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German Pages 406 Year 2018
Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Band 127
Der Erwerb eigener Anteile im Personengesellschaftsrecht Gleichzeitig eine Untersuchung zur Struktur der Personengesellschaften de lege lata und ferenda
Von
Christian Gies
Duncker & Humblot · Berlin
CHRISTIAN GIES
Der Erwerb eigener Anteile im Personengesellschaftsrecht
Abhandlungen zum Deutschen und Europäischen Gesellschafts- und Kapitalmarktrecht Herausgegeben von Professor Dr. Holger Fleischer, LL.M., Hamburg Professor Dr. Hanno Merkt, LL.M., Freiburg Professor Dr. Gerald Spindler, Göttingen
Band 127
Der Erwerb eigener Anteile im Personengesellschaftsrecht Gleichzeitig eine Untersuchung zur Struktur der Personengesellschaften de lege lata und ferenda
Von
Christian Gies
Duncker & Humblot · Berlin
Die Rechtswissenschaftliche Fakultät der Universität des Saarlandes hat diese Arbeit im Jahre 2017 als Dissertation angenommen.
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Meinem Großvater
Vorwort Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2017/2018 von der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Universität des Saarlandes als Dissertation angenommen. Literatur und Rechtsprechung wurden auf den Stand Juli 2018 aktualisiert. Ich möchte mich an dieser Stelle nochmals bei meinem Doktorvater Herrn Prof. Dr. Dr. Dr. h. c. mult Michael Martinek für das stets offene Ohr, die Ratschläge und Hinweise sowie die Erstellung des Erstgutachtens bedanken. Erst die Arbeit an seinem ehrwürdigen Lehrstuhl hat diese Arbeit überhaupt möglich gemacht. Hierfür gebührt ihm meine tiefste Dankbarkeit. Gleichfalls möchte ich mich bei Herrn Prof. Dr. Günther Hönn für die zeitnahe Erstellung des Zweitgutachtens bedanken. Besonderer Dank gilt all jenen Personen, die mich während der Erstellung dieser Arbeit auf vielfältige Weise unterstützt haben. Insbesondere gilt mein Dank Jessica Spies, die immer an meiner Seite war und ist, sowie meinen Eltern Bettina und Burkhard Gies. Die Arbeit ist meinem Großvater Hans Burkhard von Zabiensky gewidmet, seit eh und je ein Bewunderer der Rechtswissenschaft. Vielleicht kann dieser kleine Beitrag auch Ausgangspunkt für eine zweite, wenn auch etwas verspätete Karriere sein. Saarbrücken, im Juli 2018
Christian Gies
Inhaltsverzeichnis A. Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 21 I. Der Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 23 II. Überblick über die wichtigsten theoretischen Ansätze . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 25 1. Die traditionelle Vermögenslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 2. Die Gruppenlehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 26 3. Personengesellschaften als verselbstständigte Gemeinschaften . . . . . . . . . . . . 27 B. Der „Anteil an Personengesellschaften“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28 I. Der „Anteil am Gesellschaftsvermögen“ als gesetzliche Anerkennung eines auf die Gesellschaft bezogenen Beteiligungsbegriffs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30 1. Übersicht über die gesetzlichen Regelungen zum „Anteil am Gesellschaftsvermögen“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31 2. Der „Anteil am Gesellschaftsvermögen“ als Mitgliedschaft des Gesellschafters . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 a) Darstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 33 b) Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 3. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 II. Der Begriff des Gesellschaftsanteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37 1. Der Gesellschaftsanteil bzw. Geschäftsanteil an bzw. in einer Personengesellschaft als Mitgliedschaft nach der herrschenden Meinung und Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 a) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 b) Rechtliche Bewertung der Ansichten von Rechtsprechung und herrschender Lehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 aa) Die Mitgliedschaft nach der herrschenden Lehre . . . . . . . . . . . . . . . . . 39 (1) Die Mitgliedschaft in Personengesellschaften als Stellung in einem Vertragsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 (2) Die Rechte und Pflichten des Mitglieds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43 bb) Gesellschafterpflichten contra Einordnung als subjektives Recht . . . . 45 cc) Insbesondere: Systematik des § 566 BGB sowie § 613a BGB als gesetzlich geregelte Fälle eines Wechsels von Vertragsparteien . . . . . . . 48 dd) Mitgliedschaft als Bezeichnung einer Vertragszugehörigkeit („Stellung“) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50 c) Zwischenfazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52
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Inhaltsverzeichnis 2. Alternative Ansätze zur rechtlichen Aufarbeitung des „Gesellschaftsanteils“
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a) Der Gesellschaftsanteil als Teilausschnitt der Mitgliedschaft . . . . . . . . . . . 53 aa) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53 bb) Rechtliche Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 b) Gesellschaftsanteil als organisationsvertragliche Rechtsstellung nach Beuthien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 aa) Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 bb) Rechtliche Bewertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 3. Eigener Ansatz: Gesellschaftsanteil, Geschäftsanteil und Aktie als Partizipationsrechte und -pflichten vermittelnder Rechtsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . 58 a) Vorüberlegungen und Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 b) Der Gesellschaftsanteil an „einfachen“ und „unternehmenstragenden“ Personengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60 c) Inhaltliche Begriffsbestimmung: Gesellschaftsanteil als Brücke zur Stellung im gesellschaftlichen Rechtsverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 aa) Vermittlung von Eintrittsrecht und -pflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 bb) Gesellschaftsanteil als Pfändungsgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 cc) Belastungen des Gesellschaftsanteils . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 dd) Ausarbeitung eines Allgemeinen Rechts der Gesellschaftsbeteiligungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 (1) Der Geschäftsanteil . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66 (2) Die Aktie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 (3) Chance der Vereinheitlichung des Gesellschaftsrechts . . . . . . . . . . 69 III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 C. Erwerb eigener Anteile in GmbH und AG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 I. Überblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 1. GmbH . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 2. Die Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76 3. Genossenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 4. Kommanditgesellschaft auf Aktien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 5. Zwischenergebnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79 II. Dogmatik und Schwierigkeiten des Erwerbs eigener Anteile in GmbH und AG 80 1. Der Begriff der Abstraktion in BGB und Gesellschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . 81 a) Abstraktion im BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 aa) Das Abstraktionsprinzip des Sachenrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 82 bb) Das abstrakte Schuldversprechen bzw. Schuldanerkenntnis . . . . . . . . . 84 cc) Abstraktheit der Vollmacht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 86 dd) Die Abstraktheit der Anweisung nach § 783 BGB . . . . . . . . . . . . . . . . 88 ee) Zusammenfassung: Abstraktion als Durchbrechung natürlicher Kausalitätszusammenhänge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 88
Inhaltsverzeichnis
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b) Abstraktion im Gesellschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 aa) Abstraktion im Gesellschaftsrecht als Verstetigung relativer Rechtsverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 89 bb) Abstraktion als Bedingung für die Entstehung von Anteilen „an“ Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 94 2. Verselbstständigung und Abstraktion als notwendige Voraussetzung für Eigenanteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95 3. Überwindung der Konfusion von Mitgliederrechten und -pflichten und Untergang der Mitgliedschaft durch Fiktion des Fortbestehens? . . . . . . . . . . . . . 97 a) Untergang und (wiederholter) originärer Erwerb der Mitgliedschaftsrechte 100 b) Ruhen der Rechte nach der herrschenden Meinung und Rechtsprechung 101 aa) Ruhen der Rechte aufgrund konkludenter Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 bb) Ruhen der Rechte als Folge der Kollision von Wertpapier- und Körperschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 cc) Eigener Ansatz: Ruhen der Rechte bei Unterscheidung von innerer und äußerer Beteiligungssphäre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 4. Anerkennung der Rechtspersönlichkeit durch das Gesetz als notwendige Voraussetzung für die Verselbstständigung von Gesellschaften . . . . . . . . . . . . 106 a) Eintragung als zwingende Voraussetzung der Abstraktion . . . . . . . . . . . . . 107 b) Rechtspersönlichkeit als zwingendes Element der Abstraktion . . . . . . . . . 108 aa) Rechtsfähigkeit, Fremdorganschaft und beschränkte Haftung keine allein juristischen Personen vorbehaltenen Merkmale . . . . . . . . . . . . . 109 bb) Rechtspersönlichkeit durch Abstraktion? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 (1) Fiktions- und Genossenschaftslehre und Theorie der Zweckpersonifikation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 (2) Personifikation heißt auch Verselbstständigung . . . . . . . . . . . . . . . 113 (3) Abstraktion in den gesetzlich anerkannten Gesellschaften mit Rechtspersönlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 115 (a) GmbH und AG als verselbstständigte Gesellschaften . . . . . . . . 115 (b) Der (eingetragene) Verein . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 (c) Die Genossenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 (d) Die Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) . . . . . . . . . . . 120 (e) Die Societas Europaea (SE) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 123 (f) Die Stiftung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 (4) Gesetzliche Anerkennung der Rechtspersönlichkeit als notwendige Bedingung der Abstraktion? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 (a) Die Vorgesellschaft von GmbH und AG als verselbstständigte Personenvereinigung ohne Rechtspersönlichkeit . . . . . . . . . . . 126 (aa) Rückschlüsse auf Struktur wegen „Identität“ von Vorgesellschaft und eingetragener Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . 126 (bb) Strukturvorgebende Kraft von Einmanngründungen . . . . 128
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Inhaltsverzeichnis (b) Die Vorstiftung als Idealbild der Verselbstständigung . . . . . . . 136 III. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137
D. Die dogmatische Struktur der Personengesellschaften – Abstraktion oder Einheit von Gesellschaft und Mitgliedern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 I. Exkurs: Einzug der Gesamthand in das Personengesellschaftsrecht . . . . . . . . . . 141 1. Die Personengesellschaften im 19. Jahrhundert . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 a) Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts als schuldrechtliche Vereinigung . . 142 b) Der erste Entwurf als Repräsentant des römischen Rechts . . . . . . . . . . . . . 148 c) Die Kritik der Literatur zum ersten Entwurf des BGB . . . . . . . . . . . . . . . . 150 d) Das Bekenntnis zur Gesamthand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 2. Die handelsrechtlichen Personengesellschaften vor Geltung des HGB . . . . . . 157 a) Die Personenhandelsgesellschaften nach Vorstellung des jüngeren Handelsrechtsgesetzgebers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 b) Die Personenhandelsgesellschaften in der gesellschaftsrechtlichen Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 160 c) Die Personenhandelsgesellschaften des ADHGB als Gesamthandsgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 161 d) Abkehr vom preußischen Modell der Handelsgesellschaften . . . . . . . . . . . 162 3. Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Grundtyp der Personenhandelsgesellschaften des HGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 4. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 II. Der Abstraktionsgrad der Personengesellschaften von ihren Gesellschaftern . . . 167 1. Die „Gruppenlehre“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 a) Die Gesamthand als Gemeinschaft mit „eigenthümlich genossenschaftlichem Charakter“ nach Georg Beseler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 b) Otto von Gierke als Wegbereiter des heutigen Personengesellschaftsrechts 172 c) Konkretisierung des Gierke’schen Gesamthandsmodells durch Werner Flume . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 177 d) Fortführung der Gruppenlehre durch Karsten Schmidt . . . . . . . . . . . . . . . . 182 e) Die Gesamthand als Rechtssubjekt im Außenverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . 186 f) Stellungnahme zur Gruppenlehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 aa) Verhältnis der Gesellschaft zum Gesellschafterstamm nach den Vertretern der Gruppenlehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 188 bb) Allgemeine Beurteilung der Gruppenlehre unter Berücksichtigung der Verselbstständigung der Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 191 (1) Konturlosigkeit des Gesamthandsprinzips nach der Gruppenlehre 192 (2) Fehlende Vereinbarkeit mit dem Wortlaut . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 (3) Abgrenzungsschwierigkeiten zu den Körperschaften . . . . . . . . . . . 195 (a) Funktionelle und konstitutive Stellung der Gesellschafter . . . . 195 (b) Fehlende Auswirkung des Gesellschafterwechsels auf die Außenwahrnehmung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 196
Inhaltsverzeichnis
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(c) Willensbildung in Personengesellschaft und Körperschaft . . . . 197 (d) Unterscheidung von Satzung und Gesellschaftsvertrag . . . . . . 198 cc) Zusammenfassung zur allgemeinen Kritik an der Gruppenlehre . . . . . 201 2. Die traditionellen „Vermögenslehren“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 a) Die „ungeteilte Gesamtberechtigung“ der Gesamthänder . . . . . . . . . . . . . . 204 aa) Philipp Carl Scherers Untersuchung der ehelichen Gütergemeinschaft 204 bb) Die Gesamthand nach Andreas v. Tuhr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 cc) Die Gesellschaften im engeren Sinne als Ausdruck des „personellen Elements“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 b) Die Gesamthand als gebundenes Sondervermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211 aa) Die Untersuchung der Gesamthand durch Schulze-Osterloh . . . . . . . . 211 bb) Gesamthand und juristische Person als juristische Lösungsmodelle . . 213 cc) Bestätigung der klassischen Gesamthandslehre durch Zöllner . . . . . . . 217 c) Stellungnahme zur traditionellen Gesamthandslehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 aa) Das Verhältnis der Gesellschafter zur Gesellschaft nach den vermögensorientierten Gesamthandslehren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 bb) Bewertung der traditionellen Vermögenslehren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 222 3. Die Personengesellschaften als juristische Personen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 a) Die Anerkennung der Rechtspersönlichkeit der Gesamthand als Wechselwirkung des modernisierten Umwandlungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 b) Die Gesamthandsgesellschaften nach Thomas Raiser . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 c) Die Außengesellschaft als juristische Person nach Bälz . . . . . . . . . . . . . . . 237 d) Analyse, Kritik, Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 aa) Personengesellschaften als abstrahierte Gesellschaften? . . . . . . . . . . . 240 bb) Kritik in Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 242 cc) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 4. Die Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 a) Die Rechtsprechung des Reichsgerichts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 b) Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 aa) Überblick über die Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofs . . . . . . . 249 bb) Entscheidung ARGE Weißes Ross (BGHZ 146, 341 = NJW 2001, 1056 – 1061) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 cc) Abkehr vom Dualismus von „rechtsfähigen Gesellschaften“ und „juristischen Personen“ im BGH – Beschluss vom 20. 05. 2016, Az. V ZB 142/15? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 253 dd) Fehlende Verselbstständigung aufgrund bloßer „Teilrechtsfähigkeit“ 254 c) Analyse und Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 5. Zusammenfassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 259
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Inhaltsverzeichnis
E. Personengesellschaften als abstrahierte Gesellschaftsformen . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 I. Gesamthandsprinzip als dogmatische Grundlage des modernen Personengesellschaftsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 1. Überblick über den Status quo des Personengesellschaftsrechts nach der herrschenden Gruppenlehre . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 265 2. Exkurs: Historische Exemplifizierung des Gesamthandsprinzips . . . . . . . . . . 266 a) Die familiäre Hausgenossenschaft und die ungeteilte Erbengemeinschaft 268 aa) Die Hausgenossenschaft unter der patria potestas . . . . . . . . . . . . . . . . 268 bb) Der Übergang zum consortium . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 b) Gemeinderschaft, Arbeitsgemeinschaft und Ganerbschaft im germanischen Rechtskreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 275 aa) Die Gemeinderschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276 bb) Die Arbeits- und Handwerksgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 cc) Die Ganerbschaften des Adels . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 c) Die Gemeinschaft der Gesamtbelehnten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 281 d) Gemeinsamkeiten und Vergleich zum heutigen Personengesellschaftsrecht 284 aa) Gemeinsamkeiten gesamthänderischer Vereinigungen . . . . . . . . . . . . . 284 bb) Vergleich mit der Personengesellschaftsdogmatik der heutigen Zeit
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3. Fehlende Vereinbarkeit von Wortlaut des Gesetzes und herrschender Auffassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 286 4. Systemwidrige Ungleichbehandlung der Gesamthandsgemeinschaften des BGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 a) Die Erbengemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 b) Die Gütergemeinschaft der Ehegatten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 294 c) Gesamthandsprinzip: einheitliches Prinzip oder dogmatischer Paradiesvogel? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 aa) Gesamthänderisches Durchwirken eines sozialen Kontextes . . . . . . . . 296 bb) Gesamthand als Einheitsgedanke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 (1) Die Personengesellschaften, insbesondere die Gesellschaft bürgerlichen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 298 (2) Die Gütergemeinschaft der Eheleute . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 (3) Die Erbengemeinschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 299 (4) Einheitsgedanke durch Sonderung des sozialen Kontextes . . . . . . 300 cc) Vielheit der Gesamthand als dogmatische Leerformel . . . . . . . . . . . . . 300 dd) Zusammenfassung: Personengesellschaftsdogmatik als systematischer Widerspruch . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 5. Prägende Merkmale von Personengesellschaften – kein alleiniger Ausdruck der Gesamthand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 a) Die Haftungsverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 305 b) Die Abhängigkeit der Gruppe von den Persönlichkeiten der Gesellschafter 307
Inhaltsverzeichnis
15
c) Selbstverwaltung und Prinzip der Selbstorganschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 aa) Das Selbstverwaltungs- bzw. Organmonopol der Gesellschafter . . . . . 309 bb) Das Prinzip der Selbstorganschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 311 6. Zusammenfassung: „Gesamthand“ keine taugliche oder notwendige Grundlage des heutigen Personengesellschaftsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 II. Versuch einer strukturellen Aufarbeitung des Personengesellschaftsrechts auf Grundlage der Anschauungen des modernen Rechtsverkehrs . . . . . . . . . . . . . . . 316 1. Terminologische Vorüberlegungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 2. Die einfache Gesellschaft bürgerlichen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 a) Zuschnitt und Abgrenzungsfragen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 319 b) Rechtliche Ausgestaltung im Einzelnen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 321 aa) Der Gesellschaftsvertrag als schuldrechtliches Rechtsverhältnis . . . . . 321 bb) Zum Wechsel der Gesellschafter, Einheit der Mitgliedschaft . . . . . . . . 321 cc) Vermögensträgerschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 dd) Einheitliche Bezeichnung der Gesellschafter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 ee) Prozessualer und vollstreckungsrechtlicher Überblick . . . . . . . . . . . . . 323 3. Die unternehmenstragenden Personengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324 a) Unverzichtbare Merkmale und Eigenschaften eines modernen Personengesellschaftsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 aa) Personengesellschaften als Teilnehmer des Rechtsverkehrs und Träger des Gesellschaftsvermögens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 bb) Gelockerte Personenbezogenheit, Mitgliederfluktuation und die Möglichkeit der „Vinkulierung“ von Gesellschaftsanteilen . . . . . . . . . . . . . 327 cc) Festhalten an den Haftungsverhältnissen und dem Selbstverwaltungsmonopol . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 b) Konstruktion unternehmenstragender Personengesellschaften: Überwindung der Sozietätsstruktur im Sinne vertikaler Segregation? . . . . . . . . . . . 329 aa) Gleichlauf von Gesellschaftsvertrag und Satzung . . . . . . . . . . . . . . . . . 330 (1) Der Gesellschaftsvertrag von Personengesellschaften nach herrschender Auffassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330 (2) Demgegenüber: Die Struktur der Satzungen auf Grundlage der herrschenden Auffassung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332 (3) Dogmatisches Leitbild als alleiniges Abgrenzungsmerkmal . . . . . 335 (4) Zusammenfassung: Strukturelle Identität von unternehmenstragenden Personen- und Kapitalgesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . 340 bb) Verselbstständigte Strukturen in Rechtsprechung und Gesetzgebung 340 (1) Übertragung der Mitgliedschaft auf Grundlage der herrschenden Lehre als Anerkennung verselbstständigter Personengesellschaftsstrukturen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 (2) Verallgemeinerungsfähigkeit der Auslegungsmethoden von Gesellschaftsverträgen atypischer Personengesellschaften . . . . . . . . . 343
16
Inhaltsverzeichnis (3) Anerkennung verselbstständigter Strukturen durch die Änderungen des Umwandlungsgesetzes von 1994 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 346 cc) „Teilrechtsfähigkeit“ contra Verselbstständigung . . . . . . . . . . . . . . . . . 346 dd) Unterschiedliche Struktur wegen Unterscheidung von juristischen Personen und rechtsfähigen Personengesellschaften im Gesetz und numerus clausus des Gesellschaftsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 ee) Personengesellschaften im europäischen Vergleich . . . . . . . . . . . . . . . 350 (1) Überblick über die wichtigsten Rechtsordnungen in Europa . . . . . 351 (a) Annäherung des italienischen Personengesellschaftsrechts an die deutsche Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 (b) Das Schweizer Personengesellschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . 352 (c) Personengesellschaften in Frankreich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 (d) Personengesellschaften des englischen Rechts . . . . . . . . . . . . . 355 (e) Das (neue) österreichische Personengesellschaftsrecht . . . . . . . 357 (2) Rechtsvergleichende Ableitungen für das deutsche Personengesellschaftsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 ff) Zwischenfazit: Anerkennung abstrahierter Strukturen sowie der rechtstheoretischen Zulässigkeit von Eigenanteilen als logischer Folgeschritt in der Entwicklung des Personengesellschaftsrechts . . . . . . . 361 (1) Zusammenfassung der bisherigen Erkenntnisse . . . . . . . . . . . . . . . 361 (2) Anerkennung verselbstständigter Strukturen als konsequente Fortentwicklung des Personengesellschaftsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . 362 (3) Rechtstheoretische Möglichkeit und Grenzen des Erwerbs eigener Anteile in unternehmenstragenden Personengesellschaften . . . . . . 363 gg) Vereinbarkeit mit unverzichtbaren Merkmalen und anwendbares Recht 365 (1) Vereinbarkeit mit unverzichtbaren Merkmalen des heutigen Personengesellschaftsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365 (a) Teilnehmer des Rechtsverkehrs und Träger des Gesellschaftsvermögens . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 366 (b) Stellung des einzelnen Mitglieds . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 366 (c) Beschränkung der Abtretbarkeit von Gesellschaftsanteilen . . . 366 (d) Haftungsverhältnisse und Selbstverwaltungsmonopol . . . . . . . 367 (2) Anwendbares Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368
F. Zusammenfassung und Auswertung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 370 Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 378 Sachwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 403
Abkürzungsverzeichnis ABl. AcP AEUV a.F. AktG Aufl. Barth/Dokalik/Potyka, ABGB Baumbach/Hueck, GmbHG
Amtsblatt Archiv für civilistische Praxis Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union alte Fassung Aktiengesetz Auflage Das Allgemeine bürgerliche Gesetzbuch (Kommentar)
GmbHG, Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (Kommentar) BB Betriebsberater BeckOK BGB Beck’scher Online-Kommentar BeckRS Beck’sche Rechtssache Beck’scherKK EUV/AEUV Beck’scher Kurzkommentar: EUV/AEUV, Vertrag über die Europäische Union und Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union Beck’scherKK GmbhG Beck’scher Kurzkommentar: Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG), Begr. Begründer Berner Kommentar Berner Kommentar zum schweizerischen Privatrecht BGB Bürgerliches Gesetzbuch BGB-RGRK Reichsgerichtsräte-Kommentar BGB: Das Bürgerliche Gesetzbuch, mit besonderer Berücksichtigung der Rechtsprechung des Reichsgerichts und des Bundesgerichtshofes BGH Bundesgerichtshof BGHZ Entscheidungssammlung des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen BVerfG Bundesverfassungsgericht bzgl. bezüglich bzw. beziehungsweise DB Der Betrieb ders. derselbe d. h. das heißt dies. dieselbe / dieselben DNotZ Zeitschrift des Deutschen Notarvereins EBJS Handelsgesetzbuch Kommentar Erman, BGB Erman Kommentar: Bürgerliches Gesetzbuch etc. et cetera EuGH Europäischer Gerichtshof EWiR Entscheidungen zum Wirtschaftsrecht EWIV Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung f./ff. folgende/fortfolgende
18 FamRZ FS GbR GenG GG ggf. GmbH GmbHG GmbHR GS Handbuch ArbeitsR Handbuch Privatrechtsgeschichte Hdb der Rechtswissenschaft Henssler/Strohn, GesR HGB Hk-ZPO Hk-ZV h.M. Hrsg. Hüffer, AktG InsO i.S.d. i.S.e. i.S.v. i.V.m. Jauernig, BGB JheringsJ JR jurisPK BGB JuS JZ K. Schmidt/Lutter (Hrsg.), AktG KG Kölner Komm AktG LG Lutter/Hommelhoff, GmbHG Michalski, GmbHG MüKo
Abkürzungsverzeichnis Zeitschrift für das gesamte Familienrecht Festschrift Gesellschaft bürgerlichen Rechts Genossenschaftsgesetz Grundgesetz gegebenenfalls Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau Gedenkschrift Münchener Handbuch zum Arbeitsrecht Handbuch der Quellen und Literatur der neueren europäischen Privatrechtsgeschichte Systematisches Handbuch der Deutschen Rechtswissenschaft, Handelsrecht Gesellschaftsrecht: GesR, BGB, HGB, PartGG, GmbHG, AktG, GenG, UmwG, InsO, AnfG, IntGesR (Kommentar) Handelsgesetzbuch Nomos Kommentar ZPO, Familienverfahren, Gerichtsverfassung, Europäisches Verfahrensrecht Nomos Kommentar: Gesamtes Recht der Zwangsvollstreckung (Handkommentar) herrschende Meinung Herausgeber Beck’scher Kurzkommentar Aktiengesetz Insolvenzordnung im Sinne des/im Sinne der im Sinne eines/im Sinne einer im Sinne von in Verbindung mit Jauernig Bürgerliches Gesetzbuch Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des bürgerlichen Rechts (Jherings Jahrbücher für die Dogmatik des heutigen römischen und deutschen Privatrechts) Juristische Rundschau juris PraxisKommentar BGB Juristische Schulung Juristenzeitung Aktiengesetz Kommentar Kommanditgesellschaft Kölner Kommentar zum Aktiengesetz Landgericht GmbH-Gesetz: Kommentar Kommentar zum Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbH-Gesetz) Münchener Kommentar
Abkürzungsverzeichnis MünchHdb. GesR Musielak/Voit, ZPO m.w.N. NJW NJW-RR Nomos BGB npoR Nr. NZG NZM Oetker, HGB oHG OLG Palandt RG RGZ Rn. Roth/Altmeppen, GmbHG Rpfleger S. Schlüter/Stolte, Stiftungsrecht
Semler/Stengel, UmwG Soergel
Spahlinger/Wegen Spindler/Stilz, AktG Staub, HGB Staudinger, BGB Studienkommentar GG SZ GA SZ RA Thomas/Putzo u. a. Ulmer, GmbHG U. Torggler, UGB u. U. u.v.m. v. a.
19
Münchener Handbuch des Gesellschaftsrechts Zivilprozessordnung, mit Gerichtsverfassungsgesetz: Kommentar mit weiteren Nachweisen Neue Juristische Wochenschrift Neue Juristische Wochenschrift Rechtsprechungs-Report Nomos Kommentar: Bürgerliches Gesetzbuch Zeitschrift für das Recht der Non Profit Organisationen Nummer Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht Neue Zeitschrift für Miet- und Wohnungsrecht Kommentar zum Handelsgesetzbuch Offene Handelsgesellschaft Oberlandesgericht Beck’scher Kurzkommentar: Palandt. Bürgerliches Gesetzbuch Reichsgericht Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen Randnummer Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung, Kommentar Der deutsche Rechtspfleger Seite Stiftungsrecht: Erscheinungsformen und Errichtung der Stiftung, Stiftungsaufsicht, Verwaltung des Stiftungsvermögens, Stiftungssteuerrecht, Rechnungslegung und Publizität, internationales Stiftungsrecht (Kommentar) Umwandlungsgesetz (Kommentar) Soergel – Kommentar zum Bürgerliches Gesetzbuch mit Einführungsgesetzen und Nebengesetzen sogenannt Internationales Gesellschaftsrecht in der Praxis Kommentar zum Aktiengesetz Handelsgesetzbuch, Großkommentar Staudinger Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch Grundgesetz, Studienkommentar Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte: Germanistische Abteilung Zeitschrift der Savigny-Stiftung für Rechtsgeschichte: Romanistische Abteilung Kommentar Zivilprozessordnung unter anderem Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung (GmbHG) – Großkommentar UGB - Unternehmensgesetzbuch, Kommentar unter Umständen und viele mehr vor allem
20 v. Campenhausen/Richter, Stiftungsrecht vgl. Vor/Vorbem Westermann/Wertenbruch WM WuM z. B. ZBlHR ZEuP ZEV ZGR ZGS ZHR Ziff. ZIP ZUM
Abkürzungsverzeichnis Handbuch Stiftungsrecht vergleiche Vorbemerkung Handbuch des Personengesellschaftsrechts Wertpapier-Mitteilungen Wohnungswirtschaft und Mietrecht zum Beispiel Zentralblatt für Handelsrecht Zeitschrift für Europäisches Privatrecht Zeitschrift für Erbrecht und Vermögensnachfolge Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Schuldrecht Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht Ziffer Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Urheber- und Medienrecht
A. Einleitung Kann positives Recht die Grenzen der Logik überwinden? Diese oder ähnliche Fragen werden sich schon Rehm1, Hachenburg2 und Schön3 in der ersten Hälfte des vorigen Jahrhunderts im Rahmen ihrer Untersuchungen zur rechtlichen Zulässigkeit des Erwerbs eigener Aktien gestellt haben. Ihre Antwort fiel deutlich aus: Eigenanteile widersprechen der „juristischen Logik“ und seien konstruierte Folge einer „Überhöhung“ bzw. „Überspannung“ des Prinzips der juristischen Person. Jene Ressentiments sind heute überwunden, die rechtstheoretische Zulässigkeit von Eigenanteilen im Recht der Kapitalgesellschaften anerkannt. Insbesondere die aktienrechtliche Praxis nutzt den Rückkauf eigener Aktien als gestalterisches Instrument der Unternehmensführung. Die Einsatzmöglichkeiten sind mannigfaltig, sei es als eine für beide Seiten mit Vorteilen verbundene Alternative zur Auszahlung gewöhnlicher Dividendenansprüche, um feindlichen Unternehmensübernahmen antizipierend entgegenzuwirken oder den Markt über etwaige Unterbewertungen zu informieren.4 Für die Zulassung von Eigenanteilen sprechen mithin vielfältige und gute Gründe. Gleichsam machen die vom Erwerb eigener Anteile ausgehenden Gefahren für Gesellschaftsgläubiger eine scharfe gesetzliche Reglementierung erforderlich. Diese ist Gegenstand der den Eigenerwerb ausdrücklich betreffenden Regelungen der §§ 71 ff. AktG sowie § 33 GmbHG, wobei der konkrete Umfang der Beschränkungen aufgrund des abweichenden Gefahrenpotenzials in den beiden Gesellschaftsformen erheblich voneinander abweicht. Während die rechtstheoretische Zulässigkeit des Rückerwerbs in Aktiengesellschaften und Gesellschaften mbH heute ohne weiteres anerkannt ist, sind dem Personengesellschaftsrecht vergleichbare Überlegungen bisher weitgehend fremd geblieben. Dies überrascht nur bedingt, denn BGB-Gesellschaften, offene Handelssowie Kommanditgesellschaften wurden seit jeher als stark personenbezogene Gesellschaftsformen schuldrechtlicher Prägung verstanden, die aufgrund ihrer von der Kapitalgesellschaftsdogmatik abweichenden Grundstruktur keinen Raum für entsprechende Ansätze lasse. In Anbetracht der weitreichenden Entwicklungen im Personengesellschaftsrecht, die unter anderem zu einer umfassenden Anerkennung der Rechtsfähigkeit selbst der Gesellschaft bürgerlichen Rechts geführt haben, scheint eine Kehrtwende allerdings nicht mehr undenkbar. In dieser Sache unternahm 1
Rehm, Die Bilanzen der Aktiengesellschaften, S. 468. Hachenburg, Zum Erwerbe eigener Geschäftsanteile durch die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, in: Festschrift für Georg Cohn, S. 79 (91). 3 Schön, Geschichte und Wesen der eigenen Aktie, S. 45. 4 Siehe hierzu umfassend Oechsler, in: MüKoAktG, 4. Aufl. 2016, § 71 Rn. 1 – 12. 2
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A. Einleitung
Hans-Joachim Priester5 2014 einen ersten Vorstoß, dessen Ausführungen unter Rekurs auf die abweichende Grundstruktur der Personengesellschaften schon bald vehement erwidert werden sollten6. Sofern man eine Aussage zur Zulässigkeit von Eigenanteilen im Personengesellschaftsrecht findet, gilt der Erwerb in der Literatur7 heute noch immer als juristisch unmöglich. Ob an dieser Auffassung festzuhalten ist, bildet den Gegenstand dieser Arbeit. In Zeiten einer immer weiter professionalisierten Unternehmenskultur, die Personengesellschaften hervorgebracht hat, die entgegen dem gesetzlichen Leitbild als Kapitalsammelbecken einer großen Zahl von Gesellschaftern dient, könnten Eigenanteile als unternehmerisches Gestaltungsmittel genutzt werden, um auf die Gegebenheiten des Marktes effektiver reagieren zu können. Dingliche Belastungen der Gesellschaftsanteile austrittswilliger Gesellschafter könnten nach deren Austritt erhalten bleiben, ohne die Rechtsstellung des Gläubigers ohne Not zu schmälern. Auch unter Gesichtspunkten der Praktikabilität erscheint eine weitergehende Annäherung an die Handhabung des Kapitalgesellschaftsrechts und die damit verbundene weitere Vereinheitlichung des Gesellschaftsrechts sinnvoll. Gesetzt den Fall, dass man aufgrund der weitgehenden Gestaltungsfreiheit im Personengesellschaftsrecht einen tatsächlichen Nutzen nicht anerkennen möchte, erscheint zumindest eine Rekapitulation seiner dogmatischen Grundlagen angebracht, denn diese erscheint angesichts tiefgreifender Wahrnehmungsveränderungen in der jüngeren Vergangenheit erheblich gewandelt. In diesem Fall erfüllt die Untersuchung der Zulässigkeit von Eigenanteilen eine leitbildprägende Funktion, denn der dahinterstehende Rechtsvorgang ist Ergebnis der bis zuletzt konsequent durchgehaltenen Vorstellung juristischer Abstraktion bei Personenvereinigungen, die nach herrschender, nicht aber unumstrittener Auffassung allein das Kapitalgesellschaftsrecht determiniert. Baut man auf dieser Erwartungshaltung auf, stellt sich weniger die Frage nach dem Sinn und Zweck von Eigenanteilen in Personengesellschaften als vielmehr nach der rechtstheoretisch maximalen Dehnbarkeit eines rechtlichen Konzepts für das Personengesellschaftsrecht. Grundlagenüberlegungen verlieren, insbesondere unter Berücksichtigung der mittel- bis langfristig zu erwartenden, fortschreitenden Vereinheitlichung des (europäischen) Gesellschaftsrechts, niemals ihre Bedeutung.
5
Priester, Eigene Anteile bei Personengesellschaften, ZIP 2014, S. 245. K. Schmidt, Personengesellschaften: neu gedacht? Grundsatzfragen aus aktuellem Anlass, ZIP 2014, S. 493. 7 Lieder, in: Oetker, HGB, 5. Aufl. 2017, § 105 Rn. 40; Wertenbruch, in: EBJS, 3. Aufl. 2014, § 105 Rn. 16; Schäfer, in: Staub, HGB, 5. Aufl. 2009, § 105 Rn. 97; K. Schmidt, Personengesellschaften: neu gedacht? Grundsatzfragen aus aktuellem Anlass, ZIP 2014, S. 493. 6
I. Der Gang der Untersuchung
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I. Der Gang der Untersuchung Mit der Adelung zur rechtsfähigen Gesellschaft in der Entscheidung „ARGE Weißes Ross“8 vollzog der BGH eine Kehrtwende, die den über 100 Jahre währenden Streit um die rechtliche Dogmatik der (Außen-)9Gesellschaft bürgerlichen Rechts (erneut10) zum Erliegen brachte und das Personengesellschaftsrecht weiter harmonisierte. Die Grundform der Gesellschaften im engeren Sinne11 konnte hiernach, wie ihre handelsrechtlichen Pendants12, auch nach Auffassung des BGH Träger von Rechten und Pflichten und „in diesem Rahmen“ Partei im Prozess sein.13 Insbesondere in Fragen rund um die Haftung sprach der BGH fortan vom einheitlichen „Wesen“14 und den strukturellen Gemeinsamkeiten, die sich wie ein Band durch das Recht der Personengesellschaften ziehen. Diese höchstrichterliche Rechtsfortbildung förderte in nicht unerheblichem Maße die Handhabbarkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts sowie der Personengesellschaften im Gesamten in Praxis und Lehre. Die richterliche Anerkennung dieser sogenannten Gruppenlehre15, nach K. Schmidt „ein Meilenstein in der Fortentwicklung des Rechts der Personengesellschaften“16, stellt freilich nur einen Teilschritt in der Evolution des Personengesellschaftsrechts dar. Das einstige Bild der Personengesellschaften hat sich vielmehr durch eine Vielzahl an Gestaltungsformen stark verändert. Die in ihr in besonderem Maße zur Geltung kommende Privatautonomie ermöglicht es den Ge8
BGHZ 146, 341 = NJW 2001, 1056. Sofern im Rahmen dieser Arbeit lediglich von der „Gesellschaft“ oder der „Personengesellschaft“ die Rede ist, ist stets die am Rechtsverkehr teilnehmende, vermögenstragende „Außengesellschaft“ Gegenstand der jeweiligen Ausführungen. 10 K. Schmidt, Die BGB-Außengesellschaft: rechts- und parteifähig – Besprechung des Grundlagenurteils II ZR 331/00 vom 29. 1. 2001, NJW 2001, S. 993 (994); Weiss, Rechtsfähigkeit, Parteifähigkeit und Haftungsordnung der BGB-Gesellschaft nach dem Grundlagenurteil des Bundesgerichtshofs vom 29. 01. 2001, S. 44. 11 Ulmer/Schäfer, in: GbR/PartG: Systematischer Kommentar, 7. Aufl. 2017, Vor § 705 Rn. 2. 12 Vgl. hierzu die schon seit den Siebzigerjahren herrschende Meinung in der Literatur: Flume, Gesellschaft und Gesamthand, ZHR 136/1972, S. 177 (193); Flume, Schuld und Haftung bei der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts, in: Festschrift für Harry Westermann, S. 119; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 8 III. 13 BGHZ 146, 341 = NJW 2001, 1056. 14 BGHZ 154, 370, 373 = NJW 2003, 1803, 1804; BGHZ 188, 233 = NJW 2011, 2040, Tz. 34; BGH NZG 2011, 1023= ZIP 2011, 1657, Tz. 53; BGH NZG 2011, 1352 = ZIP 2011, 2491, Tz. 31. 15 Zum Begriff der Gruppenlehre: Weiss, Rechtsfähigkeit, Parteifähigkeit und Haftungsordnung der BGB-Gesellschaft nach dem Grundlagenurteil des Bundesgerichtshofs vom 29. 01. 2001, S. 36 f.; 47; G. Hueck, Drei Fragen zur Gesamthandsgesellschaft, in: Festschrift für Wolfgang Zöllner, S. 275 (276). 16 K. Schmidt, Die BGB-Außengesellschaft: rechts- und parteifähig – Besprechung des Grundlagenurteils II ZR 331/00 vom 29. 01. 2001, NJW 2001, S. 993 (1003); Beuthien, Was hat die „rechtsfähige Personengesellschaft“ Neues gebracht?, NZG 2011, S. 481 (481). 9
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A. Einleitung
sellschaftern, eine vom gesetzlichen Leitbild des überschaubaren, personalistisch geprägten Gesellschafterkreises abweichende und den Kapitalgesellschaften angenäherte Struktur aufzubauen.17 Beispielhaft seien die Publikumspersonengesellschaften als Inbegriff atypischer, vom gesetzlichen Regelfall abweichender Gesellschaften zu nennen. Bei ihnen hat sich die übergeordnete Personenvereinigung, der gemeinsam verfolgte Zweck im Sinne des § 705 BGB, faktisch weitgehend von ihren Mitgliedern abstrahiert.18 Die Gesellschaft soll, ähnlich einer Kapitalgesellschaft, unabhängig von der konkreten Zusammenstellung des Mitgliederbestandes existieren können. Die Stellung der Gesellschafter wie auch die Bedürfnisse der Gesellschaft haben sich infolgedessen deutlich verändert. Die Gesellschafterfluktuation rückt verstärkt in den Fokus. Anstelle individueller, auf den gemeinsamen Zweck gerichteter Beitragsleistungen erlangt die Akkumulation von Kapital, vergleichbar den Verhältnissen in Kapitalgesellschaften, nicht selten eine zentrale Bedeutung.19 Mit dieser Veränderung der Handhabung der Personengesellschaften und den Veränderungen der Bedürfnisse der Gesellschafter geht die Frage einher, ob das Recht der Personengesellschaften überhaupt noch in dem Sinne verstanden werden kann, wie es der historische Gesetzgeber mit der Schaffung des BGB und dem HGB respektive dessen geistigem Vorgänger, dem AHGB, vor mehr als 110 Jahren im Sinn hatte. Es wird zu untersuchen sein, ob die innere Struktur heutiger (Außen-)Personengesellschaften durch das Gesetz überhaupt noch sachgemäß abgebildet wird und wie diese letztlich zu konstruieren ist. Die Beantwortung der Frage, ob auch Personengesellschaften Anteile an sich selbst erwerben können, steht in einem unüberwindbaren Zusammenhang zu eben jenen Strukturverhältnissen, denn, wie sich im Rahmen der Aufarbeitung der Hintergründe zum Erwerb eigener Aktien bzw. Geschäftsanteile im AktG und GmbHG zeigen wird, ist jener Rechtsvorgang rechtslogische Folge verselbstständigter Gesellschaftsstrukturen. Ein zentraler Teil dieser Arbeit wird sich daher mit der Struktur der Personengesellschaften, ihrem rechtlichen Fundament – in concreto: dem Gesamthandsprinzip als strukturprägendes Rechtsprinzip – auseinandersetzen müssen. Hierbei wird sich offenbaren, dass bisherige Argumentationsmuster aufgrund gewandelter, tatsächlicher Gegebenheiten nicht mehr aufrechterhalten werden können. Vorab wird zunächst, was in Anbetracht des Themenzuschnitts dieser Arbeit unumgänglich erscheint, der Begriff des „Anteils“ in den Fokus rücken. Sofern im Folgenden von einem „Anteil“ an einer Gesellschaft die Rede ist, wird dieser im Sinne eines Oberbegriffes für die vergegenständlichten Gesellschaftsbeteiligungen an Aktiengesellschaften, Gesellschaften mbH sowie Personengesellschaften verstanden: Aktien, Geschäftsanteile und Gesellschaftsanteile (an Personengesell17 Schäfer, in: Staub, HGB, 5. Aufl. 2009, Vor § 105 Rn. 19; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 58 II 3. 18 Habermeier, in: Staudinger, BGB, 13. Aufl. 2003, Vorbem. zu §§ 705 – 740, Rn. 69. 19 Grunewald, in: MüKoHGB, 3. Aufl. 2012, § 161 Rn. 111.
II. Überblick über die wichtigsten theoretischen Ansätze
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schaften) können, zumindest auf Grundlage der in dieser Arbeit erarbeiteten und vertretenen strukturellen These, allesamt auf einen einheitlichen Beteiligungsbegriff zurückgeführt werden. Betrachtet man (unternehmenstragende) Gesellschaften als in ihrem Anwendungsbereich autarke und selbstständige Wirkungseinheiten, dienen Anteile der Überwindung rechtlicher Abstraktion. Sie machen die Gesellschaften, deren Existenz grundsätzlich unabhängig von der aktiven Teilhabe auch nur eines Gesellschafters ist, für die Anteilsinhaber überhaupt erst nutzbar, handhabbar. In diesem Zusammenhang erlangt die Mitgliedschaft in einer Gemeinschaft eine zentrale Bedeutung, denn sie steht mit den Anteilen an einer Gesellschaft in einer engen, wechselseitigen Beziehung. Letztere veranlasst die weit überwiegende Ansicht schließlich, jene beiden Aspekte einer Gesellschaftsbeteiligung in synonymer Weise zu verwenden. Diese Vorgehensweise wird im Rahmen der vorliegenden Arbeit eine kritische Würdigung erfahren. Während der Vorgang des Erwerbs eigener Anteile dem Personengesellschaftsrecht fremd erscheint, trifft das Recht der Aktiengesellschaften sowie Gesellschaften mbH zum Erwerb eigener Aktien bzw. Geschäftsanteile in den §§ 71 ff. AktG bzw. dem § 33 GmbHG explizite Aussagen. Sie sind Ausdruck einer wechselvollen Geschichte der Eigenanteile: Zunächst ohne Beschränkungen zulässig, wurde der Erwerb eigener Aktien nach weitgehenden Missbräuchen durch die Praxis und den daraus folgenden, schweren Schäden für die Gesamtwirtschaft zunächst vollumfänglich verboten. Das Bedürfnis nach einer freieren Gestaltung der Kapitalaufbringung veranlasste schließlich den Gesetzgeber, Eigenanteile erneut, jedoch stark reglementiert, zuzulassen. Die hieraus hervorgegangenen Regelungen des AktG sowie GmbHG stellen insofern gehaltvolle Blaupausen dar, die für die weiteren Untersuchungen dieser Arbeit herangezogen werden. Ihre Aufarbeitung lässt Rückschlüsse auf den Zweck, die Voraussetzungen und Rechtsfolgen sowie die dahinterstehende rechtliche Architektur von Eigenanteilen zu. Es wird zu untersuchen sein, ob die aus ihrer Analyse gewonnenen Erkenntnisse auf das Personengesellschaftsrecht übertragen werden können bzw. dort womöglich bereits de lege lata vorliegen. In diesem Kontext erlangt die rechtliche Grundstruktur der Personengesellschaften eine zentrale Bedeutung.
II. Überblick über die wichtigsten theoretischen Ansätze Vorab werden im Folgenden die beiden wichtigsten Theorien zur Dogmatik des Personengesellschaftsrechts, allen voran traditionelle „Vermögenslehre“ sowie modernere „Gruppenlehre“, im Überblick skizziert. Diese Lehren greifen das den Personengesellschaften nach Intention des historischen Gesetzgebers zugrunde liegende Gesamthandsprinzip auf, um hierauf aufbauend die Kernstruktur von BGBGesellschaft und ihren handelsrechtlichen Erscheinungsformen zu konstruieren. Diese vorweggenommene Darstellung ist ein unabdingbares „Übel“, denn nur unter Kenntnis dieser Ansätze ist eine inhaltlich gehaltvolle Auseinandersetzung mit den
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A. Einleitung
in dieser Arbeit relevanten Fragestellungen sinnvoll möglich. Die zur Anwendung kommende Theorie ist für das Verständnis sowie die rechtliche Handhabe aller Bereiche des Personengesellschaftsrechts von grundlegender Bedeutung. Hierbei wird man nicht umhin kommen, bereits einen kurzen Ausblick auf die in dieser Arbeit herausgearbeitete Struktur für Personengesellschaften zu geben. Allein unter Kenntnis der verschiedenen dogmatischen Ansätze ist es in einem Folgeschritt möglich, die Grundbegriffe des „Gesellschaftsanteils“ bzw. „Anteils“ erfolgreich nachzuzeichnen. Ausführlich wird auf den Theorienstreit indessen noch im weiteren Verlauf der Arbeit im Rahmen der Untersuchung der Verhältnisse von einer Personengesellschaft zu ihrem Mitgliederkreis, d. h. dem Grad der Abstraktion zurückzukommen sein. Insofern kann es an dieser Stelle bei einem groben Überblick bleiben. 1. Die traditionelle Vermögenslehre Nach Auffassung der Anhänger20 der traditionellen Gesamthands- bzw. Vermögenslehre entsteht mit Begründung einer Personengesellschaft durch (zwingend) mehrere Personen keine den Gesellschaftern übergeordnete, rechtsfähige Einheit. Als grundsätzlich schuldrechtliche Verbindung unter den Gesellschaftern wird die Personengesellschaft durch den spezifischen Kreis der Gesellschafter konstituiert. Jedwede Änderung des personellen Substrats hat eine Änderung der inneren Gesellschaftsstruktur zur Folge, was indessen nicht zwingend im Außenverhältnis zu erkennen ist, denn trotz Fehlens jeglicher verselbstständigender Wirkung könne die Gesellschaft als wahrnehmbarer, einheitlicher Verband auftreten, der die Gesellschafter in ihrer Gesamtheit im Rechtsverkehr vereinheitlichend repräsentiere. Das in den §§ 705 ff. BGB angeordnete Gesamthandsprinzip reduziert sich dementsprechend auf ein vermögensordnendes Prinzip: Durch Beschränkung der Verfügungsbefugnis (vgl. §§ 718, 719 BGB) entsteht ein dem gemeinsamen Zweck gewidmetes Sondervermögen, als dessen Träger allein die Gesellschafter anzusehen sind. 2. Die Gruppenlehre Gegenüber der traditionellen Gesamthandslehre betrachten die Anhänger21 der Gruppenlehre Personengesellschaften als rechtsfähige Vereinigungen, die zwischen natürlichen Personen und juristischen Personen eine Mittelstellung einnehmen. Grundsätzlich werden hiernach BGB-Gesellschaft, offene Handels- sowie Kommanditgesellschaft ebenfalls als Gesellschaftsformen mit Sozietätsstruktur betrachtet, doch bewirkt das Gesamthandsprinzip bzw. der (auch) organisations20 Für die „traditionelle Vermögenslehre“ siehe ausführlich und mit zahlreichen Verweisen unten S. 202 ff. 21 Für die „Gruppenlehre“ siehe ausführlich und mit zahlreichen Verweisen unten S. 168 ff.
II. Überblick über die wichtigsten theoretischen Ansätze
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rechtliche Charakter des Gesellschaftsvertrages eine teilweise Verselbstständigung der Gesellschaft vom Gesellschafterkreis. Diese erreicht indessen nicht den Grad der Abstraktion von juristischen Personen, denn zwischen übergeordneter Einheit und dem personellen Substrat besteht noch immer ein hoher Grad wechselseitiger Verbundenheit. Hiernach sind die Gesellschafter in ihrer Verbundenheit ebenfalls als konstitutives Element jener rechtsfähigen Einheit anzusehen. Die Existenz einer Personengesellschaft ohne Gesellschafter ist auf Grundlage der Gruppenlehre konstruktivdogmatisch nicht möglich. In vermögensrechtlicher Hinsicht ist allein die Gesellschaft selbst Trägerin des gesamten Gesellschaftsvermögens. Die Gesellschafter selbst partizipieren hieran lediglich mittelbar. Unterschiede zu den vermögensrechtlichen Verhältnissen in einer Körperschaft sind unter praktischen Gesichtspunkten nicht mehr erkennbar. 3. Personengesellschaften als verselbstständigte Gemeinschaften In Abkehr von traditioneller Gesamthandslehre und Gruppenlehre möchte ein Teil der Literatur alle rechtsfähigen Personengesellschaften als Gesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit anerkennen.22 Innerhalb dieses Ansatzes wird wiederum unterschieden: Während ein Teil auch Personengesellschaften als vollständig abstrahierte Gemeinschaften anerkennen möchte, deren Existenz unabhängig von den Gesellschaftern zu bewerten ist, betrachtet der wohl überwiegende Teil sie ungeachtet dieser Einordnung als bloße Unterkategorie der Gruppe der juristischen Personen, die im Gegensatz zu Aktiengesellschaften und Gesellschaften mbH aus dem fortlaufenden Verbund der Gesellschafter konstituiert wird. Mit letzterer Ansicht ergeben sich grundsätzlich keine Unterschiede zur Gruppenlehre. Nach hier vertretenem und noch ausführlich dazustellendem Ansatz23 muss indessen zwischen „einfachen“ und „unternehmenstragenden“ Personengesellschaften unterschieden werden. Während die erstgenannte Kategorie nach den Kriterien der klassischen Gesamthandslehre zu bewerten ist, müssen „unternehmenstragende“ Personengesellschaften heute als vollständig abstrahierte Gesellschaftsformen betrachtet werden. Das Gesamthandsprinzip ist innerhalb dieser Gemeinschaftsformen als überwunden anzusehen. Strukturell unterscheiden sich diese nicht von den „klassischen“ Körperschaften des deutschen Rechts, d. h. der Bestand der Gesellschaft „als solcher“ ist unabhängig von ihrem personellen Substrat. Der Gesellschaftsvertrag wirkt in ihnen als verstetigte, von den Gesellschaftern losgelöste Rechtsgrundlage. Das Gesellschaftsvermögen ist allein der verselbstständigten Gesellschaft selbst zugeordnet.
22 Zur Einordnung der Personengesellschaften als Gesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit siehe ausführlich und mit weiteren Hinweisen unten S. 227 ff. 23 Zum hier vertretenen Ansatz siehe ausführlich unten S. 262 ff.
B. Der „Anteil an Personengesellschaften“ Eine Auseinandersetzung mit der Frage nach der rechtlichen Zulässigkeit von Eigenanteilen in Personengesellschaften macht eine Aufarbeitung und Beschreibung des potenziell zu erwerbenden Rechtsgegenstandes – dem „Anteil“ – erforderlich. Nach allgemeinem Sprachgebrauch umschreibt der „Teil an etwas“ bzw. „Teil in etwas“ eine gewisse Zugehörigkeit bzw. Beteiligung, einen kleinen Ausschnitt aus einem großen Ganzen, eine auf Teilnahme gerichtete Relationsbeziehung zwischen zwei juristischen Bezugspunkten. Der Gesetzgeber nutzt den Begriff des „Anteils“ in den §§ 705 ff. BGB sowie den handelsrechtlichen Vorschriften zu offener Handelsgesellschaft und Kommanditgesellschaft in geradezu inflationärer Vielfalt, ohne ihn an den jeweiligen Stellen legal zu definieren. Das Gesellschaftsvermögen, die einzelnen dazu gehörenden Gegenstände, der Gewinn und Verlust sowie das Kapital der Gesellschaft – es scheint, als sei kein Bereich des Personengesellschaftsrechts davor gefeit, Bezugspunkt eines Anteils zu sein. Den Gegensatz zum Personengesellschaftsrecht mitsamt seiner Begriffsverwirrungen scheint das Recht der Gesellschaft mbH zu bilden. Hier wird in den §§ 5 und 15 GmbHG, anders als in den §§ 705 ff. BGB (i.V.m. §§ 105 ff., 161 ff BGB), schwerpunktmäßig und ausdrücklich von den „Geschäftsanteilen“ der Gesellschafter gesprochen, welche von den Gesellschaftern bei Errichtung der Gesellschaft zu übernehmen sind (§ 5 Abs. 2 S. 2 GmbHG) und die, wie sich aus § 16 Abs. 1 S. 1 GmbHG ergibt, scheinbar vergegenständlichte Grundlage der einzelnen Gesellschaftsbeteiligungen sind. Der Geschäftsanteil nimmt in diesem Kontext auf einen umfassenderen Anknüpfungspunkt, nämlich die Gesellschaft als abgrenzbares Ganzes und in sich geschlossene rechtliche Einheit, Bezug, an der die Gesellschafter durch Erwerb eines Anteils partizipieren. Eine Unterscheidung zwischen einem Anteil am Vermögen oder einzelnen Gegenständen sucht man hingegen vergebens. Gleiches gilt, wenn auch terminologisch abweichend verpackt, für das Aktienrecht. Hier wird die einzelne Gesellschafterbeteiligung durch Aktien in gewisser Weise vergegenständlicht und, so zumindest in der Theorie, auch verkörpert. (vgl. §§ 1 Abs. 2; 2; 8 ff. AktG). Für sie gilt im Grundsatz, unter Berücksichtigung des dem Gesetz zugrundeliegenden, wenn auch teilweise disponiblen Leitbilds, das zu den Geschäftsanteilen Gesagte gleichermaßen. Das Fehlen eines entsprechenden, im umfassenden Sinne verstandenen Anteilsbegriffs im Personengesellschaftsrecht überrascht unter Berücksichtigung dessen Bedeutung und Ausgestaltung im Rechtsverkehr. Personengesellschaften treten heute im gleichen Maße als eigenständig wahrnehmbare Teilnehmer des Rechtsverkehrs auf, der Streit um ihre rechtlichen Strukturen reduziert sich in diesem rein
B. Der „Anteil an Personengesellschaften“
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tatsächlichen Rahmen auf ein lediglich unbeachtliches Hintergrundrauschen. Zwar gelten Aktiengesellschaft und Gesellschaft mbH, anders als BGB-Gesellschaft und deren handelsrechtliche Erscheinungsformen, als anonymisierte(re) Gesellschaftsformen, deren Funktion als den Gesellschaftern übergeordnetes und von diesen verselbstständigtes „Kapitalsammelbecken mit Haftungsbeschränkung“ die ausdrücklichen Regelungen derart weit verstandener, leicht handhabbarer Geschäftsanteile bzw. Aktien ohne weiteres erklärt. In der Praxis gleichen sich indessen Personengesellschaften und insbesondere Gesellschaften mbH durch entsprechende Satzungsregelungen konträr dem ihnen im Gesetz beigelegten Vorstellungsbild wechselseitig an: In Gesellschaften mbH bleibt der Gesellschafterkreis oft überschaubar, die Stellung der Gesellschafter rückt in den Fokus der rechtlichen Auseinandersetzung und die inneren Verhältnisse und Abläufe werden in Abkehr von dem im Gesetz verankerten Leitbild am Recht der Personenhandelsgesellschaften orientiert. Die weitgehenden Gestaltungfreiheiten, die Möglichkeit der Haftungsbeschränkung auf das Gesellschaftsvermögen (vgl. § 13 Abs. 2 GmbHG) sowie die Zulässigkeit von Einmanngründungen (vgl. § 1 GmbHG) haben die Gesellschaft mbH in Abkehr ihres ursprünglichen Zuschnitts zu einer faktisch-personalistischen Gesellschaftsform für jedermann gewandelt. Auf der „anderen Seite“ stellen die am Leitgedanken vorbei konstruierten, atypischen Publikumspersonengesellschaften mit großem, fluktuierendem Gesellschafterkreis die bisherigen Unterscheidungen von Personen- und Kapitalgesellschaften in Frage. Sie haben sich zu faktisch-kapitalistischen Organisationsformen entwickelt, welche die Aufbereitung eines Rechts der vergegenständlichten Gesellschaftsbeteiligung entsprechend den Regelungen und Vorstellungen zu Geschäftsanteilen und Aktien nicht nur sinnvoll, sondern gar notwendig erscheinen lässt. Der im Personengesellschaftsrecht als entsprechendes Analogon weit verbreitete Begriff des „Gesellschaftsanteils“ bzw. „Anteils an der Personengesellschaft“ scheint diese Funktion zu erfüllen. Indessen bleibt fraglich, wie dieser „Gesellschaftsanteil“ im Vergleich zu Geschäftsanteil und Aktie rechtlich zu erfassen ist. Im Folgenden soll dieser Begriff im Lichte der herrschenden Lehre und Rechtsprechung untersucht und inhaltlich definiert werden. Die Unzulänglichkeiten der herrschenden Lehre machen, nach hier vertretener Ansicht, im Ergebnis eine Neujustierung des gesellschaftsrechtlichen Anteilsbegriffs erforderlich. Die im Personengesellschaftsrecht ausdrücklich genannten Anteilsbegriffe (Kapitalanteil (vgl. §§ 120 ff. HGB); Anteil an Gewinn und Verlust (vgl. §§ 717 S. 2; 722; 725 Abs. 2 BGB); Anteil an den einzelnen Gegenständen des Gesellschaftsvermögens (vgl. § 719 Abs. 1 Alt. 2 BGB; § 859 Abs. 1 S. 2 ZPO)) können hingegen weitgehend außer Betracht bleiben. Sie bezeichnen auf einer gesellschaftsrechtlichen Mikroebene lediglich Teilausschnitte eines umfassenderen Anteils- bzw. Mitgliedschaftsbegriffs, die mit Eintritt in die Gesellschaft als unselbstständige Rechtsfolgen mit übergehen.
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B. Der „Anteil an Personengesellschaften“
I. Der „Anteil am Gesellschaftsvermögen“ als gesetzliche Anerkennung eines auf die Gesellschaft bezogenen Beteiligungsbegriffs Das Personengesellschaftsrecht spricht in verschiedenen Kontexten ausdrücklich von einem „Anteil“. Neben den hier nicht interessierenden, da ausschließlich als unselbstständige Teilaspekte eines übergeordneten Beteiligungsbegriffs zu verstehenden „Anteilen an Gewinn und Verlust“ (vgl. §§ 717 Abs. 2; 722; 725 Abs. 2 BGB), den „Kapitalanteilen“ (vgl. nur §§ 120 ff.; 167 ff. HGB) sowie den „Anteilen an nur einzelnen Vermögensgegenständen“ (vgl. §§ 719 Abs. 1; § 859 Abs. 1 S. 2 ZPO), greift das Gesetz in den §§ 719 Abs. 1 Alt. 1; 725 Abs. 1; 738 Abs. 1 S. 1 BGB sowie § 859 Abs. 1 ZPO den Begriff des „Anteils am Gesellschaftsvermögen“ auf. In Abhängigkeit von der präferierten Rechtsdogmatik zum Personengesellschaftsrecht wird diesem „Anteil am Gesellschaftsvermögen“ von einigen Stimmen der Grundlagenliteratur, entgegen dem vermeintlich klaren, auf dingliche Zuordnung gerichteten Sprachgebrauch des Gesetzes, unter anderem1 ein weitgehenderer, zum Teil synonym zur Mitgliedschaft verwendeter Inhalt beigemessen. Begreift man die Personengesellschaften, insbesondere die BGB-Gesellschaft, entgegen der heute vorherrschenden Gruppenlehre prinzipiell als ein reines, dem gemeinsamen Zweck gewidmetes Sondervermögen, mag eine Gleichstellung des Anteils am Gesellschaftsvermögen mit einer darüber hinausgehenden, übergeordneten Beteiligungsbeschreibung nicht allzu fern liegen, denn in diesem Fall reduziert sich die Teilnahme 1 Dem „Anteil am Gesellschaftsvermögen“ werden verschiedenste Bedeutungen beigemessen, die an dieser Stelle indessen außer Betracht bleiben können, da sie den „Anteil am Gesellschaftsvermögen“ entweder als bloße dingliche Zuordnungsregelung oder als reinen Teilaspekt der Mitgliedschaft, d. h. eine mit der Beteiligung in der Gemeinschaft verbundene, unselbstständige Rechtsfolge verstehen. Zum Überblick: Der „Anteil am Gesellschaftsvermögen“ als dingliche Zuordnungsregelung: Joerges, Zur Lehre vom Miteigenthum und der gesammten Hand nach deutschem Reichsrecht, ZHR 49 (1900), S. 140 (183 ff.); Dernburg, Die Schuldverhältnisse nach dem Rechte des Deutschen Reichs und Preußens, S. 623 f.; SchulzeOsterloh, Das Prinzip der gesamthänderischen Bindung, S. 84; Harry Westermann, Personengesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 202; der „Anteil am Gesellschaftsvermögen“ als unselbstständige Reflexion des Gesamtrechts der Gruppe: v. Gierke, Deutsches Privatrecht, S. 669, 677 f.; v. Gierke, Deutsches Privatrecht, S. 389 ff.; der „Anteil am Gesellschaftsvermögen“ als Wertbegriff: Huber, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Personalgesellschaften des Handelsrechts, S. 145 ff.; der „Anteil am Gesellschaftsvermögen“ als vermögensrechtliche Dimension der Mitgliedschaft: 3. Aufl. 1932, S. 37; Tuhr, Der Allgemeine Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts, S. 359; Hadding/Kießling, in: Soergel, 13. Aufl. 2012, § 719 Rn. 2; zumindest bezüglich der Auslegung des § 719 Abs. 1 BGB Hanke, in: Nk-BGB, 3. Aufl. 2016, § 719 Rn. 3; Schäfer, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2017, § 719 Rn. 4; Sprau, in: Palandt, 77. Aufl. 2018, § 719 Rn. 2; Schöne, in: BeckOK BGB, 45. Aufl. 2017, § 719 Rn. 2; Kilian, in: Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, § 719 BGB Rn. 1, 5; der Anteil am Gesellschaftsvermögen als Begriff ohne materiellrechtlichen Inhalt: Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 70 ff., 119 f., 145; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 204, 1321 f., 1754; ebenso Hennecke, Das Sondervermögen der Gesamthand, S. 62 f.; grundsätzlich zustimmend, aber das (disponible) Verbot über die Mitgliedschaft zu verfügen als Restinhalt des § 719 Abs. 1 Alt. 1 BGB anerkennend: Habermeier, in: Staudinger, BGB, 13. Aufl. 2003, § 719 Rn. 2.
I. Der „Anteil am Gesellschaftsvermögen“ als gesetzliche Anerkennung
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an der Gesellschaft weitgehend auf die damit verbundene Zugriffsmöglichkeit hinsichtlich des gebundenen Vermögens. Auch unter Berücksichtigung der §§ 725 Abs. 1 BGB, § 859 Abs. 1 S. 1 ZPO, die auf eine wirtschaftlich umfassende Verwertung der Gesellschaftsbeteiligung durch Gesellschaftergläubiger abzielen und den „Anteil am Gesellschaftsvermögen“ explizit in den Fokus der Pfändung rücken, könnte man diesem eine weitgehendere, über die sachenrechtliche Sphäre hinausgehende Bedeutung beimessen. Im Folgenden wird daher zunächst zu untersuchen sein, was unter dem „Anteil am Gesellschaftsvermögen“ zu verstehen ist und ob dieser als gesetzlich anerkanntes Analogon zu Geschäftsanteil und Aktie betrachtet werden muss. 1. Übersicht über die gesetzlichen Regelungen zum „Anteil am Gesellschaftsvermögen“ Der Begriff des „Anteils am Gesellschaftsvermögen“ wird im BGB in verschiedenen Kontexten zur Strukturierung des Personengesellschaftsrechts herangezogen. In § 719 Abs. 1 Hs. 1 BGB spricht das Gesetz einem Gesellschafter die Befugnis ab, über seinen „Anteil am Gesellschaftsvermögen“ zu verfügen. Um das Verständnis dieser Norm herrschte lange Zeit ein lebendiger Streit, denn sie nimmt eine Schlüsselposition innerhalb der dogmatischen Aufarbeitung der Gesamthandslehre ein. Nach § 725 Abs. 1 BGB können Gläubiger eines Gesellschafters darüber hinaus nur durch Pfändung des „Anteils am Gesellschaftsvermögen“ die Gesellschaft kündigen und damit (partiell) in die Auseinandersetzung zwingen, um „die sich aus dem [konkreten] Gesellschaftsverhältnis ergebenden Rechte des Gesellschafters“2 zu verwerten. § 738 Abs. 1 S. 1 BGB regelt hingegen mit dem Anwachsungsprinzip (nach traditioneller Deutung) ein den Gesamthandsgemeinschaften vorbehaltenes Charakteristikum. Hiernach wächst nach Ausscheiden eines Gesellschafters dessen „Anteil am Gesellschaftsvermögen den übrigen Gesellschaftern zu“, der sich im Übrigen mit Auszahlung seines Auseinandersetzungsguthabens zufrieden geben muss, vgl. § 738 Abs. 1 S. 2 BGB. In erweiternder Anwendung wird unter dem Wortlaut des § 738 BGB zudem das gegenläufige Prinzip der Abwachsung subsumiert, dessen positive Normierung der Gesetzgeber mangels Annahme der Erweiterbarkeit des Gesellschafterkreises für nicht erforderlich halten musste.3 Die gravierenden Unterschiede zwischen „traditioneller“ Gesamthandslehre4, der neueren „Gruppenlehre“5 und noch weitergehenden Theorien6 zur Dog2
§ 725 Abs. 2 BGB. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 45 II 5; Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht, 6. Aufl., S. 65. 4 Huber, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Personalgesellschaften des Handelsrechts, S. 89 ff.; Harm Peter Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit im Recht der Personengesellschaften, S. 138 f.; Rittner, Die werdende juristische Person, 251, 257; L. Fischer, Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts; R. Fischer, Neue Wege im Recht der Personengesellschaften? Eine Besprechung des Buches „Die Personengesellschaft“ von 3
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B. Der „Anteil an Personengesellschaften“
Werner Flume, ZGR 1979, S. 251; Weber-Grellet, Die Gesamthand – ein Mysterienspiel?, AcP 1982, S. 316; Zöllner, Rechtssubjektivität von Personengesellschaften?, in: Festschrift für Joachim Gernhuber, S. 563; Zöllner, Grundsatzüberlegungen zur umfassenden Umstrukturierbarkeit der Gesellschaftsformen nach dem Umwandlungsgesetz, in: Festschrift für Carsten Peter Claussen, S. 423; Zöllner, Rechtsfähigkeit der BGB-Gesellschaft – ein Sachverständnisoder Kommunikationsproblem, in: Festschrift für Alfons Kraft, S. 701; G. Hueck, Drei Fragen zur Gesamthandsgesellschaft, in: Festschrift für Wolfgang Zöllner, S. 275; Cordes, Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts auf dem Weg zur juristischen Person?, JZ 1998, S. 545; Berndt/ Boin, Zur Rechtsnatur der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, NJW 1998, S. 2854; Kraft/Kreutz, Gesellschaftsrecht, 11. Aufl., S. 130; Raab, Die Haftung der Gesellschafter der Vor-GmbH im System des Gesellschaftsrechts, WM 1999, S. 1596; Ralph Weber, Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts – Begriff, Voraussetzungen, JuS 2000, S. 313; Peifer, Rechtsfähigkeit und Rechtssubjektivität der Gesamthand – die GbR als oHG?, NZG 2001, S. 296; Heil, Parteifähigkeit der GbR – der Durchbruch der Gruppenlehre?, NZG 2001, S. 300; wohl auch Lüke, Der Bundesgerichtshof zur Parteifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, in: Festschrift für Akira Ishikawa, S. 253; Prütting, Die Parteifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Methodenproblem, in: Festschrift für Herbert Wiedemann, S. 1177; wohl unentschlossen („Das Gesellschaftsvermögen ist ein der rechtsfähigen Gesellschaft bzw. ein den Gesellschaftern gemeinschaftlich zustehendes Sondervermögen, das von den Privatvermögen der einzelnen Gesellschafter strikt getrennt ist.“), tendenziell aber noch immer der traditionellen Lehre zugeneigt, Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht, 6. Aufl., § 6 I 2, III 1, 4 c; siehe auch unten S. 202 ff. 5 Nunmehr auch Hadding/Kießling, in: Soergel, 13. Aufl. 2012, Vor § 705 Rn. 21; Reuter, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2015, Vor § 21 Rn. 7 ff.; auf die Gesellschaften bürgerlichen Rechts beschränkend, die mit eigenem Namen und einem festen Sitz im Rechtsverkehr auftreten, vgl. Reuter, Rechtsfähigkeit und Rechtspersönlichkeit, AcP 207, S. 673 (682 ff.); Fabricius, Relativität der Rechtsfähigkeit; Schünemann, Grundprobleme der Gesamthandsgesellschaft, S. 148 ff.; unter Berücksichtung von „Schuld“ und „Haftung“: Hennecke, Das Sondervermögen der Gesamthand, S. 61 ff.; Wiedemann, Zur Selbstständigkeit der BGB-Gesellschaft, in: Festschrift für Alfred Kellermann, S. 529; Wiedemann, Rechtsverhältnisse der BGB-Gesellschaften zu Dritten (WM Sonderbeilage Nr. 4), WM 1994, S. 4; Wiedemann, Die Personengesellschaft – Vertrag oder Organisation?, ZGR 1996, S. 286; nunmehr auch Huber, Rechtsfähigkeit, juristische Person und Gesamthand, in: Festschrift für Marcus Lutter, S. 107; wohl auch Gesmann-Nuissl, Die Rechts- und Parteifähigkeit sowie Haftungsverfassung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach dem Urteil des BGH, II ZR 331/00 = WM 2001, 408, WM 2001, S. 973 (974); Elsing, Alles entschieden bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts?, BB 2003, S. 909; für das österreichische Recht Holzhammer, Die Parteifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, in: Festschrift der Professoren der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Johannes-Kepler-Universität Linz, S. 127; im Rahmen eines Rechtsvergleichs mit der einfachen Gesellschaft des Schweizerischen Rechts, Tug˘ rul, Die einfache Gesellschaft oder die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts – Aus Sicht der Rechtsfähigkeit, in: Private law in the international arena, S. 1; mit Tendenz, die Gesamthand auch als juristische Person anzuerkennen, K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 8 I 3 a), III; Uhlig, Die externe Einzelklagebefugnis im Recht der BGB-Gesellschaft als Ausprägung eines allegemeinen Rechtsprinzips, S. 63 ff., 72; Ulmer, Die höchstrichterlich „enträtselte“ Gesellschaft bürgerlichen Rechts, ZIP 2001, S. 585; siehe auch unten S. 168 ff. 6 Toussaint, in: jurisPK BGB, 8. Aufl. 2017, § 899a Rn. 2 (insb. auch Fn. 2); Bergmann, Die fremdorganschaftlich verfasste offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft und BGBGesellschaft als Problem des allgemeinen Verbandsrechts, S. 52, 56; Brodyagin, Weshalb die Personengesellschaft keine Gesamthand ist, S. 131 ff.; Timm, Die Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts und ihre Haftungsverfassung, NJW 1995, S. 3209; Timm,
I. Der „Anteil am Gesellschaftsvermögen“ als gesetzliche Anerkennung
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matik der Personengesellschaften haben stets eine Neubestimmung des „Anteils am Gesellschaftsvermögen“ nach sich gezogen. 2. Der „Anteil am Gesellschaftsvermögen“ als Mitgliedschaft des Gesellschafters Versteht man den Geschäftsanteil des GmbHG bzw. die Aktie des AktG als eine Vergegenständlichung der Mitgliedschaft bzw. als ein Rechtsobjekt, dessen Innehaben eine (noch näher zu bestimmende) unmittelbare Beziehung zur Mitgliedschaft in der jeweiligen Gesellschaftsform herstellt, liegt es nahe, auch dem „(Gesellschafts-)Anteil an Personengesellschaften“ einen entsprechenden Inhalt beizumessen. Ist indessen mit einer weit verbreiteten Meinung bzw. Praxis7 unter dem vom Gesetz ausdrücklich verwendeten Begriff des „Anteils am Gesellschaftsvermögen“ im Sinne der §§ 719 Abs. 1 Alt. 1 BGB; 725 Abs. 1 BGB; 738 Abs. 1 S. 1 BGB sowie § 859 Abs. 1 ZPO tatsächlich eine besondere Bezeichnung der Mitgliedschaft zu sehen, könnten „Anteil an einer Personengesellschaft“ und „Anteil am Gesellschaftsvermögen“ als die synonyme Bezeichnung eines Aktien bzw. Geschäftsanteilen entsprechenden Analogons im Personengesellschaftsrecht zu begreifen sein. Im Folgenden wird sich derweil zeigen, dass sich bereits eine uneingeschränkte Gleichsetzung von „Anteil am Gesellschaftsvermögen“ und der Mitgliedschaft verbietet. a) Darstellung Schon Geiler8 und Sohm9 verstanden den „Anteil am Gesellschaftsvermögen“ in einem weiten, über den Wortlaut des Gesetzes hinausgehenden Sinne: Nach ihrer Auffassung umschreibt der Anteil am Gesellschaftsvermögen nichts anderes als die Mitgliedschaft in der Gesellschaft selbst, d. h. die Gesamtheit der sich „aus dem Zweifelsfragen zum neuen Umwandlungsrecht, ZGR 1996, S. 247 (252); Raiser, Gesamthand und juristische Person im Licht des neuen Umwandlungsrechts, AcP 1994, S. 495; Raiser, Gesamthandsgesellschaft oder juristische Person, in: Festschrift für Wolfgang Zöllner, S. 469; Raiser, Der Begriff der juristischen Person. Eine Neubesinnung., AcP 1999, S. 104; in diese Richtung auch John, Die organisierte Rechtsperson, S. 134 ff., insb. S. 149 f. (Personengesellschaften) und S. 150 ff., insb. 160 ff. (GbR); im Ergebnis offen lassend, unter Berücksichtigung der Kritik an der Gegenansicht jedoch tendenziell in diese Richtung auch Habermeier, in: Staudinger, BGB, 13. Aufl. 2003, Vor §§ 705 – 740 Rn. 28 f.; mit Tendenz, die Gesamthand auch als juristische Person anzuerkennen K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 8 I 3 a), III. 7 Geiler, in: Hachenburg/Düringer: HGB, 3. Aufl. 1932, S. 36 f.; Sohm, Der Gegenstand, S. 68; Smid, in: MüKoZPO, 5. Aufl. 2016, § 859 Rn. 5; Kemper, in: Hk-ZPO, 7. Aufl. 2017, § 850 Rn. 1, 3; Seiler, in: Thomas/Putzo, 39. Aufl. 2018, § 859 Rn. 1; Becker, in: Musielak/ Voit, ZPO, 15. Aufl. 2018, § 859 Rn. 2; Koch, in: Hk-ZV, 3. Aufl. 2015, § 859 Rn. 4. 8 Geiler, in: Hachenburg/Düringer: HGB, 3. Aufl. 1932, S. 36 f. 9 Sohm, Der Gegenstand, S. 68.
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B. Der „Anteil an Personengesellschaften“
Gesellschaftsverhältnis ergebenden Rechte des Gesellschafters“10. Der Begriff bildet hiernach kein vermögensrechtliches, sondern ein als rein personenrechtlich zu qualifizierendes Verhältnis ab, das in Folge des Zusammenschlusses mehrerer Personen entstehe. Insbesondere kann es nach Sohm aufgrund der gesamthänderischen Bindung kein individuelles Recht der Gesellschafter am Vermögen als solches geben. Der „Anteil am Gesellschaftsvermögen“ beschreibe vielmehr eine der Gesamtberechtigung vorbehaltende, personenrechtliche Güterregelung.11 Bei § 719 Abs. 1 Hs. 1 BGB handele es sich folgerichtig um eine lediglich deklaratorische Regelung, denn Rechte personenrechtlicher Natur seien stets jedweden Verfügungen entzogen.12 Auch heute wird im Rahmen der Kommentierung und Besprechung des § 719 Abs. 1 BGB überwiegend die Übertragung der Mitgliedschaft in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts bzw. in Personengesellschaften problematisiert.13 Nach Habermeier14 hat sich mit dem gewandelten Verständnis15 von der Gesamthand auch die Bedeutung des § 719 Abs. 1 Hs. 1 BGB geändert. Das Verbot, über seinen Anteil am Gesellschaftsvermögen zu verfügen, könne nur noch als das gesetzlich vorgesehene (dispositive) Verbot, über seine Mitgliedschaft zu verfügen, verstanden werden. Gestützt wird diese Auffassung durch § 725 Abs. 1 BGB, der dem privaten Gläubiger eines Gesellschafters nach der Pfändung des „Anteils […] am Gesellschaftsvermögen“ die Möglichkeit der sofortigen Kündigung der Gesellschaft einräumt. Eine derart scharfe Rechtsfolge kann nur durch die Pfändung der Mitgliedschaft als solcher eintreten16, da diese die hiervon betroffenen Beziehungen des Gesellschafters zu den Mitgesellschaftern und der Gesellschaft umfassend in sich aufnimmt. In der Literatur17 zur Zwangsvollstreckung findet sich im Rahmen der Untersuchung des § 859 Abs. 1 ZPO, der den „Anteil eines Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen einer nach § 705 des Bürgerlichen Gesetzbuchs eingegangenen Gesellschaft“ sowie, wegen §§ 105 Abs. 2 (i.V.m. § 161 Abs. 2 HGB), ihrer handelsrechtlichen Erscheinungsformen18 der Pfändung unterwirft, die Gleichsetzung mit der Mitgliedschaft „als Inbegriff aller Rechte und Pflichten aus dem Gesell10
Geiler, in: Hachenburg/Düringer: HGB, 3. Aufl. 1932, S. 38. Sohm, Der Gegenstand, S. 65 ff. 12 Sohm, Der Gegenstand, S. 22, 68. 13 Habermeier, in: Staudinger, BGB, 13. Aufl. 2003, § 719 Rn. 2 ff.; Schäfer, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2017, § 719 Rn. 25 ff. 14 Habermeier, in: Staudinger, BGB, 13. Aufl. 2003, § 719 Rn. 2. 15 Spätestens seit dem BGH-Urteil „ARGE Weißes Ross“ vom 29. 01. 2001, BGH 146, 341 = NJW 2001, 1056. 16 H. P. Westermann, in: Erman, BGB, 15. Aufl. 2017, § 725 Rn. 1. 17 Smid, in: MüKoZPO, 5. Aufl. 2016, § 859 Rn. 5; Kemper, in: Hk-ZPO, 7. Aufl. 2017, § 850 Rn. 1, 3; Seiler, in:, 39. Aufl. 2018, § 859 Rn. 1; Becker, in: Musielak/Voit, ZPO, 15. Aufl. 2018, § 859 Rn. 2; Koch, in: Hk-ZV, 3. Aufl. 2015, § 859 Rn. 4. 18 Smid, in: MüKoZPO, 5. Aufl. 2016, § 859 Rn. 25 f. 11
I. Der „Anteil am Gesellschaftsvermögen“ als gesetzliche Anerkennung
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schaftsverhältnis“19 häufiger wieder. § 859 Abs. 1 ZPO müsse im Kontext mit § 725 Abs. 1 BGB20 betrachtet werden. Ziel des Gesellschaftsgläubigers ist hierbei nicht der Zugriff auf einzelne, der Verfügung unterliegende Vermögensrechte des Gesellschafters wie den Anspruch auf Auszahlung Aufwendungsersatz, Gewinn oder ein konkretes Auseinandersetzungsguthaben,21 sondern der Zugriff auf alle in der Mitgliedschaft verkörperten Rechte und Werte. Ihre Aktivierung erfordere allerdings die Auflösung der Gesellschaft als solcher, mithin die Kündigung des Gesellschaftsverhältnisses nach § 725 Abs. 1 BGB. Das Ziel der Pfändung nach § 859 Abs. 1 ZPO sei daher die Erlangung der zur Geltendmachung der Kündigung nach § 725 Abs. 1 BGB erforderlichen „Rechtsausübungskompetenzen“22. Durch Pfändung bloß einzelner bzw. selbst im Falle der Pfändung aller23 vermögensrechtlicher Forderungen im Sinne des § 717 S. 2 BGB können jene Kompetenzen indessen nicht erlangt werden, denn bei ihnen handele es sich gerade nicht um Vermögensrechte im Sinne dieser Vorschrift. Notwendig und hinreichend sei vielmehr die Pfändung der Mitgliedschaft, welche allein die für die Kündigungsmöglichkeit erforderlichen Kompetenzen des Gesellschafters erfasse.24 b) Bewertung Der zuvor beschriebene Ansatz ließe es zumindest im Sinne eines weiteren Interpretationsspielraums zu, den Anteil am Gesellschaftsvermögen im Sinne eines Analogons zu Geschäftsanteil bzw. zu Aktie zu interpretieren. Setzt man den „Anteil am Gesellschaftsvermögen“ mit der Mitgliedschaft in der Gesellschaft gleich, erscheint eine flexible Sinndeutung, die einerseits die Mitgliedschaft als solche, andererseits ihre rechtliche Vergegenständlichung berücksichtigt, nicht unmöglich. Die Arbeit müsste in diesem Fall die §§ 719 Abs. 1 Alt. 1 BGB; 725 Abs. 1 BGB; 738 Abs. 1 S. 1 BGB sowie § 859 Abs. 1 ZPO als zentrale gesetzliche Anknüpfungspunkte verstärkt in den Fokus rücken. Allerdings kann ein derart weites Verständnis des „Anteils am Gesellschaftsvermögen“ im Sinne dieser Vorschriften nicht überzeugen. Unter Annahme der traditionellen Gesamthandslehre scheitert die Gleichsetzung mit der Mitgliedschaft bereits an der unterschiedlichen Ausgestaltung des Begriffs vom „Gesellschaftsvermögen“: Während nach allgemeiner Auffassung die Mitgliedschaft zusammen19
Statt vieler Kemper, in: Hk-ZPO, 7. Aufl. 2017, § 859 Rn. 3. Im Rahmen der Pfändung von Beteiligungen in oHG oder KG wird § 725 BGB indessen von § 135 HGB als lex specialis verdrängt, vgl. Klöhn, in: Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, § 135 HGB Rn. 3. 21 Statt vieler im Einzelnen Schäfer, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2017, § 717 Rn. 34 ff. 22 Smid, in: MüKoZPO, 5. Aufl. 2016, § 850 Rn. 5. 23 So noch K. Schmidt, Der unveräußerliche Gesamthandsanteil – ein Vollstreckungsgegenstand, JR 1977, S. 177 (179). 24 Smid, in: MüKoZPO, 5. Aufl. 2016, § 850 Rn. 5. 20
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B. Der „Anteil an Personengesellschaften“
fassend die Gesamtheit der Rechte und Pflichten der Gesellschafter erfasst,25 ist zumindest § 738 Abs. 1 BGB auf das Aktivvermögen der Gesellschaft beschränkt – ein Anteil hieran kann daher schwerlich als Synonym für einen weiter verstandenen, auch die Passiva enthaltenden Mitgliedschaftsbegriff sein.26 Unter Berücksichtigung der modernen Gruppenlehre greifen diese Einwände hingegen nicht mehr zwingend, denn nach ihr sind nicht die Gesellschafter, sondern ist die Gesellschaft als solche Träger des Vermögens.27 § 738 Abs. 1 S. 1 BGB hat insofern lediglich eine deklaratorische Funktion, beschreibt er doch nur die denknotwendige Folge des Austritts eines Gesellschafters. Während das Gesellschaftsvermögen das Vermögen der rechtsfähigen Gesellschaft bleibt, ändert sich die wertmäßige28 Beteiligung der verbleibenden Gesellschafter an der Gesellschaft als solcher. Das Gesellschaftsvermögen muss somit, einer konsistenten Auslegung um des Gesetzes willens nicht in Aktiv- und Passivvermögen aufgespalten werden. Der Begriff umschreibt vielmehr die Gesamtheit aller zum Vermögen gehörenden Rechtspositionen. Gegen eine Gleichstellung des Anteils am Gesellschaftsvermögen mit der Mitgliedschaft spricht hingegen, auch auf Basis heute herrschender Gruppenlehre, der klare Wortlaut der §§ 719 Abs. 1, 725 Abs. 1, 738 Abs. 1 BGB, der gerade nicht von einer Teilhabe bzw. von der Mitgliedschaft in einer Gesellschaft spricht. Der Begriff der Mitgliedschaft war dem Gesetzgeber keinesfalls unbekannt.29 Selbst unter der Annahme, dass eine wissenschaftliche Diskussion über die Personengesellschaften vermieden werden sollte,30 erscheint es wenig überzeugend, anstelle klarer bekannter Rechtsbegriffe auf auslegungsbedürftige Termini zurückzugreifen. Entgegen Geiler31 hat auch das Reichsgericht32 den Anteil am Gesellschaftsvermögen nicht mit der Mitgliedschaft als solcher gleichgesetzt. Vielmehr befasst sich das Reichsgericht in jener zitierten Entscheidung mit einem anderen, umfassenderen Anteilsbegriff, dessen Innehaben eine Berechtigung am Vermögen nur „vermittelt“33. Die vermö25 Statt vieler: Reichert/Weller, in: MüKoGmbH, 3. Aufl. 2018, § 14 Rn. 45. Siehe hierzu auch ausführlicher unten S. 39 ff. 26 Sohm, Der Gegenstand, S. 23; Huber, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Personalgesellschaften des Handelsrechts, S. 142 f. m.w.N. 27 Hierzu unten S. 168 ff. 28 Huber, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Personalgesellschaften des Handelsrechts, S. 145. 29 Siehe nur Mugdan, Die gesammelten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, S. 983 (Protokolle S. 2412); Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 71, 120. 30 Mugdan, Die gesammelten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, S. 990 (Protokolle: S. 2438); Mugdan, Die gesammelten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, S. 992 (Protokolle S. 2445). 31 Geiler, in: Hachenburg/Düringer: HGB, 3. Aufl. 1932, S. 37. 32 RGZ 57, 414 ff. 33 RG, Urteil vom 26. 04. 1904 – Rep. VII. 569/03, RGZ 26. 04. 1904, S. 414 (415).
II. Der Begriff des Gesellschaftsanteils
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gensrechtliche Komponente stellt mithin lediglich einen Ausschnitt des in diesem Urteil relevanten Anteilsbegriffs dar. Ein „Anteil am Gesellschaftsvermögen“ im Sinne des § 719 Abs. 1 Hs. 1 BGB spielt hierbei hingegen keine Rolle. Im Ergebnis überschreitet die Auslegung des „Anteils am Gesellschaftsvermögen“ als Mitgliedschaft den vom Gesetzeswortlaut gesetzten Rahmen in unzulässiger Weise. Sofern man den „Anteil am Gesellschaftsvermögen“ nicht schon als standhaftes Relikt einer überholten Gesamthandslehre einer entsprechenden Gesetzesänderung zuführen möchte, ist er mit Huber34 und den Vertretern der heute herrschenden Gruppenlehre allenfalls als unselbstständiger Wertanteil zu verstehen. 3. Zusammenfassung Eine Gleichstellung von „Anteil am Gesellschaftsvermögen“ und Mitgliedschaft einerseits und, in logischer Fortschreibung dieses Gedankengangs, des „Anteils am Gesellschaftsvermögen“ mit einem als Analogon von GmbH-Geschäftsanteil und AG-Aktie gedachten „Gesellschaftsanteils“ verbietet sich. Die Befürworter einer solchen Gleichsetzung ignorieren offen Wortlaut und historische Hintergründe des Gesetzes, die klar gegen eine derartige Annahme sprechen. Vielmehr dient sie lediglich der Verifizierung der eigenen, grundlegenden Theorie zur Struktur der Personengesellschaften, die über die Wortlautgrenzen hinweg allen Personengesellschaften umfassende Rechtsfähigkeit und (teilweise) Selbstständigkeit zuspricht.35
II. Der Begriff des Gesellschaftsanteils Im Rahmen des Erwerbs eigener Anteile rückt, wie der Vergleich zum Kapitalgesellschaftsrecht zeigt (Erwerb eigener Geschäftsanteile bzw. Aktien), ein, im Verhältnis zu den in den §§ 719 Abs. 1, 722, 725, 738 Abs. 1 S. 1 BGB; §§ 120 ff., 139 Abs. 1 und 5, 155, 167 ff., 172 HGB genannten „Anteilen“, umfassenderer Anteilsbegriff in den Fokus der rechtlichen Aufarbeitung: Der „Gesellschaftsanteil“. Der Erwerb eines solchen „Gesellschaftsanteils“ hat nach allgemeiner Auffassung den Eintritt in die entsprechende Gesellschaft als Gesellschafter zur Folge. Er unterfällt, sofern man mit vorzugswürdiger Ansicht den „Anteil am Gesellschaftsvermögen“ nicht mit der Mitgliedschaft bzw. der Beteiligung an einer Personen34 Huber, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Personalgesellschaften des Handelsrechts, S. 145; dem folgend Wertenbruch, Die Haftung von Gesellschaften und Gesellschaftsanteilen in der Zwangsvollstreckung, S. 483. Durch diese Einordnung werden die Regelungen und Begrifflichkeiten der Regelungen zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts denen der OHG angepasst. Nach § 135 HGB bildet der Wertanteil am Vermögen den maßgeblichen Pfändungsgegenstand für Privatgläubiger der einzelnen Gesellschafter, vgl. Wertenbruch, Die Haftung von Gesellschaften und Gesellschaftsanteilen in der Zwangsvollstreckung, S. 484. 35 Hierzu wird im späteren Verlauf der Arbeit noch zurückzukommen sein.
38
B. Der „Anteil an Personengesellschaften“
gesellschaft gleichsetzt, einer eigenständigen Begriffskategorie, deren Bedeutung und materiellrechtlicher Gehalt im Folgenden näher zu beleuchten sind. In diesem Rahmen wird, auch im Hinblick auf die von dieser Arbeit vertretene dogmatische Aufteilung des Personengesellschaftsrechts, eine rechtliche Neujustierung angestrebt, die entsprechend der faktischen Handhabung die Anerkennung eines „Allgemeinen Teils des Anteilsrechts“ zur Folge haben kann. 1. Der Gesellschaftsanteil bzw. Geschäftsanteil an bzw. in einer Personengesellschaft als Mitgliedschaft nach der herrschenden Meinung und Rechtsprechung a) Überblick Die Termini „Gesellschaftsanteil“ bzw. „Geschäftsanteil“ finden sich weder im Gesetzestext des BGB noch in den Regelungen zur offenen Handelsgesellschaft bzw. Kommanditgesellschaft des HGB wieder.36 Trotz dieses Umstandes verwendet ein großer Teil der Literatur37 wie auch der Rechtsprechung38 den Begriff „Gesellschaftsanteil“ seit jeher als Synonym für die Mitgliedschaft des Gesellschafters einer Personengesellschaft. Der Gesellschaftsanteil entspräche der „Summe der mitgliedschaftlichen Rechte des Gesellschafters, komprimiert ,die Mitgliedschaft‘ […].“39 Die Mitgliedschaft bzw. der Gesellschaftsanteil stellt nach dieser Auffassung auch ein nach den §§ 413, 398 ff. BGB übertragbares, subjektives Recht dar. Aufgrund des Sozietätscharakters der Personengesellschaften ist hierfür grundsätzlich die Zustimmung aller Mitgesellschafter erforderlich. Fehlt diese, sieht das Gesetz für Fälle des gewillkürten Gesellschafterwegfalls de lege lata vor, die Gesellschaft gänzlich aufzulösen (so im Fall der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, vgl. § 723 36 Allein in § 341r Nr. 3 lit. d) HGB wird der Begriff des Gesellschaftsanteils ausdrücklich verwendet. Hiernach gelten auch „Dividenden und andere Gewinnausschüttungen aus Gesellschaftsanteilen“, d. h. alle geldwerten Leistungen, die ihren Grund in der Teilhabe an einer Gesellschaft mit dem in § 341q umschriebenen Tätigkeitsfeld haben, als Zahlungen im Sinne des § 341r Nr. 3 HGB. Der Begriff „Gesellschaftsanteil“ wird hierbei sowohl für die Mitgliedschaft in einer Kapital- als auch in einer Personenhandelsgesellschaft im Sinne des § 264a Abs. 1 HGB verwendet, vgl. § 341q HGB. 37 Schäfer, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2017, § 705 Rn. 159, 179; Kilian, in: Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, § 719 BGB Rn. 13; für die OHG Priester, in: MüKoHGB, 4. Aufl. 2016, § 120 Rn. 87; ebenso Ehricke, in: EBJS, 3. Aufl. 2014, § 120 Rn. 61; Wiedemann, Gedanken zur Mitgliedschaft und zu den mitgliedschaftlichen Rechtsverhältnissen, in: Festschrift für Wulf Goette, S. 617 (618); für den Geschäftsanteil bei einer GmbH bzw. der Aktie bei einer AG Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/2, S. 263; Harry Westermann, Personengesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 202; Cosack, Eigene Aktien als Bestandteile des Vermögens einer Aktiengesellschaft, in: Festschrift für die Juristische Fakultät in Gießen zum UniversitätsJubiläum, S. 109 (117). 38 BGHZ 44, 229, 231 = BGH NJW 1966, 499, 499 f.; BGHZ 81, 82, 84 = NJW 1981, 2747; BGH ZIP 1997, 244, 245 = NJW 1997, 860, 861; BGH NJW 1999, 784, 785 = DB 1999, 477; BGH ZIP 2010, 335 = NJW-RR 2010, 924, Tz. 11. 39 Priester, in: MüKoHGB, 4. Aufl. 2016, § 120 Rn. 87.
II. Der Begriff des Gesellschaftsanteils
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Abs. 1 S. 1 BGB) bzw. unter Ausscheiden und Abfindung des Austrittswilligen fortzusetzen (so in offener Handels- und Kommanditgesellschaft, vgl. § 131 Abs. 3 HGB). Ausreichend ist schon eine im Gesellschaftsvertrag vorab erteilte Zustimmung, um diesem Erfordernis vollumfänglich zu entsprechen. Eine solche Regelung ist insbesondere in den handelsrechtlichen Personengesellschaften, die entgegen der gesetzlichen Leitidee eine große Mitgliederzahl aufweisen, die Regel. Der Mitgliederwechsel erfolgt in diesen Fällen nach überwiegender Auffassung40 durch zweiseitigen Abtretungsvertrag zwischen Veräußerer und Erwerber. Darüber hinaus ist der Gesellschaftsanteil Anknüpfungspunkt für Belastungen mit Rechten Dritter41 und maßgeblicher Pfändungsgegenstand in der Zwangsvollstreckung42. b) Rechtliche Bewertung der Ansichten von Rechtsprechung und herrschender Lehre Der in Rechtsprechung und herrschender Lehre vorgenommenen Gleichsetzung von „Mitgliedschaft und „Gesellschaftsanteil“ ist ein hohes Maß an Praxistauglichkeit und Handhabbarkeit zuzugestehen. Mit dem Erwerb von Gesellschaftsanteilen, der im Kapitalgesellschaftsrecht mit dem Erwerb von Geschäftsanteilen bzw. Aktien seine Parallelen hat, ist im Rechtsverkehr stets die Vorstellung verbunden, Mitglied und damit rechtlicher und wirtschaftlicher Träger der jeweiligen Gesellschaft zu werden. Der schnelllebige Rechtsverkehr von heute verlangt nach leicht handhabbaren rechtlichen Instrumenten, deren Übertragung keine tiefgreifende Auseinandersetzung mit den rechtlichen Anforderungen und Rechtsfolgen erfordert. Von diesen praktischen Erwägungen losgelöst erscheint es indessen fraglich, ob eine gänzliche, d. h. auch rechtliche Gleichstellung von Mitgliedschaft und Gesellschaftsanteil – bzw. Geschäftsanteil oder Aktie – möglich ist. Schon die Grundprämisse der herrschenden Lehre, die Mitgliedschaft bzw. der Gesellschaftsanteil sei ein subjektives Recht, kann in Zweifel gezogen werden. Dementsprechend ist es erforderlich, die Natur der Mitgliedschaft zu untersuchen, denn nur bei Kenntnis deren materiellrechtlichen Gehalts lässt sich ihr Verhältnis zum Gesellschaftsanteil – und, über das Personengesellschaftsrecht hinaus, auch von Mitgliedschaft zu Aktie und Geschäftsanteil – korrekt nachzeichnen. aa) Die Mitgliedschaft nach der herrschenden Lehre Die Mitgliedschaft ist zentraler Bestandteil des Gesellschaftsrechts, lässt doch erst die mitgliedschaftliche Verfassung einer Gesellschaft diese über den Rang eines 40 RGZ 92, 398, 400; BGHZ 13, 179, 182; BGHZ 44, 229, 231 = NJW 1966, 499, 500; BGH ZIP 2016, 211 = NZG 2016, 221, Tz. 27; Kilian, in: Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, § 719 BGB Rn. 13; für die OHG: Wertenbruch, in: EBJS, 3. Aufl. 2014, § 105 Rn. 214. 41 Vgl. hierzu Schäfer, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2017, § 719 Rn. 50 ff.; Habermeier, in: Staudinger, BGB, 13. Aufl. 2003, § 719 Rn. 18. 42 Statt vieler Smid, in: MüKoZPO, 5. Aufl. 2016, § 859 Rn. 3.
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B. Der „Anteil an Personengesellschaften“
bloß kooperativen Schuldverhältnisses hinauswachsen.43 Allein das organisationsrechtliche Element der Gesellschaftsverträge hebt die beteiligten Personen aus der Position bloßer Vertragspartner eines „gewöhnlichen“ Schuldverhältnisses im Sinne des § 241 Abs. 1 S. 1 BGB in den Rang gleichberechtigter Mitglieder einer übergeordneten Wirkungsgemeinschaft.44 Mitglied zu sein ist originärer Ausfluss der Eingliederung in eine rechtliche Organisation. Sie sind kein den Gesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit vorbethaltenes Rechtsphänomen, sondern nach richtiger Auffassung45 in allen Gesellschaften i.w.S. vorhanden. Die rechtliche Aufarbeitung der Mitgliedschaft bedarf mit Lutter46 allerdings einer Einschränkung. Nur die auf dem freien Willen beruhende Mitgliedschaft in einer privatrechtlichen Gesellschaft könne einheitlich betrachtet werden. Sie allein ist „schließlich in all ihren Spielarten die Verwirklichung von Privatautonomie.“47 Mitgliedschaften im soziologischen Sinne (z. B. die Mitgliedschaft von Angehörigen einer Universität oder der Regierung) wie auch Beteiligungen in Zwangsverhältnissen müssen aus der Betrachtung herausfallen. Unter der Mitgliedschaft in einer Gesellschaft (i.w.S.) ist nach überwiegender Ansicht die Zusammenfassung aller Rechte und Pflichten einer Person gegenüber der Gemeinschaft als Einheit sowie den, sofern vorhanden, übrigen (Mit-)Beteiligten zu verstehen.48 „Mitglied zu sein“ heißt dabei immer, Beteiligter einer auf die Verwirklichung eines übergeordneten, gemeinsamen Zwecks gerichteten Organisation zu sein, nicht jedoch, stets denselben Katalog an Rechten und Pflichten innezuhaben bzw. tragen zu müssen. Eine solche Vorstellung ist in Anbetracht der mit den verschiedenen Gesellschaftsformen verfolgten unterschiedlichen Zwecke tatsächlich utopisch. Die Konkretisierung der Rechte und Pflichten jedes einzelnen Gesellschafters erfolgt unter Berücksichtigung des jeweils zugrundeliegenden spezifischen 43 44
S. 48. 45
K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 547. Habersack, Die Mitgliedschaft, S. 17, 102; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl.,
K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 548, 549 f. Lutter, Theorie der Mitgliedschaft, AcP 1980, S. 84 (86 f.). 47 Lutter, Theorie der Mitgliedschaft, AcP 1980, S. 84 (90). 48 Für die GmbH Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 8. Aufl. 2015, § 14 Rn. 13; für den Verein Schöpflin, in: BeckOK BGB, 45. Aufl. 2017, § 38 Rn. 2; die Beteiligung an einer Personengemeinschaft verleihe den „Rechtsstatus“ Mitgliedschaft, vgl. Huber, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Personalgesellschaften des Handelsrechts, S. 1; Lamprecht unterscheidet hierbei Mitgliedschaften im engeren und weiteren Sinne: Letztere bezeichne im Falle einer mehrfachen Mitgliedschaft einer Person lediglich die Tatsache, dass diese Teil einer gesellschaftsrechtlichen Verbindung sei. Nur die Mitgliedschaft im engeren Sinne könne als Zusammenfassung der auf die konkrete Mitgliedschaft fallenden Rechte und Pflichten – und damit im Sinne der herrschenden Lehre, welcher diese Unterscheidung weitgehend fremd ist – verstanden werden. Da diese Unterscheidung lediglich im Rahmen der Untersuchung der Zulässigkeit einer Mehrfachbeteiligung in Personengesellschaften Bedeutung erlangen kann, soll in der vorliegenden Arbeit auf sie verzichtet werden. Vgl. hierzu Lamprecht, Die Zulässigkeit der mehrfachen Beteiligung an einer Personengesellschaft, S. 92 ff. 46
II. Der Begriff des Gesellschaftsanteils
41
Leitbildes zunächst durch das Gesetz selbst, kann aber, mit erheblichen Einschränkungen hinsichtlich der Mitgliedschaft in einer Aktiengesellschaft, durch Gesellschaftsvertrag bzw. Satzung der Gesellschaft i.w.S. weitgehend variabel ausgestaltet werden.49 In der Aktiengesellschaft verlangt die weitgehende Ausrichtung auf einen schnell wechselnden Gesellschafterkreis eine Einschränkung dieser Gestaltungsfreiheit hinsichtlich der einzelnen Beteiligungen. Auf die grundlegende Rechtsnatur der Mitgliedschaft hat dies jedoch keine Auswirkungen. Die Mitgliedschaft in einer (Außen-)Personengesellschaft ist darüber hinaus nach heute herrschender Auffassung nicht nur Beteiligung an einem umfassenden Rechtsverhältnis, sondern gleichfalls eigenständiges, subjektives Recht.50 Sie lasse sich nicht in eine der bekannten Kategorien wie Sachenrechte oder Immaterialgüterrechte einordnen, sondern sei eine neben diesen existierende, eigenständige Art „subjektiven Rechts“, ein subjektives Recht „sui generis“.51 Sie könne, zumindest nach vorheriger Zustimmung der Gesellschafter, Gegenstand von Rechtsgeschäften sein, durch Verfügung übertragen52 sowie mit Rechten Dritter belastet werden und genieße deliktsrechtlichen Schutz53. Die Übertragung der Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft lässt dabei nach heute allgemeiner Auffassung die Identität der Gesellschaft unberührt. Das soll auch dann gelten, wenn der gesamte Gesellschafterstamm ausgewechselt wird bzw. nach der kollektiven Übertragung lediglich ein Gesellschafter in der Gesellschaft verbleibt.54 Nach herrschender Meinung soll die
49
K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 550. Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 127, 349; Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/2, S. 258; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 549; K. Schmidt, Das Recht der Mitgliedschaft: Ist „korporatives Denken“ passé?, ZGR 2011, S. 108 (114 f.); Lutter, Theorie der Mitgliedschaft, AcP 1980, S. 84 (102). 51 Habersack, Die Mitgliedschaft, S. 102; trotz abweichender Grundkonzeption: Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft als eigene juristische Kategorie und subjektives Recht im Hinblick auf die Vermögens- und Verwaltungsrechte des Gesellschafters Huber, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Personalgesellschaften des Handelsrechts, S. 8, 20, 164; nach Lutter ist in der Mitgliedschaft ein Rechtsverhältnis „in sehr eigentümlicher Weise als Gegenstand verselbstständigt, vgl. Lutter, Theorie der Mitgliedschaft, AcP 1980, S. 84 (98). 52 Grundlegend BGH WM 1964, 1130; ständige Rechtsprechung: BGHZ 44, 229, 231 = NJW 1966, 499 f.; BGH NJW-RR 1989, 1259 ff. = WM 1989, 1221 ff.; BGH NJW 1999, 784, 785 = DB 1999, 477; BGHZ 183, 28 = ZIP 2010, 250, Tz. 13. 53 Habersack, Die Mitgliedschaft, S. 113 ff., insb. 139 ff.; aA Reuter, Die Mitgliedschaft als sonstiges Recht im Sinne des § 823 I BGB, in: Festschrift für Hermann Lange, S. 707 (712 f.); Hadding, Ergibt die Vereinsmitgliedschaft „quasi-vertragliche“ Ansprüche, „erhöhte Treueund Förderpflichten“ sowie ein „sonstiges Recht“ im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB? – Besprechung der Entscheidung BGHZ 110, 323, in: Festschrift für Alfred Kellermann, S. 91 (105). 54 An dieser Stelle soll die Frage, ob eine Einmann-Personengesellschaft dogmatisch denkbar ist, nicht weiter untersucht werden. Siehe hierzu im Einzelnen die Nachweise von Habermeier, in: Staudinger, BGB, 13. Aufl. 2003, § 719 Rn. 5. 50
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B. Der „Anteil an Personengesellschaften“
Mitgliedschaft als subjektives Recht auch im Rahmen des Vollstreckungsrechts maßgeblicher Vollstreckungsgegenstand für Gläubiger der Gesellschafter sein.55 Das subjektive Recht „Mitgliedschaft“ lässt sich sodann mit der herrschenden Meinung weiter spezifizieren: (1) Die Mitgliedschaft in Personengesellschaften als Stellung in einem Vertragsverhältnis Der Umstand, Partei des gesellschaftsrechtlichen Grundverhältnisses zu sein, bildet die Grundlage für die Entstehung einer Vielzahl von Rechten und Pflichten der Gesellschafter. Er ist „konstitutives Element und Teilhabe an einem ungemein effektiven und zugleich offenen System der Verfolgung begrenzter menschlicher Ziele.“56 Diese „Stellung“ jedes Mitglieds selbst, d. h. der Umstand Partei des Gesellschaftsvertrages zu sein, hat einen eigenständigen rechtlichen Aussagegehalt.57 Die Gesellschafter sind Teil einer rechtlichen Sonderverbindung, welche zwei unterschiedliche Dimensionen aufweist: Das Grundverhältnis in Personengesellschaften ist einerseits schuldrechtlicher Natur, wie es bereits der Standort der Grundregeln des Personengesellschaftsrechts in den §§ 705 ff. BGB (i.V.m. § 105 Abs. 3 HGB bzw. § 161 Abs. 2 HGB) zum Ausdruck bringt. Hierbei handelt es sich auch nach heute herrschender Auffassung um einen Schuldvertrag zwischen den Beteiligten, der Grundlage für eine Vielzahl gegenseitiger Rechte und Pflichten ist, die notfalls im Wege der actio pro socio geltend gemacht werden können58. Darüber hinaus ist jedes Mitglied Teil eines „personenrechtlichen“ bzw. „organisationsrechtlichen“ Rechtsverhältnisses, welches Grundlage für die Existenz der rechtsfähigen Einheit „Personengesellschaft“ – und, damit einhergehend, der mitgliedschaftlichen Beteiligung als solcher – und der spezifisch gesellschaftsrechtlichen Ansprüche der Gesellschafter ist. Die beiden rechtlichen Ebenen sind notwendige Elemente einer jeder organisierten (Personen-)Gesellschaft.59 Mitglied zu sein bedeutet demnach zunächst, Partei eines solchen mehrdimensionalen Rechtsverhältnisses zu sein. 55
Siehe hierzu statt vieler umfassend und m.w.N. Wertenbruch, Die Haftung von Gesellschaften und Gesellschaftsanteilen in der Zwangsvollstreckung, S. 490 ff. 56 Lutter, Theorie der Mitgliedschaft, AcP 1980, S. 84 (90). 57 Für den Verein Schöpflin, in: BeckOK BGB, 45. Aufl. 2017, § 38 Rn. 2; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 547; so ebenfalls Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 125; Wiedemann, Gedanken zur Mitgliedschaft und zu den mitgliedschaftlichen Rechtsverhältnissen, in: Festschrift für Wulf Goette, S. 617 (619). 58 Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 12, 139 ff. 59 Schuldrechtliche Elemente finden sich auch in den Gesellschaftsverträgen bzw. Satzungen von Vereinen und den darauf aufbauenden Gesellschaften wieder, auch wenn diese dort nach der überwiegenden Ansicht im Verhältnis der Gesellschaft zu den Mitgliedern wirken, vgl. Hadding, Ergibt die Vereinsmitgliedschaft „quasi-vertragliche“ Ansprüche, „erhöhte Treueund Förderpflichten“ sowie ein „sonstiges Recht“ im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB? – Besprechung der Entscheidung BGHZ 110, 323, in: Festschrift für Alfred Kellermann, S. 91 (96 f.).
II. Der Begriff des Gesellschaftsanteils
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(2) Die Rechte und Pflichten des Mitglieds Die aus der Beteiligung an dem mehrdimensionalen Rechtsverhältnis resultierenden Rechte und Pflichten der Gesellschafter werden gewöhnlich als „Vermögensrechte“ und „Verwaltungsrechte“ der Gesellschafter zusammengefasst und systematisiert.60 Diese „Stammrechte“61 können in qualitativer wie auch quantitativer Hinsicht variieren, wobei gewisse Kernkompetenzen den Gesellschaftern stets verbleiben müssen.62 Sie sind nur dann spezifisch mitgliedschaftlicher Natur, wenn sie Dritten grundsätzlich nicht zustehen können. Solche mitgliedsspezifischen Gesellschafterrechte müssen daher von gewöhnlichen Drittansprüchen sowie den ohne weiteres abspaltbaren Ansprüchen gegen die Gesellschaft, die zwar keine elementare Ausprägung der Mitgliedschaft darstellen, ihren Grund jedoch im Gesellschaftsverhältnis haben, nochmals unterschieden werden. Zu letzteren zählen insbesondere die konkretisierten Ansprüche der Gesellschafter auf Auszahlung des anteiligen Gewinns, der nach dessen Feststellung durch die Gesellschaftsleitung entsteht. Zu den spezifisch mitgliedschaftlichen Verwaltungsrechten des Gesellschafters einer Personengesellschaft zählen u. a. das Recht auf Geschäftsführung und -vertretung (§§ 709, 714 BGB, § 114, 115 HGB (i.V.m. §§ 164, 170 HGB)), das Stimmrecht bei der Entscheidungsfindung für die Gesellschaft, verschiedene Informations-, Kontroll- und Widerspruchs- (vgl. § 711 BGB, §§ 115 Abs. 1 Hs. 2, 118 und 166 HGB), Entziehungs- und Ausschließungsrechte (vgl. §§ 712, 715, 737 BGB, § 117 HGB) sowie das Recht auf Kündigung der Gesellschaft (§§ 723 ff. BGB, § 132 HGB (i.V.m. § 161 Abs. 2 HGB). Die konkrete Ausgestaltung dieser Rechte kann, auch in Abhängigkeit von der gewählten Form der Personengesellschaft, variieren, doch sind ihre Ausprägungen stets fest mit der Mitgliedschaft in der Gesellschaft verbunden. Eine isolierte Abtretung dieser Rechte ist daher nach allgemeiner Auffassung nicht zulässig.63 Dieser verwaltungsrechtlichen Ausprägung der Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft steht eine vermögensrechtliche Dimension zur Seite. Auch diese lässt sich weiter konkretisieren: Neben dem Gewinnanspruch (§ 721 ff. BGB, §§ 120 ff. sowie die §§ 167 ff. BGB) und dem Entnahmerecht in der offenen Han60 Wiedemann unterteilt die Rechte hingegen gar in vier Kategorien. Er unterscheidet von den personenrechtlichen und vermögensrechtlichen Elementen die Informations- und Kontrollrechte der Gesellschafter sowie die verschiedenen Schutzbefugnisse, vgl. Wiedemann, Gedanken zur Mitgliedschaft und zu den mitgliedschaftlichen Rechtsverhältnissen, in: Festschrift für Wulf Goette, S. 617 (619). 61 Siehe nur Habersack, Die Mitgliedschaft, S. 100. 62 Huber, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Personalgesellschaften des Handelsrechts, S. 2 ff. Dieser Umstand ist dem Recht der Personengesellschaften nicht exklusiv vorbehalten, sondern auch dem Kapitalgesellschaftsrecht, wenn auch in engeren Grenzen, bekannt. So ist es gerade im Aktienrecht nicht unüblich, das Stimmrecht des einzelnen Aktionärs mit der Chance auf eine höhere Dividende zu „kaufen“, vgl. §§ 139 ff. AktG („Stimmrechtslose Vorzugsaktien“). 63 Für die GbR Habermeier, in: Staudinger, BGB, 13. Aufl. 2003, § 705 Rn. 34.
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B. Der „Anteil an Personengesellschaften“
delsgesellschaft (§ 122 Abs. HGB) steht nach dem gesetzlichen Leitbild jedem Gesellschafter im Falle der Auflösung der Gesellschaft ein Anspruch auf Auszahlung eines Auseinandersetzungs- (§ 734 BGB ggf. i.V.m. § 155 HGB (i.V.m. § 161 Abs. 2 HGB)) bzw., bei bloßem Ausschluss unter Fortführung der Gesellschaft unter den übrigen Gesellschaftern, eines Abfindungsguthabens (§ 738 Abs. 1 S. 2 BGB ggf. i.V.m. § 105 Abs. 3 HGB (i.V.m. § 161 Abs. 2 HGB)) zu.64 Im Gegensatz zu den Verwaltungsrechten stehen die Vermögensrechte, vorbehaltlich einer richterlichen Inhaltskontrolle, weitgehend zur Disposition der Gesellschafter. Sie können daher vorab im Gesellschaftsvertrag oder unter Beteiligung der nachteilig betroffenen Gesellschafter, durch späteren Beschluss, gänzlich abbedungen bzw. weitgehend modifiziert werden.65 Dieser Umstand trägt den Ansprüchen der Praxis Rechnung, der insbesondere die gesetzlichen Regelungen zur Auszahlung von Gewinn sowie dem Entnahmerecht häufig missfällt. Dem Charakter eines gegenseitigen, wenn auch nicht synallagmatischen Vertrages entspricht es, dass diesen Rechten verwaltungs- und vermögensrechtliche Pflichten der Gesellschafter gegenüberstehen. Während insbesondere die Pflicht zur Teilnahme an der Geschäftsführung zur Gruppe der verwaltungsrechtlichen Pflichten zu zählen ist, handelt es sich bei der Beitragspflicht (§ 706 BGB ggf. i.V.m. § 105 Abs. 3 BGB und § 161 Abs. 2 HGB), der Nachschusspflicht für Fehlbeträge in der Liquidation (§ 735 BGB) oder bei Ausscheiden eines Gesellschafters (§ 739 BGB) sowie der persönlichen Haftung der Gesellschafter (§ 128 HGB (analog)) um Ausprägungen der vermögensrechtlichen Dimension der Mitgliedschaft. Darüber hinaus verpflichtet die allgemeine Förderpflicht jeden Gesellschafter, zu jeder Zeit im Sinne des gemeinsam vereinbarten Zweckes zu handeln. Sie ist eine Hauptpflicht der Gesellschafter und von den allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Treue- und Rücksichtspflichten zu unterscheiden, die das Handeln der Gesellschafter stets durchdringen und, sofern man sich der Begrifflichkeiten des Verwaltungsrechts bedienen möchte, das Ermessen der Beteiligten gar auf „null reduzieren“ können.66 Vermögensrechte und -pflichten bestehen nach herrschender Auffassung entgegen den Folgen, welche eine Einordnung des Personengesellschaftsvertrages als – zumindest partiell – schuldrechtlichen Vertrag gewöhnlich nach sich zieht, nicht zwischen den Gesellschaftern, sondern zwischen der aufgrund organisationsrechtlicher Elemente des Gesellschaftsvertrages in gewisser Weise verselbstständigten Gesellschaft als rechtsfähiger Gemeinschaft selbst sowie den einzelnen Mitgliedern.67 Parteien eines Rechtsstreits, der die Durchsetzung der Ansprüche der Gesellschafter gegen die Gesellschaft („Sozialverbindlichkeiten“) bzw. der Gesell64 Für die GbR Habermeier, in: Staudinger, BGB, 13. Aufl. 2003, § 705 Rn. 35; Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 145. 65 M.w.N. Kilian, in: Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, § 721 BGB Rn. 14; § 738 Rn. 16; m.w.N. Ehricke, in: EBJS, 3. Aufl. 2014, § 121 Rn. 14; § 122 Rn. 50. 66 Habermeier, in: Staudinger, BGB, 13. Aufl. 2003, § 705 Rn. 34 f.; Lutter, Theorie der Mitgliedschaft, AcP 1980, S. 84 (102 ff., 104 ff.). 67 Zur Struktur der Personengesellschaften ausführlich unten S. 140 ff.
II. Der Begriff des Gesellschaftsanteils
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schaft gegen die Gesellschafter („Sozialansprüche“) zum Gegenstand hat, sind mithin der oder die jeweils betroffene(n) Gesellschafter auf der einen, die Gesellschaft, vertreten durch die hierzu befugten (Mit-)Gesellschafter, auf der anderen Seite.68 Nur in Fällen, in denen die Grundlage des gemeinsamen Zusammenschlusses – der Gesellschaftsvertrag – Gegenstand des Rechtsstreits bildet, sollen nach überwiegender Ansicht allein die Gesellschafter Beteiligte des Verfahrens sein.69 In diesen Fällen setzt sich die schuldrechtliche Komponente des Gesellschaftsvertrages gegenüber seinen organisationsrechtlichen Elementen durch, das „personenrechtliche“ Leitbild des Personengesellschaftsrechts kommt zur Entfaltung. Aber auch dieser Grundsatz wird von den Vertretern der heutigen Gruppenlehre wie auch der Rechtsprechung nicht als unüberwindbar betrachtet.70 bb) Gesellschafterpflichten contra Einordnung als subjektives Recht Nach der herrschenden Meinung spricht der Umstand, infolge der Beteiligung in einer Personengesellschaft nicht nur Gläubiger, sondern im gleichen Maße auch Schuldner zu sein, nicht gegen die Einordnung der Mitgliedschaft als subjektives Recht. Dies entspräche ihrem vereinheitlichenden Charakter und ihrem Status als causa für die von durch sie vermittelten Rechte und Befugnisse. Die mit der Mitgliedschaft ebenfalls in der Person des Gesellschafters entstehenden Pflichten werden zwar nicht bestritten, aber als unbedeutender, von den Pflichten eines gewöhnlichen Schuldvertrages rechtsstrukturell abweichender Teilaspekt der Mitgliedschaft zugunsten einer ergebnisorientierten Dogmatik untergeordnet.71 Dass diese Einschätzung nicht vollumfänglich geteilt werden darf, zeigt bereits die Überlegung, dass es für einen Schuldner keinen Unterschied macht, ob er wegen eines Sozialanspruchs als Gesellschafter von seiner Gesellschaft oder als Käufer wegen einer Kaufpreisforderung von seinem Vertragspartner nach § 433 Abs. 2 BGB (gerichtlich) in Anspruch genommen wird. Der Schuldner wird in beiden Fällen – als Vertragspartner – zur Zahlung des entsprechenden Betrages verurteilt werden – im wirtschaftlichen Ergebnis ist das Konto des Betroffenen in dieser Höhe belastet. Die Möglichkeiten einer Unterscheidung reduzieren sich weiter, sofern ein Sozialanspruch nicht durch die „übergeordnete“ Gesellschaft, sondern im Wege der actio pro socio durch einen anderen Mitgesellschafter geltend gemacht wird. Die bloße
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Für die GbR Habermeier, in: Staudinger, BGB, 13. Aufl. 2003, § 705 Rn. 35, 37. Flume spricht insoweit von „sachgerechten“ Erwägungen, vgl. Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 128 f. 70 BGH WM 1966, 1036 (Leitsatz 1), WM 1990, 309 (Leitsatz 2) = JA 1990, 205, 206 (mit Erläuterungen durch Wienberg), NJW 2006, 2854 = ZIP 2006, 1579, Tz. 14; NJW-RR 2007, 757 = ZIP 2007, 766, Tz. 16 und 17. Habermeier, in: Staudinger, BGB, 13. Aufl. 2003, § 705 Rn. 39; Wiedemann, Gedanken zur Mitgliedschaft und zu den mitgliedschaftlichen Rechtsverhältnissen, in: Festschrift für Wulf Goette, S. 617 (623). 71 Habersack, Die Mitgliedschaft, S. 93 ff. 69
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B. Der „Anteil an Personengesellschaften“
„Dominanz“ der „gestalterischen Elemente“72 mag auf viele Mitgliedschaften zutreffen, doch kann sie nicht über die Tatsache hinweghelfen, dass durch den Eintritt in eine Gesellschaft in aller Regel auch Pflichten entstehen. Ausnahmefälle können nicht Grundlage für eine umfassende und inhaltlich in sich ruhende Rechtsdogmatik sein. Mit Beuthien73 ist festzuhalten, dass „grundsätzlich Recht Recht und Pflicht […] Pflicht“ bleibt. Ein subjektives Recht ist die aus der Beziehung einer Person zu einem Rechtsgegenstand fließende Rechtsmacht. Es „bündel[t] die in ihnen enthaltenen Befugnisse zu einem einheitlichen Zweck zusammen.“74 Der Begriff des subjektiven Rechts ist nach heute überwiegender Ansicht zwar kaum abschließend zu beschreiben, gibt es doch stets anerkanntermaßen subjektive Rechte, die von den verschiedenen Definitionsansätzen nicht erfasst werden können.75 Von diesem Umstand kann aber nicht ohne weiteres abgeleitet werden, die Mitgliedschaft sei ein subjektives Recht sui generis76. Das verdeutlicht ein Vergleich mit anderen, unstrittig subjektiven Rechten: Im Falle des Eigentums ist die maßgebliche Beziehung das Verhältnis des Eigentümers zu einem Gegenstand. Die in diesem Verhältnis zusammengefasste, bestimm- und abgrenzbare Rechtsmacht – die Nutzungs- und Ausschließungsrechte des Eigentümers – ist Grundlage des subjektiven Rechts „Eigentum“. Sie gebührt allein dem Eigentümer.77 Überträgt man diesen Gedanken auf die Mitgliedschaft, kann allein die Tatsache, Partei eines gesellschaftlichen Rechtsverhältnisses zu sein, Anknüpfung für die rechtliche Beziehung sein, aus der sich die das subjektive Recht konstituierende Rechtsmacht ergibt. Anders als im Falle des Eigentums wird der Inhalt dieser Rechtsbeziehung vom Gesetz jedoch nicht abschließend determiniert. Das ist auch gar nicht möglich, ergibt sich doch erst aus dem Inhalt des konkreten Gesellschaftsvertrages, welche Rechte dem Gesellschafter zukommen. Die Tatsache, Vertragspartei zu sein, ist ein Reflex des Umstandes, einen – im Falle des Gesellschaftsvertrages: mehrdimensionalen – Vertrag abgeschlossen zu haben. Hieraus resultieren indessen auch stets Verbindlichkeiten des einzelnen Gesellschafters, die mit der Vertragsstellung ebenfalls in einem unüberwindbaren Konnex stehen. Diese zu ignorieren, heißt die Vertragsbeteiligung als relevanten Anknüpfungspunkt aufzuspalten. Die Annahme, die Mitgliedschaft sei ein subjektives Recht, lässt sich mit diesem Verständnis des subjektiven Rechts als einer aus 72
Habersack, Die Mitgliedschaft, S. 75 ff., 99. Beuthien, Zur Mitgliedschaft als Grundbegriff des Gesellschaftsrechts, in: Festschrift für Herbert Wiedemann, S. 756 (758). 74 Larenz/Wolf/Neuner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 11. Aufl., § 19 Rn. 21. 75 M.w.N. Larenz/Wolf/Neuner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 11. Aufl., § 20 Rn. 4 ff. 76 So aber Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 127; Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/2, S. 258; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 549; K. Schmidt, Das Recht der Mitgliedschaft: Ist „korporatives Denken“ passé?, ZGR 2011, S. 108 (114 f.); Lutter, Theorie der Mitgliedschaft, AcP 1980, S. 84 (102). 77 Larenz/Wolf/Neuner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 11. Aufl., § 20 Rn. 9 f. 73
II. Der Begriff des Gesellschaftsanteils
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einer bestimmten Beziehung fließenden Rechtsmacht daher nicht widerspruchsfrei vereinbaren. Die herrschende Meinung beruht, wie schon Hadding78 und Beuthien79 herausgearbeitet haben, auf einer Gleichsetzung der Stellung in einem Rechtsverhältnis, d. h. der Eigenschaft, Partei des Gesellschaftsvertrages zu sein, mit der Summe der sich aus diesem Rechtsverhältnis ableitbaren Rechte. Diese Grundprämisse ist grundlegend abzulehnen: Schließt Käufer K mit Verkäufer V einen Kaufvertrag ab, wird er mit Abschluss des Rechtsverhältnisses zunächst Vertragspartei genau jenes Vertrages. Zwar werden die schuldrechtlichen Beziehungen im Rahmen eines Kaufvertrages nicht durch organisationsvertragliche Elemente in irgendeiner Weise „verselbstständigt“. Die grundsätzliche Systematik hinsichtlich der Stellung der Vertragspartner eines Kaufvertrages und den Mitgliedern einer Personengesellschaft ist indessen identisch. Durch den Vertragsabschluss nimmt der Käufer die vom Gesetz genau vordefinierte Stellung des Käufers ein (vgl. § 433 BGB). Aus diesem Umstand resultiert nun sowohl sein Recht, von V die Übergabe und Übereignung der Kaufsache zu verlangen (§ 433 Abs. 1 S. 1 BGB), als auch die Pflicht, eine im Vertrag festlegte Gegenleistung zu erbringen (§ 433 Abs. 2 BGB). Niemand käme in diesem Beispiel ernsthaft auf die Idee, die Beteiligung des K als Vertragspartei als ein nach § 413 BGB i.V.m. §§ 398 ff. BGB abtretbares, subjektives Recht zu verstehen. In diesen Fällen ist man sich einig, dass das richtige Mittel zur geschlossenen Übertragung aller dem K zustehenden Rechte und ihn treffenden Pflichten auf eine bisher unbeteiligte Person allein die Vertragsübernahme im Sinne der §§ 414 ff. BGB darstellt. Der Übernehmende nimmt die Stellung im Rechtsverhältnis ein, die K zuvor innehatte. Ohne Zustimmung des V kann K allein über den aus dem Kaufvertrag erwachsenden Anspruch auf Übergabe und Übereignung der Kaufsache im Wege der Abtretung (§§ 398 ff. BGB) verfügen. Dieser isolierte Anspruch ist unzweifelhaft als subjektives Recht einzuordnen. Es muss also streng zwischen der Stellung als Vertragspartei und den aus dem Schuldverhältnis resultierenden Rechten unterschieden werden. Überträgt man diese kaum bestreitbaren Grundsätze auf das Gesellschaftsrecht, ist die herrschende Lehre und Rechtsprechung nicht durchhaltbar.80 Mitglied einer Gesellschaft zu sein heißt zunächst einmal, Beteiligter eines umfassenden Rechtsverhältnisses zu sein, aus dem neben Rechten auch zahlreiche gesellschaftsrechtliche Pflichten entstehen. Während es sich bei den einzelnen, konkretisierten Ansprüchen der Gesellschafter unzweifelhaft um subjektive Rechte handelt, bezeichnet die Mitgliedschaft selbst nur den Umstand, die Stellung eines Gesellschafters eingenommen zu haben. Dessen rechtliche Bewertung darf sodann den damit verbundenen 78
Hadding, Verfügungen über Mitgliedschaftsrechte, in: Festschrift für Ernst Steindorff, S. 31 (35 ff.). 79 Beuthien, Zur Mitgliedschaft als Grundbegriff des Gesellschaftsrechts, in: Festschrift für Herbert Wiedemann, S. 756 (757 ff.). 80 So auch Weick, in: Staudinger, BGB, Bearbeitung 2005, § 38 Rn. 25.
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B. Der „Anteil an Personengesellschaften“
Pflichtenkatalog der Gesellschafter nicht einfach aussparen. Gegen diese unpopuläre Annahme lässt sich nicht anführen, auch andere subjektive Rechte verpflichteten ihren Inhaber auf mannigfaltige Weise, bei denen die Einordnung als subjektives Recht nicht zur Debatte stehe. So müssen Eigentümer stets dafür sorgen, dass von ihrem Eigentum keine Gefahren für Dritte ausgehen, vgl. nur § 903 S. 1 BGB. Hierbei handelt es sich jedoch nicht um die Folgen des Abschlusses eines Verpflichtungsgeschäfts, sondern lediglich um unselbstständige Nebenpflichten, die zwar an das Eigentum anknüpfen, ihre innere Rechtfertigung aber aus äußeren Wertungen und Abwägungen erlangen. Nicht das Eigentum ist Rechtsgrund für die Pflicht zum rücksichtsvollen Umgang mit der Sache und der Prävention sowie Abwehr von Schäden an Dritten, sondern die Schutzbedürftigkeit und berechtigten Interessen eben jener Dritten. Diese Folgen sind keinesfalls auf das Eigentum im Sinne des § 903 S. 1 BGB beschränkt, sondern erfassen nach Art. 14 Abs. 2 S. 1 BGB alle absoluten wie auch relativen Rechte.81 cc) Insbesondere: Systematik des § 566 BGB sowie § 613a BGB als gesetzlich geregelte Fälle eines Wechsels von Vertragsparteien Bestätigung findet das zuvor herausgearbeitete Ergebnis in anderen gesetzlichen Kontexten, nämlich dem Miet- sowie dem Dienstvertragsrecht.82 Nach § 566 tritt im Falle der Veräußerung vermieteten Wohnraums „der Erwerber anstelle des Vermieters in die sich während der Dauer seines Eigentums aus dem Mietverhältnis ergebenden Rechte und Pflichten ein.“ Bei § 566 BGB handelt es sich um die gesetzliche Regelung zur Übertragung einer spezifischen Rechtstellung („Vermieterdasein“), die ihren Grund in einem (schuldrechtlichen) Vertragsverhältnis hat (Mietvertrag). Im Grunde kann man jene Norm ohne weiteres als einen Fall der gesetzlichen Vertragsübernahme betrachten: Der veräußernde Alteigentümer geht seiner vertraglichen Stellung im Mietvertrag mit dem Mieter, aus der ein Bündel an Rechten und Pflichten hervorgeht, verlustig, die im Gesamten auf den Neueigentümer übergeht. Diese Fallgruppe wäre im Rahmen eines gewillkürten Austauschs von Vertragsparteien originärer Anwendungsfall der Vertragsübernahme. Der BGH lehnt jene Einordnung freilich ab. Nach seiner Auffassung83 handelt es sich bei § 566 BGB weder um eine Vertragsübernahme noch um eine gesetzliche Abtretung eines subjektiven Rechts, sondern um die gesetzliche Anordnung des Neuabschlusses 81
Vgl. nur die Orientierungssätze 1a und 1b des Urteils BVerfGE 112, 93 = NJW 2005, 879; Gröpl, in: Studienkommentar GG, 3. Aufl. 2017, Art. 14 Rn. 25. 82 Daneben ist auch in § 95 VVG ein Fall der gesetzlichen Vertragsübernahme bei Sachversicherungen geregelt. Nach § 95 Abs. 1 VVG tritt der Erwerber einer versicherten Sache in die „aus dem Versicherungsverhältnis sich ergebenden Rechte und Pflichten des Versicherungsnehmers ein.“ 83 BGH NJW 1989, 451 = DB 1989, 623; BGH NJW 2000, 2346 = NZM 2000, 711, 712; BGHZ 166, 125 = BGH NJW 2006, 1800, Tz. 14; BGH NJW 2012, 1881 = NZM 2012, 638 Tz. 17; BGH 202, 354 = NJW 2014, 3775, Tz. 10; BGH NJW-RR 2015, 264 = NZM 2015, 79, Tz. 41. Zustimmend u. a. Oechsler, Vertragliche Schuldverhältnisse, S. 632.
II. Der Begriff des Gesellschaftsanteils
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eines inhaltsgleichen Mietvertrages zwischen Grundstückserwerber und dem bisherigen Mieter. Mit Ausnahme der mit der klaren zeitlichen Zäsur einhergehenden gesteigerten Transparenz84 werden überzeugende Gründe für diese Annahme nicht genannt.85 Die wohl überwiegende Literaturmeinung86 möchte § 566 BGB daher tatsächlich als einen gesetzlichen Fall der (zeitlich begrenzten87) Vertragsübernahme verstehen. Letztere Auffassung entspricht nicht nur den tatsächlichen Vorstellungen der Parteien, sondern vermeidet Probleme hinsichtlich der Begründung der Rechtsfolgen und ist zudem in den auf § 566 BGB aufbauenden §§ 566c und 566d BGB angelegt.88 Sinngemäß gilt zuvor Gesagtes auch für § 613a BGB. In der zugrunde liegenden Sachverhaltskonstellation der Veräußerung eines Betriebs bzw. Betriebsteils tritt der neue Inhaber „in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs bestehenden Arbeitsverhältnissen ein.“ Im Gegensatz zu § 566 BGB geht der BGH übereinstimmend mit der Literatur89 hier ebenfalls von einer Vertragsübernahme bzw. einem Vertragseintritt aus.90 Der Erwerber des Betriebes nimmt die Vertragsstellung des vorherigen Inhabers zu den einzelnen Arbeitnehmern umfassend ein, er wird kraft Gesetzes zu deren Arbeitgeber. § 566 BGB und § 613a BGB bezeugen, dass der Übergang einer spezifischen Stellung in einem schuldrechtlichen Vertragsverhältnis nach dem Willen des Gesetzgebers im Wege der Vertragsübernahme erfolgt. Zwar handelt es sich hierbei um Fälle eines gesetzlichen und nicht eines auf privatautonomer Entscheidung beruhenden Übergangs, doch sind die dahinterstehenden Erwägungen identisch. Sowohl unmittelbar bei Übertragung einer Mitgliedschaft als auch mittelbar durch Übertragung vermieteten Wohnraums bzw. eines Betriebes steht nicht der Übergang einzelner Forderungen, sondern ein Wechsel in der Person eines Beteiligten eines 84 BGH NJW 1988, 705, 706 = JZ 1988, 105; BGH NJW 1989, 451 = DB 1989, 623; BGH NJW 2005, 1187 = NZM 2005, 253; BGH NJW 2012, 2032 = NZM 2012, 681, Tz. 32 ff.; BGHZ 202, 354 = NJW 2014, 3775, Tz. 13. 85 Vgl. hierzu Häublein, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2016, § 566 Rn. 23, 30 ff. 86 Häublein, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2016, § 566 Rn. 23; Teichmann, in: Jauernig, BGB, 16. Aufl. 2015, § 566 Rn. 3; Emmerich, in: Staudinger, BGB, Bearbeitung 2018, § 566 Rn. 5; zu den Auswirkungen der unterschiedlichen Ansätze vgl. § 566 Rn. 37 f.; Oetker, Vertragliche Schuldverhältnisse, 4. Aufl., S. 416; Looschelders, Schuldrecht, 13. Aufl., S. 197; Brox/Walker, Schuldrecht, 41. Aufl., § 12 Rn. 5 und 6; Dötsch, Der „Baukostenzuschuss“ und sonstige Mietvorauszahlungen in Veräußerungskonstellationen, NZM 2012, S. 296 (297); Derleder/ Bartels, Der Vermieterwechsel bei der Wohnraummiete, JZ 1997, S. 981 (984). 87 Derleder/Bartels, Der Vermieterwechsel bei der Wohnraummiete, JZ 1997, S. 981 (984). 88 Emmerich, in: Staudinger, BGB, Bearbeitung 2018, § 566 Rn. 5; Teichmann, in: Jauernig, BGB, 16. Aufl. 2015, § 566 Rn. 3; Mansel, in: Jauernig, BGB, 16. Aufl. 2015, § 613a Rn. 6; Derleder/Bartels, Der Vermieterwechsel bei der Wohnraummiete, JZ 1997, S. 981 (984). 89 Annuß, in: Staudinger, BGB, 2016. Aufl. 2016, § 613a Rn. 3; Müller-Glöge, in: MüKo BGB, 6. Aufl. 2012, § 613a Rn. 8; Zöllner/Loritz u. a., Arbeitsrecht, 7. Aufl., § 23 Rn. 23. 90 BGH NJW 1987, 2874 = ZIP 1987, 800, 801; BGH NJW 2006, 1792 = WM 2006, 1262, Tz. 18 („tritt dieser […] in die Rechte und Pflichten […] des Arbeitsverhältnisses ein“).
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B. Der „Anteil an Personengesellschaften“
spezifischen Rechtsverhältnisses zur Disposition. Für diese Fälle kennt das Gesetz, zumindest im Rahmen der erweiterten Auslegung der §§ 414 ff. BGB91, das Institut der Vertragsübernahme, welches in § 566 BGB bzw. § 613a BGB nach richtiger Auffassung folgerichtig ebenfalls zur Anwendung kommt. Die Annahme des gesetzlichen Übergangs eines subjektiven Rechts im Rahmen des Miet- bzw. Arbeitsvertragsrechts widerspricht hingegen offensichtlich den tatsächlichen Vorstellungen und allgemeinen Prinzipien unserer Rechtsordnung. dd) Mitgliedschaft als Bezeichnung einer Vertragszugehörigkeit („Stellung“) Ist die Mitgliedschaft in einer Gesellschaft nach dem zuvor Gesagten kein nach § 398 ff. BGB übertragbares, subjektives Recht,92 bleibt zu klären, welchen rechtlichen Bedeutungsgehalt sie denn tatsächlich aufweist. Jedes Mitglied ist, wie zuvor gesehen, (auch) Beteiligter eines mehrdimensionalen (Gesellschafts-)Vertrages. Jeder Gesellschafter ist Teil eines Rechte und Pflichten umfassenden Rechtsgebildes, im welchem einerseits rechtliche Beziehungen zwischen den einzelnen Gesellschaftern, andererseits zwischen Gesellschaftern und Gesellschaft als der daraus konstituierten, übergeordneten Einheit existieren. Die Mitgliedschaft kennzeichnet damit zuallererst das Mitglied gegenüber Außenstehenden als Beteiligten einer solchen rechtlichen Organisationsstruktur. Unter diesem Gesichtspunkt lassen sich noch keine konkreten Rechte und Pflichten des Mitglieds gegenüber der Gesellschaft bzw. seinen Mitgesellschaftern ableiten. Die Mitgliedschaft kennzeichnet allerdings abstrakt das Potenzial einer Person, Träger von spezifisch gesellschaftlichen Rechten und Pflichten zu sein.93 Diese müssen für jede Mitgliedschaft unter Berücksichtigung des konkreten Gesellschaftsvertrages, der ergänzenden (vgl. § 109 HGB) gesetzlichen Regelungen und der individuellen Umstände des jeweiligen Gesellschafters für den Einzelfall konkretisiert werden. Aufgrund letzteren Gesichtspunktes können zwei Mitglieder, deren Rechtsstellung nach der vertraglichen Grundlage und dem Gesetz identisch ausgestaltet sind, unterschiedliche Pflichten bzw. Rechte gegenüber den Mitgesellschaftern und der Gesellschaft haben. Von der Ablehnung einer Einordnung der Mitgliedschaft als subjektives Recht unberührt bleibt die Frage ihrer Subsumtion unter den Rechtsbegriff des „sonstigen Rechtes“ nach § 823 Abs. 1 BGB. Hierunter werden nach allgemeiner Auffassung all 91
Umfassend hierzu Rieble, in: Staudinger, BGB, 2017. Aufl. 2017, § 414 Rn. 117 ff. So auch Hadding, Ergibt die Vereinsmitgliedschaft „quasi-vertragliche“ Ansprüche, „erhöhte Treue- und Förderpflichten“ sowie ein „sonstiges Recht“ im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB? – Besprechung der Entscheidung BGHZ 110, 323, in: Festschrift für Alfred Kellermann, S. 91 (103 f.); Wiedemann, Die Personengesellschaft – Vertrag oder Organisation?, ZGR 1996, S. 286 (296); Beuthien, Zur Mitgliedschaft als Grundbegriff des Gesellschaftsrechts, in: Festschrift für Herbert Wiedemann, S. 756 (756). 93 So auch Hadding, Die Mitgliedschaft in handelsrechtlichen Personalgesellschaften – Ein subjektives Recht?, in: Festschrift für Rudolf Reinhard, S. 249 (262). 92
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jene Rechtspositionen verstanden, die vergleichbar den ersten fünf Alternativen des § 823 Abs. 1 BGB Züge eines absoluten Rechts aufweisen. Dies erfordert grundsätzlich, dass die geschützte Position ihrem Inhaber Nutzungs- und Zuordnungsrechte („positive Rechtsmacht“) und zugleich die Befugnis zur Abwehr unzulässiger Eingriffe Dritter („negative Rechtsmacht“) verleiht.94 Versteht man die Mitgliedschaft zunächst als bloße Bezeichnung der Rechtsstellung in einem Vertrag, ohne unmittelbar rechtliche Befugnisse zu verleihen, wäre die „Eigentumsähnlichkeit“ im Sinne der allgemein zu § 823 Abs. 1 Alt. 6 BGB vertretenen Dogmatik nicht gegeben. Das schadet allerdings nicht, hat der BGH die üblicherweise geforderten Anforderungen doch auch in anderen Sachverhalten bereits gelockert: Der räumlichgegenständliche Bereich der Ehe95 wie auch die Figur des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebs96 lassen sich nur schwerlich unter den Begriff des „sonstiges Rechtes“, wie er von der Rechtsprechung und herrschenden Meinung im Normalfall verstanden wird, subsumieren. Deliktischen Schutz genießen demnach seit jeher auch sonstige, nicht mit den § 823 Abs. 1 Alt. 1 – 5 BGB vergleichbare, „besonders sozialwert zu achtende Rechtsstellungen“.97 Dieser Gedanke lässt sich ohne weiteres auf die Mitgliedschaft übertragen: Erst die Beteiligung in Gesellschaften, ein allgegenwärtiges Phänomen unserer Gesellschaft und aus dem modernen Wirtschaftsleben nicht mehr wegzudenken, ermöglicht es erst vielen Personen, die von der Rechtsordnung potenziell eröffnete Freiheit vollständig auszunutzen. Der Zusammenschluss zu einer Gesellschaft ist häufig die einzige Möglichkeit, im Rechtsverkehr wirtschaftlich in einem größeren Rahmen aufzutreten. Mitgliedschaften fallen mithin, wie auch der räumlich-gegenständliche Bereich und der eingerichtete und ausgeübte Gewerbebetrieb, ohne weiteres unter die Kategorie „sozialwert zu achtender Rechtsstellungen“. Sie verdienen als angreifbares Phänomen unseres täglichen Lebens den Schutz durch das Gesetz, in concreto des Deliktsrechts als gesetzliches System zum außervertraglichen Schadensausgleich im deutschen Recht.98 Die Einordnung als subjektives Recht ist hierfür freilich nicht erforderlich.
94 M.w.N. Wagner, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2017, § 823 Rn. 265; Teichmann, in: Jauernig, BGB, 16. Aufl. 2015, § 823 Rn. 12. 95 BGHZ 6, 360 f.; BGH NJW 2014, 1243 = MDR 2014, 611, Tz. 10; m.w.N. Wagner, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2017, § 823 Rn. 299. 96 BGHZ 45, 296, 307; 138, 311; BGH ZIP 2014, 1591 = NJW-RR 2014, 1508, Tz. 12; BAG NJW 2016, 666, Tz. 35 f.; aktuell unter weiter Auslegung des Schutzbereichs des eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetriebes LG Erfurt, Urteil v. 25. 02. 2016, Az. 1 S 107/15, Tz. 13; m.w.N. Wagner, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2017, § 823 Rn. 316 f. 97 Beuthien, Zur Mitgliedschaft als Grundbegriff des Gesellschaftsrechts, in: Festschrift für Herbert Wiedemann, S. 756 (765). 98 Wagner, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2017, § 823 Rn. 1 ff.; Larenz/Canaris, Lehrbuch des Schuldrechts, 13. Aufl., S. 350 ff.; grundlegende Untersuchung: Jansen, Die Struktur des Haftungsrechts.
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B. Der „Anteil an Personengesellschaften“
c) Zwischenfazit Es liegt auf der Hand, dass die Anerkennung der Mitgliedschaft als subjektives Recht und, damit einhergehend, der Gleichsetzung von Gesellschaftsanteil und Mitgliedschaft nachvollziehbaren Zwecken dient, denn auf diese Weise wird eine den Bedürfnissen der Praxis entsprechende Rechtslage konstruiert. Allein durch Anerkennung einer einfachen, wenn auch zustimmungsbedürftigen Übertragung der Gesellschaftsbeteiligung durch zweiseitiges Rechtsgeschäft zwischen Veräußerer und Erwerber kann den Anforderungen eines modernen Gesellschaftsrechts entsprochen werden. Dieses hat sich schließlich in der tatsächlichen Ausgestaltung und Wahrnehmung vielfach von den im Gesetz angelegten Leitvorstellungen entfernt: Die Persönlichkeiten der Gesellschafter treten vielfach in den Hintergrund, während eine den Kapitalgesellschaften entsprechende Kapitalisierungsfunktion unter Inanspruchnahme steuerrechtlicher Privilegierungen die innere wie äußere Verbandsrealität dominiert. Die Annahme, eine Übertragung der Mitgliedschaft müsse auch in diesen Fällen im Wege der Vertragsübernahme erfolgen, erscheint regelrecht anachronistisch. Indessen gerät dieser ergebnisorientierte Ansatz wie gesehen in einen unüberwindbaren Konflikt mit allgemeinen Rechtsgrundsätzen. Die Mitgliedschaft in Personengesellschaften ist entgegen der herrschenden Lehre und Rechtsprechung kein als solches übertragbares, subjektives Recht, sondern bezeichnet allein den Umstand, Teil eines Gesellschaftsverhältnisses zu sein, d. h. eine spezifische Vertragsstellung. Aufgrund des den einzelnen Gesellschafter treffenden Pflichtenkatalogs, der seinen Rechtsgrund wie die Gesellschafterrechte in der Mitgliedschaft hat, kann die Mitgliedschaft nicht ohne weiteres im Wege der Abtretung nach den §§ 413, 398 ff. BGB übertragen werden. Diese Folgerungen müssen folgerichtig auch auf die Handhabung des Gesellschaftsanteils angewendet werden, sofern man diesen mit der Rechtsprechung und der herrschenden Ansicht in der Literatur als reines Synonym zur Mitgliedschaft verwenden möchte. Ohne ausdrückliche Grundlage im Gesetz verbietet es sich, aufgrund der Nutzung einer rein terminologischen Spielerei, den wahren rechtlichen Charakter der Mitgliedschaft zu verdunkeln. Die Gleichsetzung von Gesellschaftsanteil und Mitgliedschaft stößt an die Grenzen des sachenrechtlichen numerus clausus bzw. des im deutschen Recht geltenden Typenzwangs, denn dieser bezieht sich nicht nur auf den „Wesensgehalt“ der einzelnen dinglichen (subjektiven) Rechte, sondern auch auf die Regeln ihrer Übertragung.99 2. Alternative Ansätze zur rechtlichen Aufarbeitung des „Gesellschaftsanteils“ Neben der Auffassung der herrschenden Lehre sowie der Rechtsprechung haben sich im Rahmen der Frage nach der rechtlichen Determination von „Gesell99
Seiler, in: Staudinger, BGB, Bearbeitung 2012, Einleitung zum Sachenrecht Rn. 33, 40.
II. Der Begriff des Gesellschaftsanteils
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schaftsanteilen“ abweichende Lösungsansätze herausgebildet, die sich von der pauschalen Gleichsetzung mit der Mitgliedschaft gelöst haben und im Folgenden aufgearbeitet werden sollen. Zum Teil auf den hier verankerten Ideen aufbauend wird abschließend der Versuch unternommen, Inhalt der Gesellschaftsanteile sowie deren Verhältnis zur Mitgliedschaft im hier verstandenen Sinne neu zu justieren. a) Der Gesellschaftsanteil als Teilausschnitt der Mitgliedschaft aa) Überblick Bippus hat im Rahmen einer Untersuchung zur Einheitlichkeit der Mitgliedschaft100 auch zum Begriff und der Bedeutung des Geschäftsanteils Stellung genommen. Nach ihrer Auffassung muss entgegen der herrschenden Lehre sowie Rechtsprechung streng zwischen der Mitgliedschaft und dem „Gesellschaftsanteil“ bzw. der „Beteiligung“ des Gesellschafters unterschieden werden. Im Außenverhältnis stehe die Mitgliedschaft zunächst für den Status einer Person, Teil einer übergeordneten rechtlichen Organisation, d. h. eines Gesellschaftsverhältnisses zu sein. Sie selbst gebe keine Auskunft über die tatsächlichen Rechte und Pflichten des einzelnen Mitglieds, sondern bezeichne allein die auch im Außenverhältnis wahrnehmbare Tatsache, Mitglied einer Gesellschaft zu sein. Gegenüber Dritten beschränke sich ihre Bedeutung demnach auf die Beantwortung der Frage, „ob“ jemand Teil einer gewillkürten Personenvereinigung sei. Im Innenverhältnis gelte Entsprechendes, denn die Mitgliedschaft soll nach Auffassung Bippus’ auch gegenüber den Mitgesellschaftern als rein abstrakte Rechtsgrundlage der einzelnen Gesellschafter zu verstehen sein, die keinerlei Auskunft über ihren Inhalt, d. h. die durch sie begründeten Rechte und Pflichten gibt. Die Mitgliedschaft ist demnach einerseits Statusumschreibung, andererseits nicht entziehbares Stammrecht.101 Der Gesellschaftsanteil entstehe nach Bippus als unselbstständiger Teilaspekt der Mitgliedschaft mit dem Eintritt in die Gesellschaft, sei mithin unselbstständige Folgeerscheinung der Mitgliedsstellung. Er sei „materielle[r] Ausdruck der Mitgliedschaft und bezeichne die Teilhabe des Mitglieds an den Mitverwaltungs- und Vermögensrechten“102. Der Gesellschaftsanteil, nicht die Mitgliedschaft, enthalte den konkreten Rechte- und Pflichtenkatalog jedes Mitglieds für das Innenverhältnis. Er konkretisiere die zwischen den Gesellschaftern wie auch gegenüber dem Verband bestehenden Rechte und Pflichten jedes Mitglieds. Da dieser Katalog im Gegensatz zur Mitgliedschaft frei gestaltbar sei, könne im Fall der qualitativen Abweichung auch zwischen verschiedenen Geschäftsanteilen einer einheitlichen Mitgliedschaft 100 Bippus, Einheitlichkeit der Mitgliedschaft und Selbstständigkeit der Beteiligung in der Personengesellschaft, AcP 195 (1995), S. 13. 101 Bippus, Einheitlichkeit der Mitgliedschaft und Selbstständigkeit der Beteiligung in der Personengesellschaft, AcP 195 (1995), S. 13 (23). 102 Bippus, Einheitlichkeit der Mitgliedschaft und Selbstständigkeit der Beteiligung in der Personengesellschaft, AcP 195 (1995), S. 13 (22).
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B. Der „Anteil an Personengesellschaften“
unterschieden werden. Der Gesellschaftsanteil ist hiernach der materiellrechtliche Kern jeder Mitgliedschaft und bestimmt den tatsächlichen wirtschaftlichen „Wert“ einer Gesellschaftsbeteiligung. Dies gilt nach Ansicht Bippus’ nicht nur für den Gesellschaftsanteil in einer Personengesellschaft, sondern auch für das Verhältnis der Mitgliedschaft zum „Geschäftsanteil“ in einer GmbH.103 bb) Rechtliche Bewertung Das von Bippus angenommene Verhältnis von Gesellschaftsanteil und Mitgliedschaft kann unter Berücksichtigung der damit verbundenen Rechtsfolgen indessen nicht überzeugen. Die Unterscheidung der Mitgliedschaft von dem durch diese vermittelten Gesellschaftsanteil mag einen (bedingt) tauglichen Ansatz für die Erklärung des Grundsatzes der Einheitlichkeit der Mitgliedschaft im Personengesellschaftsrecht darstellen, überfrachtet indes ohne Not das rechtliche Verständnis von der Mitgliedschaft bzw. des Geschäftsanteils in unzumutbarer Weise. Es fragt sich schon, was nach Bippus’ Ansatz Gegenstand einer, auch nach ihrer Ansicht ohne weiteres möglichen, Verfügung104 über die Gesellschaftsbeteiligung bzw. Zugriffsobjekt von Gesellschaftergläubigern sein soll. Die Annahme, die „Beteiligung“ bzw. der „Gesellschaftsanteil“ sei tauglicher Verfügungsgegenstand, geht fehl, ist dessen Entstehung nach ihrer Ansicht doch Folge und nicht Voraussetzung der Mitgliedsstellung. Soll hingegen die Mitgliedschaft als Stammrecht des Gesellschafters maßgeblicher Gegenstand einer Übertragung sein, muss das zunächst einheitliche Stammrecht „Mitgliedschaft“ zumindest für eine logische Sekunde aufgeteilt und der abzutretende Teil mit dem zu übertragenden bzw. belastenden Gesellschaftsanteil verknüpft werden, um der abstrakten Rechtsgrundlage einen materiellen Sinngehalt zu geben. Das erkennt Bippus105 auch selbst. Dann aber leuchtet nicht ein, warum zwei sich im Rechte- und Pflichtenkatalog unterscheidenden Beteiligungen an derselben Gesellschaft nicht auf Ebene der Mitgliedschaft, sondern erst auf der darunterliegenden, durch die Mitgliedschaft vermittelten Stufe des „Gesellschaftsanteils“ differenziert werden sollen. Noch deutlicher wird dieser Widerspruch im Fall des Zugriffs eines Gesellschaftergläubigers auf die Gesellschaftsbeteiligung: Anknüpfungspunkt kann auch hier nur das einheitliche Stammrecht „Mitgliedschaft“ sein. Hat nunmehr der Schuldner mehrere Gesellschaftsbeteiligungen im Sinne Bippus’ unter seiner Mitgliedschaft vereint – mit anderen Worten: ist die Mitgliedschaft (abstrakte) Rechtsgrundlage für verschiedene Rechte- und Pflichtenkataloge –, muss es zwangsweise zu einer Aufteilung der Mitgliedschaft kommen, um den Gläubigerzugriff auf einen bestimmten Gesellschaftsanteil zu beschränken. Ist 103 Bippus, Einheitlichkeit der Mitgliedschaft und Selbstständigkeit der Beteiligung in der Personengesellschaft, AcP 195 (1995), S. 13 (23 f.). 104 Bippus, Einheitlichkeit der Mitgliedschaft und Selbstständigkeit der Beteiligung in der Personengesellschaft, AcP 195 (1995), S. 13 (26). 105 Bippus, Einheitlichkeit der Mitgliedschaft und Selbstständigkeit der Beteiligung in der Personengesellschaft, AcP 195 (1995), S. 13 (28).
II. Der Begriff des Gesellschaftsanteils
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eine solche Aufteilung der Mitgliedschaft mit anschließender Verknüpfung zum jeweiligen Gesellschaftsanteil aber zwingend notwendig, stellt sich die berechtigte Frage, wieso der konkrete Rechte- und Pflichtenkatalog nicht bereits von der Mitgliedschaft bestimmt wird.106 Insofern handelt es sich bei Bippus’ Ansatz um eine ergebnisorientierte Dogmatik, welche in sich zwar schlüssig erscheint, die Handhabung des (Personen-)Gesellschaftsrechts aber ohne Not weiter erschwert. Auch widerspricht ihr Ansatz der nunmehr im Gesetz vorgesehenen Terminologie des Gesetzgebers. Nach Ansicht Bippus’ ist ihr Ansatz nicht auf das Personengesellschaftsrecht beschränkt, sondern auf das Recht der GmbH, in concreto das Verhältnis von Mitgliedschaft und „Geschäftsanteil“ im Sinne der §§ 5, 13 f. GmbHG übertragbar.107 Ausweislich des Wortlauts des § 15 Abs. 1 GmbHG sind die „Geschäftsanteile“ an einer GmbH veräußerlich und vererblich. Wenn aber der Geschäftsanteil nur mittelbare Folge der Mitgliedsstellung sein soll, fragt sich, wie diese mittelbare Folge ohne das sie vermittelnde Element – die Mitgliedschaft – übertragen werden soll. Dem entspricht auch der Wortlaut des heutigen § 14 S. 1 GmbHG, der den Geschäftsanteil an einer GmbH als etwas Umfassendes versteht: Der „Geschäftsanteil“ vergegenständlicht die Mitgliedschaft in einer GmbH.108 Der Gesetzgeber selbst geht von einer „Manifestation der Mitgliedschaft“109 durch den Geschäftsanteil aus. Auch lässt sich Bippus’ These nicht zweifelsfrei aus dem Wortlaut des § 14 GmbHG a.F. ableiten. Vielmehr muss diese Norm im Zusammenhang mit dem im Vergleich zur heutigen Vorschrift wortgleichen § 15 Abs. 1 GmbHG a.F. gelesen werden. Nach Bippus’ These müsste zwischen einem „äußeren“ Geschäftsanteil im Sinne der §§ 14 ff. GmbHG, der Mitgliedschaft als bloße Statusumschreibung im Außen- und abstrakter Rechtsgrundlage im Innenverhältnis sowie einem „inneren“ Geschäftsanteil bzw. einem Gesellschaftsanteil, der die konkreten Rechte und Pflichten jedes Mitglieds ausformt, unterschieden werden. Diese Unterscheidung ist im GmbHG jedoch an keiner Stelle angelegt und wäre darüber hinaus wenig zweckdienlich.
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So (wohl auch) Söring, Die Zulässigkeit der Mehrfachbeteiligung an einer Personengesellschaft, S. 19. 107 Bippus, Einheitlichkeit der Mitgliedschaft und Selbstständigkeit der Beteiligung in der Personengesellschaft, AcP 195 (1995), S. 13 (23). 108 So dann auch die ü.A. Vgl. statt vieler Reichert/Weller, in: MüKoGmbH, 3. Aufl. 2018, § 14 Rn. 7 ff.; Geschäftsanteil als verkörperte Mitgliedschaft: Verse, in: Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, § 14 GmbHG Rn. 33. 109 So Söring hinsichtlich der „Beteiligung“, in: Die Zulässigkeit der Mehrfachbeteiligung an einer Personengesellschaft, S. 19.
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B. Der „Anteil an Personengesellschaften“
b) Gesellschaftsanteil als organisationsvertragliche Rechtsstellung nach Beuthien aa) Überblick Ausgehend von einem der heute herrschenden Meinung widersprechenden Verständnis von der Mitgliedschaft in privatrechtlichen Personenvereinigungen dient der Gesellschaftsanteil an einer Personengesellschaft bzw. der Geschäftsanteil an einer GmbH nach Beuthien110 der bloßen Zusammenfassung der Rechte und Pflichten eines Gesellschafters zu einem einheitlichen Verfügungsgegenstand, sofern diese ihren Rechtsgrund in der Beteiligung in einer dieser Gesellschaftsformen haben. Beuthien trennt mithin klar zwischen der Mitgliedschaft auf der einen und dem Gesellschaftsanteil auf der anderen Seite: Nach seiner Auffassung verbietet es sich, die Mitgliedschaft als subjektives Recht zu verstehen, welches nach den §§ 398 ff. BGB im Wege der Abtretung übertragbar bzw. als einheitlicher Gegenstand der Pfändung unterworfen ist oder mit einem Nießbrauch belastet werden kann.111 Aufgrund der Mitgliedschaft entstünden zwar subjektive Rechte des Gesellschafters, doch dürften die ebenfalls hieraus resultierenden Pflichten entgegen der allgemeinen Auffassung in Literatur und Rechtsprechung nicht unberücksichtigt bleiben. Im Gegensatz zu einer einfachen Forderung aus einem gegenseitigen Schuldverhältnis, die isoliert von der verbleibenden Stellung als Vertragspartei als ein subjektives Recht übertragen werden kann, lasse sich ein „komplexer Rechts- und Pflichtengehalt nicht zu einem einzigen subjektiven Gesamtrecht verdichten“112: „Vielmehr ist grundsätzlich Recht Recht und Pflicht bleibt Pflicht.“113 Die Mitgliedschaft könne nur im Wege einer „Vertrags(stellungs)übernahme durch gesamtwirkenden Verfügungsvertrag“114 als „arteigene[.]“115 Veräußerung übertragen werden, wodurch über die Rechtsstellung insgesamt disponiert wird. In diesem Rahmen sei die Mitgliedschaft selbst kein Rechts-, aber Verfügungsgegenstand.116 110
Beuthien, Zur Mitgliedschaft als Grundbegriff des Gesellschaftsrechts, in: Festschrift für Herbert Wiedemann, S. 756. 111 Nicht die Mitgliedschaft, sondern allein die durch sie vermittelten Vermögensrechte sind hiernach einer rechtlichen Belastung durch Verwertungsrechte zugänglich, vgl. Beuthien, Zur Mitgliedschaft als Grundbegriff des Gesellschaftsrechts, in: Festschrift für Herbert Wiedemann, S. 756 (763 f.). 112 Beuthien, Zur Mitgliedschaft als Grundbegriff des Gesellschaftsrechts, in: Festschrift für Herbert Wiedemann, S. 756 (757). 113 Beuthien, Zur Mitgliedschaft als Grundbegriff des Gesellschaftsrechts, in: Festschrift für Herbert Wiedemann, S. 756 (758). 114 Beuthien, Zur Mitgliedschaft als Grundbegriff des Gesellschaftsrechts, in: Festschrift für Herbert Wiedemann, S. 756 (758). 115 Beuthien, Zur Mitgliedschaft als Grundbegriff des Gesellschaftsrechts, in: Festschrift für Herbert Wiedemann, S. 756 (767). 116 Beuthien, Zur Mitgliedschaft als Grundbegriff des Gesellschaftsrechts, in: Festschrift für Herbert Wiedemann, S. 756 (759); die ablehnende Haltung Beuthiens gegenüber der Einordnung der Mitgliedschaft als subjektives Recht hat auch Auswirkungen auf ihren Deliktsschutz.
II. Der Begriff des Gesellschaftsanteils
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Das gelte nicht nur für die Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft, sondern für alle Beteiligungen in Vereinigungen.117 Obwohl Gesellschaftsanteil bzw. der Geschäftsanteil118 mangels gegenständlicher Materialisierung die Mitgliedschaft nicht im klassischen Sinne „verkörpere“, müsse sie als Zusammenfassung aller Rechte und Pflichten eines Gesellschafters, d. h. der gesamten organisationsrechtlichen Rechtstellung des Mitglieds betrachtet werden, wodurch die Mitgliedschaft als Rechtstellung zum Verfügungsgegenstand verdichtet werde. Dies ermögliche überhaupt erst die Übertragung einer Mitgliedschaft.119 Der Gesellschaftsanteil sei das notwendige rechtstechnische Mittel, die berechtigte Erwartung des Rechtsverkehrs, durch rechtsgeschäftlichen Erwerb Teil einer Gesellschaft werden zu können, zu erfüllen. Der Gesellschaftsanteil dient in diesem Rahmen als unselbstständiges Hilfsmittel zur Übertragung einer umfassenden Rechte- und Pflichtenstellung. Dem Erwerber wird es durch Zusammenfassung der Rechte und Pflichten in einem einheitlichen Verfügungsgegenstand ermöglicht, per Rechtsgeschäft eine durch den Veräußerer zuvor definierte und eingenommene (Rechts-)Stellung in einem umfassenden Rechtsverhältnis einzunehmen. Unterschiede ergeben sich lediglich hinsichtlich Variabilität der durch einen konkreten Gesellschaftsanteil bzw. Geschäftsanteil in Bezug gesetzten Mitgliedschaft. Während in Personengesellschaften die Verknüpfung von Gesellschaftsanteil und der mit spezifischen Rechten und Pflichten verbundenen Mitgliedsstellung flexibel ausgestaltet sei, definiere im Recht der Kapitalgesellschaften jeder Geschäftsanteil bzw. jede Aktie jeweils eine spezifische Mitgliedschaft, d. h. einen vorab fest definierten Katalog von Rechten und Pflichten. Mangels Verkörperung von Geschäftsanteilen seien diese im Ergebnis nach Auffassung Beuthiens auch nicht mehr als „besondere Mitgliedschaftsbezeichnung[en]“.120
Dieser sei der Mitgliedschaft keinesfalls verwehrt, leite sich aber nicht aus der bloßen Tatsache ab, als subjektives Recht auch „sonstiges Recht“ i.S.d. § 823 Abs. 1 BGB zu sein, sondern, vergleichbar dem eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb und dem räumlich-gegenständlichen Bereich der Ehe, aus ihrer Eigenschaft „als besonders sozialwert zu achtende[n] Rechtstellung[.]“, vgl. Beuthien, Zur Mitgliedschaft als Grundbegriff des Gesellschaftsrechts, in: Festschrift für Herbert Wiedemann, S. 756 (764 f.). 117 Beuthien, Zur Mitgliedschaft als Grundbegriff des Gesellschaftsrechts, in: Festschrift für Herbert Wiedemann, S. 756 (759 f.). 118 Im Grundsatz bestehen nach Beuthien keine Unterschiede zwischen Aktien, Geschäftsanteilen und Gesellschaftsanteilen an Personengesellschaften, vgl. Beuthien, Zur Mitgliedschaft als Grundbegriff des Gesellschaftsrechts, in: Festschrift für Herbert Wiedemann, S. 756 (760). 119 Beuthien, Zur Mitgliedschaft als Grundbegriff des Gesellschaftsrechts, in: Festschrift für Herbert Wiedemann, S. 756 (760). 120 Beuthien, Zur Mitgliedschaft als Grundbegriff des Gesellschaftsrechts, in: Festschrift für Herbert Wiedemann, S. 756 (760 f.).
