Der Feldzug des Herzoglich-Braunschweigischen Korps im Jahre 1809


103 17 6MB

German Pages 151 Year 1819

Report DMCA / Copyright

DOWNLOAD PDF FILE

Recommend Papers

Der Feldzug des Herzoglich-Braunschweigischen Korps im Jahre 1809

  • 0 0 0
  • Like this paper and download? You can publish your own PDF file online for free in a few minutes! Sign Up
File loading please wait...
Citation preview

Ders

F

e

I

d

3

u

g

U Q

Des

Königl. Preuk Major, Ritter des eisernen Kreuzes und des Russischen St. Annen-Ordens 2ter Klasse. Militair- Gesellschaft der Stadt Basa) .

Habr .

Berlin,

1819.

Bei Ernst Siegfried Mittlerd ( Stechbahn No. 3. )

R A H

E

G. v. d. Heyde,

C

H T

von

I

L E N

I O L

O

L

1809

E

Jahre

I

Korps P

im

O

Herzoglich -Braunschweigschen

Borrede

Die unglückliche Lage unseres deutschen Vas terlandes in dieſen letzten Jahren erlaubte nicht, beſonders über den Krieg, öffentlich Wahrheit zu sagen, und nur feige Soldlinge der Tirannel durften elende Berichte über Kriegsbegebenheiten schreiben, oder höchstens durften Bruchſtücke in meist noch elenderen Journalen erscheinen.

Das

her ist denn über den Feldzug des Herzoglichs Braunschweigschen Korps, dieſen dein Soldater sowohl als dem Freunde der vaterländischen Geschichte so merkwürdigen Zuge, im Vaters lande nichts erschienen, was ohne Beimischung blos reine Wahrheit enthalten hätte. Die unter dem Titel: Bericht über den

Feldzug

des

Herzogs

Wilhelm

von

Braunschweig-Lüneburg, in London 1809

erschienene Schrift, macht zwar von den oben geschilderten eine ehrenvolle Ausnahme , allein diese Schrift ist4 zu wenig bekannt, indem sie,

wie gesagt, im Auslande erschien , und dann ist es ein Bericht,

der nur in der Form von

den gewöhnlichen Berichten abweicht, aber das mit allen übrigen gemein hat, daß er bloß die Fakta angiebt, ohne sich viel auf den Zweck der Operationen oder das Detail der Gefechte, besonders der lehtern , einzulaſſen, und ganz ohne alle militairische Bemerkungen , wodurch er insbesondere dem Soldaten weniger interes sant wird.

Ferner seht er sich dem Vorwurf

der Partheilichkeit mit Recht aus, indem er die vorgefallenen Fehler verheimlicht, die Operas tionen der Feinde falsch beurtheilt, und deren Thaten verkleinert.

Außerdem ist er besonders

in Rücksicht des merkwürdigsten Theils , des Rückzuges durch Deutſchland, gänzlich mangelhaft, welches durch den Umstand veranlaßt

worden ist, daß nur während der Verbindung des Korps mit den Oestreichern, der ArtillerieKapitain, nachherige Chef des General- Staabes, Korfes, die Zeit hatte, ein Journal der vers schiedenen Begebenheiten zu führen , welches nachmals bei der Bearbeitung des Berichts zum Grunde gelegt wurde.

Bei dem raſchen Rücks

zuge aber, und weil der dazu bestimmte Offizier verschicktwurde, diese Arbeit liegen blieb; auch bei der Schnelligkeit , mit welcher der Bericht erschien, selbst die Zeit fehlte, um die nöthige Kenntniß von den größtentheils partiellen Gefechten zu erlangen.

Diese Mångel find indeſſen

dem verdienstvollen Verfaſſer, Major v. Oppen, nicht zuzuschreiben, indem er unter den Augen des Herzogs arbeitete, auf Befehl desselben eilen und sich aller Ausführlichkeit enthalten mußte, auch außerdem noch manches von dem Herzog mit eiges nerHand ausgestrichen und verändert worden ist. Diefem habe ich durch gegenwärtige Schrift

abzuhelfen gesucht, indem ich jede Nachricht eins gezogen, und genau geprüft habe, insbesondere aber haben mich die Belehrungen des verewiga ten Oberst-Lieutenants Korfes über die vers fchiedenen Zwecke der Operationen , und die Mittheilung eines andern verdienstvollen Offiziers, welcher damals gegen uns diente, in den Stand gesetzt, eine richtigere Geschichte dieses merkwürdigen Feldzuges zu liefern. Die strengste Wahrheit und die größte Unpartheilichkeit, zwei Dinge,

gegen welche besonders militairische

Schriftsteller nie fehlen sollten, und durch deren Vernachläßigung die vielen einseitigen Relationen neuerer Zeit hervorgebracht worden sind , habe ich mir zum unverbrüchlichen Gesetz bei Ausarbeitung dieser Schrift gemacht, damit ich weder in den einen noch den andern Fehler meiner Vorgänger verfiele. Um mich indessen, besonders bei denjenigen Herren, deren Federn damals einem und dems

VII ſelben Drucke mit ganz Deutſchland unterlagen, gegen den Vorwurf des Plagiats zu schüßen, bekenne ich hiermit ,

daß ich bei Bearbeitung

des ersten Theils des Feldzuges,, dem ich nicht in Person beigewohnt habe, d. h. vor dem Ans fange des Rückzuges, dem Berichte fast immer treu gefolgt bin, manches sogar kopirt,

aber

auch vieles nicht zur Sache gehörende weggee laffen; dagegen manche andere gründliche Nache richt benutt; auf diese Art viele Fehler verbeffert, und alle Bemerkungen und Ansichten über die verschiedenen Operationen eingeschaltet habe. Die Geschichte des Rückzuges indeffen, als den wesentlichern Theil des Ganzen, habe ich gånzs lich umgearbeitet, und mich insbesondere bemüht, eine vollkommnere Darstellung der Gefechte zu geben, als es gewöhnlich in den Relationen jekis ger Zeit geschieht, einen Mangel, über den sich der, durchseine Schriften in der militairischenWelt bez rühinte v. Bülow mit so großem Rechte beklagt.

VIII Weit entfernt, meine Arbeit für vollkommen zu halten, hege ich bloß den Wunsch, daß meine gute Absicht erkannt werden möchte, die erste gelungene Waffenthat, die zur Erkämpfung der Freiheit unternommen wurde, und die durch glänzendere, nicht kühnere, Thaten der jüngsten Zeit in Vergessenheit gerathen ist, wieder in Erinnerung zu bringen.

Wegen der Entfernung des Herrn Verfassers vom Drucks ørte haben sich folgende Unrichtigkeiten eingeschlichen. Seite

36. 3eile 11. v. o. st. auf erstere Orte lies nach ersterem Orte, 1 39. $ 10. v. o. ft. Luplik 1. Töplik. 39. 4. v. u. ft. gestört 1. pofiirr, 53. 3. v. o. ft. ihm 1. ihr. 56. 2. v. o . ft. trösten 1. brüsten. 69. 7. v. u. ft. würden 1. wurden. 71. 6. v. u. ft. müßte 1. mußte. 75. 8. v. o. ft. erführen 1, erfuhren . 78. 6. v. o. ft. muthigen t. nöthigen . 108. : 1. 8. u . ft. Siker 1. Oder. 119. ፡ 10. v. o. ft. Grätemann 1. Grütermann. 127. 7. v. 9. ft. nur 1. nun. 139. ፡ g. v. u, ſt. ¡u fiegen 1. fiegen.

Einleitung. рів Ерна Schon vor dem Ausbruche des legten Destreichs schen Krieges ging der Herzog von Brauns schweig

Dels mit dem Vorsaße um,

bet

vorkommender Gelegenheit auf dem Kriegsschaus plage zu erscheinen, um das durch seinen uns glücklichen Vater verlorne Herzogthum Brauns schweig mit den Waffen in der Hand wieder zu gewinnen; daher ihm die Rüstung des Kaiserlicht ། Destreichschen Hofes im Jahr 1808 um so ges wünschter kommen mußte.

Die Zeit zur Ausführung seines Lieblings projekts ſchien ihm gekommen zu seyn ; dieſerhalb trat er mit dem genannten Hofe in Verbindung, und nach einigen Unterhandlungen schloß er mit demselben eine Konvention , welcher zufolge er,

als deutscher Reichsfürst , ein Korps von 2000 Mann auf eigene Kosten stellen sollte , wogegen ihm alle Zusicherungen gegeben wurden, als Als liirter betrachtet und behandelt zu werden.

Der

Kaiserlich Destreichische Hof bot dem Herzog zugleich einen Rang in der Armee an, welchen er indeſſen ausschlug, theils um ſeine Unabhängig . keit zu behaupten und sich keiner Verantwortlichs keit auszusehen , theils um sich im unglücklichen Falle nach England begeben zu können ; da das Fürstenthum Dels zur Errichtung des Korps tief in Schulden gestürzt werden mußte.

Zufolge der abgeschlossenen Konvention wurs den dem Herzoge von Braunschweig die Orte Nachod und Braunau in Böhmen an der Schles fischen Gränze zur Errichtung des Korps einges räumt, indem die Menge unangestellter Preußis scher Soldaten, die sich damals in Schlesien. befanden, auf den Ruf eines Freikorps , welches nach den gewöhnlichen Soldatenbegriffen ausges dehntere Freiheit als alle übrigen Truppen hat, eine schnelle Werbung eines geübten Korps vers sprachen ; und so ward mit Errichtung desselben den isten April 1809 der Anfang gemacht.

So

3 zweckmäßig indeffent auch diese Orte gewählt was ren , so wurde die Absicht dennoch nicht ganz erreicht, indem das Königlich Preußische Gouvers nement in Schlesien, vermöge seiner Verhältnisse, der Errichtung des Korps alle mögliche Hinders niſſe in den Weg legen mußte, und dieserhalb war es nothwendig , um die Formation dessels ben nicht aufzuhalten , die Kantonirungsquartiere schnell zu verändern. nement,

Das Kaiserliche Gouvers

von dieser Nothwendigkeit überzeugt,

gestattete daher , daß das Korps an die Sächsis sche Gränze hin, vom Riesengebirge bis an die Elbe, in die Orte Friedland , Grottau, Neustadt Gabel, Zwickau und Rumburg , postirt wurde ; woraus zugleich der Nugen entsprang, daß ein Kordon zum Avertissement gezogen war, im Falle der Feind sich nach der Laufis hin bewegen oder gar etwas auf die Böhmische Gränze unternehs men sollte. Indem man damit beschäftigt war, diese Bors kehrungen zu treffen, ging die Nachricht ein, daß von Glogau aus ein Sächſiſches Korps.ſich wirks lich gegen die Laufig wende, der Oberst von Thielemann aber einige tausend Mann bei

4 Dresden zusammengezogen habe ; wodurch es um so wahrscheinlicher wurde, daß eine Streiferei bei ausbrechendem Kriege gegen Böhmen von Sächsischer Seite aus unternommen werden solls te, welches den Abmarsch des Korps beschleunigs te, um in den ebengenannten Kantonirungen seine Formation zu vollenden.

Der ursprüngliche Etat des Korps war : zwei Jägerbataillone, ein Husarenregiment von acht Eskadrons und eine Kompagnie reitender Artik lerie, welche indessen nie mehr als vier Stücke hatte.

Nachmals wurde das Korps mit einer

Scharfschüßen › Kompagnie und

einer Ulanene

Eskadron, und zuleht mit einem dritten Jägers Bataillon, welches indessen nur aus zwei starken Kompagnieen bestand , vermehrt.

( Dieſes leßte

Bataillon führte den Namen freies Jagers Bataillon, und formirte mithin das Freikorps im Freikorps, obgleich es sich durch sein sittliches Betragen nicht als solches charakteriſïrte. ) Während des Rückzuges wurde ebenfalls noch eine zweite Ulanens Eskadron errichtet, der es aber an Allem fehlte, und welche mithin blog dem Namen nach existirte.

5 Der

Feld zu g.

Ifte Abtheilung. Das Herzoglich › Braunschweigſche Korps in. Verbindung mit den Kaiserlich s Destreichschen Truppen.

Während der in der Einleitung bemerkten Pes riode der Formation des Herzoglich:Braunschweigs schen Korps, hatte der Krieg zwischen Oestreich und Frankreich wirklich seinen Anfang genoms men ; und kaum waren daher die Truppen in die bereits angegebenen Kantonirungsquartiere ges rückt, als ein Theil des bei Dresden versammels ten Sächsischen Korps in Böhmen einfiel und bei dieser Gelegenheit das nach Peterswalde des taſchirte Kommando des Braunschweigschen Ritts meisters von Katt überrumpelte ,

wobei ein

Offizier und zehn Huſaren gefangen genommen wurden.

Es rückte dieserhalb sogleich ein starkes

Oestreichsches Detaschement

von

Theresienstadt

aus, den Sachſen entgegen , worauf sich diese, nach Eintreibung einiger Kontributionen an Vieh u. s. w. wieder zurückzogen. Hierauf ließ der Herzog von Brauns schweig die erste, an der Böhmischen Gränze

6 in der Lauss gelegene, Sächsische Stadt Zittau besehen, da hier sowohl die Wege von Gabel als von Grottau zuſammenstoßen , Baußen auch von dieſem Orte aus durch Patrouillen beobacht tet werden konnte ; so daß es unmöglich war fich den Böhmischen Gränzen unbemerkt zu nähern. Dieß veranlaßte den Obersten v. Thielemann, einen Versuch zu machen ,

um das Korps zu

überfallen , welches um so eher ausgeführt were den konnte , da selbiges in weitläuftigen Kantos nirungen zerstreut lag und überhaupt noch so schwach war, daß ein einziger glücklicher Coup es zu vernichten vermochte,

Daher war der tha

tige Oberst von Thielemann von Peterswals De nach Pirna zurückmarschirt , hatte dort einen Theil seines Korps über die Elbe gesetzt und zog sich nun auf Rumburg.

Allein sein Vorhaben

wurde größtentheils vereitelt, indem der im ges nannten Orte stehende Rittmeister Schrader sich zur rechten Zeit, doch so wie es eigentlich jede Kavallerie immer thun sollte, den Feind nämlich ftets im Auge behaltend, zurückzog, wodurch Zeit gewonnen wurde, ein Bataillon und zwei Kano: nen nach Zwickau zur Unterstügung des Postens

7

von Rumburg zu schicken.

Kaum war indessen

dieß geschehen, und mithin der Feind gewiß, daß die Aufmerksamkeit des Herzogs auf diesen Punkt gelenkt sey , so wandte sich ein Theil des Sächsischen Korps ( um ganz richtig doch etwas zu thun, da seineHauptabsicht nicht gelang ) und Der dort kommandirende Ritts 1 meister von Wiese hatte sich durch die ihm

fiel auf Zittau.

zum Theil durch den Herzog mitgetheilten Nach richten einschläfern lassen, und sich begnügt einen Posten auf den Thurm zu stellen , welcher nicht einmal die ganze Gegend übersehen konnte, Das her wurde er am hellen Mittage überfallen, er selbst entkam durch die Schnelligkeit seines Pfers des, allein zwei Offiziere nebst dem Rest des Der taschements wurden nach einer tapfern Gegenwehr gefangen genommen ; ein Offizier blieb nebst meht reren Leuten auf dem Plaße *). So klug und glücklich der Oberst von Thier lemann diesen Ueberfall ausgeführt hatte , so verfiel er doch in den gewöhnlichen Fehler der

*) Der Lieutenant von Kleißt blieb, der schwer vers wundete Lieutenant Rosentrerer und Lieutenanc Koesczeghy wurden gefangen.

Steger und vergaß, daß ein sapferer Feind nie säumt, eine erhaltene Scharte wieder auszuwets zen, denn er überließ sein Kommando dem Ges nuß der Ruhe.

Der Herzog hingegen, eingedenk,

daß der Feind nach einem errungenen Vortheile gewöhnlich unachtsam sey, ließ die Stadt in der Nacht durch ein Detaschement unter Kommando des Majors von Reichmeister angreifen, wels ches die Thore sprengte , und die Sachſen unges achtet des tapfern Widerstandes aus der Stadt vertrieb ; doch würde der Verlust der Sächsis schen Truppen bedeutender gewesen seyn, wenn der Kommandeur des Braunschweigschen Detas fchements mit mehr Einsicht zu Werke gegangen wäre, und zugleich etwas gegen den Rücken des Feindes geschickt hätte.

Braunschweigscher Seits

waren zwei Offiziere und mehr als dreißig Jas ger todt und verwundet *). * Der Lieutenant v. Gillern und Volonteur Vers ner wurden schwer verwundet, und legterer seiner außerordentlichen Tapferkeit wegen nach dem Gefechte zum Offizier avancirt. Bugleich muß ich hier bemerken, daß wenn etwa jemanden die Relationen diefer Eleinen Gefechte zu Derailice vorkommen möchten, felbige bei einem 2000

Während diese Ereignisse beim Korps des Herzogs statt fanden , hatte man Oestreichischer Seits ebenfalls beschlossen, den Einfall in Böh; men durch einen ähnlichen in Sachsen zu rächen, und zu diesem Zweck den General Am Ende mit einem Korps, größtentheils aus Landwehr bestes hend, von Theresienstadt abgeschickt, auch den Herzog durch dieſen General eingeladen, ſich mit T seinem Korps anzuschließen , und gemeinschaftlich in Sachsen zu operiren.

Zu diesem Endzweck

brach das Korps auf, vereinigte sich am 1oten Juni bei Dippolswalde mit den Oestreichern, und da es hieß,

der Oberst von

Thielemann

werde Dresden vertheidigen, so wurde ein Detas schement über Peterswalde nach Pirna geschickt, um ihn in Ungewißheit zu erhalten.

Dieß hatte

indessen nicht den gewünschten Erfolg, indem der Oberst die wahre Absicht erfuhr und daher den 1oten Juni aus der Stadt abzog, theils um diese zu schonen, hauptsächlich aber um nicht sein klei nes Korps der Gefangennehmung auszusehen , Mann starken Korps oft von mehr Folgen als bes deutende Gefechte bei großen Heeren find, und daher eine besondere Aufmerksamkeit verdienen.



IO welche durch die Vertheidigung Dresdens unauss bleiblich hätte herbeigeführt werden müſſen, wenn die vereinigten Korps sich der Ausgänge durch. gegenüber gelegte Werke versicherten, oder sie uns gangbar machten"und nun das zur Vertheidigung Dresdens viel zu schwache Korps angriffen . Den 11ten Juni des Abends rückten daher. die vereinigten Oestreicher und Braunschweiger in Dresden ohne Widerstand ein, und wurden. erstere in die Stadt quartirt, der Herzog blieb indessen mit seinem Korps aus Vorsicht in der Borstadt. Der Oberst von Thielemann, welcher sich gegen Wilsdruff zurückgezogen hatte, schickte nun in der Nacht ein Kommando von hundert Mann gegen Dresden vor, um das eingerückte Korps zu allarmiren , welches die vorgeschobenen Posten zurückwarf und bis gegen die Vorstadt drang, wo es dann wieder zurück ging *), Auf die Nachricht, daß die Vorposten zurücks gedrängt würden , zog der Herzog seine Truppen zusammen, nahm eine Verstärkung von 300 Mann Dieser Vorfall ist im Berichte ganz irrig als ein Angriff angegeben,

II

Ulanen und 150 Tiroler Jägern mit sich, und rückte den Sachſen ſo ſchnell nach , daß das zur Allarmirung vorgeschickte Kommando nicht allein Mühe hatte zu entkommen , sondern auch der Oberst von

Thielemann zum Gefecht gez

zwungen wurde.

Der Abmarsch des Herzogs ,

welcher glaubte, der Feind sen vorgerückt um ans zugreifen , geschah in zwei Kolonnen , um dieſem Angriffe zu begegnen , und zwar nach folgender Disposition. Die erste Kolonne aus den obengenannten Oestreichſchen Detaſchements , der ganzen Brauns schweigschen Kavallerie und einem Jågerbataillon nebst den Hessischen Truppen bestehend, sollten in der Front angreifen, das zweite Jagerbataillon aber, welches die zweite Kolonne ausmachte, långs der Elbe den Feind in den Rücken gehen, wäh rend jene ihn in Echef hielten.

Dieses wurde

indessen nicht ausgeführt, indem der das Bataillon kommandirende Major von Reichmeister auf dem Wege unweit Dresden liegen blieb, und nachmals behauptete, er habe den Weg nicht fins den können.

Der Oberst von Thielemann, welcher noch

12

dieſſeits Wilsdruff ſtand und wahrscheinlich nicht die Idee zum Schlagen hatte , welches ihm, da er zu schwach war, nur zum Verderben gereichen konnte, that seiner Seits alles , was ein guter Offizier bei einer solchen unerwarteten Wendung der Dinge thun kann und thun muß.

Er vers

theidigte sich mit seinem aus lauter zuſammenges zogenen Detaschements bestehenden Korps tapfer, konnte indeſſen das Feld nicht behaupten , sons dern wurde aus dem Dorfe Bennerich , dem Schlüssel seiner Position, welches harmäckig vers theidigt wurde, heraus und auf die Straße gegen Wilsdruff getrieben, doch geschahe der Rückzug mit Ordnung, da der Herzog, wegen Entkräf tung der Truppen, den Befehl zum Haltmachen hinter Wilsdruff ertheilte. Das Gefecht hatte von des Morgens 5 Uhr bis Nachmittags 2 Uhr gedauert, und von beiden Seiten wurde mit einer solchen Anstrengung und Erbitterung gefochten, daß der größte Theil der Sächsischen Gefangenen blessirt eingebracht wurs de, und die Braunschweigschen Truppen nur mit großer Mühe vom weitern Verfolgen abgehalten werden fonnten; ja mehrere Tirailleurs kamen

13 erst spåt am Abend zurück.

Der Verlust der

Sachsen muß beträchtlich gewesen seyn , obgleich der des Braunschweigschen Korps nicht außer ordentlich groß war ; denn ungeachtet das Gefecht so lange gewährt hatte, so befand sich doch nur ein Offizier unter den Todten und einer unter den Verwundeten *).

Nachdem der Herzog die Truppen ungefähr eine Stunde hatte ausruhen lassen, ging er der Subsistenz wegen nach Wilsdruff zurück, und bis vakirte hinter den Defileen dieses Städtchens. Hier langte der General Am Ende gegen Abend mit einem Theil seines Korps an, wollte indessen nicht für die fernere Verfolgung des Feindes . stimmen, sondern ging mit seinen Truppen nach Dresden zurück. Die Gründe, welche den General Am Ends zu dieser rückgängigen Bewegung brachten, müss sen hier in Erwägung gezogen werden, da sie den wichtigsten Einfluß auf das Ende des Feldzuges hatten.

Der General Am Ende stand unter

*) Rittmeister v. Steinwehr von den Heffen todt, Nittmeister v. Steinemann von den Braunschweiz gern verwundes.

14 dem Befehl des General : Gouverneurs von Böhe men , des Grafen von Reisch , welcher sich in Prag aufhielt und von dort aus die Operationen leitete ; ihm war es daher besonders Pflicht, sos wohl die Gränzen Böhmens zu vertheidigen, als auch dafür zu sorgen, daß die Festungen

mit

Truppen hinlänglich versehen wären, weshalb er dem General Am " Ende das Vorrücken nach Sachsen nur mit Einschränkungen auftrug.

