Der Ausgang der Moderne: Ein Buch der Opposition (1909) [Reprint 2011 ed.] 9783110964875, 9783484190405


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German Pages 422 [424] Year 1976

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Table of contents :
Vorwort
Erstes Buch: Vom Naturalismus zur Neuromantik
Die Tendenz
Was ist Romantik?
Revolutionäre von heute
Das Wesen des Naturalismus
Vom Naturalismus zur Neuromantik
Zur Psychologie und Weltanschauung der Neuromantik
Friedrich Nietzsche
Zweites Buch: Dichter und Werke
Bedingungen einer klassischen Kunst
Hugo von Hofmannsthal
Das Drama und seine Führer
Die Krisis im Drama
Neue Wege
Erzählung
Ein Wort über Lyrik
Das Epigonentum in der Moderne
Epilog
Drittes Buch: Probleme und Irrtümer
Kritik meiner »Bilanz der Moderne«
Politik
Ein Wort über bildende Kunst
Naturwissenschaftliche Theorieen
Das moderne Naturgefühl
Philosophie
Schluss
BIBLIOGRAPHIE SAMUEL LUBLINSKI ZUSAMMENGESTELLT VON JOHANNES J. BRAAKENBURG
ZUR NEUAUSGABE
NAMENREGISTER
SACHREGISTER
Recommend Papers

Der Ausgang der Moderne: Ein Buch der Opposition (1909) [Reprint 2011 ed.]
 9783110964875, 9783484190405

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Deutsche Texte

Herausgegeben von GOTTHART WUNBERG

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SAMUEL LUBLINSKI

Der Ausgang der Moderne Ein Buch der Opposition [1909]

Mit einer Bibliographie von JOHANNES J. BRAAKENBURG neu herausgegeben von GOTTHART WUNBERG

Max Niemeyer Verlag Tübingen

Ausgewählte Schriften II

CIP-Kurztitelaufnahme der Deutschen Bibliothek Lublinski, Samuel [Sammlung] Ausgewählte Schriften. - [Nachdr.]. - Tübingen : Niemeyer. 2. ->· Lublinski, Samuel : Der Ausgang der Moderne Lublinski, Samuel Der Ausgang der Moderne : e. Buch d. Opposition / mit e. Bibliogr. von Johannes J. Braakenburg. Neu hrsg. von Gotthart Wunberg. - i. Aufl., [Nachdr. d. Ausg.] (1909). - Tübingen : Niemeyer, 1976. (Ausgewählte Schriften / [Samuel Lublinski] ; 2) (Deutsche Texte ;'4i) ISBN 3-484-I9040-X ISBN 3-484-19040-x Max Niemeyer Verlag Tübingen 1976 Alle Rechte vorbehalten. Ohne ausdrückliche Genehmigung des Verlages ist es auch nicht gestattet, dieses Buch oder Teile daraus auf photomechanischem Wege zu vervielfältigen. Printed in Germany.

Inhalt

SAMUEL LUBLINSKI Der Ausgang der Moderne Ein Buch der Opposition Vorwort

V

Erstes Buch: Vom Naturalismus zur Neuromantik Die Tendenz Was ist Romantik? Revolutionäre von heute Das Wesen des Naturalismus Vom Naturalismus zur Neuromantik Zur Psychologie und Weltanschauung der Neuromantik Friedrich Nietzsche

. . . .

i 4 11 24 40 53 65

Zweites Buch: Dichter und Werke Bedingungen einer klassischen Kunst Hugo von Hofmannsthal Das Drama und seine Führer Die Krisis im Drama Neue Wege Erzählung Ein Wort über Lyrik Das Epigonentum in der Moderne Epilog

77 84 117 133 151 173 194 207 218

Drittes Buch: Probleme und Irrtümer Kritik meiner »Bilanz der Moderne« Politik Ein Wort über bildende Kunst Naturwissenschaftliche Theorieen Das moderne Naturgefühl Philosophie Schluss

225 235 248 269 286 294 308

VI

BIBLIOGRAPHIE SAMUEL LUBLINSKI ZUSAMMENGESTELLT VON JOHANNES J. BRAAKENBURG

. . . . 313

ZUR NEUAUSGABE

397

NAMENREGISTER

399

SACHREGISTER

Zur Neuausgabe Für den vorliegenden Band II der »Ausgewählten Schriften« Samuel Lublinskis muß aus Raumgründen auf ein ausführliches Nachwort leider verzichtet werden. Das wird aber, denke ich, durch die Bibliographie mehr als aufgewogen, die Johannes J.Braakenburg zu diesem Bande beigesteuert hat. Überdies kann zur Einführung auf das Nachwort des Herausgebers verwiesen werden, das unter dem Titel »Samuel Lublinskis Versuch, Literatur soziologisch zu verstehen« dem Neudruck der »Bilanz der Moderne« beigefügt war, der als »Ausgewählte Schriften I« (Deutsche Texte 29, Max Niemeyer Verlag, Tübingen, 1974, S. 369-406) erschienen ist. Tübingen, Februar 1976

G.W.

Der Ausgang der Moderne Ein Buch der Opposition von

Samuel Lublinski

Dresden Verlag von Carl Reissner 1909

Vorwort Vor vier Jahren veröffentlichte ich meine „Bilanz der Moderne", und wenn ich jetzt ein Buch ähnlicher Art herausgebe, so könnte ich leicht in den Ruf oder auch Verdacht des Spezialistentums geraten. So erkläre ich von vorn herein, dass meine Neigung und Tätigkeit längst schon ganz anderen Zielen gilt, und nur das natürliche Bedürfnis, mit der Vergangenheit abzurechnen und abzuschliessen, hat mich gezwungen, auch noch diesen „Ausgang der Moderne" zu schreiben. In der „Bilanz" hatte ich mich mit dem Naturalismus auseinandergesetzt, der damals schon halb im Verscheiden war, und es wäre unlogisch und ungerecht gewesen, an der Neuromantik vorüberzugehen, die heute noch herrscht. Jedes Bekenntnis wirkt als eine Unehrlichkeit, wenn es nur zur Hälfte getan wird, und darum habe ich meine Konfession in diesem Buch zum Abschluss gebracht. Das klingt freilich sehr subjektiv und könnte als ein Widerspruch zu meiner früher ausgesprochenen Tendenz erscheinen, dass ich die Entwicklungsnotwendigkeit der Moderne gegen die Experimente, Launen und die Willkür von Artisten und Dilettanten zu vertreten gewillt und bemüht sei. Aber es ist klar, und ich habe es auch in der Vorrede zu dem früheren Buch offen ausgesprochen: man kann zu einer Erkenntnis der Entwicklung nur gelangen, indem man sein eigenes Wollen mit ihr misst und an ihr orientiert, wobei doch immer nur ein Ausgleich geschlossen wird, dem ein subjektiver und vielleicht sterblicher Rest nicht abgeht. Inwieweit Persönliches und Allgemeines

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IX —

wirklich zu einem fruchtbaren Bündnis zusammengekommen sind, darüber kann nur der Gang der Entwicklung selbst das letzte Wort sprechen, und darüber steht ein endgültiges Urteil späteren Generationen zu, falls sie sich überhaupt noch mit unserer Arbeit beschäftigen. Ich habe um jene Einheit gerungen, und ich habe es gewagt, aus meinem Glauben heraus mit Entschiedenheit zu urteilen und auch abzuurteilen, und ich werde mich absolut nicht für widerlegt halten, wenn meine Gegner ihr Wollen dem meinigen entgegensetzen und mir Subjektivismus vorwerfen werden. Es war meine Pflicht, unter solchen Umständen auch den Feinden gegenüber meine Wurzeln zu entblössen, und da der tiefste und letzte Wille eines Schriftstellers in seiner Produktion lebendig ist, so musste ich auch aus diesem Grunde darüber sprechen, — abgesehen von jenen anderen Motiven, die ich auf Seite 171 in der Anmerkung angegeben habe. Freilich ist mir bewusst, dass ich dadurch illoyalen Gegnern eine Waffe in die Hände gegeben habe, die sie auch gebrauchen werden. Man wird mein Wollen und mein Können gegen einander ausspielen und das eine durch das andere in Verruf zu bringen suchen. Ich kann darauf nur erwidern: habeant sibi. Es gibt schliesslich noch ehrliche Leute in Deutschland. Der eigentümliche Zweck meines Buches verbot mir jene literarische Vollständigkeit, die ohnehin einem Zeitgenossen unerreichbar bleibt und schon an sich von einem zweifelhaften Wert ist. Ich konnte mich nur mit Autoren auseinandersetzen, die mein Wollen entweder kreuzten oder ihm entgegenkamen, wobei gleichfalls oft die Notwendigkeit hervortrat, sich mit einem typischen Vertreter zu begnügen, anstatt sämtliche Namen aneinanderzureihen: so habe ich Julius Bab als Vertreter des Kostümstückes genannt, und ich hätte eben so gut Vollmoeller oder andere erwähnen können. Andererseits habe ich manches Buch und



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manchen Autor, die mir lieb waren, verschweigen müssen, weil sie mir in diesem Kampf um die Entwickelung weder als Bundesgenossen noch als Gegner von symptomatischer Bedeutung erschienen. Diese abseits Stehenden, die in der Stille wirken, mögen mir nicht zürnen, und auch ihre Stunde wird kommen, wenn das Chaos sich geklärt und die Vernunft sich durchgesetzt hat. Der Moderne hat es niemals an erbitterten Feinden gefehlt, die sie von Aussen her angriffen. Wohl aber fehlte ihr im eigenen Lager jene legitime Opposition, ohne die jede geistige Bewegung schliesslich verflachen muss. Es ist mit einer der Zwecke meines Buches, zu der Bildung einer solchen Opposition beizutragen. W e i m a r , 6. August 1908 Samuel Lublinski

Erstes Buch

Vom Naturalismus zur Neuromantik

Die Tendenz Bei strengen Artisten wird dieses Buch Bedenken erregen und mehr vielleicht noch bei allen jenen Vorkämpfern einer naiven Dichtung, die die Kunst nur aus dem Gemüt und der gesunden Unmittelbarkeit der Instinkte herleiten möchten. Beiden Anschauungen muss es widerstreben, dass die Entwickelung der Kunst von der Entwickelung der Gesamtheit abhängig gemacht werden soll, und dass an dieser Stelle immer wieder der Satz zur Geltung kommen wird: erst muss die moderne Kultur da sein, ehe von einer modernen Kunst im wirklich hohen Sinn des Wortes gesprochen werden darf. Zum Glück sehen sich gerade die Artisten durch ihre eigenen Voraussetzungen zu einer solchen Folgerung ganz von selbst hingezwungen, da schliesslich der Mangel einer stützenden Kulturrealität ihren Werken jede Lebendigkeit nimmt und sie im Formalismus erstarren lässt. Und die sogenannten naiven Dichter kommen heute fast gar nicht mehr in Betracht, weil sie, worüber bei den Literaturkundigen kein Zweifel herrschen dürfte, fast ohne Ausnahme Epigonen sind, wie es in unserer Übergangszeit, die ohne Bewusstheit nicht auskommen kann, durchaus naturgemäss erscheint. Die ganz wenigen starken Talente aus diesem Umkreis bestätigen als Ausnahme die Regel, und ihre Zugehörigkeit zu gewissen Zeit- und Kulturströmungen verleugnet sich trotz aller unbewussten Ursprünglichkeit keineswegs. Ein erlauchtes Beispiel aus der europäischen Literaturgeschichte der jüngsten Zeit belebt diese allgemeinen L u b l i n s k i , Ausgang der Moderne.

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Reflexionen mit der Farbe eines individuellen Schicksals, und es müsste jeden Einwand von Artisten, die diesen Vorgang verstanden haben, zum Schweigen bringen. Der Irländer Oskar Wilde ist keineswegs an der Kultur zugrunde gegangen, sondern am Mangel einer Kultur. Er ist durchaus ein Künstler gewesen, dem es Bedürfnis war, Geist und Seele in formgewordenen' Symbolen festzuhalten, und er war Stilist bis in die Fingerspitzen. Was er berührte, wurde unter seinen Händen ein funkelnder Schmuck, ein Juwel: es wurde zum Gold des Königs Midas, und er verhungerte an diesem Tisch voll kostbarer goldener Speisen. Die Frage müsste ihm nahe genug treten, und auch wir können sie von uns nicht abwehren: wie war es möglich, dass die höchste Fähigkeit des Künstlers, das Vermögen zu stilisieren, zu einem Fluch werden konnte? Jene grossen und schöpferischen Zeiten, die die griechische Tragödie und das Parthenon sahen, die gotischen Dome, das Nibelungenlied und die Divina commedia, oder die Paläste und die Gemälde der Renaissance: es würde wahrlich als Lächerlichkeit wirken, wollte man gegenüber solchen Erscheinungen von einem Fluch anstatt von einem Segen des Stiles reden. Die Form, die grosse Form, war in solchen Hochzeiten der Kunst auch der höchste geistige Ausdruck und das Symbol einer Kulturrealität, die ihre Künstler und Kinder nicht verloren gehen liess und noch die schwächeren Talente zu einer Höhe emportrug, welche sie von sich aus niemals erlangt hätten. Aber Oskar Wilde lebte nicht in einer Epoche der Kultur, sondern der gährenden Barbarei, und er war zur Weltflucht verurteilt, zum Artistentum und eitler Paradoxie. Seine menschliche Grosse, die immer noch unterschätzt wird, besteht darin, dass ihn alle äusseren Erfolge über diesen tiefen Mangel nicht hinwegtäuschten und in ihm die Sehnsucht nach echter Lebendigkeit nicht zur Ruhe kommen Hessen. Er suchte zuletzt das Leben in seiner brutal-

sten Rohform, und das Zuchthaus von Reading schien ihm von grösserer Tatsächlichkeit zu sein als der Dandy-Salon von London. Ein tragischer Irrtum freilich, der überdies über seine Kräfte ging. Eine Kultur, eine geistige Gesamtheit, formt allerdings und veredelt die Niederungen und sogar den Koth des Lebens, aber selbst der stärkste Einzelne, vermag das nicht aus seiner isolierten Kraft, und zu den Stärksten hat Oskar Wilde gewiss nicht gehört. So flüchtete er sich nachträglich aus der dumpfen Realität der hard labour in eine lichtere Vergangenheit, und damals wurde unter seinen Händen jenes schlichte und gewaltig einfältige Urchristentum zu starrendem Gold. Und dennoch auch zu sehr viel mehr: zur Kulturrealität einer längst verflossenen Zeit. Wilde ist der erste Freigeist gewesen, der das Christentum nicht bloss als Gefühlstatsache des Einzelnen empfunden hat oder als eine historische Erscheinung, wie ein objektiver Geschichtsphilosoph, sondern als ein tiefes Kulturbedürfnis der Antike, als Ausdruck der Seele des Imperium romanum, als Erbe der griechischen Tragödie und der griechischen Tempel. Die Evangelien und die Dome bedeuteten ihm nicht nur eine Revolution, sondern eine Umbildung von innen heraus. Das Christentum war zugleich die letzte Blüte der Antike, ihr Testament und Erbteil an neue Völker und Zeiten. Wie tief Oskar Wilde gesehen hat, wird die künftige Forschung erst in ein volleres Licht setzen, und nur ein Mann, der sich nach Kulturrealität sehnte und sie entbehrte, konnte auch eine längst vergangene Kulturerscheinung wahrhaft verstehen. Nur dass es freilich ohne Nutzen ist und darum Ästhetizismus und Weltflucht bleibt, wenn man einen gewesenen Zustand gewaltsam auf die Gegenwart übertragen möchte, wie es Wilde in seiner starr stilisierten Konfession De profundis doch tatsächlich versucht hat. Nicht die Bücher, sondern die Schicksale des Mannes stehen hier in Frage. Sein Leben ist ein Beweis dafür, dass gerade der l»

zum Stilkünstler Geborene eine lebendige Kultur als nährende Luft braucht, wenn ihm Herz und Lunge nicht verschrumpfen sollen. Die Bedingungen, die einer modernen Kulturrealität günstig sind oder ihr entgegenstehen, sollen in diesem Buch untersucht und mit Überzeugung vertreten oder mit Entschiedenheit bekämpft werden. Der Verfasser bleibt sich bewusst, dass er als Einzelner nur ein im beschränkten Sinne objektives Urteil abgeben konnte, auch wenn es ihm gelungen sein sollte, die Gesamtrichtung des Entwickelungsganges richtig zu verstehen. Selbst eine solche richtige Erkenntnis nimmt bei dem Einzelnen ein individuelles Gepräge an, das hinterher durch die Allgemeinheit manche Korrektur erleiden muss. Es kommt somit darauf an, dass vielen und womöglich allen Modernen das Problem der Kulturrealität recht eindringlich zum Bewusstsein gelange, und dann werden die Modernen in ihrer Gesamtheit darum kämpfen und zu einer Lösung gelangen. Vor allen aber ist es eben Aufgabe, dieses Problem zur Erörterung zu stellen und es womöglich auch richtig abzugrenzen, damit es nicht zu eng gefasst werde, wie es manchen Bestrebungen ähnlicher Art nach der Ansicht des Verfassers allerdings widerfahren ist.

Was ist Romantik? Unsere moderne literarische Gegenwart darf als ihr spezifisches Verdienst in Anspruch nehmen, dass sie eine richtige Erkenntnis vom Wesen der Romantik ermöglicht hat. Alle die zufälligen Ausgestaltungen, die noch vor hundert Jahren den Kern der Erscheinung vielfach verhüllten, kommen für die Neu-Romantik unserer Tage gar

nicht mehr in Betracht. Es fehlt der politisch-reaktionäre Beigeschmack, wie überhaupt jede Politik; ferner fehlt die nationalistisch-altdeutsche Strömung sowie auch jede historisch - antiquarische oder volksliedmässige Tendenz. Sogar der Gegensatz zu der klassischen Kunst und Weltanschauung, der im tiefsten Wesen allerdings fortbesteht, wird dadurch wenigstens verschleiert, dass die heutige Romantik ein bewusstes Artistentum kultiviert, das bei ihren Ahnen vor hundert Jahren noch erst sehr fragmentarisch auftrat. Somit ist von der Zeit selbst eine reinliche Scheidung vorgenommen, und wir finden Gelegenheit, wie noch niemals, uns über Wesen und Wert und Grenze der Romantik allseitig zu orientieren. Des Rätsels Lösung ist diese: der Romantiker ist nicht nur Künstler, sondern auch Religiöser. Er hat in seinem Gemüt die Gesamtheit aller Erscheinungen des Daseins erlebt, die Identität, und gegenüber diesem umfassenden und ungeheuren Gefühl muss ihm die Einzelerscheinung der wirklichen Welt den Eindruck vollkommener Geringfügigkeit machen. Somit müsste er auch die Kunst, die zur Wirklichkeit gehört und gegenüber der Identität ebenfalls doch nur ein Einzelnes bedeutet, durchaus ablehnen oder zum mindesten gering bewerten. Da ihm aber von der Natur ein künstlerischer Trieb in unausrottbarer Weise eingepflanzt wurde, so wird er ruhelos zwischen seinen metaphysischen und künstlerischen Bedürfnissen hin- und hergeschleudert werden, und er sucht sein Leben lang nach einer besonderen und viel beschränkteren Identität, nach der Einheit nämlich von Kunst und Mystik. Alle artistischen und kulturellen Bestrebungen und Seltsamkeiten und verworrenen Phantasien des Romantikers strömen aus dieser Quelle, und seine besondere Tragödie, dass er nur in einer willkürlichen Weise bauen und bilden und darum nur anregen kann, lässt sich von hier aus am besten begreifen und deuten.

Man hat mit einiger Ungenauigkeit gesagt, dass der romantische Künstler die symbolische Darstellung bevorzuge, im Gegensatz zur klassischen und zur naturalistischen Schilderung, in der die Dinge in einer natürlichen Proportion und Steigerung zu ihrem Recht gelangen. Aber an sich ist jedes sinnliche Bild zugleich ein Sinnbild, und jedes Gefühl weist irgendwie in unendliche Tiefen. Nur darauf kommt es an: ob das Symbolische lediglich ein Hintergrund bleibt, ein verschleierter Horizont, ein letztes Wort und Fragezeichen, nachdem alles Nächstliegende seine Antwort fand: oder ob es als der eigentliche Zweck des Kunstwerkes empfunden wird, als allein würdiger Gegenstand der Darstellung, so dass alles Sinnliche und Geistige innerhalb der Erscheinungswelt zu seinem Rohstoff herabgedrückt wird. So aber muss es der Mystiker wollen, dem diese reale Welt, in der wir atmen, naturgemäss eine Nichtigkeit gegenüber einer Alleinheit bedeutet, die er erlebt hat oder erlebt zu haben glaubt. Aber als Künstler kann er dennoch seine Darstellungsmittel nur aus der Welt der Erscheinungen entlehnen, und er ist überdies gezwungen, auch noch abzugrenzen und einzuteilen und das Kunstwerk einem Rahmen einzufügen, wenn er nicht aus Verzweiflung, wie einige ältere Romantiker, auf die törichte Spielerei verfällt, ein künstliches Chaos zu arrangieren. Gegenwärtig erlaubt das strenger gewordene artistische Gewissen solche Schleichversuche nicht mehr, und so kristallisiert sich mit voller Deutlichkeit das Problem des romantischen Kunstwerkes. Das Allumfassende soll in eine einzelne Erscheinung eingeschlossen werden, in irgend eine Ecke, in einen Winkel, der plötzlich nicht nur im menschlichen sondern in einem mystischen Sinn die Welt bedeuten will. Wie sich in dieser Not der Künstler hilft, karin am offenbarsten an den beiden grössten Dichtern des romantischen Dramas, Kleist und Hebbel, beobachtet werden, und es mag jetzt schon auf

Judith und Penthesilea verwiesen sein. Woraus leitet Kleist in der Penthesilea das menschlich Allgemeine her, das Volk und den Staat? Durchaus aus einer Einzelheit, aus dem Geschlechtstrieb, und durch eben diesen Geschlechtstrieb, der das Amazonenreich begründet hat, wird es zerstört. In der Judith wird ein noch Umfassenderes, nämlich die Religion, ebenfalls lediglich durch ihn allein realisiert und Jahve muss die sinnlichen Bedürfnisse der Judith gewaltsam erwecken und gewaltsam hemmen, damit sein auserwähltes Volk gerettet werde. Dieser offenbare Irrtum, der allen erweisbaren Tatsachen trotzig zuwiderläuft, erklärt sich aus der mystisch-romantischen Grundanlage der beiden Dichter. Sie wollten eben das absolut Universale in ihrem Werk gestalten, und sie waren gezwungen, eine Einzelerscheinung zu übertreiben und in das Gigantische emporzurecken. Staat und Religion, wenigstens eine kristallisierte Volksreligion, eignen sich nicht zu einer solchen Vergewaltigung, weil sie in ihrer Art das Allgemeine, soweit es der Welt der Erscheinungen angehört, bereits eingefangen und geformt haben. Sie widersetzen sich darum siegreich und hartnäckig der Mystik, so wie etwa eine organisierte Nationalität einem Weltreich, dem ein naturwüchsiger Volksstamm leicht unterliegt, zu widerstehen vermag. Darum verfallen auch alle Einzeldinge, die nur gewohnt sind, für sich allein zu existieren und kein Universelles mit Bewusstsein in sich aufzunehmen, am leichtesten der Mystik, und am schnellsten pflegt einem solchen Schicksal der Geschlechtstrieb zu erliegen, der in seinen Ausserungen immer und immer zunächst auf die Einzelerscheinung zielt und von ihr ausgeht. So fanden bei ihm die grossen romantischen Dramatiker mehr Entgegenkommen als bei Staat, Volk und Religion, und es erklärt sich, warum sie eine Judith und eine Penthesilea erzeugt

haben, anstatt, wie Friedrich Schiller, eine Jungfrau von Orleans. Diese unvermeidliche Übertreibung, zu der die Romantik ihrem Wesen nach verurteilt bleibt, diese gewaltsame Verknüpfung des Allgemeinen mit der Einzelgestalt, zerstört jene höhere Art von Kunstform, wie sie aus der vollendeten Harmonie zwischen Stoff und Gestaltung hervorzugehen pflegt. Aber dafür ist der Romantiker, zumal in seiner modernen Spielart, ein Virtuose der Form im artistisch-technischen Sinn des Wortes. Sehr naturgemäss, da er alle Mittel und Handwerklichkeiten aufbieten muss, um dem Unmöglichen einen Schein von Möglichkeit abzugewinnen und jenen organischen Mangel durch Kunstverstand zu verschleiern und in einen scheinbaren Vorzug zu verwandeln. Und da er eben alles übertreibt und im Übermass steigert, um seinem Allgefühl von fern zu genügen, so macht er es auch mit den durch die Kunst gefundenen Formen gar nicht anders: er unterstreicht, steigert, verfeinert, vergewaltigt, er macht einen Selbstzweck und Gottesdienst aus der Form oder vielmehr aus der Technik. Unbedingt muss zugestanden werden, dass diese deutliche und eigentlich widerwärtige Einseitigkeit oft in wundersamer Weise die einzelnen Ausdrucksmittel bereichert und dadurch ein formales Material von hohem Wert erzeugt hat, das freilich Rohstoff bleibt und bleiben muss, bis es von wirklichen Künstlern einem wirklichen Kunstwerk organisch eingeordnet wird. Höchstens in der Lyrik, die ja schon die Mystik innerhalb der Kunst bedeutet, kann diese gewaltsame Methode unmittelbar von sich aus zu einer inneren Form werden, wie in manchen Gedichten von Novalis und selbst von Hugo von Hofmannsthal. Sonst aber, was nicht verschwiegen werden darf, haftet der Form des Romantikers immer ein phantastisch Stoffliches an, und sie bleibt mehr ein einzelnes und virtuoses Ausdrucks-

mittel, als dass sie zum wirklichen innersten Herzschlag und belebenden Atem einer Kunstschöpfung würde. Andererseits vergeistigt der Romantiker doch auch alles Stoffliche, indem er es in das Mystische emportreibt. Wie die Liebe den Geschlechtstrieb beseelt hat, so macht es der Romantiker mit allen Äusserungen des Lebens, weil er hinter ihnen seine mystische Alleinheit zu entdecken wähnt. Ob er, wie vor hundert Jahren, mehr durch historische oder, wie heute, mehr durch eine physiologischnaturwissenschaftliche Phantastik zum Ziel zu kommen sucht, das wird lediglich durch die besondere Haltung des Zeitalters bedingt und berührt nicht den eigentlichen Kern. Aber es ist seine besondere Eigentümlichkeit, genau so neue Stoffgebiete wie neue Ausdrucksmittel zu entdecken, und es bleibt sein Schicksal, dass diese Entdeckungen erst fruchtbar werden, wenn sie von Männern übernommen werden, die mehr und weniger sind, als die Romantiker, nämlich von unbefangenen und schlichten Künstlern. Eigentlich ist es beinahe unheimlich, dass der philosophisch-mystische Trieb gerade Künstlernaturen mit einem solchen Bann umfangen hält und sie um seinethalben die blühende Erde und die Fülle der Gestalten vergessen. Man mag jenes innerliche Element noch so hoch einschätzen, so bleibt es eine Tatsache, dass für den Künstler diese Scheidung zwischen Aussen und Innen, und auch der Unterschied zwischen Mystik und Wirklichkeit, allerwege nur einen Notbehelf bedeuten kann, der ihm gegen die tiefste Natur geht. Ihm spiegelt sich das Symbol in der Summe der Erscheinungen und das Innerliche entäussert sich, ohne sich zu verlieren, in Gestalten und in Taten und Gedanken. Wer anders empfindet und seine Sehnsucht und auch seine Befriedigung im Zwiespalt findet, ist seinem wahren Wesen nach kein Künstler, und darum wird es ein ganz besonderes Problem für sich, wenn Künstlernaturen trotzdem einem Mysti-



zisimis erliegen, der entweder einen Gegensatz zwischen der Identität und der Einzelheit der Dinge verkündet oder auch über ein gährendes Chaos nicht hinauskommt. Irgend etwas muss dann in Welt und im Leben nicht in Ordnung sein, und ich möchte gleichnisweise sagen: wäre die Jungfrau von Orleans als Dichtung vollkommener geraten, dann hätten nach ihr niemals eine Judith und Penthesilea gedichtet werden können. Wenn im Leben, in der umgebenden Kulturwelt, das äussere Dasein kein restloser Ausdruck der inneren Empfindung ist, also die Kultur nur eine Konvention bedeutet und nicht zugleich eine Realität: dann freilich müssen die Künstler zu Mystikern werden. Mit anderen Worten, dann müssen sie zunächst einmal ihre Seele mit Innerlichkeit bis zum Übermass erfüllen und müssen in ihren Werken jene Dissonanz zwischen Welt und Mystik, die sie überwinden möchten, gerade zum vollkommensten Ausdruck bringen, so dass die Erkenntnis von der Unmöglichkeit der Kunst in einer solchen Zeit und zugleich die Sehnsucht nach ihr in das allgemeine Bewusstsein treten. Damit steht in innigem Zusammenhang, dass der Romantiker fast immer ein intensiver Kulturgeniesser und Kulturkenner ist: eben der Bruch der Kultur hat ihn aus einem einfach schöpferischen Künstler in einen komplizierten Romantiker verwandelt, und sie wird ihm so zum Problem, und er sucht die kulturellen Fragmente der eigenen Zeit und aller Zeiten überall auf und schwelgt in feinschmeckerischen Genüssen. Fragmentarisch, embryonisch, verzerrt und gewaltsam muss aber darum dieses Geniessen bleiben, weil von der romantischen Mystik natürlich auch hier alles beschattet bleibt, so dass er die "Einheit von Stoff und Form nicht zu erkennen oder zum mindesten nicht nach Gebühr zu würdigen vermag. Auch die Kultur ist ihm nur eine Ruine, nur ein Fragment und eine Fundgrube für Formen und für Stoffe. Sogar auf diesem eigensten Gebiet bleibt



II



er im besten Fall der grosse Vorläufer und Anreger, der den Funken in die Seele wirft und die Sehnsucht weckt, indem er die Not zum Bewusstsein bringt, und der die schöpf erischen Kräfte entbinden hilft, indem er ihnen das Ziel weist. Alle kulturschöpferischen Geister sind zu gewissen Zeiten bei der Romantik in die Schule gegangen, um eben so gewiss aus ihr wieder herauszukommen. Auch in der Kultur wie in der Kunst kann die Romantik nur Fragmente oder interessante Abnormitäten erzeugen, und sie wird zu einer nicht geringen Gefahr, wenn sie in eigensinniger Hartnäckigkeit noch über ihre Mission hinaus die Herrschaft behaupten möchte. Wir haben vielen Grund, die Frage aufzuwerfen, ob die moderne NeuRomantik nicht bereits zu einer solchen Gefahr geworden ist.

Revolutionäre von heute Seit etwa hundertundfünfzig Jahren gibt es in Europa eine revolutionäre Bewegung. Somit hat die Revolution ein ehrwürdiges Alter erreicht; sie kann auf eine stattliche Ahnenreihe zurückschauen und ist beinahe legitim geworden. Freilich erhebt sich vor dieser wie vor jeder legitimen Grosse die Frage, ob sie noch eine Lebensberechtigung besitze und der Kultur noch etwas zu gewähren habe. Ihre grosse Aufgabe, an der sie seit Voltaire und Rousseau Hand anzulegen begann, ist eigentlich für Westund Mitteleuropa schon seit 1848 und spätestens seit 1870 abgeschlossen gewesen, während in Osteuropa und zuweilen jenseits der europäischen Grenzen allerlei Nachspiele und letzte Schlachtendonner immer noch nicht verhallt sind. Aber da gilt es schon längst nicht mehr eine



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prinzipielle Entscheidung, sondern es wird einfach jener Widerstand geleistet, der aus der starren Macht der Trägheit kommt, und der allerdings den Gang des Siegers verlangsamen, jedoch nicht verhindern kann. Man darf aussprechen, dass tatsächlich erreicht wurde, was eben zu erreichen war: alte Formen wurden zertrümmert, und eine neue Form und ein neuer Lebensinhalt gefunden. Der liberale Staat und die Humanität sind die dauerhaften Errungenschaften der Revolution, und damit hat sie ihren Abschluss erreicht und ihre weitere Lebensberechtigung verloren. Man würde sich über diesen klaren Sachverhalt kaum getäuscht haben, wenn diese beiden neuen Mächte in voller Stärke und Ausgewachsenheit auf den Plan getreten wären. Dann hätte ein Widerstand gegen sie schon deshalb nicht aufkommen können, weil die Kultursehnsucht zum Wesen des menschlichen Geistes gehört, und weil Kultur nur dort möglich ist, wo man sich bindet und dem Stärksten freiwillig unterordnet. Der „Wille zum Zwang", wie Wilhelm von Scholz einmal formuliert hat, ist im Menschen noch viel stärker, als der Wille zur Freiheit, nur dass wir jenem Christophorus gleichen, der dem Grössten und Stärksten dienen wollte und sonst keinem. Die neuen Herrscher aber, Liberalismus und Humanität, wurden gerade in ihrer zarten Jugend vor Aufgaben gestellt, denen sie zunächst nicht gewachsen waren, wodurch der revolutionäre Zustand weit über Gebühr und über allen Kultursinn hinaus verlängert wurde. Seit Mitte der Vierziger Jahre bis in die zweite Hälfte der neunziger herrschte die sogenannte „soziale Frage", die durch jenen technisch-industriellen Prozess hervorgerufen wurde, der die Wirtschaftsweise Europas und der Welt auf völlig neue Grundlagen stellte. Diese gewaltige Bewegung wäre ohne die vorhergegangene oder doch gleichzeitig mitlaufende Befreiung des politischen Menschen undenkbar gewesen. Erst Hände, die von den Fesseln des Feudalismus befreit waren,



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konnten sich von dem Zwang der Naturkräfte befreien und jene Unabhängigkeit begründen, die sich freiwillig dem Gesetz unterordnete und dadurch jede Willkür beseitigte. Nur ging das Gefühl für diese innige Verflochtenheit von Politik und Wirtschaft entweder verloren oder erschien in einer völlig falschen Perspektive. Die ökonomischen Bedürfnisse der Klasse, der Eroberungsdrang der Industriellen wie der Arbeiter und ihre gegenseitigen Kämpfe und Friedensschlüsse und Abhängigkeiten traten mit einer wilden Energie weit in den Vordergrund, und der Liberalismus beging die verhängnisvolle Jugendsünde, das Heft aus der Hand zu geben, anstatt in dem Strom tief unterzutauchen. Er beachtete entweder nicht diese ganze Bewegung oder er suchte sie durch abstrakte Formeln zu beschwören. Daher ist es geschehen, dass der Sozialismus zu einer führenden Stellung gelangte und sich sehr vieler, wenn nicht aller regeren Geister der neunziger Jahre völlig bemächtigte. Eine neue revolutionäre Ära, so hiess es, wäre im Anzug, die das Gesicht der Welt noch viel vollkommener umgestalten sollte als die weiland französische Revolution. Man sah im Hintergrund der Zukunft ungeheure Perspektiven, endlose Fluchten und Gänge, und man erkannte nicht, dass man nur in das Spiegelglas der Vergangenheit schaute; nur in Bilder, die nicht vor uns lagen, sondern hinter uns. In Wirklichkeit wurde jene umfassende Synthese der früheren Revolution gewaltsam in einen Winkel zusammengedrängt, und sie sollte nun, anstatt ein Ausdruck der Kulturmenschheit zu sein, mit den engen Bedürfnissen eines Fragmentes dieser Menschheit zusammengekoppelt werden. Damals gewann die schon früher aufgestellte Theorie des naturnotwendigen Klassenkampfes die weiteste Verbreitung. Statt Mensch oder Kulturmensch sagte man damals: der Arbeiter. Beide Begriffe wurden gewaltsam verbunden und gleichzeitig gewaltsam von einander getrennt. Man sah zunächst mit



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ganz nüchternen Augen den wirklichen Fabrikarbeiter von heute, seine soziale Lage, sein Elend wie seinen Emporstieg, seine Tüchtigkeit, wie seine Enge, und bemühte sich um die Hebung seines Lebensstandes innerhalb der möglichen Grenzen. Da war es freilich klar, dass man einer Klasse gegenüberstand, die in zu hartem Kampf mit der Materie lebte, um allzuviel an den Kulturgütern teilnehmen zu können, und gleichzeitig waren doch Möglichkeiten gegeben, diesem Mangel durch Organisation und Zusammenschluss in etwas abzuhelfen. Während dieser Weg daher eingeschlagen wurde, standen aller Ecken und Enden die Propheten auf, die verkündeten, dass der Arbeiter der einzige Kulturmensch der Zukunft wäre und man um seinetwillen alle Kultur der Gegenwart bekämpfen und vernichten müsste. Natürlich blieb es keineswegs bei einer solchen reinlichen Scheidung, und unvermerkt wurde bereits der gegenwärtige Arbeiter im Lichte seiner künftigen Mission gesehen und mit Gewaltsamkeit in das Monumentale emporgesteigert. Mit jener Gewaltsamkeit, die eben immer entstehen muss, wo sich nicht ein Allgemeines und Einzelnes in innerster Gesetzmässigkeit mit einander verschmelzen, sondern in rein äusserlicher Weise wie die bekannten siamesischen Zwillinge. So sah die neue Revolution aus: unorganisch, pathologisch und willkürlich, und ihre relative Rechtfertigung lag darin, dass eine verworrene kapitalistische Übergangszeit unter der Herrschaft eines noch schwachen Liberalismus solche Missgeburten mit Notwendigkeit erzeugen müsste und schlechterdings nicht entbehren konnte. Das vielgepriesene und doch nur mittelmässige Drama von Frank Wedekind „Frühlings Erwachen" enthält neben anderen und besseren Dingen auch eine für viele Leute aufregende und darum sehr „revolutionäre" Tendenz: auch halbwüchsige Kinder, so belehrt uns der Poet, werden im Pubertätszeitalter von geschlechtlichen Bedürfnissen



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überfallen und gepeinigt, und die Eltern müssen daher rechtzeitig für sexuelle Aufklärung sorgen, weil sonst diesen unbehüteten jungen Geschöpfen Schlimmes widerfahren könnte. Also lautet die Verkündung des Revolutionärs Frank Wedekind, und sie fand einen starken Widerhall, und es ist zu hoffen, dass sich für künftig immer mehr verständige Eltern finden werden, die ihre wissbegierigen Kinder nicht mit dem hübschen Volksmärchen vom Storch zur Ruhe verweisen. Aber diese gewitzigten Erzieher könnten sich leicht in eine sehr drollige Situation verwickelt sehen, die ein anderer moderner Dichter, Oskar H. Schmitz, mit viel Anmut in seinem Roman „Lothar" geschildert hat. Der Vater will als vorurteilsfreier Mann seinem Sohn eine rechtzeitige Aufklärung erteilen und erlebt freilich, dass der Sohn ihn ganz und gar nicht versteht und im Konversationslexikon nachschlägt, ohne in seiner Unschuld mit der dort enthaltenen Belehrung etwas anfangen zu können. Das einzige Resultat ist dieses: er ist gründlich neugierig geworden, und ein „reaktionärer" Dramatiker mag das Thema behaglich fortspinnen und ein Gegenstück zu „Frühlings Erwachen" zum Ergötzen aller Sittlichkeitsvereine dichten. Hier haben nämlich tatsächlich beide Teile Recht und Unrecht, da dieses Gebiet aller Reaktion wie aller Revolution entrückt bleibt und ganz der Natur angehört und ohne gültige Norm ist und daher mit jedem neuen Individuum ein neues und ganz individuelles Aussehen gewinnt. Rechtzeitige Aufklärung aus berufenem Mund tut gewiss Not, nur dass man niemals völlig genau wissen dürfte, wann der entscheidende Augenblick gekommen ist. So bleibt also für einen Kulturpädagogen und „Revolutionär" nichts übrig, als dass er ganz im allgemeinen das Gewissen der Erzieher für dieses Problem gebührend schärfe. Ins Grosse gerechnet wird dadurch nichts geändert, weil die Natur inkommensurabel bleibt, und so werden auch die Gefahren der Pubertätszeit immer





wieder ihre Opfer zu finden wissen.*) Die grosse Aktion der Revolutionäre läuft doch nur auf eine sehr bescheidene und rühmenswerte Reform hinaus, die Humanität und Verständnis für die noch unentwickelten Individualitäten fordert und vielfach erreicht. Keiner, der ein moderner Mensch sein will, wird sich der Freude an dieser Besserung erwehren, und dennoch muss man über den ungeheuerlichen und ganz überflüssigen Apparat der Reformer verwundert sein: bengalische Flammen der Revolution, Posaunenstösse, himmlische Heerschaaren, Weltuntergangsstimmung und Götterdämmerung der Bourgeosie. Man dringt auf diese Weise allerdings bis zum letzten Prinzip vor. Während die Revolutionäre des vorigen und früherer Jahrhunderte sich höchstens gegen politische und kulturelle Einrichtungen des Menschengeistes kehrten, wird nunmehr der Natur ein fröhlicher Krieg angesagt, und zwar in ihrem eigenen Namen. Die Natur ist herrlich und heilig, sie nur soll herrschen trotz aller und gegen alle Konvention, und darum muss es ihr verwiesen werden, wenn sie ihrer eigenen Freiheit Widerstand entgegensetzt und hemmende Gefühle und Schranken und Bedingungen erzeugt, die leicht härter sein mögen, als alle Härten der Gesellschaft zusammengenommen. Ja, dann beginnt eben gegen sie selbst der Sturm, eine Revolution der Dilettanten, und auch wertvolle Reformen, die etwa erzielt werden, stehen nicht im Verhältnis zu dem dröhnenden Rhythmus, mit der diese Sorte der Moderne den Auftakt spielt und ihre umwälzende Werke und Taten feiert. Dabei geht alles Stilgefühl im höheren Sinn verloren, so viel auch im Einzelnen erobert werden mag. Man verliert den Blick für die Wirklichkeit, weil man ihn zu eifrig in das Dunkel letzter und gestaltloser Geheimnisse eingebohrt hat, und das Erreichte wird verdorben und verzerrt, weil man es *) Ein grosser Dichter, der Wedekind nicht ist, hätte von hier aus das Problem gefasst und gestaltet.

nicht in seinem natürlichen Wesen und Lebensrecht empfindet, sondern seine Bedeutung ungeheuerlich übertreibt und es dadurch plump macht und vergröbert, während man scheinbar nur in den zartesten Nuancen und Übergängen und seelischen Schattierungen zu leben und zu atmen vermag. Die Harmlosigkeit jener Vegetarianer, die durch die Pflanzenkost die Welt vom Übel erlösen wollen, liegt freilich auf der Hand, und die begeisterte Propaganda wider den Alkohol, die in den achtziger Jahren für einen modernen Individualisten beinah eine Kulturpflicht war, hat sich längst auf ihr besonderes Gebiet zurückgezogen und wird nicht mehr als ein höheres Problem empfunden. Heute hätte Emil Zola nicht mehr viel zu hoffen, wenn er aus dem Grabe käme, um ein neues Epos vom Totschläger Branntwein mit poetischer Inbrunst zu verkünden. Ferner hat die moderne Frauenbewegung längst andere Formen gewonnen und nicht nur das Ideal der trotzigen Ehelosigkeit wurde überwunden, sondern auch die „freie Liebe" ist beinahe ein nebensächliches Schlagwort geworden, da lediglich die individualistische Intimität und der neue psychische Inhalt im Verkehr der Geschlechter zu interessieren beginnt. Mann und Weib sollen sich als selbständige Persönlichkeiten gegenüberstehen; sie sollen wechselseitig die Individualität des anderen Teiles ehren und doch auch wieder zu einer psychischen Einheit verschmelzen. Auch hier hat mit der Reform geendigt, was als eine leidenschaftliche Revolution begann, als ein tollköpfiges heroisches Attentat gegen die Natur. Aber rechts und links lagen Leichen auf dem Schlachtfeld, und der neue Frauenund Mannestypus hat sich unter Erschütterungen und nervösen Leiden durchgerungen, die nur zum kleineren Teil etwas Unvermeidliches gewesen sind, zum grössten Teil aber der Revolutionsspielerei zu verdanken waren, dem verwegenen Versuch, die Natur zu unterjochen und zu verL u b l i n s k i , Aasgang der Moderne.

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nichten. Immer wieder wurde aus einer individuellen eine prinzipielle Frage gemacht; immer wieder aus der Reform eine Revolution. Hätte der Liberalismus wahrhaft geherrscht, dann wäre es eine Selbstverständlichkeit gewesen, dass eine Individualität erst entwickelt sein musste, bevor sie sich band, so weit die Natur eben Bindung zu einer Unvermeidlichkeit und zu einem Trost macht. Noch aber bedeutete das Wort Liberalismus eben nur ein Wort oder ein formales Ideal ohne viel Inhalt, noch wussten die Erben der Revolution mit ihrem Sieg und ihrem neuen Gebiet nichts zu beginnen: daher blieben auch in den sogenannten liberalen Ländern muffige Reste und leere Zwangsformen bestehen, und so entstand jener groteske Epilog der Revolution, der Kleinkriege und Nachhutgefechte mit einer welthistorischen Aktion verwechselte. Ohne Frage besteht dieser Zustand nicht mehr in seiner starren Einseitigkeit, und man könnte auf den Gedanken kommen, dass eine solche Sehtäuschung den Reformern und Kulturkämpfern nur genützt habe: vielleicht hätten sie nicht dieses Feuer der Überzeugung und einer Leidenschaft aufgebracht, die jetzt auch noch in ihnen glüht, wenn sie den notwendig eingeschränkten Umkreis ihrer Arbeit von Beginn durchschaut hätten. Doch einer solchen Gefahr wäre durch das richtige Ideal begegnet worden, das ihnen, so gut wie gegenwärtig, auch schon damals vor den Augen schweben konnte: die Kulturgründung als Ziel- und Leitstern hätte genügt. Denn alle Bemühungen der Stürmer und Dränger von heute haben nur dieses eine Ziel, das zugleich ihre völlig genügende Rechtfertigung ist. Hier mag aus den Tagen des jungen Goethe ein Beispiel herangezogen werden, das für die Moderne eine überraschende Analogie darbietet. Damals wurde von dem Kulturkämpfer Klopstock das Schlittschuhlaufen in Mode gebracht, und hinter diesem Ereignis stand die ganze Bewegung des Jahrhunderts, die ein einziger grosser Drang

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war, aus der gesellschaftlichen Gebundenheit zur Natur im Sinn Rousseaus zurückzukehren. Demnach ein revolutionäres Ereignis, während heute jener neue und unerhörte Eissport längst ein sehr gesundes Vergnügen jedes harmlosen Philisters geworden ist. In Deutschland kam es in den Zeiten Goethes zu keiner Revolution, wie jenseits des Rheines, wohl aber zu einer Kultur, die im älteren Klassizismus und der älteren Romantik ihren höchsten Ausdruck fand. Neue Lebensgewohnheiten in die Alltäglichkeit hineintragen, neue Bedürfnisse im Haus, auf der Strasse, in der Familie und im Salon erwecken, einen neuen Rhythmus der Erotik oder eine neue artistische Nuance in Aufnahme bringen: das alles bezweckt noch keine Revolution, die nur dort möglich ist, wo überragende öffentliche Institutionen angegriffen und im Namen jüngerer Mächte, die längst auch schon ihre umfassende Organisation haben, schliesslich von Grund aus zertrümmert werden. Wohl aber bedeutet jene intensive Kleinarbeit, diese leidenschaftliche Reform der täglichen Gewohnheiten, dass ein Kulturstil werden will, eine noch nicht dagewesene Form der Lebensführung. Jeder Schwärmer unserer Tage, der etwa eine naturgemässe Lebensweise in Sanatorien empfiehlt, jeder Vorkämpfer der Wasserheilmethode und Pflanzenkost, jeder Kreuzzugsritter gegen den Alkohol, jeder Enthusiast des Sportes, jeder Reformator des Geschlechtslebens, jeder Dekorateur, der eine neue Nuance der Ornamentik erfindet: sie alle sind ganz und gar nicht etwa Revolutionäre, und sie werden eine grundlegende Umwälzung der Gesellschaft niemals herbeiführen, sondern sie sind die ersten Vorboten dafür, dass das soziale Leben einem Höhepunkt entgegenzugehen und aus den Niederungen in die Kultur und den Kulturstil hineinzuwachsen beginnt. Die Vorbedingung, dass diese Entwickelung mit voller Logik und ohne harten Verlust und inneren Bruch von statten gehe, ist eben die, dass sie in ihrer Natur erkannt und nicht mit der Revolution verwech:>* selt wird. 2*



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So viel aber auch bereits geschah, um in dieser Hinsicht die verschobene Perspektive richtig zu stellen, so ist doch immer noch die ganze Richtung mit revolutionären Atavismen überladen, die sehr schwer aufzuspüren sind, weil sie sich unter differenzierten Formen zu verstecken pflegen. Aber jene monumentale Lächerlichkeit der Revolution in „Frühlings Erwachen" zeigt die Verzerrungen an einem so deutlichen pathologischen Gebilde, dass man sie nur einfach abzulesen braucht, um alles zu wissen, was wir über gewisse Kindereien im modernen Seelenzustand eben wissen müssen. Welch ein Glaube, so darf man dem philiströs-nihilistischen Dichter entgegenhalten, muss recht eigentlich dazu gehören, wenn Eltern den Kindern in den Tagen der aufbrechenden Pubertät zu Führern und Helfern und Erlösern werden sollen. Dazu gehört ein unsäglich tiefer Menschheitsglaube, wie er nur aus reifster Kultursicherheit emporzukeimen vermag. Das ewige Problem zwischen Geist und Sinnlichkeit, Keuschheit und Wollust, Natur und Person hat dann bereits für Generationen, für eine ganze Kultur, seine Lösung gefunden oder man ahnt zum mindesten diese Kultur und diese Lösung. Welcher Dichter aber dürfte in starre Formeln fassen, was doch erst werden will, und warum wäre eine moderne Lyrik und Sensibilität geschaffen, wenn er nicht vermögen sollte, auch eben Ahnungen einzufangen und über Zukünftiges, das keiner kennt, doch mancherlei zu offenbaren. Aber Frank Wedekind, diese perverse Eugenie Marlitt, schwärmt weniger für Kultur, als für Karikatur und seinen Eltern und Lehrern ist schon deshalb keine Reife zuzutrauen, weil sie mit einer heillosen Trottelhaftigkeit behaftet sind, die in diesem Umfang nicht im Leben, wohl aber in den Witzblättern gefunden wird. Überhaupt liebt der sogenannte Dichter ein abgekürztes Verfahren. Alle Skrupel und Zweifelkämpfe junger und alter Menschen sind nur dem dreifach gehörnten Rindviechern zu verdan-



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ken, die durchaus nicht einsehen wollen, dass man ganz einfach der Heiligkeit der Sinne vertrauen und sich gar nichts daraus machen solle, wenn einem auf Heuböden etwas Natürliches widerfährt. Rüstig und unschuldig darauf los. Der Sensualismus ist das wahrhaft Heilige, und die sogenannte Moral stammt überhaupt erst von ihm ab. Wie ist das alles von einer entzückenden Einfachheit! Nunmehr, nachdem Wedekind „bewiesen" hat, dass wir uns nur von Gespenstern quälen Hessen, muss doch der ganze Unfug wie weggeblasen sein. Ein Jammer jedoch, dass der Dichter selbst diesen huschenden Spukgestalten nicht entrinnt und auch niemals ein geheimes Pastorenpathos hinter seinen Grimassen zu verbergen vermag, wenn er sich mit diesem ewigen Problem seines Lebens herumschlägt. Denn unsere Natur ist eben einheitlich und zwiespältig zugleich, und der gordische Knoten kann nicht mit dem Schwert durchhauen, sondern muss von jeder Kultur mit feingliedrigen Fingern immer von neuem aufgelöst und wieder geknüpft werden. Die oberflächliche Erkenntnistheorie eines Wedekind und anderer Revolutionäre kommt aus dem Barbarentum, aber nicht aus dem der Kraft, sondern dem der platten Verlegenheit und Verlogenheit. Sturm und Drang und Naturkraft sind eben nur in Zeiten einer grossen Revolution, die Gewaltiges zu zertrümmern vorfindet, möglich und darum von Wirkung, während in Zeiten, die nach Kulturbauten begehren, alles Negative unfehlbar ein Zeichen dafür ist, dass der Architekt sein Handwerk nur halb oder gar nicht versteht. Unter vielen anderen Beispielen von heute: der Fall Frank Wedekind. Zum Wesen jeder Kultur gehört der Glaube an sich selbst und an weiter nicht ergründbare, aber ewige Kräfte der Menschennatur. Aus sich heraus erzeugt eine schöpferisch-menschliche Kraft Kulturen, indem sie die jeweilige Vernunfterkenntnis und das jeweilige sinnlich-seelische Material zur Synthese verwebt, und es ist klar genug, dass



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es niemals der Skeptiker sein wird, der Bauten für die Jahrhunderte türmt. Freilich muss es ein ursprünglicher und natürlich gewachsener Glaube sein und nicht eine blinde und dogmatische Nachahmung der Erzeugnisse längst vergangener Epochen. So kann man wohl sagen, dass der moderne Kulturschöpfer ein Mann des Positivismus sein wird, der Bekenner eines ursprünglichen Glaubens, der von dogmatischen Hülsen erlöst ist und auf die letzte synthetische Einheit der Menschennatur selbst zurückgeht und zu ihr hin will. Ein Glaube voller Feinheit, der die Probleme und Gegensätze nicht verwischt, sondern mit Schärfe empfindet und sogar herausstellt, weil er niemals am Sieg und an der Überwindung verzweifelt. Das ist ein Unterschied zum weit primitiveren Glauben des Revolutionärs, dieses grossen Zerstörers, dessen Katechismus sich einfach dahin zusammenfasst: erst alles kurz und klein schlagen, und dann entsteht von selbst ein Neues. Ohne dieses hanebüchene und gewalttätige Vertrauen würde ein solcher Zerstörer nicht das gute Gewissen für seine wilde Aufgabe aufzubringen vermögen, und der echte Revolutionär ist darum erst recht nicht ein Skeptiker, sondern grenzt manchmal ganz deutlich an den verrannten Dogmatiker. Dagegen jene Epigonen der Revolution und schwächlichen Vorläufer der Kultur, die unsere Tage verunzieren, schwanken unaufhörlich zwischen der gröberen und der feineren Art von Gläubigkeit, und so müssen sie sich zuletzt in die Skepsis und den mystischen Relativismus hinüberretten. Im Tiefsten neigt das Schwergewicht ihres Wesens zum massiven Fanatismus und zu sektirerischer Verranntheit. Ein Wedekind verkündet mit wahrhaft dogmatischer Innbrunst die Lehre von der sensualistischen Kindererziehung, während irgend ein beliebiger anderer Prophet mit Trinkwasserrezepten die Menschheit kuriert. Aber als Epigonen sind sie subtilere Geister, als



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ihre Väter, und fühlen dunkel, dass sie ausserdem von einem anderen und mehr positiven Pathos erfüllt sind, von der Ahnung einer Synthese, die sich sonderbar genug in den Winkelprogrammen ihres Sektierertums ausnimmt. Die dogmatisch-zerstörerische Grundrichtung steht in Widerspruch zu diesem Gefühl, dem man sich demnach nicht mit entschlossenem Vertrauen hinzugeben wagt. So bleibt nichts übrig, als dass man eben beides verspotten lernt und weder Revolutionär noch Kulturschöpfer ist, sondern ein Skeptiker für den Salon und für den Karneval und für die Boheme und das Variete. Man würde dem echten Romantiker ganz ohne Frage viel Unrecht tun, wenn man ihm mit der erwähnten scherzhaften Spielart „moderner Revolutionär" vergleichen wollte. Dennoch bestehen gewisse Ähnlichkeiten, die in der Werdezeit von Individualitäten oft zu Grenzverwechselungen Veranlassung geben. Auch der Romantiker spürt in sich ein allumfassendes Ganze, das er aber gewaltsam in irgend eine Einzelheit, in eine Flasche, wie den Geist Salomos, durch energische Künste einzuschliessen versucht. Wodurch dann ebenfalls ein fanatisches Sektirertum entsteht und skeptischer Relativismus und phantastisch-zweiflerische Inbrunst. Trotzdem mag es einen Unterschied bewirken, ob man von einem philosophischen Urerlebnis seinen Ausgang nahm oder von einer Winkelrevolution, von irgend einem Rezept irgend eines sozialen oder hygienischen Naturheilkundigen. Die Kunst hat aber von dem modernen Revolutionär so gut wie gar nichts und von dem modernen Romantiker nicht viel mehr zu erwarten, als einige tiefere Anregungen, und wenn einmal die Kultursynthese zur Wahrheit geworden sein wird, dann werden beide Typen aufgesogen werden und müssen verschwinden. Sie sind beide nur entstanden, weil die Moderne in ihren bisherigen Versuchen nicht bis zur Kultur gelangte und aus bestimmten Zeitursachen auch nicht gelangen konnte.



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Das Wesen des Naturalismus „Der Naturalismus ist die künstlerische Ausdrucksform des Plebejers, des Menschen der Unterklasse oder einer primitiveren Kultur, der sich selbst noch nicht so stark empfindet, um die Aussenwelt auszusondern, sondern sie widerspiegelt, wie das Wasser ein hineinfallendes Bild." Diese Worte von Frau Laura Marholm, die sie von einer skandinavischen Dichterin gebrauchte, waren zu einem Teil wohl auch auf Emil Zola gemünzt, der damals im Zenith seines Ansehens stand. Tatsächlich vertrat Emil Zola eine neue Volksschicht, nämlich robuste Emporkömmlinge der Bourgeoisie und faustfeste Strebernaturen von sehr primitiver Bildung, während im Hintergrund die schwarzen Proletariermassen auf und nieder wogten. Zola kannte nicht mehr das Paris der alten Kultur, sondern nur jene Millionenstadt, in die mit wüster Macht der junge Kapitalismus eingebrochen war. Neue Klassen kamen empor, neue Massen, die in der Kommunezeit als moderne Hunnen bezeichnet wurden, und deren Seele nicht mehr viel vom Zeitalter des vierzehnten Ludwig wusste, auch nichts von der Zärtlichkeit des Rokoko und denen sogar die kaum entschwundene Napoleonische Epoche höchstens eine pathetische Tradition, doch keinen Lebensinhalt bedeutete. Schwerfällige, brutale und gierige Kämpfer um das Dasein erfüllten die alten Strassen der alten Stadt, und sie hätten gewiss in Emil Zola ihren vollbürtigen Dichter gefunden, wenn ihm da nicht längst schon Honore de Balzac zuvorgekommen wäre, der diese Entwickelung erst keimen sah und sie doch in einer fast prophetischen Weise vorwegnahm. Aber Zola ist dennoch nicht nur Nachfolger und Epigone gewesen, sondern auch ein Eigener und Neuschöpfer. Jene Definition von Laura Marholm würde nämlich ebenso gut und besser für einen plebejischen Realismus Geltung haben, der aus diesem

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übelduftig gesunden Boden seine besten Kräfte zog und einen Balzac ermöglichte. Zola jedoch war keineswegs nur irgend ein machtvoller Plebejer, sondern auch Techniker, der Sohn eines Ingenieurs. So nahm er die neue Gestalt des Lebens nicht einfach und naiv als eine reale Erscheinung hin, sondern er untersuchte die Ursachen und organisatorischen Fundamente dieser vor seinen Augen flutenden modernen Existenz, wobei er der Technik und Naturwissenschaft anheimfiel. Wir müssen einhalten, um die Wichtigkeit, die Zolas Ideen für eine ganze Zeit haben sollten, mit aller Energie in ihrer grossen Tragweite empfinden zu lernen. Heute wissen wir ja völlig sicher, dass sein Gedanke vom experimentellen Roman völlig verfehlt war, weil die peinlichste Beobachtung doch nicht imstande ist, der Phantasie eines Dichters mehr zu geben als eben nur Material, mit dem sie nach ihren eigenen Gesetzen schaltet, die gar nichts mit der exakten Präzision der Retorte zu tun haben. Aber der letzte Instinkt des Künstlers Zola, so darf mit Entschiedenheit behauptet werden, hat gar nicht auf die Wissenschaft hingezielt, sondern auf die grosse Form, auf Stil und Monumentalität. Stil bedeutet in Wahrheit nichts anderes als Vergeistigung des Stoffes, den wir nicht in seiner zufälligen Masse empfinden wollen, sondern in seiner inneren und zur Plastik gewordenen Logik. Das eben begehrte Emil Zola: Unterwerfung der chaotischen Stoffmasse des modernen Lebens unter das Gesetz der Logik, um dadurch das grosse Kunstwerk hervorzubringen. In solchen Fällen wird und muss der Künstler seinen Blick auf die geistig-organisatorischen Mächte der Zeit und Kultur hinwenden, um von dorther die Normen einer jeweiligen geistigen Notwendigkeit in Empfang zu nehmen. In guten Epochen kann sich der Künstler ohne Weiteres auf eine solche Instanz verlassen, während er in den Tagen der Verwirrung und Verderbnis selber suchen und dem



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Philosophen in das Handwerk pfuschen muss. Zola aber suchte nicht allzu sehr und beging den Irrtum, seinem Jahrzehnt und der kulturellen Athmosphäre, in der er atmete, ein Ubermass von Vertrauen entgegenzubringen. Damals feierte die Technik ihre organisatorischen Triumphe, der Darwinismus begann seinen Siegeszug, und den Augen forschender Physiologen und Psychiater schien sich jedes Geheimnis der Seele entschleiern zu wollen. Die Industrie und moderne Weltwirtschaft beruhten auf einer Schulung in exakter Präzision, wie sie zunächst im Laboratorium erlernt wurde, und die sich sogar bereits auf den Betrieb der historischen Disziplinen auszudehnen begann. Nur eine einzige und sehr wichtige Wissenschaft erfuhr eine solche genaue Behandlung keineswegs, sondern sie wurde vielmehr in der liederlichsten Weise vernachlässigt: die von Immanuel Kant geschaffene Erkenntniskritik. Grenzen der menschlichen Erkenntnis? Aber es gab ja keine solchen, da man doch im Begriff war, das Geheimnis des Lebens mit Schrauben und Zangen zu umstellen, dass es kein Entrinnen mehr gab. Sollte man eine Untersuchung anstellen, woher der Kausalitätsbegriff stammte? Das wäre eine unnütze Spitzfindigkeit gewesen, da es doch offenbar genügte, beim Experiment hinter Ursache und Wirkung und Wechselwirkung der jeweiligen Stoffgebilde zu kommen. Überhaupt: die Kausalität steckte einfach im Stoff. Alles war in diese Materie hineingesenkt, die der Naturwissenschaftler von Grund aus erforschen wollte. Auch sich selbst, seine Intelligenz und Seele und seine Ethik leitete er ohne Peinlichkeitsempfindung lediglich aus dem Spiel von Kraft und Stoff her, aus dem blinden Ungefähr einer mechanisch wirkenden Kausalität. Dieser unbefangene Glaube bei Männern von höchster geistiger Energie, die in ziemlich gewalttätiger Weise der Natur durch scharfe Fragen ihr Geheimnis abzuzwingen suchten, könnte als eine psychologische Merkwürdigkeit erscheinen. Der

Widerspruch zwischen ihrer schöpferischen Geistigkeit und dem fanatischen Enthusiasmus für eine nur mechanische Weltordnung hätte ihnen, wie man meinen sollte, mit greller Deutlichkeit einleuchten müssen. Aber diese seltsame Haltung der Naturwissenschaftler beweist von Neuem die alte Tatsache, dass im Menschen ein Wille zum Zwang lebt, wenn ein Grosser und Starker über ihm waltet. Es sah so aus, als ob der neue naturwissenschaftliche Geist zur Herrschaft bestimmt wäre und eine synthetische Kultur erzeugen könnte. Mit manchen der besten Köpfe der siebziger Jahre verfiel diesem Irrtum auch Emil Zola. In Wahrheit gilt die exakte Naturwissenschaft nur für das Reich der Stoffe und vermag uns für Bindungen, die sie uns zumutet, zumeist doch nur materiellen Ersatz zu bieten, während das Stärkste in uns, Persönlichkeit und schöpferische Anlage, ohne Aufgabe bleibt und sich daher bald genug gegen diese Tyrannei empört und ihr mit gutem Humor recht eigenartige Streiche spielt. Namentlich auch der Dichter Zola hat in einer ahnungslosen und drolligen Weise der exakten Naturwissenschaft ein Schnippchen geschlagen, während er ihr zu dienen glaubte. Sein robustes Temperament, in dem die Urkraft der grosstädtischen Volksmassen lebte, sollte sich, nach seiner Theorie, nicht durchaus spontan äussern dürfen, sondern lediglich als Produkt des „Milieu" aus einer gleichsam chemischen Retorte hervorgehen. Aber dieses gewaltige Naturell war nicht zur Ruhe zu verweisen, und so stellte Zola, da es ihm bei den Menschen durch seine Theorie versagt war, zum mindesten temperamentvolle Stoffe dar, mythologische Ungeheuer, die er fälschlicher Weise auf den Namen „Milieu" taufte. Da gab es eine Branntweinschenke, die in Wirklichkeit ein tückisches und riesenhaftes Vorzeitwesen war, ein mythischer Totschläger. Und was eine Eisenbahn zu sein schien, wie andere Eisenbahnen ebenfalls, war eine unheimliche und infernalische und durch



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das Dunkel der Nacht rasende Bestie. Mitten im modernen Paris, in einer belebten Strasse, hauste ein gefrässiger Drache, der Häuser und Menschen verschlang und ganze Stadtteile verödete, und er sollte, nach der Behauptung Emil Zolas, nichts sein als ein Warenhaus. Der französische Bauer wurde von einem anderen urtümlichen Wesen vernichtet oder verblödet, dem der grosse Naturalist den harmlosen Namen „Mutter Erde" verleiht. Was dem Menschen Zola im Umkreis dieser zugleich dürren und machtvollen Konstruktionen festgehalten hat, habe ich früher bereits in meiner „Bilanz der Moderne" darzustellen versucht. Er war eben ein verspäteter Sohn der Revolution, der in einer neuen Welt eigentlich nichts mehr zu tun fand, als höchstens Kleinarbeit und Nachhutgefechte. So musste er also, um die pathetische Geste des Revolutionärs zu behaupten, die Feinde, die er bekämpfte, vergrössern und in das Monumentale emporsteigern: den Alkohol zum Beispiel oder die dumpfe Gebundenheit des Bauern oder die Börse. Gegen den Ausgang seines Lebens konnte er diese Neigung in einer naturgemässeren Weise befriedigen, da der Fall Dreyfuss ihm Gelegenheit bot, die gewaltige Energie seiner Natur der Reaktion entgegenzustellen und die Republik zu retten. Doch kann in diesem Buch, das sich nicht um soziologische, sondern um kulturelle und künstlerische Probleme bemüht, diese Seite seiner Wirksamkeit nur gestreift werden. Vor allem steht in Frage, was er für die Kunst erreicht hat, und ob er den monumentalen Stil, der seine innerste Sehnsucht blieb, verwirklichte oder verfehlte. Die Antwort kann nur lauten: er hat ein geniales Surrogat gefunden. Das Problem vermochte er keineswegs zu lösen, und so umging er es in einer brillanten Manier. Vor allem aber, und das dürfte sein grösstes Verdienst sein, hat er es mit voller Wucht in das Bewusstsein gehoben. Die Kunst musste sich mit der neuartigen,

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technischen und sozialen Gestaltung der Gesellschaft auseinandersetzen und mehr noch mit der naturwissenschaftlichen Denkmethode. Diese Mächte beherrschten das Leben, und im Leben wurzelt die Kunst, wenn sie freilich auch über den spezifischen Dunstkreis einer Zeitepoche hinauszuwachsen und in höheren und reineren Regionen zu gipfeln pflegt. Überdies kann heute, nach einer fast vierzigjährigen Erfahrung, schon deutlich gesagt werden, was von der naturwissenschaftlichen Evolution für Kunst und Ästhetik allenfalls zu lernen war. Jedenfalls ist es interessant, dass im Anfang des Naturalismus der monumentale Stil stand, und dass die erste intimere Berührung mit der Naturwissenschaft gerade von einer heroisch gearteten Künstlerindividualität gesucht und zum Teil gefunden wurde. Der Stil freilich, den Zola erzeugte, trug in sich selbst den Todeskeim, und es war, um sich einen solchen Ausdruck zu gestatten, eine auf den Kopf gestellte Monumentalität, die sich überschlagen und den Abhang herunterrollen musste. Eine Branntweinschenke als mythisches und mystisches Ungeheuer hat vertierte Säufer oder zum mindesten willensschwache Trinker zur Voraussetzung und so wird der Mensch herabgedrückt, ohne dass wir zum Ersatz vergessen könnten, dass eine Trinkstube doch weiter nichts ist als am Ende eine Trinkstube. Ebenso bleibt ein Warenhaus, was es ist, und es zwingt mit seiner klaren und materiellen Sachlichkeit dem Dichter einen oft sehr trockenen und rein beschreibenden Stil auf, der dann mit der mythologischen Giganteske in manchmal komischer und öfter noch unerfreulicher Weise zusammenprallt. Ein solcher Riss lässt sich höchstens durch Lyrismus verhüllen, durch jene „Stimmung", die bei Zola noch nicht artistischer Selbstzweck ist, ohne die aber doch auch er restlos scheitern musste. Dieser organische Fehler gibt den letzten Grund dafür ab, dass seine Wirksamkeit nicht in die Tiefe zu gehen vermochte, und seine Romane be-

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ginnen vor den Augen der Zeitgenossen und einstigen Bewunderer zu Staub zu zerfallen. Aber es hat in dem Mann ein starker Stilinstinkt gelebt, der auf das Monumentale und Logische zugleich gerichtet war, und dieser muskelstarke Romandichter ist aus den Eingeweiden eines kapitalistischen, industriellen und sozialistischen Zeitalters hervorgegangen. In ihm witterte eine Ahnung, dass die neuen und straffen Bindungen und Formen des Lebens der schöpferischen Kraft des Menschen nicht gefährlich zu werden brauchten. In Deutschland haben Johannes Schlaf und Arno Holz den Naturalismus über Zola hinaus entwickelt, wobei sich Schlafs pantheistische Liebe und Andacht für das unendlich Kleine in der Natur und die artistische Befähigung von Arno Holz in glücklicher Weise eine Zeit lang ergänzten. Der theoretische Ausgangspunkt für die Reform war der unzweifelhafte Zwiespalt, mit dem das Lebenswerk Emil Zolas behaftet blieb. Man fühlte doch heraus, dass es nicht gerade eine „exakte" Schilderung genannt werden konnte, wenn Branntweinschenken und Eisenbahnen und Warenhäuser als Vorwelttiere mit plumpen Riesenfüssen durch das bürgerliche Leben stampften. Darum sollte jenes „Temperament", durch welches Zola die Natur immer noch anzusehen eingestand, ferro et igni ausgerottet werden. Diese unhaltbare Idee konnte nun allerdings nur von der engen Intelligenz eines Arno Holz ohne Zaudern aufgenommen werden. Nur er konnte für möglich halten, die dichterische Phantasie in einen photographischen Apparat zu verwandeln, und es war sogar ein Glück, dass es unter der Moderne einen Mann gab, der nicht durch ein Ubermass von Einsicht davon abgehalten wurde, eine Prämisse bis zu ihrer letzten Absurdität zu entwickeln. Ja wohl ein Glück, da auch ein Irrtum manchmal fruchtbar werden kann, wenn er aus einer folgerichtigen Entwickelung hervorgeht. Emil Zola hatte nun einmal die Methode

der Naturwissenschaften auf die Dichtung übertragen, und so kam freilich nichts weniger als alles darauf an, dass diese Methode mit voller Sauberkeit und ohne jedwede Beimischung gehandhabt wurde. Somit war Holz von seinem Standpunkt aus berechtigt, den Zweck der Kunst in der Nachahmung der Natur zu sehen, und dieses letzte Ziel Hess sich nach seiner Meinung durch eine Vervollkommnung der Reproduktionsmittel am besten erreichen. Damals wurde, um diese Bestrebungen des Naturalismus zu verdeutlichen, mit Vorliebe das Gleichnis vom fallenden welken Blatt herangezogen. Die Aufgabe sollte sein, jede Phase dieses Fallens vom Ast zur Erde mit peinlicher Genauigkeit in Worten festzuhalten. Und da mit Hilfe der Schnellphotographie noch manche dieser Zickzacklinien, die sich dem unbewaffneten Auge verbargen, deutlich wahrgenommen wurden, so erforderte das strenge Prinzip der Exaktheit eine intime mikroskopische Schilderung, und die Phantasie des Dichters hatte mit der Genauigkeit einer reproduzierenden Platte zu arbeiten. Es ist ergötzlich und belehrend zugleich, wie sich bei dieser Gelegenheit der wahre Charakter der Naturwissenschaft offenbarte, der ihren Jüngern doch zumeist verborgen bleibt. In Wirklichkeit war es nicht mehr „Natur", wenn von einem Dichter ein mikroskopisches Sehen verlangt wurde, anstatt der einfachen Anschauung, die das menschliche Auge jedem gewährt, der unbefangen in die Welt und Weite blickt. Erst die ergänzende und forschende und erfinderische Tätigkeit des menschlichen Geistes musste hinzutreten, bevor der photographische Apparat und das Mikroskop erfunden wurden. Diese geheime Selbständigkeit, für die im wissenschaftlichen Betrieb das Bewusstsein verloren ging, offenbarte sich sofort, als die dichterische Phantasie mikroskopisch werden sollte. Es ging einfach nicht an, die Sinne zu schärfen, ohne auch mit vollem Bewusstsein die Empfindung und Sensibilität des Künstlers zu ver-

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feinern und zu steigern. Da es unmöglich war, an irgend einem Vorgang im menschlichen Leben alles mit mikroskopischer Genauigkeit darzustellen, ohne in einen ungeheuerlichen Kleinkram rettungslos zu versinken, so konnte eben nur e i n i g e s gewählt werden, das sich nach seiner Natur für eine solche Art der Schilderung vorzüglich eignete. Ein Blatt, das vom Baum fällt! Ein blitzschneller Vorgang für das menschliche Auge, recht eigentlich nur ein Augenblick: und dennoch kann eine Momentphotographie eine Fülle von Nuancen der Bewegung, vom ersten Loslösen des Blattes bis zu seinem Fall auf den Boden, mit schärfster Genauigkeit fixieren. Also eine belanglose und sehr momentane Erscheinung wird interessant und beinah füllereich durch die mikroskopische Zerlegung, und dabei besteht nicht die Gefahr, im Übermass von Einzelheiten unterzugehen oder vor lauter Bäumen den Wald nicht zu sehen. Man kommt ja noch gar nicht bis zum Baum, sondern nur bis zum Blatt, und der ganze Prozess währt Sekunden, die durch die Kunst der Analyse allerdings viel länger und auch viel inhaltsvoller erscheinen. Somit ergab sich ganz von selbst der momentane Vorgang, der Augenblick, als eigentlicher Stoff für die mikroskopisch exakte Manier, die schliesslich nur Eindrücke widerspiegeln konnte, Impressionen, und daher auch den Namen „Impressionismus" empfing. Wer die Novellen in den von Holz und Schlaf gemeinsam herausgegebenen „Neuen Gleisen" mit Aufmerksamkeit und Entzücken liest, der kann über den durch und durch impressionistisch-augenblicklichen Charakter dieser Studien nicht im Zweifel sein, und er erkennt sofort, was dieser impressionistische Formalismus als seine subjektive Ergänzung mit Notwendigkeit entwickeln musste: die Stimmung. Und zwar eine vorzugsweise malerische Stimmung, die aus der übergenauen Beobachtung von Luft-, Licht- und Raum-

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erscheinungen herauswuchs, und auf diese Weise gelang, in Deutschland vielleicht zum ersten Mal, eine Annäherung zwischen Dichtung und Malerei, die von folgereicher Bedeutsamkeit werden sollte. Diese ganz neue Note ist es auch, die recht eigentlich die moderne Stimmung etwa von der eines Jean Paul oder Wilhelm Raabe unterscheidet. Auch der Bayreuther und der Braunschweiger Meister versenkten sich in das Kleinleben, und sie schwelgten in einer liebevoll-minutiösen Beschreibung, die den besonderen Zweck verfolgte, eine alles in sich einspinnende Gemütsstimmung hervorzurufen. Aber eben aus dem dichterischen Gemüt kam ihre Stimmung, nicht aus dem Auge, nicht aus der genauen Beobachtung des Naturwissenschaftlers oder aus dem sinnlichen Entzücken des Malers. Diese eigentümliche Verbindung malerischer und dichterischer Momente ist es gewesen, die dann jene impressionistische Technik ergab, wie sie bereits in den Novellen der „Neuen Gleise" hervortrat und später von der Neuromantik übernommen und bis zu den letzten Konsequenzen entwickelt wurde. Noch heute beherrscht im Grunde dieser angebliche Stil alle Äusserungen unseres Lebens, und so haben wir sehr viel Anlass, genauer nach seinem Wesen zu fragen. Es ist die gleiche Erscheinung wie bei Emil Zola, der eine auf den Kopf gestellte und darum zum Einsturz verurteilte Monumentalität hervorbrachte. So bietet in gegensätzlicher und analoger Weise der Impressionismus eine scheinbare Kultursynthese, die noch nicht auf ihren Füssen zu stehen vermag. Die Auflehnung gegen das robuste Milieu eines Zola bedeutete vielleicht bereits bei Holz und ganz gewiss bei Johannes Schlaf die Rebellion einer werdenden sensiblen Kultur gegen die massive Dogmengläubigkeit des atavistischen Revolutionärs. Schlafs naturinniger Pantheismus, der später noch schärfer heraustrat und schon in jenen Studien unterirdisch L u b l i n s k i , Ausgang der Moderne.

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vibrierte, war recht deutlich ein Protest gegen die dringliche und mechanische Soziologie, und es war vielleicht auch kein Zufall, dass Holz die praktischen Vorbilder für sein sprachliches Virtuosentum bei Gustav Flaubert und den Brüdern Goncourt fand, bei grossen Schriftstellern, die zwar schon die exakte Methode mit Peinlichkeit handhabten, sonst aber dem Sozialismus wie auch der Naturwissenschaft innerlich fernstanden und in alte Kulturen sehnsüchtig zurückblickten, gleich den Goncourts, oder sich, wenn auch mit galligem Widerwillen, als zu früh gekommene Edeltype der Bourgeosie empfanden, wie Gustav Flaubert. Es wäre sogar von einer einfachen übernähme des Flaubert-Stiles zu sprechen, wenn nicht doch bei beiden Autoren als geistiges Prinzip der naturwissenschaftliche und soziologische Charakter des Jahrzehntes im Hintergrund gestanden hätte. Und darum ging es ihnen insofern ähnlich wie Zola, als auch in den „Neuen Gleisen" nach dem Gebot der exakten Theorie das persönlichmenschliche Temperament nicht anerkannt wurde und sich aus den Menschen in die Dinge flüchtete. Bei Zola war das Milieu der eigentliche Held und bei Holz und Schlaf wurde es die Stimmung. Die handelnden Menschen gingen im Lyrismus und in der Farbe unter, und man hätte schliesslich die ganze Welt in stimmungsvolle Momente auf lösen müssen, in musikalisch-malerische Symphonien, um Kunstwerke von einem weiter reichenden Umfang zu erzeugen. Der Naturalismus wurde durch sein wissenschaftliches Gewissen gehindert, aus dem impressionistischen Prinzip diese letzten und auflösenden Resultate zu folgern, wie es nachmals die Neuromantik tat. Darum ist es aber bei ihm auch viel deutlicher zu erkennen, dass es sich in Wahrheit nicht um einen Stil handelt, sondern um ein Surrogat für Stil, um einen Ersatz für eine noch nicht vorhandene Kultursynthese. Wohl fanden wir hier schon jene feinere Sensibilität vor, die sich mit der Logik innerlich verschmilzt,

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wodurch gemeinhin eine herrschende Kultur zu entstehen pflegt. Noch aber ist die Erkenntnis nicht durchgedrungen, dass die Voraussetzung dafür die freie Tätigkeit des Menschen ist, der allerdings den Dingen nicht mit phantastischer Willkür entgegentreten darf, wohl aber dadurch über sie herrscht, dass er ihr gesetzmässiges Wesen anerkennt und zu seinem Werkzeug gestaltet. Dieses vergass Zola und vergass nicht minder der Impressionismus, der den Menschen nur deshalb von der Brutalität der sozialen Schwerkraft befreite, um ihn dafür in echt romantischer Weise der Stimmung preiszugeben. Wenn diese Ähnlichkeit und innere Verwandtschaft, die zwischen dem Naturalismus und der späteren impressionistischen Neuromantik ganz deutlich besteht, vielfach verkannt wurde und immer noch wird, so trägt die Schuld daran ein merkwürdiges Zwischenspiel, das mit einer fast gleichen Stärke das ästhetische und das kulturhistorische Interesse herausfordert. Es ist damit das naturalistische Drama gemeint, zu dem wir eigentlich jetzt erst ein rechtes Verhältnis zu gewinnen vermögen, da sich bereits auch die Sonne seines Nachfolgers, des neuromantischen Dramas, zum Abend zu neigen beginnt. Heute wissen wir, dass diese so merkwürdige Richtung, die uns die „Weber" und den „Fuhrmann Henschel" von Hauptmann und den „Meister Oelze" von Schlaf hinterlassen hat, eigentlich eine gar nicht so üble Synthese zwischen Milieu und Sensibilität bedeutete. Der Theorie, die die Umwelt zum Schicksal des Menschen werden liess, wurde durch dichterische Gestaltung von Klassen und Zuständen Genüge geleistet, ohne dass dieses Zuständliche so primitive Formen wie bei Zola annehmen konnte, da es vielmehr aus einem Mosaik von Lebensausschnitten und malerischen Szenen zusammengesetzt wurde, die durch ihren Zusammenklang eine geballte Atmosphäre ergaben, eine alles mit sich fortreissende Stimmung, die der eigentliche Held 3*

des Dramas wurde. Das typische Beispiel für diese Technik ist in den „Webern" gegeben, und sie kann auch am „Meister Oelze" mit vollen Zügen genossen werden. Der Mensch, die Individualität, gelangte freilich in diesen Dichtungen nicht zu der ihm gebührenden Position als Gipfel und Mittelpunkt des Dramas. Noch immer blieb er vom Milieu und von der Stimmung abhängig, und nur indirekt und teilweise wurden seine Bande gelockert. Die unerbittlichen Erfordernisse der dramatischen Technik erzwangen Zugeständnisse, so dass sich durch die Hintertüre doch noch etwas wie eine Handlung hineinschlich, nämlich die stumme Szene, das Gespräch mit Hintergedanken, eine einzelne gedämpfte Bewegung, ein plötzlicher Lichtblitz in seelische Tiefen. Mit anderen Worten, der Mensch wurde doch nicht nur als Produkt der Stimmung gezeigt, sondern er war es überdies selbst, der durch seine geheime Tätigkeit eine solche Stimmung bewirkte. Noch liess man seinem Willen die Zügel nicht so völlig frei, dass er in die Arena trat und aus seiner Leidenschaft heraus eine Welt erzeugte, der er sich unterwarf: ein Gesetz der Kultur, das sein Herrscher war und zugleich seine ureigene Schöpfung. Nur so weit durfte er sich bewegen, dass eine verhaltene Lyrik entstand, und aus diesem Grunde konnte das naturalistische Drama höchstens passive Naturen gebrauchen, die im besten Fall die Stärke fanden, einem von aussen herantretenden Schicksal zu widerstehen, ohne es sich selbst geschaffen zu haben. Im schlimmeren und von dem Dichter bevorzugteren Fall war die Zartheit ihrer Seele bewunderungswürdiger als die Kraft ihres Willens oder ihrer Intelligenz. Immerhin konnte in diesen Werken mancherlei von dem Kulturmenschen der Zukunft eingefangen werden, da feinfühlige Naturen, seelische Zärtlinge, am frühesten erste Ahnungen einer werdenden Welt zu empfinden verstehen. Wenn aber einem starken Dramatiker ein solcher Ersatz nicht genügte und er eine unabweisliche

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Sehnsucht nach Willensnaturen empfand, so blieb ihm noch ein eigentümlicher Ausweg von einer interessanten Ironie übrig: die Darstellung des zu spät gekommenen Revolutionärs, des gescheiterten Sektierers. Da war ein Doktrinär, der die Kraft in sich fühlte, die Welt umzustürzen und von Grund aus zu reformieren. Er suchte nach einem Angriffsziel, und weil Staat und Gesellschaft einigermassen dauerhaft dastanden, so sah er sich darauf verwiesen, seine Tätigkeit in ein vom Alkohol verseuchtes Dorf zu verlegen. Dabei konnte die Allmacht des Milieus in greller Farbe zur Darstellung gelangen, wobei es sich zum allgemeinen Jammer erwies, dass der Revolutionär einem unüberwindlichen Feind gegenüberstand und nicht einmal stark genug war, einen einzelnen Menschen, den er liebte, aus dieser Hölle zu erlösen. Er konnte das Mädchen seines Herzens nicht zur Frau wählen, da es aus einer Trinkerfamilie stammte und es also erwiesen war, dass sie ihm nach dem Gesetz der Vererbung nur sieche Kinder erzeugen konnte, was eine Versündigung gegen die Heiligkeit des Lebens bedeuten würde. Auf diesen ziemlich verzwickten Voraussetzungen ist bekanntlich Hauptmanns Jugenddrama „Vor Sonnenaufgang" aufgebaut, und es war ein tiefer Mangel an Konsequenz, dass der Dichter das verlassene Mädchen zum Helden der Tragödie erhob, anstatt den jämmerlich verunglückten Revolutionär. Viel näher ist in einem seiner Dramen Johannes Schlaf an dieses Ziel herangekommen. Sein „Meister Oelze", dieser Mörder, der sich noch auf dem Sterbebett kein Geständnis entreissen lässt, ist ein Mann von zugleich revolutionärer und kleinbürgerlicher Gesinnung, der schliesslich an seinem Milieu zu Grunde geht und nur einen passiven, wiewohl heroischen Widerstand leistet und sich als ein gefesselter Sklave vergeblich mit gewaltigen Muskeln gegen unzerreissbare Ketten sträubt. Von hier aus führten besondere Fäden zum Drama Henrik Ibsens hinüber, der nicht eigentlich

- 3» der Ahnherr des deutschen naturalistischen Dramas gewesen ist, wohl aber so manche seiner Motive und auch Einzelheiten seiner Technik in tiefgehender Weise beeinflusst hat. Man darf das naturalistische Drama als die höchste Leistung jenes älteren Naturalismus ansprechen, der noch nicht von neuromantischen Elementen durchsetzt war und eine verhältnismässige Ursprünglichkeit behauptete. Daher muss es doppelt bedeutsam wirken, dass auch auf diesem Gebiet kein eigentlicher Stil erzeugt wurde, dafür aber wieder ein Surrogat, und dass das Problem sich gefallen lassen musste, abermals umgangen, anstatt gelöst zu werden. Zugleich jedoch wird hier, wo am vollkommensten die letzten Konsequenzen gezogen sind, auch am klarsten erkennbar, dass im Naturalismus von Anfang her ein starkes Stilbedürfnis gelebt hat. So war es gewiss kein Zufall, wenn manche Ästhetiker sich durch Ibsens „Gespenster" an den „König ödipus" erinnert fühlten: die gleiche Gebundenheit des Individuums durch einen Orakelspruch im antiken und durch ein Naturgesetz im modernen Drama. Wohl haben gewichtige Stimmen sehr mit Recht das Dogma der Vererbung bestritten und ganz gewiss ist dieses Naturgesetz, wenn es bestehen sollte, nicht von einer so bequemen und theatralischen Einfachheit, wie der damals noch sehr rationalistisch gestimmte Magus des Nordens uns glauben lassen wollte. Aber im Prinzip war hier doch eine sehr richtige und wichtige Annäherung an einen grossen Grundgedanken der griechischen Tragödie angebahnt worden. Man ahnte mit dunkler Empfindung, dass der dramatische Stil sich nur dort in seiner ganzen Grosse zu offenbaren vermag, wo ein Starker gegen eine noch stärkere Macht heroisch und vergeblich ankämpft. Dabei konnte im Zeitalter eines naturwissenschaftlichen und sozialen Rationalismus nicht jener Irrtum der Schicksalsdramatiker wiederholt werden, die rein äusserliche Zu-

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fälligkeiten als buntbemalte Kulissen für eine tragische Notwendigkeit verwerteten. Sondern man fühlte mit Klarheit, dass diese Schicksalsmacht aus den Eingeweiden des Jahrhunderts geboren werden musste, und Ibsen suchte bei der Naturwissenschaft die Tragödie des Zeitalters, während seine Jünger, die deutschen Naturalisten, zugleich auch die gesellschaftlichen Mächte und sozialen Gebundenheiten als Schicksalskräfte gebrauchten. Das war eine Wirkung der Botschaft Zolas, die wohl am deutlichsten in den „Webern" ihren dramatischen Niederschlag gefunden hat. Das eigentliche Schicksalsdrama des deutschen Naturalismus ist aber der „Fuhrmann Henschel", und an dieser vollkommenen Konsequenz der naturalistisch - tragischen Voraussetzung lässt sich mit aller Klarheit wie vom Blatt weg ablesen, welches der Grundirrtum aller solcher Bemühungen von Anfang an gewesen ist. Naturwissenschaftliche Gesetze binden unsere Physis, während unser Geist und unser Ethos sich zwar mit ihnen auseinanderzusetzen haben, zugleich aber ihnen gegenüber eine selbständige Stellung behaupten. Ganz so mag es sich mit dem bürgerlichen und sozialen Milieu verhalten, in das wir hineingeboren wurden und in dem wir aufwuchsen. Wir tragen Spuren davon für das Leben, aber wir brauchen darin nicht zu verharren, wenn wir Starke sind, die Ketten zu sprengen vermögen. Für den dumpfen, schwerfälligen und beschränkten Henschel mag sich zu einer Tragödie answachsen, worüber bereits ein tapferer Durchschnittsmensch mit Leichtigkeit hinwegkäme. Das soll keine Kritik gegen den Dichter bedeuten, der vielmehr Dank dafür verdient, dass er uns mit zartem Mitleid und auserlesener Kunst einen intimen Einblick in eine arme und jammervoll beschränkte Menschenseele gewährt hat. Aber allerdings ist mit dieser Tragödie das Urteil über die ganze Stilgattung des naturalistischen Dramas gesprochen, das mit einem König ödipus zu wetteifern vorgab und sich statt der

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Stärksten die Schwächsten zu tragischen Helden erwählte. Es blieb ihm freilich nichts anderes übrig, weil die Starken nicht die Ketten des Milieus ertragen und daher von den naturalistischen Dichtern, die vielleicht ebenfalls mehr durch Feingefühl und Dulderkraft anstatt durch aktive Energie sich auszeichneten, klugerweise nicht belästigt wurden. Immerhin gibt diese Seite des naturalistischen Dramas etwas wie eine frohe Botschaft und Ahnung, dass vielleicht ein hoher tragischer Stil in diesen Zeitläuften möglich sein mag. Nachdem das Gefühl der Gebundenheit und der „Wille zum Zwang" durch den Naturalismus zum Prinzip erhoben worden ist, gilt es nur noch den Gegenspieler zu finden, jenen wirklich Starken, der sich an dem Prinzip misst und es dadurch zwingt, seine ganze Grosse zu entfalten. Und dann könnte aus dem Surrogat ein wirklicher Stil werden, und das tief empfundene Problem fände seine Lösung, anstatt dass es in einer einigermassen taschenspielerischen Weise umgangen wird. Aber es war nicht dieser gute und wertvolle Teil der naturalistischen Erbschaft, der von der Neuromantik übernommen wurde.

Vom Naturalismus zur Neuromantik Jene verspäteten Revolutionäre und zu früh gekommenen A^orläufer einer künftigen Kultur sind bisher nur auf ihre Unzulänglichkeit hin angesehen worden, und ganz gewiss wird ihre sonderbare Position und pathetische Fechterhaltung von einem Hauch von Komik umwittert. Dennoch wurden durch diese verworrenen Zwiespältigkeiten Charaktere hervorgebracht, die voll Entdeckersehnsucht nicht nur an den Pforten der Zukunft rüttelten, son-

dern auch an den Grenzen menschlicher Erkenntnis. Immer in Zeiten, die noch ohne Ziel sind, wird das Unmögliche begehrt, und oft noch dürfte die Menschheit vergessen, dass von Immanuel Kant eine Kritik der reinen Vernunft geschrieben wurde. Aber jedesmal wird aus solchen Kämpfen und Stürmen der Seele eben jenes Ziel geboren, um das es sich eines Kampfes verlohnt, und so mag die Erscheinung der Neuromantik ihre besten Früchte erst zeitigen, wenn sie längst schon vergangen sein wird. Noch aber beherrscht sie die besten Köpfe, und darum ist es nötig, sie auf ihr Wesen und ihre Lebensfähigkeit hin zu prüfen und zu bekämpfen, wenn die Not des Tages es erfordert. Dass der Naturalismus den unruhigen Geistern, die die Literaturrevolution begannen, nicht allzulange genügen konnte, lässt sich als eine Selbstverständlichkeit sehr leicht begreifen. Schon der Grundfehler, dass der Mensch von den Dingen verschluckt wurde und als ein eingefügtes Rad im Organismus mächtiger und mythischer Maschinen willenlos mitschwang, musste junge Geister empören, die neue Gelüste und Kulturahnungen im Blut und stürmische Rhythmen in der Seele fühlten. So sollte also wieder der Mensch entdeckt und von der Obergewalt der brutalen Materie befreit werden. Nur stand am Weg als Schreckgespenst das eben verlassene Epigonentum der vorigen Generation, das zunächst alle schüchternen Erinnerungen an eine klassische Kunst mit dem Bann belegte. Jene geistlosen Nachahmer des Schillerschen Dramas, jene Romanschriftsteller, die kleinbürgerliche Gefühle mit einem mehr antiquarischen als historischen Kostüm bekleideten, die „Epiker" im Stil von Julius Wolf und allerlei Reimschmiede, die ihre dünnen Gefühle in zierliche Goldschnittbändchen einfassen Hessen: alle diese Vertreter der sogenannten Schönheit, die mit ziemlich abgegriffenen Phrasen viel von der „Würde des Menschen" und von der „Heiterkeit" der Kunst zu erzählen wussten und auch von

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„Goethe und Schiller" mit konventioneller Ehrfurcht redeten, hatten als gute Leute und sehr schlechte Musikanten lediglich den einen Fehler, dass sie vom Leben abgesperrt waren und ganz und gar nicht mit eigener Münze zahlten, sondern mit fremdem Gold, das bei seinem Umlauf durch so viele unreinliche Hände längst ah Glanz und durch Kupferbeimischung auch an Gewicht eingebüsst hatte. Vor allen Dingen begriffen diese gemütlichen Herren keineswegs, dass die von ihnen viel gerühmte „Schönheit" und auch die „Freiheit" und dann nicht minder die „Würde des Menschen" in keiner Weise zu den billigen Gütern gehörten, die im Kramladen für ein paar Pfennige zu haben waren. Von den Kämpfen der Klassiker und der älteren Romantiker war längst schon jede Kunde verloren gegangen, und das bequeme Epigonengeschlecht konnte weder kämpfen noch selbst mit Kraft geniessen, sondern es begnügte sich mit einem geistigen Kleinbürgertum und mit viel Behagen und sehr wenig oder auch gar keinem Witz. Als dann die neue Zeit hereinbrach, der Kapitalismus und der Sozialismus und die Technik und die naturwissenschaftliche Weltanschauung, da wurde diese Art von Idealismus und sogenannter Kunst von plumpen Plebejerfüssen rasch genug zertrampelt. Die Alten verfielen ihrem verdienten Schicksal, und die Jugend wurde von dem Andrang der neuen Lebensmächte bezaubert und vertraute sich ihnen mit einer schrankenlosen Begeisterung. Man wollte sich mit der Mächtigkeit dieser neuen Massen erfüllen, mit der Präzision der neuen Technik und mit der logischen Wucht der Naturwissenschaft. In gewissem Sinn war die „Gesetzlichkeit", der alles Menschliche und Soziale nunmehr unterworfen werden sollte, nur eine Verlockung mehr für eine tapfere Generation, die aus schlaffer Bequemlichkeit herausstrebte und vielleicht zu ahnen begann, dass zwischen höchster Freiheit und höchster Gebundenheit etwas wie eine Identität bestehen konnte.

— 43 — Allerdings befriedigte die Naturwissenschaft nicht ihre Sehnsucht, weil sie schliesslich nur die Körper band und nicht den Geist. Aber es wurden im naturalistischen Drama doch allerlei Anfänge gewonnen, die nur zu entwickeln und aus ihrem falschen Geleise in die rechte Bahn zu leiten waren, um dem modernen Drama etwas von antiker Monumentalität zu erwerben. An die Stelle der bindenden Macht sozialer Zustände musste die bindende Macht der Kultur treten, und dann hätte sich das organische Hineinwachsen des Naturalismus in eine höhere und klassische Lebens- und Kunstform ganz von selbst ergeben. Inzwischen ist es freilich hohe Zeit geworden, sich über das unendliche Thema, nämlich über das „Wesen der Kultur", einige sparsame Bemerkungen entschlüpfen zu lassen. Diese Aufgabe kann nicht umgangen werden, da ja gerade das moderne Kunstproblem in dem vorliegenden Buch immer wieder als das Kulturproblem empfunden wird: erst wenn die moderne Kultursynthese geschaffen ist, früher keineswegs, dann haben wir auch die moderne grosse Kunst, die über ihre Zeit hinweg in alle Zeiten hineinzuwachsen vermag. Nur wäre es eine bedenkliche Sache, sich in abstrakten Definitionen über eine Erscheinung zu äussern, die in sich die denkbar höchste Einheit von Abstraktion und Sinnlichkeit einzuschliessen pflegt. So mag denn eine gleichnisweise Rede erlaubt sein, und man erinnere sich eines Wortes von Novalis, der auf jene Anekdote anspielte, die zu Ehren Heinrichs des Vierten, Königs von Frankreich und Navarra, erfunden wurde. Dieser Monarch soll den menschenfreundlichen Wunsch gehegt haben, dass in seinem Land jeder Bauer jeden Sonntag sein Huhn im Kochtopf haben möchte, und angeblich lebte er der Hoffnung, diesen Wunsch zu verwirklichen. Novalis stellte dem berühmten französischen König einen allerdings nicht vorhandenen Idealmonarchen deutscher Nation entgegen, der seine Untertanen derartig beglücken sollte, dass die

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Bauern lieber unter seiner Herrschaft ohne Huhn im Topf leben würden, als in einem anderen Land mit jenem gebratenen Huhn. Wir wollen nur sofort hinzufügen, dass ein Skeptiker des zwanzigsten Jahrhunderts auch dem erleuchtetsten aller Potentaten einen solchen vollkommenen Sieg über die Gelüste des menschlichen Magens und Gaumens nicht zuzutrauen vermag. Aber der Kultur trauen wir diese Kraft im hinlänglichen Grade zu, und ihre Stärke und die Tiefe ihrer Einwirkung ist gerade danach zu bemessen, wie reichlich sie ihre Angehörigen für materielle Entbehrung zu entschädigen vermag. Dieser Satz steht unverrückbar fest und würde niemals bestritten worden sein, wenn man ihn nicht dahin verzerrt hätte, dass notwendig der Jünger der Kultur ein armer Teufel und ein Hungerleider sein müsste. Dieses wird nicht verlangt, und man muss zuerst zu essen haben, und man kann daher die Formulierung dahin zuspitzen: Brot zum mindesten oderein gebratenes Huhn, wenn auch nicht Trüffeln und Austern. Mit anderen Worten, es darf nicht von einer willkürlichen Entbehrung die Rede sein, aus irgend einer asketischen „Tugend" oder Unterdrückung heraus, und noch weniger darf das bare Elend herrschen. Aber wenn nach Masstab der einmal vorliegenden Verhältnisse der grösstmöglichste Wohlstand für Gruppen und Einzelne erreicht ist, dann werden doch entfernt noch nicht alle Bedürfnisse und unersättlichen Wünsche befriedigt sein, und dann wird und muss sich die Sehnsucht geistigere Güter erzeugen, wenn Zufriedenheit eintreten soll. Dadurch entsteht die Kultur, die ohne Grundlage bleibt, sobald nicht eine gewisse Summe von materiellem Wohlstand erreicht ist, und die daher nur solche Entbehrungen voraussetzen darf, die nicht aus äusserlicher Willkür entspringen, sondern aus dem unabänderlichen Sozialzustand einer Zeit. Die menschliche Verstandesenergie, Willenskraft und Tüchtigkeit muss die denkbar wohnlichste Zivilisation gezimmert haben, und dann

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erst beginnt eine Kultur von innerer Dauer. Jene frühere durch die Klassiker eingeleitete und von den Epigonen bald genug verflachte Kultur bis zum Ausgang der achtziger Jahre beruhte, materiell angesehen, auf der Grundlage einer kleinbürgerlichen Lebensführung, die durch den Einbruch des Kapitalismus den Charakter der sozialen Notwendigkeit verlor und durch die bestgemeinteste Sittenpredigt nicht aufrecht zu erhalten war. Es entstand eine völlig neue Zivilisation und mit ihr neue Klassen, Bourgeoisie und Proletariat, und mit den Klassen die berühmte „soziale Frage", deren Wesen wir erst heute verstehen. Letzten Endes bewegte sich der ganze Kampf um das eine Problem: wo beginnen die naturgemässen und darum unverrückbaren Schranken für die neue Weltwirtschaft? Sobald diese Schranken nach schmerzlichen Erfahrungen erkannt sind und dadurch Resignation entsteht, dann ist auch sofort die „soziale Frage" restlos gelöst, und es kann höchstens eine verständige Sozialpolitik innerhalb festgezogener Kreise ausgeübt werden. Bei der Bourgeoisie, der es freilich viel leichter fallen mag, ist diese Erkenntnis längst zum Durchbruch gekommen, während sich die Arbeiterschaft vorläufig dagegen wehrt, wobei sie doch zu ahnen beginnt, dass sie diesem Schicksal verfallen wird. Nunmehr hat, nach Erledigung der sozialen Frage, wieder die Kultur das Wort, die sich auf der neuen Zivilisation aufbauen und zugleich für ihre Schranken entschädigen soll. Aber es ist einleuchtend, dass die gleichen Kräfte, welche vorher den Sozialzustand schufen, als vergeistigte und gesteigerte Potenzen auch im Kulturbau schöpferisch wirken und nachwirken müssen. Diese Bourgeois und Proletarier zeichneten sich aus durch einen harten Wirklichkeitssinn, durch Willenskraft, Disziplin, organisatorische Umsicht und ein schöpferisches Vermögen in wirtschaftlich-technischen Dingen. Man hätte meinen sollen, dass diese Energien auch in den Kulturbestrebungen auf einer allerdings höheren Stufe wie-

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derkehren würden. Statt dessen haben die Neuromantiker eine noch viel hilflosere Abhängigkeit des Menschen zum Glaubenssatz erhoben als es früher schon die Naturalisten aus der Schule Zolas getan hatten. Der Mensch sollte freilich nicht von den Dingen abhängig sein, dafür aber von der eigenen Seele, die sich jeder Stimmung hingab, wie ein welkes Herbstblatt dem Wind. Allerdings konnte scheinbar ein Moment der Freiheit und eine Loslösung vom Schwergewicht der Dinge und Massen in einer solchen Vorstellung enthalten sein. Man möchte etwa an die impressionistische moderne Malerei erinnern, die durch die „Stimmung", diese schwebende Lyrik von Luft und Licht, den Geniessenden von der gewöhnlichen „schönen" Landschaft unabhängig zu machen vermag. Auch der Nebel an der Themse kann als Schönheit wirken, wenn ein impressionistischer Maler seine silbernen zarten Töne einzufangen weiss. Und auch eine nordische Haide, eine nordische Grosstadt, ein verwahrlostes Dorf mit baufälligen Hütten, überhaupt alles Vorhandene auf Erden strömt eine Stimmung aus, und so findet hier der Geniessende und auch der impressionistische Künstler ein unbegrenztes Feld der Tätigkeit und wird vom Stoff befreit und braucht nicht erst nach dem Süden zu reisen, um sich von Schönheit umgeben zu sehen. Dabei verbindet sich eine solche Unabhängigkeit mit dem Reiz des Intimen, da nur eine sensible Feinfühligkeit, der kein verschwebender Farbenund Luftton entgeht, aus dem Unscheinbaren Stimmungen zu saugen weiss. Eine Synthese von eigenartigster Anziehung: souveräne Unabhängigkeit und innigste Einfühlung im unlösbaren Bündnis. Dieser besondere Reiz der modernen Malerei wird auch in der Literatur durch jenes besondere Kunstmittel der Stimmung bewirkt, deren Zusammenhang mit dem Malerischen ja bereits erörtert wurde. Aber die Kehrseite ist schlimm genug, und jene scheinbare Freiheit erweist sich im Grunde als Virtuosentum, und

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die Intimität wird zu einer schwächlichen Hilf- und Wehrlosigkeit des Individuums. Wer, um im Gleichnis zu verharren, die Nebellandschaft mit ähnlichem Entzücken empfindet, wie eine im Sonnenlicht des Südens daliegende, der hat in Wahrheit jedes wesenhafte und ursprüngliche Verhältnis zur Natur bereits eingebüsst. Er mag nicht mehr am rohen Geschmack des Pöbels leiden, der mit plumpem Sinn nur das Stoffliche sieht, aber ihm fehlt jedes Gefühl für Wertunterschiede, und er schätzt und urteilt einfach nach seiner Laune, nach der jeweiligen Impression. Leicht kann es dann freilich geschehen, dass jeder dieser augenblicklichen Eindrücke Macht über seine Seele gewinnt, ein Eindruck nach dem ändern im ewigen Wechsel, bis er in einem Windmeer steuerlos hin- und hertreibt. Um diesen viel zu hohen Preis haben sich tatsächlich die jungen Literaten und Poeten vom Naturalismus befreit, indem sie sich an die Stimmung verkauften. Dabei hat vielleicht der weltanschauliche Irrtum Zolas noch heimlich nachgewirkt, der die Naturgesetze auf das Geistesleben zu übertragen suchte. Abhängig vom Milieu oder von der Stimmung: immer war es die gleiche, naturgesetzlich gedachte Kausalität. Es ist ein merkwürdiger Beweis dafür wie sehr noch zu Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts die Naturwissenschaft als die eigentlich revolutionäre und moderne Wissenschaft empfunden wurde, dass sogar diese neu auftretenden Vorkämpfer der Individualität, diese Rebellen gegen die Brutalität des Zuständlichen, von einer streng determinierten Auffassungsweise nicht loskamen und die Abhängigkeit im Gegenteil verinnerlichten und dadurch verstärkten. Allerdings begann hiermit doch schon eine Wandlung besonderer Art, die zuletzt in eine eigenartige Romantik und Mystik ausmündete, von der sich die robusten Positivisten der siebziger und achtziger Jahre nichts träumen Hessen. Diese Sensibilität, die jeder äusseren und inneren

Stimmung preisgegeben war, erweckte das spezifisch religiöse Gefühl der Abhängigkeit von Mächten, welche stärker als der menschliche Wille waren. Jene gesellschaftliche Abhängigkeit, wie sie in den Romanen Zolas hervortrat, konnte keineswegs mit dieser Intensität empfunden werden, weil sie eben nur gleichsam das Leibliche umfasste und zuletzt doch ein Werk des Menschen war, der sich durch Gegenorganisation und Erkenntnis wehren konnte. Ganz anders dagegen, wenn eine wehrlose Seele sich vor sich selbst nicht retten konnte, vor den Erregungen, die aus ihr herauswuchsen oder von der Aussenwelt her auf sie einfluteten. Dann entstand jenes pantheistische hochwogende Allgefühl, das die Basis jeder Mystik bleibt und zwar noch nicht einen entscheidenden aber mitwirkenden Faktor der Religiosität bedeutet. In jedem Fall musste das Identitätsgefühl als machtvolles Erlebnis in solchen Naturen erwachen, und zugleich stammten sie von der modernen Kunst ab, gerade von einer oft masslos übersteigerten und sehr raffinierten Kunstübung, die eine höchste Reizbarkeit der Sinne und des ästhetischen Empfindens verlangte. Damit war bereits der spezifische Romantiker gegeben, den wir als den Mystiker erkannten, der die Identität erlebt und dennoch von einer isolierten Einzelerscheinung, nämlich von der Kunst, nicht lassen kann. So war es mit der Romantik vor hundert Jahren und nicht anders verhält es sich mit ihr in unseren Zeiten. Nur offenbart sie ihren Charakter heute mit grösserer Deutlichkeit, da ihre ältere Schwester mit den Traditionen des Sturm und Drang und der klassischen Zeit belastet und von den damals beginnenden politischen Evolutionen in Anspruch genommen war. Ausserdem ging die moderne Romantik nicht von einem philosophischen System aus und auch nicht von der dichterischen Phantasie, wie in den Tagen Goethes, sondern von der verfeinerten Beobachtung und Stimmung, die ihre Kunst-

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mittel mehr der Malerei als der Musik entlehnte. Dadurch hatte sie den Vorteil, die Einheit des Kosmos mit einer viel innigeren Intimität zu erleben und auch die Technik und Kunstübung der modernen Symbolisten erhielt eine erhöhte Intensität und eine stark betonte artistische Note, die einen oberflächlichen Beobachter über das wahre Wesen der Neuromantik fast hinwegtäuschte. Die farbige Linie, der Umriss und endlich die Farbenkleckse der Pointillisten, die in der Nähe als ein Graus erschienen und aus der Ferne mit intensiver Leuchtkraft wirkten, wurden nunmehr, soweit das verschiedene Material es erlaubte, auf die Wortkunst übertragen. Der Zweck war immer, ein kleines Momentbild blitzschnell aufzufangen und es dann in das All der Stimmung zurückfluten zu lassen. Jene impressionistische Technik, die sich in den „Neuen Gleisen" gleichsam zufällig ergeben hatte, wurde mit vollem Bewusstsein und vollendeter Präzision gehandhabt und von allem wissenschaftlichen Ballast entlastet. Eine Skizze von Peter Altenberg, ein Feuilleton oder eine Versparaphrase von Hugo von Hofmannsthal, eine dramatisierte Romanze von Maeterlink: überall offenbart diese Art von Produktion eine mit Sicherheit beherrschte Technik, die durch ihre farbig - lineare Knappheit oder Pointillistik einen hohen Grad von Stimmung zu erzeugen vermag. Andererseits, so sehr diese Künstler von den Malern gelernt haben mögen, beruht diese wollüstige Zärtlichkeit, mit der die Worte geliebkost werden, doch auch zugleich auf einer musikalischen Empfindung. Das liegt in der Natur der Sache, da das Wort, selbst wo es malt und zeichnet, doch eben auf das Gehör zu wirken hat. Nur war hier die Musik und der Strom, Fluss und Wasserfall klingender Sätze nicht so vollkommen Selbstzweck, wie bei der älteren Romantik. Man mag sagen, dass jenes Ziel, alle Künste zu vereinigen, in gewissem Sinn verwirklicht wurde, da der neuromantische Dichter malerisch L u b l i n s k i , Auegang der Moderne.

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und musikalisch zugleich zu wirken vermochte. Das konnte er, weil er nur die zarte Oberfläche gab, nur die Stimmung, in der sich alle diese Gegensätze noch nicht gesondert hatten. Sein impressionistisches Handwerkszeug befähigte ihn zu einer solchen stimmungsmässigen Widergabe, und es schien sich in der Tat ein romantischer Stil entwickeln zu wollen, der das All-Erlebnis zu symbolisieren vermochte. In Wirklichkeit war diese gesteigerte Ausdruckstechnik des neuromantischen Impressionismus bereits eine verkappte Karikatur und da und dort sogar schon eine weltmännisch verhehlte, snobbistische Grimasse. WTie konnte es auch anders sein, da der Mensch nicht ohne Verzerrung nur im Augenblick zu leben und mit dem Momentphotographen zu wetteifern vermag. Auch die zarteste Technik konnte eine verschwebende und eigentlich ganz unfassbare Stimmung schliesslich nur durch Vergrösserung und \~ergroberung festhalten, und selbst Maeterlink ist doch wohl durch eine unerbittliche innere Logik von seinen früheren Stücken zur Monna Vanna hingelangt. Altenberg, der sensible Wiener Cafehauspoet von erlesener Sinnlichkeit, kam frühzeitig zu den Ashantees, zu der zierlichen Grimasse, und von den Wandlungen Hugo von Hofmannsthals wird noch die Rede gehen. Dieser Drang zur Übertreibung entspringt einer tiefen Notwendigkeit der romantischen Seele, die ihr Urerlebnis der Identität in Einzelerscheinungen hineinzulegen versucht und dadurch zur Aufmachung und zur künstlichen Monumentalität verurteilt ist. Im Zeitalter einer noch naiven dichterischen Empfänglichkeit,vor hundert Jahren, suchte man dieser Notlage durch eine Häufung von unendlichen Einzelheiten zu genügen, wodurch ein Chaos entstand, die bekannte „schöne Verwirrung" der Ästhetiker von damals. In unserem Zeitalter wurde dagegen nicht der Inhalt, sondern die Form übertrieben, wodurch die farbig-



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phantastische Karikatur entstand.*) Sehr deutlich tritt eine solche Verzerrung bereits in der „Salome" Oskar Wildes hervor, die auch in Deutschland von den Neuromantikern als Fleisch von ihrem Fleisch empfunden wurde. Da ist ein zugleich seelischer und weltgeschichtlicher Umschwung durch Linie, Farbe und Pointe zu einem Einakter reduziert, und mit dem lüsternen Königskind Salome wird der düstere Prophet Jochanan kontrastiert und zwar in einer sehr formelhaften Weise, und es spricht für die aussergewöhnliche Virtuosität dieses Dichters, dass die Karikatur noch gleichsam latent bleibt und von einer unheimlichen Glut der Pikanterie umhaucht und verhüllt erscheint. Aber was sagt doch dieser schwächliche Verfallskönig Herodes über Jesus von Nazareth? Herodes hat einen Bruder ermordet, und er muss hören, dass der Galiläer Tote zu erwecken vermag. Da überfällt den Despoten die schlotternde Angst und so entschlüpft ihm das groteske Sultanswort : „Ich verbiete ihm Tote zu erwecken". — Eine Karikatur, eine Satire, ein Pfeilschuss ins Schwarze, die glanzvollste Verhöhnung eines Hampelmannes von König, ein tödlicher Streich gegen das Gottesgnadentum, wie es jener andere irländische Karikaturist, Bernhard Shaw, lange nicht so gut vermöchte. Ausserdem wird ein psychologischer Einblick in ein zerrüttetes Gewissen gewährt und sogar eine Wende der Zeiten symbolisiert. Dieser dekadente Monarch, der zu ahnen beginnt, dass er von neuen strebenden Kräften zum Untergang verurteilt ist: man erkennt also, dass ein weltgeschichtlicher Hintergrund nicht fehlt. Bescheidene Leute mögen zufrieden sein, während freilich jenen anspruchsvolleren Geistern, die diesen ungeheuren und tiefgehenden Stoff anders gestaltet sehen möchten, plastischer nämlich und auch gewaltiger, einfach nicht zu *) Natürlich finden sich Ansätze zu dieser Entwickelung auch schon bei den älteren Romantikern. Vieles bei E. Th. A. Hoffmann und selbst bei Heine könnte als Beispiel herangezogen werden.

— 52 — helfen ist, da ihnen dieEmpfänglichkeit für artistische Feinschmeckerei offenbar abgeht. Vielleicht aber nicht, vielleicht vermögen wir sehr gut diese pikanten Reize in uns einzuschlürfen und sie auf der Zunge auszukosten, wie Wein und Austern, nur dass wir eben noch etwas mehr haben möchten und sogar sehr viel mehr, das uns keine impressionistische Technik der Welt und keine Karikatur und keine Neuromantik zu bieten vermag. Denn die Karikatur ist dort nur Stil und Organismus, wo sie verspotten und zersetzen will. Wenn sie aber über die Satire hinaus Kunst und Farbe und Seele zu geben begehrt, dann bringt sie es höchstens zu Zwitterschöpfungen, die in gewissen Fällen ihren Reiz haben mögen und eine sehr eng gezogene Grenze niemals überschreiten. Der Impressionismus der Neuromantiker ist recht eigentlich nicht Stil, sondern die organisierte Stillosigkeit. Das Stilproblem wird systematisch verdunkelt, indem es mit einer kecken und unschuldigen Verlogenheit einfach umgangen wird. An die Stelle der inneren tritt eine äussere Form, eine hoch entwickelte Ausdruckstechnik, die das einzelne Wort schmückt und liebkost oder in einer ornamentalen Weise Sätze fügt, so dass ein Linienspiel, im besten Fall ein Relief, entsteht, während man es nirgends zu einer klaren und mächtigen Rundplastik zu bringen vermag. Ihre Berechtigung findet diese artistische Technik auf ihrem besonderen Gebiet: die farbige Karikatur, die gefühlsmässige Skizze und endlich das Feuilleton, das seit Heine zur Sterilität verurteilt schien, haben in unseren Tagen eine beträchtliche und wertvolle Fortentwickelung erlebt. Im künstlerischen Sinn eine widernatürliche Unsittlichkeit wird aber diese Manier sofort, wenn sie sich zu recken und zu blähen und als Surrogat der grossen Form und der Monumentalität aufzutreten sich erdreistet. Wenn sie sich an Aufgaben wagt, die ihrer Kleinheit verschlossen sind, so dass sie gezwungen ist, durch Scheinlösung und

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äusserlichen Kostüm- und Talmiglanz und verlogene Negierung aller Grosse ihre trostlose Unzulänglichkeit nach Kräften zu verdecken.

