufgezehrt werden, bevor es zu einer vollständigen Befriedigung der Fremdkapitalgläubiger gekommen ist. (cc) § 826 BGB Eine Haftung des Vorstands aus unerlaubter Handlung scheidet zumindest in Bezug auf die Anspruchsgrundlagen § 823 Abs. 1 sowie Abs. 2 BGB aus den glei-
606 BGH, Urt. v. 5.10.1992 – II ZR 172/91 = BGHZ 119, 305, 329 = NJW 1993, 57 („Klöckner“); Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 277; Karollus, in: Geßler/Hefermehl/ Eckardt/Kropff, AktG, § 221 Rn. 389 ff.; Sethe, AG 1993, 351, 361. 607 BGH, Urt. v. 5.10.1992 – II ZR 172/91 = BGHZ 119, 305, 329 = NJW 1993, 57 („Klöckner“). 608 Habersack, ZHR 155 (1991), 378, 401 (im Original kursiv).
III. Beeinträchtigungen und Schutzmaßnahmen
141
chen Gründen aus, die auch einer Inanspruchnahme der Gesellschaft im Wege stehen.609 Auch hier beschränkt sich die Frage nach der Eigenhaftung der Organe auf § 826 BGB. Während im Aktienrecht ein Zugriff auf die Leitungsorgane der Gesellschaft – wenn auch in engen Grenzen – immer stärker befürwortet wird,610 erscheint die Übertragung auf die Lehren des Genussrechts im Hinblick auf die dogmatischen Unterschiede zwischen beiden Rechtsgebieten problematisch. Denn im Rahmen der gesellschafts- und deliktsrechtlich begründeten Haftung beruht der besondere Unwert des Vorstandshandelns auf der Verletzung der genuin gesellschafts- und insbesondere konzernrechtlichen Verbindung, wie sie zwischen den Gesellschaften sowie zwischen Gesellschaft und ihren Organen besteht.611 Eine solche eigene, verbandsrechtliche Pflichtenbindung der Organmitglieder, die sich über Konzern- und Aktionärskreis hinaus erstreckt, existiert im auf schuldrechtlicher Basis begründeten und damit relativ wirkenden Genussrechtsverhältnis gerade nicht. Aus der (grob) pflichtwidrigen Geschäftsführung lassen sich somit keine deliktsrechtlichen Schadensersatzansprüche gegenüber der Geschäftsleitung herleiten. (dd) Zwischenergebnis Spätestens seit der Klöckner-Entscheidung des BGH ist anerkannt, dass Genussrechtsinhaber den Emittenten infolge schwerwiegender Pflichtverletzungen für die ihnen hieraus entstandenen Schäden in Anspruch nehmen können. Als Ersatzansprüche kommen insbesondere § 280 BGB sowie § 826 BGB in Betracht. Gegenüber der Geschäftsleitung des Emittenten ist es dem Anleger demgegenüber allenfalls möglich, Ansprüche auf Grundlage des § 93 Abs. 2, Abs. 5 AktG geltend zu machen. (3) Kündigungsrecht Neben der Gewährung einer finanziellen Kompensation wird sich für den Genussberechtigten bei fortwährendem Missmanagement der Gesellschaft auf Dauer die Frage stellen, ob er sich dem eingegangen Vertragsverhältnis nicht frühzeitig entziehen und das noch verbliebene Genusskapital im Sinne einer Schadensbegrenzung zurückverlangen kann. Ein Recht des Anlegers zur ordentlichen Kündigung ist in der ganz überwiegenden Anzahl der Genussrechtsbedingungen jedoch nicht vorgesehen und zumeist sogar ausdrücklich durch solche oder ähnlich lautende Klauseln ausgeschlossen: „Die Kündigung durch den Genussrechtsinhaber ist ausgeschlossen.“ oder „Die Genussrechte sind durch den Inhaber nicht kündbar.“ Findet sich hierzu keine Regelung, so lässt dies regelmäßig darauf schließen, dass das 609
Vgl. hierzu oben D. III. 2. a) dd) (2) (c). So etwa für den Fall der Haftung von Mitgliedern der Geschäftsleitung in der Muttergesellschaft wegen existenzvernichtenden Eingriffs in die Tochtergesellschaft, vgl. hierzu Tröger/Dangelmayer, ZGR 2011, 1 ff. 611 Vgl. hierzu eingehend Tröger/Dangelmayer, ZGR 2011, 25 ff. 610
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D. Das Verhältnis von Anlegerschutz und Bankenaufsichtsrecht
Recht zur ordentlichen Kündigung für den vertraglich festgesetzten Zeitraum nicht ausgeschlossen werden soll.612 Dabei wird sich im Schrifttum bisweilen dafür ausgesprochen, dass solche Regelungen nicht nur einen Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts bewirken, sondern dem Anleger zudem die Möglichkeit einer außerordentlichen Kündigung versagen. Durch die Kündigung und die hierdurch bedingte frühzeitige Rückgewähr des geleisteten Kapitals werde der Eigenkapitalcharakter der Einlage aufgehoben, da das Erfordernis einer dauerhaften Bereitstellung der Mittel nicht mehr erfüllt sei.613 Diese Schlussfolgerung mag im Ergebnis zutreffen. Dem ungeachtet existiert auch beim eigenkapitalverstärkenden Finanzierungsgenussrecht ein Sonderkündigungsrecht, durch das sich der Anleger von der Beziehung zum Emittenten in Fällen schwerer Pflichtverletzungen lösen kann. Freilich kann eine solche Verletzung genussvertraglicher Pflichten bei eigenkapitalverstärkenden Genussrechten nicht allein dadurch begründet werden, dass sich die wirtschaftlichen Verhältnisse des Emittenten verschlechtern und das Genusskapital deswegen zur Deckung von Verlusten herangezogen wird.614 Denn hier realisiert sich nur das vertragliche Risiko, das der Anleger bei der Zeichnung des Genussrechts mit Verlustteilnahme übernommen hat.615 Doch ist über diese Fälle hinaus, wie für das Schuldrecht im Allgemeinen, dem das Genussrecht als Dauerschuldverhältnis eigener Art unterliegt, das Recht zur außerordentlichen Kündigung in § 314 BGB zwingend normiert. Damit steht es nicht in der Macht der Vertragsparteien – und das gilt sowohl für eine individualvertragliche Vereinbarung als auch (erst Recht) im Anwendungsbereich des AGBRechts – gänzlich darauf zu verzichten.616 Denkbar ist allenfalls eine teilweise Beschränkung des außerordentlichen Kündigungsrechts, etwa dergestalt, dass die Ausübung des Gestaltungsrechts während eines bestimmten Zeitraumes untersagt werden darf oder gewisse Pflichtverletzungen aus den wichtigen Gründen, die üblicherweise zur Kündigung berechtigen würden, ausgenommen werden. Genussrechtsbedingungen, die dem Anleger das Recht zur Kündigung versagen, sind somit im für den Emittenten günstigsten Falle im Sinne eines Ausschlusses nur des ordentlichen Kündigungsrechts auszulegen. Geht man hingegen davon aus, dass Vertragsklauseln im AGB-Recht dem Verbot geltungserhaltender Reduktion unter-
612
Vgl. OLG Hamm, Urt. v. 19.10.2010 – 7 U 21/10 = GWR 2010, 603. Habersack, ZHR 155 (1991), 378, 395. 614 Eine solche Pflichtverletzung kann indes im Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags liegen, vgl. hierzu D. III. 3. a) aa) (4). 615 So auch OLG Hamm, Urt. v. 19.10.2010 – 7 U 21/10 = GWR 2010, 603. 616 BGH, Urt. v. 26. 05. 1986 – VIII ZR 218/85 = ZIP 86, 920; Gaier, in: MüKoBGB, § 314 Rn. 4; Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 314 Rn. 3; so auch bereits vor der Modernisierung des Schuldrechts unter Berufung auf § 242 BGB: Frantzen, Genußscheine, S. 146 ff.; Reuter, in: Festschrift Stimpel, S. 656; Vollmer, GmbHR 1984, 329, 335. 613
III. Beeinträchtigungen und Schutzmaßnahmen
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liegen,617 so verbietet sich eine solche Interpretation im Rahmen von Formularverträgen. Da die so entstehende Lücke nach Maßgabe des § 306 Abs. 2 BGB entsprechend dem gesetzlichen Regelfall geschlossen würde,618 wäre sogar davon auszugehen, dass den Genussberechtigten nicht nur ein außerordentliches, sondern überdies ein ordentliches Kündigungsrecht zustünde, was dem Anleger ermöglichen würde, sich des Genussrechts jederzeit und insbesondere ohne Zutun des Emittenten zu entledigen. Der Dauerhaftigkeit der Kapitalbelassung, derer es für die Bilanzierung als Eigenkapital bedarf, würde hierdurch jedoch nicht mehr entsprochen.619 Zwar würde der anstrebte Vertragszweck hierdurch verfehlt. Dass dies für den Emittenten eine unzumutbare Härte im Sinne des § 306 Abs. 3 BGB darstellt und somit die Unwirksamkeit des gesamten Vertrages nach sich zieht, ist jedoch nicht anzunehmen, zumal die zweifelhafte Formulierung der Kündigungsregelung in seinem Verantwortungsbereich liegt. ee) Zwischenergebnis Obwohl es dem eigenkapitalzuführenden Genussrecht eigentümlich ist, an Verlusten des Emittenten beteiligt zu werden, besteht das Bedürfnis, den Anleger vor denjenigen Einbußen zu schützen, die er nach der Risikoverteilung aus dem Genussrechtsverhältnis nicht zu tragen braucht. Doch die Charakteristik des Genussrechts, das Wesenszüge sowohl des Schuld- als auch des Aktienrechts trägt, und das Fehlen einer Kodifikation der Rechtsmaterie gestalten die Verortung anlegerschützender Instrumentarien, die den Genussberechtigten final oder reflexartig zu schützen in der Lage sind, als verfänglich. Schließlich muss festgestellt werden, dass keines der Rechtsgebiete in der Lage ist, vollumfänglichen Anlegerschutz zu leisten. Mit der Anerkennung besonderer Sorgfaltspflichten im Genussrechtverhältnis und den hieraus begründeten Ansprüchen des Anlegers auf Wiederauffüllung oder Schadensersatz sowie der Anwendbarkeit der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle auf Teile der Ausgabebedingungen stehen die zentralen Pfeiler des Anlegerschutzes im Allgemeinen Schuldrecht. Flankiert werden sie durch Instrumentarien insbesondere aus dem Kapitalmarkt- und Bankenaufsichtsrecht, die zwar zumeist (gleichwohl nicht ausschließlich) nicht den Schutz einzelner Anleger bezwecken, zu diesem aber dennoch zumindest im Sinne eines Rechtsreflexes beitragen. Diese Kombination stellt sicher, dass auf der einen Seite der Anleger vor Fehlverhalten von Management und Unternehmensleitung und sich realisierenden Ri617 Teilt man diese Ansicht nicht, so steht die betroffene Klausel ebenso wie im individuell ausgehandelten Vertrag einer Auslegung offen, die nur den überschießenden Teil, also den Ausschluss des Rechts zur außerordentlichen Kündigung, für unwirksam hält. Vgl. zum Streitstand Basedow, in: MüKoBGB, § 306 Rn. 12 ff.; Lindacher, in: Wolf/Lindacher/Pfeiffer, AGB, § 306 Rn. 27 ff; H. Schmidt, in: Ulmer/Brandner/Hensen, AGB, § 306 Rn. 14 ff. 618 Da eine gesetzliche Regelung des Genussrechts nicht existiert, wäre insofern auf Vorschriften zurückzugreifen, die Dauerschuldverhältnisse im Allgemeinen betreffen. 619 Betreffend die Anforderungen an Eigenkapital vgl. oben C. III. 3.
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D. Das Verhältnis von Anlegerschutz und Bankenaufsichtsrecht
siken geschützt wird, die über die von ihm im Vertragsverhältnis übernommenen hinausgehen. Auf der anderen Seite wird dennoch gewährleistet, dass die Gesellschaft in ihrer unternehmerischen Tätigkeit nicht durch die operative Mitwirkung Außenstehender gehemmt wird. b) Abweichende Beurteilung im Anwendungsbereich des KWG? aa) Vorüberlegung Aufgrund des chamäleonartigen Charakters des Genussrechts, der eine nahezu infinite Vielfalt unterschiedlicher Gestaltungsvarianten ermöglicht, war es bereits notwendig, dass sich die Ausführungen des vorigen Kapitels auf einen speziellen Typus – das aktienähnlich ausgestaltete Finanzierungsgenussrecht – beschränken. Innerhalb dieser Kategorie wurde im grundlegenden Teil der Arbeit, im Zusammenhang mit der Frage, welche inhaltlichen Anforderungen Eigenkapital auszeichnen, bereits auf die Besonderheiten und Unterschiede verwiesen, die Emittenten aus dem Bankensektor gegenüber sonstigen Unternehmensbranchen betreffen. Entsprechend den dort herausgearbeiteten Abweichungen stellt sich – gewissermaßen spiegelbildlich – die Frage, ob es auch im Hinblick auf die dem Genussberechtigten zustehenden anlegerschützenden Instrumentarien erforderlich ist, nach dem unternehmerischen Betätigungsfeld der emittierenden Gesellschaft zu differenzieren. Ausschlaggebend für diese Überlegung ist die Tatsache, dass die wesentlichen Schutzmechanismen ihrem Grundkonzept nach auf den Ausführungen der KlöcknerEntscheidung des BGH und der hierdurch angestoßenen Diskussion im Schrifttum basieren. Da es sich bei der Beklagten dieses Rechtsstreits, der Klöckner & Co. KGaA, um ein Handelshaus handelte, bestand seinerzeit kein Anlass, darüber zu urteilen, ob die in der Entscheidung aufgestellten Grundsätze über den konkreten Einzelfall hinaus, insbesondere auch im Geltungsbereich des KWG, anwendbar sind. Zwar hatte sich der II. Zivilsenat des BGH zu späterem Zeitpunkt, im Jahr 2006, mit Bankgenussscheinen auseinanderzusetzen und verwies dort sogar auf die durch das Klöckner-Urteil geklärten Grundsatzfragen.620 Streitgegenständlich war dort jedoch lediglich die Auslegung der Genussrechtsbedingungen, weswegen der BGH keinen Anlass sah, sich in seinen Ausführungen zur Problematik der Anwendbarkeit diverser Schutzinstrumentarien zu äußern. Ein Umstand, der, wie sich aktuell zeigt, in zweierlei Hinsicht bedauerlich ist. Zum einen waren es im Zuge der Finanzmarktkrise zunächst und insbesondere Kreditinstitute (inzwischen sind es ganze Staaten), die durch den Kauf komplizierter und risikoreicher Finanzprodukte in erhebliche Kalamitäten gerieten und sich in der Folge Gerichtsverfahren geschädigter Anleger ausgesetzt sahen und noch immer sehen. Zu diesen zählt der bereits erwähnte Rechtsstreit gegen die Corealcredit AG, der in erster Instanz vom LG Köln bereits 620
BGH, Urt. v. 25. 09. 2006 – II ZR 186/04 = AG 2006, 937.
III. Beeinträchtigungen und Schutzmaßnahmen
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entschieden wurde.621 Zum anderen ist mit über 90 % ein beachtlicher Anteil der Emittenten an deutschen Börsen gehandelter Genussrechte dem Banken- und Versicherungssektor zuzuweisen und unterfällt somit den gesteigerten Anforderungen des KWG. Die ursprünglich in Bezug auf die Klöckner & Co. KGaA aufgestellten Erkenntnisse lassen sich somit ohne weitere Betrachtung nur auf etwa jedes zehnte Genussrechtsverhältnis übertragen. In Anbetracht der derzeit anhängigen Verfahren haben sich in jüngster Zeit mehrere Publikationen der Thematik gewidmet, deren Augenmerk darauf gerichtet ist, zu beurteilen, wie es um die Vereinbarkeit von Bankgenussrechten mit Ersatzansprüchen der Anleger wegen rechtswidriger Geschäftsführung bestellt ist. 622 Dennoch kann nach wie vor als ungeklärt gelten, ob und inwiefern sich die Annahme, dass gewisse Verluste durch Auffüllung und Zahlung von Schadensersatz zu kompensieren sind, mit der Vorschrift des § 10 Abs. 5 Nr. 1 KWG in Einklang bringen lässt, nach deren Maßgabe das Genusskapital – soll es zum Ergänzungs- oder Eigenkapital hinzugerechnet werden – „bis zur vollen Höhe am Verlust teilnimmt“. Müssen diejenigen, die in von Kreditinstituten ausgegebene Genussrechte investiert haben, mit dem Schadensersatzanspruch auf das einzige scharfe Schwert verzichten, das ihnen als gesellschaftsexternen Gläubigern gegenüber dem Emittenten zur Verfügung steht? Träte andernfalls eine faktische Rückgängigmachung der Verlustteilnahme ein, die womöglich sogar die Aufhebung des Eigenkapitalcharakters zur Folge hätte? Oder ist es umgekehrt im Sinne funktionierenden Anlegerschutzes möglich und geboten, Verluste aus der gesetzlichen Anordnung einer Verlustpartizipation auszuklammern, wenn diese durch Vornahme rechtswidriger Geschäfte entstanden sind, die zu verhindern der Anleger nicht in der Lage war? Können Vorschriften des öffentlichen Aufsichtsrechts überhaupt in das privatrechtlich begründete Genussrechtsverhältnis hineinwirken und die Rechte und Pflichten sowie die den Vertragsparteien zustehenden Rechtsbehelfe beeinflussen und, wenn ja, in welchem Umfang? Um die soeben aufgeworfenen Fragen zu beantworten und die Gemengelage an der Schnittstelle von Schuld-, Gesellschafts- und Bankenrecht aufzulösen, wird zunächst der status quo des aktuellen Diskurses beleuchtet. Die bisher ins Feld geführten Argumente werden sodann zusammengefasst und schließlich einer kritischen Würdigung unterzogen. Schließlich soll eine verbindliche Klärung der bestehenden Problematik und eine Bewertung der aktuellen Rechtslage vorgenommen werden.
621
Näheres zu diesem Verfahren sogleich unter D. III. 2. b) bb) (2). Habersack, AG 2009, 801 ff.; Kokemoor, WM 2009, 1637 ff.; Kokemoor/Theilig, WM 2011, 337 ff.; Mülbert, in: Festschrift Hüffer, S. 679 ff.; zuvor bereits Busch, AG 1993, 163 ff.; Busch, AG 1994, 93 ff. 622
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D. Das Verhältnis von Anlegerschutz und Bankenaufsichtsrecht
bb) Stand der Diskussion (1) Meinungsstand in der Literatur Bereits eineinhalb Dekaden vor Ausbruch der Finanzmarktkrise hat Busch im Kontext der allgemeinen Diskussion um die Folgen der Klöckner-Rechtsprechung als einer der ersten Erwägungen laut werden lassen, die nicht allein grundsätzlich an dem Gedanken einer Kompensation des Anlegers im Wege von Ersatzansprüchen zweifelten, sondern darüber hinausgehend bereits die besondere Problematik der Eigenmittelanforderungen aus § 10 Abs. 5 KWG im Blick hatten. Billigte man, dass die Genussrechtsinhaber für unrechtmäßig entstandene Verluste entschädigt würden, so hätte dies zur Folge, dass sich das Eigenkapital derartigen Verlusten entzöge (wo es doch gerade für solche Fälle gedacht sei) und die Kapitalbindung somit unterlaufen würde.623 In Bereichen, in denen der Gesetzgeber gar eine Mindestkapitalisierung vorgibt und diese an die Einhaltung bestimmter Voraussetzungen knüpft, mithin im Geltungsbereich von KWG und VAG, sei dieses Ergebnis gar „schlechthin untragbar“. Denn nichts lasse darauf schließen, dass von dem Erfordernis der Verlustteilnahme in voller Höhe bestimmte Verluste ausgenommen werden dürften. Da die Verlustteilnahme andernfalls aufgehoben bzw. rückgängig gemacht würde, seien die Grundsätze des Urteils im Banken- und Versicherungswesen nicht anzuwenden.624 Während die Gedanken Buschs im Rahmen des Klöckner-Verfahrens nur am Rande des eigentlichen „Hauptkriegsschauplatzes“ geäußert wurden, hat Kokemoor der Materie im Jahr 2009 eine eigene Publikation sowie 2011 gemeinsam mit Theilig eine weitere Veröffentlichung gewidmet.625 Im Ergebnis vermöge die KlöcknerRechtsprechung des BGH für KWG-Genussrechte im Hinblick auf die Verlustteilnahmeregelung keine Geltung zu beanspruchen, was die Autoren auf folgende Gedankengänge stützen: Zuerst einmal seien Verluste, die ein Unternehmen in Folge außerordentlicher Ereignisse oder Geschäfte erleide, in der Regel als außerordentliche Aufwendungen zu qualifizieren. Von solchen Verlusten verschont könne der Genussberechtigte nur dann bleiben, sähen seine Genussrechtsbedingungen vor, dass die Verlustpartizipation an die Bilanzgröße des außerordentlichen Ergebnisses anknüpfe. Dies sei jedoch – im Gegensatz zu denkbaren Bezugsgrößen wie dem Jahresfehlbetrag oder dem Bilanzverlust – nicht zulässig.626 Denn gerade bei außerordentlich auftretenden Ereignissen sei das Eigenkapital seiner Funktion (Schutz der Gläubiger sowie der Stabilität des Finanzsystems) nach besonders gefordert.627 623 624 625 626 627
Busch, AG 1993, 163, 165. Busch, AG 1993, 163, 167; Busch, AG 1994, 93, 100. Kokemoor, WM 2009, 1637 sowie Kokemoor/Theilig, WM 2011, 337. Kokemoor, WM 2009, 1637, 1640 f., 1642.; ebenso hier unter C. IV. 4. b) aa) (2) (d). Kokemoor, WM 2009, 1637, 1642.
III. Beeinträchtigungen und Schutzmaßnahmen
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Des Weiteren ergebe sich das Erfordernis einer derartigen, umfassenden Verlustbeteiligung bereits aus der Auslegung der Genussrechtsbedingungen nach Maßgabe der §§ 133, 157 BGB. Denn im Interesse beider Vertragsparteien sei es, dem Kapitalnehmer die Zuführung bankenaufsichtsrechtlichen Eigenkapitals zu ermöglichen, indem die Anforderungen, die das KWG diesbezüglich aufstellt, erfüllt würden. Interpretierte man die Verlustteilnahmeregelung überwiegend im Sinne der Anleger, würde der Vertragszweck hingegen verfehlt.628 Einen weiteren Aspekt, der eine Anwendbarkeit der Klöckner-Grundsätze in Frage stelle, sehen Kokemoor und Theilig im Vorrang des Bankenaufsichtsrechts vor den übrigen, das Genussrechtsverhältnis bestimmenden Regelungen. Zwar könne nicht davon ausgegangen werden, dass das KWG dem BGB generell vorginge. Die nach Anzahl und Intensität bedeutenden Eingriffsrechte der Institutionsaufsicht in das Privatrecht ließen einen solchen Schluss dennoch zu.629 Dies zeige etwa der Vergleich mit § 10 Abs. 4 S. 10 KWG: Soll die Einlage stiller Gesellschafter als Kernkapital anerkannt werden, so finden die §§ 489, 723 bis 725, 727 und 728 des BGB keine Anwendung. Doch sei die dort positiv festgesetzte Vorrangwirkung nur deklaratorisch und weise lediglich auf die ohnehin bestehende Gesetzeslage hin. Überdies könne das hier zum Ausdruck gebrachte Verständnis des Gesetzgebers dahingehend verallgemeinert werden, als Vorschriften des BGB gegenüber denen des KWG nachrangig seien, soweit nach dem Genussrechtsvertrag aufsichtsrechtliche Eigenmittel geschaffen werden sollten.630 Diese Vorrangstellung des Aufsichtsrechts umfasse neben dem kodifizierten Privatrecht richterrechtliche Fortbildungen, in der Konsequenz also auch die vom BGH in Sachen Klöckner aufgestellten Grundsätze. Kompensiere man den Anleger durch Zahlung von Schadensersatz, entspreche dies einer faktischen Relativierung der Verlustteilnahme. Dies liefe jedoch zum einen den aufsichtsrechtlichen Zielen der Eigenmittelbestimmungen, dem Gläubigerschutz und der Funktionsfähigkeit der Kreditwirtschaft zuwider. Zum anderen würde der zwischen Emittent und Anleger vereinbarte Vertragszweck „ad absurdum“ geführt.631 Letzten Endes verfinge die Forderung einer Kompensation für fehlende Mitspracherechte durch wirtschaftliche Wiedergutmachung, da dem Genussberechtigten zwar keine individuellen Schutzmöglichkeiten zur Verfügung stünden, dieser Mangel aber bereits durch die Kontrollmöglichkeiten der Institutsaufsicht aufgewogen würde.632 Nach den bisher genannten Autoren befasste sich auch Mülbert in einem 2010 erschienenen Festschriftenbeitrag mit der Verlustbeteiligung des Genussrechtskapitals von Kreditinstituten und schloss sich der bislang in Bezug auf die Übertrag628 629 630 631 632
Kokemoor/Theilig, WM 2011, 337, 339 f. Kokemoor/Theilig, WM 2011, 337, 339. Kokemoor/Theilig, WM 2011, 337, 340. Kokemoor/Theilig, WM 2011, 337, 342. Kokemoor/Theilig, WM 2011, 337, 342.
