Der Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG: Zugleich eine Erörterung des Normzwecks nach Absenkung der Mindestbeteiligungshöhe auf 95 v. H. der Anteile [1 ed.] 9783428528998, 9783428128990

Ziel der Dissertation ist die Entwicklung eines einheitlichen Anteilsbegriffs zu § 1 Abs. 3 GrEStG. Dazu erörtert Stefan

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German Pages 347 Year 2009

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Der Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG: Zugleich eine Erörterung des Normzwecks nach Absenkung der Mindestbeteiligungshöhe auf 95 v. H. der Anteile [1 ed.]
 9783428528998, 9783428128990

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Schriften zum Steuerrecht Herausgegeben von Prof. Dr. Joachim Lang und Prof. Dr. Jens Peter Meincke

Band 101

Der Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG Zugleich eine Erörterung des Normzwecks nach Absenkung der Mindestbeteiligungshöhe auf 95 v. H. der Anteile

Von

Stefan Rothenöder

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

STEFAN ROTHENÖDER

Der Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG

Schriften zum Steuer recht Herausgegeben von Prof. Dr. Joachim Lang und Prof. Dr. Jens Peter Meincke

Band 101

Der Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG Zugleich eine Erörterung des Normzwecks nach Absenkung der Mindestbeteiligungshöhe auf 95 v. H. der Anteile

Von

Stefan Rothenöder

asdfghjk Duncker & Humblot · Berlin

Die Rechts- und Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät der Universität Bayreuth hat diese Arbeit im Wintersemester 2007/2008 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

D 703 Alle Rechte vorbehalten # 2009 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Fremddatenübernahme: Klaus-Dieter Voigt, Berlin Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0582-0235 ISBN 978-3-428-12899-0 Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier ∞ entsprechend ISO 9706 *

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern

Vorwort Diese Dissertation lag im Wintersemester 2007/2008 der Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Bayreuth vor. Die Arbeit wurde durch ein Begabtenstipendium der Hanns-Seidel-Stiftung aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert. Mein besonderer Dank gilt Herrn Prof. Dr. Karl-Georg Loritz für die Betreuung dieser Arbeit. Herrn Prof. Dr. Lutz Michalski danke ich für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens. Herzlich bedanken möchte ich mich bei meinen Eltern, Frau Erna und Herrn Hans-Jörg Rothenöder, ohne deren Unterstützung diese Dissertation wahrscheinlich nicht zustande gekommen wäre. Ihnen widme ich dieses Werk. Ferner bedanke ich mich bei der Hanns-Seidel-Stiftung e. V. und ihren Mitarbeitern für die Aufnahme in das Doktorandenstipendium. Den Herausgebern danke ich für die Aufnahme in die Schriftenreihe zum Steuerrecht. Mein Dank gilt auch all jenen, die in vielfältiger Weise zum Gelingen der Dissertation beigetragen haben. Hervorzuheben sind dabei Frau Christina Beyer und Frau Kerstin Müller sowie Herr Michael Braun und Herr Dr. Johannes Vogel für die sorgfältige Durchsicht des Manuskripts. Diese Dissertation spiegelt den Stand von Gesetzgebung, Rechtsprechung und Verwaltungsanweisungen zum 1. März 2008 wider. Spätere Gesetzesänderungen oder Äußerungen von Rechtsprechung und Verwaltung konnten nicht mehr berücksichtigt werden. Frankfurt am Main, 10. Oktober 2008

Stefan Rothenöder

Inhaltsverzeichnis Kapitel 1 Allgemeines

21

I.

Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

21

II.

Gegenstand und Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

24

III.

Überblick über den Tatbestand der Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 und 4 GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundbesitzende Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Unmittelbare Anteilsvereinigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anspruch auf Übertragung von unvereinigten oder vereinigten Anteilen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Dingliche Vereinigung und Übergang von Anteilen . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Mittelbare Anteilsvereinigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Dingliche mittelbare Anteilsvereinigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Anteilsvereinigung durch Treuhandverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

26 26 27 27 28 29 29 30 32

Kapitel 2 Grundlagen der Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG

35

I.

Gesetzgebungsgeschichte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

35

II.

Normzweck und Rechtstechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Normzweck und Rechtstechnik des GrEStG im Allgemeinen . . . . . . . . . . . 2. Normzweck und Rechtstechnik des § 1 Abs. 3 GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . a) Gesetzgeberische Intention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Rechtstechnik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Fiktionstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Doppelfunktion: Zuordnung und Steuertatbestand . . . . . . . . . . . . . cc) Konkurrenzverhältnis zwischen § 1 Abs. 3 Nr. 1 und 2 bzw. Nr. 3 und 4 GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Konkretisierung des Normzwecks in Rechtsprechung und Literatur . . aa) Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38 39 41 41 41 41 43 46 47 47 49

10

Inhaltsverzeichnis cc) Eigene Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Ablehnung der „Vermögenswerttheorie“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) „Sachherrschaftstheorie“ und deren Präzisierung . . . . . . . . . . (3) Die „Zwecksetzungstheorie“ Kroschewskis . . . . . . . . . . . . . . . (4) Autonomiedefizit der Gesellschaft als Herrschaftskriterium dd) Zusammenfassung des Normzwecks nach § 1 Abs. 3 GrEStG a. F. 3. Absenkung der Beteiligungshöhe auf 95% der Anteile . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kritik in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Eigene Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. § 1 Abs. 3 GrEStG und § 42 AO . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

52 52 55 57 63 70 70 71 72 75

III.

Verfassungsrechtliche Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Verfassungsmäßigkeit der Grunderwerbsteuer . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verfassungsmäßigkeit der Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG . .

78 78 80

IV.

Europarechtliche Vorgaben an die Anteilsvereinigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Europarechtswidrigkeit der Anteilsvereinigung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Primärrechtliche Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Sekundärrechtliche Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Europarechtliche Vorgaben an die Anteilsvereinigung . . . . . . . . . . . . . . . . .

82 82 82 83 86

V.

Auslegung von Rechtsbegriffen im Grunderwerbsteuerrecht . . . . . . . . . . . . . . 1. Auslegung von Rechtsbegriffen im Steuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Verhältnis zwischen Steuerrecht und Zivilrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Auslegung im Grunderwerbsteuerrecht unter Berücksichtigung zivilrechtlicher Vorgaben . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Bedeutung anderer Steuerrechtsgebiete für die Auslegung im Grunderwerbsteuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5. Auslegung des § 1 Abs. 3 GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

87 87 89 92 98 98

Kapitel 3 Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Anteilsvereinigung und deren grunderwerbsteuerrechtliche Auswirkungen

100

I.

Gesellschaften nach § 1 Abs. 3 GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 1. Überblick über die Rechtsprechung und Literatur zum Gesellschaftsbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 2. Erläuterung der zivilrechtlichen Grundlagen des Gesellschaftsbegriffs . . . 105

II.

Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Bisherige Ansätze in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Entwicklung eines rechtsformübergreifenden Anteilsbegriffs . . . . . . . . . . . a) Eigenständiger zivilrechtlicher Anteilsbegriff? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Steuerartübergreifendes Begriffsverständnis? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

107 107 109 110 112

Inhaltsverzeichnis

11

c) Grunderwerbsteuerrechtliche Definition des Anteilsbegriffs . . . . . . . . aa) Die Mitgliedschaft an Verbänden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Teilhaberechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Schutzrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Leitungsbefugnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Vermögensrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Mitgliedschaftliche Sonderrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (6) Abspaltungsverbot . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (7) Verfügungen und Verträge über die Mitgliedschaft . . . . . . . . . bb) Gleichsetzung der „Mitgliedschaft“ mit dem Begriff des „Anteils“? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Grammatische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Historische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (3) Systematische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (4) Teleologische Auslegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (5) Definition des Anteils im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG . . . 3. Folgerungen für den Gesellschaftsbegriff des § 1 Abs. 3 GrEStG . . . . . . .

113 115 116 117 117 118 119 122 123

III.

Sonderprobleme bei Anteilen und Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Anteile im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Eigene Anteile einer Gesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stimmrechtslose Anteile . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Ausschluss von Vermögensrechten und Gläubigerrechten . . . . . . . . . . d) Mit Nießbrauch oder Pfandrecht belastete Anteile . . . . . . . . . . . . . . . . . e) Ausstehende Gesellschafterbeiträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . f) Komplementär- und Kommanditanteil der KG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . g) Komplementär-Anteil der KGaA . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . h) Genussrechte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Gesellschaften im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Innengesellschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) REIT-Aktiengesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Anstalt öffentlichen Rechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Gesellschaften ausländischer Rechtsform . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Großbritannien: Private Limited Company . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) USA: Limited Liability Company . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

143 143 144 145 147 149 150 151 152 157 157 157 159 160 162 162 164

IV.

Exkurs: Sitzverlagerung von Gesellschaften und deren grunderwerbsteuerrechtliche Auswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Sitzverlagerung nach Deutschland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Sitzverlagerung aus Deutschland heraus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Sitzverlagerungen im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

165 165 165 167 169

129 130 131 132 132 138 139

12

Inhaltsverzeichnis Kapitel 4 Grundbesitzende Gesellschaft – Die Grundstückszuordnung nach § 1 Abs. 3 GrEStG

170

I.

Spezifisch grunderwerbsteuerrechtliche Grundstückszuordnung nach § 1 Abs. 1 und 3 GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 171

II.

Zurechnung durch Verwertungsbefugnis, § 1 Abs. 2 GrEStG . . . . . . . . . . . . . . 172

III.

Sonderproblem: Grundstück im Sondervermögen einer Kapitalanlagegesellschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176

Kapitel 5 Ermittlung der Beteiligungshöhe von mindestens 95 v. H.

181

I.

Mehrdeutigkeit des Ausdrucks „mindestens 95% der Anteile“ . . . . . . . . . . . . 181

II.

Qualitative Bewertung von Anteilen zur Bestimmung der Beteiligungshöhe 1. Bewertung nach der Zahl der dinglich Mitberechtigten am Gesellschaftsvermögen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Bewertung nach „Kapitalbeteiligung“ . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Die Kapitalbeteiligung an der Körperschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Die „Kapitalbeteiligung“ an der Gesamthandsgemeinschaft . . . . . . . . 3. Bewertung nach Stimmrechten in den Willensbildungsorganen . . . . . . . . .

182 183 184 186 187 189

III.

Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 192

IV.

Anteilsvereinigung bei REIT-Aktiengesellschaften? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 195

Kapitel 6 Steuerbarer Erwerbsvorgang

197

I.

Unmittelbare Anteilsvereinigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197

II.

Mittelbare Anteilsvereinigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 1. Entwicklung der mittelbaren Anteilsvereinigung durch die Rechtsprechung 201 2. Beteiligungshöhe bei zwischengeschalteten Gesellschaften . . . . . . . . . . . . . 203

III.

Umstrukturierungen im Konzern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Beteiligungsübergang bei Einzelrechtsnachfolge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Side- und Down-Stream-Übertragungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Up-Stream-Übertragungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Beteiligungsübergang bei übertragenden Umwandlungen . . . . . . . . . . . . . . 3. Kritik an der Steuerbarkeit von Umstrukturierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Kritik in der Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Eigene Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

206 209 210 211 213 215 215 217

IV.

V.

Inhaltsverzeichnis

13

Anteilsvereinigung durch Treuhand und Auftragserwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Grundlagen der Anteilsvereinigung durch Treuhandverhältnisse . . . . . . . . a) Herausgabeanspruch des Treugebers/Auftraggebers nach § 667 BGB b) Anwendung des § 39 AO auf Treuhandverhältnisse . . . . . . . . . . . . . . . 2. Sachverhaltsgestaltungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Anteilsübertragung vom Treugeber auf Treuhänder unter Begründung des Treuhandverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bloße Vereinbarung eines Treuhandverhältnisses . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Auftragserwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Gründung mit Treuhändern und deren Auswechslung . . . . . . . . . . . . . .

220 221 222 227 227 227 228 229 231

Anteilsvereinigung durch Nießbrauch an Anteilen? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232

VI. Verhältnis zu Vorgängen des § 1 Abs. 2a GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 VII. Steuerbefreiungen nach §§ 3, 5, 6 GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 1. Steuerbefreiungen nach § 3 Nr. 1 bis 8 GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 236 2. Steuerbefreiung nach § 6 Abs. 2 GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238 VIII. Abermalige Anteilsvereinigung und § 1 Abs. 6 GrEStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . 238

Kapitel 7

I.

II.

Grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft

240

Gesellschaftsrechtliche Konzernbildung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Überblick über das Aktienkonzernrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Verbundene Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Abhängige und herrschende Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Konzerne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Varianten der Unternehmensverbindungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Eingliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Unternehmensverträge . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (1) Beherrschungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . (2) Gewinnabführungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Überblick über das GmbH-Konzernrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Diskrepanz zwischen Konzernanfälligkeit, Regelungsbedürfnis und Regelungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Bildung eines GmbH-Konzerns . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 4. Konzernierung von Personengesellschaften? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

241 241 244 244 244 245 248 248 249 252 254 255 255 256 259

Historische Motivation der Einführung einer grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft und deren Umsetzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 1. Historische Motivation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260

14

Inhaltsverzeichnis 2. Steuerliche Organschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 3. Divergierende Normzwecke von umsatzsteuerrechtlicher und grunderwerbsteuerrechtlicher Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 4. Grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft als Unterfall der mittelbaren Anteilsvereinigung? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 269

III.

Grundstückszuordnung bei Organschaftsverhältnissen in Abgrenzung zur mittelbaren Anteilsvereinigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Rechtsträgerschaft und Zuordnungssubjekt bei Organschaft . . . . . . . . . . . . a) Überblick über den Stand von Rechtsprechung und Literatur . . . . . . . b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Konkurrenzverhältnis zwischen Organschaft und mittelbarer Anteilsvereinigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Rechtsprechung und Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Stellungnahme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

280 281 283

IV.

Bildung einer grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Herrschendes Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Abhängiges Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . a) Juristische Person als abhängiges Unternehmen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . b) Finanzielle Eingliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . c) Wirtschaftliche Eingliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . d) Organisatorische Eingliederung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Kritik an den Tatbestandsmerkmalen der Eingliederung . . . . . . . . . . . . . . . 4. Vorliegen einer Organschaft bei Anteilserwerb . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

283 284 288 288 292 294 295 297 298

V.

Erwerbsvorgänge unter Beteiligung von Organschaften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 1. Neubildung des Organkreises und Änderungen in der Zusammensetzung des Organkreises . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 2. Anteilsübertragungen auf den Organkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3. Anteilsverschiebungen im Organkreis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

305

271 271 272 277

308 311 312

Kapitel 8 Thesenartige Ergebnisse

318

Literaturverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 324 Sachverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341

Abkürzungsverzeichnis a. A. Abs. AcP a. E. a. F. AG AktG Alt. Anh. Anm. AO Art. AT Aufl. Az. BayStMinFin BB Bd. Bearb. bearb. v. Beschl. BeurkG BewG BFH BFH/NV BFHE BGB BGBl. BGH BGHSt BGHZ Bl. BMF

anderer Ansicht Absatz Archiv für die civilistische Praxis am Ende alte Fassung Amtsgericht, Aktiengesellschaft, Die Aktiengesellschaft (Zeitschrift) Aktiengesetz Alternative Anhang Anmerkung Abgabenordnung Artikel Allgemeiner Teil Auflage Aktenzeichen Bayerisches Staatsministerium der Finanzen Betriebs-Berater Band Bearbeitung bearbeitet von Beschluss Beurkundungsgesetz Bewertungsgesetz Bundesfinanzhof Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (Amtliche Sammlung) Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Strafsachen (Amtliche Sammlung) Entscheidungen des Bundesgerichtshofs in Zivilsachen (Amtliche Sammlung) Blatt Bundesministerium der Finanzen

16 BR BR-Drucks. BStBl. BT-Drucks. BVerfG BVerfGE bzw. DB DBA ders. d. h. dies. Diss. DStR DStRE DVBl. DVR E ebd. EFG EG EGV Einl. EStG EU EuGesR EuGH EuZW EWG EWS f. ff. FG FinMin Fn. FR FS GbR GesR GewO GewStG

Abkürzungsverzeichnis Bundesrat Bundesrats-Drucksache Bundessteuerblatt Bundestags-Drucksache Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts (Amtliche Sammlung) beziehungsweise Der Betrieb Doppelbesteuerungsabkommen derselbe das heißt dieselben Dissertation Deutsches Steuerrecht Deutsches Steuerrecht, Entscheidungsdienst Deutsche Verwaltungsblätter Deutsche Verkehrsteuer-Rundschau Entwurf ebenda Entscheidungen der Finanzgerichte EG-Vertrag (Fassung seit dem Vertrag von Amsterdam), Einführungsgesetz; Europäische Gemeinschaft EG-Vertrag (Fassung vor dem Vertrag von Amsterdam) Einleitung Einkommensteuergesetz Europäische Union Europäisches Gesellschaftsrecht Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften Europäische Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Europäisches Wirtschafts- und Steuerrecht folgende (Einzahl) folgende (Mehrzahl) Finanzgericht Finanzministerium Fußnote Finanzrundschau Festschrift Gesellschaft bürgerlichen Rechts Gesellschaftsrecht Gewerbeordnung Gewerbesteuergesetz

Abkürzungsverzeichnis GG ggf. GmbH GmbHG GmbHR GmbH-StB GrEStG Großkomm.-AktG Großkomm.-HGB GS HFA HFR HGB h. M. Hrsg. hrsg. v. Hs. IDW INF insb. IntGesR InvG InvStG i. S. d. IStR i.V. m. JStG JW KAG KAGG KG KGaA Kölner Komm. AktG KonzernR KStG lit. LLC Ltd. MA m. E. MittBayNotZ

17

Grundgesetz gegebenenfalls Gesellschaft mit beschränkter Haftung Gesetz betreffend die Gesellschaften mit beschränkter Haftung GmbH-Rundschau Der GmbH-Steuerberater Grunderwerbsteuergesetz Großkommentar zum Aktiengesetz Großkommentar zum Handelsgesetzbuch Gedächtnisschrift Hauptfachausschuss Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung Handelsgesetzbuch herrschende Meinung Herausgeber herausgegeben von Halbsatz Institut der Wirtschaftsprüfer Die Information für Steuerberater und Wirtschaftsprüfer insbesondere Internationales Gesellschaftsrecht Investmentgesetz Investmentsteuergesetz im Sinne des, im Sinne der Internationales Steuerrecht in Verbindung mit Jahressteuergesetz Juristische Wochenschrift Kapitalanlagegesellschaft Gesetz über Kapitalanlagegesellschaften Kommanditgesellschaft Kommanditgesellschaft auf Aktien Kölner Kommentar zum Aktiengesetz Konzernrecht Körperschaftsteuergesetz litera (Buchstabe) Limited Liability Company Limited Musterabkommen meines Erachtens Mittelbayerische Notarzeitschrift

18 MoMiG

Abkürzungsverzeichnis

Gesetz zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Bekämpfung von Missbräuchen Münch.Hdb. Münchener Handbuch MünchKomm-AktG Münchener Kommentar zum Aktiengesetz MünchKomm-BGB Münchener Kommentar zum Bürgerlichen Gesetzbuch MünchKomm-HGB Münchener Kommentar zum Handelsgesetzbuch m. w. N. mit weiteren Nachweisen n. F. neue Fassung NJW Neue Juristische Wochenschrift NJW-RR Neue Juristische Wochenschrift, Rechtsprechungsreport Nr. Nummer NZG Neue Zeitschrift für Gesellschaftsrecht o. ä. oder ähnliche OECD Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OFD Oberfinanzdirektion öGrEStG Österreichisches Grunderwerbsteuergesetz OHG offene Handelsgesellschaft OLG Oberlandesgericht öUStG Österreichisches Umsatzsteuergesetz PartG Partnerschaftsgesellschaft PartGG Gesetz über Partnerschaftsgesellschaften Angehöriger freier Berufe REIT Immobilien-Aktiengesellschaft mit börsennotierten Anteilen (Real Estate Investment Trust) REITG Gesetz über deutsche Immobilien-Aktiengesellschaften mit börsennotierten Anteilen (REIT-Gesetz) RFH Reichsfinanzhof RFHE Entscheidungen des Reichsfinanzhofs (Amtliche Sammlung) RG Reichsgericht RGBl. Reichsgesetzblatt RGZ Entscheidungen des Reichsgerichts in Zivilsachen RIW Recht der Internationalen Wirtschaft Rn. Randnummer RNotZ Rheinische Notarzeitschrift Rs. Rechtssache Rspr. Rechtsprechung RStBl. Reichssteuerblatt RZuwStG Reichszuwachssteuergesetz S. Seite, Satz s. siehe SchlAnhKonzernrecht Schlussanhang Konzernrecht

Abkürzungsverzeichnis Slg. StAnpG str. st. Rspr. StuW Syst. Darst. Tz. u. u. a. UK UmwG UmwStG Urt. USA UStDB UStG UStR usw. UVR v. Var. vgl. v. H. Vorb. Vorbem. WM Wpg WpHG WpÜG z. z. B. ZGR ZHR ZIP ZMR ZPO zugl. ZVG

19

Sammlung der Rechtsprechung des Gerichtshofes und des Gerichts erster Instanz Steueranpassungsgesetz streitig ständige Rechtsprechung Steuern und Wirtschaft Systematische Darstellung Textziffer unten unter anderem United Kingdom Umwandlungsgesetz Umwandlungssteuergesetz Urteil United States of America Umsatzsteuer-Durchführungsbestimmungen Umsatzsteuergesetz Umsatzsteuerrichtlinien und so weiter Umsatz- und Verkehrsteuer-Recht vom, von, vor Variante vergleiche vom Hundert Vorbemerkung Vorbemerkung Wertpapier-Mitteilungen Die Wirtschaftsprüfung Wertpapierhandelsgesetz Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetz zu, zum, zur zum Beispiel Zeitschrift für Unternehmens- und Gesellschaftsrecht Zeitschrift für das gesamte Handelsrecht und Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Wirtschaftsrecht Zeitschrift für Miet- und Raumrecht Zivilprozessordnung zugleich Zwangsversteigerungsgesetz

Kapitel 1

Allgemeines I. Einleitung „Um auch nach der Neuregelung die aus der unmittelbaren oder mittelbaren Übertragung von Anteilen an einer Gesellschaft resultierende Grunderwerbsteuer zu verhindern, müssen folglich künftig mehr als 5% der Anteile in die Hände Außenstehender oder nicht organschaftlich verbundener Gesellschaften übertragen werden.“1

Mit dieser einfach und klar gehaltenen, zutreffenden Gestaltungsempfehlung zur Steuerbarkeit von Anteilsübertragungen nach § 1 Abs. 3 GrEStG stellt Gottwald einen gangbaren Weg dar, wie derzeit Grunderwerbsteuern bei Unternehmenstransaktionen durch Beteiligungsübertragungen vermieden werden können. Wie so oft zeigt sich erst bei näherem Hinsehen eine der Problematiken dieser Aussage: was ist unter einem Anteil nach § 1 Abs. 3 GrEStG zu verstehen und wie bemessen sich 5% der Anteile? Die Bedeutung des § 1 Abs. 3 GrEStG für Unternehmenstransaktionen ist von ungebrochener Anziehungskraft für steuerrechtliche Publikationen. Diese hat sich noch dadurch gesteigert, dass Umwandlungsvorgänge durch die Vorschriften des UmwStG 19952 weitgehend ertragsteuerbefreit wurden. Dementsprechend hat sich der Fokus vieler Publikationen auf die Bedeutung der Grunderwerbsteuer, insbesondere auf die Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG verlagert. Die in den vergangenen Jahren erschienen Monografien von Kroschewski3 und Verweyen4 beschäftigen sich mit grunderwerbsteuerrechtlichen und verfassungsrechtlichen Fragestellungen des § 1 Abs. 3 GrEStG bei konzerninternen Umstrukturierungen. Deren Dissertationen werden begleitet von einer schier unüberschaubaren Flut von Aufsätzen zur Steuerbarkeit von konzerninternen Umstrukturierungen.5 Dieser Fokus liegt aus betriebswirtschaftlicher Sicht auf der Hand: wenngleich ein Konzern nach außen meist als ein1

Gottwald, Grunderwerbsteuer, S. 72. V. 28.10.1994, BGBl. I 1994, S. 3267 ff. 3 Kroschewski, Grunderwerbsteuerrechtliche Anteilsvereinigung im Unternehmensverbund, 2001. 4 Verweyen, Grunderwerbsteuer bei konzerninternen Umstrukturierungen, 2005. 5 Eine nicht abschließende Aufzählung aus neuerer Zeit: Beckmann, GmbHR 1999, S. 217 ff.; Ehlermann/Löhr, DStR 2003, S. 1509 ff.; Eder, DStR 1994, S. 735 ff.; Fleischer, DStR 1996, S. 1390 ff.; Götz, GmbHR 2001, S. 277 ff.; Grotherr, BB 1994, S. 1970 ff.; Kroschewski, GmbHR 2001, S. 707 ff.; Salzmann/Loose, DStR 2004, 2

22

Kap. 1: Allgemeines

heitliches Unternehmen wahrgenommen wird, sorgt die rechtliche Selbständigkeit der Konzernunternehmen dafür, dass diese Umstrukturierungsmaßnahmen grundsätzlich wie ein Grundstücksverkehr unter fremden Dritten behandelt werden, obwohl eine Steigerung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Konzerns damit nicht einhergeht.6 Diese Kritik wirkt unvermindert fort, da der Gesetzgeber nicht in der Lage zu sein scheint, eine Grunderwerbsteuerbefreiung für konzerninterne Umstrukturierungsmaßnahmen im Gesetz festzuschreiben, um dieselben nicht unnötig zu behindern. Ein aktueller Vorstoß des Landes Hessen im Bundesrat7 scheint noch immer in den Ausschüssen festzustecken. Dies ist folgendermaßen erklärbar: Das Aufkommen an der Grunderwerbsteuer als Verkehrsteuer steht nach Art. 106 Abs. 7 S. 2 GG den Ländern zu, welche dieses häufig den kommunalen Gebietskörperschaften weiterreichen.8 Im Jahre 2006 betrug dieses Steueraufkommen ca. 6,1 Milliarden Euro.9 Abhängig davon, wie hoch die durch eine Steuerbefreiung befürchteten Steuerausfälle eingeschätzt werden, und der Erwartung höherer Ertragsteuereinnahmen aufgrund der wirtschaftlichen Vorteile von Umstrukturierungsmaßnahen sind die Bundesländer bereit, eine solche Steuerbefreiung aufzunehmen; für eine Mehrheit trifft dies bislang jedoch nicht zu.10 Ein mindestens ebenso drängendes Problem ist die Frage, wie Grunderwerbsteuer beim Übergang von Unternehmensbeteiligungen an bisher externe Dritte vermieden werden kann. Diese Seite hat durch das erheblich verstärkte Auftreten von Beteiligungsgesellschaften und deren Engagement nicht nur im deutschen Markt an Bedeutung gewonnen. Diese Gesellschaften planen, durch eine postakquisitorische Optimierung und Restrukturierung der erworbenen Gesellschaft deren Wert zu steigern und diese – meist mittelfristig – wieder gewinnbringend zu veräußern. Hinzu kommen die seit den 80er Jahren verstärkt auftretenden „Management Buy-Outs“ bzw. „Management Buy-Ins“, bei denen bisherige oder externe Manager versuchen, ein Unternehmen von den jeweiligen Eigentümern – meist unter Zuhilfenahme von Beteiligungsgesellschaften oder fremdfinanzierenden Banken – zu erwerben.11 Auch hier kann sich je nach wirtS. 1941 ff.; Schwerin, RNotZ 2003, S. 479 ff.; Teiche, UVR 2003, S. 258 ff. u. 300 ff.; Weilbach, UVR 2001, S. 389 ff. 6 Vgl. dazu BMF, Bericht zur Fortentwicklung des Unternehmensteuerrechts, Beilage zu FR 11/2001, S. 12 f.; Grotherr, BB 1994, S. 1970 ff.; Gottwald, Grunderwerbsteuer, S. 86 ff.; zusammenfassend Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 974b ff. m. w. N. 7 BR-Drucks. 104/05. 8 Fischer, in: Boruttau, GrEStG, Vorb. Rn. 79. 9 Steuereinnahmen nach Steuerarten 2002 – 2006, http://www.bundesfinanzminis terium.de/(Stand: 01.06.2007). 10 Ausführlich Fischer, in: Boruttau, GrEStG, Vorb. Rn. 121 ff. 11 Ausführlich Hölters, in: Hölters (Hrsg.): Handbuch des Unternehmens- und Beteiligungskaufs, Teil I. A. (S. 3 ff).

I. Einleitung

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schaftlich bevorzugter Akquisitionsstruktur die Problematik ergeben, dass die Anteile an der Zielgesellschaft ganz oder teilweise von einer zwischengeschalteten Gesellschaft gehalten werden sollen, was bei mindestens 95%-iger Vereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG grunderwerbsteuerpflichtig wäre. Ähnliches gilt für die Planung der Unternehmensnachfolge, wenn dabei Gesellschaftsanteile vom bisherigen auf den neuen Unternehmer übertragen werden und dies zu einer Vereinigung von mindestens 95 v. H. der Anteile führen würde.12 Die sich dabei ergebende wirtschaftliche Schwierigkeit liegt auf der Hand: fällt Grunderwerbsteuer an, so führt dies zu einer Verteuerung des Erwerbsvorgangs und damit zu einem erhöhten Finanzierungsbedarf. Je nachdem, wie wertvoll das Grundvermögen der Zielgesellschaft zu bewerten ist, können hierbei angesichts eines Steuersatzes von 3,5% (§ 11 Abs. 1 GrEStG) erhebliche Beträge anfallen. Diese Konsequenzen sollen bei Restrukturierungen und Unternehmenserwerben dadurch vermieden werden, dass weniger als 95% der Anteile an einer Gesellschaft bei einer Person vereinigt werden. Daraus ergibt sich jedoch ein Zielkonflikt: zum einen muss sich ein Investor finden, der bereit ist, den wirtschaftlich relativ wertlosen Anteil von knapp über 5% zu erwerben, zum anderen ist der Erwerber häufig nicht gewillt, den daraus resultierenden Fremdeinfluss hinzunehmen und wird dementsprechend versuchen, diesen Einfluss zurückzudrängen. Als Ausweg aus diesem Dilemma bietet sich an, die Gestaltungsmöglichkeiten, die das Gesellschaftsrecht für Unternehmensbeteiligungen bietet, zu nutzen, um zum einen dem Minderheitsgesellschafter das Investment rentabel erscheinen zu lassen, zum anderen dem nahezu Alleingesellschafter bzw. den hinter diesem stehenden Personen zu garantieren, ihre Interessen ohne nennenswerten Fremdeinfluss durchsetzen zu können.13 Daraus ergibt sich wiederum folgende Frage: wie ist der Begriff des Anteils an einer Gesellschaft zu verstehen; darüber hinaus: was versteht § 1 Abs. 3 GrEStG unter einer Gesellschaft? Diese Begrifflichkeiten sind keineswegs eindeutig, spricht § 1 Abs. 3 GrEStG doch nur von Gesellschaften und Anteilen, ohne auf zwischen den einzelnen zivilrechtlichen Gesellschaftsformen bestehende Unterschiede einzugehen. Wie sind diese Rechtsbegriffe also auszulegen: sind sie analog denen des Gesellschaftsrechts zu verstehen, ja existieren solche gesellschaftsrechtlichen Begrifflichkeiten überhaupt, oder muss diesen Begriffen ein eigenständiges steuerrechtliches Verständnis zugrunde gelegt werden? Falls ein solches eigenständiges Verständnis erforderlich ist, nach welchen Maßgaben ist ein solches zu ermitteln? Welche Kriterien sind bei der Auslegung der Tatbestandsmerkmale des § 1 Abs. 3 GrEStG heranzuziehen, insbesondere wie ist der im Rahmen der teleologischen Auslegung heranzuziehende Normzweck zu bestimmen? Diesen Fragen soll sich die vorliegende Dissertation widmen. 12 13

Neu/Müller, GmbH-StB 2006, S. 200 ff. So insbesondere Voßkuhl/Hunsmann, UVR 2005, S. 51.

24

Kap. 1: Allgemeines

II. Gegenstand und Gang der Untersuchung Gegenstand der Untersuchung sind die gesellschaftsrechtlichen Grundlagen des § 1 Abs. 3 GrEStG und deren Auswirkungen auf das Norm- und Begriffsverständnis. Ziel ist es, im Wege der Auslegung die gesellschaftsrechtlich orientierten Tatbestandsmerkmale des § 1 Abs. 3 GrEStG näher zu bestimmen, wobei ein Hauptaugenmerk auf der Frage liegen wird, inwieweit gesellschaftsrechtliches und steuerrechtliches Begriffsverständnis übereinstimmen. Dementsprechend wird ein geringeres Augenmerk auf die Erwerbsvorgänge des § 1 Abs. 3 GrEStG gelegt. Die Dissertation beginnt mit einem kurzen Überblick über die Erwerbsvorgänge des § 1 Abs. 3 GrEStG. Dieser Überblick ist bewusst knapp gehalten und soll der Heranführung des Lesers an die Thematik dienen. Im zweiten Kapitel werden die Grundlagen der Anteilsvereinigung beginnend mit der historischen Entwicklung der grunderwerbsteuerrechtlichen Anteilsvereinigung behandelt. Neben knapp gehaltenen verfassungs- und europarechtlichen Fragestellungen liegt der Schwerpunkt dieses Kapitels auf der Darstellung auslegungsrelevanter Kriterien, insbesondere auf einer ausführlichen Erörterung des Normzwecks sowie auf dem Verhältnis zwischen Zivil- und Steuerrecht und dessen Bedeutung für die Auslegung steuerrechtlicher Normen. Das dritte Kapitel widmet sich den gesellschaftsrechtlichen Grundlagen des § 1 Abs. 3 GrEStG. Insbesondere wird hier die Frage erörtert, welche Verbände aus welchem Grund als Gesellschaft im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG qualifizieren. Hauptaugenmerk dieses Abschnittes ist es jedoch, zu bestimmen, was § 1 Abs. 3 GrEStG unter einem Anteil versteht. Dabei werden unterschiedliche gesellschaftsrechtliche Möglichkeiten für ein Anteilsverständnis aufgezeigt; schwerpunktmäßig wird hier die Mitgliedschaft an Verbänden erörtert. Aus dieser Erörterung heraus wird die Frage gestellt, ob die Mitgliedschaft als solche bzw. unter welchen Voraussetzungen diese als Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG zu qualifizieren ist. Ziel dieses Abschnittes ist es, eine Definition des Anteilsbegriffs nach § 1 Abs. 3 GrEStG zu entwickeln. Anschließend wird der Gesellschaftsbegriff einer näheren Erörterung unterzogen. Unter Anwendung der zum Anteilsbegriff gefundenen Ergebnisse wird ferner auf Sonderprobleme des Anteils- und des Gesellschaftsbegriffs eingegangen werden. Dieses Kapitel schließt mit einem Exkurs zu den grunderwerbsteuerrechtlichen Auswirkungen von Verlagerungen des Verwaltungssitzes einer Gesellschaft. Im vierten Kapitel wird dargestellt, wann ein Grundstück einer Gesellschaft grunderwerbsteuerrechtlich zuzuordnen ist, wobei auf den Sonderfall des Grundstücks im Sondervermögen einer Kapitalanlagegesellschaft eingegangen werden soll. Das fünfte Kapitel widmet sich der Frage, welche Voraussetzungen erfüllt sein müssen, dass 95 v. H. der Anteile an einer Gesellschaft vereinigt sind. Es werden verschiedene Vorgehensweisen zur Ermittelung der Beteiligungsquote dargestellt und einer kritischen Erörterung

II. Gegenstand und Gang der Untersuchung

25

unterzogen. Im sechsten Kapitel wird ein Überblick über die steuerbaren Erwerbsvorgänge gegeben. Dieses widmet sich auch der Kritik an der Steuerbarkeit von Konzernumstrukturierungen und an der gegenwärtigen Lösung bezüglich der Erfassung von Treuhandverhältnissen an Anteilen. Darüber hinaus wird hier das Verhältnis des § 1 Abs. 3 GrEStG zu anderen Vorschriften und Befreiungstatbeständen des Grunderwerbsteuergesetzes knapp dargestellt. Das siebte Kapitel behandelt die grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft nach § 1 Abs. 4 Nr. 2 GrEStG. Hierbei wird zunächst eine kurze Einführung in die Entstehung von Konzernen und Abhängigkeitsverhältnissen gegeben, das die gesellschaftsrechtlichen Grundlagen für eine grunderwerbsteuerrechtliche Erörterung des Abhängigkeitsbegriffs nach § 1 Abs. 3 i.V. m. Abs. 4 Nr. 2 GrEStG liefern soll. Danach sollen die hinter der Erfassung von Organschaften stehenden Motive erläutert werden; dabei wird auch auf das Verhältnis zur umsatzsteuerrechtlichen Anteilsvereinigung eingegangen. Diesem Abschnitt folgt die Frage, wem Gesellschaftsgrundstücke im Rahmen der grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft zugeordnet werden und wie Konkurrenzverhältnisse zwischen Organschaft und mittelbarer Anteilsvereinigung gelöst werden sollen. Dem schließt sich eine Beschreibung und kritische Würdigung der Voraussetzung einer grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft sowie ausgewählter Erwerbsvorgänge unter Beteiligungen von Organschaften an. Unter Betrachtung der Wechselbezüglichkeiten des Grunderwerbsteuerrechts, insbesondere des § 1 Abs. 3 GrEStG mit anderen Rechtsgebieten, ist eine inhaltliche Beschränkung dieses Dissertationsvorhabens vonnöten. Angesichts der umfassenden Beschäftigung mit verfassungsrechtlichen Fragen durch Verweyen14 erscheint es nicht sinnvoll, diese noch einmal zu wiederholen und ausführlich zu erörtern. Erkennbare verfassungsrechtliche Zweifel an § 1 Abs. 3 GrEStG werden nur kurz erwähnt und im Übrigen auf die jeweiligen Autoren verwiesen. Ähnliches gilt für das Gesellschaftsrecht: Wenngleich an einigen Stellen tiefer gehende Erörterungen, insbesondere der Mitgliedschaft an Verbänden sowie der Vermögensbeziehungen zwischen Gesellschaft und Gesellschafter erforderlich sind, sollen nicht entscheidungserhebliche gesellschaftsrechtliche Meinungsstreitigkeiten soweit als möglich außen vor bleiben. Aus Gründen der Übersichtlichkeit wird vorwiegend der gesellschaftsrechtlichen Praxis gefolgt und auf abweichende Ansichten nur hingewiesen. Auch erheben die gesellschaftsrechtlichen Äußerungen in dieser Dissertation naturgemäß nicht den Anspruch, die jeweiligen Fragestellungen umfassend zu behandeln; vielmehr beschränken sich diese Ausführungen auf die grunderwerbsteuerrechtlich relevante Teilbereiche des Gesellschaftsrechts. Dasselbe gilt für die europarechtlichen Fragestellungen zur Sitzverlagerung von Gesellschaften.

14

Verweyen, Grunderwerbsteuer bei konzerninternen Umstrukturierungen, S. 121 ff.

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Kap. 1: Allgemeines

III. Überblick über den Tatbestand der Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 und 4 GrEStG Im Folgenden soll ein kurzer Überblick über den Tatbestand des § 1 Abs. 3 GrEStG gegeben werden. Dies geschieht nicht nur als Hinführung zum eigentlichen Thema, sondern auch, um einer der Hauptschwierigkeiten bei der Erörterung dieses Tatbestandes zu begegnen. Um hinsichtlich bestimmter Tatbestandsmerkmale wie auch bezüglich des Normzwecks Schlussfolgerungen ziehen zu können, ist es häufig erforderlich, wiederum andere Tatbestandsmerkmale zur Auslegung heranzuziehen. Dies führt zu einer erheblichen Komplexität des Tatbestands, so dass es vor einer vertiefenden Betrachtung der Norm erforderlich ist, zumindest einen kurzen, mit Beispielen angereicherten Überblick über die nach § 1 Abs. 3 GrEStG steuerbare Anteilsvereinigung zu geben. Daher bleiben die genannten Beispiele zunächst eher oberflächlich und orientieren sich an der herrschenden Meinung. Dagegen bleibt es dem weiteren Verlauf der Arbeit vorbehalten, die verschiedenen Varianten der Anteilsvereinigung unter Berücksichtigung der erzielten Grundlagenergebnisse wissenschaftlich vertieft zu betrachten und zu überprüfen. 1. Grundbesitzende Gesellschaft Vorauszuschicken ist, dass sich in allen Fällen ein Grundstück im Vermögen der Gesellschaft befinden muss. Dies ist der Fall, wenn der Gesellschaft ein Grundstück nach einer Zurechnungsnorm des Grunderwerbsteuergesetzes (§ 1 Abs. 1, 2 oder 3 GrEStG) zuzuordnen ist, also die Gesellschaft beispielsweise Eigentümerin des Grundstücks ist, einen Anspruch auf Übertragung an einem solchen Grundstück hat (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG) oder sie eine Verwertungsbefugnis an einem solchen Grundstück im Gesellschaftsvermögen hält (§ 1 Abs. 2 GrEStG).15 In allen Fällen der grunderwerbsteuerrechtlichen Zuordnung eines Grundstücks zu einer Gesellschaft soll aus Vereinfachungsgründen trotz der zivilrechtlichen Ungenauigkeit des Ausdrucks im Folgenden von einer „grundbesitzenden“ Gesellschaft gesprochen werden. Probleme im Gesellschaftsbegriff ergeben sich hauptsächlich im Rahmen der Personengesellschaft. Hier ist nach herrschender Meinung eine unmittelbare Anteilsvereinigung nicht möglich, weil ein Anteil als Beteiligung an der Gesamthandsgemeinschaft zu verstehen ist. Setzt man also den Begriff des Anteils mit der zivilrechtlichen Gesamthandsbeteiligung gleich, können somit maximal 50% der Anteile unmittelbar in einer Hand vereinigt werden. Eine EinmannPersonengesellschaft ist nicht möglich, sondern erlischt gemäß § 738 BGB durch Anwachsung des Gesellschaftsvermögens an den verbleibenden Gesell15

Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 906 f.; Hofmann, GrEStG, § 1 Rn. 145.

III. Überblick über den Tatbestand der Anteilsvereinigung

27

schafter, was zu einer Steuerpflicht nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG bezüglich der Gesellschaftsgrundstücke führt. Deshalb ist bei Personengesellschaften eine Anteilsvereinigung nur möglich, wenn diese mittelbar erfolgt, also beispielsweise die weiteren an der Personengesellschaft beteiligten Gesellschaften einem Gesellschafter der grundbesitzenden Gesellschaft im Sinne einer mindestens 95%-igen Beteiligung gehören bzw. eine „Obergesellschaft“ zu mindestens 95 v. H. an zwischen diese und die grundbesitzende Gesellschaft geschalteten Gesellschaften beteiligt ist.16 2. Unmittelbare Anteilsvereinigung An erster Stelle ist die unmittelbare Anteilsvereinigung zu nennen. Sie kann sich in zwei Varianten vollziehen. a) Anspruch auf Übertragung von unvereinigten oder vereinigten Anteilen Gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 1 und 3 GrEStG ist der Abschluss eines (schuldrechtlichen) Rechtsgeschäfts, das einer Person einen Anspruch auf Übertragung von Anteilen17 an einer Gesellschaft (z. B. AG, GmbH, OHG, KG, GbR)18 verschafft, in zwei Varianten grunderwerbsteuerpflichtig. Zum einen ist der Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG erfüllt, wenn der neue Anteilsinhaber nach Erfüllung des Übertragungsanspruchs zusammen mit anderen (bereits vorher) erworbenen Anteilen mindestens 95% der Anteile erwirbt. Beispiel 1: A hält bereits 50% der Anteile an der grundbesitzenden AB-GmbH. Er schließt mit B einen Kaufvertrag über den Erwerb weiterer 45% der Anteile an der GmbH von B. Damit hat A einen Anspruch auf Übereignung von 45% der Anteile an der AB-GmbH, weshalb nach Erfüllung dieses Anspruchs 95% der Anteile an der AB-GmbH in der Hand von A vereinigt sind.

Dies ist grunderwerbsteuerpflichtig nach § 1 Abs. 3 GrEStG. Bemessungsgrundlage ist der Bedarfswert des Grundstücks nach § 8 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 GrEStG i.V. m. § 138 Abs. 2 und 3 BewG. Steuerschuldner ist A als Erwerber der Anteile, § 13 Nr. 5 lit. a) GrEStG.19 16 Ausführlich Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 867 ff.; Weilbach, GrEStG, § 1 Rn. 87. 17 Zum Anteilsbegriff siehe unten Kapitel 3 II. 18 Zum Gesellschaftsbegriff ausführlich siehe unten Kapitel 3 I. 19 Angaben zur Bemessungsgrundlage und zur Steuerschuldnerschaft werden im Folgenden nur gemacht, soweit sich Abweichungen von den Ergebnissen in Beispiel 1 bestehen.

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Kap. 1: Allgemeines

Der Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG ist zum anderen auch dann erfüllt, wenn der neue Gesellschafter vom alten Gesellschafter bereits 95% der Anteile an einer Gesellschaft erwirbt, also ein vollständiges „Anteilspaket“ übergeht. Beispiel 2: A verkauft seine gesamten Anteile (95% der Anteile) an der AB-GmbH an C. Damit hat C einen Anspruch auf Übertragung von 95% der Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft.

Die Steuerbarkeit des Rechtsgeschäfts ergibt sich aus § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG. Bemessungsgrundlage ist wiederum der Bedarfswert (§ 8 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 GrEStG); jedoch ist Steuerschuldner hier nicht der Erwerber allein, sondern nach § 13 Nr. 1 GrEStG alle Vertragsbeteiligten, da die Anteile bereits vor dem Erwerbsvorgang vereinigt waren.20 b) Dingliche Vereinigung und Übergang von Anteilen Wird nicht bereits ein rechtsgeschäftlicher Übertragungsanspruch erfasst, das einen Anspruch auf Übertragung der Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft gewährt, so besteht die Möglichkeit, dass der dingliche Erwerb dieser Anteile nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 oder 4 GrEStG steuerpflichtig ist. Diese Vorschriften bilden die Ergänzungen zu § 1 Abs. 3 Nr. 1 bzw. Nr. 3 GrEStG. Beispiel 3: Wie Beispiel 1, nur erbt A von B 45% der Gesellschaftsanteile.

Durch den Eigentumsübergang der vererbten Gesellschaftsanteile vereinigt A nunmehr 95% aller Anteile an der Gesellschaft in seiner Hand. Der Vorgang ist steuerpflichtig nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG. Beispiel 4: Wie Beispiel 2, nur erbt C die Anteile des A.

Durch den Erbgang gehen ohne Rechtsgeschäft 95% der Anteile von A auf C über. Der Übergang von 95% der Anteile von A auf C ist steuerpflichtig nach § 1 Abs. 3 Nr. 4 GrEStG. Jedoch ist – im Gegensatz zu Beispiel 3 – der Erwerb des C steuerfrei nach § 3 Nr. 2 GrEStG. Beispiel 5: Die A-GmbH und die B-GmbH sind zu jeweils 50% an der grundbesitzenden C-GmbH beteiligt. Die A-GmbH wird nunmehr nach §§ 2 ff. UmwG auf die B-GmbH verschmolzen. 20

Hofmann, GrEStG, § 13 Rn. 10; Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 13 Rn. 43.

III. Überblick über den Tatbestand der Anteilsvereinigung

29

Mittels Verschmelzung wird die B-GmbH als Gesamtrechtsnachfolgerin der A-GmbH Eigentümerin der Anteile der A-GmbH an der C-GmbH. Die dadurch eintretende Anteilsvereinigung ist grunderwerbsteuerpflichtig nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG. 3. Mittelbare Anteilsvereinigung a) Dingliche mittelbare Anteilsvereinigung Ursprünglich nur in erweiternder Auslegung des § 1 Abs. 3 GrEStG, jetzt durch gesetzliche Normierung steuerbar ist die mittelbare Anteilsvereinigung. Darunter ist einerseits der Fall zu verstehen, dass ein Gesellschafter mindestens 95% der Anteile teilweise direkt und teilweise indirekt über eine zwischengeschaltete Gesellschaft hält. Beispiel 6: A ist zu 25% direkt Gesellschafter der AB-GmbH. Weitere 50% der AB-GmbH hält die C-GmbH, deren Alleingesellschafter der A ist. Die übrigen 25% der AB-GmbH hält B. A erwirbt von B 20% der Anteile an der AB-GmbH.

Somit sind 95% der Anteile an der AB-GmbH teilweise mittelbar, teilweise unmittelbar in der Hand von A vereinigt. Die Anteilsübertragung ist steuerbar nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG. Nach herrschender Meinung ergibt sich die alleinige Steuerschuldnerschaft des A aus § 13 Nr. 5 lit. a) GrEStG.21 Andererseits ist es auch möglich, die Anteile durch zwei oder mehrere zwischengeschaltete Gesellschaften ausschließlich mittelbar zu vereinigen. Beispiel 7: A ist zu jeweils 95% Anteilsinhaber der B-GmbH und der C-GmbH. Diese Gesellschaften halten jeweils 45% an der grundbesitzenden D-GmbH, die restlichen 10% hält E. E verkauft seinen Anteil von 10% an der D-GmbH an die B-GmbH.

Durch den Aufkauf der Anteile des E hält die B-GmbH nunmehr 55% der Anteile, die C-GmbH nunmehr 45% der Anteile. Durch seine 95%-igen Beteiligungen an der B-GmbH und der C-GmbH ist dem A das Grundvermögen der D-GmbH mittelbar zuzurechnen. Für Beteiligungsketten ist es auf jeder Stufe erforderlich, dass die höhere Stufe mindestens 95% der unteren Stufe hält.22 Deshalb löst der Aufkauf der Anteile der D-GmbH von E Grunderwerbsteuer bei A nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG aus. Dazu folgendes Gegenbeispiel 21 BFH, Urt. v. 02.08.2006 – II R 23/05, BFH/NV 2006, S. 2306 (2307); Pahlke, in: Pahlke/Franz, GrEStG, § 13 Rn. 19. 22 Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 892d; Pahlke, in: Pahlke/Franz, GrEStG, § 1 Rn. 335; FinMin Baden-Württemberg, Erlass v. 14.02.2000, 3 – S 4500/43, DStR 2000, S. 430; näher siehe Kapitel 6 II. 2.

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Kap. 1: Allgemeines

Beispiel 8: Die A-GmbH ist zu 100% an der Tochtergesellschaft B1-GmbH und zu 60% an der Tochtergesellschaft B2-GmbH beteiligt. Vom bisherigen Alleingesellschafter der grundbesitzenden C-GmbH sollen die Tochtergesellschaften alle Anteile grunderwerbsteuerneutral erwerben.

Da die herrschende Meinung bei einer mittelbaren Anteilsvereinigung auf jeder Stufe eine 95%-ige Beteiligung fordert, ist es zur Vermeidung der Grunderwerbsteuer ausreichend, wenn die B1-GmbH weniger als 95% der Anteile (94,99%) an der C-GmbH erwirbt. Denn die von der B2-GmbH gehaltenen Anteile werden der A-GmbH nicht zugerechnet, weil diese nicht zu 95% an der B2-GmbH beteiligt ist, obwohl sie aufgrund der 60%-igen Beteiligung an der B2-GmbH durchgerechnet zu mehr als 95% an der C-GmbH beteiligt ist. Voraussetzung ist allerdings, dass zwischen der A-GmbH und der B2-GmbH kein Organschaftsverhältnis im Sinne des § 1 Abs. 4 Nr. 2 lit. b) GrEStG besteht, das eine Anteilsvereinigung im Organkreis bewirken würde. Ein Sonderfall ist die Vereinigung aller Anteile an einer GmbH & Co. KG. Dazu folgendes Beispiel 9: A und B sind zu 50% Gesellschafter der C-GmbH, welche wiederum nicht kapitalmäßig beteiligte Komplementärin der C-GmbH & Co. KG ist. Einziger Kommanditist ist A. A erwirbt die 50%-ige Beteiligung des B an der C-GmbH.

Ursprünglich lag keine Anteilsvereinigung vor, da bei einer Personengesellschaft nicht auf die kapitalmäßige Beteiligung, sondern auf die Anzahl der gesamthänderisch Berechtigten abzustellen ist.23 Durch die nunmehrige Alleingesellschafterstellung des A bezüglich der C-GmbH bestehen zwar nach wie vor zwei gesamthänderisch berechtigte Personen. Da aber allein A unmittelbar über seine Kommanditistenstellung und mittelbar als Alleingesellschafter der C-GmbH an der C-GmbH & Co. KG zu mindestens 95 v. H. beteiligt ist, liegt eine mittelbare, nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG steuerbare Anteilsvereinigung vor. b) Anteilsvereinigung durch Treuhandverträge Anteile können einer Person unter Umständen auch zugerechnet werden, wenn diese Person nicht deren Eigentümer ist, sondern ihr eine eigentümerähnliche Stellung zukommt. Dies ist beispielsweise bei Bestehen einer Treugeberstellung bei Anteilen möglich. Der in diesem Zusammenhang ergangene Treuhanderlass der Finanzverwaltung24 geht dabei von einem einheitlichen Bild der 23 BFH, Urt. v. 26.07.1995 – II R 68/92, BStBl. II 1995, S. 736 m. w. N.; näher siehe Kapitel 3 I. 1.

III. Überblick über den Tatbestand der Anteilsvereinigung

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Treuhand aus und behandelt die Vereinbarung eines Treuhandverhältnisses mit oder ohne Anteilsübertragung sowie den Auftragserwerb einheitlich als Treuhand.25 Dieser Erlass soll nun überblicksartig dargestellt werden, weitere Präzisierungen erfolgen an späterer Stelle. Im ersten Fall (Tz. 1 des Treuhanderlasses) überträgt der Alleingesellschafter alle Anteile (nach § 1 Abs. 3 GrEStG n. F.: mindestens 95% der Anteile) an einer grundbesitzenden Gesellschaft auf einen Treuhänder. Beispiel 10: A ist Alleingesellschafter der grundbesitzenden B-GmbH. Er überträgt alle Anteile auf C und vereinbart mit diesem, dass C die Anteile als Treuhänder für A hält.

Durch den Eigentumserwerb des C wird dieser Alleingesellschafter der BGmbH. Er verwirklicht daher den Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG. Nach absolut herrschender Meinung sind die Anteile nicht mehr A gemäß § 39 Abs. 2 AO zuzurechnen, da diese Vorschrift von den spezielleren Zurechnungsvorschriften des GrEStG verdrängt werde.26 Dennoch erwerbe A aufgrund des Treuhandverhältnisses zeitgleich mit dessen Begründung einen Rückübertragungsanspruch auf das Grundstück nach § 667 BGB. Dies löse zum zweiten Mal Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG aus. Jedoch sei der Treugeber in sinngemäßer Anwendung des § 3 Nr. 8 GrEStG von der Steuer freizustellen. Im zweiten Fall (Tz. 2 des Treuhanderlasses) vereinbart der Eigentümer der Anteile mit dem künftigen Treugeber, die Anteile nunmehr für diesen zu halten und ihm zu einem späteren Zeitpunkt zu übertragen. Beispiel 11: A ist Alleingesellschafter der grundbesitzenden B-GmbH. Er vereinbart mit C, die Anteile an der GmbH nunmehr für diesen treuhänderisch zu halten und sie ihm zu einem späteren Zeitpunkt zu übereignen.

Die Vereinbarung des Treuhandverhältnisses ist aufgrund des Übereignungsanspruchs nach § 667 BGB gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG steuerbar. Eine Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 8 GrEStG analog kommt nicht in Betracht, da kein Rückerwerb der Anteile vorliegt. Der dritte Fall (Tz. 3 des Treuhanderlasses) ist schließlich der so genannte Auftragserwerb. Ein Treuhänder erwirbt Anteile für einen Treugeber und räumt diesem einen Übertragungsanspruch ein. 24

Gleichlautender Ländererlass v. 25.05.1984, BStBl. I 1984, S. 380 ff. BayStMinFin, Erlass v. 25.05.1984, 37 – S 4501 – 5/15 – 31 772, in: Weilbach, GrEStG, „Erlasse“; kritisch statt vieler Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 921; näher siehe Kapitel 6 IV. 1. 26 Fischer, in: Boruttau, GrEStG, Vorb. Rn. 171; näher siehe Kapitel 6 IV. 1. b). 25

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Kap. 1: Allgemeines

Beispiel 12: C erwirbt von A mindestens 95% der Anteile an der grundbesitzenden B-GmbH aufgrund eines Auftrags, den er von D erhalten hat. Zu einem späteren Zeitpunkt soll C die Anteile dann an D übereignen.

Der Anteilserwerb des C ist steuerbar nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG. Da nach Vorstellung der Finanzverwaltung D einen Anspruch auf Übereignung der Anteile aus § 667 BGB hat, liegt zeitgleich ein nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG steuerbarer Erwerb auf Seiten des D vor. Es fällt mithin doppelte Grunderwerbsteuer an, da kein Befreiungstatbestand einschlägig ist. In Textziffer 4 des Treuhanderlasses werden verschiedene „Mischformen“ der Anteilsvereinigung durch Treuhandverhältnisse behandelt. Hier soll eine Variante der durch Vereinbarungstreuhand ebenfalls möglichen teils unmittelbaren, teils mittelbaren Anteilsvereinigung herausgegriffen werden. Beispiel 13: A ist 80%-iger Anteilsinhaber der grundbesitzenden C-GmbH. Er vereinbart mit seinem alleinigen Mitgesellschafter B, dass dieser dessen Anteile nunmehr treuhänderisch für A halten soll und diese nach Ablauf des Treuhandverhältnisses an A zu übertragen habe.

Durch die Vereinbarung des Treuhandverhältnisses erwirbt A einen Anspruch auf Übertragung von 20% der Anteile. Somit erfüllt die Vereinbarung des Treuhandverhältnisses den Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG. c) Organschaft Eine nach herrschender Meinung besondere Ausprägung der mittelbaren Anteilsvereinigung ist die grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft nach § 1 Abs. 3 und 4 GrEStG.27 Vereinfacht dargestellt wird ein herrschendes und ein abhängiges Unternehmen grunderwerbsteuerrechtlich als eine Hand betrachtet, so dass es ausreichend ist, dass mindestens 95 v. H. der Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft nicht bei einem Unternehmen allein, sondern in der Hand des von den Unternehmen gebildeten „Organkreises“ vereinigt werden. Als abhängig wird ein Unternehmen betrachtet, das finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein anderes (herrschendes) Unternehmen eingegliedert ist (§ 1 Abs. 4 Nr. 2 lit. b) GrEStG). Die Variante des § 1 Abs. 4 Nr. 2 lit. a) GrEStG – abhängige natürliche Personen – hat dagegen nach h. M. keinen Anwendungsbereich, da die Weisungsbefugnis eines Unternehmers immer nur aufgrund eines Rechtsverhältnisses und nie ohne ein solches entstehen kann.28 Dazu folgendes

27 28

Näher zur Organschaft siehe Kapitel 7. Hofmann, GrEStG, § 1 Rn. 165; Gottwald, Grunderwerbsteuer, S. 83.

III. Überblick über den Tatbestand der Anteilsvereinigung

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Beispiel 14: Die A-GmbH ist zu 90% Gesellschafterin der B-GmbH, welche finanziell, organisatorisch und wirtschaftlich in die A-GmbH eingegliedert ist. Die restlichen 10% befinden sich im Besitz Dritter. Die B-GmbH ist wiederum zu 50% an der grundbesitzenden C-GmbH beteiligt; der Rest der Anteile ist wiederum Dritten zugeordnet. Die A-GmbH erwirbt nun von diesen Dritten durch Rechtsgeschäft die verbleibenden 50% der Anteile an der C-GmbH.

Die A-GmbH hält nach Erwerb 50% der Anteile an der C-GmbH unmittelbar. Über die 90%-ige Beteiligung an der B-GmbH hält sie wiederum durchgerechnet 45% der Anteile an der C-GmbH. Da jedoch die Beteiligungsquote an der B-GmbH nicht hoch genug ist, scheidet eine mittelbare Anteilsvereinigung nach herrschender Meinung ohne Berücksichtigung der Organschaft aus. Weil aber die B-GmbH von der A-GmbH abhängig im Sinne des § 1 Abs. 4 Nr. 2 lit. b) GrEStG ist, vereinigen sich die Anteile an der C-GmbH im „Organkreis“. Somit ist der Vorgang nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG grunderwerbsteuerpflichtig. Die Anteilsvereinigung kann sich analog zur ausschließlich mittelbaren Anteilsvereinigung natürlich auch ausschließlich über zwei oder mehrere abhängige Gesellschaften vollziehen. Dazu folgendes Beispiel 15: Die A-GmbH ist zu jeweils 90% an den Gesellschaften B-GmbH und C-GmbH beteiligt. Diese Gesellschaften sind in die A-GmbH finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch eingegliedert. Die C-GmbH hält 90% der Anteile an der grundbesitzenden D-GmbH, die weiteren Anteile hält E. Die B-GmbH kauft nunmehr von E die verbleibenden 10% der Anteile an der D-GmbH.

Durchgerechnet erwirbt die A-GmbH nur 90% der Anteile an der D-GmbH. Da ferner auf keiner Beteiligungsstufe mehr als 95% der Anteile vereinigt werden, kommt nur die Anteilsvereinigung im Organkreis zum Tragen. Die B- und die C-GmbH vereinigen aber zusammen 100% der Anteile an der D-GmbH. Aufgrund deren Abhängigkeit von der beherrschenden A-GmbH ist der Anteilserwerb steuerpflichtig nach § 1 Abs. 3 Nr. 1, Abs. 4 Nr. 2 lit. b) GrEStG. Es ist jedoch zu betonen, dass eine Anteilsvereinigung nur dann steuerbar ist, wenn auch tatsächlich Anteile übertragen werden. Daher sind allein die Begründung einer Organschaft oder Veränderungen im Aufbau des Organkreises, die nicht zu einer Übertragung von Anteilen führen, unbeachtlich. Dazu folgendes Beispiel 16: Die A-AG ist zu 87,5% an der B-AG beteiligt, welche wiederum zu 100% an mehreren grundbesitzenden GmbHs beteiligt ist. Die restlichen Anteile an der B-AG waren im Besitz einer Bank. Die B-AG war ferner Organgesellschaft der A-AG. Nunmehr wird die A-AG auf die C-AG verschmolzen.

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Kap. 1: Allgemeines

Nach früherer Ansicht der Finanzverwaltung29 löste dieser Vorgang nach § 1 Abs. 3 Nr. 4, Abs. 4 Nr. 2 lit. b) GrEStG Grunderwerbsteuer aus, weil durch die Verschmelzung der A-AG die Anteile vom „Organkreis A-AG – B-AG“ auf den „Organkreis C-AG – B-AG übertragen wurden. Dem widersprach die Rechtsprechung und stellte klar, dass die Begründung eines neuen Organschaftsverhältnisses allein keine Anteilsübertragung darstellt. Da die Bank weiterhin an der B-AG zu 12,5% beteiligt war, ergab sich keine Vereinigung von mindestens 95 v. H. der Anteile an der B-AG. Die grundbesitzenden Gesellschaften und mit ihnen deren Grundstücke waren nach wie vor nur der B-AG als Organgesellschaft zuzurechnen.30 Die Finanzverwaltung hat sich dieser Auffassung mittlerweile angeschlossen.31

29 OFD Münster, Verfügung v. 07.12.2000, – S 4500 – 49 – St24 – 35 –, UVR 2001, S. 366 (367, Tz. 5 b)). 30 BFH, Urt. v. 20.07.2005 – II R 30/04, BB 2005, S. 2452 (2453); FG Düsseldorf, Urt. v. 10.03.2004 – 7 K 6316/02 GE, DStRE 2005, S. 108. 31 Oberste Finanzbehörden der Länder, gleichlautender Erlass v. 21.03.2007, DStR 2007, S. 900, vgl. Beispiele zu Tz. 2.2.2, 4.1.1. und 4.1.2. sowie 6.