Da

dem General, Gr. Reisch, wie man mit Gewiß: heit annehmen kann , die große Entfernung des Prinzen von Ponte Corvo, welcher früher mit bei Dresden stand, den Sächsischen Truppen bes kannt seyn mußte, indem sonst kein Einfall in Sachsen möglich gewesen wäre; so war demsels ben in dem Augenblick vielleicht der Saß nicht 1 gegenwärtig, daß eine offensive Defensive viel besser die Gränzen eines Landes vertheidigt, als di

doppelte Anzahl der Truppen unthätig in

einem verschanzten Lager oder Kordon, und daß die Festungen im Innern weniger Truppen bes dürfen, wenn die Gränzen gehörig vertheidigt sind, oder er schloß, daß der General Am Ende in wichtigen Fällen nach den Umſtånden handeln

15 werde.

Genug es war demselben , wie gesagt,

das Vorrücken nach Sachsen nur bedingungss weise aufgegeben und ihm besonders aufgetragen worden, sich keinem Echek auszusehen, aus welchen Gründen der General nicht weiter vorrücken wolls te , ehe er nicht neue Instruktionen von Prag eingeholt hätte.

Es ist für Destreichs heldenmüthis

ge Anstrengungen in dieſem denkwürdigen Kriege zu bedauern , daß der General Am Ende den . Befehl, den ihm wohl nur Vorsicht vorschrieb, buchstäblich erfüllte.

- So viel ist gewiß, daß

die wichtigsten Vortheile dadurch aus den Håns den gegeben wurden, daß der General Am Ende nicht gleich nach den Umständen handelte, sons dern erst die Erlaubniß dazu abwartete ; ja ich erdreiste mich sogar zu behaupten, daß das Genie Bonaparte's nicht vermögend gewesen seyn würz de, den Krieg in einer so kurzen Zeit so glücklich zu beendigen, wenn ihm dieser Zufall nicht ebens falls die Hand geboten hätte. Wurden die Sachſen nämlich nach dem Ge; fecht von Wilsdruff schnell und mit Nachdruck verfolgt und zu neuen Gefechten gezwungen , so würde es dem Obersten von Thielemann ents

16 weder ganz unmöglich gewesen seyn , Weißenfels zu erreichen und die dort und in der Gegend stehenden Depots zur Verſtärkung an sich zu zte; hen, oder er wäre doch wenigstens in einen solchen Zustand verseht worden, daß sein nachher durch Depots

und Rekruten mehrere tausend

Mann starkes Korps vielleicht so viel hundert ges zählt hatte ; mithin nicht in Betracht gekommen wäre.

Dadurch wäre das Westphälische Korps,

welches damals noch nicht mit den Holländischen Truppen in Verbindung ſtand , nicht stark genug gewesen, den Sieg gewohnten Oestreichern und Braunschweigern zu widerstehen.

Einzeln wären

diese Korps zurückgedrängt worden, und wahrs scheinlich die in Westphalen eben gedämpfte In: furrektion wieder ausgebrochen, da sich das Haupt derselben nicht allein im Staabe des Herzogs bei fand, sondern auch , nach der allgemeinen Meis nung, wichtigen Einfluß auf die Operationen hatte. Wäre auf diese Art nun, wie man mit Gewißheit anneh :nen kann, das Korps angewachs sen, vielleicht gar, bei diesen glücklichen Ereignis fen, durch eine Landung der Engländer unterstüşt worden, so ist es keinem Zweifel unterworfen, daß ganz

17

ganz Norddeutschland frei geworden wäre. poleon

würde

dadurch

Mas

nicht allein gezwungen

gewesen seyn, das Korps in Franken außerordents lich zu verstärken und es nach der Saale vorzus pouſſiren , um diese nordwärts gehenden Operas tionen auf ihrer Baſis zu bedrohen, sondern er würde auch noch ein Korps von Holland aus den Vorgedrungenen in die Flanke haben ſchicken müß sen, weil sønft der größere Theil nach Franken zus rückgekehrt wäre, und der Rest, im Fall er nichts Bedeutendes gegen sich gehabt, das angefangene Werk vollendet hätte.

Durch die eben angeführ

te feindliche Operation wäre dann freilich den weiteren Fortschritten Einhalt gethan worden; ob 12 Indessen dieses nicht den Berlust mancher, viels leicht aller von den Franzosen im Süden erruns genen Vortheile nach sich gezogen, wenigstens dent Krieg um ein Großes verlängert haben würde, Da die unglückliche Engliſche Expedition nach Wall chern, die freilich in Deutschland von weit grös Bern Folgen gewesen wäre *), mehr Luft bekommen Weshalb Seftreich aberhaupt Sie Invasion in Sachfen nicht mit mehr Nachdruck betrieben, Nachdem das Sächsische Hauptkorps• asmarschiert war, ist zwar

18 hatte, ist eine Frage , die jeder Kriegsverständige sich leicht beantworten kann . Unter diesen Umständen aber, da der, General Am Ende nicht vorrücken wollte, brach das Korps des Herzogs den 14ten Juni nach Meißen auf, und fantonnirte in der dortigen Gegend. Sowohl in Meißen als Dresden wurde ein Werbedepot etablirt, um das Korps so viel als möglich zu verstärken.

Die Werbung hatte ziems

lichen Fortgang, und mochte das Korps um diese Zeit gegen 1200 Mann stark seyn. Endlich erhielt. der General Am Ende von Prag die Erlaubniß, mit dem vereinigten Korps nach Leipzig vorzurücken und zu diesem Zweck wurde am 19ten Abends aus den Kantonnirun/ gen von Meißen aufgebrochen.

Am 22sten stieg

die Avantgarde bei Seistersheim auf die Sach sen, die von Leipzig aus vorgerückt waren , wos durch sich ein Gefecht engagirte, in welchem diese

eine Frage, die nicht hieher gehört, indem bloß der Feldzug des kleinen dazu bestimmten Korps, nicht der ganie Oestreichische Feldzug beschrieben wird , allein so viel ist sicher, daß es die beſte Diverſion war, welche gemacht werden konnte.

19 genöthigt wurden, sich wieder auf Leipzig zurück zuziehen.

Durch den Fehler der in Front atte

greifenden Truppen, zu weit vorzugehen , wurde es unmöglich , daß die rechts und links zur Ums gehung detaschirte Abtheilung

den Weg

nach

Leipzig erreichen konnte, wodurch wenigstens die Arriergarde abgeschnitten worden wäre. So aber gelang es den Sachsen, die Stadt zu erreichen, die fie, indessen gleich

verließen , und sich auf

Lügen zurückzogen, als die Avantgarde unter dem Herzog nahe kam ; jedoch wurde die Arriergarde 4 am Ranstädter Thor eingeholt, nach einem highs gen Gefechte, wodurch der Rückzug der übrigent Truppen gedeckt wurde, zurückgeworfen und noch zwei Stunden hinter Lindenau verfolgt. Auf die Nachricht, daß der Oberst v Thiel lemann sich zwischen Lügen und Weißenfels geseht habe,

traf der Herzog von Brauns

schweig mit dem General Am Ende die Vers abredung, selbigen am 23sten wieder anzugreifen, zu welcher Absicht sich das Korps sehr früh in Marsch auf den Weg nach Lüßen sette ; indessen hatte der Kommandeur der Sachsen wohlweislich auf einem für ihn ungünstigen Terrain den Ang

20 griff nicht abgewartet, sondern war bis Weißens fels zurückgegangen , wo er die Saalbrücke ſtark besest hatte.

Da es nicht möglich war, bloß mit der Avant garde den Feind aus einer so vortheilhaften Pos sition zu verdrängen , so wartete der Herzog das Korps unter dem General Am Ende ab, und stellte ihm die zwei möglichen Arten des Angriffs vor, entweder mit Gewalt die Saalbrücke zu nehmen, oder einen Scheinangriff auf selbige zu machen und während der Zeit bei Merseburg die Saale zu pafsiren

und auf diese Art die feinds

liche Stellung zu umgehen.

So schön indessen

auch diese legte Art des Angriffs gewesen wäre, so war doch der General zu nichts zu bewegen ; der Befehl, sich keinem Echet auszusehen , ward hier wieder so pünktlich befolgt, daß er nicht als lein, im Fall die Sachsen Stand hielten , einen gewissen Sieg aus den Händen gab , sondern auch zum Ueberfluß nach Leipzig zurückging, wos durch der Herzog genöthigt war, dahin zu folgen. Schon einmal hatte dieser General durch eine ähnliche vorsichtige Operation die schönsten Früchs te des Sitges bei Wilsdruff aus den Händen

21 gelaffen, und obgleich hier etwas so Entscheiden des nicht mehr ausgeführt werden konnte, so ließ er dennoch die Gelegenheit unbenußt, die Sachs sen allein anzugreifen, welches nachher unmöglich wurde , denn schon den 23sten Juni Nachmittags vereinigte sich das Korps des Westphälischen Ges nerals d'Albignac mit denselben , worauf sie, anfänglich nur Willens die Saale zu vertheidis gen, in Vereinigung den 24ſten nach Lüßen wies der vorrückten , da sie den Rückmarsch des Genes rals Am Ende erfuhren.

Zu gleicher Zeit, als

der General d'Albignac in Weißenfels einger troffen, kam auch Jerome Bonaparte, damas liger König von Westphalen , in Merseburg an, und verhinderte das Sprengen der dortigen Brüks k , welches vom Obersten von Thielemann angeordnet, am 23sten früh aber noch nicht auss geführt war, mithin den Angriff von dieser Seite nicht hinderte.

Sobald der Herzog Nachricht von dem Vors rücken des Feindes erhalten hatte , stellte er sein Korps bei Lindenau hinter der Elster auf, ließ die Brücken oberhalb der Stellung abbrechen, das mit er nicht umgangen werden konnte, und ging

22 nun zum Rekognoſziren mit dem größten Theil der Kavallerie vor .

Zu gleicher Zeit benachricht

tigte er den General Am Ende von dem Ans rücken des Feindes mit der Bitte , zur Unters ſtüßung der Avantgarde vorzugehen, und in dieser vortheilhaften Stellung ein Gefecht zu wagen, wenigstens anzubieten. Aber alles war vergebens, und es erfolgte am 24sten Abends die Nachricht, daß der General nach Dresden zurückgehen wers de; wodurch der Herzog sich in die ihm höchst unangenehme Nothwendigkeit versest sah, zu fol gen, daher der Rückzug auf Grimma des Abends um 10 Uhr angetreten wurde.

Der Feind , der

nicht einmal verfolgte, ließ nun durch die Leips : ziger Zeitung verbreiten, daß er das Korps , wels. ches er die Braunschweigsche Bande nannte, vers nichtethabe, und daß selbige zu zwanzig und dreißig zerstreut ohne Führer umherliefen.

Ein Beispiel,

wie der elende und erschlaffte Geiſt jener Zeit wirkte.

Am 25ften wurde der Marsch bis Huberts: burg, am 26ften bis Stauchwig fortgeseht, wo der wackere General von Kienmeyer, der das Generalkommando der Truppen in Sachsen und Franken bekommen hatte, eintraf.

23 Diese zweckmäßige Anordnung der Dinge, den Generalbefehl dieser kleinen Korps in Einer Pers ſon zu vereinigen, besonders da es sehr wahrs scheinlich war, daß durch Uebermacht und begans ' gene Fehler selbige sich bald würden vereinigen. müssen, gab dem Zustand der Dinge eine andere Wendung , und der militairiſche Geist des Gener rals v. Kienmeyers

zeigte sich vom ersten

Augenblick an, besonders da er in einem ungüns ftigen Zeitpunkt das Kommando übernahm. Die Absicht des genannten Generals war, das Korps des Generals Radiwojewich ,

welches bis

dahin in der Ober : Main : Gegend gestanden hatte, mit den in Sachſen befindlichen Trups pen in nåhere Verbindung zu ſehen, und zu dies sem Ende ward am 27sten ein erzentrischer Rücks zug, der erste seiner Art ( denn noch kenne ich bloß den Vorschlag von v. Bülow dazu ) ans getreten.

Es wurde nåmlich in vier Ab:heiluns

gen aufgebrochen ; die erste derselben ging nach Meißen, um die Elbbrücke und die Defileen von Zehren zu besetzen ; die zweite nach Dresden zur Verstärkung der dortigen Garnison; beide hatten, den Befehl , im Fall der Feind mit Nachdruck

24

auf diefe Punkte operiren möchte, sich nach Bih, men und selbst nach Theresienstadt zurückzuzies hen, im entgegengesetten Falle aber, wenn er den andern Abtheilungen folgen sollte, vorzurücken uud den Rücken oder die Flanke des Feindes zu beunruhigen

Die dritte Abtheilung unter dem

General Am Ende und die vierte, welche aus dem Korps des Herzogs bestand, und die Arriers garde für das Ganze bildete, gingen auf Noſſen, Nachdem der Feldmarschall : Lieutenant von Kienmeyer diefe portrefflichen Anstalten getrofs fen hatte, ging er auf einige Tage nach Böhmen zurück, eine Unterſtüßung an Truppen über Egev ju bewirken. Nachdem sich das Korps in Marsch geseht hatte, erhielt der Herzog durch zuverläßige Kunds schafter die Nachricht, daß der Feind von Leipzig ebenfalls aufgebrochen , und schon über Coldig und Waldheim vorgerückt sey ; wodurch er das Vorhaben , die Verbindung mit dem Korps des Generals Radiwojewich höchst wahrscheinlich verhindern wollte ; jedoch wurde der Marsch nach Noffen fortgefest , ohne beunruhigt zu werden; als aber der Herzog die Defileen diefes Stadts

25 chens paffirt und sich auf den Anhöhen von Klos ster Zelle gefeht hatte, ließen sich feindliche Po trouillen bei Obers Marbach , welches vor den Fronte lag, sehen, und fingen mit den Seldwachen. an zu plånkern.

Bald darauf zeigten sich indeß

größere Abtheilungen , und da aus ihren Bewes gungen hervorging , daß man gegen das Korps zum Angriff anrücke, so wurden die Truppen fol gendergestalt zum Gefechte aufgestellt.

Das Des

filee von Ober :Marbach, welches längs der Fronte hinlief, und das Dorf felbst wurden ſtark mit Jägern beseßt, die Artillerie ward oberhalb des Dorfs placirt, und die Kavallerie kam in der linken Flanke auf das Plateau des Berges zu stehen, um sich nach allen Seiten hin bewegen , beſonders aber um den das Defilee etwa paſſi renden Feind mit Nachdruck zurückwerfen zu köns nen.

Der Generat Am Ende, der die dritte

Kolonne führte, und sich nun unter ungünſtigen Umständen in die Nothwendigkeit gesezt sah zu schlagen, befehte die Höhen von Nossen. Ungeftihr um zwei Uhr Nachmittags begann das Gefecht mit einer wohlunterhaltenen Kangs nade , eine große Tirailleur : Linie umgab bie

26

Fronte des Korps, und während es hier beschäft tigt wurde, zog sich der größte Theil der Wests phälischen und Sächsischen Infanterie und Ka vallerie nach dem rechten Flügel, um den linken des Korps zu umgehen.

Alle Mandver waren

indessen vergeblich, selbiges gus seiner festen Pos sition zu bringen, doch focht man bis um 10 Uhr Abends, wo die Nacht dem Gefechte ein Ende machte.

Der Verlust war indessen von beiden

Seiten nicht sehr bedeutend ; von den Brauns schweigern ward ein Offizier vom Staabé, ( der bekannte Lieutenant von Quiftorp, welcher dem Major von Schill aus Berlin folgte ) blefirt. Da dieses Gefecht, wie hieraus hervorgeht, nicht entscheidend gewesen war, indem die West phalen und Sachsen noch hinter Ober : Marbach standen, wohin sie sich zurückgezogen hatten , um wie es schien, den Morgen zu erwarten und dann das Gefecht zu erneuern, so war es nothwendig, 1 einen Bersuch zu machen , selbige mehr zurückzus Drången , damit der Marsch nach Franken unges stört vor sich gehen könne ; zu welchem Endzweck sich der Herzog entschloß, sie noch in der náms Uchen Nacht anzugreifen.

Diesem gemäß wurs

27 -den des Nachts um 12 Uhr zwei verschiedene Angriffskolonnen formirt, von denen die eine bes stimmt war, die Front zu beschäftigen, die andere hingegen die linke Flanke zu umgehen und im Rücken anzugreifen.

Als man indessen auf den

Play ankam, wo die bisher gut unterhaltenen Wachtfeuer gebrannt hatten, fand man, daß sich die alliirten Westphalen und Sachsen, wahrscheins lich weil sie sich nicht stark genug glaubten, zus rückgezogen hatten, um sich mit den nachrückenden Holländern zu vereinigen. Hieraus wird nun wohl vollständig bewiesen, daß der General Am Ende nicht ganz richtig operirte, als er, statt bei Weißenfels anzugreifen, sich gegen Dresden zurückzog ; indem die zu den damals isolirten Sachſen gestoßnen Westphalen sich noch nicht einmal stark genug dünkten, etwas Ernsthaftes zu unternehmen. Nachdem also, wie schon gesagt, der Feind eine rückgängige Bewegung gemacht hatte, konnte der Marsch gegen Franken ohne Verhinderung forts gefegt werden, und die zu diesem Zwecke bestimme ten Truppen brachen den 28sten Juni aus der Gegend von Noffen auf, und nahmen ihre Rich

28

tung über Heinichen nach Frankenberg ; der Ges neral Am Ende aber ging mit einer Bedeckung nach Dresden , um das Kommando in dortiger Gegend zu übernehmen .

Am 29sten wurde der

Marsch des vereinigten Destreichischen und Brauns schweigschen Korps nach Chemnit , den 3often nach Zwickau fortgeſeht, woselbst es bis zum 3ten Juli stehen blieb, um sichere Nachrichten von den Bewegungen der Feinde einzuziehen, welche dahin übereinstimmten, daß der so zweckmäßig angeords. nete Rückzug des Generals von Kienmeyer die gehoffte Wirkung gehabt habe, indem das vereinigte feindliche Korps unter den Befehlen. des damaligen Königs von Westphalen seinen Marsch zur Befreiung der Hauptstadt Sachsens hinter dem General Am Ende her nach Dress den genommen hätte.

Den 3ten brach daher das

Korps auf und ging theils der Subsistenz wegen, hauptsächlich aber um sich der Fränkischen Gränze mehr zu nähern , nach der Gegend von Plauen, wo es zum Theil zwischen Kirschwiß und Plauen bivakirte, der am meisten fatigirte Theil aber nach Plauen in Kantonirungs : Quartiere gelegt wurde, damit er sich von den Strapahen erholen möchte.

29 Der Feldmarschall Lieutenant

von Ktens

meyer, der wieder von Böhmen eingetroffen war, marschirte am 6ten mit den Oestreichern von Plauen nach Hof, das Korps des Herzogs blieb indessen in und bei Plauen stehen.

Da

jedoch vom General Radiwojewich die Melt dung eingegangen war ,

daß ein Französisches

10 bis 12000 Mann starkes Korps, unter den Befehlen des Generals Junot im Anmarsch ges gen ihn sey, so ersuchte der Feldmarschall Lteus tenant den Herzog, sich so schnell als möglich mit ihm zu vereinigen , indem er den Entschluß gefaßt habe, alle in dortiger Gegend stehende Truppen zusammen zu ziehen, um dem Feinde entgegen zu gehen und ihn zu schlagen , bevor das kombinirte Heer unter Jerome Bonas parte eine Diversion nach Böhmen unternahme oder ihm auf den Hals fiele. Zu diesem Ende brach das Korps den 7ten Juli Nachmittags von Plauen auf, marschirte nach Hof und ging am gren mit anbrechendem Tage nach Münchberg , vereinigte sich dort von neuem mit den Oestreichern, welche von Hof ebens falls dorthin marschirt waren, und nachdem man

30 ungefähr eine Stunde geruht und den Truppen die nöthigen Erfrischungen hatte reichen laffen , ging man über Gefråß dem andringenden Feinde entgegen.

Der General Radiwojewich , der

mit ſeinem unbedeutenden kleinen Korps der Uebers macht nicht länger hatte widerstehen können, war an diesem Tage durch ' ein anhaltendes Gefecht gezwungen worden , sich aus der Gegend von Berneck nach Gefråß zurückzuziehen. 1 Ungefähr um Mittag verbanden sich die Kos lonnen des Generals Kienmeyer mit denen des Generals Radiwojewich, und die gesammte Stärke des vereinigten Korps belief sich nun auf ungefähr 9000 Mann.

Der Feldmarschall : Lieut

tenant ließ hierauf das Gefecht auf einige Zeit einhalten, und ging mit dem Herzoge vor, die feindliche Stellung zu rekognosziren , um den Angriffspunkt zu bestimmen, welches indessen mit Schwierigkeiten verknüpft war, indem das Ters rain den Feind auf das Aeußerste, besonders das durch begünstigte , daß er im Stande war , von einem jeden Punkt seiner Linie in der Entfers nung einer Viertelmeile das Vorgehen und die Entwickelung sämmtlicher Kolonnen übersehen zu

31 fönnen.

Dessen ungeachtet wurde der Angriff

beschlossen, ein Entschluß, welcher unter den Ums stånden, in welchen der General v. Kienmeyer sich befand, ganz der richtige war, und von der. vollkommnen Kriegskenntniß dieses Heerführers zeugte, indem nur ein entscheidender Schlag dens selben aus seiner, mit jeder Minate schwieriger werdenden Lage retten konnte.

Um 2 Uhr Nachs

mittags nahm das Gefecht daher von neuem seinen Anfang, wobei der durch den Rückzug durch Deutschland berühmt gewordene Oberst Lieutenant Korfes, damals Artillerie : Kapitain, zuerst Ger legenheit hatte, seine militairischen Talente , bes sonders seinen richtigen Ueberblick, zu zeigen.

Er

war mit dem Herzog zum Rekognośziren vorges gangen und bemerkte, daß der Feind seinen linken Flügel an das Defilee von Poseneck gelegt hatte, hinter welchem sich eine das Schlachtfeld domis nirende Höhe befand , welche zwar jedoch nur schwach beseßt war.

Dieserhalb machte er den

Herzog auf diesen Umstand

aufmerksam und

bat denselben, das gedachte Defilee umgehen und die Höhe nehmen zu lassen.

Zu diesem Zweck

rückte daher der rechte Flügel unter Kommando

32

des Herzogs vor und engagirte sich , während Das Zentrum unter dem kommandirenden Genez ral auf der größen, von Gefråß nach Bayreuth führenden Straße vorrückte, welchem en echellon der linke Flügel unter Kommando des Generals Nadiwojewich) folgte. Hartnäckig vertheidigten die Franzosen das Defilee von Põseneck, und würden nicht aus selbigem vertrieben worden feyn , wenn es nicht nach dem obengegebenen Rathe des Kapitain Korfes umganger , und die hinter liegende Höhe, der eigentliche Schlüſſel der Position , mit stürmender Hand genommen worden were.

Dadurch flankirt, wurde der Get

Hetal Junot genöthigt, seine vortheilhaft besehe ten Höhen zu verlassen, und sich durch das Dorf Wasserknoten nach Berneck zurückzuziehen, wobei den Siegern einige Bagage in die Hände fiel. Mehrere Französische Bataillone versuchten zwar Milt außerordentlicher Herzhaftigkeit, sich auf der Höhe bei der vor Berneck angelegten Kapelle wieder zu sehen, um dadurch bett Rückzug der Abrigen Truppen durch das Defilee von Bassers knoten nach Berneck zu Beckett, allein da diese nicht von den übrigen, durch den Rückzug in Uns ordnung

33 ordnung gerathenen Theil des Korps unterstügt und von den ſchnell nachfolgenden Oestreichern muthig angegriffen wurden, so waren auch sie genöthigt, diesen vortheilhaften Posten zu vers lassen, und sich auf das linke Ufer des weißen Mains zurückzuziehen. Während diese Ereignisse in der Linie statt fanden, befahl der Feldmarschalls Lieutenant einer besonders formirten Kolonne, aus einem Bataillon Infanterie und zwei hundert Pferden bestehend, über den weißen Main den Feind zu umgehen, und ihn wo möglich von der Straße nach Bays reuth abzuschneiden .