Zur Psychologie und Weltanschauung der Neuromantik Eine übergrosse Empfängnis für jeden Reiz und jede Stimmung ist nicht die Sache starker und handelnder Menschen, die leichter dem entgegengesetzten Extrem verfallen, dass sie an übertriebener Unempfindlichkeit leiden. Somit muss bei den Neuromantikern unserer Epoche gerade der Wille nicht besonders entwickelt sein, und was ihnen davon allenfalls beschieden ist, gebrauchen sie nicht, um zu erobern und zu handeln, sondern um die Aussenwelt abzuhalten und sich in das Reich ihrer Träume innig einzuspinnen. Die Passivität wird ein Prinzip, und weil in ihrem Blut kein Eisen ist, so halten sie Grosse für Heuchelei und glauben nur an die Zartheit, die sie in jedem Fall weit über Kraft und Willen stellen. Nun wäre es eine ebenso skandalöse Torheit, wie die der Neuromantiker, wenn man dieser Bewertung jedes Recht bestreiten wollte. Die Wahrheit, die in ihrer Predigt verborgen liegt, ist diese: dass wir am edelsten geartet sind, bevor wir in das Leben treten und den Staub der Arena schlucken und entweder selbst im Sand liegen oder die verzerrten Gesichter der Feinde unter den Hufen unserer Rosse erblicken. Die Tornehme Unberührtheit der Frühzeit muss uns einmal verloren gehen, und es ergibt sich als das tiefste Problem unserer Existenz, wie wir das verlorene Gut wiederzufinden und uns dennoch im kampferfüllten Leben zu behaupten vermögen. In jeder Beziehung wird es gut sein, wenn zu



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Zeiten auch über das scheidende goldene Gitter hinweg Stimmen aus der Knaben- und Jünglingszeit herüberklingen, die uns davon eine Ahnung geben, was wir verloren haben und verlieren mussten, um wirken zu können. Aus dieser Erkenntnis heraus dürfen wir nicht verstimmt sein, wenn irgend ein Einsamer, der das Leben von sich fern hielt, einen herrisch anmutsvollen Trotz in seiner Seele fühlt und sich für einen Besseren hält, der er in einem gewissen Sinn auch ist. So mancher Neuromantiker hatte im Anfang seiner Laufbahn etwas von einer edlen und scheuen Knabenseele dieser Art. Hugo von Hofmannsthal hat in dieser Weise erste Anhänger geworben und bezaubert, die dann in glücklicher Blindheit gar nicht merkten, wie schnell ihr Abgott sich wandelte, weil er nicht hinter dem goldenen Gitter blieb. Mehr von dieser Gabe hat der sprödere Stefan George bewahrt, der freilich zu mancher Verzerrung gezwungen wurde, um sich gegen den Andrang und die Brutalität des Lebens krampfhaft zu behaupten. So darf immerhin bei einer gesamten Abrechnung den Neuromantikern angemerkt sein, dass sie ein intensives Gefühl für den seltenen Wert unserer moralischen Präexistenz in sich bewahrt haben und auch in anderen erweckten. Jedoch auch hier schon begegnen wir der eigentlichen Krankheit der Moderne, dass das Problem stets nur umgangen und niemals gelöst wird. Das Verhängnis ist nicht aus der Welt zu schaffen, dass wir keine edlen Knaben bleiben, sondern zu wachsen beginnen und Männer werden und Kämpfer gegen das Leben und im Leben. Wie mag dennoch zu der Kraft, die im heissen Streit hochwächst, jene Zartheit hinzutreten, die wir verloren haben und wiedergewinnen möchten? So formuliert sich diese Frage und Aufgabe, die von dem Neuromantiker dahin beantwortet wird: wir wollen niemals Männer werden, wir bleiben edle Knaben. Als ob das von unserem guten Willen abhängig wäre, als ob man es könnte. Bei einem

— 55 — solchen Unterfangen kommt eine unerquickliche Gefallsucht heraus, die sich mit dem Geckentum von eisgrauen Lebemännern vergleichen lässt, die durchaus noch nicht aufhören wollen, eine elegante Jugend vorzuheucheln. Schliesslich wird aus dem unbewussten Gefühl ein bewusster hysterischer Hochmut, der die Kraft und Willensstärke und das Leben zu verachten vorgibt. An der Echtheit einer solchen Verachtung darf gezweifelt werden, da ja der Neuromantiker von heute von jener modernen Bewegung beeinflusst ist, die mit einem massiven Naturalismus begann, der aus dem wogenden und brutalen Massenleben der grossen Städte entstand. Schon dass die Neuromantik diese Bewegung berücksichtigte und leidenschaftlich bekämpfte, weist auf einen geheimen Einfluss und indirekten Zusammenhang mit dem Leben des Tages hin. Ausserdem war diese Sensibilität, die bereits innerhalb des Naturalismus die deutsche Reaktion gegen Zola bewirkte, eben ein Zeichen dafür, dass eine neue Kulturahnung in die Seelen einzufliessen begann. Bei den Neuromantikern steigerte sich die Sehnsucht und Ahnung manchmal bis zur Extase, und sie fühlten sich nicht mit Unrecht als die Kulturellen innerhalb der Modernität. In Abhängigkeit also von der Zeit und zugleich als Kinder der Zukunft: so mussten sie aus einer solchen Gesamtlage heraus allerdings auch auf die Zeit zu wirken suchen und sie wurden dadurch in der Überschätzung ihrer selbst bestärkt. Was seinen Edelwert gerade durch seine Innerlichkeit, Einsamkeit und auch, im Sinn des Lebens gesprochen, Unfruchtbarkeit besass, sollte zugleich imstande sein, nach aussen hin schöpferisch zu wirken und eine Kultursynthese zu erzeugen, die freilich nicht der Innerlichkeit, noch weniger jedoch der Logik und des stahlharten Willens entraten kann. Diese letzte selbstverständliche Wbhrheit wurde missachtet und dafür mit der Innerlichkeit ein Kultus voller Weihrauch und Götzendienst getrieben. Diese weichen

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Seelen streichelten mit zärtlichen Händen jedes ihrer Gefühle und Gefühlchen, die sie zugleich als Ereignisse von höchster Bedeutung für die Kultur betrachteten. Hätte man sich allenfalls in soziologischer Nüchternheit damit begnügt, auf ein solches Symptom des verfeinerten Seelenlebens hinzuweisen als einen jener vielen unzählig kleinen Faktoren, die in ihrer Gesamtsumme schliesslich neue und schöpferische Synthesen ergeben, so hätte sich gegen eine solche richtige Perspektive der Betrachtung nichts einwenden lassen. Aber sich nur als winzig kleine Freischärlerkorps zu empfinden, als versprengte und eigentlich verlorene Vorposten einer noch nicht vorhandenen grossen Armee, das wurde diesen Herren von ihrem Uberlegenheitsgefühl durchaus verboten. Sie hielten sich vielmehr für die Erfüller und ihre kleinen Seelenschmerzen und nervösen Sensationen für grosse Ereignisse. Von dem „Naturalisten" Georg Hirschfeld, der nur darum nicht „Neuromantiker" wurde, weil er ein Jahrzehnt zu früh auftrat, sagte einmal ein boshafter Kritiker nicht mit Unrecht: „Wenn er eine böse Tante hat, so pfeift er nicht etwa auf sie, sondern quält und grämt sich und geht hin und macht ein Drama auf die böse Tante".*) Hirschfeld musste als Naturalist und Soziologe die Ursache der Tragödie noch in der Aussenwelt suchen, während dagegen die Neuromantiker die böse Tante verinnerlicht haben und irgend ein Zahnweh ihrer Seele in einer tragischen Perspektive erblickten. An sich wäre es vollkommen in der Ordnung, auch solchen Leiden einen künstlerischen Ausdruck zu geben, da für die Kunst nichts zu klein und nichts zu gross ist und ihr alles Menschliche gehört. Nur gibt es eine Sittlichkeit in der Kunst, die man gemeinhin Stil oder Form nennt. Ein kleines Gefühl gehört in eine entsprechende kleine Form, und dann *) Karl Busse in einer Kritik über „Agnes Jordan". zitiere aus dem Gedächtnis.

Ich

— 57 — mag es möglich werden, auch im Kleinen gross zu sein, worin zum Beispiel das Können jedes genialen Lyrikers seit den Urzeiten der Poesie beruht hat. Die Neuromantiker schätzten sich nur leider so hoch ein, dass ihr törichter Ehrgeiz durchaus die dramatische und tragische Form gewaltsam meistern wollte. Das konnten sie auf zwei Wegen: indem sie ihre „böse Tante", das Zahnweh ihrer Seele, sehr wichtig nahmen und sich dabei aufbliesen, wie in der bekannten Fabel der bekannte Frosch; ausserdem aber, indem sie durch Coulissen, Kostümflitter und artistische Tricks ihre Unzulänglichkeit in unwahrhaftiger Weise zu verstecken suchten. Diese Situation der romantischen Seele, die ihre Uberempfindlichkeit für Grosse hält und zwischen Einsamkeitsverlangen und Welteroberungssehnsucht ewig schwankt, ist die geheime Urheberin des vielbesprochenen modernen Individualismus geworden, der auch heute noch sein gutes wie schlimmes Wesen und Unwesen wirkt. Die Schlagworte lauten in diesem Fall: Persönlichkeit, Individualität. Doch hier gerade entsprechen die Formeln ganz und gar nicht dem wirklichen Sachverhalt. Auch Goethe ist eine „Persönlichkeit" gewesen und die Individualisten des achtzehnten Jahrhunderts haben das klassische Zeitalter der deutschen Literatur und die französische Revolution herauf geführ t. Damals berief sich der Individualismus ganz und gar nicht auf die Stimmung oder auf die Unberührtheit oder die Geheimnisse der Einzelseele, überhaupt auf nichts Einzelnes, nichts Verborgenes, nichts Besonderes: sondern auf das Allgemeine und Allumfassende, auf die Vernunft, die Logik, auf den organisatorisch wirkenden Willen. Das geschah mit einer Naivität und Unvollkommenheit, über die wir weiseren Nachkommen nach nunmehr hundert Jahren lächeln dürfen. Doch lag der vollkommen richtige und grosse Gedanke zu Grunde, dass nur der zu einer Persönlichkeit werden kann und das Recht

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zur Freiheit besitzt, der sein eigener Gesetzgeber zu werden vermag, was dadurch erlangt wird, dass er ohne Stütze und Zuruf von aussen her in sich selbst die gesetzgebende Stimme der Vernunft zu hören und ihr zu folgen weiss. Dadurch erst wird die Persönlichkeit wirklich geschaffen, gleichsam erzeugt, während ohne dieses Schwergewicht einer inneren Logik der Mensch allerwege ein schwankendes Naturwesen bleibt. Es ist ganz klar, nach welcher Seite dagegen die Neuromantiker neigen, diese weichen und feinen Seelenmenschen, die jedem leisen Gefühl, das über sie hinläuft, ohne Rettung erliegen. Was sie von der Übergewalt der Natur scheinbar befreit, beruht auf dem Ätherischen und, vom Standpunkt der materiellen Dinge gesehen, Wesenlosen ihrer Welt. Sie sind von der Schwere befreit und dafür Sklaven der Leichtigkeit, Gefangene, die zwischen Unendlichkeiten eingekerkert sind. Zu Zeiten aber sehen sie nur ihre scheinbare Freiheit und halten sich, weil sie feingestimmte Instrumente sind, für Individualitäten. Darum ist der richtige Ausdruck für diese moderne Seelenrichtung von dem gegenwärtig noch berühmten Professor Lamprecht aus Leipzig geprägt worden: „Subjektivismus" muss es heissen und nicht Individualismus. Impressionistische Beweglichkeit, ein Vermögen, den kleinsten Eindruck zu empfinden, eine vollkommen exakte Widergabe der augenblicklichen Nuance, ein ungehemmtes Erklingen jeder flüchtigen Seelenstimmung: das ist allerdings allerwege Einzelheit und Sonderung und völlige Ausschaltung des Allgemeinen, das nicht im Augenblick beruht, sondern in der Stunde und in Jahren und Jahrhunderten. Aber Persönlichkeit ist es nicht, weil alle Individualität in einem Meer von Impressionen vollkommen ertrinkt. Höchstens wo die geistige Begabung eines Schriftstellers an und für sich nur auf Widergabe des Momentanen beruht, wie bei dem Feuilletonisten Alfred Kerr, kann zur Not von einer allerdings winzigen Individualität die Rede sein.

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Sonst aber beruht der viel verherrlichte und viel verlästerte Kultus der Persönlichkeit auf einer Verwechselung von Stimmungsfähigkeit und Individualität. Höchstens ist hier wieder ein Problem für eine Persönlichkeit der Zukunft gesetzt : es gilt von nun ab mit dem allgemeinen Prinzip des Vernünftigen eine grössere Fülle sinnlicher und seelischer Sensibilität zu verschmelzen. Aber das werden erst jene anderen vermögen, die wieder von der Vernunft herkommen, und ganz und gar nicht die Neuromantiker, ganz und gar nicht diese „Persönlichkeiten", die gezwungen sind, sich in einem litterarischen Salon oder in einer Cafehausecke scheu zu verstecken, damit nicht zu viel Impression vom Leben her auf sie eindringe und sie verschlinge. Dabei aber sind sie erfüllt vom Hochmut der Schwäche, und vorläufig kann man ihnen nicht einmal Unrecht geben, solange die moderne Individualität noch nicht geboren ist, so dass der gegenwärtige Gegensatz zu diesen Hysterikern immer noch der geradlinige Banause bleibt. So muss man schweren Herzens gestehen, dass der Persönlichkeitsschwindel heutiger Litteraten vielfach eine historische Notwendigkeit gewesen und möglicher Weise immer noch ist. Darum darf aber die Tatsache, dass es sich um Schwindel handelt, dennoch nicht bestritten werden. In jeder neuromantischen Seele unserer Tage lauert und lebt und wirkt dieser Schauspieler und Hochstapler und schon droht unserer werdenden Kultur von hier aus manche ernste Gefahr. Die erste Folge des Subjektivismus war die Begeisterung für alles Fliessende und Verhältnismässige und der Hass gegen das Klare, Harte, Scharfe, Absolute. Wenn nämlich zugegeben wurde, dass in dieser Welt nicht nur Veränderlichkeit wäre, sondern auch Dauer, dann war damit ein Werturteil gefällt, dass die Nerven von Neuromantikern in Aufruhr brachte. Denn ihre Kunst, ihr ganzes Wesen, beruhte auf der Veränderlichkeit, auf der Fähigkeit,

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jeden Moment ein anderer zu sein, und niemals eine gegen Eindrücke gepanzerte Persönlichkeit. Also wurde der Grundsatz gepredigt und nach Kräften verbreitet, dass alles auf Erden relativ wäre. Da aber gewisse feste Punkte nicht abzuleugnen waren, die Natur zum Beispiel und Wille und Vernunft, so wurde von der neuromantischen Weltanschauung in unbewusster Schlauheit eine sehr interessante Diplomatie beobachtet. Die Natur fand Anerkennung, weil sich auf sie am besten die Lehre vom ewigen Wechsel übertragen Hess. Da war ja Vergänglichkeit, Geburt und Tod und rastloses Werden, und das Feste in der Natur, die Gattung, schien durch den Darwinismus in die Welt des Werdens zurückgelenkt zu sein. Weniger leicht liess sich dieser elastische Zustand in die Vernunftorganisation des Menschen verlegen, und man gelangte zu dem Ausweg einer materialistisch oder vielmehr sensualistisch gefärbten Philosophie. Alles sollte aus den Instinkten und Nerven und aus dem Sexualgefühl abgezweigt werden, wobei dann jene physiologische Romantik, die schon bei Zola ihren Schatten warf, in einer phantastischen und verzerrten Weise zum Durchbruch kam. Man mag das Geschlechtsleben sehr hoch bewerten, so hoch, als es allerwege als die eine Quelle unserer Existenz verdient. Aber wenn es ausserdem noch die Ethik erzeugen soll und die Weltanschauung und die Logik und Willen und Vernunft, dann muss es freilich gesteigert und ins Unerhörte verzerrt und aus aller Natur und allen Fugen herausgehoben werden. Der erotische Naturalismus, der der Jugend natürlich ist, wird nunmehr zum organisatorischen Prinzip der Kultur erhoben, was nichts ist als ein scherzhaftes Missverständnis. Von hier aus mag man die Neuerung verstehen, die Hofmannsthal mit der Elektra des Sophokles vorgenommen hat. Bei dem Athener treibt das mykenische Königskind den Bruder zum Muttermord, weil es von der Pflicht der Blutrache

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getrieben wird, dann auch aus verletztem Rechtsgefühl und aus Zorn über die Misshandlungen von Seiten der argwöhnischen Mutter und des Stiefvaters. Bei dem Jungwiener ist lediglich eine nach innen getretene Brunst der tragische Hebel, und alle sonstigen Motive dieser merkwürdigen Elektra sind sozusagen aus dem Sexual- oder zum mindesten Triebleben nebenher erst herausgewachsen. Wenn darüber die Zionswächter Wehe schreien, so ist gegen den Dichter freilich nichts entschieden. Unglücklicherweise müssen aber auch die Psychologen Verwahrung einlegen: das ist doch wohl viel zu einfach. Eine andere Form dieser sensualistischen Neuromantik findet sich in einer anderen Tragödie Hofmannsthals, in seinem „Geretteten Venedig". Er stellt in diesem Drama ein psychologisch interessantes Freundschaftsverhältnis dar: zwischen einem weichen und träumerischen Feigling und einer harten Natur, die doch in schwachen Stunden den Gegensatz als Ergänzung nötig hat. Ohne Zweifel ein interessanter Konflikt, ein wertvolles Thema für eine Skizze oder auch Novelle, die Möglichkeit, in ein Idyll so etwas wie eine Tragödie hineinzutragen. Zum Unglück wollte aber der Dichter auf dieser Grundlage ein historisches Drama von grossem, ja grösstem Stil errichten. Ein Staat, kein geringerer als Venedig, wird in die private Angelegenheit der beiden Freunde hineinverwickelt, und an dem persönlichen Zwiespalt scheitert eine Verschwörung, scheitert der Versuch, ein verkommenes Gemeinwesen zu regenerieren, das fortan zu langsamer Verwesung verurteilt bleibt. Nicht etwa soll in ironischer Weise der Satz von den kleinen Ursachen und grossen Wirkungen illustriert werden, sondern nach der Ansicht des Dichters sind es Ursachen von höchster Bedeutung, und er ist dadurch zu der brutalsten Psychologie und wildesten Aufmachung gezwungen, um dieses ganz eigentümliche Verhältnis zwischen zwei Freunden in das Monumentale zu treiben, in das



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Historische, was ihm natürlich vollständig misslingt. Es ist nur noch ein Schritt von der sensualistisch triebhaften Tragödie des späteren Hofmannsthal zu einer Rassentheorie, die kurzweg die Kultur in ihrer Gesamtheit aus der physiologischen Disposition der Kulturträger herleitet. Zum mindesten darin berühren sich Neuromantik und Rassentheorie, dass das Allgemeine, Ethos und Vernunft, einer zufälligen Physiologie oder Stimmung willkürlich unterworfen wird. Allerdings enthält das moderne Ich, die sogenannte Individualität, zwei Eigenschaften, die vielleicht eine grosse Zukunft und ganz gewiss eine bedeutende Gegenwart haben. Zunächst ist diese gesteigerte Sensibilität ja allerdings nicht imstande, eine neue Kultur aus sich heraus ohne Verbindung mit höheren Eigenschaften zu gebären. Dafür besitzt sie in einem nie gewesenen Grad die Fähigkeit, den Rhythmus und die geheime seelische Organisation gewesener Kulturen in sich aufklingen zu lassen. Das ist weit mehr, als jene idyllisch-antiquarische Vorliebe der älteren Romantiker für deutsche und sonstige Vergangenheit. Damals wurde hauptsächlich das Stoffliche früherer Zeiten empfunden und allenfalls noch das Gemüt, und vom Kostüm nur das Äusserliche, nur das Bilderbuch. Heute reagiert die moderne Seele vorzugsweise auf die Linie einer Kultur, auf das Zeichnerische und Malerische, auf ihre seelische und intellektuelle Sensibilität. Ein moderner Geniesser wird die Gotik mit anderen Augen ansehen, als etwa Achim von Arnim, der sich dabei an eine gar nicht vorhandene fromme Unschuld von einfaltsvollen Vorfahren mit Rührung erinnert fühlte. Heute betrachten wir die Gotik zunächst aus einer nüchternen Psychologie und Soziologie heraus und empfinden sie als das Produkt von technischen Bedürfnissen, die zu kultureller und ästhetischer Logik emporgesteigert wurden. Damit entfällt das schwärmerische Interesse für unschuldige Vorfahren, und nicht mehr die Ver-

- 63 gangenheit als solche interessiert uns, sondern nur ihr Resultat : ihre zur Kultur gewordene Logik. Die aber lässt sich nur durch zwei Dinge erfassen, durch den Intellekt und vor allem durch Einfühlung, durch Stimmung. Da hat der moderne Neuromantiker seine wahre Heimat, und er empfindet, wie kein Zweiter, die Linie, den Rhythmus und das Ornament einer hingegangenen Kultur, die in ihm wieder lebendig aufklingt. Nur reicht seine Kraft nicht aus, um dem Soziologen die Hand zu reichen und dadurch auch jenes Körperhafte und Runde, gleichsam das schlicht Selbstverständliche einer solchen Existenz zu empfinden. Da hört das Können auf, das nur für die Dekoration, für den Schmuck und geschmackvoll flitterhaften Aufputz hinreicht. So wird diese Verfeinerung des rhythmischen Gefühles freilich um einen teuren Preis erkauft. Aber in jedem Fall: das rhythmische Gefühl hat sich verfeinert. Jene Kultur, die wir Modernen und die nach uns kommenden Geschlechter aus unserer Soziologie heraus zu bauen haben werden, wird von dem neuen rhythmischen Klang in unserer Seele tief beeinflusst sein. Von Rhythmus und Stimmung ist es nicht mehr weit zum Mythos, der gegenwärtig eine eigenartige Wiedergeburt erleben zu sollen scheint. Diese besondere Disposition musste die Lebensluft und tragende Atmosphäre der Neuromantik deshalb werden, weil der Mythos in seinem ursprünglichen Wesen gar nichts anderes ist als symbolisierte Stimmung. Wohl hat auch schon die ältere Romantik Mythologie getrieben, aber eine gelehrte, die sich von den überlieferten Traditionen vergangener Zeiten nicht befreite. Nun aber gewann zum ersten Mal seit vielleicht einem Jahrtausend der Mensch, dazu noch der moderne Kulturmensch, die Fähigkeit, aus sich heraus, aus seinem besonderen Seelenboden, Mythen und Symbole wachsen zu lassen. Auch diese Begabnis, diese dionysisch gesteigerte Erregung der modernen Seele, kann unter Um-

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ständen als ein wertvoller Bestandteil von einer künftigen Kultur übernommen und in ihr eingeordnet werden. Vorläufig jedoch hat dieser neue Mythos uns nichts als Verderben gebracht und eine vollkommene Verwirrung: er hat die Moderne schlechterdings in die Sackgasse geführt. Zunächst ist dadurch eine unendliche Kluft zwischen Literatur und Leben aufgetan, ein fast unheilbarer Zwiespalt zwischen Kultur und Zivilisation. Der Mensch von heute draussen im Leben ist ganz und gar kein mythisch gestimmtes, sondern vielmehr ein durchaus rationalistisches Wesen, das mit kalter und willensharter Logik seine Wirtschaft, seine Technik und sein Geschäft und seine Politik besorgt. Wohl seufzt er unter diesem Joch und sehnt sich nach Erlösung und nach Festlichkeit des Daseins, wie sie nur eine grosse Kunst zu bieten vermag. Aber wenn ein Fest wirklich erfreuen und genossen werden soll, dann muss es organisch aus unserm Leben selbst wachsen, und da kann es nichts anderes sein, als unsere erhöhte, unsere gesteigerte Existenz. Die Logik muss zur Vernunft werden, der Wille zum Gefühl der schaffenden Freiheit: das ist die organische Erhöhung, die unserem Leben noch winkt. Der Mythos aber und die Stimmung führen genau zum entgegengesetzten Pol zurück, zur Träumerei und Willenlosigkeit, wobei, in Parenthese gesagt, die Dichtung noch unnützer Weise einen aussichtslosen Wettkampf mit dem Musikdrama beginnt. Allerdings lehren literaturgeschichtliche Analogien, dass der Mythos manchmal ein Anfang gewesen ist, ein Mutterboden für Bäume mit köstlichen Früchten. Aus dem Mythos ist das homerische Epos erwachsen und dann vor allem die griechische Tragödie. Aber diese „Entstehung" bedeutete in Wahrheit nichts anderes als gerade seine Überwindung und seine gründliche Rationalisierung. Die Vernunft griff in diese üppige Tropemvelt mit einer gewaltigen und ordnenden Hand ein und schuf aus der Wirrnis eine gerundete und

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klare Erscheinung, die doch noch von innerlich verhaltenen Säften kochte und glühte. Wir mögen der Hoffnung leben, dass unserer Kultur, wenn auch in einer vielleicht bescheideneren Weise, ein ähnlich günstiges Schicksal winken mag. Nur sind die Symboliker und Neuromantiker von heute das schwerste Hemmnis für diese Hoffnung, da sie, während sie doch höchstens Boden sind, durchaus der Gipfel sein wollen und sich in ihrer Verblendung für einen Abschluss halten, obwohl sie doch nur ein Irrgang und Anfang sind. Dass eine prinzipielle Notwendigkeit vorliegt, umzukehren, weil man sich in einem abseits liegenden Winkel festgelaufen hat, wollen nun einmal die zufriedenen Herren nicht einsehen. Die Neuromantik mag eine historische Notwendigkeit gewesen sein, was aber nicht abhält, festzustellen, dass es nunmehr zur Notwendigkeit geworden ist, sie zu bekämpfen.

Friedrich Nietzsche Der grösste Philosoph der Neuromantik, der immer noch das Seelenleben der Moderne fast im Übermass beherrscht, ist in Wahrheit nur ein Halbblutromantiker gewesen. Und zwar fast wider seinen Willen, und er hat mehrfach heroische Anläufe gewagt, um in die Welt einer neuen Klassizität hineinzugelangen. Wohl missglückte sein ringender Kampf, und so können allerdings geistvolle Philologen, die im Nebenamt Professoren der Philosophie sind, zierliche Parallelen aufstellen, indem sie die Werke Nietzsches und Friedrich Schlegels und anderer Romantiker auf analoge Blütenlesen hin rücksichtslos ausplündern. Aber zwei Momente in Nietzsches Leben, an denen er niemals rütteln liess, bezeichnen so entscheidende L u b l i n s k i , Auegang der Moderne.

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antiromantische Merkmale, dass man doch bezweifeln darf, ob die symbolistisch-mythische Richtung unserer Tage wirklich auch das Recht habe, sich auf ihn zu berufen. Nietzsches schroffer Abfall von Wagner, diesem grössten der Romantiker, ist die eine unbestreitbare Tatsache, und die Richtung seiner Philosophie auf das Diesseits, sein wenigstens in der Theorie ausgesprochener Hass gegen Hinterwelten muss sogar als jene Grenz- und Stromscheide bezeichnet werden, wo romantische und antiromantische Geister sich in Todfeindschaft trennen. Freilich war Nietzsche weit entfernt davon, sich mit einer, wie er es nannte, „alexandrinischen" Kultur zufrieden zu geben, sondern ihn beschäftigte durchaus das Problem, wie man dem Diesseits jene metaphysische Betonung, die Wucht und Tiefe eines religiösen Lebens verleihen könnte, ohne auf den Jenseitsglauben zurückgeworfen zu werden. Hier wankte Nietzsche nie, und er hat zwar dieses Problem ganz und gar nicht gelöst, wohl aber hat er es erlebt und mit seinem Herzblut gespeist und ist sein Märtyrer geworden, und eine zukünftige Kultur wird ihn als ihren Ahnherrn und Heiligen mit tiefer Ehrfurcht begrüssen. An dieser Stelle aber begegnet uns die Aufgabe, nachzufragen, was für ein dunkles Zeitgefühl hinter den beiden verfehlten Theorien vom „Übermenschen" und der „ewigen Wiederkunft" gestanden haben ma'g, und auf welche andere Weise wir ihm vielleicht zum Ausdruck verhelfen könnten. Der „Übermensch" beruht auf einer Schlussfolgerung aus dem Darwinismus, und er hatte also einen physiologischen Ausgangspunkt. Auf dem Wege der Vererbung sollten nicht nur leibliche sondern auch geistige Eigenschaften immer mehr gehäuft und gesteigert werden, bis endlich ein neues Wesen dastand, das sich vom heutigen Menschen so gründlich und unendlich unterschied, wie sich der Mensch vom Affen unterscheidet. Selbst wenn der Darwinismus so zweifellos eine richtige Lehre wäre, wie er ohne

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Zweifel ein Irrtum ist: auch dann noch müsste diese Idee Nietzsches als eine Verstiegenheit bezeichnet werden. Zwischen einem modernen Europäer und einem Feuerländer klafft ja sicherlich eine ungeheure Kluft, und wenn wir in ihre Tiefe zu schauen vermöchten, so könnte uns vor einem solchen Abgrund eine Schwindelempfindung überfallen. Dennoch aber: die Kluft zwischen dem intelligentesten Schimpansen und dem vertiertesten Wilden ist noch unendlich grosser und niemals zu überbrücken. Der Feuerländer hat bereits die unermessliche Fähigkeit zur Abstraktion, und der Zahlbegriff ist ihm aufgegangen, wiewohl er vielleicht über die Zahl drei noch nicht hinausgelangte. Aber hebt ihn als Kind aus seiner vorigen Umgebung heraus und setzt ihn auf die Schulbank eines Missionärs, der ihn mit dem pädagogischen Stock und mit Wohlwollen zu behandeln versteht, und er wird gewiss kein höherer Mathematiker werden, wohl aber, wie irgend ein europäischer Schulknabe, in seinem Einmaleins Bescheid wissen und auch über einige abstrakte Begriffe verfügen. Ein Schimpanse auf der Schulbank wird dagegen niemals die Sprache der Menschen erlernen, sondern höchstens einem wissbegierigen Naturforscher in der „Sprache der Affen" Elementarunterricht erteilen. Von Abstraktion und Begriffen und dem Wechselspiel zwischen Begriff und Sinnlichkeit keine Spur, und wenn der Mensch vom Affen abstammt, wie viele glauben, dann ist ihm eben eine neue Fähigkeit zugewachsen, die ihn von seinem Ahn auf ewig scheidet, während sie den Europäer der Hochkultur und den Feuerländer immer noch, trotz gewaltiger Gegensätze, innig aneinander knüpft. So müsste daher dem Übermenschen, zu dem sich der heutige Mensch wie ein Affe verhalten soll, ebenfalls ein gänzlich Neues zuwachsen, das uns abgeht und das an fundamentaler Wichtigkeit sogar auch noch unsre Abstraktionsfähigkeit unendlich übertreffen müsste. Unmöglich kann da nur eine blosse Steige-

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rung unserer schon vorhandenen Fähigkeiten gemeint sein: etwa eine grössere Sensibilität des Nervensystems, eine Verfeinerung unserer Sinnlichkeit, eine unendlich vermannigfaltigte Intimität des Seelenlebens oder noch nicht dagewesene Geschmeidigkeit in Gebrauch unserer Intelligenz. Alle diese neuen und guten Dinge, auf die wir hoffen dürfen, würden zwischen dem gegenwärtigen und künftigen Menschen im höchsten Fall doch nur einen Gegensatz schaffen, wie zwischen dem Europäer und Australneger von heute. Aber jene Kluft, die Nietzsche gemeint hat, so ungeheuer wie die zwischen dem höchststehenden Affen und dem untersten Menschenwesen unserer Tage: dann müsste er doch erst über den Inhalt des gänzlich Neuen, das wir noch gar nicht einmal im Keim besitzen, einige Auskunft gewähren und uns ausserdem offenbaren, auf welchem Weg es sich entwickeln würde. Wir können uns beruhigen, da Nietzsche tatsächlich jene bescheidenere Distanz gemeint hat, die auch schon gegenwärtig innerhalb der äussersten Enden der Menschheit besteht: der Übermensch war ihm nur eine poetische und religiöse Hyperbel für seine berechtigte Hoffnung auf eine bisher nicht gewesene Erhöhung der menschlichen Kultur. Er wusste freilich mit Klarheit, dass zu einer grossen Kultur eine Hochspannung der Seele gehört, wie sie gemeinhin nur die Religionen zu gewähren pflegen, und Religion und Kultur sind ihm^oftmals geradezu Synonyme gewesen. Gelegentlich hat er gemeint: ohne den Satz credo quia absurdum est wäre Kulturgründung überhaupt unmöglich. Dabei war er der Todfeind aller reaktionären Verdunkelungsversuche, und er hat das Christentum wegen seiner Herabdrückung der Intelligenz zu Gunsten des Glaubens mit einer masslosen Heftigkeit befehdet. Dennoch empfand er mit einer Intensität ohne Gleichen den Rhythmus der verschiedenen Kulturen und ist hierin der Führer aller neuromantischen Einfühler geworden, der

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Ahnherr jener Artisten von heute, die ornamental abgestimmte Kostüm- und Bühnen- und Kulturbilder mit dramatischer Dichtung verwechseln. Nur ging Nietzsches Empfinden viel mehr in die Tiefe, und er ahnte sehr wohl, dass eine Kultur doch nicht lediglich auf Verzierung und auf der Linie beruhe, sondern dass sie zugleich das Wissen und den Glauben, das Gemüt und den Intellekt grosser Epochen zu elastischer Einheit zusammenfasse. In diesem Sinn einer Kultursynthese ist es zu verstehen, wenn er gelegentlich in seinen Büchern aussprach, dass auch scheinbar pessimistische Tendenzen, wie die Askese, immer doch der Erhöhung des Lebens gedient hätten. Diese beiden Worte führte er fortwährend im beredten Munde: „Leben" und „Kultur", und sie hatten nur freilich für ihn nicht ganz den gleichen Klang. Das artistisch-rhythmische Entzücken des Künstlers Nietzsche wiegte sich und schaukelte sich in den Linien und Formen vergangener Kulturen, während die ungestüme Sehnsucht seines in die Unendlichkeit hinstrebenden Temperaments im Lebendigen bis zum Rausch und Taumel schwelgte. Er hat eine Synthese zwischen diesen beiden Mächten seiner Seele angestrebt, und von hier aus ist der Übermensch zu begreifen: er soll der Kulturmensch sein, aufgesteigert in jenes Religiöse, das Nietzsche mit dem „Leben", mit dem Darwinismus und der Biologie, verwechselte. Nietzsche dachte an Christus, den Gott der christlichen Kultur, und an den Olymp der Hellenen, ohne den das Zeitalter des Sophokles und Perikles nicht auszudenken wäre. Er beklagte mit einem glühenden Grimm, dass Europa seit Jahrhunderten keinen „Gott" mehr hervorgebracht hätte, und darin dürfte man ihm Recht geben: eine Kultursynthese grossen und grössten Stiles hat Europa seit Jahrhunderten nicht mehr erlebt. Die Renaissance war mehr Zerstörung und Anregung als Aufbau, und die Reformation wie auch das Jahrhundert des Sonnenkönigs und der klassische deutsche Humanismus sind allerwege doch

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nur Konstruktionen auf einer zu engen Grundlage gewesen, und ihr Himmel umspannte keine Welten jenseits ihrer eigenen Epoche. Wenn aber die Seele wieder von mächtigen und metaphysischen und aufbauenden Kräften aufschwillt, dann könnten Bauten für die Jahrhunderte geschaffen werden, und da war es freilich von Wichtigkeit, dass zunächst diese Seele wieder einen „Gott' gewann, einen Ausdruck und ein Ziel für ihren Kulturdrang. Statt Übermensch sagte Nietzsche gelegentlich „guter Europäer", was freilich einen viel matteren Klang hat, aber doch dem, was er meinte, näher stehen mag als der Homunkulus aus der Darwinistischen Retorte. Mit einem Wort, er wollte, unter Wahrung aller Errungenschaften des Positivismus, eine gewaltige Steigerung der europäischen Seele, die für eine neue Dauerkultur zeugungsträchtig werden sollte. Er mochte wissen, dass nicht auf einfachen Befehl hin eine solche Entwickelung stattfinden konnte, und dass es darum nötig war, an die realen Kräfte des Jahrhunderts anzuknüpfen. Dabei beging er den schweren Fehlgriff, die eine dieser Mächte, die Naturwissenschaft, masslos zu überschätzen, weil er die andere, die demokratische Soziologie, mit gleicher Masslosigkeit unterschätzte. Nietzsche wollte, ganz im Gegensatz zu seinem grossen Vorgänger Arthur Schopenhauer, keine Weltabkehr predigen, keinerlei Flucht aus dem Dasein: sondern er feierte die Grosse des Lebens, das man trotz seiner Furchtbarkeit bejahen und lieben sollte, und statt des Nirwana setzte er als höchstes aller Güter die Macht auf den Thron der Werte. Aber in Wahrheit besass er entfernt nicht die Widerstandsfähigkeit Schopenhauers, der sein feineres Wesen wie ein widerborstiger Igel zusammenzurollen und hinter einem Heer von Stacheln zu verbergen verstand. Darum war Nietzsche voll hautloser Wunden und sah sich jedem harten Stoss wehrlos preisgegeben, wogegen er keine eigene Naturkraft einzusetzen fand, wohl aber sein Ethos, seinen

Heroismus, die gewaltige Energie seines Willens. Natürlich konnte von einer wirklichen Verschmelzung mit dem Wesen der Welt bei einer solchen Seelenanlage gar nicht die Rede sein, sondern nur von Abwehr und von jenem verborgenen und hochmütigen Stolz des Neuromantikers, der sein zarteres Wesen als das Bessere empfand. Die moderne demokratische Welt der Technik und Nivellierung wurde für Nietzsche niemals zu einem Problem, und er hat keineswegs die schwerwiegende Frage erwogen, wie aus der neuen Zivilisation eine neue Kultur wachsen könnte: sondern er hat diese Zivilisation schlankweg und einfach gehasst, mit allen Gluten gewollter Ungerechtigkeit und mit dem heroischen Fanatismus eines Kämpfers auf Tod und Leben. Nur hätte er dann, wie sein einstiger Meister, Weltflucht fordern müssen und Abkehr vom Dasein, während er doch das Gegenteil begehrte: eine schöpferische Genussfähigkeit und allumfassende Kultur. Die eine und wichtigste Kraft des Zeitalters widerstand ihm durchaus, und so warf er sich, da er der Zeit doch nicht entraten konnte, mit sprungbereiter Leidenschaft auf eine ganz nebensächliche Erscheinung, auf das Zwischenspiel des Darwinismus, der in jenen Jahren die Welt erfüllte. Den Zusammenhang zwischen Naturwissenschaft und Demokratie, der ihm sonst gewiss nicht verborgen blieb, hat er in diesem Fall mit zugedrückten Augen übersehen, und er versuchte vielmehr, sich aus dem Darwinismus ein blankes Beil zu schmieden, um die verhasste Gleichheitsrichtung zu enthaupten. Jedenfalls musste kommen, was immer kommt, wenn eine Welt in einen Winkel zusammengeballt wird: Übertreibung und innerer Zwiespalt, masslose Romantik und eine phantastische Religiosität von mehr jenseitiger als diesseitiger Wesensart. Freilich floss auch seine Feuerseele hinein und strömte über und es erfüllte sich jenes Martyrium seines Lebens, dass es ihm vergönnt war, als ein neuer und glänzender Typus des Titanen am Rätsel des Daseins nach

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furchtbarem Heldenkampf zu Grunde zu gehen. Jedenfalls legte er alle diese Erlebnisse in das Wort „Leben" hinein, das von Schopenhauer ausgeleert und beinah schon beschimpft worden war, und dem nun Friedrich Nietzsche vom Darwinismus her und aus seiner Seele heraus einen neuen und überflutenden Inhalt verlieh. Hier war seine Religion, hier seine Metaphysik, die aber deshalb nicht zu einer synthetischen Kultur wurde, weil er hartnäckig verschmähte, seine Fülle mit der wirklichen Realität der Zeiten, mit der Zivilisation auf technischer und demokratischer Grundlage, zu einer Einheit organisch zu vermählen. So erklärt sich der Zwiespalt in seiner Ausdrucksweise. In besonnenen Zeiten sagte er Kultur, und dann ahnte er eine künftige Zusammenfassung, während er, wenn seine Subjektivität gewaltig durchbrach, das hohe Lied vom Leben anstimmte, so dass dieses Wort in seinem Mund ein Gleiches bedeutete, wie dem Frommen Gott und dem Mystiker sein Allgefühl. Dabei war dieser Lebensbegriff Nietzsches im Ubermass mit Physiologie und mit Kulturelementen belastet, ohne dass eine wirkliche Kultur voll runder und allseitiger Plastik herauswuchs. Alles blieb bei ihm allerwege Stimmung, eine sehr machtvolle mitunter, und so gab auch er zuletzt statt der Kultur doch nur die Verzierung, nur die Fläche, nur die Linie, und die Neuromantiker unserer Tage können sich für ihre schlimmen Taten allerdings auf diesen Ahnherrn berufen. Überdies ist er selbstverständlich auch noch der Stammvater jener mythischsymbolischen Seelenstimmung, die er mit einem Rhythmus erlebt und erlitten hat, wie bisher wirklich nur Religionsstifter und Heilige, und in ihm ist Prometheus Fleisch und Wirklichkeit geworden, und künftige Jahrhunderte werden seine Zeitgenossen um dieses gewaltige Erlebnis beneiden. Aber jene wichtigste Aufgabe, Kultur zu erzeugen, hat er nicht gelöst und nicht lösen können, weil er Einzelheiten, den „Übermenschen" und das „Leben", mit unbesonnener

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Gewaltsamkeit zu einer Allheit zu steigern versuchte. Seine wahren Erben sind noch nicht aufgetreten und vielleicht noch nicht geboren. Vorläufig füllen seine Bastarde den Vordergrund aus, diese Neuromantiker, die Schädlinge sind und sterben müssen, damit die gebührende und legitime Nachkommenschaft den Platz an der Sonne gewinnt. Darum, im Namen Nietzsches, gegen Nietzsche und gegen die Neuromantik!

Zweites Buch:

Dichter und Werke

Bedingungen einer klassischen Kunst Ein einsichtiger Leser wird bereits bemerkt haben, dass dieser Kampf gegen den Naturalismus und Impressionismus nur auf Grund eines Strebens nach klassischer Kunst geführt werden kann, wenn er mehr sein möchte als einfach Zerstörungslust und fröhliche Negation. Diese Tendenz musste sich ganz von selbst entwickeln, nachdem Tag für Tag die beiden herrschenden Richtungen der Literatur Probe dafür abgelegt hatten, dass ihr Können für synthetische Aufgaben nicht ausreichte. Damit wäre allerdings noch nicht erwiesen, ob unsere Zeit einer werdenden klassischen Kunst die günstigen Lebensbedingungen zu bieten hätte, oder ob sich dieser neue Versuch gegen alle Kräfte und Instinkte der Epoche durchsetzen musste. Wäre es so, dann könnte man freilich um das Schicksal einer modernen Klassizität ernstlich besorgt sein, weil der Krampf und die Muskelanstrengung eines ewigen Krieges jede Sammlung und jede Möglichkeit zu einer Vervollkommnung zerstören könnte. Zum Glück aber für die erwähnte Tendenz braucht die Zeit selbst eine neue synthetische Kunst, um aus ihrer Unfertigkeit herauszukommen und ihres eigenen innersten Sinnes froh zu werden. In ihr lebt ein Streben nach Präzision, Einfachheit und geschlossener Einheit, während sie mit allen ihren zivilisatorischen Hilfsmitteln über einen wunderlichen Dualismus dennoch nicht hinauslangt. Ein sehr ephemeres Ereignis der jüngsten Zeitgeschichte, das bereits vergessen ist, hat dem denkenden

Beobachter diesen geheimen Zwiespalt der modernen Zivilisation in fast grotesker Anschaulichkeit enthüllt. Der Journalistenstreik des Jahres der Gnade 1908, der den deutschen Reichstag für mehrere Tage zur Stummheit verurteilte, hat wohl nicht nur mir allein Anlass zu Vergleichen zwischen dem modernen und dem antiken Staatsleben geboten. Wenigstens könnte dem einen oder anderen Zeitpsychologen eingefallen sein, dass auf dem forum romanum oder auch auf dem Marktplatz von Athen neben der Rednertribüne keine Journalisten und Stenographen gestanden haben, weil der römische oder athenische Demos selbst an den Lippen seiner Redner hing und unmittelbar das lebendige Wort auf sich wirken liess, ohne dass zwischen beiden Teilen ein Blatt Papier zu vermitteln brauchte. Wie so sehr ähnelt und wie gründlich unterscheidet sich ein modernes Parlament, ein deutscher Reichstag, von einer antiken Volksversammlung! Der gleiche grosse Gedanke, der die Polis des Altertums geschaffen hat, wirkte auch bei der Entstehung der modernen Verfassungsstaaten. Nicht von formalistischen Bureaukraten sollte ein Volk regiert werden, auch nicht von bevorrechteten Klassen oder von barer Gewalt: sondern das Volk selbst sollte aus seinen lebendigsten Bedürfnissen die Verantwortlichkeit für seinen Staat und für sein Schicksal in die eigenen Hände übernehmen. Natürlich bedurfte es der Führer, die aus seiner Mitte hervorgingen und ihm auf dem Marktplatz unter freiem Himmel Rede und Antwort standen, und die erst überzeugen mussten, bevor sie befehlen durften. Wohl mag auch im Altertum dieses Ideal selten genug der Wirklichkeit entsprochen haben, und es wurde dennoch in der klassischen Zeit des Stadtstaates in unvergleichlich vollkommenerer Weise dargestellt, als es in der modernen Welt jemals möglich wäre. Man braucht nur den einen Namen Perikles zu nennen, um deutlich zu erkennen, was ein für allemal dem modernen Grossstaat (und nicht nur diesem)

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verloren gegangen ist und verloren gehen musste, wenn er nicht auf seine Fortschritte und Vorzüge verzichten wollte. Denn die Politik von heute beherrscht unvergleichlich grössere Räumlichkeiten nicht nur im extensiven, sondern auch intensiven Sinn des Wortes. Die bürgerliche Gesellschaft hat sich differenziert und in unzählige Klassen und Berufe verästelt, und dieser Scheidungsprozess, diese rastlose Vereinzelung, scheint nirgends Halt zu machen, als wollte sie sich in die Unendlichkeit hinein trotz der verzweifeltsten organisatorischen Versuche fortsetzen. So findet in ganz anderer Weise, als in jenen alten Staaten denkbar gewesen wäre, eine Arbeitsteilung und Administration statt, und selbst in der kleinen Schweiz könnten wahrscheinlich die Stadt und der Staat Zürich nicht mehr so vollkommen mit einander zusammen fallen wie zur Zeit des Perikles die Stadt und der Staat Athen. Noch viel deutlicher tritt das Verhältnis natürlich in Berlin, Wien oder Paris zu Tage, in den modernen grossen Reichen und in den Millionenstädten. Es leuchtet ein, dass die Naivität einer antiken Volksversammlung unter freiem Himmel nicht mehr ausreichen kann, um die Probleme der modernen Politik und Verwaltung zu erledigen. Somit sind mehr mittelbare Volksversammlungen geschaffen worden, in denen der Abgeordnete zunächst nur zu seinem Berufsgenossen und Kollegen spricht und über die Wände des Sitzungssaales dringt auch der Klang einer Stentorstimme nicht hinaus. Dennoch soll der Volksvertreter zum Volk sprechen, und so ist ein grandioses technisches Auskunftsmittel gefunden worden, um die Schwierigkeiten von Raum und Zeit zu überwinden und um das Wort eines Parteiführers oder des Reichskanzlers sofort bis in den letzten Winkel Deutschlands oder selbst Europas aufklingen zu lassen. Dazu ist die Presse da, die Zeitung, der Blitzfunken des Telegraphen und die Schallplatte des Telephons. Eine bewunderungswürdige Institution und zivilisatorische Leistung

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höchsten Ranges, die es ermöglicht, ein Millionenvolk zum Zuhörer seiner Abgeordneten zu machen. Freilich geht die Unmittelbarkeit darüber verloren, und nicht mehr das lebendige, sondern das abstrakte Wort muss wirken, und was sich überhaupt nicht mehr abstrahieren lässt und nur dem Moment gehört, der Tonfall und Blick des Redners und der Beifallslaut der Zuhörer, geht freilich verloren oder verdünnt sich bis zur Unkenntlichkeit in diesem kunstvollen Apparat. Eine Abhilfe haben die Amerikaner versucht, denen nur noch eben die Kultur fehlt, um in ihrem politischen Empfinden mehr als andere Nationen an Völker des Altertums zu gemahnen. Der Präsident der vereinigten Staaten, der aus allgemeiner Volkswahl hervorgeht, stützt sich auf ganz ähnliche Machtgrundlagen, wie die Führer jener alten Republiken, und er muss Staatsmann und Redner zugleich sein. Da ihm aber nicht der Marktplatz einer einzelnen Stadt zur Verfügung steht, so muss er mit der Eisenbahn in acht Tagen oder in noch kürzerer Zeit den nordamerikanischen Kontinent durchrasen, und er spricht vom Eisenbahnwagen aus oder in den Riesensälen der grossen Städte von einem Tisch herab zu den herbeigeströmten amerikanischen Bürgern. Man braucht einen solchen Kontakt zwischen den Massen und ihrem Oberhaupt nicht zu unterschätzen und wird eingestehen müssen, dass dieses Verhältnis mehr eine erstklassige Sportleistung bedeutet anstatt eine ernsthafte politische Arbeit. Auch die Verkehrstechnik unserer Tage, auch die Eisenbahn, kann den ungeheuren Vorteil, der durch den engen Umkreis des Stadtstaates gegeben war, nicht wieder einbringen, und selbst diese Wahlreden eines durchreisenden Präsidenten kämen doch wieder um ihre Wirksamkeit und hallende Resonanz ohne die amerikanische Presse, ohne die Zeitung. Ja, die Zeitung, dieses seltsamste Erzeugnis der modernen Zivilisation, über dessen Wert oder Fragwürdigkeit noch immer keine Einigung erzielt ist.

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Wenn im Altertum oder auch im Mittelalter eine Volksbewegung ausbrach, dann erzeugte sie zunächst ihre Redner und Prediger, die in unserer Gegenwart ebenfalls nicht fehlen dürfen. Zunächst aber braucht eine moderne Bewegung oder Partei ihren Journalisten. Es wird vielleicht in diesen Zeitläuften mehr und häufiger vor versammeltem Volk gesprochen, als jemals früher, und alle diese Redefülle hat keine Wirkung, wenn ihr nicht Druckerschwärze und Holzpapier zur Hilfe kommt. Dieses mündlichste ist zugleich das papierenste aller Zeitalter, und der viel geschmähte Zeitungsstil — das Zeitungsdeutsch — ist in Wahrheit das Erzeugnis einer sonderbaren und drolligen Notlage. Das Zeitungsblatt soll eine Rede halten, soll auf den Willen eines Zuhörers, der ein Leser ist, einwirken und muss daher vereinfachen und reduzieren und einige weithin sichtbare Linien und Gesten im Profil und Relief mächtig heraustreiben. Das alles aber geschieht nicht von einer Rednerbühne herab, nicht durch den lebendigen Laut der menschlichen Sprache, sondern durch Worte und Buchstaben auf Holzpapier. Somit fehlt gerade das Leben der Rhetorik, und es bleibt nur ihre Trivialität zurück, ihre handfeste Abstraktion, ihre banalen Schlagworte und Gemeinplätze. Man müsste eine wahrhaft ungeheure Anschauungskraft besitzen, um sich die Artikel einer Zeitung in menschliche Laute und Volksversammlungen zurückzuübersetzen, und wenn die Wirkung in der modernen Welt an Ausdehnung und vielleicht sogar an Energie gewonnen haben mag, so hat sie dafür an Unmittelbarkeit und ganz direktem Kontakt entschieden verloren. Der riesenhafte Organismus braucht einen unermesslichen Apparat von übereinander gestülpten Instanzen und Arbeitsteilungen und gesonderten Verwaltungszweigen, und gar nicht selten revoltieren die Werkzeuge gegen die Organisation, der sie dienen sollen, wie der Journalistenstreik und überhaupt jeder Streik dieser L u b l i n s k i , Aasgang der Moderne.

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Jahrzehnte unzählige Male bewiesen hat und auch in der Zukunft beweisen wird. Was folgt aus diesem so eigenartigen Zustand für die Entwickelung der modernen Litteratur und Kunst? In einer Beziehung sind wir ohne Frage in ähnlicher Lage, wie etwa die Griechen. Ein Massenleben flutet durch unseren Staat und unsere Zivilisation und bewirkt eine demokratische Gesinnung, die als ihren Gegensatz und ihre Komplementärfarbe einen individualistisch-aristokratischen, hochschwellenden Ehrgeiz in der Seele von Führernaturen erzeugt. Zugleich trägt diese Herrschaft des Volkes einen Strom von lebendiger Empfindung in jedes Gebiet unserer Existenz hinein, und dennoch wird das Volk auch wieder intellektualisiert, weil es für seine politischen und gesellschaftlichen Organisationen selbst zu sorgen hat, was ohne straffe Disziplin und sogar ohne einen entschlossenen Formalismus ganz unmöglich wäre. So war der seelische und soziale Zustand bei den Hellenen in ihrer guten Zeit, und das griechische Epos wie die griechische Tragödie sind aus einem solchen Kontakt und Gegensatz zwischen der Masse und dem Einzelnen, zwischen einem lebensvollen und volkstümlichen Gehalt und einer strengen Form erzeugt worden; sie sind daraus emporgewachsen wie Früchte und Blumen aus einer jungfräulichen unerschöpflichen Erde. Man könnte sich darum voll stolzer Hoffnungen schmeicheln, wenn uns nicht die Unmittelbarkeit der griechischen Existenz vollkommen fehlen würde, wenn wir nicht von den Zwischeninstanzen abhängig wären, von unseren Organisationen und unserer Technik, von unseren Zeitungen und unserer Eisenbahn, von unserer erbarmungslosen Arbeitsteilung. So ist allerdings ein wichtiger Unterschied vorhanden, der die Bedingungen einer klassischen Kunst vielfach hemmt und jedenfalls ungeheuer erschwert, zugleich aber ihre Notwendigkeit für die Zeit aus der Tiefe heraus begründet. Denn das Wesen einer

- 83 solchen Kunst wäre eben, dass in einer idealen und kulturellen Sphäre jene Zwischeninstanz, die unsere Zivilisation beschwert, vollständig ausgeschaltet würde, so dass die lebendige Unmittelbarkeit, die im wirklichen Dasein zu keiner Entfaltung gelangt, für die Kunst und für die Kultur wiederhergestellt wäre. Man darf ohne Furcht vor Täuschung schlankweg behaupten, dass die Sehnsucht des modernen Menschen nach einer solchen Entlastung und Vollendung durch die Kunst gerichtet ist. Wohl mag ihm auch in seiner Zivilisation so mancherlei Druck auf Nacken und Schultern liegen, und er sträubt sich und empört sich mitunter, und dann entstehen die verschiedensten Klassenfragen und Klassenkämpfe, wobei es an sehnsüchtigen Rückblicken in eine einfachere Vergangenheit wahrlich nicht zu fehlen pflegt. Dennoch aber ist der Mensch dieser Zeiten im Grunde stolz auf seine Eisenbahn und auf seine Technik, und er hat dazu auch Ursache, und mit vollem Recht würde er sich entschieden bedanken, wenn er wieder zur Postkutsche oder zur Naturalwirtschaft des Mittelalters zurückkehren sollte. Wenn er diese Errungenschaften, die ihm das letzte Jahrhundert in Fülle gebracht hat, behaupten könnte und dabei zugleich für gewisse unvermeidliche Nachteile in einer ideellen Weise entschädigt würde, so könnte er so glücklich werden, wie es uns Menschen, die zwischen zwei Nächten leben, allenfalls beschieden ist. Nur die Kunst kann, ohne unfruchtbarer Weltflucht und einer banalen Antithese zu verfallen, die moderne Zivilisation in dieser grundlegenden Weise vollenden. Und dass eine Tendenz von solcher Art, mindestens in der Literatur, mit halber Unbewusstheit nach einer solchen Richtung bereits hinstrebt, wird sich an Dichtern und Werken, die in unseren Tagen leben und entstehen, vielfach erweisen. Zuvor jedoch ist es eine Notwendigkeit, sich mit dem bekanntesten Vertreter der Neuromantik dieser Gegenwart auseinanderzusetzen. 6*

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Hugo von Hofmannsthal Ein Spätling der Wiener Barockkultur ist dieser Dichter, an dem die Opposition nicht vorübergehen darf, weil er die Neuromantik vielfach in seiner Person zusammenfasst und in einer typischen Weise ihre Vorzüge, Mängel und Schicksale repräsentiert. Auch ist er seit seinen beiden Dramen „Elektra" und „ödipus" zum Abgott der litterarischen Jugend von heute geworden, und wer etwa darauf Wert legt, zur zeitgemässen Modernität gerechnet zu werden, hat sich seinem Triumphzug anzuschliessen. Wohl ist es nicht eben Wirkung in die Breite, die er erzielt hat, wie eine Zeit lang Gerhart Hauptmann, sondern ihn preisen vorzugsweise jene sensiblen Artistennaturen, die im Literaturcafe wie im Salon die augenblicklichen Werturteile in Umlauf bringen, und dann noch jene kaum flügge gewordenen Autoren, die wie er werden möchten und sich als die Kronprinzen in seinem Reich empfinden. Also eine gleichsam unterirdische Wirkung, nur dass man nicht glauben darf, dass „unter der Erde" im vorliegenden Fall mit Tiefe gleichbedeutend wäre. Auch kann möglicher Weise dieser Poet, der noch nicht zu den Vierzigjährigen gehört, eine Entwickelung vor sich haben, so dass vielleicht und hoffentlich seine Gegenwart von seiner Zukunft verleugnet wird. Aber tatsächlich hat diese Gegenwart für einen Zeitgenossen als bemerkenswertes Symptom kulturhistorische Bedeutung. Man hat sie also zu beachten und einen entschiedenen Kampf gegen sie zu beginnen. Hofmannsthals Künstlertum setzt sich aus einem mystisch-sinnlichen und einem artistischen Moment in einer Weise zusammen, die den Barockkünstler ergibt. Auch er kennt das philosophische Urerlebnis der Identität, und es hat sich bei ihm mit jener Sinnlichkeit vermengt, die in einer sehr groben und gigantischen Form zu den Merkmalen der uralten Kybele- und Astartereligionen gehörte.

- 85 Eine solche Auffassung vom Wesen des Wiener Poeten wird und muss Verwunderung erwecken, weil Hof mannsthal einem ersten Blick gar nichts Brünstiges und Dumpfes zu offenbaren scheint, sondern im Gegenteil durch Feinheit und ein Übermass von gesellschaftlicher Kultur zu bezwingen weiss, wiewohl freilich die geschmeidige Anmut seiner Jugend, diese Anmut eines edlen Pagen, unwiderruflich entschwunden ist. Aber das war eben von Anbeginn sein persönliches Problem: die ihm zugefallene artistische Erbschaft, ein subtiles Gefühl für Form und Seele, stand in einem Widerspruch zu der sensualistischen Mystik und brünstigpathetischen Wildheit seiner wahren Natur. Während seiner Anfänge beruhte der Ausgleich darin, dass er gerade in die sanften und zarten Dinge der Aussenwelt, in irgend eine Unscheinbarkeit, seine Wollust einströmen und von dort wieder zu sich zurückfluten Hess. Wenn ihn der Frühlingswind umfächelte, wenn der Wasserstrahl im Marmorbecken des Brunnens sprang und rieselte, wenn unter einem Nussbaum eine mit Wasser halb gefüllte Giesskanne stand und über ihre Wasserfläche, auf der ein Käfer schwamm, der Schatten der Bäume fiel; wenn er sich in die Leuchtkraft der Gemälde eines Ludwig von Hofmann versenkte, und wenn ihn die durchsichtige Luft und Lichtfülle der Landschaft Italiens entzückte: dann sog er solche Zartheiten mit einer Kunst und Wollust in sich ein, die durch alle seine Nerven bebte und bis in die Fingerspitzen vibrierte. Diese Sinnlichkeit des Künstlers und Menschen ging zugleich in das Identitätsgefühl ein, in jene artistische Mystik, die durchaus das letzte Geheimnis des Romantikers bedeutet. Wäre Hofmannsthal ein robuster Barbar gewesen, ein Mann von gewaltigen Fäusten wie Zola oder Balzac, so hätte er noch in ganz anderer Weise als jene gewaltigen Halbrationalisten die moderne Grossstadt mit mythologischen Ungeheuern und Fabelwesen bevölkern können. Es gibt Äusserungen Hofmannsthals, die beweisen,

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dass ihm diese verborgene Mythologie und Mystik der grossen Städte nicht unbekannt geblieben ist, sondern in seinem Wesen manchmal nachgezittert hat. Nur, wie sollte dieser Mann, der in einem Käfig aus goldenen Gittern eingefangen war, nämlich in dem Rhythmus vergangener Kulturen, die er mit feinschmeckerischen Seelenporen in sich hineintrank, im Ästhetentum des müden und gierigen Geniessens: wie sollte er auf die Strasse treten, um den modernen und brutalen Rohstoff des Lebens zu prägen und zu gestalten? Dem Dichter Hofmannsthal, um über diese letzte und entscheidende Tatsache keinen Zweifel zu lassen, war jede Unmittelbarkeit von Anbeginn versagt und damit, streng angesehen, überhaupt jedes Dichtertum. Hugo von Hofmannsthal, wie durchaus betont werden muss, ist von der Natur nicht zum Dichter bestimmt worden, sondern zum Dilettanten im höchstem Sinn und gleichsam zu einem Museumsdirektor der Kultur. Dennoch sind seine dichterischen Anläufe nicht der Eitelkeit und dem Nachahmungstrieb des übersättigten Feinschmeckers zuzuschreiben, sondern er ist wahrscheinlich durch jene verhängnisvolle Anlage seiner Natur dazu gezwungen worden, durch das Übermass und die Qual seiner sensualistischen Mystik. Da es in unserer Kultur dafür nicht Formen der Entladung gibt, wie einst in orientalischen Religionen oder hellenischen Mysterien, so lag es nah genug und war fast das einzige Mittel für einen Liebhaber der Kunst, dass er zum künstlerischen Wort griff und in einem entfernten Sinn ein Dichter wurde. Oder vielmehr: er wurde ein Redner, der den Worten eine bis dahin in der deutschen Sprache nicht dagewesene zärtliche Sinnlichkeit und üppige Wollust einhauchte, als wären sie schwellendes Fleisch oder von Saft strotzende Früchte, Melonen und Granaten. Ferner gelingt es ihm, verglimmende Abendröten und durchleuchtete Luft in feinfühlige Prosa einzufangen, wie überhaupt die echt moderne Fähigkeit des modernen Literaten, mit dem Auge

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Farben auszukosten gleich dem Maler, auch in Hofmannsthal lebendig ist und sich mit seiner geheimnisvollen Sinnlichkeit in einer manchmal reizvollen und manchmal selbst schauerlichen Weise restlos vermählt. Eben so empfindet er mit intensiver Sensibilität die Form und Linie, alles Zeichnerische des geschmeidigen Glieder- und Muskelspiels in der Bewegung. Eine solche vibrierende Sicherheit im Sehen konnte nicht lediglich durch die Schulung des Auges vor alten Bildern und vor Statuen hoher Meister der Vergangenheit erwirkt werden, sondern Hugo von Hofmannsthal hat ohne Frage auch vor Werken der Impressionisten und modernen Freiluftmaler gestanden, und die Plattesten seiner wild gewordenen Anhänger, die das Barbarentum der Naturalisten und Impressionisten gar nicht genug verurteilen können, wissen entweder nicht, was sie tun, oder sie verbergen mit einer bewussten und verlogenen Klugheit die pudenda in der Herkunft ihres Meisters. Mit einem nicht geringen Anschein von Berechtigung übrigens, wenn man nur die Oberfläche ansieht, da der Prosaschriftsteller und Essaist Hofmannsthal eine sehr festgefügte Form zu besitzen scheint, die von der skizzenhaften Manier der Impressionisten unendlich weit absteht. Durchaus keine punkthafte Farben- und Spritzermanier, nirgends kurze und zerhackte Sätze, keinerlei Auflösung des Prosaorganismus in überlebendige Zellen und Einzelteilchen: sondern es ist wie das ruhige Hinrollen der überklaren und blauen und blendenden Wogen des tyrrhenischen Meeres, das um Vorgebirge plätschert, die das edle und stolze Linienspiel des Südens in allen ihren Formen offenbaren. Einzig die mystische Uberklarheit und geheime Wollust, die aus solchen Worten herauszittert, verhindert uns, seine Prosaschriften als klassische Erzeugnisse zu begrüssen, sofern eine gewisse goldene Kühle zu einer letzten Klassizität allerdings gehört. Die äussere Form dieser Essays aber konnte nicht mehr viel vollkommener sein, und in

jenem berühmten „Brief", den er einem englischen Lord des siebzehnten Jahrhunderts zuerteilen möchte, und der als ein Bekenntnis die Qualen und Entzückungen seiner wollüstigen Mystik enthüllt, hat sich der Widerspruch zwischen seinem pantheistischen Sensualismus und seiner Formkultur in einer Weise aufgelöst, dass eine hohe Einheit erzeugt wird, etwas beinah Erhabenes, das in sich die Bürgschaften der Dauer trägt. Und man könnte nach solchen Proben von dem vollendeten Formkünstler Hofmannsthal mit Recht reden, wenn der Essai nicht eben eine Zwischenform wäre, eine Keimform, die eben deshalb auch nur das Embryonale in sich aufzunehmen vermag. Wo die reinliche und mächtige Scheidung zwischen Gefühl und Erkenntnis, Produktion und Kritik und Aussen- und Innenwelt noch nicht vollzogen ist, sondern das alles noch in einer inneren und dennoch organischen Einheit verschlungen und verwickelt erscheint, dort auch ist in erster Reihe der Ort für den Essai, dem darum auch der formloseste Romantiker ungeahnte Reize und Wendungen zu entlocken vermag. Weil Hofmannsthal ein in seinem besonderen Ton meisterlicher Essaist von Anfang an gewesen ist, darum hatte er es nicht nötig, sich nach dem anderen Surrogat für Stil, nach dem Impressionismus, umzusehen. Für seine stilbildende Kraft ist damit aber gar nichts erhärtet, sondern weit eher ein Verdacht gegen sie wachgerufen. Gegenwärtig kann an diesem besonderen Naturalismus, der freilich bei ihm Mystik geworden ist, gar nicht mehr gezweifelt werden. Seine letzten Dramen, seine „Elektra" und sein „ödipus", rücken ihn in die nächste Nähe der physiologischen Romantik, und es Hesse sich zwischen ihm und Zola und Balzac eine Parallele ziehen. Die Luft der Zeit, in der er atmete, konnte diese verborgene Anlage nur bestärken, und jene Abhängigkeit des Menschen vom Naturgesetz, die völlige Ausschaltung des Willens, die sich aus der Übertragung der naturwissenschaftlichen Methode auf

- 89 Ethik und Dichtung von selbst ergab, war bei ihm von Anfang an ein geheimer Instinkt und Glaube, ebei eine Mystik und überschwengliche Religiosität. Dazu stand sein Drang zur Form im schroffen Gegensatz, weil alle Form und Architektur durchaus den Willen — freilich nicht mit Willkür zu verwechseln — zur Voraussetzung hat. Darum erscheint es für die ästhetische Erkenntnis geradezu als ein Glücksfall, dass uns der Hofmannsthal der letzten Jahre, der von seinem Naturalismus jede Hülle riss, diese bisher verheimlichte Zwiespältigkeit offenbart hat, die in seinen früheren Jahren auch scharf blickenden Augen manchmal verborgen blieb. Ursprünglich nämlich begann er als scheinbares Gegenspiel zu allem Naturalismus, als ein zarter und geschmeidiger Neuromantiker, und wieder kann am meisten gerade sein Beispiel darüber aufklären, wie wenig Neuromantik und Naturalismus in der Tiefe von einander unterschieden sind, wie innig sie zusammenhängen, und wie der Übergang von der einen zur anderen Phase noch lange nicht einen prinzipiellen Bruch zu bedeuten braucht. Woraus sich mit einleuchtender Klarheit ergibt, dass eine jede Bekämpfung des Naturalismus auch eine solche der Neuromantik unbedingt in sich einschliesst. Denn wer die restlose Abhängigkeit des Menschen von der Natur nicht zugesteht, kann selbstverständlich noch weniger zugestehen, dass er jeder Stimmung der eigenen Seele hilflos überliefert wäre* Eine solche Seele wäre ein Chaos, ein ewiger Wechsel, für den nur noch das Wort Heraklits, dass alles fliesse, Geltung behaupten könnte. Das ist ein Zustand, der dem eines Vogels der Tropen gleichen mag, welcher durch den Wind vom Festland abgetrieben wurde und nun im ungeheuren Raum umherfliegt und nirgendswo eine Ruhestätte findet, bis er in die Wellen stürzt. Vorzugsweise in dieses Phänomen hat sich der junge Hofmannsthal mit Vorliebe versenkt, und er hat die Hilflosigkeit gegenüber dem Wechsel und dem Gleiten auf unendlichen Wellen

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als eine spezifische Tragödie der feinsten Geister unserer Tage empfunden. Nur kam ihm, wenn er sich darüber aussprechen wollte, sein Formgefühl, dieses alte Kulturerbe, in den Weg, und er konnte sich nicht entschliessen, in impressionistischer Manier Momentaufnahmen festzuhalten oder durch Überfälle von Einzelheiten zu betäuben, sondern es drängte ihn, abzugrenzen und zu sondern und zu komponieren. Schon damals hat er einige vollkommene Essais geschrieben, die noch nicht voll der Üppigkeit der späteren Prosaschriften waren, sondern von einer jugendzarten Sinnlichkeit und einem bestrickenden Zauber. Diese Zwischenform, noch einmal sei es gesagt, war wie für ihn geschaffen, während es bedenklich wurde, als er sich der Lyrik und dem Drama zu nähern begann, wobei es sich sofort ergab, dass er in einem höheren Sinn überhaupt kein Formkünstler und vielleicht nicht einmal ein Dichter war, weil seine Kraft vor dem Gebot Goethes versagte: „Bilde Künstler, rede nicht." Wir besitzen darüber das eigene Geständnis Hofmannsthals, das er freilich in einer schamhaften und klugen Weise halb wieder verhüllt hat, und keiner weiss besser, als er selbst, dass er weit mehr ein Redner als ein Dichter ist. In einer seiner reizvollsten Prosaschriften, in dem Gespräch über Gedichte, hat er aus dieser Schwäche ein Prinzip gemacht, und er will einen Unterschied zwischen Dichtern konstruieren, die aus einer gefühlsmässigen Mystik heraus rätselhafte Stimmungen der Seele widergeben, Naturbilder, in denen das Geheimnisvolle unserer dunkelsten Empfindungen eingefangen ist: und jenen anderen, die mit einem klaren Auge in die helle Aussenwelt blicken und mit plastischer Kraft Gruppen und Bilder umgrenzen und gestalten. Aber wiewohl ein solcher Unterschied besteht, ganz ohne Frage, und so verschiedene Wirkungen zweifellos von diesen beiden Arten von Lyrik ausgehen, so unzutreffend bleibt die Behauptung Hofmannsthals, dass jene mehr mystischen und

innerlichen Dichter Redner wären und nicht Bildner. Gerade die Gedichte von Stefan George, die er anführt, sind ausgeformte Gestaltungen, Bilder der Seele in einer allerdings fremdartigen Beleuchtung, und sie offenbaren, wie alles in der Produktion Georges, eine herbe und vielleicht übertriebene Abneigung gegen jeden rednerischen Zusatz und jede ausserkünstlerische Erläuterung. Auch das vielleicht tiefste Gedicht des west-östlichen Divan, das Hofmannsthal in prachtvoller Weise paraphrasiert, ist durch und durch Gestaltung, ein echt Goethesches Gefühlsgebilde, und nichts daran kann als Rede, als Rhetorik angesprochen werden. Man muss zum Vergleich die eigenen Gedichte Hofmannsthals heranziehen, um sich des Unterschiedes zwischen Redner und Dichter bewusst zu werden. Nur diese Hofmannsthalsche vergeistigte Wollust hat lange Zeit auch Urteilsfähige und eigentlich uns alle darüber getäuscht, dass er schlechterdings kein Lyriker ist. Statt dessen ist er ein Rhythmiker von einer einschmeichelnden Grazie und einem lockenden Wohllaut, der uns von allen Seiten wie mit sanften Händen streichelt, und darum hat er in die deutsche Lyrik, die über der Melodie und der Seele oft den Rhythmus und die Sinnlichkeit vernachlässigte, allerdings ein neues Element hineingetragen, ein wertvolles Erbe auch für künftige und echte Lyriker. Und dass er selbst in seinen Verskunstwerken nicht völlig im üppigen Strom der Wortwollust versunken ist, verdankt er lediglich einer jugendlichen Zartheit und Scham, die ihn in seiner Frühzeit zur Zurückhaltung gleichsam vorher bestimmte. Damals war er, der in Formkultur und Ästhetentum aufwuchs, noch einer jener adeligen Knaben, die im Gefühl ihrer Unberührtheit zwar mit scheuer Sehnsucht, noch mehr aber mit abwehrendem Stolz nach dem fernen Leben jenseits ihrer Grenzen hinüberblicken. Ebensowenig drang er damals in sich hinein, sondern er hielt sich von sich selbst noch fern, von jener wollüstigen Identität, die mit seiner

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überlieferten Kultur in Widerspruch stand. Dunkel empfand wohl seine Seele, dass dieser innere Zwiespalt das Verhängnis seines Lebens wäre; aber er hütete sich gar sehr, ein solches Leid mit voller Wucht durchzuempfinden. Sondern alles blieb Gedanke, elegische Betrachtung, kluge und melancholische Erkenntnis, und er brachte wohllautende Redewerke in Vers und Rhythmus zu stände, die nur gerade so viel an Sinnlichkeit des weichen Wortes in sich trugen, um die abstrakte Betrachtung anmutsvoll zu verschleiern. Man versenke sich mit einiger Intensität selbst in die berühmte „Ballade des äusseren Lebens", die uns allen einmal als eine vollkommene Schöpfung gegolten hat, als eins der wertvollsten Erzeugnisse der modernen Lyrik. Jedoch in Wahrheit stellt der Dichter nur folgende Reflexionen an: sonderbar, dass so viel Suchen und Hasten und Tätigkeit in dieser Welt herrscht, die eigentlich als ein Nichts zu erachten ist; dennoch aber erscheint uns der Abend eines solchen nutzlosen Lebenstages nicht ohne eine merkwürdige Bedeutung. Ein nicht sehr tiefgründiger Gedanke, wie man deutlich sieht, zugleich auch ein sehr dünnes Lebensgefühl; — darum so dünn, weil es nicht aus Rätseltiefen des Gemütes kommt, sondern mit dem ersten intellektuellen Erstaunen eines philosophierenden Knaben zu vergleichen ist. Selbst jene viel bedeutenderen drei Gedichte, die er Terzinen über Vergänglichkeit überschrieben hat, sind durchsetzt von allzu klaren und nicht tiefen Gedanken, wenigstens zwei von ihnen, und dabei klingt doch hier schon seine innerste Seele an, jene Angst, die jeden Pantheisten und Romantiker bedroht, der gegenüber dem ewigen Wechsel und dem ewig Einen seine Persönlichkeit zu verlieren fürchtet. Aber mit welcher distanzierten Klugheit bringt er diese Empfindung auf die klare Formel der Reflexion, wie wird sie ganz zur wohlgegliederten Rede, die mehr einen abgeleiteten Gedanken bringt, nicht eigentlich ein Gefühl, keinen rhythmischen Naturlaut. Nicht als

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ob solche Laute völlig fehlten, als ob er ganz und gar nur Betrachter und in keiner Stunde Lyriker wäre: es handelt sich um die Gesamtabschätzung, um den Durchschnitt seiner Gaben. Die dritte Terzine über Vergänglichkeit ist ganz gewiss durchaus Gedicht; und auch sonst haben manchmal seine Gedanken einen weichen Rhythmus, und gleichsam von fernher, noch voll verhaltener Angst zittert in ihnen sein Lebensgefühl. Jedoch die Rede, die Formung, die Wortkunst in diesen Versgefügen, ihre ganze Gebärdensprache und ihr Faltenwurf, sind nicht allseitig von Lyrik ausgefüllt, und das spezifisch dichterische, das lyrische Fluidum steht hinter den Reizen der Rede und geschmeidigen Form beträchtlich zurück. Noch freilich wird die Einheit dieser Kunstwerke nicht von innen heraus gesprengt, weil die methaphysische Wildheit und Wollust Hofmannsthals, sein krankes Barbarentum, vorläufig schweigt und höchstens als gelenkige Anmut, die sehr wohl auch Kultur sein könnte, für den schärferen Blick zu Tage tritt. Auch in seinen ersten Versdramen hält er sich selbst im Hintergrund und nur die Tatsache, dass dieser Redner und Essaiist, der zu den Lyrikern gehört so weit er Dichter ist, überhaupt mit der dramatischen Form zu ringen begann, verweist auf einen geheimen Bruch, vielleicht auf eine Tragödie. In seiner ersten Jugend war er sich über das eigentliche und sinnlich-mystische Wesen seines Pantheismus wahrscheinlich noch nicht im Klaren, während er schon deutlich seine persönliche Schwäche gegenüber dem Allgefühl empfand. So gebrauchte er als Schutzwehr die Waffe seiner artistischen Begabung, indem er sich als Ästhet in Formen und Kulturen wie in einen schützenden Käfig einschloss. Oder er ersann sich das Ideal, leicht zu sein wie ein Kork, der auf den Wellen schwimmt und nicht von ihnen verschlungen wird. Aber zuletzt wollte der junge Poet doch mehr sein als ein Kork, und er sehnte sich in das werktätige und flutende Leben

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hinaus und empfand es als Schicksal und manchmal als Schuld, dass er dennoch hinter dem goldenen Gitter blieb. Seine eigentliche Menschlichkeit beruhte in jenen Zeiten auf einem zarten Hochmut einer noch unberührten Jugend, die er trotz ihrer Kostbarkeit gern weggegeben hätte, um fruchtbar zu werden. So keimte aus solchem Zwiespalt eine tragische Empfindung, Kampf und innere Bewegung und selbst Heroismus und Pessimismus, und es ergab sich für ihn der Drang, diese Gegensätze in der dramatischen Form zu entladen. Aber dazu fehlte ihm völlig jede plastische Gestaltungskraft und auch alle Energie des aufbauenden Architekten, wofür er als Ersatz seine wenige Lyrik, seinen Rhythmus, seine rednerische Kunst und seine Fähigkeit, malerisches Sehen in Worte zu fassen, einzusetzen versuchte. Er brachte es fast niemals über Stimmungen hinaus, selbst nicht in den besten jener Dichtungen, im „Abenteurer und der Sängerin" oder im „Tod des Tizian". Ein anmutiger Reiz liegt auf diesem „Theater in Versen" ohne Frage, eben der Reiz melancholischer Jugend und einer noch nicht entarteten Wortkunst, die voll feinster Sinnlichkeit ist, aber noch ohne Üppigkeit; endlich der Reiz der Tragik eines Allgefühles, das von seinem wüsten und sensualistischen Charakter noch nichts weiss. In den Tagen, als diese Wortgebilde erzeugt wurden, waren viele der Besten des konsequenten Naturalismus überdrüssig geworden, jener allzu engen Stofflichkeit und getreulichen Nachahmung kleinlicher Lebenssitten. Man glaubte damals in Hofmannsthal den Befreier zu finden, den Wiederentdecker des Geistes und der Persönlichkeit, der eine neue Schönheit zu offenbaren habe. So erwirkte er sich aus dieser Situation jenen feineren Erfolg, der immer als Herold einem künftigen Ruhm vorherzugehen pflegt und vielleicht die köstlichste Erinnerung im Leben des Dichters und Schriftstellers bleibt. Dennoch war es ein unberechtigter Erfolg, der nur durch die besondere Zeitstimmung zur Not

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entschuldigt werden kann. Wer heute zu diesem Theater zurückkehrt, mag immerhin noch seine Vorzüge empfinden; und zugleich muss er erschreckt sein über seine dürftige Dünnheit, die wohl dadurch entstand, dass der geringe dichterische Zusatz ausgereckt und ausgezogen werden musste, um die rethorische Form zur Not auszufüllen. Wir haben nicht Werke eines grossen Dichters vor uns, sondern eines kleinen, freilich auch eines feinfühligen Künstlers, der damals noch voller Anmut, Sehnsucht und Träumerei war. Schliesslich musste er die Schranke durchbrechen und die feine Linie überschreiten, die ihn von seiner innersten Natur noch abschied. Dabei blieb er auch während seiner weiteren Entwickelung der moderne Romantiker, der er von Anfang an war, und es ist daran zu erinnern, was über das Verhältnis des Romantikers zur Stimmung und zum Mythos und zu der Kultur und zu dem Ornament im ersten Buch dieses Werkes gesagt wurde. Das Gefühlsmässige, den Rhythmus, die Stimmung und Musik, die vibrierende Seele einer Kultur hatte schon der junge Hofmannsthal verstanden, wie nicht viele. Schon dadurch war er für das Verständnis des Mythos vorherbestimmt, da ja dieser nach seinem letzten Wesen symbolisiertes Allgefühl ist, ein vergegenständlichtes Seelenerlebnis. Je mehr Hofmannsthal sich selbst fand, die seelisch-sinnliche Wollust seiner eigentlichen Natur, desto tiefer musste er in das mythische Gebiet hineingeraten, in jene barbarischen Urzeiten, als Dämonen und Götter von der schreckerfüllten Phantasie des Wilden geschaffen wurden. Hofmannsthal kannte natürlich die griechische Mythologie, wie sie in letzter Umformung aus den Händen jener humanistischen Dichter hervorgegangen war, die die Kultur aus dem Zeitalter des Perikles in jene alten Traditionen hineintrugen. Er selbst aber war trotz aller Intensität seiner Formempfindung nichts weniger als ein

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Hellene im Sinn der Perikleischen Zeit, sondern er fühlte sich nach seiner geheimsten Art zu den dumpfen Uranfängen hingezogen. Auch wäre schwerlich dagegen etwas eingewendet worden, wenn er lediglich versucht hätte, den überlieferten Mythos auf seinen barbarischen Mutterboden zurückzuverpflanzen. Daraus hätte sich manche Frucht ergeben können, die vielleicht der Kunst und in jedem Fall der Erkenntnis, dem Rückblick in primitivere und gewaltigere Zeiten, zu Gute gekommen wäre. Aber er beging den schlimmen Fehler, dass er den Menschen der Urzeit überhaupt nur auf den Mythos, nur auf das Triebleben, reduzierte, und ganz übersah, dass es auch schon damals an jenen anderen und ebenfalls unveräusserlichen Kräften der Menschennatur nicht fehlte: nicht an der Vernunft, der Logik, Nüchternheit und Klarheit und an einem zielbewussten Willen. Unter seinen Prosaschriften, die in ihrer Weise auf Vollkommenheit Anspruch erheben dürfen, findet sich jenes erwähnte reizvolle Gespräch über Gedichte, in dem er ein mythisches Gleichnis über die Entstehung des Schlachtopfers gegeben hat, ein wundervolles Gleichnis, das man nur rnit den eigenen Worten des Dichters — hier erhebt er sich zur Dichtung — wiedergeben darf. „Mich dünkt, ich sehe den ersten, der opferte. Er fühlte, dass die Götter ihn hassten: dass sie die Wellen des Giessbaches und das Geröll der Berge in seinen Acker schleuderten; dass sie mit der fürchterlichen Stille des Waldes sein Herz zerquetschen wollten; oder er fühlte, dass die gierige Seele eines Toten nachts mit dem Wind hereinkam und sich auf seine Brust setzte, dürstend nach Blut. Da griff er, im doppelten Dunkel seiner niederen Hütte und seiner Herzensangst, nach dem scharfen krummen Messer und war bereit, das Blut aus seiner Kehle rinnen zu lassen, dem furchtbaren Unsichtbaren zur Lust. Und da, trunken von Angst und Wildheit und Nähe des Todes, wühlte seine

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Hand, halb unbewusst, noch einmal im warmen wolligen Vliess des Widders. — Und dieses Tier, dieses Leben, dieses im Dunkel atmende, blutwarme, ihm so nah, so vertraut —; auf einmal zuckte dem Tier das Messer in die Kehle, und das warme Blut rieselte zugleich an dem Vliess des Tieres und an der Brust, an den Armen des Menschen hinab: und einen Augenblick lang muss er geglaubt haben, es sei sein eigenes Blut; einen Augenblick lang, während ein Laut des wollüstigen Triumphes aus seiner Kehle sich mit dem ersterbenden Stöhnen des Tieres mischte, muss er die Wollust gesteigerten Daseins für die erste Zuckung des Todes genommen haben: er muss, einen Augenblick lang, in dem Tier gestorben sein, nur so konnte das Tier für ihn sterben. Dass das Tier für ihn sterben konnte, wurde ein grosses Mysterium, eine grosse, geheimnisvolle Wahrheit. Das Tier starb hinfort den symbolischen Opfertod. Aber alles ruhte darauf, dass auch er in dem Tier gestorben war, einen Augenblick lang. Dass sich sein Dasein, für die Dauer eines Atemzuges, in dem fremden Dasein aufgelöst hatte." So schreibt Hugo von Hofmannsthal, und es ist durchaus nicht erlaubt, die dichterische Wahrheit in dieser Schilderung zu verkennen. Ein symbolischer Ersatz für das Menschenopfer durch den Widder ist in Urzeiten gewesen und nicht minder hat der Mensch auch noch viel späterer Tage etwas von der grausamen Wollust dieses Sterbens für die Götter zu fühlen versucht, — man denke an die Geisselung spartanischer Knaben vor dem Altar der Diana oder an jene Taurobolien während der späteren römischen Kaiserzeit.*) Wer wollte dem Dichter nicht *) Die Taurobolien waren ein Erzeugnis der Religionsmischung, die die antike Welt vor dem Sieg des Christentums erfüllte und erregte. Der Myste stand in einer Grube, in die das Blut gegeschlachteter Opfertiere von oben her durch eine enge Öffnung hineinfloss und ihm über den Leib rieselte, so dass er die Schrecken und die Lust des Opfertodes für den Gott erduldete. L u b l i n e k i , Ausgang der Moderne.

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- 98 dankbar sein, der hier in einer plastischen Darstellung eine verborgene Regung der Menschenseele in der Form eines Mythos gestaltet und an das Licht der Erkenntnis gehoben hat! Dennoch wird es sein Fehler bleiben, die Erbsünde seines Denkens, dass er die andere Seite des Prozesses übersehen hat, dass er den intellektuellen Grund, der auch bereits bei dem Ursprung und noch mehr bei der Erhaltung des Opferdienstes unbedingt mitgewirkt hat, mit keinem Wort und keiner Silbe erwähnte und somit völlig übersah. Der schweifende Nomade einer primitiven Kultur hätte schwerlich seinen Viehbestand, auf dem seine ökonomische Existenz beruhte, nur darum allein dezimiert, um sich den allerdings auserlesenen Luxus einer wollüstigen Empfindung von Sterben und Auferstehung zu gestatten. Sondern er wollte, parodistisch gesagt und gesehen, den Gott, der ihn bedrängte, bestechen, und es war in diesem Sinn kein anderer Vorgang, als wenn man noch heute im Orient allmächtige Gewalthaber durch tüchtiges Trinkgeld gnädig zu stimmen versucht. Das Vieh war das Geld des Nomaden, und er mochte glauben, dass sein Gott ebenso gern und ebenso selten wie er selbst Fleischnahrung geniesse. Also offensichtlich ein Tauschgeschäft, ein Tribut — vielleicht aber doch noch etwas mehr. Nämlich der Ausdruck einer Dankbarkeit, da selbst in der Seele dieses Primitiven nicht nur Furcht, sondern auch Ehrfurcht gelebt haben wird. So brachte er sein Wertvollstes dar, das beste Stück seiner Herde, die erste Frucht seines Ackers. Selbstverständlich war auch in einer solchen Vorstellung genug Mystik, aber eine von intellektueller und ethischer und nicht von wollüstig-sensualistischer Art. Diese letztere und allerdings spezifisch mythische Form ist möglicher Weise erst später als eine Würze und Üppigkeit hinzugetreten, während unser romantischer Poet und Theoretiker die bedürftige und verständige Kraft der Menschennatur gar nicht sieht und nur von Luxus, Tod und Wollust zu

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berichten weiss. Da aber die Dinge, denen ihr Recht verweigert wird, nach uralter Gewohnheit durch die Hintertüre wieder hineinkommen, so sah sich zuletzt auch Hugo von Hofmannsthal gezwungen, die intellektuellen Motive dennoch zu beachten und mit allerlei naturwissenschaftlichen, psycho-physiologischen Theorien in einer kuriosen Weise zu paktieren, wodurch aber das Grundgebrechen in seinem Denken wie in seinem Dichten nicht behoben, sondern eher noch verstärkt wurde. Gerade dieser Punkt, diese Stärke und Achillesferse in Hofmannsthals Wesen, ist von so symptomatischer Bedeutung für unsere Zeit und für die Natur des Romantikers, dass er eine noch genauere Beleuchtung ganz gewiss verdient. Dieser ganze Gegensatz lässt sich durch ein sehr eigenartiges Urteil beleuchten, das Karl Marx bei einer besonderen Gelegenheit über Richard Wagner gefällt hat. Auch schon damals bestand eine sehr interessante Differenz in der Auffassung der Urzeit, und auch damals schon bekämpften sich der Romantiker und der Klassiker. Bekanntlich gab es, wie die Forschungen eines Lubbock und Morgan erwiesen haben, in altersgrauen Zeiten eine Blutverwandtschaftsehe, vor der uns Menschen von heute die Haut schaudern würde. Alle Geschwister in einer Familie oder in einem Stamm waren unter einander Mann und Frau und ebenso deren Kinder und Enkel, die als Geschwister und deshalb gleich als Ehegatten von ihren ebenfalls in Geschwisterehe erzeugten Eltern geboren wurden. Diese uns so ungeheuerlich erscheinende Eheform war der erste Versuch einer Regelung des Geschlechtsverhältnisses, da fortan wenigstens die Kinder und Eltern, die Vorfahren und Nachkommen, die sich früher unter einander keinen Zwang anzutun brauchten, vom Geschlechtsverkehr ausgeschlossen wurden. Eine solche Regelung war also ein ernst gemeinter, intellektueller und daher auch sittlicher Akt, während allerdings von einer vor7*



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geschritteneren Epoche auch die Geschwisterehe mit unendlichem Grauen als Blutschande empfunden wurde. In diesem letzteren Sinn benutzte sie Richard Wagner, um die Macht der Sinnlichkeit und Sünde zu verherrlichen. Gegen diese „Geilheit" empörte sich der rigorose Marx, der in seiner gedrungenen und lakonischen Weise dazu anmerkte: „In der Urzeit w a r die Schwester die Frau und das war sittlich." Freilich vergass er, dass schon sehr früh gegen diese Form der Ehe ein erbitterter Kampf begann, aus dem sich Sagen und Mythologien entwickelt hatten, die dann der Musikdramatiker mit vollem Recht für seine Zwecke brauchte. Aber die Musik darf sich in ein Chaos der Seele hineinwagen, vor dem die Wortkunst im eigensten Interesse Halt zu machen hat. Jene allerfeinsten und alierverworrensten Schattierungen des Gefühlslebens, die ewig in einander verfliessen, finden im flüssigen Element der Musik ein ebenbürtiges Darstellungsmittel, das dort noch zu bändigen, zu ordnen und zu organisieren vermag, wo für das harte und begriffsklare Wort bereits die wogende Unklarheit beginnt, so dass es stammeln und sich überstürzen und bei der Musik oder Malerei Anleihen machen muss, ohne in Wahrheit zu einer restlosen und künstlerischen Aussprache zu gelangen. Die Urzeit muss darum von dem Dichter, dem Wortkünstler, ganz anders angesehen werden, als vom Musiker, und überhaupt das ganze Leben sieht sich mit verschiedenen Augen von diesen beiden verschiedenen Standpunkten an. Der Dichter ist dabei nur scheinbar im Nachteil, da es im Gegenteil einen grossen und wunderbaren Vorzug bedeutet, dass er das Leben in seiner Einheit zu schauen und auch im Alltäglichen und in der Nüchternheit des Intellektuellen noch das Staunenswürdige und Geheimnisvolle des Daseins zu entdecken weiss. Und zwar kommt ihm nicht dadurch diese Erkenntnis, dass er sich das Logische und Konstruktive erst in das Phantastische übersetzen muss, sondern indem





er es im Gegenteil zu Ende denkt und dadurch im innersten Wesen erfasst. Welch eine merkwürdige Konstellation dieser Urzeit, dass die Blutschande den Krieg gegen die Blutschande begann, welche Einheit und Zwiespältigkeit der Existenz verbirgt sich da gerade im Gesetzlichen, im Sozialzustand der Gesellschaft, in diesem so sonderbaren wie heroischen Ringen um die Sittlichkeit! Und mit welcher grausigen Wildheit und Grosse mag sich ein solcher Zwiespalt in der Brust von Wilden austoben, die noch nicht von dem Zwang der Zivilisation um ihre Elementarkraft betrogen sind! Der Konflikt würde freilich hier einen besonders fremdartigen Charakter für unser Gefühl annehmen müssen: es wäre der Kampf zu Gunsten der Geschlechtsverbindung zwischen Geschwistern, um dem Verkehr zwischen Eltern und Kindern ein Ende zu machen: genau eben jener Kampf, der tatsächlich in der Urzeit erlebt und erlitten worden ist, und der Dichter, der Dramatiker, hätte keinerlei Anlass, an diesem wirklichen Vorgang und an seinen psychologischen Wurzeln das Geringste zu ändern. Es war damals wie heute ein harter und ganz unromantischer Kampf um die Zentralisation, um die Ordnung und um das Ethos, und nicht minder herrschte schon damals der ewige und tragische Gegensatz zwischen Wollen und Vollbringen, zwischen Gesetz und Natur, und nichts wäre andersartig an einem solchen Vorgang, wenn wir ihn auf der Bühne schauten, als nur das äussere Gewand, das uralte Kostüm, das aber nicht schmücken und blenden und verhüllen, sondern vielmehr die Glieder und den Körper dieses unsterblichen Konfliktes in gigantischer Grosse hervortreten lassen würde. Ich sage natürlich keineswegs, dass nunmehr die modernen Dramatiker verpflichtet wären, wissenschaftliche Werke über das Matriarchat zu studieren und fortan die Urzeit als Stoffquelle für das Drama zu benutzen. Eine solche Theorie und Torheit bleibe uns erspart, und das mag von Talent und Neigung des Einzelnen be-



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dingt sein, ob ihn ferne Erinnerungen aus der Vorzeit des Menschengeschlechts zu verlocken vermögen. Nur aber: wenn freilich ein Dramatiker zu diesen Schichten herabzusteigen wagt und in gleicher Zeit den Anspruch erhebt, das Drama grossen Stiles, ja sogar die Tragödie, dadurch zu erneuern, dann hat er durchaus nicht die Berechtigung, die Urzeit anzusehen, wie der Mythos, nicht lediglich als Stimmung und Grauen, sondern er hat sie von ihrem eigenen Standpunkt einer wilden und ungefüg barbarischen Gesetzlichkeit zu betrachten. Das mag gefährlich sein und vielleicht ist es sogar ganz unmöglich, eine wirkliche Tragödie in verschollene Gewänder einzukleiden, während es eine geringfügige Sache bleibt, Fetzen aus der Vorzeit als Maskerade für sehr winzige moderne Klappergebeine zu benutzen und zu missbrauchen. Aber welches Verfahren ehrlicher und würdiger wäre, und wo man den grösseren Wagmut und Ernst des Künstlers zu suchen hätte, darüber sollte gerechter Weise nicht einen Augenblick der geringste Zweifel bestehen. Das dreiste Virtuosentum in den mythologischen Dramen Hofmannsthals soll darum nach Gebühr und ohne alle Ängstlichkeit aufgedeckt werden. Dennoch wäre es eine schlimme Ungerechtigkeit, wenn nicht zuvor festgestellt und zugestanden würde, dass er durch seine durchaus mythologische Denkund Empfindungsweise zu einem solchen MissgrifT vorbestimmt erscheint. Wer nur die eine Seite des Opfers zu sehen vermag, nur die Wollust des Sterbens und der Auferstehung, und wem sich in der Urzeit lediglich die Mystik der Blutschande und nicht auch die barbarische Gesetzlichkeit offenbart, wer wie Wagner sieht und nicht wie Marx, nur wie ein sensualisch-mystischer Romantiker und niemals wie ein Intellektueller: wie sollte und könnte ein solcher das architektonische Wesen des Dramas und den „Sternentanz der grossen Logik" in der Tragödie begreifen. Ihm wird es allerwege verborgen bleiben, dass die



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Tragödie nicht mit und durch den Mythos sondern im Gegensatz zu ihm erzeugt wurde. Auch Hofmannsthals eigentümliches Verhältnis zum Werkzeug des Dichters, zu der Sprache, beruht auf der gleichen eingewurzelten Einseitigkeit seines Wesens und unterliegt darum einer ähnlichen Kritik wie seine mystische Auffassung der Urzeit. Dem wirklichen Dichter ist nämlich die Sprache ein Instrument, das er wert hält und sorgsam behandelt und liebt, dem er aber niemals die Herrschaft gestattet, und das er nicht zum Selbstzweck werden lässt. Die Sprache ist ihm dazu da, seine Gedanken, Gefühle und Gestalten auszudrücken und in diesem Sinn kann sie nur als Rohstoff gelten, so wie sich etwa der Bildhauer oder Holzschnitzer um die sonstigen Qualitäten seines Materials, um seine Farbe etwa, zunächst nicht bekümmert oder sogar in dieser Hinsicht neutrale unscheinbare Eigenschaften bevorzugt, um nicht in seiner inneren Freiheit gehemmt zu werden. Dann mag es später freilich, wenn nach der eigentlichen Produktion noch Kraft und Neigung dazu übrig bleibt, sehr wohl geschehen, dass auch die Schönheit oder der Prunk des Materials von ihm mit einbezogen und mit ausgenutzt wird. Aber erst muss der schöpferische Prozess, die Konzeption, vollendet sein und diese vor allem gilt es zu gestalten und nicht etwa lediglich das Stoffliche. Das bleibt selbst für den Fall wahr, wenn etwa dem bildenden Künstler, Maler oder Bildhauer, die Anregung zu seiner Produktion von irgend einem äusseren und glänzenden Farben- oder Materialieneindruck gekommen wäre. Das will nichts beweisen und besagen, da der Anlass und sein Resultat zumeist sehr wenig oder auch gar nichts mit einander gemeinsam haben. Das innere Bild muss fertig sein, ehe am äusseren geformt wird, und die Schönheit eines etwa ausgenutzten Materials steht durchaus im Dienst einer seelischen Konzeption und ist in keiner Weise Selbstzweck, und darum kann es unter gewissen Verhältnissen



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vielmehr geschehen, dass sogar ein hässliches Material bevorzugt wird, wenn es sich den Zwecken des produktiven Künstlers besser anpasst. Genau so aber, oder in einer noch viel strengeren Weise, verhält es sich mit dem Stoff des Dichters, mit der Sprache und mit dem sprachlichen Rhythmus. Wohl wird es auch hier ein höchstes Ideal bleiben, die innere Schönheit der Konzeption und die äussere des Rohstoffes mit einander zu vermählen. Doch nicht immer kann es gelingen und nicht gerade jener wird stets der grösste Lyriker sein, der die wohllautendsten Verse schreibt. Dass grosse und herbe oder irdisch kraftvolle und realistische Naturen nicht gerade auf „Schönheit" hinzielen, wenn sie dichten und schaffen, dürfte reichlich bekannt sein und niemals bestritten, und man wird es ihnen zuweilen verzeihen, wenn sie um ihrer höheren Zwecke willen die Grazie des Rhythmus und die Farbigkeit der Diktion vernachlässigen oder verachten. Aber auch bei offenbarer Ungeschicklichkeit im Gebrauch des Werkzeuges kann hinter einem mangelhaften Sprachkünstler ein sehr bedeutender Dichter stehen, und einer, der schwerfällige Verse schreibt, mag dennoch durch die Kraft seiner Phantasie, durch die Energie seiner Charakterisierungskunst und die Tiefe seiner Empfindung und auch infolge stärkerer Willenskräfte ein grösserer Dramatiker sein, als irgend ein genialer Artist, der nur den Worten zu winken braucht, dass sie ihm in üppiger und strahlender Fülle zuströmen, obwohl er darum kein Dichter wird, weil die Kraft seiner inneren Konzeption vollkommen versagt. Darum unterscheidet man auch Dichtung und Rhetorik und wir alle kennen das Mahnwort Altmeisters Goethe, das Hofmannsthal vergeblich zu entkräften suchte: „bilde Künstler, rede nicht!" Auch als Theoretiker der Sprache ist Hofmannsthal eben wieder von der Sinnlichkeit ausgegangen, von der sensualistischen Mystik. Wenn ihm ein malerisches Wort in wohl-



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lautender Rhythmik an das Ohr klang, dann war es ihm ein mystischer Stellvertreter für irgend eine symbolische Wollust, die er tatsächlich, in realistischem Verstand, doch nicht genossen hatte, wie ja auch nicht jener Wilde getötet wurde, sondern nur das Opfertier, das ihn vertrat. So empfand er das Mysterium der Sprache mit einer Intensität, die ebenfalls etwas Mythisches an sich hatte und an jenen dumpfen Glauben von Priestern der Urzeit erinnerte, die mit magischen Zauberformeln die Natur allseitig umweben und bezwingen zu können inbrünstig glaubten. Wohl mag bei dem späten Nachfahren jener uralten Schamanen ein solcher Glaube seinen primitiven Charakter längst verloren haben und zu einem Symbol geworden sein: im Grunde verfliessen ihm dennoch die Grenzen zwischen Symbol und Realität wenigstens auf geistigem Gebiet, und er meint in vollem Ernst, dass magische und mystische Worte genügen, um eine Welt heraufzubeschwören, einen Organismus, ein Drama. Dieser merkwürdige Irrtum ist von einem seiner plattesten Epigonen, Julius Bab, zu einer Theorie zurecht gestutzt worden, und die gegenwärtige Generation von jungen Schriftstellern scheint tatsächlich vollkommen jede Empfindung für den Unterschied zwischen Rhetorik und Dichtung verloren zu haben. Dabei genügt doch die einfache Erwägung, dass nicht nur das sinnliche, sondern eben so auch das abstrakte, nicht nur das dichterische sondern auch das alltägliche Wort in einer gleich rätselvollen und mystischen Weise Stellvertreter der Dinge ist. Man muss eben so sehr Erstaunen empfinden, wenn ein Geschäftsmann in banaler Prosa über den Gang seiner Unternehmungen berichtet: welch eine Fülle von sinnlichen Gegenständen, von Gefühlen und komplexen Gedankenbezügen ist da in einfache Laute der menschlichen Kehle eingegangen, und das ist ein vielleicht noch geheimnisvollerer Vorgang, als wenn sich im Rund des Auges die unendliche Welt widerspiegelt. Da aber in die-



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ser Weise einfach alles an der Sprache als ein Wunder erscheint, so will es wenig besagen und ist im Grunde nur alberne Oberflächlichkeit, wenn man irgend eine Einzelheit an ihr als Magie empfindet. Man verwundert sich vielmehr gar nicht mehr, weil das Wunderbare zugleich das Selbstverständliche ist, das Alltägliche, und man bleibt schlicht und nüchtern genug, um sich die Unterschiede dennoch nicht verwirren zu lassen. Die sinnliche und abstrakte, die künstlerische und gewöhnliche Sprache participieren an dem gleichen ungeheuren Rätsel, in dessen Umkreis sie zugleich ihr selbständiges Leben führen und sich gründlich von einander unterscheiden. Ebenso gehören auch die Sprache und die Aussenwelt gleichzeitig zusammen und stehen doch in einem entschiedenen Gegensatz, und dadurch wird uns das seltsame Mysterium erst in seiner ganzen Tiefe erschlossen, während Hofmannsthal immer nur die eine Seite sieht oder beachtet, immer nur die Identität. Er selbst ist eben vorzugsweise eine rhetorische und sprachliche Begabung und er hat uns nicht Gestalten mitzuteilen, sondern eine sensualistische Mystik, zu der er uns durch den Wohllaut seiner Rede und die verlockende Üppigkeit des Rhythmus verführen möchte. Dieses grosse Talent der Wortkunst offenbart er am deutlichsten in seiner Prosa, im Essai und Feuilleton und Dialog, und seine Satzgefüge strahlen von üppiger Schönheit des sprachlichen Materials und locken und verführen und beglücken durch den üppigen wiegenden Gang des Rhythmus. Zwischen den Zeilen quillt wie Weihrauch seine Mystik und Mythologie auf, in deren goldigen Dunst dieser feine Kunstkenner seine Gedanken und ästhetischen Theorien gestellt hat. So flutet durch seine Prosawerke eine sehr schwüle und tropische und sublimierte Luft und Atmosphäre, und man möchte sich manchmal abwenden und eine andere Rhetorik wünschen, eine männlichere und grössere. Dennoch werden diese Schriften in der Hofmannsthalschen Produktion



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den ersten Rang behaupten und ganz gewiss eine viel längere Lebensdauer bewähren als sogar seine Gedichte und vor allem als seine Dramen, die in Wahrheit eine der erstaunlichsten Verirrungen der modernen deutschen Litteratur bedeuten. Seine beiden Dramen „ödipus" und „Elektra", die ihm endlich die Berühmtheit jenseits der Kennerschaft einbrachten, bedeuten eine Übersetzung der griechischen Tragödie in modernes Barock, während der Dichter wahrscheinlich geglaubt hat, dass er im Gegenteil den innersten Sinn jener grossen hellenischen Überlieferung wieder enthüllt und wieder hergestellt hätte. In seinem seltsamen Ödipus-Drama wollte er seinen grossen Vorgänger aus dem Zeitalter des Perikles gründlich verbessern, und so widerfuhr ihm das Unheil, den Begriff des Schicksals und des Mythos, die Sophokles sorgsam auseinander hielt, einander gleich zu setzen. Der grosse athenische Tragiker hatte seine ganze Aufmerksamkeit lediglich auf das Schicksal konzentriert und die eigentlich mythischen Begebenheiten fast völlig in die Vorfabel verlegt. Für ihn sind die früheren Taten des ödipus weiter nichts als die längst feststehende Voraussetzung, die nunmehr ihre unentrinnbaren Folgen hat, und lediglich für diese schlimmen Konsequenzen erweckt er und erwartet er ein menschliches Interesse. Dass ödipus den Vater erschlagen und von der Mutter Kinder empfangen hat und dass sich auf diese Weise ein verhängnisvoller Orakelspruch erfüllte, sind nun einmal unzweifelhafte Tatsachen, über die weiter kein Wort zu verlieren ist, während es ein banges Mitleid erregen muss, wenn ein edler und hochstehender Mann sich selbst ohne Ahnung den Abgrund gräbt. Die Hauptursache dieser Wirkung auf unser Gemüt beruht in der Weisheit des Dichters, der es verstanden hat, den uralten Mythos in den Dienst der Logik zu stellen und die durchschlagende Wucht der Schlussfolgerung durch eine im Hintergrund



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stehende Mystik noch zu vertiefen und zu unterstreichen. Die griechische Tragödie, die in ihm kulminiert, hat sich ja gerade dadurch entwickelt, dass sie den Mythos aufhob, indem sie ihn, im Sinn der Philosophie Hegels, aufbewahrte. Hofmannsthal schlug den entgegengesetzten Weg ein, was von ihm nicht weise gehandelt war, wenn ihm auch, bei seiner individuellen Anlage, kaum etwas anderes zu tun noch übrig blieb. Zugleich zwang ihn die Unerbittlichkeit der dramatischen Form und des modernen Zuschauers, dieses mythische Element mit naturwissenschaftlicher Psychologie zu erfüllen und dadurch womöglich zu erklären. Aber der psychologische und menschlich moderne Vorgang in dem Hofmannsthalschen Ödipus-Drama steht in schreiendem Gegensatz zu dem urzeitlichen Barbarentum, das als Stimmungsatmosphäre heraufbeschworen wird. Da ist zunächst ein junger und keuscher Mensch von vornehmer Gesinnung dargestellt, der die Leiden der Pubertät zu erdulden hat. Wohl will sich zuweilen die Sinnlichkeit in ihm regen, und ihn bedrängt gar manche Gunst und Huld, die ihm von Frauen dargeboten wird. Aber die Scham ist stark in seiner Seele, ein auserlesener und hemmender erotischer Idealismus, der sich von seiner Sehnsucht nichts abhandeln lässt und das Vollkommene begehrt oder entsagt. Dann endlich kommt sein Tag, und er findet eine Frau, mit der sich in verhängnisvoller Stunde sein Weg kreuzt. Sie gehört nicht mehr zu den jüngsten, sondern sie ist femme de trente ans, vielleicht sogar schon de quarante ans, und sie hat in ihrer Ehe ein typisches Schicksal erlebt, wie es gar nicht selten ein schlimmes Frauenlos unserer Tage zu sein pflegt. Es war eine Ehe und keine Liebe, oder nur eine früh erloschene, die bitter enttäuscht wurde. Vielleicht gebar sie Kinder und vielleicht auch nicht, aber sie hat nicht gelebt und ihre Seele erwachte nicht, so dass sie, die Witwe, immer noch an der Müdigkeit der unerfüllten Sehnsucht leidet. Gerade ihr begegnet der anspruchsvolle schwärmen-

sehe Jüngling, und Liebe und Leidenschaft führen sie ohne Widerstand zu einander, und sie glauben voll Trunkenheit und Glück an endliche Erfüllung. Ein melancholischer Skeptiker mag freilich zweifeln und sich fragen, ob dieses ungleiche Ehepaar nicht schmerzlichen Enttäuschungen entgegengeht. So klingt die Hofmannsthalsche Tragödie aus, wenn man ihre bunt bemalten Koulissen und wallenden (}ewänder und Weihrauchdämpfe beseitigt. Der phantastische und im übrigen echt moderne Jüngling, dem dieses fragwürdige Glück widerfährt, wird von ihm auf den stolzen Namen ödipus getauft, während die Frau in dem unbestimmbaren Alter zwischen fünfundzwanzig und fünfundvierzig sich den ebenfalls sehr ehrwürdigen und sehr mythologischen Namen Jokaste gefallen lassen muss. Warum auch nicht? Warum sollte ein Dichter nicht die Erlebnisse seiner Zeit in uralten Stoffen wiederfinden oder sie auch auf sie übertragen, wenn es ihm nur gelingt, das Älteste und das Jüngste zum allmenschlichen Organismus zu verschmelzen. Wenn es ihm nur gelingt, oder, mit anderen Worten, wenn das Neue im uralten Stoff wirklich längst schlummerte, worüber sich aber im vorliegenden Fall der Herr von Hofmannsthal gründlich getäuscht haben dürfte. Denn auf diesen sensiblen und übersinnlich-sinnlichen Jüngling passt die Sage vom Vatermord und von dem Ehebündnis mit der Mutter genau so wie der Mantel eines Riesen der Vorzeit auf die schmächtigen Schultern eines modernen Litteraten. Der Übergang aber, das angeblich psychologische Bindeglied, soll darin gefunden werden, dass der Hofmannsthalsche ödipus von allerlei Rassen- und Vererbungstheorien läuten gehört hat — er hat nämlich entsetzlich viel gelesen — und daher aus seinen Pubertätsängsten gewagte Schlussfolgerungen zieht. Er stammt von uralten Königen ab, unter denen sich finstere Gewaltnaturen befanden, in deren Verliessen ganze Völker geschmachtet haben. Wie leicht könnte der Enkel solcher Ahnen, kraft der natürlich un-

— no — entrinnbaren Gesetze der Vererbung, „rot" sehen, wie französische Schriftsteller des zweiten Kaiserreiches zu sagen pflegten, und in einem solchen Moment der Besessenheit wird er nach dem Schwert greifen, nach dem Stein, nach der Keule oder nach dem Baumast, um den Schädel des Vaters zu zerschmettern. Darum kann das Orakel allerdings eintreffen, und es wird eintreffen, wenn er wieder nach Korinth zurückkehrt.*) Wenn ödipus nichts von Vererbungstheorien wüsste und nicht mit einem vorbehaltlosen Glauben dem Orakelspruch vertraute, dann würde er sich gewiss nicht in dieses wirre und mystische Labyrinth hineinstürzen, sondern sich vielleicht sogar sagen: trotz meiner Leidenschaft und meiner reizbaren Empfindung ist ein Vatermord bei mir ausgeschlossen, da ich kein Barbar bin, wie fabelhafte Ahnen aus urgrauer Vorzeit, sondern ein moderner Intellektueller. Noch weniger brauchte er den grausigen Inzest mit der Königin von Korinth zu befürchten, mit dieser Mutter, die er als adligste der Frauen gleichsam nur von fernher mit frommer Scheu verehrt, und aus deren Wirken er sich, wie so mancher junge Mensch, sein Frauenideal gebildet hat. — Diese Frau wird wahrlich nicht seine Begierde reizen, wenn auch der Dichter einige sinnliche Momente betont, ödipus spricht von dem adligen Gang der Mutter und von ihrer Herkunft aus ältestem Göttergeschlecht. Aber das ist erklärender Zusatz und eine psychologische Erläuterung, die fragwürdig wirkt, weil dennoch der Eindruck von dem Edelsinn und der stolzen Reinheit dieser Jünglingseele weit*) Randbemerkung: er weiss garnicht, ob der König von Korinth sein Vater ist und nicht vielleicht nur sein Adoptivvater. Da diese letzte Möglichkeit besteht, so müsste ödipus fürchten, seinem Erzeuger in der Fremde zu begegnen. Diesen naiven Fehler der alten Sage brauchte Sophokles, der den Vatermord in die Vorfabel verlegt, nicht zu beachten, während Hof mannsthal reichlich Veranlassung gehabt hätte, gerade dieses Motiv in allen Farben spielen zu lassen, statt alles und jedes auf die dumpfe Verworrenheit eines jungen Menschen abzustellen.