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B. Der „Anteil an Personengesellschaften“
bb) Rechtliche Bewertung Beuthiens Verständnis von Mitgliedschaft und Gesellschaftsanteil kann ebenfalls nur bedingt überzeugen. Einerseits wird durch die Scheidung von Mitgliedschaft (als Vertragsstellung) und dem diese „vergegenständlichenden“ Gesellschaftsanteil ein im Ausgangspunkt zwingender wie sinnvoller Ansatz aufgezeigt. Andererseits erscheint die Unterscheidung Beuthiens ebenfalls lediglich terminologischer Natur. Mangels konsequenter rechtlicher Trennung von vergegenständlichtem Gesellschaftsanteil und Mitgliedschaft greifen hier im Ergebnis dieselben Einwände ein, der sich schon Rechtsprechung und herrschende Lehre ausgesetzt sehen: Allein durch terminologische Umbenennung kann der Charakter der Mitgliedschaft als bloße Vertragsstellung nicht überwunden werden. Hierauf läuft indessen auch Beuthiens Ansatz hinaus, denn die von ihm angenommene „Zusammenfassung“ der sich aus der Mitgliedschaft ergebenen Rechte und Pflichten stellt nicht mehr als eine synonyme Beschreibung der Mitgliedschaft dar – der Ansatz bleibt demnach tatsächlich nicht mehr als eine „besondere Mitgliedschaftsbezeichnung“121. Insbesondere widerspricht die Annahme, die Übertragung der Mitgliedschaft sei als Vertragsübernahme bzw. eine dieser angenäherten „arteigene“ Veräußerung zu verstehen, den Erwartungen und Vorstellungen des Rechtsverkehrs. Dieser betrachtet diesen Vorgang in der Regel als ein zweiseitiges Rechtsgeschäft zwischen Veräußerer und Erwerber, d. h. als Abtretung im Sinne der §§ 413, 398 ff. BGB bzw., im Falle verkörperter Aktien, durch Übereignung des Wertpapiers nach § 929 BGB. Erwirbt der Gesellschafter mit dem Gesellschaftsanteil unmittelbar die mit ihm verbundene Vertragsstellung im Gesellschaftsverhältnis, erscheint auch Beuthiens Ansatz als eine aus der Not heraus entstandene, nicht konsequent zu Ende gedachte Methode, die eine rechtlich trennscharfe Unterscheidung von Gesellschaftsanteil und Mitgliedschaft sowie eine weitergehende und konkretisierende Bestimmung ihres Inhalts vermissen lässt. 3. Eigener Ansatz: Gesellschaftsanteil, Geschäftsanteil und Aktie als Partizipationsrechte und -pflichten vermittelnder Rechtsgegenstand a) Vorüberlegungen und Überblick Die vorherigen Überlegungen haben die Schwierigkeiten, denen sich das moderne Personengesellschaftsrecht stellen muss, aufgezeigt. Die Auslegung (personen-) gesellschaftsrechtlicher Fachtermini variiert stets in Wechselwirkung mit verschiedenen relevanten Faktoren. Es ist eine Gratwanderung, die historischen Wurzeln der Personengesellschaften, deren rechtlichen Unterbau sowie die Bedürfnisse der Praxis gleichermaßen in Einklang zu bringen, ohne mit allgemeinen Rechts121 Beuthien, Zur Mitgliedschaft als Grundbegriff des Gesellschaftsrechts, in: Festschrift für Herbert Wiedemann, S. 756 (760 f.).
II. Der Begriff des Gesellschaftsanteils
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sätzen in Konflikt zu geraten. Kumulieren diese Aspekte, entsteht neben einer gewissen Erwartungshaltung der Rechtsanwender ein gefestigter Rechtsboden, der die ihn aufbauende Begriffs- und Inhaltsbestimmung einzelner Rechtsbegriffe – zumindest partiell – determiniert. Exempli causa sei die Anerkennung der Rechtsfähigkeit von (Außen-)Personengesellschaften zu nennen, die, trotz aller Unwägbarkeiten hinsichtlich ihrer Herleitung, als partieller Status quo im Personengesellschaftsrecht anzuerkennen ist. Indessen ist der dieser Annahme zugrunde liegende dogmatische Unterbau, wovon der jahrzehntelange Theorienstreit zeugt, in einem gewissen Rahmen variabel. Im Hinblick auf den an dieser Stelle isolierten untersuchten Begriff des „Gesellschaftsanteils“ nehmen die Bedürfnisse des Rechtsverkehrs eine bedeutende Rolle ein. Hier sind die Anschauungen und Ansprüche der Praxis, die, ohne die rechtlichen Hintergründe en détail zu hinterfragen, mit dem Erwerb eines „Gesellschaftsanteils an einer Gesellschaft“ den Eintritt in die Gesellschaft, d. h. der Mitgliedschaft in der Gesellschaft, verbindet, stark determinierende Elemente.122 Nach Beuthien123 ist erst mit Anerkennung der Existenz von Gesellschaftsanteilen im Personengesellschaftsrecht eine Übertragung von Personengesellschaftsbeteiligungen im Wege eines zweiseitigen Rechtsgeschäfts zwischen Erwerber und Veräußerer anstelle einer umfassenden und komplizierten Vertragsübernahme denkbar. Wie sich zeigen wird, ist ihm trotz aller Kritik124 diesbezüglich zuzustimmen. Nicht die Mitgliedschaft selbst, sondern der diese vermittelnde Gesellschaftsanteil wird übertragen. Er übernimmt im Personengesellschaftsrecht die Funktion von Geschäftsanteil und Aktien. Deren Wahrnehmung als vergegenständlichte Gesellschaftsbeteiligungen macht den Erwerb bzw. den Wechsel von Mitgliedschaften möglich und ohne weiteres handhabbar. Geschäftsanteil wie auch Aktien dienen gleichermaßen dazu, den Beteiligungsstatus einer Person im Außenverhältnis wiederzugeben, erfassbar zu machen. Ihre Übertragung bewirkt das Ausscheiden des Veräußerers bei gleichzeitigem Eintritt des Erwerbers in das Gesellschaftsverhältnis, sie sind maßgeblicher Anknüpfungspunkt für zahlreiche Normen des Gesetzes (vgl. nur §§ 2, 67 ff. AktG; § 15 ff. GmbHG) sowie Zugriffspunkt für die Privatgläubiger einzelner Gesellschafter (z. B. Pfändung von Aktien nach § 808 ZPO125 oder Geschäftsanteilen nach § 857 ZPO als „sonstige Vermögensrechte“126). Verfolgt man die dahingehende Rechtsprechung, greift die dahinter stehende Vorstellung – zu122
Diese Vorstellung prägt seit eh und je die Rechtsprechung vgl. nur die Verwendung des Begriffs des Gesellschaftsanteils in den Entscheidungen BGHZ 3, 354 ff. = NJW 1952, 178 ff.; BGHZ 45, 221 ff. = NJW 1966, 1307 ff.; BGHZ 50, 316 ff. = WM 1968, 1083 ff.; BGH WM 1966, 188 ff.; BGHZ 91, 132 ff. = NJW 1984, 2104 ff.; BGHZ 183, 1 ff. = NJW 2010, 65 ff.; BGHZ 188, 233 ff. = NJW 2011, 2040 ff. 123 Beuthien, Zur Mitgliedschaft als Grundbegriff des Gesellschaftsrechts, in: Festschrift für Herbert Wiedemann, S. 756 (760). 124 Siehe hierzu unten S. 316 ff. 125 M.w.N. Bayer, in: MüKoAktG, 4. Aufl. 2016, § 68 Rn. 111. 126 M.w.N. Smid, in: MüKoZPO, 5. Aufl. 2016, § 857 Rn. 15.
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B. Der „Anteil an Personengesellschaften“
mindest oberflächlich – für den Gesellschaftsanteil an Personengesellschaften ebenfalls. Im Rahmen einer rechtlichen Aufarbeitung des Begriffs des Gesellschaftsanteils können die im GmbH- und Aktienrecht vorherrschenden Vorstellungen demnach fruchtbar gemacht werden. Gleichzeitig korrelieren Inhalt und Rechtsfolgen eines Gesellschaftsanteils stark mit der jeweils vorausgesetzten Grundstruktur der Gesellschaft. Lehnt man entsprechend der traditionellen Lehre die Entstehung einer übergeordneten Einheit, d. h. einer von den Gesellschaftern zu unterscheidende Gesellschaft „als solcher“ ab, muss dem Gesellschaftsanteil, sofern er hier überhaupt entsteht, offensichtlich eine anderweitige Bedeutung beizumessen sein als unter Annahme der konträren Gegenmeinung, die jede (Außen-)Personengesellschaft als Gesellschaft mit juristischer Persönlichkeit und damit als vollständig abstrahierte Rechtsfigur127 anerkennt. Knüpft man an diesen Vorgaben an, kann, wie im Folgenden zu zeigen sein wird, ein Begriff des „Gesellschaftsanteil“ herausgearbeitet werden, der unter Berücksichtigung des hier angenommenen Ansatzes128 einerseits nicht mit den dogmatischen Strukturen der Personengesellschaften kollidiert, andererseits die Vorstellungen der modernen Rechtswirklicht einbezieht. Erkennt man mit der in dieser Arbeit vertretenen Auffassung die strukturelle Gleichheit von rechtsfähigen Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften an, ließe sich durch entsprechende Abstraktion über eine singuläre Begriffsbestimmung hinaus erwägen, ein für alle Gesellschaftsformen verwertbares „Allgemeines Beteiligungsrecht“ zu entwickeln, welches der Vereinheitlichung des Gesellschaftsrechts dienlich wäre. b) Der Gesellschaftsanteil an „einfachen“ und „unternehmenstragenden“ Personengesellschaften Da sich der Begriff des Gesellschaftsanteils nur unter Berücksichtigung der Struktur der Personengesellschaften inhaltlich korrekt fixieren lässt, muss, in Anbetracht des in dieser Arbeit vertretenen, von der herrschenden Lehre abweichenden Ansatzes,129 der zwischen grundsätzlich schuldrechtlich einzuordnenden, „einfachen Gesellschaften bürgerlichen Rechts“ bzw., verallgemeinert formuliert, „einfachen Personengesellschaften“ und den (vollständig) verselbstständigten, vom Gesamthandsprinzip emanzipierten unternehmenstragenden Personengesellschaften unterscheidet, der Begriff des „Gesellschaftsanteil“ jeweils in Korrelation zur Anwendung kommenden Struktur rechtlich eigenständig bewertet werden. Nach hier vertretener Auffassung ist demnach wie folgt zu unterscheiden: In einfachen Personengesellschaften bzw. Gesellschaften bürgerlichen Rechts, die im Sinne der traditionelleren Gesamthandslehre zwar als im Rechtsverkehr 127
Vgl. hierzu S. 227 ff. Eine Vorwegnahme ist in diesem Rahmen unumgänglich, denn nur ein solches Vorgehen ist in Anbetracht des Zuschnitts dieser Arbeit dienlich. Vgl. hierzu unten S. 316 ff. 129 Siehe hierzu ausführlich unten S. 316 ff. 128
II. Der Begriff des Gesellschaftsanteils
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wahrnehmbarer Verband, nicht aber als rechtsfähige, dem Gesellschafterkreis übergeordnete Gemeinschaft zu verstehen sind, existieren keine Gesellschaftsanteile im eigentlichen, auf die Gesellschaft bezogenen Sinne. Als primär schuldrechtliches Vertragsverhältnis, welches in vermögensrechtlicher Hinsicht durch das Gesamthandsprinzip flankiert wird, begründet es keine übergeordnete, rechtsfähige Gemeinschaft, die „als solche“ Teilnehmer des Rechtsverkehrs sein kann. Einfache Gesellschaften bürgerlichen Rechts können zwar als Verband in gewisser Weise als rechtliche Einheit erfasst werden, doch dient dies primär einer vereinfachten Handhabung. Es kommt zu keiner Zeit zu einer rechtlichen Verdichtung dergestalt, dass eine von den Gesellschaftern unabhängig denkbare rechtliche (Gesellschafts-) Sphäre entsteht. Mangels Abstraktion existieren in diesen Gemeinschaften keine Anteile „an“ der Gesellschaft, sondern lediglich Beteiligungen, d. h. Mitgliedschaften „im“ Gesellschaftsverhältnis. Die Übertragung der Mitgliedschaften hat hier im Wege der Vertragsübernahme im Sinne der §§ 414 ff. BGB zu erfolgen. Die daraus folgende Schwerfälligkeit ist kaum von Belang, denn angesichts des Zuschnitts einfacher Personengesellschaften werden Mitgliederwechsel lediglich in Ausnahmefällen erfolgen.130 Die Verwendung des Begriffs „Gesellschaftsanteil“ mag unter Gesichtspunkten der Handhabbarkeit auch hier sinnvoll erscheinen, da auch hier ein wahrnehmbarer Verband entsteht, doch sollte aufgrund der damit einhergehenden Gefahr der Verdunklung der tatsächlichen Strukturen Abstand davon genommen werden. Von den einfachen Gesellschaften bürgerlichen Rechts sind nach hier vertretenem Ansatz die „unternehmenstragenden Personengesellschaften“, zu denen neben umfangreicheren131 Gesellschaften bürgerlichen Rechts alle offenen Handels- sowie Kommanditgesellschaften zu zählen sind, dogmatisch abzugrenzen. Ihre Grundstruktur, d. h. das Verhältnis der Gesellschafter zur Gesellschaft als eigenständige Einheit und ihrer Verfassung, muss nach hier vertretener Auffassung entsprechend der Konstruktion der Gesellschaften mbH und Aktiengesellschaften beurteilt werden: Unternehmenstragende Personengesellschaften sind ebenfalls als verselbstständigte und verstetigte Gesellschaftsformen anzuerkennen, ohne juristische Person zu sein. Der Gesellschaftsvertrag wird zur vereinnahmten Verfassung der Gesellschaft, verliert seinen primär schuldrechtlichen Charakter und wirkt unabhängig von den einzelnen Persönlichkeiten. Der Gesellschaftsvertrag wird in den unternehmenstragenden Personengesellschaften wie die Satzung bzw. Verfassung in Aktiengesellschaften und Gesellschaften mbH rechtlich verstetigt. Ihre Existenz ist nicht aufgrund zwingender struktureller Beziehungen zwischen der Gesellschaft und den Gesellschaftern, sondern allenfalls aufgrund entsprechender gesellschaftsvertraglicher Abreden an die Persönlichkeiten der einzelnen Gesellschafter gebunden. In diesen Gesellschaften wird der Begriff des „Gesellschaftsanteils“ im eigentlichen Sinne aktuell. Die abstrahierte Struktur macht die Schaffung von (Gesellschafts-) 130 Siehe zur „einfachen“ Gesellschaft bürgerlichen Rechts in dem hier verstandenen Sinne ausführlich unten S. 319 ff. 131 Zur Problematik der Abgrenzung: S. 317 ff.
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B. Der „Anteil an Personengesellschaften“
Anteilen „an“ der Gesellschaft erforderlich, die es den außerhalb der Gesellschaftssphäre stehenden Inhabern ermöglicht, auf den verselbstständigten Rechtsorganismus einzuwirken, ihn zu lenken und auszufüllen. Gesellschaftsrechtliche Abstraktion ist existenzielle Emanzipation, welche durch die Überleitungsfunktion der Gesellschaftsanteile überwunden wird. Entgegen der herrschenden Lehre und Rechtsprechung ist der dergestalt erfasste Begriff des Gesellschaftsanteils keinesfalls mit der Mitgliedschaft gleichsetzen. Vielmehr dient das Rechtsobjekt „Gesellschaftsanteil“ als eine rechtliche „Brücke“, die eine Verbindung der Außensphäre mit einer spezifischen Stellung im verstetigten Vertragsverhältnis herstellt. Sein Erwerb ist zwingender Zwischenschritt zur Erlangung der Gesellschafterstellung, d. h. der Mitgliedschaft in einer bestimmten Gesellschaft, und von diesem Rechtsvorgang scharf zu trennen. Der Eintritt in das Rechtsverhältnis folgt dem Erwerb des Rechtsgegenstandes „Gesellschaftsanteil“ logisch sowie unvermeidlich nach. Der „Gesellschaftsanteil“ ist dabei Rechtsgegenstand eigener Art, der seinem Inhaber gesellschaftsrechtliche Partizipationsrechte wie auch -pflichten vermittelt. Er dient, analog dem Kapitalgesellschaftsrecht, in dessen Anwendungsbereich der Erwerb von Geschäftsanteil und Aktie der Erlangung der Mitgliedschaft ebenfalls stets vorangeschaltet ist (vgl. nur Telos der §§ 29, 67, 68 Abs. 1 AktG; §§ 5 Abs. 2 S. 2; 15 Abs. 1 GmbHG), sowohl als umfassendes Eintrittstor seines Inhabers als auch der Gläubiger des Gesellschafters in die Gesellschaft. Dem Eintritt in die Mitgliedschaft sowie dem Erhalt der konkreten mitgliedschaftlichen Rechte und Pflichten vorangestellt, kann der Gesellschaftsanteil treffend als „vergegenständlichte Rechtsbedingung“ bezeichnet werden. Visualisiert lässt sich das Verhältnis von Gesellschaftsanteil im hier verstandenen Sinne und der Gesellschaft als abstrahierter, rechtlicher Einheit wie folgt darstellen:
II. Der Begriff des Gesellschaftsanteils
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Im Folgenden wird der dieser Struktur zugrundeliegende Gedanke näher beleuchtet werden. c) Inhaltliche Begriffsbestimmung: Gesellschaftsanteil als Brücke zur Stellung im gesellschaftlichen Rechtsverhältnis Kennzeichnet die Mitgliedschaft nicht mehr als die Stellung als Gesellschafter in einer Gesellschaft, stellt der Gesellschaftsanteil an Personengesellschaften die rechtliche Verbindung der innergesellschaftlichen Rechtssphäre nach außen her. Der herrschenden Auffassung ist dabei insoweit zuzustimmen, soweit sie den Gesellschaftsanteil als einen Rechtsgegenstand und, darauf aufbauend, als tauglichen Anknüpfungspunkt eines individuellen Herrschaftsrechts betrachtet. Gegenüber der wohl überwiegenden Auffassung132 verkörpert bzw. vergegenständlicht er die Mitgliedschaft als solche indessen nicht, denn diese Annahme liefe auf die Anerkennung einer rein terminologischen Neudeklarierung hinaus, ohne inhaltlich zwischen der Mitgliedschaft als reiner Kennzeichnung einer Vertragsbeteiligung und dem Gesellschaftsanteil fundiert zu unterscheiden. Eine Unterscheidung wäre bloße Makulatur und eine unnötige Aufblähung des ohnehin nicht begriffskargen (Personen-) Gesellschaftsrechts. Der Gesellschaftsanteil dient vielmehr als flexible „Brücke“, die die gesellschaftsexterne Rechtssphäre mit dem innergesellschaftlichen Gefüge verbindet. Mit diesem Inhalt ist der Gesellschaftsanteil streng von der Mitgliedschaft zu unterscheiden, deren konkrete Ausgestaltung in Form individueller Gesellschafterrechte und -pflichten den gedanklichen Endpunkt der durch den Gesellschaftsanteil hergestellten Verbindung bildet. Der Gesellschaftsanteil entfaltet nach diesem Verständnis verschiedene rechtliche Dimensionen, die folgendermaßen zu charakterisieren sind. aa) Vermittlung von Eintrittsrecht und -pflicht Die Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft, d. h. die Stellung als Gesellschafter in einem gesellschaftsrechtlichen Rechtsverhältnis ist mit einem spezifischen Gesellschaftsanteil unlöslich miteinander verknüpft, d. h. jeder Gesellschaftsanteil ist mit den in der Mitgliedschaft exakt definierten Rechten und Pflichten 132 BGHZ 44, 229, 231 = BGH NJW 1966, 499, 499 f.; BGHZ 81, 82, 84 = NJW 1981, 2747; BGH ZIP 1997, 244, 245 = NJW 1997, 860, 861; BGH NJW 1999, 784, 785 = DB 1999, 477; BGH ZIP 2010, 335 = NJW-RR 2010, 924, Tz. 11; Schäfer, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2017, § 705 Rn. 159, 179; Kilian, in: Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, § 719 BGB Rn. 13; für die OHG Priester, in: MüKoHGB, 4. Aufl. 2016, § 120 Rn. 87; ebenso Ehricke, in: EBJS, 3. Aufl. 2014, § 120 Rn. 61; Wiedemann, Gedanken zur Mitgliedschaft und zu den mitgliedschaftlichen Rechtsverhältnissen, in: Festschrift für Wulf Goette, S. 617 (618); für den Geschäftsanteil bei einer GmbH bzw. der Aktie bei einer AG Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/2, S. 263; Harry Westermann, Personengesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 202; Cosack, Eigene Aktien als Bestandteile des Vermögens einer Aktiengesellschaft, in: Festschrift für die Juristische Fakultät in Gießen zum Universitäts-Jubiläum, S. 109 (117).
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B. Der „Anteil an Personengesellschaften“
über ein gesellschaftsrechtliches Band „verbunden“. Um auf jene spezifische Mitgliederstelle zugreifen zu können, muss der Zugreifende die umfassende Rechtsmacht über den jeweils zugehörigen Personengesellschaftsanteil erlangen. Dieser verleiht ein Eintritts- bzw. Zugriffsrecht des Inhabers in die Mitgliedschaft und den Zugriff auf die in ihr gebundenen Rechte bzw. die Belastung mit den durch sie vermittelten Pflichten. Erst der Erwerb eines Gesellschaftsanteils erlaubt es demnach dem Erwerber, auf die durch ihn verknüpfte Stellung im gesellschaftsrechtlichen Gefüge einzuwirken.133 Das Innehaben eines Gesellschaftsanteils ist demnach notwendige Voraussetzung für die Erlangung der Mitgliedschaft und ist denknotwendig jedem Mitgliedschaftserwerb vorgeschaltet. Diese Annahme darf indessen nicht im Sinne einer Wahlmöglichkeit des Inhabers des Gesellschaftsanteils verstanden werden, aufgrund derer der Erwerber das Einrücken in das Gesellschaftsverhältnis ablehnen könnte. Erwerb eines Gesellschaftsanteils und der Vorgang des „Mitglied werden“ sind unlösbar miteinander verbunden. Mit dem Eintrittsrecht korrespondiert eine gleichgerichtete Eintrittspflicht. Der Eintritt in das Gesellschaftsverhältnis ist unabdingbare Folge des Erwerbs von Gesellschaftsanteilen, die jeweiligen Mitgliederstellen bleiben – den Ausnahmefall der Eigenanteile außen vor gelassen – zu keiner Zeit „unbesetzt“. Diese nicht disponible Pflicht ist, als Ausfluss des Ausgleichs der widerstreitenden Interessen von Gesellschaftern und den übrigen Teilnehmern des Rechtsverkehrs sowie der fragilen Vermögens- und Haftungsverhältnisse, eine immanente Ausprägung des Gesellschaftsrechts: Ohne Annahme einer derartigen Eintrittspflicht könnten Gesellschaftsanteile an Personengesellschaften ohne Haftungsrisiken gehalten und in Fällen wirtschaftlicher Hochphasen „aktiviert“ werden, während den Gesellschaftsgläubigern der Zugriff auf die Vermögen der Gesellschafter verwehrt wäre. Der in unserer Wirtschaftsverfassung angelegte Grundsatz der persönlichen Haftung134 für eigenes Handeln würde konterkariert. Eine Verweisung auf die § 736 Abs. 2 BGB i.V.m. § 160 HGB reicht hingegen nicht aus, um den schützenswerten Belangen von Gesellschaftsgläubigern und Mitgesellschaftern gerecht zu werden, denen die Inanspruchnahme von „nicht eintretenden“ Inhabern von Gesellschaftsanteilen vollends entzogen werden würde. Im Rahmen des Kapitalgesellschaftsrechts verlangen hingegen die Regeln der Kapitalerhaltung (vgl. nur § 30 GmbHG; §§ 57, 62 AktG) das Eintreten des Anteilsinhabers in die jeweilige Mitgliederstelle, denn sie allein ist die Rechtsgrundlage für den konkreten Anspruch der Gesellschaft auf Zahlung der entsprechend festgelegten Einlage.
133 Nach diesem Verständnis ist schließlich die Frage nach einer Mehrfachbeteiligung sowie der (vorübergehenden) Existenzfähigkeit einer Ein-Mann-Personengesellschaft positiv zu beantworten. Hiergegen spricht auch nicht der vermeintliche Widerspruch, eine Person mit mehreren Gesellschaftsanteilen müsse, zumindest zum Teil, sowohl Gläubiger als auch Schuldner einzelner Forderungen sein. 134 Beuthien, Zur Systemvergessenheit im deutschen Gesellschaftsrecht, JZ 2003, S. 969 (972).
II. Der Begriff des Gesellschaftsanteils
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bb) Gesellschaftsanteil als Pfändungsgegenstand Privatgläubiger von Gesellschaftern, die auf die Gesamtheit der in der Gesellschaftsbeteiligung ihrer Schuldner gebündelten Vermögenswerte zugreifen möchten, pfänden nicht die Mitgliedschaft als solche, sondern den in diese überleitenden Gesellschaftsanteil. Der Zugriff auf den Gesellschaftsanteil bewirkt (mittelbar) die Verstrickung aller dem Gesellschafter aus dem Gesellschaftsverhältnis zustehenden und pfändbaren Rechte. Der Gesellschaftsanteil leitet insofern nicht nur auf einzelne, sondern auf die Gesamtheit der (vermögensrechtlichen) Gesellschafterrechte über. Gegenstand der Pfändung ist der Gesellschaftsanteil als solcher, der Dritten als Zugriffspunkt dient, um auf das umfassende Gesellschaftsrechtsverhältnis zuzugreifen. Wie im Rahmen des Eintritts in eine Personengesellschaft ist der Gesellschaftsanteil als „Eintrittstor“ in die Stellung des Gesellschafters zu betrachten, durch das der Gesellschaftsgläubiger hindurchschreiten muss, um analog § 725 Abs. 1 BGB die Gesellschaft bzw. die Beteiligung aufzukündigen. Im Ergebnis entspricht dies den Resultaten der heute herrschenden Meinung.135 Der Wortlaut des § 725 Abs. 1 BGB bzw. § 859 Abs. 1 BGB scheint nur auf den ersten Blick nicht mit dem hier vertretenen Ansatz vereinbar zu sein, denn § 725 Abs. 1 BGB ist als gesetzliche Statuierung des Gesamthandsprinzips richtigerweise auf „unternehmenstragende Personengesellschaften“ im hier verstandenen Sinne nicht anzuwenden.136 Er erlangt unmittelbar nur im Rahmen von gläubigerforcierten Kündigungen von „einfachen“ Gesellschaften bürgerlichen Rechts Bedeutung. Mangels Entstehung einer übergeordneten Gemeinschaft und Gesellschaftsanteilen im eigentlichen Sinne ist hier der Zugriff nach allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Grundsätzen nicht möglich. Eine Beugung des Wortlauts von § 725 Abs. 1 BGB, entsprechend der Handhabe der heute herrschenden „Gruppenlehre“, erübrigt sich hiernach.137 cc) Belastungen des Gesellschaftsanteils Hinsichtlich der Belastung der gesamten Gesellschafterbeteiligung mit Rechten Dritter wie einem Pfandrecht oder Nießbrauch gilt das zuvor Gesagte entsprechend. Entgegen der herrschenden Meinung ist die Mitgliedschaft selbst mangels Qualität eines subjektiven Rechts kein tauglicher Gegenstand eines Nießbrauchs im Sinne des § 1068 Abs. 1 BGB i.V.m. §§ 1030 ff. BGB bzw. eines Pfandrechts im Sinne des § 1273 Abs. 1 BGB i.V.m. § 1204 ff. BGB.138 Indes steht mit dem Herrschaftsrecht am Gesellschaftsanteil die für eine Nießbrauchbestellung notwendige Grundlage 135
Schäfer, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2017, § 725 Rn. 8 ff., 14 ff. Siehe hierzu unten S. 324 ff. 137 Siehe hierzu S. 195 ff. sowie 286 ff. 138 So aber die h.M., vgl. für den Rechtsnießbrauch statt vieler m.w.N. Pohlmann, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2017, § 1068 Rn. 38 ff.; für das Pfandrecht siehe nur BGH ZIP 2010, 335 = NJW-RR 2010, 924, Tz. 11 und m.w.N. Schäfer, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2017, § 719 Rn. 51 ff. 136
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B. Der „Anteil an Personengesellschaften“
bereit. Die Folgen der Bestellung eines Nießbrauchs oder eines Pfandrechts am Gesellschaftsanteil stimmen im Übrigen hinsichtlich der Rechtsfolgen mit der heute herrschenden Dogmatik zur Belastung der Mitgliedschaft als solcher überein. Es besteht insofern kein Grund, die bisherigen Erkenntnisse hierzu insgesamt neu zu überdenken. Alleiniger Unterschied ist die Zwischenschaltung des Gesellschaftsanteils, dessen Belastung den Gläubigern mittelbar Zugriff auf die vom entsprechenden dinglichen Herrschaftsrecht fokussierten, in der Mitgliedschaft enthaltenen Gesellschafterrechte ermöglicht. Der Nießbrauch eines Gesellschaftsanteils hat damit die der bisherigen Dogmatik entsprechenden Auswirkungen auf das innergesellschaftliche Rechtsverhältnis zur Folge.139 dd) Ausarbeitung eines Allgemeinen Rechts der Gesellschaftsbeteiligungen Der hier vertretene Ansatz ist nicht nur fähig, den Widerspruch der heute herrschenden Lehre, welche die Mitgliedschaft trotz des mit ihr verbundenen Pflichtenkatalogs als subjektives und damit übertragbares Recht einordnet, zufriedenstellend zu lösen, sondern kann darüber hinaus für eine weitere Vereinheitlichung des Gesellschaftsrechts fruchtbar gemacht werden, denn auch Geschäftsanteilen und Aktien im Sinne des GmbHG bzw. AktG kann ein Verständnis, das im Kern den vorherigen Ausführungen entspricht, zugrunde gelegt werden. (1) Der Geschäftsanteil Im Gegensatz zum Recht der Personengesellschaften in BGB und HGB kennt das GmbHG mit dem „Geschäftsanteil“ (vgl. nur § 5 GmbHG) einen mit dem „Gesellschaftsanteil“ inhaltlich verwandten Rechtsbegriff, der von der Praxis140 zum Teil auch im Personengesellschaftsrecht zur Umschreibung der Mitgliedschaft herangezogen wird. Die ihn betreffende Terminologie und Beschreibung ist in der Rechtsprechung wie auch Literatur nicht einheitlich, sondern weicht erheblich voneinander ab. Während der BGH beide Begrifflichkeiten zum Teil (scheinbar) synonym141 verwendet, unterscheidet er in einem anderen Kontext142 zwischen der Mitgliedschaft und dem Gesellschaftsanteil. Nach Auffassung der Literatur „verkörper[e] [der Geschäftsanteil] die Mitgliedschaft des einzelnen Gesellschafters als 139
Hinsichtlich der Belastung eines Geschäftsanteils an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts unterscheidet nunmehr auch der BGH ausdrücklich zwischen der Mitgliedschaft und dem Gesellschaftsanteil, dessen dingliche Belastung keinen Zugriff auf die eigentlichen Mitgliedschaftsrechte gewährt, vgl. BGH WM 2016, 1973 = ZIP 2016, 1965, Tz. 10 ff., insbesondere Tz. 14. 140 Für eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts: BGH ZIP 2010, 335 = NJW-RR 2010, 924, Tz. 15; für die Kommanditgesellschaft: BGHZ 71, 296, 299 = NJW 1978, 1525; Schärtl, in: BeckOK BGB, 45. Aufl. 2017, § 1274 Rn. 16. 141 BGHZ 13, 49, 51 f.; BGH ZIP 2010, 327 = NZG 2010, 356 Tz. 14. 142 BGH NJW 1983, 2880, 2881 = WM 1983, 956; BGHZ 88, 320, 322 = NJW 1984, 489; BGH ZIP 2010, 324, = NZG 2010, 270 Tz. 17.
II. Der Begriff des Gesellschaftsanteils
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verdinglichte Gesamtheit aller seiner Rechte und Pflichten“143, er „begründet“144 bzw. „vermittelt“145 die Mitgliedschaft in der Gesellschaft. Die dahinterstehenden rechtlichen Mechanismen werden hingegen, zumindest soweit ersichtlich, nicht beleuchtet. Unabhängig davon, wie jene nicht einheitlichen Konkretisierungen der Rechtsprechung und Lehre zu verstehen sind bzw. welcher dieser Ansätze vorzugswürdig erscheint, lassen sich Funktionsweise und Bedeutung der GmbH-Geschäftsanteile ohne weiteres entsprechend der vorherigen Erläuterungen zu den Personengesellschaftsanteilen interpretieren: Wie schon im Personengesellschaftsrecht streiten im GmbH-Recht die besseren Argumente für eine Interpretation der Mitgliedschaft als bloße Deklaration des Umstands, eine Stelle in einem umfassenden Rechtsverhältnis einzunehmen, denn der mit der Gesellschaftsbeteiligung verbundene, umfassende Pflichtenkatalog, der den jeweiligen Gesellschafter belastet, widerspricht auch hier ihrer Kategorisierung als subjektives Recht.146 Von der Mitgliedschaft ist der Geschäftsanteil daher scharf zu trennen. Von einer Parität geht, entgegen der Auffassung der wohl überwiegenden Ansicht147, auch das Gesetz nicht aus. Die „Mitgliedschaft“ wird vom GmbHG, trotz verschiedener Gesetzesnovellierungen in den letzten Jahrzehnten, in diesem Sinne an keiner Stelle erwähnt.148 Auch entspricht eine die Annahme der „Verkörperung“ der Mitgliedschaft durch den Geschäftsanteil bzw. eine derartige Gleichsetzung nicht den Vorstellungen des Gesetzgebers.149 Die Begründung zu § 7 GmbHG des „Referentenentwurfs des Bundesministeriums der Justiz über Gesellschaften mit beschränkter Haftung“ von 1969 offenbart, dass der Geschäftsanteil hauptsächlich als Ausdruck allein der Einlageverpflichtung und nicht der Mitgliedschaft im Ganzen verstanden wird. Vielmehr streitet gerade die 143 OLG Frankfurt a.M., NZG 2006, 829; Wicke, in: MüKoGmbH, 3. Aufl. 2018, § 3 Rn. 51; so auch Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl. 2017, § 14 Rn. 3; Reichert/ Weller, in: MüKoGmbH, 3. Aufl. 2018, § 14 Rn. 53; ebenfalls Liebscher, in: MüKoGmbH, 2. Aufl. 2016, § 46 Rn. 81. 144 So Wicke, in: Beck’scherKK GmbHG, 3. Aufl. 2016, § 14 Rn. 2; ebenso Roth, in: Roth/ Altmeppen, GmbHG, 8. Aufl. 2015, § 5 Rn. 18, § 14 Rn. 13. Siehe hierzu auch den eigenen Ansatz unten S. 316 ff. 145 Reichert/Weller, in: MüKoGmbH, 3. Aufl. 2018, § 14 Rn. 7. 146 So auch Beuthien, Zur Mitgliedschaft als Grundbegriff des Gesellschaftsrechts, in: Festschrift für Herbert Wiedemann, S. 756 (760); für die Mitgliedschaft im Verein als Grundform der Körperschaften: Weick, in: Staudinger, BGB, Bearbeitung 2005, § 39 Rn. 25. 147 Verse, in: Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, § 14 GmbHG Rn. 33 f.; Windbichler, Gesellschaftsrecht, 24. Aufl., S. 202; Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht, 6. Aufl., S. 268; Saenger, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 389. 148 Das GmbHG verwendet zwar den Begriff der Mitgliedschaft an verschiedenen Stellen im Gesetz, doch stets im Kontext der Partizipation am Aufsichtsrat bzw. eines Prüfungsausschusses einer GmbH, vgl. nur §§ 52 Abs. 3 und 4, 75 Abs. 1 GmbHG bzw. §§ 86 und 87 GmbHG. 149 Beuthien, Zur Mitgliedschaft als Grundbegriff des Gesellschaftsrechts, in: Festschrift für Herbert Wiedemann, S. 756 (760); so auch Marburger, in: Staudinger, BGB, 15. Aufl. 2015, Vorbem §§ 793 – 808 Rn. 54.
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B. Der „Anteil an Personengesellschaften“
zwingende Bezifferung und Individualisierung der Geschäftsanteile durch Nennbeträge gegen die Gleichsetzung von GmbH-Mitgliedschaft und Geschäftsanteil: Die Nennbeträge der Geschäftsanteile entsprechen in ihrer Höhe dem Wert der Einlagenverpflichtung, welche sich aus der durch den Geschäftsanteil repräsentierten Mitgliedschaft ergibt, vgl. § 14 S. 2 GmbHG. Sie dienen der genauen Bezeichnung der einzelnen Geschäftsanteile und der Bestimmung der tatsächlichen Beteiligungsverhältnisse.150 Eine Unterscheidung von Einlagepflicht und Nennbetrag macht indes nur dann auch tatsächlich Sinn, wenn gleichzeitig zwischen der die Einlagenpflicht begründenden Mitgliedschaft und dem sodann bezifferten Geschäftsanteil unterschieden wird. Mit der klaren Abgrenzung von Mitgliedschaft und Geschäftsanteil als wesensverschiedene Rechtsbegriffe lässt sich letzterer isoliert ebenfalls im Sinne einer „vergegenständlichten Rechtsbedingung“ bzw. rechtlichen Brücke auffassen, die das Bindeglied zwischen äußerer und innerer Sphäre einer Gesellschaft mbH bildet. Der Geschäftsanteil stellt lediglich eine rechtliche Verknüpfung zum gesellschaftsrechtlichen Grundverhältnis her, leitet insofern auf die mit der Rechtsstellung „GmbH-Gesellschafter“ verbundenen Rechte und Pflichten über. Jeder Geschäftsanteil ist dabei mit einer spezifischen Stellung im Gesellschaftsverhältnis, der dazugehörigen Mitgliedschaft, verbunden, deren Einnahme einen spezifischen, in ihr verankerten Katalog von Rechten und Pflichten vermittelt. Dieser mag in der Gesellschaft mbH grundsätzlich weniger flexibel auszugestalten sein, da der für sie vorgesehene Anwendungsbereich eine strengere Regelung sinnvoll erscheinen lässt. Zu einer abweichenden Einschätzung hinsichtlich des Verhältnisses bzw. der Beziehung von „Geschäftsanteil“ und „Mitgliedschaft“ zwingt dieser Umstand aber keinesfalls. Der Geschäftsanteil bleibt auch hier von der Mitgliedschaft als solcher streng zu unterscheiden und dient lediglich dem Zugriff auf die innergesellschaftliche Rechtssphäre. Die konkrete Richtung und Qualität dieses Zugriffs ist in Abhängigkeit von der Person und dem Begehren der jeweils Zugreifenden zu bestimmen. Während der Gesellschafter vollständig über die „Brücke“ in die jeweilige Mitgliedstellung eintritt, können dessen Gläubiger, sofern sie nicht die Gesellschaftsbeteiligung im Gesamten wirtschaftlich verwerten möchten, auch nur auf einzelne, isolierte Ansprüche, die ihren Rechtsgrund in der Mitgliedschaft haben, zugreifen. (2) Die Aktie Entsprechendes gilt für die Einordnung bzw. das Verhältnis von Aktie und Mitgliedschaft in einer Aktiengesellschaft. Aufgrund der nur im Aktienrecht bestehenden Möglichkeit, Aktien zu verbriefen, erscheint es hier indessen tatsächlich möglich, von einer Verkörperung der Mitgliedschaft durch die Aktie zu sprechen. Umgangssprachlich mag dies zutreffen, verbindet man mit dem Erwerb von Aktien auch stets den Erwerb der damit verbundenen Privilegien wie Dividendenansprüche 150
Statt vieler Ebbing, in: Michalski, GmbHG, 3. Aufl. 2017, § 14 Rn. 5 ff.
II. Der Begriff des Gesellschaftsanteils
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oder Stimmrechte, d. h. einer mitgliedschaftlichen Rechtsposition. Unter rechtlichen Gesichtspunkten ist indessen auch im Aktienrecht zu unterscheiden. Aufgrund des mit der Gesellschaftsbeteiligung verbundenen Pflichtenkatalogs eines Aktionärs (vgl. nur §§ 54 f. AktG), verbietet sich richtigerweise eine Einordnung der Mitgliedschaft als subjektives Recht. Die Mitgliedschaft in einer Aktiengesellschaft bezeichnet entsprechend obigen Ausführungen zu den (unternehmenstragenden) Personengesellschaften und Gesellschaften mbH lediglich die Beteiligung in bzw. an einem Gesellschaftsverhältnis. Die Mitgliedschaft im Ganzen wird durch die Aktie folgerichtig nicht im eigentlichen Sinne verkörpert,151 denn diese Annahme entspräche im Ergebnis ihrer Einordnung als subjektives Recht unter Verwendung terminologischer Umwege. Gänzlich abzulehnen ist damit auch die weit verbreitete Meinung, welche die Aktie mit der Mitgliedschaft vollends gleichsetzt.152 Schon die allgemeine Verkehrsauffassung verbietet bei genauerer Betrachtung eine rechtliche Gleichsetzung von (verbriefter) Aktie mit dem Umstand, Mitglied zu sein. Eine Aktie mag die Rechtsmacht vermitteln, in die mit der Aktie verbundene Rechtstellung im Gesellschaftsverhältnis, d. h. eine spezifische Mitgliedstellung, einzurücken. Sie ist mit ihr indessen keinesfalls deckungsgleich. Auch der BGH153 spricht lediglich von den in der Aktie „verkörperten“ Vermögens- und Mitgliedschaftsrechten sowie ihrer Funktion zur Vermittlung der „mitgliedschaftlichen Stellung des Aktionärs in der Gesellschaft“154. Auch im Rahmen des Aktienrechts muss daher streng zwischen der Mitgliedschaft selbst und der Aktie als Rechtsgegenstand unterschieden werden, der dessen Inhaber individuelle Zugriffsmöglichkeiten auf das durch ihn in Bezug genommene Gesellschaftsverhältnis gewährt: Wie beim Gesellschaftsanteil bzw. Geschäftsanteil vermittelt die Aktieninhaberschaft einerseits ihrem Inhaber ein Eintrittsrecht sowie eine diesem korrespondierende Eintrittspflicht. Privaten Gläubigern ermöglicht die Aktie den flexiblen Zugriff auf einzelne, aus der Mitgliedschaft folgende Rechte des jeweiligen Aktieninhabers. Die durch eine Aktie vermittelte Rechtsmacht kann demnach ebenfalls als eine Rechtsbrücke zwischen innerer und äußerer Gesellschaftssphäre begriffen werden. (3) Chance der Vereinheitlichung des Gesellschaftsrechts Versteht man mit der hier vertretenen Auffassung unternehmenstragende Personengesellschaften wie die Aktiengesellschaften sowie Gesellschaften mbH strukturell als von ihrem Gesellschafterkreis verselbstständigte Gesellschaftsfor151 So die überwiegende Auffassung, vgl. Heider, in: MüKoAktG, 4. Aufl. 2016, § 10 Rn. 8; Marburger, in: Staudinger, BGB, 15. Aufl. 2015, Vorbem zu §§ 793 – 808 Rn. 7; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 777. 152 Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht, 6. Aufl., S. 161; Windbichler, Gesellschaftsrecht, 24. Aufl., S. 279; Saenger, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 282 f. 153 BGHZ 82, 188, 192 = NJW 1982, 933, 934; BGHZ 139, 225, 231 = NJW 1998, 3345, 3346; BGHZ 208, 265 = NJW-RR 2016, 610 Tz. 25. 154 BGHZ 208, 265 = NJW-RR 2016, 610 Tz. 25.
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B. Der „Anteil an Personengesellschaften“
men,155 erscheint es möglich, einen „Allgemeinen Teil der Gesellschaftsbeteiligungen“ herauszuarbeiten, wobei Gesellschaftsanteil, Geschäftsanteil und Aktie in ihren Grundstrukturen homogen zu verstehen sind. Dies erscheint schon in Anbetracht des überladenen Gesellschaftsrechts ein erstrebenswertes Ziel zu sein. Ausgangspunkt ist hierbei der zuvor entwickelte Ansatz: Die Inhaberschaft über einen Gesellschaftsanteil, einen Geschäftsanteil oder eine Aktie dient lediglich als Brücke in die von der Außensphäre bzw. dem Gesellschafterkreis losgelöste, innere Gesellschaftssphäre. Jeder „Anteil“ leitet in eine spezifische, mit ihm verbundene Mitgliedsstellung im Gesellschaftsverhältnis über, aus der sich die konkreten Rechte und Pflichten der Gesellschafter ergeben. Von der Mitgliedschaft selbst, als Bezeichnung der Stellung im mehrdimensionalen Gesellschaftsverhältnis, sind diese scharf zu trennen. Erst hinsichtlich der jeweils durch die Gesellschaftsbeteiligung vermittelten Rechte- und Pflichtenkataloge ist eine weitergehende Differenzierung unter Berücksichtigung der jeweiligen Gesellschaftsform notwendig. Eine Ausarbeitung dieses „Allgemeinen Teils der Gesellschaftsbeteiligungen“ muss indessen anderen Arbeiten überlassen werden. Im Rahmen dieser Arbeit ist lediglich von Bedeutung, wie der Begriff des Gesellschaftsanteils zu verstehen ist bzw. verstanden wird und welche Folgen die umfassende Rechtsmacht über ihn zur Folge hat.
III. Zusammenfassung Der Gesellschaftsanteil an einer (unternehmenstragenden) Personengesellschaft ist das personengesellschaftsrechtliche Korrelat zu Geschäftsanteil und Aktie im Kapitalgesellschaftsrecht. Entgegen der überwiegenden Auffassung ist er scharf von der Mitgliedschaft in einer Gesellschaft zu trennen. Während letztere lediglich die Stellung in einem (gesellschaftsrechtlichen) Rechtsverhältnis beschreibt, ergo sich eine Einordnung als subjektives, übertragbares Recht korrekterweise verbietet, konstituiert der Gesellschaftsanteil in geschlossenen, d. h. abstrahierten, Gesellschaftsverhältnissen eine Verbindung zur außergesellschaftlichen Sphäre. Versteht man mit der hier vertretenen Auffassung neben den Körperschaften auch „unternehmenstragende Personengesellschaften“ als verselbstständigte und autarke Rechtsorganismen, die den Gesellschaftsvertrag als verstetigte Rechtsgrundlage in sich aufnehmen, ist jeder Gesellschaftsanteil mit einer spezifischen, durch diese Verfassung festgelegten Mitgliedsstellung verknüpft. Der Gesellschaftsanteil stellt eine rechtliche Beziehung zwischen außerhalb der Gesellschaftssphäre stehenden Rechtssubjekten und der diesen Rechte und Pflichten verleihenden, konkreten Position in der inneren Gesellschaftssphäre her. Nimmt man den Gedanken der Abstraktion ernst, ermöglicht erst die Inhaberschaft über einen Gesellschaftsanteil den Zugriff auf die aus der in Bezug genommenen Mitgliedschaft fließenden Rechte und Pflichten. Abstraktion heißt existenzielle Emanzipation, die dabei entstehende Kluft zwischen äußerer und innerer Sphäre wird aufgrund der Wirkungsweise der Ge155
Siehe hierzu im Überblick S. 21 ff. und ausführlich unten S. 316 ff.
III. Zusammenfassung
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sellschaftsanteile überwunden. Sie können in diesem Rahmen als eine Art „vergegenständlichte Rechtsbedingung“ betrachtet werden, denn sie sind Anknüpfungspunkt für sämtliche gesellschafterrelevanten Vorgänge: Der Erwerb eines Gesellschaftsanteils ist ein dem Sachverhalt „Mitglied zu werden“ logisch vorgeschalteter Vorgang, denn nur über ihn ist es seinem Inhaber möglich, in die mit dem Gesellschaftsanteil verbundene Mitgliederstelle einzutreten. Gleichfalls vermittelt er den Privatgläubigern eines Gesellschafters im Rahmen der Zwangsvollstreckung die notwendigen Zugriffsmöglichkeiten, um die für sie relevanten Rechte, sofern sie ihren Rechtsgrund in der Mitgliedschaft haben, abzuschöpfen. Als eigenständiger Rechtgegenstand kann der Gesellschaftsanteil im Wege der Abtretung nach den §§ 413, 398 ff. BGB durch zweiseitiges Rechtsgeschäft zwischen Veräußerer und Erwerber übertragen werden, wobei am (disponiblen) Zustimmungserfordernis durch entsprechende Auslegung des Gesellschaftsverhältnisses grundsätzlich festzuhalten ist. Die Mitgliedschaft als solche ist hingegen nicht Gegenstand des auf einen Gesellschafterwechsel gerichteten Rechtsgeschäfts. Gesellschaftsanteil, Aktie und Geschäftsanteil können hierauf aufbauend in ihren Grundstrukturen rechtlich einheitlich ausformuliert werden. Sie bilden als „Anteile an Gesellschaften (i.w.S.)“ vergegenständlichte Rechtsbrücken, welche die existenzielle Unabhängigkeit der Gesellschaften überwinden. Wenngleich die Besonderheiten und Eigenschaften der einzelnen Gesellschaftsformen hinsichtlich der Modalitäten eine Differenzierung im Detail erforderlich machen, kann das strukturelle Fundament im Sinne des zuvor beschriebenen Ansatzes einheitlich bewertet werden. Beispielhaft für derartige Besonderheiten sei das System der Kapitalerhaltung gegenüber der Haftungsverfassung in Personengesellschaften in Erinnerung gerufen: Die zwingenden Kapitalvorschriften, die einen Abzug von Vermögenswerten von einer Satzungsänderung abhängig machen (vgl. §§ 58 ff. GmbHG; §§ 222 ff. AktG), strahlen auf einen Geschäftsanteil bzw. eine Aktie dergestalt aus, dass der wirtschaftliche Wert in einer Mitgliedschaft lediglich im Wege der Übertragung, nicht aber durch Kündigung der Gesellschaftsbeteiligung freigesetzt werden kann. Im Personengesellschaftsrecht hingegen vermittelt die Mitgliedschaft über den Gesellschaftsanteil die Möglichkeit, die eigene Beteiligung zu kündigen und unter Erhalt eines Abfindungs- bzw. Auseinandersetzungsguthabens aus der Gesellschaft auszuscheiden (vgl. § 734 bzw. § 738 Abs. 1 S. 2 BGB (i.V.m. § 105 Abs. 3 HGB (i.V.m. § 161 Abs. 2 HGB))).
C. Erwerb eigener Anteile in GmbH und AG Im Gegensatz zum Personengesellschaftsrecht ist der Erwerb eigener Anteile im Kapitalgesellschaftsrecht, obgleich ohne die dogmatischen Grundlagen en détail zu beleuchten, ausdrücklich geregelt. Im Folgenden werden der Sinn und Zweck sowie die rechtlichen Hintergründe der im GmbHG und AktG enthaltenen Regelungen näher untersucht, aus denen sich im Wege einer generalisierenden Synthese Anforderungen und Grundlagen für die rechtstheoretische Zulässigkeit von Eigenanteilen ableiten lassen. Wie sich zeigen wird, beruht die Möglichkeit des Erwerbs eigener Anteile auf der vollständig abstrahierten Struktur dieser Gesellschaftstypen. Die rechtstheoretische Zulässigkeit von Eigenanteilen ist gar zwingende Konsequenz jeder abstrahierten Gesellschaftsstruktur, sofern das Gesetz keine gegenteilige, in der Regel rechtspolitisch intendierte Anordnung trifft. Wegen seiner zentralen Bedeutung auf „Tatbestandsseite“, wird der Begriff der „Abstraktion“, der das deutsche Zivilrecht losgelöst vom Gesellschaftsrecht auch in verschiedenen anderen Kontexten beeinflusst, verstärkt in den Fokus rücken.
I. Überblick 1. GmbH Im Recht der Gesellschaften mit beschränkter Haftung hat der Erwerb eigener (Geschäfts-)Anteile in § 33 GmbHG eine ausdrückliche Regelung erfahren. Der Erwerb eigener Anteile ist hiernach nicht nur in bestimmten, eng gefassten Ausnahmefällen erlaubt, sondern wird von der Vorschrift als grundsätzlich zulässig vorausgesetzt. Das ergibt sich bereits aus dem klaren Wortlaut der Norm, der in den Absätzen 2 und 3 lediglich Voraussetzungen hinsichtlich der Erwerbsmodalitäten aufstellt. § 33 GmbHG ist nicht nur auf den Erwerb von Eigenanteil auf rechtsgeschäftlicher Grundlage, sondern darüber hinaus auf jeden Anteilserwerb kraft Gesetzes (z. B. im Fall der Freigabe von Anteilen) oder Hoheitsaktes (z. B. bei Zuschlag im Rahmen einer öffentlichen Versteigerung) anwendbar.1 Eigenanteile bleiben infolgedessen, anders als im Fall ihrer Einziehung nach § 34 GmbHG, als solche erhalten. Die Selbstständigkeit und rechtliche Eigenständigkeit jedes Geschäftsanteils wird durch den Eigenerwerb nicht berührt, wenngleich die Gesellschaft als 1 In Abweichung von der Vorauflage (2. Aufl. 2015) nur noch „ausnahmsweise“, vgl. Löwisch, in: MüKoGmbH, 3. Aufl. 2018, § 33 Rn. 17, 64; zu den strittigen Fällen wie etwa dem Erwerb im Rahmen einer Universalsukzession und anderen Ausnahmen siehe m.w.N. § 33 Rn. 33; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl. 2017, § 33 Rn. 3.
I. Überblick
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Inhaber eines Anteils die durch diesen vermittelten, aus der jeweils verknüpften Mitgliedschaft herrührenden Rechte nur sehr beschränkt ausüben kann2. Die Anforderungen an einen Eigenerwerb ergeben sich für die GmbH aus einer Zusammenschau der § 33 Abs. 1 und Abs. 2 GmbHG. Hiernach kann jede GmbH Gesellschaftsanteile, „auf welche die Einlagen […] vollständig geleistet sind“, erwerben (vgl. § 33 Abs. 1 Alt. 1 GmbHG), sofern hierdurch lediglich auf freie liquide Mittel zurückgegriffen werden muss, durch deren Einsatz weder das festgelegte Stammkapitel noch etwaige nach der Satzung zu bildende Rücklagen (vgl. § 33 Abs. 2 S. 1 GmbHG) nachteilig berührt werden. Hinsichtlich des Stammkapitals ist allein die satzungsmäßig festgelegte Stammkapitalziffer (vgl. § 3 Abs. 1 Nr. 3 GmbHG) maßgeblich. Eine Ausnahme vom Schutz des Gesellschaftskapitals macht das Gesetz nur für Fälle der Inanspruchnahme solcher Rücklagen, die zum Zweck der Auszahlung an die Gesellschafter geschaffen worden sind (vgl. § 33 Abs. 2 S. 1 a.E.). Zweck der gesamten Regelung ist – wie sich insbesondere aus einer Gesamtschau mit § 30 GmbHG ergibt – trotz ihres gegenüber § 33 Abs. 1 GmbHG a.F.3 vermeintlich offeneren Wortlauts („könnte“) der Schutz des Stamm- bzw. Haftkapitals der Gesellschaft sowie die Vermeidung des Verlustes von Vermögenswerten infolge einer Konfusion4. Für den Erwerb eigener Anteile reicht es nach heutiger Rechtslage aus, eine diesem Zweck gewidmete Rücklage potenziell bilden zu können. Während die tatsächliche Einstellung eines entsprechenden Betrages damit nicht mehr zwingende Voraussetzung des Eigenerwerbs ist, muss es der Gesellschaft während der gesamten Zeit des Haltens von Eigenanteilen abstrakt möglich sein, die hierfür notwendigen Vermögenswerte aufzubringen. Andernfalls verstößt die Gesellschaft gegen ihre zu jedem Zeitpunkt und neben § 33 GmbHG bestehende Pflicht zur Kapitalerhaltung nach § 30 GmbHG, wonach zum Schutz der Gesellschaftsgläubiger das Stammkapital nicht für finanzielle Zuwendungen an Gesellschafter genutzt werden darf.5 Eigenanteile werden im Recht der Gesellschaft mbH vor allem im Rahmen von Umstrukturierungsmaßnahmen und zur kontrollierten Regulierung von Beteiligungsverhältnissen genutzt. Ihr Erwerb bildet ein effektives Mittel zur Abwehr des Eintritts unerwünschter (Neu-)Gesellschafter oder einer (weitergehenden) Zer2
Hösel, Eigene Geschäftsanteile der GmbH, DNotZ 1958, S. 5 (8). Zum hier vertretenen Verständnis des Gesellschaftsanteils bzw. Geschäftsanteils siehe oben S. 58 ff. 3 „Eigene Geschäftsanteile, auf welche die Einlagen vollständig geleistet sind, darf sie nur erwerben, sofern der Erwerb aus dem über den Betrag des Stammkapitals hinaus vorhandenen Vermögen geschehen und die Gesellschaft die nach § 272 Abs. 4 des Handelsgesetzbuchs vorgeschriebene Rücklage für eigene Anteile bilden kann, ohne […]“. Allerdings hatte auch § 33 Abs. 2 GmbHG a.F. nur eine rein bilanzielle Bedeutung und verlangte keine tatsächlichen Vermögensverschiebungen. 4 M.w.N. Löwisch, in: MüKoGmbH, 3. Aufl. 2018, § 33 Rn. 18 ff.; zur Bedeutung des § 33 Abs. 2 GmbHG a.F. siehe auch Rn. 39; H. P. Westermann, in: Scholz, GmbHG, 12. Aufl. 2018, § 33 Rn. 2, 8 ff. Zur Problematik der Konfusion siehe auch unten S. 97 ff. 5 Ausführlich Löwisch, in: MüKoGmbH, 3. Aufl. 2018, § 33 Rn. 17, 26, 64; Fleischer, in: Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, § 33 GmbHG Rn. 1, 3 ff.; Fastrich, in: Baumbach/ Hueck, GmbHG, 21. Aufl. 2017, § 33 Rn. 1 ff., 22 ff.
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splitterung von Beteiligungs- und Stimmverhältnissen. In kleineren GmbHs kann ein satzungsmäßig festgehaltenes Vorerwerbsrecht der Gesellschaft unerwünschten Entwicklungen hinsichtlich der Gesellschafterstruktur zuvorkommen.6 Eigenanteile können die Fortexistenz der erworbenen Anteile sichern, sofern es an potenziellen Nachfolgern für einen austrittswilligen Gesellschafter mangelt. Mit dieser Regelung wird auch dem Umstand Rechnung getragen, dass es an einem den Börsen vergleichbaren Marktplatz für den Erwerb von GmbH-Geschäftsanteilen fehlt. Speziell in Fällen, in denen die Gesellschaft ein berechtigtes Interesse an der Aufnahme neuer Gesellschafter anstelle der Amortisation der Geschäftsanteile hat, ermöglicht allein der Erwerb eigener Anteile den Erhalt ihrer grundlegenden Strukturen, ohne zu einem späteren Zeitpunkt neue Geschäftsanteile schaffen und an Neugesellschafter ausgeben zu müssen. Zum Schutz vor einer Umgehung der Regelungen zum (unmittelbaren) Erwerb von Geschäftsanteilen ist nach § 33 Abs. 2 S. 2 GmbHG die Pfändung eines Gesellschaftsanteils, auf den die vollständige Einlage geleistet worden ist, nur dann erlaubt, wenn der Betrag der durch das Pfandrecht gesicherten Forderung bzw., in Fällen der Untersicherung, der Wert des verpfändeten Gesellschaftsanteils nicht höher als das über das Stammkapital hinaus vorhandene Vermögen ist. Das Gesetz geht daher wie schon im Hinblick auf den Erwerb eigener Anteile von der grundsätzlichen Zulässigkeit der Pfändung von Geschäftsanteilen aus. Das Verbot nach § 33 Abs. 2 S. GmbHG ist erforderlich, um in Fällen des Verfalls des Pfandrechts, d. h. bei Wandlung des Pfandrechts zum Eigentum der Gesellschaft, unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten nicht den nach § 33 Abs. 1 Alt. 1 i.V.m. Abs. 2 S. 1 GmbHG unerwünschten und daher unzulässigen Rechtszustand zu erhalten. Ratio dieser Regelung ist ebenfalls der umfassende Schutz des Stammkapitals. In analoger Anwendung ist die Norm auch auf Pfandrechte anwendbar, die kraft Gesetzes bzw. Hoheitsakts an den Geschäftsanteilen der Gesellschaft entstehen. Von diesen Anforderungen abgesehen bleibt festzuhalten, dass die Inpfandnahme von Geschäftsanteilen wie ihr Erwerb generell erlaubt ist und keiner besonderen inhaltlichen Rechtfertigung oder Begründung bedarf.7 Ein Verstoß gegen § 33 Abs. 1 GmbHG hat, mit Ausnahme der Umwandlungsfälle im Sinne des § 33 Abs. 3 GmbHG8, die Nichtigkeit sowohl des schuldrechtlichen als auch des dinglichen Rechtsgeschäfts bzw. die Unwirksamkeit des jeweiligen gesetzlichen oder hoheitlichen Tatbestandes nach § 134 BGB zur Folge. Etwaige Zwischenverfügungen bleiben bis zur Genehmigung durch den Berechtigten 6 Löwisch, in: MüKoGmbH, 3. Aufl. 2018, § 33 Rn. 21; Lieder, Eigene Geschäftsanteile im GmbH-Recht. Umgehungsprobleme und Zeitpunktstreit, GmbHR 2014, S. 57. Zur Anwendung von Vinkulierungsklauseln auf den Erwerb eigener Anteile zur Abwehr des Eintritts Dritter in die Gesellschaft Blasche, Vinkulierungsklauseln in GmbH-Gesellschaftsverträgen, RNotZ 2013, S. 515 (521). 7 M.w.N. Löwisch, in: MüKoGmbH, 3. Aufl. 2018, § 33 Rn. 17, 30; H. P. Westermann, in: Scholz, GmbHG, 12. Aufl. 2018, § 33 Rn. 17 ff. 8 Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 8. Aufl. 2015, § 33 Rn. 52.
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schwebend unwirksam, eine Heilung der Unwirksamkeit ist nicht möglich. Ein Verstoß gegen § 33 Abs. 2 S. 1 bzw. S. 2 GmbHG führt hingegen nach dessen drittem Satz lediglich zur Nichtigkeit des zugrundeliegenden Rechtsverhältnisses nach § 134 BGB unter Aufrechterhaltung des dinglichen Erwerbs bzw. der Pfandrechtsbestellung. Die Gesellschaft kann demnach bei voll eingezahlten Anteilen als Berechtigte über den Geschäftsanteil (weiter-)verfügen und ist zu keiner Zahlung an den vorherigen Inhaber des Anteils verpflichtet. Der Erwerb des Eigenanteils ist freilich nicht kondiktionsfest, sondern muss an den veräußernden Gesellschafter rückübertragen werden.9 Sind die Voraussetzungen des § 33 GmbHG erfüllt, entsprechen die dogmatischen Grundlagen des Erwerbs von Eigenanteilen im Grunde denen eines Erwerbs von Anteilen an anderen Gesellschaften. Hinsichtlich des Umfangs und der Entstehung der aus einem Anteilserwerb resultierenden Gesellschafterrechte und -pflichten, deren Grundlage das gesellschaftliche Rechtsverhältnis bildet, in welches der Inhaber des Geschäftsanteils nach dessen Erwerb gewöhnlich eintritt, verlangt die besondere Konstellation, „Mitglied von sich selbst zu sein“, indessen eine Anpassung. Nach herrschender Auffassung gehen die durch den Anteil bzw. die Mitgliedschaft normalerweise vermittelten Ansprüche des Gesellschafters gegen die Gesellschaft bzw. der Gesellschaft gegen den Gesellschafter in Folge von Konfusion unter bzw. ruhen während des Zeitraums des Haltens.10 Hiervon betroffen sind sowohl etwaige Gewinnbezugsrechte wie auch offene Einlageverpflichtungen im Sinne des § 33 Abs. 3 GmbHG und durchsetzbare Nachschusspflichten. Für etwaige Fehlbeträge sind die Mitgesellschafter, denen unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten auch der eigene Anteil der Gesellschaft „gehört“, allein verhaftet.11 Die einem Gesellschafter aufgrund der Mitgliedschaft zustehenden Verwaltungs- und Gestaltungsrechte wie das Stimm- oder Beschlussanfechtungsrecht ruhen während der Zeit des Eigenbesitzes, wäre dieser doch nur auf die übrigen Gesellschafter zurückzuführen. Eine Ausübung durch den Geschäftsführer der GmbH verbietet sich, da es sich in diesem Fall nicht mehr um den ausgedrückten Willen des 9 Vertiefend m.w.N. Löwisch, in: MüKoGmbH, 3. Aufl. 2018, § 33 Rn. 61, 94; H. P. Westermann, in: Scholz, GmbHG, 12. Aufl. 2018, § 33 Rn. 15 f., 29 ff.; Fleischer, in: Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, § 33 GmbHG Rn. 12 f.; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 8. Aufl. 2015, § 33 Rn. 12; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl. 2017, § 33 Rn. 3. 10 Löwisch, in: MüKoGmbH, 3. Aufl. 2018, § 33 Rn. 108, 119, 127 f.; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl. 2017, § 33 Rn. 22 ff.; Fleischer, in: Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, § 33 GmbHG Rn. 22; Sosnitza, in: Michalski, GmbHG, 3. Aufl. 2017, § 33 Rn. 55, 60; Hösel, Eigene Geschäftsanteile der GmbH, DNotZ 1958, S. 5 (8); Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, 6. Aufl., § 47 Rn. 46; aA hinsichtlich offener Einlageverpflichtungen aufgrund der Haftung der übrigen Gesellschafter und der Altgesellschafter Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 8. Aufl. 2015, § 33 Rn. 52; differenzierend auch H. P. Westermann, in: Scholz, GmbHG, 12. Aufl. 2018, § 33 Rn. 32; Unger, Der Erwerb eigener Geschäftsanteile durch die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, S. 40 ff. 11 Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl. 2017, § 33 Rn. 27; Hösel, Eigene Geschäftsanteile der GmbH, DNotZ 1958, S. 5 (10).
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C. Erwerb eigener Anteile in GmbH und AG
Hauptorgans „Gesellschafterversammlung“ handelt und Mehrheitsverhältnisse verfälscht würden.12 Für die Ausübung der zuvor genannten Rechte ist daher stets eine Willensbetätigung durch ein von der Gesellschaft wie auch Geschäftsleitung verschiedenes Rechtssubjekt notwendig. 2. Die Aktiengesellschaft Auch der Erwerb und die Inpfandnahme eigener Aktien hat in den §§ 71 – 71e AktG eine explizite gesetzliche Regelung erfahren. Dogmatisch ist der Erwerb eigener Aktien nach heutigem Recht und dogmatischem Kenntnisstand rechtlich möglich und, unter Beachtung des „unfreiwilligen“ Erwerbs im Rahmen einer Gesamtrechtserbfolge, zwingend, doch wird er durch das Gesetz grundsätzlich für unzulässig erklärt. Das ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 71 Abs. 1 AktG, der den Erwerb eigener Aktien „nur“ unter Einhaltung bestimmter Voraussetzungen erlaubt. Gegenüber der skeptischen Haltung des Aktiengesetzes von 187013, welches den Erwerb eigener Aktien noch vollends ausschloss, und der Fassung14 des Gesetzes nach der Wirtschaftskrise der 1920er, hat sich die Rechtslage indessen weitgehend gelockert und insbesondere durch das Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich vom 27. April 1998 (BGBl. I S. 786) deutlich ausgeweitet.15 Aufgrund der durch § 71 Abs. 1 Nr. 8 AktG geschaffenen Möglichkeit, eigene Aktien auf Grundlage einer fünfjährigen Ermächtigung zu erwerben, hat sich das
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So schon RGZ 103, 64, 67. H. P. Westermann, in: Scholz, GmbHG, 12. Aufl. 2018, § 33 Rn. 2, 37; Löwisch, in: MüKoGmbH, 3. Aufl. 2018, § 33 Rn. 128; Sosnitza, in: Michalski, GmbHG, 3. Aufl. 2017, § 33 Rn. 61 f.; Hösel, Eigene Geschäftsanteile der GmbH, DNotZ 1958, S. 5 (8 ff.). 13 Art. 215 Abs. 3 des Gesetzes betreffend die Kommanditgesellschaften auf Aktien und die Aktiengesellschaften in der Fassung vom 11. Juni 1870: „Die Aktiengesellschaft darf eigene Aktien nicht erwerben. Sie darf eigene Aktien auch nicht amortisiren, sofern dies nicht durch den ursprünglichen Gesellschaftsvertrag oder durch einen, den letzteren abändernden, vor Ausgabe der Aktien gefaßten Beschluß zugelassen ist.“ 14 § 65 des Gesetzes über die Aktiengesellschaft und Kommanditgesellschaften auf Aktien vom 30. Januar 1937: „(1) Die Aktiengesellschaft darf eigene Aktien erwerben, wenn es zur Abwendung eines schweren Schadens von der Gesellschaft notwendig ist. Der Gesamtnennbetrag dieser Aktien darf zusammen mit dem Betrag anderer eigener Aktien, die die Gesellschaft bereits zur Abwendung eines schweren Schadens erworben hat und noch besitzt, zehn von Hundert des Grundkapitals nicht übersteigen; der Reichswirtschaftsminister kann im Einvernehmen mit dem Reichsminister der Justiz Ausnahmen zulassen. Sonst darf die Aktiengesellschaft eigene Aktien nur erwerben, wenn auf sie der Nennbetrag oder der höhere Ausgabebetrag voll geleistet ist und wenn 1. der Erwerb unentgeltlich geschieht oder 2. die Gesellschaft mit dem Erwerb eine Einkaufskommission ausführt.“. 15 BGBl. I RegBegr. zum KonTraG BT-Drs. 13/9712 S. 13; Müller-Erzbach, Das private Recht der Mitgliedschaft als Prüfstein eines kausalen Rechtsdenkens, S. 343; Gadow, in: Großkomm AktG, 2. Aufl. 1939, § 65 Anm. 1; ausführlich zur geschichtlichen Entwicklung Kitanoff, Der Erwerb eigener Aktien, S. 15 ff.; Bezzenberger, Erwerb eigener Aktien durch die AG, S. 15 ff.; Bosse, Erwerb eigener Aktien, S. 14 ff.
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generelle Verbot faktisch zu einer weitgehenden Erlaubnis gewandelt.16 Die in § 71 Abs. 2 S. 1 AktG noch immer festgehaltene Höchstgrenze der Eigenanteilsquote von 10 % des Grundkapitals zollt allerdings auch heute noch den Gefahren einer Aushöhlung des Gesellschaftskapitals sowie schädlichen Kursmanipulationen Tribut. Eigenaktien dienen in der Praxis primär der Abfindung ausscheidender Gesellschafter durch den Einsatz freien Gesellschaftsvermögens. Für die Aktiengesellschaft selbst stellen die erworbenen Aktien dabei keinen eigenständigen wirtschaftlichen Wert dar, da die Gesellschaft aus ihnen keinerlei eigene Rechte (vgl. § 71b AktG) ableiten kann. Zudem bilden sie lediglich das der Gesellschaft bereits unmittelbar zugeordnete Gesellschaftsvermögen „ein weiteres Mal“ – mittelbar – ab.17 Eigenaktien können unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten daher auch als „wertlose Rechtshülsen“18 angesehen werden. Ähnlich dem Telos des Rechts der Gesellschaften mbH dienen die Vorschriften zum Erwerb eigener Aktien primär dem Schutz des Grundkapitals, welches nicht für unerlaubte Auszahlungen an einzelne Gesellschafter genutzt werden darf. Konkret begegnet das Gesetz in seinen §§ 71 ff. den mit dem Erwerb eigener Aktien verbundenen Gefahren durch die Anordnung zwingender Voraussetzungen, deren Nichtbeachtung die Nichtigkeit der schuldrechtlichen Grundgeschäfte zur Folge hat (vgl. §§ 71 Abs. 4, 71a AktG). Etwaige erbrachte Leistungen der Gesellschaft sind nach § 62 Abs. 1 S. 1 AktG, vorbehaltlich eines gutgläubigen „lastenfreien“ Erwerbs des Altgesellschafters, analog § 61 Abs. 1 S. 2 AktG,19 zurückzufordern. Eigenanteile einer Aktiengesellschaft können in zulässiger Weise aber nicht nur zur Abfindung von Gesellschaftern nutzbar gemacht werden. Sie sind, obgleich nur unter Beachtung von engen Grenzen (§§ 14 Abs. 2, 20 WpHG; Achtung der Kompetenzverteilung in der Gesellschaft, Achtung des Gleichbehandlungsgrundsatzes nach § 53a AktG), taugliches Mittel zur positiven Beeinflussung des Aktienkurses und ermöglichen die Minderung der Eigenkapitalquote in Fällen einer Überfinanzierung.20 Vorteil des Eigenerwerbs und des späteren Wiederverkaufs eigener Anteile gegenüber der Einziehung und nachfolgenden Schaffung neuer Aktien zum Zwecke ihrer Emission ist die fehlende Notwendigkeit, die dem Schutz von Gesellschaftsgläubigern dienenden Regeln des Gründungs- und Kapitalerhöhungs-
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Die allgemeine Anwendung durch börsennotierte Aktiengesellschaft anerkennend, den Wandel zu einer faktischen Erlaubnis noch immer verneinend Koch, in: Hüffer, AktG, 13. Aufl. 2018, § 71 Rn. 3 und 19c; Bezzenberger, in: K. Schmidt/Lutter (Hrsg.), AktG, 3. Aufl. 2015, § 71 Rn. 1. 17 Langenbucher, Aktien- und Kapitalmarktrecht, 4. Aufl., § 9 Rn. 50. 18 Bezzenberger, in: K. Schmidt/Lutter (Hrsg.), AktG, 3. Aufl. 2015, § 71 Rn. 2. 19 Umstritten. M.w.N. Bezzenberger, in: K. Schmidt/Lutter (Hrsg.), AktG, 3. Aufl. 2015, § 71 Rn. 73. 20 RegBegr. zum KonTraG BT-Drs. 13/9712 S. 13; Koch, in: Hüffer, AktG, 13. Aufl. 2018, § 71 Rn. 19c.
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C. Erwerb eigener Anteile in GmbH und AG
rechts zu achten. Die erneute Ausgabe eigener Aktien ist Gegenstand des Sekundär-, nicht des Primärmarktes.21 3. Genossenschaft Gegenüber dem Recht der Gesellschaften mit beschränkter Haftung und den Aktiengesellschaften ist ein Erwerb eigener Anteile im Genossenschaftsrecht nicht vorgesehen. Zwar handelt es sich bei ihnen um personalistisch geprägte Körperschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit (vgl. §§ 1, 9 und 17 GenG),22 doch ist die rechtsgeschäftliche Übertragung von Genossenschaftsanteilen ausgeschlossen, vgl. § 15 GenG.23 Demnach ist ein Erwerb von Anteilen durch die Genossenschaft nach den §§ 413, 398 ff. BGB von vornherein ausgeschlossen. Denkbar bliebe freilich der Erwerb eigener Anteile durch die Genossenschaft im Rahmen einer Universalsukzession als gewillkürter Erbe eines verstorbenen Mitglieds. Die Vererbung der Genossenschaftsbeteiligung ist im Grundsatz nach § 77 GenG ohne weiteres zulässig. Da die Veräußerung von Genossenschaftsanteilen allerdings schlechthin ausgeschlossen ist, würde in einem solchen Fall ein unabänderlicher Zustand eintreten, der dem primären Zweck von Eigenanteilen – der vorübergehende Erhalt ihrer Selbstständigkeit zur späteren Wiederausgabe – widerspricht. Für ihre dauerhafte Aufrechterhaltung gibt es, in Anbetracht des Ruhens bzw. des Untergangs der durch den Anteil vermittelten Rechte, keine Rechtfertigung. Demnach müssen § 77 GenG und entsprechende Satzungsregelungen im Lichte des Sinns und Zwecks von Eigenanteilen teleologisch reduziert werden. 4. Kommanditgesellschaft auf Aktien Im Recht der Kommanditgesellschaft auf Aktien ist die Zulässigkeit von Eigenanteilen schwieriger zu bewerten. Es muss zwischen den Gesellschaftsanteilen der Komplementäre und der durch Aktien ausgedrückten Beteiligung der Kommanditaktionäre unterschieden werden: Komplementäranteile können zumindest auf Grundlage der herrschenden Lehre nicht erworben werden, da deren rechtliches Fundament nach den Regeln der §§ 161 ff. HGB zu beurteilen ist, vgl. § 278 Abs. 2 AktG. Nach herrschender Meinung zum Personengesellschaftsrecht ist der Erwerb eigener Anteile aufgrund der Struktur der Gesellschaft schlechthin undurchführbar.24 Während hieran unter Berücksichtigung des hier vertretenen Ansatzes25 unter dogmatischen Gesichtspunkten gezweifelt werden kann, sprechen zumindest gegen die 21
Limmer, in: Spindler/Stilz AktG, 3. Aufl. 2015, § 71 Rn. 4. Geibel, in: Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, § 1 GenG Rn. 2. 23 Geibel, in: Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, § 15 GenG Rn. 1. 24 Schmidt, in: K. Schmidt/Lutter (Hrsg.), AktG, 3. Aufl. 2015, § 278 Rn. 13, 19; Raiser/ Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, 6. Aufl., § 30 Rn. 1 ff. 25 Siehe hierzu unten S. 316 ff. 22
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Zulassung der Übernahme aller Komplementäranteile gute Gründe. Hier bestünde die Gefahr, Gesellschaftsgläubigern den Zugriff auf das Vermögen der Komplementäre (vgl. § 161 Abs. 2 i.V.m. § 128 HGB) zu entziehen.26 Dieser Zustand widerspräche der zwingenden Haftungsverfassung der Kommanditgesellschaften, die von einer persönlichen Haftung der Komplementäre neben der Gesellschaft ausgeht. Ein unbegrenzter Erwerb von Eigenanteilen ist daher unzweifelhaft unzulässig. Demgegenüber ist der Erwerb von Kommanditaktien grundsätzlich zulässig, da auf das Verhältnis der Kommanditaktionäre zur Gesellschaft die Regeln des Aktiengesetzes entsprechend anzuwenden sind, vgl. § 278 Abs. 3 AktG.27 Die Anforderungen der §§ 71 ff. AktG müssen konsequenterweise auch hier Beachtung finden. Demnach ist der Erwerb von eigenen Anteilen nur möglich, sofern ihre Summe nicht mehr als 10 % des Stammkapitals repräsentiert und die Einlagen voll eingezahlt sind. Im Übrigen kann für eine Übersicht auf die obigen Ausführungen verwiesen werden.28 In der Praxis wird sich die Frage der Zulässigkeit des Eigenerwerbs allerdings kaum stellen, da durch Einsatz einer Komplementär-Gesellschaft, welche die Aktien der KGaA an deren Stelle erwirbt (Einheits-KGaA), ohne Beachtung der Anforderungen des § 71 AktG faktisch derselbe Zweck erreicht werden kann.29 5. Zwischenergebnis Während das Recht der Gesellschaften mbH hinsichtlich des Erwerbs eigener Geschäftsanteile weitgehende Zugeständnisse macht, ist der Erwerb eigener Aktien aufgrund eines rigiden Regelungskatalogs, der die Aushöhlung des satzungsmäßigen bzw. gesetzlich festgelegten Stammkapitals verhindern soll, nur unter engsten Voraussetzungen erlaubt. Von dieser, durch rechtspolitische Erwägungen geprägten Gesetzeslage ist allerdings die rechtsdogmatische Ebene streng zu unterscheiden: Auf dieser Ebene ist nach heutigem Verständnis der Erwerb eigener Aktien bzw. Geschäftsanteile – kurz: gesellschaftsrechtlicher Anteile – in GmbH und AG – und beschränkt der KGaA – im Allgemeinen möglich. Der Eigenerwerb stellt sich dabei, so scheint es zumindest, nicht als eine bloße Fiktion oder Treuhandkonstruktion, sondern als ein nach allgemeinen Regeln zu beurteilender Erwerbstatbestand dar. Derart unproblematisch wurde der Erwerb eigener Anteile allerdings nicht immer gesehen. Vielmehr wurden der Idee der Eigenanteile in der Vergangenheit zahlreiche Einwände entgegengehalten, welche die rechtsdogmatische Zulässigkeit im Allgemeinen in Frage gestellt haben. Die folgende Auseinandersetzung mit dieser Diskussion ist notwendig, um etwaige dogmatische Einwände gegen den Erwerb eigener Anteile im Personengesellschaftsrecht vorab auszuschließen. 26
Siehe unten S. 363 ff. Drinhausen/Keinath, in: Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, § 207 UmwG Rn. 5; Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, 6. Aufl., § 31 Rn. 1 ff. 28 Siehe oben S. 76 ff. 29 Kritisch Perlitt, in: MüKoAktG, 4. Aufl. 2015, § 278 Rn. 388. 27
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C. Erwerb eigener Anteile in GmbH und AG
II. Dogmatik und Schwierigkeiten des Erwerbs eigener Anteile in GmbH und AG Das unserem Kapitalgesellschaftsrecht zugrunde liegende Leitbild beruht auf einem Gegenüber von Gesellschaft und Mitgliedern. Letztere erfüllen indessen die Gesellschaft erst tatsächlich mit „Leben“. Der Erwerber einer Aktie bzw. eines Geschäftsanteils wird infolge des Erwerbs Mitglied der Gesellschaft, tritt in die Struktur und Organisation der Gesellschaft ein und kann einerseits Mitgliederrechte geltend machen, andererseits im Rahmen der Gesellschafterpflichten in Anspruch genommen werden. Er partizipiert am Handeln der Gesellschaft durch sein Tätigwerden in den Organen wie Haupt- oder Gesellschafterversammlung. Das Kapitalgesellschaftsrecht beruht insofern einerseits auf der Vorstellung der rechtlichen Trennung von Gesellschaft auf der einen, dem einzelnen Mitglied auf der anderen Seite, andererseits auf einer engen Verzahnung dieser beiden personellen Dimensionen, da das Wirken der Gesellschaft stets auf dem Willen des Einzelgesellschafters bzw. der Gesellschaftergesamtheit beruht bzw. darauf zugeführt werden kann. Dasselbe gilt für das Vermögen der Gesellschaft, das unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten trotz Rechtsträgerschaft der Gesellschaft den einzelnen Gesellschaftern zuzuordnen ist.30 Die Gesellschafter bilden mit ihren Einlagen das Vermögen im Zeitpunkt „Null“, das wirtschaftliche Fundament der Gesellschaft. Auf sie ist nach einer Liquidation der Gesellschaft das verbleibende Vermögen aufzuteilen, vgl. § 72 GmbHG, § 271 AktG. Das gilt sowohl für die GmbH als auch die Aktiengesellschaft, auch wenn letztere auf eine breiter gefächerte Mitgliederstruktur ausgelegt ist. Dementsprechend sind die Gesellschafter am Ende des Tages nicht nur die Träger wirtschaftlicher Chancen, sondern auch der Risiken. Der Erwerb eigener Anteile stellt jenes Leitbild auf den Kopf, müsste doch nach allgemeinem Verständnis die Gesellschaft infolge des Erwerbs eben jene Funktionen des einzelnen Mitglieds übernehmen. Eine Aktiengesellschaft, die eigene Aktien erwirbt, müsste demnach ihr eigener Aktionär, ihr eigenes Mitglied werden. Gleiches gilt für eine GmbH und die Folgen des Erwerbs ihrer eigenen Geschäftsanteile. Die aus diesem Umstand scheinbar resultierenden Inkonsistenzen legen die Vermutung nahe, der Erwerb eigener Anteile ist ein rechtlich nicht durchführbares Gedankenspiel, die gesetzliche Anerkennung von Eigenanteilen im AktG und GmbHG demnach als bloße Anordnung einer Fiktion zu sehen. Diesen voreiligen Schluss ließe eine unbedarfte Lektüre der heute überwiegenden Auffassung zu, die Aktien
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So auch II. und III. der Begründung zum Regierungsentwurf des Aktiengesetzes vom 6. 9. 1965, abgedruckt in Kropff, Aktiengesetz, S. 14 ff.; Mülbert/Leuschner, Die verfassungsrechtlichen Vorgaben der Art. 14 GG und Art. 2 Abs. 1 GG für die Gesellschafterstellung – wo bleibt die Privatautonomie?, ZHR 170 (2006), S. 615 (637). Das Bundesverfassungsgericht geht gar einen Schritt weiter und bezeichnet die Beziehung der Gesellschafter zum Gesellschaftsvermögen (einer AG) über die das vermögensrechtliche Element einer Aktie als „gesellschaftsrechtlich vermitteltes Eigentum“, vgl. BVerfG BVerfGE 50, 290, 342 = NJW 1979, 699, 703.
II. Dogmatik des Erwerbs eigener Anteile in GmbH und AG
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und Geschäftsanteile mit der Mitgliedschaft (scheinbar) gleichsetzt.31 Unabhängig davon, ob die konkreten, in der Mitgliedschaft begründeten Rechte und Pflichten ruhen oder gar untergehen, scheint es überaus schwierig und abwegig, diese „Mitgliedschaft an sich selbst“ anzuerkennen. Insofern schrieb schon Hachenburg, dass die Möglichkeit des Erwerbs eigener Anteile auf einer „Überspannung des Begriffs der juristischen Person“32 beruhe. Es stellt sich mithin zunächst die Frage, wie der Erwerb eigener Aktien bzw. Geschäftsanteile dogmatisch einzuordnen ist. Diese Frage kann vorliegend nicht, wie an anderer Stelle33, mit bloßem Hinweis auf Anerkennung der Eigenanteile in der Praxis vollends übergangen werden bzw. gar nicht problematisiert werden. Erst aus der Systematisierung des Erwerbs von Eigenanteilen in AG und GmbH lässt sich ableiten, ob dem § 33 GmbHG bzw. den §§ 71 ff. AktG möglicherweise eine bloße Fiktion oder ein nach den üblichen Rechtssätzen zu beurteilendes Konzept zugrunde liegt. Müsste man den Erwerb eigener Anteile im Aktien- bzw. GmbH-Recht tatsächlich als bloße Fiktion auffassen, wäre dieser Rechtsvorgang im Personengesellschaftsrecht ohne Tätigwerden des Gesetzgebers schon aus diesem Grunde versperrt, da eine den zuvor genannten Vorschriften vergleichbare, den Erwerb eigener Anteile voraussetzende Norm gerade fehlt und der Raum für eine Analogie wohl kaum eröffnet ist. Sind § 33 GmbHG bzw. §§ 71 ff. AktG hingegen als bloße Normen der Prävention bzw. Gefahrenabwehr zu verstehen, die hinsichtlich der dogmatischen Zulässigkeit von Eigenanteilen keine konstitutive, sondern eine rein deklaratorische Aussage enthalten, bleibt weiter zu untersuchen, ob sich der dahinterstehende Gedanke auch auf Personengesellschaften übertragen lässt. Im Folgenden wird indessen im Rahmen eines kurzen „Exkurses“ zunächst der Begriff der Abstraktion, wie er dem Rechtsanwender nicht nur im Gesellschaftsrecht, sondern auch in zahlreichen anderen Kontexten begegnet, näher untersucht. Der Gedanke der Abstraktion ist für die im Rahmen dieser Arbeit untersuchte Frage von elementarer Bedeutung, denn er schafft überhaupt erst die Grundlage für die Existenz von Anteilen. 1. Der Begriff der Abstraktion in BGB und Gesellschaftsrecht Der Begriff der Abstraktion ist kein dem gesellschaftsrechtlichen Kontext vorbehaltener Rechtsbegriff, sondern begegnet dem Rechtsuchenden wiederholt bei der Lektüre des deutschen Rechts: Das BGB wird im Üblichen als abstraktes Gesetzeswerk bezeichnet, was auf den hohen Abstraktionsgrad der einzelnen Normen sowie das von anderen Rechtsordnungen unerreichte Maß an Systematisierung zurückzuführen ist. Die Normen des BGB, allen voran die des ersten Buches, sind 31
Siehe hierzu oben S. 38 ff. Hachenburg, Zum Erwerbe eigener Geschäftsanteile durch die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, in: Festschrift für Georg Cohn, S. 79 (91). 33 Johannsen-Roth, Der Erwerb eigener Anteile, S. 10 f. 32
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flexible Gießformen, die zur Herstellung von Lösungen für eine Vielzahl von Lebenssachverhalten genutzt werden können. Diese im – zumindest „alten“ – BGB angelegte Grundsystematik verbietet gar eine Verengung von Tatbeständen durch eine zu weit reichende Spezifizierung. Das Mittel der Abstraktion dient in diesem Zusammenhang der Verallgemeinerung und der Schaffung von Auslegungsspielräumen. In anderen Fällen gelangt der Begriff der Abstraktion scheinbar immer dann zur Anwendung, wenn die Relation von verschiedenen rechtlichen Aspekten zueinander beschrieben werden muss. Die Idee der Verselbstständigung beschreibt dann nicht die Offenheit eines Tatbestandes, sondern ein konkretes Verhältnis des „einen“ zum „anderen“. Zu diesen Fallgruppen gehört die Idee der Verselbstständigung im Rahmen des aus dem Sachenrecht bekannten (Trennungs- und) Abstraktionsprinzips sowie den abstrakten Schuldversprechen bzw. Schuldanerkenntnissen der §§ 780 f. BGB. Es wird zu untersuchen sein, ob der Begriff der abstrakten Rechtsverhältnisse im Recht insgesamt auf eine einheitliche Grundlage zurückgeführt werden kann oder zumindest Parallelen zur Entschlüsselung der Idee der Verselbstständigung im Gesellschaftsrecht fruchtbar gemacht werden können. a) Abstraktion im BGB aa) Das Abstraktionsprinzip des Sachenrechts Das Abstraktionsprinzip wird für gewöhnlich in einem Atemzug mit der in unserem Sachenrecht herrschenden Trennungslehre34 genannt, kann (und muss) hiervon freilich isoliert betrachtet werden. Während nach dem Trennungsprinzip35 rechtlich stets zwischen der Verpflichtung bzw. dem Rechtsgrund einerseits und dem Verfügungsgeschäft andererseits geschieden („rechtlich getrennte Willenseinigung“36) werden muss, wendet sich das Abstraktionsprinzip dem Verhältnis dieser beiden Geschäftssphären zu. Aufgrund der abstrakten Natur des Verfügungsgeschäfts ist dessen Wirksamkeit in der deutschen Rechtsordnung vom Bestehen eines
34 Martinek hält dagegen die Unterscheidung von Trennungs- und Abstraktionsprinzip für obsolet. Vielmehr gehe ersterer Grundsatz in der Abstraktheit der Verfügung auf. Hierfür sprechen gute Gründe, hinsichtlich der allgemein gebräuchlichen Unterscheidung soll indes an der Unterscheidung beider Ausprägungen festgehalten werden. In der Sache ändert dies nichts. Vgl. Martinek, Ein weiteres Mal: Mickefetts schöner Wiesengrund und das Abstraktionsprinzip, JuS 1993, S. 615; Martinek, Mickefetts schöner Wiesengrund und das Abstraktionsprinzip, JuS 1993, S. L19-L23 (S. L19). 35 Statt vieler m.w.N. Seiler, in: Staudinger, BGB, Bearbeitung 2012, Einl zum Sachenrecht Rn. 48. 36 Grigoleit, Abstraktion und Willensmängel – Die Anfechtbarkeit des Verfügungsgeschäfts, AcP 199 (1999), S. 379 (380).
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Rechtsgrundes unabhängig zu bewerten.37 Die Verfügung ist von diesem losgelöst, ein eigenständiges Rechtsgeschäft, welches dem Erwerber als solches eine rechtlich und wirtschaftlich vollwertige Rechtsposition verschafft38. Jenes Prinzip ist ein „Grundpfeiler“ des deutschen Zivilgesetzbuches.39 Die Abstraktheit der Verfügung kann in zwei Ausprägungen spezifiziert werden.40 Sie ist zum einen „inhaltlich“41 abstrakt. Entgegen dem (kausalen) Verpflichtungsgeschäft, dessen Wirksamkeit davon abhängig ist, ob die Parteien die Zweckbestimmung (causa) des Geschäfts in den Vertrag mit aufgenommen haben (Kauf, Leihe, Miete usw.),42 ist der Tatbestand des dinglichen Rechtsgeschäfts von jeglichen Zwecksetzungen zwingend43 befreit. Innere Abstraktion der Verfügung heißt Ablösung der Wirksamkeitsvoraussetzungen des Rechtsgeschäfts von Motiven und Vorstellungen der Beteiligten,44 obwohl diese, unabhängig von deren tatsächlicher Verwirklichung, bei Verfügungen immer vorhanden ist. Menschliches Handeln, und demnach auch menschliches Verfügen, verfolgt stets einen bestimmten Zweck.45 Innere Abstraktion kann daher mit Jahr als die „Hypostasierung der theoretischen Abstraktion“46 bezeichnet werden, denn sie durchbricht das Faktische zugunsten einer höheren Idee. Die Verfügung wird auf Tatbestandsseite „auf den Konsens über die allgemeine Rechtsfolge“47, auf die Bestimmung von Verfügungsgenstand und beteiligten Personen48 reduziert. Anfechtungen nach § 119 Abs. 1 BGB sind infolgedessen ausschließlich in Fällen von Irrtümern über die Identität des zu übereig37 Jahr, Romanistische Beiträge zur modernen Zivilrechtswissenschaft, AcP 168 (1968), S. 9 (14). 38 Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 4. Aufl., S. 173. 39 Lange, Rechtsgrundunabhängigkeit der Verfügung im Boden- und Fahrnisrecht, AcP 146 (1941), S. 28; Wiegand, in: Staudinger, BGB, Bearbeitung 2017, Vorbem zu §§ 929 – 931 Rn. 16. 40 Baur/Stürner, Sachenrecht, 18. Aufl., S. 55; Jahr, Romanistische Beiträge zur modernen Zivilrechtswissenschaft, AcP 168 (1968), S. 9 (16 ff.); Jauernig, Trennungsprinzip und Abstraktionsprinzip, JuS 1994, S. 721 (722). 41 Jahr, Romanistische Beiträge zur modernen Zivilrechtswissenschaft, AcP 168 (1968), S. 9 (16); Grigoleit, Abstraktion und Willensmängel – Die Anfechtbarkeit des Verfügungsgeschäfts, AcP 199 (1999), S. 379 (380). 42 Jahr, Romanistische Beiträge zur modernen Zivilrechtswissenschaft, AcP 168 (1968), S. 9 (15). 43 Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 4. Aufl., S. 153. 44 Jahr, Romanistische Beiträge zur modernen Zivilrechtswissenschaft, AcP 168 (1968), S. 9 (16). 45 Ehmann, Zur Causa-Lehre, JZ 2003, S. 702 (702; 706 f.); Wilhelm, Sachenrecht, 5. Aufl., S. 19. 46 Jahr, Romanistische Beiträge zur modernen Zivilrechtswissenschaft, AcP 168 (1968), S. 9 (18). 47 Jahr, Romanistische Beiträge zur modernen Zivilrechtswissenschaft, AcP 168 (1968), S. 9 (18). 48 Grigoleit, Abstraktion und Willensmängel – Die Anfechtbarkeit des Verfügungsgeschäfts, AcP 199 (1999), S. 379 (380).
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nenden Gegenstandes, die Person des Empfängers oder über die Existenz des Verfügungsgeschäfts möglich.49 Als Folge der „inhaltlichen“ Abstraktion ist der verfolgte Zweck für das Zustandekommen des dinglichen Rechtsgeschäfts daher irrelevant. Darüber hinaus ist jede Verfügung „äußerlich“ abstrakt, mithin von der Erreichung des mit dem Rechtsgeschäft verfolgten Geschäftszwecks unabhängig.50 Das Verfehlen des intendierten Zwecks lässt die Wirksamkeit der dinglichen Rechtsänderung unberührt, aktiviert aber gleichzeitig die Domäne des Bereicherungsrechts, das in diesen Fällen als Korrektiv des Abstraktionsprinzips eingreift.51 Fehlt es an einem zu erfüllenden schuldrechtlichen Grundgeschäft, berührt dies, mit Ausnahme vereinbarter Bedingungszusammenhänge im Sinne des § 158 BGB bzw. ausnahmsweise anzunehmender Geschäftseinheit im Sinne des § 139 BGB,52 die darauf gerichtete Verfügung nicht. Der Geschäftszweck ist nicht nur aus dem Tatbestand der Verfügung extrahiert, sondern gänzlich aus der Sphäre des Verfügungsgeschäfts verbannt. Das Abstraktionsprinzip bewirkt damit die vollständige rechtliche Loslösung der dinglichen Ebene von der Zweck- und Motivebene. Bildet beispielsweise ein Kaufvertrag das spezifisch ausgehandelte Grundgeschäft, zu dessen Erfüllung der Verkäufer den Kaufgegenstand an den Käufer übereignen möchte, bewirkt das Abstraktionsprinzip im Sachenrecht das Loseisen des dinglichen Rechtgeschäfts vom in der Regel zuvor begründeten Beziehungsgeflecht zwischen den Beteiligten. Fehler in diesem Grundverhältnis lassen die Verfügung grundsätzlich unberührt. Lediglich über das Bereicherungsrecht bleibt die Verfügung mit dem eigentlich verfolgten Zweck verbunden. Die Abstraktion hat die existenzielle Unabhängigkeit von äußeren Faktoren, d. h. eine aus sich heraus zu bestimmende Wirksamkeit zur Folge. bb) Das abstrakte Schuldversprechen bzw. Schuldanerkenntnis Die §§ 780 f. BGB regeln, auch wenn in diesen Regelungen ausdrücklich nur von dem in einem Vertrag festgehaltenen Versprechen gesprochen wird, welches „die Verpflichtung selbstständig begründen soll“, die Wirksamkeitsvoraussetzungen des 49
Grigoleit, Abstraktion und Willensmängel – Die Anfechtbarkeit des Verfügungsgeschäfts, AcP 199 (1999), S. 379 (393); kritisch zur Notwendigkeit der inneren Abstraktion Ehmann, Zur Causa-Lehre, JZ 2003, S. 702 (708). 50 Jahr, Romanistische Beiträge zur modernen Zivilrechtswissenschaft, AcP 168 (1968), S. 9 (16); Grigoleit, Abstraktion und Willensmängel – Die Anfechtbarkeit des Verfügungsgeschäfts, AcP 199 (1999), S. 379 (380 f.). 51 Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 4. Aufl., S. 156 f.; Baur/Stürner, Sachenrecht, 18. Aufl., S. 57; Wilhelm, Sachenrecht, 5. Aufl., S. 20. 52 Baur/Stürner, Sachenrecht, 18. Aufl., S. 59 ff.; Wilhelm, Sachenrecht, 5. Aufl., S. 37; Lange, Rechtsgrundunabhängigkeit der Verfügung im Boden- und Fahrnisrecht, AcP 146 (1941), S. 28 (34 f.); kritisch Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 4. Aufl., S. 178.
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abstrakten Schuldversprechens bzw. -anerkenntnisses – im Folgenden verkürzt als „abstrakter Schuldvertrag“53 bezeichnet. Während das deutsche Zivilrecht weit überwiegend kausale Schuldverträge kennt, bei denen die jeweils maßgebliche causa als Wirksamkeitsvoraussetzung in den Tatbestand ihrer Begründung mit aufgenommen ist, klammert das Gesetz beim abstrakten Schuldvertrag den von den Parteien tatsächlich verfolgten Zweck aus den Wirksamkeitsvoraussetzungen des Rechtsverhältnisses aus, sofern ein entsprechender „Abstraktionswille“ der beteiligten Personen vorliegt.54 Der selbstständige Schuldvertrag ist demnach, insoweit vergleichbar mit Verfügungen, „inhaltlich“ abstrakt. Die auf seinen Abschluss gerichteten Willenserklärungen beschränken sich auf die Festlegung des geschuldeten Objekts sowie der ggf. zu beachtenden Modalitäten.55 Gleichzeitig ist seine rechtliche Wirksamkeit nicht vom tatsächlichen Erreichen des mit dem Schuldversprechen bzw. -anerkenntnis verfolgten Zwecks erforderlich, es ist demnach im oben dargelegten Sinne auch „äußerlich“ abstrakt.56 Durch Abschluss eines abstrakten Vertrages erhält der Gläubiger einen selbstständigen, klagbaren Anspruch auf Leistung,57 wobei die causa von den Parteien vorläufig58 für unbeachtlich erklärt wird. Aus diesem Umstand folgt allerdings, dass er, im Gegensatz zum Erwerber im Rahmen eines dinglichen Rechtsgeschäfts, ausschließlich eine im rechtlichen, nicht aber wirtschaftlichen Sinne vollwertige Rechtsposition erlangt: Der für die Wirksamkeit des abstrakten Schuldvertrages freilich unbedeutende, nichtsdestotrotz stets vorhandene Geschäftszweck kann, vorbehaltlich der seltenen Fälle des § 814 BGB,59 als Bereicherungseinrede nach § 821 BGB vom Schuldner erhoben werden.60 Abstraktion im Rahmen der §§ 780 f. BGB bedeutet mithin ebenfalls Ablösen des „einen“ vom „anderen“, der rechtlichen Extrahierung des im Grundsatz bei Verpflichtungen stets vorhandenen Elements der Zwecksetzung61 aus dem inneren Tatbestand des Vorgangs „Vertragsabschluss“ sowie einer weitergehenden Ablösung 53 Marburger, in: Staudinger, BGB, 15. Aufl. 2015, Vorbem zu §§ 780 – 782 Rn. 4; Habersack, in: MüKoBGB, 6. Aufl. 2013, § 780 Rn. 2; Rümelin, Zur Lehre von den Schuldversprechen und Schuldanerkenntnissen des BGB, S. 27. 54 Marburger, in: Staudinger, BGB, 15. Aufl. 2015, Vorbem zu §§ 780 – 782 Rn. 1 ff., 7; § 784 Rn. 9; Marburger, Das kausale Schuldnerkenntnis als einseitiger Feststellungsvertrag, S. 91. 55 Rümelin, Zur Lehre von den Schuldversprechen und Schuldanerkenntnissen des BGB, S. 34. 56 Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 15. Aufl., S. 1022. 57 Wilckens, Deklaratorische Schuldanerkenntnisse mit konstitutiver Wirkung?, AcP 163 (1964), S. 137 (142). 58 Marburger, Das kausale Schuldnerkenntnis als einseitiger Feststellungsvertrag, S. 93; Ehmann, Zur Causa-Lehre, JZ 2003, S. 702 (704). 59 Wilckens, Deklaratorische Schuldanerkenntnisse mit konstitutiver Wirkung?, AcP 163 (1964), S. 137 (148). 60 Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 4. Aufl., S. 173. 61 Rümelin, Zur Lehre von den Schuldversprechen und Schuldanerkenntnissen des BGB, S. 65; Marburger, Das kausale Schuldnerkenntnis als einseitiger Feststellungsvertrag, S. 93.
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im Außenverhältnis. Die jeweils tatsächlich maßgebliche causa, welche allerdings erst im Rahmen der Rückabwicklung über das Bereicherungsrecht aktuell wird, kann sich aus dem Grundgeschäft (z. B. Kaufvertrag) oder einer davon zu unterscheidenden Sicherungsabrede ergeben, welche den abstrakten Schuldvertrag und ein Grundgeschäft, das sich in diesem Fall hinsichtlich der zusätzlichen Verpflichtung neutral verhält, verbindet. In jedem Fall löst die abstrahierende Wirkung des Schuldversprechens bzw. -anerkenntnisses den abstrakten Schuldvertrag von der durch die causa inhaltlich definierten Beziehung zwischen den Parteien. cc) Abstraktheit der Vollmacht Die Idee von rechtlicher Trennung und Abstraktion zweier miteinander im tatsächlichen Sinne eigentlich zusammenhängender rechtlicher Beziehungen ist auch Bestandteil der §§ 164 ff. BGB. Das Vertretungsrecht trennt die Vollmacht des Vertreters, die den Umfang des rechtlichen Könnens im Außenverhältnis bestimmt, scharf von dem dieser zugrundeliegenden Grundverhältnis, welches im Innenverhältnis die Grenzen der Vertretungsmacht festlegt.62 Der mit der Vollmachtserteilung eigentlich verfolgte Zweck des Vertretenen wird ausgeblendet. Nach der Grundkonzeption des Gesetzes ist der Bestand sowie der Inhalt der Vollmacht unabhängig von ihrer rechtlichen Grundlage zu bewerten, wobei in § 168 S. 1 BGB eine gewichtige und sinnvolle – aufgrund der Abstraktion notwendige – Durchbrechung normiert ist. Hiernach erlischt die Vollmacht in der Regel mit Untergang des Grundverhältnisses, sofern letzteres keine anderweitige Auslegung verlangt.63 Diese in § 168 S. 1 BGB normierte enge Verbundenheit darf, zumindest für die Innenvollmacht, aber keinesfalls als kausale Ausgestaltung der Vollmacht angesehen werden.64 Die dogmatischen Grundprinzipien65 der Abstraktion werden durch diese Regelung nicht ausgehebelt, sondern aufgrund praktischer Bedürfnisse und Er-
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Statt aller m.w.N. Schilken, in: Staudinger, BGB, Bearbeitung 2014, Vorbem zu §§ 164 ff. Rn. 33; Larenz/Wolf/Neuner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 11. Aufl., § 50 Rn. 7. 63 M.w.N. Schilken, in: Staudinger, BGB, Bearbeitung 2014, Vorbem zu §§ 164 ff. Rn. 33; § 168 Rn. 2 f.; Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 15. Aufl., S. 1136; Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 4. Aufl., S. 840; Bork, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Gesetzbuchs, 4. Aufl., S. 585 (Rn. 1499). 64 So wohl Medicus/Jens Petersen, Allgemeiner Teil des BGB, 11. Aufl., S. 414 f.; als „leicht modifziert[es]“ Abstraktionsprinzip bezeichnend: Hartmann, Zur Anwendung des § 139 BGB auf Vollmacht und Grundgeschäft, ZGS 2005, S. 62 (63); die Begründer des BGB sprachen insoweit missverständlich von einer „Anlehnung“ der Vollmacht an das Grundverhältnis, vgl. Mugdan, Die gesammelten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, S. 742 (Protokolle S. 299). 65 Flume sieht die Abstraktion hingegen nicht als Dogma sondern als ein „Gebot der Praktikabilität“, vgl. Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 4. Aufl., S. 844; dagegen Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 15. Aufl., S. 1130, 1136 f.
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kenntnisse partiell eingeschränkt: Die Interessen des Rechtsverkehrs66 werden in Fällen des § 168 S. 1 BGB nicht berührt, daher kann dem Schutzinteresse des Vollmachtgebers ohne Einschränkungen entgegengekommen werden. Die in vielen Fällen vorkommende inhaltliche Übereinstimmung von Grundgeschäft und Vollmacht ist kein Ausdruck einer kausalen Annäherung, sondern entspricht bei näherer Überlegung der Natur der Sache. Überhaupt ist es fraglich, ob zwischen der externen Vollmacht der §§ 170 – 172 BGB, bei welcher der abstrakte Charakter der Vollmacht allgemeine Auffassung ist,67 und der Innenvollmacht in rechtsdogmatischer Hinsicht unterschieden werden sollte. Das Abstraktionsprinzip des Vertretungsrechts wohnt den §§ 164 ff. BGB daher uneingeschränkt inne. Es bewirkt, dass sowohl das Rechtsgeschäft der Vollmachtserteilung wie auch die hieraus entstehende Beziehung zwischen Vertreter und Vertretenem rechtlich vom Zweck der Erteilung getrennt und unabhängig zu beurteilen sind. Der Grund für die Erteilung der Vollmacht ist aus dem Tatbestand der Vollmachtserteilung vollends extrahiert.68 Die Vollmacht ist nach deutschem Recht aus ihrem natürlichen Kontext faktisch gelöst und von inhaltlichen Beschränkungen anderweitiger Rechtsverhältnisse frei gemacht. Die Idee der Abstraktion ermöglicht auch die Existenz isolierter Vollmachten, bei denen ein Grundverhältnis erst gar nicht vorhanden ist.69 Diese sind ohne Einschränkungen als selbstständige Rechtsbeziehung zwischen Vertreter und Vertretenem wirksam, können aber nach § 168 S. 2 BGB frei widerrufen werden.70 Es sind keine Gründe ersichtlich, in diesen Fällen nicht auch von „inhaltlicher“ und „äußerer“ Abstraktion der Vollmacht zu sprechen, da das Vorhandensein eines Grundverhältnisses nicht in den Tatbestand der Vollmachtserteilung aufgenommen worden und die durch Auslegung nach § 168 S. 1 zu ermittelnde Kausalabhängigkeit durchbrochen ist.71 Gleiches gilt für die Außenvollmacht im Sinne der §§ 170 – 172 BGB. Sie ist, wie sich ohne weiteres aus § 173 BGB ergibt, hinsichtlich Existenz und Inhalt vollständig von jedwedem Kausalverhältnis unabhängig. In diesen beiden 66 Brox/Walker, Allgemeiner Teil des BGB, 41. Aufl., S. 240; Lieder, Trennung und Abstraktion im Recht der Stellvertretung, JuS 2014, S. 393 (394). 67 Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 4. Aufl., S. 843. 68 Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 15. Aufl., S. 1136; Lieder, Trennung und Abstraktion im Recht der Stellvertretung, JuS 2014, S. 393 (395). 69 BGH NJW 1981, 1727, 1728 = MDR 1981, 913; BGH NJW 1988, 2603 = ZIP 1988, 723 (1. Leitsatz); BGH Urteil v. 23. 02. 2010, Az. XI ZR 195/09; Larenz/Wolf/Neuner, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 11. Aufl., § 50 Rn. 7; Bork, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Gesetzbuchs, 4. Aufl., S. 582 f. (Rn. 1488 ff.); Lieder, Trennung und Abstraktion im Recht der Stellvertretung, JuS 2014, S. 393 (394); dagegen für eine erweiterte Anwendung von § 168 S. 1 BGB Medicus/Jens Petersen, Allgemeiner Teil des BGB, 11. Aufl., S. 414. 70 RGZ 62, 335, 337; BGH NJW 1988, 2603 = ZIP 1988, 723 (1. Leitsatz); BGH NJW-RR 1991, 439, 441 = WM 1991, 604, 607. 71 So auch Lieder, Trennung und Abstraktion im Recht der Stellvertretung, JuS 2014, S. 393 (395).
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Fällen der Vollmachtserteilung wird die rechtliche Ablösung und Verselbstständigung der Vollmacht von jeglichen anderen rechtlichen Beziehungen am deutlichsten. dd) Die Abstraktheit der Anweisung nach § 783 BGB Das zuvor Gesagte kann auch für die Beschreibung des Verhältnisses der Anweisung nach § 783 BGB zu den ihr zugrundeliegenden Kausalverhältnissen fruchtbar gemacht werden. Aufgrund ihrer Natur als Mehrpersonenverhältnis ist die hier vollzogene Verselbstständigung eine mehrfache72, die sich sowohl auf das Valutaverhältnis zwischen Anweisendem (Assignant) und Anweisungsempfänger sowie das Deckungsverhältnis von Anweisendem und Angewiesenem (Assignat) bezieht. Mängel in diesen Rechtsverhältnissen berühren weder Bestand noch Inhalt der Anweisung als solcher, können aber ggf. bereicherungsrechtliche Rückabwicklungsansprüche begründen, sofern bereits Leistungen erbracht worden sind.73 Die Anweisung klammert demnach wie Vollmacht oder Schuldversprechen die causa aus ihrem Tatbestand aus („inhaltliche Abstraktion“) und bleibt auch im Außenverhältnis vollständig von diesen unabhängig („äußerliche Abstraktion“) – die Anweisung ist für sich genommen „zweckneutral“74.75 Auch im Rahmen der Anweisung nach den §§ 783 ff. BGB bewirkt die Abstraktion primär eine rechtliche Loslösung des Rechtsverhältnisses „Anweisung“ von den zwingend vorhandenen, den Verhältnissen zugrundeliegenden Geschäftszwecken, d. h. der jeweiligen causa der Zuwendungen. Das Abstraktionsprinzip teilt einen natürlichen Lebenssachverhalt aus Praktikabilitäts- und Rechtschutzgründen in zwei voneinander unabhängige Sphären auf, die allenfalls mittelbar über das Bereicherungsrecht in Beziehung zueinander stehen, denn die dem Zweckhandeln innewohnenden Zielsetzungen stellen jeweils die Rechtsgründe im Sinne der §§ 812 ff. BGB dar. Berücksichtigt man den wirtschaftlichen Gesamtkontext, kommt es aber auch im Rahmen der Anweisung nach § 783 BGB nicht zu einer vollständigen Loslösung, da eine dauerhafte rechtsgrundlose Vermögensverschiebung nicht zu befürchten ist. ee) Zusammenfassung: Abstraktion als Durchbrechung natürlicher Kausalitätszusammenhänge Das Recht der Stellvertretung, der abstrakten Schuldverträge, der Anweisung sowie die Verfügungsgeschäfte des Sachenrechts haben allesamt den Gedanken der rechtlichen Durchbrechung von Zwecksetzungen, die einen natürlichen Ausfluss 72 Die Anweisung löst sich von mindestens zwei Grundverhältnissen, vgl. Larenz/Canaris, Lehrbuch des Schuldrechts, 13. Aufl., S. 37 f. 73 Marburger, in: Staudinger, BGB, 15. Aufl. 2015, § 783 Rn. 4 und 27 f. 74 Marburger, in: Staudinger, BGB, 15. Aufl. 2015, § 783 Rn. 26. 75 Habersack, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2017, § 783 Rn. 6.
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menschlichen Handelns darstellen, in sich aufgenommen. In den zuvor beleuchteten Rechtsgebieten bedeutet Abstraktion Loslösung des abstrakten Rechtsgeschäfts von der causa durch Verbannung des von diesem jeweils verfolgten Zwecks aus dem Tatbestand des abstrakten Rechtsgeschäfts („inhaltliche Abstraktion“) sowie der Überwindung konstitutiver Abhängigkeiten im Außenverhältnis („äußerliche Abstraktion“).76 Kerngedanke der Abstraktion ist die Aufhebung unmittelbarer Wechselwirkungen der „einen“ abstrakten von der zugrundeliegenden „anderen“ Rechtsbeziehung (causa), die zwischen den beteiligten Personen (vermeintlich) besteht. Die causa, die als zwingender Bestandteil aus keinem bewussten menschlichen Handeln wegzudenken ist, wird für das Geschäft – vorübergehend – aus dem jeweiligen Katalog der essentialia negotii gestrichen. Das abstrakte Geschäft ist auf diese Weise von der causa existenziell unabhängig, es besteht „als solches“ aus sich selbst heraus. Der jeweils maßgebliche Rechtsgrund erlangt – wenn überhaupt – damit erst bei der Frage rechtsgrundloser Vermögenverschiebungen nach den §§ 812 ff. BGB eine rechtlich relevante Bedeutung. Dies mag natürliche Zusammenhänge einer juristischen Dogmatik opfern,77 rechtfertigt sich indes unter den Gesichtspunkten der Rechtssicherheit und des Verkehrsschutzes. Dritte, die nur schwerlich einen Einblick in die die abstrakten Rechtsgeschäfte begleitenden Umstände erlangen können, d. h. die Wirksamkeit der jeweiligen Rechtsgrundvereinbarungen nicht bzw. nur mit kaum vertretbarem Aufwand überprüfen können, werden durch die Folgen der Abstraktion geschützt, denn durch Ausschaltung jener Unwägbarkeiten werden die betroffenen Lebenssachverhalte bei ihrer juristischen Erfassung durch Isolation von Motiven simplifiziert. b) Abstraktion im Gesellschaftsrecht aa) Abstraktion im Gesellschaftsrecht als Verstetigung relativer Rechtsverhältnisse Folge der Abstraktion im Gesellschaftsrecht ist nach allgemeiner Auffassung die „völlige Verselbstständigung“78 der Gesellschaft gegenüber ihren Gesellschaftern. Die Gesellschaft ist, im Gegensatz zu den Vorstellungen der herrschenden Lehre zu den Personengesellschaften, „als solche“ nicht vom unveränderten Fortbestand eines konkreten Mitgliederkreises abhängig, da die Gesellschaft als eigenständiger Organismus aus sich heraus existieren kann. Selbst im Verhältnis zu ihren eigenen Mitgliedern tritt nur die Gesellschaft „als solche“ im Sinne eines abstrakten Gebildes unabhängig, selbstständig und gleichberechtigt in Erscheinung. Die fehlende kon76 Zu den echten und unechten Ausnahmen vom Abstraktionsprinzip vgl. Lieder/Berneith, Echte und unechte Ausnahmen vom Abstraktionsprinzip, JuS 2016, S. 673 (674 ff.). 77 M.w.N. zur Kritik am Abstraktionsprinzip des Sachenrechts vgl. Oechsler, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2017, § 929 Rn. 11; m.w.N. für die Kritik im Rahmen der Stellvertretung vgl. Lieder, Trennung und Abstraktion im Recht der Stellvertretung, JuS 2014, S. 393 (394 f.). 78 BGH NJW 2014, 1107 = NZG 2014, 385, Tz. 25.
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stituierende Funktion der Gesellschafter hat zur Folge, dass, obwohl eine abstrahierte Gesellschaft ohne Gesellschafter keinen dauerhaften Bestand haben kann, sie keinesfalls unvermittelt mit Austritt des letzten Gesellschafters kraft Gesetzes erlischt. Lehnt man die Möglichkeit der Fortexistenz einer Kein-Mann-GmbH bzw. -AG ab, hält man das Prinzip der Abstraktion von Gesellschaft und Gesellschaftern nicht konsequent durch.79 Die (übergangsweise) Zulässigkeit dieser Gesellschaftserscheinungen ist denknotwendige Folge einer vollständigen Verwirklichung des Abstraktionsgedankens. Die Abstraktion führt daher soweit, dass eine Gesellschaft nicht nur gleichzeitig neben und über ihrem Gesellschafterstamm existieren, sondern den bisherigen Angehörigen selbst im Falle eines Austritts aller Gesellschafter im Rechtsverkehr begegnen kann.80 Die Bedeutung der dahinterstehenden Personen, die unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten freilich weiterhin als die Inhaber der Gesellschaft und des Gesellschaftsvermögens anzusehen sind, treten in den Hintergrund. Die Ablösung ihrer Existenz hat in rechtlicher Hinsicht eine Gleichstellung von natürlichen Personen und verselbstständigten Gesellschaften zur Folge. An die Stelle von menschlichem Körper und Geist rückt im Gesellschaftsrecht die innere Organisation, determiniert durch die Verfassung der Gesellschaft. Sie ist der Motor der Gesellschaft, dessen Funktionsfähigkeit nicht von Mitgliedern abhängig ist. Abstrahierte Gesellschaften werden daher im selben Maße als selbstständige, obschon durch entsprechende Organe vertretene, Teilnehmer des Rechtsverkehrs wahrgenommen. Das gilt unabhängig davon, wie die Rechtsnatur des Gesellschaftsvertrages abstrahierter Gesellschaften und dessen Verhältnis zu den Mitgliedern nach Entstehung der Gesellschaft, Gegenstand einer breiten Diskussion81 zu Verein, Aktiengesellschaft und Gesellschaft mit beschränkter Haftung, zu bestimmen ist. Im Kern können 79
Siehe hierzu Roth, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 8. Aufl. 2015, § 1 Rn. 56; Huber, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Personalgesellschaften des Handelsrechts, S. 134 f.; Winkler, Der Erwerb eigener Anteile durch die GmbH, GmbHR 63 (1972), S. 73 (77 f.). 80 Das folgende Beispiel erläutert diesen Gedanken anschaulich: Die Gesellschafter A, B und C können während der Zeit ihrer mitgliedschaftlichen Beteiligung unbestritten auch als „Dritte“ bzw. „Privatpersonen“ Rechtsgeschäfte im eigenen Namen mit der ABC-GmbH – und nach herrschender Meinung auch mit der ABC-OHG – abschließen. Treten hingegen A, B und C gleichzeitig als Mitglieder aus der Gesellschaft aus, ist mangels Abstraktion ein rechtsgeschäftliches Handeln mit der ABC-OHG nicht mehr möglich, da deren Existenz (nach der Liquidation) zwingend endet. Die abstrahierte ABC-GmbH kann hingegen losgelöst von ihrem Mitgliederstamm weiterexistieren und, so zumindest als theoretisches Gedankenspiel, dauerhaft neben A, B und C als wahrnehmbarer und selbstständiger Teilnehmer des Rechtsverkehrs auftreten. Sie kann als abstrahierte Gesellschaft neben den Altgesellschaftern weiterexistieren. 81 Siehe schon zur Übersicht Gebhard, Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs, Abschnitt II, Titel 1, II. Juristische Person S. 85 ff. und aktueller Schöpflin, in: BeckOK BGB, 45. Aufl. 2017, § 21 Rn. 38 ff. Zu den Gründen für die im 20. Jahrhundert erneut aufkommende Diskussion um die Rechtsnatur der Satzung im Rahmen von sog. Schiedsklauseln K. Schmidt, Statuarische Schiedsklauseln zwischen prozessualer und verbandsrechtlicher Legitimation, JZ 1989, S. 1077.
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die in diesem Rahmen diskutierten Ansätze – (reine82) Vertragstheorie83 gegenüber der modifizierten Normentheorie84 –, die sich heute im Ergebnis weitgehend angenähert haben85, auf eine einheitliche Vorstellung zurückgeführt werden: Nach Auffassung der Anhänger der Vertragstheorie ist auf eine Satzung nicht nur im Zeitpunkt ihrer Gründung, sondern auch nach vollendeter Errichtung der Gesellschaft grundsätzlich Vertragsrecht anzuwenden. Die Möglichkeit der Schaffung von körperschaftlich organisierten Gesellschaften wird hierbei als Ausfluss der Privatautonomie86 und Ausdruck größtmöglicher individueller Freiheit87 aufgefasst. Während der innerhalb dieses Ansatzes vertretenen Meinungsrichtung, die Satzung einer Gesellschaft bliebe auch nach Errichtung stets ein Vertrag zwischen den Gesellschaftern88, widersprochen werden muss, da hiernach eine Unterscheidung zu Personengesellschaften im Sinne der herrschenden Denkrichtung kaum möglich ist und der allgemein unveränderte Fortbestand der Gesellschaft bei Personenwechseln oder in Fällen des Erwerbs eigener Anteile dogmatisch nicht sauber erklärt werden kann, löst sich die Satzung nach einem vermittelnden rechtsgeschäftlichen Ansatz89 unter grundsätzlichem Festhalten an der Charakterisierung als reinen Vertrag aufgrund der Anerkennung durch die Rechtsordnung von den Gesellschaftern und wirke in der Folge als Vertrag mit besonderen Eigenheiten gegenüber jedermann90. Nach Flume darf man hierbei indes nicht von einer Ablösung sprechen, da die Satzung der errichteten Gesellschaft nur Gegenstand des Gründungsaktes, nicht aber identisch mit diesem sei.91 Die Satzung sei demnach als separates Rechtsverhältnis 82
Hadding, Korporationsrechtliche oder rechtsgeschäftliche Grundlagen des Vereinsrechts?, in: Festschrift für Robert Fischer, S. 165. 83 Weick, in: Staudinger, BGB, Bearbeitung 2005, Vorbem § 21 Rn. 35 ff.; § 25 Rn. 15; Tuhr, Der Allgemeine Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts, S. 476 ff., 502 ff.; Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/2, S. 317 ff.; Lutter, Theorie der Mitgliedschaft, AcP 1980, S. 84 (95, 97). 84 Reuter, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2015, § 25 Rn. 18; Schöpflin, in: BeckOK BGB, 45. Aufl. 2017, § 21 Rn. 38 ff.; Veil, in: K. Schmidt/Lutter (Hrsg.), AktG, 3. Aufl. 2015, § 23 Rn. 2 f.; Arnold, in: Kölner Komm AktG, 3. Aufl. 2011, § 23 Rn. 9; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 5 I 1 b) und c), S. 76 ff.; K. Schmidt, Statuarische Schiedsklauseln zwischen prozessualer und verbandsrechtlicher Legitimation, JZ 1989, S. 1077 (1079). 85 Limmer, in: Spindler/Stilz AktG, 3. Aufl. 2015, § 23 Rn. 3. 86 Weick, in: Staudinger, BGB, Bearbeitung 2005, Vorbem zu §§ 21 ff. Rn. 41; Hadding, Korporationsrechtliche oder rechtsgeschäftliche Grundlagen des Vereinsrechts?, in: Festschrift für Robert Fischer, S. 165 (190). 87 Hadding, Korporationsrechtliche oder rechtsgeschäftliche Grundlagen des Vereinsrechts?, in: Festschrift für Robert Fischer, S. 165 (194 f.). 88 Hadding, Korporationsrechtliche oder rechtsgeschäftliche Grundlagen des Vereinsrechts?, in: Festschrift für Robert Fischer, S. 165 (193). 89 Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/2, S. 317 ff.; Lutter, Theorie der Mitgliedschaft, AcP 1980, S. 84 (95, 97). 90 Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/2, S. 318 f. 91 Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/2, S. 317.
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zu keinem Zeitpunkt ein Vertragsverhältnis zwischen den einzelnen Gesellschaftern. Unabhängig davon, dass mit Annahme der Ablösung bzw. der Unabhängigkeit der Satzung von ihren Gesellschaftern die praktischen Unterschiede zur modifizierten Normtheorie unter Berücksichtigung der an dieser Stelle untersuchten Frage weitgehend nivelliert sind, spricht gegen die Vertragstheorie schon der Umstand, dass die allgemeinen Regeln zum Vertragsrecht nicht uneingeschränkt, sondern zum Teil stark modifiziert oder gar nicht zur Anwendung kommen dürfen. So wäre es bei deren unbeschränkter Anwendung möglich, Vorzugsrechte von Neumitgliedern durch individuelles Aushandeln mit dem Vorstand zu begründen, was nach allgemeiner Auffassung gerade unzulässig ist.92 Aufgrund letztgenannter Einwände ist mit der Rechtsprechung93, entgegen der ursprünglichen, auf v. Gierke94 zurückgehenden „(reinen) Normentheorie“, welche die Schaffung von Satzungen als einen Akt privater Rechtssetzungsautonomie verstand, zwischen dem nach privatrechtlichen Grundsätzen zu bewertenden Gründungsakt sowie dem Satzungscharakter nach Entstehen der verselbstständigten Gesellschaft zu unterscheiden („modifizierte Normentheorie“). Der Gründungsakt ist auf dieser Grundlage zwar grundsätzlich nach den Regeln der §§ 116 ff. BGB zu bewerten, mit Errichtung der Gesellschaft löst95 sich die Satzung jedoch von ihrem personellen Substrat, wird zu objektivem Recht, das abstrahiert96 von den Mitgliedern wirkt und nach „Unterwerfung“97 der Gesellschafter im Rahmen der Gründung bzw. späteren Beitritts deren Rechte und Pflichten im Verband definiert.98 Während die Satzungserrichtung hiernach als (besonderes) Rechtsgeschäft einzuordnen ist, ist die Verfassung des errichteten Verbands ein „Rechtszustand“.99 Wegen der hieraus folgenden Vermengung schuld- und organisationsrechtlicher Elemente wird die Satzung nunmehr von der wohl überwiegenden Ansicht als abstrakt wirkendes Rechtsverhältnis sui generis verstanden.100 92
Vgl. hierzu und zur weitergehenden Kritik Reuter, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2015, § 25 Rn. 20 f.; so auch Schöpflin, in: BeckOK BGB, 45. Aufl. 2017, § 21 Rn. 41; K. Schmidt, Statuarische Schiedsklauseln zwischen prozessualer und verbandsrechtlicher Legitimation, JZ 1989, S. 1077 (1079). 93 RGZ 165, 140; BGHZ 21, 370 = NJW 1956, 1793; BGHZ 47, 172 = NJW 1967, 1268; BGHZ 96, 245 = NJW 1986, 1033. 94 v. Gierke, Deutsches Privatrecht, S. 485 f.; v. Gierke, Das Wesen der menschlichen Verbände, S. 37: „[…] kein Vertrag, sondern schöpferischer Gesamtakt […]“ 95 RGZ, 165, 140, 143 f.; BGHZ 47, 172, 179 f. = NJW 1967, 1268, 1271. 96 Reuter, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2015, § 25 Rn. 18. 97 BGHZ 21, 370, 373 = NJW 1956, 1793; BGHZ 47, 172, 175 = NJW 1967, 1268, 1269; Veil, in: K. Schmidt/Lutter (Hrsg.), AktG, 3. Aufl. 2015, § 23 Rn. 2. 98 Schöpflin, in: BeckOK BGB, 45. Aufl. 2017, § 21 Rn. 41; Veil, in: K. Schmidt/Lutter (Hrsg.), AktG, 3. Aufl. 2015, § 23 Rn. 2; Reuter, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2015, § 25 Rn. 17. 99 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 5 I 1 b), S. 76. 100 M.w.N. Limmer, in: Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl. 2015, § 23 Rn. 3; Veil, in: K. Schmidt/ Lutter (Hrsg.), AktG, 3. Aufl. 2015, § 23 Rn. 3; Arnold, in: Kölner Komm AktG, 3. Aufl. 2011,
II. Dogmatik des Erwerbs eigener Anteile in GmbH und AG
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Nach beiden, auch heute noch vertretenen und widerstreitenden Ansätzen bildet die Satzung verselbstständigter Gesellschaften ein von den Gesellschaftern abstrahiertes Rechtsgrundverhältnis, das für gegenwärtige wie auch künftige Gesellschafter einen privatautonom gesetzten, rechtlichen Rahmen vorgibt, der den konkreten Inhalt der einzelnen Mitgliedschaften determiniert. Der zuvor unter sub C. II. 1. a) dargestellte Gedanke, der dem allgemeinen Abstraktionsprinzip innewohnt, wie es im BGB in Erscheinung tritt, kann hierbei für die dogmatische Aufarbeitung der Verselbstständigung von Gesellschaften gegenüber ihrem Mitgliederkreis auch hier in gewisser Weise fruchtbar gemacht werden: Die Verselbstständigung dient auch im gesellschaftsrechtlichen Kontext der Extrahierung und Loslösung zweier bei natürlicher Betrachtung zusammengehöriger Elemente. Die Existenz von Gesellschaften beruht, zumindest – man rufe sich nur die Verhältnisse in Konzernverflechtungen in Erinnerung – unter Berücksichtigung des Gesamtkontextes, immer auf dem Handeln von natürlichen Personen, die sich zur effizienteren Verfolgung eines gemeinsamen Zweckes zusammenschließen. Privatrechtliche Gesellschaften sind rechtliche Untergebene, Werkzeuge für gemeinschaftliches, menschliches Handeln. Erlischt der Wille zum gemeinschaftlichen Handeln, entfällt grundsätzlich auch die Rechtfertigung für den Fortbestand der Gesellschaft. Im Rahmen der gesellschaftsrechtlichen Abstraktion wird das Dasein der Gesellschaft von den Mitgliedern abgesondert, die Abhängigkeit vom unveränderten Vereinigungswillen der Gesellschafter folglich ein Stück weit gelöst. Wie das Erlöschen eines Geschäftsbesorgungsvertrages grundsätzlich ohne Auswirkungen auf die zu ihrer Erfüllung verliehene Vertretungsmacht ist, soll die Subsistenz der Gesellschaft unabhängig von jeglichen Veränderungen im personellen Substrat sein. Der Fortbestand der Gemeinschaft wird über die Interessen des Einzelnen gestellt. Hierfür erfährt die Grundlage der Gesellschaft, der Gesellschaftsvertrag, durch den Prozess der Verselbstständigung eine Wesensänderung: Der unter Anwendung von allgemeinen Kriterien rein relativ wirkende Vertrag zwischen den Gesellschaftern wird im Wege der gesellschaftsrechtlichen Abstraktion verstetigt – er wirkt fortan als absolute Grundlage, als Verfassung der Gesellschaft. Das Erfordernis der Beteiligung mindestens zweier Individuen ist fortan aufgehoben, die einst relativen Rechtstellungen der Gesellschafter zu fest definierten gesellschaftsrechtlichen Parametern gewandelt, deren Besetzung variabel ist und gemäß der Festlegungen im Gesellschaftsvertrag (z. B. entsprechend der Anzahl der Aktien bzw. der Geschäftsanteile) vervielfacht werden können. Der auf diese Weise verstetigte Satzungsinhalt bildet die Grundlage der Gesellschaft, er wird in den „Tatbestand“ der Gesellschaft als rechtskonstruktive Grundlage hineingezogen. Fehler in diesem verinnerlichten Teil wirken sich demnach auch auf den Fortbestand der verselbstständigten Gesellschaft aus. Die personelle Komponente, konkretisiert durch die Beteiligung der individuellen Vertragspartner des Gesellschaftsvertrages, wird hingegen aus dem konstitutiven Tatbestand der Gesellschaft ausgeschlossen und § 23 Rn. 9; aber auch schon v. Tuhr, Vertreter der Vertragstheorie, sprach von „Rechtsverhältnissen“ vgl. Tuhr, Der Allgemeine Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts, S. 505.
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C. Erwerb eigener Anteile in GmbH und AG
gleichzeitig im Außenverhältnis für den weiteren Bestand der abstrahierten Gesellschaft für irrelevant erklärt. Abstraktion heißt demnach auch im gesellschaftsrechtlichen Kontext die Schaffung existenzieller Emanzipation, wobei aufgrund der Besonderheiten der Materie nicht von einer causa im Sinne des BGB, sondern dem Gesellschafterkreis abstrahiert wird. Das Gesellschaftsverhältnis entfaltet wie abstrakter Schuldvertrag, Vollmacht und Verfügung „als solches“ aus sich heraus für die Gesellschafter verbindliche Wirkung. In Verbindung mit der jeweiligen Gesellschaftsorganisation entsteht auf diese Weise ein im rechtlichen Sinne zur selbstständigen Existenz fähiger Organismus. Kraft dieses Umstandes ist es verselbstständigten Gesellschaften nach richtiger Auffassung101 auch ohne weiteres möglich, nach Wegfall aller Gesellschafter, zumindest vorübergehend,102 weiter zu existieren. Auf Grundlage dieser Auslegung scheint es demnach auch nicht völlig ausgeschlossen, analog den Feststellungen zum allgemeinen Abstraktionsprinzip im BGB von einer „gesellschaftsrechtlich inhaltlichen bzw. äußerlichen Abstraktion“ der verselbstständigten Gesellschaften zu sprechen. bb) Abstraktion als Bedingung für die Entstehung von Anteilen „an“ Gesellschaften Bewirkt die Abstraktion im Gesellschaftsrecht die vollständige Loslösung der Gesellschaft vom Gesellschafterkreis unter Schaffung einer geschlossenen Sphäre, die im rechtlichen Sinne „als solche“ ein selbstständiges Dasein führt, die Gesellschaft zur gleichen Zeit aber stets Werkzeug menschlicher, in der Regel ökonomischer Interessenverfolgung bleibt, muss die Vereinigung im Gesamten trotz rechtlicher Unabhängigkeit für (potenzielle) Gesellschafter, denen letztlich alle von der Gesellschaft errungenen Vorteile zuzurechnen sind, handhabbar bleiben. Durch die Ablösung der Gesellschaft wandelt sich das existenzielle Abhängigkeitsverhältnis der Gesellschaft zu den Gründungsgesellschaftern in ein Partizipationsverhältnis nach „Anteilen“: Im Kapitalgesellschaftsrecht ermöglichen Aktien und Geschäftsanteile – allgemein: Anteile – jenen Zugriff auf die abstrahierte Sphäre, die eine Verbindung der inneren Gesellschaftssphäre zu den außerhalb der Gesellschaft stehenden Gesellschaftern herstellt. Jeder Anteil ist mit einer Mitgliedsstelle verknüpft, deren konkret vermittelter Rechte- und Pflichtenkatalog wiederum durch die verstetige und vereinnahmte Verfassung der Gesellschaft statuiert wird. Als Teilaspekt des verselbstständigten Organismus im Gesamten vermittelt ein Anteil demnach auch immer einen Anteil „an“ der jeweiligen Gesellschaft, d. h. an der 101
Siehe hierzu unten S. 95 ff. Die innere Rechtfertigung für die Existenz verselbstständigter Gesellschaft bleibt ihre Funktion als rechtliches Werkzeug natürlicher Personen im Rechtsverkehr. Diesen Zweck kann eine Gesellschaft nach Wegfall aller Gesellschafter nicht mehr erfüllen und sollte demnach, nach Ablauf einer (ergebnislosen) Übergangszeit, in der sich die Geschäftsführer der verselbstständigten Gesellschaft um die Aufnahme neuer Gesellschafter bemühen müssen, aufgelöst werden. 102
II. Dogmatik des Erwerbs eigener Anteile in GmbH und AG
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verselbstständigten Gesellschaftssphäre. Der abstrakte Charakter von Gesellschaften macht das Vorhandensein von „Anteilen“ in diesem eigentlichen, auch im Rahmen dieser Arbeit maßgeblichen Sinne,103 nicht nur zweckmäßig, sondern ist aufgrund ihrer dienenden Funktion zwingender Natur. Gesellschaftsrechtliche Abstraktion heißt existenzielle Emanzipation, die nur mit Hilfe von Anteilen überwunden, rechtlich „eingefangen“ werden kann. In nicht abstrahierten Vereinigungsformen existieren hingegen keine Anteile, denn hier sind die Gesellschafter konstituierendes Element der Gesamtheit. Sie wirken nicht von „außen“, sondern sind elementarer Bestandteil der inneren Gesellschaftssphäre. Die Partizipation an der Gesellschaft erfordert hier den Eintritt als Beteiligter in das Grundverhältnis der Gesellschaft, was aufgrund der fehlenden Abstraktion möglich bleibt. 2. Verselbstständigung und Abstraktion als notwendige Voraussetzung für Eigenanteile Die Verwirklichung der Abstraktion einer Gesellschaft ist nicht nur Voraussetzung für die Entstehung von Anteilen im Allgemeinen, sondern darüber hinaus auch Mitbedingung für die Existenz von Eigenanteilen.104 Aufgrund der Verstetigung der Rechtsgrundlage der Gesellschaft, die ohne entsprechenden Beschluss der Gesellschafter keinen Veränderungen unterworfen ist, sind auch die einzelnen Mitgliederstellen nicht frei variabel, sondern durch die Verfassung grundsätzlich genau spezifiziert. Jeder Anteil, der nach hier vertretenem Ansatz auf eine dieser Mitgliedsstellen überführt, vermittelt damit unabhängig von seinem konkreten Inhaber einen exakt definierten Inhalt, d. h. Rechte- und Pflichtenkatalog. Jede Beteiligung – als zusammenfassender Begriff der Mitgliedsstellung im Innenverhältnis und des diesen repräsentierenden Anteils im Außenverhältnis – bestimmt sich demnach auf Grundlage der verstetigten, „starren“ Gesellschaftsverfassung, die Persönlichkeit ihrer Inhaber ist hingegen kein konstitutives oder bestimmendes Element der Mitgliedschaft oder der Gesellschaftsverfassung. Die Kumulation dieser Umstände hat zum einen zur Folge, dass Anteile an abstrahierten Gesellschaften wegen ihres spezifischen Inhalts selbstständig sind und während des Bestandes der Gesellschaft untereinander stets unterscheidbar bleiben. Selbst die Kumulation mehrerer – im Extremfall: aller – Anteile in einer Hand führt infolgedessen nicht zur Verschmelzung der einzelnen Anteile. Sie existieren simultan in der Hand des (alleinigen) Inhabers fort, bleiben unterscheid- und unabhängig voneinander übertragbar. Zudem 103 Vgl. zu dem im Rahmen dieser Arbeit vertretenen Ansatz zum Begriff des „Anteil“ oben S. 58 ff. 104 Nach althergebrachtem Verständnis geht die Verselbstständigung mit der Erlangung der Rechtspersönlichkeit, der Entstehung einer juristischen Person einher. Da jene Auffassung jedoch mit Beginn des 21. Jahrhunderts zumindest stark ins Wanken geraten ist, soll zunächst nur von der verselbstständigen bzw. abstrahierten Gesellschaft die Rede sein. Im späteren Verlauf dieser Arbeit wird auf den Begriff der juristischen Person indessen zurückzukommen sein, vgl. S. 108 ff.
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C. Erwerb eigener Anteile in GmbH und AG
stellt jede Beteiligung einen nach festen Kriterien zu bestimmenden Vermögenswert dar, der durch den Anteil im Rechtsverkehr als fest vorgegebene Größe repräsentiert wird. Aufgrund seiner Selbstständigkeit kann er der Gesellschaft, in deren innere Sphäre er überleitet, auch ohne weiteres als eigenständiger Rechtsgegenstand im Rechtsverkehr „gegenübertreten“. Insofern bestehen im Ansatz keine Unterschiede zu anderen Vermögensgegenständen, an denen die abstrahierte Gesellschaft Rechte begründen kann. Daher lässt sich nicht von einer „Überhöhung“ oder „Überspannung“ des Begriffs der juristischen Person sprechen, da dieses Phänomen Ausdruck und notwendige Folge des Gedankens der Verselbstständigung von Gesellschaft und Gesellschaftsbeteiligung ist. Die Verhältnisse in verselbstständigten Gesellschaften können hierbei wie folgt dargestellt werden:
II. Dogmatik des Erwerbs eigener Anteile in GmbH und AG
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Demgegenüber lassen sich Personengesellschaften als nach herrschender Meinung105 nicht (vollständig) verselbstständigte Gesellschaftsformen wie folgt treffend visualisieren:
3. Überwindung der Konfusion von Mitgliederrechten und -pflichten und Untergang der Mitgliedschaft durch Fiktion des Fortbestehens? Hat man sich die rechtstheoretischen Hintergründe für den Erwerb von Eigenanteilen im Grundsatz vergegenwärtigt, sieht man sich schnell mit dem Problem konfrontiert, dass sich Gesellschaft und Gesellschafter scheinbar als Gläubiger und Schuldner gegenüberstehen. Fallen in einem gewöhnlichen, dem Schuldrecht zuzuordnenden Rechtsverhältnis Gläubiger- und Schuldnerposition in einer Person zusammen, gehen die hieraus entspringenden Ansprüche infolge Konfusion106 unter. Setzt man wie heute mit einer breiten Mehrheit107 den Erwerb von Anteilen mit dem 105
Hierzu ausführlich unten S. 168 ff. Umfassend zur Konfusion Olzen, in: Staudinger, BGB, Bearbeitung 2016, Einl zu §§ 362 ff. Rn. 25 ff.; Brox/Walker, Allgemeines Schuldrecht, 42. Aufl., § 17 Rn. 7. 107 Für den Gesellschaftsanteil an Personengesellschaften: BGHZ 44, 229, 231 = BGH NJW 1966, 499, 499 f.; BGHZ 81, 82, 84 = NJW 1981, 2747; BGH ZIP 1997, 244, 245 = NJW 1997, 860, 861; BGH NJW 1999, 784, 785 = DB 1999, 477; BGH ZIP 2010, 335 = NJW-RR 2010, 924, Tz. 11; Schäfer, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2017, § 705 Rn. 159, 179; Kilian, in: Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, § 719 BGB Rn. 13; für die OHG Priester, in: MüKoHGB, 4. Aufl. 2016, § 120 Rn. 87; ebenso Ehricke, in: EBJS, 3. Aufl. 2014, § 120 Rn. 61; Wiedemann, Gedanken zur Mitgliedschaft und zu den mitgliedschaftlichen Rechtsverhältnissen, in: Festschrift für Wulf Goette, S. 617 (618); für den Geschäftsanteil bei einer GmbH bzw. der Aktie bei einer AG Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/2, S. 263; Harry Westermann, Personengesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 202; Cosack, Eigene Aktien als Bestandteile des Vermögens einer Aktiengesellschaft, in: Festschrift für die Juristische Fakultät in Gießen zum Universitäts-Jubiläum, S. 109 (117); für die Aktie: Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht, 6. Aufl., S. 161; Windbichler, Gesellschaftsrecht, 24. Aufl., S. 279; Saenger, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 282 f.; für den Geschäftsanteil: OLG Frankfurt a.M., NZG 2006, 829; Wicke, in: MüKoGmbH, 3. Aufl. 2018, § 3 Rn. 51; so auch Fastrich, in: Baumbach/Hueck, 106
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Erwerb der Mitgliedschaft in der Gesellschaft gleich, kann ein Erwerb eigener Anteile nach allgemeinen Regeln nicht ohne Folgen bleiben. Die mit Übernahme der Mitgliedschaft entstehende Einlageverpflichtung und ggf. später entstehenden Nachschusspflichten einerseits, Dividendenrechte und Liquidationsrechte andererseits müssten nach allgemeinem Verständnis durch Konfusion untergehen, denn die Gesellschaft würde hinsichtlich dieser Ansprüche simultan Gläubiger- wie auch Schuldnerposition einnehmen. Mit Erlöschen der prägenden Hauptbeststandteile der Gesellschaftsbeteiligung könnte die Mitgliedschaft nicht nur hinsichtlich des Inhalts, sondern als gänzlich erloschen anzusehen sein. Diese Rechtsfolge kann indes weder vom Gesetzgeber mit Zulassung von Eigenanteilen intendiert, noch von der Gesellschaft selbst bzw. den dahinterstehenden Gesellschaftern oder der jeweiligen Geschäftsführung gewollt sein, die ein Interesse an der einfachen Wiederverwertung der Eigenanteile durch erneute Ausgabe und damit einer unveränderten Fortexistenz der Mitgliedschaften und Anteile haben. Die herrschende Auffassung nimmt daher an, dass die durch die Übernahme einer Aktie oder eines Geschäftsanteils entstehenden mitgliedschaftlichen Rechte während der Besitzzeit der Gesellschaft „ruhen“. Ein ruhendes, nicht zur Entfaltung kommendes Recht bliebe bis zur Übernahme durch einen Dritten im Kern erhalten, es wird konserviert und vor einem Untergang durch Konfusion bewahrt. (Dritt-)Erwerber von Eigenanteilen erlangen demnach nach Übernahme des jeweiligen Anteils alle durch ihn vermittelten Rechte in dem Zustand, den sie bereits vor Übernahme der Gesellschaft aufgewiesen hatten. Gleiches gilt für die Belastung mit den mit der Beteiligung verbundenen Gesellschaftsverpflichtungen. Es stellt sich indessen bei genauerer Betrachtung die Frage, ob das „Ruhen“ der mitgliedschaftlichen Rechte bzw. Verbindlichkeiten nicht allein auf einer Fiktion ihres Fortbestehens beruht, weil nach allgemeinen Grundsätzen die einzelnen Rechte und Pflichten und damit womöglich auch die Beteiligung als Ganzes untergehen müssten.108 Wäre dies zu bejahen, erforderte der Erwerb eigener Anteile im Personengesellschaftsrecht, wie bereits an anderer Stelle erwähnt, eine diesen Rechtsvorgang ermächtigende positive Regelung. Dieser Einwand kann nicht bereits mit Verweis auf den § 889 BGB verworfen werden, nach dem bei Zusammenfallen eines beschränkt dinglichen Rechts an und dem Eigentum am Grundstück in einer Person das Recht nicht infolge von Konfusion automatisch untergeht. Die Fortexistenz der Eigenrechte beruht hier keinesfalls auf einer Fiktion. Der Inhaber des belasteten Eigentums erwirbt vielmehr eine mit dem Fremdrecht identische Rechtsposition.109 Hierbei handelt es sich um Sachverhalte, bei denen ein Teil des Eigentumsrechts dinglich derart belastet wird, dass der Eigentümer ein bestimmtes Handeln des Gläubigers, insbesondere eine Verwertung, nicht mehr untersagen kann. Diese BeGmbHG, 21. Aufl. 2017, § 14 Rn. 3; Reichert/Weller, in: MüKoGmbH, 3. Aufl. 2018, § 14 Rn. 53; ebenfalls Liebscher, in: MüKoGmbH, 2. Aufl. 2016, § 46 Rn. 81. 108 Diese Vorstellung hatte scheinbar schon Rehm, vgl. Rehm, Die Bilanzen der Aktiengesellschaften, S. 469. 109 M.w.N. Kohler, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2017, § 889 Rn. 4.
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einträchtigung ist indessen nur eine Nebenfolge der Eigentumsbelastung und nicht Folge einer unmittelbaren rechtlichen Beziehung zwischen Eigentümer und Gläubiger. Das Recht bzw. die Verpflichtung beruht auf Belastung des Eigentums, einem subjektiven Recht als Anknüpfungspunkt, nicht auf der direkten Beziehung zwischen den Beteiligten.110 Eine Regelung dieser Zustände ist zwar erforderlich, aber nicht mit der hier untersuchten Situation vergleichbar: Mitgliedschaftsrechte und -verpflichtungen wie Dividendenanspruch bzw. Einlageverpflichtung beruhen auf der unmittelbaren, gesellschaftsrechtlichen Beziehung zwischen verselbstständigter Gesellschaft und dem einzelnen Mitglied. Die zwischen den beiden bestehenden Rechtsbeziehungen sind unmittelbare Grundlage für das Recht und korrespondierende Schuld, nicht die Belastung eines „zwischengeschalteten“ subjektiven Rechts. Selbst wenn man das anders sehen möchte, bedürfte es zumindest einer gesetzlichen Grundlage, die eine dem Inhalt des § 889 BGB entsprechende Anordnung enthält, um vom juristischen Grundsatz der Konfusion abweichen zu können. § 71b AktG entscheidet zwar den Streit, ob die Gesellschaft Mitgliederrechte aus eigenen Anteilen ausüben kann, ausdrücklich zu Lasten der AG, ist aber einerseits nur auf das Aktienrecht beschränkt und trifft andererseits keine positivrechtliche Aussage über das rechtstechnische Schicksal der Mitgliederrechte. Für die Annahme, die Aufrechterhaltung der Mitgliederrechte und der Mitgliedschaft beruhe auf einer Fiktion, streitet zudem in gewisser Weise die Entstehungsgeschichte der heutigen § 33 GmbHG und §§ 71 ff. AktG. Nach der Abkehr vom grundsätzlichen Verbot der Eigenanteile im ADHGB von 1870 war es gerade die Wirtschaft, die für die Zulassung dieses Phänomens eintrat. Dogmatischen Bedenken, die insbesondere zum Beginn des 20. Jahrhunderts formuliert worden sind, wurde zugunsten praktischer Bedürfnisse nur wenig Beachtung geschenkt.111 Beispielhaft sei neben Schön112 nur Hachenburg113 zu nennen, der wie Rehm114 den Erwerb eigener Anteile als eine juristische Unmöglichkeit und Folge der „Überhöhung“ bzw. „Überspannung“ des Prinzips der juristischen Person angesehen hat.
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Das gilt nicht nur für die Aussagekraft des § 889, sondern auch für § 1009 BGB, der die dingliche Belastung von Miteigentum zugunsten eines Miteigentümers grundsätzlich zulässt, sowie die speziellen Normen über die Eigentümergrundschuld bzw. -hypothek. 111 Schön, Geschichte und Wesen der eigenen Aktie, S. 39. 112 Schön, Geschichte und Wesen der eigenen Aktie, S. 45. 113 Hachenburg, Zum Erwerbe eigener Geschäftsanteile durch die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, in: Festschrift für Georg Cohn, S. 79 (91). 114 Der Erwerb eigener Anteile widerspreche „juristischer Logik“, vgl. Rehm, Die Bilanzen der Aktiengesellschaften, S. 468; so auch noch, ohne vertieft auf die rechtlichen Hintergründe einzugehen, in der Folgeauflage Rehm, Die Bilanzen der Aktiengesellschaften, 2. Aufl., S. 181.
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C. Erwerb eigener Anteile in GmbH und AG
a) Untergang und (wiederholter) originärer Erwerb der Mitgliedschaftsrechte Nach einem Ansatz, der insbesondere von Sievers115 vertreten worden ist, müsse auch für Mitgliedschaftsrechte vom allgemeinen Grundsatz des Untergangs von Rechten durch Konfusion keine Ausnahme gemacht werden. Durch den Erwerb eigener Anteile erlöschen demnach die konkreten Ausprägungen der Mitgliedschaft wie Dividendenanspruch und Nachschussverpflichtung, um im Falle der Wiederveräußerung an Dritte in der Person des Erwerbers neu zu entstehen. Auch die Existenz von Mitgliederrechten erfordere gerade die Existenz zweiter Personen: Der Gesellschaft (als juristische Person) auf der einen, einer davon zu unterscheidenden Person auf der anderen Seite. Dieser Ansatz läuft darauf hinaus, die Übertragung von Mitgliedschaften in GmbH und AG als Übertragung eines mitgliedschaftsrechtlichen Stammrechts einzuordnen, dessen konkrete Ausprägungen erst mit Eintritt eines von der abstrahierten Gesellschaft unterschiedlichen Anteilsinhabers entstehen. Dies entspreche den allgemeinen Folgerungen eines Anteilserwerbs, denn diese Grundsätze fänden auch im Rahmen eines Mitgliederwechsels durch zweiseitiges Rechtsgeschäft zwischen Veräußerer und Erwerber ohne (direkte) Beteiligung der Gesellschaft Anwendung. Der Erwerber erlange die einzelnen konkreten Mitgliedsrechte nicht derivativ, sondern originär bei Eintritt in die Gesellschaft.116 Gegen diesen Ansatz spricht freilich, dass die Übertragung der Mitgliedschaft durch Übertragung von Aktie und Geschäftsanteil nach herrschender Auffassung als Übertragung eines inhaltlich genau bestimmten und definierten subjektiven Rechtes – bzw., nach der hier vertretenen Theorie, einer mittelbaren Übertragung einer exakt spezifizierten Rechtsstellung in einem gesellschaftsrechtlichen Rechtsverhältnis durch Abtretung der Rechtsmacht über den vermittelnden Anteil im Außenverhältnis – betrachtet wird. Auch müssten unter Annahme des originären Entstehens der Mitgliedsrechte in der Person des Erwerbers stets die Regeln zur erstmaligen Ausgabe von Aktien eingehalten werden, da insoweit ein Unterschied nicht zu erkennen ist. Insbesondere spricht gegen diesen Ansatz aber die Tatsache, dass in der verselbstständigen Gesellschaft die einzelne Beteiligung gerade von der Person des jeweiligen Inhabers losgelöst ist.117 Diese Selbstständigkeit ist mit der originären Entstehung von Mitgliedschaftsrechten nach Erwerb nicht in Einklang zu bringen, versteht sie den Inhalt der Mitgliedschaft doch gerade in Abhängigkeit von der Person des Gesellschafters. Zeitgleich ist dieser Ansatz nicht ohne Ausnahmen durchhaltbar, müsste doch auch die Verpflichtung zur Einlageleistung trotz zwingender Erfüllung (vgl. § 33 Abs. 1 GmbHG, §§ 57 Abs. 1 S. 1, 71 Abs. 2 S. 2 AktG) erlöschen. Die bereits geleistete Einlage würde ohne Rechtsgrund im Vermögen der
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Sievers, Verkauf eigener Aktien durch die Aktiengesellschaft, Das Recht (Rundschau für den deutschen Juristenstand) 10 (1906), S. 974 (978). 116 Sievers, Verkauf eigener Aktien durch die Aktiengesellschaft, Das Recht (Rundschau für den deutschen Juristenstand) 10 (1906), S. 974 (978). 117 Siehe oben S. 39 ff., 95 ff.
II. Dogmatik des Erwerbs eigener Anteile in GmbH und AG
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Gesellschaft verbleiben (müssen), bis die Verpflichtung wieder aufblüht. Diese Folge kann kaum gewollt sein. b) Ruhen der Rechte nach der herrschenden Meinung und Rechtsprechung Die heutige Rechtsprechung und der weit überwiegende Teil der Literatur geht hingegen im Falle des Erwerbs eigener Anteile vom Fortbestand der Mitgliedschaft aus, wobei die einzelnen Mitgliedschaftsrechte und -pflichten, sofern sie nicht doch durch Konfusion untergehen, während der Zeit des Eigenbesitzes ruhen.118 In der (neueren) Literatur wird das Ruhen der Mitgliedschaftsrechte unter dogmatischen Gesichtspunkten nicht oder nur bedingt untersucht. Vielmehr beschränkt man sich auf die Feststellung der Tatsache, dass die Rechte aufgrund ihrer Suspendierung von der Gesellschaft nicht ausgeübt werden können. Das Ruhen von Rechten bzw. Pflichten ist dem deutschen Recht indes nicht fremd. Im Arbeitsrecht sind gegenseitige Rechte und Pflichten von Arbeitgeber und -nehmer während der Zeit eines „ruhenden Arbeitsverhältnisses“ suspendiert.119 Diese Suspendierung beruht, sofern sie nicht wie im Falle des Mutterschutzes (vgl. § 3 Abs. 2 MuSchG) durch das Gesetz zwingend angeordnet ist oder aufgrund rechtspolitischer Erwägungen durch einseitige Erklärung ausgelöst werden kann120, auf einem entsprechenden Vertrag zwischen Arbeitgeber und -nehmer.121 Dieser ist in aller Regel als Änderungsvertrag einzuordnen und modifiziert das Arbeitsverhältnis dahingehend, dass dieses bis zur Aufhebung der Suspendierung mit inhaltlich gewandelten Haupt- und Nebenpflichten fortbesteht.122
118 Löwisch, in: MüKoGmbH, 3. Aufl. 2018, § 33 Rn. 120 ff., 127 f.; Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl. 2017, § 33 Rn. 22 ff.; Fleischer, in: Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, § 33 GmbHG Rn. 22; Sosnitza, in: Michalski, GmbHG, 3. Aufl. 2017, § 33 Rn. 55, 60; Gadow, in: Großkomm d. Praxis, Aktienrecht 1939, § 65 Anm. 25; Fischer, in: Hdb der Rechtswissenschaft 1931, S. 168; Hösel, Eigene Geschäftsanteile der GmbH, DNotZ 1958, S. 5 (8); Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, 6. Aufl., § 47 Rn. 46; Schön, Geschichte und Wesen der eigenen Aktie, S. 53; Unger, Der Erwerb eigener Geschäftsanteile durch die Gesellschaft mit beschränkter Haftung, S. 41; Cosack, Eigene Aktien als Bestandteile des Vermögens einer Aktiengesellschaft, in: Festschrift für die Juristische Fakultät in Gießen zum Universitäts-Jubiläum, S. 109 (117). 119 Berkowsky, in: Handbuch ArbeitsR, 3. Aufl. 2009, § 114 Rn. 100. 120 Hierzu sind die Fälle der Suspendierung von Arbeitnehmerpflichten im Rahmen von Arbeitskampfmaßnahmen oder die (einseitige) Entscheidung zur Beanspruchung von Elternzeit zu zählen, vgl. § 16 BEEG. 121 Dikomey, Das ruhende Arbeitsverhältnis, S. 38 ff. 122 BAG Urteil vom 09. 11. 1999, Az. 9 AZR 922/98; ZIP 2002, 2186, 2187; vertiefend Dikomey, Das ruhende Arbeitsverhältnis, S. 48 ff.
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aa) Ruhen der Rechte aufgrund konkludenter Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag Fraglich ist, ob die Grundsätze, die der Figur des ruhenden Arbeitsverhältnisses zugrunde liegen, in angepasster Form auch im Gesellschaftsrecht fruchtbar gemacht werden können: Zwar existiert keine Norm, die ein Ruhen der Rechte explizit anordnet,123 doch könnte eine den Mitgliedschaftsinhalt modifizierende Regelung, die im Ergebnis dieselbe Wirkung wie ein arbeitsrechtlicher Änderungsvertrag zur Folge hat, dem Gesellschaftsvertrag entnommen werden. Auf diese Weise könnte man individuelle Lösungen für die aus dem Eigenerwerb resultierenden Folgeprobleme bereitstellen: Einerseits könnte auf diese Weise die Problematik des fehlenden Stimmrechts leicht erklärt werden: Die Annahme eines eigenen Stimmrechts der Gesellschaft in ihrer Hauptversammlung widerspricht grundsätzlich der juristischen Logik, da der Wille der Gesellschaft erst durch Beschluss jenes Organs geformt werden muss. Eine Ausübung durch den Geschäftsführer oder Vorstand einer GmbH oder AG würde hingegen die Stimmverhältnisse in nicht zulässiger Weise berühren und stets die Gefahr von sachfremder Beeinflussung bergen. Insofern ließe sich aus dem Gesellschaftsvertrag „Natur der Sache“ die konkludente Vereinbarung eines vollumfänglichen Stimmrechtsausschlusses entnehmen. Zudem sind Mitgliedschaftsrechte auch immer Ausgleich für die Risiken, die der einzelne Gesellschafter durch seine Beteiligung (finanziell) zu tragen hat. Die Ausübung und das Innehaben der Rechte ergibt indessen nur Sinn, sofern sie tatsächlich als Ausgleich für die Nachteile der Mitgliedschaft angesehen werden können und dem Inhaber des Anteils auch tatsächlich zugutekommen. Im Fall des Haltens von Eigenanteilen trägt die Gesellschaft hingegen keinerlei Risiken, noch kann sie den ihr zufallenden Gewinn für sich verbuchen, da dieser mit der nächsten Bilanz als allgemeiner Gesellschaftsgewinn auf die übrigen Gesellschafter aufgeteilt werden würde. Bis zur Wiederveräußerung der Anteile sind auf die Gesellschaft entfallende Dividendenzahlungen in einer „Gewinnschleife“ verfangen. Sie bilden keinerlei Gegenwert für übernommene Risiken. Demnach erscheint es sachgerecht, anstelle des Aufrechterhaltens von Rechtszuständen, die sich zwar noch im Rahmen des juristischen Denkvermögens bewegen, im Ergebnis indessen unsinnig erscheinen, die Suspendierung von Eigenrechten als immanenten Bestandteil jeder Verfassung, d. h. im Sinne einer konkludent erklärten Vereinbarung der (Gründungs-)Gesellschafter, zu betrachten. Im Ergebnis wird dieser Ansatz trotz Ausrichtung an bekannten Grundsätzen abzulehnen sein. Ein Ruhen der Mitgliederrechte ist hierauf aufbauend nur dann zu erklären, sofern man eine derartige gesellschaftsvertragliche Vereinbarung als unabdingbares Element jeden Gesellschaftsvertrages versteht. In diesem Fall gerät man jedoch mit der sich in der Satzung verwirklichenden Privatautonomie in Konflikt, 123 Auch § 71b AktG nutzt nicht den Begriff des Ruhens, auch wenn die Norm von der herrschenden Auffassung in diesem Sinne verstanden wird, statt vieler Lange, in: Henssler/ Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, § 71b AktG Rn. 2.
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denn der Inhalt der Satzung darf in den Grenzen des Gesetzes von den Gesellschaftern grundsätzlich frei bestimmt werden. Die Rechtsfolgen des Eigenerwerbs müssen indessen der Willkür der Gesellschafter entzogen sein. Es würde zu weit gehen, eine solche ungeschriebene Regelung allein aus dem Rechtsgedanken der §§ 138, 241 Abs. 2, 242 BGB oder anderweitigen übergeordneten Rechtssätzen abzuleiten. bb) Ruhen der Rechte als Folge der Kollision von Wertpapierund Körperschaftsrecht Eine tiefergehende Untersuchung liefert die Arbeit von Siegfried Schön124, der versucht hat, die Auswirkungen des Erwerbs eigener Anteile in Aktiengesellschaften unter dogmatischen Gesichtspunkten zu beleuchten. Nach seiner Auffassung sind Anteilserwerb und Mitgliedwerden grundsätzlich unlösbar miteinander verbunden, doch widerspreche die Vorstellung der Mitgliedschaft einer Gesellschaft „in sich selbst“ dem „Wesen der juristischen Person“.125 Das Ruhen der Mitgliedschaftsrechte sei hierbei eine zwingende Folge der Kollision von Wertpapier- und Körperschaftsrecht beim Erwerb eigener Anteile:126 Eine Aktie verkörpere nicht nur ein Wertpapier, sondern „gleichzeitig das Mitgliedschaftsrecht“. Demnach müsse nach allgemeinen Regeln des Wertpapierrechts das Recht aus dem Papier dem Recht am Papier ohne weiteres folgen. Gleichfalls dürfe nicht unberücksichtigt bleiben, dass das Körperschaftsrecht auf einem „organischen Zusammenhang“ von AG und den einzelnen Mitgliedschaften beruhe, der bei Zusammenfallen dieser Ebenen in einer Person gestört würde. Im Rahmen des Erwerbs eigener Anteile seien die gewöhnlichen Auswirkungen des Wertpapier- und Körperschaftsrechts wegen dieser widerstreitenden Aussagen nicht miteinander in Einklang zu bringen. Da Eigenanteile indessen durch den Gesetzgeber positivrechtlich anerkannt worden sind, müsse eine Durchbrechung des Wertpapierrechts als notwendige Folge hingenommen werden: Die AG erhalte nur eingeschränkt die durch die Aktie verkörperten Mitgliedschaftsrechte, sie „erwirbt ein ruhendes Recht“. Die Rechte bleiben erhalten, doch ist ihre Ausübung für die Zeit des Eigenbesitzes tatsächlich unmöglich geworden.127 Sie sind nach seiner Auffassung bis zur Wiederveräußerung subjektlose Rechte.128 Konsequenz hiervon sei wiederum der Verlust der Aktionärsstellung, weil diese vom Innehaben und tatsächlicher Ausübbarkeit der Mitgliederrechte abhinge.129 Schöns Ansatz leidet indessen trotz seiner vorzugswürdigen Unterscheidung von Mitgliederstelle und Mitgliedschaft unter gewissen Inkonsequenzen. Hält man die 124 125 126 127 128 129
Schön, Geschichte und Wesen der eigenen Aktie. Schön, Geschichte und Wesen der eigenen Aktie, S. 38 f., 41, 45. Schön, Geschichte und Wesen der eigenen Aktie, S. 45 ff. Schön, Geschichte und Wesen der eigenen Aktie, S. 51. Schön, Geschichte und Wesen der eigenen Aktie, S. 55. Schön, Geschichte und Wesen der eigenen Aktie, S. 54.