Die Kavallerie hatte auch

wirklich, ohne bemerkt zu werden , die Chaussee grade in dem Augenblick gewonnen ,

als die

Franzosen sich hinter dem weißen Main zurücks gezogen hatten, der Infanterie aber war es nicht möglich gewesen , der Wege halber so schnell zu folgen , weshalb erstere, bei der großen Ueberles genheit des Feindes in die Nothwendigkeit gefeßt wurde zurückzugehen.

Der Gewinn indessen, wels

cher aus der plöglichen Erscheinung dieser Trups pen entstand, war, daß der General Junot, der die Stärke oder Schwäche des ihm in den Rüks 3

34 ten geschickten Korps nicht kennen konnte, viel mehr dies als eine bloße Avantgarde ansehen mußte, seinen Rückzug nach Bayreuth ohne Zeits verlust, und ohne eine neue Position hinter dem Main zu nehmen, in Unordnung fortsette . Der Rückzug wurde zufällig durch drei Ums stände außerordentlich unterstügt.

Erstens durch

das zu langsame Nachrücken des Oestreichschen linken Flügels, welcher sonst dem Feinde im Des filee von Wasserknoten großen Schaden gethan haben würde ; zweitens durch einen den Destreis chern entgegenkommenden ungewöhnlichen starken Regen, der fast einem Wolkenbruche glich, durch welchen dem Gefecht auf einige Zeit ein Ende und es mithin möglich gemacht wurde, mehreres zurückgebliebenes Geschüß über den Main zu bringen, welches sonst unwiederbringlich verloren gewesen wåre ; und besonders drittens durch die außerordentliche Ermattung

der

Oestreichschen

Truppen, welche von dem Nachmittage des voris gen Tages an ununterbrochen marſchirt waren, und sich zum Theil von 2 Uhr bis des Abends um 9 Uhr mit der größten Anstrengung in einer so brennenden Sonnenhige geschlagen hatten ,

35

daß mehrere Leute, von Ermüdung und vom Sonnenstiche getroffen, todt zur Erde fielen, und es mithin außer den Gränzen der Möglichkeit war, an diesem Tage noch weiter zu verfolgen . Am andern Tage rückte das vereinigte Korps nach Bayreuth, welches indessen schon früh vom Feinde verlassen worden war , indem er mit ſol: cher Eile retirirte, daß er von der Kavallerie erst vier Meilen von Bayreuth auf dem Wege nach Amberg zu eingeholt wurde.

Die Resultate dieses Gefechts waren , außer einigen hundert Gefangenen, der freie Besih nicht allein der Provinz Bayreuth, sondern auch eines andern bedeutenden Theils von Franken , welche zur Unterhaltung der vereinigten Armeekorps hin. längliche Hülfsquellen lieferten ; hauptsächlich aber die Freiheit, dem Jerome Bonaparte, der im Rücken der Armee von Dresden über Schleiß andrang, ungehindert entgegen gehen zu können. Dies sind zwar die eigentlichen Resultate des. Gefechts von Berneck, allein die glückliche Aendes rung der Dinge liegt doch vorzüglich in dem schö nen und richtigen militairischen Rückzug des Ges nerals von Kienmeyer, welchen ich dieserhalb

.36.

36

von neuem aufnehme, so wie ich die Operationen des Armeekorps unter Jerome Bonaparte beleuchten muß, um die Zweckmäßigkeit excentris scher Rückzuge in ein deutliches Licht zu stellen,. da uns noch zu wenig Beispiele derselben gelie: fert worden sind. Nachdem das Korps des Generals von Kiens meyer sich getheilt hatte, und theils auf Nossen, theils auf Dresden marſchirt war , folgten die Westphälischen Truppeh in Vereinigung mit den ee Sachf denen auf erstere Orte marschirenden Ko: lonnen, aus zwei Ursachen ; erstlich kannten sie vielleicht die Detaschirung auf Dresden nicht und dann blieb ihnen weiter nichts übrig, als was sie thaten, oder zweitens wußten sie selbige, und vers mütheten daher, daß die auf Nossen gehenden Kolonnen ein nach Franken zur Verstärkung bes stimmtes Detaschement sey und folgten ihm in der Hoffnung, es erreichen und aufreiben zu föns nen, ehe es seinen Zweck erreicht hatte. Der Felds marschall Lieutenant hatte indessen , wie es bei einem jeden solcher Rückzüge seyn muß , nur ein schwaches Detaschement auf Dresden geschickt, weil es aus den vorgenannten Gründen dem Ans

3

griffe weniger ausgefeßt war , und ein sicheres Repli hatte; mithin war es den vereinigten Sachs sen und Westphalen nicht möglich zu siegen , da fie an Kräften sowohl als an Intelligenz nicht überlegen waren , vielmehr waren sie gezwungen, sogar zurückzugehen, um sich mit den nachrückens den Holländern zu vereinigen.

Aber gesezt auch

es wäre das Gefecht von Nossen von den Weste phalen gewonnen worden, so ist doch, obgleich die Sachen um so vieles schlechter geworden wåren,

1

leicht zu durchsehen, daß es dem ſiegenden Theile nicht möglich gewesen seyn würde, weit vorzurüks ken, indem er dadurch seine linke Flanke und Rücken dem. Dresdner Detaſchement freigegeben hätte, gegen welches bei weiterem Vordringen des taschirt werden mußte, wobei das Hauptkorps in Gefahr kam, von denen sich nach Franken hin zurückziehenden Oestreichern ( die wir uns zwar geschlagen aber nicht vernichtet denken müssen, denn nur die wenigsten Gefechte sind bei gleicher Stärke so entscheidend ) angegriffen und geschlas gen, die gegen das Dresdner Detafchement abges schickte Truppenabtheilung aber abgeschnitten zu werden.

38 Da indeffen die vereinigten Sachsen und Westphalen zu schwach waren, um den Sieg ers ringen zu können ,

und mithin die Holländer

erwarten mußten, so war es ausgemacht, daß es ihnen nicht mehr möglich seyn würde , den nach Franken angetretenen Marsch auf dem geraden Wege zu hindern ; und es war mithin ganz recht, daß sie sich auf Dresden zogen, theils um Dress den dem Feinde zu entreißen und Sachsen dadurch gänzlich zu befreien , theils um durch einen Eins fall in Böhmen den General von Kienmeyer ju nöthigen , umzukehren, besonders wenn man Nachricht hatte, daß der General Am Ende nachmals auch noch zur Verstärkung nach Dress den detaschirt sey, mithin vielleicht Befehl haben könnte , diesen Ort zu decken, wodurch sich eine Gelegenheit dargeboten hätte, ihn mit Uebermacht anzugreifen und zu schlagen.

p +42

Bis hieher sind die Operationen von beiden Seiten fehlerfrei geführt worden, da indessen von nun an das Gegentheil bei dem feindlichen Korps statt findet, so will ich vorher zeigen, was selbis ges hätte thun müssen, und so zu dem wirklich Gethanen übergehen.

39 Ohne sich in Dresden aufzuhalten , welches man geräumt fand , mußte das genannte Korps über Dippolswalde nach Töplig vordringen, wels ches ohne alles Blutvergießen abgegangen seyn würde, indem man aus den Operationen des Ger nerals Am Ende vermuthen konnte, daß er, da er nichts zur Deckung Dresdens unternahm, Befehl habe, sich auf nichts einzulaſſen , ſonders sich bis nach Theresienstadt zurückzuziehen .

Hier

bei Lupelis , besser indessen bei Brix oder Koms motau, mußte ein Korps von wenigstens 2000 Mann stehen bleiben , welches bis über die Eger, hauptsächlich aber nach Theresienstadt, ſtreifen ließ, theils um Kontributionen und Lebensmittel vor der Fronte beizutreiben , um denjenigen Theil zu schonen , wo man ſtand , hauptsächlich aber um den General Grafen Reisch und seinen Unters feldherrn im genannten Orte festzuhalten , wenn das Hauptkorps gezwungen worden wäre, sich aus Böhmen herauszuziehen.

Nachdem dieses Detas

schement dort gestört gewesen wäre, hätte sich das Hauptkorps in forcirten Märschen der Böhmischt Fränkischen Gränze auf der schönen Straße über Ellenbogen hin nähern und zugleich , was nicht

40 schwer war, versuchen müssen , den General Jus not zu benachrichtigen, damit dieser sich entweder vereinigt håtte, um solchergestalt den General von Rienmeyer mit Uebermacht anzugreifen , und nicht allein

on Böhmen , sondern

auch von

Sachsen durch Detaschirungen in seinen Rücken abzutreiben ; oder besser, der General Junot hätte sich zurückziehen und versuchen müssen, ob der General von Kienmeyer in die Falle zu locken gewesen , und zum Verfolgen zu bringen sey, wodurch er in sein Verderben gegangen wäs re ; indem das Westphälische Korps, welches auf diesen Fall in der Flanke blieb und seine Koms munikation mit dem General Junot unterhielt, ihm den Rückzug abgeschnitten hätte.

Wäre in:

dessen der General von Kienmeyer zeitig ges nug auf seinen Rückmarsch bedacht gewesen, so hätte er doch nur mit Mühe der Einschließung durch zwei Korps entgehen können , indem ihm der Weg nach Böhmen über Ellenbogen abges schnitten war. Wenn mithin der General Junot ihm im Rücken gefolgt wäre, die Westphalen ihm aber beständig zur Seite gelegen und beide weiss lich ein partielles Gefecht vermieden håtten , wo:

". ·41 durch er allein seine Angelegenheiten wieder her stellen konnte, so würde er gezwungen gewesen ſeyn, nordwårts oder nach der Elbe hin zu opes riren , wodurch er durch fatigante Märsche auf. gerieben oder wenigstens gendthigt gewesen seyn würde, sich gegen beide Armeekorps , deren Vers einigung er nicht hindern konnte , zu schlagen. Dieser Marsch durch Böhmen hatte noch außers dem zwei wesentliche Vortheile.

Erstlich wäre die

Armee auf Kosten der Feinde erhalten worden, zweitens war ein starkes Detaſchement Brauns schweigscher Rekruten auf dem Marsche von Thes resienstadt nach Franken , welches auf jeden Fall aufgehoben worden wäre, wenn man etwas Kat vallerie und einige reitende Kanonen nachgeschickt hätte.

Daß gedachtes Detaschement in Furcht ei

ner solchen Verfolgung gelebt hat, kann ich aus eigner Erfahrung mit Gewißheit bestimmen, und eben so, daß es dem Herzog unmöglich gewesen wäre , ohne diese Verstärkung seinen Zug zu uns ternehmen. Geseht aber auch dieses Armeekorps sey, trok aller forcirten Marsche, zu spát gekommen , mits hin das Gefecht von Berneck schon geliefert

42

und folglich der General von Kienmeyer uns gehindert im Stande gewesen, sich gegen selbiges zu wenden, so war dennoch nichts verloren , ins dem es sich auf dem nächsten Wege aus Böhmen nach Sachsen ziehen konnte ; da zur Genüge ber wiesen ist, daß Gebirge, auf deren Wegen Ger schüß fortkommen kann , den Rückzug begünsti gen, weil die den retirirenden Truppen so ges fährliche Kavallerie dort ohne alle Anwendung ist, auch die Wege im Gebirge leicht ungangbar gemacht werden können, und endlich die leichte Infanterie oder Scharfschüßen vortreffliche Ges legenheit haben , zur Deckung des Rückzuges in den Wegen, oder auch den gewöhnlich mit Holz bewachsenen Abhängen und Rücken der Berge thre im Frieden mühsam erlernten Künste in Anwendung zu bringen.

Hierbei ist noch in Ers

wägung zu ziehen, daß durch das bei Toplig oder in der Gegend stehende Korps die Besats zung von Theresienstadt in Respekt gehalten wurs de, mithin die nachmals von dieser Seite ers folgte Flankirung nicht zu befürchten war. Es bleibt nun noch übrig, die Operationen Der vereinigten Westphalen, Sachsen und Hollän

43 der zu betrachten , die von dem damaligen Ko nige von Weftphalen Jerome Bonaparte bes fehligt wurden, der indessen nie ein Heer geführt . hatte, und mithin seine unter ihm kommandis renden Generale schalten ließ, unter denen der nachmals durch seine während des Rückzuges des Herzoglich Braunschweigſchen Korps gemachten . Fehler merkwürdig gewordene General Reubel an der Spize stand . Nachdem also, wie schon gesagt, dieses Korps nach Dresden herunter operirt und diese Stadt in Besiz genommen hatte , ließ es , anstatt die vorhin detaillirte Operation nach Böhmen vor: zunehmen, um dadurch dem General von Kiens meyer in die Flanke zu gehen, und eine Vers bindung mit dem General Junot zu versuchen, die Zeit mit Ruhetagen in Dresden verstreichen, und ſeßte ſich erst in Bewegung , als es die Vers einigung des General Kienmeyerschen Korps mit dem des Generals Radi wojewich erfuhr. Hierauf sehte es sich, wie gesagt, in Marsch und ging auf dem Wege über Freiberg den Destreis chern in den Rücken.

Während dieser Zeit hatte

zwar der Oberst von Thielemann einen Streift

44 zug mit 300 Pferden über Kommotau ins Böh mische unternommen, allein so richtig dieser Eins fall auch nach dem Vorhergesagten ist, so mußte dieser doch, wegen der Schwäche seines Detasche: ments nach dem Hauptkorpe zurück gehen, so bald die Oestreicher gegen selbiges zu operiren anfingen.

In der Zeit indessen, da das feindliche Korps in Dresden auf seinen Lorbeern ruhte und die fo eben beschriebene Bewegung machte, hatte der General Kienmeyer Zeit genug gehabt , den General Junot, wie schon gesagt , bei Berneck anzugreifen und aus Franken zu vertreiben, wess halb er nun ohne Verzug dem Könige von Wests phalen entgegeneilte. Den gten Juli sezte sich daher das gesammte Korps zu diesem Endzweck in Bewegung, und marschirte nach Hof;

den Tag nachher nach

Plauen, auf welchem Wege es die Westphälische Avantgarde antraf, indessen nichts Bedeutendes vorfiel.

Da aus dem schnellen Anrücken der Westphas len der General Ktenmeyer abzunehmen glaubs te, daß sie ein entscheidendes Gefecht beabsichtig:

45 ten, welchem auszuweichen ihm die erste Pflicht war,

indem

das feindliche Armeekorps gegeu

12000 Mann stark seyn mochte , und eine der Oestreichschen vierfach überlegene Artillerie mit sich führte; so traf er die zu diesem Zwecke Höchst weise Anordnung , ihre Flanke und Rücken in Gefahr zu bringen, indem er den General Am Ende beorderte, aus Böhmen mit seinem Detas schement gegen Dresden vorzugehen ; selbiges, da es nur schwach besest seyn konnte, wieder zu neh men und seine Vorposten bis Meißen und Ger gend vorzuschieben , wodurch Tseine Absicht nicht allein vollkommen erreicht, sondern auch bewirkt wurde, daß man späterhin den Oberſten von Thielemann gegen dieses Korps detaſchiren mußte. Wie zweckmäßig und nöthig (mithin das Ob; servationskorps in der Gegend, von Töpliß oder Kommotau gewesen seyn würde, leuchtet aus den. eben dargethanen Operationen hervor, indem es die linke Flanke, welche nur allein in Gefahr stand , vollkommen gedeckt hätte, wodurch dem Hauptkorps die Kraft geblieben wäre, den Gene: ral Kienmeyer anzugreifen.

Weshalb aber

46 dies dessen ungeachtet nicht geschah, ehe man die Bewegungen des Generals Am Ende erfuhr, ist unerklärbar, und ganz unbedingt ein großer Fehler , indem durch eine verlorne Schlacht die Sachen nicht schlimmer gemacht werden konnten, im entgegen gesetzten Fall aber der General Kien meyer genöthigt worden wäre, um nicht dem Korps des Generals Junot in die Hände zu fallen , welcher sich um diese Zeit wieder geseht hatte, nach Böhmen zurückzugehen ; mithin der Operation nach Sachsen von Theresienstadt aus durch Detaschirung , nachdem man das Haupts torps geschlagen hatte, leicht begegnet werden konnte.

Zugleich war durch den Rückzug des

Generals Kienmeyer nach Böhmen ganz Frans ken frei, welches doch wohl der Hauptzweck war, den ५ die Westphalen beabsichtigten, als sie dorthin vordrangen.

Siegten indessen die Oestreicher,

welches bei ihrem wenigen Geſchüß nicht zu ers warten stand, so zog man sich schnell auf Erfurt, um dem Flankiren des Generals Am Ende vor zubeugen, welches man nachher doch zu thun ges nöthigt war, und zwar ohne die Möglichkeit versucht zu haben, Franken wieder zu erobern.

47 Zwar weiß ich sehr wohl, daß man sich nachs mals im Lager von Schleiß entschloß) die Oests reicher anzugreifen, allein da war es zu spår, denn am nämlichen Tage kam die Nachricht, daß man in Gefahr stehe auf dem Wege von Dresden umgangen zu werden, wodurch das Des taſchiren des Obersten v. Thielemann noths wendig und , wie wir unten sehen werden, der Angriff in einen Rückzug

verwandelt wurde.

Doch wäre auch unter diesen Umständen eine Schlacht der militairiſchen Ehre des Westphälis schen Korps angemessener als ein Rückzug gewesen. Da man geschlagen sich theilen und den Oberſten v. Thielemann auf Dresden schicken konnte, während der Rest auf Erfurt, wie bereits gesagt, zurückging ; wodurch der General v. Kienmeyer genöthigt wurde,

nur vorsichtig vorzudringen.

Und hatte der General v. Kienmeyer, wie wahrscheinlich ist, das Gefecht nicht angenommen, so war man nachmals im Stande ungestört zu thun was man wollte. Anstatt also in der Gegend von Plauen ein Gefecht zu liefern, räumten die Westphalen diese Gegend, und zogen sich in eine sogenannte feste

48

Stellung bei Schleiß, welche sie zum Ueberfluß noch zu verschanzen anfingen, nicht bedenkend, daß ein verschanztes Lager, wenn seine Flügel nicht durch unübersteigbare Hindernisse gedeckt find, leichter denn jedes andere umgangen werden kann , indem es nicht möglich ist sich zu rühren, ohne die Schanzen zu verlassen , wodurch diese mithin völlig unnük , ja öfter ſchädlich gemacht werden *). Nachdem die obengenannte Gegend von Plauen von den Westphalen verlassen worden war, rückte die Avantgarde des General Kienmeyerschen Korps, welche beſtändig unter den Befehlen des Herzogs stand, den rrten Juli in das Lager von Groß: Leitniß, und der Feldmarschall ‹ Lieutenant nahm sein Hauptquartier in Plauen, hinter wels chem *) Dieser hierzu aufgeftelte Sag ist von dem schon oft von mir angeführten militairischen Schriftsteller von Bülow weitläuftig bewiesen worden , es versteht sich übrigens von selbst, daß hier voń Korps, die sich ungefähr an Stärke gleich sind , die Rede ist, indem ich weit entfernt bin , den bewährten Nugen von Verschanzungen, besonders für schwächere Korps, die sich gegen stärkete halten, und Schritt für Schritt aurückgehen sollen, zu bestreiten.,

49

chem Orte das Hauptkorps bivakirte.

Da das

gesammte Korps seit langer Zeit sehr fatigante Marsche gemacht hatte, so entschloß sich der koms mandirende General, ihm einige Ruhe zu gönnen, welches auch bis zum 13ten wirklich der Fall war, allein an diesem Tage forderte er den Hers zog auf, mit der Avantgarde über Mühldorf nach Schleiß zum Ueberfall des Feindes vorzu rücken,

um denselben wo möglich aus seiner

Stellung zu vertreiben ; zugleich hatte er zur Uns terſtüßung dieses Unternehmens ein Detaſchement rechts über Pausa abgeschickt, war jedoch mit dem Hauptkorps bei Plauen stehen geblieben. Welchen Zweck der General mit seinem Stehens bleiben beabsichtigte, ist mir unbekannt, indem es höchst wahrscheinlich ist,

daß, selbst wenn der

Ueberfall gelungen wäre, die hierzu beorderten Truppen nicht stark genug gewesen seyn würden, ihn gehörig zu benußen, dá sie nicht unterstüt werden konnten.

Hatte ferner der Ueberfall eine

bloße Alarmirung zum Zweck, welches aber nicht der Fall war, indem man einen Plan entworfen hatte, Jerome gefangen zu nehmen, so konnte selbiger mit wenigern Truppen unternommen,

4

50 folglich der Rest geschont werden ; und geschah es endlich , um kein Aufsehen zu erregen , so ist es wohl gewiß, daß die Bewegungen in der Nacht zn unternehmen waren, indeſſen das Hauptkorps auf jeden Fall vorrücken mußte, damit es die angreifenden Kolonnen im Nothfalle' unterstüßen konnte. Der Angriff auf die Westphälischen Truppen war in der Nacht um 1 Uhr bestimmt, allein die Kolonne des Herzogs hatte bei den verdorbenen Wegen, die fast grundlos waren, mit so vielen Schwierigkeiten zu kämpfen , daß derselbe nicht statt haben konnte , zugleich lief auch die Nachs richt ein , der Anschlag sey verrathen und der Angriff werde erwartet ; welches um sò mehr zur Gewißheit wurde, da auf allen Thürmen in den Dörfern Laternen brannten und die Glocken gezor gen wurden , so wie sich die Spigen der Kolons nen ihnen näherten. In der Nacht hatte indessen der feindliche Heerführer außer der Nachricht von dem An schlage auf seine Persont auch noch die erhalten, daß nicht allein der General Am Ende, zufolge des erhaltenen Befehls sich wirklich in dem Bes

51 siz des nur schwach garnisonirten Dresdens ges segt, seine Vorposten aber nach Meißen vorge schoben habe, und mithin Leipzig bedrohe, wos durch er natürlich genöthigt ward , den Obersten von Thielemann dorthin zu detaschtren , fons dern daß auch eine Verstärkung des Herzoglichs Braunschweigschen Korps in Hof angelangt sey, die das Gerücht um zehnmal vergrößert hatte. Dies bewog ihn nun, nach Erfurt zurückzugehen, wodurch nicht allein seine linke Flanke außer Ger fahr kam, sondern auch der Oberst von Thier lemann

nach Umständen

unterſtügt

werden

konnte und zugleich auch Kassel gedeckt war, ins dem der General Kienmeyer dorthin nicht. vorzudringen vermochte, ohne flankirt zu werden. Dieser Rückzug liefert nun ganz insbesondere. den Beweis, wie vortheilhaft excentrische Rück züge zur neuen Aufnahme offensiver Operationen find.

Im Allgemeinen aber sind sie zu empfehr

len, wenn man sich zurückziehen muß, um eine Provinz zu decken, einen andern Poſten aber jus gleich unterſtüßen will, auch wenn man einen ges wiſſen Punkt erreichen muß, zu welchem zwet ziemlich gleich lange Wege führen , beſonders

52 wenn es dabei auf Schnelligkeit ankommt , und endlich wie schon gesagt, wenn man Hoffnung Hat, schnell zu einem Offenſivkriege überzugehen. Doch gilt dies nur von Korps , welche stark ges nug sind, etwas zu detaschtren, so wie überhaupt (wenn man nicht durch ein Gefecht gezwungen worden ist sich zu theilen ) der Rückzug am zweck mäßigsten eingerichtet wird , wenn man wie der General von Kienmeyer auf dem einen Wege nur eine schwache Abtheilung sendet, welche mithin einem Gefechte leichter durch Geschwindigkeit ents kommen kann, während man aufdem andern mitdem stärkern,zum Widerstehen fähigen Theile,zurückgeht. Da nun der Rückzug der Westphalen noch nicht vermuthet worden war , auch mit solcher Schnelligkeit vollführt wurde, daß die Bataillons zum Theil in Fronte neben den Wegen her über das Feld retirirten, so konnten selbige bei dem erhaltenen Vorsprunge nicht gehörig verfolgt wer: den ; der Herzog beseßte daher blos Schleiß mit seinem Korps, und der General v. Kienmeyer blieb bei Plauen stehen und zog ſein Detaſche: ment von der Avantgarde, und das nach Pausa geschickte am 14ten Juli wieder an sich.