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aus überwiegt. Zum Überfluss— wieder freilich ein fragwürdiger psychologischer Zusatz — muss ödipus auch noch versichern, dass seine Mutter, die Königin von Korinth, freilich schon eine alte Frau wäre. Nun denn, bei Allvater Zeus und bei Hekate, weshalb traut er dennoch diesem stupiden Orakelspruch und jenen vielleicht nicht minder stupiden Vererbungstheorien unserer Zeiten. Er hätte doch wohl allen Anlass gehabt, ein wenig auch an sich selbst zu glauben, und er sollte sich sagen, dass wir über die Gesetze der Vererbung nichts wissen, während wir durch eigenes inneres Erleben genugsam, ja sogar im Ubermass, Erfahrung über die Kraft unserer Seele erwerben. Zum Unglück und schlimmen Leidwesen ist der gute Junge einfach wie vor die Stirn geschlagen und sein Gewissen durch den tückischen Natternbiss des Orakelspruches in heilloser Weise erkrankt, obwohl allerdings der Dichter glauben machen möchte, dass ödipus, im Gegensatz zu dem seelenkranken Kreon, ein ungrüblerischer Mann der entschlossenen Tatkraft wäre. Also ein bereits phantastisches und ungeheuerliches Ubermass auf der einen und unbekümmerter kecker Zugriff auf der ändern Seite: das möge ein Dramatiker, wenn er kann, in psychologischer Weise motivieren und darstellen, nur dass er uns nicht, wie ein Dramatiker um 1820 herum, mit einem sogenannten Schicksal abzuspeisen versuche. Dieser Hofmannsthalsche kuriose ödipus lässt sich reinlich in zwei Hälften scheiden, ödipus I. ist der feinfühlige moderne Intellektuelle, während ödipus II. jenem besessenen Menschen der Urzeit gleicht, der mit Wollust als ein Opfertier zu sterben glaubte. Wie der Taschenspieler zwei Becher, so wirft der Dichter die zwei Gestalten und Psychologien durcheinander, bis unser Blick nicht mehr zu folgen vermag, und im Notfall müssen, wie in einer grossen Oper, aus den Lüften her die in den Elementen aufgegangenen Ahnen des guten Jungen mystische Lieder auf ödipus den Zweiten anstimmen, der allerdings der ihrigen einer ist, während ödipus der Erste gar nichts mit ihnen zu schaffen hat. Ein



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Beispiel statt vieler für den fürchterlichen Unfug dieser Schicksalsdramatik! ödipus hat den Lajos, seinen Vater, unwissentlich erschlagen und wird nun von den Dienern des getöteten Königs bis in den Fluss hinein verfolgt. Schon haben sie Hand an ihn gelegt, aber sie werden von den Wellen verschlungen, und diese Wellen sind nichts geringeres als die Ahnen des ödipus — ja wohl, die Ahnen des ödipus. Diese alten sonderbaren Könige sind in die Elemente eingegangen, und sie retten den späten Enkel, den sie für die Blutschande mit der Mutter aufbewahren. In der Tat, hätten die Diener ihn ergriffen, so hätten ihm in Theben wohl andere Geschicke geblüht, statt verbotener Ehefreuden, und auf diese Weise wird die Macht des Schicksales und das verhängnisvolle Gesetz der Vererbung und die unheimlich mystische Kraft der Blutgemeinschaftskette symbolisiert. Wenn das nicht eine so klägliche Veräusserlichung ist, wie jemals eine aus der vielverlästerten Zeit der Schicksalsdramatik, dann sollte man für immer aufhören, Kritik und Wertabschätzung zu treiben und sich über gar nichts mehr in der Welt verwundern. Der Dichter aber griff eben zu solchen Mitteln und Mittelchen, weil er sich nicht mit der für mythische Zwecke allein möglichen Psychologie begnügt hatte: nämlich mit der Besessenheit. Allerdings konnte er in einem Drama gewisser intellektueller Motive und Willensrichtungen nicht gut entraten, wobei er von der Gefahr bedroht war, aus dem Bereich des Mythos herauszutreten, und so musste er zuletzt sogar zu dem traditionellen und rein äusserlichen Apparat jener Epigonen der zwanziger Jahre greifen, über die er sich wahrscheinlich als moderner Künstler erhaben dünkt. Überall durchziehen diese drei Elemente, ohne sich jemals zum Gebilde zu kristallisieren, das Hofmannsthalsche ödipusdrama: äusserliche Mythologie, Besessenheit und moderne Psychologie. Am besten und eigentlich allein gelingt ihm selbstverständlich die Besessenheit, das Grauen, eine sinnlose und wütende Angst der Volksmassen und der

Einzelnen. Aber sobald er auf feinere psychologische Probleme stösst und zwischen ihnen und dem Mythos vermitteln möchte, versagt sein Können und sogar seine Wortkunst. Wie so gar nicht vermag er aus den ungeheuerlichen Fabelwesen Menschen zu entwickeln, und wie ist selbst noch dieser Kreon, in den er einen persönlichen Schmerz und ein persönliches Bekenntnis über die Schranken des eigenen Wesens einfliessen Hess, eine Figur von phantastisch übersteigerter und völlig unmöglicher Passivität, ganz eben so lediglich ein Bündel aus Widersprüchen zwischen Menschentum und Mythos wie ödipus selbst. Überall in solchen Fällen wird schäumenden Mundes geredet und in rhythmisch-malerischer Weise analysiert; niemals aber gestaltet, nichts in Plastik umgesetzt und zwischen hindurch, wenn er sich nicht mehr zu helfen weiss, klappert jener äusserliche mythologische Apparat der zwanziger Jahre. Wenn wir aus dieser Fülle und diesem Wust den dichterisch-menschlichen Gehalt herauszuschälen versuchen, dann ergibt sich der erwähnte dünne Konflikt und psychologische Vorgang, der vielleicht zu Ibsenschen Familientragödien ausgereicht hätte. Wäre Hofmannsthal von der Natur nicht zum rednerischen Künstler sondern zum Dichter bestimmt gewesen, dann hätte ihn ganz von selbst sein Instinkt dahin geführt, und er hatte auch wohl vermocht, seine mythischsinnliche Anlage in eine entsprechende Form von kleinerem Umfang niederzulegen: in Balladen voll einer gestalteten Mystik oder in unheimlich reizvollen Märchen und Legenden.*) Dass er statt dessen die ganz und gar nicht dazu prädestinierte dramatische Form erwählte, lag einfach und allein daran, dass sein rethorischer Trieb sich im Monolog (verschleierte Monologe sind alle seine Dramen) leichter entladen und zugleich für den oberflächlichen Blick verbergen *) Wenigstens eine solche Erzählung ist ihm nicht misslungen: das Märchen der 2071. Nacht. L u b l i n a k i , Auegang der Moderne.

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konnte. Wen darüber sein Odipus vielleicht täuschen könnte, für den gibt es gegenüber der Elektra gar keine Zweifel mehr, und hier verlohnt es sich nicht der vielen Worte. Wieder steht die moderne Psychologie im Widerstreit zum mythologischen Stoff, wenn auch kein ganz so krasser Gegensatz zu Tage tritt, wie im Odipus, da es hier auf die alte Fabel überhaupt nicht mehr viel ankommt, sondern auf hysterisch wilde Monologe, die von Anbeginn in höchster Steigerung einsetzen. Der Zwiespalt der modernen Seele, den Hofmannsthal in diesem Drama darstellen will, entsteht gemeinhin dadurch, dass die Natur von der Zivilisation oft unterdrückt und nach innen gedrängt wird, bis sie sich in einer unerwarteten und krankhaften, manchmal selbst in einer furchtbaren Weise einen Ausbruch verschafft. Dieses Schicksal bedroht in aufgeregten Zeiten, die noch ohne einen Kulturstil sind und sich gleichzeitig im Käfig der Zivilisation eingesperrt fühlen, so ziemlich jeden von uns, und am meisten wohl die Frauen, besonders edle und ethische Naturen unter ihnen, die ohnehin weit eher geneigt sind, sich von der Natur, zumal von der Geschlechtsnatur abzukehren, um enthusiastischen und idealen Pflichten zu genügen. Aus Verkümmerung und gewaltsamer Unterdrückung mag dann jene Hysterie entstehen, auf die der Professor Freund aus Wien, ein Berater der dortselbst wohnenden Litteraten, die ganze Psychologie reduzieren möchte. Hofmannsthal liess sich, wie immer, von solchen modernen Theorien inspirieren und kam auf die Idee, die Elektra des Sophokles in eine wild gewordene Hysterische umzuverwandeln. Bei Sophokles wird die Tochter Agamemnons aus sittlicher Empörung und aus einem gesunden Hass gegen ihre Unterdrücker zu sehr leidenschaftlichen und manchmal erbarmungslosen Ausbrüchen wie Taten hingerissen. Diese spezifischen Motive der Situation drangt Hofmannsthal nach Kräften in den Hintergrund zurück,

— us — dass sie gegenüber der hysterischen Tollheit einer entfesselten Mänade fast vergessen werden. Elektra ist einfach erfüllt von Blutrausch und von rätselhaften Seelenkräften, und so rast sie und schwelgt sie in wüsten Visionen. Auch wo sie scheinbar Willen und Zielbewusstsein und planvolle Leidenschaft offenbart, auch da erweist sich ein solches Tun am Ende ebenfalls als instinktiver Ausbruch des maniakalischen Wahnsinnes, und wenn der Dichter uns manchmal vorspiegeln möchte, dass Elektra aus sittlicher Leidenschaft so weit herabgekommen wäre, so kann man ihm darauf erwidern: jedenfalls ist jetzt das Ethos von der Hysterie vollkommen verschlungen und kümmert uns daher nicht weiter. Hofmannsthal umging eben das Problem, da er uns nicht Natur und Gesetz im Kampf und Zwiespalt und in ihrer höheren Einheit offenbarte; sondern er gab die entfesselte und krankhafte Natur, die nur noch Barbarentum, nur noch Mythos und Monolog war, aber kein Drama. Am besten gelang ihm die Gestalt der Klytämnestra, weil er da nur eine Linie, ein Bild, einen Rhythmus zu geben hatte. Jenen Rhythmus der mykenischen und archaischen Kultur, deren massiger Reichtum, durch die Gräberfunde der letzten Jahrzehnte wieder an das Tageslicht der Geschichte emporgehoben wurde. Aber auch in diesem Umkreis hat er doch nur jenen Wilden geschaut, der im Opfertier sich selbst schlachtet; und nicht jenen ändern, der voll Besonnenheit über seine Herde waltet und den Göttern eine freiwillige Gabe bringt.*) Hugo von Hofmannsthal ist der typische Neuromantiker unserer Tage, und in ihm haben sich ein Talent und eine Richtung in einer Weise mit einander vermählt, dass er eine symptomatische Bedeutung für die Gegenwart in Anspruch nehmen darf. Auch ist es möglich, dass er in diesem Sinn Aufmerksamkeit bei der Nachwelt erregen *) Auf das „Gerettete Venedig", das schwächste seiner Dramen, wurde bereits in einem anderen Zusammenhang verwiesen. 8·

— no — mag, die ohnehin manche seiner Prosaschriften übernehmen dürfte. Doch für uns ist er hauptsächlich von Bedeutung durch seine Missgriffe und schweren Mängel, und man darf ihn jenem „kranken Pferd" vergleichen, dessen Bild in den Stuben der Bauern hängt, damit sie jederzeit einen Anhalt haben, um Krankheit und Gesundheit zu unterscheiden. Hofmannsthal kann uns darüber belehren, dass ein Drama nicht möglich ist, wo ein Wille fehlt, der stärker als Natur und Stimmung ist; und wo ferner der Glaube an die Vernunft fehlt, die über maniakalische Besessenheit zu triumphieren vermag. Und er gemahnt daran, dass der Mythos höchstens die Wiege des Dramas gewesen ist, jedoch nicht sein Ursprung, da es auch bereits bei primitiven Menschen in der Logik und in der Zielbewusstheit gewurzelt hat. Vor allem wird aber an seinem Beispiel ersichtlich, dass die üppigste Rednerpracht und ein verfeinertes Formgefühl die Kraft der Gestaltung und den Verdichtungsprozess nicht ersetzen, und dass sogar eine schier mystische Empfänglichkeit der Sinne, die vielleicht dem Maler genügen mag, für den Dichter nicht ausreicht, der geistiger Eigenschaften, die aus einer grossen und organisierenden Vernunft kommen, nicht entraten kann. Hofmannsthal bildet durchaus die Ergänzung zu dem naturalistischen Drama, das in Gerhart Hauptmann gipfelt. Die „Weber" und der „Fuhrmann Henschel" haben uns ungefähr gezeigt, wie weit man mit dem Milieu-Drama zu kommen vermocht hat; und in den Dramen Hofmannsthals hat die Abhängigkeit von der Stimmung und Seele, von einem jede Individualität verschlingenden Allgefühl ihre zur Not noch mögliche dramatische Form allerdings gefunden; — bereits eine barocke Unform. Bei beiden Dichtern ist im Keim eine neue und moderne Tragik verborgen, die aber auf diesem Seelenboden nie zum Wachstum gelangen wird. Das Milieu vermag unter Umständen zu binden und zu

einem tragischen Schicksal zu werden; weit mehr noch vermag es vielleicht ein pantheistisches Allgefühl. Aber bisher sind diese Mächte in einem so kleinlichen Sinn genommen worden, dass sie auch nur für kleine Menschen zum Schicksal werden konnten: für Willensschwächlinge bei Gerhart Hauptmann und für Besessene bei Hugo von Hofmannsthal. Wenn das auf den Dichter gemünzte Wort Goethes: „bilde Künstler, rede nicht" noch Geltung beanspruchen darf, und wenn in der Kunst über der äusseren die innere Form steht und über der inneren Form die plastische Gestaltungskraft: dann ist dieser üppige Meister des wollüstigen Wortes, dieser Schöpfer einer sinnlich reizvollen und manchmal ätherischen Prosa, der bestrickende Artist und sensualistische Mystiker und Mythologe — ohne weiteren Umschweif, dann ist Hugo von Hofmannsthal das vollkommene Gegenteil eines Dichters.

Das Drama und seine Führer Das Aufkommen Hofmannsthals hängt ursächlich mit jener Abkehr vom naturalistischen Drama zusammen, die zu Ausgang des Jahrhunderts allgemein zu werden begann. Diese Richtung hatte ihr letztes Wort mit dem „Fuhrmann Henschel" gesprochen und damit offenbart, dass auf ihrem Gebiet nur ein sehr enger Kreis auszumessen war. Sehr viel mehr wurde vom neuromantischen Drama erwartet, das aber, als die getreue Antithese, ebenfalls über einen beschränkten Umkreis nicht hinauskam. Noch ist diese Erkenntnis freilich nicht durchgedrungen, und es gibt viele, die sich einbilden, dass sie in Hofmannsthal den Ersatz für Hauptmann gefunden hätten. Trotz-



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dem ist bereits eine Unsicherheit im Bereich der dramatischen Produktion eingetreten, und ein jeglicher macht sich auf eigene Rechnung und Gefahr auf den Weg, und diese Zersplitterung und Anarchie scheint ganz gewiss nur Übles für eine Kunstform zu versprechen, die ihrer Natur nach nur entweder der synthetische Ausdruck der Entwickelung oder gar nichts ist. Die grossen und grössten Dramatiker sind immer und überall auch die grossen Synthetiker ihrer Epoche gewesen, die Exponenten und das letzte Wort ihrer Kultur. Wo es eine solche Synthese einer Zeit nicht gibt, auch nicht im Verborgenen und Verhüllten, da hat es wahrlich nicht Zweck, Dramatiker zu sein, und jedem wirklichen Talent wäre anzuraten, eine fruchtbringendere Tätigkeit zu kultivieren. In gewisser Weise sind der naturalistische wie der neuromantische Dramatiker auch tatsächlich der Ausdruck einer Zeitstimmung gewesen: das Gefühl der Abhängigkeit vom Naturgesetz, das in die Aussen- und auch in die Innenwelt verlegt wurde, hat in solchen Werken seinen dramatischen Niederschlag gesucht und gefunden. Bald aber war das Thema erschöpft, und nun wurde nicht etwa das Problem aufgeworfen, ob diese ganze Richtung nicht dennoch zu Recht bestände und nur vielleicht zu eng gefasst wäre, sondern die Literaten kümmerten sich um ihre Zeit überhaupt nicht mehr, und nur noch um literarische, technische und artistische Problemscherze. Man kam auf den Gedanken, die grossen Dramatiker unserer nachklassischen Zeit wieder hervorzuholen und von ihnen zu lernen. Am gründlichsten wurden die beiden hohen Meister Kleist und Hebbel von den getreuen Schülern durchgenommen, während Otto Ludwig kaum Beachtung fand und von Grillparzer höchstens einige stoffliche rhythmische Anregungen ausgegangen sind. Kleist hat zweifellos Pate bei den Hofmannsthalschen Dramen gestanden, namentlich bei der Elektra, die weiter



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nichts ist als eine verunglückte und missverstandene Penthesilea. Und Hebbel erschuf ganz im allgemeinen die Athmosphäre für die jungen neuromantischen Dramatiker und mehr noch für die Kritiker, und ein bestimmter Standpunkt zu Hebbel bedingt zugleich eine klare Stellungnahme zu gewissen Experimenten und Theorien unserer modernen Dramatiker.*) Hebbel gehörte zu jenen merkwürdigen Schöpfernaturen, deren grosse Sehnsucht zwar zum Teil auch in der Richtung ihres grossen Könnens liegt, im wesentlichen aber über dasselbe hinausweist. Was er als Dichter vor allen konnte, war dieses: Atmosphäre schaffen. Dagegen gelang es ihm selten mit der plastischen Gestaltung, und seine Menschen wurden von der Luftschicht aufgesogen, wie die Figuren Rembrandts vom Helldunkel. Eine ähnliche gespenstische Wirkung wie von manchen Bildern des grossen Holländers geht von den meisten Dramen Friedrich Hebbels aus: von diesem metaphysischen Helldunkel und diesen fahl beleuchteten Gesichtern und Gestalten. Aber eine solche atmosphärische Stimmung hat eigentlich nicht das Geringste mit dem zu schaffen, was gemeinhin vom Drama erwartet wird, und wer sich selbst prüft, was bei ihm nach der Lektüre oder der Anschauung Hebbelscher Stücke am tiefsten und längsten nachhallt und weiterlebt, wird um das Geständnis nicht herumkommen: die Ballade, die Atmosphäre. Die alttestamentarisch düsteren Volksszenen und die erotische Brunst in der Judith, die Dom- und Begräbnisszene und der brennende Saal mit den verschmachtenden Burgunden, die *) Ich habe selbst einmal die Hebbel-Mode mitgemacht und habe bereits vor zehn Jahren Hoffnungen ausgesprochen, die sich auf ihn bezogen. Wenn ich demnach an diesem Zeitirrtum nicht sowohl beteiligt war, als vielmehr ihn schaffen half, so bin ich nach besserer Erkenntnis um so mehr verpflichtet, dagegen zu kämpfen.



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aus ihren Helmen Blut trinken, in seinen „Nibelungen", die überhaupt nichts sind, als eine riesenhaft unförmige Ballade in fünf Akten; dann die Szene des verfolgten Juden in der Genoveva, jener Ball und Totentanz oder die heiligen drei Könige in „Herodes und Mariamne". Überall Ballade und Atmosphäre, überall Rembrandtsches Helldunkel und Mystik oder Pathologie. Allerdings war er gleichzeitig ein hochgebildeter Sohn seines philosophischen Zeitalters, der sich als solcher mit der Naivität alter Balladendichter nicht begnügen konnte. Von Hegel hatte er die Mystik der Geschichte gelernt, etwas von der Kulturseele vergangener Jahrtausende, und wenn er sich diesen verschollenen Zeiten und Stimmungen und Grüften noch nicht mit jenem malerischen und rhythmischen Feingefühl unserer modernen Ästheten genähert hat, so brachte er dafür seine Balladenseele mit hinzu, die er tief in die Metaphysik der Geschichte und Kultur untertauchen Hess. So konnten ihm ganz wunderbare Figuren und Stimmungen gelingen, wie der „Stumme" in der Judith, wie jener Artaxerxes, diese „Uhr" eines orientalischen Despoten, und die heiligen drei Könige in „Herodes und Mariamne". Das alles gab ihm die Hegeische Philosophie, und von der kaum erst abtretenden Romantik lernte er die Gewalt unterirdischer Gefühls- und Naturkräfte Verstehen, während sein grosser Vorgänger, Heinrich von Kleist, in der „Penthesilea" gezeigt hatte, wie die kulturelle und naturhafte Atmosphäre mit einander zu verschmelzen wären. Freilich besass Hebbel nicht die grosse Gestaltungskraft eines Kleist, wofür er eben jenes Rembrandtsche Helldunkel darbot und ausserdem noch, sein vielleicht grösstes Verdienst, den Begriff des Tragischen, den Schiller vergeblich auf allen Wegen gesucht hatte. Hebbel aber erkannte von Grund aus das Wesen des Tragischen, das er in das Drama einführte. Auch diese Erkenntnis verdankte er der Hegeischen

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Philosophie, weil nämlich die Hegeische Dialektik ihn lehrte, ein scharfes Auge für solche Gegensätze zt haben, die eine innere Verwandtschaft mitten im Zwiespalt offenbarten. Er hat seine theoretische Einsicht in der Sprache jener philosophischen Schule zum Ausdruck gebracht, und es mag geraten sein, ihm auf diesem Wege nicht zu folgen, sondern eine allgemeinere und mehr ästhetische, als philosophische Ausdrucksweise zu bevorzugen. In der Sprache etwa eines Wilhelm von Scholz ergibt sich die Feststellung: Hebbel hat den sich selbst setzenden Konflikt entdeckt. In unserem Vorstellungs- und Gefühlsleben wohnen gegensätzliche Begriffe und Empfindungen, die sonst in der Aussenwelt durch die ganze Breite des Lebens getrennt sind, dicht bei einander: in der Liebe lauert verborgen der Hass, in der Reinheit lauert die Sünde, und die stärkste Macht ist in gewissem Sinn zugleich stärkste Gebundenheit und Ohnmacht, und der Hilfloseste kann in seiner Schwäche eine Waffe besitzen, die ihn zu einer Gefahr für den Starken macht. Wilhelm von Scholz, der Erbe des Theoretikers Hebbel, hat darüber folgende Sätze niedergeschrieben: „Zwei Momente kennzeichnen die Antithesen des sich selbst setzenden Konfliktes: die innere Nähe zu einander und ihre Unvereinbarkeit, ihr unlöslicher Zusammenhang in der Vorstellung, in der sie einander erzeugen, und das Beruhen ihrer Verwandtschaft in ihrer ewigen Urfeindschaft. Dadurch sind die Antithesen mit einander verklammert, kein Zufall führt sie zum Kampf, sondern ihre Wesensnähe." *) Der letztere Satz muss besonders hervor*) Vielleicht kann man, um eine populäre Deutlichkeit zu erzielen, darauf hinweisen, dass etwa die Begriffe hell und dunkel darum zusammengehören, weil sie strikte Gegensätze sind. Ich kann und muss sogar sagen; „es war im Saal nicht hell, sondern dunkel." Aber ich kann gewiss nicht sagen: „es war im Saal nicht hell, sondern 10 Grad Kälte" — weil diese Begriffe nicht notwendige Gegensätze bedeuten und darum auch nicht zur Antithese zu verketten sind.



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gehoben werden: „kein Zufall führt sie zum Kampf, sondern ihre Wesensnähe," weil sich von hier aus der Massstab ergibt, um Hebbel selbst und die dramatische Produktion unserer Tage danach zu messen. Noch ist zu ergänzen, dass diese Wesensnähe und Unversöhnbarkeit der Antithesen eine innere Einheit darstellt, die doch keineswegs nur indirekt, eben auf dem Wege der antithetischen Zugehörigkeit, ermittelt werden kann, sondern zugleich als eine positive Urtatsache unseres Gefühlslebens empfunden wird: als tragische Spannung und Stimmung. Tragisch empfinden bedeutet: vollkommensten Zwiespalt und durch ihn die Einheit empfinden. Wer nur lediglich die All-Einheit erlebt, in der jeder Dualismus verschwindet und aufgelöst wird, der ist ein Romantiker und Mystiker, vielleicht ein sehr hoch stehender und hochbegabter, aber das Wesen der Tragödie bleibt ihm verschlossen; und wer wieder überall nur den Zwiespalt klaffen sieht, mag vielleicht zum Geschlecht der grossen Kritiker und Skeptiker und Rationalisten gehören; — vom Drama aber soll er die Hände lassen, und vor allem von der Tragödie, die seiner Wesensart so vollkommen widerstreitet, dass er gezwungen wäre, sie oder sich selbst zu verleugnen. Dass Hebbel als erster unter den Dramatikern in dieser tiefgründigen Weise die Natur des Tragischen erkannt hat, wird allerdings sein unerschütterliches Verdienst bleiben, wenn es sich auch herausstellen sollte, dass er als Dichter den Forderungen und Erkenntnissen des Theoretikers keineswegs gewachsen gewesen ist, da er vielmehr häufig genug versagt hat, weil ihn sein Talent zu völlig ändern Dingen bestimmte und hintrieb. Doch seine Forderung bleibt als Markstein bestehen, der zwei Zeitalter scheidet, und sie muss heute sogar mit noch viel grösserer Entschiedenheit wiederholt werden. Jedes Drama, das nicht zur Tragödie strebt, zum sich selbst setzenden Konflikt, sondern andere Tendenzen verfolgt — psychologische



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etwa oder ethische oder lyrische, oder auch selbst „dramatische Tendenzen" in einem Zufallsgegensatz — ist eben deshalb ein minderwertiges Erzeugnis, das aus der Entwicklung herausfällt, ausscheidet und sie schädigt, da es die Erziehung des Publikums zur Tragödie durch sein Dasein verhindert. Dieses Urteil würde sogar dann noch sehr viel Geltung beanspruchen dürfen, wenn irgend ein erstes Genie die dramatische Form zu seinen besonderen Zwecken missbrauchen würde, wie es der junge Goethe im „Götz von Berlichingen" und der Schwan von Avon eigentlich Zeit seines Lebens getan hat. Freilich würde ein Weltgenie in anderer Weise reichlichen Ersatz zu bieten haben, während unter den mittleren Talenten unserer Tage, die das Drama notzüchtigen, eine solche überragende Grosse wahrhaftig noch nicht gefunden wurde. Sie wird sich auch nicht finden, da es zum Wesen des Genies gehört, die Entwickelung vorzufühlen und ihr vorauszueilen, und da in unseren Zeiten die tiefste Tendenz einer geahnten Kultur durchaus auf die Tragödie hinweist, auf den sich selbst setzenden Konflikt. Man gehe unsere Lebensverhältnisse durch: überall ein latenter Konflikt, eine geheime Spannung, und zugleich Zusammengehörigkeit und eine gewissermassen labile Synthese, eine Vermittelung und Beschwichtigung, die aus dem dunklen Gefühl der Solidarität entspringt, ohne dass der Stachel des Gegensatzes darum aufhörte, zu bohren und zu wühlen. Am klarsten und am breitesten offenbart sich dieser Sachen- und auch Seelenzustand in den ökonomisch-sozialen Fragen und Kämpfen. Arbeitgeber und Arbeitnehmer stehen sich als gerüstete Gegner gegenüber und fühlen beide, dass sie sich nicht entbehren können. So aber ist es in allen Verhältnissen der Politik und Kultur: der Staat und die Gesellschaft sind heute solche sich selbst setzende Konflikte, sind solche Gegensätze, die sich nirgends entbehren können; eben so die Ge-



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Seilschaft und der einzelne, wie die Tatsache beweist, dass die beiden Geistesströmungen des Sozialismus und Individualismus ungefähr gleichzeitig auftraten und, tiefer gesehen, aus gleichen unterirdischen Quellen geboren wurden. Dieser merkwürdige, intim-unversöhnliche und eigentlich embryonale Zwiespalt beherrscht unser Leben auf den Höhen wie in den Tiefen, auf dem Marktplatz öffentlicher Kämpfe wie im Privatgemach, etwa in der modernen Ehe mit ihrer früher in dieser Weise unbekannten Intimität und feineren Gegensätzlichkeit. Nun ist allerdings in keiner Weise gesagt, dass im Alltagsleben solche sich ewig selbst setzenden Konflikte auch wirklich zum Austrag gebracht würden. Sie werden abgespannt und abgestumpft oder gemildert und durch kluge List gedämpft, da die Realität des Tages heute so gut wie vor Jahrhunderten die Mittel zu finden weiss, um innerhalb der sqheinbaren UnüberwindUchkeiten ein eingeschränktes Dasein mit Behagen zu gemessen. Nur werden dadurch Triebe geschwächt und Konsequenzen umgebogen, und die Besten wären in Gefahr, innerhalb einer solchen ewigen Diplomatie zu verkümmern. Es wäre Utopie, die Zivilisation unserer Tage, wie sie nun einmal besteht, ummodeln und im wirklichen Leben die unzähligen Konflikte tatsächlich entfesseln zu wollen. Aber wo die Zivilisation aufhört, beginnt eben die Kultur, die in einer geistigen Sphäre die letzten Folgerungen zieht und die zusammengepressten Triebe entladet. Die ewig sich selbst setzende Spannung der Zivilisation muss schliesslich an einer Stelle zum Austrag gebracht werden, wofür in diesem besonderen Fall auch ein besonderes Kulturorgan in Anwendung kommen dürfte: das Theater, das Drama. An sich liegt es schon im ästhetischen Wesen der dramatischen Form, dass sie mit einer geheimen Tendenz zu der Tragödie als zu ihrem Endziel hinstrebt. Denn Kampf und Konflikt ist der Inhalt des Dramas, und der vollkommenste, gleichsam der ideale

— 125 — Konflikt ist jener, der sich selbst setzt. Dennoch aber sind grosse Dramen, Werke ungewöhnlicher Dichter, möglich gewesen, die in diesem strengen Sinn niemals Tragödien waren, da frühere Zivilisationen, zum Beispiel das Zeitalter Shakespeares, von anderen und minder eng verflochtenen Gegensätzen und Kraftspannungen beherrscht worden sind, und da das Drama durchaus und überall das ideale Organ für die specifische Konfliktform einer specifischen Kultur bedeutet. In unseren Tagen ruft die Willensseele der Zeit nach der intimen und dualistischen Verflochtenheit der Tragödie, und die allgemeinste ästhetische Form, eben das Schauspiel, hat sich dieser Forderung zu fügen, anstatt sich der geistreichen und willkürlichen Laune einzelner Litteraten preiszugeben. Als Erster hat Friedrich Hebbel diese neue Situation erkannt und formuliert. Ihn mag vor allem jenes tiefe und gewaltige Gefühl der tragischen Notwendigkeit — die Schicksalsempfindung im König ödipus — als eine balladenhafte und mächtige Stimmung gefesselt haben. Denn wo der Konflikt sich selbst setzt, da ist auch Notwendigkeit und Schicksal, weil die Gegensätze nicht durch äussere Zufälligkeiten, sondern durch die Natur der Sache, durch das Wesen unserer Vernunft und Seele, veranlasst werden. Hier findet, durch dieses Gefühl eines Fatums, etwas wie eine Annäherung an wahrhaft mythische Urempfindungen statt, aber eine, die nicht aus wühlender Stimmung und seelischer Anarchie herkommt, sondern aus der strengsten Logik, aus der Dialektik, und hier haben wir die einzige Art von Mythologie, die im Drama fruchtbar werden könnte, weil sie den beiden zusammengehörigen Gegnern ihren Willen nicht bindet, sondern steigert. Beide Teile haben Recht, Judith und Holofernes, und sie sind nicht schwächliche Wesen von hilfloser Abhängigkeit, sondern heroische Gestalten, über denen aber eine noch höhere Gewalt als Stimmung und Einheit herrscht: das Problem der Erotik, das Mysterium



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der geschlechtlichen Dialektik. So wenigstens hat Hebbel sich seine Judith als dramatische Conception offenbar gedacht, während die dichterische Ausgestaltung nach einer anderen Seite hingelenkt wurde. Der-Feuilletonist Alfred Kerr, der manchmal an der Oberfläche richtige Dinge sehen kann, sprach gelegentlich einmal das gar nicht üble Wort aus, dass Hebbel immer zugleich ein Tüftler und ein Rasender wäre. Der Rasende, das war der grosse Stimmungs- und Balladendichter, der in einer zusammengeballten Atmosphäre lebte und aus schwarzen Wolken der Leidenschaft und Metaphysik seine grellen Blitze zucken liess; jener Hebbel, der die Volksszenen in der Judith geschaffen hat. Der Tüftler aber, das war der Intellektuelle aus der Schule Hegels, der tiefblickende Zeitpsychologe, der neue Wege der Entwickelung und des Dramas ahnte, und, seinem specifischen Talent zum Trotz, im Dienst dieser Entwickelung wirken wollte. Hier musste er versagen und kam allerdings nicht über Tüfteleien hinaus, über verwunderliche und verschnörkelte Konstruktionen von einer dürren und mathematischen Art, die in einem höchst sonderbaren Gegensatz zu der ursprünglichen Wildheit seines Wesens standen. Gerade die Judith bezeichnet diesen tiefgehenden Zwiespalt z\vischen Können und Wollen, Instinkt und Vernunft in einer für seine Produktion klassischen Weise. Paul Ernst hat in seinem wertvollen Buch „Der Weg zur Form" dem Hebbelschen Drama eine Fabel von eigener Erfindung als Schulbeispiel gegenübergestellt, und in dieser prinzipiellen Frage ist es erlaubt, auch mit Konstruktionen zu arbeiten, so lange die neue und zukunftsträchtige Idee nicht ihren Körper gefunden hat. Also: ein Mädchen der belagerten Stadt fällt in die Hände der Feinde, und der Feldherr findet Wohlgefallen an ihr und erhebt sie zur Genossin seines Lagers. Dann aber erfährt sie, dass er geschworen hat, nach der Eroberung der Stadt die Bewohner ohne Erbarmen hinmorden zu lassen. Ihre



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Eltern und Geschwister, die Verwandten und Freunde aus der Kindheit, sind in Todesgefahr und vielleicht empört sich in ihr auch das beleidigte Vaterlandsgefühl: so ermordet sie den Schlafenden auf dem gemeinsamen Lager und errettet ihre Stadt. Zu dieser technischen Konstruktion von Paul Ernst möchte ich als Ergänzung hinzufügen, dass sich innerhalb des festen Rahmens sehr wohl auch jener erotisch-dialektische Dualismus abspielen könnte, der Umschwung, der übersteigerte Liebesleidenschaft in Hass verkehrt. Denn einer gegensätzlichen Empfindung in den dunklen Tiefen des Gemütes würde eine eben solche gegensätzliche äussere Situation entsprechen, die vor der Logik zu bestehen vermag, vor unserer Vernunft und Einsicht. Darauf eben kommt alles an, dass dieser sich selbst setzende Konflikt auch in der leiblichen dramatischen Gesamtlage vorhanden ist und sich gegen die Einwürfe des Verstandes unerschütterlich behauptet. Ein geborener Dramatiker und Tragiker wird schon durch seine Phantasie und Anlage zu einer solchen sicheren Ausgestaltung hingelenkt werden, während Hebbel keineswegs ähnliche Situationen empfand, sondern im besten Fall ein von Stimmungen umwogtes Gemälde, ein Rembrandtsches Helldunkel. Er sah Judith im Zelt und unter den Gluten des Holofernes, oder er sah sie als keusche und erstarrte und vor heimlicher Sinnlichkeit bebende Prophetin unter dem vom Gotteswahnsinn erfüllten Priestervolk. Das Dialektische, der sich selbst setzende Konflikt, wurde bei ihm kein klares dichterisches Schauen, sondern alles blieb mythische Stimmung und Ahnung und Metaphysik und Atmosphäre. Aus diesen Nebeln löste sich dann eine einzelne Gestalt und ein einzelner Fall ab, der aber immer in der Luftschicht verharrte, als ob er wieder in sie zurücktauchen müsste. So empfand der Balladendichter, der später, bei Zunahme seiner plastischen Fähigkeiten, zum Novellisten — dieses Wort im ästhetischen, nicht tech-



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nischen Sinn gebraucht — werden musste. Denn die Novelle: das ist ein Einzelfall innerhalb einer Atmosphäre. Darüber aber ist Hebbels Phantasie, trotz gewaltiger Anstrengungen, im Grunde niemals hinausgekommen. Immer beschäftigte und fesselte ihn ein sonderbarer und interessanter Einzelfall innerhalb einer Atmosphäre von einem viel weiteren Umfang. Daraufhin mag man alle seine Stücke getrost durchgehen: das Allgemeine und eigentlich Dramatische, die klare Situation des sich selbst setzenden Gegensatzes, ist entweder völlig misslungen oder entbehrt der Natürlichkeit und wirkt als eine gewaltsame oder grüblerische Konstruktion. Das Atmosphärische dagegen, das Rasende, gelingt in ausserordentlicher Weise, und der besondere Fall, das psychologische Problem, erweckt zum mindesten Interesse und intellektuelle Wissbegierde, zuweilen auch eine tiefer gehende menschliche Teilnahme. Es ist bei ihm bereits das heute beliebte neuromantische Drama vorgebildet: Stimmung, Mythos, und daneben ein menschlicher Einzelfall mit moderner Psychologie. Auch haftet manchmal seinen Menschen bereits jenes Hilflose gegenüber der Stimmung an, was aber bei diesem Dichter nicht aus der Schwäche und einer Theorie hergeflossen ist, sondern aus der Stärke und Einseitigkeit seiner Begabung für den Dunstkreis, die durch eine ebenbürtige, plastische Kraft nicht balanziert wurde. Ein viel grösserer Plastiker als Hebbel ist fraglos Heinrich von Kleist gewesen, bei dem sich die Kraft, ein Menschenwesen und eine Atmosphäre zu formen, vollkommen die Wage hielten. Aber Kleist, obwohl er einen neuen und tragischen Stil allerdings ahnte, wusste noch nichts von dem sich selbst setzenden Konflikt und war als Dichter und aus seiner Natur heraus einfach ein Novellist, und zwar der bisher grösste der Weltlitteratur. Auch seine Dramen sind solche Novellen, solche Einzelfälle, die bei ihm einen viel ursprünglicheren Ein-



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druck machen, als bei Hebbel, der nur durch ungeheure Willensanspannung seiner atmosphärischen-balladenhaften Begabung Psychologie abzuringen verstand. Darum ist es ein Irrtum, wenn man in diesen beiden grossen Dichtern und grossen Menschen Führer und Vorkämpfer für ein neues Drama zu erblicken glaubt. Man mag Einzelheiten von ihnen lernen, aber kaum mehr; und der Dramatiker Hebbel gehört der Vergangenheit an, ein wenig auch der Ewigkeit, und nur der Dramaturg hat zukünftigen Dichtern noch mancherlei allerdings zu sagen. Gegenwärtig haben diese beiden Gewaltigen durch ihr Beispiel das moderne deutsche Drama eher gehemmt und auf falsche Wege geführt. Eine Zeit lang freilich schien eine andere Persönlichkeit auf die dramatische Entwicklung Einfluss gewinnen zu sollen, eine aus dem Ausland: der geniale Norweger Henrik Ibsen. Auch er wird dem erwähnten Massstab zu unterwerfen sein, ohne dass seine Grosse darum irgend angetastet würde. Denn er hat freilich keine Tragödie schaffen wollen, und der politische und moralistische Instinkt, der ihn, wie jeden echten Dramatiker, beseelte, übernahm in seiner Produktion durchaus die Führung, so dass sich selbständige künstlerische Tendenzen fast wider den Willen des Dichters geltend machten. Ibsen gehörte zu jenen verspäteten Revolutionären, deren Jugend in das Jahr 1848 gefallen war und die nachher im konstitutionellen modernen Staat der Evolution und der Reform nichts zu tun mehr vorfanden. So kam er in jene Zwangslage des Revolutionärs von heute, der die Menschennatur selbst angreift und kritisiert und dabei im Grunde aus lauter Nebenfragen und Kleinproblemen nicht herauskommt. Glücklicherweise war Ibsen nicht nur von einer revolutionären, sondern auch von einer ethischen Tendenz erfüllt, vom Imperativ des Philosophen Kant, und er begehrte die strenge sittliche SelbstL u b l i n s k i , Ausgang der Moderne.

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Verantwortlichkeit des Einzelnen. Damit entfernte sich sein Individualismus sehr stark von dem phantastischen und lyrischen Subjektivismus der Romantiker, und es trat ein allgemeines und synthetisches Element hinzu, wie es kein echter Dramatiker entbehren kann. Wer in künftigen Zeitaltern erfahren will, wie sich am Ende des neunzehnten Jahrhunderts der abstrakte und politische Freiheitskampf in der Seele von Einzelnen zu individualisieren begann, der wird die Werke des Norwegers aufschlagen müssen, die dann, abgesehen von ihrem künstlerischen Wert, auch noch eine sittengeschichtliche Fundgrube für den Historiker und Psychologen bedeuten werden. Ibsens Werk steht unendlich hoch über den Sittenstücken der Schröder und Iffland im achtzehnten Jahrhundert, und er ist dennoch in gewissem Sinn ihr Nachfolger geworden. Jenes Bürgertum in der Periode der Aufklärung hatte so viel mit öffentlichen Angelegenheiten und grossen historischen Aufgaben zu tun, dass es in seinem Privatleben über eine Ethik der Banalität nicht recht hinauskam, während es ohne Frage der Ruhm für die Besten der bürgerlichen Elite der jüngsten Vergangenheit bedeuten wird, dass sie ernstlich nach einer persönlichen Sittlichkeit gerungen haben. So erklärt sich, dass Ibsen, der diese Kämpfe des besseren Bürgertums darstellte, immer noch ein Dichter bleiben konnte, während er nur Moralist und Kritiker zu sein schien. Aber freilich ein Dichter von einer sehr besonderen und durchaus nicht stilbildenden und vorbildlichen Art. Da die Probleme des Privatmenschen doch nur einen geringen Umfang haben, so kann ein Privatmensch, der sie im Übermass wichtig nimmt, gar leicht der komischen oder widerwärtigen Verzerrung verfallen, und Henrik Ibsen, der von seinem unausgelebten revolutionären Pathos gequält wurde, Hess sich diese Gelegenheit nicht entgehen, seinen Ingrimm und eine in-

brünstige Wut gegen die eigenen Gestalten und auch gegen sich selbst, weil er an solchem Tun Genüge fand, mit höhnischer Leidenschaft und bitterster Ironie herauszukehren. Gerade dadurch kam Poesie in diese abstrakten Debattedramen, der verhaltene und wortkarge Lyrismus einer Skepsis, die eine verzweifelnde Resignation war. Soweit der Unbegriff des Tragikomischen*) überhaupt zu verwirklichen ist, wurde er von Henrik Ibsen verwirklicht: der Zwiespalt wurde durch nihilistische Mystik, durch verhaltene Lyrik und durch eine geschmackvolle und raffinierte Ausdrucksform im Dialog mit einer, wie man fast sagen möchte, taschenspielerischen Meisterschaft verhüllt, so dass er sich höchstens einem völlig unbefangenen Gefühl oder sehr scharfen Augen offenbart. Freilich kann diese von ihm mit unfehlbarem Takt eingehaltene Grenze nicht um ein Geringstes mehr überschritten werden, ohne in die Karikatur und Albernheit hineinzugeraten, wie es das Schicksal der Ibsenepigonen Bernhard Shaw und Frank Wedekind gewesen ist. Auch war in dieser Tragikomödie oder ethischen Debatte begreiflicherweise nichts von jener unentrinnbaren Logik des sich selbst setzenden tragischen Konfliktes zu finden. Nur eine Vorarbeit kam allenfalls zustande, indem sein enger Umkreis und sein ethisches Problem ihn zwangen, sehr innige und vielfach ineinander verflochtene Gegensätze auszuformen, ohne dass doch der eigentliche Accent seiner Darstellung darauf beruhte. Wie nahe er dieses Formproblem gestreift hat und wie fern es ihm allerwege blieb, dafür bieten die „Gespenster" den *) Es gibt keine Tragikomödie, sondern höchstens eine Tragödie, in der die Personen Geistesfreiheit genug besitzen, sich durch den Intellekt über ihr Los scheinbar zu erheben und es zu verspotten — was aber die Tragödie nur vertieft. Oder es gibt eine Komödie, die kecker Weise dunkle Gewalten heraufbeschwört und mit ihnen ihr Spiel treibt — die vollkommenste Komödie. 9*

merkwürdigsten Beweis. Hier hat Ibsen tatsächlich einen echt tragischen, weil zu innerer Einheit verbundenen Konflikt unter die Hände bekommen: den Gegensatz zwischen schematischer und persönlicher Sittlichkeit. Auch geht von den Gespenstern eine Wirkung aus, die dem Tragischen nah genug kommen mag und von fernher an den „König ödipus" gemahnt. Aber schliesslich beschäftigte den Dichter doch weit mehr das medizinische Problem der Vererbung von Krankheiten und die Reform der Ehe, so dass der Grundkern entweder gar nicht oder nur in einer ihm wesensfremden, weil tendenziösen Weise zum Ausdruck gelangte. Henrik Ibsen kommt darum für die Fortentwickelung des deutschen Dramas nicht mehr in Betracht, und er weist nicht in die Zukunft, wiewohl er als ein grosser Künstler ein Fortleben bei künftigen Geschlechtern erwarten darf. Auch William Shakespeare kann uns kein Führer mehr sein, wenn auch in der jüngsten Zeit unter dem sogenannten „dramatischen Nachwuchs" ein höchst törichtes und höchst erstaunliches Shakespearemonomanentum zum Ausbruch gekommen ist. Der grosse William, der Dramatiker der Renaissance, dieser Zeit der wilden Willkür und unbekümmerten Leidenschaft, in der alle Institutionen und Gesetze vor dem persönlichen Belieben dahinzuschmelzen schienen wie Märzschnee vor der Sonne: wie hätte er ahnen können, dass es bindende Gesetze der menschlichen Vorstellung gebe, sich selbst setzende und bedingende Konflikte, die aus dem dramatischen Schauspiel die Tragödie der Notwendigkeit entwickeln. Für ihn wie für seine Zeit gab es ja gar keine Notwendigkeit, sondern nur bunte Bilder und Zufälle und eine grandiose Willkür. Welch ein Genie in ihm, dass er trotzdem den Macbeth schuf, und welche Torheit, wenn wir in einer ganz anders gearteten Zeit von ihm lernen wollten. Tat-



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sächlich wird er auch nur in einer eigenartigen und bisher unbekannten Weise von den jüngsten Dramatikern unserer Tage gebraucht oder vielmehr gründlich missbraucht. Er nimmt seine besondere Stellung in der Krisis ein, an der gegenwärtig das deutsche Drama zu leiden hat.

Die Krisis im Drama Jenes törichte Sprichwort, dass „alles verstehen" so viel bedeute wie „alles verzeihen", sollte eigentlich umgekehrt werden und würde dann nicht mehr auf dem Kopf, sondern auf den Küssen stehen. So lange ein Irrtum noch nicht begriffen ist, darf er freilich verziehen werden, während es ein Frevel bleibt, in ihm zu verharren, nachdem er erkannt wurde. Und zumal, wenn bessere Ziele winken und neue Ufer locken, wird man nicht nur das Recht, sondern die Pflicht haben, sehr unduldsam und schroff und ungemütlich zu werden. Wohl haben die jüngsten Entwickelungen des deutschen Dramas ihre guten Gründe gehabt und sind aus einer Zeitlage hervorgegangen und nicht aus der Willkür einzelner Personen. Aber es war der Schaum der Zeit, der diese Dichtungen an den Strand warf, und sie haben nichts mit der Grundwelle unseres Lebens und unserer Kultur zu schaffen. Sie sind daher Wuchergebilde und Uberflüssigkeiten, die dort, wo nur das Notwendige zu herrschen berechtigt ist, als Schädlinge und Ausartungen zu bezeichnen sind, und eigentlich ist gegenüber solchen Missformen nur noch das härteste Wort am Platz. Das Drama soll die höchste Kraftoffenbarung einer Zeit und Kultur sein, und sein Wert wird eben dadurch bedingt, ob es in der Nähe oder weitab von dem Kraft- und Kampfzentrum seiner Kultur geboren wurde, und darum darf hier nicht mehr nur der Subjektivismus einer will-



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kürlichen dichterischen Begabung mitreden, noch darf diese höchste Form, dieses Eigentum einer Gesamtheit, zu wesensfremden Zwecken missbraucht werden. Von dem Augenblick an, wo die innerste Natur und Kraft einer Kultur oder Gesellschaft erkannt wurde, ist auch der allein mögliche dramatische Stil gegeben, und wer davon abweicht, begeht einen Frevel und nebenbei eine ungeheure Dummheit. Denn er erzeugt Miss- und Totgeburten und hat, wenn er wirklich ein „Auch einer" sein sollte, um des augenblicklichen Erfolges willen einen grossen Aufwand schmählich vertan. Heute hat nur noch die strengste Form des Dramas, die Tragödie, eine Berechtigung, weil wir auch im Leben des Tages in einer Atmosphäre von ewig sich selbst setzenden Konflikten atmen und leben. Darin besteht gerade die Grosse der Zeit, dass sie die mächtigsten Spannungen und Gegensätze zu ertragen und in ihren Institutionen wie im Privatleben einzuschliessen vermag. Wo man früher nicht neben einander leben konnte, ohne dass die Schwerter aus den Scheiden flogen und ohne dass die Gewehre losgingen und manchmal die Scheiterhaufen flammten: da kann man gegenwärtig unter einem Dach hausen und inmitten aller Gegensätze die höhere Einheit und höhere Verwandtschaft ahnen, ohne dass es dabei zu schlaffer Abspannung und verächtlichen Friedensschlüssen zu kommen braucht. Freilich ist es zugleich eine Qual und Gefahr, dass doch niemals der Gegner vernichtet und der absolute Sieg errungen wird: leicht kann man bis zur müden Resignation gelangen oder zum skeptischen Nihilismus. Dann würde die Kultur bald ohne Kraft und Mittelpunkt und Herzschlag sein und an ihrer Blutleere versiechen. Die gebändigten und disziplinierten und verinnerlichten Triebe müssen sich darum auf geistigem Gebiet entladen, und der eigentümliche Konflikt des Lebens muss auf der Bühne zur restlosen Lösung gelangen. Wohlgemerkt: der Konflikt des Lebens selbst, der Kampf aus dem Kraftzentrum unserer Kultur heraus!



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Denn, um es immer wieder auszusprechen, es ist ein grosses Leben, das uns umgibt und umflutet, wenn wir nur bis zu seiner Grundwelle hinuntergelangen, und wir haben durchaus das Recht, von den Dramatikern, diesen Dolmetschern der Synthese, zu verlangen, dass sie unsere Existenz nicht verkleinern und verflüchtigen, statt sie zu steigern. Unser gegenwärtiges Dasein hat der Dramatiker dadurch zu erhöhen, dass er es zur Tragödie erlöst, indem er den Konflikt, der sich selbst setzt, in seiner dichterischen Vorstellung zu Ende denkt und gestaltet.*) Das naturalistische Drama konnte dieser Aufgabe gewiss nicht genügen, weil es nur die eine Seite des Problems zu Gesicht bekam: die stärkere Abhängigkeit und Intimität, während es nicht die Spannung und die Kraft und den Gegensatz innerhalb dieses Kreises zu erschauen vermochte. Aber das neuromantische Drama verschlimmerte noch den Missgriff, da es alle Fehler und keinen einzigen der Vorzüge des Naturalismus beibehielt. Während wenigstens die klare und harte Abhängigkeit, dieses eine Element des Tragischen, im Drama Gerhart Hauptmanns und seiner Genossen mit Präzision herausgearbeitet wurde, weiss man gegenüber diesen symbolistischen Stimmungsdichtungen, die in Akte und Dialoge eingeteilt sind, eigentlich niemals, ob es sich um Abhängigkeit oder Willkür handeln mag; ob ein solches Dramengeschöpf seiner Stimmung nachgibt, weil es muss oder weil es will, aus Schwäche oder *) Dieses Beisammenleben in der Intimität der Gegensätze, wie es für unsere sozialen Zustände so bezeichnend ist, hat verschiedene Ästhetiker und Kulturpsychologen auf den Gedanken gebracht, dass es überhaupt mit der Tragödie, die die Gegensätze bis zur Katastrophe zu führen und in ihr aufzulösen pflegt, zu Ende wäre. Das ist jene bekannte naturalistische Verwechselung, die in der Kunst eine Kopie der Alltäglichkeit begehrt. Gerade weil unser Alltag voll ewig unausgelebter Konflikte und gleichsam latenter Tragödien ist, deshalb ist die strengste Tragödie die uns allein gemässe dramatische Form.

— 136 — aus Laune, und zumeist wird dann die Antwort lauten: aus beiden Gründen zugleich. Ich erinnere an den „Zahnschmerz der Seele", mit dem es sich verhält, wie mit physischen Zahnschmerzen: sie können zur Hölle werden, wenn man sich ihnen hingibt. Die neuromantischen Dramatiker brauchen aber eine solche Hingabe an jede beliebige Verstimmung, weil sie eine andere Art von tragischem Schicksal nicht aufzubringen vermögen. Dadurch wird eine Sentimentalität herangezüchtet, die von den Modernen zumeist als eine rühmenswerte Sensibilität gepriesen wird. Auch liegt in dieser Gefühlsverfeinerung allerdings ein Moment der neuen Kultur, wenn sie sich mit Kraft und Willen und Klarheit zu paaren weiss, wovon bei den neuromantischen Dramatikern nicht das Geringste zu bemerken ist. Ihre gepriesene Stimmung wird in zweierlei Art als Requisit verwertet: musikalisch-psychologische und malerisch-ornamentale Stimmungsdramatik. Ein verhüllter oder offenbarer impressionistischer Stil erfüllt alle diese Dichtungen, die eigentlich als Operntexte zu bezeichnen sind, und man muss sehr ernstlich bedauern, dass Richard Wagner einen Hofmannsthal oder Oskar Wilde oder selbst den geringfügigen Vollmoeller nicht mehr erlebt hat. Der echteste Dichter dieser Art von Dramen ist der Belgier Maeterlink gewesen, der in seiner guten Zeit den hohen Takt besass, nur zarte und gedämpfte Empfindungen voll einer inneren und leisen Bewegung zu geben, während er sofort zu einem infamen Librettodichter entartete, als er Kraft und Willen in diese Traumsphäre einzuführen suchte. An Virtuosität und üppiger Sprachkünstlerschaft wurde der Belgier freilich durch Hugo von Hofmannsthal beträchtlich überboten, und dieser Wiener ist wahrlich zu seinem Unglück in die Wortkunst hineingeraten. Seiner mythischen und malerischen Empfindung würde sich in der modernen Musik, im Reich der Epigonen Wagners, wahrscheinlich eine naturgemässere Wirksamkeit erschlossen



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haben. Denn was in der Dichtung zum Barock, weil zur Verzerrung entartet, kann in der Musik noch immer von einer verhältnismässigen Klassizität sein, wie ja tatsächlich das Barockzeitalter die Oper als sein echtestes Erzeugnis hervorgebracht hat. Das ist ein Wink über den Charakter jener Epoche, die von neukatholisch-jesuitischer Phantastik und Stimmungsfülle durch seelt war. Ein Wink auch über den Wiener Hugo von Hofmannsthal und über moderne Neuromantik, wobei noch hinzuzufügen wäre, dass Drama und Oper zwei Strömen gleichen, deren Quellen bei einander liegen, während sie nach ganz entgegengesetzter Richtung in ganz verschiedene Meere fliessen. Hofmannsthals Epigonen haben das Werk des Meisters noch beträchtlich vergröbert und einen dramatischen Typus hervorgebracht, der am besten als Kostümstück zu bezeichnen wäre, weil diese angeblichen Dichter die „Stimmungen" zu Purpurgewändern und Krönungsmänteln zurechtschneiden, hinter denen sie ihre dürren Hampelmänner und zappelnden Gliederpuppen geschickt verbergen. Es mag erlaubt sein, lediglich einzelne Beispiele anzuführen, da es schlechterdings unmenschlich wäre, die gesamte Fülle dieser Nichtigkeiten aufzurollen. Ein junger Autor Bab, schrieb eine „tragische Komödie", — welch eine schielende und zweideutige Bezeichnung — die ganz und gar auf der neuromantischen Weltanschauung der Willkür beruht. Das Problem, das ihn beschäftigte: es gibt nichts Beständiges, auch das Festeste wird aufgelöst, und alles, alles fliesst und zerfliesst. Diese Empfindung kann, wie bei Heraklit und Nietzsche, von einer tiefen und philosophischen Art sein, und es mag in ihr sogar ein mächtiger Heroismus zum Ausdruck gelangen. Einerseits ein Hass gegen alle starre Eingeengtheit und Einzelheit, weil diese Philosophen und Religiösen jenseits von Raum und Zeit die Identität der Dinge zu ahnen und zu erlangen suchen. Eine Torheit,

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aber eine grandiose, deren nur Heldennaturen fähig sind, die zugleich die Problematik des Lebens, das ihnen jeder Zeit ihr Liebstes entreissen kann, zu durchschauen und zu ertragen vermögen. Immer aber ist die Voraussetzung für die Erkenntnis eines solchen „alles fliesst" gerade die Beharrlichkeit — übrigens ein von Imanuel Kant auch theoretisch bewiesener Satz —, die diese Männer zu durchbrechen oder festzuhalten versuchen, und so wird eine Tragödie, die sich auf derartigen Grundlagen aufbauen möchte, allerdings ebensowenig, wie sonst irgend ein Drama, den entschlossenen Willen entbehren können, der im vorliegenden Fall den Gegensatz zum ewigen Wechsel zu bedeuten hätte. Aber Herr Julius Bab ist ein moderner Revolutionär, ein Radikaler, ein Zu-Ende-Denker ersten Ranges, der an Kühnheit die Philosophen aller Jahrtausende weiter hinter sich zurückzulassen entschlossen ist. Darum trägt er den Wechsel, die Auflösung aller Einheit, auch in den menschlichen Willen hinein, in dieses festeste Bollwerk der Beharrlichkeit, und er wagt die Behauptung, dass ich gar nicht wissen könnte, ob ich wirklich Kajus wäre und nicht vielmehr Lucius. Eine verwegene Skepsis, wie man sieht, da keineswegs jener Bewusstseinsschwund gemeint ist, der bei Geisteskranken beobachtet wird, sondern es handelt sich um ein konstruktives Prinzip, um ein Typisches und Allgemeines, um eine umwälzende revolutionäre Weltanschauung von noch nicht dagewesener Tragweite und Grandiosität. Nur kommt freilich dieser Revolutionär als gestaltender Dichter in eine ziemliche Verlegenheit, wie er solche Menschen darstellen könnte, ohne unserer Erfahrung allzu sehr in das Gesicht zu schlagen. Aber der Brave und Entschlossene vertraut sich der Stimmung und dem Kostüm an, das ihn aus allen Nöten bald heraushilft. Mit Behendigkeit führt er uns in eine Künstlerschenke des siebzehnten Jahrhunderts unter übermütige junge Maler, die mit einem reichen Patrizier, der aus Eitelkeit den



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Mäcenas spielen möchte, ihren kecken Spott treiben. Nicht viel weniger verhöhnen sie einen gewissen Cesare Vicenti, einen ganz stumpfsinnigen und heruntergekommenen Farbenreiber, der sich schlechterdings alles gefallen lässt. Ihn hat vor Jahr und Tag die Treulosigkeit der Frau, die er liebte, im tiefsten Kern getroffen, so dass er sich nicht mehr zu erheben vermochte. Also jedenfalls ein schwacher Mensch ohne Kräfte des Widerstands, ohne Willen und ohne Männlichkeit, weil er sonst entweder (das Stück spielt in Italien) Rache genommen oder sich wieder aufgerafft hätte, um durch Taten den wühlenden Schmerz zu betäuben und womöglich zu überwinden. So stumpfsinnig ist aber dieser Cesare bereits geworden, sich willenlos einem frevelhaften Scherz der Künstler zu unterwerfen und sich von ihnen verkleiden zu lassen, so dass er jenem Patrizier und Mäzenas bis zum Verwechseln ähnlich sieht. Dann lässt er sich in das Haus und zur Gemahlin des Patriziers führen, zu der schönen und berüchtigten Elena — zu der Frau, die ihn betrogen und gebrochen hat. Das alles lässt er um einiger Groschen willen und aus Schwäche mit sich geschehen: welch eine Lähmung und unheilbare Zerstörtheit! Aber siehe da, die schöne Elena — nebenbei gesagt, sie bedeutet das „Leben" — fällt ihm mit pathetischer Mystik schlankweg um den Hals, und es geschieht ein Szenenwechsel der wunderbarsten und gewaltigsten Art. Ein Riese ersteht vor uns, ein Willensmensch, ein Held wie Alexander, und Cesare Vicenti, eben erst der stumpfsinnige Zerstörte, zertrümmert diese künstliche Scheinwelt, vernichtet Elena und den Patrizier und den Übermut der Künstlerknaben und lässt sie vor dem Antlitz der Medusa, das er ihnen entgegenhält, erstarren.*) Julius Bab beherrscht entfernt noch nicht die *) Hier ist der flache Autor einem uralten Märchenmotiv in täppischer Weise gleichsam auf den Leim gegangen. Odysseus zum Beispiel verkleidet sich als Bettler und v e r s t e l l t sich in meisterhafter



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Stilisierungs- und Kostümkunst seines Meisters Hugo von Hofmannsthal. Aber die Absicht liegt ja klar zu Tage: durch Stimmungen, Wortvirtuosentum und symbolischmalerische Bühnenbilder soll die Kluft zwischen Cesare dem Willenlosen und Cesare dem Rächer und Helden verschleiert und in Mystik aufgelöst werden. Wozu da auch erst viel fragen und darüber nachgrübeln: alles fliesst, und nicht einmal die Identität der Person steht fest, und das ist schrecklich, ein unheimliches Rätsel voller Grauen und Abgründe. Ihr müsst nämlich wissen, lieben Leute, dass Cesare Vicenti damals nicht er selbst gewesen ist, sondern „der andere". Wann aber war und ist er eigentlich der andere? Vielleicht als Knecht, oder vielleicht als Held: nichts steht fest auf dieser Erde, alles ist voller Rätsel. Darum, ihr lieben Leute, habe ich, der Dichter Julius Bab, ja auch gar nicht etwa eine Tragödie geschrieben und auch keine Komödie und sogar der Ausdruck „Tragikomödie" hat für mich noch immer viel zu viel Bestimmtheit, so dass Weise, so dass ihm jeder seine falsche Demut glaubt — bis die Zeit gekommen ist, die Maske abzuwerfen. Es wäre fraglos ein oberflächlicher und platt naturalistischer Einwand, wenn man auf die „Unwahrscheinlichkeit" einer solchen Situation hinweisen wollte, da das Märchen seine besonderen Gesetze hat, die nicht von der seelischen Realität, wohl aber von der pragmatischen Wirklichkeit abstrahieren. Julius Bab jedoch möchte gleichzeitig von den Gesetzen der Wirklichkeit und denen des Märchens Nutzen ziehen. Sein Cesare Vicenti verstellt sich nicht, sondern seine Demut und Gebrochenheit sollen echt sein. Wenn alsdann die plötzliche Umwandlung als unwahrscheinlich bezeichnet wird, so beruft sich unser Taschenspieler auf die Instanz des Märchens, auf die „höhere Wahrheit der Kunst." So ungefähr verteidigte sich der Schicksalsdramatiker Müllner gegen die Kritik Boernes. Nun war Boerne gewiss kein Mann, der viel von Kunst verstand. Aber gegenüber einem solchen Schicksalsbürschchen hat sein gesunder Menschenverstand Recht behalten. So wird es auch den Schicksalsdramatikern von heute und ihren fadenscheinigen Theorien ergehen: der bon sens wird ihnen gegenüber Recht behalten.

ich vorziehe, „tragische Komödie" zu sagen, und ihr müsst mir die kleine Inkonsequenz schon verzeihen, dass ich eine Umkehr dieser Worte nicht möchte, weil die Bezeichnung „komische Tragödie" von Übelwollenden leicht missdeutet und gegen mich verwertet werden könnte. Mit einer sehr ehrfurchtslosen Dreistigkeit wagte Julius Bab, seiner Nichtigkeit Verse aus dem Amphytrion als Motto vorzudrucken. Es wäre eine Sinnlosigkeit, ein Drama Heinrichs von Kleist mit dem Werk eines Epigonen auch nur zu vergleichen oder den grössten Dramatiker aus dem nachklassischen Zeitalter und grössten deutschen Dichter des neunzehnten Jahrhunderts für die Kindlichkeit eines trostlosen Nachahmers verantwortlich zu machen. Nur zeigt diese Berufung des Herrn Julius Bab auf Heinrich von Kleist, dass allerdings der Dichter des Amphytrion und der Penthesilea als der Ahnherr des Dramas der gegenwärtigen Neuromantik zu betrachten ist, und während Kleist bei alledem ein grosser Psychologe blieb, der gewagte und verworrene Regungen der menschlichen Seele herauszuholen und zu gestalten verstand, ist dagegen bei seinen Nachfahren diese psychologische Kunst längst in die Brüche gegangen und nichts zurückgeblieben als eine kaltblütige Ausnutzung seelischer Seltsamkeiten für Koulissenzwecke. Ein durchaus organischer Vorgang übrigens, da Kleist wenigstens noch durch seine hohe novellistische Begabung befähigt war, für das seelische Problem den äusseren Leib und eine plastische Ausgestaltung zu finden. Die Epigonen dachten aber die vorliegende Aufgabe zu Ende und stützten das ganze Gedicht auf sentimentale Mystik, wodurch bei Hofmannsthal eine dumpfe und mythische Grundstimmung mit der modernen Psychologie in Widerstreit geriet, während ein harmloser Epigone wie Bab überhaupt nur noch dünne Mythologie gab und auf alle Motivierung kurzer Hand verzichtete. Julius Bab hat die Theorie aufgestellt, dass bei

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dem Dramatiker alles auf die Sprache ankäme, während Psychologie und Charakterisierung und Situation und Aufbau ohne Belang wären. Denn auch die „unmöglichste" Begebenheit könnte durch die Sprachkunst des Dichters, lediglich durch diese, zu einer Möglichkeit erhoben werden. Er meint die Sprache Hofmannsthals, die malerische und auch musikalische Elemente in das sinnliche und das üppige Wort einzufangen trachtet, und die tatsächlich diese Dramen zu Virtuosenarien der Wortkunst entarten lässt, worüber genügende Auskunft gegeben wurde. Abe,r Julius Bab liess sich durch die seltsamen Scherze über die Massen bezwingen, so dass nach seiner Meinung jeder moderne Dramatiker einen Tropfen Hofmannsthalschen Blutes in den Adern haben müsste. Bei tieferer Einsicht wäre ihm gerade das Hofmannsthalsche Drama zum warnenden Beispiel geworden, und er hätte seine eigene Produktion nicht mit dem greuelvollen Kostümstück „der Andere" begonnen.*) Doch vor allem muss beachtet werden, dass Julius Bab als einer der umwälzendsten Revolutionäre der Geschichte dazustehen den Ehrgeiz besessen hat. Zwar gelang es ihm so wenig in der Poesie, wie etwa dem Philosophen Mach in der Erkenntniskritik, das menschliche Ich- und Identi*) Da Bab auch als Theoretiker der Richtung aufgetreten ist, so wurde sein Kostümstück als Typus genommen, während andere, bessere oder schlechtere, verschwiegen bleiben mögen. Es tauchte manchmal unter diesen Poeten ein Talent auf, das vielleicht später aus diesem Irrtum, der es jetzt um die tiefere Wirksamkeit bringt, herauskommen wird. Das neue Drama von Julius Bab, das „Blut", das inzwischen erschienen ist, bezeichnet ja allerdings eine sogenannte Entwickelung, da so grob naive Verstösse wie im „Anderen" ängstlich vermieden sind. Dennoch ist es morsch in allen Gliedern, wo man fest zugreift, und die „Poesie" erinnert an die Sentimentalität der Gartenlaube, die hier nur byzantinisch und mystisch „stilisiert" wird. Bab ist einer der heute häufigen Epigonen, die alle Stilmittel der Moderne, die von der vorigen Generation in heissem Kampf erobert wurden, dazu benutzt, um seine Blösse zu



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tätsbewusstsein zu vernichten, und er mag sich mit dem guten lateinischen Trostspruch behelfen: in magnis voluisse sät est. Weit hinter diesem Gewaltigen steht ohne Zweifel der Irländer Bernhard Shaw zurück, dieser possierliche Sprössling aus den Lenden Ibsens, der sich gleichfalls als Revolutionär, wenn auch als ein bescheidenerer, in der Literatur angesiedelt hat, und dem es tatsächlich gelang, seiner Ware internationalen Kurswert zu verleihen und auch auf dem deutschen Markt Absatz zu finden. Folgendermassen hat Bernhard Shaw seinen Meister und geistigen Vater Henrik Ibsen zu überbieten vermocht. Der Norweger schrieb bekanntlich ein Schauspiel der Frauenemanzipation, dessen Ruhm Bereits zu verblassen beginnt. Nora verläset ihren Gatten Hellmer, dieses prächtige Exemplar eines Bildungsphilisters, weil er sie nur als hübsches Spielzeug gehalten hat, so dass das Ideal der jungen Frau von der „wahren Ehe" nicht verwirklicht wurde. Hier also war Ibsen voll einer naiven Gläubigkeit, und er glaubte wirklich, dieser Schwärmer, an die Reform der Ehe und an die Frau und an ähnliche Vorurteile, als ob er nicht ein Revolutionär, sondern ein biederer Philister war. Der Bernhard Shaw jedoch war entschieden ein anderer Kerl, der es, wie der Berliner sagt, helle hatte und sich nichts vormachen liess. Seine Nora, die er Candida taufte, denkt gar nicht daran, um einer wahren Ehe willen den pathetischen und schauspielerisch veranlagten Bildungsphilister von Gemahl zu verlassen, da sie sich in dieser unwahren Ehe ausserordentlich wohl fühlt: sie kann das grosse Kind, ihren Gatten, nach verhüllen. Diese „modernen" Epigonen sind in Wirklichkeit die schwerste Gefahr für die Moderne, und so rechtfertigte es sich, dass einer der hervortretendsten Vertreter dieser Schicht, eben Julius Bab, an dieser Stelle mit einer Schärfe bekämpft wurde, die seiner persönlichen Bedeutung nicht entsprechen dürfte. Aber er ist auch nicht als Persönlichkeit, sondern als Typus anzusehen und als solcher auch zu Einfluss gelangt.

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Herzenslust bemuttern und mit ihm Puppe spielen und hält die Zügel fest in der Hand. Den jungen, stürmischen und idealistischen Dichter, der sie befreien möchte, lässt sie sich mit Vergnügen eine kleine Weile gefallen und weist ihm mit entschiedener Sanftmut die Türe, sobald Gefahr entsteht, dass er sie aus ihrem Bau herauslocken könnte. Aber man meine nur ja nicht, dass Bernhard Shaw in seiner Candida einfach ein Lustspiel, eine Parodie, geben wollte. Gar kein Gedanke, da es auf Grösseres, auf eine Revolution und Umwertung aller Werte und aufwühlende Sozialkritik abgesehen ist. Dieser Bernhard Shaw ist eben einer, der an gar nichts mehr glaubt und beinah schon bis zu dem zerstörerischen Nihilismus von Julius Bab vorgedrungen ist, während er seinen Anreger und Ahnherrn Henrik Ibsen weit hinter sich lässt. Seine gewaltigste Tat als Umwerter und unerbittlicher Nihilist vollbrachte Bernhard auf dem Gebiete der Weltgeschichte, die er, nach einem Ausspruch des Feuilletonisten Alfred Kerr, mit dem Glöckchen eines neuen Erkenners umklingelt hat. Damit man aber die ganze Tiefe der Shawschen Entdeckungen zu würdigen vermag, muss man vor allem in Erinnerung bringen, dass eine Kanonenkugel ein grösseres Loch als eine Flintenkugel zu reissen vermag. Ohne Frage ist diese Einsicht seit Jahrhunderten den dummen Menschen und den Generalen und Feldwebeln verborgen geblieben, und man kann ermessen, welch ein Genie Napoleon Bonaparte war, der endlich dieses tief verborgene Geheimnis an das Tageslicht brachte. Nur ging es dem Bonaparte, wie es manchem Erfinder und Entdecker vor ihm ergangen ist und wahrscheinlich noch Jahrhunderte nach ihm ergehen wird: er machte eine Geheimlehre aus seinem Rezept, das er der getäuschten Menschheit schamloser Weise vorenthielt. So hatte zum Beispiel auch der Feuilletonist Alfred Kerr, gegenwärtig in Deutschland führender Kritiker, keine Ahnung davon, dass eine Kanonenkugel ein grösseres Loch als eine Flintenkugel zu



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reissen pflegt. Er wusste von einer solchen Geheimlehre Bonapartes gar nichts und vermutlich verwechselte er den Kaiser Napoleon mit dem Propheten Moses, der bekanntlich dadurch, dass er zur rechten Zeit die Arme erhob und wieder senkte, den Ausgang des Kampfes zwischen Israel und Amalek entschied. Es ist anzunehmen, dass der führende Kritiker Kerr, bevor die neue Erkenntnis von Shaws Gnaden ihm zuteil geworden, sich den Korsen nach biblischen Erinnerungen als einen solchen Wundermann mit gehobenen und gesenkten Armen vorgestellt haben mag, wenn nicht die Erinnerung an Indianerbücher seiner Kindheit überwog, so dass er den Imperator im Licht jenes Heldentumes erblickte, das als Gloriole das Haupt eines Lederstrumpf, eines Wildtöter und Unkas umleuchtet hat. Der Geist des berühmten Kritikers war offensichtlich von falschen und überspannten Ansichten erfüllt, und wir können begreifen, dass in seiner Seele ein Erdbeben eintreten musste, eine völlige Umwälzung und Befreiung, als jener nächst Julius Bab machtvollste aller Revolutionäre, nämlich Bernhard Shaw, auf der Bildfläche erschien und aller und jeder Heldenverehrung ein Ende mit Schrecken bereitete. Nachdem Alfred Kerr durch Shaw jenes Geheimrezept Napoleon Bonapartes erfahren hatte, war für ihn die Heldenverehrung endgültig erledigt, wenn auch leider sein Fleisch schwach blieb, so dass er gelegentlich in den alten Aberglauben zurückfiel und sich zum Beispiel für den problematischen Heroismus eines Popen Gapon begeisterte, der zu Beginn der russichen Revolution eine ziemlich fragwürdige Rolle gespielt hat. Aber wir wollen es ihm nicht hart anrechnen und uns beruhigen: Alfred Kerr, Feuilletonist und Kultureller, hat diese Atavismen und Rückfälle sicherlich bereut und vor seinem heiligen Bernhard in Sack und Asche Busse getan. Man muss schon so rückständig sein, wie manche Leute eben zu sein pflegen, um der falschen Meinung zu huldigen, dass das Verhältnis L u b l i n s k i , Ausgang der Moderne.

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— 146 — zwischen Kanonen- und Flintenkugel lange vor Napoleon bekannt gewesen ist und dass diese Erkenntnis auch in die Tat umgesetzt wurde, und dass ferner im Burenkrieg englische Artilleristen von den Boers, die doch nur Gewehre in den Händen hielten, glatt niedergeschossen wurden und dass sogar während des letzten Krieges in der Mandschurei immer die Infanterie und niemals die Artillerie die Entscheidung gebracht hat.*) Nach den Behauptungen rückständiger Menschen ist Bernhard Shaw gar kein Revolutionär, kein Umwerter der Werte, sondern nur ein amüsanter Gemeinplätzler, der ohne die Existenz des vollkommenen Trottel ebenfalls nicht existieren könnte: weil dieser ihm die entsprechende Folie und seinen Witzen die Lebensberechtigung gewährt. Shaw wäre in Verzweifelung, wenn es keine Menschen gäbe, die bis an ihr seliges Ende von der Romantik der Indianergeschichten zehren. Wie sollte er sonst auch Revolution machen und Ideale zerstören, um als ein neuer Erkenner den Beifall des Feuilletonisten Alfred Kerr zu gewinnen? Wäre er hundert Jahre früher zur Welt gekommen, dann hätte er höchstens den fürstlichen Absolutismus, das Feudalwesen und eine tyrannische Hierarchie zu bekämpfen gefunden, Mächte und Probleme, die inzwischen erledigt oder auf ihr richtiges Mass zurückgeführt sind, so dass die Revolution unendlich tiefer gehen musste, gleich bis an die Wurzeln, was aber, wie wir wissen, zum Dilettantismus und zur harmlosen Karikatur führt. So hat dieser drollige Shaw die Schwäche des grossen *) Man bewillige mir die sehr ernsthafte und kriegswissenschaftliche Anmerkung, dass es auch in den Napoleonischen Schlachten damit nicht anders war. „Meine beste Infanterie habe ich in Spanien gelassen", sagte Napoleon, als er einmal wegen eines übermässigen Verbrauches von Kanonenkugeln getadelt wurde. Es war ein Notbehelf zur Verteidigung und weiter nichts. Offenbar hat Shaw eine Entdeckung, die er selbst machte, um sie mehr in Umlauf zu bringen, dem armen Bonaparte untergelegt. Das hat Napoleon nicht verdient.



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Ibsen dadurch entlarvt, dass er ihn zu Ende dachte, was ihm freilich nur gelang, weil er überhaupt kein Dichter war, wie doch immer noch der Norweger selbst in· der Karikatur. Shaw als Künstler besitzt einige sympathische Eigenschaften : kecke Laune und einen eigenartigen, zierlich verschnörkelten Dialog. Manchmal hat man den Gedanken, als ob er ein Vorläufer des noch nicht geborenen modernen Lustspieles werden könnte, welches als ein farbiger Seifenball der Kultur für das Lebensspiel und den Übermut unserer reifsten Geister so bezeichnend werden müsste, wie das Lustspiel eines Shakespeare für die Renaissance und das eines Gozzi und Goldoni für die behagliche Lässigkeit des Rokoko. Noch aber sind solche Zeiten der Ruhe und Reife nicht gekommen, noch ist die moderne Kultur nicht da, und so muss sich Bernhard Shaw allerdings helfen, wie er eben kann, und er kultiviert darum lieber seine journalistischen statt seiner künstlerischen Qualitäten, und wir wollen ihm seine trivialen Satyren und Umwertungen gewiss nicht allzu hoch anrechnen. Nur muss es mit tiefem Erstaunen erfüllen, wenn die phantastisch spasshafte Not dieses possierlichen Kleinen mit Grosse verwechselt wird, so dass er sich selbst, im Bewusstsein internationalen Marktwertes, als literarisches Genie bezeichnen durfte. Er ist aber genau so sehr oder wenig ein führender Europäer wie etwa Alfred Kerr ein führender Kritiker in deutschen Landen. Als Dichter hat er weder eine moderne Komödie noch überhaupt ein neues Drama oder eine neue Form gefunden, sondern höchstens die Ibsensche Form als die geheime Parodie, die sie ist, aufgedeckt. Ibsen hätte wirklich keinen Grund gefunden, diesem begeisterten Vorkämpfer und Nachfolger Dankbarkeit zu erweisen. Auch noch ein anderer Ironiker, kein nach Deutschland eingeführter Irländer, sondern ein durchaus einheimisches Gewächs, würde vermutlich von dem grossen Norweger mit einem sehr mephistophelischen Wohlwollen be10*

— 148 — grüsst worden sein. Frank Wedekind ist nämlich nicht nur ein Revolutionär der schon sattsam bekannten Art, sondern ausserdem noch, mit Verlaub gesagt, ein greinendes altes Weib. Ich habe in meiner „Bilanz der Moderne" ausführlich über Wedekinds Lebenswerk, die Lulu-Tragödien, berichtet und hätte mein damaliges Urteil höchstens nach der ästhetischen Seite hin einzuschränken. In Wahrheit ist Wedekind auch hier kein Menschenschöpfer gewesen, sondern einfach ein Parodist, der die impressionistische Technik für seine karikaturistischen Verzerrungen vortrefflich zu handhaben weiss. Diese Pointe, die knappe Linie und grelle Farbe des Impressionismus, dieser Surrogatstil mit einem Wort, hat aber doch nur im Simplizissimus restlose Existenzberechtigung, und er muss für die heruntergekommenen Drang- und Sturmgeister unserer Tage als wohlfeiles Täuschungs- und Selbstbetrugmittel herhalten. Es wäre lächerlich gewesen, wenn Wedekind mit einem hinreissenden und donnernden und weltbewegenden Pathos verkündet hätte: nieder mit dem infamen Märchen vom Klapperstorch. Nieder mit diesem grauenhaften Vogel, und es lebe das Leben! Hätte er in solcher Weise von allen Kanzeln und auf allen Kreuzwegen gepredigt, so würden sich freilich die Sittlichkeitsvereine mit Bannflüchen gegen ihn gewappnet haben, während er von den Unbefangenen nicht als Revolutionär, sondern als komische Figur empfunden worden wäre. Nun aber schrieb er „Frühlings Erwachen" in einem kecken und leichten, sprunghaft impressionistischen Stil. Alles ist auf die Linie und Pointe und gewaltsame Verkürzung eingestellt: so primitive Naturen, wie diese märchenhaft bornierten Oberlehrer und diese Eltern, die an der Fabel vom Storch mit sonderbarer Blindheit festhalten, gibt es sonst nur noch im Reich der Familienwitzblätter und einer ziemlich massiven Satire. Allein die beträchtliche Begabung des Poeten für die Karikatur lässt uns darüber hinwegsehen, weil es unter solchen



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Umständen Pedanterie wäre, Lebenswahrheit und eine reichere Fülle des Seelischen zu begehren. Auch war es ein Glück für die ästhetische Wirkung, dass Wedekind diese kecke Technik gerade dann festhielt, als es die Pubertätsnöte von halbwüchsigen Kindern darzustellen galt. Eine wirklich lebenswahre und psychologische oder plastische Gestaltung hätte kleinlich und widerwärtig zugleich gewirkt und die ästhetische Geringfügigkeit des Themas unbarmherzig enthüllt. Dagegen die impressionistische Andeutung, die mit malerisch-lyrischen Elementen geschickt durchsetzt ist, und eine rasche Folge von kaleidoskopartigen kleinen Bildern (impressionistische Reduzierung des naturalistischen Lebensausschnittes) sind vorzüglich geeignet, dass wir uns auf der Oberfläche von ganz jugendlichen und fast noch unschuldigen und doch schon wieder ahnungsvollen Empfindungen hin- und herschaukeln, und es wird sogar ein Gefühl von Poesie erzeugt, das sich aber im Grundwesen viel weniger von der alten Eugenie Marlitt und von der Gartenlaube seligen Angedenkens unterscheiden dürfte, als man gemeinhin ahnt. Tante Marlitt hat sich inzwischen modernisiert und macht in ihrer Weise sogar Revolution, ohne ihre eingeborene Schwärmerei für die Sentimentalität des Backfisches verleugnen zu können. Um das Ergötzen der Situation zu erhöhen: dieser perverse Pestalozzi (ich will ihn nicht weiter mit einer Frau vergleichen) ist von einem Chorus von jugendlichen und sentimentalen Anhängern umringt, die sich für Himmelstürmer und Revolutionäre halten und sich an Schillers Räuber, an Goethes Faust und an Shakespeare erinnert fühlen. Sie liegen vor ihrem Abgott auf den Knieen, und sie glauben an eine neue Epoche des deutschen Dramas und womöglich der Kultur im Namen Frank Wedekinds. Übrigens haben die jungen Leute vollkommen Recht: Wedekind stammt von der französischen Revolution ab, von Goethes Faust und Schillers Räubern und von Shakespeare. Nur ist bei ihm die Revolution auf den Hund ge-

kommen und liegt in ihren letzten Zügen. Schiller kämpfte gegen den Staat und die Kultur des achtzehnten Jahrhunderts und stiess den Kriegsruf aus: in tyrannos. Frank Wedekind kämpft gegen unselige und stupide Schulmeister, gegen tyrannunculi, herzlich kleine Tyrannen, denen man allerdings, im Interesse der Kindererziehung, zeitweilig auf die Finger klopfen muss. Goethes Faust will die Schranken der menschlichen Erkenntnis durchbrechen, während Wedekinds Knaben und Mädchen mit einem ähnlichen Titanismus danach ringen, einem interessanten Geheimnis der Physiologie auf die Spur zu kommen. Endlich zerbrachen Goethe und Schiller in ihrer Frühzeit die strengen und schematischen Formen des französischen Dramas, um die ganze Fülle des Lebens, den Überreichtum der Erscheinung, in einer freien und regellosen, völlig entfesselten Szenenfolge einfangen zu können. Wedekind hat eine solche freie Form ebenfalls gebraucht um solcher Fülle des Lebens — aus dem Wege zu gehen. Vielmehr: um einen armen und dürftigen Inhalt nicht in seinem vollen Umfang, sondern nur an der Oberfläche wiedergeben zu dürfen. Es ist wie Pol und Gegenpol der litterarischen Revolution: ihr Anfang und ihr Ausklang.*) *) Auch mit Shakespeare, auf den sich ja der junge Goethe und der junge Schiller in ihrer Sturm- und Drangzeit zu berufen pflegten, ist Wedekind verglichen worden, und sogar der berühmte Kerr schreckte vor einem solchen Wagnis keineswegs zurück. Wedekind hat ja, wenn auch aus anderen Gründen, ebenfalls eine freie dramatische Form und ausserdem, wie William, barocke Elemente in seinem Dialog. Diese barocke Lyrik findet sich in anderer Weise bei Hofmannsthal und vor allem in jenen rühmlichst erwähnten Kostümstücken. Das Barock der Spätrenaissance, das aus Italien kam, war eben das Kulturkostüm Shakespeares, und unsere behenden Neuromantiker, die sich in jeden Kulturrhythmus einfühlen, haben natürlich solche Äusserlichkeiten, die man früher als Flecken in der Dichtersonne empfand, mit überflüssigem Talent nachgemacht. Das also ist die modernste Shakespeareverehrung und darauf hat sich Shakespeares Einfluss auf das deutsche Drama nunmehr reduziert. Das bedeutet: der Kursus ist zu Ende.

Das Drama ist zur Parodie heruntergekommen, oder zum Kostümstück, und es hat sich der neuen grossen Aufgabe, die das Zeitalter ihm entgegenbrachte, nicht gewachsen gezeigt. Aus seiner Krise kann es nur herauskommen, wenn es mit dem „revolutionären" Geist, nämlich mit der impressionistischen Willkür und auch mit der neuromantischen Mystik gründlich aufräumt. Es muss sich darauf besinnen, dass in eine dramatische Handlung starke und willensgewaltige und vernunftklare Menschen gehören, die ein Schicksal über sich haben müssen, das über Milieu und Stimmung und Naturalismus in gleicher Weise hinauszuwachsen vermag.

Neue Wege Das Drama ist im Ästhetischen der vollkommenste Ausdruck für die Kraft, den Willen, die Leidenschaft und Idealität einer Kultur. Darum steht nichts mehr und nichts weniger in Frage als die Ethik und das schöpferische Vermögen eines Zeitalters, wenn sein Drama vom Ruin bedroht oder durch unqualifizierbare Surrogate entwürdigt wird. So ist es nicht nur ein ästhetisches und litterarisches Problem, wenn gegen dieses Verderbnis angekämpft wird, sondern es steht weit Grösseres auf dem Spiel, nämlich die Zukunft und die Wahrhaftigkeit einer Kultur, für die wir Zeitgenossen vor unseren Nachfahren die Verantwortung zu übernehmen haben. Immer wieder muss mit Schärfe darauf verwiesen werden, dass der Verfall des Dramas die Folge eines Verfalles der Weltanschauung gewesen ist. Zuerst war der Naturalismus da, der in philosophisch-ethischer Beziehung folgendes Glaubensbekenntnis auszusprechen hatte: völlige menschliche Schwäche und schmäh-

— 152 — liehe Willenlosigkeit, Fesselung durch das Milieu. Allerdings waren wenigstens einige ethische Werte hier noch verborgen: Hingabe an eine sachliche Notwendigkeit und harte Tapferkeit gegenüber einer ursächlich erkannten Schicksalsfügung. Dennoch überwog die Schwäche, die Passivität, in einer Weise, dass eben auch nur ein schwächliches Drama möglich wurde, dem das grosse Schicksal, wie der grosse Mensch versagt blieb. In einer schlimmeren und ganz verwerflichen Weise entwickelte sich die Antithese zu diesem Naturalismus, jenes neuromantische Drama, das zwischen einer dumpfen Mystik und dreisten Willkür hin- und herschaukelte und schliesslich vergangene grosse Kulturen und grosse Dichter zu Requisiten für Kostümstücke und Mummenschanz herabwürdigte, wenn es nicht, was beinah noch das Beste war, in eine Parodie umschlug, die aber nicht den Mut zu sich selbst fand und daher revolutionäre und weltanschauliche Absichten vorzuschützen beliebte. Man mag als Historiker und Psychologe der Zeit sehr gut begreifen, dass diese Verhältnisse nicht von einzelnen Menschen gemacht wurden, sondern von einer verschlungenen und vielfach verirrten aber unvermeidlichen Entwickelung. Jedoch das Resultat bleibt darum ein betrübliches, weil es, wie durchaus ausgesprochen werden muss, auf eine vollkommene Hochstapelei hinausläuft. Denn anders kann man es kaum noch nennen, wenn um kleine und kleinlichste Seelenschmerzen und um Eheprobleme, die der Tag gebiert und verschlingt, das rauschende mythische Gewand der Vorwelt geworfen wird, oder wenn ein Dichterling, irgend ein kleiner Poet, das Problem der Vergänglichkeit und der Persönlichkeit, vielleicht das schwerste und tiefste aller philosophischen Probleme, mit resoluter Kühnheit dazu ausnutzt, psychologische Lücken eines Theaterstückes zu verstopfen, oder wenn gar ein Bernhard Shaw ein internationales Warenlager für revolutionäre Werte eröffnet. Die einzelnen



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Personen mögen Opfer der Zeit sein und im guten Glauben handeln. Um so stärkere Veranlassung legt vor, der erbärmlichen Zeit den Krieg anzusagen, diesen jämmerlichen guten Glauben schroff zu verurteilen und, wenn es noch möglich ist, diese in hochmütiger Willkür und Feigheit erschlafften Gewissen wieder aufzurütteln. Wie wenig Ahnung von der eigentlichen Aufgabe vorlag, wird gerade durch die Irrtümer solcher bewiesen, die tatsächlich aus dem Tiefstand herauswollten und zur Höhe strebten. Sehr merkwürdig wirkt in dieser Beziehung das Schicksal von Hauptmanns Drama „Florian Geyer", das zu seiner Zeit mit vollem Recht eine vollständige Ablehnung erfuhr. Der Dichter aber und seine Freunde, an ihrer Spitze der berühmte Kerr, wollten sich bei dem Verdikt nicht beruhigen und ihrer fanatischen und ahnungslosen Agitation gelang es, das Drama nach manchen Jahren von neuem auf die Bühne zu bringen. Natürlich waren mancherlei Längen gestrichen worden, und der Dichter machte sich seine inzwischen reichlich erworbene Bühnenerfahrung zu Nutze, ohne dass es gelang, dem schwarzen Ritter ein längeres Leben zu sichern, da er nach wie vor weder für das Theater noch für die Litteratur irgend etwas zu bedeuten hatte. Denn der Grundfehler des Stückes war völlig unangetastet geblieben, und keiner der wohlwollenden Freunde, die in ihrer Art Kritik nicht scheuten, hatten ihn gesehen, so dass der Dichter bei der Umformung an der entscheidenden Stelle die bessernde Hand nicht anlegte. Florian Geyer ist ein Hauptmann im Bauernkrieg, ein heroischer Ritter, der aus Freiheitsliebe seine Standesgenossen verlassen hat und zu den Aufrührern übergegangen ist. Die anderen Führer, geborene Bauern und Menschen von engem Gesichtskreis, misstrauen ihm natürlich und sind doch selbst ohne alle Fähigkeit, die Sache zu gutem Ende zu führen. So wird alles davon bedingt, ob der schwarze Geyer, der einzige wirkliche Feldherr und



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Staatskünstler unter ihnen, das Heft in den Händen behält, und ihm muss allerdings, auch wenn sein Ehrgeiz gar nicht in Frage wäre, schon aus strengem Pflichtgefühl gegen die Sache nichts weniger als alles daran liegen, dass er von den Unverständigen nicht um seinen Einfluss betrogen wird. Hier war der Keim zu einem Konflikt und einer ganz grossen Tragödie verborgen, zumal die Sachlage durch den Klassenhass des Bauern gegen den Ritterbürtigen und durch den doktrinären Idealismus des Mannes selbst, der sich nur mit Schmerz zum Terrorismus entschliessen mag, beträchtlich verwickelt und vertieft werden konnte. Aber er hätte sich notwendig dazu entschliessen müssen und auch entschlossen, wenn er ein wirklich grosser Mann und grosser Führer, ein Revolutionär und Neuschöpfer gewesen wäre. Hauptmanns Florian Geyer tut genau das Gegenteil; — er lässt sich verdrängen. Um Geschütz zu holen, lässt er sich nach einer freien Reichsstadt verschicken, und dieser ahnungslose Idealist lebt des naiven Glaubens, dass die Bauernführer ihre eidlichen Versprechungen halten und seine Abwesenheit nicht benutzen würden. Selbstverständlich geschieht davon das Gegenteil, und es kommt zu dem sinnlosen Sturm auf die belagerte Burg und zu jener Niederlage, die den Anfang vom Ende bedeutet. Danach bleibt freilich dem verratenen Ritter nur übrig, die Zähne aufeinander zu beissen, dem Unheil eine starke Demut entgegenzusetzen und als ein Soldat und brav zu fallen, wodurch in den letzten Akten eine echt dichterische Stimmung geschaffen wird, die zu Hauptmanns besten Leistungen gehören mag, ohne dass damit dem Organismus des Gesamtwerkes im mindesten geholfen wäre. Im Grunde gibt er doch nur die sattsam bekannte passive Tragödie des Dulders, nicht die tätige des Helden, nur ein Milieu-Drama, womit man sich für diesen Stoff von weltgeschichtlicher Grosse ganz und gar nicht begnügen kann und darf. Dagegen lässt sich vollkommen begreifen,

warum der berühmte Feuilletonist Alfred Kerr, ein Verehrer des Heldenzerstörers Bernhard Shaw, das organische Gebrechen der Florian Geyer-Dichtung nicht durchschauen konnte, wobei seine Naivetät anzustaunen bleibt, dass er sich trotz alledem und alledem nach der hohen Tragödie sehnte und sie im Florian Geyer gefunden zu haben meinte. Da möchte man ihm doch zurufen: welch eine Rückständigkeit, verehrtester und berühmtester aller Berliner Theaterkritiker. Und welch ein Atavismus von Ihnen, wenn Sie gegen Hermann Bahr, der in seinen Dialogen der Tragödie ein Ende macht, inkonsequenter Weise polemisieren. Wenn Sie nämlich, geehrter Herr Kerr, an menschliche und an Heldengrösse nicht glauben, dann dürfen Sie selbstverständlich auch an die Tragödie nicht glauben und jede verschämte zärtliche Sehnsucht sollten Sie sich verbieten oder sie wenigstens vor den Augen der Böswilligen verstecken. Allerdings genügt auch durchaus nicht ein einfacher Enthusiasmus für starke und tapfere Naturen, wie in den Tagen der Renaissance und selbst noch in den Tagen Schillers. Das Gefühl der Bindung, des Zwanges und der Strenge, das wir der modernen Naturwissenschaft und Soziologie verdanken, darf nicht ohne weiteres ausgeschaltet werden, weil dann eine wichtige Tatsache und Kraft unserer werdenden Kultur für das Drama verloren ginge. Und dann wäre das Drama seinem eigentlichsten Zweck, das Kraftzentrum einer Zeit in Dichtung umzusetzen, entfremdet und fiele den Epigonen anheim. Sogar ist es ihnen bereits anheimgefallen wie die mancherlei Versuche von Poeten beweisen, die sich mit fröhlichem Übermut über alle Bestrebungen der letzten Jahrzehnte hinwegsetzen und Volkstümlichkeiten und herzhafte Traditionen aus der Biedermeierzeit durch einige technische Äusserlichkeiten frisch aufputzen und modernisieren. Der Erfolg, den solche ganze braven Poeten vom Schlage eines

Herbert Eulenberg nicht etwa bei dem grossen Publikum, sondern gerade in literarischen Kreisen gefunden haben, erklärt sich doch nur zum Teil aus der ratlosen Verlegenheit, die immer einzutreten pflegt, wenn leidenschaftliche und kühne Versuche gescheitert sind. Zu einem anderen Teil hat bei diesem Zwischenfall die Moderne geoffenbart, wie viel Epigonentum in ihr selbst trotz aller Anstrengung noch immer lebendig geblieben und sogar systematisch kultiviert worden war. Jene Abhängigkeit vom Milieu und von der Stimmung, die nur für schwächere Naturen gelten konnte, wurde zu einer Art von literarischem Ideal erhoben, und auf der Bühne und in den Büchern der modernen Dichter fand man Menschen dargestellt, die feinfühlige Instrumente waren, zuverlässige Gradmesser für jeden Luftdruck der Atmosphäre. Ihr ganzes Wesen ging in Feinfühligkeit auf, in dieser Sensibilität, die sich von der Sentimentalität vergangener Zeiten kaum noch unterschied. Das wäre zuletzt sehr schön gewesen, wenn sich diese intimere Empfindung mit Kraft und Willen gepaart hätte, wobei sich ganz wohl und gut ein neues und modernes Ideal von Grosse entwickeln konnte. Da aber weder Naturalisten noch Neuromantiker zu diesem letzten Schritt gelangten, so nagte die neue Intimität am Felsen der Kraft, und die Modernen wurden fast noch schwächlicher, kleiner und kleinlicher als ihre epigonenhaften Vorgänger und Gegner. Sie wären ganz ausser Stande gewesen, wirkliche Grosse, selbst eine aus der Moderne hervorgegangene, in ihrer Kälte und Herbheit und Wucht zu verstehen. Davor hätten sie lediglich Grauen empfunden, während das ältere Epigonentum in einem halbwegs modernen Gewand plötzlich als etwas Bedeutendes erschien, weil es doch wenigstens einen Grundstock von braver Tüchtigkeit und kleinbürgerlicher Draufgängerei besass, zu der es die Sensiblen längst nicht mehr zu bringen vermochten. Daher der Erfolg dieses Herbert Eulenberg im Drama und dieses Gustav Frenssen im



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Roman. Das Epigonenstück beherrscht gegenwärtig neben dem Kostümstück und der mythologischen Mystik die moderne Bühne, und man dürfte sich bald genug überzeugen, dass von diesen drei Richtungen kein Heil zu erwarten ist. Sollte noch ein unbekanntes starkes Talent auf einem dieser Sprungbretter in die Literatur hineingelangen, so darf man die Prophezeiung wagen: es wird sehr bald diese Herkunft verleugnen. Der wirklich neue Weg, der allein zum Ziel führen kann, biegt eben so weit von Eulenberg ab wie von Hofmannsthal, und er wird bereits von zwei Männern gewiesen, die sich mit tapferer Entschlossenheit dem üblen Zeitgeschmack und den beliebten Irrtümern der Moderne in den Weg geworfen haben. Diese beiden Männer sind Paul Ernst und Wilhelm von Scholz. Dem oberflächlichen Blick könnte Wilhelm von Scholz lediglich als ein Neuromantiker und Symbolist erscheinen, wie alle die anderen auch, von denen es heute in den deutschen Literaturstädten wie ein Ameisenschwarm wimmelt. Aber er ist nicht von einer sensualistischen Mystik ausgegangen, auch nicht von phantastischer Psychologie und selbst nicht, oder nur zum geringsten Teil, von jener Feinfühligkeit für den Rhythmus und die Linie einer vergangenen oder künftigen Kultur. Man muss ihn vielmehr als einen dynamischen Mystiker bezeichnen, als einen, der das Mysterium von Raum und Zeit und Kategorien, die nach der Lehre Kants unseren apriorischen Organismus ausmachen, in einer ganz naiven und tief gefühlsmässigen Weise erlebt hat. Wenn er etwa nach einer langen Wanderung auf einem Berg steht und über das durchwanderte Land blickt und den zurückgelegten Weg mit der Landkarte vergleicht, dann empfindet er das merkwürdige Rätsel und die Kraft des Raumes, der verbindet und teilt, das Entfernteste verknüpft und das nächstliegende von einander löst und so die Einheit und den Zwiespalt des Daseins symbolisiert. Diese gleichsam apriorisch-organisatorische

Mystik macht den besonderen Reiz und durchaus die tiefste Kraft seiner geistigen Art aus, die freilich mit der spezifisch dichterischen Tendenz seines Talentes manchmal in Widerspruch geraten mag. Als Künstler nämlich stammt er doch wohl vom älteren Maeterlink ab, von jenem Träumer und Visionär, dem seine alten Schlösser und Zugbrücken und verschwebenden Landschaften noch kein Vorwand für Kostüm und Dekoration waren, sondern eben der symbolische Ausdruck für ganz zarte und ganz unsagbare Erlebnisse und Träume der Seele. Dieses innere Traumleben, das sich in fremdartige Gebilde und Landschaften umsetzt, beherrscht auch noch den Dichter Wilhelm von Scholz, und es ergibt sich dadurch ein Zwiespalt zwischen dem Erlebnis des mystischen Denkers, der vom apriorischen Organismus und der innerlichen Dynamik ausgeht, und des Dichters, der aus einem zuweilen unklaren Allgefühl schwanke und wogende Traumbilder und Nebelgestalten aufsteigen lässt. Es ist interessant dem Schauspiel zuzusehen, wie er nach einer Einheit ringt. In der Lyrik gelingt sie ihm oft, und dann entstehen Gedichte, die ein Landschafts-und Seelentraum sind und zugleich ein Traum von der Dynamik des Raumes und Lebens. Hier hat er seine eigene Note und bereits eine Gegenwart, während er als Dramatiker in seinem „Juden von Konstanz" und seiner „Meroe" die symbolischen Vision und dramatischarchitektonische Organisation noch nicht zur Einheit gezwungen hat. Man muss gerade auch im Interesse der Entwickelung des Dramas seinen Bemühungen ein endliches Gelingen wünschen. Aber auch jetzt schon, wie es ihm als Dichter sonst noch widerfahren mag, wird er aus der Geschichte des Dramas nicht mehr auszuschalten sein, da er uns in -wertvollen Büchern und Aufsätzen die Geheimnisse des apriorisch-dramatischen Organismus verkündet und, wie man lieber sagen möchte, verraten hat. Hinter dem Theo-



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retiker Scholz muss sogar Friedrich Hebbel zurücktreten, und man kann gar nicht einmal mehr Theorie nennen, was in Wahrheit ein tiefes und ganz persönliches Erlebnis bedeutet. Aus seiner Fähigkeit, die apriorische Organisation gefühlsmässig und dynamisch zu erleben, musste ihm auch jene eigentümliche Dialektik der Zusammengehörigkeit klar werden, die in gewissen Begriffen des logischen Prozesses zu Tage tritt. Wir haben diesen „sich selbst setzenden Konflikt" bereits kennen gelernt, den mit vollendeter Klarheit erst Wilhelm von Scholz formuliert und als die eigentlichste und höchste Aufgabe des Dramatikers begriffen hat. Damit fand er nicht nur einen ästhetischen Massstab, den er als Waffe gegen das „psychologische" und naturalistische und Hofmannsthalsche Drama verwertet: sondern er hat tatsächlich auch den einzig möglichen Ausweg, ohne es vielleicht zu ahnen, für unsere Zeit und Kultur und dramatische Zukunft gewiesen. Während er in dieser Weise die ästhetischen und philosophischen Grundlagen legte, gelangte von technischen, formalen und agitatorischen Gesichtspunkten aus Paul Ernst zu einem ähnlichen fruchtbaren Ergebnis. Das Buch „der Weg zur Form", in dem Paul Ernst mit dem modernen Drama und der Moderne überhaupt abgerechnet hat, ist von einer symptomatischen Bedeutung für die gegenwärtige Entwickelung. Nicht zum wenigsten muss es als ein bemerkenswerter Umstand bezeichnet werden, dass ein früherer Politiker diesen Fehdehandschuh in die Arena warf, weil es allerwege ein schlimmes Zeugnis für ein Zeitdrama bedeutet, wenn es den politischen Geistern, den Ethikern und Willensnaturen, nicht mehr zu genügen vermag. Irgend ein kunstfremder Handwerker der Politik wird freilich nur ein Tendenz- und Thesenstück verlangen, und es bleibt ein Segen, dass solche Machwerke durch die moderne Richtung um alle Achtung gebracht sind. Aber der echte Mensch der Polis im antiken Sinn des Wortes, der Organisator und Synthetiker, verwechselt





das Drama keineswegs mit dem Leitartikel der Zeitung, sondern er will durch diese grosse Kunstform sein eigenes Kämpferdasein aus der Niedrigkeit herausgehoben und symbolisiert sehen: das Drama soll das Abbild und metaphysische Gleichnis für das Los der gross angelegten Willensnaturen sein. Eine mehr als berechtigte Forderung, weil es nach seinem tiefsten Wesen auf dem Willenskonflikt beruht und durch Handlung und durch Anspannung seine innerste Energie nach aussen kehrt. Das hatte der Naturalismus so gut wie völlig vergessen, und die Neuromantik setzte an Stelle des Willens die Willkür, die doch nur eine andere Form der Schwäche war. Gegen solche Zustände musste sich der Politiker Paul Ernst empören, der aber doch viel zu modern empfand, um einfach eine Rückkehr zu Schiller und Shakespeare zu empfehlen. Er kritisierte im Gegenteil mit einiger Bitterkeit die geniale Laune des Briten, die noch heute bei kleinen Geistern zum Vorwand für Torheiten ersten Ranges herhalten muss, und er sprach ausserdem mit Offenheit aus, dass die Dichter unserer angeblich klassischen Litteraturepoche in Wirklichkeit, unbeschadet ihrer persönlichen Grosse, höchstens Vorläufer einer künftigen Klassizität gewesen sind, wofür sie sich mit richtiger Erkenntnis selbst gehalten haben. Damit aber begann Paul Ernst den Kampf um den modernen Stil eigentlich als Erster, da frühere Versuche solcher Art auf einem Missverständnis beruhten und darum in das Gegenteil ihrer Absicht ausklangen. Über die Stillosigkeit namentlich im modernen Drama kann ein Zweifel gar nicht mehr möglich sein. Wenn von einem Stil überhaupt noch gesprochen werden könnte, so käme diese Bezeichnung am ehesten dem naturalistischen Drama zu, das an seiner grossen Enge zu leiden hat, kaum aber an einem inneren Widerspruch. Die Stillosigkeit der „Weber" liegt nicht in der Darstellung, die von einer vollkommenen inneren Einheit und Meisterschaft im Kleinen





bleibt, sondern darin, dass unser Willen wohl aufgerüttelt, aber sofort auch wieder zur Ruhe verwiesen wird, ehe er sich im Kunstwerk und durch das Kunstwerk entfaltet hat. Die Willenswirkungen, die das Weber-Drama zeitweilig erzielte, hat es tatsächlich gar nicht als Dichtung erreicht, und damit geschah seinem künstlerischen Wert ein Unrecht: es wurde dann immer mit einem sozialdemokratischen Leitartikel verwechselt. Das mochte wohl an der Zeitstimmung liegen, vielleicht aber zu einem gar nicht geringen Teil an der Ungenügsamkeit eines eben erst an- und aufgeregten Willens, der sich nicht ohne weiteres auf dem Ruhebett einer elegischen Resignation schlafen legen liess. Diese Stillosigkeit, die also selbst ein so vollkommen in sich geschlossenes Stück nicht zu vermeiden vermochte, musste sich beträchtlich steigern, als der Naturalismus den Versuch wagte, aus dem Zuständlichen heraus und in das tiefere Menschliche hineinzukommen. Vielleicht die vollendetste naturalistische Tragödie, ein Werk voll Poesie und Kraft, ist der „Meister Oelze" von Johannes Schlaf, und in dieser starken Dichtung wird sogar ein grosser Charakter dargestellt, eine Kraftnatur von einem beinah heroischen Wuchs. Aber der Dichter muss dazu einen Kriminalfall zur Hilfe rufen, der mit dem naturalistischen „Milieu", das er mit Meisterschaft gestaltete, im Grunde wenig zu schaffen hat. Man kann sehr wohl gleichzeitig ein Handwerksmeister und ein Mörder sein, der das Geheimnis seiner verbrecherischen Tat auch auf dem Totenbett nicht preisgibt. Doch ein innerlich notwendiger Zusammenhang zwischen diesen Eigenschaften besteht keineswegs, da eben so gut ein Proletarier oder ein Angehöriger einer höheren Klasse die gleiche Willenshärte in ganz ähnlicher Lage bewähren könnte. Somit liegt ein Zufall vor, und sogar ein gewisser Widerspruch zu der Welt des „Meisters Oelze": ein typischer Vertreter des ehrbaren Handwerkerstandes ist dieser heroische Mensch in keinem Fall. Schlaf überbrückt in sehr L u b l i n s k i , Ausgang der Moderne.