Kapitel 2

Grundlagen der Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG I. Gesetzgebungsgeschichte Um die Ausführungen einzelner Autoren bzw. der Rechtsprechung im zeitlichen Ablauf richtig einordnen zu können, ist es zunächst erforderlich, die historische Entwicklung der Anteilsvereinigung darzustellen. Das Reichsstempelsteuergesetz von 1909 enthielt noch keine dem § 1 Abs. 3 GrEStG vergleichbare Vorschrift; eine vergleichbare Vorschrift fand sich jedoch im Bayerischen Stempelgesetz.1 Nach § 3 Reichszuwachssteuergesetz vom 14. Februar 19112 unterlag aber der Wertzuwachs, also die Differenz zwischen Verkaufserlös und Anschaffungskosten, von Rechten am Vermögen von grundstücksbesitzenden Gesellschaften beim Übergang der Anteile auf andere Personen der Besteuerung, soweit die Verwertung von Grundstücken Unternehmenszweck war oder die Gesellschaft die Umgehung der Zuwachssteuer beabsichtigte. Diese Vorschrift war jedoch als reine Ertragsteuervorschrift ausgestaltet und ist daher mit der späteren Vorschrift des § 1 Abs. 3 GrEStG nicht vergleichbar. Erst das Grunderwerbsteuergesetz 19193 bestimmte in § 3 GrEStG: „Werden alle Anteile einer Personenvereinigung (einer Aktiengesellschaft, Kommanditgesellschaft auf Aktien, Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Gewerkschaft, offenen Handelsgesellschaft, Gesellschaft des bürgerlichen Rechtes, Genossenschaft usw.), zu deren Vermögen Grundstücke gehören, in der Hand eines Teilhabers vereinigt oder, nachdem sie in der Hand eines Teilhabers vereinigt sind, auf einen anderen übertragen, so wird die Vereinigung oder Übertragung dem Übergange des Eigentums an dem Grundstück gleichgeachtet. Ehegatten sowie Eltern und Kinder gelten im Sinne diese Vorschrift als eine Person.“

Ziel des § 3 GrEStG 1919 war es, Steuerumgehungen durch die Übertragung von Anteilen an grundbesitzenden rechtsfähigen Personenvereinigungen zu verhindern.4 Durch das Grunderwerbsteuergesetz 1927 erfolgte keine Änderung des § 3 GrEStG 1919. 1 2 3

Ludwig, Vereinigung aller Anteile, S. 2. RGBl. 1911, S. 33. RGBl. 1919, S. 1617.

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Kap. 2: Grundlagen der Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG

Die Regelung des § 3 GrEStG 1919 wurde durch das Grunderwerbsteuergesetz 19405 in den neuen § 1 Abs. 3 GrEStG 1940 aufgenommen und erweitert. Als wesentliche Neuerungen erscheinen hier die Änderung der Anknüpfung der Besteuerung vom Verfügungs- auf das Verpflichtungsgeschäft6 sowie die Besteuerung von Anteilsvereinigungen im Organkreis.7 § 1 Abs. 3 GrEStG 1940 lautete8: „Gehört zum Vermögen einer Gesellschaft (Beispiele: Aktiengesellschaft, Gesellschaft mit beschränkter Haftung, bergrechtliche Gewerkschaft, offene Handelsgesellschaft, Gesellschaft des bürgerlichen Rechts) ein inländisches Grundstück, so unterliegen der Steuer außerdem: 1. ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers und seines Ehegatten oder seiner Kinder oder in der Hand von Unternehmen im Sinn des § 2 Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes (herrschende und abhängige Unternehmen) vereinigt werden würden; 2. die Vereinigung aller Anteile der Gesellschaft, wenn kein schuldrechtliches Geschäft im Sinn der Ziffer 1 vorausgegangen ist; 3. ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung aller Anteile der Gesellschaft begründet; 4. der Übergang aller Anteile der Gesellschaft auf einen anderen, wenn kein schuldrechtliches Geschäft im Sinn der Ziffer 3 vorausgegangen ist.“

§ 1 Abs. 3 GrEStG 1940 galt bis zum Inkrafttreten des Grundgesetz am 24.05.1949 fort. Das Grundgesetz selbst wies dem Bund keine Gesetzgebungskompetenz für die Grunderwerbsteuer zu (Art. 105 Abs. 2 Nr. 1 GG in seiner ursprünglichen Fassung v. 23.5.19499), so dass das Grunderwerbsteuergesetz gemäß Art. 30, 70 Abs. 1 GG – soweit materiell fortgeltend (Art. 123 Abs. 1 GG) – Landesrecht wurde.10 In den einzelnen Ländern wurde fortan das Grunderwerbsteuergesetz 1940, z. T. mit einigen Abweichungen,11 fortgeführt. Erst durch das Finanzreformgesetz v. 12.5.196912 erlangte der Bund durch Änderung des Art. 105 Abs. 2 GG erstmals die konkurrierende Gesetzgebungskompetenz (Art. 70 Abs. 2, Art 72 GG) für die Grunderwerbsteuer. Bis zum Erlass des bundeseinheitlichen Grunderwerbsteuergesetz 1983 galt nach § 23 4 RStBl. 1940, S. 387 (392); zum Normzweck der Anteilsvereinigung siehe Kapitel 2 II. 2. 5 RGBl. I 1940, S. 585. 6 Siehe auch Fischer, in: Boruttau, Vorb. Rn. 37. 7 RStBl. 1940, S. 387 (392); Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 958. 8 Hervorhebungen durch den Verfasser. 9 BGBl. 1949, S. 1. 10 Fischer, in: Boruttau, GrEStG, Vorb. Rn. 41. 11 Näher dazu Fischer, in: Boruttau, GrEStG, Vorb. Rn. 38 u. 43. 12 BGBl. I 1969, S. 359.

I. Gesetzgebungsgeschichte

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Abs. 1 S. 1 GrEStG 198313 jedoch das jeweilige Landesrecht noch bis zum 31.12.1982 fort. Dies führte u. a. zu einer starken Rechtszersplitterung im Bereich des Grunderwerbsteuerrechts, da zum einen überbordende Ausnahmetatbestände in die Grunderwerbsteuergesetze der Länder eingeführt wurden, zum anderen auch die Höhe des Grunderwerbsteuersatzes von Bundesland zu Bundesland variierte.14 Durch das Grunderwerbsteuergesetz 1983 wurde der bisherige § 1 Abs. 3 GrEStG 1940 in die Absätze 3 und 4 aufgespalten. Die neue Fassung15 lautete: „(3) Gehört zum Vermögen einer Gesellschaft ein inländisches Grundstück, so unterliegen der Steuer außerdem: 1. ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrerer Anteile der Gesellschaft begründet, wenn durch die Übertragung alle Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers oder in der Hand von herrschenden und abhängigen Personen oder abhängigen Unternehmen oder Personen allein vereinigt würden; 2. die Vereinigung aller Anteile der Gesellschaft, wenn kein schuldrechtliches Geschäft im Sinne der Nummer 1 vorausgegangen ist; 3. ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung aller Anteile der Gesellschaft begründet; 4. der Übergang aller Anteile der Gesellschaft auf einen anderen, wenn kein schuldrechtliches Geschäft im Sinne der Nummer 3 vorausgegangen ist. (4) Im Sinne das Absatzes 3 gelten 1. als Gesellschaften auch die bergrechtlichen Gewerkschaften und 2. als abhängig a) natürliche Personen, soweit sie einzeln oder zusammengeschlossen einem Unternehmen so eingegliedert sind, daß sie den Weisungen des Unternehmers in bezug auf die Anteile zu folgen verpflichtet sind; b) juristische Personen, die nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein Unternehmen eingegliedert sind.“

Hierbei fällt auf, dass der Hinweis auf § 2 Abs. 2 UStG entfernt wurde und die Organschaft stattdessen in Absatz 4 Nr. 2 eine eigenständige, jedoch am Wortlaut des § 2 UStG ausgerichtete Fassung erhielt. Darüber hinaus wurde der Begriff der abhängigen natürlichen Personen in das Gesetz eingeführt. Ferner entfiel aufgrund eines Beschlusses des BVerfG16 die steuerliche Zurechnung 13

BGBl. I 1982, S. 1783. Gesetzentwurf des Bundesrates zum geplanten GrEStG 1980, BT-Drucks. 9/251 v. 19.03.1981. 15 BGBl. I 1982, S. 1777. 16 Beschl. v. 10. Juni 1963 – 1 BvR 345/61, BStBl. 1963 I, S. 620. 14

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Kap. 2: Grundlagen der Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG

von Anteilen, die durch Ehegatten oder Kinder gehalten wurden, da das BVerfG diese Zurechnung zu Recht17 als Verstoß gegen Art. 6 GG wertete. Die beispielhafte Aufzählung der verschiedenen Gesellschaftsformen in § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG wurde als entbehrlich erachtet18 und aus dem Gesetz herausgenommen. Im Rahmen der Neubekanntmachung des Grunderwerbsteuergesetzes im Jahre 1997 wurde der Nachrang des § 1 Abs. 3 GrEStG vor dem neuen § 1 Abs. 2a GrEStG in das Gesetz aufgenommen.19 Schlussendlich erfolgte durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 mit Wirkung zum 01.01.2000 die Absenkung der Mindestbeteiligungsquote von 100% auf 95% sowie die Aufnahme der – von der Rechtsprechung20 entwickelten – Steuerbarkeit der mittelbaren Anteilsvereinigung.21 § 1 Abs. 3 GrEStG lautet nunmehr22: „(3) Gehört zum Vermögen einer Gesellschaft ein inländisches Grundstück, so unterliegen der Steuer außerdem: 1. ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung eines oder mehrer Anteile der Gesellschaft begründet, wenn durch die Übertragung unmittelbar oder mittelbar mindestens 95 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft in der Hand des Erwerbers oder in der Hand von herrschenden und abhängigen Personen oder abhängigen Unternehmen oder Personen allein vereinigt würden; 2. die Vereinigung unmittelbar oder mittelbar von mindestens 95 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft, wenn kein schuldrechtliches Geschäft im Sinne der Nummer 1 vorausgegangen ist; 3. ein Rechtsgeschäft, das den Anspruch auf Übertragung unmittelbar oder mittelbar von mindestens 95 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft begründet; 4. der Übergang unmittelbar oder mittelbar von mindestens 95 vom Hundert der Anteile der Gesellschaft auf einen anderen, wenn kein schuldrechtliches Geschäft im Sinne der Nummer 3 vorausgegangen ist.“

II. Normzweck und Rechtstechnik Um sichere Anhaltspunkte für die Auslegung des § 1 Abs. 3 GrEStG zu erhalten, ist es zunächst erforderlich, den Normzweck der Vorschrift selbst zu betrachten.23 Dazu muss zunächst der Sinn und Zweck der Besteuerung eines 17 Vgl. Gesetzentwurf des Bundesrates zum geplanten GrEStG 1980, BT-Drucks. 9/ 251 v. 19.03.1981, S. 16; Fischer, in: Boruttau, § 1 Rn. 854. 18 Bundesrat, BT-Drucks. 9/251, S. 16; ähnlich Gassner, Anteilsvereinigung, S. 21, zum österreichischen GrEStG 1955. 19 BGBl. I 1996, S. 2049. 20 Vgl. BFH, Urt. v. 11.06.1975, II R 38/69, BStBl. 1975 II, S. 834; BFH, Urt. v. 12.01.1993 – II R 130/91, BStBl. 1994 II, S. 408. 21 BGBl. I 1999, S. 402. 22 Hervorhebungen durch den Verfasser.

II. Normzweck und Rechtstechnik

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Grunderwerbs untersucht werden; in einem weiteren Schritt ist dann der Normzweck des § 1 Abs. 3 GrEStG zu ermitteln. 1. Normzweck und Rechtstechnik des GrEStG im Allgemeinen Nach der ursprünglichen, bis heute fortgeltenden24 Begründung ist Ziel des Grunderwerbsteuergesetzes, den Umsatz von Grundstücken für Zwecke der Besteuerung zu erfassen.25 Das Bundesfinanzministerium ist der Auffassung, dass allen grunderwerbsteuerbaren Vorgängen der Wechsel der Sachherrschaft an Grundstücken als Prinzip zugrunde liegt.26 Dabei knüpft die Besteuerung aber nicht an einen wie auch immer zu definierenden wirtschaftlichen Grunderwerb an.27 Vielmehr erfolgt eine Anknüpfung an bestimmte formale Rechtsvorgänge, die als rechtlicher oder wirtschaftlicher Rechtsträgerwechsel an Grundstücken bzw. als „Vorbereitungshandlung“ für einen solchen Rechtsträgerwechsel, insbesondere den Erwerb eines Anspruchs auf Übertragung des Eigentums, betrachtet werden.28 Diese Erwerbsvorgänge wurden durch das GrEStG 1940 in § 1 GrEStG zusammengefasst. Dass dabei Rechtsvorgänge – wie beispielsweise die Begründung eines Treuhandverhältnisses, nunmehr aber auch Umwandlungen29 – der Grunderwerbsteuer unterworfen wurden, die für sich genommen keinen wirtschaftlichen Grundstücksumsatz darstellen, wurde erkannt, aber aus der systematischen Gestaltung des GrEStG als unumgänglich eingestuft.30 Zudem war es Ziel des Gesetzgebers, nur solche Vorgänge zu besteuern, die sich einfach und zuverlässig ermitteln lassen,31 was es aus seiner Sicht ausschloss, einen „wenig bestimmten und wenig offenliegenden Vorgang des Umsatzes zum Haupttatbestand zu erheben. Ebenso kann die Heranziehung des Umsatzes zur Vermeidung von Steuerumgehungen nicht aufgegeben werden.“32 23 Zur Bedeutung des Normzwecks für die Auslegung von Steuergesetzen vgl. Drüen, in: Tipke/Kruse, AO, § 4 Rn. 274 ff. 24 Gesetzentwurf des Bundesrates zum geplanten GrEStG 1980, BT-Drucks. 9/251 v. 19.03.1981, S. 15; Fischer, in: Boruttau, GrEStG, Vorb. Rn. 48; Pahlke, in: Pahlke/ Franz, GrEStG, Einleitung Rn. 5. 25 RStBl. 1940 I, S. 387; Reiß, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, 18. Aufl. § 15 Rn. 5; Gassner, Anteilsvereinigung, S. 21. 26 BMF, Bericht zur Fortentwicklung des Unternehmenssteuerrechts, Beilage zu FR 11/2001, S. 12 f. 27 Anders das UStG, das an wirtschaftliche Verkehrsvorgänge anknüpft; vgl. Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 42; Zeuner, in: Bunjes/Geist, UStG, § 1 Rn. 11. 28 RStBl. I 1940, S. 387. 29 Gottwald, Grunderwerbsteuer, S. 1; Pahlke, in: Pahlke/Franz, GrEStG, Einleitung Rn. 9; näher siehe Kapitel 6 III. 2. 30 RStBl. I 1940, S. 387. 31 RStBl. I 1940, S. 387. 32 RStBl. I 1940, S. 387 (388).

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Kap. 2: Grundlagen der Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG

Nach derzeit herrschender Meinung wird die Grunderwerbsteuer aufgrund der oben angegebenen Gründe nach wie vor als Rechtsverkehrsteuer eingeordnet.33 Da jedoch die Grunderwerbsteuer auch an wirtschaftliche Grundstücksumsätze wie die Verwertungsbefugnis (§ 1 Abs. 2) oder die Anteilsübertragung/-vereinigung (§ 1 Abs. 3 und 4) anknüpft, wird sie auch als „Rechtsverkehrsteuer (auch) materieller Typologie“34 bzw. als „Vermögensverkehrssteuer“35 bezeichnet. Jedoch kann die Grunderwerbsteuer entgegen der Ansicht Verweyens nicht als Verbrauchsteuer einordnet werden.36 Verweyen begründet dies damit, dass die Grunderwerbsteuer den Verbraucher über §§ 8, 9 GrEStG am Maßstab seines konsumtiv verwendeten Einkommens oder Vermögens und damit nach seiner Leistungsfähigkeit belastet;37 dass auch Unternehmer von der Grunderwerbsteuer belastet werden, stehe dem nicht entgegen. Zunächst ist festzuhalen, dass ein Grundstück als solches kein Verbrauchsgegenstand ist. Ferner geht dieses Argument fehl, weil eine unmittelbare Steigerung der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit in Form einer Gegenleistung zumindest in den Fällen des § 8 Abs. 2 GrEStG gerade nicht vorausgesetzt wird. Zum anderen werden im Gegensatz zum UStG auch Vorgänge als steuerbar behandelt, die keinen wirtschaftlichen Leistungsaustausch darstellen38 und somit gerade keine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit offenbaren. Auch ist dem Grunderwerbsteuerrecht die Besteuerung des „Endverbrauchs“ fremd; besteuert wird mangels Vorsteuerabzug (§ 15 UStG) und ausdrückliches Besteuern der Abgabe in den freien Verkehr (§ 8 Abs. 1 EnergieStG) jeder Vorgang, der nach Vorstellung des Gesetzes zu einem rechtlichen oder wirtschaftlichen Grundstücksverkehr führt. Sicherlich kann daran gezweifelt werden, ob diese Besteuerung dann verfassungsrechtlich gerechtfertigt ist;39 für die Bestimmung der Rechtsnatur der Grunderwerbsteuer bringen verfassungsrechtliche Zweifel jedoch keinen Erkenntnisgewinn.

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Gottwald, Grunderwerbsteuerrecht, S. 1; Ludwig, Vereinigung aller Anteile, S. 1. Fischer, in: Boruttau, GrEStG, Vorb. Rn. 106; Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 42. 35 Klenk, in: Rau/Dürrwächter, UStG, § 4 Nr. 9 Rn. 2; Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 48. 36 Verweyen, Grunderwerbsteuer bei konzerninternen Umstrukturierungen, S. 126. 37 Verweyen, Grunderwerbsteuer bei konzerninternen Umstrukturierungen, S. 126 unter Anlehnung an Niedersächsisches FG, Vorlagebeschluss v. 18.08.1998 – VII (III) 306/97, EFG 1999, S. 37 (42). 38 Zu Umwandlungen und Treuhandverhältnisse siehe Fischer in: Boruttau, GrEStG, Vorb. Rn. 116. 39 Ausführlich Verweyen, Grunderwerbsteuer bei konzerninternen Umstrukturierungen, S. 127 ff. 34

II. Normzweck und Rechtstechnik

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2. Normzweck und Rechtstechnik des § 1 Abs. 3 GrEStG a) Gesetzgeberische Intention § 1 Abs. 3 GrEStG wird als Ergänzungstatbestand eingeordnet.40 Ausweislich der Begründung des § 1 Abs. 3 GrEStG 1940 liegt das Motiv für die Einführung der Vorschrift (wie auch für die Vorgängervorschrift des § 3 GrEStG 1919) in der Verhinderung von Steuerumgehungen.41 Der Gesetzgeber hatte die Vorstellung, dass andernfalls eine Umgehung der Grunderwerbsteuer erreicht werden könnte, indem anstelle der Veräußerung des Grundstücks dieses bereits von Anfang an von einer Gesellschaft erworben wird und anschließend die Anteile an dieser Gesellschaft statt des Grundstücks selbst auf einen Dritten übertragen werden.42 Obwohl die Gesellschaft selbst rechtlicher Eigentümer bleibt, könne der alleinige Gesellschafter wie ein Eigentümer über den Gesellschaftsgrundbesitz verfügen. Ungenau ist allerdings die Ausführung Ludwigs hierzu, dies manifestiere sich auch darin, dass dem Alleingesellschafter auch die alleinige Geschäftsführung der Gesellschaft obliege.43 Das trifft in der Regel zwar auf Personengesellschaften zu (wenngleich eine Einmann-Personengesellschaft nach bislang herrschender Meinung abgelehnt wird),44 jedoch nicht auf juristische Personen, bei denen Mitgliedschaft und Organfunktion grundsätzlich nicht in einem zwingenden Zusammenhang stehen (Prinzip der Fremdorganschaft).45 b) Rechtstechnik aa) Fiktionstheorie Obwohl ein Grundstücksverkehr im zivilrechtlichen Sinne beim Erwerb von mindestens 95% der Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft nicht stattfindet, fingiert § 1 Abs. 3 GrEStG durch die Vereinigung von mindestens 95% der Anteile einer Gesellschaft einen – ansonsten nur wirtschaftlich stattfindenden – Grunderwerb (sog. Fiktionstheorie).46 Die Vorschrift ist insoweit Ergän40 Vgl. BFH, Urt. v. 16.03.1966 – II 70/63, BStBl. III 1966, S. 378; Pahlke, in: Pahlke/Franz, § 1 Rn. 4; die unterschiedlichen, i. E. jedoch nicht abweichenden Bezeichnungen sind dargestellt bei Gassner, Anteilsvereinigung, S. 26 ff. 41 RStBl. 1940, S. 387 (392); siehe auch Pahlke, in: Pahlke/Franz, GrEStG, § 1 Rn. 319. 42 Ott, Handkommentar GrEStG 1927, § 3 Ziff. 1; Gassner, Anteilsvereinigung, S. 23; Ludwig, Vereinigung aller Anteile, S. 3. 43 Ludwig, Vereinigung aller Anteile, S. 4. 44 Siehe dazu Kapitel 3 I. 1. 45 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 14 II. 2. a) (S. 409); Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht, § 2 II. 2. (S. 24). 46 BFH, Urt. v. 17.02.1982 – II R 25/81, BStBl. II 1982, S. 336; BFH, Urt. v. 26.07.1995 – II R 68/92, BStBl. II 1995, S. 736; BFH, Beschl. v. 23.08.2004, II B

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Kap. 2: Grundlagen der Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG

zungstatbestand zu § 1 Abs. 1 und Abs. 2 GrEStG.47 Nicht erforderlich ist aber, dass die Übertragung der Anteile eine Umgehung der Grunderwerbsteuer darstellt;48 auch stellt § 1 Abs. 3 GrEStG nicht auf einen Umgehungswillen ab.49 Dem Gedanken hingegen, den Grunderwerb an jede Übertragung von einzelnen Gesellschaftsanteilen anzuknüpfen und so sukzessive die mittelbare „Eigentumsübertragung“ am Grundstück (ähnlich der Übertragung von Bruchteilseigentum) zu besteuern, erteilte der Gesetzgeber des GrEStG 1940 eine Absage. Er erachtete diese Verfahrensweise zwar als vorteilhaft, da dies die Möglichkeit ausschließe, Grunderwerbsteuer dadurch zu verhindern, indem einzelne Gesellschaftsanteile in der Hand anderer Personen verbleiben oder an diese übertragen werden (sog. „Zwerganteile“). Jedoch wurde diese Gesetzesfassung insgesamt als unpraktikabel eingestuft, da der Gesetzgeber der Meinung war, diese Variante – insbesondere bei Inhaberaktien – nicht in ausreichendem Umfang erfassen zu können, so dass ein gleichmäßiger Gesetzesvollzug nicht zu gewährleisten sei. Solche Erfahrungen seien mit § 3 Reichszuwachssteuergesetz 1911 gemacht worden.50 Der Grund hierfür dürfte auch in der fehlenden Formalisierung der Übertragung von Personengesellschaftsanteilen liegen. Diese im Jahre 1940 geäußerte Einschätzung hat jüngst durch das Urteil des BVerfG vom 09.03.2004 neue Bedeutung erlangt, welches das Gebot tatsächlich gleichen Gesetzesvollzugs in den Vordergrund stellte. Ein normatives Vollzugsdefizit sei mit dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung unvereinbar und verstoße somit gegen Art. 3 Abs. 1 GG, da es nicht hinnehmbar sei, dass die Anwendung einer belastenden Norm nur von der Bereitschaft des Steuerpflichtigen zur wahrheitsgemäßen Angabe seiner Kapitaleinkünfte abhänge.51 Diese Argumentation ist meines Erachtens mit den angeblich bestehenden Defiziten der steuerlichen Erfassung von Anteilsübertragungen vergleichbar, so dass der Begründung zum GrEStG 1940 insoweit auch heute noch zuzustimmen ist.

122/03 (nicht veröffentlicht); Hofmann, GrEStG, § 1 Rn. 134; Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 41; Hoffmann, BB 2001, 757 (759); Pahlke, in: Pahlke/Franz, GrEStG, § 1 Rn. 4; Neu/Müller, GmbH-StB 2006, S. 200 (203). 47 Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 877 m. w. N. 48 Reiß, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 15 Rn. 27. 49 BFH, Urt. v. 22.06.1966, II 165/62, BFHE 86, S.520 (521); Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 858; Ludwig, Vereinigung aller Anteile, S. 4; Pahlke, in: Pahlke/ Franz, GrEStG, § 1 Rn. 8; Laule, GmbHR 1965, S. 47 (51); zum Verhältnis zu § 42 AO siehe Kapitel 2 II. 4. 50 RStBl. 1940, S. 387 (392); Ott, Handkommentar GrEStG 1927, § 3 Ziff. 1, berichtet, dass sich die Vorschrift des § 3 RZuwStG, welche diese Verfahrensweise vorsah, als praktisch kaum durchführbar erwiesen hatte. 51 BVerfG, Urt. v. 09.03.2004, 2 BvL 17/02, DStRE 2004, S. 396 (401 ff.).

II. Normzweck und Rechtstechnik

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bb) Doppelfunktion: Zuordnung und Steuertatbestand § 1 Abs. 3 GrEStG erfüllt – wie alle Tatbestände des § 1 Abs. 1 bis 3 GrEStG – eine Doppelfunktion: Zum einen unterwirft er einen fiktiven Grunderwerbsvorgang der Besteuerung. Steuerpflichtig sind nur Erwerbsvorgänge, wie sich aus der amtlichen Überschrift des § 1 GrEStG ergibt, nicht aber der gedachte Erwerb des Gesellschaftsgrundstücks an sich, wenngleich letzterer den Besteuerungsgrund bildet.52 Zum anderen bestimmt die Vorschrift, welche Gesellschafter – bezogen auf den Erwerbsvorgang – ein Gesellschaftsgrundstück fiktiv erwerben. Ferner bestimmt die Norm, ob – unabhängig von einem steuerpflichtigen Erwerbsvorgang – das Grundstück neben der grundbesitzenden Gesellschaft auch noch weiteren Personen grunderwerbsteuerrechtlich zuzuordnen ist.53 Ihm kommt daher auch die Funktion der Bestimmung des „wirtschaftlichen Rechtsträgers“ eines Gesellschaftsgrundstücks zu. Aufgrund des nur fiktiven Charakters der Rechtsträgerschaft sollen im Fortgang der Arbeit statt dessen die Begriffe „Zuordnungsträger“ und „Zuordnungssubjekt“ verwendet werden, um eine Verwechslung mit zivilrechtlichen Begrifflichkeiten zu vermeiden. Grundsätzlich sind für einen Erwerbsvorgang der Verlust der Zuordnung des Grundstücks zum Veräußerer und die neue Zuordnung zum Erwerber erforderlich; es muss mithin ein Zuordnungsträgerwechsel stattfinden.54 Diese Betrachtung trifft im Rahmen des § 1 Abs. 3 GrEStG nur für die Nr. 3 und 4 zu, da hier das Gesellschaftsgrundstück fiktiv von einem alten „Alleingesellschafter“ auf einen neuen „Alleingesellschafter“ übergeht. Hingegen hinkt diese Betrachtung in den Fällen des § 1 Abs. 3 Nr. 1 und 2 GrEStG: hier tritt derjenige, welcher durch den Erwerb bislang unvereinigte Anteile in seiner Person vereinigt, als fiktiver Grundstückseigentümer neben die grundbesitzende Gesellschaft. Es handelt sich daher nicht um einen rechtsgeschäftlichen, sondern um eine Art originären Erwerb, der jedoch entgegen der sonstigen Systematik des § 1 GrEStG als Erwerbsvorgang erfasst wird.55 § 1 Abs. 3 GrEStG bricht dabei mit der zivilrechtichen Systematik: Die zivilrechtlich normierte – und für die Gesamthandsgemeinschaften grunderwerbsteuerrechtlich schon vorher anerkannte56 – eigenständige Rechtsfähigkeit (§ 124

52 Pahlke, in: Pahlke/Franz, GrEStG, § 1 Rn. 10; Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 2 ff. 53 Ausführlich hierzu Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 3 ff.; siehe auch BFH, Urt. v. 12.01.1994 – II R 130/91, BStBl. II 1994, S. 408 (409). 54 Hofmann, GrEStG, § 1 Rn. 3; Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 11 f.; Pahlke, in: Pahlke/Franz, GrEStG, § 1 Rn. 11; diese sprechen jedoch – insoweit konsequent – von einem Rechtsträgerwechsel. 55 Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 34. 56 RFH, Urt. v. 09.04.1923 – Gr. S. 4/22, RFHE 12, S. 76 (80 ff.); BFH, Urt. v. 14.11.1956 – II 46/56, BStBl. III 1957, S. 19; Beschl. v. 04.12.1996 – II B 116/96,

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Kap. 2: Grundlagen der Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG

HGB, § 13 GmbHG, § 1 AktG) der Gesellschaft wird teilweise negiert, da das zivilrechtlich im ausschließlichen Eigentum der Gesellschaft stehende Grundstück zusätzlich dem neuen, nunmehr mindestens 95%-igen unmittelbaren oder mittelbaren Anteilsinhaber zugerechnet wird.57 Darüber hinaus wird auch die Anteilsvereinigung im Organkreis der Besteuerung unterworfen. Dies war nach Einschätzung des Gesetzgebers des GrEStG 1940 erforderlich, „weil größere Unternehmen mit weitgehender gesellschaftlicher Verschachtelung die Entstehung der Steuer bisher dadurch umgehen konnten, dass sie die Anteile in der Hand mehrerer abhängiger Unternehmen oder in der Hand des herrschenden und eines abhängigen Unternehmens vereinigten.“58

Rechtstechnisch ist die Besteuerung der Vereinigung von Anteilen im Organkreis nach herrschender Meinung als Unterfall der mittelbaren Anteilsvereinigung ausgestaltet; Hofmann ist dagegen der Ansicht, es handele sich um eine Anteilsvereinigung eigener Art. Statt die Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft bei einem Rechtsträger zu vereinigen, genügt es, wenn die Anteile von verschiedenen Rechtsträgern gehalten werden, welche im erwähnten Abhängigkeitsverhältnis zueinander bzw. zu einem herrschenden Unternehmen stehen.59 Das Abhängigkeitsverhältnis ersetzt hier teilweise das Erfordernis einer mindestens 95%-igen Beteiligung eines Gesellschafters an der zwischengeschalteten Gesellschaft. Festzuhalten ist dabei, dass der Besteuerungsvorgang dennoch durch die Übertragung von Anteilen und nicht durch die Begründung von Organschaftsverhältnissen ausgelöst wird.60 Somit ist festzuhalten, dass einem Gesellschafter, der mindestens 95 v. H. der Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft vereinigt, deren Grundstücke nach § 1 Abs. 3 GrEStG zugeordnet werden. Diese Zuordnung kann auch mittelbar über Beteiligungsketten oder Organschaften hergestellt werden. Daraus folgt aber auch, dass Grundstücke nicht nur bei Anwendung unterschiedlicher Absätze des § 1 GrEStG, sondern auch innerhalb des § 1 Abs. 3 GrEStG mehBStBl. II 1997, S. 661 (662); dazu näher Pahlke, in: Pahlke/Franz, GrEStG, § 1 Rn. 42. 57 BFH, Urt. v. 31.03.2004 – II R 54/01, BStBl. II 2004, S. 658 (660); Urt. v. 01.12. 2004 – II R 10/02, GmbHR 2005, S. 1009 (1010); Gassner, Anteilsvereinigung, S. 24; Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 851. 58 RStBl. 1940, S. 392. 59 BFH, Urt. v. 16.01.1980 – II R 52/76, BStBl. II 1980, S. 360 (361); Urt. v. 20.07. 2005 – II R 30/04, BB 2005, S. 2452 (2453); Heine, GmbHR 2000, S. 850 (854); Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 958; abweichend Hofmann, GrEStG, § 1 Rn. 169. 60 BFH, Urt. v. 20.07.2005 – II R 30/04, BB 2005, S. 2452 (2453); FG Düsseldorf, Urt. v. 10.03.2004 – 7 K 6316/02 GE, DStRE 2005, S. 108; Willibald/Widmayer, DB 2005, S. 2543 (2546); Behrens, BB 2006, S.2621; Brinkmann/Tschesche, BB 2005, S. 2783 (2785).

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reren Zuordnungssubjekten grunderwerbsteuerrechtlich zugewiesen sein können, obwohl ein Grundstück zivilrechtlich nur einen Eigentümer bzw. mehrere Mit-, Gesamthands- oder Bruchteilseigentümer haben kann.61 Die Vorschrift des § 39 Abs. 2 AO, welche ein Wirtschaftsgut dem wirtschaftlichen Eigentümer zuordnet, gilt im Grunderwerbsteuerrecht nicht, da dieses einen formalen und keinen rein wirtschaftlichen Eigentumsbegriff verfolgt.62 Deshalb wird das Grundstück bei Beteiligungsketten auf jeder Beteiligungsstufe, also bei der „Obergesellschaft“ wie auch bei den zwischengeschalteten Gesellschaften zugerechnet, soweit letztere im erforderlichen Quantum an der in der Beteiligungskette folgenden grundbesitzenden Gesellschaft beteiligt sind.63 Dieses Prinzip manifestiert sich in § 1 Abs. 6 GrEStG: durch die Anrechnungsformel des § 1 Abs. 6 S. 2 GrEStG wird sichergestellt, dass ein Erwerbsvorgang, der materiell bereits durch einen vorangegangenen Erwerbsvorgang eines anderen Absatzes verwirklicht wurde, nicht doppelt besteuert wird. Diese Norm wäre ohne Anwendungsbereich, wenn eine mehrfache Zuordnung eines Grundstücks nicht möglich wäre. Denn mit Ausnahme des § 1 Abs. 3 Nr. 1 und 2 GrEStG bedarf es für einen grunderwerbsteuerpflichtigen Erwerbsvorgang immer des Wechsels des Zuordnungsträgers. Wäre aber eine Mehrfachzuordnung durch das Grunderwerbsteuergesetz nicht gewollt, läge bei aufeinanderfolgenden Erwerbsvorgängen kein Zuordnungsträgerwechsel vor, da der Erwerber bereits durch den Vorerwerb alleiniges Zuordnungssubjekt des in Frage stehenden Grundstücks gewesen wäre. Diese Möglichkeit der Mehrfachzuordnung von Grundstücken ist folglich ein dem Grunderwerbsteuerrecht systemimmanentes Prinzip. Mangels abweichender Normierung gilt dieses sowohl in den Fällen einer Zuordnung nach unterschiedlichen Normen (z. B. nach § 1 Abs. 1 Nr. 1, 2 GrEStG zum formalen Eigentümer, nach § 1 Abs. 2 GrEStG zum Verwertungsbefugten) als auch innerhalb eines Absatzes des § 1 GrEStG (z. B. zur Zwischen- wie auch zur Obergesellschaft nach § 1 Abs. 3 GrEStG).64 Umgekehrt folgt auch aus diesem Prinzip, dass aus einem Erwerbsvorgang mehrere Erwerbe resultieren können. Erwirbt beispielsweise eine Gesellschaft ein Grundstück zu Eigentum, so ist dies nur ein steuerpflichtiger Vorgang nach § 1 Abs. 1 GrEStG.65 Gleichzeitig erfolgt eine Zuordnung des Grundstücks zu einem Gesellschafter nach § 1 Abs. 3 GrEStG, der mindestens 95 v. H. der Anteile an dieser Gesellschaft hält, obwohl dieser keinen steuerbaren Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 3 GrEStG verwirklicht, weil es insoweit an einer Anteilsübertragung gerade fehlt. 61

BFH, Urt. v. 05.11.2002 – II R 41/02, BFH/NV 2003, S. 507. Fischer, in: Boruttau, GrEStG, Vorb. Rn. 170 ff.; Brockmeyer, in: Klein, AO, § 39 Rn. 4, zur Unanwendbarkeit des § 39 AO siehe Kapitel 6 IV. 1. b). 63 Zu den Konsequenzen bei konzerninternen Umstrukturierungen siehe Kapitel 6 III. 3. 64 Pahlke, in: Pahlke/Franz, GrEStG, § 1 Rn. 336. 65 Dies übersieht Kroschewski, BB 2001, S. 1121 (1122). 62

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Kap. 2: Grundlagen der Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG

cc) Konkurrenzverhältnis zwischen § 1 Abs. 3 Nr. 1 und 2 bzw. Nr. 3 und 4 GrEStG Innerhalb des § 1 Abs. 3 GrEStG sind als Normkomplexe zum einen die Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 bzw. 2 GrEStG sowie die Übertragung der vereinigten Anteile nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 und 4 GrEStG auszumachen. Während im ersten Fall (Nr. 1 und 2) der Gesellschafter durch Anteilserwerb von einem oder mehreren Altgesellschaftern erstmals 95 v. H. der Anteile in seiner Person vereinigt, werden in Nr. 3 und 4 bereits bei einer Person zu mindestens 95 v. H. vereinigte Anteile auf einen neuen Gesellschafter übertragen.66 Mit dem letzten Anteilserwerb, der zu einer Vereinigung von mindesten 95 v. H. der Anteile führt, wird der Gesellschafter so gestellt, als habe er die Grundstücke von der Gesellschaft selbst erworben (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 und 2 GrEStG), genauer: er tritt als Zuordnungssubjekt neben die Gesellschaft. Erwirbt ein Gesellschafter dagegen die bereits in ausreichendem Maße vereinigten Anteile von einem anderen Gesellschafter, so fingiert das Gesetz den Eigentumserwerb von diesem Gesellschafter (§ 1 Abs. 3 Nr. 3 und 4 GrEStG), da hier ein Zuordnungsträgerwechsel stattfindet.67 Werden jedoch nach erfolgter (dinglicher) Anteilsvereinigung von der Gesellschaft Grundstücke erworben, so ist dies nicht steuerpflichtig, obwohl diese auch dem Gesellschafter selbst zugerechnet werden. Es fehlt insoweit trotz Zuordnung an einem steuerpflichtigen Erwerbsvorgang.68 Dagegen ist die Aufgabe einer mindestens 95%-igen Anteilsvereinigung durch Veräußerung nur des Teils der Anteile, welche die Vereinigungsquote unter 95% sinken lässt, nicht – auch nicht für die Gesellschaft – steuerpflichtig, da kein Wechsel des Zuordnungsträgers stattfindet, sondern ein Zuordnungsträger wegfällt.69 Innerhalb der Norm steht die Nr. 2 im Subsidiaritätsverhältnis zu Nr. 1, die Nr. 4 im Subsidiaritätsverhältnis zur Nr. 3. Nur in den Fällen, in denen dem Grunderwerb kein auf diesen abzielendes Verpflichtungsgeschäft zugrunde liegt, greifen die Vorschriften der Nr. 2 und 4. Dies ist durch die grundsätzliche Anknüpfung der Grunderwerbsteuer an das schuldrechtliche, auf einen Erwerb gerichtete Verpflichtungsgeschäft bedingt.70 Umstritten ist, ob zwischen schuldrechtlichem Anspruchserwerb und dinglicher Anspruchserfüllung von der Ge66 Hofmann, GrEStG, § 1 Rn. 134a f.; Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 981 ff.; Pahlke, in: Pahlke/Franz, GrEStG, § 1 Rn. 320 m. w. N. 67 BFH, Urt. v. 31.03.1982 – II R 92/81, BStBl. II 1982, S. 424; Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 851; Heine, GmbHR 2000, S. 850 (851). 68 BFH, Urt. v. 08.11.1978 – II R 82/73, BStBl. II 1979, S. 153 (154); Urt. v. 20.10.1993 – II R 116/90, BStBl. II 1994, S. 121 (122). 69 Heine, GmbHR 2000, S. 850 (852). 70 Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 859; Hofmann, GrEStG, § 1 Rn. 135.

II. Normzweck und Rechtstechnik

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sellschaft erworbene Grundstücke Steuer nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 bzw. 4 GrEStG auslösen, oder ob die Subsidiarität so weit geht, dass der nach Anspruchserwerb erfolgende Grunderwerb durch die vorherige Besteuerung für den Gesellschafter steuerfrei bleibt.71 c) Konkretisierung des Normzwecks in Rechtsprechung und Literatur Diese Ausführungen des Gesetzgebers lassen noch keinen direkten Schluss darauf zu, weshalb der Alleingesellschafter als wirtschaftlicher Eigentümer der Gesellschaftsgrundstücke betrachtet wird: Geht es darum, dass der Gesellschafter das Gesellschaftsgrundstück als wertbildenden Faktor seines Anteils zu eigenem Vermögen erwirbt, oder dass der (Allein-)Gesellschafter dieses Grundstück aufgrund einer beherrschenden Stellung in der Gesellschaft steuernd für eigene Zwecke einsetzen kann oder ist der Grund der Besteuerung in einer Kombination beider Aspekte zu sehen? Eine genauere Überprüfung der dazu erschienen Aussagen zeigt, dass die Grundlagen des fiktiven Eigentumserwerbs nach § 1 Abs. 3 GrEStG nicht unumstritten sind. Da jedoch der Normzweck für die Auslegung von hoher Bedeutung ist, muss diese Frage geklärt werden, bevor eine Auslegung einzelner Tatbestandsmerkmale erfolgen kann. Die Aussagen von Rechtsprechung und Literatur hierzu sollen im Folgenden dargestellt und anschließend einer eigenen Wertung unterworfen werden. Anschließend soll der Versuch unternommen werden, die bislang gefundenen Ergebnisse fortzuentwickeln. Dabei soll zunächst der „ursprüngliche“ Normzweck betrachtet werden, also die Überlegungen, welche zur Steuerbarkeit der 100%-igen Anteilsvereinigung geführt haben. Anschließend soll geklärt werden, ob mit der Absenkung der Beteiligungsquote auf mindestens 95 v. H. ein Paradigmenwechsel einherging. aa) Rechtsprechung Relativ unpräzise in der Bestimmung des Normzwecks bleibt das Bundesverfassungsgericht. Dieses ordnet § 1 Abs. 3 GrEStG schlicht als einen Ergänzungstatbestand ein, der auf die Besteuerung eines wirtschaftlichen Erwerbs des Grundstücks abzielt. Das wirtschaftliche Eigentum des Gesellschafters rechtfertige den Durchgriff durch die eigenständige Rechtspersönlichkeit der Gesellschaft zu dessen Lasten.72 Eine nähere Untersuchung, warum der Alleingesellschafter als wirtschaftlicher Eigentümer der Gesellschaftsgrundstücke einzuordnen ist, bleibt jedoch aus. 71 72

Siehe dazu ausführlich Kapitel 6 I. BVerfG, Beschl. v. 16.05.1969 – 1 BvR 600/66, BStBl. II 1969, S. 398.

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Kap. 2: Grundlagen der Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH liegt die Erklärung der Grunderwerbsteuerpflicht einer Anteilsvereinigung darin, dass mit dieser eine spezifisch grunderwerbsteuerrechtlich veränderte Zuordnung der Grundstücke im Gesellschaftsvermögen einhergeht.73 Dem Alleingesellschafter komme eine dem Eigentümer an einem Grundstück vergleichbare Rechtszuständigkeit an den Gesellschaftsgrundstücken zu.74 Das Gesetz gehe dabei von der Vorstellung aus, dass der „Alleinherrscher“ über eine Gesellschaft auch eine dem Eigentum vergleichbare Herrschaft über deren Grundstücke habe,75 nämlich die alleinige Sachherrschaft.76 Eine Präzisierung erfahren diese Äußerungen insbesondere im Hinblick auf die Beteiligung an Personengesellschaften. Hier entschied der BFH in zwei Urteilen, dass auch ein wertmäßig nicht beteiligter Komplementär einer Kommanditgesellschaft als Anteilsinhaber im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG gelte. Der Grund hierfür liege darin, dass trotz der 100%-igen wertmäßigen Beteiligung des alleinigen Kommanditisten das Gesellschaftsgrundstück nach wie vor Bestandteil des Gesamthandsvermögens der Kommanditgesellschaft sei. An diesem Vermögen sei der Kommanditist aber nach § 719 Abs. 1 BGB nur gesamthänderisch mitberechtigt, weswegen er nur gemeinsam mit dem vermögensmäßig nicht beteiligten Komplementär über das Gesellschaftsvermögen verfügungsbefugt sei.77 Somit erscheint die „Verfügungsbefugnis“ über das Gesellschaftsgrundstück zumindest für den Bereich der Personengesellschaften als eines der wesentlichen Kriterien zur Bestimmung der Sachherrschaft. Die über die gesellschaftsrechtliche Beteiligung vermittelte Sachherrschaft führte nach der Rechtsprechung des BFH sogar dazu, dass auch die mittelbare Anteilsvereinigung einer Gesellschaft steuerpflichtig war,78 was durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/200279 explizit in das Gesetz aufgenommen wurde. Mangels gegenteiliger Äußerungen hat auch die Absenkung der Mindestbeteili73 BFH, Urt. v. 31.03.1982 – II R 92/81, BStBl. II 1982, S. 424; Urt. v. 20.10.1993 – II R 116/90, BStBl. II 1994, S. 121 (122); Urt. v. 15.06.1994 – II R 120/91, DStR 1994, S. 1610; Urt. v. 16.07.1997 – II R 8/95, BFH/NV 1998, S. 81 (82); Urt. v. 08.08.2001 – II R 66/98, BFH/NV 2001, S. 1672 (1673); st.Rspr., so auch die Finanzgerichte, z. B. FG Düsseldorf, Urt. v. 10.03.2004 – 7 K 5365/01, EFG 2004, S. 1142. 74 BFH, Urt. v. 13.09.1995 – II R 80/92, BStBl. II 1995,S. 903 (905). 75 BFH, Urt. v. 05.11.1986 – II R 237/85, BStBl. II 1987, S. 225; Urt. v. 26.07.1995, II R 68/92, BStBl. II 1995, S. 736 (737); Urt. v. 05.11.2002 – II R 23/00, BFH/NV 2003, S. 505 (506); FinMin Baden-Württemberg, Erlass v. 14.02.2000 – 3 – S 4500/43. 76 BFH, Urt. v. 16.07.1997 – II R 8/95, BFH/NV 1998, S. 81 (82); Urt. v. 08.08. 2001 – II R 66/98, BFH/NV 2001, S. 1672 (1673). 77 BFH, Urt. v. 26.07.1995 – II R 68/92, BStBl. II 1995, S. 736 (737); Urt. v. 08.08.2001 – II R 66/98, BFH/NV 2001, S. 672. 78 BFH, Urt. v. 11.06.1975 – II R 38/69, BStBl. II 1975, S. 834; Urt. v. 30.03.1988 – II R 76/87, BStBl. II 1988, S. 550; Beschl. v. 04.12.1996 – II B 110/96, BFH/NV 1997, S. 440 (441). 79 BGBl. I 1999, 402.

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gungsquote von 100% auf 95% der Anteile nicht zur Aufgabe des Sachherrschaftskriteriums durch den BFH geführt, wobei – soweit bislang ersichtlich – der BFH noch keine nach dem 31.12.1999 stattfindende Sachverhalte zu entscheiden hatte; auch abweichende Äußerungen seitens der Finanzgerichte finden sich insoweit nicht. bb) Literatur In der Literatur wird vorwiegend das von der Rechtsprechung angeführte Kriterium der Sachherrschaft über ein Grundstück aufgenommen und zum Teil weiterentwickelt. Jedoch finden sich auch Literaturstellen, welche den Normzweck eher in der Erfassung der wertmäßigen Teilhabe des Gesellschafters am Grundstück erblicken wollen. Eine in der Literatur hauptsächlich vertretene Ansicht stellt auf die Stellung des Anteilsinhabers als „wirtschaftlicher Eigentümer“ ab. Diese Aussage wird konkretisiert, indem das relevante Anknüpfungskriterium für die Sachherrschaft über das Grundstück in der „rechtlichen Verfügungsmacht“ über die Gesellschaftsanteile gesehen wird. Dies rechtfertige trotz der zivilrechtlichen Eigentümerstellung der Gesellschaft die Zurechnung des Grundstücks zum Anteilsinhaber.80 Fischer stellt auf das vorher entwickelte Kriterium der veränderten Zuordnung des Grundstücks bei Vorliegen eines Alleingesellschafters/95%-Gesellschafters ab, welche im Erwerb der „Verwertungsmöglichkeit am Grundstück“ durch den Alleingesellschafter zu sehen sei. Dies impliziert eine eher vermögensmäßige Betrachtung. Gleichzeitig misst Fischer aber auch dem Alleingesellschafter eine dem Eigentum (§ 903 BGB) vergleichbare Herrschaft über die Gesellschaftsgrundstücke zu.81 Somit wird nicht ganz deutlich, worin Fischer das eigentliche Kriterium für das wirtschaftliche Eigentum des Alleingesellschafters sieht. All diesen Ansichten ist gemeinsam, dass eine nähere Untersuchung des Kriteriums der Sachherrschaft über das Gesellschaftsgrundstück ausbleibt und somit unklar ist, ob und wie dieser Begriff im konkreten Fall mit juristisch eindeutigen Wertungskriterien unterlegt werden soll. Dieser Aufgabe hat sich Kroschewski in seiner Dissertation „Grunderwerbsteuerrechtliche Anteilsvereinigung im Unternehmensverbund“ gewidmet. Er kritisiert dabei die Aussagen, § 1 Abs. 3 GrEStG a. F. fingiere einen Grundstückserwerb durch den Erwerber. Schließlich 80 Pahlke, in: Pahlke/Franz, § 1 Rn. 317; ähnlich Binz/Freudenberg/Sorg, DStR 1990, S. 753; Hofmann, GrEStG, § 1 Rn. 134; Weilbach, GrEStG, § 1 Rn. 87; Ludwig, Vereinigung aller Anteile, S. 4 u. 28. 81 Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 851; ebenso Eder, DStR 1994, S. 735 (736); Beckmann, GmbHR 1999, S. 217 (219); Starke/Bücker, GmbHR 2006, S. 416.

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Kap. 2: Grundlagen der Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG

sei der Erwerbsgegenstand des § 1 Abs. 3 GrEStG nicht mit dem Erwerb des Grundstückseigentums in § 1 Abs. 1 GrEStG identisch.82 Da jedoch § 1 Abs. 3 GrEStG – wie auch § 1 Abs. 2 GrEStG – einen Umgehungstatbestand bezüglich des Eigentumserwerbs an einem Grundstück darstelle, müsse zur Ermittlung des Normzwecks in zivilrechtlicher Hinsicht untersucht werden, inwieweit bei Vereinigung damals noch aller Anteile dem Alleingesellschafter eine Rechtsstellung bezüglich der Gesellschaftsgrundstücke zukäme, die materiell der Stellung eines Eigentümers bzw. eines Verwertungsbefugten gleichzustellen sei.83 Seine Einordnung des Normzwecks beruht auf einer ausführlichen Untersuchung der Stellung des Alleingesellschafters (im Sinne einer 100%-igen Beteiligung) der GmbH und der AG bezüglich deren Grundstücke im Vergleich zu der eines Mehrheitsgesellschafters; Personengesellschaften (obwohl von § 1 Abs. 3 GrEStG nach allgemeiner Meinung erfasst84) handelt er in dieser zivilrechtlichen Untersuchung nicht ab.85 Kroschewski kommt dabei zu dem Ergebnis, dass der Alleingesellschafter einer Kapitalgesellschaft, im Gegensatz zu dem an die gesellschaftsrechtliche Treupflicht gebundenen Mehrheitsgesellschafter, in der Lage ist, nach § 33 Abs. 1 S. 2 BGB analog über den Verbandszweck und somit über das Gesellschaftsinteresse zu disponieren, da diese Änderung des Gesellschaftszwecks der Zustimmung aller Gesellschafter86 bedarf. Ändere dieser den Gesellschaftszweck – direkt oder mittels Unternehmensvertrag – ab, könne der Alleingesellschafter über die Erteilung von Weisungen, welche entweder durch Beherrschungsvertrag, Eingliederung (bei der AG) oder Weisungen der Gesellschafterversammlung (bei der GmbH) rechtlich bindend wären, die Gesellschaft an seinen eigenen privaten Interessen ausrichten. Ohne diese Zweckänderung wären vom Gesellschaftszweck abweichende privatnützige Weisungen an die Geschäftsführungsorgane nicht gerechtfertigt, sei es, weil diese generell nicht gerechtfertigt wären (so bei der AG, vgl. § 76 Abs. 1 AktG) bzw. weil die Weisungen der Gesellschafterversammlung bei der GmbH dennoch am Gesellschaftszweck auszurichten seien und der Mehrheitsgesellschafter über die gesellschaftsrechtliche Treupflicht an einer eigennützigen Ausübung seiner Mit82

Kroschewski, Anteilsvereinigung, S.131. Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 144 ff. 84 BFH, Urt. v. 26.07.1995 – II R 68/92, BStBl. II 1995, S. 736 (737); Urt. v. 08.08.2001 – II R 66/98, BFH/NV 2001, S. 672; Weilbach, GrEStG, § 1 Rn. 87; Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 866; näher siehe Kapitel 3 I. 1. 85 Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 149–233. 86 H. M.; z. B. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 4 II. 3. a) (S. 65); Pentz, in: MünchKomm-AktG, § 23 Rn. 70; Röhricht, in: Großkomm-AktG, § 23 Rn. 91 m. w. N.; Kroschewski spricht – gesellschaftsrechtlich ungenau – von der Einstimmigkeit des Gesellschafterbeschlusses. Dies ist unzutreffend, da bei Anwendung des § 33 Abs. 1 S. 2 BGB analog aufgrund der Kernbereichslehre auch die Gesellschafter zustimmen müssen, die sonst kein Stimmrecht haben. 83

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gliedschaftsrechte gehindert sei. Kroschewski verkennt dabei nicht, dass der Abschluss eines auch nachteilige Weisungen rechtfertigenden Beherrschungsvertrags bei einer Aktiengesellschaft gemäß § 293 Abs. 1 S. 2 AktG bereits ab einer Zustimmung von drei Vierteln des Grundkapitals möglich ist. Dem Alleingesellschafter komme aber der insoweit entscheidende Vorteil zu, seine Minderheitsgesellschafter nicht nach §§ 304 ff. AktG abfinden zu müssen, weshalb ein solcher sich den Beherrschungsvertrag auf jeden Fall leisten könne.87 Um das Weisungsrecht vollständig eigennützig ausüben zu können, bedürfe es noch der nach zwingenden Normen durchzuführenden und zu publizierenden Änderung des Gesellschaftszwecks.88 Diese Loslösung des Alleingesellschafters von der Bindung an den Verbandszweck führe dazu, dass der Gesellschafter über seine mitgliedschaftlichen Verwaltungsbefugnisse an der Gesellschaft deren Grundstücksnutzung privatnützig gestalten könne, so dass insoweit über die damit eintretende Verfügungsbefugnis eine materiellrechtliche Änderung der Herrschaftsverhältnisse über die grundbesitzende Gesellschaft vorliege, welche Übereinstimmungen mit dem zivilrechtlichen Eigentum an diesen Grundstücken aufweise.89 Kroschewski erkennt, dass § 1 Abs. 3 GrEStG eine solche Zweckänderung aber nicht verlangt. Er ist deshalb der Ansicht, dass die bloße Rechtsmacht, diese eigennützige Bestimmung des Verbandszwecks vornehmen zu können, ausreicht, um eine Herrschaft des Alleingesellschafters über die Gesellschaft annehmen zu können. In dieser Erlangung der Zwecksetzungsmacht über die Gesellschaft und dem damit einhergehenden Autonomiedefizit der Gesellschaft sieht Kroschewski folglich das wesentliche Kriterium, welches eine dem Eigentum vergleichbare Rechtsposition des Alleingesellschafters darstelle.90 In der Erfassung des Übergangs dieser Rechtsposition liege der Normzweck des § 1 Abs. 3 GrEStG.91 Eine andere Akzentuierung erfährt die Bestimmung der Grundstückszuordnung bei Gassner, welche von Horn92 und Czurda93 geteilt wird: Diese Auffassungen sieht in § 1 Abs. 3 GrEStG einen Durchgriff auf das Vermögensrecht an den Grundstücken der Gesellschaft.94 Andernfalls sei nicht erklärbar, dass § 1 Abs. 3 GrEStG auch Personengesellschaften miteinbeziehen wollte, da bei Vereinigung aller Mitgliedschaftsrechte an einer Personengesellschaft diese erlösche (in Deutschland durch Anwachsung nach § 738 BGB) und somit bereits 87 88 89 90 91 92 93 94

Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 232. Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 232 f. und passim. Kroschewski, BB 01, 1121 ff. (1124); ders., Anteilsvereinigung, S. 234 ff. Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 232 f. Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 240; ders., BB 2001, S. 1125. Horn, GmbHR 1972, S. 284 (286). Czurda, in: Czurda, GrEStG, § 1 Rn. 345. Gassner, Anteilsvereinigung, S. 25 und 40.

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Kap. 2: Grundlagen der Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG

§ 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG erfüllt sei. Dagegen erhalte der Tatbestand bezüglich der Personengesellschaft dann einen Anwendungsbereich, wenn auf den Vermögenswert der Beteiligung abgestellt werde, weil im Gegensatz zur Vereinigung der „Gesellschaftsanteile“ die Möglichkeit bestünde, dass nur ein Gesellschafter eine Kapitalbeteiligung an der Gesellschaft habe, einer oder mehrere Mitgesellschafter dagegen Mitglieder ohne Kapitalbeteiligung seien. Folgerichtig wäre es dem Gesetzgeber darauf angekommen, die neue vermögenswerten Zuordnung des Grundstücks und nicht die Erlangung der mitgliedschaftlichen Herrschaftsrechte über dieses zu erfassen.95 Diese Auffassung scheint für § 1 Abs. 3 öGrEStG herrschend zu sein,96 welcher dem Wortlaut des § 1 Abs. 3 GrEStG 1940 weitgehend entspricht.97 cc) Eigene Stellungnahme Meiner Ansicht nach sind die bislang geäußerten Meinungen und Ausführungen zum Normzweck und zum Erwerbsgegenstand des § 1 Abs. 3 GrEStG nicht geeignet, hinreichend über diesen Auskunft zu geben, auch wenn insbesondere der Arbeit Kroschewskis das Verdienst zukommen dürfte, Teilaspekte der vom Gesetzgeber verfolgten Regelungsabsicht ermittelt und dargestellt zu haben. Infolgedessen ist der Normzweck nochmals zu präzisieren, wobei die bereits vorhandenen Aussagen auf deren Stichhaltigkeit zu überprüfen und gegebenenfalls weiterzuentwickeln sind. (1) Ablehnung der „Vermögenswerttheorie“ Abzulehnen ist die Ansicht Gassners, Czurdas und Horns, welche den Normzweck in der grunderwerbsteuerrechtlichen Erfassung der mit dem Anteil übergehenden vermögenswerten Position erblicken (im Folgenden „Vermögenswerttheorie“ genannt). Dies zeigt sich in mehrerlei Hinsicht: Zum einen wäre die mittelbare Zurechnung von Gesellschaftsanteilen durch Organschaftsverhältnisse nach § 1 Abs. 3 GrEStG sinnwidrig. Die Organschaft stellt ein qualifiziertes Herrschaftsverhältnis und nicht eine besondere Vermögensbeziehung zwischen herrschendem und abhängigem Unternehmen dar. Denn der Organträger ist nicht notwendigerweise zu 100% am Gesellschaftsvermögen der Organgesellschaft beteiligt. Es genügt stattdessen, dass die Organgesellschaft finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein Unternehmen ein95 Gassner, Anteilsvereinigung, S. 40 ff.; a. A. explizit Binz/Freudenberg/Sorg DStR 1990, S. 753 (754). 96 Czurda, in: Czurda, GrEStG, § 1 Rn. 345. 97 Die beispielhafte Anführung der Gesellschaften wie auch die Anteilsvereinigung in der Hand von Eltern und Kindern bzw. Ehegatten wurden auch im öGrEStG 1987 entfernt, vgl. http://www.ris.bka.gv.at/bundesrecht/(Stand: 07.09.2007).