53 Dieses dem thätigen Geueral so unähnliche Baudern hatte anfänglich seinen Grund darin , daß ihm der getheilte Rückzug zweifelhaft machen mußte, welchem Theile er folgen sollte, und daß ihm endlich der Befehl geworden war, dem Eri folg der Schlacht an der Donan abzuwarten , bes vor er von neuem ' operire, da es wahrscheinlich war, daß diese Schlacht wie die von Eßlingen einen glücklichen Ausgang haben würde, wodurch die Sache eine ganz andre Wendung , und die Operationen des

Generals vielleicht eine neue

Richtung bekommen hätten.

Er blieb daher, wie

schon gesagt, in seiner Stellung bei Plauen eis nige Tage stehen, in welcher Zeit die Nachricht von der leider verlornen Schlacht von Wagram und dem abgeschlossenen Waffenstillstande eintraf, dem zufolge Sachsen und Bayreuth sogleich von den Oestreichischen Truppen geräumt und selbige in einer Demarkations : Linie an der Böhmischen Gränze aufgestellt werden sollten. Dieser Artikel im Waffenſtillstande war durch den Bericht des Feldmarschall : Lieutenants Grafen Reisch und des Burggrafen Reischach veran: laßt worden, indem dieſe Herren den Einfall des

54 Obersten v. Thielemann in Böhmen mit ſo gråßlichen Farben geschildert hatten, als sey dieses Land bereits verloren , welches den Erz Herzog Karl auf den Gedanken bringen mußte, als würde Bayreuth mit dem Verlüfte jenes König: reichs erobert, und mithin konnte er sehr zufrie: den seun , diesen den Rapporten nach so glück lichen Artikel erhalten zu haben.

Zwar kann man

einwerfen , der Erz :Herzog Karl habe nach der Art und Weise, wie die frühern Operationen in Sachsen geführt worden waren, deren Fehler eis nem´so hellſehenden General, als der Erzherzog ist, nicht entgangen seyn konnten, vermuthen müßt fen, als habe der Bericht des Grafen Reisch Aehnlichkeit mit jenen Operationen .

Allein dies

ser Rapport war ja durch den Burggrafen von Reischach bestätigt, wie hätte also der Generals liffimus an der Aechtheit desselben zweifeln können, und so war denn wohl der Befehl zur Räumung Frankens und Sachsens als eine natürliche Folge deffelben zu betrachten.

55

= IIte Abtheilung. Der Rückzug durch Norddeutschland.

Da die beim Waffenstillstande abgeschlossene Konvention auf eine friedliche Annäherung zwi schen beiden Mächten schließen ließ, so blieben dem Korps des Herzogs nur widrige Aussichten, deun indem dasselbe nach Böhmen zurück mars schirte, wo ihm bereits seine Kantonirungsquar tiere bei Kommotau angewiesen waren, wurde der Herzog genöthigt, seine Unabhängigkeit aufzuges ben , und Unterstüßung von Oestreich anzunehs men, da das Fürstenthum Dels für die verwens deten Kosten größtentheils verpfändet war.

Im

Fall eines Friedens würde nicht allein die Auf: töſung des Korps erfolgt, und es wü.den folglich diese Kosten unnüß verschwendet gewesen seyn, sondern es wäre auch dem Herzog selbst nichts übrig geblieben, als unter jeden Bedingungen in Oestreichsche Dienste zu treten.

Hier kam indess

fen dem Herzoge seine vorbehaltene Unabhängig keit zu statten , und da noch dazu die Nachricht von der Landung eines Englischen Armeekorps bei Kurhaven in dieser Zeit eintraf, die unzufries denen Gesinnungen , womit die Bewohner von

56 Norddeutſchland in Friedenszeiten nicht ermaks gelt hatten sich zu trösten, auch den Herzog ebens falls mit dem Vertrauen erfüllten, daß ein ſchnel: ler Zug nach dortiger Gegend und ein dadurch bewirkter Aufstand eine Veränderung in denen am Kaiserlich Destreichischen Hofe getroffenen Maaßs regeln hervorbringen würde; überhaupt aber die Idee, im Nothfalle nach England zu gehen, von Stiftung des Korps an bestanden hatte, ja bei manchem sogar der Glaube herrschte , als werde es von diesem Lande bezahlt; so ward der Marsch nach den Küsten der Nordsee beschlossen;

ein

Marsch, dessen glückliche Ausführung wegen der zu überwindenden Schwierigkeiten ewig merkwürs dig bleiben wird, und als kühne Idee dem Hers

og unsterblichen Ruhm bringt, obgleich nicht zu leugnen ist, daß der Oberst : Lieutenant Korfes, ohne deſſen ſtrategiſche Kenntnisse und richtigen Ueberblick der Plan vielleicht vereitelt worden wäre, an der glücklichen Ausführung großen Ans thil hatte. Diesen heldenmüthigen Entſchluß nämlich auss führen zu können, waren vier Dinge durchaus nothwendig , Erftens :

57 Die Engländer, gelandet oder nicht, von dem Vorhaben zu unterrichten , damit sie dasselbe auf die eine oder andere Art zu unterstüßen im Stan de waren, Zweitens : Den Marsch so zu leiten, daß man nöthigens falls mehrere Auswege hätte, Drittens : Dem Feind die wahre Absicht zu verbergen, und sich zugleich auf die Hauptstraße zu sehen, auch ein zweites von Theresienstadt abgegangenes Detaſchement zu erwarten, und Viertens :

Die möglich besten Nachrichten einzuziehen , hauptsächlich wie der Feind stehe, und ob er mit dem Entschlusse bekannt sey ; um nöthigen Falls die ferneren Operationen darnach zu verändern. Den ersten dieser Zwecke zu erreichen , ward

s gen bes der durch seine patriotischen Unternehmun ll fa n e kannte Oberst Freiherr von Doernberg bes ig ch th a ö n n e stimmt, nach der Küste oder England zu gehen, und da er bisher großen An theil an der Leitung des Korps gehabt hatte, nach seinem

Abgange

der Artilleries Kapitain

Korfes zum Major und Chef des Generalstaas bes ernannt, da dieser Offizier durch seine bet jedem Gefechte, insbesondere aber bei Berneck

58 bewiesenen militairiſchen Talente die gegründetste Hoffnung gegeben hatte, den Posten des Obersten auszufüllen.

Er entwarf nun zur Erfüllung des

zweiten Punktes den Marsch auf- Bremen , das mit , falls die Engländer bei Hamburg gelandet wären, nach Umständen derRücken oder dieFlanke Des gegen fie agirenden Korps bedroht werden fonnte, zugleich auch dadurch vermieden würde, dem vielleicht gegen sie geschickten Korps , wenn sie nicht gelandet wären, in die Hände zu laufen, und ins Teufels:Moor getrieben zu werden, und endlich nach Erreichung der Weser im glücklichen Falle der Weg nach Kassel, im unglücklichen nach der Mündung der Ems offen bliebe. Zur Bewerkstelligung

des

dritten Punktes

wurden zwei Seitenmärsche gemacht , der erste ging den 21sten Juli nach Graiß, der zweite den 22ften auf Zwickau, wodurch sich das Korps nicht sowohl auf den großen über Leipzig nach Halle führenden Weg, als vielmehr auf den nach Koms motau ( wo wie gesagt die Kantonirungs › Quars tiere für dasselbe angewieſen waren ) seßte, und mithin diese Bewegungen durchaus nicht auffallen konnten.

Erst nachdem das Korps diese Märsche

59 gemacht hatte ,

und in Zwickau angelangt war,

blieb es stehen, um ein Detaschement Jäger unp die Ulanen : Eskadron zu erwarten, welches ohne Gefahr gethan werden konnte, da erst der 27ste Juli zur volligen Räumung der Sächsischen Pros vinzen und der von Bayreuth bestimmt war.

In der Zwischenzeit wurden nun in Rücksicht des vierten Gegenstandes keine Mittel gespart, um sich die zuverläßigsten Nachrichten zu vers schaffen, welche alle dahin übereinstimmten :, daß der Oberst v. Thielemann sich mit sämmtlichen, von Schleiß nach Dresden marschirten Sachsen, noch in dortiger Gegend befinde; der General Am Ende aber bereits seinen Rückmarsch nach Böhmen angetreten habe*); daß ferner der Ges neral Gratien mit den unter seinem Kommando *) Der Oberst v. Chielemann hatte nämlich trog des Waffenfiustandes die Feindseligkeiten bei Dress den wieder angefangen, und Destreichische Landwehr gefangen genommen, wodurch der General Am Ende bewogen wurde , nach Böhmen jurückzugehen , und ald Represalie aus dem legten Sächsischen Orte alle männlichen Einwohner mitzunehmen. Das beste uns Areitig , was er im ganzen Kriege gethan hat, ins dem er dadurch die sur frühern Befreiung Dresdens unrechtmäßig gemachten Gefangenen wieder befreite.

60 ftehenden Holländern zwar noch Erfurt und die Gegend besest halte, Jerome indeſſen mit einem Theil seiner Truppen zurück nach Kassel, der grös Bere Theil derselben aber nach der Weser oder gegen die gelandeten Engländer

marschirt sey.

Alle diese Nachrichten waren vollkommen richtig, mit Ausnahme der Landung der Engländer, welche aus einem bloßen Gerüchte entstand. Allein dieses und dieWahrscheinlichkeit, daß dieselben einsolches Projekt im Sinne hatten , welches auch bekannt: lich der Fall war, aber leider auf Walchern ge: richtet wurde, hatten den General Reubell mit den Westphälischen Truppen nordwärts hingezos gen.

Zugleich wurde es dadurch deutlich, daß der

Feind eine solche kühne Unternehmung nicht ers wartete, auch bei der Art und Weise, mit welcher alle Kriege bisher gegen Frankreich geführt waren, nicht einmahl ahnen konnte, mithin den Marsch auf Zwickau eher für eine Bewegung zum Rück zuge nach Böhmen, als für eine Vorbereitung zum Marsch nach der Nordsee nehmen mußte, besons. ders da während des Aufenthaltes in Zwickau überhaupt nicht vernachläßigt wurde, alle Anstals ten zum Rückmarsche zu machen, ja fogar Ofs

61 fiziere zum Aufnehmen der Quartiere abgeschickt wurden. Das glückliche Zusammentreffen aller dieser Umstände ,

verbunden mit der Hoffnung, das

Korps des Generals Reubell werde hinlänglich von den Engländern beſchäftigt, und den übrigen Truppen wahrscheinlich durch

Schnelligkeit zu

entschlüpfen seyn, beſtårkten den einmahl entworfs nen Plan, und nachdem am 23ften Juli die ers wartete Ullanen : Eskadron nebst dem Jäger : Des taſchement eingetroffen war, wurde der Abmarsch auf den folgenden Tag, den .24sten Juli festgesezt, und mit Tagesanbruch schlug das Korps den Weg nach Altenburg ein. So verschwiegen auch die wahre Absicht des Marsches dem Korps gehalten worden war, To war doch trog aller Vorsicht manches davon bes kannt geworden, und der Herzog erfuhr, daß ein großer Theil der Offiziere mit ſeinem Vorhaben unzufrieden sey.

Um sich daher von den wahren

Gesinnungen derselben zu überzeugen , ließ er, nachdem sich das Korps in Marſch geſeht hatte, dasselbe wieder aufmarschiren und berief ſåmmts liche Offiziere zu sich. Er redete sie nun in Vers

62

sammlung an ; machte sie mit dem Ganzen sets nes Vorhabens bekannt ; zeigte ihnen ſeine Hoff: nungen,

unterließ aber auch nicht, ihnen die

Schwierigkeiten vorzustellen, mit welchen man vielleicht zu kämpfen haben möchte, und überließ es nun der freien Wahl und dem Gefühl eines jeden, ob er ihm folgen oder abgehen wolle. Der Herzog glaubte auf diesem Wege manchen vielleicht noch nicht ganz zum Abgehen entschloss fenen Offizier zum Bleiben zu bewegen, 4 allein. er ward in seiner Meinung getäuscht, da fast alle Kavalleries Offiziere, wenige der jüngsten ausge nommen , und auch mehrere Jäger : Offiziere um ihren Abschied anhielten, den sie auch unverweis gert bekamen *). *) Das zu lieblose Urtheil, welches häufig gegen diese Offiziere ausgestoßen worden ist, zwingt mich wenig es in meinen Plan paßt, hier ein Wort zu ihrer Vertheidigung zu sagen, ungeachtet ich es nie gebilligt habe, daß sie abgingent. Als der Herzog das Korps unter Sefkreichs Schug errichtete, fand sich außer den ächt deusschdenkenden Kriegsgefährten des Herzogs so mancher der unthäs tigen Wreußischen Offiziere, der seine persönliche Ehre, die in der damaligen ungerechten Algemeinverðams mung mit angegriffen worden war , durch einen

63 Die Lage des Herzogs ward dadurch , wie leicht zu erachten , sehr kritisch , er hatte die Abs sicht seines Aufbruchs entdeckt, leicht war es, daß `noch mehrere andere Offiziere ihren Kameraden folgten , und dadurch die Leute aufmerksam ges macht wurden ; mithin mußten schnelle Maaßt regeln getroffen werden. neuen Feldzug zu reinigen wünschte, und daher mit Hintenansegung seines Vermögens und seiner Familie Dem Nuf des Herzogs folgte. Bei einer großen Menge hatte auch das hohe Gehalt den Wunſch rege gemacht, den färglichen halben Sold gegen dasselbe ju vertauschen, und aus diesem und keinem andern Beweggrunde hatten sie sich dem Herzoge angeſchloſſen. Es ist nicht zu leugnen, daß diese Offiziere, so lange das Korps in Berbindung mit den Destreichern agirte ihre Pflicht auf das trefflichste erfüllten ; allein als jenes nicht mehr statt fand, trat bei allen statt der Exaltation die ruhige Bernunft ein , mancher hatte feine Persönlichkeit gerechtfertigt , die meisten aber hatten Vermögen, wie es bei den Kavallerie:Offizieren damaliger Zeit gewöhnlich der Fall war , manche fogar Familie, und es entstand mithin die Frage, ob diese Rücksichten einem ungewissen Zuge aufjus opfern werth waren. Was aber dies alles verstärktt, war, daß manche unter ihnen dem Feldherrn-Talente des Herzogs weniger Buttquen schenkten, als er es vers diente , und nach dem Abschicken des Obersten von Doernberg die Sjene von Stratfund , die ihnen

64 Zu diesem Ende wurden die Offiziere von den Gemeinen getrennt und das Korps in Marsch 47 gesezt ; nach ungefähr zwei Stunden indessen abermals gehalten , und die Gemeinen auf ähns liche Art vom Herzog angeredet, mit dem Zusage der Bewegungsgründe, warum manche ihrer Oft fiziere sie verlassen hätten. Ein allgemeiner Ruf: » Wir

im frischen Audenken war , bald erneut zu sehen glaubten , überdieß auch ihre Ehre nicht, gefährdet was, wenn sie das Gewife dem höchst gewagten Ungewissen vorzogen , indem der Herzog jedem freis stellte , feine Partie zu nehmen. Der im Berichte des Herzogs angeführten Behauptung, als hätten die Kavallerie-Offiziere durch die Wachtmeister und Unters Offisiere die Husaren zum Abgehen aufwiegeln lassen, glaube ich widersprechen zu müssen ; denn obgleich es aus den Reden jener Leute hervorzuleuchten schien, so ist es doch nach dem unter den Offizieren der Königlich Preußischen Armee, aus welchen doch jene ursprünglich gekommen waren, bestehenden Gefeße der Ehre und dem wirklich wahren Ehrgefühle undenkbar, eine solche Schandthat zu begehen , und mithin viet wahrscheinlicher , daß die Wachtmeister und Unters Offiziere die Berathschlagungen ihrer Vorgefeßten abs 1 gehörcht, hieraus die Verwegenheit des Unternehmens kennen gelernt hatten, und da fle keine triftigen Gründe zum Abgehen vorgeben konnten , zur Bemäntelung thres Vorhabens nun alles auf ihre nicht mehr ans wefende Offiziere schoben,

65 „Wir bleiben beim Herzog , wolle!" war die Antwort.

es gehe wie es

Da aber dem Herzoge

alles daran gelegen war, die Aufrichtigkeit jedes einzelnen Individuums zu kennen, so ward noch mals Jeder insbesondere gefragt, wobei sich denn doch manche fanden , die abzugehen wünschten. Diese wurden auf dem Fleck verabschiedet, an ihrer Stelle aber einige hundert Rekruten , die ohne Montirung dem Korps folgten , einrangirt und ihnen die Kleidungsstücke der Abgehenden. gegeben. Auf diese Art hatte sich zwar der Herzog übers zeugt, nach Abgang der Mißvergnügten ein ihm ergebenes Korps zu haben, allein seine Absicht war auch so bekannt geworden, daß nur die größte Schnelligkeit den Ueberrest retten konnte. Bu dies sem Endzweck wurden daher von allen Orten, fo weit es nur thunlich war, Wagen für die Ins fanterie requirirt, welche von nun an auch bes ständig in dieser Art marschirte, und ungesäumt der Marsch nach Altenburg fortgefeßt.

Hier bis

vakirte das Korps während der Nacht, und brach am 25sten früh abermals auf, um seinen Marsch auf Borna zu verfolgen.

Auf dem Wege dorts

5

66 hin erfuhr der die Avantgarde der Kavallerie kommandirende Lieutenant Rochow (der sich bereits während des Schlesischen Feldzuges durch einige kühne Unternehmungen bekannt gemacht Hatte ) daß ein Bagage : Transport der Sachsen Diesen Ort kürzlich verlassen und sich nach Leipzig . in Marsch geseht hätte.

Ohne daher weitere

Befehle abzuwarten, folgte er demselben mit vers Hängtem Zügel, war auch so glücklich ihn einzus Hölen, und nebst der dazu kommandirten Bedeckung, Die von drei Offizieren geführt wurde, aufzuheben. Dieß war gleichsam das glückliche Zeichen für den guten Fortgang , indem dieser erste Erfolg alles bis zur Exaltation begeisterte.

In Borna, wo das Korps während der Mits tagshige bivakirte, wurde in Erfahrung gebracht, daß ein ungefähr 400 Mann ſtarkes Kavalleries Kommando fich unweit Leipzig befinde, und seine Worposten zwischen diesem Orte und Borna stehen habe.

Wahrscheinlich war

dieses Kommando

beim Abmarsche des Obersten v. Thielemann von Schleiß nach Dresden, zur Beobachtung des Weges hieher detaſchirt worden, und da ſich die Patronillen desselben dem, mit dem Troß durch

67

Borna geschickten dritten Jäger: Bataillon Eihn näherten, mithin zu vermuthen ſtand , es werde dieses Detaſchement sich nicht eher zurückziehen, bis es genaue Kundschaft von den Marsche des Korps habe, so ward der Plan entworfen, selbis ges aufzuheben. In der Voraussehung nämlich, daß das Sácht sische Kavallerie : Detaſchement nach und näch bis nach Leipzig zurückgehen und sich dort, um seine dem Korps zur Seite geschickten Patrouillen ant sich zu ziehen, so stellen werde, daß es die Stadt auf der rechten Flanke , den von Leipzig nach Dresden führenden Weg aber links haben würz de, um nicht von demselben abgeschnitten zu werk den, so ward folgende Disposition entworfen · Die Scharfschüßen-Kompagnie, welche unter Koms mando des Majors von Seriever, eines ſehe tüchtigen Offiziers, die Seitenpatrouillen der Avants garde machte, sollte durch das hohe Korn den `Sächſiſchen Patrouillen so lange langſam folgen, bis sie den nach der Vorausseßung aufmarschirs ten Haupttrupp der Kavallerie erblickte, sich aber durchaus nicht engagiren, sondern alsdann Raps port davon zurücksenden. Hierauf sollte der größte

68 Theil der Kavallerie nebst zwei reitenden Kano: nen und dem zweiten Jägers Bataillon , unter Begünstigung der Dämmerung , in welcher man Leipzig zu erreichen hoffte, sich rechts vom Wege abziehen, und im Korn formiren , während der Rest des Korps, um den Feind zu täuschen , auf dem geraden Wege nach Leipzig langsam fört rückte ; und endlich eine zu diesem Zweck hinter 2 den Wagen als Arriergarde marschirende Eskas dron ebenfalls schnell rechts durch das Korn ger Hen und auf dem von Leipzig nach Dresden führenden Weg Posto fassen.

Nachdem sich die in Front angreifende Kas vallerie formirt hätte, sollte sie zufolge der Diss position mit den Kanonen schnell vorgehen , das zweite Bataillon aber als Reserve folgen.

Er

stere ſollte, sobald sie sich der feindlichen Kavals lerie genähert hätte,

diese

durch Kartätschens

feuer in Unordnung bringen lassen, sie hierauf angreifen , und auf diese Art auf die Eskadron werfen , welche den Weg nach Dresden besett hatte; wodurch die Sächsische Kavallerie, tro ihrer bekannten Güte,

wahrscheinlich zerstreut

oder niedergehauen worden wäre.

69 So richtig indessen auch die Vorausseßung und so gut le Disposition auch war, so ward selbige dennoch durch die unzeitige Hiße des Majors von Seriever gänzlich vereitelt, indem er sich, gegen den Befehl, mit der aufmarſchir. ten Kavallerie engagirte, um, wie er nachher als Entſchuldigung anführte, ſeine neue noch nie im Feuer gewesene Kompagnie zu prüfen , wodurch nicht allein der zum Angriff bestimmte Theil des Braunschweigschen Korps die Zeit verlor, ſich zu formiren, sondern auch den Sachsen Gelegenheit gegeben wurde einen Coup auszuführen.

Denn

ungeachtet sie des Halbdunkels wegen, in dem man wirklich bei Leipzig angelangt war ,

die

Stärke ihres Feindes nicht પ genau beurtheilen konnten, so mußten sie doch aus dem zerstreuten Feuer dessen Schwäche vermuthen, wodurch sie zu einem Angriffe bewogen würden, dem die à lai debandade stehende Kompagnie nicht widerste hen konnte, zumal da sie nicht einmal Hirsche fänger auf ihren Büchsen hatte, mithin ihr heil in der Flucht suchen mußte, wobei sie von der Kavallerie eingeholt und siebzehn Mann nieders gehauen wurden, auch die ganze zum Theilschon

70 stebergerittene Kompagnie verloren gewesen sey würde, wenn nicht die Braunschweigsche Kavals lerie, der die Infanterie auf, dem Fuße folgte, herbei geeilt wäre,

und so den Rest gerettet

håtte *). Indessen hatte doch , tros des gemachten Ans griffs , die Sächsische Kavallerie,

die auf das

Herbeteilen der Braunschweigschen Reiterei sich sammelte und schnell retirirte, Zeit genug, ihrem Verderben zu entgehen, und war im Stande, den Weg nach Dresden ruhig einzuschlagen , indem die zum Beseßen desselben bestimmte Eskadron noch nicht die Hälfte des Weges , um dahin zu gelangen, zurückgelegt hatte , als das zu früh be; gonnene Gefecht bereits beendigt war **).