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glücklicher und künstlerischer Weise den Gegensatz dadurch, dass er uns Oelze auf dem Totenbett vorführt, wo er freilich nur in ganz passiver Weise seine Seelenkraft bewähren und über seine Klasse nicht mehr hinauswachsen kann. Aber man denke sich diese gewaltige Energie in einen gesunden Leib und noch ungebrochenen Willen hinein, der sich in Taten vor uns entfalten könnte: sofort würde gegenüber dem Mann das Milieu zu einer Belanglosigkeit heruntersinken. Dieser gleiche oder ein ähnlicher Einwand lässt sich eigentlich auch gegen die gesamte Dichtung Ibsens erheben, soweit sie bürgerliche Probleme behandelt. Henrik Ibsen, dieser Wahrheitsfanatiker, kann ohne vergeistigte Kriminalfälle niemals auskommen: nicht ohne einen Gedankenmord in „Rosmersholm" und ohne einen sehr merkwürdigen Kindesmord (dieses symbolische Kind ist das Manuskript eines Schriftstellers) in „Hedda Gabler". Dazu diese Mystik eines inbrünstigen Skeptikers, die im typischen bürgerlichen Leben, das er doch als getreuer Beobachter konterfeien möchte und konterfeit, ebenfalls nicht vorzukommen pflegt. Schliesslich noch diese Parodie und Ironie, die boshaft aus allen Ecken kichert, und immer von neuem mag seiner Genialität und seinem Virtuosentum, das solche Zwiespältigkeiten zu Wirkungen umzuschaffen versteht, die gebührende Bewunderung nicht versagt werden. Nur lässt es sich durch die Natur der Sache vollkommen begreifen, dass sein tief und geschickt verborgener Karikaturstil durch die plumpen Späteren, durch die Shaw und Wedekind, an das Tageslicht gebracht und mit impressionistischen Mitteln weiter geführt wurde. Da nun der Impressionismus, in der Dichtung wenigstens, nur ein Surrogat bleibt, und das Drama doch eigentlich mit dem Witzblatt nicht verwechselt werden darf, so braucht über diese besondere Note der Anarchie und Stillosigkeit kein Wort weiter verloren werden. Der innere Widerspruch in Hofmannsthal, dieser vermengte Wirrwarr aus moderner

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Psychologie und barbarischem Mythos der Urzeit, kann eben so wenig zur Nachfolge verlocken und müsste gleichfalls in unfreiwillige oder auch freiwillige Parodie ausklingen, die somit das letzte Wort des modernen Dramas werden zu wollen scheint. Paul Ernst griff zu dem nächstliegenden Mittel, um diesem groben und verlogenen Unfug energisch zu steuern: er verlangte vom Drama wieder den dramatischen Stil. Wieder eine geschlossene Form, einen logischen Aufbau, eine klare Handlung und einen durchdachten und durchgeführten Willenskonflikt. Er analysierte in seinem Buch die Struktur und dramatische Organisation der berühmten Werke und gab wichtige Winke über die Technik und Architektonik des Dramas. Gegenüber dem Lebensausschnitt des Naturalismus und den Karikaturen der Parodisten und dem prunkvollen Kostüm aus schönen Worten bei den Neuromantikern hatten diese ausführlichen Darlegungen ihre Berechtigung und ihren zweifellosen Wert. Wenn seine Gegner über unerträgliche Pedanterie laut zu wehklagen begannen, und wenn sich Herr Julius Bab im Vollbewusstsein seines Germanentums über „lateinischen Hochmut" beklagte und sich auf Shakespeare berief und auf den Sturm und Drang und auf den jungen Schiller und den jungen Goethe, dann hätte allen diesen Geistern Paul Ernst mit Gelassenheit erwidern können: ihr seid keine Dränger und keine Stürmer und eure Formlosigkeit kommt aus der Schwäche und nicht aus unbändiger Fülle der Kraft. Er hätte ferner noch darauf hinweisen können, dass auch im Lager der Gegner ein sehr merkwürdiger Kultus der Form geübt würde, den er in dieser übertriebenen und kleinlichen Weise freilich nicht mitmachen wollte. Wenn der Naturalist mit Peinlichkeit auf die „exakte" Wiedergabe der Gespräche des täglichen Lebens bedacht war, ohne das Räuspern und Spucken und den unterdrückten Kehllaut zu vergessen, und wenn der Symbolist immer wieder das einzelne 11*



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Wort hin- und herwandte, wie einen farbigen Stein, um nur auch die kleinste malerische Nuance nicht zu übersehen, und wenn der Parodist nicht schlechthin nach der Pointe und karikirenden Linie strebte, sondern nach der denkbar konzentriertesten Pointe, nach einer bisher nicht gewesenen Intensität und Verdichtung: was hatte dieses artistische Bemühen, alle diese leidenschaftliche Anstrengung noch mit dem Sturm und Drang zu tun, mit dem unbekümmerten Ausströmen und dem Schöpferrausch genialer Naturen? Nicht das Geringste, und so müssen sogar diese Stillosen aus Prinzip bekennen, dass die Zeit von einer entgegengesetzten, wiewohl freilich verborgenen Tendenz durchaus beherrscht wird. Denn unser Leben ist in einer Weise, die frühere Jahrhunderte nie geahnt hätten, von technischen und sozialen und politischen Organisationen beherrscht und eingezwängt, und die Zukunft unserer Zivilisation verlangt nicht die Zerstörung, sondern den weiteren Ausbau dieser Organisationen. Wie konnte da Sturm und Drang und Formlosigkeit und Überfülle möglich sein, gleich jener in den Tagen der Renaissance oder des revolutionären achtzehnten Jahrhunderts? Darum sind die Modernen, als sie literarische Revolution machten (literarische Reform wäre die richtigere Bezeichnung gewesen), durchaus nicht als Stürmer und Dränger aufgetreten, sondern als unerbittliche Techniker, die sich dann später als die sogenannten Neuromantiker zu Artisten entwickelten. Der Grundirrtum war eben der, dass sie die künstlerische Form und die Form des Lebens zunächst mit einander verwechselten und dann später gar zu sehr von einander unterschieden. Im Anfang wurde die technische und soziale Gebundenheit, die wir uns als unser eigenes Werk und zu unserem ökonomischen Vorteil im Leben gern gefallen lassen, rein schematisch auch auf die Kunst übertragen, wobei nur noch die Abhängigkeit von der Technik her-

- i6s vortrat und nicht auch der starke Wille, der diesen Zustand geschaffen hatte und aufrecht erhielt. Oder es begann die Hilflosigkeit und prunkvolle Weltflucht der Neuromantiker, ein üppiges Schwelgen zwischen Juwelen, wie es sich für Träumer in Dachstuben oder für Parvenüs geziemte, nicht aber für die Männer eines technischen und sozialen und politischen Zeitalters, das vor verhaltener und nach innen gedrängter Energie vibrierte. Die einzige Lösung war hier wirklich nur durch die grosse und konstruktive Form der Notwendigkeit gegeben, durch eine Kunst, die das Kraftgefühl einer neuen und aufbauenden Epoche zu einer höheren Sphäre erhob und dadurch steigerte und adelte. In diesem neuen Sinn hat der Ruf nach Stil allerdings eine Berechtigung, die zugleich das Band zwischen Kunst und Leben wieder anknüpft, ohne den unsterblichen Rechten der Kunst zu nahe zu treten. Im gewissen Sinn muss bedauert werden, dass Paul Ernst eine solche geheime Bundesgenossenschaft des Zeitalters mit seinen Bestrebungen ganz übersehen und sich dadurch in mancherlei Polemik verwickelt hat, der auch ein entschiedener Anhänger seines Wollens nicht immer beizupflichten vermag. Dadurch wird es geschehen sein, dass er die künstlerisch-technischen Probleme zuweilen in einer zu isolierten Weise behandelte, so dass sein programmatisches Buch manchmal fast schon eine minutiöse Handwerkslehre für angehende Dramatiker zu werden droht, was natürlich von seinen Gegnern, die von der Kernfrage gern ablenken mochten, nach Kräften ausgenutzt wurde. Auch wird es vielfach als ein Widerspruch empfunden, wenn er die moderne Gedankenlosigkeit, die für dramatisch erklärt, was „von der Bühne herab wirkt", mit vollem Recht bekämpft und zugleich seine eigenen Forderungen aus der Seele des Zuschauers heraus begründet. Doch das ist nur ein scheinbarer Gegensatz und in Wahrheit stellt er da nur die Forderung auf, dass dem allein berechtigten



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Zuschauer sein Haus wiedergegeben und der aufdringliche Parasit hinausgewiesen werden soll. In das Theater und vor die Bühne und vor das Drama gehört nur der starke und tapfere Mensch, der an Grosse und Wunder des Willens zu glauben vermag: — der Spiessbürger und weltanschauliche Reporter dagegen, der sentimentale oder auch sensible Träumer, der nervöse Artist und der Snob haben unter diesem Dach schlechterdings nichts zu suchen, und sie verdanken ihre Plätze der Anmassung und dem Barbarentum einer unverfrorenen Revolte. Diese Leute, die Zöllner sind, müssen aus dem Tempel verjagt werden, oder man hat es laut und offen auszusprechen, dass das gegenwärtige Theater und das gegenwärtige Drama nicht mehr das Geringste mit einander zu schaffen haben. Darum muss sich vorläufig der Dramatiker statt an den empirischen an den idealen Zuschauer wenden, an den tiefsten Willen des Zeitalters, und ohne alle Sorge um das Theaterpublikum und um Theaterdirektoren die Tragödie erzeugen, zu der unsere Kultur herangereift ist. Auch Paul Ernst verkündet solche Botschaft, auch er begehrt die Tragödie, und in der vorzüglichen Abhandlung über „Merope", die er mit Recht noch als Sonderdruck veröffentlicht hat, fasst er seine tragischen Forderungen zusammen. Und von hier aus, als Kampf um die Tragödie, ist seine Erörterung über dramatische Technik erst zu begreifen und in ihrer Bedeutsamkeit zu würdigen. Er verlangt eine streng bedingte dramatische Situation, die in unerbittlicher Weise, wie etwa im König Oedipus oder auch im Wallenstein, alle ihre Konsequenzen geltend macht, und diese Forderung vor allem will er erfüllt sehen, ehe er sich auf moderne Psychologie einzulassen vermag. Durchaus mit höchstem Recht, denn zum Wesen der Tragödie gehören Notwendigkeit und Allgemeinheit, die nur aus der strengen Logik einer geschlossenen Situation herzuleiten sind, während alle Psychologie unvermeidlich in das Gebiet des Zufälligen und Individuellen,

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zuletzt sogar in phantastische Abenteuer der Seele hineinlockt, die schliesslich höchstens das Musikdrama ohne Gefahr bestehen kann. Paul Ernst verweist bei dieser Gelegenheit auf die geniale Art der Exposition im Sophokleischen Oedipus und spricht starke Worte gegen Hofmannsthal aus, die zu hart sein mögen, wenn man die Gesamtleistung des Wiener Dichters in Betracht zieht, sonst aber, in diesem einzelnen Fall, eine unbedingte Geltung beanspruchen dürfen. Sophokles hatte das tragische Problem seiner Zeit und seiner Kultur mit Meisterschaft erfasst und geformt, und es war ein Dilettantismus des Modernen, dass er dieses alte Werk vollkommen verpfuschte und dabei ein Tragiker zu sein glaubte. Wer aber durch die Kritik, die Paul Ernst mit Strenge ausgeübt hat, vor den psychologischen und symbolistischen und naturalistischen Experimenten der falschen Dramatiker gewarnt ist, wer ferner, in Anlehnung an Wilhelm von Scholz, die Entwickelungsfähigkeit des sich selbst setzenden Konfliktes und seinen Zusammenhang mit der Zeit begriffen hat, und wer von Grund aus einzusehen vermag, wie sehr das tiefere Wesen unserer Kultur der Tragödie bedarf: der wird fortan mit völliger Klarheit Bescheid wissen, welche Wege er zu wandeln und welche zu vermeiden hat. Übrigens blieb es nicht nur bei der Theorie und Forderung, sondern die Möglichkeit der modernen Tragödie ist bereits durch die Tat bewiesen worden. Es existieren einige Dramen, die das Stilproblem gelöst haben und einen Krystallisationspunkt darstellen, um den sich die weitere Entwickelung zu gruppieren vermag, wenn nur der feste Wille vorhanden ist, dem Drama seine eigentliche Bedeutung als Ausdruck höchster menschlicher Willens- und Geisteskraft wiederzugeben. Paul Ernst selbst hat eine wertvolle Dichtung geschaffen, die Tragödie „Demetrios", die selbstverständlich von dem neuromantisch-parodistischen Zeitgeschmark misskannt und nach Kräften in den

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Hintergrund gedrängt wurde. Dem Dichter glückte es, eine festgefügte und unentrinnbare Situation zu finden — das Motiv des falschen Waldemar und des russischen Dmitry auf das Sparta des Nabis übertragen —, die allein schon eine tragische Wirkung verbürgen würde. Sie wird aber noch verstärkt durch jenen sich selbst setzenden Konflikt, dass der Revolutionär, der die Krone erlangt hat, gezwungen ist, zum Autokraten und Tyrannen zu werden und frühere Freunde und frühere Ideale zu verleugnen. Wie eine solche Lage auf eine edle und feinfühlige, im innersten Kern verletzliche Natur wirken muss, die nur aus einem heroischen Pflichtgefühl der Härte fähig ist: das wird mit echter Dichterschaft und einer zwingenden Logik und mit innerer Kraft und Anmut herausgestaltet. Ohne Zweifel lassen sich mancherlei kritische Einwände erheben, zumal ein sehr gewichtiger gegen den Selbstmord der jungen Gattin des Demetrios im dritten Akt. Ferner hat die strenge Abstraktion, die der Verfasser mit dem Stoff vornahm und eine ihm eigentümliche Neigung zur grüblerischen Idylle, für manche Szene ein etwas zu blasses Kolorit gefunden. Auch ist es schliesslich zu begreifen, dass die Zeitgenossen, die sich durch die Überfülle naturalistischer Einzelzüge und den wollüstigen Wortrausch der Neuromantiker verwöhnt und überfüttert fühlten, gar nicht imstande waren, die herbe und schöne Art zu würdigen, mit der Paul Ernst seine Sprache geformt hat. Dagegen übersteigt es sogar das Recht einer polizeilich erlaubten Jämmerlichkeit, wenn man von der „Kälte" dieser Dichtung zu fabeln wagt. Dieses Drama, das durchzittert ist von der mühsam verhaltenen Erschütterung einer auf den Tod verwundeten starken Seele, in dem jene Träne quillt, wie sie in ganz seltenen Stunden der tiefsten und edelsten Trauer der gefestigte Mann zu weinen vermag, diese ernste und echte Tragödie einer zarten und schweigsamen Heldennatur : wer hier nur Kälte spürt, der hat freilich kein Feuer



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in sich selbst, sondern ist von jener weibischen Sentimentalität und modernen Gefühlsverweichlichung erfüllt, die in solchen Fällen längst nicht mehr ein Vorzug ist, sondern ein Eitergeschwür und eine Krankheit. Schon sehr viel weniger kann es diesen verhätschelten und verwöhnten Gemütsmenschen verdacht werden, dass sie gegenüber einer anderen modernen Tragödie, dem „Peter von Russland" von Samuel Lublinski, schlechterdings nichts zu „empfinden" vermochten, und sich über die „erstarrende Wirkung", die von dieser Dichtung ohne Frage ausgeht, bitterlich beklagten. Der Verfasser hat hier nämlich eine echte Tragödie gegeben, der es an Kraft und Grosse nicht mangelt, die aber allerdings an einer gewissen Enge des geistigen und seelischen Horizontes zu leiden hat. Er steht nämlich hier noch mit einem FUSS im Naturalismus, und sein „Peter von Russland" ist als der endgültige Abschluss jenes naturalistischen deutschen Dramas zu bezeichnen, mit dem die litterarische Revolution begonnen hat. Auch Lublinski fühlte freilich, wie sehr das naturalistische Prinzip, Abhängigkeit des Einzelnen von der Gesellschaft, die Darstellung einer tragischen und grossen Persönlichkeit erschweren musste, da gemeinhin doch nur der Schwache und Mittelmässige solchen Abhängigkeiten erliegt. Damals aber stand er noch unter dem Einfluss der augenblicklichen literarischen Entwickelung, und da in ihm bei alledem der Wille zur Tragödie lebendig war, so befand er sich vor dem Problem, wie er diese Gegensätze versöhnen und in einander verflechten wollte. Naturgemäss blieb ihm nur die einzige Situation übrig: der Kampf des Mannes, und zwar des repräsentativen Mannes, gegen den passiven Widerstand der Masse und der Gesellschaft. Es kommt zuweilen vor, dass sich Entwickelungsgedanken, die im langsamen Gang von Generationen allmälig verwirklicht werden, in einem genialen Kopf konzentrieren und in der Person eines führenden Geistes gleichsam ihre



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Verkörperung finden. Ein solcher Geist ist sich bewusst, dass er nicht aus Willkür will, sondern aus Notwendigkeit, aus den Bedürfnissen eines Volkes, irgend einer Sozietät, die er vorwärts bringen und zu ihrem Heil, wenn es durchaus so sein muss, wohl auch vorwärts zwingen möchte. Aber die Masse hat die Widerstandskraft der Trägheit, und sie hat unendlich mehr Zeit, als der Einzelne, und so entwickelt sich ein Gegensatz, der durchaus auf dem sich selbst setzenden Konflikt beruht und darum von tragischer Natur ist. Freilich ein Konflikt auf der niedrigsten Stufe des Tragischen, da dem Helden der ebenbürtige Gegenspieler abgeht und ihm keine zielbewusste Aktion entgegentritt, sondern ein passiver und unsichtbarer und unüberwindlicher Widerstand, der sich nirgends treffen und nirgendswo greifen lässt, und so kann der Starke gar leicht in seinen verzweifelten Bemühungen den Eindruck eines Mannes bewirken, der sein Schwert schwingt und zischende Winde verwundet. Ein tragischer Eindruck ist möglich und auch ein Mitleid für den nutzlos sich verzehrenden Helden: aber naturgemäss vermengt sich damit das Gefühl einer gewissen Unfreiheit und Sinnlosigkeit des Daseins, so dass die heroische Empfindung von Depressionsgefühlen durchsetzt und gehemmt wird. Daran leidet Lublinskis „Peter von Russland" ohne alle Frage, und die nicht unbeträchtlichen dichterischen Vorzüge des Werkes waren von einer Art, für die der sensible Zeitgeschmack nichts aufzubringen vermochte. Der Verfasser schilderte mit plastischer Kraft und Kühnheit und in einer unverheuchelten Freiluftweise asiatisches Barbarentum, und er Hess auch seinen Zaren Peter einen Barbaren sein, der allenfalls eine dumpfe Ahnung von europäischer Zivilisation hat, die er doch nurvon der technisch-politischen und rationalistischen Seite her begreift. Diesem Asiaten, der aus seinem Asiatentum heraus möchte, steht eine passive und dumpfe Masse von einer furchtbaren Roheit gegenüber, in deren Wesen gelungene

Volksszenen einen erschreckenden Einblick gewähren. Die energische Darstellung einer barbarischen und entsetzlichen Atmosphäre hätte man dem Verfasser vielleicht verziehen, und man hätte ihn sogar deswegen gepriesen, wenn er sie mit Mystik, sogenannter moderner Psychologie und den Extasen und Düften der neuromantischen Symbolik durchsetzt hätte. Da er aber statt dessen den Rationalismus einer politischen Revolution, wie er im Wesen dieses Stoffes lag, nicht verleugnete, so gerieten die Sensiblen und Sentimentalen in eine helle Empörung und weigerten sich sogar, die hier waltende plastische Gestaltungskraft anzuerkennen. Dazu kam jene nicht ganz reine Wirkung des Tragischen, das sich aber doch zuletzt tiefer eindringenden Lesern, die solche Widerstände zu überwinden vermochten, dennoch erschlossen hat. In seinem zwei Jahre später veröffentlichten Drama „Günther und Brun^ hild" hat Lublinski, unter dem Einfluss von Paul Ernst, die naturalistischen Fesseln fast schon abgestreift und eine Tragödie von reinerer Wirkung gegeben, die freilich durch einige Hemmungen des überlieferten Stoffes und Reste von Soziologie in ihrem freien Gang noch aufgehalten wird. In diesem Zusammenhang neuer Bestrebungen muss ebenfalls und abermals aui die schon erwähnte „Meroe" von Scholz verwiesen werden, die starke tragische Ansätze enthält, nur dass leider der Dichter allzu viele und allzu sehr gleich wichtige Motive gehäuft hat, die sich wechselseitig hemmen. Auch sonst regt es sich bereits in der Stille, und mancher jüngere Dramatiker beginnt zu ahnen, dass heute seine Kunst nur das eine Ziel kennen darf: die Eroberung der Tragödie.*) *) Ich habe von mir selbst in der dritten Person gesprochen und bin mir einer objektiven Stellungnahme der eigenen Tätigkeit gegenüber durchaus bewusst. Meine Feinde aber, die gern möchten, dass ich mich ebenfalls totschweige, werden trotzdem über meine Unbescheidenheit zu klagen oder zu höhnen beginnen. Ich er-



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Paul Ernst hat auch eine Reihe von Lustspielen veröffentlicht, die freilich bisher nicht zu seinen vollkommenen Produktionen zu rechnen sind, da seine norddeutsche Schwere den heiteren und kühnen Übermut eines geistreichen Spieles, wie er ihn anstrebt, vorläufig immer wieder zur Erde herunterzieht, wiewohl sein „Hulla" sehr beachtenswerte Ansätze bietet. In jedem Fall verdient sein Wollen auch hier vollkommene Billigung, und man ahnt dahinter neue Wege. Die moderne Simplicissimus- und Karikaturmanier könnte möglicherweise zu einem Keim werden, aus dem ein neuer Lustspieltypus erwächst. Es käme nur darauf an, sich offen und ehrlich zu dem parodistischen Charakter zu bekennen und auf pathetische Revolutionsputsche und das „Glöckchen des neuen Erkenners" zu verzichten. Man lasse der Tragödie und der menschlichen Grosse, was ihnen wahrlich gebührt, und dann wird neben dem Ernst das geistreiche Spiel sein volles Recht behaupten. Die tiefste Einheit einer Kultur ermöglicht auch den gesunden Gegensatz, während die wüste Vermengung allerwege Barbarentum bleibt. So ist es bezeichnend, dass Paul Ernst, dieser Kämpfer um die Tragödie, auch von den Möglichkeiten eines neuen Lustspieles, einer feineren Komödie träumt. Das grösste Hindernis aber für den tragischen wie für den komischen Stil und ein Hemmnis für die moderne Kultur überhaupt sind die erschrecklichen Revolutionäre und bis zur Albernheit pathetischen Karikaturisten, die „tragische Komödien" schreiben und sich für Umwerter aller Werte halten. widere: die grösste und einzige Unbescheidenheit eines Autors ist die Veröffentlichung seines Buches. Damit erhebt er den Anspruch, dass er etwas zu sagen habe, und es wäre seltsam, wenn er nunmehr nicht auch den Schritt tun dürfte, seine Ansprüche zu vertreten und seine Bücher gegen Angriffe zu verteidigen oder sie Gleichbestrebenden zu empfehlen.

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Erzählung Über den Zustand der epischen Dichtung lässt sich heute viel schwerer Rechenschaft ablegen, als noch vor zehn oder vor fünfzehn Jahren. Inzwischen hat sich das gesamte Niveau aussergewöhnlich gehoben, ohne dass doch schon ein Gipfel zu sehen wäre, der über die deutschen Grenzen und Blicke hinausragte, wie es zu ihrer Zeit die grossen französischen Realisten und die russischen Pantheisten vermochten, und auch viel weniger gewaltigen Erscheinungen, wie etwa dem Dänen Jens Peter Jakobsen oder der Schwedin Selma Lagerlöf, dürften in Deutschland Persönlichkeiten von einer gleicher Innerlichkeit oder naiven Phantasiekraft kaum entgegenzustellen sein. Allerdings entsteht hier die Frage, ob nicht eine zu grosse Nähe das einheimische Urteil über die eigenen Erzähler in ungerechter Weise beeinflussen mag. Denn das Niveau ist langsam vor unseren Augen in den letzten Jahrzehnten immer mehr gestiegen, und es war kein plötzlicher Aufschwung, keine Revolution und auch kein Programm dabei, sondern im strengsten Sinn eine Entwickelung. Man muss wieder an die Lieblingsbücher der eigenen Kindheit und an die beliebten Erzähler von damals, wie sie in der Gartenlaube herumgeboten wurden, mit einiger Anstrengung zurückdenken, um sich des grossen Unterschiedes und der eroberten Kunst im vollen Umfang bewusst zu werden. Aber die Evolution bringt eben so sehr Unterschätzung mit sich wie die Revolution gemeinhin zur Überschätzung zu verleiten pflegt und daraus erwächst dann die eigentümliche Schwierigkeit, die deutsche epische Literatur unserer Tage mit Gerechtigkeit zu beurteilen. Zumal eine besondere Form dieser Gattung hat einen so beträchtlichen guten Durchschnitt erzielt, dass jede Sonderung und Auslese der Zeit selbst überlassen werden muss. Die Erzählung im engeren Sinn, die ihren Rahmen zu weit



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gespannt hat, um noch Novelle, und doch zu eng, um schon Roman zu sein, wurde von der literarischen Strömung empor getragen und in jeder Weise begünstigt. Sie konnte, als ein Produkt unbekümmerter Erzählerphantasie, dem strengen Milieu-Prinzip des Naturalismus nicht anheimfallen, dafür aber von der genaueren Methode der Beobachtung und auch von dem Blick auf soziale Zustände Sachlichkeit und Zucht lernen und an Vertiefung gewinnen. Jene seltsame Synthese zwischen dem Naturalismus und einer ethisch freien, wiewohl engen Menschlichkeit — man hat diese zumeist dilettantisch auftretende Bewegung zu ihrer Zeit als Heimatskunst und als ein allein seligmachendes Rezept angepriesen — war ohne Frage der umgrenzten Form der Erzählung wie auf den Leib gepasst, und so entstand manches gute und sympathische Werk von tüchtigen Talenten, die uns freilich beschränkt erscheinen und auch beschränkt sein mögen: nur wird sich über den spezifischen Gestaltungs- und Gemütswert solcher Bücher heute wenig sagen lassen, weil es sich erst in späterer Zeit herausstellen kann, was an diesen Erzählungen lediglich zeitgemässer Lebensausschnitt und was an ihnen dauerhafte Dichtung ist. In ähnlicher Weise haben die neuromantische Lyrik und Psychologie und die pointierte Linienführung der Ironiker auch der Erzählung mancherlei neue Ausdrucksmittel zugeführt, die sie verwendet hat, ohne von ihrem eigentlichen Charakter abzugehen. Es entwickelte sich eine ganz besondere Gattung, diese moderne Erzählung, die vielleicht einmal eben so sehr als ein charakteristisches Erzeugnis für unsere Epoche empfunden werden wird, wie es für ihren spezifischen Kulturzustand die italienische Novelle gewesen ist. Jedenfalls wogen ganze Massen von Büchern gegen uns an, und man findet merkwürdig vielen guten Durchschnitt unter ihnen und gar nicht wenige, die über dieses nicht niedrige Niveau bereits herausragen, und jedes Werk hat



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seine individuelle, mehr oder minder ausgeprägte Physiognomie. Natürlich wird der Leser unter diesen Erscheinungen seine Lieblingsbücher haben, und keiner kann sicher sein, ob er bei seiner Wahl nicht vom Zufall bestimmt wurde und ob ihm nicht manches Werk, das gerade für ihn geschrieben wäre, verborgen geblieben ist, wofür ein anderes Buch einen notdürftigen Ersatz bietet. Namen zu nennen wäre eine Ungerechtigkeit, da ein vollkommener Überblick über diesen Gegenstand gegenwärtig noch nicht einmal von einem Berufs- und Sitzfleischpedanten und Registratur zu erreichen wäre. Man kann nur hoffen und wünschen, dass die strenge Auslese der Zeit genügend Wertvolles hinüberrette, um bei künftigen Geschlechtern Dankbarkeit für die Tätigkeit der Menschen von heute zurückzulassen. Nur kann freilich die Erzählung, bei ihrer behaglichen Enge, die manchmal Tiefe nicht ausschliesst, keinen synthetischen Charakter an sich tragen, und sie genügt zum geringsten Teil einem geheimsten Zweck der epischen Dichtung: dem Zweck, die Breite des Lebens in der Einheit der dichterischen Idee zusammenzufassen. Darum würde allerdings die Zeit um ihre Synthese und um ihr Epos kommen, wenn die Erzählung ihr letztes Wort wäre, und dieser Verlust könnte auch dadurch nicht aufgewogen werden, dass wenigstens die Wirkung eines geschlossenen Rhythmus und neuen Kulturstiles erzielt würde. Denn wie diese Gattung der Breite und Fülle des Romans entbehrt, so ist ihr auch die wohlabgewogene und strenge Form der Novelle versagt, und sie kann zwei wichtige Aufgaben, die eine werdende Kultur von der Dichtung begehrt, in keiner Weise erfüllen. Darum bleibt immer eine Frage zurück, ein unruhiger Suchergeist, und es wird auf epischem Gebiet um neue Formen und um einen neuen Inhalt ebenfalls rastlos gekämpft, ohne dass bis jetzt feststehende Resultate abzusehen wären.

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Ausser der Erzählung blühte lange Zeit und blüht zum Teil noch die impressionistische Skizze, die aber ihrem Wesen nach der Lyrik und Stimmung näher steht, als der Epik und daher, noch ganz abgesehen von ihrer Unfähigkeit als synthetisches Ausdrucksmittel, den strengeren Geistern, die nach einem Stil in der Erzählung suchen, nicht genügen kann. So kam Paul Ernst, der unermüdliche Stilsucher, auf den Gedanken, die alte Form der italienischen Novelle für die Probleme der modernen Literatur zu verwerten, und ohne Frage lenkte ihn dabei eine vielfach richtige Empfindung. Wahrscheinlich wurde er durch die besondere Art seines Talents zu diesem Problem geführt. So Wertvolles er als Dramatiker und als Theoretiker tatsächlich gegeben hat, so ist doch sein innerstes Wesen auf den Rhythmus jener typischen Gesetze und Gegensätze abgestimmt, aus denen die Imperative der menschlichen Ethik erwachsen. Er hat den Drang, jeden Einzelfall zu einem Symbol des ethischen Rhythmus und der intellektuellen und imperativen Mystik zu reduzieren, und dazu diente ihm vortrefflich die Fortbildung der alten novellistischen Form, wie sie Meister Giovanni Boccaccio hinterlassen hatte. Nicht immer hat sich Ernst, wie seine besonderen Zwecke allerdings erfordert hätten, genügend von den zufälligen äusseren Ausdrucksmitteln der alten Meister (von ihrer Technik im Gegensatz zur inneren Form) frei gemacht, wodurch etwas Sprödes und Abweisendes in manche Novelle seiner Sammlung „Prinzessin des Ostens" hineingekommen ist, wozu noch eine latente Neigung zum Erzieherischen hinzutritt, die aus seinen gehemmten politischen Trieben zu erklären ist. Wo aber diese Hindernisse wegfallen und ihm ein Doppeltes gelingt, die Wiedergabe des ethischen Rhythmus und der unheimliche Gegensatz zu aller Ethik, die unterdrückte und wilde Natur, die tief von unten her aufwühlt und brütet, dort sind ihm einige Novellen zugefallen, denen eine ebenbürtige Nachfolge in

— 177 — seiner Produktion zu wünschen wäre: das Meisterstück „Papedoene", dann die „Göttin der Vernunft" und der „Tod des Dschingiskhan", in dem er das gleiche Problem, wie später im Drama Demetrios an einem alten und welterfahrenen und lebensmüden Herrscher mit einem vollkommenen Gelingen dargestellt hat. In allen diesen Novellen ist Ernst auch Psychologe und muss es sein, da er eben lauter Einzelfälle darstellt, in denen ethische und natürliche Triebe zusammenprallen und zum Problem und Schicksal werden. Da ergeben sich so viele Kombinationen seelischer Art, als es einzelne Geschehnisse gibt, und von hier aus könnte allerdings die moderne Psychologie, die im Drama (Hugo von Hofmannsthal) leicht zur Willkür führt, zum grössten Vorteil für die Novelle werden und dieser alten Form neues Lebensblut zuführen. Aber auch in der Novelle würde die Psychologie allein, wenn sie sich nicht an dem festgefügten Gerüst der äusseren Fabel emporranken könnte, bald genug der Verworrenheit und dem dunklen Allgefühl und der Willkür verfallen und auf jenes gefährliche Gebiet geraten, wo das Woit mit der Musik einen vergeblichen Wettkampf beginnt. So ist es nämlich das Schicksal von Jakob Wassermann gewesen, der mit einem ganz richtigen Gefühl die alte novellistiscHe Form zur Hilfe rief, um seiner ewigen und albernen und grundverworrenen Psychologie endlich eine feste Gesetzmässigkeit zu verleihen. Er veröffentlichte unter dem Gesamttitel „die Schwestern" drei Novellen, in denen er ein psychologisches Problem von einem in der Tat merkwürdig singulären und zugleich typischen, mit einem Wort also novellistischen Charakter darzustellen versucht hat. Das Leben als einen Traum, die zarte Verwechslung des Subjektiven und Objektiven und die merkwürdigen Konsequenzen, die sich in besonderen Lebenslagen daraus entwickeln können, wollte er uns an dem Schicksal von drei Frauengestalten offenbaren, da ja gerade L n b l i n k i, Ausgang der Moderne.

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die weibliche Seele von dieser Gefahr und diesem Glück der Phantastik, von dieser Wahrheit der Lüge am leichtesten bedroht wird und ihr am wenigsten widersteht, noch widerstehen will. Zu einer wirklichen Gestaltung des Problems in einer geschlossenen Form und sichern Fabel hat es Jakob Wassermann höchstens in der mittleren dieser Novellen gebracht, in der Sara Malcolm, während die beiden ungleich tiefer erfassten Erlebnisse seiner Johanna von Castilien und seiner Clarissa Mirabel bald genug in der bei ihm unvermeidlichen wüsten Lyrik, psychologischen Konstruktion und phantastischen Willkür zu Grunde gingen, so dass es als Virtuosentum empfunden wird, wenn er in rein äusserlicher Weise trotzdem die Strenge der novellistischen Form zu wahren scheint. Eine ausführliche Analyse dieser Scherze bis in die Einzelheiten hinein würde ihrem wirklichen Wert nicht entsprechen und darum mag in aller Kürze die Fabel und der Fehler von Clarissa Mirabel angedeutet sein. Ein Advokat, so erzählt uns der Dichter, ist in einer kleinen Stadt irgendwo im südlichen Frankreich von der steilen Böschung eines Flusses während eines nächtlichen Ganges abgestürzt und verunglückt. Trotzdem diese Todesursache nach allen Umständen mit völliger Klarheit zu ermitteln ist und gar keinen Zweifel zulässt, verbreitet sich dennoch die Sage von einem Mord, und bald ergreift die ganze Bürgerschaft dieser Taumel der Phantastik, des verworrenen Selbstbetruges und jener unheimlichen Art von Legendendichtung, die aus dem Nichts und aus der vollkommensten Harmlosigkeit Beweise und Bekräftigungen für ihre Luggespinste herauszuspüren weiss, bis endlich völlig Unschuldige dem fremden und auch dem eigenen Wahnsinn zum Opfer fallen. Wer wollte die furchtbare Realität solcher Vorkommnisse bestreiten, da wir nicht erst bis zum Hexenwahnsinn des Mittelalters zurückzugehen, sondern uns nur an Fälle unserer jüngsten Vergangenheit zu erinnern brauchen:

an den Prozess Dreyfus und an die Ritualmordprozesse in Deutschland und Österreich. Aber in solchen Ereignissen waltet doch nicht der Wahnsinn allein, sondern auch ein sehr handgreifliches Interesse, ein Kampf um die Macht, ein klarer Gegensatz der Parteien oder der Weltanschauungen. Jene Blutmärchen werden schliesslich dort nur immer wieder auftauchen, wo sie als Waffe in den Händen von Konservativen und Antisemiten und Chauvinisten gegen verhasste Liberale und Revolutionäre und Juden zu verwerten sind. Im Prozess Dreyfus lag es wahrhaftig klar zu Tage, dass viele nur deshalb getäuscht wurden, weil sie aus politischen Gründen getäuscht werden wollten, und die Hexenprozesse wucherten am meisten im sechzehnten und siebzehnten Jahrhundert, als das Mittelalter in den letzten Zügen lag und sich mit verzweifelter Wut gegen den langsam aufkommenden Rationalismus wehrte. Jakob Wassermann empfand diese unbestreitbare Tatsache, und so machte er einige Versuche, ein bewusstes und politisches Element mit hineinklingen zu lassen. Wir befinden uns in der Blütezeit des Kaiserreichs, und in der kleinen französischen Stadt stehen sich klerikale Royalisten und aufgeklärte Imperialisten in einer leidenschaftlichen Feindschaft gegenüber, und jede Partei gönnt der anderen den mutmasslichen Mörder von ganzem Herzen. Aber dieses wichtige Motiv hat der Verfasser flüchtig gestreift, weil ihm entweder die Gestaltungsfähigkeit des Plastikers fehlte oder auch möglicherweise darum, weil er von dem mystischen Revolutionsschwindel unserer Tage bis zur Unheilbarkeit infiziert ist. Vielleicht bildete auch er sich ein, wie jener vorbildliche Julius Bab, der menschlichen Logik, dieser bisher unerschütterlichsten aller geistigen Tatsachen, einen tödlichen Streich versetzen zu können, so dass er als ihr Besieger und als gigantischer Umstürzler triumphierend dastand. Wenn er von diesem törichten Ehrgeiz wirklich besessen gewesen ist, dann hat er jedenfalls als Künstler da12·



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für zu büssen gehabt, und wenigstens kann ihm zugestanden werden, dass er sich auf dem richtigen Weg befand, als er nach der Form der Novelle griff, um in sie die moderne Psychologie einströmen zu lassen. Entwickelungskeime sind auf diesem Gebiet vorhanden, und es könnte neben der Erzählung eine eigenartige moderne Novelle von einem sehr strengen Stilcharakter gedeihen. Freilich würde auch eine solche Form einem umfassenden und synthetischen Bedürfnis nicht genügen, und erst die Antwort auf die Frage nach den Entwickelungsmöglichkeiten des modernen Romans enthält eine Entscheidung darüber, ob die gegenwärtige Zeit und der Kulturzustand unserer Tage eine epische Zusammenfassung begünstigen oder nicht vielmehr gefährden. Anscheinend wäre diese strenge Gebundenheit der Klassenverhältnisse, diese straffe Soziologie und Technologie, die das Leben der Berufskreise umklammert und beherrscht, ein eminent episches Element, weil es ohne Zweifel auf Massen und auf der Organisation von Massen beruht. Die moderne Grossstadt mit ihrem demokratischen Lebenspuls, mit ihrem Verkehrsleben, ihren Volksversammlungen in Riesensälen und mit dem Zellenkomplex von unzähligen Vereinen, die in ihrer Summe zu Gesellschaftswirkungen von ungeheurer Kraft werden, mit dem Fluidum geistiger und sozialer Strömungen, denen auch der selbständigste Einzelne mühsam oder gar nicht zu widerstehen weiss: da scheint in Wahrheit ein epischer Sozialzustand verwirklicht zu sein, wie er in einer solchen Grosse und einleuchtenden Klarheit niemals bisher in der Weltgeschichte bestanden hat, und um den uns der Ahnherr aller Epiker, Altvater Homer, vielleicht beneiden könnte. Unglücklicherweise fehlt jedoch diesem Massenleben voll sozialer Notwendigkeiten die Freiheit, die der Epiker, wie jeder andere Dichter, ebenfalls nicht entbehren kann, wenn sie auch in seinem Fall

— i8r — eine Freiheit in der Gebundenheit bleibt. Der zürnende Pelide ragte gewiss unter den anderen Heroen der Achäer nicht durch ein Ubermass von unterscheidender Individualität hervor: er war nichts als der vollkommenste Typus seiner Kaste und fühlte sich durch ererbte und anerzogene Meinungen in seinem Wollen und Handeln bestimmt. Aber diese innere Unfreiheit empfand er nicht als solche, da seine Persönlichkeit mit seiner sozialen Stellung zusammenfiel, und da es ihm Freude und höchste Entfaltung seines Wesens bedeutete, wenn er der verwegenste Lanzen- und Schwertkämpfer der Achäer im Schlachtgetümmel war. Dagegen würde irgend ein moderner Typus irgend einer Gesellschaftsschicht kaum Gelegenheit finden, seine persönlichen Triebe in unbekümmerter Weise schalten zu lassen, und wäre er selbst ein Führer dieser Schicht, etwa ein grosser Unternehmer, ein captain of the industry. Er würde seine Stärke darin finden, die Konjunktur richtig vorauszusehen und eine kühle Rechenmaschine zu werden, bevor er etwas wagt und vertraut und auf das Spiel setzt. Sein geheimes Ideal — je mehr über andere Triebe der Geschäftsmann den Sieg davonträgt — wird doch immer die Aktiengesellschaft m. b. H. bleiben oder die Einordnung in ein Syndikat, in einen Trust, in ein Kartell, das ihm sichere Gewinne unter womöglich völliger Ausschaltung des Risiko gewährleistet. Die Pierpont Morgan, Rockefeller und Carnegie sind allerdings der letzte Ausdruck und die Inkarnation von Massenzuständen und sozialen Gesetzen; aber nicht ein Ausdruck der Freiheit, und darum machen sie selbst auch nicht den Eindruck von starken Individualitäten, sondern von trockenen und kühlen Geschäftsmännern. So weit ein Einzelner sich über dieses Niveau zu erheben vermag, da tut er es kraft eines Überschusses von Lebensenergie, die nicht mehr mit seinem Beruf und Massenleben zusammenfällt: also nicht infolge von epischen, sondern vielmehr von unepischen (indivi-



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dualistischen) Eigenschaften. So aber ist es überall durch die ganze Stufenleiter des modernen sozialen Lebens; die Masse als Masse, nämlich als Organisation und sozialer Kreis, ist unfrei und gebunden und streng diszipliniert und darf nur den Erwägungen des Verstandes oder Interesses folgen. Höchstens in ganz seltenen Fällen kommt ihr Gemüt und ihre Leidenschaft zum Durchbruch, in politischen oder nationalen Ausnahmefällen, die nicht mehr zum epischen Alltag gehören, sondern bereits seltene und dramatische Höhepunkte bedeuten. Somit begünstigt unser soziales Zeitalter tatsächlich in keiner Weise, sondern benachteiligt vielmehr die grosse epische Dichtung, und wir sind im heutigen Deutschland schlimmer daran, als es die französischen Schriftsteller in den Tagen Balzacs waren oder die Russen in den Tagen Dostojewskys. Damals erlebte Frankreich die Entstehung der Bourgeoisie, während die Impulse der Revolution und der Napoleonischen Heldenzeit noch in den Gemütern wirkten und nachzitterten, und Russland erlebte den stärksten seiner typischen Zusammenstösse zwischen der westeuropäischen Zivilisation und dem asiatischen Barbarentum, zwischen dem Rationalismus und der byzantinischen Orthodoxie. So gab es in beiden Ländern frei handelnde Massen und Massenerregungen, und es war eine Festzeit für den Epiker, während in Deutschland mit der Bourgeoisie zugleich die Gegenwirkung eines organisierten Sozialismus und einer organisierten Bureaukratie entstanden sind, so dass die Zweckmässigkeit und Disziplin über dunkle Triebe und kühne Instinkte viel zu schnell triumphierten, als dass eine naive Epik des Lebens möglich gewesen wäre. Der „soziale" Roman aber, auf den man nunmehr hingewiesen war, bedeutete eigentlich einen Widerspruch in sich selbst; nämlich ein Epos der Maschinen, statt der Menschen. Zola hatte dafür freilich einen Stil gefunden, der im Grunde nichts war als ein gigantisch-brutaler Impressionismus,

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zu dem die naive Beschränktheit eines Intellektes gehörte, den im philosophischen Deutschland kein einziger Autor aufzubringen vermochte, zumal der geheime Drang nach Zukunftskultur in allen jungen Schriftstellern, auch den naturalistischen, mit einer versteckten und lebendigen Kraft zu wirken begann. So mussten alle Versuche des sozialen Romanes scheitern und nur Thomas Mann sah die einzige Möglichkeit und gelangte zum Ziel. Eigentlich aber sind seine „Buddenbrooks" — was ich über den hohen Wert dieser Dichtung in meiner „Bilanz der Moderne" zu berichten hatte, habe ich in keiner Weise zurückzunehmen — doch nicht mehr von jener Einheitlichkeit des zuständlichen Denkens erfüllt, die zu einem sozialen Roman gefordert wird. Der innere Vorgang ist kein sozialer mehr, sondern ein psychologischer: eine Familie entwächst ihrem Umkreis und ihrer Tradition und geht daran zu Grunde. Wären diese leidenden zugleich kämpfende Menschen, deren Sehnsucht nach der Freiheit und selbst nach der Zügellosigkeit ginge anstatt nach Unterordnung, dann wäre es mit dem sozialen Roman sogleich zu Ende, weil das Milieu fortgeschleudert würde, anstatt mit krampfhafter Angst festgehalten zu werden. Darum geht der letzte Konflikt in dieser Dichtung doch wohl auf Menschenseelen und Menschenschicksale, die nur in geringem Grade einen typischen und synthetischen Charakter für unsere Zeit in Anspruch nehmen dürfen. Weit eher könnten neuromantische Träumer und Sensible, die gelegentlich auch unter den Grosskaufleuten vorkommen, in einem solchen Spiegel ihr Bild erblicken. So sind die „Buddenbrooks" nur nach aussen hin ein sozialer und in Wirklichkeit ein individualistischer Roman; sie bedeuten einen Einzelfall mit typischen Zügen, aber noch kein typisches Epos. Der Bruder des Verfassers der „Buddenbrooks", der kraftgenialisch ungefüge Heinrich Mann, hat ebenfalls Zeitromane geschrieben, die freilich mit Sozialismus und



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sozialer Lebensanschauung nicht das Geringste zu tun haben und auch nicht von Zola herzuleiten sind, sondern von jenen grossen Vertretern der epischen Zeit des modernen Frankreich, von Balzac und Flaubert, deren Tendenzen ihr Nachfahre Heinrich Mann in eine parodistische Spitze ausklingen lässt: eigentlich bedeutet er die Götterdämmerung für den realistischen Roman des neunzehnten Jahrhunderts. Er ist eine Persönlichkeit von starkem und heroischem Wuchs und zugleich etwas wie ein moderner Barbar aus der Parvenü-Zeit der Bourgeoisie, und halbwegs schliessen sich diese Elemente in ihm zur Einheit zusammen und halb auch verharren sie in einem gegenseitigen Widerspruch und Hass. Ihm imponieren diese Kraftgestalten unserer Tage, diese Raubritter der Börse, diese allmächtigen Journalisten, diese rhetorischen Volkstribunen, diese Hochstapler der Literatur und Gesellschaft, diese deklassierten Kurtisanen, diese tollwütigen oder kühl berechnenden Erotiker der Boheme. Sie imponieren ihm so gründlich, dass er den klaren und sachlichen Blick des Epikers, der wohl von Anbeginn nicht die Stärke seines Talentes ausmachte, vollkommen verliert und solche Menschen in einem Michelangelesken Riesenmass zu erblicken beginnt, als ob sie Titanen und Propheten und Sybillen wären anstatt rechtschaffene Hochstapler und Jobber und Parvenüs aus den Hintergründen der Grossstadt. Natürlich korrigiert sein Verstand diesen ständigen Irrtum seiner genialen Phantasie, und er muss freilich erkennen, dass ein Vergleich zwischen einem Börsianer der Reichshauptstadt und einem Cesar Borgia nicht einwandfrei sein dürfte und dass eine zügellose Bankiersgattin doch weit mehr als komische denn als heroische Figur erscheint. So verzerren sich ihm seine gigantisch gewachsenen Menschen zu einer zyklopischen Karikatur, zu riesenhaften Hampelmännern, die in ihrer kolossalischen Fratzenhaftigkeit da und dort fast grauenhaft wirken, so dass Reminiszenzen an Theodor

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Amadeus Hoffmann erwachen, die nicht durch Nachahmung erweckt werden, sondern auf eine £ eheime und tiefe Verwandtschaft der Talente verweisen. Man fragt sich sehr ernstlich, ob der Dichter nicht viel besser getan hätte, sich dem romantisch-phantastischen Zug seines Wesens rückhaltlos hinzugeben, und dann hätte er ohne Zweifel jenen älteren Romantiker weit hinter sich gelassen, den er an Leidenschaft, Lyrik und Heftigkeit des Temperamentes überragt. Ein Wirklichkeitsdichter ist Heinrich Mann ganz und gar nicht und die Beobachtung wird bei ihm entweder sofort Karikatur oder sie vermag sich von einer allerdings durch die groteske Wildheit und wahrhaft giganteske Lyrik seines Talentes masslos übersteigerten Konvention nicht loszulösen. Es ist sehr merkwürdig, wie wenig Heinrich Mann das moderne Italien, wenn es sich nicht um die grandiose Parodie von Einzelzügen handelt, mit eigenen Augen angesehen hat, wie er da von der poetischen Tradition und Legende vollkommen abhängig bleibt: es wäre ihm ganz unmöglich, das wirkliche Florenz oder Venedig unserer Zeiten zu erfassen, und er sieht diese Städte und die Menschen in ihnen immer noch mit den Augen längst verstorbener Renaissance- und Barockkünstler. Dadurch kommt Kostüm und Atelierluft in sein Werk, und wo er poetisch sein möchte, wirkt er dennoch, trotz des unbestritten grossen Zuges in seinem Pathos, auf den Kundigen leicht als Arrangeur, und daran leiden seine drei Romane der Herzogin von Assy, die von einem chaotisch-barocken Inhalt geradezu überquellen, und dabei doch weder zu vollklingender heroischer Symphonie noch zu einer vollkommenen Groteske zu gelangen vermögen. Seine wirkliche Monumentalität und sein echtestes Können beruhen in der Parodie, und in dieser Beziehung hat er schwerlich schon sein Bestes gegeben, da sein ganz vortrefflicher Professor Unrath und sein wahrhaft homerischer Ulk „Schlaraffenland" mehr als ein Prolog und ein Versprechen wirken. Er ist nach seinem künstlerischen



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Wesen mit Bernhard Shaw und Frank Wedekind und den Männern des Simplizissimus zusammen zu stellen. Aber bei diesen kleineren Geistern voller Jämmerlichkeit läuft alles auf eine Revolte der Mittelmässigkeit hinaus, während Heinrich Mann aus Sehnsucht nach Heldentum ein Heldenzerstörer wird und nur darum die Breite des modernen Lebens im Hohlspiegel der Karikatur auffängt, weil er in ihm nicht die Fülle und Grosse des homerischen Epos zu entdecken vermag. Heinrich Mann ist ganz und gar nicht eine Erfüllung, wie die blinden Toren unter seinen Anhängern ausposaunen. Aber vielleicht lebt in keinem Deutschen der Gegenwart leidenschaftlicher als in ihm die Sehnsucht nach epischer Synthese. Wäre noch ein Weg möglich, das moderne Leben auf die epische Formel zu bringen und den in ihm ohne Zweifel latent vorhandenen epischen Gehalt machtvoll hervortreten zu lassen ? Die Tradition des deutschen Romanes und einige neuere Versuche haben die Frage wieder nahe gelegt, ob die Entwickelungsgeschichte eines einzelnen Menschen, wie sie im „Wilhelm Meister" und im „Grünen Heinrich" geschildert und gedichtet wurden, auch dem modernen Roman neues Lebensblut zuführen könnten. Dieses Problem ist durch die poetische Praxis noch nicht beantwortet worden, da von den vorliegenden Werken kein einziges bis zum Mittelpunkt vorgedrungen ist. Felix Holländers Thomas Truck blieb im Journalistischen stecken, und einem echten Künstler, wie Hermann Hesse, ging die geistige Bedeutung ab, so dass er in seinem „Peter Camenzind" nur eben die Biographie eines frischen Jungen gab, der zufällig und ganz flüchtig mit ein paar Zeitfragen in Berührung kam. Bei aller Teilnahme für eine gewisse sinnliche und quellende und gemütliche Unmittelbarkeit des Künstlers und Poeten Hesse muss doch mit Schroffheit ausgesprochen werden, dass dieser sympathische Poet seine Erfolge und die Stellung, die er gegen-

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wärtig einnimmt, durch seine Leistungen in keiner Weise verdient hat. Für das gegebene künstlerische Problem hat vielmehr Paul Ernst, wie sein „schmaler Weg zum Glück" beweist, bedeutend mehr geistige und menschliche Fähigkeiten mitgebracht, weil der Politiker und ehemalige Sozialdemokrat, der sich zur Kunst und Einsamkeit durchzuringen vermochte, aus einem unvergleichlich tieferen Verständnis und aus einer wertvolleren menschlichen Entwickelung zu schöpfen hat, als der frisch fröhliche und herzlich harmlose Hermann Hesse. Nur ist Paul Ernst eben kein Epiker, sondern Novellist und Dramatiker, und auch sein ungewöhnlicher Kunstverstand konnte diesem ursprünglichen Mangel nicht abhelfen. Dennoch kam er dem Ziel viel näher, als jeder andere, und es ist ein schlimmes Zeichen für wucherndes Artisten- und Litteratentum, dass man den menschlich-geistigen Gehalt und den ernsten Kampf um die Form über den zweifellosen Mängeln des Buches völlig übersehen konnte.*) Zugleich wird uns durch diesen Versuch die Schwierigkeit der Aufgabe, die fast als eine Unmöglichkeit erscheint, mit einer beinah schmerzhaften Intensität zum Bewusstsein gebracht. Schon „Wilhelm Meister", an dem ein grösster Dichter die Überfülle seiner produktiven Kraft verschwendet hat, übt heute in seiner Gesamtheit keine unmittelbare dichterische Wirkung auf Menschen unserer Zeiten aus, die nicht als schwer gebildete Literaturhistoriker an die Probleme dieses Romanes und die Ideenströmungen des achtzehnten Jahrhunderts heranzutreten vermögen. DaSei hat Goethe kulturelle, künstlerische und pädagogische Probleme vorgetragen, die von einer viel weniger spröden Natur sein dürften als unsere politischen, ökonomischen und technisch-wissenschaftlichen Fragen. Heute müsste ein Mann auftreten, der die ganze *) In jüngster Zeit ist hierin durch eine verdienstvolle Kritik von Karl Scheffler ein gewisser Wandel eingetreten.

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Zeitentwickelung als Intelligenz und Denker durchgemacht hätte und zugleich die schöpferische Kraft besässe, dieses abstrakte Material, ohne seine geistige Bedeutung zu schmälern, in Gestalten und in künstlerische Sinnlichkeit umzusetzen. Wer wollte nicht gern in müssigen Stunden und in der Dämmerung des Abends von unerhörten Glücksfällen träumen und ferne Möglichkeiten zu goldenen Fäden ausspinnen. So mögen wir denn träumen und abwarten, bis der Wundermann erschienen ist. Die Wahrheit ist diese: eine epische Synthese, ein wirklich umfassender Roman, kann nicht unmittelbar aus dem Stoff der Gegenwart geformt werden. Man wird vielmehr eine Distanz gewinnen und nach fremdem und freierem Material greifen müssen, ohne darüber den mächtigen wogenden Massenrhythmus, der in unserer Zeit unterirdisch rollt und rauscht, zu überhören. Die gleiche Lage, wie bei dem Drama liegt vor: wie die latente Tragödie, die unser Leben beherrscht, im Kunstwerk zu einer offenbaren werden muss, so in der Erzählung das latente zu einem offenbaren Epos. In diesem Sinn hätte der historische Roman, der sich wieder zu regen beginnt, eine völlig neue Aufgabe zu erfüllen, da er jetzt nicht mehr aus einem antiquarisch-romantischen Interesse hervorgehen würde, nicht mehr aus der Pietät oder Gelehrsamkeit, auch nicht aus der naiven Freude eines unbekümmerten Fabelerzählers an bunter Begebenheit oder aus einer Weltflucht in die Vergangenheit: sondern er würde die Offenbarung, Erhöhung, Ergänzung unseres eigenen Lebens bedeuten, die Erlösung unserer gebundenen Kräfte. Fast will es erscheinen, dass ein solcher Instinkt, dieses dunkle Gefühl für eine bevorstehende Entwickelung, schon in einer modernen Dichterin zu leben begann und sie zu einem sehr interessanten und symptomatischen Versuch veranlasst hat. Ricarda Huch beschenkte uns mit einem sehr merkwürdigen und allerdings bisher noch nicht vollendeten



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Roman, in dem sie ein Heldenlied vom Leben Garibaldis angestimmt hat. Die Revolutionskämpfe und nationalen Gründungen, die fast das ganze neunzehnte Jahrhundert erschüttert haben, beginnen also in den Gesichtskreis wirklicher Dichter einzutreten, die imstande sind, die historische Grosse des Objektes zu erfassen und sich mit Kühnheit getrauen, ihm seine Seele, sein innerstes Herz und dichterisches Geheimnis zu entreissen. Ein historischer Roman dieser Gattung bliebe sicherlich im innigsten Zusammenhang mit unserer Zeit, die auf solche Weise ihre unmittelbare Vergangenheit im Licht der Odyssee und Ilias und des Nibelungenliedes erblicken könnte. Der vorliegende erste Band des gross gedachten Werkes von Frau Ricarda ist freilich noch weit entfernt davon, ein wirkliches Epos zu sein.*) Vielmehr ein Heldengedicht, eine jener hinreissenden Rhapsodien, die in alten Zeiten von Sängern vor versammeltem Volk auf dem Marktplatze gesungen worden, und die dann den Rohstoff abgaben, aus dem nachmals grosse Epiker ihre Werke gestalteten. Zwei Momente haben anscheinend die Dichterin in diesen Schranken festgebannt. Einmal hielt sie sich mit ängstlicher Strenge an die überlieferten Tatsachen und überliess in dieser Beziehung nicht das Geringste ihrer Phantasie. Dadurch aber bleibt der Dichter in einer viel zu grossen Abhängigkeit vom Historiker und vom Ereignis, und seine Gestaltungskraft bewegt sich in Fesseln und kann nur auf eine gleichsam illegitime Weise zur Geltung kommen. Es mag ja seltsam erscheinen, wenn in unserem Zeitalter einer streng archivalischen Forschung, die sich in diesem Fall dazu noch *) Ebenso auch der inzwischen erschienene zweite Band, der an künstlerischer Sinnlichkeit weit hinter dem ersten zurücksteht, während die hohe geistige Leistung imponiert, mit der der Gegensatz zwischen Garibaldi und Cavour und Viktor Emanuel auf typische Gesetze der Menschennatur und Geschichte zurückgeführt wird. Besonders gelungen ist die Darstellung der Gestalt und Tragödie Cavours.





auf die nächstliegende Vergangenheit bezieht, vom Dichter verlangt wird, dass er sich nach seinem Kunstbedürfnis von äusseren Tatsachen emanzipiere. Gewiss würde sich das Publikum darüber beschweren, dass die ganze Erzählung „unwahr" wäre, und die historischen Philologen würden nach Herzenslust empörte Proteste gegen den „unwissenden" Phantasten veröffentlichen und wie Löwen ihre urkundlichen Tatsachen verteidigen. Vielleicht aber könnte eine grosse poetische Tat allmählig die Widerwilligen überzeugen, dass künstlerische Wahrheit die wissenschaftliche nicht auszuschliessen braucht, sondern sie vielmehr zur Voraussetzung hat. Wer eine Tatsachenmasse gründlich durchforscht hat und in ihr einheimisch ist, dem erschliesst sie ihr letztes Wesen und ihren inneren Bau, und danach darf er sie als Künstler unbedenklich formen. In diesem vorliegenden Fall ist das innerste Wesen des Stoffes von epischer Art, und ein Epiker, allerdings auch nur ein solcher, hat darum durchaus das Recht, alle Abänderungen zu wagen, die der völlig herausgekehrte und ausgesprochene epische Sinn bedingen würde. Da Ricarda Huch nicht eine homerischepische Begabung besitzt, so mag sie recht daran getan haben, sich auf solche Verwegenheiten nicht einzulassen und lieber bei den urkundlichen Begebenheiten zu verharren. Aber als romantische Dichterin, die sie ist, verstand sie es, dem verborgenen Rhythmus der Geschehnisse zu lauschen und unter dem schwerfälligen Apparat der Historie die kühne und holde, naiv-phantastische und harmlos-schauspielerische, dabei aber doch tragisch-heroische Seele der jugendlichen Revolution von 1848 zu entdecken und in ergreifenden Szenen zu offenbaren. Darin beruht der Reiz dieser edlen Rhapsodie, während die eigentliche Erzählung aus den erwähnten Gründen hinter ihren früheren Romanen an Sicherheit und Ruhe und gesammelter Kraft doch wohl zurückstehen dürfte. Vielleicht aber werden

künftige Generationen dieses jüngste Werk von Frau Ricarda am meisten ehren, und vielleicht kündigt sich in diesem Versuch eine neue Entwickelung an. Vielleicht wird hier, wie einst in alter Zeit, die Rhapsodie zum Vorboten des Epos. Jedenfalls ist die grosse und heroische Persönlichkeit nunmehr auch in den modernen Roman wieder eingezogen, womit dem Naturalismus und jener hypersensiblen Neuromantik, die die Persönlichkeit in Stimmung untergehen lässt, das Sterbeglöcklein zu läuten beginnt. Wer von der Hoffnung auf ein Epos spricht, muss auch von Karl Spitteler sprechen, jenem trotzigen und treuherzigen Schweizer, der sich allerdings herabgelassen hat, auch einige Erzählungen in Prosa zu schreiben, sonst aber, im tiefsten Grunde seiner Seele, nur das Versepos gelten lässt, dessen Berechtigung er gegen den modernen Realismus und den immerhin schon seit Jahrhunderten in Europa eingebürgerten Roman mit einer fast berserkerhaften Wut verteidigt hat. Und mit einem herzlich sonderbaren Epos in mehr als freiem Rhythmus, das er „Prometheus und Epimetheus" genannt hat, begann er vor fünfundzwanzig Jahren seine Laufbahn, und den späteren, vor etwa zehn Jahren veröffentlichten „Olympischen Frühling", einen Cyklus von drei solcher Epen, hält er offensichtlich für sein Hauptwerk. Das ist ein beträchtlicher Irrtum Spittelers wie auch seiner Jünger, da viel anspruchslosere Werke in Prosa, etwa seine beiden reizenden Erzählungen „Imago" und „Mädchenfeinde", mehr Lebensdauer bewähren dürften, als diese doch eigentlich vollkommen misslungenen, wiewohl im hohen Grade interessanten und bezeichnenden Experimente. Spitteler musste aus einer Not seiner Natur auf solche Versuche verfallen, weil er Allegoriker und herzhafter Zeichner und ein tüchtiger Sittenlehrer ist, ganz und gar nicht aber ein Dichter. Sein spezifisch künstlerisches Vermögen würde allenfalls für

drollige Kleinmalerei auf Porzellan und auf Fayencekacheln ausreichen oder für die idyllischen Kupferstiche entsprechender Hirtengedichte oder für brave Fabeln mit einem hinten angehängten Moralschwänzchen. Es ist falsch, ihn mit Gottfried Keller oder Conrad Ferdinand Meyer zu vergleichen, da er viel mehr an Schweizer des achtzehnten Jahrhunderts gemahnt, an Gessner und Haller und auch an Bodmer und Breitinger. Wenn er dennoch über diese Vorfahren manchmal herausragt, so hat er es ganz allein seinem menschlichen Charakter und dem modernen Individualismus zu verdanken. Dem ehemaligen Theologen ist es namentlich damals mit seinem Idealismus höllisch ernst gewesen, als in die bis dahin befriedeten Bezirke der Schweiz die moderne Technik und der Materialismus einzubrechen begannen und als .sich das humanistische Interesse der Gebildeten in ein handfestes Banausentum verwandelte. Vielleicht ist seitdem jene gemütliche Philistrosität, die vom Wesen kleiner und geschichtsloser Staaten unzertrennlich scheint, dort zu Lande noch viel unerträglicher geworden als sie es in den Tagen Meister Gottfrieds von Zürich war. Jedenfalls hat sich Spitteler weidlich über alle diese beschränkte Unduldsamkeit geärgert und führt mit ihr Krieg als ein tüchtiger und etwas tölpischer Bannerträger des Idealismus. Dazu kam, dass er das Glück hatte, in entscheidenden Lebensjahren einem Nietzsche zu begegnen, dessen Einfluss auf ihn grosser gewesen ist, als Spitteler jetzt zugeben möchte.*) Spitteler kämpfte also in seiner Weise den guten Kampf des modernen Individualismus gegen die materielle Welt und dadurch kam Pathos und *) Gute Leute und schlechte Kritiker, die im Kunstwerk nur das Stoffliche sehen, sind auf den hochkomischen Gedanken gekommen, dass Nietzsches Zarathustra ein Plagiat an Spitteleis Prometheus und Epimetheus wäre. O weh, dann hätte zur Abwechselung das Plagiat mehr Wert als das Original. Es gibt doch noch Neues unter der Sonne.

— 193 — . Seele, beinah etwas wie grosszügige Romantik in sein Wesen, und die Allegorie, von der er sich nicht befreien konnte, erhielt eine tiefere geistige Bedeutung und den abhebenden Hintergrund persönlicher Erlebnisse. Dazu kam sein hochentwickelter Kunstverstand, der diese geheime Schwäche durchschaute und mit kluger Technik aus der Not eine Tugend zu machen verstand. So sind seine Epen zu begreifen, sie sind moralische Allegorien ohne plastische Gestaltung, aber durchsetzt von zierlichen Zeichnungen, erbaulichen Fabeln und von Gedanken der Weisheit und des Lebensernstes, und zugleich sind sie voller Kühnheit und Wagelust in der poetischen Technik: auch Spitteler erinnert an Rhapsoden und an Erzähler auf dem Marktplatz in alten Zeiten. Freilich werden seine Ahnen und Vorgänger aus der Urzeit nicht so sehr naive Erzähler und Sänger gewesen sein als vielmehr Weisheitslehrer und Grübler, die ihren Zuhörern in gut erfundenen Märchen eine moralische Wahrheit zu schmecken gaben. Aber auch die Vorarbeit einer solchen Art von Rhapsoden ist als volkstümliche Philosophie und zuständliche Moral und schliesslich sogar als poetischer Rohstoff ebenfalls von den Epikern übernommen worden. Darum mag Spittelers Tätigkeit nicht nur aus den Bedürfnissen seiner persönlichen Anlage zu bewerten sein, sondern vielleicht redet auch aus ihm jene Sehnsucht, die eine epische Synthese begehrt. Dieser Wunsch, der in so grundverschiedenen Talenten gleichzeitig zum Ausdruck gelangt, entspringt eben der besonderen Lage einer Zeit, die von epischen Elementen durchflutet ist, ohne sie in unmittelbarer Lebensäusserung oder Darstellung entladen zu können. Dazu bedarf sie einer besonderen Kunstform, und die Zukunft der erzählenden Dichtung wird mit davon bestimmt sein, ob es ihr gelingt oder misslingt, diese Form zu finden.

L u b l i n s k i, Auegang der Moderne.

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Ein Wort über Lyrik Scheinbar ist die lyrische Kunst völlig auf dem Subjektivismus begründet, und man möchte glauben, dass sie von Zeitströmungen unabhängiger wäre als das Epos oder Drama. In Wirklichkeit äussert sich jede Wandlung des Kulturzustandes am frühesten in der Lyrik, die stets zuerst in Gährung gerät, in eine innere Unruhe, ohne dass es ihr immer gelingt, einem neuen Inhalt die neue Form zu finden. Vor allem darum setzt jede Kulturwelle zunächst die Lyrik in Schwingung und Vibration, weil jede gewandelte Empfindung einen neuen Rhythmus und geänderten Takt mit sich führt: und diesen neuen Rhythmus und Takt spürt man deutlich im Blut und im Gefühl, während eine positive Formel und bewusste Kenntnis der geahnten Ziele doch noch nicht erreicht ist. Mehr als in anderen Zeiten ist in unserer Gegenwart gerade eine Änderung des Tempos eingetreten, da die Behaglichkeit der Biedermeiertage, die auch die klassische Periode und mehr noch jene Jahre des angeblich klassischen Epigonentums beeinflusst hat, plötzlich dem Pulsschlag der Industrie und Maschine und einer straffen Logik und konstruktiven Formung auch der verborgensten Gefühle zu weichen begann. Wohl war es ein Irrtum, und zwar ein folgenschwerer, die naturwissenschaftliche Methode auf die Kunst übertragen zu wollen, und alle Fehler und Krankheiten der Moderne, die von der Neuromantik in Wirklichkeit nur vertieft und nicht überwunden wurden, stammen geradewegs von dieser Erbsünde ab. Die Lyrik geriet also in Gährung, und zunächst suchte sie, da ihr das rhythmische Wesen der kulturellen Evolution nicht gleich ganz klar war, durch Aufnahme von Stofflichkeiten einer veränderten Zeit gerecht zu werden. Man besass die Naivität, die Eisenbahn oder Maschine für einen so ebenbürtigen lyrischen Stoff anzusehen wie das Ross des Kriegers oder den Baum im Feld, ohne zu beachten,



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dass Mechanismus und Organismus grundverschiedene Dinge wären, und dass erst der sehr mühsame Umformungsprozess eintreten musste, der eine Maschine in ein lebendes Wesen, etwa eine Eisenbahn in eine Tiergestalt verwandelte. Das gelang selbst im naturalistischen Roman Zolas doch nur in einer sehr groben Weise, mehr durch brutale Überrumpelung als durch Überzeugung, und in der feineren und innigeren Art, wie sie das lyrische Gedicht bedingt, sind wir naturgemäss über leidliche Ansätze nicht hinausgelangt. Die Möglichkeit braucht ja nicht ausgeschlossen zu sein, dass eine schöpferische Kraft künftiger Tage auch auf diesem bisher sterilen Gebiet Rosen ernten und die Umgestaltung vollbringen könnte. Doch wäre damit über das Wesen der modernen Lyrik nichts gesagt, und ein vortreffliches Gedicht über die Eisenbahn oder auch über die soziale Frage könnte nach seinem Rhythmus oder Auftakt einer lyrischen Vergangenheit angehören, während eine Ballade, irgend eine Romanze infolge ihrer Form in die echteste Moderne einzureihen wäre. Dagegen ist die moderne Psychologie im Bunde mit dem Impressionismus anscheinend auch der Lyrik zu einer innerlichen Bereicherung gediehen. Die psychologische Analyse geriet zuletzt in die Meerestiefen des wogenden Allgefühles und an die dunkelsten Instinkte der Individualität, in ein Gebiet, wo die Abhängigkeit von dumpfen Naturmächten beginnt. Diese Errungenschaften wurden durch die impressionistisch-malerische Manier scheinbar in Kunst umgesetzt, da durch ein suggestives Wort, durch eine einzelne Versreihe und sprunghafte Andeutung sehr wohl die Ahnung eines seelischen Chaos heraufzubeschwören war. Und weil nun, nach einem Wort Goethes, in einer richtigen Lyrik mancherlei Unvernünftiges enthalten sein muss, so ist nicht zu leugnen, dass von dem einen oder ändern jener chaotischen Gedichte ein eigener Reiz aus13*

strömt, ein wogender Wirbel von Stimmung, und stärkeren Talenten gelingen allerdings Gedichte und Prosaskizzen, die einen oft hohen Wert in Anspruch nehmen dürfen, und sehr möglicher Weise wird manche technische Errungenschaft dieser lyrischen Impressionisten auch von anders gearteten Künstlern zu verwerten sein und von ihnen verwertet werden. Ich habe die wichtigsten Vertreter und Träger dieser besonderen lyrischen Gattung — ich nenne als die Stärksten unter ihnen Alfred Mombert, Eise Lasker-Schüler und in gewissem Sinn auch Peter Altenberg — in meinem früheren Buch über die Moderne charakterisiert, und ich habe nichts zurückzunehmen, was ich über den persönlichen Wert jener Talente damals zu sagen hatte, wenn ich mich schliesslich auch gezwungen sah, über die Gattung als solche und über den Impressionismus überhaupt gründlich umzulernen. Denn diese Lyrik, losgelöst von der Individualität ihrer Dichter, kann nicht in einer prinzipiellen Weise fortentwickelt werden, und vor allem wird die synthetische Seele einer künftigen Kultur nicht aus Versen hervorgehen, die ihrer ganzen Anlage und Herkunft nach durchaus in das Individuelle, Vereinzelte und schliesslich Chaotische ausmünden. Die erwähnten Lyriker sind interessante Menschen und mitunter starke Künstler der Skizze und Verszeile, Übergangserscheinungen und ein sehr wertvoller Ausdruck für seelische Kämpfe und Krämpfe unserer Gegenwart, während die Zukunft ihre Pfade nicht wandeln dürfte. Einen anderen Weg, wenn auch von einem scheinbar gleichen Ausgangspunkt her, hat Richard Dehmel eingeschlagen, der als ein Mann des Chaos und trüber Gefühle begonnen hat und sich schliesslich aus diesem Wust in einer achtenswerten und heroischen Weise zum Licht emporrang. Dieser persönliche Kampf prägte sich in der rastlosen Umformung seiner in immer wieder veränderten Auflagen erscheinenden Gedichte aus, und erst gegenwärtig



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scheint der Prozess in etwas zu einem Abschluss gelangt zu sein. Die Gedichte sind in einer endgültigen Gestalt fixiert, und für uns ergibt sich bei der Lektüre ein überraschendes Resultat, da sich fast mit Übergewalt die Frage aufzudrängen beginnt, ob Dehmel nicht einfach nur durch den Zufall der Geburt gerade in die moderne Entwickelung hineingestellt wurde. Allerdings war in ihm ein Chaos, und dadurch fühlten sich in den Jahren einer dilettantischrevolutionären Gährung und der impressionistischen Exzesse alle jüngeren Talente der Moderne mit ihm innig verbunden, als ob er Fleisch von ihrem Fleisch wäre. Aber die Zeit als solche hatte mit dem Chaos in Richard Dehmel eigentlich nichts zu schaffen, da eine ganz persönliche und naive Anlage dazu in ihm wirkte, die ihm unter jedem Himmelsstrich und in jeder Kulturepoche zu schaffen gemacht hätte. Er kämpfte dagegen einen guten Kampf und beichtete immer wieder in seinen Gedichten, und selbstverständlich war er dadurch gezwungen, um den künstlerischen Ausdruck zu ringen, und in dieser Beziehung hat er durch sein Beispiel auf die sich entwickelnde moderne Wortkunst einen beträchtlichen Einfluss ausgeübt. Immer aber war und blieb sein Bestreben, aus dem Chaos herauszukommen, und jene wild verworrenen Gedichte waren nicht der eigentliche Ausdruck seines Talentes und Künstlertums, sondern lediglich seiner ringenden Menschlichkeit. Den Künstler Dehmel haben wir eigentlich erst gegenwärtig kennen gelernt, und wir müssen feststellen, dass der besondere moderne Rhythmus seinem Naturell eigentlich von Grund aus widerstrebt. Er liebt vielmehr eine gewisse stürmische Breite wie von Baumkronen des Waldes im Sturmwind, einen langen Atem und sicheren Gang, und wenn sein starkes Temperament in geballter Leidenschaft aufkocht und schäumt, dann vermag er es keineswegs in kurzen und konzentrierten Stössen zu entladen, sondern er lässt es in Wirbeln und Wogen, in Flut und Ebbe reichlich

-.198und machtvoll hin- und widerströmen. Einige seiner vollkommensten Gedichte, zum Beispiel die wundervolle und jetzt erst zur Vollendung gediehene „Harfe", sind durchaus in diesem weit aushallenden und dabei stürmischen Ton gehalten, und da muss sich die Frage ergeben, ob tatsächlich Dehmel, trotz wertvollster Anregungen, in die Zukunft der Lyrik weist, oder ob er nicht vielmehr den Abschluss einer lyrischen Vergangenheit zu bedeuten hat. „Stürmische Idylle" ist das Wesen seiner Lyrik, wo sie sich dem Chaos entrungen hat, und es kommt dazu dann noch leider eine fatale Neigung zur Pädagogik, die den Kunstwert mitunter empfindlich beeinträchtigt. Manchmal möchte es fast scheinen, als ob er ein dionysischer Nachfahre der Keller und Mörike wäre, ein nur viel leidenschaftlicherer und in den Wirbel der Modernität hineingeschleuderter Idylliker aus den fünfziger Jahren des vorigen Jahrhunderts. Noch freilich ist die Laufbahn dieses Mannes gewiss nicht abgeschlossen, und es ist möglich, dass er uns manche Überraschung zu bereiten hat. In einer Hinsicht scheint er mit der Modernität dennoch verbunden zu sein und seinen breit ausladenden Rhythmus zügeln zu können. Wohl ist sein „Roman in Romanzen" im Experiment stecken geblieben, und am wenigsten hat er, wie er vorgab, die neue epische Form der Zukunft gefunden. Aber manchmal ist ihm doch hier und mehr noch in einigen Gedichten eine Romanze gelungen, die von einer modernen und psychologischen Grundlage ausgeht und nur allzu vereinzelt dasteht und auch von zu ungenügendem geistigen Gehalt ist, als dass daraus auf seine lyrische Zukunft zu schliessen wäre. Augenblicklich steht Dehmel eher abseits und eine Diskussion über eine zukünftige Lyrik bedeutet vorläufig eine Diskussion über die Lyrik von Stefan George. Stefan George ist eine Erscheinung von so eigensinniger und typischer Art zugleich, dass es fast unmöglich fällt, ihm Gerechtigkeit zu erweisen. Wer ihn einmal unter-



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schätzt hat und dann diesen Irrtum bedauert und ihn gut machen möchte, der mag sich doppelt vor neuen Missgriffen hüten, weil er erst recht von der Gefahr bedroht wird, zu seinen Gunsten ungerecht zu sein. Stefan George ist ganz gewiss kein grosser Mann und auch nicht eine geborene Herrschernatur von einer wirklich bezwingenden Kraft. Aber er brauchte nur etwas mehr an sich zu haben, irgend eine weiter nicht feststellbare Steigerung seines Wesens, und dann würde er die Eigenschaften der Helden-, Führer- und Herrschernatur allerdings besitzen. Vielleicht ist es nur noch irgend ein Ekel, ein vornehmer Hass gegen das Primitive und Banale, wodurch seine zugreifende Kraft gelähmt wird, so dass er vorzieht in der Einsamkeit zu herrschen, anstatt im Getümmel des Marktes. Doch scheint es ihm dafür desto mehr in einem exotisch-byzantinischen Salon zu behagen, der mit einer ausgesprochenen und feierlichen Pathetik sein fremdartiges Wesen betont, so dass die Absicht, zu provozieren und die erbitterte Aufmerksamkeit des Volkes zu erregen, gar nicht zu verkennen und zu bestreiten ist. Man wäre unter solchen Umständen versucht, von einem ästhetischen Snobismus zu sprechen, und man hat auch ungerechter Weise davon gesprochen. In Wirklichkeit ist es doch wieder die harte Leidenschaft eines Mannes, der herrschen möchte und in mancher Hinsicht von der Natur dazu bestimmt ist, und dem dennoch die Möglichkeit, ein Reich zu begründen, geraubt ist, und der im Zustand einer mühsam verhaltenen Gereiztheit eine Zeit ignoriert und heftig verachtet, die ihm sein legitimes Recht verweigert. Folgende Stellung würde sein Wesen vielleicht am besten bezeichnen: die Stellung eines Beichtvaters von Fürsten und Herren im Mittelalter. Ein gebundener und spröder Fanatiker, der aber einem Kulturorganismus eingefügt ist und ihm mit Hingabe dient, und der das intakte Gewissen einer solchen Kultur zu bedeuten hat. Herren und Fürsten und Päpste und Kardinale mögen



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zu sehr von ihren weltlichen Aufgaben und Sorgen und Freuden in Anspruch genommen sein, um nicht gelegentlich einem augenblicklichen Bedürfnis und einem Drang der Stunde den innersten Sinn ihrer Mission leichtfertig aufzuopfern. Sofort steht ihnen dann mit erhobenem Finger der Beichtvater gegenüber, der Asket im Fürstenhaus, der starre Heilige und Bussprediger der Gesellschaft. Darnach steht vielleicht die innerste Sehnsucht von Stefan George: er möchte das unerbittliche Gewissen einer Kultur sein. Sehr begreiflich, dass er darum unsere Zeit, die von geschlossener Kultursynthese noch unendlich entfernt ist, hassen muss, und oft genug, wie in seinen freilich gänzlich misslungenen Zeitgedichten, macht dieser Hass sich in einer wahrhaft grotesken Weise Luft. So auch begreift man es, wenn dieser Asket zugleich ein Ästhet ist, wenn diese spröde Natur fast mit Wollust einem neuen Rhythmus lauscht, den er in seinen Gedichten zu gestalten sucht und gestaltet hat. Ein durchaus moderner Rhythmus hinsichtlich seiner strengen Konzentration und genauen Ökonomie, die mit der kleinsten Kraft die grössten Wirkungen erzielen will und manchmal erzielt. Nur in einem industriellen, methodischen und rationalistisch-intellektuellen Zeitalter, das von Takt und Rhythmus der Maschinen, vom disziplinierten Schritt der Arbeiterbataillone und der Massen heere widerhallte, konnte so gedichtet werden. Und doch auch wieder hätte nie so gedichtet werden können ohne die schroffste Opposition gegen dieses Zeitalter, ohne den starren Trotz einer herbspröden Persönlichkeit, die gegenüber einer mechanischen Weltanschauung die unsterblichen Rechte der Kultur und Freiheit wahrte. Diese Doppelstellung Georges ist es vor allem, was ihm beträchtliche Wertschätzung verschaffen muss, und sie ist bewunderungswürdiger als seine besten Gedichte. Dass er seine Gegenwart hasste, war ihm mit vielen gemeinsam, die sich einer unfruchtbaren Negation oder dem Epigonentum



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ergaben. Und dass er dem in ihr verborgenen Rhythmus zu lauschen verstand, bringt ihn zunächst nur in die Nähe von mancherlei Naturalisten und Neuromantikern, die aus Enthusiasmus für das Zeitalter die menschliche Freiheit an eine mechanische Weltanschauung oder an ein trübes Allgefühl verloren. Er hat ohne Frage beide Klippen mit sicherem Gefühl, aus seinem herrischen Asketentrotz heraus, umschifft, und so gelangte er nicht zu dem zweifelhaften Surrogat für Stil und Rhythmus, welches Impressionismus heisst, sondern zu einem wirklichen Stil und einer rhythmischen Architektur. Freilich erschöpft sich in dieser ohne Zweifel ungewöhnlichen Leistung der wesentliche Teil seines Verdiensies, da er die neue Form keineswegs mit einer Fülle von ebenbürtigem Inhalt auszustatten vermochte. Wohl hat er Gedichte geschaffen, die bleiben werden: wundervolle Landschaftsidyllen in ganz knapper Geschlossenheit, durch die das intensive Himmelsblau, die träumende Spätsonne und welkende Farbenpracht des Herbstes strahlt oder auch das Gespensternde dieser Jahreszeit, der verschwimmende Dunst und wallende Nebel. Oder ihm gelingen Bekenntnisse von einer heroischen Zartheit, in denen ein einsamer Kämpfer bei sich selbst und dem leisen und unerbittlichen MUSS seiner Seele Halt und Schicksal findet. Endlich vermag er visionäre Träume zu bannen, die in ihrer verschwebenden Körperlosigkeit über die menschliche Sprache fast hinausgehen und bei einem lediglich impressionistischen Lyriker tatsächlich ein Chaos bedeuten würden, einen ganz vergeblichen Wettkampf des Wortes mit der Musik. Hier aber hilft dem Dichter gerade seine Spröde und Schwere und gebundene Asketennatur. Der Anachoret in seiner Zelle mag am zartesten von der lieben Frau träumen, von der Madonna, und er wird doch die Linien in seinem Gemälde nicht ohne eine gewisse rührende Unbeholfenheit und Härte hinzeichnen können, so dass sich das Ätherische nicht verflüchtigt. Gerade aus

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der Gebundenheit seines Wesens heraus konnte George die Lieder vom Traum und Tod dichten, die in ihrer Sehnsucht über Irdisches hinausgehen und in der geschlossenen und herben Form gleichsam eingekerkert erscheinen. Dennoch aber, trotz dieser Schöpfungen, wird man dabei beharren müssen, dass ihm sein Rhythmus Selbstzweck ist, und er hat sich darüber in theoretischen Leitregeln sehr deutlich ausgesprochen. Damit umgeht er sowohl das Kunst- wie das Kulturproblem, da es darauf ankommt, das Leben und den materiellen Stoff dem Rhythmus so restlos zu unterwerfen, dass gleichsam ein neues und höheres Leben und ein neuer und stärkerer Stoff daraus geboren wird. George aber bleibt sehr oft im Prozess der Entstofflichung stecken, und sein Rhythmus erscheint dann in einer gar zu auffälligen Weise als „Form", nämlich als Gegensatz zum Leben, statt dass er ein gesteigertes Leben zu bedeuten hätte. In seinen embryonalen Balladen und Romanzen bringt er es eigentlich nur zum Relief und niemals zur Rundplastik: in bestem Fall zu jenen ornamental stilisierten Gemälden und Umrissen, die seinen Freund Melchior Lechter zu kongenialer Nachbildung anregten. Diese Schranke, die er auch in seiner letzten Gedichtsammlung vom „siebenten Ring" nicht überschritten hat, verweist ihn in die Reihe der Neuromantiker, obwohl er in mehr als einer Richtung als Vorbote einer neuen Klassizität erscheinen könnte. Es muss doch wohl der Drang nach Allgefühl und Identität in irgend einer Weise stärker in ihm wirken, als der Drang nach Kunst, die mystische Frömmigkeit stärker als die kulturbauende Kraft, und so vermag er nur das Embryonale einer werdenden Kultur zu ahnen, und sich ihm hinzugeben, nur ihren Rhythmus und nicht ihre Plastik, ihr Feinschmeckertum und nicht ihre Alltäglichkeit. Wohl hat er beinah als Erster der Lyrik den modernen Rhythmus geschaffen, der aber noch erst im Erdboden des Gemütes Wurzeln fassen und sich mit Sinnlichkeit und Gehalt er-

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füllen müsste, bevor eine in Wahrheit synthetische moderne Lyrik geboren wäre.*) Diese neue Synthese ist eher dort zu bemerken, wo man sie am wenigsten suchen möchte und wo sie tatsächlich auch an falscher Stelle steht. Maeterlink ist sicherlich kein Dramatiker, aber er hat Romanzen gedichtet, die voll Schmelz undSüsse sind und leider in Szenen und Dialoge eingeteilt wurden, wodurch sie selbst dann noch der Vergröberung verfallen mussten, als sie nur für ein Marionettentheater gedacht waren. Auch in Oskar Wilde lebte ein Romanzen- und mehr noch Balladendichter, dem die schwüle Farbe spätrömischer Kaiserzeiten und das orientalische Prunk- und Kultursystem gut angestanden hätten. Da er aber nicht den Heroismus und eine wirkliche Ehrfurcht vor dem Schauer dunkeler Naturkräfte besass, so konnte er freilich nicht zu der gewaltigen Kunstform der Ballade heranreichen, und er drückte seine Salome zu einem Kostümund Koulissenstück herab, das dann gerechter Weise der Librettowillkür eines Operndichters verfiel. Sogar bei Hofmannsthal, wenigstens in der „Elektra" finden sich Spuren einer fast balladesken Vision, und es brauchte in dem Menschen und Mann nur eben mehr Stahl und Ethik zu sein, und er wäre dann vielleicht ein moderner Balladendichter von beträchtlichem Rang geworden. Diese merkwürdige Begabung findet sich gegenwärtig bei den verschiedensten Naturen, und etwa ein Wilhelm von Scholz, der mit so vielem Ernst um die dramatische Form kämpft, wird fast immer mitten im Schaffen vom Drang zur Ballade überrascht und man könnte sich fragen, ob nicht seinem Talent auf diesem Gebiet noch ein ungewöhnliches Gelingen beschieden wäre, wenn er sich mit seiner ganzen Persönlichkeit für *) Man wird bemerken, dass ich heute anders über George urteile als vor vier Jahren in meiner Bilanz der Moderne. Im Grunde aber ist es das gleiche Urteil auf einer höheren Stufe und nach intimerer Kenntnisnahme.



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eine Renaissance dieser grossen Form einsetzen würde. Freilich wäre die moderne Ballade eine ganz andere als jene naive des achtzehnten Jahrhunderts, die selbst in Goethes „Fischer" oder in Bürgers „Leonore" noch wenig von einer differenzierten Vergeistigung der Naturmächte merken Hess und im Grunde ein gewisses breites Behagen am Fabelwesen der Spinnstube nicht verleugnete. Weit eher würde eine aus dem modernen Rhythmus hervorgegangene Ballade an die geschlossene und heroische, knappe Wucht der Edda-Zeiten erinnern, nur dass der äussere Vorgang des Gedichtes seelische Erlebnisse symbolisieren müsste. Der Naturalismus wie auch die Neurpmantik haben eben das Gefühl für die Abhängigkeit von den Dingen und von der Stimmung in einer intensiven Weise geschärft, und die Dichter unserer Zeiten haben für den Ausdruck einer solchen Empfindung ganz neue Kunstmittel gewonnen, die sie nur an gründlich falscher Stelle, nämlich im Drama, verwerteten. Auch ein sehr eigenartiger moderner Heroismus, der mit zusammengebissenen Zähnen diese Gebundenheit ertragen und dulden gelernt hat, und der freilich für das Drama zu passiv erscheint, würde sehr wohl seine Stätte in der Ballade finden, die tatsächlich die Übergewalt der Naturkräfte und die stolze Duldung der ihr preisgegebenen Menschenseele darstellt. Somit wären heute ihre Tage gekommen, wenn sie sich zu modernisieren und mit unserem Rhythmus zu erfüllen und zum Symbol unserer Seele zu werden vermag. Bei Stefan George finden sich sogar schon solche Balladen, die nur eben gar zu entstofflicht erscheinen und gegenüber dem Takt und Tempo zu wenig Selbständigkeit des Gehaltes behaupten. Aber auch der Gegensatz zu Ballade und Pathologie könnte in der modernen Lyrik zu seinem Recht gelangen: der Gesang des sicher in sich ruhenden befreiten Geistes. Da hat bereits der Individualismus als Wegebahner gewirkt, der zwar die sprunghafte Laune der Impres-

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sionisten im Übermass begünstigte, zugleich aber die stärksten Persönlichkeiten unserer Tage zum Widerstand aufrief und sie lehrte, aus den Zufälligkeiten des Temperamentes heraus zu ihrem unzerstörbaren Wesen, zu der Idee von sich selbst, hinzustreben und sich diesem Schutzgeist mit Inbrunst anzuvertrauen. Auch für dieses besondere Erlebnis der Zeit hat Stefan George in dem Vorspiel zum „Teppich des Lebens" einen Ausdruck gefunden, der nicht mehr zu steigern wäre. Nur ist damit erst der halbe Weg für eine wirklich bedeutende Persönlichkeit zurückgelegt, die sich zwar selbst finden, nachher aber auch kulturschöpferische Kräfte entfalten will. Und eine solche Individualität würde wissen, dass Kultur nicht nur Luxus zu bedeuten hat und auch nicht nur Wohlfahrt und Bedürfnis, sondern dass ihr ein innerer Sinn gegeben ist, eine Ethik und Metaphysik, die aus dem seelischen Erlebnis führender Geister und aus objektiver Erkenntnis zugleich hervorgegangen ist. Als Beispiel sei auf Schillers Romanze vom „Kampf mit dem Drachen" oder auf die „Kraniche des Ibykus" verwiesen: in diesen Dichtungen lebt die Kultur des Rittertums, und, freilich in der naiven VerflachungderAufklärungszeit,manches von der tragischen Weltempfindung des Hellenentums. In dieser Beziehung winkt der Moderne möglicherweise eine reichlichere Ernte, da sich Kulturerlebnisse von einer besonderen seelischen Art, wie sie unserer Zeit zum Vorzug gereichen, allerdings in der Romanze organisch entfalten könnten, während sie dem Organismus des Dramas Zerrüttung und Untergang bringen. Noch vieles wäre über Richtungen, Wege und Versuche in der modernen Lyrik zu sagen, da aller Orten verheissungsvolle Knospen anzusetzen beginnen, denen man die künftige Blüte gern voraussagen möchte, wenn es nur in der Dichtung, zumal in der Lyrik, nicht genau so wäre wie in der Natur: nicht alle Knospen der Frühlingszeiten

reifen aus. So mag allein gesagt sein, dass selbst das Lied, das einseitiger Weise in deutschen Landen als einziges Merkmal der Lyrik angesehen wurde, in der modernen Entwickelung nicht zu kurz zu kommen brauchte, wenn es auch seine frühere Alleinherrschaft schwerlich behaupten wird. Aber Versuche, das Lied dem neuen Tempo einzuordnen, sind bereits gewagt worden und man kann auch ungefähr den Weg erkennen, der zum Ziel führen dürfte. Die unbekümmerte und liebenswürdige, leichte und leichtsinnige Art der Volkslieddichter vom achtzehnten Jahrhundert ab bis zu Heine und seinen Epigonen würde zu der knapperen und auch empfindlicheren Natur der Menschen unserer Tage nicht mehr passen. Ein strengerer Rhythmus und eine grössere Verdichtung dürfte sich auch hier nicht mehr vermeiden lassen, und wir brauchen es nicht zu beklagen, da ja das Volkslied nur ein Abkömmling des kunstreichen Minnesanges der ritterlichen Zeiten gewesen ist. Es drang von den Burgen und Höfen in das Tal und zum Volk, das in seiner Weise diese überkommenen Formen und Gefühle modifizierte. Aber es würde diese Lieder gar nicht angenommen, sondern zurückgewiesen haben, wenn nicht zwischen oben und unten ein Zusammenhang bestanden hätte, wie ihn eine alles umspannende synthetische Kultur mit sich brachte. So ist es auch heute, und das Volk unserer Kulturzone kann die unbekümmerten Melodien früherer Generationen nicht mehr ohne \Veiteres als Widerhall eigener Erlebnisse empfinden, weil durch seine Seele ebenfalls der moderne Rhythmus braust. Darum mögen bewusste und strenge Künstler nur dafür Sorge tragen, dass überhaupt eine moderne Lyrik entstehe, und das ersehnte Volkslied wird nicht auf sich warten lassen. Man müsste es um unserer Kultur willen, die im Ubermass und an falscher Stelle mit Lyrik und Romantik belastet erscheint, wahrhaftig wünschen, dass sich eine



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moderne synthetische Lyrik entwickeln möchte, weil dann auch die anderen Kräfte der Moderne, die von einer freien und schöpferischen Art sind, entbunden würden und ungehemmt nach ihrem eigentümlichen Wesen wirken könnten.

Das Epigonentum in der Moderne Vor einem Vierteljahrhundert begannen die ersten Flügelschläge der Moderne in Deutschland und fast zwei Jahrzehnte bezog die Bewegung einen grossen Teil ihres Rechtes auf Existenz aus ihrem unermüdlichen Kampf gegen das damals herrschende Epigonentum. Die Akademiker und auch die angeblichen Realisten, die in jenen schlimmen Tagen wirkten, waren gute und brave Menschen, die keineswegs Lebenstiefen zu offenbaren hatten und auch die überlieferte Formsprache nicht weiter entwickelten, sondern nach ihrem besten Können verflachten. Die grosse geistige Bewegung der älteren Romantik schien völlig verschollen zu sein, und man wusste auch kaum etwas von den nachklassischen Dramatikern: ganz geringes von Kleist und Grillparzer, so gut wie gar nichts von Hebbel. Somit blieb nur die „klassische" Tradition zurück, die freilich sehr wohl einer Weiterentwickelung im grossen, ja grössten Stil fähig gewesen wäre. In Wirklichkeit war ja die Klassizität der Tage Goethes mehr ein Ideal als eine Tatsache gewesen, weil damals im deutschen Leben noch die Idylle vorherrschte und weil ein konzentrierter Rhythmus, ein gewaltiger Wille und eine gedrungene Linie des Lebens noch fehlten und fehlen mussten.*) Dieser Kultur*) Man braucht nur im Park von Weimar die Naturbrücke, die künstliche Mauer und den rührend komischen Greuel des sogenannten römischen Hauses — eine bescheidene Biedermeierwohnung



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zustand hat vielleicht Schiller an der letzten Entfaltung seines Talentes gehindert, und auch Goethes Genie überwand nicht den Mangel, sondern entschädigte anderweitig dafür durch überreiche Gaben. Wer darum das Ideal jener grossen Progonen übernahm, der konnte immerhin das Gefühl haben, für die Zukunft zu wirken, anstatt sehnsüchtig in eine unwiderruflich entschwundene Vergangenheit zurückzublicken. Sonderbarerweise aber geschah das genaue Gegenteil: die sogenannten Vertreter einer klassischen Kunst in Deutschland wurden sentimentalische und sklavische Vergangenheitsschwärmer und langweilige Epigonen. So kamen die Akademiker herauf, die Münchener, die Stilisten von der Art Paul Heyses, und vor allem jene furchtbaren Jambendramatiker, die die Fehler Schillers treulich nachbildeten und alle seine Vorzüge mit bewunderungswürdiger Meisterschaft verleugneten. Nur an der Peripherie des deutschen Reiches, in der Schweiz, bildeten zwei Dichter jene Kunst- und Lebenstraditionen weiter fort: Keller und Meyer, die innerhalb ihres Kreises mit Goethe und Schiller verglichen werden könnten. Auch der Schwabe Möricke und am Ende sogar der Holsteiner Storm sind in etwas Fortentwickeier gewesen, und vielleicht könnte als der Ahnherr dieser echteren klassischen Überlieferung Franz Grillparzer bezeichnet werden, der aber ebenfalls an der Peripherie lebte und starb, im Österreich Metternichs und Schwarzenbergs. Die Zentralkräfte des geistigen Lebens wurden von diesen Aussenstehenden wenig· beachtet und darum auch nicht beherrscht, sondern sie verfielen den geringeren Geistern. Die Jungdeutschen wollten wohl, aber konnten nicht aus dem Journalismus mit antiker Tempelfassade — zu betrachten, um diesen bürgerlichidyllischen und gar nicht klassischen oder heroischen Lebenscharakter der Epoche mit Händen zu greifen. Die Klassizität, die grosse Logik und die grosse Linie des Willens, wurdeneben nur geahnt und unvollkommen genug verwirklicht.



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heraus, der sie sofort in seine Strudel zog, als sie sich den politischen und sozialen Strömungen des neunzehnten Jahrhunderts mit Verwegenheit näherten. Nur das grandiose Temperament Heinrich Heines vermochte den Zwiespalt zwischen Dichtung und Journalismus zu ertragen und in seiner Person mit hinreissender Charme darzustellen, bis er an dieser geheimen Tragödie doch zuletzt zu Grunde ging. Ein ähnliches Opfer der schlimmen Übergangszeit, wenn auch in anderer Wendung, ist Otto Ludwig gewesen, der mit einem sicheren und tiefen Instinkt ahnte, dass es darauf ankäme, diesen neu zuströmenden Lebensinhalt gerade durch die grosse Form zur Gestaltung zu zwingen und zu Kunst zu verklären. Aber er war zu sehr thüringischer Kleinbürger und zu wenig Denker, um nicht den Begriff der Form in einer fast mechanischen und äusserlichen Weise misszuverstehen. Er verfiel einem tüchtigen und idyllischen Realismus und beging den schlimmen Fehler, auf Shakespeare, diesen Riesen der Vergangenheit, zu verweisen, anstatt Schiller weiter zu führen und zu vertiefen. Der einzige Hebbel wusste, wenigstens für das Drama, worauf es ankommen musste, nur dass sein Rembrandtsches Balladentemperament in der poetischen Praxis völlig andere Wege einschlug, auf denen wohl er selbst wandern konnte, nicht aber die Entwickelung. Der Gegner Hebbels und Führer der Jungdeutschen, Karl Gutzkow, der für die Notwendigkeiten des Dramas keine Witterung hatte, ahnte in seiner Weise ebenfalls ein Formproblem: ihm schwebte jenes grosse Zeitepos vor, wie es zum Teil Balzac und später Zola in Frankreich und Dostojewski und Tolstoi in Russland verwirklicht haben. JDafür war in Deutschland nicht der Boden und so konnte dieses jungdeutsche Ideal nur eine geringe Fruchtbarkeit bewähren. Was bei Gutzkow noch wenigstens eine bedeutende Konzeption gewesen war, wurde bereits unter den Händen Spielhagens zu einer L u b l i n e k i , Auggang der Moderne.

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spannenden Unterhaltungslektüre. Demnach führte die jungdeutsche Strömung in ihrer Weise genau so zum Epigonentum wie die angeblich klassische der Akademiker, und gegen die eine wie andere richtete sich die stürmische Revolte der jungen Generation der achtziger Jahre. Wir dürfen es ohne Übertreibung heraussagen: eine heroische Generation ist damals auf den Plan getreten. Eine Generation, die von Sehnsucht nach Grosse erfüllt war und von Hass gegen schwächliches Epigonentum. Damals stand das Leben in einem komischen und betrüblichen Gegensatz zu allem Kunst- und Litteraturbetrieb. Das Reich war gegründet, Berlin hatte sich amerikanisiert, Industrie und Kapitalismus und Sozialismus waren hereingebrochen und bekämpften sich und rangen gegen einander mit gewaltiger und oft brutaler Muskelkraft. Mitten in diesem Lärm und inmitten dieser Orgien und disziplinierten Kräfte tauchte irgend ein braver antiquarischer Roman für behagliche Bildungsphilister auf, irgend eine dröhnende Jambentirade oder eine harmlose Reimerei eines ehrlich arbeitenden Butzenscheibenlyrikers. Natürlich wurde der Kunst unter solchen Verhältnissen jede Lebensberechtigung bestritten und von allen Seiten her ertönten die Lockrufe eines praktischen und mammonistischen Strebergesindels, das von „idealen" Bestrebungen nicht viel hielt und dafür mit Überzeugung für alles eintrat, was „praktisch" war und sich möglichst schnell in Werte oder vielmehr Wertpapiere umsetzen Hess. In jenen Tagen eines triumphierenden und sogar imponierenden Banausentums gehörte schon eine ganz ausserordentliche, eine ungewöhnliche Kraft der Seele dazu, dennoch an der Kunst nicht zu verzweifeln und ihr Banner mit kraftvollen Armen hochzuhalten. Noch grosser jedoch, noch heroischer war es, dass diese jungen Leute nicht der Weltflucht verfielen, sondern sich mit kühnem Mut in dieses brutale Leben hineinwagten, um mit ihm zu ringen und



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es der Kunst zu unterwerfen. Diese tapferen Pioniere zwangen sich, zunächst einmal dieses Chaos anzuschauen und zu ertragen, so sehr es auch ihr Herz empörte und ihren Ekel und ihr Mitleid wachrief. Dieser freilich ganz passive Heldenmut wird ein Ruhmestitel des Naturalismus bleiben, und eine solche Tapferkeit der Übergangszeit ist ein grosses Ereignis und eine grosse Tat gewesen. Dennoch hätten die jungen Leute schwerlich die wüste Ungeheuerlichkeit des modernen Grossstadtlebens und die verwilderte Ära des Parvenütums und der sozialen Elendsund Zersetzungserscheinungen ertragen, wenn nicht zugleich auch dieser moderne Rhythmus und die intellektuelle Formstrenge eines neuen Lebens dagewesen wären, in dem sie eine neue Ästhetik und einen machtvollen Kunststil instinktiv ahnten. Denn daran wird immer wieder festzuhalten sein, dass nicht ein naiver und blutvoller Realismus, eine urwüchsige Wirklichkeitsfreude an der Wiege der Moderne gestanden hat, sondern ein sehr bewusster Naturalismus, der die „Gesetze" des gesellschaftlichen Seins nach einer streng naturwissenschaftlichen Methode darstellen wollte. So unsinnig uns heute mit Recht die Theorie vom Experimentairoman erscheinen mag, SQ pedantisch die mikroskopisch-phonographische Methode in den naturalistischen Skizzen, Fragmenten und Dramen gewesen ist: immerhin lag ein dunkles Formgefühl, eine Sehnsucht nach Stil und Grosse diesen verworrenen Versuchen und Meinungen zu Grunde. Denn Experiment und Mikroskop und wissenschaftliche Fragestellung, das sind die Vergeistigungsmittel, mit denen der Naturforscher dem Chaos der Erscheinung gegenüber tritt, um es in eine geschlossene und erkenntnisklare Form zu zwingen. Ohne ein eingeborenes Gefühl für formale Energie ist kein bedeutender Experimentator und Methodiker zu denken, und daher darf mit Berechtigung gesagt werden, dass die naturwissenschaftlich-technische Gestal14*



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tung unserer Existenz eine strengere Formempfindung heraufführen musste, wenn sie nicht vielmehr aus dieser von Anfang an entsprungen ist. So sehr also während der Revolution der achtziger Jahre von „Natur" die Rede war, so gründlich unterschied sich doch dieser Schlachtruf von dem gleichlautenden aus den Tagen Rousseaus und des jungen Goethe. Während die Stürmer und Dränger von damals der Form mit überschäumendem Gefühl, als die rechten Kinder der Revolution, den Krieg erklärten, verlangten dagegen die neuen Revolutionäre vor allem eine strengere Technik und bekämpften mancherlei formale Bequemlichkeiten, die sich bis dahin in deutschen Landen die Dichter herausgenommen hatten. Damit knüpften sie eigentlich nur an die Formbestrebungen des späteren Goethe und Schiller an, oder sie hätten folgerichtiger Weise doch daran anknüpfen sollen. Nur waren unter ihren Anführern keine ästhetischen Denker, die den richtigen Instinkt zu klarer Erkenntnis zu erheben vermochten, und so begann als Erbsünde der Moderne jener bekannte Irrtum, die sklavische und verächtliche Verwechselung von Wissenschaft und Kunst. Dass man von dem strengen Rhythmus der Naturwissenschaften lernte, war durchaus in der Ordnung und ein schöpferischer Gedanke und eine bedeutende Tat. Nur hätte man auf den Menschengeist stolz sein sollen, der diese wissenschaftliche Methode aus eigener Kraft gefunden hatte und der durch seine Organisation gleichsam selbst „Gesetze" in das Chaos hineinstrahlte. Es war kein Grund, an der menschlichen Freiheit zu verzweifeln und am wenigsten ziemte eine solche bequeme Entsagung jungen Künstlern, die einer gross angelegten und heroischen Generation angehörten. Diese brauchten nur in der Intellektualisierung des Lebens durch Methoden und Gesetze einen Triumph des Willens zu sehen, und dann hätte es ihre Aufgabe ganz allein sein müssen, einen solchen Triumph zu symbolisieren. Sofort wäre ihnen dann aus dem „Ge-

setz", der viel gerühmten und vergötterten Methode, die monumentale Kunstform erwachsen, der heroische Stil, der eine höchste Steigerung des wissenschaftlichen Rhythmus gewesen wäre, ein Himmel, der sich über unserem Dasein spannte. Da aber die falsche Vorstellung herrschte, dass man die Wissenschaft getreulich nachahmen müsste, so konnte füglicherweise nur der willensunkräftige Mensch dargestellt werden, der allerdings von dem „Gesetz" der Zustände und Seelenstimmungen in Ewigkeit abhängig bleibt. Und statt der Kunstform entwickelte sich ihr klägliches Surrogat: die schulmeisterliche „Technik" des Naturalismus oder das neuromantische Artistentum mit seinem farbig-malerischen Kostümflitter und seinem schamlosen und gleissenden Wortprunk. Darüber ist genug gesagt und geschrieben worden, auch in diesem Buch, und so bleibt das letzte Wort noch auszusprechen: die Moderne ist wieder in den Händen der Epigonen. Warum soll Frank Wedekind kein Epigone sein? Ihm fehlt Grosse, Eigenart, Originalität der Empfindung, aufbauende Kraft der Form, und alle seine „Kühnheiten" sind nicht aus seiner Natur gekommen, sondern sie sind Gemeineigentum eines Geschlechtes von epigonalen und sehr unschädlichen Revolutionären. Denn diese Herren werden keine Staatensysteme erschüttern, keine neue Gesellschaftsordnung erzeugen, und sie werden es auch in ihrer Philosophie über auf der Oberfläche liegende Dutzendeinwände des Philisters niemals herausbringen. Immerhin dürften sich einige höhere Töchter und Spiessbürger, die keineswegs in der Familie und nur am Stammtisch für Zoten zu haben sind, beträchtlich entrüsten, was als ein nicht abzuleugnendes Resultat der revolutionären Bewegung anzuerkennen bleibt. Frank Wedekind überschreitet in keiner Weise den Durchschnitt des deklassierten Philisters und darum ist er in gleicher Art als Epigone zu behandeln, wie die Jambendramatiker vor seiner Zeit. Ge-



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wiss besitzt er auch einige artistische und sogar poetische Qualitäten, wie es ja zuweilen auch unter Epigonen echte, wiewohl kleine und enge Talente zu geben pflegt. Hätte Wedekind in fünffüssigen Jamben und im überlieferten Schillerpathos gedichtet, so hätte kein Mensch an seiner wirklichen Natur nur einen Augenblick gezweifelt. Da ihm aber die neu gewonnenen Kunstmittel der modernen Artistik zur Verfügung standen, die Simplizissimus-Linie der farbigen Karikatur und der Impressionismus einer sensiblen Lyrik, und da er diese Mittel mit nicht geringer Geschicklichkeit zu handhaben verstand, so widerfuhr ihm das Glück, von Alfred Kerr mit Shakespeare verglichen zu werden, und „Frühlings Erwachen" galt als ein Ereignis der Weltlitteratur, obwohl es doch nur eine teils amüsante und teils melancholische Parodie bedeutet, die von der üblichen revolutionären Kühnheit durchsetzt war und ausserdem einen pathetischen Vortrag über Kindererziehung zum Besten gab. Sein Beispiel belehrt demnach die Nachahmer, dass ein Epigone sich zunächst der modernen Kunstmittel bemächtigen muss, um über seine wahre Natur zu täuschen und für einen grossen Dichter gehalten zu werden. Ein solcher Dichterling braucht sich keineswegs zu genieren, da diese viel gerühmte moderne Technik recht eigentlich für ihn geschaffen ist. Ihm wird ohne Frage jede Grosse völlig abgehen, dafür aber kann er, wie kluge Epigonen immer, „Feinheit" besitzen, einen artistischen Geschmack und auch Formalismus, anstatt der Form. Darin aber sind die Modernen von Anbeginn Meister gewesen: das Abhängigkeitsgefühl schärfte in ihnen die „Sensibilität", die Feinheit und Feinfühligkeit, und die naturalistische wie später in gleicher Weise die neuromantische Technik stärkte den Sinn für Artistentum, und man Hess sich keine grauen Haare darüber wachsen, dass der Formalismus nicht zur Form gesteigert werden konnte. So kamen goldene Zeiten für die Epigonen vom Schlage eines Wedekind oder Bernhard Shaw, und als Dichter, zu-



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mal als Dramatiker, würde in diese Reihe unbedingt auch Hugo von Hofmannsthal gehören, der nur durch eine gewisse Wildheit seiner Mystik eine verhältnismässige Originalität bewahrt. Seine Nachahmer dagegen und Verehrer bezeichnen so ziemlich die unterste Stufe des Epigonentums und von hier aus wird es nötig sein, noch einmal auf Julius Bab, den Vorkämpfer dieser Richtung, zurückzukommen. Über die Kläglichkeit und genügend gekennzeichnete „revolutionäre" Bedeutung seines Kostümstückes „der Andere" wurde alles Nötige bereits auseinandergesetzt. Jetzt wäre noch auf seine Theorie über die Sprachkunst zurückzukommen, die recht eigentlich aus dem Verhältnis des Epigonen zur Moderne geflossen ist. Der unmännliche Held seines Stückes, der in seiner Kraft gebrochen und zum stumpfsinnigen Tier herabgesunken ist, weil eine Frau ihn verschmähte, wird nach Jahr und Tag eine Heldennatur, nachdem ihm ein drolliger Zufall, den er selbst keineswegs herbeiführte, dennoch mit dieser Frau für eine Nacht auf einem Lager vereinigt hat. Diese plötzliche Verwandlung beruht in philosophischer Hinsicht auf jener umwertenden Mystik der Identitätsphilosophie, die ebenfalls bereits mit aufrichtigem Erstaunen bewundert wurde. Aber wie will Julius Bab diesen Umschwung in künstlerischer Hinsicht glaubhaft machen, mit welchen Darstellungsmitteln ihn festhalten, nachdem er mit gewaltiger Hand alle Psychologie und natürliche Empfindung über den Haufen geworfen hat? Da soll eben die Sprachkunst helfen. Alles ist glaubhaft und alles ist erlaubt, so versichert Bab, wenn es nur mit schönen Worten gesagt wird, mit Versen voll einer modernen Farbenstimmung und abgetönten Rhythmik. Zwar ist es ihm selbst nicht gelungen, sein Sprachkunstideal zu erreichen; aber darum allein, wegen mehr oder minder gelungener Verse, wäre sein Stück doch noch nicht zu verurteilen. Auch die schönste und meisterlichste



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Verssprache, die alle Errungenschaften der modernen Artistik verwertete, würde über das organische Gebrechen, über den schmählichen Dilettantismus der Empfindung, schlechterdings nicht hinwegtäuschen. Wohl aber könnte die Aufmerksamkeit durch prunkhafte Wortkunst von diesem faulen Punkt abgelenkt werden, wohl könnte solch ein rauschender und üppiger Schwall wie ein wallender Mantel die Ungestalt verhüllen und verbergen. Es ist also auf dreiste Täuschung, auf unwahrhaftiges Virtuosentum abgesehen, und in aller Naivetät verrät der Epigone, wozu letzten Endes die moderne Artistik dienen muss: als Versteckspiel, als Feigenblatt und Maske, als Wiedergeburt des Epigonentums. An dem guten Glauben von Julius Bab ist gewiss nicht zu zweifeln, da er ja nur, was freilich bei ihm besonders begreiflich erscheint, die Konsequenzen aus jener falschen Voraussetzung zieht, von der sich die Moderne bisher nicht befreite. Der epigonale Putschimus von falschen Revolutionären, diese innere Willenlosigkeit, diese Halbkultur und dieses Artistentum, anstatt der Vollkultur und der grossen Form: das alles galt ja bisher als Modernität, das waren die Resultate einer fast zwanzigjährigen, mit so viel Leidenschaft und Talent begonnenen und vorwärts getriebenen Bewegung. Da musste sich der Epigone Bab als Erbe empfinden, als Gipfelpunkt der Modernität, und er hatte gar keine Ahnung von der inneren Unwahrheit seines Beginnens, da er einen Hofmannsthal auf ähnlichen Wegen sah. Denn auch in den Hofmannsthalschen Dramen wurde der dürftige Gehalt durch schöne Worte verhüllt, die freilich nicht nur aus Virtuosentum herflossen, sondern aus einer rednerischmystischen Begabung, die leider an einem gründlich falschen Ort zur Anwendung kam. Hofmannsthal wollte doch wenigstens zur Tragödie und zur grossen Form hingelangen, wenn er allerdings auch völlig im Artistentum befangen blieb und bleiben musste, weil seine Ziele über



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seine Kraft wie über seine Theorie gingen. Bab aber, der verkündete, dass jeder künftige Dramatik* r von einem Tropfen Hofmannsthalschen Blutes erfüllt sein müsste, dachte entschieden viel konsequenter als sein Herr und Meister: er erhob das maskierte Epigonentum zum Prinzip und verzichtete zu Gunsten artistischer Mätzchen endgültig auf den Stil. „Tragische Komödie" nannte er seine komische Tragödie, und gerade an seinem Beispiel wird deutlich, dass diese angebliche Formlosigkeit nicht aus überquellender Naturkraft herstammt, sondern aus einem kahlen artistischen Formalismus und virtuosenhafter Mache. An dieser Ausartung gemessen — noch genug ähnliche Erscheinungen unter den Jüngeren wären zu nennen — gewinnt Paul Ernsts „Weg zur Form" erst seine volle Bedeutung als scharfer Protest gegen erlogenes Epigonentum und eine kaltblütig berechnete, rein formalistische Stillosigkeit. Um dieses Problem neben der ästhetischen auch auf die ethische und damit stilistische Formel zu bringen, so soll es rund und nett hier ausgesprochen sein: es ist eine Niederträchtigkeit eine grosse Form zu kleinen Zwecken zu missbrauchen. Das ist eine ehrlose Handlungsweise, die zu ehrloser Gesinnung führt. Und dann wäre allerdings die Moderne wieder im Sumpf, in dem sie ersticken müsste, dann wäre ein grosser Aufwand schmählich vertan und dann hätte niemals eine moderne Richtung zu existieren gebraucht. Noch freilich bedarf es nur des Entschlusses zur Umkehr und der klaren Erkenntnis von der ursprünglich durchaus heroischen Naturanlage der Moderne. Auch sind, zwar immerhin auf wunderlichen Umwegen, im einzelnen sehr wertvolle Resultate erzielt worden. Eine neue Idee des Tragischen, der sich selbst setzende Konflikt, ist aus dem tiefsten Seelenzustand der Zeit herausgeboren worden und harrt seiner Verwirklichung im Drama. Schon erwacht auch wieder ein Gefühl für epische Synthese, für



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das Epos im eigentlichen Sinn, das über den Roman hinausgeht, und auch dafür finden sich mancherlei Elemente in der Zeit, die nur richtig gedeutet und befreit werden müssten. Endlich klingt ein neuer, heroischer und geschlossener Rhythmus durch die moderne Lyrik, und er harrt lediglich eines Stoffes, der stark genug wäre, um von ihm geformt und nicht verzehrt zu werden. Um diese Früchte reifen zu lassen, bedarf es des Glaubens an die aufbauende und schöpferische Kraft der Menschennatur und der Befreiung von dem Irrtum, als könnten wissenschaftliche Methoden und Weltanschauungen sklavisch von der Kunst kopiert werden. Auch die Erkenntnis ist von nöten, dass die Stunde der Revolutionen bereits abgelaufen und die der Kultur nunmehr begonnen hat. Freilich nicht die einer willkürlichen und romantischreaktionären Kultur, sondern einer, die aus den tiefsten Notwendigkeiten der modernen Entwicklung als letztes und höchstes Resultat herauszuwachsen beginnt. Wer sich in den Dienst dieser werdenden Synthese und grossen Form einzustellen vermag, der allein wird vor jedem Rückfall in das Epigonentum bewahrt bleiben und kann dazu beitragen, dass nicht die Moderne um ihren innersten Sinn betrogen wird, sondern ihn entfaltet und erfüllt.

Epilog So ist gegen die Modernität, wie sie heute blüht, gesagt worden, was zu sagen war, und auch die Pflicht der Gerechtigkeit wurde nicht verabsäumt, indem zweifellose Errungenschaften kein Verschweigen ihrer Existenz zu beklagen hatten. Trotzdem mag zum Schluss mit allem Nachdruck wiederholt und betont werden, dass es nicht



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so sehr am Können im Einzelnen und Kleinen fehlt, und dass im Gegenteil künstlerische Triebe und Kräfte die gegenwärtige litterarische Generation in stärkerer Weise erfüllen und durchdringen, als es in den vorhergehenden Jahrzehnten der Fall gewesen ist. Aber es mangelt an der richtigen Abschätzung, an der Fähigkeit, Kleines und Grosses zu unterscheiden; es fehlt jede Vernunft und darum jedes Stilgefühl. Dagegen vor allem richtete sich der Kampf, gegen diese unverantwortliche Verwirrung, und bei einer solchen Abrechnung im Grossen wäre es nicht zulässig und geradezu pedantisch gewesen, eine sogenannte Gerechtigkeit so weit zu treiben, dass auch noch mancherlei geringere Vorzüge und Tugenden neben den schweren Gebrechen und Sünden erwähnt wurden. Es lag keine Veranlassung vor, einen Julius Bab nur einfach deswegen zu absolvieren, weil er im zweiten seiner Dramen einige hübsche Szenen gestaltet hat, die eine unzweifelhafte Begabung für Märchenpoesie verraten. Aber das Märchen steht unter anderen Stilgesetzen als das Drama oder gar die Tragödie, und es geht nicht an, ein listiges Spiel zu treiben und zwei Kränze zugleich erhäschen zu wollen. Auch dem Märchen sind Wirkungen von nicht nur lieblicher, sondern manchmal — ge\valtigstes Beispiel: die Evangelien — auch von grosser Art beschieden, wenn in ihm ein machtvoller und weltanschaulicher Gedanke zu symbolischem Ausdruck gelangt. Es kann der Wirklichkeit entraten und von Anfang an mit Seifenblasen spielen, während das Drama die Wirklichkeit überwinden und sie zum Äther der tragischen Vernunft, in dem sie sich manchmal ebenfalls zum Spiel auflösen mag, emportragen muss. Wer das bestreitet, der geht auf Verwirrung aus, auf schöngeistige Weltflucht, und er ist von jenem Hochmut der Schwäche erfüllt, der mit unedlem Trieb alles grosse Wollen in Missachtung und Stärke und Kraft in Verruf bringen möchte. Dagegen muss die Kunst protestieren, so gut



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wie die Sittlichkeit, weil leicht Missgeburten entstehen, Bastarde zwischen Gedankenspiel und Wirklichkeit, die überdies nicht der Ausdruck einer reichen Persönlichkeit sind, sondern der einer kaltblütigen Berechnung. Es wäre falsch, hier Pardon zu geben, und man muss vom Dramatiker verlangen, den wahren Zielen seiner grossen Kunstform nachzuringen und zu siegen oder ehrenvoll zu scheitern. Noch weniger aber darf es der Kritik, dem Feuilletonismus und Impressionismus der Modernen allzuhoch angerechnet werden, dass sie Keckheit, Sprunggelenkigkeit und eine vergeistigte Malerei in die Litteratur hineingetragen haben. Denn diese Dinge wurden überzahlt, und kein noch so vollkommenes Feuilleton des Virtuosen Alfred Kerr kann dafür entschädigen, dass er die harmlose Belanglosigkeit eines Shaw gepriesen, die naturalistische und ohne Zweifel echte Kunst eines Gerhart Hauptmann masslos überschätzt und endlich als ein banaler Skeptiker den Willen zur Tragödie verhöhnt hat. Dennoch aber, trotz aller seiner Anstrengungen, bleibt das Feuilleton nur eine kleine Zwischenform, die manchmal gute Dienste leistet, und ein Kritiker wird wegen farbiger Beiworte noch lange nicht zum Dichter, oder er wird im besten Fall ein geistvoller und sprühender Berichterstatter wie St. Beuve, den man aber weder mit Lessing noch mit Goethe, selbst nicht mit Friedrich Schlegel oder Heine vergleichen darf. Man merkt aber, wenn Kritik und Dichtung durchaus gleichgesetzt werden sollen, ganz deutlich wieder jenes zerrüttete Stilgefühl, die bekannte und bewusste Verschiebung der Perspektive, die etwas Kleines, das seinen Reiz und Wert hat, durchaus gross erscheinen lassen möchte. Dadurch wird die gegenteilige Wirkung erzielt und auch hier kann nur von Feindschaft die Rede sein, von einem ganz rücksichtslosen Kampf, und es ist besser, lieber völlig zu zerstören und zu verleugnen, als es zu dulden, dass eine kleine Form einer grossen in frevelhafter Weise gleichge-



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achtet wird. Dabei besteht noch immer die Gefahr, dass selbst diese feineren Reize bald vergröbert werden und dem Virtuosentum verfallen, wenn sie aus einem falschen Ehrgeiz mehr hergeben wollen als sie besitzen. Diese Gefahr bedroht tatsächlich die gegenwärtige Moderne, die mit ihren eigenen Errungenschaften nichts mehr anzufangen weiss, weil sie sie missbraucht und darum fast schon verbraucht hat. Noch aber kann sie dieser Not entgehen und sich durch ein sehr einfaches Mittel retten: sie muss einiges Stilgefühl erwerben und die verschobene Perspektive wieder richtig stellen.

Drittes Buch

Probleme und Irrtümer

Kritik meiner ..Bilanz der Moderne44*) Im Sommer 1904 erschien meine „Bilanz der Moderne", auf deren Tendenz und Grundwesen ich an dieser Stelle näher eingehen muss, da das vorliegende Werk zugleich eine Ergänzung und Überwindung jenes früheren bedeuten möchte. Ich habe also an meiner Bilanz eine Kritik auszuüben, die den Gegensatz zu früheren Ansichten gleichzeitig erklärt und rechtfertigt und den gemeinsamen Ausgangspunkt und Grundgedanken schärfer hervortreten lässt. Schon vor vier Jahren richtete sich mein eigentlicher Angriff gegen den Nihilismus und die unsinnige Haltlosigkeit jener kleinen Geister, die sich in aller Naivität für „Revolutionäre" hielten, während sie nichts waren als zu spät gekommene Epigonen der grossen französischen Revolution. Diese angeblichen Stürmer und Dränger vergassen über ihrem Putschismus völlig die eigentliche und ganz positive Aufgabe, zu der sie berufen waren: nämlich *) Der ehrenwerte Versuch, meine Bilanz totzuschweigen, ist von fast allen grossen Berliner und Wiener Blättern (in Berlin machten nur Berl. Tageblatt und Voss. Zeitung eine Ausnahme) und auch von einigen grossen Blättern im Reich unternommen worden. Von literarischen Revuen haben sich die Neue Rundschau und der Kunstwart um ein Urteil herumgedrückt. Dem Kunstwart, dessen geistesenges Wesen in meinem Buch gekennzeichnet wurde, ist ein solches Totschweigesystem freilich nicht zu verdenken. Immerhin haben alle Unterdrückungsmassregeln nichts geholfen, da meine Bilanz die Leser, die sie suchte, zu finden wusste, und eben so einsichtige Kritiker, die sich in verständiger Weise über sie äusserten. L u b l i n s k i , Auegang der Moderne.