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Durchbrechung des aus dem Wertpapierrecht folgenden Grundsatzes, dass das Recht aus dem Papier stets dem Recht an dem Papier folge, dürfte eine Gesellschaft, die ihre eigenen Anteile erwirbt, die durch sie vermittelten Rechte nicht nur „eingeschränkt“, sondern gar nicht erhalten. Ein Erwerb „halber“ Rechte ist dem Gesetz grundsätzlich unbekannt. Auch lässt sich eine inhaltliche Grenze dieses „eingeschränkten“ Rechtsübergangs kaum trennscharf ziehen. Überhaupt lässt sich nur schwer begründen, warum das Wertpapier- und nicht das Körperschaftsrecht eine Einschränkung erfährt. Eine allgemeine Regel, die ein bestimmtes Verhältnis dieser beiden Sphären anordnet, existiert nicht. Die Folgerung, das Wertpapierrecht müsse gegenüber dem Körperschaftsrecht zurücktreten, ist auch gar nicht zwingend – wie die gegenteiligen Aussagen verschiedener Vertreter der Literatur130, die sich vertieft mit den Wirkungen des Erwerbs eigener Anteile in AG und GmbH auseinandergesetzt haben, zeigen – dass die Gesellschaft durch den Erwerb der eigenen Anteile ihr eigenes Mitglied unter Erhalt eines zumindest partiellen Rechtekatalogs wird. Auf Grundlage des Vorrangs des Körperschaftsrechts kann demnach nicht argumentiert werden. cc) Eigener Ansatz: Ruhen der Rechte bei Unterscheidung von innerer und äußerer Beteiligungssphäre Unterscheidet man hingegen mit der hier vertretenen Ansicht konsequent zwischen der inneren und der äußeren Sphäre der Gesellschaftsbeteiligung, beruht das Ruhen der Mitgliedschaftsrechte im Ergebnis auf dem fehlenden Eintritt der Gesellschaft in das gesellschaftsrechtliche Grundverhältnis. Wie bereits weiter oben dargestellt,131 ist in verselbstständigten Gesellschaften stets zwischen innerer Mitgliederstelle, welche eine spezifische Stellung im Grundverhältnis, d. h. dem Gesellschaftsvertrag darstellt, und der äußeren Konkretisierung dieser Rechtstellung durch den Anteil (Aktie und Geschäftsanteil) zu unterscheiden. Jeder Anteil ist an eine spezifische Stellung im Gesellschaftsvertragsverhältnis gekoppelt. Er dient in diesem Rahmen als „Eintrittstor“ in die Mitgliederstelle und stellt letztlich die Verknüpfung zu den konkreten mitgliedschaftlichen Rechten (und Pflichten) her. Anteile im Allgemeinen bilden als selbstständige und der freien Verfügung unterliegende Rechtsobjekte die innere Gesellschaftssphäre im Außenverhältnis ab. Wer an ihnen das vollumfängliche Herrschaftsrecht innehat, erlangt das Recht, Teil des gesellschaftsrechtlichen Grundverhältnisses zu werden und damit die mit dem Anteil verbundene Mitgliederstelle – die spezifisch durch den Gesellschaftsvertrag vorgegebene Rechtsstellung – einzunehmen. Im Rahmen eines Erwerbsvorgangs eigener Anteile kann die Gesellschaft dieses umfassende Herrschaftsrecht ohne weiteres erwerben, da die Anteile auch ihr gegenüber als selbstständige Vermö130 Hachenburg, in: Runkel-Langsdorff, Die Folgen des Erwerbs eigener Aktien durch die Aktiengesellschaft, § 33 Anm. 3. 131 Siehe oben S. 28 ff.
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gensobjekte „begegnen“. Wie zuvor gesehen, folgt dieser Umstand aus der Struktur abstrakter Gesellschaften als vollständig vom Gesellschafterkreis emanzipierte, im Rechtsverkehr natürlichen Personen gleichgestellte, Rechtsorganismen. Vom Erwerb des umfassenden Herrschaftsrechts am Anteil bleibt indessen die Möglichkeit, das durch das Herrschaftsrecht am Anteil vermittelte Recht zum Eintritt in die angekoppelte Mitgliederstelle, d. h. die durch den Anteil repräsentierte Rechtstellung im Gesellschaftsvertrag auszuüben, zu unterscheiden. Die Mitgliederstelle wird durch den Gesellschaftsvertrag mit Entstehung der verselbstständigten Gesellschaft erstmalig konstituiert und bleibt bei Übertragungen des jeweils zugehörigen Anteils stets unverändert bestehen. Erst durch Eintritt in die „freie“ Mitgliederstelle nimmt der Inhaber eines Anteils die Stellung im gesellschaftsrechtlichen Rechtsverhältnis ein, wird Mitglied der Gesellschaft und kann sodann die damit verbundenen Rechte ausüben bzw. aus den jeweiligen Pflichten in Anspruch genommen werden. Dieser dem Erwerb eines Anteils rechtslogisch nachfolgende Eintritt in die Mitgliedschaftsstelle ist verselbstständigten Gesellschaften indessen verwehrt. Hier wird die in dieser Arbeit vertretene Unterscheidung von „innerer“ und „äußerer“ Gesellschafts- bzw. Beteiligungssphäre relevant. Während die überwiegende Ansicht, die zwischen „Anteilen“ und „Mitgliedschaft“ nicht trennscharf differenziert, die rechtlichen Auswirkungen der Mitgliedschaft selbst beschränkt,132 ist nach hier vertretenem Ansatz eine Abkehr von den allgemeinen Rechtsfolgen des Vorgangs, Mitglied zu werden, nicht erforderlich. Mit der Differenzierung von „innerer“ und „äußerer“ Beteiligung geht eine klare Abgrenzung der die konkreten Rechte und Pflichten begründenden Mitgliederstelle im Innenverhältnis gegenüber dem Anteil im Außenverhältnis einher. Während der Erwerb eines Herrschaftsrechts an einem solch erfassten Anteil aufgrund seiner Einordnung als eigenständiger Rechtsgegenstand ohne weiteres möglich ist, ist der Gesellschaft der dem Anteilserwerb gewöhnlich nachfolgende Eintritt in die Gesellschaftssphäre verwehrt. Die Anerkennung der Eintrittsfähigkeit einer abstrahierten Gesellschaft hätte die Überschreitung der Grenze zur inneren Sphäre zur Folge, was indessen unter rechtslogischen Gesichtspunkten nicht möglich ist: Wie eine natürliche Person keine Rechte an sich selbst haben kann, ist es der abstrahierten Gesellschaft nicht möglich, sich selbst im Innenverhältnis auszufüllen. Der Gesellschaft ist es verwehrt, einen durch eine Mitgliederstelle vermittelten Rechte- und Pflichtenkatalog wahrzunehmen oder zu erfüllen. Insofern kommt die inhaltliche Flexibilität des gesellschaftsrechtlichen Partizipationsrechts, das mit dem Erwerb eines Anteils einhergeht, erneut zum Tragen, denn Eintrittsrecht respektive -pflicht kommt in der Hand der Gesellschaft nicht zur Entstehung. Die nicht durchgängige Besetzung der Mitgliederstellen schadet dabei nicht. Die Existenz einer abstrakten Gesellschaft verlangt zwar ein wirksames, verstetigtes Grundverhältnis, welches mindestens eine („Ein-Mann-Gründungen“) Mitglieder132
Vgl. hierzu oben S. 38 ff.
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stelle in sich aufgenommen hat, ihre tatsächliche Einnahme durch einen Gesellschafter ist, zumindest für eine vorübergehende Zeit, indessen nicht erforderlich. Für einen derart zwingenden Charakter gibt es keinen erkennbaren sachlichen Grund, sofern die Einlagen voll eingezahlt worden sind und das gesetzlich vorgeschriebene Grund- bzw. Stammkapital vorhanden ist. Aufgrund freier Mitgliederstellen verändert sich zwar das Stimmverhältnis innerhalb einer abstrahierten Gesellschaft, ihr konstitutives Gerüst wird gleichwohl nicht berührt. Dementsprechend ist der zumindest vorübergehende Erwerb aller Anteile durch die Gesellschaft unter rechtstheoretischen Gesichtspunkten möglich, denn er ist logischer Ausfluss der vollständigen Verselbstständigung abstrahierter Gesellschaften gegenüber ihren Gesellschaftern. Infolge des Erwerbs eigener Anteile bleiben die jeweils zugehörigen Mitgliederstellen im Innenverhältnis unbesetzt, die durch sie konkret vermittelten Mitgliederrechte und -pflichten keinem Rechtsträger zugeordnet. Hierin stimmt der hier vertretene Ansatz mit Schöns Theorie ohne weiteres überein, auch wenn die dogmatische Herleitung im Detail abweicht. Die einzelnen Mitgliederrechte und -pflichten werden in der Mitgliederstelle konserviert, bis die Gesellschaft erlischt, die Mitgliederstelle durch entsprechenden Beschluss der Gesellschafter vernichtet wird oder ein Dritter nach Erwerb des jeweiligen Anteils sie übernimmt. 4. Anerkennung der Rechtspersönlichkeit durch das Gesetz als notwendige Voraussetzung für die Verselbstständigung von Gesellschaften Gegenüber dem Personengesellschaftsrecht formulieren das Vereinsrecht des BGB, das GmbHG sowie das AktG ausdrücklich die gesetzgeberische Vorstellung, dass die von ihnen geregelten Gesellschaftstypen als Gesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit, d. h. juristische Personen anzusehen sind.133 Der Verein ist im ersten Abschnitt des Allgemeinen Teils des BGB unter dem zweiten Titel „Juristische Personen“ geführt. Mit Inkrafttreten des MoMiG134 fand die bis dato allgemein anerkannte Bezeichnung des § 13 GmbHG als amtliche Überschrift ihren Weg in das Gesetz und bestätigte die bis dahin herrschende Auffassung zur Rechtsnatur der GmbH. Die GmbH ist demnach auch nach Vorstellung des Gesetzgebers juristische Person und Handelsgesellschaft. Für die Aktiengesellschaft kann seit Ausgliederung des Aktiengesetzes aus dem Handelsgesetzbuch im Jahre 1937135 gar auf den Gesetzestext selbst zurückgegriffen werden, der in § 1 Abs. 1 S. 1 AktG feststellt: „Die Aktiengesellschaft ist eine Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit.“ Selbiges 133 Zur Einordnung der Personengesellschaften als juristische Personen ausführlich S. 227 ff. 134 Art. 1 Nr. 51 i.V.m. mit Anlage 1 des Gesetzes zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen vom 23. Oktober 2008 (BGBl. I S. 2026). 135 Art. 1 des Gesetzes über die Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien (Aktiengesetz) vom 30.01.37 (RGBl. I S. 107).
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gilt für die ebenfalls im AktG (partiell136) geregelte KGaA, welche nach § 278 Abs. 1 AktG ihrem „Wesen“ nach juristische Person ist. Gleichzeitig ist die Erlangung der Rechtspersönlichkeit bei Verein, GmbH und AG von der Eintragung der jeweiligen Gesellschaft in das Vereins- bzw. Handelsregister abhängig, ohne die die Gesellschaften im Stadium der sogenannten Vorgesellschaft bzw. des „nicht rechtsfähigen“ – und nach nunmehr herrschender Meinung: rechtsfähigen137 – „Vereins“ verweilt (vgl. § 21 BGB, § 11 Abs. 1 GmbHG, § 41 Abs. 1 S. 1 AktG). Ein vergleichbarer formaler Akt ist den Gesellschaften bürgerlichen Rechts mangels Eintragungsfähigkeit hingegen gänzlich verwehrt bzw. entfaltet im Recht der handelsrechtlichen Personengesellschaften keine derart weitgehende, (zwingend) konstitutive Wirkung (vgl. §§ 123 Abs. 2, 105 Abs. 2 HGB ggf. i.V.m. § 161 Abs. 2). Trotz Geltung des Systems der Normativbedingungen ist damit faktisch noch immer ein vorgeschaltetes Handeln hoheitlicher Gewalt erforderlich, um auf privatem Willensentschluss gründende Personenvereinigungen in den Rang „juristischer Personen“ zu erheben. Klärungsbedürftig erscheint in Anbetracht der von dieser Arbeit untersuchten Fragestellung, ob eines dieser beiden dem Körperschaftsrecht vorbehaltenen Elemente – die gesetzliche Anerkennung der Rechtspersönlichkeit, d. h. die Einordnung als juristische Person – als zwingende Voraussetzung für die vollständige Verselbstständigung einer Gesellschaft von ihrem Gesellschafterkreis angesehen werden kann bzw. muss, denn als notwendige Voraussetzung jeden Eigenerwerbs138 würde diese Annahme dazu zwingen, auch Personengesellschaften entgegen dem Wortlaut des Gesetzes als juristische Personen einzuordnen, sofern ihnen der Erwerb eigener Anteile ermöglicht werden soll. a) Eintragung als zwingende Voraussetzung der Abstraktion Sowohl eingetragene Vereine (vgl. § 21 BGB), als auch Gesellschaften mbH (§ 11 Abs. 1 GmbHG), Aktiengesellschaften (§ 41 Abs. 1 S. 1 AktG) wie auch eingetragene Genossenschaften (§ 13 GenG) bedürfen für ihre endgültige Entstehung als (abstrahierte) juristische Personen der Eintragung in das Vereins- bzw. Handelsregister. Stiftungen des bürgerlichen Rechts müssen gar für ihre Entstehung von der öffentlichen Hand anerkannt werden (vgl. § 80 Abs. 1 BGB). Dieses Eintragungs- bzw. Anerkennungserfordernis ist allerdings keinesfalls als eine notwendige Bedingung der Entstehung abstrahierter Gesellschaftsstrukturen, sondern vielmehr als bloß formelle Verfahrensregelung zu verstehen, die keinerlei Auswirkungen auf die materiellrechtlichen Hintergründe hat.139 Die zuvor genannten 136
Vgl. § 278 Abs. 2 AktG. Vgl. statt vieler: Weick, in: Staudinger, BGB, Bearbeitung 2005, § 54 Rn. 2, 28. 138 Vgl. hierzu oben S. 95 ff. 139 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 8 II 5; Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht, 6. Aufl., 32 f. 137
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Rechtssätze regeln das „Wie“ der Entstehung, stellen aber kein materiell-konstitutives Merkmal einer verselbstständigten Gesellschaft dar. Sie dienen vielmehr der Verhinderung „mißlichster Rechtsunsicherheit“140, könnten doch sonst Gesellschaften zwecks Erlangung einer Haftungsbeschränkung ohne jegliche Möglichkeiten zur Prüfung geschaffen werden. Grundsätzlich wäre freilich auch die Schaffung von juristischen Personen im Rahmen eines „Systems der freien Körperschaftsbildung“ denkbar, welches den daraus entstehenden Gefahren auf eine andere Weise begegnen müsste.141 b) Rechtspersönlichkeit als zwingendes Element der Abstraktion Eingetragener Verein, GmbH, AG und KGaA sind nach dem Gesetz juristische Personen des Privatrechts, d. h. Gesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit. Eine exakte Definition des Begriffs der „juristischen Person“ enthält das Gesetz indessen nicht und ist dementsprechend Gegenstand einer langandauernden, früher sehr belebten, nunmehr mangels erkennbaren Erkenntnisgewinns in den Hintergrund gerückten, Diskussion. Für das von der vorliegenden Arbeit verfolgte Anliegen interessiert in diesem Diskussionsumfeld insbesondere, ob der Begriff der „juristischen Person“ die Verselbstständigung der jeweiligen Personenvereinigung als notwendiges Element in sich aufnimmt. Dieser Schluss liegt nahe, wird doch vorab festzustellen sein, dass weder die Fähigkeit dieser Gesellschaften, Träger des Gesellschaftsvermögens zu sein, noch deren innerer Aufbau oder die Haftungsverhältnisse als Anknüpfungspunkt für die Abgrenzung der Gesellschaften mit eigenen Rechtspersönlichkeiten gegenüber den Personengesellschaften herangezogen werden können. Verselbstständigung im hier verstandenen Sinne142 und Erlangung einer (vom Gesetz anerkannten) Rechtspersönlichkeit könnten demnach in einem unumgänglichen Abhängigkeitsverhältnis stehen. Bestätigt sich diese Annahme, bleibt zu klären, ob ausschließlich durch das Gesetz anerkannten Gesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit ein abstrahiertes Verständnis zugrunde gelegt werden kann oder die Personifikation von Gesellschaften lediglich eine Teilmenge des Oberbegriffs der „verselbstständigten Gesellschaften“ darstellt.
140 Mugdan, Die gesammelten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, S. 400 (Motive S. 88). 141 So auch in der Schweiz für den Idealverein, vgl. Art. 60 Abs. 1 ZGB: „Vereine, die sich einer politischen, wissenschaftlichen, künstlerischen, wohltätigen, geselligen oder andern nicht wirtschaftlichen Aufgabe widmen, erlangen die Persönlichkeit, sobald der Wille, als Körperschaft zu bestehen, aus den Statuten ersichtlich ist.“ 142 Siehe oben zur Abstraktion von GmbH und AG.
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aa) Rechtsfähigkeit, Fremdorganschaft und beschränkte Haftung keine allein juristischen Personen vorbehaltenen Merkmale Ohne große Schwierigkeiten lässt sich heute festhalten, dass die Rechtsfähigkeit einer Vereinigung kein den juristischen Personen vorbehaltenes Merkmal darstellt. Mit der ausdrücklichen Bestätigung der Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts durch den BGH143 kommt diese Eigenschaft vielmehr auch allen (Außen-)Personengesellschaften des deutschen Rechts zu, sofern nicht eine atypische Vermögenszuordnung nach Bruchteilen gewählt worden ist144, obwohl jene nach Auffassung des BGH nicht als juristische Personen einzuordnen sind145. (Außen-)Gesellschaften bürgerlichen Rechts, offene Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften sind demnach selbst fähig, Träger von Rechten und Schuldner von Verbindlichkeiten zu sein. Das Gesellschaftsvermögen steht nicht mehr den Gesellschaftern in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit, sondern allein der jeweiligen Gesellschaft als solcher zu.146 Unabhängig davon, ob man der Ansicht der Rechtsprechung und der überwiegenden Ansicht in der Literatur zur Handhabung
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BGHZ 146, 341 = NJW 2001, 1056. Schon lange herrschende Auffassung in der Literatur Reuter, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2015, Vor § 21 Rn. 7 ff.; auf die Gesellschaften bürgerlichen Rechts beschränkend, die mit eigenem Namen und einem festen Sitz im Rechtsverkehr auftreten, vgl. Reuter, Rechtsfähigkeit und Rechtspersönlichkeit, AcP 207, S. 673 (682 ff.); Fabricius, Relativität der Rechtsfähigkeit; Schünemann, Grundprobleme der Gesamthandsgesellschaft, S. 148 ff.; unter Berücksichtung von „Schuld“ und „Haftung“: Hennecke, Das Sondervermögen der Gesamthand, S. 61 ff.; Wiedemann, Zur Selbstständigkeit der BGB-Gesellschaft, in: Festschrift für Alfred Kellermann, S. 529; Wiedemann, Rechtsverhältnisse der BGB-Gesellschaften zu Dritten (WM Sonderbeilage Nr. 4), WM 1994, S. 4; Wiedemann, Die Personengesellschaft – Vertrag oder Organisation?, ZGR 1996, S. 286; nunmehr auch Huber, Rechtsfähigkeit, juristische Person und Gesamthand, in: Festschrift für Marcus Lutter, S. 107; nunmehr auch Hadding/Kießling, in: Soergel, 13. Aufl. 2012, Vor § 705 Rn. 21; wohl auch Gesmann-Nuissl, Die Rechts- und Parteifähigkeit sowie Haftungsverfassung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach dem Urteil des BGH, II ZR 331/00 = WM 2001, 408, WM 2001, S. 973 (974); Elsing, Alles entschieden bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts?, BB 2003, S. 909; für das österreichische Recht Holzhammer, Die Parteifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, in: Festschrift der Professoren der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Johannes-Kepler-Universität Linz, S. 127; im Rahmen eines Rechtsvergleich mit der einfachen Gesellschaft des Schweizerischen Rechts Tug˘ rul, Die einfache Gesellschaft oder die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts – Aus Sicht der Rechtsfähigkeit, in: Private law in the international arena, S. 1; mit Tendenz, die Gesamthand auch als juristische Person anzuerkennen K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 8 I 3 a), III; Uhlig, Die externe Einzelklagebefugnis im Recht der BGB-Gesellschaft als Ausprägung eines allegemeinen Rechtsprinzips, S. 63 ff., 72; Ulmer, Die höchstrichterlich „enträtselte“ Gesellschaft bürgerlichen Rechts, ZIP 2001, S. 585. 144 Die „Vorstellung einer einheitlichen Grundlegung für alle ,Gesellschaften‘ in §§ 705 ff. BGB ist aufzugeben“, vgl. Bälz, Organisationsvertrag und Gesamthand, in: Festschrift für Wolfgang Zöllner, S. 35 (39) so auch Flume, Gesellschaft und Gesamthand, ZHR 136/1972, S. 177 (177 f., 180, 190). 145 BGHZ 146, 341, 347 = NJW 2001, 1056, 1058. 146 Hierzu ausführlich unten S. 188 ff.
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und dogmatischen Aufarbeitung der Personengesellschaften im Detail147 zustimmt, lässt sich somit ohne weiteres festhalten, dass die Fähigkeit, Träger von Rechten und Pflichten zu sein, keine den juristischen Personen exklusiv vorbehaltene Eigenschaft darstellt. Ebenfalls lässt sich unter Berücksichtigung der EWIV das Prinzip der Fremdorganschaft nicht mehr als Alleinstellungsmerkmal bzw. exklusive Ausprägung juristischer Personen verstehen. Die Europäische wirtschaftliche Interessenvereinigung ist, obwohl sie grundsätzlich nur als Organisationsform grenzüberschreitender Kooperation verstanden wird,148 nach § 1 EWIVAG grundsätzlich als offene Handelsgesellschaft zu handhaben, mithin im Kern dem deutschen Personengesellschaftsrecht der §§ 705 ff. BGB und §§ 105 ff. HGB unterstellt.149 Entgegen dem im deutschen Recht geltenden Prinzip der Selbstorganschaft können EWIV nach Art. 19 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 EWIV-VO von bestellten Geschäftsführern, die nicht zwingend aus dem Kreis der Mitglieder stammen müssen, organschaftlich vertreten werden.150 Geborene Geschäftsführer kennt diese nach den für „gesamthänderisch verselbstständigte[.] Personengesellschaften geltenden Grundsätzen“ zu bewertende Gesellschaftsform gerade nicht.151 Darüber hinaus wird auch das Verbot der Fremdorganschaft in Personengesellschaften der deutschen Rechtsordnung nunmehr in der wissenschaftlichen Literatur in Frage gestellt.152 Auch die allgemein anerkannte Möglichkeit153, das Prinzip der Selbstorganschaft durch Einsetzung einer Gesellschafter-GmbH faktisch auszuhebeln, nivelliert die bestehenden Unterschiede weitgehend. Unter rein rechtskonstruktiven Gesichtspunkten wird freilich das Leitbild des Gesetzes nicht berührt. Die in Aktiengesellschaften und Gesellschaften mbH beschränkte Haftung auf das Gesellschaftsvermögen (vgl. § 1 Abs. 1 S. 2 AktG; § 13 Abs. 2 GmbHG) ist, wie sich aus der Berücksichtigung der Haftungsverhältnisse einer KGaA ergibt, gleichfalls kein charakteristisches Merkmal ausschließlich juristischer Personen. Der Komplementär einer KGaA kann trotz eigener Rechtspersönlichkeit der Gesellschaft nach § 278 Abs. 2 AktG i.V.m. § 128 HGB mit seinem Privatvermögen ohne Beschränkung in Anspruch genommen werden.154 Die rechtlich unproblema147
Siehe hierzu S. 168 ff. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 66 I 2. 149 Hakenberg, in: EBJS, 3. Aufl. 2014, EWiV Rn. 4; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 66 I 2; Saenger, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 452 f. 150 Salger, Neye, in: MünchHdb. GesR I, 4. Aufl. 2014, § 97 Rn. 2. 151 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 66 I 3, II 2 b). 152 Diese Diskussion soll an dieser Stelle indes nicht weiter vertieft werden. Siehe hierzu vielmehr Bergmann, Die fremdorganschaftlich verfasste offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft und BGB-Gesellschaft als Problem des allgemeinen Verbandsrechts. 153 Für die Kommanditgesellschaft schon RGZ 105, 101, 102 ff.; statt vieler m.w.N. Servatius, in: Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, § 705 BGB Rn. 22; Schäfer, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2017, § 705 Rn. 76 f. 154 Ausführlich Koch, in: Hüffer, AktG, 13. Aufl. 2018, § 278 Rn. 10. 148
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tisch zulässige Möglichkeit,155 im Wege der auf eine Haftungsbeschränkung gerichteten Typenvermischung die Haftung der KGaA auf ein festgelegtes Vermögen zu beschränken (z. B. durch Einsetzen einer GmbH oder AG als Komplementärin der KGaA), berührt auch hier lediglich die faktische, nicht jedoch die rechtliche Ebene. bb) Rechtspersönlichkeit durch Abstraktion? Die Verselbstständigung der Gesellschaft von ihren Gesellschaftern ist notwendige Voraussetzung für die Möglichkeit des Erwerbs eigener Anteile.156 Infolge der Abstraktion besitzen verselbstständigte Gesellschaften nicht nur die Fähigkeit, kumulativ „über“ und „neben“ den Gesellschaftern, sondern im Sinne einer abstrahierten Betrachtung auch allein „neben“ den Gesellschaftern zu existieren. Gesellschaftsrechtliche Abstraktion bedeutet, die Gesellschafter unter Verstetigung der Verfassung aus dem konstitutiven Tatbestand der Gesellschaft auszuschließen. Blendet man zunächst die Diskussion aus, ob auch Personengesellschaften als juristische Personen anzuerkennen sind,157 stellt sich die Frage, ob der Begriff der juristischen Person gerade die Eigenschaften „Abstraktion“ und „Selbstständigkeit“ der Gesellschaften in sich mit aufnimmt. Ist dies anzunehmen, muss in einem Folgeschritt untersucht werden, ob die fehlende Anerkennung der Rechtspersönlichkeiten von Personengesellschaften im Gesetz der Annahme einer Verselbstständigung auch dieser Gesellschaften zwingend entgegensteht.158 (1) Fiktions- und Genossenschaftslehre und Theorie der Zweckpersonifikation Die Diskussion um das „Wesen“ und „Sein“ der juristischen Person geht zurück auf die wissenschaftliche Aufarbeitung des Begriffs des „subjektiven Rechts“ und das rechtlich-dogmatische Verhältnis von natürlichen Personen zu einzelnen Rechtspositionen. Der Begriff der juristischen Person wurde in diesem Rahmen als Terminus technicus für die Beschreibung von Vereinigungen verwendet, die neben natürlichen Personen nach damals allgemeiner Auffassung ebenfalls Träger von Rechten und Pflichten sein konnten.159 Infolge der weiteren dogmatischen Erfassung der „juristischen Person“ standen sich lange Zeit die römischrechtliche, insbesondere durch von Savigny160, Puchta161 und Windscheid162 vertretene Fiktionstheorie163 und 155 156 157 158 159
S. 46 f. 160 161 162 163
BGHZ 134, 392 = NJW 1997, 1923, 1. Leitsatz. Siehe hierzu zuvor S. 95 ff. Hierzu unten S. 227 ff. So Weick, in: Staudinger, BGB, Bearbeitung 2005, Einleitung zu §§ 21 ff. Rn. 8. Zusammenfassender Überblick u. a. in Rolf H. Weber, Schweizerisches Privatrecht, Savigny, System des heutigen römischen Rechts, S. 235 ff. Puchta, Lehrbuch der Pandekten, S. 41. Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts, 9. Aufl., S. 255 ff. Savigny, System des heutigen römischen Rechts, S. 236, 239.
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die von Beseler164 und v. Gierke165 begründete und propagierte Genossenschaftsbzw. Realitätstheorie als die klassischen Vertreter dieser Diskussion gegenüber.166 Später vereinten und bündelten Enneccerus/Nipperdey wesentliche Elemente dieser beiden Ansätze zur Lehre von der Zweckpersonifikation.167 Eine bis ins letzte Detail durchgeführte Analyse dieser Werke bzw. Theorien muss indes anderen Werken168 vorbehalten bleiben. An dieser Stelle interessiert allein, ob der Begriff der „juristischen Person“ nach diesen Ansätzen mit einer vollständigen Abstraktion der Gesellschaft verbunden oder gar (partiell) gleichzusetzen ist. Die Fiktionstheorie beruht auf der Grundprämisse, dass allein natürliche Personen Träger von Rechten und Pflichten sein können. Die Bedürfnisse der Praxis machten es indes erforderlich, das grundsätzlich Menschen vorbehaltene Merkmal der Rechtsfähigkeit auch auf künstliche Gebilde – konkret: Gesellschaften – zu übertragen. Derartige Gesellschaften seien notwendige Werkzeuge des Rechts, um die Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks durch mehrere Personen unter Zuordnung eines eigenen Vermögens effektiv zu ermöglichen. Hierfür sei jedoch eine Fiktion, ein „Kunstgriff“ durch das Gesetz erforderlich, der die Existenz rechtsfähiger Personenvereinigungen anerkenne und sie mit den natürlichen Personen gleichstelle, da eine den Menschen gleichgestellte Rechtsfigur nicht als natürliche Gegebenheit in einem Rechtssystem existiere. Eine juristische Person ist nach diesem Ansatz nur aufgrund gesetzlicher Fiktion rechtlich wahrzunehmendes und zu beachtendes, natürlichen Personen hinsichtlich der Rechtsfähigkeit gleichgestelltes „Kunstgebilde“ unserer Rechtsordnung.169 Demgegenüber möchten die Vertreter der Genossenschaftstheorien juristische Personen als Tatsachen des Rechtslebens, d. h. im Sinne wirklich existierender Personen verstehen, denen es lediglich an einer unmittelbar wahrnehmbaren Materialisierung fehle. Eine juristische Person stelle demnach einen „sozialen Organismus“170 dar, der durch seine Organe handeln könne, einen Willen habe und allein auf Grundlage des tatsächlichen Zusammenschlusses mehrerer Personen zu „leben“ beginne.171 Die Rechtsfähigkeit müsse dieser zwar auch nach Auffassung der Vertreter der Genossenschaftstheorie durch das Gesetz verliehen werden, doch ist dies
164
Beseler, System des gemeinen deutschen Privatrechts, 4. Aufl., S. 253 ff., insb. S. 256 ff. v. Gierke, Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Rechtsprechung, S. 15 ff. 166 Umfassende Darstellung in K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 8 II. 167 Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 15. Aufl., S. 607 ff. und im speziellen S. 608 (610) Fn. 2 Nr. 6. 168 Siehe nur Henkel, Zur Thorie der juristischen Person im 19. Jahrhundert. 169 Savigny, System des heutigen römischen Rechts, S. 236, 239; Puchta, Lehrbuch der Pandekten, S. 41; Windscheid, Lehrbuch des Pandektenrechts, 9. Aufl., 261 f. 170 v. Gierke, Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Rechtsprechung, S. 23. 171 v. Gierke, Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Rechtsprechung, S. 24 ff. 165
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keine notwendige Voraussetzung für die Tatsache der Existenz des Gebildes „Verband“ als solchem.172 Diese Ansätze vereinend, stellen juristische Personen nach Enneccerus/Nipperdey grundsätzlich reine „Zweckgebundenheiten“173 dar. Sie sind „personifizierte“174 Organisationen, die durch die Rechtsordnung analog den natürlichen Personen behandelt, d. h. als Rechts- und Willenssubjekte gedacht werden. Dieser Schritt sei zwingend, um einerseits das tatsächlich bestehende Bedürfnis des Rechtsverkehrs nach einer Möglichkeit der gemeinschaftlichen Verfolgung von Dauerzwecken bei gleichzeitiger Begrenzung der Haftungsrisiken auf eine gesonderte Vermögensmasse zu befriedigen, anderseits dem gemeinen Verständnis vom subjektiven Recht als „(gedachte[.]) Rechtsmacht“175 nicht entgegenzustehen und allgemein anerkannte Rechtsregeln zu berühren.176 Derartige Organisationen müssten demnach als selbstständige Rechtssubjekte begriffen werden, bei denen der in den Organen vereinte Wille der einzelnen Mitglieder als Wille der Organisation selber betrachtet werden kann.177 Bei ihnen ist das konstitutive Abhängigkeitsverhältnis zwischen Gesellschaft und dem Mitgliederstamm im Gegensatz zu den Gesellschaften im engeren Sinne vollständig durchbrochen. Rechtlich müssen eine juristische Person als solche und ihre Mitglieder als Folge dieser Betrachtung streng geschieden werden.178 (2) Personifikation heißt auch Verselbstständigung Welcher dieser Theorien der Vorzug zu geben ist, spielt an dieser Stelle keine Rolle. Richtig scheint, dass sich die drei großen Theorien lediglich im theoretischen und weltanschaulichen Ansatz abgrenzen, sich der Blickwinkel auf das Problem der dogmatischen Erfassung der „juristischen Person“ damit unterscheiden mag, sie sich inhaltlich allerdings gegenseitig ergänzen.179 Für die hier untersuchte Frage ist indes entscheidend, dass sowohl Fiktions- und Genossenschaftstheorie als auch die Lehre von der Zweckpersonifikation den Begriff der „juristischen Person“ als Bezeichnung der Entstehung und Existenz einer verselbstständigten, nicht natürlichen Person versteht, die wie jede natürliche Person als Teilnehmer des Rechtsverkehrs auftreten 172
Beseler, System des gemeinen deutschen Privatrechts, 4. Aufl., S. 257 f.; v. Gierke, Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Rechtsprechung, S. 24. 173 Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 15. Aufl., S. 608 (610) Fn. 2 Nr. 6. 174 Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 15. Aufl., S. 611. 175 Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 15. Aufl., S. 608 (610) Fn. 2 Nr. 6. 176 Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 15. Aufl., S. 610 f. 177 Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 15. Aufl., S. 608 (610) Fn. 2 Nr. 6 und S. 615 ff. 178 Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 15. Aufl., S. 612. 179 Raiser, Der Begriff der juristischen Person. Eine Neubesinnung, AcP 1999, S. 104 (113 f.).
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kann. Das Ergebnis ist in allen Ansätzen die Anerkennung eines rechtlich relevanten, von der Beteiligung Dritter grundsätzlich unabhängigen Rechtsgebildes, das natürlichen Personen durch und in der Rechtsordnung nicht in allen, doch aber in den wesentlichen Belangen gleichgestellt wird.180 Natürliche wie auch juristische Rechtspersonen werden beide vom Begriff der Rechtsperson gedacht.181 Diese Grundvorstellung begleitete schon das Gesetzesverfahren zur Schaffung des BGB, dessen Beteiligte im Verein mit eigener Rechtspersönlichkeit stets eine verselbstständigte Organisation gesehen haben, die in weiten Bereichen der natürlichen Person gleichgestellt ist, ohne eine Aufarbeitung der dogmatischen Grundlagen für erforderlich zu erachten.182 Allein die dogmatische Herleitung ihrer Entstehung weicht in den beiden „großen“ Lehren voneinander ab, wenn auch nicht in dem Umfang, wie es oftmals fälschlicherweise dargestellt wird183. Die Lehre von der Zweckpersonifikation vereint gar ausdrücklich Elemente der beiden vorhergehenden Theorien.184 In diesem Sinne schreibt schon John185, der juristische Personen auf die Ausprägung der Merkmale „Handlungsorganisation“, „Haftungsverbund“ und „Identitätsausstattung“ untersucht und sie anhand dieser charakterisiert hat: „Personifikation heißt Verselbstständigung“186. Das Gesetz erkennt demnach hinsichtlich Verein, GmbH und AG – und wohl auch KGaA – mit ausdrücklicher Erwähnung ihrer Rechtspersönlichkeit etwas an, für das es im Recht der Personengesellschaften keine ausdrückliche Entsprechung gibt: den unabhängigen und selbstständigen Charakter dieser Gesellschaftsformen – universitas personae vice fungitur. Der Gedanke der vollständigen Verselbstständigung der Personenvereinigung muss demnach als ein, wenn nicht gar als das prägende Merkmal der juristischen Person betrachtet werden. Die Rückkoppelung an den Gesellschafterstamm ist in Gesellschaftsformen mit eigener Rechtspersönlichkeit auf ein Minimum reduziert, unter rechtskonstruktiven Gesichtspunkten nicht existent. Faktisch hängt freilich die Fortexistenz jeder juristischen Person von den (wirtschaftlichen) Interessen natürlicher Personen ab, auch wenn diese nur mittelbar 180
133).
Raiser, Der Begriff der juristischen Person. Eine Neubesinnung, AcP 1999, S. 104 (109,
181 Rittner, Rechtsperson und Rechtsfähigkeit im europäischen Privatrecht, in: Festschrift für Uwe Hüffer, S. 843 (847). 182 Zum verselbstständigten Verständnis des eingetragenen Vereins, siehe Mugdan, Die gesammelten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, S. 395, 396, 397, 404 (Motive S. 78, 81, 82 f., 94); zum Vorbehalt gegenüber der rechtlichen Konstruktion zugunsten einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung, siehe Mugdan, Die gesammelten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, S. 395, 404 (Motive S. 78, 94). 183 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 8 II 4. 184 Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 15. Aufl., S. 608 (610) Fn. 2 Nr. 6. 185 John, Die organisierte Rechtsperson, S. 131 ff. 186 John, Die organisierte Rechtsperson, S. 218; so ebenfalls Weick, in: Staudinger, BGB, Bearbeitung 2005, Einleitung zu §§ 21 ff BGB Rn. 8.
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Berücksichtigung finden, denn sie bleiben stets Hilfsmittel zur Verwirklichung unternehmerischer Betätigung. Aufgrund dieser vollumfänglichen Verselbstständigung können sie, so zumindest der theoretische Ansatz, selbst in solchen Fällen neben ihren (Ex-)Gesellschaftern existieren, in denen das gesamte personelle Substrat der Gesellschaft ausgeschieden (und nicht ersetzt) worden ist.187 Der einzelne Mensch verliert seine konstitutive Funktion mit Geburt der juristischen Person. Diese Fähigkeit besitzen die Personengesellschaften nach übereinkommender, nach hier vertretenem Ansatz im Ergebnis abzulehnender, Auffassung gerade nicht.188 (3) Abstraktion in den gesetzlich anerkannten Gesellschaften mit Rechtspersönlichkeit (a) GmbH und AG als verselbstständigte Gesellschaften In den Regelungen des AktG sowie des GmbHG kommt das verselbständigte Verständnis von Aktiengesellschaft und Gesellschaften mbH am deutlichsten zum Ausdruck. Für diese Einordnung sprechen schon der Wortlaut der §§ 1 Abs. 1, 41 Abs. 1 S. 1 AktG und §§ 11 Abs. 1, 13 Abs. 1 und 2 GmbHG, die die Aktiengesellschaft bzw. Gesellschaft mbH ausdrücklich als Gesellschaftsformen mit eigener Rechtspersönlichkeit anerkennen189 und „als solche“190 zur Trägerin des gesamten Gesellschaftsvermögens sowie maßgeblichen Schuldner gegenüber Dritten erklären. Die Erlangung von vollständiger Rechtspersönlichkeit geht mit dem Gedanken der vollständigen Abstraktion gedanklich einher, ist doch nur auf diese Weise eine klare Trennung der (Vermögens-)Sphären – und damit auch: der Persönlichkeiten – von Gesellschaft und Gesellschaftern möglich, wie es in diesen beiden Gesellschaftsformen gerade gewünscht ist. Eine Vermischung beider Sphären verbietet sich, abgesehen von den Ausnahmefällen der Durchgriffshaftung, selbst in Einmanngesellschaften.191 Dem Personen(handels-)gesellschaftsrecht, das nach der Konzeption des Gesetzes von der vertraglichen Grundlage im Sinne des § 705 BGB als konstitutive Grundlage der Gesellschaften ausgeht, ist eine vergleichbar prägnante 187
Siehe hierzu oben S. 95 ff. Vgl. hierzu ausführlich unten S. 316 ff. 189 Das war freilich nicht immer so, vgl. nur Mugdan, Die gesammelten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, S. 398 (Motive S. 84). 190 Zur historischen und nunmehr „wenig aussagekräftigen“ Bedeutung des Zusatzes „als solche“ m.w.N. Bitter, in: Scholz, GmbHG, 12. Aufl. 2018, § 13 Rn. 3. 191 BGHZ 22, 226, 230 = NJW 1957, 181 f.; BGHZ 68, 312, 314 = NJW 1977, 1449; BGHZ 156, 310, 314 f. = NJW 2004, 217, 218. Für die AG Koch, in: Hüffer, AktG, 13. Aufl. 2018, § 1 Rn. 4; Lange, in: Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, § 1 AktG Rn. 5 ff.; Heider, in: MüKoAktG, 4. Aufl. 2016, § 1 Rn. 14, 26, 47; für die GmbH Merkt, in: MüKoGmbH, 3. Aufl. 2018, § 13 Rn. 3 f.; Verse, in: Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, § 13 GmbHG Rn. 2 f.; Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 8. Aufl. 2015, § 13 Rn. 1; Wicke, in: Beck’scherKK GmbHG, 3. Aufl. 2016, § 13 Rn. 1; Windbichler, Gesellschaftsrecht, 24. Aufl., S. 199 f. (GmbH); S. 277 f. (AG); einschränkend hingegen Wiedemann, Gesellschaftsrecht, S. 214 ff.; Rittner, Rechtsperson und Rechtsfähigkeit im europäischen Privatrecht, in: Festschrift für Uwe Hüffer, S. 843 (845 ff.). 188
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Formulierung hingegen konsequenterweise fremd, treten hier die Rechtspersönlichkeiten der Gesellschafter doch nach herrschender Auffassung gerade nicht komplett in den Hintergrund, sondern sollen die gesellschaftsrechtlichen und insbesondere vermögensrechtlichen Verhältnisse in den jeweiligen Gesellschaften prägen. Freilich könnte man auch den §§ 123 Abs. 1, 124 Abs. 1 HGB jene Lesart beimessen, ohne den Wortlaut des Gesetzes über das erlaubte Maß hinaus zu dehnen, der qualitative Unterschied ist indes kaum zu leugnen. Während AktG und GmbHG die jeweilige eingetragene Gesellschaft als einzig relevantes Zuordnungssubjekt, eben „als solche“ ansieht, schwingt die ursprüngliche Vorstellung vom („auch“) vertraglichen Charakter der Personenhandelsgesellschaften stets im Wortlaut des HGB mit. Nach richtiger Lesart ist in § 124 Abs. 1 HGB daher lediglich die gesetzliche Umschreibung der Rechtsfähigkeit, nicht aber der Rechtspersönlichkeit zu sehen.192 Darüber hinaus können die gesetzlichen Regelungen zu Mehrfachbeteiligungen (in § 12 Abs. 1 S. 1 AktG vorausgesetzt; ausdrücklich in § 5 Abs. 1 S. 2, § 15 Abs. 2 GmbHG) sowie der Einmann-AG bzw. -GmbH (vgl. §§ 2, 42 AktG und § 1 GmbHG) als Sonderfall der Vereinigung mehrerer – nämlich aller – Gesellschaftsanteile in einer Person als normativer Ausdruck des verselbstständigten Wesens von AG und GmbH betrachtet werden. Eine solche Vereinigung von Anteilen unter Beibehaltung ihrer rechtlichen Selbstständigkeit ist ohne Anordnung einer entsprechenden gesetzlichen Fiktion nur dann dogmatisch konstruierbar, sofern die Existenz der Gesellschaft selbst unabhängig von vertraglichen Beziehungen unter ihren Mitgliedern gedacht wird. Anderenfalls würde die Gesellschaft als Folge des durch Konfusion untergehenden rechtlichen Fundaments ebenfalls in sich zusammenfallen, wie es gerade im Personengesellschaftsrecht, mit Ausnahme von Fällen des Zusammenfalls unbelasteter und belasteter Gesellschaftsanteile in einer Hand193, noch immer allgemein als Regelfall angesehen wird.194 Zwar bestehen auch unter den Gesellschaftern einer Aktiengesellschaft bzw. Gesellschaft mbH verschiedene rechtliche Beziehungen, doch haben diese eben gerade keine konstitutive Wirkung. Die rechtlichen Grundlagen von Aktiengesellschaft und Gesellschaft mbH wirken in diesen vielmehr vom Mitgliederkreis losgelöst und unabhängig, sie bilden ihre verstetigte Verbandsverfassung. 192
M.w.N. Merkt, in: MüKoGmbH, 3. Aufl. 2018, § 13 Rn. 3. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 25 I 2b bb. 194 BGHZ 24, 106, 108 = NJW 1957, 1026, 1027; BGH WM 1963, 989 = BB 1963, 1076; BGHZ 58, 316, 318 = NJW 1972, 1755, 1756; BGHZ 66, 98, 101 = NJW 1976, 848, 849; BGH NJW 1984, 362, 363 = GmbHR 1985, 18 f. (DZ 1 – 11); siehe hierzu ausführlich oben S. 97 ff. sowie Habermeier, in: Staudinger, BGB, 13. Aufl. 2003, Vor §§ 705 – 740 Rn. 29 f.; Schäfer, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2017, § 705 Rn. 62 f.; Reichert/Weller, in: MüKoGmbH, 3. Aufl. 2018, § 15 Rn. 181; Wertenbruch, in: EBJS, 3. Aufl. 2014, § 105 HGB Rn. 222; Raiser, in: Ulmer, GmbHG, 2. Aufl. 2013, § 13 Rn. 5; wohl auch schon Tröster, Die Einmann-GmbH, S. 14; Schönle, Die Einmann- und Strohmanngesellschaft, S. 19 f.; auf den verselbstständigten Willen abstellend, der auch bei einer Einpersonengesellschaft noch vorhanden ist Caspary, Die Einmann-Gesellschaft, S. 19. 193
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Daneben basiert auch die Möglichkeit des Erwerbs eigener Anteile nach den § 71 AktG bzw. § 33 GmbHG, wie bereits zuvor gesehen,195 unter dogmatischen Gesichtspunkten ebenfalls auf dem Gedanken der vollständigen Verselbstständigung. Der Erwerb ist ohne eine derartige Trennung von Gesellschafts- und Gesellschaftersphäre nicht ohne Anordnung einer entsprechenden gesetzlichen Fiktion denkbar, da, wie schon im Fall einer Vereinigung mehrerer Aktien bzw. Geschäftsanteile, das vertragliche Fundament der Gesellschaft andernfalls durch Konfusion berührt werden würde. Dies scheidet unter dogmatischen Gesichtspunkten gerade die kapitalistisch geprägten und verselbstständigten Gesellschaftsformen von den Personen(handels-)gesellschaften auf Grundlage der herrschenden Lehre.196 (b) Der (eingetragene) Verein Das Vereinsrecht der §§ 21 ff. BGB bildet den „Prototypen“ für alle Körperschaften des deutschen Rechts.197 Der eingetragene Idealverein nach § 21 BGB sowie der Ausnahmefall des wirtschaftlichen Vereins nach § 22 BGB sind ausweislich ihrer Einordnung unter dem zweiten Titel („Juristische Personen“) des ersten Abschnitts des Allgemeinen Teils des BGB ebenfalls als Vereinigungen mit eigener Rechtspersönlichkeit zu charakterisieren. Trotz ihrer Funktion als Blaupause für den Unterbau von Aktiengesellschaft und Gesellschaft mbH sowie, zumindest im weiteren Sinne, der Societas Europaea, hält sich das Gesetz mit Formulierungen zurück, die auf die Dogmatik bzw. dem Verhältnis der Mitglieder zur überindividuellen Einheit im Speziellen schließen lassen. Regelungen, die den Erwerb eigener Anteile oder die Kumulation von Anteilen in einer Hand zum Gegenstand haben, sind für den eingetragenen Idealverein nicht vorhanden, denn hier ist mangels schützenswerter, meist wirtschaftlich geprägter Interessen eine dahingehende Regelung entbehrlich. Ein Mehrfachstimmrecht kann satzungsmäßig vereinbart werden, wird aber eine seltene Ausnahme bleiben198 und beruht in diesem Fall nicht auf einer mehrfachen Beteiligungsinhaberschaft, wie es im Bereich der Aktiengesellschaften und Gesellschaften mbH weithin üblich ist. Entgegen dem Recht der Kapitalgesellschaften fehlt es dem gesamten Vereinsrecht an einer „rechtlichen“199 Verkörperung bzw. Vergegenständlichung der Mitgliedschaft in Form von Geschäfts- oder Gesellschaftsanteilen bzw. Aktien. Der Kapitalisierungscharakter des AktG oder GmbHG ist im Vereinsrecht nicht bzw. im Falle des wirtschaftlichen Vereins weit weniger 195
Vgl. hierzu S. 72 ff. K. Schmidt, in: MüKoHGB, 4. Aufl. 2016, § 105 Rn. 7, 92; Roth, in: Baumbach/Hopt, HGB, 38. Aufl. 2018, § 105 Rn. 30; Lieder, in: Michalski, GmbHG, 3. Aufl. 2017, § 13 Rn. 10; Henssler, in: Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, § 105 HGB Rn. 61; Weitemeyer, in: Oetker, HGB, 4. Aufl. 2015, § 105 Rn. 33; K. Schmidt, Personengesellschaften: neu gedacht? Grundsatzfragen aus aktuellem Anlass, ZIP 2014, 493 (498). 197 Reuter, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2015, § 22 Rn. 1. 198 Waldner, in: MünchGdb. GesR, 4. Aufl. 2016, § 29 Rn. 1 ff. 199 Von einer Verkörperung im üblichen Sinne kann bei körperlich nicht greifbaren Aktien und Geschäftsanteilen keine Rede sein. Nichtsdestotrotz werden sie als Rechtsobjekte allgemein anerkannt. 196
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ausgeprägt. Ein Bedürfnis nach dem AktG bzw. GmbHG entsprechenden Regelungen zum Erwerb eigener Anteile oder der Mehrfachbeteiligung besteht demnach nicht. In den §§ 21 ff. BGB steht allein die Mitgliedschaft als vereinheitlichender Begriff für die Gesamtheit der Rechte und Pflichten in der Gesellschaft200 – nach herrschender Auffassung: als solche zudem als subjektives Recht201 – im Mittelpunkt. Sie ist nach dem Leitbild des Gesetzes indessen stets einheitlich ausgestaltet. Auch eine dem AktG bzw. GmbHG entsprechende Regelung, die nicht allein die reine Rechtsfähigkeit des (eingetragenen) Vereins (un-)mittelbar erwähnt, sondern durch die Bezugnahme auf die Vereinigung „als solcher“ als Ausdruck einer weitergehenden Verselbstständigung der überindividuellen Einheit verstanden werden kann, sucht man vergebens. In dieser Hinsicht weicht das heutige BGB vom ersten Entwurf für ein Bürgerliches Gesetzbuch von 1888 ab, der in seinem § 41 von der Fähigkeit von Personenvereinigungen und Stiftungen sprach, „als solche selbstständig Vermögensrechte und Vermögenspflichten zu haben (jur. Persönlichkeit)“, mithin der für AktG und GmbHG entsprechenden Formulierung weitgehend angenähert war. Aus den Motiven und den Protokollen zur Schaffung des Bürgerlichen Gesetzbuchs wird indes ersichtlich, dass jene Formulierung aufgrund der grundsätzlichen Gleichsetzung von Rechtspersönlichkeit202, einer Vereinigung und deren Rechts- bzw. Vermögensfähigkeit als überflüssiger Ballast empfunden worden sein muss und damit gestrichen wurde. Die rechtliche Aufarbeitung des Vereins wurde zwar der Wissenschaft und den Gerichten überlassen,203 tiefgreifende Zweifel an der Rechtsnatur und dem grundsätzlichen dogmatischen Aufbau des eingetragenen Vereins werden aber weder in den Motiven, den Protokollen noch in der Denkschrift ersichtlich. Der Verein selbst wird trotz veränderterer Formulierung stets als verselbstständigte Einheit betrachtet.204 Auch waren dem historischen Gesetzgeber die bis zum Inkrafttreten des BGB landesrechtlich vereinzelt geregelten Vereinigungen mit (partieller) Rechtsfähigkeit gewiss bekannt, direkte Auswirkungen auf das dogmatische Verständnis des Privatvereins können aus den Gesetzgebungsmaterialien indes nicht zwingend abgeleitet werden.205
200
Statt vieler Weick, in: Staudinger, BGB, Bearbeitung 2005, § 21 Rn. 25. Statt vieler Arnold, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2015, § 38 Rn. 10; aAWeick, in: Staudinger, BGB, Bearbeitung 2005, § 38 Rn. 25. 202 Mugdan, Die gesammelten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, S. 395, 400, 404 (Motive S. 78, 88, 94); S. 606 (Protokolle S. 1011 f.); S. 827 (Denkschrift S. 12). 203 Mugdan, Die gesammelten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, S. 395, 404 (Moive S. 78, 94); S. 603 (Protokolle S. 1000). 204 Mugdan, Die gesammelten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, S. 395, 397, 400, 401, 404 (Motive S. 79 f. (insb. Anm. S. 79), 82 f., 88, 90, 94); S. 602 (Protokolle S. 995,); S. 826 (Denkschrift S. 10). 205 Vgl. nur Mugdan, Die gesammelten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, S. 831 (Denkschrift S. 17 f.) Für diese These spricht auch die mit Erscheinen des BGB entflammte Diskussion um die Rechtsnatur der Gesamthandsgesellschaften, deren 201
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Vor diesem Hintergrund lässt sich allenfalls § 39 BGB als unmittelbarer Ausdruck der Ablösung des Vereins von den Mitgliedern verstehen. Gewiss ist auch in den Personengesellschaften durch entsprechende satzungsmäßige Vereinbarung ein freies Austrittsrecht in Form eines freien Kündigungsrechts vorstellbar, doch entspricht eine solche Klausel gerade nicht dem Leitbild des Gesetzes hinsichtlich der Personengesellschaften als vertraglicher Verbund von – schon zuvor – verbundenen Personen. Entgegen den Folgen eines Austritts nach Vereinsrecht, wirkt sich der veränderte Personenstamm in Personengesellschaften auch stets auf die Gesellschaft als Einheit aus. Offensichtlich wird dies hinsichtlich der Vermögensverhältnisse unter Berücksichtigung des Prinzips der Anwachsung deutlich, vgl. §§ 736 Abs. 1, 738 Abs. 1 S. 1 BGB, sofern man jenen Regelungen auch heute noch einen materiellen Aussagegehalt zugestehen möchte.206 Der Austritt aus dem Verein nach § 39 BGB hat hingegen gerade keine vergleichbaren Auswirkungen. Die freie Möglichkeit des Austritts bei unverändertem Fortbestand des Vereins ist vielmehr als einzig logische Konsequenz des verselbstständigten Verständnisses von der Grundform der Körperschaften zu sehen. Eine § 738 BGB vergleichbare Regelung ist dem Vereinsrecht folgerichtig fremd, der Austritt hat keine Auswirkungen auf die Vermögensverhältnisse oder den Bestand des Vereins „als solchem“. (c) Die Genossenschaft Der Gedanke der Verselbstständigung von übergeordneter Einheit gegenüber ihrem personellen Substrat kommt bei der eingetragenen Genossenschaft hingegen wieder deutlich zum Vorschein. Sie ist nach § 1 Abs. 1 GenG eine nach dem GenG eingetragene Gesellschaft (im weiteren Sinne) mit nicht geschlossener Mitgliederzahl, deren Zweck auf die Förderung der wirtschaftlichen, sozialen oder kulturellen Belange ihrer Mitglieder durch einen gemeinschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist. Sie erlangt mit ihrer Eintragung in das Genossenschaftsregister eine eigene Rechtspersönlichkeit und kann „als solche“ selbstständig Träger von Rechten und Pflichten sein, vgl. § 17 Abs. 1 GenG. An dieser Stelle kann auf die Ausführungen zu den inhaltlich gleichlaufenden Regelungen der §§ 1 Abs. 1, 41 Abs. 1 S. 1 AktG und §§ 11 Abs. 1, 13 Abs. 1 und 2 GmbHG weiter oben verwiesen werden. Der Wortlaut von § 1 Abs. 1 GenG muss als gesetzliche Anerkennung der vollständigen Abstraktion der Genossenschaft angesehen werden. Die Genossenschaft existiert als „solche“ und nicht als eine rechtlich beachtliche Vereinheitlichung der einzelnen, dahinterstehenden Mitglieder entsprechend der herrschenden Lehre zum Personengesellschaftsrecht. Der Zusammenschluss mehrerer Personen zu einer Genossenschaft hat vielmehr stets die Entstehung eines selbstständigen Subjekts im Rechtssinne zur Folge.
dogmatische Strukturen und die damit verbundenen rechtlichen Folgerungen vom historischen Gesetzgeber (bewusst) unberücksichtigt geblieben sind. 206 Vgl. zur Auslegung der Norm S. 168 ff.
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Entgegen den Regelungen zum Erwerb mehrerer Anteile im Aktienrecht und dem Recht der Gesellschaft mbH kann aus den §§ 7a Abs. 1, 15b GenG nicht ohne weiteres eine vergleichbare Schlussfolgerung für das Verhältnis von eingetragener Gesellschaft zum personellen Substrat abgeleitet werden. Der Geschäftsanteil „verkörpert“ nicht die Mitgliedschaft in Gänze, sondern beziffert lediglich den Betrag, bis zu welchem sich ein Mitglied mit einer Einlage an der Genossenschaft beteiligen kann, vgl. § 7 Nr. 1, 76 Abs. 1 S. 1 GenG.207 Die Möglichkeit, mehrere Anteile in einer Hand zu halten, geht folgerichtig nicht mit dem Erwerb mehrerer Mitgliedschaftsstellungen einher. Der Geschäftsanteil ist in der Genossenschaft lediglich ein „Beteiligungshöchstbetrag“208. Die Mitgliedschaft ist auch in der Genossenschaft stets einheitlich. Die üblicherweise auftretenden dogmatischen Fragestellungen stellen sich hier nicht. Analog zu § 39 Abs. 1 BGB209 kann hingegen das Recht jedes Mitglieds, die Mitgliedschaft ohne Auswirkungen auf den Bestand der Genossenschaft nach § 65 Abs. 1 GenG zu kündigen, als typisches Merkmal der Verselbstständigung betrachtet werden. Die Satzung ist nicht wie im Personengesellschaftsrecht ein zwischen den Mitgliedern wirkender Vertrag, dem durch das Gesetz bzw. dogmatische Theorien eine darüber hinausgehende Außenwirkung beigemessen wird, sondern bildet als Ganzes die von den Genossen verselbstständigte Verfassung der eingetragenen Genossenschaft.210 Das für die Einheit folgenlose Austrittsrecht bildet das einzig logische, rechtsgestalterische Mittel, um den Belangen austrittswilliger Genossen unter Achtung der Verbandsstruktur nachzukommen. Die in diesem Fall notwendige Änderung der Mitgliederliste (§ 69 GenG) hat keine Auswirkungen auf die Satzung. Sie dient den Interessen der Mitgesellschafter und des Rechtsverkehrs (§§ 31 f. GenG) und hat im Übrigen keine konstitutive Wirkung.211 (d) Die Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) Mehr Schwierigkeiten bereitet wiederum der Nachweis des verselbstständigten Verständnisses im Gesetzestext zur KGaA. Sie ist eine aus der Verbindung von kommandit- und aktiengesellschaftsrechtlichen Elementen hervorgegangene Gesellschaftsform mit eigener Rechtspersönlichkeit, vgl. § 278 Abs. 1 AktG. Eine dem Aktien-, GmbH- oder Genossenschaftsrecht entsprechende Betonung bzw. ergänzende Beschreibung ihrer vollständig rechtlich abstrahierten Natur („als solche“) fehlt hingegen. Der Name der Gesellschaft selbst, wie auch der übrige Wortlaut des § 278 Abs. 1 AktG, scheinen die KGaA vielmehr als bloße Sonderform der Kommanditgesellschaft zu betrachten, bei der das Gesellschaftsvermögen zwecks er207
Geibel, in: Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, § 7 GenG Rn. 2, § 7a GenG Rn. 2. Zum Begriff sowie der Kritik am Begriff des „Geschäftsanteils“ in dem vom GenG verwendeten Sinne, Beuthien, in: GenG, 15. Aufl. 2011, § 7 Rn. 1 f. 209 Vgl. zuvor S. 119. 210 Geibel, in: Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, § 5 GenG Rn. 1. 211 Geibel, in: Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, §, 30 GenG Rn. 1, § 69 GenG Rn. 1. 208
II. Dogmatik des Erwerbs eigener Anteile in GmbH und AG
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leichterten Zugangs zum Rechtsverkehr in die umhin bekannte Form der Aktien(-papiere) zerlegt wurde. Die ambivalente Haltung des Gesetzes zum Wesen der KGaA lässt Raum für zahlreiche wissenschaftliche Auseinandersetzungen.212 Historisch betrachtet stellt jene Norm in der Tat einen Bruch im Recht der KGaA dar. Sie wurde im Gesetz lange Zeit als besondere Erscheinungsform der Kommanditgesellschaft, d. h. als Personengesellschaft behandelt und konsequenterweise im Anschluss an die Regeln zur Kommanditgesellschaft in den Art. 173 ff. ADHGB normiert.213 Die Väter des späteren HGB haben die systematische Stellung vor dem Recht der Aktiengesellschaften als Widerspruch zu ihrer geringen Verbreitung gesehen und im Rahmen des Gesetzgebungsprozesses die Regeln betreffend die KGaA räumlich im Anschluss zum Aktienrecht verbannt.214 Erst die Ausgliederung der Aktiengesellschaft und der KGaA in das gesonderte Aktiengesetz von 1937 sowie die damit einhergehende erstmalige ausdrückliche Anerkennung der Rechtspersönlichkeit bzw. Klarstellung des Wesens der Aktiengesellschaft durch das geschriebene Recht215 machten es aus Sicht des damaligen Gesetzgebers erforderlich, auch in den Regeln zur KGaA entsprechende „Anpassungen“ vorzunehmen.216 Die Kommanditgesellschaft hatte sich so im Gesetz binnen eines halben Jahrhunderts strukturell von einer Personengesellschaft zu einer Kapitalgesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit entwickelt. Unter Beachtung des Umstands, dass selbst Aktiengesellschaften lange Zeit als eine Gesellschaft im engeren Sinne verstanden worden sind,217 darf diesem historischen Kontext allerdings nur ein begrenzter Stellenwert eingeräumt werden.218
212
M.w.N. Windbichler, Gesellschaftsrecht, 24. Aufl., S. 460; Müller-Michaels, in: Hölters, Aktiengesetz, 2. Aufl. 2014, § 278 Rn. 2; das gesetzliche Regelungskonzept als nur „scheinbare Rechtssicherheit“: Philbert, Die Kommanditgesellschaft auf Aktien zwischen Personengesellschaftsrecht und Aktienrecht, S. 38. 213 Im ADHGB waren die Regelungen zur KGaA noch im zweiten Abschnitt des Titels „Von den Kommanditgesellschaften“ des zweiten Buches vorzufinden. Siehe auch C. Hahn/Mugdan, Die gesamten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen, S. 337 (Denkschrift S. 175 f.). 214 Die Anordnung des HGB wurde als „Mißstand“ empfunden, vgl. C. Hahn/Mugdan, Die gesamten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen, S. 288 (Denkschrift S. 119); S. 335 ff. (Denkschrift S. 174 ff.). 215 Vgl. Die Begründung zum Gesetz über Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien vom 30. Januar 1937, in: Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger vom 4. Februar 1937 (Nr. 28), S. 1. 216 Vgl. Die Begründung zum Gesetz über Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien vom 30. Januar 1937, in: Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger vom 4. Februar 1937 (Nr. 28), S. 1 (2). 217 Lange Zeit war diese Frage umstritten, vgl. m.w.N. Puchelt, Commentar zum Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch, 2. Aufl., Anm. 1 zu Art. 213. 218 Die Entwicklung und Problematik der Einordnung der KGaA zeigt sehr anschaulich, dass die Grenzen zwischen Körperschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit sowie den Personengesellschaften fließend sind und keinesfalls auf ewig durch unüberwindbare rechtliche Hürden getrennt zu sein scheinen.
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C. Erwerb eigener Anteile in GmbH und AG
Der Bruch mit dem historischen Ursprung der KGaA sowie die Eigentümlichkeiten durch Vermischung von Personengesellschafts- mit Aktienrecht sind indessen als gesetzgeberischer Entschluss hinzunehmen. Die KGaA ist „als solche“ grundsätzlich im Sinne einer juristischen Person von ihren Gesellschaftern abstrahiert zu betrachten. Sie ist eine eigenständige Gesellschaftsform und nicht nur eine bloße Spielart von Aktien- oder Kommanditgesellschaft.219 Dabei greift das Recht der KGaA auf Regelungen aus dem Aktiengesellschafts- und Kommanditgesellschaftsrecht zurück, vermischt verschiedene Elemente dieser beiden Vereinigungstypen und vereinnahmt diese für sich. Mangels eines Übergewichts einer dieser beiden sich ergänzenden (und gleichzeitig konkurrierenden) Rechtskreise verbietet sich eine Einordnung als abgewandelte Aktien- oder Kommanditgesellschaft.220 An dieser Einordnung ändert auch der Umstand nichts, dass die KGaA wie die KG221 nach § 161 Abs. 2 HGB i.V.m. dem Rechtsgedanken der §§ 105, 161, 131 HGB mit Wegfall des letzten Komplementärs aufgelöst wird.222 Hierdurch verwirklicht sich nicht der Gedanke einer personalistischen Grundstruktur, bei der angesichts des Ausscheidens der Vertragspartner das Fundament der Gesellschaft wegbricht, es ist vielmehr die Konsequenz des Wegfalls der unbegrenzt haftenden Vermögensmasse des Komplementärs bzw. der Komplementäre: Die persönliche Haftung nach § 278 Abs. 2 AktG i.V.m. §§ 161 Abs. 2, 128 ff. HGB ergänzt die Haftung der KGaA mit ihrem Grundkapital. In Fällen der Mindestausstattung nach § 278 Abs. 3 AktG i.V.m. § 7 AktG in Höhe von 50.000 Euro kann die persönliche Haftung für die Gläubiger – insbesondere im Insolvenzfall – die einzige Möglichkeit darstellen, umfassend Befriedigung zu finden. Auch im Aktienrecht macht es der Rechtsgedanke der § 262 Abs. 1 Nr. 4 AktG, § 92 AktG und §§ 15a, 19 InsO erforderlich, in Fällen einer Gefährdung der Gläubiger einer Aktiengesellschaft wegen fehlender Haftungsmasse die Gesellschaft aufzulösen und das Insolvenzverfahren zu eröffnen. Der Gläubiger soll davor geschützt werden, bei Inanspruchnahme der Gesellschaft plötzlich keine Haftungs- bzw. Insolvenzmasse mehr vorzufinden. Dieselbe Gefahr realisiert sich allerdings in solchen Fällen, in denen durch Wegfall der Komplementäre einer KGaA ohne Vorwarnung der Zugriff auf die Haftungs219
So auch der BGHZ, 134, 392, 398 = NJW 1997, 1923, 1925; OLG Köln Beschluss v. 3. 11. 2015, Az. 28 Wx 12/1 = GmbHR 2016, 61, 62; Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht, 6. Aufl., S. 254; die KGaA als Sonderform der Aktiengesellschaft bezeichnend, Philbert, Die Kommanditgesellschaft auf Aktien zwischen Personengesellschaftsrecht und Aktienrecht, S. 85; KGaA als „Mischform“: Windbichler, Gesellschaftsrecht, 24. Aufl., S. 460 f.; Arnold, in: Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, § 278 AktG Rn. 1; Elschenbroich, Die Kommanditgesellschaft auf Aktien, S. 56; Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 32 I 1. 220 Die KGaA als eigenständige, aber gemischte Gesellschaftsform aufgrund rechtsvergleichender Erwägungen („französisches Modell“) Assmann/Sethe, in: Großkomm AktG, 4. Aufl. 2013, Vor § 278 Rn. 138 ff. (insb. Rn. 142); § 278 Rn. 3; als Abart der AG: Spindler, in: Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl. 2015, § 278 Rn. 1. 221 Klöhn, in: Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, § 131 HGB Rn. 23. 222 M.w.N. Kessler, Die Entwicklung des Binnenrechts der KGaA seit BGHZ 134, 392 = NJW 1997, 1923, NZG 2005, S. 145 (146).
II. Dogmatik des Erwerbs eigener Anteile in GmbH und AG
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masse(n) der Komplementäre unmöglich wird. Das im Gesetz austarierte Haftungsgleichgewicht wird einseitig zu Lasten der Gläubiger verschoben. Die Auflösung der Gesellschaft ist Konsequenz der Erschütterung dieser gesetzlich festgelegten Risikoverteilung, nicht des Wegfalls der vertraglichen Grundlage der KGaA. Im Übrigen erweist sich das das Recht der KGaA als Parallelerscheinung zum Recht der Aktiengesellschaft. Während auf die Verhältnisse der Geschäftsführer zu der Gesamtheit der Kommanditaktionäre und Dritten nach § 278 Abs. 2 AktG die Regelungen zur Kommanditgesellschaft, d. h. das Personengesellschaftsrecht der §§ 705 ff. BGB, §§ 105 ff. HGB (i.V.m. § 161 Abs. 2 HGB), §§ 161 ff. HGB, konkret die §§ 163 bis 169 HGB (Verhältnis zur Gesamtheit) sowie die §§ 125 ff., 128 ff HGB, 159 HGB (i.V.m. § 161 Abs. 2 HGB) (Verhältnis zu Dritten) Anwendung finden, sind nach § 278 Abs. 3 AktG „im Übrigen“, d. h. gleichfalls für die grundlegende Struktur der KGaA,223 die Sonderregelungen der §§ 279 ff. AktG sowie das sonstige Aktienrecht für die KGaA maßgeblich.224 Der Verweis225 des § 278 Abs. 3 AktG auf die Regeln zu den Eigenanteilen nach § 71 ff. AktG und die in den §§ 1 ff. vorausgesetzte zulässige Mehrfachbeteiligung, einschließlich der Zulässigkeit der Einmanngesellschaft,226 kann demnach auch hier als Anerkennung der abstrahierten Struktur gewertet werden.227 (e) Die Societas Europaea (SE) Die Europäische (Aktien-)Gesellschaft unterliegt als grenzüberschreitende Gesellschaftsform (vgl. Art. 2 SE-VO228) nach Art. 3 Abs. 1 SE-VO dem Recht des jeweiligen Sitzungsstaates. Auf sie ist nach Art. 9 Abs. 1 SE-VO, neben der SE-VO (vgl. lit. a)) und der Satzung der jeweiligen Gesellschaft (vgl. lit. b)), das Gesetz zur Ausführung der SE-VO (SEAG) (vgl. lit. c) i)) sowie das deutsche Aktienrecht (vgl. lit. c) ii) und Art. 15 Abs. 1 SE-VO) anzuwenden. Die SE ist nach Art. 1 Abs. 3 SEVO juristische Person und in den Aktiengesellschaften der Mitgliedstaaten angeglichen. Der Schluss von der Verleihung der Rechtspersönlichkeit in Art. 1 Abs. 3 SE-VO auf das verselbstständigte Verständnis der Europäischen Gesellschaft liegt nahe,229 ist aber keinesfalls zwingend, da die SE-VO als europäisches Sekundarrecht aus sich heraus, autonom ausgelegt werden muss.230 Eine allen europäischen Einzelstaaten entsprechende Definition wird nur schwer zu finden sein, denn schon ein 223
K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 32 I 1. Koch, in: Hüffer, AktG, 13. Aufl. 2018, § 278 Rn. 6. 225 Perlitt, in: MüKoAktG, 4. Aufl. 2015, § 278 Rn. 267. 226 Arnold, in: Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, § 278 AktG Rn. 4. 227 Siehe hierzu oben S. 89 ff. 228 Verordnung (EG) NR. 2157/2001 des Rates vom 8. Oktober 2001 über das Statut der Europäischen Gesellschaft (SE) (ABl. L 294/1 vom 10. 11. 2001). 229 So wohl zur Vorgängerregelung von Art. 54 AEUV (Art. 48 EUV) Schwarz, Europäisches Gesellschaftsrecht, Rn. 148. 230 Streinz, in: Beck’scherKK EUV/AEUV, 2. Aufl. 2012, Art. 54 AEUV Rn. 2. 224
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C. Erwerb eigener Anteile in GmbH und AG
Blick nach Frankreich offenbart, dass dort, insofern abweichend vom deutschen Recht – Stichwort: Gesamthandgemeinschaften –, aufgrund des streng durchgehaltenen „Rechtsfähigkeitsdualimus“ jede rechtsfähige Vereinigung als juristische Person („personne morale“) angesehen wird. Der Cour de Cassation hat hierauf aufbauend bereits im Jahre 1891231 auch die société civile (Art. 1832, 1845 ff. C. civ.) als Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit bezeichnet, obwohl auch die französische „BGB-Gesellschaft“ bis dato überwiegend als reine Vertragsgesellschaft aufgefasst worden ist.232 Die Anwendbarkeit des nationalen Aktienrechts (§ 15 Abs. 1 SE-VO) kann indessen als Hinweis darauf betrachtet werden, dass die dogmatischen Hintergründe für eine rein innerdeutsche Aktiengesellschaft auch für die Europäische Aktiengesellschaft Anwendung finden sollen. Dementsprechend lässt sich aus der SE-VO zumindest mittelbar ein abstrahiertes Verständnis der Societas Europaea ableiten. Ein dem nationalen Aktienrecht entsprechendes Verhältnis von Europäischer Aktiengesellschaft zu den Aktionären wird zudem im SEAG deutlich. In diesem Rahmen wird der Erwerb eigener Anteile, der allein durch Annahme der Verselbstständigung der Gesellschaft gegenüber ihren Mitglieder strukturell zu erklären ist, ausdrücklich an mehreren Stellen erwähnt, vgl. §§ 7 Abs. 1 S. 2; 9 Abs. 1 S. 2; 12 Abs. 1 S. 2 SEAG. Für die weitere rechtliche Handhabe wird hinsichtlich dieser Eigenanteile auf die Regeln des AktG zu den Eigenanteilen verwiesen. Für ein den Aktiengesellschaften entsprechendes analoges Verständnis der Grundstruktur spricht zudem die Möglichkeit einzelner Aktionäre der SE, in Fällen von Unregelmäßigkeiten bei der Wahl der Verwaltungsratsmitglieder gegen die Gesellschaft als solche, d. h. nicht gegen die übrigen Gesellschafter als Vertragspartner, sondern die SE als vollends überindividuelle Einheit Klage zu erheben, vgl. § 31 Abs. 3 S. 1 (i.V.m. § 246 Abs. 2 S. 1 AktG). (f) Die Stiftung Die Stiftungen des Bürgerlichen Rechts im Sinne der §§ 80 ff. BGB bilden einen Sonderfall unter den juristischen Personen des Privatrechts, deren verselbstständigte Rechtsnatur in den einzelnen Normen des Gesetzes keinen expliziten Ausdruck finden. Eine Gesamtschau der Regelungen des zweiten Untertitels des zweiten Titels des BGB („Juristische Personen“) und der Sinn und Zweck dieses Normabschnitts offenbart freilich ohne große Probleme die abstrahierte Struktur233 der Stiftungen: Mangels des Vorhandenseins von Mitgliedern ist eine Rückbindung der Stiftung an die einzelnen Persönlichkeiten bzw. einen zwischen diesen wirkenden Gesellschaftsvertrag begriffsnotwendig nicht möglich. Der Wille der Stiftung wird nicht 231
Urteil des Cour de Cassation vom 23. 02. 1891. Richter, Die BGB-Gesellschaft im Vergleich zu den französischen Zivilgesellschaften, S. 178 f.; Tat, Die Rechtssubjektivität und Haftung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts in Deutschland und Frankreich, S. 93 f. 233 Hüttemann/Rawert, in: Staudinger, BGB, Bearbeitung 2017, § 80 Rn. 3. 232
II. Dogmatik des Erwerbs eigener Anteile in GmbH und AG
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durch ihre (wirtschaftlichen) Eigentümer unter Anordnung einer spezifischen Organisation, sondern allein durch die Organe ihrer Verwaltung gebildet. Ihre vollständige Loslösung von Einzelinteressen schlägt sich schließlich auch im Erfordernis der Überwachung durch staatliche Stellen nieder, denn eine anderweitige Absicherung des Stiftungszwecks ist, zumindest nach deutschem Recht234, mangels Mitgliederversammlung nicht möglich.235 Die Stiftung des Bürgerlichen Rechts mag damit zwar keine Gesellschaft darstellen. Vielmehr ist sie die gesetzliche Idealexemplifizierung des Gedankens vollständiger Verselbstständigung juristischer Personen.236 (4) Gesetzliche Anerkennung der Rechtspersönlichkeit als notwendige Bedingung der Abstraktion? Im Folgenden bleibt zu untersuchen, ob sich die gesetzliche Einordnung verschiedener Gesellschaftstypen als juristische Personen und das Vorhandensein einer vollständig abstrahierten Struktur dieser Gesellschaftsformen gegenseitig notwendig bedingen. In diesem Fall könnte bereits das Fehlen einer ausdrücklichen Anerkennung einer eigenen Rechtspersönlichkeit durch den Gesetzgeber der Annahme einer vergleichbaren verselbstständigten Struktur in BGB-Gesellschaft, offener Handelsgesellschaft sowie Kommanditgesellschaft im Grundsatz entgegenstehen. Andererseits kann nicht ausgeschlossen werden, dass die gesetzliche Anerkennung als juristische Person bloß hinreichendes, nicht aber notwendiges Indiz für jene verselbstständigende Wirkung ist. Diese Frage wird zunächst unabhängig von der Problematik, ob die fehlende Einordnung der Personengesellschaften als juristische Personen überhaupt haltbar ist und ggf. durch weitere Rechtsfortbildung überwunden werden muss, beantwortet werden. Als eine notwendige Voraussetzung der vollständig abstrahierten Struktur im zuvor beschriebenen Sinne kann die gesetzliche Einordnung als juristische Person jedenfalls schon dann nicht (mehr) angesehen werden, sofern unsere Rechtsordnung auch andere auf einem freiwilligen Zusammenschluss beruhende Personenvereinigungen anerkennt, in denen vergleichbare verselbstständigte Strukturen nachgewiesen werden können. Im Hinblick auf die Dogmatik der Vorgesellschaft wird sich zeigen, dass dies der Fall ist. Die mit ihr verbunden Rechtsfolgen können sachgerecht und konsistent nur auf Grundlage der Hypothese einer den juristischen Personen vergleichbaren, abstrahierten Grundstruktur erklärt und aufgearbeitet werden.
234
Jakob, in: MünchGdb. GesR, 4. Aufl. 2016, § 119 Rn. 78 – 82. Weitemeyer, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2015, § 80 Rn. 66. 236 Mangels Einordnung als Gesellschaft (im weiteren Sinne) bleibt die Stiftung des Bürgerlichen Rechts im Rahmen dieser Arbeit im Folgenden indessen weitgehend unberücksichtigt. 235
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C. Erwerb eigener Anteile in GmbH und AG
(a) Die Vorgesellschaft von GmbH und AG als verselbstständigte Personenvereinigung ohne Rechtspersönlichkeit Die Existenz der Vorgesellschaften von Gesellschaft mbH, Aktiengesellschaft und eingetragener Genossenschaft als rechtlich eigenständige Organisationsformen unseres Rechtssystems ist schon lange Zeit allgemein anerkannt. In der Zeit zwischen Manifestation des Gründungswillens im Abschluss eines Gesellschaftsvertrages (vgl. §§ 1, 2 GmbHG §§ 23, 29 AktG, §§ 5 ff. GenG) und Entstehung der eigentlichen Gesellschaft durch Eintragung der Gesellschaft im Handelsregister (vgl. § 11 Abs. 1 GmbHG, § 41 Abs. 1 S. 1 AktG, § 13 GenG) bildet sie das gesellschaftsrechtliche Bindeglied, welches den Übergang einer bloßen Idee zu einer Rechtstatsache vorantreibt, ausformt und sicherstellt. Die Anforderungen des Gesetzes selbst, welches bereits vor Eintragung der Gesellschaft die Einzahlung eines Viertels auf die im Gesellschaftsvertrag festgelegten Gesellschaftsanteile (vgl. § 7 Abs. 2 GmbHG) bzw. Aktien (vgl. §§ 36 Abs. 2, 37 Abs. 1) verlangt, machen es im Ergebnis unumgänglich, bereits vor endgültiger Eintragung der Gesellschaft der durch den Gesellschaftsvertrag verbundenen Gemeinschaft der Gründer rechtliche Wirkungen beizumessen. Eine analoge Schlussfolgerung ergibt sich für Sacheinlagen, die trotz fehlender Existenz von GmbH (§ 11 Abs. 1 GmbHG und AG (§ 41 Abs. 1 S. 1 AktG) schon vor der Anmeldung zum Register zur freien Verfügung der Geschäftsführer (§ 7 Abs. 3 GmbHG) stehen bzw. „vollständig“ geleistet sein (§ 36a Abs. 2 AktG) müssen. Insbesondere in den Fällen, in denen ein bereits bestehendes Unternehmen in die Gesellschaft als Einlage eingebracht wird, muss bereits vor Entstehung der („Ziel“-)Gesellschaft eine zentralisierte Kumulation von Vermögenswerten sichergestellt wie auch eine handlungsfähige Organisationsstruktur aufgebaut bzw. aufrecht erhalten werden können. Für jene Aufgaben wurde das Recht der Vorgesellschaften entwickelt. Im Folgenden soll insbesondere das Recht der Vor-GmbH und Vor-AG berücksichtigt werden, sind doch nur die Gesellschaften mbH sowie Aktiengesellschaften klassischerweise wie die (Außen-)Personengesellschaften auf den Betrieb eines (kaufmännischen) Gewerbes ausgerichtet.237 (aa) Rückschlüsse auf Struktur wegen „Identität“ von Vorgesellschaft und eingetragener Gesellschaft Zwischen Vorgesellschaft und eingetragener Gesellschaft herrscht nach heute allgemeiner Auffassung und verbreitetem Sprachgebrauch „Identität“238. Deutlichste 237
Die Vor-Genossenschaft soll hingegen nur am Rande Gegenstand dieser Betrachtung sein. Im Kern gilt für sie das zur Vor-GmbH bzw. Vor-AG Gesagte entsprechend. 238 Dieser Begriff beherrscht die rechtliche Umschreibung des Übergangs von Vorgesellschaft auf eingetragene Gesellschaft: RGZ 82, 288, 290; 85, 256, 258 ff.; 143, 372; 151, 86, 91; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl. 2016, § 11 Rn. 5; Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, 6. Aufl., § 35 Rn. 112, 120; Wicke, in: Beck’scherKK GmbHG, 3. Aufl. 2016, § 11 Rn. 3; Meister, Zur Vorbelastungsproblematik und zur Haftungsverfassung der Vorgesellschaft bei der GmbH, in: Festschrift für Winfried Werner, S. 521 (543); den Begriff der „Identität“ als juristisch wenig weiterführend verstehend, im Ergebnis allerdings gleich-
II. Dogmatik des Erwerbs eigener Anteile in GmbH und AG
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Folge dieses Umstands ist die fehlende Notwendigkeit, bereits vor Eintragung eingebrachtes (Vor-)Gesellschaftsvermögen durch Vornahme entsprechender Rechtsgeschäfte auf die fertige GmbH bzw. AG übertragen zu müssen. Bereits begründete Rechte und Schulden der Vereinigung gehen vielmehr im Wege einer Gesamtrechtsfolge ohne weiteres auf die eingetragene Gesellschaft über. Zudem tritt nach Außen bereits die Vorgesellschaft weitgehend unter dem formellen Mantel der späteren Gesellschaft auf, nutzt, wenn auch unter Beifügung eines Zusatzes, deren Firma und wird in vielen Fällen bereits im Vorstadium durch den- oder dieselben Organwalter vertreten. Die Veränderungen hinsichtlich ihrer Außenwirkung halten sich demnach in Grenzen. Aus diesem Umstand lässt sich allerdings nicht schon zwingend auf die Struktur und Dogmatik der Vorgesellschaften schließen. Der Wortsinn des Begriffs der „Identität“ von Vor- und Zielgesellschaft suggeriert zwar einen umfassenden Gleichlauf beider Gesellschaftsphasen, bleibt im Detail zu diesem Punkt allerdings weitgehend inhaltsleer. Unter Berücksichtigung der von der Mehrheit vertretenen Auffassung zu den dogmatischen Grundlagen von Vorgesellschaften239 wäre die Annahme einer derart weitgehenden Bedeutung der Identitätstheorie auch wenig konsistent. „Identität“ von Vorgesellschaft und eingetragener Gesellschaft meint in diesem Sinne vielmehr „wirtschaftliche“ Kontinuität.240 Diese Annahme stellt auch den Gleichlauf zum Formwechsel nach dem Umwandlungsgesetz her, in dessen Rahmen trotz Beteiligung von – nach herrschender Auffassung: gesamthänderischen – Personenhandelsgesellschaften und Kapitalgesellschaften, d. h. strukturell unterschiedlichen Personenvereinigungen, von der Identität von Ausgangs- und Zielgesellschaft im Sinne der wirtschaftlichen Kontinuität gesprochen wird.241 Die Identität von Vorgesellschaft und eingetragener Gesellschaft betrifft mithin insbesondere das Gesellschaftsvermögen, welches mitsamt aller242 Rechte und Verbindlichkeiten ohne laufend: Schmidt, Einmanngründung und Einmann-Vorgesellschaft, ZGR 145 (1981), S. 540 (559, 562); den Identitätsbegriff durch die Neufassung des Umwandlungsgesetzes von 1994 als „verwässert“ bezeichnend: Wiedemann, Die Personengesellschaft – Vertrag oder Organisation?, ZGR 1996, S. 286 (290); nunmehr überholte aA Tuhr, Der Allgemeine Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts, S. 588 f.; Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 15. Aufl., S. 649 f.; die Identität auf die Verbandssphäre beschränkend Wiedemann, Gesellschaftsrecht, S. 147; für die KGaA als „juristische Kontinuität“ beschreibend Schreiber, Die Kommanditgesellschaft auf Aktien: eine handelsrechtliche Untersuchung, S. 79. 239 Siehe sogleich unter b). 240 Weick, in: Staudinger, BGB, Bearbeitung 2005, § 21 Rn. 32. 241 Begründung des Entwurfs eines Gesetzes zur Bereinigung des Umwandlungsrechts (UmwBerG), BR-Drs 75/94 S. 136 f.; Drinhausen/Keinath, in: Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, § 190 UmwG Rn. 2; K. Schmidt, in: Großkomm AktG, 5. Aufl. 2016, § 41 Rn. 99. Es kann bezweifelt werden, ob der im UmwG geltende Grundsatz der rechtlichen Identität im Hinblick auf die konstitutive Wirkung der Eintragung auch auf das Verhältnis der Vorgesellschaft zur eingetragenen Gesellschaft übertragen werden kann. Vgl. zum Umwandlungsgesetz m.w.N. Schwanna, in: Semler/Stengel, UmwG, 4. Aufl. 2017, § 190 Rn. 4. 242 Anders noch Flume, Die werdende juristische Person, in: Festschrift für Ernst Gessler, S. 3 (38 ff.).
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C. Erwerb eigener Anteile in GmbH und AG
weiteres der durch Eintragung entstehenden GmbH bzw. AG zur Verfügung steht bzw. diese belastet.243 Wie weit die Identität im Übrigen reicht, kann unter Berücksichtigung der §§ 11 Abs. 1, 13 GmbHG und der §§ 1, 41 Abs. 1 S. 1 AktG offen bleiben – im Umkehrschluss zu diesen Regelungen ergibt sich ohne weiteres, dass sie mangels Rechtspersönlichkeit nicht vollumfänglich mit der späteren Gesellschaft übereinstimmen kann. Wie jenes, im Vergleich zur späteren Gesellschaft, rechtlich „weniger“ genau zu erfassen ist, kann indessen im Rahmen dieser Arbeit nicht weiter problematisiert werden. (bb) Strukturvorgebende Kraft von Einmanngründungen Während die Existenz eines den eingetragenen Gesellschaften zeitlich vorgeschalteten „Etwas“ schon lange allgemein anerkannt ist, ist die Diskussion um dessen dogmatischen Unterbau noch immer nicht beendet worden. Die heute herrschende Auffassung in Literatur244 und Rechtsprechung245 versteht die Vorgesellschaft als Gesellschaft sui generis, auf welche neben den Regelungen des zuvor geschlossenen Gesellschaftsvertrages das Gründungsrecht sowie das Recht der jeweiligen „Zielgesellschaft“ Anwendung findet, soweit dieses nicht die Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister erfordert. Diese können im Rechtsverkehr als wahrnehmbare Einheit auftreten,246 sind namens-,247 grundbuch-,248 scheck-,249 konto-,250 insol243
460.
BGHZ 45, 338, 342 f. = NJW 1966, 1311, 1312; BGHZ 120, 103, 107 = NJW 1993, 459,
244 Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl. 2017, § 11 Rn. 7; Merkt, in: MüKoGmbH, 3. Aufl. 2018, § 11 Rn. 9; Ulmer/Habersack, in: Ulmer, GmbHG, 2. Aufl. 2013, § 11 Rn. 10 f.; Schäfer, in: Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, § 11 GmbHG Rn. 13; Wicke, in: Beck’scherKK GmbHG, 3. Aufl. 2016, § 11 Rn. 3; Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl. 2016, § 11 Rn. 5; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, S. 146; Meister, Zur Vorbelastungsproblematik und zur Haftungsverfassung der Vorgesellschaft bei der GmbH, in: Festschrift für Winfried Werner, S. 521 (522); Fleck, Neueste Entwicklungen in der Rechtsprechung zur Vor-GmbH, GmbHR 1983, S. 5 (7); Roth, Die Gründerhaftung im Recht der Vor-GmbH, ZGR 1984, S. 597 (600); Malte, Besondere Rechtsformen in der Liquidation – Zur Liquidation von Vor-GmbH, Unternehmergesellschaft, Freiberufler-GmbH und gemeinnütziger GmbH, NZG 2010, S. 646 (647); gegen die Einordnung als Gesellschaft sui generis hingegen Roth, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 8. Aufl. 2015, § 11 Rn. 39; Kießling, Die Struktur der Vorgründungs- und Vorgesellschaft zu AG, GmbH, e.G. und e.V. sowie die Kontinuität der Entstehungsphasen, S. 115. 245 Die Vorgesellschaft als Organisation, die einem Sonderrecht untersteht: BGHZ 20, 281, 285 = NJW 1956, 946, 947 (für die Vorgenossenschaft); BGHZ 21, 242, 246 = NJW 1956, 1435; BGH NJW 1963, 859 = WM 1963, 248, 249. Ausdrücklich den Begriff der „Gesellschaft sui generis“ bzw. des „Rechtsgebildes eigener Art“ verwendend BGHZ 51, 30 = NJW 1969, 509; BGHZ 120, 103, 105 = NJW 1993, 459, 460; BGHZ 143, 314, 319 = NJW 2000, 1193, 1994; BGHZ 160, 270 = NJW 2007, 589, Rz. 10. 246 BGHZ 120, 103, 106 = NJW 1993, 459, 460. 247 BGHZ 120, 103, 106 = NJW 1993, 459, 460. 248 BGHZ 45, 338 (Leitsatz d)) = NJW 1966, 1311; so auch die Auffassung vom Gesetzgeber, siehe nur Abschlussbericht zur GmbH-Novelle von 1980, S. 71. 249 BGHZ 117, 323, 326 = NJW 1992, 1824.
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venz-251 sowie parteifähig252 und können Träger von Rechten und Pflichten253 sein. Vorgesellschaften sind hierauf aufbauend, entgegen der Annahme einiger Stimmen in der Literatur254, als vollumfänglich rechtsfähig einzuordnen. Während früher vertretene Ansätze255 zur strukturellen Aufarbeitung der Vorgesellschaften, welche Vor-GmbH und Vor-AG als bloße Sondervermögensmassen einzuordnen versuchten, zugunsten einer den tatsächlichen Umständen entsprechenden Grundlage heute als allgemein überwunden angesehen werden können, bleibt die Diskussion um die Dogmatik der Vorgesellschaften in Literatur und Rechtsprechung noch immer viele Antworten schuldig. Nachdem auch die Haftungsverhältnisse der Gründer zuletzt höchstrichterlich geordnet worden sind,256 mag das fehlende Bedürfnis257 nach einer abschließenden Klärung verständlich sein, ermöglicht doch gerade die Charakterisierung der Vorgesellschaften als gesetzlich nicht fixierte Gesellschaften sui generis eine den Bedürfnissen der Praxis gerechte, ergebnisorientierte Anpassung unter Aufrechterhaltung einer im Übrigen recht freien Handhabe. Eine genauere Analyse der Materialien zu Vorgesellschaften offenbart indessen, dass sowohl Gesetzgeber als auch die überwiegende Auffassung in Literatur und Rechtsprechung mit ihren Aussagen betreffs der Vorgesellschaften die Möglichkeit der Existenz von vollständig verselbstständigten Personenvereinigungen, die nicht als juristische Perso250
BGHZ 45, 338, 347 = NJW 1966, 1311, 1313. BGH NJW-RR 2004, 258 = NZG 2003, 1167. 252 BGHZ 79, 239, 241 = NJW 1981, 873; BGH NJW 1988, 1079, 1080 = ZIP 1998, 109, 110 Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl. 2016, § 11 Rn. 9; lediglich die passive Parteifähigkeit bejahend noch Flume, Die werdende juristische Person, in: Festschrift für Ernst Gessler, S. 3 (37). 253 BGH NJW 1988, 1079, 1080 = ZIP 1998, 109, 110; BGH NJW 2008, 2441 = ZIP 2008, 1025 Rz. 6; Schäfer, in: Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, § 11 GmbHG Rn. 16; Merkt, Die Einpersonen-Vor-GmbH im Spiegel der rechtswissenschaftlichen Diskussion, in: Festschrift für Karsten Schmidt, S. 1161 (1176); K. Schmidt, Einmanngründung und Einmann-Vorgesellschaft, ZGR 145 (1981), S. 540 (560 f.); aA Beuthien, Die Vorgesellschaft im Privatrechtssystem, ZIP 1996, S. 305 – 320; 360 – 369 (306, 368). 254 Zum Teil wurde und wird den Vorgesellschaften bloße „Teilrechtsfähigkeit“ zugesprochen bzw. die Vorgesellschaften werden den eingetragenen Gesellschaften lediglich unter Vorenthaltung der Rechtsfähigkeit gleichgestellt (vgl. Fleck, Neueste Entwicklungen in der Rechtsprechung zur Vor-GmbH, GmbHR 1983, S. 5 (7); C. Jaeger, in: BeckOK, GmbHG, 34. EL 2018, § 11 Rn. 16). Der Begriff der Teilrechtsfähigkeit ist indessen konturlos, vgl. nur Kießling, Die Struktur der Vorgründungs- und Vorgesellschaft zu AG, GmbH, e.G. und e.V. sowie die Kontinuität der Entstehungsphasen, S. 90 f. Selbst unter der Prämisse, vollumfänglich rechtsfähig seien nur solche Personen bzw. Personenvereinigungen, die hinsichtlich der verschiedenen Ausprägungen der Rechtsfähigkeit die wichtigsten bzw. eine bestimmte Anzahl abdecken, kann man im Hinblick auf die anerkannten Eigenschaften der Vorgesellschaften kaum noch Zweifel an deren uneingeschränkter Rechtsfähigkeit erheben. 255 Im Ergebnis für die Einmann-Vorgesellschaft Hüffer, Zuordnungsprobleme und Sicherung der Kapitalaufbringung bei der Einmanngründung der GmbH, ZHR 145 (1981), S. 521 (534 ff.); Fleck, Neueste Entwicklungen in der Rechtsprechung zur Vor-GmbH, GmbHR 1983, S. 5 (17). 256 Hierzu u. a. Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, 19. Aufl. 2016, § 11 Rn. 20. 257 Für die Vorgenossenschaft BGHZ 17, 385, 390 = NJW 1955, 1229, 1230. 251
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C. Erwerb eigener Anteile in GmbH und AG
nen eingeordnet werden können, (unbewusst) gebilligt und ihr Anerkennung verschafft haben, obwohl die Einordnung als juristische Personen von diesen oftmals als Begriff der vollständigen Abstraktion aufgefasst wird.258 Die noch immer herrschende Auffassung259 versteht Vorgesellschaften als personalistisch ausgestaltete Personenvereinigungen, deren Struktur- und Vermögensverhältnisse nach den Prinzipien der Gesamthandsgesellschaften zu beurteilen sind. Da Vor-GmbH und Vor-AG nach dem Wortlaut des Gesetzes unzweifelhaft noch keine juristische Person sein können (vgl. § 11 Abs. 1 i.V.m. § 13 GmbHG; § 41 Abs. 1 S. 1 i.V.m. § 1 AktG), sollen sie auch noch nicht die körperschaftliche und verselbstständigte Struktur ihrer eingetragenen Erscheinungsformen aufweisen. Die vom Gesetz vorausgesetzte Bildung eines Vorgesellschaftsvermögens mache indes die Bildung einer gesamthänderisch gebundenen Vermögensmasse erforderlich, da das deutsche Recht neben natürlichen und juristischen Personen lediglich Gesamthandsvereinigungen als rechtsfähige Erscheinungsformen anerkenne.260 Nach Kießling261 entspricht auch allein die Einordnung der Vorgesellschaft als Vereinigung mit personalistischer Struktur der objektiven Interessenlage der Beteiligten und potenziellen Gläubigern, dem (wahren) Willen der Gründergesellschafter sowie dem gesetzlichen Leitbild vom Verhältnis der verschiedenen Gesellschaftsformen. Vorgesellschaften können indes nach überwiegender Ansicht262 nicht, wie man aufgrund deren potenziell weiten Anwendungsbereiches annehmen könnte, als gewöhnliche Gesellschaft bürgerlichen Rechts bzw. offene Handelsgesellschaft betrachtet wer258
Siehe hierzu oben S. 111 ff. BGHZ 72, 45, 48 f. = NJW 1978, 1978, 1979; BGHZ 80, 129, 132, 144 = NJW 1981, 1373, 1374, 1376 (körperschaftliche Struktur, aber Gesamthandsvermögen); Ulmer/Habersack, in: Ulmer, GmbHG, 2. Aufl. 2013, § 11 Rn. 41 und 59; Schäfer, in: Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, § 11 GmbHG Rn. 13; Fabricius, Vorgesellschaften bei der Aktiengesellschaft und der Gesellschaft mit beschränkter Haftung: ein Irrweg?, in: Festschrift für Walther Kastner, S. 85 (107 ff.); Meister, Zur Vorbelastungsproblematik und zur Haftungsverfassung der Vorgesellschaft bei der GmbH, in: Festschrift für Winfried Werner, S. 521 (522); Vorgesellschaft als Gesamthandsgesellschaft in Form der GbR bzw. des nicht rechtsfähigen Vereins: Flume, Die werdende juristische Person, in: Festschrift für Ernst Gessler, S. 3 (31); Vorgesellschaft als GbR bzw. oHG, Roth, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 8. Aufl. 2015, § 11 Rn. 38; Kießling, Die Struktur der Vorgründungs- und Vorgesellschaft zu AG, GmbH, e.G. und e.V. sowie die Kontinuität der Entstehungsphasen, S. 103; Vorgesellschaft als nichtrechtsfähier Wirtschaftsverein mit körperschaftlicher Organisation und gesamthänderischen Vermögensstrukturen Beuthien, Die Vorgesellschaft im Privatrechtssystem, ZIP 1996, S. 305 – 320; 360 – 369 (307, 315). 260 Ulmer/Habersack, in: Ulmer, GmbHG, 2. Aufl. 2013, § 11 Rn. 12. 261 Kießling, Die Struktur der Vorgründungs- und Vorgesellschaft zu AG, GmbH, e.G. und e.V. sowie die Kontinuität der Entstehungsphasen, Teil C. Zusammenfassend S. 282 ff. 262 Flume, Die werdende juristische Person, in: Festschrift für Ernst Gessler, S. 3 (24); Fabricius, Vorgesellschaften bei der Aktiengesellschaft und der Gesellschaft mit beschränkter Haftung: ein Irrweg?, in: Festschrift für Walther Kastner, S. 85 (98); Roth, Die Gründerhaftung im Recht der Vor-GmbH, ZGR 1984, S. 597 (607); aA Roth, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 8. Aufl. 2015, § 11 Rn. 39; Kießling, Die Struktur der Vorgründungs- und Vorgesellschaft zu AG, GmbH, e.G. und e.V. sowie die Kontinuität der Entstehungsphasen, S. 284. 259
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den, da der Zweck dieser Gesellschaftstypen grundsätzlich auf ihren Eigenerhalt gerichtet und nicht mit der Natur der Vorgesellschaft als zeitlich beschränktes Übergangsstadium vereinbar ist.263 Gegen die Einordnung als offene Handelsgesellschaft tritt der Umstand hinzu, dass diese nach den §§ 105 Abs. 1, 6 Abs. 1, 17 ff. HGB eine eigene Firma tragen muss. Man mag unter rein rechtlichen Gesichtspunkten eine Veränderung der Firma nach Eintragung der Gesellschaft für unproblematisch zulässig erachten. Allerdings entspricht der Zwang einer nachträglichen, inhaltlich über das notwendige Maß hinausgehenden Anpassung der Firma wohl kaum den Bedürfnissen der Beteiligten, ebenso wenig dem Verständnis von der Vorgesellschaft als (bloß) notwendiges Durchgangsstadium und Entwicklungsstadium der eingetragenen Gesellschaft. Die Eintragung einer offenen Handelsgesellschaft, die den Anforderungen des BGH264 an die kaufmännische Bezeichnung der Vorgesellschaft entspricht, würde wohl auch gegen die Anforderungen der §§ 18 Abs. 2 S. 1 und 19 Abs. 1 Nr. 2 HGB verstoßen.265 Der gegenläufige Einwand, die Schaffung einer personalistischen Gesellschaft sui generis abseits von BGB-Gesellschaft und offener Handelsgesellschaft verstoße gegen den numerus clausus des Gesellschaftsrechts, geht indessen richtigerweise ins Leere, da der Gesetzgeber im Wortlaut der § 7 Abs. 2 GmbHG bzw. §§ 36 Abs. 2, 37 Abs. 1 AktG die Existenz von Vorgesellschaften selbst voraussetzt. Diese indirekte Nennung genügt den Anforderungen an den gesetzlichen Typenzwang.266 Im Ergebnis kann die (wohl) herrschende Auffassung aber nicht überzeugen. Sie versagt bei der rechtlichen Durchdringung der Gründung von Einmann-Vorgesellschaften. Die nach § 1 GmbHG bzw. § 2 AktG ausdrücklich zugelassene Gründung von Gesellschaften mbH und Aktiengesellschaften durch nur eine Person weist im Hergang grundsätzlich keine Unterschiede zur „gewöhnlichen“ Mehrpersonengründung mehr auf. Durch Abschluss eines notariell beglaubigten Gesellschaftsvertrages müsste nach der Gesetzessystematik auch in diesen Fällen bereits vor der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister ein Rechtssubjekt existieren, dem die Einlagen zur freien Verfügung übertragen werden. Lehnt man richtigerweise die Konstruktion der Einmann-Vorgesellschaft als bloße Vermögenssonderung ab267,
263 Wiedemann, Gesellschaftsrecht, S. 146; Flume, Die werdende juristische Person, in: Festschrift für Ernst Gessler, S. 3 (24). 264 BGH NJW 1996, 2645 = ZIP 1996, 1511. 265 Kießling, Die Struktur der Vorgründungs- und Vorgesellschaft zu AG, GmbH, e.G. und e.V. sowie die Kontinuität der Entstehungsphasen, S. 98. 266 Ulmer/Habersack, in: Ulmer, GmbHG, 2. Aufl. 2013, § 11 Rn. 60; Roth, in: Roth/ Altmeppen, GmbHG, 8. Aufl. 2015, § 11 Rn. 39; Kießling, Die Struktur der Vorgründungs- und Vorgesellschaft zu AG, GmbH, e.G. und e.V. sowie die Kontinuität der Entstehungsphasen, S. 115 f.; Raiser, Die neuen Gründungs- und Kapitalerhöhungsvorschriften für die GmbH, S. 21 (38). 267 So noch RGZ 85, 256, 260 für das Verhältnis des nichteingetragenen Vereins zum Verein. Beuthien, Die Vorgesellschaft im Privatrechtssystem, ZIP 1996, S. 305 – 320; 360 – 369 (307 f., 368); Mischung aus Treuhandmodell und Sondervermögen Hüffer, Zuordnungspro-
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muss auch in diesen Fällen ein von dem Gründer unterschiedlicher Rechtsträger entstehen. Unabhängig davon, ob man die Rechtsfähigkeit von Personengesellschaften nach der heute herrschenden Auffassung allein aus den organisationsrechtlichen Elementen des im Übrigen schuldrechtlich einzuordnenden Gesellschaftsvertrages ableitet268 oder aber das Prinzip der Gesamthand als Grundlage für die Rechtsfähigkeit der Gesellschaft versteht269, ist es nicht möglich, die EinmannVorgesellschaft im Sinne der herrschenden Ansichten dogmatisch sauber zu konstruieren. Beide Ansätze machen die Beteiligung von mindestens zwei Personen erforderlich, die bei Einmanngründungen begriffsnotwendig nicht verfügbar sind. Eine Unterscheidung hinsichtlich der Dogmatik von Vorgesellschaften bei Mehrpersonen- und Einmanngründungen ist vom Gesetzgeber kaum gewollt270 noch aus rechtlichen Gründen zu rechtfertigen. Auch die Annahme eines an körperschaftlichen Strukturen orientierten inneren Aufbaus der Vorgesellschaften kann hier nicht weiterhelfen, ändert dies doch nichts an der Notwendigkeit, mindestens zwei Personen an dem zugrundeliegenden Vertragsschluss bzw. der Ausformung des Gesamthandsmodells zu beteiligen. Ob eine Gesellschaft eine körperschaftliche Struktur aufweist, ist keine Frage der zugrundeliegenden Struktur, sondern der organisatorischen Ausgestaltung im Innenverhältnis. Das Konzept der Vorgesellschaften als personalistisch ausgestaltete Gesamthandsvereinigungen lässt sich daher in Anbetracht der Einmanngesellschaften auf Grundlage der herrschenden Meinung nicht halten. Nach richtiger Auffassung271 handelt es sich bei Vor-GmbH und Vor-AG vielmehr um vollständig abstrahierte Gesellschaftsformen sui generis, die in struktureller Hinsicht den eingetragenen Gesellschaften näher stehen als BGB-Gesellschaften und offenen Handelsgesellschaften. Ihre Existenz ist zwingende Schlussfolgerung aus dem Wortlaut des Gesetzes und der zuvor dargestellten Unvereinbarkeit der Einmann-Vorgesellschaft mit dem heute überkommenden Verständnis von Personalgesellschaften. Allein dieser Ansatz schafft es, den Übergang der Vorgesellschaft zur bleme und Sicherung der Kapitalaufbringung bei der Einmanngründung der GmbH, ZHR 145 (1981), S. 521 (536 ff.). 268 K. Schmidt, Einmanngründung und Einmann-Vorgesellschaft, ZGR 145 (1981), S. 540 (548). 269 M.w.N. Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 90, 95 ff., 103 f., 106; vgl. zudem ausführlich unten S. 167 ff., 262 ff. 270 Der Abschlussbericht zur GmbH-Novelle von 1980 spricht vom GmbH-Gesellschaftsvertrag als einem „nach geltendem Recht […] Vertrag besonderer Art“, für den die allgemeinen Grundsätze zum Abschluss eines Gesellschaftsvertrages bei der Einmanngründung keine bzw. nur eingeschränkt Anwendung finden (S. 68). Wurde bereits das Recht hinsichtlich des Vertragsschlusses zugunsten einer einheitlichen Rechtsanwendung „angepasst“, ist es abwegig, dem Gesetzgeber einen entsprechenden unterscheidenden Willen angesichts der jeweils entstehenden Vorgesellschaften zu unterstellen. 271 K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, 12. Aufl. 2018, § 11 Rn. 30 ff., 169; wohl auch Merkt, Die Einpersonen-Vor-GmbH im Spiegel der rechtswissenschaftlichen Diskussion, in: Festschrift für Karsten Schmidt, S. 1161 (1167 f.); Hadding, in: Soergel, 13. Aufl. 2000, Vor § 21 Rn. 64.
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eingetragenen Gesellschaft systematisch sauber nachzuzeichnen. Nur durch die Annahme einer bereits vollständig abstrahierten Gesellschaft, die Trägerin des (Vor-) Gesellschaftsvermögens ist, bereits die innere Struktur der späteren Zielgesellschaft (in der Regel) aufweist und wie diese im Rechtsverkehr, mit Ausnahme des ergänzenden Firmenzusatzes, auftritt, wird die Vorgesellschaft ihrem Status als notwendiges Durchgangsstadium und Abwandlung der fertigen juristischen Person gerecht. Im Unterschied zur Rechtsgrundlage eingetragener Gesellschaften ist die Verfassung der Vorgesellschaften mangels Eintragung indessen nicht dauerhaft, sondern lediglich übergangsweise verstetigt. Zu einer anderweitigen strukturellen Einschätzung zwingt dies indessen nicht, denn auch ohne entsprechende Registereintragung kann die Verfassung einer Vorgesellschaft als Gegenstand der Vereinbarungen der Gründer im Gesellschaftsvertrag angesehen werden.272 Vorgesellschaft und spätere Gesellschaft verfolgen im Wesentlichen denselben Zweck, der in der Gründungsphase lediglich durch die Eintragungsabsicht der Gründer ergänzt, nicht aber ersetzt bzw. im Wesentlichen verdrängt273 wird.274 Zwischen diesen beiden Stadien besteht demnach nicht nur im Wesentlichen „wirtschaftliche Identität“, sondern „vollständige Kontinuität der Rechtsverhältnisse.“275 Das Konzept der verselbstständigten Vorgesellschaft verstößt dabei ebenso wenig gegen den numerus clausus des Gesellschaftsrechts wie der von der herrschenden Ansicht favorisierte Ansatz. Das Gesetz selbst erkennt die Existenz einer Vereinigung in der Zeit zwischen notariellem Abschluss des Gesellschaftsvertrages und der Eintragung in das Handelsregister eindeutig an – allein die konkrete Ausgestaltung lässt das Gesetz im Detail offen. Die Aufarbeitung dieser Materie hat der Gesetzgeber der Wissenschaft und Rechtsprechung gar ausdrücklich zugewiesen.276 Die Einordnung der Vorgesellschaften als verselbstständigte Gesellschaften, die wie juristische Personen von ihrem Personenstamm bereits vollständig abstrahiert sind, hat damit in den § 7 Abs. 2 GmbHG bzw. §§ 36 Abs. 2, 37 Abs. 1 AktG eine ausreichende gesetzliche Grundlage erfahren. Der auch hier vertretene Ansatz lässt sich ebenso mit den übereinkommenden Haftungsverhältnissen in den verschiedenen Gesellschaftstypen vereinbaren.277 Nur 272 Zu Einordnung der Satzung einer abstrahierten Gesellschaft als Gegenstand der Gründungsvereinbarung Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/2, S. 317. 273 Schäfer, in: Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, § 11 GmbHG Rn. 13; Kießling, Die Struktur der Vorgründungs- und Vorgesellschaft zu AG, GmbH, e.G. und e.V. sowie die Kontinuität der Entstehungsphasen, S. 75 ff.; Flume, Die werdende juristische Person, in: Festschrift für Ernst Gessler, S. 3 (24). 274 K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, 12. Aufl. 2018, § 11 Rn. 32, 35, 44. 275 K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, 12. Aufl. 2018, § 11 Rn. 31. 276 Entwurf eines Gesetzes über Gesellschaften mit beschränkter Haftung, BT-Drs 7/253, S. 96 zu § 22 Abs. 1: „Von einer Regelung der zum Recht der Vorgesellschaft bestehenden Streitfragen sieht der Entwurf ebenso wie das Aktiengesetz ab. Es erscheint zweckmäßiger, sie der Wissenschaft und Rechtsprechung zur Klärung zu überlassen.“ 277 K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, 12. Aufl. 2019, § 11 Rn. 92.
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aufgrund der Annahme einer vollständigen Verselbstständigung der Vorgesellschaft muss nicht auf den Ausschluss der persönlichen (Innen-)Haftung der Gründer geschlossen werden.278 Das mag auf den ersten Blick logische Folge des Verhältnisses eines Gläubigers zu seinem Schuldner sein, darf allerdings nicht außerhalb des rechtlichen Gesamtkontextes gesehen werden. Die fortgesetzte Haftung der Beteiligten zieht ihre Rechtfertigung aus einem übergesellschaftsrechtlichen Grundsatz unserer Rechtsordnung: Jede Person bzw. handlungsfähige Vereinigung ist grundsätzlich für ihr (unternehmerisches) Handeln verantwortlich.279 Dieser (Letzt-)Verantwortung darf man sich nicht durch die simple Zwischenschaltung einer übergeordneten juristischen Konstruktion entziehen, würde dies doch kaum nachvollziehbare Konsequenzen nach sich ziehen. Ausnahmen entfalten gegenüber Dritten nur dann eine entsprechende Wirkung, sofern das Gesetz die Haftungsbeschränkung unter umfassender Abwägung der verschiedenen widerstreitenden, zum guten Teil rechtspolitischen Interessen ausdrücklich anordnet. In der deutschen Rechtsordnung wird dieses Privileg, welches durch Schaffung eines gesetzlich gesicherten Mindesthaftungsfonds, Grund- bzw. Stammkapital, erkauft werden muss, ohne Einschränkungen bzw. Typenvermischung – Stichwort: KG und KGaA – ausschließlich Gesellschaften mbH und Aktiengesellschaften zuteil. Wie die höchstrichterlich anerkannten Fälle der Durchgriffshaftung zeigen, kann aber auch in diesen Fällen der allgemeine Grundsatz des haftungsrechtlichen quid pro quo zur Durchsetzung kommen.280 Auch andere für den Rechtsverkehr relevant werdende Aspekte wie „Vertretung der Vorgesellschaft“, „Mitgliederwechsel“ oder „Pfändung von Gesellschaftsbeteiligungen“ zwingen nicht zu einer anderweitigen Einordnung der Vorgesellschaften, sofern man diesen Sachverhalten, über ihre Eigenschaft als normatives Ergebnis rechtspolitisch motivierter Überlegungen hinaus, fälschlicherweise die Stellung exklusiver Merkmale eines Gesellschaftstypus beimessen möchte: Es liegt nahe, bereits im Gründungsstadium eine unbeschränkte281 organschaftliche Vertretung durch Dritte wie in anderen vollständig verselbständigten Gesellschaften anzunehmen.282 Eine Beschränkung der Vertretungsmacht ist kaum zu 278 So aber Kießling, Die Struktur der Vorgründungs- und Vorgesellschaft zu AG, GmbH, e.G. und e.V. sowie die Kontinuität der Entstehungsphasen, S. 146, 149. 279 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 34 III 3 c). 280 Für die GmbH BGHZ 20, 4, 11 f. = NJW 1956, 785, 787; BGHZ 78, 318 = NJW 1981, 522 (2. Leitsatz); BGHZ 95, 330 = NJW 1986, 188; für den Verein BGHZ 54, 222, 224 f. = NJW 1970, 2015, 2016. 281 So auch K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, 12. Aufl. 2018, § 11 Rn. 72 f.; a.A. Kießling, Die Struktur der Vorgründungs- und Vorgesellschaft zu AG, GmbH, e.G. und e.V. sowie die Kontinuität der Entstehungsphasen, S. 253. 282 Grundsätzlich für das Prinzip der Selbstorganschaft Kießling, Die Struktur der Vorgründungs- und Vorgesellschaft zu AG, GmbH, e.G. und e.V. sowie die Kontinuität der Entstehungsphasen, S. 234 f.; Kießling ist entgegenzutreten, sofern er die Bestellung Dritter als Ausformung des Prinzips der Selbstorganschaft versteht, vgl. Kießling, Die Struktur der Vorgründungs- und Vorgesellschaft zu AG, GmbH, e.G. und e.V. sowie die Kontinuität der Ent-
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rechtfertigen und würde allgemein vorhandene rechtsgeschäftliche Risiken in nicht mehr hinnehmbarem Maße einseitig auf potenzielle Vertragspartner abwälzen. Die persönliche Haftung korreliert auch in Personenvereinigungen nicht notwendig mit der Leitungsmacht in einem Unternehmen. Auch bei den gesetzlichen Vertretungsregeln im Personengesellschaftsrecht handelt es sich lediglich um Organisationsstrukturen, die sinnvolle rechtspolitische Erwägungen nachzeichnen, ohne jedoch einen Absolutheitsanspruch zu erheben.283 Zudem entfällt auf dieser Grundlage die Notwendigkeit von Ausnahmeregelungen für solche Fälle, in denen ein Handelsgewerbe in das Gesellschaftsvermögen eingebracht wird, das eine fortgesetzte und uneingeschränkte Unternehmensleitung erforderlich macht und eine Beschränkung der Vertretungsmacht nicht angebracht erscheint. Durch die Handelndenhaftung der Organwalter, die sich am Maßstab der internen, beschränkbaren Geschäftsführungsbefugnis ausrichtet, wird den Bedürfnissen der Beteiligten des Gründungsprozesses ausreichend entsprochen.284 Die Beschränkung der Möglichkeit,285 aus der Vorgesellschaft durch Abtretung der eigenen Anteile, die nach hier vertretenem Ansatz im Kern den Anteilen der Gesellschafter an der späteren Gesellschaft nach Eintragung entsprechen,286 auszutreten, ist sachgemäß und zieht ihre Rechtfertigung aus den Besonderheiten des Gründungsstadiums, das insbesondere von einem erhöhten gegenseitigen Vertrauen und der persönlichen Haftung der Gründer mitgeprägt wird. Sie beruht allerdings nicht notwendigerweise auf den Folgen der personalistischen Strukturen, sondern kann auch durch eine im Gesellschaftsvertrag grundsätzlich enthaltene, durch Auslegung zu ermittelnde Vinkulierung der Anteile erklärt werden. Unter Berücksichtigung dieser Normen ist die Beschränkung der Abtretbarkeit ohne weiteres mit der Annahme einer abstrahierten Gesellschaftsstruktur vereinbar.287
stehungsphasen, S. 239, 245, 249; allgemein zur Selbstorganschaft K. Schmidt, in: MüKoHGB, 4. Aufl. 2016, § 125 Rn. 5 ff. 283 Beuthien, Die Vorgesellschaft im Privatrechtssystem, ZIP 1996, S. 305 – 320; 360 – 369 (319); für einen „Funktionalen Zusammenhang“ zwischen Haftungsverhältnissen und Organisation jedoch Kießling, Die Struktur der Vorgründungs- und Vorgesellschaft zu AG, GmbH, e.G. und e.V. sowie die Kontinuität der Entstehungsphasen. 284 Vgl. auch K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, 12. Aufl. 2018, § 11 Rn. 72. 285 Zu den Voraussetzungen eines Gründerwechsels auf Grundlage der herrschenden Meinung vgl. BGHZ NJW 1997, 1597= ZIP 1997, 679; BGH NZG 2005, 263 = NJW-Spezial 2005, 127. A.A. Kießling, Die Struktur der Vorgründungs- und Vorgesellschaft zu AG, GmbH, e.G. und e.V. sowie die Kontinuität der Entstehungsphasen, S. 174. 286 Anders der BGH, der die Existenz von Anteilen an einer Vorgesellschaft ablehnt, vgl. BGH NZG 2005, 263 = NJW-Spezial 2005, 127; m.w.N. Roth, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 8. Aufl. 2015, § 11 Rn. 63. 287 A.A. Kießling, Die Struktur der Vorgründungs- und Vorgesellschaft zu AG, GmbH, e.G. und e.V. sowie die Kontinuität der Entstehungsphasen, S. 174; zu dem hier vertretenen Begriff des Gesellschaftsanteils siehe oben S. 58 ff.
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C. Erwerb eigener Anteile in GmbH und AG
In Fällen der Pfändung der Anteile bzw. der Mitgliedschaft in der Vorgesellschaft wird das Vertrauensverhältnis der Gründer ebenfalls nicht über das zumutbare Maß hinaus erschüttert. Haften die Gründer für bereits begründete Verbindlichkeiten auch nach ihrem unfreiwilligen Austritt weiter, sind die verbleibenden Gesellschafter sowie Gläubiger der Vorgesellschaft ausreichend geschützt. Wird die weitere Geschäftstätigkeit der Vorgesellschaft durch entsprechenden Beschluss und die Abkehr von der Eintragungsabsicht eingestellt, kann die Annahme einer fortgesetzten persönlichen Ausgleichspflicht, die aufgrund vermeintlicher Liquiditätsprobleme des Pfändungsgläubigers im Verhältnis zum ausscheidenden Gründer zu steigen droht, für Neuverbindlichkeiten ebenfalls verhindert werden.288 (b) Die Vorstiftung als Idealbild der Verselbstständigung Neben der Vorgesellschaft von Aktiengesellschaft und Gesellschaft mbH ist die Rechtsnatur der Vorstiftung Gegenstand einer belebten rechtswissenschaftlichen Diskussion.289 Die Stiftung des Bürgerlichen Rechts wird, wie Aktiengesellschaft und Gesellschaft mbH, erst nach Begründung eines entsprechenden Grundgeschäfts durch den oder die Stifter („Stiftungsgeschäft“) und der „Beteiligung“ des Staates, hier in der Form der „Anerkennung“, d. h. der Genehmigung290 durch die zuständige Behörde des jeweiligen Landes, zur juristischen Person, vgl. § 80 Abs. 1 BGB. Die Anerkennung ersetzt die für Aktiengesellschaft und Gesellschaft mbH erforderliche Eintragung der Satzung ins Handelsregister, die verfahrenstechnischen Unterschiede sind aufgrund der Grundrechtsbindung der Behörden indes weitgehend nivelliert und entsprechenden im Ergebnis dem aus AktG und GmbHG bekannten Normativsystem.291 Aufbauend auf dem durch das Gesetz zur Modernisierung des Stiftungsrechts292 veränderten Wortlaut des bürgerlichen Stiftungsrechts, durch welches der Begriff der „Anerkennung“ (vgl. § 80 Abs. 1 BGB; § 80 BGB a.F. sprach hingegen noch explizit von der „Genehmigung“ durch den zuständigen Bundesstaat) den Weg in das Gesetz gefunden hat, wurde der Raum für die rechtliche Konstruktion eines bereits vor Entstehung der eigentlichen Stiftung bestehenden „Etwas“ erweitert. Die Vorstiftung müsste, sofern man sie denn anerkennt, wie Vor-AG bzw. Vor-GmbH eine rechtlich vollumfänglich verselbstständigte Organisationsform ohne Rechtspersönlichkeit sein, die, sofern man auch zwischen Vor-Stiftung und eingetragener Stiftung (wirtschaftliche) Identität annehmen möchte, ebenfalls keine Mitglieder 288
A.A. Kießling, Die Struktur der Vorgründungs- und Vorgesellschaft zu AG, GmbH, e.G. und e.V. sowie die Kontinuität der Entstehungsphasen, S. 202 ff. 289 Überblick und weitere Nachweise Hüttemann/Rawert, in: Staudinger, BGB, Bearbeitung 2017, § 80 Rn. 3; Schlüter, in: Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, § 80 BGB Rn. 20; Hof, in: v. Campenhausen/Richter, Stiftungsrecht, 4. Aufl. 2014, § 6 Rn 271 ff.; Schlüter/Stolte, in: Schlüter/Stolte, Stiftungsrecht, 3. Aufl. 2016, Kapitel 2 Rn. 113. 271 ff. 290 Weitemeyer, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2015, § 80 Rn. 66. 291 Hüttemann/Rawert, in: Staudinger, BGB, Bearbeitung 2017, § 80 Rn. 2; Weitemeyer, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2015, § 80 Rn. 66. 292 Gesetz zur Modernisierung des Stiftungsrechts vom 15. 07. 2002, BGBl. I S. 2634.
III. Zusammenfassung
137
haben und demnach auch keine Vereinigung im Sinne der Doktrin zu den Personengesellschaften darstellen kann. Vertritt man hingegen einen weiten Identitätsbegriff, sieht sich auch das Recht der Vor-Stiftung bei Stiftungsgeschäften durch lediglich eine Person denselben dogmatischen Problemen wie Vor-AG und VorGmbH ausgesetzt.293 Nur der Gedanke der vorzeitigen Abstraktion kann hier weiterhelfen. Als selbstständiger Vermögensträger müsste die Vor-Stiftung eine auf dem Stiftungsgeschäft beruhende, von den Stiftern sodann abstrahierte Organisationsform darstellen. Vieles spricht indessen dafür, die Entstehung einer solchen Vor-Stiftung abzulehnen, da dem neuen Wortlaut des § 80 Abs. 1 BGB eine derart weite Auslegung nicht beigemessen werden kann und das Gesetz in § 82 S. 1 BGB selbst ausdrückt, dass ein Stiftungsvermögen erst nach Erlangung der Rechtsfähigkeit, mithin der Anerkennung der Stiftung durch die entsprechende Behörde, gebildet werden soll. Die Schaffung eines rechtsfähigen Vermögensträgers vor Anerkennung der Stiftung ist demnach nicht vom Gesetz vorgesehen. Dem AktG bzw. GmbHG entsprechende Kapitalerhaltungsvorschriften, die eine Anerkennung der Vorgesellschaft für diese Gesellschaftsformen unabdingbar machen, sind dem Stiftungsrecht fremd.294 Aufgrund ihrer Sonderstellung, eine „juristische Person“ ohne Gesellschaft (im weiteren Sinne) zu sein, soll auf die in Gründung befindliche Stiftung bzw. die „Vorstiftung“ an dieser Stelle auch nicht weitergehend eingegangen werden. Die Problematik um die Vor-Stiftung offenbart indessen, dass die Idee von abstrahierten Organisationsformen, die nicht durch das Gesetz als juristische Person positiv anerkannt wurde, in der wissenschaftlichen Diskussion keineswegs fremd ist. Das althergebrachte Dogma des Dualismus von personenabhängigen Personengesellschaften und den rechtsdogmatisch abstrahierten Gesellschaften mit (gesetzlich anerkannter) Rechtspersönlichkeit scheint nicht unüberwindbar.
III. Zusammenfassung Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Möglichkeit, eigene Anteile zu erwerben, nicht lediglich auf einer bloßen Fiktion beruht. Die dogmatische Zulässigkeit eigener Aktien bzw. eigener Geschäftsanteile beruht auf dem Umstand, dass die Anteile einer verselbstständigten Gesellschaft dieser als eigenständige Vermögenswerte gegenübertreten können. Grund hierfür ist einerseits die Konstruktion von AG und GmbH als verselbstständigte Gesellschaften, deren Eigenständigkeit allein mit Hilfe der Anteile „überwunden“ wird, welche die abstrahierte Vereinigung an ihre wirtschaftlichen Eigentümer rückkoppelt. Andererseits sind die einzelnen Anteile selbst als selbstständige, voneinander unterscheidbare Rechtsobjekte zu be293
Vgl. unten S. 262 ff. Vertieft: Hüttemann/Rawert, in: Staudinger, BGB, Bearbeitung 2017, § 80 Rn. 47 ff.; Hof, in: v. Campenhausen/Richter, Stiftungsrecht, 4. Aufl. 2014, § 6 Rn. 271 ff. 294
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C. Erwerb eigener Anteile in GmbH und AG
trachten, deren Erwerb den Eintritt in die mit ihnen exklusiv verbundenen Mitgliederstellen im Gesellschaftsverhältnis ermöglicht. Sie sind Anknüpfungspunkt für Herrschaftsrechte und begegnen als solche der Gesellschaft, die sie ausschnittsweise im Außenverhältnis repräsentieren, im selben Verhältnis, wie sie von Dritten im Rechtsverkehr wahrgenommen werden können. Der Erwerbsvorgang durch die Gesellschaft selbst unterscheidet sich demnach nicht vom Erwerb durch eine natürliche Person. Auch beruht das Ruhen der Rechte während des Eigenbesitzes der Gesellschaft nicht auf einer bloßen Fiktion, sondern nach hier vertretener Auffassung auf dem fehlenden Eintritt der Gesellschaft in die jeweils mit dem Anteil verbundene Mitgliederstelle. Mit dem Eintritt ist die zwingende Einnahme der mit dem Anteil verbundenen Rechtsstellung verknüpft, was der Gesellschaft selbst unmöglich ist. Wie der Mensch nicht Teil seines Mundes oder seiner Hand295 und ein Gegenstand nicht Teil seiner Bestandteile sein kann296, ist es der Gesellschaft verwehrt, an ihrer eigenen existenziellen Grundlage beteiligt zu sein. Das durch das Herrschaftsrecht am Anteil vermittelte Eintrittsrecht des Inhabers kann durch die Gesellschaft selbst nicht ausgeübt werden. AG und GmbH werden durch den Erwerb eigener Anteile Inhaber von Aktien und Geschäftsanteilen, treten indessen nicht in die innere Sphäre der Gesellschaft und werden daher keine Mitglieder. Die Rechte werden in der freibleibenden Mitgliederstelle unverändert konserviert, bis der sie repräsentierende Anteil wieder veräußert wird. Dieser Umstand ist wiederum Ausfluss der Selbstständigkeit von Aktie und Geschäftsanteil, die stets einen spezifischen Rechte- und Pflichtenkatalog repräsentieren. Weder der Erwerbsvorgang der Eigenanteile noch das Ruhen der einzelnen Mitgliederrechte und -pflichten beruhen demnach auf einer Fiktion, die, zumindest mittelbar, durch gesetzliche Gestattung angeordnet werden müssen. § 33 GmbHG und die §§ 71 ff. AktG – insbesondere § 71b AktG – erfüllen hinsichtlich der dogmatischen Möglichkeit des Eigenerwerbs daher eine rein deklaratorische Funktion. Allein die tiefgreifenden Beschränkungen des Erwerbs der eigenen Aktien bzw. Gesellschaftsanteile, die auf rechtspolitischen Erwägungen beruhen, sind konstitutiver Natur und müssen stets geachtet werden. Es ist daher nicht schon aufgrund der fehlenden, ausdrücklichen Anerkennung von Eigenanteilen im Recht der BGBGesellschaften, offenen Handels- sowie Kommanditgesellschaften notwendig, den Eigenerwerb für diese Gesellschaften für unzulässig zu erklären. Darüber hinaus wurde im Rahmen dieses Abschnitts herausgearbeitet, dass die Einordnung als „juristische Person“ stets mit der Vorstellung vollständiger Verselbstständigung einhergeht. Die existenzielle Unabhängigkeit von eingetragenem Verein, Gesellschaft mbH und Aktiengesellschaft ist eine prägende Folge ihrer Rechtspersönlichkeit, die sie strukturell maßgeblich von den Personengesellschaften auf Grundlage der herrschenden („Gruppen“-)Lehre abgrenzt. Die Prämisse, alle 295 296
Schön, Geschichte und Wesen der eigenen Aktie, S. 45. Ritter, in: AktG, 2. Aufl. 1939, § 65 Anm. 3.
III. Zusammenfassung
139
juristische Personen seien notwendig als abstrakte Vereinigungsformen anzusehen, zwingt hingegen nicht zu dem Schluss, andere Vereinigungsformen beruhten stets auf einem konstitutiven Abhängigkeitsverhältnis zu ihren Gesellschaftern. Wie sich gezeigt hat, hat das Gesetz mit den Vorgesellschaften neben den „juristischen Personen“ mindestens eine weitere Gruppe von Vereinigungen anerkannt, die eine verselbstständigte Struktur aufweisen. Die Zulässigkeit von Einmanngründungen zwingt, sofern man die vorgeschaltete Entstehung der Einmann-Vor-Gesellschaft ohne Überdehnung althergebrachter gesellschaftsstruktureller Prinzipien erklären möchte, zur Anerkennung einer verselbstständigten Gesellschaftsform, der es an einer eigenen Rechtspersönlichkeit mangelt. Wie gesehen wurde, lassen sich die im Rahmen dieses Stadiums geltenden Grundsätze auch ohne weiteres auf eine derart abstrahiert gedachte Vorgesellschaft übertragen. Eine positive Anerkennung als juristische Person durch das Gesetz ist daher für die Beantwortung der rechtstheoretischen Frage nach der Möglichkeit, eigene Anteile zu erwerben, nicht erforderlich. Im Folgenden wird nun zu untersuchen sein, ob diese Merkmale, die den Erwerb eigener Aktien bzw. Geschäftsanteile in Aktiengesellschaften und Gesellschaften mbH ermöglichen, auch im Personengesellschaftsrecht vorzufinden sind oder ob das „Wesen“ dieser Gesellschaften den Erwerb eigener Gesellschaftsanteile strukturell unmöglich macht. Demnach müssten auch im Personengesellschaftsrecht die Charakteristika der verselbstständigten Gesellschaft sowie der Existenz selbstständiger Anteile nachzuweisen sein.
D. Die dogmatische Struktur der Personengesellschaften – Abstraktion oder Einheit von Gesellschaft und Mitgliedern Grundlage und notwendige dogmatische Voraussetzung für die Zulässigkeit des Erwerbs eigener Aktien bzw. Geschäftsanteile in Aktiengesellschaft und GmbH sind wie zuvor gesehen einerseits die vollständige Verselbstständigung der Gesellschaft von ihren Mitgliedern, andererseits der Erhalt der Selbstständigkeit der einzelnen Anteile bzw. Mitgliedschaften, wobei ersterer Aspekt letzteren notwendig bedingt. Die Zulässigkeit von Eigenanteilen in diesen Gesellschaftsformen beruht nicht auf einer bloßen Fiktion, sondern ist rechtslogische Folge der zuvor genannten Eigenschaften von Gesellschaften. Im Folgenden wird daher zu untersuchen sein, ob vergleichbare Strukturen auch im Personengesellschaftsrecht nachgewiesen werden können und dementsprechend von der Zulässigkeit von Eigenanteilen im Grundsatz ausgegangen werden kann. In diesem Rahmen kommt man nicht umhin, sich mit einer zentralen Diskussion im Personengesellschaftsrecht auseinanderzusetzen, die erst zuletzt, nach über einem Jahrhundert ausufernder Diskussionen, etwas zur Ruhe kam: Die Dogmatik der modernen Personengesellschaften. Nach dem Willen des historischen Gesetzgebers1 beruhen Gesellschaften bürgerlichen Rechts sowie ihre handelsrechtlichen Pendants2 auf dem „Prinzip der gesamten Hand“. Dessen tatsächliche, inhaltliche Reichweite sowie dogmatische Aufarbeitung bereitet bis heute Probleme und hat die Entstehung zweier großer Gesamthandslehren zur Folge gehabt. Während die Anhänger der traditionell vermögensrechtlich orientierten Ansätze das Gesamthandsprinzip primär als vermögensrechtliches Problem der Sonderzuordnung eines Vermögens zu einer Mehrzahl von Personen verstehen, haben die Vertreter der heute herrschenden Gruppenlehre(n) das Personengesellschaftsrecht den Bedürfnissen und Anschauungen des Rechtsverkehrs angepasst und dem Körperschaftsrecht weitgehend angenähert. Daneben erhebt eine dritte, stetig wachsende Bewegung, die über die Aussagen der Gruppenlehre hinaus auch den Personengesellschaften juristische Persönlichkeit beimessen und diese dementsprechend konstruieren möchte, den Anspruch auf Absolution ihrer Thesen. 1 Siehe hierzu sogleich den einleitenden Exkurs zum Einzug der Gesamthand in das Personengesellschaftsrecht, vgl. S. 141 ff. 2 Die handelsrechtlichen Personengesellschaften stellen nach dem Willen nur spezielle Ausformungen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts dar und beruhten demnach auf den identischen Strukturen. Vgl. § 105 Abs. 3 HGB (i.V.m. § 161 Abs. 2 HGB) und S. 157 ff.
I. Exkurs: Einzug der Gesamthand in das Personengesellschaftsrecht
141
Schon der Umstand, dass nach dem Wortlaut des Gesetzes nicht nur Personengesellschaften, sondern auch die Erbengemeinschaft (vgl. §§ 2032 ff. BGB) und die Gütergemeinschaft der Ehegatten (§§ 1415 ff. BGB) auf dem Prinzip der gesamthänderischen Bindung beruhen, zeigt, dass die Aufarbeitung der inneren Strukturen der Personengesellschaften erheblichen Schwierigkeiten ausgesetzt ist. Ein rechtliches Konzept, das die Dogmatik dieser drei Erscheinungsformen der Gesamthand aufarbeiten möchte, darf diese – scheinbare – gemeinsame Grundlage nicht vorschnell außer Acht lassen. Im Folgenden werden zunächst verschiedene (Unter-)Ansätze dieser Lehren ausführlich dargestellt und, insbesondere im Hinblick auf die notwendigen Grundvoraussetzungen von Eigenanteilen, analysiert. Die fehlende Stimmigkeit dieser Theorien wird es sodann erforderlich machen, den Versuch einer Neujustierung des Personengesellschaftsrechts vorzunehmen. Zuvor soll allerdings der historische Kontext von GbR, oHG und KG aufgearbeitet werden, um das nötige Hintergrundwissen für die rechtliche Untersuchung der Personengesellschaften bereitzustellen.
I. Exkurs: Einzug der Gesamthand in das Personengesellschaftsrecht Das deutsche Recht kennt mit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, der offenen Handelsgesellschaft sowie der Kommanditgesellschaft drei auf privater Initiative beruhende Gesamthandsgesellschaften, die zur Verfolgung eines bestimmten Zwecks gegründet werden. Hierbei kommt der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts trotz ihrer vermeintlichen Einfachheit eine herausragende Bedeutung bei der Analyse der personenrechtlichen Vereinigungen zu. Sie stellt nach dem Willen des (historischen)3 Gesetzgebers die Grundform des Personengesellschaftsrechts dar und ist Grundlage für die Struktur ihrer handelsrechtlichen Verwandten (vgl. § 105 Abs. 3 HGB sowie § 161 Abs. 2 HGB i.V.m. § 105 Abs. 3 HGB). Überhaupt finden sich allein in den gesetzlichen Vorschriften zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts Regelungen zur Gesamthand, einer der zentralen Maximen des modernen Personengesellschaftsrechts. Zwar findet das Prinzip der gesamten Hand gewiss auch in der Erbengemeinschaft (vgl. § 2032 Abs. 1 BGB) sowie der Gütergemeinschaft zwischen Ehegatten (vgl. § 1416 Abs. 1 Satz 1 BGB) Anwendung, diese sollen indessen zunächst ausgeblendet und später nur zur punktuellen Überprüfung der Ergebnisse herangezogen werden. Im Folgenden soll zunächst die historische Entwicklung der Personengesellschaften nachgezeichnet werden. Der Einzug der Gesamthand in das BGB (und das HGB) wie auch das heutige Verständnis der Personengesellschaften und der zuvor schwelende Streit um ihre dogmatischen 3 Mugdan, Die gesammelten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, S. 332 f. (Motive S. 593 f.).
142
D. Die dogmatische Struktur der Personengesellschaften
Grundlagen kann nur schwerlich unabhängig von ihrer Vorgeschichte begriffen werden. 1. Die Personengesellschaften im 19. Jahrhundert a) Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts als schuldrechtliche Vereinigung Vergleicht man die heutige Wahrnehmung von (insbesondere atypischen) Gesellschaften bürgerlichen Rechts mit ihrer Stellung im Gesetz, so scheint ihre gesetzliche Normierung hinter der tatsächlichen Bedeutung zurückzubleiben. Die Grundform der Personengesellschaften findet sich in den §§ 705 – 740 BGB des zweiten Buches des Bürgerlichen Gesetzbuches wieder – ganz im Gegensatz zur offenen Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft und den Kapitalgesellschaften, denen jeweils ein eigenständiger Abschnitt bzw. ein Gesetz gewidmet worden ist. Grundlage für eine Einordnung in den Abschnitt über das Recht der Schuldverhältnisse ist ein grundlegend anderes Verständnis des auf die Verfolgung eines gemeinsamen Rechts gerichteten Rechtsverhältnisses zwischen den Gesellschaftern. Die Mitglieder der ersten Kommission zur Schaffung des Entwurfes eines einheitlichen Bürgerlichen Gesetzbuches verstanden unter der Gesellschaft des bürgerlichen Rechts ein rein schuldrechtliches Rechtsverhältnis zwischen den Gesellschaftern.4 Dieses Konzept der rein relativ wirkenden Sonderbeziehung zwischen den Gesellschaftern durchzieht den gesamten legislatorischen Vorschlag von 1888. Der Gesellschaftsvertrag begründete nach Vorstellung der Kommission gerade keine gegenüber den einzelnen Gesellschaftern5 bzw. Dritten6 verselbstständigte Einheit. Nur im Innenverhältnis sollte eine Unterscheidung zwischen dem der Gesellschaft gewidmeten Vermögen und dem Vermögen der einzelnen Gesellschafter stattfinden.7 Selbst der Gesellschaft bürgerlichen Rechs mit eigener Identitätsausstattung kam damit im Außenverhältnis keinerlei Bedeutung zu. Berechtigt und verpflichtet wurden demnach allein die einzelnen individuellen Gesellschafter, die sich im Falle eines Rechtsgeschäfts der Gesellschaft „als“ Vertragspartei nach den allgemeinen Regeln des Vertretungsrechts der heutigen §§ 164 ff. BGB gegenseitig berechtigt
4 Mugdan, Die gesammelten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, S. 330 (Motive S. 591); Begründung zu dem Entwurf eines Handelsgesetzbuchs für das Deutsche Reich von 1895 (Denkschrift zum RJA – EI), in: Quellen zum Handelsgesetzbuch von 1897, S. 68. 5 Mugdan, Die gesammelten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, S. 332 (Motive S. 594). 6 Mugdan, Die gesammelten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, S. 330 (Motive S. 591). 7 Planck, Zur Kritik des Entwurfes eines bürgerlichen Gesetzbuches für das deutsche Reich, AcP 1889, S. 327 (341).
I. Exkurs: Einzug der Gesamthand in das Personengesellschaftsrecht
143
und verpflichtet haben. Zum Schutz der Geschäftsführer8 sollte nach § 640 des ersten Entwurfes die Erteilung von Geschäftsführerbefugnissen auch eine entsprechende rechtsgeschäftliche Vollmacht der übrigen Gesellschafter enthalten. Durch diese Regelung begegnete die erste Kommission der Gefahr, dass der nach außen in Erscheinung tretende Gesellschafter unversehens als alleiniger Schuldner eines realiter für alle Gesellschafter bestimmtes Rechtsgeschäft in Anspruch genommen wurde. Mangels zwingenden Charakters dieser Regelung („im Zweifel“) erscheint der praktische Nutzen dieser Regelung freilich fragwürdig. Träger des zur Verfolgung des gemeinsamen Zwecks eingesetzten und erlangten Vermögens sollten nach Auffassung der ersten Kommission allein die Gesellschafter nach Bruchteilen sein. Nach § 631 Abs. 4 des ersten Entwurfes des BGB sollte im Zweifel anzunehmen sein, „daß den Gesellschaftern an den gemeinschaftlich gewordenen Gegenständen gleiche Antheile zustehen.“9 Die Verfügung über den eigenen Anteil war gemäß § 645 Abs. 1 des ersten Entwurfes des BGB allein durch die drohende Pflicht zur Zahlung von Schadensersatz an die Mitgesellschafter beschränkt10 – eine dem heutigen § 719 Abs. 1 Halbsatz 1 BGB entsprechende Verfügungsbeschränkung sucht man in den Motiven noch vergebens. Dem heute in § 137 Abs. 1 BGB normierten Grundsatz der Uneinschränkbarkeit der Verfügungsmacht11 eines Rechteinhabers sollte vollumfänglich Geltung verschafft werden.12 Die rein schuldrechtlich wirkende Begrenzung diente nach Planck, einem der federführenden Mitglieder der ersten Kommission13, primär dem Erhalt des zur Verfolgung des gemeinsamen Zwecks erforderlichen Gesellschaftsvermögens.14 Dem Schutz der Gläubiger vor Entzug von Haftungsmasse wurde hingegen durch die alleinige Haftung der Gesellschafter im Außenverhältnis Rechnung getragen.15 Die Mitglieder der ersten Kommission wählten damit die römischrechtliche societas16 als Blaupause für die erste deutsche Gesamtkodifikation, deren Grundstrukturen auf das altrömische consortium sowie die kapitalistisch ausgestaltete 8 Mugdan, Die gesammelten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, S. 340 f. (Motive S. 609). 9 Mugdan, Die gesammelten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, CIV f. 10 Mugdan, Die gesammelten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, CVII; siehe hierzu auch: Mugdan, Die gesammelten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, S. 335 (Motive S. 599 f.), S. 344 (Motive S. 615). 11 Armbrüster, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2015, § 137 Rn. 3. 12 Mugdan, Die gesammelten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, S. 344 (Motive S. 616). 13 Laufs, Rechtsentwicklungen in Deutschland, 6. Aufl., S. 320 f. 14 Planck, Zur Kritik des Entwurfes eines bürgerlichen Gesetzbuches für das deutsche Reich, AcP 1889, S. 327 (341). 15 Planck, Zur Kritik des Entwurfes eines bürgerlichen Gesetzbuches für das deutsche Reich, AcP 1889, S. 327 (342 f.). 16 Wagner, in: Handbuch Privatrechtsgeschichte 1986, S. 2986.
144
D. Die dogmatische Struktur der Personengesellschaften
Erwerbsgesellschaft der res publica zurückgeführt werden können.17Als rein schuldrechtliches Verhältnis zwischen den Gesellschaftern hatte die Gründung einer societas im römischen Recht keine Auswirkungen auf das Verhältnis der socii zu Dritten; auch war ein verselbstständigtes Gesellschaftsvermögen dieser Form der Gesellschaft fremd. Das Vermögen war auch in der societas den Gesellschaftern zu Bruchteilen zugeordnet.18 Ausgangspunkt für diese am römischen Recht orientierte vermögensrechtliche Zuordnung war die Überzeugung vom Dualismus der Rechtssubjekte: Neben den natürlichen Personen konnten hiernach allein juristische Personen Träger von Rechten sein. Die erste Kommission lehnte gar explizit die Möglichkeit der Vereinbarung eines dem französischen, preußischen oder dem Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch entsprechenden Modells ab19: In Frankreich ist die Rechtsfähigkeit (und darüber hinaus die Rechtspersönlichkeit20) der société civile seit 1891 auch höchstrichterlich anerkannt.21 Nach dieser Entscheidung ist die Personengesellschaft selbst Zuordnungssubjekt der zu dem Gesellschaftsvermögen gehörenden Rechte und Pflichten. Mit dieser Entscheidung wurde der zuvor schwelende Streit über die Rechtsnatur und die Rechtsfähigkeit der société civile weitgehend entschieden. Die der Entscheidung vorhergehende Diskussion wies eine hohe Ähnlichkeit mit der Kontroverse über die dogmatischen Fundamente der Gesellschaft bürgerlichen Rechts auf. Eine überragende Rolle spielte hierbei Robert Joseph Pothiers Arbeit „Traité du contrat de sociéte“, welche das französische Gesellschaftsrecht erstmals umfassend untersuchte und darstellte. Auf das Werk Pothiers gehen daher auch zentrale Aussagen zum Recht der Personengesellschaften zurück.22 In Frankreich wurde lange Zeit die Ansicht vertreten, eine société civile könne mangels Rechtspersönlichkeit nicht Träger des Gesellschaftsvermögens sein. Die französische Personengesellschaft wurde als indivision, d. h. als eine auf privater Initiative beruhende Gemeinschaft nach Bruchteilen aufgefasst.23 Vereinzelten 17
Kaser/Knütel/Lohsee, Römisches Privatrecht, 21. Aufl., § 43 Rn. 1. Kaser/Knütel/Lohsee, Römisches Privatrecht, 21. Aufl., § 43 Rn. 9; Wagner, in: Handbuch Privatrechtsgeschichte 1986, S. 2986. 19 Mugdan, Die gesammelten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, S. 335 (Motive S. 599): Die Motive sprechen an dieser Stelle von der „Geschlossenheit des Gesellschaftsvermögens im Sinne (…) des HGB“, welches schon vor Schaffung des BGB den deutschrechtlichen Grundsätzen der Vermögenszuordnung zur gesamten Hand verhaftet war; siehe hierzu unten S. 144 ff. 20 AM Lingenthal/Crome, Handbuch des Französischen Civilrechts, 8. Aufl., § 38 (52) Fn. 8. 21 Req. 23 févr. 1891, DP 1891.I.337 sowie Req. 2 mars 1892, D. 1903.I.189; siehe auch: Nitschke, Das Recht der Personengesellschaften in Deutschland und Frankreich, S. 114 m.w.N.; Richter, Die BGB-Gesellschaft im Vergleich zu den französischen Zivilgesellschaften, S. 177 ff.; aM Lingenthal/Crome, Handbuch des Französischen Civilrechts, 8. Aufl., § 357 (377) Fn. 1. 22 Nitschke, Das Recht der Personengesellschaften in Deutschland und Frankreich, S. 106. 23 Lingenthal/Crome, Handbuch des Französischen Civilrechts, 8. Aufl., § 363 (383). 18
I. Exkurs: Einzug der Gesamthand in das Personengesellschaftsrecht
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Auseinandersetzungen mit der Lehre von der Vermögenszuordnung zur gesamten Hand wurde in Frankreich nur wenig Beachtung geschenkt.24 Nach überwiegender Auffassung entfaltete der Gesellschaftsvertrag über seinen schuldrechtlichen Charakter hinaus keine weitergehenden Wirkungen.25 Eine derartige Auslegung des französischen Personengesellschaftsrechts stand allerdings im stetigen Konflikt mit der von Aubry und Rau entwickelten „klassichen Vermögenstheorie“, nach der jeder natürlichen bzw. juristischen Person jeweils nur ein Vermögen gehören konnte.26 Dieses wurde als eine natürliche Ausprägung der Rechtspersönlichkeit verstanden, welche einer Aufspaltung nicht zugänglich war.27 Das Innehaben eines Vermögens wurde als notwendige Konsequenz der Persönlichkeit verstanden, als ein stets vorhandenes, sich aber inhaltlich fortlaufend veränderndes Rahmenrecht28, das untrennbar mit seinem Träger verbunden war.29 Ein dem deutschen Recht vergleichbares Sondervermögen, d. h. eine von einem Vermögensträger vom übrigen Vermögen abgegrenzte Summe von Rechten und Pflichten war ohne die Einschaltung einer weiteren Rechtspersönlichkeit nicht denkbar. Vermögensgegenstände, die gerade zur Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks separiert wurden, mussten nach der „klassischen Vermögenstheorie“ als unabhängiges und klar abgrenzbares Gesellschaftsvermögen einer juristischen Persönlichkeit zugeordnet werden.30 Eine Aufteilung dieses Vermögens nach Bruchteilen kann dieser Lehre nur bedingt gerecht werden, da lediglich die Annahme eines vollständigen Entzuges dieser Vermögensmasse aus der Willkür der einzelnen Gesellschafter sowie die Verhinderung dessen Inanspruchnahme durch Privatgläubiger dem Interesse eines privatautono24 Hierzu m.w.N. Callewaert, Die Rechtsfähigkeit der privatrechtlichen Gesellschaften in Frankreich und Belgien, im Lichte der klassischen Vermögenstheorie, S. 33 ff.: so wurden die Personengesellschaften von einigen Stimmen der französischen Rechtswissenschaft tatsächlich als Gesamthandsgesellschaften charakterisiert. 25 Richter, Die BGB-Gesellschaft im Vergleich zu den französischen Zivilgesellschaften, S. 178. 26 Siehe hierzu umfassend m.w.N. Callewaert, Die Rechtsfähigkeit der privatrechtlichen Gesellschaften in Frankreich und Belgien, im Lichte der klassischen Vermögenstheorie, 5 ff.; dies darf allerdings nicht mit der schon oben angesprochenen Lehre vom Dualismus der Rechtssubjekte gleichgesetzt werden: Während hiernach natürliche und juristische Personen im Grundsatz ohne weiteres Träger mehrerer Vermögen sein können, war dies nach der Arbeit von Aubry und Rau gerade ausgeschlossen. 27 Vgl. Aubry/Rau, Cours de droit civil français, 4. Aufl., S. 273: „Le patrimoine étant une émanation de la personnalité, et l’expression de la puissance juridique dont une personne se trouve investie comme telle, il en résulte: Que les personnes physiques ou morales peuvent seules avoir un patrimoine; Que toute personne a nécessairement un patrimoine, alors même qu’elle ne possédrait actuellement aucun bien; Que la même personne ne peut avoir qu’un seul patrimoine, dans le sens propre du mot.“ 28 Esmein spricht in seiner Bearbeitung des Werks von Aubry und Rau von einer „universalité de droit“, vgl. Aubry/Rau u. a., Droit civil français, 6. Aufl. 29 „L’idée de patrimoine est le corollaire de l’idée de personnalité.“, Aubry/Rau u. a., Droit civil français, 6. Aufl., S. 306. 30 Callewaert, Die Rechtsfähigkeit der privatrechtlichen Gesellschaften in Frankreich und Belgien, im Lichte der klassischen Vermögenstheorie, S. 24 ff.
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D. Die dogmatische Struktur der Personengesellschaften
men Zusammenschlusses gerecht werden kann. Allein die vollständige Übertragung der für die Erreichung der hierfür vorgesehenen Gegenstände auf eine unabhängige Rechtspersönlichkeit ermöglichte mithin eine Vermögenszuordnung, die im Einklang mit der klassischen Vermögenslehre stand. Die klare Abfuhr der ersten Kommission kann im Hinblick auf ihr ebenfalls rein schuldrechtliches Verständnis von der Gesellschaft bürgerlichen Rechts daher nur als Ablehnung der in der Mitte des 19. Jahrhundert aufkommenden Debatte über die Rechtsfähigkeit und rechtliche Ausgestaltung der französischen société civile verstanden werden. Die Grundform der Personengesellschaften sollte gerade nicht in das zweidimensionale Schema der Vermögensträgerschaft von natürlichen und juristischen Personen eingegliedert werden. Neben der ablehnenden Haltung gegenüber dem französischen Modell der Personengesellschaften überrascht die zunächst unterbliebene Bekennung der ersten Kommission zu einer dem preußischen bzw. deutschen Recht vergleichbaren Konstruktion der Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Das Allgemeine Landrecht für Preußische Staaten verstand unter der Gesellschaft bzw. Societät31 wie das römische Recht die auf die Verfolgung eines gemeinsamen (erwerbswirtschaftlichen32) Zwecks gerichtete Vereinbarung zwischen mindestens zwei Personen, vgl. I 17 § 169 ALR33. Dem Gesellschaftsvertrag mangelte es im Falle eines Gesellschafterwechsels aufgrund der fehlenden, vom jeweiligen Gesellschafterstamm verselbstständigenden Wirkung, an Kontinuität.34 Anders als im römischen Recht hatte hingegen der Ausschluss oder der Tod eines Gesellschafters keine Auswirkungen auf das Fortbestehen der Gesellschaft.35 Das Gesellschaftsvermögen wurde im Gegensatz zur Terminologie im römischen Recht als „gemeinschaftliches“ Eigentum der Gesellschafter bezeichnet. Jeder „Miteigentümer“ (vgl. I 8 §§ 1436, 1537 ALR) hatte
31
Dernburg, Lehrbuch des Preußischen Privatrechts und der Privatrechtsnormen des Reichs, 4. Aufl., S. 655. 32 M.w.N. Hofmeister, Die Entwicklung des Gesellschafterwechsels im Recht der Personengesellschaften vom ALR bis zum ADHGB, S. 20 f.; Leske, Vergleichende Darstellung des Bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich und des Preussischen Allgemeinen Landrechts, 1. Aufl., S. 288; Förster/Eccius, Preußisches Privatrecht, 7. Aufl., S. 364; Bornemann, Systematische Darstellung des Preußischen Civilrechts, 2. Aufl., S. 23. 33 I 17 § 169 ALR in der Fassung vom 01. 06. 1794: „Ein Vertrag, durch welchen mehrere Personen ihr Vermögen oder Gewerbe, oder auch ihre Arbeiten und Bemühungen, ganz oder zum Theil, zur Erlangung eines gemeinschaftlichen Endzwecks vereinigen, wird ein Gesellschaftsvertrag genannt.“ 34 Förster/Eccius, Preußisches Privatrecht, 7. Aufl., S. 364. 35 Förster/Eccius, Preußisches Privatrecht, 7. Aufl., S. 385 f., 387. 36 I 8 §§ 14 ALR in der Fassung vom 01. 06. 1794: „Wenn das volle Eigenthum über eine Sache mehrern Personen zukommt, so ist ein gemeinschaftliches Eigenthum vorhanden.“ 37 I 8 § 15 ALR in der Fassung vom 01. 06. 1794: „Die Personen, welche ein solches gemeinschaftliches Eigenthum haben, werden Miteigenthümer der Sache genannt.“
I. Exkurs: Einzug der Gesamthand in das Personengesellschaftsrecht
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nach I 17 § 2 ALR38 das „gleiche, und eben so viel Recht“ an den zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Gegenständen wie seine Partner. Ebenso wurden die Miteigentümer bei Verfügungen über die Sache im Gesamten als eine einheitliche Person verstanden, vgl. I 8 § 18 ALR39. Hierunter war aber keinesfalls eine volle Bekennung des ALR zur deutschrechtlichen Figur der Gesamthand zu verstehen. Der Wortlaut des I 17 § 2 ALR diente vielmehr der strikten Unterscheidung vom „getheilten Eigenthum[s]“ im Sinne des I 8 § 16 ALR40.41 Auch wenn das ALR in I 8 § 18 ALR gegenüber Dritten und durch die Zulassung von Mehrheitsentscheidungen (vgl. I 17 § 12 ALR42) von einer gewissen verselbständigten, wahrnehmbaren Einheit der Gesellschafter ausging, wurde das Vorhandensein eines von den Gesellschaftern unabhängigen Zurechnungssubjektes verneint.43 Das preußische Recht näherte sich durch einzelne gesetzliche Regelungen der deutschrechtlichen Figur der Gesamthand an, entsprach aber im Grundsatz trotz der abweichenden Bezeichnung dem römischrechtlichen Prinzip der Vermögenszuordnung nach Bruchteilen.44 Die Nähe zur gesamthänderischen Verbundenheit der Gesellschafter ist indessen auch in I 17 § 60 ALR45 deutlich erkennbar. Nach dieser Bestimmung war es dem einzelnen „Theilnehmer“ nur dann erlaubt, über seinen Anteil am Vermögen zu verfügen, sofern die Gemeinschaft nicht auf einer vertraglichen Grundlage oder „Verordnung eines Dritten“ beruhte. Insbesondere der höchstpersönliche Charakter eines Gesellschaftsvertrags, der in aller Regel „gewisse Handlungen oder persönliche Pflichten in Rücksicht des gemeinschaftlichen Geschäfts“ (vgl. I 17 § 68 ALR46) zur Folge hatte, rechtfertigte die Verwehrung der freien Übertragbarkeit auf Außen38 I 17 § 2 ALR in der Fassung vom 01. 06. 1794: „Bey der Gemeinschaft des Eigenthums wird vermuthet, daß jeder Miteigentümer gleiches Recht, und eben so viel Recht, als der andere, an der gemeinschaftlichen Sache habe.“ 39 I 8 § 18 ALR in der Fassung vom 01. 06. 1794: „Wenn es auf Verfügungen über das volle Eigenthum der Sache ankommt, so werden die mehrern Miteigenthümer eines jeden einzelnen darunter begriffnen Rechts nur als Eine Person betrachtet.“ 40 I 8 § 16 ALR in der Fassung vom 01. 06. 1794: „Das Eigenthum einer Sache ist getheilt, wenn die darunter begriffnen verschiednen Rechte, verschiednen Personen zukommen.“ 41 Bornemann, Systematische Darstellung des Preußischen Civilrechts, 2. Aufl., S. 2; Förster/Eccius, Preußisches Privatrecht, 7. Aufl., S. 314. 42 I 17 § 12 ALR in der Fassung vom 01. 06. 1794: „Wenn es aber auf Verfügungen über die Substanz der gemeinschaftlichen Sache, oder die Art ihrer Verwaltung oder Benutzung ankommt: so entscheidet in der Regel die Mehrheit der Stimmen.“ 43 M.w.N.Förster/Eccius, Preußisches Privatrecht, 7. Aufl., S. 315. 44 Dernburg, Lehrbuch des Preußischen Privatrechts und der Privatrechtsnormen des Reichs, 4. Aufl., S. 658; m.w.N.Förster/Eccius, Preußisches Privatrecht, 7. Aufl., S. 314. 45 I 17 § 60 ALR in der Fassung vom 01. 06. 11794: „Bey gemeinschaftlichem Eigenthume, welches weder durch Vertrag, noch durch Verordnung eines Dritten entstanden, ist jeder Theilnehmer sein Anrecht auch einem Fremden zu überlassen wohl befugt;“. 46 I 17 § 68 ALR in der Fassung vom 01. 06. 1794: „Hat aber in diesem Vertrage ein Mitglied zugleich gewisse Handlungen und persönliche Pflichten in Rücksicht des gemeinschaftlichen Geschäfts übernommen: so kann derselbe seinen Mitgenossen, durch Veräußerung seines Anrechts, einen Fremden, wider ihren Willen, dazu nicht aufdringen.“
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D. Die dogmatische Struktur der Personengesellschaften
stehende.47 Auf diese Weise konnten die Interessen der übrigen Gesellschafter durch Abwehr ihnen unbekannter Dritter gewahrt werden – aber auch die freie Übertragbarkeit der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf einen Mitgeselleschafter (vgl. I 17 § 63 ALR48) wurde aus diesem Grunde angezweifelt.49 Nur mit der Zustimmung aller Gesellschafter und bei ausbleibender Ausübung des gesetzlich vorgesehenen Vorkaufsrechts der übrigen „Theilnehmer“ (vgl. I 17 § 61 ALR50) konnte ein Dritter vollwertiges Gemeinschaftseigentum erwerben. Dies entspricht im Ergebnis der noch heute gültigen Fassung des § 719 Abs. 1 Alt. 2 BGB, der die Verfügung über den Anteil an den das Gesellschaftsvermögen bildenden Gegenständen für unzulässig erklärt. Das Gesellschaftsvermögen soll hierdurch zwecks Sicherung der Erreichung des vereinbarten gemeinsamen Zweckes erhalten bleiben.51 b) Der erste Entwurf als Repräsentant des römischen Rechts Die erste Kommission zur Schaffung des BGB war geprägt von der Arbeit des Romanisten Bernhard Windscheid, dessen Werk „Lehrbuch des Pandektenrechts“ als Grundstein für die Arbeit der Kommission herangezogen wurde.52 Die in diesem Werk von Windscheid angewandte Systematisierung der römischen Quellen knüpft an die Vorarbeiten der romanistischen Sparte der von Friedrich Carl von Savigny begründeten historischen Rechtsschule an.53 Aufgrund des Verzichts auf weitergehende Erläuterungen entsprach der erste Entwurf weitgehend einem nach Paragraphen geordneten Abbild dieses Lehrbuchs.54 Ebenso war Windscheid davon überzeugt, dass „ethische, politische und volkswirtschaftliche Erwägungen […] nicht Sache des Juristen als solchen“, sondern, wenn überhaupt, der Gesetzgebung seien.55 47 Siehe hierzu auch: Förster/Eccius, Preußisches Privatrecht, 7. Aufl., S. 322 f.; nach Förster/Eccius ergab sich die fehlende Möglichkeit, über den eigenen Anteil zu verfügen bereits aus der Natur der Gesellschaft. So konnte ein Gesellschafter aufgrund der sich ändernden, nicht konkret festellbaren „Rate“ an den einzelnen Gegenständen nicht über seinen Anteil verfügen. 48 I 17 § 63 ALR in der Fassung vom 01. 06. 1794: „Bey einem durch Vertrag oder Verordnung eines Dritten entstandenen gemeinschaftlichen Eigenthume, kann jeder Theilnehmer sein Anrecht einem Mitgenossen gültig abtreten.“ 49 Bornemann, Systematische Darstellung des Preußischen Civilrechts, 2. Aufl., S. 11. 50 I 17 § 61 ALR in der Fassung vom 01. 06. 1794: „Doch bleibt den übrigen Theilnehmern, wenn dieselben die Gemeinschaft unter sich fortsetzen wollen, das Vorkaufsrecht vorbehalten.“ 51 Schäfer, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2017, § 719 Rn. 2. 52 Wieacker, Privatrechtsgeschichte der Neuzeit, S. 263. 53 Pfeiffer-Munz, Soziales Recht ist deutsches Recht, S. 6; Wieacker, Aufstieg, Blüte und Krisis der Kodifikationsidee, in: Festschrift für Gustav Boehmer, S. 34 (45). 54 Der „kleine Windscheid“, vgl. Bähr, Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs für das Deutsche Reich. Erste Lesung. Ausgearbeitet durch die von dem Bundesrathe berufene Commission. Amtliche Ausgabe, Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft 11 (1888), S. 321 (327). 55 Windscheid, Die Aufgaben der Rechtswissenschaft, in: Bernhard Winscheid, Gesammelte Reden und Abhandlungen, S. 100 (112); weitergehend zum wissenschaftlichen Positi-
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Die gesetzespositivistische und römischrechtliche Prägung des ersten Entwurfes mag daher kaum verwundern. Nach Ansicht Plancks56 war der von der Kommission eingeschlagene Weg gar die logische Fortentwicklung bereits im Mittelalter geschaffener Tatsachen, denn das römische Recht sei schon zu dieser Zeit faktisch die rechtliche Grundlage des gesamten Wirtschaftslebens gewesen. Die Übernahme jener Strukturen war nach seiner Auffassung sinnvoll und erforderlich, um die zahlreichen unabhängigen deutschen Rechtsgewohnheiten möglichst schonend zu vereinheitlichen.57 Dadurch werde dem „deutschen Rechtsgedanken […]“, entgegen der Kritik v. Gierkes58, „weit über das in dem größten Theile von Deutschland bestehende Recht hinaus, Rechnung [ge]tragen und der Vorwurf einer individualistischen, gemeinschaftsfeindlichen Tendenz in dieser Beziehung sei daher völlig unbegründet“59. Zudem entsprach das römischrechtliche Modell nach Plancks Auffassung dem Interesse der Gesellschaftsgläubiger. Das deutschrechtliche Modell hätte in dieser Hinsicht aufgrund der (teilweisen) Verselbstständigung von Gesellschaft und Gesellschaftsvermögen durch komplizierte Schutzvorschriften angepasst werden müssen, was jedoch im Hinblick auf den typischen Tätigkeitsbereich der Gesellschaft bürgerlichen Rechts als wenig zweckdienlich angesehen werden könne.60 Nach Bähr61 verhinderte die Ausrichtung an den römischrechtlichen Grundsätzen auch eine Vermischung mit den handelsrechtlichen Personengesellschaften.62 Diese seien als „organische“, im Sinne normierter Spiegelbilder der Verkehrsauffassungen gewachsene Gesellschaften von den individualistisch geprägten Zusammenschlüssen mehrerer Personen unterscheidbar. In Anbetracht der Anschauungen der Rechtspraxis übte er sodann auch offen Kritik an den von der ersten Kommission für § 660 des ersten Entwurfes des BGB63 vervismus und der Pandektenwissenschaft: Wieacker, Privatrechtsgeschichte der Neuzeit, S. 253 ff. 56 Planck, Zur Kritik des Entwurfes eines bürgerlichen Gesetzbuches für das deutsche Reich, AcP 1889, S. 327 (331). 57 Planck, Zur Kritik des Entwurfes eines bürgerlichen Gesetzbuches für das deutsche Reich, AcP 1889, S. 327 (331 f.). 58 Siehe hierzu unten S. 150 ff. 59 Planck, Zur Kritik des Entwurfes eines bürgerlichen Gesetzbuches für das deutsche Reich, AcP 1889, S. 327 (343). 60 Planck, Zur Kritik des Entwurfes eines bürgerlichen Gesetzbuches für das deutsche Reich, AcP 1889, S. 327 (343). 61 Bähr, Gegenentwurf zu dem Entwurfe eines bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich, Anm. zu § 658. 62 Siehe hierzu unten S. 157 ff. 63 So lautete § 631 Abs. 1 des ersten Entwurfes des BGB: „Die beizutragenden Gegenstände können dazu bestimmt sein, entweder dem Rechte oder dem Gebrauche oder der Nutzung nach gemeinschaftlich zu werden.“ Nach Bähr sollte die ersatzweise Verwendung des Begriffs „Gesellschaftsvermögen“ dem tatsächlichen Sprachgebrauch entgegenkommen. Bähr betonte dabei, dass das Vermögen der Gesellschaft entsprechend der Idee des Entwurfes, „nur auf einem römisch-rechtlichen condominium beruh[e]“, vgl. Bähr, Gegenentwurf zu dem Entwurfe eines bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich, Anm. zu § 660 (631).