* Dep Bericht fast, ohne das Gefecht darzustellen, daß die Sachsen mit einer eignen Grausamkeit den Ges fangenen die Hände abgehauen hätten. Nur einem einzigen Unteroffiziere waren bei der Attake , indem er um Pardon bat, beide Hände abgehauen worden ; Gefangene zu machen hatten die Sachsen keine Zeit. In Leipzig war man nicht wenig erstaunt, das Korpe des Herzogs von Braunschweig zu sehen, indem die feindschen Heerführer, wie ſchon früher gesagt, durch pen schlechten Geift der Zeit verleitet worden wares, Das Korps nach dem Rückzuge aus Sachsen als nicht

71 Um 26sten, als am nämlichen Tage, setzte sich das Korps von Leipzig abermals in Marsch, um Halle zu gewinnen , welches es auch spåt in der Nacht erreichte.

Dieses war um so nothwendis

ger, da man mit Gewißheit vermuthen konnte, der Oberst von Thielemann werde sich auf die Nachricht vom Aufbruche des Korps zur Vert folgung desselben in Bewegung geseht haben, mithin wo möglich der Uebergang über die Saale gewonnen werden müßte ;

besonders da es bei

einer zwischen Jerome und dem Obersten von Thielemann herrschenden Uneinigkeit mehr als wahrscheinlich war, letterer werde die Gränzen des Königreiche Westphalen nicht unaufgefordert betreten *).

mehr bestehend durch den Beitungsschreiber schildern ju lassen. Eine der Stadt zur Besoldung des Korpg nothgedrungen auferlegte Kontribution war aler Nuts sen, den man der Kürze der Zeit wegen von der Stadt ziehen konnte, die sonst viel Hülfsmittel ges liefert haben würde. *) Daß eine Uneinigkeit statt gefunden hatte, ißt authens tisch, die Gründe daju find indeffen nicht bekannt; doch hat mich der Einfall des Oserften v. Thieles mann in Böhmen auf die Muthmaßung gebracht, diefer Offizier habe vielleicht eine solche Operation

72 Aus diesem Grunde ruhte das Korps in Halle bis zum 27ften Nachmittags , wo es abers mals aufbrach und nach Hettstädt marschirte, wo es am 28sten Mittags ankam.

Bisher waren

die Nächte bloß zum Marschtren, die Tage zum Ruhen gebraucht worden, ein anhaltender Regen hatte aber die Wege in diesen letzten Tagen so verdorben, daß man den Pferden einige Erhos lung gönnen mußte, weshalb in Hettstädt bis ges gen Anbruch des nächsten Tages bivakirt , alss dann aber der Marsch nach Quedlinburg anges treten wurde. Damit nun das Unternehmen um so eher ges lingen möchte , welches in jeder Rücksicht dem Rückzuge eines abgeschnittenen sich durchschleichen. den Korps glich, mithin ſchnell und versteckt aus? geführt werden mußte, so kam alles darauf an,

für das ganze Sächsische Korps vorgeschlagen , wo: durch ohne Zweifel der lehte Besuch der Deftreicher So viel von Dresden abgehalten worden wäre. ift gewiß, daß einem thätigen Soldaten , wie dem Obersten v. Thielemann , die Operationen der Westphalen , und die Langsamkeit , mit der ſie volls führt wurden, nicht gefallen konnten, und daß das her wahrscheinlich die Unstnigfejs ontſtand.

73 nicht allein durch Patrouillen den wahren Stand der Feinde zu erfahren, sondern auch die Absicht ſo viel als möglich zu verbergen , welches allein unter dem Scheine, als wolle man sich in Deutschs land halten, möglich war, und wodurch mithin die Feinde guf den Gedanken gebracht werden konnten , wenn sie des Herzogs bei Zwickau ger haltene Reden erführen, er habe diese dort bes kannt gemachten Absichteh bloß dieserhalb bekannt gemacht , um nachher das Gegentheil auszufüh ren.

Um daher diesen Zweck ( den Feind nåm:

lich irre zu leiten ) zu erreichen, wurden von Halle zwei starke Patrouillen abgefchickt, von denen die eine sich auf Magdeburg wandte, um auf diesem Wege den Anmarsch des Herzogs zu verbreiten, zugleich aber den Befehl hatte, bei Könnern über die Saale zu gehen, und so bei Quedlinburg wieder zum Korps zu stoßen , und die andere in eben der Absicht auf Merseburg gegangen war, um sich auf der linken Seite des Korps zu halt ten.

Durch diese Patrouillen erfuhr man, daß

auf den Flanken sich nichts Feindliches befinde, hingegen das fünfte Westphälische Infanteries Regiment auf die Nachricht , der Herzog sey im

74

Hamarsch , von Magdeburg aufgebrochen wäre, um sich mit dem von Bremen herunterkommens den General Reubell zu vereinigen . Aus dieser Nachricht geht hervor , daß die eine dieser Patrouillen, nämlich die auf Magdes burg, ihrem Zwecke nicht ganz entsprochen habe, indem der Kommandant, wenn er die Nähe des Korps gekannt, schwerlich ein ganzes Regiment aufe Spiel gefeßt hätte ; denn bei dem Einrüks fen des Korps in Quedlinburg den 29sten Juli um Mittag lief die ganz bestimmte Nachricht ein, das genannte Regiment sey an ſelßigem Tage in Halberstadt angekommen, habe durchaus keine Nachricht von der Nähe des Korps und sey folgs lich nicht auf den Angriff vorbereitet. Diese Nachricht veranlaßte den schnellen Auf bruch des Korps , welches kaum einige Stunden in Quedlinburg gewesen war, um sich theils ets was zu erholen , theils die wie gewöhnlich für 6000 Mann requirirten Lebensmittel und Ge: tránke in Empfang zu nehmen.

Wer die große

Neigung des deutschen gemeinen Mannes zum übermäßigen Effen und Trinken kennt, wird sich nicht wundern , daß dies ein großer Sporn zur

75 Tapferkeit der Leute war, und die Freudigkeit, mit der sie gegen Halberstadt rückten , nachdem ihnen durch einen Parolbefehl die Anwesenheit des Feindes bekannt gemacht worden war , ließ auf einen glücklichen Ausgang schließen, Es war aus zwei Gründen um so nothwens diger mit dem Marsche zu eilen.

Erstens um wo

möglich das Regiment zu überrumpeln , und ſo einen leichten Sieg zu erfechten , und zweitens, wenn auch dies nicht glücken sollte, so schnell vor Halberstadt ชิน erſcheinen, daß das Regiment nicht Zeit habe, sich auf dem Wege nach Magdeburg so weit zurückzuziehen, daß es gefährlich geweſen wåre, es zu verfolgen ; denn wäre dies geglückt, so würde die Garnison von Magdeburg im Stande gewesen seyn , sich dichte hinter dem Korps herz zuziehen , um es, wenn auch vielleicht nicht am Tage aus Mangel an Kavallerie und Feldgeschüh anzugreifen, doch des Nachts in den Bivaks zu beunruhigen, und dadurch so lange aufzuhalten , bis der General Gratien , der bereits von Ere furt aufgebrochen war, zu dessen Unterſtügung herbeigeeilt wäre und das Korps im Rücken an gegriffen hatte, während General Neubell mit

76 feinen, ebenfalls in Bewegung gefeßten Truppen, das Vordringen in der Fronte verhinderte, wos durch der Untergang des Korps bewerkstelligt werden mußte.

Das Regiment auf dem Wege

von Blankenburg zu umgehen, war um so wenis ger rathsam, da dieses außer den vorher erwähne ten Nachtheilen noch den hatte, daß ein ganzer Tag verloren ging, mithin dieses dem auf der Sehne des Bogens marschirenden General Gras tien das Einholen um vieles erleichtert håtte , überhaupt aber zu diesem verzweifelten Mittel noch immer die Zuflucht genommen werden konnte, wenn der Angriff auf Halberstadt gänzlich miße lang, indem alsdann pielleicht das Regiment, ſtolz aufseinen Sieg, unvorsichtig gefolgt, in der Ebene von Infanterie und Kavallerie aber angegriffen und wahrscheinlich geschlagen worden wåre, mits hin auf diese Art alles wieder hergestellt werden konnte.

Zugleich muß ich hier bemerken , daß

das Gelingen des Angriffs auf Halberstadt von der größten Wahrscheinlichkeit war , indem den Nachrichten zufolge, die eingerückten Truppen kein Geschüß mit sich führten, auch keine Kavals lerie, die wenigen Gensdarmen abgerechnet, in

77

den Ort eingerückt war, und dieserhalb die Eile aus de

angeführten Gründen um so nothwens

diger wurde. Die erste Absicht, den Feind zu überfallen, ward zwar nicht gänzlich erreicht, indem einige Genstarmen das Anrücken des Korps ausgespäht und die Nachricht davon kurz vor der Ankunft desselben vor Halberstadt daselbst gemeldet hats ten ; allein die zweite Absicht, den Rückzug dessels ben zu verhindern, ward nicht allein vollkommen erreicht, sondern auch durch das schnelle Anrücken noch bewirkt, daß nicht alle zur Vertheidigung nöthigen Anstalten getroffen werden konnten, doch that der Oberst Graf Wellingerode (frühers. hin ein Schiffskapitain mit Namen Meyrone) in seiner bedrängten Lage alles, was nur ein gw ter Soldat zu thun vermag. Das Regiment nämlich stand grade ohne Waft fen zum Befehl aufmarschirt, als die Nachricht a erscholl, der Feind sey unweit der Stadt, und rücke mit einer solchen Schnelligkeit vor, daß es unmöglich sey, durch einen geschickten Rückzug demselben zu entgehen ; daher entschloß er sich zu einem tapfern Widerstande in der Stadt selbst,

78 und traf zu diesem Ende folgende Anstalten. Nachdem das Regiment sich in der Eile gerüstet hatte, ward jedes Thor mit einer oder einigen Kompagnien beseßt, so wie die, in denen nach alter Art gebauten Mauern sich befindenden, mit Schießlöchern versehenen Rondele mit der muthis gen Mannschaft versehen , die Thore selbst aber mit Wagen und Eggen, ja selbst Tiſchen, Båns len und sonstigem Hausgeräth in der Eile barris kadirt wurden.

Eine gehörige Reserve ward auf

dem Domplat postirt, und einige Kompagnien, die zuerst unter den Waffen waren , dem Korps aus dem nach Quedlinburg führenden Thore ents gegen geschickt.

Dieses leßtere war nun ein großer

Fehler, beruhte aber auf der Voraussetzung , daß der Haupttrupp des Korps der Avantgarde in einer gewissen Entfernung folgen werde ; mithin diese von der Vorstadt abgehalten werden müsse, damit es den andern Truppen leichter würde un ter die Waffen zu kommen und die Thore zu barrikadiren .

Diese Vorausseßung war indeffent

unrichtig, und trug nachher zur Wegnahme des Thores viel bei, indem das ganze Korps zu gleis her Zeit anlangte und diese Kompagnien zwang,

79 sich in die Stadt zu ziehen, wodurch mithin die gute

Barrikadirung dieses

wurde.

Thores verhinders

Håtten daher jene Kompagnien, statt ver

die Stadt zu rücken, das Thor auf das bestmög lichſte verrammelt, so würde der blutige Kampf ungleich blutiger geworden seyn, indem, während das Korps ſich theilte und nach den andern Thos ren marschirte, Zeit genug gewonnen wurde, dies felben zu barrikadiren.

Während dies in der Stadt vorging, rückte, wie gesagt, das Korps , die Infanterie noch im, mer auf Wagen , mit der größten Schnelligkeit gegen das Külinger Thor an , und es ward die Eile um so mehr beflügelt, da man von weitem Appell schlagen hörte , und mithin' gewiß wurde, daß der Feind nicht allein in der Stadt sey, sondern auch noch keine Anstalten zur Gegenwehr gemacht habe.

Als sich daher das Korps bis auf

eine kleine Entfernung dem Thore genähert hatte, ward die Infanterie von den Wagen gezogen, formist und nach folgender Dispoſition zum Ans griff abmarschirt. Die erste Kolonne, bestehend aus dem ersten Bataillon, der Scharfschüßen, Kompagnie, dem

80

größten Theil des Kavallerie : Regiments , eine kalbe Ulanen , Eskadron , nebst der ganzen Artils ferie, marschirten auf das Külinger Thor , detas schirte aber vorher eine Kompagnie nebst einer Eskadron zur Beobachtung des nach Magdeburg führenden Thores (Breite Thor).

Diese Kos

lonne ward von dem Major Korfes geführt, und da sie früher als die nachfolgenden Bataillone formirt wurde , so begann sie das Gefecht, wäh rend die zweite Kolonne ihrer Bestimmung zus eilte. Diese unter der Führung des Herzogs selbst, bestehend aus dem zweiten Jäger : Bataillon und dem Neste der Kavallerie rückte auf das Harsles ber:Thor los, theilte sich aber dort dergestalt, daß zwei Kompagnien zum Angriffe des Johanniss Thors unter dem Kommando des Kapitains von Rabiel links abgingen.

Jede Attake war von

einer Eskadron Husaren und einem Zuge Ulanen begleitet; eine Eskadron aber zur Beobachtung des nach Braunschweig führenden Thores geſchickt. Das dritte Jäger : Bataillon ward zur Reserve und Bedeckung der Wagen bestimmt.

In der Zeit, daß diese Angriffe sich links abs , zogen, wurde die Vorstadt , welche obengenannte Kompagnien

允 Br Kompagnien

des fünften Westphäliſchen Regis

ments besegt hatten, angegriffen, und dieſe Trups pen durch Kartätſch

und Granatfeuer genöthigt,

sich in das Thor zurückzuziehen , indessen war es doch nicht möglich, mit ihnen zu gleicher Zeit eins zubringen, weil man zu weit entfernt und das Feuer von dem Thore zu mörderisch war ; daher wurde der Artillerie aufgegeben , das Thor aufs zuschießen .

Zu diesem Ende sezte sie sich in Gez

wehrschußweite vor dasselbe und fing ihr Feuer, obgleich anfänglich mit wenig Wirkung an, ins dem

die Artilleristen

des f

feindlichen

Feuers wegen nur mit Mühe bei den Geschügen zu halten waren, und obgleich die Scharfschügens Rompagnie, welche die Batterie deckte, alles möge licht anwandte, das feindliche Feuer wirksam zui beantworten, so waren doch die Westphalen sö gut durch das über dem Thor befindliche Hans und durch die Stadtmayer gedeckt, daß es ihnen fast unmöglich war ihr Feuer mit Wirkung an zubringen, daher es die Frage ist, ob, ungeachtet der Tapferkeit der Truppen, dieser Angriff geluns gen wåre , wenn nicht endlich ein Zufall dazu beigetragen hätte.

Schon lag die Hälfte der Atl

182 tilleristen todt und verwundet neben den Ges schüßen, und bereits war eine Kanone nach dem Johannis Thor abgeschickt, um den dortigen Ans griff zu unterstüßen ; ſchon war ein großer Theil der Scharfschüßen : Kompagnie todt oder unfähig zum Gefecht, besonders aber der Chef derselben, Major Scriever, dem man tros seines bet Leipzig gemachten Fehlers , militairische Talente , hauptsächlich aber außerordentlichen Muth nicht absprechen konnte, tödtlich, alle übrigen Offiziere aber, mit Ausnahme eines einzigen , schwer vers wundet, und kaum waren mehr die Leute in Ord: nung zu halten ; als dem Major Korfes , der sich bemühte die fortlaufenden Artilleristen zu den Kanonen zurückzubringen , ward.

das Pferd erschossen

Kaum war aber dieser tapfere Soldat auf

den Beinen, als er eingedenk, daß er selbst Ar: tillerist und ehemals ein guter Schüße gewesen sen, mit den Artillerie Offizieren zu den Geſchüßen eilte um selbige zu bedienen.

Dies Beispiel

wirkte auf die muthlos gewordenen Kanoniere, entschlossen kehrten sie zurück, um ihrem heldens müthigen ehemaligen Führer beizustehen , dessent Tapferkeit und Gegenwart des Geiſtes mit dem

83 glänzendsten Erfolge gekrönt wurde.

Sein dritter

Schuß nämlich öffnete das Thor, und nun drang der Herzog, der sich vom Harslebers nach diesem Thore hinbegeben hatte, an der Spiße der Ins fanterie mit dem Ausruf: „ Sieg oder Tod ” ftürs mend in die Stadt *). Nur mit Mühe und nur durch die Vorstels lung, daß sein Tod das Korps in das tiefste Uns glück stürzen, und gänzlich auflösen würde, ward der Herzog durch die ihn umgebenden Offiziere bewogen, seinen gefährlichen Posten zu verlassen, wogegen sich der Major Korfes an die Spige der Kolonne sette, um sich einen Weg durch die Stadt zu bahnen.

* Die ungerechten Urtheile , welche man gegen den Herzog nach der Schlacht von Lübeck sogar in Rücks sicht seiner Tapferkeit gefällt hat , find , glaube ich, und wenn dieser Fürß auch nicht den Heldentod ges storben wäre, hinlänglich durch das Gefecht bei Halberstadt widerlegt, indem der Herzog durch sein wahrs haft heldenmüthiges Benehmen an diesem Tage deutlich bewiesen hat, daß er gewiß an persönlichem Muthe feinen Toblern nicht nachstehe ; die ihm zwar auch manche Feldherrn-Talente absprechen, an deren Nichts erlangung feine Erziehung gewiß aber mehr Schuld hatte, als Mangel an den dazu nöthigen Eigenschaften, indem der Herzog unstreitig ein guter General für leichte Truppen war.

1

84

In der Zeit, da dieses Thor auf die vorers wähnte Art angegriffen und erstürmt wurde, eilte bas zweite Bataillon , welches die Bestimmung hatte, durch Schetn : Angriffe das erste Bataillon zu unterstüßen und selbige, wenn es möglich sey, in wirkliche zu verwandeln, nach seinem Postens und die erste Abtheilung desselben griffdas Harst leber Thor wiewohl fruchtlos an; denn obgletch die Såger unter Anführung des tapfern Hèrte 11 *) bis an das Thor vorgedrungen waren, auch sogar Der Lieutenant, nachherige Hauptmann v. Hertelt, diente früher im Regiment v. 3enge und nachmals während der Belagerung von Kolberg , wo er den Verdienst : Orden erhielt , mit Auszeichnung, und ist besonders dadurch bekannt, daß er dem Major v. S ch ill Er war einer der tapferften aus Berlin folgte. Offiziere des Korps, and besonders durch seine nicht zu erschütternde Kaltblütigkeit im Fener merkwürdig. Bei Halberstadt zeichnete er sich durch die Ansteckung Des Harsleber Thors besonders aus, und ward dafüt nach der Affaire von Braunschweig Kompagnie:Chef.. In Portugall wohnte er bloß dem gleich nach der Ankunft des Korps vorfallendem Gefechte bei Sirol bei, indem er bald darauf von einem hihigen Fieber angefallen wurde , welches ihn in der Blüthe der Jahre wegraffte , und ihm so sein höchster Wunsch, dereinst auf dem Bette der Ehre zu sterben , nicht gewährt wurde..

85 eine kleine Oeffnung in selbiges gemacht hatten, so war es doch nicht möglich in dies besonders gut barrikadirte Thor einzudringen , welches den vorhergenannten Offizier auf den Einfall brachte, es anzuzünden , wodurch zwar das Eindringen aber auch eben so sehr das Herausgehen des Feindes verhindert wurde, und an Löschen des Feuers auch nicht zu denken war, nachdem es eins mal gehörig in Brand gefeht worden.

Diese

Idee wurde denn auch wirklich ausgeführt und gelang vortrefflich.

Das Feuer und Stroh dazu

ward aus einem dicht vor dem Thore liegenden Hause geholt, in die schon gemachte Oeffnung unter die trockene Barrikade gelegt, welche sich durch den Luftzug schnell entzündete, woraufman sich bis hinter die niedrigen Mauern der Halbers stadt umgebenden Gärten zurückzog, und von hier mittelst Gewehrfeuers die Westphalen so lange am Löschen verhinderte, bis alles vollkommen in / Brand gerathen war. Hierauf wurden diese Kom pagnien durch den Herzog in das zuerst geöffnetsThor zum Angriff der sich in den Häusern ver theidigenden Westphalen geführt.

id con

Die zweite Abtheilung des zweiten Bataillons

86 rückte, wie schon oben bemerkt, unter der Anfühs rung des Kapitains v. Rabiel links nach dem Johannis 3 Thor, und obgleich die Gartenmauern. die Leute etwas deckten , so waren sie doch dem Heftigen Feuer der in den Rondelen stehenden Truppen ausgesett, welches der Nähe des Weges wegen um so wirksamer war, und daher verloren diese Kompagnien viele Leute, ehe sie das Thor erreichten.

Ohne indeß hierauf zu achten, griff

ihr Anführer selbiges ohne Verzug an, da er noch dazu ohne Verhaltungsbefehle detaſchirt worden war, und mithin sich überzeugt hielt, das Thor müßte durchaus gestürmt werden. Allein alle Vers T ſuche am Thore festen Fuß zu faſſen, waren vers geblich, und alle wiederholten Anstrengungen ihres Heldenmüthigen Anführers , daſſelbe zu eröffnen , umsonst.

Ein Theil der mit ihm detaſchirten

zweiten Kompagnie wich endlich, durch die erneus erten Angriffe zuſammengeschmolzen, aufs Feld , und der Rest der Kompagnie flüchtete sich hinter die entlegenen Gartenmauern.

Rabiel selbs

aber konnte seine fast ruinirte Kompagnie nur mit Mühe hinter den nächsten Gartenmauern sammeln, welches ihn indessen gegen Gefahr nicht

87 ſchüßte, vielmehr seine Lage verschlimmerte, indem er nun dem Feuer aus der Stadt und dem der weiten Kompagnie, welche jenes beantwortete, ausgefeßt wurde.

Obgleich auf diese Art, wier

wohl wider sein Verschulden zwischen zwei Feuer gebracht, sank sein eiserner Muth nicht, vielmehr sann er nur darauf, das Thor zu stürmen, und schickte zu diesem Ende nach einer Kanone und nach Werten, da die Zimmerleute entweder erschossen. waren oder das Weite gesucht hatten.

In der

Zwischenzeit formirte Rabiel sich von neuem zum Angriff, indem er den hinter den Garten: mauern postirten Theil der zweiten Kompagnie an sich zog, und bloß auf die Ankunft des Ger schüßes wartete , um einen abermaligen Versuch zu machen. Endlich erschien die gehoffte Kanone , allein es war auch durch diese nicht zu bewirken, daß das Thor aufsprang , indem sie dem heftigen. Musketenfeuer ausgeseßt, mithin die Bedienungs u erhalten erhalten war. mannschaft kaum zu war.

Das Gelins

gen dieses Angriffs würde daher schwer geworden seyn, wenn nicht in diesem Augenblicke die nach Aexten geschickten Unteroffiziere zurückgekommen

88

wären, weshalb von neuem an das Thor gerückt und die kleine Pforte desselben, tros des heftigen Feuers von denen auf die Straße herunterges gangenen Westphalen geöfnet wurde.

Muthig

drang nun Rabtel und seine tapfere Schaar durch die schmale Deffnung und erkletterte die Barrikade , von welcher auf die noch immer auf der Straße befindlichen Westphalen einige Schüsse unter einem lauten: ,,Es lebe der Herzog ! " abs gefeuert wurden

Dies und die Nachricht, daß

das Korps von der andern Seite in die Stadt gedrungen sey, brachte die bisher unerschütterlis chen Westphalen zum Wanken ; daher nicht gesäumt wurde, von einem Theile der Stürmenden die Barrikade aus dem Wege schaffen zu lassen, um der Kavallerie den Weg zu bahnen , während Rabiel mit dem andern so schnell als möglich vordrang, und sich bald darauf mit der Kolonne des Major Korfes vereinigte. Diese Kolonne war, wie bereits bekannt, zus erst in die Stadt gedrungen , und es hatte die Infanterie derselben , nachdem sie die auf dem Domplaße gestandene Reserve zum Rückzuge ge nöthigt , den Weg nach dem Johannisthor eins

89 geschlagen , um eine Kommunikation durch die Stadt zu eröffnen.