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Kulturwerte auszusprechen. Es gewitterte in ihrem Blut und in ihren Nerven von neuen Rhythmen, Nuancen und Linien und Farben, und so kam nichts weniger als alles darauf an, diese rhythmische Empfindung ausblühen und zu einem mächtigen Stil und einer Synthese emporwachsen zu lassen. Aber die guten Jungen wollten durchaus Revolutionäre sein, wilde Gesellen und Zerstörer, und es entwickelte sich jene wunderliche Mischung, dass sie keineswegs waren, was sie sein wollten, noch was sie ihrer Anlage nach sehr wohl sein konnten. Vor ihrem Revolutionsspektakel fürchtete sich nirgends irgend eine hohe Regierung oder eine herrschende Klasse, sondern höchstens geriet ein Schutzmann oder Polizeileutnant in einen gelinden Aufruhr, vielleicht auch irgend ein Bürgersmann, dem, — ich spreche natürlich im Bilde — von temperamentvollen Gassenbuben ein paar Fensterscheiben eingeworfen wurden. Noch weniger hatte die moderne Synthese, der moderne Stil, von solchen Vorkämpfern etwas zu erwarten, da ihr flüchtiges und nihilistisches Wesen nicht begreifen konnte, was eigentlich Stil und Form wären. Trotzdem lag ihnen die Hand der Entwickelung schwer im Rücken und drängte sie vorwärts, und so verfielen sie auf den hochgradig törichten Ausweg des Artistischen, nämlich der Ausdruckstechnik, und sie entwickelten gelegentlich ein beträchtliches Können, das aber bald genug zu Sport und Maskerade und Virtuosentum entartete, weil es nicht in eine grosse Form und eine geschlossene moderne Weltanschauung auszumünden vermochte. Dieser Seelenzustand der deutschen Literatur bestand schon vor vier Jahren, und ich tat meine Pflicht, als ich auf die Wunde, dieses heimlich eiternde Geschwür, nachdrücklich verwies und zeigte, dass sich auch bedeutende Talente der Krankheit nicht zu erwehren vermochten. Die Kritik einzelner Persönlichkeiten aus diesem Gesichtspunkt heraus besteht auch gegenwärtig zu vollem Recht, und ich habe kaum etwas zurückzunehmen.



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Dagegen ist das Heilmittel, das ich damals vorschlagen zu dürfen glaubte, doch wohl ein klarer Beweis dafür, wie sehr ich selbst in dem Zeitirrtum befangen war, da ich gar nicht merkte, dass ich den Teufel mit Beizebub, welcher der Teufel Oberster, austreiben wollte. Ich vertraute mich jener Marxistischen Theorie vom Klassenkampf an und stellte meine Sache auf die sozialistische Bewegung und auf die Arbeiterklasse. Da schien sich mir eine viel imponierendere Art von „Revolution" zu entfalten, die mit tieferer Einsicht und dem grössten Ernst an die Umgestaltung der Verhältnisse und an den Aufbau einer neuen Kultur herantrat. So konstruierte ich einen Gegensatz zwischen sozialer und Barrikadenrevolution. Auf der einen Seite standen die dreifach verwünschten und vermaledeiten modernen Literaten, die ich von ganzem Herzen in das Land des Pfeffers verwünschte, weil sie sich, in irgend einer Form, noch immer nach Barrikadenschlachten und nach Jakobinerromantik sehnten und mit endlosem Lärm Raketenschwärme aufsteigen Hessen, wobei sie sich einbildeten, die Welt in Brand gesteckt zu haben. Auf der anderen Seite stand eine organisierte Klasse, eine geschlossene und zielbewusste, die genau wusste, was die Glocke geschlagen hätte. Diese Leute waren nach meinem damaligen guten Glauben keine Revolutionäre alten Schlages mehr, sondern entschlossene Realisten, die sich in den Dienst eines Entwicklungsgesetzes und einer werdenden Kultur eingefügt hatten und daher der lärmenden und spektakelnden Methoden entraten konnten. Mit einem Wort, bei der Arbeiterbewegung glaubte ich jene Synthese gefunden zu haben, die ich suchte, und was ich nunmehr mit dem Schlagwort „Kultur" zu bezeichnen versuche, nannte ich damals Klasse. Auch lag ein ganz richtiger Gedanke zu Grunde, weil in der sozialen Bewegung naturgemäss alles Sprunghafte und Launische und allerlei artistische Spielereien, die aus der Willkür einzelner 15*



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Talente kamen, keinen Anklang finden konnten. So entwickelte sich freilich ein Stil in ihr, nur eben ein naturalistischer, der auf dem Grundgedanken der Unfreiheit des menschlichen Geistes beruhte. Was dem Naturalisten das „Naturgesetz" bedeutete, ein Gleiches war einem sozialistischen Theoretiker ein für allemal die „Klasse". Der Zufall der ökonomischen und sozialen Zugehörigkeit entscheidet über mein ganzes Leben, über meine Empfindungen wie Gedanken, und dort gerade, wo ich am freisten und eigentümlichsten zu sein glaube, in meiner Weltanschauung, bin ich erst recht der Sklave meines sozialen Portemonnaies. Kein Gedanke, dass ich mich jemals aus solcher Umgebung befreien und durch innere Kraft und eigene Geistigkeit zu höheren Sphären und zu vorurteilsfreier Gesinnung emporsteigen könnte. So völlig unfrei ist der Mensch nach der Lehre des Marxismus ! Dass ich mich dieser philosophischen Naivität, nicht nur nicht mit Widerstreben, sondern sogar mit einer gewissen Begeisterung hingab, ist allerdings ein bedenkliches Zeichen dafür, wie seTir ich damals noch zu den Modernen gehört habe. Ich fühlte, was unsere eigene Zeit Bedeutendes gebracht hatte: einen neuen und mächtigen Rhythmus von strenger Geschlossenheit, eine tapfere Härte und zugleich sensible Geschmeidigkeit der Empfindung, sowie ein entschlossenes Eindringen in die Gesetze der Aussen- und der Innenwelt. Sehr begreiflich, dass solche Erlebnisse der Entwicklungsjahre nicht von heute auf morgen aus der Seele zu merzen waren, obwohl ein dunkles Ungenügen freilich lebendig blieb, eine entfernte Ahnung, wie viel uns doch noch fehlen mochte. Noch war der Gedanke nicht aufgetaucht, dass es einen prinzipiellen Bruch mit der herrschenden Zeitanschauung galt, einen philosophischen Kampf gegen die Moderne zu Gunsten einer grösseren Moderne. So blieb ich im Lager und Umkreis



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der bisherigen Bestrebungen und suchte höchstens bei der einen Partei gegen die andere Hilfe, wobei mir entging, wie sehr auch noch die Sozialisten Revolutionäre alten Schlages waren, Epigonen von 1789, und zwar in einem viel höheren Grade als sie selber ahnten. Auch die grosse deutsche Arbeiterbewegung krankt an den gleichen Leiden wie die kleinere der modernen Literatur: auch sie verfolgt im Grunde aufbauende Ziele und kann sich dabei von überlieferter Revolutionsspielerei nicht befreien. Dadurch sind alle Krisen der letzten Jahre zu erklären, alle diese Kämpfe zwischen Revisionisten und Radikalen, und wenn naive Arbeitermassen freilich kaum jemals Impressionisten werden dürften, so sind sie andererseits aus einem sehr straffen und engen Naturalismus noch nicht herausgekommen. Darum war es wirklich eine Ahnungslosigkeit, von der Arbeiterbewegung und von der -Theorie des Klassenkampfes die Synthese der Modernität zu erwarten. Es besteht ein indirekter und innerlicher Zusammenhang zwischen sozialistischer und naturalistischer Weltanschauung. Aus solchem Grunde musste es geschehen, dass ich damals eine andere Stellung zum Naturalismus einnahm, als es mir heute möglich wäre. Wohl war mein Buch gerade auch als eine Kritik des Naturalismus vOn der ersten bis zur letzten Seite geschrieben worden, und ich durchschaute den „kleinbürgerlichen" (heute würde ich sagen: epigonenhaft-revolutionären) Charakter der ganzen Richtung, die ich in dieser Hinsicht, irrtümlicher Weise allerdings, mit dem Sozialismus zu ihren Ungunsten verglich. Immerhin, die damalige Sympathie für die Sozialisten verursachte in folgerichtiger Weise eine ähnliche auch für Naturalisten, so dass meine Kritik mehr als einmal in eine Apologie umund ausklang. Zumal ich bereits den Triumphzug jenes Kostümdramas ahnte und den Aufstieg einer Neuromantik, die jedem, der schärfer blickte, den epigonenhaften Zug in ihrem Antlitz nicht verbarg. Da mochte allerdings die



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Vorahnung einer unerfreulichen Zukunft die unmittelbare Vergangenheit in einem besseren Licht erscheinen lassen, da überdies die eben auf dem Plan erschienene neuromantische Jugend sich über die Massen hochnäsig gegenüber dem Naturalismus gebärdete, dem sie kühnlich vorwarf, dass er noch im Epigonentum stecken geblieben wäre, während diese Jüngsten — difficile est, satyram non scribere — gar nicht merkten, wie sehr gerade sie selbst einen Rückfall in epigonale Zustände bedeuteten.*) Somit suchte ich Anknüpfung beim Naturalismus und beim naturalistischen Drama, um von dort aus die Wege zu neuen und grösseren Zielen anzubahnen, wobei mir mein eigener „Peter von Russland", dieser endgültige Abschluss der naturalistischen Epoche, vielleicht schon in der Seele lebte. Auch war es ein sicheres Gefühl, wenn ich in dieser Dichtgattung ein Moment des Tragischen, gleichsam eine embryonale Tragödie, zu entdecken glaubte. Denn es wirkte die Notwendigkeit des Gesetzes im naturalistischen Drama, wenn auch lediglich ein Gesetz für Schwache, die durch Milieu und soziale Zustände leicht zu beherrschen sind. So forderte ich also eine naturalistische Tragödie des Starken und pries, übrigens mit vollem Recht, den „Meister Oelze" und habe einige Jahre später meinen „Peter von Russland" geschaffen. Mein Fehler, freilich ein grosser Fehler, war der, dass ich nicht die innere Enge und Aussichtslosigkeit dieses *) In wahrhaft ergötzlicher Weise tritt diese naive Hochstapelei in einer „Rede auf Hofmannsthal" von Rudolf Borchardt zu Tage. Da wird auf jeder Seite Artisten- und Aesthetentum mit Stil verwechselt und der Naturalismus mit Pathos verachtet. Der drollige und süffisante Ton dieser komischen Kundgebung imponierte einem Kritiker dermassen, dass er von dieser Rede den Anbruch einer „neuen Lebensgestaltung" zu datieren begann. Uebrigens soll Borchardt ein Dichter und ein kommender Mann sein, und es gelang mir nicht, diese Gerüchte auf ihre Wahrheit zu kontrollieren. Also abwarten, ob da nicht nur einfach ein neuer Kostümdichter auftritt, als der er sich in seinem üblen „Buch Joram" jedenfalls erwiesen hat.

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Weges erkannte. Denn ohne ein Milieu gibt es keinen Naturalismus, und es gehört zum Wesen dieses Begriffes wie auch dieser Sache, dass ihr überragender mechanischer Charakter gegenüber dem Individuum betont wird. So ist das Milieu durchaus nicht ein Gesetz, wie es aus der Vernunftnatur des Menschen fliesst und von ihm selbst geschaffen wird: und nur Selbstgeschaffenes kann dem Schöpfer, dem Starken, zum Schicksal, zur Tragödie werden. Höchstens die niedrigste Form des Tragischen ist auf naturalistischem Wege zu verwirklichen und von mir auch tatsächlich verwirklicht worden. Daher wird ein unbedingter und prinzipieller Bruch mit dem Naturalismus eine Notwendigkeit, wenn man zur Tragödie gelangen will, zu dieser grossen Form, die allerdings den machtvollen Rhythmus, der durch die Wirklichkeit unseres Alltages braust, auf höherer Stufe zu entfalten vermag. An die Stelle der Klasse muss die Kultur treten und an die Stelle des Naturgesetzes der sich selbst setzende Konflikt der Vernunft. Wenn daher der Naturalismus, dieses Produkt eines von verhaltener und gebundener Energie zitternden Zeitalters, von einer Ahnung des Tragischen allerdings erfüllt war, so hat er es dennoch auf einem verkehrten Weg gesucht und musste sein Ziel verfehlen und sein Epigonentum, das ich damals Kleinbürgertum nannte, bis auf die Knochen offenbaren. Um es mit aller Schroffheit auszusprechen: der Naturalismus war eine Verirrung, eine Torheit, ein Skandal. Hätte man im Jahre der Gnade 1889 m^ Bescheidenheit darauf verzichtet, Revolution zu spielen, und wäre man nicht auf die ungeheuerliche und barbarische Dummheit verfallen, auch in der Kunst diese chaotische Stofflichkeit der modernen äusseren Welt in ihrer ganzen und riesenhaften Geistlosigkeit einfangen zu wollen, sondern hätte man sich begnügt, das Ohr für das Geistige, für den Rhythmus der Modernität zu schulen und alsdann an die klassische Tradition wieder anzuknüpfen: dann



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stände es heute besser um die moderne deutsche Literatur, die noch kein einziges Talent von europäischer Bedeutung hervorgebracht hat. Zum mindesten in der Abstraktion nimmt sich dieses Urteil berechtigt genug aus, und es kann auch vom rein ästhetischen Standpunkt her nicht bestritten werden. Aber da die Entwickelung nicht über uns irgendwo in der Luft vor sich geht, sondern auf dieser Erde, so ist sie auch an lebendige Menschen gebunden, an individuelle Verhältnisse, mit denen sie sich auseinandersetzen und von denen sie sich oft erst befreien muss, bevor sie ihren eigenen Gang gehen kann. Nach Massgabe jener Tage war darum der naturalistische Irrtum für die junge Generation der einzige Weg, um zu eigener Tätigkeit zu gelangen. Die klassische Tradition war durch das Unwesen der Jambendramatiker und der Akademiker gründlich in Verruf gebracht und man glaubte nicht mehr an ihre Fruchtbarkeit. Dazu brachen bedeutende Werke der Zeitgenossen über die deutsche Grenze herein: der Roman Zolas und Tolstois und das Drama der Norweger. Diese neuen und hochbedeutenden Erscheinungen, die zugleich auch Stoff und Inhalt des modernen Lebens zu bewältigen schienen, konnten von jungen Autoren in den Zwanzigern nicht mit kritischer Kälte angesehen werden, sondern sie mussten völlig überwältigen, zumal noch der Vergleich mit der Dürftigkeit der einheimischen Produktion hinzutrat. Ausserdem wirkte damals auf die Seele der jungen Leute die innere intensive Umformung des deutschen Lebens durch Industrie und Kapitalismus, die Entstehung der modernen Grossstadt und die Einordnung des einzelnen, so weit er Arbeiter und Bürger war, in die soziale Organisation. Es war unvermeidlich für jeden, der in der Zeit lebte, zunächst auch den Zeitirrtümern seinen Tribut zu zahlen, und so Hess sich der Umweg über den Naturalismus schlechterdings nicht vermeiden. Darum sind etwa Holz und Hauptmann allerdings die Männer und Führer

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ihres Jahrzehntes gewesen. Der eine brachte den naturalistischen Rhythmus auf eine knappe und technische Formel, und der andere hat das vorschriftsmässige naturalistische Drama in den „Webern" und im „Fuhrmann Henschel" geschaffen, wobei er sich als grosser Könner im Technischen und in seinem kleinen Umkreis als ein echter Dichter, als der Dichter des Mitleides offenbarte. Dafür gebührt ihnen Preis und Dank und es erscheint begreiflich, dass mir diese Männer damals, als ich den Naturalismus noch überschätzte, viel zu gross geraten mussten. Heute können beide nur so angesehen werden: sie waren die Talente ihrer Zeit und auch nicht grosser als diese Zeit. Wenn man sehr streng urteilen wollte, müsste man überdies noch hinzufügen: sie waren kleiner als die Zeit, die im Grunde das Heroische und Tragische wollte und nur sich selber missverstand. Immerhin mag in der unerschütterlichen Starrheit, mit der Arno Holz an seinem naturalistischen Rhythmus trotz aller Ungunst der Verhältnisse festhielt, und in der Tapferkeit, mit der der altruistische Hauptmann grausiges Elend anzuschauen und zu gestalten wusste, etwas und sogar viel von dem Heroismus ihrer Generation gelebt haben. Bei grösserer Weite des Gesichtskreises hätten beide Männer vielleicht zum Stil und zur Tragödie gelangen können — womit wir uns bereits auf das Gebiet der Hypothesen und nachträglichen Möglichkeiten begeben. Das Schlussurteil über den Naturalismus muss besagen, dass er keine dauernde Erscheinung war, sondern eine Episode, die darum auch nur episodische Talente erzeugte. Während ich meine frühere Stellung zum Naturalismus berichtigen muss, habe ich die Neuromantik im Grunde schon damals mit gleichen Augen wie heute angesehen. Wohl mögen einzelne Persönlichkeiten über- oder unterschätzt sein, und etwa notwendige Korrekturen sind in diesem Buch ohne viele Worte vorgenommen worden.

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Aber die Willenlosigkeit des einzelnen, die Übergewalt der Stimmung und das vorherrschende artistische Moment wurden von mir sehr wohl bemerkt und als Schwäche empfunden und mit Entschlossenheit kritisiert. Noch freilich war ich mir über den Unterschied zwischen Artistentum und Stil nicht klar geworden, so dass ich einerseits die Stilbestrebungen Stefan Georges zu sehr nur als Artistentum empfand und andererseits in der Holzschen „Revolution der Lyrik" ein Stilprinzip zu sehen glaubte, während seine Methode doch nur die Übertragung der naturalistischen Technik auf die Lyrik bedeutete. Doch ahnte ich freilich, dass nicht alles in Ordnung war und verfiel auf die wunderliche Idee einer Synthese zwischen Arno Holz und Walt Whitmann. Aber ein Walt Whitmann, der Form hätte, wäre ein Widerspruch in sich selbst, und gerade diese mächtige, im höchsten Sinn amerikanische Erscheinung hätte mir Anlass geben sollen, jene besondere Gruppe schärfer zu scheiden, die zwischen der Neuromantik und dem Naturalismus in der Mitte stand und in gewissem Sinn an jenen Sturm und Drang erinnerte, der in den Tagen des jungen Goethe den Beginn einer neuen Epoche der Literatur und Kultur eingeleitet hat. Diese Talente folgten durchaus nur ihrem Gefühl, ihrem Temperament, und sie brachten es weder zu einem naturalistischen noch symbolistischen Stilprinzip, sondern zu einem urwüchsigen und gewaltigen Impressionismus, der bald in das Reich der Symbole aufflog und bald zum Markt des Lebens herabstieg oder in das Chaos unterirdischer Gefühle tief untertauchte. Der grösste Vertreter dieser Richtung ist eben Walt Whitmann gewesen, und auch in Deutschland gibt es Talente, die mehr oder minder zu diesem Umkreis gehören: Johannes Schlaf, Alfred Mombert, vielleicht auch Peter Altenberg und sogar Heinrich Mann, der freilich hier nur mit Vorbehalt zu erwähnen ist. Aber alle diese interessanten Persönlichkeiten, der grosse Whitmann nicht ausge-

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nommen, können uns schwerlich die Synthese bringen, wiewohl manche von ihnen mit Heftigkeit und tiefer Sehnsucht die Notwendigkeit empfinden, zu einer Zusammenfassung der Modernität zu gelangen. So urteile ich heute über meine Bilanz, die ich ihrer Substanz nach immer noch vertreten kann und die für sich jedenfalls das Verdienst in Anspruch nehmen darf, zum ersten Mal die moderne deutsche Literaturentwickelung aus ihren inneren Notwendigkeiten begründet zu haben. Nur müssen dieMaasse und Perspektiven kleiner genommen werden, was aber dem Leser oder Kritiker nicht schwer fallen kann, wenn er die Anweisungen und Winke, die ich hier dargeboten habe, nach Gebühr zu benutzen versteht.

Politik Es ist mit ein Zeichen der Unvollkommenheit der gegenwärtigen Moderne und ein Erklärungsgrund für ihr Siechtum, dass sie bisher zur Politik kein vernünftiges und aus ihrer Natur kommendes Verhältnis gefunden hat. Diese literarische Bewegung, die „modern" sein möchte und immer vorgibt, in der Freiluft des Lebens zu atmen oder in die innerste Empfindung der gegenwärtigen Menschen hinunter zu tauchen, ist in einer durchaus politischen und von den heftigsten Kämpfen um die Macht erschütterten Zeit zu einem vollständigen Stilleben heruntergekommen, und sie wagt nicht mehr, in diesem demokratischen Zeitalter entweder zum Markt hernieder- oder, wie es ihr allerdings besser ziemen würde, zum Gipfel des Berges heraufzusteigen, um ihre Stimme über alles Volk erschallen zu lassen. Sie verbringt vielmehr ihr Dasein in Cafehäusern, im Salon der Boheme, oder, wenn es etwa

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und sehr leichten Herzens dem Zukunftsstaat den Laufpass erteilt und sich zum Revisionismus und Reformismus bekehrt. In Wirklichkeit wird um das politische Programm, um den Höhegrad der politischen Leidenschaft gekämpft. Während die Reformer eine gewisse Abspannung des Willens und eine anpassende und kluge Geschmeidigkeit verlangen, die mit gegebenen Verhältnissen zu rechnen weiss, bäumen sich gegen diese Nachgebigkeit die politischen Menschen in der Partei auf, die Mystiker der Macht, die an Wunder eines bergeversetzenden Willens glauben, und die vorläufig weit mehr die Massen hinter sich haben als die Gewerkschaften, die rein ökonomische Zwecke verfolgen. Mit einem Wort, die Politik, der Machtwille, ist das Stärkste in der sozialen Bewegung, stärker als alles Soziale, das sich erst mühsam seinen Platz und seine besondere Organisation innerhalb des Parteikreises erobern musste und immer noch muss. Man darf es wagen, den Marxistischen Grundsatz völlig umzukehren: die Form ist es gewesen, die sich den Inhalt schuf. Jener durch politische Leidenschaft geschulte Massenwille hat erst die Disziplin und planmässige Eroberung der Naturkräfte ermöglicht, aus der die moderne Technik und Industrie und der Kapitalismus und Sozialismus hervorgegangen sind. So ist der historische Gang der Entwickelung tatsächlich gewesen, und es besteht nicht der geringste Grund, zu Gunsten einer falschen Theorie eine chronologische Reihenfolge auf den Kopf zu stellen. Die grosse politische Bewegung hat freilich, indem sie ihren Formen einen Inhalt schuf, ihren eigentlichen Zweck eingebüsst, und ist jetzt längst nur noch ein schwächlicher Enkel ihrer selbst: nur noch revolutionäres Epigonentum. Wohl sind, zumal in Deutschland, auch genügend feudale Reste zurückgeblieben, die noch mancherlei und gar nicht geringen Kampf verursachen dürften, und Osteuropa, Russland, erlebt jetzt erst seine revolutionären Kämpfe, die aber dennoch nur den Abschluss von 1789 bedeuten und

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keineswegs eine Epoche grundsätzlich neuer Umwälzungen eröffnen. Darum befindet sich die Politik tatsächlich heute in einer gefährlichen Krise. Sie ist im Wesentlichen Epigonentum geworden, und die grossen Aufgaben, die ihr im heiligen oder unheiligen deutschen Reich keineswegs fehlen, offenbaren mehr den Charakter einer Aufarbeitung von Resten, und sie sollen nur noch die endgültige Durchsetzung eines Systems ergeben, das längst in die Stadt des Feindes eingedrungen und nur das Kastell-noch nicht erobert hat. Das Sonderbarste an diesem letzten und allerdings immer noch sehr schweren Kampf besteht gerade darin, dass er gar nicht mehr mit rein politischen Waffen ausgefochten werden kann, sondern die neue Kultur zur Hilfe rufen muss. Das moderne Drama will zur Tragödie empor, weil unser modernes Leben von Gebundenheiten, Gesetzlichkeiten und latenten Konflikten beherrscht wird, die sich freilich im praktischen und nüchternen Alltag nicht entladen können. Aber wer die Tragödie will, diesen höchsten Ausdruck einer synthetischen Kultur, der muss allerdings auch wollen, dass sich jener Zustand unserer Existenz, wie er durch die straffe Bindung moderner Organisationen geschaffen wurde, durchzusetzen vermag, bis er restlos den National- und Kulturkörper erfüllt. Dieser Wollende wird klärlich wissen, welche Politik er zu treiben und welche Parteien er zu unterstützen hat: nur solche, die die Entwickelung moderner Existenzgesetze nicht verhindern und sie auch nicht willkürlich konstruieren. Er wird ein Gegner eines Konservativen sein, der uns die patriarchalischen Idylle und schwärmerische Naivetät unserer Grossväter aufzwingen möchte, und vielleicht noch weniger vermag er sich mit solchen Sozialisten zu befreunden, die nur das Unzugängliche und nicht das Grosse des modernen Lebens empfinden : die lieber heute als morgen mit eiligen Füssen in den Zukunftsstaat hineinspringen möchten. Ganz und gar nicht



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anders wird er urteilen, wenn er im Massenleben der Gegenwart jenes latente Epos zu entdecken vermag, dem es beschieden sein könnte, sich in einer grossen epischen Kunst zu vollenden und zu erlösen. Wer diese epische Synthese höchsten Stiles begehrt, muss ebenso das moderne Leben begehren trotz und wegen seiner innerlichen Gebundenheit und selbst Mechanisierung: um so vollkommener kann es durch grosse Kunst zur Kultur und Freiheit emporgesteigert werden. Mit einem Wort: die moderne Kultur, auch die künstlerische, hat sich über der gleichzeitigen Zivilisation zu errichten, indem sie deren Möglichkeiten in geistige Wirklichkeiten und Werte verwandelt. Damit ist auch gegeben, dass die politische Sympathie eines modernen Menschen nur dem prinzipiellen Liberalismus gehören kann, weil dieser der eigentliche Vertreter des gesellschaftlich-sozialen Zustandes der Moderne ist und ihn mit Konsequenz durchzusetzen versucht, während der Konservative in die Vergangenheit blickt und der konsequente Sozialist in eine Zukunft, die in einem grundsätzlichen Gegensatz zur Gegenwart steht. Allerdings hat das Wort Liberalismus längst einen üblen Klang bekommen, weil die historische Gestalt, in der sich diese Bewegung durch lange Jahrzehnte auswirkte, gründlich veraltet war. Jenem älteren Liberalismus sind seine eigenen Schöpfungen über den Kopf gewachsen, und er vermochte in der „sozialen Frage" nicht sich selbst wieder zu erkennen, nicht die Übertragung seines politischen und organisatorischen Willenstriebes auf das ökonomische Gebiet. So entstand bitterer Hader im eigenen Lager, und aus solchem Zwist wussten die preussisch-deutschen Konservativen allen nur denkbaren Nutzen herauszuschlagen. Dazu kam noch, dass die grossen Schlachten vorüber waren und nur ein Klein- und Positionskrieg übrig blieb, der aller Synthese und einheitlichen Wirkung entbehrte und den Nachwuchs, die politische Jugend, nicht verlocken und

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also auch nicht begeistern konnte. Diese beiden Momente: Unverständnis gegenüber der „sozialen" (richtiger industriell-ökonomischen) Frage und der Mangel an einheitlicher Stosskraft haben den Liberalismus Jahrzehnte hindurch gelähmt, bis sich in jüngster Zeit etwas wie ein NeuLiberalismus zu regen begann. Einzelne begabte Vertreter dieser erneuerten Tendenz fühlen auch bereits mit klarem Bewusstsein, dass sie den Anschluss an die moderne Kulturund Kunstbewegung gewinnen müssen. Denn von hier aus kann der einheitliche und fortreissende Zug in ihre politische Arbeit kommen: dass sie an der werdenden Kultur mit Eifer mitschaffen und zu diesem Zweck die zivilisatorische Grundlage endgültig fundamentieren. Auch so erst würde das letzte Bedenken gegen die moderne Lebensgestaltung, Technik und Industrie und Demokratie behoben werden, wenn ausgesprochen würde, dass diese Formen nicht unser letztes Wort sein sollen, sondern ein vorläufiges Wort, sondern nur Unterbauten, über denen sich in späterer Zeit die lichtdurchflutete Rotunde einer Kultur ausspannt, die uns unter anderen guten Dingen wieder grosse Kunst bringen wird, wieder die Tragödie, auch wieder die Fülle des Epischen und die durch strenge Lyrik gebändigte Dämonie der Natur. Darum muss die moderne Politik im eigentlichen Sinn Kulturpolitik werden und dem revolutionären Pathos allerdings den Abschied erteilen, um das vollere und reichere Kulturpathos an seine Stelle treten zu lassen.*) Damit beginnt eine ganz neue Verantwortlichkeit *) Der Kampf gegen das revolutionäre Epigonentum, der jede Seite dieses Buches beherrscht, erinnert mich an einen sehr eigenartigen Sozial- und Kulturdenker, David Koigen, der in allen seinen Schriften, namentlich in den „Kulturaufgaben des Sozialismus," den Revolutionär als „prometheischen" Typus begreift und ihm Fehde ansagt. Dem angekündigten Hauptwerk dieses Denkers, der sich um Kultursynthese in einer besonderen und von mir manchmal abweichenden Weise bemüht, darf man mit Interesse und Erwartung entgegensehen.

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für die führenden Politiker gerade des modernen Liberalismus : sie müssen Kulturmenschen werden. Nämlich Persönlichkeiten, die in ihrer ganzen Erscheinung die besten Tendenzen der Kulturbewegung zum Ausdruck bringen. Damit soll nicht etwa gesagt sein, dass man von ihnen irgend eine dilettantische Betätigung als moderne Dichter, Maler oder Philosophen verlangen würde. Im Gegenteil, vor allem haben sie ihr Handwerk zu verstehen und tüchtige Politiker zu sein, tüchtige Fachmänner — freilich nicht solche allein. Nur dann wird man ihnen glauben, dass ihre Technik im Dienst einer höheren Aufgabe steht, wenn sie durch ihre Person beweisen, dass sie die moderne Kultur nicht lediglich als ein Schlagwort kennen, sondern sie aus der Tiefe heraus und an sich selbst erlebt haben. Je weniger sie vom Pathos der Revolution zu leben vermag, desto mehr wird es gerade für die liberale Politik eine Lebensfrage sein, sich ihres Zusammenhanges mit der tieferen geistigen Bewegung bewusst zu werden, und sie kann es nur dadurch, wenn sie Kulturmenschen zu Führern hat. Schon gibt es auch mancherlei Anzeichen, dass sich die Entwickelung in dieser Linie langsam zu orientieren beginnt, wie zum Beispiel die sympathische Erscheinung Friedrich Naumanns beweist. Ausserdem fehlt es gerade in dem Deutschland unserer Tage nicht an Beweisen dafür, wie sehr die Zukunft der Kultur von der Zukunft jener technischen und industriellen Kräfte abhängt, die mit den älteren Traditionen um ihr Recht, da zu sein, immer noch kämpfen müssen. Das moderne Kunstgewerbe, das mit den gedanken- und seelenlosen Stilnachahmungen der unmittelbar vorhergehenden Epoche aufgeräumt hat, wäre ohne das Vorbild der Industrie niemals geboren worden, und ohne die moderne Grossstadt hätte Messel das Warenhaus der Brüder Wertheim nicht geschaffen, das die einzige architektonische Leistung Berlins seit den Tagen Schinkels bedeutet. Der Gegensatz zu diesen Errungenschaften wird durch das L u b l i n s k i , Ausgang der Moderne.

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Mäcenatentum des Kaisers gegeben, der in politischer Beziehung mit dem modernen Leben keine Fühlung zu finden vermocht hat und daher folgerichtiger Weise mit Hilfe von Epigonen zu einer Siegesallee und zu den Gruppen im Tiergarten gelangte. Das ist keineswegs nur Zufall, wenn auch freilich die Individualität Wilhelms II. den naturgemässen Gegensatz viel schärfer heraustreten liess, als es bei einem kunstverständigeren Monarchen der Fall gewesen wäre. Man braucht sich eine solche Erfahrung nicht entgehen zu lassen und darf unbedingt den Schluss ziehen, dass sich die künftige Kultur nur durchsetzen kann, wenn die gegenwärtige Zivilisation sich durchgesetzt hat. Bisher ist erst ein Warenhaus entstanden und noch kein Parlaments- oder Gerichtsgebäude, das unserem Empfinden gerecht würde. Noch herrscht dieses Empfinden erst im Privatleben und nicht im Staat, und je mehr eine vernunftgemässe Politik sich mit der Kultur zur Einheit verschmilzt, desto sicherer wird sie siegen und desto grössere Aussicht besteht für die Moderne, zu ihrer Synthese zu gelangen. Synthetische Kulturpolitik des Neu-Liberalismus: das ist die Losung, die aus dem Lager der Modernen in das der Politiker hinüberschallen muss. Die augenblicklich wichtigste Auf gäbe einer Kulturpolitik ist die Revision des Begriffes der Nationalität. Denn dieser grosse Gedanke ist in Deutschland und vielleicht überall in Europa ganz und gar verflacht worden, und bevor er sein bestes Wesen entfalten konnte, hatte er bereits seinen innersten Sinn verloren. Ursprünglich ist er ein Kulturgedanke gewesen und zielte auf die Synthese, auf die höhere Einheit inmitten der Gegensätze. Der plumpe Zufall der Klasse, des Standes, des Berufes, und ein daraus entspringender enger Gesichtskreis, jener bekannte KirchturmHorizont, sollte nicht das letzte Wort der Entwickelung für eine Individualität sein, der im Gegenteil die Möglichkeit geboten wurde, aus dieser Beschränktheit herauszukom-

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men, ohne einem phantastischen Idealismus und einer nebulösen Schwärmerei zu verfallen. Schon hier, auf dieser wirklichen Erde, sollte ein weiteres Wirkungsfeld, ein grösserer Horizont entfaltet werden, und so war ursprünglich der Nationalitätsbegriff gedacht gewesen. Auch ist es immer noch eine unbestreitbare Wahrheit, dass in den Nationalkulturen der grossen Völker Europas das höchste Mass von Universalität erzeugt wurde, das nach Lage der gegenwärtigen Verhältnisse möglich erscheint. Wohl taucht bereits der Gedanke des ,,guten Europäers" auf, und wer wollte leugnen, dass dieser Idee Nietzsches noch eine grosse Zukunft beschieden ist? Jedoch gibt es zwei Arten von Europäern, deren eine nur ein leichter Kork ist und auf der Oberfläche schwimmt und überallhin verschlagen werden kann: gewandte Handlungsreisende, internationale Feuilletonisten in der Manier von Georg Brandes und findige Berichterstatter. Diese Leute darf man keineswegs verachten, da sie nützliche Verkehrsfunktionen zu erfüllen haben, wiewohl sie nicht zu den tieferen Kulturmenschen gehören und gar nicht gehören können, weil sie zu kultureller Vertiefung keine Zeit haben. Goethe freilich wurde in anderer Weise ein guter Europäer, indem er aus der deutschen in die Weltliteratur hineinwuchs, und solche Beispiele beweisen vielleicht, dass es künftig zu einer europäischen Kultur und also Nationalität kommen mag. Noch stehen wir diesem Ziel sehr fern, und gegenwärtig wird vielmehr der durchaus synthetische Nationalgedanke dazu missbraucht, zu trennen und überall Zwiespalt zu säen. Da nämlich aus historischen A^erhältnissen in Deutschland, so lange das Reich noch nicht gegründet war, die politisch formale Seite der nationalen Idee schärfer herausgekehrt wurde, als die kulturelle, so sind die Epigonen Heinrich von Treitschkes — ebenfalls flache Nachgeburten der Revolutionsepoche — bis heute eifrig an der Arbeit, um jenen ursprünglich nur provisorischen Gegensatz zwi16'

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sehen der nationalen Politik und nationalen Kultur zu verewigen. Das ist schlechthin eine Infamie und eine Fälschung und ausserdem noch, gerade vom Standpunkt einer intelligenten Realpolitik, eine verhängnisvolle Torheit ersten Ranges. Wie kommt es, dass die deutsche Kultur in den Grenzprovinzen des Reiches nicht längst durch ihre innere Anziehungskraft, durch ihren geistigen Reichtum und ihre schöpferische Taten das Polentum überwunden und entweder in sich aufgesogen oder zu seinem dankbaren und verehrenden Schüler gemacht hat? Das kommt daher, weil dort drüben in Posen der deutsche Gedanke nicht von dem deutschen Kulturmenschen vertreten wird, sondern von Polizeibüttelseelen, von freiwilligen Schutzleuten und „patriotischen" Faust- und Pöbelnaturen, von Buben mit einem Wort, die von einer Kultur nichts wissen, sondern nur von Gendarmen und von Ausnahmegesetzen und dem wüsten Fuselhass gegen andere Nationalitäten. Dieses verworfene und durchaus verkümmerte Gesindel hat niemals in der eigenen Seele die deutsche Kultur erlebt, sondern nur die plumpe Roheit des bekannten Hurrapatriotismus, und da es damit allerdings nicht die ihnen kulturell überlegenen Polen zu besiegen vermochte, so verfiel die pfiffige Horde auf jene Enteignungsvorlage, die den preussischen Staat unter das Niveau des Moskowitertums herabgedrückt hat. Dass sich, ausser den Hakatisten, auch noch bisher völlig unbescholtene Männer finden konnten, die für jenes ehrlose und zugleich gänzlich unwirksame Gesetz zu stimmen vermochten, beweist in einer erschreckenden Weise, wie gründlich der wahre Sinn des Nationalgedankens verloren gegangen, und wie man in einem epigonenhaften Jakobinertum, das vor 1870 einen Sinn hatte, vollkommen stecken geblieben ist. Zum Teil stützt sich auf die Massensuggestion, die von einer solchen Fälschung ausgeht, alles, was in Deutschland nach Reaktion schmeckt, und gleichzeitig zeigt diese unsäglich törichte Polenpolitik, die dem Deutsch-

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turn bisher nur verlorene Schlachten eingebracht hat, dass ein geistloser Polizeiknüppelnationalismus den Nationalstaat schwächt. Es wird nötig sein, ihn durch den kulturellen Nationalismus zu ersetzen, und auch das kann erst geschehen, wenn ein Neu-Liberalismus und eine neue deutsche Kultur entstanden sind und sich mit einander verschmolzen haben. Wie aber mag sich die Sozialdemokratie verhalten, welche Stellung hat sie in einer Kulturpolitik einzunehmen? Diese Frage wird lediglich aufgeworfen, um eine Linie der Entwickelung allenfalls zu ahnen und anzudeuten. Aber kein Sterblicher kann vorher wissen, ob in der Politik, dieser Domäne der Willensleidenschaft, das Vernunftgemässe auch geschehen wird, da die Geschichte zu allen Zeiten nicht nur das Reich der erfüllten, sondern auch der versäumten Ideale gewesen ist. Jedenfalls befindet sich die Sozialdemokratie und mit ihr die deutsche Arbeiterbewegung in einer schweren Krise, die in ihrer Wucht und Tiefe von den Aussenstehenden kaum zur Genüge gewürdigt wird. Jene Revolution, die von der ökonomischen Dialektik erhofft wurde, geht mehr und mehr in Rauch auf und mit ihr die Aussicht auf ein unbestimmtes, aber gross gedachtes und empfundenes Ideal, das in die Zukunft und in einen Menschenfrühling wies. Diese in ihrer Art grandiose Idee ist es gewesen, die in Wahrheit weit mehr als das Klasseninteresse die Massen zu den Fahnen des Sozialismus getrieben und sie diszipliniert und ihren Machtrausch zur höchsten Begeisterung gesteigert hat. Nun soll diesen Massen gesagt werden: eure Hoffnungen können niemals in Erfüllung gehen. Verbindet euch mit den Liberalen und ihr werdet politische und sozialpolitische Verbesserungen erreichen und euer standard of life kann sich heben — mehr aber habt ihr nicht zu erwarten. Wer sich den Seelenzustand von Männern vorstellen kann, die einst Grosses und Grösstes gehofft haben, muss begreifen

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und billigen, wenn sie sich gegen diese „Verspiessbürgerung" ihrer Partei heftig auflehnen, und sich weigern, ihren heissen Machtwillen zu der bescheideneren Alltagspolitik der Tauschgeschäfte herabzustimmen. Mehr sogar als dieses: eine solche Herabstimmung wäre zu beklagen, weil sie das Niveau erniedrigen, den Gefühlskreis verengern und tatsächlich den Geist des Philisters triumphieren lassen würde. Wäre die Sozialdemokratie im strengen Sinn nur eine politische oder auch nur eine ökonomische Partei, dann bliebe ihr keine Rettung, und sie müsste dem Schicksal der Verspiessbürgerung allerdings verfallen. Sie ist aber für den deutschen Arbeiter doch nicht allein Partei, sondern auch Lebensgemeinschaft und ferner der Ausdruck seiner Kultursehnsucht, die im Lärm der Waffen und politischen Kämpfe nie ganz geschwiegen hat. Jetzt wäre es an der Zeit, auch hier das Band zwischen moderner Politik und Kultur enger zu knüpfen und schüchterne Anfänge zu entwickeln. Ohne die politischen Aufgaben des Tages zu übersehen, muss sich vor allem eine Kulturbewegung in den Massen entwickeln und neben der Wissenschaft, die fortan nicht einseitig über den Leisten einer einzigen Theorie geschlagen werden dürfte, müsste die Kunst zu ihrem Rechte gelangen. Die Arbeiterklasse ist durchbraust vom Rhythmus des modernen Lebens, und es wirkt in ihr ein kraftvoller Wille. Wohl kann sie von sich aus, weil sie als Klasse niemals die Gesamtheit vertreten wird, keine Synthese erzeugen, und sie wird darum in dieser Beziehung nur immer zu empfangen und nicht zu geben haben. Aber alles Empfangene könnte sie in ihrem Schoss umformen und es als Volkskultur der allgemeinen nationalen Kultur wieder zurückerstatten. Bisher sind die Arbeiter zielbewusste Proletarier gewesen, und kein Sterblicher will ihnen dieses Ziel- und Klassenbewusstsein rauben. Aber „Volk" gewesen, wie etwa im Mittelalter Bauern und Handwerker, sind die Arbeiter

bisher noch nicht und konnten es nicht sein, weil zu einem Volk auch Volkskultur gehört und eine Lebensgemeinschaft, die über Interessenverbände hinausgeht. Bisher stand das politische und ökonomische Bedürfnis im Vordergrund, und die kulturelle Askese herrschte, und die Führer fürchteten nicht ganz mit Unrecht eine schädliche Ablenkung der Kraft durch anders gerichtete Tendenzen. Heute dagegen erfordert gerade auch das Interesse eine ganz andere Taktik : weil man einem Arbeiter mit Kultursehnsucht leichter sozialpolitische Zugeständnisse gewähren wird, als einem fanatischen und massiven Interessenkämpfer. Zugleich würde der Drang nach Kultur und nach „Voltaverdung" mit einem Schlage wieder in die Bewegung jenen grossen und synthetischen Zug tragen, der ihr gegenwärtig verloren zu gehen droht. Volk aber und Volkskultur könnte die Moderne allerdings gebrauchen, so wie der Baum den Boden braucht, und es werden ja von Zeit zu Zeit sonderbare Versuche gewagt, um mancherlei vergangene Volkstümlichkeit künstlich zu beleben. Aber der patriarchalische und kleinbürgerliche Charakter jener älteren Schichten, aus denen einst das Volkslied hervorging, entspricht nicht mehr dem knapperen und mächtigeren Rhythmus des modernen Lebens, und mehr als allenfalls ein paar herzige Bücher haben wir von der Heimatkunst nicht zu erwarten. In keinem Fall eine neue Volkskultur, die aber durch eine gross geleitete soziale Bewegung allerdings geschaffen werden könnte. Die Massen und ihre Führer in den grossen Städten müssten lernen, Kultur und Kunst um ihrer selbst willen zu lieben und zu suchen, und dann wird die bestellte Saat auch aufgehen, wobei der politische Vorteil keineswegs geschädigt sondern sogar gefördert würde. Es liegt im Interesse der werdenden Kultur, die von der Politik den Willen, und im Interesse der Politik, die von der Kultur die Synthese empfangen kann, einander zu suchen und vereint ihre Schlachten zu schlagen, wenn sie auch getrennt marschieren mögen.

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Ein Wort über bildende Kunst Warum die werdende moderne Literatur intime Beziehungen zu der gleichzeitigen Malerei unterhielt, wurde aus dem Wesen des naturalistischen wie impressionistischen Stiles ausführlich begründet. Somit richtet sich eine Kritik, die an Erscheinungen der Wortkunst ausgeübt wird, von selbst auch gegen Erzeugnisse und Strömungen in der bildenden Kunst. Die Künstler selbst und auch einige der besten Kunstschriftsteller unserer Tage pflegen freilich heftigen Widerspruch gegen eine solche Einmischung der Literaten zu erheben, da Malerei und Plastik nach anderen Gesichtspunkten zu beurteilen wären als Werke der Literatur: nach malerischen und plastischen Werten und nicht nach den Ideen des Philosophen oder den Einfallen des Dichters. Diese seltsame Animosität ist aus der Kunstgeschichte der letzten Jahrzehnte zu begreifen, da sich die modernen Maler und Bildhauer ebenfalls — genau wie in der Literatur — gegen ein verwahrlostes Epigonentum zur Wehre setzen mussten, das sich in einem äusserlichen Formalismus und in platter Stofflichkeit erschöpfte. Wenn irgend eine herzige Anekdote oder eine historisierende Theaterei auf möglichst umfangreicher Leinwand hingeschmiert war, so gaben sich Publikum und Kritiker mit wahrhaft skandalöser Genügsamkeit damit zufrieden, und natürlich vermochte ein Literat, der über genügende Kenntnis historischer Begebenheiten verfügte, auch über einen „Schinken" ein begeistertes Feuilleton niederzuschreiben. So entstand die Abneigung gegen die „Literaten" in der bildenden Kunst, wobei vergessen wurde, dass solche Kritiker genau so in der Literatur selbst als Schädlinge ihre sehr wirkungsvolle Tätigkeit entfalteten, indem sie schlechte oder mittelmässige Bücher allein wegen ihres stofflichen Inhaltes lobten, ohne von künstlerischer Form und geistiger A^ertiefung eine Ahnung zu haben. In

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Wirklichkeit kommt auch die gegenwärtige Malerei oder Plastik ohne literarische Gesichtspunkte nicht .us, nur dass es sich eben um moderne Gesichtspunkte dabei handelt, und dass die Betonung der künstlerischen Form eine tiefere Erkenntnis auch der artistisch-technischen Mittel, mit denen der Künstler arbeitet, zur Voraussetzung hat. Wenn also ein Kunstkritiker unserer Zeiten über Farbe und Linie und Formprobleme Bescheid weiss, so mag er sich allerdings zu seinem Vorteil von den unwissenden und philosophierenden Vorgängern vor zwanzig Jahren unterscheiden. Aber die gleichen Vorzüge und Fortenwickelungen finden wir auch bei den Literaturkritikern, die über Bücher schreiben. überhaupt herrscht eine vollkommene Parallele in der Entwickelung der modernen bildenden und redenden Künste, die beide durch den veränderten und gewaltigen Rhythmus des modernen Lebens hervorgerufen und bedingt wurden. Auch der gleiche Irrtum liegt vor: dass man mit einer Revolution begann, wo eine Reform am Platz gewesen wäre. Wie etwa die Präraffaeliten an die älteren Meister des Quattrocento angeknüpft und diese alte Form mit neuer Seele erfüllt hatten, so hätte man eben so gut auch an Raffael selbst anknüpfen und ihn weiter entwickeln können. Ein wirklich prinzipieller Grund, dass es nicht geschah, wird sich schwerlich ermitteln lassen, während die praktischen und empirischen Ursachen freilich auf der Hand liegen. Man sah sich von einem Akademikertum umgeben, das im besten Fall die eben vergangene, gemütvolle und enge Kultur der Biedermeierzeit zum Ausdruck brachte, noch viel häufiger aber ein gedankenloses Cliche erzeugte, wie die Epigonen es liebten. Wohl lebte ein grosser deutscher Künstler, der in seiner Weise die klassischen oder, wenn man will, akademischen Traditionen fortentwickelte. Der Schweizer Arnold Boecklin hatte aber eben so wenig, wie sein Landsmann

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Gottfried Keller, Beziehungen zum Zentrum des modernen Lebens, und den Rhythmus des technischen, industriellen und sozialen Zeitalters hat er geradezu verabscheut. Im Grunde ist er immer ein Idylliker geblieben, der letzte Düsseldorfer, der zwar die Farbe eroberte und seinem Werk einfügte, und doch vielleicht im Kern seines Wesens mehr Zeichner und Raumkomponist gewesen ist, und daneben einer der genialsten nachklassischen Dichter, der seine Phantasie an Theokrit, Homer und Goethe nährte und an den Fabelwesen der deutschen und griechischen Märchenwelt, die unter seinem Pinsel freilich mehr Saft und Fülle gewannen als etwa auf den Bildern von Moriz von Schwindt. Durch ein ungeheures Missverständnis hat die malerische Moderne in Deutschland ursprünglich Boecklin auf den Schild erhoben, als ob er ihr Ahnherr wäre. Inzwischen ist längst ein heftiger Rückschlag erfolgt, und man weiss heute allerdings, dass der grosse Baseler den Abschluss einer Epoche bedeutet, wie Gottfried Keller, und wer nach einer neuen Klassizität ringt, wird mehr von Hans von Marees zu lernen haben, und unter Umständen selbst mehr von Anselm Feuerbach — darin hat Heinrich Meier-Graefe ohne Zweifel Recht. Aber gegen das hochstehende Künstlertum eines Boecklin innerhalb der durch seine Epoche und Kultur bedingten Grenzen ist nicht das Geringste damit bewiesen. Namen wie Marees und Feuerbach beweisen deutlicher als jede theoretische Analyse, dass der Drang nach einem klassischen Stil gerade in einer heroischen Generation, die sich inmitten des Veitstanzes eines hereinbrechenden Mammonismus zu behaupten hatte, in naturgemässer Weise erwachen und sich betätigen musste. Und die intellektuelle Energie und Intensität des modernen Rhythmus hat auch schon auf die Seele dieser Künstler gewirkt, und namentlich Marees hat das artistische Problem, das sich aus dieser Gesamtlage ergab, mit völlig klarem Bewusstsein erfasst,



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und man darf wohl sagen, dass er sich an ihm verblutete. Nur in den Fresken des Aquariums in Neapel ist ihm ein fast völliges Gelingen beschieden gewesen, und diese Gemälde wären niemals ohne die Intensität des modernen malerischen Sehens entstanden und niemals ohne ein hochentwickeltes Stilgefühl, ohne einen strengen Sinn für Linie und Komposition. Genau wie in der Literatur wäre, wie ein solches Beispiel ganz deutlich offenbart, der richtige Weg gewesen, an die sogenannte Klassizität der Goetheschen Epoche anzuknüpfen und sie aus dem Biedermeiertum zu erlösen und mit modernem Rhythmus zu erfüllen und dadurch in das Heroische emporzusteigern. Aber der gleiche Missgriff wie in der Literatur hat den organischen Prozess von Anfang an gestört: dass die Kunst mit der Wissenschaft verwechselt wurde. An sich brauchte es kein Fehler zu sein, wenn der Maler exakt und mikroskopisch sehen lernte, wie der Naturwissenschaftler, und auch ein Michelangelo und Leonardo und Dürer haben von der Naturerkenntnis ihrer Tage gelernt. Nur musste der Künstler nicht darin seine Aufgabe erblicken, die erlernte Methode mechanisch auf die Kunst zu übertragen, statt sie nach seinen künstlerischen Zwecken zu modeln und ihre strenge Gebundenheit zu Rhythmus und Stil zu erlösen. Die Folgen aus diesem Irrtum waren von ähnlicher Art wie auf literarischem Gebiet: nämlich Naturalismus, Impressionismus, Neuromantik und Karikatur. Da auch hier der Irrtum nicht aus der Willkür einzelner Menschen, sondern aus einer objektiv bedingten Zeitlage entsprang, so blieben mancherlei fruchtbare Wirkungen nicht aus, die für die bildenden Künste sogar von viel tieferer Bedeutung werden sollten, da diese durch ihre sinnliche Art und ihr sinnliches Material der exakten Beobachtung weit näher und der Phantasie weit ferner standen als die Dichtkunst. Dennoch trat genau die gleiche Schranke zutage, die gleiche Erbsünde der Moderne wie in



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der Dichtung: man hatte sich den Weg zur Monumentalität und Synthese von vorn herein versperrt. Dieselben Zusammenhänge und Konsequenzen, so behaupte ich, die in der Dichtkunst stattfanden, haben auch die Geschicke der modernen Malerei und Plastik bestimmt. In dieser Beziehung möchte ich einem Fachmann das Wort lassen, einem Kunstkritiker der „Neuen Freien Presse", A. F. Seligmann, dessen Urteil über einzelne Künstler sich nicht immer mit meinem deckt, während ich in den grundsätzlichen Anschauungen oft mit ihm übereinstimme. In einem Feuilleton der „Neuen Freien Presse" vom 9. April 1908 finden sich folgende Sätze dieses Kritikers: „Seit etwa anderthalb Jahrzehnten macht sich neben dem immer weiter strebenden naturalistischen, veristischen Zug in den Künsten eine Tendenz zum Stil geltend. Diese beiden Richtungen bestehen neben einander und haben sich durch wechselseitige Reaktion zum äussersten Extrem gesteigert . . . . Die einen also versuchen, der Natur so nahe als möglich zu kommen — oder sogar noch näher! — und legen daher den Hauptwert darauf, gewisse optische Erscheinungen, die von den Malern früherer Zeiten nicht apperzipiert oder absichtlich vernachlässigt worden sind, recht intensiv zu erfassen und wiederzugeben, vor allem also die relativen Licht- und Farbenwerte, Kontrast- und Komplementärwirkungen, kurz jene Phänomene, die man, wenn sie besonders markant auftreten, unter die „optischen Täuschungen" einreihen kann. So kann ein Gesicht, das auf der einen Seite von kaltem Tageslicht, auf der anderen von grünlichen Laubreflexen beschienen wird, dort entschieden bläulich, hier grünlich gefärbt erscheinen. Freilich korrigiert unsere Erfahrung in einem solchen Fall den optischen Eindruck sofort; da wir wissen, dass das menschliche Gesicht eine rötlichgelbe Lokalfarbe hat, so ergänzen wir uns diese, obwohl sie hier durch Zufälligkeiten unkenntlich geworden ist, und s e h e n sie d a h e r m i t . Denn nie-

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mand, der einen Menschen in dieser Beleuchtung erblickt, zieht daraus den Schluss, dass er in Wirklichkeit ein blau und grün gefärbtes Gesicht habe. Der impressionistische Maler aber geht absichtlich auf den Schein los, übertreibt ihn sogar und malt nun das Gesicht veilchenblau und grasgrün.*) Ähnlich verfährt er auch, wenn es sich nicht um Farben und Valeurs, sondern um Formen handelt. Zum Beispiel: Eine Figur steckt den Arm gerade gegen den Beschauer aus, so dass infolge der perspektivischen Verkürzung die Faust an der Achsel zu kleben scheint. (Man sieht ähnliches häufig auf Momentphotographien.) Der Maler nach der alten Schule wird in einem solchen Fall eine seitlichere Ansicht wählen, in der die Formen des Armes, wenn auch stark verkürzt, doch schon dem Beschauer verständlich werden. Oder: in einiger Entfernung erscheint, gegen die Sonne gesehen, in der Landschaft ein bläulicher Fleck. Es kann ein Haus, eine Baumgruppe, ein Felsen, kurz, alles mögliche sein. Wenn ich nur einen Augenblick lang die Augen mit der Hand abblende, so erkenne ich den betreffenden Gegenstand und vermag besagtem Fleck, sobald ich ihn male, den charakteristischen Umriss zu geben, wodurch er kenntlich wird. Der Impressionist bekümmert sich darum nicht. Er malt die Unform und die Undeutlichkeit mit. Ja, er schafft sich — durch Blinzeln — nicht selten Undeutlichkeiten, wo sie für das normale Auge gar nicht vorhanden sind. Teils wohl, um das Flimmern von Luft und Licht, die Bewegung usw. auszudrücken; allein, da ihm die Gegenstände, die er malt, gar nicht als solche, ihrer sachlichen Bedeutung nach, sondern nur als Träger von „Valeurs", interessieren, ist es ihm sogar erwünscht, wenn ihre Form dem Beschauer *) Selbstverständlich kann man das Auge immer mehr daran gewöhnen, in der Natur solche Phänomene zu beobachten und dann im Bilde zu erkennen und als richtig zu empfinden. (Anmerkung des Kritikers.)

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gleichfalls undeutlich bleibt, um dessen Aufmerksamkeit vom Stofflichen des Gemäldes ab und lediglich auf die Licht- und Farbenwirkungen zu lenken. Freilich tritt dabei zumeist das Gegenteil des erwarteten Erfolges ein. Der Betrachter beschäftigt sich, je weniger er erkennt, was hier dargestellt ist, um so intensiver damit, es zu erraten, und kommt vom Stofflichen nun gar nicht mehr los. Jedenfalls aber führt, wie man sieht, diese Art von Realismus in ihren äussersten Konsequenzen schliesslich zu einem, ihrer Tendenz scheinbar entgegengesetzten Resultat: zur Unkenntlichkeit des dargestellten Gegenstandes." So spricht der Maler, und der Literat macht dazu die vergnügte Glosse: tout comme chez nous. Vor allem kommt wieder zum Bewusstsein, dass sich die „Natur" der Modernen ganz gewaltig von jener Natürlichkeit unterscheidet, in deren Namen frühere Zeiten gegen künstlerische Konvention gelegentlich Sturm liefen. Denn es ist im Gegenteil für einen einfach fühlenden Menschen bare Unnatur, ein menschliches Gesicht in blauer und grüner Farbe zu erblicken. Aber das moderne Auge ist durch das Mikroskop und die Wissenschaft an die Exaktheit gewöhnt geworden, und die Künstler fühlten das strenge Leben, die intensive Energie und den machtvollen Rhythmus in der Wissenschaft, und sie wollten dahinter nicht zurückstehen. Daraus ergab sich für das so ganz andere Gebiet der Kunst mit folgerichtiger Logik Unfreiheit und Willkür. Man blieb vom Stoff in sklavischer Weise abhängig und unterwarf sich mit ängstlicher Treue jeder optischen Täuschung, oder man rief künstlich solche Täuschungen hervor, durch Blinzeln, wie unser Maler aus der Schule plaudert, oder sonst durch bewusste Übertreibung. Wir wissen, welches Resultat dadurch erreicht wurde: Luft- und Lichtstimmungen, die moderne intime Landschaft, das moderne intime Naturgefühl. Aber wo das Prinzip mit Konsequenz durchgeführt

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wurde, da kam immer etwas Vages und Nebelhaftes und Musikalisches, eine oft verwirrende Unklarheit in das Gemälde hinein, und dem natürlichen, soll heissen dem kraftvollen und in sich gefestigten Menschen war es eine Unmöglichkeit, sich jeder unklaren und unendlichen Stimmung willenlos hinzugeben. Karl Scheffler hat einmal in geistreicher Weise darauf hingewiesen, dass unsere Naturempfindung durch die impressionistischen Maler vom Stoff befreit wurde: wir haben gelernt, auch in einer Nebel- oder Regenlandschaft, auch in der nordischen Haide Schönheiten zu sehen, die wir bisher nicht kannten, so dass wir nicht erst nach dem Süden zu wandern brauchen, um durch die effektvolleren Schauspiele der Natur unseren ästhetischen Genuss aufreizen zu lassen. Es ist eine Wahrheit, die sich nicht bestreiten lässt, wenn Scheffler und seine Gesinnungsgenossen auf eine solche Verfeinerung und Vergeistigung des modernen Naturgefühles hinweisen, und diese Befreiungstat wollen wir den Impressionisten gewiss nicht vergessen. Aber die mit Recht gepriesene Medaille hat auch ihre Kehrseite, und die heisst Virtuosentum. Am Ende geht es gegen das gesunde Gefühl, die Nebellandschaft an der Themse als etwas in seiner Art gleich Reizvolles zu empfinden, wie die Hügel Umbriens und die Sonne Italiens. Jeder Mensch, der noch nicht verkünstelt ist, hat die Sehnsucht nach ganz klaren, leuchtenden und unvermischten Farben, nach einer reingestimmten, grossen Landschaft, und wiewohl das Schöne auch im Unscheinbaren leben mag und darum in ihm entdeckt werden soll, so folgt daraus noch nicht, dass man die längst geschaffene und sichtbare Schönheit, die alle ihre Hüllen abgestreift hat, verachten und vergessen dürfte. Wohl kann der Süden, wie das Vollkommene stets, zu Operettenzwecken missbraucht werden, und oft genug ist er dazu missbraucht worden. Wer aber von den Impressionisten gelernt hat, den Geist und die Seele einer Landschaft herauszufühlen,

— 256 — der wird auch Italien als organisch gewordene und werdende Naturerscheinung empfinden und nicht nur als ein Bilderbuch. Hierin erschöpft sich für eine monumentale Kunst die Bedeutung des Impressionismus: er ist ein Hilfsmittel zur Vergeistigung und sonst nichts weiter. Wer in ihm einen Selbstzweck findet, muss unvermeidlich dem Virtuosentum verfallen, während freilich gar nicht zu ermessen ist, was er als Werkzeug eines künftigen monumentalen Stiles noch alles für Dienste leisten mag. Bei meinem Gewährsmann, dem Kunstkritiker der „Neuen Freien Presse", finde ich noch die folgende Bemerkung: „Der Zeus von Otricoli, die Kolossalfiguren der „Nacht" und des „Moses" von Michelangelo stecken bekanntlich voll anatomischer Unmöglichkeiten; aber — und das ist das Entscheidende! — man merkt sie nicht, ja, sie sind weise erwogen und geradezu notwendig, um den Ausdruck, die Bewegung zu einer höheren Wahrheit zu steigern." Der Hinweis auf Michelangelo dürfte einem modernen Impressionisten sehr nahe liegen, weil diese berühmten Figuren am Grabmal der Medicäer recht eigentlich eine Vorwegnahme des Impressionismus und zugleich seine Einfügung in das monumentale Kunstwerk bedeuten. Diese „Nacht" und diesen „Tag" und diesen „Moses" hätte kein Künstler geschaffen, der nicht das feinste Gefühl und feinste Auge für Bewegung, Auflösung, Stimmung und verschwebenden Rhythmus besass: der Meister muss in seiner Phantasie und in seinem Produktionsprozess Augenblicke erlebt haben, wo sich ihm die festen Körper in wogende Fluten und Töne aufgelöst hatten, um sich dann wieder zu unerschütterlichen plastischen Gestalten zusammenzufügen, die aber nunmehr in das Heroische emporwuchsen, in eine ungeheure Monumentalität hinein, die sie nur erreichen konnten, weil sie mit Hilfe des Impressionismus die allzu engen Fesseln einer allzu engen Anatomie zersprengten. Dann aber glichen sie sich

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nachträglich dieser Anatomie wieder an, wie diese ihnen, und es entstanden die unsterblichen Gebilde des Meisters Buonarotti. Ein Genie entdeckte in sich selbst voll dunklen Dranges eine Methode, die heute ein Allgemeinbewusstsein werden könnte und sollte, und die unter Umständen auch dem Talent Wirkungen sichern würde, wie sie bisher nur zu der Domäne der ganz Grossen zu gehören schienen. Noch aber haben die modernen Plastiker — selbst Rodin ist da nicht immer auszunehmen — diesen Hilfscharakter des Impressionismus nicht genügend erkannt, und sie machen den Diener zum Herrn und bleiben entweder in einer wogenden und andeutenden Massenbewegung stecken oder sie stilisieren ihre Figuren und Gesichter als Rhythmen und Linien und Ornamente. Diese letztere Methode erzielt mitunter reizvolle Einzelgebilde und auch eine gewisse reliefartige Monumentalität, niemals aber eine wirkliche Rundplastik, die auf diesem Weg, wenn Ornament und Wirklichkeit mit einander hadern, vielmehr sehr rasch zur Karikatur entartet. In der Malerei sind ganz ähnliche Beobachtungen zu machen, und man muss sich wundern, dass die Impressionisten noch so gut wie gar keine Märchenlandschaften gebildet haben. Und doch sieht ein Impressionist oft blaue Bäume und blaue Wiesen und blaugrüne Menschengesichter, oder die wallenden Blütengefilde des Frühlings kann er in ihrer Zartheit und unendlichen Fülle malen und gestalten, wie es früheren Meistern nicht beschieden war. Da scheint es fast, als wäre nur noch eine Pforte aufzusprengen, um mitten im Märchenland, mitten im Paradies zu stehen, so dass unsere Träume von wunderbaren Feenreichen durch die Kunst verwirklicht erscheinen. Aber auch im Märchen mag es vielleicht blaue Wiesen geben, kaum jedoch blaugrüne Menschen : es muss eine gesteigerte und zartere Wirklichkeit sein, entsprungen aus den organischen Bedürfnissen unseres Geistes, die mit der Phantastik eines geistreichen ExperiL n b l i n s k i , Ausgang der Moderne.

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mentators nichts zu schaffen haben. Sehr viele impressionistischen Maler suchen, wie Julius Bab in der Literatur, zugleich von den Gesetzen des Märchens und der Wirklichkeit Nutzen zu ziehen: sie wollen mit ihren blauen Bäumen eine Traumstimmung erzielen und rühmen sich gleichzeitig der „Wirklichkeit" ihrer Darstellung. Sie, die Maler, wollen „richtig" gesehen haben, während die ahnungslosen Laien in ihrer Naivität gar nicht den optischen Eindruck, sondern nur den Baum ihrer Vorstellung sehen. Vollkommen richtig, da wir Laien von jeder optischen Täuschung allerdings abstrahieren, uns an das Wesentliche halten und uns nicht zu dem Gedanken aufschwingen können, dass es vielmehr die Aufgabe wäre, mit dem Mikroskop des Naturforschers zu wetteifern. Erst im Reich des Märchens werden wir solche Wunderbäume gern gelten lassen, nicht in der Wirklichkeit, und so empfinden wir mit Recht. Auch hier erleben wir übrigens die gleiche Erscheinung und gleiche Verwechselung wie in der Literatur. Die Wissenschaft und strenge Methode sind Beweise für die Energie und Kraft des menschlichen Geistes, und darum lebt in ihnen ein Rhythmus von latenter Monumentalität, der in der Kunst erlöst werden müsste und erlöst werden könnte, wenn sich die Künstler entschliessen würden, endgültig auf „Wissenschaftlichkeit" zu verzichten. Das kostbare Werkzeug, der Impressionismus, wird nicht in der richtigen Art gehandhabt und nur in negativer Weise hat es die moderne bildende Kunst zu monumentaler Wirkung gebracht: in der Karikatur,*) — worüber der Ge*) Natürlich weiss ich, dass es Meisterwerke und Meister der modernen Malerei gibt, und dass auf dem Gebiet der Landschaftsschilderung und der Portraitkunst wertvolle Errungenschaften zu verzeichnen sind, die der Stolz unserer Zeit bleiben werden. Aber die letzte Konsequenz aus dem Impressionismus, die Monumentalität, ist noch nicht erobert worden. Vielleicht liegt es an dem zufälligen Mangel von Talenten, vielleicht aber auch nur an falschen Theorien

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währsmann der „Neuen Freien Presse" ebenfalls ergötzliche Auskunft gibt. In keinem Fall darf es nur als Witz behandelt werden, wenn ich sage, dass die Ahnungen eines künftigen Monumentalstiles vor allem im Simplizissimus zu entdecken sind. Vielleicht liegt aber die Zukunft der bildenden Kunst im Sinn einer Steigerung des gegenwärtigen Könnens auf einem ganz anderen Gebiet: vielleicht wird es der Architektur gegeben sein, jenen Gipfel zu erreichen, der sich der Malerei und Plastik vorläufig noch versagt hat. Denn die Arbeit des Baumeisters verträgt nicht allzu lange den Impressionismus, der übrigens auf diesem Gebiet als Barock und Rokoko seine Glanzzeit längst hinter sich hat. Man kann einige malerische Fassaden und einige sensible Linien geben, allerlei phantastische Hauben und Dachaufsätze, und man mag aus dem Orient ornamentale Motive mit Bescheidenheit entlehnen: immer widerstrebt doch der Geist der Zeit und der Baukunst selbst und das technisch-industrielle Leben der Gegenwart allzu üppigen Ausschreitungen. Der Stein offenbart einen weniger geschmeidigen Stoff als das Wort und als die Farbe, und ein Haus, in dem das Bedürfnis der Einwohner zur Geltung kommen sollte, gab sich weniger leicht zu Extravaganzen her als die Glieder der menschlichen Figur unter dem Meissel des Plastikers. So konnte der Impressionismus in der Dichtung und Malerei seinen im Grunde zeitwidrigen und "barocken, im Tiefsten anti-intellektuellen und anti-sachund an der pedantisch- wissenschaftlichen Ängstlichkeit der Künstler, die aus Modernität Sklaven des Impressionismus bleiben, statt seine Herren zu werden. Manche empören sich gegen ihn und werfen ihn ganz weg und suchen durch kluge und grüblerische Kombination älterer Monumentalstile zum Ziel zu gelangen. Diese Methode führt schliesslich ebenfalls nur zur Wissenschaft, zu einer Art Mathematik, und eine solche Kombination kann höchstens dann Synthese werden, wenn ihr die bewegliche Seele und der Rhythmus moderner Impressionen als Urquell zu Grunde liegt. 17*



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lichen Charakter durchaus und vollkommen verbergen, indem er vielmehr als strenge Konsequenz der modernen „Wissenschaftlichkeit" erschien. In der Architektur war eine solche Täuschung nicht durchzuführen, und dort ergaben sich nur noch diese beiden Gegensätze: Zweckkunst und Monumentalität. Merkwürdiger Weise ist jene Bewegung, die zu dem Zweckstil in der Baukunst geführt hat, von dem modernen Kunstgewerbe ausgegangen. Die Reaktion gegen das Protzentum und die barbarische Geschmacklosigkeit, mit der die Parvenü-Generation nach 1870 ihre Wohnungen ausstattete, die kitschigen „Renaissancepaläste", in denen Jobber und Börsianer wohnten, der aufgedonnerte Möbelprunk, der so ziemlich alle Stilarten aller Zeiten auf dem Trödelmarkt aufgekauft zu haben schien: alle diese Unwahrhaftigkeit und dreiste Maskerade forderte die sittliche Empfindung der jungen und wahrhaftigen Generation der neunziger Jahre zu der stärksten Reaktion und Rebellion heraus. Im Grunde waren die Protzen und Emporkömmlinge aber gar nicht so schlimm, als sie dargestellt wurden: sie waren in Abhängigkeit von dem Epigonentum, das damals die Kunst und Kunstgelehrsamkeit und das Kunstgewerbe bestimmte. In der Literatur herrschten die Jambendramatiker und Akademiker, und in der Kunst der „historische" Stil. Aber gleichzeitig ging die Voraussetzung für die akademische Idylle zu Grunde, nämlich die Biedermeierkultur mit ihrer sympathischen Enge, und wie sollte sich ihr dünnes Formelement gegen den Andrang neuer Lebensmächte behaupten? So ging die Form unter und der plumpe Stoff drängte sich in den Vordergrund, ein massives Barbarentum in historischer Maskerade. Daher geschah es, dass ein Bankier in einem Fürstenpalast wohnte, in dessen unterem Stockwerk sich zuweilen eine Metzgerhandlung oder ein Tabakladen befand. Und die Zimmer waren vollgefüllt und!



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vollgestopft mit stilvollen Möbeln, bei deren Anblick einem Trödeljuden das Herz im Leibe lachte. So setzte die Reaktion der jungen Leute zunächst bei der Ausstattung der Innenräume ein. Zuerst wurden die Möbel reformiert und dadurch ein modernes Kunstgewerbe geschaffen. Dann wurde den Menschen von heute die fast verloren gegangene Fähigkeit, sich ihre Wohnzimmer geschmackvoll auszustatten, wieder eingebläut, und der nächste Schritt führte zur Umgestaltung des Wohnhauses selbst und zur Reform der Architektur. Die Schule Van de Veldes erhob den Zweck zum Prinzip des Kunstgewerbes wie der Baukunst. Ein Stuhl sollte keine Verzierung, keine Verschönerung, keinen Schnörkel an sich tragen: sondern er sollte durch seine äussere Erscheinung seinen Zweck ganz klar und ohne Umschweife aussagen. Die Rück- und Armlehnen verkündeten gleichsam von sich selbst: wir sind zum Anlehnen und zum Stützen da. Die vollkommene Deutlichkeit ihrer Formsprache sollte ihre vollkommene Schönheit bewirken, und nach diesem Prinzip erhielten wir moderne Tische und Stühle und die Renaissanceschränke verschwanden aus den Bürgerhäusern der Grossstadt. Man meinte, dass nunmehr aller Schmuck und Zierrat verbannt und ausgetrieben wäre, obgleich doch gerade ein sehr wichtiger und ganz neuer, echt künstlerischer Schmuck in die moderne Wohnung eindrang: die Sensibilität, der moderne Rhythmus. Es war genau der gleiche Vorgang wie in der Literatur und bildenden Kunst. Nicht die nüchterne Zweckmässigkeit der Wissenschaft hat diese Künstler verlockt, sondern die Energie, die Intensität, der Rhythmus der wissenschaftlichen Methode, die auf die Kunst übertragen wurde, ohne den Abwandlungen unterworfen zu werden, die auf diesem neuen Gebiet notwendig gewesen wären. Dass aber dieser neue Pulsschlag, diese differenzierte Sensibilität in der Seele der Reformatoren des Kunstgewerbes gelebt hat und immer



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noch lebt, beweist am vollkommensten die Erscheinung Van de Veldes. Dieser Künstler lebt in der Linie und im Rhythmus, und er möchte Mauern und Massen und Wände in einem Linienspiel, das von unserer ganzen Innerlichkeit erfüllt ist, aufklingen lassen. Es ist etwas an ihm, was an Stefan George erinnern könnte, wenn er auch gleichzeitig mit Energie und fast mit Angst an der „Zweckkunst" festhält, am Handwerk, an der sachlichen Logik. Seine Innenräume, wie etwa das Bibliothekzimmer im NietzscheArchiv, erhalten ihren Reiz durch die glückliche Vereinigung dieser beiden Elemente. In Wahrheit ist aber auch die Zweckmässigkeit, mit der er ein Zimmer ausgestaltet, aus einem rhythmischen Gefühl entsprungen: ein dynamisches Raumgefühl für das Weite und Heitere und Helle. Noch aber hat er die schwerste Probe seiner Theorie nicht bestanden, weil er sich, auch als Baukünstler, doch bisher stets auf dem Grenzgebiet bewegte, das der Kunst und der Praxis zugleich gehört. Geschmackvolle Innenräume, gute und zweckmässige Ausstattung, die zugleich der rhythmischen Empfindung des modernen Menschen in gebührender Weise entgegenkommt, endlich Privatwohnungen von einem erfreulichen und schlichten Landhaus- und Gartenstadtcharakter: das alles ist ohne Zweifel wirkliche Kunst und doch, wenn man das Pathos des Kampfes gegen den Parvenü in Abzug bringt, eigentlich mehr angewandte als originale Kunst. Mehr ein gesellschaftliches Ereignis im edelsten, weil sittlichsten Sinn des Wortes als eine Offenbarung der seelischen Erlebnisse einer synthetischen Kultur, wie der Renaissancestil, die Gotik und selbst Barock und Rokoko es in ihrer Art allerdings gewesen sind. Sogar das berühmteste Bauwerk unserer Tage, das Warenhaus Wertheim von Messel, gehört mindestens so sehr dem Kunstgewerbe an wie der Kunst, der Soziologie so sehr wie der Architektur, und es wäre ein Irrtum oder eine strafbare Resignation, diese allerdings

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aussergewöhnliche Leistung als das Schlusswort der modernen Stilbestrebungen in der Architektur anzuerkennen. Allerdings ist der Schöpfung des Berliner Baumeisters Monumentalität, und zwar eine solche, die aus dem Zweckgedanken hervorging, bestimmt nicht abzusprechen. Denn unser tägliches Leben in der Grossstadt hat ebenfalls einen grosszügigen Charakter, so weit lediglich das Bedürfnis und seine Befriedigung in Frage kommt: der Kampf um das Brot und die Organisation von Handel und Verkehr. Zumal der moderne Welthandel bedurfte sicherlich auch seiner besonderen Bauten und er konnte nicht in einer zugleich unzweckmässigen und barbarischen Weise, wie es vor Messel geschah, in Häusern untergebracht werden, die nach dem Vorbild von Privatwohnungen gebaut waren. So genügte einfach der Entschluss eines klugen und geschmackvollen Mannes, den Zweckgedanken walten zu lassen, um eine bedeutende architektonische Schöpfung hervorzaubern, die für die Zeitgenossen fast zu einem Erlebnis geworden ist. Aber ob dieser tiefe Eindruck sich allzu sehr von jenem anderen unterscheiden mag, den unsere Grossväter und Urgrossväter empfunden haben, als die ersten Dampfmaschinen und Eisenbahnen und die Wunder der Technik vor ihren erstaunten Augen in die Erscheinung traten ? Gegenwärtig hat die Technik ihre Handgreiflichkeit verloren und ihren konstruktiven Rhythmus mit grösserer Klarheit und Feinheit herausgekehrt: aber Technik und Kunst sind dennoch nicht identische Begriffe, und auch die vollkommenste und eleganteste Präzisionsmaschine, die in uns ein ästhetisches Wohlbehagen erweckt, steht jenseits jener Linie, die den Organismus und den Mechanismus von einander scheidet. Der Warenhausstil kann schon deshalb nicht zur letzten und wahrhaft künstlerischen Monumentalität führen, weil er neben dem Stein in beträchtlichem Masse auch Glas und Eisen anwenden muss, und weil das Bedürfnis, die Notdurft, immer

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die Führung behalten und das freischaltende künstlerische Vermögen des Baumeisters unerbittlich in Fesseln legen und hemmen wird. Dieser Satz setzt mich freilich in Widerspruch mit den Theorien von Karl Scheffler, der in verdienstvollen Büchern vielfach für die Zweckkunst in der Architektur eingetreten ist; und der, hierin mit voller Konsequenz, auch in der Malerei und Plastik unserer Tage von einem Streben nach Monumentalität nichts wissen will. Aber vielleicht ist der Gegensatz lange nicht so tiefgehend, wie unsere wechselseitigen Formulierungen ihn erscheinen lassen könnten, und vielleicht wollen wir sogar das Gleiche und der Streit geht mehr um die Taktik als um die Prinzipien. Scheffler will nichts von artistischer Willkür wissen, von einer launenhaften und individualistischen sogenannten Genialität, die sich von den immanenten Notwendigkeiten des Zweckes zu befreien sucht und das Handwerk missachten zu können glaubt. Damit könnte ich sehr einverstanden sein, da ich in diesem ganzen Buch gegen symbolistisch-subjektivistischen Unfug jeder Art gekämpft habe, und ich gebe ihm nicht einmal die Behauptung zu, dass der grosse Dichter individualistischer sein dürfte als der grosse Architekt. Shakespeare war gewiss ein Genie und eine Persönlichkeit von gewaltigem Wuchs, und er hat dennoch einen höheren Herrn über sich anerkannt: die Kultur der Renaissance. Gerade dass sich ein grosses Zeitalter in einem grossen Menschen spiegelte und sich mit ihm zu einer Einheit verwuchs, hat eine Erscheinung wie Shakespeare überhaupt erst möglich gemacht. Was uns an dem Dramatiker der Renaissance vom modernen Standpunkt aus willkürlich, barock und problematisch erscheinen mag, das entsprach durchaus dem Charakter jener Übergangs- und Zwielichtsepoche, die von ersten Ahnungen einer wissenschaftlichen Logik und den letzten Traumgespenstern der absterbenden mittelalterlichen Phantasie

— 205 — beherrscht wurde. Diese Willkür gehörte nicht einer kapriziösen Persönlichkeit, sondern sie war eine Entwickelungsnotwendigkeit, und man braucht nur Shakespeare mit den meisten seiner Zeitgenossen und Nebenbuhler zu vergleichen, um zu erkennen, dass er nicht seinen Stimmungen gehorcht hat, wenigstens nicht ihnen allein und in erster Reihe, sondern eben der Entwickelung. Gewiss ist er der Schöpfer seiner Dramen, und er allein hätte sie, obwohl er ein Grosser war, dennoch nicht schaffen können: sondern die englisch-nordische Renaissance hat daran mitgedichtet. Wenn ich sogar über Shakespeare so denke, so kann ich natürlich nur unterschreiben, was Karl Scheffler über die grossen Bauschöpfungen und Baumeister des Mittelalters sagt. Selbstverständlich hätte ein Erwin von Steinbach allein niemals den Strassburger Münster ersinnen können, und wer einem einzelnen, wenn auch grossem Mann etwas so Unermessliches zutraut, der muss in eine subjektive Phantastik hineingeraten, die ihrerseits wieder zu dem artistisch-mystischen Feinschmeckertum führt, in dem eine schwelgerische und willkürliche Neuromantik zu wurzeln und zu wachsen pflegt. Gerade diese Einseitigkeit in der Kulturauffassung etwa eines Hofmannsthal, der nur den Luxus und nicht das tägliche Brot zu gemessen vermag, diese eigentliche Erbsünde der Neuromantik unserer Tage, habe ich als den Gegner dargestellt, der überwunden und vernichtet werden muss, wenn wir selbst wieder zu einer grossen Kunst gelangen sollen. Somit ist es sehr angebracht, wenn die Symbolisten und Phantasten von einem Karl Scheffler daran erinnert werden, dass es zunächst das rein praktische Bedürfnis des Gottesdienstes und der christlichen Gemeinde gewesen ist, das die Form und den Grundriss der Kirchen bestimmt hat, und aus dieser nüchternen und sachlichen Praxis entwickelten sich dann im organischen Wachstum die Baustile und Dome, die heute noch, in einem ganz anderen Zeitalter, unsere höchste Bewunde-

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rung erregen. Sobald aber Scheffler daraus den Schluss ziehen möchte, dass der moderne Architekt ebenfalls nur auf den Zweck sehen und alles andere der Entwickelung überlassen solle, so ist ihm darauf zu erwidern: der religiöse Zweck einer mittelalterlichen Gemeinde war schon im Keim von einer künstlerischen und monumentalen Art, während der moderne Zweckgedanke, aus dem das Warenhaus Wertheim hervorgegangen ist, mehr der Wissenschaft gehört, der Technik und dem Rationalismus als der Kunst, der Phantasie, dem Gefühl und der Monumentalität. Der mittelalterliche Gläubige war in seiner Weise ein Träumer und Kulturmensch, auch wenn er in kluger und selbst nüchterner Sachlichkeit die Befriedigung seiner Bedürfnisse in das Auge fasste, während ein moderner Kaufmann noch dort Rationalist und Rechner bleibt, wo er zu schwärmen und in eine geschäftliche Romantik auszuschweifen scheint. Unser praktisches und zivilisatorisches Leben beruht vollkommen auf solchen Rationalisierungen, auf solchen technischen Zwecken, die wir nicht aufgeben können, wenn wir nicht wieder in das Zeitalter der Frachtfuhrwerke, Zünfte und Postkutschen zurückgleiten wollen. Damit ist aber erwiesen, dass der moderne Architekt von monumentaler oder überhaupt von echt künstlerischer Veranlagung unmöglich bei der Zweckkunst stehen bleiben und im übrigen alles der Entwickelung überlassen darf. Das wäre in Wahrheit ein strafbarer Verzicht, da ja diese Entwickelung ihr letztes Wort bereits gesprochen hat: über das Warenhaus Wertheim, über das Restaurant Rheingold und ähnliche und in ihrer Art imposante Leistungen wird die Zweckkunst nicht hinauskommen. So wertvoll diese ganze Richtung sein mag, die unsere Zivilisation organisiert und den Geschmack hebt und das Protzentum verdrängt, so wird man sie dennoch im Ernst mit den grossen Baustilen der Vergangenheit nicht vergleichen wollen, und man kann sich auch unmöglich der Illusion hingeben, dass diese in sich

— 267 — abgeschlossene und sehr bedeutende Gegenwart noch eine grosse künstlerische Zukunft vor sich habe. Darum wird sich ein Architekt von echtem Können, auch wenn er nicht einmal der Grössten einer wäre, auf die Dauer unmöglich der Zweckkunst unterwerfen, eben so wenig etwa wie ein dramatischer Dichter dem naturalistischen Milieu-Drama. Über dem bildenden Künstler wie über dem Dichter waltet die Kultur und nicht die Zivilisation, die nur den Unterbau, nur die solide und unerschütterliche Grundlage abzugeben hat. Wenn aber sogar schon dieser rationalistische Unterbau etwas Monumentales an sich hat, wenn schon die mehr technische als künstlerische Zweckkunst einen so umfassenden und grossartig organisatorischen Charakter aufweist, dann folgt daraus, dass sich die eigentliche und freie Kunst erst recht in das Monumentale zu erheben hat: der moderne Architekt wird monumental sein, oder er wird gar nicht sein. Die einzige Monumentalität, die heute in der Kunst und zumal in der Baukunst möglich ist, kommt aus der Geschichte und so braucht man vor der Behauptung nicht zurückzuschrecken, dass wieder eine Epoche der historischen Architekturen und der historischen Stile beginnen muss. Wieder muss eine Walhalla gebaut werden, wieder soll man Nationaldenkmäler erstehen lassen, wieder auf Bergspitzen Burgen aufrichten, die beherrschend in die Täler schauen wie einst im Mittelalter. Allerdings ist diese Art von Architektur gründlich unehrlich geworden, was aber nicht am Prinzip gelegen hat, sondern an seiner falschen Anwendung. Denn nicht sowohl Künstler, als vielmehr Kunsthistoriker haben jene Bauwerke geschaffen: brave Baugelehrte, die den Rhythmus einer vergangenen Monumentalität nicht in sich klingen fühlten, weil sie den ihrer eigenen Zeit nicht verstanden und nicht empfanden. Wenn die Verhältnisse besonders günstig lagen, kam eine brave Biedermeierei in griechischer oder gotischer Form an das Tages-

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licht, während noch häufiger theatralische Ohnmacht durch äusseren Prunk die innere Armut verdeckte, wie bei dem Berliner Nationaldenkmal von Reinhold Begas. In jenen Epigonentagen kam der Unsinn auf, alte Burgen und Kirchen in wissenschaftlicher Weise zu restaurieren, während das richtige Prinzip gewesen wäre, dass starke und monumental veranlagte Baumeister, die die Grosse vergangener Zeiten und der eigenen in der Seele trugen, aus ihrem eigenen künstlerischen Vermögen Bur gen erstehen liessen, die keineswegs mehr die praktische Notdurft, wohl aber den Rhythmus und die monumentale Wucht einer gewaltigen Vergangenheit zur Darstellung brachten, damit eine nicht minder machtvolle, aber zivilisatorisch gebundene Gegenwart in ihnen ihr symbolisches Spiegelbild und ihre künstlerische Erlösung erblickte. Aber damals waren alle diese Herren auch dann noch nur Kunstgelehrte und fleissige Restaurateure, wenn sie aus ihrer Phantasie heraus zu schaffen glaubten. Mit einer solchen modern-historischen Architektur von wahrhaft monumentalem Charakter wäre auch der Fortentwickelung von Malerei und Plastik die Bahn frei gemacht, da in der bildenden Kunst weit mehr als anderswo das Wort vom Gesamtkunstwerk seine Geltung behält. Bei der innigen Wechselwirkung, die heute zwischen der Literatur und der Plastik und Malerei herrscht, durfte in diesem Buch dieses Kapitel nicht übergangen werden. Wer an ein Ganzes der Kulturentwickelung glaubt, darf es wagen, auch als Laie Probleme zu berühren, die scheinbar nur dem Fachmann gehören. So viel ist sicher, die moderne Literatur und die moderne Kunst werden sich weiter im engen Parallelismus entwickeln und darum ein gemeinsames Schicksal und eine gemeinsame Zukunft haben.



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Naturwissenschaftliche Theorien Die führende Wissenschaft in den neunziger Jahren, die damals auch die Weltanschauung bestimmte, war noch immer die Naturwissenschaft, von der die werdende Moderne gründlich beeinflusst wurde. Zwar mag es heute, im Zeitalter neuromantischer Regungen, so aussehen, als ob Philosophie und Geistes- und Seelenkunde wieder zu ihrem alten Recht gelangten und die Übergriffe der Naturwissenschaft auf fremdes Gebiet abwehren wollten. In Wirklichkeit haben diese Disziplinen den Feind im eigenen Lager, und die Philosophie der modernen Literaten ist nur eine versteckte und sehr phantastische Naturphilosophie, die den menschlichen Geist in das dumpfe Chaos brodelnder Kräfte hinabstösst. Wir kennen ja jene berühmte „Stimmung" der Neuromantiker und die Mystik der revolutionären Epigonen und den impressionistischen Stil, der den Moment, den Impuls und Nerveneindruck auf den Thron erhebt und die aufbauende Kraft des Geistes und Willens auszuschalten versucht. Das ist einfach moderne Naturphilosophie, noch immer naturwissenschaftliche Methode, noch immer das „Naturgesetz", das seine Oberherrschaft nicht nur über den Stoff, sondern auch über Geist und Seele ausdehnen möchte. So wird es in diesem Buch angebracht sein, mancherlei naturwissenschaftliche Theorien wenigstens zu streifen und mit voller Entschiedenheit auszusprechen, dass alle diese Methoden und Hypothesen ebenfalls aus der menschlichen Intelligenz ihren Ursprung herleiten, weshalb die modernen Dichter keinen Anlass haben, die Willenlosigkeit des Geistes gegenüber den Naturkräften als ein Dogma zu statuieren. Die stärkste Wirksamkeit auf das Geistesleben unserer Tage hat der Darwinismus ausgeübt, der in zwei Bestandteile auseinanderfällt, die sich innerlich widerstreiten: in einen mechanischen und in einen sensualischen Bestandteil.



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Zunächst beruht er auf der Theorie der Auslese im „Kampf um das Dasein". Eine mechanische Kraft wirkt fort und fort mit gewaltigen und wiederholten Stössen auf biologische Massen, und dadurch entstehen dann die Arten, und es entwickeln sich von der primitiven Zelle bis zum komplizierten Menschengebilde die unermesslichen Lebewesen der Natur. Und zwar entstehen sie in einem genealogischen Stufengang, indem durch den Kampf um das Dasein aus einer niedrigeren und einfacheren eine komplizierte höhere Art auf dem Weg der Vererbung erzeugt wird. Das populäre Beispiel für diese Theorie ist der Hinweis auf die Tiere, die ihrer Umgebung und der Landschaft in der Farbe so vollkommen angepasst erscheinen, dass sie sich dadurch vor den Verfolgern verbergen können. Irgendwo gibt es nur weisse Kaninchen, weil sie sich in einer Schneelandschaft weniger deutlich von der Farbe des Bodens abheben und daher den verfolgenden Raubtieren besser verborgen bleiben, während sich schwarze Kaninchen von der hellen und grellen Landschaft um so deutlicher unterscheiden und allen hungrigen Mäulern, die an Kaninchenfleisch ein Wohlgefallen finden, bald genug zum Opfer fallen würden. Tiere mit weissem Fell haben darum viel grössere Aussicht oder vielmehr, sie allein haben Aussicht, sich fortzupflanzen und zu bestehen, während die andere Varietät zu Grunde geht oder auswandert. Dieses hanebüchene Exempel illustriert leidlich eine Theorie, die gerade auf dem Grundgedanken beruht, dass es ursprünglich zwischen solchen Arten, die sich gegenwärtig unermesslich von einander unterscheiden, nur ganz geringfügige Differenzen gegeben habe. Zwischen dem Menschen und dem höchststehenden Affen klaffen heute allerdings Gegensätze, die etwas mehr bedeuten als die Variationen zwischen dem Felle der weissen und der schwarzen Kaninchen. So aber, belehrt uns der Darwinismus, braucht es nicht immer gewesen zu sein, sondern einstmals gab es Zwischenstufen, Bindeglieder,

Affenvettern, die von einem gemeinsamen Ahnherrn abzuleiten waren und nur unter einander mancherlei Verschiedenheiten aufwiesen, wie sie heute noch bei den Experimenten etwa der Taubenzüchter vorzukommen pflegen. Aber sehr viele dieser Variationen, dieser Nuancen, wurden im Kampf um das Dasein, der in der Natur zwischen Tier und Tier wütet, und durch Naturkatastrophen und den Nahrungsmangel immer mehr dezimiert und dadurch um die Möglichkeit gebracht, sich fortzupflanzen, bis sie schliesslich völlig ausstarben. Andere Varietäten, die den Lebensbedingungen ihrer Umwelt und des Klimas besser angepasst waren, behaupteten sich dagegen und vererbten ihre Eigentümlichkeiten der Nachkommenschaft, so dass schliesslich zwei verschiedene Arten dort entstanden, wo ursprünglich nur eine Art in mannigfaltiger Abwandlung vorhanden gewesen war. Der Mechanismus aber, der mit der Wucht eines Naturgesetzes diese Umformung bewirkt, ist eben der Kampf um das Dasein: alles, was nicht angepasst ist, wird von feindlichen Tieren und Menschen ausgerottet, von Sturmfluten verschlungen oder von Hungersnöten weggerafft. Nur was sich retten, verbergen oder auch wehren kann, solche Tiere, die so glücklich variiert sind, dass sie Schutzfarben haben, scharfe Klauen und Zähne oder die Fähigkeit zu schneller Flucht, entgehen der unheimlichen und furchtbaren Auslese und vererben alle ihre kostbaren und rettenden Eigenschaften in gesteigerter Weise ihrer Nachkommenschaft. Je nach der Lebensbedingung können es bei nahen Verwandten grundverschiedene Eigenschaften sein, die ausgelesen werden und sich vererben, bis, was ursprünglich nur Variation war, eine Art geworden ist, so dass die feindlichen Brüder nie wieder zusammen kommen: der Affe wird immer mehr zum Affen und der Mensch immer mehr zum Menschen. Keinerlei bewusster und planmässiger Zweck, keine systematische Aufzucht bewirkt ein solches Wunder, sondern eben nur das schlimme

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Naturgesetz, das Tier auf Tier hetzt und die Lebewesen zwingt, Nahrung zu suchen und sich gegenseitig zu zerfleischen, da die Erde keineswegs Raum und Futter für alle ihre Kinder hat. So wirkt im Tierreich der ökonomischsoziale Zustand: als ein Mechanismus, ein biologisches Formgesetz und Züchtungsprinzip. Wir brauchen nicht lange zu suchen, um die Wirkung dieser Seite des Darwinismus auf die moderne Literatur festzustellen. Die Milieu-Theorie des Naturalismus wie nicht minder, wenn auch in entfernterer Verwandtschaft, der moderne Sozialismus haben den tiefgehenden Einfluss jener naturwissenschaftlichen Lehre erfahren. Zola arbeitete mit Milieu und Vererbung und die deutschen Naturalisten der neunziger Jahre, an ihrer Spitze Holz und Hauptmann, verfolgten die gleiche Methode, die sie noch präziser und „objektiver" herauszuarbeiten versuchten. Und wieder der Sozialismus brachte die menschliche Kultur in Abhängigkeit vom Wirtschaftszustand, der bisher ein Kampf um das Dasein der Klassen unter einander gewesen sein sollte. Wohl hoffte der Sozialismus mit Hilfe der modernen Technik eine neue Gesellschaftsordnung herauf zuführen, die diesen Kampf für alle Ewigkeit beseitigte. Aber wenn ein biologischer Marx mit Hilfe irgendwelcher naturwissenschaftlichen Dialektik ein Mittel fände, dass alle Tiere auf der Erde genügend Futter zur Verfügung hätten, ohne sich zerfleischen zu müssen, dann wäre die Analogie zwischen Darwinismus und Marxismus, zwischen Biologie und Sozialismus vollkommen durchgeführt und die Gleichheit des Grundgedankens könnte nicht geleugnet werden. Überdies glaubt mancher Sozialist nicht mehr an den Zukunftsstaat, der dagegen den Kampf der Klassen in der menschlichen Gesellschaft, die Auslese durch Krisen und Bankerott, für ein Naturgesetz zu halten sehr geneigt ist. Das erscheint als ökonomischer Darwinismus, als ein Marxismus ohne das tröstende Finale, ohne paradiesischen

— 273 — Abschluss nach dem Durchgang durch die Hölle. Jedenfalls könnte es einen imposanten Eindruck machen, dass fast gleichzeitig Biologie und Nationalökonomie zu ganz ähnlichen Resultaten gelangt sind. Diese wunderbare Übereinstimmung würde Staunen erwecken und eine Ahnung von der Einheit des Zeitgeistes und alles Lebendigen, wenn nur nicht Darwin seine ganze Theorie vom Kampf um das Dasein dem Nationalökonomen Malthus entlehnt hätte. Dieser Mann hatte den Anbruch des industriellen Zeitalters in England erlebt und alle jene Elendszustände, die das Jugendalter des Kapitalismus kennzeichnen. Er war erfüllt von der individualistischempirischen Reaktion des neunzehnten gegen den Rationalismus des achtzehnten Jahrhunderts, und er hasste die französische Revolution und die klassische Nationalökonomie eines Adam Smith. So entwickelte er eine sehr pessimistische Wirtschaftslehre, die dann Darwin einfach übernahm und von sozialen Zuständen auf die Biologie übertrug. Dieser Vorgang gibt uns zu denken, und die Frage darf aufgeworfen werden, ob hier nicht genau so eine „Ideologie" vorgelegen hat, eine Konstruktion aus geisteswissenschaftlichen Voraussetzungen, wie bei der Naturphilosophie der deutschen Romantiker. Jedenfalls hat hier eine Geschichte- und Gesellschaftstheorie die neue „Naturwissenschaft" des Darwinismus erzeugt und darum braucht der menschliche Geist vor der Biologie noch keineswegs unter allen Umständen zu kapitulieren.*) Aber der Darwinismus war von Anfang an in der schlimmen Lage, dass er sich nicht mit einem einzigen Prinzip begnügen konnte, sondern noch ein zweites von gleicher Wichtigkeit zur Hilfe rufen musste, was er freilich, *) Es sollte auch nicht vergessen werden, wie sehr die sozialen und politischen Zustände Südamerikas den jungen Forscher in seiner Theorie vom Kampf um das Dasein bestärken mussten. L u b l i n e k i , Ansgang der Moderne.

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wie gebräuchlich in solchen Fällen, sehr zu verschleiern verstand. Neben dem mechanischen musste er ein sensualistisches Prinzip im Hintergrunde kräftig spielen lassen, nämlich jenen Willen zum Leben, der dem Metaphysiker Arthur Schopenhauer völlig genügte, während ihn der „exakte" Naturforscher eigentlich ablehnen musste. Jedoch ein Kampf um das Dasein setzt eben voraus, dass die Tiere leben wollen und geeignet sind, ihre Gegner anzugreifen oder vor ihnen zu flüchten. Würde nicht bei irgend .einer Not ein allgemeiner Drang ausbrechen, sich um jeden Preis zu retten, dann würden die Lebewesen dem Maschinengott, dem Kampf um das Dasein, keine Gelegenheit zu seiner Auslese geben und dann könnte sich die Stosskraft dieser mechanisch auf die Biologie übertragenen Malthusiade gar nicht erst erproben. Allerdings sind es ganz primitive Instinkte, mit denen der Darwinismus arbeitet, die brutalsten Bedürfnisse des Lebens und der Fortpflanzung, und er hütet sich mit Ängstlichkeit, bei dem kämpfenden Tier irgend einen bewussten Zweckwillen oder auch nur ein differenziertes Gefühlsleben vorauszusetzen. Dennoch bleibt ein für die Theorie sehr gefährlicher Dualismus bestehen: auf der einen Seite der Mechanismus einer biologischen Nationalökonomie, die von der Voraussetzung beschränkter Nahrungsmöglichkeiten ausgeht und auf der ändern Seite ein machtvoller Sensualismus, ein entschiedenes Triebleben, ein dumpfer Drang. Da liegt die Frage nahe genug, ob man nicht mit diesem Sensualismus allein auskommen und auf die Nationalökonomie sehr wohl verzichten könnte. Auch hat schon Darwin selbst an einer entscheidenden Stelle seines Systems in ganz naiver Weise eine solche Umstellung der Prinzipien vorgenommen. Die „geschlechtliche Zuchtwahl" hat in Wirklichkeit mit Malthusischen Theorien rein gar nichts zu schaffen, sondern Männchen und Weibchen finden sich aus ästhetischerotischen Bedürfnissen zusammen. Das schönste und

— 275 — bunteste Weibchen verfällt dem stärksten oder gesangreichsten Männchen, das mit wohllautenden Tönen der Brunst zu locken versteht. Hier haben wir doch nicht nur ein primitives, sondern schon ein verfeinertes Empfindungsleben vor uns, einen Sensualismus, der möglicherweise doch auch noch etwas anderes ist, als eben nur ein heftiger Trieb: möglicherweise spielt da schon ein geistiges und bewusstes Element leise hinein. Jedenfalls konnte es geschehen, dass eine Schule emporkam, die sich allein auf diese gefühlsmässige Seite der Lehre zu stützen begann und als Neu - Lamarckismus zu der eigentlichen Anschauung Darwins in einen Gegensatz geriet, der sehr entschiedene Formen angenommen hat. Es ist eine merkwürdige Tatsache, die unsere volle Aufmerksamkeit verdient, dass jener Zwiespalt früher noch im gesellschaftlichen Leben der Menschen von heute zum Ausbruch gekommen ist, bevor er in der Deszendenztheorie seinen Widerhall fand. Auf Grund von naturwissenschaftlichen Voraussetzungen stehen sich Sozialisten und Rassentheoretiker gegenüber, und beide Teile können sich auf den Darwinismus berufen, um ihrer Lehre Modernität zu verleihen. Die Sozialisten kehren das ökonomische Moment hervor, den Kampf um die Futterstelle, die äusserliche mechanische Einwirkung des Milieu (Klima und Nahrungsmangel), und sie verkünden als Resultat einer solchen durch den Kampf bewirkten Auslese eine höhere Klasse, vielmehr einen höheren Gesellschaftszustand, den man in gleicher Weise als Gipfel der Soziologie bezeichnen könnte, wie für den Darwinismus die Menschwerdung als der Gipfel der Biologie erscheint. Somit gelangt der Sozialist zu der Folgerung, dass alles vom ökonomischen Machtkampf abhängt und er hat, wie die ursprüngliche Theorie Darwins, durchaus das Prinzip, der mechanischen Wirksamkeit den Hauptanteil an der Umformung zuzuweisen und von den sensualistischen Trieben nur die primitivsten in diesen 18*

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Prozess mit einzubeziehen, nur das rein physische Nahrungs- und Fortpflanzungsbedürfnis. Der Rassenphantast dagegen nimmt vielmehr von dem gesamten Komplex der Triebe und Instinkte, von dem Gefühlsmässigen seinen Ausgangspunkt, und er betont dabei, wie es in der Natur der Sache liegt, die reicheren und umfänglicheren Gefühlsmomente stärker, als die einfachen, die tatsächlich von viel zu selbstverständlicher und untergeordneter Natur sind, um in seinem Bewusstsein eine besondere Rolle zu spielen. Damit wäre zunächst ein ganz deutlicher Sensualismus gegeben, der zur Rassentheorie wird, weil man ihn mit der Physiologie verkettet hat. Bestimmte Rassen sollen angeblich bestimmte Empfindungen haben, und es soll ihnen ganz unmöglich sein, die Gefühlskomplexe von Leuten mit einer anderen Physiologie überhaupt nur zu ahnen,, geschweige denn mitfühlen zu können. Nicht etwa nur der Neger und der Weisse, auch schon der Gelbe und der Weisse sollen sich niemals verstehen und sogar unter den Weissen selbst soll etwa zwischen dem Arier und dem Semiten ein unüberbrückbarer Abgrund für alle Ewigkeit klaffen, und bei ganz rigorosen Geistern, deren Gehirnmark vom Idiotismus des Alldeutschtums infiziert ist, wird sogar die unerbittliche Scheidung zwischen Germanen, Romanen und Slaven mit wüster Konsequenz durchgeführt. Eine bestimmte Farbe, nicht etwa nur der Haut, sondern schon der Iris im Auge oder des Haares bedingt ein für allemal einen fest umgrenzten Komplex der Gefühle, und es wäre, wie die Herren Rassentheoretiker uns versichern, eine ganz vergebliche Mühe, aus einem solchen Zirkel herauszuwollen. Man erkennt liier sofort wieder die Methode des „Naturgesetzes", die Übertragung der naturwissenschaftlichen Voraussetzungen vom Stoff auch auf den Geist und auf die Seele des Menschen, mit einem Wort die dreiste Proklamation unserer seelischen Unfreiheit. Über den Ursprung dieser fatalistischen Rassen herrscht im Lager der physio-

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logischen Unfreien eine geteilte Meinung. Während in älteren Lehren von einer ursprünglichen und gottgewollten Vielheit die Rede geht, sind die neueren Phantasten von darwinistischen Gedanken ergriffen und suchen die Fülle der Rassentypen durch Entwickelung zu erklären. In einem wie im anderen Falle wird aber durchaus am „Kampf um das Dasein" zwischen den Rassen festgehalten, und der Sieg einer durch die Auslese vervollkommneten blonden Bestie, nämlich des Germanentums, volltönenden Mundes verkündet. So ergibt sich ein kurioser Gegensatz zwischen dem Sozialismus und der physiologischen Theorie, und beide Teile haben von einem kulturellen Standpunkt aus Fehler und Vorzüge gegen einander auszuspielen. Der Rassentölpel betont wenigstens die Energie und den Reichtum des Gefühlslebens gegenüber der mechanischen Übertreibung, und der Sozialist lässt die Möglichkeit offen, dass in allen Menschen ein Mass von Geistes- und Schöpferkraft enthalten ist, die er höher bewertet als die Physiologie, wenn auch nicht höher als das Milieu, das aber leichter und schneller umzuformen sein mag, als die physiologische Struktur der Rassen. Aber der gleiche Unglaube an die menschliche Freiheit ist beiden Gegnern genieinsam und ausserdem sind die Rassentheorien aus dem Bedürfnis der Konservativen hervorgegangen, die nach einer Waffe gegen die Liberalen und die Revolution Ausschau hielten, während der Sozialismus aus dem Bedürfnis der Proletarier erzeugt wurde, die die Revolution für sich usurpieren wollten. Wieder muss es im höchsten Masse befremden, dass also auch diese sensualistische Seite einer angeblich durchaus naturwissenschaftlichen Theorie sich so vollkommen mit sozialen und politischen Zuständen der europäischen Gesellschaft unserer Tage deckt. Ist am Ende auch hier Ideologie und Anthropomorphismus getrieben und die Sozial- in Naturgeschichte verkleidet worden? Das wäre dann freilich die listigste Rache, die der menschliche Geist

an seinen Verleugnern genommen hätte. Inzwischen sind sich ebenso auf dem engeren Gebiete der naturwissenschaftlichen Forschung die biologischen Nationalökonomen oder Darwinianer und die biologischen Sensualisten, die Anhänger eines modernisierten Lamarck, kräftig in die Haare geraten, und dieser noch unentschiedene Kampf erfüllt das Lager der Deszendenztheorie mit einem gewaltigen Kampfgetümmel. Da an dieser Stelle eine minutiöse Darstellung nicht verlangt werden kann, so mag die Bemerkung ausreichen, dass der Neu-Lamarckismus das mechanische Prinzip des „Kampfes um das Dasein" auszumerzen und gleichsam alles auf „Psychologie" einzustellen versucht, auf eine spontane und nicht durch äussere Gewaltstösse erzwungene Anpassung des Tieres an seine Umgebung, auf eine gefühlsmässige Nachahmung. Etwa ein Tier, das in eine grüne Landschaft versetzt wird, soll unter Umständen durch Einfühlung die Fähigkeit besitzen, seine Farbe zu verwandeln und grün zu werden, — um das Problem einmal in einer etwas groben und ungefähren Formel auszudrücken. Also kein Kampf um das Dasein wird nötig, keine Auslese und Veredelung der Generation, keine Schutzfarbe gegen erbitterte Feinde, sondern ein sensualistischer Nachahmungs- und Anpassungstrieb, ein spontanes Seelenleben, das freilich mitunter zu Kampf und Vernichtung führen kann, aber nicht führen muss. Sogar die verschiedenen Arten sollen sich nach dieser Theorie einander anpassen und, um wieder ein massives Beispiel anzuführen, dadurch etwa Vögel einer bestimmten Gegend, die von sehr mannigfaltiger Abstammung sein mögen, schliesslich in Ton und Gesang einander ähnlich werden. In dieser jüngsten Abwandelung der Deszendenztheorie spiegelt sich die evolutionistische gegenüber der revolutionären oder auch reaktionären Gesinnung wieder, und es wird weder die Aussen- noch die Innenwelt in einseitiger Weise in den Vordergrund geschoben, sondern eine frucht-

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bare Wechselwirkung entsteht, die freilich vom Trieb und Gefühl, also von innen heraus, ihre eigentliche Kraft und ihren tieferen Anlass entlehnt. Damit ist bereits die mechanische Naturauffassung in das Herz getroffen worden, und der nächste Schritt führt in die Teleologie hinein, die an innere Zwecke und letzte Ziele der Natur glaubt, wie sich ja in der Tat jene unter den Naturforschern längst begraben geglaubten Theorien einer älteren Naturphilosophie wieder zu regen beginnen. Sobald man aber Zwecke anzunehmen beginnt, wird auch die menschliche Vernunft sofort die Zügel ergreifen und den Mechanismus oder Sensualismus aus der angemassten Vorherrschaft herausweisen und höchstens noch als Mittel der Forschung gelten lassen. Damit wäre auch die Naturwissenschaft selbst aus ihrer führenden Stellung, die sie seit einem halben Jahrhundert zum Segen für die Zivilisation und zum Schaden für die Kultur eingenommen hat, wieder herausgeworfen, und sie müsste sich auf ihr besonderes Gebiet beschränken. Dieser grosse Umschwung steht in den nächsten Jahrzehnten bevor und die totgesagte Philosophie, die wahre Herrscherin der Kultur, pocht schon vernehmlich am Sargdeckel, den sie bald sprengen wird. Der Darwinismus wie auch die anderen Formen der Deszendenztheorie haben die Eigentümlichkeit, dass sie verurteilt sind, Hypothesen zu bleiben, die niemals in exakter Weise durch das Experiment des Physikers bewiesen werden können und die sich auch ebensowenig als unentrinnbare Denknotwendigkeit, als das einzige Mittel einer Erklärung, aufzuzwingen vermögen. Der Mensch und der Affe sollen von einem gemeinsamen Ahnherrn abstammen? Das kann man zugeben oder bestreiten, und man wird es nie beweisen und wahrscheinlich auch nicht widerlegen können. Ja, aber es ist doch irgendwo das Skelett eines sogenannten Pithecanthropus erectus aufgefunden worden, eines Tieres, das in seiner anatomischen



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Struktur zwischen dem Menschen und Affen steht! Sehr schön, und dann ergibt eben dieser Fund, dass eine solche interessante Bestie irgendwann einmal auf unserem Globus existiert hat. Wer sich nur an die Tatsachen hält, und grundsätzlich Theorien abweist, wird keine andere Folgerung als eben diese aus diesem merkwürdigen Funde ziehen dürfen. Ob aber besagter Affenmensch wirklich eine jener allmäligen und durch die Auslese oder durch freiwillige Anpassung entstandenen Ubergangsstufen zur Menschwerdung bezeichnet oder ob er ein Bastard war oder eine Art für sich allein, darüber dürfte man sich bis an das Ende aller Tage unterhalten können. Man kann den Ahnherrn ebenso gut auch vergeistigen und, wie Goethe, gewisse typische Urformen annehmen, die dann zu verschiedenen Zeiten oder an verschiedenen Orten in individuellen Variationen sichtbar werden, ohne dass man gerade zu einer Genealogie zu greifen braucht. Gewiss leuchtet der gemeinsame Ahnherr dem Durchschnittsverstand, der Spekulationen nicht sonderlich liebt, weit mehr ein, obwohl dann dennoch im Hintergrunde die Antwort Goethes bestehen bleibt. Denn schliesslich vertritt jener Stammvater der Affen und Menschen einen ganz bestimmten Formtypus, der von seinen Enkeln nur variiert werden kann. Wenn man allerdings bis zur Urzelle zurückkehrt und von dort aus die ungeheuerliche Fülle und Gegensätzlichkeit der Lebewesen durch Darwinismus oder Neu-Lamarckismus herleiten zu können vorgibt, dann beginnt es einem untheoretischen Menschenverstand, der von der Unermesslichkeit der Aufgabe eine Ahnung hat, zu schwindeln und zwar noch viel stärker, als bei der Annahme Goethes. Eine unentrinnbare Denknotwendigkeit jedoch, sich gerade für die Deszendenztheorie zu entscheiden, liegt nicht vor und auch noch so viele Einzeltatsachen werden zu keinem zwingenden Resultate führen. Zum Beispiel wird dem Umstand viel Beweiskraft zugeschrieben, dass allein



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Menschenblut mit Affenblut fusioniert werden kann, ohne dass eine Zersetzung eintritt. Aber dami wäre nur ein neuer Beleg für die grosse physiologische Ähnlichkeit erbracht, die zwischen Menschen und Affen allerdings besteht, und die doch wohl lange vor Darwin, nämlich seit einigen Jahrtausenden, allgemein bekannt gewesen ist. Woher aber diese physiologische Ähnlichkeit entsprossen sein mag, ob sie nach genealogischen oder naturphilosophischen Prinzipien zu erklären wäre, darüber besagt die Tatsache der Blutfusion nicht das Geringste. Die Denkgesetze unserer Vernunft zwingen uns durchaus nicht, einer Erklärung vor der anderen den Vorzug zu geben. Hier könnte also nur das Experiment entscheiden: es müsste noch einmal in den biologischen Laboratorien der Prozess der Natur wiederholt und von der Urzelle bis zum Menschen alle bekannten bisherigen Arten nebst ihren längst ausgestorbenen Zwischenstufen wiedererzeugt werden. Dann wäre freilich ein Beweis erbracht, der jede sonstige Erklärung beinah vollkommen ausschliessen würde. Nur wird dieses Experiment an seiner materiellen Unmöglichkeit scheitern, und wenn ungeheuerliche Phantasten eine solche Hoffnung nicht aufgeben, so mag es jedenfalls auch ihnen völlig klar sein, dass unsere Generation und die unserer Enkel und der Enkel unserer Urenkel die Verwirklichung des Experimentes kaum erleben dürften. Bis dahin ist aber die Deszendenztheorie keineswegs „bewiesen", sondern nur eine vielleicht sehr brauchbare Hypothese und in weltanschaulicher Beziehung ein Dogma und Glaubensbekenntnis, das höchstens den Vorzug hat, nicht in ganz so krasser Weise, wie manche kirchliche Dogmen unserer Erkenntnis zu widerstreiten. Aber zu ihrer Zeit, als sie entstanden, widersprachen auch die kirchlichen Glaubenssätze keineswegs den wissenschaftlichen Einsichten und Hypothesen von damals, bis sie dann überholt wurden, was dem Deszendenzdogma immerhin ebenfalls widerfahren könnte.