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D. Das Verhältnis von Anlegerschutz und Bankenaufsichtsrecht
barkeit der Klöckner-Grundsätze geäußerten Kritik an. Ausgangspunkt seiner Erwägungen ist dabei eine Untersuchung der in der Praxis vorzufindenden Verlustbeteiligungsgestaltungen.633 Dabei kommt er zu dem Ergebnis, der in der Emissionspraxis übliche Wortlaut solcher Klauseln biete keine Anhaltspunkte für eine Ausklammerung bestimmter Verluste, und zwar weder im Rahmen der Verlustermittlung noch auf schadensrechtlicher Ebene – also im Sinne von Klöckner – im Falle satzungswidriger oder unvertretbarer Geschäfte.634 Neben dem „klaren Wortlaut“ spräche gegen eine verlustquellenspezifische Einschränkung die auch vom Verständnishorizont verständiger Anleger635 erkennbare Interessenlage des Emittenten, der sich im Gegenzug zur Ausgabe der Genussscheine nach § 10 Abs. 5 KWG anerkanntes Eigenkapital beschaffen wolle.636 Weiterhin führt Mülbert aus, führe die Gewährung von Schadensersatzansprüchen zu einer asymmetrischen Beteiligung, durch welche die Genussberechtigten im Vergleich zu den Gebern „harten Eigenkapitals“ privilegiert würden. Denn während erstere an Gewinnen vollumfänglich partizipierten, würden sie von Verlusten nur teilweise betroffen. Dies widerspreche jedoch dem § 10 Abs. 5 KWG immanenten Gebot voller Verlustteilnahme, welches wiederum eine Sperrwirkung gegenüber den in der Klöckner-Entscheidung wurzelnden Rechten der Genussberechtigten zur Folge habe.637 Wie bereits Kokemoor verweist auch Mülbert auf das vermeintlich mangelnde Kompensationsbedürfnis, da die durch die BaFin geleistete Aufsicht für die Einhaltung aufsichtsrechtlicher Vorgaben in ausreichendem Maße Sorge trage.638 Nicht zuletzt erhebt Mülbert auch jenseits des Geltungsbereichs des Bankenaufsichtsrechts grundsätzliche Einwände gegen den im Sinne der Klöckner-Rechtsprechung entwickelten Anlegerschutz. Da die auf der Primärebene geleistete vertragliche Zusicherung, Kapital zur Abdeckung jeglicher Verluste zur Verfügung zu stellen, auf der Sekundärebene ausgehebelt würde, erweise sich die Begründung von Ersatzansprüchen für Genussrechtsinhaber als „perplex“.639 Diese gegen die Vereinbarkeit von bankenaufsichtsrechtlichen Eigenmittelanforderungen und Schadensersatz ins Feld geführten Argumente greifen auch Becker und Bracht auf.640 Eine Emittentenhaftung führe zu einer Privilegierung der Genussberechtigten gegenüber den Aktionären als klassischen Eigenkapitalgebern, da diesen aufgrund von § 57 Abs. 1 AktG die Rückgewähr von Einlagen verwehrt bleibe. Unbillig wäre ein Ersatzanspruch überdies, da die Inhaber von Genussrechten einen eigenen gegen die Gesellschaft gerichteten Anspruch erhielten, während die 633 634 635 636 637 638 639 640
Mülbert, in: Festschrift Hüffer, S. 681 f. Mülbert, in: Festschrift Hüffer, S. 687. Mülbert, in: Festschrift Hüffer, S. 688. Mülbert, in: Festschrift Hüffer, S. 687. So Mülbert, Festschrift Hüffer, S. 696 unter Bezugnahme auf Busch, AG 1993, 163, 167. Mülbert, in: Festschrift Hüffer, S. 697. Mülbert, in: Festschrift Hüffer, S. 699. Bracht, WM 2012, 585, 588.
III. Beeinträchtigungen und Schutzmaßnahmen
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Aktionäre nach § 93 Abs. 2 AktG allenfalls den Weg über die Vorstandshaftung gegenüber der Gesellschaft beschreiten könnten. Für eine Haftung bestehe außerdem insofern kein Bedürfnis, als zahlreiche Genussrechtsbedingungen Wiederauffüllungsklauseln enthielten. Schließlich folge aus der Wertung des KWG, insbesondere aus § 10 Abs. 4 S. 10 KWG, dass der normalerweise unabdingbare Mindestschutz der Vertragspartner hinter das Sicherungsinteresse der Gläubiger zurücktreten müsse, woraus der zwingende Ausschluss von Schadensersatzansprüchen gegen den Emittenten herzuleiten sei.641 Betrachtet man die bloße Anzahl der Stimmen, die für die Unvereinbarkeit der Klöckner-Grundsätze mit den Eigenkapitalanforderungen des KWG votieren, liegt die Annahme nahe, dass im Hinblick auf die Bewertung dieser Rechtsfrage Einigkeit besteht. Dass dem nur scheinbar so ist, verdeutlicht jedoch der Blick auf den Diskussionsbeitrag Habersacks.642 Mit diesem wendet er sich gegen die Annahme, im Bezug auf Genussrechte schlössen sich die durch den Fall Klöckner gewonnen Erkenntnisse und das Aufsichtsrecht der Banken aus. Aus dem gesetzlichen Erfordernis der Verlustteilnahme in voller Höhe könne nicht zwangsläufig geschlossen werden, dass das Genusskapital „aktiengleich“ und damit uneingeschränkt zu haften habe, da das Aufsichtsrecht insofern einen erheblichen Gestaltungsspielraum bei der Genussrechtsemission anerkenne.643 Überdies präsentiere sich die Partizipation an Verlusten des Kapitalnehmers keineswegs als zwingende Voraussetzung für die Anerkennung als Eigenmittel, wie der Vergleich mit den längerfristigen nachrangigen Verbindlichkeiten in § 10 Abs. 2b S. 1 Nr. 8, Abs. 5a KWG zeige. Denn immerhin könnten selbst diese Mittel bis zu einer Höhe von 50 % des Kernkapitals als Eigenmittel berücksichtigt werden.644 Demzufolge sei es auch unter Berücksichtigung der bestehenden Vorgaben über die Eigenmittel möglich, bereits im Rahmen der Gewinn- und Verlustrechnung sog. Klöckner-Verluste auszuklammern, indem man an das ordentliche Betriebsergebnis anknüpfe. Weder im Wortlaut oder der Entstehungsgeschichte des § 10 Abs. 5 KWG noch in der Eigenkapitalrichtlinie der EG sowie der ihr zugrunde liegenden Rahmenvereinbarung Basel II ließen sich insofern Anhaltspunkte finden, die dem entgegenstünden.645 Unabhängig von der Ebene der Verlustentstehung sei dagegen die Frage zu beurteilen, wie es sich mit dem Erfüllungsanspruch des Genussberechtigten bzw. einem Anspruch auf Schadensersatz verhielte, wie ihn der BGH in der Klöckner-Entscheidung anerkannt hat. Nicht möglich sei es in diesem Zusammenhang jedenfalls, diese Ansprüche über die Genussrechtsbedingungen auszuschließen und damit den 641 642 643 644 645
Becker, NZG 2012, 1089, 1092 f. Habersack, AG 2009, 801 ff. Habersack, AG 2009, 801, 802, im Original ebenfalls hervorgehoben. Habersack, AG 2009, 801, 802. Habersack, AG 2009, 801, 802 f.
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D. Das Verhältnis von Anlegerschutz und Bankenaufsichtsrecht
höchstrichterlich fortgebildeten Anlegerschutz außer Kraft zu setzen.646 Zudem sei zu bedenken, dass bei der Ermittlung der Interessenlage nicht ausschließlich auf die Interessen des Emittenten, sondern – zumal man sich im Anwendungsbereich des AGB-Rechts befinde – auf den durchschnittlichen Anleger abgestellt werden müsse. Schließlich spreche für eine Geltung der Klöckner-Grundsätze im Schnittfeld mit dem KWG, dass der BGH auf diese in einem Beschluss aus dem Jahr 2006 – wenngleich in anderem Zusammenhang – zurückgegriffen habe, obwohl es sich dort um Genussrechte handelte, die der Vorschrift des § 10 Abs. 5 KWG unterlagen. Neben Habersack wendet sich auch Schäfer gegen eine vermeintliche Sperrwirkung des Bankenaufsichtsrechts.647 Zwar würde die Verlustteilnahme durch die erfolgreiche Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise konterkariert. Ein Vorrang des § 10 Abs. 5 KWG ergebe sich allerdings nur in Bezug auf rechtsgeschäftliche Rückzahlungsvereinbarungen, nicht jedoch im Hinblick auf gesetzlich determinierte Schadensersatzansprüche. Dies mache etwa § 45 Abs. 5 S. 4 KWG deutlich, der die Unwirksamkeit nur für „Regelungen in Verträgen“ vorsieht, die gegen ein durch die BaFin angeordnetes Verbot von Ausschüttungen bei Unterkapitalisierung verstoßen. Anderenfalls liefe im Anwendungsbereich des KWG auch die Haftung für fehlerhafte Kapitalmarktinformation aus §§ 37b, 37c WpHG leer, wodurch die Genussberechtigten bei Vertragsverletzungen des Emittenten praktisch rechtlos gestellt wären. (2) Instanzgerichtliche Rechtsprechung Mit dem Landgericht Köln hat im März 2010 schließlich erstmals ein Gericht zum Verhältnis von Klöckner-Ersatzansprüchen zu den Eigenkapitalanforderungen des Bankenaufsichtsrechts Stellung bezogen.648 Zwar verneint die 7. Kammer für Handelssachen bereits die Tatbestandsvoraussetzungen eines Anspruchs auf Erfüllung oder Schadensersatz, da Ersterem die bereits vollendete Laufzeit der Genussrechte entgegenstehe und es für Letzteren „an dem dafür vorausgesetzten, der Beklagten zuzurechnenden qualifizierten Verschulden“ fehle.649 Denn obwohl der Wortlaut des § 5 HypBG den im konkreten Falle vom Kreditinstitut vorgenommenen Derivatgeschäften entgegengestanden habe, liege aufgrund der expliziten Duldung der Aufsichtsbehörde keine nicht zu rechtfertigenden Handlung vor, „zu denen ein
646
Habersack, AG 2009, 801, 806, auch im Folgenden. Schäfer, ZHR 175 (2011), 319 ff. 648 LG Köln, Urt. v. 19.03.2010 – 87 O 159/08 („Corealcredit“), Rz. 74 = GWR 2010, 280, mit zust. Anm. Mosel. 649 LG Köln, Urt. v. 19.03.2010 – 87 O 159/08, Rz. 75 = GWR 2010, 280 („Corealcredit“), mit zust. Anm. Mosel. 647
III. Beeinträchtigungen und Schutzmaßnahmen
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verantwortungsbewusst denkender und handelnder Kaufmann zu keiner Zeit bereit wäre“.650 Dennoch sahen die Richter offenbar Bedarf, einen Beitrag zur Klärung der Rechtslage zu leisten, und äußerten sich im Rahmen eines obiter dictums. Dabei griffen sie insbesondere zwei der im Schrifttum bereits angestellten Erwägungen auf. In erster Linie, so das Gericht, vertrage sich die Gewährung von Schadensersatz nach § 280 BGB nicht mit der genussvertraglich vereinbarten Verlustteilnahme, die bei bezweckter Anrechnung des Genusskapitals zum haftenden Eigenkapital nach § 10 Abs. 5 KWG in voller Höhe zu erfolgen habe. Gerade bei krisenhafter Geschäftsentwicklung infolge qualifizierten Verschuldens von Gesellschaftsorganen würde die mit der Ausgabe von Genussrechten bezweckte Stärkung der Außenhaftung des Emittenten einseitig zugunsten der Genussrechtsinhaber relativiert. Unbillig sei dies insbesondere insofern, als die Anleger das gesetzlich vorgegebene besondere Risiko ihrer Anlage kannten. Hinzu komme, dass es einer solchen Privilegierung auch aus Gesichtspunkten des Anlegerschutzes nicht bedürfe, seien die Anleger durch die mit der staatlichen Bankenaufsicht verbundene Kontrolle im Bereich des Kreditwesens doch bereits in besonderem Maße geschützt.651 In der Berufungsentscheidung zog das OLG Köln das Vorliegen eines Schadens seitens der Genussberechtigten zwar in Erwägung. Es lehnte die Zubilligung eines Schadensersatzanspruchs dennoch ebenfalls mit der Begründung ab, dieser lasse sich mit dem Charakter des Genussrechtskapitals als den aufsichtsrechtlichen Anforderungen des § 10 Abs. 5 KWG genügendes haftendes Eigenkapital nicht in Übereinstimmung bringen. Denn die Realisierung des Ersatzanspruchs habe de facto eine Kompensation der schuldrechtlich vereinbarten Verlustbeteiligung des Genussrechtsinhabers zur Folge, wodurch der Bank liquide Mittel entzogen würden, die sie aber gerade im Fall der Krise benötige.652 (3) Zwischenergebnis Die nähere Betrachtung der bislang zur Thematik erschienenen Literatur sowie der Entscheidung des LG Köln ergibt ein mengenmäßiges Übergewicht derer, die sich gegen die Übertragbarkeit der in der Klöckner-Entscheidung herausgebildeten Grundsätze auf Genussrechte im Geltungsbereich des KWG aussprechen.653 Da mit Habersack jedoch eine gewichtige Stimme für die rechtsgebietsübergreifende Anwendbarkeit dieser Maximen im Bankenaufsichtsrecht plädiert, kann dies nicht als 650 LG Köln, Urt. v. 19.03.2010 – 87 O 159/08 = GWR 2010, 280 („Corealcredit“), mit zust. Anm. Mosel. 651 LG Köln, Urt. v. 19.03.2010 – 87 O 159/08, Rz. 73 = GWR 2010, 280 („Corealcredit“), mit zust. Anm. Mosel. 652 OLG Köln, Urt. v. 25.9.2012 – 15 U 101/10, Rz. 107 („Corealcredit“). 653 Zum Teil werden diese Grundsätze sogar grundlegend, also auch außerhalb des Bankenwesens abgelehnt, so z. B. von Busch, AG 1993, 163 ff.; Busch, AG 1994, 93 ff.; Mülbert, in: Festschrift Hüffer, S. 697 ff.
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D. Das Verhältnis von Anlegerschutz und Bankenaufsichtsrecht
einhellige Meinung verstanden werden. Sämtliche der vorgebrachten Argumente werden auf den Prüfstand gestellt. Zu diesem Zwecke werden die aufgestellten Thesen systematisch geordnet und daraufhin untersucht, ob diese sich als valide herausstellen. In die Analyse fließen Erwägungen ein, die von dem Ziel geprägt sind, das Spannungsfeld aus Aktien-, Schuld- und Aufsichtsrecht zu beseitigen sowie eine für die Parteien praxisgerechte Lösung herbeizuführen. cc) Rechtliche Würdigung der Argumente und eigene Lösungsansätze (1) Rechtsnatur und vermeintliche Vorrangwirkung des KWG In den Publikationen, die der Kompatibilität der Klöckner-Grundsätze mit dem Bankenwesen kritisch gegenüberstehen, wird einhellig darauf verwiesen, dass dem KWG und hier im Speziellen § 10 Abs. 5 KWG eine „Sperrwirkung“654 oder „Vorrangwirkung“655 innewohne, durch welche Ersatzansprüche gegen dem Emittenten ausgeschlossen würden.656 Mit anderen Worten: Das KWG genieße als öffentliches Aufsichtsrecht Vorrang gegenüber privatrechtlichen Bestimmungen und Schutzinstrumentarien, weswegen sich die Schutzfunktion des bankenaufsichtsrechtlichen Eigenkapitals gegenüber etwaigen vertraglichen Ansprüchen des schuldrechtlichen Eigenkapitalgebers durchsetzen müsse.657 Doch verwundert die pauschale Annahme eines solchen Vorrangs sowohl mit Blick auf das Verhältnis der beiden Regelungswerke KWG und BGB (inklusive richterlicher Rechtsfortbildung) als auch der gesamten Rechtsgebiete, dem Öffentlichen Recht und dem Privatrecht, zueinander. (a) Rangfolge von KWG und BGB Formal betrachtet handelt es sich bei BGB und KWG um formelle (oder auch „einfache“) Bundesgesetze, die demgemäß in der Normenhierarchie des Grundgesetzes auf gleicher Ebene stehen. Allein hieraus lässt sich ein genereller Vorrang weder des einen noch des anderen Regelungswerkes ableiten, was insoweit auch allgemein anerkannt wird.658
654 Bracht, WM 2012, 585, 588; Mülbert, in: Festschrift Hüffer, S. 696, der diese später auch als Sperrfunktion bezeichnet. 655 Kokemoor/Theilig, WM 2011, 337, 340 ff. 656 Nicht ausdrücklich, aber dem Inhalt nach auch Busch, AG 1993, 163, 167; Kokemoor, WM 2009, 1637, 1642. 657 So etwa Becker, NZG 2012, 1089, 1092 f. 658 Kokemoor/Theilig, WM 2011, 337, 338: „Einen generellen Vorrang vor zivilrechtlichen Regelungen beansprucht das KWG nicht.“
III. Beeinträchtigungen und Schutzmaßnahmen
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(b) Rangfolge von Öffentlichem Recht und Privatrecht Auch wenn man über die konkret zur Rede stehenden Rechtsquellen hinaus das Verhältnis der übergeordneten Rechtsgebiete betrachtet, ist kein Vorrang des Öffentlichen Rechts gegenüber dem Privatrecht erkennbar. Da die unter diesen Oberbegriffen zusammengefassten Normen unterschiedliche Regelungsziele verfolgen, nämlich auf der einen Seite das Verhältnis der Privatpersonen untereinander und auf der anderen Seite die Beziehung zwischen Individuen und Hoheitsträgern zu definieren, stehen diese nicht in einer Rangfolge, sondern vielmehr gleichwertig und im Grundsatz unabhängig nebeneinander.659 Für die Ordnung der rechtlichen Beziehung zweier Personen zueinander bedeutet dies, dass diese prinzipiell durch das Privatrecht bestimmt wird. Vorschriften des Öffentlichen Rechts wirken dagegen grundsätzlich nicht auf die gleichgeordnete Rechtsbeziehung ein, es sei denn, deren rechtsgebietsübergreifende Berücksichtigung ist ausdrücklich vorgesehen. Eine solche Wechselwirkung vollzieht sich über sogenannte „Einfallstore“ ins Zivilrecht. Die bedeutendsten solcher Einfallstore stellen die § 134 BGB, § 823 Abs. 2 BGB, § 826 BGB sowie § 242 BGB dar.660 Verstünde man § 10 Abs. 5 KWG als Verbotsgesetz im Sinne des § 134 BGB, könnte dadurch nicht allein die Möglichkeit ausgeschlossen werden, Schadensersatz geltend zu machen. Vielmehr würde dies die Nichtigkeit des gesamten Genussrechtsvertrages nach sich ziehen. Voraussetzung hierfür wäre jedoch, dass den Eigenmittelvorschriften überhaupt eine Verbotsanordnung innewohnt. Um ein Verbotsgesetz im Sinne von § 134 BGB handelt es sich aber nur dann, wenn die Auslegung zu dem Ergebnis gelangt, dass das in der Norm angeordnete Verbot sich nicht lediglich gegen die Umstände des Zustandekommens eines Geschäfts wendet, sondern bezweckt, das Geschäft als solches zu untersagen.661 Zwar beinhaltet § 10 Abs. 5 KWG die Vorgaben, nach welchen Genusskapital als aufsichtsrechtliches Eigenkapital berücksichtigt werden kann. Darüber hinaus trifft die Vorschrift indes keine Aussage darüber, dass es etwa untersagt sein solle, Verträge über Genussrechte abzuschließen, die zum Zweck der Eigenkapitalverbreiterung ausgegeben wurden, den Voraussetzungen jedoch nicht genügen konnten. Hinzu tritt folgende Erwägung: Selbst in dem weitaus schwerwiegenderen Fall, dass es dem Emittenten an der nach § 32 KWG erforderlichen Erlaubnis für das Betreiben von Bankgeschäften und Finanzdienstleistungen fehlt, steht das durch das Bankenaufsichtsrecht implizierte Verbot, solche Geschäfte nicht ohne vorige Zulassung vorzunehmen, der Wirk-
659
Vgl. Maunz, in: Maunz/Dürig, GG, Art. 74 Rn. 53 ff. Ferner ist denkbar, dass Wertungen anderer Rechtsgebiete im Rahmen der Auslegung des Vertragsverhältnisses herangezogen werden. Hierauf wird sogleich unter D. III. 2. b) cc) (3) eingegangen. 661 Andernfalls handelt es sich um eine reine Ordnungsvorschrift, vgl. Armbrüster, in: MüKoBGB, § 134 Rn. 41 f. 660
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D. Das Verhältnis von Anlegerschutz und Bankenaufsichtsrecht
samkeit des Vertragsschlusses auf zivilrechtlicher Ebene nicht entgegen. 662 Das öffentliche Aufsichtsrecht wird dem Vertragsschluss die Wirksamkeit erst recht nicht im Sinne des § 134 BGB absprechen, wenn sich der ordentlich zugelassene Emittent Kapital zuführt, dieses jedoch schlimmstenfalls nur als Fremdkapital gewertet werden kann und somit die Zielsetzung der vertraglichen Beziehung verfehlt wird.663 Ebenso wenig wie § 10 Abs. 5 KWG über den Umweg des § 134 BGB auf das Genussrechtsverhältnis einwirken kann, ist ersichtlich, dass die Verletzung eines Schutzgesetzes nach § 823 Abs. 2 BGB oder der Grundsatz von Treu und Glauben aus § 242 BGB geeignet wären, den Anlegern im Falle eingetretener KlöcknerVerluste ihren Schadensersatzanspruch streitig zu machen. (c) Zwischenergebnis Für das Verhältnis der Klöckner-Grundsätze zu den Eigenmittelbestimmungen des § 10 Abs. 5 KWG bedeutet dies Folgendes: Weder besteht ein genereller Vorrang des Bankenaufsichtsrechts gegenüber den rechtlichen Grundlagen privatrechtlicher Beziehungen, noch ist ersichtlich, dass Ersteres im konkreten Fall über sogenannte Einfallstore ins Zivilrecht ausstrahlt und somit unmittelbar auf den Inhalt des Genussrechtsverhältnisses einwirkt. Aus der Rechtsnatur und der systematischen Stellung des KWG im deutschen Recht heraus lässt sich ein Ausschluss der Ersatzansprüche wegen satzungs- oder pflichtwidriger Geschäftsführung mithin nicht begründen. Obwohl es dem § 10 Abs. 5 KWG insofern an der Eigenschaft als Schutz- oder Verbotsgesetz fehlt, knüpfen an die Nichterfüllung der hier für die Anrechnung als Eigenkapital aufgestellten Anforderungen Rechtsfolgen an, die der Norm selbst zu entnehmen sind. Die in diesem Zusammenhang zu stellende Frage lautet daher nicht: „Stehen den Genussrechtsinhabern auch im Anwendungsbereich des KWG Ersatzansprüche zu?“ Es ist vielmehr zu fragen: „Kann gegen solche Genussrechte eingezahltes Kapital trotz der gegebenen Möglichkeit, Ersatzansprüche geltend zu machen, als aufsichtsrechtliches Eigenkapital qualifiziert werden?“ Von dieser Rechtsfolge des § 10 Abs. 5 KWG (bei Vorliegen der Voraussetzungen: Zurechnung zum Eigenkapital; bei Nichtvorliegen: keine Berücksichtigung als Eigenkapital)
662 Nirk, KWG, S. 12 „Unter Zuwiderhandlung gegen den Erlaubnisvorbehalt des § 32 KWG geschlossene Verträge sind jedenfalls wirksam.“ sowie allgemein für das Verhältnis von Gewerbeerlaubnis zu § 134 BGB Armbrüster, in: MüKoBGB, § 134 Rn. 88 ff. 663 Vgl. BGH, Urt. v. 16. 01. 1996 – XI ZR 116/95 = BGHZ 131, 385 ff. sowie hierauf bezugnehmend Schäfer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 6 Rn. 31: „Verstöße gegen derartige Vorgaben oder auch allgemein aufsichtsrechtliche Vorschriften lassen die Wirksamkeit von Verträgen grundsätzlich unberührt.“Wie und in welchem Maße diese Zielsetzung sich auf das Genussrechtsverhältnis auswirkt, kommt hingegen im Rahmen seiner Auslegung zum Tragen, vgl. D. III. 2. b) cc) (3). Zur Frage, ob der Eigenkapitalcharakter durch die Einräumung von Ersatzansprüchen berührt wird s. D. III. 2. b) cc) (4).
III. Beeinträchtigungen und Schutzmaßnahmen
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betroffen ist jedoch in allererster Linie der Emittent selbst und nicht sein Verhältnis zum Genussberechtigten.664 Die Annahme, dass Schadensersatzansprüche aufgrund eines aus der Rechtsnatur des Bankenaufsichtsrechts resultierenden vermeintlichen Vorrangs ausgeschlossen seien, ist somit unbegründet. (2) (Un-)Vereinbarkeit von Anlegerschutz mit den Zielsetzungen des Bankenaufsichtsrechts Mit der gesicherten Erkenntnis, dass das Bankenaufsichtsrecht zivilrechtliche Schutzinstrumentarien zumindest in formeller Hinsicht nicht zu verdrängen vermag, bleibt die Frage, wie es sich mit der inhaltlichen Zielsetzung von Bankenaufsichtsrecht und Anlegerschutz in der seit Klöckner bestehenden Form665 verhält. Stehen sich diese unvereinbar gegenüber oder dienen beide womöglich der Erreichung gleicher Zwecke? (a) Abstrakte Zielsetzungen Was Sinn und Zweck der Bankenaufsicht anbelangt, so lässt sich aus der Beschreibung der der BaFin zugewiesenen Aufgaben gemäß § 6 Abs. 2 KWG entnehmen, dass diese Missständen im Kredit- und Finanzdienstleistungswesen entgegenzuwirken hat, welche die Sicherheit der den Instituten anvertrauten Vermögenswerte gefährden, die ordnungsmäßige Durchführung der Bankgeschäfte oder Finanzdienstleistungen beeinträchtigen oder erhebliche Nachteile für die Gesamtwirtschaft herbeiführen können. Als Grundlage solcher Missstände kommen insbesondere Verstöße gegen Vorschriften des KWG in Betracht, doch können darüber hinaus auch schwerwiegende Verstöße auf dem Gebiet des Handels- und Gesellschaftsrechts relevant werden.666 Als Beispiel für einen Mangel bei der ordnungsgemäßen Durchführung von Geschäften, dem die BaFin zu begegnen hat, führt die Regierungsbegründung zur 6. KWG Novelle667 (neben weiteren Beispielen) die Missachtung der Grundsätze ordnungsgemäßer Geschäftsführung an.668 Insofern stehen die Idee der Klöckner-Rechtsprechung, dem Anleger aus solchem Fehlverhalten entstandene Verluste zu ersetzen, und die Aufgaben der Bankenaufsicht, die 664 Vgl. Hirte, ZIP 1988, 477, 481, der – wenn auch in anderem Zusammenhang – darauf hinweist, dass das Aufsichtsrecht über Umfang, Zulässigkeit oder Wirksamkeit der Genussrechte keine Aussage treffe. 665 Vgl. oben D. III. 2. a) dd) (2) (b). 666 Schäfer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 6 Rn. 37. 667 Gesetz zur Umsetzung von EG-Richtlinien zur Harmonisierung bank- und wertpapierrechtlicher Vorschriften, v. 28. 10. 1997, BGBl. 1997 I, S. 2518. In Bezug auf § 6 KWG hat diese zu einer Ausweitung der Aufgabenzuständigkeit des damaligen Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen geführt. 668 BT-Drs. 13/7142, S. 74, vgl. hierzu Schäfer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 6 Rn. 51.