Die Kavallerie hingegen un

ter Anführung des Majors Schrader war einem Theile der sich zurückziehenden Reserve gefolgt, und es war ihr gelungen, nach einer tapfern Gegenwehr diese Truppen gegen das nach Braun, schweig führende Thor zu treiben , auf sie einzus hauen , und auf diese Weise den sich bei dieser Abtheilung befindenden Chef des Regiments, Ober ften Meyrone, gefangen ' zu nehmen , worauf fich die Truppen, ihres Anführers beraubt, ebens falls zu Gefangenen ergaben. Ehe indessen der durch seine heldenmüthige Vertheidigung berühmt gewordene Oberste gefans gen genommen war, hatte er die Meldung erhak ten, die Infanteries Kolonne der Feinde rücke auf das Johannisthor zu , um eine Kommunikation zu eröffnen, worauf er sogleich einige Kompagnies beorderte, auf der breiten Straße vorzudringen, und diese Kolonne gegen das Thor zurückzudrükk ken, ehe es eröffnet sey, um auf diese Weise das zu seinem Nachtheile sich wendende Gefecht zu seinem Vortheile zu drehen.

Kaum hatten sich

daher die Kolonne des Majors Korfes und das

90 Detaſchement des Hauptmanns von Rabtel vereinigt, als die Nachricht erscholl, der Feind rücke auf der breiten Straße ( Westendorf und Schmiedestraße) im Rücken der Kolonne an.

Um

die Wahrheit dieser Sage zu ergründen, schickte der Major Korfes einen Offizier auf die Straße, die der Feind kommen sollte, der auch kaum mit seinen bei ſich habenden Leuten einige hundert Schritt vorgegangen war, als er mit einem hefs tigen Feuer empfangen ward und in der Flucht fein Heil versuchen mußte.

Doch hatte er, da

er nicht verfolgt ward, Zeit, seine Leute dort zu postiren, wo die breite Straße sich theilend ( am Grudenberge ) gegen das nach Braunschweig fühs rende Thor zuläuft, und hiernächſt dem Major Korfes zu rapportiren ; worauf dieser seine Ine fanterie auf der andern Seite, nämlich auf der nach dem Johannis:Thor führenden Straße (Jos hannisstraße) aufstellte, wodurch die vorrückenden Westphalen in ein kreuzendes Feuer gebracht wurden. Dessen ungeachtet rückten diese mit der größten Tapferkeit und unter beständigem regelmäßigen Kompagnie Feuer, wie auf dem Ererzirplage, bis dahin vor, wo sich, wie bemerkt, die breite Straße.

91 zu theilen anfängt, und nun begann ein mördes rischer Kampf zwischen dieser und der nicht funfzig Schritt entfernt stehenden Braunschweigſchen Ins

• fanterie.

Zwar war der Vortheil insofern auf

Seiten der letzteren , als die Leute durch ihre Stellung begünstigt, sich eines unregelmäßigen Feuers bedienten

und zurücktreten und laden

konnten, während die Westphalen geschloſſen Koms pagnie Salven gaben, wodurch mancher Schuß verloren ging , doch war es nicht möglich, den Muth wankend zu machen, mit dem die jeßt für ihre Existenz fechtenden Westphalen sich schlugen. Mancher tapfere Streiter war bereits von beiden 1 Seiten gefallen, und der Kampf schien dennoch seiner Entscheidung fern zu seyn, obgleich sich Rabiel bemühte durch frische, von dem Thore hierher gezogene Truppen die Gefallenen zu ers gånzen, um im Stande zu seyn , im Fall die Feinde noch mehr vorrücken sollten, ihnen in die linke Flanke zu fallen ; als mit einem Mahl der Major Korfes die Haubige , welche mit seiner Kolonne durch die Stadt gefahren war, und die er schon lange gesucht hatte, hinter einem etwas vorgebauten Hause, von den Knechten und der,

92 Bespannung verlassen fand.

Da die noch übrigen

Artilleristen indessen nicht im Stande waren , das Geschüß zu regieren, nachdem wie gesagt die feigherzigen Knechte es verlassen hatten , so wurs den die nöthigen Leute von der Infanterie ges nommen, und nach einiger Arbeit das Stück ges wendet, doppelt mit Kartätschen geladen, und auf den Feind gerichtet.

Schrecklich war die Wirs

fung, den die obwohl noch ganzen Kartåtschens Büchsen auf die nahen Westphalen machten, aber dessen ungeachtet standen diese unerschüttert ats ein Muster aller Krieger in ähnlichen Fällen , und erst, nachdem der dritte Schuß einen großen Theil derselben und ihren Führer niedergestreckt hatte, floh der Rest die breite Straße entlang. So even war jest das Johannisthor ganz geöffnet worden , und die Eskadron im einzelnen Defiliren in die Stadt begriffen , als sie durch das wiederholte Rufen der Infanterie : Offiziere 2.

19 Kavallerie vor!" angefeuert, fich in Galop sets te, durch die Infanterie zog und die Flüchtigen noch auf der breiten Straße einholte und zusams menhieb.

Durch diese beiden glücklichen Coups, besons

93 ders aber durch die Gefangennehmung des An führers der Westphälen, war das Gefecht eigents lich zu Gunsten des Korps entschieden, indem es sich im Besit der ganzen Stadt mit Ausnahme der sich in wenigen Häusern einzeln vertheidi genden Leute, und der nach dem Breiten Thore führenden Straße befand , wohin sich ein Theil der feindlichen Reserve gezogen hatte.

Zwar

folgte ihm ein Theil der Infanterie und Kavals lerie der ersten Kolonne,

allein da die erstere

nicht gehörig unterstügt wurde, indem der die Kavallerie kommandirende Öffizier ( der nachmals vom Korps abgegangene Rittmeister von Osten) auf die Aufforderung des die Infanterie : Kolonne führenden Hauptmanns von Lüder keine Lust hatte, wie der tapfere Schrader, einen Angriff Ju wagen, so gelang es diesem Theile, ein großes Haus zu erreichen, in welchem er sich bis zum Morgen hielt. Um diese Zeit ungefähr war fast alle Ordnung im Braunschweigschen Korps zu Ende, denn wäht rend die Infanterie in zerstreuten Trupps die sich in den Häusern vertheidigenden Leute ans. griff, theils gefangen nahm , theils niedermachte,

94 hatte sie Gelegenheit zu trinken und Exzesse aust zuüben , wobei denn die zum Theik abgeſeſſene Kapallerie nicht säumte, treulich beizustehen. Zwar gaben die Offiziere sich alle Mühe dem Unwesen zu steuern ; allein wer ein nächtliches Gefecht dier fer Art mitgemacht hat, wird mit mir eingeſtes hen, daß es durchaus unmöglich ist , den einzels nen Soldaten zu seiner Pflicht anzuhalten, bes sonders aber diejenigen , welche von bösen Neis gungen geleitet werden. Wenn daher die in dem gedachten Hause sich vertheidigenden Westphalen um diese Zeit nach der Stadt vorgedrungen wåren, so hätte es sehr möglich seyn könner, daß das ganze Gefecht eine andere Wendung genommen hatte, doch kann es ihnen nicht zum Fehler angerechnet werden , daß ste es unterließen, indem das durch die Stadt rollende Feuer noch nicht aufgehört hatte, mithin diese Truppen keine Ahnung ihrer günstigen Lage haben konnten, vielmehr vermuthen mußten, das Schicksal ihrer Brüder zu haben , wenn sie thre feste Position verließen. In dieser kritischen Lage erfann der Kapitain und Brigade:Major von Lüder, der die dier

-1 -

95

sem Theile der feindlichen Reserve folgende Im fanterie geführt hatte und bei dieser Gelegenheit schwer blessirt worden war, ein Mittel, um die Leute vielleicht in Ordnung zu bringen, welches indessen, so gut gemeint es auch war, die unans genehmsten Folgen hätte haben können. Er schickte nämlich Obersten

mehrere Offiziere zu dem Brigadier von Bernewiß

und sämmtlichen

Staabs Offizieren mit der Nachricht, daß er aus ficherer Hand gehört habe, als ſey Sukkurs von Magdeburg her in Anmarsch, auch höre man an dem nach Magdeburg führenden Thore ( Breite Thor ) arbeiten, woraus er vermuthete, der Uebers rest der Westphalen sèy entſchloſſen, ſich aus dems selben einen Weg zu bahnen und dieserhalb bat, die nöthigen Vorkehrungen zu treffen. So gewiß nun auch der Major Korfes, an den die Nachricht zuerst gelangte, überzeugt war, daß der Kürze der Zeit wegen es unmöglich sey, die Botschaft von dem Angriffe auf Halberstadt könne nach Magdeburg hin , der Sukkurs von dort ausmarschirt und die Nachricht hiervon schon wieder zurück seyn, so bemerkte er doch, daß die weniger an Berechnungen gewöhnten Offiziere

96 fehr verlegen und unentschlossen wurden, weshalb er sich an das Thor begab, und da er dort wirkt lich ein solches Geräusch hörte , als ob die Barz rikade weggeräumt werde, so zog er die zur Bes obachtung desselben bestimmten Kompagnien zuz tück, postirte selbige hinter einige Scheunen, so wie auch die Kavallerie, und schickte eine Kanone nach dem Thore, um den herausmarschirenden das Schicksal ihrer Kameraden auf der breiten Straße zu bereiten.

Zu gleicher Zeit ward der

Major von Herzberg mit den schon gesams melten Truppen und einem Stück Geschuß zur Beobachtung der Straße geschickt , um den sich zum Durchschlagen anſchickenden Feind im Rüks ten zu nehmen.

Doch fand das Erwartete nicht

statt, indem die Besahung des Thores entweder ben Abzug der Kompagnie gesehen und daraus vermuthet hatte, man wolle sie hinauslocken, oder weil der Major von Herzberg die Beobacht .. • tung in einen wirklichen Angriff verwandelte. Während diese Anstalten getroffen wurden, Bemühte sich der Oberst und Brigadier von Bernewih *) an dem nach Quedlinburg füh

renden * Gegenwärtig General Sieutenant und Gouverneur

97 renden (Kühlinger ) Thore alle Leute, welche Ges fangene nach der Reſerve gebracht hatten , und nach der Stadt zurückkehren wollten , daſelbſt zu sammeln, um dem mit Schrecken erwarteten Suks kurs damit die Spike bieten zu können.

Allein

ftatt einen Theil der Reserve zu nehmen, und ihnen den Rückweg zu versperren, versuchte er bloß sie durch Zureden von ihrem Vorhaben abe zubringen, woran sich die vom Gefecht erhißten, nach Beute lüſternen Krieger wenig kehrten ; übers dies wurden auch nicht alle Gefangene nach der Reserve gebracht, vielmehr war eine Wache zur Abnahme derselben in ein Haus auf dem Doms plage gestellt worden *) ; auch versammelten sich

von Braunschweig. Er war fters in Braunschweige schen Diensten , und ist einer von denen Männern, die mit Hintenanfeßung aller Verhältnisse ( denn er hatte eine starke Familie ) , ihrem Fürsten und der Heiligen Sache des Vaterlandes treu blieben ; troą der vortheilhaften Anerbietungen die ihm gemacht wurden, um in Weftphälische Dienste zu treten. * Diese weder auf Befehl des Herzogs noch des Chefs des GeneralsStaabes gegen alle Regel getroffene Ans Ralt, hätte bedeutenden Nachtheil haben können, ins dem einige dreißig Westphalen , um sich gegen die Kavallerie zu schügen , ihre Flucht in die wenige

7

98

viele Leute bei der zur Bewachung des Johanniss thors zurückgelassenen Kompagnie , nachdem sie nichts mehr zu thun für gut fanden. Nachdem die vorerwähnten Anstalten getroffen waren und mithin der Major von Herzberg ſeinen. Poſten erreicht hatte, fand dieser tapfere Offizier für gut , einen neuen Angriff auf das Haus , wohin ſich die Reserve gezogen hatte, zu machen, und forderte daher mehrere Offiziere auf, es zu stürmen. Willig leisteten jene seinem Wuns sche Genüge und drangen bis an die Thür des Hauses vor, wo sie indessen ein heftiges Feuer nöthigte zurückzukehren. Hierauf süchte der Major Schritte von jenem Hause am Dom gelegenen heim Sichen Gemächer genommen hatten, und sich erst gegen Morgen , als das Feuer größtentheils aufhörte , an einen Offizier, der bloß von einem Manne begleitet Gefangene nach dem Hause brachte, ergaben. Mär ren diefe Leute durch Instinkt oder durch das nach: Taffende Feuer geleitet aus ihrem Schukorte hervors gebrochen , so würde es ihnen leicht gewesen seyn , die aus einem Offizier und zwanzig Mann bestehende Bache, welche außer einer doppelten Schildwache vor der Thüre bei den Gefangenen im Hause war, zu überwältigen, und so ihre Kameraden zu befreien, die mit den umherliegenden Waffen neu ausgerüstet dem Korps bedeutenden Schaden zufügen konnten.

99 den Feind aufzufordern ; kaum war er indeſſen in die Straße gekommen , als eine Salve dent Trompeter zu Boden streckte, und ihn auf diese Art zwang, sein Unternehmen einzustellen.

Aufe

gebracht hierüber ließ er nun das Haus mit Kat nonen beschießen, dem indessen durch die Ankunft des Herzogs Einhalt gethan wurde, indem er den Anbruch des Tages erwarten wollte, um den lehten Streich

auszuführen *).

Auf diese Art

wurde also ungefähr zwei Stunden vor Tagess anbruch mit dem Gefecht innegehalten, und statt des Donners der Geschüße herrschte jest eine Todtenstille, welche nicht einmal durch das Wechs zen der Verwundeten unterbrochen wurde, indem die menschlich gesinnten Bürger nicht gesäumt hatten , sobald einigermaßen die Gefahr vorüber war, Freund und Feind friedlich unter Obdach zu bringen und zu pflegen.

Kaum zeigte sich ins

dessen der erste Strahl des anbrechenden Tages, *) Der Major von Herzberg, leßiger General, stand früher im Regiment von Puttkammer als Pres mier: Lientnaht , und trat als Kapitain in Braun : fchweigsche Dienste, wo er sich durch seltene Tapfers keit bis zu dem Poſten hinaufschwang , den er jegt Bekleidet,

100 als der Major Korfes den Obersten Meyrone im Namen des Herzogs aufforderte, mit der noch nicht genommenen Straße zu kapituliren.

Ents

schlossen lehnte indessen dieser die Zumuthung ab, und selbst die Versicherung des Major Korfes, daß er die Haubigen vor die Straße führen, diese in Brand ſtecken , und durch Kartätſchens Feuer die Vertheidiger in die Flamme zurücktreis Ben werde, und mithin er, der Oberst, das Schicks sal der unglücklichen Bewohner und Vertheidiger zu verantworten habe, bewirkte nichts als eine abschlägige Antwort.

In Eifer durch diese eiserne

Hartnäckigkeit gefeßt, befahl der Major mit den Haus bißen und den am Johannis:Thor gelagertenLeuten aufzubrechen ,

um der Welt dieses schreckliche

Schauſpiel zu geben ; indem er zugleich dem Obers ften versicherte, daß nicht dem Herzoge, sondern seiner übelangebrachten Beharrlichkeit das Ergreis fen dieses furchtbaren Mittels zuzuschreiben sey. Da hierdurch der Oberst überzeugt wurde, daß es mit der Drohung wirklich Ernst, mithin seine Pflicht sey, dieses den Kriegern und Einwohnern bevorstehende schreckliche Schicksal zu ändern, er überhaupt aber bis zum legten Augenblick seine

ΤΟΙ Schuldigkeit so gethan hatte, daß ihm nur die Aufopferung jener Unglücklichen zur Last gefallen wåre, so willigte er in die Kapitulation ein, und schickte einen Offizier nach der Straße, worauf fich die aus vierhundert Mann bestehende Bes sagung, welche sich größtentheils in dem obeners wähnten Hause befand, zu Gefangenen ergab. So endigte nach einem äußerst blutigen Kampf, eigentlich erst um vier Uhr des Morgens dieses merkwürdige Gefecht, welches seit ungefähr sechs Uhr des vorigen Nachmittags bis zwei Uhr in der Nacht mit ununterbrochener Hartnäckigkeit von beiden Seiten gewährt hatte, mit der gänzlichen Aufhebung des fünften Westphälischen Regiments ; indem nur einige Offiziere und wenige Mann, durch ein ins Feld führendes und nicht beſeßtes Thor oder eine Pforte entkommen waren.

Dies

ist der glänzendste Sieg, den das Braunschweigs sche Korps während des Krieges erfocht, indem die Garnison von Halberstadt aus drei Bataillonen, deren Leute komplett waren und mithin aus fast 4 dreitausend Mann, das ganze Korps aber aus kaum zweitausend Mann bestand, und zur Erſtürs mung der Thore nach Abzug der die Wagen dek

102 kenden Reserve nur ungefähr achthundert bis tausend Mann Infanterie übrig blieben , deren Heldenmuth nicht genug bewundert werden kann ; wenn man gleich in Erwägung bringt, daß zwar bloß ein Thor eröffnet seyn

durfte ,

um alle

drei Waffen verbunden gegen die Vertheidiger zu brauchen, welchen zu widerstehen dieſen Uns möglichkeit war.

Mit so vieler Tapferkeit nun

auch diese Erstürmung ausgeführt worden ist, fo bleibt aber doch gewiß, daß sie ohne Artillerie kaum gelungen seyn würde, hauptsächlich aber, wenn die Westphalen nicht vor das Thor gerückt wåren, oder Zeit gehabt hätten, sich in Vertheis digungsfand zu sehen, Traversen in Eile anzules gen und die Barrikaden so zu verfestigen , daß fie nur mit Mühe wegzuräumen waren, welches indessen durch den schnellen Marsch verhindert wurde.

Der Verlust der Westphalen an Todten und Verwundeten muß sich gegen tausend Mann bes laufen haben , indem ungefähr einige ſechzig Of fiziere und an zweitausend Mann zu Gefangenen gemacht wurden ;

aber auch Braunschweigscher

Seits war dieser Sieg theuer erkauft, sechs Ofs

103 fiziere waren todt oder starben an ihren Wunden, zwölfe waren verwundet , von denen zwei wegen ihrer schweren Wunden nicht fortgebracht werden. konnten *) sondern der Großmuth der Feinde über.

*)

Vom Staabe an Verwundung gestorben : Pr.-Lieutenant Berner von der Kavallerie. Berwundet : Kapitain und Brigade-Major v. Lüder, schwer. Pr. Lieutenant und Adjutant v. d. Heyde, leicht. v. Girfewald, leicht. Von der Artillerie. Kapitain Genderer. • Von der Infanterie. Codt: Major v. Scriever, Chef der Scharfschüßen-Kom: pagnie, an Verwundung gestorben. Sekonde-Lieutenant v. Kossinger. Verwundet : Kapitain v. Kersten, leicht. v. Nadenik, schwer. Staabs Kapitain v. Dorbell, Kommandeur von der Scharfschüßen-Kompag., schwer verwundet. (wurde

zurückgelassen und gerieth in Gefangenschaft.) Staabs Kapitain v. Otio, leicht. Prem. Lieut. v. Dobschük v. Normann, schwer. (wurde zurückge: Sef.: lafen, entkam aber der Gefangenschaft.) 3 v. d. Heyde, leicht. Berner, von der Scharfschüßen-Komp.

104

Lassen werden mußten, und zugleich waren mehr als dreihundert Mann, hauptsächlich der Kern der Infanterie, der allen Gefechten seit Errichs tung des Korps beigewohnt hatte, todt oder schwer verwundet, so daß nur wenige fortgebracht wers den konnten. Zwar wurde der erlittene Verlust durch anges worbene Rekruten aus den Gefangenen erseßt, worunter sich hauptsächlich diejenigen Leute der Königlich Deutschen Legion in Englischen Diens ften befanden, die nach der Expedition nach Kos penhagen durch Schiffbruch in Holländische Ger fangenschaft gerathen , um selbiger zu entgehen, nachmals in Westphälische Dienste getreten und zum Stamm des fünften und sechsten Infanteries Regiments genommen worden waren. Allein dies fen Leuten war doch nicht ganz zu trauen, indem Furcht vor Gefangenschaft in England sie bewos gen haben konnte, Dienste zu nehmen, um desto leichter entwischen zu können, welches besonders Von der Kavallerie. Codt: Brem. Lieut. Sperling. Set.s Hagemann. Weigand.

105 bei den eingebornen Westphalen um fo eher zu befürchten stand, da sie nicht erwarten konnten, so bald die Freiheit zu erhalten.

Nachdem die neuen Rekruten in die Stelle der gefallenen Helden einrangirt waren, und das Korps sich nach einer solchen fatiganten Nacht einigermaßen erholt hatte , brach es am 3often Nachmittags aus dem Bivak am Johannisthor wieder auf und marschirte nachHessen, wo es einige Stunden in der Nacht bivakirte.

Die Arriers

garde nebst den Gefangenen verließ indessen erst am Abend Halberstadt und folgte dem Haupttrupp, eine Maaßregel, die man ergriffen hatte, um dem General Reubel, den man nåher vermuthete, von allen Belästigungen frei , besser die Spige bieten zu können. Mit dem anbrechenden Tage ward von Hess fen wieder aufgebrochen und der Marsch nach Wolfenbüttel fortgeseßt, wo das Korps gegen Mits tag ankam und mehrere Stunden ruhte. Hierauf rückte

das Jägers Bataillon

von

Herzberg und die neu errichtete Ulanen : Eska; dron, deren am Schluß der Einleitung gedacht ist, in Wolfenbüttel ein, theils um Nachrichten

106

vom General Gratien einzuziehen, theils um fich, wenn es die Zeit erlauben sollte, mit dem Nöthigen zu versehen, und der Rest des Korps marschirte aufBraunschweig, wo es erst spåt am Abend ankam, indem es von einer großenMenge Menschen begleitet wurde, die troß der Französis fchen Tyrannei das so natürliche Gefühl nicht unterdrücken konnten, einen Fürsten zu sehen, dess sen Vater einer der besten Regenten Deutschlands gewesen war, und der während seiner Regierung unter allen Klassen verbreitet, die früs Wohlstand herhin drückenden Abgaben erlaſſen, und auf dieſe Art Braunschweig zu einer der blühendsten Pros vinzen Deutschlands erhoben hatte. Kaum war indessen das Korps in Brauns schweig angekommen, als die beſtimmte Nachricht einlief, daß sich Patrouillen des Feindes bereits bei Ohoff hätten sehen lassen , weshalb die schon bestimmte Quartierung der Leute unterblieb, und statt dessen am Petri , Thore auf den abgetrages nen Wällen bivakirt ward, nachdem sämmtliche Thore befeht und geschlossen worden waren. Hiers auf wurden sogleich Patrouillen nach allen Ges Senden geschickt, welche die erhaltene Nachricht

107 bestätigten, mit dem Zuſage, daß die bei Ohoff gesehenen Patrouillen zum Korps des Generals Reubel gehörten, welcher über Zelle gegen das Korps anrücke; über die Stärke desselben war indessen noch keine genaue Nachricht einzuziehen gewesen. So verging die Nacht, aber kaum war der Morgen des erstenAuguſts angebrochen, als die Meldung von den Patrouillen gemacht wurde, daß das Korps des " Generals Reubel gegen sechs tausend Mann stark, nebst zehn Stück Get schüß bereits über Ohoff in Anmarsch sey.