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Ausserdem lässt sich folgender Einwand von sehr gewichtiger , wenn auch allerdings noch nicht entscheidender Art gegen den Darwinismus erheben: es ist bisher der Mensch, der seit zehntausenden von Jahren existiert, noch nirgends zum Übermenschen emporgezüchtet worden, da die Kluft zwischen dem Feuerländer und dem höchststehenden Europäer lange nicht so unüberbrückbar erscheint, wie die zwischen dem Feuerländer und dem höchststehenden Affen. Dieser Einwand ist deshalb kein entscheidender Gegenbeweis, weil die Theoretiker der Deszendenz endlose Zeiträume der Entwickelung nach Belieben annehmen können. Aber jedenfalls ist der Darwinismus in der unangenehmen Lage, die bisherigen Schicksale des Menschengeschlechtes nicht für sich in Anspruch nehmen zu dürfen, während er gleichzeitig alle seine Grundbegriffe dem menschlichen Geist und der Geschichte entlehnt hat. Das Pathos des Darwinismus beruht auf dem Begriff der Entwickelung. Davon zehrt er noch bis zum heutigen Tage, und Nietzsche versuchte hauptsächlich aus diesem Grunde, mit ihm ein Bündnis einzugehen und ihn seiner Philosophie einzuverleiben. Woher aber kommt dieser Begriff? Aus und auf welchem Boden wuchs und wächst er noch immer? Wo begegnete ihm bisher die Erfahrung ohne allen Zweifel und ohne dass sie nötig hätte, zu fragwürdigen Hypothesen zu greifen? Da kann die Antwort gar nicht zweifelhaft sein: die Geschichte, die Kultur, war und ist bis heute das Reich, das Haus und die Heimat der Entwickelung. Die Deszendenztheorie ist von ihren frühesten Anfängen nie etwas anderes gewesen, als ein Versuch, diese Tatsache der menschlichen Kultur auch in der Natur wieder zu entdecken. Gerade damals, als die Philosophie zum ersten Mal den Begriff der Entwickelung zum Gegenstand und Mittelpunkt ihrer Untersuchungen machte, entstand auch die naturphilosophische Spekulation Goethes und Schellings. Die Ideen der Ent\vickelung

wurden im bewussten Gegensatz gegenüber der französischen Revolution wie auch gegenüber der theologischchristlichen Auffassung eines persönlich überall eingreifenden Gottes von der älteren deutschen Romantik und später von Hegel auf den Thron erheben. Goethe war ein Evolutionist, der aus Hass gegen jede revolutionäre Willkür von einer vulkanistischen Weltanschauung oder von Katastrophentheorien in der Naturwissenschaft nichts wissen wollte, dagegen aber an eine Einheit zwischen Natur und Geist, Tier und Mensch unerschütterlich festhielt und sich eine stufenweise Entfaltung und Steigerung aus einem Urtypus vorstellte. Wie sehr aber da der pantheistische Dichter von Bedürfnissen seines Gemütes den Ausgangspunkt genommen hat, ist bekannt genug, und insofern haben die empiristischen Darwinisten ganz Recht, wenn sie ihm Spekulation anstatt Wissenschaft zum Vorwurf machen. Das Gleiche könnte ja von Schelling gelten, der noch viel energischer als Goethe den Entwickelungsgedanken in die Natur projizierte. Bei Darwins Grossvater, Erasmus Darwin, den Goethe rühmte, und bei Lamarck, auf den sich Goethe berief, hat der gleiche evolutionistisch-pantheistische Gedanke mitgewirkt, wenn sich auch die beiden Forscher wahrscheinlich mehr der rationalistischen Seite ihrer Aufgabe bewusst gewesen sind, ihres Gegensatzes zur kirchlichen Theologie und zum mosaischen Schöpfungsbericht. So wurde erst durch eine besondere politische, geschichtliche und kulturelle Situation der Entwickelungsgedanke auf die Natur übertragen und man gelangte dadurch zu mancherlei Erkenntnissen, die dann ihrerseits-zu Problemen wurden. Goethe entdeckte den Zwischenknochen im Kiefer des Menschen, so dass ein angeblich fundamentaler Gegensatz im Körperbau zwischen Mensch und Tier beseitigt wurde, und auch sonst noch erwiesen sich anscheinend unüberschreitbare Grenzen zwischen Gattungen und Arten, wie sie noch das System

— 284 — von Linne gekannt hatte, als eine Fiktion, da vielmehr zahllose Übergänge und Variationen stattfinden.*) Um diese neue Schwierigkeit zu erklären und zugleich die biblische Auffassungsweise der Natur, die ja allerdings gar keine Berechtigung hat, für immer und tödlich zu treffen, formulierte Darwin seine Theorie, die von der Evolution der Geschichte und Gesellschaft, also vom Kulturbedürfnis viel tiefer beeinflusst war, als der grosse Forscher ahnen mochte. Somit sind wir wieder bei der Kultur angelangt und wir konnten feststellen, dass die moderne Naturwissenschaft ganz und gar von der Gesellschaft ihre Gesetze empfängt. Da aber gerade die Kunst kulturelle und geistige Funktionen zu erfüllen hat, so kann sie sich sehr wohl auch allein auf den Geist stützen, ohne sich durch die oft sehr Ungewissen Resultate der Naturwissenschaft einmal für allemal in das Bockshorn jagen zu lassen. Sie mag in Treue *) Diese Tatsache, dass sich absolut feste Grenzen in der Fauna und Flora und zwischen diesen beiden Gebieten nicht durchführen lassen, kann übrigens auf Grund der Kantischen Erkenntnistheorie auch in ganz anderer Weise erklärt werden. Damit Erfahrung überhaupt möglich sei, muss diese Welt der Erscheinung den Kategorien des Verstandes, sowie auch indirekt den systematisierenden Begriffen der Vernunft angepasst sein. Nun hat aber dieses systematisierende Bedürfnis zwei ganz verschiedene Interessen: Einheit, von der man zur Mannigfaltigkeit herunter und Mannigfaltigkeit, von der man zur Einheit emporzusteigen vermag. Das eine dieser Interessen, das der Einheit, ergibt das System Linne, und das andere die Deszendenztheorie, die ihrerseits von diesen entgegengesetzten Tendenzen in zwei Lager geteilt wird. K a n t deutet an, dass eine endgültige Entscheidung über solche Streitfragen nicht möglich wäre, weil es sich nicht um reale Gegenstände handle („Objekte eines transzendentalen Realismus"), sondern um subjektive Bedürfnisse der Vernunft gegenüber der Art, wie der Verstand die Erscheinungen zur Erfahrung verknüpft. Es ist interessant, dass Kant bei dieser Gelegenheit gerade auf die Rassentheorie exemplifiziert.

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einer tieferen Kulturentwickelung dienen, und sie wird dann schon von selbst mit der echten Wissenschaft in eine fruchtbringende Übereinstimmung gelangen. Gegenwärtig ist es sogar höchste Zeit, dass die Kultur sich wieder auf sich selbst besinne und die ihr eigentümlichen Begriffe und Postulate von physiologischer Beimischung reinige. Was heute als sogenannte Rasse viel X^erwirrung und verwüstendes Unheil bewirkt und den modernen Dichtern und Denkern den Glauben an die schöpferische Freiheit des Menschen entweder benimmt oder ihn doch in schmählicher Weise vergröbert, das würde nur Blüte und Segen und Erntepracht hervorlocken, wenn es statt dessen als „Kulturorganismus" begriffen und bewertet würde. Dass es eine von Gott stabilierte und bevorzugte germanische Rasse gebe, die nur den blonden Bestien und Blauäugigen zugänglich und allen anderen physiologischen Typen für ewig versperrt sein soll, dieser Glaube ist eine so vollkommene Gemeinheit, wie sie jemals von ehrlosen Buben zu Gunsten verbrecherischer Absichten erdacht und verübt wurde. Wer so etwas im Ernst zu glauben vorgibt, gehört zu jenen Individualitäten, mit denen sich ein Mensch, der ethisches Empfinden besitzt, schlechterdings nicht einlassen darf, und man kann bei dem Anblick solcher Kanaillen nur bedauern, dass es für Kulturverbrechen keine Zuchthäuser gibt. Wohl aber existiert ein germanischer Kulturorganismus im weiteren und ein deutscher im engeren Sinne, und er ist entstanden durch geschichtliche Entwickelung und durch schöpferische Taten und Leiden, die aus der allgemeinen geistigen Natur des Menschen flössen und an besonderen Problemen und Bedingungen zur Anwendung gelangten Dieser Organismus ist das Schicksal für jeden, der in ihn hineingeboren ist oder in ihn eintrat, und die Rasse spielt da gar keine Rolle, sondern das schöpferische Können und die Fähigkeit, an der Entwickelung der Organisation mitzuarbeiten. Hier nämlich, wo wir auf dem Boden der

— 286 — Geschichte stehen, gibt es zweifellos eine Entwickelung und Steigerung und dabei kommt auch die Natur nicht zu kurz, da die Kultur nicht etwas rein Intellektuelles ist, nicht nur Wissenschaft oder Ethik, sondern auch Kunst und Vollmenschlichkeit. Jene grossen Männer, die einst den Kreis um Goethe bildeten, sind aus diesem Gefühl für Totalität und Vollmenschlichkeit zu ihren naturphilosophischen Spekulationen gelangt, und man kann gewiss nichts dagegen einwenden, wenn man Geistigkeit und Freiheit mit Natur zu füllen sucht, worin eben das Wesen der Kultur besteht. In der modernen Zeit und in der modernen Literatur ist man aber allein darum an die Natur herangetreten, um sich durch ihre „Gesetze" verblüffen zu lassen. Das war, wie überall in diesem Buche betont wird, der Hauptgrund dafür, warum die Moderne nicht zur grossen Kunst und zu einem synthetischen Stil gelangt ist. Darum muss das Verhältnis der Moderne zur Naturwissenschaft revidiert werden.

Das moderne Naturgefühl Die naturwissenschaftlichen Theorien gehen im Grunde nur die Fachmänner etwas an, die Gelehrten und Theoretiker und Forscher, und sie würden die Dichter und Künstler gleichgültig lassen, wenn sie nicht von einem besonderen modernen Naturgefühl unterstützt würden, das als Gefühlstatsache schliesslich jenseits aller Theorien steht und eine Betrachtung für sich verdient. Die moderne Seele, die voll innerer Unruhe und Kultursehnsucht ist, sucht Ruhe und Ausgleich in der Landschaft und in der Natur. Das gelingt ihr auch, aber um den Preis, dass sie die eigene Erregung in die Natur pro-

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jiziert, die sich zu vermenschlichen, sich zu steigern und zu bewegen, kurz, sich zu „entwickeln" beginnt. Diese Tatsache muss als eine ganz besondere Merkwürdigkeit unserer Tage von dem Zeitpsychologen empfunden werden, weil sie allem bisherigen Pantheismus und aller Mystik und aller Weltseele früherer Zeiten widerspricht. Denn wer jene innere Einheit des Einzelwesens mit dem All der Dinge und dem letzten Grund des Seins erlebt hatte, fand das Gegenbild und Symbol für diesen Zustand, wenn er überhaupt in der Aussenwelt danach suchte, immer nur in der Natur. Da wurde ihm an den organischen Vorgängen die Einheit zu einer sinnfälligen Anschauung: da starben die Einzelwesen, die Tiere, dahin, wenn ihre Zeit gekommen war, und die Gattungen blieben bestehen. Und diese Gattungen waren eben das Wesentliche, da sich zwischen Tier und Tier, Hund und Hund oder Vogel und Vogel keine individuellen Unterschiede feststellen Hessen, auf die der hochmütige Mensch im Verkehr mit seinesgleichen so viel Gewicht legte. So konnte Schopenhauer, der noch weit mehr Mystiker als Philosoph war, einmal den Gedanken äussern: die Katze, die heute in der Sonne spielt, ist die gleiche, die schon vor zehntausenden von Jahren dort gespielt hat. Geburt und Tod gelten als Täuschungen, als Trug der Sinne, und es ist immer das gleiche eine Wesen, immer die unsterbliche Gattung. Selbst jener Kultus des Todes in solchen Naturreligionen, die bereits mit einem FUSS aus der Mystik herausgetreten sind, hatte zu viel Beruhigung in sich, als dass er den Todesgedanken in seiner ganzen Entsetzlichkeit erfasst haben konnte. Im Frühling spriessen doch wieder die Knospen an den Bäumen, wachsen die Blumen aus der Erde und erwacht das junge Leben in Wald und Feld und in den Lüften. Man mag klagen und trauern und sich die Brüste schlagen, wenn Adonis und Osiris sterben, und man wird dafür unter Tanz und Cymbelschlag im Frühling ihre Auferstehung feiern. So denkt

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das einfache Naturkind, während für den tieferen Naturmystiker Tod und Auferstehung überhaupt kaum existieren, sondern nur die Substanz, nur das Sein, nur der Urgrund der Dinge, den die Eleaten gern mit einer in sich ruhenden abgeschlossenen Kugel verglichen. Für das Werden, den Lebeprozess, den unaufhörlichen Wechsel hat er im besten Fall nur ein sekundäres Interesse: er sieht darin Täuschung, Irrtum, Sinnentrug, um den er sich nicht zu bekümmern braucht. Natürlich gab es zu allen Zeiten auch einzelne Ausnahmen, wie zum Beispiel den Philosophen Heraklit, dessen Mystik sich am Werden entzündete, und dem nur der Wechsel, der Prozess, der immer sich steigernde Rhythmus als Ausdruck der letzten Lebensgeheimnisse galt. Aber diese Ausnahmeempfindung früherer Zeiten ist in unseren Tagen das Normale schlechthin: der moderne Naturmystiker lauscht dem Werden, dem Pulsschlag eines rastlosen Prozesses, den allein er als Substanz, als Sinn der Natur, gelten lassen möchte. Der Grund für diese merkwürdige Erscheinung ist in der Kultursehnsucht des Menschen von heute zu suchen und zu finden. Die wahre Kultur ist eine Synthese von Spannungen und Kräften, die im lebendigsten Gegensatz aneinander prallen und sich bekämpfen, ohne dass doch eine Anarchie entsteht, ein wüstes Chaos, da die herrschenden Gewalten im entscheidenden Augenblick stets für Zusammenfassung und Entladung sorgen, so dass sich die Synthese, die Einheit, der Organismus ergibt. Danach sehnen sich heute die Besten, die von den utopistischen Revolutionsidealen des Epigonentums nicht mehr viel wissen wollen und die Aufgabe der Moderne darin sehen, zu einer Synthese zu gelangen. Noch hat es bis zu diesem Ziel weite Wege, und so sucht man ein Sinnbild für den geahnten und ersehnten Zustand in der Natur. Dass diese zunächst die Ruhe bedeutet, die Substanz, den in sich geschlossenen Organismus fühlt natürlich auch

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der moderne Mensch mit gleicher Instinktsicherheit wie alle seine Vorfahren. Aber damit allein wäre ihm nicht geholfen, sondern er will auch den Gegensatz dazu empfinden : die Unruhe, die Spannung, den Kampf, den Tod und die Entstehung. Dann erst ergibt sich ihm ein Erlebnis, wie es sonst nur der hochgewölbte und auf tiefen Fundamenten ruhende Dom einer Kultur zu gewähren vermag. Er will den Rhythmus des Kampfes und der Gegensätze brausen hören, die Unruhe, den ewigen Prozess, den Werdeton: und wie sich dann der Krampf, die Spannung löst, der Rhythmus zum Akkord zusammenklingt und Pol und Gegenpol sich neutralisieren. Aber dieses Neutrale, diese scheinbare Indifferenz empfindet er als das Füllereiche, das Positive, als die Synthese, die immer wieder gefährdet und immer wieder erobert wird. So sieht er nicht nur die Gattung, die ewig ist, sondern ebenso ihre Einzelexemplare, die untergehen oder geboren werden, und sogar diese Gattung, sogar die Art soll erst geworden sein, sich erst entwickelt haben: das Sein soll mit dem Werden verkettet sein. Erst dann fühlt eine moderne Seele sich wohl und heimisch in der Natur, erst in diesem Rhythmus, in dieser polaren und ewigen und ewig ausgeglichenen Gegensätzlichkeit findet sie eine Erfüllung und ein Symbol für ihre Sehnsucht. So erklärt sich der Widerhall der Entwicklungslehre im Gefühlsleben unserer Poeten, und noch besser lässt sich verstehen, warum die werdende Naturphilosophie die Theorie von der Polarität aufzustellen beginnt, wie einst Schelling, der Ahnherr aller entwickelungsgeschichtlichen Naturbetrachtung. Es kann eben gar kein vollkommeneres Sinnbild für diesen Seelenzustand geben als das Gleichnis von Pol und Gegenpol und ihrer Bindung in der Indifferenz. Gerade das scheinbar Negative dieser Neutralisierung kann den Mystiker, der in jedem Pantheisten lebt, nur immer mehr verlocken. Denn lauter Negationen sind es doch nur, lauter Ableugnungen positiver Grenzen und Schranken, L u b l i n a k i , Ausgang der Moderne.

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durch die der Mystiker die Ahnung und das Erlebnis des Unendlichen auszudrücken stammelnd versucht. Diese rätselhafte Indifferenz, diese Bindung von Gegensätzen und Kräften, die sich mit schärfster Unerbittlichkeit auszuschliessen scheinen, muss auf den Naturmystiker die denkbar grösste Anziehung ausüben, und sie entspricht daher dem modernen Seelengefühl, dessen Spannungen sich in der Indifferenz der „Stimmung" lösen und zur Unendlichkeit werden. Die polare Betrachtung der Naturvorgänge ist eine notwendige Konsequenz aus einem solchen Gefühl, und sie wird heute am leidenschaftlichsten von Johannes Schlaf vertreten, dessen Gemüt mit der Natur und mit der Landschaft in einer Weise zusammenklingt, die trotz aller modernen Einfühlungskunst schwerlich sonst noch einem Deutschen beschieden ist. Etwas Inbrünstiges, Machtvolles, pantheistische Heldengrösse liegt in der Art, wie sich Schlaf mit der Natur zu verweben vermag und dabei doch seine Persönlichkeit behauptet. Das ist der Reiz und die Gefahr — nicht zum mindesten für ihn selbst eine Gefahr — seiner Naturphilosophie, seiner Lehre von der Polarität. Alles was er als Dichter und Denker darüber zu sagen hat, ist persönliches Erlebnis, und darin beruht der besondere Wert; und es hat sich von der Nabelschnur dieses Erlebens noch nicht losgelöst, und darin wieder liegt das Problematische dieser Ideen und Seelenbekenntnisse begründet.*) Neben Schlaf ist der Lyriker und Philosoph Doktor S. Friedländer, der Verfasser einer *) Ein kürzlich veröffentlichter Roman von Schlaf, der erst nach Vollendung dieses Buches erschien, zeigt in merkwürdiger Weise, wie der Dichter und der Denker Schlaf aus der Einheit des gleichen Naturempfindens herkommen, und er zeigt die Gefahren dieser allzu intimen pantheistischen Synthese. Der „Prinz" schildert in reizvoller und manchmal grosser Weise die Entwickelung einer Persönlichkeit, die natürlich auch die moderne Naturphilosophie erlebt hat. Sofort tritfdiese Philosophie in den Vordergrund und ver-

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Robert Meyer-Biographie und vorzüglicher Schopenhauerund Jean-Paul-Anthologien, einer der feinsten und geistvollsten Vertreter der modernen Naturempfindung und Polaritätslehre. Die nicht unwichtigen Bedenken gegen eine solche Methode, die Natur zu empfinden und zu durchseelen, entspringen sehr ernst zu nehmenden Gründen der Philosophie und der Kultur selbst, die durch diese Intimität und Gleichsetzung mit der Natur nicht nur zu gewinnen, sondern auch nicht wenig zu verlieren hat. Zunächst muss ein Kantianer den Einwand erheben, dass auch der Naturphilosoph und Naturmystiker das Geheimnis des Dinges .an sich nicht zu ergründen vermag. Ob dieser Urgrund unseres Seins Polarität sein mag, Dissonanz und Konkordanz und Rhythmus, und nicht vielmehr etwas völlig anderes, darüber wird natürlich kein Sterblicher jemals Auskunft zu erteilen wissen, und so bringt es auch der pantheistische Mystiker unserer Tage höchstens zu dem sehr persönlichen Geständnis: ich erlebe es in dieser besonderen Form, ich erlebe es als Polarität. Dann aber, nach dieser Feststellung, erhebt sich zunächst die Frage nach dem Kulturwert dieses Erlebens. Natürlich wissen wir alle, dass diese Intimität, die wir in die Natur hineintrugen, der Kunst unendlich viel auf allen Gebieten gebracht hat, und darüber ist überhaupt kein Streit mehr zu beginnen. Die Lyrik, die Malerei, und, in engeren Grenzen, selbst Erzählung und Drama haben diesem subtilen Lyrismus Wertvollstes zu verdanken, und mehr noch wirkt er im Leben, im seelischen Verkehr der Menschen unter einander. Da bereitet er die künftige Kulturgemeinschaft dadurch vor, dass er die Individualitäten in Freundschaft und drängt zu Zeiten das Kunstwerk und das Menschenschicksal. Das ist nicht nur eine persönliche Anlage, es ist das Verhängnis des Pantheismus überhaupt, der jeder Einzelerscheinung, also auch dem einzelnen Kunstwerk zum Verhängnis werden kann. Hier beginnt der Einwand gegen das moderne Naturgefühl und die Polarität.

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Feindschaft und Wechselwirkung enger an einander führt, und es mag wieder an die moderne Ehe und Liebe erinnert werden, die eine früher unbekannte Intimität noch in den Gegensätzen kennt. Alle diese Verinnerlichung wäre nicht denkbar ohne jene Sensibilität, die wiederum mit dem heutigen Naturgefühl unlöslich zusammenhängt. Aber die Sensibilität ist ja eben die Gefahr und der Feind, der uns zu der grossen Kunst nicht kommen lässt. Aber gerade die Stimmung hat jede Monumentalität in ihrer Fülle und Willkür erstickt, und im Pantheismus, in der Mystik, im Rhythmus und im wogenden Naturgefühl kann leicht der Wille aufgeweicht und aufgelöst werden und schliesslich untergehen. Und die Vernunft käme dort höchstens zu ihrem Recht, wo sie mit einigen wenigen synthetischen Ideen operiert, während sie um ihre Analyse betrogen wird, um die Herausarbeitung schärfster Gegensätze, die im Allgefühl nicht zusammenklingen können und nicht wollen, sondern die eine Einheit nur in der Differenz selbst, etwa als Tragödie, zu entdecken vermögen. Die Synthese der Kultur kann mit jener in der Natur nicht ohne Weiteres verglichen und identifiziert werden. Trotz aller Entwickelungstheorie gibt es in der Natur, wie wir sie kennen, dennoch nur Stabilitätszustände, und die Bewegung in ihr ist ein Spezialfall der Ruhe und Dauer. So gut wird es dem menschlichen Willen und Geist nicht gegeben: da stellt die Sinnlichkeit ihre Forderungen und die Sittlichkeit und neben dem synthetischen Bedürfnis der Vernunft kommt das analytische des Verstandes zu Wort. So lässt sich eine Kultursynthese nur nach heftigen Schlachten und reinlichen Scheidungen gewinnen und erkämpfen, und es kann eine Gefahr werden, wenn sich Gegensätze und Feinde aus einem unklaren Einheits- und Allgefühl allzu früh versöhnen. Dann wird der Riss durch den Nebel der Stimmungen verhüllt,

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und es kann auch im Leben jene sensualistisch-mystische Mythologie als Gespenst herumgehen, die im Drama unserer Jüngsten ihr Unwesen treibt. Mancherlei trübe Phantastik und subjektivistische Verworrenheit etwa in der modernen Politik beweist, dass nicht nur die Literatur von dem Ubermass der Sensibilität bedroht ist. Ganz gewiss aber ist auf diesem Weg, wenigstens auf ihm allein, nicht zu einer Kultur zu gelangen, die viel tiefer wurzelnde Gegensätze als die der Natur zu überwinden hat, und der besondere Charakter unserer Naturempfindung trägt eigentlich etwas wie einen geheimen Widerspruch in sich: etwas Halbes und Embryonales, das sich noch nicht ausgewachsen hat. Der moderne Mensch sucht den Gegensatz in der Natur, die Spannung, die differenzierteste Sensibilität, die er dann zur Synthese, unter Wahrung der Gegensätze, zusammenklingen lassen möchte — aber diese Synthese überwältigt und verschlingt ihn und wird zur unendlichen Stimmung oder zum brausenden Rhythmus, in dem jeder Einzelton zu Grunde geht. Damit verliert er aber auch das eigentliche Ziel, das Ideal einer monumentalen und kulturellen Naturempfindung. Natürlich wollen wir eine durchaus moderne und intime Monumentalität: immer aber doch Monumentalität, einen Blick von der Höhe, einen mächtigen und dennoch klar umgrenzten Horizont für unser Naturgefühl. Weil aber unsere Kultur noch von embryonaler und übermässig sensibler und darum von willenloser und abhängiger Art ist, so kann konsequenter Weise auch die Natur andere Empfindungen für uns nicht widerspiegeln. Auch die moderne Natur harrt noch immer ihrer letzten Entfaltung, die ihr durch den Fortschritt und die Höhengipfelung der Kultur und Kunst gewährleistet wird.

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Philosophie Der tiefste Grund für die ungenügende Leistung der Moderne liegt in ihrer Unfähigkeit zur Synthese begründet, weil sie bisher nicht jene Kultur- und Zauberformel fand, die gleichsam das ganze Leben mit einem Grundgedanken erfüllte, der kraft der Notwendigkeit herrschte anstatt aus Willkür und Laune. Aber eben nur dann kann Kultur entstehen, und auch dann nur eitle gros.se Kunst und ein wirklicher Stil, auf welche beiden Güter die tiefste Sehnsucht der Moderne, die im Gegensatz zum Epigonentum emporkam, allerdings gerichtet war. Nur geriet sie durch äussere Verhältnisse in den Bann von ihr wesensfremden Weltanschauungen, und erst in jüngster Zeit ist die Erkenntnis aufgekeimt, dass es wieder einer Philosophie bedürfe, die aus eigener Kraft zu herrschen vermag, anstatt als gehorsamer Hund die Brosamen aufzuschnappen, die von den Tischen der Spezialwissenschaften herabfallen. Wohl hat in dieser Hinsicht schon Nietzsche Bahn zu brechen begonnen, jedoch nur wie ein gigantischer Einzelkrieger und Freischärler und Pfeilschütze, der auf eigene Hand Ungeheuer erlegte und Jagdbeute in seine Höhle schleppte. So ist seine Bedeutung auch weit weniger von spezifisch philosophischer als von allgemein kultureller Art gewesen: man muss ihn mit Rousseau und sogar ein wenig mit Luther vergleichen, um für seine Wirksamkeit und Stellung die richtige Perspektive zu gewinnen. So musste sich erst der Naturalismus und auch die Neuromantik mit ihrem Gefolge von manchmal tiefsinniger und öfter noch platter Mystik völlig ausgewirkt und allgemeines Ungenügen hinterlassen haben, ehe wieder der Versuch begann, eine systematische Philosophie zu begründen. Es ist interessant, wie sogar ein Mann, wie Johannes Schlaf, einer der Führer der Moderne in den achtziger Jahren, mit starkem inneren Erleben und viel Fleiss, Kenntnis und dichterischer

— 295 — Intuition solche Versuche wagte, die aus seinem Herzblut geboren sind. Aber Schlaf glaubt noch, wie einst jeder in den achtziger Jahren, an die Naturwissenschaft und an die Rassentheorie und überschätzt das physiologische Moment, und diese verfehlte Grundvoraussetzung muss durchaus erst beseitigt werden, ehe man von manchen wertvollen Gedanken, die aus dem Gefühl dieses Dichters für Lebensgemeinschaft und dem Zusammenhang zwischen Zivilisation und Kultur herkommen, Gebrauch machen könnte. Auch darf immerhin nicht übersehen werden, dass er der Naturwissenschaft als pantheistischer Naturempfinder gegenübersteht und daher das Bedürfnis hat, die intellektuelle und die mechanische Methode der Wissenschaftler zu durchseelen und auf ein höheres Niveau zu erheben. Jedoch darin können ihm die Naturforscher der Laboratorien und der Experimente nicht folgen, die einfach verpflichtet sind, ihre exakte Methode nicht aufzugeben, der allein sie die positiven Erfolge des letzten halben Jahrhunderts verdanken. Ein Philosoph hat es nach dem heutigen Stand der Dinge, nachdem die Naturwissenschaft ihre voreiligen Synthesen aufgegeben und sich wieder in Einzelproblemen vertieft hat, gar nicht mehr nötig, sich um sie zu bekümmern. Sondern er darf sich ruhig von ihr abkehren, wenn auch darum nicht von der Natur selbst, und der wahre Ausgangspunkt für jede philosophische Forschung ist nicht irgend eine empirische Wissenschaft, sondern die Erkenntniskritik, ohne deren eingehendes Studium auch die unzweifelhafteste philosophische Begabung, die sehr wertvolle Einzelgedanken haben mag, dennoch schliesslich zum Anachronismus verurteilt bleibt. Eine andere Art des modernen Philosophierens, die heute unter der jüngeren Generation beliebt ist, nimmt sich noch viel wunderlicher aus und mutet fast wie ein freiwilliges Lustspiel der Kultur an, obwohl ein zwar noch unklares, aber nicht unrichtiges Gefühl dahinter

— 296 — steht und sucht und tastet und sich im dunklen Drange des rechten Weges keineswegs bewusst ist. Man beschliesst nämlich mit einer entzückenden Verwegenheit, den ganzen philosophischen Kursus, den Deutschland vor hundert Jahren durchmachte, genau zu repetieren und hofft auf diese Weise zu einem Resultat zu kommen. NeuKantianer hat es schon eine ziemliche Zeit gegeben und gibt es immer noch. Inzwischen hat der junge Leopold Ziegler bereits ein Neu-Fichtetum begründet und nunmehr soll Schellings Naturphilosophie wieder zum Leben geweckt werden, was insoweit nur der Gerechtigkeit entsprechen würde, als Schelling immerhin die exakten Naturphilosophen von heute, einen Haeckel und einen Mach, an Tiefblick und wahrhaft philosophischem Geist weit hinter sich lässt. Nach Schelling wird dann, wie bereits in einer programmatischen Weise verkündigt wurde, Hegel an die Reihe kommen, und nach diesem Jüngst-Hegelianismus dürfte wohl auch der Katzenjammer repetiert werden, jene Götterdämmerung der Philosophie, jene Heraufkunft primitivster Gedankensysteme, jener dreiste Hochmut und die anmassende Herrschaft von Einzelwissenschaften, die einen universalen Charakter usurpieren möchten; — soll wirklich dieser ganz entzückende Spektakel in sorgfältigster Neueinstudierung wieder aufgeführt werden, so ungefähr, als ob für ein blasiertes Theaterpublikum ältere Stücke durch einen „modernen" Regisseur zu einem kurzen Scheinleben erweckt werden? Hier können doch die Löwenspuren wahrlich nur schrecken, und das Schicksal hochbegabter Denker, die dennoch in ihren Grundstreben gescheitert sind, sollte junge Philosophen von heute, die ihre Sporen erst noch zu verdienen haben, warnen und verscheuchen und von allzuhitzigen Experimenten lieber abhalten. In Wirklichkeit gilt immer noch jener Ruf, der nach dem Zusammenbruch der Philosophie Hegels erscholl. „Zurück zu Kant" hiess damals die Losung und

— 297 — heisst sie auch heute noch. Nur soweit hat die Lage sich verändert, als inzwischen ein junges Geschlecht emporgekommen ist, das dieser Losung würdiger erscheint, als seine Väter es waren. Denn die vorige Generation gebrauchte Kant nur als Vorwand, um die Philosophie an die Naturwissenschaft zu verraten, während er in der Tat dazu da ist, sie auf eigene Füsse zu stellen und ihr Reich vor dem unbefugten Einbruch der empirischen Wissenschaften zu behüten. Kants Philosophie zerlegt die Welt in zwei Teile, in eine unbekannte und in eine bekannte Hälfte. Unbekannt ist und wird immer bleiben, weil es über die Fähigkeit menschlicher Erkenntnis geht, was zu wissen uns freilich am allermeisten interessieren würde. Was eigentlich ist es, was die Welt im Innersten zusammenhält? Welches ist die erste Ursache aller Dinge? Was lässt sich über sie sagen? Über ihre Art, ihr Wesen, ihre Funktion? Wir möchten es um alles gern wissen und wir werden es niemals erfahren. Das „Ding an sich" geht nicht in den Raum und in die Zeit ein und nicht in jene menschlichen Denkformen, in die Kategorien, die im Bund mit der Sinnlichkeit die Erfahrung erzeugen. Denn das Ding an sich ist eben die erste Ursache von aller Erfahrung und von Raum und Zeit und Kategorien, und kann also nicht in ihnen entdeckt, nicht gesehen, nicht angeschaut, sondern nur erschlossen werden, nur gedacht, aber nicht erfahren. Wir haben ein bekanntes Prädikat vor uns, das auf ein Subjekt hinweist, zu dem wir aber nicht vorzudringen vermögen, weil es jenseits der Grenzen unserer Erkenntnis liegt. Wir können darüber schlechterdings nichts aussagen, das sich beweisen oder widerlegen Hesse: wir können weder beweisen, dass es ein persönlicher Gott, noch dass es nicht Gott sei, und hier beginnt das Gebiet des Glaubens anstatt des Wissens, das Gebiet der Praxis, während das der Theorie hier endigt. Kants kritische Beweis-

— 298 — führung in der „Kritik der reinen Vernunft" und überhaupt in seiner ganzen Philosophie läuft also auf folgende zwei Momente hinaus: i. diese ganze Welt, die wir zu erkennen vermögen und darum erkennen sollen, ist nicht Subjekt, sondern nur Prädikat (Erscheinung). 2. Ein Subjekt (Ding an sich) ist ohne Zweifel vorhanden, aber wir können darüber in theoretischer (wissenschaftlicher) Beziehung gar keine Aussagen machen. Alle solche Versuche sind misslungen und müssen nach der Natur des menschlichen Geistes auch in der Zukunft misslingen: ignorabimus. Diese Resultate Kants sind nicht zu widerlegen und darum auch, trotz eines wütenden Sturmlaufes während hundert Jahren, niemals widerlegt worden. Wohl aber gelang es unredlichen oder unverständigen Gegnern, um diese sehr komplizierte Frage einen Nebel der Sophistik zu verbreiten, der eine ungeschulte Aufmerksamkeit abzulenken und durch wüste Fülle von Nebensächlichkeiten zu verwirren vermag. Hier muss nun mit lauter Stimme verkündigt werden, dass ein Mann unter uns erstanden ist, der es in der klaren Darstellung und Reproduktion des Kantschen Systems zu einer bewunderungswürdigen und gewaltigen Meisterschaft gebracht hat. Während Kant meist von der logischen Formel ausging, um von dort aus zu der dynamischen Welt der Kräfte und Tatsachen vorzudringen, wodurch in seine Darstellung leicht etwas Dünndrähtiges, Subtiles und scholastisch Verästeltes hineinkommt, was zu Missverständnissen bei Gutwilligen und zur Sophistik bei Böswilligen Veranlassung gegeben hat, verfolgt der meisterhafte Darsteller der Kantschen Philosophie in unseren Tagen genau das entgegengesetzte Prinzip: er geht vom Dynamischen aus, von der Natur der Dinge, und es wird uns überwältigend klar, dass es sich nicht um Spintisiererei und irgend welche müssigen Subtilitäten einer logischen Gymnastik handelt, sondern dass dieses Problem tief im Wesen der Erfahrung selbst begründet liegt: nicht nur die



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Logik, sondern die Natur zwingt uns zur Kantschen Philosophie. Dieser Mann, der uns mit einer unentrinnbaren Präzision und machtvollen Klarheit das System darstellt und das wunderbare Gefühl mitteilt, als ob Kant unter uns wieder auferstanden wäre, ist der Philosoph Ernst Markus in Essen, einer der unbekanntesten und bedeutendsten Männer der Gegenwart. Er hat eine Logik geschrieben, die die Lehre Kants von den Kategorien zur leuchtenden Evidenz erhebt, und er hat in seinem „Revolutionsprinzip" noch viel präziser und noch viel dynamischer als der Meister auch dem blödesten Auge erschlossen, dass ohne das Apriori von Raum und Zeit und Kategorien keine Erfahrung möglich wäre, sondern nur das Chaos; er hat in seinem Erkenntnisproblem ganz deutlich gezeigt, wie durchaus die Natur der Dinge und keinerlei Willkür die Fragestellung eines Kant veranlasst hat, und er konstruierte endlich in seinem Hauptwerk, das vom „exakten Fundament der Moral" handelt, die Welt aus den Kantschen Elementen mit grandioser Exaktheit und Wucht, und er wagte alsdann in einer mehr populären und dennoch erbarmungslosen Darstellung den eigenartigen und vielleicht gelungenen Versuch, die Moral aus logischen Kriterien mit vollkommener Folgerichtigkeit zu entwickeln. Ernst Markus ist in gewissem Sinne der vollkommenste Antipode der Modernität. Obgleich es ihm durchaus nicht an ästhetischen Empfindungen und ästhetischen Bedürfnissen fehlt, obgleich er einen Dichter wie Ibsen kennt und verehrt und in den grossen Meistern der klassischen Zeit nicht nur als Laie lebt, und obgleich es ihm durchaus nicht verborgen blieb, dass zu einem Vollmenschen nicht allein die Logik gehört, sondern auch kraftvolle Phantasie und Wärme und Glut der Empfindung: so hat er sich dennoch im Dienst seiner Aufgabe alle Abschweifungen mit der erstaunlichsten und härtesten Willenskraft versagt und sich zum präzisesten Logiker, zum überscharfen Juristen

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der erkenntniskritischen Wissenschaft, ja sogar fast schon zu ihrem Pedanten erzogen. Aber die Kugel aus seinem Maschinengewehr durchschiesst beinah mit Eleganz gerade dort das Brett, wo es am dicksten ist, und unter diesem Kreuzfeuer muss alles niederstürzen, wenn es nicht gepanzert und kugelfest ist. So könnte er für die Modernität werden, was ihr bisher immer gefehlt hat: ihr grosser Gegner. Wer von ihm unter Feuer genommen wurde, ohne seine Modernität zu verlieren: der nur wird einer werden, der sie auch zu entwickeln und aus ihrer Enge zu erlösen vermag. Denn von ihm sind alsdann alle Irrtümer und Zeitgemässheiten und dilettantischen Phantasien glatt abgefallen, und er ist mündig geworden, weil er die Feuertaufe erhalten hat. Gerade die feinsten, sensibelsten, phantastischsten Modernen, die im Traum und Rausch leben, sollten sich als Gegensatz, als eine Kur auf Tod und Leben, diesen erbarmungslosen Logiker Ernst Markus verordnen. Von zwei Seiten wurde die Kantsche Philosophie heftig angegriffen und gegen ihre Grundsätze gefrevelt. Zuerst traten die grossen idealistischen Philosophen auf, die mit einer fast imponierenden Raserei das Ding an sich, das unbekannte Subjekt, dennoch ergründen wollten: Fichte, Schelling, Hegel. Dieses Experiment, das zum Zusammenbruch der Philosophie geführt hat, möchten einige der Modernen heute gern wiederholen, als ob, trotz aller Rückkehr zu Kant, niemals eine Kritik der reinen Vernunft geschrieben worden wäre und als ob die jungen Herren von jener Katastrophe der Philosophie gar nichts gelernt hätten. Früher schon war mit dem Aufschwung der Naturwissenschaft der alte ehrliche Materialismus wieder emporgekommen, der aber bei den feiner denkenden Naturforschern, namentlich bei den Physikern, bereits in Misskredit kommt und nur noch der sympathische und naive alte Prof essorHaeckel glaubt an dieses verbrauchte Gemüse,

wofür er von Armen an Geist, orthodoxen Fanatikern, mit Todesdrohungen und Steinwürfen verfolgt wird. Man kann nur herzlich wünschen, dass ihm dieses Martyrium erspart bleibe, weil es Schade um ihn und ausserdem ein Jammer wäre, wenn seine halb schon erledigte Naivität durch Märtyrerblut zu neuer Kraft käme. Inzwischen legen die Physiker, die über den Materialismus hinaus sind, ihr Schifflein beim Sensualismus vor Anker. Zwar dürfte der Herr Professor Mach aus Wien, der von dem Impressionisten Hermann Bahr protegiert wird, wahrscheinlich leugnen, dass er Sensualist sei, da er sich sonderbarer Weise für einen Erkenntniskritiker hält. Aber mit seiner Erkenntnis verhält es sich genau so, wie mit dem Rationalismus der Kirchenväter und Philosophen im römischen Kaiserreich. Damals glaubte alle Welt an Wunder, und der Kirchenvater wie der Philosoph hätten einen Rationalismus, der prinzipiell die Wunder leugnete, einfach nicht verstanden. Wenn aber im christlichen Lager ein Wunder geschehen sein sollte, dann kam der Heide und erklärte alles für Betrug und gab eine „natürliche" Erklärung des Vorganges, die jenes Professors Paulus, über den die Romantiker zu ihrer Zeit sich lustig machten, würdig gewesen wäre. Die Christen befleissigten sich ähnlicher Exegese gegenüber den Wundern der Heiden, und so gebrauchten gewaltige Irrationalisten die rationalistische Waffe, wenn es ihnen eben passte, wie es auch der Herr Professor Mach mit der Erkenntniskritik zu betreiben beliebt. Dinge, die ihm missbehagen, erklärt er gemäss seinen „erkenntniskritischen" Prinzipien nicht etwa nur für Erscheinungen, sondern, nach dem schlimmen Beispiel Schopenhauers, sogar für Schein und er vergisst bei dieser Gelegenheit mit Freuden, dass David Hume von Kant gründlich und für immer widerlegt worden ist. Andere Dinge aber, die in seinen Sensualismus sehr gut hinein passen, erklärt er für das „unmittelbar Gegebene", und

— 3°2 — nur die „Beziehungen" (in der Kunstsprache Impressionen) haben für ihn „Wirklichkeit" und dann gleich eine solche, die über Erscheinungswelt hinausgeht, eine, die Subjekt und nicht nur Prädikat ist. Mit einem Wort: Sensualismus, Impressionismus. Es ist sehr zu begreifen, dass alle, die in der Kunst über die Neuromantik nicht hinauswollen, für den Wiener Professor schwärmen. In Wirklichkeit ist Mach, der an der Zerstörung des naturwissenschaftlich verkleideten Materialismus seinen redlichen Anteil hat, nur einer der vielen neuen Übergänge, die endlich bei Kant anlangen müssen. So bleibt lediglich die Frage zurück, wie die Modernität sich zu Kant zu verhalten und was sie von ihm zu erhoffen hat. Wie war es doch mit der Dialektik des Philosophen Hegel beschaffen, die wir heute mit Recht nicht mehr zum metaphysischen Weltprinzip erhöhen möchten? Alles was ist, ist vernünftig, und alles, was ist — ist unvernünftig, ist wert, dass es zu Grunde geht. Diese Antithese haben die Junghegelianer und später die Sozialisten dem Wort des Meisters hinzugefügt, und sie handelten dabei durchaus in seinem Geiste. Nach Hegel erzeugt eine Sache mit Naturnotwendigkeit ihr Gegenteil, durch dessen Sieg dann ein neuer Zustand entsteht, der den alten aufhebt, indem er ihn aufbewahrt. Um aus der Schulsprache herauszukommen und auf geschichtlich-empirische Beispiele zu verweisen, die dem phantastischen Philosophen der Logik vorgeschwebt haben, möge sogleich die interessante Umbildung von Karl Marx angeführt sein. Dieser behauptete, dass eine neue Gesellschaftsordnung kommen müsste, die alle Vorzüge des Kapitalismus, seine administrative Technik und sein Maschinenwesen beibehalten (Aufbewahrung des Kapitalismus) und alle seine Nachteile, die Krisen und die Anarchie der Produktion und Armut und Elend beseitigen würde (Aufhebung des Kapitalismus). Diese Behauptung ist bis heute nicht bestätigt worden und

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wird auch, soweit gegenwärtig unsere Erfahrung reicht, schwerlich jemals bestätigt werden. Wohl aber kann man die Geschichte in weitestem Sinne zum Beweis heranziehen, weil wir dort sehen, dass eigentlich jede Epoche irgendwie auf den Schultern ihrer unmittelbaren Vorgängerin ruht, auch dort noch, wo ein völlig radikaler Bruch stattgefunden zu haben scheint. Der moderne Verfassungsstaat, wie er aus der französischen Revolution hervorging, hat vom Absolutismus immerhin gerade den Staatsgedanken im Gegensatz zum Feudalismus übernommen und das Christentum ist nicht nur der Todfeind, sondern in mehr als einer Beziehung auch Sohn und Erbe der späteren Antike gewesen. Somit ist allerdings eine „dialektische" Beziehung vorhanden, eine Aufhebung und Aufbewahrung, die an sich nicht möglich wäre, wenn ihr nicht in unserer Menschennatur ein Correlat, ein Schema der Erfahrung entsprechen würde. Wir brauchen auch gar nicht lange zu suchen: es ist die Kategorie der Gemeinschaft, in der zwei Substanzen wechselweise Ursache und Wirkung zugleich bedeuten. Das brauchte freilich nicht erst Hegel zu lehren, weil es schon in der Kritik der reinen Vernunft steht, die auch über das entsprechende formale Element, das diesen Vorgang in der Logik wiederspiegelt, genau Bescheid wusste. Das disjunktive Urteil, welches etwa besagt, dass die Welt entweder durch innere Notwendigkeit da wäre oder durch einen Zufall oder durch eine äussere Ursache, ist zwar eine logische Form, in der die einzelnen Sätze sich ausschliessen, aber doch so, dass sie zusammen eine Sphäre der Erkenntnis ausfüllen, die in anderer Weise nicht zu besetzen wäre. Diese Begriffe bedingen sich und machen eine Gemeinschaft aus, wie sofort klar werden würde, wenn ich etwa ernsthaft hinzufügen wollte: oder durch Parmesankäse. Aber solche Scherze ziemen sich natürlich nicht, wo doch die hohe Philosophie in Frage kommt, und so erinnere ich

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an den früher variierten Satz: es ist im Saal nicht ein grosser Lärm, sondern dunkel. Offenbar ein unsinniger Satz, weil sehr wohl auch in einem dunklen Theatersaal (wenn man etwa das Gas abgedreht hat) ein fürchterlicher Spektakel mit Mord und Totschlag und Revolverschüssen inszeniert werden könnte. Sehr vernünftig würde es aber klingen, wenn ich formulieren wollte: es ist dort nicht dunkel, sondern hell, weil diese Begriffe im innern Zusammenhang des gegenseitigen sich Ausschliessens stehen, im Zusammenhang der formallogischen Wechselwirkung, dass jedes von ihnen gleichzeitig die Ursache von der Nichtexistenz des anderen in einem gegebenen Moment ist. Nun aber tritt in dieses Schema Materie ein, und es entsteht auf einmal eine Kategorie: aus einem sehr scherzhaften Ballspiel mit Begriffen wird eine Wechselwirkung von Kräften in der Wirklichkeit, in Zeit und Raum, in der Natur und in der Geschichte. So vermählen sich die beiden ewigen Gegensätze, Logik und Materie, Verstand und Sinnlichkeit zu einer inneren Einheit, und wir selbst, wir Menschen in Raum und Zeit, sind eine solche unlösbare und sehr reale Verknüpfung von Dingen, die wir doch zugleich wieder als Gegensätze zu empfinden und durchzukämpfen pflegen: auch wir sind Natur und Geist, Verstand und Sinnlichkeit, und sind dennoch organische Lebewesen, einheitliche Menschennaturen. Wodurch diese innere Einheit entsteht, welches das Klebemittel sein mag, die zusammenfügende chemische Formel: das zu ergründen, darüber erschöpfende Auskunft zu geben, darüber eine Erkenntnis mitzuteilen, das vermag kein Sterblicher, denn soweit langt unsere Erfahrung nicht und es wirkt hier bereits jener ewige Unbekannte, das Ding an sich. Nur wirkt es aber eben: diese Wirkung, diese immanente Einheit und Urbedingung unserer Existenz ist nicht zu leugnen und aus der Welt zu schaffen. Wir erleben sie täglich am eigenen Leib und sind selbst nur ihre

— 305 — Folge und nur durch sie als Organismen und innere Einheiten möglich. Nun mag etwa aus dieser Erkenntnis heraus ein Mann auftreten, der eine leidenschaftliche Begeisterung für die Gebote der Vernunft fühlt, und der mit hohem Ernst die Forderung aufstellen möchte: nur was vernünftig ist, darf sein. Aber es gibt dennoch auch sehr viele Unvernunft, die siegt und zu triumphieren scheint, sehr viel unlogische Materie, die allen Versuchen, sie zu rationalisieren, die unüberwindliche Macht ihrer Trägheit entgegenstellt: da könnte der Mann verzweifeln und diese vernunftlose Welt verfluchen und zum verbitterten Flüchtling oder zum Selbstmörder werden. Aber kann eine Welt ganz unvernünftig sein, in der doch, als Kategorien, auch logische Formen zu ihrem Recht gelangen? Gewiss, ohne Frage, es sind keine „reinen" Formen mehr, und sie sind, wenn man so sprechen darf, „befleckt" mit Materie, mit Sinnlichkeit. Doch sie sind schaffenskräftig und schaffensträchtig geworden durch diesen Kontakt mit der Sinnlichkeit, und sie haben die Erfahrung erzeugt, diese Welt, die zwar nur Erscheinung ist, aber dennoch und trotz alledem blutvolle Realität, von der er selbst, der tief verstimmte Philosoph, doch einen Teil ausmacht, ohne die er gar nicht dasein und nicht der Vernunft dienen könnte. So muss er also zu dem Resultat kommen, zu dem unerschütterlichen Glauben, zu der Praxis: trotz alledem, es herrscht Vernunft, diesem Sinne gleichsam eines Ideals und einer Forderung hat auch die All-Logik Hegels ihre Berechtigung, und es darf nur durchaus nicht vergessen werden, dass das Exempel niemals rein aufgehen wird, weil die letzte Einheit auch für den Vernunftsmenschen im Geheimnis der Dinge, im Ding an sich beruht. Mit diesem Vorbehalt darf ihm nicht verwehrt werden, zu forschen, wo sich Vernunft und Realität besonders tief berühren und verflechten, auf welchen Gebieten der Erfahrung und der Tat, und da dürfte die Kategorie der L u b l l n e k i , Auegang der Moderne.

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Wechselwirkung, wie sie sich in der Weltgeschichte offenbart, gar vieles hergeben. Selbstverständliche Voraussetzung wird bleiben, dass der Philosoph auf gewaltsame Konstruktion ernstlich verzichtet und dort Resignation lernt, wo die Unvernunft herrscht, ohne darum seinen starken Glauben zu verlieren. Denn dieser Glaube ist ein Glaube an die Synthese, an die irgendwie einigende Wirkung jener unbekannten Kraft, die aus dem Gegensatz von Verstand und Materie die Erfahrung erzeugte. Wir können nicht wissen, Wann und wie sich auch in unserem Werk diese Einigung verwirklichen mag, wenn wir nur nicht an ihr verzweifeln, sondern arbeiten und nach ihr ringen. Wie der Philosoph der Vernunft, so mag es auch der der Natur tun, die ja ebenfalls ein Produkt der Erfahrung, der geheimnisvollen Synthese ist, und sogar das Fichtesche Ich gewinnt von einem solchen Standpunkt aus eine ganz andere Beleuchtung. Es ist dann der unerschütterliche Glaube an die geistige Persönlichkeit, die man sich erarbeitet hat, mit Kräften, die aus dem Urquell der allemal gegebenen Synthese und Wechselwirkung von scheinbar ewig entgegengesetzten Potenzen geschöpft sind. Mit einem Wort: die Kantsche Philosophie steigert die Kraft unseres praktischen und synthetischen Glaubens und bewahrt ihn zugleich vor der Verflogenheit und vor selbstzufriedenem Wissenshochmut. Die ungeheuren Mächte, die hier ruhen, sind kaum erst entfesselt worden, da Kant selbst seine Praxis noch sehr stark mit einer rationalistischen Überlieferung verknüpfte, die schon in der klassischen Zeit nicht mehr genügte. Während die theoretische Philosophie mit der Kritik der reinen Vernunft zu Ende ist und höchstens nur noch in deskriptiv monographischer Weise bearbeitet und verfeinert werden kann, hat seitdem erst die praktische Philosophie wahrhaft begonnen. Seitdem erst ist sie aus dem Subjektivismus erlöst worden und ihr die Aufgabe zugewiesen, Kultursynthesen zu finden und zu befehlen. Philosoph ist

— 3°7 — derjenige, der einen Glauben feststellt, der die Kräfte der Zeit zu einem Ganzen zusammenfasst, das nicht auf Willkür beruht, sondern auf einer organischen Entwickelung und einem Ausgleich und einem fruchtbaren Bündnis von scheinbaren Gegensätzen. Diesen neuen Typus und diese neuen Aufgaben des Philosophen hat bereits Nietzsche geahnt, und er bewies tatsächlich die Fähigkeit, einen machtvollen Kulturglauben praktischer Art in den Gemütern zu entfesseln. Nur verdarb er sich zum Teil seine Wirkung, weil er seinem „Glauben" statt durch Kant, durch den Nihilismus und Sensualismus Bahn brechen zu müssen glaubte. Das aber ist unmöglich, weil man nicht glauben kann, wo alles wankt und in Willkür gewandelt wird. Welcher Glaube hat gegenwärtig Anspruch auf die Oberherrschaft, um unsere Kultur zur Synthese gelangen zu lassen? Darauf muss die Antwort lauten: der unerschütterliche Glaube an eine universale Humanität, der aber, besser als im achtzehnten Jahrhundert, um die ewigen Zwiespältigkeiten Bescheid weiss. Wir sind ja durch die Erfahrung klug geworden, wir haben den Sozialismus und den Kapitalismus und Nationalismus erlebt, wie nicht minder Naturalismus, Rationalismus und Symbolismus, und wir wissen nur zu gut, wie immer wieder Einzelkräfte und Einzelwerte herrisch und hochmütig ihre Sonderrechte in Anspruch nehmen. Immerhin beginnt dieses Chaos sich zu klären und die geistige Kraft schwebt wieder über den Wassern, und es hat sich gerade in der Literatur und in der Kunst, wie nicht minder in der Politik und in der Wirtschaft, offenbart, dass man mit partikularistischen Werten nirgends zu einem befriedigenden Ergebnis, zu einer wahren Höhersteigerung des Lebens zu gelangen vermag. Ein Bedürfnis nach Ergänzung unserer Existenz, nach einer Synthese, lebt schon in mancher Seele, und es wurde in diesem Buch nach Kräften gezeigt, wie viele scheinbar ungünstige Zeitumstände gerade eine solche 20·

Synthese begünstigen und durch sie erst eine höhere Berechtigung gewinnen könnten. Dennoch wäre es verfehlt, wenn man allein von der „Logik der Tatsachen" die Entwickelung der neuen Kultur erwarten würde. Sie muss zunächst gefordert und es muss an sie, an diese NeuHumanität mit Entschlossenheit geglaubt werden. Und nur dann wird dieser Glaube die Kraft finden, die Welt der Wirklichkeit zu schauen und zu meistern und trotz aller Widerwärtigkeiten nicht zu verzweifeln, wenn er nicht auf einem leichtfertigen Optimismus, sondern auf der Kantschen Philosophie beruht, auf Erkenntnis und Ahnung, auf dem praktisch Erlebten und geglaubten Ding an sich.*) Ein solcher Glaube wird die Kraft finden, eine moderne Humanität zu erzeugen und damit eine Kultursynthese, die dem Streben nach grosser Kunst Halt und Berechtigung gewährt. Weil der Verfasser von diesem Glauben durchdrungen ist, schrieb er dieses Buch der Opposition gegen die gegenwärtige Moderne.

Schluss Die Moderne leidet an zwei Erbübeln, oder besser, an zwei Kinderkrankheiten, die sie ablegen muss, weil sie ihr tödlich werden könnten. Zunächst unterlief ihr die kindliche Verwechselung zwischen Wissenschaft und Kunst. Anstatt lediglich den strengen und auf dem bestimmten Gebiet monumentalen Rhythmus der Wissenschaft zu übernehmen und ihn in der Kunst noch zu steigern und zu seiner vollen Wirksamkeit zu erlösen: statt dessen beging *) Einen vorläufigen Versuch, die theoretischen und praktischen Grundlagen einer Neu-Humanität zu skizzieren, bietet mein kleines Buch „Humanität als Mysterium" (Jena, Eugen Diederichs).

sie den Missgriff, auch den Geist, die Seele und den Willen des Menschen nach einer angeblich wissenschaftlichen Methode zu bearbeiten und ihn den Gesetzen des Stoffes zu unterwerfen. Dadurch wurden die übersensiblen Schwächlinge, die dem Milieu im grobem oder feineren Sinn hilflos preisgegeben waren, zu den Lieblingen der modernen Dichtung, die sich unfähig erwies, starke Menschen darzustellen, während sie Dinge und Stimmungen oft in einer mythischen Übergrösse mit Eindringlichkeit zu gestalten vermochte. Dieser mythisch-sensualistische Einschlag in das moderne Seelenleben hätte die Künstler zu der Wiederbelebung von Formen führen können, die solchen Inhalten angemessen wären: die Ballade, der bewusste Mythos, die üppige Rede, die Rhetorik als ein selbständiges Kunstwerk. Ansätze dazu, die sich in der Moderne allerdings finden, gelangten zu keiner Entwickelung, weil der Ehrgeiz der Dichter sich an grösseren Formen, denen sie nicht gewachsen waren, vergriff. So wurde namentlich das Drama durch den Einbruch von Lyrik, Stimmung und Milieu ruiniert und auf ein niedrigeres Niveau herabgedrückt. Die Aufgabe, die Willensenergie und Vernunftklarheit der grossen dramatischen Form mit der modernen Innerlichkeit zu vermählen, wurde gar nicht gesehen und gar nicht begriffen. Darum konnte auch nur die eine Seite des Problems eine gewisse Lösung finden, indem an der Peripherie einige Ausdrucksmittel verfeinert wurden. Da diese Verfeinerung aus einem Übermass von Sensibilität und Willenlosigkeit geflossen war, anstatt aus Kraft und Grosse und innerem Reichtum, so konnten sich auch kleine Talente und kleine Menschen, völlig ausgesprochene Epigonennaturen, dieser Mittel bemächtigen, um dadurch ihre sentimentalische innere Armut und ganz gewöhnliche Theatralik zu verbergen. Repräsentative Typen dieser jüngsten Moderne sind Julius Bab und Herbert Eulenberg.

Die zweite Krankheit der Moderne war und ist auch noch der Anachronismus ihrer revolutionären Gesinnung. Wohl ist die Befreiungsarbeit, die mit der grossen französischen Revolution begann, keineswegs bereits zu ihren letzten Resultaten vorgedrungen. In Mittel- und in Osteuropa sind noch mancherlei feudale und despotische Reste von oft sehr ansehnlichem Umfang zurückgeblieben, und es wird harte und schmerzliche Kämpfe kosten, bevor die moderne Gesellschaft mit diesen schlimmen Rückständen fertig geworden ist. Dennoch handelt es sich nur um ein Nachhutgefecht, um die letzten Zuckungen einer hundertjährigen Krise, und die Kämpfer von heute gleichen nicht Armeen, die eine Festung und feindliche Hauptstadt belagern, sondern Kolonisten, die in dem eben eroberten Land sofort Städte und Bollwerke anlegen und schrittweise vordringen. Es muss gekämpft, aber es muss vor allem gebaut werden, wenn die Truppe der Zukunft siegen soll. Somit kommt alles darauf an, dass eine Kultur geschaffen wird, die auf dem Ganzen der Menschennatur beruht und einen synthetischen Charakter aufweist: sie darf weder nur soziologisch und weder nur romantisch, nicht nur mystisch und nicht nur rationalistisch sein. Aber das Ganze, die Synthese dieser Gegensätze, darf ebensowenig ein wirres und enthusiastisches Chaos sein, nicht nur jene Hegeische Nacht der schwarzen Kühe; sondern es muss in seiner Art die Moderne zusammenfassen, wie das klassische Altertum und das grosse dreizehnte Jahrhundert im Mittelalter die Kräfte und Gegensätze der damaligen Welt zusammengefasst haben. Ein freilich unermessliches Ziel, nach dem noch Generationen zu ringen haben werden. Dagegen ist es den sogenannten Revolutionären unserer Tage leichter und schwerer zugleich gemacht: sie haben überhaupt kein Ziel mehr, weil etwas wahrhaft Grosses und Monumentales nicht mehr zu zerstören ist. Dafür übertreiben sie die Bedeutung von allerlei Nebensachen,

— 3" — die sie monumentalisieren, um dann als Helden und Überwinder dagegen den Kreuzzug zu beginnen. Dadurch werden die moderne Kunst und moderne Weltanschauung zugleich geschädigt, weil allerlei Kleinprobleme mit masslosem Geschrei den Vordergrund ausfüllen. Der Epigone aber erhält Gelegenheit, seine Dürrheit nicht nur mit artistischen, sondern auch mit revolutionären Lumpen zu verkleiden. Der Typus dieser Art von Epigonentum: Frank Wedekind. Somit muss sich die Moderne von den beiden Kinderkrankheiten befreien. Dann erst wird sie zu einer grossen Kunst gelangen können, die imstande wäre, in indirekter und tief eingreifender Weise auch auf das Leben zu wirken und dadurch eine Kultur formen zu helfen. Grosse Möglichkeiten und Ziele winken der modernen Kunst: die Tragödie im Drama, das Epos in der Erzählung, die Ballade und der Mythos in der Lyrik. Doch dazu wird erfordert, dass man wieder an menschliche Grosse glaube. Die Moderne ist gescheitert und in das Epigonentum zurückgesunken, weil ihr dieser Glaube gefehlt hat.

BIBLIOGRAPHIE SAMUEL LUBLINSKI zusammengestellt von JOHANNES J. BRAAKENBURG

VORBEMERKUNG

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VERZEICHNIS DER BENUTZTEN ABKÜRZUNGEN

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I. PRIMÄRLITERATUR

320

A. Buchveröffentlichungen

320

B. Beiträge in Sammelwerken und Briefeditionen . . .

326

C. Veröffentlichungen in Zeitschriften, Zeitungen und Jahrbüchern

328

II. SEKUNDÄRLITERATUR

347

D. Aufsätze, Rezensionen, Polemiken, Nachrufe in Zeitschriften, Zeitungen und Jahrbüchern

347

E. Behandlung in Buchveröffentlichungen

378

F. Behandlung in allgemeinen Uberblickswerken und in Nachschlagewerken (Auswahl)

390

III. ANHANG

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Vorbemerkung Diese Lublinski-Bibliographie ist der erste Versuch, das Schrifttum von und über Samuel Lublinski möglichst vollständig zu erfassen. Vollständigkeit wurde zwar angestrebt, aber kaum erreicht; denn die Dezimierung des deutschen Zeitungs- und Zeitschriftenbestandes, etwa infolge des 2. Weltkrieges, macht jeden Versuch unmöglich, alle Zeitungen, die zu Lublinskis Lebzeiten erschienen sind und die eventuell Beiträge von ihm und über ihn enthalten könnten, ausfindig zu machen und durchzusehen. Die bibliographischen Angaben beruhen fast sämtlich auf Autopsie; wo mir die Zeitung, die Zeitschrift oder das Buch nicht zugänglich waren, habe ich Photokopien benutzt. In wenigen Fällen beruht die Bibliographierung eines Titels auf Angaben einer Bibliothek oder eines Archivs, weil es leider auch nicht immer möglich war, Photokopien oder Mikrofilme zu erhalten. In zwei Fällen, die ich mit einem Stern (*) bezeichnet habe, beruht die Angabe auf einer anderen Bibliographie oder auf Angaben, die ein unvollständiges Exemplar enthielt. Auch alle Titel des Anhangs haben diesen Stern erhalten, weil ich sie nicht selbst habe kontrollieren können. Leider war es bei den Zeitungen oft nicht sicher, ob das Exemplar vollständig war ;oder aber es fehlte jede Seitenangabe. Besonders bei der Berliner Zeitung »Der Tag« war es dadurch unmöglich, genau anzugeben, wo genau in der Zeitungsnummer der Aufsatz steht, aber hier haben immer Photokopien vorgelegen. Nicht ermittelt werden konnte Folgendes: 1. der Standort der Zeitung: »Berliner Fremdenblatt«, Jg. 1895; der »Welt am Montag«, Jg. 1896. Hier waren mir nur die Einzelnummern aus dem Internationalen Zeitungsmuseum der Stadt Aachen zugänglich. In diesen Jahrgängen war Lublinski Redakteur dieser Blätter; sie werden also bestimmt eine Reihe von Aufsätzen von ihm enthalten, die ich aber bis auf zwei Aufsätze nicht mehr ermitteln konnte. 2. Die »Königsberger Hartungsche Zeitung«, Jg. 1901, i. Quartal. 3. Die Zeitschrift »Jüdische Moderne«, Jg. i, 1897, ab Heft 6, und Jg. 2, 1898, ganz. (Es ist aber nicht sicher, daß diese Nummern auch wirklich erschienen sind). 4. Die Zeitschrift »Jüdische Rundschau«: die Jahrgänge vor dem Jahre 1902.

5-Das »Flugblatt«, das Lublinski Anfang 1898 veröffentlicht hat. Vgl. dazu die Nummer C 33, D 7 und D 10 der Bibliographie. 6. Unauffindbar war der Erstdruckort der Aufsätze: »Das Mittelalter (1900)« und »Sophokles (1911)« aus den »Nachgelassenen Schriften« [vgl. A 25]. 7. Zu einigen Aufsätzen und Polemiken in Zeitungen hatte ich leider nur so vage Angaben, daß die Bibliotheken, die für mich gesucht haben, nichts Näheres haben finden können; so zu dem Aufsatz »Das Mittelalter« (= A 25, Nr. 7) und zu der Polemik über Lublinskis Aufsatz »Rasse und Nation« (= C 88). In den Jahren 1895-1898 benutzte Lublinski vier Pseudonyme: Salomo(n) Liebhardt, Silvio Piccolomini, Peregrinus, Sylvester; Salomo Liebhardt in den zionistischen Zeitschriften, die anderen vermutlich in den beiden Zeitungen »Berliner Fremdenblatt« und »Welt am Montag«. Aus Raumgründen mußte ich die Eintragungen möglichst kurz fassen. In der Abteilung A habe ich das Titelblatt der Bücher Lublinskis wiedergegeben, aber ich habe auf eine Beschreibung des Einbandes und auf Angabe des Formates verzichtet, schon deshalb, weil ich von einigen Büchern kein einziges Exemplar in der Originalbroschur oder im Originaleinband habe finden können. Bei den Sammelbänden wird der Inhalt mitgeteilt und werden, wenn möglich, auch der Erstdruck, die späteren Neudrucke und Teilabdrucke der einzelnen Beiträge angegeben. Nachdrücklich muß hier erwähnt werden, daß die Neudrucke in den »Nachgelassenen Schriften«, München, 1914, nicht immer genau dem Erstdruck entsprechen. Die Herausgeberin, Ida Lublinski, sagt dazu in ihrer Einleitung, a.a.O., S. VII, folgendes: »Nichts anderes war erlaubt und möglich, als die Aufsätze nach ihrem Inhalt zu ordnen, was sich nicht einfügen Hess auszuschalten, kleine stilistische Aenderungen anzubringen und die durch die Zusammenstellung sich ergebenden allzu häufigen Wiederholungen durch Striche zu beseitigen.« In der Abteilung A erscheint die Kurzfassung des Titels, die ich beim Zitieren benutzt habe, in VERSALIEN. Unter jedem Titel stehen die Nummern der Rezensionen des Buches. Bei der Abteilung B ist die Wiedergabe des Titels noch weiter gestrafft. In der Abteilung C habe ich für die Zeitschriften keine Siglen verwendet, sondern immer den Haupttitel wiedergegeben, wodurch die Handhabung der Bibliographie einfacher wird. Der Er-

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sdieinungsort der Zeitschriften ist nur bei der Ersterwähnung aufgenommen worden; aus praktischen Gründen ist aber bei Zeitungen der Erscheinungsort immer genannt. Bei einigen Beilagen zu den Zeitungen, so bei der »Sonntagsbeilage zur Vossischen Zeitung« und bei der Beilage »Der Zeitgeist« zum »Berliner Tageblatt« habe ich lediglich Datum und Nummer der Beilage angegeben, weil mir diese Beilagen zum Teil nur als gesondert gebundene Jahrgänge zugänglich waren, die Zeitungen selbst aber nicht. Wo ein Jahrgang einer Zeitschrift in Teilbänden erschienen ist (gewöhnlich fängt dann die Paginierung neu an), ist das eigens angegeben. Von mir erschlossene oder nicht im benutzten Exemplar selbst ermittelte Angaben stehen zwischen eckigen Klammern. Manche Zeitschriften sind aber bibliographisch so kompliziert, daß ich der Einfachheit halber die Bibliographien nenne, wo sie exakt beschrieben sind: Carl Diesch, Bibliographie der germanistischen Zeitschriften. Stuttgart, 1927, Neudruck: Stuttgart 1970. Literarische Zeitschriften und Jahrbücher 1880-1970. Marbach am Neckar 1972. Fritz Schlawe, Literarische Zeitschriften, Teil I, 1885-1910, 2. Auflage, Stuttgart, 1965. Für zionistische und jüdische Zeitschriften und Jahrbücher: Systematische Catalogue van de Judaica der Bibliotheca Rosenthaliana, Amsterdam, Band I, Amsterdam 1936 [Neudruck: 1965], S. 9-33 für die Zeitschriften, und S. 33-39 für die Almanache und Jahrbücher. Supplement I/1, Amsterdam, 1971: S. 6-60 für die Zeitschriften. Für Zeitungen: Deutsche Zeitungsbestände in Bibliotheken und Archiven, bearb. v. Gert Hagelweide. Düsseldorf, 1974. Dasselbe gilt für die Eintragungen in der Abteilung D. Hebräische Titel erscheinen nicht nur in der Transkription, sondern auch in hebräischen Buchstaben. Vereinzelt habe ich zu Aufsätzen, deren Titel sehr irreführend ist, ein Stichwort zum Inhalt hinzugefügt. Ich habe versucht, durch Querverweise die zahlreichen Polemiken Lublinskis aufzuschlüsseln, so daß festgestellt werden kann, wie eine Polemik verlaufen ist. Wenn eine Gattungsbezeichnung fehlt, handelt es sich um Aufsätze oder Essays. Sonst habe ich hinzugefügt, ob es sich um eine Rezension, eine Novelle, ein Gedicht handelt. Nur ausnahmsweise, in wichtigen Fällen, habe ich die Referate der Aufsätze Lublinskis, die im »Litterarischen Echo« erschienen sind, auf-

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genommen. Die Referate aus den »Jahresberichten für neuere deutsche Literaturgeschichte« habe ich vollständig zu erfassen versucht. Bei den »Jahresberichten« über die Jahre 1898-1901 (Berlin 19011905) habe ich die Nummer der Abteilung und der Fußnote angegeben, weil die Seiten nicht numeriert sind. Von den »Jahresberichten« über das Jahr 1902 an (Berlin 1906) erscheinen die Seitenzahlen der Referate. Die Reihenfolge der Abteilungen -D ist chronologisch. Zu Anfang jedes Jahres stehen die Jahrbücher u. ä. Dann folgen die Beiträge zu den Zeitschriften und Zeitungen, wobei die periodischen Veröffentlichungen, die sich über einen längeren Zeitraum erstrecken, vor den Veröffentlichungen stehen, die sich über einen kürzeren Zeitraum erstrecken. Von Lublinski benutzte Titel stehen in KAPITÄLCHEN (Abt. C), in Abt. D erscheinen so die VERFASSERNAMEN. In der Abteilung E stehen die Monographien, die sich mit Lublinski befassen oder in denen er behandelt wird. Auch hier ist die Reihenfolge chronologisch. In Abteilung F steht eine Auswahl aus den Nachschlagewerken und Literaturgeschichten, die sich auch mit Lublinski befassen. Nur das Wichtigste habe ich aufgenommen: viele Literaturgeschichten beschränken sich darauf, zu erwähnen, daß Lublinski mit Paul Ernst und anderen zur »Neuklassik« gehört hat. Diese habe ich fortgelassen. Wo notwendig, sind auch in diesen Abteilungen Querverweise zu den anderen Abteilungen aufgenommen worden. Ich habe leider erst vor kurzem festgestellt, daß der Nachlaß Lublinskis, der sich in Australien befunden hat, sich jetzt in dem Besitz des Erben von Lublinskis Nichte, Frau Käthe Jacobson, befindet: Herr Elazar Benyoetz besitzt ihn, und er wird in Jerusalem aufbewahrt. Ich habe ihn nicht benutzen können. Herr Benyoetz war aber so freundlich, einen Durchschlag des Manuskriptes für mich zu prüfen und mir seine Ergänzungen und Korrekturen mitzuteilen. (Vgl. dazu den Anhang auf S. 395-96). Dafür danke ich ihm herzlich. Der Redaktionsschluß der Bibliographie war der 31. Dezember 1975. Nur vereinzelt konnten später aufgefundene oder erschienene Titel noch berücksichtigt werden. Schließlich ist es mir eine angenehme Pflicht, den vielen Personen und Institutionen zu danken, ohne deren Hilfe diese Bibliographie nicht zustande gekommen wäre. An erster Stelle danke ich Herrn Prof. Dr. Gotthart Wunberg, Tübingen, der es mir ermöglicht hat, die Bibliographie auch zu veröffentlichen, und dessen kritischem

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Blick das Manuskript soviel verdankt. Ich möchte auch folgenden Bibliotheken und Archiven für ihre Hilfe danken: In Holland vor allem der ÜB Amsterdam, wo sich auch die »Bibliotheca Rosenthaliana« befindet. Der Hilfe der Mitarbeiter dieser Bibliothek verdankt die Bibliographie Entscheidendes. Weiter halfen mir in Holland: die ÜB Groningen, die ÜB Utrecht, die Koninklijke Bibliotheek im Haag, die ÜB Leiden, die ÜB Tilburg und die Provinciale Bibliotheek in Leeuwarden, die mir über die internationale Fernleihe viele Bücher und Zeitschriftenaufsätze besorgt hat. Auch der so reichhaltigen Bibliothek des »Internationaal Instituut voor Sociale Geschiedenis« in Amsterdam verdanke ich viele Angaben. In der Bundesrepublik halfen mir vor allem die Mitarbeiter des »Deutschen Literaturarchivs« in Marbach/Neckar; ich möchte hier vor allem Herrn Reinhard Tgahrt und Frau Heidi Westhoff danken. Sonst halfen mir sehr: die Staatsbibliothek Preußischer Kulturbesitz in Marburg und Berlin, das Institut für Presseforschung in Dortmund, das Institut für deutsche Presseforschung in der ÜB Bremen, die Bayerische Staatsbibliothek, München, viele Universitätsbibliotheken, so die in Tübingen, Köln, Düsseldorf, Mannheim, Erlangen-Nürnberg, Bochum, Frankfurt/Main (Abt. Judaica), die Württembergische LB Stuttgart, die Hessische LB Darmstadt, die Stadtbibliothek Mönchen-Gladbach, die LB Coburg, das Internationale Zeitungsmuseum der Stadt Aachen, die StB Mainz, die StB Essen, das Kulturamt der Stadt Hannover. In der DDR an erster Stelle die Deutsche Staatsbibliothek, Berlin-Ost, und das Stadtarchiv Leipzig. In den USA möchte ich erwähnen: die ÜB der University of Wisconsin-Madison und die ÜB der University of Iowa, in Israel die ÜB Jerusalem und »The Central Zionist Archives«, Jerusalem, sowie den Verlag »Bitoan Publishing Co.«, Tel-Aviv. Hoffentlich stellt diese Bibliographie die Beschäftigung mit Lublinski auf eine solide und brauchbare Grundlage. Heerenveen, Niederlande, 25. Februar 1976

Joh. J. Braakenburg

Verzeichnis der benutzten Abkürzungen n. num. Nr.

nicht numeriert Nummer

o.D. o.J. o.O.

ohne Datum ohne Jahr ohne Ort

b. bei Bd./Bde. Band/Bände Br. Brief

P-

pagina

Qu.

Quartal

d.i. Diss.

das ist Dissertation

Rab. Ref. Rez.

Rabbiner Referat Rezension

EA eingel. erw.

Erstauflage eingeleitet erweitert

f./ff.

folgende

S. Sem. Sept. SL Sp.

Seite(n) Semester September Samuel Lublinski Spalte

T. TA Tl.

Tausend Teilabdruck Teil(e)

A.-A. Abt. Anh. Anm. Aufl. Ausg.

Abend-Ausgabe Abteilung Anhang Anmerkung Auflage Ausgabe

H. Heft hg./hrsg. herausgegeben Hrsg. Herausgeber Jg-

Jahrgang

komm.

kommentiert

M.-A.

Morgen- Ausgabe

neubearb. neubearbeitet N.F. Neue Folge

u. und unter anderem u.a. über üb. überarb. überarbeitet

v. vgl.

von/vom vergleiche

Die »Jahresberichte für neuere deutsche Literaturgeschichte«, Bd. i, 1890 Bd. 26,1, 1915 erscheinen immer abgekürzt als »Jahresberichtef.

I. PRIMÄRLITERATUR A. Buchveröffentlichungen A i JÜDISCHE CHARAKTERE

1899

/ Jüdische Charaktere / bei / Grillparzer, Hebbel und Otto Ludwig. / Litterarische Studien / von / S. Lublinski. / [Verlagsvignette] / Berlin 1899. / Verlag Siegfried Cronbach. / 120 S. Inhalt: S. III: Vorwort; 8.5-25: Hebbels Judith [= 623]; 8.17-38: Der Jude in der Genoveva [=€34]; 8.39-59: Herodes und Mariamne [=€29]; 8.61-9$: Otto Ludwigs Makkabäer; 8.97-120: Grillparzers »Estherc und »Rahel von Toledo« [= €40]. Rezensionen: D I J , D 19, Ü 2 I , Ü24a, 025, D 16, D 27, D 28, 029, 030, 031, 040, D 83.

A 2 LITTERATUR UND GESELLSCHAFT

1899-1900

/ Litteratur und Gesellschaft / im / neunzehnten Jahrhundert. / [Strich] / Von / S. Lublinski. / Band I. / »Die Frühzeit der Romantik.« / [Verlagsvignette] / Berlin, 1899 / Verlag Siegfried Cronbach. / VIII + 1528. [id.] / Band II. / Romantik und Historizismus. / [Verlagsvignette] / Berlin, 1899. / Verlag Siegfried Cronbach. / [IV +] 155 [+ i] S. [id.] / Band III. / Das junge Deutschland. / [Verlagsvignette] / Berlin, 1900. / Verlag Siegfried Cronbach. / [IV+] i8oS. [id.] / Band IV. / Blüte, Epigonentum und Wiedergeburt. / [Verlagsvignette] / Berlin, 1900. / Verlag Siegfried Cronbach. / [VI +] i86S. [Reihentitel auf S. [II] ]: / Am Ende des Jahrhunderts. / Rückschau / auf / zoo Jahre geistiger Entwickelung. / [Strich] /. Band XII, XIII, XVI, XVII. Rezensionen: 032, D S J , 036, 037, 039, 041, 044, +6, 47, OSO, D $ 3 , D 5 J , D 56, D 60, D 75, D 76, 078, 083, Duo, D 151, »0313 [Anh.].

A 3 NEU-DEUTSCHLAND 1900 / Neu-Deutschland. / [Zierleiste] / Fünf Essays / von / S. Lublinski. / [Verlagsvignette] / Minden in Westf. / J.C.C.Bruns Verlag / 1900. / [XII+ ] ii2 S. Inhalt: S. V: Widmung an den Vater; S. VII: Vorwort; S. IX: Inhaltsangabe; S. i-ij: Neu-Deutschland; S. 16-25: Heinrich von Treitsdike als Politiker [ = €5]; S. 26-37: Wilhelm I. [=Cio]; 8.38-51: Wilhelm II. [=€39]; 8.52-112: Bismarck. Eine Psychologie [Vgl. A 25, S. 169-253]. Rezensionen: 042, 043.

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A 4 GESCHEITERT 1901 / Gescheitert. / Ein Novellenbuch / von / S. Lublinski. / [Zierleiste] / Dresden und Leipzig / Verlag von Carl Reissner. / 1901. / [IV +] 259 [+ i leere] S. S. III: Inhalt; S.i-6j: Hanswurst der Klasse; 8.67-86: Moritz Ephraim der Lokalredakteur; 8.87-251: Major Kronegk; S. 253-159: Ein lächerlicher Mensch. Rezensionen: D 63, 064, D 66, D 68, D 70.

A 5 DER IMPERATOR 1901 Der Imperator. / Trauerspiel in fünf Aufzügen / von / S. Lublinski. / [Strich] / Begonnen Dezember 1897, vollendet Mai 1900. / [Verlagsvignette] / Dresden und Leipzig / E. Pierson's Verlag / (R. Lincke, k.k. Hofbuchhändler) / 1901. / [IV+] 3358. [+ i leere Seite]. Rezensionen: D6i, 071, D 72, 073, D 74, D 77, D 100. Vgl. E 4.

A 6 HANNIBAL

1902

/ Hannibal / [Strich] / Tragödie / von / S. Lublinski / [Verlagsvignette] / Dresden und Leipzig / Verlag von Carl Reißner / 1902. / 140 S. Rezensionen: D 79, D 80, D 82, D 100.

A 7 MULTATULI 1902 / Multatuli / von / S. Lublinski. / [Strich] / Gose & Tetzlaff, Verlagsbuchhandlung. / Berlin 1902. / 40 S. [Auf dem OU steht links oben:] / Moderne Essays / zur / Kunst und Litteratur / Herausgeber: Dr. Hans Landsberg / [Rechts oben:] / Heft 14 / [Strich] / Preis 50 Pfg. /. [Es folgt der Titel]. Inhalt: S. 3-33: SL's Essay; S. 34-38: »Parabeln und Aphorismen von Multatuli·; 8.39: »Zur Multatuli-Litteratur« von Hans Landsberg. S. [40]: Übersicht der erschienenen Hefte und Ankündigung weiterer Hefte.

i. Neudruck: B 4, S. 95—123. A 8 ELISABETH UND ESSEX 1903 / Elisabeth und Essex. / [Strich] / Tragödie von / S. Lublinski. / [Verlagsvignette] / Berlin, 1903. / Verlag Siegfried Cronbach. / [IV +] 167 S. [+ i S. mit den Werken SL's]. Rezension: D 100.

A 9 DIE ENTSTEHUNG DES JUDENTUMS 1903 /S. Lublinski/Die Entstehung/des Judentums / Eine Skizze/[Verlagsvignette] / Jüdischer Verlag - Berlin 1903. / 71 S. [+ i leere S. + 8 S. mit Anzeigen des Verlags]. 8.61-71: »Nachtrag«: eine Polemik mit Karl Kautskys »neuer Hypothese über das Judentum«: KARL KAUTSKY, »Das Massaker von Kisdienef und die Judenfrage«. Die Neue Zeit, Stuttgart, Jg. 21, Bd. 2, Nr. 36 v. [6.6.1903], 8.303-309. Rezensionen: D8j, D 87, D 90, D 140.

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DIE BILANZ DER MODERNE 1904 /Die / Bilanz der Moderne / Von / S. Lublinski / [Verlagsvignette] / Berlin 1904 / Verlag Siegfried Cronbach /. VIII + 374 S. [+ 2 S. mit Anzeigen und Pressestimmen zu A 2], Die »Zweite Auflage« und die »Dritte Auflage« erschienen auch mit der Jahreszahl 1904 auf dem Titelblatt, sind aber sonst völlig unverändert. Vielleicht sind es Titelauflagen. Kaysers »Bücher-Lexikon«, Bd. 34, Leipzig, 1908, S. , nennt nur die »i. und 2. Aufl.«, so daß die 3. Auflage vielleicht nach 1908 erschienen sein dürfte. Rezensionen: D 91, D 92, D , D 104, D 10$, D 109, D in, D 112, D 115, D 116, D 128, 0146, D 147, D 154, 0297, *D2oia [Anh.].

1. Tank, Kurt Lothar, Gerhart Hauptmann in Selbstzeugnissen und Bilddokumenten. Hamburg, Rowohlt Taschenbuch Verlag, 1959. S. 166: Zitat aus der »Bilanz [= A 10, 8.254-255] über Hauptmanns »Weber«. la. Maurer, Warren R., Hebbel im Urteil der Naturalisten. Hebbeljahrbucb, Heide / Holstein. Jg. 1967, S. 107-138 druckt S. 116-117 ein Zitat aus der »Bilanz« S. 305 ab. 2. TA in £46, 5.28-39 [= »Bilanz«, 5.224-228]: über T.Manns »Buddenbrooks«. 3. TA in B 6 unter dem Titel: »Nietzsche und die neue Romantik«: S. 270-277 u. S. 277—280. Gekürzter Abdruck aus der »Bilanz«: S. 117-129, 130-133, 161-164. [= Text6i]. 4. TA in 67: Abdruck der »Vorrede« [= »Bilanz«, S.V-VIII] und des Kapitels: »Die Moderne: Geistige Struktur um 1900« [= »Bilanz«, S. 3-49], abgedruckt: S. 185-213. 5. Vollständiger Neudruck: Mit einem Nachwort neu herausgegeben von Gotthart Wunberg. Tübingen, Max Niemeyer Verlag [1974]. Deutsche Texte: 29. Ausgewählte Schriften I. [4 +] VIII + 424 S. Enthält: 8.369-406: das »Nachwort« des Herausgebers: »Samuel Lublinskis Versuch, Literatur soziologisch zu verstehen« [ist die überarbeitete Fassung von £ 66]; 8.408-424: ein »Namenregister« und ein »Sachregister«. Rezensionen: 0323, 0324, Ü32J, D316, 0327.

A 11 POLIZEILEUTNANT 1904 / Samuel Lublinski / Der Polizeileutnant / in der Literatur / Eine Abwehr gegen / Arno Holz / 2. Auflage. / Preis 30 Pf. / MagazinVerlag Jacques Hegner/Berlin S W., Tempelhofer Ufer 29. / [1904] /. [Rechts unten:] [Verlagsvignette]. 15 S. [+ i S. mit Anzeigen]. Auf S. 15 auch: Aufzählung der »Magazin«-Aufsätze: »über die Fehde: Holz-Schlaf-Lublinski«. Er erschienen 6 Auflagen, von denen nur die 2. und die 6. Aufl. aufgefunden werden konnten. Später werden als Verleger genannt: »Leipzig, F. Rothbarth« (laut Kaysers »Bücherlexikon«, Bd. 34, 1908, S.ioi); »Leipzig, Verlag d. Funken,

323 Sep.-Kto.« (laut Hinrichs' »Fünfjahrs-Katalog, Bd. n, iT., i. H., 1906, 8.898). Laut Börsenblatt für den Buchhandel Jg. 1904, erschienen die Aufl. so: i.A. (Börsenblatt, Nr. 175, 8.6435): 1.8.1904; i.A. (id. Nr. 178, S.6jij): 6.8.1904; 3. A. (id. Nr. 182, 8.6632): 11.8.1904; 4. A. (id. Nr. 186, 8.6741): 22.8.1904; f. A. (id. Nr. 195, 8.7004): 26.8.1904; 6. A. (id. Nr. 199, 8.7120): 1.9.1904. Rezensionen: keine ermittelt, vgl. aber: D 115, £2.2 und £21.

A i2 VOM UNBEKANNTEN GOTT

1904

/ Vom / unbekannten Gott / [Strich] / Ein Baustein / [Strich] / Von / Samuel Lublinski / [Vignette] / Dresden / [kurzer Strich] / Verlag von Carl Reissner / [o.J. = 1904]. [IV +] 99 S. [+ i S. mit einem Verzeichnis der Bücher SL's]. Rezensionen: D , D 103, D 108, D 113, D 132, D 147, D 153.

A 13 HOLZ UND SCHLAF

190$

/ Samuel Lublinski / Holz und Schlaf / Ein zweifelhaftes Kapitel Literatur- / geschiente / [Verlagsvignette] / Axel Juncker Verlag in Stuttgart/ [o.J. = 1905]. VIII + 63 S. [4- i S. mit Anzeige]. Rezensionen: D 120, vgl. auch D 125, D 129, E 2.2 u. E 21.

A 14 DARWIN 1905 / Charles Darwin / [Strich] / Eine Apologie und eine Kritik / von / Samuel Lublinski / [Strich] / Leipzig / Verlag von Theod. Thomas/ [190$]. [S. II: Reihentitel:] / Klassiker / der Naturwissenschaften / herausgegeben / von / Lothar Brieger-Wasservogel / [Strich] / II. Band / [Es folgt der Titel]. [IV +] ii2 S. [ + 4 S. Anzeigen]. Mit dem Bildnis Darwins. Rezensionen: D 107, D 114, D 117, D 127, D 130, D 134, D 135, D 142.

A 15 SCHILLER 1905 / [Titel in einem Rahmen von Früchten, Blättern, Füllhörnern usw.] / Die / Literatur / herausgegeben von / Georg Brandes / / Friedrich Schiller / Seine Entstehung / und seine Zukunft / Von Samuel Lublinski / Mit einem Lichtdruck, / elf Tonätzungen und / einem Faksimile / Bard · Marquardt · & Co · Berlin/ [o.J. = 1905]. [Reihentitel:] / [Strich] / Die Literatur / Sammlung illustrierter / Einzeldarstellungen / herausgegeben von / Georg Brandes / [Strich] / [unten:] / Einundzwanzigster Band /. [loS. +] 828. [+ 2 S.]. S. i-7j: SL's Text; 8.76-82: »Schiller-Literatur[,] die anlässlich der Feier der loojähr. Wiederkehr des Todestages des Dichters erschien«. »Zusammengestellt von der Verlagshandlung«. Rezensionen: D 122, D 131, D 144, D 164.

A 16 PETER VON RUSSLAND 1906 / Samuel Lublinski / Peter von Rußland / Tragödie in fünf Akten / und einem Vorspiel / mit / einer Einleitung / Der Weg zur Tragö-

die / [Strich] / München und Leipzig / bei Georg Müller / 1906. 239 S. [+ i S. mit Verlagsanzeige]. Rezensionen: D 133, D 136, D 136», 0137, D138, D 139, 0145, D 149, Di6o, D 189, £27.

A 17 HUMANITÄT ALS MYSTERIUM 1907 / Samuel Lublinski / Die Humanität / als Mysterium / [Verlagsvignette] / Verlegt bei Eugen Diederichs / Jena 1907 / [Um den Titel ein Zierleisten mit Blumen- und Obstkörben] /. [IV +] 83 S. [+ i S. mit einem Verzeichnis der Werke SL's]. Rezensionen: D143, D 147, D 148, D 153. A 18 GÜNTHER UND BRUNHILD 1908 / Günther und Brunhild / Tragödie / von / Samuel Lublinski / [Verlagsvignette] / [doppelter Strich] / Verlegt von Julius Bard / Berlin 1908 /. i66S. [+ 2 S.]· Rezensionen: D ijo, D 162, D 171, D 182, D iS6, D 189, D173.

A 19 SHAKESPEARES PROBLEM IM HAMLET 1908 / Samuel Lublinski / Shakespeares Problem / im Hamlet / Leipzig 1908 / Im Xenien-Verlag /. 88 S. [+ 8 S. mit Anzeigen]. Rezensionen: D 152, D 155, 0158, 0159, D iif, D \66, D 167, D 6 , D 172, D 173, D 176, D 178, D 196, D 231, E 16.

i. TA: »Hamlets Charakter«. Xenien-Almanach für das Jahr 1911. [Leipzig, Xenien-Verlag], [1910], S. 165-172. [= der 3. Abschnitt der EA: S. 29-38.]. A 20 DER AUSGANG DER MODERNE 1909 / Der Ausgang der / Moderne / [Strich] / Ein Buch der Opposition / von Samuel Lublinski / [Verlagsvignette] / Dresden / Verlag von Carl Reissner / 1909 /. XII + 314 S. [+ 2 S. Anzeigen]. Rezensionen: 0156, Dij7, D 161, D 163, D 169, D 170, D 174, D 17$, D 177, D179, Di8o, Di8i, 0183, 0184, D187, 0194, 0240, 0241, 0242, 0269, D 297, »Ü228a [Anh.].

1. TA in: Fiechtner, Helmut A., Hugo von Hofmannsthal. Die Gestalt des Dichters im Spiegel der Freunde. Wien, Humboldt-Verlag, [1949], S. 305-308. [= EA, S. 84-88 und 115-117]. 2. TA in: E 50, Text 49: »Das kranke Pferd« [= EA, S. 115-117], 8.213-214; Text Nr. 62: »Zur Psychologie und Weltanschauung der Neuromantik« [= EA, S. 53-65], S. 280-288. 3. TA: »Kritik meiner «Bilanz der Moderne«« [= EA, S. 225-235] in: 87, S. 230-236. 4. TA: »Hugo von Hofmannsthal« [= EA,S. 84-117]. In: Hofmannsthal im Urteil seiner Kritiker. Dokumente zur Wirkungsgeschichte

325 Hugo von Hofmannsthals in Deutschland. Hrsg., eingel. und komm, v. Gotthart Wunberg. Frankfurt/M., Athenäum, 1972, S. 209-228 (vgl. die Anm. auf S. 511-713). A 21 DIE ENTSTEHUNG DES CHRISTENTUMS 1910 / Samuel Lublinski / Die Entstehung des Christen- / turns aus der antiken Kultur / [Linie aus senkrechten Strichen] / [Verlagsvignette] / [Linie aus senkrechten Strichen] / i. und 2.Tausend [schräger Strich] Verlegt / bei Eugen Diederichs in Jena [schräger Strich] 1910 /. [Hauptitel auf S. II: [/ Der urchristliche Erdkreis / und sein Mythos / Erster Band / [Strich] / [Verlagsvignette] / [Aphorismus von Ludwig Uhland] / [Es folgt der Titel des ersten Bandes usw.]. [Beide Seiten werden von senkrechten Linien umrahmt]. [IV +] 258 S. [+ 2 S. mit Anzeigen]. Rezensionen: D117, D119, D 220, D 221, 0224, D2*j, D 227, 0230, 024}, D 244, D152, Ü2ij, 0267, D169, D 272, D 274, 0276, D 281, D 285, D 296, DJOJ. Vgl. E ja, £143, E i6a, £29.

A 22 FALSCHE BEWEISE 1910 / Falsche Beweise / für die Existenz / des Menschen / Jesus / von / Samuel Lublinski / [Vignette] / Verlag Die Tat · · G.m.b.H. · · Leipzig / [1910]. 21 [+

3] S.

Sonderdruck aus der Monatsschrift Die Tat, August 1910 [= C2o6].

i. Neu abgedruckt in: A 23, S. 79-99. Rezensionen: D 226, D 268.

A 23 DAS WERDENDE DOGMA 1910 / Samuel Lublinski / Das werdende Dogma vom / Leben Jesu / [Linie aus senkrechten Strichen] / [Verlagsvignette] / [Linie aus senkrechten Strichen] / i. und 2. Tausend [schräger Strich] Verlegt / bei Eugen Diederichs in Jena [schräger Strich] 1910. [Haupttitel auf S. II:] / Der urchristliche Erdkreis / und sein Mythos / Zweiter Band / [Strich] / [Verlagsvignette] / [Strich] / [Aphorismus von Uhland] [Rest des Titels: der Titel des 2. Bandes]. [Beide Seiten werden von senkrechten Linien umrahmt]. [IV +] 188 S. Rezensionen: D 225, D 230, D144, 0252, D 256, D 257, D 258, 0259, 0261, Diij, D 267, 0169, 0272, D 274, D 276, D 277, 0278, 0281, D 294, 196. Vgl. E ja, E 143, E i6a, E 29.

A 24 KAISER UND KANZLER 1910 / Samuel Lublinski / Kaiser und Kanzler / Tragödie / Im XenienVerlag / zu Leipzig / 1910 /. [IV +] 95 S. [+ i S. mit einem Verzeichnis der Werke SL's]. Rezensionen: D 21 j, D 222, D 228, D 166, *D2iSa [Anh.]. Rezensionen anläßlich der Uraufführung: D 286, D 287, D 288, 0289, 0291.

A 25 NACHGELASSENE SCHRIFTEN 1914 / Samuel / Lublinski / Nachgelassene / Schriften / 1914 / [Strich] / München bei Georg Müller. Hrsg. von Ida Lublinski. XII + 397 S. [+ 7 S.]. Mit dem Bildnis SL's. Inhalt: S. VII-XII Ida Lublinski, Einleitung [= E 15]. I. Dichtung und Kultur: (i) Klassische Kunst 8.3-19 [=€115]; (2) Romantik und Stimmung: 8.20-34 [=Cii7]; (3) Kulturwert der grossen Kunst: 8.35-39 [=Ci9j]; (4) Kunst und Leben: 8.40-45 [=€191]; (j) Die Maschinenkultur in der modernen Dichtung: 8.46-51 [= €205]; (6) Moderne Politik und moderne Literatur: S. 52-60 [= 0204]; II. Geschichte und Politik: (7) Mittelalter (1900): 8.63-91; (8) Der Antisemitismus: 8.92-119 [=09]; (9) TheodorMommsensKunstwerk: 8.120-147 [=Czj]; (10) Luther und Loyola: 8.148-155 [= C8]; (n) Heinrich von Treitschke als Politiker: 8.156-168 [ = 0 5 ] ; (12) Bismardcf,] eine Psychologie: 8.169-253 [= A3, S. 51-112]; III. Drama: (13) Psychologie und Tragödie: 8.257-264 [=0170]; (14) Der Schicksalsbegriff des Tragikers: 8.265-269 [= Ci68]; (15) Kleist und das Drama: 8.270-274 [=€155]; (16) Zur griechischen Tragödie: 8.275-278 [=€159]; (17) Sophokles (1911): S. 279-284; (18) Zur Kritik des modernen Dramas: 8.285292 [= C22i]; IV. Kultursoziale und politische Fragen: (19) Zwei Grundtriebe ethischer Kultur: 8.295-306 [=€31]; (20) Zwei Arten von Soziologie: 8.307-313 [=€197]; (21) Rasse und Nation: S. 314-331 [= C88]; (22) Die Umwertung der Nationalität: 8.331-339 [=€184]; (23) Humanität: 8.340-353 [=C66]; (24) Zehn Jahre nach Nietzsche: 8.354-375 [= €203]; (25) Der Organisationsgedanke der Religion: 8.376-397 [= €222]. Die Titel der Aufsätze erscheinen hier in der Fassung der »Nachgelassenen Schriften«. Die Angaben dieser Ausgabe sind aber nicht immer richtig, so auch nicht die angegebenen Jahreszahlen auf S. V-VI. Rezensionen: D 298, 0299, 0300, 0302, 0303, 0304.

B. Beiträge in Sammelwerken und Brief editionen B i Zionisten-Congress in Basel (29., 30. und 31. August 1897). Officielles Protocoll. Wien, Verlag des Vereines »Erez Israel«, 1898. 200 S.

S. 156: Diskussionsbeitrag von SL. Nicht identisch mit C 2 i .

B 2 Franz Flaum. Fuenf Essays von Stanislaw Przybyszewski, Rudolf von Delius, S. Lublinski, Dr. Emil Geyer, Cesary Jellenta. Berlin, 1904, Karl Schnabel, Axel Junckers Buchhandlung. 41 S. mit 17 Abb. auf 16 Tafeln und i Titelbild auf dem OU. S. 18-25: SL, »Das Technische bei Flaum«.

B 3 Eugen Diederidis Verlagskatalog. Jena, Eugen Diederidis, [1904]. 928. S. 75-76: SL, Zu der modernen Literaturströmung. SL bespricht: Jens Peter Jacobsen, »Niels Lyhne«; Ricarda Hudi, »Aus der Triumphgasse«; Leopold Weber, »Traumgestalten«; Carl Spitteler, »Olympischer Frühling«; Fiona Macleod, »Wind und Wogen. Keltische Sagen«.

B 4 Porträts. Zum Geleit von Adalbert Luntowski. Berlin, Verlag Neues Leben Wilhelm Borngräber, [o.J. = 1911]. 228 [+ 4] S. Mit 6 eingedruckten Bildnissen. 8.95-123: SL, Multatuli [identisch mit A 7, S. 5-33, aber ohne die Fußnoten auf S. 3 und 20].

B j Eugen Diederidis. Selbstzeugnisse und Briefe von Zeitgenossen. Mit einer Vorrede von Rüdiger Robert Beer. Zusammenstellung und Erläuterungen : Ulf Diederidis. Düsseldorf/Köln, Eugen Diederidis Verlag, 1967. 3638. S. 149-150: Brief von SL an Eugen Diederichs vom 23. 8. 1904. B 6 Literarisdie Manifeste der Jahrhundertwende. Hrsg. von Eridi Rupredit und Dieter Bänsdi. Stuttgart, J. B. Metzler, 1970. XLII + j79 S. Enthält TA aus C j 5 : S. 116-120; TA aus A 20: 8.213-214 u. 8.280-288; TA aus A i o : 8.270-280. Vgl. die Anm. auf S. XXXII-XXXIV, 144, 166, 294, 356 und die biographische Notiz auf S. 119.

B 7 Die literarische Moderne. Dokumente zum Selbstverständnis der Literatur um die Jahrhundertwende. Ausgewählt und mit einem Nachwort herausgegeben von Gotthart Wunberg. [Frankfurt/Main], Athenäum Verlag, [1971]. [VII + ] 302 [+ 2] S. Enthält Teilabdruck aus Aio: 5.185-213; Abdruck von Ei, 8.195-219: 8.214229; TA aus A 20: S. 230-236. Vgl. den biographisAen Hinweis auf S. 258.

B 8 Martin Buber, Briefwechsel aus sieben Jahrhunderten. Band i : 1897 bis 1918. Mit einem Geleitwort von Ernst Simon und einem biographisdien Abriß als Einleitung von Grete Sdiaeder. Heidelberg, Verlag Lambert Sdmeider, [1972]. 606 S. S. 258-259: Brief von SL an Martin Buber vom 14. 7. 1907. Vgl. E 56. B 9 Die neuklassisdie Bewegung um 1905. Paul Ernst in Düsseldorf. Dargestellt und dokumentiert durch Karl August Kutzbadi. Emsdetten, Ledite, 1972. S. Enthält folgende (bis auf den letzten Brief immer gekürzte) Briefe von SL an Paul Ernst: 8.96-98: Br. v. 8.6.1905; 8.98: Br. o.O. u. o.D.; 8.98-99: Br. v.

24.6-1905; S. 109-110: Br. v. 14.8.1905; 8.186-187: Br. v. 19.2.1906; 8.189190: Br. v. 30.4.1906; 8.190-192: Br. v. ij. 5.1906; 5.192-193: Br. v. n.6. 1906; 5.193-194: Br. v. 26.6.1906; 5.194: Br. v. 16.7.1906; 5.194-195: Br. v. 14.8.1906; 5.196-199: Br. v. 26.8.1906. 5.99: Zitat aus dem »Ausgang der Moderne« [= A 20, S. 167-169]. Vgl. E 60 für die Antworten von Paul Ernst.

B io Auftakt zur Literatur des 20. Jahrhunderts. Briefe aus dem Nachlaß von Ludwig Jacobowski. Bd. I. Die Briefe. Herausgegeben von Fred B. Stern. 576 S. Bd. II. Einführung, Kommentar und Bibliographie von Fred B. Stern. 352 S. Darmstadt, Veröffentlichungen der Deutschen Akademie für Sprache und Literatur: 47. Heidelberg, Lambert Schneider [1974]. Enthält folgende Briefe von SL an Ludwig Jacobowski: Br. 365 v. 14.5.1899: 5.304; Br. 366 v. 5.1.1900: 5.305; Br. 367 v. 4.5.1900: 5.305-307; Br. 368 v. 31.5.1900: 5.307-308; Br. 369 v. 7.6.1900: 5.308; Br. 370 v. 12.11.1900: 5.308-309; Br.495 v. 26.7.1900: 5.420-421; Br. 496 v. 17.11. 1900: S. 421-422; Br. 593 v. 9. io. 1900: S. 533; Br. 595 v. 19. io. 1900: S. 534-536; Br. 623 v. 1.9.1900: S. 554-555. Brief 593 enthält auch SL's Abschrift seines Briefes an H. H. Houben (über Houbens Grobheit gegen Eise Lasker-Schüler). Vgl. E 68 für den (unzuverlässigen) Kommentar und eine Antwort Jacobowskis.

C. Veröffentlichungen in Zeitschriften, Zeitungen und Jahrbüchern 1895 C

EIN VIERTELJAHRHUNDERT. Neue Deutsche Rundschau, Berlin. Jg. 6, Bd. 2, H. v. Sept. 1895, 8.923-926. Rubrik: »Rundschau«.

C 2 DAS BERLINER THEATER IN DER SEDANSZEIT. Berliner Fremdenblatt, Berlin. Nr. 205 v. i. 9. 1895: »Nationale Festnummer zum 2. September«, i. Blatt, S. 2, Feuilleton. C 3 KATILINARIER UND CÄSAREN. Neue Deutsche Rundschau, Jg. 6, Bd. 2, H. v. Nov. 1895, S. 1124-1128. [Pseudonym: Sylvester]. Über den Fall Wilhelm von Hammerstein versus Adolf Stöcker. 1896

C 4 DREI POLITISCHE GRUNDTYPEN. PÄPSTE, PARTIKULARISTEN UND KAISER. Neue Deutsche Rundschau, Jg. 7, 2. Qu., H. v. April 1896, S. 364-374. C 5 HEINRICH VON TREITSCHKE ALS POLITIKER. Die Zeit, Wien. Bd. 8, Nr. 94 v. 18. 7. 1896, S. 39-41. 1. Neudruck in: A 3, S. 16-25. 2. Neudruck in: A 25, S. 156-168.

3*9 C6 MOSES MENDELSSOHN UND DIE MODERNEN ZIONISTEN [I und II]. Zion, Berlin. Jg. 2, Nr. 10 v. 1.11.1896, 8.287-292 und Jg. 3, Nr. ι ν. ι. ι. 1897, 8.9-15. [Erschien unter dem Pseudonym: SalomoLiebhardt; vgl. Zion, Jg. 3, Nr. i, S. 25].

C 7 ABERMALS BISMARCK. Die Welt am Montag, Berlin. Jg. z, Nr. 44 v. 2. ii. 1896, i.Beilage, S. 2, Feuilleton. [Pseudonym: Silvio Piccolomini]. C S LUTHER UND LOYOLA. Die Zeit, Bd. 9, Nr. in v. 14.11.1896, S. 107-108. i. Neudruck in: A 25, S. 148-155. C 9 DER ANTISEMITISMUS. Neue Deutsche Rundschau, Jg. 7, 4. Qu., H. v. Dez. 1896, S. 1145-1162. Laut: Zion, Jg. 3, Nr. i v. 1.1.1897, 8.25 auch als »Separatdruck« erschienen, der aber nicht mehr auffindbar ist. Rezension: Di; Polemik: D i.

i. Neudruck: A 25, S. 92-119. 1897

C 10 WILHELM I. (Zu seinem hundertsten Geburtstag, 22. M rz). Die Zeit, Bd. ίο, Nr. 128 v. 13. 3. 1897, S. 162-165. i. Neudruck: A 3, S. 26-37. C n EIN DRAMA VON RICHARD DEHMEL [= »Der Mitmensch«]. J dische Moderne, Berlin. Jg. i, Nr. 2 v. 15. 4. 1897, S. 21-26; Nr. 3 v. 15.5.1897,8.41-44. C i2 KAISER WILHELM II. UND DIE MODERNE. Monatsscbrifl f r neue Litteratur und Kunst, Berlin. Jg. i, H. 8 v. Mai 1897, S. 531-545. C 13 DER KAMPF UM DIE VORHERRSCHAFT IN DEUTSCHLAND. [Rez.: Heinrich Friedjung, Der Kampf um die Vorherrschaft in Deutschland. Von 1859-1866]. Die Zeit, Bd. 11, Nr. 135 v. i. 5. 1897, S. 68-70 und Nr. 136 v. 8. 5. 1897, S. 85-86. C 14 DER JUDE [Gedidit]. J dische Moderne, Jg. i, Nr. 3 v. 15.5. 1897,5.52. C 15 DIE NEUESTEN WANDLUNGEN DER JUDENFRAGE. Die Gegenwart, Berlin. Jg. 26, Bd. 51, Nr. 26 v. 26. 6. 1897, S. 403-406. C 16 ZIONISMUS UND ORTHODOXIE. Zion, Jg. 3, Nr. 6 v. 30.6. 1897, S. 179-189. Gegen Wolf Josephsohns Aufsatz »Die j dische Moderne«, Zion, Jg. 3, Nr. 4 v. 30.4.1897, 8.98-103 und gegen Mathias Achers Brosch re »Die j dische Moderne«, Leipzig, 1896, auch im 2. Jg. der Zeitschrift Zion erschienen: Nr. 7/8 τ. 30.8.1896, S. 197-214; Nr. 9 v. 1.10.1896, 8.258-266; Nr. ίο v. 1.11.1896, 8.292-303. Vgl. die Polemik Josephsohns: 04. [Der Aufsatz erschien unter dem Pseudonym: Salomo Liebhardt].

33° C 17 VOM JÜDISCHEN NATIONALCHARAKTER. Die Welt, Wien. Jg. i, Nr. 6 v. 9. 7. 1897, S. 3-6. C 18 JUDEN UND CHRISTEN [I und II]. Die Welt, Jg. i, Nr. n v. 13. 8. 1897, S. 1-3; Nr. i2 v. 20. 8. 1897, S. 1-3. C 19 DER CONGRESS UND DIE DEUTSCHEN JUDEN. Die Welt, Jg. i, Nr. 13 v. 27. 8. 1897, S. )-6. [Pseudonym: Salomo Liebhardt]. Zum ersten Zionisten-Congreß in Basel: 29--3I. 8.1897. C 20 EIN GESCHICHTLICHER AUGENBLICK. Die Welt, Jg. i, Nr. 14 v. 3. 9.

1897,5.1-2.

C 2i Diskussionsbeitrag. Die Welt, Jg. i, Nr. 14 v. 3. 9. 1897, S. 15. Im Bericht über den »Dritten Verhandlungstag«, [des i. ZionistenCongresses], V. Sitzung, 31. 8. 97, Vormittag. C 22 DlE VERSUNKENE GLOCKE UND DER FALSCHE NIETZSCHE. Das Maga-

zin für Litteratur, Weimar/Berlin. Jg. 66, Nr. 38 v. 25.9.1897, Sp.1138-1146. C 23 HEBBEL'S JUDITH. Die Welt, Jg. i, Nr. 18 v. i. 10. 1897, S. 12-16. i. Neudruck in: A i, S. 5-25. C 24 DER ORGANISCHE STAAT. Die Welt, Jg. i, Nr. 21 v. 22. 10. 1897, S.3-J. [Pseudonym: Salomo Liebhardt, vgl. Die Welt, Jg. 2, Nr. n v. 18. 3.1898, S. 13], Antwort auf Siegmund Mayers Aufsatz: »Zionisten-Congreß und Judenstaat«, Die Zeit, Bd. 12, Nr. ij2 v. 28. 8.1897, S. 129-131.

i. Italienische Übersetzung: Lo ST ORGANICO, übersetzt v. Urbano Tedesdii. // Corriere Israelitico, Trieste. Jg. 36, Nr. 9, 31. i. 1898, S.199-202. C25 THEODOR MOMMSENS KUNSTWERK. Neue Deutsche Rundschau, Jg. 8, Bd. 2, H. v. Nov. 1897, S. 1165-1179. i. Neudruck in: A 25, S. 120-147. C 26 DIE GUTEN EUROPÄER. Die Welt, Jg. i, Nr. 27 v. 3. 12. 1897, S. 1-3. C 27 ZUKUNFTSKULTUR IN WIEN. Das Magazin für Litteratur, Jg. 66, Nr. 49 v. ii. 12. 1897, Sp. 1498-1503. C 28 ZUR PSYCHOLOGIE DER FLOTTENFRAGE. Das Magazin für Litteratur, Jg. 66, Nr. 51 v. 25. 12. 1897, Sp. 1563-1567. 1898

C 29 HERODES UND MARIAMNE. Die Welt, Jg. 2, Nr. 2 v. 14.1.1898, S. 12-16. i. Neudruck: A i, S. 39-59.

33l C 30 DER SCHWARZE MANN. Die Welt, Jg. z, Nr. 4 v. 28. i. 1898, S. 3-4. Zum Dreyfus-Prozeß.

€31 ZWEI GRUNDTRIEBE ETHISCHER KULTUR. Ethische Kultur, Berlin. Jg. 6, H. 6 v. 5. 2. 1898, S. 42-45. [Vgl. das Referat: D 13].

i. Neudruck: A 25, S. 295-306. C 32 DIE REICHSTAGSWAHLEN UND DER ANTISEMITISMUS. Die Welt, Jg. 2, Nr. 7 v. 18. 2. 1898,8.3-4. C 33 Brief an den Redacteur der »Welt«. Die Welt, Jg. 2, Nr. 7 v. 18. 2. 1898,8.8-9. Über SL's anonym erschienenes »Flugblatt gegen den Verein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens«. Gegen D 7 gerichtet. Vgl. D 10.

C 34 DER JUDE IN DER GENOVEVA. Die Welt, Jg. 2, Nr. 8 v. 25. 2. 1898, S. 14-16. i. Neudruck: A i, S. 27-38. € 3 5 DREYFUS IN DEUTSCHLAND. Die Welt, Jg. 2, Nr. 13 v. 1.4.1898, S. 1-3. C$6 SHAKESPEARE, DER REGISSEUR. Die Zeit, Bd. 15, Nr. 183 v. 2.4. 1898,5.9-11. C 37 ITALIEN. Die Welt, Jg. 2, Nr. 15 v. 15. 4. 1898, S. 2-4. Über die Lage der Juden in Italien.

€ 3 8 HIERARCHIE UND KAPITALISMUS. Ethische Kultur, Jg. 6, Nr. 19 v. 7. 5. 1898,5. 145-148. C 39 WILHELM II. Die Gesellschaft, Leipzig, Jg. 14, 2. Qu., H. ? heft 1898], S. 800-812. i. Neudruck: A 3, S. 38-51.

. Juni-

040 GRILLPARZERS »ESTHER« UND »RAHEL VON TOLEDO«. [I und II]. Monatsschrift für neue Litteratur und Kunst, Berlin, Jg. 2, H. 9, Juni 1898, S. 665-671 und H. 10, Juli 1898, S. 716-725. i. Neudruck: A i, S. 97-120. €41 EINE BEKEHRTE. Die Zeit, Bd. 16, Nr. 198 v. 16. 7. 1898, S. 38-39. Bespricht: Nahida Ruth Lazarus' Buch: »Ich suchte Dich«. Vgl. D 17.

C 42 FRANKREICH UND DER POLITISCHE FORTSCHRITT. Die Welt, Jg. 2, Nr. 29 v. 22. 7. 1898, S. i-2. Zum Dreyfus-Prozeß. C 43 BISMARCK UND DIE JUDEN. Die Welt, Jg. 2, Nr. 33 v. 19. 8.1898, S. 3 bis 5. Vgl. D 18.

33*

C 44 STIMMUNG VOR DEM CONGRESS. Die Welt, Jg. 2, Nr. 35 v. 2. 9.1898, S. 1-2.

Zum i. Zionisten-Congreß: 28,-ji. 8.1898. Vgl. die Polemik YOU Karl Kraus: E i.

C 45 NOCH EINMAL DER ZIONISMUS. Ethische Kultur, Jg. 6, Nr. 42 v. 15. io. 1898, S. 330-331. SL reagiert auf: Sandhi, »Zum zweiten Zionisten-Kongreß« in: Ethische Kultur, Jg. 6, Nr. 37 v. io. 9.1898, S. 193-194. Vgl. Sandhis Antwort: D 20.

C 46 Stellungnahme zu Sandhis Entgegnung in Nr. 42 [= D 20], Ethische Kultur, Jg. 6, Nr. 44 v. 29. io. 1898, S. 352. Vgl. auch D 23. 047 VOLKSTHÜMLICH UND NATIONAL! Die Welt, Jg. 2, Nr. 47 v. 25. n. 1898, S. 1-4. C 48 VÖLKEREINSAMKEIT. Die Welt, Jg. 2, Nr. 49 v. 9. 12. 1898, S. 2-3. €49 ZVEI PARABELN [I. Ahasver. II. Messias]. Die Welt, Jg. 2, Nr. 50 v. 16. 12. 1898, S. 2. Vgl. »C49.1 [Anh.]. C 50 JUDENTHUM UND ROMANTIK [I und II]. Die Welt, Jg. 2, Nr. 51 v. 23. 12. 1898, S. 1-3 und Nr. 52 v. 30. 12. 1898, S. 2-3. 1899

C j i FELIX FAURE. Die Gesellschaft, Jg. 15, Bd. , 1899], S. i-6.

.

[i. Januarheft

C 52 DER SCHLUSSGEBER. EINE TALMUDISCHE DISCUSSION. Die Welt, Jg. 3, Nr. 2v. 13. i. 1899, S. 5-6 und Nr. 3 v. 20. i. 1899, S. 4-6. Anläßlich der Erscheinung der ersten Lieferungen der deutschen Obersetzung des babylonischen Talmuds von Lazarus Goldschmidt.

C 53 GEISTIGE STRUKTUR DEUTSCHLANDS UM 1800. Das Magazin für Litteratur, Jg.68, Nr. 8 v. 25.2.1899, Sp. 174-176; Nr.9 v. 4.3.1899, Sp. 193-201; Nr. io v. ii. 3. 1899, Sp. 217-225. Vorabdruck von A 2, Band i, Kapitel i, S. 1-32. C 54 JUDENLIEDER. Die Welt, Jg. 3, Nr. 19 v. 12. 5. 1899, S. 13-15. Rez. v. Adolph Donaths Gedichtsammlung: »Tage und Nächte«.

C 55 FLORIAN GEYER, AGNES JORDAN UND DAS MODERNE DRAMA. Das Magazin für Litteratur, Jg. 68, Nr. 22 v. 3. 6. 1899, Sp. 521-524, Nr. 23 v. io. 6. 1899, Sp. 541-547, Nr. 24 v. 17. 6. 1899, Sp. 563 bis 566, Nr. 25 v. 24. 6. 1899, Sp. 580-588. Vgl. D 33 und auch D 24. i. TA in: B 6, S. 116-120. (Mit Anm.). C 56 DER LIBERALISMUS UND DIE MODERNE LITTERATUR. Die Gesellschaft, Jg. 15, Bd. 3, H. 2 [2. Juliheft 1899], S. 81-92.

333 C 57 MODERNE WELTANSCHAUUNG UND GESCHICHTLICHE DICHTUNG. Der Kunstwart, München. Jg. 12/2, H. 21, i. Augustheft 1899, 8.273 bis 282. C 58 EDUARD BERNSTEIN UND PAUL WEISENGRÜN. EIN BEITRAG ZUR KRISE IM MARXISMUS. Das Magazin für Litteratttr, Jg. 68, Nr. 32 v. 12. 8. 1899, Sp. 759-764» Nr. 33 v. 19. 8. 1899, Sp. 777~7^· Bespricht: Paul Weisengrün, »Der Marxismus und das Wesen der sozialen Frage· ; id., »Das Ende des Marxismus«; Eduard Bernstein, »Die Voraussetzungen des Sozialismus und die Aufgaben der Sozialdemokratie«.