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gegliedert ist. Hierfür kommt es wesentlich auf das Beherrschungsverhältnis an.98 Wie bereits behandelt, war Sinn und Zweck der Einbeziehung von organschaftlich verbundenen Unternehmen in § 1 Abs. 3 GrEStG, die Vermeidung der Grunderwerbsteuer durch geschickte Aufteilung der Anteile zwischen herrschender und beherrschter Gesellschaft zu verhindern. Hinter dieser ursprünglich möglichen Gestaltungsvariante steht gerade die Überlegung, dass der durch die Nichtvereinigung der Anteile in der Hand eines Unternehmens entstehende Nachteil dadurch ausgeglichen wird, dass sich das beherrschte Unternehmen dem Willen des herrschenden zu unterwerfen habe. Die grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft, die hinsichtlich ihrer Voraussetzungen nach der ursprünglichen Fassung des § 1 Abs. 3 GrEStG auf § 2 Abs. 2 UStG 1934 verwies,99 trug nach der ursprünglichen Fassung des Umsatzsteuergesetzes nämlich dem Gedanken Rechnung, dass die abhängige Gesellschaft keinen eigenen Willen bilden konnte. Wörtlich hieß es in § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG a. F., dass bei einer Organschaft „eine juristische Person dem Willen eines Unternehmers derart untergeordnet ist, daß sie keinen eigenen Willen hat“.100 Eine ausschließliche Vermögensbeteiligung des Gesellschafters ist hier gerade nicht erforderlich. Insoweit zeigt sich die vermögenswerte Zuordnung als zumindest teilweise überwindbar, solange die Herrschaft über das Gesellschaftsvermögen und damit über das Gesellschaftsgrundstück erhalten bleibt. Diese Auffassung wird auch durch die Existenz des § 1 Abs. 4 Nr. 2 lit. a) GrEStG bestätigt, welcher die Anteilsvereinigung auf das Halten der verbleibenden Anteile durch „abhängige natürliche Personen“ ausdehnt. Da nach geltendem Recht eine natürliche Person nur aufgrund eines Vertragsverhältnisses (z. B. Treuhand oder Auftragserwerb) zur Befolgung von Weisungen verpflichtet sein kann, nicht aber aufgrund ihrer persönlichen Stellung, ist diese Vorschrift nach herrschender Meinung unanwendbar.101 Die Norm stammt aus dem Umsatzsteuerrecht (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG), wo sie zur Abgrenzung zwischen selbständigen und unselbständigen natürlichen Personen dient.102 Für grunderwerbsteuerrechtliche Zwecke erfasst werden sollten wohl Fälle wie das Angestelltenverhältnis oder die Hausdame, was aber fehlgeht, da diese aufgrund ihres Angestelltenverhältnisses nicht verpflichtet sind, hinsichtlich ihrer eigenen Kapitalanlagen den Weisungen ihres Arbeitgebers zu folgen.103 Gerade hier 98

Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 965; Hofmann, GrEStG, § 1 Rn. 168 ff. Dazu bereits Kapitel 2 I. 100 Stadie, in: Rau/Dürrwächter, UStG, § 2 Rn. 620; so noch heute wörtlich § 1 Abs. 3 öGrEStG 1987 i.V. m. § 2 Abs. 2 Nr. 2 öUStG 1994. 101 Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 963; Hofmann, GrEStG, § 1 Rn. 166; a. A. Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 259 ff., welcher Treuhandverhältnisse über § 1 Abs. 4 Nr. 2 a) GrEStG erfassen will. 102 Stadie, in: Rau/Dürrwächter, UStG, § 2 Rn. 123. 103 Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 963; näher siehe Kapitel 7 II. 3. 99

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zeigt sich, dass es dem Gesetzgeber nicht um die vermögensmäßige Zuordnung gehen konnte, denn ein gemeinsames Vermögen bilden abhängige Person und herrschender Unternehmer nicht. Vielmehr geht es ausweislich des Wortlauts der Vorschrift darum, Weisungen des herrschenden Unternehmers in Bezug auf die Anteile Folge leisten zu müssen. Dann kann es aber wiederum nur auf das Sachherrschaftskriterium ankommen. Zum andern spricht auch für diese Erfassung der Herrschaftsrechte die ursprüngliche Fassung des § 1 Abs. 3 GrEStG, in der auch die Anteilsvereinigung bei Ehegatten und/oder Eltern und Kindern der Besteuerung unterworfen wurde. Denn eine Wirtschaftsgemeinschaft ähnlich einer Personengesellschaft bilden diese nicht, da aus dem familiären Verband ohne entsprechenden Gesellschaftsvertrag keine Gesamthandsgemeinschaft und kein gemeinsames Vermögen entsteht.104 Dagegen ließ sich der Gesetzgeber wohl – ob zutreffend oder unzutreffend – von der Vorstellung leiten, dass in solchen Verhältnissen von der Unterordnung der Familie unter den Willen einer Person auszugehen sei, der Rest der Familie mithin als Strohmänner zu betrachten wären bzw. die Willensbildung auf Seiten der Familie zumindest einheitlich erfolge.105 Dies dürfte zum Ausdruck kommen, wenn Lindemann von der „Einheit der Familie“ spricht, die sonst zur Umgehung des § 3 GrEStG 1919 ausgenutzt werden könne.106 Später sah der RFH107 den Besteuerungsgrund darin, dass „gerade Ehegatten bzw. Eltern und Kinder zu einer Personeneinheit zusammengefaßt werden, in dem nahen persönlichen Verhältnis, in dem diese regelmäßig zueinander stehen; der Gesetzgeber hatte dabei im Sinn, dass sie gemeinschaftlich als nunmehrige Inhaber des wirtschaftlichen Eigentums am ganzen Grundstück anzusehen sind . . .“108

Auch das Bundesverfassungsgericht sah dieser Form der Anteilsvereinigung die Vorstellung als zugrundeliegend an, dass über das Band der familiären Verbundenheit oder der Autorität einzelner Personen Familienmitglieder zur Ausübung ihrer Verwaltungsrechte an der Gesellschaft im Sinne eines Gesellschafters bestimmen zu können oder zumindest innerhalb der Familie den Willen in Bezug auf die Beschlussfassung der Gesellschaft einheitlich zu bilden.109 Im

104 BGH, Urt. v. 19.01.1993 – KVR 32/91, BGHZ 121, S. 137 (144 f.) – „WAZ“; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 15 Rn. 20a; Unzutreffend RFH, Urt. v.18.06.1937 – II A 329/36, RFHE 41, S. 295 (296), der einen gesamthänderischen Anteilserwerb durch Vater und Sohn annimmt. 105 Dieses Argumentationsmuster erwägend und ablehnend BVerfG, Urt. v. 10.06. 1963 – 1 BvR 345/61, BStBl. I 1963, S. 620 (621). 106 Lindemann, JW 1920, S. 86 (87). 107 Urt. v. 02.08.1927 – II A 226/27, RFHE 21, S. 312 (313); v. 18.06.1937 – II A 329/39, RFHE 41, S. 295 (296). 108 RFH, Urt. v. 18.06.1937, II A 329/39, RFHE 41, S. 295 (296). 109 Dazu BVerfG, Beschl. v. 16.05.1969 – 1 BvR 600/66, BStBl. II 1969, S. 398.

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Ergebnis sei eines jedoch nicht erwiesen, dass das vorstehende nahe persönliche Verhältnis „. . . notwendig oder doch typischerweise eine Wirtschaftsgemeinschaft oder eine wirtschaftliche Abhängigkeit mit sich führte, wodurch die Familienangehörigen mit einer gewissen Zwangsläufigkeit in die Rolle unselbständiger „Strohmänner“ des Ehemanns oder Vaters gedrängt würden . . . Sie [die Kinder] sind wie der Ehegatte rechtlich unbeschränkt Herren ihrer Anteile; daß sie ihre Interessen grundsätzlich denen des Ehemanns und Vaters unterordneten, lässt sich aus der Erfahrung nicht belegen.“110

Dann kann es aber nicht um den Übergang des durch den Anteil verkörperten Vermögenswertes des Grundstücks gehen, da dieser direkt dem entsprechenden Gesellschafter zuzuordnen ist. Das dritte Argument, welches gegen die Maßgeblichkeit der Vermögenswerttheorie spricht, ist, dass § 1 Abs. 3 GrEStG nur auf die Vereinigung der Anteile abstellt. Soll aber die vermögensmäßige Beteiligung am Gesellschaftsgrundstück relevant sein, hätte der Gesetzgeber konsequent auf den Anteil am Gesellschaftsvermögen wie bei §§ 5–7 GrEStG, nunmehr auch bei § 1 Abs. 2a GrEStG, abstellen können. Diesen Wortlaut hat § 1 Abs. 3 GrEStG im Gegensatz zu den genannten Vorschriften gerade nicht.111 Deshalb spricht meines Erachtens das argumentum e contrario dafür, dass es bei § 1 Abs. 3 GrEStG auch nicht auf die Beteiligung am Gesellschaftsvermögen ankommen kann. (2) „Sachherrschaftstheorie“ und deren Präzisierung Aus diesen Argumenten ist zu schlussfolgern, dass die Auffassung der Rechtsprechung, § 1 Abs. 3 GrEStG besteuere die Erlangung der Sachherrschaft am Gesellschaftsgrundstück (im Folgenden „Sachherrschaftstheorie“ genannt), zutreffend ist. Würde man der Vermögenswerttheorie folgen, so führte insbesondere die Ausdehnung der Anteilsvereinigung auf Organschaftsverhältnisse zu einem logischen Bruch in den dem Tatbestand des § 1 Abs. 3 GrEStG zugrunde liegenden Wertungen, da der Organträger eben nicht zu 100% wertmäßig am Gesellschaftsvermögen beteiligt sein muss; vielmehr reicht die wertmäßige Beteiligung an der Organgesellschaft aus, die nach den Umständen des Einzelfalls zur Erlangung der Stimmrechtsmehrheit erforderlich ist.112 Betrachtet man die Sachherrschaftstheorie als zutreffend, fügt sich die gesamte Norm aber zu einer logischen Einheit, da sich die einzelnen Varianten der Anteilsver110

BVerfG, Urt. v. 10.06.1963 – 1 BvR 345/61, BStBl. 1963 I, S. 620 (621). Zum Anteilsbegriff siehe Kapitel 3 II. und zur Bewertung von Anteilen siehe Kapitel 5. 112 BFH, Urt. v. 20.01.1999 – XI R 69/97, BFH/NV 1999, S. 1136; Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 965 (16. Aufl.); Schwerin, RNotZ 2003, S. 479 (490); näher siehe Kapitel 7 IV. 2. b). 111

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einigung als Unterfall der mitgliedschaftlich oder organisatorisch (durch Eingliederung) erlangten Herrschaftsmacht über die Gesellschaftsgrundstücke verstehen lassen.113 Wie diese Sachherrschaft näher zu präzisieren ist, kann damit aber noch nicht beantwortet werden. Aufgrund der Verwechslungsgefahr zum Zivilrecht sind die von der Rechtsprechung und Teilen der Literatur verwendeten Begrifflichkeiten der „Sachherrschaft“ und der „Verfügungsbefugnis“ des Alleingesellschafters über die Gesellschaftsgrundstücke allerdings mit Vorsicht zu behandeln. Der Begriff der Sachherrschaft ist erkennbar den Rechtsausführungen zu den zivilrechtlichen Eigentums- und Besitzvorschriften entlehnt. Unter der Sachherrschaft ist im Zivilrecht zum einen die rein tatsächliche Herrschaft (§ 854 Abs. 1 BGB), aber auch die über ein enges Weisungsverhältnis vermittelte Herrschaft (§ 855 BGB) über eine Sache zu verstehen.114 Das Eigentum wiederum gewährt das umfassendste Recht zu einer solchen Herrschaft über eine Sache.115 Somit kommen zwei Gesichtspunkte zum Tragen, welche auch für das Normverständnis des § 1 Abs. 3 GrEStG relevant sein könnten: zum einen ein rein tatsächliches Herrschaftselement, zum anderen eine wie auch immer geartete Weisungsunterworfenheit der Gesellschaft gegenüber dem Alleingesellschafter. Dennoch ist festzuhalten, dass eine Sachherrschaft im zivilrechtlichen Sinne nur dann in Betracht kommt, wenn die jeweilige Person auch einen entsprechenden Herrschaftswillen bildet.116 Gerade die Bildung eines solchen Willens verlangt § 1 Abs. 3 GrEStG nicht; dieser Wille wird bei bestehender Alleingesellschafterstellung allenfalls vermutet. Ohne diesen Herrschaftswillen verbleibt die Sachherrschaft über die Gesellschaftsgrundstücke bei der Gesellschaft selbst, deren Herrschaftswillen durch deren Organe gebildet und ausgeübt wird (sogenannter Organbesitz).117 Daran ändert sich auch bei Alleingesellschafterstellung zunächst nichts, da diese aus sich selbst heraus kein Weisungsrecht gegenüber den geschäftsführenden Organen der Gesellschaft bewirkt und damit auch nicht gesagt ist, dass sich die Organe automatisch den Weisungen des Alleingesellschafters als eine Art Besitzdiener unterwerfen.118 Somit ist die Verwendung des zivilrechtlichen Begriffs der Sachherrschaft für Zwecke der Grunderwerbsteuer irreführend. 113

So auch Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 253 und 267. Ausführlich Sosnitza, Besitz und Besitzschutz, S. 6 ff.; Joost, in: MünchKommBGB, Vor § 854 Rn. 2. 115 Bassenge, in: Palandt, BGB, § 903 Rn. 1, 5. 116 Sosnitza, Besitz und Besitzschutz, S. 6. 117 BGH, Urt. v. 30.03.1971 – VIII ZR 256/69, BGHZ 56, S. 73 (77); Urt. v. 27.10.1971 – VIII ZR 48/70, BGHZ 57, S. 166 (167); Urt. v. 16.10.2003 – IX ZR 55/ 02, BGHZ 156, S. 310 (316); Schwab/Prütting, Sachenrecht, Rn. 102 ff.; Baur/Stürner, Sachenrecht, § 7 Rn. 70. 118 Joost, in: MünchKomm-BGB, § 854 Rn. 15. 114

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Ähnliches gilt für die Aussage der Rechtsprechung, der vermögensmäßig allein beteiligte Gesellschafter einer Personengesellschaft hätte wegen der gesamthänderischen Mitberechtigung anderer Mitgesellschafter keine Verfügungsbefugnis bzw. Verfügungsmacht über die Gesellschaftsgrundstücke. Unter der Verfügungsbefugnis oder Verfügungsmacht ist die Befugnis zu verstehen, wirksam über ein Recht verfügen zu können. Verfügungsbefugt ist dabei in der Regel der Inhaber des Rechts, nur in Einzelfällen auch Dritte.119 Der Alleingesellschafter als solcher ist aber gerade nicht Rechtsinhaber der Grundstücke; diese verbleiben vielmehr im Eigentum der Gesellschaft.120 Im Falle der Personengesellschaft kommt es bei Alleingesellschafterstellung zumindest im Normalfall zur Anwachsung nach § 738 Abs. 1 S. 1 BGB, was dazu führt, dass das Gesamthandseigentum kraft Gesetz erlischt und das Gesellschaftsgrundstück in das Eigentum des „verbleibenden“ Gesellschafters übergeht.121 Daraus resultiert dessen Verfügungsbefugnis. Soweit aber eine Alleingesellschafterstellung unmittelbar oder mittelbar bei Kapitalgesellschaften bzw. mittelbar bei Personengesellschaften vorliegt, verbleibt die Verfügungsbefugnis bei der Gesellschaft als Grundstückseigentümer. Aus diesem Grund ist eine der zivilrechtlichen Verfügungsbefugnis oder Verfügungsmacht entsprechende Rechtsstellung des Alleingesellschafters gerade nicht gegeben. Diese kann höchstens wirtschaftlicher Natur durch Einflussnahme auf die Gesellschaft sein. (3) Die „Zwecksetzungstheorie“ Kroschewskis Als teilweise überzeugende Fortentwicklung der Sachherrschaftstheorie muss dagegen die „Zwecksetzungstheorie“ Kroschewskis eingeordnet werden. Hervorzuheben ist insbesondere der Ansatz, das an sich unbestimmte Kriterium der Sachherrschaft durch Vergleich von Eigentum und der Einflussnahmemöglichkeiten des Alleingesellschafters mit materiell-rechtlichen Wertungskriterien zu präzisieren. Denn Kroschewski ist darin beizupflichten, dass eine Fiktion allein nicht ausreichend ist, um die Besteuerung der Anteilsvereinigung näher zu erklären. Der Fiktion muss vielmehr ein Tatbestand zugrunde liegen, der eine so weitgehende Übereinstimmung mit dem Eigentum darstellt, dass der graduelle Unterschied zwischen dieser Position und dem Eigentum für Zwecke der Grunderwerbsteuer bedeutungslos ist. Kurz: Der Alleingesellschafter muss nach den Vorstellungen des Grunderwerbsteuerrechts wirtschaftlicher Eigentümer der

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Larenz/Wolf, BGB-AT, § 23 Rn. 38 ff. Priester, ZGR 1993, S. 512 (515). 121 Konstellationen, die trotz alleiniger Beteiligung einer Person an einer Personengesellschaft nicht zu deren Auflösung und Anwachsung des Vermögens an den verbleibenden Gesellschafter führen, werden diskutiert (beispielsweise für den Übergang dinglich belasteter Gesamthandsbeteiligungen), stellen aber nicht den Regelfall dar. Ausführlicher zur Anwachsung siehe Kapitel 3 I. 1. 120

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Kap. 2: Grundlagen der Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG

Gesellschaftsgrundstücke sein. Daher muss untersucht werden, ob und gegebenenfalls welche Position dem unmittelbaren oder mittelbaren Alleingesellschafter zukommt, die dem zumindest wirtschaftlich verstandenen Eigentum an den Gesellschaftsgrundstücken gleichkommt.122 Kroschewskis Ansatz, diese wirtschaftliche Übereinstimmung in der Zwecksetzungsmacht des Alleingesellschafters zu erkennen, kann jedoch nur bedingt gefolgt werden. Abgesehen davon, dass nach Absenkung der relevanten Vereinigungsquote auf mindestens 95% keine Alleingesellschafterstellung mehr notwendig ist, um den Tatbestand des § 1 Abs. 3 GrEStG auszulösen, greift meines Erachtens jede materiell-rechtliche Deutung zu kurz, welche die mit der Alleingesellschafterstellung bei GmbH und AG einhergehende Rechtsmacht zur Untersuchung des Normzwecks heranzieht. Denn diese Untersuchung ist unvollständig, soweit nicht untersucht wird, inwieweit die gefundenen Ergebnisse einerseits auf die Gesellschafterstellung bei anderen Gesellschaften, andererseits auf die ebenfalls erfassten Organschaftsverhältnisse Anwendung finden können. Aber auch das Abstellen auf eine „allgemeine“ Zwecksetzungsmacht ist meines Erachtens nicht geeignet, die Anteilsvereinigung vollends zu erklären. Die „Rechtsmacht“, den Gesellschaftszweck zu ändern, kommt analog § 33 Abs. 1 S. 2 BGB der Gesamtheit der Gesellschafter zu, d. h. sie muss mit allen Stimmen der Gesellschafterversammlung und unter Zustimmung aller (auch nicht stimmberechtigter) Gesellschafter geschehen.123 Die Zwecksetzungsmacht kommt dem Alleingesellschafter deshalb zu, weil er personenidentisch mit der Gesamtheit aller Gesellschafter ist; es handelt sich somit nicht um eine besondere dem Alleingesellschafter zuwachsende Rechtsposition. Bei Personengesellschaften ist eine formale Alleingesellschafterstellung aufgrund der Anwachsung nach § 738 Abs. 1 S. 1 BGB gar nicht möglich; diese kann nur faktisch existieren. In der gesellschaftsrechtlichen Literatur zur Kapitalgesellschaft ist zudem lebhaft umstritten, ob auch der Alleingesellschafter wie auch die Gesamtheit der Gesellschafter – eventuell aus Gesichtspunkten der Treupflicht – gegenüber der Gesellschaft aufgrund eines vom Gesamtgesellschafterinteresse verschiedenen Eigeninteresses der Gesellschaft verpflichtet ist, deren Gesellschaftszweck weiterhin zu achten. Die wohl noch herrschende Meinung nimmt mit den Zivilsenaten des BGH an, dass aufgrund des Interessengleichlaufs zwischen Gesellschaft und Alleingesellschafter ein solches Eigeninteresse im Sinne einer Treupflicht gegenüber der Gesellschaft ausgeschlossen sei.124 122

Vgl. dazu Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 141 ff. Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 33 Rn. 3; Hadding, in: Soergel, BGB, § 33 Rn. 11. 124 BGH, Urt. v. 28.09.1992 – II ZR 299/91, BGHZ 119, S. 257 (259 ff.); Urt. v. 10.05.1993 – II ZR 74/92, BGHZ 122, S. 333 (336); Hueck/Fastrich, in: Baumbach/ 123

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Demgegenüber vertreten der BGH in Strafsachen (explizit zu § 266 StGB) sowie nicht unerhebliche Teile der neueren Literatur die Ansicht, dass ein solches Eigeninteresse der Gesellschaft anzuerkennen ist.125 Dieser Auffassung hat sich mittlerweile zumindest der zweite Zivilsenat des Bundesgerichtshofs teilweise angeschlossen.126 Die Anerkennung eines schützenswerten Eigeninteresses der Gesellschaft wird damit begründet, dass zumindest die juristische Person von ihren Gesellschaftern rechtlich verselbständigt ist (§ 13 Abs. 1 und 2 GmbHG, § 1 Abs. 1 AktG) und damit deren Interessen zu trennen seien.127 Der BGH sieht die Pflicht zur Respektierung der Zweckbindung des Gesellschaftsvermögens zugunsten der Gesellschaftsgläubiger ferner als Korrelat der Instrumentalisierung der juristischen Person (explizit: einer GmbH) zur Haftungsbegrenzung. Diese Zweckbindung habe deren Gesellschafter zu berücksichtigen und demenstprechend existenzvernichtende Eingriffe zu unterlassen.128 Soweit eine Dispensierung von dem Gesellschaftsinteresse bzw. eine Neudefinition des Gesellschaftsinteresses vorliege, müsse dies durch Beschluss geschehen, welcher den formellen Willensbildungsregeln unterliege. Stelle die Neudefinition eine Satzungs- oder sogar eine Zweckänderung dar, müsse diese Willensbildung den dazugehörigen Vorschriften folgen (z. B. bei der GmbH den §§ 53, 54 GmbHG), insbesondere den zum Schutz der Öffentlichkeit129 aufgestellten Publizitätsanforderungen entsprochen werden.130 Zudem wird vor der Gefahr der „kalten Liquidation“ gewarnt, welche durch die zwingenden Liquidationsvorschriften verboten sei. Somit sei ein zumindest auf Existenzsicherung

Hueck, GmbHG, § 13 Rn. 26; ebenso Zöllner, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, SchlAnhKonzernR, Rn. 112 m. w. N.; Lutter/Hommelhoff, Anh. § 13 Rn. 27; Schiessl, in: Münch.Hdb. GesR III, § 32 Rn. 14; Röhricht, Wpg. 1992, S. 766 (784 ff.). 125 BGH, Urt. v. 29.05.1987 – 3 StR 242/86, BGHSt 34, S. 379 (385); Urt. v. 24.08.1988 – 3 StR 232/88, BGHSt 35, S. 333 (336 f.); aber auch BGH, Urt. v. 17.09.2001 – II ZR 178/99, BGHZ 149, S. 10 (18) – „Bremer Vulkan“; Hartmann, GmbHR 1999, S. 1061 (1062 f.); Priester, ZGR 1993, S. 512 (520 f.); Wilhelm, DB 1986, S. 2113 (2114 ff.); Burgard, ZIP 2002, S. 827 ff. 126 BGH, Urt. v. 29.03.1992 – II ZR 265/91, BGHZ 122, S. 123 (130 f.) – „TBB“; Urt. v. 17.09.2001 – II ZR 178/99, BGHZ 149, S. 10 (16) – „Bremer Vulkan“; Urt. v. 24.06.2002 – II ZR 300/00, BGHZ 151, S. 181 (186) – „KBV“; Urt. v. 16.07.2007 – II ZR 3/04, RIW 2007, S. 781 (783) – „TRIHOTEL“. 127 So insbesondere Hartmann, GmbHR 1999, S. 1061 (1062); Priester, ZGR 1993, S. 512 (520); Emmerich, in: Scholz, GmbHG, § 13 Rn. 39b; Wilhelm, Kapitalgesellschaftsrecht, Rn. 505; in diese Richtung weisend Urt. v. 24.06.2002 – II ZR 300/00, BGHZ 151, S. 181 (186) – „KBV“; ähnlich Urt. v. 16.07.2007 – II ZR 3/04, RIW 2007, S. 781 (783) – „TRIHOTEL“. 128 BGH, Urt. v. 16.07.2007 – II ZR 3/04, RIW 2007, S. 781 (783) – „TRIHOTEL“. 129 Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 54 Rn. 1, 5; Burgard, ZIP 2002, S. 827 (835). 130 Hartmann, GmbHR 1999, 1061 (1063 f.); Priester, ZGR 1993, S. 512 (520); wohl auch Emmerich, in: Scholz, GmbHG, § 13 Rn. 39c; Burgard, ZIP 2002, S. 827 (832 ff.; 836 ff.).

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gerichtetes Eigeninteresse der Gesellschaft anzuerkennen.131 Selbst die weitgehend der Disposition ihrer Gesellschafter unterliegende GmbH habe insoweit ein existenzgefährdende Eingriffe verhinderndes Bestandsrecht. Ein Eigeninteresse sei daher trotz fehlender Mitgesellschafter zumindest dann anzuerkennen, wenn die GmbH ihren Verbindlichkeiten nicht mehr nachkommen könne.132 Es mache insoweit kein Unterschied, ob die GmbH bezogen auf die Unternehmereigenschaft des Alleingesellschafters als konzerniert oder als nicht konzerniert gelte.133 Einschränkungen hinsichtlich des Normzwecks des § 1 Abs. 3 GrEStG wären jedoch insoweit vorzunehmen, als dieses Recht auf Existenzsicherung aufgrund der persönlichen Haftung der Gesellschafter natürlich nicht für Personengesellschaften gelten könne. Auch wenn ich der Ansicht zuneige, dass aufgrund des zwingenden Charakters der Vorschriften über Satzungsänderungen und deren Publizität die Zweckbindung jedenfalls bis zur rechtsförmlichen Änderung des Gesellschaftsvertrags auch bei der Einpersonengesellschaft fortbesteht, kann im Rahmen dieser Dissertation eine umfassende Auseinandersetzung mit dieser Streitfrage nicht geleistet werden. Es zeigt sich aber, dass gewichtige Gründe, insbesondere die zwischenzeitlich ergangene BGH-Rechtsprechung gegen die Ansicht Kroschewskis sprechen, allein die Zwecksetzungsmacht des Alleingesellschafters bewirke, dass der Alleingesellschafter die Gesellschaft nunmehr nach Belieben zur Verfolgung eigener Zwecke einsetzen könne. Wie eben gezeigt, ist es zumindest anerkannt, dass die Alleingesellschafterstellung nicht dazu führen darf, dass die Existenz der Gesellschaft vernichtet wird. Darin liegt aber die Anerkennung eines gewissen Eigeninteresses der Gesellschaft, da einer Privatperson – vorbehaltlich strafrechtlicher Sanktionen – immer das Recht zukommt, ihr Vermögen zu vernichten und sich selbst zu ruinieren. Aus dem Unterlassen der Abänderung eines Gesellschaftszweckes durch den Alleingesellschafter darauf zu schließen, dieser stimme dann denknotwendig mit dessen privaten Interessen überein,134 ist nach den obigen Ausführungen als bloße Vermutung zu qualifizieren. Da die Abänderung des Gesellschaftszwecks nicht Voraussetzung für die Steuerbarkeit der Anteilsvereinigung ist, kann sie meines Erachtens auch nicht zur Präzisierung des Sachherrschaftskriteriums

131 Winter, Mitgliedschaftliche Treuebindungen, S. 190 ff.; ders., ZGR 1994, S. 570 (585 ff.); jetzt auch BGH, Urt. v. 24.06.2002 – II ZR 300/00, BGHZ 151, S. 181 (186) – „KBV“; Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 31 I 2. (S. 428). 132 BGH, Urt. v. 29.03.1992 – II ZR 265/91, BGHZ 122, S. 123 (130 f.) – „TBB“; Urt. v. 17.09.2001 – II ZR 178/99, BGHZ 149, S. 10 (16) – „Bremer Vulkan“; Urt. v. 24.06.2002, II ZR 300/00, BGHZ 151, S. 181 (186) – „KBV“. 133 Insb. Winter, ZGR 1994, S. 570 (583 ff.); so auch Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 31 I 2. (S. 428). 134 So Kroschewski, Anteilsvereinigung, 236; ähnlich Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 30 III 1. b) (S. 420).

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herangezogen werden, da durch die Erlangung der Zwecksetzungsmacht bei einer juristischen Person aufgrund des Trennungsprinzips (§ 13 Abs. 1 und 2 GmbHG, § 1 Abs. 1 S. 1 und 2 AktG) allein keine rechtliche Änderung in der Beziehung zwischen dem Gesellschafter und dem Gesellschaftsvermögen bewirkt wird. Ferner zeigt sich bei besonders weiten, insbesondere bereits originär bestimmten dienenden Gesellschaftszwecken, dass insoweit eine Zweckänderung wie auch eine entsprechende Rechtsmacht gerade nicht erforderlich ist, um eine Gesellschaft zur Verfolgung von privaten Zielen ihrer Gesellschafter einzusetzen.135 Dieser Zweck begründet dann eine Sachherrschaft des begünstigten Dritten ohne Erwerb der Rechtsmacht, den Gesellschaftszweck zu ändern. Dies führt zu einem weiteren Kritikpunkt, den Kroschewski selbst erkennt: Die „Zwecksetzungstheorie“ ist nicht in der Lage zu erklären, warum die Organschaft als Unterfall der mittelbaren Anteilsvereinigung in das Gesetz aufgenommen wurde.136 Denn bei der Organschaft ist eben eine 100%-ige Anteilsvereinigung auf jeder Beteiligungsstufe nicht erforderlich, sondern wird durch die finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung der zwischengeschalteten Gesellschaft in den Organträger ersetzt. Dann kommt diesem zwar eine beherrschende Stellung in Bezug auf die Willensbildung der Organgesellschaft zu, welche der Organträger dazu verwenden kann, die Ausübung der mitgliedschaftlichen Rechte auf Ebene der grundbesitzenden Gesellschaft zu kontrollieren. Jedoch ist der Organträger allein aufgrund der Organschaft noch nicht in der Lage, den Verbandszweck der zwischengeschalteten Gesellschaft in rechtlich anerkannter Weise entsprechend seinen Bedürfnissen zu verändern, wie dies bei einer Beteiligungskette der Fall wäre. Eine Ausnahme ist höchstens dann anzuerkennen, wenn mit der herrschenden Meinung der Abschluss eines Unternehmensvertrags als Zweckänderung begriffen wird. Der Abschluss eines solchen Vertrages oder die Rechtsmacht hierzu ist aber nicht zwingende Voraussetzung für die Bildung einer grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft, da deren Vorliegen nach § 1 Abs. 4 Nr. 2 lit. b) GrEStG vom „Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse“ abhängt, mithin auch faktische Konzerne von der grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft erfasst werden sollten.137 Dies wird durch einen – nicht zwingend rechtlich anerkannten – Einfluss auf die Geschäftsführung bewirkt. Daher ist es auch nicht erforderlich, dass eventuelle Weisungen gegenüber der Organgesellschaft bezüglich der Mitgliedschaft an der grundbesitzenden Gesellschaft rechtlich bindend wären. Somit beruht die Willensunterworfenheit der Organgesellschaft nicht auf der Fähigkeit, die Bindung an den vormaligen Gesellschaftszweck aufzuheben, 135 Zu dienenden Gesellschaftszwecken insbesondere Mülbert, in: MünchKommHGB, KonzernR, Rn. 131 ff.; auch Michalski, in: Michalski, GmbHG, § 1 Rn. 4 f. 136 Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 247 ff. u. 319. 137 Vgl. Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 965b; näher siehe Kapitel 7 IV.

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sondern auf der Fähigkeit, Entscheidungen der Gesellschaft nach Maßgabe des eigenen Willens tatsächlich gestalten zu können.138 Denn der Gesellschaftszweck begrenzt – entgegen der angloamerikanischen ultra-vires-Doktrin139 – nur das rechtliche Dürfen im Innenverhältnis, nicht aber das rechtliche Können im Außenverhältnis (vgl. auch §§ 37 Abs. 2 S. 1 GmbHG, § 82 Abs. 2 AktG, § 714 BGB). Daraus folgt, dass zur Ausübung tatsächlicher Herrschaftsmacht Dritten gegenüber die Änderung des Gesellschaftszwecks auch dann nicht erforderlich ist, selbst wenn Maßnahmen und Beschlüsse der Gesellschaft nicht vom Gesellschaftszweck gedeckt sind. Es handelt sich vielmehr um ein Problem des Innenbereichs der Gesellschaft.140 Somit zeigt dies aber auch die Grenzen des Ansatzes auf, die Steuerbarkeit der Anteilsvereinigung rein materiell-rechtlich erklären zu wollen. Ausweislich der Begründung des Gesetzgebers war die Einbeziehung der Organschaft eben dadurch geschuldet, dass Konzerne (aufgrund der einheitlichen Leitung) in der Lage waren, ihren Willen auch ohne 100%-ige Anteilsvereinigung durchzusetzen.141 Daher lag dem Gesetzgeber nicht die Idealvorstellung der Erfassung einer dem Eigentum vergleichbaren Rechtsmacht zugrunde. Statt dessen wollte dieser auch die Ausübung wirtschaftlicher, sich nicht vollständig in den Vorgaben des Zivilrechts bewegender Machtpositionen einbeziehen, welche aus wirtschaftlicher Sicht zwar eigentumsähnlicher Art sind, sich aber einer dogmatisch genauen Erfassung des Erwerbsgegenstands entziehen. Inwieweit ihm tatsächlich gelungen ist, dieses Ziel umzusetzen, soll im Laufe der Arbeit noch näher beleuchtet werden. Kritisch ist Kroschewskis Zwecksetzungstheorie vor allem im Bereich des Aktienrechts zu beurteilen: Aufgrund der nach § 76 Abs. 1 AktG bestehenden Alleinverantwortlichkeit und grundsätzlichen Weisungsungebundenheit des Vorstands ist für die Begründung einer Weisungsbefugnis der Abschluss eines Beherrschungsvertrages erforderlich, selbst wenn ein Aktionär über alle Anteile verfügt. Umgekehrt benötigt der Abschluss eines solchen Vertrages ohne weitergehende Satzungsbestimmung nur eine Zustimmung von mindestens Dreivierteln des bei Beschlussfassung vertretenen Grundkapitals, § 293 Abs. 1 S. 2 AktG; die aktienrechtliche „Zwecksetzungsmacht“ ist damit nicht an eine Alleingesellschafterstellung gebunden.142 Die wirtschaftliche Erwägung, der Alleingesellschafter könne sich mangels Abfindungsverpflichtung nach §§ 304 ff. AktG den Abschluss des Beherrschungsvertrags leisten, ist als solche nicht von 138

Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 267. Mayson, French & Ryan, Company Law, S. 75 f.; Keenan, Company Law, S. 73 ff. 140 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 8 V. 2. (S. 214 ff.). 141 RStBl. 1940, S. 387 ff. (392). 142 Dies erkennt auch Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 229. 139

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der Hand zu weisen, wenn auch der vorherige Erwerb der Alleingesellschafterstellung in der Regel nicht ohne entsprechenden, meist sogar höheren Aufwand vonstatten gehen dürfte. Jedoch ist eine rein wirtschaftliche Erwägung nicht geeignet, eine zusätzliche Rechtsmacht zu begründen. Schlussendlich kann ich mich Kroschewskis Kritik an der „Fiktionstheorie“ nicht anschließen. Ihm ist zuzugeben, dass eine gewissermaßen aus der Luft gegriffene Fiktion nicht ausreichen kann, um eine Besteuerung der Anteilsvereinigung von grundbesitzenden Gesellschaften zu rechtfertigen, zumal die Fiktion nicht expressis verbis in § 1 Abs. 3 GrEStG aufgenommen wurde.143 Dennoch ist es Sinn und Zweck des § 1 Abs. 3 GrEStG als Ergänzungstatbestand, einen zivilrechtlichen Vorgang, der rein formal keinen Grundstücksverkehr darstellt, wie einen solchen zu behandeln, wenn gewisse Voraussetzungen erfüllt sind, die einen nur wirtschaftlichen Grundstücksverkehr darstellen. Wird aber ein nur wirtschaftlicher Grundstücksverkehr besteuert, so beruht diese Besteuerung gedanklich auf der Fiktion eines „echten“ Grundstücksverkehrs. (4) Autonomiedefizit der Gesellschaft als Herrschaftskriterium Zutreffend bleibt aber, den Normzweck darin zu erblicken, dass der Übergang des wirtschaftlichen Grundstückseigentums der Besteuerung unterworfen wird. Denn nichts anderes kann § 1 Abs. 3 GrEStG zum Ziel haben, wenn diesem Ergänzungscharakter zu § 1 Abs. 1 GrEStG zukommen soll. Somit ist es auch folgerichtig, sich bei der näheren Bestimmung des Normzwecks am Inhalt des Eigentums zu orientieren. Nach § 903 BGB kann der Eigentümer einer Sache mit der Sache nach Belieben verfahren und andere von jeder Einwirkung ausschließen, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstehen. Mit anderem Worten: das Eigentum zeichnet sich positiv umschrieben im Wesentlichen durch das Recht zur alleinigen Sachherrschaft (Besitzausübung) aus.144 Meines Erachtens ist hierbei ein Teilaspekt von Kroschewskis Zwecksetzungslehre hervorzuheben und weiterzuentwickeln. Wie dieser bereits erkannt hat, geht mit der Vereinigung aller Anteile ein Autonomiedefizit auf Seiten der Gesellschaft einher, das sich im Bereich der Organschaft auch durch die Verwendung der Begrifflichkeiten „herrschendes“ und „abhängiges“ Unternehmen ergibt.145 Dieses Autonomiedefizit klingt auch in den von der Rechtsprechung verwendeten Begrifflichkeiten des „Alleinherrschers“, der „Sachherrschaft“ und der „Verfügungsbefugnis“ des Gesellschafters an. So betrachtet, stellt sich das Abstellen auf das Autonomiedefizit als gedanklicher Bestandteil Kroschewskis 143

Anders § 3 GrEStG 1919/1927. Seiler, in: Staudinger, BGB, Vorbem. zu § 903 Rn. 2; Säcker, in: MünchKommBGB, § 903 Rn. 6; Baur/Stürner, Sachenrecht, § 24 Rn. 5; Wolff, Sachenrecht, Rn. 44. 145 Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 239. 144

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Zwecksetzungslehre dar, da dieses Autonomiedefizit auf Seiten der Gesellschaft mit dem „Erwerb“ einer Gesellschafterstellung einhergeht, die es erlaubt, den Gesellschaftszweck vollständig nach eigenen Vorstellungen zu verändern. Insoweit sollte allgemein von der beherrschenden Stellung des Alleingesellschafters gesprochen werden, die zu erfassen die Aufgabe des § 1 Abs. 3 GrEStG sein soll. Wenngleich die Zwecksetzungsmacht als mit dem Eigentum für Zwecke der Grunderwerbsteuer übereinstimmender materieller Gehalt der Alleingesellschafterstellung abzulehnen ist, führt dieser Aspekt jedoch in zweierlei Hinsicht weiter: zum einen nimmt er den Leitgedanken des § 1 Abs. 3 GrEStG auf, welcher insbesondere bei der Organschaft zum Tragen kommt: die Abhängigkeit einer Gesellschaft, welche nach Vorstellung des Gesetzgebers eigentlich unabhängig den eigenen Gesellschaftszweck verfolgen soll.146 Dies kommt besonders deutlich bei Betrachtung des Wortlauts von § 1 Abs. 3 Nr. 1, 2. Alt. GrEStG 1940 zum Vorschein, der hinsichtlich der Definition herrschender und abhängiger Unternehmen auf § 2 Abs. 2 UStG 1934 verwies. Danach war eine Gesellschaft abhängig, wenn „eine juristische Person dem Willen eines Unternehmers derart untergeordnet ist, daß sie keinen eigenen Willen hat.“147 Somit ist die untergeordnete Gesellschaft in ihrer Entscheidungsfindung nicht autonom, sondern unterliegt den Vorgaben des Gesellschafters. Es bedarf der Erörterung, wie es zu einem solchen Autonomiedefizit kommen kann. Das Grunderwerbsteuerrecht enthält jedoch keine Angaben, wie diese Einflussnahme nach seiner Vorstellung von statten gehen soll, sondern knüpft an die gesellschaftsrechtlichen Beteiligungskonstruktionen sowie im Falle der Organschaft an die Eingliederung im Sinne des § 1 Abs. 4 Nr. 2 lit. b) GrEStG an. Somit ist zum anderen zu konstatieren, dass dieses Autonomiedefizit im Kern nur gesellschaftsrechtlich begründet sein kann. Der steuerrechtliche Kerngedanke weist meines Erachtens konzernrechtliche Parallelen auf, insbesondere zur Definition des abhängigen Unternehmens nach § 17 AktG. Dies ist auch naheliegend: § 1 Abs. 3 GrEStG geht von der Überlegung aus, dass derjenige wirtschaftlicher Eigentümer eines Gesellschaftsgrundstück ist, der diese Gesellschaft beherrscht und diese ihrer autonomen Willensbildung enthebt. Das Konzernrecht fußt auf der Überlegung, wie Gefahren für Mitgesellschafter und Gläubiger zu begegnen ist, die dadurch entstehen, dass die Organe einer Gesellschaft entgegen ihrer eigentlichen Aufgabe, das Gesellschaftsinteresse zu wahren, sich aufgrund der Vormachtstellung eines Gesellschafters dessen Willen beugen, kurz das andere Unternehmen einen beherr146 Zum gesellschaftsrechtlichen Leitbild der unabhängigen Gesellschaft siehe z. B. Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 1 III (S. 9 ff.); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 17 I. 1. a) (S. 486 ff.). 147 RGBl. I 1934, S. 942 ff.

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schenden Einfluss im Sinne des § 17 Abs. 1 AktG ausübt.148 § 1 Abs. 3 GrEStG sowie die §§ 15 ff. AktG knüpfen Rechtsfolgen an die Abhängigkeit von Gesellschaften. Natürlich bedeutet dies nicht, dass der Normzweck des § 1 Abs. 3 GrEStG ausschließlich in der Erfassung von konzernrechtlichen Strukturen besteht, da zumindest nach herrschender Meinung149 aufgrund des Schutzcharakters des Konzernrechts zu dem Autonomiedefizit des abhängigen Unternehmen zusätzlich der sogenannte konzerntypische Interessenkonflikt bestehen muss: der herrschende Unternehmer muss auch außerhalb der beherrschten Gesellschaft eine wirtschaftliche Interessenbindung haben, die stark genug ist, die Besorgnis einer nachteiligen Einflussnahme auf das abhängige Unternehmen zugunsten dieser Interessenbindung zu begründen.150 Auf eine solche Interessenbindung stellt § 1 Abs. 3 GrEStG dem Wortlaut nach zumindest für den Alleingesellschafter nicht ab.151 Es zeigt sich dadurch aber, dass mit dem Autonomiedefizit der abhängigen Gesellschaft im Sinne des § 1 Abs. 4 Nr. 2 lit. b) GrEStG ein Teilaspekt des Konzernrechts angesprochen wird. Insoweit stimmen die dem Normzweck des § 1 Abs. 3 GrEStG zugrundeliegenden Erwägungen und ein wesentliches Tatbestandsmerkmal der konzernrechtlichen Abhängigkeit von Gesellschaften überein. Diese nur teilweise Übereinstimmung ist auch folgerichtig, da es § 1 Abs. 3 GrEStG auf die Besteuerung eines wirtschaftlichen Eigentumserwerbs ankommt, nicht dagegen darauf, die grundbesitzende Gesellschaft, deren Minderheitsgesellschafter oder deren Gläubiger vor den spezifisch konzernrechtlichen Gefahren der Ausnutzung dieser beherrschenden Stellung für anderweitige unternehmerische Zwecke zu schützen.152 Der Schutznormcharakter des Konzernrechts muss also dem Grunderwerbsteuerrecht geradezu zwangsläufig fehlen. Somit zeigt sich, dass konzernrechtliche Wertungen nur eingeschränkt zur Ermittlung des Normzwecks des § 1 Abs. 3 und 4 GrEStG herangezogen werden können: nur insoweit, als es darum geht, ein Abhängigkeitsverhältnis zu erfassen, besteht eine Parallele zwischen dem Konzernrecht und § 1 Abs. 3 GrEStG; es handelt sich somit um eine organisationsrechtliche Parallele. 148 Zu den konzernrechtlichen Gefahren ausführlich Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 1 III. 3. b) (S. 10 f.); Hüffer, AktG, § 15 Rn. 3. 149 Zu abweichenden Meinung siehe z. B. Hüffer, AktG, § 15 Rn. 8 a. E.; Mülbert, ZHR 163 (1999), S. 1 (49 ff.). 150 U. a. BGH, Urt. v. 13.10.1977 – II ZR 123/76, BGHZ 69, S. 334 (337) – „VEBA/Gelsenberg“; Zeidler, in: Michalski, GmbHG, Syst. Darst. 4, Rn. 18 m. w. N.; ausführlich zum konzernrechtlichen Unternehmensbegriff und dessen Probleme siehe Kapitel 7 I. 1. 151 Denkbar wäre allerdings, dass der organschaftliche Unternehmensbegriff analog dem Konzernrecht zu bestimmen ist, siehe dazu Kapitel 7 IV. 1. 152 Zur schutzrechtlichen Komponente K. Schmidt, Lutter-FS, S. 1167 (1179); kritisch Mülbert, ZHR 163, S. 1 (20 ff.); auch BGH, Urt. v. 13.10.1977 – II ZR 123/76, BGHZ 69, S. 334 (337) – „VEBA/Gelsenberg“.

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Kap. 2: Grundlagen der Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG

Geht es um die Einflussnahme auf Gesellschaften, so kann diese natürlich vielerlei Gestalt annehmen. Denkbar wären z. B. auch der rein wirtschaftliche Druck, den Kunden auf ihre Lieferanten ausüben können, oder etwa öffentlicher Druck. Dass es hierum im Falle des § 1 Abs. 3 GrEStG nicht gehen kann, liegt bei Betrachtung des Wortlautes auf der Hand: ohne dass hier schon der Begriff des Anteils näher bestimmt werden kann,153 stellt die Norm nach ihrer ursprünglichen Fassung unstreitig auf die Alleingesellschafterstellung bzw. die ausschließliche Beteiligung von herrschenden und abhängigen Unternehmen an der grundbesitzenden Gesellschaft ab.154 Daher kann die Einflussnahme auf die grundbesitzende Gesellschaft nur eine gesellschaftsrechtlich fundierte sein. Somit liegt auch hier eine Parallele zum Konzernrecht vor, da der Einfluss eines Unternehmens auf eine abhängige Gesellschaft grundsätzlich gesellschaftsrechtlich vermittelt sein muss; wirtschaftliche Abhängigkeiten können allerdings verstärkend hinzutreten, sind aber vorrangig mit Mitteln des allgemeinen Vertragsrecht sowie des Wettbewerbsrechts zu lösen.155 § 1 Abs. 3 GrEStG stellt ferner nicht darauf ab, dass diese Macht tatsächlich ausgeübt wird; vielmehr wird bei Alleingesellschafterstellung einer natürlichen oder juristischen Person oder bei Vereinigung aller Anteile der grundbesitzenden Gesellschaft in der Hand von herrschenden und abhängigen Unternehmen ein derartiger beherrschender Einfluss unwiderleglich vermutet. Somit ist festzuhalten, dass nach der Konzeption des § 1 Abs. 3 GrEStG das wirtschaftliche Grundeigentum durch eine gesellschaftsrechtliche Machtposition begründet ist, die nicht zwingend auch ausgeübt werden muss.156 Abhängigkeit im konzernrechtlichen Sinne kann in vielerlei Weise entstehen.157 Zu ihrer Erfassung kommen verschiedene Rechtstechniken zur Anwendung. Zum einen wird im Falle eines im Mehrheitsbesitz eines Unternehmens stehenden Unternehmens nach § 17 Abs. 2 AktG widerleglich vermutet, dass zwischen beiden ein Abhängigkeitsverhältnis besteht. Diese Vermutung führt für Zwecke der Grunderwerbsteuer jedoch nicht weiter, da das Grunderwerbsteuerrecht mit der Alleingesellschafterstellung eine eigene, unwiderlegliche Vermutungsregel vorgibt, die mit der konzernrechtlichen Abhängigkeitsvermutung des § 17 Abs. 2 AktG inhaltlich nicht übereinstimmt. Eine Abhängigkeit liegt nach § 17 Abs. 1 AktG jedoch bei einem beherrschenden Einfluss auf ein rechtlich selbständiges Unternehmen vor. Dabei ist zunächst vorauszuschicken, 153

Dazu siehe Kapitel 3 II. Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 851. 155 Ausführlich Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 17 Rn. 14 ff., insb. Rn. 16 m. w. N.; Hüffer, AktG, § 15 Rn. 12; Zeidler, in: Michalski, GmbHG, Syst. Darst. 4 Rn. 43. 156 Ähnlich Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 233 u. 239 f. 157 Vgl. Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 17 Rn. 14 ff.; Zeidler, in: Michalski, GmbHG, Syst. Darst. 4 Rn. 38 ff. 154

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dass es bei der Beurteilung, ob ein Unternehmen einem beherrschenden Einfluss ausgesetzt ist, nicht darauf ankommt, dass dieser Einfluss rechtlich anerkannt wird; die §§ 311 ff. AktG setzen die Möglichkeit solcher faktischen Einflussnahmemöglichkeiten voraus, begründen diese aber nicht.158 Als „Leitbild“ der Abhängigkeitsvermutung nach § 17 Abs. 2 AktG dienen die Einflussnahmemöglichkeiten des Mehrheitsgesellschafters.159 Aus der grundsätzlich bestehenden Weisungsunabhängigkeit des Vorstands einer AG gegenüber der Hauptversammlung (§§ 76, 119 Abs. 2 AktG) folgt aber, dass es für eine Konzernierung entscheidend auf den maßgeblichen Einfluss auf die Personalpolitik, nicht nur auf die Fähigkeit zur Beeinflussung und Bestimmung durch rechtlich verbindliche Weisungen seitens der Gesellschafterversammlung ankommen kann.160 Besonders augenfällig wird dies vor allem bei der Figur des Gesellschafter-Geschäftsführers,161 dem meist nicht nur eine beherrschende Stellung in der Gesellschafterversammlung zukommt, sondern der auch unmittelbar geschäftsleitend tätig wird. Der beherrschende Einfluss in der Gesellschafterversammlung kann zum einen bereits rechtlich begründet sein (beispielsweise aufgrund einer Stimmrechtsmehrheit durch entsprechende Beteiligung bzw. durch Stimmbindungsverträge), zum anderen aber auch durch rein faktische Umstände wie Präsenz in der Gesellschafterversammlung geschaffen werden. Soweit der Gesellschafterversammlung ein Weisungsrecht gegenüber den Geschäftsführungsorganen zukommt, kann bereits hiermit eine konzernrechtlich anerkannte Beherrschung des Handelns der Gesellschaft einhergehen,162 begrenzt durch das schützenswerte Eigeninteresse der Gesellschaft. Ein Weisungsrecht nach § 308 AktG kann aber auch aus einem Beherrschungsvertrag nach § 292 Abs. 1 AktG (analog) resultieren. Insbesondere bei der AG wurde trotz der nach § 76 Abs. 1 AktG bestehenden Weisungsunabhängigkeit des Vorstands aber ebenfalls erkannt, dass ein Mehrheitsaktionär die Personalpolitik zumindest teilweise beeinflussen kann, folglich das Autonomiedefizit auch nur faktisch durch Auswahl geeigneter, d. h. sich dem Willen des herrschenden Gesellschafters beugender Personen begründet 158 Wilhelm, Kapitalgesellschaftsrecht, Rn. 1205 ff.; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, Vor § 311 Rn. 1. 159 Geßler, in: Geßler/Hefermehl/Eckardt/Kropf, AktG, § 17 Rn. 25 a. E.; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Akten- und GmbH-Konzernrecht, § 17 Rn. 5 a. E. 160 Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 17 Rn. 6; Bayer, ZGR 2002, S. 933 (935). 161 Nach Zöllner, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 35 Rn. 3 (17. Auflage) trifft dies im Land Baden-Württemberg auf ca. 80 % aller GmbH-Geschäftsführer zu; in: insgesamt 26–40 % der Fällen liegt eine Einmann-GmbH vor, bei der in aller Regel der Alleingesellschafter auch Geschäftsführer ist. 162 Ausführlich Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 17 Rn. 17 ff.

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Kap. 2: Grundlagen der Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG

sein kann. Die Möglichkeit, dass eine Abhängigkeit auch auf nur faktischen Gegebenheiten beruhen kann, erkennt auch § 311 AktG an.163 Von diesen gesellschaftsrechtlichen Grundüberlegungen zur Willensunterworfenheit – die dazugehörigen Normen stammen erst aus späterer Zeit (AktG 1965)164 – hat sich der Gesetzgeber des GrEStG 1940 meines Erachtens leiten lassen. Verschärfend kommt hinzu, dass zum Zeitpunkt des Gesetzeserlasses das Konzernrecht noch mangelhaft ausgeprägt war und auch zu Lasten der Minderheitsgesellschafter wesentlich weiter reichende Einflussnahmemöglichkeiten akzeptierte als das heutige, durch das AktG 1965 wie auch durch richterliche Rechtsfortbildung geprägte Konzernrecht.165 Diese Vorgaben erhellen eine Schwierigkeit, die sich hinsichtlich der Bestimmung einer Abhängigkeit sowohl im Konzernrecht als auch hinsichtlich der grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft stellt: die Abhängigkeit kann sowohl in rechtlich anerkannter Form (durch Weisungsrechte, dienende Gesellschaftszwecke, etc.) als auch nur faktisch bestehen. Deshalb verlangt die grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft nicht das Bestehen von vertraglichen Beziehungen, sondern beurteilt das Vorliegen einer Organschaft nach dem „Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse“. Denn es wäre – auch im Hinblick auf §§ 40, 41 AO166 – nicht einzusehen, warum derjenige, der eine mittelbare Anteilsvereinigung durch rechtlich anerkannte Abhängigkeit (z. B. durch eine Beteiligungskette oder Beherrschungsvertrag) der zwischengeschalteten Gesellschaft bewirkt, schlechter stehen soll als derjenige, welcher aufgrund faktischer Gegebenheiten die zwischengeschaltete Gesellschaft und über diese aufgrund der damit einhergehenden faktischen Alleingesellschafterstellung die grundbesitzende Gesellschaft beherrscht. Dieses faktische Element kommt auch in der Verwendung des Begriffs der „Sachherrschaft“ zum tragen, welche nicht nach rechtlichen Kriterien, sondern nach der rein tatsächlichen Herrschaft über eine Sache zu bestimmen ist.167 Daraus ist zu folgern, dass das Autonomiedefizit der Gesellschaft und die damit einhergehende Sachherrschaft eines Gesellschafters durch eine Vielzahl von gesellschaftsrechtlichen Umständen begründet sein können. Daher ist es nicht zielführend, die Sachherrschaft nur dann zu erfassen, wenn sie auf einer bestimmten konkreten Rechtsposition wie beispielsweise der Zwecksetzungsmacht beruht. Das Gesetz würde hinter seinem Wortlaut wie auch seinem Anspruch, das wirtschaftliche Eigentum zu erfassen, erheblich zurückbleiben, wenn es nur 163 Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 17 Rn. 6; Mülbert, ZHR 163 (1999), S. 26 f.; Sura, Fremdeinfluß, S. 38 f. 164 Hüffer, AktG, § 291 Rn. 2. 165 Vgl. insb. zu den Regelungen des AktG 1937 Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 1 I. (S. 3 ff.). 166 Entspricht § 5 StAnpG. 167 Zur Kritik an diesem Begriff siehe Kapitel 2 II. 2. c) bb).

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die in der Person des Alleingesellschafters konzentrierte Rechtsmacht der Gesellschaftergesamtheit, den Gesellschaftszweck zu ändern, hätte erfassen wollen. Das Gesetz vermutet ein solches Autonomiedefizit, wenn alle (jetzt mindestens 95 v. H. der) Anteile in einer Hand vereinigt sind. Dann ist diese Hand unwiderleglich als wirtschaftlicher Grundstückseigentümer anzusehen. Das Autonomiedefizit soll im Falle der organschaftlich verbundenen Unternehmen aus dem Erfordernis der Eingliederung resultieren, welche nach tatsächlichen Gegebenheiten zu beurteilen ist. Hier führt das Autonomiedefizit trotz rechtlicher Selbständigkeit des abhängigen, zwischengeschalteten Unternehmens nach Auffassung des Gesetzgebers dazu, dass auch hier das wirtschaftliche Eigentum des grundbesitzenden Unternehmens nicht mehr der grundbesitzenden Gesellschaft zusteht, sondern auf die Organschaft verlagert wird.168 Somit zeigt sich, dass das Autonomiedefizit bei der Gesellschaft als Teilaspekt Kroschewskis Zwecksetzungslehre den Normzweck des § 1 Abs. 3 GrEStG a. F. präzisieren kann: Es geht der Norm nicht um die Erfassung einer rechtlichen Zwecksetzungsmacht, sondern um die rechtliche Erfassung der faktisch oder rechtlich bestehenden Möglichkeit, eine Gesellschaft aufgrund eines Abhängigkeitsverhältnisses unabhängig von deren Gesellschaftszweck zur Verfolgung der Interessen eines diese beherrschenden Gesellschafters einzusetzen. Durch die Unfähigkeit der grundbesitzenden Gesellschaft zur autonomen Willensbildung erwirbt der Alleingesellschafter die Sachherrschaft über deren Vermögen und damit auch über deren Grundstücke und ist somit als wirtschaftlicher Eigentümer anzusehen. Das Autonomiedefizit wird unwiderleglich vermutet, wenn alle (nunmehr mindestens 95 v. H. der) Anteile unmittelbar oder mittelbar in der Hand eines Gesellschafters oder in der Hand von herrschenden und abhängigen oder mehreren abhängigen Unternehmen vereinigt werden. Nicht hingegen geht es § 1 Abs. 3 GrEStG a. F. darum, das wirtschaftliche Eigentum nur deshalb anzunehmen, weil einem Alleingesellschafter die Zwecksetzungsmacht über die Gesellschaft zukommt. Mit dieser Rechtsauffassung geht scheinbar ein Rückschritt zur Zwecksetzungslehre einher, da diese Auffassung eine rechtlich anerkannte Position des Alleingesellschafters, welche das wirtschaftliche Eigentum begründet, nicht identifizieren kann. Dies ist aber durch die Fassung des Gesetzes begründet. Es ist meines Erachtens nicht möglich, in die Umsetzung eines nachgewiesenermaßen unpräzisen und nur eingeschränkt qualifizierbaren Willen des Gesetzgebers aus Gründen der Rechtssicherheit Wertungskriterien hineinzuinterpretieren, welche schon vom Wortlaut der Norm nicht gedeckt sind, auch wenn dies rechtspolitisch und wirtschaftlich wünschenswert erscheint.

168 Zur genauen Zuordnung des Gesellschaftsgrundstück bei Organschaft siehe Kapitel 7 III. 1.

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Jedoch ist auch festzuhalten, dass § 1 Abs. 3 GrEStG hinter seinem eigentlichen Normzweck zurückbleibt, das aus der Beherrschung der grundbesitzenden Gesellschaft resultierende wirtschaftliche Eigentum, genauer dessen Erwerb, grunderwerbsteuerrechtlich zu erfassen. Denn diese Beherrschung wird letztlich nur dann erfasst, wenn diese nach ursprünglicher Fassung des Gesetzes durch einen Alleingesellschafter bzw. durch organschaftlich verbundene Unternehmen ausgeübt wird. Nicht jedoch werden Beherrschungen erfasst, welche durch einen nicht zu 100% beteiligten Mehrheitsgesellschafter ausgeübt werden. Dies ist durch die „Schwäche“ des Gesetzes begründet, das Autonomiedefizit der grundbesitzenden Gesellschaft durch eine formale Rechtsstellung und nicht allein durch wirtschaftliche Gesichtspunkte beschreiben zu wollen. dd) Zusammenfassung des Normzwecks nach § 1 Abs. 3 GrEStG a. F. Der Normzweck des § 1 Abs. 3 GrEStG a. F. ist, das wirtschaftliche Eigentum des Alleingesellschafters an den Gesellschaftsgrundstücken zu erfassen und den Übergang dieses wirtschaftlichen Eigentums der Besteuerung zu unterwerfen. Dieses wird darin erblickt, dass der Alleingesellschafter bzw. das herrschende Unternehmen – ob nun unmittelbar oder mittelbar über eine Beteiligungskette oder eine Organschaft – aufgrund seiner Einflussnahmemöglichkeiten die Willensbildung und das Handeln einer Gesellschaft beherrschen kann, weswegen diese mutmaßlich nicht mehr autonom ihren Gesellschaftszweck verfolgt, sondern sich hinsichtlich ihres Handelns an den Interessen des Alleingesellschafters orientiert. Insoweit komme dem Alleingesellschafter in Bezug auf das Gesellschaftsvermögen und somit auch in Bezug auf die Grundstücke der Gesellschaft eine Herrschaftsposition zu, welche wirtschaftlich mit derjenigen eines Eigentümers übereinstimmt. 3. Absenkung der Beteiligungshöhe auf 95% der Anteile Durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 wurde die maßgebliche Beteiligungshöhe von 100% auf 95% abgesenkt. Zweck dieser Gesetzesänderung war es zum einen, angeblich nicht gerechtfertigte Unterschiede im Vergleich zu § 1 Abs. 2a GrEStG auszuräumen.169 Zum anderen sollte die bislang häufig genutzte Umgehungsmöglichkeit eingeschränkt werden, statt eine Übertragung von 100% der Anteile vorzunehmen, einen Zwerganteil zurückzubehalten oder an Dritte zu übertragen170 und so die Grunderwerbsteuer zu vermeiden.171 169

Begründung der Bundesregierung, BT-Drucks. 14/265, S. 204. Diese Konstruktion hatte der RFH/BFH zunächst als Gestaltungsmissbrauch eingeordnet, diese Rechtsprechung später aber revidiert und als zulässiges Gestaltungsinstrument bezeichnet, vgl. einerseits RFH, Urt. v. 22.10.1942 – II 99/42, RFHE 52, 170

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a) Kritik in der Literatur Die Entscheidung, die Beteiligungshöhe auf 95% abzusenken, ist in der Literatur nahezu einhellig auf Kritik gestoßen. Lediglich Weilbach ist der Ansicht, dass die Zurückbehaltung eines Zwerganteils keinen plausiblen Grund für die Nichtbesteuerung der Vereinigung aller übrigen Anteile darstellt.172 Hinweise darauf, ab welcher Größe seiner Ansicht nach kein wirtschaftlich unbedeutender Zwerganteil vorliegt, gibt er jedoch nicht. Fischer173 kritisiert, man habe mit dieser Absenkung die wirtschaftliche Idee des § 1 Abs. 3 GrEStG verfälscht, da ein nur zu 95% Beteiligter eben kein Alleinherrscher über ein Grundstück der Gesellschaft sei.174 Hofmann hält die Absenkung allenfalls für „nachträglich“ durch die Einführung der Regelungen über den Squeeze-Out (§§ 327a ff. AktG) im Jahre 2001 gerechtfertigt.175 Besonders deutlich wird die Kritik bei Kroschewski: Er hält die Anpassung an § 1 Abs. 2a GrEStG für systemwidrig, da diese Vorschrift nicht die Vereinigung der Anteile, sondern die Übertragung von mindestens 95% des Gesellschaftsvermögens auf neue Gesellschafter besteuert. Nicht erforderlich ist dagegen, dass die Anteile auch nur zu einem gewissen Grad vereinigt werden. Vielmehr wird die „Umgehung“ der direkten Veräußerung der Grundstücke an neue Eigentümer dann nicht mehr einer Steuer unterworfen, wenn eine Änderung des Gesellschafterbestands in Höhe von 95% des Gesellschaftsvermögens außerhalb eines Zeitraums von fünf Jahren eintritt. Sinn und Zweck des § 1 Abs. 2a GrEStG ist daher nicht die Besteuerung des Erwerbs einer Sachherrschaft durch Vereinigung von Gesellschaftsanteilen, sondern die bloße Vermögensübertragung.176 Darüber hinaus äußert er in seiner Dissertation „Grunderwerbsteuerrechtliche Anteilsvereinigung im Unternehmensverbund“ die Ansicht, dass durch die Anpassung des § 1 Abs. 3 GrEStG an § 1 Abs. 2a GrEStG die Beteiligungshöhe an der Gesellschaft nicht mehr anhand des Beherrschungsmomentes, sondern vermögensrechtlich zu beurteilen sein könnte, also eine Anteilsvereinigung eintritt, wenn 95% des Gesellschaftsvermögens vereinigt werden. Dies stünde aber im Widerspruch zu dem in der Anteilsvereinigung anklingenden S. 217; BFH, Urt. v. 10.01.1962, BStBl. III 1962, S. 133; andererseits Urt. v. 16.03. 1966 – II 26/63, BStBl. III 1966, S. 254; seitdem st. Rspr.: BFH, Urt. v. 31.07.1991 – II R 157/88; BFH/NV 1992, S. 57 (58); BFH, Beschl. v. 23.08.2004 – II B 122/03 (nicht veröffentlicht). 171 Bundestag, BT-Drucks. 14/265, S. 204; Willibald, in: Oppenhoff & Rädler, Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002, S. 364. 172 Weilbach, GrEStG, § 1 Rn. 87. 173 Fischer, in: Boruttau, GrEStG, Vorb. Rn. 96. 174 Ähnlich Pahlke, in: Pahlke/Franz, § 1 Rn. 319. 175 Hofmann, GrEStG, § 1 Rn. 133. 176 Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 311 f.; ähnlich Hörger/Mentel/Schulz, DStR 1999, S. 565 (575).