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D. Das Verhältnis von Anlegerschutz und Bankenaufsichtsrecht
eine Ahndung eines ebensolchen Fehlverhaltens vorsieht, nicht in Widerspruch. Es unterscheiden sich alleine die Ebenen, auf denen diese Missstände geahndet werden: Während im Bereich des einzelnen Kreditinstituts und der Beziehung zum Anleger privatrechtliche Instrumentarien für die Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben sorgen, kommt im Hinblick auf das Kollektiv des Bankenwesens das im KWG verortete und durch die BaFin ausgeführte Aufsichtsrecht zum Tragen. Bei getrennter Betrachtung dieser beiden Ebenen wird zudem deutlich, dass eine strenge Kontrolle des Bankensystems durch staatliche Aufsichtsstellen am Schutzbedürfnis des individuellen Anlegers nichts zu ändern vermag. (b) Schutz von Ein- und Anleger durch Beseitigung von Fehlanreizen Die konkreten, durch die Aufgaben der BaFin definierten Ziele des KWG, die dort angesiedelten Eigenmittelbestimmungen sowie die staatlich geregelte Beaufsichtigung und Regulierung der Banken im Allgemeinen lassen sich schlussendlich auf einen gemeinsamen Nenner bringen: die Stabilisierung des gesamten Banken- und Finanzdienstleistungssektors und hiermit verbunden die Sicherstellung der allgemeinen Kreditversorgung.669 Begegnet werden soll also der Gefahr, dass Kreditinstitute ihren Verpflichtungen nicht mehr nachkommen können und die Einleger das Vertrauen in das System an sich verlieren. Im Fokus des durch das KWG intendierten Schutzes steht mit dem Einleger derjenige, der sein Vermögen der Bank unter der Vereinbarung unbeschränkter Rückzahlung auf Zeit überlässt, damit diese es gewinnbringend einsetzt.670 Doch resultiert seine Schutzbedürftigkeit nicht alleine daraus, dass er „schlechthin Ausfallgefahren ausgesetzt ist, sondern weil diese Ausfallgefahren zum erheblichen Teil aus Fehlanreizen resultieren.“671 Daher kann ein effektiver Schutz im Bankensektor nur erreicht werden, wenn man die bestehenden oder drohenden Fehlanreize dort beseitigt, wo sie zum Tragen kommen: bei den Entscheidungsträgern.672 Im Aktienrecht geschieht dies etwa durch die in § 93 Abs. 2 AktG vorgesehene Möglichkeit, Vorstandsmitglieder in Anspruch zu nehmen. Realisieren sich jedoch Fehlanreize in Verlusten, so sind von den wirtschaftlichen Folgen nicht nur die Einleger, sondern in gleichem bzw. in höherem Maße die Anleger betroffen, bedenkt man, dass die Genussberechtigten am Verlust beteiligt und ihre Rückzahlungsansprüche mit einem Nachrang versehen sind. Solange dem Kreditinstitut nicht droht, dass es für Verluste, die aus pflichtwidriger Geschäftsführung seiner Organe resultieren, in Haftung genommen wird, solange droht auch der Geschäftsleitung kein Ungemach. Denn wenn die Gesellschaft nicht haftet, 669
Kokemoor, WM 2009, 1637, 1638; Nirk, KWG, S. 11; vgl. hierzu bereits C. IV. 3. Zum Begriff und den Einzelheiten des Einlagengeschäfts s. Schäfer/Tollmann, in: Boos/ Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 1 Rn. 32 ff. 671 Scharpf/Schaber, in: Luz/Neus/Scharpf/Schneider/Weber, KWG, § 10 Rn. 1. 672 Vgl. hierzu auch Neus, in: Luz/Neus/Scharpf/Schneider/Weber, KWG, Einführung Rn. 34 f., 78. 670
III. Beeinträchtigungen und Schutzmaßnahmen
157
besteht auch kein Anlass, nach § 93 Abs. 2 AktG Regress zu nehmen und die gegenüber den Anlegern erlittenen Einbußen auf ihre Geschäftsleitung abzuwälzen. Den Anlegern hier die Möglichkeit des Schadensersatzes gegenüber dem Emittenten zu versagen, erweist sich mit Blick auf eine grundlegende Zielsetzung der Bankenaufsicht, die Schaffung von Anreizen für Wohlverhalten, als kontraproduktiv. Dieser Folgerung ließe sich freilich entgegengehalten, dass sich die wirtschaftliche Kompensation der Anleger zulasten des Einlagen- und Einlegerschutzes vollzieht und somit eine andere Grundfeste des Systemschutzes erschüttert würde. Schließlich wird die Haftungsmasse, die zur Erfüllung von Ansprüchen gegenüber sämtlichen Eigen- und Fremdkapitalgläubigern zur Verfügung steht, durch die Abführung von Kapital im Wege der Schadensersatzleistung an Genussberechtigte geschmälert. Der Gefahr, dass der (Fremdkapital-)Gläubiger schlussendlich mit leeren Händen dasteht, während sich der risikobeteiligte Genussberechtigte mit Hilfe der Klöckner-Grundsätze um das verbliebene Gesellschaftsvermögen bereichert, wird jedoch gleich auf zweifachem Wege begegnet. Erstens unterliegt neben den Ansprüchen auf Gewinnausschüttung oder Rückzahlung des Genusskapitals auch der Anspruch auf Schadensersatzleistung dem im Verhältnis zu Fremdkapitalgebern vereinbarten Nachrang und tritt demgemäß im Falle der Insolvenz oder bei Auflösung der Gesellschaft hinter den Ansprüchen aller nicht nachrangig gestellten Gläubiger zurück.673 Zweitens sorgt die drohende Ersatzpflicht des Emittenten gegenüber seinen Anlegern dafür, dass das „Damoklesschwert“ des Regresses über den Köpfen der verantwortlichen Geschäftsleitung schwebt und diese dazu anhält, bei ihrer Entscheidungsfindung kurzfristiges Gewinnstreben einer nachhaltigen wirtschaftlichen Unternehmenspolitik unterzuordnen. Das Setzen eines solchen Anreizes leistet wiederum einen entscheidenden Beitrag zu einer langfristigen Stabilisierung des gesamten Finanzsektors, von der nicht zuletzt auch der Einleger profitiert. (c) Zwischenergebnis So unvereinbar der in der Zielsetzung des KWG ausdrücklich verortete Funktions- und Einlegerschutz und der in den Klöckner-Grundsätzen anklingende Anlegerschutz auf den ersten Blick auch sein mögen – bei genauerem Hinsehen zeigt sich, dass es im Interesse beider ist, Fehlanreize zu beseitigen, die eine verantwortungslose Geschäftsführung und hierdurch zu befürchtende Verluste der Gesellschaft sowie ihrer Kapitalgeber begünstigen. Privat- und Bankenaufsichtsrecht stehen insofern nicht in einem Widerspruch, dessen Auflösung eine Versagung von Schadensersatzansprüchen der Genussrechtsinhaber erfordern würde. Vielmehr leisten beide einen Beitrag dazu, die Erfüllung dieser Zielsetzung zu gewährleisten. Da sich dies jedoch auf unterschiedlichen Ebenen vollzieht, kann weder auf den kollektiven Systemschutz noch auf den Schutz individueller Anleger verzichtet werden.
673
Vgl. hierzu oben D. III. 2. a) dd) (2) (b) (ee).
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D. Das Verhältnis von Anlegerschutz und Bankenaufsichtsrecht
(3) Auslegung der Genussrechtsbedingungen Weder die Rechtsnatur des KWG und dessen Verhältnis zum Privatrecht noch das Telos des Bankenaufsichtsrechts haben bislang vermocht, den vermeintlichen Vorrang der aufsichtsrechtlichen Eigenmittelanforderungen gegenüber dem Anlegerschutz von Genussrechtsinhabern zu bestätigen. Doch könnte sich ein solcher Vorrang womöglich doch noch daraus ergeben, dass die Parteien des Genussrechtsverhältnisses bei der Ausgestaltung ihrer Vertragsbedingungen auf die Voraussetzungen des § 10 Abs. 5 KWG Bezug nehmen und das Aufsichtsrecht auf diesem Wege in das Genussrechtsverhältnis hineinwirkt. Ob eine derartige Wechselwirkung von den Parteien gewollt ist, muss durch Auslegung der Genussrechtsbedingungen unter Berücksichtigung der Parteiinteressen ermittelt werden. Da die Ausgabebedingungen einer weitgehenden Standardisierung unterliegen, werden für die Auslegung Vertragsgestaltungen zugrunde gelegt, wie sie üblicherweise bei Eigenkapitalgenussrechten im Bankensektor vorgefunden werden.674 (a) Vereinbarter Zweck der Genussrechtsemission Der Zweck, den Kreditinstitut und Anleger mit Abschluss des Genussrechtsvertrags verfolgen, tritt bei den allermeisten Genussrechtsbedingungen vergleichsweise deutlich hervor. Gegen Ausgabe des Genussrechts soll dem Emittenten Kapital zugeführt werden, das dieser als Ergänzungskapital verbuchen und somit sein haftendes Eigenkapital verbreitern kann. Dies belegt die häufige ausdrückliche Bezugnahme auf die Eigenmittelvoraussetzungen, die sich zum einen in für Bankengenussrechte typischen Formulierungen, wie etwa „Das Kreditinstitut begibt aufgrund einer Ermächtigung durch ihre außerordentliche Hauptversammlung vom (…) Genussscheine gemäß § 10 Abs. 5 KWG im Gesamtnennbetrag von (…).“675 niederschlägt sowie der nach § 10 Abs. 5 S. 5 KWG zwingend in die Vertragsbedingungen aufzunehmende Hinweis auf die Rechtsfolgen und Beschränkungen bei der Zuführung aufsichtsrechtlichen Eigenkapitals. Doch anders, als auf den ersten Blick anzunehmen, ist dieses Motiv nicht allein Ausdruck der Interessenlage des Emittenten, in dessen Sphäre das Kapital verbleibt. Auch die Genussberechtigten profitieren von der Anerkennung als Ergänzungskapital. Denn das erhöhte wirtschaftliche Risiko, das die Ausgestaltung nach Maßgabe des § 10 Abs. 5 KWG im Vergleich zu anderen Anlageformen mit sich bringt (insbesondere durch Verlustteilnahme und Nachrangvereinbarung), wird bei der Preisgestaltung berücksichtigt und schlägt sich daher in der Regel in einer überdurchschnittlichen Rendite nieder. Schließlich ziehen nicht nur die Vertragsparteien, sondern auch Dritte Vorteile aus einer ausreichenden Eigenkapitalversorgung des Emittenten. Zu denken ist etwa an 674
Zur überwiegenden Standardisierung von Genussrechtsbedingungen vgl. B. III. 3. Solche oder ähnliche Formeln finden sich in zahlreichen Wertpapierbedingungen von Genussrechten, deren Emittenten im Bankensektor angesiedelt sind, etwa der AAreal Bank AG (ISIN DE0001615805), der Commerzbank AG (WKN 803205), der Dexia Hypothekenbank AG (WKN 805935). 675
III. Beeinträchtigungen und Schutzmaßnahmen
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Fremdkapitalgläubiger, deren Ansprüche trotz des Vorrangs gegenüber Genussrechtsinhabern und Aktionären nur bei ausreichender Liquidität (deren Garant eine umfangreiche Haftungsdecke ist) werthaltig sind. (b) Konkludenter Ausschluss der Klöckner-Grundsätze? Die Auslegung der Genussrechtsbedingungen und insbesondere das vornehmliche Interesse beider Vertragsparteien an der Schaffung von Eigenkapital ist in der aktuellen Debatte bereits aufgegriffen und als Beleg dafür herangezogen worden, dass Ersatzansprüche von Genussberechtigten im Sinne der Klöckner-Rechtsprechung nicht im Interesse der Vertragspartner seien und daher von diesen konkludent ausgeschlossen würden. Andernfalls könnten die Voraussetzungen des § 10 Abs. 5 KWG nicht erfüllt werden, womit der Vertragszweck verfehlt würde.676 Eine solche Folgerung scheint im Hinblick auf die soeben erörterte Interessenverteilung zunächst schlüssig. Zwar würde sich beim Anleger das Risiko realisieren, dass er (endgültige) Verluste erleidet und diese nicht zurück auf den Emittenten abwälzen kann. Dies wäre jedoch insofern interessengerecht, als der Mangel an Sicherheit sowie an rechtlicher Handhabe gegenüber dem Emittenten von vornherein in sein Anlageprodukt eingepreist waren. (c) Abweichende Interessenverteilung bei Klöckner-Verlusten Indes weicht die Risikozuweisung in den unter dem Stichwort Klöckner-Verluste bezeichneten Fällen von der Interessenverteilung ab, wie sie Emittent und Anleger im Genussrechtsverhältnis grundsätzlich vorgesehen haben. Voraussetzung dafür, dass der Inhaber von Genussrechten überhaupt Schadensersatz geltend machen kann, ist, dass bei ihm ein Schaden eintritt. Doch ist nicht jegliche wirtschaftliche Einbuße anspruchsbegründend. Sie muss vielmehr infolge von Verlusten eintreten, die auf Geschäften des Emittenten beruhen, welche entweder mit dem in ihrer Satzung festgelegten Unternehmensgegenstand unvereinbar oder derart verantwortungslos waren, dass sie schlechterdings kein seriöser Kaufmann durchgeführt hätte. Die der Gesellschaft, respektive ihren geschäftsleitenden Organen vorgeworfene Verletzung vertraglicher Pflichten wird also nicht bereits durch bloße Misswirtschaft begründet. Haftungsrechtlich relevant wird das Fehlverhalten erst, wenn der Verstoß derart eklatant ist, dass sich die handelnden Entscheidungsträger in einem Bereich objektiven Fehlgebrauchs ihres unternehmerischen Ermessens befinden. Einiges spricht dafür, dass der Genussberechtigte ein derartiges Versagen wirtschaftlich nicht mitzutragen braucht. Erstens ist auf die Belange des Genussrechtsinhabers auch im Rahmen der Verlustpartizipation Rücksicht zu nehmen. Denn in Ermangelung von Kontroll- und Mitbestimmungsrechten fehlt es ihm an der 676 Kokemoor/Theilig, WM 2011, 337, 339 f.; zur Frage, ob der Ersatzanspruch eine Anrechnung des Genusskapitals nach § 10 Abs. 5 KWG überhaupt hindert sogleich unter D. III. 2. b) cc) (4).
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D. Das Verhältnis von Anlegerschutz und Bankenaufsichtsrecht
Möglichkeit, im Vorfeld Einfluss auf die Geschäftsleitung auszuüben und hierdurch die Vornahme vollkommen unvertretbarer Geschäfte zu verhindern. Zum Zweiten ist nicht anzunehmen, dass der Anleger ein Risiko auch im Bezug auf solche Verluste übernommen hat, die auf einem offensichtlichen Vertragsbruch seitens des Emittenten basieren. Zwar erwirbt er mit dem Finanzierungsgenussrecht eine Anlage, die ein hohes wirtschaftliches Risikopotenzial birgt. Die in den Genussrechtsbedingungen mit Hinweis auf § 10 Abs. 5 KWG bekundete Bereitschaft, zur Zuführung von Eigenkapital beizutragen, kann im Sinne einer angemessenen Verteilung der Interessen beider Vertragsparteien allerdings nur solange angenommen werden, wie der hiervon profitierende Emittent den vertraglich abgesteckten Rahmen nicht sehenden Auges überschreitet und dem Anleger hierdurch ein im Vergleich zur Ausgangslage in erheblichem Maße gesteigertes Risiko aufbürdet. Die Reaktion des Anlegers, der versucht, sich von den Auswirkungen der Vertragsverletzung auf Seiten der Gesellschaft freizuhalten, ist insofern berechtigt und stellt weder eine Verletzung eigener genussvertraglicher Pflichten noch eine wirtschaftliche Privilegierung dar,677 auch wenn sein Verhalten die vereinbarte Verlustteilnahme in tatsächlicher Hinsicht leerlaufen lässt.678 Mit dem besonderen Schutz, den das Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen vor dem Missbrauch einseitiger Gestaltungsmacht zu leisten bestimmt ist,679 spricht zudem ein dritter Aspekt gegen den Ausschluss einer Emittentenhaftung bei Pflichtverletzungen im Sinne von Klöckner. Denn es ist – die Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB vorausgesetzt680 – dem Verwender nicht möglich, seine Haftung für Fälle groben Verschuldens formularmäßig abzubedingen, vgl. § 309 Nr. 7b BGB.681 Zwar ist die Hürde eines qualifizierten Verschuldens hoch, bedenkt man, dass für die Begründung des Schadensersatzanspruches bereits einfache Fahrlässigkeit ausreicht. In der überwiegenden Anzahl der Fälle, die dem Inhalt nach unter die Klöckner-Rechtsprechung fallen, dürften die pflicht- oder satzungswidrige Vornahme von Geschäften und grob fahrlässiges, wenn nicht gar (bedingt) vorsätzliches Verhalten indes ohnehin zusammenfallen.682
677 Von einer solchen Privilegierung geht hingegen Mülbert, in: Festschrift Hüffer, S. 697 aus. Die Gewährung von Schadensersatz stelle eine asymmetrische Lösung dar, denn der Genussrechtsinhaber nehme ausschließlich an den Erfolgen, nicht aber an den Verlusten des Unternehmens teil. 678 Zur Unterscheidung der Ebenen Verlustteilnahme und Schadensersatz sogleich unter D. III. 2. b) cc) (5). 679 Siehe hierzu bereits D. III. 1. b) ee). 680 Vgl. hierzu oben D. III. 1. a). 681 Kieninger, in: MüKoBGB, § 309 Nr. 7 Rn. 20. 682 Vgl. hierzu oben D. III. 2. a) dd) (2) (b) (cc).
III. Beeinträchtigungen und Schutzmaßnahmen
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(d) Zwischenergebnis Demgemäß bleibt festzuhalten: Die Zuführung aufsichtsrechtlichen Eigenkapitals ist unbestritten zentrales Motiv des Genussrechtsverhältnisses. Daher haben beide Parteien auf die Erfüllung der Anforderungen aus § 10 Abs. 5 KWG hinzuwirken und jegliches Verhalten zu unterlassen, das diesen Zweck gefährdet. Die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen infolge satzungs- oder grob pflichtwidriger Geschäftsführung kann indes nicht abbedungen werden. Neben wertungsmäßigen Gesichtspunkten (durch das Fehlverhalten des Emittenten wird die Reaktion der Anleger überhaupt erst ausgelöst) steht dem auch die Konzeption des AGB-Rechts entgegen, die einen besonderen Schutz des Vertragspartners vor einer einseitigen Ausgestaltung von Emissionsbedingungen zugunsten des Verwenders vorsieht. (4) Notwendigkeit der Verlustteilnahme für Qualifikation als Eigenkapital Die Frage, ob die Vereinbarung einer uneingeschränkten Verlustteilnahme konstitutiv dafür ist, dass der Gesellschaft zur Verfügung gestellte Mittel als haftendes Eigenkapital ausgewiesen werden können, scheint mit dem Wortlaut des § 10 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 KWG „wenn es bis zur vollen Höhe am Verlust teilnimmt…“ zumindest für Genusskapital im Bankenwesen affirmativ beantwortet. (a) Vergleich mit Nachrangverbindlichkeiten Trotz alledem stellt Habersack in Zweifel, dass die Verlustteilnahme bei Genussrechten im Sinne des § 10 Abs. 5 KWG derart beschaffen sein muss, dass von ihr ein jeglicher Bilanzverlust erfasst wird. Zur Begründung zieht er das Kapital aus längerfristigen nachrangigen Verbindlichkeiten heran. Solches Kapital könne nach § 10 Abs. 2 S. 6, Abs. 5a KWG ebenfalls als Eigenmittel berücksichtigt werden, wenn auch nur in Form von Ergänzungskapital zweiter Klasse, obwohl eine Verlustpartizipation hierfür nicht vorgesehen sei. Dies belege, dass den Ergänzungskapitalia des § 10 Abs. 2b KWG das Erfordernis der Verlustteilnahme keineswegs durchweg eigen sei.683 Zwar ist diese Begründung an sich schlüssig, für die Lösung des Konflikts jedoch nur bedingt zielführend. Denn ebenso wenig wie der Vergleich des Genusskapitals mit den übrigen in § 10 Abs. 2b KWG bezeichneten Kapitalia dazu beiträgt, die Notwendigkeit der Verlustteilnahme für Genusskapital (und deren Reichweite) positiv zu bestätigen, ist er in der Lage, diese zu widerlegen. Zu sehr unterscheiden sich die Positionen in ihren Anforderungen und demensprechend auch in ihrer jeweiligen Klassifizierung als Eigenmittelkomponente. Die Eigenarten von Genusskapital und Nachrangverbindlichkeiten und deren unterschiedliche Haftungsqualität mögen sich nach der Systematik des § 10 KWG zwar nicht darauf auswirken, ob sie 683
Habersack, AG 2009, 801, 802.
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D. Das Verhältnis von Anlegerschutz und Bankenaufsichtsrecht
generell als Eigenkapitalbestandteil angeführt werden können. Sie sind jedoch maßgeblich dafür, in welchem Umfang das zur Verfügung gestellte Kapital als Eigenmittel zu berücksichtigen ist, Ersteres als Ergänzungskapital erster Klasse bis Höhe des Kernkapitals oder Letzteres als weniger werthaltiges Ergänzungskapital zweiter Klasse nur bis zu fünfzig vom Hundert des Kernkapitals. Insofern lässt der Vergleich mit einem außerhalb des Vergleichsgegenstands liegenden Eigenmittelbestandteil keine Rückschlüsse auf die Voraussetzungen des § 10 Abs. 5 KWG zu.684 (b) Vergleich mit Einlagen stiller Gesellschafter Ebenso wenig fruchtbar gemacht werden kann konsequenterweise auch die Argumentation von Kokemoor/Theilig, die im Rahmen der Vorrangwirkung des KWG einen Vergleich mit den Anforderungen an Einlagen stiller Gesellschafter nach § 10 Abs. 4 S. 10 KWG anstrengen.685 Denn solche Vermögenseinlagen kann sich der Emittent nicht nur als Ergänzungs-, sondern als Kernkapital und damit der Menge nach unbegrenzt anrechnen lassen. Das Fehlen einer solchen quantitativen Deckelungsgrenze für dieses Kapital erklärt auf der einen Seite die strengeren Voraussetzungen, die es hierfür zu erfüllen gilt, hindert auf der anderen Seite jedoch die Vergleichbarkeit mit den in qualitativer Hinsicht differierenden Eigenkapitalbestandteilen. (c) Zwischenergebnis Eine umfassende Verlustteilnahme ist also nicht erforderlich, um dem Emittenten nach den Bestimmungen des KWG Eigenmittel zuzuführen. Das zeigt ein Blick auf die Langfristverbindlichkeiten. Doch ist eine Feststellung, die sich derart pauschal hält, bezogen auf die Anforderungen an Genusskapital nicht zielführend. Trägt man der in § 10 KWG angelegten Differenzierung der unterschiedlichen Eigenmittelkomponenten Rechnung, wird deutlich, dass für die Ausgabe von Kapitalia, deren Haftungsqualität zumindest auf der Stufe von Ergänzungskapital erster Klasse angestrebt wird, die Einräumung einer umfassenden Verlustteilnahme686 unumgänglich ist. (5) Trennung von vertragsrechtlichem Primär- und ersatzrechtlichem Sekundärverhältnis Ein weiterer Vorwurf, der in Bezug auf die Verlustteilnahme zuweilen geltend gemacht wird, geht dahin, dass durch die Zahlung von Schadensersatz die gesetzlich 684 Dies räumt auch Habersack, AG 2009, 801, 802 ein, jedoch nicht ohne sodann erneut auf die Kategorie Ergänzungskapital und die im KWG angelegten Unterschiede zwischen Ergänzungskapital erster und zweiter Klasse als solche zu verweisen. 685 Kokemoor/Theilig, WM 2011, 337, 340. 686 Umfassend ist eine Verlustteilnahme, wenn als Bezugsgröße an Bilanzverlust oder Jahresfehlbetrag und nicht an das ordentliche Ergebnis angeknüpft wird, vgl. oben C. IV. 4. b) aa) (2) (d).
III. Beeinträchtigungen und Schutzmaßnahmen
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geforderte Verlustteilahme relativiert,687 rückgängig gemacht688 bzw. aufgehoben würde.689 Sofern der Anleger nach den Grundsätzen der Klöckner-Rechtsprechung für den infolge des Missmanagements erlittenen Vermögensschaden entschädigt werde, stehe das Genusskapital nicht mehr für die Verlustdeckung zur Verfügung und nehme somit auch nicht mehr in voller Höhe am Verlust teil.690 An der Werthaltigkeit diese These bestehen sowohl in rechtlicher als auch in rechtstatsächlicher Hinsicht erhebliche Zweifel. (a) Rechtliche Bedenken Zwar ist nicht zu übersehen und zu bestreiten, dass die Gesellschaft, gesetzt den Fall, dass sämtliche Genussberechtigte ihre Ansprüche gegen die Gesellschaft erfolgreich geltend machten, wirtschaftlich so stünde, als wäre eine Verlustteilnahmevereinbarung nicht getroffen worden. Durch diese Ersatzzahlungen, die an die Inhaber der Genussrechte zu leisten wären, würde folglich das Kapital des Emittenten und damit auch die Drittgläubigern zur Verfügung stehende Haftungsmasse geschmälert. Da das wirtschaftliche Ergebnis das gleiche wäre wie im Falle fehlender Verlustteilnahme, könnte man diese womöglich als faktisch aufgehoben bezeichnen.691 Doch ändert dies nichts an der Tatsache, dass beide scheinbar kollidierenden Phänomene, die Verpflichtung, sich an den Verlusten des Emittenten zu beteiligen, und die Geltendmachung von Ansprüchen aus einer Verletzung vertraglicher Sorgfaltspflichten, in keinem rechtlichen Zusammenhang stehen, sich vielmehr auf gänzlich unterschiedlichen Ebenen vollziehen. Während sich die Partizipation des Anlegers an Verlust und Gewinn unmittelbar aus der Gewinn- und Verlustrechnung des Emittenten bestimmt und sich insofern seiner Einflussnahme entzieht, unterliegt die behauptete Aufhebung dieser Verlustteilnahme solchen Automatismen nicht. Sie setzt vielmehr voraus, dass der geschädigte Genussrechtsinhaber aktiv wird, seine Verluste sowie die schuldhafte Verletzung der Sorgfaltspflichten geltend macht, gegebenenfalls in einem gerichtlichen Verfahren obsiegt und den Anspruch schließlich gegen den Emittenten vollstreckt. Alleine die Möglichkeit, Schadensersatz zu fordern, bleibt demnach ohne Auswirkung auf die Verlustteilnahme und damit in letzter Konsequenz auf die Einordnung des Genusskapitals als Eigenmittelbestandteil. Selbst wenn dem Anleger, bzw. allen Genussrechtsinhabern die geforderte Kompensation gewährt wird, stellt dies eine außerordentliche Aufwendung, aber keine Ausschüttung dar. Doch nur Letztere würde überhaupt mit dem Gebot der Gewinnabhängigkeit in Konflikt treten.