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D. Die dogmatische Struktur der Personengesellschaften
wendeten, lebensfremden Begrifflichkeiten: Trotz einer Vermögenszuordnung nach römischem Vorbilde könne man nach seiner Ansicht ohne weiteres von „einem Gesellschaftsvermögen“ sprechen.64 c) Die Kritik der Literatur zum ersten Entwurf des BGB Der erste Entwurf der Gesellschaft bürgerlichen Rechts sah sich erheblicher Kritik ausgesetzt.65 Allen voran bezeichnete Otto von Gierke66 die Arbeiten der ersten Kommission im Gesamten aufgrund ihrer schwer verständlichen Strukturen67 und weitgehenden Antizipation der Pandekten als wenig gemeinverständlich, zu romanistisch und als gesetzgeberischen Ausdruck des „reinsten Manchestertums“68. Eine umfassende Auseinandersetzung mit dieser Kritik muss an dieser Stelle jedoch anderen Arbeiten überlassen werden. Hier interessieren vielmehr nur die konkreten Gestaltungswünsche der Kritiker bezüglich der Gesellschaft bürgerlichen Rechts. v. Gierke kritisierte in seinem Werk ganz allgemein die nur in geringem Umfange erfolgte Einarbeitung deutschrechtlicher Errungenschaften durch die Kommission, denen er herausragende und dem Entwurf überlegene Qualität bescheinigt.69 Seine germanistisch-rechtliche Herkunft70 tritt in der Begutachtung der Normen zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts deutlich hervor. Das deutschrechtliche Gesellschaftsrecht sei selbst einem „modernen“, d. h. modifizierten Verständnis des römischrechtlichen Modells bei weitem überlegen.71 Die bisher unter dem schützenden Mantel des Gewohnheitsrechts anerkannten „Modifikationen“ der römischrechtlichen Gesellschaft werden durch die „starr romanistische Schablone erstickt“.72 Der 64 Bähr, Gegenentwurf zu dem Entwurfe eines bürgerlichen Gesetzbuches für das Deutsche Reich, Anm. zu § 660. 65 Siehe hierzu zusammenfassend Reichsjustizamt, Zusammenstellung der gutachtlichen Äußerungen zu dem Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs gefertigt im Rechtsjustizamt. 66 Siehe hierzu m.w.N. v. Gierke, Der Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs und das deutsche Recht, S. 17 ff. 67 Relativierend Bähr, der die Schwerfälligkeit der Sprache als logische Konsequenz der Bemühung zur Abstraktion versteht, vgl. Bähr, Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs für das Deutsche Reich. Erste Lesung. Ausgearbeitet durch die von dem Bundesrathe berufene Commission. Amtliche Ausgabe, Kritische Vierteljahresschrift für Gesetzgebung und Rechtswissenschaft 11 (1888), S. 321 (323 f.). 68 v. Gierke, Der Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs und das deutsche Recht, S. 3; zur Kritik an der fehlenden sozialen Komponente des Entwurfes, vgl. Menger, Das Bürgerliche Recht und die besitzlosen Volksklassen, 5. Aufl.; v. Gierke, Die soziale Aufgabe des Privatrechts, 2. Aufl. 69 v. Gierke, Der Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs und das deutsche Recht, S. 14 f. 70 v. Gierke, Der Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs und das deutsche Recht, S. 13. 71 v. Gierke, Der Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs und das deutsche Recht, S. 256. 72 v. Gierke, Personengemeinschaften und Vermögensinbegriffe in dem Entwurfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das deutsche Reich, S. 103.
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Entwurf versuche, den eingeschlagenen Weg in allen Fragen zur inneren und äußeren Struktur zu wahren, und entspreche daher nicht den Bedürfnissen und tatsächlichen Vorstellungen der Praxis von den Personengesellschaften.73 In besonderem Maße tritt das Unverständnis v. Gierkes für die mangelnde Konsistenz des gesetzgeberischen Vorschlags zu Tage. Die erste Kommission versuche anstelle eines klaren Bekenntnisses zum deutschrechtlichen Modell, Leistungen der deutschen Rechtswissenschaft durch „kunstvolle“ legislatorische Arbeit aus dem römischen Recht zur societas zu konstruieren.74 Die Aufteilung der Berechtigung der Gesellschafter an den zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Gegenständen nach Bruchteilen sei zwar ganz im Sinne der römischen Quellen, doch versuche die erste Kommission durch Anordnung des im Innenverhältnis wirkenden Verfügungsverbotes (vgl. § 645 des ersten Entwurfes des BGB) lediglich, unter Festhalten an der Vermögenszuordnung nach Bruchteilen hinsichtlich der Rechtsfolgen das deutschrechtliche Modell nachzubilden. Zudem widerspreche die kumulative Annahme einer personenrechtlichen Einheit einerseits, eines gemeinsamen Gesellschaftsvermögens im Innenverhältnis andererseits, dem rein schuldrechtlichen Charakter der Beziehungen zwischen den Gesellschaftern: Die Gesellschafter könnten nur schwerlich unabhängig voneinander Bezugspunkt für Rechte und Pflichten im Außenverhältnis und gleichzeitig miteinander zu einer Einheit verschmolzen sein. Ebenso verhalte es sich mit dem Verbot der Abtretung von Forderungen eines Gesellschafters gegen seine Mitgesellschafter, da diese als „gewöhnliche Forderungsrechte“ nach allgemeinen Rechtssätzen der freien Disposition unterstehen müssten. Nur durch § 644 des ersten Entwurfes des BGB könne die von der Kommission verfolgte und erforderliche Verfestigung der Gesellschaft sichergestellt werden – eine Zielsetzung, welche die deutschrechtliche Berechtigung zur gesamten Hand ohne inkonsequente rechtliche Gestaltungen bereits erreicht hatte.75 An anderer Stelle kritisierte v. Gierke die Auswirkungen der das Kollektiv außer Acht lassenden individualistischen Prägung des BGB. Durch Aufteilung von Forderungen nach Bruchteilen, welche aufgrund des (faktischen) Wirkens der Gesellschaft im Rechtsverkehr mit Dritten begründet wurden, drohe Drittschuldnern die Inanspruchnahme durch eine Vielzahl von Leistungsklagen, während Drittgläubiger zur Verfolgung ihrer Rechte einem erheblichen Aufwand ausgesetzt seien.76 Dies entspreche aber gerade nicht den Anschauungen der Praxis, betrachtet diese die 73
v. Gierke, Personengemeinschaften und Vermögensinbegriffe in dem Entwurfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das deutsche Reich, S. 99; v. Gierke, Der Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs und das deutsche Recht, S. 255. 74 v. Gierke, Der Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs und das deutsche Recht, S. 253; v. Gierke, Personengemeinschaften und Vermögensinbegriffe in dem Entwurfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das deutsche Reich, S. 97. 75 v. Gierke, Der Entwurf eines bürgerlichen Gesetzbuchs und das deutsche Recht, S. 253 f. 76 v. Gierke, Personengemeinschaften und Vermögensinbegriffe in dem Entwurfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das deutsche Reich, S. 96.
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D. Die dogmatische Struktur der Personengesellschaften
Gesellschaft im Sinne einer Einheit als ihren gewählten Vertragspartner. Diesen Unzulänglichkeiten hat die Kommission nach Ansicht v. Gierkes durch Aufnahme des § 659 des ersten Entwurfes des BGB mit nur teilweisem Erfolg zu begegnen versucht.77 Die Norm sollte es den Gesellschaftern einer erwerbswirtschaftlichen Gesellschaft ermöglichen, unabhängig vom Vorliegen der Voraussetzungen des Art. 85 ADHGB, an Stelle des „Pandektensystems“ des BGB, das germanistische Rechtskleid der offenen Handelsgesellschaft zu wählen. Dies ermögliche den Gesellschaftern zwar die Flucht aus dem „unzureichenden bürgerlichen Recht“78, würde aber aufgrund der hiermit verbundenen, nicht in allen Fällen gerechtfertigten Anwendung von Firmen- und Registerrecht, der Pflicht zur kaufmännischen Buchführung, der vorbehaltlosen Solidarhaft sowie der schrankenlosen und nicht einschränkbaren Vertretungsmacht der geschäftsführenden Gesellschafter teuer erkauft. Mangels gestalterischer Optionen bestehe hier die Gefahr, dass Personen mit dem berechtigten Interesse zur gesellschaftlichen Vereinigung in „für sie gefährliche und vielleicht verderbliche Bahn[en] hineingedrängt“79 werden. Wer sich nach der Abwägung von Vor- und Nachteilen gegen die Wandelung zur offenen Handelsgesellschaft entscheide, müsse sich hingegen mit einem Recht abgeben, welches „besondere Gesellschaftsgattungen“80 nicht unterscheide und einem einheitlichen Regime unterwerfe. Dies sei nach Ansicht v. Gierkes in Anbetracht der Schwächen des römischrechtlichen Modells „unannehmbar[.]“81. Auch wenn v. Gierke mit seiner harschen Kritik am ersten Entwurf den größten Anteil an den späteren Änderungen gehabt haben mag, fand die Idee einer germanistisch beeinflussten Gesellschaft bürgerlichen Rechts auch andernorts Anerkennung. Boyens bezeichnete die am römischen Recht orientierten Regelungen zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts als eine der „Gemeinschaft feindliche und ungünstige“82 Auffassung. Die Aufteilung des Gesellschaftsvermögens sei in zweierlei Hinsicht fragwürdig. Zum einen könne der Anteil am Gesellschaftsvermögen bzw. 77 v. Gierke, Personengemeinschaften und Vermögensinbegriffe in dem Entwurfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das deutsche Reich, S. 102. 78 v. Gierke, Personengemeinschaften und Vermögensinbegriffe in dem Entwurfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das deutsche Reich, S. 102. 79 v. Gierke, Personengemeinschaften und Vermögensinbegriffe in dem Entwurfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das deutsche Reich, S. 103. 80 v. Gierke, Personengemeinschaften und Vermögensinbegriffe in dem Entwurfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das deutsche Reich, S. 104. 81 v. Gierke, Personengemeinschaften und Vermögensinbegriffe in dem Entwurfe eines Bürgerlichen Gesetzbuches für das deutsche Reich, S. 104. Diesen Einwänden hielt währenddessen Hermann von Schelling, preußischer Justizminister zwischen 1889 und 1894, entgegen, dass die mit der Wahl verbundenen Gefahren aufgrund der mit dem Wahlrecht verbundenen Vorteile hingenommen werden müssten, da die Zahl der tatsächlich negativ betroffenen Gesellschaften überschaubar sei, vgl. Zum Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs für das Deutsche Reich, S. 121 ff. 82 Boyens, Gesellschaft unter Vergleichung mit anderen Rechtsgemeinschaften, in: Gutachten aus dem Anwaltstande über die erste Lesung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs, S. 1015 (1027).
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an einzelnen hierzu gehörigen Gegenständen in einer Gesellschaft entgegen der Grundannahme der § 631 und § 659 des ersten Entwurfes des BGB in einer Gesellschaft nur im Falle ihrer Auflösung tatsächlich bestimmt werden.83 Ferner öffne die Annahme frei veräußerlicher Anteile „dem Mißbrauch und der Bereicherung auf fremde Kosten Thor und Thür“84. Den Anliegen der Beteiligten eines dauerhaften Gesellschaftsverhältnisses könne nur ein „übereinstimmender dinglicher Rechtszustand“85 gerecht werden. Wie v. Gierke, äußerte Boyens Zweifel, die Gesellschafterinteressen durch Einräumung der Befugnis, sich in eine offene Handelsgesellschaft zu wandeln, vollumfänglich wahren zu können.86 Häufig wären die einzelnen Gesellschafter von den handelsrechtlichen Vorschriften schlichtweg überfordert bzw. verfolgten einen gänzlich nicht kaufmännischen Zweck. Auch er empfahl im Kern die Anwendung des Prinzips der Gesamthand für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts.87 d) Das Bekenntnis zur Gesamthand Die 1890 einberufene zweite Kommission nahm sich dieser Kritik am ersten Entwurf des BGB an. Nach erheblichen personellen Änderungen im Vergleich zur ersten Kommission sollte diese unter dem maßgeblichen Einfluss des Reichsjustizamtes und der Federführung Plancks durch Ausrichtung an den sozialen Gegebenheiten des auslaufenden 19. Jahrhunderts den notwendigen „Tropfen sozialistischen Öles“88 unter die bisherige Fassung mengen.89 Der erste Entwurf des BGB von 83 Boyens, Gesellschaft unter Vergleichung mit anderen Rechtsgemeinschaften, in: Gutachten aus dem Anwaltstande über die erste Lesung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs, S. 1015 (1032 f.). 84 Boyens, Gesellschaft unter Vergleichung mit anderen Rechtsgemeinschaften, in: Gutachten aus dem Anwaltstande über die erste Lesung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs, S. 1015 (1033); hierbei betont Boyens, dass schon das römische Recht dieser Gefahr durch Anordnung eines dinglich wirkenden Verfügungsverbots begegnet ist, vgl. Boyens, Gesellschaft unter Vergleichung mit anderen Rechtsgemeinschaften, in: Gutachten aus dem Anwaltstande über die erste Lesung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs, S. 1015 (1035). 85 Boyens, Gesellschaft unter Vergleichung mit anderen Rechtsgemeinschaften, in: Gutachten aus dem Anwaltstande über die erste Lesung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs, S. 1015 (1033). 86 Boyens, Gesellschaft unter Vergleichung mit anderen Rechtsgemeinschaften, in: Gutachten aus dem Anwaltstande über die erste Lesung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs, S. 1015 (1034). 87 Boyens, Gesellschaft unter Vergleichung mit anderen Rechtsgemeinschaften, in: Gutachten aus dem Anwaltstande über die erste Lesung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs, S. 1015 (1057 ff.). 88 v. Gierke, Die soziale Aufgabe des Privatrechts, 2. Aufl., S. 10. 89 Vertiefend hierzu Jakobs/Schubert, Die Beratung des Bürgerlichen Gesetzbuchs, S. 57; Schulte-Nölke, Das Reichsjustizamt und die Entstehung des Bürgerlichen Gesetzbuchs, S. 188 ff.; Eisenhardt, Deutsche Rechtsgeschichte, 6. Aufl., S. 343 f.
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1887 sollte hierdurch in den darauf folgenden fünf Jahren eine umfassende Feinjustierung, allen voran in Fragen zur sozialen Einstellung des Gesetzbuches, erfahren. Die Grundstrukturen der Arbeit der ersten Kommission blieben allerdings über weite Strecken unberührt. Entgegen der sonst zurückhaltenden Herangehensweise der Kommission wurden an den im ersten Entwurf vorgesehenen Regelungen zur Gesellschaft tiefgreifende und wesensverändernde Änderungen vollzogen. In diesem Rahmen sollte das von v. Gierke in seinen Schriften untersuchte und popagierte „Rechtsprincip“90 der Gesamthand schließlich zur rechtlichen Grundlage und dem zentralen Strukturprinzip auch der Gesellschaft bürgerlichen Rechts werden. Durch Annahme des Antrags auf Ersetzung der §§ 645, 631 Abs. 4 BGB durch eine Regelung, welche den Gesellschaftern zum einen die Verfügungsbefugnis hinsichtlich der Anteile am Gesellschaftsvermögen91 sowie den dazugehörigen Gegenständen, zum anderen in einem zweiten Absatz92 die Berechtigung zur Teilung des Gesellschaftsvermögen oder einzelner dazu gehörender Gegenstände entzog, wurden die Weichen für die Aufnahme der germanistischen Idee in das Bürgerliche Gesetzbuch gestellt. Ein ergänzender Antrag stellte den Gleichlauf mit den Vorschriften zur ehelichen Gütergemeinschaft sicher.93 Können diese Regelungen ohne Kenntnis des Kontextes auch als eine an den Bedürfnissen der Praxis orientierte Modifikation des römischrechtlichen Modells der societas verstanden werden, verdeutlichen die im Zuge dieser Änderung ebenfalls erfolgten Rejektionen entgegengesetzter Anträge94 das Bestreben, die Gesellschaft auf eine germanistische Grundlage zu stellen. Die im ersten Entwurf des BGB vertretene Auffassung der Vermögenszuordnung nach Bruchteilen bei gleichzeitig unbeschränkter Disponibilität der Anteile muss mit 90
v. Gierke, Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Rechtsprechung, S. 342. Vgl. § a Abs. 1 des Antrags 5 zur Änderung der §§ 645, 631 Abs. 4 BGB: „Ein Gesellschafter kann über seinen Antheil an den auf Grund des Gesellschaftsvertrages durch die Beiträge der Gesellschafter oder durch die Geschäftsführung gemeinschaftlich gewordenen Gegenständen mit Einschluß der Forderungen (Gesellschaftsvermögen) nicht verfügen“. 92 Vgl. § a Abs. 2 des Antrags 4 zur Änderung der §§ 645, 631 Abs. 4 BGB: „Ein Gesellschafter ist nicht berechtigt, vor der Beendigung der Gesellschaft die Theilung des Gesellschaftsvermögens oder einzelner dazu gehörenden Gegenstände zu verlangen“. 93 Durch diesen wurde § a Abs. 1 des Antrags 5 durch den noch heute bekannten Wortlaut ersetzt: „Ein Gesellschafter kann über seinen Antheil an dem Gesellschaftsvermögen und an den einzelnen dazu gehörenden Gegenständen nicht verfügen…“ 94 So verfolgte Antrag 1 zur Änderung der §§ 645, 631 Abs. 4 BGB lediglich die Zusammenfassung bereits bekannter, bisher jedoch verstreuter Regelungen des römischrechtlich geprägten Entwurfes: „[Abs. 1] An den in Folgen des Gesellschaftsvertrages durch die Leistung der Beiträge und durch den Erwerb aus der Geschäftsführung gemeinschaftlich gewordenen Gegenständen (Gesellschaftsvermögen) stehen den Gesellschaftern im Zweifel gleiche Antheile zu“. „[Abs. 2:] Jeder Gesellschafter kann über seinen Antheil verfügen. Bis zur Auseinandersetzung ist er jedoch den übrigen Gesellschaftern gegenüber verpflichtet, sich jeder Verfügung über seinen Antheil zu enthalten. Auch ist er nicht berechtigt, vor der Auseinandersetzung die Theilung zu verlangen“. 91
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dieser Änderung als ausdrücklich verworfen angesehen werden. Sie versprach sich durch die Zuwendung zum Prinzip der Gesamthand die Schaffung eines „klare[n], auch dem Nichtjuristen verständliche[n] und den deutschen Anschauungen entsprechende[n] Prinzips“95. Dieser vermeintliche Transparenzgewinn wurde indessen noch während der Schaffenszeit der zweiten Kommission, unter deren Mitgliedern auch Anhänger des Modells der römischrechtlichen societas vorhanden waren, mit Hinweis auf die keinesfalls stringente Rechtsprechung zur offenen Handelsgesellschaft bezweifelt.96 Ob man der von der Kommission verfolgten Zielsetzung angesichts der zahlreichen bis heute andauernden Diskussionen um Anwendung und Rechtsnatur der Gesellschaft bürgerlichen Rechts vollumfänglichen Erfolg bescheinigen kann, scheint tatsächlich sehr fraglich.97 Daneben sprachen für die Zuwendung zum Gesamthandsprinzip allerdings einige gewichtige Argumente: Zum einen berücksichtige die auch dinglich wirkende Bindung des Gesellschaftsvermögen in weit höherem Maße das Interesse der Gesellschafter. Speziell in Fällen sich qualitativ und/oder quantitativ unterscheidender Beitragspflichten konnte so eine ungewollte und ungerechtfertigte Bereicherung der Mitgesellschafter vermieden werden, denn die Gefahr des Verlustes eingebrachter Vermögensgüter, die mit der im ersten Entwurf vorgesehenen freien Verfügbarkeit über Anteile am Gesellschaftsvermögen einherging, war durch Anordnung der Gesamthand gebannt – ein Umstand, dem der erste Entwurf nach Auffassung der zweiten Kommission nur unzureichend mit Hilfe der bloß im Innenverhältnis wirkendenden Verfügungsbeschränkung zu begegnen versuchte.98 Das Prinzip der Beteiligung zur Gesamthand gewährleiste ein höheres Schutzniveau der Gesellschafter, ohne die Konsistenz der Regeln zur Vermögensbeteiligung nach Bruchteilen negativ zu berühren, stellt die Idee der Vermögensbindung zugunsten eines Gesellschaftszweckes doch einen immanenten Bestandteil des Gesamthandsprinzips dar, was eine Nachahmung durch verkomplizierende, allein relativ wirkende Regelungen entbehrlich machte.99 Der zweite Entwurf des BGB sollte hieran anschließend, zumindest hinsichtlich der Regeln zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts, nur noch redaktionellen Änderungen unterworfen sein, verstand man das Bekenntnis zur Vermögenszuordnung zur gesamten Hand doch auch gleichzeitig als Aufnahme eines scheinbar fest vorgegebenen, wissenschaftlich umfassend durchdrungenen rechtlichen Konstrukts. Materiellrechtlich entspricht das am 01. 01. 1900 in Kraft getretene BGB konse95 Zitiert nach Mugdan, Die gesammelten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, S. 991 (Protokolle S. 2440). 96 Mugdan, Die gesammelten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, S. 991 (Protokolle S. 2442). 97 Siehe hierzu noch unten S. 167 ff. 98 Mugdan, Die gesammelten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, S. 990 f. (Protokolle S. 2439 f.). 99 Mugdan, Die gesammelten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, S. 991 (Protokolle S. 2440).
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D. Die dogmatische Struktur der Personengesellschaften
quenterweise auch weitgehend der Arbeit der zweiten Kommission. Zur deutlicheren Abgrenzung vom ersten Entwurf, der Veranschaulichung des Prinzips der Gesamthand und damit der ausdrücklichen Abkehr vom römischrechtlichen Modell der societas wurden nur noch vereinzelte Ergänzungen hinzugefügt. Diesen kann unter Berücksichtigung der bereits im zweiten Entwurf vorhandenen Regelungen eine veranschaulichende100 Funktion attestiert werden, da sich deren Inhalt auf die Wiedergabe der (disponiblen) Grundsätze dieses Rechtsprinzips beschränkt. Aufgrund dieser Überarbeitungen ist erst im dritten Entwurf von einem „gemeinschaftlichen Vermögen der Gesellschafter“ (vgl. § 705 Abs. 1 der Reichstagsvorlage bzw. den heutigen § 718 Abs. 1 BGB) die Rede. Zudem erklärt erst diese Fassung Surrogate für einzelne zum Gesellschaftsvermögen gehörende Gegenstände ausdrücklich zum Bestandteil dieses Gesellschaftsvermögens (vgl. § 705 Abs. 2 der Reichstagsvorlage bzw. den heutigen § 718 Abs. 2 BGB). Auch das ausdrückliche Verbot „Theilung zu verlangen“, findet sich erst in der Vorlage für den Reichstag wieder (vgl. § 706 Abs. 1 Hs. 1 der Reichstagsvorlage und den heutigen § 719 Abs. 1 Hs. 2 BGB), was als Ausdruck des „persönlichen Bandes“ und der bewussten Beschränkung des individuellen Willens zur Erreichung des gemeinsam vereinbarten Zwecks verstanden wurde.101 Die Väter des BGB wurden im Rahmen dieser Revision nicht müde, die Vorteile der nunmehr zur letzten Abstimmung übergebenen Fassung zu betonen. Dem gemeinsamen Nenner der Gesellschafter wurde außerordentliche Bedeutung beigemessen. Allein das Prinzip der Gesamthand sei imstande, der auf privater Initiative beruhenden Entscheidung, einen gemeinsam Zweck über die eigenen Interessen zu stellen, mit hinreichender Konsequenz Rechnung zu tragen.102 Dieser im Gesellschaftsvertrag gebündelte Wille dürfe nicht durch das einseitige Handeln eines Gesellschafters gefährdet werden. Das in Gesamthandsgesellschaften geltende Anwachsungsprinzip mache den gemeinsamen Zweck unabhängiger von der personellen Zusammensetzung der Gesellschaft.103 Überhaupt kann dem zweiten Entwurf sowie den nachfolgenden Fassungen eine starke Fixierung auf den übergeordneten Gesellschaftszweck bescheinigt werden, für dessen Erreichung die Gesamthand als probates Mittel verstanden wurde. Ob der Entschluss der Beteiligten, 100 So werden die §§ 705 – 707 der Reichstagsvorlage (nunmehr § 705 BGB sowie § 718 und § 719 BGB) in der Denkschrift zum Entwurf eines BGB als bloße Zusammenfassung der sich aus dem Prinzip der Gesamthand „ergebenen Rechtssätze“ bezeichnet. Nicht ein vom Gesetzgeber umfassend geregeltes und niedergeschriebenes System, sondern das unabhängig von der positiven Normierung existierende Konstrukt der Gesamthand bildete die Grundlage für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, vgl. Mugdan, Die gesammelten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, S. 1260 (Denkschrift S. 85). 101 So schon v. Gierke, Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Rechtsprechung, S. 349. 102 Mugdan, Die gesammelten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, S. 1260 (Denkschrift S. 85). 103 Mugdan, Die gesammelten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, S. 1260 (Denkschrift S. 86).
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die Normen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach der überraschenden Bekennung zur Gesamthand nicht einer grundlegenden Überarbeitung zu unterziehen, sinnvoll gewesen ist, darf bezweifelt werden, denn diese Zurückhaltung hatte gerade die Entstehung einer Vielzahl, auch heute noch aktueller Diskussionen zur Folge, welche aufgrund des gesetzlichen Status quo nur schwerlich einer konsistenten Lösung zugeführt werden können.104 2. Die handelsrechtlichen Personengesellschaften vor Geltung des HGB a) Die Personenhandelsgesellschaften nach Vorstellung des jüngeren Handelsrechtsgesetzgebers Das von der ersten Kommission explizit abgelehnte Modell einer dem Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch (ADHGB) entsprechenden Vermögensregelung entsprach bereits weitgehend der heutigen Lehre von den Personengesellschaften. Das ADHGB von 1961 regelte im zweiten Buch „Von den Handelsgesellschaften“ die rechtliche Ausgestaltung der offenen Handelsgesellschaft (Art. 85 – 149), der Kommanditgesellschaft (einschließlich der Kommanditgesellschaft auf Aktien, Art. 150 – 206), der Aktiengesellschaft (Art. 207 – 249), der stillen Gesellschaft (Art. 250 – 265) und der heute in der Gesellschaft bürgerlichen Rechts aufgegangenen105 Gelegenheitsgesellschaft (Art. 266 – 270). Das Augenmerk dieser Arbeit soll sich aufgrund ihrer Zielsetzung nur auf die rechtliche Ausgestaltung der (Außen-) Personengesellschaften begrenzen. Dabei enthält die in den Staaten des Deutschen Bundes bzw. des Deutschen Kaiserreichs zur Anwendung kommende älteste einheitliche Kodifikation des Sonderrechts der Kaufleute zwar keine ausdrückliche Aussage zur rechtlichen Ausgestaltung dieser Gesellschaftsformen, und auch die wissenschaftlichen Untersuchungen hierzu können nur selten in der Tiefe überzeugen. Die im ADHGB enthaltenen Regelungen umschreiben allerdings schon jene Grundstrukturen, welche v. Gierke in seinem späteren Werk „Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Rechtsprechung“ als „germanisches Rechtsprincip“ und ein „einer Fülle von Rechtsinstituten gemeinsames Gedankenelement“ bezeichnen sollte.106 Die Protokolle der Kommission zur Beratung eines allgemeinen deutschen Handelsgesetzbuches offenbaren die bewusste Zurückhaltung bei der Auseinandersetzung mit der vermögensrechtlichen Komponente und der weitergehenden, rechtlichen Struktur in der offenen Handelsgesellschaft107. Trotz der (weitgehen104
Zu den verschiedenen Ansätzen, siehe unten S. 168 ff. Vertiefend hierzu: Begründung zu dem Entwurf eines Handelsgesetzbuchs für das Deutsche Reich von 1895 (Denkschrift zum RJA – EI), in: Quellen zum Handelsgesetzbuch von 1897, S. 171 f. (Begründung S. 171 f.). 106 v. Gierke, Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Rechtsprechung, S. 342. 107 Lutz, Protokolle der Kommission zur Berathung eines allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuches, 154 f., 189. 105
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D. Die dogmatische Struktur der Personengesellschaften
den108) Ablehnung der Rechtssubjektivität von offener Handelsgesellschaft bzw. Kommanditgesellschaft offenbart sich durch Aufnahme des späteren Art. 111 ADHGB bzw. Art. 164 ADHGB bereits die Vorstellung einer gewissen Verselbstständigung des Gesellschaftsvermögens sowie der Gesellschaft gegenüber den Gesellschaftern.109 Die Mitglieder der Kommission lehnten zwar die Aufnahme einer Regelung, welche explizit erklären sollte, dass „jede Handelsgesellschaft ihr besonderes Vermögen hat“ (vgl. Art. 87 des Entwurfes des ADHGB), ab.110 Grund für diese „weiche“ Formulierung war gewiss nicht die gänzliche Ablehnung der Idee von einem dem Zweck der Gesellschaft vorbehaltenen Vermögen, sondern die Sorge über den sich hieraus ergebenen Interpretationsspielraum. Das Vermögen der Gesellschaft sei schließlich nur ein für die Verfolgung des gemeinsamen Zwecks zurückbehaltener, „separierter“ Teil der Privatvermögen der Gesellschafter. Solle der Ausdruck des „besonderen Vermögens“ diese Tatsache lediglich gesetzlich feststellen, sei er ganz und gar entbehrlich. Seine Beibehaltung könne daher lediglich den Eindruck erwecken, dass es sich bei den Handelsgesellschaften um Gesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit handele, was die Mehrheit der Mitglieder jedoch vehement ablehnte.111 Eine derartige Lesart ist freilich nicht zwingend, was auch die Verfechter dieser Formulierung zu Protokoll gegeben haben.112 Entgegen der Behauptung der Mehrheit der Kommission113 konnte sie ihre Vorstellung von der Vermögenszuordnung in Handelsgesellschaften auch nicht im gesamten ADHGB mit letzter Konsequenz verwirklichen. Die Idee eines abgesonderten Sondervermögen der Gesellschaft tritt nämlich tatsächlich an einer anderen Stelle des Gesetzes unzweifelhaft hervor: die endgültige Fassung des Art. 91 Abs. 1 ADHGB spricht vom „Eigenthum der Gesellschaft“ und stellt in dessen Abs. 2 gar explizit das Eigentum der Gesellschafter demjenigen der Gesellschaft gegenüber. Von einem ausdrücklichen Bekenntnis zur Verselbstständigung und Vermögensträgerschaft der Personenhandelsgesellschaften kann freilich keine Rede sein. Die Unsicherheiten und verschiedenen Interpretationsmöglichkeiten der Kommission hinsichtlich deren Strukturen werden insbesondere an anderer Stelle der Pro-
108 Für die Anerkennung der oHG als juristische Person Affolter, Die rechtliche Natur der offenen Handelsgesellschaft, Archiv für bürgerliches Recht 5 (1891), S. 1 (1 ff.). 109 Lutz, Protokolle der Kommission zur Berathung eines allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuches, S. 161, 176, 214, 268; Goldschmidt, Gutachten über den Entwurf eines deutschen Handelsgesetzbuches nach den Beschlüssen zweiter Lesung, S. 48. 110 Lutz, Protokolle der Kommission zur Berathung eines allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuches, S. 276. 111 Lutz, Protokolle der Kommission zur Berathung eines allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuches, S. 274 f. 112 Lutz, Protokolle der Kommission zur Berathung eines allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuches, S. 275. 113 Lutz, Protokolle der Kommission zur Berathung eines allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuches, S. 275.
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tokolle deutlich, die wiederum vom Miteigentum der Gesellschafter sprechen.114 Doch kann ein mehr oder minder abstrahiertes Verständnis von der Gesellschaft nicht bestritten werden. Auf diesem Gedanken beruht auch das Erfordernis der Inanspruchnahme der Gesellschaft als solcher durch ihre Gläubiger, um überhaupt auf das Gesellschaftsvermögen zugreifen zu können. Sowohl die preußische Konkursordnung als auch die Konkursordnung für das Deutsche Reich unterschieden bereits ausdrücklich das Gesellschaftsvermögen vom Privatvermögen der Gesellschafter. Wie schon ihr preußisches Vorbild115 ordnete § 198 der Konkursordnung für das Deutsche Reich im Fall der Zahlungsunfähigkeit einer offenen Handelsgesellschaft ein eigenständiges Konkursverfahren über das Vermögen der Gesellschaft an. Trotz der daneben bestehenden persönlichen, im Konkursfall jedoch eingeschränkten subsidiären Haftung116 der Gesellschafter wurde die Gesellschaft bereits als ein von dem Gesellschafterkreis unterscheidbarer Schuldner verstanden.117 Diese klare Abgrenzung und Trennung der Vermögenssphären unter gleichzeitiger Ablehnung einer eigenständigen Rechtspersönlichkeit der Handelsgesellschaften wurden gerade als Ausdruck des Gesamthandsprinzips verstanden.118 Diese gesetzliche Handhabung entsprach zudem den damaligen Anschauungen der kaufmännischen Praxis, welche die Handelsgesellschaften ebenfalls als einen selbstständigen und von den Gesellschaftern losgelösten Vertragspartner angesehen haben.119 Daneben zeugten auch die Anerkennung der Gesellschafterkontinuität im Falle des Ausscheidens bzw. des Todes eines Gesellschafters von einer nicht bloß schuldrechtlich wirkenden Interpretation der Gesellschaftsverhältnisse (vgl. Art. 123 und 127 ADHGB (bzw. i.V.m. Art. 170 ADHGB)). Nach Art. 127 Halbsatz 2 ADHGB (i.V.m. Art. 170 ADHGB) konnte die offene Handelsgesellschaft bzw. Kommanditgesellschaft im Falle des Ausscheidens eines Gesellschafters von diesem unabhängig „im Übrigen“ fortbestehen. Ein derartiger Fortbestand ohne Veränderung bzw. Neustrukturierung der inneren Verhältnisse ist indessen nur dann möglich, sofern die fortbestehende Gesellschaft vom ausscheidenden Gesellschafter in gewisser Weise losgelöst betrachtet wird. 114 Lutz, Protokolle der Kommission zur Berathung eines allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuches, S. 278. 115 Vgl. §§ 286, 287 der preußischen Konkursordnung. 116 Vgl. hierzu Art. 122 Hs. 1 ADHGB, der die unmittelbare Haftung der Gesellschafter einer offenen Handelsgesellschaft bzw. in Verbindung mit Art. 169 ADHGB der Komplementäre einer Kommanditgesellschaft in der Insolvenz auf die Höhe des Ausfalls reduziert. 117 Julius Petersen/Georg, Konkursordnung für das Deutsche Reich nebst den Einführungsgesetzen, 3. Aufl., S. 573; Lutz, Protokolle der Kommission zur Berathung eines allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuches, S. 219. 118 Vgl. Julius Petersen/Georg, Konkursordnung für das Deutsche Reich nebst den Einführungsgesetzen, 3. Aufl., S. 573, insbesondere Fn. 4, der den Gesamthandsbegriff zwar (mangels Verbreitung) noch nicht verwendet, aber den weitergehenden Untersuchungen zu diesem Thema zustimmt. 119 Lutz, Protokolle der Kommission zur Berathung eines allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuches, S. 158.
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D. Die dogmatische Struktur der Personengesellschaften
b) Die Personenhandelsgesellschaften in der gesellschaftsrechtlichen Literatur Die Literatur sollte fortan die rechtliche Struktur der Handelsgesellschaften unter Geltung des ADHGB näher untersuchen. Doch auch hier ist oftmals keine klare dogmatische Linie zu erkennen.120 Die überwiegende Ansicht121lehnte die Annahme einer eigenen Rechtspersönlichkeit der Handelsgesellschaften ab, erkannte jedoch die rechtlichen Besonderheiten dieser Gesellschaftsformen: So stellte Puchelt mit Verweis auf die Art. 119 bis 123 ADHGB fest, dass das Vermögen der Gesellschafter „eine Art universitas bildet und nach innen, sowie nach außen nicht dem Einzelnen, sondern zunächst der Gesammtheit der Gesellschaften gehört“122. Er erklärte die Trennung der Vermögenssphären von Gesellschaftern und Gesellschaft Art. 111 ADHGB gar zum „Ausdruck einer längst anerkannten Wahrheit“123. Eine tiefgreifende Auseinandersetzung mit dieser besonderen Eigenheit der Handelsgesellschaften bleibt Puchelt seinem Leser, zumindest soweit ersichtlich, allerdings schuldig. Ähnlich bezeichnete Makower das Gesellschaftsvermögen „im Verhältnis der Gesellschaft zu Dritten als ein für sich bestehendes besonderes Ganzes“124. Die Verfügungsbefugnisse der einzelnen Gesellschafter über das Gesellschaftsvermögen bzw. einzelne Teile dieses Vermögens sei ihnen durch Widmung des Vermögens zur Verfolgung des gemeinsamen Zwecks entzogen.125 Auch sei für die Handelsgesellschaften charakteristisch, dass es „ideelle Quoten“ an den einzelnen zum Vermögen gehörenden Gegenständen, Forderungen und Rechten nicht geben könne.126 Auch v. Hahn beschrieb schon früh die spezifischen Besonderheiten der Handelsgesellschaften, die später als Charakteristika des Prinzips der Gesamten Hand verstanden werden sollten. Er verneinte entgegen der „sonstigen Rechtsgrundsätze“ die Möglichkeit der einzelnen Gesellschafter, über einen Anteil an den einzelnen Vermögensgegenständen zu verfügen.127 Nur die Gesamtheit der Gesellschafter, welche durch die Firma der Handelsgesellschaft gegenüber Dritten verkürzend bezeichnet wurde, besaß die notwendige Befugnis, über das Gesellschaftsvermögen im Gesamten oder partiell zu verfügen.128 Eine solche Verfügungsbeschränkung folgerte 120 121 122
Fn. 3.
Vgl. nur Endemann, Das Deutsche Handelsrecht, S. 162 ff. Siehe hierzu die sogleich folgenden Ausführungen. Puchelt, Commentar zum Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch, 2. Aufl., Art. 85
123 Puchelt, Commentar zum Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch, 2. Aufl., Art. 111 Fn. 1. 124 Makower, Das allgemeine Deutsche Handelsgesetzbuch, 6. Aufl., S. 133 Fn. 40. 125 Makower, Das allgemeine Deutsche Handelsgesetzbuch, 6. Aufl., S. 140 Fn. 53a. 126 Makower, Das allgemeine Deutsche Handelsgesetzbuch, 6. Aufl., S. 140 Fn. 53b. 127 F. von Hahn, Commentar zum Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch, 2. Aufl., Art. 111 § 1. 128 F. von Hahn, Commentar zum Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch, 2. Aufl., Art. 111 § 1.
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v. Hahn aus dem Interesse der Gesellschafter.129 Die Bindung des Kapitals sei zur Erreichung des gemeinsamen Zwecks bei gleichzeitiger Unterwerfung unter eine solidarische Haftung und der Einräumung einer unbeschränkten Vertretungsbefugnis unentbehrlich und könne „materiell ungerechtfertigte“ Dispositionen verhindern.130 Die bloß obligatorisch wirkenden Verhältnisse der einfachen Gesellschaft könnten diesem Interesse nicht gerecht werden.131 Dieses Prinzip der Handelsgesellschaften wirke daher auch gegenüber Dritten.132 c) Die Personenhandelsgesellschaften des ADHGB als Gesamthandsgesellschaften Damit umschrieben bereits Puchelt, Makower und v. Hahn (unbewusst) wesentliche Grundzüge der später von Beseler und v. Gierke untersuchten, benannten und ausformulierten Gesamthandslehre.133 Obwohl sich das Allgemeine Deutsche Handelsgesetzbuch diesem Prinzip weder durch eine positive, klare Aussage bekennt noch von anderen Gesellschaftsstrukturen ausdrücklich distanziert, weist es tatsächlich alle wesentlichen Eigenheiten auf, die auch heute Personen(handels-)gesellschaften auf Grundlage der herrschenden Lehre charakterisieren.134 Insbesondere die Art. 119 – 121 ADHGB zeugen hiervon: Kann Art. 111 ADHGB noch als bloße Vereinfachung der allgemeinen Vertretungsregeln verstanden werden, müssen die Art. 119 – 121 ADHGB als Ausdruck des Prinzips der Gesamthand begriffen werden. Nach ihnen war es Privatgläubigern der Gesellschafter nicht möglich, auf das Gesellschaftsvermögen zuzugreifen. Eine derartige Regelung erlangt freilich nur dann einen eigenen sinnvollen Bedeutungsgehalt, wenn trotz Bestand einer Handelsgesellschaft die einzelnen Gesellschafter weiterhin als Träger eines (Sonder-)Vermögens betrachtet werden. Wären nicht die Gesellschafter in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit, sondern ein vollständig vom Gesellschafterkreis unabhängiges Rechtssubjekt Träger des Vermögens, könnten offensichtlich ausschließlich Gläubiger der verselbstständigten Gesellschaft selbst deren Vermögen in Anspruch nehmen. Vermögensmassen haften grundsätzlich nur für das Handeln ihrer Inhaber. Wo dieser Grundsatz durchbrochen wird, muss das Gesetz diese Folge nach sorgfältiger Abwägung der Gründe anordnen. Entzieht nun aber eine gesetzliche Re129 F. von Hahn, Commentar zum Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch, 2. Aufl., Vorb. zum Dritten Abschnitt § 7, 17. 130 F. von Hahn, Commentar zum Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch, 2. Aufl., Vorbem. zum Dritten Abschnitt § 16. 131 F. von Hahn, Commentar zum Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch, 2. Aufl., Vorbem. zum Dritten Abschnitt § 17. 132 F. von Hahn, Commentar zum Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch, 2. Aufl., Vorbem. zum Dritten Abschnitt § 26. 133 Siehe hierzu ausführlich unten S. 168 ff. und 172 ff. 134 Boyens, Gesellschaft unter Vergleichung mit anderen Rechtsgemeinschaften, in: Gutachten aus dem Anwaltstande über die erste Lesung des Entwurfs eines Bürgerlichen Gesetzbuchs, S. 1015 (1026).
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D. Die dogmatische Struktur der Personengesellschaften
gelung einem Gläubiger auch die Inanspruchnahme des Vermögens seines Schuldners, kann dies, mit Ausnahme der auf sozialen Erwägungen beruhenden Regelungen,135 nur auf der Idee eines teilweisen Entzugs der Vermögenszuständigkeit beruhen. Mangels eigener Rechtspersönlichkeit der Handelsgesellschaften des ADHGB musste daher dieser für die Inanspruchnahme durch Gläubiger erforderliche Teil in gewisser Weise auf die übrigen Gesellschafter als Träger des Gesellschaftsvermögens übergegangen sein. Dem entspricht, dass die einzelnen Gesellschafter an den einzelnen Sachen, Forderungen und Rechten keinerlei Anteile hatten.136 Als Ausdruck des Gesamthandprinzips wurden die Art. 119 – 121 ADHGB unter Verweisung auf die allgemeinen Regeln der Gesellschaft bürgerlichen Rechts in § 105 Abs. 3 HGB sodann auch (folgerichtig) als entbehrlicher Regelungskatalog betrachtet und nicht in das Handelsgesetzbuch von 1897 übernommen.137 d) Abkehr vom preußischen Modell der Handelsgesellschaften Betrachtet man die Regelungen des ADHGB zu den Personenhandelsgesellschaften, überrascht dessen dogmatische Abkehr vom „Entwurf eines Handelsgesetzbuches für die Preußischen Staaten“ von 1856, auf dem das ADHGB im Übrigen zu weiten Teilen aufbaut. Der unter der Federführung von Wilhelm August Bischoff erst aufgrund politischer Erwägungen fertiggestellte Entwurf einer einheitlichen, handelsrechtlichen Kodifikation ermöglichte es Preußen, bei den Beratungen zum ADHGB eine gewichtige (Leit-)Rolle zu übernehmen.138 Das Handelsgesetzbuch für die Preußischen Staaten sollte einerseits Spiegelbild der im Handelsverkehr anerkannten Gewohnheiten und Gebräuche sein, andererseits durch eine weitgehende Öffnung gegenüber der Fortbildung des Rechts und sich ändernden Gepflogenheiten weitgehend modifizierbar bleiben.139 In diesem Rahmen maßen die Urheber des Entwurfes der Zusammenstellung des Rechts der Handelsgesellschaften eine überragende Bedeutung bei, mussten doch gerade diese „in der neueren Zeit […] so große[.] Ausdehnung und Verbreitung“140 erfahrenden Erscheinungsformen des Handelsverkehrs auf einem festen rechtlichen Fundament fußen können. Ziel des preußischen Entwurfs war die Schaffung einer sicheren Rechtsgrundlage, welche trotz der Vielzahl unterschiedlicher Rechtsauffassungen in den verschiedenen Teilen des Landes auf größtmögliche Akzeptanz der betroffenen Kreise stoßen sollte. 135 Vgl. BGH, Urteil vom 20. 11. 1997 – IX ZR 136/97, BGHZ 20. 11. 1997, S. 193 (197) über den Zweck des § 811 ZPO. 136 Makower, Das allgemeine Deutsche Handelsgesetzbuch, 6. Aufl., S. 140 Fn. 53b. 137 C. Hahn/Mugdan, Die gesamten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen, S. 264. 138 Werner, Einleitung, in: Entwurf eines Handelsgesetzbuchs für die Preußischen Staaten, S. 5 ((6)). 139 Entwurf eines Handelsgesetzbuchs für die Preußischen Staaten, in: Entwurf eines Handelsgesetzbuchs für die Preußischen Staaten (III). 140 Entwurf eines Handelsgesetzbuchs für die Preußischen Staaten, in: Entwurf eines Handelsgesetzbuchs für die Preußischen Staaten (VIII).
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Der Entwurf sollte in der Folgezeit tatsächlich eine tragende Rolle bei der Schaffung des ADHGB spielen. Viele Regelungen des ADHGB finden sich in sehr ähnlicher Form auch in dem Werk von 1856 wieder: Wie § 1 des Entwurfs eines Handelsgesetzbuchs für die Preußischen Staaten enthält Art. 1 ADHGB die Anordnung der subsidiären Anwendbarkeit nicht im Gesetz niedergeschriebener Handelsbräuche. Die Grundsätze des Firmenrechts (vgl. Art. 15 ff ADHGB) sowie der Handlungsgehilfen (vgl. Art. 57 ff. ADHGB) finden sich ebenfalls in jenem preußischen Entwurf wieder (§§ 18 ff. bzw. §§ 53 ff.). Eine Vielzahl der Normen wurde ohne oder nur mit unwesentlichen Änderungen übernommen. Oftmals handelt es sich lediglich um sprachliche Unterschiede: So spricht der preußische Entwurf noch von den „Handlungsdienern“, während das ADHGB den Begriff des „Handlungsgehülfen“ zu verwenden pflegt. Betreffs der hier interessierenden Handelsgesellschaften ordnete aber auch schon der preußische Gesetzesentwurf den (disponiblen) Grundsatz der Einzelgeschäftsführungs- bzw. Einzelvertretungsbefugnis an, vgl. § 109 Abs. 1 bzw. § 119 Abs. 1 des Entwurfes sowie Art. 102 Abs. 1 ADHGB bzw. im Umkehrschluss zu Art. 86 Abs. 2 Nr. 4 sowie Art. 115 ADHGB. Auch konnte das Privatvermögen der Gesellschafter von Gläubigern der Gesellschaft, wenn auch nur subsidiär (vgl. § 88 Abs. 1 des Entwurfes), herangezogen werden, vgl. § 91 Abs. des Entwurfes und Art. 112 Abs. 1 ADHGB. Trotz der großen Übereinstimmungen unterscheiden sich die Werke hinsichtlich der Erfassung der Personenhandelsgesellschaften in einem zentralen Punkt, der für deren rechtliche Aufarbeitung und weitergehende Handhabung von essenzieller Bedeutung ist: Der preußische Entwurf beruhte im Gegensatz zum ADHGB ganz und gar auf der Vorstellung, selbst offene Handels- als auch Kommanditgesellschaften seien ohne weiteres als Gesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit, d. h. als juristische Personen zu betrachten.141 Der preußische Gesetzesentwurf enthielt in seinem § 87 dementsprechend eine Regelung, die explizit von den Rechten und Pflichten sowie dem „besonderen Vermögen“ der Gesellschaft sprach – jene Formulierung, die wegen der Entstehung weiter Interpretationsspielräume von der Kommission zur Schaffung des ADHGB abgelehnt wurde. Das germanistische Prinzip der Gesamthand fand hingegen in dem Entwurf für ein Handelsgesetzbuch für die Preußischen Staaten keine ausdrückliche Erwähnung. Jedoch muss daran erinnert werden, dass der Wortlaut des § 87 keineswegs zwingend für die Annahme der Rechtspersönlichkeit sprechen muss.142
141
Entwurf eines Handelsgesetzbuchs für die Preußischen Staaten, in: Entwurf eines Handelsgesetzbuchs für die Preußischen Staaten (IX). 142 Vgl. hierzu Lutz, Protokolle der Kommission zur Berathung eines allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuches, S. 275.
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D. Die dogmatische Struktur der Personengesellschaften
3. Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Grundtyp der Personenhandelsgesellschaften des HGB Die offene Handelsgesellschaft sowie die Kommanditgesellschaft des HGB bilden heute die klassischen Gesamthandsgesellschaften des Handelsrechts.143 Aufbauend auf dem ADHGB von 1861, welches, wie zuvor gesehen144, ebenfalls dem germanistischen Prinzip der Gesamthand verpflichtet war, konnten die hierzu entwickelten Grundsätze ohne tiefgreifende Modifikationen übernommen werden. Das Bekenntnis der zweiten Kommission zur Schaffung eines Bürgerlichen Gesetzbuchs zum Gesamthandsprinzip veränderte allerdings das Rangverhältnis der Personengesellschaften, da fortan nicht die offene Handelsgesellschaft, sondern die Gesellschaft bürgerlichen Rechts die Grundlage des Gesamthandgesellschaftsrechts bilden sollte.145 Die handelsrechtlichen Pendants stellen in der noch heute gültigen Gesetzessystematik lediglich Sonderformen der BGB-Gesellschaft dar, deren Entstehung von der Einhaltung höherer Anforderungen abhängig ist, und deren spezifische Regelungskataloge an den besonderen Bedürfnissen des Handelsverkehrs ausgerichtet sind. Die Gründung einer Handelspersonengesellschaft erfordert stets die Überwindung der unteren Sprossen der Leiter der Gesamthandsgesellschaften, welche, beginnend im BGB, nach Eintragung oder ipso iure nach Anwachsung des dazugehörigen Betriebs auf kaufmännische Größe (vgl. § 105 Abs. 1 bzw. Abs. 2 HGB) das Recht der offenen Handelsgesellschaft passieren, bevor durch teilweise Beschränkung der grundsätzlich bestehenden persönlichen Haftung der Gesamthänder (vgl. § 161 Abs. 1 HGB) das Recht der Kommanditgesellschaft auf oberster Stufe erreicht wird. Infolge dieses, durch das (weitgehend146) gleichzeitige Inkrafttreten von HGB und BGB am 1. Januar 1900 entstandenen, Stufenverhältnisses wurden einige bisher im ADHGB normierte personengesellschaftsrechtliche Grundsätze und Aussagen entbehrlich, da diese, nunmehr im BGB geregelt, über den Verweis des § 105 Abs. 3 HGB zur Anwendung kommen.147 Davon betroffen waren unter anderem Art. 91 Abs. 1 ADHGB (Vermutung der Übertragung zu gemeinschaftlichem Eigentum von Beiträgen; vgl. § 706 Abs. 2 BGB), Art. 92 ADHGB (Erhöhung der vereinbarten Beiträge; vgl. § 707 BGB), Art. 93 ADHGB (Ersatz von Aufwendungen des Ge143
Cosack, Lehrbuch des Handelsrechts, 10. Aufl., S. 470 bzw. S. 489. Siehe oben S. 157 ff. 145 Begründung zu dem Entwurf eines Handelsgesetzbuchs für das Deutsche Reich von 1895 (Denkschrift zum RJA – EI), in: Quellen zum Handelsgesetzbuch von 1897, S. 68 (Begründung S. 68). 146 Vgl. Art. 1 Abs. 2 EGHGB: Nur die Regelungen zu den Handlungsgehilfen und Handlungslehrlingen im sechsten Abschnitt des ersten Buches traten mit Ausnahme des § 65 HGB schon am 1. Januar 1898 in Kraft. 147 C. Hahn/Mugdan, Die gesamten Materialien zu den Reichs-Justizgesetzen, S. 264; Begründung zu dem Entwurf eines Handelsgesetzbuchs für das Deutsche Reich von 1895 (Denkschrift zum RJA – EI), in: Quellen zum Handelsgesetzbuch von 1897, S. 78 (Begründung S. 78). 144
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schäftsführers; vgl. § 713 BGB) sowie die Art. 119 – 121 ADHGB (i.V.m. Art. 169 ADHGB), welche gerade Ausdruck der gesamthänderischen Bindung von offener Handelsgesellschaft und Kommanditgesellschaft waren.148 Wie schon unter Geltung des ADHGB ist der gemeinsame Betrieb eines Handelsgewerbes maßgebliches Unterscheidungskriterium der offenen Handelsgesellschaft von der reinen Erwerbs- bzw. BGB-Gesellschaft149. Sie kann „unter ihrer Firma Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, Eigent[h]um und andere dingliche Rechte an Grundstücken erwerben“ sowie „vor Gericht klagen und verklagt werden“150. Die persönliche Haftung der Gesellschafter war hier wie dort gesetzlich geregelt.151 Auch die grundsätzliche Fähigkeit jedes Gesellschafters zur Vertretung der Gesellschaft entsprach der Regelung des ADHGB152 – eine bewusste Veränderung gegenüber der vom BGB vorgesehenen Gesamtvertretung in der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die dem schnelllebigen Handelsverkehr entgegenkommt. Andere Änderungen sind gerade Ausdruck der Übernahme des bisher herrschenden Verständnisses von offener Handelsgesellschaft und Kommanditgesellschaft als Gesamthandsgesellschaft. Der im ADHGB verwendete Begriff des „Antheils am Gesellschaftsvermögen“ (vgl. Art. 106 Abs. 1 ADHGB) wurde durch den „Kapitalantheil“ (vgl. nunmehr § 121 Abs. 1 HGB) der Gesellschafter ersetzt, da nach Ansicht des historischen Gesetzgebers nur letzterer einer Interpretation des Gesellschaftsvermögens im Sinne von Bruchteilseigentum der Gesellschafter verschlossen war.153 Eine anderweitige rechtliche Deutung hätte auch zweifelsohne dem damaligen Zeitgeist widersprochen, lehnten doch die Verfasser des BGB die Anwendung des Prinzips des Miteigentums nach Bruchteilen für die BGB-Gesellschaft ebenfalls ab. Insofern ist diese nachträgliche Änderung als ein Schritt zur Schaffung eines durchweg kongruenten Rechts der Personengesellschaften auf Grundlage des Prinzips der Gesamthand zu lesen.
148
Siehe hierzu oben S. 157 ff. Vgl. nur Art. 85 ADHGB; § 82 des ersten Entwurfs eines Handelsgesetzbuchs; § 94 des zweiten Entwurfs eines Handelsgesetzbuchs; § 100 der Vorlage an den Bundesrat; § 103 der Vorlage an den Reichstag; § 105 Abs. 1 HGB. 150 Vgl. Art. 111 ADHGB; § 97 des ersten Entwurfs eines Handelsgesetzbuchs; § 112 des zweiten Entwurfs eines Handelsgesetzbuchs; § 119 der Vorlage an den Bundesrat; § 122 der Vorlage an den Reichstag; § 124 Abs. 1 HGB. 151 Vgl. Art. 112 ADHGB; § 102 des ersten Entwurfs eines Handelsgesetzbuchs; § 116 des zweiten Entwurfs eines Handelsgesetzbuchs; § 123 der Vorlage an den Bundesrat; § 126 der Vorlage an den Reichstag; § 128 S. 1 HGB. 152 Vgl. Umkehrschluss aus Art. 86 Abs. 2 Nr. 4, 115 ADHGB; § 98 des ersten Entwurfs eines Handelsgesetzbuchs; § 113 des zweiten Entwurfs eines Handelsgesetzbuchs; § 120 der Vorlage an den Bundesrat; § 123 der Vorlage an den Reichstag; § 125 Abs. 1 HGB. 153 Begründung zu dem Entwurf eines Handelsgesetzbuchs für das Deutsche Reich von 1895 (Denkschrift zum RJA – EI), in: Quellen zum Handelsgesetzbuch von 1897, S. 75 (Begründung S. 75). 149
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D. Die dogmatische Struktur der Personengesellschaften
Die Neufassung des Handelsgesetzbuchs wurde indessen nicht dazu genutzt, die schon zur Geltung des ADHGB schwelende Frage über die Rechtspersönlichkeit von oHG und KG ausdrücklich zu beantworten. Die „Begründung zu dem Entwurf eines Handelsgesetzbuchs für das Deutsche Reich von 1895“ deutet eine gewisse Sympathie mit der bis dato überwiegenden Ansicht an, erkennt aber unter Hinweis auf die dogmatischen Grundzüge der Gesellschaft bürgerlichen Rechts und der weit fortgeschrittenen richterlichen Rechtsschöpfung kein abschließendes „Bedürfnis nach einer ausdrücklichen Entscheidung der Frage“154. Auch im Rahmen der Kommentierung des heutigen § 124 Abs. 1 HGB (vgl. § 122 des Entwurfes eines Handelsgesetzbuchs) durch den Reichstag unterbleibt eine umfassende Untersuchung der rechtlichen Selbstständigkeit der Gesellschaft.155 An anderer Stelle wird die „rechtliche Selbstständigkeit“156 von offener Handelsgesellschaft und Kommanditgesellschaft hingegen als Abgrenzungskriterium von der im HGB entfallenen Gelegenheitsgesellschaft sowie der stillen Gesellschaft nach den §§ 230 ff. HGB bezeichnet. Gesetzlicher Ausdruck dieser Selbstständigkeit sei die Fähigkeit, eine „selbstständige Firma, unter welcher sie [die offene Handelsgesellschaft und Kommanditgesellschaft] Rechte und Verbindlichkeiten eingehen, klagen und verklagt werden könne[n]“157, zu haben. Wie weit die Selbstständigkeit der Gesellschaft, d. h. die Ablösung von ihren Gesellschaftern reicht, wurde in diesem Rahmen jedoch nicht ausführlich problematisiert und eröffnete schließlich auch den Raum für die zahlreichen Diskussionen rund um die Rechtspersönlichkeit der Handelsgesellschaften, der Gesellschaft bürgerlichen Rechts sowie die Dogmatik des Gesamthandsprinzips im Allgemeinen. 4. Zusammenfassung Das Personengesellschaftsrecht war bereits zur Zeit seiner Entstehung unter dogmatischen Gesichtspunkten hoch umstritten. Das heutige Gesetzesrecht ist eine Gemengelage aus Vorstellungen der handelsrechtlichen Praxis des 19. Jahrhunderts, 154 Begründung zu dem Entwurf eines Handelsgesetzbuchs für das Deutsche Reich von 1895 (Denkschrift zum RJA – EI), in: Quellen zum Handelsgesetzbuch von 1897, S. 68 f. (Begründung S. 68 f.); ebenso fehlt es an einer weitergehenden Auseinandersetzung mit diesem Thema in der mit der Begründung fast inhaltsgleichen Denkschrift, vgl. Denkschrift zum Entwurf eines Handelsgesetzbuchs und eines Einführungsgesetzes, in: Quellen zum Handelsgesetzbuch von 1897, S. 1015 (Denkschrift S. 79). 155 Erst der Reichstag hat sich in der Denkschrift näher mit der Vorschrift des § 122 des Entwurfes eines Handelsgesetzbuches auseinandergesetzt, vgl. Denkschrift zum Entwurf eines Handelsgesetzbuchs und eines Einführungsgesetzes, in: Quellen zum Handelsgesetzbuch von 1897, S. 1023 (Denkschrift S. 89 f.). 156 Begründung zu dem Entwurf eines Handelsgesetzbuchs für das Deutsche Reich von 1895 (Denkschrift zum RJA – EI), in: Quellen zum Handelsgesetzbuch von 1897, S. 67 (Begründung S. 67). 157 Denkschrift zum Entwurf eines Handelsgesetzbuchs und eines Einführungsgesetzes, in: Quellen zum Handelsgesetzbuch von 1897, S. 1023 (Denkschrift S. 89).
II. Abstraktionsgrad der Personengesellschaften von ihren Gesellschaftern
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(übersteigert) patriotischen (Rechts-)Überzeugungen und der allgemeinen Vorstellung von einer „Vorrangstellung“ des römischen Rechts. Das hieraus hervorgegangene Ergebnis war und ist Grundlage für die breite Diskussion um das Verständnis der Personengesellschaften, allen voran der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, welche dieses nach Inkrafttreten des BGB am 01. 01. 1900 für lange Zeit dominieren sollte. Zu diesem Umstand trug auch die Vermengung des bis dato (vermeintlich) klaren rechtlichen Rahmens der Personenhandelsgesellschaften mit dem Recht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts bei, wodurch ein undurchsichtiges Konzept zur rechtlichen Grundlage aller am Wirtschaftsverkehr teilnehmenden Personenvereinigungen ausgeweitet wurde. Trotz ihrer Wechselhaftigkeit kann die Entwicklungsgeschichte der Regeln des modernen Personengesellschaftsrechts, insbesondere die Vorstellungen und Äußerungen des Verfassers von BGB und HGB, aber als wertvolle Erkenntnisquelle für die Durchdringung der Struktur der Personengesellschaften herangezogen werden. Im Rahmen der folgenden Ausführungen wird daher auf sie singulär zurückzukommen sein.
II. Der Abstraktionsgrad der Personengesellschaften von ihren Gesellschaftern Der Grad der Verselbstständigung der Personengesellschaften von ihrem personellen Substrat, d. h. ihren Gesellschaftern, kann allein unter Berücksichtigung ihrer dogmatischen Struktur festgestellt werden. Unabhängig vom verfolgten Ansatz bleiben Gesellschaften unter juristischen Gesichtspunkten bloß künstlich geschaffene (Hilfs-)Konstrukte, deren rechtliches Fundament keinesfalls unabänderlich vorgegeben ist. Die Strukturmerkmale einer Gesellschaft können in Abhängigkeit von der gewählten dogmatischen Grundprämisse erhebliche Unterschiede aufweisen und dementsprechend das Verhältnis von Gesellschaft zu den Gesellschaftern in verschiedener Weise definieren. Im Folgenden werden die bedeutendsten158 zum Personengesellschaftsrecht vertretenen rechtskonstruktiven Ansätze unter Berücksichtigung des Abstraktionsgrades näher untersucht und bewertet. Dabei dürfen auch die (vermeintlich) überholten Theorien nicht außer Betracht bleiben, denn im Ergebnis kann auch die heute vorherrschende Lehre zu den Personengesellschaften keinesfalls vollumfänglich überzeugen. Eine Rückschau auf die früher im breiten Rahmen vertretenen, vermögensorientierten Ansätze ist daher unumgänglich. Daneben werden freilich auch die über die Folgen der Gruppenlehre hinausgehenden Denkansätze sowie die Rechtsprechung zur Struktur der Personengesellschaften ausführlich untersucht. 158
Eine Auseinandersetzung mit allen zum Personengesellschaftsrecht vertretenen (Unter-) Ansätzen ist, sofern dies nicht bereits aufgrund der Masse dementsprechender Literatur unmöglich ist, nicht nötig, da sich zahlreiche Meinungen lediglich in der Nomenklatur oder in Detailfragen unterscheiden. In diesem Rahmen soll auf die nach Auffassung des Verfassers wichtigsten Ansätze im Detail eingegangen werden.
168
D. Die dogmatische Struktur der Personengesellschaften
1. Die „Gruppenlehre“ Die Gruppenlehre nimmt zwischen den Stimmen, welche die Gesamthandsgesellschaften als vollständig vom Gesellschafterstamm abstrahierte, rechtsfähige Vereinigung mit eigener Rechtspersönlichkeit159 verstehen und der traditionellen Gesamthandslehre160 in ihren verschiedenen Ausprägungen eine Mittelstellung ein. Mit dem BGH Urteil „ARGE Weißes Ross“161 haben ihre Vertreter162 einen starken Rückhalt bekommen und sie ist spätestens seit diesem Zeitpunkt herrschende Doktrin im Personengesellschaftsrecht. a) Die Gesamthand als Gemeinschaft mit „eigenthümlich genossenschaftlichem Charakter“163 nach Georg Beseler Schon in den frühen Arbeiten beschrieb und benannte Georg Beseler zahlreiche Erscheinungen der Praxis, denen er gesamthänderische Strukturen nachweisen konnte.164 Im Rahmen der Auseinandersetzung mit den Gesellschaftsformen des 159
Siehe unten S. 227 ff. Siehe unten S. 202 ff. 161 BGH, Urteil vom 29. 01. 2001 – II ZR 331/00, NJW 29. 01. 2001, S. 1056. 162 Nunmehr auch Hadding/Kießling, in: Soergel, 13. Aufl. 2012, Vor § 705 Rn. 21; Reuter, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2015, Vor § 21 Rn. 7 ff.; auf die Gesellschaften bürgerlichen Rechts beschränkend, die mit eigenem Namen und einem festen Sitz im Rechtsverkehr auftreten, vgl. Reuter, Rechtsfähigkeit und Rechtspersönlichkeit, AcP 207, S. 673 (682 ff.); Fabricius, Relativität der Rechtsfähigkeit; Fabricius, Vorgesellschaften bei der Aktiengesellschaft und der Gesellschaft mit beschränkter Haftung: ein Irrweg?, in: Festschrift für Walther Kastner, S. 85 (101); Schünemann, Grundprobleme der Gesamthandsgesellschaft, S. 148 ff.; unter Berücksichtigung von „Schuld“ und „Haftung“, Hennecke, Das Sondervermögen der Gesamthand, S. 61 ff.; Wiedemann, Zur Selbstständigkeit der BGB-Gesellschaft, in: Festschrift für Alfred Kellermann, S. 529; Wiedemann, Rechtsverhältnisse der BGB-Gesellschaften zu Dritten (WM Sonderbeilage Nr. 4), WM 1994, S. 4; Wiedemann, Die Personengesellschaft – Vertrag oder Organisation?, ZGR 1996, S. 286; nunmehr auch Huber, Rechtsfähigkeit, juristische Person und Gesamthand, in: Festschrift für Marcus Lutter, S. 107, wohl auch Gesmann-Nuissl, Die Rechts- und Parteifähigkeit sowie Haftungsverfassung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach dem Urteil des BGH, II ZR 331/00 = WM 2001, 408, WM 2001, S. 973 (974); Mülbert, Die rechtsfähige Personengesellschaft, AcP 199 (1999), S. 38 (63); Elsing, Alles entschieden bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts?, BB 2003, S. 909; für das österreichische Recht Holzhammer, Die Parteifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, in: Festschrift der Professoren der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Johannes-Kepler-Universität Linz, S. 127; im Rahmen eines Rechtsvergleichs mit der einfachen Gesellschaft des Schweizerischen Rechts Tug˘ rul, Die einfache Gesellschaft oder die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts – Aus Sicht der Rechtsfähigkeit, in: Private law in the international arena, S. 1; mit Tendenz, die Gesamthand auch als juristische Person anzuerkennen Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 8 I 3 a), III; Uhlig, Die externe Einzelklagebefugnis im Recht der BGB-Gesellschaft als Ausprägung eines allegemeinen Rechtsprinzips, S. 63 ff., 72; Ulmer, Die höchstrichterlich „enträtselte“ Gesellschaft bürgerlichen Rechts, ZIP 2001, S. 585. 163 Beseler, System des gemeinen deutschen Privatrechts, 4. Aufl., S. 426. 164 Beseler, Volksrecht und Juristenrecht, S. 165 ff. 160
II. Abstraktionsgrad der Personengesellschaften von ihren Gesellschaftern
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deutschen Rechts und der rechtlichen Dogmatik juristischer Personen stellte er fest, dass nicht alle Verbindungen mehrerer natürlicher Personen, welche im Rechtsverkehr als eine handlungsfähige Einheit auftreten, zwangsweise den erforderlichen Grad der Abstraktion aufweisen, um eine von ihnen losgelöste Rechtspersönlichkeit zu erschaffen.165 Bei derartigen Verbindungen, welche in der Regel auf einer besonderen Vertrauensgrundlage beruhen166, handele es sich um ein juristisches Phänomen, das nach althergebrachter römischrechtlicher Terminologie und Dogmatik zwischen den Verhältnissen einer universitas und denen einer communio anzusiedeln sei. Als natürliches Ergebnis menschlichen Zusammenlebens hätten sich Vereinigungen, bestehend aus einer Mehrheit von Personen, gebildet, welche vom römischrechtlichen, „dualen“ Schema nicht erfasst werden können.167 Im Außenverhältnis seien diese zwar als geschlossene Einheit wahrnehmbar, doch blieben die Gesellschafter trotzdem als individuelle Personen eigentlicher rechtlicher Bezugspunkt.168 Dieses Auftreten als Einheit manifestiere sich insbesondere im Handelsgesellschaftsrecht: Die Firma derartiger Gesellschaften gebe der auf diese Weise entstandenen Einheit ihren für Dritte wahrnehmbaren Namen.169 Als eine der universitas des römischen Rechts vergleichbare abstrahierte Rechtspersönlichkeit, die selbst als Trägerin des Vermögens und im Außenverhältnis agierende Person anzusehen ist, können diese allerdings nicht verstanden werden. Sie seien vielmehr „unter den mannichfaltigsten Combinationen das Recht der Gesammtheit mit dem der einzelnen Mitglieder durchwachsen […], [bei der] namentlich in Beziehung auf das Vermögens eine Verbindung der universitas mit der communio vorliegt.“170 Durch die Übertragung bestimmter Elemente der römischrechtlichen communio auf die universitas sind nach Auffassung Beselers „modificiert[e]“171 Gemeinschaften unterschiedlichster Ausprägung entstanden.172 Er konstatiert, dass derartige „selbstständige Institute“173 aufgrund der Vielzahl ihrer Eigentümlichkeiten ausschließlich losgelöst von dem aus dem römischen Recht bekannten Dualismus von Gemeinschaftsstrukturen korrekt erfasst werden können. Die oftmals hohe Vergleichbarkeit von derartigen „Genossenschaften“ und den Gemeinschaften mit ei165 Beseler, Die Lehre von den Erbverträgen, S. 82; dies wird insbesondere in den Personenhandelsgesellschaften deutlich, vgl. Beseler, System des gemeinen deutschen Privatrechts, 4. Aufl., S. 276; siehe hierzu auch Beseler, System des gemeinen deutschen Privatrechts, 4. Aufl., S. 1034, 1040. 166 Beseler, Die Lehre von den Erbverträgen, S. 87. 167 Beseler, Die Lehre von den Erbverträgen, S. 78, 80; Beseler, System des gemeinen deutschen Privatrechts, 4. Aufl., S. 261 f., 265, 275. 168 So für die Gemeinschaft der Belehnung zur gesamten Hand, vgl. Beseler, System des gemeinen deutschen Privatrechts, 4. Aufl., S. 426; zur ehelichen Gütergemeinschaft, vgl. Beseler, System des gemeinen deutschen Privatrechts, 4. Aufl., S. 586. 169 Beseler, System des gemeinen deutschen Privatrechts, 4. Aufl., S. 1040. 170 Beseler, Volksrecht und Juristenrecht, S. 164. 171 Beseler, Volksrecht und Juristenrecht, S. 165. 172 Beseler, Volksrecht und Juristenrecht, S. 181. 173 Beseler, Volksrecht und Juristenrecht, S. 164.
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D. Die dogmatische Struktur der Personengesellschaften
gener Rechtspersönlichkeit mache es gleichwohl möglich, letztere als Vorbild für die rechtliche Struktur der Gesamthandgemeinschaften heranzuziehen.174 Im Gegensatz zur bloß schuldrechtlichen societas auf Grundlage einer communio, deren Existenz von der unveränderlichen Kontinuität des personellen Substrats notwendig abhängig sei, könnten gesamthänderische Gemeinschaften einen in gewisser Weise variablen Mitgliederbestand haben, ohne dabei zugleich eine eigene juristische Persönlichkeit zu haben.175 Der gesamthänderische Verband war damit nach Beseler nicht zwingend eine rein individuelle Zusammenkunft mehrerer Personen, dessen Existenz von einem unveränderten Personenbestand bedingt anzusehen ist. Damit unterschied Beseler zwischen dem Innen- und dem Außenverhältnis von Gesamthandsgemeinschaften: Während der hohe Grad an Flexibilität und Diversität hinsichtlich innergesellschaftlicher Angelegenheiten als charakteristisches Merkmal der Gesamthandgemeinschaften anzusehen ist, kommen bei verschiedenen gesamthänderischen Gemeinschaften gegenüber Dritten identische Rechtsregeln zur Anwendung. Zu letzteren ist insbesondere die Anerkennung des gesamthänderischen „Rechtsbandes“ im Rechtsverkehr zu zählen, aufgrund derer das Auftreten einer Mehrheit von Personen als rechtliche fixierte Einheit akzeptiert wurde. Beseler setzte sich zudem vertieft mit den vermögensrechtlichen Verhältnissen in den verschiedenen von ihm extrahierten Gesellschaftstypen auseinander, waren die Unterschiede der von ihm zuvor beschriebenen deutschrechtlichen Gesellschaften zu den Genossenschaften des römischrechtlichen Dualismus doch deutlich erkennbar.176 Dabei lehnte er insbesondere die Annahme der Entstehung einer „mystischen Person“177, welche als Zusammenfassung der Gesellschafter als Träger des Vermögens anzusehen ist, als unangemessene Fiktion ab.178 In Abkehr vom Recht der römischen universitas müssten die Vermögensverhältnisse in vielen germanistischen Gemeinschaften, trotz einheitlichen Auftretens im Rechtsverkehr, weitgehend nach den Regeln der communio, d. h. im Sinne einer Aufteilung des Vermögens nach Bruchteilen zu Miteigentum, bewertet werden. Vermögensträger seien allein die Gesellschafter und keine von diesen abstrahierte Einheit.179 Allerdings erkannte schon Beseler, dass die vermögensrechtlichen Regeln zur communio in den von ihm untersuchten Gemeinschaften lediglich in stark modifizierter Form zur Anwendung gelangten: Für die Beteiligten war in Abkehr zum römischrechtlichen Modell die Möglichkeit, über ihre Sonderrechte zu verfügen, aufgrund einer mit Eingehung der Gemeinschaft eintretenden Bindungswirkung stark beschränkt, um eine „harmoni174
Beseler, System des gemeinen deutschen Privatrechts, 4. Aufl., S. 276. Beseler, Volksrecht und Juristenrecht, S. 163 ff., im speziellen zur OHG und KG S. 167; Beseler, System des gemeinen deutschen Privatrechts, 4. Aufl., S. 1044. 176 Beseler, Volksrecht und Juristenrecht, S. 164. 177 So die Auffassung von Hasse für die eheliche Gütergemeinschaft, vgl. noch unten S. 227 ff. 178 Beseler, Die Lehre von den Erbverträgen, S. 88. 179 Beseler, Die Lehre von den Erbverträgen, S. 82; Beseler, Volksrecht und Juristenrecht, S. 194 f. 175
II. Abstraktionsgrad der Personengesellschaften von ihren Gesellschaftern
171
sche Bewegung und Leitung“180 im Hinblick auf Sinn und Zweck der Gemeinschaft zu gewährleisten. Zwingend war diese Rechtsfolge aber nicht:181 Das flexibel gestaltbare Innenverhältnis ermöglichte es den Gesamthändern, die Verhältnisse an das Recht der communio weitgehend anzunähern. Im Außenverhältnis konnte neben diesem „gebundenen“ Gemeinschaftsvermögen zusätzlich das Eigengut der (persönlich haftenden182) Gesamthänder als Haftungsmasse herangezogen werden, sofern diese als Privatpersonen wirksam verpflichtet wurden183.184 Beseler bezeichnete diese Vermögensverhältnisse in derartigen Verbänden als „Gesammteigenthum“185 : Das Eigentum an einer Sache gebühre grundsätzlich jedem von ihnen im Ganzen. Die individuelle Berechtigung der Gesellschafter trete im Hinblick auf die eingegangene Gemeinschaft allerdings in den Hintergrund, ideelle Anteile existieren nicht. Vielmehr handele es sich um ein „Verhältnis mehrer Personen zu einer Sache […], deren Proprietät unter ihnen getheilt ist, ohne daß ein f.g. dominium directum und utile vorliegt“186. Die Folgen eines derartigen Verständnisses werden wiederum bei Verkleinerung des Personenstamms auf bloß eine Person deutlich: Im Falle des Versterbens oder anderweitigen Ausscheidens eines Beteiligten einer zuvor zweigliedrigen Gemeinschaft übernehme der verbleibende Gesellschafter das gesamte Vermögen ohne weiteren Übertragungsakt.187 Aufgrund dieser Eigentümlichkeiten hielt Beseler fest, dass in Abkehr vom römischen Recht, der Grundsatz des „ausschließlichen, untheilbaren Rechtes nicht durchgeführt werden“188 könne. Bei derartigen Gemeinschaften handele es sich um den Ausdruck eines tatsächlich praktizierten Rechtslebens, eine Besonderheit der germanistischen
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Beseler, Volksrecht und Juristenrecht, S. 194. Schon Beseler erkannte, dass nicht in allen gesamthänderischen Gemeinschaften die „Rechte der Einzelnen […] in die Idee der Gemeinschaft aufgegangen“ sind, vgl. Beseler, Die Lehre von den Erbverträgen, S. 82. In diesen Gemeinschaften konnten ihre Mitglieder, meist unter Beachtung bestimmter Verfahrensgänge, ihre „Antheile“ an den Gemeinschaften veräußern. 182 Den Gläubigern einer KG steht neben dem gebunden Vermögen mindestens eine weitere Vermögensmasse zur Verfügung: Das sonstige Eigenvermögen der Komplementäre, vgl. Beseler, System des gemeinen deutschen Privatrechts, 4. Aufl., S. 1047. 183 Beseler, System des gemeinen deutschen Privatrechts, 4. Aufl., S. 1036. 184 So für die eheliche Gütergemeinschaft, vgl. Beseler, System des gemeinen deutschen Privatrechts, 4. Aufl., S. 593 ff.; für die OHG Beseler, System des gemeinen deutschen Privatrechts, 4. Aufl., S. 1042 ff. 185 Beseler, Die Lehre von den Erbverträgen, S. 88; Beseler, Volksrecht und Juristenrecht, S. 194. 186 Beseler, Die Lehre von den Erbverträgen, S. 88 (Die kursive Hervorhebung fehlt im Original); Beseler, Die Lehre von den Erbverträgen, S. 93. 187 Beseler, Die Lehre von den Erbverträgen, S. 92, 95; für die eheliche Gütergemeinschaft, vgl. Beseler, System des gemeinen deutschen Privatrechts, 4. Aufl., S. 594. 188 Beseler, Die Lehre von den Erbverträgen, S. 87, zum römischen Recht siehe S. 75. 181
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D. Die dogmatische Struktur der Personengesellschaften
Rechtsordnungen, die mit den römischen Rechtsregeln nicht befriedigend abgebildet werden könne.189 b) Otto von Gierke als Wegbereiter des heutigen Personengesellschaftsrechts Aufbauend auf den Arbeiten Georg Beselers formulierte sodann Otto von Gierke grundlegende Prinzipien für das gesamte Personengesellschaftsrecht, welche die Grundlage für das heute vorherrschende Verständnis dieser Gesellschaftsformen bilden. Stellt man seine umfassenden Ansätze der noch im 20. Jahrhundert schwelenden Diskussion um die Natur und Konstruktion gesamthänderischer Verbände gegenüber, erscheint v. Gierckes Weitblick nahezu als Anachronismus in der damaligen gesellschaftsrechtlichen Literatur. Seine Ausführungen beziehen sich schwerpunkmäßig auf die gesamthänderisch organisierten Personenhandelsgesellschaften, doch verliert v. Gierke auch die gesamthänderische Verbundenheit von Ehegatten und Erben nicht aus dem Blick. Beeinflusst von der Theorie der realen Verbandspersönlichkeit, nach der die Rechtspersönlichkeit von Zusammenschlüssen mehrerer Personen zur Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks entgegen der römischrechtlichen Auffassung nicht Resultat einer bloßen Fiktion sei, welche stets einen Akt der Trägers der öffentlich-rechtlichen Gewalt als einzig hierzu fähige Instanz erfordere, sondern als Teil des realen Rechtslebens aus sich heraus existiere, analysierte v. Gierke das gesamte deutsche Gesellschaftsrecht aufs Neue und erarbeitete auf Grundlage der Werke von Georg Beseler maßgeblich Grundzüge für die Gesamthandsgemeinschaften heraus. Nach Auffassung v. Gierkes muss im deutschen Recht streng zwischen den Gemeinschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit und den Gesamthandsgemeinschaften unterschieden werden: Letztere seien nach seiner Auffassung ein nicht aus dem Rechtsleben hinwegzudenkendes, germanistisches „Gedankenelement“, das neben der natürlichen und der juristischen Person rechtliche Bedeutung erlange: Aus dem Recht der Familie und Hausgenossenschaft habe sich ein emanzipiertes, deutschrechtliches „Rechtsprinzip“ gebildet, welches gleichmäßig in Erbengemeinschaft, ehelicher Gütergemeinschaft und den Gesamthandsgesellschaften zur Anwendung gelangt. Gegenüber den Körperschaften, denen als juristische Personen eine vollumfassende Rechtspersönlichkeit zukomme, handele es sich bei Gesamthandsgemeinschaften indes um „Gemeinschaftsverhältnisse des Individualrechts“, welche von den „durch die genossenschaftliche Verbindung von Einheits- und Vielheitsrecht begründeten Gemeinschaftsverhältnissen […] durch eine unüberbrückbare begriffliche Kluft getrennt“190 seien. Gesamthandsgesellschaften stellen für v. Gierke den vom Rechtsleben eingeschlagenen Mittelweg zwischen römisch189 Beseler, System des gemeinen deutschen Privatrechts, 4. Aufl., S. 275: „Ueber die romanistische Theorie hinweg muß unmittelbar an das germanische Volksleben angeknüpft werden, um den Associationsgeist der Nation in dieser Richtung und Gestaltung wissenschaftlich zu begreifen.“ 190 v. Gierke, Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Rechtsprechung, S. 339.
II. Abstraktionsgrad der Personengesellschaften von ihren Gesellschaftern
173
rechtlicher societas bzw. communio und universitas dar, wobei ein hoher Grad der Flexibilität eine weitgehende Annäherung an die beiden andersartigen „Extreme“ erlaube. Grundlage bliebe aber allein das Individualrecht – das „Socialrecht“ sei den körperschaftlich organisierten Gesellschaften vorbehalten. Da es sich bei ihnen um ein dem römischen Recht fremdes Konstrukt handele, müsse zur rechtlichen Darstellung der gesamthänderischen Strukturen auch zwingend auf autonome Grundsätze zurückgegriffen werden: Losgelöst vom römischrechtlich geprägten, rein schuldrechtlichen und damit allein zwischen mehreren Individuen wirkenden Verständnis, versteht v. Gierke das Auftreten gesamthänderischer Verbände im Rechtsleben als Teilnahme einer „Gesammtsphäre“, d. h. einer tatsächlich nach außen wahrnehmbaren Einheit, am Rechtsverkehr. Der innere Grund für die gesamthänderische Verbundenheit, das „die Subjekte umschlingende Band“191, lasse die Beteiligten einerseits als eine einheitliche Gemeinschaft erscheinen und definiere andererseits den Charakter und die inneren Verhältnisse der Gemeinschaft.192 Die Besonderheiten ihrer rechtlichen Erfassung ergeben sich insbesondere in Abgrenzung zur römischen universitas: Auch wenn der gesamthänderische Verband als eine wahrnehmbare Einheit nach außen auftreten könne, sei diese gerade keine körperschaftlich organisierte Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit, bei welcher die Gesellschafter den Verband vom personellen Substrat vollständig abstrahiert haben.193 Die Gesellschafter bilden nach v. Gierke vielmehr einen integralen Bestandteil des Verbandes, definieren und formen ihn durch ihre individuelle Persönlichkeit aus. Der Wechsel im personellen Substrat verändere daher auch stets das Wesen der Gemeinschaft.194 Die damit einhergehende Änderung der vertraglichen Grundlage erfolge dabei in der Regel durch bloß konkludente Zustimmung der Gesellschafter. Doch trotz dieser Verwobenheit des im Außenverhältnis als Einheit auftretenden Verbandes und der ihn prägenden Persönlichkeiten erkennt v. Gierke die Möglichkeit der Gegenüberstellung von Gemeinschaft und der sie bildenden Gesellschafter im Rechtsverkehr an.195 Diesen schwer verständlichen Gedankenschritt erklärt v. Gierke mit der freiwilligen, teilweisen Beschränkung der Individualsphäre jedes Gesellschafters auf den Verband.196 Der Zusammenschluss der Gesellschafter bewirke die partielle Aufgabe der frei verfügbaren persönlichen Individualsphäre zugunsten der jeweiligen Gemeinschaft – er sei zwar noch immer Inhaber einer ihm allein zustehenden Sondersphäre, gleichzeitig aber auch Teil einer durch das gemeinsame Band gebundenen Gesamtsphäre. Die „Negation [eines Teils] der Sondersphäre“ ermögliche den Gesellschaftern erst die „positive Ausgestaltung
191 192 193 194 195 196
v. Gierke, Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Rechtsprechung, S. 344. v. Gierke, Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Rechtsprechung, S. 342 ff. v. Gierke, Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Rechtsprechung, S. 343. v. Gierke, Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Rechtsprechung, S. 352 f. v. Gierke, Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Rechtsprechung, S. 453. v. Gierke, Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Rechtsprechung, S. 344 ff.
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D. Die dogmatische Struktur der Personengesellschaften
des ungesonderten Gebietes zur einheitlichen Gesammtsphäre.“197 Sondersphäre wie auch auf den Verband überführte Gemeinschaftssphäre stellen hiernach nur zwei Seiten einer Münze dar, die voneinander unterschieden, durch einen gedanklichen Schnitt getrennt und sodann gegenübergestellt werden können. In diesem Sinne können die „Sphären“ unabhängig voneinander betrachtet werden. Durch Ausübung der den Gesamthändern verbliebenen, unberührten Macht über die Individualsphäre können sie ihrer hieraus zuvor „extrahierten“ und im Verband beschränkten Gemeinschaftssphäre gegenüberstehen. Letztere darf nun allerdings nicht mehr isoliert, sondern ausschließlich im Kontext mit den übrigen Gesellschaftern betrachtet werden – als Teil der durch das gemeinschaftliche Band entstandenen Gesamtsphäre.198 Diese Gesamtsphäre wird von v. Gierke als Ergebnis einer Vermengung von sachen- und obligationsrechtlichen Elementen mit dem Personenrecht betrachtet.199 Der Begriff der Gesamthand beschreibt nach seiner Auffassung gar exakt jene gegenseitige Vermischung. Gesamthandsgemeinschaften seien vom Personenrecht geprägte Gemeinschaftsverhältnisse, deren Bestand in Folge der Verzahnung von Gemeinschaftssphäre und Sondersphäre in besonderem Maße von den Persönlichkeiten der Gesellschafter abhängig sei.200 Veränderungen im personellen Substrat haben auf Grundlage dieser Prämisse stets Veränderungen des Bestands der Gemeinschaft zur Folge, denn dies ist notwendige Konsequenz der „Aufgliederung“ und „Übertragung“ eines Teils der Individualsphäre in den gemeinschaftlichen Verband im Gierke’schen Sinne: Die Übertragung muss als freiwillige Aufgabe eines Teils der individuellen, persönlichen Freiheit verstanden werden. Im Bereich der Gesamtsphäre ist dem Gesamthänder die Fähigkeit zum reinen Egoismus entzogen. Dieser freiwillig beschränkte Teil der Persönlichkeit bleibt aber für die Dauer der Gemeinschaft weiterhin an den jeweiligen Gemeinschafter gebunden. Er wird im Fall des Verlassens der Gesamtsphäre wieder der alleinigen Willensmacht des Austretenden unterstellt. Der Eintritt eines neuen Gesellschafters kann diesen bisher beschränkten Teil lediglich nachbilden, ihn jedoch aufgrund der festen Bindung an die austretende Person nicht „übernehmen“. Mit Veränderung der Personen geht daher nach v. Gierkes Ansatz zwingend eine Änderung der Gesellschaft einher, denn jeder Gesellschafter muss als integraler Bestandteil des gesamthänderischen Verbandes verstanden werden.201 197 198
342 ff. 199
v. Gierke, Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Rechtsprechung, S. 349. v. Gierke, Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Rechtsprechung, S. 339 ff., insb.
v. Gierke, Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Rechtsprechung, S. 354, 450. v. Gierke, Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Rechtsprechung, S. 349. 201 v. Gierke, Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Rechtsprechung, S. 352 f. Dies ist auch Grund für den Zerfall einer gesamthänderischen Gesellschaft bei Austritt eines Gesamthänders: Der Gesellschaftsvertrag einer Personengesellschaft umschreibt den personellen Stamm der Gemeinschaft. Durch Bezeichnung der Gesellschafter wird gleichzeitig festgelegt, welche Individuen durch die Unterwerfung unter das gesamthänderische Band einen Teil ihrer 200
II. Abstraktionsgrad der Personengesellschaften von ihren Gesellschaftern
175
Die wahre Reichweite v. Gierkes Ansatzes wird freilich erst im Rahmen der Betrachtung der vermögensrechtlichen Zusammenhänge sowie des Prozesses der Willensbildung in der Gesellschaft deutlich. Diese ermöglichen ebenfalls weitgehende Rückschlüsse auf das Verhältnis der Gesellschafter zur Gesamtsphäre und der Stellung der Gemeinschaft im Rechtsverkehr mit Dritten: Das Wesen der gesamten Hand ist für ihn der „allgemeine Gedanke[.] der vermögensrechtlichen Wirksamkeit einer personenrechtlichen Gemeinschaft.“202 Der bisher herrschenden und auf dem römischen Recht beruhenden Doktrin erteilt v. Gierke für das deutsche Recht der Gesamthandgemeinschaften hingegen eine harsche Abfuhr. Entgegen der Auffassung einer Vielzahl von Autoren lasse sich die Gesamtsphäre nicht auf ein bloß obligatorisches Rechtsverhältnis im römischrechtlichen Sinne mit nur höchst beschränktem Einfluss auf den Rechtsverkehr reduzieren. Aufgrund der fehlenden Unterwerfung der Gesamthänder unter einen „Gemeinwillen“203 könne allerdings keinesfalls von einer der universitas vergleichbaren Abstraktion des Verbandes von seinen Mitgliedern gesprochen werden. Es müsse der Tatsache, wie gesamthänderische Verbände am Rechtsverkehr teilnehmen, auf andere Weise ausreichend Rechnung getragen werden: Während im römischen Recht Vermögensträger nur eine mit der Fähigkeit zur freien Willensbildung ausgestattete Rechtspersönlichkeit, mithin ausschließlich natürliche sowie die durch hoheitlichen Akt konstituierten juristischen Personen204 sein konnten, versteht v. Gierke die Gesamthandsgemeinschaften als eine dritte rechtsfähige, wenn auch nicht mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgestattete, Erscheinung im deutschen Recht. Träger von Rechten und Pflichten ist nach diesem Ansatz grundsätzlich allein die Gesamtsphäre – die Gemeinschaft als klar abgrenzbare rechtliche Einheit. Im bisherig exklusiven Individualsphären in die Gesamtsphäre „einbringen“. Mangels der Möglichkeit einer inhaltsidentischen Auswechslung muss die Gemeinschaft ohne anderweitige Regelung durch Austritt eines Gesamthänders daher notwendig zerfallen, da mit Austritt auch der eingebrachte personenrechtliche Teil entzogen wird. Hiervon unberührt bleibt natürlich die Möglichkeit, die Gemeinschaft durch anderweitige Vereinbarungen aufrechtzuerhalten. Der Bestand der Gesellschaft wird aber auch in diesem Fall zumindest in einem juristischen Sinne verändert. 202 v. Gierke, Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Rechtsprechung, S. 353. 203 Diesen kann nach v. Gierke allein eine Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit haben. Er ist wesentliche Eigenschaft der juristischen Person und vom bloßen, auf dem Konsens von Gesamthändern beruhenden Gemeinschaftswillen zu unterscheiden, vgl. Holtzendorff/ Kohler, Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung, 2. Aufl., S. 217; v. Gierke, Das deutsche Genossenschaftsrecht, S. 36 ff. 204 Zur hiervon abweichenden Theorie der realen Verbandspersönlichkeit, vgl. zusammenfassend v. Gierke, in: Holtzendorff/Kohler, Enzyklopädie der Rechtswissenschaft in systematischer Bearbeitung, 2. Aufl., S. 208 f.: Hiernach waren entgegen der Auffassung des römischen Rechts Verbände mit eigener Rechtssubjektivität schon immer Teil der Rechtswirklichkeit. Die Rechtspersönlichkeit einer Gemeinschaft sei „nur der rechtliche Ausdruck ihrer wirklichen Wesenheit.“ (S. 208) Erst der umfassende Siegeszug des römischen Rechts hat nach Auffassung v. Gierkes das im Grunde fortschrittlichere germanistische Recht durch die Einführung des starren römischrechtlichen Dualismus von natürlicher und fingierter juristischer Person aus dem Recht verdrängt.
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D. Die dogmatische Struktur der Personengesellschaften
Unterschied zu einer körperschaftlich strukturierten Vereinigung mit eigener Rechtspersönlichkeit beruhe eine Verfügung über ein Recht der Gesamthand nicht auf dem Willensentschluss einer von den Gesellschaftern abstrahierten, unabhängigen Instanz mit eigenem Willen, sondern auf der „vollkommen freie[n] Übereinstimmung individueller Willensträger“, wobei eine von diesen getroffene Übereinkunft wiederum Grundlage einer einheitlichen Erklärung der Gesellschaft selbst sei.205 Als Ausfluss des starken personenrechtlichen Einflusses bleibe der individuelle Einzelwille der Gesamthänder stets erhalten, doch unterwerfe sich dieser den in der jeweiligen Gesamthandsgemeinschaft zur Anwendung gelangenden Beschränkungen. Die genauen Modalitäten zur Formung einer konkreten Willensentscheidung blieben dem gesellschaftlichen Bande, d. h. den gesellschaftsvertraglichen Regelungen überlassen. Durch die Zentralisierung von Vertretungsbefugnissen in einer Person sei auf diesem Wege eine weitgehende Annäherung an körperschaftsrechtliche Verhältnisse ohne weiteres möglich. Gerade in einem solchen Fall der Annäherung werde deutlich erkennbar, dass jegliche Verfügung über das Gemeinschaftsvermögen als eine Verfügung der „kollektiven Einheit“ verstanden werden muss. Die Gemeinschaft selbst, nicht die Gesellschafter als hiervon unterscheidbar zu betrachtende Individuen, treffe die Disposition. Die Willenskonsolidierung bleibe ein rein innergesellschaftliches Verfahren, welches im Außenverhältnis außer Betracht bleiben kann. Die bisher gewonnenen Erkenntnisse waren nach v. Gierke nicht auf gesamthänderische Gesellschaften beschränkt, sondern allgemeine Grundlage gesamthänderischer Gemeinschaften.206 So auch der ehelichen Gütergemeinschaft: Allein das Ehepaar sei in seiner „Verbundenheit“ als Träger des ehelichen, gemeinschaftlichen Vermögens zu verstehen.207 Der eheliche Bund wird durch das gesamthänderische Prinzip zu einer rechtsfähigen Gemeinschaft erhoben. Die Ehegatten verlieren hingegen jegliche unmittelbare Beteiligung am Vermögen.208 Hiervon unberührt bleiben freilich Sondergüter, welche der Gemeinschaft vorenthalten werden können, sowie die Anwartschaft auf quotale Aufteilung des Vermögens nach einer erfolgten Trennung. Die äußerliche Manifestierung der rechtsfähigen Vereinigung der Ehegatten durch das gesamthänderische Prinzip wird auch auf der Seite der Passiva konsequent durchgeführt: Adressat eines Drittgläubigers ist, abgesehen von der unmittelbaren Eigenhaftung der Ehegatten, allein die Ehegattengemeinschaft und das vereinte, gemeinschaftliche Vermögen.209 Im Falle des Vorversterbens eines Ehegatten setzt sich das gesamthänderische Prinzip der Anwachsung grundsätzlich 205 v. Gierke, Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Rechtsprechung, S. 568; insbesondere die Handelspersonengesellschaften als „beständige Willensgemeinschaft[en]“, sind nach v. Gierke zur „einheitlichen Bethätigung ihres kollektiven Daseins“ befähigt, v. Gierke, Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Rechtsprechung, S. 565. 206 v. Gierke, Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Rechtsprechung, S. 367 ff. 207 v. Gierke, Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Rechtsprechung, S. 376 f. 208 v. Gierke, Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Rechtsprechung, S. 389. 209 v. Gierke, Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Rechtsprechung, S. 397 ff.
II. Abstraktionsgrad der Personengesellschaften von ihren Gesellschaftern
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gegenüber dem Erbrecht durch. Das gemeinschaftliche Vermögen fällt somit, anderweitige Vereinbarungen außer Betracht gelassen, dem überlebenden Ehegatten zu Alleineigentum zu. Durch die Fokussierung auf die Gemeinschaft des Ehepaars erscheinen Verfügungen zu Gunsten oder zu Lasten dieses gemeinschaftlichen Vermögens sodann auch stets als eine Verfügung „im Namen des Ehepaares.“210 c) Konkretisierung des Gierke’schen Gesamthandsmodells durch Werner Flume Rund 70 Jahre nach Veröffentlichung der Werke Otto von Gierkes hat Werner Flume dessen erarbeitete Grundlagen zusammengefasst, erneut aufbereitet und entgegen der damals herrschenden Auffassung in Literatur211 und Rechtsprechung mit besonderer Berücksichtigung der Personengesellschaften des Handelsrechts weitergehend konkretisiert. Seine Arbeit kann entsprechend seiner Forderung als ein Beitrag zur „Entmystifizierung“212 der Gierke’schen Lehre verstanden werden. Für ihn krankt eine Vielzahl dieser gegenläufigen Auffassungen213 zur dogmatischen Konstruktion der Gesamthand und im speziellen der Personengesellschaften an einer zu stark vermögensorientierten Betrachtung und Untersuchungsmethode.214 Diese Herangehensweise geht nach Flume schon im Ansatz fehl, ist die Entstehung eines Gemeinschaftsvermögens doch logische Folge und nicht Ausgangspunkt der Entstehung und Invollzugsetzung einer Gesamthandsgemeinschaft.215 Die Gesamthand sei lediglich ein von diesen Personen übergestülptes Rechtsprinzip, welches als grundsätzlich einheitlicher Rechtsgrundsatz auch dem Allgemeinen Teil des Bürgerlichen Gesetzbuches zuzuordnen sei.216 Die Besonderheit des gesamthänderischen Prinzips gegenüber anderen Personenvereinigungen wird nach Auffassung Flumes hingegen von anderen Arbeiten nur stiefmütterlich behandelt: die personenrechtliche Komponente der Gesamthand.217 Während die Rechtsbeziehungen zwischen den Gesellschaftern isoliert betrachtet als 210
v. Gierke, Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Rechtsprechung, S. 382. Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, vgl. S. 50 ff. m.w.N.; hinsichtlich der Beteiligung der Gesellschafter am Vermögen S. 70 ff. m.w.N. 212 Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 62. 213 Vgl. nur RGZ 165, 193, 203 f. welches auch hinsichtlich der Existenz einer juristischen Person auf die Verselbstständigung des Gesellschaftsvermögens abstellt. Offen kritisiert Flume in diesem Kontext auch die Arbeiten Hubers und v. Tuhrs. 214 Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 315; Flume, Gesellschaft und Gesamthand, ZHR 136/1972, S. 177 (185); Flume, Gesamthandsgesellschaft und juristische Person, in: Funktionswandel der Privatrechtsinstitutionen: Festschrift für Ludwig Raiser, S. 27 (30). 215 Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 68; Flume, Gesellschaft und Gesamthand, ZHR 136/1972, S. 177 (191). 216 Flume, Gesellschaft und Gesamthand, ZHR 136/1972, S. 177 (179). 217 Flume, Gesellschaft und Gesamthand, ZHR 136/1972, S. 177 (185, 189). 211
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rein relativ wirkende, schuldrechtliche Beziehungen keinerlei Besonderheiten gegenüber der römischrechtlichen Idee der societas aufweisen218, ist das personenrechtliche Element Grund für die Besonderheiten und Eigenheiten der Gesamthand. Es macht den Kern der Gesamthand, ihr „Wesen“, aus. Erst durch den personenrechtlichen Einschlag wird die Gemeinschaft nach Flume über die rein schuldrechtlichen Beziehungen hinaus nach außen „konstituiert“.219 Auf Grundlage dessen entstehe die von v. Gierke angesprochene, gegenüber den Gesellschaftern in gewisser Weise abstrahierte „Gruppe“220, deren Verfassung sowie die zwischen ihr und den einzelnen Gesellschaftern als individuelle Person bestehenden Rechtsverhältnisse als rein personenrechtliche Rechtsbeziehungen zu kategorisieren sind. Diese Einordnung beschränkt Flume auch keinesfalls auf die Personengesellschaften: Wie die gesamthänderisch organisierte Außengesellschaft des bürgerlichen Rechts könne jede hiervon abgeleitete Gesamthandsgemeinschaft hinsichtlich der Entstehung der Gruppe dem Personenrecht zugeordnet werden. Freilich finden die Grundsätze zur Gesamthand nur unter Berücksichtigung der besonderen, immanenten Merkmale des jeweiligen Rechtsgebiets Anwendung. Eine uneingeschränkte Übertragung der Regeln des Personengesellschaftsrechts auf die Erbengemeinschaft, welche auf Grundlage der Entscheidung des Erblassers und nicht der Erben entsteht, verbiete sich offensichtlich.221 Die Einordung des Verhältnisses der Gesamthänder zur übergeordneten Gruppe als personenrechtliches Verhältnis ist für Flume zwingend. Die Gegenansicht, welche dem schuldrechtlichen Charakter überwiegende bzw. alleinige Bedeutung beimisst, leide zwangsläufig unter nicht zu erklärenden Widersprüchen. So könne die Lehre von der faktischen bzw. fehlerhaften Gesellschaft und dem damit verbundenen Ausschluss der Folgen des allgemeinen Anfechtungs- und Nichtigkeitsrechts im Personengesellschaftsrecht nur unter Berücksichtigung des personenrechtlichen Gedankens zufriedenstellend gelöst werden, entbehrt doch die Anwendung dieser Grundsätze auf eine rein schuldrechtliche gedachte Personengesellschaft jeglicher Grundlage. Durch das personenrechtliche Element entstehe mit der Vollendung der Personengesellschaft dagegen ein „tatsächlich geschaffenes Gemeinschaftsverhältnis“222, welches als ein „bloßes Faktum […] von der ,Tatsache‘ eines – nichtigen – Gesellschaftsvertrages unabhängig“ und eine „gültig privatautonom begründete 218
So beschreibt Flume die gegenüber dem alten deutschen Recht unveränderte Möglichkeit, auch unter Geltung des BGB eine dem römischrechtlichen Prinzip der rein schuldrechtlichen Gesellschaft unter Aufteilung des Vermögens nach Bruchteilen zu vereinbaren. Die Gesamthand ist nicht zwingende, sondern fakultative Grundordnung für die Verfolgung eines gemeinschaftlichen Zwecks, ohne die Hürden zur Begründung einer juristischen Person überspringen zu müssen. Vgl. auch Flume, Gesellschaft und Gesamthand, ZHR 136/1972, S. 177 (177 f., 180, 190); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 59 IV 1. 219 Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 61. 220 Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 55. 221 Flume, Gesellschaft und Gesamthand, ZHR 136/1972, S. 177 (179 f.). 222 Flume greift hierbei einen auch vom BGH verwendeten Begriff auf (BGHZ 3, 291), welcher diesem indes die falsche Bedeutung beimisst.
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Gesellschaft“ sei. Im Verhältnis der Gesellschafter als Individuen und der Gesellschaft als Gruppe können die allgemeinen Anfechtungs- und Nichtigkeitsregeln folgerichtig keinerlei Wirkungen mehr entfalten, sind diese doch auf die Rückabwicklung von bloßen Verkehrsgeschäften gerichtet. Flume versteht unter der Gesamthand damit wie v. Gierke eine im Rechtsleben von den Gesellschaftern abgrenzbare auftretende Einheit ohne eigene Rechtspersönlichkeit, deren Grundlagen personenrechtlicher Natur sind. Die Gesamthand kann nach diesem Verständnis nicht in das dualistische System von juristischer und natürlicher Person „gezwängt“ werden.223 Sie ist nach Flume vielmehr eine „Organisationseinheit“, welche eigenen rechtlichen Grundsätzen unterliegt und daher auch in dogmatischer Hinsicht autonom bewertet werden muss.224 Die Gesamthand ist als eigenständiges Rechtssubjekt selbst Trägerin der zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Rechte, Schuldner von Verbindlichkeiten und Vertragspartner in Schuldverhältnissen.225 Im Grundsatz gilt dies ohne Einschränkung für alle Gesamthandsgesellschaften des deutschen Rechts. Die Besonderheiten einzelner Rechtsgebiete können indes eine unterschiedliche Handhabung sowie Ausnahmeregelungen für die verschiedenen Erscheinungsformen der Gesamthand rechtfertigen. Insofern müssen die Grenzen und Wertungen beachtet werden, welche das Gesetz bezüglich der verschiedenen Gesamthandsgemeinschaften festsetzt. Innergesellschaftliche Vereinbarungen hingegen, die weitgehend der privatautonomen Ausgestaltung durch die Gesellschafter überlassen sind, können hierauf zum Schutz berechtigter Verkehrserwartungen keinerlei Einfluss haben.226 Ist die Gesamthandsgemeinschaft als solche Trägerin von Rechten und Pflichten, steht gleichermaßen fest, dass die einzelnen Gesellschafter im Außenverhältnis weder Vertragspartner sind noch eine unmittelbare Berechtigung am Vermögen haben. Sie treten vielmehr als bloße Vertreter der Gruppe auf und werden für diese im fremden Namen tätig.227 Ihre Teilhabe am Gesellschaftsvermögen beschränkt sich auf den erzielten Gewinn bzw. Verlust und die ggf. aus letzterem resultierende persönlichen Haftung sowie die Anwartschaft auf Auseinandersetzungsguthaben oder auf den ihnen jeweils zufallenden Anteil am Liquidationserlös.228 Ihre Stellung „endet […] bei der Mitgliedschaft in der Gesamthandsgruppe.“229 Von der bloßen 223
Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 54; Flume, Gesellschaft und Gesamthand, ZHR 136/1972, S. 177 (186). 224 Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 56. 225 Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 68; Flume, Gesamthandsgesellschaft und juristische Person, in: Funktionswandel der Privatrechtsinstitutionen: Festschrift für Ludwig Raiser, S. 27 (32). 226 Mit ausführenden Beispielen: Flume, Gesamthandsgesellschaft und juristische Person, in: Funktionswandel der Privatrechtsinstitutionen: Festschrift für Ludwig Raiser, S. 27 (32 ff.). 227 Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 130. 228 Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 145. 229 Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 62; Flume, Gesellschaft und Gesamthand, ZHR 136/1972, S. 177 (190).
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D. Die dogmatische Struktur der Personengesellschaften
Bruchteilsgemeinschaft, deren Beteiligte sich ausschließlich ein einheitliches Recht aufteilen und daher ausschließlich als Teil einer Rechtsgemeinschaft anzusehen sind, unterscheidet sich die Gesamthand hingegen als darüber hinausgehende Zweckgemeinschaft gemeinschaftlich verbundener Personen.230 Man darf Flumes Einordnung indes nicht im Sinne eines klaren Stufenverhältnisses verstehen. Die Gesamthand ist weder eine Unterart der juristischen Person noch eine notwendige, wenn auch weitgehend übliche, Durchgangsstation zur Erschaffung einer neuen Rechtspersönlichkeit durch mehrere Personen. Die Gesamthand muss als drittes wahrnehmbares, dabei von natürlicher und juristischer Person streng abzugrenzendes, Rechtskonstrukt des deutschen Rechts betrachtet werden. Diese Einordnung der Gesamthand trifft nach Flume im Grundsatz für alle gesetzlich geregelten gesamthänderischen Gemeinschaften zu.231 Die Existenz des auf die handelsrechtlichen Personengesellschaften begrenzten Firmenrechts des HGB widerspricht dem nicht. Die Firma ist gerade Ausdruck dieses einheitlichen, selbstständigen Auftretens der Gruppe und die gesetzgeberische Manifestation der rechtlichen Emanzipation des Organismus Gesamthand von den Gesellschaftern.232 Die Gesamthandsgemeinschaften bilden nach Flume mit den juristischen Personen „überindividuelle Wirkungseinheiten“233 des deutschen Rechts, doch unterscheiden sich deren grundlegende Strukturen erheblich. Während die juristische Person als „Verbandsperson“234 gegenüber den Gesellschaftern „als Person verabsolutiert“ ist, überspringen die Gesellschafter mit Eingehung eines gesamthänderischen Bandes nicht die hierfür notwendige Hürde der vollständigen Abstraktion.235 Die Gesamthand ist fähig, Träger von Rechten und Verbindlichkeiten zu sein, jedoch keine Person mit eigener Rechtspersönlichkeit. Während die Gesamthänder integraler Bestandteil der Gemeinschaft bleiben, reduziert sich die Bedeutung der Gesellschafter der juristischen Person auf eine „funktionelle“ Stellung im Rahmen der vollends verselbstständigten Organisation.236 Die Gesamthand ist „die Gruppe der in
230
Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 110 ff., 119. Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, zur Erbengemeinschaft vgl. S. 59 Fn. 48; zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts vgl. S. 63; zur aus dem Gesamthandsprinzip fließenden, persönlichen Haftung der Gesamthänder neben der Gruppe als Element aller Gesamthandsgemeinschaften S. 316 ff. 232 Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 69. 233 Flume, Gesamthandsgesellschaft und juristische Person, in: Funktionswandel der Privatrechtsinstitutionen: Festschrift für Ludwig Raiser, S. 27 (29). 234 Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 94. 235 Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 89; Flume, Gesamthandsgesellschaft und juristische Person, in: Funktionswandel der Privatrechtsinstitutionen: Festschrift für Ludwig Raiser, S. 27 (31). 236 Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 89; Flume, Gesamthandsgesellschaft und juristische Person, in: Funktionswandel der Privatrechtsinstitutionen: Festschrift für Ludwig Raiser, S. 27 (49 ff.). 231
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ihr vereinigten Personen“237, ein bloßer „Personenverbund“238, die Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit eine vollends von den Gesellschaftern zu unterscheidende, „andere“ Person. Grund für die unterschiedliche Behandlung von Gesamthand und juristischer Person, obschon beide Rechtsphänomene auf Grundlage der Vorstellung ihrer Gesellschafter, einen Zweck durch Schaffung einer übergeordneten Willenseinheit gemeinsam zu verfolgen, ist nach Flume die unterschiedliche Stellung des Gesellschaftsvertrags in den gesellschaftsrechtlichen Gefügen.239 Während der Grundlagenvertrag zwischen den Gesamthändern grundsätzlich schuldrechtlicher Natur ist und in der Sphäre der Gesellschafter verfangen bleibt, macht sich eine juristische Person diesen zu eigen. Der Gesellschaftsvertrag wird zur Verfassung der abgesonderten Wirkungseinheit, welche neue Gesellschafter fortan mit Eintritt in die Gesellschaft akzeptieren.240 Aufgrund der Abkopplung des Gesellschaftsvertrages von den Gründungsmitgliedern beschränken sich die gegenseitigen, unmittelbaren Rechtsbeziehungen zwischen den Gesellschaftern auf ein Minimum.241 Die personenrechtliche Komponente der Gesamthandsgemeinschaften kann mit einer derartigen Einverleibung nicht verglichen werden. Sie ist zwingend an das fortlaufende schuldrechtliche Band zwischen den Gesamthändern gekoppelt. Der rechtliche Charakter ändert sich auch mit Vollzug der Personengesellschaften nicht. Aufgrund dieser Unterschiede erklären sich nach Flume schließlich die unterschiedlichen Folgen für das rechtliche Schicksal im Fall des Wegfalls aller Gesellschafter. Während die rein schuldrechtlich einzuordnenden innergesellschaftlichen Beziehungen der Gesellschafter begriffsnotwendig zwei Gesamthänder erforderlich machen, ermöglicht die Aufnahme des Gesellschaftsvertrages in die Sphäre der juristischen Person eine, wenn auch zeitlich begrenzte, gesellschafterlose Fortexistenz der Wirkungseinheit.242 Ganz in diesem Sinne steht Flume schließlich auch der Möglichkeit der Fiktion einer fortgesetzten Gesamthandsgemeinschaft im Falle 237
Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 90. Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 94. 239 Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 95 ff, 98; Flume, Gesamthandsgesellschaft und juristische Person, in: Funktionswandel der Privatrechtsinstitutionen: Festschrift für Ludwig Raiser, S. 27 (29). 240 Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 95 ff., 98. 241 Die entgegenstehende Entscheidung BGHZ 65, 15, 18 versteht Flume als einen Ausnahmefall im Recht der GmbH. Tatsächlich unterlässt es Flume jedoch, sich mit der Annäherung des Handelspersonengesellschaftsrechts und umgekehrt umfassend auseinanderzusetzen. In Anbetracht der Veränderungen durch das MoMiG vom 23. Oktober 2008, welches dem geneigten Gesellschaftsgründer die Gründung einer GmbH in der Form der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt) als Alternative zur Personengesellschaft ohne größere Hürden ermöglicht und damit in vielen Konstellationen den handelsrechtlichen Gesamthandsgesellschaften den Rang abgelaufen hat, scheint dieser Einschätzung nicht mehr uneingeschränkt zuzustimmen sein. Zu den Ursachen und Auswirkungen auf die Gründungskultur in Deutschland vgl. nur Rieder, in: MüKoGmbH, 3. Aufl. 2018, § 5a Rn. 1 ff. 242 Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 98. 238
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D. Die dogmatische Struktur der Personengesellschaften
der Reduzierung des Gesellschafterstamms auf eine Person kritisch gegenüber.243 Im Gegensatz zur juristischen Person sei die Gesamthand schließlich von der „Vielfältigkeit der Schicksale der zu ihr gehörenden Personen abhängig“244. Nach Flume245 spricht darüber hinaus der fehlende Schutz des Gesellschaftsvermögens von Personengesellschaften vor Zugriffen der Gesellschafter gegen eine Einordnung als juristische Person. Die grundsätzlich unbeschränkte Verfügungsbefugnis der Gesamthänder versteht er als eine „Eigenart der Gesamthandsgesellschaften“.246 Das Vermögen der juristischen Personen sei hingegen durch einen Katalog von Strafvorschriften vor einem willkürlichen Zugriff der Mitglieder umfassend abgesichert. Ordnet man wie Flume den Gesellschaftsvertrag als im Kern durch personenrechtliche Elemente modifizierten schuldrechtlichen Vertrag zwischen den Gesamthändern ein, entspricht die Summe der in den Mitgliedschaften gebündelten Rechtsbeziehungen jenem Vertrag. In der Mitgliedschaft ist ein Ausschnitt dieses mehrdimensionalen Geflechts abgebildet, welcher diesen, zumindest partiell, konstituiert.247 Änderungen der Mitgliedschaft machen damit grundsätzlich eine Änderung des Gesellschaftsvertrages erforderlich. Eine Ausnahme von diesem Grundsatz soll allerdings im Falle der Übertragung der Mitgliedschaft auf Dritte greifen.248 Dies sei, sofern die übrigen Gesellschafter zustimmen, trotz verändertem Gesellschaftsverhältnisses ohne Änderung des Gesellschaftsvertrages möglich. Insofern sei keine von den Fällen der Rechtsnachfolge von Todes wegen im Sinne des § 139 HGB oder des Ausscheidens eines Gesellschafters im Sinne des § 138 HGB a.F. abweichende Rechtslage einschlägig.249 Für den Fall der zugelassenen Übertragung der Mitgliedschaft wird die in ihr vermittelte Beziehung zum schuldrechtlichen Grundverhältnis nach Flumes Ansatz im Ergebnis ausgeblendet. d) Fortführung der Gruppenlehre durch Karsten Schmidt Karsten Schmidt gilt nach Flume wohl als der bekannteste und heute bedeutendste Vertreter der „Gruppenlehre“ und hat das Gesellschaftsrecht wie kein anderer in den letzten Jahrzehnten beeinflusst. Während er die Anerkennung der Gesamthandsgesellschaften als juristische Personen noch nicht als abschließend geklärt be-
243
Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 99, 103 f. Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 106. 245 Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 105 f. 246 Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 105. 247 Zum Mitgliedschaftsbegriff als solchem siehe auch oben S. 39 ff. 248 Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 128, 346 ff.; Flume, Gesamthandsgesellschaft und juristische Person, in: Funktionswandel der Privatrechtsinstitutionen: Festschrift für Ludwig Raiser, S. 27 (55). 249 Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 350. 244
II. Abstraktionsgrad der Personengesellschaften von ihren Gesellschaftern
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trachtet250, versteht er (unternehmenstragende251 Außen-)Personengesellschaften schon seit jeher als rechtsfähige Gesellschaften, die damit unabhängig von ihren Gesellschaftern Träger von Rechten und Verbindlichkeiten sein können.252 Ganz und gar soll sich der Streit um die Dogmatik der Gesamthand auf drei aufeinander aufbauende Fragen zurückführen lassen: „Erstens: Wem gehört das »Gesamthandsvermögen«: der Gesamthand oder den Gesamthändern? Zweitens: Welcher Art sind konsequenterweise die Vermögensrechte, die den Gesellschaftern in Ansehung des Gesellschaftsvermögens zustehen: Sind es mitgliedschaftlich gebundene Anteile an ,der Gesamthand‘, oder sind es Anteilsrechte an den Gegenständen des Gesellschaftsvermögens? Drittens: Wer tritt beim äußeren rechtsgeschäftlichen Handeln in Erscheinung: die Gesamthand oder die Gesamthänder?“253
Für die Personengesellschaften des Handelsrechts soll sich dies bereits ohne weiteres aus dem klaren Wortlaut des § 124 Abs. 1 HGB ergeben, der gerade die Rechts- und Parteifähigkeit von OHG und KG positiv regeln soll.254 Die Gegenansicht, die § 124 Abs. 1 HGB als rein formale Erleichterung des rechtsgeschäftlichen Handelns der Gesellschafter versteht, sei „überflüssig und hat die Praxis nur auf unnötige Irrwege geleitet“255. Dagegen lassen die Regelungen des BGB nach Auffassung K. Schmidts ausschließlich den Schluss zu, dass die Gesellschaft bürgerlichen Rechts grundsätzlich die Fähigkeit besitzt, Rechtssubjekt zu werden, es aber nicht zwingend ist.256 Ein dahingehender ausdrücklicher Wille des Gesetzgebers könne hingegen keinesfalls festgestellt werden. Ihre Rechtsfähigkeit ergebe sich aber – insoweit im Einklang mit der (Selbst-)Ermahnung Schmidts zu Beginn seiner 250
Indessen ist bereits in Schmidts bisherigen Veröffentlichungen eine dahingehende Tendenz zu erkennen. Insofern hält er die Überlegung „für erlaubt, ob es nicht drei Arten juristischer Personen des Privatrechts gibt: Stiftungen, Körperschaften und Außen-Personengesellschaften“: K. Schmidt, Die Personengesellschaft als Rechtsfigur des „Allgemeinen Teils“, AcP 2009, S. 181 (200 f.). 251 K. Schmidt, Gesellschaft bürgerlichen Rechts – Welche Änderungen und Ergänzungen sind im Recht der BGB-Gesellschaft geboten?, in: Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts Band III, S. 413 (418 ff.); nunmehr einschränkend K. Schmidt, Neuregelung des Rechts der Personengesellschaften?, ZHR 2013, S. 712 (717, 727). 252 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 8 I 3 b), III 1 a), IV; K. Schmidt, Zur „Kaufmannsfähigkeit“ von Gesamthandsgemeinschaften, JZ 1973, S. 299 (300 f.); K. Schmidt, Zur Vermögensordnung der Gesamthands-BGB-Gesellschaft, JZ 1985, S. 909 (910); K. Schmidt, „Anwachsung“: Was ist das, und … gibt es das noch?, in: Festschrift für Ulrich Huber, S. 968 (972 f., 980 f.); K. Schmidt, Die Personengesellschaft als Rechtsfigur des „Allgemeinen Teils“, AcP 2009, S. 181 (188 ff.); K. Schmidt, Neuregelung des Rechts der Personengesellschaften?, ZHR 2013, S. 712 (721 f.). 253 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 8 III 1 b). 254 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 8 III 4 a). 255 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 8 III 4 a). 256 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 8 III 4 d).
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D. Die dogmatische Struktur der Personengesellschaften
Ausführungen257 – aus dem Gesetzeskontext, der die Gesellschaft bürgerlichen Rechts dogmatisch den – wie gesehen: nach seiner Auffassung unzweifelhaft rechtsfähigen – Personenhandelsgesellschaften gleichstellt.258 Gleichzeitig entfalle hierdurch die kaum zu rechtfertigende Ungleichbehandlung von nichtrechtsfähigem Verein und der Bürgerlichen Gesellschaft, deren Abgrenzung vom Ermessen des bzw. der entscheidenden Richter(s) abhinge.259 Auch wenn man den Personengesellschaften Rechtsfähigkeit beimisst, unterscheiden sie sich nach K. Schmidt strukturell von juristischen Personen. Die Personengesellschaft sei aufgrund des „Sozietätsmodell[s] der Personengesellschaft“ nicht gegenüber ihren Gesellschaftern verselbstständigt, da die Grundlage der Mitgliedschaft hier nicht „eine ganz auf die Gesellschaft bezogene[.] Satzungsverfassung“ sei, sondern auf der „vertraglichen Verbindung der Gesellschafter“ beruhe.260 Schmidt misst den Auswirkungen des Vertrags zwischen Personengesellschaftern somit eine andere Bedeutung bei als den Satzungen von Körperschaften.261 Das bestehende Vertragsverhältnis sei notwendiger Bestandteil der Existenz der Gesellschaft. Muss der Gesellschaftsvertrag als (grundsätzlich) schuldrechtlicher Vertrag zwischen den Gesellschaftern während des gesamten Bestehens der Gesellschaft fortwirken, erklärt sich auch, wieso die Vertragspartner als solche, d. h. den fortbestehenden „Verbund der Gesamthänder“, als die Gesamthandsgesellschaft verstanden werden.262 Die Gesellschafter selbst sind die auch äußerlich wahrnehmbaren Faktoren im – womöglich nur mündlich geschlossenen – Gesellschaftsvertrag. Die Gesellschaft erlischt hiernach konsequenterweise infolge von Konfusion bei Übernahme aller Anteile an der Gesellschaft durch einen Gesellschafter. Ein (schuldrechtliches) Vertragsverhältnis mit nur einem Gesellschafter kann nicht existieren.263
257
K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 8 III 1 a). K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 8 III 4 d) aa). 259 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 8 III 4 d) bb). 260 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 8 IV 2 a). 261 An anderer Stelle stimmt K. Schmidt wiederum Flumes These, der Gesellschaftsvertrag sei die Verfassung der Personengesellschaft, vollumfänglich zu, vgl. K. Schmidt, Die Personengesellschaft als Rechtsfigur des „Allgemeinen Teils“, AcP 2009, S. 181 (194). 262 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 8 IV 2 a). 263 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 8 IV 2 b). 258
II. Abstraktionsgrad der Personengesellschaften von ihren Gesellschaftern
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Daraus lässt sich nach K. Schmidt ebenfalls eine im Kern264 „unterschiedliche Struktur der Mitgliedschaftsrechte“265 ableiten: Während in Personengesellschaften die Mitgliedschaft ihren Schwerpunkt in dem gegenseitigen (schuldrechtlichen) Vertrag haben soll, bestehe in der juristischen Person – mit Ausnahme der Stiftung, der Mitgliedschaften fremd sind – primär eine Verbindung zwischen übergeordneter Einheit und dem jeweiligen Gesellschafter. Die Mitgliedschaft sei „bei den Körperschaften überindividuell und bei den Personengesellschaften auf das selbstorganschaftlich organisierte Miteinander mehrerer – notwendig mehrerer! – Gesellschafter zugeschnitten.“266 Die Einteilung der Mitgliedschaft in diese zwei Gruppen dürfe indes nicht als absolute Trennung in zwei unterschiedliche Mitgliedschaftsformen verstanden werden. Vielmehr ist jede Mitgliedschaft „Quelle mehrseitiger Sonderrechtsbeziehungen“.267 Hiermit eng verbunden ist nach Auffassung K. Schmidts die ebenfalls aus dem Sozietätsgedanken ableitbare, abweichende innere Organisation der Personengesellschaften.268 Die hieraus entspringende Pflicht zur Selbstorganschaft im Personengesellschaftsrecht schlägt sich nach Auffassung Schmidts in der Mitgliedschaft der Gesellschafter in Form der Vermittlung des Rechts auf Geschäftsführung und -vertretung nieder. Diese Befugnisse, die bereits mit der Gründung der Gesellschaft originär vorhanden sind, machen die Gesellschafter selbst zu den – insofern: zwingenden – Organwaltern der Gesellschaft. Demgegenüber vermittelt die Mitgliedschaft in einer juristischen Person derartige Rechte nur dann, wenn sie als „Sonderrechte“ gegründet wurden. Die Organträger müssen hier erst nachträglich eingesetzt werden. Der Einordnung der Gruppenlehre als dogmatische Aufarbeitung des Gesamthandsprinzips steht K. Schmdit neuerdings allerdings selbst kritisch gegenüber. Während sie inhaltlich zwar nicht zu beanstanden ist, kann sie nicht als einheitliches Modell für die im klassischen Sinne verstandenen Gesamthandsgemeinschaften – Personengesellschaft, Erbengemeinschaft und eheliche Gütergemeinschaft – herangezogen werden.269 Während Erbengemeinschaft und Gütergemeinschaft stark vermögensorientiert aufgebaut sind, die Beteiligung an solchen Gemeinschaften 264 K. Schmidt ist grundsätzlich Vertreter der Lehre von der einheitlichen Struktur der Mitgliedschaft. Dieser scheinbare Widerspruch löst sich auf, wenn man die strukturellen Unterschiede auf eine bloß grunddogmatische Ebene beschränkt. Die äußere Wahrnehmung kann hingegen ohne weiteres als einheitlich verstanden werden. Siehe hierzu K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 19 III 1 b). 265 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 8 IV 2 e). 266 K. Schmidt, Die Personengesellschaft als Rechtsfigur des „Allgemeinen Teils“, AcP 2009, S. 181 (201). 267 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 19 III 1 a). 268 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 8 IV 2 e). 269 K. Schmidt, „Anwachsung“: Was ist das, und … gibt es das noch?, in: Festschrift für Ulrich Huber, S. 968 (973); K. Schmidt, Die Personengesellschaft als Rechtsfigur des „Allgemeinen Teils“, AcP 2009, S. 181 (197).
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D. Die dogmatische Struktur der Personengesellschaften
mithin bloß dinglicher Vermögensanteil ist, haben die Personengesellschafter einen Gesellschaftsanteil, eine Mitgliedschaft inne.270 Den unterschiedlichen Binnenstrukturen von Personengesellschaft, Erbengemeinschaft und Gütergemeinschaft wird man daher in letzter Konsequenz (wohl) nur durch „Herauslösung der Personengesellschaften aus den Fesseln des Gesamthandsprinzips“ gerecht.271 Das Gesamthandsprinzip bilde entgegen der bisherigen Einordnung ein bloßes „Zuordnungsmodell gemeinschaftlichen Habens“, welches alternativ neben der Beteiligung nach Bruchteilen Gegenstand des Gesetzes bleibt.272 Der Einordnung einer derart autonom verstandenen Personengesellschaft als juristische Person steht K. Schmidt grundsätzlich offen gegenüber, möchte allerdings trotz der Annäherung an der Unterscheidung der Personengesellschaften von den körperschaftlich organisierten Gesellschaften festhalten und an Stelle einer vollumfänglichen Gleichsetzung eine Abstufung innerhalb der Gesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit vornehmen.273 e) Die Gesamthand als Rechtssubjekt im Außenverhältnis Wertenbruchs Arbeit274 über die Dogmatik und Struktur der Gesamthandsgesellschaften unter besonderer Berücksichtigung der Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen nimmt zwischen der Gruppenlehre und den Befürwortern der Anerkennung der Rechtspersönlichkeit eine Mittelstellung ein. Für ihn ergibt sich die „Rechtsnatur der BGB-Gesellschaft […] im wesentlichen erst bei der Haftungsrealisierung“275, denn aus den Anforderungen der Praxis an ein funktionsfähiges Vollstreckungsrecht leite sich die Notwendigkeit der Untersuchung des materiellen Rechts der Gesellschaft bürgerlichen Rechts ab, welches als rechtlich zwingende Vorfrage und „Spiegelbild“ des Vollstreckungsrechts die wesentlichen Weichen für die Dogmatik der Gesamthandsgesellschaft des BGB stelle.276 Der strukturelle Aufbau der Gesamthandsgesellschaften ist für ihn durch das Prinzip der
270 K. Schmidt, Die Personengesellschaft als Rechtsfigur des „Allgemeinen Teils“, AcP 2009, S. 181 (199). 271 K. Schmidt, Die Personengesellschaft als Rechtsfigur des „Allgemeinen Teils“, AcP 2009, S. 181 (199). 272 K. Schmidt, Die Personengesellschaft als Rechtsfigur des „Allgemeinen Teils“, AcP 2009, S. 181 (199). 273 K. Schmidt, Die Personengesellschaft als Rechtsfigur des „Allgemeinen Teils“, AcP 2009, S. 181 (200 ff.); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 184 ff. 274 Wertenbruch, Die Haftung von Gesellschaften und Gesellschaftsanteilen in der Zwangsvollstreckung. 275 Wertenbruch, Die Haftung von Gesellschaften und Gesellschaftsanteilen in der Zwangsvollstreckung, S. 27. 276 Wertenbruch, Die Haftung von Gesellschaften und Gesellschaftsanteilen in der Zwangsvollstreckung, S. 27, 222.
II. Abstraktionsgrad der Personengesellschaften von ihren Gesellschaftern
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Gesamthand determiniert und Ausdruck der gewohnheitsrechtlichen Handhabe von Gesamthandsgesellschaften in der Praxis.277 Ganz im Sinne Flumes betrachtet er die Vereinigung der Gesamthänder als eigenständiges rechtsfähiges Gebilde, das neben natürlichen sowie juristischen Personen steht. Im Unterschied zu letzterer sollen die „Gesellschafter […] mit der Gesellschaft identisch“278 sein. Die Gesellschaft geht hiernach in ihren Gesellschaftern auf und ist daher gegenüber ihrem Gesellschafterbestand auch nicht verselbstständigt. Daher kann es zwischen einem Beteiligten als Gesellschafter und Gesellschaft grundsätzlich keine Rechtsziehungen geben, sofern nicht die Sondersphäre des jeweiligen Gesellschafters getroffen ist. Die fehlende Abstraktion sowie die Personenidentität – Gesellschafter als solcher auf der einen, als Teil der Gesamthandsgesellschaft auf der anderen Seite – schließe derartige Beziehungen und, daran anschließend, Prozesse denknotwendig aus.279 Wertenbruch schlussfolgert: „Nach innen ist die Gesamthandsgesellschaft damit anders als die juristische Person nicht rechtsfähig. Das Innenverhältnis der Gesamthandsgesellschaft ist ein Schuldverhältnis der Gesellschafter untereinander.“280
Im Außenverhältnis sind Gesamthandsgesellschaften, auch die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, nach seiner Auffassung fähig, Träger von Rechten und Pflichten zu sein. Diesbezüglich habe sich das Recht der Gesamthandsgesellschaften dem Recht der juristischen Personen insoweit weitgehend angenähert. Hinsichtlich des Verhältnisses der Gesellschafter zur übergeordneten „Vereinigung der Gesellschafter“ bestehen in Gesamthandsgesellschaften und juristischen Personen nach Wertenbruch281 jedoch eklatante Unterschiede. Während bei den Gesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit die Vereinigung als solche nicht nur vom einzelnen Gesellschafter, sondern auch von der Mitgliedergesamtheit verselbstständigt sei, beschränke sich die Abstraktion des Verbundes in gesamthänderischen Gesellschaften auf das Verhältnis des einzelnen Gesellschafters zur übergeordneten „Einheit“. Die nach außen in Erscheinung tretende Einheit wird stets durch die Gesamtheit der Gesellschafter konstituiert – sie erschöpft sich in der zusammenfassenden Abbildung des Gesellschafterbestands. Mangels der Verselbstständigung
277
Wertenbruch, Die Haftung Zwangsvollstreckung, S. 121. 278 Wertenbruch, Die Haftung Zwangsvollstreckung, S. 211. 279 Wertenbruch, Die Haftung Zwangsvollstreckung, S. 211. 280 Wertenbruch, Die Haftung Zwangsvollstreckung, S. 211. 281 Wertenbruch, Die Haftung Zwangsvollstreckung, S. 9, 520.
von Gesellschaften und Gesellschaftsanteilen in der von Gesellschaften und Gesellschaftsanteilen in der von Gesellschaften und Gesellschaftsanteilen in der von Gesellschaften und Gesellschaftsanteilen in der von Gesellschaften und Gesellschaftsanteilen in der
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D. Die dogmatische Struktur der Personengesellschaften
vom einzelnen Gesellschafter als solchem ist nach Auffassung Wertenbruchs282 eine Mehrfachbeteiligung, d. h. die Inhaberschaft verschiedener Anteile bzw. Mitgliedschaften, mit der Natur der Gesamthand nicht vereinbar. Bei Anerkennung von Mehrfachbeteiligungen durch den Erwerb weiterer, im Gegensatz zu den vom Gesellschafter bis dahin gehaltenen, belasteter Gesellschaftsanteile, handele es sich um ein bloßes „Scheinproblem“ und „keine echte Mehrfachbeteiligung“.283 f) Stellungnahme zur Gruppenlehre Auf Grundlage der zuvor erfolgten Darstellung kann die hier interessierende Frage nach der inneren Struktur der Personengesellschaften und dem Verhältnis von der Gesellschaft zu den Gesellschaftern sowie dem Grad der Selbstständigkeit der Mitgliedschaften bzw. der Anteile an der Gesellschaft näher konkretisiert und die Quintessenz der Gruppenlehre auf Grundlage der vorab untersuchten Werke beleuchtet werden. aa) Verhältnis der Gesellschaft zum Gesellschafterstamm nach den Vertretern der Gruppenlehre Die der Gruppenlehre zugrunde liegende Dogmatik des Personengesellschaftsrechts beruht auf der Verknüpfung zweier rechtlicher Aspekte: Die Wahrnehmung der Personengesellschaften als im Rechtsverkehr tatsächlich als Einheit auftretende, rechtfähige Verbände und den Ausprägungen des Gesamthandsprinzips im Innenverhältnis. Einerseits treten die (Außen-)Personengesellschaften wie GmbH und AG gegenüber Dritten hinsichtlich ihrer Außenwirkung als die einzig maßgeblichen Vertragspartner auf, die Gesellschafter treten in den Hintergrund. Unterschiede zu der Wahrnehmung von körperschaftlich ausgestalteten Gesellschaften sind faktisch nicht auszumachen. Sie sind in vollem Umfange rechtsfähig und können demnach Gläubiger von Ansprüchen und Schuldner von Verbindlichkeiten sein. Der innere Aufbau der Gesellschaft beruht hingegen nicht auf der Idee der abstrahierten Gesellschaft, sondern auf dem Gedanken eines konstitutiven Abhängigkeitsverhältnisses zwischen der Gesellschaft („Gemeinsphäre“) und dem Gesellschafterstamm („Individualsphäre“). Beide Sphären sind hierbei stets zwingend miteinander verknüpft. Diese rechtliche Verbindung unter den Gesellschaftern lässt die Gesellschaft als wahrnehmbare Einheit überhaupt erst entstehen und fortbestehen. Das Grundverhältnis, der Gesellschaftsvertrag, wird hierbei von den Persönlichkeiten der Gesellschafter geprägt und definiert. Jedwede Änderung unter den Gesellschaftern hat damit einen verändernden Einfluss auf das Grundverhältnis und 282
Wertenbruch, Die Haftung von Gesellschaften und Gesellschaftsanteilen in der Zwangsvollstreckung, S. 520 f. 283 Wertenbruch, Die Haftung von Gesellschaften und Gesellschaftsanteilen in der Zwangsvollstreckung, S. 521.
II. Abstraktionsgrad der Personengesellschaften von ihren Gesellschaftern
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eine Modifikation der durch den Gesellschaftsvertrag konstituierten Einheit zur Folge. Insofern definiert der mehrdimensionale, aus schuldrechtlichen und personenbzw. organisationsrechtlichen Elementen bestehende Personengesellschaftsvertrag nicht nur den inneren, sondern insbesondere auch den äußeren Rahmen jeder Personengesellschaft. Bei letzterem handelt es sich um die „gesamthänderische Verbundenheit der Gesellschafter“. Zu einer Abstraktion des Gesellschaftsverhältnisses und, damit einhergehend, einer Ablösung der Rechtstellungen der Mitglieder von den Persönlichkeiten der Gesellschafter kommt es nicht. Die Rechtsbeziehungen existieren nicht zwischen der übergeordneten Einheit und den einzelnen Mitgliedern, sondern allein unter letzteren. Die Entstehung der nach außen wahrnehmbaren Gesellschaft ist bloße (personenrechtliche) Nebenfolge dieser Rechtsbeziehungen und spielt im inneren Verhältnis eine untergeordnete Rolle. Demnach bleiben in der Regel auch die Gesellschafter selbst die Beteiligten bei innergesellschaftlichen Streitereien, da sich die causa des jeweils strittigen Rechts bzw. der korrespondieren Pflicht aus dem jeweiligen Vertragsverhältnis unter den Gesamthändern ergibt. Die Gesellschaft selbst kann hingegen mangels Abstraktion und, daraus folgend, mangels der Fähigkeit, ihren Mitgliedern in deren Stellung als Gesellschafter als selbstständiger Beteiligter des Rechtsverkehrs aufzutreten, in diesen Fällen keine Rolle spielen. Mangels Abstraktion kann sie folgerichtig auch keine Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit darstellen. Hierbei darf nicht übersehen werden, dass diese Prinzipien nicht nur der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, sondern im gleichen Maße den handelsrechtlichen Erscheinungsformen der Personengesellschaften zugrunde liegen. Die Diskussion um den dogmatischen Aufbau wurde zwar weitgehend im Rahmen der Untersuchung der Rechts- und Parteifähigkeit der BGB-Gesellschaft geführt, sie ist indessen Ausfluss eines gemeinsamen rechtlichen Fundaments der Personengesellschaften und kann entsprechend auf die Frage nach der rechtlichen Struktur von offenen Handels- und Kommanditgesellschaften übertragen werden. Dieser Umstand ist Folge der historischen Entwicklung und der konkreten Einbindung dieser Gesellschaftsformen als bloß handelsrechtliche Ausbauformen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Gesetz, vgl. § 105 Abs. 3 HGB. Aufgrund der vermeintlich klaren Aussage des § 124 Abs. 1 HGB (i.V.m. § 161 Abs. 2 HGB) ist man freilich geneigt, die Personenhandelsgesellschaften nicht in den Mittelpunkt einer Untersuchung der inneren Strukturen zu rücken. Auf Grundlage der Gruppenlehre ergibt sich für die innere Struktur der Personengesellschaften folgende von den abstrahierten Gesellschaften erheblich abweichende284 visuelle Darstellung:
284
Siehe hierzu oben S. 80 ff.
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D. Die dogmatische Struktur der Personengesellschaften
Die nach außen wahrnehmbare und rechtsfähige Gesellschaft entspricht nach der Gruppenlehre unter rechtstechnischen Gesichtspunkten einer rechtlichen „Visualisierung“ der Summe der innergesellschaftlichen Rechtsbeziehungen, die durch Verknüpfung mit einer individuellen Bezeichnung (z. B. Fima der offenen Handelsgesellschaft im Sinne des § 105 Abs. 1 HGB i.V.m. §§ 17 ff. HGB) im Rechtsverkehr auf gewisse Weise verstetigt wird. Durch das Überstreifen des wahrnehmbaren Namens besteht die Gesellschaft gegenüber Dritten trotz Gesellschafterwechseln und der damit einhergehenden Änderung des Grundverhältnisses unter rechtlichen Gesichtspunkten unverändert fort. Auch bleibt das Gesellschaftsvermögen stets „derselben“ Gesellschaft zugeordnet. Der Name der Personengesellschaft erfüllt die Funktion einer dynamischen Verweisung, die auf einen bestimmten, sich unter Umständen ändernden Gesellschaftsvertrag und die durch diesen konstituierte, innere Gesellschaftsstruktur Bezug nimmt. Dieser Umstand ändert indessen nichts daran, dass die innere Sphäre der Gesellschaft nach dem Ansatz der Gruppenlehre mit jeder Veränderung des Gesellschafterstamms einer Wandlung unterworfen ist, prägen doch gerade die Persönlichkeiten der einzelnen Mitglieder die inneren Verhältnisse der Personengesellschaften. Wegen der Verzahnung der Gesellschaft mit den einzelnen Gesellschaftern fehlt es nach der Gruppenlehre allerdings nicht nur an einer Abstraktion der Gesellschaft gegenüber dem Gesellschafterstamm, sondern auch an einer Verselbstständigung der einzelnen Mitgliedschaften. Das konkrete, individuell zu bestimmende Rechtsverhältnis unter den Gesellschaftern konstituiert stets ein bestimmtes Gesellschaftsinnenverhältnis. Jede Änderung des personellen Substrats ändert demnach auch die innere Struktur bzw. den durch den Personenkreis determinierten Charakter der jeweiligen Personengesellschaft. Diese Umgestaltung mag im Außenverhältnis nicht erkennbar sein, da aufgrund der individuellen Erfassbarkeit der Gesellschaft diese wie gesehen unverändert fortexistiert, prägt jedoch die Struktur der Personengesellschaften und ist nach Ansicht dieses dogmatischen Ansatzes ein entscheidender Unterschied gegenüber den körperschaftlich organisierten Personenvereinigungen.
II. Abstraktionsgrad der Personengesellschaften von ihren Gesellschaftern
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Auf dieser Basis muss die Möglichkeit des Erwerbs eigener Anteile in Personengesellschaften als dogmatisch unmögliche Konstruktion abgelehnt werden. Die einzelnen Gesellschafter formen durch den Gesellschaftsvertrag das Innenverhältnis der Gesellschaft. Gleichzeitig konstituieren sie deren äußere Grenzen, auch wenn diese im Außenverhältnis durch Verwendung einer individuellen Bezeichnung als von den Mitgliedern losgelöst erscheinen. Der Gesellschaftsvertrag als mehrdimensionales Rechtsverhältnis ist demnach maßgebende Grundlage jeder Personengesellschaft. Dabei ist dieser nach der Gruppenlehre grundsätzlich als rein schuldrechtlicher Vertrag mit personenrechtlichen Elementen einzuordnen. Als solcher kann er nur so lange existieren, wie mindestens zwei Gesellschafter vorhanden sind, die die Rechtstellungen als Gesellschafter einnehmen. Mangels Abstraktion der Gesellschaft und der einzelnen Mitgliedschaften kann es auf Grundlage der Gruppenlehre keine „offenen“, d. h. unbesetzten Mitgliederstellen in diesem Vertragsverhältnis geben. Die Gesellschaft kann diese auf Grundlage der Gruppenlehre keinesfalls einnehmen, da sich ihre Existenz erst aus der Summe der Rechtsbeziehungen sowie der Persönlichkeiten der Gesellschafter ergibt. Eine Personengesellschaft kann daher die mit der Beteiligung verbundene konstitutive Funktion nicht übernehmen, wird sie doch selbst erst durch den Gesellschaftsvertrag ausgeformt. Eine den Regeln in AktG und GmbHG angenäherte Rechtslage, in deren Rahmen der Erwerb eigener Anteile logische Folge des Gedankens der Verselbstständigung ist,285 könnte nur durch auf Grundlage einer entsprechenden Norm, die darüber hinaus nicht mehr als die Zulassung einer rechtlichen Fiktion zum Gegenstand hätte, geschaffen werden. bb) Allgemeine Beurteilung der Gruppenlehre unter Berücksichtigung der Verselbstständigung der Gesellschaft Von einer Lehre, die, wie die Gruppenlehre hinsichtlich der Personengesellschaften, zur Aufarbeitung der dogmatischen Grundlagen eines Rechtsphänomens herangezogen wird, muss erwartet werden können, dass sie verschiedene Kriterien erfüllt: Sie muss einerseits den vom Gesetzeswortlaut gezogenen Rahmen achten. Eine erweiternde Auslegung ist freilich statthaft und auch unter Berücksichtigung der Vielschichtigkeit des Lebens unumgänglich, darf das Maß einer zulässigen Rechtsfortbildung nicht übersteigen. Andernfalls sieht sich eine solche Lehre schnell dem Vorwurf der ergebnisorientierten Rechtsfindung contra legem ausgesetzt. Darüber hinaus müssen die aus der Theorie abgeleiteten Schlussfolgerungen den Anforderungen der Rechtswirklichkeit und den Anschauungen des Rechtsverkehrs entsprechen. Diese dürfen zwar nicht als Rechtfertigung einer Gesetzesanwendung contra legem herangezogen werden, müssen aber, sofern es der Gesetzeswortlaut zulässt, bestmöglich im Rahmen der untersuchten These Beachtung finden. Drittens muss der jeweilige Ansatz in sich konsistent, d. h. frei von Widersprüchen und fähig 285
Vgl. hierzu oben S. 80 ff.
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D. Die dogmatische Struktur der Personengesellschaften
sein, charakteristische Merkmale vollumfänglich zu erklären und Unterschiede zu ähnlichen Rechtsphänomenen fundiert zu begründen. Im Folgenden werden zunächst verschiedene Ungereimtheiten des Personengesellschaftsrechts auf Grundlage der Gruppenlehre aufgezeigt, die sich insbesondere aus einem Vergleich mit den Körperschaften des deutschen Rechts ergeben. Es wird sich zeigen, dass die Gruppenlehre im Hinblick auf den Grad der Verselbstständigung der Personengesellschaften kaum zu den von ihr gezogenen Annahmen zwingt. Davon zu unterscheiden ist die Frage, ob das Prinzip der Gesamthand überhaupt als taugliche Grundlage für das moderne Personengesellschaftsrecht herangezogen werden kann. Aspekte, die schwerpunktmäßig das Gesamthandsprinzip im Allgemeinen sowie dessen konkrete Normierung im Gesetz betreffen, werden ebenfalls erst im Rahmen der Aufarbeitung eines eigenen Konzepts in den Fokus dieser Arbeit rücken.286 (1) Konturlosigkeit des Gesamthandsprinzips nach der Gruppenlehre Die Gruppenlehre versteht sich auch heute noch weitgehend als Interpretation des Gesamthandsprinzips. Auch wenn hieran im Rahmen einer Selbstreflektion erste Zweifel erhoben werden,287 bleibt diese Einschätzung allgemeiner Duktus der Anhänger der Gruppenlehre. Dabei soll gerade die gesamthänderische Verbundenheit der Gesellschafter der Grund für die fehlende Verselbstständigung der Gesellschaft von ihren Gesellschaftern sein, durchdringt diese doch die gesamte innere Struktur der Gesellschaft und prägt ihre Rechtsnatur im Außenverhältnis. Erst die Idee der Gesamthand lässt die Persönlichkeiten der Gesellschafter nach der Entstehung der Gesellschaft nicht vollends in den Hintergrund treten, sondern erhebt diese zum zwingend konstitutiven Element jeder Gesellschaft. Geht man von dieser Prämisse aus, ist es schwer verständlich, wie man die Unterschiede zu den anderen im Gesetz genannten Gesamthandsgesellschaften erklären kann. Sowohl die, obgleich heute freilich selten anzutreffende, Gütergemeinschaft der Ehegatten im Sinne der §§ 1415 ff. BGB als auch die Erbengemeinschaft (vgl. § 2032 BGB), sind nach dem Willen des Gesetzgebers ebenfalls als Gesamthandsgemeinschaften konstituiert. Bei jenen Gemeinschaften entsteht jedoch, zumindest nicht in einem so weiten Sinne wie bei den Personengesellschaften, keine nach außen wahrnehmbare und rechtsfähige Gemeinschaft.288 Die Entstehung einer rechtsfähigen Ehegattengemeinschaft ist offensichtlich abwegig und widerspricht grundlegend 286
Vgl. unten S. 316 ff. U. a. Schäfer, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2017, § 705 Rn. 158 f.; Wertenbruch, in: EBJS, 3. Aufl. 2014, § 105 Rn. 61; Bälz, Organisationsvertrag und Gesamthand, in: Festschrift für Wolfgang Zöllner, S. 35 (40, 46, 48); Ulmer, Die Gesamthandsgesellschaft – ein noch immer unbekanntes Wesen?, AcP 198 (1998), S. 113 (128, 150); Schmidt, Die Personengesellschaft als Rechtsfigur des „Allgemeinen Teils“, AcP 2009, S. 181 (199); Wiedemann, Die Personengesellschaft – Vertrag oder Organisation?, ZGR 1996, S. 286 (288). 288 M.w.N. K. Schmidt, Die Personengesellschaft als Rechtsfigur des „Allgemeinen Teils“, AcP 2009, S. 181 (198). 287
II. Abstraktionsgrad der Personengesellschaften von ihren Gesellschaftern
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der Verkehrsauffassung über eine derartige Personenverbindung. Man mag diesem Einwand entgegnen, ein einheitliches Gesamthandsprinzip gebe es nicht, sondern müsse für jede dieser Gemeinschaften angepasst werden. Auch scheint es nicht abwegig, hinsichtlich der Personengesellschaften den organisationsrechtlichen Charakter des freiwillig geschlossenen Gesellschaftsvertrags zu betonen und diesen an Stelle eines alten Rechtsprinzips zur Grundlage der Entstehung der vereinheitlichenden, rechtsfähigen Gesellschaft zu machen. Diese Einwände helfen indessen nicht vollständig über die entstandenen Zweifel hinweg. Einerseits lassen sich zwingende, strukturelle Ableitungen aus einem „dehnbar“ verstandenen Rechtsprinzip nur schwerlich rechtfertigen. Andererseits erscheint es nicht zwingend ausgeschlossen zu sein, dem Gesamthandsprinzip aufgrund seiner „Dehnbarkeit“ auch eine noch weitergehende Wirkung beimessen zu können, die es ermöglicht, eine verselbstständigte Gesellschaft, d. h. ein von den Persönlichkeiten der Gesellschafter unterscheidbares und gegenüber Dritten in Rechtsgeschäften zwischenschaltbares Rechtssubjekt, zu schaffen. Ob die Personengesellschaft von den Gesellschaftern vollständig abstrahiert gedacht werden kann (und ggf. gedacht werden muss), ist demnach von der Antwort auf die Frage abhängig, wie flexibel das „gummihaftartige“ Band des Gesamthandsprinzips gedehnt bzw. angepasst werden kann. Mangels Griffigkeit und rechtlich exakter Erfassung dieses Rechtsgedankens lässt sich hierauf kaum eine zufriedenstellende Antwort finden.289 Betont man hingegen den organisationsrechtlichen Charakter des Gesellschaftsvertrages,290 ist fraglich, ob die Gesamthand überhaupt noch als dogmatisches Grundgerüst herangezogen werden muss bzw. kann. Legt bereits der organisationsrechtliche Aspekt des mehrdimensionalen Rechtsgeschäfts zwischen den Gesellschaftern die Basis für die Entstehung der rechtfähigen Gesellschaft, bleibt für den Gesamthandsgedanken nur wenig Raum zur Entfaltung. Sieht man die Anordnung des Gesamthandsprinzips wiederum als notwendige Voraussetzung für dessen verselbstständigende Wirkung an, muss auch die hier Frage nach der Anpassbarkeit und Dehnbarkeit jenes Prinzips beantwortet werden. Selbst unter der Prämisse, dass das Gesamthandsprinzip auch in diesem Fall den Persönlichkeiten der Gesellschafter eine größere Bedeutung hinsichtlich der Existenz der Gesellschaft einräumt, muss die Annahme einer vollständigen Abstraktion der Gesellschaft im rechtsdogmatischen Sinne nicht zwingend abgelehnt werden. Eine höhere Personenabhängigkeit wäre auch schon dann anzunehmen, wenn man die Beschränkung des Gesellschafterwechsels sowie das Fortbestehen der Gesellschaft von dem Verbleib mindestens zweier Gesellschafter als durch das Gesamthandsprinzip bedungen, d. h. als Durchbrechung der gewöhnlichen Folgen abstrahierter Strukturen betrachtet. 289
Vgl. auch unten S. 266 ff. So Bälz, der den organisationsrechtlichen Gesellschaftsvertrag von „Außenpersonengesellschaften“ als deren alleinige Grundlage und das Gesamthandsprinzip für diese als überwunden betrachtet, vgl. Bälz, Organisationsvertrag und Gesamthand, in: Festschrift für Wolfgang Zöllner, S. 35 (41). 290
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D. Die dogmatische Struktur der Personengesellschaften
(2) Fehlende Vereinbarkeit mit dem Wortlaut Orientiert man sich am Wortlaut des Gesetzes, der nach dem Willen des Gesetzgebers das Gesamthandsprinzip – zugegeben: wohl nur unvollständig291 – abbildet, durchbricht die Gruppenlehre zudem den noch zulässigen Rahmen der Rechtsfortbildung. Diese gehört zwar zu den Aufgaben des Richters, darf freilich nicht grenzenlos erfolgen.292 Die Gruppenlehre ist nicht mit dem Wortlaut der §§ 718, 719, 738 BGB, welche die (vermögensrechtliche) Grundlage aller Personengesellschaften bilden, vereinbar.293 Diese Normen sprechen vom Anteil der Gesellschafter am Gesellschaftsvermögen bzw. den einzelnen dazugehörigen Gegenständen, obwohl nach der (heutigen) Gruppenlehre allein die Gesellschaft Inhaberin des Gesellschaftsvermögens ist. Demnach soll dieser Begriff nach Auffassung der entsprechenden Vertreter keine Bedeutung mehr haben – die Gruppenlehre setzt sich insoweit offen über den Wortlaut des Gesetzes hinweg, indem sie die unliebsamen Normen davon zu Gunsten der Kongruenz des eigenen Ansatzes ausblendet. Vermeintlich alternative Auslegungen im Sinne einer wirtschaftlichen Beteiligung gehen an der klaren Fassung des Gesetzes vorbei, die ausdrücklich nur auf das Vermögen im Gesamten und die einzelnen dazugehörigen Gegenstände abzielt.294 Die fehlende Vereinbarkeit von Gruppenlehre und Gesetzeswortlaut wird noch deutlicher, sofern man auch frühere Fassungen heute revidierter Rechtsnormen in die Betrachtung mit einbezieht. Nach § 50 Abs. 2 ZPO a.F.295 wurden nichtrechtsfähige Vereine, auf die bekanntermaßen nach § 54 BGB das Recht der GbR anzuwenden ist, im Prozess als rechtsfähige Vereine behandelt. Würde das Personengesellschaftsrecht, wie es die Gruppenlehre darstellt, tatsächlich vollständig auf den §§ 705 ff. BGB beruhen, wäre eine entsprechende Regelung nicht notwendig gewesen, da die GbR gerade nach dieser Lehre bereits aus sich heraus als rechtsfähig anzuerkennen ist.296 Jener Widerspruch wird nunmehr noch weiter verschärft, da dem nichtrechtsfähigen Verein entgegen der amtlichen Überschrift des § 54 BGB, der für sich
291
Vgl. hierzu oben S. 140 ff. Zum Verfassungsauftrag des Richters zur Rechtsfortbildung allgemein, vgl. nur Jachmann, in: Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 81. El. 2017, Art. 95 Rn. 13 ff. 293 Hierauf wird im späteren Verlauf der Arbeit noch umfassend zurückzukommen sein, vgl. S. 286 ff. 294 So auch K. Schmidt, Die BGB-Außengesellschaft: rechts- und parteifähig – Besprechung des Grundlagenurteils II ZR 331/00 vom 29. 1. 2001, NJW 2001, S. 993 (996 f.). 295 § 50 ZPO in der bis zum 31. 12. 2001 gültigen Fassung: „(1) Parteifähig ist, wer rechtsfähig ist. (2) Ein Verein, der nicht rechtsfähig ist, kann verklagt werden; in dem Rechtsstreit hat der Verein die Stellung eines rechtsfähigen Vereins.“ 296 So auch Brodyagin, Weshalb die Personengesellschaft keine Gesamthand ist, S. 72; K. Schmidt, Die BGB-Außengesellschaft: rechts- und parteifähig – Besprechung des Grundlagenurteils II ZR 331/00 vom 29. 1. 2001, NJW 2001, S. 993 (998). 292
II. Abstraktionsgrad der Personengesellschaften von ihren Gesellschaftern
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genommen wenig Raum für Interpretationen zulässt („Nicht rechtsfähige Vereine“), ebenfalls umfassende Rechtsfähigkeit zugesprochen wird.297 (3) Abgrenzungsschwierigkeiten zu den Körperschaften (a) Funktionelle und konstitutive Stellung der Gesellschafter Auch bei der Abgrenzung der inneren Struktur der Personengesellschaften von den vollständig abstrahiert gedachten Körperschaften kann die Gruppenlehre nicht vollends überzeugen. Prägendes und unterscheidendes Merkmal soll zum einen die Stellung der Gesellschafter in der Gesellschaft sein. Während die Gesellschafter einer Personengesellschaft durch Einbringung persönlicher Leistungen die Gesellschaft prägen und ihrer Individualität unter dogmatischen Gesichtspunkten konstitutive Natur beigemessen wird, soll sie sich in den Körperschaften auf eine rein funktionelle Stellung reduzieren.298 Betrachtet man allerdings die tatsächliche Ausgestaltung und Wahrnehmung einer großen Zahl von Gesellschaften mbH mit einem oder nur wenigen Gesellschaftern, die gleichberechtigt die Geschäfte der Gesellschaft führen und durch Einsatz der eigenen Arbeitskraft den Erfolg der Gesellschaft bestimmen, ist dies freilich keine zwingende Ableitung. Die Stellung der Mitglieder reduziert sich in diesen Gesellschaften gerade nicht mehr auf eine rein funktionelle Stellung als Kapitalgeber, sondern prägt die inneren Verhältnisse, und sie tragen erheblich zu ihrem Ruf und Kredit bei. Auf der anderen Seite haben Publikumspersonengesellschaften ihren Bezug zu den einzelnen Persönlichkeiten der Mitglieder in der Regel weitgehend verloren. In ihnen ist die Mitgliedschaft entgegen dem gesetzlichen Leitbild durch funktionelle Erwägungen bestimmt. Das der persönlichen Haftung korrespondierende Recht auf Teilhabe an der Geschäftsführung ist in der Regel wenigen Personen übertragen. Der Gesellschaftsvertrag nimmt in diesen Gesellschaften faktisch eine von den Leitvorstellungen erheblich abweichende Funktion ein. Diesem tatsächlich gewandelten Charakter zollt auch die Rechtsprechung des BGH299 Tribut, der die Gesellschaftsverträge von Publikumspersonengesellschaften analog den Körperschaftsverfassungen nach objektiven Kriterien auslegt und bewertet. Diese Fälle mögen sich tatsächlich vom im Gesetz angelegten Leitbild entfernt haben und als Ausnahmeerscheinungen einzuordnen sein. Ihre Existenz zeugt indessen von der fehlenden Möglichkeit, personengesellschaftsrechtliche und körperschaftsrechtliche Strukturen anhand der Mitgliederzusammensetzung bzw. der Gesellschafterverhältnisse absolut und trennscharf abzugrenzen. 297 Insbesondere auf Grundlage des argumentum a minore ad mais, vgl. statt vieler m.w.N. Arnold, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2015, § 54 Rn. 18. 298 Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 89, 90, 94; Flume, Gesamthandsgesellschaft und juristische Person, in: Funktionswandel der Privatrechtsinstitutionen: Festschrift für Ludwig Raiser, S. 27 (49 ff.). 299 M.w.N. BGH NJW-RR 2016, 550 = ZIP 2016, 518, Rz. 12 f.; NJW 2013, 2278 = ZIP 2013, 1222, Rz. 13; ZIP 2012, 2291 = NZG 2012, 1345, Rz. 18.