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Beherrschungsmoment, das gerade nicht auf eine vermögensrechtliche Beteiligung abstelle.177 Mittlerweile hat Kroschewski diese Auffassung allerdings wieder revidiert und ist nun der Ansicht, dass der Absenkung der Beteiligungsquote die typisierende Betrachtung zugrunde liegt, dass ein Gesellschafter, der derart viele Anteile in seiner Hand vereinige, praktisch wie ein Eigentümer über das Gesellschaftsvermögen herrsche, weil die übrigen Gesellschafter dessen Gebaren nur noch mit dem rechtspraktisch schwer zu beweisenden Vorwurf, der „Alleingesellschafter“ handele nicht mehr in Übereinstimmung mit dem Gesellschaftszweck, begegnen könnten. Zudem ist Kroschewski der Ansicht, dass die verbleibenden Gesellschafter nur vergleichsweise wenig Kapital in die Gesellschaft investiert hätten, weshalb ihr Interesse an der Wahrung des Gesellschaftszwecks kaum ausgeprägt sein dürfte.178 Letztere Überlegung ist meines Erachtens aber rein spekulativer Natur, da sich das Interesse des Minderheitsgesellschafters an der Durchsetzung seiner Gesellschafterrechte weniger an der Höhe seiner Beteiligung an der Gesellschaft als vielmehr an der persönlichen Motivation und dem Kapitaleinsatz seinerseits orientieren dürfte. So sind gerade Kleinaktionäre durchaus daran interessiert, dass die Gesellschaft ihre eigenen und nicht die Ziele fremder Großaktionäre verfolgt. b) Eigene Stellungnahme Die rechtspolitische Kritik an der Gesetzesänderung seitens der Literatur ist meines Erachtens teilweise gerechtfertigt. Ausweislich der Gesetzesbegründung ging es dem Gesetzgeber nicht darum, vom Grundgedanken der Besteuerung einer vollständigen Anteilsvereinigung, nämlich dem Entstehen einer eigentümerähnlichen Stellung des Gesellschafters, Abkehr zu nehmen. Vielmehr ging es wieder einmal darum, als „ungerechtfertigt“ empfundene Gestaltungsvarianten wie das Zurückbehalten von Zwerganteilen zu verhindern.179 Mangels entsprechender Begründung, warum gerade bei 95 v. H. der Anteile die Sachherrschaft über eine Gesellschaft begründet sein soll, erscheint es naheliegend, dass der Absenkung der Beteiligungshöhe kein Paradigmenwechsel zugrunde liegt, sondern schlicht fiskalische Zwecke. Der Gesetzgeber besteuert daher nach wie vor einen Erwerbsvorgang, der nach seiner Auffassung zu einem wirtschaftlichen Grunderwerb aufgrund der Herrschaftsmacht des nahezu Alleingesellschafters hinsichtlich der Gesellschaftsgrundstücke führt.180 Es handelt sich bei der 177

Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 311 f. Kroschewski, BB 2001, S. 1121 (1125); ebenso Verweyen, Grunderwerbsteuer bei konzerninternen Umstrukturierungen, S. 155 f. 179 Begründung der Bundesregierung zum Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002, BT-Drucks. 14/265, S. 204. 180 Verweyen, Grunderwerbsteuer bei konzerninternen Umstrukturierungen, S. 68; Kroschewski, BB 2001, S. 1121 (1125). 178

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Vereinigung von mindestens 95 v. H. der Anteile einer grundbesitzenden Gesellschaft somit wiederum um einen Fall einer gesetzlichen Typisierung181 eines wirtschaftlichen Grunderwerbs. Über eine Untersuchung, inwieweit die Sachherrschaft des zu 95 v. H. an einer Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar Beteiligten mit der des Alleingesellschafters übereinstimmt, ist der Gesetzgeber großzügig hinweggegangen. Der nicht zu 100, sondern nur zu 95 v. H. Beteiligte muss einen, wenn auch marginalen, Fremdeinfluss hinnehmen. Eine Ersetzung des durch den Fremdeinfluss bedingten Verlustes an mitgliedschaftlich begründeter Herrschaftsmacht durch ein anderes die Einflussnahme sicherstellendes Tatbestandsmerkmal, wie dies der Gesetzgeber des GrEStG 1940 mit der Einführung der grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft getan hat, findet nicht statt. Somit ist zu prüfen, ob dem zu mindestens 95 v. H. Beteiligten eine Stellung zukommt, die diesen als wirtschaftlichen Eigentümer des Gesellschaftseigentums ausweisen kann. Betrachtet man die Ebene der grundbesitzenden Gesellschaft, ist zu berücksichtigen, dass der zu 95 v. H. Beteiligte zumindest den Widerstand der übrigen Gesellschaften gegen die Durchsetzung seines Willens überwinden müsste. Da der Alleingesellschafter keine Mitgesellschafter hat, muss er diesen Widerstand nicht erwarten; zudem ist der Alleingesellschafter naturgemäß nicht der Treupflicht gegenüber seinen – eben nicht existenten – Mitgesellschaftern unterworfen, während der zu 95 v. H. Beteiligte auch in gewissem Umfang Treupflichten gegenüber seinen Mitgesellschaftern unterliegt. Insoweit ist der 95% der Anteile haltende Gesellschafter nicht mit einem Alleingesellschafter vergleichbar. Dehnt man die Betrachtung auf die grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft aus, so zeigt sich, dass hier in Bezug auf das wirtschaftliche Eigentum sowohl eine Alleingesellschafterstellung entbehrlich als auch eine Bindung an die Treupflicht unerheblich war, wenn der herrschende Gesellschafter sicherstellen konnte, dass sein Wille in der zwischengeschalteten Gesellschaft aufgrund der finanziellen, wirtschaftlichen und organisatorischen Eingliederung befolgt wird. In Bezug auf die grundbesitzende Gesellschaft war somit aufgrund deren Eingliederung auch der die zwischengeschaltete Gesellschaft beherrschende Gesellschafter als wirtschaftlicher Alleingesellschafter anzusehen.182 Bei Absenkung der erforderlichen Beteiligungshöhe auf 95 v. H. der Anteile wurde ein den Fremdeinfluss einschränkendes Merkmal jedoch nicht aufgenommen. Stellt man auf die Willensbildung in der Gesellschafterversammlung ab, so ergibt sich kein anderes Bild. Vorbehaltlich anderweitiger Bestimmungen im Gesellschaftsvertrag gilt im Bereich der Personengesellschaften ohnehin das Einstimmigkeitsprinzip; auch bei vertraglicher Einführung des Mehrheitsprin-

181 182

Zur verfassungsrechtlichen Zulässigkeit dieser Typisierung siehe Kapitel 2 III. 2. Zur Organschaft näher siehe Kapitel 7.

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zips dürfte zumindest höchst selten das Erfordernis einer Zustimmung von mindestens 95 v. H. der Stimmen oder der Kapitalanteile zur Beschlussfassung vereinbart werden. Für die Kapitalgesellschaften ergibt sich nur bei der Aktiengesellschaft eine besondere Rechtsmacht durch Vereinigung von mindestens 95% der Anteile. Bei dieser ist nach §§ 320 Abs. 1 S. 1 AktG die Eingliederung einer Gesellschaft möglich, wenn die andere Aktiengesellschaft, in welche eine Aktiengesellschaft eingegliedert werden soll, mindestens 95% der Anteile am Grundkapital hält. Auch die Möglichkeit des sogenannten Squeeze-Out ist nach § 327a Abs. 1 S. 1 AktG von einer mindestens 95%-igen Beteiligung am Grundkapital abhängig. Die bloße Möglichkeit, eine solche Maßnahme vorzunehmen, begründet noch keine besondere Sachherrschaft des dadurch berechtigten Aktionärs im Hinblick auf das Gesellschaftsvermögen. Zudem ist bei GmbH und Personengesellschaften eine Eingliederung nach diesen Vorschriften aufgrund des Ausnahmecharakters nicht möglich.183 Ein Rückgriff auf den Squeeze-Out nach §§ 327a ff. AktG scheidet zudem deshalb aus, da dieser erst später in das Aktienrecht eingefügt wurde184 und damit für Motive des Gesetzgebers zur Absenkung der Beteiligungshöhe nicht herangezogen werden kann. Vorbehaltlich einer entsprechenden Regelung im Gesellschaftsvertrag bzw. in der Satzung ergeben sich auch sonst keine Hinweise darauf, dass Gesellschafter, welche einzeln oder zusammen etwas mehr als 5% der Anteile halten, messbaren Einfluss auf die Willensbildung einer Gesellschaft haben können.185 Auch bei der GmbH sind bei Vereinigung von mindestens 95 v. H. der Anteile zumindest aus dem Gesetz keine Besonderheiten hinsichtlich einer besonderen Rechtsmacht oder Einflussnahmemöglichkeit des Gesellschafters ersichtlich. Nach § 47 Abs. 1 GmbHG ist für die Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung grundsätzlich die Mehrheit der nach § 47 Abs. 4 GmbH berechneten Stimmen nötig. Fallen Grundlagenentscheidungen an, so ist nach § 53 Abs. 2 S. 1 GmbHG – soweit keine abweichende Bestimmung im Gesellschaftsvertrag vorliegt – eine Dreiviertelmehrheit erforderlich.186 Bei Zweckänderungen ist analog § 33 Abs. 1 S. 2 BGB die Zustimmung aller Gesellschafter erforderlich.187 Betrachtet man die Absenkung aus einer konzernrechtlich motivierten Warte, ergibt sich ein anderes Bild: solange die Einflussnahme einer Person auf die grundbesitzende Gesellschaft gewährleistet und damit sichergestellt ist, dass diese ihren Willen in der Regel – auch gegen den Widerstand von Minderheits183 Hüffer, AktG, § 327a Rn. 6; Krieger, in: Münch.Hdb. GesR IV, § 73 Rn. 3; Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 29 III. 2. d) (S.416 f.). 184 BGBl. I 2001, S. 3822 (3838). 185 Zu den Minderheitenrechten von 5 % des Grundkapitals bei Aktiengesellschaften siehe Semler, in: Münch.Hdb. GesR IV, Anh. § 42. 186 Ausführlich Wolff, in: Münch.Hdb. GesR III, § 37 Rn. 3 ff. 187 Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 53 Rn. 19.

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gesellschaftern – durchsetzen kann, ist der Gesellschafter grundsätzlich in der Lage, zum einen Gesellschafterbeschlüsse in seinem Sinne ausfallen zu lassen, zum anderen durch faktische Einflussnahme auf die geschäftsführenden Organe die laufende Geschäftsführung in seinem Interesse zu beeinflussen, selbst wenn dies rechtlich unzulässig wäre (vgl. § 76 Abs. 1 AktG). Da diese Stellung zivilrechtlich bereits bei einem Gesellschafter vermutet wird, der mehrheitlich an einem Unternehmen beteiligt ist (§ 17 Abs. 2 AktG), ergibt sich angesichts des oben entwickelten Normzwecks des § 1 Abs. 3 GrEStG a. F., dass insoweit dem zu mindestens 95 v. H. Beteiligten auch zivilrechtlich in der Regel eine Stellung zukommt, die diesen für Zwecke der Grunderwerbsteuer mittels Einflussnahme auf die Gesellschaft zum wirtschaftlichen Eigentümer des Gesellschaftsvermögens im Sinne der Sachherrschaft über dasselbe werden lässt. Dies führt natürlich zur Folgefrage, ab wann eine solche Stellung für grunderwerbsteuerrechtliche Zwecke nicht mehr gegeben wäre, also inwieweit der Gesetzgeber die unwiderleglichen Vermutungen des § 1 Abs. 3 GrEStG n. F. durch weitere Absenkung der erforderlichen Beteiligungshöhe die Besteuerung vertretbar ausdehnen könnte. Diese Frage ist jedoch nicht Gegenstand der Dissertation und soll deshalb auch unbeantwortet bleiben. Da sich auch mangels gegenteiliger Ausführungen des Gesetzgebers kein Paradigmenwechsel hinsichtlich des Normzweck ergibt, ist bei teleologischer Auslegung der Vorschrift immer noch der Übergang der Sachherrschaft an einen Gesellschafter, der mindestens 95% der Anteile in seiner Hand vereinigt, und das damit einhergehende Autonomiedefizit der Gesellschaft als Besteuerungsgrund der Anteilsvereinigung zugrunde zu legen. Aufgrund dieser Kriterien vermutet der Gesetzgeber unwiderleglich einen wirtschaftlich verstandenen Grunderwerb. An der Geltung der Sachherrschaftstheorie hat sich somit die teleologische Auslegung des § 1 Abs. 3 GrEStG zu orientieren. 4. § 1 Abs. 3 GrEStG und § 42 AO Nach Gesetzgebungsgeschichte,188 ständiger Rechtsprechung189 und Äußerungen in der Literatur190 wurde § 1 Abs. 3 GrEStG geschaffen, um die Umgehung der Grunderwerbsteuer durch Vereinigung oder Übertragung von bereits vereinigten Anteilen an grundbesitzenden Gesellschaften zu verhindern. Dies wirft die Frage auf, in welchem Verhältnis § 42 AO und § 1 Abs. 3 und 4 188

RStBl. 1940, S. 387 ff. (392). BFH, Urt. v. 26.07.1995 – II R II R 68/92, BStBl. II 1995, S. 736 (737); Urt. v. 13.09.1995 – II R 80/92, BStBl. II 1995, S. 903 (904); Urt. v. 08.08.2001 – II R 66/ 98, BFH/NV 2001, S. 672 (673); Urt. v. 20.07.2005 – II R 30/04, BB 2005, S. 2452; st. Rspr. 190 Ott, GrEStG, § 3 Anm. 1, 2 zum GrEStG 1919/1927; Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 852 f.; Laule, GmbHR 1965, S. 47 (51). 189

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Kap. 2: Grundlagen der Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG

GrEStG zueinander stehen, insbesondere seitdem § 42 Abs. 2 AO a. F.191 normiert, dass § 42 Abs. 1 AO a. F. immer dann anwendbar ist, wenn seine Anwendbarkeit gesetzlich nicht ausgeschlossen ist.192 Ein solcher Ausschluss fehlt der Vorschrift des § 1 Abs. 3 GrEStG bislang. Vor Einführung des § 42 Abs. 2 AO a. F. waren Rechtsprechung193 und herrschende Meinung194 der Auffassung, dass eine spezielle Missbrauchsvorschrift die Anwendung des § 42 Abs. 1 AO a. F.verdränge. Die Spezialnorm könne zwar selbst wieder umgangen werden, bilde aber gleichsam den normativen Maßstab für das Vorliegen eines Missbrauchs, der bei Prüfung der Frage, ob ein Missbrauch im Sinne des § 42 Abs. 1 AO a. F.vorliegt, anzulegen sei.195 Dies ist im Hinblick auf die Anteilsvereinigung nunmehr zweifelhaft, als gerade auf die Spezialität und den Ausnahmecharakter des § 1 Abs. 3 GrEStG wegen § 42 Abs. 2 AO a. F. nicht mehr ohne weiteres wird verwiesen werden können.196 Stellt aber vor diesem Hintergrund eine rechtliche Gestaltung keinen Missbrauch dar, kann § 42 Abs. 2 AO a. F. insoweit auch keinen Anwendungsbereich eröffnen. Dies bedeutet im Hinblick auf die Zurückbehaltung von „Zwerganteilen“, dass § 42 Abs. 1 AO a. F. keine Anwendung finden kann, weil das dadurch erreichte Ziel, fast 95 v. H. der Anteile an einer Gesellschaft zu vereinigen, eben nicht die Vorgabe des § 1 Abs. 3 GrEStG, nämlich die mindestens 95%ige Anteilsvereinigung, erreichen würde. Es kann – auch unter Berücksichtigung des § 42 AO a. F. – niemand gezwungen werden, seine Rechtsgeschäfte so zu gestalten, dass diese einen Steuertatbestand auslösen.197 Insoweit scheidet eine Erweiterung des Steuertatbestandes durch § 42 AO a. F. aufgrund der Spezialität des § 1 Abs. 3 GrEStG aus.198 Hofmann ist daher der Ansicht, dass auch nach Einführung des § 42 Abs. 2 AO a. F. überprüft werden müsse, ob die gewählte zivilrechtliche Gestaltung zu einer Vereinigung von mindestens 191

In der Fassung vor dem JStG 2008. Art. 8 Nr. 9 StÄndG 2001 v. 20.12.2001, BGBl. I, S. 3794. 193 BFH, Urt. v. 15.12.1999 – I R 29/97, FR 2000, S. 446 (449 f.); Urt. v. 23.10. 1991 – I R 40/89, BStBl. II 1992, S. 1026 (1028); Urt. v. 13.12.1989 – I R 118/87, BStBl. II 1990, S. 474 (476 f.). 194 Brockmeyer, in: Klein, AO, § 42 Rn. 88; Drüen, in: Tipke/Kruse, AO, § 42 Rn. 20b; Fischer, FR 2000, S. 451 (452). 195 Drüen, in: Tipke/Kruse, AO, § 42 Rn. 20b; FG Düsseldorf, Urt. v. 04.03.2002 – 17 K 3418/98 F, 17 K 2420/98 F, 17 K 3669/98 F, 17 K 9829/98 F, DStRE 2002, S. 826 (829 f.). 196 Str. ist, ob die Norm des § 42 Abs. 2 AO eine Aushöhlung des Rechtsgrundsatzes lex specialis derogat legi generali darstellt; kritisch bejahend Brockmeyer, in: Klein, AO, § 42 Rn. 86; a. A. Drüen, in: Tipke/Kruse, AO, § 42 Rn. 20; wohl auch Schwarz, in: Schwarz, AO, § 42 Rn. 27. 197 BFH, Urt. v. 31.07.1991 – II R 157/88, BFH/NV 1992, S. 57 (58 f.); Hofmann, GrEStG, § 1 Rn. 134a. 198 Pahlke, in: Pahlke/Franz, GrEStG, § 1 Rn. 319. 192

II. Normzweck und Rechtstechnik

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95 v. H. der Anteile führt, weshalb eine Besteuerung entsprechend der den wirtschaftlichen Vorgängen angemessenen Gestaltung nicht in Betracht komme.199 Meines Erachtens ist § 42 AO a. F. durchaus neben § 1 Abs. 3 GrEStG anwendbar, wenn ein Gestaltungsmissbrauch im Hinblick auf § 1 Abs. 3 GrEStG vorliegt, d. h. wenn die gewählte rechtliche Gestaltung unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist.200 Allerdings dürfte diese Vorschrift keinen allzu weiten Anwendungsbereich haben. § 1 Abs. 3 GrEStG legt eindeutig fest, wann nach Ansicht des Gesetzgebers eine Umgehung des Grunderwerbs durch die Vereinigung von Anteilen an einer grundbesitzenden Gesellschaft gegeben ist. Wird die gängige „Umgehung“ des § 1 Abs. 3 GrEStG gewählt, statt 95% nur 94,9% der Anteile zu vereinigen, so entspricht dies wirtschaftlich nicht ohne weiteres der Gestaltung, als ob 95% der Anteile vereinigt worden wären, da der Gesellschafter eben nicht die Position eines zu 95% beteiligten Gesellschafters, sondern nur die eines zu 94,9% beteiligten Gesellschafters innehat. Somit ist ein Erwerb, der weniger als 95 v. H. der Anteile zum Gegenstand hat, steuerrechtlich grundsätzlich nicht zu missbilligen. Damit läuft § 42 Abs. 2 AO a. F. mangels Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen des § 42 Abs. 1 AO a. F. leer.201 Sähe man dies anders, würde dies zu einer nicht mehr mit dem Gesetz zu vereinbarenden Ausdehnung des § 1 Abs. 3 GrEStG führen, da ein eindeutiges Kriterium, ab dem die Vereinigung von weniger als 95% der Anteile einer Gesellschaft eine Umgehung des § 1 Abs. 3 GrEStG darstellt, nicht bestimmt werden kann.202 Somit käme § 42 AO a. F. nur dann zum Tragen, wenn der Gesellschafter (oder die Organschaft), der weniger als 95% der Gesellschaftsanteile in seiner Hand vereinigt, unter Umgehung des § 1 Abs. 3 GrEStG so gestellt werden würde, als ob er wirtschaftlich gesehen 95% der Anteile vereinigen würde, also das Fehlen der Restbeteiligung ausschließlich eine rein formale Frage darstellt. Ob eine solche Gestaltung vorliegt, ist immer eine Frage des Einzelfalls und kann keiner generalisierenden Aussage unterworfen werden.

199

Zu Letzterem vgl. Hofmann, GrEStG, § 1 Rn. 134a. BFH, Urt. v. 13.12.1983 – VIII R 173/83, BStBl. II 1984, S. 428 (429); Urt. v. 27.07.1999 – VIII R 36/98, BStBl. II 1999, S. 769 (770); Urt. v. 17.12.2003 – IX R 56/03, BStBl. II 2004, S. 648 f. – st. Rspr.; Brockmeyer, in: Klein, AO, § 42 Rn. 12 ff.; Lang, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 5 Rn. 100. 201 So auch allgemein zur Anwendbarkeit von § 42 AO auf spezielle Umgehungstatbestände Clausen, DB 2003, S. 1589 (1585); speziell zum sog. Dividendenstripping FG Düsseldorf, Urt. v. 04.03.2002 – 17 K 3418/98 F, 17 K 2420/98 F, 17 K 3669/98 F, 17 K 9829/98 F, DStRE 2002, S. 826 (829 f.). 202 So schon die Rechtsprechung zum Zurückbehalten/Nichtvereinigen eines Zwerganteils Urt. v. 16.03.1966, – II 26/63, BStBl. III 1966, S. 254; seitdem st. Rspr.: BFH, Urt. v. 31.07.1991 – II R 157/88; BFH/NV 1992, S. 57 (58); BFH, Beschl. v. 23.08. 2004, II B 122/03 (nicht veröffentlicht). 200

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Kap. 2: Grundlagen der Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG

Auch durch die Neufassung des § 42 AO durch das Jahressteuergesetz 2008203 ergeben sich m. E. im Ergebnis keine Änderungen. Bemerkenswert ist die Abkehr vom bisherigen § 42 Abs. 2 AO a. F. § 42 Abs. 2 AO a. F. erklärte die Regelung für die Behandlung von mißbräuchlichen Gestaltungen immer dann für anwendbar, soweit sie nicht ausdrücklich ausgeschlossen sei. Nunmehr normiert § 42 Abs. 1 S. 2 AO n. F. für die Rechtsfolgenseite, dass die Rechtsfolgen einer speziellen Missbrauchsregel (z. B. des § 1 Abs. 3 GrEStG) der allgemeinen Vorschrift des § 42 Abs. 1 S. 3 AO n. F. vorgehen. Dies bedeutet nicht, dass § 42 AO n. F. im Falle des § 1 Abs. 3 GrEStG unanwendbar sei. Vielmehr ist diese Vorschrift wie nach oben vertretener Ansicht immer dann anwendbar, wenn durch mißbräuchliche Gestaltungen eine Auslösung der Besteuerung nach § 1 Abs. 3 GrEStG umgangen werden soll. Jedoch ist mit der Neufassung des § 42 AO m. E. keine Änderung hinichtlich des Vorliegens eines Gestaltungsmissbrauchs verbunden. Die Definition des Gestaltungsmissbrauchs in § 42 Abs. 2 AO n. F. unterscheidet sich m. E. inhaltlich nicht von der oben dargestellten Definition. Somit sind die obigen Aussagen zum Vorliegen eines Gestaltungsmissbrauchs nicht zu korrigieren.

III. Verfassungsrechtliche Vorgaben Ziel dieses Abschnittes ist es, die verfassungsrechtlichen Grundlagen der Grunderwerbsteuer im Allgemeinen und der Besteuerung der Anteilsvereinigung im Besonderen kurz darzustellen. Ferner sollen die verfassungsrechtlichen Vorgaben an die Ausgestaltung der Besteuerung einer Anteilsvereinigung dargestellt werden, um im Laufe der Arbeit hieraus Erkenntnisse für die Behandlung spezieller Fragestellungen im Bereich der Anteilsvereinigung zu gewinnen. 1. Verfassungsmäßigkeit der Grunderwerbsteuer Nach absolut herrschender Meinung unterliegt die Grunderwerbsteuer als solche keinen verfassungsrechtlichen Bedenken. Die Grunderwerbsteuer sei schon deshalb verfassungsrechtlich gerechtfertigt, weil sie in der Urfassung des Grundgesetzes in Art. 105 Abs. 2 Nr. 1 GG204 rezipiert worden sei.205 Später ging diese Erwähnung in der Bezeichnung der „Verkehrsteuer“ in Art. 106

203

BGBl. I 2007, S. 3150 (3171). BGBl. 1949, S. 1 (14). 205 BVerfG, Beschl. v. 08.01.1999 – 1 BvL 14/98, BStBl. II 1999, S. 152 (155 f.); Beschl. v. 22.06.1995 – 2 BvL 37/91, BStBl. II 1995, S. 655; Kirchhof, HdbStR, Bd. IV, § 88 Rn. 68; Fischer in: Boruttau, GrEStG, Vorb. Rn. 115; a. A. Tipke, Steuerrechtsordnung, S. 528 ff.; Verweyen, Grunderwerbsteuer bei konzerninternen Umstrukturierungen, S. 131 ff. 204

III. Verfassungsrechtliche Vorgaben

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Abs. 2 Nr. 4 GG auf.206 In ähnliche Richtung gehen die Ausführungen Rodis: Die in Art. 105, 106 GG genannten Steuerarten seien mit ihren eigenen typusprägenden Strukturelementen verfassungsrechtlich gerechtfertigt. Von der Legitimationswirkung seien die „wesentlichen Strukturmerkmale des Regelungsgegenstandes, seine Struktur im großen“ erfasst.207 Daraus ergebe sich aber auch, dass der Typus „an seinen Rändern unscharf“ sei, so dass es Elemente gebe, die für den Typus selbst nicht konstitutiv und folglich auch nicht über Art. 105, 106 GG gerechtfertigt seien.208 Aber auch aus materieller Sicht wird die GrEStG für verfassungskonform erachtet. Das BVerfG ist zunächst der Ansicht, dass dem Gesetzgeber bei der Erschließung von Steuerquellen eine „weitgehende Gestaltungsfreiheit“ zukommt.209 Der allgemeine Gleichheitssatz sei so lange nicht verletzt, wie „finanzpolitische, volkswirtschaftliche, sozialpolitische oder steuertechnische Erwägungen die verschiedene Behandlung motivieren.“210 Aus diesem Grund sei es auch verfassungsrechtlich gerechtfertigt, die teilweise geforderte Integration der Grunderwerbsteuer in die Umsatzsteuer211 nicht durchzuführen.212 Dem stehe auch nicht der Grundsatz der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit213 entgegen.214 Das dem Gleichheitssatz (Art. 3 GG) entnommene Leistungsfähigkeitsprinzip stellt das dem Steuerrecht zugrunde liegende Fundamentalprinzip dar. Seine Zielrichtung besteht darin, wirtschaftlich leistungsfähigere Personen verstärkt zur Finanzierung der Staatsausgaben heranzuziehen. Diese Heranziehung sei – so das BVerfG – Ausdruck der Gleichmäßigkeit der Besteuerung und elementares Prinzip der Steuergerechtigkeit.215 Wer aber Grundstücke erwirbt, zeigt wirtschaftliche Leistungsfähigkeit, indem er 206

BGBl. 1969 I, S. 359 ff. Rodi, Rechtfertigung von Steuern als Verfassungsproblem, S. 188 f. 208 Rodi, Rechtfertigung von Steuern als Verfassungsproblem, S. 189. 209 BVerfG, Urt. v. 27.06.1991 – 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, S. 239 (271); Beschl. v. 08.01.1999 – 1 BvL 14/98, BStBl. II 1999, S. 152 (155 f.); Tipke, Steuerrechtsordnung, Band I, S. 327. 210 BVerfG, Beschl. v. 06.12.1983 – 2 BvR 1275/79; BVerfGE 65, 325 (354); ähnlich Beschl. v. 22.06.1995 – 2 BvL 37/91, BStBl. II 1995, S. 655; Beschl. v. 08.01. 1999 – 1 BvL 14/98, BStBl. II 1999, S. 152 (156). 211 Z. B. Tipke, Steuerrechtsordnung, Band 2, S. 937 ff. und 1015 f.; Baur, Steuersystematisches Postulat, S. 132 und passim; Reiß, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 15 Rn. 4. 212 Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 31. 213 Zu dessen Bedeutung für die Grunderwerbsteuer ausführlich Verweyen, Grunderwerbsteuer bei konzerninternen Umstrukturierungen, S. 188 ff. 214 BVerfG, Beschl. v. 22.06.1995 – 2 BvL 37/91, BStBl. II 1995, S. 655; Beschl. v. 17.11.1998 – 1 BvL 10/98, BStBl. 1999 II, S. 509 (511); ähnlich Kirchhof, StuW 2002, S. 185 (189). 215 BVerfG, Beschl. v. 22.02.1984 – 1 BvL 10/80, BVerfGE 66, S, 214 (223), zur Kritik am Prinzip der „Ist-Leistungsfähigkeit“ Birk, Steuerrecht, Rn. 33. 207

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Kap. 2: Grundlagen der Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG

vorher erlangtes Vermögen verwendet.216 Dieses Leistungsfähigkeitsprinzip entfaltet daher vornehmlich Wirkung im Innenbereich einer Steuer.217 2. Verfassungsmäßigkeit der Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG Vor dem Hintergrund, dass mit der Anteilsübertragung bzw. der Anteilsvereinigung kein formeller Eigentumserwerb an einem Grundstück einhergeht, ist kurz auf die Verfassungsmäßigkeit des § 1 Abs. 3 GrEStG einzugehen. Dabei geht es hier nur um allgemeine verfassungsrechtliche Erwägungen; ob die Rechtsanwendung der Norm in allen Fällen zu verfassungskonformen Ergebnissen führt, soll in dieser Dissertation nicht weiter verfolgt werden.218 Das Bundesverfassungsgericht erachtet die Besteuerung der Anteilsvereinigung als fiktiven Erwerb des Gesellschaftsgrundstücks als verfassungskonform. Denn derjenige, welcher alle (jetzt mindestens 95 v. H. der) Anteile an einer Gesellschaft erwerbe, werde wirtschaftlicher Eigentümer deren Gesellschaftsvermögens. Ein Verstoß sei auch nicht darin zu erblicken, dass der Gesetzgeber in § 1 Abs. 3 GrEStG eine Durchbrechung der bürgerlich-rechtlichen Ordnung normiert. Bereits im Jahre 1969 hat das BVerfG anerkannt, dass unter Berücksichtigung wirtschaftlicher Gesichtspunkte Tatbestände der Grunderwerbsteuer unterworfen werden können. Dies gelte umso mehr, als auch dem Zivilrecht eine Durchbrechung der eigenständigen Rechtspersönlichkeit einer Gesellschaft bei Anteilsvereinigungen nicht fremd sei.219 Ferner gehöre es zum Wesen einer Verkehrsteuer, „an Akte oder Vorgänge des Rechtsverkehrs, an einen rechtlichen oder wirtschaftlichen Akt, an die Vornahme eines Rechtsgeschäfts oder an einen wirtschaftlichen Vorgang oder einen Verkehrsvorgang“

anzuknüpfen.220 Nach Ansicht des BVerfG ist daher die Besteuerung eines nur wirtschaftlichen Grundstücksumsatzes grundsätzlich mit Art. 3 Abs. 1 GG zu vereinbaren; dass der Gesetzgeber hierdurch seinen Gestaltungsspielraum ver216 BT-Drucks. 8/2555; BT-Drucks 9/251, S. 12; Birk, Steuerrecht, Rn. 94; allgemeiner zu indirekten Steuern Lang, in: Tipke/Lang, § 4 Rn. 85; Weber-Grellet, Steuern im modernen Verfassungsstaat, 169 f. 217 BVerfG, Beschl. v. 08.01.1999 – 1 BvL 14/98, BStBl. II 1999, S. 152 (156) Hallerbach, DStR 1999, S. 2127. 218 Beachte hierzu die ausführliche Untersuchung von Verweyen, Grunderwerbsteuer bei konzerninternen Umstrukturierungen, S. 121 ff. und passim. 219 BVerfG, Beschl. v. 16.05.1969 – 1 BvR 600/66, HFR 1969, S. 398; BVerfG, Beschl. v. 26.03.1969 – 1 BvR 512/66, HFR 1969, S. 304 (305); Verweyen, Grunderwerbsteuer bei konzerninternen Umstrukturierungen, S. 176 f. 220 BVerfG, Beschl. v. 08.01.1999 – 1 BvL 14/98, BStBl. II 1999, S. 152 (155) unter Verweis auf BVerfGE 16, S. 64 (73).

III. Verfassungsrechtliche Vorgaben

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kannt und die ihm gezogenen Grenzen in sachwidriger Weise überschritten habe, sei nicht erkennbar.221 § 1 Abs. 3 GrEStG stellt dabei eine gesetzliche Typisierung dar. Das wirtschaftliche Eigentum erlangt hier nicht, wer bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise als Eigentümer des Gesellschaftsgrundstücks anzusehen ist. Vielmehr wird fingiert, dass derjenige und nur dieser, welcher alle (nunmehr mindestens 95 v. H. der) Anteile in seiner Hand unmittelbar oder mittelbar vereinigt, das wirtschaftliche Eigentum erlangt hat. Letztendlich wird eine unwiderlegliche Vermutung dafür aufgestellt, dass der Alleingesellschafter typischerweise eine dem Eigentümer vergleichbare Stellung aufweist (sogenannter unwiderleglicher Typus222). Diese Verallgemeinerung gilt auch als verfassungsrechtlich unbedenklich, solange die gesetzliche Verallgemeinerung auf eine möglichst weite, alle betroffenen Gruppen und Regelungstatbestände einschließende Betrachtung aufbaut.223 Die Typisierung muss dabei zur Vereinfachung geeignet, erforderlich und angemessen sein.224 Auch insoweit ergeben sich meines Erachtens keine Gründe, die für eine Verfassungswidrigkeit der Besteuerung einer Anteilsvereinigung sprechen. Wann einem Gesellschafter eine Stellung zukommt, die ihn als wirtschaftlichen Eigentümer des Gesellschaftsvermögens ansehen lässt, ist im Einzelfall schwierig zu bestimmen, da das tatsächliche Maß an Einflussnahme in den seltensten Fällen offen zu Tage treten wird. Die in § 1 Abs. 3 GrEStG aufgestellte unwiderlegliche Vermutung ist somit geeignet und auch erforderlich, unter Zugrundelegung einer typisierenden Betrachtung, diese Bestimmung ohne aufwändige Aufklärungsmaßnahmen zu ermöglichen. Auch hinsichtlich der Angemessenheit der Norm ergibt sich nichts anderes. Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass ein Alleingesellschafter einen derart beherrschenden Einfluss auf eine Gesellschaft hat, dass sie in der öffentlichen wie auch in dessen eigener Wahrnehmung als seine Gesellschaft wahrgenommen wird. Somit wird ihm auch wirtschaftlich das Gesellschaftsvermögen zugewiesen, da er die Vermögensverwendung weitgehend bestimmen kann. Auch ein Gesellschafter, der nur nahezu Alleingesellschafter ist, hat einen derart beherrschenden Einfluss auf das Handeln der Gesellschaft, dass auch er trotz weiterer Mitgesellschafter wie ein Eigentümer über das Gesellschaftsvermögen verfügen kann. Daher erscheint es mir auch vor dem Hintergrund der Sachgerechtigkeit und Folgerichtigkeit verfassungsrechtlich vertretbar, die Beteiligungsschwelle auf 95 v. H. abzusenken.

221

BVerfG, Beschl. v. 08.01.1999, 1 BvL 14/98, BStBl. II 1999, S. 152 (155 f.). Kirchhof, StuW 2000, S. 316 (320). 223 BVerfG, Beschl. v. 10.04.1997 – 2 BvL 77/92, BVerfGE 96, S. 1 (6 ff.); v. 07.12.1999 – 2 BvR 301/98, BVerfGE 101, S. 297 (309); Kirchhof, StuW 2000, S. 316 (319); Eckhoff, Rechtsanwendungsgleichheit im Steuerrecht, S. 87 ff. 224 Birk, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, § 4 Rn. 493. 222

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Kap. 2: Grundlagen der Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG

IV. Europarechtliche Vorgaben an die Anteilsvereinigung 1. Europarechtswidrigkeit der Anteilsvereinigung? Vereinzelt werden gegen die Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG europarechtliche Bedenken geäußert.225 Zudem soll die Europäische Kommission gegenwärtig die Frage prüfen, ob § 1 Abs. 3 GrEStG gegen Europäisches Recht verstößt.226 Dies führt zunächst zu der Frage, ob diese Bedenken gerechtfertigt sind. a) Primärrechtliche Vorschriften Nach ständiger Rechtsprechung des EuGH ist festzuhalten, dass die direkten Steuern zwar in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten fallen, diese aber ihre Befugnisse unter Wahrung des Gemeinschaftsrechts ausüben müssen.227 Primärrechtlich könnte die Vorschrift des § 1 Abs. 3 sowohl in den Anwendungsbereich des Art. 43, 48 EG (Niederlassungsfreiheit) als auch in den des Art. 56 EG (Kapitalverkehrsfreiheit) fallen. Art. 43 EG normiert ein Beschränkungsverbot für den Bereich der Niederlassung von natürlichen und juristischen Personen (hier Art. 48 EG) im Geltungsbereich des EG-Vertrages. Sie dürfen daher ihre Tätigkeit in einem anderen Mitgliedstaat nach den Vorschriften desselben ausüben, ohne aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit irgendwelchen Beschränkungen zu unterliegen (Inländergleichbehandlung).228 Verboten ist daher jede Form der Diskriminierung, offensichtlicher oder versteckter, unmittelbarer oder mittelbarer Natur.229 § 1 Abs. 3 GrEStG war bislang nicht Gegenstand der Rechtsprechung des EuGH. Jedoch hatte das FG Hamburg230 und im Folgenden der BFH231 Gelegenheit, diese Norm vor dem Hintergrund der Niederlassungsfreiheit zu bewerten. Übereinstimmend – und meines Erachtens zutreffend – judizierten beide Gerichte, dass § 1 Abs. 3 GrEStG nicht die Niederlassungsfreiheit beschränke, da § 1 Abs. 3 GrEStG nur an die Belegenheit des jeweiligen Grundstücks, nicht aber an die 225

Spengel/Dörrfuß, DStR 2003, S. 1059. Weilbach, GrEStG, § 1 Rn. 93d a. E. 227 EuGH, Urt. v. 08.03.2001 – Rs. C-397/98 und C-410/98, IStR 2001, S. 215 – „Metallgesellschaft u. a.“; EuGH, Urt. v. 13.12.2005 – Rs. C-446/03, IStR 2006, S. 19 – „Marks & Spencer“. 228 BFH, Urt. v. 05.11.2002 – II R 23/00, GmbHR 2003, S. 487 (488); Streinz, Europarecht, Rn. 886. 229 EuGH, Urt. v. 12.04.1994 – Rs.C-1/93, Slg. 1994 I-1151 Rn. 15 – „Halliburton Services BV“; Streinz, Europarecht, Rn. 886; Rendelzhofer/Forsthoff, in: Grabitz/Hilf, Bd. 1, EG, Art. 43 Rn. 79. 230 FG Hamburg, Urt. v. 28. Februar 2000 – I 10/99, EFG 2000, S. 696 (697). 231 BFH, Urt. v. 05.11.2002 – II R 23/00, GmbHR 2003, S. 487. 226

IV. Europarechtliche Vorgaben an die Anteilsvereinigung

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Staatsangehörigkeit bzw. die Inländer- und Ausländereigenschaft der Gesellschaft oder des Anteilsinhabers anknüpft. Unterschiede in den Rechtsordnungen der Mitgliedstaaten fallen nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht in den Anwendungsbereich des Art. 43 EG.232 Auch ein Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit ist nicht ersichtlich. Der Begriff Kapitalverkehr (Art. 56 ff. EG) deckt sowohl den Verkehr von Sachkapital (insb. Immobilien und Unternehmensbeteiligungen) als auch den von Geldkapital (z. B. Wertpapieren) ab.233 Verboten sind nach dieser Vorschrift daher – in Anlehnung an die Dassonville-Formel234 – jede unmittelbare oder mittelbare, aktuelle oder potentielle Behinderung, Begrenzung oder Untersagung für den Zufluss, Abfluss oder Durchfluss von Kapital.235 Voraussetzung dafür ist allerdings, dass ein grenzüberschreitender Sachverhalt vorliegt; eine Inländerdiskriminierung ist somit zulässig.236 Eine Beschränkung liegt aber nur dann vor, wenn eine innerstaatliche Maßnahme dazu führt, dass die grenzüberschreitende wirtschaftliche Betätigung in spezifischer Weise für den Steuerpflichtigen unattraktiver als die vergleichbare inländische Betätigung wird.237 Allgemeine Standortbedingungen werden als Bestandteil eines offenen wirtschaftlichen Ordnungsrahmens nicht erfasst.238 Somit verstößt § 1 Abs. 3 GrEStG nicht gegen Art. 56 EG. Zum einen ist nicht erkennbar, dass § 1 Abs. 3 GrEStG den Erwerb von Anteilen an Gesellschaften mit deutschem Grundbesitz für einen Steuerausländer unattraktiver macht als für einen Inländer. Zum anderen macht § 1 Abs. 3 GrEStG den Erwerb von Anteilen an einer ausländischen Gesellschaft mit deutschem Grundbesitz nicht unattraktiver als den Erwerb von Anteilen einer deutschen Gesellschaft mit deutschem Grundbesitz. b) Sekundärrechtliche Vorschriften Ferner wurde in den oben genannten Urteilen239 geprüft, ob die Besteuerung der Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG gegen das Verbot des Art. 10 der Richtlinie 69/335/EWG (im Folgenden: Richtlinie) verstößt, außer einer Gesellschaftsteuer keine weiteren Steuern auf die in Art. 4 der Richtlinie ge232 BFH, Urt. v. 05.11.2002 – II R 23/00, GmbHR 2003, S. 487; FG Hamburg, Urt. v. 28. Februar 2000 – I 10/99, EFG 2000, S. 696 (697); Bröhmer, in: Callies/Ruffert, EG-Vertrag, Art. 43 Rn. 32. 233 Ress/Ukrow, in: Grabitz/Hilf, Bd. 2, EG Art. 56 Rn. 32. 234 EuGH, Urt. v. 11.07.1974 – Rs. 8/74, Slg. 1974, S. 837 – „Dassonville“. 235 Ress/Ukrow, in: Grabitz/Hilf, Bd. 2, EG Art. 56 Rn. 35. 236 Ress/Ukrow, in: Grabitz/Hilf, Bd. 2, EG Art. 56 Rn. 39. 237 Ettinger, RIW 2006, S. 94 (97). 238 Streinz, Europarecht, Rn. 808. 239 BFH, Urt. v. 05.11.2002 – II R 23/00, GmbHR 2003, S. 487; FG Hamburg, Urt. v. 28. Februar 2000 – I 10/99, EFG 2000, S. 696 (697).

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Kap. 2: Grundlagen der Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG

nannten Vorgänge bzw. auf Einlagen, Darlehen und Leistungen im Rahmen dieser Vorgänge zu erheben. Die „reine“ Anteilvereinigung ohne Einbringungsvorgang fällt aber schon nicht unter den Anwendungsbereich der Richtlinie (vgl. Art. 4, 10 der Richtlinie), da § 1 Abs. 3 GrEStG einen Einbringungsvorgang, also eine Kapitalerhöhung, gerade nicht voraussetzt.240 § 1 Abs. 3 GrEStG findet aber auch dann Anwendung, wenn durch Einbringung von grundstücksbesitzenden Gesellschaften deren Anteile in der Hand der empfangenden Gesellschaft vereinigt werden. Dies fällt unter Art. 4 Abs. 1 lit. c) der Richtlinie. Nach Ansicht des FG Münster ist jedoch die Ausnahme des Art. 12 Abs. 1 f) der Richtlinie einschlägig. Diese Vorschrift lässt ausdrücklich die Erhebung einer Mehrwertsteuer auf die in Art. 4 genannten Vorgänge zu. Diese Norm finde – so das FG Münster – auch auf die Grunderwerbsteuer Anwendung, da diese wie die Umsatzsteuer eine Rechtsverkehrsteuer darstelle. Wenn nämlich Art. 33 der 6. Richtlinie 77/388/EWG vom 17.05.1977 die Existenz einer Grunderwerbsteuer neben der Umsatzsteuer zulasse, dann müsse auch konsequenterweise Art. 12 Abs. 1 lit. f) der Richtlinie 69/335/EWG auf die Grunderwerbsteuer Anwendung finden. Somit unterliege § 1 Abs. 3 GrEStG keinerlei Bedenken im Hinblick auf die Richtlinie.241 Dies ist meines Erachtens kritisch zu beurteilen. Unter einer Mehrwertsteuer ist nicht einfach eine Rechtsverkehrssteuer zu verstehen. Vielmehr ist nach ständiger Rechtsprechung des EuGH zu Art. 33 der 6. USt-Richtlinie 77/388/EWG ein wesentliches Merkmal der Mehrwertsteuer, dass hinsichtlich ihrer steuerlichen Wirkung nur der durch den Verkehrsvorgang realisierte Unterschied zwischen Eingangsleistung und Ausgangsleistung (= Mehrwert) erfasst wird.242 Dies wird im Rahmen der Umsatzsteuer durch den Vorsteuerabzug gewährleistet. Da die Grunderwerbsteuer einen Vorsteuerabzug gerade nicht kennt, kann sie somit nicht als Mehrwertsteuer im Sinne des Art. 12 Abs. 1 lit. f) der Richtlinie 69/335/EWG angesehen werden. Jedoch ist die Besteuerung der Anteilsvereinigung meines Erachtens nach Art. 12 Abs. 1 lit. b) der Richtlinie in Abweichung zu Art. 10 der Richtlinie zulässig.243 Diese Vorschrift erlaubt die Erhebung von „. . . Besitzwechselsteuern, einschließlich der Katastersteuern, auf die Einbringung von in ihrem Hoheitsgebiet gelegenen Liegenschaften . . . in eine Gesellschaft, Personenvereinigung oder juristische Person mit Erwerbszweck; . . .“

Nach der im Urteil Società Immobiliare geäußerten Rechtsansicht des EuGH sind Besitzwechselsteuern solche Steuern, die von Kapitalgesellschaften im Zu240

BFH, Beschl. v. 18.11.2005 – II B 23/05, DStRE 2006, S. 350 f. FG Münster, Urt. v. 09.11.2004 – 8 K 5501/03 GrE, EFG 2005, S. 472 (474). 242 EuGH, Urt. v. 07.05.1992 – Rs. C-347/90, Slg. 1992, I-2947 – „Bozzi“; EuGH, Urt. v. 17.09.1997 – Rs. C-130/96, Slg. 1997, I-5053 – „Solisnor-Estaleiros Navais“. 243 Ebenso jetzt BFH, Urt. v. 19.12.2007 – II R 65/06. 241

IV. Europarechtliche Vorgaben an die Anteilsvereinigung

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sammenhang mit bestimmten Vorgängen der Übertragung von Grundstücken oder „fonds de commerce“ nach allgemeinen und objektiven Kriterien erhoben werden. Diese Vorschrift ermächtige die Mitgliedstaaten, neben einer Gesellschaftsteuer im Zusammenhang mit der Einbringung in Kapitalgesellschaften Steuern zu erheben, deren Entstehungstatbestand objektiv im Zusammenhang mit der Übertragung des Eigentums an Grundstücken oder „fonds de commerce“ steht.244 Die Einbringung von Anteilen an einer grundbesitzenden Gesellschaft stellt allerdings dem Wortlaut nach keine Eigentumsübertragung von Grundstücken dar, da das Eigentum bei der Gesellschaft und nicht beim Gesellschafter liegt. Somit stellt sich die Frage, ob Art. 12 Abs. 1 lit. b) der Richtlinie im Wege der Auslegung oder der Rechtsfortbildung auf die Besteuerung wirtschaftlicher Grunderwerbe ausgedehnt werden kann. Nach Ansicht von Spengel/Dörrfuß ist die Erwähnung des Eigentumsbegriffs wörtlich zu verstehen. Da bei der Einbringung von mehr als 95% der Anteile (gemeint ist wohl mindestens 95% der Anteile) an grundbesitzenden Gesellschaften kein Eigentum am Grundstück übergehe, sondern dieser vielmehr nur fingiert werde, falle § 1 Abs. 3 GrEStG nicht in die Ausnahmeregelung des Art. 12 Abs. 1 lit. b) der Richtlinie. Dem könne auch nicht durch eine erweiterte Auslegung der Vorschrift begegnet werden, da angesichts des Sinn und Zwecks der Richtlinie, andere indirekte Steuern mit gleichen Merkmalen wie die Gesellschaftsteuer zu unterbinden und somit den freien Kapitalverkehr zu fördern, die Vorschrift des Art. 12 der Richtlinie eng ausgelegt werden müsse.245 Diese Ansicht erscheint auf den ersten Blick vertretbar. Bedenken – welche von Spengel/Dörrfuß nicht gesehen werden – ergeben sich jedoch in zweierlei Hinsicht: Zum einen ist in dem vom EuGH behandelten Fall nicht eindeutig erkennbar, ob dieser tatsächlich eine Eigentumsübertragung fordert oder nicht doch ein Übergang „fiktiven Eigentums“ ausreicht. Denn im Falle Società Immobiliare wurde das Eigentum an Grundstücken eingebracht. Daher hatte der EuGH keinen Anlass, zur Frage der Zulässigkeit eines „fiktiven Eigentumserwerbs“ an einem Grundstück Stellung zu nehmen. Das Wort „Besitzwechselsteuern“ in Art. 12 Abs. 1 lit. b) der Richtlinie ließe durchaus eine Rechtsbeziehung zum Grundstück zu, die nicht dem direkten Eigentum gleichzustellen ist. Dafür spricht auch, dass durch die Rechtsprechung des EuGH Vorschriften zur Vermeidung von Steuerumgehungen als Rechtfertigungsgrund selbst bei Diskriminierung als nicht von vornherein unzulässig anerkannt wurden.246 Bezwecke die Vorschrift ausschließlich, Steuerumgehungen zu erfas-

244

EuGH, Urt. v. 11.12.1997 – Rs. C-42/96, Slg. 1997, I-7106 – „Società Immobi-

liare“. 245 246

Spengel/Dörrfuß, DStR 2003, 1059. Vgl. EuGH, Urt. v. 16.07.1998 – Rs. C-264/96, Slg. I-4711 Rn. 26 f. – „ICI“.

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Kap. 2: Grundlagen der Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG

sen und diese abzuwenden, so könne die Diskriminierung gerechtfertigt sein.247 Deshalb muss a maiore ad minus auch eine Auslegung zulässig sein, welche den nur wirtschaftlichen Eigentumserwerb einer Besteuerung unterwirft.248 Zum anderen übersehen die Autoren die Bedeutung des § 8 Abs. 2 GrEStG: Besteuert wird weder der Wert der eingebrachten Anteile noch der anteilig auf die Grundstücke entfallende Kaufpreis noch deren tatsächlicher Verkehrswert, sondern der nach dieser Vorschrift und § 138 Abs. 2 bis 4 BewG bestimmte Grundstückswert.249 Somit wird durch § 1 Abs. 3 GrEStG nur die durch Einbringung vollzogene „mittelbare“ Grundstücksübertragung besteuert; eine Vergleichbarkeit zur Gesellschaftsteuer ist damit meines Erachtens nicht gegeben. Folge dieser Erkenntnis ist, dass die Besteuerung nach § 1 Abs. 3 GrEStG grundsätzlich europarechtskonform ist.250 2. Europarechtliche Vorgaben an die Anteilsvereinigung Die grundsätzliche Konformität des § 1 Abs. 3 GrEStG mit dem Europarecht darf jedoch nicht den Blick darauf verstellen, dass auch bei der Anwendung der Vorschrift im Einzelfall zu prüfen ist, ob diese nicht gegen europarechtliche Vorgaben verstößt. Einer der wesentlichen Anforderungen des Europarechts an das nationale Recht ist nämlich, sich nicht in Widerspruch zu diesem zu setzen. Daher ist es bei Auslegung und Anwendung des nationalen Rechts erforderlich, das Gemeinschaftsrecht zu beachten.251 Daraus hat der BFH gefolgert, dass auch das Steuerrecht gemeinschaftsrechtskonform auszulegen ist.252 Dies ergibt sich aus der Rechtnatur der Gemeinschaftsrechtsakte (Art. 249 EG) und der aus Art. 10 EG folgenden Höherrangigkeit des Europarechts.253 Dabei ist jedoch zu beachten, dass nach deutschem Rechtsverständnis äußerste Grenze der Auslegung der mögliche Wortsinn ist;254 eine Erweiterung nationaler Auslegungsmethoden geht damit nicht einher.255 Daher kann eine europarechtskonforme Auslegung erst dann in Betracht kommen, wenn das verwendete Wort mehr als eine 247 Vgl. EuGH, Urt. v. 16.07.1998 – Rs. C-264/96, Slg. I-4711 Rn. 26 f. – „ICI“; Randelzhofer/Forsthoff, in: Grabitz/Hilf, Bd. 1, vor Art. 39–55, Rn. 241. 248 Ebenso jetzt BFH, Urt. v. 19.12.2007 – II R 65/06. 249 So auch Weilbach, GrEStG, § 1 Rn. 93d a. E. 250 Ebenso jetzt BFH, Urt. v. 19.12.2007 – II R 65/06. 251 Kruse/Drüen, in: Tipke/Kruse, AO, § 4 Rn. 240. 252 BFH, Urt. v. 21.03.1996 – XI R 36/95, BStBl. 1996 II, S. 399 (401 f.); Urt. v. 09.06.2005 – V R 50/02, DStR 05, S. 1567 (1568 f.). 253 So zum alten Recht Jarass, Grundfragen, S. 89; Kahl, in: Callies/Ruffert, Art. 10 EG Rn. 40; die vertieften dogmatischen Probleme der innerstaatlichen Rechtsanwendung von Europarecht sollen hier nicht erörtert werden, dazu z. B. Jarass, in: Jarass/ Pieroth, GG, Art. 23 Rn. 32. 254 Jarass, Grundfragen, S. 95; Everling, ZGR 1992, S. 376 (388). 255 Drüen, in: Tipke/Kruse, § 4 Rn. 246; Jarass, DVBl. 1995, S. 954 (957 f.).

V. Auslegung von Rechtsbegriffen im Grunderwerbsteuerrecht

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Deutung zulässt. Andernfalls ist die Norm bei Vorliegen eines grenzüberschreitenden Sachverhalts aufgrund des Anwendungsvorrangs des Europarechts unangewandt zu lassen.256 Liegt somit eine Doppeldeutigkeit eines Wortes vor, so darf die gewählte Auslegung nicht gegen europäisches Recht verstoßen. Dies ist beispielsweise dann der Fall, wenn die gewählte Auslegung eine (meist versteckte) Diskriminierung und/oder Beschränkung von europäischen Grundfreiheiten bewirkt. Eine Diskriminierung versteckter Art liegt also z. B. dann vor, wenn Gesellschaften aus Mitgliedstaaten durch eine bestimmte Auslegung von Begrifflichkeiten in § 1 Abs. 3 GrEStG typischerweise dessen Tatbestand verwirklichen, deutsche Gesellschaften hingegen nicht.257 Dann ist allenfalls noch zu prüfen, ob eine solche Diskriminierung – z. B. nach Art. 58 EG – gerechtfertigt sein kann.

V. Auslegung von Rechtsbegriffen im Grunderwerbsteuerrecht Bevor der Inhalt des § 1 Abs. 3 GrEStG, insbesondere der Anteilsbegriff, näher erläutert werden kann, ist es erforderlich, zu erörtern, ob – und wenn ja, welche – Besonderheiten für die Auslegung dieser Norm gelten. In der Literatur findet sich häufig der Satz, dass bei der Auslegung des Grunderwerbsteuergesetzes beachtet werden müsse, dass dieses an formelle Akte des bürgerlichen Rechtsverkehrs anknüpft.258 Diese zunächst nicht zu beanstandende Formulierung darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Grunderwerbsteuerrecht nicht dem Zivilrecht angehört, weswegen Einschränkungen hinsichtlich eines ausschließlich zivilrechtlichen Begriffsverständnisses zumindest denkbar sind. Um also allgemein zu bestimmen, wie ein grunderwerbsteuerrechtlicher Begriff auszulegen ist, muss in einem ersten Schritt auf die Gemeinsamkeiten mit der Auslegung von Steuergesetzen und in einem zweiten Schritt auf die grunderwerbsteuerrechtlichen Besonderheiten eingegangen werden. Insbesondere ist die Bedeutung des Zivilrechts für die Auslegung des Steuerrechts zu erörtern. 1. Auslegung von Rechtsbegriffen im Steuerrecht Steuerrecht ist öffentliches Recht. Es regelt die Rechtsbeziehungen zwischen Staat und Bürger auf dem Gebiet der Steuern, also die Umstände und das Ausmaß, inwieweit Bürger dem Staat gegenüber zu öffentlich-rechtlichen Geld256

Jarass, DVBl. 1995, S. 954 (958). Vgl. Epiney, in: Callies/Ruffert, Art. 12 EG Rn. 13; Streinz, Europarecht, Rn. 793. 258 Gottwald, Grunderwerbsteuer, S. 11; Schmitz, Grunderwerbsteuerrecht in der Vertragspraxis, Rn. 13; Voßkuhl/Hunsmann, UVR 2005, S. 51 f. 257

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Kap. 2: Grundlagen der Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG

leistungen abseits der sonstigen Abgaben (Gebühren, Beiträge) verpflichtet sind, ebenso wie die Verteilung der Steuern.259 Nicht eindeutige steuerrechtliche Begriffe260 sind dabei, wie jede andere Rechtsnorm, der Auslegung zugänglich. Ziel der Auslegung ist es, den Sinn eines Gesetzes zu ermitteln, um für den konkreten Fall die entscheidende Rechtsfolge zu gewinnen. Hinsichtlich der Auslegungsmethoden bestehen zunächst keine Besonderheiten: ausgehend vom und begrenzt durch den Wortlaut der Norm kommen die klassischen Methoden von Auslegung und Rechtsfortbildung zum Tragen,261 ergänzt um die Methode der wirtschaftlichen Betrachtungsweise.262 Jedoch ist zu beachten, dass Steuerrecht als öffentliches Recht stärkeren Bindungen unterliegt als das Privatrecht. Hierbei ist zum einen die Bindung jeder staatlichen Gewalt an das Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG) und die Grundrechte (Art. 1 Abs. 3 GG) zu beachten263, zum anderen auch die Bindung an das Gemeinschaftsrecht.264 Einschränkungen sind nach herrschender Meinung im Steuerrecht hingegen bei der lückenfüllenden Rechtsfortbildung erforderlich. Dies ist damit zu begründen, dass aufgrund des öffentlich-rechtlichen Charakters des Steuerrechts der Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes als Ausfluss des Rechtsstaatsprinzips (Art. 20 Abs. 3 GG) gilt.265 Der Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verbietet die Rechtsfortbildung zwar weder generell noch im Besonderen.266 Jedoch ist es im Wege der Rechtsfortbildung über den möglichen Wortsinn hinaus nicht gestattet, Steuertatbestände zu schaffen oder diese auszuweiten.267 Somit existiert im Steuerrecht ein Analogieverbot zu Lasten des Steuerpflichtigen. 259 Näher: Lang, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, Rn. 10 ff.; Tipke, Steuerrechtsordnung, Bd. 1, S. 79 ff. 260 Ich neige der Ansicht zu, dass die Eindeutigkeit eines Gesetzestext sich erst durch die Auslegung ergibt, nämlich dann, wenn unter Berücksichtigung der Auslegungsmethoden nur ein möglicher Wortsinn des jeweiligen Tatbestandsmerkmals ermittelt werden kann, vgl. hierzu Drüen, in: Tipke/Kruse, AO, § 4 Rn. 222 f. 261 Drüen, in: Tipke/Kruse, AO, § 4 Rn. 250. 262 Pahlke, in: Pahlke/Franz, GrEStG, Einleitung Rn. 18; ausführlich: Lang, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, Rn. 39–83; Drüen, in: Tipke/Kruse, § 4 Rn. 200–398. 263 Vgl. Hallerbach, DStR 1999, S. 2125 (2127). 264 Lang, in: Tipke/Lang, § 2 Rn. 49 ff. 265 Drüen, in: Tipke/Kruse, AO, § 4 Rn. 360 ff. 266 BVerfG, Beschl. v. 14.08.1996 – 2 BvR 2088/93, NJW 1996, S. 3146; Beschl. v. 14.02.1973 – 1 BvR 112/65, BVerfGE 34, S. 269 (287); BFH, Urt. v. 05.11.1993 – VI R 16/93, BStBl. II 1994, S. 557 (559); Drüen in: Tipke/Kruse, AO, § 4 Rn. 361. 267 BVerfG, Beschl. v. 14.08.1996 – 2 BvR 2088/93, NJW 1996, S. 3146; BFH, Urt. v. 21.07.1999 – I R 141/97, BStBl. II 1999, S. 832 (834); Urt. v.06.10.1993 – I R 101/92, BStBl. II 1994, S.191 (194); Beschl. v. 20.05.1997 – VIII B 108/96, DStRE 1997, S. 798 (802); Offerhaus, DB 1984, S. 993 (996); Schiessl/Hübner, BB 2006, S. 1533 (1536); die Entscheidung BFH, Urt. v. 20.10.1983, IV R 175/79, BStBl. II 1984, S. 221 (224) wird allgemein als Ausnahme qualifiziert; a. A. Fischer, StuW 1979, S. 347 (363 f.); Tipke, in: Tipke/Lang, § 5 Rn. 58 ff.; stark einschränkend Gersch, in: Klein, AO, § 4 Rn. 38.