687 688 689 690 691
Kokemoor/Theilig, WM 2011, 337, 430. Busch, AG 1994, 93, 100. Busch, AG 1993, 163, 167. Mülbert, in: Festschrift Hüffer, S 697. Dies räumt auch Schäfer, ZHR 175 (2011), 319, 328, 333 ein.
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D. Das Verhältnis von Anlegerschutz und Bankenaufsichtsrecht
(b) Rechtstatsächliche Bedenken Schließlich hat die Einräumung von Ersatzansprüchen auch in der Rechtswirklichkeit bislang keineswegs dazu geführt, dass die vom Emittenten gewünschte und durch Zuführung des Genusskapitals realisierte wirtschaftliche Ausstattung mit Eigenkapital unterlaufen würde. Exemplarisch können hier wiederum die Geschehnisse im Falle Klöckner herangezogen werden, in deren Zusammenhang nicht ein Großteil oder gar die Gesamtheit der Genussrechtsinhaber, sondern ein einziger [sic!] Anleger von seinem Recht Gebrauch machte und Ersatz des entstandenen Schadens begehrte. (c) Zwischenergebnis Ausgehend vom oben Gesagten lässt sich feststellen, dass es bereits aufgrund der strikten Trennung der Ebenen Verlustteilnahme auf der einen und Schadensersatz auf der anderen Seite verfehlt ist, von „Aufhebung“ oder „Rückgängigmachung“ Ersterer zu sprechen. Darüber hinaus dürfte die Gewährung von Schadensersatzansprüchen im Sinne der Klöckner-Rechtsprechung – wie die Vergangenheit gezeigt hat – in der meisten Fällen nicht einmal wirtschaftlich einer Beendigung der Verlustteilnahme gleichkommen. (6) Kapitalerhaltung und Emittentenhaftung im Aktien- und Kapitalmarktrecht Weiteren Erkenntnisgewinn hinsichtlich der Frage, wie der Konflikt von Kapitalerhaltung und Schadensersatz beizulegen ist, verspricht möglicherweise die Heranziehung einer ähnlichen Problemlage jenseits des Genussrechts. Eine solche findet sich etwa im (Kern-)Aktienrecht, wo bereits seit hundert Jahren über das Verhältnis von Kapitalerhaltung und Kapitalabfluss infolge von Schadensersatzzahlungen diskutiert wird. Im Speziellen treffen dort die Grundsätze organisationsrechtlicher Kapitalerhaltung, insbesondere aus § 57 AktG, auf eine Haftung des Emittenten für fehlerhafte Kapitalmarktinformation nach §§ 44 ff. BörsG und §§ 37b, 37c WpHG. Ungeachtet der grundlegenden konstruktiven Unterschiede in der Beziehung von Aktiengesellschaft zu Aktionär auf der einen und Genussrechtsinhaber auf der anderen Seite692 entsprechen sich die Situationen insofern, als beide Anleger der Gesellschaft durch ihre Beteiligung oder Anlageentscheidung Eigenkapital zuführen und bei Verletzung bestimmter Pflichten Ersatz des ihnen entstandenen Schadens begehren. Inwiefern sich aus der im Aktienrecht bereits vielfach erörterten Problematik Rückschlüsse auf die Gemengelage von Genuss- und Bankenaufsichtsrecht ziehen lassen, hängt von der Klärung der folgenden Fragen ab.
692
Vgl. hierzu insbesondere B. I. 1. sowie B. III. 1. e).
III. Beeinträchtigungen und Schutzmaßnahmen
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Erstens: Beanspruchen die Kapitalerhaltungsvorschriften des AktG (unmittelbar oder zumindest in analoger Anwendung) für aktienähnliche Finanzierungsgenussrechte Geltung?693 Falls ja: Wie verhalten sich aktienrechtliche Kapitalerhaltung und kapitalmarktrechtliche Haftung?694 Und schließlich: Lassen sich die dort beschrittenen Lösungswege auf das Gebiet der Genussrechte, also den Konflikt von bankenaufsichtsrechtlichen Eigenmittelvorschriften und Haftung nach den Grundsätzen der Klöckner-Entscheidung übertragen?695 (a) Analoge Anwendung von § 57 AktG Im Recht der Aktiengesellschaft existieren zahlreiche Vorschriften, die dazu bestimmt sind, sicherzustellen, dass das zur Ausstattung der Gesellschaft erforderliche Kapital zunächst ordentlich aufgebracht wird und sodann auch dauerhaft zur Verfügung steht und im Vermögen der Gesellschaft verbleibt. Die wohl bedeutendste Kapitalerhaltungsvorschrift stellt § 57 AktG dar. Dieser untersagt es der AG, dem Aktionär die von ihm geleistete Einlage zurückzugewähren (Abs. 1), Zinszahlungen vorzunehmen oder zuzusagen (Abs. 2) und vor Liquidation der Gesellschaft andere Vermögenswerte außer dem Bilanzgewinn auszuschütten (Abs. 3). Was den Anwendungsbereich des § 57 AktG anbelangt, so wird vom Wortlaut der Norm nur das Verhältnis der Aktiengesellschaft zu ihrem Aktionär erfasst. Übrige Kapitalgeber bleiben hingegen außen vor. Dementsprechend bemisst sich die Erhaltung des Genusskapitals zumindest nicht unmittelbar nach dieser Norm. Dennoch könnte sich die Geltung des § 57 AktG möglicherweise durch analoge Anwendung über den Wortlaut hinaus auf Zuwendungen der Gesellschaft an den Genussberechtigten erstrecken. Voraussetzung hierfür wäre das Vorliegen einer Regelungslücke sowie die Vergleichbarkeit der Interessenlagen der Gesellschaft in Bezug auf das Verhältnis zu Aktionären und Genussberechtigten. (aa) Regelungslücke Eine umfassende Kodifikation des Genussrechts hat im deutschen Recht nicht stattgefunden. Demgemäß finden sich nur fragmentartige Teilregelungen, die einzelne Teilaspekte dieser Anlageform abbilden. Speziell für das Bankenwesen ist zwar in § 10 Abs. 5 KWG festgeschrieben, welcher Voraussetzungen es bedarf, um dem emittierenden Institut Eigenmittel zuzuführen. Zur Frage, inwiefern es dieses Kapital gegenüber den Genussberechtigten zu erhalten gilt, existiert indes keine allgemeingültige Regelung. Dass eine vertragliche Einbeziehung der entsprechenden aktienrechtlichen Kapitalerhaltungsvorschriften in das Genussrechtsverhältnis möglich ist, ändert nichts daran, dass eine gesetzliche Regelungslücke vorliegt.
693 694 695
D. III. 2. b) cc) (6) (a). D. III. 2. b) cc) (6) (b). D. III. 2. b) cc) (6) (c).
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D. Das Verhältnis von Anlegerschutz und Bankenaufsichtsrecht
(bb) Vergleichbarkeit der Interessenlagen Zu klären ist überdies, ob sich die Interessenlagen im Verhältnis von Aktiengesellschaft zu ihrem Aktionär und dem Emittenten zum Genussberechtigten in vergleichbarere Weise entsprechen. Mit dieser Frage sich hat Todtenhöfer696 bereits monographisch beschäftigt und sie mit überzeugenden Ausführungen bejaht. Genauso wie die Aktionärseinlage könne auch das Genusskapital ein Durchschlagen von Verlusten auf Fremdkapitalgeber nur dann verhindern, wenn der dauerhafte Verbleib der Mittel im Vermögen des Emittenten gewährleistet werde.697 Andernfalls könne das Kapital seine Garantie- oder Haftungsfunktion nicht erfüllen und bliebe somit einem wesentlichen Erfordernis an Eigenkapital schuldig. Weiterhin müsse auch in Bezug auf die Genussrechtsinhaber sichergestellt werden, dass Sondervorteile zugunsten einzelner Anleger unterbleiben, was im Aktienrecht durch das aus § 57 AktG folgende Verbot verdeckter Gewinnausschüttung (welches das Gebot der Gleichbehandlung698 aus § 53a AktG flankiert) verwirklicht werde.699 Dieses nimmt für Genussberechtigte einen ebenso hohen Stellenwert ein wie für Aktionäre, da sich deren Ausschüttung regelmäßig ebenfalls an einer festen Bezugsgröße orientiert und daher für sämtliche Inhaber von Genussrechten einer bestimmten Tranche gleiche Gewinnbedingungen vorsieht. Im Übrigen liegt die Anwendbarkeit der aktienrechtlichen Kapitalerhaltungsgrundsätze insbesondere für durch Kreditinstitute ausgegebene Genussrechte bereits insofern nahe, als das Bankenaufsichtsrecht dem Eigenkapitalcharakter dieser besonderen Art von Finanzierungsgenussscheinen Rechnung trägt und in § 10 Abs. 5 KWG zum Teil aus dem Aktienrecht bekannte Anforderungen aufgreift. So enthält etwa § 10 Abs. 5 S. 2 KWG ein § 57 Abs. 1 S. 1 AktG entsprechendes Verbot vorzeitiger Rückgewähr des Genusskapitals. In § 10 Abs. 5 S. 4 KWG findet sich zudem eine Beschränkung des Erwerbs eigener Genussrechte, wie sie im Aktienrecht in § 71 AktG vorgesehen ist. Daraus kann geschlossen werden, dass es dem Gesetzgeber auch im Hinblick auf Genussrechte, durch deren Emission den Banken Eigenmittel zugeführt werden, darauf ankam, eine umfassende Bindung dieses Kapitals sicherzustellen. Aus der Tatsache, dass in der ganz überwiegenden Zahl der Fälle hinsichtlich der Kapitalerhaltung keine ausdrücklichen Abreden in den Genussrechtsbedingungen getroffen sind, lassen sich indes keine eindeutigen Schlüsse ziehen. Denn entweder wurde eine Kapitalbindung von den Vertragsparteien nicht in den Ausgabebedingungen niedergelegt, weil beide stillschweigend davon ausgingen, dass hierfür aufgrund der direkten oder analogen Geltung aktienrechtlicher Regelungen keine Notwendigkeit bestanden hätte. Andererseits könnte eine Regelung aber auch bewusst unterblieben sein, was jedoch deutlich werden ließe, dass eine effektive Ka696 697 698 699
Todtenhöfer, Kapitalerhaltung und Genussrechte, S. 138 ff. Todtenhöfer, Kapitalerhaltung und Genussrechte, S. 140. Dies gilt zumindest für Inhaber von Genussrechten einer bestimmten Emission. Todtenhöfer, Kapitalerhaltung und Genussrechte, S. 140.
III. Beeinträchtigungen und Schutzmaßnahmen
167
pitalbindung (und in der Konsequenz ein effektiv verwirklichter Gläubigerschutz) nicht auf der Grundlage fakultativer Vereinbarung in Genussrechtsbedingungen erzielt werden kann,700 sondern zwingender gesetzlicher Vorgaben bedarf. Obwohl vieles für die Notwendigkeit und die rechtliche Zulässigkeit der analogen Anwendbarkeit aktienrechtlicher Kapitalerhaltungsregeln auf aktienähnliche Finanzierungsgenussrechte spricht, ist dieser Annahme in der Vergangenheit nicht nur mit Zustimmung begegnet worden.701 Ob eine Analogie tatsächlich anzunehmen ist, kann hingegen womöglich mit Blick auf das Verhältnis von Vermögensbindung und anlegerschützendem Schadensersatz im Aktienrecht offen bleiben. Denn selbst gesetzt den Fall, dass eine dem § 57 AktG entsprechende strenge Bindung des Genusskapitals nicht gegeben ist, im Aktienrecht der Schadensersatz gegenüber der Kapitalbindung jedoch den Vorrang genösse, müsste dies in Bezug auf das wesentlich weniger geschützte Genusskapital erst recht gelten. Denn im Gegensatz zu den Einlagen der Aktionäre stellt das Genusskapital kein Kernkapital (vgl. § 10 Abs. 2a S. 1 Nr. 2 KWG), sondern haftungsrechtlich geringwertigeres Ergänzungskapital dar. Unter diesem Gesichtspunkt gilt es daher zunächst zu untersuchen, wie die Problemlage im Aktienrecht aufgelöst wird. (b) Verbot der Einlagenrückgewähr und Kapitalmarkthaftung im Aktienrecht Bereits seit über einem Jahrhundert beschäftigen sich Gerichte und Rechtswissenschaft mit dem Verhältnis von anlegerschützender Haftung aus Kapitalmarktrecht und Gläubigerschutz. Dass die Frage heute noch immer gleichermaßen kontrovers diskutiert wird, ist auf die Entwicklung der letzten Dekaden zurückzuführen, die eine gesetzgeberische Tendenz hin zur Stärkung der Anlegerinteressen erkennen lässt und die Problemlage somit verschärft hat. Die sich aus dem Spannungsfeld von Kapitalerhaltung und Schadensersatz ergebende Problematik sowie Ansätze zu deren Beseitigung werden im Folgenden erörtert. (aa) Verbot der Einlagenrückgewähr i. S. d. § 57 AktG Gemäß § 57 Abs. 1 S. 1 AktG ist es der Gesellschaft untersagt, den Aktionären die von ihnen erbrachten Einlagen zurückzugewähren. Zwar suggeriert der Wortlaut, dass lediglich die Einlage der Gesellschaft verbleiben müsse, doch wird der An700 In diese Richtung gehend Todtenhöfer, Kapitalerhaltung und Genussrechte, S. 140, der seine These auf Untersuchungen aus dem Jahr 1997 stützt. Die Befunde aus der aktuellen Analyse der Genussrechtsbedingungen (vgl. oben B. III. 3.) ergibt ein vergleichbares Bild. Vorgaben zu einer den §§ 57, 71 AktG entsprechenden Vermögensbindung sind in Genussrechtsbedingungen nicht zu finden. 701 Karollus, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 221 Rn. 345, der eine Analogie nur in der Krise der Gesellschaft ziehen will; Lutter, in: KöKoAktG, § 221 Rn. 256, äußert sich zwar direkt nur zu § 71 AktG, führt hierzu jedoch aus, dass Genusskapital kein Grundkapital sei und daher nicht an der Kapitalgarantie des Aktiengesetzes teilnehme. Weitere Nachweise bei Todtenhöfer, Kapitalerhaltung und Genussrechte, S. 141 Fn. 683.
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D. Das Verhältnis von Anlegerschutz und Bankenaufsichtsrecht
wendungsbereich gemeinhin extensiv dahingehend verstanden, dass nicht nur die vom Gesellschafter ursprünglich bewirkte Leistung, sondern das gesamte Vermögen der Aktiengesellschaft der Kapitalbindung unterliegt.702 Der Tatbestand der verbotenen Einlagenrückgewähr erfasst somit sämtliche Leistungen der Gesellschaft an den Anleger, die keine Ausschüttung des (nach § 58 AktG) ordnungsgemäß festgestellten und zur Verteilung beschlossenen Bilanzgewinns darstellen und auch sonst keiner gesetzlich geregelten Ausnahme unterfallen.703 Denn Sinn und Zweck des § 57 AktG ist es, die Begünstigung einiger Aktionäre zu Lasten anderer Aktionäre zu verhindern704 und das Gesellschaftsvermögen der Aktiengesellschaft in seiner gegenständlichen Zusammensetzung zu erhalten, damit die Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger gewährleistet werden kann.705 (bb) Haftung für fehlerhafte Information am Kapitalmarkt Unter dem Begriff der Haftung für fehlerhafte Kapitalmarktinformation werden gemeinhin die Haftungstatbestände der Prospekthaftung aus §§ 44 ff. BörsG im Rahmen des Ersterwerbs von Wertpapieren sowie die Haftung für Verstöße gegen Ad-hoc-Publizitätspflichten aus §§ 37b, 37c WpHG zusammengefasst. Im ersteren Falle haftet nach § 44 BörsG der Emittent gegenüber dem Anleger für die Richtigkeit von Angaben in seinem Prospekt, namentlich dann, wenn der Prospektinhalt nicht der Wahrheit entspricht,706 er also vom objektivierten Standpunkt eines aufmerksamen Lesers und durchschnittlichen Anlegers aus betrachtet in wesentlichen Punkten fehlerhaft oder unvollständig ist. Sofern die Unrichtigkeit des Prospektes für die Anlageentscheidung des Erwerbers der Wertpapiere ursächlich geworden ist, hat der Prospektverantwortliche dem Erwerber den durch seine Investition entstandenen Schaden zu ersetzen. Je nachdem, ob er das Wertpapier noch hält oder nicht, bedeutet dies im Sinne der Naturalrestitution entweder die umfassende Rückabwicklung des Erwerbsgeschäfts, also Übernahme der Wertpapiere gegen Erstattung des Erwerbspreises nach § 44 Abs. 1 S. 1 BörsG, oder Erstattung des Differenzbetrags zwischen Erwerbs- und Veräußerungspreis gemäß § 44 Abs. 2 BörsG. Nach Maßgabe der §§ 37b, 37c WpHG ist der Emittent dem Anleger aufgrund von Verletzungen der Publizitätspflichten aus § 15 WpHG zur Zahlung von Scha702 BGH, Urt. v. 14. 5. 1992 – II ZR 299/90 = ZIP 1992, 1184; BGH, Urt. v. 13. 11. 2007 – XI ZR 294/07 = ZIP 2008, 118; OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 30.11.1995 – 6 U 192/91 = AG 1996, 324; Bayer, in: MüKoAktG, § 57 Rn. 10; Cahn/v. Spannenberg, in: Spindler/Stilz, AktG, § 57 Rn. 14; Hüffer, AktG, § 57 Rn. 2; Solveen, in: Hölters, AktG, § 57 Rn. 5. 703 So die ganz h. M.: BGH, Urt. v. 13. 11. 2007 – XI ZR 294/07 = NZG 2008, 106; Bayer, in: MüKoAktG, § 57 Rn. 7; Cahn/Senger, in: Spindler/Stilz, AktG, § 57 Rn. 14; Hüffer, AktG, § 57 Rn. 3 f.; Jungmichel, Haftung und Schadenskompensation, S. 270; Keusch/Wankerl, BKR 2003, 744; Lutter, in: KöKoAktG, § 57 Rn. 5; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 890. 704 Bayer, in: MüKoAktG, § 57 Rn. 26; Keusch/Wankerl, BKR 2003, 744. 705 Cahn/Senger, in: Spindler/Stilz, AktG, § 57 Rn. 6. 706 Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rn. 495.
III. Beeinträchtigungen und Schutzmaßnahmen
169
densersatz verpflichtet, wenn er es etwa unterlässt, eine Insiderinformation zu veröffentlichen,707 oder er die Anleger durch Publikation einer unwahren Mitteilung irreführt. Den eben genannten Haftungstatbeständen gemein ist jedenfalls, dass die den Emittenten gegenüber dem Anleger treffende Ersatzpflicht einen Abfluss von Gesellschaftsvermögen nach sich zieht und somit zunächst dem Tatbestand verbotener Einlagenrückgewähr aus § 57 AktG unterfällt. (cc) Verhältnis von Kapitalbindung und Kapitalmarkthaftung Sowohl im Rahmen der Prospekthaftung aus § 44 BörsG als auch im Hinblick auf die Haftung für Verstöße gegen Ad-hoc-Mitteilungspflichten aus §§ 37b, 37c WpHG geht die herrschende Meinung mit Recht davon aus, dass der kapitalmarktrechtliche Anlegerschutz unbedingten Vorrang gegenüber der gesellschaftsrechtlichen Kapitalbindung genießt.708 Nicht nur stellen die Haftungstatbestände des BörsG und WpHG im Vergleich zum Kapitalerhaltungsgebot des § 57 AktG die spezielleren Regelungen dar.709 Auch ist es zum Zwecke der Sicherung und Erhaltung von Informationseffizienz und Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte unverzichtbar, effektiven Anlegerschutz zu gewährleisten, während sich ein wirkungsvoller Schutz der Gläubiger auch mit anderen Mitteln als einer strengen Kapitalerhaltung verwirklichen lässt.710 Bestätigt wird die Annahme eines Haftungsvorrangs zudem durch die gesetzgeberische Tätigkeit der vergangenen Jahre. Denn es wäre widersprüchlich, würde der Gesetzgeber weitere kapitalmarktrechtliche Spezialvor707
Eine Insiderinformation ist eine konkrete Information über nicht öffentlich bekannte Umstände, die sich auf Insiderpapiere oder deren Emittenten beziehen und geeignet sind, im Falle ihres öffentlichen Bekanntwerdens den Börsen- oder Marktpreis des Insiderpapiers erheblich zu beeinflussen, § 13 Abs. 1 S. 1 WpHG. 708 BGH, Urt. v. 9.5.2005 – II ZR 287/02 = ZIP 2005, 1270, 1273, dessen Entscheidung hierbei allerdings eine Haftung aus § 823 Abs. 2 BGB i. V. m. § 400 AktG zugrunde lag; LG Frankfurt a. M., Urt. v. 7.10.1997 – 3/11 O 44/96 = ZIP 1998, 641, 645; Buck-Heeb, Kapitalmarktrecht, Rn. 234; Fleischer, in: Assmann/Schütze, Handbuch Kapitalanlagerecht, § 7 Rn. 58; Gerber, Prospekthaftung, S. 172 f.; Haider, in: Festschrift Sigle, S. 258 ff.; Keusch/ Wankerl, BKR 2003, 744, 745; Möllers/Leisch, in: KöKoWpHG, §§ 37 b, c Rn. 38 ff.; Mülbert, JZ 2002, 826, 834; Sethe, in: Assmann/Schneider, WpHG, §§ 37b, 37c Rn. 6. Ein Vorrang des Gläubigerschutzes wurde insbesondere noch in der Vorkriegsjudikatur befürwortet, RGZ 54, 128, 132 und findet auch heute noch vereinzelt Zustimmung, vgl. Baums, ZHR 167 (2003), 139 ff.; Horn, in: Festschrift Ulmer, S. 817 ff. Für die zahlreichen vermittelnden Lösungsansätze, die für eine Begrenzung des Haftungsumfangs votieren oder danach unterscheiden, ob die Aktien auf dem Primär- oder Sekundärmarkt erworben wurden, vgl. die Übersicht bei Bayer, in: MüKoAktG, § 57 Rn. 18 ff. 709 LG Frankfurt a. M., Urt. v. 7.10.1997 – 3/11 O 44/96 = ZIP 1998, 641, 645; Gerber, Prospekthaftung, S. 172 f.; Haider, in: Festschrift Sigle, S. 258; Keusch/Wankerl, BKR 2003, 744, 745; Renzenbrink/Holzner, BKR 2002, 434, 436. 710 Wie der Blick über Deutschlands Grenzen hinaus zeigt, könnten solche Instrumentarien etwa eine (verschärfte) Insolvenzverschleppungshaftung oder eine Insolvenzanfechtung sein, vgl. hierzu Baums, ZHR 167 (2003), 139, 170; Gottschalk, DStR 2005, 1648, 1653; Habersack/ Verse, ZHR 168 (2004), 174 ff.
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D. Das Verhältnis von Anlegerschutz und Bankenaufsichtsrecht
schriften (z. B. §§ 13, 13a VerkProspG, § 12 WpÜG) schaffen, während sich die hieraus entstehenden Ansprüche von vornherein mit Rücksicht auf die Kapitalerhaltung nicht durchsetzen ließen.711 Treffen Kapitalerhaltung und Kapitalmarkthaftung im Aktienrecht aufeinander, hat Erstere folglich zugunsten funktionierender Kapitalmärkte hinter Letzterer zurückzutreten. (c) Übertragbarkeit der Grundsätze auf das Gebiet des Genussrechts Nun da die Frage nach der Rangfolge von Gläubigerschutz (unter dem Aspekt der Kapitalerhaltung) und Anlegerschutz (im Sinne einer Haftung für rechtswidriges Verhalten des Emittenten) bei Zahlungen an Aktionäre grundsätzlich beantwortet ist, bleibt noch zu klären, inwieweit sich die hieraus gewonnen Erkenntnisse auf das Verhältnis von gläubigerschützenden Eigenmittelbestimmungen und KlöcknerSchadensersatzleistung zugunsten von Genussrechtsinhabern übertragen lassen. (aa) Klöckner-Ansprüche als verbotene Einlagenrückgewähr? Obwohl Todtenhöfer die allgemeinen rechtlichen Aspekte einer möglichen analogen Anwendung des § 57 AktG ausführlich thematisiert,712 bringt er nicht zur Sprache, welche Arten der Rückgewähr der Tatbestand des § 57 AktG im Bezug auf Genussberechtigte erfasst. Daher ist zu hinterfragen, ob vom Gebot der Kapitalbindung auch Schadensersatzzahlungen im Sinne der Klöckner-Rechtsprechung erfasst wären. Dass die Haftung für satzungs- oder pflichtwidrige Geschäftsführung gegenüber den Genussrechtsinhabern im Vergleich zur (sonder-)deliktsrechtlichen Kapitalmarkthaftung auf vertragsrechtlichem Fundament basiert, vermag an der rechtlichen Einordnung des Vermögensabflusses nichts zu ändern. So ließe es auch der (analog herangezogene) Tatbestand des § 57 AktG nicht zu, die Leistung eines solchen Schadensersatzes grundsätzlich vom Verbot der Einlagenrückgewähr auszunehmen. Denn weder stellt die Abwicklung solcher Ansprüche eine Ausschüttung eines Bilanzgewinns dar, noch finden sich im AktG oder in sonstigen für das Genussrecht relevanten Vorschriften Ausnahmeregelungen, die eine Vermögensabführung auf diesem Wege zuließen.713 Die Leistung von Schadensersatz an die Genussberechtigten stellt somit eine an sich verbotene Einlagenrückgewähr dar. Im Vergleich zur Rechtslage im Aktienrecht ergeben sich für die analoge Anwendung auf das Gebiet der Genussrechte demnach keine Abweichungen.