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D. Die dogmatische Struktur der Personengesellschaften
(b) Fehlende Auswirkung des Gesellschafterwechsels auf die Außenwahrnehmung Mit der allgemeinen Mitgliederstruktur ist die Frage nach den Folgen eines Gesellschafterwechsels eng verbunden. Während die fehlenden Auswirkungen eines Wechsels von Mitgliedern bzw. dem Zuwachs und der Abnahme der Mitgliederzahl in eingetragenem Verein, Gesellschaft mbH und Aktiengesellschaft mit dem Gedanken der vollständigen Abstraktion der Gesellschaft ohne große Not erklärt werden können, hat es die Gruppenlehre schwer, die vollends fehlende Außenwirkung entsprechender Ereignisse in Personengesellschaften zu erklären. Fakt ist, dass spätestens mit Anerkennung der freien Abtretbarkeit der Mitgliedschaft in GbR, oHG und KG kein Unterschied hinsichtlich der Wahrnehmung der Personengesellschaften gegenüber ihren körperschaftlichen Verwandten im Rechtsverkehr besteht, sofern sich die Zusammensetzung der Gesellschafter ändert. Die Gesellschaften bestehen selbst bei Auswechslung des gesamten Mitgliederstamms gegenüber Dritten unverändert weiter. Die notwendige Eintragung des Gesellschafterwechsels in das Handelsregister nach § 107 HGB ändert hieran nichts: Einerseits ist sie nicht konstitutiver Natur, sondern dient allein dem Schutz des Rechtsverkehrs, der ein berechtigtes Interesse an der Aktualität des Registers hat,300 andererseits kennen auch AktG und GmbHG eine vergleichbare Kenntlichmachung, vgl. § 67 AktG bzw. § 40 Abs. 1 GmbHG301. Die Pflicht zur Registereintragung ist demnach nicht zwingender Ausdruck einer Wesensveränderung der Gesellschaft im Außenverhältnis. Freilich ändert sich auch die Zusammensetzung des haftenden Kapitals zugunsten des Gläubigers, kann dieser neben dem Neugesellschafter nach § 130 Abs. 1 HGB auch den nach § 160 HGB weiterhin (wenn auch zeitlich begrenzt) haftenden Altgesellschafter in Anspruch nehmen. Die Haftungsverhältnisse erlangen für Dritte lediglich in Haftungsfällen tatsächlich Bedeutung, sind bloßes Korrektiv für das fehlende Stamm- bzw. Grundkapital und kein originärer Ausdruck einer bestimmten Gesellschaftsstruktur302. Hiervon abgesehen verändert sich im Übrigen auch eine Personengesellschaft auf Grundlage der Lehren der Gruppenlehre trotz (vermeintlich) prägender Stellung der einzelnen Gesellschafter im Außenverhältnis nicht. Nimmt man mit v. Gierke303 gar an, dass die Personengesellschaften als Gesamthandsgemeinschaften durch die Unterwerfung der (Teil-)Individualsphären der Gesellschafter unter den gemeinsamen Zweck entstehen und ein Gesellschafterwechsel stets das Wesen der Gesellschaft berühre, scheint fraglich, wie eine derartig bedeutende Änderung keine Auswirkungen auf die Außenwirkung der 300
Statt vieler Born, in: EBJS, 3. Aufl. 2014, § 106 Rn. 3, § 107 Rn. 1. Oetker, in: Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, § 40 GmbHG Rn. 1. 302 Man nenne nur die KGaA, die nach dem Willen des Gesetzgebers trotz persönlicher Haftung des Komplementärs, in der Praxis gleichwohl durch Einschalten einer GmbH wieder mittelbar eingeschränkt, eine Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit ist, vgl. § 278 Abs. 1 AktG. Siehe hierzu auch die zahlreichen Arbeiten, die sich mit der Rechtspersönlichkeit der Personengesellschaften befassen. 303 v. Gierke, Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Rechtsprechung, S. 339 ff., insb. 342 ff., 349. 301
II. Abstraktionsgrad der Personengesellschaften von ihren Gesellschaftern
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Gesellschaft haben soll. Die Gesamthand wird hiernach faktisch auf die Funktion der flexiblen Bezeichnung einer Personengruppe reduziert, die zu einem bestimmten Zeitpunkt die Gesellschaft formt.304 (c) Willensbildung in Personengesellschaft und Körperschaft Ebenso kann eine Differenzierung der Strukturen anhand der Willensbildungsprozesse in Personengesellschaften und körperschaftlich organisierten Gesellschaften nur bedingt überzeugen. Die vermeintlich zwingende Unterscheidung der Unterwerfung unter den „Gemeinwillen“305 in Gesellschaften mbH und Aktiengesellschaften von der „vollkommen freie[n] Übereinstimmung individueller Willensträger“306 ist unter Berücksichtigung des einheitlichen Auftretens der Personengesellschaften als rechtsfähige Gemeinschaften nicht zu erklären und darüber hinaus nicht verallgemeinerungsfähig. Treten BGB-Gesellschaft, offene Handelsoder Kommanditgesellschaft im Rechtsverkehr auf, schließen sie, vertreten durch die jeweiligen Geschäftsführer, Geschäfte im eigenen Namen und geben in diesem Rahmen auch eigene Willenserklärungen ab. Ein tatsächlicher Unterschied zu den Verhältnissen in Gesellschaften mbH oder Aktiengesellschaften existiert nicht. Demgegenüber ist abweichend vom gesetzlichen Leitbild auch in kleinen Gesellschaften mbH oder Familien-Aktiengesellschaften oftmals der übereinstimmende Wille aller Gesellschafter bzw. Aktionäre notwendig. Dieser Wille – und darüber hinaus: das gesamte Handeln der Gesellschaft – wird inhaltlich wahlweise von der Gesamtheit der Gesellschafter (vgl. §§ 709 Abs. 1, 714 BGB) oder einzelnen Vertretern, denen die (alleinige) Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis durch Gesetz oder entsprechende Bestimmung im Gesellschaftsvertrag eingeräumt worden ist (vgl. § 125 Abs. 1 HGB, § 710 S. 1 BGB), definiert. Ist er erst einmal kundgetan, sind die Gesellschafter einer Personengesellschaft wie die Mitglieder einer Körperschaft an die der Gesellschaft zurechenbare Entscheidung gebunden. Die Gesellschafter unterwerfen sich also auch hier einem fokussierten Willen und dem Handeln der Gesellschaft. Das gilt umso mehr, sofern einzelnen Gesellschaftern die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis, d. h. de facto das Recht auf Bestimmung des Gesellschaftswillens, übertragen wurde. Zwar können diese Befugnisse durch die übrigen Gesellschafter weitgehend frei widerrufen werden, doch ist auch diese Möglichkeit keinesfalls auf das Personengesellschaftsrecht beschränkt. Diese Kernkompetenz existiert, wenn auch in leicht abgewandelter Form, ebenso im Recht 304
Der von v. Gierke vertretene „Sphärenansatz“ kann unabhängig hiervon auch schon im Grundsatz wenig überzeugen, scheint er doch arg gekünstelt zu sein. Nach dem Willen der Gesellschafter schließen diese mit dem Gesellschaftsvertrag primär einen privatrechtlichen Vertrag ab, der die Entstehung der Gesellschaft zur Folge hat. Dieser Gesellschaft soll ein Vermögen zur freien, von dem einzelnen Gesellschafter losgelösten Disposition stehen. In diesem Rahmen von der freiwilligen Beschränkung der individuellen Freiheit (bzw. Sphäre) zu sprechen, scheint konstruiert und die tatsächlichen, im Kern einfachen Strukturen der Gesamthand zu verschleiern. Siehe hierzu auch unten S. 316 ff. 305 v. Gierke, Das deutsche Genossenschaftsrecht, S. 36 ff. 306 v. Gierke, Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Rechtsprechung, S. 568.
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D. Die dogmatische Struktur der Personengesellschaften
der Gesellschaften mbH und Aktiengesellschaften, in denen der Gesellschafter- bzw. Hauptversammlung stets die Macht verbleibt, die willensbildenden Organe abzuberufen bzw. deren Absetzung zu erzwingen. Es ist kein Grund ersichtlich, diese, im Ergebnis weitgehend frei gestaltbaren, Grundzüge der Willensbildung als unerlässliche Merkmale des einen oder anderen Gesellschaftstypus zu betrachten. Der Wortlaut des Gesetzes, sofern man die Personengesellschaften im Sinne der Gruppenlehre überhaupt als Ausdruck der Grundnormen der §§ 705 ff. BGB versteht, wie auch die Wahrnehmung der Willensbildung in den verschiedenen Gesellschaftsformen durch den Rechtsverkehr geben hierzu keine zwingende Veranlassung. Hieran ändert auch der Grundsatz der Selbstorganschaft in Personengesellschaften und der Fremdorganschaft in Körperschaften nichts. Für erstere mögen im Hinblick auf die persönliche Haftung der Gesellschafter gute Gründe sprechen, zwingend ist das Prinzip der Selbstorganschaft hingegen nicht.307 (d) Unterscheidung von Satzung und Gesellschaftsvertrag Schwierigkeiten bereitet der Gruppenlehre auch die Begründung der unterschiedlichen Wirkung von Gesellschaftsverträgen in Personengesellschaften und Satzungen der Körperschaften. Gesellschaftsvertrag und Satzung beruhen beide auf dem privatrechtlichen Vertragsschluss der Gesellschafter, doch ist nach der überwiegenden Auffassung in Literatur und Rechtsprechung nach Entstehung der jeweiligen Gesellschaft zu differenzieren. Nach allgemeiner Auffassung verselbstständigt sich in Körperschaften die Satzung von ihren Mitgliedern bzw. ist diese lediglich Gegenstand der Gründervereinbarung308. Die „modifizierte Normentheorie“309 versteht die Satzung als ein durch „organisationsrechtliche Elemente geprägtes Rechtsgeschäft besonderer Art (Organisationsvertrag).“310 Sie soll einerseits Grundlage für schuldrechtliche Beziehungen zwischen den einzelnen Gesellschaftern sein, andererseits das Fundament für die neue, selbstständige und abstrahierte Willenseinheit „Gesellschaft“ bilden. Die Satzung regelt und definiert die innere Organisation der Körperschaften und macht sie als solche, vom Mitgliederstamm – zumindest teilweise311 – unabhängig, lebensfähig. Trotz den ebenfalls vorhandenen schuldrechtlichen Wirkungen312 zwischen den Mitgliedern soll sich indes nur die Satzung mit Entstehung der abstrahierten Gesellschaft von den einzelnen Gesell307 Vgl. Bergmann, Die fremdorganschaftlich verfasste offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft und BGB-Gesellschaft als Problem des allgemeinen Verbandsrechts. Siehe hierzu auch noch unten S. 311 ff. 308 Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/2, S. 317. 309 An dieser Stelle soll auf eine ausführliche Darstellung der reinen Vertragstheorie sowie der von v. Gierke entwickelten klassischen Normentheorie verzichtet werden. Zur Kritik bezüglich dieser Theorien siehe Heinze, in: MüKoGmbH, 3. Aufl. 2018, § 2 Rn. 8. 310 Heinze, in: MüKoGmbH, 3. Aufl. 2018, § 2 Rn. 7. 311 Eine dauerhafte Kein-Mann-GmbH oder -AG kann es trotz der Verselbstständigung der Gesellschaft wohl kaum geben. 312 BGHZ 65, 15, 18 = NJW 1976, 191; 103, 184, 194 f. = NJW 1988, 1579, 1581; 129, 136, 142 = NJW 1995, 1739, 1741.
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schaftern ablösen. Sie erhebt sich zur objektivierten Verfassung der Gesellschaft mit „unabhängige[m] rechtliche[m] Eigenleben“, welchem sich die (Neu-)Gesellschafter unterwerfen müssten. Gleichzeitig treten der Wille und die Interessen der einzelnen Gesellschafter zugunsten des Gesellschaftszwecks in den Hintergrund.313 Daher entfaltet die Satzung nach der modifizierten Normentheorie als objektives Recht auch stets Wirkung gegenüber Dritten, d. h. ist von jedermann zu beachten.314 Demgegenüber werden dem Gesellschaftsvertrag in Personengesellschaften keine derart weitreichenden Wirkungen beigemessen.315 Dieser soll zwar eine gewisse abstrahierende Wirkung haben, da durch ihn die rechtsfähige, im Rechtsverkehr wahrnehmbare Gesellschaft überhaupt erst zu existieren beginnt. Das Maß der Verselbstständigung von Satzungen erreicht er nicht. Vielmehr dominieren nach der Gruppenlehre die schuldrechtlichen Beziehungen zwischen den Gesellschaftern die Rechtsgrundlage der Personengesellschaften. Er wird nicht zur Verfassung der Gesellschaft, d. h. von dieser objektiviert als Rechtsgrundlage vereinnahmt, sondern bleibt ein Vertrag zwischen den Gesellschaftern. Im Gegensatz zu den Anforderungen in Gesellschaften mit satzungsmäßiger Grundlage ist demnach für Veränderungen des Rechtsverhältnisses, welche die Rechtsposition der Gesellschafter als Mitglieder berühren, im Grundsatz auch die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich. Eine Differenzierung und trennscharfe Abgrenzung hinsichtlich des Verhältnisses der Satzung einer Körperschaft bzw. des Gesellschaftsvertrags einer Personengesellschaft zu dem jeweiligen Gesellschafterstamm kann allerdings nicht überzeugend durchgehalten werden.316 Wie die Satzung enthält der gewöhnliche Gesellschaftsvertrag im Sinne des § 705 BGB nicht nur schuldrechtliche, sondern auch organisationsrechtliche Elemente, die überindividuelle Wirkung entfalten. Die Personengesellschaft tritt hierauf aufbauend im Außenverhältnis als eine für Dritte wahrnehmbare und rechtsfähige Einheit auf und ist Träger des Gesellschaftsvermögens. Ein Unterschied zur Wahrnehmung von Aktiengesellschaft, Gesellschaft mbH oder eingetragenem Verein ist auf Grundlage der Gruppenlehre nicht ersichtlich. Das spricht bereits dafür, dem Gesellschaftsvertrag der (vermeintlichen) Gesamthandsgesellschaften im Außenverhältnis eine identische verselbstständigende Wirkung beizumessen wie den Körperschaftsverfassungen. Das Verhältnis der Gesellschafter zum Vertrag im Innenverhältnis muss hiervon freilich unabhängig beurteilt werden. Entgegen den Zusammenhängen in den Per313
Ständige Rechtsprechung RGZ 165, 140, 143; BGHZ 47, 172, 179 = NJW 1967, 1268, 1271; BGHZ 21, 370, 373 = NJW 1956, 1793; Schäfer, in: Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, § 2 GmbHG Rn. 4. 314 M.w.N. Heinze, in: MüKoGmbH, 3. Aufl. 2018, § 2 Rn. 7. 315 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 8 IV 2 a), b), e); Wiedemann, Zur Selbstständigkeit der BGB-Gesellschaft, in: Festschrift für Alfred Kellermann, S. 529 (531 f.); Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 95. 316 Vgl. hierzu auch Raiser, Gesamthand und juristische Person im Licht des neuen Umwandlungsrechts, AcP 1994, S. 495 (506 f.).
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sonengesellschaften soll sich die Satzung einer Gesellschaft mbH oder Aktiengesellschaft vom Mitgliederkreis vollends lösen. Sie formt die innere Organisation der Gesellschaft aus, die sodann durch entsprechende Beschlüsse der Gesellschafter weiter konkretisiert wird.317 Diesen Effekt nicht auch einem Personengesellschaftsvertrag beimessen zu wollen, erscheint nicht schlüssig. Die Unterschiede zwischen den verschiedenen Gesellschaftstypen halten sich bei näherer Betrachtung faktisch stark in Grenzen. Die Existenz von Rechtsbeziehungen und Ansprüchen unter den Gesellschaftern in Aktiengesellschaften oder Gesellschaften mbH ist gemeinhin anerkannt.318 Der Umfang dieser Beziehungen korreliert mit der Realstruktur des jeweiligen Verbandes.319 Die gewählte Rechtsform spielt keine Rolle. Eine solche Annahme würde die Privatautonomie über das zulässige Maß hinaus einschränken: Es ist keine Rechtfertigung dafür ersichtlich, potenziellen Gesellschaftsgründern, die ihre persönliche Haftung beschränken wollen, die Gründung einer GmbH zu verbieten, wenn diese einvernehmlich vom Bestehen weitreichender Treue- und Handlungspflichten ausgehen. Die schuldrechtlichen, zwischen den Gesellschaftern bestehenden Rechtsbeziehungen entfallen demnach während des Bestands einer Gesellschaft mit satzungsmäßiger Verfassung ebenfalls nicht. Die Existenz von schuldrechtlichen Beziehungen zwischen den Gesellschaftern von Personengesellschaften kann demnach nicht pauschal als Argument für die Ablehnung einer Verselbstständigung der Gesellschaftsverträge in Personengesellschaften herangezogen werden. Sowohl Satzungen als auch Gesellschaftsverträge erschaffen „eine die Subjekte koordinierende Organisation“320. Jener verselbstständigende Satzungscharakter des Gesellschaftsvertrages kann unter Zugrundelegung der Gruppenlehre kaum geleugnet werden.321 Gerade die Herausarbeitung jener Auswirkungen ist eine Errungenschaft dieser Lehre, welche die Personengesellschaften überhaupt erst sinnvoll von Gesellschaften im Sinne der römischen societas abzugrenzen vermögen. Letztere beruhten tatsächlich auf einem rein schuldrechtlichen Zusammenschluss der Gesellschafter, bei dem keine rechtsfähige „Einheit“ entstanden ist. Dies war den universitas vorbehalten.322 Im Gegensatz zur Rechtsgrundlage der societas erschafft der Gesellschaftsvertrag der Gruppenlehre zufolge faktisch eine über den Gesellschaftern stehende gesellschaftsrechtliche Dimension, deren konkrete Ausgestaltung 317
Ständige Rechtsprechung RGZ 165, 140, 143; BGHZ 47, 172, 179 = NJW 1967, 1268, 1271; BGHZ 21, 370, 373 f. = NJW 1956, 1793; Schäfer, in: Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, § 2 GmbHG Rn. 4. 318 BGHZ 65, 15, 18 = NJW 1976, 191; 103, 184, 194 f. = NJW 1988, 1579, 1581; 129, 136, 142 = NJW 1995, 1739, 1741. 319 Raiser, Gesamthand und juristische Person im Licht des neuen Umwandlungsrechts, AcP 1994, S. 495 (506). 320 Wandt, Das Innenrecht der (teil-)rechtsfähigen BGB-Gesellschaft, S. 134. 321 So auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 5 I 1; Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 95. 322 Siehe hierzu S. 168 f.
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nach Entstehung der Gesellschaft vom Inhalt des Gesellschaftsvertrages bestimmt wird. Die Gesellschafter sind hieran im selben Maße gebunden wie die Mitglieder in GmbH und AG. Spätestens mit der Anerkennung der Möglichkeit, die Beteiligung an Personengesellschaften durch Abtretung im Sinne der §§ 398 ff. BGB zu übertragen, sind die vermeintlichen Unterschiede vollends nivelliert. Die Übernahme eines Anteils bzw. einer Mitgliedschaft verleiht dem Erwerber schließlich keine Befugnis, den Gesellschaftsvertrag nach eigenen Vorstellungen zu verändern. Der Inhalt des Vertrages erscheint diesem vielmehr als gesetztes Verbandsrecht, welches er hinzunehmen hat, sofern er an der Gesellschaft partizipieren möchte. Das wird insbesondere im Rahmen der rechtlichen Aufarbeitung von Publikumspersonengesellschaften mit ihrem schnell wechselnden Mitgliederstamm sowie in solchen Fällen deutlich, in denen kein Gründungsgesellschafter mehr in der Personengesellschaft vorhanden ist. Grundsätzlich werden die ursprünglichen Absprachen der Initiatoren bzw. Gründer mit Vertragsschluss zum Inhalt des Gesellschaftsvertrages. Übertragen die Gründer ihre Beteiligungen durch Abtretung auf Dritte, wird den neuen Gesellschaftern dieser Inhalt als ein feststehender, verbandsrechtlicher Rahmen angeboten, dem sie sich mit dem Eintritt unterwerfen können. Der vermeintlich primär schuldrechtliche Vertrag begegnet den neuen Gesellschaftern auch hier faktisch als objektiviertes Recht: Treten die Gründungsgesellschafter A, B und C ihre gesamte Beteiligung an der ABC-GbR im selben Zeitpunkt an D, E und F ab, ist nur schwer verständlich, wie das gesamte personelle Substrat der Gesellschaft, trotz fehlender Verselbstständigung der Gesellschaft und des Gesellschaftsvertrages von A, B und C, bei fortbestehender Identität der Gesellschaft durch bloße Abtretungen ausgetauscht werden kann. A, B und C sollen den Gesellschaftsvertrag prägen und definieren, ihn aber gleichzeitig ohne Änderung auf die eintretenden D, E und F nach den §§ 398 ff. BGB übertragen können. Das ist ohne Annahme eines losgelösten Gesellschaftsvertrages, dem sich die einzelnen Mitglieder lediglich unterwerfen, nur schwer vorstellbar.323 cc) Zusammenfassung zur allgemeinen Kritik an der Gruppenlehre Die Zulässigkeit eines Erwerbs eigener Anteile in Personengesellschaften muss auf Grundlage der herrschenden Gruppenlehre mangels Abstraktion der Gesellschaft von ihrem Gesellschafterkreis abgelehnt werden. Sie geht von dem konstitutiven Charakter der individuellen Beteiligungen aus, die in ihrer Summe das Fundament jeder Personengesellschaft erschaffen. Die enge Verzahnung von rechtsfähiger und im Rechtsverkehr wahrnehmbarer Einheit und den dahinterstehenden Gesellschaftern wird in besonderem Maße deutlich, sofern man mit v. Gierke die Gesellschaft als beschränkende Kumulation von Teilausschnitten der Individualsphären der einzelnen Gesellschafter zur Gesamtsphäre betrachtet. Diese Vorstellung mag wenig dem 323 Zur Kritik an der Einordnung der Mitgliedschaft nach der herrschenden Auffassung sowie der damit verbundenen Problematik der Übertragungsmodalitäten siehe auch oben S. 38 ff.
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Vorstellungsbild heutiger Personengesellschafter entsprechen, ist indessen fähig, die von den Gesellschaftern abhängige Struktur der Personengesellschaften zu erklären. Gleichsam ist auch die Gruppenlehre, deren Auswirkungen auf die praktische Anwendung in Anbetracht der Bedürfnisse des Rechtsverkehrs heute freilich unumgänglich erscheinen, nicht frei von Kritik. Bereits bei oberflächlicher Betrachtung des Personengesellschaftsrechts erscheinen die Unterschiede zu der Struktur der Körperschaft eher idealisierter denn rechtsdogmatisch zwingender Natur. Die Wesenszüge beider Gesellschaftszweige haben sich weitgehend angenähert bzw. sind zumindest einer solchen Annäherung zugänglich. Bei genauerer Betrachtung muss gar bezweifelt werden, ob die heutige Dogmatik zum Personengesellschaftsrecht überhaupt noch als Interpretation der Gesamthandslehre verstanden werden kann: Im Fall der Betonung des Gesamthandscharakters gerät die Gruppenlehre unweigerlich in Konflikt mit der gesetzlichen Kohärenz, denn eine uneingeschränkte Übertragung der Gruppenlehre auf die Erbengemeinschaften und ehelichen Gütergemeinschaften des deutschen Zivilrechts verbietet sich offensichtlich. Rückt man hingegen den organisationsrechtlichen Charakter des Gesellschaftsvertrages hervor, scheint die Bedeutung des vermeintlich revolutionären germanistischen Rechtsprinzips für die Struktur der Personengesellschaften lediglich von gering(st)er Bedeutung. Im weiteren Verlauf dieser Arbeit wird sich, unter besonderer Berücksichtigung der Anforderungen und Anschauungen des Rechtsverkehrs, darüber hinaus im Rahmen einer detaillierten Untersuchung der Vereinbarkeit des heutigen Personengesellschaftsrechts mit der Idee der Gesamthand gar offenbaren, dass jenes Prinzip faktisch überwunden ist und kaum noch als dogmatische Grundlage zur Konstruktion der Struktur von BGB-Gesellschaft, offener Handels- und Kommanditgesellschaft herangezogen werden kann. 2. Die traditionellen „Vermögenslehren“ Insbesondere unter Berücksichtigung der Kritikpunkte an der Gruppenlehre stellt sich die Frage, ob nicht andere dogmatische Ansätze die Struktur des Gesamthandsprinzips bzw. des Personengesellschaftsrechts konsistent abbilden können. Der erste Blick fällt natürlich auf die zweite große Schule der Gesamthandsdogmatik, die traditionellen Vermögenslehren. Diese sind keine längst überwundenen Lehren aus weit zurückliegender Zeit, sondern wurden noch im ausgehenden 20. Jahrhundert von einer Vielzahl von Autoren324 und auch über das wegweisende Urteil des BGH 324
Huber, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Personalgesellschaften des Handelsrechts, S. 89 ff.; Harm Peter Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit im Recht der Personengesellschaften, S. 138 f.; Rittner, Die werdende juristische Person, S. 251, 257; L. Fischer, Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts; R. Fischer, Neue Wege im Recht der Personengesellschaften? Eine Besprechung des Buches „Die Personengesellschaft“ von Werner Flume, ZGR 1979, S. 251; Martinek, Repräsentantenhaftung, S. 64 f., 77 ff., 95 ff.; Weber-Grellet, Die Gesamthand – ein Mysterienspiel?, AcP 1982, S. 316; Zöllner, Rechtssubjektivität von Personengesellschaften?, in: Festschrift für Joachim Gernhuber,
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vom 29. 01. 2001325 hinaus326 in verschiedenen Ausprägungen vertreten. Ausgangspunkt dieser Lehre ist, dass durch Gründung einer gesamthänderischen Gemeinschaft kein neues, von den Gesellschaftern teilweise verselbstständigtes Rechtssubjekt entsteht, sondern die Gesamthänder selbst alleinige Bezugspunkte im Außenverhältnis, ggf. unter einheitlicher Bezeichnung, bleiben. Das Gesamthandsprinzip entfaltet nach dieser Lehre lediglich hinsichtlich der Vermögensverhältnisse bzw. der dinglichen Zuordnung seine spezifischen Auswirkungen. Auch heute kann sich diese Ansicht in besonderem Maße auf den Wortlaut des BGB stützen, der insoweit noch immer auf eine umfassende Reformierung im Sinne der heute auch vom BGH vertretenen Doktrin wartet. Die traditionelle Vermögenslehre ist dabei keinesfalls einheitlicher Natur, sondern tritt in verschiedenen Schattierungen zu Tage. Im Folgenden sollen wichtige Vertreter dieser Lehre genauer analysiert und anhand des bereits oben327 angewandten Maßstabs bewertet werden. S. 563; Zöllner, Grundsatzüberlegungen zur umfassenden Umstrukturierbarkeit der Gesellschaftsformen nach dem Umwandlungsgesetz, in: Festschrift für Carsten Peter Claussen, S. 423; Zöllner, Rechtsfähigkeit der BGB-Gesellschaft – ein Sachverständnis- oder Kommunikationsproblem, in: Festschrift für Alfons Kraft, S. 701; A. Hueck, Das Recht der offenen Handelsgesellschaft, 4. Aufl., S. 32; G. Hueck, Drei Fragen zur Gesamthandsgesellschaft, in: Festschrift für Wolfgang Zöllner, S. 275; Cordes, Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts auf dem Weg zur juristischen Person?, JZ 1998, S. 545 (545); Berndt/Boin, Zur Rechtsnatur der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, NJW 1998, S. 2854; Kraft/Kreutz, Gesellschaftsrecht, 11. Aufl., S. 130; Raab, Die Haftung der Gesellschafter der Vor-GmbH im System des Gesellschaftsrechts, WM 1999, S. 1596; Ralph Weber, Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts – Begriff, Voraussetzungen, JuS 2000, S. 313. 325 BGH, Urteil vom 29. 01. 2001 – II ZR 331/00, NJW 29. 01. 2001, S. 1056. 326 Peifer, Rechtsfähigkeit und Rechtssubjektivität der Gesamthand – die GbR als oHG?, NZG 2001, S. 296; Heil, Parteifähigkeit der Gbr – der Durchbruch der Gruppenlehre?, NZG 2001, S. 300; wohl auch Lüke, Der Bundesgerichtshof zur Parteifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, in: Festschrift für Akira Ishikawa, S. 253; Prütting, Die Parteifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Methodenproblem, in: Festschrift für Herbert Wiedemann, S. 1177; die Entscheidung des BGH vom 29. 01. 2001 als „contra legem“ bezeichnend: Prütting, Gesellschaft bürgerlichen Rechts, EWiR 2001, S. 341 (342); die Gruppenlehre bezüglich der Gesellschaft bürgerlichen Rechts unter Berücksichtigung der Vorgaben durch das Gesetz ablehnend Canaris, Die Übertragung des Regelungsmodells der §§ 125 – 130 HGB auf die Gesellschaft bürgerlichen Rechts als unzulässige Rechtsfortbildung contra legem, ZGR 2004, S. 69; Beuthien, Zur Systemvergessenheit im deutschen Gesellschaftsrecht, JZ 2003, S. 969 (977); wohl unentschlossen („Das Gesellschaftsvermögen ist ein der rechtsfähigen Gesellschaft bzw. ein den Gesellschaftern gemeinschaftlich zustehendes Sondervermögen, das von den Privatvermögen der einzelnen Gesellschafter strikt getrennt ist.“), tendenziell aber noch immer der traditionellen Lehre zugeneigt Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht, 6. Aufl., § 6 I 2, III 1, 4 c; selbst K. Schmidt, flammender Vertreter der Gruppenlehre, hält das Recht der Personengesellschaften auch nach dem Urteil „ARGE Weißes Ross“, vgl. K. Schmidt, „Anwachsung“: Was ist das, und … gibt es das noch?, in: Festschrift für Ulrich Huber, S. 968 (970); wohl auch noch immer v. Falkenhausen/H.C. Schneider, in: MünchHdb. GesR II, 4. Aufl. 2014, § 20 Rn. 2. 327 Siehe oben S. 188 ff.
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a) Die „ungeteilte Gesamtberechtigung“ der Gesamthänder aa) Philipp Carl Scherers Untersuchung der ehelichen Gütergemeinschaft Philipp Carl Scherer entwickelte im Rahmen der Untersuchung der Eigenheiten einer (allgemeinen) ehelichen Gütergemeinschaft ein eigenständiges Modell für die Gesamthandsgemeinschaften, wobei seine Arbeit die vermögensrechtlichen Auswirkungen der Gesamthandsgemeinschaften betont. Demgegenüber reduzieren sich seine Ausführungen zu der personenrechtlichen Komponente sowie dem Einfluss der persönlichen Beziehungen unter den Eheleuten auf die Darstellung der Rechte und Pflichten der Ehegatten. Diese können für den hier interessierenden Kontext nur bedingt fruchtbar gemacht werden. Trotz der Beschränkung seiner Ausführungen auf die eheliche Gütergemeinschaft kann seine Arbeit zumindest im Grundsatz für allgemeinere Folgerungen auch für die Personengesellschaften herangezogen werden, denn diese unterscheiden sich nach seiner Auffassung lediglich im jeweils verfolgten Zweck.328 In der Tat erscheint seine Arbeit zur ehelichen Gütergemeinschaft verallgemeinerungsfähig, denn sie beruht329 wie andere gesamthänderische Strukturen auf der Verrechtlichung tatsächlich gelebter gesellschaftlicher Phänomene. Sind gleichartige Strukturen aber in verschiedenen Kontexten nachzuweisen, sind keine Gründe ersichtlich, Ausführungen zur ehelichen Gütergemeinschaft als einer Ausprägung dieser gesamthänderischer Strukturen nicht zu generalisieren und auf andere Gemeinschaften zu übertragen.330 Nach Scherers Ansicht hat die Einbringung von Rechten in das gemeinschaftliche Vermögen den Verlust der alleinigen Inhaberschaft – im Fall der Einbringung von Eigentum: den Verlust von alleinigem Privateigentum – als immanenten Bestandteil des Gesamthandsprinzips zur Folge.331 Die Ehegatten seien nicht mit ideellen Anteilen an den Vermögensgütern beteiligt. Vielmehr stehe den Beteiligten ein zum Vermögen gehöriges Recht „unzertrennt“ und „ungetheilt“ zu – sie seien beide vollumfängliche „Herren derselben“ Rechte.332 Spiegelbildlich hierzu haften die Gesamthänder auch für gemeinschaftliche Schulden: Die Schutzwürdigkeit der Gläubiger verlange gerade die umfassende Haftung des Gemeinschaftsvermögens sowie etwaigem zurückbehaltenen Vermögens der Ehegatten. Die ungeschickte Formulierung Scherers, die Ehegatten hätten „auch hieran Theil“, welche scheinbar nicht mit seinen einleitenden Worten bezüglich der Gütergemeinschaft in Einklang zu bringen ist, darf in diesem Zusammenhang nicht wortwörtlich verstanden werden:
328 329 330 331 332
Scherer, Die verworrene Lehre der ehelichen Güter-Gemeinschaft, S. 1. Scherer, Die verworrene Lehre der ehelichen Güter-Gemeinschaft, S. 2. Scherer, Die verworrene Lehre der ehelichen Güter-Gemeinschaft, S. 1 ff. Scherer, Die verworrene Lehre der ehelichen Güter-Gemeinschaft, S. 122. Scherer, Die verworrene Lehre der ehelichen Güter-Gemeinschaft, S. 128.
II. Abstraktionsgrad der Personengesellschaften von ihren Gesellschaftern
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Nicht ein ideeller Anteil an der Schuld, sondern die Schuld als einheitliche Verpflichtung belastet beide Ehegatten zu gleicher Zeit und in voller Höhe.333 Nach der Auffassung Scherers sind die zum gemeinschaftlichen Vermögen gehörenden Aktiva und Passiva damit zur gleichen Zeit mehreren Vermögensträgern im Gesamten zugeordnet. Die Ehegatten und, übertragen auf Gesamthandsgesellschaften die Gesellschafter, sind als alleinige Träger des Vermögens anzusehen – sie allein sind die rechtlich relevanten Rechtssubjekte in gesamthänderisch strukturierten Verbänden. Ein übergeordneter Verband existiere hingegen nicht. Wegen der gleichzeitigen Inhaberschaft mehrerer Personen ist der gesamthänderische Verbund aber auch eine Gemeinschaft der wechselseitigen Beschränkung. Eingriffe Dritter können sie jederzeit abwehren, im Innenverhältnis müssen sie die Nutzung einzelner Gegenstände durch den Partner jedoch dulden, sofern das Vermögen dadurch nicht geschmälert wird. Jegliche Verfügungsmacht, welche bis zur Entstehung der gesamthänderischen Gemeinschaft am eigenen Gut ohne Einschränkungen noch Bestand hatte, ist den Beteiligten faktisch entzogen, da eine derartige Verfügung nunmehr nicht mehr ausschließlich den eigenen Rechtskreis, sondern im gleichen Maße die Sphäre des anderen Gesamthänders bzw. der anderen Gesamthänder berührt.334 Geschäfte, welche das gemeinschaftliche Vermögen berühren, erfordern nunmehr stets die Einwilligung jedes Gemeinschaftsakteurs. Die zuvor vollumfängliche Rechtsmacht des Rechteinhabers verkommt während des Bestehens der Gemeinschaft zu einem nullum. Ein Widerspruch, den schon Hasse umfassend kritisierte.335 Anderweitige Übungen, welche das Prinzip der gleichzeitigen und gleichberechtigten Inhaberschaft zugunsten des Mannes ad absurdum führen,336 beruhen meist auf einem aus heutiger Sicht längst überholten Rollenverständnis und können im Folgenden außer Betracht bleiben. Allerdings vermag die Tatsache, dass einige Rechtsordnungen der Frau trotz ihrer grundsätzlich benachteiligten Stellung die Möglichkeit einräumten, zu Lasten des gemeinschaftlichen Vermögens Verpflichtungen einzugehen337, ein weiterer Nachweis für die umfassende Flexibilität der gesamthänderischen Struktur zu sein. Das dem Gesamthandsprinzip innewohnende Anwachsungsprinzip reduziert sich nach Scherers Ansatz damit allein auf den Wegfall der Beschränkung der eigenen Rechtsstellung durch die gleichförmige Rechtsmacht des anderen Ehegatten.338 Da beide Ehegatten schon vor diesem Zeitpunkt zur gleichen Zeit vollumfänglicher Inhaber jedes einzelnen Rechts sind, bedarf es zur fortgesetzten Herrschaft über jene Rechte keines weiteren Übertragungsaktes. Im Fall einer vorherigen Trennung wird 333
Scherer, Die verworrene Lehre der ehelichen Güter-Gemeinschaft, S. 147 f. Hierzu einige Beispiele aus unterschiedlichen deutschen Rechtsordnungen: Scherer, Die verworrene Lehre der ehelichen Güter-Gemeinschaft, S. 128 ff. 335 Vgl. unten S. 227 ff. 336 Scherer, Die verworrene Lehre der ehelichen Güter-Gemeinschaft, S. 131 ff., 139 ff. 337 Scherer, Die verworrene Lehre der ehelichen Güter-Gemeinschaft, S. 143. 338 Scherer, Die verworrene Lehre der ehelichen Güter-Gemeinschaft, S. 175 ff. 334
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das gemeinschaftliche Vermögen geteilt.339 Den Ausschluss der freien Vererbbarkeit an Dritte – und darüber hinaus: die Verdrängung allgemeiner erbrechtlicher Regeln durch das Anwachsungsprinzip340 – rechtfertigt Scherer zum einen mit den besonderen deutschrechtlichen Eigentümlichkeiten. Es müsse losgelöst von einem streng römischrechtlichen Verständnis gedeutet werden. Zum anderen erkläre sich der allein nach dem Recht der allgemeinen Gütergemeinschaft zu bewertende Vermögensübergang aus der innigen Beziehung der Eheleute und der bereits während der Ehe bestehenden Widmung des gemeinschaftlichen Vermögens zur Bestreitung des gemeinsamen Lebensunterhalts. Anderweitige zu Lebzeiten beider geschlossene Abreden blieben freilich auch von dieser Regelung unberührt.341 Dieser zu den ehelichen Gütergemeinschaften entwickelte Ansatz ließe sich im Wege einer Verallgemeinerung auch auf anderweitige Gesamthandsgesellschaften übertragen: Die Gesellschafter sind hiernach allesamt zur gleichen Zeit Inhaber jeglicher zum Vermögen gehörenden Rechte und Schuldner der dazugehörigen Pflichten. Durch die gleichlaufende Rechtsmacht der Mitgesellschafter ist die Ausübung der Herrschaftsmacht eines einzelnen Gesellschafters während des Bestehens der Gemeinschaft faktisch vollumfänglich gehemmt. Dies gilt, das Fehlen anderweitiger Vereinbarungen vorausgesetzt, bis zum Wegfall des letzten Mitgesellschafters. Die unbeschränkte Verfügungsmacht wird bis zu diesem Zeitpunkt allerdings nicht anteilig freigegeben. Vielmehr sinken allein die Hürden für eine dem eigenen Willen entsprechenden Verfügung, da mit jedem Ausscheiden eines Gesellschafters die Zahl der einem gemeinsamen Konsens potenziell gegenläufigen Interessen sinkt. Mit Reduktion des Gesellschafterbestandes auf eine Person erlischt die Gesamthandsgesellschaft sodann im Gesamten. Der letzte verbleibende Gesellschafter wird in diesem Fall kraft Anwachsung zum alleinigen Inhaber des verbleibenden, bisher zu diesem Zeitpunkt gemeinschaftlichen Vermögens sowie alleiniger Schuldner der Gemeinschaftsverbindlichkeiten. bb) Die Gesamthand nach Andreas v. Tuhr Die Arbeiten Andreas von Tuhrs können als Sinnbild der Unsicherheiten herhalten, welche die dogmatische Herleitung und Beschreibung des gesamthänderischen Prinzips in der rechtwissenschaftlichen Literatur und Rechtsprechung lange Zeit dominierten und noch heute prägen. Er kombinierte in seiner stark vermögensorientierten Arbeit Elemente des strikten Dualismus von natürlicher und juristischer Person sowie der Aufteilung eines Rechts auf mehrerer Subjekte mit dem auf v. Gierke zurückgehenden Modell der Vermögensträgerschaft eines durch personenrechtliche Elemente konstituierten Personenverbands. Die Verschmelzung dieser beiden Elemente gelingt nur bedingt. 339 340 341
Scherer, Die verworrene Lehre der ehelichen Güter-Gemeinschaft, S. 183. Scherer, Die verworrene Lehre der ehelichen Güter-Gemeinschaft, S. 189 f. Scherer, Die verworrene Lehre der ehelichen Güter-Gemeinschaft, 182 ff., 278.
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v. Tuhrs Arbeit verfolgt wie Scherers Untersuchungen einen weitgehend vermögensorientierten Ansatz. Dem Rechtsverhältnis der Gesamthänder untereinander schenkt er nur sehr beschränkt Beachtung. Jenes ist nach v. Tuhr neben der vermögensrechtlichen Komponente Grundlage für gewisse obligatorische Rechte sowie der Rechtsmacht, Mitwirkung bei der Auseinandersetzung im Fall der Auflösung der Gemeinschaft zu verlangen.342 Die Regeln der Gesamthand determinierten, vergleichbar den gesetzlichen Regelungen zum Sondergut eines Vermögensträgers, allerdings primär das besondere Verhältnis einer Person bzw. mehrerer Personen zu einem einzelnen Recht bzw. Vermögen. Nach v. Tuhr kann ein Recht aufgrund des Gesamthandsprinzips mehreren Personen zur gleichen Zeit und im gleichen Maße als dessen Vermögensträgern zugeordnet sein. Ein von der Gesamthand erfasstes Recht sei allerdings entgegen den Rechten einer Bruchteilsgemeinschaft nicht in verschiedene, selbstständige Rechte aufgeteilt, sondern bliebe stets als Einheit erhalten.343 Dieses Recht sei nicht das alleinige Recht eines einzelnen Gesamthänders, sondern das Recht aller Gesamthänder. Es handele sich hierbei um „ein Recht mit mehreren Subjekten“344 und damit um eine unmittelbare Beteiligung der Gesamthänder, welche „nur in anderer Weise“345 als bei der Bruchteilsgemeinschaft ausgestaltet sei. Eine gesamthänderische Forderung „habe“ daher zwei Gläubiger, stelle ein ungeteiltes „gemeinsames Recht der im Gesamthandsverhältnis stehenden Personen dar“346. v. Tuhr möchte die Gesamthänder somit, übereinstimmend mit Scherer, zusammen „als Inhaber des gemeinsamen Vermögens verstehen“347. Verfügungen können folgerichtig nur durch alle Gesamthänder zusammen oder aufgrund der Entscheidung eines Vertreters bzw. mehrerer von diesen bestimmten Vertretern getroffen werden.348 Mit Blick auf die Kritik Sohms349 an der Theorie einer gleichzeitigen Berechtigung ohne quotale Aufteilung fragte er vielsagend, was denn die Rechtsordnung daran hindere, „statt wie sonst dem Willen eines Menschen Herrschaft zu verleihen, für gewisse Rechtsbeziehungen [Anm.: Rechteinhaberschaft] den übereinstimmenden Willen zweier Menschen als maßgebend anzusehen?“350
342
Tuhr, Der Allgemeine Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts, S. 359. Tuhr/Siegwart u. a., Allgemeiner Teil des Schweizerischen Obligationenrechts, 3. Aufl., S. 292. 344 Tuhr, Der Allgemeine Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts, S. 82; Tuhr/Siegwart u. a., Allgemeiner Teil des Schweizerischen Obligationenrechts, 3. Aufl., S. 292. 345 Tuhr, Der Allgemeine Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts, S. 82 f. 346 Tuhr/Siegwart u. a., Allgemeiner Teil des Schweizerischen Obligationenrechts, 3. Aufl., S. 292. 347 Tuhr, Der Allgemeine Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts, S. 80. 348 Tuhr/Siegwart u. a., Allgemeiner Teil des Schweizerischen Obligationenrechts, 3. Aufl., S. 292 f. 349 Sohm, Der Gegenstand. 350 Tuhr, Der Allgemeine Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts, S. 80 Fn. 11. 343
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D. Die dogmatische Struktur der Personengesellschaften
Zur gleichen Zeit versuchte v. Tuhr, dem Rechtsverhältnis zwischen den Gesamthändern Rechnung zu tragen, indem er die Gesamthand als Gruppe der Gesamthänder stärker in den Fokus rückt. So soll trotz seiner These, in der Gesamthand sei ein Recht mehreren Subjekten zugeordnet, „das Gesamthandsvermögen […] keinem der einzelnen Teilhaber, sondern allen zusammen“351 gehören. Das Gesamthandsvermögen sei aufgrund der „Verschiedenheit des Subjekts“352 vollständig vom übrigen Vermögen der Gesamthänder getrennt. Durch diese Formulierung mag der Eindruck entstehen, v. Tuhrs dogmatischer Ansatz zur Durchdringung der Gesamthand entspreche eher der Lehre v. Gierkes, wovon er auch selbst überzeugt ist.353 Dem kann nicht zugestimmt werden. Entgegen seiner Auffassung entspricht sein Konzept keinesfalls der in v. Gierkes354 Werken ausgearbeiteten Dogmatik der Gesamthandsgemeinschaft. v. Gierke versteht die Gesamthand nicht als eine gleichzeitige Vermögensträgerschaft einer Mehrheit von untereinander gebundenen Personen, welche sich ein Recht zu gleicher Zeit in vollem Umfang „teilen“, sondern als übergeordnete rechtsfähige Einheit, welche selbst und allein Trägerin des Vermögens ist. Nach v. Tuhr entstehe dagegen, anders als beim Verein mit eigener juristischer Persönlichkeit, trotz eines bestehenden Rechtsverhältnisses zwischen den Gesamthändern „außer und über den Teilhabern kein weiteres Subjekt“355. Das ist aus Sicht v. Tuhrs nur konsequent, kann nach seiner Auffassung doch nur die natürliche sowie die juristische Person Träger von Rechten sein.356 Für eine rechtsfähige Vereinigung im Sinne v. Gierkes ist hiernach kein Platz. Im Ergebnis vertritt v. Tuhrs Arbeit, auch wenn sich eine Tendenz zur Einordnung der Gesamthand als eine geschlossene, im Rechtsverkehr als Einheit auftretende Gruppe erkennen lässt, im Grundsatz ebenso wie Scherer die Lehre vom ungeteilten und vollumfänglichen Eigentum der Gesamthänder. Die Einordnung seiner Lehre im Sinne der Arbeit v. Gierkes kann nur als Konsequenz einer Fehlinterpretation erklärt werden. Wenn nach Ansicht v. Tuhrs im Dualismus von natürlicher und juristischer Person kein Raum für anders geartete „Subjekte“ existiert, müssen die Gesellschafter Vermögensträger sein. Diese sind nach seiner Auffassung einerseits stets „zusammen“ Träger eines Rechts, andererseits keine bloßen Miteigentümer nach (ideellen) Bruchteilen. v. Tuhr muss daher von der Vorstellung geleitet worden sein, das grundsätzlich vollumfängliche Recht des Gesamthänders werde durch die Anwendung der Regeln der gesamten Hand lediglich eingeschränkt. Die gleichmäßige Berechtigung aller Gesamthänder verwehre demnach die Ausübung der mit dem jeweiligen Recht üblicherweise verbundenen Befugnisse. Nur alle Gesamthänder
351 352 353 354 355 356
Tuhr, Der Allgemeine Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts, S. 348. Tuhr, Der Allgemeine Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts, S. 352. Tuhr, Der Allgemeine Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts, S. 80 Fn. 11. Siehe hierzu oben S. 172 ff. Tuhr, Der Allgemeine Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts, S. 81. Tuhr, Der Allgemeine Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts, S. 369 ff.
II. Abstraktionsgrad der Personengesellschaften von ihren Gesellschaftern
209
„zusammen […] [haben demnach] zum Gesamtvermögen die Stellung, welche im normalen Fall dem Einzelsubjekt zukommt.“357 cc) Die Gesellschaften im engeren Sinne als Ausdruck des „personellen Elements“ Nach Harry Westermann kommt es nur bei Gesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit zu einer Verselbstständigung der Vermögensmassen, d. h. einer Rechtsträgerschaft einer von den Gesellschaftern abstrahierten juristischen Person. Im Gegensatz zu diesen stehe bei den Gesellschaften im engeren Sinne, den Personengesellschaften, das „personelle Element“358, d. h. die rechtsgeschäftliche, grundsätzlich schuldrechtlich359 einzuordnende Verbundenheit der einzelnen Gesellschafter stets im Vordergrund. Diese seien selbst Träger aller Rechte und Pflichten „in ihrer Zusammenfassung“360. Handlungen im Namen der Gesellschaft müssten hiernach in Wirklichkeit als Handlungen im Namen der Gesellschafter angesehen werden.361 Ihre persönliche Haftung gegenüber Dritten erfülle dabei die Garantiefunktion, welche bei den Kapitalgesellschaften durch ein festgesetztes Grund- bzw. Stammkapitel sichergestellt werde.362 Die Vereinigung als solche habe weder eine eigene Rechtspersönlichkeit, noch ist sie rechtsfähig, tritt aber als wahrnehmbare Einheit im Rechtsverkehr auf.363 Letzteres ist Ausdruck des „außerindividualrechtliche[n] Gehalt[s]“ des Gesellschaftsvertrages. Diese Rechtsbeziehungen unter den Gesellschaftern erschöpfen sich hiernach nicht in rein schuldrechtlichen Ausprägungen, sondern werden nach seiner Auffassung durch andere, unter Berücksichtigung der vorhergehenden Ausführungen wohl „personelle“, Elemente ergänzt.364 Die Firma der Personenhandelsgesellschaften, unter der nach § 124 Abs. 1 HGB die Gesellschaft „Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen“ kann, versteht Westermann als bloß „rechtstheoretischen Name[n] der Gesellschafter“365, der aufgrund der regelmäßig vorkommenden, expliziten Nennung 357
Tuhr, Der Allgemeine Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts, S. 358. Harry Westermann, Personengesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 5; das „personelle Element“ bzw. der ebenfalls verwendete Begriff der „Personenbezogenheit“ stellt sich bei genauerer Betrachtung als bloßes Synonym der von anderen Juristen verwendeten Bezeichnung des „personenrechtlichen“ Elements heraus. Der Umschreibung der dogmatischen Strukturen der Gesamthandsgesellschaften sind die zahlreichen Wortschöpfungen wenig dienlich. 359 Harry Westermann, Personengesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 17. 360 Harry Westermann, Personengesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 12. 361 Für die OHG, vgl. Harry Westermann, Personengesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 103. 362 Harry Westermann, Personengesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 15. 363 Harry Westermann, Personengesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 12 f., 17, 248. 364 Die Bezeichnung dieses zusätzlichen „etwas“ ist nicht einheitlich. Zu den benutzten Begriffen vgl. Harry Westermann, Personengesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 19. 365 Harry Westermann, Personengesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 14 f.; Fischer spricht insoweit von einer „rechtstechnischen Erleichterung L. Fischer, Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, S. 56. 358
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D. Die dogmatische Struktur der Personengesellschaften
einzelner Gesellschafter klarer Ausdruck des personenrechtlichen Elementes sei.366 Die Firma diene als rechtliches Mittel, um im Rechtsverkehr einheitlich aufzutreten, ändere aber nichts an der materiellen Rechtslage. Das „personelle Element“ kann nach Auffassung Westermanns sowohl als ein „formelles“ als auch „materiell-funktionelles“ Abgrenzungsmerkmal verstanden werden.367 In formeller Hinsicht diene es lediglich der Bezeichnung von BGB-Gesellschaft, offener Handels- und Kommanditgesellschaft als Personengesellschaft, ohne ein strukturprägendes Merkmal der Gesellschaften im engeren Sinne darzustellen.368 In „materiell-funktioneller“ Hinsicht präge es hingegen den dogmatischen Aufbau der Personengesellschaften und damit die Abgrenzung zur körperschaftlichen Struktur entscheidend: Gegenüber den Verhältnissen in Körperschaften folgt aus der weitergehenden Fokussierung auf die einzelnen Gesellschafter eine enge Verbundenheit zwischen diesen untereinander sowie zur Gemeinschaft im Gesamten. Die hieraus abgeleitete Treuepflicht der Gesellschafter sei in Körperschaften, insbesondere der Aktiengesellschaft, hingegen weit weniger ausgeprägt. Darüber hinaus wirke das personenrechtliche Element in den Aufbau, d. h. die Organisation der Gesellschaft hinein. Eine körperschaftliche Verfassung, welche den „Verband sowohl nach innen als auch nach außen zu einem selbstständigen Ganzen ausgestalt[et]“369, fehle den Personengesellschaften. Daher sei ihnen auch die Fremdorganschaft fremd: Der Gesellschaftsvertrag habe keine der körperschaftlichen Satzung vergleichbare abstrahierende Dimension, die ein Handeln durch Organe möglich mache. Ebenso liege hier der Grund für die wechselseitige Abhängigkeit der Existenz der Gesellschaft vom unveränderten Bestand der Gesellschafter begründet, wobei insbesondere die im BGB für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts vorgesehene Auflösung der Gesellschaft im Fall eines Gesellschafterwechsels oder -wegfalls durch einen Beschluss der Gesellschafter abbedungen und entsprechend den Verhältnissen in offener Handelsgesellschaft sowie Kommanditgesellschaft angenähert werden könne.370 Das Prinzip der gesamthänderischen Bindung des Gesellschaftsvermögens ist nach Ansicht Westermanns das „vermögensrechtliche[.] Spiegelbild der personenrechtlichen Gemeinschaft“. Um dem faktisch einheitlichen Auftreten der Personengesellschaften in vermögensrechtlicher Hinsicht gerecht zu werden, sei das Vermögen den Gesellschaftern „in ihrer Zusammenfassung“ zugeordnet. Darunter versteht er, dass „jeder Gesellschafter Träger aller zum Gesellschaftsvermögen gehörigen Rechte ist, daß aber seine Herrschaftsmacht durch die gleichzeitige
366 367 368 369 370
Harry Westermann, Personengesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 15, 88 ff., 104. Harry Westermann, Personengesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 13 f. Harry Westermann, Personengesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 13. Harry Westermann, Personengesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 16. Harry Westermann, Personengesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 13 ff.
II. Abstraktionsgrad der Personengesellschaften von ihren Gesellschaftern
211
[Rechtsmacht] der übrigen Gesellschafter beschränkt ist.“371 Jeder Gesellschafter ist hiernach zur gleichen Zeit vollumfänglicher Inhaber der einzelnenVermögensrechte. Die Überlagerung der mit einer Inhaberschaft einhergehenden individuellen Rechtsmächte ist Grund für die Beschränkung der Verfügungsbefugnisse und bildet die Kernausprägung der gesamthänderischen Vermögensbindung.372 Durch die Einbringung von Rechten und Pflichten in dieses Gesellschaftsvermögen soll sich die Gesellschaft sodann, in gewisser Abkehr von seinen vorherigen Ausführungen, „gegenüber der Person der Gesellschafter verselbst[ändigen]“373. Die Regeln der Gesamthand bewirken demnach nach Ansicht Westermanns eine partielle, auf die vermögensrechtliche Ebene beschränkte Verselbstständigung, grenzt er die Personengesellschaften doch im anderen Kontext gerade aufgrund der fehlenden Abstraktion des Verbandes von den Körperschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit ab. Die hinter dieser partiellen Verselbstständigung stehenden Vorstellungen werden im Rahmen der Untersuchung der Gesellschaftspassiva besonders deutlich: Diese sind nach Westermanns Ansicht sowohl gesamthänderische als auch gesamtschuldnerische Verbindlichkeiten der Gesellschafter. Beide Haftungsebenen, d. h. die Haftung der Gesellschafter als „Einheit“ auf der einen („Gesamthandsschuld“), als einzelner Gesellschafter auf der anderen Seite („Gesamtschuld“) seien voneinander getrennt zu betrachten und rechtlich separat zu bewerten.374 b) Die Gesamthand als gebundenes Sondervermögen aa) Die Untersuchung der Gesamthand durch Schulze-Osterloh Schulze-Osterlohs Arbeit „Das Prinzip der gesamthänderischen Bindung“ beruht ebenfalls auf einem stark vermögensorientierten Verständnis der Personengesellschaften. Dieses Element der Gesamthandslehre stellt nach seiner Auffassung gerade die einzige Besonderheit gegenüber anderen Gemeinschaften dar.375 Unter Verweis auf den Wortlaut des § 719 Abs. 1 BGB versteht Schulze-Osterloh die Gesamthänder selbst als Träger des Gesellschaftsvermögens, die eine „unmittelbar dingliche Beziehung“ zu selbigem haben.376 Mangels gesetzgeberischer Anordnung der Rechtsfähigkeit solcher Vereinigungen handele es sich bei der Berechtigung der einzelnen Gesellschafter am Gesellschaftsvermögen um kein mitgliedschaftliches 371
Harry Westermann, Personengesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 202; dem zustimmend L. Fischer, Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, S. 56. 372 So auch Fischer, vgl. L. Fischer, Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, S. 57. 373 Harry Westermann, Personengesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 202. 374 Harry Westermann, Personengesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 244a f. Grundsätzlich gilt dies nach seiner Auffassung sowohl für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts als auch für ihre handelsrechtlichen Ausgestaltungen. Die „Einheit“ wird indes durch die Regelungen zur Firma und die §§ 124 ff. HGB bei OHG und KG deutlich stärker betont, treten diese doch aufgrund ihres gesetzlich vorgegebenen Zwecks in der Regel vermehrt im Rechtsverkehr als solche auf. 375 Schulze-Osterloh, Das Prinzip der gesamthänderischen Bindung, S. 1, 29. 376 Schulze-Osterloh, Das Prinzip der gesamthänderischen Bindung, S. 8, 11.
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D. Die dogmatische Struktur der Personengesellschaften
Problem und damit auch nicht um eine durch die Gesellschaftszugehörigkeit lediglich vermittelte Vermögensträgerschaft bzw. „Mitzuständigkeit“.377 Ein von den Gesellschaftern abstrakt gedachter, rechtsfähiger Vermögensträger existiere gerade nicht.378 Die im gemeinschaftlichen Vermögen gebundenen einzelnen Gegenstände bilden in ihrer Gesamtschau vielmehr ein vom Privatvermögen der Gesamthänder getrenntes Vermögen, welches eigenen Rechtsregeln unterliege.379 Jeder Gesellschafter sei Inhaber eines in qualitativer Hinsicht380 gleichwertigen Anteils an jedem zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Gegenstand. Dieser Anteil ist nach Auffassung Schulze-Osterlohs, trotz der aus dem Gesamthandsprinzip fließenden Beschränkung der freien Verfügungsmöglichkeit, subjektives Recht im herkömmlichen Sinne und Ausdruck der unmittelbaren „Mitzuständigkeit“381 der Gesellschafter an einem einzelnen Gegenstand des gemeinsamen Vermögens.382 Abgesehen von dieser Einschränkung existierten im Übrigen in dogmatischer Hinsicht keinerlei Unterschiede zur Rechtsträgerschaft in einer Bruchteilsgemeinschaft im Sinne der §§ 741 ff. BGB. In beiden Mehrpersonenverhältnissen bestehe eine „mehrheitliche Zuständigkeit der Teilhaber“, d. h. eine quotale, unmittelbare Vermögensträgerschaft der Beteiligten.383 Allerdings beschränke sich die gesamthänderische Bindung in der Regel nicht auf einzelne Gegenstände, sondern erfasse ein ganzes Vermögen. Dessen Bestand werde durch den Entzug der Verfügungsbefugnis über Anteile an den einzelnen Gegenständen geschützt.384 Nach Auffassung Schulze-Osterlohs gilt diese Einschätzung nicht nur für die Gesellschaften bürgerlichen Rechts, sondern, trotz des (vermeintlich) entgegenstehenden Wortlauts des § 124 HGB, auch für ihre handelsrechtlichen Erscheinungsformen.385 Rechtfertigung und Grund für diese Beschränkung ist nach Auffassung SchulzeOsterlohs die „übereinstimmende[.] Zweckbestimmung“ durch die Beteiligten.386 Der mit dem Gesellschaftsvermögen gemeinsam verfolgte Zweck ist für ihn das prägende Element der Gesamthandsgemeinschaften. Die Vermögensgegenstände werden dem unbeschränkten Zugriff durch die Gesellschafter entzogen und allein diesem Zweck gewidmet. Dieser sei immer vorhanden: er kann durch vertragliche Vereinbarung festgesetzt oder durch das Gesetz vorgegeben sein. Die gesamthänderische Bindung wirke dabei wie ein dinglicher Schutzmechanismus. Durch Entzug
377 378 379 380 381 382 383 384 385 386
Schulze-Osterloh, Das Prinzip der gesamthänderischen Bindung, S. 74. Schulze-Osterloh, Das Prinzip der gesamthänderischen Bindung, S. 80. Schulze-Osterloh, Das Prinzip der gesamthänderischen Bindung, S. 15. Schulze-Osterloh, Das Prinzip der gesamthänderischen Bindung, S. 18. Schulze-Osterloh, Das Prinzip der gesamthänderischen Bindung, S. 72. Schulze-Osterloh, Das Prinzip der gesamthänderischen Bindung, S. 16 ff. Schulze-Osterloh, Das Prinzip der gesamthänderischen Bindung, S. 29, 72. Schulze-Osterloh, Das Prinzip der gesamthänderischen Bindung, S. 131 f. Schulze-Osterloh, Das Prinzip der gesamthänderischen Bindung, S. 12. Schulze-Osterloh, Das Prinzip der gesamthänderischen Bindung, 172, 175, 177.
II. Abstraktionsgrad der Personengesellschaften von ihren Gesellschaftern
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der Verfügungsmöglichkeiten des Einzelnen werde die Verminderung des Gesellschaftsvermögens effektiv verhindert. bb) Gesamthand und juristische Person als juristische Lösungsmodelle Nach Huber handelt es sich bei den Personengesellschaften des deutschen Rechts und den Gesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit387 um zwei voneinander zu unterscheidende dogmatische Lösungsmodelle, um bestimmten Anforderungen des Rechtsverkehrs Rechnung tragen zu können. Für ihn stellt „der Begriff der juristischen Person […] ein juristisches Denkmodell dar, das dazu geeignet ist, bestimmte gesetzliche Regelungen verständlich zu machen, und das es ermöglicht, für neu auftretende Probleme passende Lösungen zu finden.“388 Dies ist nicht im Sinne eines abschließenden „Zwecke“-Katalogs der juristischen Person zu verstehen, in dessen Fällen die Gründung einer Personengesellschaft oder eine anderweitige Gestaltung außerhalb des Gesellschaftsrechts per se ausgeschlossen ist. Die Möglichkeit einer am verfolgten Zweck orientierten Einteilung der vom Gesetz zur Verfügung gestellten Gesellschaftsformen in „eher geeignet“ und „eher ungeeignet“ lässt sich aber tatsächlich nur schwerlich abstreiten. Die Möglichkeit der Schaffung einer juristischen Person, die von ihren Gesellschaftern vollständig abstrahiert ist und neben diesen stehen kann, stellt für Huber ein vom Gesetzgeber zur Verfügung gestelltes rechtliches Werkzeug dar, mit dessen Hilfe drei verschiedene Anliegen der Praxis durch Nutzung eines nur im Kern gleichförmigen rechtlichen Konstrukts – der juristischen Person – abgedeckt werden können: Die Schaffung eines verselbstständigten, zweckgebundenen Sondervermögens, eine Beschränkung der Haftung auf eine bestimmte Vermögensmasse sowie die Sicherstellung einer Organisation, in der durch Besetzung der Leitungsorgane mit tauglichen Personen das Vermögen möglichst effektiv zur Umsetzung des gemeinschaftlichen Zwecks eingesetzt und vor willkürlichem Entzug durch die Gesellschafter geschützt wird.389 Die Stiftung muss für Huber konsequenterweise den „Idealtypus“ einer juristischen Person verkörpern. Insofern stützt er seine These auch mit ihrer Untersuchung: Allein die Schaffung der Stiftung ermögliche es, durch Übertragung des Vermögens auf eine abstrahiert gedachte, rechtsfähige Person die klare Trennung der persönlichen von der gesellschaftlichen Vermögenssphäre durchzuführen.390 Mit der Ab387
Auch Huber stellt in seiner Arbeit die Fähigkeit, Rechte zu erwerben mit der Rechtspersönlichkeit der Gesellschaft gleich, vgl. nur Huber, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Personalgesellschaften des Handelsrechts, S. 97. 388 Huber, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Personalgesellschaften des Handelsrechts, S. 96. 389 Huber, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Personalgesellschaften des Handelsrechts, S. 93 ff., 100. 390 Dem gegenüber soll die Vermögenstreuhand kein vergleichbares Maß an Sicherheit bieten: Diese könne nach Huber der Gefahr einer Vermischung von treuhänderisch gehaltenem
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D. Die dogmatische Struktur der Personengesellschaften
straktion der Gesellschaft geht die Verselbstständigung der Organisation einher, die das Handeln eines (externen) Leitungsorgans notwendig mache. Hierdurch könne die Übervorteilung einzelner Destinatäre durch andere potenziell Begünstigte effektiv verhindert werden.391 Gleichzeitig hafte für Verbindlichkeiten der Stiftung nach deutschem Recht allein das Stiftungsvermögen. Zwar erkennt Huber392 hierin keinesfalls ein zwingendes Charakteristikum der juristischen Person, da es dem Gesetzgeber ohne weiteres überlassen bliebe, eine persönliche Haftung ihrer Gesellschafter gesetzlich anzuordnen.393 Die Schaffung einer juristischen Person stellt allerdings die zweifelsfrei „einfachste“ Möglichkeit dar, gerade diese Rechtsfolge zu verwirklichen. Der dahinterstehende Gedanke hat in der Tat etwas für sich: Versteht man die Gesellschafter selbst als Träger des Vermögens, sei es als Bruchteilsberechtigte im Sinne der §§ 741 ff. BGB oder als Teil einer Gesamthand, muss man den beschränkten Zugriff der Gesellschaftsgläubiger auf die Privatvermögen der Gesellschafter wie auch der Gesellschaftergläubiger auf das gemeinschaftliche Vermögen durch spezielle Regelungen anordnen, um die gewünschte Trennung der Vermögenssphären kongruent herzustellen. Das ginge jedoch nur zu Lasten der allgemeinen Grundsätze der Vollstreckung, welche durch derartige Regelungen zumindest zum Schwanken gebracht würden. Durch Schaffung einer selbstständigen, vermögenstragenden Rechtsperson wird diese Hürde galant vermieden. Demgegenüber fehle es den Gesamthandsgesellschaften an einer vergleichbaren Loslösung der Gesellschaft von ihren Gesellschaftern.394 Während die Rechtsordnung die juristische Person als eine „andere“ Person betrachte, die im Rechtsverkehr als gleichwertige Rechtspersönlichkeit neben ihren Mitgliedern stehen kann, sei die Vermögen und Privatvermögen des Treuhänders keine gleichwertige Lösung darstellen, vgl. Huber, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Personalgesellschaften des Handelsrechts, S. 93. Ob die Schaffung einer juristischen Person in diesem Punkt tatsächlich vorzugswürdig ist, erscheint im Hinblick auf die Durchgriffshaftung wegen Vermögensvermischung insbesondere bei einer (dilettantisch geführten Einmann-)GmbH fraglich, vgl. nur BGHZ 95, 330, 333 f. = NJW 1986, 188 ff.; OLG Köln Urt. v. 25. 02. 2015, Az. 13 U 96/13, Rz. 67; zu den Voraussetzungen der Durchgriffshaftung BGHZ 125, 366, 368 = NJW 1994, 1801 ff. 391 Freilich gilt dies auch nur für den gesetzes- und vertragstreuen Stiftungsvorstand. Insofern mindert die „Nutzung“ einer juristischen Person zwar das Konfliktpotenzial, da Interessenkonflikte zwischen den Gesellschaftern auf die Handlungen des geschäftsführenden Organs weniger Einfluss üben. Einen Missbrauch von Rechtsmacht kann sie aber nie gänzlich verhindern. 392 Huber, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Personalgesellschaften des Handelsrechts, S. 94, 97. 393 Dies wird schon mit einem Blick auf die Kommanditgesellschaft auf Aktien, in der der Komplementär zumindest auf dem Papier unbeschränkt haftet, obwohl sie eine eigene Rechtspersönlichkeit hat. Aber auch die Gesellschafter der société civile haften trotz formalisierten Verfahrens und Rechtspersönlichkeit der Gesellschaft persönlich für die Gesellschaftsschulden, vgl. statt vieler m.w.N. Windbichler, Gesellschaftsrecht, 24. Aufl., S. 100. 394 Huber, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Personalgesellschaften des Handelsrechts, S. 97, 99, 101.
II. Abstraktionsgrad der Personengesellschaften von ihren Gesellschaftern
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nicht rechtsfähige395 Personenvereinigung „im Verhältnis zu ihren Mitgliedern keine andere Person, sondern mit den Mitgliedern identisch.“396 Die Formulierung scheint zunächst zu verwirren, kann sie auch ohne weiteres im Sinne der Gruppenlehre397 verstanden werden. Allerdings zeigt die Gleichsetzung von Rechtsfähigkeit – die den Personengesellschaften gerade fehlen soll – und Rechtspersönlichkeit, welche die Verselbstständigung gerade voraussetzt, dass Huber jegliche Existenz einer auch im materiellen Sinne übergeordneten Einheit abgelehnt hat. Das gilt nach seiner Auffassung nicht nur für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, sondern, unter Verweis auf § 124 HGB und das Firmenrecht, auch für die Personengesellschaften des Handelsrechts.398 Die Firma von OHG und KG diene allein der „zuverlässigen Unterscheidung“ von privatem und geschäftlichem Handeln. Ohne eine solche – d. h. bei den Gesellschaften bürgerlichen Rechts – beschränke sich die Gesamthand ganz und gar auf die Schaffung eines „unvollkommenen Sondervermögens.“399 Nach Huber müsse mithin zwischen dem formalen Auftreten der Personenhandelsgesellschaften als wahrnehmbare Einheit und dem tatsächlichen, materiellen Unterbau, der die Gesellschafter selbst als Kern der Gesellschaft versteht, unterschieden werden. Jener materielle Unterbau sei bei den Gesellschaften bürgerlichen Rechts, den offenen Handelsgesellschaften und den Kommanditgesellschaften „strukturell“ gleich und beinhalte drei wesentliche Elemente: „Erstens, die Personenhandelsgesellschaft beruht auf einem Vertrag im Sinn des § 705 BGB. Zweitens, die Personenhandelsgesellschaft ist, genau wie die bürgerlich-rechtliche Gesellschaft als ,Arbeitsgemeinschaft‘ der Gesellschafter angelegt: der Sinn dieser Rechtsform des Zusammenschlusses besteht darin, daß die Gesellschafter selbst gemeinsam handeln, nicht daß sie – wie bei der Kapitalgesellschaft – gemeinsam Organe einsetzen, die für sie handeln sollen. Drittens ist die Personenhandelsgesellschaft, wie die bürgerlich-rechtliche Gesellschaft, Gesamthandsgemeinschaft; das heißt das Gesellschaftsvermögen ist ein gesamthänderisch gebundenes Sondervermögen aller Gesellschafter.“400
395
Unter dem Gesichtspunkt der Praktikabilität und der vereinfachten Handhabung nunmehr für die Rechtsfähigkeit der Gesamthand plädierend Huber, Rechtsfähigkeit, juristische Person und Gesamthand, in: Festschrift für Marcus Lutter, S. 107 (122 ff., 139). Die Hinwendung zur Gruppenlehre ändert nach Auffassung Hubers indessen nichts an den strukturellen Unterschieden von Gesamthand und juristischer Person. Insofern kann seine frühere Arbeit noch immer fruchtbar gemacht werden. 396 Huber, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Personalgesellschaften des Handelsrechts, S. 12 f., 97; Huber, Rechtsfähigkeit, juristische Person und Gesamthand, in: Festschrift für Marcus Lutter, S. 107 (113). 397 Vgl. S. 168 ff. 398 Huber, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Personalgesellschaften des Handelsrechts, S. 12 f., 107 f. 399 Huber, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Personalgesellschaften des Handelsrechts, S. 106. 400 Huber, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Personalgesellschaften des Handelsrechts, S. 15.
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D. Die dogmatische Struktur der Personengesellschaften
Die Gesamthandsgesellschaften erschöpfen sich nach diesem Ansatz demnach grundsätzlich401 in ihren schuldrechtlichen Wirkungen, wobei die gesamthänderische Bindung auch in den Personengesellschaften Grundlage für die Entstehung eines gesonderten Vermögens ist.402 Dieses Sondervermögen unterscheidet sich nach Huber in seiner dogmatischen Herleitung, nicht aber in seiner Eigenschaft als selbstständige Vermögensmasse von dem einer Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit403 : Mangels Entstehung einer selbstständigen Vermögensträgerin – mit anderen Worten: einer rechtsfähigen Gesellschaft – bleiben nach seiner Auffassung die Gesellschafter Träger des Vermögens. Die rechtlichen Bindungen durch die Regeln der Gesamthand, namentlich der Entzug der alleinigen Verfügungsbefugnis, sollen dieses zu einem vom Privatvermögen unterscheidbaren Sondervermögen der Gesellschaft machen. Während damit das Sondervermögen der juristischen Person subjektbezogen sei, erkläre sich die Charakterisierung des Gesamthandvermögens als besondere Haftungsmasse aufgrund der Objektseite. Da jenes „objektivierte“ Sondervermögen nur aufgrund der gegenseitigen, gesamthänderischen Bindungen der Gesamthänder als Vermögensträger und nicht auf einer vollständigen Verselbstständigung beruhe, erfordere die Fortexistenz der Gesamthand damit auch stets den Verbleib von mehr als einem Gesellschafter.404 Allein die weitere Handhabe betreffs des Gesellschaftsvermögens, d. h. die konkrete Form der Organisationsstruktur, unterscheidet sich nach Huber405 in Personengesellschaft und Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit: Während in letzterer die Fremdorganschaft regelmäßig den Einsatz des Gesellschaftsvermögens zu Gunsten des gemeinsam verfolgten Zwecks sicherstelle, werde dies in der Gesamthand durch die zwingende Selbstorganschaft realisiert. Dieser Grundsatz beruhe insbesondere auf praktischen Erwägungen: Einerseits verlange das mit der persönlichen Haftung der 401 Die Geschäftsführungsbefugnis, die Vertretungsmacht, das Stimmrecht wie auch die Konstitution der Gesellschaft als solches zum Betrieb eines Unternehmens sind auch nach Huber keine Folge des schuldrechtlichen Charakters des Gesellschaftsvertrages. Diese Aspekte der Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft beruhen nach seiner Auffassung nicht auf der Möglichkeit, etwas von den Mitgesellschaftern zu fordern, sondern darin, dass „er selber etwas tut: indem er die Gesellschaft tatsächlich vertritt, indem er tatsächlich die Geschäfte der Gesellschaft führt, indem er tatsächlich an Abstimmungen teilnimmt“ übe er seine (durch den Gesellschaftsvertrag vermittelten) Rechte aus. Diese Wirkungen des Gesellschaftsvertrags könne man sowohl als Elemente eines „schuldrechtlichen Vertrag[es] mit besonders gesteigerter Treuepflicht oder aber als einen eigengearteten personenrechtlichen Vertrag[es]“ verstehen. Der Gesellschaftsvertrag ist mithin sowohl schuldrechtlicher Vertrag als auch „gemeinschaftsbegründender“ Vertrag, vgl. hierzu schon zuvor und Huber, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Personalgesellschaften des Handelsrechts, S. 5 bzw. 6. 402 Huber, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Personalgesellschaften des Handelsrechts, S. 15. 403 Huber, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Personalgesellschaften des Handelsrechts, S. 104. 404 Huber, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Personalgesellschaften des Handelsrechts, S. 105 f. 405 Huber, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Personalgesellschaften des Handelsrechts, S. 104 f., 107 f.
II. Abstraktionsgrad der Personengesellschaften von ihren Gesellschaftern
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Gesamthänder verbundene wirtschaftliche Risiko ein Handeln durch die Gesellschafter selbst. Die Sensibilität für risikoreiche Geschäfte ist in der Tat um ein Wesentliches höher, sofern man von der potenziellen Haftung selbst betroffen ist. Andererseits müsse den Gesellschaftern als Träger des gemeinsamen Vermögens auch stets die Befugnis zuteilwerden, über das ihnen zugeordnete Vermögen zu verfügen. Als dinglich Berechtigte könnten sie sonst unabhängig von den Geschäftsführungs- und Vertretungsregeln der Gesellschaft auch gegen den Willen des Fremdorgans über die einzelnen Rechte wirksam disponieren und damit das Gesellschaftsvermögen entgegen den im Gesellschaftsvertrag festgehaltenen Kompetenzregeln vermindern.406 cc) Bestätigung der klassischen Gesamthandslehre durch Zöllner Wolfgang Zöllner positionierte sich im Rahmen der Reformierung des Umwandlungsgesetzes noch Ende der 1990iger Jahre offen gegen die damals in der Literatur schon überwiegende „Gruppenlehre“407, welche die Personengesellschaften als rechtsfähige Vereinigungen eigener Gattung versteht.408 Gesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit auf der einen und Gesamthandsgemeinschaften, allen voran die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, auf der anderen Seite sind nach seiner Auffassung im Kern grundlegend verschiedene Vereinigungsformen. Auch unter Geltung des neuen Umwandlungsgesetzes, welches in seinen §§ 190 a.F., 202 I 1 UmwG erstmals den identitätswahrenden Formwechsel von einer Kapital- bzw. Personenhandelsgesellschaft in eine bürgerliche Gesellschaft ermöglichte, dürfe man entgegen den Vertretern der Gruppenlehre „Verwandelbarkeit und Verwandtschaft“ nicht gleichsetzen.409 Gerade aus den erweiterten Möglichkeiten der Umwandlung dürfe nicht auf eine zunehmende Vereinheitlichung der verschiedenen Gesellschaftstypen geschlossen werden. Sie stehen gerade für den Erhalt der Vielfalt der Gesellschaftsformen, unter denen der Wechsel lediglich ohne größere Hindernisse ermöglicht werden solle.410 Zöllner gibt allerdings zu, dass in der Rechtspraxis eine Tendenz erkennbar sei, welche das Vermögen einer Personengesellschaft gegenüber dem einzelnen Ge-
406 Vgl. hierzu Huber, Vermögensanteil, Kapitalanteil und Gesellschaftsanteil an Personalgesellschaften des Handelsrechts, S. 104. 407 Zur Gruppenlehre siehe auch oben S. 168 ff. 408 Ihm folgend G. Hueck, Drei Fragen zur Gesamthandsgesellschaft, in: Festschrift für Wolfgang Zöllner, S. 275 (275 ff.). 409 Zöllner, Grundsatzüberlegungen zur umfassenden Umstrukturierbarkeit der Gesellschaftsformen nach dem Umwandlungsgesetz, in: Festschrift für Carsten Peter Claussen, S. 423 (432). 410 Zöllner, Grundsatzüberlegungen zur umfassenden Umstrukturierbarkeit der Gesellschaftsformen nach dem Umwandlungsgesetz, in: Festschrift für Carsten Peter Claussen, S. 423 (434, 436).
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D. Die dogmatische Struktur der Personengesellschaften
sellschafter als verselbstständigt versteht.411 Für ihn „steht […] außer Zweifel“412, dass die BGB-Gesellschaft mehr sei als ein den Gesellschaftern gemeinschaftlich zustehendes Sondervermögen und von personenrechtlichen Elementen beeinflusst sei. Eine den Gesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit vergleichbare Organisationsstruktur ziehe dies aber nicht nach sich.413 Eine darüber hinausgehende Untersuchung und Umschreibung der „personenrechtliche[n] Komponente“ bzw. des „mehr“ bleibt uns Zöllner schuldig. Seine Ausführungen befassen sich wiederum überwiegend mit der vermögensrechtlichen Ausprägung des gesamthänderischen Prinzips: Eine Verselbstständigung des Gesellschaftsvermögens erfordere entgegen der Gegenauffassung keinesfalls die Konstruktion einer irgendwie gearteten rechtsfähigen Personengruppe. Ungeachtet der fehlenden Erforderlichkeit für die Schaffung eines derartigen, im Gesetz nicht zwingend vorgesehenen Rechtssubjekts wirft er den Vertretern der Gruppenlehre mangelnde Konsequenz, gesetzeswidrige Auslegung und nur geringe Verständlichkeit vor.414 Seiner Ansicht nach leidet die Gruppenlehre unter einem dogmatischen Defizit, versteht sie die gesamthänderische Gemeinschaft doch einerseits als eine übergeordnete, rechtsfähige Wirkungseinheit, andererseits als eine Gruppe, die nicht neben, sondern aus ihren Mitgliedern besteht. Wie für andere Vertreter der klassischen Gesamthandslehre stellt die gesamthänderische Bindung für Zöllner primär ein vermögensrechtliches Problem dar. Für ihn bewirkt die Eingehung eines derartigen Rechtsverhältnisses „eine dinglich relevante Rechtsänderung“ durch „Einbindung eines Gegenstandes in ein anderes Sondervermögen“.415 Träger des Vermögens bleibe der bzw. blieben die Gesellschafter, doch gelten bezüglich dieses Sondervermögens fortan die besonderen Regeln der Gesamthand.416 Entsprechend der rechtlichen Bewertung von Bruch-
411 Zöllner, Rechtssubjektivität von Personengesellschaften?, in: Festschrift für Joachim Gernhuber, S. 563 (570); Zöllner, Rechtsfähigkeit der BGB-Gesellschaft – ein Sachverständnis- oder Kommunikationsproblem, in: Festschrift für Alfons Kraft, S. 701 (709). 412 Zöllner, Rechtsfähigkeit der BGB-Gesellschaft – ein Sachverständnis- oder Kommunikationsproblem, in: Festschrift für Alfons Kraft, S. 701 (709). 413 Zöllner, Rechtsfähigkeit der BGB-Gesellschaft – ein Sachverständnis- oder Kommunikationsproblem, in: Festschrift für Alfons Kraft, S. 701 (709 f.); so wohl auch Peifer, Rechtsfähigkeit und Rechtssubjektivität der Gesamthand – die GbR als oHG?, NZG 2001, S. 296 (297). 414 Zöllner, Rechtssubjektivität von Personengesellschaften?, in: Festschrift für Joachim Gernhuber, S. 563 (567 ff.); Zöllner, Rechtsfähigkeit der BGB-Gesellschaft – ein Sachverständnis- oder Kommunikationsproblem, in: Festschrift für Alfons Kraft, S. 701 (704 f., 710 ff.). 415 Zöllner, Rechtssubjektivität von Personengesellschaften?, in: Festschrift für Joachim Gernhuber, S. 563 (570); Zöllner, Rechtsfähigkeit der BGB-Gesellschaft – ein Sachverständnis- oder Kommunikationsproblem, in: Festschrift für Alfons Kraft, S. 701 (708); so auch Raab, Die Haftung der Gesellschafter der Vor-GmbH im System des Gesellschaftsrechts, WM 1999, S. 1596 (1598). 416 Zöllner, Rechtssubjektivität von Personengesellschaften?, in: Festschrift für Joachim Gernhuber, S. 563 (571); Zöllner, Grundsatzüberlegungen zur umfassenden Umstrukturier-
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teilseigentum, welches ebenfalls gemeinhin als Sondervermögen der Beteiligten angesehen werde, entstehen klar abgrenzbare Vermögensmassen mit unterschiedlicher „Rechtszuständigkeit“.417 Während der einzelne Gesellschafter über Rechte seines privaten Vermögens weiterhin ohne Beschränkungen verfügen könne, unterliege das Sondervermögen den gemeinhin bekannten gesamthänderischen Bindungen und diene den Gläubigern der Gesellschaft als primäre Haftungsmasse. Dieser dogmatische Ansatz kommt nach Auffassung Zöllners einerseits den Anschauungen der Praxis entgegen, steht dabei aber im Gegensatz zur gegenläufigen Gruppenlehre im Einklang mit bekannten Rechtsprinzipien. Die mangelnde Kongruenz der Gruppenlehre werde insbesondere unter Berücksichtigung der Passiva einer Personengesellschaft deutlich. Diese könne die persönliche Haftung der Gesellschafter neben dem eigenständigen Rechtssubjekt „Gesellschaft“ nur ergebnisorientiert, durch Anwendung von „Gewaltsamkeiten“, begründen. Die klassische Gesamthandslehre habe hingegen nach der schlüssigen „Doppelverpflichtungslehre“ keine derartigen Kunstgriffe nötig.418 Gleiches gilt nach Zöllners Auffassung für die Haftung von Neu-Gesellschaftern für Altschulden der Gesellschaft. Aufgrund der klaren Trennung der Vermögensträgerschaft einzelner Gesellschafter und der Gesellschaft könne diese Haftungsfrage nach der Gruppenlehre nicht systemkonform erklärt werden. Die klassische Gesamthandslehre sehe sich diesen Erklärungsproblemen hingegen nicht ausgesetzt, da die Gesellschafter als Inhaber der Aktiva und Schuldner der Passiva unmittelbare Träger des Gesellschaftsvermögens blieben. Nur diese Art der Beteiligung am Vermögen kann nach seiner Auffassung Grundlage für eine derartige Haftung sein.419 c) Stellungnahme zur traditionellen Gesamthandslehre aa) Das Verhältnis der Gesellschafter zur Gesellschaft nach den vermögensorientierten Gesamthandslehren Die traditionellen Gesamthandslehren rücken gegenüber den Vertretern der Gruppenlehre nicht die Gemeinschaft der Gesellschafter im Ganzen, sondern das Gesellschaftsvermögen in den Mittelpunkt ihrer Betrachtungen. Während die Ausgestaltung der rechtlichen Befugnisse der einzelnen Gesellschafter im Detail abweicht, reduzieren die Ansätze das Gesamthandsprinzip auf die Schaffung eines barkeit der Gesellschaftsformen nach dem Umwandlungsgesetz, in: Festschrift für Carsten Peter Claussen, S. 423 (429). 417 Zöllner, Rechtssubjektivität von Personengesellschaften?, in: Festschrift für Joachim Gernhuber, S. 563 (570). 418 Zöllner, Rechtssubjektivität von Personengesellschaften?, in: Festschrift für Joachim Gernhuber, S. 563 (572 und 573). 419 Zöllner, Rechtssubjektivität von Personengesellschaften?, in: Festschrift für Joachim Gernhuber, S. 563 (575 f.); Zöllner, Grundsatzüberlegungen zur umfassenden Umstrukturierbarkeit der Gesellschaftsformen nach dem Umwandlungsgesetz, in: Festschrift für Carsten Peter Claussen, S. 423 (431).
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zweckgebundenen Sondervermögens, das nicht einer eigenständig rechtsfähigen Einheit, sondern allein den Gesellschaftern zur gleichen Zeit zugeordnet ist. Diesen ist die Verfügung über die einzelnen zum Vermögen gehörenden Gegenstände entzogen. Eine rechtsfähige Gesellschaft, die durch ihre Organe im Rechtsverkehr zu handeln fähig ist, entsteht hingegen nicht. Der Gesellschaftsvertrag dient demnach primär der Festsetzung des durch die Gesellschafter gemeinsam verfolgten Zwecks. Zwar leugnen auch die Vertreter der traditionellen Lehren nicht die Tatsache, dass Personengesellschaften als individuelle Teilnehmer des Rechtsverkehrs, d. h. als Wirkungseinheit und Verbände, wahrgenommen werden, möchten hieraus allerdings keine der Gruppenlehre entsprechenden Schlüsse ziehen. Die Namen und Firmen der Personengesellschaften dienen hiernach als rein formelle Erleichterung zur Erfassung einer Gruppe von Personen, die zu Gunsten bzw. zu Lasten des von ihnen erschaffenen Sondervermögens Verträge abschließen, Rechte erwerben oder Verbindlichkeiten eingehen. Die Kennzeichnung eines materiellen Unterbaus im Sinne einer verselbstständigten Struktur ist ihnen nicht beizumessen. Firma und Name einer Personengesellschaft bezeichnen demnach nicht die Gesellschaft, sondern die Summe der Gesellschafter, die sowohl im Außen- als auch im Innenverhältnis allein maßgebliche Träger des gesamten Vermögens und der Identität der Gesellschaft bleiben. Hierbei spielt es keine Rolle, ob man die Vermögensverhältnisse in den Personengesellschaften im Sinne der Lehre von der „ungeteilten Gesamtberechtigung“ oder der „geteilten Gesamtberechtigung“ definieren möchte. Nach beiden Ansätzen bleiben stets die Gesellschafter selbst die maßgeblichen Zuordnungssubjekte des gesamten Gesellschaftsvermögens. Unabhängig davon, ob den Gesellschaftern ein ideeller Anteil im Sinne der §§ 741 ff. BGB an den einzelnen zum Gesellschaftsvermögen gehörenden Gegenständen zugeordnet ist oder jeder Gesellschafter aufgrund der Eigenheiten des Gesamthandsprinzips zur gleichen Zeit Inhaber des jeweiligen Vollrechts ist, entsteht nach der Vermögenslehre keinerlei übergeordnete, rechtsfähige Einheit. Die Möglichkeit der terminologischen Zusammenfassung der Gesellschafter als „Gesamthandsbeteiligte“ im Sinne der Theorie von der ungeteilten Gesamtberechtigung zwingt auch keinesfalls dazu, dieser Personengruppe mit der Gruppenlehre eine in gewisser Weise verselbstständigte Existenz zuzusprechen. Die einzelnen Gesellschafter bleiben auch nach der gesamthänderischen (Selbst-)Bindung voneinander abgrenz- und individuell erfassbar. Die Verschmelzung ihrer Persönlichkeiten zu einer eigenständigen Einheit mag unter rechtspraktischen Gründen wünschenswert sein. Ein unabdingbarer Grund ist hierfür freilich nicht ersichtlich. Die bloße Sonderzuordnung eines Teils ihres Vermögens macht diesen Schritt nicht erforderlich. Die Personengesellschaften stehen nach diesen Ansätzen der römischrechtlichen societas näher als der universitas bzw. den Körperschaften des deutschen Rechts. Wie in der societas lässt sich der Gesellschaftsvertrag auf einen rein schuldrechtlichen Vertrag zwischen mindestens zwei Personen reduzieren, durch den sich die Beteiligten gegenseitig zur Erreichung eines Zwecks verpflichten. Zu einer Ver-
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selbstständigung der Gruppe kommt es nicht – dies ist den Körperschaften vorbehalten. Es kann lediglich ein im Rechtsverkehr wahrnehmbarer Verband entstehen, der die Vereinigung der Gesellschafter nach außen verkündet. Der Erhalt des Gesellschaftsvermögens wird indessen, sofern keine Vermögenszuordnung nach den §§ 741 ff. BGB gewählt wird,420 durch die Prinzipien der Gesamthand vor einer unberechtigten Zersplitterung und der zweckfremden Schmälerung durch die Gesellschafter geschützt. Hierin ist als „germanistische“ Eigenheit der Unterschied zur römischrechtlichen societas zu erblicken, denn eine derartige sachenrechtliche Wirkung war dem römischen Recht in diesem Kontext fremd. Die Verhältnisse in einer Personengesellschaft stellen sich nach den traditionellen Vermögenslehren insoweit wie folgt dar421:
Mangels Entstehung einer (beschränkt) verselbstständigten, rechtsfähigen Gesellschaft weicht auch das Verständnis vom Verhältnis der Gesellschafter zur „Personengesellschaft“ erheblich von den Vorstellungen der Gruppenlehre ab. Die Personengesellschaft reduziert sich nach den traditionellen Lehren auf die Bezeichnung eines bestimmten Rechtsverhältnisses zwischen mindestens zwei Personen, denen ein Sondervermögen der Gesellschafter zur Seite steht. Eine Mitgliedschaft im klassischen Sinne gibt es nicht. Unter einem „Anteil an Personengesellschaften“ wäre die bloße Zusammenfassung einer schuldrechtlichen Verpflichtung und der mit dieser über den gemeinschaftlichen Zweck konnexen, 420
Das ist ohne weiteres möglich, vgl. oben S. 109. Zur besseren Übersicht wurden nicht alle schuldrechtlichen Beziehungen zwischen den einzelnen Gesellschaftern in die Grafik eingefügt. 421
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dinglichen Mitberechtigung der Gesellschafter an einer Vermögensmasse zu verstehen. Eine selbstständige Mitgliedschaft, die abstrakt von ihrem Inhaber gedacht werden kann, existiert nicht, da das Rechtsverhältnis und die Vermögensträgerschaft mangels Einschaltung einer rechtsfähigen Gesellschaft nicht losgelöst von den beteiligten Personen betrachtet werden kann. Das schuldrechtliche Grundverhältnis wird, insoweit parallel zur Gruppenlehre, erst durch die Persönlichkeiten der Gesellschafter begründet. Mangels Entstehung einer übergeordneten Gesellschaft müssten bei einem Erwerb eigener Anteile die Gesellschafter selbst, als alleinige Vermögensträger und rechtlich relevante Bezugspunkte, eine (anteilige) weitere Stellung in dem Vertragsverhältnis einnehmen, um den Anteil des Austretenden zumindest auf schuldrechtlicher Ebene zu erhalten. Jene Vorstellung führt zur Anerkennung eines rechtlichen Absurdum, käme es hier doch tatsächlich zu einer Aufspaltung der Persönlichkeiten der Gesellschafter, die in diesem Fall eine mehrfache Beteiligung innehätten. Jedenfalls müsste die schuldrechtliche Beteiligung infolge von Konfusion unwiederbringlich untergehen. Für den Erwerb eigener Anteile im Sinne der § 33 GmbHG oder §§ 77 ff. AktG ist auf Grundlage der Vermögenslehre ergo kein Raum. bb) Bewertung der traditionellen Vermögenslehren Die verschiedenen Ansätze der traditionellen Vermögenslehren können, ähnlich den Ansätzen der Gruppenlehre(n), nur bedingt überzeugen. Das betrifft einerseits den grundlegenden Ansatz als solchen wie auch die verschiedenen Lösungsvorschläge für Detailfragen, die sich bei der Darstellung der Strukturen einer Personengesellschaft stellen. Hierbei ist in Erinnerung zu rufen, dass die Vermögenslehre nicht nur als Grundlage der Gesellschaften bürgerlichen Rechts, sondern auch der handelsrechtlichen Personengesellschaften dienen muss, obgleich die Diskussion um die Anerkennung dieser Lehre weitgehend im Rahmen des Streits um die Anerkennung der Rechtsfähigkeit der BGB-Gesellschaft geführt worden ist. Demnach muss sich die traditionelle Vermögenslehre wie die Gruppenlehre an allen Personengesellschaften und den dazugehörigen Normen messen lassen können. Zunächst ist festzuhalten, dass die traditionellen Vermögenslehren den heutigen Anschauungen des Rechtsverkehrs in keiner Weise gerecht werden. Personengesellschaften, allen voran die offenen Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften, treten in der Rechtswirklichkeit vielfach als geschlossene und rechtsfähige Einheiten auf. Die Gesellschafter dieser Vereinigungen, die nach den Vermögenslehren die alleinigen Bezugspunkte bleiben, treten tatsächlich vollends in den Hintergrund. Im Hinblick auf Publikumspersonengesellschaften erscheint es gar vollends abwegig, die einzelnen Gesellschafter als Vertragspartner und Vermögensträger zu betrachten. Vielmehr entspricht die Vorstellung von den Personengesellschaften demjenigen Bild, das dem Rechtsverkehr auch hinsichtlich GmbH und AG vorschwebt: Die Existenz einer eigenständigen Gesellschaft, die durch ihre Organe vertreten wird. Der (einfache) Name der BGB-Gesellschaften bzw. die Firma
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ihrer handelsrechtlichen Erscheinungsformen wird nicht als bloße Bezeichnung einer Personengruppe, sondern als Kennzeichnung einer durch den Gesellschaftsvertrag konstituierten Organisation, die über den Gesellschaftern steht, verstanden. Jene Anschauungen der Rechtspraxis haben den Gesetzgeber auch bei der Gestaltung neuerer Regelungen, welche die Personengesellschaften zum Gegenstand haben, maßgeblich geleitet. Das Umwandlungsgesetz spricht ausdrücklich von den Personenhandelsgesellschaften und den Gesellschaften bürgerlichen Rechts als mögliche Rechtsträger eines Gesellschaftsvermögens, vgl. nur §§ 3 Abs. 1, 191 Abs. 1 UmwG (Personenhandelsgesellschaften) und § 191 Abs. 2 Nr. 1 UmwG (Gesellschaften des bürgerlichen Rechts). Im Gegensatz zu § 124 Abs. 1 HGB, der noch als eine bloße Erleichterung des rechtsgeschäftlichen Handelns der Gesellschafter im Sinne der Vermögenslehren aufgefasst werden kann („[…] kann unter ihrer Firma […]“), ist § 191 Abs. 2 UmwG gerade unter dem Eindruck der sich zuspitzenden Diskussion zur Rechtsfähigkeit der Gesellschaften bürgerlichen Rechts entstanden.422 Auch der heutige § 14 BGB geht von der Existenz rechtsfähiger Personengesellschaften aus, die im deutschen Recht neben den natürlichen und juristischen Personen existieren. Demgegenüber degradiert die traditionelle Gesamthandslehre die Personengesellschaften zu bloßen Regelungen einer gesonderten Vermögensmasse. Reuter423 hat korrekterweise darauf hingewiesen, dass das Personengesellschaftsrecht auf Grundlage der traditionellen Lehren darüber hinaus zu untragbaren Ergebnissen führen würde. Personengesellschaften, die als Arbeitgeber im Rechtsverkehr auftreten, könnten auf dieser Grundlage niemals selbst Mitglieder in einem Arbeitgeberverband sein, wodurch ihnen die Partizipation an Verbandstarifverträgen verwehrt wäre. Eine auf bestimmte Rechte beschränkte Rechtsfähigkeit sei mit Art. 9 Abs. 3 GG nur schwer zu vereinbaren.424 Allerdings gelingt es nur den traditionellen Vermögenslehren, alle Gesamthandsgemeinschaften des BGB einer einheitlichen rechtlichen Bewertung zu unterstellen. Die Gruppenlehre versteht sich selbst als eine rechtliche Strukturierung des Gesamthandsprinzips. Ihr gelingt es allerdings nicht, ein einheitliches Konzept für (Außen-)Personengesellschaften, Erbengemeinschaften (§§ 2032 ff. BGB) und Gütergemeinschaften der Ehegatten (§§ 1415 ff. BGB) zur Verfügung zu stellen, die alle auf dem Gedanken der gesamthänderischen Bindung aufbauen. Während bei der Erbengemeinschaft tatsächlich über die Entstehung einer rechtsfähigen Vereinigung 422
Raiser, Gesamthand und juristische Person im Licht des neuen Umwandlungsrechts, AcP 1994, S. 495; Wiedemann, Rechtsverhältnisse der BGB-Gesellschaften zu Dritten (WM Sonderbeilage Nr. 4), WM 1994, S. 4; Timm, Die Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts und ihre Haftungsverfassung, NJW 1995, S. 3209; Mülbert, Die rechtsfähige Personengesellschaft, AcP 199 (1999), S. 38. 423 Reuter, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2015, Vor 21 Rn. 9. 424 Andererseits darf bei der Beteiligung mehrerer Personen nicht vorschnell auf das Bestehen einer rechtsfähigen Personengesellschaft geschlossen werden, besteht doch sonst die Gefahr einer einfachen Umgehung von verbraucher- oder arbeitnehmerschützenden Normen, vgl. Reuter, Rechtsfähigkeit und Rechtspersönlichkeit, AcP 207, S. 673 (682 ff.).
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der Erben diskutiert werden kann,425 würde eine Übertragung dieser Grundsätze auf das Eherecht den tatsächlichen Anschauungen widersprechen und auf eine bloße Fiktion hinauslaufen. Niemand wird im Rahmen der Eingehung einer Ehe ernstlich die Vorstellung haben, eine rechtsfähige Gemeinschaft zu schaffen, die selbst am Rechtsverkehr für das Ehepaar teilnehmen kann. Hier, wie auch in den meisten Erbengemeinschaften, dient das Gesamthandsprinzip allein der Ordnung der Vermögensverhältnisse. Den traditionellen Vermögenslehren, die das Gesamthandsprinzip entweder im Sinne einer Vermögensträgerschaft nach dem Prinzip der ungeteilten Gesamtberechtigung426 verstehen bzw. als eine Beschränkung der Verfügungsbefugnis über einen Anteil am Gesellschaftsvermögen zur Sicherung des im schuldrechtlichen Gesellschaftsvertrag vereinbarten Gesellschaftszwecks,427 gelingt dies hingegen. An die Stelle des schuldrechtlichen Vertrages tritt in der Erbengemeinschaft bzw. ehelichen Gütergemeinschaft das gesetzlich angeordnete Rechtsverhältnis unter den Erben bzw. der Ehevertrag. Sie geben den rechtlichen Rahmen sowie die konkreten Befugnisse vor, die in den verschiedenen Gesamthandsgemeinschaften voneinander abweichen können. Im Kern können mit dem traditionellen Verständnis damit alle gesamthänderischen Gemeinschaften auf dieselben dogmatischen Grundlagen zurückgeführt werden. Darüber hinaus lässt sich kaum leugnen, dass sich allein die traditionellen Vermögenslehren auf den Wortlaut des BGB wie der ZPO berufen können, ohne die Grenzen einer unzulässigen Rechtsfortbildung contra legem berühren zu müssen. § 718 Abs. 1 BGB spricht bekanntlich nicht vom Vermögen der Gesellschaft, sondern dem der Gesellschafter. Die Verfügungsbefugnis über den Anteil an diesem Vermögen ist dem einzelnen Gesellschafter aufgrund der gesamthänderischen Bindung nach § 719 Abs. 1 BGB entzogen. Nimmt man den Wortlaut (und die amtliche Überschrift) dieser Norm wirklich ernst, bilden diese Regelungen die Wirkungen des Gesamthandsprinzips so ab, wie sie der Gesetzgeber, trotz aller Probleme bei der Schaffung des BGB428, letztlich verstanden hat. Der Wortlaut des Gesetzes steht für sich selbst. Der erbittert geführte Streit um die Dogmatik der Personengesellschaften im Allgemeinen, wie auch zur rechtlichen Struktur der Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Speziellen, ändert hieran wenig. Blendet man 425 Gegen die Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft jedoch BGH NJW 2006, 3715 = NZG 2006, 940 (Leitsatz); aA Grunewald, Die Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft, AcP 197 (1997), S. 305. Nach Grunewald wird durch Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft lediglich „Altbekanntes in neue Worte“ gefasst (S. 306). 426 So die herrschende Meinung hinsichtlich der Erbengemeinschaft, vgl. RGZ 57, 432, 435; 60, 126, 128; 61, 76, 78; 68, 410, 417; BGHZ 146, 310, 315 = WM 2001, 477, 478; BGH NJW-RR 2006, 158, 160; Gergen, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2017, § 2032 Rn. 10; Löhnig, in: Staudinger, BGB, Bearbeitung 2016, § 2032 Rn. 7; umfassende Darstellung in der Vorauflage von Werner, in: Staudinger, BGB, Bearbeitung 2010, § 2032 Rn. 6 f.; Lange/Kuchinke, Erbrecht, 5. Aufl., § 42 Fn. 39. 427 So die mM BayObLGZ 1968, 1, 3; 1982, 59, 67; Wolf, in: Soergel, 13. Aufl. 2002, § 2033 Rn. 3. 428 Siehe oben S. 141 ff.
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diesen und seine durchaus vorzuweisenden Errungenschaften aus, ist das Gesellschaftsvermögen, unabhängig von der konkreten Ausgestaltung – Stichwort: ungeteilte oder geteilte Gesamtberechtigung –, allein den Gesellschaftern nach Anteilen und nicht der Gesellschaft selbst zugeordnet.429 Die Personengesellschaften könnten demnach tatsächlich als rein schuldrechtliche Vereinigungen mehrerer Personen zur Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks verstanden werden, ohne auch nur im Ansatz von den Gesellschaftern abstrahiert zu sein. Die bloße Bildung eines Sondervermögens durch die Regeln der Gesamthand entfaltet keine solche Wirkung. Gleichsam vermag es ausschließlich der Vermögenslehre gelingen, dem Wortlaut des § 736 ZPO zu entsprechen. Hiernach ist zur Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen einer BGB-Gesellschaft, die auf demselben dogmatischen Fundament wie offene Handels- und Kommanditgesellschaft aufbaut, ein „gegen alle Gesellschafter ergangenes Urteil erforderlich.“ Die herrschende Meinung möchte hieraus ein Wahlrecht des Gläubigers ableiten, der einerseits einen Titel gegen die Gesellschaft selbst, andererseits gegen alle Gesellschafter zugleich erwirken kann, um die Zwangsvollstreckung in das Gesellschaftsvermögen erfolgreich betreiben zu können.430 Der offene Bruch mit dem Wortlaut des § 736 ZPO wird hierbei offen zugegeben.431 Der Wortlaut des § 124 Abs. 1 HGB (i.V.m. § 161 Abs. 2 HGB) lässt sich ebenfalls ohne größere Probleme in dieses Bild einbinden. Die Norm ist einer Auslegung als bloße Vereinfachung des rechtsgeschäftlichen Handelns der Beteiligten einer Personenhandelsgesellschaft, die die im Handelsregister eingetragene Firma gerade zu diesem Zweck im Außenverhältnis nutzen dürfen, ebenso zugänglich wie einer Interpretation als Anordnung ihrer Rechtsfähigkeit. Freilich muss hinsichtlich dieser Bewertung unter den verschiedenen Ansätzen der Vermögenslehren unterschieden werden. Der klare Wortlaut der §§ 718, 719 BGB widerspricht nicht nur der Gruppenlehre, sondern, zumindest unter Berücksichtigung der allgemeinen Rechtsregeln, in gleichem Maße den Ansätzen der traditionellen Gesamthandslehre, die das Vermögen als das ungeteilte Sondervermögen der Gesellschafter versteht („Theorie der ungeteilten Gesamtberechtigung“432). Anteile im Sinne einer ideellen Beteiligung am Vermögen als Ganzes gibt es nach dieser Auffassung gerade nicht, da jeder Gesellschafter vollumfänglicher Inhaber der 429 Diese Anschauung liegt scheinbar auch § 859 Abs. 1 ZPO zu Grunde, der die Pfändung des Anteils am Gesellschaftsvermögen im Ganzen für zulässig erklärt. Entgegen der herrschenden Auffassung (vgl. oben S. 37 ff.) regelt diese Norm bei unvoreingenommener Lesart keinesfalls die Pfändung einer Mitgliedschaft in einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, da es diese im Sinne der allgemeinen Auffassung unter Zugrundelegung der Vermögenslehre mangels Entstehung einer verselbstständigten Gesellschaft nicht gibt. 430 BGH NJW 2011, 2048 = ZIP 2011, 1143, Rz. 11 f.; jeweils m.w.N. Lackmann, in: Musielak/Voit, ZPO, 15. Aufl. 2018, § 736 Rn. 4; Heßler, in: MüKoZPO, 5. Aufl. 2016, § 736 Rn. 1; Kindl, in: Hk-ZPO, 7. Aufl. 2017, § 736 Rn. 1. 431 Heßler, in: MüKoZPO, 5. Aufl. 2016, § 736 Rn. 1; Kindl, in: Hk-ZPO, 7. Aufl. 2017, § 736 Rn. 1. 432 Diese wird heute insbesondere im Rahmen der Erbengemeinschaft diskutiert, vgl. hierzu unten S. 292 ff.
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das Vermögen bildenden Rechte sein soll.433 Die Beschränkung der Verfügungsbefugnis ergebe sich demnach aus dem Umstand, dass jede gewillkürte Verfügung eines einzelnen Gesellschafters stets das gleichberechtigte Recht eines Mitgesellschafters verletzen würde. Die gesetzliche Anordnung wäre demnach rein deklaratorischer Natur, denn sie ist zwingende Folge des auf diese Weise verstandenen Prinzips der Gesamthand. Abgesehen von diesem Einwand, der unter Hinweis auf eine klarstellende Funktion des Rechtssatzes wahrlich nicht zwingender Natur ist, laufen jene Ansichten auf die Anerkennung der römischrechtlichen Rechtsfigur des dominium plurium in soldium hinaus, welche im deutschen Recht nicht existieren kann. Sie verstößt gegen die logischen Strukturen unseres Rechtssystems, sofern man nicht das Gesamthandsprinzips gerade als spezielle Ausnahmeregelungen dieser grundlegenden Rechtssätze versteht: Ausgangspunkt dieser Folgerung ist die Untersuchung des subjektiven Rechts als solchem. Das subjektive Recht bildet, zumindest in gegenständlich-dinglicher Hinsicht, das Verhältnis, die Beziehung, die „Relation“434 eines Rechtssubjektes zu einem Vermögen bzw. einem einzelnen Gegenstand ab. Es ordnet einen (Rechts-)Gegenstand einer bestimmten Person zu, die im Rahmen der Grenzen des Rechts frei darüber disponieren kann. Dem Subjekt wird eine bestimmte, exklusive Zuständigkeit zugeordnet.435 Das subjektive Recht kann hierbei objektiviert gedacht, d. h. losgelöst von der Zuordnung zu einem konkreten Rechtssubjekt betrachtet, werden. Trotz einer solchen Loslösung vom Subjekt bleibt es als ein rechtliches „Etwas“, als Objekt wahrnehmbar. Das subjektive Recht verbindet jenes wahrnehmbare (Rechts-)Objekt mit einem (Rechts-)Subjekt. Sie stehen sich hierbei stets gegenüber, sie sind in logischer Hinsicht „jeweils das Eine im Gegensatz zum Anderen.“436 Jedes Objekt als auch Subjekt ist einzigartig. Es gibt kein vielfaches „Eines“ bzw. vielfaches „Anderes“. Weder können an die Stelle eines Objekts mehrere Objekte noch an die Stelle eines Subjekts mehrere Subjekte treten. Das subjektive Recht muss danach als „exklusive“ Verbindung zwischen einem exakt definierten Subjekt und Objekt verstanden werden. „Das eine subjektive Recht als Einheit, als (lösbares) Rechtsband, als Gegenstandsrecht, kann jeweils nur einem Subjekt zuständig sein.“437 Eine Spaltung des Objekts in zwei voneinander unterscheidbare Objekte erfordert die Schaffung von zwei Relationen. Diese beiden sind voneinander zu unterscheiden und bilden demnach keine irgendwie gearteten Teilrechte an einem einheitlichen Objekt, sondern sind die Grundlage zweier selbstständiger, vollwertiger Rechte an den durch Teilung entstandenen (Teil-)Objekten. 433
Für die Erbengemeinschaft ganz herrschende Auffassung: RGZ 57, 432, 435; 60, 126, 128; 61, 76, 78; 68, 410, 417; BGHZ 146, 310, 315 = WM 2001, 477, 478; BGH NJW-RR 2006, 158, 160; Gergen, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2017, § 2032 Rn. 10; Löhnig, in: Staudinger, BGB, Bearbeitung 2016, § 2032 Rn. 7; umfassende Darstellung in der Vorauflage von Werner, in: Staudinger, BGB, Bearbeitung 2010, § 2032 Rn. 6 f.; Lange/Kuchinke, Erbrecht, 5. Aufl., § 42 Fn. 39. 434 Fabricius, Relativität der Rechtsfähigkeit, S. 118. 435 Fabricius, Relativität der Rechtsfähigkeit, S. 121. 436 Fabricius, Relativität der Rechtsfähigkeit, S. 119. 437 Fabricius, Relativität der Rechtsfähigkeit, S. 121.
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Hieraus lässt sich ableiten, dass die Ansätze der Vertreter der traditionellen Lehre, die eine gleichzeitige und vollumfängliche Berechtigung aller Personengesellschafter an den einzelnen Gegenständen des Gesellschaftsvermögens zum Inhalt haben, als logische Unmöglichkeit abgelehnt werden müssen.438 3. Die Personengesellschaften als juristische Personen Vielfach werden Personengesellschaften heute wie der (eingetragene) Verein, die Gesellschaft mit beschränkter Haftung und die Aktiengesellschaft als Gesellschaftsform mit eigener Rechtspersönlichkeit verstanden. Insbesondere die Änderungen des Umwandlungsgesetzes im Jahre 1994 flößten dieser Idee neues Leben ein, stellten diese auch die Gesellschaft bürgerlichen Rechts unter vermögensrechtlichen Gesichtspunkten mit den Kapitalgesellschaften gleich. Sich über die 438
Stimmt man dieser Argumentation zu, ist eine Auslegung des Gesamthandsprinzips im Sinne der Theorie der geteilten Gesamtberechtigung keinesfalls zwingend. Auch unter Geltung der Gruppenlehre werden die von Fabricius formulierten Regeln eingehalten, da die Rechte an den einzelnen Gegenständen des Gesellschaftsvermögens hiernach allein der rechtsfähigen Gesellschaft zugeordnet werden. Der Gedanke der Exklusivität des subjektiven Rechts bleibt gewahrt. Die Gesellschafter begründen diese, sind im Rahmen der Vermögensverhältnisse der Gesellschaft indes nicht mehr zu berücksichtigen. Zur Kritik an der Theorie von der geteilten Gesamtberechtigung siehe die Ausführungen Werners zu den Vermögensverhältnissen in der Erbengemeinschaft: Staudinger, BGB, Bearbeitung 2010, § 2032 Rn. 6 f. Ähnlich argumentiert Hasse gegen die Lehre von der ungeteilten Gesamtberechtigung. Diese Lehre führe zu einer unzulässigen Aufspaltung der Rechtsträgerschaft an einem einheitlichen Recht. Ausgangspunkt seiner Kritik ist die Vorstellung, dass niemand zur gleichen Zeit Berechtigter und Nichtberechtigter hinsichtlich eines Rechtsgegenstandes sein könne. Der Inhaber eines Rechts habe stets die Befugnis, dieses vollumfänglichen nach eigenen Vorstellungen auszuüben. Nur die tatsächliche Ausübung eines Rechts könne nach Hasse auch auf Dritte übertragen werden. Hiervon sei, neben der Befugnis, nach freiem Belieben ein Recht nutzen und ändern zu können, auch die Abwehr Eingriffe Dritter zwingend erfasst. Nach der Idee des dominium plurium in solidum wären diese zwingenden Ausprägungen indes nicht mehr gewährleistet, da das eigene volle und unbeschränkte Recht, durch die spiegelbildliche Rechtsposition des Ehepartners faktisch ausgehöhlt werde. Ein solches Recht wäre tatsächlich „gleich Null“. Hasse glaubte die Bestätigung seiner These im Erbrecht zu finden: Ehegatten sei die unbeschränkte Möglichkeit der Vererbung verwehrt, fallen die Rechte des Vorverstorbenen doch dem überlebenden Ehegatten zu. Dies sei aber gerade nicht mit der Annahme vereinbar, jeder Ehegatte wäre grundsätzlich umfassender Träger der gemeinschaftlichen Rechte – dann müssten sie über diese sowohl zu Lebzeiten als auch von Todes wegen frei verfügen können, vgl. Hasse, Beytrag zur Revision der bisherigen Theorie von der ehelichen Gütergemeinschaft nach deutschem Privatrecht, S. 32 ff., 53 ff. 57. Die Annahme eines derartigen römisch rechtlichen dominium plurium in solidum stelle daher eine „Absurdität“ und ein „Unding“ dar, welches schlicht „nicht denkbar“ sei. Daran ändere auch eine dahingehende Anordnung durch den Gesetzgeber oder eine allgemein akzeptierte und für eine längere Zeit praktizierte Übung im Sinne dieses Verständnisses nichts. Niemand könne schließlich den Normanwender „zwingen, undenkbares zu denken“ und die natürliche Logik widerspreche einer gewohnheitsrechtlichen Geltung – impossibilium nulla est obligatio, vgl. Hasse, Beytrag zur Revision der bisherigen Theorie von der ehelichen Gütergemeinschaft nach deutschem Privatrecht, S. 24, 53, 69, 73 Fn. 1.
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Rechtsprechung des BGH439, der die Gesellschaft bürgerlichen Rechts – und damit auch ihre handelsrechtlichen Ausprägungen – als bloß rechtsfähige Vereinigung ohne eigene Rechtspersönlichkeit ansieht, hinwegsetzend, versteht seither eine große Anzahl von Vertretern der Literatur440 die Personengesellschaften wie die Kapitalgesellschaften als juristische Personen. Die Idee, gesamthänderischen Vereinigungen als verselbstständigte Personen zu verstehen, ist freilich keinesfalls neu. Schon früh befasste sich Johann Christian Hasse in seinem Werk „Beytrag zur Revision der bisherigen Theorie von der ehelichen Gütergemeinschaft nach deutschem Privatrecht“ mit den Strukturen und der dogmatischen Herleitung gesamthänderischer Gemeinschaften. Im Fokus seiner Untersuchung stand indessen nicht die auf privatautonomer Entscheidung beruhende (Gesamthands-)Gesellschaft, sondern die Eigentümlichkeiten der ehelichen Gütergemeinschaft in deutschen Privatrechtsordnungen. Es sind dahingegen keine Gründe ersichtlich, seine hierzu gewonnenen Erwägungen im Wege einer Verallgemeinerung auch auf andere Gesamthandsgemeinschaften zu übertragen.441 439 BGHZ 146, 341 = NJW 2001, 1056 ff.; BGHZ 179, 102 = NJW 2009, 594, Rz. 10. Allerdings bezeichnet der BGH im Beschluss vom 20. 05. 2016, Az. V ZB 142/15, Rz. 21 die Gesellschaften bürgerlichen Rechts als Gemeinschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit. 440 Toussaint, in: jurisPK BGB, 8. Aufl. 2017, § 899a Rn. 2 (insb. auch Fn. 2); Bergmann, Die fremdorganschaftlich verfasste offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft und BGB-Gesellschaft als Problem des allgemeinen Verbandsrechts, S. 52, 56; Brodyagin, Weshalb die Personengesellschaft keine Gesamthand ist, S. 131 ff.; Timm, Die Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts und ihre Haftungsverfassung, NJW 1995, S. 3209; Timm, Zweifelsfragen zum neuen Umwandlungsrecht, ZGR 1996, S. 247 (252); im Ergebnis ebenfalls in diese Richtung deutend Scholz, Verselbstständigung bürgerlichrechtlicher Gesellschaften in Deutschland und Frankreich, S. 314 ff.; Raiser, Gesamthand und juristische Person im Licht des neuen Umwandlungsrechts, AcP 1994, S. 495; Raiser, Gesamthandsgesellschaft oder juristische Person, in: Festschrift für Wolfgang Zöllner, S. 469; Raiser, Der Begriff der juristischen Person. Eine Neubesinnung, AcP 1999, S. 104; in diese Richtung auch John, Die organisierte Rechtsperson, S. 134 ff., insb. S. 149 f. (Personengesellschaften) und S. 150 ff., insb. S. 160 ff. (GbR), der unter Berücksichtigung von Organisation, Haftungsverhältnissen und Identitätsausstattung gravierende Unterschiede zwischen den Gesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit und den Personenhandelsgesellschaften einerseits und zwischen Personenhandelsgesellschaften und der Gesellschaft bürgerlichen Rechts andererseits nicht feststellen kann. Insofern kann man zumindest von einer Tendenz zur Einordnung der Personengesellschaften als juristische Personen sprechen. Im Ergebnis offen lassend, unter Berücksichtigung der Kritik an der Gegenansicht jedoch tendenziell in diese Richtung auch Habermeier, in: Staudinger, BGB, 13. Aufl. 2003, Vor §§ 705 – 740 Rn. 28 f.; von der „Rechtspersönlichkeit“ der Gesellschaft bürgerlichen Rechts spricht auch Hanke, in: Nk-BGB, 3. Aufl. 2016, § 725 Rn. 1. Die Tendenz, die Gesamthand auch als juristische Person anzuerkennen, ist auch bei K. Schmidt zu erkennen, vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 8 I 3 a), III. Er möchte indessen innerhalb der Gruppe der Gesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit wiederum zwischen den verschiedenen „Unterformen“ der juristischen Personen unterscheiden, vgl. K. Schmidt, Die Personengesellschaft als Rechtsfigur des „Allgemeinen Teils“, AcP 2009, S. 181 (201); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 8 I 3; IV 2 a). 441 Hasse verlangte gar den „Beweis […], daß einzig und allein die Ehe sich als Grund eines Sammtvermögens denken lasse“, vgl. Hasse, Beytrag zur Revision der bisherigen Theorie von der ehelichen Gütergemeinschaft nach deutschem Privatrecht, 62 f.
II. Abstraktionsgrad der Personengesellschaften von ihren Gesellschaftern
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Nach Auffassung Hasses könne ausschließlich die Idee der Entstehung einer „mystischen Person“ die Verhältnisse einer Gütergemeinschaft befriedigend und systemkohärent erklären. Hiernach entstehe mit dem Zustandekommen einer ehelichen Gütergemeinschaft eine von den Ehegatten losgelöst vorzustellende, im Rechtsverkehr aktiv und passiv auftretende Rechtspersönlichkeit, deren Existenz im Gegensatz zur römischrechtlichen universitas, welche ebenfalls mystische Person im Sinne Hasses ist, mit dem Fortbestand des Personenstamms zwingend verknüpft sei.442 Die gemeinschaftlichen Güter der Ehegatten stünden bis zur Auflösung der Gütergemeinschaft allein diesem übergeordneten Rechtssubjekt zu, welches Inhaber aller Rechte und Schuldner der gemeinschaftlichen Verbindlichkeiten sei. Allein die Übertragung höchstpersönlicher Rechte auf die mystische Person sei dem Paar verwehrt.443 In diesem Rahmen erstaunt die Konsequenz, mit der Hasse seinen Ansatz vorantreibt, denn selbst im Verhältnis zu den Ehegatten soll die mystische Person nach seiner Auffassung als ein drittes, selbstständiges Rechtssubjekt zu verstehen sein. Eheliche Zuwendungen aus dem gemeinschaftlichen Vermögen verstand er demnach als Schenkungen der mystischen Person.444 Ebenso sollte im Fall des Versterbens eines Ehegatten nicht der Verstorbene, sondern die mystische Person als Erblasser gelten.445 Hasses Ansatz ging freilich zu weit, lief er doch auf die Annahme einer reinen Fiktion hinaus. Bereits Beseler446 hat die Annahme der Entstehung einer mystischen Person bei der Ehegattengemeinschaft als genau solche abgelehnt. Tatsächlich fehlen 442
Vgl. Hasse, Beytrag zur Revision der bisherigen Theorie von der ehelichen Gütergemeinschaft nach deutschem Privatrecht, S. 137 f. Den Unterschied zur römischrechtlichen universitas bildet nach Hasses der Umstand, dass die Beteiligten die Existenz der Gemeinschaft nicht von einem übergeordneten Zweck abhängig machen können. Die universitas wird von Hasse aufgrund dieser Fähigkeit, sich vom Personenkreis der Gesellschafter in gewisser Weise zu lösen, gegenüber der Gemeinschaft der Ehegatten als „besonders qualifizierte“ mystische Person bezeichnet. Ein Teilaspekt des Zwecks von Gesamthandsgemeinschaften, welche von Gesetzes wegen aufgrund des Vorliegens bestimmter Tatsachen entstehen, ist nach Hasses Verständnis damit zwingend vorgegeben: Der Kreis der Personen als „integrierende[.] Theile[.]“ (Hasse, Beytrag zur Revision der bisherigen Theorie von der ehelichen Gütergemeinschaft nach deutschem Privatrecht, S. 138) muss zwingend erhalten bleiben. Ob dieser Gedanke auch auf Personengesellschaften übertragen werden muss, die aufgrund privatautonomer Entscheidung entstanden sind, ist indes fraglich. Hier wird der für die Beteiligten maßgebliche Zweck gerade nicht durch das Gesetz, sondern aufgrund einer freien Willensentscheidung der Gründer bzw. Gesellschafter determiniert. Dass die Bindung an die Persönlichkeiten der Gesellschafter nicht zwingender Natur sein kann, zeigt schon die heute allgemein anerkannte Möglichkeit des identitätswahrenden Mitgliederwechsels. 443 Hasse, Beytrag zur Revision der bisherigen Theorie von der ehelichen Gütergemeinschaft nach deutschem Privatrecht, S. 140, 171. 444 Hasse, Beytrag zur Revision der bisherigen Theorie von der ehelichen Gütergemeinschaft nach deutschem Privatrecht, S. 102. 445 Hasse, Beytrag zur Revision der bisherigen Theorie von der ehelichen Gütergemeinschaft nach deutschem Privatrecht, S. 135 ff. 446 Beseler, Die Lehre von den Erbverträgen, S. 88; Beseler, System des gemeinen deutschen Privatrechts, 4. Aufl., S. 587.
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D. Die dogmatische Struktur der Personengesellschaften
den Ehegatten bei sachnaher Betrachtung die für die Schaffung einer „mystischen Person“ erforderlichen kognitiven als auch voluntativen Elemente. Ehepartner werden in der Regel weder den Willen noch das Bewusstsein haben, als eine abstrahierte Rechtspersönlichkeit im Rechtsverkehr aufzutreten. Sofern ihnen eine Bindung des ehemals eigenen Vermögens überhaupt bewusst ist, scheint die Konstruktion der Beschränkung der zuvor freien Verfügungsbefugnis über eine losgelöst gedachte mystische Person äußerst abwegig. Von dieser Kritik kann freilich nicht ohne weiteres auf die Unvereinbarkeit dieses Denkansatzes mit dem Personengesellschaftsrecht geschlossen werden, welches gerade auf dem freiwilligen, privatrechtlichen Zusammenschluss mehrerer Personen beruht. Ziel dieser Vereinbarung ist gerade die Schaffung einer übergeordneten Einheit. Klärungsbedürftig bleibt hierbei, wie sich das Verhältnis zwischen der Gesellschaft als Einheit und ihren Gesellschaftern konkret darstellt. Es wird sich zeigen müssen, ob die Einordnung der Personengesellschaften als juristische Personen mit der Anerkennung vollständiger Abstraktion einhergeht oder, aufbauend auf der Idee Hasses, der unter Berücksichtigung der faktischen Unterschiede von römischrechtlicher universitas und der Ehegattengemeinschaft zwischen „mystischen Personen“ und „besonders qualifiziert mystischen Personen“ differenzieren wollte,447 innerhalb der Gruppe der juristischen Personen qualitative Abstufungen vorgenommen werden müssen448. Diese Frage wird im Folgenden anhand der Darstellung und Analyse wichtiger Vertreter dieses Ansatzes näher untersucht werden. a) Die Anerkennung der Rechtspersönlichkeit der Gesamthand als Wechselwirkung des modernisierten Umwandlungsrechts Nach (früherer) Auffassung Walther Haddings449 sowie Wolfram Timms450 sind Gesamthandsgesellschaften, einschließlich der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, als juristische Personen anzusehen. Die Anerkennung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts als tauglicher Zielrechtsträger einer identitätswahrenden Umwandlung durch Formwechsel nach dem § 191 Abs. 2 Nr. 1 UmwG451 i.V.m. § 202 Abs. 1 Nr. 1 447 Hasse, Beytrag zur Revision der bisherigen Theorie von der ehelichen Gütergemeinschaft nach deutschem Privatrecht, S. 138. 448 K. Schmidt, Die Personengesellschaft als Rechtsfigur des „Allgemeinen Teils“, AcP 2009, S. 181 (201); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 8 I 3; IV 2 a). 449 Hadding, Zum Erlangen von Rechtsfähigkeit nach deutschem Zivilrecht, in: Festschrift für Alfons Kraft, S. 137; diese Ansicht hat er allerdings später wieder aufgegeben, vgl. Hadding/Kießling, in: Soergel, 13. Aufl. 2000, Vor § 21 Rn. 17; Hadding, in: Soergel, 13. Aufl. 2012, Vor § 705 Rn. 21; an anderer Stelle wird seine Meinung hierzu nicht hinreichend deutlich Hadding, Zur Rechtsfähigkeit und Parteifähigkeit der (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts sowie zur Haftung ihrer Gesellschafter für Gesellschaftsverbindlichkeiten, ZGR 2001, S. 712 (718 ff., 743). 450 Timm, Zweifelsfragen zum neuen Umwandlungsrecht, ZGR 1996, S. 247. 451 Timm verweist noch auf § 190 Abs. 2 Nr. 1 UmwG.
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UmwG452 sei gesetzgeberischer Ausdruck der Anerkennung der Rechtspersönlichkeit aller Personengesellschaften.453 Der strenge Dualismus von natürlicher und juristischer Person, soweit man die Rechtsfähigkeit mit der Rechtspersönlichkeit gleichsetzt, sei nicht mehr aufrecht zu erhalten. Die Anpassung der Verhältnisse diene der Rechtsklarheit.454 Für die Unterscheidung einer juristischen Person von einer bloß rechtsfähigen Gesellschaft spielen nach Auffassung Haddings und Timms abweichende Strukturelemente keine Rolle. Weder wiesen alle bekannten juristischen Personen eine körperschaftliche, d. h. eine auf Fluktuation der Mitglieder gerichtete, Struktur auf455 noch seien den Personengesellschaften des deutschen Rechts Elemente einer körperschaftlichen Verfassung völlig fremd456. Maßgeblich für die Frage, ob eine Gemeinschaft „nur“ rechtsfähig sei oder darüber hinaus auch eine eigene Rechtspersönlichkeit habe, ist nach Auffassung Haddings allein der jeweilige „tatbestandsmäßige Vorgang, durch den die Gemeinschaft ihre Rechtsfähigkeit erlangt“457. Eine juristische Person entstehe grundsätzlich durch konstitutive Eintragung in ein öffentliches Register oder durch Verwaltungsakt. Der Begriff der juristischen Person sei mithin nur ein „terminologischer Hinweis auf zwei gesetzlich vorgesehene Arten des Erlangens von Rechtsfähigkeit“458 und damit ein zweifelsfreier Hinweis auf die
452 Vgl. hierzu das Gesetz zur Bereinigung des Umwandlungsrechts vom 28. 10. 1994 (BGBl. I 3210), das das Umwandlungsrecht umfassend reformierte. 453 Hadding, Zum Erlangen von Rechtsfähigkeit nach deutschem Zivilrecht, in: Festschrift für Alfons Kraft, S. 137 (138). 454 Hadding, Zum Erlangen von Rechtsfähigkeit nach deutschem Zivilrecht, in: Festschrift für Alfons Kraft, S. 137 (139, 143); mit konkreten Beispielen Timm, Zweifelsfragen zum neuen Umwandlungsrecht, ZGR 1996, S. 247 (252 ff.). 455 Mit Verweis auf die GmbH, die regelmäßig einen festen Gesellschafterbestand hat und trotzdem juristische Person ist Hadding, Zum Erlangen von Rechtsfähigkeit nach deutschem Zivilrecht, in: Festschrift für Alfons Kraft, S. 137 (143 f.); Hadding, in: Soergel, 13. Aufl. 2000, Vor § 21 Rn. 4; Hadding, Zur Rechtsfähigkeit und Parteifähigkeit der (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts sowie zur Haftung ihrer Gesellschafter für Gesellschaftsverbindlichkeiten, ZGR 2001, S. 712 (718); Timm, Zweifelsfragen zum neuen Umwandlungsrecht, ZGR 1996, S. 247 (252). 456 Mit Verweis auf die „organschaftliche Vertretungsmacht“ in Personengesellschaften Hadding, Zum Erlangen von Rechtsfähigkeit nach deutschem Zivilrecht, in: Festschrift für Alfons Kraft, S. 137 (144); Hadding/Kießling, in: Soergel, 13. Aufl. 2012, Vor § 705 Rn. 24; Hadding, Zur Rechtsfähigkeit und Parteifähigkeit der (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts sowie zur Haftung ihrer Gesellschafter für Gesellschaftsverbindlichkeiten, ZGR 2001, S. 712 (719). 457 Hadding, Zum Erlangen von Rechtsfähigkeit nach deutschem Zivilrecht, in: Festschrift für Alfons Kraft, S. 137 (143); Hadding, in: Soergel, 13. Aufl. 2000, Vor § 21 Rn. 4. 458 Hadding, Zum Erlangen von Rechtsfähigkeit nach deutschem Zivilrecht, in: Festschrift für Alfons Kraft, S. 137 (144); Hadding, Zur Rechtsfähigkeit und Parteifähigkeit der (Außen-) Gesellschaft bürgerlichen Rechts sowie zur Haftung ihrer Gesellschafter für Gesellschaftsverbindlichkeiten, ZGR 2001, S. 712 (718).
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Fähigkeit, Träger von Rechten und Pflichten zu sein459. Wenn sich der Begriff der „juristischen Person“ hierin aber bereits erschöpfe, bestünden keine grundlegenden Unterschiede zwischen den „nur“ rechtsfähigen Gesamthandsgesellschaften und den Gesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit.460 Beide Organisationsformen beruhen schließlich auf einer bloßen „gesetzliche[n] Fiktion, die im Sinne eines ,als ob‘ diese Gemeinschaften einer ,natürlichen Person‘ hinsichtlich der Rechtsfähigkeit weithin gleich[stellen].“461 Der Gedanke der Praktikabilität462, der die Existenz von juristischen Personen rechtfertigt, greife ebenfalls für Gesamthandsgemeinschaften wie OHG und KG. Als Gläubiger- und Minderheitenschutz gewährendes Gesetz müssten Widersprüche, die durch das Festhalten an althergebrachten dogmatischen Ansätzen entstünden und dabei jene geschützten Bereiche berührten, durch Übertragung der aus dem Umwandlungsgesetz ableitbaren Grundsätze beseitigt werden.463 Gleichzeitig werde nur auf diese Weise eine Harmonisierung mit europäischem Recht erreicht, welches weitgehend ausschließlich zwischen natürlichen und juristischen Personen unterscheide und dem eine rechtsfähige Gemeinschaft, die zwischen diesen angesiedelt ist, nicht bekannt sei.464 Auf diesen Erwägungen aufbauend erklärt Timm letztlich gar den „lange Zeit propagierten Dualismus zwischen den juristischen Personen des Privatrechts (Verein, AG, GmbH) und den Gesamthandsgesellschaften (OHG, KG, BGB-Außengesellschaft) […] als obsolet“465. b) Die Gesamthandsgesellschaften nach Thomas Raiser Auch nach Auffassung Thomas Raisers466 existieren keine stichhaltigen Gründe, die Personengesellschaften des deutschen Rechts nicht als juristische Personen467 zu 459 Hadding, Zum Erlangen von Rechtsfähigkeit nach deutschem Zivilrecht, in: Festschrift für Alfons Kraft, S. 137 (139). 460 So auch Timm, Zweifelsfragen zum neuen Umwandlungsrecht, ZGR 1996, S. 247 (252); ähnlich auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 8 I 3 a). 461 Hadding, Zum Erlangen von Rechtsfähigkeit nach deutschem Zivilrecht, in: Festschrift für Alfons Kraft, S. 137 (145); Hadding, in: Soergel, 13. Aufl. 2000, Vor § 21 Rn. 7; Hadding, Zur Rechtsfähigkeit und Parteifähigkeit der (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts sowie zur Haftung ihrer Gesellschafter für Gesellschaftsverbindlichkeiten, ZGR 2001, S. 712 (718). 462 Hadding, in: Soergel, 13. Aufl. 2000, Vor 21 Rn. 7. 463 Timm, Zweifelsfragen zum neuen Umwandlungsrecht, ZGR 1996, S. 247 (250). 464 Hadding/Kießling, in: Hadding, Zum Erlangen von Rechtsfähigkeit nach deutschem Zivilrecht, in: Festschrift für Alfons Kraft, S. 137 (146); ähnlich auch in Hadding, Zur Rechtsfähigkeit und Parteifähigkeit der (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts sowie zur Haftung ihrer Gesellschafter für Gesellschaftsverbindlichkeiten, ZGR 2001, S. 712 (743). 465 Timm, Zweifelsfragen zum neuen Umwandlungsrecht, ZGR 1996, S. 247 (252). 466 Raiser, Gesamthand und juristische Person im Licht des neuen Umwandlungsrechts, AcP 1994, S. 495; dem umfassend folgend Brodyagin, Weshalb die Personengesellschaft keine Gesamthand ist. 467 Zum Begriff der juristischen Person im 19. Jahrhundert Raiser, Der Begriff der juristischen Person. Eine Neubesinnung, AcP 1999, S. 104 (111 ff.); zu den Eigenschaften bzw.
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betrachten. Für die Gesamthand im klassischen Sinne gebe es „kein Bedürfnis mehr“468. Sie müsste, auch um den praktischen Bedürfnissen und Anforderungen der modernen Rechtspraxis gerecht zu werden469, in dogmatisch-struktureller Hinsicht unserem Verständnis von der juristischen Person angeglichen werden. Das Festhalten an der alten Lehre kann nach seiner Auffassung nur gerechtfertigt werden, sofern „der Erkenntniswert der Gesamthand, ihre praktische Relevanz, ihre Legitimitätsgrundlage für das heutige Verbandsrecht[.]“470 von überragender Bedeutung wäre. Diese leugnet Raiser jedoch: Die Gesamthand sei entgegen der Gegenauffassung nicht als zwingendes Grundmodell der Personengesellschaften im Gesetz angelegt. § 718 BGB und § 719 BGB versteht Raiser entgegen der Gegenauffassung nicht als zwingende Anordnung des Gesamthandsprinzips, sondern als sachenrechtliche Sonderregelungen, die der klaren Abgrenzung des Sondervermögens „Gesellschaftsvermögen“ von den Privatvermögen der einzelnen Gesellschafter dienen: „Mehr geben die Vorschriften nicht her.“471 Die Auswirkungen dieser Regelungen entsprechen nach seiner Ansicht den Vermögensverhältnissen von Gesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit, wobei dort wegen der Anerkennung einer übergeordneten Einheit die Trennung der Vermögenssphären „rechtstechnisch einfachere[r]“472 bewältigt werde.
charakterisierenden Merkmalen, die eine juristische Person definieren Raiser, Der Begriff der juristischen Person. Eine Neubesinnung, AcP 1999, S. 104 (130 ff.). 468 Raiser, Gesamthand und juristische Person im Licht des neuen Umwandlungsrechts, AcP 1994, S. 495 (512); Raiser, Gesamthandsgesellschaft oder juristische Person, in: Festschrift für Wolfgang Zöllner, S. 469 (470); Raiser, Der Begriff der juristischen Person. Eine Neubesinnung, AcP 1999, S. 104 (107). 469 Raiser, Gesamthand und juristische Person im Licht des neuen Umwandlungsrechts, AcP 1994, S. 495 (496 f.); die Entwicklung des Rechts der Personenvereinigungen ist nach Auffassung Raisers schon immer von den praktischen Bedürfnissen geprägt. Durch diese stetige Anpassung an die jeweiligen Gegebenheiten waren „Tatbestand und Inhalt“ der juristischen Personen damit auch fest vorgezeichnet, vgl. Raiser, Der Begriff der juristischen Person. Eine Neubesinnung, AcP 1999, S. 104 (108 ff.). Für die weitgehende Aufgabe der Unterscheidung von Gesamthand und juristischer Person sprachen nach Ansicht Raisers auch die Änderungen im Umwandlungsgesetz, die eine „identitätswahrende“ Umwandlung einer Aktiengesellschaft in eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts möglich machen sollten. Diese Wahrung der Identität entspreche schließlich der „Anschauung im Wirtschaftsleben“, vgl. Raiser, Gesamthand und juristische Person im Licht des neuen Umwandlungsrechts, AcP 1994, S. 495 (498 f.). 470 Raiser, Gesamthand und juristische Person im Licht des neuen Umwandlungsrechts, AcP 1994, S. 495 (499). 471 Raiser, Gesamthand und juristische Person im Licht des neuen Umwandlungsrechts, AcP 1994, S. 495 (500); Raiser, Der Begriff der juristischen Person. Eine Neubesinnung, AcP 1999, S. 104 (107 f.); dem folgend Brodyagin, Weshalb die Personengesellschaft keine Gesamthand ist, S. 103. 472 Raiser, Gesamthand und juristische Person im Licht des neuen Umwandlungsrechts, AcP 1994, S. 495 (501).
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D. Die dogmatische Struktur der Personengesellschaften
Eine klare Trennung von Gesamthand und juristischer Person könne allein unter Berücksichtigung der Rechtsfähigkeit einer Personenverbindung vorgenommen werden.473 Nach althergebrachter Überzeugung sei gerade die Rechtsfähigkeit das entscheidende Merkmal, welches die juristische Person vom gesamthänderischen Band abgrenze. Die Fähigkeit, Träger von Rechten und Pflichten zu sein, zeuge von „Einheit, Zentralismus, Zielgerichtetheit und Stabilität eines Verbandes“474 – Eigenschaften, die auch Laien mit dem Begriff der Organisation im Sinne einer juristischen Person ohne weiteres verbinden475. Versteht man die Rechtsfähigkeit von Personenvereinigungen als das entscheidende abgrenzende Merkmal, müsse man nach Raiser auch die Gesamthandsgesellschaften des Handelsrechts476 ohne weiteres als juristische Personen betrachten: § 124 HGB sei die klare gesetzgeberische Anordnung, dass auch offene Handelsgesellschaft und Kommanditgesellschaft selbst Träger von Rechten und Pflichten sein können. Die gegenläufige Ansicht477, welche § 124 HGB als reine Erleichterung für das Auftreten der Handelsgesellschaften im Rechtsverkehr versteht, sei bloße „Verlegenheitsauskunft“, eine „Notlüge, um die vorgegebene erstarrte Dogmatik zu retten, wonach sie [Anm.: die Personenhandelsgesellschaften] eben nur Gesamthandsgesellschaften, nicht juristische Person sein dürfen.“478 Ebenso erfülle der Verweis des § 105 Abs. 2 HGB auf die Normen der Gesellschaft bürgerlichen Rechts lediglich eine Hilfsfunktion. Vielmehr müsse der historische Kontext des Handelsgesetzbuches beachtet werden, der offenbart, dass das Recht der Personenhandelsgesellschaften des ADHGB noch als abgeschlossene Rechtsmaterie verstanden wurde. Über die Rechtsnatur der offenen Handelsgesellschaft (und Kommanditgesellschaft) treffe die Verweisung in § 105
473 Raiser, Gesamthand und juristische Person im Licht des neuen Umwandlungsrechts, AcP 1994, S. 495 (503 ff.); Raiser, Der Begriff der juristischen Person. Eine Neubesinnung, AcP 1999, S. 104 (141); dem folgend Brodyagin, Weshalb die Personengesellschaft keine Gesamthand ist, S. 98 ff.; aA Peifer, Rechtsfähigkeit und Rechtssubjektivität der Gesamthand – die GbR als oHG?, NZG 2001, S. 296 (297). 474 Raiser, Gesamthand und juristische Person im Licht des neuen Umwandlungsrechts, AcP 1994, S. 495 (504). 475 Raiser, Gesamthand und juristische Person im Licht des neuen Umwandlungsrechts, AcP 1994, S. 495 (502 f.). 476 Ob auch die Gesellschaft bürgerlichen Rechts rechtsfähig und damit nach Auffassung Raisers juristische Person ist, lässt er hingegen bewusst offen. Die Entscheidung, ob eine Personenvereinigung selbst Träger eines Vermögens sein könne, sei ausschließlich Sache des Gesetzgebers, vgl. Raiser, Gesamthand und juristische Person im Licht des neuen Umwandlungsrechts, AcP 1994, S. 495 (504). 477 Vgl. nur Harry Westermann, Personengesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 14 f., der § 124 HGB als „rechtstheoretischen Name[n] der Gesellschafter“ bezeichnet; Fischer spricht insoweit von einer „rechtstechnischen Erleichterung L. Fischer, Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts, S. 56. 478 Raiser, Gesamthand und juristische Person im Licht des neuen Umwandlungsrechts, AcP 1994, S. 495 (504).
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Abs. 2 HGB hingegen keine Aussage.479 Das Abstellen auf die Rechtsfähigkeit als alleiniges Merkmal der Rechtspersönlichkeit einer Gesellschaft entspreche dagegen der Handhabung der Personengesellschaften in der Rechtsprechung480 und darüber hinaus den „Realitäten des gesellschaftlichen Lebens in der Gegenwart“ und „den sozialen und ökonomischen Bedürfnissen und den damit zusammenhängenden Anschauungen und Wertmaßstäben […] der industriellen Verkehrswirtschaft“481. Für eine Einordnung der Personen(handels-)gesellschaften als juristische Personen spricht nach Raiser auch die Annäherung von Organisation, „innerer Verfassung“ und der „rechtlichen Struktur der Mitgliedschaft“482 in den beiden Rechtsfiguren. Entgegen der früheren Auffassung sei es anerkannt, dass gegenseitige Treuepflichten unter den Gesellschaftern nicht nur in den Gesamthandsgesellschaften, sondern auch in Gesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit existieren. Aus diesem Umstand leitet Raiser ab, dass es zwischen den Gesellschaftern einer juristischen Person ein den Verhältnissen in Personengesellschaften entsprechendes, intensives rechtliches Band geben könne.483 In dogmatischer Hinsicht sollen sich daher Gesellschaftsverträge von Personengesellschaften sowie Verfassungen juristischer Personen weitgehend angeglichen haben.484 Raiser gibt jedoch selbst zu, dass die abweichende Auslegungsmethode hinsichtlich der Verfassung – objektive Auslegung der Satzung gegenüber der subjektiven Auslegung von Personengesellschaftsverträgen – sowie die allgemeine Geltung gegenüber neuen Mitgliedern für ein abweichendes Verhältnis der Gesellschafter zur „Einheit“ und im Detail ab-
479 Raiser, Gesamthandsgesellschaft oder juristische Person, in: Festschrift für Wolfgang Zöllner, S. 469 (474); Raiser, Der Begriff der juristischen Person. Eine Neubesinnung, AcP 1999, S. 104 (131). 480 Raiser, Gesamthandsgesellschaft oder juristische Person, in: Festschrift für Wolfgang Zöllner, S. 469 (475) sowie Raiser, Der Begriff der juristischen Person. Eine Neubesinnung, AcP 1999, S. 104 (139) unter Verweis auf die analoge Anwendung des § 31 BGB sowie der Art. 9 Abs. 1 und Art. 19 Abs. 3 des Grundgesetzes auf die Personalgesellschaften durch die Rechtsprechung. 481 Raiser, Gesamthand und juristische Person im Licht des neuen Umwandlungsrechts, AcP 1994, S. 495 (510); Raiser, Gesamthandsgesellschaft oder juristische Person, in: Festschrift für Wolfgang Zöllner, S. 469 (473, 478 ff.); Raiser, Der Begriff der juristischen Person. Eine Neubesinnung, AcP 1999, S. 104 (135). 482 Raiser, Gesamthand und juristische Person im Licht des neuen Umwandlungsrechts, AcP 1994, S. 495 (506). 483 Raiser, Gesamthand und juristische Person im Licht des neuen Umwandlungsrechts, AcP 1994, S. 495 (506); Raiser, Gesamthandsgesellschaft oder juristische Person, in: Festschrift für Wolfgang Zöllner, S. 469 (484); Raiser, Der Begriff der juristischen Person. Eine Neubesinnung, AcP 1999, S. 104 (139 f.); so auch Ulmer/Löbbe, in: Ulmer, GmbHG, 2. Aufl. 2013, § 2 Rn. 4 ff.; Brodyagin, Weshalb die Personengesellschaft keine Gesamthand ist, S. 125 ff. 484 Raiser, Gesamthand und juristische Person im Licht des neuen Umwandlungsrechts, AcP 1994, S. 495 (507); dem folgend auch Brodyagin, Weshalb die Personengesellschaft keine Gesamthand ist, S. 114 ff.
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D. Die dogmatische Struktur der Personengesellschaften
weichende „überindividuelle[.] Organisation“ spreche.485 Diesbezüglich kann Raiser entgegengehalten werden, dass auch der Gesellschaftsvertrag in atypischen (Publikums-)Personengesellschaften, die entgegen dem gesetzlichen Leitbild einen großen, wechselnden Gesellschafterkreis haben, ebenfalls an objektiven Kriterien gemessen wird.486 Primär trägt diese abweichende Auslegungsmethode gewiss dem Umstand der faktischen Objektivierung des Gesellschaftsvertrages durch dessen Urheber Rechnung. Die Möglichkeit eines abweichenden Maßstabs zeigt, dass der Gesellschaftsvertrag einer Personengesellschaft in struktureller Hinsicht nicht vollends konträr der Satzung bzw. Verfassung einer Kapitalgesellschaft, d. h. juristischen Person gegenübersteht. Die Grenze kann vielmehr durch privatautonome Ausgestaltung überschritten werden. Insofern ist es richtig, wenn Raiser auf die „Realstruktur“487 der konkreten Gesellschaft abstellt. Ebenso lässt die Angleichung der Personengesellschaften hinsichtlich des „Bestandschutzes“488 und der Leitung der Gesellschaft489 nach Auffassung Raisers erkennen, dass auch diese Kriterien keine zwingenden Schlussfolgerungen auf strukturelle Unterschiede der zur Anwendung gelangenden Dogmatik zulassen. Die Verknüpfung der Existenz der Gesellschaft mit der unveränderten Fortexistenz eines bestimmten Personenstammes könne schließlich ohne Probleme durch entsprechende Vereinbarungen gelöst und damit den Verhältnissen der Kapitalgesellschaften angeglichen werden. Das Prinzip der Selbstorganschaft werde in der Praxis durch eine entsprechende Ausgestaltung des Gesellschafterbestandes – beispielsweise die Einsetzung einer fremdgeführten GmbH als alleiniger Vertreter und Geschäftsführer – faktisch aufgehoben. Zudem sei das Prinzip der Drittorganschaft auch bei Gemeinschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit nicht konsequent durchgeführt worden.490
485
Raiser, Gesamthand und juristische Person im Licht des neuen Umwandlungsrechts, AcP 1994, S. 495 (507). 486 Vgl. statt vieler m.w.N. Schäfer, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2017, § 705 Rn. 171, 175. 487 Raiser, Gesamthand und juristische Person im Licht des neuen Umwandlungsrechts, AcP 1994, S. 495 (507). 488 Raiser, Gesamthand und juristische Person im Licht des neuen Umwandlungsrechts, AcP 1994, S. 495 (507 f.); Raiser, Der Begriff der juristischen Person. Eine Neubesinnung, AcP 1999, S. 104 (139); dem folgend auch Brodyagin, Weshalb die Personengesellschaft keine Gesamthand ist, S. 119 f. 489 Raiser, Gesamthand und juristische Person im Licht des neuen Umwandlungsrechts, AcP 1994, S. 495 (507 f.); Raiser, Gesamthandsgesellschaft oder juristische Person, in: Festschrift für Wolfgang Zöllner, S. 469 (485); Raiser, Der Begriff der juristischen Person. Eine Neubesinnung, AcP 1999, S. 104 (140). 490 Für die Zulassung der Fremdorganschaft in Personengesellschaften Bergmann, Die fremdorganschaftlich verfasste offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft und BGBGesellschaft als Problem des allgemeinen Verbandsrechts.
II. Abstraktionsgrad der Personengesellschaften von ihren Gesellschaftern
237
Einzig und allein die „unterschiedlichen Organisationsbedürfnisse nach Mitgliederstatus, Willensbildung und Führungsstruktur“491 rechtfertige überhaupt eine Unterscheidung der verschiedenen Gesellschaften nach der althergebrachten Typeneinteilung. Letztere treffe nach Ansicht Raisers aber keine zwingende Aussage über den strukturellen Aufbau der Gesellschaften, sondern diene der vereinfachten Einordnung bzw. Unterscheidung im Sinne typisierter Leitbilder.492 Auch rechtfertige der pauschale Hinweis auf die fehlende Existenz von Eimann-Personengesellschaften keinesfalls die Aufrechterhaltung der Unterscheidung von Gesamthandsgesellschaften und Gesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit. Eine hierauf aufbauende Argumentation stellt nicht mehr als einen inhaltslosen Zirkelschluss dar493 : Die Einmann-Personengesellschaft verlangt zwingend die Abstraktion im Sinne der klassischen Dogmatik von der juristischen Person. Ihre Ablehnung verlangt gerade die Verneinung dieser Prämisse – aber gerade sie ist Gegenstand des Streites. c) Die Außengesellschaft als juristische Person nach Bälz Auch nach Auffassung Ulrich Bälz’494 sind alle Gesellschaften, die im Rechtsverkehr gegenüber Dritten als Einheit auftreten, als juristische Personen zu qualifizieren. Seine Überlegungen beruhen auf einer strengen Abgrenzung der Außengesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit495 gegenüber den reinen Innengesellschaften496. Letztere sind, in Abhängigkeit von der konkreten inhaltlichen Ausgestaltung des Vertragsverhältnisses durch die Gesellschafter, rein schuldrechtliche Gemeinschaften bei gleichzeitiger Vermögensträgerschaft der Beteiligten nach Bruchteilen, stille Gesellschaften im Sinne des § 230 Abs. 1 HGB oder, in Fällen der Bildung eines „gemeinsam gehaltene[n] und verwaltete[n] Vermögen[s]“, Gesamthandsgesellschaften im eigentliche Sinne.497 Die „Vorstellung einer einheitli-
491
Raiser, Gesamthandsgesellschaft oder juristische Person, in: Festschrift für Wolfgang Zöllner, S. 469 (485). 492 Raiser, Gesamthandsgesellschaft oder juristische Person, in: Festschrift für Wolfgang Zöllner, S. 469 (486). 493 Raiser, Gesamthand und juristische Person im Licht des neuen Umwandlungsrechts, AcP 1994, S. 495 (509); Raiser, Gesamthandsgesellschaft oder juristische Person, in: Festschrift für Wolfgang Zöllner, S. 469 (484). 494 Bälz, Organisationsvertrag und Gesamthand, in: Festschrift für Wolfgang Zöllner, S. 35 (39). 495 Bälz, Organisationsvertrag und Gesamthand, in: Festschrift für Wolfgang Zöllner, S. 35 (47 ff.). 496 Bälz, Organisationsvertrag und Gesamthand, in: Festschrift für Wolfgang Zöllner, S. 35 (43 ff.). 497 Bälz, Organisationsvertrag und Gesamthand, in: Festschrift für Wolfgang Zöllner, S. 35 (41 f., 44 f.).
238
D. Die dogmatische Struktur der Personengesellschaften
chen Grundlegung für alle ,Gesellschaften‘ in §§ 705 ff. BGB“ müsse aufgegeben werden.498 Die §§ 705 ff. BGB sind nach Bälz nicht Grundlage eines einheitlichen Typs der Gesamthandsgesellschaft, sondern Basis für eine Vielzahl von Personengemeinschaften, die auf die Verfolgung eines gemeinsames Zwecks gerichtet sind und deren konkrete Ausgestaltung – in gewissen Grenzen – der Privatautonomie unterliegen.499 Das Gesetz beinhalte die „Option“, einerseits eine rein schuld- und vermögensrechtliche Sonderverbindung, andererseits eine rechtsfähige, übergeordnete Organisation mit eigener Rechtspersönlichkeit zu schaffen. Nach seiner Auffassung seien auf dieser Grundlage allein die Gesellschaften, die dem Vorbild der letzteren Möglichkeit nachempfunden sind, auch tatsächlich als Personengesellschaften einzuordnen.500 Die innere Struktur unterscheide sich bei ihnen nicht von denen der Kapitalgesellschaften und Genossenschaftsverbände.501 Sie alle beruhen auf einem personenrechtlichen Organisationsvertrag, der Grundlage für die Entstehung der „rechtlich verselbstständigen Personengemeinschaft“ mit eigener Rechtspersönlichkeit sei.502 Die Gesellschaft ist hiernach alleinige Trägerin des Vermögens, der Organisationsvertrag, der nach der Errichtung als Satzung der Gesellschaft fortwirkt,503 regelt allein die inneren Geschäftsführungsbefugnisse und Vertretungsregeln und macht die Gesellschaft handlungsfähig. Da sowohl Personen- als auch Kapitalgesellschaften auf einem in dogmatischer Hinsicht einheitlichen Organisationsvertrag beruhen, können die verschiedenen Gesellschaftstypen fließend ineinander übergehen, ohne ihre Identität zu verlieren. Die Vor-GmbH beruht hiernach schon grundlegend auf dem Organisationsvertrag, der nach Eintragung das rechtliche Fundament der GmbH stellt. Unterschiede ergeben sich lediglich hinsichtlich der Haftung – persönliche Haftung der Gesellschafter einer Personengesellschaft gegenüber der auf das Gesellschaftsvermögen beschränkten Haftung in Kapitalgesellschaften – und der Vertretung bzw. Organschaft – Selbstorganschaft in der „Gruppe“, Fremdorganschaft im „Verband“.504
498
(39). 499
Bälz, Organisationsvertrag und Gesamthand, in: Festschrift für Wolfgang Zöllner, S. 35
So auch Flume vgl. Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 4 ff. Bälz, Organisationsvertrag und Gesamthand, in: Festschrift für Wolfgang Zöllner, S. 35 (39, 41). 501 Bälz, Organisationsvertrag und Gesamthand, in: Festschrift für Wolfgang Zöllner, S. 35 (59). 502 Bälz, Organisationsvertrag und Gesamthand, in: Festschrift für Wolfgang Zöllner, S. 35 (39, 42, 47). 503 Bälz, Organisationsvertrag und Gesamthand, in: Festschrift für Wolfgang Zöllner, S. 35 (41). 504 Bälz, Organisationsvertrag und Gesamthand, in: Festschrift für Wolfgang Zöllner, S. 35 (58 f.) Letzteres ist freilich keine zwingende Folge, vgl. Bergmann, Die fremdorganschaftlich verfasste offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft und BGB-Gesellschaft als Problem des allgemeinen Verbandsrechts. 500
II. Abstraktionsgrad der Personengesellschaften von ihren Gesellschaftern
239
Das An- und Abwachsungsprinzip findet damit, konsequenterweise, mangels jedweder Vermögensträgerschaft der Gesellschafter in der Außengesellschaft keine Anwendung. Aufgrund der vollständigen Verselbstständigung existieren auch allein zwischen der Personengesellschaft als solcher und den einzelnen Mitgliedern Rechtsbeziehungen. Der Wortlaut der §§ 109 und 163 HGB („Das Rechtsverhältnis der Gesellschafter untereinander“ und „Für das Verhältnis der Gesellschafter untereinander“), der scheinbar von der Existenz horizontaler Beziehungen zwischen den Gesellschaftern ausgeht, müsse im Lichte der §§ 110 ff. HGB und 164 ff. HGB betrachtet werden, die allein die Gesellschaft als Gläubiger und Schuldner gesellschaftsinterner Forderungen verstehen, mithin zum maßgeblichen Konterpart der Rechtsbeziehungen der einzelnen Gesellschafter angesehen werden.505 Etwaige Treuepflichten zwischen den Gesellschaftern beruhen nach Bälz hingegen auf einem „gesteigerten sozialen Kontakt“ der Beteiligten.506 Derartige Treuepflichten seien aber keinesfalls eine Besonderheit der Personengesellschaften, sondern ebenfalls in Kapitalgesellschaften vorzufinden. Dem Gesamthandsprinzip spricht Bälz die Funktion eines gemeinsamen Nenners aller Personengesellschaften ab. Der Gesamthand fehle jeglicher „Schatten eines Ansatzes für eine die Gesellschafter übergreifende, personenrechtliche Wirkungseinheit“507. Das „dogmatische Konzept“ der Außengesellschaften müsse „von allen verfehlten Anleihen beim Gesamthandsprinzip“ bereinigt werden.508 Nicht die Anordnung der Gesamthand, sondern ein dem Gesellschaftsvertrag innewohnendes organisationsrechtliches Element sei alleinige Grundlage für die Entstehung der übergeordneten Einheit. Fehle es aber gerade an diesem, handele es sich nicht um eine Personengesellschaft im eigentlichen Sinne, sondern allein um eine „,Vermögensgesellschaft‘“.509 Im Rahmen dieser Vermögensgesellschaften, die lediglich Innengesellschaften darstellen, kann die gesamthänderische Bindung wiederum als ein mögliches Prinzip der Vermögenszuordnung angeordnet werden.510 Neben der Vermögensträgerschaft nur eines Gesellschafters – was der Entstehung einer stillen Gesellschaft entspricht – können die Beteiligten einer Innengesellschaft sowohl als bloße Bruchteilsberechtigte nach den §§ 741 ff. BGB als auch als Gesamthänder im Sinne der §§ 705 ff. BGB am Vermögen unmittelbar – und damit im Sinne der 505
(50 f.). 506
(59).
Bälz, Organisationsvertrag und Gesamthand, in: Festschrift für Wolfgang Zöllner, S. 35 Bälz, Organisationsvertrag und Gesamthand, in: Festschrift für Wolfgang Zöllner, S. 35
507 Bälz, Organisationsvertrag und Gesamthand, in: Festschrift für Wolfgang Zöllner, S. 35 (40, 46, 48). 508 Bälz, Organisationsvertrag und Gesamthand, in: Festschrift für Wolfgang Zöllner, S. 35 (43). 509 Bälz, Organisationsvertrag und Gesamthand, in: Festschrift für Wolfgang Zöllner, S. 35 (42). 510 Das gesamthänderische Prinzip soll dabei jedoch die Regel sein, vgl. Bälz, Organisationsvertrag und Gesamthand, in: Festschrift für Wolfgang Zöllner, S. 35 (44 f.).
240
D. Die dogmatische Struktur der Personengesellschaften
traditionellen Lehre – beteiligt sein. Bei Anordnung der gesamthänderischen Vermögenszuordnung entstehe neben dem schuldrechtlichen Geflecht der Gesellschafter ein echtes Sondervermögen, auf das die allgemein bekannten Regeln wie die Verfügungsbeschränkung der einzelnen Gesellschafter sowie diejenigen zum restriktiven Zugriff von Privatgläubigern Anwendung fänden.511 Die Bedeutung der Gesamthand reduziert sich hiernach auf die Funktion eines besonderen sachenrechtlichen Rechtsprinzips zur Zuordnung eines Vermögens an mehrere Personen.512 d) Analyse, Kritik, Stellungnahme aa) Personengesellschaften als abstrahierte Gesellschaften? Fraglich ist, ob aus der Einordnung der Personengesellschaften als juristische Personen zwingend auf die Annahme einer abstrahierten Struktur, d. h. einer vollständigen Verselbstständigung der Gesellschaft gegenüber dem Gesellschafterkreis geschlossen werden kann oder ggf. gar muss. Nach hier vertretenem Ansatz,513 der ein vollends abstrahiertes Verständnis als immanenten Bestandteil der juristischen Rechtspersönlichkeit betrachtet, liegt dieser Schritt nahe. Dies ist indessen keinesfalls allgemeiner Konsens.514 Nicht wenige begnügen sich mit einer Gleichsetzung von „Rechtsfähigkeit“ und „Rechtspersönlichkeit“,515 ohne auf überrechtliche Vorstellungen und Theorien näher einzugehen. Die Frage nach der Einordnung als juristische Person wird gar primär als eine „terminologische Frage“ behandelt.516 In diesem Fall können aus der Anerkennung einer Personenvereinigung als Gemeinschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit offensichtlich keine zwingenden Schlüsse für die Konstruktion ihrer inneren Struktur bzw. das Verhältnis der Gesellschaft zu den Gesellschaftern abgeleitet werden. Das gilt nicht für alle zuvor beleuchteten Arbeiten. Ausgehend von den Darstellungen Haddings517, Raisers518 und insbesondere Bälz’519, können Personenge511
(44 f.). 512
(40). 513
Bälz, Organisationsvertrag und Gesamthand, in: Festschrift für Wolfgang Zöllner, S. 35 Bälz, Organisationsvertrag und Gesamthand, in: Festschrift für Wolfgang Zöllner, S. 35
Vgl. hierzu oben S. 58 ff. Siehe hierzu den zusammenfassenden Überblick von Roth, in: Staudinger, BGB, Bearbeitung 2005, § 21 Rn. 3 ff. 515 So z. B. Hadding, Zum Erlangen von Rechtsfähigkeit nach deutschem Zivilrecht, in: Festschrift für Alfons Kraft, S. 137 (139). 516 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 8 I 3 a). 517 Hadding, Zum Erlangen von Rechtsfähigkeit nach deutschem Zivilrecht, in: Festschrift für Alfons Kraft, S. 137 (143 f.); Hadding, in: Soergel, 13. Aufl. 2000, Vor § 21 Rn. 4; Hadding, Zur Rechtsfähigkeit und Parteifähigkeit der (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts sowie zur Haftung ihrer Gesellschafter für Gesellschaftsverbindlichkeiten, ZGR 2001, S. 712 (718). 518 Raiser, Gesamthand und juristische Person im Licht des neuen Umwandlungsrechts, AcP 1994, S. 495 (504, 506, 507). 514
II. Abstraktionsgrad der Personengesellschaften von ihren Gesellschaftern
241
sellschaften als von ihren Gesellschaftern abstrahierte Vereinigungen betrachtet werden. Unter Betonung der Realstruktur520 der Verbände sind Unterschiede in Außenpersonengesellschaften gegenüber den körperschaftlich organisierten Gesellschaften nicht mehr (zwingend) erkennbar. Durch Gründung der einen wie der anderen Gesellschaftsform entsteht auf dieser Grundlage eine übergeordnete Gemeinschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit, deren innere Organisation weitgehend angenähert ist bzw. angenähert werden kann. Maßgeblich ist insofern die tatsächliche Ausgestaltung der Gesellschaften durch ihre Gesellschafter, d. h. der Inhalt des jeweils zugrundeliegenden Gesellschaftsvertrags. Sieht dieser eine den Körperschaften entsprechende Organisationsstruktur vor, bleibt für ein Festhalten an den althergebrachten Leitbildern zum Personengesellschaftsrecht kein Raum. Insofern ist Timm zuzustimmen, wenn dieser den „lange Zeit propagierten Dualismus zwischen den juristischen Personen des Privatrechts (Verein, AG, GmbH) und den Gesamthandsgesellschaften (OHG, KG, BGB-Außengesellschaft) […] als obsolet“ erklärt.521 Auf Grundlage dieser These scheint die Zulassung des Erwerbs eigener Anteile nicht schon aus rein dogmatischen Gründen ausgeschlossen: Auch die Personengesellschaften können hiernach als abstrahierte Gesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit neben den Gesellschaftern gedacht werden. Die Beteiligung der Gesellschafter an diesen Gesellschaften kann dann ebenfalls wie in GmbH und AG als verselbstständigt betrachtet und damit losgelöst von den Mitgliedern als durch den Gesellschaftsanteil repräsentierte, fest definierte Rechtstellung im Vertragsverhältnis verstanden werden. Zwingend ist diese Folgerung nicht. K. Schmidt, bis dato flammender Vertreter der Gruppenlehre im Flume’schen Sinne, hält eine Einordnung der (Außen-)Personengesellschaften als juristische Personen ohne weiteres mit der Annahme eines Zuschnitts „auf das selbstorganschaftlich organisierte Miteinander mehrerer – notwendig mehrerer! – Gesellschafter“522 für vereinbar. Trotz Anerkennung der Rechtspersönlichkeit von Gesellschaft bürgerlichen Rechts, offener Handelsgesellschaft und Kommanditgesellschaft soll die Existenz der Gesellschaft in einem Abhängigkeitsverhältnis zu den Personen der Gesellschafter und dem zwischen diesen bestehenden Gesellschaftsvertrag stehen. Grund hierfür ist das Fehlen einer den Körperschaften vergleichbaren überindividuellen Verfassung. Im Gegensatz zu diesen beruhe die innere Struktur der Personengesellschaften allein auf dem Sozietätsmodell. Eine Personengesellschaft fuße während ihres Bestehens stets auf einem einfachen Gesellschaftsvertrag im Sinne des § 705 BGB: „Jeder ist Partner des
519 Bälz, Organisationsvertrag und Gesamthand, in: Festschrift für Wolfgang Zöllner, S. 35 (39, 42, 47). 520 Raiser, Gesamthand und juristische Person im Licht des neuen Umwandlungsrechts, AcP 1994, S. 495 (507). 521 Timm, Zweifelsfragen zum neuen Umwandlungsrecht, ZGR 1996, S. 247 (252). 522 K. Schmidt, Die Personengesellschaft als Rechtsfigur des „Allgemeinen Teils“, AcP 2009, S. 181 (201).