V. Auslegung von Rechtsbegriffen im Grunderwerbsteuerrecht

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2. Verhältnis zwischen Steuerrecht und Zivilrecht Von besonderer Bedeutung für die Auslegung von Rechtsbegriffen ist dabei das Verhältnis, in dem das Steuerrecht zum Zivilrecht steht, da viele zivilrechtlich normierte Begriffe auch im Steuerrecht Verwendung finden. Es ist also die Frage zu stellen, ob steuerrechtliche Rechtsbegriffe im zivilrechtlichen Sinn verstanden werden müssen, wenn diese mit zivilrechtlichen Begrifflichkeiten korrelieren.268 Nach althergebrachter269, in neuerer Zeit von Crezelius vertretener Ansicht ist ein Vorrang des Zivilrechts vor dem Steuerrecht anzuerkennen; das Steuerrecht greife als Annex an die Vorgaben des Zivilrechts an und müsse sich daher auch an diese halten (sog. Primat des Zivilrechts).270 Somit könne den Rechtsbegriffen eines Steuergesetzes, die mit solchen des Zivilrechts wörtlich identisch sind, auch nur ein zivilrechtliches Begriffsverständnis zugeordnet werden; eine eigenständige steuerrechtliche Interpretation sei hingegen nicht möglich.271 Denkt man diese Ansicht konsequent zu Ende, ist bei Verwendung eindeutiger zivilrechtlicher Begriffe bzw. feststehender zivilrechtlicher Auslegungen von Rechtsbegriffen eine Auslegung dieser Begriffe in steuerrechtlichen Normen im eigentlichen Sinne nicht mehr möglich, da der verwendete steuerrechtliche Begriff dann nicht mehrdeutig sein kann. Diese Ansicht wird in unterschiedlicher Ausprägung von der absolut herrschenden Meinung abgelehnt. Es ist nämlich zu berücksichtigen, dass Zivilrecht und Steuerrecht ganz unterschiedliche Aufgaben haben und daher auch nach deren jeweiliger Zwecksetzung zu interpretieren sind (sog. freirechtliche Methode).272 Während der Regelungszweck des Zivilrechts darin besteht, gleichberechtigten und selbstbestimmten Vertragspartnern einen normativen Rahmen zur Regelung ihrer rechtlichen Beziehungen zur Verfügung zu stellen, verfolgt das Steuerrecht die Erzielung von Staatseinnahmen unter Berücksichtigung verfassungsrechtlicher und steuerpolitischer Vorgaben.273 Dabei ist auch dem Leistungsfähigkeitsprinzip als dem Art. 3 GG entspringendes Fundamentalprinzip

268

Ausführlich hierzu Tipke, Steuerrechtsordnung, Bd. 1, S. 46 ff. BVerfG, Urt. v. 24.01.1962 – 1 BvR 845/58, BVerfGE 13, S. 331 (339 f.); BFH, Urt. v. 01.12.1977 – III 160/64, BStBl. II 1968, S. 293 (294). 270 Crezelius, Steuerrechtliche Rechtsanwendung und allgemeine Rechtsordnung, S. 331 ff. und passim; ähnlich Voßkuhl/Hunsmann, UVR 2005, S. 51 f.; vgl. auch BFH, Urt. v. 12.07.1967 – I 204/64, BStBl. 1967 III, S. 781 (782) m. w. N. 271 Crezelius, Steuerrechtliche Rechtsanwendung und allgemeine Rechtsordnung, S. 331 ff. und passim. 272 Loritz, Einkommensteuerrecht, § 2 Rn. 43; Lang, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 5 Rn. 78. 273 Tipke, Steuerrechtsordnung, Bd. 1, S. 50; Hallerbach, DStR 1999, S. 2125 (2127); Larenz/Wolf, Allgemeiner Teil des Bürgerlichen Rechts, § 1 Rn. 2 ff. 269

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Kap. 2: Grundlagen der Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG

des Steuerrechts hohe Bedeutung beizumessen.274 Insoweit sind Zivilrecht und Steuerrecht nebengeordnete, gleichrangige Rechtsgebiete, die denselben Sachverhalt aus einer anderen Perspektive und unter anderen Wertungsgesichtspunkten betrachten.275 Einigkeit herrscht dabei, dass die Auslegung einer steuerrechtlichen Bestimmung auch bei Anknüpfung an eine zivilrechtliche Gestaltung nicht notwendigerweise von der zivilrechtlichen Qualifikation eines Rechtsgeschäfts oder einem zivilrechtlich geprägten Begriffsverständnis ausgegangen werden muss.276 Nur dann, wenn das Steuerrecht unmittelbar an die zivilrechtliche Gestaltungs- oder Rechtsform anknüpft, sie rezipiert, ist ein steuerrechtliches Tatbestandsmerkmal ausschließlich im zivilrechtlichen Sinn zu interpretieren.277 Dann könne man von einem rechtstechnischen Begriff sprechen.278 Als Beispiel hierfür werden der Erbfall und das Vermächtnis als Erwerb von Todes wegen im Sinne des § 3 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG oder die Ehe in § 26 EStG genannt.279 Ob eine solche Anknüpfung vorliegt, ist aber gerade Gegenstand der Auslegung einer Norm und kann daher nicht per se angenommen werden.280 Dabei ist aber umstritten, ob aus dem „Grundsatz der Einheit der Rechtsordnung“ zu schließen ist, dass einem dem Zivilrecht entnommenen Tatbestandsmerkmal zumindest die Vermutung einer übereinstimmenden Interpretation im Steuerrecht zukommt. Dies wurde früher vom BVerfG281 und wird auch heute noch von Teilen der Literatur vertreten. Sie argumentieren, dass ohne eine solche Vermutung der erste Schritt jeder Auslegung übergangen werde, nämlich die Anknüpfung an den Wortlaut einer bestehenden Norm. Nur dieses Verständnis sei vom Parlament beschlossen und daher von vorrangiger Bedeutung für die Auslegung der Norm. Daher dürfe man zivilrechtliche Vorprägungen nicht ignorieren. Erst wenn Gründe ersichtlich sind, die eine Abweichung vom zivilrechtlichen Vorverständnis erforderten, sei diese Vermutung aufgehoben.282 Diese Indizwirkung 274

Vgl. Klein, FR 01, S. 121 ff.; Birk, Steuerrecht, Rn. 1341. BVerfG, Beschl. v. 27.12.1991 – 2 BvR 72/90, BStBl. 1992 II, S. 212 (213 f.); BVerfG, Beschl. v. 26.03.1969 – 1 BvR 512/66, HFR 1969, S. 304 (305); Gersch, in: Klein, AO, § 4 Rn. 35; ausführlich auch Schulze-Osterloh, AcP 190 (1990), S. 154 ff. 276 BVerfG, Beschl. v. 27.12.1991 – 2 BvR 72/90, BStBl. 1992 II, S. 212 (213); Drüen, in: Tipke/Kruse, AO, § 4 Rn. 322, 324. 277 Schulze-Osterloh, Zivilrecht und Steuerrecht, AcP 190 (1990), S. 154; BFH, Urt. v. 27.08.1968 – II R 82/67, BStBl. 1968 II, S. 781; Fischer, in: Boruttau, GrEStG, Vorb. Rn. 167. 278 FG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 18.01.1996 – 4 K 1803/95, EFG 1996, S. 870 (871). 279 Drüen, in: Tipke/Kruse, § 4 Rn. 324 m. w. N. 280 Lang, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 1 Rn. 19; Loritz, Einkommensteuerrecht, § 2 Rn. 43. 281 BVerfG, Urt. v. 24.01.1962 – 1 BvR 845/58, BVerfGE 13, 331 (339 f.). 282 Meincke, StuW 1992, 186 (189 f.); ihm folgend Scholtz, in: Koch/Scholtz, § 4 Rn. 16; Hallerbach, DStR 1999, S. 2129 f.; unklar Gersch, in: Klein, AO, § 4 Rn. 35. 275

V. Auslegung von Rechtsbegriffen im Grunderwerbsteuerrecht

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des Zivilrechts führe zu einer besonders freiheitsschonenden Ausgestaltung des Steuerrechts,283 während durch ein Auseinanderdriften von zivil- und steuerrechtlicher Auslegung einer Begrifflichkeit unerwünschte Wechselwirkungen entstehen könnten, die letztendlich in einem „Primat des Steuerrechts vor dem Zivilrecht“284 mündeten. Ferner stünde die Ablehnung einer Indizwirkung im Widerspruch zur Einheit der Rechtsordnung. Bestehe jedoch ein sachlicher Grund für eine Abweichung vom Zivilrecht, beispielsweise aufgrund des Gebots der Gleichmäßigkeit der Besteuerung, der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit oder anderer vorrangiger Zielsetzungen des Steuerrechts, sei eine Abweichung zulässig.285 Ob dies der Fall ist, sei durch teleologische Auslegung der steuerrechtlichen Normen zu ermitteln. Bei einem vom Zivilrecht abweichendem, z. B. wirtschaftlichem Zweck, könne die Abweichung durch die wirtschaftliche Betrachtungsweise gerechtfertigt sein.286 Dagegen ist dem Zivilrecht nach Ansicht der heutigen Rechtsprechung und der herrschenden Lehre, der ich mich anschließen möchte, keine Indizwirkung für die Auslegung gleichlautender Begriffe im Steuerrecht zuzuweisen.287 Jedes Rechtsgebiet prägt zunächst seine eigene Begrifflichkeit (sog. Relativität der Rechtsbegriffe288). Erst durch Auslegung der verwendeten Rechtsbegriffe kann festgestellt werden, ob diese unmittelbar an eine zivilrechtliche Gestaltung anknüpfen oder einen eigenen Regelungsgehalt entfalten.289 Die Auslegung dient dabei der Ermittlung des rechtlich maßgeblichen Sinnes des Gesetzes unter Berücksichtigung der Regelungsabsichten und der konkreten Normvorstellungen des historischen Gesetzgebers.290 Verwendet der Gesetzgeber aber Begriffe des Zivilrechts, so scheitert die Indizwirkung meist schon daran, dass der Gesetzgeber nicht der zivilrechtlichen Vertragsgestaltung, sondern den mit ihrer Hilfe bewirkten wirtschaftlichen Ergebnissen steuerliche Folgen zuordnen wollte. Die Entwicklung eigenständiger steuerrechtlicher Begriffe ist – teils zugunsten der allgemeinen Verständlichkeit, teils aufgrund von Entwicklungsdefiziten bei der steuerrechtlichen Begriffsbildung – nicht so weit vorangetrieben worden, wie dies zur Durchsetzung der steuerrechtlichen Grundprinzipien erforderlich 283

Hallerbach, DStR 1999, S. 2129. Hallerbach, DStR 1999, S. 2126. 285 BVerfG, Urt. v. 24.01.1962 – 1 BvR 845/58, BVerfGE 13, S. 331 (339 f.). 286 Hallerbach, DStR 1999, S. 2129 f.; ähnlich auch Flume, Steuerrecht und allgemeine Rechtsordnung, S. 24 f., insb. Fn. 25; widersprüchlich, aber mit wohl ähnlicher Tendenz Gersch, in: Klein, AO, § 4 Rn. 35. 287 BVerfG, Beschl. v. 27.12.1991 – 2 BvR 72/90, BStBl. 1992 II, S. 212 (213); Ruppe, in: Herrmann/Heuer/Raupach, EStG, KStG, Einf. EStG Anm. 457. 288 Dazu Engisch, Einführung in das juristische Denken, S. 78 und 156 ff. 289 BVerfG, Beschl. v. 27.12.1991 – 2 BvR 72/90, BStBl. 1992 II, S. 212 (213); Drüen, in: Tipke/Kruse, AO, § 4 Rn. 324; Weber-Grellet, StuW 1992, S. 311 (312 f.). 290 Vgl. Larenz/Canaris, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, S. 139; Rüthers, Rechtstheorie, Rn. 720 ff. 284

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Kap. 2: Grundlagen der Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG

ist.291 Deshalb hat der Gesetzgeber auch im Zivilrecht verwendete Begrifflichkeiten in Steuergesetzen verwendet. Hinzu kommt, dass die im Zivilrecht verwendeten Begrifflichkeiten häufig nur deskriptiver Natur sind, d. h. einen wirtschaftlichen Erfolg oder Zustand mit den Worten des allgemeinen Sprachgebrauchs beschreiben.292 Insoweit ist eine eigenständige steuerrechtliche Betrachtung unumgänglich.293 Ferner droht bei einer Bindung an das Zivilrecht, dass die Parteien über die steuerrechtlichen Folgen bestimmen könnten, die das Steuergesetz an einen bestimmten Sachverhalt knüpft.294 Deshalb muss ein steuerrechtlicher Begriff in der Regel nach seinem wirtschaftlichen Gehalt erfasst werden, also eine wirtschaftliche Betrachtungsweise zugrunde gelegt werden.295 3. Auslegung im Grunderwerbsteuerrecht unter Berücksichtigung zivilrechtlicher Vorgaben Betrachtet man die Literatur zur Auslegung grunderwerbsteuerrechtlicher Begriffe anhand des zivilrechtlichen Begriffsverständnisses, so fällt auf, dass hier dem „Primat des Zivilrechts“ ein weit größeres Gewicht beigelegt wird, als dies sonst im Steuerrecht der Fall ist.296 Der folgende Abschnitt soll untersuchen, ob es ein solches Primat des Zivilrechts im Grunderwerbsteuerrecht gibt und ggf. dessen Reichweite bestimmen. Bei der Auslegung des Grunderwerbsteuerrechts kommt den Begrifflichkeiten des Bürgerlichen Rechts schon deshalb eine gesteigerte Bedeutung zu, weil das Grunderwerbsteuerrecht in bestimmten Bereichen an formelle Akte des bürgerlichen Rechtsverkehrs anknüpft.297 Beispielsweise bestimmt § 1 Abs. 1 Nr. 2 GrEStG, dass die Auflassung eines Grundstücks grunderwerbsteuerpflichtig ist, wenn kein Rechtsgeschäft vorangegangen ist, das einen Übereignungsanspruch begründet. Der Begriff der Auflassung findet sich auch in § 925 BGB, so dass die Frage zu stellen ist, ob zivil- und grunderwerbsteuerrechtliches Begriffsverständnis übereinstimmen. Dasselbe gilt z. B. für den Begriff des Meistgebots im 291

Klein, Ausländische Zivilrechtsformen im deutschen Erbschaftsteuerrecht, S. 56. P. Kirchhof, FS RFH/BFH, S. 296; Loritz, Einkommensteuerrecht, § 2 Rn. 43; Drüen, in: Tipke/Kruse, AO, § 4 Rn. 326; zur gleichgelagerten Problematik im Erbschaftsteuerrecht vgl. Klein, FR 2001, S. 118 (127). 293 P. Kirchhof, FS RFH/BFH, S. 296; Tipke, Steuerrechtsordnung, Bd. 1, S. 50 f. 294 BVerfG, Beschl. v. 27.12.1991 – 2 BvR 72/90, BStBl. 1992 II, S. 212 (213). 295 Lang, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 5 Rn. 80: Klein, Ausländische Zivilrechtsformen im deutschen Erbschaftsteuerrecht, S. 57. 296 Gassner, Anteilsvereinigung, S. 30 f.; Gottwald, Grunderwerbsteuerrecht, S. 11; Voßkuhl/Hunsmann, UVR 2005, S. 51 f.; Weilbach, GrEStG, § 1 Rn. 4. 297 BFH, Urt. v. 20.10.2004 – II R 54/02, DStR 2005, S. 423 (424 f.); Beschl. v. 27.04.2005 – II B 76/04, BFH/NV 2005, S. 1627 (1629); Gottwald, Grunderwerbsteuer, S. 11; Schmitz, Grunderwerbsteuerrecht in: der Vertragspraxis, Rn. 13; Bruschke, Verkehrsteuern, S. 38. 292

V. Auslegung von Rechtsbegriffen im Grunderwerbsteuerrecht

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Zwangsversteigerungsverfahren (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG); dieser Begriff findet sich auch in § 81 Abs. 2 ZVG. Dagegen findet sich der Rechtsbegriff des Kaufangebots nach § 1 Abs. 1 Nr. 6 S. 1 GrEStG als solcher nicht im Zivilrecht.298 Zutreffend ist, dass der Besteuerung des Grunderwerbs der Sachverhalt vorgegeben ist, wie er sich durch dessen bürgerlich-rechtliche Gestaltung realisiert hat.299 Welche Folgen dadurch aber für die Auslegung des Grunderwerbsteuerrechts gezogen werden müssen, ist umstritten. Voßkuhl/Hunsmann sind der Ansicht, dass auch bei der oben beschriebenen Gleichrangigkeit von Steuerrecht und Zivilrecht die enge Verzahnung des Steuerrechts und des bürgerlichen Rechts eine rein bürgerlich-rechtliche Auslegung grunderwerbsteuerrechtlicher Begrifflichkeiten rechtfertigt, soweit der Rechtsbegriff zivilrechtlich vorgeprägt ist. Dies gelte zumindest so weit, als es an einer eigenen grunderwerbsteuerrechtlichen Definition im Gesetz oder in Rechtsverordnungen mangelt.300 Ähnlich argumentiert Gassner: Eine vom Zivilrecht abweichende Auslegung könne nur dann in Betracht kommen, wenn das Gesetz selbst in seinen Tatbestandsmerkmalen wirtschaftliche Merkmale aufnähme; soweit es an Rechtsvorgänge des Zivilrechts anknüpfe, müsse auch der zivilrechtlichen Betrachtungsweise gefolgt werden.301 Dem stehen die absolut herrschende Meinung in der Literatur sowie die ständige Rechtsprechung von BVerfG und BFH entgegen, welcher ich mich anschließen möchte. Hierbei kann zunächst auf die obigen Ausführungen zur Auslegung von zivilrechtlichen Begriffen im Steuerrecht verwiesen werden. Es ist zwar zutreffend, dass zivilrechtliche Vorfragen auch nur nach dem bürgerlichen Recht beantwortet werden können. Trotzdem ist das Steuerrecht – und damit auch das Grunderwerbsteuerrecht – ein dem Zivilrecht gleichrangiges, autonomes Rechtsgebiet des öffentlichen Rechts und unterliegt deshalb anderen Zielvorgaben und Anforderungen als das Zivilrecht. Es ist nicht erkennbar, warum die Vorgaben, die bei der Auslegung von Steuerrecht im Allgemeinen gelten, gerade im Grunderwerbsteuerrecht nicht gelten sollen.302 Zudem kann sich auch das Grunderwerbsteuerrecht nicht der Bindung des öffentlichen Rechts an verfassungs- und gemeinschaftsrechtliche Gebote entziehen.303 Auch im Grunderwerbsteuerrecht gilt daher, dass ein gesetzlicher Tatbestand nach seiner eigenen spezifischen Teleologie auszulegen ist, so dass das gene298

Pahlke, in: Pahlke/Franz, GrEStG, § 1 Rn. 226. Fischer, in: Boruttau, GrEStG, Vorb. Rn. 166 u. 170. 300 Voßkuhl/Hunsmann, UVR 2005, S. 51 f.; ähnlich auch Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 168. 301 Gassner, Anteilsvereinigung, S. 30 f. 302 BVerfG, Beschl. v. 27.12.1991 – 2 BvR 72/90, BStBl. 1992 II, S. 212 (213 f.); Kirchhof, Stbg. 1993, S. 508 (513); Pahlke, in: Pahlke/Franz, GrEStG, Einleitung, Rn. 19 f.; Drüen, in: Tipke/Kruse, AO, § 4 Rn. 327. 303 Siehe Kapitel 2 III. und IV. 299

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Kap. 2: Grundlagen der Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG

relle Primat des Zivilrechts im Grunderwerbsteuerrecht überholt ist.304 Darauf hat der BFH insbesondere im Hinblick auf § 42 AO305 als auch im Hinblick auf die Bemessung der Gegenleistung für einen Grundstückskaufvertrag nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG306 hingewiesen. Erst dann, wenn das Grunderwerbsteuerrecht zivilrechtliche Rechtsbegriffe und Vorgänge als solche rezipiert und die Besteuerung daran anknüpft, besteht eine Bindung an die zivilrechtliche Bedeutung bei Verwendung identischer Begriffe.307 Ob aber eine solche Rezeption vorliegt, ist erst durch Auslegung des grunderwerbsteuerrechtlichen Begriffes zu ermitteln,308 wobei enge Maßstäbe hinsichtlich eines identischen Begriffsverständnisses anzulegen sind.309 Unklar ist hierbei, inwieweit eine wirtschaftliche Betrachtungsweise im Rahmen der Auslegung vorgenommen werden kann. Teilweise ist zu lesen, dass das Grunderwerbsteuergesetz aufgrund seiner Anknüpfung an den zivilrechtlich vorgegebenen Sachverhalt keine wirtschaftliche Betrachtungsweise zulässt310 bzw. diese nur dann zugelassen ist, wenn dies ausdrücklich gesetzlich normiert ist.311 Diese Aussage ist jedoch ungenau. Bei der wirtschaftlichen Betrachtungsweise ist streng zwischen zwei Arten zu unterscheiden. Zum einen handelt es sich um eine Methode der Sachverhaltsermittlung, zum anderen um einen Teilbereich der teleologischen Auslegung.312 Ersteres bedeutet, dass nicht die äußere Erscheinungsform eines Lebenssachverhalts, sondern dessen tatsächlicher, wirtschaftlicher Gehalt ermittelt werden soll.313 Mit anderen Worten: nicht die äußere Form ist für die Sachverhaltsverwirklichung entscheidend, sondern ob diese äußere Form auch mit den tatsächlichen Gegebenheiten übereinstimmt. Beispiel hierfür ist die Behandlung des Treugebers eines Wirtschaftsguts als wirtschaftlichen Eigentümer nach § 39 Abs. 2 AO. Dies zeigt aber gleichzeitig die Grenzen dieses Falles der wirtschaftlichen Betrachtungsweise auf: erhebt das

304 BVerfG, Beschl. v. 27.12.1991 – 2 BvR 72/90, BStBl. II 1992, S. 212 (213 f.); BFH, Urt. v. 02.03.1994 – II R 59/92, BStBl. II 1994, S. 366 (368 f.); Pahlke, in: Pahlke/Franz, Einleitung Rn. 20; Drüen, in: Tipke/Kruse, AO, § 4 Rn. 327. 305 BFH, Urt. v. 06.03.1996 – II R 60/93, BFH/NV 1996, S. 788 (789). 306 BFH, Urt. v. 04.09.1996 – II R 62/94, BFH/NV 1997, S. 308 (309). 307 Fischer, in: Boruttau, Vorb. Rn. 167 f. 308 BVerfG, Beschl. v. 27.12.1991 – 2 BvR 72/90, BStBl. II 1992, S. 212 (213); BFH, Urt. v. 10.11.1970 – II 117/65, BStBl. II 1971, S. 251; Fischer, in: Boruttau, Vorb. Rn. 168, 172, 173; Pahlke, in: Pahlke/Franz, GrEStG, Einleitung, Rn. 20. 309 BFH, Urt. v. 27.08.1968 – II R 82/67, BStBl. 1968 II, S. 781 (783) zur Gesellschaftssteuer (§ 2 Nr. 2, § 9 Abs. 2 Nr. 1 Buchst. b KVStG; Drüen, in Tipke/Kruse, § 4 Rn. 324. 310 Wischott/Schönweiß/Fröhlich, DStR 2007, S. 833 (839). 311 Gottwald, Grunderwerbsteuerrecht, S. 11 und Weilbach, GrEStG, § 1 Rn. 4. 312 Drüen, in: Tipke/Kruse, AO, § 4 Rn. 320; Lang, in: Tipke/Lang, § 5 Rn. 84. 313 Lehner, Tipke-FS, S. 237 (242 f.); Pahlke, in: Pahlke/Franz, GrEStG, Einleitung Rn. 22.

V. Auslegung von Rechtsbegriffen im Grunderwerbsteuerrecht

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Gesetz bestimmte formale Gesichtspunkte zum Anknüpfungspunkt der Besteuerung, kann eine Besteuerung dann nicht angenommen werden, wenn diese wörtlich vorgegebenen formalen Kriterien nicht erfüllt sind, obwohl wirtschaftlich dasselbe Ergebnis erzielt wurde.314 Stellt andererseits ein Tatbestand darauf ab, dass ein bestimmtes wirtschaftliches Ergebnis erzielt wurde (§ 1 Abs. 2 GrEStG: Übergang der Verwertungsbefugnis), so ist eine wirtschaftliche Betrachtungsweise nicht nur zulässig, sondern sogar zwingend geboten, weil kein rechtsförmlicher, sondern ein wirtschaftlicher Erfolg zum Steuertatbestand erhoben wurde.315 Dies führt zum zweiten Aspekt der wirtschaftlichen Betrachtungsweise: die wirtschaftliche Betrachtungsweise als Unterfall der teleologischen Auslegung.316 Wie bereits dargestellt, ist die teleologische Auslegung als allgemeine Auslegungsmethode im gesamten Steuerrecht und damit auch im Grunderwerbsteuerrecht zulässig. Sie findet ihre Grenzen wie jede Auslegungsmethode im möglichen Wortsinn.317 Wurde, wie in § 1 Abs. 2, 2a und 3 GrEStG geschehen, der wirtschaftliche und nicht der formale Eigentumsübergang zum Besteuerungstatbestand erhoben, dann stellt gerade die wirtschaftliche Betrachtungsweise als Teil des Normzwecks ein zulässiges Auslegungskriterium innerhalb der teleologischen Auslegung dar. Ferner tritt hinzu, dass die Ausgestaltung schuldrechtlicher Verhältnisse (Verwertungsbefugnis, Treuhand, Gesellschaftsverhältnis) nicht oder nur eingeschränkt dem sachenrechtlichen Typenzwang unterliegt.318 Somit kann ein Steuertatbestand, der grundsätzlich auf der enumerativen Aufzählung von Erwerbstatbeständen beruht, nur dann streng zivilrechtlich auszulegen sein, wenn sich der Erwerb in den vom Typenzwang gezogenen Grenzen vollzieht; für das stärker dem Grundsatz der Vertragsfreiheit unterliegende Schuldrecht ist eine enumerative Aufzählung aller denkbaren wirtschaftlicher Grundstücksumsätze schlechthin nicht möglich; dies versuchen § 1 Abs. 2 und Abs. 3 GrEStG ersichtlich auch nicht. Um diesen Unschärfen des Schuldrechts zu begegnen, ist eine teleologische Auslegung erforderlich, bei der auch eine wirtschaftliche Betrachtungsweise Anwendung finden kann, welche selbstverständlich die im Verkehrsteuerrecht gegebenen engeren Grenzen des Wortlauts beachten muss.319 314 Pahlke, in: Pahlke/Franz, GrEStG, Einleitung Rn. 22; Fischer, in: Boruttau, GrEStG, Vorb Rn. 205. 315 Fischer, in: Boruttau, GrEStG, Vorb Rn. 174, 208. 316 Lang, in: Tipke/Lang, § 5 Rn. 77; Fischer, in: Boruttau, GrEStG, Vorb Rn. 206; Lehner, Tipke-FS, S. 237 (239). 317 BFH, Urt. v. 28.11.1967 – II 110/62, BStBl. II 1968, 216 (217); Gersch, in: Klein, AO, § 4 Rn. 27, 32; Lang, in: Tipke/Lang, § 5 Rn. 53. 318 Zum Typenzwang des Erbrechts im Verhältnis zur Auslegung im Erbschaftsteuerrecht vgl. Klein, FR 2001, S. 118 (123). 319 BFH, Urt. v. 28.04.1970 – II 119/65, BStBl. II 1970, S. 670; Urt. v. 03.04.1974 – II 186/65, BStBl. II 1974, S. 643 (644); Urt. v. 20.10.2004 – II R 54/02, DStR

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Kap. 2: Grundlagen der Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG

Dies bedeutet jedoch nicht, dass das Steuerrecht durch eine vom Zivilrecht unabhängige Auslegung beliebig neue Steuertatbestände schaffen oder bestehende Steuertatbestände erweitern darf. Wie auch sonst im öffentlichen Recht gilt der Vorrang und Vorbehalt des Gesetzes für die Schaffung und Ausgestaltung von Steuertatbeständen. Es bedeutet insoweit nur, dass das zivilrechtliche Vorverständnis von Begrifflichkeiten auf die für die Besteuerung maßgeblichen Tatbestandsmerkmale nicht unreflektiert übertragen werden darf, sondern im Rahmen der Auslegung auch die allgemein gültigen Auslegungsmethoden angewandt werden müssen. Erst wenn diese Auslegung zum Ergebnis führt, dass der Gesetzgeber mit der Verwendung eines auch im Zivilrecht existierenden Begriffs an dieses zivilrechtliche Begriffsverständnis anknüpfen wollte, kann dem grunderwerbsteuerrechtlichen Begriff derselbe Bedeutungsgehalt beigemessen werden. Für die oben angeführten Beispiele bedeutet dies Folgendes: Die Tatbestände des § 1 Abs. 1 Nr. 2 und 4 GrEStG erheben zivilrechtliche Rechtsvorgänge zum steuerbaren Erwerbsvorgang. Denn die Auflassung ist nach §§ 873, 925 BGB erforderlich, um das Eigentum an einem Grundstück zu übertragen. Auch das Meistgebot im Zwangsversteigerungsverfahren ist zivilrechtlich ein technischer Erwerbsvorgang nach §§ 81 ff. ZVG, den das Grunderwerbsteuerrecht zum Besteuerungstatbestand erhebt. Auch unter Anwendung der allgemeinen Auslegungsmethoden ist kein anderes Ergebnis ersichtlich. Insoweit liegt eine Anknüpfung des Grunderwerbsteuerrechts an das Zivilrecht vor, weshalb das Begriffsverständnis hier nur ein zivilrechtliches sein kann. Im Falle des § 1 Abs. 1 Nr. 6 GrEStG existiert kein zivilrechtliches Vorverständnis; dort muss das Grunderwerbsteuerrecht ein eigenes Begriffsverständnis entwickeln. Ein vom zivilrechtlichen Vorverständnis abweichendes Begriffsverständnis wird insbesondere im Hinblick auf den Begriff des Kaufpreises nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG vertreten, wenn eigentlicher Erwerbsgegenstand nicht das Grundstück im Zeitpunkt des Anspruchs auf Eigentumsübertragung, sondern im Zeitpunkt eines zukünftigen tatsächlichen Zustandes sein soll, insbesondere bei Bauherrenmodellen.320 Dies stellt einen Fall einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise dar, da die Besteuerung hier nicht der zivilrechtlichen Form des Rechtsgeschäfts, sondern seines wirtschaftlichen Gehalts folgt. Hier ist aber die wirtschaftliche Betrachtung eine zweifache. Zum einen wird der Sachverhalt nach seinem wirtschaftlichen Gehalt besteuert, zum anderen wird der Begriff des Kaufpreises auch auf solche Leistungen erweitert, die nicht mehr zum eigentlichen (zivilrechtlichen) Grundstückkaufvertrag gehören. 2005, S. 423 (425) – st. Rspr.; Pahlke, in: Pahlke/Franz, GrEStG, Einleitung, Rn. 20 ff.; Weber-Grellet, Steuern im modernen Verfassungsstaat, S. 202; Drüen, in: Tipke/Kruse, AO, § 4 Rn. 334 f.; eine wirtschaftliche Betrachtungsweise im GrEStG gänzlich ablehnend Wischott/Schönweiß/Fröhlich, DStR 2007, S. 833 (839). 320 Dazu näher Sack, in: Boruttau, GrEStG, § 9 Rn. 156 ff.

V. Auslegung von Rechtsbegriffen im Grunderwerbsteuerrecht

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Besonders deutlich wird das Problem im Falle der Auslegung ausländischen Rechts: da § 1 GrEStG nur auf die Belegenheit des Grundstücks im Inland abzielt, ist es durchaus möglich, dass Erwerbsvorgänge, insbesondere im Bereich des § 1 Abs. 2 und 3 GrEStG nach ausländischem Recht vollzogen werden. Als Beispiel wären die Anteilsvereinigung bei einer ausländischen Gesellschaft (steuerbar nach § 1 Abs. 3 GrEStG) oder die vermögensübertragende Umwandlung ausländischer Gesellschaften nach ausländischem Umwandlungsrecht, die einen Eigentumsübergang des inländischen Grundstücks bewirken (steuerbar nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG) zu nennen. Eine Bindung des Begriffsverständnisses einer deutschen Rechtsnorm an ausländisches Rechtsverständnis ist aber – sieht man von höherrangigem Recht ab – nicht möglich, da der deutsche Normgeber die Ausgestaltung ausländischen Zivilrechts nicht zum Gegenstand des Grunderwerbsteuerrechts gemacht hat. Aus diesem Grund könnten bei einer streng zivilrechtlichen Betrachtung Erwerbe, die nach ausländischen Zivilrechtsordnungen vollzogen werden, dann nicht besteuert werden, da die Verweisung auf das deutsche Zivilrecht ins Leere gehen würde.321 Dies ist aber mit dem Grundsatz der Gleichmäßigkeit der Besteuerung, dem Leistungsfähigkeitsprinzip und dem Ziel, den wirtschaftlichen Umsatz mit deutschen Grundstücken zu besteuern, nicht vereinbar und wird auch nicht vertreten. Daher ist diese Gesetzeslücke teleologisch zu schließen,322 was mit einem am rechtlichen Strukturtypus des deutschen Steuerrechts ausgerichteten – unter Umständen auch wirtschaftlichen – Typenvergleich bewerkstelligt wird.323 Hierbei wird das Verhältnis von Zivilrecht und Steuerrecht nochmals besonders deutlich: das Steuerrecht erfasst selbst bei Anknüpfung an das Zivilrecht einen zivilrechtlich vorgeprägten, typisierten Lebenssachverhalt. Besteuerungsgrundlage ist daher nicht die Erfüllung zivilrechtlicher (Rechts-)Formvorgaben, sondern die Erfüllung eines steuerbaren Lebenssachverhalts in zivilrechtlichen Formen. Der Typenvergleich bewirkt, dass vergleichbare wirtschaftliche Ergebnisse, die sich in den Formen verschiedener Zivilrechtssysteme verwirklicht haben, aufgrund ihrer wirtschaftlichen Identität gleichermaßen der Besteuerung unterworfen werden.

321 Für das Erbschaftsteuerrecht Klein, Ausländische Zivilrechtsformen im deutschen Erbschaftsteuerrecht, S. 37 f. 322 Lang, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 5 Rn. 82. 323 BFH, Urt. v. 23.06.1993 – I R 31/92, BFH/NV 1994, S. 661 (662 f.); Urt. v. 23.06.1992 – IX R 182/87, BStBl. II 1992, S. 972 (974); Urt. v. 03.02.1988, I R 134/ 84, BStBl. II 1988, S. 588; st. Rspr.; Drüen, in: Tipke/Kruse, AO, § 4 Rn. 336; Klein, FR 2001, 126 ff.

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Kap. 2: Grundlagen der Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG

4. Bedeutung anderer Steuerrechtsgebiete für die Auslegung im Grunderwerbsteuerrecht Nachdem die Eigenständigkeit des Steuerrechts bezüglich der Auslegung von Rechtsbegriffen beschrieben wurde, stellt sich die Frage, ob zur Auslegung von Rechtsbegriffen im Grunderwerbsteuerrecht nicht Definitionen und Gesichtspunkte aus anderen Gebieten des Steuerrechts, wie beispielsweise dem Ertragsteuerrecht, dem Bewertungsrecht oder dem Verkehrsteuerrecht herangezogen werden können. Dies ist aber mit der herrschenden Meinung abzulehnen. Auch die einzelnen Steuerrechtsgebiete unterscheiden sich hinsichtlich ihrer Zielrichtungen. Während die Ertragsteuern darauf gerichtet sind, Vermögensmehrungen zu erfassen und der Besteuerung zu unterwerfen, zielen die Verkehrs- und Verbrauchsteuern darauf ab, einen Vermögenstransfer zu erfassen, ohne die Frage zu stellen, ob die Steuerpflichtigen durch den Vermögenstransfer wirtschaftlich reicher oder ärmer geworden sind. Daher sind alle Steuerrechtsgebiete nach ihrer eigenen Zweckrichtung und Typologie auszulegen, weshalb auch Rechtsbegriffe anderer Steuerrechtsgebiete und deren Rechtsvorstellungen nicht unbesehen übernommen werden können.324 Im Einzelfall ist somit stets zu untersuchen, ob einem Rechtsbegriff des Grunderwerbsteuerrechts dasselbe Verständnis zugrunde zu legen ist wie in einem anderen Steuergesetz. Auch dies kann aber nur durch Auslegung des jeweiligen grunderwerbsteuerrechtlichen Rechtsbegriffs ermittelt werden. 5. Auslegung des § 1 Abs. 3 GrEStG Schlussendlich ist aus den oben aufgeführten Gründen zu schließen, dass auch § 1 Abs. 3 GrEStG als Ergänzungstatbestand gerade nicht dem „Primat des Zivilrechts“ unterliegen kann. Ziel dieser Vorschrift ist es gerade, Grundstücksumsätze zu erfassen, die zivilrechtlich nicht als solche zu qualifizieren sind, sondern sich rein wirtschaftlich durch Vereinigung von Gesellschaftsanteilen bzw. durch Übertragung der vereinigten Gesellschaftsanteile vollziehen.325 Diese Zweckrichtung muss bei der Auslegung des Tatbestandes Berücksichtigung finden.326 Daher kann nicht, wie Gassner327 meint, eine wirtschaftliche Betrachtungsweise nur dann stattfinden, wenn die Tatbestandsmerkmale nicht 324 So zum Umsatzsteuerrecht BFH, Urt. v. 18.12.1980 – V R 142/73, BStBl. II 1981, S. 408; Urt. v. 17.05.1984 – V R 80/77, BStBl. II 1984, S. 545; zum Grunderwerbsteuerrecht Urt. v. 04.09.1974 – II R 112/69, BStBl. II 1975, S. 89 (90); Urt. v. 30.10.1974 – II R 102/70, BStBl. II 1975, S. 270 f.; Fischer, in: Boruttau, GrEStG, Vorb. Rn. 167 ff.; Kruse/Drüen, in: Tipke/Kruse, AO, § 4 Rn. 324. 325 Siehe dazu Kapitel 2 II. 2. 326 BFH, Urt. v. 28.11.1979 – II R 117/78, BStBl. 1974 II, S. 357 (358); Pahlke, in: Pahlke/Franz, GrEStG, § 1 Rn. 319. 327 Gassner, Anteilsvereinigung, S. 31.

V. Auslegung von Rechtsbegriffen im Grunderwerbsteuerrecht

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dem Zivilrecht entnommen wurden. Vielmehr ist der Vorschrift nach ihrer eigenen Teleologie auszulegen, wobei in allerdings engen Grenzen auch eine wirtschaftliche Betrachtungsweise angelegt werden kann.328 Denn Auslöser einer Grunderwerbsteuerpflicht ist immer noch ein bestimmter Rechtsvorgang, der zu einer anderweitigen Zuordnung eines Grundstücks führt.329 Dies führt zu der oben beschriebenen Vorgehensweise: es ist mittels Auslegung zu überprüfen, welchen Sinngehalt ein Tatbestandsmerkmal des § 1 Abs. 3 GrEStG hat. Im Rahmen dieser Auslegung ist mittels der allgemeingültigen Auslegungsmethoden zu prüfen, wie der jeweilige grunderwerbsteuerrechtliche Rechtsbegriff zu interpretieren ist, insbesondere, ob der Rechtsbegriff – bei gegebener wörtlicher Identität mit einem Rechtsbegriff des Zivilrechts – aufgrund einer Anknüpfung der grunderwerbsteuerrechtlichen Norm an das Zivilrecht auch im zivilrechtlichen Sinne auszulegen ist. Die Einordnung und Auslegung der einzelnen Tatbestandsmerkmale des § 1 Abs. 3 GrEStG bleibt den weiteren Ausführungen dieser Dissertation vorbehalten.

328 329

Siehe dazu Kapitel 2 V. 3. Fischer, in: Boruttau, § 1 Rn. 910.

Kapitel 3

Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Anteilsvereinigung und deren grunderwerbsteuerrechtliche Auswirkungen I. Gesellschaften nach § 1 Abs. 3 GrEStG Nach historischer Fassung des Gesetzes fallen unter die Vorschrift des § 3 GrEStG 1919 bzw. § 1 Abs. 3 GrEStG 1940 zumindest die in der beispielhaften Aufzählung erwähnten Gesellschaftsformen „einer Aktiengesellschaft, Kommanditgesellschaft auf Aktien, Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Gewerkschaft, offenen Handelsgesellschaft, Gesellschaft des bürgerlichen Rechtes, Genossenschaft“1

bzw. „Aktiengesellschaft, Gesellschaft mit beschränkter Haftung, bergrechtliche Gewerkschaft, offene Handelsgesellschaft, Gesellschaft des bürgerlichen Rechts.“2

Der Gesetzgeber des GrEStG 1983 hielt diese nicht abschließenden Aufzählungen für obsolet3 und normierte nur die Zugehörigkeit der – mittlerweile aufgelösten4 – bergrechtlichen Gewerkschaften in § 1 Abs. 4 Nr. 1 GrEStG zu den Gesellschaften. Der Gesellschaftsbegriff hat jedoch durch das vermehrte Auftreten von Gesellschaften ausländischer Rechtsformen, neue Gesellschaftsformen in Deutschland (so bereits durch die Kapitalgesellschaft und Co. KG(aA), aber z. B. auch die Partnerschaftsgesellschaft) und auch supranationaler Zusammenschlüsse (z. B. Societas Europaea) neue Bedeutung gewonnen. 1. Überblick über die Rechtsprechung und Literatur zum Gesellschaftsbegriff Unter den Begriff der Gesellschaften des § 1 Abs. 3 GrEStG subsumieren die Rechtsprechung und die Literatur sowohl die Kapital- als auch die Personengesellschaften.5 Vorausgesetzt wird, dass diese selbständige Rechtsträger im Sinne 1

GrEStG 1919, RGBl. 1919, S. 1617. GrEStG 1940, RGBl. I 1940, S. 585. 3 Bundesrat, BT-Drucks. 9/251, S. 16. 4 Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 866; Hofmann, GrEStG, § 1 Rn. 137. 5 Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 866; Hofmann, GrEStG, § 1 Rn. 140; zum zivilrechtlichen Begriff der Gesellschaften K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 45 ff.; Ludwig, Vereinigung aller Anteile, S. 7. 2

I. Gesellschaften nach § 1 Abs. 3 GrEStG

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des Grunderwerbsteuergesetzes sein können;6 andernfalls könnte auch der Zweck des § 1 Abs. 3 GrEStG, die „Transparenz“ der grundbesitzenden Gesellschaft zu fingieren, nicht erfüllt werden. Da jedoch das Grunderwerbsteuerrecht die Rechtsträgerschaft von Gesellschaften relativ weit zieht7, werden von § 1 Abs. 3 GrEStG die AG, GmbH, KGaA einerseits, die OHG, KG, PartG und die GbR anderseits als rechtsfähige Gesellschaften verstanden.8 Diese Aufzählung ist allerdings nicht abschließend, da noch praktisch bedeutsame Gesellschaftsformen, insbesondere die häufig anzutreffenden Mischformen fehlen. Die GmbH & Co. KG fällt nach herrschender Meinung ebenfalls unter den Gesellschaftsbegriff des § 1 Abs. 3 GrEStG9 und ist als Personengesellschaft in der Rechtsform der KG mit mindestens einem beschränkt haftenden Komplementär zu qualifizieren.10 Der eingetragene Verein wird nach allgemeiner Ansicht hingegen nicht unter § 1 Abs. 3 GrEStG subsumiert,11 obwohl dieser zivilrechtlich unter den Begriff der Gesellschaften im weiteren Sinne fällt.12 Das gleiche gelte für die stille Gesellschaft, da diese nur eine rein schuldrechtliche Beteiligung an der Gesellschaft vermittelt und somit keine Anteile gewährt.13 Auch falle die Stiftung nicht unter § 1 Abs. 3 GrEStG, da bei dieser mangels Anteile an derselben keine Anteilsvereinigung stattfinden könne14 und diese zudem schon keine Personenvereinigung darstellt, so dass ein Durchgriff auf „hinter der Stiftung stehende“ Personen nicht möglich sei. Darüber hinaus fiele die Bruchteilsgemeinschaft und die Erbengemeinschaft nicht unter den Begriff der Gesellschaft im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG. Diese beruhten nämlich nicht auf einem freiwilligen Zusammenschluss von Personen und stellten somit keinen Verband dar.15 6

Pahlke, in: Pahlke/Franz, GrEStG, § 1 Rn. 321. Bereits in: § 3 GrEStG 1919 wurde anerkannt, dass beispielsweise die Gesellschaft bürgerlichen Rechts selbständiger Rechtsträger im Sinne des Grunderwerbsteuergesetzes sein kann. 8 Vgl. Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 866; Pahlke, in: Pahlke/Franz, § 1 Rn. 321; Hofmann, § 1 Rn. 137; für die österreichische GbR anders Gassner, Anteilsvereinigung, S. 38. 9 Horn, GmbHR 1972, S. 284 (286); Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 870; Pahlke, in: Pahlke/Franz, GrEStG, § 1 Rn. 338. 10 Grunewald, in: MünchKomm-HGB, § 161 Rn. 45; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 56 I. 1. b) (S. 1622). 11 Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 866; Pahlke, in: Pahlke/Franz, § 1 Rn. 32; Weilbach, GrEStG, § 1 Rn. 87; für das öGrEStG anders Czurda, in: Czurda, GrEStG, § 1 Rn. 351. 12 Grunewald, Gesellschaftsrecht, S. 1; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 4 und 45. 13 BFH, Urt. v. 30.03.1988 – II R 76/87, BStBl. 1988 II, 550; Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 874; Hofmann, GrEStG, § 1 Rn. 141. 14 Hennerkes/Binz/Sorg, DB 1986, 2269 (2274); Schulze zur Wiesche, Wpg 1988, 128 (138). 15 BFH, Urt. v. 13.07.1955 – II 210/54 S, BStBl. III 1955, S. 269; Urt. v. 17.07. 1975 – II R 141/74, BStBl. II 1976, S. 159; Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 7

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Kap. 3: Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Anteilsvereinigung

Unerheblich ist ferner, ob es sich bei der Gesellschaft um eine inländische oder eine ausländische handelt. Nach § 1 Abs. 3 GrEStG kommt es auf die Belegenheit des Grundstücks im Inland an, nicht darauf, ob es sich um eine „deutsche“16 Gesellschaft handelt.17 Nach welchen Maßstäben zu beurteilen ist, ob ein ausländischer Rechtsträger als „Gesellschaft“ im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG gilt, ist bislang – soweit ersichtlich – nicht thematisiert worden.18 Bereits oben wurde auf die Vornahme eines sogenannten „Typenvergleichs“ hingewiesen,19 wobei bislang noch nicht geklärt wurde, welche Vergleichskriterien hierfür heranzuziehen sind. Problematisch ist die Anteilsvereinigung allerdings bei einer Personengesellschaft. Zum einen kennt das Personengesellschaftsrecht zwar den Begriff des Anteils am Gesellschaftsvermögen (§ 719 Abs. 1 BGB), nicht aber den Begriff des Anteils an der Gesellschaft. Daher wird der Anteilsbegriff von Seiten der grunderwerbsteuerrechtlichen Rechtsprechung und Literatur überwiegend als „gesellschaftsrechtliche Beteiligung“ an der Personengesellschaft, nicht dagegen als kapitalistische Beteiligung verstanden.20 Der Bundesgerichtshof definiert den Gesellschaftsanteil des Gesellschafters an einer Personengesellschaft als den „Inbegriff seiner Rechtsbeziehungen aus dem Gesellschaftsverhältnis zu der Gesellschaft, zu deren Vermögen und zu den übrigen Gesellschaftern, kurz seine Mitgliedschaft“.21 Zudem stellt sich die Frage, ob bei einer Personengesellschaft überhaupt eine Vereinigung von 95% der Anteile möglich ist. Für Personengesellschaften gilt, dass die Beteiligungsverhältnisse grundsätzlich nach der Zahl der Gesellschafter und – anders als bei einer Kapitalgesellschaft – nicht nach der kapitalistischen Beteiligung zu bemessen ist. Allein schon die Gesellschafterstellung vermittelt die dingliche Beteiligung an der Gesamthand.22 So gesehen könnten maximal 50% der Anteile an einer Personengesellschaft unmittelbar in einer Hand vereinigt werden. Da also eine „Alleinherrschaft“ nicht Rn. 866; zur gesellschaftsrechtlichen Einordnung beispielsweise K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 4. 16 Zur Behandlung von Gesellschaften mit ausländischer Rechtsform oder mit Sitz im Ausland vgl. unten Kapitel 3 III. 2. d). 17 RFH, Urt. v. 30.07.1929 – II A 346/29, RStBl. 1929, S. 498; BFH, Urt. v. 05.11. 2002 – II R 23/00, BFH/NV 2003, S. 505 (506); Hofmann, GrEStG, § 1 Rn. 137; Voßkuhl/Hunsmann, UVR 2005, S. 51 (55). 18 Dazu näher siehe unten Kapitel 3 III. 2. d). 19 Siehe Kapitel 2 V. 3. 20 Verfassungsgebende Nationalversammlung, Drucks. Nr. 774, Bd. 338, S. 656; BFH, Urt. v. 26.07.1995 – II R 69/92, BStBl. 1995 II, S. 736 (737); Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 867; Binz/Freudenberg/Sorg, DStR 1990, S. 753 (754); näher siehe Kapitel 3 II. 3. 21 BGH, Urt. v. 14.05.1986 – IVa ZR 155/84, BGHZ 98, S. 48 (50). 22 BFH, Urt. v. 14.06.1978 – II R 3/71, BStBl. 1978 II, S. 527 (528 f.); Urt. v. 26.07.1995 – II R 69/92, BStBl. 1995 II, S. 736 (737); Urt. v. 08.08.2001 – II R 66/ 98, BFH/NV 2001, 1672; Ulmer, in: MünchKomm-BGB, § 718 Rn. 6.

I. Gesellschaften nach § 1 Abs. 3 GrEStG

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gegeben ist, wenn mindestens ein weiterer Gesamthandsberechtigter vorhanden ist, kommt eine Anteilsvereinigung nur im Falle einer mittelbaren Anteilsvereinigung über Zwischengesellschaften bzw. einer teils mittelbaren, teils unmittelbaren Anteilsvereinigung in Betracht (dann meist als 100%-ige Anteilsvereinigung), da hier formal eine Gesellschaftermehrheit besteht.23 Werden die vorhandenen Beteiligungen dagegen unmittelbar in einer Hand vereinigt, so führt dies gesellschaftsrechtlich grundsätzlich zum Erlöschen der Gesellschaft, da die „Einmann-Personengesellschaft“ keine Personenvereinigung und damit keine Gesellschaft darstellt. Ausnahmen werden in der gesellschaftsrechtlichen Rechtsprechung und Literatur z. B. in den Fällen diskutiert, wenn die übergehende Mitgliedschaft durch Rechte Dritter belastet ist, einer Nacherbfolge unterliegt oder die übergehende Mitgliedschaft mit anderen Mitgliedschaftsrechten ausgestattet wird als die bereits vorhandene. Die gesellschaftsrechtliche Diskussion hierzu erscheint allerdings noch nicht abgeschlossen,24 weswegen hier noch vom Grundsatz der Einheitlichkeit der Mitgliedschaft ausgegangen werden soll. Die Gesellschaft wird mit Austritt des vorletzten Gesellschafters aufgelöst und das verbleibende Gesellschaftsvermögen wächst dem nunmehrigen „Alleingesellschafter“ an, § 738 Abs. 1 S. 1 BGB.25 Dies stellt einen steuerbaren Eigentumserwerb im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG dar.26 Die früher z. T. heftig kritisierte Konsequenz, dass die Bemessungsgrundlage bei der Anwachsung nach der Gegenleistung, bei der mittelbaren Anteilsvereinigung dagegen mit dem Einheitswert anzusetzen war,27 ist seit dem 01.01.1997 nicht mehr relevant. Ab diesem Zeitpunkt wird einem Eigentumserwerb auf gesellschaftsrechtlicher Grundlage (z. B. Verschmelzung, Einbringung oder eben Anwachsung) der Bedarfswert nach § 138 Abs. 2 und 3 BewG zugrunde gelegt, § 8 Abs. 2 Nr. 2 GrEStG.28 Zur Regelung des Konflikts, dass § 1 Abs. 3 GrEStG nur auf den Fall der (teilweise) mittelbaren Anteilsvereinigung Anwendung findet, wurde zunächst 23 BFH, Urt. v. 13.09.1995 – II R 80/92, BStBl. 1995 II, S. 903; nunmehr auch die Finanzverwaltung, gleich lautender Ländererlass zu § 1 Abs. 2a v. 26.02.2003, BStBl. I S. 271, Tz. 7.1.2; Pahlke, in: Pahlke/Franz, GrEStG, § 1 Rn. 322; a. A. Gassner, Anteilsvereinigung, S. 40 f. 24 Siehe dazu BGH, Urt. v. 14.05.1986 – IVa ZR 155/84, BGHZ 98, S. 48 (50); K. Schmidt, in: MünchKomm-HGB, § 105 Rn. 25; Ulmer, in: MünchKomm-BGB, § 705 Rn. 60 ff. u. 181 ff.; str. 25 Vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1304 f. und 1319 f. 26 BFH, Urt. v. 13.09.1995 – II R 80/92, BStBl. 1995 II, S. 903; Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 869. 27 Gassner, Anteilsvereinigung, S. 42 f.; Ludwig, Vereinigung aller Anteile, S. 11. 28 Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 8 Rn. 71; das FG Sachsen-Anhalt, Urt. v. 19.05.2004 – 2 K 408/01 hielt diese Ungleichbehandlung nicht für einen Verstoß gegen den Grundsatz der Belastungsgleichheit (Art. 3 Abs. 1 GG), da sich in: § 8 Abs. 2 GrEStG eine „spezifische Steuervergünstigung“ verberge.

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Kap. 3: Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Anteilsvereinigung

von der Finanzverwaltung vertreten, dass bei Personengesellschaften nunmehr dann einen Anteilsvereinigung vorliegt, wenn mindestens 95% des Gesellschaftsvermögens vereinigt werden.29 Diese Auffassung, welche bereits bei Gassner anklingt,30 hätte den Vorteil, dass die Vereinigung von mindestens 95% der Anteile relativ einfach am Verhältnis der Kapitalkonten der einzelnen Gesellschafter zum gesamten Eigenkapital der Gesellschaft bestimmt werden könnte. Sie ist jedoch kritisch zu betrachten und wurde von der Finanzverwaltung mittlerweile aufgegeben, da dann eine nur schuldrechtliche Beteiligung, die nur den Wert derselben angibt, aus der aber sonst keine Rechte ableitbar sind, zur Besteuerungsgrundlage werden würde.31 Bislang hat die Rechtsprechung immer betont, dass es auf die „dingliche“ Beteiligung am Vermögen der Gesellschaft ankommt, also auf die Beteiligung an der Gesamthand als solcher, nicht aber auf die Höhe der Kapitalbeteiligung.32 Die vorstehende Darstellung der Rechtsprechung und Literatur zum Gesellschaftsbegriff des § 1 Abs. 3 GrEStG hat jedoch einige dogmatische Fragen aufgeworfen. Fraglich ist nicht nur, warum zivilrechtliche Gesellschaften wie der Verein oder die stille Gesellschaft nicht als Gesellschaft angesehen werden, zumal letztere vom Gesetz auch ausdrücklich als Gesellschaft bezeichnet wird. Da offensichtlich ein vom Zivilrecht abweichendes Begriffsverständnis existiert, stellt sich die Frage, welche Merkmale eine Gesellschaft im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG aufweisen muss, um als solche zu gelten. Dasselbe ergibt sich hinsichtlich des Anteilsbegriffes. Hier wird eine Differenzierung zwischen Personen- und Kapitalgesellschaft vorgenommen, obwohl § 1 Abs. 3 GrEStG hier selbst keine Differenzierung vornimmt. Unklar bleibt zunächst, ob hier auch ein abweichendes oder doch ein mit dem Zivilrecht übereinstimmendes Begriffsverständnis vorliegen könnte. Letzteres erscheint hinsichtlich der Personengesellschaft fraglich, da immer darauf hingewiesen wird, dass der Anteil als Beteiligung an der Gesamthand und nicht vermögensmäßig verstanden werden soll.33 Diese Fragen gilt es im Folgenden zu beantworten.

29

Gleichlautender Ländererlass v. 07.02.2000, BStBl. I 2000, S. 344 ff., Tz. 7.1.2. Gassner, Anteilsvereinigung, S. 40. 31 Vgl. auch Weilbach, § 1 Rn. 87; nunmehr auch Pahlke, in: Pahlke/Franz, § 1 Rn. 323, anders noch Pahlke, in: Widmann/Mayer, Umwandlungsrecht, Anh. 12, Grunderwerbsteuer, Rn. 129; a. A. nach wie vor Teiche, DStR 2005, S. 49 (52); Gassner, Anteilsvereinigung, S. 25, 40. 32 BFH, Urt. v. 30.03.1988 – II R 76/87, BStBl. 1988 II, S. 550; Urt. v. 26.07.1995 – II R 68/92, BStBl. II 1995, S. 736 (737); Urt. v. 08.08.2001 – II R 66/98, BStBl. II 2002, S. 156 (158). 33 Verfassungsgebende Nationalversammlung, Drucks. Nr. 774, Bd. 338, S. 656; BFH, Urt. v. 26.07.1995 – II R 69/92, BStBl. 1995 II, S. 736 (737); Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 867; Binz/Freudenberg/Sorg, DStR 1990, S. 753 (754); näher siehe Kapitel 3 II. 3. 30

I. Gesellschaften nach § 1 Abs. 3 GrEStG

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2. Erläuterung der zivilrechtlichen Grundlagen des Gesellschaftsbegriffs Nach der herrschenden zivilrechtlichen Definition34 fallen unter den Begriff der Gesellschaften (im weiteren Sinne) „privatrechtliche Personenvereinigungen, die zur Erreichung eines bestimmten gemeinsamen Zwecks durch Rechtsgeschäft begründet werden,“35

also neben den in § 1 Abs. 3 GrEStG 1940 genannten Gesellschaften beispielsweise noch der rechtsfähige und nichtrechtsfähige Verein, die Kommanditgesellschaft auf Aktien, die Partnerschaftsgesellschaft, die stille Gesellschaft, die Europäische Wirtschaftliche Interessenvereinigung, usw.36 Als Gesellschaften im engeren Sinne werden nur diejenigen privatrechtlichen Zweckvereinigungen gesehen, die auf der Grundlage persönlicher Verbundenheit errichtet werden und von der Individualität ihrer Mitglieder abhängen. Hierunter fallen alle Personengesellschaften, nicht jedoch Kapitalgesellschaften.37 Daher fallen schon zivilrechtlich nicht unter den Begriff der Gesellschaften z. B. die Erbengemeinschaft (da nicht auf rechtsgeschäftlichem Zusammenschluss beruhend),38 die Stiftung (da nicht mitgliedschaftlich organisiert)39 oder die schlichte Bruchteilsgemeinschaft (keine gemeinschaftliche Zweckverfolgung).40 Die eingangs erwähnte Definition darf nicht darüber hinwegtäuschen, dass zwischen den einzelnen Gesellschaftsformen teilweise erhebliche strukturelle Unterschiede bestehen. Neben der körperschaftlichen Verfassung von Kapitalgesellschaften und eingetragenen Vereinen41 im Unterschied zu den Personengesellschaften ist insbesondere die Rechtspersönlichkeit der Körperschaften hervorzuheben, während Personengesellschaften allenfalls Teilrechtsfähigkeit ohne 34

Zur Kritik vgl. Kübler/Assmann, § 1 II, III (S. 2 ff.). Ulmer, in: MünchKomm-BGB, Vor § 705, Rn. 1; Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht, § 1 I (S. 1); ähnlich Grunewald, Gesellschaftsrecht, Einführung Rn. 1 (S. 1); Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 1 I 1.a) (S. 3). 36 Vgl. die umfassende Aufzählung bei Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 1 I 1.a) (S. 4). 37 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 3 I 1. (S. 45); Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht, § 1 I 1. (S. 1). 38 Vgl. Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 866; Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht, § 1 I (S. 1). 39 Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht, § 1 I (S. 2); Grunewald, Gesellschaftsrecht, E. 1. (S. 2). 40 Karsten Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 1 I 1.b) (S. 4); Langhein, in: Staudinger, BGB, § 741 Rn. 205. 41 Inwieweit der nicht rechtsfähige Verein aus verfassungsrechtlichen Gründen dem eingetragenen Verein gleichzustellen ist, ist unklar, vgl. ausführlich Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 54 Rn. 15 ff. 35

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Kap. 3: Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Anteilsvereinigung

eigene Rechtspersönlichkeit zugesprochen wird; im Falle der stillen Gesellschaft wird diese als solche nicht für rechtsfähig erachtet. Auch hinsichtlich der Beschränkbarkeit der Haftung wie auch der Zuordnung des Gesellschaftsvermögens, z. B. hinsichtlich der gesamthänderischen Bindung (§ 719 BGB, §§ 105 Abs. 3, 161 Abs. 2 HGB) bei Personengesellschaften, ergeben sich Divergenzen. Da es sich hierbei um allgemein bekannte rechtliche Fragestellungen handelt, soll es zunächst mit diesem Hinweis sein Bewenden haben; auf Einzelfragen wird an gegebener Stelle eingegangen.42 Wie jedoch bereits gezeigt, werden nicht alle zivilrechtlichen Gesellschaften unter den Begriff der Gesellschaft des § 1 Abs. 3 GrEStG subsumiert. Daher ergibt sich aus dieser Aufzählung, dass diese rein gesellschaftsrechtliche Definition nicht mit dem Begriff der „Gesellschaft“ übereinstimmt, den die herrschende Meinung dem § 1 Abs. 3 GrEStG zugrunde legt. Fraglich ist jedoch, wie dann bestimmt werden soll, was eine Gesellschaft im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG ist. Der bloße Hinweis, es würden Personen- und Kapitalgesellschaften erfasst, hilft hier nicht weiter, da nicht klar ist, warum gerade der Verein als Idealtypus körperschaftlich verfasster Gesellschaften sowie die stille Gesellschaft trotz ihrer Bezeichnung als Gesellschaft nicht von § 1 Abs. 3 GrEStG erfasst werden sollen. Das unreflektierte Abstellen auf einen angeblich zivilrechtlich vorgeprägten Begriff kann hier folglich nicht weiterführen. Die allgemeine Meinung wie auch der historische Gesetzgeber scheinen dem Gesellschaftsbegriff des § 1 Abs. 3 GrEStG statt dessen Merkmale zugrunde zu legen, welche restriktiver als das zivilrechtliche Gesellschaftsverständnis sind. Da nach den oben43 beschriebenen Ansichten sowohl Kapital- als auch Personengesellschaften unter den Gesellschaftsbegriff des § 1 Abs. 3 GrEStG fallen sollen, ist angesichts der angedeuteten strukturellen Unterschiede davon auszugehen, dass der Gesellschaftsbegriff von Merkmalen abhängt, welche sich auf hohem gesellschaftsrechtlichen Abstraktionsniveau bewegen. Kurz: es sind Merkmale prägend, die nur dem allgemeinen Gesellschaftsrecht entnommen werden können. Diese Merkmale zu bestimmen ist allerdings sehr schwierig, da ein geschriebenes allgemeines Gesellschaftsrecht nicht existiert. Die gesellschaftsrechtliche Rechtsprechung und Literatur hat deshalb versucht, aus den gesetzlichen Einzelregelungen durch Auslegung und Rechtsfortbildung allgemeine Lehren des Gesellschaftsrechts zu entwickeln, was allerdings zu teilweise erheblichen Unsicherheiten im Detail geführt hat.44 Da der Gesellschaftsbegriff sich zumindest nach dem Willen des historischen Gesetzgebers nicht auf einen bestimmten Gesellschaftstypus beschränken soll, kann die Frage, welche Gesell42 Ausführlich zu den strukturellen Unterschieden: Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht, §§ 3, 4 (S. 22 ff.). 43 Siehe Kapitel 3 I. 1. 44 Ausführlich hierzu K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 3 III. (S. 52 ff.).

II. Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG

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schaften nun erfasst werden sollen, nur aus den allgemeinen gesellschaftsrechtlichen Institutionen entwickelt werden. Welche Institutionen hierfür herangezogen werden sollen, muss aus dem Grunderwerbsteuerrecht selbst im Wege der Auslegung ermittelt werden. Betrachtet man den Aufbau des § 1 Abs. 3 GrEStG näher, fällt auf, dass das Gesetz davon ausgeht, dass eine Gesellschaft dem Gesellschafter „Anteile“ gewährt. Diese scheinen das Bindeglied zwischen der grundbesitzenden Gesellschaft und dem Gesellschafter darzustellen, das gleichzeitig bei Erreichen einer entsprechenden Mindestbeteiligungsquote den Durchgriff durch das zivilrechtliche Eigentum der Gesellschaft rechtfertigen soll. Somit ist Ausgangspunkt der Frage, welche Gesellschaften nun tatsächlich unter § 1 Abs. 3 GrEStG fallen, wann eine Gesellschaft ihren Gesellschaftern „Anteile“ vermittelt. Fraglich – und bislang nicht rechtsformübergreifend bearbeitet45 – ist aber, was einen Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG darstellt. Diese Frage ist somit vorab zu beantworten, bevor zum Gesellschaftsbegriff des § 1 Abs. 3 GrEStG Stellung genommen werden kann.

II. Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG Die Frage, was unter dem Begriff des Anteils zu verstehen ist, wurde bislang nur unzureichend thematisiert. Im Wesentlichen finden sich Ansätze zum personengesellschaftsrechtlichen Anteilsbegriff, während nur vereinzelt Ausführungen zum kapitalgesellschaftsrechtlichen Anteilsbegriff zu finden sind. Ein rechtsformübergreifender Ansatz ist bislang nicht ersichtlich, obwohl der Wortlaut des § 1 Abs. 3 GrEStG aufgrund seiner diesbezüglichen Undifferenziertheit einen solchen Ansatz nahelegen würde. 1. Bisherige Ansätze in der Literatur Ein früher Ansatz für eine einheitliche Definition des Anteilsbegriffs findet sich bei Gassner. Von einem personengesellschaftsrechtlichen Standpunkt ausgehend definiert er den Anteil als den Anteil am Vermögen einer OHG bzw. KG. Dies begründet er damit, dass sonst eine unmittelbare Anteilsvereinigung bei einer Personengesellschaft nicht möglich sei, da es eine Einmann-Personengesellschaft nicht geben könne. Hingegen gehe das Vermögen trotz Untergangs der Personengesellschaft bei Anteilsvereinigung in einer Hand auf diese Hand über, was nicht zu einer Besteuerung nach § 1 Abs. 3 GrEStG führen würde. 45 Bislang nur ansatzweise Voßkuhl/Hunsmann, UVR 2005, S. 51 f.; näher Gassner, Anteilsvereinigung, S. 39 ff. mit deutlich personengesellschaftsrechtlichem Schwerpunkt; alle anderen Autoren befassen sich z. B. mit dem „Anteil“ an der Personengesellschaft, lassen aber einen einheitlichen Ansatz vermissen.

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Kap. 3: Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Anteilsvereinigung

Darüber hinaus sei auch eine Anteilsvereinigung im Sinne einer alleinigen Berechtigung am Gesellschaftsvermögen möglich.46 Gassner übersieht hierbei aber, dass die Anwachsung (§ 738 BGB) einen bereits nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG steuerbaren Erwerb darstellt. Zudem basiert Gassners Ansicht auf einer extrem vermögensorientierten Betrachtungsweise, welche oben bereits verworfen wurde.47 Heine ist der Auffassung, dass mangels eigenständiger grunderwerbsteuerrechtlicher Definition des § 1 Abs. 3 GrEStG der Anteilsbegriff ausschließlich aus dem BGB, HGB, AktG und GmbHG abzuleiten sei, also zivilrechtlich determiniert ist. Das Abstellen auf das Gesellschaftsvermögen als Bewertungsmaßstab in § 1 Abs. 2a GrEStG sei nur auf diese Vorschrift anzuwenden.48 Von dieser früheren Aussage scheinbar unbeeinflusst wollen Voßkuhl/Hunsmann den Anteilsbegriff aus dem Gesellschaftsrecht der AG und GmbH ableiten.49 Dies führt zu dem Ergebnis, dass die Frage, was ein Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG sei, für jede Gesellschaftsform in Abhängigkeit der zivilrechtlichen Vorgaben anders beantwortet werden müsse. Der Anteilsbegriff ist nach Voßkuhl/Hunsmann somit rein formal zu bestimmen. Mit dieser Vorgehensweise können aber weder der Anteilsbegriff noch die von der Anteilvereinigung erfassten Gesellschaftsformen allgemeingültig bestimmt werden. Die Autoren übersehen, dass schon der Begriff der Gesellschaft im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG – zumindest nach herrschender Meinung und dem Willen des Gesetzgebers des GrEStG 1940/1983 – nicht mit dem zivilrechtlichen Gesellschaftsbegriff übereinstimmt. Daher wäre, wenn der Anteilsbegriff aus dem Recht der jeweiligen Gesellschaft abgeleitet werden soll, als Vorfrage zu klären, welche Gesellschaften von § 1 Abs. 3 GrEStG erfasst werden. Der natürlich richtige Hinweis, Gesellschaften im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG seien solche, die Anteile gewähren50, genügt wiederum nicht, weil man schon aufgrund der Unkenntnis der Definition des Anteils gar nicht bestimmen kann, welche Gesellschaften überhaupt von § 1 Abs. 3 GrEStG erfasst sind. Die Beschreibung des Anteilsbegriffs durch Voßkuhl/Hunsmann beruht damit auf einem Zirkelschluss. Über diesen helfen sie sich mit der – nach historischer Auslegung zutreffenden – Annahme hinweg, die GmbH und die AG seien Gesellschaften im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG.51 Die Autoren lassen sich also von früheren Aufzählungen im Gesetz und Präjudizien leiten. Dieser Ansatz führt aber nicht 46

Gassner, Anteilsvereinigung, S. 39 ff. Siehe Kapitel 2 II. 2. c) cc) (1). 48 Heine, INF 2003, S. 817. 49 Voßkuhl/Hunsmann, UVR 2005, S. 51 ff.; ihnen nunmehr unter Erwähnung des § 16 Abs. 2 S. 1 AktG folgend Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 885. 50 Voßkuhl/Hunsmann, UVR 2005, S. 51 f.; entgegen deren Verweis nicht explizit Pahlke, in: Pahlke/Franz, § 1 Rn. 321. 51 Voßkuhl/Hunsmann, UVR 2005, S. 51 f. 47

II. Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG

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dazu, dass der Gesellschaftsbegriff oder der Anteilsbegriff rechtsformübergreifend bestimmt werden kann. Anders definiert Kroschewski den Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG. Er postuliert, dass es nicht auf die Vermögensrechte ankomme. Vielmehr sei der Begriff „Anteil“ dem Mitgliedschaftsrecht gleichzusetzen. Diese Mitgliedschaftsrechte enthielten gewisse Verwaltungsrechte, insbesondere das nicht übertragbare Stimmrecht. Entscheidend sei daher die Vereinigung aller Stimmrechte als Ausdruck eines durch die Vereinigung entstehenden Autonomiedefizits bei der Willensbildung der Gesellschaft. Auf die Vermögensrechte komme es deshalb nicht an, weil diese selbständig abtretbar und nicht an die Mitgliedschaft gebunden seinen.52 Letztere Aussage ist aber unzutreffend, da die Vermögensrechte als solche – anders als die Gläubigerrechte – dem Abspaltungsverbot unterliegen.53 Zudem beruht Kroschewskis Anteilsbegriff auf einer bloßen Annahme; Argumente, warum der Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG der Mitgliedschaft gleichzusetzen sei, liefert er nicht. Ferner setzt er sich nicht mit der Frage auseinander, warum manche zivilrechtliche Gesellschaftsform von § 1 Abs. 3 GrEStG nicht erfasst sein soll, ohne jedoch ein anderes Verständnis des Gesellschaftsbegriffs dieser Norm aufstellen zu wollen. Nachdem keine der bislang vertretenen Ansichten befriedigend erklären konnte, was einen Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG ausmacht, muss dieser Begriff im Folgenden erst entwickelt werden. 2. Entwicklung eines rechtsformübergreifenden Anteilsbegriffs Bei der Ermittlung des Anteilsbegriffs im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG sind mehrerlei Ansatzpunkte denkbar. Soweit die Ansicht vertreten wird, im Steuerrecht gelte das „Primat des Zivilrechts“, ist zu untersuchen, ob ein zivilrechtliches Vorverständnis für den Anteilsbegriff existiert; dieser Ansatz ist auch relevant, wenn man von einer Vermutung der Übereinstimmung zivilrechtlicher und steuerrechtlicher Begriffe ausgeht. Etwas anders muss man sich der Frage nähern, wenn diese Vermutung grundsätzlich negiert wird; dann ist ein rein grunderwerbsteuerrechtliches Verständnis zu entwickeln. Wenngleich hier die Autonomie des Steuerrechts vom Zivilrecht angenommen wurde und die Notwendigkeit einer eigenständigen Definition steuerrechtlicher Begrifflichkeiten dargestellt wurde, soll dennoch als Vorfrage geklärt werden, ob es einen zivilrechtlich einheitlichen Anteilsbegriff gibt, welcher dem steuerrechtlichen zumindest theoretisch zugrunde gelegt werden könnte.

52 53

Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 239. Dazu näher unten Kapitel 3 II. 2. c) aa) und bb).

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Kap. 3: Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Anteilsvereinigung

a) Eigenständiger zivilrechtlicher Anteilsbegriff? Der Begriff des Anteils an einer Gesellschaft ist nur aus dem GmbH-Gesellschaftsrecht (§ 14 ff. GmbHG) bzw. dem Genossenschaftsrecht (§ 7 Nr. 1 GenG) als Geschäftsanteil bekannt. Beide dürfen jedoch nicht verwechselt werden. Geschäftsanteil einer GmbH bedeutet nach absolut herrschender Meinung „die durch Beteiligungserklärung begründete mitgliedschaftliche Rechtsstellung des Gesellschafters und der hieraus sich ergebenden Rechten und Pflichten“.54 Nach § 14 GmbHG bestimmt sich der Geschäftsanteil nach dem Betrage der vom Gesellschafter übernommenen Stammeinlage. Somit ist klargestellt, dass jedem Gesellschafter pro Stammeinlage nur ein Anteil zusteht. Unter dem Geschäftsanteil einer Genossenschaft ist hingegen nur der Höchstbetrag zu verstehen, mit dem sich ein Genosse mit Einlagen an der eingetragenen Genossenschaft beteiligen kann. Er ist somit – ohne dies begrifflich nach außen kundzutun – rein vermögensmäßig zu verstehen und entgegen dem GmbH-Recht nicht mit der Mitgliedschaft gleichzusetzen.55 Die Aktiengesellschaft hingegen – obwohl schon nach dem Willen des Gesetzgebers erfasst56 – kennt den Begriff des Anteils nicht. Der Anteil am Grundkapital sowie das Mitgliedschaftsrecht wird als Aktie bezeichnet (§ 1 Abs. 2 AktG) und als solche verbrieft.57 Noch deutlicher wird das Problem bei der Kommanditgesellschaft auf Aktien: hier ist zwischen dem in Aktien unterteilten Grundkapital einerseits und der Beteiligung des persönlich haftenden Gesellschafters andererseits zu unterscheiden (§ 278 Abs. 1 AktG). Eine Einheitlichkeit des Beteiligungsverhältnisses ist hier also schon von vornherein ausgeschlossen. Dies gilt umso mehr, als sich der Komplementär der KGaA – im Gegensatz zum Aktionär – nicht durch Leistung von Vermögenseinlagen am Gesellschaftskapital beteiligen muss.58 Personengesellschaften (GbR, OHG, KG), die ebenfalls nach dem Willen des Gesetzgebers von § 1 Abs. 3 erfasst werden sollen, kennen ebenfalls keinen einheitlichen Anteilsbegriff,59 sondern nur den Anteil am Gesellschaftsvermö54 Winter/Seibt, in: Scholz, GmbHG, § 14 Rn. 2; BGH, Urt. v. 08.12.1971 – II ZR 113/70, DB 1972, S. 132; Lutter/Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 14 Rn. 1. 55 Beuthien, GenG, § 7 Rn. 1; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 41 III. 2. a) (S. 1274). 56 Vgl. § 3 GrEStG 1919 und § 1 Abs. 3 GrEStG 1940, siehe oben Kapitel 3 I. 1. 57 Heider, in: MünchKomm-AktG, § 1 Rn. 89; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 776 f. 58 Behrens/Schmitt, UVR 2006, S. 118 (119); Schütz/Bürgers/Riotte, KGaA, § 5 Rn. 232. 59 Dies wurde schon bei der Beratung des Grunderwerbsteuergesetzes erkannt, vgl. Verfassungsgebende Nationalversammlung, Drucks. Nr. 774, Bd. 338, S. 656; BFH, Urt. v. 26.07.1995 – II R 69/92, BStBl. 1995 II, S. 736 (737); Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 867; Binz/Freudenberg/Sorg, DStR 1990, 753 (754).

II. Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG

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gen oder den Gewinnanteil (vgl. §§ 719 Abs. 1, 722 BGB) als Bestandteil des mitgliedschaftlichen Vermögensrechtes.60 Dieser Begriff ist aber nicht gleichbedeutend mit der Mitgliedschaft des Gesellschafters an der Gesellschaft, sondern ist streng genommen nur materieller Ausdruck der Mitgliedschaft.61 Für die Mitgliedschaft an der Personengesellschaft hat sich – analog zum GmbH-Recht – in der zivilrechtlichen Literatur der Begriff des Gesellschaftsanteils eingebürgert.62 Ein weiterer, rechtsformübergreifender Anteilsbegriff findet sich in § 16 Abs. 2 AktG für die konzernrechtliche Frage, wann ein Unternehmen in Mehrheitsbesitz steht. Danach bestimmt sich der Teil der Anteile, welcher einem Unternehmen gehört, bei Kapitalgesellschaften nach dem Verhältnis des Gesamtnennbetrags der ihm gehörenden Anteile zum Nennkapital, bei Gesellschaften mit Stückaktien nach der Zahl der Aktien (§ 16 Abs. 2 S. 1 AktG). Als Anteil nach § 16 AktG ist damit die Beteiligung der Mitglieder am Vermögen des Rechtsträger zu verstehen, also die Aktie, der Geschäftsanteil oder der Kapitalanteil.63 Bei Personengesellschaften wird hierfür auf die vermögensmäßige Beteiligung anhand der Kapitalkonten zum Zeitpunkt des letzten Bilanzstichtags abgestellt; § 16 Abs. 2 AktG wird somit zumindest analog angewandt.64 Somit existiert ein konzernrechtlich feststehender Anteilsbegriff, wobei allerdings darauf hinzuweisen ist, dass diese Norm erst mit dem Aktiengesetz 1965 eingeführt wurde65 und daher dem GrEStG 1940 nicht zum Vorbild dienen konnte. Somit steht fest, dass nur eine konzernrechtliche, rechtsformübergreifende gesetzliche Anteilsdefinition nach § 16 Abs. 2 S. 1 AktG 1965 existiert. Soweit in der gesellschaftsrechtlichen Literatur der Begriff des Anteils gebraucht wird, steht er dagegen meist für die Mitgliedschaft an einer Gesellschaft,66 leidet aber an den eben erwähnten begrifflichen Unschärfen. Somit ist der zivilrechtliche Anteilsbegriff schon ungeeignet zur Interpretation des § 1 Abs. 3 GrEStG, da nicht klar belegbar ist, welchem Anteilsverständnis das GrEStG 1940 folgte. Hinweise darauf, dass das GrEStG 1983/1997 ein abweichendes Anteilsverständnis vertritt, finden sich in den Gesetzgebungsmaterialien nicht. Nach der

60 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 47 III. 1. (S. 1380 ff.); zur Unterscheidung zwischen Gesellschaftsanteil, Vermögensanteil und Kapitalanteil bei der Personengesellschaft ausführlich Huber, Vermögensanteil, S. 117 ff. und passim. 61 So explizit K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 45 I. 1. a) (S. 1310); Huber, Vermögensanteil, S. 145 ff. 62 BGH, Urt. v. 08.12.1971 – VIII ZR 113/70, BB 1972, S. 10 (11); Michalski, OHG, § 120 Rn. 9; Huber, Vermögensanteil, S. 11. 63 Bayer, in: MünchKomm-AktG, § 16 Rn. 4. 64 Hüffer, AktG, § 16 Rn. 10; Bayer, in: MünchKomm-AktG, § 16 Rn. 13. 65 Bayer, in: MünchKomm-AktG, § 16 Rn. 2. 66 Vgl. BGH, Urt. v. 29.06.1981 – II ZR 142/80, BGHZ 81, S. 82 (84); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 47 III. 1. a) (S. 1380).

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Kap. 3: Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Anteilsvereinigung

hier vertretenen Ansicht existiert zum einen kein „Primat des Zivilrechts“, so dass die Auslegung des Anteilsbegriffs steuerrechtlich eigenständig erfolgen muss.67 Zum anderen erscheint ein vermögensrechtliches Verständnis des Anteilsbegriffs, wie es § 16 Abs. 2 AktG nahelegen würde, vor dem Hintergrund der „Sachherrschaftstheorie“ als Systembruch, da mit der vermögensrechtlichen Stellung des Gesellschafters nicht zwingend eine entsprechende Herrschaftsmacht einhergeht.68 Auch der Anteilsbegriff des § 16 Abs. 2 AktG liegt daher aufgrund seiner Vermögensbezogenheit dem Anteilsverständnis des § 1 Abs. 3 GrEStG nicht zugrunde. Somit muss ein eigenständiges Begriffsverständnis ermittelt bzw. entwickelt werden. b) Steuerartübergreifendes Begriffsverständnis? Erwägenswert wäre es, bei der Ermittlung des Anteilsbegriffs auf die Begriffe anderer Steuerarten zurückzugreifen. So werden beispielsweise in § 16 Abs. 1 Nr. 2 und 3 EStG die Anteile eines Mitunternehmers und des persönlich haftenden Gesellschafters einer KGaA erwähnt. Hierunter wird die Mitgliedschaft einschließlich der dinglichen Mitberechtigung am Gesamthandsvermögen und etwaiges Sonderbetriebsvermögen verstanden.69 In § 17 Abs. 1 S. 3 EStG werden schließlich die „Anteile an einer Kapitalgesellschaft“ als Aktien, Anteile an einer Gesellschaft mit beschränkter Haftung, Genussscheine oder ähnliche Beteiligungen und Anwartschaften auf solche Beteiligungen legal definiert. In § 11 Abs. 1, 2 BewG findet sich wiederum der Begriff der Anteile an Kapitalgesellschaften. Wie oben70 bereits gezeigt, ist es nicht möglich, Begriffsbildungen anderer Gesetze unbesehen zu übernehmen. Dies zeigt sich hinsichtlich des Anteilsbegriffs des Einkommensteuerrechts schon unter zweierlei Gesichtspunkten: Ziel des Einkommensteuerrechts ist die steuerliche Erfassung der Vermögensmehrung einer Person zum Zwecke der Besteuerung. Deshalb erfasst § 16 Abs. 1 Nr. 2 und 3 EStG nicht nur die dingliche Mitberechtigung am Gesamthandsvermögen, sondern auch Vermögensmehrungen, die durch den Einsatz von Sonderbetriebsvermögen zustande gekommen sind. Bei der Anteilsveräußerung im Einkommensteuerrecht kommt es ferner darauf an, dass die Wirtschaftsgüter des Sonderbetriebsvermögens übergehen, die eine wesentliche Betriebsgrundlage darstellen.71 Die Begriffe des Sonderbetriebsvermögens und der wesentlichen Betriebsgrundlage sind dem Grunderwerbsteuerrecht fremd. Dieses fragt 67

Ausführlich siehe Kapitel 2 V. 3. Siehe Kapitel 2 II. 2. c) cc) (1). 69 BFH, Urt. v. 31.08.1995 – VIII B 21/98, BStBl. II 1995, S. 890; Urt. v. 02.10.1997 – IV R 84/96, BStBl. II 1998, S. 104; Wacker, in: L. Schmidt, EStG, § 16 Rn. 407. 70 Siehe Kapitel 2 V. 2. 68

II. Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG

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nicht danach, ob ein Gesellschaftsgrundstück eine wesentliche Betriebsgrundlage ist. Vielmehr ist es erforderlich, dass das Grundstück der Gesellschaft selbst gehört. Dagegen ist es irrelevant, ob die Gesellschaftsgrundstücke funktional wesentlich für die Tätigkeit der Gesellschaft sind. Denn das Grunderwerbsteuerrecht will den Verkehr mit Grundstücken der Besteuerung unterwerfen und nicht die Auswirkungen eines Gesellschaftsgrundstücks auf den Ertrag der Personengesellschaft. Auch der Anteilsbegriff des § 17 Abs. 1 S. 3 EStG kann dem grunderwerbsteuerrechtlichen Anteilsbegriff des § 1 Abs. 3 GrEStG nicht zugrunde gelegt werden, da dieser – entgegen der Intention des § 1 Abs. 3 GrEStG, das auch Anteile an Personengesellschaften erfassen möchte – nur Anteile an Kapitalgesellschaften legal definiert. § 11 BewG enthält schließlich keine Legaldefinition des Anteilsbegriffs und möchte zudem Personengesellschaften nicht erfassen, die nicht als solche (oder als Beteiligung an einer solchen), sondern mit dem Wert ihres Betriebsvermögens bewertet werden.72 Somit zeigt sich, dass ein Rückgriff auf andere Rechtsgebiete zur Ermittlung des Anteilsbegriffs nicht möglich ist. Der Gesetzgeber scheint den Begriff des Anteils – worauf auch die Gesetzgebungsgeschichte hindeutet73 – eher deskriptiv verwendet zu haben. Die nunmehr folgende Untersuchung muss sich daher mit der Frage beschäftigen, was § 1 Abs. 3 GrEStG unter einem Anteil versteht, um schlussendlich eine einheitliche Aussage darüber treffen zu können, welche Gesellschaften unter § 1 Abs. 3 GrEStG fallen. c) Grunderwerbsteuerrechtliche Definition des Anteilsbegriffs Eine eigenständige grunderwerbsteuerrechtliche Definition ist nur im Wege der Auslegung des Anteilsbegriffs möglich.74 Wie bereits gezeigt, kommen dabei als Auslegungsmethoden die grammatische, historische, systematische und teleologische Auslegung in Frage. Die durch diese Auslegung gefundenen Ergebnisse dürfen weder gegen Verfassungs- noch gegen Europarecht verstoßen.75 Obschon eine endgültige Festlegung des Anteilsbegriffs mittels Auslegung jetzt noch nicht möglich ist, ergeben sich aus den bisherigen Arbeitsergebnissen doch einige Hinweise darauf. Wie bereits dargestellt, verstehen historischer Ge71 BFH, Urt. v. 03.03.1998 – VIII R 66 /96, BStBl. II 1998, S. 383; Wacker, in: L. Schmidt, EStG, § 16 Rn. 414. 72 Horschnitz/Groß/Schnur, Bewertungsrecht, Grundsteuer, Erbschaft- und Schenkungssteuer, S. 355 ff. 73 Siehe dazu Kapitel 3 I. 1. 74 Zur Auslegung im Steuerrecht im Allgemeinen und im GrEStG im Besonderen vergleiche Kapitel 2 V. 75 Siehe Kapitel 2 III. und IV.

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Kap. 3: Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Anteilsvereinigung

setzgeber, Rechtsprechung und Literatur den Anteil an einer Personengesellschaft im Sinne der vorhandenen Beteiligung an derselben, nicht aber vermögensbezogen.76 Der BGH hat in einer Entscheidung den Anteil an einer Personengesellschaft explizit mit der gesellschaftsrechtlichen Mitgliedschaft an derselben gleichgesetzt.77 Wie ebenfalls im Rahmen der Ermittlung des Normzwecks herausgearbeitet, will § 1 Abs. 3 GrEStG den Übergang bzw. den Erwerb des wirtschaftlichen Eigentums erfassen, der durch den Übergang bzw. die Vereinigung nahezu aller Anteile bewirkt werden soll. Begründung für dieses wirtschaftliche Eigentum ist, dass dem Alleingesellschafter die Sachherrschaft über ein Gesellschaftsgrundstück zukommt.78 Kroschewski hat daraus den nicht näher begründeten Schluss gezogen, dass der Anteilsbegriff des § 1 Abs. 3 GrEStG dem Rechtsinstitut der Mitgliedschaft an der Gesellschaft gleichzusetzen sei.79 Ob dieser Ansatz zutreffend ist, kann erst im Wege der Auslegung ermittelt werden. Angesichts des allgemeinen Verständnisses des Anteilsbegriffs und der bereits dargestellten Zweifel an der Auffassung, der Anteilsbegriff sei mit der vermögensrechtlichen Beteiligung an der Gesellschaft gleichzusetzen, besteht aber zumindest eine starke Vermutung dafür, dass die Mitgliedschaft gemeint sein könnte. Hinzu kommt, dass das Rechtsinstitut der Mitgliedschaft bei z. T. erheblichen Abweichungen im Detail rechtsformübergreifend verwendet wird.80 Wie bereits herausgearbeitet, muss auch der Anteilsbegriff rechtsformübergreifend verwendet werden, da § 1 Abs. 3 GrEStG einen rechtsformübergreifenden Ansatz bei der Erfassung des wirtschaftlichen Eigentums an Gesellschaftsgrundstücken verfolgt.81 Um die Hypothese, der Anteilsbegriff sei dem zivilrechtlichen Begriff der Mitgliedschaft gleichzusetzen, verifizieren bzw. falsifizieren zu können, muss in einem ersten Schritt das Rechtsinstitut der Mitgliedschaft dargestellt werden. In einem zweiten Schritt ist mittels Auslegung des Anteilsbegriffs zu prüfen, ob die Mitgliedschaft mit dem Anteilsbegriff gleichzusetzen ist oder nicht, bzw. ob die Mitgliedschaft gewisse Anforderungen erfüllen muss, um einen Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG darzustellen. Auf die Dogmatik der Mitgliedschaft wird insoweit eingegangen, als es für diese Arbeit relevant erscheint. Soweit Meinungsstreitigkeiten hinsichtlich einiger Rechtsfragen bestehen, wird aus Gründen der Praxisbezogenheit der Meinung der höchstrichterlichen Rechtsprechung und, soweit erstere nicht erkennbar ist, der herrschenden Lehre gefolgt.82 76

Siehe Kapitel 3 I. 1. BGH, Urt. v. 14.05.1986 – IVa ZR 155/84, BGHZ 98, S. 48 (50). 78 Siehe Kapitel 2 II. 2. 79 Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 239. 80 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 19 I 2. (S. 548 f.). 81 Siehe Kapitel 3 II. 2. a). 82 Für eine tiefgehende Darstellung vgl. Habersack, Mitgliedschaft, 1996; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 19 (S. 547 ff.). 77

II. Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG

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aa) Die Mitgliedschaft an Verbänden Unter dem Begriff der Mitgliedschaft wird die aufgrund der Zugehörigkeit zu einem Verband beruhende Rechtsstellung einer Person verstanden.83 Sie begründet daher eine auf Zweckverfolgung gerichtete Sonderrechtsbeziehung sowohl zwischen dem Mitglied und dem Verband selbst als auch unter den Mitgliedern.84 Die Mitgliedschaft vereinigt sämtliche mitgliedschaftlichen Rechte und Pflichten in einem einheitlichen Rechtsinstitut und ist insoweit von einem komplexen Schuldverhältnis zu unterscheiden,85 kurz gesagt: die Mitgliedschaft ist mehr als die Summe der mit ihr einhergehenden Rechte und Pflichten. Dennoch enthält die Mitgliedschaft auch subjektivrechtliche Elemente.86 Zivilrechtlich gilt die Mitgliedschaft nach herrschender Meinung als absolutes Recht und ist damit durch Beseitigungs- und Unterlassungsansprüche analog § 1004 BGB87 und als sonstiges Recht nach § 823 Abs. 1 BGB88 vor rechtswidrigen Eingriffen anderer geschützt.89 Der Inhalt der Mitgliedschaft ist hingegen nicht einheitlich. Er ist stattdessen davon abhängig, welche einzelnen Rechte und Pflichten die Gesetze dem einzelnen Mitglied einer Gesellschaft zuordnen.90 Zudem bestehen Unterschiede im zwingenden Charakter der jeweiligen gesetzlichen Vorgaben: während diese bei den Personengesellschaften und bei der GmbH (dort explizit § 45 Abs. 1 GmbHG) weitestgehend dispositiv sind,91 gelten bei Aktiengesellschaften zwingende Vorgaben. Abweichungen bedürfen nach dem Grundsatz der Satzungsstrenge (§ 23 Abs. 5 AktG) einer gesetzlichen Erlaubnis.92 Üblicherweise wer-

83 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 19 I. 1. b) (S. 547); Habersack, Mitgliedschaft, S. 92 f.; Habermeier, in: Staudinger, BGB, § 705 Rn. 33; Hadding, in: Soergel, BGB, § 38 Rn. 2; Lutter, AcP 180 (1980), S. 84 (97). 84 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 19 III. 1. a) (S. 552); Beuthien, Wiedemann-FS, S. 755 (756); Lutter, AcP 180 (1980), S. 90 f.; Müller-Erzbach, Mitgliedschaft, S. 30 ff. 85 Habersack, Mitgliedschaft, S. 92 f. und 100; Hueck/Fastrich, in: Baumbach/ Hueck, GmbHG, § 14 Rn. 10. 86 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 19 I. 3. a) (S. 549); Lutter, AcP 180 (1980), S. 84 (101); Habersack, Mitgliedschaft, S. 98 ff.; kritisch zur derzeitigen Dogmatik der Mitgliedschaft Beuthien, NJW 2005, S. 855 (857), der die Mitgliedschaft als Stellung im pflichtenhaltigen Rechtsverhältnis begreift; a. A. Hadding, in: Soergel, BGB, § 38 Rn. 3a: „Die Mitgliedschaft ist kein subjektives Recht; . . .“ 87 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 21 V. 1. (S. 645); Habersack, Mitgliedschaft, S. 359. 88 BGH, Urt. v. 12.03.1990 – II ZR 179/89, BGHZ 110, S. 323 (327); ausführlich Habersack, Mitgliedschaft, S. 117 ff.; a. A. Hadding, in: Soergel, BGB, § 38 Rn. 3c. 89 A.A. Hadding, in: Soergel, BGB, § 38 Rn. 3b. 90 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 19 I. 3. b) (S. 550). 91 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 35 I. 3. a) (S. 1038). 92 Vgl. Wiesner, in: Münch.Hdb. GesR IV, § 6 Rn. 9 ff.

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Kap. 3: Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Anteilsvereinigung

den die Mitgliedschaftsrechte in Teilhabe-, Schutz- und Vermögensrechte unterteilt. (1) Teilhaberechte Unter die Teilhaberechte fallen insbesondere die zur Mitgliedschaft gehörenden Stimmrechte, mit denen die Mitglieder an der Willensbildung einer Gesellschaft teilnehmen und diese beeinflussen können. Das Ausmaß, mit dem ein Verbandsmitglied durch sein Stimmrecht auf die Willensbildung Einfluss nehmen kann, wird durch den gegenständlichen Umfang des Stimmrechts sowie dessen Stimmkraft bestimmt. Die Stimmkraft kann dabei nach Köpfen, aber auch nach der Höhe der Kapitalbeteiligung bemessen sowie durch Satzung bzw. Gesellschaftsvertrag modifiziert sein.93 Erwirbt eine Gesellschaft eigene Mitgliedschaften, so ruht das Stimmrecht für diese, da die Gesellschaft nicht an ihrer eigenen Willensbildung mitwirken kann.94 Zudem sind im Einzelfall trotz Bestehens eines mitgliedschaftlichen Stimmrechts Stimmverbote möglich, wenn das Mitglied als „Richter in eigener Sache“ auftreten würde oder an dem den Beschlussgegenstand bildenden Geschäft oder Rechtsstreit beteiligt ist.95 Darüber hinaus existieren bewegliche Ausübungsschranken der Stimmrechtsmacht. Diese werden in mehrere Fallgruppen unterteilt, weshalb zwischen Bindungen an zwingendes Recht und gute Sitten, an den Gleichbehandlungsgrundsatz, den Verbandszweck und die Treupflichten unterschieden wird. Die Konkretisierung dieser Ausübungsschranken ist jedoch von der Lage des Einzelfalls abhängig und kann nicht allgemein bestimmt werden.96 Ferner werden unter die Teilhaberechte noch die Informationsrechte gefasst, die gerade die Grundlage für die verantwortungsvolle Ausübung des Stimmrechts darstellen. Diese sind durch das Informationsbedürfnis des Mitglieds legitimiert. Hinsichtlich des Umfangs der Informationsrechte bestehen z. T. erhebliche Unterschiede zwischen den Rechtsformen, wenngleich jedem Mitglied ein gesetzliches Mindestmaß an Informationsrechten zugestanden wird (vgl. § 716 BGB, § 118 HGB, § 131 AktG, § 51a GmbHG).97

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Näher K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 21 II (S. 604 ff.). K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 21 II 1 a) (S. 604). 95 Ausführlich K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 21 II 2 (S. 608 ff.). 96 Ausführlich Zöllner, Schranken mitgliedschaftlicher Stimmrechtsmacht, S. 287 ff.; Müller-Erzbach, Mitgliedschaft, S. 223 ff.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 21 II 3. b) (S. 615). 97 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 21 III (S. 624 ff.). 94

II. Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG

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(2) Schutzrechte Unter Schutzrechte fallen beispielsweise Klage- und Anfechtungsrechte.98 Die Anfechtungsklage soll dabei eine Doppelfunktion erfüllen: als negatorische Klage soll sie die Abwehr von rechtswidrigem Verhalten des Verbandes bewerkstelligen. Zudem bewirkt sie als Gestaltungsklage die Vernichtung von rechtswidrigen Beschlüssen. Über die Ausdehnung der in §§ 246 AktG, 51 GenG normierten Anfechtungsklage auf Idealvereine und Personenvereinigungen herrscht Streit,99 der hier jedoch mangels grunderwerbsteuerrechtlicher Relevanz nicht entschieden werden soll. Zudem wird dem einzelnen Mitglied eine Klagebefugnis bei Maßnahmen, die eine „faktische Satzungsänderung“ bedeuten, zugestanden.100 (3) Leitungsbefugnisse Von der jeweiligen Rechtsform der Gesellschaft ist ferner abhängig, ob dem Mitglied Leitungsbefugnisse zugesprochen werden. Leitungs-, insbesondere Geschäftsführungsbefugnisse, berechtigen zu jeder Tätigkeit, die für die Gesellschaft wahrgenommen wird, zur Förderung des Gesellschaftszwecks bestimmt ist und nicht die Grundlagen der Gesellschaft betrifft.101 Jedoch ist zu beachten, dass die Geschäftsführertätigkeit nicht beschließender, sondern ausführender Natur ist. Die Leitungsbefugnis der Personengesellschaften funktioniert nach dem so genannten Grundsatz der Selbstorganschaft.102 So obliegt bei der GbR (§§ 709, 714 BGB) und bei der OHG (§§ 114 ff., 125 HGB) grundsätzlich allen Gesellschaftern die Geschäftsführung und Vertretung der Gesellschaft. Gleiches gilt für die Komplementäre von KG (§§ 164, 170 HGB) und KGaA (§ 278 Abs. 2 AktG i.V. m. §§ 164, 170 HGB), wohingegen Kommanditisten keine Geschäftsführungsbefugnis haben, sondern nur ein Widerspruchsrecht bei außergewöhnlichen Geschäftsführungsmaßnahmen des persönlich haftenden Gesellschafters (§ 164 S. 1 HGB). Die Bindung des Gesellschafters an den Willen der Gesamtheit der Gesellschafter wird dadurch bewirkt, dass gesetzlich entweder gemeinschaftliche Geschäftsführung angeordnet wird (sog. Einstimmigkeitsgrund98

K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 19 III. 3. c) aa) (S. 558). Näher K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 21 V (S. 645 ff.). 100 BGH, Urt. v. 25.02.1982 – II ZR 174/80, BGHZ 83, 122 (131 ff.) – „Holzmüller“; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 21 V 3 a) (S. 648); Knobbe-Keuk, BallerstedtFS, S. 239 (252 ff.). 101 v. Ditfurth, in: Münch.Hdb. GesR I, § 7 Rn. 3 ff. und § 53 Rn. 3 zu GbR und OHG, Marsch-Barner/Diekmann, in: Münch.Hdb. GesR III § 44 Rn. 52 ff. zur GmbH; Wiesner, Münch.Hdb. GesR IV, § 22 Rn. 1 zur AG. 102 v. Ditfurth, in: Münch.Hdb. GesR I, § 7 Rn. 8; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 14 II 2 (S. 409 ff.). 99

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satz103, § 709 BGB) oder den geschäftsführungsbefugten Mitgesellschaftern Widerspruchsbefugnisse eingeräumt werden (§ 115 Abs. 1 HGB). Im Recht der juristischen Personen gilt dagegen das Prinzip der Fremdorganschaft; hier ist die Organfunktion nicht an die Mitgliedschaft gebunden.104 Das GmbHG weist daher den Gesellschaftern keine Geschäftsführungsbefugnisse zu. Jedoch können hier durch Gesellschaftsvertrag Geschäftsführungsbefugnisse als Vorzugsrecht eingeräumt werden.105 Die Willensbildung der Gesellschaft obliegt hingegen der Gesellschafterversammlung, § 48 GmbHG. Deren Beschlüssen zu folgen ist der Geschäftsführer verpflichtet, § 37 Abs. 1 GmbHG. Die AG vermittelt ihren Gesellschaftern keine Leitungsbefugnisse.106 Vielmehr führt der vom Aufsichtsrat zu bestellende Vorstand (§ 84 AktG) die Geschäfte der Aktiengesellschaft grundsätzlich weisungsfrei107 in eigener Verantwortung, § 76 Abs. 1 AktG. Die Leitungsbefugnisse bei der KGaA werden durch den persönlich haftenden Gesellschafter ausgeübt, § 278 Abs. 2 AktG i.V. m. §§ 114, 125, 161 Abs. 2 HGB; insoweit liegt eine durch die „Zwitterstellung“ der KGaA begründete Ausnahme vom Prinzip der Fremdorganschaft vor. (4) Vermögensrechte Vermögensrechte sind nicht begriffsnotwendig mit der Mitgliedschaft verbunden;108 sie fehlen beispielsweise beim Idealverein (§§ 45 ff. BGB).109 Gewährt eine Mitgliedschaft dagegen ein Vermögensrecht, so ist zwischen dem Vermögensstammrecht und den Gläubigerrechten zu differenzieren. Unter dem Vermögensstammrecht ist die dingliche Zuordnung eines Teils des Gesellschaftsvermögens zur Mitgliedschaft unabhängig von einer eventuellen Gewinnbeteiligung oder einer Beteiligung am Liquidationserlös zu verstehen.110 Für die Gesamthandsgemeinschaften ergibt sich dies bereits explizit aus § 718 BGB. Die Existenz eines der Mitgliedschaft zugeordneten Vermögensstammrechts ist aber auch für die nach § 13 GmbHG bzw. §§ 1, 278 Abs. 1 AktG rechtlich 103

v. Ditfurth, in: Münch.Hdb. GesR I, § 7 Rn. 28. Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht, § 3 II 2. (S. 24); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 14 II 2 a) (S. 409) m. w. N. 105 RG, Urt. v. 04.02.1943 – II 94/42, RGZ 170, S. 358 (368); Schiessl, in: Münch.Hdb. GesR III, § 31 Rn. 14. 106 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 21 I 2 d) (S. 603). 107 Hüffer, AktG, § 76 Rn. 10. 108 Habersack, Mitgliedschaft, S. 83. 109 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 19 III c) aa) (S. 558). 110 Winter/Seibt, in: Scholz, GmbHG, § 14 Rn. 3; Würdinger, Aktien- und Konzernrecht, § 11 I 2 und III 1. a) (S. 46, 48 f.); Bogenschütz, Widmann-FS, S. 163 (169 Fn. 24); unklar Wiedemann, Übertragung und Vererbung von Mitgliedschaftsrechten, S. 36, der wörtlich nur die wertmäßige Zuordnung der Vermögensgegenstände zur Mitgliedschaft verneint. 104

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selbständigen Kapitalgesellschaften anerkannt.111 Ebenfalls als Ausfluss des Vermögensstammrechts sind das Gewinnbezugsrecht, die Beteiligung am Liquidationserlös bzw. am Auseinandersetzungsguthaben sowie – bei Kapitalgesellschaften – die Bezugsberechtigung neuer Aktien/Geschäftsanteile zu qualifizieren.112 Sie sind bei den Personengesellschaften und der GmbH (§ 45 Abs. 2 GmbHG) dispositiver Natur,113 wohingegen Abweichungen bei der Aktiengesellschaft nach § 23 Abs. 5 AktG einer ausdrücklichen Erlaubnis in den Gesetzen bedürfen. Die Gläubigerrechte dagegen resultieren aus dem Vermögensstammrecht, sind aber rein schuldrechtlicher Natur.114 Unter sie fallen vor allem die Ansprüche auf den (festgestellten und verteilten) Gewinnanteil bzw. die Dividende oder auf Beteiligung am Liquidationserlös.115 (5) Mitgliedschaftliche Sonderrechte Mitgliedschaftsrechte können allgemeiner Natur sein, also allen Mitgliedern eines Verbands zustehen, aber auch als Sonderrechte einzelner Mitglieder ausgestaltet sein. Letztere werden oft auch als Vorzugsrechte bezeichnet. Sonderrechte sind Mitgliedschaftsrechte, die einem Mitglied durch Satzung oder Gesellschaftsvertrag eingeräumt werden und ihm eine unentziehbare Vorzugsstellung einräumen116 und können ebenso Sonderrechte als auch Sonderverpflichtungen umfassen, weshalb auch von einer Sonderrechtsstellung gesprochen werden kann.117 Als solches ist das Sonderrecht sowohl von den Drittgläubigerrechten wie auch von den mitgliedschaftlichen Gläubigerrechten zu 111 Einhellige Ansicht, vgl. Schiessl, in: Münch.Hdb. GesR III, § 31 Rn. 31; Winter/Seibt, in: Scholz, GmbHG, § 14 Rn. 3; Würdinger, Aktien- und Konzernrecht, § 11 I 2.; Hueck/Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 14 Rn. 19; Wiesner, in: Münch.Hdb. GesR IV, § 17 Rn. 1, 4 und 9. 112 Wiesner, in: Münch.Hdb. GesR IV, § 17 Rn. 4. 113 BGH, Urt. v. 14.07.1954 – II ZR 342/53, BGHZ 14, 264 (271 f.); K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, § 72 Rn. 2; zur GbR Gummert, Münch.Hdb. GesR I, § 15 Rn. 10; Ulmer, in: MünchKomm-BGB, § 738 Rn. 8; zur GmbH Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 29 Rn. 3; Nerlich, in: Michalski, GmbHG § 72 Rn. 4; Lutter/Kleindiek, in: Lutter/ Hommelhoff, GmbHG, § 72 Rn. 1 Salje, in: Michalski, GmbHG, § 29 Rn. 38. 114 Schiessl, in: Münch.Hdb. GesR III, § 31 Rn. 31; zum Anspruch auf die Liquidationsquote K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG § 72 Rn. 3. 115 Altmeppen, in: Roth/Altmeppen, GmbHG, § 15 Rn. 25 ff.; zum Anspruch auf die Jahresdividende Heider, in: MünchKomm-AktG, § 8 Rn. 108 f.; zur GbR Gummert, Münch.Hdb. GesR I, § 16 Rn. 13 ff.; Ulmer, in: MünchKomm-BGB, § 705 Rn. 153b; zur OHG v. Falkenhausen/Henning C. Schneider, Münch.Hdb. GesR I, § 64 Rn. 4; zur Abtretbarkeit von Gläubigerrechten siehe Kapitel 3 II. 2. c) aa) (6). 116 Zusammenfassend K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 19 III. 3. c) bb) (S. 558); ausführlich Hadding, in: Soergel, BGB, § 35 Rn. 8 ff.; RG, Urt. v. 04.02.1943 – II 94/ 42, RGZ 170, S. 358 (368); BGH, Urt. v. 04.11.1968 – II ZR 63/67, NJW 1969, S. 131. 117 Hadding, in: Soergel, BGB, § 35 Rn. 3.

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unterscheiden. Erstere resultieren aus Rechtsgeschäften zwischen dem Mitglied und dem Verband, bei denen diese sich wie fremde Dritte gegenüberstehen, wie z. B. bei Kaufverträgen zwischen Gesellschaft und Gesellschafter. Letztere sind reine Schuldverhältnisse, deren Entstehungstatbestand aber im mitgliedschaftlichen Verhältnis beruht, wie z. B. der Anspruch auf Auszahlung eines festgestellten Gewinnanteils.118 Nach § 35 BGB, der als allgemeines verbandsrechtliches Prinzip nicht nur für den Verein, sondern für alle Körperschaften und Personenvereinigungen gilt,119 können Sonderrechtsstellungen nur mit Zustimmung des Mitglieds durch Beschluss der Mitgliederversammlung beeinträchtigt werden. Sonderrechte werden in besondere Mitverwaltungsrechte und in vermögensrechtliche Vorteile unterteilt. Unter besonderen Mitverwaltungsrechten sind beispielsweise Mehrfachstimmrechte (soweit zulässig), Veto- oder Zustimmungsrechte zu verstehen.120 Es ist aber auch möglich, dem Mitglied gewisse Rechte, welche die Mitgliedschaft allgemein vorsieht, nicht zu gewähren, so z. B. stimmrechtslose Mitgliedschaften. Besondere Vermögensvorteile können insbesondere Gewinn- oder Liquidationsvorzüge oder besondere Benutzungsrechte sein.121 So regelt beispielsweise § 139 Abs. 1 AktG, dass Aktiengesellschaften Vorzugsaktien ohne Stimmrecht ausgeben dürfen. Den Vorzugsaktionären steht als Ausgleich für das fehlende Stimmrecht eine Vorabdividende zu, so dass diese vor den Stammaktionären aus dem Gesellschaftsgewinn bedient werden müssen. Gerät aber die AG mit der Bezahlung des Vorzugs in Rückstand, so bleibt das Stimmrecht nur dann ausgeschlossen, wenn im Folgejahr der Rückstand des Vorjahres sowie der Vorzug des Folgejahres vollständig entrichtet werden. Andernfalls lebt das Stimmrecht zu dem Zeitpunkt wieder auf, in dem feststeht, dass die Gesellschaft ihren Verpflichtungen nicht vollständig nachkommen kann.122 Die Mitgliedschaftsrechte an einer GmbH sind ohnehin nach § 45 GmbHG weitgehend dispositiv.123 Denkbar sind insbesondere vermögensrechtliche Sonderrechte wie eine erhöhte Gewinnbeteiligung (§ 29 GmbHG) oder veränderte Liquidationsquoten (§ 72 GmbHG). Als besondere Mitverwaltungsrechte sind auch hier erhöhte Stimm- oder Einspruchsrechte möglich.124 Es können aber – 118

Hadding, in: Soergel, BGB, § 35 Rn. 4 f. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 19 III 3 b) cc) (S. 559); Hadding, in: Soergel, BGB, § 35 Rn. 2. 120 Hadding, in: Soergel, § 35 Rn. 13; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 19 III 3. c) bb) (S. 558 ff.). 121 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 19 III. 3. c) bb) (S. 558 ff.) m. w. N. 122 Semler, Münch.Hdb. GesR IV, § 38 Rn. 18 ff.; Hüffer, AktG, § 139 Rn. 4. 123 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1038; Zöllner, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 45 Rn. 8. 119

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auch in Kombination mit Sondervorteilen125 – auch das Recht auf Gewinnbeteiligung oder Beteiligung am Liquidationserlös von vornherein oder durch Satzungsänderung ausgeschlossen werden.126 Hingegen ist es nach herrschender Meinung nicht möglich, den gleichzeitigen Ausschluss von Stimmrecht, Gewinn- und Liquidationsanteil zu vereinbaren; dies käme einer Gesellschaftsbeteiligung ohne jeden Wert gleich.127 Besonders weitgehend sind die Möglichkeiten für Sonderrechte im Personengesellschaftsrecht. Da die §§ 721, 722 BGB, 121, 168 HGB in vollem Umfang dispositiv sind, können die Gesellschafter jeden denkbaren Verteilungsschlüssel für Gewinn oder Verlust vereinbaren, soweit nicht die rechtlichen Schranken des § 138 BGB überschritten werden.128 Sie können beispielsweise als Gewinnvoraus eine Tätigkeitsvergütung für den geschäftsführenden Gesellschafter enthalten.129 Ferner können einzelne oder alle Gesellschafter von der Gewinnbeteiligung ausgeschlossen werden.130 Auch die Ausgestaltung des Stimmrechts in § 119, 161 HGB ist gemäß § 109 HGB dispositiv und somit einer Modifikation durch den Gesellschaftsvertrag zugänglich.131 Dennoch ist es für Personengesellschaften umstritten, inwieweit Gesellschafter generell vom Stimmrecht ausgeschlossen oder beschränkt werden können.132 Im Falle des Stimmrechtsausschlusses eines Kommanditisten hat der BGH entschieden, dass ein solcher genereller Ausschluss zulässig ist, da die Auswirkungen eines ohne ihre Mitwirkung gefassten Gesellschafterbeschlusses aufgrund ihrer beschränkten persönlichen Haftung überschaubar sind, solange nicht in ihre Rechtsstellung als Kommanditisten eingegriffen wird (Kern124

Schiessl, Münch.Hdb. GesR III, § 31 Rn. 13 f. Schiessl, Münch.Hdb. GesR III, § 31 Rn. 12; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 35 I. 3. b) (S. 1038). 126 BGH, Urt. v. 14.07.1954 – II ZR 342/53, BGHZ 14, S. 264 (270); Winter/Seibt, in: Scholz, GmbHG, § 14 Rn. 33. 127 BGH, Urt. v. 14.07.1954 – II ZR 342/53, BGHZ 14, S. 264 (273 f.); Winter/ Seibt, in: Scholz, GmbHG, § 14 Rn. 33; Lutter/Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 14 Rn. 10; dies übersehen Voßkuhl/Hunsmann, UVR 2005, S. 53 f.; a. A. wohl Schiessl, in: Münch.Hdb. GesR III, § 31 Rn. 33 (Fn. 77). 128 Gummert, in: Münch.Hdb. GesR I, § 15 Rn. 10; Selle, DB 1993, 2040 ff.; v. Falkenhausen/Henning C. Schneider, in: Münch.Hdb. GesR I, § 63 Rn. 10; dies., Münch.Hdb. GesR II, KG, § 24 Rn. 18. 129 Dies ist eine Gewinnabrede und keine Tätigkeitsvergütung eines Dienst- oder Arbeitsvertrags, da die Geschäftsführung grundsätzlich mitgliedschaftliche Pflicht ist, siehe näher Gummert, in: Münch.Hdb. GesR I, § 15 Rn. 22. 130 Gummert, in: Münch.Hdb. GesR I, § 15 Rn. 27 zur GbR; v. Falkenhausen/Henning C. Schneider, in: Münch.Hdb. GesR I, § 63 Rn. 14 zur OHG; dies., Münch.Hdb. GesR II, KG, § 24 Rn. 22 zur KG. 131 Enzinger, MünchKomm-HGB, § 119 Rn. 4; Ulmer, in: MünchKomm-BGB, § 709 Rn. 1. 132 Zusammenfassend Weipert, Münch.Hdb. GesR I, § 57 Rn. 16 ff. 125

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bereichslehre).133 Das gleiche gilt laut BGH für den Stimmrechtsausschluss einer personengleichen Komplementär-GmbH einer GmbH & Co. KG, da auch hier die GmbH durch ihre beschränkte Haftung in ausreichendem Maße geschützt sei.134 Dagegen ist eine BGH-Entscheidung zu der Frage, ob ein Stimmrechtsausschluss für persönlich und unbeschränkt haftende Gesellschafter einer KG oder OHG möglich ist, noch nicht ergangen.135 Während eine Ansicht einen solchen Ausschluss mit dem Verbot der Abspaltung des Stimmrechts von der Mitgliedschaft136 bzw. und das Auseinanderfallen von Herrschaft und Haftung137 für unzulässig hält, scheint die wohl herrschende Meinung dies zuzulassen. Sie argumentiert, dass es gesetzlich sogar möglich ist, einen persönlich haftenden Gesellschafter von der Geschäftsführung und Vertretung auszuschließen (§§ 117, 127 HGB), so dass es erst recht möglich sein müsse, sein Stimmrecht auszuschließen, solange seine Gesellschafterstellung durch die Gesellschafterbeschlüsse nicht beeinträchtigt werde. Im letzteren Fall bedürfe es auch einer Zustimmung des an sich stimmrechtslosen Gesellschafters.138 Dasselbe gelte für die Einräumung von mehrfachen Stimmrechten, solange nicht der Gesellschaftsvertrag selbst mit Stimmenmehrheit geändert werden kann.139 (6) Abspaltungsverbot Aus der Einheitlichkeit der Mitgliedschaft resultiert das so genannte Abspaltungsverbot. Dieses besagt, dass die Rechte, die aus der Mitgliedschaft resultieren, mit dem Gesellschaftsanteil notwendig verbunden sind und somit nicht von diesem losgelöst und selbständig übertragen werden können.140 Diesem Verbot liegt die Vorstellung zugrunde, dass zum einen die Autonomie und Willensbildung in der Gesellschaft nicht untergraben, zum anderen die gesetzlichen Vorschriften über die Verfassung der Gesellschaft nicht umgangen werden sollen. Unter das Abspaltungsverbot fallen z. B. die Teilhaberechte, d. h. Stimm-, Klageund Informationsrechte; diese können weder separat übertragen noch zur Aus133 BGH, Urt. v. 24.05.1993 – II ZR 73/92, NJW 1993, S. 2100; BGH, Urt. v. 14.05.1956 – II ZR 229/54, NJW 1956, 1198 (1199 f.); zur Kritik Weipert, Münch.Hdb. GesR I, KG, § 14 Rn. 25 m. w. N. 134 BGH, Urt. v. 24.05.1993 – II ZR 73/92, NJW 1993, S. 2100. 135 Weipert, in: Münch.Hdb. GesR I, KG, § 14 Rn. 27. 136 Emmerich, in: Heymann, HGB, § 119 Rn. 25; Lockowandt, Stimmrechtsbeschränkungen, S. 261 ff. 137 Wiedemann, GesR II, § 3 III 2 d) cc) (S. 221). 138 Hopt, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 119 Rn. 13; Weipert, in: Münch.Hdb. GesR I, § 57 Rn. 23, 26 f.; Ulmer, in: Staub, HGB, § 119 Rn. 69; Michalski, Gestaltungsmöglichkeit, S. 167 ff.; Huber, Vermögensanteil, S. 44 ff. 139 Hopt, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 119 Rn. 14. 140 BGH, Urt. v. 10.11.1951 – II ZR 111/50, BGHZ 3, S. 354 (357); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 19 III. 4. (S. 560); ausführlich Habersack, Mitgliedschaft, S. 78 ff.

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übung im eigenen Namen noch durch unwiderrufliche Vollmacht Dritten überlassen werden.141 Im Hinblick auf die Vermögensrechte ist zu differenzieren.142 Das Vermögensstammrecht kann nicht von der Mitgliedschaft abgespalten werden.143 Bei den Gesamthandsgesellschaften wird dies durch § 717 BGB normiert.144 Dasselbe gilt für Kapitalgesellschaften, beispielsweise hinsichtlich des dem Vermögensstammrecht zuzuordnenden Rechts des Anteils auf Beteiligung am Gesellschaftsgewinn.145 Dagegen dürfen die aus dem Vermögensstammrecht resultierenden Gläubigerrechte, z. B. Dividendenzahlungsansprüche, aufgrund ihres rein schuldrechtlichen Charakters grundsätzlich abgetreten werden.146 Auch die Vorausabtretung, beispielsweise von Dividendenzahlungsansprüchen bei der AG, ist zulässig, solange die Ansprüche hinreichend bestimmt bezeichnet werden.147 (7) Verfügungen und Verträge über die Mitgliedschaft Abhängig von der jeweiligen Gesellschaftsform und der Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrages bzw. der Satzung ist die Mitgliedschaft einer Verfügung zugänglich. In Frage kommt sowohl die Veräußerung als auch die Belastung der Mitgliedschaft.148 Zudem kann es möglich sein, die Mitgliedschaft treuhänderisch zu übertragen. Grundsätzlich unübertragbar sind die Mitgliedschaften an einem eingetragenen Verein (§ 38 S. 1 BGB) und einer Genossenschaft149. Es ist allerdings möglich, die Mitgliedschaft im Verein durch satzungsmäßige Bestimmung ausnahmsweise übertragbar zu stellen (§ 40 BGB); bei der Genossenschaft ist hin141 BGH, Urt. v. 17.11.1986 – II ZR 96/86, NJW 1987, S. 780; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 19 III 4 (S. 560 ff.); Habersack, Mitgliedschaft, S. 79 ff.; Ebbing, in: Michalski, GmbHG, § 14 Rn. 70. 142 Ausführlich hierzu Habersack, Mitgliedschaft, S. 82 ff. 143 Schiessl, Münch.Hdb. GesR III, § 31 Rn. 31; Gummert, Münch.Hdb. GesR I, § 16 Rn. 1; Ulmer, MünchKomm-BGB, § 705 Rn. 153b. 144 Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht, § 4 III 2a) (S. 30). 145 Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, § 12 Rn. 17 und § 27 Rn. 5; Ebbing, in: Michalski, GmbHG, § 14 Rn. 74; Winter/Seibt, in: Scholz, GmbHG, § 15 Rn. 8; diese Trennung zwischen unübertragbarem Recht und übertragbarem Anspruch übersieht Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 239. 146 Schiessl, Münch.Hdb. GesR III, § 31 Rn. 31; Gummert, Münch.Hdb. GesR I, § 16 Rn. 1; Ulmer, in: MünchKomm-BGB, § 705 Rn. 153b; Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, § 12 Rn. 17 und § 27 Rn. 5; Ebbing, in: Michalski, GmbHG, § 14 Rn. 74; Heider, in: MünchKomm-AktG, § 8 Rn. 109. 147 Heider, in: MünchKomm-AktG, § 8 Rn. 108; K. Schmidt, in: MünchKommHGB, § 105 Rn. 195; Schiessl, in: Münch.Hdb. GesR III, § 31 Rn. 31. 148 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 19 IV 1. u. 2.a) (S. 563 f.). 149 RG, Urt. v. 21.12.1915 – II 294/15, RGZ, 87, S. 408 (410); Beuthien, GenG, § 76 Rn. 2.

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Kap. 3: Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Anteilsvereinigung

gegen nur das Geschäftsguthaben übertragbar (§ 76 GenG). Die direkte Übertragung der Mitgliedschaft in einer Personenvereinigung ist nach heute herrschender Meinung mit Zustimmung der übrigen Gesellschafter möglich,150 wobei die Übertragbarkeit auch bereits im Gesellschaftsvertrag bestimmt werden kann.151 Daraus folgt, dass die Übertragung der Mitgliedschaft bei der Personengesellschaft grundsätzlich vinkuliert ist.152 Grundsätzlich nicht vinkuliert ist dagegen die Übertragung der Mitgliedschaft an einer GmbH, § 15 Abs. 1 GmbHG. Die Abtretung des Geschäftsanteils bedarf nach § 15 Abs. 3 GmbHG der notariellen Form. Jedoch kann die Übertragung des Geschäftsanteils nach § 15 Abs. 5 GmbHG durch Aufnahme einer entsprechenden Regelung in den Gesellschaftsvertrag an weitere Voraussetzungen geknüpft werden, insbesondere an die Genehmigung durch die Gesellschaft. Ähnliches gilt für die Übertragung von Inhaberaktien, die im Unterschied zum GmbH-Geschäftsanteil als Wertpapier durch Übereignung nach § 929 ff. BGB bzw. nach dem Depotgesetz übertragen werden.153 Namensaktien werden dagegen durch Indossament übertragen.154 Soweit die Mitgliedschaft noch nicht in Aktien verkörpert ist, erfolgt die Übertragung durch Abtretung.155 Bei Bestehen einer entsprechenden Satzungsbestimmung ist die Übertragung von Namensaktien an die Zustimmung des Vorstands gebunden, § 68 Abs. 2 AktG. Ebenfalls ist es denkbar, Mitgliedschaften dinglich zu belasten, d. h. sie als Sicherheit zu verpfänden oder einer dritten Person ein Nießbrauchsrecht an der Mitgliedschaft zu bestellen. Die Möglichkeit einer Verpfändung von Mitgliedschaften richtet sich nach § 1274 Abs. 2 BGB; sie ist somit gegeben, wenn die Mitgliedschaft übertragbar ist. Verpfändet werden können daher grundsätzlich Geschäftsanteile einer GmbH (§ 15 Abs. 1 GmbHG)156 und Aktien (für den sog. Effektenlombardkredit).157 Problematisch ist hingegen die Verpfändung von Beteiligungen an Personengesellschaften. Eine Ansicht lehnt die Verpfändung der Mitgliedschaft wegen grundsätzlicher Unübertragbarkeit vollständig ab und hält nur die Verpfändung der Ansprüche des Gesellschafters auf Ge-

150 RG, Urt. v. 30.09.1944 – GSE 39/1943, WM 1964, S. 1130 (1132); Piehler/ Schulte, in: Münch.Hdb. GesR I, § 10 Rn. 111; eingehend K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 45 III 2.a) (S. 1321 ff.). 151 Piehler/Schulte, in: Münch.Hdb. GesR I, § 10 Rn. 111. 152 Piehler/Schulte, in: Münch.Hdb. GesR I, § 10 Rn. 114. 153 Näher Wiesner, Münch.Hdb. GesR IV, § 14 Rn. 3 ff.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 26 IV 1. b) (S. 776). 154 Näher Wiesner, Münch.Hdb. GesR IV, § 14 Rn. 7 ff. 155 Wiesner, Münch.Hdb. GesR IV, § 14 Rn. 2. 156 Damrau, in: MünchKomm-BGB, § 1274 Rn. 51. 157 Kraft/Hönn, in: Hadding/Schneider (Hrsg.), Gesellschaftsanteile als Kreditsicherheiten, S. 171 ff.