C 59 TA der »Leserzuschrift« Lublinskis zu Ernst Gystrow, »Der Katholizismus und die neue Dichtung«, Abschnitt II: »Der alte Mensch und seine Kunst«. Die Gesellschaft, Jg. 15, Bd. 2, H. 3 [i. Maiheft 1899, S. 161-168] in Gystrows Aufsatz: »Auf die Mensur« [Vgl. 034]. Die Gesellschaft, Jg. 15, Bd. 3, H. 4 [2. Augustheft 1899], 8.283. C 60 Franz Servaes, »Präludien« [Rezension]. Die Gesellschaß, Jg. 15, Bd. 3, H. 6 [2. Septemberheft 1899], S. 419—420. C 61 AUF DIE MENSUR! Die Gesellschaft, Jg. 15, Bd. 3, H. 6 [2. September/heft 1899], S. 426—428. Erwiderung auf Gystrows Antwort: 034.

C 62 EINE ERKLÄRUNG. Die Welt, Jg. 3, Nr. 45 v. 10. n. 1899, S. 7. SL's Absdiiedserklärung vom Zionismus.

C 63 WIENER ROMANTIK. Das Litterarische Echo, Berlin. Jg. 2, H. 4 v. 15. ii. 1899, Sp. 221-227. Über das »Junge Wien«.

C 64 FREYTAG UND TREITSCHKE. Die Zeit, Bd. 21, Nr. 272 v. 16. 12. 1899, 5. 166-168. Rez. v. »Gustav Freytag und Heinridi von Treitsdike im Briefwechsel«. Einleitung v. Alfred Dove, Leipzig, S. Hirzel, 1900. 1900

C 65 DIE REVOLUTION. Das Magazin für Litteratur, Jg. 69, Nr. i v. 6. i. 1900, Sp. 4-8, Nr. 2 v. 13. i. 1900, Sp. 46-53, Nr. 3 v. 20. i. 1900, Sp. 78-82. Vorabdruck aus A 2, Band III, Abschnitt 6, S. 152-180.

C 66 HUMANITÄT. EIN NACHTRAG zu DEN GOETHETAGEN. Der Kunstwart, Jg. 13/1, H. 9, i. Februarheft 1900, S. 329-337. i. Neudruck in: A 25, S. 340-354. C 67 Ernst von Wolzogen, »Vom Peperl und von anderen Raritäten«. [Rezension], Die Gesellschaft, Jg. 16, Bd. i, H. 4 [2. Februarheft 1900], S. 258.

334 C68 MEHR GOETHE. Das Litterarische Echo, Jg. 2, H. n v. i. 3.1900, Sp- 74 -75°· Heftige Ablehnung von Rudolf Hui »Mehr Goethe«. Vgl. C/9, 045 und D 4$.

C 69 NEUES ÜBER HEINE. Das Literarische Echo, Jg. 2, H. 13 v. 1.4.1900, Sp. 916-918. Rez. von Gustav Karpeles, »Heinridi Heine«.

C 70 Rez. v.: Paul von Lind, »Eine unsterbliche Entdeckung Kants oder die vermeintliche »Lücke« in Kants System.« Die Gesellschaft, Jg. 16, Bd. 2, H. 4 [2. Aprilheft 1900], S. 257-258. C 7 I DAS HISTORISCHE ÜRAMA UND DIE MODERNE LlTTERATUR. Das Ma-

gazin für Litteratur, Jg. 69, Nr. 20 v. 19. 5. 1900, Sp. 500-505. C 72 Rez. v.: Max Lorenz, »Die Litteratur am Jahrhundert-Ende.« Das Litterarische Echo, Jg. 2, H. 17 v. i. 6. 1900, Sp. 1236-1237. €73 Rez. v. »Gustav Freytag und Heinridi von Treitschke im Briefwechsel«. Das Litterarische Echo, Jg. 2, H. 18 v. 15.6.1900, Sp. 1312 bis 1313. Vgl. C6 4 . C 74 DIE ÄSTHETIK DER WELTPOLITIK. Die Gesellschaft, Jg. 16, Bd. 3, H. i [i. Juliheft 1900], S. 1-13, H. 2 [2. Juliheft 1900], S. 73-79. C 75 Rez. v. Karl Biedermann, »Das erste deutsche Parlament«. Die Gesellschaft, Jg. 16, Bd. 3, H. 2 [2. Juliheft 1900], S. 130-131. C 76 Rez. v. Ludwig Geiger, »Dichter und Frauen. Neue Sammlung«. Das Litterarische Echo, Jg. 2, H. 19 v. 1.7. 1900, Sp. 1381. C 77 DAS PROBLEM BORNE. Das Magazin für Litteratur, Jg. 69, Nr. 30 v. 28. 7. 1900, Sp. 756—762. Reaktion auf Rudolf Steiners Rezension: 041.

C 78 Rez. v. Hans Landsberg, »Los von Hauptmann!«. Das Litterarische Echo, Jg. 2, H. 2i v. i. 8. 1900, Sp. 1524-1525. 079 Beitrag zu der Rubrik: »Zuschriften an die Redaktion«: II. Das Litterarische Echo, Jg. 2, H. 21 v. i. 8. 1900, Sp. 1536. Polemik gegen Fritz Lienhards Aufsatz »Heimatkunst«: 045. Vgl. Lienhards Entgegnung: 048.

C 80 EIN SCHULBEISPIEL DES NATURALISMUS. Der Kunstwart, Jg. 13/2, H. 22, 2. Augustheft 1900, S. 366-374. Bespridit: Clara Viebig, »Das Weiberdorf«.

C 81 Rez. v. Friedrich Fürst Wrede, »Die Goldschilds«. Das Literarische Echo, Jg. 2, H. 22 v. 15. 8. 1900, Sp. 1596. C 82 Rez. v. Leopold SdiönhofF, »Kritische Theaterbriefe«. Das Litter ariscbe Echo, Jg. 2, H. 23 v. i. 9. 1900, Sp. 1666.

335 C 83 Rez. v. Verner von Heidenstam, »Klassizität und Germanismus«. Das Litterarische Echo, Jg. 2, H. 23 v. i. 9. 1900, Sp. 1672. C 84 ALBERT GEIGER, GEORG BRANDES UND ICH. Das Magazin für Litteratur, Jg. 69, Nr. 35 v. i. 9. 1900, Sp. 867-877. Reagiert auf Geigers Kritik: D 46. Vgl. Geigers Entgegnung: 049. C 8 5 GUTENBERG, EIN DRAMATISCHES PROBLEM. Bühne und Welt, Berlin. Jg. 2, Bd. 2, Nr. 24 [2. Septemberheft 1900], S. 1051-1053. Reagiert auf: Willy Vely, »Johannes Gutenberg im Drama«. Bühne und Welt, Jg. , Bd. 2, Nr. 19 [i. Juliheft 1900], S. 824-827.

C 86 HEBBEL UND NIETZSCHE. Der Kunstwart, Jg. 13/2, H. 24, 2. Septemberheft 1900, 5.431-440. C 87 ADOLF B ARTELS UND SEIN GLAUBENSBEKENNTNIS. Die Gesellschaft, Jg. 16, Bd. 4, H. i [i. Oktoberheft 1900], S. 10-19, une Monatsschrift, Königsberg. Bd. 40, 1903, S. 430.

337 C 108 »EiN LETZTES WORT ZUR JUDENFRAGE«. Ost und West, Jg. i, H. n v. November 1901, Sp. 859-861. Gegen Heinrich Meyer-Cohns Aufsatz im Oktoberheft: D 6$. Vgl. auch €104. C 109 GEDICHTE VON ELSE LASKER-SCHÜLER. Ost und West, Jg. i, H. 12 v. Dezember 1901, Sp. 931-932. Bespricht: Eise Lasker-Schüler, »Styx«. C n o KÜNSTLER- UND STILDRAMEN. Das Litterarische Echo, Jg. 4, H. 5 [i. Dezemberheft 1901], Sp. 314-317. Bespricht folgende Dramen: Hermann Sdireyer, »William Shakespere«; Karl Bleibtreu, »Byrons Geheimnis«; Adalbert Schröter, »Elfride«; Wilhelm Schäfer, »William Shakespere«; Albert Eisert, »Das rote Hörn«; Josef Trübswasser, »Chryses«; Kurt Aram, »Ananian«.

1902

C i n DAS MÄCENATENTHUM WILHELMS II. Der Zeitgeist. Beilage zum Berliner Tageblatt, Berlin. Nr. 5 v. 3. 2. 1902, S. [i]-[>]· C ii2 FRIEDRICH DER GROSSE UND NAPOLEON. EINE PSYCHOLOGISCHE PARALLELE. Sonntagsbeilage zur Vossiscben Zeitung, Nr. 8 v. 23.3. 1902, S. 57-59. C 113 Rez. v. Erich Schlaikjer, »Berliner Kämpfe. Gesammelte Litterarische Aufsätze«. Das Literarische Echo, Jg. 4, H. 15 [i. Maiheft 1902], Sp. 1080. C 114 Rez. v. Wilhelm Bölsche, »Die Mittagsgöttin«, 2. Aufl. Das Litterarische Echo, Jg. 4, H. 16 [2. Maiheft 1902], Sp. 1137-1138. C 115 HEBBEL ALS LYRIKER. Sonntagsbeilage zur Vossischen Zeitung, Nr. 25 v. 22. 6. 1902, S. 194-196, Nr. 26 v. 29. 6. 1902, S. 202-204. C n 6 Selbstanzeige von: »Hannibal« [= A 6]. Die Zukunft, Bd. 40, 1902/3, Nr. v. 5. 7. 1902, S. 36-37. C 117 ROMANTIK UND STIMMUNG [I und II]. Die Nation, Berlin, Jg. 19, Nr. 42 v. 19. 7. 1902, S. 669-670, Nr. 43 v. 26. 7. 1902, S. 680-682. 1. Neudruck in: Der Sturm, Berlin-Halensee, Jg. 2, Nr. 75 v. August 1911,5. 598-600, Nr. 76 v. September 1911,8. 604-605. 2. Neudruck in: A 25, S. 20—34. C n 8 Rez. v. Thomas Mann, »Die Buddenbrooks«. Berliner Tageblatt, Berlin. Nr. 466 v. 13. 9. 1902, Abendausgabe. 1. Facsimile in: D 321, S. A 21. 2. Neudruck in: E 70, S. 468-469. Vgl. zu dieser Rezension: D 310, 0313, 0317, 03:8, 0319, 0321, £32, E 37, £41, E ji, £70.

33«

C i i 9 Beitrag zu der Rundfrage: »Renaissance oder Decadence«, Freistatt, München. Jg. 4, H. 38 v. 21. 9. 1902, S. 487. C 120 Rez. v. Bernhard Patzak, »Friedrich Hebbels Epigramme«. Sonntagsheilage zur Vossischen Zeitung, Nr. 40 v. 5.10.1902, 8.320. C in DER FALL SCHLAIKJER. Die Gesellschaß, Jg. 18, Bd. 4, H. 23, i. Dezember-Heft 1902, S.320-328. Bespricht auch: Erich Schlaikjer, »Des Pastors Kieke«. 1903

C 122 Rez. v. Otto Seeck, »Kaiser Augustus«. Sonntagsbeilage zur Vossischen Zeitung, Nr. i v. 4. i. 1903, S. 8. C 123 NOCH EINMAL CHAMBERLAIN. Ost und Welt, Jg. 3, H. 2 v. Februar 1903, Sp. 79-84. Gegen Houston Stewart Chamberlains Auffassung des Religiösen. Vgl. auch C88.

C 124 EINE KLEIST-BIOGRAPHIE. Die Nation, Jg. 20, Nr. 31 v. 2. 5. 1903, S.490-493Bespricht: Franz Servaes, »Heinrich von Kleist«. 1904

C 125 KLASSISCHE KUNST. Die Zukunft, Band 46, 1904/1, H. v. 23.1.1904, S. IJI-IJ9i. Neudruck: A 25, S. 3-19. C 126 DER ANDERE. Ost und West, Jg. 4, H. 3 v. März 1904, Sp. 191-194. Über Mathias Acher (= Nathan Birnbaum) und dessen Rolle in der politischen und kulturellen Bewegung des Judentums. Vgl. die »Mitteilung« in H. 5, Sp. 355: »Herr Samuel Lublinski legt auf die Feststellung Gewicht, dass sein in No. 3 erschienener Aufsatz »Der Andere« nur der Schlussabscknitt eines grösseren Essais ist«.

C 127 Selbstanzeige: »Franz Flaum« [= 62]. Die Zukunft, Band 46, 1904/1, Nr. v. 26. 3. 1904, S. 505. C 128 LIEBERMANNS THEORIE UND EIN BERLINER KUNSTKRITIKER. Magazin für Litteratur, Jg. 73, 2. Aprilheft 1904, S. 233-237.

Das

Bespricht auch: Max Liebermann, »Die Phantasie in der Malerei« (Neue Rundscbau, Jg. ij, 1904, S. 372-380), und Hans Rosenhagen, »Max Liebermann«.

C 129 Selbstanzeige von »Die Entstehung des Judenthums« [= A 9] und von »Elisabeth und Essex« [= A 8]. Die Zukunft, Band 47, 1904/2, Nr. v. 23.4. 1904,8. 153. €130 Brief an Maximilian Harden, in der Rubrik »Notizbuch«. Die Zukunft, Bd. 47, 1904/2, Nr. v. 18. 6. 1904, S. 465. Über die Kontroverse Holz-Schlaf als Antwort auf die Erklärung von Arno Holz auf S.46j [=D88].

339 C 131 EIN ATTENTAT VON ARNO HOLZ. Das neue Magazin für Literatur, Kunst und soziales Leben. Jg. 73, 2. Halbjahr, H. i v. 2.7. 1904, 8.31-35. Gegen D 88 gerichtet. Laut A n, 2. Aufl., S. 15: »beschlagnahmt«.

C 132 HOLZ - SCHLAF - LUBLINSKI: CONTRE-REPLIK. ZUR VORGESCHICHTE DES FALLES ARNO HOLZ. Das neue Magazin für Literatur, Kunst und soziales Leben, Jg. 73/2, H. 3 v. 16. 7. 1904, S. 92. Entgegnung auf D 93. C 133 NOCH LANGE NICHT ScHLUSS. Das neue Magazin für Literatur, Kunst und soziales Leben, Jg. 73/2, H. 4 v. 23. 7. 1904, S. 121. Entgegnung auf D 94.

C 134 AUCH EIN SCHLUSSWORT. Das neue Magazin für Literatur, Kunst und soziales Leben, Jg. 73/2, H. 6 v. 6. 8. 1904, S. 185. Entgegnung auf 095. C 135 SCHELLING. Sonntagsbeilage zur Vossiscben Zeitung, Nr. 34 v. 21. 8. 1904, S. 265-267. C 136 KURZE MITTEILUNG. Das neue Magazin für Literatur, Kunst und soziales Leben, Jg. 73/2, H. 17 v. 22. 10. 1904, S. 540. Zum Streit mit Arno Holz. Vgl. D 102. C 137 JOHN LOCKE (f^S. 10. 1704). Sonntagsbeilage zur Vossischen Zeitung, Nr. 43 v. 22. . 1904, S. 337~339-

790; C 138 DIE ORGANISATION DER JUDEN UND IHRE AUFGABEN. Die Stimme der Wahrheit. Jahrbuch für wissenschaftlichen Zionismus, Jg. i. Hrsg. v. Lazar Schön. Würzburg, N. Philippi, 1905, S. 175-182. C 139 GOTTFRIED KELLER-STUDIEN. Berliner Tageblatt, Berlin, Nr. 143 v. 18. 3. 1905, i. Beiblatt: »Literarische Rundschau«, S. [i]. Rez. v. Ricarda Huch, »Gottfried Keller«; Otto Stössl, »Gottfried Keller«. C 140 Selbstanzeige von »Charles Darwin« [= A 14]. Die Zukunft, Band 51, 1905/2, Nr. v. 26. 4. 1905, S. 489. C 141 »Der siebente Tag«. Gedichte von Eise Lasker-Schüler. [Rez.]. Kampf. Zeitschrift für - gesunden Menschenverstand. [Hrsg. v. Senna Hoy = Johannes Holzmann]. Berlin. Neue Folge, Nr. 20 v. 3.5.1905,8.591-592. C 142 FRIEDRICH SCHILLER. Sonntagsbeilage zur Vossischen Zeitung, Nr. 19 v. 7. 5.1905,8. 145-147· C 143 »Der Kaiser von Utopia«. Ein Volksroman von Paul Sche[e]rbart. [Rez.]. Kampf, Neue Folge, Nr. 23 v. 24. 5. 1905, S. 683-685.

340 C 144 Arthur Eloesser, »Literarische Portraits aus dem modernen Frankreich«. [Rez.]. Kampf, Neue Folge, Nr. 23 v. 24. y. 1905, S. 685 bis 686. C 145 Rez. v. »Die Stimme der Wahrheit. Jahrbuch für wissenschaftlichen Zionismus«. Sonntagsbeilage zur Vossischen Zeitung, Nr.2} v. 4. 6. 1905,8. 184. Vgl. Ci 3 8. C 146 NIETZSCHE UND DER SOZIALISMUS. Europa, Berlin-Charlottenburg. Jg. i, H. 22 v. 15. 6. 1905, S. 1084-1092. C 147 Selbstanzeige von »Die Bilanz der Moderne« [= A 10]. Die Zukunft, Band 51, 1905/2, Nr. v. 24. 6. 1905, S. 488-489. C 148 NIETZSCHE UND DIE ROMANTIK. Der Zeitgeist, Nr. 33 v. 14. 8. 1905, [3 n. num. Sp.]. Bespricht auch: Karl Joel, »Nietzsche und die Romantik«.

C 149 OSKAR WILDE. Zeitschrift für französischen und englischen Unterricht, Berlin. Bd. 4, H. 5 [September 1905], S. 318-323. C 150 NAPOLEON ALS DRAMATISCHES PROBLEM. Bühne und Welt, Jg. 7, Bd. 2, i. Septemberheft 1905, S. 971-975. C i y i VOLLMOELLER. Die Schaubühne, Berlin. Jg. i, Nr. i v. 7.9.1905, S. 15-16. Bespricht . Carl Vollmoeller, »Catherina, Gräfin von Armagnac und ihre beiden Liebhaber«, und: »Assüs, Fitne und Sumurud«.

C 152 ALFRED KERR (Reihe: Berliner Theaterkritiker: II). Die Schaubühne, Jg. i, Nr. 2 v. 14. 9. 1905, S. 43-49· Nr. j v. 21.9.1905 enthält auf 8.94 eine »Ergänzung« zum vorliegenden Aufsatz: 4 Zeilen, die ausgefallen waren. Kerrs Reaktion: D 119; SL's Entgegnung: C 158.

€153 DIE BILANZ DER MODERNE [Selbstrezension zu Aio]. Kritik der Kritik, Breslau. Jg. , . v. Oktober 1905, S. 58—62, und H. 2 v. November 1905, S. 124-127. Entgegnung auf Klaars Einwände in D 112, gegen Richard M.Meyer und gegen Hermann Anders Krüger: D loj.

C 154 DEMETRIOS. Die Schaubühne, Jg. i, Nr. 6 v. 12.10.1905, S. 143-147. Zu: Paul Ernst, »Demetrios«.

C 155 KLEIST UND DAS DRAMA. Die Schaubühne, Jg. i, Nr. 7 v. 19. 10. 1905,5. 173-1781. Neudruck: A 25, S. 270-274. 2. TA in: »Heinrich von Kleists Nachruhm. Eine Wirkungsgeschichte in Dokumenten«. Hrsg. v. Helmut Sembdner. Bremen, 1967. Text Nr. 389,8. 357-359.

341 €156 THEATER UND DRAMA. Masken, Düsseldorf. Jg. i, Nr. 7 [o.D., wohl: 25. ii. 1905], S. 8-13. C 157 HERRN HERM. ANDERS KRÜGER INS STAMMBUCH. Kritik der Kritik, Jg. i, H. 3 [Dez. 1905], S. 196-197. Entgegnung auf D 118.

C 158 ERWIDERUNG. Die Schaubühne, Jg. i, Nr. 15 v. 14. 12. 1905, S. 442. Erwiderung auf Kerrs Angriff in der »Neuen Rundschau«: D 119.

C 159 DIE GRIECHISCHE TRAGÖDIE. Masken, Jg. i, Nr. 10 [o.D.: wohl v. 16. 12. 1905], S. 6-13. Bespricht: Hermann Ubell, »Die griechische Tragödie«. 7906

C 160 DIE TRAGIKOMÖDIE. Die Schaubühne, Jg. 2/1, Nr. 4 v. 25. 1.1906, 8.91-93. C 161 MEINE POLEMIK MIT ARNO HOLZ. Kritik der Kritik, Jg. i, H. 5 [Februar 1906], S. 304-305. Enthält auch den Aufsatz von Rene" Schickele aus der Nationalzeitung·. D 120.

C 162 RELIGION. Der Weg, Wien. Jg. i, H. 22 v. 24. 2. 1906, S. 11-13. C 163 Selbstanzeige von »Holz und Schlaf« [= A 13]. Die Zukunft, Band 54, 1906/1, Nr. v. 31. 3. 1906, S. 498. C 164 EINE SEHR KURZE ERWIDERUNG. Kritik der Kritik, Jg. 2, H. 7 [April 1906], S. 53. Erwiderung an Rene1 Schickele: vgl. D 120 und D 126.

C 165 Selbstanzeige von: »Peter von Rußland] [= A 16]. Die Zukunft, Band 57, 1906/4, Nr. v. 3. n. 1906, S. 206-207. 7907 C 166 VOM STUDENTEN DER ZUKUNFT. Jahrbuch moderner Menschen. Beiträge zur Förderung des philosophischen und sozialpolitischen Interesses. Hg. v. H. Egotinus. Osterwieck, 1907 [= Band 2 des »Jahrbuchs für moderne Studenten«], S. 193-198. C 167 ZUR THEORIE DES LIBERALISMUS. Blaubuch, Berlin. Jg. 2, 3-Qu., Nr. 32 v. 8. 8. 1907, S. 968-972. C 168 DER SCHICKSALSBEGRIFF DES TRAGIKERS. Masken, Jg. 3, H. 5 v. 23.9. 1907, S. 75-79. i. Neudruck in: A 25, S. 265-269. C 169 MARXISMUS AM SCHEIDEWEG. Blaubuch, Jg. 2, 4. Qu., Nr. 48 v. 28.11. 1907,8.1445-1451.

342 C 170 PSYCHOLOGIE UND TRAGÖDIE. Masken, Jg. 3, H. 17 v. 16.12. 1907, 8.281-286. i. Neudruck: A 25, S. 257-264.

C 171 DIE BEGRÜNDUNG DER HUMANITÄT. Jahrbuch moderner Menschen, Band 3, 1908, S. 124-130. C 172 NIETZSCHE UND OVERBECK. Der Zeitgeist, Nr. 6 v. 10. 2. 1908, [4 n. num. Sp.]. Bespricht auch: Albert Bernoulli, »Nietzsche und Overbeck«, Bd. I.

C 173 EIN WORT ÜBER SHAKESPEARE. Das Magazin für Litteratttr, Jg. 77, H. 7/8, April/Mai 1908, S. 121-123. C 174 FLORENZ IM DREIZEHNTEN JAHRHUNDERT. Sonntagsbeilage zur Vossischen Zeitung, Nr. 33 v. 16.8.1908, 8.257-259 und Nr. 34 v. 23. 8. 1908, S. 268-270. Besprochen wird: Robert Davidsohn, »Geschichte von Florenz«. II, Guelfen und Ghibellinen. i.Teil: Staufische Kämpfe. Vgl. €189.

C 175 Aus ALTJÜDISCHEN LEGENDEN. Der Zeitgeist, Nr. 35 v. 31. 8. 1908, [5 n. num. Sp.]. Bespricht: August Wünsche, »Aus Israels Lehrhallen«, Bd. I u. II. C 176 ZUR PSYCHOLOGIE UND WELTANSCHAUUNG DER NEUROMANTIK. Xenien, Leipzig, Jg. i, 2. Sem., H. 9, [September 1908], S. 137-143, und H. [Oktober 1908], S. 210-215. TA aus dem »Ausgang der Moderne« [= A 20], S. 53-59 und S. 59-65.

C 177 LESSINGS »EMILIA GALOTTI«. Bühne und Welt, Jg. n, Bd. , [ . v. Oktober 1908], S. 32-35. €178 CONRAD FERDINAND MEYER. Zu seinem zehnjährigen Todestag. Sonntagsbeilage zur Vo5s«c&en Zeitung, Nr. 48 v. 29.11.1908, S- 377-379C 179 Rez. v. Karl Hoffmann, »Zur Literatur und Ideen-Geschichte. Zwölf Studien.« Sonntagsbeilage zur Vossischen Zeitung, Nr. 48 v. 29. n. 1908, S. 384. C 180 OFFENER BRIEF AN DR. J. V. WIDMANN IN BERN. Xenien, Jg. i, 2. Sem., [H. 12 v. Dezember 1908], S. 335-337. Entgegnung auf Widmanns Angriff: D 156. C 181 NIETZSCHE UND DIE HUMANITÄT. Der Zeitgeist, Nr. 51 v. 21. 12. I 9°8> [5 n. num. Sp.]. Bespricht auch: Albert Bernoulli, »Nietzsche und Overbecfc«, Bd. II.

C 182 Beitrag zu der Reihe: Zur Kritik der Sprachkunst. Kritik der Kritik, Bd. 2, H. 12 [o.D.: Dezember 1908], S. 324-326.

343

1909 C 183 EINE NOTGEDRUNGENE ERWIDERUNG. Der Tag, Berlin. Ausg. A, Nr. 14 v. 17. i. 1909, Illustrierte Unterhaitungs-Beilage [ohne Seitenzählung = S. [4]]. Entgegnung auf Wilhelm Hegelers Angriff: D 169.

C 184 DIE UMWERTUNG DER NATIONALITÄT. Der neue Weg, Berlin. Jg. 38, H. i v. 30. i. 1909, S. 1-5. r. Neudruck in: A 25, S. 332-339. 2. Neudruck des Textes aus A 25: Die Gegenwart, Jg. 43, Bd. 85, Nr. 23 v. 6. 6. 1914, S. 358-362. C 185 KANT UND DIE MODERNE. Allgemeine Zeitung, München. Beilage Nr. 8 v. 20. 2. 1909, S. 175-177. Bespricht auch: Ernst Markus, »Die Elementarlehre der allgemeinen Logik und die Grundzüge der transzendentalen Logik«.

C 186 Beitrag zu: »Ein Protest in Sachen Herwarth Waiden«. Der neue Weg, [12.] März 1909, S. 15-17. [Sonderheft]. C 187 WILHELM HEGELER UND DIE JÜNGSTE LEGENDE VON WEIMAR. Xenien, Jg. 2, i. Sem., H. 4 [April 1909], S. 201-206. Gegen Hegelers Angriff: D 169; vgl. auch: €183.

C 188 ZUR VERTEIDIGUNG DER TRAGÖDIE. Der neue Weg, Jg. 38, H. 14 [= Nr. 17] v. i. 5. 1909, S. 494-496. C 189 Rez. v. Robert Davidsohn, »Geschichte von Florenz«, II. Bd., 2. T.: Die Guelfenherrschaft und der Sieg des Volkes. Sonntagsbeilage zur Vossisdien "Leitung, Nr. 20 v. 16. 5. 1909, S. 160. Vgl. auch C 174. C 190 DIE KRISIS DER MODERNE. Der Tag, Berlin. Ausg. A, Nr. 120 v. 25. 5.1909, S. [i]-[3]» Feuilleton. C 191 KUNST UND LEBEN. Der Tag, Berlin. Ausg. A, Nr. 204 v. 1.9. 1909, S. [i]-[3], Feuilleton, i. Neudruck in: A 25, S. 40-45. C 192 CAROLINE SCHLEGEL. Sonntagsbeilage zur Vossischen Zeitung, Nr. 36 v. 5. 9. 1909, S. 281-282. C 193 WAS IST ROMANTIK? Blaubuch, Jg. 4, 4. Qu., Nr. 45 v. 4. n. 1909, S.1069-1072. Ausschnitt aus »Der Ausgang der Moderne« [= A 20], $.4-11.

/9/O

C 194 DRAMA UND SAGE. Die Rheinlande, Düsseldorf. Jg. H. i v. Januar 1910, S. 38. Rez. v. Ernst Hardt, »Tantris der Narr«.

/

= Bd. 19,

344

C 195 DER KULTUR WERT DER GROSSEN KUNST. Der Tag, Berlin. Ausg. A, Nr. 12 v. 15. i. 1910, S. [i]-[2], Feuilleton, i. Neudruck in: A 25, S. 20-34. C 196 DER KAMPF UM HEBBEL. Die Rheinlande, Jg. v. Februar 1910, S. 72-73.

/

= Bd. 19, H. z

C 197 ZVEI ARTEN VON SOZIOLOGIE. Die Tat, Leipzig. Jg. i, H. 12 v. März 1910, S. 702-706. i. Neudruck in: A 25, S. 307-313. C 198 OFFENER BRIEF. Der Sturm, Jg. i, Nr. i v. 3. 3. 1910, S. 6. Brief an Herwarth Waiden über Theodor Lessing. Vgl. D 188. i. Auch abgedruckt: F 19, S. 126.

C 199 EINE AUFFORDERUNG AN DEN DOKTOR LESSING. Blaubuch, Jg. 5, i. Qu., Nr. 12 v. 24. 3. 1910, S. 281-282. Anläßlich: D 188. i. Audi abgedruckt: E 8, S. 58-60. C 200 DIE FRAU UND DIE PERSÖNLICHKEITSKULTUR. Frauen-Zukunft, München/Leipzig. Jg. i, Bd. r, Nr. i v. April 1910, S. 73-75. C 20l COSTERS ULENSPIEGEL. Die Rheinlande, Jg. Mai 1910, S. 179.

/ = Bd. 19, H. 5 v.

Bespricht: Charles de Coster, »Tyll Ulenspiegel, Lamm Goedzakc [...]. Deutsch v. Friedrich von Oppeln-Bronikowski.

C 202 KEHRAUS. Blaubuch, Jg. j, 2. Qu., Nr. 22 v. 2.6. 1910, S. 525. Schlußbetrachtung zum Streit mit Theodor Lessing. Vgl. D 188.

C 203 ZEHN JAHRE NACH NIETZSCHE. Die Propyläen, Wochenschrift der Münchener Zeitung, München. Jg. 7, Nr. 39 v. 29. 6. 1910, S. 609 bis 611, und Nr. 40 v. 6. 7. 1910, S. 625-627. r. Neudruck in: A 25, S. 354-375. C 204 MODERNE POLITIK UND MODERNE LITERATUR. Die Hilfe, BerlinSchöneberg. Jg. 16, Beiblatt zu Nr. 27 v. 10. 7. 1910, S. 431-433. i. Neudruck in: A 25, S. 52-60. C 205 DIE MASCHINENKULTUR IN DER MODERNEN DICHTUNG. Der Tag, Berlin, Ausg. A, Nr. 174 v. 28.7. 1910, S. [i]-[3]> Feuilleton, i. Neudruck in: A 25, S. 46-51. C 206 FALSCHE BEWEISE FÜR DIE EXISTENZ DES MENSCHEN JESU. Die Tat, Jg. 2, H. 5 v. August 1910, S. 264-282. 1. Sonderdruck: A 22. 2. Neudruck in: A 23, S. 79-99. Vgl. D 116 und D 129 und Lublinskis Antwort; C u j .

345

C 207 DER PRIESTER VON ORCHOMENOS. NOVELLE. Die Rheinlande, Jg. io/2 = Bd. 20, H. 8 v. August 1910, S. 261-266, und H. 9 v. September 1910, S. 294-298. C 208 ETWAS VOM MYTHOS. Der Tag, Berlin. Ausg. A, Nr. 220 v. 20. 9. 1910, S. [i]-[3], Feuilleton. Bespricht audi: John M.Robertson, »Die Evangelien-Mythen«.

C 209 DAS ERLEBNIS DES KRITIKERS. Die Fadsei, Wien. Jg. 12, Nr. 307/8 v. 22.9. 1910,8.35-42. C 210 ElN GESCHEITERTER DICHTER DES NEUNZEHNTEN

JAHRHUNDERTS.

Die Rheinlande, Jg. 10/2 = Bd. 20, H. 10 v. Oktober 19:0, S. 337 bis 340. Würdigung von Karl Kösting (1842-1907).

C 2 i i DER ERZÄHLER OTTO STOESSL. Die Fackel, Jg. 12, Nr. 309/10 v. 31. io. 1910, S. 7-15. C 212 DER TRAGISCHE MENSCH IN DER MODERNEN LITERATUR. Die Fackel, Jg. 12, Nr. 311/12 v. 23. u. 1910, S. 30-37. C 213 NACHKLASSISCHES FRAUENIDEAL. Frauen-Zukunft, Jg. i, Bd. 2, H. 8 v. Dezember 1910, S. 576-584. Bespricht die Frauengestahen bei Kleist, Grillparzer, Hebbel und Ibsen.

€214 EIN BUCH ÜBER JÜDISCHE PROBLEME. Der Tag, Berlin. Ausg. A, Nr. 288 v. 9. 12. 1910, Feuilleton. Rez. v. Nathan Birnbaum, »Ausgewählte Schriften zur jüdischen Frage«, 2 Bde. Czernowitz, Birnbaum.

C 2 I 5 MEIN SCHLUSSWORT ZUR JESUSFRAGE. Die Tat, Jg. 2, H. 10 v. Januar 1911,5.572-575. Erwiderung auf A. Horneffers Aufsatz: D 229, und M. Havensteins D 216.

Aufsatz:

C2i6 EIN DEUTSCHER SOPHOKLES. Der Tag, Berlin. Ausg. A, Nr. 18 v. 2i. i. 1911, Feuilleton. Rez. v. »Die Tragödien des Sophokles. Deutsch von Heinrich Schnabel«.

€217 Teilabdruck eines Briefes vom 6. Dezember 1910 an einen Freund über Karl Kraus' »Heinebüchlein« [= »Heine und die Folgen«]. Die Fackel, Jg. 12, Nr. 315/6 v. 26. i. 1911, S. 53. i. Auch in: FRIEDRICH JENACZEK, »Zeittafeln zur Fackel«. Gräfelfing b. München, Edmund Gans Verlag [1965], S. 31. In KARL KRAUS* Aufsatz: »Meine Bücher, der Fall Heine und die Vorlesung«, a.a.O., S. 46-56. Vgl. auch E 3/a.

C2i8 VIER FRAGEN AN DIE JESUS-GLÄUBIGEN. Das freie Wort, Frankfurt/Main. Jg. io, Nr. 2i : i. Februarheft 1911,8. 837-839.

346 C 219 EIN BRIEF VON SAMUEL LUBLINSKI f. Die Fackel, Jg. 12, Nr. 317/8 v. 28. 2. 1911, S. 23-24. Brief vom 22. 9. 1910 an Karl Kraus über dessen Bücher. C 220 ElN NEUIDEALISTISCHER PHILOSOPH DER PERSÖNLICHKEIT. Die Tat,

Jg. 3, H. 2 v. Mai 1911, S. 69-79. Zu: Ernst Kriedt, »Persönlichkeit und Kultur«.

C 22l ZUR KRITIK DES MODERNEN DRAMAS. Die Propyläen, Jg. 8, Nr. 33 v. 17. y. 1911, S. ji8-j20. i. Neudruck in: A 25, S. 285-292. C 222 DER ORGANISATIONSGEDANKE DER RELIGION. Die Tat, Jg. 3, H. 9 v. Dezember 1911, 8.411-419, und H. 10 v. Januar 1912, 8.470 bis 478. i. Neudruck in: A 25, S. 376-397. /9/.2//9/J C 223 TERESA UND WOLFGANG, NOVELLE. Die Bücherei Maiandros, eine Zeitschrift von 60 zu 60 Tagen, Berlin-Wilmersdorf. i. Buch, i. Oktober 1912. 60 S. i. Reprint: Nendeln, Kraus, 1969. Vgl. D 282 und die Rez.: 0290.

C224 ELEGIEN: I. Corbulo. II. Gustav Adolf vor Wien. [Gedichte]. Die Bücherei Maiandros, das IV. und V.Buch, i.Mai 1913: Der Mistral, eine lyrische Anthologie, [II] + 71 [+ 3] S. SL's Beitrag auf S. 38 bis 39. i. Reprint: Nendeln, Kraus, 1969.

II. SEKUND RLITERATUR D. Aufs tze, Rezensionen, Polemiken und Nachrufe in Zeitschriften, Zeitungen und Jahrb chern 1897 D r ACHAD HAAM [== ASCHER GINSBERG]. Beitrag zur Rubrik: *7Dn ·?ν [== 'al Hakol = » ber alles«]: 1UJ7 [Yalk t qatan = »Kleine Nachlese, Nr. i«]. Hascbiloah, Literarisch-wissenschaftliche Monatsschrift, Berlin. Jg. i, H. 4 v. Januar 1897, S. 385-386. Gerichtet gegen SL's »Der Antisemitismus« [=09]: Achad Haam bezeichnet SL's Standpunkt als »j dischen Nationalismus zum Zwecke der Assimilation«. Vgl. auch E 26, S. j8o.

i. Unter dem Titel: ΠΙΠΠ "HTniN 1 ?" [= »Le'umlut« hadasah = Neuer »Nationalismus«] in: ACHAD HAAM, D'UTT ΠΚΠ3 *?y [= »al-Paraschat Derachim« = »Am Scheidewege«], Bd. III, Berlin, J discher Verlag, 1921, S. 1-2. D la [Anonym], Notiz vom 25. i. 1897 ber den Vereinsabend (am 19.1.1897) des j disch-nationalen Vereins »Jung-Israel«, wo SL das Referat ber »Politik des Zionismus« hatte. Zion, Berlin. Jg. 3, Nr. 2 v. i. 2. 1897, S. 59. D 2 A -R, M., [= MATHIAS ACHER = Dr. NATHAN BIRNBAUM, Wien]. Rez. v. SL, »Der Antisemitismus« [= 09], Separatdruck. Zion, Jg. 3, Nr. 2 v.' i. 2. 1897, S. 48-52. D 3 [Anonym], Bericht ber die Versammlung der Berliner zionistischen Gruppe, »um zum Baseler Congre Stellung zu nehmen«. SL antwortet auf das Referat von Willy Bambus und vertritt den Standpunkt der »Publicit t der zionistischen Bewegung«. Die Welt, Jg. i, Nr. ίο v. 6. 8. 1897, S. 10. D 4 JOSEPHSOHN, WOLF, Zum Programm des Zionismus. Zion, Jg. 3, Nr. 7/8 v. 15. 8. 1897, S. 214-217. Gegen SL's Aufsatz »Zionismus und Orthodoxie« [= C ifi] und gegen Mathias Achers Aufsatz: »Zum M nchener Kongresse«, Zion, Jg. 3, Nr. j v. 31. j. 1897, S. ijj-i j.

D 5 BERDYCZEVSKI, MICHA JOSEF, Ί'ΚΠΤΠ ">Π [= Dor wedoresayw, was etwa : »Das Geschlecht und seine Deuter (Interpreten)« bedeutet, nach dem Talmud, Sanhedrin 38 b]. t|DK 7 flN

348 Achlassaf, Literarischer und praktischer Kalender für das Jahr 5659 [= 1898/1899], Jg. 6, Warschau, 1898. S. 109-123. Ober SL: 8.117-118. B. würdigt in diesem Aufsatz die führenden Persönlichkeiten im Zionismus und charakterisiert die zionistischen Führer Theodor Herzl und Max Nordau, die zionistischen Schriftsteller Nathan Birnbaum und S. Lublinski und die hebräischen Publizisten Adiad Haam und Ben-Jehuda.

D6 [Anonym], Bericht [v. 17. Januar 1898] über die Gründung der »Berliner Zionistischen Vereinigung«. Die Welt, Jg.2, Nr. 3 v. 21. i. 1898,8. 12. SL als »zweiter Schriftführer« erwähnt.

D 7 BAMBUS, WILLY, Zionismus und Zionismus. Zion, Jg. 4, Nr. i, Ende Januar 1898, S. 2-8. S. £-8 gerichtet gegen das [anonym erschienene und nicht aufgefundene] »Flugblatt« Lublinskis, gerichtet gegen den »Verein deutscher Staatsbürger jüdischen Glaubens«. Vgl. die Polemik: €33, D 10 und D 12.

D 8 [Anonym], [Drei Notizen], Zion, Jg. 4, Nr. i, Ende Januar 1898, S. 27-28. 8.17: SL sprach am 10. Januar 1898 nach der »längeren Ansprache« von Theodor Herzl in der »Versammlung der Berliner Zionisten«. 8.27-28: Bericht über die Gründung der Zionistischen Vereinigung in Berlin am 30.12.1897. »Red. Lublinski« in den Vorstand gewählt. S. 28: Notiz vom 26. Januar: Vortrag von SL über »Judenverfolgungen in Rumänien, Böhmen und Frankreich« in der Vereinigung.

D 9 [Anonym], Referat über den ersten Diskussionsabend der »Berliner zionistischen Vereinigung« vom 26. Januar. Die Welt, Jg. 2, Nr. y v. 4. 2. 1898, S. ii. SL referiert über die Judenverfolgungen und über den Zionismus. Der Zionismus sei »nicht nur eine politische, sondern auch eine sittliche Wiedergeburt de« jüdischen Volkes«.

D io [Anonym], Notiz, Zion, Jg. 4, Nr. 2, Ende Februar 1898, S. 26. Über das »Flugblatt« [ygl. D 7]: SL sei der Verfasser und habe in der Weit, Jg. 2,7 auf den Angriff Bambus' reagiert; vgl. C 33.

D ii [Anonym], Notiz. Zion, Jg. 4, Nr. 2, Ende Februar 1898, S. 29. SL bekämpft am 24.2. 1898 in der Zionistischen Vereinigung M.A.Klausner, der über »Schnorrerei, die Bedeutung der Emanzipation, des Weltbürgertums« sprach.

D 12 BODENHEIMER, MAX L, Brief vom 15. Februar 1898. Zion, Jg. 4, Nr. 2, Ende Februar 1898, S. 31. Brief an die Redaktion über SL's »Flugblatt«. Vgl. €33, D?, D io. D13 [Anonym], Referat über Lublinskis Aufsatz »Zwei Grundtriebe ethischer Kultur« [= €31]. Die Welt, Jg. 2, Nr. io v. io. 3. 1898, S. 12.

349 D 14 [Anonym], Notiz. Zion, Jg. 4, Nr. 3, Ende März 1898, S. 30. SL verfocht in der Versammlung der Zionistischen Vereinigung am 22.3.1898 seine Ansicht, »daß allein die gemeinsame politische Geschichte das Wesen der Nation ausmache«.

D 15 [Anonym], Ankündigung der »Jüdischen Charaktere« [= A i]. Die Welt, Jg. 2, Nr. 27 v. 8. 7. 1898, S. 12. D 16 [Anonym], Notiz. Die Welt, Jg. 2, Nr. 34 v. 26. 8. 1898, S. 4. »S. Lublinsky« [sie] unter den Delegierten zum 2. Zionisten-Congreß in Basel.

D 17 [Anonym], Notiz. Nette Deutsche Rundschau, Jg. 9, 3. u. 4. Qu., H. 9, September 1898, S. 990-991. Über SL's Aufsatz »Eine Bekehrte« [= €41] in der Zeit, Zugleicherzeit Besprechung v. Nahida Ruth Lazarus, »Ich suchte Dich«.

D 18 SACHS, J., Bismarck als - Zionist. Die Welt, Jg. 2, Nr. 38 v. 23. 9. 1898, S. 3-4. Reagiert auf SL's Aufsatz »Bismarck und die Juden« [= €43],

D 19 [Anonym], Rez. v. »Jüdische Charaktere« [= A i]. Die Welt, Jg. 2, Nr. 38 v. 23.9. 1898,5. 15. D20 SANDHI [d.i.?], Zionismus und ethische Kultur. Ethische Kultur, Jg. 6, Nr. 42 v. ij. 10.1898,5.331-333. Reagiert auf SL's Aufsatz: »Noch einmal der Zionismus« = €45. Vgl. 046 u. D23.

D2i A.,M. [d.i. MATHIAS ACHER?], Rez. v. »Jüdische Charaktere« [ = A i]. Allgemeine Zeitung des Judentums, Berlin. Jg. 62, Nr. 43 v. 28. . 1898,8. 515. D 22 [Anonym], Notiz. Die Welt, Jg. 2, Nr. 43 v. 28. 10. 1898, S. n. Bericht über die Rede SL's in der »Berliner zionistischen Vereinigung« am n. Oktober 1898, in der er die Ansicht Herrn Davidsohns, die »Jüdische Nationalbank« sei gegründet, die jüdischen Bauern in Palästina zu Leibeigenen zu machen, energisch bekämpfte.

D 23 JACOBY, LAURA, Stellungnahme zu SL's Aufsatz »Noch einmal der Zionismus« [= C 45]. Ethische Kultur, Jg.6, Nr.44 v. 29.10.1898, 8.352. Es folgt Lublinskis Beitrag: £,46. D24 [Anonym], Notiz. Die Welt, Jg. 2, Nr. 45 v. n. n. 1898, S. n. Referat über SL's Vortrag vom 25. 10. 1898 in der »Berliner zionistischen Vereinigung« über Georg Hirschfelds Drama »Agnes Jordan«. Vgl. auch: Cff.

D 24a [Anonym], Rez. v. SL, »Jüdische Charaktere« [= A i]. Der Israelit, Mainz. Jg. 39, Nr. 98 v. 12. 12. 1898 [= 5659], S. 1842.

1899 D 25 KARPELES, GUSTAV, Literarische Jahresrevue. Jahrbuch für jüdische Geschichte und Literatur. Band 2, Berlin 1899, S. 21-38. S. 33: Erwähnung von SL's »Jüdische Charaktere« [= A i].

350 D 26 SCHACH, FABIUS, Rundgang durch die zionistische Litteratur des Jahres. Jüdischer Volks-Kalender für das Jahr }66o [= 1899/1900], 3. Jg., Leipzig 1899, S. 129-140. S. 137: Rez. v. SL's »Jüdisdie Charaktere» [= AI].

D 27 SIEGFRIED, CARL, Rez. v. SL, »Jüdische Charaktere« [= A I ] . Theologischer Jahresbericht, Band 18 (über 1898), Leipzig, 1899, S. 128. D 28 BARTELS, ADOLF, Jüdische Charaktere bei Grillparzer, Hebbel und Otto Ludwig [= Rez. v. A I ] . Der Kunstwart, Jg. 12/1, H. 9, i. Februarheft 1899, S. 314. D29 BERG, LEO, Rez. v. SL, »Jüdische Charaktere« [= A i]. Das Litterarische Echo, Jg. i, H. 9 v. i. 2. 1899, Sp. 593-594. 030 [Anonym], Rez. v. SL, »Jüdische Charaktere« [= AI]. Deutsche Worte, Wien. Jg. 19, H. 4 v. April 1899, S. 188. 031 LENTRODT, WILLY, Rez. v. SL, »Jüdische Charaktere« [= A I ] . Die Gesellschaft, Jg. 15, Bd. 2, H. 5 [i. Juniheft 1899], S. 348-349. 032 STEINER, RUDOLF, Deutsche Litteratur und Gesellschaft im neunzehnten Jahrhundert. Das Magazin für Litteratur, Jg. 68, Nr. 27 v. 8. 7. 1899, Sp. 625-629. Rez. v. A 2, Bd. I u. II. i. Neudruck in E 31, S. 251-254; in E 31.1, S. 271-278. D 33 JELLINEK, ARTHUR L., Beitrag zu der Rubrik: »Echo der Zeitschriften«. Das Litterarische Echo, Jg. i, H. 20 v. 15.7. 1899, Sp. 1284 bis 1285. Referat zu dem Aufsatz: C jj.

D 34 GYSTROW, ERNST, Auf die Mensur! Die Gesellschaft, Jg. 15, Bd. 3, H. 4, [2. Augustheft 1899], S. 282-283. Antwort auf die »Leserzuschrift« Lublinskis [= C 59]. Die EntgegnungLublinskis: vgl. C6i.

D 35 [Anonym], Rez. v. »Litteratur und Gesellschaft«, Bd. I u. II [ = A 2], Neue Deutsche Rundschau, Jg. 10, 3. u. 4. Qu., H. v. Oktober 1899, S.1119-1120. 036 MEYER, RICHARD MORITZ, Rez. v. »Litteratur und Gesellschaft«, Bd. I u. II [= A 2]. Deutsche Literaturzeitung, Berlin. Jg. 20, Nr. 47 v. 25. ii. 1899, Sp. 1795-1796. D37

L, [d.i.?], Rez. v. »Litteratur und Gesellschaft«, Bd. I u. II [= A 2]. Literarisches Centralhlatt für Deutschland, Leipzig. Jg. 50, Nr. 47 v. 25. 11. 1899, Sp. 1619-1620.

35l 038 REICHEL, EUGEN, Litteraturbilder aus deutschen Einzelgauen VI: Die Ost- und Westpreußen. Das Litterarische Echo, Jg. z, H. 5 v. i. 12. 1899, Sp. 293-303. Zu SL: Sp. 301-303. 7900

D 39 LIER, LEONHARD, Zur Bilanz des Jahrhunderts. Das Litterarische Echo, Jg. 2, H. 7 v. i. i. 1900, Sp. 481-483. Rez. v. SL, »Litteratur und Gesellschaft«, Bd. III u. IV [= A 2]. 040 SENIL, C., Rez. v. SL, »Jüdische Charaktere [= A I ] . Allgemeines Litteraturblatt, hg. durch die österreichische Leo-Gesellschaft, Wien. Jg. 9, Nr. 8 v. 15. 4. 1900, Sp. 245-247. 041 STEINER, RUDOLF, Deutsche Litteratur und Gesellschaft im neunzehnten Jahrhundert. Das Magazin für Litteratur, Jg. 69, Nr. 20 v. 19. 5. 1900, Sp. 497-499, und Nr. 21 v. 26. 5. 1900, Sp. 521-525. Rez. v. SL, »Litteratur und Gesellschaft«, Bd. III u. IV [= A i\. i. Neudruck: E 31, S. 254-260; E 31.1, S. 278-289. 042 — T G — , [d.i.?], »Neu-Deutschland«. Fünf Essays von Samuel Lublinski. [= A 3, Rez.]. Wissenschaftliche Beilage zur Leipziger Zeitung, Leipzig. Jg. 1900, Nr. 64 v. 29. 5. 1900, Dienstagsabends, 8.256. 043 JACOBOWSKI, LUDWIG, Rez. v. SL, »Neu-Deutschland« [= A3]. Die Gesellschaft, Jg. 16, Bd. 2, H. 5 [i. Juniheft 1900], S. 319-320. 044

L, [d.i.?], Rez. v. SL, »Litteratur und Gesellschaft«, Bd. III u. IV [= A2]. Literarisches Centralblatt für Deutschland, Jg. 51, Nr. 24 v. 16. 6. 1900, Sp. 1018-1019.

D 45 LIENHARD, FRITZ, Heimatkunst? Das Litterarische Echo, Jg. 2, H. 20 v. 15. 7. 1900, Sp. i393-I398. Zu SL's Aufsatz C68: Sp. 1395-1397. Vgl. SL's Entgegnung: 079 und Lienhards Antwort: 048.

i. TA in: B 6, S. 344-349, Text Nr. 74 (mit Anm.). 046 GEIGER, ALBERT, Rez. v. SL, »Litteratur und Gesellschaft«, Bd. I u. II [= A 2]. Allgemeine Zeitung, München. Nr. 166 v. 23. 7. 1900, Beilage, S. 6. SL's Reaktion: C84; Geigers Entgegnung: 049.

D 47 ACHELIS, THOMAS, Die Hauptströmungen in der deutschen Litteratur des 19. Jahrhunderts. Neues Wiener Abendblatt, Wien [=Abendausgabe des Neuen Wiener Tagblatts]. Jg. 1900, Nr. 207 v. 30.7. 1900, A.-A., 5.4; Nr. 214 v. 6.8.1900, A.-A., 8.4; Nr. 221 v.

3J2

3· 8. 1900, A.-A., S. 4; Nr. 228 v. 20. 8. 1900, A.-A., S. 4; Nr. 235 v. 27. 8. 1900, A.-A., S. 4. »Mit besonderer Rücksicht auf« A i.

i. Sonntagsbeilage zur Vossischen Zeitung, Nr. 46 v. 18.11.1900, S. 365-367, und Nr. 47 v. 25. n. 1900, S. 372-373. [Neudruck]. 048 LIENHARD, FRITZ, Beitrag zu der Rubrik: »Zuschriften«: I. Das Litterarische Echo, Jg. 2, H. 23 v. i. 9. 1900, Sp. 1679-1680. Entgegnung auf SL's Polemik: 079. Vgl. 045.

D 49 GEIGER, ALBERT, In eigener Sache. Allgemeine Zeitung, München. Jg. 1900, Nr. 207 v. ii. 9. 1900, Beilage, S. 6-7. Entgegnung auf SL's Polemik: €84.

D 50 BETHGE, HANS, Eine moderne Literaturgeschichte. S. Lublinski, Litteratur und Gesellschaft im neunzehnten Jahrhundert. 4 Bde. [Rez.]. Stimmen der Gegenwart [Fortsetzung v.: Jung-Deutschland, Blätter für moderne Literatur], Eberswalde. Jg. i, Nr. 7, Oktober 1900, S. 137-138. [Rez. v. A 2]. D 51 BACH, D., Rez. v. »Litteratur und Gesellschaft«, Bd. I-IV [= A 2], Die Zeit, Bd. 25, Nr. 318 v. 3. 11. 1900, S. 78. D 52 BARTELS, ADOLF, Die Gefahren des Antisemitismus. Deutsche Welt, Wochenschrift der Deutschen Zeitung, Berlin. Jg. 3, Nr. 5 v. 4. n. 1900, S. 65-67. Polemisiert u.a. gegen: €87. Vgl. 054. D 53 BOELITZ, MARTIN, Beitrag zu der Rubrik: »Sprechsaal«. Die Gesellschaft, Jg. 16, Bd. 4, H. 4 [2. Novemberheft 1900], 8.267-268. Stellungnahme zu Lublinskis Aufsatz: 087. D 54 JACOBOWSKI, LUDWIG, Adolf Bartels und ich. Allerlei Standpunkte und Thatsachen. Die Gesellschaft, Jg. 16, Bd. 4, H. 5 [i. Dezemberheft 1900], S. 272-279. Polemisiert gegen D ji. Über SL: S. 273-174.

055 LIER, LEONHARD, Rez. v. SL, »Litteratur und Gesellschaft«, Bd. III u. IV. [= A 2]. Das Litterarische Echo, Jg. 3, H. 5 [v. r. 12. 1900], Sp. 359. 056 STEINER, RUDOLF, Rez. v. SL, »Litteratur und Gesellschaft«, Bd. I bis IV. Die Gesellschaft, Jg. 16, Bd. 4, H. 6 [2. Dezemberheft 1900], S- 393-39*· i. Neudruck: E 31, S. 260-262; E 31.1, S. 289-292. D 57 WEILEN, ALEXANDER VON, Ref. v. SL, »Die versunkene Glocke und der falsche Nietzsche« [= C22]. Jahresberichte, Band 8 über das Jahr 1897, Berlin 1901. Abt. IV,4: 129.

353 058 CARPIN, [S.], Aus Ludwig Jacobowski's letzter Abhandlung [ = D 54]. Jeschurun, Organ für die geistigen und sozialen Interessen des Judenthums. Hrsg. v. Rab.Dr.B.Koenigsberger. Pleschen. Jg. i, i. Halbband, Nr 5 [Anfang Februar 1901, wohl am 4. 2. 1901 erschienen], S. 139-142. Über SL: S. 140. D 59 [Anonym], Rez. v. SL, »Das dramatische Problem Egmont bei Goethe und Schiller« [= C 103]. Das Litterarische Echo, Jg. 3, H. 19 [v. 1.7. 1901], Sp. 1347. [Rubrik: »Echo der Zeitschriften«]. D 60 H[OLLAENDER], F[ELIX], Rez. v. SL, »Litteratur und Gesellschaft« [ = A 2 ] . Westermanns Illustrierte Deutsche Monatshefte, Braunschweig. Jg. 45, Bd. 90, Nr. v. Juli 1901, S. 538. D61 —R. [d.i. REGENER, EDGAR ALFRED], Rez. v. SL, »Der Imperator«. Revue franco-allemande. Jg. 3» Bd. 6, [H. 57], Nr. v. September 1901, S. 568-569. [Rez. v. A 5]. D 62 MEYER-COHN, HEINRICH, Ein letztes Wort zur Judenfrage? Ost und West, Jg. i, H. 10 v. Oktober 1901, Sp. 721-732. Gegen SL's Aufsatz: C 104. Vgl. SL's Antwort: C 108. 063 [Anonym], Rez. v. SL, »Gescheitert, Novellen«. [ = A 4 ] . Leipziger Tageblatt und Anzeiger, Leipzig, Nr. 570 v. 8. i r . 1901, M.A., S. 7933. D 64 SCAPINELLI, CARL CONTE, Neue Erzählungsliteratur [I]. Literarische Warte, München. Jg. 3, H. 2 v. November 1901, S. 96-100. Rez. v. SL, »Gescheitertc [= A4] auf S. 98-99. 065 MEYER-COHN, HEINRICH, Antwort zu SL's Aufsatz [= C 108]. Ost und West, Jg. i, H. n v. November 1901, Sp. 861-862. Dazu: »Anmerkung der Redaktion«: Sp. $62. Vgl. 62 und C 104. D 66 ZWEIG, STEFAN, Rez. v. SL, »Gescheitert« [= A 4]. Das Litterarische Echo, Jg. 4, H. 4 [v. 15. ii. 1901], Sp. 276-277. D 67 THON, OSIAS, Ein Abgefallener [= SL]. Die Welt, Jg. 5, Nr. 46 v. 15. n. 1901,8.3-4. Gegen SL's Aufsatz: C 104. D 68 KRÜGER, HERMANN ANDERS, Rez. v. SL, »Gescheitert«. Literarisches Centralblatt für Deutschland, Jg. 52, Nr. 48 v. 30. n. 1901, Sp. 2006. Rez. v. A4 in der Rubrik: »Novellen und Novelletten«, Sp. 2004-1007.

354 IEine Krisis«.

D 102 SCHLAF, JOHANNES, Kritik und Pamphlet. Das neue Magazin f r Literatur, Kunst und soziales Leben, Jg. 73/2, H. 10 v. 3. 9. 1904, S. 288-289. Entgegnung auf D 94. D io2a LION, JOSEF, . η ΐ Ί Ι Ι Κ 711033 , ( η Ρ Τ ) IN' 1 ? [= Lion, Josef, Nefasot 'ovd t = »Irrende Seelen«]. ΤΙΤΠ= Hador = Das Jahrhundert, Krakau. Jg. 2, Nr. 33 v. 30. 9. 1904, S. 6-9. Heftiger, pers nlicher Angriff auf SL und auf Robert Jaffi wegen deren Abkehr von der j dischen Nationalidee.

D 103 S[IEKLE], D. H., S. Lublinski, »Vom unbekannten Gott« [= A 12], [Rez.]. Freistatt, M nchen. Jg. 6/2, Nr. 45 v. 5. n. 1904, S. 904. D 104 GEYER, EMIL, Die Bilanz der Moderne [= A 10], [Rez.]. Das freie Wort, Frankfurt/Main. Jg. 4, Nr. 16, 2. Novemberheft 1904, S. 635-640. D 105 K[R GER], H[ERMANN] A[NDERS], Rez. v. SL, »Die Bilanz der Moderne« [= A io]. Die sch ne Literatur, Jg. 5, Nr. 26 v. 17. 12. 1904, Sp. 499-501. SL's Entgegnung: C 153. Vgl. audi C 157.

D 106 PARISER, LUDWIG, Ref. b. SL, »Gottsched« [= €98]: Abt. 111,5: 115; WEILEN, ALEXANDER VON, Ref. b. SL, »Wildenbruch als Dramatiker« [=096]: Abt. IV,4:i22, ID., Ref. b. SL, »Peter Hille« [ = C i o i ] : Abt. IV,4:i49; WEISSENFELS, RICHARD, Ref. b. SL, »Das dramatische Problem Egmont« [= C 103] : Abt. IV,8e: ^^.Jahresberichte, Band 12 ber das Jahr 1901, Berlin, 1905. D 107 M LLER, [ROBERT], Charles Darwin. Eine Analogie [sie!] und eine Kritik. Von Samuel Lublinski. [Rez.]. Jahrbuch der landwirtschaftlichen Pflanzen- und Tierz chtung, Stuttgart. Jg. 2, 1905, S. 33 1 bis 3 32. Rez. v. A 14.

D 108 CHRISTLIEB, MAX, Rez. v. SL, »Vom unbekannten Gott« [= A 12]. Theologischer Jahresbericht, Bd. 24 ( ber 1904), Leipzig, 1905, S. 850. D 109 ERNST, PAUL, Die Bilanz der modernen Dichtung. Der Zeitgeist, Nr. i v. 2. i. 1905, S. [i] und Nr. 2 v. 9. i. 1905, S. [2]. Rezension von SL, »Die Bilanz der Moderne« [= A 10],

35» i. Neudruck in: E 6, S. 195-211. Unter E 6 auch die anderen Neudrucke. D no MAYNC, HARRY, Neue Literaturgeschichten. Der Türmer, Stuttgart. Jg. 7, H. 5 v. Februar 1905, S. 705-708. 8.706-707: Rez. v. SL, »Litteratur und Gesellschaft«, Bd. I-IV [= A.Z].

D HI W., S., [= WENGEROVA, SIANIDA]. S. Lublinski. Die Bilanz der Moderne. [Rez. in russischer Sprache von A I o]. Westnik Jewropy [= Messager d'Europe], St. Petersburg. Jg. 40, Bd. 2, Heft v. März 1905, S. 426-432. Vgl. dazu: Arthur Luther, Russischer Brief. Das Litterarische Echo, Jg. 7, H. ii v. 15. j. 1905, Sp. 1200-1202, besonders Sp. 1202.

D ii2 K., A. [= KLAAR, ALFRED], Bilanzen der Literatur II. Vossische Zeitung, Berlin. Nr. 187 v. 20.4.1905, M.-A., Feuilleton. [9 Sp.]. Sp. [i]-[6]: Rez. v. SL, »Bilanz der Moderne« [= A 10]. Sonst werden rezensiert: Max Martersteig, »Das deutsche Theater im 19. Jahrhundert« und Rudolf Lothar, »Das deutsche Drama der Gegenwart«. SL's Entgegnung: €153.

D113 GEYER, EMIL, Rez. v. SL, »Vom unbekannten Gott« [ = A i 2 ] . Sonntagsbeilage zur Vossischen Zeitung, Nr. 18 v. 30.4.1905, S. 144. D 114 S.,H. [d.i.?], Rez. v. SL, »Charles Darwin« [ = A i 4 ] . Wissenschaftliche Beilage der Leipziger Zeitung, Nr. 67 v. 8.6.1905, S. 267. [Gehört zur A.-A. der Zeitung]. [Bespricht auch: Salomo Friedländer, »Julius Robert Mayer«].

D 115 ZIPPER, ALBERT, S. Lublinski, »Die Bilanz der Moderne« [= A 10]. [Rez.]. Allgemeines Literaturblatt, Jg. 14, Nr. 14 v. 31.7.1905, Sp. 430. Dn6

., ., [d.i. BERNSTEIN, EDUARD], Samuel Lublinski, »Die Bilanz der Moderne« [= A 10]. [Rez.]. Dokumente des Sozialismus, Berlin. Band 5, H. 8, August 1905, S. 361-362.

D 117 ZIEGLER, HEINRICH ERNST, Rez. v. SL, »Darwin« [= A 14]. Deutsche Literaturzeitung, Jg. 26, Nr. 38 v. 23. 9. 1905, Sp. 2348-2349. D 118 KRÜGER, HERMANN ANDERS, Herrn Samuel Lublinski zur Antwort. Kritik der Kritik, Bd. i, H. 2 [o.D. = November 1905], S. 134 bis 136. Entgegnung auf C 153. SL's Erwiderung: C 157.

D 119 KERR, ALFRED, Vom Drama. Die Neue Rundschau, Berlin. Jg. 16, Dezemberheft 1905, S. 1524-1529. Reagiert auf S. 1529 auf SL's Angriff: C 152. Vgl. SL's Entgegnung: C 158.

359 D 120 SCHICKELE, , Samuel Lublinski, Holz und Schlaf. Ein zweifelhaftes Kapitel Literaturgeschichte. [= A 13]. [Rez.]. National-Zeitung, Berlin. Nr. 679 v. 13. 12. 1905, Morgenblatt, Beilage »Die schönen Künste«, S. 3. i. Neudruck: in C 161 und in D 123.

1906 D i2i WALZEL, OSKAR F., Ref. üb. SL's Rezension von Schlaikjer [ = C 113]; POPPE, THEODOR, Ref. üb. SL, »Romantik und Stimmung« [=0117]. Jahresberichte, Band 13/2 über das Jahr 1902, Berlin 1906, S. 233 und 267. D 122 HOCHDORF, MAX, Rez. v. SL, »Schiller« [= A 15]. Sozialistische Monatshefte, Berlin, Jg. 12 (10), H. i, Januar 1906, S. in. D123 SCHLAF, JOHANNES, Rene Schickele über »Holz und Schlaf« [= A 13]. Kritik der Kritik, Bd. i, H. 5 [o.D., wohl Januar 1906], S. 297-298. Enthält auch den Neudruck von D no.

D 124 KURTZ, RUDOLF, Die Berliner literarische Kritik. Kritik der Kritik, Bd. i, H. 6 [o.D.], 1906, S. 317-324. SL wird auf S. 3*3 erwähnt. D 125 SCHLAF, JOHANNES, Beweisunkräftige Dokumente. Kritik der Kritik, Bd. i, H. 6 [o.D.], 1906, S. 351-353Über Arno Holz: E 2.1. und über SL's Broschüren: A n und A 13.

D 126 SCHICKELE, RENE, Ringelspiel. Eines der »letzten Worte« über den Fall Holz-Schlaf. Kritik der Kritik, Bd. i, H. 6 [o.D.], 1906, S. 353 bis 355. Vgl. D 113 und SL's Antwort: C 164. D 127 BURCKHARDT, RUDOLF, Rez. v. SL, »Charles Darwin« [ = A i 4 ] . Mitteilungen zur Geschichte der Medizin und der Naturwissenschaften, Hamburg. Band y, No. i [= Nr. 17], Januar 1906, S. 54-55. D 128 LISSAUER, ERNST, Eine Entwicklungsgeschichte der modernen Literatur. Der Weg, Wien. Jg. i, H. 27 v. 31.3.1906, S. 10-12. Rez. v. SL's »Bilanz der Moderne« [= A 10]. D 129 SCHLAF, JOHANNES, Selbstanzeige von: »Mentale Suggestion« [= E 5]. Die Zukunft, Bd. 54, 1906/1, Nr. v. 31. 3. 1906, S. 498-499. Bezieht sich auch auf A 13. D 130 HANSTEIN, R. VON, Rez. v. SL, »Charles Darwin« [= A 14]. Naturwissenschaftliche Rundschau, Braunschweig. Jg. 21, Nr. 17 v. 26. 4. 1906, S. 217-218.

360 D 13 1 SCHOLZ, WILHELM VON, Zur Geschichte der Literatur. Die Propyläen, Wochenschrift der Miinchener Zeitung, München. Jg. 3, Nr. 32 v. 9. 5. 1906, S. 513-515. Bespricht auch: SL, »Schiller« [= A I J ] .

D 132 WOLLF, KARL, Rez. v. SL, »Vom unbekannten Gott« [= A 12]. Das Litterarische Echo, Jg. 8, H. 16 v. 15. 5. 1906, Sp. 1187-1188. D 133 FALKE, KONRAD, Literarische Monatsberichte VI. Deutsche Monatsschrift für das gesamte Leben der Gegenwart, Berlin. Jg. 5, H. u, August 1906, S. 702-710. Rez. v. SL, »Peter von Rußland« [= A ii]: S. 707-708.

D 134 WAGNER, FR. VON, Rez. v. SL, »Charles Darwin« [= A 14]. Zoologisches Centralblatt, Leipzig. Bd. 13, Nr. 17 v. 14.9. 1906, S. 537 bis 538 (Rezension Nr. 560). D 13 5 SPITZER, HUGO, Die »Moderne« in der Wissenschaft I. österreichische Rundschau, Wien. Bd. 8, H. / v. 27. 9. 1906, S. 354-373. S. 3J4-3ÄO: Rez. v. SL, »Charles Darwin« [= A 14], D 136 SAKHEIM, ARTHUR, Rez. v. SL, »Peter von Rußland« [= A 16]. Hamburger Correspondent, Hamburg. Beilage: Zeitschrift für Literatur, Kunst und Wissenschaft, Jg. 29, Nr. 22 v. 28.10.1906, 8.87. D i36a FRANCK, HANS, Neue Deutsche Dramen. Das Magazin für Literatur des In- und Auslandes, Jg. 77 [recte: 76], Nr. 2, November 1906, S. 68-69. Enthält: Rez. v. SL, »Peter von Rußland« [= A 16].

D 137 KOCH, MAX, Geschichtliche Dramen. Die schöne Literatur, Jg. 7, Nr. 24 v. 17. ii. 1906, Sp. 463-465. Sp. 464-46$: Rez. v. SL, »Peter von Rußland« [= Ai6]. D 138 COELLEN, LUDWIG, Dramatische Theorie und Dichtung. (Paul Ernst und S. Lublinski). Rheinisch-Westfälische Zeitung, Essen. Nr. 1116 v. 18. ii. 1906, Bl. 2 zur Sonntag- Ausgabe, Beilage für Kunst und Wissenschaft. Bespricht auch: »Der Weg zur Tragödie«, Einleitung zu SL, »Peter von Rußland« [=Ai6].

D 139 SCHOLZ, WILHELM VON, Zur Geschichte der Literatur. Die Propyläen, Jg. 4, Nr. 9 v. 28. n. 1906,8. 135-137. Bespricht: Paul Ernst, »Der Weg zur Form« und SL, »Der Weg zur Tragödie«, Einleitung zu SL, »Peter von Rußland« [= A 16].

D 140 SPRANGER, EDUARD, Ref. üb. SL, »Die Entstehung des Judentums« [= A 9]. Jahresberichte, Bd. 14/2 über das Jahr 1903, Berlin, 1907, 8.728.

36

D 141 LASKER-SCHÜLER, ELSE, S. Lublinski. Kritik der Kritik, Jg. 2, 1907, H. [o.D.], S. 226-228. 1. Neudruck in: LASKER-SCHÜLER, ELSE, »Gesichte. Essays und andere Geschichten«. Leipzig, Kurt Wolff, 1913, S. 77-82. 2. Neudruck in: LASKER-SCHÜLER, ELSE, »Essays«. Zweite Auflage. Berlin, Paul Cassirer, 1920, S. 41-46. 3. Neudruck in: LASKER-SCHÜLER, ELSE, »Prosa und Schauspiele«. Hrsg. v. Friedhelm Kemp. München, Kösel-Verlag [1962], S. 241 bis 245. [= »Gesammelte Werke«, Band 2]. D 142 [Anonym], Rez. v. SL, »Darwin« [= A 14]. Literarisches Zentralblatt für Deutschland, Jg. 58, Nr. 13/14 v. 6.4. 1907, Sp. 433. D 143 GEYER, EMIL, Rez. v. SL, »Die Humanität als Mysterium« [= A 17]. Sonntagsbeilage zur Vossischen Zeitung, Nr. 26 v. 30.6.1907, S. 208. D 144 BERGER, KARL, Schiller-Schriften [Schluß]. Das Litterarische Echo, Jg. 9, H. 20 v. 15. 7. 1907, Sp. 1511-1517. Sp. 1511-1512: Rez. v. SL, »Schiller« [= A 15]. D 145 LEFFSON, AUGUST, Rez. v. SL, »Peter von Rußland« [ = A i 6 ] . Allgemeine Zeitung, München, Beiblatt Nr. 150 v. 15.8.1907, S. 215.

1908 D 146 POPPE, THEODOR, Ref. üb. SL, »Die Bilanz der Moderne« [ = A 10]. Jahresberichte, Bd. 15/2 über das Jahr 1904, Berlin, 1908, S. 282. D 147 WALZEL, OSKAR F., Ref. üb. SL, »Die Bilanz der Moderne« und »Vom unbekannten Gott« [= A 10 bzw. A 12]. Jahresberichte, Bd. 15/2 über das Jahr 1904, Berlin, 1908, S. 372-373. D 148 CHRISTLIEB, MAX, Rez. v. SL, »Die Humanität als Mysterium« [ = A 17]. Theologischer Jahresbericht, Band 27/2 über das Jahr 1907, Leipzig, 1908, S. 128. D 149 RATH, WILLY, Ein Tragödien-Beispiel. Das Litterarische Echo, Jg. io, H. 12 v. 15. 3. 1908, Sp. 847-850. Rez. v. SL, »Peter von Rußland« [= A 16]. D 150 HOCHDORF, MAX, Rez. v. SL, »Günther und Brunhild« [= A 18]. Sozialistische Monatshefte, Jg. 14(12), H. 13 v. 25.6.1908, 8.832 bis 833. 0151 [KuNAD, PAUL], Rez. v. SL, »Litteratur und Gesellschaft« [= A 2]. Xenien, Leipzig. Jg. i, 2. Sem., H. 8 [August 1908], 5.114-117. D 152 STOESSL, OTTO, Shakespeares Problem im Hamlet [Rez. v. A 19]. Masken, Jg. 4, H. 4 v. 21. 9. 1908, S. 58-64. Vgl. 0131: geänderter Neudruck.

362

D153 [THIELE, ERNST .], Rez. v. SL, »Vom unbekannten Gott« [= A 12]. Xenien, Jg. i, 2. Sem., H. 9 [September 1908], S. 194-197. D 154 [KUNAD, PAUL], Rez. v. SL, »Die Bilanz der Moderne« [= A 10]. Xenien, Jg. i, 2. Sem., H. 10 [Oktober 1908], S. 235-237. D 155 SCHLAF, JOHANNES, Rez. v. SL, »Shakespeares Problem im Hamlet« [= A 19]. Der Tag, Berlin. Ausg. A, Nr. 342 v. 24. 10. 1908. D 156 [WiDMANN, JOSEF VICTOR], Rez. v. SL, »Der Ausgang der Moderne« [= A2o]. Der Bund, Bern. Sonntagsblatt Nr. 45 v. 8. n. 1908,8.357-359. Vgl. SL's Entgegnung: Ci8o.

D 157 ACHELIS, THOMAS, Zur Psychologie der Moderne. Müncbener Neueste Nachrichten, München. Beilage Nr. 114 v. n. n. 1908, S. [329] bis [331]. Rez. v. SL, »Der Ausgang der Moderne« [= A 20]. D i j 8 WAR v AR, MAX, Rez. v. SL, »Shakespeares Problem im Hamlet« [= A 19], Theater-Courier, Berlin. Jg. 15, Nr. 779 v. 26. n. 1908, S.758. D159 x. [d.i.?], Rez. v. SL »Shakespeares Problem im Hamlet« [ = A 19]. Bühne und Welt, Jg. n, Bd. i, H. v. Dezember 1908, S. 306. D 160 KUNAD, PAUL, Rez. v. SL, »Peter von Rußland« [= A 16], Xenien, Jg. i, 2. Sem., H. 12 [Dezember 1908], S. 367. Di6i HOCHDORF, MAX, Rez. v. SL, »Der Ausgang der Moderne« [ = A 20]. Sozialistische Monatshefte, Jg. 14 (12), H. 24 v. 3. 12. 1908, 8.1566. D 162 SAKHEIM, ARTHUR, Von Szeptern und gewaltigen Busennadeln. Die Schaubühne, Jg. 4/2, Nr. 51 v. 17. 12. 1908, S. 606-607. Rez. v. SL, »Günther und Brunhilde« [= A 18].

D 163 STOESSL, OTTO, Der Ausgang der Moderne. Die Gegenwart, Jg. 38, Bd. 74, Nr. 52 v. 26. 12. 1908, S. 406-408. Rez. v. SL, »Der Ausgang der Moderne« [= A 20]. 1909

0164 MÜLLER, ERNST, Ref. üb. SL, »Schiller« [= A 15]. Jahresberichte, Bd. 16/2 über das Jahr 1905, Berlin 1909, S. 577 und S. 649. D 165 CHRISTLIEB, MAX, Rez. v. SL, »Shakespeares Problem im Hamlet« [= A 19]. Theologischer Jahresbericht, Bd. 28/2 (über das Jahr 1908). Leipzig, 1909, S. 35. D 166 [Anonym = Alois Brandl?], Rez. v. SL, »Shakespeares Problem im Hamlet« [= A 19]. Archiv für das Studium der neueren Sprachen und Literaturen, Braunschweig. Jg. 62, [1908/09], Bd. 121, 2. Heft [etwa Mitte Januar 1909 erschienen, aber: o.D.], 8.477.

363 D 167 WEILEN, ALEXANDER VON, Hamlet-Literatur. Jahrbuch der deutschen Shakespeare-Gesellschaft, Berlin-Sdiöneberg. Jg. 45, 1909, S. 343-346. S. 34J~34i: Rez. v. SL, »Shakespeares Problem im Hamlet« [= A 19]. D 168 DAFFIS, HANS, Shakespeare-Bibliographie 1908. Jahrbuch der deutschen Shakespeare-Gesellschaft, Jg. 45, 1909, S. 427-465. Erwähnt 8.441, Nr. 5014: 3 Rez. v. SL, »Shakespeares Problem im Hamlet« [ = A i 9 ] : D166; D I J S [falsch datiert!]; Berliner Tageblatt \. 23.11.1908 (M.J[acobs]): [unauffindbar!]. 5.448, Nr. 5108: sehr kurzes Referat über C 173.

D 169 HEGELER, WILHELM, Samuel Lublinski: »Der Ausgang der Moderne« [Rez. v. A 20]. Der Tag, Berlin, Ausg. A, Nr. 6 v. 8. 1.1909. Illustrierter Teil. Vgl. SL's Entgegnung: C 183 und C 187. D 170 HOFFMANN, KARL, Ausklänge der Moderne. Die schöne Literatur, Jg. 10, Nr. 2 v. 16. i. 1909, Sp. 17-21. Rez. v. SL, »Der Ausgang der Moderne« [= A 20] und von Kurt Walter Goldschmidt, »Zur Kritik der Moderne«.

0171 [KuNAD, PAUL], Rez. v. SL, »Günther und Brunhilde« [= A 18]. Xenien, Jg. 2, i. Sem., H. 2 [Februar 1909], S. 108-109. D 172 FRÄNKEL, LUDWIG, Shakespeare-Literatur. Das Litterarische Echo, Jg. ii, H. ii v. i. 3. 1909, Sp. 779-786. Sp. 784-785: Rez. v. SL, »Shakespeares Problem im Hamlet« [= A 19].

Di72a KRAUS, KARL, Literatur. Die Fackel, Wien. X.Jahr, Nr. 275-276 v. 22. 3. 1909, S. 15-20. S. 18: über SL's günstiges Urteil über: »Sonjas letzter Name«, eine SAelmengesdiidite von Otto Stoessl [München, 1908]. Druck der Rezension [?] nicht ermittelt.

D 173 LOHR, ANTON, S. Lublinski, »Shakespeares Problem im Hamlet«. [= A 19]. [Rez.]. Literarischer Handweiser, zunächst für alle Katholiken deutscher Zunge, Münster. Jg. 47, Nr. 4 [April 1909], Sp. 154-155· D 174 GREINER, LEO, Der Ausgang der Moderne. Die Schaubühne, Jg. 5, Nr. 19 v. 13. 5. 1909, S. 523-526. Rez. v. SL, »Der Ausgang der Moderne« [= A 20].

D 175 WALZEL, OSKAR F., Rez. v. SL, »Der Ausgang der Moderne«. [ = A 20]. Allgemeine Zeitung, München. Beilage Nr. 21 v. 22.5. 1909, S.478-479· D176 GREGORI, FERDINAND, Das Hamletproblem. Der Kunstwart, Jg. 22, 3. Qu., H. 17, i. Juni-Heft 1909, S. 293-296. S. 294-29$: Rez. v. SL, »Shakespeares Problem in Hamlet« [= A 19].

364 D

SCHEU, ROBERT, Victor Adler. Das Lebenswerk eines konservativen Politikers. Die Fackel, Wien. XI. Jahr, Nr. 281-82 v. 4.6. 1909, S. 3-17. Auf S. 13-14: über SL, »Ausgang der Moderne« [= A 20], D 177 SPRENGLER, JOSEPH, Der Ausgang der Moderne. Ein Budi der Opposition von S. Lublinski. [Rez. v. A 20], Literarischer Handweiser, Jg. 47, Nr. 7/8, [Juli/August 1909], Sp. 289-290. D178 L.-H., M. [d. i. LOEPER-HOUSSELLE, MARIE]. Sam. Lublinski, »Shakespeares Problem im Hamlet«. [Rez. v. A 19]. Lehrerin in Schule und Haus, Leipzig. Jg.2j, Nr-4o v. 3.7.1909, S. 1162-1163. D 179 RATH, WILLY, Der Ausgang der Moderne. Das Litterarische Echo, Jg. n, H. 2ov. 15.7. 1909, Sp. 1413-1417. Rez. v. SL, »Der Ausgang der Moderne« [= A 20]. Di80 SCHOLZ, WILHELM VON, Rez. v. SL, »Der Ausgang der Moderne« [=A2o]. Der Kunstwart, Jg. 22, 4. Qu., H. 22, 2. Augustheft 1909, S. 210-212. D i 8 i GOLDSCHMIDT, KURT WALTHER, Der Niedergang der Talente. Das Litterarische Echo, Jg. n, Heft 23 v. i. 9. 1909, Sp. 1621-1628. Sp. 1627-1628: Besprechung von SL, »Der Ausgang der Moderne« [= A 20],

D 182 KIENZL, HERMANN. Rez. v. SL, »Günther und Brunhild«. [= A 18]. Das Litterarische Echo, Jg. 12, H. i v. i. 10. 1909, Sp. 80-81. D 183 SAKHEIM, ARTHUR, Lublinski, ein Theoretiker. Die Gegenwart, Jg. 38, Bd. 76, Nr. 44 v. 30. 10. 1909, S. 813-815. Rez. v. SL, »Der Ausgang der Moderne« [= A 20]. D 184 STÖSSINGER, [FELIX], Rez. v. SL, »Der Ausgang der Moderne«. [=A2o]. Blaubuch, Jg. 4, 4. Qu., Nr. 45 v. 4.11.1909, 8.1079.

19/0 D185 JACOBS, MONTY, Ref. üb. SL, »Die Tragikomödie« [= C 160]. Jahresberichte, Bd. 17/18, Bd. 2 über die Jahre 1906-1907, Berlin, 1910. S. 758. D 186 SPRENGLER, JOSEPH, Rez. v. SL, »Günther und Brunhild« [= A 18]. Jahrbuch der Zeit- und Kulturgeschichte, Freiburg/Br. 3. Jg. [über das Jahr 1909]. Freiburg/Breisgau, 1910, S. 308-309. D 187 BABILLOTTE, ARTHUR, Rez. v. SL, »Der Ausgang der Moderne«. [= A 20]. Xenien, Jg. 3, i. Sem., H. i [Januar 1910), S. 37-40. Di88 LESSING, THEODOR, Samuel zieht die Bilanz. Die Schaubühne, Jg. 6/i, Nr. 3 v. 20. i. 1910, S. 65-73. i. Neudruck in: E 8, S. 12-27. Dieser Aufsatz löste eine heftige Polemik aus, die, soweit sie ermittelt werden konnte, hier verzeichnet ist.

365 D 189 HOFFMANN, KARL, Historische Dramen als Tragödien des modernen Problems. Die Tat, Leipzig. Jg. i, H. n v. Februar 1910, S. 634-64$. Bespricht: SL, »Peter von Rußland« [= A [=Ai8].

] und »Günther und Brunhild«

D 190 ZSCHORLICH, PAUL, Ein neuer Lessing. Die Hilfe, Berlin. Jg. 16, Nr. 5 v. 6. 2. 1910, Beiblatt, S. 80-81. i. TA in E 8, S. 71-72. Gegen Di88. D 191 DIETWELT [d.i.?], Literaturjuden unter sich. Staatsbürger-Zeitung, Berlin. Nr. 32 v. 8. 2. 1910, Beilage i, S. i. Gegen Paul Zschorlich D 130. D 192 [Anonym], »Der Fall Lessing«. Eine unerquickliche jüdische Geschichte. Jüdische Rundschau, Berlin. Jg. 15, Nr. 6 v. 11.2.1910 (2. Adar I $670), S. 61-62. Bespricht: D 188, D 190 und D 191. Vgl. *D ijja [Anh.]. D 193 [Anonym], Kritikaster. Blaubuch, Jg. 5, i.Qu., Nr. 7 v. 17.2.1910, S. 164—165. Über D 188; weist auf D 190 hin.

D 194 BARTELS, ADOLF, Rez. v.SL, »Der Ausgang der Moderne« [=A2o]. Hamburger Nachrichten, Hamburg. Beilage: Zeitschrift für Wissenschaft, Literatur und Kunst, Nr. 9 v. 27. 2. 1910, S. [i]-[2], Nr. 10 v. 6. 3. 1910,8. [2]. D 195 ZSCHORLICH, PAUL, Ein Eiertanz. Die Hilfe, Jg. 16, Nr. 8, Beiblatt v. 27. 2. 1910, S. 128-129. Enthält auch: THEODOR LKSSING: »Zur Selbstwchr«: S. izS. Gerichtet gegen D 188.

i. TA: E 8, S. 71-72. 0196 DYBOSKI, R [OMAN], Samuel Lublinski, »Shakespeares Problem im Hamlet« [= A 19]. [Rez.]. Allgemeines Literaturblatt, Jg. 19, Nr. 4 v. 28. 2. 1910, Sp. 115-116. D 197 [Anonym], Klänge von der Menschheit Höhen. Der Kunstwart, Jg. 23/1, H. n v. 1.3. 1910,8.334-335. Über D 188. D 198 MANN, THOMAS, Der Doktor Lessing. Das Litterarische Echo, Jg. 12, H. ii v. i. 3. 1910, Sp. 821-824. 1. TA in E 8, S. 28-33. 2. Neudruck: MANN, THOMAS, Gesammelte Werke, Bd. XI, Frankfurt/M., 1960, S. 719-725. Gegen Theodor Lessings Aufsatz D 188.

366 D 199 BEHREND, WALTER, Der abgekanzelte Lessing. Leipziger Tageblatt und Handelszeitung, Leipzig. Nr. 61 v. 3. 3. 1910, A.-A., S. i. . : 8, S. 70-71 [mit falsdien bibliographischen Angaben!]. Über Di88 und D 198.

Ü2oo [Anonym], Nodi einmal der Fall Lessing. Jüdische Rundschau, Jg. 15, Nr. 9 v. 4. 3. 1910 [= 23. Adar I 5670], S. 97. Bespricht LESSINGS Antwort in D 195, seinen »Galizien«-Aufsatz: Allgemeine Zeitung des Judentums, Jg. 73, Nr. 49 (3.12. 1909), 8.587-589; Nr. 51 (17.12.1909), 8.610-611; Nr. 52 (24.12.1909), 8.620-622; Nr. 53 (31.12.1909), 8.634-635: »Eindrücke aus Galizien«. Und: »Galizien. Zur Abwehr.«: Allgemeine Zeitung des Judentums, Jg. 74, Nr. 7 v. 18.2.1910, 8.77-78. Vgl. auch: £9. Und: SALOMO[N] KALISCHER, Noch einmal Galizien, Jüdische Rundschau, Jg. 15, Nr. 12 v. 25. 3.1910 [= 14. Adar II 5670], S. 135-136.

D20l LESSING, THEODOR, Wider Thomas Mann. Die Schaubühne, Jg. 6l i, H. :o v. . 3.1910, S. 253-257. i. Neudruck: E 8, S. 34-43. Gegen D 198. Vgl. 0204.

Ü2O2 Erklärung [unterschrieben von 33 Schriftstellern]. Die Schaubühne, Jg. 6/i, H. 12 v. 24. 3. 1910, S. 328. 1. Neudruck in: Die Hilfe, Jg. 16, Nr. 13 v. 3. 4. 1910, Beiblatt, 8.212. 2. Neudruck in: E 8, S. 54. Gegen Theodor Lessing.

D203 LESSING, THEODOR, Das Ehrengericht [Gedicht]. Die Schaubühne, Jg. 6/r, H. 12 v. 24. 3. 1910, S. 328. i. Neudruck: E8, S. 55-56. Gegen: D 202.

D 204 LESSING, THEODOR, Gegen Thomas Mann. Das Litterarische Echo, Jg. 12, H. 13 v. i. 4. 1910, Sp. 975-977· Gegen: 0198. Vgl. D 201 [nicht identisch!]. D 205 MANN, THOMAS, Berichtigungen. Das Litterarische Echo, Jg. 12, H. 13 v. i. 4. 1910, Sp. 977-980. Gegen D 201 und D 204. 1. Neudruck in: E 8, S. 43-46. 2. Neudruck in: MANN, THOMAS, Gesammelte Werke, Band n, Frankfurt/Main, S. Fischer Verlag, [1960], S. 727-730. D 206 TRUST [= WALDEN, HERWARTH], Ehrengerichte. Der Sturm, Berlin-Halensee, Jg. i, Nr. 6 v. 7.4. 1910, S. 46. Polemik gegen Siegfried Jacobsohn anläßlich seiner Stellungnahme im Streit zwischen Theodor Lessing und SL. Vgl. D 188 und D 202.

D 207 KRILLE, OTTO, Ein Kapitel literarischer Kritik. Vorwärts, Berlin. Nr. 81 v. 8. 4. 1910, i. Beilage, S. [i], Kleines Feuilleton. Anläßlich D 202, vgl. D 211. i. TA in: E 8, S. 72-73.

Ü2o8 SCHLAIKJER, ERICH, Journalistische Ehrengerichte. Die Welt am Montag, Berlin. Jg. 16, Nr. 15 v. 11.4.1910, 2. Beilage, S. [i] [=S. 9 ]. Gegen D 188 und zu D 202. i. TA in E 8, S. 65-66.

D 209 LESSING, THEODOR, Froschmäusekrieg. Blaubuch, Jg. 5, 2. Qu., Nr. 15 v. 14.4. 1910,8.354-356. Eine »Betrachtung auf die Polemik« mit SL. Vgl. C 199. i. Neudruck in: E 8, S. 61-64.

D2io N[ISSEN], W[ALTER], Nachwort zu Lessings »Froschmäusekrieg«. [=0209]. Blattbuch, Jg. 5, 2. Qu., Nr. 15 v. 14.4.1910,8.356 bis 357. i. Neudruck in: E 8, S. 64. D 2 i i QACOBSOHN, SIEGFRIED], Aus Menschenliebe. Die Schaubühne, Jg. 6/i, Nr. 16 v. 21. 4. 1910, S. 439-440. Gegen D 202. Neudruck von D 207.

D 212 NOVAK, KARL FR., Literaturgroteske. Leipziger Tageblatt und Handelsblatt, Leipzig. Jg. 104, Nr. 109 v. 21. 4. 1910, M.-A., S. 2. Gegen D 188. i. TA in E 8, S. 68. D 213 E. [= MUTH, KARL??], Die deutsche Literatur und die Juden. Hochland, München. Jg. 7/2, H. v. Mai 1910, S. 246-248. i. TA in E 8, S. 69-70. Zur Kontroverse Lessing-Lublinski-Th. Mann: vgl. vor allem S. 247.

D 214 Redaktion und Schriftleitung [der »Hilfe«], Erklärung. Die Hilfe, Jg. 16, Nr. 17 v. i. 5. 1910, S. 270. Gegen D 207. Redakteure waren: Theodor Heuss und Paul Zschorlidi, Herausgeber: Friedrich Naumann.

D215 SCHNABEL, HEINZ, Rez. v. SL, »Kaiser und Kanzler« [ = A 2 4 ] . Die Propyläen, Jg. 7, Nr. 31 v. 4. 5. 1910, S. 490. D 216 LESSING, THEODOR, Berichtigung. Das Litterarische Echo, Jg. 12, H. 16 v. 15. 5. 1910, Sp. 1201. Gegen T. Mann [D 20j] gerichtet. Vgl. auch E 8, S. 48-51.

D217 DECURTINS, C[ASPAR], Rez. v. SL, »Die Entstehung des Christentums und [sie] der antiken Kultur«. [= A 21]. Monatsschrift für christliche Sozialreform, Basel. Jg. 32, H. v. Juni 1910, S. 381-382. D 218 R. R. [= WALDEN, HERWARTH?], Die Schreihälse. Der Sturm, Jg. i, Nr. 9 v. 28. 7. 1910, S. 69-70. i. TA in E 8, S. 69. Stellungnahme zu den Angriffen auf SL von Theodor Lessing, Erich Schlaikjer und Karl Schneide. [Der Angriff von Karl Schneide: nicht ermittelt].

3 68

0219 KAMPFFMEYER, PAUL, Rez. v. SL, »Die Entstehung des Christentums« [=A2i]. Sozialistische Monatshefte, Jg. 16(14), H. 16/18 v. ii. 8. 1910, S. 1145-1146. D 220 W R. [= WACKER,THEODOR?], Rez. v. SL, »Die Entstehung des Christentums« [= A 21]. Neues Sächsisches Kirchenblatt, Leipzig, Jg. 17, Nr. 34 v. 2i. 8. 1910, Sp. 549. D22l [Anonym], Rez. v. SL, »Die A 2 i ] . Literatur-Berichte der Nr. 4, September 1910, S. i 5*. Beiblatt zu den Monatsheften tur und Geistesleben, Bd. 19 =

Entstehung des Christentums« [ = Comenius-Gesellscbaft, Jena. Jg. 2, der Comenius-Gesellschaft für KulN.F. 2, 1910.

D222 KOCH, MAX, Geschichtliche Dramen. Die schöne Literatur, Jg. n, Nr. 19 v. . 9. 1910, Sp. 333-335. Rez. v. SL, »Kaiser und Kanzler« [= A 24] auf Sp. 334,

0223 DECURTINS, C[ASPAR], Rez. v. SL, »Das werdende Dogma« [= A 23]. Monatsschrift für christliche Sozialreform, Jg. 32, H. v. Oktober 1910, S. 639-640. D 224 MATTHAEI, ADOLF, Rez. v. SL, »Die Entstehung des Christentums« [= A 21]. Preußische Jahrbücher, Berlin. Bd. 142, H. i v. Oktober 1910,8. 135-137· D 22 5 NESTLE, WILHELM, Rez. v. SL, »Die Entstehung des Christentums« [ = A 2 i ] . Protestantenblatt, Bremen. Jg. 43, Literarische Beilage Nr. 42 v. 19. 10. 1910, [S. [i]-[2]]. D 226 HA VENSTEIN, MARTIN, Zum Problem der Geschichtlichkeit Jesu. Die Tat, Jg. 2, H. 8, November 1910, S. 443-459. Entgegnung auf: €206 [= A 22]. SL's Antwort: €215.

D 227 STOCKS, [HERMANN], Rez. v. SL, »Die Entstehung des Christentums« [= A 21]. Theologischer Literaturbericht, Gütersloh, Jg. 33, H. v. November 1910, S. 335-337. D 228 HOFFMANN, KARL, Geschichte und Sage im Drama. Das Litterarische Echo,]g. 13, H. 3 v. i. ii. 1910, Sp. 165-173. Sp. 169-170: über SL, »Kaiser und Kanzler« [= A 24].

D228a GHUTTMANN, W[ILHELM] S[IMON], Neue Kunst. Der Demokrat, Berlin. Jg. 2, H. 46 v. 9. ii. 1910. [n.num.S.]. Enthält Angriff des Expressionisten auf SL, der »Samuel Quallenhirn in Weimar« genannt wird.

D 229 HORNEFFER, AUGUST, Der Stifter des Christentums. Die Tat, Jg. 2, H. 9 v. Dezember 1910, S. 522-534. SL's Antwort: €215.

369 D 230 DREWS, ARTHUR, Rez. v. SL, »Der urchristliche Erdkreis und sein Mythos«, Band I und II [= A 21 und A 23]. Das freie Wort, Jg. , Nr. 17, i. Dezemberheft 1910, S. 663-666. 0231 STOESSL, OTTO, Shakespeares Problem im Hamlet [= A 19]. [Rez.]. Der Sturm, Jg. i, Nr. 40 v. i. 12. 1910, S. 317-319. i. Neudruck in: E 16, S. 109-124. Geänderter Neudruck von D 152.

0232 BLASS, ERNST, Neuklassisches. Blaubuch, Jg.y, 4. Qu., Nr. v. 22. 12. 1910, S. I 2 I J - I 2 I O .

Über Paul Ernst und SL als Dramatiker.

0233 [Anonym], S. Lublinski. [Nachruf]. Voiiwc&e Zeitung, Berlin. Nr. 606 v. 27. i2. 1910, A.-A., S. [3]. 0234 LISSAUER, ERNST, Samuel Lublinski f· National-Zeitung, Berlin. Nr. 452 v. 28. 12. 1910, Feuilleton. [3 Sp.]. D 23 5 - ER. [d.i. PRESBER, RUDOLF], Kritisches. [Samuel Lublinski, Nachruf]. Neue Hamburger Zeitung, Hamburg. Nr. 606 v. 28. 12. 1910, A.-A., S. [i]-[2]. D 236 H., E., [d.i.: HEILBORN, ERNST], Samuel Lublinski. [Nachruf]. Frankfurter Zeitung, Frankfurt/M. Nr. 359 v. 29. 12. 1910, Abendblatt, Feuilleton. 0237 STOESSL, OTTO, Traueranzeige Samuel Lublinski. Die Fackel, Jg. 12, Nr. 313-314 v. 31. 12. 1910, S. 64. 0238 [Anonym], Todesnachricht S. Lublinskis in der Rubrik: »Die Toten der Woche«. Die Woche, Berlin. Jg. 1910/4, Nr. 53 v. 31. 12. 1910, S. 2244.

1911 0239 POPPE, THEODOR, Ref. üb. SL, »Kunst und Leben« [= C 191], WALZEL, OSKAR F., Ref. üb. SL, »C.Schlegel« [= €192]. Jahresberichte; Band 19/20, Band 2 über die Jahre 1908/09, Berlin 1911, S. 597 und S. 971. 0240 JAHN, KURT, Ref. üb. SL, »Der Ausgang der Moderne« [= A 20] und über die Polemiken mit W. Hegeler [Ci83 und 0169], mit Th. Lessing [Di88, 0198, vgl. 0198 und 0199]. Jahresberichte, Band 19/20, Band II über die Jahre 1908/09, Berlin 1911, 8.720 bis 721. 0241 DAFFIS, HANS, Ref. üb. SL, »Der Ausgang der Moderne« [= A 20]. Jahresberichte, Bd. 19/20, Band II über die Jahre 1908/09, Berlin 1911, S. 812-813.

370 D 242 CHRISTLIEB, MAX, Rez. v. SL, »Der Ausgang der Moderne«. [= A 20]. Theologischer Jahresbericht, Bd. 29/2 (über 1909), Leipzig 1911,5.57. D 243 CLEMEN, CARL, Rez. v. SL, »Die Entstehung des Christentums« [ = A 21]. Theologischer Jahresbericht, Bd. 30/1 (über 1910), Leipzig 1911, S. 80. D 244 BRÜCKNER, MARTIN, Rez. v. SL, »Der urchristliche Erdkreis und sein Mythos« [= A 21 und 23]. Theologischer Jahresbericht, Bd. 30/1 (über 1910), Leipzig 1911, S. 298-299. 0245 S[CHÄFER, WILHELM], Samuel Lublinski f. Die Rheinlande, Jg. n, Bd. 2i, H. v. Januar 1911, S. 36. D 246 HILLER, KURT, Samuel Lublinski [Nachruf]. Der Demokrat, Berlin. Jg. 3, Nr. i v. i. i. 1911, Sp. 14-15. i. Geänderter Neudruck in: E 13, Bd. I, S. 104-106. 0247 HEUSS, THEODOR, Samuel Lublinski [Nachruf]. Die Hilfe, Jg. 17, Nr. i v. 5. i. 1911, Beiblatt, S. 15. D 248 FRIEDLÄNDER, DR. S[ALOMO] [Pseud.: Mynona], Olim meminisse juvabit. Samuel Lublinski gestorben am 25. [sie] Dezember 1910. Der Sturm, Jg. i, Nr. 45 v. 5. i. 1911, S. 356. D249 [Anonym], S. Lublinski [Nachruf]. Der Tag, Berlin. Ausg. A. Nr. 4 v. 5. i. 1911. Illustrierte Unterhaltungsbeilage. Nur Bild mit Untersdirift: »Samuel Lublinski f«·

D 249a M., S. [d. i.?], Samuel Sublinski [Nachruf]. Vo5i/sci>e Zeitung, Berlin. Nr. 10 v. 6. i. 1911, A.-A., 2. Beilage, S. [9], Feuilleton. Nicht identisch mit D 233! 0250 [Anonym], Ludwig Geiger und Galizien. Der Israelit, Frankfurt/ Main. Jg. 51, Nr. 2 v. 12. i. 1911, S. 3. Zur Polemik zwisthen Th. Lessing und SL. Vgl. auch D 200.

Ü25oa LESSING, THEODOR, Samuel Lublinski. Gedenkworte. Die Schaubühne, Jg. 7, Nr. 2 v. 12. i. 1911, S. 41-46. i. Auch abgedruckt in: LESSING, THEODOR, Philosophie als Tat. Göttingen, Otto Hapke Verlag, 1914, 8.343-352. [Vgl. Eio]. D251 [Anonym], Todesnachricht Lublinskis mit Nachruf in der Spalte »Todesnachrichten«. Das Litterarische Echo, Jg. 13, H. 8 v. 15. i. 1911, Sp.616-617. D 252 WEINHEIMER, HERMANN, Zwei Bücher zur Frage der Entstehung des Christentums. Die Hilfe, Jg. 17, Nr. 3 v. 19. i.1911, Beiblatt, S. 46 bis 47. Bespricht: An und A23.

37l D 253 HECHT, Georg, Nachruf auf Samuel Lublinski. Die Welt, Jg. ij, Nr. 3 v. 20. i. 1911, S. 56-57. D254 STOESSL, OTTO, Samuel Lublinski. [Nachruf], Die Fackel, Jg. 12, Nr. 315-316 v. 26. i. 1911, S. 14-20. 1. Neudruck in: Saturn, eine Monatsschrift, Heidelberg. Jg. 3, H. i v. Januar 1913, S.11-17. 2. Gekürzter und geänderter Neudruck in: E 16, S. 97-107. D 25 5 KRAUS, KARL, Meine Bücher, der Fall Heine und die Vorlesung. Die Fackel, Jg. 12, Nr. 315-316 v. 26. i. 1911, S. 46-56. Im Aufsatz: Abdruck v. €217 auf S. 53.

0256 KAMPFFMEYER, PAUL, Rez.v.SL, »Das werdende Dogma« [= A23]. Sozialistische Monatshefte, Jg. 17 (15), H. 2 v. 26.1.1911, 8.148 bis 149. D257 W R. [= WACKER, THEODOR?], Rez. v. SL, »Das werdende Dogma« [=A23]. Neues Sächsisches Kirchenblatt, Jg. 18, Nr. 5 v. 29. i. 1911, Sp. 77-78. 0258 FRANK, J., Rez. v. SL, »Das werdende Dogma« [= A 23]. Zeitschrift für die österreichischen Gymnasien, Wien. Jg. 62, Nr. 2/3, Februar/März 1911, S. 243-245. D259 MATTHAEI, ADOLF, Rez. v. SL, »Das werdende Dogma« [= A 23]. Preußische Jahrbücher, Bd. 143, H. 2 v. Februar 1911, S. 311-313. D 260 HOFFMANN, KARL, und HORNEFFER, ARTHUR, Samuel Lublinski, Nachruf. Die Tat, Jg. 2, H. n, Februar 1911, S. 601-608. D26i STOCKS, [HERMANN], Rez. v. SL, »Das werdende Dogma« [ = A 23]. Theologischer Literaturbericht, Jg. 34, H. 2 v. Februar 1911, S. 39-40. 0262 KUNAD, PAUL, Samuel Lublinski f- [Nachruf]. Xenien, Jg. 4, i. Sem., Nr. 2 v. Februar 1911, S. 65. 0263 MÜLLER-FREIENFELS, RICHARD, Der Neuklassizismus. Das Litterarische Echo, Jg. 13, H. 9 v. i. 2. 1911, Sp. 628-632. 0264 [Anonym], Referat der Nachrufe zu S. Lublinski in der Rubrik »Echo der Zeitungen«. Das Litterarische Echo, Jg. 13, H. 9 v. i. 2. 191 i,Sp. 652-654. Nennt: 0234, D 235, D236, und audi den (nicht aufgefundenen) Nachruf: ERNST K.RIECK-MÜLHEIM, in der Neuen Badifchen Landeszeitung, Jg. 1910, Nr. 606.

0265 MÄRTEN, Lu, Die Entstehung des Christentums aus der antiken Kultur. [Zu einem Buch von Samuel Lublinski]. [= A 21 und 23]. Die Aktion, Berlin. Jg. r, Nr. 2 v. 27. 2. 1911, Sp. 41-45.

37^ D 266 SPRENGLER, JOSEPH, Vom neuen Historiendrama. Hochland, Jg. 8/1, H. v. März 1911, S. 748-7j8. S.7J3-7J5: Rez. v. SL, »Kaiser und Kanzler« [= A24]. D 267 WINDISCH, HANS, Leben und Lehre Jesu, I. Theologische Rundschau, Tübingen. Jg. 14, H. 3 v. März 1911, S. 114-137. S. 134-13j: Rez. v. A zi und A23. D268 JORDAN, HERMANN, Rez. v. SL, »Falsche Beweise für die Existenz des Menschen Jesus« [= A 22]. Theologischer Literaturbericht, Jg. 34, H. 3 v. März 1911, S. 79-80. D 269 KRIECK, ERNST, Samuel Lublinski [Nachruf]. Das freie Wort, Jg. 10, Nr. 23, i. Märzheft 1911, S. 914-919. Bespricht: A 20, A 21 und 23, und C 208.

D270 [LUBLINSKI, IDA], Samuel Lublinski [Nachruf]. Allgemeine Zeitung des Judentums, Jg. 75, Nr. 9 v. 3. 3. 1911, S. 101-102. Mit Bildnis. 0271 LISSAUER, ERNST, Samuel Lublinski [Nachruf]. Die Zukunft, Bd.74, 1911/1, Nr. v. ii. 3. 1911, S. 364-366. i. Ausführliche Zitate aus diesem Nachruf: Das Litterarische Echo, J. 13, H. i j v. i. y. 1911, Sp. 1117-1118. D 272 MUIRHEAD, LEWIS A., The »Mythical« Christ und the »Historical« Jesus. A critical Survey. Review of theology and philosophy, Edinburgh. Jg. 6, No. 10, April 1911, p. y77~y86, No. 7, May 1911, p. 633-646. S. 633: Rez. v. A 21 und A 23. 0273 HOFFMANN, KARL, Neuklassik und Neuidealismus. Die Tat, Jg. 3, H. 3 v. Juni 1911, S.143-149. Erwähnt SL, »Günther und Brunhild« [·= A 18] auf S. 149. D 274 PFANNMÜLLER, GUSTAV, Rez. v. SL, »Der urchristliche Erdkreis und sein Mythos« [ = A 2 i und A23]. Literarisches Zentralblatt für Deutschland, Jg. 62, Nr. 31 v. 29. 7. 1911, Sp. 977. Ü27y ALAFBERG, FRIEDRICH, Die Neuklassik. Sonntagsbeilage zur Vossischen Zeitung, Nr. 38 v. 17. 9. 1911, S. 301-303. 8.302: über SL. 276 [Anonym], [Empfehlung des Verlags des Werkes von SL, »Der urchristliche Erdkreis und sein Mythos«] [= A 21 und A 23]. BücherVerzeichnis des Verlags Eugen Diederichs über die neuesten Erscheinungen l Politik / Antike und Renaissance. Jena, Eugen Diederichs, Oktober 1911, S. 13. D 277 MEHLHORN, P [AUL], Neue Jesusliteratur. Protestantische Monatshefle,Leipzig. Jg. ly, H. n v. November 1911, S. 422-438. S. 423-425: Rez. v. SL, »Das werdende Dogma« [=» A 23].

373 1912-1975 D 278 BRUCKNER, MARTIN, Rez. v. SL, »Das werdende Dogma« [ = A 23]. Theologischer Jahresbericht, Band 31/1 (über das Jahr 1911), Leipzig 1912, S. 341. D 279 RÖTTGER, KARL, Ein Zeitdokument. Die Brücke, Berlin - Groß-Liditerfelde. Jg. i, H. 5 v. Februar 1912, S. 150-152. Rez. v. E 8. i. TA in: E 46, S. 482-483. Ü28o LESSING, THEODOR, Enderklärungen. Die Brücke, Jg. i, H. 5 v. Februar 1912, S.152-157. S. 157: »Nachbemerkung des Herausgebers« [Karl Röttgcr]. i. TA in: £46, S. 483-484.

D 281 DIBELIUS, MARTIN, Rez. v. SL, »Der urchristliche Erdkreis und sein Mythos« [= A 2i und 23]. Theologische Literaturzeitung, Leipzig. Jg. 37, Nr. 3 v. 3. 2. 1912, Sp. 71-73. D 282 RUEST, ANSELM, Zu unserer Novelle f = SL, »Teresa und Wolf gang« = C 223], Das Beiblatt der Bücherei Maiandros, Berlin, i. Buch v. i. 10. 1912, S. 1-3. i. Reprint: Nendeln, Kraus, 1969. 0283 ST., L., [= STÖCKER, LYDIA?], Rez. v. SL, »Die Entstehung des Christentums« [= A 21]. Die neue Generation, Berlin. Jg. 8, H. 12 v. 14. 12. 1912, S. 670. D 284 MÜLLER-FREIENFELS, RICHARD, Ref. üb. SL, »Der Kulturwert der großen Kunst« [= C 195]. Jahresberichte, Band 21/2, über das Jahr 1910, Berlin-Steglitz, 1913, S. 359-360. 0285 CHRISTLIEB, MAX, Rez. v. SL, »Der Organisationsgedanke der Religion«. [= C222]. Theologischer Jahresbericht, Bd. 32/2 (über das Jahr 1912), Leipzig 1913, S. 105. Ü286 F.A.S.N., [d.i.?], Lublinski's »Kaiser und Kanzler« [= A24]. Frankfurter Zeitung, Frankfurt/M., Nr. 45 v. 14.2. 1913, Abendblatt, S. [i]. Bespricht die Uraufführung im Heidelberger Stadttheater am 12. Februar 1913.

D 287 [Anonym], Samuel Lublinskis Kaiser und Kanzler [= A 24].Neues Tagblatt, Stuttgart. Nr. 46 v. 17. 2. 1913, S. i. Rezension der Uraufführung, vgl. D186. D 288 MEISTER, HERMANN, Kaiser und Kanzler [Rez. der Uraufführung der Tragödie: vgl. Ü286]. Die Schaubühne, Jg. 9/1, Nr. 9 v. 27. 2. 1913, S. 265-266.

374 D 289 HUGLE, ALFONS, Lublinskis Erwachen. Saturn, Jg. 3, H. 3 v. März 1913,8.83-86. Anläßlich der Uraufführung von »Kaiser und Kanzler« [= A 24] am 12.2.1913 im Heidelberger Stadttheater.

D 290 PINTHUS, KURT, Rez. v. SL, Die Novelle »Teresa und Wolfgang« [=€223]. Zeitschrift für Bücherfreunde, Neue Folge, Leipzig. Jg. 5, i. Hälfte. Beiblatt zur Aprilnummer 1913, S. 20. 0291 FROMMEL, OTTO, Rez. v. SL, »Kaiser und Kanzler« [ = A 2 4 ] . Das Litterarische Echo, Jg. 15, H. 13 v. i. 4. 1913, Sp. 917. Besprechung der Uraufführung, vgl. D 286.

D 292 [STOESSL, OTTO] , [Werbung für die geplante Subskriptionsausgabe eines Essay-Bandes von SL]. Die Fackel, Jg. 15, Nr. 374/5 v. 8. j. 1913, Innenseite des Vorderumschlags. i. Auch: Die Fackel, Jg. 15, Nr. 376/7 v. 30. j. 1913, 3. Umschlagseite. Diese Ausgabe kam nicht zustande. Statt dessen erschien 1914: A 2j.

D 293 LESSING, THEODOR, Repräsentanten des Menschengeschlechts. Erinnerungen an »berühmte Zeitgenossen«. Teil I. Die Aktion, Jg. 3, Nr. v. 8. ii. 1913, Sp. 1051-1061. Sp. 1054-1055: über die Polemik mit SL. Dort auch Briefstellen von Siegfried Jacobson an Theodor Lessing, Sp. 1054: Briefe v. 30.12.1909 und 1.10.1910; Sp. 1055: Briefe v. 15.2.1910 und 19. 4.1910.

D 294 NESTLE, WILHELM, Rez. v. SL, »Das werdende Dogma vom Leben Jesu« [= A 23]. Protestantenblatt, Jg. 46, Nr. 50 v. 10. 12. 1913, Sp.1288. D 295 DAFFIS, HANS, Ref. üb. die Nachrufe auf SL und über Theodor Lessing »Samuel zieht die Bilanz« [= E 8]. WALZEL, OSKAR F., Ref. üb. SL's Aufsatz »Romantik und Stimmung« [=Cn8.i]. Jahresberichte, Bd. 22/23, Bd. II, über die Jahre 1911/12, Berlin-Steglitz, 1914, S. 888 und 999. Ref. üb. die Nachrufe: 0246, 0269, Ü25oa, 0264.

D 296 KL [OSTERMANN, E.], Rez. v. SL, »Der urchristliche Erdkreis und sein Mythos«, Bd. I und II [= A 21 u. 23]. Zeitschrift für wissenschaftliche Theologie, Frankfurt/Main, Jg. 55 (N.F.: Jg. 20), H. i [i. Quartal 1914], S. 88-89. D 297 HERMANN, FRITZ, Rez. v. SL, »Der Ausgang der Moderne« [= A 20] - »Die Bilanz der Moderne« [= A 10]. Deutsches Literaturblatt, Würzburg. Jg. 4, Nr. 6 v. Juni 1914, S. 44. 0298 BOLZE, WILHELM, Universalpersönlichkeit. Die Gegenwart, Jg. 43, Bd. 85, Nr. 23 v. 6. 6. 1914, S. 362-363. Bespricht auch: SL, »Nachgelassene Schriften« [= A 25].

375 D 299 SCHNABEL, HEINRICH, Samuel Lublinski. Berliner Tageblatt, Berlin. Nr. 366 v. 22. 7. 1914, Beilage: Literarische Rundschau, 4. Beiblatt, S. [i]. Bespricht audi: SL, »Nachgelassene Schriften« [= A 25]. D 300 ALAFBERG, FRIEDRICH, Der Nachlaß Samuel Lublinskis. Das Litterarische Echo, Jg. 16, H. 2i v. i. 8. 1914, Sp. 1464-1467. Bespricht auch: SL, »Nachgelassene Schriften« [= A 25]. D 301 LINDAU, HANS, Ref. über die Bücher von A. Hugle [= E n] und Robert Faesi [= E 12], und über D 286. Jahresberichte, Bd. 24, Bd. II über das Jahr 1913, Berlin-Steglitz 1915,5.649. 0302 G[EIGER], L[UDWIG], Rez. v. SL, »Nachgelassene Schriften« [= A 2 j J . Allgemeine Zeitung des Judentums, Jg. 79, Nr. 7 v. 12.2. 1915, S. 82-83. 0303 HÜLSEN, HANS VON, Tragische Philosophie. Die Tat, Jg. 8, H. 7 v. Oktober 1916, S. 667-669. Bespricht: A 25 und Kurt Walter Goldsdimidt, »Halbmaske«.

0304 HOCK, STEFAN, Ref. üb. SL, »Nachgelassene Schriften« [= A 25], WEILEN, ALEXANDER VON, Ref. üb. SL, »Zur Kritik des modernen Dramas« [= C 221.1]. Jahresberichte, Bd. 25, Bd. II, über das Jahr 1914, Berlin 1918, S. 524 u. 611. D 30 j KAYSER, HANS, Religiöse Werke aus Eugen Diederich's Verlag. NeuDeutschlands Frauen, Berlin-Charlottenburg. Jg. 3, H. v. März 1918,8.24. Bespricht u.a. auch A21.

0306 ERNST, PAUL, Samuel Lublinski. Vcwswcfee Zeitung, Berlin. Nr. 211 v. 26.4. 1918, M.-A., S. [6-7]. Feuilleton. 0307 WALZEL, OSKAR [F.], Künstlerische Absicht. Germanisch-Romanische Monatsschrift, Heidelberg. Jg. 8, [H. 6, erschienen ca. November 1920], S. 321-331. S. 328-329 über SL's Zola-Auffassung in A 10, S. joff.