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D. Die dogmatische Struktur der Personengesellschaften
anderen, und das nur einmal!“523 Dieser Umstand habe allerdings keinen Einfluss auf die Einordnung auch der Personengesellschaften als juristische Personen. Nach Auffassung K. Schmidts ist demnach zwischen drei Ausprägungen der juristischen Person zu unterscheiden: den Stiftungen ohne mitgliedschaftliche Basis, den Körperschaften als verselbstständigte Gesellschaften und den Personengesellschaften als Personenvereinigungen mit eigener Rechtspersönlichkeit, aber fehlender Abstraktion der Einheit. Insofern hält K. Schmidt inhaltlich-dogmatisch an der Gruppenlehre fest, hält die Erweiterung dieser Lehre um die Komponente der Rechtspersönlichkeit allerdings für möglich bzw. unumgänglich.524 bb) Kritik in Literatur Die überwiegende Ansicht525 in der Literatur – wie auch die oberste Rechtsprechung526 – lehnt, als Vertreter der Gruppenlehre verständlich, eine Einordnung der Gesamthandsgesellschaften als Gesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit noch immer ab. Den Personengesellschaften fehle es gerade an der Verselbstständigung der Gesellschaft als solcher gegenüber den Gesellschaftern als notwendiges und nicht nur hinreichendes Element jeder juristischen Person.527 Die Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit muss nach dieser Auffassung als gleichberechtigter Rechtsträger verstanden werden, der im Rechtsverkehr neben ihren Mitgliedern gleichstufig koexistieren kann. Eine Gesamthandsgesellschaft werde demgegenüber durch den jeweiligen Gesellschafterstamm ausgeformt und könne daher nicht vollends losgelöst von dem einzelnen Gesellschafter betrachtet werden.528 Die Bestätigung dieser These meint diese Auffassung in den Fällen zu erblicken, in denen die Gesamthandsgesellschaft als Rechtssubjekt nicht als der richtige Ansprechpartner für den einzelnen Gesellschafter angesehen wird und sie gegenüber der Zuständigkeit der Mitgesellschafter in den Hintergrund tritt (vgl. nur § 140 HGB).529 Hierbei handelt es sich freilich um einen Zirkelschluss, denn die Zuständigkeits523
K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 8 IV 2 c). K. Schmidt, Die Personengesellschaft als Rechtsfigur des „Allgemeinen Teils“, AcP 2009, S. 181 (201); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 8 I 3; IV 2 a). 525 Reuter, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2015, Vor § 21 Rn. 7; Reuter, Rechtsfähigkeit und Rechtspersönlichkeit, AcP 207, S. 673 (687); Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 84 ff., 94 ff.; Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht, 6. Aufl., S. 32; Ulmer, Die Gesamthandsgesellschaft – ein noch immer unbekanntes Wesen?, AcP 198 (1998), S. 113 (119 f.). 526 BGHZ 146, 341, 343, 347 f.; NJW 2014, 1107, Rz. 24; dem BGH folgend BFH Urteil vom 02. 12. 2015, Az. V R 25/13, Rz. 24. Siehe hierzu noch unten S. 247 ff. 527 Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 94; Schäfer, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2017, Vor § 705 Rn. 12 f.; Ulmer, Die höchstrichterlich „enträtselte“ Gesellschaft bürgerlichen Rechts, ZIP 2001, S. 585 (588); Uhlig, Die externe Einzelklagebefugnis im Recht der BGB-Gesellschaft als Ausprägung eines allegemeinen Rechtsprinzips, S. 81. 528 Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 97, 103 ff. 529 Vertiefend hierzu K. Schmidt, in: MüKoHGB, 4. Aufl. 2016, § 105 Rn. 174; für die GbR Schäfer, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2017, § 705 Rn. 55 ff, 197 ff. 524
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verteilung müsste bei Anerkennung der Personengesellschaften als juristische Personen natürlich gänzlich neu justiert werden. Maßgeblicher Grund für die fehlende Möglichkeit, auch Personengesellschaften als juristische Personen anerkennen zu können, soll allerdings die unterschiedliche rechtliche Natur der jeweils zugrundeliegenden Gesellschaftsverträge sein.530 Während der Gesellschaftsvertrag einer Personengesellschaft neben seinem kaum zu leugnenden Satzungscharakter auch stets ein schuldrechtlicher Vertrag zwischen den Gesellschaftern bleibe, verselbstständige sich die Satzung in der juristischen Person zum Statut der Gesellschaft.531 Daher beschränke sich die Beziehung des einzelnen Gesellschafters einer Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit ausschließlich auf das Verhältnis zu der juristischen Person.532 Sofern sich ein Mitglied der juristischen Person gerichtlich ausnahmsweise doch unmittelbar gegen einen Mitgesellschafter wenden müsse, sei dies bloß Ausfluss eines „Restbestand[es] des ursprünglichen auf die Errichtung der Gesellschaft als juristische Person gerichteten Vertragsverhältnisses“.533 Darüber hinaus spricht nach Flume der fehlende Schutz des Gesellschaftsvermögens vor Zugriffen der Personengesellschafter gegen die Anerkennung als juristische Person. Die grundsätzlich unbeschränkte Verfügungsbefugnis der Gesamthänder versteht er als eine „Eigenart der Gesamthandsgesellschaften“.534 Das Vermögen der juristischen Personen sei hingegen durch einen Katalog von Strafvorschriften vor einem willkürlichen Zugriff der Mitglieder umfassend abgesichert. cc) Stellungnahme Den geltend gemachten Einwänden der Literatur und Rechtsprechung kann nur bedingt zugestimmt werden. Die Unterscheidung von Gesamthandsgesellschaften und juristischen Personen anhand des Verhältnisses der Gesellschafter zur Gesellschaft als solcher zielt, da vermeintlich prägende Merkmale stets in beiden Gesellschaftsformen nachgewiesen werden können, im Ergebnis auf eine Unterscheidung der dogmatischen Strukturen anhand ihres „Wesens“535 ab. Da die trennscharfe Einteilung einzelner gesellschaftsrechtlicher Normen als Ausdruck der einen bzw. der anderen dogmatischen Konstruktion nicht die Regel536, sondern bloße Ausnahme 530
Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 95 f. So auch Ulmer/Löbbe, in: Ulmer, GmbHG, 2. Aufl. 2013, § 2 Rn. 4; Ulmer, Begründung von Rechten Dritter in der Satzung einer GmbH?, in: Festschrift für Winfried Werner, S. 911. 532 AA Ulmer/Löbbe, in: Ulmer, GmbHG, 2. Aufl. 2013, § 2 Rn. 4 f. 533 Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 97. 534 Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 105 f. 535 So u. a. Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 94. 536 So schon Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 94; so auch Harm Peter Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit im Recht der Personengesellschaften, S. 8 ff. 531
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D. Die dogmatische Struktur der Personengesellschaften
ist, beschränkt sich das „Wesensargument“537 auf den strukturellen Kern der Gesellschaften. Maßgeblich ist danach nur noch das Verhältnis der Gesellschafter zur Gesellschaft bzw., mit Flume538 formuliert, der Umstand, dass „die Gesamthandgesellschaft im Gegensatz zur juristischen Person ein Personenverbund und keine Verbandsperson ist.“ Allerdings ist fraglich, ob ein hierauf beschränkter „Wesensbegriff“ zur Abgrenzung von Gesamthand und juristischer Person tatsächlich herangezogen werden kann.539 Berücksichtigt man die historische Entwicklung der Gesamthandsgemeinschaften mit all ihren Ausformungen und die Möglichkeiten einer weitgehenden Anpassung der Personengesellschaften an die Kapitalgesellschaften, wird man sich schwer tun, ihr „Wesen“ trennscharf zu umschreiben. Auch gibt Flume540, ein Vertreter des „Wesens“-Arguments, selbst unverblümt zu, dass auch die juristische Person keinesfalls „eine einheitliche Rechtsfigur“ sei – eine Argumentation mit dem „Wesen“ eines Gesellschaftstypus, der wiederum nicht sauber abgesteckt werden kann, sieht sich daher zumindest gewissen Zweifeln ausgesetzt. Auch verliert der Gesellschaftsvertrag einer Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit nach heute herrschender541 Auffassung nicht schon im Zeitpunkt der Eintragung der Gesellschaft in das Handelsregister jegliche schuldrechtliche Wirkung, die er vor diesem Zeitpunkt als (Gründungs-)Vertrag zwischen den Gesellschaftern unstrittig entfaltete. Vielmehr kommt dem Gesellschaftsvertrag eine Doppelfunktion542 zu: Er wird einerseits zur rechtlichen Grundlage der Gesellschaft und zeichnet als solche die Rechte und Pflichten der Gründungsgesellschafter wie auch aller nachträglich in die Gemeinschaft hinzutretenden Mitglieder vor. Gleichzeitig ist er auch nach der Entstehung der juristischen Persönlichkeit Grundlage für die Beziehungen unter den Gesellschaftern und kann Rechte und Pflichten der Gesellschafter untereinander konstituieren. Die Intensität der Gesellschafterbeziehungen mag hinter denen der Gesellschafter einer Personengesellschaft zurückbleiben, doch spricht schon ihre Existenz gegen die Möglichkeit einer vollends widerspruchsfreien Unterscheidung der Gesellschaftsverträge in Personengesellschaft und juristischer Person. Gleichzeitig enthält ein Gesellschaftsvertrag nach
537
Umfassend zum Wesensargument Harm Peter Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit im Recht der Personengesellschaften, S. 57 ff. 538 So schon Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 94. 539 So wohl auch John, Personenrecht und Verbandsrecht im Allgemeinen Teil des Bürgerlichen Rechts, AcP 1985, S. 209 (213); ebenfalls Harm Peter Westermann, Vertragsfreiheit und Typengesetzlichkeit im Recht der Personengesellschaften, S. 11. 540 Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 94. 541 Ulmer/Löbbe, in: Ulmer, GmbHG, 2. Aufl. 2013, § 2 Rn. 5 ff. 542 Ulmer/Löbbe, in: Ulmer, GmbHG, 2. Aufl. 2013, § 2 Rn. 6; Ulmer, Begründung von Rechten Dritter in der Satzung einer GmbH?, in: Festschrift für Winfried Werner, S. 911 (911 f., 914).
II. Abstraktionsgrad der Personengesellschaften von ihren Gesellschaftern
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§ 705 BGB nach allgemeiner Auffassung543 ebenfalls organisationsrechtliche Elemente und ist ähnlich der Satzung einer juristischen Person Grundlage für die Gesellschaft als solche. Der fehlende Schutz des Vermögens in Personengesellschaften spricht ebenfalls nicht zwingend gegen eine Einordnung als Gesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit. In Personengesellschaften korreliert die freiere Verfügungsbefugnis der Gesellschaft stets mit der umfassenden persönlichen Haftung ihrer Gesellschafter. Diese wird die Gesellschafter in der Regel davon abhalten, gläubigerschädigende Verfügungen vorzunehmen. Insoweit sind weitergehende Strafbestimmungen wie im Recht der GmbH oder AG gar nicht vonnöten. Allein der Umstand, dass die tatsächliche Inanspruchnahme von BGB-Gesellschaftern mangels Publizitätspflicht Schwierigkeiten bereiten kann, kann nicht als strukturprägendes Merkmal herangezogen werden. Sie müssen als Folge unseres offenen Gesellschaftsverständnisses hingenommen werden. Darüber hinaus können sich dieselben Probleme den Gläubigern einer GmbH in Fällen der Durchgriffshaftung ebenfalls stellen.544 Eine qualitative Differenzierung545 innerhalb der Gruppe der juristischen Personen wegen vermeintlich vorhandener, struktureller Unterschiede kann gleichfalls nur bedingt überzeugen. Für diese gibt es bei genauerer Betrachtung keinen triftigen Grund: Das An- und Abwachsungsprinzip nach § 738 BGB hat nach Einordnung der Personengesellschaften als rechtsfähige und damit vermögenstragende Gemeinschaften seinen ursprünglichen Zweck verloren.546 Die Interpretation dieser Vorschrift als Regelung der Wertanteile der Gesellschafter mag gangbar sein, wäre aber keinesfalls ein auf das Personengesellschaftsrecht beschränktes Rechtsphänomen. Jede Beteiligung an einer Gesellschaft kann im Sinne eines Wertanteils am Gesellschaftsvermögen verstanden werden.547 Die Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft als strukturell prägendes Merkmal aufzufassen548, ist ebenfalls nicht zwingend549. Eine Kategorisierung nach Gesellschaftsverträgen im Sinne des So543
Schäfer, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2017, § 705 Rn. 158 f.; Hadding/Kießling, in: Soergel, 13. Aufl. 2012, § 705 Rn. 43; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 59 I 2 c; Kübler/ Assmann, Gesellschaftsrecht, 6. Aufl., S. 43; Bälz, Organisationsvertrag und Gesamthand, in: Festschrift für Wolfgang Zöllner, S. 35 (41). Siehe hierzu noch die Erläuterungen zur traditionellen Gesamthandslehre und der neuen Gruppenlehre S. 202 ff. bzw. 168 ff. 544 Eine beweiserleichternde Funktion der Gesellschafterliste hilft in diesen Fällen auch nur bei einer ordnungsgemäßen Führung dieser Liste durch die Geschäftsführer weiter. 545 K. Schmidt, Die Personengesellschaft als Rechtsfigur des „Allgemeinen Teils“, AcP 2009, S. 181 (201); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 8 I 3; IV 2 a). 546 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 8 IV 2 a). 547 Dementsprechend befürwortet nunmehr auch K. Schmidt die Streichung des § 738 Abs. 1 S. 1 BGB als nicht mehr „zeitgemäße“ Abbildung der Vermögensverhältnisse im Falle einer umfassenden Neuregelung des Personengesellschaftsrechts, vgl. K. Schmidt, Neuregelung des Rechts der Personengesellschaften?, ZHR 2013, S. 712 (728). 548 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 8 IV 2 d). 549 Bergmann, Die fremdorganschaftlich verfasste offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft und BGB-Gesellschaft als Problem des allgemeinen Verbandsrechts.
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D. Die dogmatische Struktur der Personengesellschaften
zietätsmodells und verstetigter Satzungen ist auch nur dann durchhaltbar, sofern man sich von den Ursprüngen des Personengesellschaftsrechts als Erscheinungsform der Gesamthandsgemeinschaften nicht emanzipieren möchte. Unter Berücksichtigung der weitgehenden Entfernung dieses Rechtsgebiets vom Wortlaut des Gesetzes und den Vorstellungen des historischen Gesetzgebers erscheint eine solche geboten.550 Allerdings ist den Kritikern in der Literatur zuzugestehen, dass der Gesetzgeber auch heute noch von einem Dualismus von Gesamthandsgesellschaften und Gesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit ausgeht. Die §§ 14 Abs. 1; 1059a Abs. 2; 1059e; 1061 S. 2; 1092 Abs. 2 und 3 S. 1; 1098 Abs. 3 BGB; § 11 InsO; § 6 Abs. 2 S. 1 AGG; §§ 9 Abs. 1; 29 Abs. 1 OWiG; §§ 14 Abs. 1; § 2 Abs. 3 ArbSchG; § 40 Abs. 1 S. 1 ElektroG; § 15a Abs. 1 S. 1 MPG; § 7 Abs. 2 S. 1 PflegeZG; § 3 Nr. 13 GenD;, § 111 SGB VII, unterscheiden ausdrücklich zwischen juristischen Personen und den rechtsfähigen Personengesellschaften. Die in diesen Normen eindeutig hervortretende Manifestation des gesetzgeberischen Willens darf nicht einfach übergangen werden.551 Die Anerkennung der Gesamthandsgesellschaften als juristische Personen darf, trotz der guten Gründe, die für diese Annahme sprechen, den offensichtlich entgegenstehenden Wortlaut des Gesetzes nicht leichtfertig übergehen. Vielmehr muss versucht werden, Rechtsdogmatik, die Bedürfnisse und Anschauungen der Praxis sowie die Formulierung des Gesetzes in Einklang zu bringen. 4. Die Rechtsprechung Das Recht der Personengesellschaften wurde und wird wohl auch künftig in einem erheblichen Maße von der Rechtsprechung beeinflusst. Modernes Personengesellschaftsrecht ist, allen voran das Recht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, weitgehend durch Rechtsfortbildung geschaffenes Richterrecht.552 Die Entscheidung „ARGE Weißes Ross“ vom 29. Januar 2001 markiert hierbei den zwischenzeitlichen Endpunkt einer Reihe grundlegender Urteile, die sich direkt oder indirekt mit der Rechtsnatur der Personengesellschaften, ihrer Dogmatik und dem Verhältnis der Gesellschafter zur Gesellschaft auseinandersetzen. Eine Analyse der dogmatischen Strukturen der Personengesellschaften kommt nicht umhin, auch die Rechtsprechung näher zu beleuchten. Sie ist ein Spiegelbild der gesamten Diskussion um die Rechtsnatur und -dogmatik im Personengesellschaftsrecht.
550
Siehe hierzu unten S. 316 ff. Schäfer, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2017, § 705 Rn. 308; Uhlig, Die externe Einzelklagebefugnis im Recht der BGB-Gesellschaft als Ausprägung eines allegemeinen Rechtsprinzips, S. 81. 552 Vgl. hierzu nur m.w.N. K. Schmidt, Gesetzgebung und Rechtsfortbildung im Recht der GmbH und der Personengesellschaften, JZ 2009, S. 10 (10 ff.); K. Schmidt, Neuregelung des Rechts der Personengesellschaften?, ZHR 2013, S. 712 (713 f., 717 ff.). 551
II. Abstraktionsgrad der Personengesellschaften von ihren Gesellschaftern
247
a) Die Rechtsprechung des Reichsgerichts Die Rechtsprechung des Reichsgerichts zum Personengesellschaftsrecht im Allgemeinen, wie auch zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Besonderen, steht überwiegend auf dem Standpunkt der traditionellen Gesamthandslehre. Die Personengesellschaften wurden vom RG gemeinhin als Gesellschaften ohne Rechtspersönlichkeit und Rechtsfähigkeit verstanden.553 Mangels eigener Vermögensträgerschaft kam den Gesellschaftern in der Rechtsprechung des Gerichts eine zentrale Bedeutung zu: Sie allein sollten Träger des Gesellschaftsvermögens, mithin Gläubiger von Forderungen und Schuldner von Verbindlichkeiten sein, wobei das Verhältnis der Gesellschafter untereinander und zu Dritten „von eigenartigen Normen beherrscht wurde“554. Als Partei eines Prozesses wurde konsequenterweise nicht die Gesellschaft als solche, sondern allein ihre Gesellschafter angesehen.555 Der Untergang der Gesellschaft in einem laufenden Prozess war nach Ansicht des RG daher kein zustimmungspflichtiger Parteiwechsel, sondern wirkte sich lediglich auf die Art und Weise der Bezeichnung der beteiligten Gesellschafter aus. Während die einzelnen Gesellschafter durch Nutzung der Firma von offener Handels- bzw. Kommanditgesellschaft grundsätzlich abschließend umschrieben werden können,556 mache deren Untergang eine individuelle (Um-)Bezeichnung der einzelnen Person erforderlich. An der Schuldner- bzw. Gläubigerstellung der Gesellschafter, d. h. an ihrer materiellen Rechtstellung, änderte sich hingegen nach Auffassung des RG nichts.557 Der Name der Gesellschaft fungiert in der Rechtsprechung des RG einerseits als ein die Gesellschafter kennzeichnendes Mittel, andererseits tritt die Gesellschaft durch ihn selbst als wahrnehmbare Einheit im Rechtsverkehr auf.558 Entgegen den Verhältnissen in der juristischen Person dürfe die Personengesellschaft allerdings nicht als verselbstständigtes Rechtssubjekt verstanden werden: Sie sei eben keine „von den Gesellschaftern verschiedene, deren individuelle Rechtssubjektivität absorbierende, die Gesellschafter nun als natürliches Substrat in sich befassende“559 Person, sondern gehe in der Verbundenheit der Gesellschafter auf. Die (offene Handels-)Gesellschaft sei „keine besondere juristische Person […], welche als solche ein von den Inhabern der Gesellschaft getrenntes juristisches Dasein“560 hat. Gleichwohl bestätigt das RG an anderer Stelle die faktische Annäherung von OHG
553 RGZ 3, 57 f.; 17, 365, 367; 35, 389; 46, 39, 41; 54, 280; 56, 432; 65, 227, 229; 70, 32, 33; 43, 104, 105 f.; 118, 295, 298; 141, 277, 280; 142, 13, 21. 554 RGZ 17, 365, 367. 555 RGZ 35, 388, 389. 556 RGZ 3, 57 f. 557 RGZ 46, 39, 41. 558 RGZ 3, 57 f.; 43, 104, 106; 46, 39, 41. 559 RGZ 17, 365, 367. 560 RGZ 43, 104, 106.
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D. Die dogmatische Struktur der Personengesellschaften
und Bürgerlicher Gesellschaft an Gesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit.561 Schon die Rechtsprechung des RG litt unter den gleichen Problemen, welche die dogmatische Aufarbeitung der Gesamthand durch die Literatur des vorangegangenen Jahrhunderts unnötig erschweren sollten: Eine einheitliche Terminologie lassen die Urteile weitgehend vermissen. So spricht das Gericht von der „geschlossenen Gesamtheit“562 der Gesellschafter, den „Gesellschaftern in ihrer Zusammenfassung“563, einer Berechtigung der Gesellschafter am Vermögen „auf das Ganze [welche] nur durch die Berechtigung seiner Mitteilhaber eingeschränkt“564 sei, der Möglichkeit einer „offene[n] Handelsgesellschaft[,] durch ihre Gesellschafter einer bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft als Mitglied beitreten zu können“565 und verneint gar selbst einen einheitlichen Begriff der Gesamthand566. Noch schwerer wiegt der Umstand, dass das RG hierauf aufbauend keine einheitlichen Schlüsse aus der Gesamthand zieht. Entgegen den Urteilen, die im Sinne der traditionellen Lehren aufgefasst werden können, sei nach RGZ 25, 252, 257 bei der offenen Handelsgesellschaft „als Subjekt des Gesellschaftsvermögens […] die Gesellschaft selbst, die unter ihrem Namen Rechte erwerben und Verpflichtungen übernehmen kann (Art. 111 H.G.B.567), anzusehen. Sie ist Eigentümerin der zu diesem Vermögen gehörigen körperlichen Sachen und Gläubigerin in Ansehung der dazu gehörigen Forderungen. Daneben besteht ein Eigentum des einzelnen Gesellschafters an den körperlichen Sachen der Gesellschaft und ein Gläubigerrecht desselben an deren Forderungen weder in der Form eines nach Quoten geteilten Miteigentumes an den einzelnen Sachen oder eines nach Quoten geteilten Gläubigerrechtes in Ansehung der Forderungen, noch auch in der Form eines nach Quoten geteilten Anteilsrechtes am ganzen Inbegriffe des Gesellschaftsvermögens. Der einzelne Gesellschafter hat als solcher, solange die Gesellschaft besteht, immer nur die aus dem Gesellschaftsvertrage sich ergebenden Ansprüche an die Gesellschaft, die ihm als Rechtsträgerin des Gesellschaftsvermögens gegenübersteht.“
Dieser Ansatz, welcher der Dogmatik der Gruppenlehre568 entspricht, wurde zum Teil auch von der Instanzenrechtsprechung übernommen. So nahm das dem Urteil RGZ 54, 227 ff. vorhergehende Berufungsgericht noch an, das im Rahmen einer Liquidation abzuwickelnde Vermögen sei der Gesellschaft zugeordnet, an dem den 561
RGZ 56, 430, 432. RGZ 46, 39, 41. 563 RGZ 54, 278, 280. 564 RGZ 65, 227, 235. 565 RGZ 142, 13, 21. 566 RGZ 65, 227, 231. 567 Art. 111 ADHGB: „(1) Die Handelsgesellschaft kann unter ihrer Firma Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen, Eigenthum und andere dingliche Rechte an Grundstücken erwerben, vor Gericht klagen und verklagt werden. (2) Ihr ordentlicher Gerichtsstand ist bei dem Gericht, in dessen Bezirk sie ihren Sitz hat.“ 568 Vgl. oben S. 168 ff. 562
II. Abstraktionsgrad der Personengesellschaften von ihren Gesellschaftern
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Gesellschaftern kein (Mit-)Eigentum zustehe.569 Eine entsprechende Auslegung durch die Richter der vorhergehenden Instanz lassen auch die Ausführungen in RGZ 65, 227, 228 f. zu, nach welchem die Gesellschafter als Organe einer Gesellschaft zur Erfüllung einer Verbindlichkeit der Gesellschaft als solcher tätig werden sollten. b) Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs aa) Überblick über die Rechtsauffassung des Bundesgerichtshofs Die Rechtsprechung des BGH lässt im Anschluss an das RG eine konsequente und systematisch stimmige Aufarbeitung der Dogmatik der Personengesellschaften, insbesondere im Hinblick auf die Struktur deren Grundform, bis heute weitgehend vermissen. Dem (zunächst) klarstellenden Machtwort von 2001 gingen zahlreiche Urteile voran, die zum Teil die Grundlagen der traditionellen, vermögensrechtlich orientierten Gesamthandslehre570 aufgreifen, andererseits aber auch Ideen der moderneren Gruppenlehre571 zitieren.572 Während bei den Personenhandelsgesell569
RGZ 54, 278, 279 f. Zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts: BGHZ 30, 195, 197 f. = NJW 1959, 1683, 1684; für eine als GbR organisierte Anwaltssozietät BGHZ 56, 355, 358 f. = NJW 1971, 1801, 1802; für eine fälschlicherweise als GmbH & CO. KG bezeichnete Gesellschaft bürgerlichen Rechts BGHZ 59, 179, 184 = WM 1972, 904, 905; BGHZ 61, 59, 62 = WM 1973, 896, 897; wohl auch BGHZ 74, 240, 242 f. = NJW 1979, 1821; BGHZ 142, 315, 319 f., 321 f. = NJW 1999, 3483, 3484 f.; BGH NJW-RR 1990, 867 = ZIP 1990, 715, 716. 571 Zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts: BGHZ 34, 293, 296 f. = NJW 1961, 1022 f.; erstmals grundlegender BGHZ 79, 374, 378 f. = NJW 1981, 1213 f.; wohl auch BGHZ 116, 86, 88 = NJW 1992, 499, 500; BGHZ 136, 254 = NJW 1997, 2754 (Leitsatz: „Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist scheckfähig.“); BGHZ 146, 341 = NJW 2001, 1056 (Leitsatz 1: „Die (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts besitzt Rechtsfähigkeit, soweit sie durch Teilnahme am Rechtsverkehr eigene Rechte und Pflichten begründet.“); seitdem ständige Rechtsprechung: vgl. nur BGH NJW 2006, 3716 = ZIP 2006, 2128, Tz. 10; BGHZ 179, 102 = NJW 2009, 594, Tz. 10 ff. (Grundbuchfähigkeit); BGH NJW 2010, 1068 = NZM 2010, 273, Tz. 13 f.; BGH WM 2011, 1658 = ZIP 2011, 1657, Tz. 22; BGH NJW-RR 2012, 237 = ZIP 2012, 377, Tz. 14; BGH NJW-RR 2013, 363 = WM 2013, 320, Tz. 20 f.; BGH WM 2016, 220 = ZIP 2016, 211, Tz. 27, 28. Zu den Personenhandelsgesellschaften: BGHZ 59, 179, 184 f. = WM 1972, 904, 905 (Kommanditgesellschaft); BGHZ 61, 59, 65 = WM 1973, 896, 897 (Kommanditgesellschaft); BGH NJW 1988, 556 = ZIP 1988, 108 (OHG). 572 Der BGH greift dabei wiederholt Formulierungen der Literatur auf, um das Personengesellschaftsrecht zu durchdringen. Da es der BGH unterlässt, die verwendete Terminologie näher zu erläutern, finden die hieraus resultierenden, schon aus der Literatur bekannten Unsicherheiten auch in der Rechtsprechung Einzug. Während nach BGHZ 34, 293, 296 f. „nach einhelliger Auffassung in Schrifttum und Rechtsprechung […] [in OHG und KG] die Gesellschafter selbst, allerdings in ihrer Verbundenheit als Gesellschafter“ als Träger der Rechte und Pflichten anzusehen sind und nach BGHZ 116, 86, 88 die Gesellschaft bürgerlichen Rechts „als Gesamthandsgemeinschaft ihrer Gesellschafter“ grundsätzlich „jede Rechtsposition einnehmen“ könne, spricht BGHZ 142, 315, 319 hingegen von der „selbstverständliche[n] Folge der gemeinsamen Verpflichtung der Gesellschafter“ einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Die fehlende Schlüssigkeit der Rechtsprechung ist einerseits Ausdruck der Verkennung der gleichartigen Strukturen von Personenhandelsgesellschaften und Gesellschaft bürgerlichen 570
250
D. Die dogmatische Struktur der Personengesellschaften
schaften bereits früh der Durchbruch der Gruppenlehre zu erkennen ist, beschränkt sich ihre Anwendung auf die Gesellschaft bürgerlichen Rechts zunächst auf Einzelfälle. In diesen rezipiert der BGH die tatsächliche Wahrnehmung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Rechtsverkehr. So heißt es hinsichtlich eines Zusammenschlusses von Ärzten in der Rechtsform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, diese „treten nach außen hin als eine Einheit auf. […] Nicht der einzelne Arzt steht der Krankenkasse und dem Patienten gegenüber, sondern das ,Institut‘, in dem sich die Ärzte zusammengeschlossen haben.“573 Nach BGHZ 79, 374, 378 können die Gesellschafter „als ,Gesellschaft‘ […] mit Wirkung für und gegen das Gesellschaftsvermögen im Rechtsverkehr handeln“. Auch die Entscheidung „ARGE Weißes Ross“ vom 21. 01. 2001574 greift die Wahrnehmung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts im Rechtsverkehr als Grundlage ihrer Rechtsfähigkeit auf: „Der Senat hält es unter Aufgabe der bisherigen Rechtsprechung für geboten, die (Außen-) Gesellschaft bürgerlichen Rechts in dem Umfang als im Zivilprozeß parteifähig anzusehen (§ 50 ZPO), in dem sie als Teilnehmer am Rechtsverkehr Träger von Rechten und Pflichten sein kann.“
Die Wahrnehmung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts wird, mangels einer § 124 Abs. 1 HGB entsprechenden gesetzlichen Anordnung, zum tragenden, wenngleich nicht konsequent genutzten575 Fundament für die Anwendung der Gruppenlehre. Der grundsätzlich strukturellen Identität von BGB-Gesellschaft und ihren handelsrechtlichen Pendants wird nur wenig Beachtung geschenkt. Ganz im Gegenteil: Nach Auffassung des BGH sei die „Gesellschaft des bürgerlichen Rechts […] anders als die Offene Handels- und die Kommandit[.]-gesellschaft […], zu wenig körperschaftlich organisiert.“576 An anderer Stelle verneint der BGH die „Verselbstständigung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu einer verpflichtungsfähigen Rechtsperson, welche zusätzlich oder an Stelle der Gesellschafter als Schuldner der in der Gemeinschaft begründeten Verbindlichkeiten betrachtet werden könnte“577. Im Rahmen der Besprechung der Grundbuchfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts stellt der BGH gar explizit auf die „strukturellen Unterschie-
Rechts wie auch der inkonsequenten, von praktischen Erwägungen geleiteten Aufarbeitung des Personengesellschaftsrechts. 573 BGHZ 97, 273, 276 f. = NJW 1986, 2364. 574 BGHZ 146, 341, 342 = NJW 2001, 1056 – 1061, Tz. 4; vgl. auch 1. Leitsatz der Entscheidung. 575 So verneint der BGH in BGHZ 59, 179, 184 f. = WM 1972, 904, 905 im Vergleich mit einer Kommanditgesellschaft die Wahrnehmung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts als „selbstständig auftretende“, rechtsfähige Einheit. 576 BGHZ 45, 311, 312: Zur Anwendbarkeit des § 31 BGB auf die Gesellschaft bürgerlichen Rechts. 577 BGHZ 142, 315, 319 f. = NJW 1999, 3483, 3483.
II. Abstraktionsgrad der Personengesellschaften von ihren Gesellschaftern
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de“578 von BGB-Gesellschaft und den Personenhandelsgesellschaften ab, die eine Ungleichbehandlung in bestimmten Konstellationen rechtfertige. Nach der früheren Rechtsprechung des BGH bestanden somit nicht nur zwischen den Personengesellschaften und Gesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit, sondern auch unter den Personengesellschaften selbst strukturelle Unterschiede: Während die Verbindung zwischen übergeordneter Einheit und Gesellschaftern in der Gesellschaft bürgerlichen Rechts am stärksten ausgeprägt ist („diese [die Gesellschaft als solche] allerdings ohne Verselbstständigung gegenüber den Mitgliedern“579), löst sich der Verband in den Personenhandelsgesellschaften nach Auffassung des BGH bereits vom personellen Substrat der Gesellschaft („starke Verselbstständigung“580), um schließlich in den Gesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit eine vollständige Verselbstständigung zu erfahren. Aber auch in diesem Punkt widerspricht sich der BGH, wenn er, wohl unbewusst, in einigen Entscheidungen die Rechtsfähigkeit einer Gesellschaft mit der Rechtspersönlichkeit scheinbar gleichsetzt: „Dies wird vor allem im älteren Schrifttum vielfach mit dem Argument abgelehnt, ihr fehle die Parteifähigkeit und Rechtsfähigkeit. Darauf kommt es jedoch nicht an. Denn es geht hier nicht darum, daß die BGB-Gesellschaft wie ein von seinen Mitgliedern abgesonderter selbständiger Rechtsträger Gesellschafterin einer GmbH werden soll.“581
Noch deutlicher wird der BGH in der Entscheidung BGHZ 142, 315, 319 f. = NJW 1999, 3483, 3484. Der Gesetzgeber habe „an eine Verselbstständigung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu einer verpflichtungsfähigen Rechtsperson, welche zusätzlich oder an Stelle der Gesellschafter als Schuldner der in der Gemeinschaft begründeten Verbindlichkeiten betrachtet werden könnte […]“
nicht gedacht. Hiernach müssten zumindest die Personenhandelsesellschaften, sofern man sie mit (der überwiegenden) Rechtsprechung des BGH als rechtsfähige Personenvereinigungen ansieht, ebenfalls als eigenständige, vollständig verselbstständigte Rechtspersonen verstanden werden. Es ist indessen offensichtlich, dass diese Folgerung der bisherigen Auffassung des BGH zuwider läuft582. Die Inkonsistenz der Rechtsprechung ist freilich nicht von der Hand zu weisen. 578 BGHZ 179, 102 = NJW 2009, 594, Tz. 10; so auch BGH NJW 2006, 2189 = WM 2006, 786 hinsichtlich der Fähigkeit einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, Verwalter einer Wohnungseigentümergemeinschaft im Sinne der §§ 26, 27 WEG zu sein. 579 BGHZ 79, 374, 378 = NJW 1981, 1213. 580 BGHZ 34, 293, 296 f. = NJW 1961, 1022. 581 BGHZ 78, 311, 313 = NJW 1981, 682, 683. 582 So in BGHZ 34, 293, 296 f. = NJW 1961, 1022 („Die offenen Handelsgesellschaften und die Kommanditgesellschaften sind trotz ihrer starken Verselbständigung keine juristischen Personen.“, BGH NJW 1988, 556 = ZIP 1988, 108 („Die offene Handelsgesellschaft ist keine juristische Person.“), BGHZ 146, 341, 347 = NJW 2001, 1056, 1058 („So ist es praktisch unbestritten, daß OHG und KG Träger von Rechten und Pflichten sein können und damit
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bb) Entscheidung ARGE Weißes Ross (BGHZ 146, 341 = NJW 2001, 1056 – 1061) Mit der Entscheidung des BGH vom 29. 01. 2001 entschied der BGH den Streit um die Dogmatik der Gesellschaft bürgerlichen Rechts – und, als Grundform des Personengesellschaftsrechts, für OHG und KG – endgültig zu Gunsten der Gruppenlehre. Wurde die Entscheidung zunächst noch aufgrund ihrer fehlenden inhaltlichen Konsequenz583 und ihrer prozessualen Makel584 bemängelt, offenbart die bis heute andauernde konsequente Linie585 des Gerichts die tatsächliche Tragweite dieser Entscheidung. Unter Bezugnahme auf den fragmentarischen Charakter und der geschichtlichen Entwicklung des Gesetzestextes586 zog der BGH die Anforderungen und Anschauungen der Praxis heran, um im Wege einer umfassenden Rechtsfortbildung die Gesellschaft bürgerlichen Rechts sowie das Gesamthandsprinzip dogmatisch umfassend zu strukturieren: „Die Unvollständigkeit der gesetzlichen Regelung und das erkennbare Bestreben des historischen Gesetzgebers, eine konkrete Festlegung zu vermeiden, lassen Raum für eine an den praktischen Bedürfnissen der Verwirklichung des Gesamthandsprinzips orientierte Beurteilung der Rechtsnatur der Gesellschaft bürgerlichen Rechts. Danach verdient die Auffassung von der nach außen bestehenden beschränkten Rechtssubjektivität der bürgerlich-rechtlichen Gesellschaft den Vorzug.“ „Dieses Verständnis der Rechtsnatur der gesellschaftsrechtlichen Gesamthandsgemeinschaft bietet ein praktikables und weitgehend widerspruchsfreies Modell für die vom Gesetz (§§ 718 – 720 BGB) gewollte rechtliche Absonderung des Gesellschaftsvermögens vom Privatvermögen der Gesellschafter.“ „Ein für die Praxis bedeutsamer Vorzug der nach außen bestehenden Rechtssubjektivität der Gesellschaft bürgerlichen Rechts im oben beschriebenen Sinne besteht darin, daß danach ein Wechsel im Mitgliederbestand keinen Einfluß auf den Fortbestand der mit der Gesellschaft bestehenden Rechtsverhältnisse hat […].“587
rechtsfähig sind, ohne als Gesamthandsgemeinschaften den Status einer juristischen Person zu besitzen.“). 583 Heil, Parteifähigkeit der GbR – der Durchbruch der Gruppenlehre?, NZG 2001, S. 300; Harm Peter Westermann, Erste Folgerungen aus der Anerkennung der Rechtsfähigkeit der BGB-Gesellschaft, NZG 2001, S. 289 (295); Peifer, Rechtsfähigkeit und Rechtssubjektivität der Gesamthand – die GbR als oHG?, NZG 2001, S. 296 (296, 300). 584 Jauernig, Zur Rechts- und Parteifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, NJW 2001, S. 2231. 585 U. a. BGHZ 154, 370, 376 = NJW 2003, 1803, 1805; BGHZ 179, 102 = NJW 2009, 594, Rz. 10; BGHZ 188, 233 = NJW 2011, 2040, Rz. 23 ff.; BGH Urteil vom 19. 11. 2013, Az. II ZR 149/12, Tz. 26; BGH NJW 2017, 547 = ZIP 2017, 122, Tz. 19; BGH NJW 2017, 1681 = ZIP 2017, 811, Tz. 36 ff. 586 BGHZ 146, 341, 346 f. = NJW 2001, 1056, 1057 f. 587 Jeweils BGHZ 146, 341, 345 = NJW 2001, 1056, 1057.
II. Abstraktionsgrad der Personengesellschaften von ihren Gesellschaftern
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Die Gesellschaft bürgerlichen Rechts – wie auch ihre handelsrechtlichen Erscheinungsformen – müsse unter Berücksichtigung dieser Punkte als rechts- und parteifähige Einheit verstanden werden. Die verselbstständigte Organisation könne selbst Trägerin von Rechten und Pflichten sein, ohne jedoch den „Status einer juristischen Person zu besitzen“. Welche Unterschiede hinsichtlich des Grades der Verselbstständigung in Personengesellschaft und Gesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit bestehen, wird vom BGH jedoch nicht aufgearbeitet.588 Die traditionelle Lehre lehnte der BGH hingegen aufgrund „konzeptionelle[r] Schwächen“ ausdrücklich ab – Schwächen, die sich insbesondere aus dem Wirken der Personengesellschaft in der Praxis ergeben. Sowohl in Fragen der Erfüllung von Verbindlichkeiten, des Mitgliederwechsels als auch des fließenden Übergangs der verschiedenen (Personen-)Gesellschaftsformen könne die traditionelle Lehre keine zufriedenstellende Lösung anbieten.589 cc) Abkehr vom Dualismus von „rechtsfähigen Gesellschaften“ und „juristischen Personen“ im BGH – Beschluss vom 20. 05. 2016, Az. V ZB 142/15? In seinem Beschluss vom 20. Mai 2016590 geht der 5. Zivilsenat des BGH in Abkehr zum bisherigen Festhalten am Dualismus von „rechtsfähigen Personengesellschaften“ und „juristischen Personen“ scheinbar einen Schritt weiter. Gegenstand des zugrundeliegenden Rechtsstreits war die Frage, ob aufgrund der Pfändung eines einzelnen Anteils an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, zu deren Gesellschaftsvermögen unter anderem im Grundbuch eingetragene Wohnungseigentumsund Teileigentumsrechte gehörten, die Belastung des Anteils auch betreffs der dinglichen Rechte der Gesellschaft in das Grundbuch einzutragen war. Der BGH lehnte zunächst die Eintragungsfähigkeit, insoweit im Einklang zur vorherigen Rechtsprechung591, aufgrund der klaren Trennung von Gesellschafts- und Gesellschaftervermögen ab. Mit Anerkennung der Rechtsfähigkeit (auch) der Gesellschaft bürgerlichen Rechts sei diese als alleinige Eigentümerin der besagten Wohnungseigentums- und Teileigentumsrechte zu sehen. Die Gesellschafter selbst hätten hingegen keinerlei unmittelbaren (dinglichen) Befugnisse an den zum Gesell-
588
BGHZ 146, 341, 347 ff. = NJW 2001, 1056, 1057 und 1058. BGHZ 146, 341, 344 ff. = NJW 2001, 1056, 1057. 590 BGH WM 2016, 1973 = ZIP 2016, 1965. Ähnlich schon in BGHZ 175, 374 = NJW 2008, 1737, Tz. 16: „Danach ist bei der Gesamthand als Grundstruktur jeder Personengesellschaft eine nach außen hin bestehende beschränkte Rechtssubjektivität gegeben. Sie ist aufgrund eigener Rechtspersönlichkeit als (teil-)rechtsfähig anzuerkennen.“ (Anm.: kursive Hervorhebung im Originalurteil nicht vorhanden). 591 Anerkennung der Grundbuchfähigkeit (selbst) der Gesellschaft bürgerlichen Rechts: BGHZ 179, 102 = ZIP 2009, 66, Tz. 11. 589
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D. Die dogmatische Struktur der Personengesellschaften
schaftsvermögen gehörenden Rechten.592 Die Pfändung eines Anteils bewirke zudem keinen Eintritt des Pfandgläubigers in die Stellung des Gesellschafters.593 In Abkehr von seiner bisherigen Linie scheint der BGH die rechtsfähige Gesellschaft bürgerlichen Rechts allerdings nicht nur als Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit anzuerkennen, sondern das Gesamthandsprinzip als strukturelle Grundlage zu hinterfragen: „Solange die GbR als Gesamthandsgemeinschaft ohne eigene Rechtspersönlichkeit verstanden wurde, waren deren Gesellschafter ebenso wie der Miterbe einer Erbengemeinschaft an den Vermögensgegenständen der Gesellschaft bzw. der Erbengemeinschaft jedenfalls insoweit unmittelbar rechtlich beteiligt, als ihnen das Eigentum an Grundstücken zusammen mit den anderen Gesellschaftern bzw. Miterben zur gesamten Hand zustand.“594
Zugleich zieht der BGH einen direkten Vergleich zu den Kapitalgesellschaften: „Rechtsinhaber ist ebenso wie bei einer Kapitalgesellschaft nur die GbR. Die notwendige klare Trennung zwischen der rechtsfähigen Gesellschaft und ihren Gesellschaftern schließt es aus, gemeinschaftliche Verfügungen der Gesellschafter über Vermögen der GbR als das Pfandrecht an einem Gesellschaftsanteil beeinträchtigende Änderungen i.S.d. § 1276 BGB anzusehen.“595
Wie weit der Beschluss des BGH bereits als Grundlage für seine weitere Rechtsprechung anzusehen ist, ist noch nicht absehbar. Seine Aussagen sind indessen der Interpretation einer weiteren Fortschreibung der Personengesellschaftsdogmatik zugänglich. Eine solche wird nicht nur in den zuvor zitierten Stellen, sondern auch im Rahmen des weitergehenden Vergleichs der Strukturen von Gesellschaft bürgerlichen Rechts und Erbengemeinschaft deutlich. Denn im Gegensatz zur BGB-Gesellschaft bestehe in der Erbengemeinschaft die unmittelbare rechtliche Beteiligung der „Miterben zur gesamten Hand“ fort.596 Der BGH kann insoweit ohne weiteres dahingehend interpretiert werden, dass die Strukturen in den beiden Gemeinschaften scharf zu trennen sind, wobei die rechtsfähigen Personengesellschaften vom Gesamthandsprinzip losgelöst betrachtet werden müssen. dd) Fehlende Verselbstständigung aufgrund bloßer „Teilrechtsfähigkeit“ Erst zuletzt597 hat der 8. Zivilsenat, inhaltlich in erneut deutlicher Distanzierung zum zuvor dargestellten Beschluss, die bisherige Rechtsprechungslinie zum Ver592
BGH WM 2016, 1973= ZIP 2016, 1965, Tz. 10 f. BGH WM 2016, 1973= ZIP 2016, 1965, Tz. 15. 594 BGH WM 2016, 1973= ZIP 2016, 1965, Tz. 21 (Anm.: kursive Hervorhebungen im Urteil nicht vorhanden). 595 BGH WM 2016, 1973= ZIP 2016, 1965, Tz. 21. 596 BGH WM 2016, 1973= ZIP 2016, 1965, Tz. 21. 597 BGH NJW 2017, 547 ff. = ZIP 2017, 122 ff. Siehe zur Thematik der Eigenbedarfskündigung darüber hinaus BGH NJW 2007, 2845 ff. = ZIP 2007, 1955 ff.; BGH NJW 2009, 613 ff. = ZIP 2009, 1671 ff.; BGH NJW 2009, 2738 = NZG 2009, 1023, Tz. 13. 593
II. Abstraktionsgrad der Personengesellschaften von ihren Gesellschaftern
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hältnis der Gesellschafter einer Personengesellschaft zur Gesellschaft bestätigt. Die Beteiligten des Verfahrens stritten um die Frage, ob es einer (typischen) Gesellschaft bürgerlichen Rechts, zu deren Gesellschaftsvermögen unter anderem das Eigentum an einer Wohnung gehörte, möglich sei, zugunsten ihrer Gesellschafter einen bestehenden, jene Wohnung betreffenden Mietvertrag aufgrund Eigenbedarfs nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB zu kündigen. Das oberste Gericht sprach der Gesellschaft ein solches Kündigungsrechts mit dem Hinweis auf ihre fehlende Verselbstständigung gegenüber dem Gesellschafterkreis zu. Die BGB-Gesellschaft sei aufgrund ihrer „Teilrechtsfähigkeit“ keinesfalls wie eine juristische Person von ihren Gesellschaftern abstrahiert, sondern mit diesen eng verwoben.598 Insbesondere dürfe die höchstrichterliche Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Gesamthand599 nicht zu der Annahme verleiten, die Rechtslage hinsichtlich der Kündigung wegen Eigenbedarfs hätte sich gegenüber der früher angenommenen Rechtsdogmatik geändert. Vielmehr sei an der vor 2001 mehrheitlich vertretenen Auffassung festzuhalten.600 Zugleich lehnt der BGH die Übertragung der Rechtsprechungsgrundsätze betreffend Eigenbedarfskündigungen durch offene Handelsgesellschaften sowie Kommanditgesellschaften mangels Vergleichbarkeit ab.601 Ihnen ist nach seiner Auffassung nicht möglich, Mietverträge aufgrund Eigenbedarfs der Gesellschafter nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB zu kündigen.602 Obwohl alle Personengesellschaften auf einem identischen dogmatischen Fundament fußen, rechtfertige der auf den Betrieb eines Handelsgewerbes gerichtete Gesellschaftszweck hier eine anderweitige Handhabung. Dieser mache hinreichend deutlich, dass die Interessen der einzelnen Gesellschafter lediglich zweitrangiger Natur seien. Dies gelte allerdings nicht nur für die Gesellschafter von Personenhandelsgesellschaften, sondern auch für die Mitglieder (atypischer) Publikumsgesellschaften bürgerlichen Rechts.603 Maßgebliches Kriterium für die Möglichkeit der Eigenbedarfskündigung ist nach diesem Argumentationsstrang des BGH nicht die von juristischen Personen abweichende Gesellschaftsdogmatik, sondern der jeweils verfolgte Zweck. Strickt man diesen Gedanken konsequent weiter, soll folglich ausschließlich die spezifische Realstruktur, d. h. die tatsächliche Ausgestaltung der Personengesellschaften ausschlaggebendes Kriterium der Kündigungsmöglichkeit und damit der Stellung der Gesellschafter im Verhältnis zur Gesellschaft sein.604
598
BGH NJW 2017, 547 ff. = ZIP 2017, 122 ff., Tz. 17, 19. BGH NJW 2017, 547 ff. = ZIP 2017, 122 ff., Tz. 18. 600 BGH NJW 2017, 547 ff. = ZIP 2017, 122 ff., Tz. 21, 24. 601 BGH NJW 2017, 547 ff. = ZIP 2017, 122 ff., Tz. 52. 602 BGH NJW 2011, 993 = NZG 2011, 261, Tz. 8 ff. 603 BGH NJW 2017, 547 ff. = ZIP 2017, 122 ff., Tz. 52. 604 Zur Kritik an der Rechtsprechung des BGH zur Unterscheidung von BGB- und Personenhandelsgesellschaften: Schmid, Eigenbedarfskündigung, NZM 2014, S. 609; Wedermann, Außen-GbR und OHG: Annäherung und Entfremdung in der Rechtsprechung des BGH seit „ARGE Weißes Roß“, NZG 2011, S. 533. Thematisch ebenfalls auf die Problematik der 599
256
D. Die dogmatische Struktur der Personengesellschaften
c) Analyse und Stellungnahme Die Rechtsprechung des RG darf heute unter Berücksichtigung der tatsächlichen Wahrnehmung und Handhabe für im größeren Umfang am Rechtsverkehr teilnehmende Personengesellschaften, insbesondere in ihren handelsrechtlichen Erscheinungsformen, als überholt bezeichnet werden. Die Vorstellung des RG ist überwiegend auf die Gesellschafter als maßgebliche Rechtsträger gerichtet und misst dem Auftreten der Gesellschaft als wahrnehmbare Einheit im Rechtsverkehr im Rahmen der rechtlichen „Übersetzung“ eine (zu) geringe Bedeutung bei. Nach der vom RG vertretenen Grundlinie fehlt es in den Personengesellschaften mangels Existenz einer rechtlich relevanten Gesellschaftseinheit an der Möglichkeit, den Grad der Abstraktion, das Verhältnis der „Gruppe“ von den einzelnen Gesellschaftern zu bestimmen. Die rechtstheoretische Zulässigkeit des Erwerbs eigener Anteile ist hiernach, insoweit im Einklang mit den Erläuterungen zur traditionellen Gesamthandslehre,605 konsequenterweise abzulehnen. Der Eindruck einer konsistenten dogmatischen Aufarbeitung der Personengesellschaften wird freilich schon durch das RG selbst erschüttert. Man mag das Urteil RGZ 25, 252 noch als einen ergebnisorientierten „Ausrutscher“ betrachten, dessen konträrer Aussage als statistische irrelevante Abweichung keine große Bedeutung beigemessen werden darf. Sofern das RG an anderer Stelle von „eigenartigen Normen“606 spricht, die die Rechtsverhältnisse der Gesellschafter „beherrscht“ und diese Eigenarten nicht beleuchtet, erscheint das von ihm entwickelte dogmatische Fundament wenig standfest. Der unklare Wortlaut unseres heutigen Bürgerlichen Gesetzbuches kann nur bedingt als Erklärung herangezogen werden, denn die letzte Entscheidung des Gerichts erging schon vor dessen Inkrafttreten im Jahre 1990. Dieser Einschätzung kann sich das Gericht an anderer Stelle607 selbst nicht verwehren. Nach Auffassung des RG sollen die Personengesellschaften hiernach im Gegensatz zu juristischen Personen keine eigene Rechtspersönlichkeit haben, den juristischen Personen aber „angenähert sein“608. Welche Folgen diese Annäherung hat, ob sie ebenfalls im Sinne der Gruppenlehre zu verstehen ist oder gar die Möglichkeit impliziert, auch in der Personengesellschaft körperschaftsähnliche Strukturen aufzubauen, führt das Gericht nicht weiter aus. Wenn nach Auffassung des RG die Gesamthand „eine feste Gestaltung nur nach Maßgabe der konkreten Eigenbedarfskündigung in der (Instanzen-)Rechtsprechung eingehend: Schumacher, Eigenbedarfskündigung: Problematische Tendenzen beim OLG Köln, WuM 2003, S. 554. 605 Vgl. oben S. 202 ff. 606 RGZ 17, 365, 367. 607 So heißt es in RGZ 65, 227, 230: „Es muß auch zugegeben werden, daß in der Rechtsprechung des Reichsgerichts die verschiedenen Versuche, für dieses Verhältnis [Anm.: Das Verhältnis der Gesellschafter zum Vermögen] einen adäquaten Ausdruck zu finden, zu Definitionen geführt haben, die vielleicht nicht nur in den Worten, sondern in der Sache selbst voneinander abweichen.“ 608 RGZ 56, 430, 432.
II. Abstraktionsgrad der Personengesellschaften von ihren Gesellschaftern
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Bestimmungen für das einzelne Gesamthandsverhältnis“609 gewinne, lehnt es die Erarbeitung einer einheitlichen Dogmatik gar offen ab. Die Rechtsprechung des RG muss mithin als stark ergebnisorientierte Urteilsfindung eingeordnet werden, der es an einer abschließenden dogmatischen Aufarbeitung der Gesamthand fehlt und die nur bedingt Rückschlusse auf die hier interessierenden Strukturmerkmale der Personengesellschaften zulässt. Der BGH hat sich für ein klares Bekenntnis zur Dogmatik der Personengesellschaften zwar ebenfalls lange Zeit gelassen. Spätestens seit Verkündung der Entscheidung „ARGE Weißes Ross“610 folgt er aber vollumfänglich der schon zuvor in der Literatur vorherrschenden Gruppenlehre. Insofern geht die Rechtsprechung heute einen bedeutenden Schritt weiter, indem sie in verschiedenen Entscheidungen die Rechtsfähigkeit der Personengesellschaften, insbesondere auch der (Außen-) Gesellschaft bürgerlichen Rechts und die Existenz einer den Gesellschaftern in gewisser Weise übergeordneten Einheit anerkennt. Allerdings ist auch auf Grundlage der (modernen) Rechtsprechung des BGH eine vollständige Abstraktion der Gesellschaft zu verneinen. Die Vorstellung einer vollständig verselbstständigen Struktur lehnt das höchste deutsche Zivilgericht bis heute vollumfänglich ab. Es rückt die gesellschaftsrechtliche Vertragsgrundlage als konstitutives Element jeder Personengesellschaft in den Mittelpunkt der dogmatischen Aufarbeitung.611 Grundlage für diese Annahme scheint für den BGH im Ausgangspunkt noch immer die Anordnung des Gesamthandsprinzips durch den historischen Gesetzgeber zu sein.612 Personengesellschaften, insbesondere deren handelsrechtliche Ausprägungen, können hiernach als Zusammenfassung der Gesellschafter zwar über, aber niemals wie verselbstständigte Gesellschaft neben und losgelöst von ihren Mitgliedern existieren. Auch unter Berücksichtigung des erst kürzlich ergangenen Beschlusses,613 in dessen Rahmen der BGH den Gesellschaften bürgerlichen Rechts scheinbar (erneut614) in Unabhängigkeit vom Gesamthandsprinzip eine eigene Rechtspersönlichkeit zusprechen möchte, ist eine Hinwendung des BGH zur Interpretation der Strukturen von Personengesellschaften im Sinne der verselbstständigten Kapitalgesellschaften im Ergebnis nicht anzunehmen. Hierzu darf nicht außer Acht bleiben, dass der Beschluss des BGH keinesfalls als Rechtsprechungsänderung betrachtet werden muss, sofern er, wie schon an anderer Stelle615, von einem Gleichlauf der 609
RGZ 65, 227, 231. BGHZ 146, 341 = NJW 2001, 1056 – 1061. 611 BGHZ 79, 374, 378 = NJW 1981, 1213. 612 BGHZ 146, 341, 346 f. = NJW 2001, 1056, 1057 f. 613 BGH WM 2016, 1973= ZIP 2016, 1965. 614 Vgl. z. B. BGHZ 175, 374 = NJW 2008, 1737, Tz 16. Kommanditgesellschaft als Gesamthandsgesellschaft mit „eigener Rechtspersönlichkeit“. 615 BGHZ 78, 311, 313 = NJW 1981, 682, 683; BGHZ 142, 315, 319 f. = NJW 1999, 3483, 3484. 610
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D. Die dogmatische Struktur der Personengesellschaften
Rechtspersönlichkeit einer Gesellschaft und deren Rechtsfähigkeit stillschweigend ausgeht. Die unbedachte Formulierung,616 die den Schluss auf die Annahme einer Überwindung des Gesamthandsprinzips zulässt, kann ohne weiteres auf ein Versehen zurückgehen. Ohne ergänzende Ausführungen verbietet es sich, hieraus auf ein grundsätzlich verändertes Verständnis des BGH zu schließen. Vielmehr sprechen die zeitlich nachfolgenden Urteile des BGH,617 die ausdrücklich von der fehlenden Verselbstständigung der (Außen-)Gesellschaft bürgerlichen Rechts sprechen, für eine bloß unbedachte Formulierung des obersten Gerichtshofes.618 Festzuhalten bleibt, dass auch die Rechtsprechung des BGH keinesfalls vollumfänglich zu überzeugen weiß. Eine „widerspruchsfreie“ Dogmatik kann das Gericht bzw. die Gruppenlehre als Fundament seiner Entscheidungen nicht liefern.619 Insbesondere der mit der Gruppenlehre einhergehende Vorwurf einer unzulässigen, wortlautüberschreitenden Rechtsfortbildung wird vom BGH nicht im ausreichenden Umfange kritisch gewürdigt bzw. angesprochen. Vielmehr werden die Bedürfnisse und Anschauungen des Rechtsverkehrs mit den Erkenntnissen der Gruppenlehre vermischt und das auf diese Weise gewonnene rechtliche Fundament als Rechtfertigung der getroffenen Entscheidungen herangezogen. Der naheliegende Schritt einer vollständigen Emanzipation der Dogmatik des Personengesellschaftsrechts bleibt indessen aus. Darüber hinaus nutzt der BGH zu keiner Zeit die Chance, eine klare Trennlinie zwischen den juristischen Personen mit eigener Rechtspersönlichkeit und den Personen(handels-)gesellschaften zu ziehen und dogmatisch zu begründen.620 Insbesondere nach dem weitreichenden Urteil von 2001621 stellt sich weiterhin die Frage, wie weit eine „starke Verselbstständigung“622 der Personenhandelsgesellschaft reicht und ob bzw. welchen Grenzen sie sich ausgesetzt sieht. Überhaupt unterlässt es das oberste Gericht zu klären, inwiefern man zwischen verschiedenen Stufen der Verselbstständigung („Gesellschaft bürgerlichen Rechts“ < „Personenhandelsgesellschaften“ < Körperschaften“) unterscheiden kann. Zusammenfassend lässt sich für den an dieser Stelle untersuchten Gesichtspunkt festhalten, dass der Erwerb eigener Anteile auf Grundlage der Rechtsprechung in Personengesellschaften unter rechtstheoretischen Gesichtspunkten – noch immer – als rechtlich unmöglich betrachtet werden muss. Durch die weitgehende Betonung 616
„Solange die GbR als Gesamthandsgemeinschaft ohne eigene Rechtspersönlichkeit verstanden wurde, […]“, vgl. BGH WM 2016, 1973= ZIP 2016, 1965, Tz. 21. 617 BGH NJW 2017, 547 = ZIP 2017, 122, Tz. 19; BGH NJW 2017, 1681 = ZIP 2017, 811, Tz. 36 ff. 618 Zur Teilsrechtsfähigkeit der BGB-Gesellschaft als Argumentationsstrang siehe noch unten S. 346 ff. 619 Siehe hierzu die allgemeine Kritik an der Gruppenlehre (S. 188 ff.) sowie unter besonderer Berücksichtigung der Gesamthandslehre unten S. 264 ff. 620 Vielmehr verwirrt das Gericht mit der Gleichstellung von Personengesellschaften und „Rechtspersonen“: BGHZ 142, 315, 319 f. = NJW 1999, 3483, 3484. 621 BGHZ 146, 341 = NJW 2001, 1056. 622 BGHZ 34, 293, 296 f. = NJW 1961, 1022.
II. Abstraktionsgrad der Personengesellschaften von ihren Gesellschaftern
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des konstitutiven Elements des Gesellschaftsvertrages und der fehlenden Abstraktion der Gesellschaft fehlt es den Personengesellschaften schon an der Grundvoraussetzung, die in Aktiengesellschaften und Gesellschaften mbH den Erwerb eigener Anteile überhaupt erst denkbar macht. Die Gesellschafter formen ihre jeweilige Personengesellschaft durch die Beteiligung im Gesellschaftsverhältnis erst aus, konstituieren sie. Das gelebte und ausgeübte Rechtsverhältnis unter den Gesellschaftern bildet (in Verknüpfung mit dem Prinzip der Gesamthand) das rechtliche Fundament, den Körper der Gesellschaft. Diese Stellung kann die Gesellschaft selbst nicht einnehmen, denn sie würde in diesem Fall sich selbst erschaffen. Dieser Gedankengang überschreitet die Grenzen jeglicher (Rechts-)Logik. 5. Zusammenfassung Unter Beachtung des hier untersuchten Gegenstandes kann festgehalten werden, dass sowohl auf Grundlage der traditionellen Gesamthandslehre, welche die Gesellschaft bürgerlichen Rechts – und bei gesetzestreuer Anwendung: auch ihre handelsrechtlichen Ausprägungen – als rein schuldrechtliches Modell der gemeinsamen Zweckverfolgung versteht, wie auch der Gruppenlehre, die eine durch das Prinzip der Gesamthand bzw. organisationsrechtliche Elemente konstituierte Gesellschaft, die übergeordnet, wenn auch nicht vollständig von den Gesellschaftern abstrahiert zu denken ist, anerkennt, der Erwerb eigener Anteile als rechtlich unmöglich betrachtet werden muss. In beiden Theorien wird dem Rechtsband unter den Gesellschaftern eine tragende Stellung bei der Konstituierung des Verbandes beigemessen, die einen derartigen Rechtsvorgang unmöglich macht, denn die Gesellschaft kann denknotwendig nicht ein Teil der Sphäre werden, welche die Gesellschaft im Inneren erst begründet. Die Auffassung, die alle (Außen-)Gesellschaften als abstrahierte Gesellschaften verstehen möchte, ließe hingegen den Erwerb eigener Anteile grundsätzlich zu, sofern man „juristische Personen“ nicht in unterschiedliche, an der bisherigen Unterscheidung von Gesamthandsgesellschaften und verselbstständigten Gesellschaftsformen orientierte, „Klassen“ der Gruppe „abstrahierter Gesellschaften“ einordnen möchte. Freilich muss hierbei beachtet werden, dass sich jene Untersuchungen schwerpunktmäßig mit der Frage auseinandersetzen, ob Personengesellschaften als juristische Personen aufgefasst werden müssen, wobei nicht selten der Begriff der Rechtspersönlichkeit mit der Rechtsfähigkeit einer Gemeinschaft gleichgesetzt wird. Der juristischen Personen innewohnende Gedanke vollständiger Abstraktion wird hingegen nur bedingt berücksichtigt. Allerdings zeigt sich im Rahmen der Untersuchung der Unterschiede von „klassischen“ juristischen Personen und den Gesamthandsgesellschaften, dass strukturelle Unterschiede zwischen den Gesellschaftstypen tatsächlich kaum erkennbar sind. Eine unterschiedliche Behandlung von Personengesellschaften auf der einen, Vereinen, Gesellschaften mbH und Aktiengesellschaften auf der anderen Seite scheint hiernach unter dogmatischen
260
D. Die dogmatische Struktur der Personengesellschaften
Gesichtspunkten keinesfalls zwingender Natur zu sein.623 Da es sich bei den gesetzlichen Regelungen zum Erwerb eigener Anteile in AktG und GmbHG nicht um gesetzliche Anordnungen einer Fiktion mit konstitutivem Charakter, sondern lediglich um rechtspolitisch motivierte Beschränkungen eines Rechtsvorgangs, der aufgrund der Dogmatik der abstrahierten Gesellschaft und der Mitgliedschaft ohne weiteres möglich ist, handelt,624 könnte der Erwerb eigener Anteile hierauf aufbauend auch in den Personengesellschaften als grundsätzlich zulässiger Vorgang zu betrachten sein. Auf Grundlage der zweiten Strömung, welche die Personengesellschaften zwar ebenfalls als juristische Personen versteht, diesen Kreis allerdings im Sinne der althergebrachten gesetzlichen Leitbilder in unterschiedliche Typen der abstrahierten Gesellschaften einordnen möchte, ist den Gesellschaften bürgerlichen Rechts, offenen Handelsgesellschaften und Kommanditgesellschaften der Erwerb eigener Anteile freilich noch immer aus strukturellen Gründen verwehrt. (Außen-) Personengesellschaften sind hiernach entsprechend der bisherigen Einteilung weiterhin als Gesellschaften zu betrachten, deren Existenz durch das Rechtsverhältnis unter den Gesellschaftern und deren Persönlichkeiten konstituiert wird. Für jeden der zuvor dargestellten Ansätze streiten dabei individuelle Argumentationsstränge: Die traditionelle Lehre schafft es einerseits, dem Wortlaut des Gesetzes, sofern man „modernere“ gesetzgeberische Aktivitäten auf diesem Feld ausblendet und sich auf die Kernstrukturen besinnt, gerecht zu werden. Insbesondere gelingt es ihr, ein einheitliches System für alle gesamthänderischen Strukturen zur Verfügung zu stellen, ohne das Gesamthandsprinzip über das notwendige Maß hinaus zu strapazieren. Gütergemeinschaften der Ehegatten, Erbengemeinschaften und Personengesellschaften können ohne große Mühe auf ihrer Grundlage durchdrungen und erklärt werden. Die Gruppenlehre entspricht hingegen schon weitgehend den Anschauungen und Bedürfnissen des Rechtsverkehrs, ohne ihre Wurzeln aus dem Blick zu verlieren. Durch Anerkennung der Rechtsfähigkeit aller Personengesellschaften konnte in den letzten 40 Jahren im Wege der Rechtsfortbildung – bzw. Rechtsschöpfung – ein stimmiges System geschaffen werden, welches trotz seiner Unzulänglichkeiten die Personengesellschaften für die Praxis weitgehend handhabbar gemacht hat. Die Auffassung, die auch Personengesellschaften als verselbstständigte Gesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit verstehen möchte, hat den von der Gruppenlehre eingeschlagenen Weg konsequent weiterentwickelt und, unter dem Eindruck vom Auftreten dieser Gesellschaftstypen im Rechtsverkehr, das Recht der Personengesellschaften dem Recht von Gesellschaften mbH und Aktiengesellschaften noch weiter angenähert. Dieser Ansatz trägt am ehesten der Tatsache Rechnung, dass Unterschiede zwischen den anerkannt verselbstständigten Gesell623
Wie es sich mit den praktischen Konsequenzen von Eigenanteilen in Personengesellschaften verhält, ist auf einem ganz anderen Blatt geschrieben. Hierzu wird weiter unten noch zurückzukommen sein, vgl. S. 363 ff. 624 Siehe oben S. 72 ff.
II. Abstraktionsgrad der Personengesellschaften von ihren Gesellschaftern
261
schaften unserer Rechtsordnung und Personengesellschaften nur schwerlich auszumachen sind. Indessen bleibt keiner der bisherigen Ansätze vollumfänglich frei von Widersprüchen. Während die traditionelle Lehre den Anschauungen und Bedürfnissen des modernen Rechtsverkehrs nicht mehr entspricht und ihre Anwendung auf unternehmenstragende Personengesellschaften heute gar einem Anachronismus gleicht, gelingt es weder der Gruppenlehre noch den Vertretern, welche die Personengesellschaften als vollends abstrahierte Gesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit verstehen, ein einheitliches System für alle im Gesetz enthaltenen Gesamthandsgesellschaften zu schaffen. Auch widersprechen diese beiden Ansätze offen dem Wortlaut des Gesetzes, welcher die Gesellschafter stets als maßgebliche Akteure im Personengesellschaftsrecht ansieht bzw. zwischen juristischen Personen und anderen rechtsfähigen Gemeinschaften noch immer explizit unterscheidet. Man mag die verschiedenen Mängel dieser Ansätze gegeneinander abwägen und nach Brauchbarkeit gewichten können – sie bleiben als solche aber stets mit Defiziten behaftet. Im Ergebnis kann für den Bereich der unternehmenstragenden, im größeren Umfange am Rechtsverkehr teilnehmenden Personengesellschaften keine der zuvor untersuchten Ansätze vollumfänglich überzeugen. Diese gravierenden Mängel machen es im Folgenden erforderlich, die Dogmatik der Personengesellschaften neu zu überdenken und, sofern dies möglich ist, eine moderne Grundlage für sie zu entwickeln. In diesem Rahmen wird zunächst auf die historischen Wurzeln dieser Gesellschaftsformen eingegangen werden, deren Strukturen nach Vorstellung des historischen Gesetzgebers das BGB entscheidend geprägt haben. Dieser Schritt ist notwendig, um ermitteln zu können, ob und in welchem Umfang einzelne Aspekte der bisherigen Theorien zum Personengesellschaftsrecht für dessen dogmatische Aufarbeitung herangezogen werden können. Das Gesamthandsprinzip als Fundament der Personengesellschaftsdogmatik wird in diesem Rahmen gänzlich zu hinterfragen sein. Hierbei wird sich offenbaren, dass die Gruppenlehre in ihrer bisherigen Form kaum als taugliches Fundament für die heutigen (Außen-)Personengesellschaften herangezogen werden kann. Unter Berücksichtigung der tatsächlichen Anschauungen und Bedürfnisse des Rechtsverkehrs ist schlussendlich eine in sich kohärente und praktikable Struktur der Personengesellschaften neu zu entwickeln. Am Maßstab dieses rechtlichen Fundaments wird sodann die Frage erneut zu messen sein, ob der Erwerb eigener Anteile in Personengesellschaften dogmatisch zulässig oder rechtlich unmöglich ist.
E. Personengesellschaften als abstrahierte Gesellschaftsformen Wie zuvor gesehen,1 beruht die rechtstheoretische Möglichkeit des Erwerbs eigener Anteile in Aktiengesellschaft und Gesellschaft mbH auf deren abstrahierter Idealstruktur: Die rechtliche Verbindung der Gesellschaft ist bei diesen Gesellschaftsformen vom Gesellschafterkreis im denkbar höchsten Maße losgelöst. Aktien wie auch Geschäftsanteile repräsentieren hierbei eine feste Stellung in einem verstetigten, objektivierten Rechtsverhältnis, auf das die Regeln des allgemeinen Vertragsrechts nur noch bedingt zur Anwendung kommen. Sodann wurde festgestellt, dass eine vergleichbare Qualität der Verselbstständigung in Personengesellschaften weder auf Grundlage der Gruppenlehre noch dem noch immer vertretenen vermögensrechtlichen Ansatz vorzufinden ist. Jene Konstruktionen sind beide im Kern dem Gedanken der Vertragsgesellschaft bzw. dem Sozietätsprinzip verschrieben, nach dem die Verbindung der Gesellschafter als individuelle Persönlichkeiten und nicht eine körperschaftliche Struktur mit verselbstständigter Satzung die inneren Verhältnisse und Existenz der Personengesellschaften prägt. Auf dieser Grundlage ist die Frage nach der Möglichkeit des Erwerbs eigener Anteile nach beiden Ansätzen folgerichtig zu verneinen, solange man diese nicht durch einen entsprechenden Rechtssatz – in diesem Fall als gesetzliche Anerkennung einer Fiktion – positivrechtlich festsetzt. Sowohl die heute herrschende Gruppenlehre als auch die traditionellen, vermögensrechtlich orientierten Ansätze zur dogmatischen Durchdringung der Personengesellschaften sind indessen keinesfalls frei von Fehlern bzw. Widersprüchen. Eine Abweichung der Rechtsmaterie „Personengesellschaftsrecht“ von der im Gesetz verankerten Anschauung des (historischen) Gesetzgebers wird wohl niemand ernsthaft leugnen, der sich zumindest im Rahmen des Grundstudiums mit der Materie der §§ 705 ff. BGB und §§ 105 ff. HGB befasst hat. Wie weit diese Divergenz von Ist- und Sollzustand tatsächlich reicht, ist von mehreren Faktoren abhängig: Einerseits variiert sie mit der jeweils zur Anwendung gelangenden dogmatischen Rechtsschule, andererseits hängt sie von der individuellen Einstellung zur Frage ab, welches Maß der Rechtsfortbildung und Normauslegung noch zulässig ist. Die verschiedenen in der Vergangenheit veröffentlichten Reformvorschläge2, in denen
1
Siehe hierzu oben S. 72 ff. K. Schmidt, Gesellschaft bürgerlichen Rechts – Welche Änderungen und Ergänzungen sind im Recht der BGB-Gesellschaft geboten?, in: Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts Band III, S. 413; Schäfer, Empfiehlt sich eine grundlegende Reform des 2
E. Personengesellschaften als abstrahierte Gesellschaftsformen
263
der Versuch vorgenommen wurde, das Personengesellschaftsrecht den überkommenden Ansätzen anzupassen, zeugen jedenfalls von der Anerkennung einer gewissen Systemwidrigkeit, die mit Durchsetzung der herrschenden Gruppenlehre einherging. Die Ansicht, welche die Personengesellschaften als juristische Personen betrachtet, scheint dem Eigenerwerb zwar grundsätzlich nicht entgegenzustehen, sofern man mit hier vertretener Auffassung als wesensprägendes und zwingendes Merkmal der juristischen Persönlichkeit den Gedanken der vollständigen rechtlichen Verselbstständigung versteht. Neben der fehlenden Anerkennung der Personengesellschaften als juristische Personen – und darüber hinaus: der ausdrücklichen Scheidung von juristischen Personen und rechtsfähigen Personengesellschaften, vgl. § 14 Abs. 1 BGB – scheint es indessen schon fraglich, ob den Vertretern dieses Ansatzes dieses wesentliche Element der „moralischen“ Person überhaupt bei der Einordnung der Gesellschaft bewusst gewesen ist oder im Wesentlichen auf die üblichen Merkmale der Rechtsfähigkeit, Haftung und inneren Struktur als vergleichswesentliche Merkmale abgestellt wurde. Die Aufarbeitung dieser nicht ganz fern liegende Vermutung soll freilich anderen Arbeiten vorbehalten bleiben. Wie im Rahmen der Untersuchung des Eigenerwerbs in AG und GmbH festgestellt, ist dem deutschen Recht mit der Vorgesellschaft indessen eine Variante von Personenvereinigungen bekannt, die, wie jene nach dem Gesetzeswortlaut mit Rechtspersönlichkeit ausgestatteten Gesellschaftsformen, eine verselbstständigte Struktur aufweist, hierbei allerdings unstrittig nicht als juristische Person anzusehen ist. Die vollständig abstrahierte Struktur einer Gesellschaft ist demnach lediglich hinreichendes, aber keinesfalls notwendiges Indiz für das Vorhandensein einer juristischen Person. Im Folgenden wird sich zeigen, dass sich das heutige Personengesellschaftsrecht von der Lehre der Gesamthand tatsächlich bereits im größtmöglichen Umfange gelöst hat. Während das Gesetz weitgehend unberührt geblieben ist, hat die Dogmatik der Personengesellschaften eine Dynamik erfahren, die eine Ablösung von althergebrachten Denkmustern für wirtschaftlich tätig werdende Personenvereinigungen und die Anerkennung des Personengesellschaftsrechts als eigenständige, weitgehend ungeschriebene Rechtsmaterie erforderlich gemacht hat. Sowohl der Vergleich mit gemeinhin als gesamthänderische „Vorformen“ der heutigen Gesamthandsgesellschaften (siehe hier im Folgenden lit. 1. b)) verstandenen Personenvereinigungen als auch der Wortlaut des heutigen Personengesellschaftsrechts (siehe hierzu im Folgenden lit. 1. c)) sowie die Systematik des Gesetzes unter Berücksichtigung aller Gesamthandsgemeinschaften des BGB (siehe hierzu im Folgenden lit. 1. d)) offenbart die tatsächlich fehlenden bzw. nur rudimentären Zusammenhänge zwischen der „Gesamthandsidee“ und den Personengesellschaften auf Grundlage der heutigen Rechtsanwendung und des heutigen RechtsverständPersonengesellschaftsrechts?, in: Verhandlungen des 71. Deutschen Juristentages, S. E 4 – E 118.
264
E. Personengesellschaften als abstrahierte Gesellschaftsformen
nisses. Auf dieser darzustellenden Prämisse aufbauend sind das Verhältnis der Gesellschaft zu ihrem Gesellschafterkreis sowie die Möglichkeit des Erwerbs eigener Anteile sodann neu zu bewerten. Vorab werden unter lit. 1. a) zum Zwecke einer besseren Übersicht abermals die Eigenschaften und die für die Fragestellung dieser Arbeit zuvörderst interessierenden Merkmale der Personengesellschaften in verkürzter Form eruiert.
I. Gesamthandsprinzip als dogmatische Grundlage des modernen Personengesellschaftsrechts Das heutige Personengesellschaftsrecht schreibt den (Außen-)Personengesellschaften zahlreiche Eigenschaften und Eigenheiten zu, die in ihrer Summe einen faktischen Status quo des Personengesellschaftsrechts begründen, dessen Errungenschaften und Ausprägungen nicht ernstlich angegriffen werden können. Ein modernes Gesellschaftsrecht muss sich den Gegebenheiten der Praxis anpassen und darf nicht auf ewig in überholten Traditionen verfangen bleiben. Die Anerkennung und Konstruktion einer in gewisser Weise verselbstständigten und rechtsfähigen Einheit „Personengesellschaft“ entspricht im Kern der allgemeinen und natürlichen Wahrnehmung von Personengesellschaften als juristisch konstruierte Teilnehmer des Rechts- und Wirtschaftsverkehrs. In Anbetracht der Unstimmigkeiten der traditionellen Vermögens- sowie Gruppenlehre erscheint es indessen äußerst fraglich, ob das Gesamthandsprinzip entsprechend den Ausführungen der Rechtsprechung3 sowie weiten Teilen der Literatur4 als dogmatisches Fundament eines solch modernen Verständnisses herangezogen werden kann. Dessen Tauglichkeit als strukturdefinierender Motor muss auf den Prüfstand gestellt werden – sie ist, wie im Folgenden darzustellen sein wird, im Ergebnis zu verneinen. Losgelöst von der Idee der Gesamthand wird sodann in einem zweiten Schritt der Versuch unternommen werden, eine eigenständige Rechtsmaterie der Personengesellschaften unter besonderer Berücksichtigung der tatsächlichen Handhabung, der Anforderungen sowie Anschauungen der (Rechtsprechungs-)Praxis herauszuarbeiten.
3
ROHG 2, 26; ROHG 24, 156; BGH 146, 341 ff. = NJW 2001, 1056 ff.; BGHZ 175, 374 = NJW 2008, 1737, Tz. 16; BGH NJW 2017, 547 = ZIP 2017, 122 Tz. 18; RGZ 43, 104, 106; BGHZ 34, 293, 296 = NJW 1961, 1022. 4 Wertenbruch, in: EBJS, 3. Aufl. 2014, § 105 Rn. 12; Schäfer erkennt die Veränderungen im Gesamthandsverständnis an, setzt gleichwohl die Gesellschaft mit der Gesamthand gleich, vgl. MüKoBGB, 7. Aufl. 2017, § 709 Rn. 1; Saenger, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 44.
I. Gesamthandsprinzip als Grundlage modernen Personengesellschaftsrechts
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1. Überblick über den Status quo des Personengesellschaftsrechts nach der herrschenden Gruppenlehre Spätestens nach endgültiger Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts durch den BGH im Jahre 20015 hat sich die Systematik der BGB-Gesellschaft der schon zuvor für ihre handelsrechtlichen Erscheinungsformen herrschenden Doktrin6 angepasst. Man kann insofern von einer einheitlichen Struktur der (Außen-)Personengesellschaften auf Grundlage der Errungenschaften der Gruppenlehre sprechen. Die im Gesetz noch angelegten Unterschiede setzen lediglich am inhaltlich abweichenden Zuschnitt (Kleingewerbe oder Handelsgewerbe im Sinne des HGB), nicht aber bei den dogmatischen Grundlagen der verschiedenen Gesellschaftsformen an. Sie alle werden als wahrnehmbare und alleinige Träger des Gesellschaftsvermögens angesehen,7 können als Partei vor Gericht klagen und verklagt werden,8 sind darüber hinaus insolvenz-,9 scheck- sowie wechselfähig10 und können, wenn auch im Fall der BGB-Gesellschaften mangels Publizität mit gewissen Einschränkungen (vgl. § 899a BGB), ins Grundbuch eingetragen werden11. Sie haben die Fähigkeit, einen gemeinschaftlichen Namen12 zu tragen, der aufgrund des Firmenrechts der §§ 17 ff. HGB für handelsrechtliche Personengesellschaften bekanntlich schon immer zwingender Natur (vgl. § 29 HGB) ist. Gleichfalls können sie wie natürliche und juristische Personen ohne weiteres als Erben eingesetzt werden13. Allen Formen der Personengesellschaften ist auf Grundlage der heutigen Rechtsanwendung damit nicht nur teilweise14, sondern vollumfängliche Rechtsfähigkeit zu attestieren. 5
BGHZ 146, 341 ff. = NJW 2001, 1056 ff. Die Rechtsfähigkeit von oHG und KG sei „unbestritten“ vgl. BGHZ 146, 341, 347 = NJW 2001, 1056, 1058. 7 BGHZ 146, 341 = NJW 2001, 1056; BGH NJW 2006, 3716 = ZIP 2006, 2128, Tz. 10; BGHZ 179, 102 = NJW 2009, 594, Tz. 10 ff. 8 BGHZ 146, 341, 342 = NJW 2001, 1056 – 1061, Tz. 4; vgl. auch 1. Leitsatz der Entscheidung. 9 So ausdrücklich § 7 Abs. 2 Nr. 1 InsO. 10 BGHZ 136, 254 = NJW 1997, 2754. 11 BGH NJW 2006, 3716 = ZIP 2006, 2128, Tz. 10; BGHZ 179, 102 = NJW 2009, 594, Tz. 10 ff. 12 Vgl. nur OLG München NJW-RR 1993, 621 (für eine Anwaltssozietät); BGHZ 179, 102 = NJW 2009, 594 Tz. 20. 13 Strittig; zur Übersicht m.w.N. Otte, in: Staudinger, BGB, Bearbeitung 2017, § 1923 Rn. 29 ff. 14 So BGHZ 146, 341 ff. = NJW 2001, 1056 („grundsätzlich“) und 1057, 1061 („beschränkte Rechtssubjektivität“ bzw. „beschränkte[.] Rechtsfähigkeit der GbR“); BGH NJW 2017, 547 = ZIP 2017, 122 Tz. 17. Ein feststehender Begriff der „Teilrechtsfähigkeit“ kann im deutschen Recht nicht existieren, da der Versuch einer abschließenden Definition bzw. eine Umschreibung der betroffenen Rechtssubjekte dieser „teilweisen“ Rechtsfähigkeit in Abgrenzung zur vollen Rechtsfähigkeit nicht gelingen kann. Der Begriff bietet sich gewiss immer in den Fällen an, in denen eine Personengruppe lediglich Träger eines sehr begrenzten Katalogs 6
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E. Personengesellschaften als abstrahierte Gesellschaftsformen
Als Folge der Anerkennung der („Teil“-)Rechtsfähigkeit (auch) der BGB-Gesellschaft wird diese weithin als gegenüber ihren Gesellschaftern in gewisser Weise verselbstständigt aufgefasst. Innerer Grund dieser (teilweisen) Loslösung sowie ihrer Fähigkeit, im Rechtsverkehr als Einheit aufzutreten, ist nach Auffassung der obersten Rechtsprechung das Gesamthandsprinzip.15 Die hieraus hervorgehende Verselbstständigung soll das Maß der Verhältnisse in Aktiengesellschaften und Gesellschaften mbH aber nicht erreichen. Die Rechtsprechung wird in diesem Rahmen nicht müde, die fehlende Rechtspersönlichkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts zu betonen.16 Entsprechende Vorstellungen dominieren auch das Verständnis der Rechtsprechung hinsichtlich der kaufmännisch ausgestalteten Personengesellschaften.17 Ihnen fehle es ebenfalls an einer umfassenden Verselbstständigung der Gesellschaft vom Gesellschafterkreis. Sie stellen nach Auffassung dieser Rechtsprechung keinen vollständig autarken Organismus dar, sondern seien strukturell von den personenrechtlichen Bindungen zwischen den Gesellschaftern geprägt. Die diesen Vorstellungen unter tatsächlichen Gesichtspunkten konträr gegenüberstehende Wahrnehmung der Personengesellschaften als geschlossene, im Rechtsverkehr auftretende Einheiten wird freilich auch in der Rechtsprechung nicht bezweifelt. Tatsächliche Rezeption im gelebten Rechts- und Wirtschaftsverkehr und rechtliche-dogmatische Konstruktion fallen auseinander. 2. Exkurs: Historische Exemplifizierung des Gesamthandsprinzips Die Idee der gesamthänderischen Verbundenheit ist kein Produkt dogmatischer Hochleistungen neuerer Rechtswissenschaft. Ihre Wurzeln reichen vielmehr weit in die Vergangenheit zurück. Auch wenn ein unmittelbarer und bestimmender Einfluss dieser früheren Erscheinungsformen der Gesamthand auf die Dogmatik des Personengesellschaftsrechts nicht zweifelsfrei belegt werden kann,18 weisen verschiedene, voneinander unabhängige gesellschaftliche Phänomene der Vergangenheit wiederholt Eigenschaften auf, die als solche auch der Gesamthand des heutigen BGB als Rechtsprinzip zugeschrieben werden: Die Bindung von Vermögenswerten durch den Entzug der Verfügungsbefugnis und dem Prinzip der Anwachsung sowie der Fokussierung auf einen geschlossenen Personenkreis. Als ein Rechtsprinzip, dessen von Rechten und Pflichten sein kann, allerdings können selbst natürliche Personen nicht Inhaber jeder denkbaren Rechtsposition sein, vgl. nur Huber, Rechtsfähigkeit, juristische Person und Gesamthand, in: Festschrift für Marcus Lutter, S. 107 (112); Timm, Die Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts und ihre Haftungsverfassung, NJW 1995, S. 3209 (3211); Mülbert, Die rechtsfähige Personengesellschaft, AcP 199 (1999), S. 38 (44 ff.); Beuthien, Zur Begriffsverwirrung im deutschen Gesellschaftsrecht, JZ 2003, S. 715 (718 und 720). 15 BGHZ 175, 374 = NJW 2008, 1737, Tz. 16; BGH Urteil vom 19. 11. 2013, Az. II ZR 149/ 12 Tz. 25; BGH NJW 2017, 547 = ZIP 2017, 122 Tz. 18. 16 BGHZ 146, 341, 347 = NJW 2001, 1056, 1058; BGH Urteil v. 19. 11. 2013, Az. II ZR 149/12, Tz. 25; BGH NJW 2017, 547 = ZIP 2017, 122 Tz. 19. 17 RGZ 43, 104, 106; BGHZ 34, 293, 296 = NJW 1961, 1022. 18 Hierzu zusammenfassend Limbach, Gesamthand und Gesellschaft, S. 391 ff.
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Ausprägungen zur rechtlichen Aufarbeitung sich inhaltlich deckender Bedürfnisse herangezogen worden sind, ist „die“ Gesamthand scheinbar kein starres Rechtskonstrukt, sondern hat sich über die Jahrhunderte als ein fließender „Gedanke“19 den jeweiligen Anforderungen der sie betreffenden Situationen angepasst. Es ist ohne weiteres einleuchtend, dass zwischen der modernen Kommanditgesellschaft des HGB und den Hausgemeinschaften des Mittelalters gravierende Unterschiede bestehen müssen, verfolgen diese Personenvereinigungen doch trotz sich teilweise überschneidender Anforderungsprofile offensichtlich unterschiedliche Ziele und Zwecke. Gleichwohl diente und dient die variable „Idee“ der Gesamthand in all diesen Erscheinungsformen als rechtliches Fundament gemeinschaftlichen Handelns bzw. Lebens. Trotz der Verschiedenheit der Grundbedingungen – der verfolgte Zweck und die dahinterstehende (Lebens-)Situation – lässt sich stets eine Vielzahl von Gemeinsamkeiten herausfiltern, welche die mannigfaltigen Schattierungen dieses Prinzips dokumentieren. Zu den historischen Erscheinungsformen der Gesamthand gelten gemeinhin20 die Hausgenossenschaften, die bäuerlichen Gemeinderschaften, die ritterlichen Ganerbschaften, die Erbverbrüderungen des hohen Adels sowie die Gemeinschaft der zur gesamten Hand Belehnten. Abschließend ist diese Aufzählung keineswegs.21 Aspekte der Gesamthand wurden auch in (öffentlich-rechtlichen) Zwangsgenossenschaften des römischen Rechts nachgewiesen.22 Diese waren nicht als juristische Personen organisiert, sondern beruhten auf der Idee der Vermögensträgerschaft der Gesamtheit ihrer Mitglieder. Dem einzelnen Mitglied einer solchen öffentlichrechtlichen Gemeinschaft war, ähnlich den Verhältnissen in Personengesellschaften unter Geltung des deutschen Rechts, die Verfügung über einzelne der zum Vermögen gehörenden Rechte mangels unmittelbarer Beteiligung an diesen nicht möglich.23 Im Folgenden sollen wichtige Erscheinungsformen des gesamthänderischen Prinzips näher dargestellt werden. Dabei wird der Fokus nicht auf der Verwendung des Begriffs der Gesamthand, sondern auf der Analyse der in diesen Vereinigungen erkennbaren besonderen (rechtlichen) Eigenheiten liegen. Eine detaillierte rechtshistorische Aufarbeitung soll aber anderen Arbeiten vorbehalten bleiben. Ausgehend von der Hypothese, das Recht der BGB-Gesellschaft sowie der Personenhandelsgesellschaften sollte ursprünglich „dem“ historisch gewachsenen Prinzip der Gesamthand unterliegen, wird sich indes zeigen, dass sich das heutige Personengesellschaftsrecht nicht nur schwerlich mit dem Wortlaut des Gesetzes vereinbaren 19 v. Gierke spricht von dem einer „Fülle von Rechtsinstituten gemeinsames Gedankenelement“, vgl. v. Gierke, Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Rechtsprechung, S. 342. 20 Vgl. nur Buchda, Geschichte und Kritik der deutschen Gesamthandlehre; v. Gierke, Deutsches Privatrecht, S. 661 ff.; C. Schmidt, Von der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft, S. 23. 21 Eine umfassende Aufarbeitung der historischen Erscheinungsformen der Gesamthand bietet Limbach, Gesamthand und Gesellschaft. 22 Kaser, Das römische Privatrecht, 2. Aufl., S. 409. 23 Kaser, Das römische Privatrecht, 2. Aufl., S. 303 f.
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lässt,24 sondern sich unter dogmatischen Gesichtspunkten vollends von seinen Wurzeln gelöst hat. a) Die familiäre Hausgenossenschaft und die ungeteilte Erbengemeinschaft aa) Die Hausgenossenschaft unter der patria potestas Die familiäre Hausgenossenschaft bzw. Hausgemeinschaft sowie die ungeteilte Erbengemeinschaft, das consortium, gelten als die ersten Erscheinungsformen, bei der bestimmte Aspekte der Gesamthandslehre erkennbar werden.25 Derartige Gemeinschaften waren nicht die Errungenschaft eines bestimmten Rechtskreises, sondern stellten einen festen Bestandteil zahlreicher Kulturen dar.26 Waren sie ursprünglich ein auf das familiäre Umfeld begrenztes Phänomen, verlangte die gesellschaftliche Entwicklung eine immer weitergehende Anpassung in Richtung eines auf privatautonomer Initiative beruhenden Zusammenschlusses, der Schaffung einer Gesellschaft im weitesten Sinne. Untersucht man die rechtlichen Grundzüge der Hausgenossenschaft, darf man sich folglich nicht von der Vorstellung eines statischen Gebildes leiten lassen, welches zum Zeitpunkt ihres ersten Auftretens im Rechtsleben dieselben Eigenschaften und Ausprägungen aufwies wie zur Zeit ihres späteren Aussterbens. Sie stellte ein sich wandelndes, überaus flexibles Gemeinschaftsverhältnis dar, welches sich fortlaufend weiterentwickelt hat. Die Hausgenossenschaft bildete lange Zeit den Mittelpunkt der erwerbswirtschaftlichen bzw. auf Eigenversorgung gerichteten Tätigkeit einer Familie. Eltern und Kinder teilten sich das Haus und die Arbeit und waren gleichermaßen für eine ausreichende Versorgung zuständig. Derartige Hausgemeinschaften waren nicht auf eine bestimmte Phase der Herrschaft des römischen Rechts beschränkt, sondern können vom frührömischen Recht bis zur Zeit des Kaiserreichs nachgewiesen werden.27 In diesem Umfeld begegnet schließlich ein Aspekt, welcher heute gemeinhin als ein Charakteristikum einer gesamthänderischen Verbundenheit begriffen wird: das gemeinschaftliche Vermögen der Hausgenossen. Innerhalb der Hausgenossenschaft konnte zwischen dem Vermögen des Vaters als klassisches Familienoberhaupt und dem übrigen Vermögen der Hausgenossen unterschieden werden. Die Terminologie hinsichtlich dieser beiden Vermögenssphären erscheint dabei nicht einheitlich: Während Wieacker28 eine Unterteilung in die gemeinschaftliche familias und die pecunia vornimmt, bezweifelt Kaser29 die Nutzung des Begriffs pecunia zur 24
Vgl. hierzu bereits oben sowie unten S. 195 f. v. Gierke, Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Rechtsprechung, S. 356; M. Weber, Handelsgesellschaften im Mittelalter, S. 44; Levy, Neue Bruchstücke aus den Institutionen des Gaius, SZ RA 54 (1934), S. 258 (283). 26 Siehe hierzu umfassend Cohn, Gemeinderschaft und Hausgenossenschaft. 27 Honsell/Mayer-Mali u. a., Römisches Recht, 4. Aufl., S. 311. 28 Wieacker, Hausgenossenschaft und Erbeinsetzung, S. 10 f. 29 Kaser, Das römische Privatrecht, 2. Aufl., S. 97 f. 25
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Umschreibung des Vermögens des pater familias. Vielmehr wird der Terminus pecunia auch zur Bezeichnung des vom Familienoberhaupt den Kindern zur freien Verwendung überlassenen Vermögens verwendet.30 Weitgehende Einigkeit besteht jedoch hinsichtlich des Zwecks und des Umfangs der familias, welche neben den Rechten an den einzelnen Gegenständen des Hauses auch nicht vermögenswerte Rechte und Pflichten umfasste.31 Letzterer Umstand wurde als zwingender Nachweis einer Vermögensberechtigung aller Hausgenossen nach den Grundsätzen der gesamten Hand angesehen, da der unveränderte Fortbestand der Hausgenossenschaft am gesamten Vermögen anderweitig nicht begründet werden könne.32 Die Annahme eines bloß einfachen Erbrechts der sui hätte sich auf die Inbesitznahme von materiellen Nachlassstücken beschränkt. Bestimmte Rechte und Pflichten, wie die Übernahme der Fürsorge für einen freigelassenen Sklaven, die alle Beteiligten eines Hauses gleichermaßen trafen, wären ohne eine vorherige Berechtigung der sui an der familias nicht zu rechtfertigen.33 Im Falle des Todes des Familienoberhaupts sollten die Kinder des Verstorbenen aber gerade auch über solche Rechte disponieren können bzw. ohne Unterbrechung der Zuständigkeit Adressat der jeweiligen Pflichten sein. Dies spricht für eine gewisse Berechtigung der Kinder an der familias auch schon vor dem Tod des pater familias.34 Aus diesem Grund konnte auch nicht zwischen der Auflösung35 der Hausgemeinschaft durch den Vater bzw. seine Kinder unterschieden werden, da beide Arten der „Theilung an sich derselbe Begriff sind.“36 Die familias war also stets das Vermögen aller Hausgenossen zur gleichen Zeit, der Hausverband der „genossenschaftliche Rechtsträger (,Verbandsperson‘).“37 Die Annahme der Mitberechtigung nach Bruchteilen konnte den Zwecken der Hausgemeinschaft nicht im selben Maße gerecht werden, sollte das Vermögen doch gerade vor zweckwidrigen Vefügungen der Hausgenossen geschützt werden. Die Vereinigung des Vermögens beruhte auf dem „Gedanke[n] […] rechtlicher Koinonie“38, d. h. der Idee einer „Gemeinschaft durch Teilhabe“. Nach Bruchteilen geteilte, unmittelbare Rechte der Hausgenossen an den einzelnen zum Vermögen gehörenden Gegenständen existierten nicht. Jedem Beteiligten kam lediglich eine quotenmäßige Beteiligung an der geschlossenen Berechtigung des Hausverbandes zu. Bis zum 30
Honsell/Mayer-Mali u. a., Römisches Recht, 4. Aufl., S. 64, 378 ff. Wieacker, Societas. Hausgemeinschaft und Erwerbsgesellschaft, S. 153. 32 Wieacker, Hausgenossenschaft und Erbeinsetzung, S. 13. 33 Wieacker, Hausgenossenschaft und Erbeinsetzung, S. 13 f. 34 Nicht so M. Weber, Handelsgesellschaften im Mittelalter, S. 44 ff., der eine Berechtigung der sui am Vermögen der Hausgenossenschaft als das Ergebnis einer Entwicklung des römischen Rechts bzw. Rechts in Italien versteht. Unter Geltung des römischen Rechts war nach seiner Auffassung allein das Familienoberhaupt Träger des Vermögens. 35 Die Auflösung der Hausgemeinschaft durch Teilung konnte schon seit der Zeit der XII Tafelgesetze jederzeit verlangt werden, vgl. Kaser, Das römische Privatrecht, 2. Aufl., S. 100. 36 Leist, Alt-arisches Jus civile, S. 269. 37 Wieacker, Hausgenossenschaft und Erbeinsetzung, S. 11; aA allerdings Betti, Wesen des altrömischen Familienverbands 71 (1954), S. 1 (6 ff.). 38 Leist, Alt-arisches Jus civile, S. 495. 31
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Versterben des Familienoberhauptes kam hierbei allerdings allein dem pater familias die Befugnis zur Verfügung über einzelne Gegenstände oder Rechte des gemeinschaftlichen Vermögens zu. Übertragen auf das im Gesetz angelegte Recht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts kann man insoweit von einer alleinigen Vertretungsmacht des Familienoberhaupts und dem Entzug der Verfügungsbefugnis der übrigen Hausgenossen im Sinne des § 719 Abs. 1 BGB sprechen. bb) Der Übergang zum consortium Starb das Familienoberhaupt, rückten die Kinder in dessen Position nach. In der Regel blieben sie im gemeinsamen Haus wohnen, um weiterhin gemeinschaftlich für die Versorgung der Familie zu sorgen und das Geschäft der Hausgemeinschaft ohne Unterbrechung weiterzuführen. Zusammen bildeten die Kinder das sogenannte consortium – die ungeteilte Erbengemeinschaft.39 Ohne Bedeutung war, ob die Erben zu diesem Zeitpunkt schon selbst Oberhaupt eines eigenen „Stammes“ gewesen sind. Die unterschiedlichen Zweige der Familie blieben über das consortium vereint.40 Der so sichergestellte Erhalt des gemeinsamen Vermögens und die Abwehr der Gefahr einer zunehmenden Zersplitterung von Land sowie dem damit einhergehenden Risiko der Verarmung von Familien war ein gewichtiges Motiv für die Schaffung der fortgesetzten Hausgemeinschaft.41 Das Studieren einschlägiger Literatur zu diesem Thema lässt oftmals den Eindruck erwecken, dass erst im Rahmen des consortiums diejenigen gesamthänderischen Strukturen vorlagen, die hier zuvor als Element der ungeteilten, unter der patria potestas stehenden Hausgemeinschaft beschrieben wurden. Dieser Eindruck ist naheliegend, da die umfassende Herrschaftsgewalt des Familienvaters stets die Beteiligung der Kinder am gemeinsamen Vermögen überlagert hat.42 Doch ist das consortium lediglich die Fortführung der bereits bestehenden Hausgenossenschaft, bei der erstmals die mittelbare Berechtigung der Kinder am gemeinsamen Vermögen auch im Außenverhältnis sichtbar wird.43 An der Vermögenszuordnung änderte dies grundsätzlich nichts: Sieht man von der Ausnahme der (umstrittenen44) pecunia ab, änderte sich mangels eines „Eigengut[s]“45 der 39 Zur teilweise unterschiedlichen Terminologie Levy, Neue Bruchstücke aus den Institutionen des Gaius, SZ RA 54 (1934), S. 258 (279). 40 Kaser, Das römische Privatrecht, 2. Aufl., S. 95; Wieacker, Societas. Hausgemeinschaft und Erwerbsgesellschaft, S. 169, mit Kritik zur Gegenansicht. 41 Kaser, Das römische Privatrecht, 2. Aufl., S. 93. 42 Wieacker spricht in diesem Zusammenhang von der bloß „latent, aus ihren Reflexen zu erkennen[den] Hausgemeinschaft zu Lebzeiten des Familienoberhaupts, vgl. Wieacker, Hausgenossenschaft und Erbeinsetzung; Levy, Neue Bruchstücke aus den Institutionen des Gaius, SZ RA 54 (1934), S. 258 (280, 283). 43 Eine umfassende Herleitung leistete Wieacker, Societas. Hausgemeinschaft und Erwerbsgesellschaft, S. 153 ff.; Levy, Neue Bruchstücke aus den Institutionen des Gaius, SZ RA 54 (1934), S. 258 (283). 44 Siehe zuvor S. 268. 45 Wieacker, Hausgenossenschaft und Erbeinsetzung, S. 13.
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Mitglieder der Hausgemeinschaft nicht die Trägerschaft hinsichtlich der familias. Diese Eigenheit der Hausgenossenschaften tritt insbesondere in D. 28, 2, 11 (Paulus)46 hervor47: Nach dieser Stelle der Digesten konnte aufgrund des Umstandes, dass „die Hauserben gleichsam schon früher Eigentümer waren, zumal da sie schon zu Lebzeiten des Vaters in gewisser Weise als Herren im Haus angesehen“, der Eindruck entstehen, dass es „eine Erbschaft […] nicht gegeben [habe]“.48 Weiter heißt es: „Aus diesem Grund werden sie [die Haussöhne] Eigentümer, auch wenn sie nicht als Erben eingesetzt sind […]“49. Obwohl D. 28, 2, 11 primär eine erbrechtliche Fragestellung behandelt, lässt diese Stelle allein die Folgerung zu, dass das Vermögen der Hausgemeinschaft schon vor dem Tod des Familienoberhaupts ein gemeinschaftliches Vermögen der beteiligten Personen war. Bestätigt wird dies durch den letzten Satz von D. 28, 2, 11, nach der auch „Haussöhne“, die nicht als Erben eingesetzt worden waren, das Eigentumsrecht fortsetzen.50 Eine derartige Rechtstellung kommt mangels Erbeinsetzung oder derivativem Rechtserwerb nur dann in Betracht, wenn den sui schon zuvor eine gewisse Berechtigung am Vermögen der Hausgemeinschaft zukam. Auch nach Inst. 2, 19, 2 können die Kinder des Familienoberhaupts als Teil der Hausgenossenschaft „gewissermaßen als Inhaber des Hausvermögens angesehen werden“51 („sed sui quidem heredes ideo appellantur, quia domestici heredes sunt et vivo quoque patre quodammodo domini existimantur.“). Der Umstand, dass bis zum Tod des Familienoberhaupts dieses allein befugt war, über das Vermögen zu verfügen, war nicht Folge einer unmittelbaren alleinigen Vermögensträgerschaft, sondern allein Ausdruck der „vollste[n] Leitungsgewalt“52, der patria potestas, deren umfassende Rechtsmacht die Außenwirkung der von ihr betroffenden Hausgemeinschaft im Ganzen zu überdecken vermochte53. Da die familias schon vor dem Tod des Familienoberhaupts gemeinschaftliches Vermögen aller sui war, musste 46 „In suis heredibus evidentius apparet continuationem dominii eo rem perducere, ut nulla videatur hereditas fuisse, quasi olim hi domini essent, qui etiam vivo patre quodammodo domini existimantur. unde etiam filius familias appellatur sicut pater familias, sola nota hac adiecta, per quam distinguitur genitor ab eo qui genitus sit. itaque post mortem patris non hereditatem percipere videntur, sed magis liberam bonorum administrationem consequuntur. hac ex causa licet non sint heredes instituti, domini sunt: nec obstat, quod licet eos exheredare, quos et occidere licebat.“ 47 Vgl. hierzu auch umfassend Wieacker, Hausgenossenschaft und Erbeinsetzung, S. 12 ff.; Kaser, Das römische Privatrecht, 2. Aufl., S. 64, 96. 48 Übersetzung nach Knütel/Kupisch u. a., Corpus Iuris Civilis – Text und Übersetzung, D. 28, 2, 11 (S. 16). 49 Übersetzung nach Knütel/Kupisch u. a., Corpus Iuris Civilis – Text und Übersetzung, D. 28, 2, 11 (S. 16). 50 Übersetzung nach Knütel/Kupisch u. a., Corpus Iuris Civilis – Text und Übersetzung, D. 28, 2, 11 (S. 16 f.). 51 Übersetzung nach Behrends/Knütel u. a., Corpus Iuris Civilis: Text und Übersetzung, 2. Aufl., Inst. 2, 19, 2 (S. 104). 52 Wieacker, Hausgenossenschaft und Erbeinsetzung, S. 13. 53 Wieacker, Hausgenossenschaft und Erbeinsetzung, S. 11; Levy, Neue Bruchstücke aus den Institutionen des Gaius, SZ RA 54 (1934), S. 258 (280).
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lediglich das nach dessen Ableben entstandene Vakuum geschlossen werden. Insofern spricht auch D. 28, 2, 11 von einem Übergang der „liberam bonorum administrationem“, d. h. der freien Verfügungsgewalt über das Vermögen.54 Insofern übernahmen die Haussöhne als Erben des Vaters dessen Stellung in der Hausgenossenschaft bezüglich des gemeinsamen Vermögens: Sie erlangten nicht nur die Berechtigung zur gemeinsamen Vertretung des gemeinsamen Hauses, sondern konnten vielmehr fortan die ursprünglich im pater familias gebündelte Rechtsmacht jeweils selbst und ohne Rücksprache mit den anderen Erben ausüben.55 Es liegt nahe, das Einrücken der Hausgenossen als „mitgliedschaftliche Teilhabe der sui an Personenrecht und Vermögen der Hausgemeinschaft, die durch den Fortfall der verdrängenden Hausgewalt des paterfamilias frei wurde“56, zu verstehen. Gai institutiones III 154b 21 – 27 umschreibt in diesem Kontext die Möglichkeit der Freilassung von Sklaven durch einen frater sui ohne die vorherige Zustimmung der anderen Erben einholen zu müssen: „in hac autem societate fratrum ceterorumue, qui ad exemplum fratrum suorum societatem coierint, illud proprium erat, quod uel unus ex sociis communem seruum manumittendo liberum faciebat et omnibus libertum adquirebat“.57 Das erhöhte gegenseitige Vertrauen der Beteiligten, nur zum Wohle der Hausgemeinschaft bzw. des consortiums zu handeln – ein Merkmal, welches auch das heutige Personengesellschaftsrecht noch immer beeinflusst – rechtfertigte die umfassende Verfügungsbefugnis der Nachfolger des Verstorbenen.58 In der Frühzeit war dies nach Auffassung Levys59 gar zwingende Rechtsfolge des Zustandekommens eines consortiums, da jeder sui gleichermaßen als Volleigentümer jedes zum gemeinsamen Vermögen gehörenden Gegenstands angesehen wurde (dominium plurium in solidum60). Beschränkt wurde diese umfassende Rechtsmacht allein durch das Widerspruchsrecht der anderen Erben, schließlich waren diese in gleichem Maße an dem von einem Rechtsakt potenziell betroffenen Gegenstand berechtigt.61 54 Übersetzung nach Knütel/Kupisch u. a., Corpus Iuris Civilis – Text und Übersetzung, D. 28, 2, 11 (S. 16). 55 Nelson/Manthe, Gai Institutiones III 88 – 181: Die Kontraktsobligationen, S. 336. 56 Wieacker, Hausgenossenschaft und Erbeinsetzung, S. 6. 57 „Für die Gesellschaft von Brüdern jedoch […] war dies eigentümlich, daß sogar nur eins von den Mitgliedern einen gemeinsamen Sklaven durch Freilassung zu einem freien Menschen und damit zu einem Freigelassenen aller machen sollte“, vgl. Nelson/Manthe, Gai Institutiones III 88 – 181: Die Kontraktsobligationen, S. 336. 58 Kaser, Das römische Privatrecht, 2. Aufl., S. 100; Wieacker, Societas. Hausgemeinschaft und Erwerbsgesellschaft, S. 170. 59 Levy, Neue Bruchstücke aus den Institutionen des Gaius, SZ RA 54 (1934), S. 258 (281). 60 Der Gedanke des dominium plurium in solidum ist unter Geltung des römischen wie auch des deutschen Rechts indessen nicht gangbar. Unabhängig hiervon wurde es in der Rechtswissenschaft als dogmatisches Leitkonzept zur Erklärung der Gesamthand herangezogen (siehe oben S. 204 ff.). Das verwundert kaum, lassen sich hiermit ohne weiteres die typischen vermögensrechtlichen Auswirkungen des Gesamthandsprinzips auf triviale Weise erklären. 61 Vgl. Levy, Neue Bruchstücke aus den Institutionen des Gaius, SZ RA 54 (1934), S. 258 (281).
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Auch wenn mit der Berechtigung mehrerer am gesamten Vermögen Aspekte heutiger Personengesellschaften schon in den Hausgemeinschaften bzw. ungeteilten Erbengemeinschaften vorzufinden waren, verbietet sich freilich eine umfassende Gleichstellung der vermögensrechtlichen Situationen dieser Gebilde. Während im Recht der Personengesellschaften, unabhängig von der exakten rechtlichen Einordnung, zwischen einem Gesellschaftsvermögen und den Privatvermögen der Gesellschafter streng unterschieden werden muss, da beide Vermögenssphären gleichwertig nebeneinander existieren, kam dem gemeinschaftlichen Vermögen der Hausgenossenschaft bzw. des consortiums eine zentralere Bedeutung zu. In der Frühzeit des römischen Rechts war gar ein eigenes Vermögen der Beteiligten ausgeschlossen.62 Alle Rechte gehörten zum einheitlichen Vermögen des familiären Verbundes, über welches allein das Familienoberhaupt die unbeschränkte Verfügungsbefugnis innehatte. Auch bei Übergang dieser Rechtsmacht auf die Hausgenossen durch den Tod des Familienvaters und dem damit einhergehenden Entstehen des consortiums blieb das gemeinschaftliche Vermögen erhalten. Die sui blieben Teil einer allumfassenden Gütergemeinschaft, mit dem Unterschied, dass die umfassende Verfügungsmacht nicht mehr nur einem einzelnen Hausgenossen zukam, sondern der Gedanke der Gleichberechtigung das consortium beherrschte. Das erhöhte Vertrauen gegenüber der eigenen Familie rechtfertigte vielmehr die Möglichkeit jedes sui, über das (gesamte) Vermögen zu verfügen.63 Die zentrale Bedeutung des Hausvermögens entfaltete auch beim Erwerb neuer Rechte durch den pater familias bzw. einen sui seine Wirkung. Auch in der einer der patria potestas unterworfenen familiären Hausgemeinschaft waren die Kinder des Hauses, trotz der umfassenden Rechtsmacht des Vaters, voll geschäftsfähig und damit in der Lage, Rechte zu erwerben sowie Verbindlichkeiten einzugehen. Erworbene Vermögenswerte wurden zwangsläufig Bestandteil des gemeinschaftlichen Vermögens der Familie.64 Die Gewaltunterworfenen wirkten auf Erwerberseite damit faktisch als „Organe“65 der Hausgemeinschaft. Erst später ermöglichte es eine Anpassung des Rechts an neuartige gesellschaftliche Entwicklungen den sui, neben ihrer Berechtigung am gemeinschaftlichen familias ein eigenes, hiervon abgegrenztes Vermögen zu verwalten.66 Man möchte annehmen, dass dieser Grundsatz spiegelbildlich für die z. B. im Rahmen von Rechtsgeschäften eingegangenen Ver62
Hausmaninger/Selb, Römisches Privatrecht, 9. Aufl., S. 354; Honsell/Mayer-Mali u. a., Römisches Recht, 4. Aufl., S. 62. 63 Kaser, Das römische Privatrecht, 2. Aufl., S. 99 f.; dagegen Pernice, Parerga, SZ RA 3 (1882), S. 48 (69). 64 Nelson/Manthe, Gai Institutiones III 88 – 181: Die Kontraktsobligationen, S. 337 f.; Hausmaninger/Selb, Römisches Privatrecht, 9. Aufl., S. 354. 65 Vgl. Honsell/Mayer-Mali u. a., Römisches Recht, 4. Aufl., S. 376, der die Gewaltunterworfenen indes als Organe des pater familias versteht. Dieser Gedanke bleibt indes zu ungenau, lässt er doch den Schluss zu, das Hausvermögen sei das alleinige Vermögen des Familienoberhaupts. 66 Kaser, Das römische Privatrecht, 2. Aufl., S. 99; Honsell/Mayer-Mali u. a., Römisches Recht, 4. Aufl., S. 64.
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bindlichkeiten zur Anwendung kam. Überraschenderweise muss hier jedoch streng zwischen der unter einer patria potestas stehenden Hausgemeinschaft und dem auf Gleichberechtigung beruhenden consortium unterschieden werden. Während das im Rahmen von Rechtsgeschäften Erworbene ohne weiteres unmittelbar dem gemeinschaftlichen Vermögen zufiel, richtete sich die spiegelbildliche Verpflichtung entgegen der heutigen unmittelbaren und unbeschränkten Haftung von (Personen-) Gesellschaft und allen Mitgesellschaftern (analog) § 128 S. 1 HGB, allein gegen denjenigen Hausgenossen, der diese durch sein Handeln begründet hat. Gläubiger konnten sich daher ausschließlich an ihre Vertragspartner wenden, wobei eine Klage aufgrund der Wirkungen der patria potestas nur im Falle eines eigenen Sondervermögens des Gewaltunterworfenen auch tatsächlich Erfolg zu versprechen vermochte. Die Inanspruchnahme des Familienvermögens war hingegen nicht möglich.67 Nur in besonderen Ausnahmefällen haftete im frühen römischen Recht auch der pater familias für die Verfehlungen der übrigen (freien) Hausgenossen.68 Familiäre Hausgemeinschaften und die fortgeführten Erbengemeinschaften traten auch noch nach dem 7. Jahrhundert mit mehr oder minder geringfügen Modifikationen in Erscheinung. Dem gemeinschaftlichen Vermögen der Familienmitglieder kam auch hier eine umfassende Bedeutung zu. Ein eigenständiges Vermögen der Beteiligten war neben der regelrecht zentralistisch ausgelegten Familienkasse nur in Ausnahmefällen möglich. Aufgrund des schleichenden Aussterbens der Idee der patria potestas seit dem frühen 6. Jahrhundert konnte die umfassende Verfügungsmacht des Familienoberhaupts aber nicht mehr dieselben Auswirkungen entfalten, wie sie uns aus der Zeit des frühen römischen Rechts bekannt sind.69 Neben den von den Familienmitgliedern erworbenen Vermögenswerten belasteten nunmehr auch die Ausgaben das gemeinschaftliche Vermögen.70 Eine Verdrängung durch die umfassende Verfügungsgewalt des Vaters war damit zur historischen Anekdote geworden – die Familie wirkte als umfassende „Produktions-“ und „Konsumtionsgesellschaft“71, welche auch im Außenverhältnis als in gewisser Weise geschlossene Einheit auftreten konnte und gemeinsam auf „Gedeih und Verderb“ wirtschaftete.72 Erst die fortschreitende Entwicklung der Gesellschaft sowie der rapide Aufstieg des Handels machte eine fortschreitende Begrenzung der Haftung erforderlich.73 Die familiären Hausgenossenschaften entwickelten sich in der Folgezeit kontinuierlich weiter. Sie traten im Außenverhältnis vermehrt als eine geschlossene Gruppe auf, die den später entstehenden Erwerbsgesellschaften bereits in vielerlei Hinsicht ähnelten. Der Eindruck einer geschlossenen Gruppe, einer „Verbandsper67 68 69 70 71 72 73
Honsell/Mayer-Mali u. a., Römisches Recht, 4. Aufl., S. 377. Honsell/Mayer-Mali u. a., Römisches Recht, 4. Aufl., S. 378 ff. M. Weber, Handelsgesellschaften im Mittelalter, S. 45. M. Weber, Handelsgesellschaften im Mittelalter, S. 45 f., 60 ff., 65 ff. M. Weber, Handelsgesellschaften im Mittelalter, S. 48. M. Weber, Handelsgesellschaften im Mittelalter, S. 52 ff. M. Weber, Handelsgesellschaften im Mittelalter, S. 66 ff.
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son“74, wurde durch die Aufnahme dritter Personen, die in keinem direkten Verwandtschaftsverhältnis zum „Kern“ der Gemeinschaft standen, noch weiter verstärkt.75 Dies erfolgte zunächst durch eine „künstliche“ Nachbildung der familiären Verhältnisse. In einer Zeit, in der einerseits eine durch bloßen Konsensualvertrag entstehende, auf einen gemeinsamen Zweck gerichtete Gesellschaft (im Sinne der späteren societas) noch nicht bekannt war, andererseits das Bedürfnis nach der Vergemeinschaftung mit Dritten immer weiter wuchs, übertrugen die betroffenen Kreise die ihnen bekannten Grundsätze von der Entstehung eines consortiums auf außenstehende Personen. Nicht durch eine vermögensrechtliche Nachbildung76, sondern durch „familienrechtliche Verbrüderung“77, d. h. die Übertragung der Stellung als Teil des häuslichen Verbandes, die „Nachformung der Kleinfamilie“78, wurden diese den Hausgenossen statusmäßig gleichgestellt – die Grundlage für die Aufnahme Dritter in die umfassende Gütergemeinschaft war damit gelegt. Bei diesen außenstehenden Personen handelte es sich in der Regel um Agnaten bzw. Gentilen, d. h. Verwandte, welche nicht Teil des gemeinsamen Hausverbandes der „originären“ sui heredes waren.79 Aber auch die Aufnahme bisher völlig fremder Personen war auf diesem Wege höchstwahrscheinlich möglich.80 Zur wirksamen „Verbrüderung“ mussten lediglich die Formalitäten im Rahmen einer legis actio eingehalten werden.81 Diese Form der erweiterten Erbengemeinschaft ging später in der societas omium bonorum auf.82 Grundlage dieser Gesellschaft war im Unterschied zur erweiterten Erbengemeinschaft nicht mehr die kunstvolle Erweiterung des Familienstammes, sondern ein zwischen den Gesellschaftern geschlossener Gesellschaftsvertrag. b) Gemeinderschaft, Arbeitsgemeinschaft und Ganerbschaft im germanischen Rechtskreis Trotz der im alten römischen Recht nachweisbaren Prinzipien, die nach heutigem Verständnis als Ausdruck gesamthänderischer Prinzipien gedeutet werden können, 74
Wieacker, Hausgenossenschaft und Erbeinsetzung, S. 11. Vgl. hierzu M. Weber, Handelsgesellschaften im Mittelalter, S. 52 ff. 76 Wieacker, Societas. Hausgemeinschaft und Erwerbsgesellschaft, S. 169; Kaser, Das römische Privatrecht, 2. Aufl., S. 101. 77 Kaser, Das römische Privatrecht, 2. Aufl., S. 101. 78 Wieacker, Societas. Hausgemeinschaft und Erwerbsgesellschaft, S. 157. 79 Kaser, Das römische Privatrecht, 2. Aufl., S. 101. 80 Dies ergibt sich aus Wieacker, Societas. Hausgemeinschaft und Erwerbsgesellschaft, S. 161: Wieacker zweifelt am zwingenden Erfordernis eines Verwandtschaftsverhältnisses. 81 Hierzu umfassendWieacker, Societas. Hausgemeinschaft und Erwerbsgesellschaft. 82 Wieacker, Societas. Hausgemeinschaft und Erwerbsgesellschaft, S. 169 ff., 273; Honsell/ Mayer-Mali u. a., Römisches Recht, 4. Aufl., S. 331; kritisch zu den Gemeinsamkeiten der societas omium bonorum und der heutigen Gesamthand, vgl. Limbach, Gesamthand und Gesellschaft. 75
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wird das Prinzip der gesamthänderischen Verbundenheit vielfach als ein „germanistisches“ Phänomen, als Errungenschaft „deutscher“ Rechtsschule verstanden. Untersucht man die bekanntesten der hierzu zählenden Personenvereinigungen – die bäuerliche Gemeinderschaft sowie die ritterliche Ganerbschaft des germanischen Rechtskreises – können indes viele Parallelen zu den Hausgenossenschaften des römischen Rechts ausgemacht werden. Sofern man diesen Gemeinschaften ihre gesamthänderischen Grundlagen nicht vollends absprechen möchte83, wird deutlich, dass es sich bei dem Prinzip der Gesamthand um ein verschiedenen Phänomenen der Rechtswirklichkeit innewohnendes „Gedankenelement“84 handelt, eine Rechtsfigur, die zur Bewältigung von sich im Kern gleichenden Problemen bzw. Bedürfnissen von den jeweiligen Betroffenen herangezogen wurde. Aufgrund der Vielzahl der germanischen Rechtskreise mit jeweils eigenen rechtlichen Grundlagen und Gebräuchen kann an dieser Stelle freilich nicht auf jeden von ihnen in vollem Umfange unter Darstellung der im Detail bestehenden Unterschiede eingegangen werden. Allerdings ermöglicht bereits ein Überblick den Vergleich dieser historischen gesamthänderischen Erscheinungsformen mit dem heutigen Personengesellschaftsrecht. aa) Die Gemeinderschaften Die bäuerliche Gemeinderschaft war das deutschrechtliche Pendant zur römischen Hausgemeinschaft bzw. der dieser nachfolgenden ungeteilten Erbengemeinschaft unter den Söhnen, welche nach dem Tod des Vaters von den (Haus-)Erben fortgesetzt wurde.85 In letzterem Fall übernahmen die Söhne das Familiengut86 in vollem Umfang, um Zersplitterungen des eigenen Landes in unrentable Bruchstücke zu vermeiden.87 Im städtisch-bürgerlichen Bereich blieben solche Gemeinderschaften, verdrängt durch das Bedürfnis nach der Befugnis, über das eigene Gut frei und unabhängig von anderen verfügen zu können, eine Ausnahmeerscheinung.88 Die Aufnahme in den Personenkreis einer derartigen Hausgemeinschaft war indes nicht immer zwingend von der Verwandtschaft mit den übrigen Beteiligten abhängig, sondern erstreckte sich zumindest seit dem Mittelalter auch auf solche Personen, die aufgrund ihrer Arbeit eng mit einem Haus verbunden waren. Zu diesen Personen ist insbesondere das Dienstpersonal zu zählen, welches nach heutiger Terminologie seinen Lebensmittelpunkt im Haus des Dienstherrn hatte.89 Zwingend war nicht mehr 83
So Limbach, Gesamthand und Gesellschaft, S. 179 f. Gierke, Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Rechtsprechung, S. 342. 85 Zur Gemeinderschaft umfassend Heusler, Institutionen des Deutschen Privatrechts, S. 227 ff., insb. S. 228 f. 86 In nordgermanischen Stämmen auch als Odal bezeichnet, vgl. Schultze, Zur Rechtsgeschichte der germanischen Brüdergemeinschaft, SA GA 56 (1936), S. 264 (274). 87 Planitz, Grundzüge des Deutschen Privatrechts, 3. Aufl., S. 42 f. 88 Heusler, Institutionen des Deutschen Privatrechts, S. 235. 89 Vgl. M. Weber, Handelsgesellschaften im Mittelalter, S. 49, der die Hausgemeinschaften unter Berücksichtigung des Rechts der in Norditalien siedelnden Langobarden untersucht hat. 84
I. Gesamthandsprinzip als Grundlage modernen Personengesellschaftsrechts
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die verwandtschaftliche Zugehörigkeit zu einer Familie, sondern der gemeinsame Lebens- und Arbeitsmittelpunkt der Personen unter einem Dach. Wer Brot und Wein an einem gemeinsamen Tisch teilte und damit Teil einer Tischgemeinschaft war („stare ad unum panem et vinum“), wurde als Mitglied der Hausgenossenschaft angesehen.90 Das Wohl dieser Gemeinschaft wurde über die Interessen der beteiligten Personen gestellt, denn die Zeiten verlangten einen starken Zusammenhalt der Angehörigen und die Akkumulation von Arbeitskraft und anderen Vermögenswerten. Die Hausgemeinschaft war in dieser Epoche zu einer „Gemeinschaft der Arbeit“91 erstarkt. Wie schon für das römischrechtliche consortium festgestellt, beruhte auch die Gemeinderschaft grundsätzlich auf der Idee einer gleichrangigen Übernahme des väterlichen Gutes. Schon zu Lebzeiten des Vaters war dieser zusammen mit den Erbberechtigten gemeinschaftlicher Träger des gesamten Vermögens – eine unmittelbare Berechtigung am Vermögen nach Bruchteilen bzw. Anteilen existierte aber auch bei der germanischen Hausgemeinschaft bzw. Gemeinderschaft nicht. Das Vermögen war ihnen nach der Idee der gesamthänderischen Verbundenheit, als eine von den einzelnen Individuen abgetrennte Vermögenssphäre bloß mittelbar zugeordnet.92 Nach dem Tod ging das Vermögen gleichmäßig auf die verbleibenden „Ganerben“93 über. Schon Heusler hat aus diesem Umstand konstatiert, dass in diesem Fall „eher von Accrescenzrecht als von Erbgang“94 die Rede ist. Eine Verfügung über Rechte an einzelnen hierzu gehörigen Gegenständen blieb den Verbliebenden wie den sui des römischrechtlichen consortiums verwehrt. Auf diese Weise wurde zumindest vorübergehend die für ein ökonomisch sinnvolles Wirtschaften notwendige Kumulation der Vermögenswerte sichergestellt. In Anbetracht des erhöhten gegenseitigen Vertrauens der Gemeinder kam dem gemeinschaftlichen Vermögen hierbei in den germanistischen Gemeinderschaften eine über die Bedeutung heutiger Gesellschaftsvermögen weit hinausragende Bedeutung zu: Die Beteiligten finanzierten ihren Lebensunterhalt aus diesem einheitlichen, gemeinsamen Familienvermögen. Gleichzeitig gebührten aber auch alle erwirtschafteten Erträge den Gemeindern gemeinschaftlich.95 Das erhöhte Vertrauen der Gemeinder rechtfertigte eine derartige, über die heute in Personengesellschaften übliche Bereitschaft der gegenseitigen Partizipation an den Folgen des eigenen bzw. fremden
90
M. Weber, Handelsgesellschaften im Mittelalter, S. 49. M. Weber, Handelsgesellschaften im Mittelalter, S. 49. 92 Planitz, Grundzüge des Deutschen Privatrechts, 3. Aufl., S. 43; siehe zu den verschiedenen Ansätzen nur v. Gierke, Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Rechtsprechung, S. 346. 93 Auch „cohederes“ genannt, vgl. Planitz, Grundzüge des Deutschen Privatrechts, 3. Aufl., S. 42; näher zum Begriff „cohederes“ auch Heusler, Institutionen des Deutschen Privatrechts, S. 230. 94 Heusler, Institutionen des Deutschen Privatrechts, S. 231. 95 Heusler, Institutionen des Deutschen Privatrechts, 246 f. 91
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E. Personengesellschaften als abstrahierte Gesellschaftsformen
Handelns hinausgehende, allumfassende Vergemeinschaftung des gemeinsamen Vermögens. Der Grundsatz der Gleichberechtigung erfuhr in der germanischen Gemeinderschaft jedoch eine gewichtige Einschränkung, welche dem Recht des römischen consortiums fremd war96. Die gleichförmige Nachfolge der Ganerben beschränkte sich bei den Gemeinderschaften allein auf die dinglichen Verhältnisse – sie waren zusammen, in qualitativer wie auch quantitativer Hinsicht, gleichgeordneter und gemeinschaftlicher Träger des einheitlichen Vermögens.97 Eine anderweitig geartete vorrangige Erbenstellung, welche einen Sohn des Familienverbundes vorab bevorzugen sollte, war dem germanischen Recht hingegen grundsätzlich fremd. Entgegen den Verhältnissen in dem römischrechtlichen consortium, konnten aber nicht alle Ganerben zu Gunsten oder zu Lasten der Gemeinderschaft handeln. Diese Aufgabe war, so legt die Analyse der zahlreich vorhandenen nordgermanischen Rechtsquellen nahe, dem ältesten Sohn vorbehalten, dem in der Gemeinschaft faktisch „Sonderrechte als ,Organschaftsrechte‘“98 und, hiermit korrespondierend, Pflichten zukamen.99 Entgegen der ungeteilten Erbengemeinschaft des römischen Rechts hatten folglich nicht alle Beteiligten eine umfassende Handlungsvollmacht bezüglich des gemeinschaftlichen Vermögens. Diese war dem Hausältesten vorbehalten, der darüber hinaus Vertreter und Vormund der jüngeren Brüder war, die umfassende Verantwortung für die Fürsorge trug und die Leitung bei der Bewältigung innerfamiliärer Angelegenheiten übernahm.100 Von dieser Vorrangstellung unberührt blieb die schon früh anerkannte Möglichkeit jedes Gemeinders, Auflösung der Gemeinderschaft und damit Teilung des gemeinschaftlichen Vermögens zu verlangen.101 Im Rahmen der tatsächlichen Durchführung eines solchen Teilungsbegehrens übernahm der Älteste wiederum eine führende Rolle.102
96
Freilich stand der Grundsatz der Gleichberechtigung in gewisser Weise zur Disposition der sui. 97 Siehe hierzu umfassend Schultze, Zur Rechtsgeschichte der germanischen Brüdergemeinschaft, SA GA 56 (1936), S. 264 (264 ff.), der die Annahme einer Bevorzung des ältesten Sohnes umfassend widerlegt. 98 Schultze, Zur Rechtsgeschichte der germanischen Brüdergemeinschaft, SA GA 56 (1936), S. 264 (345). 99 Heusler, Institutionen des Deutschen Privatrechts, S. 246, der davon ausgeht, dass eine derartige Vorrangstellung des ältesten Bruders die Regel war. Vgl. auch Schultze, Zur Rechtsgeschichte der germanischen Brüdergemeinschaft, SA GA 56 (1936), S. 264 (334 ff.). 100 Schultze, Zur Rechtsgeschichte der germanischen Brüdergemeinschaft, SA GA 56 (1936), S. 264 (334 ff.); Wippermann, Ueber Ganerbschaften, S. 21. 101 Heusler, Institutionen des Deutschen Privatrechts, S. 252. 102 Schultze, Zur Rechtsgeschichte der germanischen Brüdergemeinschaft, SA GA 56 (1936), S. 264 (282 f., 338).
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bb) Die Arbeits- und Handwerksgesellschaften Eine spezielle Ausformung dieser „künstlichen“ Erweiterung war auch Gegenstand des langobardischen Rechtskreises im 7. Jahrhundert im heutigen Norditalien. Um der rasanten wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Entwicklung Herr zu werden, schlossen sich nicht miteinander verwandte Handwerker zu sog. Arbeitsbzw. Handwerksgesellschaften zusammen. Während heute Freizeit und Beruf durch räumliche Teilung des Arbeitsplatzes und der eigenen Wohnung die Regel sein dürfte, war dies im Mittelalter noch höchst unüblich. Hier teilten sich zusammengeschlossene Handwerker ein gemeinsames Haus, lebten und arbeiteten mit- und nebeneinander. Wie schon die Beteiligten der älteren familiären Hausgemeinschaften teilten sich die Handwerker „Tisch und Brot“.103 Diese enge Zusammenkunft war geprägt von einem stark ausgeprägten Vertrauensverhältnis, das schließlich auch die Grundlage für eine mit den Hausgemeinschaften vergleichbaren Vermögens- und Haftungssituation bildete. Die beteiligten Personen waren Träger eines gemeinschaftlichen Vermögens, welches ihnen wie auch den Angehörigen der Hausgemeinschaft der Söhne nicht nach Bruchteilen, sondern allen gemeinsam nach dem Prinzip der Gesamthand gleichförmig, umfassend und als gesonderte Einheit gebührte.104 Die Arbeits- und Handwerksgesellschaften bildeten allerdings nur eine erste frühe Form der erweiterten Abkehr vom traditionellen Bild der Gemeinderschaften. Sie entfernten sich in der Folgezeit immer weiter ihren früheren hierarchischen und eng vorgezeichneten Strukturen. Das den ursprünglich rein familiären Verhältnissen immanente Vertrauensverhältnis entledigte sich dem Zwang der verwandtschaftlichen Verbundenheit. Die Fokussierung auf rein tatsächlich bestehende persönliche Beziehungen zwischen den Gesamthändern unabhängig von der Familienzugehörigkeit findet sich heute in den Personengesellschaften des deutschen Rechts als ein tragendes Element der privatautonomen Zusammenschlüsse wieder. cc) Die Ganerbschaften des Adels Die Idee der Gemeinderschaft machten sich auch die oberen gesellschaftlichen Schichten des Mittelalters zu eigen, denn die hiermit einhergehenden Rechtsfolgen entsprachen in mancher Hinsicht den Interessen dieser Kreise. Ganerbschaften des Ritterstandes bzw. des Adels dienten ihnen primär zur Erhaltung des familiären Vermögens und des ländlichen status quo sowie der Erhaltung starker Bündnispartner im Verteidigungsfalle („Burgfriede“105).106 Eine ganerbschaftliche Verbindung diente in gewisser Weise als Statussymbol, gab sie ihnen doch die Möglichkeit, 103 104 105 106
M. Weber, Handelsgesellschaften im Mittelalter, S. 53. M. Weber, Handelsgesellschaften im Mittelalter, S. 54. Duncker, Das Gesammteigenthum, S. 145. Wippermann, Ueber Ganerbschaften, S. 11 ff., 14.
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ihre „Macht und Herrschaft zu dokumentieren“107. Im Kern entsprachen diese ritterlichen Ganerbschaften den aus den bäuerlichen Gemeinderschaften bekannten Rechtsverhältnissen: Grundlage für die Ganerbschaften war auch hier zunächst der familiäre Verbund.108 Den Angehörigen einer Familie war das gesamte Vermögen zur gesamten Hand zugeordnet. Die Verfügung über einzelne Anteile an Gegenständen des Vermögens sowie die Überlassung der Stellung in diesem Verbund an Dritte war damit ausgeschlossen. Die Verwaltung der Ganerbschaft und damit auch jeglicher Vermögensgegenstände wurde zur gemeinschaftlichen Aufgabe der Ganerben.109 Im Falle des Ausscheidens eines Ganerben wuchs sein Anteil den verbliebenden Beteiligten zu.110 Der Erhalt des familiären Vermögens war damit allein über Anwendung des Rechtsprinzips der Gesamthand weitgehend gesichert. Die von den bäuerlichen Gemeinderschaften bekannten Rechtsregeln wurden allerdings in mancherlei Hinsicht von den oberen Schichten in ihrem Interesse modifiziert. Wurde in letzteren Verbänden die Teilung von „Tisch und Brot“, d. h. eines gemeinsamen Haushaltes, als zwingende Voraussetzung ihrer Existenz betrachtet, verlangte das Ansehen der oberen Schichten nach repräsentativen und in Alleinbenutzung befindlichen Anwesen bzw. Ländereien.111 Zu diesem Zwecke lösten sich die ritterlichen Ganerbschaften immer weiter von der strengen Bindung an die Existenz eines gemeinschaftlichen Hauses.112 Die Stellung als Ganerbe, „die in diesen letzteren [Anm.: in den Gemeinderschaften] der Einzelne ein[nahm], [ging] auf eine ganze Linie über […].“113 Während die Aufteilung der Nutzung hinsichtlich der Räumlichkeiten bzw. Flügel einer gemeinschaftlichen Burg noch ohne größere Mühe unter das ehemals notwendige Element des gemeinschaftlichen Haushalts subsumiert werden kann, hat sich das Wesen dieser Gesamthandsverhältnisse in Fällen des Niederlassens in unterschiedlichen Anwesen gegenüber ihren geschichtlichen Vorbildern erheblich gewandelt.114 Selbst Familien, die bisher ohne tiefere Verbindung nebeneinander existierten, machten sich die Vorteile der Ganerbschaften zu eigen.115 Allerdings blieben diese Modifikationen der Gemeinderschaften im weiteren Sinne auf die internen Bindungen, das Innenverhältnis der Ganerben, beschränkt.116 Gegenüber Dritten sollte der Verband weiterhin vollumfänglich zur Anwendung kommen. Ungeachtet der Loslösung vom gemeinsamen Haushalt verblieben daher der ge107
Alsdorf, Untersuchungen zur Rechtsgestalt und Teilung deutscher Ganerbenburgen, S. 101. 108 Wippermann, Ueber Ganerbschaften, S. 14. 109 Duncker, Das Gesammteigenthum, S. 151. 110 Heusler, Institutionen des Deutschen Privatrechts, S. 243 f. 111 Heusler, Institutionen des Deutschen Privatrechts, S. 231. 112 Wippermann, Ueber Ganerbschaften, S. 16. 113 Heusler, Institutionen des Deutschen Privatrechts, S. 233. 114 Wippermann, Ueber Ganerbschaften, S. 17. 115 Heusler, Institutionen des Deutschen Privatrechts, S. 233. 116 Heusler, Institutionen des Deutschen Privatrechts, S. 232.
I. Gesamthandsprinzip als Grundlage modernen Personengesellschaftsrechts
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meinsame Verband im Außenverhältnis und insbesondere das Vermögen in gesamthänderischer Verbundenheit als Einheit erhalten. Die Verfügung über einzelne Teile des gemeinschaftlichen Vermögens blieb den einzelnen Ganerben verwehrt, und die Verwaltung der Ganerbschaft oblag allen Beteiligten gemeinsam. Diese, auf den fortgesetzten Erhalt des gesamthänderischen Verbundes gerichteten, Modifikationen wurden im 13. und 14. Jahrhundert durch noch weitergehende Regelungen ergänzt. Ziel dieser Regelungen war die faktische Unauflösbarkeit des geschlossenen Verbandes, die Abwehr außenstehender Personen und der Erhalt des status quo. Den Ganerben wurde regelmäßig neben jeglicher Berechtigung zur Verfügung über den Anteil an dem gemeinschaftlichen Vermögen bzw. der Ganerbschaft im Gesamten auch die Befugnis, Teilung des gemeinschaftlichen Verbandes auch mit Außenwirkungen zu verlangen, entzogen.117 Lediglich in Notsituationen konnten die Ganerben der umfassenden Bindung des Verbandes noch entgehen. Ihnen konnte es in wenigen Ausnahmefällen erlaubt sein, den „ideellen Theil[…]“118 nach der erfolglosen Andienung an die übrigen Ganerben auch auf Dritte zu übertragen.119 Hiervon unberührt blieb die interne Aufteilung des Gutes zur alleinigen, aber meist zeitlich begrenzten Nutzung durch einzelne Ganerben.120 Derartig weitgehende Regelungen fanden in adligen Kreisen weite Verbreitung, hatten gar gewohnheitsrechtlichen Charakter.121 Spiegelbildlich zum gemeinsamen Vermögen trugen die ganerbschaftlichen Verbände auch die anfallenden Lasten gemeinschaftlich.122 Wie sich diese in concreto verteilten, wurde in der Regel in schriftlichen Verträgen festgehalten. In der Regel orientierte sich der jeweils zu tragende Anteil am bisherigen Leistungsvermögen der Ganerben, war aber der Höhe nach nicht auf einen bestimmten Betrag beschränkt.123 Im Falle von Streitigkeiten bezüglich der Höhe des zu tragenden Anteils konnte der Ganerbtag über den Sachverhalt entscheiden. c) Die Gemeinschaft der Gesamtbelehnten Das Prinzip der gesamthänderischen Verbundenheit fand zudem in einer speziellen Ausformung des Lehnswesen (abgeleitet aus dem althochdeutschen lîhan = 117
Wippermann, Ueber Ganerbschaften, S. 5; vgl. hierzu die Zusammenstellung von Verträgen zur Schaffung verstetigter Gemeinschaften in Duncker, Das Gesammteigenthum, S. 151 f.; Heusler, Institutionen des Deutschen Privatrechts, S. 233, 240. 118 Duncker, Das Gesammteigenthum, S. 148. 119 Duncker, Das Gesammteigenthum, S. 148 f.; Wippermann, Ueber Ganerbschaften, S. 28; Beseler, Die Lehre von den Erbverträgen, S. 82 f. 120 Heusler, Institutionen des Deutschen Privatrechts, S. 247. 121 Wippermann, Ueber Ganerbschaften, S. 11. 122 Alsdorf, Untersuchungen zur Rechtsgestalt und Teilung deutscher Ganerbenburgen, S. 99 f. 123 Alsdorf, Untersuchungen zur Rechtsgestalt und Teilung deutscher Ganerbenburgen, S. 100.
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E. Personengesellschaften als abstrahierte Gesellschaftsformen
ausleihen, verleihen124) Anwendung.125 Das Lehnswesen, auch als Feudalismus im engeren, streng technisch-juristischen Sinne bezeichnet, umschreibt die auf dem freien Willen beruhende rechtliche Bindung eines Lehnsmanns bzw. Vasallen und eines Lehnsherrn, aufgrund derer der Lehnsmann zur Erbringung verschiedener Dienste an seinen Herrn und letzterer zur Gewährung umfassenden Sorge und Schutzes verpflichtet wurden.126 In der Regel schuldete der Vasall neben regelmäßigen Geld- und Sachleistungen die Erbringung von Kriegsdiensten, sofern der Lehnsherr diese einforderte. Darüber hinaus trug der Lehnsmann die alleinige Verantwortung für die Erhaltung und Instandsetzung eines überlassenden Lehnsobjekts.127 Im Gegenzug war der Lehnsherr zur Abwehr jeglicher Gefahren und dem Ausgleich von Vermögensverlusten, welche durch Ausübung der Lehnspflichten entstanden waren, verpflichtet.128 In der Regel überließ der Lehnsherr dem Vasallen zur Erfüllung seiner Pflichten und zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes als Lehnsobjekt ein Gut oder ganze Ländereien, die der freien Nutzung und Bewirtschaftung durch den Lehnsmann zur Verfügung standen. Stellte die Überlassung von Gut in den frühen Jahren des Lehnswesens noch eine Ausnahme dar, prägte eine derartige Gegenleistung später die meisten Lehnsverhältnisse.129 Während des Lehnsverhältnisses war der Lehnsherr faktisch von der Ausübung seiner Eigentumsrechte am überlassenen Lehnsobjekt ausgeschlossen. Diese umfassenden Befugnisse des Lehnsmanns ließen die Glossatoren von Bologna gar vom dominium utile, dem Untereigentum des Vasallen und dem dominium directum, dem Obereigentum des Lehnsherrn sprechen.130 Die Verfügung über das Lehngut war dem Vasallen ohne Zustimmung seines Lehnsherrn jedoch nicht möglich. Das Lehnsverhältnis selbst stellte ein von persönlichen Beziehungen durchdrungenes Rechtsverhältnis zwischen dem Lehensherrn und dem Vasallen dar.131 Die Motivation, ein solches Lehnsverhältnis ohne gravierende Unterbrechungen zu verstetigen, war schließlich Grundlage für die Begründung einer Lehnsgemeinschaft bzw. einer Belehnung zur gesamten Hand. Lehnsverhältnisse wurden auf unbestimmte Zeit geschlossen und endeten mit dem Tod des Lehnsherrn bzw. der 124
Schulze, Grundstrukturen der Verfassung im Mittelalter, 4. Aufl., S. 54. Eine umfassende und kritische Darstellung der Belehnung mit gesamter Hand bietet Limbach, Gesamthand und Gesellschaft, S. 184 ff. 126 Siehe hierzu vertiefend Schulze, Grundstrukturen der Verfassung im Mittelalter, 4. Aufl., S. 76 f.; Spiess, Lehnsrecht, Lehnspolitik und Lehnsverwaltung der Pfalzgrafen bei Rhein im Spätmittelalter, S. 111 ff. 127 Spiess, Lehnsrecht, Lehnspolitik und Lehnsverwaltung der Pfalzgrafen bei Rhein im Spätmittelalter, S. 110 f. 128 Vgl. hierzu Spiess, Lehnsrecht, Lehnspolitik und Lehnsverwaltung der Pfalzgrafen bei Rhein im Spätmittelalter, S. 111 ff., der diese Pflichten anhand von Schriften der Pfalzgrafen bei Rhein umfassend nachgewiesen hat. 129 Schulze, Grundstrukturen der Verfassung im Mittelalter, 4. Aufl., S. 75. 130 Schulze, Grundstrukturen der Verfassung im Mittelalter, 4. Aufl., S. 78. 131 Schulze, Grundstrukturen der Verfassung im Mittelalter, 4. Aufl., S. 75. 125
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Lehnsmänner.132 Mangels eines fortgeschrittenen Erbrechts, welches eine gewillkürte Erbfolge unabhängig vom Grad der Verwandtschaft zuließ133, suchten die beteiligten Personen eine Möglichkeit, das Lehnsverhältnis auch auf Seitenverwandte bzw. Dritte zu erstrecken. Andernfalls hätte der Lehensherr im Falle des Versterbens des Lehnsmanns die vom Lehen umfassten Nutzungsberechtigungen und damit auch die Befugnis zur erneuten Belehnung seines Guts zugunsten eines Dritten zurückerhalten.134 Die Gründung einer Lehens- und damit Vermögensgemeinschaft war aufgrund eines komplizierten Gründungsakts und der beschränkten Praxistauglichkeit sowohl für den Lehnsherrn als auch die Vasallen wenig genügsam. Eine Belehnung zur gesamten Hand überwand derartige Beeinträchtigungen unter Beibehaltung der Vorteile einer Lehensgemeinschaft.135 Durch die Anwendung gesamthänderischer Grundstrukturen wurde es den Beteiligten ermöglicht, die aus dem Lehnsverhältnis fließenden Rechte und Pflichten auch auf Seitenverwandte und dritte Personen zu erstrecken, denen im Falle des Versterbens eines Mitbelehnten dessen rechtliche Stellung im Wege der Anwachsung zukam. Das Prinzip der Anwachsung entsprach hierbei sowohl den Interessen des Lehnsherrn als auch der Vasallen: Während ersterer von der Vergrößerung der Zahl seiner Schuldner und dem Recht zur Selektion ausschließlich zuverlässiger Lehnsmänner profitierte, sicherten letztere den Erhalt der Lebensgrundlage ihrer Familie.136 Das dem Gesamthandsprinzip innewohnende Strukturelement der Anwachsung war zum notwendigen Korrektiv für ein nur unzureichendes Erbrecht geworden.137 Die Gemeinschaft der zur gesamten Hand Belehnten konnten im Außenverhältnis eine geschlossene Einheit mit „genossenschaftliche[m] Charakter“138 bilden, im Innenverhältnis blieben aber die Vasallen alleinige Inhaber der Lehnsrechte.139 Während der Zeit der Belehnung waren Verfügungen über ihren „Anteil“ am Lehngut ohne Zustimmung der Mitbelehnten nicht möglich, denn dieser existierte, zumindest auf Grundlage des Sachsenspiegels, unter rechtsdogmatischen Gesichtspunkten nicht.140 132
Schulze, Grundstrukturen der Verfassung im Mittelalter, 4. Aufl., S. 82. Das gilt indes nicht für alle Rechtskreise des Mittelalters, vgl. die umfassende Arbeit von Sicherer, Über die Gesammtbelehnung in deutschen Fürstenthümern: Die Gesamtbelehnung diente in einigen Fürstentümern zur Sicherung bestehender Erbrechte bzw. der Erbfolgeordnung. 134 Schulze, Grundstrukturen der Verfassung im Mittelalter, 4. Aufl., S. 83; Beseler, System des gemeinen deutschen Privatrechts, 4. Aufl., S. 726 f. 135 Spiess, Lehnsrecht, Lehnspolitik und Lehnsverwaltung der Pfalzgrafen bei Rhein im Spätmittelalter, S. 123. 136 Spiess, Lehnsrecht, Lehnspolitik und Lehnsverwaltung der Pfalzgrafen bei Rhein im Spätmittelalter, S. 122; Schulze, Grundstrukturen der Verfassung im Mittelalter, 4. Aufl., S. 83. 137 Limbach, Gesamthand und Gesellschaft, S. 188 f., 194 ff. 138 Beseler, System des gemeinen deutschen Privatrechts, 4. Aufl., S. 726. 139 Beseler, System des gemeinen deutschen Privatrechts, 4. Aufl., S. 726 insb. Fn. 8. 140 Limbach, Gesamthand und Gesellschaft, S. 188, 190. 133
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E. Personengesellschaften als abstrahierte Gesellschaftsformen
d) Gemeinsamkeiten und Vergleich zum heutigen Personengesellschaftsrecht aa) Gemeinsamkeiten gesamthänderischer Vereinigungen Vergleicht man die Eigenschaften der zuvor dargestellten Vereinigungen, können mehrere strukturelle Gemeinsamkeiten sowie inhaltliche Schwerpunkte ausgemacht werden. Sie alle definieren sich über die enge persönliche Verbundenheit der beteiligten Personen sowie die Sonderung und Zweckwidmung eines gemeinsamen Vermögens. Im Mittelpunkt der rechtlichen Bewertung müssen demnach auch diese zwei prägenden Sphären stehen: das zwischenmenschliche Beziehungsgeflecht mehrerer Individuen einerseits, die vermögensrechtliche und zweckgebundene Kumulation von Rechten und Pflichten in einer Vermögensmasse andererseits. Die persönliche Verbindung, die Zusammengehörigkeit und das erhöhte Vertrauensverhältnis bilden die Grundlage dieser Vereinigungen: Ob der generationsübergreifende Verbund der Familie, die Verbindung von Vasallen zum Erhalt des Lehngutes oder die Arbeitsgemeinschaften des Handwerks – sie alle beruhten im erhöhten Maße auf den engen Beziehungen untereinander, dem gegenseitigen Vertrauen in die beteiligten Personen und der Vorstellung gemeinsamen und zielgerichteten Handelns. Ähnliche, wenn auch meist von der familiären Prämisse losgelöste Strukturen können auch noch heute in Personengesellschaften nachgewiesen werden. Insbesondere in kleinen Gesellschaften begründet die persönliche Beziehung unter den Gesellschaftern wohl noch immer einen maßgeblichen Grund für die gegenseitige rechtliche Bindung unter Hinnahme der damit potenziell einhergehenden Gefahren. Dies gilt insbesondere für solche (Innen-)Gesellschaften bürgerlichen Rechts, die ohne größere Überlegungen von den Beteiligten „nebenher“ begründet wurden.141 Auch in vermögensrechtlicher Hinsicht können in den zuvor beleuchteten Vereinigungen weitgehende Gemeinsamkeiten nachgewiesen werden. Das jeweils zugewiesene Gemeinschaftsvermögen bzw. das gemeinschaftliche Vermögensobjekt wurde stets vor schädigenden Verfügungen geschützt und zugunsten eines gemeinsam verfolgten, übergeordneten Zwecks gesichert. Hierfür wurde es indessen nicht einem übergeordneten Rechtssubjekt, sondern den Individuen „gemeinschaftlich“ zugeordnet. Die Beteiligten selbst standen auch in der vermögensrechtlichen Dimension stets im Mittelpunkt der rechtlichen Bewertung. Dieser Umstand spiegelt das enge persönliche Band der Beteiligten auch auf vermögensrechtlicher Ebene wider. Dabei bildeten nicht selten gerade die aus dieser Vermögensordnung resultierenden Rechtfolgen den einzigen Grund für die Eingehung einer derartigen engen Gemeinschaft: Das aus der Gemeinschaftlichkeit des Vermögens resultierende Prinzip der Anwachsung diente nicht nur der Verstetigung und Absicherung eines gemeinsamen Betriebes, sondern milderte vor allem die Folgen eines 141 Beispielhaft sei auf die Miete eines gemeinsamen Wagens im Urlaub hingewiesen, durch welche die Voraussetzungen des § 705 BGB bereits erfüllt sein können, vgl. BGH 2009, 1482 = ZGS 2009, 232, Tz. 13 und 20.
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unterentwickelten Erbrechts ab. In Anbetracht dieser spezifischen, von den Beteiligten bewusst gewünschten Rechtsfolge verbietet es sich, in diesen Gemeinschaftsformen, entsprechend dem heutigen Verständnis, von einer Rechtsträgerschaft einer übergeordneten „Gruppe“ zu sprechen. Das Anwachsungsprinzip erfüllt nur dann seinen eigentlichen Zweck, sofern das gemeinschaftliche Vermögen auch tatsächlich rechtlich den Gesamthändern zugeordnet ist.142 Die enge Verbundenheit der Gesellschafter konnte darüber hinaus auch im Außenverhältnis zu Dritten Geltung entfalten. So war es insbesondere den weiterentwickelten gesamthänderischen Gemeinschaften möglich, im Rechtsverkehr in gewisser Weise als wahrnehmbare Einheit aufzutreten. In diesen Gemeinschaften erlangte die erwerbswirtschaftliche Betätigung eine größere Bedeutung, der familiäre Aspekt trat in den Hintergrund. Bei ihnen wird die Verwandtschaft zu den heutigen Personengesellschaften ohne weiteres deutlich. In Abkehr vom heutigen Verständnis der (Außen-)Personengesellschaften blieb es hierbei jedoch stets bei einer nur faktischen Verdichtung: Die Verbundenheit der Gesellschafter in persönlicher wie auch wirtschaftlicher Hinsicht begründete eine tatsächlich wahrnehmbare und daher einer einheitlichen Bezeichnung bzw. Umschreibung zugänglichen Gruppe, die im Gegensatz zu den heutigen Personengesellschaften aber in keiner Weise von den Persönlichkeiten der Gesellschafter verselbstständigt betrachtet wurde. Sie selbst blieben die eigentlichen Zurechnungssubjekte. bb) Vergleich mit der Personengesellschaftsdogmatik der heutigen Zeit Mit diesen frühen Erscheinungsformen der Gesamthand hat die Dogmatik des heutigen Personengesellschaftsrechts auf Grundlage der herrschenden Lehre kaum noch etwas gemein. Von der Entstehung einer rechtsfähigen Gemeinschaft, die über ihre Organe im Rechtsverkehr wahrnehmbar handelt und auftritt, kann auf Grundlage der obigen Erläuterungen für diese frühen Gemeinschaftsformen nur schwerlich die Rede sein, auch wenn eine vergleichbare Wahrnehmung (in Einzelfällen) nicht mit abschließender Sicherheit ausgeschlossen werden kann. Abgesehen von Kleinstgesellschaftern rücken in heutigen Personengesellschaften die individuellen Persönlichkeiten der Gesellschafter faktisch in den Hintergrund. Ihre Stellung in der Gruppe wird durch das Auftreten der Gesellschaft unter einheitlichem Namen bzw. gar einer im Handelsregister verlautbarten Firma ganz und gar überlagert. Insbesondere in atypischen Kommanditgesellschaften wird die Abkehr von der Fixierung auf das personelle Substrat der Personengesellschaften deutlich. Die Frage nach der Person des Komplementärs aktualisiert sich für Gesellschaftsgläubiger regelmäßig nur in Haftungsfällen unter Ausfall der Gesellschaft als Schuldner. Überhaupt hat sich die Hauptaufgabe der Gesellschafter analog zur Stellung der Mitglieder von Kapitalgesellschaften oftmals in Richtung der Kapitalaufbringung, d. h. der Bei142 Vgl. hierzu auch die Kritik an der Gruppenlehre in Ansehung des Anwachsungsprinzips bzw. § 738 BGB, S. 283.
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E. Personengesellschaften als abstrahierte Gesellschaftsformen
bringung des für den Geschäftsbetrieb notwendigen Vermögens verschoben. Persönliche Expertise und Verfügbarmachen der eigenen Person treten nicht selten in den Hintergrund, die Kapitalisierung zwecks Auftretens im Wettbewerb erlangt einen größeren Stellenwert. Das Beziehungsgeflecht der Gesellschafter untereinander ist faktisch von rein theoretisch-dogmatischem Interesse, um die Personengesellschaften von der Struktur der Kapitalgesellschaften abgrenzen zu können.143 Insofern verhalten sich diese Formen der Personengesellschaften maximal konträr zum Erscheinungsprofil der zuvor besprochenen historischen Erscheinungsformen der Vereinigungen mit gesamthänderischen Strukturen bzw. Elementen. Ferner haben die vermögensrechtlichen Auswirkungen der gesamthänderischen Zusammenkunft nach heutigem Verständnis gravierende Änderungen erfahren. Das zugrundeliegende System hat sich von einer pluralistischen Vermögensinhaberschaft der Individuen zu einer alleinigen und abgegrenzten Vermögensträgerschaft des Verbandes gewandelt. Das Ziel der Vermögenssonderung sowie zweckorientierten -bindung bildet noch einen kleinsten gemeinsamen Nenner, die jeweilige tatsächliche rechtlich-dogmatische Umsetzung weicht indes erheblich voneinander ab. Die Gesellschafter von BGB-Gesellschaft und Co. wurden von den Rechtsentwicklungen zu rein wirtschaftlichen Eigentümern des Gemeinschaftsvermögens degradiert. Angesichts der heute anerkannten Rechtsträgerschaft der Gesellschaft hat das Prinzip der Anwachsung, dessen vermögensrechtliche Folgen insbesondere die familiären Verbände prägten, faktisch jegliche Bedeutung verloren. Bei Austritt eines Gesellschafters müssen mangels vermögensrechtlicher Beteiligung der Gesellschafter die Verhältnisse nicht im Wege der An- und Abwachsung neu sortiert werden. Inhaber aller Rechte und Pflichten bleibt allein der nach außen unveränderte Verband, die rechtsfähige Gesellschaft. Insoweit ist in Fällen des Austritts eines Personengesellschafters im Ergebnis kein Unterschied zu den Folgen des Austritts aus einer Aktiengesellschaft oder GmbH zu erkennen, auch wenn dort das festgeschriebene Stamm- bzw. Grundkapital andere Verfahrensschritte erforderlich macht.
3. Fehlende Vereinbarkeit von Wortlaut des Gesetzes und herrschender Auffassung Bereits im Rahmen der Untersuchung des Grades der Verselbstständigung zwischen Personengesellschaften als rechtlicher Einheit und ihren Gesellschaftern auf Grundlage der unterschiedlichen dogmatischen Ansätze wurde auf die fehlende Vereinbarkeit der modernen Personengesellschaftsdoktrin mit dem Wortlaut des Gesetzes hingewiesen.144 Es ist dabei grundsätzlich irrelevant, ob man die heute vorherrschende „Gruppenlehre“ als Interpretation der Gesamthandslehre versteht oder bei ihrer Bewertung den Schwerpunkt auf das organisationsrechtliche Element 143 144
Siehe hierzu noch unten S. 329 ff. Vgl. oben S. 195 f.
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des Gesellschaftsvertrages als verselbstständigende Kraft legt. Stets sollen die §§ 705 ff. BGB Anknüpfungspunkt für die Gesellschaftsstruktur bzw. deren rechtliche Bewertung sein. Wie im Folgenden im Detail darzulegen sein wird, taugen jene Normen nicht als Grundlage für das aus der Gruppenlehre resultierende Verständnis, nach dem die Gesellschaft als wahrnehmbare und selbstständige Einheit sowie Trägerin des Gesellschaftsvermögens aufzufassen ist, während die Bedeutung der Gesellschafter faktisch auf das Maß allein „wirtschaftlicher Eigentümer“ degradiert worden ist. Im Umkehrschluss lässt sich hieraus ableiten, dass, ausgehend von der Prämisse, das Gesetz bilde, wenn auch sprachlich ungenau, in den §§ 705 ff. BGB das Gesamthandsprinzip für die Personengesellschaften ab, die Gesamthandsdogmatik als Grundlage für das moderne Personengesellschaftsrecht nicht herangezogen werden kann.145 Unabhängig von der bewegten Vorgeschichte der §§ 705 ff. BGB sollte der Gehalt dieser Normen zudem nicht mit einem lapidaren Hinweis auf das Unwissen der Verfasser des BGB oder deren (bewusste) Zurückhaltung hinsichtlich rechtswissenschaftlicher Aspekte leichtfertig in Frage gestellt werden. Es scheint vermessen, dem historischen Gesetzgeber hinsichtlich der Dogmatik der Personengesellschaften vollends die Kompetenz abzusprechen. Am deutlichsten widersprechen § 714 BGB sowie die im Gesetz normierte Vermögensordnung der heute herrschenden Personengesellschaftsdogmatik. Ausweislich des Wortlauts von § 714 BGB ist der zur Geschäftsführung befugte Gesellschafter dazu ermächtigt, die anderen Gesellschafter gegenüber Dritten zu vertreten. Unter expliziter Unterscheidung von innerer Geschäftsführungsbefugnis und äußerer Vertretungsmacht beruht der Wortlaut des Gesetzes auf einem „Modell der Nichtexistenz“146, welches der Gesellschaft als eigenständiger Einheit und maßgeblicher Zurechnungseinheit keinerlei Bedeutung beimisst. Sofern man die persönliche Haftung der Gesellschafter nicht als unabdingbare Regel unserer Rechtsordnung versteht,147 welche nur durch positiv normiertes Recht unter Schaffung eines Kapitalsicherungsregimes eingeschränkt werden kann, mag § 714 BGB bis vor kurzem den Vertretern der Doppelverpflichtungslehre als Anknüpfungspunkt im Gesetzeswortlaut genutzt haben.148 Nach Hinwendung der Mehrheit der Stimmen in
145 Hiervon geht allerdings der BGH aus: „Die Klägerin ist als Gesellschaft bürgerlichen Rechts zwar keine juristische Person. Als Gesamthand ist sie aber ein eigenes Zuordnungssubjekt, das rechtsfähig ist und grundsätzlich am Rechtsverkehr teilnehmen kann.“ (BGH Urteil vom 19. 11. 2013, Az. II ZR 149/12 Tz. 25 (Hervorhebung im Originalurteil nicht vorhanden)). Vergleiche zudem BGHZ 175, 374 = NJW 2008, 1737, Tz. 16; BGH NJW 2017, 547 = ZIP 2017, 122 Tz. 18. 146 Wiedemann, Rechtsverhältnisse der BGB-Gesellschaften zu Dritten (WM Sonderbeilage Nr. 4), WM 1994, S. 4 (4). 147 So auch Wiedemann, Gesellschaftsrecht, S. 658. 148 Auch nach 2001 noch Beuthien, Zur Systemvergessenheit im deutschen Gesellschaftsrecht, JZ 2003, S. 969 (969); m.w.N. Habermeier, in: Staudinger, BGB, 13. Aufl. 2003, Vorbem zu §§ 705 – 740 Rn. 32.
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Literatur149 sowie des BGH150 zur Idee der rechtsfähigen Gesellschaft sowie der akzessorischen Haftung der Gesellschafter analog § 128 HGB erfüllt § 714 BGB freilich auch diese Funktion nicht mehr. Die Charakterisierung der Norm als Überbleibsel des im ersten Entwurf angedachten römischrechtlichen Modells hilft über diesen Einwand augenscheinlich hinweg, lässt sich aber mit Hinweis auf die Motive151 nur bedingt stützen, denn sie greift nur, sofern der eigenen These von der Gesamthand als rechtsfähige Erscheinung absolute Richtigkeit unterstellt wird (petitio principii). Weder Motive noch Protokolle oder Denkschrift zum Schaffungshergang des BGB zwingen zu dieser Schlussfolgerung – hierin liegt gerade die Crux der gesamten Thematik. Entgegen der herrschenden Gruppenlehre beruht der Wortlaut des Gesetzes (§§ 718 ff. BGB) auch keinesfalls auf der Vorstellung einer Vermögensträgerschaft der Gesellschaft als solcher. Die Divergenz zwischen Gesetzestext und Dogmatik wird gemeinhin auch nicht geleugnet,152 sondern im Wege einer umfassenden Rechtsfortbildung den eigenen Bedürfnissen angepasst. Das Gesetz spricht ausdrücklich von einem lediglich den Gesellschaftern selbst zugeordneten Vermögen, welches deren unmittelbarer, anteiliger Verfügung entzogen ist. Die Entstehung einer rechtsfähigen juristischen Einheit ist jenen Normen nicht unmittelbar zu entnehmen. Die vom Gesetz vorgesehene eingeschränkte Rechtsmacht der Gesellschafter entspricht gerade den zuvor153 beschriebenen Eigentümlichkeiten der frühen gesamthänderisch organisierten Gemeinschaften, in denen das Vermögen aufgrund der Zuordnung an alle Beteiligten gebunden war. Wenn § 718 Abs. 1 BGB in seinem Klammerzusatz von dem „Gesellschaftsvermögen“ und damit bei oberflächlicher Betrachtung vom Vermögen der rechtsfähigen Gesellschaft spricht, darf der weitere Kontext natürlich nicht außer Betracht bleiben. Die Bezeichnung als „Gesellschaftsvermögen“ dient in erster Linie der terminologisch erleichterten Erfassung eines gebundenen Sondervermögens. Ein solches liegt allerdings auch dann vor, wenn man, entsprechend den Vertretern der Vermögenslehre, das Gesellschaftsvermögen als gesamthänderisch gebundenes Vermögen der Gesellschafter versteht. Die Konstruktion eines rechtsfähigen, juristischen Konstrukts ist hierfür nicht notwendig und im Gesetzeswortlaut auch keinesfalls angelegt. Dem entspricht, dass § 719 BGB, der im Gesamtkontext mit § 718 BGB gesehen werden muss, ebenfalls nur schwerlich mit der Lehre von der verselbstständigten Gruppe gesehen werden 149
Schäfer, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2017, § 714 Rn. 31 ff.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 60 II 2; Saenger, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 92; kritisch Windbichler, Gesellschaftsrecht, 24. Aufl., S. 76 ff. 150 BGHZ 146, 341 = NJW 2001, 1056 (Leitsatz 3); BGH ZIP 2016, 545 = NJW-RR 2016, 463 Tz. 6. 151 So Schäfer, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2017, § 714 Rn. 13; ihm folgend Saenger, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 79. 152 Habermeier, in: Staudinger, BGB, 13. Aufl. 2003, § 718 Rn. 1; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 59 IV 3; Saenger, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 44 f. 153 Vgl. oben S. 275 ff.