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winnbeteiligung und das Auseinandersetzungsguthaben für möglich.158 Nach anderer, wohl herrschender Ansicht ist auch die Mitgliedschaft an einer Personenvereinigung selbst verpfändbar, soweit die Gesellschafter dem zustimmen oder die Übertragbarkeit im Gesellschaftsvertrag selbst zugelassen ist.159 Nach Eintritt der Pfandreife könne sich der Pfandgläubiger durch Pfändung und Verwertung der Mitgliedschaft aus den Gewinnanteilen und – nach Kündigung der Gesellschaft (§§ 725 BGB, 135 HGB) – aus dem Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben befriedigen. Nach dieser Ansicht ist es aber ebenso möglich, nicht die Mitgliedschaft selbst, sondern nur die vermögensrechtlichen Bezüge zu verpfänden.160 Nach keiner Ansicht ist es dem Pfandgläubiger jedoch möglich, Mitverwaltungsrechte – insbesondere Stimmrechte – aus der Mitgliedschaft auszuüben.161 Weiterhin ist es aufgrund der Einordnung der Mitgliedschaft als Rechtsverhältnis möglich, die Mitgliedschaft zugunsten eines Dritten mit einem Nießbrauch zu belasten.162 Unter einem Nießbrauch ist die dingliche Belastung einer Sache, eines Rechts oder eines Vermögens zu verstehen, kraft derer derjenige, zu dessen Gunsten die Belastung erfolgt ist, berechtigt ist, die Nutzungen daraus zu ziehen (§§ 1030, 1068, 1085 BGB).163 Ein Nießbrauch an einer Mitgliedschaft kann gemäß §§ 1068, 1069 BGB nach den Vorschriften für die Übertragung des zugrunde liegenden Rechtes bestellt werden. Dieser ist von der Vollrechtstreuhand dadurch abzugrenzen, dass es – anders bei der Treuhand – nicht zu einer Übertragung des Vollrechts bzw. einem Übertragungsanspruch auf das Vollrecht kommt, sondern der Nießbrauch nur das dem bisherigen Rechtsinhaber verbleibende Recht belastet.164 Während die Möglichkeit der Nießbrauchsbestellung an Kapitalgesellschaftsbeteiligungen stets anerkannt

158 Damrau, in: MünchKomm-BGB, § 1274 Rn. 70; Hadding, in: Hadding/Schneider, Gesellschaftsanteile als Kreditsicherheit, S. 43. 159 Müller, Beck’sches Handbuch der Personengesellschaften, § 4 Rn. 42; Ulmer, in: MünchKomm-BGB, § 719 Rn. 49; Hohaus, in: Münch.Hdb. GesR I, § 66 Rn. 63; nach weitergehender Ansicht muss die Verpfändbarkeit selbst zugelassen sein, Emmerich, in: Heymann, HGB, § 135 Rn. 22; Hopt, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 124 Rn. 20. 160 Hohaus, in: Münch.Hdb. GesR I, § 66 Rn. 73. 161 Ulmer, in: MünchKomm-BGB, § 719 Rn. 55, Hohaus, in: Münch.Hdb. GesR I, § 66 Rn. 64. 162 Damit darf nicht der Nießbrauch an der Gesellschaft selbst verwechselt werden, bei der über die Gesellschaft als Vermögensmasse verfügt wird. 163 K. Schmidt, in: MünchKomm-HGB, vor § 230 Rn. 8; Sommer, in: Münch.Hdb. GesR III, § 26 Rn. 62; Winter/Seibt, in: Scholz, GmbHG, § 15 Rn. 212; Wiesner, in: Münch.Hdb. GesR IV, § 14 Rn. 55; auf die Möglichkeiten, einen „schuldrechtlichen“ Nießbrauch anzuordnen, also eine Person schuldrechtlich so zu stellen, dass sie einem Nießbraucher wirtschaftlich gleichsteht, soll hier nicht eingegangen werden. 164 Näher K. Schmidt, MünchKomm-HGB, vor § 230 Rn. 12; Frank, in: Staudinger, §§ 1068, 1069 Anh. Rn. 55.

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Kap. 3: Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Anteilsvereinigung

war,165 wird die Nießbrauchsbestellung an Personengesellschaftsbeteiligungen erst für zulässig gehalten, seitdem diese bei Zustimmung der Mitgesellschafter für übertragbar gehalten werden.166 Der Nießbrauch an einer Mitgliedschaft berechtigt zur Fruchtziehung, bezieht sich also auf die entnahmefähigen Erträge einer Personengesellschaft bzw. auf die mitgliedschaftliche Gewinnbeteiligung bei Kapitalgesellschaften.167 Dagegen ist der Nießbraucher nicht an der Substanz beteiligt, so dass ihm weder ein Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben noch auf Teilhabe an den stillen Reserven zukommt.168 Im Rahmen einer Kapitalerhöhung hat der Nießbraucher auch kein Recht auf Erwerb neuer Gesellschaftsanteile/Aktien.169 Die mitgliedschaftlichen Mitwirkungsrechte gehen nicht auf den Nießbraucher über, da aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Besonderheiten, insbesondere dem Abspaltungsverbot, der Rechtsgedanke des § 1066 Abs. 1 BGB nicht über § 1068 Abs. 2 BGB analog angewandt werden kann. Dies gilt vor allem für das Stimmrecht, das der Nießbraucher aber bei entsprechender widerruflicher Bevollmächtigung durch das Mitglied in dessen Namen ausüben kann,170 soweit nicht Beschlüsse zu treffen sind, die in den Kernbereich der Beteiligung eingreifen.171 165 Vgl. Frank, in: Staudinger, BGB, §§ 1068, 1069 Anh. Rn. 94; K. Schmidt, MünchKomm-HGB, vor § 230 Rn. 25 u. 29; im Falle von vinkulierten Anteilen bedarf die Nießbrauchsbestellung der Zustimmung durch die Gesellschaft, K. Schmidt, MünchKomm-HGB, vor § 230 Rn. 25 u. 29; str. 166 BGH, Urt. v. 20.04.1972 – II ZR 143/69, BGHZ 58, S. 316 (319 ff.); Urt. v. 03.07.1989 – II ZB 1/89, BGHZ 108, S. 187 (189); Urt. v. 09.11.1998 – II ZR 213/ 97, DStR 1999, S. 246; BFH, Urt. v. 01.03.1994 – VIII R 35/92, BStBl. 1995 II, S. 241 (245); Emmerich, in: Heymann, HGB, § 105 Rn. 65; Rodin, in: Münch.Hdb. GesR I, § 16 Rn. 23. 167 K. Schmidt, MünchKomm-HGB, vor § 230 Rn. 18 u. 26; Winter/Seibt, in: Scholz, GmbHG, § 15 Rn. 214; Frank, in: Staudinger, BGB, §§ 1068, 1069 Anh. Rn. 94. 168 K. Schmidt, MünchKomm-HGB, vor, § 230 Rn. 19. 169 Bzgl. Personengesellschaften: BGH, Urt. v. 20.04.1972 – II ZR 143/69, BGHZ 58, S. 316 (319 ff.); Emmerich, in: Heymann, HGB, § 105 Rn. 67b; bzgl. Kapitalgesellschaften: Pohlmann, in: MünchKomm-BGB, § 1068 Rn. 43; Lutter/Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 15 Rn. 67; u. U. setzt sich der Nießbrauch an den neuen Gesellschaftsanteilen fort, dazu Zöllner, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 57m Rn. 14; Lutter/Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 57j Rn. 4. 170 H. M.; grundlegend OLG Koblenz, Urt. v. 16.01.1992 – 6 U 963/91, NJW 1992, S. 2163 ff.; K. Schmidt, MünchKomm-HGB, Vor § 230 Rn. 21; Wiesner, Münch.Hdb. GesR IV, § 14 Rn. 59; auch BFH, Urt. v. 01.03.1994 – VIII R 35/92, BStBl. II 1995, S. 241 (245), der eine teilweise Ausübung von Mitwirkungsrechten durch den Nießbraucher annimmt; a. A. Hepp-Schwab, Nießbrauch am Personengesellschaftsanteil, S. 181; Gschwendtner, NJW 1995, 1875 (1876); diese vertreten wegen §§ 1036 ff., 1068 Abs. 2 BGB eine Aufteilung zwischen Stimmbefugnissen bezüglich konkreter Nutzungen (Nießbraucher) und abstrakten Nutzungen (Besteller), ähnlich auch Janssen/Nickel, Unternehmensnießbrauch, S. 38; wiederum a. A. Schön, ZHR 158 (1994), S. 260 ff. vertritt ein gemeinschaftlich auszuübendes, bei Uneinigkeit leer laufendes Stimmrecht von Besteller und Nießbraucher. 171 Hohaus, in: Münch.Hdb. GesR I, § 66 Rn. 29.

II. Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG

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Ein genereller und für die Dauer des Nießbrauchs unwiderruflicher Stimmrechtsverzicht zugunsten des Nießbrauchers verstößt gegen das Abspaltungsverbot und ist somit unzulässig, weil dies wirtschaftlich einer Abspaltung des Stimmrechts gleichkommt.172 Bei Verfügungen über die Mitgliedschaft, welche zum Untergang des Nießbrauchs führen, ist der Rechtsgedanke des § 1071 BGB anzuwenden, so dass die Zustimmung des Nießbrauchers hierfür erforderlich ist. Diese hat aber nur Wirkung im Innenverhältnis, so dass die Verfügung ohne Zustimmung gesellschaftsrechtlich dennoch wirksam ist.173 Die Übertragung von Mitgliedschaften führt jedoch nicht zum Untergang des Nießbrauchs; vielmehr bleibt dieser aufgrund seines dinglichen Charakters bestehen.174 Eine andere Variante der mittelbaren Unternehmensbeteiligung ist die Vereinbarung eines Treuhandverhältnisses an der Mitgliedschaft.175 Diese wird meist als fiduziarische Vollrechtstreuhand176 vereinbart, welche vorliegt, wenn ein Gesellschafter (= Treuhänder) Inhaber der Beteiligung für Rechnung eines oder mehrerer anderer ist und die Rechte aus der Beteiligung nur nach Maßgabe eines mit einem Treugeber geschlossenen Treuhandvertrages ausüben darf.177 Das Treuhandverhältnis kann zu eigennützigen Zwecken (z. B. Sicherungs- oder Nutzungstreuhand) oder zu fremdnützigen Zwecken (z. B. Verwaltungstreuhand bei Publikumspersonengesellschaften) bestehen. Für die Einräumung eines Treuhandverhältnisses sind drei Varianten denkbar.178 Bei der Übertragungstreuhand wird das Treugut (hier: die Mitgliedschaft) auf den Treuhänder „dinglich“ übereignet, wobei die Form- und Zustimmungserfordernisse eingehalten werden müssen, welche für die Übertragung der Mitgliedschaft gelten. Dagegen wird bei der Vereinbarungstreuhand zwischen dem Treugeber und dem Treuhänder vereinbart, dass der Treuhänder, der bisher „vollwertiger“ Eigentümer des Treuguts war, dieses nunmehr treuhänderisch für den Treugeber

172 OLG Koblenz, Urt. v. 16.01.1992 – 6 U 963/91, NJW 1992, S. 2163 (2165); Pohlmann, in: MünchKomm-BGB, § 1068 Rn. 90; a. A. K. Schmidt, MünchKommHGB, vor § 230 Rn. 21. 173 OLG Hamm, Beschl. v. 13.11.1970 – 15 W 280/70, BB 1971, S. 13; Hohaus, in: Münch.Hdb. GesR I, § 66 Rn. 33; Gschwendtner, NJW 1995, S. 1875 (1876). 174 Pohlmann, in: MünchKomm-BGB, § 1068 Rn. 39; Schön, ZHR 158 (1994), S. 229 (267). 175 Auch hier ist wieder scharf zwischen der Treuhand an der Mitgliedschaft und der Treuhand an der Gesellschaft zu unterscheiden. 176 Die Formen der Ermächtigungstreuhand und der Vollmachtstreuhand sind für die Themenstellung dieser Dissertation ohne Bedeutung, da der Treuhänder bei diesen Formen nicht Mitglied wird (vgl. K. Schmidt, in: MünchKomm-HGB, vor § 230 Rn. 35 und 42 m. w. N.). 177 Armbrüster, Treuhänderische Beteiligung an Personengesellschaften, S. 12 f.; Siebert, Treuhandverhältnis, S. 1; K. Schmidt, MünchKomm-HGB, vor § 230 Rn. 36. 178 Die hier dargestellte Klassifizierung vollzieht der „Treuhanderlass“ v. 25.05. 1984, BStBl. I 1984, S. 380 ff. nach.

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Kap. 3: Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Anteilsvereinigung

verwaltet („wirtschaftliche“ Übereignung).179 Hier ist das Zustimmungserfordernis aufgrund der Fortdauer der Gesellschafterstellung des Treugebers strittig.180 Schließlich wird bei der Erwerbstreuhand (auch als Auftragserwerb bezeichnet)181 der Treuhänder verpflichtet, das Treugut im Auftrag und für Rechnung des Treugebers zu erwerben und dann treuhänderisch für ihn zu halten.182 Der neben dem unter Umständen erforderlichen dinglichen Übertragungsvorgang erforderliche Treuhandvertrag ist als (meist entgeltliches) Auftragsverhältnis konzipiert, auf das Auftragsrecht (§§ 662 ff. BGB) entweder direkt oder kraft Verweisung in § 675 BGB Anwendung findet.183 Träger der Mitgliedschaft ist in jedem Fall der Treuhänder. Ihm allein kommen sowohl die vermögens- als auch die verwaltungsmäßigen Rechte und Pflichten aus der Mitgliedschaft zu, wie z. B. Stimmrecht, Gewinnanspruch oder Liquidationserlös, aber auch Beitragspflicht, Treuepflicht, Wettbewerbsverbot und unter Umständen auch Haftung.184 Für die Übertragung von Mitgliedschaftsrechten auf den Treugeber gilt deshalb auch das Abspaltungsverbot. Somit ist z. B. die Übertragung von Stimmrechten an den Treugeber nicht erlaubt.185 Soweit zulässig, kann dem Treugeber wie jedem Dritten Stimmrechtsvollmacht eingeräumt oder ein Stimmbindungsvertrag mit ihm abgeschlossen werden, der dann allerdings nur im Innenverhältnis wirkt.186 Der Treugeber kann jedoch sein ihm nach § 665 BGB zustehendes Weisungsrecht (bei der Verwaltungstreuhand) dazu verwenden, dass der Treuhänder die Stimmrechte im Sinne des Treugebers auszuüben verpflichtet ist. Dies gilt natürlich nur, soweit Letzterem dies durch seine Rechtspflichten als Gesellschafter erlaubt ist, da die Doppelrolle des Treuhänders an der Mitgliedschaft nicht zu Lasten der Gesellschaft gehen darf und auch der Treugeber im Falle einer eigenen Gesellschaf179 Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand, S. 151 f.; K. Schmidt, in: MünchKomm-HGB, Vor § 230 Rn. 53 f. 180 Bejahend: RG, Urt. v. 23.12.1938 – II 102/38, RGZ 159, 272 (280 f.); K. Schmidt, MünchKomm-HGB, Vor § 230 Rn. 54; ablehnend: Ulmer, in: MünchKommBGB, § 705 Rn. 88; Armbrüster, Treuhänderische Beteiligung an Personengesellschaften, S. 119 ff. 181 Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 921. 182 K. Schmidt, MünchKomm-HGB, Vor § 230 Rn. 55; Armbrüster, Treuhänderische Beteiligung, S. 15. 183 Armbrüster, Treuhänderische Beteiligung, S. 38 f.; K. Schmidt, in: MünchKomm-HGB, Vor § 230 Rn. 51; Lutter/Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 14 Rn. 15. 184 K. Schmidt, in: MünchKomm-HGB, Vor § 230 Rn. 57; Lutter/Bayer, in: Lutter/ Hommelhoff, GmbHG, § 14 Rn. 16. 185 Emmerich, in: Heymann, HGB, § 119 Rn. 14; Ulmer, in: Staub, HGB, § 105 Rn. 104; K. Schmidt, in: MünchKomm-HGB, Vor § 230 Rn. 61; a. A. Armbrüster, Treuhänderische Beteiligung an Gesellschaften, S. 282 für Personengesellschaften, S. 290 für Kapitalgesellschaften Lutter/Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 47 Rn. 42. 186 K. Schmidt, in: MünchKomm-HGB, Vor § 230 Rn. 63 f.

II. Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG

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terstellung sein Stimmrecht nicht in dieser Weise ausüben dürfte.187 Stimmverbote gelten dagegen zumindest bei der fremdnützigen Treuhand auch, wenn der für das Stimmverbot ausschlaggebende Tatbestand beim Treugeber erfüllt ist, weil dieser dann dem weisungsgebundenen Treuhänder zuzurechnen ist.188 Verfügungen über die Mitgliedschaft sind trotz bestehendem Treuhandverhältnis mit dinglicher Wirkung möglich. Dies resultiert aus der Rechtsnatur der Treuhand als rein schuldrechtliches Vertragsverhältnis, so dass § 137 BGB Anwendung findet.189 Wird über die Mitgliedschaft verfügt, so erlöschen damit die Treugeberrechte, soweit diese in Widerspruch zur Verfügung stehen.190 Soll der Treuhänder als solcher ausgetauscht werden, so setzt dies neben der Übertragung der Mitgliedschaft eine Vertragsübernahme zwischen Treugeber sowie altem und neuem Treuhänder voraus.191 Die Übertragung der Treugeberstellung erfordert dagegen eine Vertragsübernahme im Einvernehmen zwischen altem und neuem Treugeber sowie dem Treuhänder, wobei wiederum umstritten ist, ob im Falle einer GmbH-Beteiligung diese Übertragung der Form des § 15 Abs. 3 GmbHG192 bzw. der Zustimmung der Mitgesellschafter bei einer Personengesellschaftsbeteiligung oder bei vinkulierten Mitgliedschaften einer Kapitalgesellschaft als Treugut bedarf.193 bb) Gleichsetzung der „Mitgliedschaft“ mit dem Begriff des „Anteils“? Nachdem nunmehr die Mitgliedschaft als solche dargestellt wurde, ist zu prüfen, ob der Anteilsbegriff einen Bedeutungsgehalt aufweist, welcher dem zivilrechtlichen Begriff der Mitgliedschaft gleichzusetzen ist. Die Gleichsetzung der „Mitgliedschaft“ mit dem Begriff des „Anteils“ hätte zur Folge, dass damit alle zivilrechtlichen Verbandsformen unter den Gesellschaftsbegriff des § 1 Abs. 3 GrEStG fallen würden, da die Mitgliedschaft das Rechtsverhältnis zwischen ei187

K. Schmidt, MünchKomm-HGB, Vor § 230 Rn. 61, 63. Hachenburg/Hüffer, GmbHG, § 47 Rn. 127; K. Schmidt, in: MünchKomm-HGB, vor § 230 Rn. 65. 189 K. Schmidt, MünchKomm-HGB, Vor § 230 Rn. 69; der Treugeber ist damit auf Schadensersatzansprüche gegen den Treuhänder beschränkt; ob die Grundsätze des Missbrauchs der Vertretungsmacht Anwendung finden, ist lebhaft umstritten; verneinend BGH, Urt. v. 04.04.1968 – II ZR 26/67, NJW 1968, 1471; Armbrüster, Treuhänderische Beteiligung an Gesellschaften, S. 163; a. A. K. Schmidt, MünchKomm-HGB, Vor § 230 Rn. 69; Blaurock, Unterbeteiligung und Treuhand, S. 133. 190 K. Schmidt, in: MünchKomm-HGB, Vor § 230 Rn. 70. 191 BGH, Urt. v. 17.11.1955 – II ZR 222/54, BGHZ 19, S. 69 (72); Armbrüster, Treuhänderische Beteiligung an Gesellschaften, S. 135; K. Schmidt, in: MünchKommHGB, Vor § 230 Rn. 84. 192 BGH, Urt. v. 08.04.1965 – II ZR 77/63, NJW 1965, S. 1376 (1377); Armbrüster, Treuhänderische Beteiligung an Gesellschaften, S. 144. 193 Dafür beispielsweise K. Schmidt, in: MünchKomm-HGB, Vor § 230 Rn. 85; dagegen Armbrüster, Treuhänderische Beteiligung an Gesellschaften. 188

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Kap. 3: Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Anteilsvereinigung

ner Person und einer privatrechtlichen Personenvereinigung oder Körperschaft beschreibt.194 Fraglich ist aber, ob dies mit dem Anteilsbegriff des § 1 Abs. 3 GrEStG in Einklang zu bringen ist. Wie bereits gezeigt, wird nach herrschender Meinung sowie nach dem Willen des Gesetzgebers nicht jede Gesellschaft im Sinne des Zivilrechts unter dem Begriff der Gesellschaft des § 1 Abs. 3 GrEStG subsumiert. Welche der genannten Interpretationsmöglichkeiten nun zutreffend ist, muss mangels Eindeutigkeit des Anteilsbegriffs im Wege der Auslegung des § 1 Abs. 3 GrEStG, insbesondere des Anteilsbegriffs selbst, ermittelt werden. (1) Grammatische Auslegung Bei der Auslegung eines Rechtsbegriffes ist zunächst von dessen Wortlaut auszugehen; dieser bildet Ausgangspunkt wie auch natürliche Grenze der Auslegung.195 Nach § 1 Abs. 3 GrEStG wird die Vereinigung von mindestens 95% der Anteile an einer Gesellschaft in einer Hand oder in der Hand von abhängigen und herrschenden Unternehmen der Besteuerung unterworfen, wenn ein inländisches Grundstück zum Vermögen dieser Gesellschaft gehört. Ferner ist die Übertragung der zu mindestens 95 v. H. vereinigten Anteile im Ganzen auf einen Erwerber steuerpflichtig. Daraus ist zum einen zu folgern, dass der Begriff des Anteils ein Rechtsverhältnis oder ein subjektives Recht einer natürlichen oder juristischen Person an einer Gesellschaft umschreibt. Jedoch erschließt sich aus dem Wortlaut dessen konkreter Inhalt nicht unmittelbar. In Frage kämen neben der Mitgliedschaft als solcher der dem Gesellschafter zugewiesene Anteil am Vermögen der Gesellschaft oder bestimmte Gesellschafterrechte wie z. B. der Anspruch auf das Auseinandersetzungsguthaben/den Liquidationserlös, den Gewinnanspruch oder das anteilige Stimmrecht. Dieser Inhalt muss durch Anwendung weiterer Auslegungsmethoden ermittelt werden. Zudem muss, damit das Grundstück der Gesellschaft zugeordnet sein kann, die jeweilige Gesellschaft grunderwerbsteuerrechtlich Rechtsträger sein können. Somit kann ein Anteil nur sein, was ein Recht oder Rechtsverhältnis zwischen der Gesellschaft als Rechtsträger und dem Gesellschafter darstellt. Ferner muss der Begriff des Anteils ein übertragungsfähiges Rechtsverhältnis beschreiben, da andernfalls kein Übertragungsvorgang stattfinden kann. Soweit Rechte oder Rechtsverhältnisse generell unübertragbar sind, kann daher kein Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG vorliegen. Deswegen können auch einzelne Mit-

194 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 19 I. 1. b) (S. 547); Habersack, Mitgliedschaft, S. 92 f.; Habermeier, in: Staudinger, BGB, § 705 Rn. 33; siehe Kapitel 3 II. 2. c) aa). 195 Kruse/Drüen, in: Tipke/Kruse, AO, § 4 Rn. 340; Lang, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 5 Rn. 52 f.

II. Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG

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gliedschaftsrechte, die dem Abspaltungsverbot unterliegen, keinen Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG darstellen. Spätestens seit Absenkung der zur Begründung der Steuerpflicht erforderlichen Beteiligungshöhe auf mindestens 95% ist es erforderlich, die Menge der durch eine Person gehaltenen Anteile feststellen zu können. Daher muss zwingende Voraussetzung eines Anteils sein, dass er einer Bewertung zugänglich ist. Diese Möglichkeit dürfte, da es sich bei einem Anteil aufgrund der bestehenden Übertragungsmöglichkeit um ein marktgängiges Gut handeln muss, immer gegeben sein. Interessanter ist daher die Frage, wie ein Anteil für Zwecke des § 1 Abs. 3 GrEStG zu bewerten ist.196 Die vorstehende Untersuchung des Wortlautes des § 1 Abs. 3 GrEStG konnte zwar einige notwendige Eigenschaften des Anteils aufzeigen; eine endgültige Definition des Anteils ist hieraus jedoch noch nicht möglich. Dazu bedarf es der Anwendung weiterer Auslegungsmethoden hinsichtlich Entstehungsgeschichte, Systematik und Normzweck des § 1 Abs. 3 GrEStG. (2) Historische Auslegung Aus den Gesetzesmaterialien ist erkennbar, dass die Frage, was eigentlich ein Anteil sei, bereits in der verfassungsgebenden Nationalversammlung thematisiert wurde. So wurde festgestellt, dass der Begriff „Anteil“ für Personenvereinigungen nicht richtig passe, worauf der Antrag erfolgte, die Personenhandelsgesellschaften und die GbR – auch wegen der angeblichen Härte der Einbeziehung – aus dem Anwendungsbereich des § 3 GrEStG 1919/1927 zu streichen. Die verfassungsgebende Nationalversammlung hielt jedoch die Einbeziehung für geboten, da sonst „der Umgehung sich Tür und Tor öffne, indem ad hoc offene Handelsgesellschaften gebildet und wieder aufgelöst würden“. Somit wurde trotz der unpassenden Bezeichnung am Anteilsbegriff festgehalten, dem bezüglich der Personengesellschaften eindeutig der Inhalt „vorhandene Beteiligung“ zuzuordnen sei.197 Ob dieser Begriff heute aber so eindeutig ist, darf meines Erachtens bezweifelt werden. Denn § 3 GrEStG 1919/1927 erfasste nicht die Gesellschaften, sondern die Personenvereinigungen, also „den auf der freien Willensentschließung der Beteiligten beruhenden Zusammenschluss einer Mehrheit von Personen zu einem bestimmten Zweck.“198 Darunter wurden aber auch Körperschaften wie der eingetragene Verein verstanden,199 welche von § 1 Abs. 3 GrEStG aber gerade nicht mehr erfasst sein sollen.200 196 197 198 199 200

Siehe dazu Kapitel 5. Verfassungsgebende Nationalversammlung, Drucks. Nr. 774, Bd. 338, S. 656. Ott, Handbuch GrEStG, § 3 Anm. 6. Näher Ott, Handbuch GrEStG, § 3 Anm. 6. Siehe Kapitel 3 I. 1.

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Kap. 3: Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Anteilsvereinigung

Aus der Begründung zum GrEStG 1940 ist zudem ersichtlich, dass der Gesetzgeber Aktien als Anteile im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG 1940 ansah. So führt er wörtlich aus: „Die Übertragung von Anteilen lässt sich schwer feststellen. Sie wäre insbesondere bei Inhaber-Aktien nur in verhältnismäßig wenigen Fällen möglich.“ Somit scheint die Aktie sämtliche Merkmale zu erfüllen, welche der historische Gesetzgeber dem Anteilsbegriff als zugrundeliegend betrachtet hat. Warum die Aktie diese Merkmale erfüllt, wird dort jedoch nicht erörtert.201 (3) Systematische Auslegung Aus der Systematik des § 1 Abs. 3 GrEStG ist zu entnehmen, dass dieser hinter der „Grundnorm“ der Grunderwerbsbesteuerung, dem § 1 Abs. 1 GrEStG steht. Dies wird deutlicher, wenn man sich die ursprüngliche Fassung des § 1 Abs. 3 GrEStG, die Vereinigung von 100% der Anteile, vor Augen führt. § 1 Abs. 1 GrEStG unterwirft die Übertragung eines Grundstücks bzw. den Anspruch darauf der Besteuerung. Die nachgeordneten Vorschriften § 1 Abs. 2 und 3 GrEStG202 besteuern Vorgänge, die nach der Auffassung des Gesetzgebers wirtschaftliche Grundstücksumsätze darstellen und daher ebenso besteuerungswürdig sind. Sie stellen somit Ergänzungsvorschriften dar. Folglich muss ein Anteil einer Person eine Position vermitteln, die dieser Person als Alleingesellschafter bzw. bei nunmehr mindestens 95%-iger Anteilsvereinigung die Stellung eines wirtschaftlichen Eigentümers verschafft. (4) Teleologische Auslegung Erklärtes Ziel des § 1 Abs. 3 GrEStG und seiner „Vorgängernorm“ § 3 GrEStG 1919 ist es, die Umgehung der Grunderwerbsteuer durch die eigentumsrechtliche Zuordnung des Grundstücks an eine Gesellschaft zu verhindern, an der eine Person alleiniger Anteilsinhaber ist. Diese Umgehung erfolgt dadurch, dass der Alleingesellschafter (nunmehr der zu mindestens 95 v. H. beteiligte Gesellschafter) aufgrund seines mutmaßlich bestehenden beherrschenden Einflusses auf die in ihrer Willensbildung nicht mehr autonome Gesellschaft in Bezug auf das formal der Gesellschaft zugeordnete Grundstückseigentum als wirtschaftlicher Eigentümer des Grundstücks anzusehen ist, dabei aber im Rahmen des Anteilserwerbs die Auslösung eines Steuertatbestandes nach § 1 Abs. 1 und 2 GrEStG vermeidet. Das für Zwecke des § 1 Abs. 3 GrEStG wesentliche Merkmal wirtschaftlichen Eigentums ist in der Sachherrschaft zu erkennen.203 Der Anteil hat als Bindeglied zwischen Gesellschaft und Gesellschafter damit 201

RStBl. 1940, S. 387 (392). § 1 Abs. 2 a GrEStG kann aufgrund seines deutlich späteren Entstehungszeitpunkts nicht zur systematischen Auslegung des § 1 Abs. 3 GrEStG herangezogen werden. 202

II. Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG

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die Funktion, dem Gesellschafter das wirtschaftliche Eigentum am Vermögen der Gesellschaft, folglich auch am Gesellschaftsgrundstück, zu vermitteln. Infolgedessen muss der Anteil dem Gesellschafter eine Rechtsstellung gegenüber der Gesellschaft vermitteln, die es diesem ermöglicht, die Sachherrschaft über das Gesellschaftsvermögen auszuüben. Um aber auch eine weitere inhaltliche Nähe zum Eigentum als absolutes Recht zu bewerkstelligen, ist es erforderlich, dass dem Gesellschafter das Gesellschaftsvermögen nicht nur unter Herrschaftsgesichtspunkten, sondern auch dinglich zuzuordnen ist. Aus dieser positiven Funktion des Anteilsbegriffs resultiert auch eine negative: der Anteilsbegriff muss in der Lage sein, eine eigentumsähnliche Sachherrschaft von einer sonstigen – evtl. „nur“ wirtschaftlichen – Einflussnahmemöglichkeit abzugrenzen, ferner muss er zwischen einer dinglichen und einer nur wertmäßigen (schuldrechtlichen) Zuordnung trennen können. Anhand dieser Vorgaben ist nunmehr zu untersuchen, ob bzw. wann die Mitgliedschaft diese Anforderungen erfüllen kann. Dabei soll zunächst das Sachherrschaftskriterium untersucht werden. Herrschaft kann vornehmlich über Mitwirkungsrechte ausgeübt werden, welche aus der Mitgliedschaft resultieren können. Fraglich ist zunächst, ob Leitungsbefugnisse notwendig und ausreichend sind, einem Alleingesellschafter eine eigentümerähnliche Stellung zu verschaffen.204 Wie bereits gezeigt, sind Geschäftsführer in ihrer Tätigkeit der Willensbildung der Gesellschaft unterworfen und zur Rechenschaft gegenüber der Gesamtheit aller Gesellschafter verpflichtet. Der Geschäftsführer ist mithin bloßes Exekutivorgan.205 Seine Willensentschließung ist daher nicht frei, sondern hat sich an den Vorgaben der Gesellschafterversammlung zu orientieren. Unmittelbar sichtbar wird dies im Bereich der weisungsabhängigen Geschäftsführer einer GmbH,206 wohingegen der Vorstand einer Aktiengesellschaft deren Geschäfte in eigener Verantwortung leiten muss (§ 76 Abs. 1 AktG). Der Hauptversammlung kommen hier im Wesentlichen nur Kompetenzen für besonders bedeutsame Entscheidungen wie z. B. die Abstimmung über Grundlagengeschäfte, die Besetzung des Aufsichtsrats oder die Verwendung des Jahresgewinns zu.207 Insbesondere im Hinblick darauf, dass der Vorstand vom Aufsichtsrat bestimmt wird und somit dessen Zusammensetzung mittelbar von Seiten der Aktionäre dominiert wird, wird bei einem zu mindestens 95 v. H. beteiligten Aktionär der Vorstand im Wesentlichen den Vorstellun203 Siehe ausführlich Kapitel 2 II. 2.; die Norm des § 1 Abs. 2a GrEStG ist späteren Datums und kann daher zur Auslegung des § 1 Abs. 3 GrEStG nur bedingt herangezogen werden. 204 Dies impliziert Ludwig, Vereinigung aller Anteile, S. 4. 205 Weipert, in: Münch.Hdb. GesR I, § 56 Rn. 3; Heinrich, Münch.Hdb. GesR III, § 6 Rn. 2; differenzierter Wolff, in: Münch.Hdb. GesR III, § 36 Rn. 1. 206 Hommelhoff/Kleindiek, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 6 Rn. 1; ausführlich Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 162 ff. zur GmbH und AG. 207 Ausführlicher Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht, § 15 V 1. (S. 218 ff.).

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gen dieses Aktionärs entsprechen. Ihm kommt somit ein ausschlaggebender Einfluss auf die Personalpolitik der AG zu.208 Zudem muss der Vorstand einer AG seine Leitungsbefugnisse an den Interessen der Gesellschaft selbst ausrichten, darf also die Geschäfte im Hinblick auf diese Zielvorgabe zwar nach eigenem Ermessen, nicht aber nach eigenem Gutdünken führen.209 Eine dem Eigentum vergleichbare Sachherrschaft kommt also dem Geschäftsführungsorgan nicht zu. Bei den Personengesellschaften erfolgt diese Einschränkung über Zustimmungsbedürfnisse bzw. Widerspruchsbefugnisse der Mitgesellschafter. Zudem vermittelt die Mitgliedschaft nur dann Leitungsbefugnis, wenn die Gesellschaft dem Grundsatz der Selbstorganschaft folgt; bei Gesellschaften mit fremden Organen sind in der Regel keine Leitungsbefugnisse für Mitglieder vorgesehen, sondern müssen entweder durch mitgliedschaftliche Sonderrechte oder durch entsprechenden Gesellschafterbeschluss gewährt werden.210 Da aber der Gesetzgeber die Kapitalgesellschaften in die Gesellschaften des § 1 Abs. 3 GrEStG miteinbeziehen wollte, kann es ihm hinsichtlich des Anteilsbegriffs nicht auf Leitungsbefugnisse der Mitglieder angekommen sein. Über das mitgliedschaftliche Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung ist der Gesellschafter dagegen in der Lage, die Willensbildung der Gesellschaft zu beeinflussen. Ist ein Gesellschafter nahezu Alleingesellschafter, kann er aufgrund seines alleinigen Stimmrechts jeden rechtlich möglichen Gesellschafterbeschluss fassen, also grundsätzlich auch über die Verwendung der Gesellschaftsgrundstücke bestimmen, soweit dieser nicht einstimmig bzw. mit Zustimmung aller Gesellschafter erfolgen muss.211 Aus diesem Grund kann den Stimmrechten für die Bestimmung des Anteilsbegriffs nicht per se jede Bedeutung abgesprochen werden.212 Wie oben bereits gezeigt, trug insbesondere die Einführung der grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft dem Normzweck des § 1 Abs. 3 GrEStG Rechnung. Hier kommt es nicht so sehr darauf an, dass das herrschende Unternehmen durchgehend zu mindestens 95 v. H. mittelbar am Gesellschaftsvermögen beteiligt ist. Vielmehr wird es für ausreichend gehalten, wenn die Beteiligung ein Ausmaß annimmt, das zur Herstellung der finanziellen, wirtschaftlichen und organisatorischen Eingliederung auf Ebene der Organgesellschaft ausreichend ist und diese Eingliederung auch hergestellt wird. Es war nach der ursprüngli208 Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 3 II. 2. (S. 36 f.); Bayer, ZGR 2002, S. 933 (935 ff.). 209 Raiser/Veil, Kapitalgesellschaften, § 14 Rn. 74 ff.; Hefermehl/Spindler, in: MünchKomm-AktG, § 76 Rn. 25 f. 210 Siehe Kapitel 3 II. 2. c) aa) (3). 211 Behrens/Schmitt, UVR 2006, S. 118 (123); Ludwig, Vereinigung aller Anteile, S. 4; zu den Grenzen von Gesellschafterbeschlüssen siehe Kapitel 3 II. 2. c) aa) (1). 212 So aber ohne hinreichende Begründung Behrens/Schmitt, UVR 2006, S. 118 (123).

II. Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG

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chen Fassung des § 2 Abs. 2 UStG relevant, dass die Organgesellschaft „keinen eigenen Willen [mehr] hat.“213 Bei dieser Organgesellschaft und dem Organträger bzw. diesen Organgesellschaften müssen nunmehr die Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft vereinigt sein. Hierfür ist zwar nicht erforderlich, dass der Organträger alle Stimmrecht an der Organgesellschaft hält. Er muss aber die Willensbildung der Gesellschaft beherrschen, was zumindest bedeutet, dass er in einem Umfang über Stimmrechte verfügt, welche ihm die Herstellung einer solchen Beherrschung ermöglichen; andernfalls würde es ihm an einer für die Herstellung des Autonomiedefizits auf Ebene der Organgesellschaft notwendigen Einflussnahmemöglichkeit fehlen. Die Bedeutung der Stimmrechte wird zudem dadurch deutlich, dass die „Urversion“ des § 3 GrEStG 1919/§ 1 Abs. 3 GrEStG 1940 die Anteilsvereinigung im „Familienkreis“, also in der Hand von Eltern und ihren Kindern bzw. Ehegatten untereinander der Besteuerung unterwarf. Auch hier ging der Gesetzgeber, allerdings ohne nähere Begründung davon aus, dass in solchen Fällen eine gemeinschaftliche Inhaberschaft an der Gesellschaft durch die „Einheit Familie“ erfolgte.214 Wie oben bereits gezeigt, dürfte das wesentliche Kriterium für diese Einbeziehung in der gemeinsamen Willensbildung der Familie liegen. Dies unterstreicht die Notwendigkeit, dass ein Anteilsinhaber letztlich die Willensbildung der Gesellschaft gesellschaftsrechtlich beeinflussen können muss, was – auch bei Organschaftsverhältnissen – im Wesentlichen von den ihm zuzuordnenden Stimmen in der Gesellschafterversammlung abhängt. Die vorstehenden Erwägungen werfen daher die Frage auf, ob dem Anteil überhaupt ein Teil des Gesellschaftsvermögens dinglich zugeordnet sein muss, wenn der Herrschaftsmacht – insbesondere durch die Einführung der grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft sowie die mittlerweile aufgehobene Anteilsvereinigung im Familienkreis – ein derart großes Gewicht zukommt. Dabei darf jedoch nicht übersehen werden, dass die Fälle der Organschaft und der Anteilsvereinigung im Familienkreis wie auch die mittelbare Anteilsvereinigung nur ein Frage der Zuordnung von Gesellschaftsanteilen zu einer bestimmten Person sind. Diese Kriterien sind daher zwar geeignet, den Normzweck selbst zu erläutern, weil sie Ausnahmefälle vom Grundsatz darstellen, dass ein Anteil grunderwerbsteuerrechtlich ausschließlich dem Anteilsinhaber selbst zugeordnet wird. Damit können sie jedoch nicht alleiniger Auslegungsmaßstab werden, da der Anteil nicht die Person selbst, sondern den Inhalt des Rechtsverhältnisses zwischen einer Person und einer Gesellschaft beschreibt. Ferner fehlt den Stimmrechten allein der dingliche Vermögensbezug, welcher für die Herstellung einer eigentümerähnlichen Stellung erforderlich ist. Somit darf auf das Kriterium der 213 Stadie, in: Rau/Dürrwächter, UStG, § 2 Rn. 620; so noch heute wörtlich § 2 Abs. 2 Nr. 2 des österreichischen UStG 1994. 214 Lindemann, JW 1920, S. 86 (87).

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Kap. 3: Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Anteilsvereinigung

dinglichen Zuordnung von Gesellschaftsvermögen zum jeweiligen Gesellschafter nicht verzichtet werden. Andernfalls wäre das Gesellschaftsvermögen ausschließlich der Gesellschaft selbst zugeordnet und nicht auch mittelbar dem Gesellschafter. Dieses dem Eigentum korrespondierende dingliche Moment wird dem Gesellschafter bei manchen Gesellschaften über das in der Mitgliedschaft enthaltene Vermögensstammrecht vermittelt, welches eine anteilige, nicht wertorientiert zu interpretierende dingliche Zuordnung des Gesellschaftsvermögen zur Mitgliedschaft vermittelt.215 Über dieses Vermögensstammrecht ist auch ein Gesellschaftsgrundstück als Teil des Gesellschaftsvermögens der Mitgliedschaft anteilig zugewiesen. Somit sind dem Alleingesellschafter die Gesellschaftsgrundstücke als Teil des Gesellschaftsvermögens vollständig dinglich zugeordnet, wenngleich diese dingliche Zuordnung nicht dem Eigentum gleichzustellen ist, sondern mitgliedschaftlicher und damit eigener Art ist. Wechselt nun die Anteilsinhaberschaft derart, dass ein neuer Gesellschafter erstmals 100% der Mitgliedschaften in sich vereinigt bzw. die bereits vereinigten Anteile übernimmt, so resultiert daraus eine dingliche, wirtschaftlich ungeteilte Zuordnung des Gesellschaftsvermögens zu diesem Erwerber.216 Wie bereits gezeigt, hat auch mit der Absenkung der Beteiligungshöhe kein Paradigmenwechsel hinsichtlich des Normzwecks stattgefunden, so dass diese Grundüberlegung nach wie vor maßgeblich für die Auslegung des § 1 Abs. 3 GrEStG ist. Entgegen der Ansicht Kroschewskis ist diese Zuordnung des Vermögensrechts nicht deshalb entbehrlich, weil sie angeblich eigenständig übertragbar wäre.217 Übertragbar sind nur die aus den Vermögensstammrechten resultierenden gegenwärtigen oder künftigen Gläubigeransprüche, nicht dagegen das Vermögensstammrecht selbst, welches dem Abspaltungsverbot unterliegt.218 Die Vorschrift des § 1 Abs. 3 GrEStG lässt sich daher systematisch in eine Reihe mit § 1 Abs. 2 GrEStG stellen.219 Nach § 1 Abs. 2 GrEStG unterliegt der Grunderwerbsteuer der Erwerb des Rechts, ein Grundstück auf eigene Rechnung zu verwerten. Wer ein Grundstück auf eigene Rechnung verwerten darf, hat ebenfalls das wirtschaftliche Eigentum an dem Grundstück inne, da dem Inhaber dieses Rechts ein wesentliches Herrschaftsrecht, nämlich die Verfügungsbefugnis über das Grundstück, sowie der wirtschaftliche Wert des Grundstücks

215

Siehe Kapitel 3 II. 2. c) aa) (4). BFH, Urt. v. 26.07.1995 – II R 68/92, BStBl. 1995 II, S. 736; Weilbach, GrEStG, § 1 Rn. 87; Fischer, in: Boruttau, § 1 Rn. 851; abweichend Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 234 ff., der den Besteuerungsgrund in der Rechtsmacht des Alleingesellschafters sieht, den Gesellschaftszweck eigenmächtig zu ändern. 217 Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 239. 218 Siehe Kapitel 3 II. 2. c) aa) (6). 219 Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 235 f. 216

II. Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG

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zugeordnet werden.220 § 1 Abs. 3 GrEStG bildet dabei einen anderen Schwerpunkt als § 1 Abs. 2 GrEStG: während Letzterer den Erwerb der Verwertungsbefugnis und damit die Zuordnung des wirtschaftlichen Werts des Grundstücks als wirtschaften Eigentumserwerb erfassen will,221 zielt Ersterer stärker auf die dem Eigentum ebenfalls immanente Herrschaftsmacht ab und besteuert den Erwerb derselben. Die vermögenswerte Zuordnung erfolgt dagegen bei § 1 Abs. 3 GrEStG nur mittelbar dinglich, da die unmittelbare Zuordnung durch das Eigentum trotz der mindestens 95%-igen Beteiligung bei der Gesellschaft selbst verbleibt. Zweifel könnten sich noch bei Lektüre der Begründung zu § 1 Abs. 3 GrEStG 1940 ergeben.222 Dort wird ausgeführt, dass eigentlich die Übertragung jedes einzelnen Anteils an einer Gesellschaft der Besteuerung unterworfen werden müsste.223 Dies würde bedeuten, dass der Gesetzgeber des Jahres 1940 von der Vorstellung ausging, dass mit der Übertragung einzelner Anteile an grundbesitzenden Gesellschaften eine teilweise Übertragung des wirtschaftlichen Eigentums an den Gesellschaftsgrundstücken einherginge. Eine solche Begründung ist aber allenfalls dann möglich, wenn man allein auf die vermögensmäßige Beteiligung am Grundstück abstellt, da die Herrschaftsmacht über ein Grundstück nur Ausdruck einer einheitlichen Willensbildung sein kann. Die Begründung des Gesetzgebers ist meines Erachtens widersprüchlich, da auch die mittelbare Anteilsvereinigung im Konzern der Besteuerung unterworfen wird, die mit dem auf dem Abhängigkeitsverhältnis zwischen Konzernunternehmen resultierenden Herrschaftsverhältnis der Mutter- über die Tochtergesellschaft begründet wird. Ferner ist diese Ansicht ausweislich der Gesetzesbegründung durch die „Vorgängernorm“ des § 3 Reichszuwachssteuergesetz beeinflusst. Jedoch übersieht die Gesetzesbegründung zum GrEStG 1940, dass deren Normgegenstand die Besteuerung des Wertzuwachses war, der anlässlich der Veräußerung eines Grundstücks aufgedeckt wurde. Dieser Wertzuwachs manifestierte sich in einer Wertsteigerung des Anteils, der folglich vermögensmäßig bestimmt werden musste. Die Norm des § 3 Reichszuwachssteuergesetz knüpfte daher nicht an einen Verkehrsvorgang, sondern an die Realisierung eines Gewinns an. Sie ist daher der der Steuerpflicht von Grundstücksveräußerungen nach §§ 15, 16, 22 Nr. 2, 23 Nr. 1 EStG vergleichbar.224 Aufgrund des Auseinanderfallens der Normzwecke kann dem Anteilsbegriff des Reichszu-

220

Begründung zum GrEStG 1940, RStBl. 1940, S. 391. Gesetzesbegründung zum GrEStG 1940, RStBl. 1940, S. 391; BFH, Urt. v. 03.05.1973 – II R 37/68, BStBl. II 1973, S. 709; Urt. v. 27.07.1994 – II R 67/91, BFH/NV 1995, S. 269 (270); Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 663. 222 RStBl. 1940, S. 392. 223 Ebenso RFH, Urt. v. 02.08.1927 – II A 226/27, RFHE 21, S. 312 (313). 224 Siehe Kapitel 2 II. 1. 221

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Kap. 3: Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Anteilsvereinigung

wachssteuergesetzes für die Auslegung des § 1 Abs. 3 kein Gewicht beigemessen werden. (5) Definition des Anteils im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG Aus der vorstehenden Auslegung ist zu schließen, dass unter dem Begriff des Anteils die Mitgliedschaft an einer zivilrechtlichen Gesellschaft zu verstehen ist, die bestimmte Eigenschaften aufweist. Sie muss das Grundstück anteilig dem Mitglied zurechnen und ihm mittels Stimmrechten Einfluss auf die Nutzung und Verwendung des Grundstücks geben. Nicht ausreichend ist es daher, den Anteilsbegriff nur vermögensbezogen als Anteil am Gesellschaftsvermögen zu verstehen, da insoweit zwar mittelbar eine Zuordnung des wirtschaftlichen Werts des Grundstücks erfolgt, nicht aber eine Herrschaftsmacht über das Grundstück eingeräumt wird. Dementsprechend wäre ein solches Verständnis des Anteilsbegriffs nicht mit dem Sinn und Zweck des § 1 Abs. 3 GrEStG zu vereinbaren. Nach Absenkung der Beteiligungshöhe auf 95% muss der Anteil, um den Umfang der Beteiligung ermitteln zu können, ferner einer Bewertung zugänglich sein. Das hier vertretene Begriffsverständnis des Anteils ist daher kein rein formelles (wie das des § 16 Abs. 2 AktG), sondern vor allem ein materielles. Dies bedeutet, dass es für die Qualifikation des Anteils nicht ausreichend ist, dass die Mitgliedschaft an einer Gesellschaft üblicherweise die ermittelten Merkmale aufweist. Vielmehr ist es erforderlich, dass die jeweilige Mitgliedschaft die hier dargestellten Merkmale aufweist, um als Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG zu gelten. Der Anteilsbegriff ist somit kein Typusbegriff, sondern ein abstrakter Gesetzesbegriff.225 Daraus folgt, dass Mitgliedschaften, welche die genannten Merkmale nicht aufweisen, nicht zu den Anteilen im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG gerechnet werden können, selbst wenn die Gesellschaft, an der eine solche Mitgliedschaft besteht, als Gesellschaft im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG einzuordnen ist. Aus diesen Erkenntnissen resultiert folgende Definition des Anteils (materieller Anteilsbegriff): Unter einem Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG ist die übertragbare, einer Bewertung zugängliche Mitgliedschaft an einer grunderwerbsteuerrechtlich als rechtsfähig anerkannten Personenvereinigung zu verstehen, die eine Einflussnahme auf die Willensbildung der Vereinigung mittels Stimmrechten ermöglicht und dem Mitglied das Vermögen der Vereinigung anteilig zuordnet.

225 Zur Unterscheidung siehe Lang, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 5 Rn. 51; Drüen, in: Tipke/Kruse, § 4 Rn. 395; Schmidt-Liebig, FR 2003, S. 276 f.; Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 290 ff.

II. Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG

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Diese Auffassung wird in zweifacher Hinsicht mittelbar bestätigt: wie in der Gesetzesbegründung ausgeführt, stellt die Aktie einen Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG dar. Üblicherweise ist mit dieser ein (und zwar genau ein) Stimmrecht in der Hauptversammlung verknüpft.226 Zudem ist der Aktie ein Anteil am Gesellschaftsvermögen dinglich zugeordnet.227 Aus diesem Grund qualifiziert zumindest die typische Aktie des Aktiengesetzes als Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG. Eine mittelbare Bestätigung erhält dieser Anteilsbegriff zudem durch § 1 Abs. 4 Nr. 1 GrEStG. Diese Vorschrift normiert, dass die bergrechtliche Gewerkschaft als Gesellschaft im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG gilt. Aus dieser gesonderten Erwähnung ist zu schließen, dass der Gesetzgeber es zumindest für zweifelhaft hielt, dass diese eine Gesellschaft im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG darstellt. Vor dem zivilrechtlichen Hintergrund ist dies verständlich: die bergrechtliche Gewerkschaft stellte einen gesetzlich zwingenden Zusammenschluss von Miteigentümern eines Bergwerkseigentums dar (vgl. § 94 Abs. 1 Allgemeines Preußisches Berggesetz bzw. Art. 139 Abs. 1 Bayerisches Berggesetz). Die Mitgliedschaft ist jedoch der eines Aktionärs vergleichbar.228 Insbesondere stehen dem Gewerken in der Gesellschafterversammlung Stimmrechte nach der Zahl seiner Kuxe zu.229 Somit weist die Mitgliedschaft an einer bergrechtlichen Gewerkschaft alle bislang als erforderlich erkannten Merkmale eines Anteils im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG auf; welche Gründe für die Einbeziehung der bergrechtlichen Gewerkschaft sprachen, soll sogleich dargestellt werden. 3. Folgerungen für den Gesellschaftsbegriff des § 1 Abs. 3 GrEStG Aus diesen Erkenntnissen lässt sich der Kreis der Gesellschaften im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG bestimmen. Unter § 1 Abs. 3 GrEStG fallen zunächst nur die (zivilrechtlichen) Personenvereinigungen, an denen Mitgliedschaften existieren, welche die oben beschriebenen Merkmale eines Anteils aufweisen.230 Zudem stellt sich die Frage, ob darüber hinaus noch zu fordern ist, dass die Gesellschaft auf freiwilligem und dauerhaftem Zusammenschluss beruhen

226

Zur Frage der Vorzugsaktien siehe Kapitel 3 III. 1. b). Siehe Kapitel 3 II. 2. c) aa) (4). 228 Rudolph, Bergrechtliche Gewerkschaft, S. 4 f. 229 Rudolph, Bergrechtliche Gewerkschaft, S. 81. 230 Die vorstehenden Äußerungen sagen jedoch noch nichts darüber aus, unter welchen Umständen eine Anteilsvereinigung vorliegt. Die Beantwortung dieser Frage bleibt dem Abschnitt über die Bewertung von Anteilen zur Ermittlung des Vorliegens einer Anteilsvereinigung vorbehalten. 227

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Kap. 3: Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Anteilsvereinigung

muss.231 Dies ergibt sich meines Erachtens zwingend aus dem Normzweck des § 1 Abs. 3 GrEStG wie auch mittelbar aus der Definitionsnorm des § 1 Abs. 4 Nr. 1 GrEStG, welche die bergrechtliche Gewerkschaft unter den Gesellschaftsbegriff des § 1 Abs. 3 GrEStG fallen lässt. Besteht beispielsweise eine auf unfreiwilligem Zusammenschluss beruhenden Gesamthandsgemeinschaft, die auf Auseinandersetzung gerichtet ist (z. B. Erbengemeinschaft), ist es vor dem Hintergrund des Normzwecks, Umgehungen der Grunderwerbsteuer zu verhindern, nicht geboten, diese Gesamthandsgemeinschaften zu erfassen. Die Notwendigkeit eines freiwilligen und dauerhaften Zusammenschlusses wird zudem deutlich, wenn man sich die Vorschrift des § 1 Abs. 4 Nr. 1 GrEStG, die Geltung der bergrechtlichen Gewerkschaft als Gesellschaft im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG, vor Augen führt. Aus der gesonderten Erwähnung ist zu entnehmen, dass der Gesetzgeber die aufgrund eines Zwangszusammenschlusses entstehende bergrechtliche Gewerkschaft nicht unter den Begriff der Gesellschaft subsumiert hat. Da jedoch die Mitgliedschaft an einer bergrechtlichen Gewerkschaft alle Merkmale eines Anteils im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG aufweist, ferner die bergrechtliche Gewerkschaft einen dauerhaften Zusammenschluss darstellt, war es ausnahmsweise gerechtfertigt, für diese den Anwendungsbereich der Norm trotz Unfreiwilligkeit des Zusammenschlusses zu eröffnen. Im Umkehrschluss zu § 1 Abs. 4 Nr. 1 GrEStG ergibt sich, dass unter dem Gesellschaftsbegriff sonst nur freiwillige Zusammenschlüsse gefasst werden sollten. Daher werden Personengesellschaften wie z. B. die OHG, KG, GbR und PartG von § 1 Abs. 3 GrEStG erfasst. Gemäß § 719 BGB bzw. §§ 105 Abs. 3, 161 Abs. 2 HGB bzw. § 1 Abs. 4 PartGG (jeweils in Verbindung mit § 719 BGB) ist der Mitgliedschaft an einer Personengesellschaft ein dinglicher, von dieser nicht abspaltungsfähiger Anteil am Gesellschaftsvermögen zugewiesen.232 Ferner sind der Mitgliedschaft diverse Mitwirkungsrechte zugeordnet. Darunter fallen nicht nur das Recht zur Geschäftsführung und zur Kontrolle der Gesellschaftstätigkeit (§§ 709, 714 BGB), sondern insbesondere Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung, die dem Mitglied eine Einflussnahme auf die Willensbildung der Gesellschaft erlauben (§ 709 BGB, § 119 HGB), wenngleich im gesetzlichen Regelfall die Willensbildung der Gesellschaft nur bei ausdrücklicher Bestimmung im Gesellschaftsvertrag nach der Mehrheit der Stimmen erfolgt.233 Entgegen der früher herrschenden Meinung und dem

231 Dazu schon Ott, Handbuch GrEStG, § 3 Ziff. 6; für § 1 Abs. 3 GrEStG bejahend BFH, Urt. v. 13.07.1955 – II 210/54 S, BStBl. III 1955, S. 269; Urt. v. 17.07. 1975 – II R 14/69, BStBl. II 1976, S. 159; Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 866; für das österreichische Recht Czurda, in: Czurda: GrEStG, § 1 Rn. 351. 232 Ulmer, in: MünchKomm-BGB, § 719 Rn. 4; Habermeier, in: Staudinger, BGB, § 719 Rn. 2. 233 Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht, § 7 II 4. (S. 76); Ulmer, in: MünchKommBGB, § 709 Rn. 50 ff.

II. Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG

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scheinbar eindeutigen Wortlaut des Gesetzes ist die Mitgliedschaft als solche auch übertragbar; jedoch bedarf die Übertragung der Zustimmung aller Mitgesellschafter. Letzteres resultiert aus dem höchstpersönlichen Charakter der Mitgliedschaft an der Personengesellschaft; die Zustimmung kann aber auch schon generell im Gesellschaftsvertrag oder nachträglich für den jeweiligen Einzelfall erklärt werden.234 Dabei tritt der Erwerber in die Rechtsstellung des Veräußerers ein.235 Somit erfüllen die gesetzlich vorgesehenen Mitgliedschaftsrechte an Personengesellschaften in der Regel die Voraussetzungen des Anteilsbegriffs nach § 1 Abs. 3 GrEStG, weshalb diese Gesellschaften als Gesellschaften im Sinne der Norm einzuordnen sind. Gleiches gilt für die Kapitalgesellschaften wie GmbH, AG und KGaA. Zwar stellen diese eigenständige juristische Personen dar (vgl. § 13 Abs. 1 GmbHG, §§ 1 Abs. 1 S. 1, 278 Abs. 2 und 3 AktG), so dass gerade kein Gesamthandsvermögen der Gesellschafter vorliegt. Jedoch ist den Gesellschaftern über ihre Mitgliedschaft (Geschäftsanteil/Aktie) das Vermögen der Gesellschaft nicht nur wirtschaftlich, sondern dinglich anteilig zugeordnet.236 Dieses Stammrecht ist der Mitgliedschaft untrennbar zugeordnet, unterliegt also dem Abspaltungsverbot.237 Dasselbe gilt für die KGaA auch bezüglich der Kommanditaktionäre. Eine diffizile Frage ist hingegen, ob Rechtsstellung des persönlich haftenden Gesellschafters der KGaA ein Stammrecht aufweist, was in der Literatur bislang abgelehnt wird.238 Dagegen fallen hierunter nicht Gesellschaften, die kein Gesellschaftsvermögen im Sinne einer dinglichen Vermögensgemeinschaft bilden. Dies betrifft insbesondere die typische stille Gesellschaft, die durch §§ 230 ff. HGB weder als Organisation noch als Rechtsträger (Gesamthandsgemeinschaft) ausgestaltet ist, sondern ein komplexes Schuldverhältnis zwischen dem Inhaber eines Handelsgeschäftes und dem stillen Gesellschafter darstellt; die Einlage des stillen Gesellschafters geht dabei in das Vermögen des Unternehmers über.239 Dagegen können atypische stille Gesellschaften durchaus mitgliedschaftliche Strukturen 234 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 45 III 2 b) (S. 1322); Ulmer, in: MünchKommBGB, § 719 Rn. 25 ff. 235 Ulmer, in: MünchKomm-BGB, § 719 Rn. 40 ff. 236 RG, Urt. v. 18.04.1913 – II 659/12, RGZ 82, S. 167 (169); Winter/Seibt, in: Scholz, GmbHG, § 14 Rn. 3; Habersack, Mitgliedschaft, S. 101 f.; Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 38 Rn. 29. 237 Ebbing, in: Michalski, GmbHG, § 14 Rn. 74. 238 Siehe Kapitel 3 III. 1. g); Behrens/Schmitt, UVR 2006, S. 118 ff.; Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 885. 239 H. M.; siehe nur OLG Hamm, Urt. v. 10.01.1994 – 8 U 106/93, NJW-RR 1994, S. 1382 (1383); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 62 II Nr. 2 c) cc) (S. 1848); ders., in: MünchKomm-HGB, § 230 Rn. 9; Hopt, in: Baumbach/Hopt, § 230 Rn. 2; Kübler/ Assmann, Gesellschaftsrecht, § 9 I 1. c) (S. 112); a. A. H. P. Westermann, Vertragsfreiheit, S. 200 f.

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Kap. 3: Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Anteilsvereinigung

aufweisen.240 Jedoch bilden auch atypische stille Gesellschaften nach § 230 Abs. 1 HGB kein dingliches Gesellschaftsvermögen, sondern allenfalls eine schuldrechtliche Nachbildung desselben241 und sind daher grunderwerbsteuerrechtlich nicht rechtsfähig.242 Als logische Konsequenz hieraus ist festzuhalten, dass der stille Gesellschafter zudem nicht dinglich an einem Gesellschaftsvermögen beteiligt sein kann, sondern nur einen schuldrechtlichen Anspruch gegen den Inhaber des Unternehmens hat.243 Die Stiftung entzieht sich schon völlig dem Gesellschaftsbegriff: sie hat keinerlei Mitglieder, sondern ist eine juristische Person, die zu einem Sonderzweck geschaffen wurde.244 Somit kann auch keine Zurechnung von Gesellschaftsgrundstücken an hinter der Gesellschaft stehende Personen erfolgen. Ferner ist erklärbar, warum die Erbengemeinschaft nicht als Gesellschaft im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG gilt. Diese Vorschrift bezweckt, die Umgehung der Grundstücksübertragung durch die Anteilsvereinigung auszuschalten. Die Erbengemeinschaft ist dagegen nicht freiwillig, sondern kraft Gesetzes aufgrund des Vorhandenseins mehrerer Erben an einem Vermögen entstanden.245 Sie ist grundsätzlich auf Auseinandersetzung gerichtet (vgl. § 2042 ff. BGB), verfolgt also keinen gemeinschaftlichen Zweck.246 Sie ist nicht verbandsartig organisiert, hat somit keine Mitglieder, sondern „nur“ Miterben und stellt deshalb auch zivilrechtlich keine Gesellschaft dar.247 Zudem würde die Vereinigung der „Anteile“ an einer Erbengemeinschaft zum Erlöschen der Erbengemeinschaft und zur Anwachsung des Gesamthandsvermögens der Gemeinschaft führen.248 Nicht einleuchtend erscheint mir die Ansicht des BFH, die Erbengemeinschaft sei deswegen nicht als Gesellschaft im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG anzusehen, weil dem Miterben nach § 2032 BGB im Gegensatz zum Mitgesellschafter an einer Personengesellschaft (§ 719 BGB) die generelle Möglichkeit eingeräumt wird, ohne Zustimmung der anderen Miterben über seinen Erbteil zu ver240 BGH, Urt. v. 07.11.1988 – II ZR 46/88, BGHZ 106, S. 7 (10); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 1848 (§ 62 II Nr. 2 c) cc)). 241 Zur Möglichkeit der Bildung eines „virtuellen Gesellschaftsvermögens“ K. Schmidt, in: MünchKomm-HGB, § 230 Rn. 9. 242 BFH, Urt. v. 30.03.1988 – II R 76/87, BStBl. II 1988, S. 550; Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 174. 243 BFH, Urt. v. 30.03.1988 – II R 76/87, BStBl. II 1988, S. 550; Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 874; Hofmann, GrEStG, § 1 Rn. 141. 244 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 7 II 1. a) (S. 173). 245 Heldrich, in: MünchKomm-BGB, § 2032 Rn. 12. 246 Lange/Kuchinke, Erbrecht, § 43 I 1. (S. 1107). 247 BFH, Urt. v. 17.07.1975 – II R 141/74, BStBl. II 1976, S. 159 (161); Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 866. 248 RG, Urt. v. 21.02.1916 – IV 316/15, RGZ 88, S. 116 (118); OLG Düsseldorf, Urt. v. 11.11.1976 – 8 U 76/75, NJW 1977, S. 1828; Heldrich, in: MünchKommBGB, § 2033 Rn. 8.