Die

Lage des Korps ward dadurch außerordentlich kritisch, denn obgleich mehrere Briefe des damas ligen Königs von Westphalen an dieſen General aufgefangen waren, so leuchtete doch aus seinen Bewegungen hervor, daß er die Befehle seines Herrn von seiner Expedition gegen die Engläns der zurückzukehren, und sich dem Korps mit aller Kraft entgegen zu stellen, erhalten habe. Es war mithin nur zu wahrscheinlich, daß wenn er diesen Befehl in seinem ganzen Umfange ais ein ges fchickter General erfüllte, das Korps zwischen zwes Feuer kam, indem der General Gratien voi

108 Erfurt aufgebrochen war und mit starken Schris ten folgte, dergestalt, daß jer bereits Halberstadt erreicht hatte, welches der General Reubel vors aussehen mußte, selbst wenn er nicht davon be: nachrichtigt war, indem er nicht glauben konnte, dieser General werde bei Erfurt stehen geblieben feyn, und gab ihm mithin dies die Richtschnur zu seinen Bewegungen . In der bedrängten Lege, in welcher sich das Korps durch diese Umstände befand, blieb nichts weiter übrig, als einen herzhaften Entschluß zu fassen und dem Feinde in einer vortheilhaften Stellung ein Gefecht anzubieten. Zu diesem Ende beorderte der Herzog die Besaßung von Wolfens büttel nach Braunschweig , um diese Stadt wäh: rend des Gefechts zu decken , und während dies geschah, rückte der Ueberrest des Korps in die dem Major Korfes aus seinen Jugendjahren bekannte feste Stellung bei Oelpern , und ward dort folgendergestalt in Schlachtordnung formirt. Der rechte Flügel lehnte sich an das Dorf Dels pern, dessen rechte Flanke wegen des vor und nes ben demselben befindlichen moraftigen Terrains und der Siker nicht umgangen werden konnte,

109 besonders da die Brücke bei Feltenhoff abgebro chen worden war. Das Dorf Delpern selbst ward dem seit dem Sturme von Halberstadt so bekannt gewordenen Kapitain von Rabiel zur Vertheis digung übergeben , indem selbiges den Schlüſſel zur Position machte ; denn obgleich das Terrain von diesem Dorfe nach Braunschweig zu allmäh lig sich erhöht, und demnach vortheilhafter ers scheint, so muß doch ein schwaches Korps eine zu lange Linie formiren , um die einen Bogen machende Ocker zu erreichen, daher es dort, wenn der Flügel nicht angelehnt ist, leicht umgangen werden kann.

Von Delpern aus lief die Fronte

zwischen dem durch Hecken und Gråben durch schnittenen Terrain fort, welches größtentheils mit einer Tirailleur : Linie von beiden Bataillons beseht war, hinter welcher am linken Flügel der größte Theil der Kavallerie postirt wurde, eine Eskadron derselben aber zur Deckung der linken Flanke den Weg nach Hannover beobachtete. Zwei Geschüße kamen vor dem rechten, die an dern zwei aber vor dem linken Flügel zu stehen ; die Reserve war hinter Delpern aufgestellt.

Nachdem diese Anstalten getroffen worden was

s

be

a ta

b

a eg

•b ren,

s

h ic d

er

s 110 al f er e n s Ch be Ge

ch

na

der Stadt, um das Abbrechen sämmtlicher Brüks ken, die am Petrithore ausgenommen, zu befehs } fen und anzuordnen. Ebenfalls ward die an der Eisenbüttler Mühle befindliche Brücke zur bessern . Deckung der linken Flanke niedergerissen und die Vertheidigung sämmtlicher Posten dem Bataillon von Herzberg übertragen , welches eben von Wolfenbüttel in die Stadt rückte *). Während dieser Zeit hatte sich auch der Hers zog in die Stadt begeben , indem ihm gesagt worben war, daß mehrere theils junge theils arme Leute den Wunsch geäußert hätten , beim Korps Dienſte zu nehmen, weshalb er gegenwärtig dies *) Das Einrücken dieses Bataillons hat auf eine sons derbare Art viel zum nachherigen Rückzuge des Get nerals Reubell beigetragen, indem es wegen Vers schiedenheit der Montirung für Hessen angesehen , dieses aber dem General hinterbracht worden war, wodurch dieser ( obgleich er die wahre Stärke des Korps kannte) , und durch die vielen von weitenstes henden Zuschauer getäuscht wurde , das Korps viel ftärker anzunehmen. Ein Fehler , den ſich kein Ges neral zu schulden kommen lassen sollte , besonders wenn er mit so guten Nachrichten versehen ist, als leider damals die Unterdrücker des Vaterlandes vers sehen wurden.

III jenigen aufrief, welche seinen Fahnen folgen wolls ten.

Es ist übrigens tros dessen nicht zu leugs

nen, daß der Herzog sich sehr edel bewiesen hat, indem er weder durch Proklamationen noch durch mündliche Aufforderungen

die Braunschweiger

zum Aufstande zu bewegen versuchte, wodurch er sie höchst unglücklich gemacht haben würde , und die hier eben angeführte Aufforderung rührte bloß von den ihm gemachten Anerbietungen derjenigen her, welche sich dem Korps anschließen wollten.

Nachdem dieser Ausruf ergangen, und den neuen Soldaten der Ort angewiesen war, wo fie mit denen von Halberstadt mitgenommenen Waf fen streitbar gemacht werden sollten, um unter ihrem Anführer,

etnem Offizier vom Staabe.

ihre militairische Laufbahn mit einem Gefechte anzufangen, begab sich der Herzog wieder auf das zum Schlachtfeld bestimmte Terrain um Dels pern, und kam eben daselbst an, als der Feind gegen genanntes Dorf anrückte, weshalb er den Befehl gab, felbiges zu verlassen, die Reserve und die Besaßung des Dorfes aber auf die, aufund an den Höhen gelegenen Gärten hinter selbiges poſtirte, worauf der Feind sogleich Beſih vom

112 Dorfe und das Gefecht seinen Anfang nahm. Kaum waren indeſſen diese zweckwidrigen Anſtal: ten getroffen, wodurch die rechte Flanke bei dem Mangel an Truppen gänzlich bloß gegeben wurde, als der Major Korfes von der Eiſenbüttlers Mähle, wo er die bereits erwähnten Brückens abbrechungen angegeben hatte, auf dem Schlacht felde anlangte.

Verwundernd wandte er sich an

den ihm begegnenden Major von Oppen vom Generalstaabe, als ihn die kleinen Gewehrkugeln auf der Höhe hinter Delpern erreichten , und ers fuhr von diesem, daß dies Dorf, dessen Vertheis digung er so sehr empfohlen hatte, dem Feinde ohne Schwerdtschlag überlassen worden sey, ohne ihm jedoch denjenigen nennen zu können, auf deſſen Anordnung es geschehen war *).

So uns muthig

Der verewigte Korfes har überhaupt nie erfahren, daß dies auf Befehl des Herzogs geschehen war indem er sich durch seine eigenthümliche Hige veran: laßt, wahrscheinlich im ersten Augenblick sehr stark über diesen Vorfall geäußert hätte ;' doch vermuthete er nachmals bei kälterer Ueberlegung, daß es dennoch von demselben befohlen sey, indem Rabiel viel zu tapfer war, um einen ihm anvertrauten Ort ohne Dies zeigte mich an , dieſer Befehl zu verlassen.

113 muthig ihn nun auch dieser Vorfall machte , soo war er dennoch nur darauf bedacht, schleunige Hülfe herbei zu schaffen, um dieses Unglück wo möglich in Glück zu verwandeln, wozu sein fruchts, bares Genie ihm schleunig die Mittel darbotie Da er nämlich bemerkte, daß der Feino ſich im Dorfe sammelte,

und wahrscheinlich durch

das Defilee debouschiren wollte, welches allemal geschehen mußte, wenn dieser Flügel mit Nachs druck angegriffen werden sollte , überhaupt aber keinen Versuch machte, längs der Ocker durch die

Sache auf den Grund zu kommen, weshalb ich den Herzog nach dem Tode des des OberstLieutenants & ors fes (in London 1812) auf dieses Gespräch brachte, wo er mir denn ohne alle Zurückhaltung erzählte , er habe den Befehl gegeben, indem das Terrain hinter Delpern die Jäger begünstigt habe, Als ich ihm indeffen die Gegengründe sagte, weshalb diese Poßs sion nicht früher genommen worden sey , und ihm die Gefahr der Flanke seigte , gab er mir lachend zur Antwort: 99 Wenn Sie erlauben wöllen, ich habe fie, die Weſtphalen, mit Fleig d ahin gelaffen, um ju fehen, was sie wohl eigentlich machen, und ob ſie ſich tapfer herumschlagen würden. ' Ein Verſuch , der ihm theuer zu stehen kommen konnte. In Fölge dieses Gesprächs erhielt ich vom Herzog ein Eremplar feiner Berichte, um es bei meiner Arbeit zu benugen. 8

114 dort ihn deckenden Gärten eine Demonstration gegen die in der Luft stehende Flanke zu machen, so ging er mit den zwei Kanonen des rechten Flügels bis aufKartätſchſchußweite gegen das Dorf, richtete selbige hier gegen das Deboufchee und verhinderte auf diese Art die gefürchtete Operas tion des Feindes.

Hiermit verband er zugleich .

folgenden zweiten Zweck, er wollte nämlich, nach: dem das Kartátschenfeuer die Vertheidiger von Delpern in Unordnung gebracht hätte, das Dorf angreifen und wo möglich es mit Sturm nehmen Lassen; hierauf mit der reitenden Artillerie und Kavallerie durch das Dorf auf dem Wege nací) Belle schnell vorgehen und versuchen, den Feind von demselben ab in den Wald nach seinem rechten Flügel zu treiben , wodurch dieser nicht allein aufgerollt und geschlagen , sondern wahrs fcheinlich

gänzlich zerstreut worden wäre und

fämmtliches Geſchüß verloren hätte.

Zu diesem

Ende ward das erste Jäger : Bataillon nebst der Kompagnie von Rabiel vom zweiten Bataillon, unter Kommando des Majors 1 von Fragstein in eine Angriffskolonhe zusammengezogen, und das Dorf Delpern angegriffen, während die Ar:

115

tillerie durch Kartätschenfeuer die brav stehenden Westphalen niederschmetterte. Unerschrocken führte der Herzog diese Kolonne in Person gegen das Dorf, welches er früher unbedachtsam verloren hatte, bis durch das heftige Feuer des Feindes ihm sein Pferd erschossen wurde, wodurch sich ins dessen die Kolonne nicht abhalten ließ, deren Spike der tapfere Rabiel, der, wo es Muth galt und Gefahr zu bekämpfen gab , allemal der Vorderste war, gegen das Dorf anführte. Schon war der größte Theil der drohendsten Gefahren überstanden, schon war Rabiel beinahe zwischen den ersten Häusern des Dorfes , als ein unglück; licher Schuß seinem Heldenleben ein Ende machs te.

Er fank, und mit seinem Falle wich aller

Muth aus der unter seiner Anführung den Tod nicht scheuenden Kompagnie, doch floh sie nicht, fechtend wich sie zurück, um die Ueberreste ihres geliebten Anführers nicht in feindliche Hände fallen zu lassen *).

*) Obgleich ich die nähern Verhältnisse des verewigten. Mabiel nicht genau kenne, so glaube ich denen, Die vielleicht mehrere des Namens kannten , einen Gefallen zu erzeigen , wenn ich das mir Berukts

116 Während dies am rechten Flügel des Korps und am linken der Westphalen vorging, formirte sich der rechte Flügel derselben gegen den Rest des zweiten Bataillons und beantwortete das Feuer der Artillerie mit seinem dreifach überlegenen Ges

mittheile . - So wie der größte Theil der Braun: schweigschen Offiziere, so stand auch Rabiel früher in Preußischen Kriegsdiensten , und war in einem Infanterie Regiment in Schlesien als Lieutenant. * Op und wiefern er Gelegenheit gehabt hat, sich während der Preußischen Kampagne auszuzeichnen , weiß ich nicht, doch scheint er noch nicht wieder angestellt gewesen zu seyn, denn beim Ausbruche des Oestreichis schen Krieges trat er ins Korps des Herzogs von Braunschweig, und zeichnete sich schon in der Affaire von Zittau aus. Beim Sturm auf Halberstadt ins desen bewies er Hauptsächlich , was Kühnheit und Kaltblütigkeit gepaart vermögen , und zum Danke für seine beispiellofe Tapferkeit, versprach der Herzog ihm das Kommando des zweiten Bataillons , sobald sich eine Gelegenheit darbieten würde, dem bisher schon oft aber nicht rühmlich genannten Major v. Ne i dys meister den Abschied zu ertheilen . Am Morgen der Affaire äußerte er zu einigen Freunden , daß eine gewisse unangenehme Ahnung ihm kein glückliches Ende dieses Tages vorausfage, dessen ungeachtet focht er bis zu feinem lehten Augenblicke mit føttener Unerschrockenheit , und es ist beknahe keinem Zweifet unterworfen, daß der Angriff auf Delpern gelungen wäre, wenn er nicht fiel.

117 schüß sehr lebhaft, so daß bald eine Kanone des montirt wurde.

Dessen ungeachtet rückte der

brave Artillerie : Lieutenant Plas mit dem zwei ten Stück bis auf Kartätschen Schußweite vor,, und es gelang ihm nicht allein , den Chef der feindlichen Artillerie zu tödten , ſondern auch die feindliche, sich zum Angriff formirende Kavallerie in Unordnung zu bringen, dergestalt, daß, als der Lieutenant von Wulfen mit den Plankern und mit großem Geſchrei

gegen sie ansprengte, sie

sich in den Wald zurückwarf, wodurch die In fanterie ebenfalls außer Fassung gebracht, dorthin zurückfloh, doch bezahlte leider der brave Bul fen diese That mit seinem Leben. Während dieses vorging , hielt indessen die Westphälische Artillerie unerschüttert Stand, und bemühte sich, durch ein heftiges Haubigenfeuer den linken Flügel des Korps zum Zurückgehen zu bringen, welches ihr auch gelang, indem der Mas jor von Reichmeister, der den Befehl hatte, nicht zu weit vorzugehen, um in einer konzentrirs ten Stellung zu bleiben, dies dahin ausdehnte, daß er statt den sich anbietenden Offizieren zu ers lauben, das ohne Bedeckung gelaſſene Geſchüs

118 der Westphalen zu nehmen , welches Vorhaben noch dazu vom Terrain begünstigt wurde, es für rathsamer fand , sich rückwärts in Sicherheit zu ſehen, von wo aus er sich nachher unter dem Vors wande, er sey blessirt, wegbegab. Schon war am rechten Flügel des Korps in • dieser Zeit ein zweiter Angriff auf Delpern bes ſchloſſen, als das zweite Bataillon feinen Rück zug antrat, weshalb jener unterbleiben mußte, indem die Nacht allmålig einbrach.

Es ist mit:

hin ausgemacht, daß dieser beispiellose Rückzug des Majors Reich meister, zu dem ihn nichts, selbst nicht einmal

der

Effekt der Granaten ,

welche bloß die Kavallerie trafen , nöthigte, das Geſchüß des feindlichen rechten Flügels, vielleicht aber das ganze Reubellsche Korps von einer gånzs lichen Niederlage rettete ; ob zwar ebenfalls nicht zu X leugnen ist, daß, wenn dies Westphälische Korps, gleich der Besaßung von Oelpern , oder gleich den Vertheidigern Halberstadts gefochten , und ein geschickterer Offizier hier den Oberbefeht gehabt hätte, es wahrscheinlich um die Existenz bes Braunschweigschen Korps geschehen gewesen wäre, welches hauptsächlich durch die Ungeschicks

119

lichkeit des Generals Reubell gerettet wurde. So machte also die einbrechende Nacht dem Gefecht ein Ende und das Korps zog sich in ein Bivak auf der Vorstadt, während die Westphas len ihre Position , hauptsächlich aber das Dorf Delpern, besegt behielten. Da das Gefecht, in welchem das Korps außer den beiden genannten Offizieren , noch den Lieus tenant Mosqua und den Regiments & Quartiers meister Gråtemann, welche schwer bleſſirt zus rückgelaſſen werden mußten, und gegen hundert Mann verlor, nicht entscheidend gewesen war, man auch unmöglich glauben konnte, der General Reubell werde sich zurückziehen, ungeachtet er viel mehr verloren hatte, so beschloß der Herzog, einen Ueberfall auf das Dorf Delpern zu machen, und ward dazu das Bataillon von Herzberg, welches Braunschweig besest hatte, bestimmt. Da dieses inzwischen von jenem Posten nicht wegges zogen werden konnte, ohne abgelöset zu werden, so sandte der Kommandeur desselben einen Offis zier an denHerzog, und ließ anfragen, ob er mit dem am Petrithore stehenden Ueberreste den Uebers fall versuchen sollte.

In diesem Augenblick aber

120 waren schon Patrouillen gegen Delpern vorgeschickt worden, da es so ftille auf der feindlichen Seite war, weshalb der Angriff unterblieb, und bald darauf kamen die Vorgeschickten mit der Nach: richt zurück, daß der Feind sich mit Zurücklaſſung seiner schwer Bleſſirten zurückgezogen habe , wor: auf ihm eine Eskadron Kavallerie nach Ohoff folgte. Die glückliche Wendung , welche die Lage der Sachen, durch diesen Rückzug erhielt, wäre indess sen bald durch die Muthlosigkeit einiger Offiziere nuglos geworden.

Durch ein Gerücht, daß das

Korps verrathen wäre, Seranlaßt, baten sie schon in der Nacht vom aften zum 2ten August den Herzog, fich für seine Person in Sicherheit zu seßen, während der Aeltefte nach ihm eine Kapis tulation abschließen sollte, da kein . Ausweg zu entkommen sey *),****** Ein Offizier erfuhr nämlich am Abend nach der Aft faire bei Delpern in Braunschweig, daß ein StaabsOffizier im Korps wäre , welcher dem Feinde Nacherichten von allen Bewegungen mittheilte , auch zu demselben übergehen würde ; und zugleich wurde ihm eine Beschreibung desselben gemacht. Nach diesem Signalement nun war e s kein anderer, als Korfese

121

Von allen Seiten bestürmt , verwarf dennoch der Herzog den ihm gethanen entehrenden Vors schlag, und , blieb seinem gegebenen Worte, mit dem Korps zu leben und zu sterben, standhaft Ein wahrer Beweis von Seelengröße

getreu.

und unstreitig einer der schönsten Züge seines Lebens. und obgleich der Offizier, welcher die Nachricht erhielt, sein Freund wax , so erfüllte dieser wackere Soldat doch seine Pflicht , die Anzeige davon zu machen." So wenig der Herzog, der seinen getreuen Korfes besser kannte, diesem Gerüchte, welches wahrscheinlich vom Feinde, vielleicht vom Obersten Meyrone aud gestreut war, Glauben beimak, so schien es doch den schon Muthlosen nicht ohne Grund, da Korfes vers schwunden und durchaus nicht zu finden war ; wes: wegen fie dem Herzog den obengenannten Antrag durch den Obersten von Bernewit thun ließen. Korfes seiner Seits hatte sich mißmuthig über die schlechte Ausführung seiner Disposition am Petris Thore auf ein Bund Stroh geworfen , um auszu? ruhen ; wovon der Hauptmann v. d. Heyde dem Herzog bei Gelegenheit des vom Major v. Herz berg erhaltenen Auftrags in Betreff des Ueberfaus von Delpern Nachricht gab, und dadurch zur großen Freude des Herzogs das schändliche Gerücht seiner Flucht widerlegte. Die Handlungsweise jener Offi: ziere war daher um so unverzeihlicher , und ihr Abs gehen mit nichts zu entschuldigen.

122 Da jene Muthlosen nun sahen , daß auf die fem Wege nichts auszurichten war , forderten sie am andern Tage , auf den sie vom Herzog vèrs tröstet worden waren, ihren Abschied, ungeachtet sich der Feind zurückgezogen hatte ; um , wie sie fagten, ihre Existenz nicht länger aufs Spiel zu sehen.

Ja sie beredeten sogar mehrere gute und

entschlossene Offiziere, ein Gleiches zu thun, und ließen sich sogar Attestate ihrer Verabschiedung von dem bei Halberstadt gefangenen Obersten , dem einzigen gefangenen Offizier , welchen der Herzog zur Sicherheit seiner zurückgelassenen bless firten Offiziere mit sich führte, geben *). Durch das Abgehen und der damit natürlich verbundenen Gährung, war das bis jezt siegreiche Korps ſeiner Auflöſung nahe, und nur ein ſchneller nte s retten . e don Abmarsch Dessen ungeachtet wollte der Herzog noch einen Tag verweilen, um eine Dragoner: Eskadron aus denen zu formiren, zu schwach nämlich, um die bei Halberstadt gemachten Gefangenen bewachen zu können , hatte man selbige bereits vor der Affaire von Delpern nach ihrer Heis math entlassen, um zu verhindern, daß sie sich nicht in Braunschweig ihrer Waffen wieder bemächtigten, während sich das Korps schlug.

123 die sich neuerlich angeschlossen hatten; da aber trat Korfes entſchloſsen auf und ließ das Signal zum Abmarsch geben, eine Maaßregel, durch die er seinen Fürsten und das Korps rettete ; indem der General Gratien bereits mit der Avants garde bei Wolffenbüttel war. Vor der Beschreibung der weitern Operationen bleibt num

och übrig, das Betragen des Genes

rals Neu beil vor und nach der Affairs zu uns tersuchen, und zu zeigen, was er hätte thun sollen und was er gethan hat.

Seinem Befehle zus

folge, der aus den aufgefangenen Briefen Je romes bekannt wurde, sollte er sich dem Herzog mit aller Kraft entgegenseßen, und ihn an Erreis chung der Seeküste hindern.

Da er nun die

Schwäche des Korps kannte, wie aus sichern Quel: len bekannt ist ; mithin auf den Gewinn eines Gefechts bei seiner überlegenen Stärke sicher rechnen mußte, so war es ganz richtig, daß er dem Herzog entgegen ging , um ihm ein Treffen zu liefern.

Er konnte dabei, wie schon früher gesagt,

vorausseßen , selbst wenn er nicht davon benachs richtigt war (wie dies wirklich der Fall gewesen ist , indem es aus seinen folgenden Operationen

124 hervorleuchtet ) daß dem Korps auf jedem Falle etwas von der Armee von Erfurt folgen würde ; sobald man seinen Aufbruch erfahren hatte , schlug er also, so hatte er die Ehre, allein der Vernichter jenes so furchtbar gewordenen Korps zu seyn ; wurde er geschlagen, so hatte er wenigstens dem verfolgenden Korps Zeit verschafft, um heran zu kommen. Seine Ueberlegenheit an Zahl machte es übers dieß möglich, daß er sich selbst nach einem, Echet bald wieder sehen und dem Korps die Spize fo lange bieten konnte , bis es von zwei Seiten ans gegriffen war.

Sein Vorrücken war daher rich;

tig, auch schien ihm das Glück im Anfange des Gefechts günstig zu seyn , indem , wie schon ge sagt, der Schlüssel der Position durch die Abwes fenheit des Majors Korfes in seineHånde kam ; allein er verstand eben so wenig ein Gefecht zu führen als zu mandvriren , denn die Benußung des erlangten Vortheils hätte den Untergang des Korps nach sich gezogen, wenn er seine Tirailleurs durch das Dorf långs der Ocker geschickt, und den rechten Flügel in die Flanke genommen hats te, denn aus Delpern debouſchirt wåre, während

125 eine Reserve auf der Straße nach Zelle und sein rechter Flügel zurückgezogen blieb.