711
Fleischer, in: Assmann/Schütze, Handbuch Kapitalanlagerecht, § 7 Rn. 58; Keusch/ Wankerl, BKR 2003, 744, 746. 712 Todtenhöfer, Kapitalerhaltung und Genussrechte, S. 138 ff. 713 Für das Aktienrecht Bayer, in; MüKoAktG, § 57 Rn. 14; Renzenbrink/Holzner, BKR 2002, 434, 435.
III. Beeinträchtigungen und Schutzmaßnahmen
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(bb) Vergleichbarkeit der Interessenlage bei Aktionär und Genussberechtigtem Zu hinterfragen bleibt schließlich, ob die bei der Auflösung des ursprünglich im Aktienrecht angesiedelten Konflikts bestehende Interessenlage der im Spannungsfeld von Klöckner-Rechtsprechung und Bankenaufsichtsrecht entspricht und sich die dort angestellten Erwägungen auf das Genussrechtsverhältnis übertragen lassen können. Zu verneinen ist dies im Hinblick auf all diejenigen Argumente, die auf den Wortlaut, die Systematik oder die Entstehungsgeschichte etc. der kapitalmarktrechtlichen Haftungsgrundlagen Bezug nehmen. Da die Ersatzpflicht der Emittenten gegenüber den Genussrechtsinhabern nicht aus spezialgesetzlichen Haftungsnormen des BörsG oder des WpHG, sondern vielmehr aus § 280 Abs. 1 BGB in Verbindung mit dem Genussrechtsverhältnis folgt, können die dort gewonnen Erkenntnisse für das Gebiet der Genussrechte nicht fruchtbar gemacht werden. Beiden Konfliktfeldern gemein ist hingegen ein anderer, zentraler Aspekt. In beiden Konstellationen werden die Interessen und Schicksale der Gläubiger in ausreichendem Maße berücksichtigt. Doch lässt sich wirksamer Gläubigerschutz nicht nur dadurch umsetzen, dass das Eigenkapital einer strengen Bindung an die Gesellschaft unterliegt. Hierfür können auch andere Wege beschritten werden. Für das Aktienrecht wäre de lege ferenda etwa an eine Verschärfung der Insolvenzverschleppungshaftung oder eine erleichterte Insolvenzanfechtung zu denken.714 Auf dem Gebiet der Genussrechte wird den Gläubigerinteressen bereits dadurch Rechnung getragen, dass sich der zwischen Emittenten und Genussberechtigtem vereinbarte Nachrang über die Dividende- und Kapitalrückzahlung hinaus auf sämtliche aus dem Genussrechtsverhältnis resultierende Ansprüche (also auch die Leistung von Schadensersatz im Sinne der Klöckner-Rechtsprechung) erstreckt und eine Schlechterstellung nicht nachrangiger Gläubiger ausbleibt.715 Dementgegen ist es für die Verwirklichung des sowohl kapitalmarkt-716 als auch des bankenaufsichtsrechtlichen Systemschutzes717 unverzichtbar, die Leitungsorgane der Emittenten vor Fehlanreizen zu bewahren und sie durch eine drohende (Regress-)Haftung zu Wohlverhalten anzustiften.718 Schließlich lässt sich eine unterschiedliche Bewertung beider Fälle auch nicht darauf stützen, dass die Aktionäre im Verhältnis zu den Genusskapitalgebern ein besonderes Schutzbedürfnis zuteilwerde. Vielmehr verhält es sich sogar gegenteilig. Denn selbst die Aktionäre können anlegerschützende Ansprüche auf Schadensersatz 714
Vgl. Fn. 710. Vgl. oben D. III. 2. a) dd) (2) (b) (ee). 716 Dieser dient im Wesentlichen der Gewährleistung von Informationseffizienz und damit der Funktionsfähigkeit der Kapitalmärkte. 717 Das KWG bezweckt insbesondere die Stabilisierung des gesamten Banken- und Finanzdienstleistungssektors sowie die Sicherstellung der allgemeinen Kreditversorgung. 718 Vgl. oben D. III. 2. b) cc) (2). 715
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D. Das Verhältnis von Anlegerschutz und Bankenaufsichtsrecht
geltend machen, die das Eigenkapital der Gesellschaft belasten, obwohl sie, verglichen mit Inhabern von Genussrechten, gleich in zweierlei Hinsicht besser gestellt sind. Zum einen wird – anders als beim Genussrecht – das mit der Bereitstellung des Eigenkapitals übernommene Risiko durch die Einräumung von Mitwirkungs- und Kontrollrechten abgemindert. Zum Zweiten ist beachtlich, dass die durch die Einlage des Aktionärs geleisteten Mittel nach § 10 Abs. 2a S. 1 Nr. 2 KWG als Kernkapital eingeordnet werden und dem Emittenten damit eine qualitativ höherwertige Haftungsmasse zur Verfügung stellen als das Genusskapital. Bezogen auf die Übertragung der Wertungen aus der im Aktienrecht geführten Diskussion um das Verhältnis von Gläubiger- und Anlegerschutz auf den entsprechenden Konflikt der Schutzmöglichkeiten von Genussrechtsinhabern und dem Bankenaufsichtsrecht lässt dies nur einen Schluss zu: Der aus den Grundsätzen der Klöckner-Rechtsprechung stammenden Haftung des Emittenten ist gegenüber den Eigenmittelbestimmungen des § 10 Abs. 5 KWG, insbesondere gegenüber dem Erfordernis einer Verlustteilnahme in voller Höhe, erst recht Vorrang einzuräumen. (d) Zwischenergebnis Aufgrund der geringen Regelungsdichte auf dem Gebiet der Genussrechte, insbesondere dem Mangel verbindlicher Leitlinien im Hinblick auf die Bindung des Genusskapitals, ist eine analoge Anwendung des § 57 AktG ernsthaft in Betracht zu ziehen. Ob das aktienrechtliche Verbot der Einlagenrückgewähr tatsächlich neben die im Bankensektor bereits in direkter Anwendung geltenden Kapitalerhaltungsgebote719 tritt, kann für die übergeordnete Fragestellung jedoch aufgrund folgender Erwägung dahingestellt bleiben. Im Aktienrecht – also im direkten Geltungsbereich des § 57 AktG – wird der Konflikt von Kapitalbindung und Vermögensabfluss infolge durch die Gesellschaft veranlasster Schadensersatzzahlung zugunsten des Anlegerschutzes aufgelöst. Bedenkt man, dass die Genussrechtsinhaber, verglichen mit den Aktionären, zum einen aufgrund fehlender Mitspracherechte ein erhöhtes Schutzbedürfnis aufweisen und das Genusskapital gegenüber der Einlage des Aktionärs eine geringere Haftungsqualität aufweist, so wird deutlich, dass der Anlegerschutz hier erst recht Vorrang vor dem Gläubigerschutz genießt. (7) Zwischenergebnis Die Anerkennung von Genusskapital als aufsichtsrechtliches Ergänzungskapital nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 KWG ist mit Wiederauffüllungs- bzw. Schadensersatzansprüchen im Sinne der Klöckner-Rechtsprechung vereinbar. Die Möglichkeit, solche Ansprüche gegenüber dem Emittenten geltend zu machen, steht dem Erfordernis einer vollumfänglichen Verlustteilnahme nicht entgegen. Denn weder genießen die Eigenmittelbestimmungen des KWG Vorrang vor allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen, noch ergibt sich ein Ausschluss der Emittentenhaftung aus den übli719
Vgl. § 10 Abs. 5 S. 2 KWG sowie § 10 Abs. 5 S. 4 KWG.
III. Beeinträchtigungen und Schutzmaßnahmen
173
cherweise verwendeten Genussrechtsbedingungen. Insbesondere hat der Eintritt der Ersatzpflicht nicht die Rückgängigmachung oder Aufhebung der Verlustteilnahme zur Folge, da sich beide Phänomene auf rechtlich strikt zu trennenden Ebenen abspielen. Das deutsche Recht gibt somit auch denjenigen Anlegern ein effektives anlegerschützendes Instrument in die Hand, die in von Banken ausgegebene Genussrechte investiert haben.
3. Konzernierung des Emittenten durch Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags Wie sich in jüngster Zeit zeigte, kann der wirtschaftliche Wert des Genussrechts auch dadurch betroffen sein, dass der Emittent einen Unternehmensvertrag im Sinne der §§ 291 ff. AktG abschließt und sich dadurch entweder der Leitungsmacht eines anderen Unternehmens unterwirft oder dazu verpflichtet, seine Gewinne an den Vertragspartner abzuführen. Zwar verhindert die Ausgleichspflicht des § 302 AktG auf der einen Seite, dass bei der Tochtergesellschaft Verluste entstehen können, in deren Folge der Rückzahlungsanspruch des Genussberechtigten zu mindern wäre.720 Kehrseite dieser Medaille ist indessen, dass der Emittent dazu verpflichtet ist, seine gesamten Gewinne gemäß § 291 Abs. 1 Var. 2 AktG an den Vertragspartner abzuführen, was dazu führt, dass auch ein Bilanzgewinn nicht mehr ausgewiesen werden kann. An dessen Bestehen knüpfen jedoch regelmäßig die Ausschüttungen auf das Genussrecht an.721 Für den Anleger besteht daher die Gefahr, dass er in der Zeit nach Abschluss des Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrags durch den Emittenten keine Chance auf Erhalt einer Gewinnbeteiligung hat und somit dauerhaft leer ausgeht.722 Dass unabhängig von der tatsächlichen wirtschaftlichen Lage des Emittenten weder Ausschüttungen geleistet werden noch eine Verlustpartizipation eintreten kann, ist für beide Vertragsparteien im Ergebnis nicht sach- und interessengerecht.723 Während standardmäßig verwendete Genussrechtsbedingungen zwar für den Fall einer Verschmelzung oder Umwandlung üblicherweise vorsehen, dass (zumindest) der Bestand der Genussrechte hierdurch nicht berührt oder beeinträchtigt wird, sind entsprechende Regelungen für den Fall des Abschlusses von Unternehmensverträgen in keiner der untersuchten Ausgabebedingungen vorgesehen. 720
Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 320; Hüffer, AktG, § 221 Rn. 68. Vgl. oben B. III. 3. c). 722 Vgl. zu dieser Problematik OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 13.12.2011 – 5 U 56/11 = ZIP 2012, 79 ff. („Eurohypo/Rheinhyp“); vorgehend LG Frankfurt a. M., Urt. v. 14. 12. 2010 – 3 – 5 O 65/10 = Der Konzern 2011, 118 ff.; OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 07.02.2012 – 5 U 92/11 = ZIP 2012, 524 ff. („Eurohypo/Rheinhyp/Essenhyp“); vorgehend LG Frankfurt a. M., Urt. v. 15. 02. 2011 – 3 – 5 O 100/10 = ZIP 2011, 1670. 723 Vgl. OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 13.12.2011 – 5 U 56/11 = ZIP 2012, 79, 80 („Eurohypo/Rheinhyp“); OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 07.02.2012 – 5 U 92/11 = ZIP 2012, 524, 526 („Eurohypo/Rheinhyp/Essenhyp“). 721
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D. Das Verhältnis von Anlegerschutz und Bankenaufsichtsrecht
Auf der eben geschilderten Problematik beruhen daher mehrere Verfahren, in denen Inhaber von Genussrechten der Eurohypo AG infolge des Abschlusses eines Gewinnabführungsvertrags Zahlung unterbliebener Ausschüttungen geltend machten.724 Im ersten Prozess vor dem OLG Frankfurt a. M.725 hatte der Kläger von der Rheinhyp Rheinische Hypothekenbank AG im Jahre 2000 ausgegebene Genussscheine erworben. Diese verschmolz im Jahre 2002 mit der Europäischen Hypothekenbank AG zur Eurohypo AG. Im Juni 2007 schloss die Eurohypo AG mit der Commerzbank Inlandsbanken Holding GmbH, die eine 100 %ige Tochtergesellschaft der Commerzbank AG ist, einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag. Inzwischen ist die Eurohypo AG eine 100 %ige Tochtergesellschaft der Commerzbank Inlandsbanken Holding GmbH. Ähnlich verhält es sich auch im zweiten Prozess gegen die Eurohypo AG.726 Ein Teil der dort streitgegenständlichen Genussscheine wurde ebenfalls 2000 durch die Rheinhyp Rheinische Hypothekenbank AG begeben. Weitere Genussscheine, deren Inhaberin die Klägerin ist, wurden im Jahr 2003 von der Essenhyp AG emittiert, welche 2008 von der Eurohypo AG erworben und sodann auf sie verschmolzen wurde. Beiden Verfahren gemein ist, dass zum Zeitpunkt, zu dem die Hauptversammlung der Eurohypo AG dem Abschluss des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages zustimmte, eine positive Prognose für die kommenden Geschäftsjahre vorlag. Nachdem die Eurohypo AG für das Geschäftsjahr 2007 noch einen (an ihre Mutter abzuführenden und daher nur fiktiven) Gewinn in Höhe von 103 Mio. Euro auswies, leistete sie auch im Geschäftsjahr 2008 noch auf die Genussrechte, obwohl sich die Ertragslage im Zuge der Finanzmarktkrise bereits deutlich verschlechtert hatte und bereits ein Jahresfehlbetrag entstanden war. Als die Eurohypo AG im Geschäftsjahr 2009 schließlich einen Fehlbetrag in Höhe von mehr als 169 Mio. Euro ausweisen musste, der allerdings gemäß des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags durch die Konzernmutter ausgeglichen wurde, unterblieb eine Ausschüttung auf die Genussrechte. Diese wurden vielmehr mit insgesamt etwa 19 Mio. Euro zur Verlustdeckung herangezogen, indem die Rückzahlungsansprüche der Genussberechtigten entsprechend herabgesetzt wurden. Die Eurohypo AG sah sich hierzu berechtigt, da ihre Genussrechtsbedingungen folgende Verlustbeteiligungsregelungen vorsahen: § 2 Abs. 3 (WKN 805976): „Die Ausschüttung auf die Genussscheine ist dadurch begrenzt, dass durch sie kein Bilanzverlust entstehen darf.“ 724 OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 07.02.2012 – 5 U 92/11 = ZIP 2012, 524 ff. („Eurohypo/ Rheinhyp/Essenhyp“); OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 13.12.2011 – 5 U 56/11 = ZIP 2012, 79 ff. („Eurohypo/Rheinhyp“). 725 OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 13.12.2011 – 5 U 56/11 = ZIP 2012, 79 ff. („Eurohypo/ Rheinhyp“); vorgehend LG Frankfurt a. M., Urt. v. 14. 12. 2010 – 3 – 5 O 65/10 = Der Konzern 2011, 118 ff. 726 OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 07.02.2012 – 5 U 92/11 = ZIP 2012, 524 ff. („Eurohypo/ Rheinhyp/Essenhyp“); vorgehend LG Frankfurt a. M., Urt. v. 15. 02. 2011 – 3 – 5 O 100/10 = ZIP 2011, 1670 ff.
III. Beeinträchtigungen und Schutzmaßnahmen
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§ 2 Abs. 2 S. 1 (WKN 803205): „Durch die Ausschüttung auf die Genussscheine darf kein Bilanzverlust entstehen.“ § 2 Abs. 3 S. 4 (WKN 810109): „Die Ausschüttung ist dadurch begrenzt, dass durch sie kein Bilanzverlust entstehen darf.“ § 6 (WKN 805976): „Wird ein Bilanzverlust ausgewiesen oder das Grundkapital der Bank zur Deckung von Verlusten herabgesetzt, so vermindert sich der Rückzahlungsanspruch jedes Genussscheininhabers. Bei einem Bilanzverlust vermindert sich der Rückzahlungsanspruch jedes Genussscheininhabers in demselben Verhältnis, in dem das in der Bilanz ausgewiesene Eigenkapital (ohne nachrangige Verbindlichkeiten) durch Tilgung des Bilanzverlustes gemindert wird.“ § 7 Abs. 1 S. 1 (WKN 803205): „Wird ein Bilanzverlust ausgewiesen oder das Grundkapital der Commerzbank zur Deckung von Verlusten herabgesetzt, vermindert sich der Rückzahlungsanspruch jedes Genussscheininhabers. Bei einem Bilanzverlust vermindert sich der Rückzahlungsanspruch jedes Genussscheininhabers um den Anteil am Bilanzverlust, der sich aus dem Verhältnis seines Rückzahlungsanspruchs zum Eigenkapital einschließlich Genussscheinkapital, jedoch ohne andere nachrangige Verbindlichkeiten errechnet.“ § 7 S. 1 (WKN 810109): „Die Genußscheininhaber nehmen am laufenden Verlust (Jahresfehlbetrag) in voller Höhe teil. Wird ein Bilanzverlust ausgewiesen oder das Grundkapital der RHEINHYP zur Deckung von Verlusten herabgesetzt, vermindert sich der Rückzahlungsanspruch jedes Genußscheininhabers.“
Gegen beide dieser Maßnahmen, das Ausbleiben der Ausschüttung sowie die Herabsetzung des Genusskapitals, haben sich die Anleger (vorerst)727 mit Erfolg zur Wehr gesetzt. Das OLG Frankfurt a. M. verpflichtete die durch die Konzernmutter beherrschte Emittentin in beiden Fällen dazu, die Genussscheine unabhängig von der tatsächlichen Ertragslage zu bedienen und das Genusskapital bei Fälligkeit zum vollen Nennbetrag zurückzuzahlen. Zur Beantwortung der Frage, wie die konfligierenden Interessen des Emittenten (bzw. seines Rechtsnachfolgers) und des Anlegers in Einklang gebracht werden können, haben sich neben der Lösung des OLG Frankfurt a. M. verschiedene Ansätze herausgebildet, die im Folgenden zunächst dargestellt und dann im Hinblick auf Genussrechte im Allgemeinen sowie im Kontext der Besonderheiten des § 10 Abs. 5 KWG einer kritischen Würdigung unterzogen werden. a) Allgemeine Erwägungen aa) Rechtliche Behandlung der lückenhaften Genussrechtsbedingungen Aufgrund der geringen gesetzlichen Regelungsdichte finden sich die meisten das Genussrecht betreffenden Bestimmungen in deren Ausgabebedingungen. Demgemäß haben sich die Genussrechtsbedingungen zu immer umfangreicheren Regelungswerken entwickelt. Trotzdem können diese keine allumfassende Regelung des 727 In beiden Verfahren ist derzeit Revision beim BGH unter den Az. II ZR 2/12 bzw. II ZR 67/12 anhängig.
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D. Das Verhältnis von Anlegerschutz und Bankenaufsichtsrecht
Rechts der sie jeweils betreffenden Genussrechte leisten und sind insofern unvollkommen, als sich immer wieder Konstellationen ergeben, die vom Regelungskatalog nicht erfasst werden (so etwa in den eben beschriebenen Fällen der Eurohypo AG). Zwar beinhalten die – diesen Verfahren zugrundeliegenden – Ausgabebedingungen ausführliche Regelungen im Hinblick auf die Gewinn- und Verlustteilnahme sowie das Schicksal der Genussrechte im Falle einer Verschmelzung. Sie treffen jedoch keine Aussage darüber, welche Rechtsfolgen der Abschluss eines Beherrschungsund Gewinnabführungsvertrags durch den Emittenten im Genussrechtsverhältnis auslösen soll. Zur Schließung dieser vertraglichen Lücke und zur Wiederherstellung des Gleichgewichts der Interessen von Emittent und Anlegern sind verschiedene Lösungsmodelle denkbar. (1) Anspruch auf Anpassung nach den Grundsätzen der Störung der Geschäftsgrundlage gemäß § 313 Abs. 1 BGB Nach Auffassung der Instanzgerichte728 und von Teilen des Schrifttums729 soll der durch Abschluss des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags entstehenden Problematik, dass beim Emittenten aufgrund der Abführungs- und Ausgleichspflicht aus §§ 291 Abs. 1, 302 Abs. 1 AktG weder Gewinne noch Verluste entstehen können, begegnet werden, indem der Anleger einen Anspruch auf Anpassung der Genussrechtsbedingungen im Sinne des § 313 Abs. 1 BGB geltend machen kann. Bevor man sich mit der Frage beschäftigt, an welche Wertungen die Vertragsbedingungen anzupassen wären, ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen des Anspruchs aus § 313 Abs. 1 BGB überhaupt gegeben sind. Als essentialia negotii des Genussrechtsvertrags stellt die ausdrücklich und ausführlich vereinbarte Teilnahme an Gewinnen und Verlusten der Gesellschaft, wie sie für eigenkapitalzuführende Genussrechte gerade typisch ist, sowohl für den Emittenten als auch für den Anleger eine wesentliche Grundlage des Genussrechtsverhältnisses dar. Diese Grundlage verändert sich durch den mit Abschluss des Gewinnabführungsvertrags einhergehenden Wegfall der Gewinn- und Verlustpartizipation auch schwerwiegend, sodass eine Störung des Vertragsverhältnisses gegeben ist. Die Durchsetzung eines Anspruchs aus § 313 Abs. 1 BGB soll trotz Vorliegen dieser Voraussetzungen indessen in solchen Fällen ausgeschlossen sein, in denen dem Anspruchsschuldner die Störung der Geschäftsgrundlage zuzurechnen ist, insbesondere wenn er sie selbst herbeigeführt hat.730 Zwar lässt sich hieraus zunächst nur ableiten, dass es dem Emit-
728 LG Frankfurt a. M., Urt. v. 14. 12. 2010 – 3 – 5 O 65/10 = Der Konzern 2011, 118, 123; LG Frankfurt a. M., Urt. v. 15. 02. 2011 – 3 – 5 O 100/10. 729 So etwa Frantzen, Genußscheine, S. 282 ff.; Hirte, ZIP 1988, 477, 488; Lindemann, Gewinnabhängige Ansprüche, S 53 ff.; U.H.Schneider, in: Festschrift Goerdeler, S. 526. 730 BGH, Urt. v. 21. 12. 2010 – X ZR 122/07 = NJW 2011, 989, 991; BGH, Urt. v. 10. 11. 2004 – VIII 186/03 = NJW 2005, 359, 362; OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 07.02.2012 – 5 U 92/ 11 = ZIP 2012, 524, 526 („Eurohypo/Rheinhyp/Essenhyp“); OLG Frankfurt a. M.,
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tenten, der die „Störung“ (bzw. wertungsfrei: die Änderung) der Vertragsgrundlage durch den bewussten Abschluss des Gewinnabführungsvertrags bewirkt hat, verwehrt ist, den Anspruch aus § 313 Abs. 1 BGB geltend zu machen, nicht aber dem Genussberechtigten. Da dieser auf die in der Verantwortlichkeitssphäre des Emittenten ablaufenden Vorgänge, insbesondere auf den Beschluss der Hauptversammlung, keinen Einfluss nehmen konnte, müsste zumindest er anspruchsberechtigt sein. Doch weist das OLG Frankfurt a. M. in beiden Entscheidungen zutreffend darauf hin, dass es auch nicht billig erscheine, ausschließlich die Interessen des Anlegers zu berücksichtigen. Zwar führe der Emittent die Änderung der Geschäftsgrundlage selbst herbei, doch könne ihm dieses Verhalten insofern nicht zum Vorwurf gemacht werden, als es sich bei der Unterwerfung unter einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrages nicht um ein rechtlich missbilligtes Verhalten handele, sondern diese Möglichkeit in § 291 Abs. 1 AktG positivgesetzlich ausdrücklich vorgesehen und in vielen Fällen auch wirtschaftlich und steuerlich sinnvoll sei.731 Im Lichte dieser Erwägungen ist ein Anspruch des Anlegers aus § 313 Abs. 1 BGB ein zur Schließung der genussvertraglichen Lücke ungeeignetes Instrumentarium. (2) Ergänzende Vertragsauslegung gemäß § 133, 157 BGB Die durch den Abschluss eines Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrags seitens des Emittenten entstandene Verschiebung der genussvertraglichen Interessen will das OLG Frankfurt a. M. hingegen korrigieren, indem es eine ergänzende Vertragsauslegung nach Maßgabe der §§ 133, 157 BGB vornimmt. Hierbei sollen „die Lücken der rechtsgeschäftlichen Vereinbarung anhand des im Vertrag gehaltenen Regelungsplans der Parteien unter Berücksichtigung von Treu und Glauben und der Verkehrssitte“ geschlossen werden.732 (a) Ungewollte vertragliche Regelungslücke Voraussetzung für ein solches Vorgehen ist das Vorliegen einer planwidrigen Regelungslücke, also einer von den Vertragsparteien nicht gewollten Unvollständigkeit des Vertrags, etwa durch Fehlen einer vertraglichen Bestimmung, die zur
Urt. v. 13.12.2011 – 5 U 56/11 = ZIP 2012, 79, 80 („Eurohypo/Rheinhyp“); Finkenauer, in: MüKoBGB, § 313 Rn. 75; Grüneberg, in: Palandt, BGB, § 313 Rn. 22. 731 OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 07.02.2012 – 5 U 92/11 = ZIP 2012, 524, 526 („Eurohypo/ Rheinhyp/Essenhyp“); OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 13.12.2011 – 5 U 56/11 = ZIP 2012, 79, 80 („Eurohypo/Rheinhyp“). 732 OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 07.02.2012 – 5 U 92/11 = ZIP 2012, 524, 526 („Eurohypo/ Rheinhyp/Essenhyp“); OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 13.12.2011 – 5 U 56/11 = ZIP 2012, 79, 80 („Eurohypo/Rheinhyp“); ebenso Kallrath, Inhaltskontrolle der Wertpapierbedingungen, S. 178.