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kann. Sein Wortlaut spricht vielmehr gegen die Annahme einer derartigen verdichtenden Wirkung des Gesamthandsprinzips.154 Zu den mit der Gruppenlehre nur schwerlich vereinbaren Normen mit vermögensrechtlichem Bezug ist auch § 738 Abs. 1 BGB zu zählen. Nach dessen Wortlaut wächst der Anteil eines ausscheidenden Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen den verbleibenden Gesellschaftern zu (bzw. „an“). Unter Beachtung des Ansatzes, nach dem Vermögenswerte nur gesondert und zugunsten des gemeinschaftlich verfolgten Zwecks durch die Gesamthand gebunden werden, lässt sich das Prinzip der Anwachsung als Veränderung der unmittelbaren Beteiligungsstruktur der Gesellschafter erklären, die durch Wegfall eines Gesamthänders notwendig eintreten muss.155 Erkennt man hingegen mit der Gruppenlehre die rechtsfähige Gesellschaft selbst als Trägerin des Gesellschaftsvermögens an, verliert der im Wortlaut unmittelbar angelegte Tenor jeglichen Sinn.156 Die Verwendung des Ausdrucks „Anteil am Gesellschaftsvermögen“ spricht ganz offensichtlich für eine unmittelbare (gesamthänderische) Vermögensbeteiligung der einzelnen Gesellschafter und kann nur schwerlich im Sinne bloß relativer Beteiligungsverhältnisse innerhalb der Gesellschaft interpretiert werden, die sich durch den Ein- bzw. Austritt von Gesellschaftern verändern. Auf Basis der Gruppenlehre wird durch das Ausscheiden eines Gesellschafters die von § 738 BGB eigentlich in Blick genommene Beziehung zwischen Rechtssubjekt und Rechtsobjekt gerade nicht berührt, eine Veränderung der dinglichen Verhältnisse bleibt aus. Vom Wortlaut des Gesetzes ist eine solche Interpretation nur mit größter Mühe gedeckt. Es soll hiergegen auch nicht geltend gemacht werden, die Veränderung der Beteiligungsverhältnisse bei Ausscheiden eines Gesellschafters sei lediglich ein Phänomen des Personengesellschaftsrechts, da in den Kapitalgesellschaften eine Änderung der Kapital- und Mitgliederstruktur ausschließlich im Rahmen einer Kapitalmaßnahme herbeigeführt werden könne. Die Kapital- und Mitgliederregelungen des AktG und GmbHG können nur in einer Gesamtschau erklärt werden. Diese zeigt, dass eine dem Personengesellschaftsrecht vergleichbare Regelung hier dem alles beherrschenden Grundsatz der Kapitalerhaltung (vgl. §§ 36a, 57, 71 ff. AktG und §§ 19, 30 GmbHG)157 widersprechen
154 § 719 Abs. 1 als „schief formulierte Klarstellungsregel“ bezeichnend, K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 59 IV 2 a. 155 Besteht beispielsweise ein Gesamthandsvermögen aus lediglich einem Rechtsobjekt, verändern sich die Beteiligungsverhältnisse an diesem infolge der An- und Abwachsung in Abhängigkeit von der Anzahl der Gesamthänder. Eine Gemeinschaft von fünf Gesamthändern weicht in ihrer konkreten Struktur bezüglich dieses Gegenstands erheblich von der (gleichen) Gemeinschaft nach Ausfall eines dieser Gesellschafter ab. 156 So auch K. Schmidt, Gesellschaft bürgerlichen Rechts – Welche Änderungen und Ergänzungen sind im Recht der BGB-Gesellschaft geboten?, in: Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts Band III, S. 413 (473). 157 Für die Aktiengesellschaft: Koch, in: Hüffer, AktG, 13. Aufl. 2018, § 1 Rn. 12; Kapitalerhaltung als „Wesensmerkmal“: Bayer, in: MüKoAktG, 4. Aufl. 2016, § 57 Rn. 1. Für die GmbH: Der BGH bezeichnet die Regelungen zur Kapitalerhaltung als „Kernstück des GmbH-
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würde. Der Gesellschaft darf sinnvollerweise nicht durch bloßen Austritt eines Gesellschafters das (gesamte) haftende Vermögen entzogen werden. Der Schutz der Gläubiger erfordert eine vom Personengesellschaftsrecht abweichende Regelung, welche Kapital- und Mitgliederstruktur im Kern erhält. An die Stelle der Vergütung durch die Gesellschaft(er) – so die Rechtsfolge in den Personengesellschaften, vgl. 738 Abs. 1 BGB (i.V.m. §§ 105 Abs. 3, 161 Abs. 2 HGB) – und gleichzeitigen Wegfall der Mitgliedschaft unter Zuwachs der verhältnismäßigen Rechtsmacht der verbleibenden Gesellschafter tritt in den Gesellschaften mit gebundenem Kapital die Möglichkeit der rechtsgeschäftlichen Übertragung der Beteiligung bei Unterwerfung unter die Gesetze der Ökonomie, d. h. entsprechendes Gewinn- und Verlustrisiko. Nur auf diese Weise wird die Aushöhlung des Kernkapitals effektiv verhindert. Die heute herrschende Gruppenlehre widerspricht überdies dem Wortlaut des vollstreckungsrechtlichen § 736 ZPO. Die Notwendigkeit eines gegen alle Gesellschafter gerichteten Urteils zur Vollstreckung in das Gesellschaftsvermögen erklärt sich ohne weiteres unter Zugrundelegung der „klassischen“ Gesamthandsidee, dass nicht eine rechtsfähige Einheit, sondern die Gesellschafter selbst Träger des Vermögens sind, die aufgrund der gesamthänderischen Bindung ausschließlich gemeinsam über einen Gegenstand des Gesellschaftsvermögen verfügen können (vgl. § 719 BGB). Die Vollstreckung in ein zum Gesellschaftsvermögen gehörendes Gut kann dementsprechend nur nach entsprechendem Urteil gegen alle Beteiligten zielführend sein. Die Vertreter der Gruppenlehre tun sich hingegen schwer, ihre Vorstellung von der rechtsfähigen Gesamthandsgesellschaft unter den Wortlaut des Gesetzes zu subsumieren. Diese Problematik wird freilich mit einem Höchstmaß an Kreativität umgangen.158 Im Rahmen des Personenhandelsrechts mag ein gegen die Gesellschaft gerichteter Schuldtitel reichen (vgl. § 124 Abs. 2 HGB), aufgrund der vereinheitlichenden Wirkung der in den §§ 105 Abs. 1, 106, i.V.m. §§ 6, 17 ff. HGB vorgeschriebenen Firma, der die dahinterstehenden – nach der Systematik des Gesetzes: gesamthänderisch verbundenen – Gesellschafter mittelbar publiziert, erklärt sich diese Erleichterung für den Handelsverkehr von selbst. Rückt man hingegen die organisationsrechtlichen Elemente des Gesellschaftsvertrages in den Vordergrund,159 tritt das Auseinanderfallen von Theorie und Gesetz Rechts“, vgl. BGHZ 28, 77, 78 = NJW 1958, 1351; relativierend K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 37 I 2, S. 1111. 158 Beispielhaft seien nur genannt: BGH NJW 2011, 2048 = ZIP 2011, 1143, Rz. 11 f. („Wahlrecht“); jeweils m.w.N. Lackmann, in: Musielak/Voit, ZPO, 15. Aufl. 2018, § 736 Rn. 4; Heßler, in: MüKoZPO, 5. Aufl. 2016, § 736 Rn. 1; Kindl, in: Hk-ZPO, 7. Aufl. 2017, § 736 Rn. 1. 159 So z. B. Schäfer, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2017, § 705 Rn. 158 f.; Wertenbruch, in: EBJS, 3. Aufl. 2014, § 105 Rn. 61; Hadding/Kießling sehen im organisationsrechtlichen Element des Gesellschaftsvertrages die Grundlage für die Entstehung der übergeordneten Einheit, bezeichnen das Produkt indessen als „die Gesamthand“, in: Soergel, 13. Aufl. 2012, Vor 705 Rn. 21, 24; Bälz, Organisationsvertrag und Gesamthand, in: Festschrift für Wolfgang Zöllner, S. 35 (40, 46, 48); Ulmer, Die Gesamthandsgesellschaft – ein noch immer unbekanntes Wesen?,
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noch deutlicher hervor. Nach diesem Ansatz kommt dem Gesamthandsprinzip im Personengesellschaftsrecht keine eigenständige Bedeutung mehr zu, sofern man eine Unterscheidung von Außen-, Innen- und Gesamthandspersonengesellschaften – bzw. mit hier vertretenem Ansatz von „einfachen“ und „unternehmenstragenden“ Personengesellschaften – ablehnt. Die Verselbstständigung wie auch die Vermögensstruktur lässt sich in diesem Fall lediglich dann harmonisch erklären, sofern die gesetzlichen Regelungen zur Vermögensstruktur der Personengesellschaften ignoriert werden. Versuche, das Gesamthandsprinzip und den organisationsrechtlichen Ansatz in Einklang zu bringen, müssen unter Beachtung der einheitlichen Struktur des Gesamthandsprinzips scheitern, denn sie beruhen auf zwei wesensverschiedenen Vorstellungen. Während auch die schwerpunktmäßig organisationsrechtlich interpretierte Gruppenlehre eine vertikale Segregation der Gesellschaft vom Personenstamm zur Folge hat, beruht das Gesamthandsprinzip auf der Idee eines zweckgebundenen horizontalen Vermögenskonnexes. Insofern fragt man sich, warum unter Geltung der Gruppenlehre an der grundsätzlichen Geltung der §§ 718, 719, 738 BGB überhaupt noch festgehalten wird. Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass das Gesamthandsprinzip, wie es in das Gesetz Einzug gefunden hat, mit der heute herrschenden Gruppenlehre nicht vollumfänglich vereinbar ist. Die Gruppenlehre setzt sich über den Wortlaut des Gesetzes und die vom historischen Gesetzgeber im geltenden Gesetzeswortlaut konkretisierte Gesamthandslehre hinweg. Die aus der Gruppenlehre resultierenden Rechtsfolgen entsprechen zwar im Ergebnis den Anschauungen und Bedürfnissen der Praxis, doch können sie nicht mit dem im Gesetz konkretisierten Prinzip der Gesamthand in Einklang gebracht werden. 4. Systemwidrige Ungleichbehandlung der Gesamthandsgemeinschaften des BGB Das Gesamthandsprinzip ist kein dem Personengesellschaftsrecht vorbehaltenes Konstruktionsprinzip, sondern bildet gleichfalls die dogmatische Grundlage für die Erbengemeinschaft im Sinne der §§ 2032 ff. BGB sowie der Gütergemeinschaft unter Ehegatten nach den §§ 1415 ff. BGB. Eine ausdrückliche Scheidung oder Separierung dieser drei Formen verrechtlichter, menschlicher Zusammenkunft sieht das Gesetz nicht vor. Die gesamthänderische Bindung wird vom Gesetz ohne weitere Ausführungen in jedem der drei Teilgebiete angeordnet. Zwingend ist eine inhaltliche Scheidung160 nach dem jeweils einschlägigen Sachverhalt keinesfalls. Vielmehr ließen sich auf Basis einer vermögensorientierten Interpretation des Gesamthandsprinzips alle im Gesetz angelegten Erscheinungsformen gesamthänderischer VerAcP 198 (1998), S. 113 (128, 150); Schmidt, Die Personengesellschaft als Rechtsfigur des „Allgemeinen Teils“, AcP 2009, S. 181 (199); Wiedemann, Die Personengesellschaft – Vertrag oder Organisation?, ZGR 1996, S. 286 (288). 160 Gegen das „Einheitsmodell Gesamthand“ u. a. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 8 III 3, S. 200 f.
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gemeinschaftungen auf einem einheitlichen Rechtsfundament erklären. Die insoweit gegenläufige, systemwidrige Ungleichbehandlung der Gesamthandsgemeinschaften durch die herrschende Lehre wird deutlich offenbaren, dass das Prinzip der Gesamthand im Personengesellschaftsrecht faktisch überwunden ist. a) Die Erbengemeinschaft Im Fall der Erbschaft mehrerer Personen wird der Nachlass gemäß § 2032 Abs. 1 BGB gemeinschaftliches Vermögen der Erben. Die Hinterbliebenen bilden bis zur Auflösung der Erbengemeinschaft (vgl. §§ 2042 ff. BGB) eine Gesamthandsgemeinschaft,161 in der die vermögensrechtlichen Ausprägungen des Gesamthandsprinzips in Form der Vermögensbindung deutlich zum Vorschein kommen162. Der Nachlass ist zu einem Sondervermögen zusammengefasst, an dem jeder Miterbe in unbestimmter Höhe beteiligt ist.163 Die Vermögensmasse ist auf Grundlage der heute herrschenden Auffassung164 den Erben im Sinne der Theorie der ungeteilten Gesamtberechtigung in ihrer gesamthänderischen Verbundenheit zugeordnet, wodurch ein gutgläubiger Erwerb durch Dritte nach den §§ 932 ff. BGB nicht ausgeschlossen wird. Nach diesem Ansatz ist dem einzelnen Erben die Verfügung über seinen Anteil an den einzelnen Gegenständen des Nachlasses, wie in § 2033 Abs. 2 BGB ausdrücklich angeordnet, denknotwendig entzogen, da ein unmittelbares Teilrecht der Gesamthänder an den einzelnen Gegenständen des Vermögens schon gar nicht vorhanden ist.165 Die wirtschaftliche Verwertung des Anteils am Nachlass im Gesamten kann, abgesehen von der grundsätzlich (vgl. §§ 2043 – 2045 BGB) jederzeit vorhanden Möglichkeit der Auflösung der Gemeinschaft (vgl. § 2042 Abs. 1 BGB), durch entsprechende Verfügung, d. h. durch rechtsgeschäftliche Übertragung der eigenen Stellung in der Gesamthandsgemeinschaft, nach § 2033 Abs. 1 S. 1 BGB realisiert werden.166 Jene Übertragungsmöglichkeit widerspricht keinesfalls dem Gedanken der Gesamthand, sondern rechtfertigt sich aus der Natur der Erbengemeinschaft als Abwicklungsgemeinschaft und dient in Fällen verzögerter Auseinandersetzung als Korrektiv für die aufgedrängte Rechtsstellung als Miterbe.167 Ge161
Statt vieler Hoeren, in: Nomos BGB, 9. Aufl. 2017, § 2032 Rn. 1. Kregel, in: BGB-RGRK, 12. Aufl. 1974, § 2032 Rn. 4; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 8 III 3 a); K. Schmidt, Gesellschaft bürgerlichen Rechts – Welche Änderungen und Ergänzungen sind im Recht der BGB-Gesellschaft geboten?, in: Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts Band III, S. 413 (469). 163 M.w.N. Gergen, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2017, § 2032 Rn. 8. 164 RGZ 60, 126, 128 f.; BGHZ 146, 310, 315 = NJW 2001, 2396, 2397; Löhnig, in: Staudinger, BGB, Bearbeitung 2016, § 2032 Rn. 7 f.; Gergen, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2017, § 2032 Rn. 10. 165 RGZ 60, 126, 128 f.; 71, 76, 78; BGHZ 146, 310, 315 = NJW 2001, 2396, 2397; Löhnig, in: Staudinger, BGB, Bearbeitung 2016, § 2032 Rn. 7; Stürner, in: Jauernig, BGB, 16. Aufl. 2015, § 2033 Rn. 1. 166 BGH NJW 2013, 870 = WM 2013, 276 Tz. 13. 167 Kregel, in: BGB-RGRK, 12. Aufl. 1974, § 2032 Rn. 4. 162
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samthandgemeinschaften sind immer Vertrauens-, aber keinesfalls Zwangsgemeinschaften.168 Entgegen den Schlussfolgerungen im Personengesellschaftsrecht wird die Gesamthandsgemeinschaft der Erben im Gegensatz zu den gesamthänderisch organisierten Gesellschaften überwiegend169 nicht als eigenständiger Rechtsträger (mit eigener Rechtspersönlichkeit) angesehen, die als „solche“ Trägerin des Nachlassvermögens ist. Die besonderen Bedürfnisse und Umstände, die zur Anerkennung der Rechtsfähigkeit auch der Gesellschaft bürgerlichen Rechts durch die Rechtsprechung geführt haben, greifen bei der rechtlichen Bewertung der Erbengemeinschaft nach Ansicht des BGH nicht ein. Sie sei nach Auffassung des obersten Gerichts nicht als „werbende“ Gemeinschaft konzipiert, „sondern auf Auseinandersetzung gerichtet“.170 Insbesondere aus dem Fehlen einer vertraglichen Grundlage zwischen den Erben wird die fehlende Verselbstständigung der Gemeinschaft zur rechtlich relevanten Einheit abgeleitet.171 Die Frage nach dem Grad der Verselbstständigung kann sich für die Erbengemeinschaft demnach nicht stellen. Das Gesamthandsprinzip wirkt auf Grundlage der herrschenden Auffassung in Literatur und Rechtsprechung vorwiegend als Interimslösung zur Ordnung der Vermögensverhältnisse. Die einzelnen Erben und nicht die Gemeinschaft stehen als maßgebliche Rechtssubjekte im Mittelpunkt der rechtlichen Bewertung.172 Diese Handhabung des Gesamthandsprinzips im Rahmen der Erbengemeinschaft nähert sich auf diese Weise den frühen Erscheinungsformen gesamthänderisch verbundener 168
Insofern ermöglicht das Gesetz in seiner Grundkonzeption jedem BGB-Gesellschafter, das Ende der gesamthänderischen Bindung durch Kündigung herbeizuführen, vgl. § 723 Abs. 1 S. 1 BGB. Darüber hinaus wird das in § 718 Abs. 1 Hs. 1 BGB enthaltende Verbot, Ausdruck der zwingenden Wechselwirkung von rechtsgeschäftlicher Bindung und Vermögensbeteiligung, über den Anteil am Gesellschaftsvermögen zu verfügen als abdingbar betrachtet, vgl. nur m.w.N. Habermeier, in: Staudinger, BGB, 13. Aufl. 2003, § 719 Rn. 3. 169 BGH NJW 1989, 2133, 2134; BGH NJW 2002, 3389, 3390 = NZM 2002, 950, 951; BGH NJW 2006, 1545 = ZIP 2006, 2125 (Leitsatz: „Die Erbengemeinschaft ist weder rechtsfähig noch parteifähig. Die Grundsätze zur Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts und zur Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer sind nicht auf die Erbengemeinschaft zu übertragen.“); BGH ZIP 2016, 196 = NZG 2016, 1223, Tz. 21; Löhnig, in: Staudinger, BGB, Bearbeitung 2016, § 2032 Rn. 8; Hoeren, in: Nomos BGB, 9. Aufl. 2017, § 2032 Rn. 4. AA Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 59 Fn. 48; C. Schmidt, Von der Rechtsfähigkeit der Erbengemeinschaft, S. 276 f.; K. Schmidt, Gesellschaft bürgerlichen Rechts – Welche Änderungen und Ergänzungen sind im Recht der BGB-Gesellschaft geboten?, in: Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts Band III, S. 413 (469). Für die unternehmenstragende Erbengemeinschaft nicht gänzlich ausschließend K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 8 III 3 a; nach Buchda ist die Erbengemeinschaft „im engeren Sinne rechtsfähig“, vgl. Buchda, Geschichte und Kritik der deutschen Gesamthandlehre, S. 299; nicht zwischen den Gesamthandsgemeinschaften des BGB ausdrücklich unterscheidend Tuhr, Der Allgemeine Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts, S. 78, 81. 170 BGH NJW 2002, 3389, 3390 = NZM 2002, 950, 951; BGH NJW 2013, 870 = WM 2013, 276 Tz. 13 f. 171 Gergen, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2017, § 2032 Rn. 12. 172 Tuhr, Der Allgemeine Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts, S. 80 f.
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E. Personengesellschaften als abstrahierte Gesellschaftsformen
Gemeinschaften an, in denen die Sicherung des Vermögens (über Generationen hinweg) eine überragende Rolle gespielt hat. Selbst wenn das Gesetz wie in den §§ 2039, 2040 Abs. 1 BGB von den Erben als Gemeinschaft spricht, bleiben die einzelnen Miterben die maßgeblichen Bezugspunkte für die Bewertung der rechtlichen Wirksamkeit der entsprechenden Rechtsgeschäfte. Ein Handeln „der“ Erbengemeinschaft, vergleichbar dem rechtsgeschäftlichen Tätigwerden einer Personengesellschaft, gibt es nicht.173 Dieser Ansatz gerät daher auch nur bedingt in Konflikt mit dem Wortlaut des Gesetzes. Die erbrechtliche Auslegungsvariante des Gesamthandsprinzips erscheint im Ergebnis deutlich gesetzeskonformer als die von der herrschende Lehre vertretenen gesellschaftsrechtlichen Alternativen. b) Die Gütergemeinschaft der Ehegatten Neben den Personengesellschaften und der Erbengemeinschaft ist die Gütergemeinschaft der Ehegatten nach den §§ 1415 ff. BGB vom Gesetz als Gesamthandsgemeinschaft ausgestaltet (vgl. nur die amtliche Überschrift von § 1419 BGB). Die hieraus resultierende schwerfällige Handhabung sowie die mit ihr verbundenen erhöhten Haftungsrisiken haben ihr in Deutschland gewiss die Bedeutung genommen,174 sie weist allerdings eine erhöhte Ähnlichkeit zu den alten Verbänden bzw. Gruppen, in denen gesamthänderische Aspekte nachzuweisen sind, auf. So dient das Gesamthandsprinzip auch in der ehelichen Gütergemeinschaft der Schaffung eines gebundenen Sondervermögens, das, als Ausdruck des „allgemeinen Rechtsprinzips der Gesamthand“175, der freien Verfügung der einzelnen Ehegatten grundsätzlich entzogen ist, vgl. § 1419 Abs. 1 BGB. Das gemeinschaftliche Vermögen der Eheleute steht überhaupt im Mittelpunkt des Regelungskatalogs der §§ 1415 ff. BGB:176 Die bis zur Entstehung der Gemeinschaft isolierten Einzelvermögen von Frau und Mann sowie alle „post-Ehevertrag“ (vgl. § 1415 BGB) erlangten Vermögenszuwächse, die nicht als Sondergut im Sinne des § 1417 BGB bzw. Vorbehaltsgut im Sinne des § 1418 BGB gelten, verbinden sich nach § 1416 Abs. 1 BGB zum Gesamtgut. Die hierzu gehörenden einzelnen Gegenstände sind den Ehegatten nach § 1416 Abs. 2 BGB gemeinschaftlich nach dem Prinzip der ungeteilten Gesamtberechtigung, der mehrheitlichen Zuständigkeit beider, zugeordnet.177 Eine über die Vermögenssonderung hinausgehende Wirkung kommt dem Gesamthandsprinzip in diesem Rahmen nicht zu: Die eheliche Gütergemeinschaft wird gemeinhin178 nicht als übergeordnete bzw. rechtsfähige Einheit verstanden, obwohl 173
Gergen, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2017, § 2040 Rn. 14, 17. Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, 6. Aufl., S. 442. 175 Kanzleiter, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2017, § 1416 Rn. 3. 176 Kanzleiter, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2017, § 1416 Rn. 2. 177 Völker, in: NK-BGB, 3. Aufl. 2014, § 1416 Rn. 1; Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, 6. Aufl., S. 444. 178 RGZ 123, 366, 369; von einer „schlichten Gesamthandsgemeinschaft“ spricht BGHZ 65, 79, 83 = NJW 1975, 1774, 1775. Kemper, in: Nomos BGB, 9. Aufl. 2017, § 1416 Rn. 3; 174
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die Wortwahl der Juristerei einen solchen Eindruck ohne weiteres erwecken kann179. Die Auswirkungen des Gesamthandsprinzips reduzieren sich hier auf die Schaffung eines „spezifisch organisierten Sondervermögens“180. Die insbesondere in der Vergangenheit vertretene Gegenansicht,181 die die Entstehung einer übergeordneten rechtlichen Einheit befürwortet hat, muss als reine „Fiktion“182 abgelehnt werden. Sprechen für die Entstehung einer (bedingt) übergeordneten und rechtsfähigen Einheit im Personengesellschaftsrecht und, zumindest partiell,183 hinsichtlich Erbengemeinschaften noch gute und nachvollziehbare Argumente, beruht die eheliche Gütergemeinschaft auf einer nicht vergleichbaren Sach- und Interessenlage. Zum einen widerspricht die Vorstellung von der Entstehung der Ehegattengemeinschaft den allgemeinen Lebensanschauungen, nach der die Konstruktion einer übergeordneten rechtlichen Einheit höchst gekünstelt anmutet. Kein Beteiligter des Wirtschaftsverkehrs wird im Rahmen des rechtsgeschäftlichen Kontakts mit einem Ehepaar ernsthaft die Vorstellung haben, er verhandle mit den Vertretern einer rechtsfähigen Ehegattengemeinschaft. Zum anderen scheitert jene These bei sachnaher Betrachtung am Fehlen kognitiver als auch voluntativer Elemente: Eheleute werden bei der Vereinbarung der Gütergemeinschaft in der Regel eine höhere Bindung des Vermögens an ihre Persönlichkeiten und nicht die Schaffung einer rechtlich relevanten Einheit vor Augen haben. Auch im Rechtsverkehr haben sie in aller Regel weder den Willen noch das Bewusstsein, als eine (teilweise) verselbstständigte Gemeinschaft aufzutreten. Eine gegenteilige Annahme erscheint lebensfremd. Von diesem subjektiven Vorstellungsbild abgesehen, welches sich dem Recht, d. h. auch einer etwaigen positivrechtlichen Normierung der Entstehung einer rechtsfähigen Ehegattengemeinschaft unterzuordnen hätte, spricht der Wortlaut des Völker, in: NK-BGB, 3. Aufl. 2014, § 1416 Rn. 1; Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, 6. Aufl., S. 444; Rauscher, Familienrecht, 2. Aufl., S. 349. 179 Es erscheint wenig erquicklich, im Rahmen der Erläuterungen zur nichtrechtsfähigen Gruppe „Ehegatten in Gütergemeinschaft“ vom Handeln „für die Gesamthand“ zu sprechen, vgl. nur Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, 6. Aufl., S. 453. Es leuchtet ein, dass eine exakt an der Dogmatik angepasste Formulierung den Bedürfnissen der Praxis widerspricht und keine gravierenden inhaltlichen Auswirkungen auf die Anwendung der Gütergemeinschaft hat. Diese und andere Begriffsverwirrungen, die nicht nur das eheliche Güterrecht betreffen, haben indes einen großen Anteil an den Unzulänglichkeiten der Gesamthandsdogmatik. 180 Thiele, in: Staudinger, BGB, Bearbeitung 2018, § 1416 Rn. 3 ff. 181 Die eheliche Gütergemeinschaft als „mystische Person“, vgl. Hasse, Beytrag zur Revision der bisherigen Theorie von der ehelichen Gütergemeinschaft nach deutschem Privatrecht, S. 137 f., 140, 171; Buchda, Geschichte und Kritik der deutschen Gesamthandlehre, S. 301 ff.; Fabricius, Relativität der Rechtsfähigkeit, S. 152 ff.; K. Schmidt, Nacherbenschutz bei Vorerbschaft an Gesamthandsanteilen, FamRZ 1976, S. 683 (685). 182 So schon Beseler, Die Lehre von den Erbverträgen, S. 88; Beseler, System des gemeinen deutschen Privatrechts, 4. Aufl., S. 587; Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, 6. Aufl., S. 444. 183 Eine uneingeschränkte Anerkennung der rechtsfähigen Erbengemeinschaft ist abzulehnen. Ein gewisses Gewicht der Argumente der Gegenansicht, die zumindest in speziellen Einzelfällen für eine Rechtsfähigkeit der Gemeinschaft der Erben plädieren, kann indessen nicht bestritten werden, vgl. hierzu zuvor S. 292 ff.
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Gesetzes ebenfalls gegen eine derartige Gemeinschaftskonstruktion. Die Vorstellung von einer „Gütergemeinschaft als solcher“ findet im Gesetz keine Stütze. Das BGB spricht lediglich von der Verwaltung des Gesamtguts (vgl. § 1421 BGB) und nicht der Vertretung einer rechtsfähigen Gemeinschaft. Das Gesetz folgt dem rein vermögensorientierten Gesamthandsansatz.184 Die Verwaltungsmacht umfasst die Berechtigung zur Inbesitznahme und Besitzmittlung, die Verfügungsbefugnis an den zum gemeinschaftlichen Vermögen gehörenden Gegenständen sowie die Befugnis, aktiv und passiv Prozesse zu bestreiten.185 Rechtsstreitigkeiten werden vom allein verwaltenden Ehegatten zudem im eigenen Namen und nicht einer Gesamtbezeichnung geführt, vgl. § 1422 S. 1 Hs. 2 BGB. Als Prozessstandschafter führt er den Prozess zu Gunsten und zu Lasten des gebundenen Sondervermögens, nicht aber einer übergeordnete Einheit.186 In Fällen der gemeinschaftlichen Verwaltung im Sinne der §§ 1450 ff. BGB treten die Ehegatten in Aktivprozessen als notwendige Streitgenossen und nicht als Ehegattengemeinschaft auf.187 Auf Beklagtenseite bleiben die Eheleute ebenfalls allein maßgebliche Adressaten. Sie und nicht die Gemeinschaft als solche, können im Wege der Gesamthands- oder Gesamtschuldklage gerichtlich in Anspruch genommen werden.188 Es variiert mithin die vom Kläger anvisierte Vermögensmasse bzw. Vermögenszuständigkeit, nicht aber der Rechtsträger. Spiegelbildlich ist nach § 740 ZPO für die Zwangsvollstreckung kein Urteil gegen eine rechtsfähige Einheit, sondern den bzw. die Ehegatten notwendig. Eine Diskussion, wie sie zur Auslegung des § 736 ZPO für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts geführt wird, ist der Literatur, soweit ersichtlich, dementsprechend fremd. c) Gesamthandsprinzip: einheitliches Prinzip oder dogmatischer Paradiesvogel? aa) Gesamthänderisches Durchwirken eines sozialen Kontextes Trotz des gemeinsamen Nenners „Gesamthandsprinzip“ unterscheiden sich Handhabe und Verständnis der Personengesellschaften von denjenigen im Recht der Erben- und Gütergemeinschaften erheblich. Während es alle drei dem BGB bekannten Erscheinungsformen gesamthänderischer Vereinigungen gemein haben, ein Sondervermögen zugunsten eines übergeordneten Zwecks zu binden, variiert die Methodik erheblich. Während die Personengesellschaften als – in gewisser Weise – verselbstständigte und eigenständige Vermögensträger verstanden werden, misst die 184 Nach Buchda ist dies zweckmäßige Folge der auf das Vermögen beschränkten Organisation. Der Begriff der Verwaltung beinhalte sowohl die Geschäftsführungs- als auch Vertretungsbefugnis der Eheleute, vgl. Buchda, Geschichte und Kritik der deutschen Gesamthandlehre, S. 302. 185 Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, 6. Aufl., S. 452. 186 Budzikiewicz, in: Jauernig, BGB, 16. Aufl. 2015, § 1422 Rn. 5. 187 Kanzleiter, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2017, § 1450, Rn. 23. 188 Gernhuber/Coester-Waltjen, Familienrecht, 6. Aufl., S. 461.
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jeweils zur Anwendung gelangende, herrschende Auffassung den beiden anderen Gemeinschaftsformen keine vergleichbare verselbstständigte Existenz zu. Hier erfolgt die Vermögenssonderung durch Anordnung der speziellen Vermögensbindung zur gesamten Hand, durch welche die Vermögensträgerschaft der Eheleute bzw. Erben nicht auf ihre Zusammenfassung als Gruppe übertragen, sondern modifiziert wird. Diese gravierenden Abweichungen haben konsequenterweise die Ablehnung des Gesamthandsprinzips als „Einheitsprinzips“189, d. h. eines nach identischen Maßstäben zu beurteilenden Rechtsfundaments, zur Folge. Schon v. Gierke schrieb: „Die gesammte Hand ist ein überaus dehnbares Rechtsprinzip, das der ungleichartigsten Verwendung und der ungleichmäßigsten Durchführung fähig ist. Das personenrechtliche Band kann einer vom Willen der Verbundenen unabhängigen Quelle oder ihrem Vereinigungsvertrage entstammen; es kann inniger oder loser geschützt, dauernd oder vorübergehend angelegt sein; es kann eine umfassende Lebensgemeinschaft oder eine Vereinigung für einen einzelnen Zweck erwirken. Besteht zugleich eine Vermögensgemeinschaft, so kann sie als Ausfluß oder als Grundlage der Personenverbundenheit erscheinen; sie kann ein Vermögen im Ganzen als ein mehr oder minder geschlossenes Sondervermögen oder eine einzelne Befugniß oder Pflicht ergreifen; sie kann dem Sachenrechte der oder dem Obligationenrechte angehören. Im Zusammenhange mit allen solchen Unterschieden kann innerhalb der Gemeinschaft die Grenze zwischen den Geltungsbereichen der Personeneinheit und der Personenvielheit sehr ungleich gezogen sein, so daß schließlich die Gemeinschaft zur gesammten Hand sich bald einer Körperschaft bald einer rein individualistischen Gemeinschaft auf das Aeußerste annähern kann. Erwägt man diese Elastizität des Prinzips der gesammten Hand, so wird man ihm für das heutige Privatrecht eine sehr vielseitige Bedeutung zuschreiben müssen.“190
Versteht man die Gesamthand in diesem Sinne, reduziert sich der Begriff der Gesamthand definitorisch nicht auf die vermögensrechtliche Bindungswirkung, diese spielt gar eine lediglich untergeordnete Rolle („Besteht zugleich […]“191). Vielmehr muss auch der soziale Kontext wegen seiner existenziellen Funktion bei der Betrachtung der einzelnen Gesamthandsgemeinschaften mit in die Bewertung einfließen. Dieser bestimmt das Maß der Bindungen zwischen den Gesamthändern und, in Wechselwirkung mit einem etwaigen Gemeinschaftsvermögen, das Wirken der Gemeinschaft auf den Rechtsverkehr. Das Gesamthandsprinzip durchdringt danach sowohl die vermögensrechtliche als auch die soziale Dimension der gesamthänderischen Gemeinschaften. Diese können sich, obschon sie einer isolierten Betrachtung zugänglich sind, gegenseitig beeinflussen und in einem engen Kontext stehen. Beide Sphären werden vom Gesamthandsprinzip rechtlich beeinflusst und determiniert. Die „eine“ Gesamthand existiert hierauf fußend tatsächlich nicht, es muss zwischen 189 v. Gierke, Deutsches Privatrecht, S. 669 ff.; Buchda, Geschichte und Kritik der deutschen Gesamthandlehre, S. 299 ff.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 8 III 3 a; K. Schmidt, Gesellschaft bürgerlichen Rechts – Welche Änderungen und Ergänzungen sind im Recht der BGB-Gesellschaft geboten?, in: Gutachten und Vorschläge zur Überarbeitung des Schuldrechts Band III, S. 413 (468). 190 v. Gierke, Deutsches Privatrecht, S. 669. 191 v. Gierke, Deutsches Privatrecht, S. 669.
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dem jeweiligen sozialen Kontext unterschieden werden: Die emotionalen Beziehungen unter Ehegatten unterscheiden sich nach der Natur der Sache erheblich von denen der Gesellschafter einer Personengesellschaft oder dem Miteinander von (womöglich zerstrittenen) Erben. Werden diese Beziehungen selbst als Aspekt gesamthänderischen Zusammenwirkens angesehen, sind die im BGB geregelten Gesamthandsgemeinschaften tatsächlich nur einer rechtlich individualisierten Analyse zugänglich. Jede Gemeinschaft tritt im Rechtsverkehr in einem spezifischen sozialen und rechtlichen Kontext auf, dessen jeweilige Abbildung und Übersetzung in unser Rechtssystem individuelle Lösungen und Ansätze verlangt. Auf diese Weise kann dem Gesamthandsprinzip unter Einbeziehung des spezifischen sozialen und rechtlichen Kontextes ohne weiteres eine (partiell) verselbstständigende Wirkung beigemessen werden, während es in Erben- und Gütergemeinschaften aufgrund der abweichenden Umstände keine vergleichbare Wirkung entfaltet. Für diesen Ansatz sprechen die damit einhergehenden lebensnahen Ergebnisse, da insbesondere die Personenhandelsgesellschaften im täglichen Wirtschaftsverkehr als eigenständige und rechtsfähige Beteiligte betrachtet werden, die hinsichtlich ihres Auftretens von den nach dem Gesetz ausdrücklich mit Rechtspersönlichkeit ausgestatteten, verselbstständigten Gesellschaftsformen nicht zu unterscheiden sind. Das Zugrundlegen einer auf die vermögensrechtlichen Verhältnisse reduzierten, der zu Erben- und Gütergemeinschaft vertretenen Dogmatik, würde hingegen den tatsächlichen Anschauungen und Bedürfnissen der Praxis widersprechen und der tatsächlichen Handhabe ohne Not dogmatische Steine in den Weg legen. bb) Gesamthand als Einheitsgedanke Die These von der Vielheit der Gesamthand ist freilich keinesfalls zwingend. Für eine einheitliche Betrachtung der Gesamthand sprechen ebenfalls gewichtige Argumente. Wie sich zeigen wird, geht schon die Prämisse für die zwingende Einbeziehung der Gesamtumstände in den Begriff der Gesamthand fehl. Sowohl im Personengesellschaftsrecht als auch der ehelichen Gütergemeinschaft sowie Erbengemeinschaft kann der jeweilige „gesamthänderische Kontext“ isoliert und vor die Klammer gezogen werden. Im Ergebnis nähert sich dieser übergreifende Ansatz den schon zuvor dargestellten, „vermögensorientierten“ Gesamthandslehren zum Personengesellschaftsrecht weitgehend an.192 (1) Die Personengesellschaften, insbesondere die Gesellschaft bürgerlichen Rechts Nach herrschender Auffassung193 ist es bei der Gründung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts ohne weiteres möglich, an Stelle des Gesamthandsprinzips Miteigentum der Gesellschafter am Vermögen und Vermögensgegenständen nach 192 193
Vgl. oben S. 202 ff. Schäfer, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2017, § 718 Rn. 10 f.
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ideellen Bruchteilen im Sinne der §§ 1008 ff., 741 ff. BGB zu vereinbaren. In diesem Fall verändert sich der maßgebliche Kontext der Gesellschaftsgründung nicht, es verändern sich lediglich die vermögensrechtlichen Verhältnisse. Die innere Rechtfertigung dieser besonderen Bindung unter den Gesellschaftern, die ohne Modifikation bei Wegfall auch nur eines Gesellschafters die Auflösung der MiteigentumsGesellschaft erforderlich macht, zwingt auch nicht zur Annahme einer irgendwie gearteten gesamthänderischen „Rest“-Bindung. Vielmehr lässt sich das Zusammenfallen der Gesellschaft aus der Sozietätsstruktur dieser Gesellschaften, mithin dem allgemeinen Prinzip des pacta sunt servanda, ableiten.194 Der innere Grund des Zusammenschlusses zur Verfolgung eines gemeinsamen Zweckes ist kein Element des spezifisch definierten Typs „Gesamthandsgesellschaft“, sondern Teil des vertraglichen Grundverhältnisses zwischen den Gesellschaftern. Lässt sich dieses Grundverhältnis aber von der übrigen Vermögensstruktur ohne weiteres isolieren und auf Miteigentumsgesellschaften übertragen, kann die besondere Bindung keine exklusive Ausprägung des Gesamthandsprinzips sein. Der soziale Kontext kann „vor die gesellschaftsrechtliche Klammer gezogen werden“. (2) Die Gütergemeinschaft der Eheleute Im Rahmen der Ehegemeinschaft bildet die Vereinbarung der Gütergemeinschaft lediglich eine mögliche Form der Vermögensorganisation. Die Ehe als Rechtsverhältnis zwischen den Eheleuten bleibt indessen unverändert, wenn sich die Ehegatten nachträglich durch Abschluss bzw. Änderung des entsprechenden Ehevertrages auf die Fortsetzung der Ehe unter Anwendung des gesetzlichen Güterstands der Zugewinngemeinschaft im Sinne der §§ 1363 ff. BGB einigen.195 Die Gütergemeinschaft mag dem Ideal eines überhöhten Ehebegriffs entsprechen, der sich von der Einordnung als Vertrag zwischen zwei Personen196 (vgl. § 1310 Abs. 1 S. 1 BGB) inhaltlich gelöst und dem subjektiven Empfinden der Eheleute als größtmögliche Manifestation der Ehe geöffnet hat. Tatsächlich reduzieren sich ihre Auswirkungen nach dem BGB auf vermögensrechtliche Fragestellungen. Unabhängig vom konkret gewählten Güterstand haben die Ehegatten die in §§ 1353 ff. BGB enthaltenen Regelungen zu befolgen. Die Gesamthand kann auch hier vom Grundverhältnis isoliert erfasst und auf ihre vermögensorganisierende Wirkung reduziert werden. (3) Die Erbengemeinschaft In der Erbengemeinschaft ist eine derartige Auswechslung der Vermögensverhältnisse ohne Auflösung des Grundverhältnisses nach geltendem Recht nicht möglich, undenkbar erscheint eine abweichende Regelung aber nicht. Der erste Entwurf eines Bürgerlichen Gesetzbuchs sah schließlich das römischrechtliche 194 Dies gilt nach hier vertretenem Ansatz lediglich für die „einfachen“, tatsächlich gesamthänderischen Personengesellschaften. 195 Kanzleiter, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2017, § 1471 Rn. 2. 196 Wellenhofer, Familienrecht, 4. Aufl., § 13 Rn. 3.
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Prinzip der Beteiligung der Erben am Nachlassvermögen nach Miteigentum im Sinne einer Bruchteilgemeinschaft vor.197 Die Anordnung der gesamthänderischen Verbundenheit ermöglicht freilich einen Ausgleich zwischen den Interessen der Nachlassgläubiger an einer einheitlichen Haftungsmasse und dem Anliegen der Erben an einer schnellen Auflösung der Gemeinschaft bzw., in Fällen der längerfristigen Aufrechterhaltung der Gemeinschaft, der möglichen Monetisierung der Erbeinsetzung unter Erhalt des Nachlassvermögens.198 Jener Interessengemengelage würde die Anordnung einer Miteigentümergemeinschaft nur unzureichend entsprechen. Die Zuwendung zum Gesamthandsprinzip ist im höchsten Maße sachgemäß und gerechtfertigt, macht eine Interpretation des erbrechtlichen Kontextes als wesentliches Element der Gesamthandsgemeinschaft dennoch nicht erforderlich. Auch in der Erbengemeinschaft kann daher, obschon nach geltendem Recht tatsächlich nicht durchführbar, auf einer abstrakten Ebene zwischen der vermögensrechtlichen Struktur in Form der Gesamthand und dem sie umgebenden Kontext geschieden werden. (4) Einheitsgedanke durch Sonderung des sozialen Kontextes Die zuvor unternommene Untersuchung der drei im Gesetz angelegten Gesamthandsgemeinschaften hat gezeigt, dass das Gesamthandhandsprinzip in Abkehr zur allgemein herrschenden Lehre ohne weiteres einheitlich betrachtet werden kann. Der jeweils zugrundeliegende soziale Kontext kann, ohne zwingende Auswirkungen auf die Handhabe dieser Gemeinschaftsformen, stets isoliert betrachtet und behandelt werden. In diesem Fall reduziert sich die Bedeutung der Gesamthand entsprechend der traditionellen Personengesellschaftslehren auf ein rein vermögensordnendes Prinzip, welches in allen drei Gesamthandsgemeinschaften gleichmäßig zur Anwendung gelangt. Das zugrundeliegende Rechtsverhältnis der Beteiligten beeinflusst diese vermögensrechtliche Sphäre lediglich mittelbar. Auf diesem Ansatz aufbauend, ist der Rechtsklarheit und -einheitlichkeit im hohen Maße gedient. cc) Vielheit der Gesamthand als dogmatische Leerformel Passt man hingegen die Gesamthandsdogmatik entsprechend der These von der Vielheit der Gesamthandsgemeinschaften den jeweiligen Bedürfnissen variabel an, stellt sie kein Prinzip, sondern eine bloße dogmatische Leerformel dar, die ergebnisorientiert und unter Heranziehung einer (unterstellten) Dehnbarkeit eine „ein197 § 2051 des ersten Entwurfes eines Bürgerlichen Gesetzbuchs: „Die zum Vermögen des Erblassers gehörenden Rechte und vermögensrechtlichen Verbindlichkeiten des Erblassers gehen, soweit sie nicht mit dem Tode des letzteren erlöschen, kraft des Gesetzes auf den Erben über. Sind mehrere Erben vorhanden, so gehen die einzelnen Rechte und Verbindlichkeiten kraft des Gesetzes auf die Erben nach Verhältnis der Erbtheile über.“ Vgl. auch Mugdan, Die gesammelten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, S. 281 (Motive S. 527 ff.). 198 Gergen, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2017, Vorbem zu §§ 2032 ff. BGB Rn. 3.
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heitliche“ Grundlage schafft, die tatsächlich nicht existiert. Die Verwendung des Begriffs der „Grundlage“ verbietet sich in diesem Kontext, denn eine trennscharfe Formulierung der Gemeinsamkeiten gesamthänderisch verbundener Gemeinschaften lässt sich in diesem Fall nicht mehr aufstellen. Enge Beziehungen allein rechtfertigen nicht die Annahme eines gesamthänderisch durchdrungenen sozialen Kontextes. Die Schaffung eines Sondervermögens lässt sich zumindest unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten auch durch Gründung einer Gesellschaft mit gesetzlich anerkannter Rechtspersönlichkeit schaffen, wodurch selbst dieser Aspekt als einendes Element entfällt. Die Annahme eines flexiblen Gesamthandsbegriffs widerspricht zudem der Vorstellung des historischen Gesetzgebers, den Gütergemeinschaften mit dem Gesamthandsprinzip eine klar umgrenzte Dogmatik zugrunde zu legen.199 Es ist mit dieser Vorstellung kaum zu vereinbaren, der Gesamthand in Abhängigkeit von den Bedürfnissen der Praxis erheblich abweichende rechtliche Auswirkungen beizumessen. Versteht man sodann – und dafür spricht viel – den dinglich wirkenden Entzug der Verfügungsmöglichkeit über (wie auch immer geartete) Anteile an den zum gemeinschaftlichen Vermögen gehörenden Gegenständen als einzig prägendes, gemeinsames Element der Gesamthandsgesellschaften,200 stellt sich die Frage, ob aus einem solchen, dem Sachenrecht zuzuordnenden Prinzip, gleichzeitig eine verselbstständigende Wirkung, wie sie für die Personengesellschaften allgemein angenommen wird, hergeleitet werden kann und muss. Dies muss verneint werden: Eine solche Annahme führt zu einer nicht zu rechtfertigenden Zersplitterung der Rechtsanwendung, die mit den historischen Formen gesamthänderischer Verbände nicht in Einklang zu bringen und aus dogmatischen Gesichtspunkten keinesfalls zwingend ist: Personengesellschaften lassen sich, entsprechend den Vertretern der Vermögenslehre, ohne weiteres analog der überwiegend zu Erben- und Gütergemeinschaft vertretenen Konstruktion als reines Sozietätsverhältnis mit gesamthänderisch gebundenem Sondervermögen der Gesellschafter konstruieren. Ob in diesem Rahmen der Lehre von der ungeteilten Gesamtberechtigung oder der geteilten, aber beschränkten Mitberechtigung zu folgen ist, kann hierbei zunächst offen bleiben. Unter dieser Prämisse mag das Personengesellschaftsrecht unter rechtsdogmatischen Gesichtspunkten nicht gänzlich den tatsächlichen Anschauungen des modernen Rechtsverkehrs entsprechen, doch betrifft dieser Einwand unter Praxisgesichtspunkten nur unternehmenstragende Gesellschaften bürgerlichen Rechts. Durch entsprechende Auslegung des § 124 Abs. 1 (i.V.m. § 161 Abs. 2) HGB) ändert sich für Personenhandelsgesellschaften hinsichtlich ihrer Anwendung faktisch nämlich nichts: Diese bleiben über das gesetzlich geregelte Firmenrecht in der Lage, wie eine selbstständige und rechtsfähige Gesellschaft aufzutreten, obwohl sich lediglich mehrere Personen zur Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks unter Nutzung eines gesamthänderisch gebundenen Vermögens (primär schuldrechtlich) zusammenge199 Mugdan, Die gesammelten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, S. 181 (Motive S. 329 f.). 200 So Weber-Grellet, Die Gesamthand – ein Mysterienspiel?, AcP 1982, S. 316 (324 ff.).
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E. Personengesellschaften als abstrahierte Gesellschaftsformen
schlossen haben.201 Die OHG ist nicht rechtsfähig, sondern rechtshandlungsfähig.202 Vorteil dieses Ansatzes ist, auf alle gesamthänderischen Gemeinschaften des BGB einen einheitlichen rechtlichen Grundsatz anzuwenden, nach dem die Gesellschafter stets Träger des Sondervermögens sind, ihre Verfügungsbefugnis hinsichtlich des jeweils verfolgten Zwecks (rechtsgeschäftlich vereinbarter Zweck im Sinne des § 705 BGB; Abwicklungszweck der Erbengemeinschaft; Bindung des Vermögens zur „Verwirklichung oder Ausgestaltung, Erhaltung oder Sicherung“203 der Gütergemeinschaft) jedoch beschränkt ist. Gegen die Möglichkeit, die Gesamthand als ein einheitliches Prinzip anzusehen, kann nicht geltend gemacht werden, dass die Verfügung des einzelnen Gesamthänders über den Anteil am gesamten Vermögen in der BGB-Gesellschaft nach § 719 Abs. 1 Hs. 1 BGB im Grundsatz204 sowie in der Gütergemeinschaft der Ehegatten nach § 1419 Abs. 1 Hs. 1 BGB gänzlich untersagt ist, in der Erbengemeinschaft hingegen jene Abtretung der Gesamthandsbeteiligung nach § 2033 Abs. 1 S. 1 BGB vom Gesetz ausdrücklich erlaubt wird. Jene Unterschiede relativieren keinesfalls die These von der Einheitlichkeit der Gesamthand, sondern rechtfertigen sich aus dem jeweiligen Kontext ohne weiteres, ohne dass diese als gesamthänderische Besonderheiten aufgeladen werden müsste. Die Möglichkeit, sozialen Kontext und vermögensrechtliche Sphäre rechtlich zu isolieren, heißt nicht, dass sich diese gegenseitig nicht beeinflussen dürfen: Die im Rahmen der Erbengemeinschaft angeordnete freie Verfügungsmöglichkeit stellt dabei keine ausnahmsweise zulässige Fiktion eines unter dogmatischen Gesichtspunkten unmöglichen Rechtsgeschäfts dar, sondern atmet den Gedanken der Privatautonomie. Im Unterschied zu Personengesellschaft und ehelicher Gütergemeinschaft tritt die Entstehung der Erbengemeinschaft unabhängig vom Willen und Zutun der Erben ein. Die Anerkennung der Verfügungsmöglichkeiten löst den Interessenkonflikt zwischen freier Entfaltung als „homo oeconomicus“ und den Folgen des in vielen Fällen willensunabhängigen Erbrechts auf.205 § 2033 Abs. 1 S. 1 BGB enthält demnach ein notwendiges Korrektiv für die Zwangsbeteiligung der Erben, kein dem Einheitsgedanken widersprechenden „Showstopper“. Die (disponible) Beschränkung im Recht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts zieht ihre Rechtfertigung aus dem Leitbild dieser Gemeinschaftsform, nach der – in der Regel schon vor Vertragsschluss – persönlich eng verbundene 201 So auch Beuthien, Zur Begriffsverwirrung im deutschen Gesellschaftsrecht, JZ 2003, S. 715 (715); Weber-Grellet, Die Gesamthand – ein Mysterienspiel?, AcP 1982, S. 316 (328 f.). 202 Weber-Grellet, Die Gesamthand – ein Mysterienspiel?, AcP 1982, S. 316 (334). Dies entspricht auch der Rechtslage zu den Personenhandelsgesellschaften der Schweiz, vgl. unten S. 352 ff. 203 So der BGH zu den ehebedingten, unbenannten Zuwendungen, vgl. BGH NJW-RR 1990, 386 = WM 1990, 856, 858. 204 Die Regelung des § 719 Abs. 1 Hs. 1 BGB ist bekanntermaßen nach herrschender und richtiger Auffassung disponibel, vgl. statt vieler m.w.N. Habermeier, in: Staudinger, BGB, 13. Aufl. 2003, § 719 Rn. 3. 205 Di Fabio, Maunz/Dürig, Grundgesetz-Kommentar, 81. EL. 2017, Art. 2 Rn. 101.
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Personen eine auf dem Ideal der Vertrauensgemeinschaft beruhende Gesellschaft zur Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks gründen. § 719 Abs. 1 Hs. 1 BGB verhindert, dass ohne Zustimmung aller Beteiligten unbekannte Dritte durch Verfügung eines austrittswilligen Gesellschafters in das Gesamthandsverhältnis mit einbezogen werden, welches sie zuvor willen- und wissentlich mit einem spezifischen Personenkreis gegründet haben. Da die Gesellschaft bürgerlichen Rechts gerade nicht für den kaufmännischen Verkehr gedacht ist, wirkt die (disponible) Verfügungsbeschränkung hier insbesondere als Schutzmechanismus für Personen, die sich der Konsequenzen eines derartigen Zusammenschlusses in vielen Fällen nicht (gänzlich) bewusst sein werden. In der ehelichen Gütergemeinschaft erklärt sich eine Bindung des Anteils an die Stellung als Ehegatten von allein – hier widerspricht eine angenommene Übertragbarkeit von Anteilen am Gemeinschaftsvermögen der Funktion der Gütergemeinschaft, welche allein der fortlaufenden Ehegemeinschaft zu dienen bestimmt ist.206 § 1419 Abs. 1 Hs. 1 BGB verhindert damit auch die Entstehung „polygam“ anmutender Vermögensstrukturen unter mehreren Personen, von denen zwei miteinander wirksam verheiratet sind. Ein Gleichlauf von gelebter Ehe und dieser dienendem Vermögen ist hierdurch sichergestellt. dd) Zusammenfassung: Personengesellschaftsdogmatik als systematischer Widerspruch Im Ergebnis ist festzuhalten, dass es für die Annahme einer zwingend unterschiedlichen Interpretation des Gesamthandsprinzips keine Notwendigkeit gibt. Alle drei vom BGB geregelten Gesamthandsgemeinschaften können und sollten auf Grundlage eines einheitlichen, vermögensrechtlich orientierten Gesamthandsverständnisses dogmatisch stringent und unter Achtung ihres historischen Erbes erklärt werden. Für eine derart gravierend abweichende Handhabung des Gesamthandsprinzips in Personengesellschaft einerseits sowie Erben- und Gütergemeinschaft anderseits finden sich auf Grundlage des Gesetzestextes weder tatsächliche Anhaltspunkte noch zwingende Argumente. Das positive Recht sollte gewiss den tatsächlichen Anschauungen des Rechtsverkehrs entsprechen und eine hohe Praxistauglichkeit aufweisen, doch können diese Aspekte klar umgrenzte bzw. festen Definitionen zugängliche Rechtsprinzipien nicht willkürlich verändern. Eine vereinheitlichende Begriffsbestimmung in Richtung eines vermögensorientierten Ansatzes würde das Verständnis des „Mysterienspiel[s]“207 Gesamthand wesentlich erleichtern. Die Systematik des Gesetzes wäre wiederhergestellt. Baut das Gesetz aber auch für die Gesellschaft bürgerlichen Rechts bzw. die Personengesellschaften auf einer Einheitsgesamthand auf, muss das Gesamthandsprinzip als taugliche Grundlage für das heutige Verständnis von den Personengesellschaften als (bedingt) 206
Thiele, in: Staudinger, BGB, Bearbeitung 2018, § 1419 Rn. 9; Mugdan, Die gesammelten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, S. 185 (Motive S. 338). 207 Weber-Grellet, Die Gesamthand – ein Mysterienspiel?, AcP 1982, S. 316.
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verselbstständigte Vereinigungen abgelehnt werden.208 Das Prinzip der gesamthänderischen Bindung von Vermögenswerten in einer Gemeinschaft in besonderem Maße verbundener Personen lässt diesen Schluss nicht zu. Die Gesamthand ist schlicht ein „Sondervermögensmodell“209. Der Ansatz, der den organisationsrechtlichen Elementen des Gesellschaftsvertrages die verselbstständigende Wirkung beimisst, gerät noch weitgehender mit dem Wortlaut des Gesetzes in Konflikt. Sofern man ihm unbesehen folgen möchte, muss das Gesamthandsprinzip für das (Außen-)Personengesellschaftsrecht als überwunden betrachtet werden. Es ist, weitgehend losgelöst von den §§ 705 ff. BGB, als eigenständige und ungeschriebene Rechtsmaterie zu bestimmen. Sofern man mit dem in dieser Arbeit vertretenen, noch darzulegenden Ansatz210 zwischen gesamthänderischen „einfachen“ und „unternehmenstragenden“ Personengesellschaften unterscheidet, steht für erstere Kategorie von Personengesellschaften – und ehelicher Güter- bzw. Erbengemeinschaft – einer einheitlichen, vermögensorientierten Auslegung der Gesamthand nichts mehr im Wege. 5. Prägende Merkmale von Personengesellschaften – kein alleiniger Ausdruck der Gesamthand Stellt man die Personengesellschaften den Körperschaften des deutschen Rechts gegenüber, können verschiedene Merkmale und Eigenschaften herausgearbeitet werden, die, zumindest tendenziell, als Charakteristikum einer der beiden Gesellschaftsgruppen bezeichnet werden können. Als prägende Merkmale des Personengesellschaftsrechts werden regelmäßig die besonderen Haftungsverhältnisse211 208
Der Zusammenhang von Gruppenlehre und Gesamthandsprinzip wird von zahlreichen Stimmen abgelehnt bzw. in Frage gestellt, vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 8 III 3 b); Wiedemann, Rechtsverhältnisse der BGB-Gesellschaften zu Dritten (WM Sonderbeilage Nr. 4), WM 1994, S. 4 (4 f.); Ulmer, Die Gesamthandsgesellschaft – ein noch immer unbekanntes Wesen?, AcP 198 (1998), S. 113 (150); Bälz, Organisationsvertrag und Gesamthand, in: Festschrift für Wolfgang Zöllner, S. 35 (42); Beuthien, Zur Begriffsverwirrung im deutschen Gesellschaftsrecht, JZ 2003, S. 715 (719); Mülbert spricht ebenfalls von der „modernen Auffassung von der Natur der Personengesellschaft“, die losgelöst von der historischen Dogmatik der Personengesellschaften neu gestaltet werden muss bzw. nach seiner Auffassung im Umwandlungsgesetz von 1994 vom Gesetzgeber positiv entschieden worden ist. Ob diese „Kernfrage des Personengesellschaftsrechts“ auf einem „Nebenschauplatz“ damit „entschieden“ worden ist, ist indes etwas zu hoch gegriffen. Hier darf die allgemeine Zurückhaltung des Gesetzgebers bei dogmatischen Fragestellungen nicht außer Acht bleiben. Gleichwohl wird das Gesamthandsprinzip als taugliche Grundlage für das moderne Personengesellschaftsrecht in Frage gestellt, vgl. Mülbert, Die rechtsfähige Personengesellschaft, AcP 199 (1999), S. 38 (64). 209 Wiedemann, Rechtsverhältnisse der BGB-Gesellschaften zu Dritten (WM Sonderbeilage Nr. 4), WM 1994, S. 4 (5). 210 Siehe unten ausführlich S. 316 ff. 211 Schon die Verfasser des ADHGB waren dieser Ansicht vgl. Lutz, Protokolle der Kommission zur Berathung eines allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuches, S. 162. Siehe zudem Hillmann, in: EBJS, 3. Aufl. 2014, § 128 Rn. 1.
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(persönliche Haftung mindestens eines Gesellschafters im Gegensatz zur regelmäßig beschränkten Haftung in Körperschaften), das Prinzip der Selbstorganschaft (gegenüber der möglichen Fremdorganschaft in Verein, GmbH und AG) sowie der höhere Grad der Personenabhängigkeit (gegenüber der (weitgehenden) Personenunabhängigkeit der Körperschaften) betrachtet. Wären diese Eigenschaften allein unter Heranziehung des Gesamthandsprinzips zu deduzieren, bliebe der Rückgriff auf jene Maxime unumgänglich. a) Die Haftungsverhältnisse Die unbeschränkte Haftung gilt weithin als ein prägendes Merkmal der Personengesellschaften. Die Gesellschafter einer BGB-Gesellschaft und offenen Handelsgesellschaft sowie die Komplementäre von Kommanditgesellschaften haften (analog) § 128 HGB (i.V.m. § 161 Abs. 2 HGB) persönlich für die Schulden der rechtsfähigen Gesellschaft. Die Haftung der Gesellschafter ersetzt die Kreditfunktion des gesetzlich garantierten Grund- bzw. Stammkapitals in Aktiengesellschaft und GmbH.212 Die persönliche Haftung kann jedoch weder als Abgrenzungsmerkmal der Gesamthand zur juristischen Person herangezogen werden213 noch lässt sie sich als zwingend gesamthänderische Eigenschaft charakterisieren. Gegen diese Annahme spricht schon die Möglichkeit der Inanspruchnahme des Komplementärs einer KGaA für die Schulden der Gesellschaft, bei der es sich nicht um eine gesamthänderische organisierte Vereinigung handelt. Die tatsächliche Aussagekraft dieser Haftungsregelung mag man zumindest für den hier interessierenden Zweck noch in Zweifel ziehen können, denn die Einordnung der KGaA als Gesellschaft mit eigener Rechtspersönlichkeit sowie als Sonderform der Aktiengesellschaft beruht auf der von Zweckmäßigkeitserwägungen und gesetzessystematischen Überlegungen geleiteten Umgestaltung des zu jener Zeit unliebsamen, für die wirtschaftliche Entwicklung jedoch unentbehrlichen214 Aktiengesellschaftsrechts durch die Aktienrechtsnovelle von 1937.215 Das gesetzliche Konzept muss freilich de lege lata hin212
1804. 213 214
S. 1.
BGHZ 23, 302, 305 = NJW 1957, 871, 872; BGHZ 154, 370, 373 = NJW 2003, 1803, Ausführlich Koch, in: Hüffer, AktG, 13. Aufl. 2018, § 278 Rn. 10. Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger, Nr. 28 v. 4. Februar 1937,
215 Die rechtstheoretische Einordnung der KGaAwar, genau wie die der Aktiengesellschaft, lange Zeit hoch umstritten. Puchelt lehnte noch 1876 die Einordnung der Aktiengesellschaft als Rechtsform mit eigener Rechtspersönlichkeit ab, vgl. Puchelt, Commentar zum Allgemeinen Deutschen Handelsgesetzbuch, 2. Aufl., Anm. 1 zu Art. 213. Das zu dieser Zeit maßgebliche ADHGB regelte die KGaA als Sonderform der Kommanditgesellschaft, bei der das Kapital entsprechend den französischen und niederländischen Vorbildern zur Verbesserung der Verkehrsfähigkeit der Kommanditbeteiligungen in Aktien zerlegt wurde, vgl. die Motive zu Art. 70 des Entwurfes eines Allgemeinen Handelsgesetzbuches in Baums, Entwurf eines allgemeinen Handelsgesetzbuches für Deutschland (1848/1849), S. 124. Die Umstellung der Gesell-
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E. Personengesellschaften als abstrahierte Gesellschaftsformen
genommen werden. Aber auch unabhängig von dieser gesetzessystematischen Erwägung ist die persönliche Haftung von Personengesellschaftern kein Kennzeichen gesamthänderischer Strukturen, sondern ist immanenter Bestandteil unserer Rechtsordnung. Als Spiegelbild der persönlichen, wirtschaftlichen Freiheit eines jeden Teilnehmers des Rechtsverkehrs muss dieser für sein wirtschaftlich relevantes Handeln, zumindest finanziell, einstehen. Die von unserer Wirtschaftsverfassung eröffneten Chancen stehen in einem natürlichen Konnex mit den handlungsimmanenten Risiken. Dieser Konnex kann nur kraft Gesetzes unter Abwägung der widerstreitenden Interessen oder durch individuelle Vereinbarung zwischen Geschäftspartnern beschränkt oder durchbrochen werden. Fehlt es hieran, darf nicht schon die auf rein privatautonomem Entschluss beruhende Zwischenschaltung eines rechtlichen Konstrukts dazu führen, diesen Kerngedanken zu überwinden, indem einem „Mittelsmann“ Handlungen zugerechnet werden, die tatsächlich allein den dahinterstehenden Gesellschaftern persönlich nutzen.216 Das gilt unabhängig davon, wie die Personengesellschaften strukturell zu konstruieren sind. Selbst die in AktG und GmbHG enthaltenen Haftungsbeschränkungen (vgl. § 1 Abs. 1 S. 2 AktG; § 13 Abs. 2 GmbHG) gelten nicht absolut, sondern können in verschiedenen Sachverhalten durchbrochen werden.217 Die persönliche Haftung der Gesellschafter in BGBGesellschaft, offener Handels- und Kommanditgesellschaft sind demnach nicht Ausdruck der gesamthänderischen Zusammenkunft, sondern eines davon unabhängig wirkenden, übergeordneten Prinzips unserer Rechtsordnung.218 Dies hat Auswirkungen auf die Bedeutung des § 128 HGB (analog): Sie ist richtigerweise rein deklaratorischer Natur.
schaftstypen erfolgte erst im HGB, da es „allgemein als ein Mißstand empfunden [wurde], daß im H.G.B. an erster Stelle die jetzt praktisch nur noch wenig bedeutsame Kommanditgesellschaft auf Aktien und erst danach die, zum Theil nur durch Verweisung auf sie, die Aktiengesellschaft geregelt ist“, vgl. C. Hahn/Mugdan, Die gesamten Materialien zu den ReichsJustizgesetzen, S. 288 (Denkschrift S. 119). Erst die Ausgliederung der Aktiengesellschaft in das Aktiengesetz sowie deren positivrechtliche Anerkennung als Gesellschaftsform mit eigener Rechtspersönlichkeit machte nach Ansicht des damaligen Gesetzgebers eine entsprechende Anpassung auch für die KGaA erforderlich, vgl. Deutscher Reichsanzeiger und Preußischer Staatsanzeiger, Nr. 28 v. 4. Februar 1937, S. 2. Davor war die Rechtsnatur von Aktiengesellschaft und KGaA noch immer umstritten. 216 So auch BGHZ 142, 315, 319 = NJW 1999, 3483, 3485. 217 Beispielsweise BGHZ 95, 330, 332 ff. = NJW 1986, 188 f.; BGHZ 165, 85, 89 f. = NJW 2006, 1344, 1345 (Durchgriffshaftung wegen Vermögensvermischung); BGHZ 150, 61, 67 = NJW 2002, 1803, 1805; BGH NJW-RR 2005, 335, 336 = ZIP 2005, 117 f.; BGHZ 173, 246 = NJW 2007, 2689 (Durchgriffshaftung wegen Existenzvernichtung); für die GmbH allgemein m.w.N. statt vieler Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 8. Aufl. 2015, § 13 Rn. 131 ff.; für die AG Heider, in: MüKoAktG, 4. Aufl. 2016, § 1 Rn. 63 ff. 218 So auch Wiedemann, Gesellschaftsrecht, S. 658.
I. Gesamthandsprinzip als Grundlage modernen Personengesellschaftsrechts
307
b) Die Abhängigkeit der Gruppe von den Persönlichkeiten der Gesellschafter Gemeinhin wird die Verbindung zwischen den Gesellschaftern als Grundlage der Existenz von Personengesellschaften betrachtet.219 Das gilt in besonderem Maße für die BGB-Gesellschaften, die nach den §§ 723, 727, 730 ff. BGB im Fall der Kündigung oder dem Tod eines Gesellschafters, d. h. bei einer Veränderung des personellen Stamms der Gesellschaft aufzulösen sind. Das galt bis zur Änderung des § 131 HGB durch das Handelsrechtsreformgesetz im Jahre 1998220 auch für ihre handelsrechtlichen Erscheinungsformen, wurde aber zugunsten der Betonung der Unternehmenskontinuität entsprechend der heutigen Gesetzeslage abgeändert und den Bedürfnissen der Praxis angepasst.221 Nach § 131 Abs. 3 HGB führen nunmehr Tod eines Gesellschafters und Kündigung auch bei Fehlen einer entsprechenden Fortsetzungsklausel im Gesellschaftsvertrag, die nach § 138 HGB a.F. schon vor der Gesetzesänderung von 1998 zulässig war, nicht zwangsläufig zur Auflösung der offenen Handels- bzw. Kommanditgesellschaft. Das zeigt, dass die enge Verbundenheit der Gesellschaft keinesfalls zwingender Ausdruck der Gesamthand ist. Im Gegenteil, lässt sich doch die Abhängigkeit des Bestandes der Gruppe von ihren Mitgliedern auch aus einer Sozietätsstruktur des Gesellschaftsvertrages herleiten.222 Auch bei einem nach allgemeinen Kriterien bewerteten Vertrag muss der Tod eines Gesellschafters oder die Kündigung des Vertrages durch einen der Beteiligten zwangsweise das Ende der bisherigen Rechtsbeziehungen zur Folge haben. Eine Fortsetzung unter den verbleibenden Beteiligten erfordert eine entsprechende Vereinbarung. Der Rückgriff auf eine besondere gesamthänderische Bindung ist hingegen nicht notwendig. Es sei nur auf die schon zuvor erwähnten Gesellschaften bürgerlichen Rechts unter Vereinbarung von Bruchteilseigentum hingewiesen, die ebenfalls von unverändertem Fortbestand des Gesellschafterkreises (disponible) „abhängig“ ist. Es ist richtig, dass eine solche enge Verbundenheit in den meisten Gemeinschaften mit gesamthänderischen Merkmalen nachzuweisen ist, doch lässt sich diese auch aus der jeweiligen Natur der Verbindung herleiten: Eine engere, persönliche Beziehung erzeugt nach Natur der Sache ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl und hat eine größere Bindungswirkung sowie Einsatzbereitschaft zur Folge. Unternehmerische Entscheidungen, die den Einsatz großen wirtschaftlichen Risikos (Haftung; Vermögenseinbindung) erforderlich machen, werden eher in Ausnahmefällen im Verbund mit Fremden erfolgen. Nicht die Gesamthand, sondern natürlich begründetes Vertrauen oder sachgemäße, persönliche Einschätzungen sind in diesen Fällen Grund für den hohen Grad der Verbundenheit. Das Gesetz bildet in den Normen zur BGB-Gesellschaft genau jene Regelfälle ab. Sie können dement219
v. Gierke, Deutsches Privatrecht, S. 669. Gesetz zur Neuregelung des Kaufmanns- und Firmenrechts und zur Änderung anderer handels- und gesellschaftsrechtlicher Vorschriften vom 22. Juni 1998, BGBl. I S. 1474 ff. 221 Begründung der Bundesregierung zum Handelsrechtsreformgesetz, BT-Drs. 13/8444 vom 29.08.97, S. 41 f. („Anpassung an die Rechtswirklichkeit“). 222 K. Schmidt, Personengesellschaften: neu gedacht? Grundsatzfragen aus aktuellem Anlass, ZIP 2014, 493 (498). 220
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E. Personengesellschaften als abstrahierte Gesellschaftsformen
sprechend auch als rechtspolitische Grundsatzentscheidung des Gesetzgebers aufgefasst werden. Die Bindung der Gesellschaftsexistenz an einen festen Mitgliederkreis ist aber nicht nur kein gesamthänderisches Phänomen, sondern nicht einmal auf das Personengesellschaftsrecht beschränkt. In einer GmbH – unstrittig keine Gesamthand – kann entgegen dem gesetzlichen Leitbild, das von der Kontinuität des Unternehmens geprägt ist (vgl. 15 Abs. 1 GmbHG), der Fortbestand der Gesellschaft von einem unveränderten Gesellschafterstamm abhängig gemacht werden.223 Das frühzeitige Sterben eines Mitglieds macht in einem solchen Fall, sofern ein gegenteiliger Beschluss der verbleibenden Gesellschafter ausbleibt, die Einleitung des Liquidationsverfahrens erforderlich. Nicht eine Dogmatik, sondern die Realstruktur224 der Gesellschaften bestimmt die Wechselwirkung von Gesellschaft und Gesellschafterkreis. In der Aktiengesellschaft sind derartige Klauseln hingegen aufgrund der in § 23 Abs. 5 AktG geregelten Satzungsstrenge, die dem Schutz der Verkehrsfähigkeit der Aktien, künftiger Aktionäre und Gesellschaftsgläubiger dient, nach überwiegender Ansicht nicht möglich.225 Unter Berücksichtigung des gewöhnlichen Zuschnitts von Aktiengesellschaften ist der in diesem Rechtssatz verankerte Ausschluss von sonstigen satzungsmäßigen Auflösungsgründen (vgl. § 262 Abs. 2 AktG) sinnvoll, für Familienaktiengesellschaften mit kleinem Personenkreis, die nicht dem typischen Leitbild des Aktienrechts entsprechen, greifen jene Erwägungen hingegen nur bedingt ein. Eine dogmatische (Un-)Verträglichkeit entsprechend gedachter Regelungen stünde diesen nicht entgegen. c) Selbstverwaltung und Prinzip der Selbstorganschaft Das Leitungsregime der Personengesellschaften ist von dem Prinzip der Selbstorganschaft und dem Selbstverwaltungsmonopol der Gesellschafter geprägt. Beide Aspekte können und müssen, obwohl sie eng miteinander verzahnt sind, entgegen der weit verbreiteten Praxis voneinander unterschieden werden.226 Während aufgrund des Selbstverwaltungsmonopols der Gesellschafter die Letztentscheidungskompetenz hinsichtlich Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft verbleiben muss, d. h. die Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnisse nicht im Gesamten auf gesellschaftsfremde Dritte übertragen werden können, müssen – auf Basis der Grup223 Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 8. Aufl. 2015, § 60 Rn. 31; Berner, in: MüKoGmbH, 2. Aufl. 2016, § 60 Rn. 221; Arnold, in: Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, § 60 GmbHG Rn. 58. 224 Zur Idee der Realstruktur als prägendes Element des Gesellschaftsrechts Raiser, Gesamthand und juristische Person im Licht des neuen Umwandlungsrechts, AcP 1994, S. 495 (506). 225 Vetter, in: Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, § 23 AktG Rn. 22, § 262 Rn. 7; Bachmann, in: Spindler/Stilz, AktG, 3. Aufl. 2015, § 262 Rn. 68. 226 Kritisch zur Vermischung beider Aspekte m.w.N. Schmidt, in: MüKoHGB, 4. Aufl. 2016, § 125 Rn. 5 f.
I. Gesamthandsprinzip als Grundlage modernen Personengesellschaftsrechts
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penlehre – nach dem Prinzip der Selbstorganschaft die Organe der Personengesellschaften anders als bei den Körperschaften nicht erst besetzt werden, sondern sind aufgrund ihrer besonderen Gesellschaftsverfassung von Beginn an vorhanden.227 aa) Das Selbstverwaltungs- bzw. Organmonopol der Gesellschafter Im Personengesellschaftsrecht ist nach noch immer herrschender Meinung in Literatur228 und Rechtsprechung229 die Herrschaftsmacht den Gesellschaftern vorbehalten. Anders als in den Körperschaften können Dritte nicht auf Grundlage eines privatautonomen Beschlusses der Gesellschafter230 die Stellung geschäftsführender Organe einnehmen. Diese Aufgaben sind als Teilaspekt der Mitgliedschaft notwendig mit der Stellung als Gesellschafter verbunden und keiner isolierten Übertragung zugänglich. Weder als Einzelpersonen noch als verbundene Personengruppe könnten sich die Gesellschafter selbst entmachten.231 Wegen der unbeschränkten, akzessorischen Haftung der Gesellschafter würde die Übertragung der Geschäftsleitung auf gesellschaftsfremde Dritte gerade jene verbotenen, auf privatautonomer Entscheidung beruhenden Herrschaftsverhältnisse zur Folge haben.232 Die Beschränkung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnis auf nur einzelne Gesellschafter unter Verleihung von Generalvollmachten an Dritte wird hingegen allgemein als noch zulässige Ausgestaltung der Leitungsorganisation verstanden, sofern den Gesellschaftern mit der Möglichkeit, die Vertretungsmacht zumindest aus wichtigem Grund jederzeit zu entziehen, die Letztentscheidungskompetenz verbleibt.233 Ebenso wenig wie die Haftungsverfassung und das Abhängigkeitsverhältnis von Gesellschaft zum Gesellschafterkreis bildet das Selbstverwaltungsmonopol der Personengesellschafter ein allein dem Gesamthandsprinzip vorbehaltenes Merkmal. 227
K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 8 IV 2 d; § 14 II 2 a. Habermeier, in: Staudinger, BGB, 13. Aufl. 2003, § 709 Rn. 12; Hadding/Kießling, in: Soergel, 13. Aufl. 2012, § 709 Rn. 22; Schäfer, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2017, § 709 Rn. 5; Windbichler, Gesellschaftsrecht, 24. Aufl., S. 135 f. 229 RGZ 22, 169, 170; BGHZ 26, 330, 332 f. = WM 1958, 355, 356; BGHZ 33, 105, 108 f. = WM 1960, 1005 f.; BGHZ 41, 367, 369 = JZ 1964, 558 f.; BGHZ 51, 198, 199 f. = JZ 1969, 469 f.; BGH NJW 1982, 877, 878 = ZIP 1982, 54, 55; BGHZ 146, 341, 360 = NJW 2001, 1056, 1061; BGHZ 188, 233 = NJW 2011, 2040 Tz. 21; BGH NJW-RR 2014, 349 = NZG 2014, 302 Tz. 21; BGH ZIP 2015, 424 = NZG 2015, 321 Tz. 9. 230 Im Rahmen der Liquidation ist dies hingegen in oHG und KG schon nach dem Gesetz zulässig, vgl. § 146 Abs. 1 S. 1 HGB. Zudem ist eine Übertragung der Herrschaftsmacht auf Dritte durch Urteil möglich, vgl. BGHZ 33, 105 ff. (für eine oHG); OLG Hamm Urteil v. 08. 08. 2007, Az. 8 U 91/07 Tz. 21 ff. (für eine KG). Für eine Ausweitung der BGH-Rechtsprechung auch auf BGB-Gesellschaften Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 242 f. 231 Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 240, 244 f. 232 Hadding/Kießling, in: Soergel, 13. Aufl. 2012, § 709 Rn. 22. 233 Habermeier, in: Staudinger, BGB, 13. Aufl. 2003, § 709 Rn. 12; Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 245 f. 228
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E. Personengesellschaften als abstrahierte Gesellschaftsformen
Es mag freilich als „Konzept der Koppelung von unternehmerischer Verantwortung und persönlicher Haftung“234 unter rechtspolitischen Gesichtspunkten sinnvoll erscheinen, da unüberlegte unternehmerische Entscheidungen und insbesondere die daraus resultierenden Haftungsrisiken weitgehend vermieden werden können. Die Vereinigung von Geschäftsführung und Kapitalbeteiligung ermöglicht eine „konfliktfreie Verknüpfung von Verband-, Kapital- und Unternehmensinteresse.“235 Um ein allein der Gesamthand vorbehaltenes Element oder einen Bestandteil eines übergesetzlichen Grundsatzes handelt es sich hierbei indes nicht. Das Selbstverwaltungsmonopol der Gesellschafter ist eine rein gesetzgeberische Grundsatzentscheidung, die vom Normgeber für jede Gesellschaftsform individuell und auch für die Personengesellschaften anderweitig entschieden werden kann.236 De lege lata müssen die Gesellschafter selbst die Vertretungsorgane der Gesellschaft besetzen, was sie nach dem Prinzip der Selbstorganschaft aufgrund ihrer Mitgliedschaft ipso iure auch stets tun, sofern das hieraus fließende Recht nicht in zulässiger Weise beschränkt wurde.237 De lege ferenda ist eine Anpassung der Verhältnisse entsprechend dem GmbH-Recht ohne weiteres denkbar. Das Selbstverwaltungsmonopol ist indes nicht nur auf die Personengesellschaften beschränkt, sondern ist als Satzungsregelung einer GmbH ohne weiteres zulässig und bei Gesellschaften mit kleinerem Gesellschafterkreis nicht unüblich.238 Nach § 9 Abs. 2 GenG muss der Vorstand einer (körperschaftlich organisierten) Genossenschaft ebenfalls aus Mitgliedern der Vereinigung gebildet werden. Darüber hinaus ist die Möglichkeit der Einsetzung von Dritten als geschäftsführende Organe durch gerichtliche Verfügung auch in den Personengesellschaften schon lange anerkannt.239 Die Sinnhaftigkeit der Beschränkung auf die Selbstverwaltung lässt sich überhaupt in Gänze bezweifeln, denn jener Grundsatz wird schon heute aufgrund der Zulassung von Generalvollmachten und fremdgeführten Gesellschafter-Gesellschaften mbH nur unter formellen Gesichtspunkten gewahrt.240 Nimmt man den Begriff und die Möglichkeit der organschaftlichen Vertretung auch in Personengesellschaften ernst,241 existieren keine stichhaltigen Gründe, allen Personengesellschaften die privatautonome Wahl von Fremdgeschäftsführern gänzlich zu verwei234
Habermeier, in: Staudinger, BGB, 13. Aufl. 2003, § 709 Rn. 12. Wiedemann, Gesellschaftsrecht, S. 343. 236 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 14 II 2 a) und c). 237 K. Schmidt, in: MüKoHGB, 4. Aufl. 2016, § 124 Rn. 6; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 14 II 2 a); Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 243. 238 Wiedemann, Gesellschaftsrecht, S. 343. 239 RGZ 22, 169, 170; BGHZ 33, 105, 108 f. = WM 1960, 1005 f. 240 BGHZ 36, 292, 295 = WM 1962, 240, 242; BGH NJW 1982, 877, 878 = ZIP 1982, 54, 55; BGH BB 1997, 1220, 1221 f.; BGHZ 188, 233 = NJW 2011, 2040 Tz. 21; BGH NJW-RR 2014, 349 = NZG 2014, 302 Tz. 21; Beuthien, Konzernbildung und Konzernleitung kraft Satzung, JZ 1993, S. 1589 (1596); Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 131. 241 Beuthien, Konzernbildung und Konzernleitung kraft Satzung, JZ 1993, S. 1589 (1598); Habermeier, in: Staudinger, BGB, 13. Aufl. 2003, § 705 Rn. 2. 235
I. Gesamthandsprinzip als Grundlage modernen Personengesellschaftsrechts
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gern. Das gilt insbesondere für atypische sowie handelsrechtliche Personengesellschaften, in denen das Verbot der Drittorganschaft den Gesellschaftern nur die unternehmerische Mündigkeit abspricht. Auch bei Zulassung der Drittorganschaft verbleibt den Gesellschaftern die Kompetenz, die Besetzung der Organe in Fällen von Missbräuchen oder unternehmerischer Fehlentscheidungen durch den oder die Organwalter zu überdenken.242 bb) Das Prinzip der Selbstorganschaft Nach dem Prinzip der Selbstorganschaft müssen in Personengesellschaften die Organe der Gesellschaft nicht besetzt werden, denn die entsprechenden Organwalter sind mit Entstehung der Gesellschaft originär vorhanden. Während für seine Herleitung Aspekte aufgegriffen werden müssen, die auch die argumentative Grundlage des Selbstverwaltungsmonopols bilden, hat das Prinzip der Selbstorganschaft im Übrigen keinerlei Aussagegehalt. Dieser Umstand wird in vielen Abhandlungen übersehen bzw. durch Vermischung mit Bausteinen des Selbstverwaltungsmonopols relativiert. Auf seinen tatsächlichen Aussagegehalt begrenzt, stellt das das Prinzip der Selbstorganschaft zwar ein Alleinstellungsmerkmal des deutschen Personengesellschaftsrechts dar, ist allerdings ebenfalls nicht allein exklusiv aus dem Gesamthandsprinzip herzuleiten.243 Diese Schlussfolgerung liegt nahe, sofern man alle Personengesellschaften mit der herrschenden Lehre als rechtsfähige, durch Organe strukturierte Gruppen betrachtet, die im Gegensatz zu vollständig abstrahierten Körperschaften nicht neben, sondern aus ihren Gesellschaftern bestehen. Unterstellt man diesem theoretischen Ansatz in Gänze gesetzliche Legitimität, erscheint die Wechselwirkung zwischen dogmatischem Ansatz und dem Prinzip der Selbstorganschaft tatsächlich als Element der Gesamthand: Jeder natürlichen Person kommt eine individuelle Rechtsmacht zu, derer sie sich nicht gänzlich entledigen kann.244 Diese geht bei der Begründung einer Personengruppe ohne eine gegenläufige Vereinbarung oder einen entsprechenden Rechtssatz nicht unter, denn die Gruppe stellt lediglich eine (rechtsfähige) Zusammenfassung der Einzelpersonen und keine selbstständige Vereinigung mit einer eigenen Rechtsmacht dar. Sind Personengesellschaften aufgrund des Gesamthandsprinzips teilweise verselbstständigt zu denken und weisen sie eine Organstruktur bzw. zumindest eine dieser vergleichbare Struktur auf, müssen die Gesellschafter ipso iure die entsprechenden Organe bzw. Leitungspositionen der Gesellschaften besetzen, um die ihnen zukommende, individuelle Rechtsmacht nicht zu verlieren. Beruht die Entstehung von Organen in einer verselbstständigten Gesell242
Beuthien, Konzernbildung und Konzernleitung kraft Satzung, JZ 1993, S. 1589 (1595). So aber Wertenbruch, in: Westermann/Wertenbruch, Hdb des Personengesellschaftsrechts, 66. Ergänzungslieferung, Rn I 235; Weipert, in: EBJS, 3. Aufl. 2014, § 164 Rn. 1 ff. 244 Siehe zuvor ausführlich sowie Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 240, 244 f. 243
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E. Personengesellschaften als abstrahierte Gesellschaftsformen
schaftsstruktur hiermit allein auf dem Gesamthandsprinzip, erscheint das Prinzip der Selbstorganschaft tatsächlich als ein „Definitionsmerkmal der Gesamthand“245. Dem ist zu widersprechen. Das Prinzip der Selbstorganschaft resultiert, sowohl unter Zugrundelegung der Gruppen- als auch der Vermögenlehre, aus der Wechselwirkung der höherrangingen Maxime der Unmöglichkeit der Selbstentmachtung246 und der Vorstellung von der unvollkommenen Ablösung der Gesellschaft von der individuellen Sphäre der Gesellschafter. Jeder Einzelperson kommt kraft ihrer Stellung als natürliche Person eine Rechtsmacht zu, die sie auch im Rahmen von Rechtsbeziehungen mit Dritten grundsätzlich nicht verliert. Während vollständig abstrahierte Gesellschaften eine eigene, von den Gesellschaftern unabhängige Rechtsmacht erlangen, die durch die eingesetzten Organe konkretisiert wird, handelt es sich bei Rechtsmacht von Personengesellschaften lediglich um eine Bündelung der individuellen Herrschaftssphären der Gesellschafter. Als rechtsfähige Vereinigung der Einzelpersonen („Gruppe“), die sich vom Gesellschafterkreis nicht vollständig gelöst hat, lebt die persönliche Rechtsmacht der Gesellschafter in der Verbindung weiter, denn es fehlt hier an einer „anderen“ Person, deren Herrschaft sich die Gesellschafter unterwerfen. Ihnen muss die aus der individuellen Sphäre ableitbare Leitungsmacht von vornherein verbleiben. Das Prinzip der Selbstorganschaft manifestiert sich dabei konkret in der Mitgliedschaft bzw. der Stellung als Vertragspartner des gemischt organisationsrechtlich-schuldrechtlichen Gesellschaftsvertrages, denn die individuelle Rechtsmacht jedes Einzelnen wird erst in der rechtsgeschäftlichen Verbindung mit den Mitgesellschaftern um die gesellschaftsrechtliche Komponente, das Recht und die Pflicht zur Geschäftsleitung, erweitert.247 Mit dem Gesamthandsprinzip hat dies hingegen nichts zu tun. Das wird umso deutlicher, wenn das vertragliche Grundverhältnis unabhängig von der Gesamthandsstruktur der Gesellschaft bewertet wird: Die dem Prinzip der Selbstorganschaft zugrundeliegende Leitidee ist auch in solchen Sachverhalten von Bedeutung, in denen, was allgemein für zulässig gehalten wird,248 entgegen der gesetzlichen Leitvorstellung eine BGB-Gesellschaft unter Vereinbarung von Miteigentum an den zur Verfolgung des gemeinsamen Zwecks gewidmeten Gegenständen gegründet wird. In diesen Fällen fehlt es an einer Verselbstständigung der Gruppe von den Gesellschaftern, eine Geschäftsleitung bzw. Vertretung, die im Sinne des Gesellschaftszwecks zu Gunsten bzw. Lasten der Vereinigung handeln kann, bleibt indes weiterhin erforderlich. Von Organen wird man in diesem Rahmen freilich nicht wirklich sprechen können. Die Grundsätze der fortgesetzten Entfaltung der individuellen Rechtsmacht sowie der Unmöglichkeit der vollständigen Selbstentmachtung 245
Weipert, in: EBJS, 3. Aufl. 2014, § 164 Rn. 2. Hadding/Kießling, in: Soergel, 13. Aufl. 2012, § 709 Rn. 22; grundlegend Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 240, 244 f. 247 Heidemann, Der zwingende oder dispositive Charakter des Prinzips der Selbstorganschaft bei Personengesellschaften, S. 9 f., 14 f., 17. 248 Flume, Gesellschaft und Gesamthand, ZHR 136/1972, S. 177 (177 f., 180, 190); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 59 IV 1. 246
I. Gesamthandsprinzip als Grundlage modernen Personengesellschaftsrechts
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(durch „Organe“249) greifen allerdings hier wie dort, sodass den Gesellschaftern auch in dieser Form der gesellschaftlichen Verbindung die Leitungsmacht verbleiben muss. Sie sind in diesem Rahmen ipso iure zur Geschäftsführung und Vertretung berechtigt und verpflichtet, sofern keine abweichende und zulässige Vereinbarung getroffen wird, und es ist ihnen verwehrt, ihre Rechtsmacht gänzlich auf Dritte zu übertragen. Das Prinzip der Selbstorganschaft ist daher, wie schon die Haftungsverhältnisse in Personengesellschaften, als Bestandteil eines übergeordneten Rechtsprinzips einzuordnen, welches sich im Gesellschaftsvertrag bzw. der konkreten Mitgliedschaft manifestiert, nicht aber „Definitionsmerkmal der Gesamthand“250 ist. Eine tiefergehende Auseinandersetzung mit dem zwingenden Charakter des Organmonopols der Gesellschafter sowie dem Prinzip der Selbstorganschaft soll freilich anderen Arbeiten251 vorbehalten bleiben. Für die hier untersuchte Fragestellung genügt die Feststellung, dass weder das Prinzip der Selbstorganschaft noch der Selbstverwaltungshoheit der Gesellschafter zwingend von der Vereinbarung der Gesamthand abhängig ist, vielmehr sind sie konkreter Ausfluss des Gesellschaftsvertrages bzw. der Mitgliedschaft. Die Anerkennung eines vollständig von der Idee der Gesamthand entledigten Personengesellschaftsrechts scheitert mithin nicht an diesen Aspekten. 6. Zusammenfassung: „Gesamthand“ keine taugliche oder notwendige Grundlage des heutigen Personengesellschaftsrechts Die zuvor aufgestellten Erwägungen lassen sich auf eine Kernaussage reduzieren: Entgegen der weit verbreiteten Annahme252 taugt das Gesamthandsprinzip nicht als Grundlage für das moderne Verständnis der Personengesellschaften. Ihre historischen Vorformen wiesen keine vergleichbare Verdichtung der Zusammenkunft hin 249
Zur Kritik an der Nutzung des Begriffs „Organe“ im Rahmen von Personengesellschaften m.w.N. Heidemann, Der zwingende oder dispositive Charakter des Prinzips der Selbstorganschaft bei Personengesellschaften, S. 2 f.; 11 ff. 250 Weipert, in: EBJS, 3. Aufl. 2014, § 164 Rn. 2. 251 So insbesondere Bergmann, Die fremdorganschaftlich verfasste offene Handelsgesellschaft, Kommanditgesellschaft und BGB-Gesellschaft als Problem des allgemeinen Verbandsrechts; und Heidemann, Der zwingende oder dispositive Charakter des Prinzips der Selbstorganschaft bei Personengesellschaften; kritisch schon K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 14 II 2 c); Beuthien, Konzernbildung und Konzernleitung kraft Satzung, JZ 1993, S. 1589 (1597 f.). 252 BGHZ 146, 341 ff. = NJW 2001, 1056 ff.; auch heute noch vgl. BGH NJW 2017, 547 = ZIP 2017, 122 Tz. 18; Schäfer, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2017, § 709 Rn. 1; Wertenbruch, in: EBJS, 3. Aufl. 2014, § 105 Rn. 12; Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 57, 68; Saenger, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 44 f.; als an den praktischen Bedürfnissen ausgerichtete Verwirklichung des Gesamthandsprinzips Schemmann, Rechts- und Parteifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, DNotZ 2001, S. 234 (235 f.).
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E. Personengesellschaften als abstrahierte Gesellschaftsformen
zu einer („zum Teil“) verselbstständigten und im Rechtsverkehr „als solcher“ uneingeschränkt wahrnehmbaren Einheit auf, der Gesetzeswortlaut ist mit der heutigen Auslegung des Gesamthandsprinzips nicht vereinbar, und unter gesetzessystematischen Gesichtspunkten spricht ebenfalls viel gegen eine der Gruppenlehre entsprechende Interpretation der Gesamthandslehre. Einige Aspekte mögen mit der Scheu der Verfasser des BGB vor einer wissenschaftlichen Auseinandersetzung zu erklären sein, doch ist mit diesem Verweis noch nicht beantwortet worden, warum einerseits bis heute keine klarstellende Anpassung des Gesetzestextes erfolgt ist und andererseits bedeutende Stimmen253 Abstand von der Interpretation der Personengesellschaften als Gesamthände nehmen. Nach richtiger Auffassung dient das gesamthänderische Prinzip der Schaffung eines Sondervermögens durch horizontale Bindungswirkungen, die rein vermögensrechtlicher Natur sind und losgelöst vom jeweiligen sozialen Kontext bewertet werden können. Unabhängig von der präferierten Theorie (Lehre von der ungeteilten Gesamtberechtigung bzw. Theorie der geteilten Mitberechtigung) ist gerade der Entzug der freien Verfügungsmöglichkeit über die einzelnen zum Gesamthandsvermögen gehörenden Gegenstände zentrale Aussage des Gesamthandsprinzips. Die Abkehr von § 903 BGB, nach welcher der Eigentümer mit seinem (Mit-)Eigentum grundsätzlich „nach Belieben verfahren“, d. h. auch frei darüber verfügen kann, stellt den Kern der Gesamthand, wie sie ihren Weg auch tatsächlich in das Gesetz gefunden hat, dar. In dieser Negierung eines Teilaspekts des Eigentums muss die „germanistische“ bzw. „deutschrechtliche“ Besonderheit der Gesamthand verstanden werden, welche das deutsche Recht von anderen Rechtskreisen so deutlich unterscheidet und ihm eigen ist. Ein „Mehr“, konkretisiert durch Annahme der vertikalen Segregation der Personengesellschaften, gibt die Gesamthand ohne Überdehnung ihrer Dogmatik nach hier vertretener Ansicht nicht her. Sie taugt demnach nicht als dogmatische Grundlage für das Personengesellschaftsrecht, wie es heute in Literatur254 und Rechtsprechung255 noch immer verstanden und angewendet wird.
253 U. a. Schäfer, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2017, § 705 Rn. 158 f.; Wertenbruch, in: EBJS, 3. Aufl. 2014, § 105 Rn. 61; Hadding/Kießling sehen im organisationsrechtlichen Element des Gesellschaftsvertrages die Grundlage für die Entstehung der übergeordneten Einheit, bezeichnen das Produkt indessen als „die Gesamthand“, in: Soergel, 13. Aufl. 2012, Vor § 705 Rn. 21. 24; Bälz, Organisationsvertrag und Gesamthand, in: Festschrift für Wolfgang Zöllner, S. 35 (40, 46, 48); Ulmer, Die Gesamthandsgesellschaft – ein noch immer unbekanntes Wesen?, AcP 198 (1998), S. 113 (128, 150); Schmidt, Die Personengesellschaft als Rechtsfigur des „Allgemeinen Teils“, AcP 2009, S. 181 (199); Wiedemann, Die Personengesellschaft – Vertrag oder Organisation?, ZGR 1996, S. 286 (288). 254 Wertenbruch, in: EBJS, 3. Aufl. 2014, § 105 Rn. 12 (indessen widersprüchlich: § 105 Rn. 61); Saenger, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 44 f. 255 Aktuell erst BGH NJW 2017, 547 = ZIP 2017, 122 Tz. 18.
I. Gesamthandsprinzip als Grundlage modernen Personengesellschaftsrechts
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Rechnet man hingegen die verselbstständigende Wirkung nicht dem Gesamthandsprinzip, sondern dem organisationsrechtlichen Charakter des Gesellschaftsvertrages zu,256 fragt sich, welchen Sinn die §§ 714, 718, 719, 738 BGB und § 736 ZPO erfüllen, schließlich soll das in diesen Normen zum Ausdruck kommende Gesamthandsprinzip nach Vorstellung des historischen Gesetzgebers zur Grundlage der Gesellschaft bürgerlichen Rechts sowie ihrer handelsrechtlichen Erscheinungsformen (vgl. §§ 105 Abs. 3, 161 Abs. 2 HGB) werden. Die Verfasser des BGB wollten die wissenschaftliche Aufarbeitung dieses Prinzips der Rechtsprechung und Literatur überlassen,257 von einer Schaffung einer neuen bzw. damit kaum vereinbaren Grundstruktur war hingegen nicht die Rede. Beruht die Entstehung der rechtsfähigen Einheit „Gesellschaft“ auf dem Organisationsvertrag und nicht dem Gesamthandsprinzip, verliert letzteres im Rahmen des Personengesellschaftsrechts tatsächlich jegliche Bedeutung. Während in Innengesellschaften das Vermögen einem der Beteiligten gänzlich zugewiesen ist, beruht die Vermögensordnung in den Außengesellschaften auf der durch den Organisationsvertrag erlangten Selbstständigkeit der Gesellschaft. Für die Heranziehung gesamthänderischer Eigenheiten besteht kein wirklicher Bedarf und sie erscheint als angestrengter Versuch, von der Rechtswirklichkeit überwundene Grundstrukturen künstlich am Leben zu halten. Gleichzeitig weisen die Personengesellschaften keine Eigenschaften auf, die eine Heranziehung des Gesamthandsprinzips zwingend erforderlich machen. Während die Haftungsverhältnisse auf einen vorgesetzlichen Grundsatz zurückgehen, lässt sich die Personenabhängigkeit mit Hilfe entsprechender Klauseln im Gesellschaftsvertrag bzw. einer entsprechenden gesetzgeberischen Entscheidung de lege ferenda auf Basis einer abweichenden Gesellschaftsstruktur ebenfalls konstruieren. Das Prinzip der Selbstorganschaft sowie das daran nachrangig anknüpfende Selbstverwaltungsmonopol der Gesellschafter beruht hingegen auf der Wechselwirkung der fehlenden Möglichkeit zur Selbstentmachtung und der Vorstellung von der fehlenden Loslösung der Gesellschaft von ihren Gesellschaftern. Eine Heranziehung der Gesamthand ist zu keiner Zeit zwingend erforderlich, sondern erschwert mangels fester Leitlinien eine saubere und den modernen Sichtweisen entsprechende Aufarbeitung des Personengesellschaftsrechts. Im heute weiter professionalisierten Wirtschaftsverkehr scheint eine Überarbeitung des Personengesellschaftsrechts geboten.
256
Schäfer, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2017, § 705 Rn. 158 f.; Wertenbruch, in: EBJS, 3. Aufl. 2014, § 105 Rn. 61 (vgl. aber § 105 Rn. 12: Gesamthand als Grund für die Rechts- und Parteifähigkeit der Gesellschaft); Hadding/Kießling, in: Soergel, 13. Aufl. 2012; Bälz, Organisationsvertrag und Gesamthand, in: Festschrift für Wolfgang Zöllner, S. 35 (40, 46, 48); Ulmer, Die Gesamthandsgesellschaft – ein noch immer unbekanntes Wesen?, AcP 198 (1998), S. 113 (128, 150); Schmidt, Die Personengesellschaft als Rechtsfigur des „Allgemeinen Teils“, AcP 2009, S. 181 (199). 257 Mugdan, Die gesammelten Materialien zum Bürgerlichen Gesetzbuch für das Deutsche Reich, S. 990 (Protokolle S. 2439).
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E. Personengesellschaften als abstrahierte Gesellschaftsformen
II. Versuch einer strukturellen Aufarbeitung des Personengesellschaftsrechts auf Grundlage der Anschauungen des modernen Rechtsverkehrs Die Entwicklung der Personengesellschaften von der Vorstellung eines engen Verbundes weniger Personen, dem nach außen hin nur begrenzt eine selbstständige Stellung beigemessen wurde, zu den nach heutiger Auffassung weitgehend verselbstständigten, rechtsfähigen Personenvereinigungen ist keinesfalls nur Ergebnis eines theoretischen Streites, sondern bildet die tatsächlichen Anschauungen des Rechtsverkehrs von diesen Vereinigungsformen ab. Die Persönlichkeiten der Gesellschafter treten im modernen Rechtsverkehr in tatsächlicher Hinsicht in den Hintergrund und werden regelmäßig erst in Fällen der Nichterfüllung von Verträgen aufgrund ihrer persönlichen Haftung aus den Schatten der übergeordneten Gesellschaft treten. Unabhängig von der Vereinbarkeit mit dem Gesetz ist die heute herrschende Lehre mit ihren trivialisierenden Ergebnissen unstrittig fähig, die Bedürfnisse der Praxis nach einer handhabbaren und rechtlich leicht zugänglichen Gesellschaftsform zu befriedigen. Verlangt die Umschreibung und Aufarbeitung gesamthänderischer Strukturen im Detail bereits der Rechtswissenschaft erheblichen Kraft- und Zeitaufwand ab, kann diese Denkarbeit vom durchschnittlichen Wirtschaftsteilnehmer kaum verlangt werden. Dies mag für die praktische Anwendung streng genommen gewiss nicht immer erforderlich sein, denn das Gesetz erfüllt schon jetzt mit seinem weiten Wortlaut eine leitende Funktion, durch welchen problematische Sachverhalte meist in die korrekten Bahnen gelenkt werden. Ob eine Handelsgesellschaft selbst rechtsfähig und damit Gläubiger bzw. Schuldner ist oder die Gesellschafter gesamthänderisch gebundene Träger eines Sondervermögens sind, spielt im Ergebnis keine Rolle, sofern die Geschäftsführer unter der Firma der Gesellschaft aufgetreten sind. Das Gesetz nutzt die Kraft der Worte, um dogmatische Strukturen zu umhüllen und für jeden nutzbar zu machen. Ein rechtliches Konstrukt, noch dazu ein so bedeutendes wie jenes der Personengesellschaften, muss aber gleichfalls einer rechtlich detaillierten Analyse standhalten können. Nach dem hier vertretenen Ansatz ist dies nicht mehr der Fall: Die Anschauungen des Rechtsverkehrs mitsamt den daraus gezogenen rechtlichen Schlussfolgerungen auf der einen und die dogmatische Aufarbeitung auf der anderen Seite fallen unlösbar auseinander. Dieser Umstand darf indessen nicht dazu verleiten, an einem den Bedürfnissen des Rechtsverkehrs widerstrebenden Rechtsfundament festzuhalten. Errungenschaften, welche die Gruppenlehre zu erfassen versucht haben, dürfen nicht voreilig aufgegeben werden, denn sie entsprechen den Bedürfnissen der Normadressaten. Das Gesetz hat die Aufgabe, veränderte Gegebenheiten zu erkennen und in eine sachgemäße Gesetzesform zu gießen. Es dient der Erfassung, Aufarbeitung und Systematisierung tatsächlich gelebter Strukturen und soll nur dann korrigierende und womöglich unpopuläre Anordnungen treffen, wenn übergeordnete Belange des Rechtsverkehrs bzw. der Allgemeinheit das verlangen. Die Grenzen der (ungeschriebenen) Rechtsschöpfung bzw. der noch zulässigen
II. Versuch einer strukturellen Aufarbeitung des Personengesellschaftsrechts
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Normauslegung dürfen hierbei allerdings nicht überschritten werden. Eine diesen Ansprüchen gerecht werdende Erfassung des Personengesellschaftsrechts muss den Vorstellungen der Rechtsanwender Beachtung schenken, um den an sie gestellten Ansprüchen gerecht zu werden, andererseits Widersprüche in ihren Aussagen und Rechtsfolgen zu vermeiden. Diese an ein kohärentes Personengesellschaftsrecht gestellten Anforderungen sind bei fortgesetzter Anwendung der bisher gehandhabten Methodik unmöglich in Einklang zu bringen: Der Wortlaut des Gesetzes muss als Faktum berücksichtigt werden. Er kann, entgegen der Handhabe der (Außen-)Personengesellschaften durch die herrschende Gruppenlehre, nicht ohne entsprechende Entscheidung des Gesetzgebers blindlings übergangen werden. Die §§ 705 ff. BGB sind Ausdruck einer legislativen Intention. Das tatsächlich gehandhabte Recht der rechtsfähigen (Außen-) Personengesellschaften entspricht hingegen den Vorstellungen und Anschauungen der Rechtspraxis, hat sich allerdings von der im Gesetz angelegten Idee der gesamthänderischen Grundstruktur vollständig gelöst und lässt sich mit dem Wortlaut des geschriebenen Rechts nicht in Einklang bringen. Eine Personengesellschaftssystematik, welche die soeben beschriebenen Voraussetzungen erfüllt, lässt sich auf Basis der aktuellen Rechtslage ausschließlich im Wege der Anerkennung und Ausarbeitung einer „Aufspaltung“ des Personengesellschaftsrechts durchführen. Infolgedessen wird man neben „echten“ Gesamthands(-BGB-)Gesellschaften, die entsprechend dem Wortlaut als primär schuldrechtliche Sozietäten mit lediglich gesamthänderisch gebundenem Sondervermögen im Sinne der klassischen Vermögenslehren ausgestaltet sind, die Existenz eines weitgehend vom Gesetzeswortlaut unabhängigen, autarken Rechts rechtsfähiger „unternehmenstragender Personengesellschaften“ („Außen“-BGB-Gesellschaft, offene Handelsgesellschaft und Kommanditgesellschaft) anerkennen müssen, welches die Errungenschaften der heute herrschenden Dogmatik unter Erhalt der Kongruenz des Gesetzeswortlauts in sich vereint. Das Gesamthandsprinzip kommt bei ihnen nicht zur Anwendung. Die Hinwendung zu einem geteilten Modell des Personengesellschaftsrechts, dessen „praxisorientierte“ Ausprägung sich von der Idee der Gesamthand ohne Scheu löst und die Entstehung (übergeordneter,) rechtsfähiger Vereinigungen als systemimmanente Eigenheit des Gesellschaftsrechts begreift, bei der im Wege privatautonom gelebter Willkür abstrahierte Strukturen geschaffen werden, ist fähig, die Personengesellschaften stimmig und praxisgerecht zu erklären. Auf Grundlage dieses Ansatzes soll letztlich die von dieser Arbeit eigentlich aufgeworfene Frage neu bewertet werden. 1. Terminologische Vorüberlegungen Um eine Vertiefung der „Begriffsverwirrung“258 im Personengesellschaftsrecht zu vermeiden, ist die verwendete Terminologie vorab festzulegen. Nach dem hier 258
Beuthien, Zur Begriffsverwirrung im deutschen Gesellschaftsrecht, JZ 2003, S. 715.
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E. Personengesellschaften als abstrahierte Gesellschaftsformen
vertretenen und im Folgenden zu erörternden Ansatz ist zwischen „einfachen“ bzw. „schlichten“ Personengesellschaften – mangels Möglichkeit des kaufmännischen Zuschnitts konkreter formuliert: zwischen „einfachen“ bzw. „schlichten“ Gesellschaften bürgerlichen Rechts – im Sinne der §§ 705 – 740 BGB und den „unternehmenstragenden (Außen-)Personengesellschaften“ auf Grundlage einer vom Gesetzeswortlaut weitgehend losgelösten und eigenständigen Dogmatik zu unterscheiden. Die Trennung nach „einfachen“ bzw. „schlichten“ und „unternehmenstragenden“ Personengesellschaften bzw. BGB-Gesellschaften macht die dogmatische Separierung unter Verknüpfung mit bekannten Vorstellungen und Interpretationen hinreichend deutlich. Die Einführung neuer Begrifflichkeiten würde die Gemeinsamkeiten, welche diese beiden Formen trotz vorhandener Unterschiede auch nach dem hier zu entwickelnden Ansatz haben, verwischen und entgegen des verfolgten Zieles müßige Unstimmigkeiten zur Folge haben. Zu den „einfachen Personengesellschaften“ sind neben den dem gesetzlichen Normalfall entsprechenden und hier interessierenden Gesamthandsgesellschaften bürgerlichen Rechts alle BGB-Gesellschaften unter Vereinbarung von Bruchteilsvermögen zu subsumieren. Letztere sollen mangels Veränderungen zum bisherigen Verständnis und tatsächlichen Nutzen für diese Arbeit nur am Rande problematisiert werden. Zu den „unternehmenstragenden Personengesellschaften“ zählen hingegen neben den umfassend rechtsfähigen BGB-Gesellschaften, die in einem relevanten Rahmen erwerbswirtschaftlich tätig werden, ohne die Schwelle des § 105 Abs. 1 HGB i.V.m. §§ 6 Abs. 1; 1 Abs. 1 HGB zu überschreiten, offene Handelsgesellschaften sowie Kommanditgesellschaften, die insofern eine Leitbildfunktion für die rechtliche Erfassung ihrer Grundform erfüllen. Darin ist kein Widerspruch zu sehen, sondern der eigenwilligen Entwicklung des Personengesellschaftsrechts geschuldet, welches sich de facto an den Personenhandelsgesellschaften orientiert hat. Insofern möchte diese Arbeit bereits bestehende Ansichten auf ein dogmatisch sauberes Grundgerüst stellen. Daneben rücken reine Innengesellschaften sowie stille Gesellschaften aus dem Fokus der Bearbeitung, da sie für die hier vertretenen Thesen nur von untergeordnetem Belang sind. Für ihre strukturelle Aufarbeitung kann ohne weiteres auf die bereits vorhandenen Arbeiten259 verwiesen werden. Die vorgenommene terminologische Unterscheidung darf nicht mit bloßem Hinweis auf die praktischen Schwierigkeiten bei der Einordnung von BGB-Gesellschaften als „einfache“ oder „unternehmenstragende“ Gemeinschaften angegriffen werden.260 Fehlt eine ausdrückliche, diesbezügliche Regelung im Gesellschaftsvertrag, ist es zwar tatsächlich nicht leicht, eine Abgrenzung im konkreten 259 Insbesondere K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 61 (Innengesellschaften) und § 62 (zur stillen Gesellschaft), jeweils mit weiteren Nachweisen; Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 4 ff., 47 f.; Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht, 6. Aufl., S. 110 ff.; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, S. 17 ff. 260 Siehe hierzu ergänzend unten S. 319 ff.
II. Versuch einer strukturellen Aufarbeitung des Personengesellschaftsrechts
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Fall vorzunehmen, denn auch einfache BGB-Gesellschaften können, zumindest unter Rechtsscheingesichtspunkten, unter einer einheitlichen Bezeichnung auftreten und gewisse erwerbswirtschaftliche Handlungen vornehmen. Diese Ungereimtheiten sind als Folge des faktischen Verselbstständigungsprozesses im Recht der unternehmenstragenden Personengesellschaften hinzunehmen. Neu sind diese Abgrenzungsschwierigkeiten aber keinesfalls. So variiert nach Auffassung des BGH das Verhältnis der Gesellschafter zur Gesellschaft bzw. die Bedeutung des einzelnen Mitglieds bei Handeln der Gesellschaft mit dem jeweils verfolgten Gesellschaftszweck.261 Man mag auf die hier angeregte Terminologie verzichten, begegnet de lege lata gleichwohl erheblichen (Abgrenzungs-)Hindernissen, lediglich in abweichender Couleur. Die Einführung der zuvor dargestellten Bezeichnungen als klarstellende Terminologie erscheint unter diesem Gesichtspunkt gangbar. 2. Die einfache Gesellschaft bürgerlichen Rechts Das moderne (Außen-)Personengesellschaftsrecht ist mit dem Wortlaut des Gesetzes unvereinbar und muss als vom Gesamthandsprinzip losgelöste, unabhängige und eigenständige Rechtsmaterie betrachtet werden. Die rechtliche Grundlage unternehmenstragender Personengesellschaften ist demnach nicht vollständig in den §§ 705 ff. BGB abgebildet, sondern muss erst aus den in Literatur und Rechtsprechung entwickelten Vorstellungen und Grundsätzen herausgearbeitet werden. Der als geschlossen gedachte Regelungskatalog der §§ 705 ff. BGB hat damit aber keineswegs seinen Bedeutungsgehalt verloren: Er dient nach dem hier vertretenen Ansatz als Rechtsfundament der schlichten bzw. einfachen BGB-Gesellschaft. Deren Grundzüge werden im Folgenden dargestellt. a) Zuschnitt und Abgrenzungsfragen Schlichte Personengesellschaften finden sich nach hier vertretenem Ansatz hinsichtlich Ausrichtung und Geschäftsumfang am unteren Ende der Gesellschaftshierarchie wieder. Ihr Zuschnitt entspricht, von den vermögensrechtlichen Besonderheiten abgesehen, weitgehend dem Leitbild schuldrechtlich einzuordnender Sozietäten. Unter ihre Struktur werden in aller Regel Gelegenheits- und Zufallsgesellschaften des täglichen Lebens zu subsumieren sein, denen es an einer umfangreicheren Ausrichtung hinsichtlich zeitlicher sowie erwerbswirtschaftlicher Zielsetzung fehlt und eine Verselbstständigung mangels umfassender Berührungspunkte mit dem Rechtsverkehr nicht dienlich erscheint. Dementsprechend sind die Anforderungen an ihre Entstehung niedrig anzusetzen. Erforderlich ist der Konsens der Beteiligten zur Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks, wobei Vermögenswerte eingesetzt werden sollen bzw. die Entstehung vermögensrelevanter Dispositionen nicht ausgeschlossen werden kann, die speziell zwecks Erreichens der vereinbarten 261
BGH NJW 2017, 547 = ZIP 2017, 122, Tz. 50.
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E. Personengesellschaften als abstrahierte Gesellschaftsformen
Ziele vor vereinbarungswidrigen Dispositionen geschützt werden müssen. Es genügt jede dahingehende Überstimmung voluntativer und kognitiver Elemente, die am Maßstab der Laiensphäre zu messen sind. Als Ausfluss der Privatautonomie bleibt es freilich möglich, ihre Struktur bewusst zur Ausübung der gemeinschaftlichen Tätigkeit zu wählen, obwohl dies im Hinblick auf die konkrete Zielsetzung der Gesellschaft widersinnig erscheint. Die Wahlfreiheit der Gesellschafter stößt nur in solchen Fällen an ihre Grenzen, wenn der Zuschnitt der Vereinigung die Schwelle des § 1 Abs. 2 HGB i.V.m. § 6 Abs. 1 HGB überschreitet. In diesem Fall entsteht ipso iure eine unternehmenstragende Personengesellschaft in Form der oHG, vgl. § 105 Abs. 1 HGB. Da offene Handelsgesellschaft und Kommanditgesellschaft mit Ausnahme der in § 105 Abs. 2 HGB geregelten Grenzfälle stets Träger eines Unternehmens sind, beschränkt sich die Abgrenzungsproblematik von einfachen gegenüber unternehmenstragenden Personengesellschaften auf die Unterscheidung von (schlichten) Gesamthands-BGB-Gesellschaften und den verselbstständigten und rechtsfähigen Gesellschaften bürgerlichen Rechts. Wie bereits zuvor262 angesprochen, ermöglicht die Materie keine trennscharfe Abgrenzung beider Strukturen, doch hat die Praxis schon in anderen Fällen (z. B. zur Bestimmung der Art oder Weise des Geschäftsbetriebs im Sinne des § 1 Abs. 2 HGB) mit sensiblen Einzelfallentscheidungen ein gutes Gespür für angemessene Lösungsansätze gezeigt. Nach hier vertretener Auffassung muss diese Unsicherheit als Folge der weitgehenden Loslösung des Personengesellschaftsrechts für unternehmenstragende BGB-Gesellschaften de reale lege lata hingenommen werden. Sofern ausdrückliche Festlegungen bzw. Vorstellungen fehlen, ist für eine sachgemäße Abgrenzung insbesondere auf das Maß der wirtschaftlichen Betätigung zu achten. Im Gegensatz zu den schlichten BGB-Gesellschaften sind rechtsfähige Gesellschaften bürgerlichen Rechts regelmäßig auf eine umfangreichere Teilnahme am Rechtsverkehr ausgelegt, die eine Zentrierung auf die Gesellschaft als wahrnehmbare Einheit sinnvoll macht. Insbesondere die Nutzung einer einheitlichen Bezeichnung, hinter der die Persönlichkeiten der einzelnen Gesellschafter im Austausch mit Dritten zurücktreten und durch deren Nutzung die Leitungsorgane im Rechtsverkehr den Willen suggerieren, für die Gesellschaft selbst als „anderes“ Zuordnungsobjekt handeln zu wollen, spricht für das Vorliegen einer unternehmenstragenden BGB-Gesellschaft. Ebenso muss die zeitliche Komponente zur Scheidung der Gesellschaftsform fruchtbar gemacht werden, denn die Beteiligten bloßer Zufalls- bzw. Gelegenheitsgesellschaften richten ihre rechtliche Verbundenheit meist an konkreten, zeitlich beschränkten Ereignissen oder kurzzeitigen Sachverhalten aus. Soll die Zusammenkunft hingegen nach der Vorstellung der Gesellschafter einem gemeinsamen Zweck im Sinne einer verstetigten Zusammenarbeit unter Verwendung eines gemeinsamen Vermögens dienen, spricht vieles für die Entstehung einer unternehmenstragenden Gesellschaft, bei der aufgrund der klaren Trennung der (Vermögens-)Sphären von Mitgliedern und der 262
Siehe oben S. 316 ff.
II. Versuch einer strukturellen Aufarbeitung des Personengesellschaftsrechts
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Gesellschaft die in letzterer verfangenen Werte leichter bestimmt werden können. Die in Grenzfällen verbleibenden Unklarheiten sind der Materie geschuldet, im Ergebnis wird eine trennscharfe Unterscheidung oftmals unterbleiben können, denn beide Formen der BGB-Gesellschaft stimmen in haftungsrechtlicher Hinsicht und damit aus der regelmäßig einzig relevanten Sicht der Gesellschaftsgläubiger überein.263 Die Gesellschafter müssen nach beiden strukturellen Ansätzen persönlich für die im Namen der Gemeinschaft eingegangen Verbindlichkeiten in voller Höhe aufkommen. b) Rechtliche Ausgestaltung im Einzelnen aa) Der Gesellschaftsvertrag als schuldrechtliches Rechtsverhältnis Im Gegensatz zur unternehmenstragenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts ist die einfache BGB-Gesamthandsgesellschaft weitgehend im Einklang mit der traditionellen Vermögenslehre264 zu verstehen. Die Vorteile dieses Ansatzes wurden bereits zuvor ausführlich offengelegt: Auf Grundlage des vermögensrechtlichen Ansatzes lässt sich die schlichte BGB-Gesellschaft im Einklang mit dem Wortlaut des Gesetzes sowie unter Erhalt der Gesetzessystematik konstruieren. Die Strukturen der drei im BGB geregelten Gesamthandsgemeinschaften können auf diese Weise weitgehend im Gleichlauf dargestellt werden. Beschränkt sich das Gesamthandsprinzip primär auf den vermögensrechtlichen Aspekt der Gesellschaft, stehen die übrigen Aspekte der Gesamthandsgemeinschaften einer individuellen rechtlichen Bewertung offen: Im Rahmen der Gesellschaft schließen die Gesellschafter mit dem Gesellschaftsvertrag (vgl. § 705 BGB) einen primär schuldrechtlichen Vertrag ab, dem keine die Gesellschaft verselbstständige Wirkung beizumessen ist. Er begründet als mehrdimensionales Rechtsverhältnis zwischen den Beteiligten zwar einen „Verband“, dieser ist „als solcher“ aber nicht rechtsfähig, sondern allein Ausdruck der Koordinierung des Handelns der Gesellschafter unter Berücksichtigung des vereinbarten Zwecks. Die organisationsrechtlichen Elemente beschränken sich auf die Festlegung der Geschäftsführungs- und Vertretungsbefugnisse, ohne eine (verselbstständigende) Auswirkung auf die Struktur der Gesellschaft zu haben. bb) Zum Wechsel der Gesellschafter, Einheit der Mitgliedschaft Der Wechsel von Gesellschaftern, der unter Anerkennung der Disponibilität des § 719 Abs. 1 S. 1 H.S. 1 BGB – zwecks Erhalt des zwingenden Gleichlaufs von Gesellschafterstellung und Vermögensbeteiligung – möglich bleibt, ist wegen des schuldrechtlichen Charakters des Grundverhältnisses konsequent als Vertragsüber-
263 264
Siehe hierzu im Folgenden S. 321 f. und 366 f. Vgl. hierzu auch ausführlich oben S. 45 ff.
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E. Personengesellschaften als abstrahierte Gesellschaftsformen
nahme265 im Sinne der §§ 398, 413, 414 ff., 415 BGB zu verstehen. Diese Annahme schränkt die Handhabbarkeit der einfachen BGB-Gesellschaft freilich ein. Unter Berücksichtigung des Zuschnitts der Gesamthandsgesellschaft kann dies indessen hingenommen werden, denn hier wird es in der Regel am Bedürfnis nach einem flexiblen Gesellschafterkreis mangeln. Die allgemeinen Prinzipien des Schuldrechts266 greifen wegen des schuldrechtlichen Charakters des Gesellschaftsvertrages in allen Fällen der Gesellschafterbewegungen ein: Mangels Ablösung von den Gesellschaftern erlischt das Rechtsverhältnis im Fall der Vereinigung aller Gesellschafterbeteiligungen auf nur eine Person infolge Konfusion. Im Rahmen eines Vertragsverhältnisses können die Gesellschafter nicht zugleich Gläubiger- und Schuldnerstellung einnehmen. Aus diesem Grund ist die Mitgliedschaft zudem stets einheitlich, eine mehrfache Beteiligung ist nicht möglich. Die Übernahme von Beteiligungen anderer Gesellschafter hat die Verschmelzung von alter und neuer Vertragsbeteiligung zur Folge, der Gesellschafter bleibt lediglich einfacher Vertragspartner des Gesellschaftsvertrages. EinmannGesellschaften sind wie der Erwerb eigener Anteile mangels Abstraktion des Gesellschaftsverhältnisses und der Gesellschaft strukturell in einfachen BGB-Gesellschaften nicht möglich. cc) Vermögensträgerschaft Träger des Vermögens ist mangels Entstehung nicht die Vereinigung als solche, sondern sind die einzelnen Gesellschafter, die dinglich unmittelbar am Gesellschaftsvermögen beteiligt sind. Ihre Verfügungsbefugnis ist aufgrund des Gesamthandsprinzips beschränkt: Eine Verfügung über ihre Anteile an einzelnen Gegenständen oder dem Anteil am Vermögen im Gesamten ist nach § 719 Abs. 1 BGB grundsätzlich nicht möglich. Im Rahmen dieser Arbeit kann die Frage unentschieden bleiben, ob die Gesellschafter im Sinne der ungeteilten Gesamtberechtigung oder nach der Theorie der geteilten Mitberechtigung an den einzelnen zur Vermögensmasse gehörenden Gegenständen beteiligt sind.267 Beide Ansätze können als Besonderheit des deutschrechtlichen Gesamthandsprinzips aufgefasst und damit für zulässig erachtet werden:268 Unter Zugrundelegung der Theorie der ungeteilten Gesamtberechtigung durchbricht die Gesamthand den Grundsatz der eindeutigen Zuordnungsbeziehung subjektiver Rechte, bei Annahme einer Beteiligung im Sinne der geteilten Mitberechtigung ist den Gesellschaftern entgegen den Grundsätzen zum 265 BGHZ NJW 1986, 2108, 2110 = ZIP 1986, 900, 902; BGH NJW 2012, 1718 (m. Anm. Heinig) = JR 2013, 358 Tz. 31 ff.; Roth/Kieniger, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2016, § 398 Rn. 4. 266 So heute allgemeine Auffassung für Personengesellschaften auf Grundlage der Gruppenlehre, vgl. Schäfer, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2017, § 156 f. 267 Siehe hierzu schon oben S. 202 ff. 268 „Spezifisch gesamthänderische Zuständigkeitsform“, vgl. Martinek, Repräsentantenhaftung, S. 78.
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(Mit-)Eigentum die individuelle Verfügungsbefugnis kraft Gesetzes entzogen.269 Die Gesamthand ist auf dieser Basis „ein gegen die Bruchteilsgemeinschaft abzugrenzendes, weil der gesamthänderischen Bindung unterworfenes Zuordnungsmodell gemeinschaftlichen Habens“270. In beiden Fällen verliert ein austretender Gesellschafter seine unmittelbare dingliche (Mit-)Berechtigung an den Gesellschaftsgegenständen, welche nach § 738 Abs. 1 S. 1 BGB im Wege der Anwachsung den verbleibenden Gesellschaftern zufällt und deren verhältnismäßige Beteiligung erhöht. Umgekehrt verringert sich im Fall des Zutritts von neuen Gesellschaftern die Vermögensträgerschaft der Altgesellschafter anteilig zugunsten des Neumitglieds. dd) Einheitliche Bezeichnung der Gesellschafter Die Ablehnung der Entstehung einer selbstständig wahrnehmbaren, von den Mitgliedern unabhängigen und rechtsfähigen Gesellschaft hindert die Gesellschafter nicht daran, in Beziehung zu Dritten eine einheitliche Bezeichnung zu nutzen, um den Rechtsverkehr zu erleichtern. Sie ist nicht Name der Gesellschaft, sondern gesellschaftsrechtlicher Name der beteiligten Personen: Sie dient, insbesondere in Fällen der vereinbarten Einzel- oder Alleinvertretung, der vereinfachten Beschreibung einer Mehrheit von Personen, indem ihre Nutzung eine unmittelbare Beziehung zwischen den Gesellschaftern und Dritten herstellt.271 Die aus dem Fehlen der Registerpublizität für BGB-Gesellschaften resultierende Gefahr der Verschleierung der eigentlichen Gesellschaftsträger besteht unter Anwendung der heute herrschenden Dogmatik im gleichen Maße. Sie darf nicht als Einwand gegen den hier vertretenen Ansatz erhoben werden. Scheuen Dritte das Risiko, welches mit der Verwendung einer anonymisierenden Bezeichnung einhergeht, bleibt es ihnen vorbehalten, die Offenlegung des Gesellschafterkreises zu verlangen, dem der geschäftsführende Gesellschafter freilich nicht nachkommen muss. ee) Prozessualer und vollstreckungsrechtlicher Überblick Die schlichte BGB-Gesellschaft ist als solche nach hiesigem Ansatz konsequenterweise nicht parteifähig. Rechtsstreitigkeiten, die ihren Grund im Gesellschaftsverhältnis haben, werden mangels Existenz einer übergeordneten Gesellschaft stets zwischen den Mitgliedern als Parteien des Vertragsverhältnisses ausgefochten. Das betrifft einerseits Fragen über das Bestehen oder Nichtbestehen einer 269 Wegen der Unteilbarkeit subjektiver Rechte spricht indessen viel für die Theorie der geteilten Mitberechtigung, vgl. schon oben S. 202 ff. 270 K. Schmidt, Die Personengesellschaft als Rechtsfigur des „Allgemeinen Teils“, AcP 2009, S. 181 (199); Gesamthand als Sondervermögensmodell: Wiedemann, Rechtsverhältnisse der BGB-Gesellschaften zu Dritten (WM Sonderbeilage Nr. 4), WM 1994, S. 4 (5). 271 So auch schon Beuthien, Zur Begriffsverwirrung im deutschen Gesellschaftsrecht, JZ 2003, S. 715 (715) als Anhänger der klassischen Vermögenslehre betreffs der Firma offener Handelsgesellschaften. Vgl. auch oben S. 209.
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bestimmten Mitgliedschaft im Ganzen wie auch einzelner hieraus resultierender Rechte oder Pflichten. Klagen Dritter, die das gemeinschaftliche Vermögen betreffen, sind trotz aller Schwierigkeiten272 gegen alle Gesellschafter als notwendige Streitgenossen zu führen. Im Ergebnis ist damit hinsichtlich der einfachen BGBGesellschaften zur früheren Rechtsprechung zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts zurückzukehren.273 Die hiermit verbundenen Probleme relativieren sich im Hinblick auf den gewöhnlichen Zuschnitt der einfachen BGB-Gesellschaft, in dem der Gesellschafterkreis überschaubar und oftmals persönlich verbunden ist. Die Pfändung des Anteils am Gesellschaftsvermögen bzw. dem Anteil an allen dazugehörigen Gegenständen durch einen Gläubiger eines Gesellschafters gibt diesem, als Folge des unabdingbaren Gleichlaufs von Beteiligung im (schuldrechtlichen) Gesellschaftsvertrag und der unmittelbaren vermögensrechtlichen Beteiligung, die Befugnis, die Gesellschaft zu kündigen, vgl. § 725 BGB. Zur Zwangsvollstreckung in das nach §§ 718, 719 BGB gebundene Vermögen ist entsprechend dem klaren Wortlaut des § 736 ZPO ein Urteil gegen alle Mitglieder der einfachen BGB-Gesellschaft erforderlich.274 Nur im Verbund realisiert sich die für die Vollstreckung erforderliche umfassende Befugnis am Gesellschaftsvermögen, die das Gesamthandsprinzip den Gesellschaftern zur Gemeinschaft zuweist. Eine flexible Auslegung dieser Norm, wie es die heute herrschende Dogmatik der Gruppenlehre erfordert, erübrigt sich.275 3. Die unternehmenstragenden Personengesellschaften Neben den einfachen Personengesellschaften bzw. Gesellschaften bürgerlichen Rechts, deren Struktur im Einklang mit dem Gesetzeswortlaut unter Vermeidung von Überinterpretationen zu verstehen ist, existieren nach hier vertretener Auffassung, als Ergebnis der weitgehenden Verselbstständigung und Fortentwicklung der „Gruppenlehre“ in Literatur und Rechtsprechungspraxis, Personengesellschaftsformen, deren Grundgerüst sich von dem im Gesetz abgebildeten Typus der Personengesellschaften tatsächlich losgelöst hat. Sie unterscheiden sich hinsichtlich ihrer rechtlichen Eigenschaften erheblich von den zuvor skizzierten „einfachen 272 Vgl. die Erwägungen des BGH im Urteil „ARGE Weißes Ross“, BGHZ 146, 341, 348 ff. = NJW 2001, 1056, 1068. 273 Insofern entspricht dieser Ansatz der früheren Rechtsprechung des Reichsgerichts sowie des BGH zu den Personengesellschaften, vgl. RGZ 91, 412, 413; BGHZ 30, 195, 198 f. = NJW 1959, 1683, 1684 f.; BGH NJW 1990, 867 = ZIP 1990, 715, 716. 274 BGH NJW 1967, 821, 822; so auch noch im Rahmen des Urteils zur Scheckfähigkeit der GbR, vgl. BGHZ 136, 254, 258 = NJW 1997, 2754, 2755; nach Saenger hat die Möglichkeit, nach Anerkennung der Rechtsfähigkeit der GbR mit einem Titel gegen die Gesellschaft selbst in das Gesellschaftsvermögen zu vollstrecken, den ursprünglichen Inhalt des § 736 ZPO nicht verdrängt, sondern lediglich eine alternative Vorgehensweise für Gläubiger in der Zwangsvollstreckung geschaffen, vgl. Hk-ZPO, 7. Aufl. 2017, § 736 Rn. 1. 275 Vgl. zur früheren Auslegung sowie zum umfassenden Interpretationswechsel nach der Rechtsprechungsänderung von 2001, Heßler, in: MüKoZPO, 5. Aufl. 2016, § 736 R. 1 ff.
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Personengesellschaften“ bzw. „einfachen Gesellschaften bürgerlichen Rechts“. Erkennt man diese These an, ist es möglich, eine eigenständige, den Ansprüchen der Praxis genügende Grundlage der „unternehmenstragenden Personengesellschaften“ zu schaffen, ohne den Wortlaut des jetzigen Gesetzes über das zulässige Maß hinaus zu dehnen. Die Anerkennung eines solchen eigenständigen Rechts der unternehmenstragenden Personengesellschaften ist die konsequente und logische Fortschreibung der bisherigen Entwicklungen zum Personengesellschaftsrecht, deren rechtliche Bewertung stets an praktischen Bedürfnissen und Vorstellungen der Praxis orientiert war. Es wird in der Folge weiter ausgearbeitet. In Anbetracht des Themenzuschnitts dieser Arbeit fragt sich im Besonderen, ob derartige unternehmerische Personengesellschaften bzw. Gesellschaften bürgerlichen Rechts als verselbstständigte Gesellschaftsformen konstruiert werden können oder unter Berücksichtigung der verschiedenen Anschauungen und Eigenschaften dieser Gesellschaften gar als solche verstanden werden müssen. Wie bereits beleuchtet,276 beruht die Möglichkeit des Erwerbs eigener Anteile in Aktiengesellschaft und Gesellschaft mbH auf der Verselbstständigung der Gesellschaft von den einzelnen Mitgliedschaften der Gesellschafter, was wiederum Folge der konsequent durchgeführten Vorstellung der „Ablösung“277 der Gesellschaftsverfassung wie auch -organisation vom Kreis der Gesellschafter ist. Ob der Abstraktion der Gesellschaft sind die Gesellschafter nicht mehr Mitglieder „in“, sondern haben sie Anteile „an“ diesen Gesellschaftsformen.278 Eine vergleichbare Struktur müsste demnach auch in den unternehmenstragenden Personengesellschaften im hier verstandenen Sinne zur Anwendung kommen. Dem kann indessen der im BGB verankerte Sozietätsgedanke entgegenstehen, sofern dieser auch für die unternehmenstragenden Personengesellschaften von zwingender Natur ist und nicht unter Akzeptanz der hier vertretenen Prämissen überwunden bzw. zumindest unter gesellschaftsrechtlicher Perspektive modifiziert werden kann. Wäre dies der Fall, muss die Konstruktion unternehmenstragender Personengesellschaften als verselbstständigte und eigenständige Rechtsträger scheitern. Unter Berücksichtigung einzelner Aspekte des heutigen Personengesellschaftsrechts wird sich freilich herauskristallisieren, dass die Vorstellung von abstrahierten Personengesellschaften die Rechtspraxis schon lange beeinflusst und formt. Insbesondere die Anerkennung der freien Übertragbarkeit der Mitgliedschaft im Wege der Abtretung spielt im diesem Rahmen eine bedeutende Rolle. Hierauf aufbauend werden unternehmenstragende Personengesellschaften im Ergebnis als verselbstständigte Gesellschaftsformen anzuerkennen sein. Bevor sich die Arbeit dieser Analyse zuwendet, sollen indes all jene rechtlichen Merkmale und Eigenschaften der (unternehmenstragenden) Personengesellschaften 276
Siehe oben S. 80 ff. Kritisch zum Begriff der „Loslösung“ Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/2, S. 317. 278 K. Schmidt, Personengesellschaften: neu gedacht? Grundsatzfragen aus aktuellem Anlass, ZIP 2014, 493 (498). 277
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E. Personengesellschaften als abstrahierte Gesellschaftsformen
rekapituliert werden, welche Außen-BGB-Gesellschaften und ihre handelsrechtlichen Erscheiungsformen auf Grundlage der heute herrschenden Lehre aufweisen. Ihre Stellung als herrschender Ansatz in Lehre und Rechtsprechung hat sich die Gruppenlehre schließlich nicht ohne Grund verdient. Jene Aspekte sind für ein modernes Personengesellschaftsrecht unverzichtbar und müssen auch mit einem autark verstandenen „Recht der unternehmenstragenden Personengesellschaften“ vereinbar sein. Einigen von ihnen kommt darüber hinaus eine strukturprägende Kraft zu, auf die im späteren Verlauf dieser Arbeit noch vertieft einzugehen ist (vgl. unten lit. b) bb). a) Unverzichtbare Merkmale und Eigenschaften eines modernen Personengesellschaftsrechts aa) Personengesellschaften als Teilnehmer des Rechtsverkehrs und Träger des Gesellschaftsvermögens Personengesellschaften sind im Rechtsverkehr unter Verwendung eines einheitlichen Namens (im Sinne des § 12 BGB) bzw. einer einheitlichen Firma (§§ 17 ff. HGB) als eigenständige und rechtsfähige Teilnehmer wahrnehmbar. Die Persönlichkeiten der einzelnen Gesellschafter treten tatsächlich in den Hintergrund, sofern sie nicht im Rahmen der Gesellschaftsbezeichnung explizit aufgegriffen werden.279 Die Fokussierung auf die Gesellschaft fördert ihre Verkehrsfähigkeit und Handhabbarkeit. Transparenzmängel sowie die sich hieraus ergebenen Unsicherheiten hinsichtlich der Vertretungsbefugnisse, die insbesondere aus dem Fehlen eines dem Vereinsrecht (vgl. § 68 ff. BGB) vergleichbaren Gesellschafterregisters für BGB-Gesellschaften herrühren, sind auf Grundlage des heutigen Rechts hinzunehmen. Grenz- und Missbrauchsfälle können im Einzelfall durch entsprechende Anwendung der Rechtsscheinlehren oder unter Rückgriff auf den Gedanken von Treu und Glauben angemessen gelöst werden. Eine Hinwendung zu einem gegenläufigen Ansatz, der entsprechend der vermögensrechtlichen Gesamthandslehre die einzelnen Gesellschafter in den Fokus der rechtlichen Bewertung rückt, würde der natürlichen Wahrnehmung sowie tatsächlichen Stellung dieser Gesellschaftsformen im Wirtschaftsverkehr widersprechen. Der nach der Gruppenlehre in § 124 Abs. 1 HGB verankerte Gedanke, die Gesellschaft selbst bilde den Mittelpunkt ihres rechtsgeschäftlichen Handelns, kann demnach als Grundsatz für alle Formen unternehmenstragender Personengesellschaften herangezogen werden. Entsprechend ihrem Auftreten als wahrnehmbare Einheit ist ihre volle Rechts- und Parteifähigkeit 279 Dieser Umstand stellt indessen keinesfalls eine Besonderheit des Personengesellschaftsrechts dar. Seit Zulassung der GmbH in Form der Unternehmergesellschaft (haftungsbeschränkt), treten diese im Rechtsverkehr vermehrt unter Firmen auf, die den wirtschaftlichen Inhaber des jeweiligen Unternehmens ausdrücklich benennen. Der Hinweis auf bestimmte Persönlichkeiten dient dabei wie im Personengesellschaftsrecht insbesondere dem Erhalt bzw. der Erhöhung des Kredits der jeweiligen Gesellschaft.
II. Versuch einer strukturellen Aufarbeitung des Personengesellschaftsrechts
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anzuerkennen. Gegenüber Dritten haftet folgerichtig zunächst das Vermögen der Gesellschaft; die persönliche Haftung der Gesellschafter tritt als Grundgedanke weiterhin daneben. bb) Gelockerte Personenbezogenheit, Mitgliederfluktuation und die Möglichkeit der „Vinkulierung“ von Gesellschaftsanteilen Die ursprünglich engen Wechselbeziehungen und -abhängigkeiten zwischen den Personengesellschaften und ihren Gesellschaftern haben bereits in der Vergangenheit durch entsprechende gesetzgeberische Interventionen280 sowie Anpassungen der Dogmatik Lockerungen erfahren. Diese gilt es entsprechend den Bedürfnissen und tatsächlichen Anschauungen weiter zu verallgemeinern: Schon auf Grundlage der Gruppenlehre ist es abweichend vom Gesetzeswortlaut der §§ 723 ff. BGB ohne weiteres möglich und üblich, die Existenz – selbst der BGB-Gesellschaft – durch eine entsprechende Vereinbarung weithin vom Personenstamm unabhängig zu machen (vgl. nur § 736 Abs. 1 BGB). Das ist nur konsequent und muss als sinnvoller status quo erhalten bleiben: Werden Personengesellschaften bereits faktisch als eigenständige Rechtssubjekte, die in erheblichem Umfange am Rechtsverkehr teilnehmen, wahrgenommen, darf deren Fortbestand nicht von Unwägbarkeiten aus den Sphären der einzelnen Gesellschafter über das notwendige Maß hinaus abhängig sein. Der in § 131 Abs. 3 HGB verankerte Gedanke, der in den dort genannten Fällen des Ausscheidens einzelner Gesellschafter die Unternehmenskontinuität über das individuelle Abwicklungsinteresse stellt, muss für das gesamte Recht der unternehmenstragenden Personengesellschaften herangezogen werden. Deren Zuschnitt als erwerbswirtschaftlich tätig werdende Unternehmungen rechtfertigt die Umkehrung der Verhältnisse. Entsprechend den Möglichkeiten im Recht der Gesellschaften mbH bleiben in der Satzung getroffene abweichende Vereinbarungen, die die Auflösung der Gesellschaft in diesen Fällen vorsehen, ohne weiteres zulässig. Daneben wäre es verfehlt, die Errungenschaften betreffs der Übertragung einzelner Mitgliedschaften zu revidieren. Nach heute herrschender Auffassung können Mitgliedschaften bei entsprechender Regelung im Gesellschaftsvertrag nach den §§ 413, 398 ff. BGB im Wege der Abtretung auf gesellschaftsfremde Dritte übertragen werden.281 Während für die einfachen Gesellschaften bürgerlichen Rechts nach richtiger Auffassung allein das Instrument der Vertragsübernahme mit der Struktur dieser Gesellschaftsform in Einklang zu bringen ist,282 entspricht dieses für die im größeren Rahmen am Rechtsverkehr teilnehmenden, insbesondere auf einen 280 Einführung des § 131 Abs. 2 HGB durch Art. 3 des Gesetzes vom 22. Juni 1009, BGBl I S. 1474 ff. zur Neuregelung des Kaufmanns- und Firmenrechts und zur Änderung anderer handels- und gesellschaftsrechtlicher Vorschriften (Handelsrechtsreformgesetz – HRefG) (heute: § 131 Abs. 3 HGB). 281 Heute unproblematisch, vgl. schon RGZ 92, 398, 400; BGHZ 13, 179, 182 f. = NJW 1954, 1155 f.; BGHZ 24, 106, 114 = NJW 1957, 1026, 1028. 282 Vgl. oben S. 103 ff.
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E. Personengesellschaften als abstrahierte Gesellschaftsformen
großen Mitgliederkreis ausgelegten, atypischen Personengesellschaften weder den Anforderungen an ein flexibel und leicht handhabbares Personengesellschaftsrecht noch den tatsächlichen Anschauungen in den entsprechenden (professionalisierten) Verkehrskreisen. Der Schwerpunkt von Beteiligungen in bzw. an solchen Gesellschaftsformen verschiebt sich analog dem Kapitalgesellschaftsrecht nicht selten vom gesetzlichen Leitbild des persönlichen Einbringens hin zu einer reinen Kapitalbeteiligung. Um die vorweggenommene wirtschaftliche Verwertung solcher Beteiligungen unter Beachtung von Effizienzgesichtspunkten sicherzustellen, müssen die Mitgliedschaften in unternehmenstragenden Personengesellschaften nach den §§ 413, 398 ff. BGB als einheitliche Rechtsobjekte übertragbar bleiben, ohne bei jedem Gesellschafterwechsel komplizierte Erwägungen zur Nachfolge in das Gesellschaftsverhältnis anstellen zu müssen. Gleichsam erscheint es insbesondere in kleineren Unternehmungen, die zwar eine große Geschäftigkeit aufweisen können, allerdings entsprechend den ursprünglichen Ideen zu den Personengesellschaften einen untereinander eng verbundenen Gesellschafterkreis aufweisen, unumgänglich, dass die Gesellschafter die Abtretbarkeit der Gesellschaftsanteile durch entsprechende Maßnahmen von einer Zustimmung der Gesellschaft bzw. den übrigen Gesellschaftern abhängig machen. Die Möglichkeit, die freie Disponbilität der eigenen Gesellschafterstellung zu beschränken, kann im Hinblick auf die § 15 Abs. 5 GmbHG bzw. § 68 Abs. 2 AktG gar als eine innere Gemeinsamkeit aller unternehmerisch tätig werdender Gesellschafter verstanden werden. Aufgrund der in dieser Arbeit vorgenommenen Annahme der Überwindung des Gesamthandsprinzips verbietet sich ein unmittelbarer Rückgriff auf § 719 BGB entsprechend der heute herrschenden Lehre offensichtlich. Aber auch eine analoge Anwendung dieser Regelung erschiene in Anbetracht der Zielsetzung und des Ergebnisses dieser Arbeit kontraproduktiv. cc) Festhalten an den Haftungsverhältnissen und dem Selbstverwaltungsmonopol Die durch die Gruppenlehre herausgearbeiteten Haftungsverhältnisse kommen weiterhin zur Anwendung. Als Ausfluss unserer liberalen Wirtschaftsverfassung sind Handeln und Haftung stets untrennbar miteinander verbunden, sofern keine entgegenstehende gesetzgeberische Entscheidung (vgl. § 1 Abs. 1 S. 2 AktG; § 13 Abs. 2 GmbHG) vorhanden ist.283 Dieser in § 128 HGB verankerte Gedanke greift für alle unternehmenstragenden Personengesellschaften im selben Maße. Durch (analoge) Anwendung des – nach hier vertretener Ansicht: lediglich deklaratorisch wirkenden – § 128 HGB haften die Gesellschafter akzessorisch für die Schulden der Gesellschaft, sofern diese nicht durch das Gesetz beschränkt (Haftung der Kommanditisten, vgl. § 161 Abs. 1 HGB) oder durch entsprechende individualvertragliche Vereinbarung mit den Gläubigern der Gesellschaft ausgeschlossen ist. Sie 283
Siehe schon oben S. 304 ff.
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haben persönlich, unmittelbar und unbeschränkt für die Gesellschaftsverbindlichkeiten einzustehen. Infolge dieses Umstandes sollte am Selbstverwaltungsmonopol der Gesellschafter grundsätzlich festgehalten werden, da eine weitgehende Selbstentmachtung, die de facto mit der unbeschränkten Zulassung von Fremdorganen einhergeht, nicht frei von Gefahren ist.284 Unabhängig hiervon ist die Frage zu beantworten, ob die Gesellschafter durch entsprechende Beschlüsse eine anderweitige Regelung treffen dürfen. Fremdorgane zuzulassen, erscheint in Anbetracht des Zuschnitts unternehmenstragender Personengesellschaften nicht vollends abwegig, sondern kann ihrer weiteren Professionalisierung dienlich sein. b) Konstruktion unternehmenstragender Personengesellschaften: Überwindung der Sozietätsstruktur im Sinne vertikaler Segregation? Die heutige das Personengesellschaftsrecht betreffende Rechtsanwendung vermischt bei der Konstruktion rechtsfähiger Personengesellschaften verschiedene Ausprägungen des Gesamthandsprinzips mit einer um organisationsrechtliche Elemente ergänzten Sozietätsstruktur. Aufgrund der Einordnung als auch schuldrechtliches Rechtsverhältnis zwischen den Gesellschaftern soll der Gesellschaftsvertrag, sowie damit einhergehend die Gesellschaft selbst, im Gegensatz zu den Verhältnissen in den Körperschaften kein von den Gesellschaftern vollständig losgelöstes gesellschaftsrechtliches Grundverhältnis sein. Erkennt man mit hier vertretenem Ansatz hingegen die faktisch vollständige Überwindung des Gesamthandsprinzips im heutigen Personengesellschaftsrecht an, reduziert sich die Dogmatik der herrschenden Lehre inhaltlich auf einen gemischt schuldrechtlich-organisationsrechtlichen Ansatz. Dieser muss fähig sein, das Fundament für die zuvor beschriebenen Charakteristika und Eigenschaften der Personengesellschaften zu legen. In Anbetracht einiger hierzu gehörender Merkmale erscheint seine Tauglichkeit hierfür, wie noch darzustellen sein wird, höchst fraglich. Betrachtet man das Recht unternehmenstragender Personalgesellschaften zudem als eigenständige Rechtsmaterie, deren materiellrechtlicher Gehalt durch Übersetzung der tatsächlichen Handhabe dieser Gesellschaftsformen und nicht durch überkommende Vorstellungen konkretisiert wird, erscheinen die Annahmen der herrschenden Literatur und Praxis noch ferner liegend. Vergleicht man die Ausprägungen und Anschauungen in Literatur und Praxis zum Gesellschaftsvertrag von Personengesellschaften einerseits (siehe sogleich lit. (1) (a)), den Satzungen bzw. Verfassungen (siehe sogleich lit. (1) (b)) von Gesellschaften mit Vereinsstruktur andererseits, entstehen erhebliche Zweifel am Erfordernis einer zwingenden strukturellen Scheidung dieser beiden Gesellschaftsgattungen. Mangels Existenz anderweitiger, entgegenstehender Aspekte wird sich im Ergebnis zeigen, dass eine gleichförmige Behandlung von Personengesellschaften und Körperschaften ohne weiteres möglich ist. 284
Vgl. hierzu oben ausführlich S. 308 ff.
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E. Personengesellschaften als abstrahierte Gesellschaftsformen
aa) Gleichlauf von Gesellschaftsvertrag und Satzung (1) Der Gesellschaftsvertrag von Personengesellschaften nach herrschender Auffassung Nach der heute herrschenden „Gruppenlehre“285 handelt es sich bei dem Gesellschaftsvertrag von Personengesellschaften (vgl. § 705 BGB) um einen wechselseitige Förderungspflichten begründenden Vertrag der Gesellschafter,286 der schuldrechtliche und organisationsrechtliche Elemente in sich vereint.287 Er ist Gründungsvertrag und „Verfassung“ der Gesellschaft.288 Sein Charakter als Schuldvertrag rührt aus der Entstehungsgeschichte der §§ 705 ff. BGB (sowie des gesamten Personengesellschaftsrechts), denen im ersten Entwurf das römischrechtliche Modell der römischrechtlichen societas zugrunde gelegt worden war 285
(Nunmehr auch) Hadding/Kießling, in: Soergel, 13. Aufl. 2012, Vor § 705 Rn. 21; Reuter, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2015, Vor § 21 Rn. 7 ff.; auf die Gesellschaften bürgerlichen Rechts beschränkend, die mit eigenem Namen und einem festen Sitz im Rechtsverkehr auftreten, vgl. Reuter, Rechtsfähigkeit und Rechtspersönlichkeit, AcP 207, S. 673 (682 ff.); Fabricius, Relativität der Rechtsfähigkeit; Fabricius, Vorgesellschaften bei der Aktiengesellschaft und der Gesellschaft mit beschränkter Haftung: ein Irrweg?, in: Festschrift für Walther Kastner, S. 85 (101); Schünemann, Grundprobleme der Gesamthandsgesellschaft, S. 148 ff.; unter Berücksichtigung von „Schuld“ und „Haftung“ Hennecke, Das Sondervermögen der Gesamthand, S. 61 ff.; Wiedemann, Zur Selbstständigkeit der BGB-Gesellschaft, in: Festschrift für Alfred Kellermann, S. 529; Wiedemann, Rechtsverhältnisse der BGB-Gesellschaften zu Dritten (WM Sonderbeilage Nr. 4), WM 1994, S. 4; Wiedemann, Die Personengesellschaft – Vertrag oder Organisation?, ZGR 1996, S. 286; nunmehr auch Huber, Rechtsfähigkeit, juristische Person und Gesamthand, in: Festschrift für Marcus Lutter, S. 107; wohl auch Gesmann-Nuissl, Die Rechts- und Parteifähigkeit sowie Haftungsverfassung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts nach dem Urteil des BGH, II ZR 331/00 = WM 2001, 408, WM 2001, S. 973 (974); Mülbert, Die rechtsfähige Personengesellschaft, AcP 199 (1999), S. 38 (63); Elsing, Alles entschieden bei der Gesellschaft bürgerlichen Rechts?, BB 2003, S. 909; für das österreichische Recht Holzhammer, Die Parteifähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, in: Festschrift der Professoren der Rechtswissenschaftlichen Fakultät der Johannes-Kepler-Universität Linz, S. 127; im Rahmen eines Rechtsvergleichs mit der einfachen Gesellschaft des Schweizerischen Rechts Tug˘ rul, Die einfache Gesellschaft oder die Gesellschaft des bürgerlichen Rechts – Aus Sicht der Rechtsfähigkeit, in: Private law in the international arena, S. 1; mit Tendenz, die Gesamthand auch als juristische Person anzuerkennen Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 8 I 3 a), III; Uhlig, Die externe Einzelklagebefugnis im Recht der BGB-Gesellschaft als Ausprägung eines allgemeinen Rechtsprinzips, S. 63 ff., 72; Ulmer, Die höchstrichterlich „enträtselte“ Gesellschaft bürgerlichen Rechts, ZIP 2001, S. 585. 286 Statt vieler für die BGB-Gesellschaft Hadding/Kießling, in: Soergel, 13. Aufl. 2012, § 704 Rn. 42, 44; die oHG Roth, in: Baumbach/Hopt, HGB, 38. Aufl. 2018, § 105 Rn. 47; sowie die KG Weipert, in: EBJS, 3. Aufl. 2014, § 161 Rn. 17. 287 Für die BGB-Gesellschaft K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 59 I 2 c); für die oHG Wertenbruch, in: EBJS, 3. Aufl. 2014, § 105 Rn. 61; umfassender Überblick Kübler/ Assmann, Gesellschaftsrecht, 6. Aufl., S. 43 ff.; Westermann spricht von einem „außerindividualrechtlichen Gehalt“ des Gesellschaftsvertrages, Harry Westermann, Personengesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 18 f. 288 Wiedemann, Die Personengesellschaft – Vertrag oder Organisation?, ZGR 1996, S. 286 (291).
II. Versuch einer strukturellen Aufarbeitung des Personengesellschaftsrechts
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wovon auch nach Hinwendung zum Gesamthandsmodell kein Abstand genommen wurde.289 Der Gesellschaftsvertrag der societas entfaltete als rein schuldrechtliches Vertragsverhältnis keine Wirkungen nach außen, sondern verpflichtete die Gesellschafter lediglich inter partes zur Förderung des gemeinsam vereinbarten Zwecks.290 Von dieser in den §§ 705 ff. BGB scheinbar verankerten Grundvorstellung scheint schon die Stellung dieser Rechtsmaterie im zweiten Buch des BGB („Recht der Schuldverhältnisse“) zu zeugen: Die Gesellschafter verpflichten sich auf wechselseitig schuldrechtlicher Grundlage zur Verfolgung und Förderung eines gemeinsamen Zwecks durch Erbringung darauf gerichteter Beitragsleistungen, vgl. §§ 705, 706 BGB. Dem muss freilich entgegengehalten werden, dass die systematische Verortung dieser Rechtsmaterie die tatsächliche Rechtsnatur (rechtsfähiger) Personengesellschaften nicht korrekt abbildet.291 Die wirtschaftlichen Entwicklungen verlangten freilich nach Entwicklung einer dogmatisch „tieferen“ Ebene der Personengesellschaftsverträge, was die rasche Anerkennung auch organisationsrechtlicher Elemente zur Folge hatte.292 Diese können, anders als im Kapitalgesellschaftsrecht, von den Gesellschaftern weitgehend frei determiniert werden. Auf diese Weise ist es nach heute allgemeiner Auffassung293 ohne weiteres möglich, eine körperschaftliche bzw. körperschaftsähnliche Struktur von Leitungs- und Aufsichtsorganen zu schaffen. Insbesondere lässt sich in Personengesellschaften eine den Gesellschaften mbH entsprechende Organisationsstruktur nachbilden. Die organisationsrechtlichen Ausprägungen der Personengesellschaftsverträge bilden schließlich die Grundlage für die Anerkennung von Sozialansprüchen wie auch -verbindlichkeiten zwischen der Gesellschaft (als solcher) und den Gesellschaftern sowie der Übertragbarkeit von Mitgliedschaften analog dem Kapitalgesellschaftsrecht.294 Zieht man nicht (mehr) die Gesamthand als Grundlage für die Entstehung der wahrnehmbaren Personengesellschaft und deren Fähigkeit, selbst Träger des Gesellschaftsvermögens zu sein, heran, wird hierfür heute gemeinhin ebenfalls auf jene organisationsrechtlichen Elemente rekurriert.295 289 Dies spricht nach hier vertretener Auffassung auch stark für den am Wortlaut orientierten vermögensrechtlichen Ansatz zur Interpretation von Gesamthand sowie der Dogmatik der Personengesellschaften, vgl. ausführlich oben S. 140 ff. und 262 ff. 290 Kaser, Das römische Privatrecht, 2. Aufl., S. 574; Honsell, Römisches Recht, 8. Aufl., S. 147 f. 291 Martinek, Repräsentantenhaftung, S. 102. 292 Wiedemann, Die Personengesellschaft – Vertrag oder Organisation?, ZGR 1996, S. 286 (287); außerindividualrechtlicher Gehalt des Personengesellschaftsvertrages, vgl. Harry Westermann, Personengesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 25. 293 Habermeier, in: Staudinger, BGB, 13. Aufl. 2003, Vorbem zu §§ 705 ff. Rn. 1, 8 ff. 294 Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/1, S. 12; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 59 I 2 c). Zum Begriff der Mitgliedschaft in sowie des Gesellschaftsanteils an Personengesellschaften oben S. 39 ff. 295 Schäfer, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2017, § 705 Rn. 158 f.; Wertenbruch, in: EBJS, 3. Aufl. 2014, § 105 Rn. 61 (vgl. aber § 105 Rn. 12: Gesamthand als Grund für die Rechts- und Parteifähigkeit der Gesellschaft); Habermeier, in: Staudinger, BGB, 13. Aufl. 2003, Vorbem zu
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E. Personengesellschaften als abstrahierte Gesellschaftsformen
Der Organisationscharakter des Gesellschaftsvertrages dominiert das moderne Personengesellschaftsrecht. Als Schuldvertrag soll der Gesellschaftsvertrag indessen stets auch ein Vertrag zwischen den Gesellschaftern bleiben; zu einer Verselbstständigung der rechtlichen Grundlage, vergleichbar dem Recht der Kapitalgesellschaften296, komme es gerade nicht. Die Sozietätsstruktur der Personengesellschaften wird zudem als ausschlaggebender Grund für die vom Kapitalgesellschaftsrecht abweichenden Rechtsfolgen hinsichtlich der weithin diskutierten Problemkreise „Einheitlichkeit der Mitgliedschaft“, „Zulässigkeit von Ein-Mann-Gesellschaften“ und des im Rahmen dieser Arbeit speziell interessierenden „Erwerbs von Eigenanteilen“ betrachtet,297 wobei die aus dem Sozietätsprinzip abgeleiteten Folgen zugunsten praktischer Erwägungen gerne relativiert werden.298 (2) Demgegenüber: Die Struktur der Satzungen auf Grundlage der herrschenden Auffassung Im Körperschaftsrecht ist zwischen dem schuld- und organisationsrechtlich einzuordnenden Gründungsvertrag und der hier interessierenden, nach endgültiger Entstehung von Verein, Gesellschaft mbH und Aktiengesellschaft für deren weitere Behandlung maßgeblichen „Verfassung“ zu unterscheiden.299 Während die Terminologie bzw. der Sprachgebrauch hinsichtlich dieser Grundverhältnisse nicht konsequent durchgehalten bzw. zum Teil synonym verwendet wird,300 stimmen sie inhaltlich im Kern überein: Sie beinhalten den „Inbegriff der Regeln, welche die Identität und das innere Leben derselben bestimmen“301 bzw. die „das Vereinsleben
§ 705 Rn. 1; Hadding/Kießling, in: Soergel, 13. Aufl. 2012; Bälz, Organisationsvertrag und Gesamthand, in: Festschrift für Wolfgang Zöllner, S. 35 (40, 46, 48); Ulmer, Die Gesamthandsgesellschaft – ein noch immer unbekanntes Wesen?, AcP 198 (1998), S. 113 (128, 150); K. Schmidt, Die Personengesellschaft als Rechtsfigur des „Allgemeinen Teils“, AcP 2009, S. 181 (199). 296 Hierzu sogleich. 297 K. Schmidt, Personengesellschaften: neu gedacht? Grundsatzfragen aus aktuellem Anlass, ZIP 2014, 493. 298 Mit zahlreichen weiteren Nachweisen Priester, in: MüKoHGB, 4. Aufl. 2016, § 120 Rn. 93; ausführlich zu dem Problem der mehrfachen Beteiligung: Söring, Die Zulässigkeit der Mehrfachbeteiligung an einer Personengesellschaft; Lamprecht, Die Zulässigkeit der mehrfachen Beteiligung an einer Personengesellschaft; zum Problem der Vorerbschaft des letzten Gesellschafters einer zweigliedrigen oHG: Baur/Grunsky, Eine „Einmann-oHG“, ZHR 133 (1970), S. 209. 299 Reuter, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2015, § 25 Rn. 16 ff.; Hoffmann, in: Michalski, GmbHG, 3. Aufl. 2017, § 53 Rn. 1a ff.; Koch, in: Hüffer, AktG, 13. Aufl. 2018, § 2 Rn. 3 ff. und § 23 Rn. 7. 300 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 5 I 2; Priester, Nichtkorporative Satzungsbestimmungen bei Kapitalgesellschaften, DB 1979, S. 681 (681). 301 Tuhr, Der Allgemeine Teil des Deutschen Bürgerlichen Rechts, S. 498.
II. Versuch einer strukturellen Aufarbeitung des Personengesellschaftsrechts
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bestimmenden Grundlagenentscheidungen.“302 Ob sich der Gesellschaftsvertrag mit Entstehung der eigentlichen Gesellschaft von den Gesellschaftern „löst“303 oder als Gegenstand des Gründungsvertrages durch diesen von den Gesellschaftern kraft gesetzlicher Legitimation erst geschaffen wird, ergo zu keinem Zeitpunkt zwischen den Gesellschaftern wechselseitig wirkt,304 spielt hierbei lediglich eine untergeordnete Rolle: In beiden Fällen wird das Recht der Körperschaften von der Vorstellung der verselbstständigten Gesellschaft und deren im Ergebnis übergeordneten Verfassung determiniert, deren Gültigkeit die Mitglieder mit Eintritt in die Gesellschaft als für sich verbindlich anerkennen.305 Der Satzungsinhalt überlagert die Individualinteressen der einzelnen Mitglieder durch dessen verselbstständigte „Leitidee“306. Dem Inhalt der Satzung sind unter anderem alle jene Regelungen zuzurechnen, die „sich auf die Zusammensetzung des Vereins, [und] seinen Personenstand“307 beziehen. Hier gehören neben Regelungen zu Zweck, Name bzw. Firma und Sitz der Gesellschaft auch Bestimmungen zur konkreten Organisation sowie weitergehende Konkretisierungen und Feststellungen zu den Mitgliedern und ihren Mitgliedschaften.308 Jede Vereinsverfassung (vgl. § 25 BGB), Satzung (vgl. § 2 AktG) bzw. jeder Gesellschaftsvertrag (vgl. § 2 Abs. 1 GmbHG) enthält damit abstrakt formulierte Bestimmungen, die für jedes Mitglied gleichermaßen gelten bzw. potenziell gelten können.309 Im Unterschied zu den Gesellschaftsverträgen von Personengesellschaften wird das rechtliche Grundverhältnis von Vereinen, Gesellschaften mbH und Aktiengesellschaften von ihren Mitgliedern als „verselbstständigte“ Verfassung betrachtet.310 Mit Entstehung der Gesellschaft entsteht nach allgemeiner Auffassung mit der Satzung eine „eigenständige körperschaftsrechtliche Norm“311, eine „überpersonal angelegte Personalverfassung“312 wobei inhaltlich zwischen den tatsächlich „kör302
BGHZ 47, 172, 179 = NJW 1967, 1268, 1270; BGH WM 1984, 552, 553; BGHZ 105, 306, 313 = NJW, 1724, 1725. 303 So beispielsweise BGHZ 47, 172, 179 = NJW 1967, 1268, 1271. 304 Vgl. hierzu Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/2, S. 317. 305 BGHZ 21, 370, 374 f. = NJW 1956, 1793; BGHZ 47, 172, 179 f. = NJW 1967, 1268, 1271; vgl. hierzu auch Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/2, S. 318 f. 306 So explizit Reuter für die Vereinsverfassung, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2015, § 25 Rn. 1, 18; Reuter, Privatrechtliche Schranken der Perpetuierung von Unternehmen, S. 59 ff. 307 So RGZ 73, 187, 193 für den Verein. 308 Für den Verein Weick, in: Staudinger, BGB, Bearbeitung 2005, § 25 Rn. 3. 309 Im Folgenden werden diese rechtlichen Grundlagen einheitlich als Satzung bezeichnet. 310 Hoffmann, in: Michalski, GmbHG, 3. Aufl. 2017, § 53 Rn. 1 ff.; Koch, in: Hüffer, AktG, 13. Aufl. 2018, § 23 Rn. 7; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 5 I 2 b); Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht, 6. Aufl., S. 117 f., 261. 311 BGHZ 47, 172, 180 f. = NJW 1967, 1268, 1271 (für eine entsprechend der Satzung zu behandelnde rechtsverbindliche Geschäftsordnung eines Vereines). 312 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 5 I 2 b).