Allein er uns

terließ nicht allein alles, was ihn zum Gewinn des Treffens führen konnte, sondern der Zufall wollte noch überdies , daß er selbst grade nach Delpern hereinkam , als die Kanonen anfingen, den Ausgang mit Kartätſchen zu bestreichen, durch die er also empfangen wurde.

Verwundert über

diesen ihm wahrscheinlich unerwarteten Empfang, rief er zerstreut : "" also auch Kartätschen ! " drehte hierauf sein Pferd, und betrat Delpern nicht wier der.

(Diese Geschichte weiß ich von einem wahrs

heitliebenden jeßt in Braunschweigschen Dienſten stehenden Offizier, der damals gezwungen in Wests phälischen Diensten stand , und grade in dieſem Augenblick dem General einen Rapport zu mas chen hatte ). Gleich darauf wich nun auch sein rechter Flü gel auf eine unverzeihliche Weise in den Wald zurück, und nur der Tod Rabiels und die Taps ferkeit der, Delpern vertheidigenden Truppen rets tete ihn vom gänzlichen intergange , indem, so viel ich mich erinnere, auf dem Wege hinter Dels pern keine Reserve stand, die das Korps im Vors

126

rücken gehindert hätte, sobald das Dorf genom men war ; auch überhaupt der General Reubell wenig Intelligenz verrieth, wie aus der ganzen Führung des Gefechts von selbst hervorgeht. Der unglückliche Ausgang dieses Probestücks, in welchem der Feind einen bedeutenden Verlust erlitten hatte,

mochte dem General Reubell

wohl die Luft benommen haben, am nächsten Tage das Gefecht zu erneuern, welches unstreitig das Nichtigste gewesen wäre, da er Zeit genug hatte, seine in Unordnung gerathenen Truppen während der Nacht zu sammeln und Delpern zu barritas diren, unter welchen Umständen er den Angriff des Korps ruhig hätte erwarten können.

So

wählte er aber das sicherste Mittel, aus dem Kar tätschenfeuer zu kommen, nämlich den Rückzug. Allein auch dieser Rückzug wäre noch kein großer Fehler gewesen, wenn er nicht unter allen rücks gängigen Bewegungen

die

schlechteste gewählt

hätte. Es war nämlich klar, daß der Herzog entwes der die Mündung der Elbe oder der Weser ers reichen und sich einschiffen wollte.

Um sich also

nach dem. Gefecht von Delpern beiden Operatio

127 nen entgegen stellen zu können , war eine Bewest gung gegen Zelle zu unstreitig die zweckmäßigste, indem man von dort aus dem Marsche des Korps, es mochte rechts oder links gerichtet seyn , begegs nen und demselben beständig zur Seite bleiben konnte ; überdies war es möglich, sich durch alges schickte starke Patrouillen mit

dem Korps des

Generals Gratien in Verbindung zu sehen, in welchem Falle das Korps von zwei Seiten ges drängt, bloß durch Märsche aufgerieben werden mußte.

Zwar blieb dem Herzog noch übrig , sich

in das Harzgebirge zu werfen , oder Kaſſel zu bedrohen, und so zu versuchen , das linke Wesers < ufer zu erreichen , oder auch durch die Altmark über die Elbe zu ziehen. Allein dieser lehte Schritt war nicht mehr möglich , sobald einer der erstern ' gethan war, und diese waren auch noch gewags ter als der Marsch nach der Küste, und nur die größte Moth konnte sie diktiren. Der Generall Reubell schien indessen dies nicht bedacht oder nur geringe Kenntnisse mili tairischer Operationen, besonders des Nugens der Seitenbewegungen zu haben, oder das Gefecht von Delpern hatte ihm eine so nachtheilion Mets

128 nung von seinen Kräften gegeben , daß er sich ohne den General Gratien nicht sicher genug glaubte ; denn er zog sich bei Schwölper über die Ocker , um sich mit jenem zu vereinigen , und ließ so dem Korps freie Hand , zu thun was es wollte. Unbekanntschaft mit militairischen Operatios nen leuchtet indessen wohl am meisten daraus hervor, daß der General Reubell die schlechteste aller möglichen Bewegungen wählte, und so wie schon bemerkt

den wichtigen Vortheil aus den

Händen ließ , das Korps zwischen zwei Feuer zu bringen, welches früher oder später der Fall seyn mußte , wenn er dasselbe nicht aus den Augen ließ, und dadurch der General Gratien Zeit gewann, heraus zu kommen.

Außerdem hatte

der General Reubell bei dieser Bewegung nicht bedacht, daß der Herzog viel schneller als er mars schiren konnte, und es ihm folglich sobald nicht möglich seyn würde, ihn einzuholen ;

denn er

konnte unmöglich vermuthen , der Herzog werde sich in Braunschweig festseßen. Auf die erfolgte Nachricht des Aufbruchs feindlicher Seits ſezte sich daher das Korps, wie gesagt,

129 gefagt, ebenfalls in Marsch, um die Mündung der Weser zu gewinnen, da die sichere Nachricht eingegangen war,

daß in Elsfleth und Brake

Schiffe genug lågen, um das Korps aufzunehs men.

Der erste Marsch selbst ging über Peina

nach Burgsdorff. Dieser Seitenmarsch aufBurgss dorff wurde nur eines Theils gemacht, weil man unmöglich vermuthen konnte, der Feind werde sich über die Ocker ziehen, sondern glauben mußt te, er werde auf Zelle marschiren ; mithin sollte er dazu dienen, indem man zur Seite blieb, den Feind in der Meinung zu erhalten , man wolle thm folgen und ihn auf diese Art nöthigen, sich in oder bei Zelle so lange festzusehen , bis man den nöthigen Vorsprung gewonnen habe. Andern Theils geschah der Marsch der Subsistenz wegen, indem der gerade Weg durch die Heide nach Hans nover zu lang war und der Major Korfes nicht erfahren hatte, daß Bürgsdorff abgebrannt sey.

Durch diesen Marsch verlor das Korps eis

nen halben Tag, und kann er nur durch die oben angeführten Gründe entschuldigt werden..

Den 2ten Abends traf das Korps bei Burgs dorff ein , bald darauf auch die zur Verfolgung

130und Beobachtung des Feindes nachgesandte Eskas dron, wodurch man seinen Marsch auf Schwöls per erfuhr und zugleich lief die Nachricht ein, daß die ganze feindliche Bagage einige Meilen vom Korps in voller Flucht auf der Straße nach Belle-sey, welche indessen nicht genommen wurde, da der dazu befehligte Kavallerie : Offizier behaupt tete, daß Menschen und Pferde zu sehr ermattet wåren.

Ueberdies wurde es fast zur Gewißheit,

daß der Feind in Braunschweig eingerückt sey, weshalb sich das Korps schon vor Tagesanbruch wieder in Marsch seßte, und noch Vormittags in Hannover eintraf.

Hier fielen mehrere Detasche

ments und Lazarethe dem Korps in die Hände. Hauptsächlich aber wurden vier Kanonen und eine Menge Kriegsvorräthe erbeutet, von denen indes sen der Kürze der Zeit wegen wenig Nußen ger zogen, und bloß das Geſchüß mitgenommen wers , ben konnte, da das Korps noch am nämlichen Tage nach Neustadt am Rübenberge marschirte.

Den 4ten paffivte das Korps bei Nienburgs die Weser und marschitte noch am

nämlichen

Tage bis Hoya , wo es in der Nacht eintraf. Bisher war des Machts beständig bivakirt wors

131 den, um dem Feinde die Spiße bieten zu kön nen, allein diese Nacht machte es das schreckliche Wetter unmöglich.

Wäre es daher dem schnell

nachrückenden Feinde möglich gewesen , hier das Korps , das ohne alle Ordnung Schuß gegen die Witterung gesucht hatte, kurz vor Tages Anbruch anzugreifen, so würde es in große Gefahr get kommen seyn, so aber erschien die Avantgarde desselben nicht eher, als bis man am Morgen 1 eben mit Abbrechen der Weserbrücke fertig war.

Der General Reubell hatte nämlich nach feiner Vereinigung mit dem General Gratien noch am aten Abends Braunschweig besest, wor selbst seine Truppen nicht ermangelt hatten meh: rere Exzeffe zu begehen, indem er ihnen die Plünderung dieses Orts , damals seinem Herrn gehörig, versprochen hatte, wenn sie ihn mit den Waffen in der Hand nehmen würden *),

Da

*) Der General Reubell hatte dadurch allein schon feine nachherige Entlassung verdient, seine militairis schenFehler nicht in Anschlag zu bringen, von welchen er in England , wohin er sich flüchtete , behaupten wollte , als habe er sie willentlich gemacht , um den Herzog entkommen zu lassen, eine unwahrheit, welche ihm indeffen auch nichts half.

132 indeffen der Herzog bereits Braunschweig vers Lassen hatte, so folgte ev ihm in Eilmarschen auf dem graden Wege über Zelle nach Hoya, während der General Gratien sich auf Nienburg diris girte.

Diese Operationen geschahen natürlich, um

dem Korps den Marsch nach der Mündung der Weser abzuschneiden, welches um desto gewisser zu bewirken ,

der General Neubell sich vom

General Gratien trennte, um schneller marſchis ren zu können , und um dadurch einen solchen Vorsprung zu gewinnen, daß das Korps abermals zwischen zwei Feuer kam , woraus man es unges schickter Weise hatte entschlüpfen lassen. Ungeachtet nun dieser Zweck nicht mehr erreicht werden konnte, so hätte doch die Operation auf Hoya dem Korps gefährlich werden müſſen , da es einen halben Tag Vorsprung durch den Marsch aufBurgsdorff verloren hatte, und bloß der Ueber gang über die Weser gewonnen war, weshalb es jekt vorzüglich darauf ankam , den Feind irre zu leiten, um Zeit zur Einschiffung zu gewinnen. Zu diesem Ende wurde vom Amte Syfe qus , wo das Korps am 5ten August Mittags eintraf, und die sichere Nachricht einlief, der Feind sei bereits

133 in Hoya , eine Patrouille von 150 Jågern , 40 Pferden und 2 reitenden Kanonen nach Bremen Detaschirt, welche sich daselbst als die Avantgarde des Korps ausgeben, und alle mögliche Requisitios nen, besonders zur Einschiffung machen mußte. Der verdienstvolle Major Korfes übernahm selbst das Kommando dieſes Detaſchements, unb hatte dadurch Gelegenheit, feine militairiſchen Tas lente in noch vollkommnerem Lichte zu zeigen.

Nachdem diese Anordnungen getroffen waren, brach das Korps selbst wieder auf, ließ Bremen rechts, ging nach Delmenhorst, welches noch am Abend erreicht wurde, und marſchirte dann, nachu dem so viel Wagen herbeigeschafft worden waren, daß Alles fahren konnte, während der Nacht nach Huntebrück *) , wo es am 6ten über die Hunte gesezt und die Fähre zerstört wurde. Durch diesen Marsch war der Rückzug als glücklich beendigt anzusehen ; denn bei dem rascher ften Verfolgen des Feindes war er jest genöthigt,

*) Dieſer Nachtmarsch war äußerst gefährlich , da bel der Dunkelheit der Nacht mehrere Wagen, auch der des Obersten Meyrone, von dem Besers Damm gerabſtürzten, und mehrere Menschen umkamen,

134

über Oldenfurg zu marschiren, wodurch ihm ein ganzer Tagemarsch

verloren

ging.

Ueberdies

hatte der häufige Regen in den leßten Tagen die Wege so verdorben, daß sie bei dem dortigen Bos den kaum zu paſſiren waren, auch ist das Ters rain hinter Delmenhorst so durchſchnitten, daß es leicht wurde, sich vortheilhaft zu vertheidigen, im Fall der Feind auf grader Straße gefolgt wäre.

Dieser hatte sich indessen durch das nach

Bremen geschickte Detaschement irre leiten lass fen, denn der Major Korfes erhielt die Nachs richt, daß der General Gratien den 5ten um 10 Uhr Abends in Bremen

eintreffen wolle.

Dies war jedoch nur ein Gerücht, indem der ges nannte General schon in Nienburg andere Bes fehle erhalten und hierauf das weitere Verfolgen eingestellt hatte, doch war die Lage dieses Detas fchements dennoch sehr kritisch, da man mit Ge wißheit erfuhr, daß der General Reubell wirk lich im Anmarsch sey , weshalb es sich den 6ten Nachmittags , nachdem es ſeinen Auftrag so gut als möglich erfüllt hatte, in Marsch nach Dels menhorst seßte. Es war indessen kaum eine Meile marschirt,

135 als es auf den Feind stieß, welcher Bremen ums gangen und Front gegen den Weg gemacht hats te, den es nehmen mußte, so daß es mithin vom Korps abgeschnitten war.

In dieser mißlichen

Lage engagirte der Major Korfes das Gefecht durch seine 150 Jäger, die in einer Tirailleurs Linie aufgestellt wurden , und rekognoszirte vor einem Hause aus die umliegende Gegend, währ rend seine Artillerie durch wohlangebrachte Kars tätſchenschüsse den Feind im Vorrücken hinderte. Bei der Rekognoszirung fand nun der Major einen Nebenweg , welcher nach den eingezogenen Erkundigungen rechts nach einer Furth in der Orte, einem kleinen Flusse , in der linken Flanfe des Feindes führte , welchen er unverzüglich ein zuschlagen beſchloß und daher mit den Jågern und der Artillerie schnell und geschickt rechts abs marschirte.

Kaum bemerkte der Feind, der noch

immer in der Meinung stehen mußte, mit dem ganzen Korps zu thun zu haben, diese Bewegung, welche er troß des kupirten Terrains wahrnehs men konnte, o fing er an seinen linken Flügel, mit dem er im Vorgehen begriffen war , zurückt zuziehen, indem er glauben mochte, man wolle

+

136 biesen umgehen , besonders da er des Terrains wegen die Stärke des Detaſchements nicht gehse rig beurtheilen konnte ; und so gewann der Mar jor gedachte Furth, die er paſſirte, und ohne ver. folgt zu werden die Weser erreichte.

Auf dem

Wege dorthin hatte er jedoch das Unglück, daß eine Kanone in dem schlechten Wege umwarf und versank, so daß sie aus Mangel an Werk zeug nicht wieder aufgerichtet werden konnte und mithin verloren ging.

Die Kavallerie des Der

taschements war nicht so glücklich, denn ba mant geglaubt hatte, dasselbe würde gefangen werden, so hatte man nicht grade die besten Leute zu dies sem Kommando gegeben , weshalb ihre Offiziere sich genöthigt sahen, während des Kanonenfeuers etwas zurück zu gehen, wodurch sie von der In terie abgeschnitten wurden , und das Kommando sich nachher zerstreute.

Mit der Infanterie und

dem einen Geſchüß schiffte sich der Major Kors fes auf zwei kleinen Schiffen , die er auf der Weser fand , glücklich ein, und stieß bei Helgos land wieder zum Korps , wo er von seinem Fürs ften mit den verdienten Lobsprüchen über sein vortreffliches Benehmen empfangen und hierauf

in

-

137

in England zum Oberstlieutenant und Kommani deur des Jäger : Regiments ernannt wurde *).

*) Unter den größen und edien Männern , welche Brauns schweig außer seinem erhabenen Fürsten : Hause hers vorgebracht hat, gehört unstreitig auch Korfes. Von unbemittelten Eltern geboren , trat er frühzeitig in Braunschweigsche Artillerie Dienste , und studirte mit fo angestrengtem Eifer , daß er nicht allein bald in den Stand gefeßt wurde, durch Unterrichten sich selbst ein sehr anständiges Auskommen zu verſchäffen, sons dern auch seine Familie zu unterstüßen und die Ers ziehung seiner jüngern Brüder zu übernehmen. Das unglückliche Jahr 1806 unterbrach seine militäiriſche Laufbahn, in welcher er es bis zum StaubsiKapitain gebracht hatte, und raubte ihm den größten Theil feiner Schüler; dessen ungeachtet unterhielt er fich Steber nothdürftig durch Unterrichten, als daß er den glänzendſien Anarkistungen Hieronimus Bonapartes Gehör gegeben Hätte. Im Jahr 1809 trát er als Chef der Artilerie: Eskadron ins Korps , und diente mit großer Aus; zeichnung während der ersten Hälfte des Feldzuges, ward bei Anfang des Rückzuges Major und Chef des Generalstaabes, und bei der Ankunft in England für seine ausgezeichneten Dienste, wie gesagt, Obersts Lieutenant und Kommandeur des Jäger , Regiments, So guter Soldat er auch war, so war doch dieser Posten nicht für ihn geeignet. Seine große , oft übereilte Hige und jene Gradheit, die den Mann vom energischen Willen so oft karakterisirt, zogen ihm eine Menge Feinde zu , denen schon früher sein wohlvers ΤΟ

138 Der Feind seiner Seits , nachdem er seinen linken Flügel festgestellt hatte, fing nun von neuem an zu avanziren, bis er seinen Irrthum merkte, worauf er zwar dem Korps sowohl als dem Des

dientes Glück und seine Biederkeit ein Dorn im Augè gewesen war. Ungeachtet er seine Lage kannte, so hinderte ihn dies doch nicht, seiner edlen Denkungs art getreu zu bleiben , indem er unter andern mir unglaublicher Resignation sich beim Abmarsd,e von Guernsey für die Schulden des Regiments, die größs ten Theits seine Feinde gemacht hatten , verbürgté , weil diese sonst in Verlegenheit gekommen wären. Sm Jahr 1810 führte er das Regiment nach Pors tugal, wo ihn im Frühjahr 1811 eine Krankheit, und der Gram über so manche Unannehmlichkeiten, in die er durch seine Rechtlichkeit und für den Nugent besonders den Ruf des Regiments gestürzt worden war, in Lissabon wegraffte. Sein größter Wunsch, dereinst auf befreitem heimischen Boden zu ruhen , ward ihm nicht erfüllt. Korfes vereinigte in sich alle Eigenschaften eines wahren Deutschen ; treu seinem Fürsten und seinem Waterlande bis zum legten Athemzuge ; klug und tapfer als Krieger, edel als Mensch, wahr als Freund, bes saß er die Liebe und Achtung seines Fürsten, der in ihm unstreitig seinen ersten Diener verlor, Sein Baterland verlor in ihm einen Bürger, der Unsterba fichkeit werth , seine Familie ihr edelstes Mitglied, feine Freunde einen unerseglichen Freund.

139 taſchement folgte, natürlich aber zu ſpå. kommen mußte. Ueberhaupt aber giebt diese Operation eineņ neuen Beweis der Ungeschicklichkeit des Generals Reubell; denn waren seine Nachrichten, was man glauben muß, wirklich so schlecht, daß er das ganze Korps in Bremen vermuthete, so war es überhaupt, besonders aber nach seinen kürzlich ges machten Erfahrungen, sehr unrecht, sich in fener Gegend aufzustellen.

Die Absicht war klar , daß

der Herzog sich auf der Weser einſchiffen wolle, folglich Elsfleth und Brake erreichen mußte, da die Schiffe beständig dort liegen .

Dieses zu vers

hindern, mußte der General die Hunte zu erreichen fuchen, und sichhinter derselben aufstellen, wodurch dieser Plan auf einmal vernichtet wurde , ohne daß er ristirte geschlagen zu werden , oder we nigstens zu siegen, welches doch in seiner gegens wärtigen Stellung so gut möglich war als bei Delpern, wo denn sein Rückzug grade in die Hunte gegangen wäre.

Zugleich hätte eine Stellung

hinter jenem Fluſſe dem Korps den noch mögs lichen Marsch nach Ostfriesland zwar nicht abges schnitten, doch so erschwert, daß er nur durch ein Wunder gelingen konnte.

140

Swar konnte der General Reubell diese gros Ben Zwecke nicht mehr erreichen, da das Korps vor ihm selbst über die Hunte gegangen war, allein er würde doch das Einschiffen durch sein Erscheinen an diesem Flusse etwas belästigt haben, und vielleicht wäre ihm das Detaschement in die Hånde gefallen ; indem es, nichts vom Feinde ers fahrend, wahrscheinlich dem Korps gefolgt wäre. Es scheint zwar, als ob der General Reu bell einige Ahnung davon gehabt hätte , daß es richtiger sey, Bremen zu umgehen , da er es nicht einschließen konnte, allein die Art, wie er es that, war noch schlechter, als wenn er den genannten Ort angegriffen hatte ; und beweißt abermals seinen Mangel an militairischen Ueberblick.

Hatte er

endlich gar gewußt, daß er nur mit einer Abtheis lung des Korps zu thun haben würde, ſo iſt ſein Betragen um so tadelnswerther , denn er durfte dann nur sein Korps theilen und das Detasche: ment aus Bremen vertreiben lassen , während er ihm mit der andern Hälfte in den Rücken ging, wodurch es unwiederbringlich verloren gewesen wåre, denn das stärkste Detaſchement des Korps war nicht start genug, die Hälfte seiner Truppen zu schlagen.

141

Während auf diese Weise der Feind den Maz for Korfes entschlüpfen ließ, schiffte sich das Korps in Elsfleth und Brake ein, welches mit so großer Thätigkeit geschah, daß ungeachtet die Schiffe ohne Ballast und zum Theil abgetakelt waren, dennoch schon am 7ten das ganze Korps unter Segel war.

Sämmtliche Schiffe wären

auch glücklich nach Helgoland gekommen, wenn nicht zwei davon bei Bremerleh, sey es durch uns wissenheit oder Bosheit der Schiffer , die zum Theil zum Fahren gezwungen worden waren , fo nahe por Anker gegangen wären , daß sie bei eintretender Ebbe anfingen festzustßen.

In dieser

gefährlichen Lage wurden sie vom Ufer von den Dår nen mit kleinem Gewehr beschoffen , doch das eihe derselben durch die Geistesgegenwart des Lieut. y. d. Heyde (Bruder des Verfassers und gegenwärtig Hauptmann in Braunschweigschen Diensten) ges rettet.

Even so wollte derselbe, nachdem das

Schiffwieder flott war, sich mit Freiwilligen in das Bpot ſehen, um das andere zu retten, woran er indessen durch den oft genannten Major von Reichmeister ( der endlich bet Helgoland zum Lohn seiner Thaten, die auf dem schnellen Marsch

142 nicht gerugt werden konnten , den Abschied ers hielt ) gehindert wurde, wodurch dieses Schiff, welches die Bagage des Herzogs und der meisten Offiziere am Bord hatte, und fast gar nicht bes mannt war, in die Hände der Dånen fiel, die quch gleich darauf mit Geschuß am Ufer erschies gen und die lehten Schiffe, worunter auch das Schiff war, auf welchem ſich der Herzog befand, kanonirten, ohne indessen Schaden zu thun , obs gleich sie sogar noch längs der Küste das Schiff des Herzogs mit dem Geschüß verfolgten. Wegen widriger Winde waren die meiſten Schiffe genöthigt, in der Gegend von Jever ans Land zu legen, so daß die leßten derselben erst am gten Helgoland erreichten ; doch war schon vor; her Lord George Stuart, der bei genannter Ins ſel ſtationirt und vom Herzoge benachrichtiget war, dem Korps entgegen gekommen, um im Nothfall Unterstüßung zu geben.

Am 11ten ging

pas Korps nach England unter Seegel.

So endigte dieser Zug zum Erstaunen Europas,

zum Verdruß des Unterdrückers des Vaterlandes, und zur Freude jedes rechtlich gesinnten Deuts schen.

Die Hoffnung einer bessern Zukunft fing

143 von jenem Augenblick an, in dem Herzen so mans cher feste Wurzel zu schlagen, und so ist daher dieser Zug als das Vorspiel jener großen Ereige nisse anzusehen, die unsre Tage zu den merkwürs digsten der neuern Weltgeschichte machen.

Bei

ber611