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D. Das Verhältnis von Anlegerschutz und Bankenaufsichtsrecht
Verwirklichung des Regelungsplans erforderlich ist.733 Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, ob die Regelungslücke bereits bei Vertragsschluss vorgelegen hat oder erst nachträglich durch eine von den Parteien nicht bedachten Änderung der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse entsteht.734 Obwohl es sich bei den Ausgabebedingungen aller streitgegenständlichen Genussrechte in den Verfahren Eurohypo/Rheinhyp sowie Eurohypo/Rheinhyp/Essenhyp um äußerst ausführliche Regelwerke handelt, sind in ihnen keine Rechtsfolgen für den Fall vorgesehen, dass der Emittent einen Unternehmensvertrag unterzeichnet und die Genussrechte ihrem Wert nach in der Folge weder von Gewinnen noch von Verlusten berührt werden. Unstreitig war zwischen den Parteien, dass sich der Emittent nicht bewusst dazu entschieden hatte, die Bedingungen im Hinblick auf den Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags lückenhaft zu lassen, sondern diesen Fall und insbesondere die hiermit verbundenen Folgen für die Genussberechtigten bei der Ausarbeitung unberücksichtigt ließ. (b) Kein anwendbares dispositives Recht Die Vornahme einer ergänzenden Vertragsauslegung scheitert auch nicht am Vorhandensein etwaigen dispositiven Rechts, mit dessen Hilfe die Vertragslücke vorrangig zu schließen wäre.735 Denn während es für das Genussrecht im Speziellen bereits (mit wenigen Ausnahmen) an gesetzlichen Regelungsgrundlagen fehlt, lässt sich auch nicht auf die Vorschriften über dem Genussrecht am ehesten entsprechende Vertragstypen zurückgreifen. Zum einen weicht das Genussrecht doch erheblich von den Vorgaben gesetzlich durchnormierter Schuldverhältnisse, wie etwa dem Darlehen oder der stillen Gesellschaft, ab. Zum anderen geben die diese Vertragstypen regelnden Vorschriften keine Antwort auf die Frage, wie sich die Rechtslage für den Anleger nach Abschluss eines Unternehmensvertrags gestaltet. Auch die konzernrechtlichen Vorschriften aus den §§ 304 – 307 ff. AktG sperren eine ergänzende Vertragsauslegung nicht, da sie nicht direkt auf das Genussrecht Anwendung finden, was bereits der Titel des Abschnitts („Sicherung der außenstehenden Aktionäre bei Beherrschungs- und Gewinnabführungsverträgen“) deutlich werden lässt. Hinzu kommt, dass die §§ 304 – 307 ff. AktG nach der Wertung des § 23 Abs. 5 AktG nicht zur Disposition von Gesellschaft und Aktionären stehen, sondern zwingendes (Aktien-)Recht darstellen.
733 St. Rspr. des BGH, vgl. BGH, Urt. .v. 29. 4. 1982 – III ZR 154/80 = BGHZ 84, 1; BGH, Urt. v. 1.2.1984 – VIII ZR 54/83 = BGHZ 90, 69. 734 BGH, Urt. v. 24. 1. 2008 – III ZR 79/07 = NJW-RR 2008, 562; Busche, in: MüKoBGB, § 157 Rn. 42; Ellenberger, in: Palandt, BGB, § 157 Rn. 3. 735 St. Rspr. des BGH, vgl. BGH, Urt. v. 10. 7. 1963 – VIII ZR 204/61 = BGHZ 40, 91, 103; BGH, Urt. v. 25. 6. 1980 – VIII ZR 260/79 = BGHZ 77, 301, 304; BGH, Urt. v. 13. 7. 1997 – IX ZR 289/96 = BGHZ 137, 153; Busche, in: MüKoBGB, § 157 Rn. 45; Ellenberger, in: Palandt, BGB, § 157 Rn. 4.
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(c) Ermittlung des hypothetischen Parteiwillens Grundlage der Ergänzung des Vertragsinhalts im Rahmen von §§ 133, 157 BGB ist die Ermittlung eines hypothetischen Parteiwillens. Unter Berücksichtigung des vertraglichen Regelungsplans sowie aller übrigen Begleitumstände ist zu hinterfragen, was redliche und verständige Parteien bei Kenntnis der planwidrigen Regelungslücke nach dem Vertragszweck und sachgemäßer Abwägung ihrer beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben vereinbart hätten.736 In der Regel dürfte kein Streit darüber bestehen, dass die durch den Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag bedingte Änderung der tatsächlichen Situation, namentlich der Wegfall der Möglichkeit des Entstehens von Gewinnen oder Verlusten beim Emittenten, den Interessen beider Vertragsparteien widerstrebt. Hierin waren sich die Parteien auch in den Verfahren Eurohypo vor dem OLG Frankfurt a. M. einig.737 Fraglich ist daher nur, welchen Weg sie bei Kenntnis der Problemlage eingeschlagen hätten, um die dem Genussrecht ursprünglich eigentümliche Risikoverteilung wiederherzustellen. Diesbezüglich werden in Literatur und Rechtsprechung unterschiedliche Lösungsmodelle vorgeschlagen. (aa) Ergebnis der Konzernmutter Einen in der seit Mitte der achtziger Jahre andauernden Diskussion bislang nicht zur Sprache gebrachten Ansatz verfolgt das LG Frankfurt a. M. in seinen erstinstanzlichen Urteilen in Sachen Eurohypo. Im Hinblick auf die Gewinn- und Verlustteilnahme des Genussrechts solle nach Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags nicht mehr auf das Jahres- oder das Bilanzergebnis des Emittenten, sondern vielmehr auf das der Konzernmutter abzustellen sein. Denn diese könne – insbesondere, wenn sich der Emittent neben dem Gewinnabführungs- auch einem Beherrschungsvertrag unterworfen hat – über das Weisungsrecht des § 308 Abs. 1 S. 1, Abs. 2 S. 1 AktG den größten Einfluss auf das Schicksal und die Werthaltigkeit der Genussrechte nehmen. Hinzu komme, dass die Inhaber von Genussrechten (wie auch die Minderheitsaktionäre) in Folge der Ausgleichspflicht nicht mehr mit dem wirtschaftlichen Risiko des beherrschten Unternehmens beschwert seien und damit Eigenkapital zuführten, obwohl sie praktisch einem Fremdkapitalgeber gleichkämen, der nur den Ausfall der Konzernmutter fürchten müsse. Doch solle das dem eigenkapitalzuführenden Genussschein eigentümliche Risiko allgemeiner wirtschaftlicher Veränderungen und deren Auswirkungen auf den Emittenten von dem Abschluss eines Unternehmensvertrags 736 St. Rspr. des BGH, vgl. BGH, Urt. v. 11. 10. 2005 – XI ZR 395/04 = BGHZ 164, 284; BGH, Urt. v. 4.3.2004 – III ZR 96/03 = BGHZ 158, 201; BGH, Urt. v. 13. 11. 1997 – IX ZR 289/96 = BGHZ 137, 153; Busche, in: MüKoBGB, § 157 Rn. 47; Ellenberger, in: Palandt, BGB, § 157 Rn. 7. 737 OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 07.02.2012 – 5 U 92/11 = ZIP 2012, 524, 526 („Eurohypo/ Rheinhyp/Essenhyp“); OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 13.12.2011 – 5 U 56/11 = ZIP 2012, 79, 80 („Eurohypo/Rheinhyp“).
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unberührt bleiben. Dies könne gewährleistet werden, indem man anstelle der Ergebnisse des Emittenten an die Kennziffern der beherrschenden Gesellschaft anknüpfe, das Genussrecht also wie ein Genussrecht der Konzernmutter behandle.738 Weiterhin spreche hierfür, dass auch in Umwandlungsfällen die Inhaber von Sonderrechten, die keine Stimmrechte gewähren, vor Verwässerung ihrer Rechte geschützt würden, indem sie ausgleichsweise gleichwertige Rechte des übernehmenden Rechtsträgers erhielten, vgl. §§ 23, 133, 204 UmwG. Allerdings darf bezweifelt werden, dass ein Ausgleich auf dieser Grundlage tatsächlich dem hypothetischen Willen der Vertragsparteien entspricht. Bei seiner Anlageentscheidung wird sich der Genussberechtigte regelmäßig bewusst für das Finanzprodukt eines bestimmten Emittenten entschieden haben, weil er an dessen wirtschaftliche Entwicklung bestimmte Erwartungen knüpft. Er ist im Rahmen seiner Investition daher bereit, das Risiko eines bestimmten Unternehmens mitzutragen. Auch bewirken das erhebliche wirtschaftliche Risiko des Anlegers (Verlustteilnahme bis hin zum Totalverlust), die oftmals lange Laufzeit sowie das Fehlen von Mitspracherechten, dass die Vertragsparteien beim Genussrechtsverhältnis in besonders engem Maße miteinander verbunden sind, was sich wiederum in einer erhöhten Intensität an wechselseitigen Sorgfaltspflichten niederschlägt.739 Dem Anleger ist daher keineswegs gleichgültig, wer als sein Vertragspartner über das wirtschaftliche Schicksal seiner Anlage entscheidet. Ein faktischer Austausch des Vertragspartners (wie ihn das LG Frankfurt a. M. im Sinn hat), durch welchen das wirtschaftliche Risiko der beherrschten Gesellschaft gegen das der Konzernmutter ausgetauscht wird, entspricht daher nicht den Interessen des Anlegers.740 Dies wird besonders deutlich, hält man sich vor Augen, was geschähe, wenn der Emittent Gewinne erwirtschaftet, es bei der Konzernmutter hingegen zu Verlusten kommt. Der Genussberechtigte hätte die Verluste der Mutter mitzutragen, obwohl er mit ihr in keiner vertraglichen Beziehung steht. Gegen eine derartige Ausfüllung der vertraglichen Lücke sprechen auch folgende Aspekte: Anders als in denjenigen Fällen, die vom Anwendungsbereich des § 23 UmwG erfasst werden, bedarf es keiner Verweisung an die Konzernmutter, da der ursprüngliche Rechtsträger beim Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags nicht erlischt. Die durch ihn herbeigeführte Veränderung der Rechtslage ist also insoweit nicht endgültig, als solche Unternehmensverträge entweder zeitlich befristet oder zumindest kündbar sind.741 Überdies bestimmt § 309 Nr. 10 BGB, dass im Rahmen eines Kauf-, Darlehens-, Dienst- oder Werkvertrages 738 LG Frankfurt a. M., Urt. v. 14. 12. 2010 – 3 – 5 O 65/10 = Der Konzern 2011, 118, 123; LG Frankfurt a. M., Urt. v. 15. 02. 2011 – 3 – 5 O 100/10. 739 Vgl. hierzu D. III. 2. a) dd) (2) (a) (aa). 740 So auch Casper, ZIP 2012, 497, 501. 741 So auch OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 07.02.2012 – 5 U 92/11 = ZIP 2012, 524, 526 („Eurohypo/Rheinhyp/Essenhyp“); OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 13.12.2011 – 5 U 56/11 = ZIP 2012, 79, 80 („Eurohypo/Rheinhyp“).
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der einseitige Austausch von Vertragspartnern unzulässig ist. Für das Genussrechtsverhältnis, bei welchem aufgrund seines Charakters als Dauerschuldverhältnis noch eine deutlich engere Bindung der Vertragspartner zueinander besteht, muss dies daher erst recht gelten. Ist der einseitige Austausch des Vertragspartners schon durch eine bestehende formularmäßige Vereinbarung nicht möglich, spricht viel dafür, diesen AGB-rechtlich festgeschriebenen Rechtsgedanken im Sinne des Grundsatzes der Rechtseinheit auch im Rahmen der ergänzenden Vertragsauslegung zu berücksichtigen.742 (bb) Fiktives Ergebnis des Emittenten Eine anderen Möglichkeit, die lückenhaften Genussrechtsbedingungen zu ergänzen, sieht ein Teil des Schrifttums darin, anstelle des tatsächlich bilanzierten Ergebnisses, das wegen der Gewinnabführungs- und Ausgleichspflicht null beträgt, ein vorläufiges fiktives Geschäftsergebnis vor der Gewinnabführung bzw. vor dem Verlustausgleich als Berechnungsgrundlage zu bestimmen.743 Geht man davon aus, dass sich die Folgen des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags im Sinne der §§ 291, Abs. 1 Var. 2, 302 AktG lediglich auf Gewinnabführung und Verlustausgleich beschränken, vermag diese Lösung auf unkompliziertem Wege ein vermeintlich interessengerechtes Ergebnis zu erzielen, weswegen sie das LG Frankfurt a. M. als “verlockend einfache Lösung“ bezeichnet hat.744 Bei einem solchen Vorgehen bleibt jedoch unberücksichtigt, dass der Inhaber von Genussrechten des beherrschten Unternehmens nicht nur dadurch beschwert ist, dass der Ausweis von Gewinnen und damit die Ausschüttung an ihn vereitelt wird, sondern der wirtschaftliche Wert seines Genussrechts auch durch eine für ihn nachteilige Einflussnahme der beherrschenden Gesellschaft geschmälert werden kann. Denn der Konzernmutter ist es nach § 308 Abs. 1 S. 1, S. 2, Abs. 2 S. 1 AktG möglich, der beherrschten Gesellschaft Weisungen zu erteilen, und zwar auch solche, die für die Letztere nachteilig sind. Der hierdurch bedingte Verlust eigenständiger Entscheidungsfindung und Geschäftspolitik des Emittenten führt daher zu einer Ausweitung der vom Genussberechtigten ursprünglich übernommenen Risiken.745 Im Gegensatz zum Beherrschungsvertrag sieht das Konzernrecht im Falle des isolierten Abschlusses eines Gewinnabführungsvertrags keine Möglichkeit vor, der Tochtergesellschaft Weisungen zu erteilen. Auch ist es denkbar und zulässig, das Weisungsrecht im Beherrschungsvertrag vollständig oder teilweise (etwa im Hin-
742
Casper, ZIP 2012, 497, 501. Kallrath, Inhaltskontrolle der Wertpapierbedingungen, S. 178; Luttermann, Unternehmen, S. 538; Meilicke, BB 1987, 1609, 1610. 744 LG Frankfurt a. M., Urt. v. 14. 12. 2010 – 3 – 5 O 65/10 = Der Konzern 2011, 118, 123; LG Frankfurt a. M., Urt. v. 15. 02. 2011 – 3 – 5 O 100/10. 745 Casper, ZIP 2012, 497, 499; Kallrath, Inhaltskontrolle der Wertpapierbedingungen, S. 179 ff.; U.H.Schneider, in: Festschrift Goerdeler, S. 517. 743
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blick auf nachteilige Weisungen) auszuschließen.746 Da die eben dargestellten Bedenken in diesen Fällen nicht zum Tragen kommen, ist es scheinbar interessengerecht, auf das fiktive Ergebnis des Emittenten vor Gewinnabführung und Verlustausgleich abzustellen, und „die Genussrechte so zu bedienen, als ob die Gewinnabfuhrverpflichtung nicht bestünde.“747 Was die Vertreter dieser Auffassung indes übersehen und worauf das LG und das OLG Frankfurt a. M. in ihren Entscheidungen zu Recht hinweisen, ist die Tatsache, dass auch ohne die Möglichkeit ausdrücklicher Weisungen die Gefahr besteht, Maßnahmen im Konzern zu ergreifen, die sich zum Nachteil des Emittenten und damit auch zulasten der Anleger auswirken, da durch sie der Gewinn des abhängigen Unternehmens geschmälert wird. So könnten etwa Geschäftschancen oder vielversprechende Entwicklungen des abhängigen Unternehmens auf das herrschende Unternehmen oder auf Schwesterunternehmen des abhängigen Unternehmens umgeleitet bzw. beim abhängigen Unternehmen nicht mehr weiter verfolgt werden. Weiterhin sei zu befürchten, dass die Bilanzierungspolitik des abhängigen Unternehmens geändert und das abhängige Unternehmen mittels zentral vorgeschriebener Konzernverrechnungspreise gezwungen werde, Produkte oder Dienstleistungen unter Marktwert an andere Konzernunternehmen zu leisten.748 Diese Beispiele verdeutlichen, in welchem Ausmaß ein abhängiges Unternehmen auch jenseits des Weisungsrechts durch die Leitungsmacht der Konzernmutter beeinflusst wird. Aus diesem Grund stellt das Anknüpfen an das fiktive Ergebnis des Emittenten bei Bestehen weder eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags (selbst bei Ausschluss des Weisungsrechts) noch eines isolierten Gewinnabführungsvertrags eine Lösung dar, die den Interessen der Anleger in ausreichendem Umfang Rechnung trägt. (cc) Prognose im Zeitpunkt der Konzernierung Aufgrund der Unzulänglichkeiten der bereits erörterten Lösungswege hat sich das OLG Frankfurt a. M. in den Eurohypo-Verfahren dazu entschlossen, die Regelungslücke im Genussrechtsverhältnis zu schließen, indem es den Rechtsgedanken des § 304 AktG heranzieht.749 Das Gericht geht demnach davon aus, dass die Ver746 Altmeppen, in: MüKoAktG, § 308 Rn. 132 ff.; Hüffer, AktG, § 308 Rn. 1; Veil, in: Spindler/Stilz, AktG, § 308 Rn. 29. 747 Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 320; ebenso Frantzen, Genußscheine, S. 282 Fn. 352; Kallrath, Inhaltskontrolle der Wertpapierbedingungen, S. 178; U.H.Schneider, in: Festschrift Goerdeler, S. 525. 748 LG Frankfurt a. M., Urt. v. 14. 12. 2010 – 3 – 5 O 65/10 = Der Konzern 2011, 118, 123; LG Frankfurt a. M., Urt. v. 15. 02. 2011 – 3 – 5 O 100/10; dem zustimmend OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 07.02.2012 – 5 U 92/11 = ZIP 2012, 524, 527 („Eurohypo/Rheinhyp/Essenhyp“); OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 13.12.2011 – 5 U 56/11 = ZIP 2012, 79, 81 („Eurohypo/Rheinhyp“). 749 OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 07.02.2012 – 5 U 92/11 = ZIP 2012, 524, 528 f. („Eurohypo/Rheinhyp/Essenhyp“); OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 13.12.2011 – 5 U 56/11 = ZIP 2012,
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tragsparteien eine Vereinbarung getroffen hätten, die für den Fall des Abschlusses eines Unternehmensvertrags durch den Emittenten einen angemessenen Ausgleich vorsieht. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Bewertung der wirtschaftlichen Entwicklung des Emittenten und damit für die Berechnung der Ausgleichszahlung sei die Zustimmung der Hauptversammlung zum Abschluss des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags.750 Zur Anwendbarkeit der aus § 304 Abs. 1 AktG herrührenden Grundsätze kommen die Befürworter dieses Lösungsansatzes, indem sie einen Vergleich der (von der Norm direkt erfassten) Aktionäre mit den Inhabern von Genussrechten vornehmen. Beiden gemein sei die Teilnahme an Gewinn und Verlust der Gesellschaft. Dementsprechend seien beide gleichermaßen von der Beeinträchtigung ihrer Vermögenswerte betroffen, die durch einen Beherrschungs- oder Gewinnabführungsvertrag verursacht werde, und die im Rahmen des § 304 AktG kompensiert werden solle.751 Im Hinblick auf die Genussberechtigten bestehe gar ein größeres Schutzbedürfnis, da diese aufgrund des Fehlens mitgliedschaftlicher Verwaltungsrechte nicht am Abschluss des Unternehmensvertrags beteiligt seien und sich ihnen daher keine Möglichkeit biete, den Vertragsschluss zu verhindern.752 Doch auch diese Herangehensweise bietet Kritikern Angriffsflächen. Durch die Regelung nach der Wertung des § 304 AktG wird die ursprüngliche vertragliche Regelung – etwa im Gegensatz zum Abstellen auf das fiktive Ergebnis – erheblich verändert, was das OLG Frankfurt a. M. selbst erkennt und einräumt.753 Folge dieser Lösung ist überdies, dass die tatsächliche Entwicklung der Ertragssituation ab dem Stichtag des Vertragsschlusses ausgeblendet wird. Dies kann, wie sich in den Fällen Eurohypo gezeigt hat, soweit führen, dass etwa eine zwischenzeitlich eingetretene Banken- und Finanzkrise und hiermit verbundene Ertragseinbrüche und Verluste in diesem Sektor ignoriert werden, da die Ertragsprognose für die Genussberechtigten zum Zeitpunkt, in dem der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag geschlossen wurde (dies war im Juni 2007) durchweg positiv war.754 Das LG Frankfurt a. M. distanzierte sich daher davon, seiner Entscheidung den Rechtsgedanken
79, 82 f. („Eurohypo/Rheinhyp“); ebenso: Casper, ZIP 2012, 497, 499; Lindemann, Gewinnabhängige Ansprüche, S. 66 ff. 750 OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 07.02.2012 – 5 U 92/11 = ZIP 2012, 524, 528 f. („Eurohypo/Rheinhyp/Essenhyp“); OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 13.12.2011 – 5 U 56/11 = ZIP 2012, 79, 82 f. („Eurohypo/Rheinhyp“). 751 Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 304 Rn. 4 f.; Hüffer, AktG, § 304 Rn. 1; Paulsen, in: MüKoAktG, § 304 Rn. 7; Veil, in: Spindler/Stilz, AktG, § 305 Rn. 1 ff. 752 OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 07.02.2012 – 5 U 92/11 = ZIP 2012, 524, 528 („Eurohypo/ Rheinhyp/Essenhyp“); OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 13.12.2011 – 5 U 56/11 = ZIP 2012, 79, 82 („Eurohypo/Rheinhyp“); Casper, ZIP 2012, 497, 501 f. 753 OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 07.02.2012 – 5 U 92/11 = ZIP 2012, 524, 528 („Eurohypo/ Rheinhyp/Essenhyp“); OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 13.12.2011 – 5 U 56/11 = ZIP 2012, 79, 83 („Eurohypo/Rheinhyp“). 754 LG Frankfurt a. M., Urt. v. 14. 12. 2010 – 3 – 5 O 65/10 = Der Konzern 2011, 118, 123; LG Frankfurt a. M., Urt. v. 15. 02. 2011 – 3 – 5 O 100/10.
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D. Das Verhältnis von Anlegerschutz und Bankenaufsichtsrecht
des § 304 AktG zugrunde zu legen, da das Genussrecht das ihm zugedachte, wirtschaftliche Risiko verlöre und praktisch einem Darlehen gleichgestellt würde.755 Trotz dieser Kritik spricht vieles für den vom OLG Frankfurt a. M. gewählten Lösungsweg. Im Grundsatz ist es nicht mit der vertraglichen Interessen- und Risikoverteilung unvereinbar, dass der Emittent auch im Falle unerwartet schlechter Entwicklung seiner wirtschaftlichen Lage Ausschüttungen auf die Genussrechte zu leisten hat. Denn für die Änderung der ursprünglichen, in den Emissionsbedingungen vorgesehenen Rechtslage setzt ausschließlich er die Ursache, indem er nach Ausgabe der Genussrechte einen Unternehmensvertrag schließt. Den Verlust des vertragsgemäßen Risikos auf Seiten des Anlegers muss er daher als Folge der Konzernierung in Kauf nehmen. Schwieriger gestaltet sich die Bewertung indes im umgekehrten Fall, wenn also die Prognose negativ war, es dem Emittenten in den Folgejahren nach Abschluss des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags dennoch gelingt, Gewinne zu erwirtschaften. Insbesondere unter Berücksichtigung der oftmals langen Laufzeiten bei Genussrechten, mit denen dem Emittenten Eigenkapital zugeführt werden soll, von mindestens fünf bis hin zu 20 Jahren, muss hinterfragt werden, ob dem Anleger zugemutet werden kann, dass er zukünftig keine Chance mehr hat, an Gewinnen des Emittenten zu partizipieren. Da die Entscheidung darüber, ob und wann ein solcher Vertrag geschlossen wird, in der Sphäre des Emittenten liegt, ist nämlich zu befürchten, dass er über den Weg des Konzernrechts gezielt auf die Erträge der Genussrechtsinhaber Einfluss nimmt. So könnte der Emittent eine zukünftige Ausschüttungspflicht etwa verhindern und das Genusskapital belasten, indem er sich im Zeitpunkt einer wirtschaftlich negativen Prognose dazu verpflichtet, seine Gewinne an ein anderes Unternehmen abzuführen. Daher entspricht das Lösungsmodell, welches vom OLG Frankfurt a. M. zur ergänzenden Vertragsauslegung befürwortet wurde, nur in denjenigen Fällen der in den Genussrechtsbedingungen üblicherweise vorgesehenen Risikoverteilung, in denen der Emittent im Zeitpunkt der Zustimmung zum Unternehmensvertrag eine positive oder zumindest neutrale wirtschaftliche Prognose aufweist. Damit die Genussberechtigten bei einer negativen Prognose nicht dauerhaft, also für die Restlaufzeit ihrer Genussrechte oder bis zum Ende der Befristung oder Aufhebung des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags um die Möglichkeit gebracht werden, an etwaigen Gewinnen der beherrschten Gesellschaft teilzuhaben, ist die dem Rechtsgedanken des § 304 AktG entsprechende Ausgleichspflicht zu ergänzen. Eine Möglichkeit, den Interessen des Anlegers Rechnung zu tragen, könnte beispielsweise darin liegen, die ursprünglich angestellte Prognose turnusmäßig, etwa alle fünf Jahre, einer erneuten Überprüfung zu unterziehen und die Ausgleichspflicht bei Veränderung der wirtschaftlichen Situation entsprechend anzupassen. Freilich besteht dabei ebenso wie im Falle eines Anknüpfens an das fiktive Jahresergebnis des 755 LG Frankfurt a. M., Urt. v. 14. 12. 2010 – 3 – 5 O 65/10 = Der Konzern 2011, 118, 123; LG Frankfurt a. M., Urt. v. 15. 02. 2011 – 3 – 5 O 100/10.