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E. Personengesellschaften als abstrahierte Gesellschaftsformen
perschaftsrechtlichen“ (Satzungsregelung im „formellen“ wie auch „materiellen“ Sinne), den „individualvertraglichen“ (Satzungsreglung im nur „formellen“ Sinne) und den an dieser Stelle weniger interessierenden, rein schuldrechtlichen Nebenabreden,313 die nicht in die Satzungsurkunde mit aufgenommen werden, unterschieden wird.314 Diese Unterscheidung ist erforderlich, denn nicht alle, sondern nur die „echten“ bzw. „körperschaftsrechtlichen“ Regelungen lösen sich nach allgemeiner Auffassung mit Entstehung der Gesellschaft von den Persönlichkeiten der Gründer ab und entfalten auch gegenüber Personen, die an ihrer Schaffung nicht beteiligt waren, mit Eintritt in die Gesellschaft ähnlich einem Rechtssatz volle Wirksamkeit. Sie bilden die materielle Verfassung der jeweiligen Körperschaft, deren Geltung mit dem Erwerb eines Geschäftsanteils bzw. einer Aktie ohne weiteres von den neuen Mitgliedern anerkannt wird. Dagegen sind die „unechten“ bzw. rein „formellen“ Satzungsbestandteile wie gewöhnliche schuldrechtliche Abreden zu behandeln. Sie bleiben stets schuldrechtliche Rechtsverhältnisse, die sich zu keinem Zeitpunkt von den einzelnen Mitgliedern lösen und nicht Inhalt der Mitgliedschaft in einer solchen Gesellschaft sind.315 Ihre Aufnahme in den Satzungstext dient allein der Dokumentierung und der damit einhergehenden erleichterten Beweisbarkeit. Sollen solche rein formellen Satzungsklauseln ebenfalls gegenüber neuen Mitgliedern zur Anwendung kommen, müssen sie von der Übernahme des Gesellschaftsanteils bzw. der Aktie gesondert im Wege der Schuld- oder Vertragsübernahme nach den §§ 413, 398 ff. BGB auf den Neugesellschafter übertragen werden.316 Diese idealisierte Vorstellung von der verselbstständigten Natur der (materiellen) Verfassung tritt im besonderen Maße bei nachträglichen Änderungen der Satzung hervor, denen, entgegen den allgemeinen Regeln zur Begründung und Veränderung von Verträgen, nicht jeder Gesellschafter als Vertragspartner zustimmen muss, sondern, sofern die Verfassung keine zulässige Modifizierung dieser Grundregel vorsieht, bereits eine Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen (Verein und Gesellschaft mbH) bzw. des bei der Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals (Aktiengesellschaft) im jeweiligen Hauptorgan genügt (vgl. § 33 Abs. 1 S. 1 BGB für den Verein (mit Ausnahme der Änderung des Vereinszwecks); § 53 Abs. 2 S. 1 GmbHG; § 179 Abs. 2 S. 1 AktG). 313 So schon RGZ 112, 273, 277; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 5 I 1 d); Priester, Nichtkorporative Satzungsbestimmungen bei Kapitalgesellschaften, DB 1979, S. 681 (682). 314 Zur Terminologie BGHZ 18, 205, 207 f. = NJW 1955, 1716; BGHZ 38, 155, 161 = NJW 1963, 203, 204 („echte“ und „unechte“ Satzungsregelung); für die GmbH m.w.N. Heinze, in: MüKoGmbH, 3. Aufl. 2018, § 2 Rn. 14 ff.; für die Aktiengesellschaft m.w.N. Pentz, in: MüKoAktG, 4. Aufl. 2016, § 23 Rn. 39 ff. sowie Heider, in: MüKoAktG, 4. Aufl. 2016, § 2 Rn. 42; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 5 I 1 d); zu den individualvertraglichen Elementen der GmbH-Satzung: Bern, Die neuere Rechtsprechung des BGH zur Gesellschaft mit beschränkter Haftung, WM Sonderbeilage Nr. 1 zu Heft 12/2013 2013, S. 1 (3). 315 „Von der Mitgliedschaft gelöst“, vgl. Priester, Nichtkorporative Satzungsbestimmungen bei Kapitalgesellschaften, DB 1979, S. 681 (681). 316 Statt vieler Heinze, in: MüKoGmbH, 3. Aufl. 2018, § 2 Rn. 15.
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Aber auch im Übrigen prägen die dem gemeinen Recht317 entstammenden Vorstellungen von eingetragenem Verein, Aktiengesellschaft und Gesellschaft mbH deren rechtliche Grundlagen: Ihre Struktur ist, zumindest im direkten Vergleich zu typischen Personengesellschaften, insgesamt an der Vorstellung eines großen und weitgehend frei auswechselbaren Mitgliederkreises ausgerichtet, der zur Verfolgung des gemeinsamen Zwecks primär Kapital und keine persönliche Arbeitskraft zur Verfügung stellt. Die Unabhängigkeit von den einzelnen Persönlichkeiten im Allgemeinen sowie die freie Übertragbarkeit der Beteiligungen unter Erhalt der Gesellschaft im Besonderen („Gesellschaftskontinuität“), der höhere Grad der Anonymität sowie die für das Einhalten von Kapitalerhaltungsvorschriften als „Gegenleistung“ erlangte persönliche Haftungsbeschränkung liegen gänzlich auf dieser an einer überindividuellen Vereinigung orientierten Linie, welche die Gesellschaft „als solche“, d. h. als eigenständige, von den Mitgliedern scharf zu trennende (Rechts-)Person in den Mittelpunkt der rechtlichen Bewertung rückt. Die Summe der materiellen Satzungsbestimmungen definiert aus sich heraus den Inhalt und Umfang des rechtlichen Gefüges „Körperschaft“. Jede Satzung in diesem Sinne schnürt ein individuelles, autarkes gesellschaftsrechtliches Paket, das nicht durch das Vorhandensein von Mitgliedern konstituiert, sondern als selbst gesetzter, rechtlicher status quo von den Mitgliedern zur Verfolgung des überindividualisierten Zwecks als juristisches Werkzeug genutzt wird. Auf dieser Vorstellung aufbauend, lässt sich die Struktur der Körperschaften ohne weiteres ableiten: Die Satzung ist ein geschlossenes, verstetigtes und unabhängiges Normsystem, das einen individuellen rechtlichen Raum schafft, dessen Regeln die (Neu-)Mitglieder als für sich verbindlich anerkennen.318 (3) Dogmatisches Leitbild als alleiniges Abgrenzungsmerkmal Das Gesellschaftsrecht wird auf verschiedenen rechtlichen Ebenen von Leitbildern entschieden geprägt: Trotz der weitgehenden Wahlfreiheit der Gesellschaftsform kann Gesellschaftstypus „A“ zur Bewältigung spezifischer Probleme und Bedürfnisse eines bestimmten Anwendungsbereichs geeigneter sein als ein Gesellschaftstypus „B“. Die im Gesetz enthaltenen Gesellschaftsformen sind einerseits Abbild gelebter Strukturen der Vergangenheit, andererseits weiter spezifizierte und idealisierte Rechtswerkzeuge, deren jeweiliger Regelungskatalog vom Gesetzgeber an genau jenen Anwendungsbereichen ausgerichtet wurde. Jeder Gesellschaftsform liegt demnach ein individuelles Vorstellungsbild zugrunde. Die unterschiedlich großen Schnittmengen, die aus einem Vergleich der sich aus einem spezifischen Anwendungsbereich ergebenden „gewünschten Rechtsfolgen“ und den vom Gesetz tatsächlich „gewährten Rechtsfolgen“ gebildet werden können, lassen dabei die Kategorisierung in „typische“ und „atypische“ Gesellschaftsformen zu. Für eine auf einen großen, anonymisierten und wechselnden Mitgliederkreis angelegte Vermö317 318
Weick, in: Staudinger, BGB, Bearbeitung 2005, Vorbem zu §§ 21 ff. Rn. 43. RGZ 60, 94, 96 ff. (für den Verein).
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gensverwaltungsgesellschaft erscheint die Gründung einer Aktiengesellschaft aufgrund der dahingehend klaren Bestimmungen des Aktienrechts sinnvoller („typisch“) als die Erschaffung einer Kommanditgesellschaft mit ihren im direkten Vergleich schwergängigen Regelungen zum Mitgliederwechsel („atpyisch“), denn das Aktienrecht ist gerade auf derartige Anforderungen ausgelegt. Das Gesellschaftsrecht ist auf einer oberflächlichen Ebene demnach geprägt von einem „Leitbild der Anwendungsbereiche“, das die jeweiligen Regelungskataloge inhaltlich in gewisser Weise impliziert und letztendlich entschieden mit ausgestaltet hat. Daneben wird das Gesellschaftsrecht auch auf einer tiefergreifenden, dogmatischen Ebene von spezifischen Leitideen beherrscht: Während (eingetragener) Verein, Gesellschaft mbH und Aktiengesellschaft auf der unverrückbaren Vorstellung einer verselbstständigten Gesellschaftsverfassung sowie, damit einhergehend, einer von den Gesellschaftern unabhängigen und (im begrenzten Maße) eigenständig lebensfähigen Gesellschaft „als solcher“ beruhen, werden die Personengesellschaften, aufbauend auf der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, stets von der Verbundenheit ihrer Gesellschafter, d. h. dem Gesellschafterkreis als konstitutives Element der Gesellschaft aus gedacht, bei dem es nur zu einer Verselbstständigung hinsichtlich der Rechtsfolgen, nicht aber der Struktur kommen soll. Diese Leitideen stützen auf struktureller Ebene die sie jeweils umschließenden, darüber liegenden Leitbilder, welche die konkreten Anwendungsbereiche betreffen: Während die Kontinuität der auf einen großen Mitgliederkreis angelegten Aktiengesellschaft unter Vorstellung der vollständigen Gesellschaftsabstraktion ohne große Hürden zu erklären und visualisierbar ist, stützt die Vorstellung von der zwingenden Sozietätsstruktur der Personengesellschaften das äußere Erscheinungsbild als Vereinigung persönlich verbundener Individuen. Diese unterschiedlichen dogmatischen, in der Vergangenheit begründeten Leitideen werden heute als unterscheidendes Merkmal und Grundprämisse in Literatur und Rechtsprechung schlicht vorausgesetzt, ohne ihre Übereinstimmung mit den tatsächlichen Gegebenheiten zu überprüfen. Vergleicht man, ausgehend von den jeweils herrschenden Ansätzen, die Strukturen der beiden Zweige unseres Gesellschaftsrechts – Körperschaften auf Grundlage des Vereins gegenüber den Personengesellschaften auf Grundlage der BGB-Gesellschaft –, offenbart sich ohne weiteres, dass, losgelöst von diesen strukturellen Leitbildern, tatsächliche und inhaltliche Unterschiede nicht vorhanden sind. Gesellschaftsverträge auf der einen, Satzungen auf der anderen Seite werden vielmehr allein durch die entsprechenden dogmatischen Leitvorstellungen determiniert, deren Vereinbarkeit mit den aktuellen Entwicklungen des (Personen-)Gesellschaftsrechts zweifelhaft ist: In rein tatsächlicher Hinsicht können Personengesellschaften mit einer Organisation ausgestattet werden, die der inneren Ordnung einer Körperschaft, insbesondere einer Gesellschaft mbH weitgehend entspricht. Neben der Einführung spezifischer Leitungsorgane ist es ohne weiteres zulässig, Aufsichtsorgane sowie Hauptversammlungen durch entsprechende Regelung im Gesellschaftsvertrag zu
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schaffen, deren Kompetenzkatalog denjenigen der Organe in Körperschaften entspricht. Ebenso kann die wechselseitige Abhängigkeitsbeziehung von Gesellschaft und (unverändertem) Gesellschafterstamm zugunsten einer faktischen Verstetigung der Personengesellschaften durchbrochen werden. Diametral hierzu ist es möglich, den Fortbestand von Gesellschaften mbH unter Durchbrechung der ihr zugrundeliegenden Idee der Unternehmenskontinuität von einem unveränderten Gesellschafterkreis abhängig zu machen319 sowie die Mitgliedschaft mit der Pflicht zur Erbringung von persönlichen (Arbeits-)Leistungen zu verbinden320. Die sich aus den tatsächlichen Ausgestaltungsmöglichkeiten ergebende Realstruktur321 im Gesellschaftsrecht hat die Vorstellung von bestimmten Gesellschaftsformen vorbehaltenen Eigenschaften und Merkmalen schon längst überholt. Ein Festhalten an der bisherigen strukturellen Trennung von Personengesellschaften und Körperschaften scheint regelrecht erzwungen. Dieser Umstand tritt in Fällen atypischer Publikumspersonengesellschaften in besonderem Maße zu Tage, die als körperschaftliche strukturierte Gesellschaften verstanden werden322 und für ihre Handhabung auf Regeln und Bewertungsansätze des Kapitalgesellschaftsrechts323 zurückgreifen. Vermeintlich klare Konturen des Gesellschaftsrechts verschwimmen hier maximal. Die verschiedenen Gesellschaftstypen mögen in ihrer gesetzlichen Ausgangsform jeweils auf einen spezifischen Anwendungsbereich zugeschnitten sein, um einen unüberwindbaren Typenzwang handelt es sich bei ihnen indessen nicht. Zieht man die tatsächliche Wahrnehmung der Personengesellschaften im heutigen Rechtsverkehr als rechtsfähige Vereinigungsformen verstärkt in die Betrachtung mit ein, unterscheiden sich die rechtlichen Wirkungsweisen von Gesellschaftsverträgen und Satzungen im Außenverhältnis faktisch nicht. In beiden Fällen entstehen den Gesellschaftern übergeordnete, rechtliche Einheiten („Verbände“), die als allein maßgebliche Zurechnungssubjekte betrachtet werden. Die jeweilige Geschäftsleitung tritt allein im und unter dem Namen der jeweiligen Gesellschaftsform auf, ohne dass die konkrete Zusammensetzung der Mitglieder eine Rolle spielt. Gesellschafterwechsel berühren den Bestand der Gesellschaft im Außenverhältnis keineswegs, sodass stets der Eindruck entsteht, die Gemeinschaft beruhe auf einem festen 319 Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, 8. Aufl. 2015, § 60 Rn. 31; Berner, in: MüKoGmbH, 2. Aufl. 2016, § 60 Rn. 221; Arnold, in: Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, § 60 GmbHG Rn. 58. 320 M.w.N. Wicke, in: MüKoGmbH, 3. Aufl. 2018, § 3 Rn. 125. 321 Die Realstruktur betonend Raiser, Gesamthand und juristische Person im Licht des neuen Umwandlungsrechts, AcP 1994, S. 495 (507). 322 Siehe nur BGHZ 102, 172, 177 = NJW 1988, 969, 971; BGH NZG 2013, 57 = ZIP 2013, 68, Tz. 32. Siehe zudem noch unten S. 344 ff. 323 Siehe nur BGH NJW 1998, 1946 ff. = NZG 1998, 463 ff.; BGH NZG 2010, 1381 = ZIP 2010, 2345; BGH Urteil v. 16. 10. 2012, Az. II ZR 70/11, Tz. 32; LG Frankfurt, NZG 2009, 986 Leitsatz 2. Zur entsprechenden Anwendung des § 121 Abs. 2 S. 2 AktG auf Gesellschaften mbH und Publikumspersonengesellschaften, siehe auch Bayer/Illhardt, Einberufung der Gesellschafterversammlung durch den abberufenen GmbH-Geschäftsführer bzw. den nicht wirksam bestellten Komplementär einer Publikums-KG?, NZG 2017, S. 801.
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rechtlichen Rahmen, der durch den sich ändernden Personenstamm entgegen den Vorstellungen zu den Personengesellschaften keinen Änderungen unterworfen ist. Unterschiede sind hier nur unter Berücksichtigung der dogmatischen Leitideen auszumachen, welche die Wahrnehmungsebene entsprechend dem jeweiligen Leitgedanken in die beiden Gruppen der verselbstständigten Körperschaften („als solche“) auf der einen, den auf der (gesamthänderischen) Verbundenheit der individuellen Persönlichkeiten beruhenden Personengesellschaften auf der anderen Seite aufspalten. Materiellrechtlich können, wie zuvor unter lit. a) und lit. b) beleuchtet, sowohl Gesellschaftsverträge als auch Satzungen individualvertragliche- und organisationsrechtliche Elemente aufweisen, die, sofern man sie vom jeweils zugrundliegenden konkreten Gesellschaftstypus isoliert betrachtet, sich ebenfalls nur unter Berücksichtigung der jeweiligen dogmatischen Leitbilder, nicht aber hinsichtlich ihrer tatsächlichen Rechtsfolgen unterscheiden. Die Unterscheidung nach formellem und materiellem Charakter einer Satzungsregelung führt insoweit nicht weiter, denn auch im Personengesellschaftsrecht ist eine vergleichbare Sonderung anhand der maßgeblichen Kriterien möglich: Bei entsprechender Vereinbarung der Gründer können die Regelungen des Gesellschaftsvertrags zum nicht „verhandelbaren“ Kern erklärt werden, deren Geltung neue Gesellschafter mit Eintritt anerkennen müssen. Daneben bleiben „individualvertragliche“ Abreden im Sinne von Einzelregelungen zwischen der Gesellschaft und einzelnen Mitgliedern möglich. Der Gesellschaftsvertrag einer Personengesellschaft wird auf diese Weise faktisch verstetigt und erstarkt in selbem Maße zur übergeordneten Verfassung der Gesellschaft wie die (materielle) Satzung einer Körperschaft. Allein die zugrundeliegende Vorstellung von der abstrahierten Struktur der (materiellen) Satzungsbestimmungen scheidet die Struktur von Personengesellschaftsvertrag und Satzung. Die Problematik der klaren Abgrenzung von „formellen“ und „materiellen“ Satzungsregelungen zeigt dahingegen überdeutlich, dass schon im Rahmen des Körperschaftsrechts eine trennscharfe inhaltliche Unterscheidung mangels klarer Grenzen nicht immer vorgenommen werden kann.324 Die weitgehenden strukturellen Gemeinsamkeiten von Gesellschaftsverträgen und Satzungen treten deutlich hervor, wenn man mit der hier vertretenen Auffassung das Gesamthandsprinzip für unternehmenstragende Personengesellschaften als überwundene Dogmatik betrachtet. Mangels gesamthänderischer Wechselwirkungen muss die Entstehung der rechtsfähigen Vereinigung in diesem Fall allein Folge des geschlossenen Gesellschaftsvertrages und keines übergeordneten rechtlichen Prinzips sein. Dessen Inhalt reduziert sich in diesem Fall – wie in den Satzungen von Körperschaften – auf individualvertragliche sowie organisationsrechtliche Elemente. Während Regelungen der ersten Kategorie isoliert betrachtet wegen ihrer rein relativen, an allgemeinen Regeln zu messenden Rechtswirkungen keine taugliche 324 Zur Problematik der Abgrenzung im Überblick K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 5 I 1 d).
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Grundlage für die Genese eben jener ((vermeintlich) bedingt) übergeordneten, rechtsfähigen Einheit sein können, liegt es allein an den organisationsrechtlichen Aspekten des Gesellschaftsvertrages, die rechtsfähige Gesellschaft zu konstituieren. Sie verstetigen die für sich genommen reine Sozietätsstruktur derart, dass neben der Entstehung einer eigenständigen Binnenorganisation die Gesellschaft für den Rechtsverkehr erfassbar ins Leben tritt. Unterschiede hinsichtlich der Wirkungsweise dieser organisationsrechtlichen Regelungen gegenüber den nach herrschender Lesart „verselbstständigten materiellen Satzungsbestimmungen“ sind aber nicht erkennbar. Auch innerhalb der Körperschaften können neben „echten“ Satzungsbestimmungen umfassende individualvertragliche Rechtsbeziehungen zwischen den Gesellschaftern treten, die keinerlei Auswirkungen auf den abstrahierten Charakter von Grundverhältnis und Vereinigung haben. Allein unter Berücksichtigung der jeweiligen überkommenen strukturellen Leitbilder erklärt sich die unterschiedliche Behandlung von Gesellschaftsverträgen und Satzungen bzw. Personengesellschaften und (verselbstständigten) Körperschaften – das dogmatische Leitbild hat sich indessen nach hier vertretener Auffassung nicht nur vom Prinzip der Gesamthand, sondern gänzlich von dem tatsächlich im Gesetz angelegten Modell der Personengesellschaften in größtmöglichem Maße entfernt und kann demnach nur bedingt als strukturprägender Einfluss herangezogen werden. Die Anerkennung der weitgehenden Strukturgleichheit von Gesellschaftsverträgen und Satzungen ermöglicht auch die Überwindung des ursprünglich im Gesetz angelegten Sozietätsdogmas, welches die heute herrschende Lehre325 regelrecht apodiktisch zur Abgrenzung der Verhältnisse in Personengesellschaften und Körperschaften sowie der Ablehnung der Möglichkeit von Eigenanteilen in ersterer Gruppe heranzieht. Betrachtet man die organisationsrechtlichen Elemente des Personengesellschaftsvertrages als konstituierendes Element der jeweiligen Gesellschaft, bilden diese in ihrer Summe eine von den schuldrechtlichen Verhältnissen abgrenzbare, von den Gesellschaftern erschaffene Rechtsebene innerhalb der Gesellschaft. Losgelöst von den überkommenen Leitbildern muss diese isolierte Rechtsebene, entsprechend den Anschauungen zu den materiellen Satzungsbestimmungen in Verein und seinen kapitalistisch geprägten Erscheinungsformen, als Gegenstand des (Gründungs-)Gesellschaftsvertrages betrachtet werden, die unabhängig von den Gesellschaftern wirkt und die Gesellschaft als überindividuelle Einheit konstituiert. Daneben können freilich unter den Gesellschaftern, entsprechend den individualvertraglichen, „formellen“ Satzungsbestimmungen im Körperschaftsrecht, schuldrechtliche Verbindungen bestehen. In der Summe muss das in den §§ 705 ff. BGB normierte Grundverhältnis des Personengesellschaftsrechts indessen als von der Rechtswirklichkeit überholt angesehen werden. Dem entspricht es, die §§ 705 ff. BGB als systemwidrigen Regelungskatalog zu betrachten, der als 325 Vgl. nur auszugsweise Schäfer, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2017, § 705 Rn. 307 ff.; Habermeier, in: Staudinger, BGB, 13. Aufl. 2003, § 705 Rn. 29; K. Schmidt, Personengesellschaften: neu gedacht? Grundsatzfragen aus aktuellem Anlass, ZIP 2014, 493.
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Verbandsrecht im Allgemeinen Teil des BGB hätte geregelt werden müssen bzw. de lege ferenda normiert werden muss.326 (4) Zusammenfassung: Strukturelle Identität von unternehmenstragenden Personen- und Kapitalgesellschaften Unterscheidet man mit dem vorliegend vertretenen Ansatz zwischen gesamthänderischen „einfachen“ und hiervon unabhängig zu bewertenden „unternehmenstragenden“ Personengesellschaften, sind keine zwingenden Gründe ersichtlich, letztere strukturell von Kapitalgesellschaften zu unterscheiden. Vom Gesamthandsprinzip emanzipiert, ist eine trennscharfe Differenzierung zwischen Gesellschaftsverträgen und Körperschaftsverfassungen nicht möglich. Allein unter Rückgriff auf althergebrachte Leitvorstellungen lassen sich abweichende Wirkungsweisen konstruieren, die bei genauerer Betrachtung mangels rechtlicher Unterschiede nicht greifen können. Ergänzt man diesen Umstand um den Anwendungsbereich sowie die tatsächliche Wahrnehmung unternehmenstragender Personengesellschaften, erscheint ein starres Festhalten an der bisherigen Systematik als auf Dauer nicht durchhaltbarer Anachronismus. Hierauf aufbauend ist die Konstruktion und Anerkennung unternehmenstragender Personengesellschaften als Gesellschaften mit verselbstständigter, d. h. übergeordneter Verfassung zwar nicht zwingend – zulässig ist sie allerdings ohne weiteres. bb) Verselbstständigte Strukturen in Rechtsprechung und Gesetzgebung Neben der fehlenden Möglichkeit, hinsichtlich der Struktur von unternehmenstragenden Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften unter materiellrechtlichen Gesichtspunkten trennscharf zu differenzieren, zeugt auch die tatsächliche Handhabung in Literatur und Rechtsprechung von einem konträren Vorstellungsbild, zumal auch das Gesetz bzw. der Gesetzgeber an verschiedenen Stellen einen entsprechenden Eindruck zum Vorschein bringt.327 Im Folgenden werden verschiedene Aspekte beleuchtet, die als Ausdruck eines derart abstrahierten Leitbildes betrachtet werden müssen. Hierbei kommt der Handhabung der Mitgliedschaftsübertragung eine zentrale Bedeutung zu.
326 Zur fehlerhaften Systematik des Gesetzes, im Übrigen die Rechtsfähigkeit der Gesamthandsgesellschaft aber entsprechend den Vermögenslehren ablehnend Martinek, Repräsentantenhaftung, S. 102. 327 Siehe zum Verständnis der Personengesellschaften nach herrschender Literaturmeinung und Rechtsprechung schon oben S. 140 ff.
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(1) Übertragung der Mitgliedschaft auf Grundlage der herrschenden Lehre als Anerkennung verselbstständigter Personengesellschaftsstrukturen Nach allgemeiner Auffassung328 kann die Mitgliedschaft in einer Personengesellschaft als subjektives Recht entgegen der (partiell329) in § 719 Abs. 1 BGB normierten Grundregel durch Abtretung im Sinne der §§ 413, 398 ff. BGB übertragen werden, sofern die Mitgesellschafter, ggf. durch Aufnahme einer entsprechenden Klausel im Gesellschaftsvertrag, der Übertragung zugestimmt haben. Allein die Anerkennung dieser gegenüber der Vertragsübernahme deutlich vereinfachten Form der Beteiligungsübertragung entspricht den tatsächlichen Anschauungen und Bedürfnissen der Rechtspraxis. Die Handhabung der herrschenden Dogmatik dokumentiert dabei in klarer Abkehr von der gesetzlichen Systematik330 die heute bereits vorherrschende Dominanz der Vorstellung einer abstrahierten Struktur im Personengesellschaftsrecht. Unterschiede sind diesbezüglich – was spätestens mit Anerkennung der Rechtsfähigkeit aller (Außen-)Personengesellschaften im Übrigen für den gesamten Umgang mit BGB-Gesellschaften und ihren handelsrechtlichen Erscheinungsformen gilt – zwischen den beiden im Gesetzestext angelegten Gesellschaftszweigen mangels klarer Differenzierung nur schwerlich zu benennen und allein unter Rückgriff auf althergebrachte Leitvorstellungen zu erklären. Wie bereits im Rahmen der Untersuchung des Begriffs des „Anteils an Gesellschaften“ festgestellt wurde,331 handelt es sich bei der „Mitgliedschaft“ selbst nach richtiger Auffassung nicht um ein als solches übertragbares, subjektives Recht,332 328
BGHZ 44, 229, 231 = BGH NJW 1966, 499, 499 f.; BGHZ 81, 82, 84 = NJW 1981, 2747; BGH ZIP 1997, 244, 245 = NJW 1997, 860, 861; BGH NJW 1999, 784, 785 = DB 1999, 477; BGH ZIP 2010, 335 = NJW-RR 2010, 924, Tz. 11; Ulmer/Schäfer, in: MüKoBGB, 6. Aufl. 2013, § 705 Rn. 159, 179; Kilian, in: Henssler/Strohn, GesR, 2. Aufl. 2014, § 719 BGB Rn. 13; für die OHG Priester, in: MüKoHGB, 4. Aufl. 2016, § 120 Rn. 87; ebenso Ehricke, in: EBJS, 3. Aufl. 2014, § 120 Rn. 61; Wiedemann, Gedanken zur Mitgliedschaft und zu den mitgliedschaftlichen Rechtsverhältnissen, in: Festschrift für Wulf Goette, S. 617 (618); für den Geschäftsanteil bei einer GmbH bzw. der Aktie bei einer AG Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/2, S. 263; Harry Westermann, Personengesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 202; Cosack, Eigene Aktien als Bestandteile des Vermögens einer Aktiengesellschaft, in: Festschrift für die Juristische Fakultät in Gießen zum Universitäts-Jubiläum, S. 109 (117). 329 Nach hier vertretener Auffassung ist § 719 Abs. 1 BGB lediglich für die „einfache“, d. h. echte Gesamthands-BGB-Gesellschaft Ausdruck der vermögensrechtlichen Bindung als maßgeblicher Aspekt des Gesamthandsprinzips. Die fehlende freie Übertragbarkeit der Mitgliedschaft ist Folge des grundsätzlich allein schuldrechtlichen Grundverhältnisses zwischen den Gesellschaftern. Auf der herrschenden Gruppenlehre aufbauend, beinhaltet § 719 Abs. 1 BGB aufgrund der zwingenden Verknüpfung von Mitgliedschaft und Vermögensbeteiligung hingegen indirekt das (disponible) Postulat der fehlenden Übertragbarkeit der einzelnen Beteiligung insgesamt. Da die Beteiligung im Grundverhältnis von der Norm indessen nicht offen benannt wird, kann im Rahmen von § 719 Abs. 1 BGB ernsthaft nur von einer „partiellen“ Mitgliedschaftsregelung gesprochen werden. 330 Vgl. hierzu oben S. 195 f. und 286 ff. 331 Siehe hierzu oben S. 28 ff. 332 BGHZ 44, 229, 231 = BGH NJW 1966, 499, 499 f.; BGHZ 81, 82, 84 = NJW 1981, 2747; BGH ZIP 1997, 244, 245 = NJW 1997, 860, 861; BGH NJW 1999, 784, 785 = DB 1999,
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sondern allein um die Bezeichnung der Beteiligung in einem gesellschaftsrechtlichen Kooperationsverhältnis. Aus der Mitgliedschaft gehen eine Vielzahl von Rechten und Pflichten hervor, die in ihrer Summe einer Einordnung als einheitliches, subjektives Recht entgegenstehen.333 Die von der herrschenden Lehre und Rechtsprechung angenommene Übertragbarkeit von Mitgliedschaften im Wege der Abtretung beruht auf einer ergebnis- und praxisorientierten Überdehnung des Mitgliedschaftsbegriffs. Diese Erwägungen bilden auch die alleinige argumentative Grundlage des BGH. Nach seiner Auffassung entspräche es „einer ungezwungeneren und den Anschauungen der Beteiligten mehr entsprechenden Beurteilung, den Erwerber eines Gesellschaftsanteils als Rechtsnachfolger des ausscheidenden Gesellschafters zu betrachten, also die Abtretung eines Gesellschaftsanteils auch in der Personalgesellschaft als das anzusehen, was sie nach dem Sprachgebrauch und der Verkehrsauffassung ist.“334 Über die systematischen Unstimmigkeiten hilft freilich ein bloßer Austausch der Begrifflichkeiten „Mitgliedschaft“ und „Gesellschaftsanteil“ nicht, sofern sie insgesamt synonym oder, ohne auf die rechtsdogmatischen Hintergründe weiter einzugehen, lediglich zwecks Verdunklung der entstehenden Inkonsistenz genutzt werden. Im Gegensatz zur konkreten rechtlichen Umsetzung können die von herrschender Lehre und Rechtsprechung mit der Anerkennung der Abtretbarkeit verfolgten Motive freilich weitgehend überzeugen. Einerseits muss ein modernes und praktikables Personengesellschaftsrecht eine einfache Übertragung der individuellen Gesellschaftsbeteiligung ermöglichen. Die Vorstellung, jede Übertragung der Beteiligung in einer atypischen Personengesellschaft erfordere einen Vertrag zwischen Erwerber, Veräußerer und durch die Verfügung berührte Gläubiger der Gesellschaft, widerspricht offensichtlich den Anforderungen des schnelllebigen Rechtsverkehrs von heute. Andererseits erscheint es sinnvoll und förderungswürdig, sich im Sinne einer weitergehenden Vereinheitlichung des Gesellschaftsrechts an althergebrachten Denkmustern des Körperschaftsrechts zu orientieren: Die Anerkennung von Gesellschaftsanteilen ist faktisch eine „Übersetzung“ der aus dem Körperschaftsrecht 477; BGH ZIP 2010, 335 = NJW-RR 2010, 924, Tz. 11; Schäfer, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2017, § 705 Rn. 159, 179; Kilian, in: Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, § 719 BGB Rn. 13; für die OHG Priester, in: MüKoHGB, 4. Aufl. 2016, § 120 Rn. 87; ebenso Ehricke, in: EBJS, 3. Aufl. 2014, § 120 Rn. 61; Wiedemann, Gedanken zur Mitgliedschaft und zu den mitgliedschaftlichen Rechtsverhältnissen, in: Festschrift für Wulf Goette, S. 617 (618); für den Geschäftsanteil bei einer GmbH bzw. der Aktie bei einer AG Flume, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts I/2, S. 263; Harry Westermann, Personengesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 202; Cosack, Eigene Aktien als Bestandteile des Vermögens einer Aktiengesellschaft, in: Festschrift für die Juristische Fakultät in Gießen zum Universitäts-Jubiläum, S. 109 (117). 333 So auch Hadding, Ergibt die Vereinsmitgliedschaft „quasi-vertragliche“ Ansprüche, „erhöhte Treue- und Förderpflichten“ sowie ein „sonstiges Recht“ im Sinne des § 823 Abs. 1 BGB? – Besprechung der Entscheidung BGHZ 110, 323, in: Festschrift für Alfred Kellermann, S. 91 (103 f.); Wiedemann, Die Personengesellschaft – Vertrag oder Organisation?, ZGR 1996, S. 286 (296); Beuthien, Zur Mitgliedschaft als Grundbegriff des Gesellschaftsrechts, in: Festschrift für Herbert Wiedemann, S. 756 (756). 334 BGHZ 13, 179, 185 f.
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bekannten Verhältnisse in das Personengesellschaftsrecht. Ohne auf die (vermeintlich) unterschiedlichen Strukturen einzugehen, müssen folgerichtig im „Idealfall“ für Aktien, Geschäftsanteile wie auch Personengesellschaftsanteile die identischen Grundsätze zur Anwendung kommen. Unterscheidet man dabei, auf den Begrifflichkeiten der herrschenden Anschauung prinzipiell weiterhin aufbauend, richtigerweise mit dem hier vertretenen Ansatz335 streng zwischen der „Mitgliedschaft“ und dem sie im Außenverhältnis repräsentierenden „(Gesellschafts-)Anteil“, wird ohne weiteres deutlich, dass auch die herrschende Lehre und Rechtsprechung schon längst von der Vorstellung einer abstrahierten Gesellschaftsstruktur determiniert wird. Nur in diesem Falle erlangt der Gesellschaftsanteil eine eigenständige, substantielle Bedeutung, die über eine Verwendung als terminologische Alternative für den Begriff der „Mitgliedschaft“ hinausgeht. Gesellschaftsanteile, wie sie von herrschender Lehre und Rechtsprechung faktisch gehandhabt werden, gehen mit der Anerkennung abstrahierter Strukturen unüberwindbar einher. Wie Aktien und Geschäftsanteile dienen sie der Überwindung existenzieller Emanzipation. Erst die Inhaberschaft über einen Anteil an Aktiengesellschaft bzw. Gesellschaft mbH ermöglicht den Zugriff auf eine mit ihm verbundene Mitgliederstelle in der verselbstständigten Gesellschaftssphäre. In dieser Funktion ist er ein eigenständiger, von der Mitgliedschaft zu trennender Rechtsgegenstand mit eigenständigem Bedeutungsgehalt, an dem Herrschaftsrechte begründet werden können. Nach diesem Ansatz bleibt es schließlich auch möglich, die Übertragung von Beteiligungen an Personengesellschaften, entsprechend den Regeln zur Disposition über (nicht verkörperte) Aktien und Geschäftsanteile, als zweiseitigen (Abtretungs-)Vertrag zu charakterisieren, ohne in einen Konflikt mit überkommenen Rechtsgrundsätzen zu geraten.336 (2) Verallgemeinerungsfähigkeit der Auslegungsmethoden von Gesellschaftsverträgen atypischer Personengesellschaften Nach ständiger Rechtsprechung337 und herrschender Auffassung in der Literatur sind Gesellschaftsverträge „typischer“ Personengesellschaften als schuldrechtlich geprägte Rechtsverhältnisse im Grundsatz nach den allgemeinen Maßstäben der §§ 133, 157 BGB auszulegen. Maßgebliches Kriterium ist damit, neben dem Wortlaut, insbesondere der im Vertrag zum Ausdruck kommende subjektive 338
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Siehe oben S. 58 ff. Zu diesem Konzept ausführlich bereits oben S. 28 ff. 337 BGH WM 1973, 37, 38; BGH WM 1977, 1140 = DB 1977, 1940; BGHZ 203, 77 = NJW 2015, 859, Tz. 15. 338 Statt vieler Servatius, in: Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, § 705 BGB Rn. 29; Schäfer, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2017, § 705 Rn. 171; Habermeier, in: Staudinger, BGB, 13. Aufl. 2003, § 705 Rn. 13; 31 f.; Saenger, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., 30 ff.; Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht, 6. Aufl., S. 117; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 5 I 4. 336
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Wille der Gesellschafter. Im Gegensatz hierzu werden nach Auffassung des BGH339 sowie der Literatur340 körperschaftliche („materielle“) Satzungsregelungen341 von eingetragenen Vereinen, Aktiengesellschaften und Gesellschaften mbH als verstetigte, übergeordnete und verselbstständigte Verfassung an objektiven Maßstäben gemessen. Die Vorstellungen der einzelnen (Gründungs-)Gesellschafter treten zugunsten der Rechtssicherheit der jeweiligen Gesellschaftsgläubiger sowie etwaiger Neumitglieder in den Hintergrund. Dies gilt freilich schon nicht mehr für rein individualvertragliche („formelle“) Vereinbarungen, die in den Satzungstext aufgenommen worden sind. Sie sind, entsprechend den Regelungen in Personengesellschaftsverträgen, grundsätzlich nach den allgemeinen Kriterien (§§ 133, 157 BGB) zu handhaben.342 Dieser klare Auslegungsdualismus lässt sich indessen nicht konsequent durchhalten und wird von der Rechtsprechung343 und der Literatur344 im Rahmen der Auslegung von Gesellschaftsverträgen von Publikumspersonengesellschaften durchbrochen. In Parallele zur nicht durchführbaren „wesensmäßigen“ Unterscheidung von verselbstständigten Satzungen und Gesellschaftsverträgen345 werden die Rechtsgrundlagen atypischer Personengesellschaften als verstetigte und objektivierte Rechtsgrundlagen verstanden. Der subjektive Wille der Mitglieder tritt auch hier, trotz vermeintlich schuldrechtlich-organisationrechtlichen Charakters der Gesellschaft, in den Hintergrund. Publikumsgesellschaften mögen den vom Gesetz geschaffenen Spielraum maximal ausnutzen, an der rechtsdogmatischen Einordnung ändert sich, trotz körperschaftsähnlicher Organisation, aber gerade nichts. Die nach dem Gesetz zur Anwendung gelangende Struktur wird bei ihnen durch die Praxis zugunsten einer an der Realstruktur346 der Gesellschaften orientierten Betrachtung 339 Schon RGZ 127, 186, 191 f.; BGHZ 47, 172, 179 f. = NJW 1967, 1268, 1271; BGHZ 106, 67, 71 = NJW 1989, 1989, 1212; BGHZ 123, 347, 350 = NJW 1994, 51, 52; BGHZ 142, 116, 125 -= NJW 1999, 2809, 2812; BGH NZW 2003, 127, 130 = NJW-RR 2003, 826, 829; BGH NZG 2011, 1420 = ZIP 2011, 2357, Tz. 8. 340 J. Schmidt, in: Michalski, GmbHG, 3. Aufl. 2017, § 2 Rn. 90; Fastrich, in: Baumbach/ Hueck, GmbHG, 21. Aufl. 2017, § 2 Rn. 29; weiter differenzierend Heinze, in: MüKoGmbH, 3. Aufl. 2018, § 2 Rn. 164 ff.; Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht, 6. Aufl., S. 117; Saenger, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 279, 374; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 5 I 4. 341 Zur Unterscheidung von „formellen“ und „materiellen“ Satzungsregelungen siehe schon oben S. 330 ff. 342 Siehe hierzu statt vieler K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 5 I 4. 343 BGH NJW 1999, 3113, 3115 = NZG 1999, 935, 936 (m. Anm. Brandes); BGH ZIP 2006, 754 = NZG 2006, 379, Tz. 15; BGH ZIP 2007, 812 = NZG 2007, 382, Tz. 18; BGH NJW 2011, 921 = NZG 2011, 276, Tz. 12; BGH 191, 293 = NJW 2012, 1439, Tz. 17. 344 Lieder, in: Oetker, HGB, 5. Aufl. 2017, § 105 Rn. 97; Servatius, in: Henssler/Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, Anhang (Publikumsgesellschaft) Rn. 5; Wiedemann, Gesellschaftsrecht, S. 127 f.; Saenger, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., S. 32; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, 4. Aufl., § 5 I 4. 345 Vgl. hierzu oben S. 329 ff. 346 Siehe hierzu insbesondere Wiedemann, Gesellschaftsrecht, S. 127 f.
II. Versuch einer strukturellen Aufarbeitung des Personengesellschaftsrechts
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ersetzt, d. h. die personalistische Struktur als weitgehend verstetigt behandelt.347 Dieser (ergebnisorientierte) Sinneswandel zeugt von einem faktisch-abstrahierten Verständnis der entsprechenden Gesellschaften. Publikumsgesellschaften mögen als atypische Erscheinungsformen nur eine geringe Verbreitung haben. Unter dogmatischen Gesichtspunkten bilden sie indessen keine eigenständige Gattung, sondern beruhen im Grunde auf den allgemeinen, im Personengesellschaftsrecht geltenden Grundsätzen. Ihre Behandlung in der Praxis, in deren Rahmen den zuvor beschriebenen Auslegungsmethoden als Teilaspekt einer abweichenden Handhabung ein prägender Charakter beizumessen ist, offenbart in besonderem Maße, dass die tatsächlichen Anschauungen die Gesetzessystematik auf Anwendungsebene verdrängen können und bereits weitgehend verdrängt haben. Das Recht der Publikumspersonengesellschaften bildet bei genauerer Betrachtung freilich nur die Spitze des Eisbergs, denn faktisch werden heute alle unternehmenstragenden Personengesellschaften, unabhängig von der vermeintlich gesamthänderischen Struktur, als eigenständige, gegenüber den Gesellschaftern verselbstständigte und verstetigte Rechtsträger verstanden. Aus diesen Umständen lassen sich zweierlei Forderungen ableiten: Es sind einerseits keine stichhaltigen Gründe ersichtlich, die zu den Publikumspersonengesellschaften entwickelten Rechtsgrundsätze nicht auch auf andere, in breiterem Umfang am Rechtsverkehr teilnehmende Personengesellschaften zu übertragen, sofern dies unter Berücksichtigung des Inhalts der konkreten Gesellschaftsvertragsklauseln angemessen erscheint. Dabei muss aber nicht stehen geblieben werden: Erkennt man das Gesamthandsprinzip für unternehmenstragende Personengesellschaften als überwunden an, erscheint es sinnvoll, die tatsächlichen Anschauungen des Rechtsverkehrs auch vollumfänglich in das Recht zu übersetzen. Das Festhalten an alten Dogmen, die an der Sozietätsstruktur dieser Personengesellschaften festhalten wollen, erscheint im Vergleich zur tatsächlichen Handhabe, die sich, wie am Beispiel der Auslegung der Gesellschaftsverträge von atypischen Personalgesellschaften gesehen, vom Sozietätscharakter emanzipiert hat, als Anachronismus. Zwingende Gründe, die gegen eine dem praktischen Umgang entsprechende Anerkennung dieser Gesellschaftsformen als verselbstständigte Gesellschaftsformen mit verstetigter, gesellschaftseigener Rechtsgrundlage streiten, sind nicht erkennbar. Blendet man den historischen Kontext sowie die im Gesetz angelegten Leitvorstellungen aus, erscheint dieser Schritt sinnvoll. Auf diese Weise wird man einerseits dem vom Gesetzgeber verfolgten „modernen Verständnis“348 gerecht, andererseits erleichtert man die Handhabung und erreicht einen Gleichlauf von Theorie und Praxis.
347
Zu den weiteren Anpassungen des Rechts der Publikumspersonengesellschaften vgl. Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht, 6. Aufl., S. 342 ff. 348 So schon der Gesetzgeber im Rahmen der Modernisierung des Umwandlungsgesetzes, vgl. Begründung UmwBerG, BT Druck 12/6699 vom 1. 2. 1994, S. 136.
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E. Personengesellschaften als abstrahierte Gesellschaftsformen
(3) Anerkennung verselbstständigter Strukturen durch die Änderungen des Umwandlungsgesetzes von 1994 Die umfassenden Änderungen am Umwandlungsgesetz von 1994349, aufgrund derer Kapitalgesellschaften fortan im Wege des identitätswahrenden Formwechsels auch in Gesellschaften bürgerlichen Rechts umgewandelt werden konnten – §§ 191 Abs. 2 Nr. 1; 202 Abs. 1 Nr. 1 BGB – stieß unter rechtsdogmatischen Gesichtspunkten auf große Resonanz. Aus der Aufnahme der BGB-Gesellschaften in den Katalog der Ziel-Gesellschaftsformen wurde vielfach die umfassende Anerkennung nicht nur der Rechtsfähigkeit, sondern auch der Rechtspersönlichkeit und, zumindest zum Teil, der verselbstständigten Struktur gefolgert.350 In der Tat verlangt die Annahme eines identitätswahrenden Übergangs die Anerkennung der Rechtsfähigkeit selbst der BGB-Gesellschaft und damit mindestens einer partiellen Verselbstständigung. Betrachtet man dabei mit dem in dieser Arbeit vertretenen Ansatz das Gesamthandsprinzip als für diese Prämisse untaugliches und überwundenes Rechtskonzept, erscheint die Annahme einer verselbstständigten Struktur naheliegend, wenn auch, soviel sei zugegeben, nicht zwingend. Der Gesetzgeber betonte im Rahmen der Begründung zur Reformierung des Umwandlungsgesetzes zwar die „moderne[.] Auffassung von der Natur der Personengesellschaft“351, es blieb indessen der Interpretationsspielraum, wie diese nach seiner Auffassung zu verstehen sei. Der Zweck des Gesetzes ist schon dann erreicht, sofern man zwischen Ausgangsund Zielgesellschaft keine „strukturelle“, sondern lediglich „wirtschaftliche“ Identität annimmt.352 Gesetzt den Fall, man möchte trotz Annahme einer Sozietätsstruktur der daraus hervorgehenden Gesellschaft ein auch im Außenverhältnis wirkendes, rechtliches Gewicht beimessen, ist das Umwandlungsgesetz insoweit aussagenneutral. cc) „Teilrechtsfähigkeit“ contra Verselbstständigung Der BGH353 bestätigte erst zuletzt seine bisherige Rechtsprechungslinie, nach welcher Gesellschaften bürgerlichen Rechts bzw. Personengesellschaften im Gegensatz zu juristischen Personen nicht als vollständig verselbstständigte Gesellschaftsformen zu betrachten sind. Grund hierfür sei die „Teilrechtsfähigkeit“ bzw. „beschränkte Rechtsfähigkeit“ der gesamthänderisch verbundenen Gesellschafter, 349
Gesetz zur Bereinigung des Umwandlungsrechts (UmwBerG) vom 28. Oktober 1994, BGBl. I S. 3210 ff. 350 U. a. Raiser, Gesamthand und juristische Person im Licht des neuen Umwandlungsrechts, AcP 1994, S. 495 (4 ff.); Wiedemann, Rechtsverhältnisse der BGB-Gesellschaften zu Dritten (WM Sonderbeilage Nr. 4), WM 1994, S. 4; Timm, Die Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts und ihre Haftungsverfassung, NJW 1995, S. 3209; Mülbert, Die rechtsfähige Personengesellschaft, AcP 199 (1999), S. 38. 351 Begründung UmwBerG, BT Druck 12/6699 vom 1. 2. 1994, S. 136. 352 Vgl. hierzu schon oben S. 126 ff. 353 BGH NJW 2017, 547 ff. = ZIP 2017, 122 ff. Siehe hierzu schon oben S. 140 ff.
II. Versuch einer strukturellen Aufarbeitung des Personengesellschaftsrechts
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aufgrund derer, im Gegensatz zu den Verhältnissen einer juristischen Person, kein „völlig verselbstständigtes Rechtssubjekt“ entstehen könne.354 Diesem Umstand messen nach Auffassung des BGH diejenigen Stimmen der Literatur, die eine Einordnung bzw. Gleichstellung der Personengesellschaften als bzw. mit Gesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit befürworteten, eine zu geringe Bedeutung bei.355 Die Ausführungen des BGH können indessen schon im Ausgangspunkt nicht überzeugen. Der Begriff der „Teilrechtsfähigkeit“ hat für sich genommen keinen fest definierten, rechtlichen Aussagegehalt. Der Versuch einer abschließenden Umschreibung einer nur „beschränkten Rechtsfähigkeit“ in Abgrenzung zur „vollen Rechtsfähigkeit“ kann nicht gelingen. Der Terminus der Teilrechtsfähigkeit bietet sich gewiss zur Beschreibung von Fällen an, in denen ein Rechtssubjekt lediglich Träger eines sehr begrenzten Katalogs von Rechten und Pflichten sein kann. Welche Rechte eine BGB-Gesellschaft aber gerade nicht innehaben können soll, um als lediglich teilrechtsfähig eingestuft zu werden, lässt der BGH offen. Er widerspricht sich vielmehr selbst, wenn er in einem anderen Kontext scheinbar von der unbeschränkten Rechtsfähigkeit (auch) der BGB-Gesellschaft ausgeht.356 Sofern, wie in § 899a BGB, für Personengesellschaften Einschränkungen angeordnet werden, die zumindest mittelbar deren Rechtsfähigkeit betreffen, sind diese als Reaktion auf die Flexibilität von BGB-Gesellschaften bei gleichzeitig fehlender Publizität zu verstehen. Die fehlende Transparenz kollidiert hier mit Aspekten der Rechtsklarheit und -sicherheit.357 Unabhängig hiervon bleibt stets zu bedenken, dass selbst natürliche Personen nicht Inhaber jeder denkbaren Rechtsposition sein können. Ihnen aufgrund dieses Umstandes die volle Rechtsfähigkeit abzusprechen, ist offensichtlich nicht gangbar.358 Beachtet man hingegen den Gesamtkontext des Urteils, liegt es nahe, dass nach Auffassung des BGH nicht die Teilrechtsfähigkeit, sondern das dieser zugrundeliegende Gesamthandsprinzip als maßgeblicher Grund für die fehlende Verselbstständigung verstanden wird, denn die „Gesamthand selbst“ sei als Träger des Vermögens anzusehen.359 Unterscheidet man mit dem hier vertretenen Ansatz zwischen „einfachen“ und „unternehmenstragenden“ Personengesellschaften, wobei das Ge354
BGH NJW 2017, 547 = ZIP 2017, 122, Tz. 17 ff. BGH NJW 2017, 547 = ZIP 2017, 122, Tz. 19. 356 Statt vieler BGH NJW 2014, 1107 = ZIP 2014, 565, Tz. 24. 357 Zu den Hintergründen von § 899a BGB vgl. statt vieler m.w.N. Kohler, in: MüKoBGB, § 899a Rn. 2, insb. Fn. 9. 358 Vgl. hierzu nur m.w.N. Wertenbruch, in: EBJS, 3. Aufl. 2014, § 105 Rn. 13; Huber, Rechtsfähigkeit, juristische Person und Gesamthand, in: Festschrift für Marcus Lutter, S. 107 (112); Timm, Die Rechtsfähigkeit der Gesellschaft bürgerlichen Rechts und ihre Haftungsverfassung, NJW 1995, S. 3209 (3211); Mülbert, Die rechtsfähige Personengesellschaft, AcP 199 (1999), S. 38 (44 ff.); Beuthien, Zur Begriffsverwirrung im deutschen Gesellschaftsrecht, JZ 2003, S. 715 (718 und 720). 359 BGH NJW 2017, 547 = ZIP 2017, 122, Tz. 18, 22. 355
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E. Personengesellschaften als abstrahierte Gesellschaftsformen
samthandsprinzip für letztere richtigerweise als vollständig überwunden anzusehen ist, können die an diesem Prinzip orientierten Erwägungen des obersten Gerichts freilich nicht mehr greifen. Ohne weitergehende Unterscheidung fällt jede „AußenBGB-Gesellschaft“ im Sinne dieser Rechtsprechung als eigenständig rechtsfähiger Träger eines Vermögens unweigerlich in die Kategorie der nicht gesamthänderischen Personengesellschaften. Entgegen der Auffassung des BGH360 hat sich daher mit höchstrichterlicher Anerkennung der Rechtsfähigkeit (auch) der BGB-Gesellschaft die Dogmatik des Personengesellschaftsrechts tatsächlich fortentwickelt und von ihren historischen und rechtlichen Wurzeln emanzipiert. Die Handhabung dieser Gesellschaftsformen hat sich diesen neuen Gegebenheiten anzupassen. Die Auffassung des BGH orientiert sich an althergebrachten Leitvorstellungen, ohne die rechtlich-dogmatischen Hintergründe zu hinterfragen oder neu zu justieren. Hierauf aufbauend fällt der BGH im konkret entschiedenen Fall361 ein rein ergebnisorientiertes Urteil: Die innere Rechtfertigung zieht dieses ausschließlich aus dem konkreten Sachverhalt, der das Kündigungsrecht einer BGB-Gesellschaft wegen Eigenbedarfs eines einzelnen Gesellschafters zum Gegenstand hatte. Hier erscheint es, wie vom BGH mit Verweis auf die Gesetzgebungsmaterialien362 auch gehandhabt,363 in Übereinstimmung mit den Erwägungen des Gerichts sinnvoll, die BGB-Gesellschaft in ein Verhältnis zu einer reinen Vermietermehrheit zu setzen, bei welcher ein Eigenbedarf nur eines Vermieters unstrittig ein Kündigungsrecht im Sinne des § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB nach sich zieht. Diese Rechtslage darf sich nicht schon aufgrund des Umstandes ändern, dass die einzelnen Vermieter „unbewusst“ die niedrigen Hürden des § 705 BGB überwunden haben. Der konkrete Fall lässt sich jedoch ohne weiteres einem sachgemäßen Ergebnis zuführen, sofern man die betroffene BGB-Gesellschaft entsprechend ihrem tatsächlichen Zuschnitt als lediglich „einfache“ Gesellschaft bürgerlichen Rechts im in dieser Arbeit vertretenen Sinne versteht. Ausweislich des übermittelten Sachverhalts beschränkte sich der Geschäftsumfang der in Frage stehenden Gesellschaft auf „die Instandsetzung, die Modernisierung und [den] Ausbau“ sowie die Vermietung eines einzelnen Anwesens.364 Die Erwägungen, die der BGH an anderer Stelle hinsichtlich der Wechselwirkungen des konkreten Gesellschaftszwecks und des Kündigungsrechts nach § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB anstellt,365 können ohne weiteres zur strukturellen Einordnung der BGB-Gesellschaft herangezogen werden. Als „einfache“ BGB-Gesellschaft mag diese als nach außen wahrnehmbare Einheit auftreten können, ihre innere Struktur entspricht hingegen den traditionellen Gesamthandslehren. Mangels 360
BGH NJW 2017, 547 = ZIP 2017, 122, Tz. 20 f., 35 f. BGH NJW 2017, 547 ff. = ZIP 2017, 122 ff. 362 Gesetzesentwurf der Bundesregierung eines Gesetzes über die energetische Modernisierung von vermietetem Wohnraum und über die vereinfachte Durchsetzung von Räumungstiteln (Mietrechtsänderungsgesetz – MietRÄndG), vgl. BT-Drs. 17/10485, S. 26. 363 BGH NJW 2017, 547 = ZIP 2017, 122, Tz. 41, 43. 364 BGH NJW 2017, 547 = ZIP 2017, 122, Tz. 2. 365 BGH NJW 2017, 547 = ZIP 2017, 122, Tz. 50. 361
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jedweder Verselbstständigung der Gesellschaft ist demnach ein Kündigungsrecht unproblematisch gegeben. Dieses steht originär allein den gesamthänderisch verbundenen Gesellschaftern als Träger des Vermögens zu. Eine Regelungslücke besteht in diesem Falle nicht. dd) Unterschiedliche Struktur wegen Unterscheidung von juristischen Personen und rechtsfähigen Personengesellschaften im Gesetz und numerus clausus des Gesellschaftsrechts Nach einer weit verbreiteten Auffassung in der Literatur366 müssen alle Personengesellschaften als juristische Personen betrachtet werden. Dabei wird insbesondere auf die fehlende Möglichkeit einer trennscharfen Unterscheidung von „Gesamthands“-Gesellschaften und den im Gesetz ausdrücklich als juristische Personen anerkannten Gesellschaftsformen hingewiesen. Eine Unterscheidung von Gesellschaften mit und ohne eigener Rechtspersönlichkeit lässt sich tatsächlich nur unter Bezugnahme auf übergeordnete Leitbilder oder -motive vornehmen.367 Diese haben sich in Anbetracht der Entwicklungen im Personengesellschaftsrecht allerdings ebenfalls weitgehend von ihren Ursprüngen entfernt. Als trennscharfes Abgrenzungskriterium können sie nicht mehr herangezogen werden. In Anbetracht des hier vertretenen Ansatzes, der auch unternehmenstragende Personengesellschaften als vollständig abstrahierte Gesellschaftsformen anerkennen möchte, erscheint die Einordnung als juristische Personen umso naheliegender, denn die Strukturen einer unternehmenstragenden Gesellschaft bürgerlichen Rechts bzw. einer offenen Handels- oder Kommanditgesellschaft stimmen hiernach mit den inneren Verhältnissen von Aktiengesellschaften und Gesellschaften mbH im Kern überein. Die Anerkennung einer eigenen Rechtspersönlichkeit unternehmenstragender Personengesellschaften verbietet sich im Ergebnis trotz der weitgehenden Angleichung de lege lata aber noch immer. Solange das Gesetz ausdrücklich zwischen juristischen Personen einerseits und (rechtsfähigen) Personengesellschaften andererseits unterscheidet (vgl. §§ 14 Abs. 1; 1059a Abs. 2; 1059e; 1061 S. 2; 1092 Abs. 2 und 3 S. 1; 1098 Abs. 3 BGB; § 11 InsO; § 6 Abs. 2 S. 1 AGG; §§ 9 Abs. 1; 29 Abs. 1 OWiG; §§ 14 Abs. 1; § 2 Abs. 3 ArbSchG; § 40 Abs. 1 S. 1 ElektroG; § 15a Abs. 1 S. 1 MPG; § 7 Abs. 2 S. 1 PflegeZG; § 3 Nr. 13 GenD;, § 111 SGB VII), verstößt die Einordnung auch unternehmenstragender Personengesellschaften als juristische Personen gegen die ausdrücklichen Vorstellungen des Gesetzgebers. Eine entsprechende Anpassung des Gesetzes wäre indessen ohne weiteres denkbar. Aus dem Umstand, dass die zuvor genannten Normen bis zu einer etwaigen Überarbeitung auch in Zukunft eine Unterscheidung von juristischen Personen und (rechtsfähigen) Personengesellschaften erforderlich machen, lässt sich hingegen keine zwingende Aussage zu den in den einzelnen Gesellschaften zur Anwendung 366 367
Siehe hierzu S. 228 Fn. 440. Zu der fehlenden Unterscheidbarkeit siehe schon zuvor S. 329 ff.
350
E. Personengesellschaften als abstrahierte Gesellschaftsformen
kommenden Strukturen ableiten. Dies gilt unabhängig davon, ob die Anerkennung eigener Rechtspersönlichkeit eine entsprechende positive Regelung im Gesetz zwingend voraussetzt. Die gesetzliche Einordnung als juristische Person ist nur hinreichendes, nicht aber notwendiges Element für das Vorhandensein abstrahierter Strukturen. Das zeigt schon die Anerkennung von Vor-Aktiengesellschaften sowie Vor-Gesellschaften mbH als verselbstständigte Gesellschaften sui generis, die bereits weitgehend nach dem Recht der jeweils später zur Entstehung gelangenden Gesellschaft zu handhaben sind. Sie selbst weisen nach überwiegender und richtiger Ansicht368 bereits eine vollständig verselbstständigte Struktur auf, die derjenigen von fertiger Aktiengesellschaft sowie Gesellschaft mbH weitgehend entspricht, obwohl sie mangels Eintragung unstrittig keine juristische Personen darstellen, vgl. §§ 1; 41 Abs. 1 AktG sowie §§ 11 Abs. 1, 13 Abs. 1 GmbHG. Die ausdrückliche Bezeichnung als juristische Person im Gesetz kann demnach keine Voraussetzung für ein abstrahiertes Gesellschaftsverständnis sein. Der vorliegend vertretene Ansatz ist darüber hinaus auch mit dem numerus clausus des Gesellschaftsrechts vereinbar. Das Gesetz erkennt in den §§ 14 Abs. 1; 1059a Abs. 2; 1059e; 1061 S. 2; 1092 Abs. 2 und 3 S. 1; 1098 Abs. 3 BGB; § 11 InsO; § 6 Abs. 2 S. 1 AGG; §§ 9 Abs. 1; 29 Abs. 1 OWiG; §§ 14 Abs. 1; § 2 Abs. 3 ArbSchG; § 40 Abs. 1 S. 1 ElektroG; § 15a Abs. 1 S. 1 MPG; § 7 Abs. 2 S. 1 PflegeZG; § 3 Nr. 13 GenD; § 111 SGB VII die Existenz von rechtsfähigen Personengesellschaften ausdrücklich an, trifft allerdings keine Aussage zu den jeweils zur Anwendung gelangenden inneren Verhältnissen. Das Gesetz enthält insoweit einen Interpretationsspielraum. Scheidet man nach hier vertretenem Ansatz zwischen „einfachen“ und „unternehmenstragenden“ Personengesellschaften, wird vielmehr ein deutlich höheres Maß an Gesetzeskongruenz erreicht. ee) Personengesellschaften im europäischen Vergleich Auch wenn der Prozess der rechtlichen Vereinheitlichung in Europa in jüngerer Vergangenheit erhebliche Rückschläge hinnehmen musste, ist eine fortschreitende Rechtsangleichung mittelfristig wegen globalpolitischer Interessen und Kräfteverhältnisse unumgänglich. Das Gesellschaftsrecht wird, über die bisherigen Ansätze hinaus,369 früher oder später noch weitergehende Rechtsangleichungen erfahren. Unabhängig von konkreten Maßnahmen des europäischen Gesetzgebers hat der, mit der zur Niederlassungsfreiheit ergangenen Rechtsprechung des EuGH einhergehende, äußere Reformdruck das nationale Gesellschaftsrecht in jüngerer Vergangenheit bereits erheblich beeinflusst. Die Schaffung der Unternehmergesellschaft 368
Siehe hierzu ausführlich oben S. 125 ff. Man denke nur an die supranationalen Gesellschaftsformen der EWiV, SE (Societas Europaea), SEC (Societas Cooperativa Europaea) oder die Überlegungen (vgl. den Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Gesellschaften mit beschränkter Haftung mit einem einzigen Gesellschafter, OM/2014/0212 final – 2014/0120 (COD)) zur SUP (Societas Unius Personae). 369
II. Versuch einer strukturellen Aufarbeitung des Personengesellschaftsrechts
351
(haftungsbeschränkt) (vgl. § 5a GmbHG) durch das MoMiG370 bildet den wohl prominentesten Ausfluss dieser Rechtsprechung, deren Einführung ein zeitweise weitreichender Bedeutungsverlust der deutschen GmbH vorherging.371 Ein solcher mittelbarer Reformzwang mag im Personengesellschaftsrecht wegen der geringeren Attraktivität (Stichwort: fehlende Beschränkung der Haftung; Gründungsvoraussetzungen bereits niedrig angesetzt) weniger ausgeprägt sein, unter Berücksichtigung erstrebenswerter Gesichtspunkte wie Rechtseinheit, -sicherheit und -klarheit kann sie dennoch sinnvoll sein.372 Vergleicht man zu diesem Zweck unser Personengesellschaftsrecht mit den entsprechenden nationalen Reglungen unserer europäischen Nachbarn, fällt schnell auf, dass diese zum Teil eine deutlich strukturiertere, wenn nicht gar fortschrittlichere Personengesellschaftsdogmatik vorweisen können. Einige von ihnen haben eine identische bzw. stark ähnliche Entwicklung durchlebt, hieraus allerdings abweichende Konsequenzen gezogen. Pointiert formuliert, kann das deutsche Personengesellschaftsrecht gar als Abbild der französischen Verhältnisse mit hundertjähriger Startverzögerung aufgefasst werden. Angesichts der zahlreichen Gemeinsamkeiten und der Parallelität der Entwicklungen können, zumindest bis zu einem gewissen Grade, die hieraus resultierenden Ergebnisse auch als Richtschnur eines als eigenständige Rechtsmaterie verstandenen Rechts der unternehmenstragenden Personengesellschaften herangezogen werden, um die bisherige Linie fortzuschreiben. (1) Überblick über die wichtigsten Rechtsordnungen in Europa (a) Annäherung des italienischen Personengesellschaftsrechts an die deutsche Systematik Das italienische Personengesellschaftsrecht (società di persone) weist, obwohl es das Prinzip der Gesamthand zu keinem Zeitpunkt explizit erwähnt, hinsichtlich Rechtsfolgen und grundsätzlichen Verständnisses eine hohe Ähnlichkeit zur deutschen Personengesellschaftssystematik mitsamt seiner Unstimmigkeiten auf. Entsprechend dem hiesigen Verständnis wird sowohl die Grundform aller italienischen Personengesellschaften, die „einfache Gesellschaft“ (società semplice – Art. 2251 ff. c.c), deren Zweck auf den Betrieb einer nicht handelsgewerblichen Tätigkeit beschränkt bleiben muss (Art. 2249 Abs. 1 c.c.), als auch deren handelsrechtliche Ausbaustufen, die società commerciale (società in nome collettivo (Art. 2291 ff. c.c. – „offene Handelsgesellschaft“) (sowie società in accomandita semplice (Art. 2313 ff. c.c. – „Kommanditgesellschaft“)), als in gewisser Weise verselbst370 Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen (MoMiG) vom 23. Oktober 2008, BGBl. I S. 2026 ff. 371 Vgl. mWn Rieder, in: MüKoGmbH, 3. Aufl. 2018, § 5a Rn. 2 ff.; Schäfer, in: Henssler/ Strohn, GesR, 3. Aufl. 2016, § 5a GmbHG Rn. 1 f. 372 Zu möglichen Harmonisierungszielen unter besonderer Berücksichtigung des Gesamthandsprinzips schon Blaurock, Europäisches und deutsches Gesellschaftsrecht, ZEuP 1998, S. 460 (472 ff.).
352
E. Personengesellschaften als abstrahierte Gesellschaftsformen
ständigte und selbst rechtsfähige Vereinigungen anerkannt.373 Mangels konstitutiv wirkender Eintragung in ein Register wird ihnen aber, wie nach wohl noch immer herrschender Meinung im deutschen Recht,374 keine eigene Rechtspersönlichkeit zugesprochen.375 Eine absolute Verselbstständigung findet nicht statt, was sich im Gesetzeswortlaut schon in dem Umstand zeigt, dass Ein-Mann-Gesellschaften nicht vorgesehen sind, vgl. Art. 2272 Nr. 4 c.c. Die Persönlichkeit der einzelnen Gesellschafter ist vielmehr konstitutives Element jeder Personengesellschaftsverfassung.376 Mangels ausdrücklicher Regelung im Gesetz war auch in Italien die Rechtsfähigkeit der Personengesellschaften lange Zeit Gegenstand einer breiten Diskussion.377 Aufbauend auf dem Wortlaut des Art. 2266 c.c., italienisches „Abbild“ des § 124 Abs. 1 HGB, schließt indessen die überwiegende Ansicht378 auf eine Rechtssubjektivität, d. h. Rechtsfähigkeit aller societàs. Obgleich das Gesamthandsprinzip als dogmatische Grundlage dieser teilweisen Verselbstständigung nicht zur Anwendung gelangt, wird das Gesellschaftsvermögen als von den Privatvermögen getrenntes, der Gesellschaft zugeordnetes Sondervermögen behandelt, das ähnlich dem deutschen Recht dem Zurückgriff der Gesellschafter sowie deren Privatgläubiger entzogen ist.379 Gleichfalls bleibt auch das italienische Personengesellschaftsrecht nicht frei von Inkonsequenzen: Die vermeintlich klare Vermögenstrennung und -zuordnung wird von der rechtsprechenden Praxis, insoweit ebenfalls in weitgehender Übereinstimmung mit den deutschen Verhältnissen, in vielen Fällen durchbrochen.380 (b) Das Schweizer Personengesellschaftsrecht Das schweizerische Personengesellschaftsrecht unterscheidet die „einfache Gesellschaft“ (Art. 530 ff. OR) von den auf den Betrieb eines kaufmännischen Betriebes (vgl. Art. 553 OR bzw. Art. 595 OR) gerichteten Kollektiv- (Art. 552 ff. OR) sowie Kommanditgesellschaften (Art. 594 ff. OR). Entsprechend dem Verhältnis von 373
Kindler, Italienisches Handels- und Wirtschaftsrecht, 2. Aufl., S. 196 ff. Siehe hierzu ausführlich oben S. 140 ff. 375 Kindler, Italienisches Handels- und Wirtschaftsrecht, 2. Aufl., S. 204; Kleiser, Der Tod eines Gesellschafters im italienischen Recht, S. 28; Hottgenroth, Verwendungszwecke, Vermögensordnung und Haftungsfragen in der società semplice im Vergleich zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts, S. 87; 95 ff. 376 Hofmann, Gesellschaftsrecht in Italien, S. 25. 377 M.w.N. Hofmann, Gesellschaftsrecht in Italien, S. 24 f. 378 So zumindest Hottgenroth, Verwendungszwecke, Vermögensordnung und Haftungsfragen in der società semplice im Vergleich zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts, S. 97. 379 Kindler, Italienisches Handels- und Wirtschaftsrecht, 2. Aufl., S. 197; 209; Kleiser, Der Tod eines Gesellschafters im italienischen Recht, S. 28 f.; Hottgenroth, Verwendungszwecke, Vermögensordnung und Haftungsfragen in der società semplice im Vergleich zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts, S. 92 f. 380 Ausführlich m.w.N. Hottgenroth, Verwendungszwecke, Vermögensordnung und Haftungsfragen in der società semplice im Vergleich zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts, S. 98 ff. 374
II. Versuch einer strukturellen Aufarbeitung des Personengesellschaftsrechts
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BGB-Gesellschaft und den Handelspersonengesellschaften des deutschen Rechts bildet die einfache Gesellschaft die „Subsidiärform“ der kaufmännischen Vereinigungsformen.381 Sie ist, trotz Anwendung des Gesamthandsprinzips (vgl. Art. 544 Abs. 1 OR), nach überwiegender Ansicht weder juristische Person noch rechtsfähig.382 Rechtsträger des Gesellschaftsvermögens sind vielmehr die Gesellschafter in ihrer Gesamtheit.383 Auch im Übrigen tritt das an den „traditionellen Lehren“ orientierte Verständnis klar zu Tage: Im Rechtsstreit wird die einfache Gesellschaft, insoweit in klarer Abkehr zur heutigen Rechtslage in Deutschland, von den Gesellschaftern in notwendiger Streitgenossenschaft vertreten. Der Gesellschaftsvertrag ist gemischt schuldrechtlich-organisationsrechtlicher, die Vertretung der Gesellschaft rein rechtsgeschäftlicher Natur.384 Das zuvor Gesagte gilt darüber hinaus im Wesentlichen auch für die Behandlung der Kollektiv- und Kommanditgesellschaften. Ihnen kommt nach überwiegender Ansicht keine eigene Rechtspersönlichkeit zu.385 Sie sind „als solche“ nicht rechtsfähig,386 das Gesellschaftsvermögen ist vielmehr auch hier gesamthänderisch gebundenes Vermögen der Gesellschafter. Aufgrund ihrer Möglichkeit, im Rechtsverkehr unter einer Firma auftreten zu können (Art. 562 OR (i.V.m. Art. 603 OR)), werden sie allerdings im Außenverhältnis, „zur Erleichterung des Rechtsverkehrs […] verselbständigt und in gewisser Hinsicht wie eine juristische Person behandelt“387. Ihnen ist es unter Nutzung der Firma möglich, als Parteien im Prozess aufzutreten, Prozesshandlungen vorzunehmen, und sie gelten als handlungs- und betreibungsfähig. Die Firma erfüllt in diesem Rahmen eine zusammenfassende Funktion, aufgrund derer der Gesellschafterkreis im Gesamten bezeichnet wird. Kollektiv- und Kommanditgesellschaften sind daher nur als „organisatorische Einheit verselbstständigt“388.
381
Fellmann/Müller, in: Berner Kommentar 2006, Art. 530 Rn. 12. Handschin, in: Basler Kommentar, 5. Aufl. 2016, Art. 530 Rn. 6. 383 M.w.N. Pestalozzi/Vogt, in: Basler Kommentar, 5. Aufl. 2016, Art. 544 Rn. 3 ff.; Fellmann/Müller, in: Berner Kommentar 2006, Art. 530 Rn. 23; Art. 544 Rn. 18; 26 ff.; Steiger, Schweizerisches Privatrecht, S. 289 ff.; 381. 384 M.w.N. Pestalozzi/Vogt, in: Basler Kommentar, 5. Aufl. 2016, Art. 543 Rn. 1; 5 ff.; Steiger, Schweizerisches Privatrecht, S. 430 ff.; Fellmann/Müller, in: Berner Kommentar 2006, § 530 Rn. 29 bzw. 414 ff. 385 Str. aber ständige Rechtsprechung des höchsten Schweizer Gerichts, vgl. BGE 95 II 547, 549 f.; 99 III 1, 2; 116 II 651, 652; 136 V 258, 259. 386 So aber Steiger, Schweizerisches Privatrecht, S. 529. 387 Pestalozzi/Vogt, in: Basler Kommentar, 5. Aufl. 2016, Art 562 Rn. 1. 388 Pestalozzi/Vogt, in: Basler Kommentar, 5. Aufl. 2016, Art. 562 Rn. 1 ff.; Baudenbacher, in: Basler Kommentar, 5. Aufl. 2016, Art. 594 Rn. 2 f.; Steiger, Schweizerisches Privatrecht, S. 529. 382
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E. Personengesellschaften als abstrahierte Gesellschaftsformen
(c) Personengesellschaften in Frankreich In Frankreich gelten Personen- wie Kapitalgesellschaften, mit Ausnahme der sociétés en participation (vgl. Art. 1842 Abs. 1 CC389) und der société créée de fait (Art. 1873 CC), gemeinhin als juristische Personen. Sie selbst werden im Kern im Außen- wie auch im Innenverhältnis als verselbstständigte Gesellschaftsformen betrachtet.390 Dies wirkt sich erheblich auf die Handhabe dieser Gesellschaften aus: Einmann-Gründungen sind nach Art. 1844 – 5 Abs. 1 S. 1 CC391 zwar ebenfalls nicht erlaubt, das Ausscheiden des vorletzten Gesellschafters ist hingegen, mindestens für eine Übergangszeit von einem Jahr392, unschädlich. Die Gesellschaft kann bis zur Aufnahme mindestens eines weiteren Gesellschafters die Geschäfte unter Beibehaltung ihrer Rechtsform unverändert fortführen. Das überrascht, denn grundsätzlich ähnelt die Entwicklung des Personengesellschaftsrechts in Frankreich der deutschen Entwicklung:393 Das französische Recht betrachtete die Personengesellschaften lange Zeit ebenfalls als rein schuldrechtliche Vereinigungen unter Vermögensträgerschaft der Gesellschafter zu Miteigentum nach Bruchteilen.394 Die aus der Anwendung der allgemeinen Prinzipien resultierende freie Verfügungsbefugnis der einzelnen Mitglieder ging freilich mit erheblichen Gefahren für Mitgesellschafter und Gesellschaftsgläubiger einher. Die Rechtsmacht der einzelnen Gesellschafter über die ideellen Anteile wurde daher alsbald, insoweit in weitgehenden Übereinstimmungen mit der aus dem deutschen Personengesellschaftsrecht bekannten 389
Art. 1842 Abs. 1 CC: „Les sociétés autres que les sociétés en participation visées au chapitre III jouissent de la personnalité morale à compter de leur immatriculation.“ 390 Scholz, Verselbstständigung bürgerlichrechtlicher Gesellschaften in Deutschland und Frankreich, S. 161 f.; 164 ff.; 178 ff.; 192 f.; „Rechtliche Verselbstständigung“. Tat, Die Rechtssubjektivität und Haftung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts in Deutschland und Frankreich, 87, 88 und 89; m.w.N. Richter, Die BGB-Gesellschaft im Vergleich zu den französischen Zivilgesellschaften, S. 88 Fn. 1004 sowie Nitschke, Das Recht der Personengesellschaften in Deutschland und Frankreich, S. 120. Der Begriff der juristischen Person dient in Frankreich insbesondere als rechtliche Technik zur sachgemäßen Abbildung und Regelung verschiedener Sachverhalte. Die mit der Anerkennung der personnalité morale einhergehende Verselbstständigung ist dabei nie absoluter, sondern nur relativer Natur. Dementsprechend kann der Grundsatz der klaren inneren und äußeren Trennung von Gesellschaft und Gesellschaftern punktuell für jede Gesellschaftsform durchbrochen werden, vgl. Scholz, Verselbstständigung bürgerlichrechtlicher Gesellschaften in Deutschland und Frankreich, S. 171 f.; 193 ff. 391 Art. 1844 – 5 Abs. 1 S. 1 CC: „La réunion de toutes les parts sociales en une seule main n’entraîne pas la dissolution de plein droit de la société.“ 392 Vgl. Art. 1844 – 5 Abs. 1 S. 2 CC: „Tout intéressé peut demander cette dissolution si la situation n’a pas été régularisée dans le délai d’un an.“ 393 Scholz, Verselbstständigung bürgerlichrechtlicher Gesellschaften in Deutschland und Frankreich, S. 162; Richter, Die BGB-Gesellschaft im Vergleich zu den französischen Zivilgesellschaften, S. 177. 394 Ausführlich zur Entwicklung der société civile in Frankreich Richter, Die BGB-Gesellschaft im Vergleich zu den französischen Zivilgesellschaften, S. 178; Tat, Die Rechtssubjektivität und Haftung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts in Deutschland und Frankreich, S. 93 f.; Nitschke, Das Recht der Personengesellschaften in Deutschland und Frankreich, S. 103 ff.
II. Versuch einer strukturellen Aufarbeitung des Personengesellschaftsrechts
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vermögensrechtlichen Lehre von der geteilten Mitberechtigung395, zugunsten des gemeinsam verfolgten Zwecks beschränkt, d. h. in der Gemeinschaft gebunden.396 Das französische Recht entsprach insoweit der in den §§ 718 f. BGB verankerten Rechtslage. Hierauf aufbauend entwickelte sich schnell – entsprechend der heutigen Diskussion zur Rechtspersönlichkeit der Personengesellschaften bzw. ihrer inneren Struktur – eine breite Debatte über die Rechtsfähigkeit der Personengesellschaften. Unter Festhalten am Dogma des Rechtsfähigkeitsdualismus ging mit Anerkennung der Rechtsfähigkeit aller Personengesellschaften durch Frankreichs höchstes Gericht schließlich auch deren Einordnung als juristische Person einher.397 Erst im Jahre 1978 wurden mit Einführung des Art. 1842 Abs. 1 CC398 auch die letzten Zweifel an dieser Einschätzung endgültig aus dem Weg geräumt. Die Rechtsfähigkeit bzw. Rechtspersönlichkeit selbst der société civile, das französische Pendant zur Gesellschaft bürgerlichen Rechts, steht seitdem außer Frage. (d) Personengesellschaften des englischen Rechts Im englischen Recht399 entsprechen „general partnership“ („BGB-Gesellschaft“) sowie „limited partnership“ („Kommanditgesellschaft“) in der Sache am ehesten den Personengesellschaften des deutschen Rechts. Sie dienen der gemeinsamen Verfolgung wirtschaftlicher Ziele durch mindestens zwei natürliche oder juristische Personen. Bei beiden Gesellschaftsformen stehen, insoweit in Übereinstimmung mit dem deutschen Personengesellschaftsrecht, die am Zusammenschluss beteiligten Gesellschafter im Fokus. Während in der general partnership jeder Beteiligte zur Geschäftsführung und Vertretung berechtigt ist und für die im Rahmen der partnership eingegangenen Verpflichtungen persönlich, solidarisch und unbeschränkt haftet, wird entsprechend den Regeln zur Kommanditgesellschaft in der limited partnership zwischen general und limited partners unterschieden. Als unbeschränkt haftende Gesellschafter übernehmen erstere sämtliche Leitungsaufgaben.400 In Abkehr zur deutschen Personengesellschaftsdogmatik kommt den englischen partnerships weder eine eigene Rechtspersönlichkeit zu, noch werden sie als 395
Vgl. hierzu ausführlich oben S. 202 ff. Nitschke, Das Recht der Personengesellschaften in Deutschland und Frankreich, S. 111 ff. 397 Cour de Cassation, I. Req. 23 février 1891. 398 Loi n878 – 9 du 4 janvier 1978: „Les sociétés autres que les sociétés en participation visées au chapitre III jouissent de la personnalité morale à compter de leur immatriculation.“ 399 Die Folgen des Austritts des Vereinigten Königreichs aus der EU („Brexit“) sind zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Arbeit noch nicht gänzlich absehbar. Angesichts der überragenden Bedeutung des englischen Rechts im internationalen Wirtschaftsverkehr erscheint eine Ausklammerung dieser Rechtsordnung selbst im Falle einer vollständigen rechtlichen Isolation aber nicht sinnvoll. Eine sinnvolle Rechtsvereinheitlichung wird stets das englische Recht im Auge behalten müssen. 400 Spahlinger/Wegen, in: Spahlinger/Wegen, Internationales Gesellschaftsrecht in der Praxis, Rn. 1319 ff.; Rn. 1323 ff.; Asche, Europäisches Bilanzrecht und nationales Gesellschaftsrecht, S. 47; 48 f.; Heinemann, Die englische partnership, S. 30 f.; 34 ff. 396
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E. Personengesellschaften als abstrahierte Gesellschaftsformen
rechtsfähige Gesellschaftsformen anerkannt, obwohl das Gesellschaftsvermögen den Gesellschaftern als zweckgebundenes Sondervermögen (analog401 den Regeln) zur gesamten Hand zugeordnet ist.402 Entsprechend den hiesigen traditionellen Vermögenslehren ist die freie Verfügungsbefugnis eines einzelnen Beteiligten an den Gegenständen des Gesellschaftsvermögens wegen der gleichförmigen Mitberechtigung aller Mitgesellschafter entzogen.403 Konsequenterweise haften (allein) die Gesellschafter persönlich, solidarisch und unbeschränkt für die im Namen der Vereinigung404 eingegangenen Schulden,405 sofern die Haftung nicht für die beschränkt haftenden Gesellschafter einer limited partnership auf die Einlage beschränkt wurde.406 Das englische Recht betrachtet die partnerships damit nicht einmal als – um bei der Terminologie der deutschen Jurisprudenz zu bleiben – „teilweise“ verselbstständigte Gesellschaftsformen, sondern nähert sich mit ihrer klaren Ablehnung 401 Die Vermögensbeteiligung der Gesellschafter zur gesamten Hand wird aus dem Wortlaut des Partnership Acts von 1890 abgeleitet: „All property and rights and interests in property originally brought into the partnership stock or acquired, whether by purchase or otherwise, on account of the firm, or for the purposes and in the course of the partnership business, are called in this Act partnership property, and must be held and applied by the partners exclusively for the purposes of the partnership and in accordance with the partnership agreement.“ (sec. 20 subs. 1). Zwingend ist dieser Schluss freilich keinesfalls, denn selbst bei Annahme einer am Gemeinschaftszweck orientierten Beschränkung der Verfügungsbefugnisse an ideellen Anteilen im Sinne des deutschrechtlichen Miteigentums nach Bruchteilen wird das Ziel des Gesetzes gewahrt. In diesem Fall handelt es sich noch immer um „partnership property“. Hier vom Gesamthandsprinzip zu sprechen, obwohl das Gesetz diesen Begriff nicht verwendet, erscheint als rein deutschrechtlich beeinflusste Interpretation. 402 Asche, Europäisches Bilanzrecht und nationales Gesellschaftsrecht, S. 47; Heinemann, Die englische partnership, S. 17 ff.; 23 f.; vgl. auch sec. 4. des Partnership Acts von 1890: „ (1) Persons who have entered into partnership with one another are for the purposes of this Act called collectively a firm, and the name under which their business is carried on is called the firm-name. (2) In Scotland a firm is a legal person distinct from the partners of whom it is composed, but an individual partner may be charged on a decree or diligence directed against the firm, and on payment of the debts is entitled to reliefpro ratâfrom the firm and its other members.“ 403 Dies ist tatsächlich ausdrücklicher Regelungsinhalt von sec. 20 subs. 1 des Partnership Acts von 1890. 404 Vgl. sec 21 des Partnership Acts von 1890: „Unless the contrary intention appears, property bought with money belonging to the firm is deemed to have been bought on account of the firm.“ 405 Asche, Europäisches Bilanzrecht und nationales Gesellschaftsrecht, S. 47; Heinemann, Die englische partnership, S. 17 ff.; 23 f. 406 Vgl. sec. 4 subs. 2 des Limited Partnerships Act von 1907: „ (2) A limited partnership shall not consist, in the case of a partnership carrying on the business of banking, of more than ten persons, and, in the case of any other partnership, of more than twenty persons, and must consist of one or more persons called general partners, who shall be liable for all debts and obligations of the firm, and one or more persons to be called limited partners, who shall at the time of entering into such partnership contribute thereto a sum or sums as capital or property valued at a stated amount, and who shall not be liable for the debts or obligations of the firm beyond the amount so contributed.“
II. Versuch einer strukturellen Aufarbeitung des Personengesellschaftsrechts
357
jeglicher Rechtsfähigkeit den traditionellen Gesamthandslehren bzw. den Zügen der römischrechtlichen societas an. Auf diese Weise wird ein hohes Maß an Schlüssigkeit und Rechtsklarheit erreicht, denn Diskussionen um die Reichweite der Verselbstständigung bzw. rechtliche Eigenständigkeit der Gesellschaften bleiben aus. Diametral im Ansatz, hinsichtlich der Folgen allerdings ebenso effizient wie das französische Recht wird das Recht der partnerships durch einen klaren Rechtsrahmen geprägt. (e) Das (neue) österreichische Personengesellschaftsrecht Zum 01. Januar 2015407 ist in Österreich das Recht der Gesellschaft bürgerlichen Rechts, Grund- und Auffangform aller Gesellschaften in der österreichischen Rechtsordnung,408 umfassend reformiert worden. Ziel dieser jüngsten Gesetzesänderung war die Anpassung der 200 Jahre alten Regelungen an das moderne Rechtsverständnis.409 Im Ergebnis ist im Rahmen dieser Reform ein von den deutschen Verhältnissen stark abweichendes rechtliches Gerüst entstanden. Den gravierendsten Unterschied stellt die ausdrückliche Ablehnung der Rechtsfähigkeit der österreichischen Gesellschaft bürgerlichen Rechts dar (vgl. § 1175 Abs. 2 ABGB), wobei keine Unterscheidung zwischen unternehmenstragenden und sonstigen Gesellschaften vorgenommen wird. Dieser Umstand mag auf den ersten Blick anachronistisch erscheinen, erklärt sich allerdings aus dem Wechselspiel einer der deutschen Gesellschaftssystematik fremden Rechtsfähigkeitsdogmatik und der Öffnung des Handelspersonengesellschaftsrechts für alle Unternehmungen. Mit Reform des Handelsgesetzbuches im Jahre 2005 wurden die Anforderungen, die das österreichische Recht an die Entstehung einer offenen Gesellschaft im Sinne des § 105 UGB stellt, durch Hinwendung zum Unternehmerbegriff erheblich gesenkt.410 Entgegen den Regelungen zur offenen Handelsgesellschaft des HGB ist für die Gründung einer derartigen Gesellschaft kein Betrieb eines kaufmännischen Gewerbes erforderlich, vgl. § 105 S. 1 und 3 UGB. Demnach steht die Rechtsform der offenen Gesellschaft sogar Freiberuflern ohne Einschränkungen zur Verfügung.411 Zugleich soll die Erlangung von Rechtsfähigkeit zum Schutz des Rechtsverkehrs stets von der Beteiligung des Staates, in concreto von der Eintragung in ein öf407 Bundesgesetz, mit dem das allgemeine bürgerliche Gesetzbuch und das Unternehmensgesetzbuch zur Reform der Gesellschaft bürgerlichen Rechts geändert werden (GesbRReformgesetz – GesbR-RG) (34/ME). 408 Regierungsvorlage zum GesbR-Reformgesetz, S. 3; Kraus, in: U. Torggler, UGB, § 105 Rn. 1; Fritz/Perktold, Die „neue“ Gesellschaft bürgerlichen Rechts, S. 11; Schauer, Rechtspolitische Perspektiven im Recht der Personengesellschaften: das Beispiel Österreichs, ZGR 2014, S. 143 (152). 409 Regierungsvorlage zum GesbR-Reformgesetz, S. 1. Schauer, Rechtspolitische Perspektiven im Recht der Personengesellschaften: das Beispiel Österreichs, ZGR 2014, S. 143 (150 ff.). 410 Regierungsvorlage für das Handelsrechts-Änderungsgesetz – HaRÄG vom 27. Oktober 2005, S. 6 ff. 411 Kraus, in: U. Torggler, UGB, § 105 Rn. 10 f.
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E. Personengesellschaften als abstrahierte Gesellschaftsformen
fentliches Register abhängig sein.412 Die privatautonome Schaffung rechtsfähiger Gesellschaften im „stillen Kämmerlein“ ist in Österreich nicht mehr möglich. Die Ablehnung der Vermögensträgerschaft und damit der (teilweisen) Verselbstständigung der Gesellschaft bürgerlichen Rechts dient der klaren Abgrenzung und dem Erhalt des bisherigen Stufenverhältnisses. Rechtsträger des Vermögens sind somit allein die einzelnen Gesellschafter, wobei zwischen körperlichen Sachen – dann Miteigentum nach ideellen Anteilen – und unkörperlichen Sachen, insbesondere schuldrechtlichen Forderungen – in diesem Fall Beteiligung zur Gesamthand – unterschieden wird, vgl. § 1180 ABGB.413 Die damit einhergehenden Probleme, wie dinglich unbeschränkte Verfügungsbefugnis der einzelnen Gesellschaft, werden zugunsten Publizitäts- und Praktikabilitätsaspekten hingenommen.414 Im Übrigen entspricht auch das neue österreichische Recht betreffend die Gesellschaft bürgerlichen Rechts den deutschen Verhältnissen. Es ist geprägt von einem am Individuum ausgerichteten Leitbild: Die inneren Verhältnisse können entsprechend der Natur des Gesellschaftsvertrages als schuldrechtlich-organisationsrechtlicher Vertrag415 zwischen den Gesellschaftern weitgehend frei gestaltet werden (§ 1181 ABGB), die Verfügung über die Beteiligung ist nur mit Zustimmung der übrigen Gesellschafter möglich (§ 1182 ABGB), und grundsätzlich sind alle Gesellschafter im selben Maße zur Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft berechtigt (§ 1189 ABGB und § 1197 ABGB). Aufgrund der fehlenden Verselbstständigung der Gesellschaft sind Mehrfachbeteiligungen an einer Gesellschaft wie auch Einmann-Gesellschaften nicht möglich, selbst wenn verschiedene dinglich belastete „Anteile“ in der Hand eines Gesellschafters zusammenfallen.416 Demgegenüber werden offene Gesellschaft und Kommanditgesellschaft als rechtsfähige Personengesellschaften aufgefasst, wobei die Gesellschafter „gesamthandschaftlich verbunden sind“, vgl. § 105 S. 1 UGB (i.V.m. 161 UGB). Sie können im selben Maße wie juristische Personen Träger von Rechten und Pflichten sein.417 Eine naheliegende Einordnung als eben solche ist, trotz rein theoretischer Natur der
412 Regierungsvorlage zum GesbR-Reformgesetz, S. 3. Ausführlicher in Bezug auf offene Handels- und Kommanditgesellschaft: Regierungsvorlage für das Handelsrechts-Änderungsgesetz – HaRÄG vom 27. Oktober 2005, S. 14 ff. 413 Dies entspricht der vor Änderung geltenden Rechtslage zu den Erwerbsgesellschaften, vgl. Barth/Dokalik/Potyka, ABGB, 2. Aufl. 2014, S. 668 f. 414 Regierungsvorlage zum GesbR-Reformgesetz, S. 4; Fleischer/Heinrich u. a., Reform der österreichischen Gesellschaft bürgerlichen Rechts – ein Vorbild für Deutschland?, NZG 2016, S. 1001 ff. 415 Kraus, in: U. Torggler, UGB, § 105 Rn. 9; Fritz/Perktold, Die „neue“ Gesellschaft bürgerlichen Rechts, S. 21. 416 Fritz/Perktold, Die „neue“ Gesellschaft bürgerlichen Rechts, S. 80; Barth/Dokalik/ Potyka, ABGB, 2. Aufl. 2014, S. 667. 417 Regierungsvorlange für das Handelsrechts-Änderungsgesetz – HaRÄG vom 27. Oktober 2005, S. 14 f. Kraus, in: U. Torggler, UGB, § 105 Rn. 6 ff.
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Problematik,418 wie in Deutschland umstritten.419 Ihre Ausgestaltung ähnelt in weiten Teilen derjenigen von offener Handels- und Kommanditgesellschaft im HGB (Vertretung (§ 125 UGB bzw. § 170 UGB); Haftung (§ 105 S. 1 UGB bzw. § 171 UGB); Firmenrecht (§ 106 UGB bzw. § 162 UGB)). Das Gesamthandsprinzip wird dabei im Gegensatz zur überkommenen deutschen Jurisprudenz grundsätzlich als reines Vermögensordnungsprinzip und nicht als „personifizierende“ Struktur verstanden, wird im Gesetz faktisch aber als eben solche verwendet.420 Das Gesamthandsprinzip wirkt sich hiernach auf die Verbundenheit der Gesellschafter untereinander aus, welches, im Gegensatz zu den Umständen in Kapitalgesellschaften, in hohem Maße von gegenseitiger Abhängigkeit geprägt sei.421 Das Verhältnis von Gesellschaftern zur Gesellschaft entspricht hingegen im Übrigen wieder weitgehend dem hiesigen Verständnis. Als grundsätzlich schuldrechtlich-organisationsrechtlicher Vertrag verlangen die Gründung sowie der Fortbestand von offener Gesellschaft wie auch Kommanditgesellschaft die fortlaufende Beteiligung von mindestens zwei Gesellschaftern, vgl. § 105 S. 4 UGB (i.V.m. § 161 Abs. 2 UGB). In den Personengesellschaften herrsche im Vergleich zu Körperschaften eine Struktur von „geringere[r] Verselbstständigung gegenüber den Gesellschaftern“422. Die Persönlichkeit der einzelnen Gesellschafter ist damit auch in der österreichischen Rechtsordnung zum konstitutiven Element jeder Gesellschaft erhoben. (2) Rechtsvergleichende Ableitungen für das deutsche Personengesellschaftsrecht Die Rechtsordnungen unserer europäischen Nachbarn weisen hinsichtlich Struktur, Dogmatik und Verständnis von Personengesellschaften ein hohes Maß an Heterogenität auf. Während das französische Recht bezüglich der Eigen- und Selbstständigkeit von Personengesellschaften als am weitgehendsten und fortschrittlichsten klassifiziert werden muss, bildet das englische Recht der partnerships hierzu einen regelrecht konträren strukturellen Ansatz. Vergleicht man die einzelnen beleuchteten Rechtsordnungen mit den hierzulande zur Anwendung gelangenden Regelungen, ähnelt das italienische sowie österreichische Recht hinsichtlich der jeweils abgeleiteten Rechtsfolgen dem deutschen Recht am ehesten. Bei genauerer 418 M.w.N. Regierungsvorlange für das Handelsrechts-Änderungsgesetz – HaRÄG vom 27. Oktober 2005, S. 15. 419 Siehe hierzu die umfassenden Nachweise durch Kraus, in: U. Torggler, UGB, § 105 Fn. 29. 420 Eckert, in: U. Torggler, UGB, § 124 Rn. 2; Grünwald, Grundzüge des Personengesellschaftsrechts, S. 24; Schauer, Rechtspolitische Perspektiven im Recht der Personengesellschaften: das Beispiel Österreichs, ZGR 2014, S. 143 (156). 421 In Anbetracht des § 124 Abs. 2 UGB, der unter dem Titel „Gesamthandsbindung der Gesellschafter“ einen spezifischen Aspekt der besonderen Vermögensordnung zum Gegenstand hat („Aufrechnungsverbot“) sowie des Umstands, dass weitgehend identische, personenbezogene Verhältnisse in der nicht gesamthänderischen Gesellschaft bürgerlichen Rechts nachzuweisen sind, kann diese Einschätzung freilich bezweifelt werden. 422 Kraus, in: U. Torggler, UGB, Zitat: § 105 Rn. 9; im Übrigen auch § 105 Rn. 15 (Abkürzende Schreibweise des Originals bereinigt).
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E. Personengesellschaften als abstrahierte Gesellschaftsformen
Betrachtung werden freilich auch hier gravierende Unterschiede erkennbar: Während das österreichische Recht die Rechtsfähigkeit sowie die Anwendung des Gesamthandsprinzips auf die „handelsrechtlichen“ bzw. „unternehmenstragenden“ Personengesellschaften beschränkt, ist das italienische Recht frei von Einflüssen des „germanistischen Rechtsprinzips“423. Es erklärt und strukturiert sich vielmehr autonom, aus sich heraus. Das Schweizer Recht nimmt eine Mittelstellung ein, da es das Gesamthandsprinzip entsprechend der hier vertretenen Auffassung am konsequentesten durchzuführen weiß, im Ergebnis freilich den Bedürfnissen und Anschauungen des modernen Rechtsverkehrs mit der Ablehnung einer umfassenden Rechtsfähigkeit im Außenverhältnis widerspricht. Im Hinblick auf die Wechselwirkung des Auftretens von Personengesellschaften im Rechtsverkehr und ihrem Grad an Verselbstständigung sind französische, schweizerische sowie englische Rechtsordnung am konsequentesten durchgeführt: Das französische Recht ordnet die Personengesellschaften nicht nur als rechtsfähig, sondern darüber hinaus als verselbstständigte, juristische Personen ein. Die Gesellschafter treten strukturell in den Hintergrund, Rechtsfähigkeit und Rechtspersönlichkeit fallen unter dem Eindruck des angenommenen Rechtsfähigkeitsdualismus zusammen. Diesem Ansatz konträr gegenübergestellt, aber gleichfalls in hohem Maße stringent, behandeln die schweizerische und englische Rechtsordnung das Personengesellschaftsrecht bzw. law of partnerships. Hier gehen fehlende Verselbstständigung und Ablehnung der Fähigkeit, Träger eines Vermögens zu sein, zusammen einher. Dies entspricht in hohem Maße der zugrundeliegenden Vorstellung, die Gesellschafter als solche seien als konstitutives und prägendes Element jeder Personengesellschaft zu betrachten. Diesem hohen Grad an Kongruenz werden deutsche, italienische und österreichische Rechtsordnung hingegen nicht gerecht. Sie durchbrechen, ohne überzeugende Argumente, die der Rechtsklarheit und Verständlichkeit dienliche, wenn auch trivialisierende Vorstellung vom Dualismus primär schuldrechtlicher Gemeinschaften (keine Rechtsfähigkeit der Gesellschaft „als solcher“) und Gemeinschaften mit verselbstständigter Struktur (Rechtsfähigkeit der Gesellschaft „als solcher“). Der Rekurs auf vermeintlich klare Aussagen des Gesamthandsprinzips ist, wie gesehen, wenig förderlich. Unter Berücksichtigung der hier vorliegend untersuchten, übergeordneten Fragestellung kann im Ergebnis konstatiert werden, dass die Fähigkeit von Personengesellschaften, als Bezugssubjektiv im Rechtsverkehr aufzutreten, stets mit der Vorstellung der (teilweisen) Verselbstständigung einhergeht. Diese ist allerdings nur im französischen Recht in letzter Konsequenz durchgeführt. Zwar beruht auch das Personengesellschaftsrecht der übrigen Rechtsordnungen, sofern diese ihre Personengesellschaften nicht nur als gemischt schuldrechtlich-organisationsrechtliche Verträge unter Vermögensträgerschaft der Gesellschafter betrachten, auf der Vorstellung einer gewissen Verdichtung der Gesellschaft zu einer übergeordneten, wahrnehmbaren Einheit. Hierbei gelingt es allein dem französischen Recht, diese 423
v. Gierke, Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Rechtsprechung, S. 339.
II. Versuch einer strukturellen Aufarbeitung des Personengesellschaftsrechts
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Verdichtung auch rechtlich abzubilden, denn zur Abgrenzung der Personengesellschaften von Gesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit werden in den übrigen Rechtsordnungen im Ergebnis, wie im deutschen Recht, stets auf schwer greifbare, übergeordnete Vorstellungen und Leitbilder, die die Persönlichkeiten der einzelnen Gesellschafter in den Mittelpunkt rücken, herangezogen. Insofern sind die schweizerische und englische Rechtsordnung unter strukturellen Gesichtspunkten schlüssiger, denn sie lehnen jegliche strukturelle Verselbstständigung ab. Lässt man einen möglichen Harmonisierungsprozess außer Betracht, zeigt das französische Recht, dass Personengesellschaften auch auf Grundlage verselbstständigter Strukturen konstruiert werden können. Die auf die Persönlichkeiten der Gesellschafter gerichtete, konkrete Ausgestaltung der inneren Verhältnisse lässt sich hiermit ohne weiteres in Einklang bringen. Sie sind keine zwingende Folge der konstitutiven Stellung der Gesellschafter, sondern Ausfluss rechtspolitischer Entscheidungen, die grundsätzlich für jeden Gesellschaftstypus angeordnet werden könnten. Als im Gesamten klarstes Regelungskonzept bietet sich das französische Recht zudem in hohem Maße an, als Richtschnur eines harmonisierten bzw. neu zu gestaltenden Rechts unternehmenstragender Personengesellschaften herangezogen zu werden. In Anbetracht der sich inhaltlich weitgehend ähnelnden, ein Jahrhundert zuvor geführten Diskussionen zur Struktur der Personengesellschaften in Frankreich erscheint eine erneute Annäherung gar als konsequente Fortführung der bisherigen Linie der deutschen Rechtsgestaltung. ff) Zwischenfazit: Anerkennung abstrahierter Strukturen sowie der rechtstheoretischen Zulässigkeit von Eigenanteilen als logischer Folgeschritt in der Entwicklung des Personengesellschaftsrechts (1) Zusammenfassung der bisherigen Erkenntnisse Die Entwicklungen im Personengesellschaftsrecht haben die „Kluft“424 zwischen Körperschaften (eingetragener Verein, Aktiengesellschaft und Gesellschaft mbH) und unternehmenstragenden Personengesellschaften (unternehmenstragende BGBGesellschaft, offene Handels- und Kommanditgesellschaft) faktisch überwunden. Unterschiede zwischen Satzungen (unstrittig) verselbstständigter Gesellschaften und Personengesellschaftsverträgen können, sofern man nicht auf vermeintlich zwingende Leitbilder rekurriert, nicht ausgemacht werden. Die Rechtsgrundlagen dieser Gesellschaftsformen beruhen stets auf denselben dogmatischen Grundsätzen. Sie vermengen formelle wie auch materielle Satzungsregelungen, wobei letztere faktisch auch in den Personengesellschaften als verstetigte, überindividuelle Normgefüge gesellschaftsrechtlicher Natur wirken. Das gilt auch für die zur Anwendung 424 So ausdrücklich v. Gierke, Die Genossenschaftstheorie und die deutsche Rechtsprechung, S. 339; in diesem Sinne ebenfalls: Stobbe, Handbuch des deutschen Privatrechts, 2. Aufl., S. 387 f., 389 ff.
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gelangenden Auslegungsmethoden („objektive“ oder „subjektive“ Auslegung), die heute in Abhängigkeit zur Realstruktur der jeweiligen Gesellschaft variabel herangezogen werden. Diese Umstände sind heute insoweit weitgehend unumstritten. Gleichzeitig hat sich das Vorstellungsbild von den Personengesellschaften in den letzten Jahrzehnten gegenüber den tatsächlich im Gesetz angelegten Vorstellungen radikal geändert. Das Gesamthandsprinzip ist nach richtiger Auffassung überwunden, selbst BGB-Gesellschaften treten, wie schon lange Zeit zuvor ihre handelsrechtlichen Erscheinungsformen faktisch selbst, „als solche“ im Rechtsverkehr auf. Die Gesellschafter rücken hingegen in den Hintergrund. Aus dem Körperschaftsrecht bekannte Aspekte und Interpretationen werden zur Aufarbeitung des Personengesellschaftsrechts fruchtbar gemacht. Die Anerkennung der – nicht nur teilweisen, sondern umfassenden – Rechtsfähigkeit, der Übertragbarkeit der Mitgliedschaft im Wege der Abtretung sowie, mit zuvor genanntem Punkt eng verbunden, der Möglichkeit der Schaffung einer (faktisch) mitgliederunabhängigen Struktur, zeugen von einem weitgehend abstrahierten, eigenständigen Verständnis von den Personengesellschaften. Die Sozietätsstruktur und ihre Auswirkungen wurden im Rahmen der Handhabe der Personengesellschaften in den Hintergrund gedrängt. (2) Anerkennung verselbstständigter Strukturen als konsequente Fortentwicklung des Personengesellschaftsrechts Nach dem zuvor Gesagten sind zwingende Gründe, die gegen eine Anerkennung bzw. Konstruktion unternehmenstragender Personengesellschaften in dem hier verstandenen Sinne als abstrahierte Gesellschaftsformen sprechen, nicht erkennbar. Das im Gesetz angelegte, sie betreffende Leitbild widerspricht dem nur scheinbar, denn ihre tatsächliche Wahrnehmung und Handhabe hat sich von diesem vollständig emanzipiert. Vielmehr entspricht die Anerkennung verselbstständigter Strukturen dem tatsächlichen Umgang sowie den Vorstellungen im Rechtsverkehr und der Praxis. Sie ist nicht nur rechtlich durchführbar, sondern erleichtert die juristische Aufarbeitung und Handhabe des gesamten Gesellschaftsrechts erheblich. Alle Gesellschaftsformen könnten insoweit am Maßstab eines einheitlichen, an einem homogenen Leitbild orientierten Strukturfundaments rechtlich durchdrungen werden. Unter Berücksichtigung der fehlenden materiellen Unterscheidbarkeit von Gesellschaftsverträgen und Satzungen sowie der allgemein anerkannten Eigenschaften unternehmenstragender Personengesellschaften, allen voran die Zulassung der zustimmungsbedürftigen, im Übrigen aber freien Übertragbarkeit von Mitgliedschaften, erscheint dieser Schritt geradezu zwingend. Im Gegensatz hierzu ist es im Falle des Festhaltens am bisher hochgehaltenen Sozietätsdogma höchst fraglich, ob dieses, in Durchbrechung des Grundsatzes der Relativität von Schuldverhältnissen, ohne Anwendung des Gesamthandsprinzips dazu in der Lage ist, die den Personengesellschaften nach heute herrschender Auffassung zufallenden Eigenschaften vollständig abzudecken. Dies scheint freilich nicht vollends ausgeschlossen, denn auch in anderen Kontexten ist die Drittwirkung
II. Versuch einer strukturellen Aufarbeitung des Personengesellschaftsrechts
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von relativen Rechtsverhältnissen in gewissem Rahmen anerkannt.425 Ob die organisationsrechtlichen Elemente des Gesellschaftsvertrages dem eigentlich schuldrechtlichen Gefüge eine derartig umfassende Drittwirkung beimessen können, stellt eine gesellschaftsrechtliche Glaubensfrage dar. Aufgrund der weitgehenden Rechtsfortbildung hinsichtlich der Personengesellschaftsdogmatik lässt sich diese kaum mit Absolutheitsanspruch beantworten. Es ist zuzugeben, dass das Personengesellschaftsrecht historisch gesehen auf dem Sozietätsgedanken aufbaut. Viel ist von dieser Idee, wie schon an anderer Stelle gesehen,426 nicht übrig geblieben. Möchte man hieran festhalten, wird man den Bruch mit substantiellen Rechtssätzen unserer Rechtsordnung (Vertragsstellung als subjektives Recht; Durchbrechung der Relativität der Schuldverhältnisse; Unvereinbarkeit mit Wortlaut des Gesetzes) hinnehmen müssen. Insofern liegt es nahe, zumindest de lege ferenda, entsprechend dem hier vertretenem Ansatz die „einfachen“, d. h. „traditionellen“ und hauptsächlich schuldrechtlich geprägten Gesamthandsgesellschaften, von den „unternehmenstragenden“ und verselbstständigten Personengesellschaften strukturell zu unterscheiden. Hiermit geht eine logische und sinnvolle Fortschreibung der Entwicklung des Gesellschaftsrechts einher. (3) Rechtstheoretische Möglichkeit und Grenzen des Erwerbs eigener Anteile in unternehmenstragenden Personengesellschaften Wie im Rahmen der Untersuchung der Voraussetzungen und Folgen des Erwerbs eigener Aktien bzw. Geschäftsanteile im Aktien- sowie GmbH-Gesetz gesehen,427 ist die rechtstheoretische Zulässigkeit von Eigenanteilen zwingender Ausfluss der Annahme vollständig abstrahierter Strukturen und dem damit einhergehenden Verhältnis des Gesellschafters zur Gesellschaft. Die in dieser Relation bestehende rechtliche Kluft wird nach hier vertretenem Ansatz allein aufgrund der Rechtsmacht über die vergegenständlichten Beteiligungen und der hieraus hervorgehenden gesellschaftsrechtlichen Partizipationsrechte und -pflichten überwunden. Übertragen auf den zuvor herausgearbeiteten Ansatz für unternehmenstragende Personengesellschaften, muss es diesen unter rechtstheoretischen Gesichtspunkten ebenfalls möglich sein, eigene Gesellschaftsanteile zu erwerben. Mit Anerkennung einer verselbstständigten, d. h. zu Aktiengesellschaften und Gesellschaft mbH gleichförmigen Struktur, ist diese Annahme unumgänglich. Eine dem § 33 GmbHG bzw. den §§ 71 ff. AktG entsprechende Regelung einschränkenden bzw. den Erwerb 425 Man denke nur an die Auswirkungen des § 566 BGB bzw. § 613a BGB oder dem Vertrag zugunsten Dritter nach den §§ 328 ff. BGB. Vgl. hierzu allgemein Dulckeit, Die Verdinglichung obligatorischer Rechte; Canaris, Die Verdinglichung obligatorischer Rechte, in: Festschrift für Werner Flume, S. 371; zum Mietrecht: Emmerich, in: Staudinger, BGB, Bearbeitung 2018, § 566 Rn. 4 ff.; zum Vertrag zugunsten Dritter: Larenz, Lehrbuch des Schuldrechts, 14. Aufl., S. 218 f.; Enneccerus/Nipperdey, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, 15. Aufl., S. 145 ff. 426 Siehe oben S. 140 ff., 275 ff., 286 ff. 427 Siehe hierzu ausführlich oben S. 72 ff.
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E. Personengesellschaften als abstrahierte Gesellschaftsformen
eigener Anteile insgesamt verbietenden Charakters existiert – was in Anbetracht der bisher fehlenden Normierung eines Rechts der unternehmenstragenden Personengesellschaften nicht verwundert, sondern konsequent ist – im Personengesellschaftsrecht nicht. Aktien, Geschäftsanteile wie auch Gesellschaftsanteile entsprechen sich hierbei im Kern vollumfänglich, sie dienen in allen abstrahierten Gesellschaftsformen der Überwindung existenzieller Emanzipation.428 Auf wesensähnlichen Strukturen aufbauend, ist der Erwerb eigener Anteile in allen verselbstständigten Gesellschaftsformen logische Folge ihrer Abstraktion. Eine analoge Anwendung des § 33 GmbHG bzw. der §§ 71 ff. AktG erscheint hierbei nicht opportun, denn der hinter diesen Normen stehende Gedanke des Schutzes von Gesellschaftern und Gesellschaftsgläubigern vor Aushöhlung des in der Satzung festgeschriebenen Stamm- bzw. Grundkapitals greift nicht für unternehmenstragende Personengesellschaften. Die unbeschränkte und persönliche Haftung der Gesellschafter ersetzt bei ihnen das System der Kapitalerhaltung. Gläubiger und Mitgesellschafter sind nach geltendem Recht schließlich auch nicht vor Austritten von einzelnen Gesellschaftern mitsamt den damit einhergehenden nachteiligen Auswirkungen auf Liquidität und Kredit der Gesellschaft gefeit. Mit Ausnahme der (zeitlich begrenzten) Fälle einer Nachhaftung für Altverbindlichkeiten nach § 160 HGB (i.V.m. § 161 Abs. 2 HGB) (analog), kann diesen das haftende Privatvermögen eines kündigenden Gesellschafters ohne sein Zutun entzogen werden. Hieran ändert sich auch unter Anwendung des in dieser Arbeit erarbeiteten und vertretenen Konzepts der verselbstständigten Personengesellschaftsstruktur nichts.429 Eine zwingende Einschränkung hinsichtlich des Erwerbs eigener Anteile hat das Haftungssystem der Personengesellschaften allerdings doch zur Folge: Der in unserer Rechtsordnung angelegte Grundsatz der persönlichen Haftung für jegliches (unternehmerisches) Handeln darf nicht allein aufgrund privatautonomer Entscheidung, d. h. durch Einschaltung einer dazwischengeschalteten Instanz aufgehoben werden, sofern nicht das Gesetz die Beschränkung der Haftung wie im AktG und GmbHG ausdrücklich vorsieht.430 Im Personengesellschaftsrecht hat dieser Grundsatz zur Folge, dass neben dem Gesellschaftsvermögen mindestens ein weiteres Gesellschaftervermögen – zumindest, sofern man zulässige Typenvermischungen berücksichtigt, theoretisch – unbeschränkt für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haften muss. Diese grundlegende Haftungsordnung darf nicht durch den Erwerb eigener Anteile umgangen werden. Neben den Eigenanteilen muss mindestens ein Gesellschaftsanteil weiterhin von einer natürlichen Person bzw. dritten rechtsfähigen Gemeinschaft gehalten werden, die mit ihrem Privatvermögen (analog) § 128 HGB im Außenverhältnis unbeschränkt haftet. In Kommanditgesellschaften muss es sich daher um einen eine Komplementärstelle repräsentierenden Gesellschaftsanteil handeln. Der rechtsgeschäftliche bzw. gesetzliche Eigenerwerb 428 429 430
Zum Begriff des Anteils an Gesellschaften vgl. oben S. 28 ff. Zum anwendbaren Recht siehe noch unten S. 368 ff. Siehe hierzu schon oben S. 304 ff.
II. Versuch einer strukturellen Aufarbeitung des Personengesellschaftsrechts
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des letzten fremdgehaltenen Anteils ist wegen Verstoßes gegen diesen übergeordneten Grundsatz nach dem Rechtsgedanken der § 134 BGB (bzw. § 138 BGB)431 und § 2171 BGB432 als unwirksam zu betrachten. In den Gründen abweichend, hinsichtlich der Rechtsfolgen übereinstimmend, ist diese Einschränkung zudem Ausfluss des Grundsatzes der Selbstorganisation in Personengesellschaften, sofern man am Verbot einer Fremdgeschäftsleitung weiterhin festhält. Gute Gründe sprechen hierfür zur Genüge.433 Zur Aufrechterhaltung der Handlungsfähigkeit von Personengesellschaften muss ein Dritter zwingend als Mitglied in der Personengesellschaft bleiben, um die Geschäftsführung übernehmen zu können. Mit dem Versuch, auch den letzten Gesellschaftsanteil unter eigenem Ausscheiden zu erwerben, wird indessen regelmäßig die Absicht zum Ausdruck kommen, die Gesellschaft nicht fortzuführen zu wollen. Der letzte Gesellschafter hat die Gesellschaft daher alsbald zu liquidieren. gg) Vereinbarkeit mit unverzichtbaren Merkmalen und anwendbares Recht Ausgehend von der Prämisse, unternehmenstragende Personengesellschaften können auf Grundlage der heutigen Verhältnisse als verselbstständigte Gesellschaftsformen konstruiert und behandelt werden, drängt sich die Frage nach der Reichweite im Übrigen sowie den konkreten Folgen dieser Verselbstständigung auf, die keinen unmittelbaren Bezug zur Problematik der Eigenanteile haben. In diesem Rahmen wird zunächst darzustellen sein, ob die Annahme verselbstständigter Strukturen mit den zuvor herausgearbeiteten unverzichtbaren Merkmalen von Personengesellschaften zu vereinen ist. Abschließend wird das anwendbare Recht näher spezifiziert. (1) Vereinbarkeit mit unverzichtbaren Merkmalen des heutigen Personengesellschaftsrechts Unter lit. E. II. 2. a) dieser Arbeit wurden verschiedene Merkmale und Eigenschaften der Personengesellschaften betrachtet, die BGB-Gesellschaften und ihre handelsrechtlichen „Ausbaustufen“ schon auf Grundlage der heute herrschenden (Gruppen-)Lehre aufweisen. Ein dogmatischer Ansatz, der, wie vorliegend vertreten, das Personengesellschaftsrecht als vom Gesamthandsprinzip emanzipiert betrachtet und die betroffenen Gesellschaftsformen als vollständig verselbständigte Gesell431 Ein Verstoß gegen allgemeine Rechtsgrundsätze, die nicht explizit Gegenstand einer Norm sind, aber unzweideutig im Gesetz zum Ausdruck kommen, können Gesetz im Sinne des § 134 BGB sein, vgl. BGHZ 51, 255, 262 = NJW 1969, 750, 751; BGH NJW-RR 2016, 892 = WM 2016, 1244, Tz. 15 (Verstoß gegen „Gebot“); zum Stand der Diskussion in der Literatur: Sack/Seibel, in: Staudinger, BGB 2017, § 134 Rn. 22. 432 Im Falle einer Vererbung des letzten drittgehaltenen Anteils an die Gesellschaft steht der erbrechtliche Typenzwang dem dinglichen Erwerb des eigenen Anteils im Wege, vgl. hierzu allgemein m.w.N. Leipold, in: MüKoBGB, 7. Aufl. 2017, § 1937 Rn. 10. 433 Vgl. oben S. 308 ff.
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E. Personengesellschaften als abstrahierte Gesellschaftsformen
schaftsformen verstehen möchte, muss diese Grundelemente ebenfalls in sich vereinen können. (a) Teilnehmer des Rechtsverkehrs und Träger des Gesellschaftsvermögens Als abstrahierte Gesellschaftsformen können BGB-Gesellschaften, offene Handels- sowie Kommanditgesellschaften ohne weiteres als wahrnehmbare Teilnehmer des Rechtsverkehrs und maßgebliche Rechtsubjekte, d. h. Träger des Gesellschaftsvermögens auftreten. Sie selbst sind alleiniger Bezugspunkt und werden von den jeweiligen Geschäftsführern vertreten. Mit Abkehr vom Gesamthandsprinzip geht ein weitgehender Bedeutungsverlust des einzelnen Gesellschafters hinsichtlich des Vermögens sowie der Rechtsverhältnisse im Außenverhältnis einher. Das Recht muss nicht zugunsten einer ergebnisorientierten Lösung über das erträgliche Maß hinaus gedehnt werden. Die gleichförmige Behandlung aller im Wirtschaftsverkehr relevanten Gesellschaftsformen entspricht im hohen Maße dem tatsächlichen Auftreten dieser Gesellschaften und führt zu einem höheren Grad an Rechtssicherheit und -klarheit. (b) Stellung des einzelnen Mitglieds Mit der Anerkennung abstrahierter Strukturen kann die Übertragung von Mitgliedschaften kongruent und im Einklang mit dem Gesetz erklärt werden. Aktien, Geschäftsanteile und Gesellschaftsanteile sind Ausdruck einer einheitlichen rechtlichen Struktur, die grundsätzlich nach den identischen rechtlichen Regeln zu bewerten sind. Verbleibende Unterschiede rechtfertigen sich aus rechtspolitischen Erwägungen und den üblichen Anwendungsbereichen der in Frage stehenden Gesellschaft. Der unveränderte Fortbestand einer unternehmenstragenden Gesellschaft kann nunmehr ohne Brüche mit sonstigen Rechtssätzen erklärt werden, denn der einzelnen Beteiligung kommt bei Annahme einer verselbstständigten Verfassung kein konstitutiver Charakter mehr zu. Gleichzeitig entspricht die Betonung der übergeordneten Gesellschaft der heute gelebten Praxis, welche die Bedeutung der Persönlichkeiten der einzelnen Gesellschafter faktisch in den Hintergrund gerückt hat.434 (c) Beschränkung der Abtretbarkeit von Gesellschaftsanteilen Auch das nicht absprechbare Bedürfnis einiger Gesellschaften, die freie Übertragbarkeit der Gesellschaftsanteile einschränken zu können, ist unter Zugrundelegen des hier entwickelten Grundsatzes möglich. Ruft man sich das in dieser Arbeit entwickelte Verständnis des Gesellschaftsanteils als vergegenständlichte Ausprägung der Mitgliedschaft im Außenverhältnis und damit als alleiniger Anknüpfungspunkt für das umfassende Herrschaftsrecht des Gesellschafters erneut ins Gedächtnis, zeigt sich, dass eine Übertragung dieses subjektiven Rechts nach den allgemeinen Regeln der §§ 413, 398 ff. BGB zu erfolgen hat. Freilich bleibt in diesem 434
Zum einheitlichen Begriff des „Anteils am Gesellschaften“ siehe oben S. 28 ff.
II. Versuch einer strukturellen Aufarbeitung des Personengesellschaftsrechts
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Rahmen auch § 399 BGB anwendbar, wonach im „Normalfall“ die Abtretbarkeit eines Rechts aus einer schuldrechtlichen Beziehung durch entsprechende Vereinbarung zwischen Gläubiger und Schuldner von der Zustimmung des Schuldners abhängig gemacht werden („pactum de non cedenco“). Im Rahmen einer „entsprechenden“ (vgl. § 413 BGB) Anwendung auf die Übertragung von Gesellschaftsanteilen ist nunmehr möglich, aus dem Gesellschaftsverhältnis eine entsprechende Beschränkung der Übertragbarkeit der Gesellschaftsanteile als nach außen wirkender Reflex der verselbstständigten Gesellschaftsverfassung abzuleiten. Eine ohne Zustimmung oder Genehmigung durchgeführte Übertragung von Gesellschaftsanteilen ist demnach gemäß § 134 BGB unwirksam. Ob eine solche Vereinbarung von den Gesellschaftern gewollt ist, wird sich in der Regel im Wege der Auslegung unter Berücksichtigung des konkreten Zuschnitts der jeweiligen Gesellschaft ergeben. Gewiss sei es den Gesellschaftern empfohlen, durch Aufnahme einer ausdrücklichen Regelung in der Gesellschaftsverfassung für (Rechts-)Klarheit zu sorgen.435 (d) Haftungsverhältnisse und Selbstverwaltungsmonopol Die Anerkennung abstrahierter Strukturen hat keine unmittelbaren oder mittelbaren Auswirkungen auf die Haftungsverhältnisse in Personengesellschaften. Die persönliche, akzessorische Haftung der Gesellschafter beruht nicht auf einer speziellen „personenbezogenen“ Struktur, sondern ist Ausfluss unserer Rechts- und Wirtschaftsordnung.436 Ohne ausdrückliche Anordnung einer Haftungsbeschränkung im Gesetz kann die Haftung für eigenes Handeln im Wirtschafts- und Rechtsverkehr nicht ohne die Mitwirkung potenziell betroffener Dritter, d. h. insbesondere Vertragspartnern der Gesellschaft bzw. der Gesellschafter ausgeschlossen werden. Dies zeigt schon das Recht der Kommanditgesellschaften auf Aktien, deren Komplementäre trotz der gesetzlichen Anerkennung von juristischer Persönlichkeit sowie verselbstständigter Struktur mit ihrem persönlichen Vermögen für Forderungen von Gesellschaftsgläubigern einzustehen haben, vgl. § 278 Abs. 1 AktG. Daher haftet auch unter Zugrundelegung des hier vertretenen Ansatzes in allen unternehmenstragenden Personengesellschaften mindestens ein weiteres privates Gesellschaftervermögen umfassend für sämtliche Verbindlichkeiten der Gesellschaft.437 Ein Haftungsausschluss ist ausschließlich unter Abschluss einer entsprechenden Vereinbarung zwischen den einzelnen Gesellschaftern und dem Gläubiger bzw. den Gläubigern möglich. 435 Alternativ ließe sich auch an eine analoge Anwendung des § 15 Abs. 5 GmbHG denken, da nach hiesigem Verständnis die Strukur unternehmenstragender Personengesellschaften derjenigen einer Gesellschaft mbH und nicht dem der überkommenden Leitbilder von den Personengesellschaften nach klassischer Einteilung entspricht. Damit geht indessen auch die Gefahr der Konterkarierung des hier zumindest auch verfolgten Vereinfachungsbestrebens einher. 436 Vgl. hierzu schon oben S. 304 ff. 437 Siehe hierzu schon zuvor die Problematik der immanenten Begrenzung des Erwerbs eigener Anteile im Personengesellschaftsrecht, S. 363 ff.
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E. Personengesellschaften als abstrahierte Gesellschaftsformen
Ebenso werden vom hier vertretenen Ansatz das Prinzip der Selbstorganschaft sowie des Selbstverwaltungsmonopols der Gesellschafter nicht notwendigerweise berührt. Als rein rechtspolitische Entscheidung obliegt es dem Gesetzgeber, die bisherigen Verhältnisse zu ändern. Die mit der persönlichen Haftung einhergehenden Gefahren für den einzelnen (Laien-)Gesellschafter mögen das Festhalten an den bisherigen Regelungen sinnvoll erscheinen lassen, in Anbetracht des Zuschnitts unternehmenstragender Personengesellschaften erscheint diese Annahme aber keinesfalls unabänderlich. Die Zulassung der (unmittelbaren) Fremdorganschaft ist keine allein der von der heute herrschenden Dogmatik abweichenden Konstruktion vorbehaltene Folge. Das zeigt allein der Umstand, dass die Frage nach ihrer Zulässigkeit schon heute Gegenstand einer breiten Diskussion auf Grundlage der Gruppenlehre bildet. Das Prinzip der Selbstorganschaft sowie das Selbstverwaltungsmonopol sind keine unumgänglichen Aspekte des Personengesellschaftsrechts, sondern, wovon insbesondere die Duldung gesellschaftsrechtlicher Typenvermischungen und der damit einhergehenden, für zulässig erachteten, mittelbaren Fremdgeschäftsführung und -vertretung zeugen, aus rechtspolitischen Gründen getroffene Grundsatzentscheidungen. Die Anerkennung verselbstständigter Strukturen ist mit beiden Verwaltungsansätzen vereinbar.438 (2) Anwendbares Recht Als vom Gesetzestext weitgehend losgelöste und insbesondere vom Prinzip der Gesamthand vollständig emanzipierte Rechtsmaterie ist das Recht der unternehmenstragenden Personengesellschaften als weitgehend eigenständiger Regelungskatalog anzuerkennen. Inhaltlich stellt dieser keinesfalls ein vollständig neues Normenprogramm auf, sondern ist das Ergebnis der Zusammenfassung und konsequenten sowie in sich stimmigen Fortschreibung des bis heute herrschenden Rechtsverständnisses betreffend die (Außen-)Personengesellschaften. Hierauf aufbauend lässt sich ein in hohem Maße kongruentes System der Personengesellschaften erschaffen. Im Ausgangspunkt bilden demnach weiterhin die §§ 705 ff. BGB sowie §§ 105 ff. HGB die maßgebliche Rechtsgrundlage unternehmenstragender Personengesellschaften, wobei die Normen des BGB freilich erheblicher Modifikation bedürfen. Sie sind, entsprechend der Charakterisierung des Rechts der unternehmenstragenden Personengesellschaften als eigenständige, im Wege der Rechtsfortbildung geschaffene Rechtsmaterie, lediglich unter Wertungsgesichtspunkten heranzuziehen. Die Regelungen des HGB können in ihrem Anwendungsbereich hingegen weitgehend ohne Anpassungen, unter Ausnutzung des Interpretations- und Auslegungsspielraums des Gesetzestextes (vgl. nur § 124 Abs. 1 HGB), zur Anwendung gelangen.
438 Zum Prinzip der Selbstorganschaft und dem Selbstverwaltungsmonopol der Gesellschafter siehe schon zuvor S. 308 ff.
II. Versuch einer strukturellen Aufarbeitung des Personengesellschaftsrechts
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Das Verhältnis der Gesellschaftsformen – unternehmenstragende Gesellschaft bürgerlichen Rechts als Subsidiärform der handelsrechtlichen Personengesellschaften – bleibt erhalten. Auf dieser Grundprämisse aufbauend, schließen die Gesellschafter einen Gesellschaftsvertrag entsprechend § 705 BGB ab, der unter Berücksichtigung des in dieser Arbeit vertretenen Ansatzes in unternehmenstragenden Gesellschaften freilich zur verstetigten Verfassung der gegründeten Gesellschaft erstarkt.439 Im Übrigen finden all jene Normen entsprechende Anwendung, deren Inhalt nicht in einem unüberwindbaren Zusammenhang zum Gesamthandsprinzip steht. Folglich bleiben diejenigen Regelungen der §§ 705 ff. BGB, §§ 105 ff. HGB für unternehmenstragende Personengesellschaften ohne materiellrechtliche Bedeutung, die einen spezifischen Ausdruck jenes Prinzips darstellen und nicht von diesem losgelöst betrachtet werden können. Sie bleiben allein dem Recht der einfachen Gesellschaften bürgerlichen Rechts – in unmittelbarer Anwendung – vorbehalten. Hierzu sind insbesondere jene Regelungen zu zählen, welche die Vermögensverhältnisse der Gesellschaft betreffen (§§ 718, 719, 720 sowie § 738 BGB). Auch § 725 BGB, der nach seinem Wortlaut auf die gesamthänderische Beteiligung der Gesellschafter am Gesellschaftsvermögen abstellt, findet im Recht der unternehmenstragenden Personengesellschaften keine Anwendung. Rechtssätze, die nicht Ausdruck des Gesamthandsprinzips sind, sondern eine rechtspolitische Wertentscheidung in sich aufgenommen haben (z. B. §§ 714 ff. BGB), sind für die rechtliche Durchdringung unternehmenstragender Personengesellschaften entsprechend heranzuziehen. Wegen ihres unmittelbaren Bezugs zur Gesamthandslehre richtet sich die Pfändung von Gesellschaftsanteilen an unternehmenstragenden Personengesellschaften nicht nach § 859 ZPO, sondern, entsprechend der Pfändung von Geschäftsanteilen in Gesellschaften mbH440, nach den §§ 857, 829 ZPO. Gesellschaftergläubiger können den Gesellschaftsanteil als sonstiges Vermögensrecht pfänden und der Verwertung zuführen. In Fällen der Beschränkung oder des Ausschlusses der Übertragbarkeit von Gesellschaftsanteilen bleibt die Pfändung entsprechend der §§ 851 Abs. 2; 857 Abs. 3 ZPO weiterhin möglich.441
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Zur falschen Stellung des § 705 BGB siehe bereits oben S. 341 sowie insbesondere Martinek, Repräsentantenhaftung, S. 102. 440 Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, 21. Aufl. 2017, § 15 Rn. 60 ff. 441 So für die Beschränkung der Übertragbarkeit von Geschäftsanteilen an einer Gesellschaft mbH BGHZ 65, 22, 24 f. = NJW 1975, 1835, 1836.
F. Zusammenfassung und Auswertung Das Recht von BGB-Gesellschaft, Kommandit- und offener Handelsgesellschaft ist wie kein zweites Rechtsgebiet des deutschen Zivilrechts von einer wechselhaften Entwicklung auf tatsächlicher wie auch rechtlich-dogmatischer Ebene geprägt, welche bis dato nicht vollends zum Erliegen gekommen ist. Es hat sich unter dem bestimmenden Einfluss des Rechtsverkehrs als Abbild seiner Bedürfnisse und Anschauungen wiederholt hinterfragt und neu synthetisiert. Fragt man nach der rechtstheoretischen Zulässigkeit von Eigenanteilen in Personengesellschaften, kommt dem von dieser fortlaufenden Genese maßgeblich betroffenen dogmatischstrukturellen Aspekt des Personengesellschaftsrechts eine zentrale Bedeutung zu, denn jener rechtliche Vorgang ist, sofern man die Möglichkeit positivrechtlich normierter Fiktionen außer Betracht lässt, unter rechtslogischen Gesichtspunkten notwendig durch die vollständige Verselbstständigung der jeweiligen Gesellschaftsform bedungen. Die Durchdringung, Bewertung und Neuausrichtung der grundlegenden Personengesellschaftsstrukturen im Hinblick auf den Grad der Verselbstständigung bildet demnach einen Schwerpunkt dieser Arbeit. Die im Rahmen dieser umfassenden Untersuchung gewonnenen Erkenntnisse lassen sich im Überblick wie folgt zusammenfassen: 1. Der in einem weiten Sinne verstandene Begriff des „Anteils an einer Gesellschaft“ verlangt nach einer Neujustierung. Er ist als ein Oberbegriff für Geschäftsanteile, Aktien sowie Gesellschaftsanteile an Personengesellschaften zu begreifen. Seine speziellen Erscheinungsformen unterliegen, ausgehend von der in dieser Arbeit vertretenen Prämisse von der verselbstständigten Struktur unternehmenstragender Personengesellschaften (siehe sogleich Punkt 9 und 10.), im Grundsatz einheitlichen Prinzipien. Entgegen der herrschenden Lehre und Rechtsprechung verbietet sich hingegen eine pauschale Gleichstellung von „Anteil“ und „Mitgliedschaft“: Ebenso wenig wie die Stellung des Käufers im Rahmen eines Kaufvertrages kann sich die Mitgliedschaft in einer Gesellschaft zu einem einheitlichen Rechtsobjekt verdichten, welches einen Anknüpfungspunkt für Herrschaftsrechte bildet. Der Begriff der Mitgliedschaft bezeichnet ausschließlich den Umstand, (Vertrags-)Beteiligter eines Gesellschaftsverhältnisses zu sein; sie beschreibt den Status einer einzelnen Person in Bezug zu einem konkreten Gesellschaftsverhältnis. Einem (umfassenden) Herrschaftsrecht ist sie selbst nicht zugänglich. Von dieser Prämisse ausgehend, verbietet sich auch eine Gleichstellung von Anteil und Mitgliedschaft, denn der Bruch mit allgemeinen Prinzipien unserer Rechtsordnung kann nicht durch ein rein terminologisches Hütchenspiel überwunden werden. Der Anteil an einer Gesellschaft ist vielmehr ein rechtliches Instrument zur Überwindung vertikal abstrahierter Gesellschaftsstrukturen. Die konsequente Durchführung ge-
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sellschaftsrechtlicher Verselbstständigung, die nach allgemeiner Ansicht die inneren Verhältnisse von Gesellschaften mbH und Aktiengesellschaften prägt, macht ein solches Hilfsmittel erforderlich, denn nur auf diese Weise ist eine Rückkoppelung der verselbstständigten, rechtlichen Existenz an die Gesellschafter überhaupt denkbar. Der Anteil dient als rechtliche Brücke, welche die abstrahierte und autarke innere Gesellschaftssphäre mit der Außenwelt, d. h. dem allgemeinen Rechtsverkehr verbindet. Hierauf aufbauend lässt sich eine einzelne Gesellschaftsbeteiligung in eine „innere“ und „äußere“ Beteiligungssphäre aufteilen: Die Mitgliedschaft bezeichnet die konkrete Mitgliederstelle im gesellschaftsrechtlichen Innenverhältnis. Sie ist fest definierter Rechtsgrund für alle Rechte und Pflichten eines Mitglieds. Ob der vollständigen Abstraktion erfordert die Einnahme einer derartigen spezifischen Mitgliederstelle den Erwerb des jeweils mit ihr verbundenen Anteils im Außenverhältnis. Die Inhaberschaft über einen Anteil ermöglicht die Überschreitung dieser Kluft, die zwischen verselbstständigter Gesellschaft und potenziellen Gesellschaftern besteht. Ihr Inhalt ist flexibler Natur. Während sie für ihren Inhaber primär ein gesellschaftsrechtliches Partizipationsrecht sowie eine korrespondierende Partizipationsverbindlichkeit begründet, können Privatgläubiger von Gesellschaftern in Abhängigkeit von deren konkreten Bedarf über den Zugriff auf den Anteil auf die Mitgliedschaft im Gesamten oder einzelne Rechte und Befugnisse zugreifen. Als rechtstechnischer Ausfluss abstrahierter Strukturen existieren in Gesellschaften, in denen die Gesellschafter konstitutives Element des jeweiligen Gesellschaftsverhältnisses sind, Anteile in diesem eigentlichen Sinne nicht. Der Zugriff auf die innere Gesellschaftssphäre besteht hier originär aufgrund der unmittelbaren Beteiligung am Gesellschaftsverhältnis. Die gewillkürte Übertragung einer Beteiligung in einer derartigen Gesellschaftsform hat richtigerweise im Wege der Vertragsübernahme zu erfolgen, die das umfassende Rechtsverhältnis des Gesellschafters uno actu auf einen etwaigen Erwerber überträgt. Die damit verbundenen praktischen Schwierigkeiten können, ob des geringen Umfangs dieser Gesellschaften, ohne große Not hingenommen werden. 2. Die rechtstheoretische Zulässigkeit des Erwerbs eigener Geschäftsanteile bzw. Aktien in Gesellschaften mbH sowie Aktiengesellschaft ist logische Folge ihrer vollständigen vertikalen Verselbstständigung. Abstraktion bedeutet in diesem Kontext existenzielle Emanzipation: Die Existenz von Aktiengesellschaften und Gesellschaften mbH ist von ihrem personellen Substrat vollständig gelöst. Mit Entstehung der Gesellschaft wird die rechtsgeschäftliche Grundlage verstetigt, objektiviert, die fortlaufende Beteiligung eines einzelnen Gesellschafters verliert ihren Status als konstitutives Element. Die in diesem Rahmen entstehende innere Verfassung wirkt aus sich selbst heraus, sie verleiht den Gesellschaften eine unabhängige Existenz. Als Folge dieser umfassenden Verstetigung lösen sich auch die spezifischen Mitgliederstellen von den Persönlichkeiten der Gesellschafter. Ihr Inhalt wird fortan nur durch das Gesetz sowie die innere Verfassung der Gesellschaft bestimmt.
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Als solch eigenständige, rechtliche Organismen bleiben Gesellschaften jedoch immer künstlich geschaffene Ableitungen der Bedürfnisse und Interessen natürlicher Personen. Theoretisch auch ohne nur einen Gesellschafter zur Existenz fähig, verlangt ihre Natur als rein rechtliches Konstrukt auf langfristige Sicht eine Rückkoppelung an ein personelles Substrat. Die im verstetigten Grundverhältnis begründeten Mitgliederstellen, deren Aktivierung den Erwerb der jeweiligen spezifischen Mitgliederrechte und -pflichten zur Folge hat, müssen besetzt werden. Aktien und Geschäftsanteile dienen hierbei als Bindeglieder, um die abstrahierten Gesellschaften „einzufangen“, sie handhabbar zu machen. Als solche begegnen die eigenen „ausgegebenen“ Aktien und Geschäftsanteile den Gesellschaften als solchen im Rechtsverkehr als gewöhnliche Rechtsobjekte wieder. An ihnen können die Gesellschaften wie jeder Dritte umfassende Herrschaftsrechte erwerben. Der Erwerb eigener Aktien bzw. Geschäftsanteile ist damit ohne weiteres möglich – er ist Folge der vollendeten Vollziehung des Gedankens der vertikalen Verselbstständigung. 3. Die mit der Inhaberschaft von Anteilen gewöhnlich in der Person des Inhabers entstehenden Mitgliederrechte und -pflichten gehen im Fall des Erwerbs von Eigenanteilen nicht infolge einer Konfusion unter, sondern sie „ruhen“. Diese gemeinhin anerkannte Folge lässt sich auf Basis des in dieser Arbeit erarbeiteten und vertretenen Ansatzes ohne weiteres erklären: Unterscheidet man zwischen innerer und äußerer Beteiligungssphäre, dient der Anteil als rechtliches „Tor“ in die Gesellschaft. Der Erwerb der vollumfänglichen Inhaberschaft über einen Anteil auf der einen, Aktivierung bzw. Besetzung der mit dem Anteil verbundenen, spezifischen Mitgliederstelle im Innenverhältnis der Gesellschaft auf der anderen Seite, sind streng zu unterscheiden. Während der Erwerb des Anteils zunächst nur die äußere Gesellschaftssphäre berührt und isoliert betrachtet ohne weiteres möglich ist, bleibt den Gesellschaften der Zugriff auf die innere Sphäre notwendig verwehrt. Ihnen ist es nicht möglich, die Brücke in ihre eigene, innere Sphäre zu überschreiten, denn würden sie als Mitglied mit sich selbst in rechtlicher Beziehung stehen und die innere Sphäre weiter konkretisieren. Dies ist indessen denklogisch ausgeschlossen, der Eintritt der Gesellschaft in die mit dem Anteil verknüpfte Mitgliederstelle ist ihr verwehrt. 4. Wie im Rahmen der Untersuchung der Verhältnisse in Aktiengesellschaft und Gesellschaft mbH festgestellt, ist die rechtstheoretische Zulässigkeit von Eigenanteilen notwendig vom Vorliegen verselbstständigter Gesellschaftsstrukturen abhängig. Auf Grundlage der insbesondere früher weit verbreiteten „traditionellen“ Vermögenslehren und der heute überwiegend in Literatur und Rechtsprechung vertretenen „modernen“ Gruppenlehre ist das Vorliegen derartiger Verhältnisse in BGB-Gesellschaft, offener Handelsgesellschaft sowie Kommanditgesellschaft zu verneinen. Nach beiden Ansätzen bilden die individuellen Gesellschafter einen konstitutiven Teil der inneren Verhältnisse der Personengesellschaften. Das von der Gruppenlehre angenommene Erstarken der Gesellschaft zu einer im Rechtsverkehr wahrnehmbaren und rechtsfähigen Einheit wird nach noch immer überwiegender Ansicht als Folge einer modernen Interpretation der gesamthänderischen Bindung
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der Gesellschafter, alternativ als Ausfluss der personenrechtlichen bzw. organisationsrechtlichen Elemente des Gesellschaftsvertrages angesehen. Die Einbettung dieser verdichtenden Elemente in eine Sozietätsstruktur soll indessen die vollumfängliche Loslösung der Gesellschafts- von der Gesellschaftersphäre entsprechend den Relationen in den Kapitalgesellschaften verhindern. Dem Anspruch, das Personengesellschaftsrecht vollumfänglich abzubilden, werden indessen weder die „traditionellen“ Vermögenslehren noch die „moderne(re)“ Gruppenlehre gerecht. Während die vermögensrechtlich orientierten Ansätze den Bedürfnissen und Anschauungen des Rechts- und Wirtschaftsverkehrs sowie der daraus hervorgegangenen Rechtsentwicklung, die als faktischer Status quo den Rahmen des heutigen Personengesellschaftsrechts bilden, nicht genügen, scheitert die Gruppenlehre bei dem Versuch, das geschriebene Recht, die zugrundeliegende Dogmatik und die eigenen rechtlichen Folgerungen in Einklang zu bringen. Soweit sich die Gruppenlehre als Interpretation des „deutschrechtlichen“ Prinzips der Verbundenheit zur gesamten Hand versteht, bricht sie offen mit dem Wortlaut und der Systematik des Gesetzes. Die Abkehr zahlreicher ihrer Vertreter von der Gesamthandsidee zeugt von diesen Missständen. Tatsächlich hat die heutige Personengesellschaftsdogmatik das Gesamthandsprinzip im Wege einer umfassenden Rechtsfortbildung vollumfänglich überwunden (vgl. sogleich Punkt 6). 5. Betrachtet man die rechtsfähigen Personengesellschaften mit einer auf breite Zustimmung treffenden Ansicht indessen als Gesellschaftsformen mit eigener Rechtspersönlichkeit, liegt die Annahme verselbstständigter Strukturen auch in diesen Gesellschaftsformen sehr nahe. Der Begriff der juristischen Person ist von der Annahme vollständiger vertikaler Verselbstständigung durchdrungen: Unabhängig vom vertretenen theoretischen Ansatz (Fiktions- oder Genossenschaftslehre bzw. Theorie der Zweckpersonifikation) beruht die Figur der juristischen Person auf der Vorstellung uneingeschränkter existenzieller Emanzipation. Gesellschaften mit eigener Rechtspersönlichkeit sind natürlichen Personen weitgehend gleichgestellte, selbstständige Rechtsorganismen, deren Bestand vollständig vom tatsächlichen Vorhandensein eines personellen Substrats losgelöst ist. Sie können den Gesellschaftern im Rechtsverkehr nicht nur während der Zeit ihrer aktiven Beteiligung, sondern selbst im Fall des ersatzlosen Wegfalls des gesamten Gesellschafterstamms „als solche“ gegenübertreten. Diese Interpretation auf Personengesellschaften angewendet, müsste ihre Einordnung als juristische Person notwendig mit der Anerkennung vollständiger Verselbstständigung einhergehen. Eine derartige pauschale, naheliegende Schlussfolgerung verbietet sich indessen. Einerseits wird von den Vertretern dieser „Personifikationslehre“ der Erwerb der umfassenden Rechtspersönlichkeit in der Regel mit der Fähigkeit, Träger eines eigenen Vermögens zu sein, gleichgestellt. Rechtsfähigkeit und Rechtspersönlichkeit werden synonym verwendet, die unterschiedlichen Gründungsvorgänge im Personen- und Kapitalgesellschaftsrecht als zwei mögliche Wege der Entstehung juristischer Personen interpretiert. Der der Personifikation von
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Gesellschaften zugrundeliegenden Vorstellung der vollständigen Abstraktion wird keine Bedeutung beigemessen oder (un-)bewusst außer Betracht gelassen. Doch auch unabhängig von diesen inhaltlichen Aspekten, die sicherlich Raum für Interpretationen lassen, ist eine Einordnung von Personengesellschaften als juristische Personen auf Grundlage der heutigen Rechtslage nicht durchzuhalten. Die klare Unterscheidung des Gesetzes zwischen rechtsfähigen Personengesellschaften und juristischen Personen (vgl. nur § 14 BGB) steht einer Gleichsetzung unüberwindbar entgegen. 6. Entgegen der noch immer in Literatur und Rechtsprechung überwiegend verbreiteten Annahme hat sich die Personengesellschaftsdogmatik von den Prinzipien der Gesamthand im unternehmerischen Bereich vollständig gelöst. Diese Feststellung gilt nicht nur für offene Handels- und Kommanditgesellschaften, sondern im selben Maße für ihre Subsidiärformen, soweit diesen die Fähigkeit zugesprochen wird, Träger von Rechten und Verbindlichkeiten, d. h. eines Gesellschaftsvermögens sein zu können. Das Festhalten am Dogma der gesamthänderischen Strukturen lässt sich weder mit dem historischen Kontext noch dem Wortlaut oder der Systematik des Gesetzes rechtfertigen. Gleichfalls verlangt keine der den Personengesellschaften zugeschriebenen, als elementar angesehenen Eigenschaften einen zwingenden Rückgriff auf eben jenes Prinzip. Ob Selbstverwaltungsmonopol, Selbstorganschaft, Rechtsfähigkeit oder persönliche Haftung der Gesellschafter – alle gemeinhin den Personengesellschaften zugeschriebenen Aspekte auf Rechtsfolgenseite können ohne weiteres unabhängig von der Gesamthand erklärt werden bzw. durch entsprechende Anordnung zur Anwendung gelangen. Das in den §§ 705 ff. BGB – nur unvollkommen – abgebildete Prinzip der Gesamthandsbindung kommt bei diesen Personengesellschaften folgerichtig nicht zur Anwendung. Tatsächlich hat sich das Recht der rechtsfähigen Personengesellschaften, soweit die Kernstrukturen der Gesellschaften betroffen sind, von der gesetzlichen Systematik gelöst und im Wege einer umfassenden Rechtsfortbildung zu einer eigenständigen und ungeschriebenen Rechtsmaterie entfaltet. Das Ergebnis dieser Entwicklung ist die Entstehung einer Gesellschaftsdogmatik, die den Bedürfnissen und Anschauungen der Praxis und Jurisprudenz umfassend entspricht. In Anbetracht der Schwerfälligkeit einer gesetzestreuen Personengesellschaftsdogmatik ist diese eigenständige Genese des Personengesellschaftsrechts zumindest für einen Teilbereich des Gesellschaftsrechts keinesfalls zu verurteilen oder zu revidieren, sondern als Tatsache und vollendete Entfaltung eines modernen Gesellschaftsrechtsverständnisses zu akzeptieren und neu zu durchdenken. 7. Der nach dieser Prämisse zwangsweise bestehende Konflikt von geschriebener und tatsächlich angewendeter Rechtslage kann ausschließlich durch die Anerkennung und rechtliche Aufbereitung der bereits faktisch vollzogenen Aufspaltung des Personengesellschaftsrechts gelöst werden. Auf diese Weise ist es möglich, eine harmonische Personengesellschaftsdogmatik zu entwickeln, die ein rechtliches Abbild des geteilten rechtlichen Status quo – Personengesellschaften entsprechend
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dem Wortlaut des Gesetzes und der Vorstellung des Gesetzgebers auf der einen, in Übereinstimmung mit der tatsächlichen Wahrnehmung und Handhabung durch die Jurisprudenz und Praxis auf der anderen Seite – ist. Terminologisch angebracht, freilich keinesfalls Absolutheitsanspruch erhebend, erscheint eine Aufteilung der Subsidiärform aller Personengesellschaften in „einfache“ und „unternehmenstragende“ Gesellschaften bürgerlichen Rechts. Als rein handelsrechtliche Entwicklungsstufen letzteren Gesellschaftstypus entsprechen offene Handels- sowie Kommanditgesellschaft diesem in strukturell-dogmatischer Hinsicht vollumfänglich. 8. Die Struktur „einfacher“ Gesellschaften bürgerlichen Rechts bestimmt sich ausschließlich auf Grundlage der §§ 705 ff. BGB. Ihre Anerkennung zollt dem Status Quo des geschriebenen Rechts Tribut, welches durch die Annahme eines als eigenständige Rechtsmaterie zu verstehenden Rechts unternehmenstragender Personengesellschaften nicht verdrängt, sondern ergänzt wird. Einfache Gesellschaften sind geprägt durch die Sozietätsstruktur des zugrundeliegenden Gesellschaftsverhältnisses. Ihre Gesellschafter sind konstitutive Elemente der Gesellschaft im Gesamten. Das Gesellschaftsvermögen ist nicht der Gesellschaft als rechtsfähigem, juristischem Organismus, sondern entsprechend der traditionellen Gesamthandslehre allein den Gesellschaftern zugeordnet. Im typischen Anwendungsbereich solch einfacher BGB-Gesellschaften, der in aller Regel keinen oder nur einen geringfügigen unternehmerischen Bezug aufweist, schadet die mit dieser Annahme einhergehende Schwerfälligkeit nur bedingt. Im Gegensatz zur Gruppenlehre gelingt es den traditionellen Vermögenslehren, sämtliche gesamthänderischen Verbände des BGB im Einklang mit dem Gesetzeswortlaut einheitlich zu systematisieren. Als Gesellschaften mit Sozietätsstruktur fehlt es den einfachen BGB-Gesellschaften an einer verselbstständigten Struktur. Jeder Verbund von einfachen Gesellschaftern erschafft eine individuelle Gesellschaftssphäre, deren Existenz durch den Fortbestand des Rechtsverhältnisses konstituiert ist. Gesellschafterwechsel erfordern die Übertragung der gesamten Vertragsposition im Wege der Vertragsübernahme. Trotz fehlender Rechtsfähigkeit der Gesellschaft „als solcher“, bleibt es einfachen BGB-Gesellschaften möglich, unter einer einheitlichen Bezeichnung, die freilich allein der vereinfachten Benennung der dahinterstehenden, gesamthänderisch verbundenen Gesellschafter dient, im Rechtsverkehr als wahrnehmbare Einheit aufzutreten. Mangels Abstraktion existieren Anteile im hier verstandenen, eigentlichen Sinne (vgl. zuvor Punkt 1) nicht. Die Frage nach der rechtstheoretischen Zulässigkeit von Eigenanteilen ist in diesem Gesellschaftstypus damit unbestritten zurückzuweisen. 9. Die zweite Kategorie der Personengesellschaften bilden nach hier vertretener Auffassung die „unternehmenstragenden“ Gesellschaften bürgerlichen Rechts bzw. ihre handelsrechtlichen Entwicklungsstufen. Sie entsprechen, zumindest betreffs ihrer Eigenschaften und Merkmale, weitgehend den Außenpersonengesellschaften auf Grundlage der bisher herrschenden Gruppenlehre: Sie selbst sind umfassend rechts-, partei-, prozess-, grundbuch-, scheck-, wechsel- und insolvenzfähig. Träger
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des Vermögens sind nicht die Gesellschafter, sondern allein die Gesellschaft als klar von diesen abgegrenzter rechtlicher Organismus. Im Gegensatz zu den einfachen BGB-Gesellschaften findet das Gesamthandsprinzip bei unternehmenstragenden Gesellschaften indessen keine Anwendung. Dieses ist auf Grundlage der heutigen Rechtsanwendung tatsächlich überwunden. Ihre rechtlich-dogmatischen Grundlagen sind in den §§ 705 ff. BGB nicht vollumfänglich abgebildet, sondern Gegenstand einer eigenständigen und ungeschriebenen Rechtsmaterie sui generis. In diesem Recht der unternehmenstragenden Personengesellschaften kumulieren die Anschauungen und Bedürfnisse der Rechtspraxis mit den Rechtsfortbildungen der Jurisprudenz unter Ablösung von der Gesamthand. 10. Ausgehend von der tatsächlichen Handhabung dieser Gesellschaften durch die (rechtsprechende) Praxis und der vorliegend vertretenen Prämisse, dass das Gesamthandsprinzip in diesem Personengesellschaftstypus keine Anwendung findet, ist das Verhältnis der Gesellschaft zu ihrem personellen Substrat eigenständig zu bestimmen. Ob unternehmenstragenden Personengesellschaften hierbei eine vertikal verselbstständigte Struktur beigemessen wird, ist eine gesellschaftsrechtliche Glaubensfrage. Nach hier vertretenem Ansatz sind zwingende Gründe, die gegen das Vorliegen derartiger Strukturen sprechen, nicht ersichtlich. Ein unbeirrtes Festhalten am Sozietätsdogma lässt sich nur unter Bezugnahme auf althergebrachte Leitvorstellungen rechtfertigen, die durch die Entwicklungen auf diesem Rechtsgebiet aber tatsächlich überholt sind. Sie können lediglich als Begründung der Struktur einfacher, da gesetzesentsprechender Personengesellschaften herangezogen werden. Im Gegenteil sprechen die tatsächlichen Anschauungen und die konkrete Handhabe sowie die fehlende rechtlich-dogmatische Unterscheidbarkeit zu anerkannt abstrahierten Gesellschaften vielmehr für die Anerkennung vertikal verselbstständigter Strukturen auch in unternehmenstragenden Personengesellschaften. Die umfassende Angleichung der Strukturen von Kapital- und Personengesellschaften wird besonders in der Anerkennung der freien Übertragbarkeit von Mitgliedschaften durch Übertragung von Gesellschaftsanteilen deutlich. Anteile an Gesellschaften dienen, wie schon unter Punkt 1 erwähnt, richtigerweise allein als Hilfsmittel zur Überwindung existenzieller Emanzipation, d. h. der Handhabbarmachung von verselbstständigten Rechtsorganismen. Nur in diesem Fall kommt ihnen, d. h. (Personen-)Gesellschaftsanteilen, Geschäftsanteilen und Aktien ein eigenständiger Bedeutungsgehalt zu. Darüber hinaus ist eine trennscharfe, von vermeintlichen Leitbildern losgelöste Differenzierung, der Strukturen von bzw. in Personen- und Kapitalgesellschaften kaum möglich. Satzungen von Aktiengesellschaften sowie Gesellschaften mbH und Gesellschaftsverträge von Personengesellschaften werden heute auf Basis identischer Prinzipien bewertet und ausgelegt. Die individuellen Persönlichkeiten der Gesellschafter haben ihre Funktion als konstitutive Elemente der inneren Verhältnisse tatsächlich verloren. Die Annahme verselbstständigter Strukturen geht überdies mit einem bis dato unerreichten Maß an Rechtsklarheit und -einheitlichkeit einher, können doch auf diese Weise sämtliche unternehmenstragenden Personengesell-
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schaften sowie Kapitalgesellschaften im Grundsatz nach einheitlichen Prinzipien bewertet werden. 11. Die strukturelle Identität unternehmenstragender Personengesellschaften und Kapitalgesellschaften ist mit hier vertretenem Ansatz mithin anzuerkennen. Sie alle beruhen auf dem Gedanken existenzieller Emanzipation, d. h. der vollständigen vertikalen Segregation von Gesellschaft zum Gesellschafterkreis. Folge dieser Struktur ist die unter rechtstheoretischen Gesichtspunkten notwendige Zulässigkeit von Eigenanteilen auch in unternehmenstragenden Personengesellschaften. Von einer gesetzesimmanenten Einschränkung ist nur in solchen Fällen auszugehen, in denen, konträr zur gesetzlich vorgesehenen Risikoverteilung, der vollständige Entzug des (weiterhin) unbeschränkt haftenden Gesellschafterprivatvermögens als Haftungsmasse oder, sofern man mit guten Gründen am Selbstverwaltungsmonopol der Gesellschafter festhalten möchte, die organschaftliche Führungslosigkeit droht. Eine weitergehende Einschränkung entsprechend dem Recht der Aktiengesellschaften bzw. Gesellschaften mbH ist hingegen nicht erforderlich, denn die Verminderung des satzungsmäßig bzw. gesetzlich festgelegten Grund- bzw. Stammkapitals ist nicht zu befürchten. Im Übrigen ist im Grundsatz mit Eigenanteilen in unternehmenstragenden Personengesellschaften entsprechend den allgemeinen Grundsätzen zu eigenen Aktien und Geschäftsanteilen in Aktiengesellschaften und Gesellschaften mbH zu verfahren.
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Sachwortverzeichnis Abstraktion – abstrakes Schuldversprechen und -anerkenntnis 84 – Abstraktionsprinzip des Sachenrechts 82 – als Bedingung für die Entstehung von Anteilen 94 – als Durchbrechnung natürlicher Kausalitätszusammenhänge 88 – als Verstetigung relativer Rechtsverhältnisse 89 – Anweisung 88 – Begriff in BGB und Gesellschaftsrecht 81 – Eintragung als notwendige Voraussetzung 107 – im Gesellschaftsrecht 89 – in juristischen Person 115 – Rechtspersönlichkeit als notwendige Bedingung 125 – und Anerkennung der Rechtspersönlichkeit 106 – und Teilrechtsfähigkeit 254, 346 – und Vorgesellschaft 126 – Vollmacht 86 – Vorstiftung als Idealbild 136 AG 115 Aktie 28 Anteil am Gesellschaftsvermögen – als Mitgliedschaft des Gesellschafters 33 – Übersicht 31 Anteilsbegriffe des BGB 30 Arbeits- und Handwerksgesellschaften 279 Consortium
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Der (eingetragene)Verein 117 Die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs – Abkehr vom Gesellschaftsdualismus 253 – ARGE Weißes Ross 252
Einfache Gesellschaft bürgerlichen Rechts – Abgrenzungsfragen 319 – Einheit der Mitgliedschaft 321 – Einheitliche Bezeichnung 323 – in Prozess und Vollstreckung 323 – schuldrechtlicher Gesellschaftsvertrag 321 – Überblick 319 – Vermögensträgerschaft 322 – Wechsel der Gesellschafter 321 – Zuschnitt 319 Englisches Personengesellschaftsrecht 355 Erbengemeinschaft 292, 299 Erwerb eigener Aktien im GmbHG (Überblick) 72 Erwerb eigener Anteile – Abstraktion als Voraussetzung 95 – Dogmatik und Schwierigkeiten 80 – Folgen für Mitgliederrechte und -pflichten 97 – im AktG (Überblick) 76 – im GenG (Überblick) 78 – in der KGaA (Überblick) 78 – Ruhen der Mitgliederrechte 101 – Untergang und originärer Erwerb von Mitgliederrechten 100 Existenzielle Emanzipation 62, 70, 95, 371 Französische Personengesellschaftsrecht 354 Ganerbschaften des Adels 279 Gemeinderschaften 276 Genossenschaft 119 Gesamtbelehnte 281 Gesamthand – als dogmatische Grundlage 264 – als gebundenes Sondervermögen 211 – als juristische Lösungsmodelle 213 – Einzug ins BGB 153 – Entwicklungsgeschichte 141
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Sachwortverzeichnis
– Gruppenlehre 168 – in der Erbengemeinschaft 299 – in der Gütergemeinschaft der Eheleute 299 – in der Personengesellschaft 298 – Sonderung des sozialen Kontextes 300 – Struktur 296 – traditionelle Vermögenslehre 202 – und Abhängigkeit von den Gesellschaftern 307 – und Haftungsverhältnisse 305 – und Prinzip der Selbstorganschaft 311 – und Selbstverwaltungsmonopl 309 – und sozialer Kontext 296 – und Wortlaut des Gesetzes 286 – ungeteilte Gesamtberechtigung 204 – Vielheit der Gesamthand als dogmatische Leerformel 300 Gesamthandsgemeinschaften des BGB 291 – Erbengemeinschaft 292 – Gütergemeinschaft der Ehegatten 294 Geschäftsanteil, Begriff 28 Gesellschaftsanteil – Abstraktion als Bedingung 94 – als Brücke zur inneren Gesellschaftsverfassung 63 – als Mitgliedschaft des Gesellschafters 38 – als Pfändungsgegenstand 65 – als Unterbegriff eines allgemeinen Rechts der Gesellschaftsbeteiligung 66 – alternative Deutungsversuche 52 – Begriff und Funktion 29 – eigener Ansatz 58 – Eintrittsrecht und -pflicht 63 – im umfassenden Sinne 37 – in einfachen Gesellschaften bürgerlichen Rechts 60 – und Belastungen 65 – und (Real)Strukut der Gesellschaft 60 – und unternehmenstragende Personengesellschaften 61 Gesellschaftsvertrag – Auslegungsmethode 343 – Leitbild als Abgrenzungsmerkmal zu Satzung 335 – nach herrschender Meinung 330 – Strukturelle Identität zu Satzung 340 – Unterscheidung von Satzung 198
– Verhältnis zur Satzung 330 – verselbstständigte Strukturen 340 GmbH 115 Gruppenlehre – Kritik 188 – nach Georg Beseler 168 – nach Johannes Wertenbruch 186 – nach Karsten Schmidt 182 – nach Otto von Gierke 172 – nach Werner Flume 177 – Überblick und Analyse 168 Gütergemeinschaft der Ehegatten 294 Gütergemeinschaft der Eheleute 299 Haftungsverhältnisse 64, 108, 110, 129, 196, 304 f., 313, 315, 328, 367 Hausgenossenschaft 268 Historische Entwicklung 141 Italienisches Personengesellschaftsrecht 351 Kommanditgesellschaft auf Aktien
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Mitgliedschaft – als subjektives Recht 45 – als Umstandsbeschreibung 42, 50 – nach der hL 39 – Rechte und Pflichten 43 – Vermögensrechte 43 – Verwaltungs- und Vermögenspflichten 44 – Verwaltungsrechte 43 – Wirkungsweise der Rechte und Pflichten 44 Österreichisches Personengesellschaftsrecht 357 Personengesellschaften 298 – Abstraktionsgrad 167 – als abstrahierte Gesellschaftsformen 262 – als juristische Personen 227 – als schuldrechtliche Vereinigung 142 – Bekenntnis zur Gesamthand 153 – Einzug der Gesamthand 141 – GbR als Grundform 164 – Gruppenlehre 168
Sachwortverzeichnis – handelsrechtliche Erscheinungsformen 157 – im europäischen Vergleich 350 – in der Rechtsprechung 246 – Struktur der 140 – traditionelle Vermögenslehre 202 – und erster Entwurf des BGB 148 – und Teilrechtsfähigkeit 254 Prägende Merkmale von Personengesellschaften – prägende Merkmale 304 Prinzip der Selbstorganschaft 311 Rechtspersönlichkeit 106 – als zwingendes Element der Abstraktion 108 – durch Abstraktion 111 – Fiktionslehre 111 – führt auch zu Verselbstständigung 113 – Genossenschaftslehre 111 – Theorie der Zweckpersonifikation 111 – und beschränkte Haftung 109 – und Fremdorganschaft 109 – und Rechtsfähigkeit 109 Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs 249 – Überblick 249 Rechtsprechung des Reichsgerichts 247 Ruhen der Rechte – aufgrund konkludenter Vereinbarung im Gesellschaftsvertrag 102 – bei Unterscheidung innerer und äußerer Beteiligungssphäre 104 – Kollision von Wertpapier- und Körperschaftsrecht 103 – nach der herrschenden Meinung 101 Satzung – Auslegungsmethode
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– Leitbild als Abgrenzungsmerkmal zu Gesellschaftsvertrag 335 – Struktur nach herrschender meinung 332 – Strukturelle Identiät zu Gesellschaftsvertrag 340 – Unterscheidung vom Gesellschaftsvertrag 198 – Verhältnis zum Gesellschaftsvertrag 330 Schlichte Gesellschaften bürgerlichen Rechts Siehe Einfache Gesellschaften bürgerlichen Rechts Schweizer Personengesellschaftsrecht 352 Selbstverwaltungsmonopol 309 Societas Europaea 123 Stiftung 124 Subjektives Recht – als Gegensatz zu Pflichten 47 – Begriff 46 Teilrechtsfähigkeit 346 Traditionelle Vermögenslehre – Kritik 219 – Überblick und Analyse 202 Übertragung der Mitgliedschaft 341 Unternehmenstragenden Personengesellschaften 324 – Merkmale 326 – Struktur 329 Vorgesellschaft 126 – Identität zu eingetragender Gesellschaft 126 – und Einmanngründungen 128 Vorstiftung 136 Willensbildung in Personengesellschaft und Körperschaft 197