D 308 FRIEDLÄNDER, S[ALOMO], Samuel Lublinski. Ein Weckruf. Frankfurter Zeitung, Frankfurt/M. Nr. 486 v. 2. Juli 1924, i. Morgenblatt, S. [2]. D 3 09 LESSING, THEODOR, Gerichtstag über mich selbst. Junge Menschen, Hamburg. Jg. 6, H. 10 v. Oktober 1925, S. 238-244. 5.139-240 über SL und Thomas Mann.

i. Neudruck in: Prager Tageblatt, Prag, Nr. 140 v. 13. 6.1926, S. [3][4]. [Abdruck in der »Neuen Berliner Zeitung« v. 16. 6. 1926 nicht ermittelt.]

376 2. Neudruck in: LESSING, Theodor, Einmal und nie wieder. Lebenserinnerungen. Prag, Mercy, 1935, S. 313-332. [Der Gesamtausgabe erster Band.]. 3. Neudruck in: LESSING, THEODOR, Einmal und nie wieder. Lebenserinnerungen. Gütersloh, Berteismann, [o.J. = 1971], 8.389-411. 0310 MANN, THOMAS, Lebensabriß (1930). Neue Rundschau, Jg. 41, H. 6, Juni 1930, S.732-769. Über SL's »Buddenbrooks«-Rezension [= Cn8]: 8.74$.

i. Neudruck in: MANN, THOMAS, Gesammelte Werke, Frankfurt/M., 1960, Bd. n, S. 98-144. [Und in anderen Gesamtausgaben]. 0311 SINSHEIMER, HERMANN, Samuel Lublinskis 70. Geburtstag. Jüdische Rundschau, Berlin. Jg. 43, Nr. 18 v. 4. 3. 1938, S. 6. D 312 GORR, ADOLPH, Theories of some German neoclassicists. The Germanic Review, New York, Vol. 20, Nr. 2, April 1945, p. 138-146. Über die Dramentheorien v. Paul Ernst, Wilhelm von Sdiolz, Samuel Lublinski und Wilhelm Schmidtbonn.

D 312a KRAUSS, WERNER, Literaturgeschichte als geschichtlicher Auftrag. Sinn und Form, Berlin. 2. Jahr, 1950. 4. Heft [o.D.], 8.65-126. Über SL: 8.87-88, mit langem Zitat aus dem »Ausgang der Moderne« [ = A 2 O , 8.227-228].

1. Neudruck in: KRAUSS, WERNER, Studien und Aufsätze. Berlin [-Ost], Rütten&Loening, [1959]. Neue Beiträge zur Literaturwisschaft, Bd. 8. 21 j S. Der Aufsatz: S. 19-71. Über SL: S. 37-38.

2. Neudruck in: KRAUSS, WERNER, Aufsätze zur Literaturgeschichte. 2. Aufl. Leipzig, Phil. Reclam jun. [1968]. RUB, Bd. 199. 4328. Der Aufsatz: S. 26-101. Über SL: S, $2-54·

0313 MARTIN, C. R., [d.i. RIESS, CURT], Buddenbrooks verklagen Thomas Mann. Die Welt am Sonntag, Hamburger Ausgabe. Nr. 23 v. 8.6. I9j8, S. 8. Über Cii8.

0314 GOTTGETREU, ERICH, Zum Thema des jüdischen Selbsthasses. Der Fall Tucholsky versus Tucholsky. MB [= Mitteilungsblatt, Wochenzeitung des Irgun Öle) Merkas Europa], Tel-Aviv. Jg. 31, Nr. 37/38 v. 18. 9. 1963, S. 11-13. Erörtert auf S. n die Polemik: Th. Lessing-S. Lublinski-Thomas Mann.

0315 SCHOCKEN, WOLFGANG A., Brief an die Redaktion. Thomas Manns politischer Weg. MB, Jg. 32, Nr. 51 v. 18. 12. 1964, S. 6. Erwähnt: 0309.

377 D 316 LOEWENSTEIN, KURT, Rand-Juden, Rand-Zionisten und Deutsche. Samuel Lublinski - Theodor Lessing - Thomas Mann. Zu einem Vorläufer der »Kunstwart«-Debatte. MB, Jg. 33, Nr. i v. i. i. 1965,5.4-5. 0317 MANN, THOMAS, »On Myself« [in deutscher Sprache]. Blätter der Thomas Mann Gesellschaft, Zürich. Nr. 6, 1966, S. 8-30. S.15: über C118.

1. Neudruck in: WYSLING, HANS, »Dokumente und Untersuchungen. Beiträge zur Thomas-Mann-Forschung«. Bern u. München, FranckeVerlag, 1974, S. 67-100. 2. Neudruck in: MANN, THOMAS, »Gesammelte Werke«. Band XIII »Nachträge«. [Frankfurt/M.], S.Fischer Verlag, [1974], S. 127-169. D 318 MANN, THOMAS, Zur jüdischen Frage. Ein unbekannter Brief [an Efraim Frisch, vom 15. 10. 1921]. Frankfurter Allgemeine Zeitung, Frankfurt/Main. Nr. 12 v. 15. i. 1966. Beilage: Ereignisse und Gestalten, S. [i], [Sp. 2-5]. [Auch über C 118]. 1. Neudruck in: MANN, THOMAS, »Das essayistische Werk in 8 Bänden«. Hrsg. v. Hans Bürgin. Frankfurt/Main, S. Fischer Bücherei, 1968, Band 7: »Autobiographisches«, S. 52-59. 2. Neudruck in: MANN, THOMAS, »Gesammelte Werke«, Band XIII: »Nachträge«. [Frankfurt/M.], S. Fischer Verlag, [1974], S. 466 bis 4750319 LOEWENSTEIN, KURT, Thomas Mann zur jüdischen Frage. Bulletin des Leo Baeck Instituts, Tel Aviv. Jg. 10, 1967, Nr. 37, [o.D.], S. 1-59. Über SL: S. ij,ii-2z.

D 3 20 BENYOETZ, ELAZAR, Der Erfinder der Literatur-Soziologie. Samuel Lublinski zum hundertsten Geburtstag. Die Welt, Hamburg. Nr. 42 v. 19. 2. 1968, S. 9. 0321 WALDMÜLLER, HANS, Ein Fund für die Thomas Mann-Forschung. Zu Samuel Lublinskis »Buddenbrooks«-Rezension [= C 118]. Börsenblatt für den Deutschen Buchhandel. Frankfurter Ausgabe. Nr. 8 v. 28. i. 1972. Beilage: Aus dem Antiquariat, S. A 20-A24. Mit Faksimile yon C 118. Mit dem Bildnis Lublinskis.

0322 VAGET, HANS RUDOLF, Thomas Mann und die Neuklassik. »Der Tod in Venedig« und Samuel Lublinskis Literaturauffassung. Jahrbuch der Deutschen Schillergesellschaft, Stuttgart/Marbach. Jg. 17, 1973» S. 432-454· D 323 TRAMER, HANS, Von der Frankfurter Buchmesse (V). Nachlese. [Sammelbesprechung]. MB, Jg. 43, Nr. i v. 3. i. 1975, S. 5. Erwähnt auch: A IO.J

378 0324 SCHULZ, GERHARD, Das »eingeklemmte« Bürgertum. Lublinskis »Bilanz« und die Rezeptionsästhetik. Frankfurter Allgemeine Zeitung, Frankfurt/Main, Jg. 27, Nr. 176 v. 2. 8. 1975, Beilage »Bilder und Zeiten«, Literatur, [n.num.S.]. Bespricht auch: A 10.5.

0325 [Anonym], Rez. v. »Die Bilanz der Moderne« [= A 10.5]. Schweizer Monatshefte, Zürich. Jg. 55, H. 7 v. Oktober 1975, S. 582. D 326 TRÄGER, CLAUS, Rez. v. SL, »Die Bilanz der Moderne«, hrsg. v. G. Wunberg, Tübingen 1974 [=Aio.5J. Oetitsdie Literaturzeitung, Berlin [-Ost], Jg. 96, H. 12 v. Dezember 1975, Sp. 1015 bis 1017. D 327 HRYNCZUK, JAN, Rez. v. SL, »Die Bilanz der Moderne«, ed. G. Wunberg [= A 10.5]. Germanistik, Tübingen. Jg. 17, 1976, Heft i [o.D.], S. 334, Nr. 1705.

E. Behandlung in Buch Veröffentlichungen E i KRAUS, KARL, Eine Krone für Zion. Wien, Verlag von Moriz Frisch, 1898. 31 S. [+ i S. mit einer Anzeige]. Über SL: S. 20: über seinen Aufsatz »Stimmung vor dem Congreß« in der »Welt«: vgl. C 44.

E i a BARTELS, ADOLF, Ein Berliner Literaturhistoriker. Dr. Richard M. Meyer und seine »deutsche Litteratur«. Leipzig und Berlin, Georg Heinrich Meyer, Heimatverlag, 1900. [4 +] 40 [+ 4] S. »Separatdruck aus der »Heimat« (Jg. 1900)«. ÜberSL: 8.38. E 2 HOLZ, ARNO, Johannes Schlaf. Ein nothgedrungenes Kapitel. Berlin, Johann Sassenbach, 1902. 16" S. i. 1902 erschien eine (nicht näher bezeichnete) erweiterte Ausgabe, die 52 S. zählt. Die Ergänzung, das »Nachwort«, steht auf S. 17—52: gegen E 3. Diese Broschüre erschien anläßlich des Aufsatzes: JOHANNES SCHLAF, Arno Holz und ich. Das Litterarisae Echo, Jg. 4, H. 23 [v. i. 9.1902], Sp. 1621-1624, den Schlaf anläßlich der Erscheinung des Heftes: KARL HANS STROBL, »Arno Holz und die jüngstdeutsche Bewegung«. Berlin, Gose & Tetzlaff, 1902. 32 S. (= Moderne Essays. Hrsg. v. Hans Landsberg, Nr. 19) veröffentlichte. HOLZ antwortete kurz als Nachschrift: Sp. 1624; er veröffentlichte dann die Broschüre, die von SL heftig angegriffen wurde (in der »Bilanz« [ = A 10], S. 66-88). Holz' Antwort war:

2. HOLZ, ARNO, Johannes Schlaf. Ein nothgedrungenes Kapitel. 2., vermehrte Auflage. München, R. Piper u. Co., 1905. 112 S. Im i.Anhang polemisiert er mit SL: S. 54-59, 93-98 u. 112. Vgl. A 13.

379 E 3 SCHLAF, JOHANNES, Noch einmal »Arno Holz und ich«. Berlin, Carl Meßner und Co., 1902, 16 S. Gerichtet gegen E 2.

E 4 GUNDELFINGER, FRIEDRICH, Caesar in der deutschen Literatur. Berlin, Mayer und Müller, 1904. (Palaestra XXXIII). VIII + 129 [+ i] S. Bespridu SL, »Der Imperator« [= A 5] auf S. 129. E 5 SCHLAF, JOHANNES, Mentale Suggestion. Ein letztes Wort in meiner Streitsache mit Arno Holz. Stuttgart, Axel Juncker Verlag, 1905. 28 S. [Erschien im Herbst 1905]. Zu SL und zur Polemik mit Holz: passim.

E 5 a Spiegel neudeutscher Dichtung. Eine Auswahl aus den Werken lebender Dichter. Hrsg. v. JOHANNES MEYER. Mit einer geschichtlichen Einführung und biographischen Notizen. Leipzig, Verlag der Dürrschen Buchhandlung, 1905, 3178. Über SL: »Vorwort«, 8.4. E 6 ERNST, PAUL, Der Weg zur Form. Ästhetische Abhandlungen vornehmlich zur Tragödie und Novelle. Berlin, Julius Bard, 1906 [sp. v. Insel-Verlag, Leipzig, übernommen]. [VI +] 219 S. S. 195-219: »Gesellschaftliche Voraussetzungen«. 5.195-211 ist Neudruck von D 109. S. 211-219 >st neu hinzugefügt worden.

1. ERNST, PAUL, Der Weg zur Form. München, Georg Müller, 1928. Gesammelte Werke: III. Abt., Bd. i. 451 [+ 5] S. S. 202—225: »Gesellschaftliche Voraussetzungen«. 2. TA dieses Abschnitts in: B6, 8.453-458. [Mit Anm.]. Abdruck v. E 6.1, nicht von D 109! 3. Neudruck dieses Abschnitts in: B 7, S. 214-229. Abdruck von E 6. E 6a BARTELS, ADOLF, Heinrich Heine. Auch ein Denkmal. Dresden und Leipzig, C.A.Kochs Verlagsbuchhandlung (H. Ehlers). 1906. XVI + 375 [+ i] S. Über SL's Heinebild vor allem: S. 276-177, S. 343f-, und S. 3J3ff. Mit zahlreichen Zitaten aus SL, »Litteratur und Gesellschaft« [ = A 2 ] , Bd. 2, Abschnitt: »Heinrich Heine«, S. 80-129.

E 7 MARTENS, KURT, Literatur in Deutschland. Studien und Eindrücke. Berlin, Egon Fleischel & Co., 1910. [VI +] 193 [+ 3] S. S. 19: über SL's Ablehnung der neuromantischen Dramatiker. E 7a BARTELS, ADOLF, Deutsches Schrifttum. Betrachtungen und Bemerkungen. Bandl: 1909, 1910, 1911; Band U: 1912, 1913, 1914;

380 Band III: 191 j, 1916, 1917. Weimar, Alexander Duncker Verlag (Kommissionsverlag), 1911-1917.

IV + 192 S.; IV + 208 S.; IV + 192 S. Erschien in vierteljährlich erscheinenden »Bogen«. Ober SL: Band I, Bogen }, Januar 1910 im Aufsatz »Literaturwissenschaft«: 5.73 und 79. Bogen 6, April 1910 im Aufsatz »Das moderne Drama«: 8.83, 87 und 96 (zur Polemik mit Th. Lessing). Bogen 7, Juli 1910, S. in: »Nochmals Thomas Mann«: auch über die Lessing-SL-Polemik. Band III, Bogen 34, April 1917 im Aufsatz: »Der Kultusminister«: 8.147 (über A 2).

E 8 LESSING, THEODOR, Samuel zieht die Bilanz und Tomi melkt die Moralkuh oder Zweier Könige Sturz. Eine Warnung für Deutsche, Satiren zu schreiben. Mit literarischen Beiträgen von Thomas Mann, Samuel Lublinski und den vierzig sittlichsten deutschen Dichtern und Denkern. Hannover, Verlag des »Antirüpel«, 1910. [VI +] 89 [+ i] S. Enthält neu: von Theodor Lessing folgende Beiträge: 8.1-9: »Vorrede im Bänkelsängerstil«; S.11-16: »Vorrede in Prosa«; 8.47-48: »Preßgesetz §11«; 8.48-51: »Berichtigung«; 8.73-76: »Literarische Ehrengerichte. Zuschrift an Maximilian Harden vom 4.4.1910«; 8.77-88: »Tomi melkt die Moralkuh«. 8.89: »Epilog«. Nicht ermittelt konnten werden: 8.67-68: Julius Weber in der »Volkswehr«, Czernowitz v. 21.2.1910; 8.72: »Aus der Staatsbürgerzeitung«, Berlin vom 20. 2. 1910. Sonst enthält der Band, zum Teil gekürzt, mit Druckfehlern, neuen Titeln und mit manchmal unrichtigen bibliographischen Angaben: Di88, 0198, D 20l, D 205, D 202, 0203, C 199, 0209, D 210, D 208, D 212, D 218, D 213, D 199, D 190/195, D2O7 (in dieser Reihenfolge).

i. Neudruck von S. 77-88 in: E 46, S. 53-60 (Text 25). E 9 SEGEL, BINJAMIN, Die Entdeckungsreise des Herrn Dr. Theodor Lessing zu den Ostjuden. Lemberg, Verlag »Hatikwa«, 1910. [VI +] 748. S. 54-57: über D 188 und über Thomas Manns Anteil in der Polemik. Sonst gegen Th.Lessings »Galizien«-Aufsatz: vgl. die Bibliographierung dieses Aufsatzes in D 200.

E 9a DREWS, ARTHUR, Die Christusmythe. 2 Bde. Teil 2: Die Zeugnisse für die Geschichtlichkeit Jesu. Eine Antwort an die Schriftgelehrten mit besonderer Berücksichtigung der theologischen Methode. [...]. Jena, Eugen Diederichs, 1911. [4 +] XXII + 452 S. Über SL und über A 2 i und A23: S. XII, 7, 15-16, 134, 136, 173, 180, 187, 190, 204, 214, 242, 314, 333, 400.

E io LESSING, THEODOR, Der fröhliche Eselsquell. Gedanken über Theater - Schauspieler - Drama. Berlin, Oesterheld u. Co. Verlag, 1912. 3528. Enthält im Abschnitt: »Transparenz des Negativen« [111,5, 8.255-259]: Abschnitte aus E 8, S. 39ff. und aus D25oa. Vgl. D 2503. i.

38

E n HUGLE, ALFONS, Samuel Lublinski[,] Paul Ernst und das neue Drama. Heidelberg, Saturn-Verlag Hermann Meister, 1913. [II +] 47 [+ ] S. E 12 FAESI, ROBERT, Paul Ernst und die neuklassisdien Bestrebungen im Drama. Leipzig, Xenien-Verlag, 1913. 158 [+ 2] S. Über SL: Abschnitt XVII: »Entstehung der Richtung«: 8.110-135; Abschnitt XIX: »Samuel Lublinski«: S. 143-146. Vgl. zu diesem Budi: FAESI, ROBERT, »Erlebnisse Ergebnisse. Erinnerungen«. [Züridi], Atlantis Verlag, [1963], S. i{j.

E 13 HILLER, KURT, Die Weisheit der Langenweile. Eine Zeit- und Streitschrift. Leipzig, Kurt Wolff Verlag, 1913. 2 Bde. 250 [+ 2] S. und 199 [+ i] S. Über SL: Bd. I, 5.104-106: »Nadiruf auf S. Lublinski [ STOESSL, OTTO, Lebensform und Dichtungsform. Essays. München/ Leipzig, Georg Müller, 1914. [IV +] 198 [+ 2] S. Enthält: 8.97-107: »Samuel Lublinski (gest. 16. Dezember 1910)« [Gekürzter und geänderter Neudruck v. 0254]; S. 109-124: »Shakespeares Problem im Hamlet« [= Neudruck v. 0231],

E i6a WEINEL, HEINRICH, Jesus im neunzehnten Jahrhundert. 3. Neubearbeitung. Tübingen, J. C. B. Mohr (Paul Siebeck), 1914. [8+] 331 S. Über SL: S. 321. E 17 KERR, ALFRED, Die Welt im Drama II: Der Ewigkeitszug. Berlin, S. Fischer, 1917. Gesammelte Schriften, Reihe I, Band 2. VIII + 368 S. 8.91-100: »Shaw und ein Kritiker« [= Julius Bab]. [Datum: 5. November 1910]. Über SL: S. 100.

3 82

18 BÖHM, ADOLF, Die zionistische Bewegung. Eine kurze Darstellung ihrer Entwicklung. Berlin, Welt-Verlag, 1920-1921. 2 Teile. 190 [+2] S. und 364 [+4] S. Tl. II, S. 20-21 über C 138. Vgl. auch E 26. E 19 BROD, MAX, Heidentum Christentum Judentum. Ein Bekenntnisbuch. München, Kurt Wolff Verlag, 1921. 2 Bände. Bd. I: 319 [+ i] S.; Bd. II: 359 [+ i] S. Über SL: Bd. II, 8.174 (SL's Paulus-Bild) und S. 338 (SL's Urteil über den Talmud, mit Zitat aus Cy).

. 4--8. . erschien 1922. Band II zählt hier: 369 [+ i] S. [Neues Nachwort]. E 20 SANDER, ERNST, Johannes Schlaf und das naturalistische Drama. Inaugural-Dissertation Rostock 1922. 968. Über die Polemik Holz-Schlaf-Lublinski: 8.14-16. 8.30-51: Hauptteil II: Johannes Schlaf und Arno Holz. Vergleichende Prüfung ihrer polemischen Schriften«. Darin wird SL oft erwähnt. 8.87: Bibliographie der Polemik.

E 2i HOLZ, ARNO, Das Werk. Zehnter Band. Die neue Wortkunst. Zusammenfassung ihrer ersten grundlegenden Dokumente. Berlin, J. H. W. Dietz Nachfolger, 192$. [14 +] VI + 732 S. 8.306-381: Abdruck von Ei; 8.381-465: Abdruck von £2.1.

E 22 MANN, THOMAS, Lübeck als geistige Lebensform. Lübeck, Otto Quitzow Verlag, 1926. jy S. S.ii: über SL's »Buddenbrooks«-Rezension: C 118. i. Neudruck in: MANN, THOMAS, »Gesammelte Werke«. [Frankfurt/ Main], S. Fischer Verlag, [1960]. Bd. XI, S. 376-398. Über SL: 8.382-383. *E 23 STRAUSS, FERDINAND, Die Dramentheorie der Neuklassik. Dissertation Wien, 1932 [Maschinenschriftlich]. Nr. D 3076. Erwähnt in: Paul Ernst und das Drama. Jahrbuch 1939 der Paul-Ernst-Gesellschaft. Langensalza, Druck v. Julius Beltz, Frühjahr 1939, S. 49-50.

E 24 GÖPFERT, HERBERT GEORG, Paul Ernst und die Tragödie. Leipzig, Hermann Eichblatt Verlag, 1932. Reihe: Form und Geist, Band 29. VIII + 19! S. Ursprünglich Dissertation Greifswald unter dem Titel: »Erlebnis und Gestaltung des Tragischen im Drama Paul Ernsts«. Über SL: S. 161-171.

£ 2 5 DEFIEBER, ROLF, Oscar Wilde. Der Mann und sein Werk im Spiegel der deutschen Kritik und sein Einfluß auf die deutsche Literatur. Inaugural-Dissertation Heidelberg 1934. 133 [+ 3] S. Über SL's »Wilde«-Aufsatz [*= C 149]: S. 14-15, 18, 31, 36, 55, 68.

383 E 26 BÖHM, ADOLF, Die zionistische Bewegung. Band I: Die zionistische Bewegung bis zum Ende des Weltkrieges. 2. erweiterte Aufl. Tel Aviv, Hozaah Ivrith Co. Ltd., 1935. 732$. Über SL: 8.299-300: über seinen Aufsatz: €138; 8.580: über seinen Aufsatz: €9 und über Adiad Haams spöttisdie Reaktion: D i.

E 27 ERNST, PAUL, Ein Credo. München, Albert Langen/Georg Müller, 19353 5 0 [ + 2 ] S.

5.103-113: »Das tragische Königsideal«: bespricht Ai6; vgl. die Bemerkung auf S. 348: »Zugrunde liegt eine ungedruckt gebliebene Besprechung von S. Lublinskis 1906 veröffentlichtem Drama »Peter von Rußland«; durch Streichung und Zusätze entstand 1932 die vorliegende Fassung«. Vgl. auch E 60.

E 28 POTTHOFF, ADOLF, Paul Ernst. Einführung in sein Leben und Werk. München, Albert Langen/Georg Müller, 1935. 39 [+ i] S. Ober SL: S. 18.

E 29 LINDESKOG, GÖSTA, Die Jesusfrage im neuzeitlichen Judentum. Ein Beitrag zur Geschichte der Leben-Jesu-Forschung. Inaugural-Dissertation Uppsala 1938. Uppsala, Almqvist & Wiksell, 1938. XII + 370 S. Ober SL: 8.204-205. E 30 LICHTHEIM, RICHARD, Geschichte des deutschen Zionismus. Jerusalem, Verlag Rubin Mass, [1954]. 286 S. S. 136: über SL's Rolle im Zionismus. Zwischen S. 136 und 137 das Facsimile1 der Flugschrift: »Flugblatt No. i (10. bis 15. Tausend). Der Zionismus«. Dieses Flugblatt ist wohl kaum identisch mit dem »Flugblatt«, das in: D7, 033, D 10 und D 12 erörtert wird.

E 31 STEINER, RUDOLF, Veröffentlichungen aus dem literarischen Friihwerk. Band V = Heft 20-26. Dornach/Schweiz, Rudolf-SteinerVerlag, 1958. Heft 25 enthält die Aufsätze: D 32 = 8.251-254: D 41 = 8.254-250; D 56 = S. 260-262.

i. STEINER, RUDOLF, Gesammelte Aufsätze zur Literatur, 1884-1902. Hrsg. von der Rudolf Steiner-Nachlaßverwaltung, Dornach. Die Herausgabe besorgten Edwin Froböse und Werner Teichert. Dornach, Rudolf Steiner-Verlag, 1971. [IV+] 5*6 S. Enthält: 8.271-289: 032 und 041; 8.289-292: 056. 8.525: Anm. über SL.

E 32 THOMAS MANN an Ernst Bertram. Briefe aus den Jahren 1910 bis 1955. Hrsg., kommentiert und mit einem Nachwort versehen von Inge Jens. [Pfullingen], Neske, [1960]. 316 [+4] S. 8.91 (Br. v. 4.6.1920): über Cii8.

384

E 33 MANN, THOMAS, Briefe 1889-1936. [Hrsg. v. Erika Mann]. [Frankfurt/M.], S. Fisdier Verlag, 1961. XII + 584 S. Über SL: Br. v. 31.8.1910 an Julius Bab: 8.87; vgl. die Anm. auf 8.458. Über Theodor Lessing: Br. v. 16,3.1910 an Heinrich Mann: 8.84; Anm. auf 8.457-

E 34 PRICE, LAWRENCE MARSDEN, Die Aufnahme englischer Literatur in Deutschland 1500-1960. Bern u. München, Francke-Verlag, [1961]. 4968. Ursprünglicher Titel: English Literature in Germany. Berkeley and Los Angeles, University of California Press, 1953. Übertragung von Maxwell E. Knight. Über SL: S. 371 (zu C 149).

E 35 KOHN, CAROLINE, Karl Kraus. Le polemiste et l'icrivain, de"fenseur des droits de l'individu. Paris, Didier, 1962. Reihe: Germanica: 3. [VI +] 425 S. [+ 3 S. + 2 S. Errata]. Über SL: S. 56, 180, 195.

i. KOHN, CAROLINE, Karl Kraus. Von der Verfasserin hergestellte und überarbeitete französische Staatsthese. Stuttgart, J. B. Metzlersdie Verlagsbuchhandlung, [1966]. X + 353[+i]S. Über SL: S. 112, 260, 300.

E 36 MANN, THOMAS, Briefe 1948-1955 und Nachlese. [Hrsg. v. Erika Mann]. [Frankfurt/M.], S. Fischer, 1965. 6568. Enthält 8 Briefe von Thomas Mann an SL: Br. v. 23. j. 1904: S. 449-450; Br. v. 20.10.1908 und v. £.12.1908: 8.454-455; Br. v. 16.2.1910 und v. 18.3.1910: 8.455-456; Br. v. 29.4.1910, v. 16.5.1910, v. 13.6.1910: 8.458-460. Anm. zu den Briefen: 8.614-618. Vgl. auch den Br. v. 3.2.1910 an Otto Falckenberg: 8.455, Anm.: 8.616-617.

E 37 BÜRGIN, HANS und MAYER, HANS-OTTO, Thomas Mann. Eine Chronik seines Lebens. [Frankfurt/M.], S. Fischer Verlag, 1965. 284 S. mit 16 Bildtafeln. Über SL: 8.32. i. Neudruck erschien 1974 in dem Fischer Taschenbuch Verlag, Frankfurt/M. (fibü: 1470). 304 S. Über SL: 8.36. £373 WAGENKNECHT, CHRISTIAN JOHANNES, Das Wortspiel bei Karl Kraus. Göttingen, Vandenhoeck& Ruprecht, 1965. Palaestra, Bd. 242. 1758. Zu SL: S. 135, Fußnote 131: zu €217.

E 38 BODE, INGRID, Die Autobiographien zur deutschen Literatur, Kunst und Musik 1900-1965. Bibliographie und Nachweise der person-

lichen Begegnungen und Charakteristiken. Stuttgart, J. B. Metzler, [1966].

XII 4- 308 S. S. 216: Hinweis auf: KOLBENHEYER, ERTIN GUIDO, Sebastian Karst über sein Leben und seine Zeit. Teil 1-3. Darmstadt, Wittidi, 19)7. Gesamtausgabe letzter Hand, Abteilung 2, Bd. 3-5. Ober SL: Teil 2, 8.131.

E 39 KAMERBEEK. JR., JAN, Albert Verwey en het nieuwe classicisme. >De richting van de hedendaagsche poezie« (1913) in zijn internationale context. Proefsdirift Utrecht 1966. Groningen [Holland], J. B. Wolters, 1966. [VIII+] 1158. Über SL: S. 14-26.

E 40 STERN, FRED B., Ludwig Jacobowski. Persönlichkeit und Werk eines Dichters. Darmstadt, Joseph Melzer Verlag, [1966]. 204 S. 5.37-38: i Br. v. Jacobowski an Rudolf Steiner vom 4.8. 1900 und vom 2 j . 8 . 1900 über Steiners Rezension: D j6. 5.83: über 090.

E 41 FISCHER, GOTTFRIED BERMANN, Bedroht - Bewahrt. Der Weg eines Verlegers. [Frankfurt/M.], S. Fischer Verlag, 1967. 4288. S. 362-363: über SL's Rezension: C 118.

i. Neudruck erschien 1971 in der Fischer-Bücherei: Frankfurt/Main, Fischer Taschenbuch Verlag (fibü: 1169). 3Ji[+i]S. S. 302: über C 118.

E 42 BERTHOLD, SIEGWART, Der sogenannte »Konsequente Naturalismus« von Arno Holz und Johannes Schlaf. Inaugural-Dissertation Bonn 1967. 2 J O S.

8.125-133: SL's und Schlafs Polemik mit Holz. 8.236-238: Bibliographie zu dieser Polemik.

E 43 HAMANN, RICHARD und HERMAND, JOST, Stilkunst um 1900. Berlin, Akademie-Verlag, 1967. (Deutsche Kunst und Kultur von der Gründerzeit bis zum Expressionismus, Band IV). 560 S. Mit 145 Abb. Ober SL: S. 5$, 151, 204, 207, 439, 4S7-4J9. 462, 464, $13.

i. Neudruck: HAMANN, RICHARD und HERMAND, JOST, Stilkunst um 1900. München, Nymphenburger Verlagshandlung [1973]. (Epochen deutscher Kultur von 1870 bis zur Gegenwart, Band 4). 5128. Mit 88 Abb. Über SL: S.ji, 136, 212, 21$, 376, 39J-39*. 397· 4°°. 4°'. 445-

386 E 43a KAFKA, FRANZ, Briefe an Felice und andere Korrespondenz aus der Verlobungszeit. Hg. v. Erich Heller und Jürgen Born. Mit einer Einleitung von Erich Heller. [Frankfurt/Main], S.Fischer Verlag, 1967. 7838. Über SL: 8.674: Postkarte vom 31. Juli [1916], wo A 9 erwähnt wird.

E 44 SCHERRER, PAUL und WYSLING, HANS, Quellenkritische Studien zum Werk Thomas Manns. Bern und München, Francke-Verlag, [1967]. (Thomas-Mann-Studien: i). 347 S. S.106-122: HANS WYSLING, »Ein Elender«. Zu einem Novellenplan Thomas Manns. Vgl. die Anm. auf 5.334-335, wo auch der Brief v. 13.6.1910 von Thomas Mann an SL abgedruckt wird [Vgl. E 36].

E 45 GEORGE, DAVID E. R., Henrik Ibsen in Deutschland. Rezeption und Revision. Göttingen, Vandenhoeck & Ruprecht, 1968. Palaestra, Bd. 251. 105 S. Zu SL: 8.72-73, 99. Zitate aus SL's Werken: S. 13 und 27.

E 46 Thomas Mann im Urteil seiner Zeit. Dokumente 1891-1955. Hrsg. v. KLAUS SCHRÖTER. [Hamburg], Christian Wegner Verlag, [1969]. 557 [+i] S. Über SL: S. 479 und S. 482-485. E 47 WENZEL, GEORG, Thomas Manns Briefwerk. Bibliographie gedruckter Briefe aus den Jahren 1889-1955. Berlin, Akademie-Verlag, 1969. XXXII + 266 S. Mit 8 Tafeln. SL wird erwähnt in Br. Nr. 160, 161, i8j, 195, 520, 568. Vgl. E j z , £33, E 36, E 49-

E 48 LASKER-SCHÜLER, ELSE, Wo ist unser buntes Theben. Briefe, z. Band. München, Kösel-Verlag, [1969]. 398 S. Über SL: S. 16 und 20. Vgl. die Anm. auf S. 334 und 335.

i. TA: LASKER-SCHÜLER, ELSE, Die Wolkenbrücke. Ausgewählte Briefe. Hrsg. und mit einem Anhang versehen von Margarethe Küpper. [München], Deutscher Taschenbuch Verlag, [1972]. 211 S. Über SL: S. 10, ij und die Anm. auf S. 188 und 189. E 49 THOMAS MANN - HEINRICH MANN, Briefwechsel 1900-1949. [...] in erweiterter Form hrsg. v. Hans Wysling. [Frankfurt/M.], S. Fischer Verlag, 1969. LXII + 373 [+ i] S. Über SL: Br. v. 21.3.1906 an Heinrich Mann (Anm. auf 8.273): 5.53; Br. v. 26. i. 1911 an Heinrich Mann (Anm. auf 5.292): 8.94.

E 50 FRENZEL, ELISABETH, Stoffe der Weltliteratur. Ein Lexikon dichtungsgeschiditlicher Längsschnitte. 3. überarb. und erw. Aufl. Stuttgart, Alfred Kröner Verlag. [1970]. XVI + 785 S. S. 187: über SL's »Elisabeth und Essex« [= A 8].

387 E 5 1 MENDELSSOHN, PETER DE, S. Fischer und sein Verlag. [Frankfurt/ Main], S. Fischer Verlag, [1970]. 1487 S. Zu SL's Rezension: C 118: S. 302 und 333.

E 52 SCHRÖDER, HANS EGGERT, Theodor Lessings autobiographische Schriften. Ein Kommentar. Bonn, H. Bouvier u. Co., 1970. 166 [+ *] S. Über SL's Polemik mit Lessing: 8.55-66. Vgl. auch: 8.67, 69, 72, 76, 78.

E 53 KREUZER, HELMUT, Die Boheme. Analyse und Dokumentation der intellektuellen Subkultur vom 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart. Stuttgart, J. B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung, 1971. XVI + 438 S. Über SL: S. 13, 2ij, 233, 270, 332, S. 387, Fußn. 244.

E 54 SCHEUER, HELMUT, Arno Holz im literarischen Leben des ausgehenden 19. Jahrhunderts (1883-1896). Eine biographische Studie. München, Winkler- Verlag, [1971]. 3298. Über SL: S. jif., 99, no, 112, 130, 131, 180, 182, 214^, 217.

E 55 DENCKER, KLAUS PETER, Literarischer Jugendstil im Drama. Studien zu Felix Braun. Wien, Verlag A. Schendl, [1971]- 200 S. S. 14, Fußn. 13 und S. 21, Fußn. 60: Zitate aus der »Bilanz« [A 10].

E 56 BUBER, MARTIN, Briefwechsel aus sieben Jahrzehnten. Band i : 1897-1918. [Vgl. B 8]. Heidelberg, Verlag Lambert Schneider, S. 281-283: Brief von MARTIN BUBER an Theodor Lessing vom 17. 5. 1910 (unvollständiger Entwurf) über E 8.

E 57 HIERONIMUS, EKKEHARD, Theodor Lessing. Eine Lebensskizze. DIETZE, LUITGER, Theodor Lessing. Eine Bibliographie. Hannover, Kulturamt der Landeshauptstadt, Februar 1972. [IV +] 86 [+ 2] S. S. 20-23: über die Polemik Lessings mit SL und Thomas Mann. 8.43-86: die Bibliographie, die vieles zur Polemik nennt.

E 58 MATTER, HARRY, Die Literatur über Thomas Mann. Eine Bibliographie 1898-1969. 2 Bände. Berlin und Weimar, Auf bau- Verlag, 1972. 701 und 637 S. Bd2, 8.302-304: Bibliographie der Polemik: Thomas Mann - Theodor Lessing Samuel Lublinski.

E 59 MAURER, WARREN R., The Naturalist Image of German Literature. A Study of the German Naturalists' Appraisal of their Literary Heritage. [München], Wilhelm Fink Verlag, 1972. 268 S. Ober SL: S. 56, 188, 191, 2ion., 242, 25on., 258.

388 E 60 Die neuklassische Bewegung um 1905. Paul Ernst in Düsseldorf. [...]. Emsdetten, Lechte, 1972. [Vgl. B 9]. Das Buch enthält folgende Briefe von PAUL ERNST an SL [fast nie gekürzt!]: Br. v. 18.8.1902: 8.8-9; Br. · 3·9· 9 4: 8.43; Br. v. 7.7.1905: 8.92; Br. v. 10.10.190$: 8.147; Br. v. 5.4.1906: 8.187-189; Br. v. 18.8.1906: 8.195196. S. in: Br. v. 25.8.1905 von P. ERNST an Gustav Lindemann: enthält Bemerkung über SL, »Peter von Rußland« [= A 16]. 5.199-208: Abdruck von PAUL ERNST, Das tragische Königsideal [vgl.: £17]. Über SL: S.23*-25* und 8.251-252.

E 61 Deutsdie Dramentheorien. Beiträge zu einer historischen Poetik des Dramas in Deutschland. Hrsg. und eingel. v. REINHOLD GRIMM. [Frankfurt/Main], Athenäum-Verlag, [1973]. 2 Bde. XXVIII + 591 [ + 5 ] S. Band II, S. 394-428: SCHULZ, GERHARD, Zur Theorie des Dramas im deutschen Naturalismus. 8.405 und 8.425: über SL.

E 62 E 61, Band II, 8.429-450: HERMAND, JOST, Depravierter Idealismus. S. 439-440 und S. 442 über SL.

E 63 GAFERT, KARIN, Die Soziale Frage in Literatur und Kunst des 19. Jahrhundert. Ästhetische Politisierung des Weberstoifes. Kronberg/Taunus, Scriptor Verlag GmbH, 1973, 2 Bde. [8 +] 300 S.; [4 +] S. 301-530. Mit 54 Tafeln [als Anhang]. Ursprünglich: Diss. Marburg/L., 1973. Ober SL: S. 89-90, 338, 380: Anm. 289 und 290 und Fußnote 13.

E 64 BRAUNECK, MANFRED, Literatur und Öffentlichkeit im ausgehenden 19. Jahrhundert. Studien zur Rezeption des naturalistischen Theaters in Deutschland. Stuttgart, J. B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung, 1974. [VI +] 330 S. Über SL: S. 64, 65, 153-154 und die Anm. auf S. 223 und 272.

E 65 Naturalismus. Bürgerliche Dichtung und soziales Engagement. Herausgeber: HELMUT SCHEUER. Stuttgart [,] Berlin [,] Köln[,] Mainz, Verlag W. Kohlhammer, [1974]. (Sprache und Literatur: 91). 2648. S. 175-205: PFORTE, DIETGER, Die deutsche Sozialdemokratie und die Naturalisten. Aufriß eines fruchtbaren Mißverständnisses. Ober SL: S. 199 und 205, Anm. 130.

E 66 E 65, S. 206-234: WUNBERG, GOTTHART, Samuel Lublinskis literatursoziologisdier Ansatz. i. Überarbeitete Fassung in: A 10.5, S. 369-406.

6

SCHULZ, GERHARD, Arno Holz. Dilemma eines bürgerlichen Dichterlebens. München, Verlag C. H. Beck, [1974]. 277 [+ 3] S. Auf S. 30: SL's »Bilanz« [Zitat].

£68 B IO enthält: Brief 594, 8.534 im i.Band: Brief von Ludwig Jacobowski an SL vom 18. 10. 1900. Im i.Band, dem Kommentar, wird SL genannt: S. 180-181, 8.212—223, S. 261, 8.270 im Kommentar zu den Briefen. Außerdem wird SL erwähnt: S. 183, 25-2j7, S. 2J9~26o, im Kommentar zu anderen Briefen.

E 69 PAUL ERNST und GEORG LuKAcs. Dokumente einer Freundschaft. In Verbindung mit dem Deutschen Literaturarchiv Marbach a. N. herausgegeben von Karl August Kutzbach. Emsdetten, Verlag Lechte, [1975]. XL + 235 [+ i] S. SL wird erwähnt: S. XIX, XXI, 10, 47, 218, Anm. 25, S. 221, Anm. 65. E 70 MENDELSSOHN, PETER DE, Der Zauberer. Das Leben des deutschen Schriftstellers Thomas Mann. Erster Teil: 1875-1918. [Frankfurt/ Main], S. Fischer, [1975]· 1185 [+3] S. Über SL: S. 464, 468-4*9, 821-834.

£71 Thomas Mann, Teil I: 1889-1917. Hrsg. v. Hans Wysling unter Mitwirkung von Marianne Fischer. [München, Frankfurt/Main], Heimeran, S.Fischer, [1975]· Dichter über ihre Dichtungen, Band 14/1. SL wird erwähnt: 8.40, 47, 72, 89, 104, 143-144, 189, 234, 244, 28j-286, 298, 299, 381-382, 383-384, 682-683, 7JJ· Neu gedruckt werden hier: 8.40: Br. v. Thomas Mann an SL v. 23. j. 1904; S. 143-144: Br. v. Thomas Mann an SL v. 23. j. 1904; S. 381: Br. v. Thomas Mann an SL v. 6. 2. 1910; 8.381: Br. v. Thomas Mann an Walter Opitz v. 18.4.1910; 8.383: Br. v. Thomas Mann an Horst Stobbe v. 2.11.1923; 8.383-384: Br. v. Thomas Mann an Julius Bab v. j. 10.1910. Alle übrigen Stellen sind schon vorher gedrudct worden.

E 72 ROSSBACHER, KARLHEINZ, Heimatkunstbewegung und Heimatroman. Zu einer Literatursoziologie der Jahrhundertwende. Stuttgart, Ernst Klett, 197$. Literaturwissenschaft - Gesellschaftswissenschaft, Bd. 13. 281 S. Ober SL: 5.42, 183, 192, 248. E 73 HANSEN, VOLKMAR, Thomas Manns Heine-Rezeption. [Hamburg], Hoff mann und Campe - Heinrich Heine Verlag, [1975]. Reihe: Heine-Studien. 331 S. Ober SL: S. 113, 119 und der Abschnitt: »Theodor Lessings Kritik an Samuel Lublinski«: S. 142-149.

390

F. Behandlung in allgemeinen Überblickswerken und in Nachschlagewerken F i DAHMS, GUSTAV, Das Litterarische Berlin. Illustriertes Handbuch der Presse in der Reichshauptstadt. Berlin W., Verlag von Richard Taendler [o.J. = 1895]. Über SL: 8.47: er und Dr. Berthold Prochownik werden hier als Redakteure des politischen Teiles des »Berliner Fremdenblatts« genannt.

F 2 Deutscher Litteratur-Kalender auf das Jahr 1896, hrsg. v. Josef Kürschner. Berlin, G. J. Göschen, [1895]. ÜberSL:Sp.788. SL steht in folgenden Jahrgängen: 1897: Sp. 816; 1898: Sp. 817; 1899: Sp. 848; 1900: Sp. 869] 1901: Sp. 874; 1902: Sp. 877; 1903: Sp. 842; 1904: Sp. 811; 1905: Sp. 864; 1906: Sp. 904; 1907: Sp-948; 1908: Sp. 1004; 1909: Sp. ; 1910: Sp. 1014; 1911: Sp. 1032; 1912: Sp.60*. Vgl. F 24. F 3 SCHMITT, CARL, Der moderne Roman. Ein Beitrag zur Ljteraturgeschichte. Osnabrück, G. Pillmeyer Buchhandlung Julius Jonscher, 1908. Über SL: S. 112, 175, 176, 193. F 4 LESSING, OTTO ERICH, Die neue Form. Ein Beitrag zum Verständnis des deutschen Naturalismus. Dresden, Verlag von Carl Reißner, 1910. Über SL: S. jo, 59, 7$, 77, 91, 93, 99, 100, 108, 124. F 5 MEYER, RICHARD MORITZ, Die deutsche Literatur des Neunzehnten Jahrhunderts. Zweiter Teil. 4. umgearbeitete Auflage, I4.-I7.T. Berlin, Georg Bondi, 1910. Über SL: S. 351-352. i. id., Die deutsche Literatur des 19. und 20.Jahrhunderts. 6., von Hugo Bieber fortgesetzte Auflage. 3O.-35.T. Volksausgabe. Berlin, Georg Bondi, 1921. Über SL: 8.638-639. F 5a Jewreiskaja Enziklopedija [= Hebräische Enzyklopädie]. 16 Bde. St. Petersburg, Isdatelstwo Brokgaus-Efron, 1907-1913. Über SL: Band 10, ed. A. GARKATF und L.KAZNELSON [ca. 1911], Sp. 426-417. F 6 SOERGEL, ALBERT, Dichtung und Dichter der Zeit. Eine Schilderung der deutschen Literatur der letzten Jahrzehnte. Leipzig, R.Voigtländer, [1911]. Über SL: 8.867-868. Vgl. 8.209, 822, 857, 869, 873. Mit Bildnis auf S. 868.

391 F 7 Biographisches Jahrbuch und Deutscher Nekrolog. Hrsg. v. ANTON BETTELHEIM. Band XV (i. i.-31. 12. 1910). Berlin, Georg Reimer, 1913. Über SL: Totenliste 1910, S. 58*.

F 8 BRUMMER, FRANZ, Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten vom Beginn des neunzehnten Jahrhunderts bis zur Gegenwart. 6. Aufl. Band I-VIII. Leipzig, Ph. Reclam, 1913. ÜberSL:Bd.IV, S. 3ij-3i6. i. Reprint: Nendeln, Kraus, 1975. F 9 GEISSLER, MAX, Führer durch die deutsche Literatur des 20. Jahrhunderts. Weimar, Alexander Duncker Verlag, 1913. Über SL: 8.342. F io STAUFF, PHILIPP [»Hrsg.«], Semi-Kürschner oder Literarisches Lexikon der Schriftsteller, Dichter, Bankiers [...] jüdischer Rasse und Versippung, die von 1813-1913 in Deutschland tätig oder bekannt waren. Berlin - Groß-Lichterfelde, Selbstverlag, 1913. Ober SL: Sp. 284. Vgl. F 19. F 11 KRÜGER, HERMANN ANDERS, Deutsches Literatur-Lexikon. Biographisches und bibliographisches Handbuch mit Motivübersichten und Quellennachweisen. München, C. H. Becksche Verlagsbuchhandlung Oskar Beck, 1914. Über SL: S. 274. F 12 OEHLKE, WALDEMAR, Die deutsche Literatur seit Goethes Tod und ihre Grundlagen. Halle/S., Max Niemeyer, 1921. Über SL: S. 613, 667, 693, 694. F 13 NAUMANN, HANS, Die deutsche Dichtung der Gegenwart. i88j bis 1923. Stuttgart, J.B.MetzlerscheVerlagsbuchhandlung, 1923. [Epochen der deutschen Literatur, Band VI]. Über SL: S. 87. i. NAUMANN, HANS, Die deutsche Dichtung der Gegenwart (1885 bis 1933). 6. neubearbeitete Auflage. Stuttgart, J. B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung, 1933. Über SL: 8.92-93.

F i 3 a ZITRON, S.L., '3 ll^Di?1? schau, S. Schebrek, 5684 [= 1924]. Über SL: Sp. 315-316.

[= Leqsiqon Sioni]. War-

F 14 SOERGEL, ALBERT, Dichtung und Dichter der Zeit. Neue Folge: Im Banne des Expressionismus. 6. Aufl., 26.-29-T. Leipzig, Voigtländer's Verlag [o.J.: EA erschien 1925]. Über SL: 8.140-143. Vgl. auch: 8.88, 119, 120, 144, 145, 588. Vgl. auch F6.

39* F i5 ARNOLD, ROBERT FRANZ [Hrsg.], Das Deutsche Drama. München, C. H. Beck'sdie Verlagsbuchhandlung, 1925. Abschnitt: »Die Lebenden« von JULIUS BAB: S. 651-818. SL: 5.761 und 765. i. Reprint: Hildesheim-New York, Georg Olms, 1972. F 16 Meyers Lexikon. 7. Auf läge. Leipzig, Bibliographisches Institut, 1927. Band 7. Über SL: Sp. 1243.

F 17 Jüdisches Lexikon. Ein enzyklopädisches Handbuch des jüdischen Wissens in vier Bänden [Es erschienen aber 5 Bände]. Begr. v. Georg Herlitz und Bruno Kirschner. Berlin, Jüdischer Verlag, 1927 bis 1930. Über SL: Band III [1929], Sp. 1241. F 18 WININGER, SALOMON, Große Jüdische National-Biographic. Band I-VII. Cernauti, Buchdruckerei Arta [o.J.: 1925-1936]. OberSL: Bd. IV, S. 195. F 19 Sigilla Veri (Ph. Stauff's »Semi-Kürschner«), Lexikon der Juden, -Genossen und -Gegner aller Zeiten und Zonen, insbesondere Deutschlands [...]· 2. um ein Vielfaches vermehrte und verbesserte Auflage. Hrsg. v. E. Ekkehard. Band 1-4. [Erfurt], U. Bodung-Verlag, 1929-1931. [E. Ekkehard = H. KRAEGER] . Über SL: Band 4 (Lippold bis Pollak): 8.125-126. Über Theodor Lessing und die Polemik mit SL: Bd. 3 (1929), S. 1049-1057, bes. S. 1050-1051.

F 20 Der Große Brockhaus, 15. Auflage. Band u, Leipzig, Brockhaus, 1932. Über SL: S. 607. F 2i Der Große Herder. Nachschlagewerk für Wissen und Leben. 4. Aufl. Band 7. Freiburg/Breisgau, Herder, [1933]· Über SL: Sp. 1245. F 22 BRAND, GUIDO K., Werden und Wandlung. Eine Geschichte der deutschen Literatur von 1880 bis heute. Berlin, Kurt Wolff Verlag AG., 1933. ÜberSL: S. in. F 23 Encyclopaedia Judaica. Das Judentum in Geschichte und Gegenwart. Band 10. Berlin, Verlag Eschkol, [1934]· Sp. 1170-1171: SL [mit widitigen Literaturangaben]. Verfasser: JOSEF HELLER. F24 Nekrolog zu Kürschners Literatur-Kalender 1901-1935. Hrsg. v. Gerhard Lüdtke. Berlin/Leipzig, Walter de Gruyter, 1936. Über SL: Sp. 435. [Mit nidit vollständiger Bibliographie der Bücher SL's].

393 F 25 Philo-Lexikon. Handbuch des jüdischen Wissens. 4. verm, und verb. Aufl. Berlin/Amsterdam, Philo-Verlag G.m.b.H., 1937. ÜberSL: Sp-438.

F 26 DOSENHEIMER, EusEN, Das deutsche soziale Drama von Lessing bis Sternheim. Konstanz, Südverlag, [1949]· Ober SL: 8.64 und 8.346. F 27 KOSCH, WILHELM, Deutsches Literatur-Lexikon. Biographisches und bibliographisches Handbuch. 2. Aufl. Bern, A.Francke, 1949-1958. 4 Bände. Über SL: Band 2 (1953): S. 1579. F 28 Juden im deutschen Kulturbereich. Ein Sammelwerk. Hrsg. v. Siegmund Kaznelson. z. stark erw. Aufl. Berlin, Jüdischer Verlag [1959]· Über SL: S. 57 und S. 347 [ungenau!].

F 29 BITHELL, JETHRO, Modern German Literature 1880-1950. 3rd edition revised and reset. London, Methuen fit Co. Ltd. [1959]. Über SL: p. 251 und p. 266. F 30 MARKVARDT, BRUNO, Geschichte der deutschen Poetik. Band IV: Das neunzehnte Jahrhundert; Band V: Das zwanzigste Jahrhundert. Berlin, Walter de Gruyter & Co., 1959 u. 1967. (Grundriß der germanischen Philologie, Bd. I3/IV u. V). Über SL: Band IV: S. 5, 13, 208; Bd. V: vor allem: S. 311-328, 779, 812, 817-820. Vgl. audi das Register: S. 1026.

F 31 LANDMANN, GEORG PETER, Stefan George und sein Kreis. Eine Bibliographie. Hamburg, Dr. Ernst Hauswedell & Co., 1960. Zu SL: S. 54, Nr. 115 = C6y, 8.72, Nr. 189 = A 10 (mit Zitat).

F 32 Lexikon der Weltliteratur. Biographisch-bibliographisches Handwörterbuch nach Autoren und anonymen Werken. Hrsg. v. Gero von Wilpert. Stuttgart, Alfred Kröner Verlag, [1963]. Über SL: S. 831. Vgl. audi F 4 2.

F 33 KOSCH, WILHELM, Deutsche Literatur-Lexikon. Ausgabe in einem Band. Bearbeitet von Bruno Berger. Bern/München, Francke Verlag. [1963]. ÜberSL: 8.256. F 34 WILPERT, GERO VON und GÜHRING, ADOLF, Erstausgaben deutscher Dichtung. Eine Bibliographie zur deutschen Literatur 1600-1960. Stuttgart, Alfred Kröner Verlag, [1967]. S. 813-814: Bibliographie der Erstauflagen der Werke SL's. F 3 5 ALKER, ERNST, Die deutsche Literatur im 19.Jahrhundert (1832 bis 1914). 3. veränd. und verb. Aufl. Stuttgart, Alfred Kröner Verlag, [1969]· Über SL: S. 686.

394 F 36 Encyclopaedia Judaica. Vol. n. Jerusalem, Encyclopaedia Judaica/ New York, Macmillan, [1971]. Über SL: Sp. 548, verfaßt von S.L. [= SOL LIPTZIN]. F 37 Internationale Bibliographie zur Geschichte der deutschen Literatur von den Anfängen bis zur Gegenwart. Hrsg. v. Günter Albrecht und Gustav Dahlke. Teil 11,2. Berlin, Volk und Wissen Volkseigener Verlag, 1972. S.4ij-4i6: Bibliographie zu SL. F 38 Geschichte der deutschen Literatur vom Ausgang des 19. Jahrhunderts bis 1917. Von einem Autorenkollektiv unter Leitung von Hans Kaufmann. Berlin, Volk und Wissen Volkseigener Verlag, 1974 (Geschichte der deutschen Literatur von den Anfängen bis zur Gegenwart, Band IX). Über SL: 8.92-93, 236, 534. F 39 The National Union Catalog. Pre-i956-Imprints. Vol. 344. London, Mansell, 1974. S. 59-60 verzeichnet die in amerikanischen Bibliotheken vorhandenen Ausgaben der Bücher SL's. F 40 Everyman's Judaica. An Encyclopedic Dictionary. Edited by Geoffrey Wigoder. Jerusalem, Keter Publishing House Ltd., [1975]· Über SL: S. 386. F 4 i MAHAL, GÜNTHER, Naturalismus. München, Wilhelm Fink Verlag, [1975]. (Deutsche Literatur im 20. Jahrhundert, Band i; UTB 363). Über SL: S. 117, 177, 178.

F42 Lexikon der Weltliteratur. Band I. Biographisch-bibliographisches Handwörterbuch nach Autoren und anonymen Werken. Unter Mitarbeit zahlreicher Fachgelehrter hrsg. v. Gero von Wilpert. 2., erweiterte Auflage. Stuttgart, Alfred Kröner Verlag [1975]. Über SL: S. 1002. [Biographisch nicht ganz fehlerfrei]. F 43 SCHUTTE, JÜRGEN, Lyrik des deutschen Naturalismus (1885-1893). Stuttgart, J. B. Metzlersche Verlagsbuchhandlung, 1976 (Sammlung Metzler M 144). Über SL: 8.34 und 77.

395

Anhang Herr Elazar Benyoetz, Tel Aviv, war so freundlich, einen Durchschlag des Manuskriptes kurz vor der Drucklegung noch durchzusehen. Ihm verdanke ich außer einigen Ergänzungen, die ich selbst habe kontrollieren können (Dia, D243., Dioza, 0250, D311, 0320, Eia, Eya, Fja, Fi3a im Hauptteil der Bibliographie), noch eine Reihe von Angaben zu Aufsätzen, die mir nicht zugänglich waren. Ich nehme sie hier auf, genau so wie er sie mir geschickt hat, und gebe ihnen die Nummern, die angeben, wo sie in der Bibliographie gestanden hätten, wenn ich sie durch Autopsie hätte überprüfen können. «

Die »Parabeln« auch in: Israelitisches Familienblatt, Hamburg. Jg. i. Nr. 36 v, 28. 12. 1898, S. 4-5. [Anonym], Rez. v. »Litteratur und Gesellschaft«, Band i und 2 [ = A 2 ] , Israelitische "Wochenschrift, Berlin. Wissenschaftliche Beilage Nr. 7, Juli 1899, S. 56. *D i93a [Anonym], a la Bartels. Israelitisches Familienblatt, Hamburg. Jg. 12, Nr. 7 v. 17. 2. 1910, S. 3. Zur Polemik mit Th. Lessing.

*D20ia SCHALAG, M[AREü], Die Bilanz der Moderne. [Rez. v. A 10]. Jüdisches Literaturblatt, Beilage zur Jüdischen Volksstimme, Brunn. Jg. n, Nr. 12 v. 23. 3. 1910, S. 10. *D2i6a [Anonym], Rez. v. »Kaiser und Kanzler« [=A24]. Jüdische Volksstimme, Brunn. Jg. n, Nr. 20 v. 18. 5. 1910, S. 9. *D 228a SCHALAG, M[AREK], Neue Bücher [Sammelrezension]. Jüdisches Literaturblatt, Beilage zur Jüdischen Volksstimme, Brunn. Jg. u, Nr. 47 v. 23. n. 1910, S. 9. Enthält auch Rez. v. SL, »Ausgang der Moderne« [= A 20].

*D 236a [Anonym], Samuel Lublinski gestorben. Selbstwehr, Prag. Jg. 4, Nr. 52, v. 30. 12. 1910, S. 6. *D 249a [Anonym], Samuel Lublinski gestorben. Jüdische Volksstimme, Brunn. Jg. 12, Nr. 2 v. n. i. 1911, S. 6. *D 309a GOLDSCHMIDT, KURT WALTER, Jüdische Philosophen, jüdischliberale Zeitung, Berlin. Jg. 9, Nr. i v. 15. 3. 1929. [Ohne Seitenzahl].

396 *D 3ioa RUEST, M. S., Samuel Lublinski. Jüdisch-allgemeine Zeitung, Berlin. [= Neue Folge der Jüdisch-liberalen Zeitung]. Jg. 15, Nr. 51 v. 18. 12. I93J. [Ohne Seitenzahl]. *D 3iob LAMM, HANS, Samuel Lublinski zum Gedächtnis. Aus Anlaß seines 70. Geburtstages. Israelitisches Familienblatt, Hamburg. Jg. 40, Nr. 9 v. 3. 3. 1938, S. 17.

NAMENREGISTER

Vorbemerkung Das Namenregister verzeidinet alle Eigennamen aus Text und Bibliographie. Nidit aufgenommen wurden: die Eigennamen in der »Vorbemerkung« zur Bibliographie und die Namen der dort aufgeführten Verleger. Die Eigennamen wurden normalisiert und'(bis auf zwei Ausnahmen) stillschweigend korrigiert. Für den Text sind die Seitenzahlen, für die Bibliographie die laufenden Nummern angegeben. Erscheinen in Text oder Bibliographie Werktitel oder Zitate ohne Angabe eines Verfassers, so ist die Seitenzahl bzw. die bibliographische Nummer zwischen runde Klammern gesetzt. Die Abkürzung »(Anh.)« verweist auf den Anhang auf S. 395-96, wo diejenigen Beiträge aufgeführt sind, die ich nicht habe kontrollieren können. Joh.J. Braakenburg

Achad Haam (eig.: Ginsberg, Asdier) D i , D j, £26 Achelis, Thomas 047, Di57 Acher, Mathias (eig.: Birnbaum, Nathan) (vgl. auch dort!) C 16, C 126, Di, 04, D5>Dn(?) Adler, Victor D 1763 Alafberg, Friedrich 0275,0300 Albrecht, Günter F 37 Alker, Ernst F 35 Altenberg, Peter (eig.: Engländer, Richard) 49, 50, 196, 234 Aram, Kurt (eig.: Fischer, Hans) C n o Arnim, Adiim von 62 Arnold, Robert Franz (eig.: Levisohn, Robert) F i j Bab, Julius VI, 105, 137, 138-144, (ijo), 163, 179, 215-216, 219, 258, 309; E17, £33, £71, F i s Babillotte, Arthur D 187 Bach, D. D 51 Bänsdi, Dieter B 6 Bahr, Hermann 155, 301 Balzac, Honori de 24-25, 85, 88, 182, 184, 209 Bambus, Willy 03, D 7, D 10 Bartels, Adolf €87, D 28, 052, 054, D 194, Eia, E6a, E

Bauer, Felice Beer, Rüdiger Robert B j Begas, Reinhold 268 Behrend, Walter D 199 Ben-Jehuda, Eliezer D 5 Benyoetz, Elazar D 320 Berdyczewski, Micha Josef D 5 Berg, Leo D 29, D 84 Berger, Bruno F 33 Berger, Karl D 144 Bernoulli, Albert C 172, C 181 Bernstein, Eduard € 5 8 , 0 1 1 6 Berthold, Siegwart £42 Bertram, Ernst E 32 Bethge, Hans D 50 Bettelheim, Anton F7 Bieber, Hugo F j Biedermann, Karl €75 Birnbaum, Nathan (Pseud.: Acher, Mathias; siehe auch dort!) €214, D 5 Bismarck, Otto Fürst von A3, A 25, €7, C 4 3, D i 8 Bithell, Jethro F 29 Blaß, Ernst D 232 Bleibtreu, Karl C n o Boccaccio, Giovanni 176 Bode, Ingrid E 38 Bodenheimer, Max Isidor O 12 Bodmer, Johann Jacob 192

Boeddin, Arnold 249, 250

Böhm, Adolf E 18, E 26 Boelitz, Martin €87,053 Bolsche, Wilhelm €114 Borne, Ludwig (eig.: Baruch, Lob) 140; C77 Bolze, Wilhelm D 298 Bordiardt, Rudolf 230 Borgia, Cesare 184 Born, Jürgen E 43a Brand, Guido K. F22 Brandes, Georg (eig.: Cohen, Morris) 243; A I J , €84 Brandl, Alois(?) D 166 Braun, Felix £ 5 5 Braunedc, Manfred E 64 Breitinger, Johann Jakob 192 Brieger-Wasservogel, Lothar A 14 Brod, Max E 19 Bruckner, Martin D 244, D 278 Brummer, Franz F 8 Buber, Martin B 8, E 56 Bürger, Gottfried August 204 Bürgin, Hans 0318, E 37 Burckhardt, Rudolf D 127 Busse, Karl j6

Donath, Adolph C 54 Dosenheimer, Elisen F 16 Dostojewski], Fjodor Michailowitsdi 209 Dove, Alfred C 64 Drews, Arthur 0230, £93 Dreyfus, Alfred 28, 179; C$o, Cj5 Dürer, Albrecht 251 Dyboski, Roman D 196

182,

Egotinus, H. C 166 Eisert, Albert C no Ekkehard, Eridi (eig.: Kraeger, H.) F 19 Eloesser, Arthur C 144 Ernst, Paul 126-127, 157, 159-168, 171, 172, 176-177, 187, 217; B 9, Ci54, D 109, D 138, D 139, D 305, 0312, E 6, EU, E 12, £23, £24, £27, £28, E6o, £69 Erwin von Steinbach 265 Eulenberg, Herbert 156-157, 309

Decurtins, Caspar 0217,0223

Faesi, Robert 0301, E 12 Falckenberg, Otto E 36 Falke, Konrad D 133 Faure, Filix C 51 Feuerbach, Anselm 250 Fichte, Johann Gottlieb 296, 300 Fiechtner, Helmut A. A 20 Fischer, Gottfried Bermann £41 Fischer, Marianne £ 71 Fischer, Samuel £51 Flaubert, Gustave 34, 184 Flaum, Franz 82, C 100, C i 2 7 Fränkel, Ludwig D 172 Franck, Hans Di36a Frank, J. 0258 Frenssen, Gustav 156 Frenzel, Elisabeth E 50 Freund: recte: Freud, Sigmund 114 Freytag, Gustav €64, €73 Friedjung, Heinrich C 13 Friedländer, Salomo (Pseud.: Mynona) 290-291; D 114, 0248, 0308 Friedrich der Große C 112 Frisch, Efraim 0318 Froböse, Edwin £31 Frommel, Otto 0291

Defieber, Rolf £ 2 $ Dehmel, Richard 196-198; C n Oelius, Rudolf von B 2 Dencker, Klaus Peter E J J Dibelius, Martin 0281 Diederichs, Eugen B 3, B 5 Diederidis, Ulf B j Dietwelt (d. i. ?) D 191 Dietze, Luitger E $7

Gafert, Karin £63 Gapon, Georgi Apollonowitsch 145 Garibaldi, Giuseppe 189 Garkaw, A. F ja Geiger, Albert C 84, D 46, D 49 Geiger, Ludwig (eig.: Geiger, Lazarus Abraham) €76, 0250, 0302 Geißler, Max Fg

Carnegie, Andrew 181 Carpin, S. D 58 Chamberlain, Houston Stewart C 123 Christlieb, Max D 108, D 148, D 165, D 242, Clemen, Carl D 243 Coellen, Ludwig D 138 Cooper, James Fenimore (145) Coster, Charles de C 201 Daffis, Hans D 168, D 241, D 295 Dahlke, Gustav F 37 Dahms, Gustav F Dante Alighieri (2) Darwin, Charles Robert 26, 60, 66, 69-72, 269-284; A 14, D 107, D 1 14, D 1 17, D 127, D 130, D 134, D 13$, D 142 Darwin, Erasmus 283 Davidsohn (d. i.?) D 22 Davidsohn, Robert C 174, C 189

399 George, David E. R. £4$ George, Stefan 54, 91, 198-203, 204, 20J, 234, 161; F 3 i Ge ner, Salomon 192 Geyer, Emil (eig.: Goldmann, Emil) (230); B 2, D ίσο, D 113, D 143 Ghuttmann, Wilhelm Simon D 2283 G pfert, Herbert Georg E 24 Goethe, Johann Wolfgang 18, 19, 42, 57, 90, 91, 104, 117, 123, 149, 150, 163, (186), 187,

195,

204,

207-208,

212,

220,

243,

2jo, 251, 280, 282, 283, 286; C66, C68, C 103, D 59, (D 106), E 14 Goldoni, Carlo 147 Goldschmidt, Kurt Walter D 170, Di8i, D 309a (Anh.) Goldschmidt, Lazarus C 52 Goncourt, Edmond und Jules 34 Gorr, Adolph 0311 Gottgetreu, Erich 0314 Gottsched, Johann Christoph C98, D ιοί Gozzi, Carlo Graf 147 Gregori, Ferdinand D 176 Greiner, Leo D 174 Grillparzer, Franz 118, 207, 208; AI, C4O, C 2 i i Grimm, Reinhold E6i Gruner-Trautenau, Ferdinand D 82 G hring, Adolf F 34 Gundelfinger, Friedrich E 4 Gutenberg, Johannes C85, D 86 Gutzkow, Karl 209 Gystrow, Ernst (eig.: Hellpach, Willy) C59, C6i, D 34 Haeckel, Ernst 296, 300-301 Haller, Albrecht von 192 Hamann, Richard E 43 Hammerstein, Wilhelm von C 3 Hansen, Volkmar E 73 Hanstein, R. von D 130 Harden, Maximilian (eig.: Witkowski, Maximilian Felix Ernst) C 130, D 89, E8 Hardt, Ernst (eig.: St ckhardt, Ernst) Ci 9 4 Hauptmann, Gerhart 35, (36), 37, (39-40), 84, 116-117, I3J> I53~IJ5> (160-161), 220, 232-233, 272; A 10, (C 22), (C$5), (D 57), (D 83) Havenstein, Martin C2I5, D 226 Hebbel, Friedrich 6-8, (10), 118-129, Μ9· 207, 20 9> Α ι , Α ίο, C23, (€29), (C34), C86, C i i 5 , Ci96, C 2 i i Hecht, Georg D 253 Hegel, Georg Wilhelm Friedrich 108, 120-

I2i, 126, 283, 296, 300, 302-305, 310; Cl02

Hegeler, Wilhelm Ci83, Ci87, 0169, 0240 Heidenstam, Verner von C 83 Heilborn, Ernst D 236 Heine, Heinrich 51, 52, 206, 209, 220; C69, C2i7, 0255, E6a, £73 Heinrich IV. (von Frankreich) 43 Heller, Erich E 433 Heller, Josef F 23 Heraklit 89, 137, 288 Herlitz, Georg F 17 Hermand, Jost £43, £62 Hermann, Fritz D 297 Herzl, Theodor D 5, D 8 Hesse, Hermann 186-187 Heuss, Theodor 0214,0247 Heyse, Paul 208 Hieronimus, Ekkehard E 57 Hille, Peter C ιοί, D 106 Hiller, Kurt D 246, E 13 Hirschfeld, Georg 56; (C55), 024 Hochdorf, Max D 122, D ijo, D 161 Hock, Stefan D 304 Hoffmann, Ernst Theodor Amadeus 51, 185 Hoffmann, Karl C179, D 170, D 189, D 228, D 260, D 273 Hofmann, Ludwig von 85 Hofmannsthal, Hugo von 8, 49, 50, 54, 60-66, 84-117, 118, 136-137, 140, 141142, ijo, 157, 162-163, 167, 177, 203, 215, 216-217, ^S0» ^5; A 20 Holl nder, Felix i86;Cio6, D 60 Holz, Arno 30-31, 32-33, 34, 49, 232*33. *34, *7*; An, A13, Cgj, C 130, Ci3i, Ci32, C 133, Ci34, Ci36, C 160, C 163, D 88, D 89, D 93, 094, 095, 096, D 97, D 102, D 120, 0123, D 125, D126, £2, £5, £20, £21, £42, £54, E 67 Homer 64, (139-140), 180-181, (189), 190, 250 Horneffer, Arthur C 2 I 5 , 0229, D 260 Houben, Heinrich Hubert B 10 Hoy, Senna (eig.: Holzmann, Johannes) C 141 Hrynczuk, Jan D 327 Huch, Ricarda 188-191; B 3, C 139 Huch, Rudolf C68, D ιοί H lsen, Hans von D 303 Hugle, Alfons 0289, 0301, E n Hume, David 301 Ibsen, Henrik 37-39, 113, 129-132, 143, 144, 147, 162, 299; C 2 i i , £4$ Iff land, August Wilhelm 130

Jacobowski, Ludwig , €90, D 43. D $8, E 40, E 68 Jacobs, Monty D 168, D 185 Jacobsen, Jens Peter 173; 83 Jacobsohn, Siegfried D 206, D 211, 0293 Jacoby, Laura D 23 JafK, Robert CSj, €90, €93, D io2a Jahn, Kurt D 240 Jean Paul (eig. : Richter, Johann Paul Friedrich) 33, 291 Jellenta, Cesary B 2 Jellinek, Arthur L. D 33 Jenaczek, Friedrich €217 Jens, Inge E 32 Jesus Christus 69; A 21, A 22, A 23, Cio6, Cnj, €218, 0226, Ü268, E9a, E 143, E i6a, E 29 Joel, Karl C 148 Jordan, Hermann D 268 Josephsohn, Wolf Cio, D 4 Juvenal (230) Kafka, Franz £433 Kalischer, Salomon D 200 Kamerbeek Jr., Jan E 39 Kampffmeyer, Paul D 219, D 256 Kanehl, Oskar E 14 Kant, Immanuel 16, 41, 129, 138, 157, 284, 296-300, 301-302, (303), 306, 307; €70, Karpeles, Gustav C 69, D 25 Kaufmann, Hans F 38 Kautsky, Karl A 9 Kayser, Hans D 305 Kaznelson, L. F ja Kaznelson, Siegmund £28 Keller, Gottfried (186), 192, 198, 208, 250; €139 Kemp, Friedhelm D 141 Kerr, Alfred (eig.: Kempner, Alfred) 58, 126, 144-147. iJ»> '53. 155. "4. "°; €152, €158, D So, D8i, D 119, E 17 Kienzl, Hermann D 182 Kirschner, Bruno F 17 Klaar, Alfred €153, D 112 Klausner, Max Albrecht D 1 1 Kleist, Heinrich von 6-8, (10), 118-119, 120, 128-129, I 4 I > 107> A 25, €124, Ci55, €213 Klopstock, Friedrich Gottlieb 18 Klostermann, Erich D 296 Knight, Maxwell E. E 34 Koch, Max D 77, 0137, D 221 Koenigsberger, B. D j8 Kösting, Karl €210 Kohn, Caroline E j j Koigen, David 240

Kolbenheyer, Erwin Guido E 38 Kosch, Wilhelm F 27, F 33 Kraus, Karl C44, C2i7, C2i9, 01723, 02jj, Ei, £35, £373 Krauss, Werner D 3123 Kreuzer, Helmut £53 Krieck, Ernst C 220, D 264, D 269 Krille, Otto D 207, D 211 Krüger, Hermann Anders Ci53, Ci57, D68, D 105, Dn8, F n Küpper, Margarethe £49 Kürschner, Josef F 2 Kunad, Paul D 151, D ij4, D 160, D 171, 0262 Kurtz, Rudolf D 124 Kutzbach, Karl August 89, E 69 Lagerlöf, Selma 173 Lamarck, Jean-Baptiste de Monet 27$, 278, 280, 283 Lamm, Hans Ü3iob(Anh.) Lamprecht, Karl $8 Landmann, Georg Peter FSI Landsberg, Hans A?, C78, D , £2 Lasker-Schüler, Eise 196; B10, C109, Ci4i, D 141, £48 Lazarus, Nahida Ruth C 41, D 17 Lechter, Melchior 202 Leffson, August D 145 Legband, Paul 071 Lentrodt, Willy D 31 Leonardo da Vinci 251 Lessing, Gotthold Ephraim 220; C 177 Lessing, Otto Erich F 4 Lessing, Theodor C 198, C 199, C 202, Di88, D190, 0192, 0193, 0i9J> Oi97> Dl98, D 199, D 20O,

D20I, O 202,

0203,

Ü204, D20J, D206, O 208, 0209, 0210,

Ü2I2, 0213, D2i6, D2i8, 0240, 02jo, 025oa, 0279, OiSo, 0293, 0295, D 309, 0 314, O 316, E 73, E 8, E 9, E 10, £33, E j 2 , £56, Ej7, £58. E?3. Fi9 Lichtheim, Richard £ 30 Liebermann, Max C 128 Lienhard, Fritz C79, 045, O 73 Lier, Leonhard 0 39, 0 56 Lind, Paul von C70 Lindau, Hans 0 301 Lindemann, Gustav £ 60 Lindeskog, Gösta E 29 Linn£, Carl von 284 Lion, Josef 0 1023 Liptzin, Sol F 36 Lissauer, Ernst 0128,0234,0271 Locke, John C 137 Loeper-Housselle, Marie O 178 Loewenstein, Kurt 0316,0319

401 Lohr, Anton D 173 Lorenz, Max €72, €95 Lothar, Rudolf (eig.: Spitzer, Rudolph) DlI2

Loyola, Ignatius von A 25, C8 Lubbock, John 99 Lublinski, Ida A 2 J , D270, E I J Lublinski, Samuel V-VII, 28, 148, 169172, 196, 203, 225-235, 308; Bibliographie: passim Ludwig XIV. (von Frankreich) 24, 69 Ludwig, Otto 118, 209; Lukics, Georg £69 Luntowski, Adalbert B 4 Luther, Arthur D m Luther, Martin 294^25, C 8 Mach, Ernst i42-:43, 196, 301-302 Machiavelli, Niccolo C 94 Macleod, Fiona B 3 Märten, Lu D 265 Maeterlinck, Maurice 49, 50, 136, i$8, 203 Mahal, Günther F 41 Malthus, Thomas Robert 273, 274 Mann, Erika E 33, E 36 Mann, Heinrich 183-186, 234; E 33, E 49 Mann, Thomas 183; A10, Cn8, D198, D20l, D204, D205, Ü2I3, 0310, 0314, 0315, 031«, 0317, 03:8, D 3 2i, D 3 22, £73, E8, £9, £22, £32, £33, £36, £44, £46, £47, £49, £57, £58, £70, £71, £73 Maries, Hans von 250-251 Marholm, Laura (eig.: Hansson, Laura) 24 Markus, Ernst (298), 299-300; C 185 Markwardt, Bruno F 30 Marlitt, Eugenie (eig.: John, Eugenie) 20, M9 Martens, Kurt £ 7 Martersteig, Max D 112 Martin, C. R. (eig.: Riess, Gurt) 0313 Marx, Karl 99, 100, 102, 227, 228, 236, 237, 272, 302-303; C}&, Ci6$ Matter, Harry £58 Matthaei, Adolf 0 2 2 4 , 0 2 5 9 Maurer, Warren R. A , 59 Mayer, Hans-Otto E 37 Mayer, Julius Robert von 291; D 114 Mayer, Siegmund G 24 Maync, Harry D no Megede, Johannes Richard zur C 97 Mehlhorn, Paul 0277 Meier-Graefe, Heinrich [recte: Julius] 250 Meißner, Carl 072 Meister, Hermann D 288 Mendelssohn, Moses (eig.: Mendel, Moses ben Menachem) C6

Mendelssohn, Peter de E 51, E 70 Messel, Alfred 241, 262-263 Metternich, Klemens Wenzel Nepomuk Lothar Fürst von 208 Meyer, Conrad Ferdinand 192, 208; C 178 Meyer, Johannes E 5a Meyer, Richard Moritz 0153, 036, Eia, F5 Meyer, Robert [recte: Mayer, Julius Robert von, siehe dort!] Meyer-Cohn, Heinrich C 108, D 62, D 65 Michelangelo Buonarotti 184, 251, 2561J7 Mörike, Eduard 198, 208 Mombert, Alfred 196, 234 Mommsen, Theodor A 25, C25 Morgan, Lewis Henry 99 Moses 145 Müller, Ernst D 164 Müller, Robert D 107 Müller-Freienfels, Richard 0263, 0284 Müllner, Adolf 140 Muirhead, Lewis A. 0272 Multatuli (eig.: Douwes-Dekker, Eduard) A7, B 4 Muth, Karl(?) D 213 Napoleon I. Bonaparte 24, 144, 145, 146; C 150 Naumann, Friedrich 241; 0214 Naumann, Hans F 13 Nestle, Wilhelm 0225, 0294 Nietzsche, Friedrich 65-73, (102), 137, 192, 243, 282, 294, 307; A , 25, C22, C86, C94, Ci46, C 148, C 172, Ci8i, C203, D 57, D 86 Nissen, Walter D 210 Nordau, Max (eig.: Südfeld, Max) 05 Novalis (eig.: Hardenberg, Friedrich von) 8, 43-44; C99 Nowak, Karl Fr. D 212 Oehlke, Waldemar F 12 Opitz, Walter E 71 Oppeln-Bronikowski, Friedrich von C2io, 078 Overbedt, Franz Camille Ci72, Ci8i Pariser, Ludwig D i o Patzak, Bernhard C 120 Paulus [Apostel] E 19 Paulus, Heinrich Eberhard Gottlob 301 Perikles 78, 79, 95, 96, 107 Pestalozzi, Johann Heinrich 149 Pfannmüller, Gustav D 274 Pforte, Dietger £65 Pierpont Morgan, John 181

402

Pinthus, Kurt D 290 Poppe, Theodor D 86, D in, D 146, D 239 Potthoff, Adolf E 28 Presber, Rudolf D13$ Price, Lawrence Marsden £ 34 Prochownik, Berthold F i Properz (143) Przybyszewski, Stanislaw B 2 Raabe, Wilhelm 33 Raffael (eig.: Raffaello Santi) 249 Rath, Willy D 149, D 179 Regener, Edgar Alfred Cgo, D6i Reidiel, Eugen € 9 5 , 0 9 8 , 0 3 8 Rembrandt Harmensz. van Rijn 119, 120, 127, 209 Rindfleisch, Wilhelm C 95 Robertson, John M. C2o8 Rockefeller, John Davison 181 Rodin, Auguste 257 Röttger, Karl 0279 Rosenhagen, Hans €128 Rossbacher, Karlheinz £72 Rousseau, Jean-Jacques n, 19, 212, 294 Ruest, Anselm D 282 Ruest, M. S. D 3ioa (Anh.) Ruprecht, Erich B 6 Sachs, J. D i 8 Sainte-Beuve, Charles-Augustin 220 Sakheim, Arthur D 136, D 162, D 183 Salomo, König 23 Sander, Ernst £20 Sandhi (d. i.?) €4$, C 46, D 20 Scapinelli, Carl Conte D 64 Schach, Fabius D 26 Schaeder, Crete B 8 Schäfer, Wilhelm Cno, 024; Schalag, Marek Ü2oia (Anh.), D 2083 (Anh.) Scheerbart, Paul C 143 Scheffler, Karl 187, 255, 264-266 Schelling, Friedrich Wilhelm 282-283, 28 9> 296, 300; C 135 Scherrer, Paul £44 Scheu, Robert D I76a Scheuer, Helmut E 54, E 65 Schickele, Re^ C 161, €164, 099, D 120, D 123, D 126 Schiller, Friedrich von 8, (10), 41, 42, 120, 149, ijo, 155, 160, 163, (166), 205, 208, 209, ii2, 214; A 15, Ci03, Ci42, D 59, D 106, D 122, D 131, D 144, D 164 Schinkel, Karl Friedrich 241 Schlaf, Johannes 30, 32-34, 35, (36), 37, 49, 161-162, 230, 234, 190, 294-295; An, A13, Ci3o, €132, C 163, D88,

D89, D 91, D 92, D93, 096, D 97, D 98, Dio2, D 120, D 123, D 125, D 126, D 129, D 155, E 2, E 3, E 5, E 20, E 42 Schlaikjer, Erich Cii3, Ci2i, D 121, D 208,

Schlegel, Caroline von C 192, D 239 Schlegel, Friedrich von 65, 220 Schmidtbonn, Wilhelm (eig.: Schmidt, Wilhelm) 0312 Schmitt, Carl F 3 Schmitz, Oskar A. H. 15 Schnabel, Heinrich C2i6, D 215, 0299 Schneidt, Karl D 218 Schocken, Wolf gang A. 0315 Schön, Lazar C 138 Schönhoff, Leopold C82 Scholz, Wilhelm von 12, 121-122, 157-159, 167, 171, 203-204; 0131, D 139, D 180, 0312 Schopenhauer, Arthur 70-72, 274, 287, 291, 301 Schreyer, Hermann C n o Schröder, Friedrich Ludwig 130 Schröder, Hans Eggert £ 5 2 Sdiröter, Adalbert Clio Schröter, Klaus E 46 Schulz, Gerhard 0324, E6i, £67 Schutte, Jürgen F 43 Schwarzenberg, Felix Fürst zu 208 Schweitzer, Albert E 148 Schwind, Moritz von 250 Seeck, Otto C 122 Segel, Binjamin £9 Seligmann, Adalbert Franz 252-254, 256, 258-259 Sembdner, Helmut €155 Senil, C. D 40 Servaes, Franz C6o, C 124, D8i Shakespeare, William 123, 125, 132-133, 147, 149, 150, 160, 163, 209, 214, 264, 265; A 19, C 3 6, Ci 73 , D 152, D 155, D 158, D 159, D 165, Di66, D 167, Di68, D 172, D 173, 0176, 0178, 0196, 0231, E i 6 Shaw, Bernhard ji, 131, 143-147, 152, 155, 162, 186, 214, 220; E 17 Siegfried, Carl D 27 Siekle, D. H. D 103 Simon, Ernst B 8 Sinsheimer, Hermann 0311 Smith, Adam 273 Soergel, Albert F6, F 14 Sophokles (38), (39), 60, 69, 107-108, no, "4. («l). (O*). (iW), 167: A 25, C2i6 Spielhagen, Friedrich 209-210 Spinner, Jakob D 90 Spitteler, Karl 191-193; 83, (C 180), (D 1 56)

403 Spitzer, Hugo D 135 Spranger, Eduard D 140 Sprengler, Joseph 0177, D i 86, D 266 Stauff, Philipp F 10 Steiner, Rudolf €77, 032, 041, 056, £31, £40 Stern, Adolf D 83 Stern, Fred B. B 10, £40, £68 Stern, Jakob D 85 Stobbe, Horst £71 Stocks, Hermann D 227, D 261 Stödcer, Adolf C 3 Stödser, Lydia(?) 0283 Stoessinger, Felix D 184 Stoessl, Otto Ci39, C 2 i i , D74, D 79, D , D 152, D 163, D 1723, D 231, D 237, D 254, D 292, E 16 Storm, Theodor 208 Strauß, Ferdinand £23 Strobl, Karl Hans E 2 Tank, Kurt Lothar A 10 Tedeschi, Urbano C 24 Teichert, Werner £31 Tertullian (68) Theokrit 250 Thiele, Ernst A. D 153 Thon, Osias D 67 Tolstoi, Lew Nikolajewitsch Graf 209, 232 Träger, Claus D 326 Tramer, Hans D 323 Treitsdike, Heinrich von 243; A3, A 25, Cs, C64,C73 Trübswasser, Josef C n o Tucholsky, Kurt 0314 Ubell, Hermann C i j 9 Uhland, Ludwig A 21, A 23 Vaget, Hans Rudolf D 322 Velde, Henry Clemens van de 261-262 Verwey, Albert E 39 Viebig, Clara C 80 Vischer, Friedrich Theodor (134) Vollmoeller, Karl Gustav VI, 136; C i 5 i Voltaire (eig.: Arouet, Franfois-Marie) n Volz, Paul D 87 Wacker, Theodor(?) 0220, D 257 Wagenknecht, Christian Johannes £ 37a Wagner, Fr. von D 134 Wagner, Richard 66, 99, 100, 102, 136-137

Waiden, Herwarth (eig.: Levin, Georg) Ci86, Ci98, D 206, Ü2i8(?) Waldmüller, Hans 0321 Walzel, Oskar F. 083, D121, 0147, D 175, D 239, D 295, 0307 Warwar, Max D i j 8 Wassermann, Jakob 177-180 Weber, Julius E 8 Weber, Leopold B 3 Wedekind, Frank 14-16, 20-21, 22, 131, 148-150, 162, 186, 213-214, 311 Weilen, Alexander von D $7, 069, 083, D 86, Dio6, D 167, 0304 Weinel, Heinrich E i6a Weinheimer, Hermann D 252 Weisengrün, Paul Cj8 Weißenfels, Richard D 106 Wengerova, Sianida D in Wenzel, Georg E 47 Wertheim, A. 241, 262-263, 266 Whitman, Walt 234 Widmann, Joseph Viktor von C 180, D 156 Wigoder, Geoffrey £40 Wilde, Oscar 2-4, 51, 136, 203; C149, E2J,

E34

Wildenbruch, Ernst von C96, D 106 Wilhelm I. (Deutscher Kaiser) A3, C10 Wilhelm II. (Deutscher Kaiser) 242; A3, C 12, C 39, C in Wilpert, Gero von FSJ, F 34, F42 Windisch, Hans D 267 Wininger, Salomon F i 8 Wolff, Julius 41 Wollf, Karl 0132 Wolzogen, Ernst Freiherr von C67 Wrede, Friedrich Fürst C8i Wünsche, August C 175 Wunberg, Gotthart A 10, A 20, B 7, D 323, 0324, D 32$, 0326, 0327, £66 Wysling, Hans 0317, £44, E 49, £71 Zeiß, Karl D 7$ Ziegler, Heinrich Ernst D 117 Ziegler, Leopold 296 Zipper, Albert D 11 j Zitron, Samuel Leib F 133 Zola, Emile 17, 24-30, 30-31, 33, 34, 3$, 39, 47, 48, 55, 60, 85, 88, 182-183, 184, 195. 209, (211), 232, 272 Zschorlich, Paul D190, D191, D193, D 195, D2i4 Zweig, Stefan D 66, 070

SACHREGISTER

Vorbemerkung Das Sachregister bezieht sich nur auf den Text Lublinskis, nicht auf die Bibliographie. Es erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und bringt nur die Hauptstellen der wichtigsten und bezeichnendsten Begriffe aus dem »Ausgang der Moderne«. Titel von Büchern, Zeitschriften und Zeitungen erscheinen zwischen Anführungszeichen. Offensichtliche Druckfehler des Originals wurden stillschweigend korrigiert, die Orthographie beibehalten. JJ.B. Abhängigkeit, Gefühl der 118 religiöses Gefühl der A. 48 Abhängigkeitsgefühl 214 Abkehr vom Dasein 71 Absolutismus 303 Abstraktion 67, i6S Ästhet 93 Asthetentum 86, 91 Asthetizismus 3 Akademiker [Kunstriduung] 207, 208, 210, 232, 260 Akademikertum 249 Alkohol 17, 19 Alldeutschtum 277 Allegorie, moralische 193 Allegoriker 191 Alleinheit, mystische 9 All-Erlebnis jo Allgefühl 48, 94, 201, 202 symbolisiertes A. 9; Allheit 73 All-Logik 305 Anarchie 118 Antithese 121, 302 Apriori von Raum und Zeit 299 apriorisch ij7, 158, 159 Arbeiter 13, 14, 246 Arbeiterbewegung 229, 236, 245 Arbeiterklasse 246 Arbeiterschaft 4$ Architekt, der moderne 266 Architektonik des Dramas 163 Architektur 2 $9, 262-263 Reform der A. 261 rhythmische A. 201

Artist V, i, 2, 69, 164 nervöser A. 166 Artistentum 2, j, 187, 214, 230, 234 neuromantisches A. 213 Artistik, moderne 214, 216 artistisch; a. Erbschaft 8; a. Mystik 85 Askese 69 Asketentrotz, herrischer 201 Atelierluft i8j Atmosphäre 119 Aufklärungszeit 130, 215 Ausdrucksmittel, virtuoses 8 Ausdruckstechnik jo, $2, 226 Auslese 270, 27$ Ballade 119, 120, 195, 203, 204, 309 Banausentum 192, 210 Barbarei 2 Barbarentum 21 asiatisches B. 182 barock ijo, i8j, 264 b. Unform 116 Barock 137, ijo, 259, i6i modernes B. 107 Barockkultur, Wiener 84 Beiworte, farbige 220 »Berliner Tageblatt« 225 Besessenheit 112 Biedermeierkultur 260 Biedermeiertage 194 Biedermeiertum 251 Biedermeierwohnung 207 Biedermeierzeit ijj, 249 »Bilanz der Moderne« V, 28, 148 Kritik meiner »B.d.M.« 225-235

405 bildende Kunst 248-268 blonde Bestie 28; Blutmärchen 179 Blutschande 102 Blutverwandtschaftsehe 99 Boheme 184, 235 Bourgeoisie , 24, 4J Bühnenbilder, symbolisch-malerische 140 bürgerlich; b. Gesellschaft 79 b. Probleme 162 Bureaukratie, organisierte 182 Bürgertum 130 Bußprediger 100 Butzenscheibenlyriker 210 Caf^haus $9, 23$ Chaos 6, , 89, 196, 197, 198, 212, 288, 3°7 C. der Seele 100 chaotisch-barock 185 Chaotische, das 196 Christentum 3 christliche Kultur 69 Darwinismus 26, 60, 66, 6g, 70, 71, 72, 269, 270, 272, 273, 274, 275, 27«, 279, 280, 282, 283 ökonomischer D. 272 demokratische Gesinnung 82 Deszendenztheorie 275, 278, 279, 280, 281, 284 Dialektik 121, 12$, 159, 302 geschlechtliche D. 126 ökonomische D. 245 dialektisch 127, 303 Dialektische, das 127 Dialog 106 Dilettant V, 86 Ding an sich 297, 298, 300 dionysisch 63, 198 disjunktives Urteil 303 Drama 219, 291, 309 Das D. und seine Führer 117-133 D. großen Stils 102 historisches D. 61 Krisis im D. 133-151 modernes D. 129, 159, 163, 166, 238 naturalistisches D. 3;, 36, 38, 116, 117, I3J, 160, 169, 230 neue Wege im D. i j 1-172 neuromantisches D. 35, 128, 13; romantisches D. 6 Verfall des D. 151 dramatisch; d. Form 108, 124 d. Stil 163 d. Technik 166 Dualismus, erotisch-dialektischer 127

Einakter 51 Einfühler, neuromantischer 68 Einfühlung 63 Einheitlichkeit des zuständlichen Denkens '83 Einzelheit der Dinge 10 Einzelseele J7 Eisenbahn 82, 83 Empfindung, rhythmische 226 Entstofflichung, Prozeß der 202 Entwickelung 282-284 Entwickelungsgedanke 283 Entwickelungslehre 289 Epigone i, 22, 24, 45, 105, 137, 141, 143, ISJ, 213, 249, 269 Epigonengeschlecht 42 epigonenhaft 156 Epigonennaturen 309 Epigonenstück ij7 Epigonentum 41, 156, 194, 200, 207-218, 237, 248, 260, 288, 311 episch; e. Dichtung 41, 173 e. Elemente 193 e. Formel 186 e. Synthese 186, 188, 193 Epos 64, 82, 175, 191, 218 Erkenntniskritik 26, 142, 295, 301 Erkenntnisproblem 299 Erkenntnistheorie, Kantische 284 Erzählung 173-193, 291 Essay 87, 88, 90, 106 Ethik der Banalität 130 Europäer, guter 70, 243 Evangelien 219 evolutionistisch 283 exakt; e. Beobachtung 2 j i e. Methode 34 Ezperimentalroman 25, 211 Exposition im Drama 167 Extase 55 Exzesse, impressionistische 197 Fabel 192 Farbe 34, 51, 148, 226, 249 Farbenkleckse 49 Feinfühligkeit, sensible 46 Feinschmeckertum 202, 265 Festlichkeit des Daseins 64 feudale Reste 137, 310 Feudalismus 13, 303 Feudalwesen 146 Feuilleton 49, 52, 106, 220 Fläche 72 Flaubert-Stil 34 Form 2, 87, 202 dramatische F. 203 freie F. 150

406 geschlossene F. 163 große F. i, 2j, 52, 209, 216, 217, 231 innere F. 8 konstruktive F. i6j künstlerische F. 164 Kultus der F. 163 F. des Lebens 164 neue F. 194 tragische F. 57 Formalismus i, 32, 214, 248 formalistische Stillosigkeit 217 Formempfindung 9; Formgefühl 90, 211 Formkünstler 88, 90 Formkultur 88, 91 Formlosigkeit 163, 164 Formsprache, überlieferte 207 Frauenbewegung, die moderne 17 Frauenemanzipation 143 Frömmigkeit, mystische 202 »Gartenlaube« [Zs.] 142, 149, 173 Gefühl 6 rhythmisches G. 63 trübe Gefühle 196 Gefühlsleben 100 Gegensatz in der Natur 293 Gemüt 6z Genußfähigkeit, schöpferische 71 Germanentum 163, 177 Gesamtkunstwerk 268 Gesdileditstrieb 7 Geschmack, artistischer 214 Geschwisterehe 99, 100 Gesellschaft 123, 124, 28; Gesellschaftsordnung, neue 302 Gesetz 212, 213 Glaube 297, 307 Gleichheitsrichtung 71 Götterdämmerung der Philosophie 296 Gotik 61, 161 Grenzen unserer Erkenntnis 297 Größe, menschliche 311 Großstadt 8;, 86, 180, 232 Großstadtleben, modernes 211 Hakatisten, die 244 Halbrationalist 8$ Heimatkunst 174 Helldunkel 119, 120, 127 Hellenentum 20; Heroismus 204, 2ji Hirtengedicht 192 homerisch-epische Begabung 190 Humanismus, der klassische deutsche £9 Humanität 12, 16, 307, 308 universale H. 307

Hysterie 114, 115 Hysteriker 59 hysterischer Hochmut 5$ Ibsenepigone 131 Ich; das Fichtesche I. 30; das moderne I. 62 Ichbewußtsein 142 Idee, die dichterische 17; Identität j, 10, 42, 50, 84, 91, 106, 202 Identitätsbewußtsein 143 Identitätsgefühl 48, 85 Identitätsphilosophie 215 Ideologie 273 Idyll 61, 168, 198, 207 Impression 58, 302 Impressionismus 32, 33, 35, 50, 52, 77, 162, 182, 195, 196, 20l, 214, 220, 234, 2ji, 301 Impressionist 87, 196, 20; impressionistisch; i. Andeutung 149 i. Beweglichkeit 58 i. Formalismus 32 i. Handwerkszeug jo i. Maler 255 i, Malerei 46 i. Mittel 162 i. Neuromantik 3$ i. Prinzip 34 i. Reduzierung 149 i. Skizze 176 i. Stil 48, 136, 269 i. Technik 49, 148 i. Willkür 151 Individualismus 124, 130, 192, 204 individualistisch-empirische Reaktion 273 Individualität 18, 36, 57, j8, J9, 19; Individuelle, das 196 Inhalt, neuer 194 Innerlichkeit 55 Intellektualisierung des Lebens 212 Ironiker 147, 174 Italien 8j, i8j Jakobinerromantik 227 Jakobinertum, epigonenhaftes 244 Jambendramatiker 208, 232, 260 Jambentirade 210 Jenseitsglaube 66 Journalismus 208, 209 Journalistenstreik (1908) 78, 81 Jüngst-Hegelianismus 296 jungdeutsch; j. Ideal 209 j. Strömung 210 Jungdeutschen, die 208, 209 Junghegelianer 302

407 Kampf um das Dasein 270, 271, 272, 273, 274, 277, 278 Kampf um die Tragödie 166 Kantische Philosophie 284, 298, 306, 308 Kapitalismus 24, 42, 210, 232, 236, 237, 273. 3°* kapitalistische Obergangszeit 14 Karikatur 20, 51, 52, 148, 172, 214, 2ji, 258 Karikaturisten, pathetische 172 Karikaturstil 162 Kategorie 157, 297, 299, 304, 305 K. der Gemeinschaft 303 Kausalität 47 Kausalitätsbegriff 26 Klasse 13, 14, 228, 231, 272 Klassenbewußtsein 246 Klassen fragen 83 Klassenkampf 13, 83, 227, 229, 272 Klassen Verhältnisse 180 klassisch; k. Altertum 310 k. Darstellung 6 k. Kunst 5, 41, 77, 82, 208 k. Kunstform 43 k. Litteraturepoche 160 k. Tradition 207, 231, 232 k. Zeitalter der deutschen Litteratur 57 Klassizismus, der ältere 19 Klassizität 137 K. der Goethezeit 207, 251 künftige K. 160 eine letzte K. 87 moderne K. 77 neue K. 6$ Knabe, ein adeliger 91 Knaben, edle J4 Knabenseele 54 Kommunezeit 24 Komödie 131, 172 tragische K. 141, 172 Konflikt 124, if9, 170 K. der Vernunft 231 Konservative, der 238, 239 Kopie der Alltäglichkeit [= Kunst] 13$ Kostüm 61, 138, 185 Kostümdichter 230 Kostümdrama 229 Kostümflitter 213 Kostümkunst 140 Kostümstück VI, 137, 142, 150, 151, 152, IJ7. *°3> *i J Koulissenstück 203 Krisis im Drama 133-151 Kritik der Modernen 220 »Kritik der reinen Vernunft« 298, 299, 300, 303, 306

künstlerische Konvention 251 Kultur i, 3, 44, 69, 118, 123, 231, 279, 284, 286, 288, 289, 294, 310 K. des Rittertums 205 werdende K. 202 Wesen der K. 21, 43 Kulturahnung 55 Kulturgemeinschaft, künftige 291 Kulturgenießer 10 Kulturgründung 6S Kulturkämpfer 18 Kulturmensch der Zukunft 14 Kulturorganismus 285 Kulturpathos 240 Kulturpolitik 240, 245 Kulturrealität 2 Kulturschöpfer 22 Kultursehnsucht 288 Kultursicherheit 20 Kulturstil 19 neuer K. 175 Kultursynthese 43, 5$, 69, 240, 306, 308 Kultus der Persönlichkeit $9 Kunst 83, 13$ große K. 294 Kunstform 8 monumentale K. 213 Kunstgewerbe 160, 261, 262 Kunstmittel, moderne 214 Kunststil 2ii »Kunstwart« [Zs.] 225 Kunstwerk, das große 25 Landschaftsidylle 201 Landschaftsschilderung 258 Leben 2, 42, 69, 72, 139 Größe des L. 70 Lebens- und Kunstform, klassische 43 Lebensgefühl 92, 93 Lehre Kants 299 Liberalismus 12, 13, 14, 18, 239, 141 Librettodichter 136 Librettowillkür 203 Lied 206 Linie 49, ji, 72, 87, nj, 148, 226, 249, 251, 257, 262 Linienspiel 52 Litteratentum 187 Litteraturcafi 84 Litteraturrevolution 41 Logik 25, J7, 63, 298, 303, 304 All-Logik 305 Logik der Tatsachen 308 logische Formen 305 Lustspiel 131, 144, 172 Lyrik 8, 194-207, 291 moderne L. 92, 218

sensible L. 114 synthetische L. 207 Lyrismus 29, 34 subtiler L. 291 Macht 70 Mäcenatentum 242 Märdien 113, 140, 257, 258 Märchenlandschaft 257 Märchenpoesie 219 Malerei 46, 248-268, 291 Malerische, das 46 Malthusiade 274 Malthusische Theorien 274 Manier 52 impressionistisch-malerische M. 19$ Marionettentheater 203 Marxismus 228, 236, 237, 272, 302, 303 Marxistische Theorie 227 Masse, die 82, 182, 247 Massenleben y j Materialismus 192, 300 Materie 26, 305 Matriarchat Menschenopfer 97 Menschwerdung 27$ Metaphysik der Geschichte 120 Milieu 27, 3j, 36, 47, 151, 152, 156, 161, 162, 174, 230, 272, 275, 309 Allmacht des M. 37 M.-Drama 116, IJ4 M.-Theorie 272 Minnesang 206 Mitleid 170, 233 modern; m. Drama IJ9, 163, 238 m. Großstadtleben 211 m. Heroismus 204 m. Ich 62 m. Kultur i, 147 m. Kulturmensch 63 m. Kunst i m. Musik 136 m, Psychologie 112, 113, 128, 162-163, 166, 171, 177, 180, 195 m. Rhythmus 197, 200, 202, 211, 2 j i , 261 m. Seele 62, 63 m. Stil 160 m. synthetische Lyrik 207 m. Tragödie 167 m. Wortkunst 197 Moderne, der 4, 156, 164 Moderne, die VII, 18, 23, 30, 64, 143, ij£, iJ9. 194. 207-208. 239, 247, 286, 288, 294, 308 Erbsünde der Moderne 212 die gegenwärtige M. 221

Krankheiten der M. $4, 308-311 Scheitern der Moderne 311 werdende M. 269 Modernität $5, 198, 216, 229, 23; Antipode der M. 299, 300 Monolog 113, 114 Monumentalität 2;, 33, 52, 252, 256, 258, 260, 263, 267 antike M. 43 Moral 21, 299 Müdigkeit der unerfüllten Sehnsucht 108 Münchener, die 208 Museumsdirektor der Kultur 86 Musik loo, 136, 177 musikalische Empfindung 49 Musikdrama 64 Mysterium der Sprache roj Mystik j, 7, 8, 9, 47, 48, 86, 88, 89, 98, 120,

l62,

171,

176, 214,

269,

287,

288,

294

apriorisch-organisatorische M. 157-158 M. der Blutschande 102 dumpfe M. 152 M. der Gesdiidite 120 mythologische M. 157 neuromantische M. 151 nihilistische M. 131 romantische M. 10 sentimentale M. 141 wollüstige M. 88 Mystiker, der 6, 157, 287, 289 pantheistischer M. 291 mystisch; m. Begabung 216 m.-sensualistischer Einschlag 209 m. Lieder in m. Relativismus 22 m. Sinn 6 m. Überklarheit 87 Mystizismus 9-10 mythisch; etwas Mythisches 10$ m. Form 98 m. Grundstimmung 141 m. Stimmung 127 Mythologie 63, 86, 106, 125, 141 äußerliche M. 112 sensualistisdi-mystische M. 293 mythologische Dramen 102 Mythos 64, 96, 98, 102, 103, 107, 108, 112, 116, 128, 309 barbarischer M. 163 Wiedergeburt des M. 63 Nachahmung der Natur 31 nachklassisch 118, 207 Nationalgedanke 244

409 Nationalismus, kultureller 245 Nationalität, Begriff der 242-24$ Nationalökonomie 173, 274 Natur ij- , , 304 Naturalismus V, jj, 56, 77, 89, i j i , 163, 169, 174, 191, 204, 2ii, 229, 231, 251, *7* Bekämpfung des N. 89 deutscher N. 39 erotischer N, 60 der konsequente N. 94 Wesen des N. 24-40 naturalistisch; n. Drama 35, 36, 38, 116, 117, 135, 160, 230 n. Prinzip 169 n. Rhythmus 233 n. Roman 19; n. Schilderung 6 n. Tragödie ifii Naturempfinden, pantheistisches 295 Naturgefühl; modernes N. 2 j j , 286-293 wogendes N. 292 Naturgesetze 47, 88, 228, 231, 269, 286 Naturmystiker 288 Naturphilosophie 269, 273, 290, 291, 296 naturphilosophische Spekulation 282 Naturreligion 287 Naturwissenschaft(en) 2j, 27, 31, 39, 42, 43. 47» 70, *69. *86, 29$ moderne N. ij5, 284 naturwissenschaftliche Methode 29, 88, 194, 211

naturwissenschaftliche Theorien 269-286 Nerven 59, 60, 226 nervöser Artist 166 nervöse Sensationen 56 »Neue Freie Presse« [Zeitung] 252-2J4, 256 »Neue Rundschau« [Zs.] 22; Neu-Fichtetum 296 Neu-Humanität 308 Neu-Kantianer 296 Neu-Lamarckismus 27$, 278, 280 Neu-Liberalismus 240, 24; Neuromantik V, 4, 33, 34, 40-53, 83, 194, 204, 229, 233, 251, 26$, 302 hypersensible N. 191 impressionistische N. 3$ Psychologie und Weltanschauung der N. 53-65 Neuromantiker 71, 89, 157, 164, 165, 202, 269 neuroman tisch; n. Drama 34, 128, 13$ n. Dramatiker 136 n. Impressionismus 50

n. Mystik iji n. Weltanschauung der Willkür 137 Nihilismus, skeptischer 134 nihilistische Mystik 131 Novelle 128, 173-193 Nuance $8, 226 malerische N. 163 Oper 137 Operndichter 203 Operntext 136 Opferdienst 97, 98 Organisation, apriorische 159 Organismus, apriorisch-dramatischer ij8 Ornament 257 Orthodoxie, byzantinische 182 Pantheismus 33, 92, 93, 173, 287, 289, 292 pantheistisch 30, 283 p. Heldengröße 290 p. Synthese 290 Paradoxie, eitle 2 Parodie 144, 147, 151, IJ7, 163, 164, 167, i8j, 214 Passivität $3, 152 Pathetik, feierliche 199 pathetisch; p. Geste 28 p. Tradition 24 Pathologie 120 pathologisches Gebilde 20 Pathos 23, 185, 192, 230 Persönlichkeit J7, 58 Persönlichkeitsschwindel 59 Phantasie 2jr, 299 dichterische P. 31 Philosophie 279, 294-308 physiologische Romantik 60, 88 Plagiat 192 Plebejer 24 Plebejerfüße, plumpe 42 plebejischer Realismus 24 Pointe ji, 148 Pointillisten 49 Polarität 289, 290, 291 Polenpolitik 244 Polentum 244 Politik j, 123, 235-247, 293 moderne P. 79 Positivismus 22, 47 Prädikat 298 Präexistenz, unsere moralische $4 Präraffaeliten 249 Progonen 208 Proletarier 246 Proletariermassen 24 Prosaskizzen 196

Psydiologie, moderne 112, 113, 128, 162163, 166, 171, 177, 180, 195 Putschismus 216, 225 Radikaler 229 Rasse 285 Rassenphantast 276 Rassentheorie 62, 109, 27$, 276, 284, 295 Rationalismus 38, 182, 273 Raum 157, 297, 304 Realismus, idyllischer 209 Realisten, angebliche 207 Realisten, die französischen 173 Rede 93 Redner [vgl.: Rhetorik] 86, 91 Rednerpracht 116 Reform der Ehe 132 Reformation 69 Reformismus 237 Relief 52 Religiöse, das 69 Religiöse, der j Religiosität, phantastische 71 überschwengliche R. 89 Renaissance 2, 69, 147, 155, 164, 264 englisch-nordische R. 26$ Renaissancestil 161 Reproduktionsmittel 31 Resignation, müde 134 Revisionismus 237 Revisionisten, die 229 Revolution; R. der achtziger Jahre 212 Barrikadenr. 227 französische R. n, 13, 149 litterarische R. 41, 164, 169 »Revolution der Lyrik« 234 politische R. 171 soziale R. 227 Revolutionär, der 11-23 revolutionär 13, 164, 197 Revolutionsideale, utopistische 288 Revolutionskämpfe 189 Revolutionsschwindel, mystischer 179 Rhetorik St, 91, 104, 106, 309 rhetorische Form 9J rhythmisch; r. Feingefühl 120 r. Gefühl 261 Rhythmus 72, 91, nj, 202, 257, 259, 262, 289, 292, 293 ethischer R. 176 geschlossener R. 175 R. des Kampfes 189 R. des modernen Lebens 247 moderner R. 197, 200, 202, 211, 2ji, 261 neuer R. 194, 200, 218

R. von strenger Geschlossenheit 228 R. vergangener Kulturen 86 verschwebender R. 2j6 Ritualmordprozeß 179 Rokoko 147, 259, 262 Roman 173-193 historischer R. 41, 188 naturalistischer R. 195 Romantik 4-11 die ältere R. 19, 283 physiologische R. 60, 88 Romantiker 5, 301 die älteren R. 6, 42, ji, 62, 185 deutsche R. 273 der moderne R. 95 Romanze 203, 205 dramatisierte R. 49 Ruf nach Stil 165 Rundplastik 257 Rußland 237 Salon 59, 84, 199, 235 exotisch-byzantinischer S. 199 Satire 51, 52 Schicksal 107, in, 112, 125, 151, 152 Schicksalsdrama 39 Schicksalsdramatik 112 Schicksalsdramatiker 38, 140 Schillerpathos 214 Schönheit, neue 94 Seele 89, 192 Bilder der S. 91 moderne S. 286, 289 romantische S. 50, 57 Stimmungen der S. 90 Zahnschmerz der Seele 136 Seelengefühl, modernes 290 Seelenschmerzen 56 Seelenstimmung 58 Sehnsucht nach Stil 211 unerfüllte S. 108 Sein 288 Sensibilität 20, 3J, 47, 55, $9, 62, 68, jj6, 214, 261, 292, 293, 309 sensualisdi-mystischer Romantiker 102 Sensualismus 21, 274, 275, 276, 301, 302, 307 pantheistischer S. 88 Sensualisten, biologische 278 sensualistisdi 62, 293 s. Anpassungstrieb 278 s. gefärbte Philosophie 60 s. Mystik 8j, 86, 104, 106 s. Mystiker 117 s. Neuromantik 61 s. Prinzip 274 s. Theorie 277

Sexualgefühl 6 sexuelle Aufklärung 15 Shakespearemonomanentum 132 Shakespeareverehrung ijo »Simplizissimus« [Zs.] 148, 172, iS6, 214, 2 J9 Sinnlichkeit 284, 304 Sinnlosigkeit des Daseins 170 Skepsis 22, 138, 162 Skizze 49, 52, 176, 196 Sophistik 298 sozial; s. Frage 12, 4$, 239 s. Leben 19 s. Organisation 232 s. Roman 182, 183 Sozialdemokratie 236, 24;, 246 Sozialismus 13, 34, 42, 124, 182, 183, 210, 227, 229, 237, 239, 245, 272, 275, 277, 3°2 Sozialkritik 144 Sozialpolitik 4$ Soziologie 34, jfi, 62, 155, 171, 180, 262 Sprache 103-105 Staat 7, 123 Staatsgedanke 303 Stadtstaat 78 Städte, die großen [vgl. Großstadt] 55 Stil 29, 52, 20l, 217, 230, 233, 239 dramatischer S. 163 großer S. 102 heroischer S. 213 historischer S. 260 hoher tragischer S. 40 moderner S. 160, 226 monumentaler S. 28 naturalistischer S. 228 romantischer S. 50 Ruf nach S. 165 Sehnsucht nach S. 211 Surrogat für S. 34 tragischer S. 40, 128 wirklicher S. 294 Stilgefühl , 220, 22l Stilinstinkt 30 Stilisierungs- und Kostümkunst 140 Stilkünstler 4 Stillosigkeit , 161 formalistische S. 217 organisierte S. 52 Stilproblem 167 Stimmung 29, 32, 33, 3$, 36, 4«, 47, 48, 49. jo, 53, 57, 59, *3. 7*. 94. i°8, 128, 138, 140, 151, 156, 196, 25«, 269, 290, 292, 309 Stimmungsdichtungen, symbolistische 135 Stofflichkeit, platte 248

Sturm und Drang 48, 163, 164, 2:2, 234 Subjekt 298, 300 Subjektivismus VI, 58, 59, 130, 133, 194, 306 Substanz 288 Surrogatstil 148 Symbol 2, 6, 9, 63, 105, 234 Symbolik, neuromantische 171 Symboliker, der 65 Symbolische, das 6 symbolisch; s. Ausdruck 219 s. Darstellung 6 s. Wollust 105 Symbolist, der 49, 157, 163 symbolistisch; s.-mythische Richtung 66 s. Stimmungsdichtung 135 s.-subjektivistischer Unfug 264 Synthese 21, 23, 35, 175, 252, »59, 288, 289, 306 epische S. i8i, 188, 193, 239 S. der Gegensätze 310 S. der Kultur 292 moderne S. 226 S. der Modernität 229 neue S. 203 pantheistische S. 290 Unfähigkeit zur S. 294 synthetisch 77, 118, 310 s. Kultur 27, 72, 262 s. Kulturpolitik 242 s. Nationalgedanke 243 s. Seele 196 s. Stil 286 Szenenfolge, regellose 150 Technik 25, 42, 82-83, J 9 2 > 2 37> 2^6 T. des Dramas 163 Teleologie 279 Temperament 30 Tendenz 1-4 Tendenzstück 159 Theater, das gegenwärtige 166 Thesenstück 159 Tragikomödie 131, 140 Tragische, das 217 Natur des T. 122 Wesen des T. 120 tragische Komödie 141, 173 Tragödie 56, 102, 103, 122-124, '3 l > '34. 135. I38· IJJ. i**, i?2. "«. "9, *3". 2 33, 238 echte T. 168 Eroberung der T. 171 die griechische T. 2, 3, 38, 64, 82, 117 die moderne T. 167

412

(Tragödie) die naturalistische T. 161 Wesen der T. 166 Traumleben 158 Triebleben , y6 Trivialität der Presse 81 Übergangszeit, unsere i Übermensch 66, 67, 68, 69, 72, 182 Umwertung aller Werte 144 Unfähigkeit zur Synthese 294 Universalität 243 Unterklasse 24 Urerlebnis 50 Urformen, typische 280 Urgrund der Dinge 288 utopistisdi 288 Vegetarianer 17 Vererbung 38, 66, no, 112, 132, 272 Vererbungstheorien 109, no Verfall des Dramas iji Verfassungsstaat 78, 303 Vernunft 57, 58, 64, 305 Versdrama 93 Versepos 191 Versparaphrase 49 Verstand 304 Verszeile 196 Verwirrung, schöne jo Verzierung 72 Virtuose der Form g Virtuosentum 46, 178, 216, 221, 226, 255, 2Si

Volkskultur 246, 247 Volkslied 206 Volksreligion 7 »Vossische Zeitung« 225 Wahrheit, künstlerische 190 Wechselwirkung (zwischen den Künsten) 268

Weltanschauung, mechanische 201 Weltfludit 3, 71 Weltseele 287 Weltuntergangsstimmung 17 Wiederkunft, ewige 66 Wille 57, 160 W. zur Freiheit 12 W. zum Leben 274 W. zur Macht 236 W. zur Tragödie 169, 220 W. zum Zwang 12, 40 Willenskonflikt 163 Willkür 137, 152 wollüstig; w. Identität 91 w. Mystik 88 Wollust; geheime W. 87 metaphysische W. 93 symbolische W. loj Wortkunst 100, 136, 197, 216 Wortprunk, gleißender 213 Wortrausch 168 Wortvirtuosentum 140 Zeit 157, 297, 304 Zeitdrama 159 Zeitepos 209 Zeitgeschmack, neuromantisch-parodistischer 167 Zeitroman 183 Zeitstimmung Zeitung 79, 80, 82, 22$ Zeitungsdeutsch 81 Zivilisation 44, 45, 83, 124 westeuropäische Z. 182 Zuchtwahl, geschlechtliche 274 Zukunftskultur 183 Zurück zu Kant 297 Zweck der Kunst 31 Zweckgedanke 263, 266 Zweckkunst 160, 161, 264, 266, 167 Zwischenform [Essay] 88, 90