III. Beeinträchtigungen und Schutzmaßnahmen
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Emittenten die Gefahr, dass seine wirtschaftliche Bewertung durch die Erteilung nachteiliger Weisungen oder durch sonstige Maßnahmen der Konzernmutter beeinflusst wird.756 Aufgrund dessen könnte es womöglich auch den Interessen der Vertragsparteien entsprechen, wenn sich die Überprüfung der anfänglichen Prognose an einer Bezugsgröße orientiert, die außerhalb des Emittenten und des ihn umfassenden Konzerns liegt. Zu denken ist an bestimmte Referenzzinssätze oder den Aktienindex der Branche, zu welcher der Emittent gehört. Spiegelt dies die tatsächliche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Emittenten nicht wider, so bleibt ihm noch immer die Möglichkeit, sich vom Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag zu lösen, die ursprünglichen genussvertraglichen Regelungen wiederaufleben zu lassen und damit eine Ausschüttungspflicht bei Verlusten zu vermeiden. (dd) Zwischenergebnis Durch den Abschluss eines Unternehmensvertrags wird erheblich in die rechtliche Beziehung des Emittenten zum Inhaber von Genussrechten eingegriffen. Am ehesten gelingt es, die ursprünglich vereinbarte Interessen- und Risikoverteilung zwischen den Vertragsparteien wiederherzustellen, indem man der ergänzenden Vertragsauslegung den Rechtsgedanken des § 304 AktG zugrunde legt. Da der Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags grundsätzlich im Einflussbereich des Emittenten liegt, ist dieser verglichen mit den Genussberechtigten in geringerem Maße schutzwürdig. Daher ist das in den Eurohypo-Verfahren angewandte Lösungsmodell des OLG Frankfurt a. M. dahingehend zu erweitern, als eine negative Prognose nicht zum endgültigen Ausschluss künftiger Ausschüttungen führen darf. Vielmehr ist in den Folgejahren nach Abschluss des Unternehmensvertrags zu überprüfen, ob sich die betriebs- oder gesamtwirtschaftliche Situation zugunsten des Anlegers verändert hat. (3) Analoge Anwendung konzernrechtlicher Vorschriften In weiten Teilen des Schrifttums wird angeregt, die vertragliche Lücke durch eine analoge Anwendung des § 304 AktG zu schließen757 Dies führt zwar letztendlich zum gleichen Ergebnis. Einer Analogie bedarf es allerdings nicht, solange das Problem bereits auf der vertraglichen Ebene gelöst werden kann. 758 Führt die ergänzende Vertragsauslegung nicht zu einem nach Treu und Glauben interessengerechten Ergebnis und bleibt insofern eine Regelungslücke bestehen, ist eine Analogie jedoch denkbar. 756
Vgl. hierzu D. III. 3. a) aa) (2) (c) (bb). Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 304 Rn. 14a; Frantzen, Genußscheine, S. 282 ff.; Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 320; Hirte, in: GroßKommAktG, § 221 Rn. 418, 188; Hirte, ZIP 1988, 488; Lutter, in: KöKoAktG, § 221 Rn. 404; Schürnbrand, ZHR 173 (2009), 689, 707 ff. 758 Vgl. U.H.Schneider, in: Festschrift Goerdeler, S. 526. 757
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D. Das Verhältnis von Anlegerschutz und Bankenaufsichtsrecht
(4) Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 314 BGB Sofern im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung oder der hilfsweisen analogen Anwendung konzernrechtlicher Vorschriften eine Anpassung des Genussrechts erreicht werden kann, die für beide Vertragsparteien zumutbar ist, ist im Umkehrschluss zu § 314 Abs. 1 S. 2 BGB für ein außerordentliches Kündigungsrecht des Anlegers kein Raum.759 Auch lässt sich ein solches Recht nicht einer entsprechenden Anwendung des Rechtsgedankens aus § 305 Abs. 1 AktG entnehmen, der ein Austritts- und Abfindungsrecht für Aktionäre der beherrschten Gesellschaft vorsieht. Denn Sinn und Zweck der Rechte aus § 305 Abs. 1 AktG ist nicht allein, den Aktionär vor dem Risiko einer dauerhaften wirtschaftlichen Beeinträchtigung seiner Beteiligung zu schützen, sondern darüber hinaus die Einschränkung seiner mitgliedschaftlichen Verwaltungsrechte zu kompensieren.760 Derartige Rechte hat der Genussberechtigte aufgrund des schuldrechtlichen Charakters des Genussrechtsverhältnisses jedoch von vornherein nicht inne, sodass es ihm nicht möglich ist, sich auf den Verlust seiner Möglichkeit zur Einflussnahme zu berufen.761 Dies kann, wie eingangs erwähnt, indes nur gelten, wenn die durch den Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag eingetretene Änderung auf vertraglicher Ebene in einer angemessenen Art und Weise ausgeglichen wird. Sind die Interessen des Anlegers aus dem Genussrechtsverhältnis dagegen nachhaltig beeinträchtigt, weil ein derartiger Ausgleich nicht erfolgt, verbleibt dem Genussberechtigten das Recht zur Kündigung aus wichtigem Grund als ultima ratio.762 (5) Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 BGB Über die Anpassung des Genussrechtsverhältnisses und ein Recht zur außerordentlichen Kündigung werden zum Teil auch Ansprüche des Genussberechtigten gegen dem Emittenten auf Zahlung von Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 BGB erwogen.763 759 Casper, ZIP 2012, 497, 499; Hirte, in: GroßKommAktG, § 221 Rn. 418, 187; Kallrath, Inhaltskontrolle der Wertpapierbedingungen, S. 178; Lindemann, Gewinnabhängige Ansprüche, S. 81 ff.; U.H.Schneider, in: Festschrift Goerdeler, S. 527. 760 BGH, Entsch. v. 20. 5. 1997 – II ZB 9/96 = BGHZ 135, 374, 379; BGH, Entsch. v. 4.3.1998 – II ZB 5/97 = BGHZ 138, 136, 139; Casper, ZIP 2012, 497, 499; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 305 Rn. 1; Hirte, in: GroßKommAktG, § 221 Rn. 418, 187; Hüffer, AktG, § 305 Rn. 1; Paulsen, in: MüKoAktG, § 305 Rn. 7; Veil, in: Spindler/Stilz, AktG, § 305 Rn. 1. 761 Vgl. auch Hirte, ZIP 1988, 477, 488. 762 Casper, ZIP 2012, 497, 503; Luttermann, Unternehmen, S. 538 f. 763 Geßler, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropff, AktG, § 304 Rn. 28; Hüffer, AktG, § 221 Rn. 68a; Kallrath, Inhaltskontrolle der Wertpapierbedingungen, S. 179 ff. Koppensteiner, in: KöKoAktG, § 304 Rn. 13; Paulsen, in: MüKoAktG, § 304 Rn. 32; a. A. OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 07.02.2012 – 5 U 92/11 = ZIP 2012, 524, 528 („Eurohypo/Rheinhyp/Essenhyp“); OLG
III. Beeinträchtigungen und Schutzmaßnahmen
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Als Voraussetzung einer vertraglichen Haftung müsste der Abschluss des Unternehmensvertrags eine Pflichtverletzung darstellen. Dies ist schon nicht allein deswegen ausgeschlossen, weil der Abschluss solcher Verträge in § 291 Abs. 1 AktG ausdrücklich vorgesehen und damit grundsätzlich gesetzlich gestattet ist.764 Denn auch der Verkäufer, der ein und dieselbe Sache mehrfach verkauft, aber nur einmal erfüllen kann, handelt gegenüber einem der Käufer pflichtwidrig, obwohl der Abschluss von Kaufverträgen vom Gesetzgeber durch die Normierung in § 433 BGB ausdrücklich vorgesehen ist. Auch finden sich in den Genussrechtsbedingungen regelmäßig keine Bestimmungen, die es dem Emittenten untersagen, sich einem Unternehmensvertrag zu unterwerfen. Daher ist vielmehr zu überprüfen, ob der Emittent durch die Folgen des Gewinnabführungs- und Beherrschungsvertrags seine Pflicht, das vom Genussrechtsinhaber eingebrachte Kapital nicht dauerhaft zu schmälern,765 verletzt. Das Bestehen einer solchen „Rechtspflicht zur Berücksichtigung auch der Interessen der Genussrechtsinhaber“766 ist seit der Klöckner-Entscheidung des BGH grundsätzlich anerkannt. Von ihr umfasst wird auch die Pflicht, Maßnahmen zu unterlassen, durch die die Anleger einem Risiko ausgesetzt werden, welches sie mit ihrer Investitionsentscheidung nicht übernommen haben. Der durch die Pflicht zur Gewinnabführung bedingte Ausschluss zukünftiger Ausschüttungen stellt damit im Grundsatz eine Verletzung genussvertraglicher Pflichten dar. Kann jedoch auf dem Wege der ergänzenden Vertragsauslegung ein (vollständiger) interessengerechter Ausgleich erreicht werden, so fehlt es nicht nur an einem Vermögensschaden seitens der Anleger,767 sondern bereits an der Pflichtverletzung, da die Gewinnchancen der Genussberechtigten nicht beeinträchtigt und das von ihnen eingezahlte Kapital nicht vermindert wird. Sollte es dem Anleger jedoch gelingen, trotz der an § 304 AktG angelehnten Ausgleichspflicht einen infolge des Unternehmensvertrags entstandenen Schaden darzulegen, so kann er dessen Ersatz nach § 280 Abs. 1 BGB verlangen.768 Doch weist das LG Frankfurt a. M. zu Recht darauf hin, dass es dem Genussrechtsinhaber Frankfurt a. M., Urt. v. 13.12.2011 – 5 U 56/11 = ZIP 2012, 79, 82 („Eurohypo/Rheinhyp“); LG Frankfurt a. M., Urt. v. 14. 12. 2010 – 3 – 5 O 65/10 = Der Konzern 2011, 118, 123; LG Frankfurt a. M., Urt. v. 15. 02. 2011 – 3 – 5 O 100/10; Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 320; Hirte, in: GroßKommAktG, § 221 Rn. 418, 187; Lindemann, Gewinnabhängige Ansprüche, S. 39 ff. 764 OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 07.02.2012 – 5 U 92/11 = ZIP 2012, 524, 528 („Eurohypo/ Rheinhyp/Essenhyp“); OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 13.12.2011 – 5 U 56/11 = ZIP 2012, 79, 82 („Eurohypo/Rheinhyp“). 765 Vgl. oben D. III. 2. a) dd) (2) (a) (aa). 766 Frantzen, Genußscheine, S. 240. 767 OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 07.02.2012 – 5 U 92/11 = ZIP 2012, 524, 528 („Eurohypo/ Rheinhyp/Essenhyp“); OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 13.12.2011 – 5 U 56/11 = ZIP 2012, 79, 82 („Eurohypo/Rheinhyp“). 768 A. A. Hirte, in: GroßKommAktG, § 221 Rn. 418, 187. Denn in diesem Falle würde die vom Gesetz vorgezeichnete Regelung des Interessenausgleichs ignoriert.
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D. Das Verhältnis von Anlegerschutz und Bankenaufsichtsrecht
erhebliche Schwierigkeiten bereiten dürfte, den ursächlichen Zusammenhang zwischen Schaden und Pflichtverletzung im Prozess nachzuweisen.769 (6) Zulässigkeit abweichender genussvertraglicher Vereinbarungen Die Notwendigkeit einer ergänzenden Vertragsauslegung bestand in den Eurohypo-Verfahren, da die Genussrechtsbedingungen keine Regelungen für den Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags durch den Emittenten vorsahen und insofern lückenhaft waren. Grundsätzlich ist es daher wünschenswert, dass die Parteien des Genussrechtsverhältnisses die Problemlage bereits bei Vertragsschluss erkennen und einer gerichtlichen Auseinandersetzung durch die Aufnahme entsprechender Klauseln vorbeugen. Der Ausgleich anhand des Rechtsgedankens aus § 304 AktG stellt zwar diejenige Lösung dar, die der Interessen- und Risikoverteilung von Anleger und Emittenten im konkreten Fall in größtmöglicher Weise Rechnung getragen hat. Sie ist jedoch keineswegs naturgegeben und auf sämtliche Genussrechtsbestimmungen übertragbar. Denkbar ist etwa auch eine Klausel, die vorsieht, dass bei Abschluss eines Unternehmensvertrags die Gewinnund Verlustteilnahme an das fiktive Ergebnis anzuknüpfen soll. Jedoch ist dem Emittent anzuraten, in diesem Fall eine Mindestverzinsung zu garantieren, dem Anleger ein Sonderkündigungsrecht einzuräumen770 oder zumindest ausdrücklich auf die Möglichkeit nachteiliger Weisungen nach § 308 AktG und die für den Genussberechtigten hierdurch entstehenden Gefahren hinzuweisen. Ansonsten dürfte eine derartige Klausel, die eine potentielle Schlechterstellung des Anlegers zulässt, bei einer gerichtlichen Inhaltskontrolle an der Hürde des § 307 Abs. 1 S. 2 BGB scheitern. Von vornherein gilt dies für eine Regelung, die anstelle des Bilanzgewinns oder des Jahresergebnisses des Emittenten dasjenige Ergebnis der Konzernmutter als Anknüpfungspunkt bestimmt, da § 309 Nr. 10 BGB dem Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen den einseitigen Austausch des Vertragspartners untersagt.771 (7) Zwischenergebnis Die üblicherweise verwendeten Genussrechtsbedingungen sehen keine Bestimmungen für den Fall vor, dass der Emittent einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag abschließt. Da durch die Gewinnabführungs- und Verlustausgleichspflicht erheblich in das Rechtsverhältnis zwischen Emittenten und Genussberechtigtem eingegriffen wird, bedarf es einer interessengerechten Korrektur dieses Zustandes. Im Wege ergänzender Vertragsauslegung dürfte die vertragliche Lücke regelmäßig dergestalt zu schließen sein, dass sich Ausschüttung und Verlustteilnahme entsprechend dem Rechtsgedanken des § 304 AktG an einer Prognose der 769 LG Frankfurt a. M., Urt. v. 14. 12. 2010 – 3 – 5 O 65/10 = Der Konzern 2011, 118, 123; LG Frankfurt a. M., Urt. v. 15. 02. 2011 – 3 – 5 O 100/10. 770 Casper, ZIP 2012, 497, 503. 771 Vgl. Casper, ZIP 2012, 497, 503.
III. Beeinträchtigungen und Schutzmaßnahmen
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wirtschaftlichen Entwicklung des Emittenten im Zeitpunkt der Zustimmung der Hauptversammlung zum Unternehmensvertrag orientieren. Fällt die Prognose negativ aus, so ist jedoch zukünftig zu überprüfen, ob nicht eine Besserung der wirtschaftlichen Situation eingetreten ist, die eine Gewinnbeteiligung der Genussberechtigten gebietet. Denn andernfalls obläge es dem Emittenten, die Bedienung der Genussrechte durch Unterwerfung unter einen Unternehmensvertrag dauerhaft zu vereiteln. b) Abweichende Beurteilung im Anwendungsbereich des KWG? Handelt es sich bei dem Emittenten des Genussrechts um ein Kreditinstitut, wird die rechtliche Stellung der am Genussrechtsverhältnis beteiligten Parteien neben den Vorschriften des Aktien- und allgemeinen Zivilrechts durch zahlreiche Vorschriften des Bankenaufsichtsrechts geprägt. Daher ist zu hinterfragen, ob mittels einer ergänzenden Vertragsauslegung, wie sie eben dargestellt wurde, auch in diesem Bereich interessengerechte Ergebnisse erzielt werden oder ob es einer abweichenden Beurteilung bedarf. aa) Abstellen auf fiktives Ergebnis aufgrund von §§ 2a Abs. 1, 25 Abs. 1 KWG? Einer der wesentlichen Kritikpunkte, die gegen die Bezugnahme auf das fiktive Geschäftsergebnis der beherrschten Gesellschaft angeführt wurden, war, die Konzernmutter sei durch Ausübung ihrer Leitungsmacht im Konzern in der Lage, die Gewinne des durch den Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags kontrollierten Emittenten zum Nachteil der Anleger zu beeinflussen. Zum einen kann dies geschehen durch die Erteilung nachteiliger Weisungen im Sinne des § 308 AktG, darüber hinaus aber auch durch eine einheitliche Bilanzierungspolitik im Konzern oder die Verpflichtung des Emittenten, Dienstleistungen oder Produkte von der Konzernmutter oder anderen Konzerngesellschaften abzunehmen.772 Eine derartige Einflussnahme auf die beherrschte Gesellschaft wäre indes auf den ersten Blick nicht zu befürchten, wenn es sich bei dem Emittenten um ein Kreditinstitut handelt. Denn für deren Geschäftsleitung gilt der Grundsatz uneingeschränkter Weisungs- und Vertretungsbefugnis, der neben Entscheidungsvorbehalten zugunsten Dritter auch die Weisungsgebundenheit des Vorstandes im Rahmen von Unternehmensverträgen ausschließt.773 Zur Wahrung dieses Gebots sehen Unternehmensverträge im Bankensektor daher regelmäßig Bestimmungen vor, nach 772
Vgl. hierzu D. III. 3. a) aa) (2) (c) (bb). Schäfer, in: Boos/Fischer/Schulte-Mattler, KWG, § 1 Rn. 153; Serafin/Weber, in: Luz/ Neus/Scharpf/Schneider/Weber, KWG, § 1 Rn. 57; OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 07.02.2012 – 5 U 92/11 = ZIP 2012, 524, 529 („Eurohypo/Rheinhyp/Essenhyp“); OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 13.12.2011 – 5 U 56/11 = ZIP 2012, 79, 83 („Eurohypo/Rheinhyp“). 773
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D. Das Verhältnis von Anlegerschutz und Bankenaufsichtsrecht
denen es der Konzernmutter untersagt ist, Weisungen zu erteilen, deren Ausführung ein Verstoß gegen das KWG oder andere gesetzlichen Bestimmungen zur Folge hätte. Eine derartige Regelung fand sich auch im Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag zwischen der Commerzbank Inlandsbanken Holding GmbH und der Eurohypo AG. Dennoch sprechen, trotz des bankenaufsichtsrechtlichen Gebots vorbehaltsloser und weisungsfreier Geschäftsführung, zwei Aspekte dagegen, im Anwendungsbereich des KWG abweichend vom für Genussrechte im Allgemeinen interessengerechten Ergebnis, an das fiktive Jahresergebnis des Emittenten anzuknüpfen. Zum einen garantiert der Grundsatz weisungsfreien Handelns für die Geschäftsleitung von Kreditinstituten zwar, dass diese keine für den Emittenten und die Anleger nachteiligen Weisungen der Konzernmutter ausführen müssen. Dem Problem, dass eine Benachteiligung der Genussberechtigten auch auf anderem Wege als über nachteilige Weisungen herbeigeführt werden kann, vermag das Bankenaufsichtsrecht jedoch nicht abzuhelfen. Zum anderen eröffnet § 2a Abs. 1 KWG die Möglichkeit, Befugnisse, die eigentlich durch den Emittenten wahrzunehmen wären, auf die Konzernmutter zu übertragen. Namentlich erlaubt es die sog. „Waiver-Regelung“ einem beherrschten Kreditinstitut unter den weiteren Voraussetzungen des § 2a KWG davon abzusehen, die Vorschriften des § 10, der §§ 13 und 13a sowie des § 25a Abs. 1 S. 3 Nr. 1 zur Ermittlung und Sicherstellung der Risikotragfähigkeit, Festlegung von Strategien, Einrichtung von Prozessen zur Identifizierung, Beurteilung, Steuerung, Überwachung und Kommunikation von Risiken anzuwenden. Im Hinblick auf das Genussrecht ist dies insofern relevant, als der Emittent bei Inanspruchnahme dieser Ausnahmeregelung von der Pflicht zur eigenständigen Geschäftsführung entbunden wird, oder wie Casper es formuliert: Es „verschiebt sich der aufsichtsrechtliche Fokus von der Einzelinstitutsebene auf die Konzernebene.“774 Wie sich zeigt, ist daher auch im Bereich des KWG eine Einflussnahme der Konzernmutter auf den Emittenten und eine hierdurch bedingte Schlechterstellung der Anleger zu befürchten. Insbesondere gilt dies, wenn der Emittent von der Möglichkeit Gebrauch macht, nach § 2a KWG wesentliche Befugnisse auf die herrschende Gesellschaft zu übertragen. bb) Kollision der ergänzenden Vertragsauslegung mit § 10 Abs. 5 KWG? Werden Genussrechte von Kreditinstituten zur Verbreiterung ihrer Eigenkapitalbasis ausgegeben, so tritt dieser Zweck für den Anleger deutlich hervor, da in den Emissionsbedingungen gemäß § 10 Abs. 5 S. 5 KWG zwingend auf die Rechtsfolgen und Beschränkungen bei der Zuführung aufsichtsrechtlichen Eigenkapitals 774
Casper, ZIP 2012, 497, 500.
III. Beeinträchtigungen und Schutzmaßnahmen
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hinzuweisen ist. Auch in den Eurohypo-Verfahren war die Anrechnung des Genusskapitals als Ergänzungskapital von den Parteien gerade bezweckt und „unstreitig einer der Gründe für die Begebung der Genussscheine.“775 Als eine der Anforderungen an das Ergänzungskapital sieht § 10 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 KWG die Verlustteilnahme in voller Höhe vor. Besteht im Zeitpunkt, zu welchem der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag geschlossen wird, eine positive wirtschaftliche Prognose, so wird das Genusskapital von tatsächlich eintretenden Verlusten nicht mehr berührt, so dass der Genussberechtigte die vollständige, ungeschmälerte Rückzahlung seines Kapitals verlangen kann.776 Aus diesem Grunde ist zu überprüfen, ob eine ergänzende Vertragsauslegung, die einen Ausgleich im Sinne des § 304 AktG vorsieht, mit den Anforderungen des § 10 Abs. 5 KWG vereinbar ist und auf welche Art und Weise ein möglicher Konflikt aufzulösen wäre. (1) Aufhebung der Verlustteilnahme aufgrund der Ausgleichspflicht entsprechend § 304 AktG? Allein der Umstand, dass das Genusskapital infolge der Unterwerfung des Emittenten unter einen Unternehmensvertrag nicht mehr geschmälert werden kann, entbindet den Anleger noch nicht von der ihm obliegenden genussvertraglichen Verpflichtung, Verluste des Emittenten in voller Höhe mitzutragen. Denn selbst, wenn ihm sein Kapital aufgrund der positiven Prognose bei Abschluss des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags zunächst grundsätzlich unvermindert verbleibt, trägt der Anleger das wirtschaftliche Risiko des Emittenten weiter und nimmt im Sinne von § 10 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 KWG an Verlusten des Emittenten teil.777 Dies tut er erstens, sobald der Unternehmensvertrag gekündigt wird oder aufgrund des Zeitablaufs nicht mehr fortbesteht. Da es sich bei der Konzernierung im Wege des § 291 Abs. 1 AktG im Gegensatz zu einer Verschmelzung von Gesellschaften nicht um eine endgültige Maßnahme handelt, tritt die ursprüngliche Rechtslage, die vor Abschluss des Vertrags zwischen Emittenten und Konzernmutter bestand, wieder in Kraft und der Genussberechtigte kann zum Ausgleich eines Bilanzverlustes oder Jahresfehlbetrags vollumfänglich herangezogen werden. Doch auch schon während der Laufzeit des Unternehmensvertrags haftet der Anleger mit dem von ihm eingezahlten Genusskapital, nämlich dann, wenn die Konzernmutter insolvent und damit nicht mehr in der Lage ist, die bei der von ihr beherrschten Gesellschaft eingetretenen Verluste auszugleichen. 775 OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 07.02.2012 – 5 U 92/11 = ZIP 2012, 524, 529 („Eurohypo/ Rheinhyp/Essenhyp“); OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 13.12.2011 – 5 U 56/11 = ZIP 2012, 79, 83 („Eurohypo/Rheinhyp“). 776 Dies gilt zumindest dann, wenn das Genussrecht zu einem Zeitpunkt fällig wird, zu dem der Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag zwischen Emittenten und Konzernmutter noch besteht. 777 A. A. Schäfer, ZHR 175 (2011), 319, 334 f., der deswegen eine Erwerbspflicht der Konzernmutter analog § 305 Abs. 2 Nr. 3 AktG als angemessenen Ausgleich vorschlägt.
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D. Das Verhältnis von Anlegerschutz und Bankenaufsichtsrecht
Erst recht gilt die Verlustteilnahme des Anlegers fort, wenn die Prognose der wirtschaftlichen Entwicklung des Emittenten negativ ausfällt. In diesem Fall wird das Genusskapital zulasten der Genussberechtigten herabgesetzt, auch wenn der Emittent entgegen der ursprünglich getroffenen Einschätzung Gewinne erwirtschaftet. Der Anleger haftet damit nicht nur in voller Höhe, sondern sogar über Verluste des Emittenten hinaus. Die Schließung der vertraglichen Lücke durch Gewährung einer Ausgleichszahlung nach dem Vorbild des § 304 Abs. 1 AktG führt damit nicht dazu, dass die Verlustteilnahme auf Seiten des Anlegers, wie sie § 10 Abs. 5 KWG vorsieht, aufgehoben wird. Das eingezahlte Kapital steht dem Emittenten somit auch nach Abschluss eines Unternehmensvertrags als aufsichtsrechtliches Ergänzungskapital zur Verfügung. (2) Verhältnis von bankenaufsichtsrechtlicher Verlustbeteiligung und konzernrechtlicher Ausgleichspflicht Teilt man diese Ansicht nicht und kommt man zu dem Ergebnis, dass infolge der konzernrechtlichen Ausgleichspflicht den Anforderungen des § 10 Abs. 5 KWG nicht mehr genügt wird, so stellt sich die Frage, ob ein derartiges im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung gefundenes Ergebnis noch immer als interessengerecht bezeichnet werden kann. Denn ebenso ließe die eindeutige Motivationslage des Emittenten, das Genusskapital als Ergänzungskapital anrechnen zu können, was dem Anleger durch den zwingend in die Genussrechtsbedingungen aufzunehmenden Hinweis auf § 10 Abs. 5 KWG auch hinreichend deutlich gemacht wird, die Annahme zu, die Verlusttragungspflicht des Genussberechtigten solle unbedingt gewahrt bleiben.778 Die Ausgleichspflicht nach § 302 AktG im Verhältnis des Emittenten zur Konzernmutter und derjenigen entsprechend § 304 AktG zwischen dem Emittenten und dem Genussberechtigten müsste dann hinter der Verlustpartizipation, wie sie die Genussrechtsbedingungen und das KWG vorsehen, zurücktreten. Einen derartigen Vorrang genießen die Eigenmittelbestimmungen des § 10 Abs. 5 KWG jedoch nicht. Das OLG Frankfurt a. M. führt in seinen Entscheidungen hierzu zutreffend aus, Rechtsfolge eines Verstoßes [gegen die Voraussetzungen des § 10 Abs. 5 KWG] sei „nur“, dass die Qualifikation der Genussrechtsverbindlichkeiten als Ergänzungskapital entfalle. Über diese Rechtsfolge hinaus bestehe keine gesetzliche Pflicht, die Kriterien des § 10 Abs. 5 KWG einzuhalten.779 Eine vorrangige Verlustteilnahme der Genussberechtigten abzulehnen, ist mit Blick auf Sinn und Zweck der bankenaufsichtsrechtlichen Eigenmittelbe778 In diese Richtung ging auch der Vortrag der Beklagten in den Eurohypo-Verfahren, vgl. OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 07.02.2012 – 5 U 92/11 = ZIP 2012, 524, 529 („Eurohypo/ Rheinhyp/Essenhyp“); OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 13.12.2011 – 5 U 56/11 = ZIP 2012, 79, 83 („Eurohypo/Rheinhyp“). 779 OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 07.02.2012 – 5 U 92/11 = ZIP 2012, 524, 529 („Eurohypo/ Rheinhyp/Essenhyp“); OLG Frankfurt a. M., Urt. v. 13.12.2011 – 5 U 56/11 = ZIP 2012, 79, 83 („Eurohypo/Rheinhyp“).
III. Beeinträchtigungen und Schutzmaßnahmen
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stimmung auch gerechtfertigt. Zielsetzung des KWG ist es im Wesentlichen sicherzustellen, dass die Kreditinstitute den Verpflichtungen gegenüber ihren Gläubigern nachkommen können und die Stabilität des gesamten Banken- und Finanzdienstleistungssektors, inklusive der allgemeinen Kreditversorgung, garantiert wird.780 Folge des Unternehmensvertrags ist jedoch, dass die Liquidität des beherrschten Kreditinstituts und dadurch auch die Werthaltigkeit der Ansprüche der Institutsgläubiger infolge der konzernrechtlichen Pflicht zum Verlustausgleich durch die Mutter nach § 302 AktG gesichert ist.781 Müssten nun vorrangig die Genussberechtigten die beim Emittenten eingetretenen Verluste tragen, so wirkte sich dies nicht zugunsten der ohnehin abgesicherten Gläubiger aus. Begünstigte wäre ausschließlich die herrschende Gesellschaft. Dies wiederum liefe dem Grundsatz des Gleichlaufs von Verantwortlichkeit und Haftung, einem der wesentlichen Grundgedanken des Konzernrechts, zuwider, der u. a. Ausdruck in den §§ 291 Abs. 1, 302, 308 ff. AktG findet. Da die Konzernmutter in Folge des Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags durch die Gewinnabführung und das Weisungsrecht erhebliche Eingriffe in die beherrschte Gesellschaft vornimmt, soll sie (zumindest während der Vertragslaufzeit) auch das volle unternehmerische Risiko tragen und dieses nicht auf die Inhaber der Genussrechte abwälzen können.782 Eine derartige Risikoverteilung wird durch die Wertungen des Bankenaufsichtsrechts unterstrichen. Nach Maßgabe der §§ 2a Abs. 1, 10a Abs. 12 KWG kann im Rahmen einer Institutsgruppe das beherrschte Unternehmen von der Einhaltung der Erfordernisse aus § 10 KWG befreit und die Verantwortlichkeit für eine angemessene Eigenmittelausstattung auf die Konzernmutter übertragen werden. Auch ist in diesem Zusammenhang auf die erhöhte Schutzwürdigkeit der Genussberechtigten im Verhältnis zum Emittenten und der Konzernmutter hinzuweisen. Denn während Letztere es selbst in der Hand haben, einen Unternehmensvertrag abzuschließen, besteht für die Anleger keine Möglichkeit der Einflussnahme. cc) Zwischenergebnis Handelt es sich bei dem Emittenten des Genussrechts um ein Kreditinstitut, so unterliegt es den besonderen Anforderungen des KWG. Das Hinzutreten des Bankenaufsichtsrechts rechtfertigt allerdings keine abweichende Beurteilung der Rechtslage für den Fall, dass der Emittent einen Unternehmensvertrag abschließt. Weder wird durch die ergänzende Vertragsauslegung die Anerkennung des Genusskapitals als aufsichtsrechtliches Ergänzungskapital nach § 10 Abs. 5 780 Kokemoor, WM 2009, 1637, 1638; Nirk, KWG, S. 11; Schäfer, in: Boos/Fischer/ Schulte-Mattler, KWG, § 6 Rn. 2. 781 Fällt die beherrschende Gesellschaft aus, so lebt die Pflicht zur vollen Verlustübernahme auf Seiten der Genussberechtigten ohnehin wieder auf, so dass auch hier keine Schutzlücke besteht, vgl. Casper, ZIP 2012, 497, 502. 782 Vgl. Casper, ZIP 2012, 497, 502.
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Nr. 1 KWG berührt noch genießen die Eigenmittelbestimmungen des KWG Vorrang vor den konzernrechtlichen Ausgleichspflichten aus §§ 302, 304 AktG. Damit entspricht das Ergebnis, zu dem auch die obergerichtliche Rechtsprechung gelangt, wertungsmäßig dem Ergebnis in denjenigen Fällen, in denen der Konflikt zwischen Schadensersatz und aufsichtsrechtlichem Ergänzungskapital aufzulösen ist. c) Zwischenergebnis Der durch Abschluss eines Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrags bedingte Eingriff in das Genussrechtsverhältnis ist regelmäßig im Wege ergänzender Vertragsauslegung zu korrigieren. Unabhängig davon, ob der Emittent ein Kreditinstitut oder ein Unternehmen einer anderen Branche ist, wird die vertragliche Lücke in der Regel durch Verpflichtung zur Zahlung eines Ausgleichs nach dem Vorbild des § 304 AktG zu schließen sein. Diese Ausgleichspflicht wird nicht durch die bankenaufsichtsrechtlichen Eigenmittelbestimmungen, insbesondere die Verlustteilnahme aus § 10 Abs. 5 KWG, im Sinne eines vermeintlichen Vorrangs überlagert.
4. Allgemeine unternehmerische Entwicklung Wie der Aktionär unterliegt auch der Inhaber von Genussrechten dem Risiko unvorhergesehener Kursschwankungen. Diese können ihre Ursache im Unternehmen selbst haben, etwa wenn sie auf Fehleinschätzungen und -entscheidungen der Geschäftsleitung beruhen, aber auch Folge externer Einflüsse sein. Zu denken ist etwa an einen Einbruch des Börsenkurses aufgrund allgemeiner negativer Entwicklung der Volkswirtschaft, wie sie jüngst während der Finanzmarkt- und Bankenkrise zu beobachten war und wie sie bei jeder größeren Wirtschaftskrise auftreten kann. Solche Risiken sind den Genussrechten aufgrund ihres spekulativen Charakters eigentümlich. Daher sind die Folgen einer Realisierung solcher Risiken auch durch die Anleger zu tragen und können im Grundsatz nicht auf die Emittenten abgewälzt werden.783 Zwar beeinträchtigt der Wertverlust die wirtschaftliche Stellung des Anlegers. Da dies jedoch innerhalb des Rahmens der vertraglichen Risikoverteilung liegt, ist der Genussberechtigte in Bezug auf solche Kursverluste nicht schutzwürdig.
5. Ergebnis- und Gewinnverwendung Als gewinnabhängiges Finanzierungsinstrument steht das aktienähnliche Genussrecht stets in Bezug zu gewissen Erfolgsgrößen, bei deren Unterschreiten eine Ausschüttung ausbleibt. Unabhängig davon, ob hierbei an den Jahresüberschuss oder 783 Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 272; Karollus, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/ Kropff, AktG, § 221 Rn. 382.
III. Beeinträchtigungen und Schutzmaßnahmen
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den Bilanzgewinn angeknüpft wird, bleibt der Genussrechtsinhaber ohne Einfluss hierauf, da die Berechnung und Bestimmung einer jeden dieser Kennziffern in der Sphäre des Emittenten stattfindet. Möglichkeiten, den Vergütungsanspruch – bewusst oder unbewusst – zu beeinträchtigen, etwa durch Unterbewertung bestehender Aktiva oder übermäßige Rücklagenbildung,784 ergeben sich auf jeder Stufe der Rechnungslegung: sowohl bei Erstellung von Gewinn- und Verlustrechnung und Jahresbilanz gemäß § 91 Abs. 1 AktG durch den Vorstand als auch bei der endgültigen Feststellung des Jahresabschlusses durch Aufsichtsrat oder Hauptversammlung, §§ 172 f. AktG (wenngleich auch dieser in der Regel durch den Vorstand vorbereitet wird, § 83 Abs. 1 S. 1 AktG) sowie schließlich im Rahmen des Entschlusses über die Verwendung des ermittelten Gewinns, der nach Maßgabe des § 174 Abs. 1 AktG ebenfalls der Hauptversammlung obliegt.785
6. Kapitalmaßnahmen Ebenso wie der Aktionär muss der Genussberechtigte fürchten, dass der Wert seiner Beteiligung durch die Ausgabe weiterer Kapitalia „verwässert“ wird. Orientiert sich die Ausschüttung auf das Genusskapital an der Aktionärsdividende oder an der Höhe des Grundkapitals, so zieht jede Veränderung der Anteilsverhältnisse in der Gesellschaft, wie sie Folge einer ordentlichen oder nominellen Kapitalerhöhung ist, auch eine Änderung des Ausschüttungsanspruchs des Genussrechtsinhabers nach sich. Gleiches droht dem Anleger bei der Emission weiterer Genussrechte.786
7. Übrige Maßnahmen Neben den eben genannten, kommen in einer Aktiengesellschaft noch zahlreiche weitere Grundlagenentscheidungen in Betracht, welche die Werthaltigkeit des Genussrechts potentiell beeinträchtigen. Wird der Emittent etwa mit einer anderen Gesellschaft nach den Regeln des UmwG verschmolzen, so ist dies in mehreren Konstellationen problematisch. Für den Fall, dass der Emittent die Zielgesellschaft aufnimmt, ist eine Verwässerung zu 784
Hirte, ZIP 1988, 477, 487; Hirte ZIP 1991, 1461, 1467; Vollmer, ZGR 1983, 445, 468 ff. Vgl. hierzu Berghaus/Bardelmeier, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung § 11 Rn. 33; Frantzen, Genußscheine, S. 201; Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 280 ff.; Hüffer, AktG, § 221 Rn. 65; Lutter, in: KöKoAktG, § 221 Rn. 356 ff.; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221 Rn. 178. 786 Zur Problematik des Verwässerns infolge der Zuführung neuen Kapitals vgl. Berghaus/ Bardelmeier, in: Habersack/Mülbert/Schlitt, Unternehmensfinanzierung § 11 Rn. 45; Frantzen, Genußscheine, S. 252 ff., 271; Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 302 ff., 313; Hüffer, AktG, § 221 Rn. 66 ff.; Lutter, in: KöKoAktG, § 221 Rn. 381 ff., 395; Seiler, in: Spindler/Stilz, AktG, § 221 Rn. 180 ff. 785
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befürchten, da eine Übernahme häufig mit einer Kapitalerhöhung verbunden wird.787 Geht umgekehrt der Emittent in einer anderen Gesellschaft auf, führt dies zu seinem Erlöschen. Zwar ist Folge hiervon nicht das Erlöschen der Genussrechte. Doch beschränken sich die Ansprüche aus den fortbestehenden Genussrechten je nach Art und Weise der vertraglichen Vereinbarung entweder auf einen Anspruch auf Rückzahlung des zur Verfügung gestellten Kapitals oder auf Teilnahme am Liquidationserlös.788
787
Die Kapitalerhöhung erfolgt in der Regel mit dem Ziel, neue Aktien zu schaffen, mit denen die Altgesellschafter abgefunden werden, vgl. Frantzen, Genußscheine, S. 273 ff.; Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 316; Lutter, in: KöKoAktG, § 221 Rn. 400 ff. 788 Frantzen, Genußscheine, S. 287; Habersack, in: MüKoAktG, § 221 Rn. 314.
E. Zusammenfassung in Thesen I. Grundlagen 1. Das Genussrecht ist ein Gläubigerrecht eigener Art. Es gewährt seinem Inhaber Vermögensrechte, wie sie typischerweise einem Gesellschafter zustehen. 2. Genussrechte lassen sich über eine Vielzahl unterschiedlicher Parameter flexibel und bedürfnisgerecht ausgestalten. In der Emissionspraxis ist indessen eine weitgehende Standardisierung zu beobachten. Dabei hat sich der Typus des – rechtlich zulässigen – aktienähnlichen Genussrechts durchgesetzt. 3. Durch die Standardisierung der an deutschen Börsen gehandelten Genussrechte sowie deren Verbriefung zu Genussscheinen, die auf den Inhaber lauten, wird größtmögliche Fungibilität erreicht. 4. Das aktienähnliche Finanzierungsgenussrecht zeichnet sich dadurch aus, dass der Anleger durch eine gewinnabhängige Ausschüttung an den Erfolgen des Emittenten partizipiert, im Verlustfall jedoch das wirtschaftliche Risiko mitträgt, indem sich sein Rückzahlungsanspruch entsprechend mindert und er seine Ansprüche im Vergleich zu übrigen Gläubigern nur nachrangig geltend machen kann. 5. Weder stehen Genussrechtsinhabern gesetzliche Mitbestimmungs- oder sonstige Verwaltungsrechte in Bezug auf den Emittenten zu, noch lassen sich solche in den Genussrechtsbedingungen vereinbaren. 6. Das Genussrecht lässt sich keinem anderen Vertragstypus zuordnen. Das durch es begründete Schuldverhältnis ist ein Dauerschuldverhältnis eigener Art. 7. Die Ausgabe von Genussrechten ist nicht an eine bestimmte Rechtsform des Unternehmensträgers gebunden. Dennoch kommt man nicht umhin, die Genussrechtsemission je nach Rechtsform des Emittenten auch außerhalb des AktG besonderen Anforderungen zu unterwerfen. Bei der Ausgestaltung der Genussrechtsbedingungen ist den Eigenarten der Rechtsform des Unternehmensträgers daher Rechnung zu tragen.
II. Das Genussrecht als eigenkapitalverstärkendes Finanzierungsinstrument 8.
Eigenkapital kann einem Unternehmen nur durch diejenigen Anleger zugeführt werden, die sich am wirtschaftlichen Risiko der Gesellschaft beteiligen. Dies
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E. Zusammenfassung in Thesen
müssen nicht zwingend die Anteilseigner sein. Auch Dritten kann auf schuldrechtlicher Grundlage Verlustbeteiligung, Rangrücktritt in der Insolvenz oder eine an den unternehmerischen Erfolg des Emittenten gekoppelte Ausschüttung eingeräumt werden. Derartige Mischfinanzierungen werden als hybride Finanzierungsinstrumente oder Mezzanine bezeichnet. 9.
Das aktienähnliche Genussrecht ist ein solches zwischen klassischer Eigen- und Fremdfinanzierung angesiedeltes Finanzierungsinstrument. Damit Genusskapital dem Eigenkapital hinzugerechnet werden kann, sind im Wesentlichen drei Voraussetzungen zu erfüllen: Erfolgsabhängigkeit, Nachrangigkeit und Dauerhaftigkeit der Kapitalüberlassung.
10. Ist der Emittent des Genussrechts dem Bankengewerbe zuzuordnen, werden die allgemeinen Voraussetzungen an die Anerkennung des Genusskapitals als Eigenkapital durch § 10 Abs. 5 KWG konkretisiert und ergänzt. 11. Der Anforderung aus § 10 Abs. 5 S. 1 Nr. 1 KWG „Dem Ergänzungskapital kann Kapital nur dann zugerechnet werden, wenn es bis zur vollen Höhe am Verlust teilnimmt“, ist dann genügt, wenn als Bezugsgröße für den Verlust an den Bilanzverlust oder den Jahresfehlbetrag angeknüpft wird. Das ordentliche Betriebsergebnis stellt hingegen keinen tauglichen Anknüpfungspunkt dar.
III. Das Verhältnis von Anlegerschutz und Bankenaufsichtsrecht 12. Das aktienähnliche Finanzierungsgenussrecht ist auf der Schnittstelle von Schuld- und Gesellschaftsrecht angesiedelt. Daher ist es Beeinträchtigungen in besonderem Maße ausgesetzt. 13. Im Hinblick auf anlegerschützende Instrumentarien nimmt die richterliche Inhaltskontrolle nach § 305 ff. BGB eine besondere Rolle ein, da es dem Genussrecht an einer gesetzlichen Grundlage fehlt und sich die Ausgestaltungsmodalitäten ausschließlich den oftmals umfangreichen Genussrechtsbedingungen entnehmen lassen. 14. Im Rahmen von Auslegung und Inhaltskontrolle sind die Interessen von Anleger und Emittenten gleichermaßen zu berücksichtigen. Ein Grundsatz KWG-konformer Ausleger existiert hingegen nicht. Ein solcher würde im Zweifel zu einer Begünstigung des Emittenten führen und ist daher mit dem Sinn und Zweck des AGB-Rechts nicht in Einklang zu bringen. 15. Liegt Gewinn- und Verlustbeteiligungsbestimmungen in Genussrechtsbedingungen der Begriff „Bilanzgewinn“ oder „Bilanzverlust“ zugrunde, so wird damit in der Regel nicht auf die gesetzliche Regelung in §§ 268 HGB, 158 AktG Bezug genommen. Vielmehr handelt es sich um einen Terminus sui generis, der das Bilanzergebnis vor den getätigten Entnahmen aus dem und den Ausschüt-
III. Das Verhältnis von Anlegerschutz und Bankenaufsichtsrecht
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tungen auf das Genusskapital beschreibt. Dies ist für einen durchschnittlichen Anleger auch erkennbar. 16. Das Recht zur ordentlichen Kündigung beider Parteien kann formularmäßig abbedungen werden. Zur außerordentlichen Kündigung ist der an Verlusten des Emittenten beteiligte Genussberechtigte indes nicht bereits berechtigt, wenn sich die wirtschaftliche Situation der Gesellschaft verschlechtert. 17. Besonderer Stellenwert kommt mittelbaren Beeinträchtigungen des Genussrechts zu, die den Wert des Gläubigerrechts infolge gesetzes- oder satzungswidriger Maßnahmen der Geschäftsleitung mindern. Die Klöckner-Entscheidung des BGH aus dem Jahre 1992 hatte derartige Beeinträchtigung zum Inhalt. Ihr ist für das Gebiet der Genussrechte große Bedeutung zuzumessen. 18. Bedingt durch die jüngste Finanzmarktkrise sind Beeinträchtigungen des Genussrechts infolge von Missmanagement im Verantwortungsbereich des Emittenten wieder verstärkt in den Blickpunkt der Rechtswissenschaft gerückt. 19. Infolge fehlender Kodifizierung des Genussrechts und seiner Stellung zwischen verschiedentlichen Rechtsgebieten gestaltet sich die Gewährleistung eines vollumfänglichen Schutzes des Genussberechtigten vor Risiken, die über die mit seiner Anlageentscheidung übernommenen hinausgehen, als schwierig. 20. Im Verhältnis zwischen Emittent und Genussrechtsinhaber bestehen neben den wechselseitigen Hauptleistungspflichten auch Sorgfaltspflichten. So hat insbesondere der Emittent auf Belange der Genussberechtigten Rücksicht zu nehmen. Hieraus ergibt sich auch die Verpflichtung, gesetzes- und satzungswidrige Geschäfte zu unterlassen bzw. dem Anleger den hierdurch entstandenen Wertverlust auszugleichen. Ist das Genussrechtsverhältnis bereits erloschen, ist der infolge der Pflichtverletzung entstandene Schaden nach Maßgabe der §§ 280 Abs. 1, 249 BGB zu ersetzen. 21. Kann von der Gesellschaft kein Ersatz erlangt werden, so steht es den Genussberechtigten aufgrund ihrer Stellung als externe Gläubiger der Gesellschaft offen, nach § 93 Abs. 5 AktG den Vorstand in Anspruch zu nehmen. Im Verhältnis zu den übrigen Gläubigern können jedoch auch diese Ansprüche nur nachrangig geltend gemacht werden. 22. Neben dem allgemeinen Zivilrecht leisten auch Aktien-, Kapitalmarkt- und Bankenaufsichtsrecht einen Beitrag zum Schutz der Genussrechtsinhaber. Jedoch erschöpft sich dieser überwiegend in überindividuellen, reflexartigen Schutzmechanismen. 23. Bedingt durch das Hinzutreten des Bankenaufsichtsrechts vergrößert sich das dem Genussrecht ohnehin immanente Konfliktpotential. 24. Die Grundsätze der Klöckner-Entscheidung lassen sich nicht ohne Weiteres auf Emittenten im Anwendungsbereich des KWG übertragen, da es sich im kon-
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kreten Fall bei dem Emittenten um ein Handelshaus und nicht um ein Kreditinstitut handelte. 25. Dennoch steht im Anwendungsbereich des Bankenaufsichtsrechts dem Genussberechtigten das gesamte Spektrum anlegerschützender Instrumentarien zur Verfügung. Dies gilt insbesondere für die Möglichkeit, Schadensersatz infolge gesetzes- oder satzungswidriger Maßnahmen der Geschäftsleitung nach § 280 Abs. 1 BGB geltend zu machen. 26. Denn weder genießt das öffentliche Aufsichtsrecht per se Vorrang vor allgemeinen zivilrechtlichen Grundsätzen, noch kann ein solcher Vorrang im Speziellen bezogen auf § 10 Abs. 5 KWG und die Klöckner-Grundsätze angenommen werden. 27. Der in der Zielsetzung des KWG ausdrücklich verortete Schutz der Einleger steht nicht im Widerspruch zum Schutz der Genussberechtigten. Denn im Interesse beider Gruppen ist es, Fehlanreize zu beseitigen, die eine verantwortungslose Geschäftsführung und hierdurch zu befürchtende Verluste der Gesellschaft sowie ihrer Kapitalgeber begünstigen. 28. Motiv des Genussrechtsverhältnisses ist, dem Emittenten aufsichtsrechtliches Eigenkapital zuzuführen. Daher haben beide Parteien auf die Erfüllung der Anforderungen aus § 10 Abs. 5 KWG hinzuwirken und jegliches Verhalten zu unterlassen, das diesen Zweck gefährdet. Die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen im Sinne der Klöckner-Entscheidung kann indes nicht durch die Vertragsparteien abbedungen werden. 29. Für die Zuführung von Ergänzungskapital erster Klasse ist eine umfassende Verlustteilnahme zwingend erforderlich. Doch schließt die Möglichkeit, Schadensersatz geltend zu machen, eine Verlustteilnahme bis zur vollen Höhe nicht aus. Denn die Verpflichtung, sich an den Verlusten des Emittenten zu beteiligen, und die Geltendmachung von Ansprüchen aus einer Verletzung vertraglicher Sorgfaltspflichten stehen allenfalls in einem faktischen, jedoch in keinem rechtlichen Zusammenhang. 30. Die analoge Anwendung der aktienrechtlichen Kapitalerhaltung aus § 57 AktG auf das Genusskapital ist ernsthaft in Betracht zu ziehen. Wie im Aktienrecht – also im direkten Geltungsbereich des § 57 AktG – ist der Konflikt von Kapitalbindung und Vermögensabfluss infolge durch die Gesellschaft veranlasster Schadensersatzzahlung jedoch auch auf dem Gebiet des Genussrechts zugunsten des Anlegerschutzes aufzulösen. 31. Wird der Emittent durch einen Unternehmensvertrag von einer anderen Gesellschaft beherrscht, so zieht dies erhebliche Eingriffe in das Genussrechtsverhältnis nach sich, da aufgrund der konzernrechtlichen Gewinnabführungsund Verlustausgleichspflicht weder Gewinne noch Verluste entstehen können.
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32. Sofern die Genussrechtsbedingungen keine Regelungen für den Fall einer Konzernierung vorsehen, ist die ursprüngliche Interessenlage im Wege ergänzender Vertragsauslegung wiederherzustellen. 33. Zur Schließung der Vertragslücke ist weder auf das Ergebnis der Konzernmutter noch auf das fiktive Ergebnis des Emittenten vor dem Gewinn- oder Verlustausgleich abzustellen. Vielmehr entscheidet entsprechend der Regelung in § 304 AktG eine Prognose zum Zeitpunkt der Konzernierung darüber, ob und in welcher Höhe eine Ausgleichszahlung zu gewähren bzw. inwieweit das Genusskapital zur Deckung voraussichtlich eintretender Verluste heranzuziehen ist. 34. Sofern im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung oder der hilfsweisen analogen Anwendung konzernrechtlicher Vorschriften eine Anpassung des Genussrechts erreicht werden kann, die für beide Vertragsparteien zumutbar ist, ist für ein außerordentliches Kündigungsrecht des Anlegers nach § 314 Abs. 1 S. 2 BGB oder ein Abfindungsrecht gemäß § 305 AktG kein Raum. 35. Sollte es dem Anleger gelingen, trotz der an § 304 AktG angelehnten Ausgleichspflicht einen infolge des Unternehmensvertrags entstandenen Schaden darzulegen, so kommt ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 280 Abs. 1 BGB in Betracht. 36. Auch wenn es sich beim Emittenten des Genussrechts um ein Kreditinstitut handelt, rechtfertigt das Hinzutreten des Bankenaufsichtsrechts keine abweichende Beurteilung der Rechtslage für den Fall, dass der Emittent einen Unternehmensvertrag abschließt. Weder wird durch die ergänzende Vertragsauslegung die Anerkennung des Genusskapitals als aufsichtsrechtliches Ergänzungskapital nach § 10 Abs. 5 Nr. 1 KWG berührt, noch genießen die Eigenmittelbestimmungen des KWG Vorrang vor den konzernrechtlichen Ausgleichspflichten aus §§ 302, 304 AktG. 37. Damit entspricht das Ergebnis wertungsmäßig dem Ergebnis in denjenigen Fällen, in denen der Konflikt zwischen Schadensersatz und aufsichtsrechtlichem Ergänzungskapital aufzulösen ist.
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Sachverzeichnis AGB-Kontrolle – Anwendbarkeit der §§ 305 ff. BGB 101 – Maßstab 108 – Umfang 104 – Verhältnis zum KWG 109 Anlegerschutz 93 – Begriff 93 – Erscheinungsformen 95 – Zielsetzungen 155 Ausgestaltungsmöglichkeiten 35 – Emissionspraxis 49 – Gewinnbeteiligung 35 – Liquidationserlös 38 – Typologie 42 – Verlustbeteiligung 37 – Verwaltungsrechte 38 Eigenkapital – aufsichtsrechtliche Anforderungen 73 – bilanzrechtliche Anforderungen 70 – Definition 66 – Entwicklung der Eigenmittelanforderungen 74 – Ergänzungskapital 79 – Funktion 67 – Kapitalerhaltung im Aktienrecht 164 – Zuführung als Emissionszweck 158
Genussrecht – Definition 30 – Genussschein 31 – historische Entwicklung 32 – Rechtsnatur 53 Konzernierung 173 pflichtwidrige Geschäftsführung 119 – Klöckner-Entscheidung 121 – Schadensersatzanspruch siehe Schadensersatz 131 – Wiederauffüllungsanspruch 127 Schadensersatz – gegenüber dem Emittenten 131 – gegenüber Leitungsorganen 139 – Verhältnis zu § 10 Abs. 5 KWG 144 – wegen Konzernierung 186 Sperrwirkung des KWG 152 Verlustteilnahme 80 – Auschluss durch Schadensersatz 162 – Erforderlichkeit für Eigenkapital 161 – maßgebliche Bilanzgröße 81 – Verlustvortrag 113