III. Sonderprobleme bei Anteilen und Gesellschaften

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fügen.249 Dies ist zwar richtig, vermag aber nicht zu überzeugen, da auch Aktien und GmbH-Geschäftsanteile im gesetzlichen Regelfall ohne Zustimmung übertragbar sind. Somit kann die generelle Übertragbarkeit und die mangelnde personale Bindung des Miterben an die Erbengemeinschaft kein taugliches Abgrenzungskriterium bilden, zumal § 1 Abs. 3 GrEStG ja gerade die Übertragung von Anteilen besteuert. Ferner zeigt sich, warum der Idealverein des BGB nicht unter den Gesellschaftsbegriff fällt. Die Mitgliedschaft im Verein ist höchstpersönliches und unteilbares Recht eines jeden Vereinsmitgliedes. Der Erwerb und Verlust der Mitgliedschaft erfolgt ausschließlich durch Ein- und Austritt. Ihm fehlt es aufgrund der – nur satzungsmäßig abdingbaren (§ 40 BGB) – Vorschrift des § 38 S. 1 BGB an übertragbaren Mitgliedschaftsrechten.250 Dies bedeutet aber nicht, dass der Verein dann als Gesellschaft im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG anzusehen wäre, wenn satzungsmäßig die Übertragbarkeit der Mitgliedschaftsrechte bestimmt ist. Zum einen ist einem Verein, der weniger als 3 Mitglieder hat, die Rechtsfähigkeit zu entziehen (§ 73 BGB) so dass die Anteilsvereinigung – ohne dem Kapitel über die Bewertung der Anteile vorgreifen zu wollen – kaum in Betracht kommen dürfte. Zum anderen gehört zur Mitgliedschaft an einem Verein üblicherweise keine Vermögensbeteiligung,251 so dass diese Mitgliedschaft nicht unter die Definition des Anteils fällt. Sollte dennoch eine Vermögensbeteiligung satzungsmäßig vereinbart werden,252 ist der Verein meines Erachtens durchaus unter den Gesellschaftsbegriff des § 1 Abs. 3 GrEStG zu subsumieren.

III. Sonderprobleme bei Anteilen und Gesellschaften 1. Anteile im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG Im Folgenden soll bezüglich einiger Mitgliedschaftsformen und -varianten geklärt werden, ob diese als Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG zu qualifizieren sind. Angesichts der Fülle der Variationsmöglichkeiten kann dieser Abschnitt nicht abschließend sein, sondern nur eine Auswahl von Qualifikationsproblemen behandeln.

249 BFH, Urt. v. 17.07.1975 – II R 141/74, BStBl. II 1976, S. 159 (161); ihm folgend Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 166 u. 866. 250 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 24 IV 2. a) (S. 704); Reuter, in: MünchKommBGB, § 38 Rn. 60. 251 Ballerstedt, Knur-FS, S. 1 (6 ff.); Reuter, in: MünchKomm-BGB, § 38 Rn. 29; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, S. 705 (§ 24 IV Nr. 1 c)). 252 Dazu insbesondere Ballstedt, Knur-FS, S. 1 (6 ff.).

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Kap. 3: Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Anteilsvereinigung

a) Eigene Anteile einer Gesellschaft Eigene Gesellschaftsanteile im Vermögen einer Gesellschaft stellen keine Anteile im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG dar, da Mitgliedschaftsrechte aus den Gesellschaftsanteilen während der Zeit des Eigenerwerbs ruhen. Andernfalls wäre die Gesellschaft ihr eigener Gesellschafter.253 Dieser sich für die Aktiengesellschaft bereits aus § 71b AktG ergebende Grundsatz gilt auch für die GmbH.254 Daraus folgt, dass insbesondere das Stimmrecht nicht ausgeübt werden kann; soweit bei Gesellschafterbeschlüssen eine bestimmte Stimmquote zu berechnen ist, sind die Stimmen, die auf eigene Anteile entfallen würden, bei der Berechnung unberücksichtigt zu lassen.255 Auch Vermögensrechte wie der Gewinnanspruch ruhen für die Dauer des Eigenerwerbs.256 Somit beherrscht der Inhaber von mindestens 95 v. H. der übrigen, „freien“ Anteile die Gesellschaft so, als ob er mindestens 95 v. H. aller, also auch der eigenen Anteile erworben hätte.257 Folgerichtig kommt es zu einer Anteilsvereinigung, wenn der letzte von zwei Gesellschaftern seine Anteile an die Gesellschaft überträgt (vorausgesetzt, der übrig bleibende hatte nicht schon vorher 95% der Anteile in seiner Hand vereinigt).258 Das gleiche gilt, wenn Anteile durch Einziehung (§ 34 GmbHG bzw. § 237 AktG) untergehen und die verbleibenden Anteile sich dadurch nunmehr (zu mindestens 95%) in einer Hand vereinigen.259 Meines Erachtens gilt dasselbe für nach § 21 Abs. 2 GmbHG kaduzierte Anteile, da diese nach einer Ansicht der Gesellschaft selbst zugeordnet werden260, sich nach anderer Ansicht in ein subjektloses Recht verwandeln.261 Mit Ausnahme für das Gewinnbezugsrecht ist es unstreitig, dass alle Rechte und Pflichten aus der Mitgliedschaft für die Dauer der Kaduzierung ruhen.262 Somit weisen diese Anteile keinem Gesellschafter mehr Mitgliedschaftsrechte zu.263 253 RFH, Urt. v. 23.10.1929 – II A 485/29, RFHE 26, S. 100; BFH, Urt. v. 16.03. 1966 – II 26/63, BStBl. 1966 III, S. 254; Ott, Handbuch GrEStG, § 3 Ziff. 13; Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 887; Hofmann, GrEStG, § 1 Rn. 156. 254 Ausführlich Kort, in: Münch.Hdb. GesR III, § 27 Rn. 27 ff. 255 Kort, in: Münch.Hdb. GesR III, § 27 Rn. 28. 256 Kort, in: Münch.Hdb. GesR III, § 27 Rn. 29. 257 Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 887; Pahlke, in: Pahlke/Franz, GrEStG, § 1 Rn. 327. 258 RFH, Urt. v. 09.02.1932 – II A 618/31, RFHE 30, S. 199; Hofmann, GrEStG, § 1 Rn. 156; Fischer, in: Boruttau, GrEStG § 1 Rn. 888. 259 BFH, Urt. v. 10.08.1988 – II R 193/85, BStBl. 1988 II, S. 959; Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 889. 260 Z. B. Hüffer, AktG, § 64 Rn. 8; Emmerich, in: Scholz, GmbHG, § 21 Rn. 29; Hueck/Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 21 Rn. 22. 261 RG, Urt. v. 26.03.1920 – II 413/19, RGZ 98, S. 276 (278); BGH, Urt. v. 13.07.1964 – II ZR 110/62, BGHZ 42, S. 89 (92); Hohner, Subjektlose Rechte, S. 113 ff. 262 Ebbing, in: Michalski, GmbHG, § 21 Rn. 117 f.; Hueck/Fastrich, in: Baumbach/ Hueck, GmbHG, § 21 Rn. 12.

III. Sonderprobleme bei Anteilen und Gesellschaften

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Anderes gilt für wechselseitige Beteiligungen: an diesen stehen der eventuell sogar abhängigen Gesellschaft grundsätzlich Mitgliedschaftsrechte zu. Natürlich ist es zutreffend, dass bei entsprechender Höhe wechselseitigen Beteiligung eine Gesellschaft die andere Gesellschaft praktisch beherrschen dürfte. Insoweit wäre nach einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise in einem solchen Fall die eine formale Anteilsvereinigung verhindernde Beteiligung der de facto abhängigen Gesellschaft ohne Belang, da die herrschende Gesellschaft die abhängige faktisch (nicht zwingend rechtlich gebilligt) hinsichtlich der Ausübung der daraus resultierenden Verwaltungsrechte anweisen könnte.264 Wie aber im Rahmen der Ausführungen zu Rechtstechnik und Normzweck des § 1 Abs. 3 GrEStG gezeigt, erfasst diese Vorschrift nicht alle Fälle der Herrschaft über Gesellschaften, sondern knüpft diese an zwingende Vermutungsregeln bzw. an das Vorliegen einer Anteilsvereinigung in der Hand von herrschenden und abhängigen Unternehmen. Insofern ist es trotz eines eventuell bestehenden faktischen Beherrschungsverhältnisses nicht möglich, dieses im Rahmen des § 1 Abs. 3 GrEStG zu erfassen und die wechselseitige Beteiligung unter Zugrundelegung einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise zu negieren.265 b) Stimmrechtslose Anteile Aus der Definition des Anteils ergibt sich, dass Mitgliedschaften, die kein Stimmrecht in den Willensbildungsorganen (Gesellschafterversammlung) einer Gesellschaft gewähren, keinen Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG darstellen.266 Ihnen mangelt es nicht an der vermögensmäßigen Zuordnung des Grundstücks als Bestandteil des Gesellschaftsvermögens. Jedoch ist es diesen Gesellschaftern mangels Einflusses auf die Willensbildung der Gesellschaft weder möglich, die Verwendung des Gesellschaftsvermögens mitzubestimmen noch die Bestimmung dieser Verwendung durch andere Gesellschafter zu verhindern. Die Ausgabe von stimmrechtslosen Mitgliedschaften ist dabei nicht allein auf Vorzugsaktien beschränkt; auch bei Geschäftsanteilen der GmbH und der Personengesellschaften besteht die Möglichkeit, Stimmrechte auszuschließen.267 Eine Ausnahme wäre allenfalls bei Vorzugsaktien denkbar, deren Stimmrecht wegen Nichterfüllung der Dividendenpflichten nach § 140 AktG wiederauflebt. Insoweit hätten die Vorzugsaktionäre Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft. Kommt die säumige AG ihren Dividendenzahlungspflichten nach, er263

Näher siehe unten Kapitel 3 III. 1. e). Clemens/Lieber, DStR 2005, S. 1761 (1763 f.). 265 Im Ergebnis ebenso Wischott/Schönweiß/Fröhlich, DStR 2007, S. 833 (838 f.); a. A. Clemens/Lieber, DStR 2005, S. 1761 (1763 f.). 266 A. A. Behrens/Schmitt, UVR 2006, S. 124; sowie für die GmbH wohl auch Voßkuhl/Hunsmann, UVR 2005, S. 51 (54). 267 Siehe oben Kapitel 3 II. 2. c) aa) (5). 264

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Kap. 3: Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Anteilsvereinigung

lischt dieses Stimmrecht sofort; es handelt sich somit nur um ein temporär vorhandenes Stimmrecht. Da die Anteilsübertragung zu diesem Zeitpunkt jedoch bereits abgeschlossen ist, könnte die daraus resultierenden Verschiebungen in den Beteiligungsverhältnissen – sprich die Wiederherstellung des „Normalzustandes“ – nicht mehr berücksichtigt werden. Daher ist die Vorzugsaktie auch im Falle des bestehenden Stimmrechts nach § 140 AktG nicht als Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG zu bewerten. Hingegen sind Mitgliedschaften mit Mehrstimm- oder Vetorechten als Anteile im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG zu qualifizieren. Hier stellt sich vielmehr die zu einem späteren Zeitpunkt zu beantwortende Frage der Behandlung dieser Anteile im Hinblick auf ein Erreichen der 95%-Schwelle.268 Etwas anderes ergibt sich weder aus dem in § 35 BGB normierten allgemeinen Rechtsgrundsatz der Unentziehbarkeit von Vorzugs- oder Sonderrechten ohne Zustimmung des Mitglieds noch aus der sogenannten „Kernbereichslehre“. Diese Lehre besagt, dass ein Eingriff in den Kernbereich der Grundmitgliedsrechte (z. B. Stimm- oder Gewinnbezugsrecht, Recht auf Beteiligung am Liquidationserlös) grundsätzlich nicht ohne Zustimmung des oder der betroffenen Gesellschafter erfolgen kann.269 Es ist nämlich zu beachten, dass einerseits die Zustimmungsbedürftigkeit nicht mit dem mitgliedschaftlichen (allgemeinen) Stimmrecht zu verwechseln ist, da die Zustimmung selbst unabhängig von der Willensbildung der Gesellschaft ist. Selbst wenn die Gesellschaft (beispielsweise) durch Mehrheitsbeschluss oder Dreiviertelmehrheit einen (satzungsändernden) Beschluss fasst, bedarf es dennoch der ggf. nachträglichen Zustimmung des Betroffenen zu dieser Maßnahme.270 Zudem ist nicht ersichtlich, inwieweit durch Zustimmungsbedürfnisse Sachherrschaft über Gesellschaftsgrundstücke ausgeübt bzw. diese aufgehoben werden kann. Dies wäre nur dann möglich, wenn die Sachherrschaft in einer Weise ausgeübt werden soll, die gleichzeitig einen Eingriff in die Mitgliedschaft darstellt. Ein verallgemeinerungsfähiger praktischer Fall ist nicht ersichtlich. Anders wäre dann zu entscheiden, wenn der Anteilsbegriff nicht – wie hier – materiell, sondern formell zu definieren wäre.271 Dies würde beispielsweise bei einer Aktiengesellschaft bedeuten, dass alle Aktien – und zwar auch die stimmrechtslosen Vorzugsaktien – als Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG zu behandeln wären. Denn die „Standard-Aktie“ erfüllt, im Gegensatz zur Vorzugsaktie, den Anteilsbegriff des § 1 Abs. 3 GrEStG, weshalb auch die AG eine 268

Siehe Kapitel 5. Grunewald, Gesellschaftsrecht, 1. A. Rn. 84 (S. 42); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 16 III. 3. b) bb) (S. 472). 270 Hadding, in: Soergel, BGB, § 35 Rn. 17. 271 Wie z. B. Voßkuhl/Hunsmann, UVR 2005, S. 51 ff.; Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 885. 269

III. Sonderprobleme bei Anteilen und Gesellschaften

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Gesellschaft im Sinne der Norm ist.272 Dieses Verständnis ist aber aufgrund des Telos’ des § 1 Abs. 3 GrEStG abzulehnen, da der Gesetzgeber den Wechsel der Herrschaftsmacht über die Gesellschaftsgrundstücke der Besteuerung unterwerfen wollte. Der mangelnde Einfluss einer stimmrechtslosen Mitgliedschaft erlaubt es im Hinblick auf den Normzweck daher nicht, solche Mitgliedschaften als Anteile nach § 1 Abs. 3 GrEStG zu qualifizieren, da durch diese keine Sachherrschaft ausgeübt werden kann. c) Ausschluss von Vermögensrechten und Gläubigerrechten Wie oben bereits gezeigt, ist für einen Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG eine dingliche Beteiligung am Gesellschaftsvermögen erforderlich. Dies wird bei vielen Gesellschaften durch die dingliche Zuordnung des Gesellschaftsvermögens zur Mitgliedschaft durch ein Vermögensstammrecht gewährleistet.273 Fraglich ist zunächst, ob und inwieweit Gläubigerrechte abgetreten bzw. Vermögensrechte bereits vorab ausgeschlossen werden können. Nach den obigen Vorgaben kommt es nicht darauf an, ob der Anteilsinhaber Gläubigeransprüche gegen die Gesellschaft hat. Diese resultieren zwar aus dem Vermögensstammrecht, sind aber schuldrechtlicher Natur und damit von der Mitgliedschaft derart verselbständigt, dass ihrer Abtretung das Abspaltungsverbot nicht mehr entgegensteht.274 Daher sind sie auch im Hinblick auf die Rechtsstellung des Gesellschafters zur Gesellschaft und insbesondere zum Gesellschaftsvermögen nicht prägend. Bezüglich der dinglich zu qualifizierenden Vermögensrechte stellt sich die Frage, ob diese abgetreten werden können, schon aus gesellschaftsrechtlicher Sicht nicht: das Abspaltungsverbot verbietet eine Trennung der Stammrechte von der Mitgliedschaft,275 so dass eine solche Abtretung allenfalls in eine Abtretung aller gegenwärtigen und künftigen Gläubigerrechte umgedeutet werden kann. Jedoch ist es aufgrund der Dispositivität der Vermögensrechte auf Gewinnbeteiligung und Beteiligung am Liquidationserlös/Auseinandersetzungsguthaben bei GmbH bzw. Personengesellschaften möglich, die Mitgliedschaft von vornherein ohne solche Rechte entstehen zu lassen. Für die Aktiengesellschaft ist es dagegen umstritten, ob das Recht auf Abwicklungsüberschuss nach § 271 S. 2 AktG völlig ausgeschlossen werden kann.276 Es stellt sich allerdings die Frage, ob gerade diese Vermögensrechte für die Einordnung der Mitgliedschaft als An272 273 274 275 276

Siehe Kapitel 3 II. 2. c) bb) (5). Siehe Kapitel 3 II. 2. c) aa) (4). Siehe Kapitel 3 II. 2. c) aa) (6). v. Falkenhausen/Henning C. Schneider, in: Münch.Hdb. GesR I, § 64 Rn. 9. Überblick bei Hüffer, in: MünchKomm-AktG, § 271 Rn. 5 ff.

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Kap. 3: Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Anteilsvereinigung

teil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG erforderlich sind. Diese Frage kann nicht unmittelbar aus dem Gesellschaftsrecht heraus beantwortet werden. Vielmehr ist es erforderlich, die Norm des § 1 Abs. 3 GrEStG auszulegen, um die Bedeutung dieser Vermögensstammrechte im Hinblick auf das wirtschaftliche Eigentum des zu mindestens 95 v. H. Beteiligten zu ermitteln. Nach der oben entwickelten Definition ist es für die Einordnung einer Mitgliedschaft als Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG erforderlich, dass das Grundstück über die dingliche Zuordnung des Gesellschaftsvermögens zur Mitgliedschaft als Teil des Gesellschaftervermögens zu betrachten ist. Dies sagt noch nichts über die Bedeutung der Beteiligung an Gewinn und Liquidationserlös aus. Ein aus der Gesellschafterstellung resultierendes Recht auf Beteiligung an Gewinn und Liquidationserlös ist in der Regel Ausfluss des allgemeinen Vermögensstammrechtes und somit dinglicher Natur.277 Somit ist es zumindest denkbar, dass dem Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG eine Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös zugewiesen sein muss. Jedoch finden sich diesbezüglich keinerlei Hinweise im Gesetz. Die Lösung dieses Problems liegt m. E. in der Betrachtung der Rechtslage zu den Personengesellschaften. Hier ergibt sich die dingliche Zuordnung des Gesellschaftsvermögens zum Gesellschafter aus dessen Stellung als Gesamthänder. Dieser Gesamthänder ist gemäß § 718 BGB Miteigentümer zur gesamten Hand, kann aber über seinen Anteil am Gesamthandsvermögen nicht verfügen, § 719 BGB. Diese gesamthänderische Stellung kommt dem Gesellschafter unabhängig von dessen Kapitalbeteiligungsquote, Gewinnbezugsrecht und Auseinandersetzungsguthaben zu,278 obwohl der Gesellschafter dann nicht am Erfolg und (bei Auflösung) an der Substanz der Gesellschaft partizipiert. Dass diese Trennung zwischen Gesamthänderstellung und Beteiligung am Gesamthandsvermögen durch das Grunderwerbsteuerrecht nachvollzogen wird, zeigen die §§ 1 Abs. 2a, 5, 6 GrEStG einerseits, wo vom Anteil am Gesellschaftsvermögen die Rede ist, und dem § 1 Abs. 3 GrEStG andererseits, wo vom Anteil an der Gesellschaft selbst gesprochen wird. Der Gesellschafter ohne Beteiligung am Auseinandersetzungsguthaben bzw. Gewinnbeteiligung kann aber über Stimmrechte auf die Willensbildung der Gesellschaft Einfluss nehmen und ist ferner auch ohne Vermögensbeteiligung als Gesamthänder einzuordnen. Zudem wird der Anspruch auf Beteiligung am Auseinandersetzungsguthaben erst dann relevant, wenn die Gesellschaft aufgelöst wird, also Fragen der Sachherrschaft über Grundstücke mittels Beherrschung von Gesellschaften nicht mehr im Raum stehen. Damit ist die Mitgliedschaft ohne diese Vermögensrechte dennoch als Anteil nach § 1 Abs. 3 GrEStG zu qualifizieren. Gilt diese Einordnung für Personengesellschaften, kann für Kapitalgesellschaften nichts anderes gelten, denn § 1 Abs. 3 GrEStG 277 278

Hueck/Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG § 14 Rn. 12. Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 867.

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differenziert nicht zwischen beiden Gesellschaftsformen. Zudem ist der Gesellschafter einer Kapitalgesellschaft auch ohne diese Rechte am Grundkapital/ Stammkapital beteiligt, §§ 1 Abs. 2, 9 Abs. 4, 11 AktG bzw. § 5 Abs. 1, 14 GmbHG. Daher ist es auch bei den Kapitalgesellschaften nicht relevant, dass der Gesellschafter einen Anspruch auf Beteiligung am Gewinn und am Liquidationserlös hat. Denn auch bei der Kapitalgesellschaft ist dem Gesellschafter über das Stamm- bzw. Grundkapital Gesellschaftsvermögen dinglich zugeordnet. Es stellt sich somit heraus, dass es im Wesentlichen nicht auf die Beteiligung an den Erträgen und der Substanz der grundbesitzenden Gesellschaft und damit mittelbar am Grundstück selbst ankommen kann. Wie bereits herausgestellt, ist Normzweck die Besteuerung des Erwerbs der Sachherrschaft über die Grundstücke der Gesellschaft. Diese Sachherrschaft vermittelt der Anteil aber nicht durch Vermögensrechte, sondern durch Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft. Auch bei der Grundstückszuordnung nach § 1 Abs. 1 GrEStG ist anerkannt, dass wertmäßige Zuordnung der Substanz nicht unbedingt allein beim Grundstückseigentümer liegen muss; dies zeigt schon der Vergleich mit einem durch dingliche Rechte wie valutierte Hypotheken oder Grundschulden belasteten Grundstück. Wenn aber schon für das dingliche Grundstückseigentum gilt, dass die Beteiligung an der Substanz trotz bestehen bleibender Zuordnung zum Grundstückseigentümer Dritten zugewiesen sein kann, ist nicht ersichtlich, warum für den Anteilsinhaber anderes gelten sollte, solange er über das Vermögensstammrecht seiner Mitgliedschaft dinglich am Gesellschaftsvermögen beteiligt ist. Somit ist die Mitgliedschaft auch ohne diese Rechte als Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG zu bewerten. d) Mit Nießbrauch oder Pfandrecht belastete Anteile Während die Treuhand aufgrund der nur schuldrechtlichen Belastung der Mitgliedschaft in Bezug auf die Anteilseigenschaft unschädlich ist, stellt sich für den Nießbrauch sowie das Pfandrecht die Frage, ob ein Anteil, an dem ein Nießbrauch oder ein Pfandrecht bestellt ist, als Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG gelten kann.279 Im Falle der Verpfändung gilt, dass die Mitgliedschaft dem Gesellschafter verbleibt. Er kann aus ihr noch alle Mitgliedschaftsrechte geltend machen. Es wird dem Pfandgläubiger vielmehr nur zur Sicherung einer Forderung bestellt, welcher sich erst im Falle der Pfandreife durch Zwangsvollstreckung aus dem Anteil befriedigen kann. Somit ändert sich weder an der Zuordnung noch an den Merkmalen des Anteils etwas. 279 Zur Verpfändung von und Nießbrauchsbestellung an Gesellschaftsanteilen siehe Kapitel 3 II. 2. c) aa) (7).

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Kap. 3: Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Anteilsvereinigung

Im Falle des Nießbrauchs gilt nichts anderes. Hier hat der Nießbraucher das Recht zur Fruchtziehung aus dem Anteil, d. h. er ist berechtigt, entnahmefähige Erträge der Personengesellschaft bzw. ausgeschüttete Gewinne der Kapitalgesellschaft für sich zu vereinnahmen. Da es ihm jedoch an einer dinglichen Zuordnung des Gesellschaftsvermögen selbst fehlt und er ferner die Mitgliedschaftsrechte nicht aus eigenem Recht geltend machen kann, ist auch der Nießbrauch am Gesellschaftsanteil für § 1 Abs. 3 GrEStG bedeutungslos. e) Ausstehende Gesellschafterbeiträge Abzulehnen ist die Ansicht von Voßkuhl/Hunsmann,280 ein Anteil könne erst dann als solcher gewertet werden, wenn der Gesellschafter seiner Einlagepflicht nachgekommen sei. Der Beginn der Mitgliedschaft selbst ist nicht davon abhängig, ob das Stammkapital eingezahlt wurde.281 Dies ist für die GmbH schon deshalb nicht mit dem Gesetz in Einklang zu bringen, da die Eintragung der GmbH bereits erfolgen kann, wenn bereits ein Viertel jeder Stammeinlage und damit mindestens die Hälfte des Mindeststammkapitals von 25.000 Euro eingezahlt wurden (§ 7 Abs. 2 S. 1 u. 2 GmbHG). Wenn aber keiner der Gesellschafter die volle Einlage leistet, hätte dies zur Folge, dass die Gesellschaft beschlussunfähig wäre.282 Für die GmbH ist es daher auch unumstritten, dass das Stimmrecht nicht von der vollständigen Einzahlung der Stammeinlage abhängt.283 Zwar besteht bei nicht vollständig eingezahlter Einlage unter Umständen die Möglichkeit der Kaduzierung (§ 21 GmbHG). Jedoch haben die Gesellschafter bis zur Kaduzierung die vollen Mitgliedschaftsrechte. Auch für andere Gesellschaften gilt, dass die Erfüllung der Beitragspflichten nicht Voraussetzung dafür ist, dass die Mitgliedschaft einen Anteil i. S. d. § 1 Abs. 3 GrEStG darstellt. Weder das BGB noch HGB sehen vor, dass bei Nicht- oder Schlechtleistung der erforderlichen Beiträge die Mitgliedschaft suspendiert ist. Der Gesellschafter ist daher – vorbehaltlich anderweitiger Regelungen in Satzung oder Gesellschaftsvertrag – nach wie vor als Mitglied dinglich am Vermögen der Gesellschaft beteiligt und kann auf die Willensbildung der Gesellschaft durch die Ausübung der meist mit dem Anteil verbundenen Stimmrechte Einfluss nehmen. Die Einlagepflicht besteht fort. Dies gilt auch bei Personengesellschaften; die Mitgliedschaft endet erst mit Wirksamkeit der Kündigung/Auflösung derselben oder mit der Ausschließung bzw. dem Ausscheidens des Gesellschafters aufgrund der Verletzung der Beitragspflicht.284 280

Voßkuhl/Hunsmann, UVR 2005, S. 51 (54). Lutter/Bayer, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 14 Rn. 1, D. Jasper, in: Münch.Hdb. GesR III, § 23 Rn. 11. 282 Volhard, in: MünchKomm-AktG, § 134 Rn. 29 zur AG. 283 Lutter/Hommelhoff, in: Lutter/Hommelhoff, GmbHG, § 47 Rn. 1. 284 K. Schmidt, MünchKomm-HGB, § 131 Rn. 98. 281

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Eine Einschränkung gilt nur für die Aktiengesellschaft. Dort ordnet § 134 Abs. 2 S. 1 AktG an, dass das Stimmrecht erst mit der vollständigen Leistung der Einlage beginnt. Dies bedeutet aber nicht, dass der Aktionär nicht Mitglied der AG ist, sondern nur, dass sein Stimmrecht bis zur Einlageerbringung suspendiert ist.285 Erst wenn die AG aufgrund der Nichtleistung der Beiträge zur Kaduzierung der Anteile schreitet (§ 64 AktG) und der säumige Gesellschafter dadurch seine Aktien verliert,286 kann ab dem Zeitpunkt des Verlusts der Aktie nicht mehr von einer Mitgliedschaft gesprochen werden. Soweit die Aktie aufgrund nicht erbrachter Einlage stimmrechtslos ist, kann diese mangels Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft auch nicht als Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG qualifiziert werden. Wurde jedoch die Mindesteinlage auf eine Aktie erbracht und gleichzeitig auf keine Aktie die volle Einlage eingezahlt, so gewährt die Aktie ein Stimmrecht; die Stimmkraft bestimmt sich dann nach dem Verhältnis der bereits geleisteten Einlagen (§ 134 Abs. 2 S. 4 AktG). Auch sind in gewissem Umfang Satzungsbestimmungen möglich, die das Stimmrecht auch ab Einzahlung der Mindesteinlage gewähren, selbst wenn bereits ein Aktionär seine volle Einlage erbracht hat, § 134 Abs. 2 S. 2 AktG.287 Auch dann qualifiziert eine solche Mitgliedschaft als Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG. f) Komplementär- und Kommanditanteil der KG Unproblematisch sind die Mitgliedschaften des Komplementärs und des Kommanditisten einer KG als Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG zu verstehen. Nach § 161 Abs. 2 HGB finden auf die Kommanditgesellschaft die Vorschriften über die offene Handelsgesellschaft Anwendung. Die Rechtsstellung des Komplementärs ist daher grundsätzlich dieselbe, die dem Gesellschafter einer OHG zukommt.288 Da wiederum über § 105 Abs. 2 HGB die Vorschriften der §§ 705 ff. BGB Anwendung finden, ist der Komplementär nach § 718 Abs. 1 BGB gesamthänderisch am Gesellschaftsvermögen beteiligt.289 Dies gilt für den Komplementär unabhängig davon, ob und in welcher Höhe er sich tatsächlich mit Einlagen oder sonstigen Beiträgen an der Bildung des Gesamthandvermögens beteiligt.290 Ferner kann er nach §§ 161 Abs. 2, 119 Abs. 1

285

Semler, in: Münch.Hdb. GesR IV, § 38 Rn. 3. Bayer, in: MünchKomm-AktG, § 64 Rn. 68; Lutter, in: Kölner Komm. AktG, § 64 Rn. 34; Hüffer, AktG, § 64 Rn. 7. 287 Vgl. Semler, in: Münch.Hdb. GesR IV, § 38 Rn. 4; Volhard, in: MünchKommAktG, § 134 Rn. 32. 288 Grunewald, in: MünchKomm-BGB, § 161 Rn. 2. 289 BFH, Urt. v. 26.07.1995 – II R 68/92, BStBl. 1995 II, S. 736 (737). 290 BFH, Urt. v. 08.08.2001 – II R 66/98; BFH/NV 2001, S. 1672; BFH, Urt. v. 26.07.1995 – II R 68/92, BStBl. 1995 II, S. 736 (737). 286

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Kap. 3: Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Anteilsvereinigung

HGB i.V. m. über Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung auf die Willensbildung der Gesellschaft Einfluss nehmen. Auch der Kommanditist ist nach diesen Vorschriften zur Teilnahme an der Beschlussfassung der Gesellschaft berechtigt.291 g) Komplementär-Anteil der KGaA Höchst problematisch ist, ob ein Komplementär-Anteil an einer KGaA als Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG zu werten ist. Dies ist durch die bislang nicht hinreichend untersuchten Grundlagen der Mitgliedschaft des KGaAKomplementärs bedingt.292 Aufgrund dieser unklaren Rechts- und Gesetzeslage kann hier nicht mit letzter Gewissheit über die Stellung des Komplementär-Anteils zum Gesellschaftsvermögen entschieden werden; dies würde den Rahmen der Dissertation deutlich sprengen. Vielmehr ist aus der Gesetzgebungsgeschichte und den bislang vertretenen Auffassungen unter Berücksichtigung grunderwerbsteuerrechtlicher Maßstäbe zu ermitteln, ob die Mitgliedschaft des Komplementär-Gesellschafters einer KGaA als Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG zu verstehen ist. Nach § 278 Abs. 2 AktG richtet sich das Rechtsverhältnis der persönlich haftenden Gesellschafter untereinander und gegenüber der Gesamtheit der Kommanditaktionäre sowie gegenüber Dritten nach den Vorschriften des Handelsgesetzbuch über die Kommanditgesellschaft. Dies gilt trotz der Nichtaufnahme in § 278 Abs. 2 AktG auch für das Rechtsverhältnis zwischen Komplementär und Gesellschaft selbst, da der Komplementär das personengesellschaftsrechtliche Charakteristikum der KGaA ist.293 Daraus ließe sich für § 1 Abs. 3 GrEStG schließen, dass die Stellung des Komplementärs einer KGaA derselben in der KG gleichzusetzen ist,294 und somit die Mitgliedschaft des Komplementärs als Anteil zu qualifizieren wäre. Dieser Annahme ist jedoch entgegenzuhalten, dass die KGaA nach § 278 Abs. 1 AktG eine Kapitalgesellschaft und keine Personengesellschaft darstellt.295 Somit bildet sie kein Gesamthandsvermögen nach §§ 161 Abs. 2, 105 Abs. 2 HGB i.V. m. § 718 BGB; die Einlagen auf die Kommanditaktien wie auch die eventuelle Vermögenseinlage der Komplementäre gehen in das alleinige Eigentum der KGaA über.296 An dieser Konstellation muss die vollständige analoge Anwendung der Vorschriften über die Beteiligung des 291 Enzinger, in: MünchKomm-HGB, § 119 Rn. 12 ff.; Weipert, in: Münch.Hdb. GesR II, KG, § 14 Rn. 31 ff. 292 Näher Philbert, KGaA, S. 125 ff. und passim; historisch Sußmann, Rechtliche Stellung des Komplementars, S. 63 f. 293 Philbert, KGaA, S. 86; Wichert, Finanzen der KGaA, S. 54 f. 294 So in gesellschaftsrechtlicher Hinsicht Philbert, KGaA, S. 43. 295 Bürgers/Schütz, in: Schütz/Bürgers/Riotte, KGaA, § 4 Rn. 43; Philbert, KGaA, S. 40; Semler/Perlitt, in: MünchKomm-AktG, § 278 Rn. 2.

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Komplementärs an einer KG scheitern, da diese die Gesamthandsbeteiligung des Komplementärs voraussetzen.297 Diese Widersprüchlichkeit ist möglicherweise historisch begründbar. Erst im Jahr 1937 (§ 219 AktG 1937) wurde wörtlich in das Gesetz aufgenommen, dass die KGaA eine juristische Person sei. Vorher wurde dies aus einem Verweis in § 320 Abs. 3 HGB 1900 auf § 210 HGB 1900 herausgelesen. Ursprünglich ging der Gesetzgeber aber von einer Gesamthandsgemeinschaft aus; bis zum Aktiengesetz 1937 war die Frage der Rechtspersönlichkeit der KGaA im Schrifttum umstritten.298 Aufgrund der eigenen Rechtspersönlichkeit der KGaA erklärte auch der BFH im Beschluss vom 27.04.2005 die Anwendung der §§ 5, 6 GrEStG auf die KGaA für unanwendbar, da diese Vorschriften auf das Vorhandensein eines Gesamthandvermögens abstellen. Daraus lässt sich entgegen Behrens/Schmitt299 aber nicht schließen, dass der Komplementär-Anteil nicht als Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG zu qualifizieren ist. Die vorstehende Gerichtsentscheidung sagt darüber nichts aus, da der BFH nur über die Gesamthänderstellung des Komplementärs zu entscheiden hatte. § 1 Abs. 3 GrEStG stellt aber – im Gegensatz zu §§ 5, 6 GrEStG – nicht darauf ab, dass die Gesellschaft ein Gesamthandsvermögen bildet, sondern lässt das Bestehen eines Gesellschaftsvermögens genügen. Ein solches bildet die KGaA aber unzweifelhaft. Ferner stellt § 1 Abs. 3 GrEStG nicht – zumindest nicht explizit – darauf ab, dass der Anteil nach der Höhe seiner Kapitalbeteiligung zu bewerten wäre.300 Auch der koordinierte Ländererlass vom 14.02.2000 enthält – entgegen Behrens/Schmitt – eine solche Aussage nicht.301 Aus der Tatsache, dass der Gesetzgeber sich bislang nicht entschieden hat, wie ein Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG zu bewerten ist, kann m. E. auch nicht gefolgert werden, dass dann auf die Kapitalbeteiligung abgestellt werden muss. Im Gegenteil: entsprechende Vorstöße wurden bislang nie umgesetzt.302

296 Semler/Perlitt, in: MünchKomm-AktG, § 278 Rn. 2; BFH, Beschl. v. 27.04. 2005 – II B 76/04, BFH/NV 2005, S. 1627; zweifelnd Behrens/Schmitt, UVR 2006, S. 118 (122). 297 BFH, Beschl. v. 27.04.2005 – II B 76/04, BFH/NV 2005, S. 1627. 298 Näher Fett, in: KGaA-Handbuch, § 3 Rn. 6; Semler/Perlitt, in: MünchKommAktG, vor § 278 Rn. 18 m. w. N.; historisch Sußmann, Rechtliche Stellung des Komplementars, S. 11. 299 So aber Behrens/Schmitt, UVR 2006, S. 118 (124). 300 Dies vertreten aber Behrens/Schmitt, UVR 2006, S. 118 (124); zur Bewertung von Anteilen siehe Kapitel 5. 301 FinMin Baden-Württemberg – 3 – S 4500/43, DStR 2000, S. 430. 302 Referentenentwurf zur Änderung des GrEStG v. 28.04.2000, zitiert bei Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 893b: „Anteil im Sinne des Satzes 1 ist bei Personengesellschaften der Anteil am Gesellschaftsvermögen.“

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Kap. 3: Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Anteilsvereinigung

Weiterführend ist jedoch der Ansatz von Behrens/Schmitt insoweit, als diese prüfen, ob die Vermögensrechte des Komplementärs wie die eines stillen Gesellschafters nur schuldrechtlicher und nicht dinglicher Natur sind.303 Dies würde dazu führen, dass die Mitgliedschaft des Komplementärs analog zur Stellung eines stillen Gesellschafters nicht als Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG zu zählen wäre. Dafür spricht, dass die eventuelle Einlage in das Eigentum der KGaA übergeht. Dagegen sind die Ansprüche des Komplementärs auf Gewinnbeteiligung (§ 278 Abs. 2 AktG i.V. m. §§ 167, 120 HGB),304 auf Beteiligung am Liquidationserlös sowie das Entnahmerecht (§ 288 AktG)305 entgegen der Ansicht des BFH306 nicht rein schuldrechtlicher Natur, sondern aus der Mitgliedschaft resultierende originäre Vermögensrechte. Dasselbe gilt (mit Ausnahme des Entnahmerechts) auch für die Beiträge der Kommanditaktionäre auf ihre Aktien. Diese haben aber, da ihre Mitgliedschaft gemäß § 278 Abs. 3 AktG i.V. m. § 8 ff. AktG als Aktie ausgestaltet ist, Anteile im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG inne. Insoweit ist – und dies übersehen Behrens/Schmitt – streng zwischen der Zuordnung des Gesellschaftsvermögens, den dinglichen Vermögensrechten und den daraus verselbständigten schuldrechtlichen Ansprüchen (= Gläubigerrechten) zu trennen.307 Dem steht auch nicht entgegen, dass der Komplementär einen „nur“ bedingten Anspruch auf Auseinandersetzung hat.308 Dieser Abfindungsanspruch ist gemäß §§ 278 Abs. 2 AktG, 161 Abs. 2, 105 Abs. 3 HGB, 738 BGB dem Personengesellschaftsrecht entnommen. Die besagten Vorschriften beziehen sich jedoch auf den Auseinandersetzungsanspruch gegenüber der Gesamthand. Diese beruhen auf der Annahme einer gesamthänderischen Mitberechtigung309 und sind daher auf die KGaA überhaupt nicht anwendbar. Wie gezeigt, beruht diese Annahme einer Gesamthandsgemeinschaft auf dem historischen Gesetzgebungsprozess und ist mithin überholt. Sußmann beschreibt das Vermögensrecht des Komplementärs daher als nicht dinglich, jedoch mitgliedschaftlich.310 Sie geht damit wohl dennoch von einer Beteiligung am Vermögensstamm der KGaA aus, also einer „dinglichen“ Beteiligung vergleichbar der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft. Ihre Auffassung erscheint auch deshalb zutreffend, weil die eventuelle Vermögenseinlage des persönlich haften303

Behrens/Schmitt, UVR 2006, S. 118 (121). Schütz/Reger, in: Schütz/Bürgers/Riotte, KGaA-Handbuch, § 5 Rn. 244 ff. 305 Schütz/Reger, in: Schütz/Bürgers/Riotte, KGaA-Handbuch, § 5 Rn. 244 ff. 306 BFH, Beschl. v. 27.04.2005 – II B 76/04, BFH/NV 2005, S. 1627. 307 Speziell zur KGaA Bogenschütz, Widmann-FS, S. 163 (169); allgemein Habersack, Mitgliedschaft, S. 100. 308 Zum Auseinandersetzungsanspruch Semler/Perlitt, in: MünchKomm-AktG, § 278 Rn. 44. 309 So bereits Sußmann, Rechtliche Stellung des Komplementars, S. 63. 310 Sußmann, Rechtliche Stellung des Komplementars, S. 63. 304

III. Sonderprobleme bei Anteilen und Gesellschaften

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den Gesellschafters nach Höhe und Art in der Satzung festgelegt werden muss (§ 281 Abs. 2 AktG) und als Eigenkapital der KGaA gilt.311 Insoweit besteht wiederum eine Parallele zum Grundkapital der Aktiengesellschaft und somit zur Aktie als solcher, wenngleich die Komplementärbeteiligung keine Aktie darstellt, da sie keine der Aktie vergleichbare Struktur aufweist. Dagegen gilt die Beteiligung des stillen Gesellschafters aufgrund des Übergangs in das Vermögen des Unternehmers als spätere Verbindlichkeit desselben und somit nicht als originäre, dingliche Beteiligung an einer Gesellschaft.312 Bilanziell zeigt sich dies daran, dass die Einlage des stillen Gesellschafters grundsätzlich als Verbindlichkeit passiviert wird; nur wenn sie die Eigenschaften von Eigenkapital aufweist, wird sie als Eigenkapital aufgeführt, jedoch deutlich abgesetzt vom Eigenkapital im engeren Sinne.313 Aufgrund dieser gesetzgebungstechnisch und -geschichtlich bedingten hybriden Stellung muss der Versuch, die Vermögensstellung des KGaA-Komplementärs in das Schema Gesamthandsgemeinschaft – juristische Person – stille Gesellschaft pressen zu wollen, zwangsläufig scheitern. Die Regelungen zur Gesamthandsgemeinschaft passen trotz der Verweisung in § 278 Abs. 2 AktG nicht; die Vergleichbarkeit zur Aktie, welche die Verweisung des § 278 Abs. 3 AktG nahelegen würde, ist mithin auch nicht gegeben. Die Vermögensbeteiligung kann daher – wie auch die Rechtsform der KGaA314 – nur als eine mitgliedschaftliche Beteiligung sui generis verstanden werden, die sich jeder Zuordnung zu einer anderen Beteiligungsform entzieht. Es ist auch nicht verständlich, warum überhaupt eine Vergleichbarkeit zu Beteiligungen an anderen Gesellschaftsformen hergestellt werden muss. Trotz der strukturellen Unterschiede zur Mitgliedschaft an Personen- wie auch anderen Kapitalgesellschaften weist die Mitgliedschaft an der KGaA, insbesondere im Hinblick auf § 281 Abs. 2 AktG eine dingliche Beteiligung am Vermögen der KGaA auf.315 Denn es ist gerade für Wirtschaftsvereine – zu denen die KGaA aufgrund ihrer Stellung als juristische Person gehört – anerkannt, dass auch diese ihren Mitgliedern eine vermögensmäßige Mitberechtigung einräumen.316 Dies reicht anhand der oben beschriebenen Kriterien aus, die Mitgliedschaft des Komplementärs als Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG zu verstehen.

311

Bogenschütz, Widmann-FS, S. 163 (169). Blaurock, Hdb. Stille Gesellschaft, § 13 Rn. 85; Kühn, in: Münch.Hdb. GesR II, StG, § 83 Rn. 23. 313 Beck’scher Bilanzkommentar, § 266 Rn. 187; ausführlich Blaurock, Hdb. Stille Gesellschaft, § 13 Rn. 83 ff. 314 Bogenschütz, in: Widmann-FS, S. 163 (168). 315 Ebenso Bogenschütz, in: Widmann-FS, S. 163 (169). 316 Habersack, Mitgliedschaft, S. 100; Sußmann, Rechtliche Stellung des Komplementars, S. 63. 312

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Kap. 3: Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Anteilsvereinigung

Selbst wenn man dieser Ansicht nicht folgen sollte, so ist dieses Ergebnis auch durch Auslegung des § 1 Abs. 3 GrEStG zu erzielen. Dabei ist wiederum zu berücksichtigen, dass die Regelung des § 1 Abs. 3 GrEStG bezweckt, den Wechsel des wirtschaftlichen Eigentums an einem Gesellschaftsgrundstück steuerlich zu erfassen. Nimmt man wie Behrens/Schmitt an, die Komplementär-Beteiligung sei nicht als Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG zu sehen, dann muss die Gesamtheit der Kommanditaktionäre als wirtschaftlicher Eigentümer des Gesellschaftsvermögens anzusehen sein. Diese Gesamtheit muss also die Sachherrschaft über das Gesellschaftsvermögen ausüben können. Eine solche Stellung kommt der Gesamtheit der Kommanditaktionäre im Gegensatz zur Gesamtheit der Aktionäre einer AG aber nicht zu. Vereinigt ein Kommanditaktionär alle bzw. mindestens 95% der Kommanditaktien unmittelbar oder mittelbar in seiner Person, kommt ihm sicherlich eine beherrschende Stellung in der Hauptversammlung der KGaA zu. Es ist aber zu beachten, dass die Hauptversammlung bei der KGaA – im Gegensatz zur AG317 – keine Gesellschafterversammlung, sondern nur die Versammlung aller Kommanditaktionäre darstellt.318 Die Beschlüsse der KGaA bedürfen nach § 285 Abs. 2 S. 1 AktG der Zustimmung der Komplementäre, soweit bei einer Kommanditgesellschaft das Einverständnis der persönlich haftenden Gesellschafter und der Kommanditisten erforderlich ist. Dieses Zustimmungsbedürfnis ist weitreichender Natur und umfasst insbesondere alle Grundlagengeschäfte, außergewöhnliche Geschäftsführungsmaßnahmen sowie die Feststellung des Jahresabschlusses.319 Die laufende Geschäftsführung ist im Regelfall alleinige Angelegenheit der geschäftsführenden Komplementäre, ähnlich dem Vorstand einer AG.320 Autonome Hauptversammlungsbeschlüsse, also solche, die nicht der Zustimmung der persönlich haftenden Gesellschafter bedürfen, sind nur die Bestellung von Prüfern und die Geltendmachung von Ansprüchen der Gesellschaft aus der Gründung oder Geschäftsführung (§ 285 Abs. 1 Nr. 3–6 AktG). Aus dieser Stellung ist aber nicht herzuleiten, dass selbst ein Alleinaktionär einer KGaA die Sachherrschaft über das Gesellschaftsvermögen ausüben kann. Er ist daher nicht als wirtschaftlicher Eigentümer zu qualifizieren. Daher sprechen trotz der bestehenden dogmatischen Zweifel die besseren Argumente dafür, den Komplementäranteil als Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG zu behandeln. Die Frage, wie ein Komplementär-Anteil zu bewerten ist, soll noch im Laufe dieser Arbeit behandelt werden.

317 318 319 320

Umfassend K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 28 IV (S. 837 ff.). Semmler/Perlitt, MünchKomm-AktG, § 285 Rn. 2. Schütz/Reger, in: Schütz/Bürgers/Riotte, KGaA-Handbuch, § 5 Rn. 44. Semler/Perlitt, in: MünchKomm-AktG, § 285 Rn. 39.

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h) Genussrechte Unter Genussrechten sind schuldrechtliche Ansprüche gegen die Gesellschaft zu verstehen, die dem Inhaber die inhaltlich typischen Vermögensrechte eines Gesellschafters verschaffen. Möglich ist beispielsweise die Beteiligung am Gewinn oder am Liquidationserlös.321 Gesellschaftsrechtlich gelten sie grundsätzlich als Fremdkapital, sind jedoch als Eigenkapital einzuordnen, wenn ihre Vergütung erfolgsabhängig ist, das Genussscheinkapital an Bilanzverlusten wie gezeichnetes Kapital teilnimmt, ein Rangrücktritt hinter die anderen Gläubiger im Insolvenzfall besteht und das Genussscheinkapital der Kapitalgesellschaft für einen längeren Zeitraum überlassen wird.322 Auch wenn Genussrechte so ausgestaltet werden können, dass sie handels- und steuerrechtlich als Eigenkapital der Gesellschaft gelten, sind diese Ansprüche jedoch rein schuldrechtlicher Natur und stellen daher keine Mitgliedschaft dar.323 Dementsprechend fehlt es ihnen an aktionärstypischen Mitwirkungs- und Kontrollrechten, insbesondere am Stimmrecht. Diese Rechte können zumindest bei der AG nach herrschender Meinung wegen § 23 Abs. 5 AktG i.V. m. § 139 AktG auch nicht vertraglich eingeräumt werden.324 Zudem fehlt es dem Genussrecht auch an der dinglichen Zuordnung des Gesellschaftsvermögens. Aus diesem Grund sind Genussrechte grunderwerbsteuerrechtlich – im Übrigen entgegen der einkommensteuerrechtlichen Behandlung, die folgerichtig auf die Beteiligung an Gewinn, Verlust und stillen Reserven abstellt325 – auch bei Ausgestaltung als aktionärsähnliches Recht nicht als Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG einzuordnen. 2. Gesellschaften im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG a) Innengesellschaften Unter Innengesellschaften werden Gesellschaften im Sinne des § 705 BGB verstanden, die als solche nicht nach außen am Rechtsverkehr teilnehmen und kein Gesamthandsvermögen bilden.326 Sie bilden daher meist auch keine über 321

Krieger, in: Münch.Hdb. GesR IV, § 63 Rn. 47. Ellrott/Krämer, in: Beck’scher Bilanzkommentar, § 266 Rn. 186; HFA 1/1994 WPg 1994, 419 ff.; im Einzelnen str. 323 BGH, Urt. v. 05.10.1992 – II ZR 172/91, BGHZ 119, S. 305 (309) – Klöckner; Krieger, in: Münch.Hdb. GesR IV, § 63 Rn. 48 ff. 324 BGH, Urt. v. 05.10.1992 – II ZR 172/91, BGHZ 119, S. 305 (309) – Klöckner; Urt. v. 09.11.1992 – II ZR 230/91, NJW 1993, S. 400 (401) (st. Rspr); Habersack, in: MünchKomm-AktG, § 221 Rn. 65 u. 119; Hüffer, AktG, § 221 Rn. 26; Krieger, in: Münch.Hdb. GesR IV, § 63 Rn. 48. 325 BFH, Urt. v. 14.06.2005 – VIII R 73/03, DStR 2005, S. 1847 (1848); WeberGrellet, in: L. Schmidt, EStG, § 17 Rn. 22. 326 Absolut h. M.; BGH, Urt. v. 13.06.1994 – II ZR 38/93, NJW 1994, S. 2536; Urt. v. 21.12.1972 – II ZR 13/71, WM 1973, S. 296 (297); OLG Frankfurt, Urt. v. 322

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Kap. 3: Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Anteilsvereinigung

die schuldrechtlichen Beziehungen der Gesellschafter zueinander hinausgehende Organisation. Da diese Innengesellschaften kein Gesamthandsvermögen bilden, können sie keine Gesellschaft im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG darstellen, da sie nicht in der Lage sind, Grundstücksinhaber zu sein. Diese relativ einfache Erkenntnis darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass im Einzelfall die Bestimmung, ob eine Gesellschaft als Innen- oder als Außengesellschaft konzipiert wurde, häufig nur durch Auslegung des jeweiligen Gesellschaftsvertrags möglich ist. Teilweise können die Gesellschaftszwecke nämlich sowohl in der Form der Innen- als auch in der Form der Außengesellschaft verwirklicht werden. Anhand der Beispiele „Beteiligungskonsortium“ und „Stimmrechtspool“ sollen nun die für die grunderwerbsteuerrechtliche Einordnung relevanten Merkmale der Gesellschaft verdeutlicht werden.327 Beteiligungskonsortien dienen dem gemeinsamen Erwerb und/oder der Verwaltung von Anteilen an einer Handelsgesellschaft. Meist nimmt das Konsortium selbst nicht am Rechtsverkehr teil und beschränkt sich auf die Verwaltung und Kontrolle der erworbenen Beteiligung. Somit stellen Beteiligungskonsortien Innengesellschaften dar und sind nicht als Gesellschaft im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG zu qualifizieren. Selbst wenn das Konsortium als BGB-Außengesellschaft konzipiert ist und damit ein Gesellschaftsvermögen bildet, ist aber noch nicht gesagt, dass die Anteile, die das Beteiligungskonsortium verwaltet, automatisch in das Gesellschaftsvermögen übergehen.328 Frühestens bei einem solchen Übergang kann die Mitgliedschaft am Konsortium unter den Anteilsbegriff des § 1 Abs. 3 GrEStG fallen. Stimmbindungsgemeinschaften (auch Stimmrechtspools genannt) verpflichten sich gesellschaftsvertraglich zum Zwecke gemeinsamer Herrschaftsausübung,329 ihr Stimmrecht gegenüber dem Beteiligungsunternehmen entsprechend vorheriger interner Willensbildung einheitlich auszuüben.330 Bei Stimmrechtspools, die zur Verfolgung eines gemeinsamen Zwecks begründet werden, verbleiben die Anteile daher bei den Poolmitgliedern. Somit nimmt der Stimmrechtspool in 02.10.1969 – 10 U 253/68, BB 1969, S. 1411; Gummert, in: Münch.Hdb. GesR I, § 16 Rn. 4; Ulmer, in: MünchKomm-BGB, § 705 Rn. 275 ff.; K. Schmidt, in: MünchKomm-HGB, § 230 Rn. 7 ff.; Horn, in: Heymann, HGB, § 230 Rn. 3; Hopt, in: Baumbach/Hopt, HGB, Einl. v. § 105 Rn. 10 und § 230 Rn. 3; a. A. Steckhan, Innengesellschaft, S. 74–107 und passim. 327 Zu den beispielhaft angesprochenen Gesellschaften ausführlich Weipert, in: Münch.Hdb. GesR I, § 34. 328 Ulmer, in: MünchKomm-BGB, vor § 705 Rn. 68. 329 Z. B. mit dem Fernziel stabiler Stimmrechtsverhältnisse, Verwirklichung von Exit-Strategien, Gegengewicht zu Gesellschaftern mit besonders starker Stellung, vgl. Weipert, in Münch.Hdb. GesR I, § 34 Rn. 11. 330 Jan Schröder, ZGR 1978, S. 578 ff.; Ulmer, in: MünchKomm-BGB, Vor § 705 Rn. 68; Simon/Rubner, NJW-Spezial 2005, S. 27; H. P. Westermann, in: Erman, BGB, Vor § 705 Rn. 44.

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der Regel schon gar nicht am Rechtsverkehr teil und bildet kein Gesellschaftsvermögen, weshalb er als reine Innengesellschaft nicht Gesellschaft im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG ist. Diese Konstellationen der Stimmrechtsbindung verstoßen im Übrigen nicht gegen das Abspaltungsverbot, da entweder der Anteil in das Gesellschaftsvermögen des Konsortiums/Stimmrechtspools übergeht (dann liegt aber eine Außengesellschaft vor) oder das Stimmrecht selbst beim Gesellschafter verbleibt und dieser sich nur zu einem bestimmten Stimmverhalten verpflichtet.331 b) REIT-Aktiengesellschaft Rückwirkend zum 01. Januar 2007 wurde durch das Gesetz über deutsche Immobilien-Aktiengesellschaften mit börsennotierten Anteilen (REIT-Gesetz – REITG)332 die Möglichkeit geschaffen, steuerbegünstigte Immobilienaktiengesellschaften zu gründen. Unter einer REIT-Aktiengesellschaft ist nach § 1 Abs. 1 REITG eine Aktiengesellschaft zu verstehen, deren Unternehmensgegenstand sich darauf beschränkt, Eigentum oder dingliche Nutzungsrechte an inund ausländischem unbeweglichen Vermögen zu erwerben, zu halten, im Rahmen der Vermietung, der Verpachtung und des Leasings zu verwalten und zu veräußern sowie Anteile an Immobilienpersonengesellschaften zu erwerben, zu verwalten oder zu veräußern. Deren Aktien müssen zudem zum Handel an einem organisierten Markt im Sinne von § 2 Abs. 5 WpHG in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen EWG-Vertragsstaat zugelassen sein. Soweit durch das REITG nichts anderes bestimmt ist, unterliegen REIT-AGs den Vorschriften des Aktiengesetzes oder des Handelsgesetzbuchs (§ 1 Abs. 3 REITG). Aus dieser Definition – insbesondere dem Verweis auf das Aktienrecht – heraus ist ersichtlich, dass Aktien an REIT-Aktiengesellschaften grundsätzlich geeignet sind, Anteile im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG darzustellen, zumal § 5 Abs. 1 S. 1 REITG eindeutig klarstellt, dass sämtliche Aktien als stimmberechtigte Stückaktien gleicher Gattung begründet werden müssen. Somit stellen REIT-Aktiengesellschaften auch Gesellschaften im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG dar. Die Frage, ob vor dem Hintergrund des § 11 REITG (Streubesitzregelung) eine Vereinigung von mindestens 95 v. H. der Anteile denkbar ist, kann erst im Rahmen der Anteilsbewertung behandelt werden.333

331 332 333

Weipert, in: Münch.Hdb. GesR I, § 34 Rn. 29. BGBl. I 2007, S. 914 ff. Siehe Kapitel 5.

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Kap. 3: Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Anteilsvereinigung

c) Anstalt öffentlichen Rechts In jüngster Zeit wurde in der Literatur die Frage diskutiert, ob Anstalten öffentlichen Rechts in den Geltungsbereich des § 1 Abs. 3 GrEStG fallen können.334 Aus zivilrechtlicher Sicht verwundert dies: unter dem Begriff der „öffentlichen“ Anstalt werden rechtlich selbständige oder unselbständige organisatorische Zusammenfassungen von Verwaltungsbediensteten und Sachmitteln zu einer verselbständigten Verwaltungseinheit verstanden, durch welche entsprechend ihrer Zwecksetzung bestimmte Verwaltungsaufgaben an Benutzer erbracht werden.335 Da folglich keine verbandsartige, mitgliedschaftliche Struktur besteht, ist die Anstalt öffentlichen Rechts zivilrechtlich nicht als Gesellschaft zu qualifizieren.336 Dennoch sind Wiese/Klaas337 der Ansicht, dass aus wettbewerbsrechtlichen Gründen Ausnahmen zu machen seien. Soweit die öffentliche Hand einen Betrieb gewerblicher Art unterhalte, trete sie in Wettbewerb zur Privatwirtschaft. Demnach sei es aus verfassungsrechtlichen Gründen – insbesondere zur Gewährleistung des Grundrechts auf freie Berufsausübung – zwingend geboten, Anstalten, welche solche Betriebe unterhielten, als Gesellschaften im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG zu behandeln. Diesen Grundsatz der Wettbewerbsgleichheit stelle § 4 Nr. 1 GrEStG sicher, indem juristische Personen des öffentlichen Rechts dann keine Steuerbefreiung gewährt werde, wenn das Grundstück einem Betrieb gewerblicher Art diene. Aus diesem Rechtsgrundsatz müsse also gefolgert werden, dass für den Fall einer gewerblichen Nutzung eines Anstaltsgrundstücks die Anstalt als Gesellschaft im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG zu behandeln sei. Andernfalls stehe der öffentlichen Hand ein ungerechtfertigter staatlicher Vorteil zu, dessen Gewährung die Wettbewerbsneutralität des Grunderwerbsteuerrechts missachte. Dies sei auch mit dem Wortlaut des § 1 Abs. 3 GrEStG zu vereinbaren, wenn sich gewerblich tätige Anstalten begrifflich und funktional privatrechtlichen Organisationsformen angenähert hätten, beispielsweise durch die Bildung von Stammkapital eine anteilige Zurechnung von Vermögen und Ertrag öffentlicher Unternehmen zu deren Trägern möglich sei. Klarzustellen ist zunächst, dass es sich hier nur um eine rechtsfähige Anstalt des öffentlichen Rechts handeln kann; eine nicht rechtsfähige Anstalt könnte grunderwerbsteuerrechtlich kein Grundstück zugeordnet sein, da diese kein eigenes Vermögen bildet, sondern das Vermögen der hinter der Anstalt stehenden 334 So Wiese/Klaas, DB 2004, S. 1009 ff.; Weilbach, GrEStG, § 1 Rn. 87 (S. 58 unten). 335 Nach Maurer, Allgemeines Verwaltungsrecht, § 23 Rn. 47; ebenso Wiese/Klaas, DB 2004, S. 1009 (1010). 336 Explizit Wiese/Klaas, DB 2004, S. 1009 (1011). 337 Wiese/Klaas, DB 2004, S. 1009 (1011 f.); ihnen folgend Weilbach, GrEStG, § 1 Rn. 87 (S. 58 unten).

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Körperschaft öffentlichen Rechts zuzuordnen wäre. Darüber hinaus kann ich mich der Ansicht, die Anstalt öffentlichen Rechts als Gesellschaft im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG zu qualifizieren, vor dem Hintergrund des oben entwickelten Begriffsverständnisses nicht anschließen. Wiese/Klaas’ Äußerung, das öffentlich-rechtliche Verhältnis zwischen Anstalt und Anstaltsträger würde funktionell und begrifflich immer mehr dem zivilrechtlichen Verhältnis von Gesellschaft und Gesellschafter angenähert,338 kann meines Erachtens noch nicht dazu führen, dass diese Rechtsbeziehung bereits als Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG zu qualifizieren ist. Es fehlt insbesondere an einer Untersuchung, ob diese Rechtsbeziehung schon alle Qualitäten eines Anteils aufweist, ja selbst der Begriff des Anteils bleibt im Dunkeln. Abzulehnen ist insbesondere die These, die Anstalt sei je nach deren Betätigungsform als Gesellschaft einzuordnen. § 1 Abs. 3 GrEStG stellt nicht auf die Tätigkeit ab, um einen Verband als Gesellschaft zu qualifizieren. Vielmehr ist auf die verbandsrechtliche Struktur ausgehend von den Tatbestandsmerkmalen des Anteilsbegriffs sowie der Freiwilligkeit des Zusammenschlusses auszugehen.339 Letztendlich beruht die Ansicht Wiese/Klaas’ auf dem Versuch einer verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 3 GrEStG, die sich meines Erachtens besser auf Art. 3 Abs. 1 GG als auf das Freiheitsgrundrecht des Art. 12 GG stützen sollte; eine Beeinträchtigung dieser Freiheit im Sinne einer Zulassungsschranke oder einer Berufausübungsregel ist nämlich nicht erkennbar. Zudem bleibt festzuhalten, dass die Anstalt öffentlichen Rechts aufgrund ihrer öffentlichen Zweckverfolgung höchstens bedingt mit einer privatrechtlichen Gesellschaft vergleichbar sein dürfte. Dies spricht auch dagegen, den Rechtsgedanken des § 1 Abs. 3 GrEStG, den Erwerb wirtschaftliche Eigentum des beherrschenden Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen zu erfassen, auf die Anstalt öffentlichen Rechts zu übertragen, da sowohl auf Anstaltsebene wie auf Ebene des Trägers eine private Zweckverfolgung ausgeschlossen ist. Ferner ist eine privatrechtliche erwerbswirtschaftliche Betätigung nicht zwingend in Form einer Gesellschaft auszuüben (z. B. beim Einzelkaufmann), so dass auch insoweit die Gleichsetzung zwischen Tätigkeit und verbandsrechtlicher Struktur nicht möglich und auch nicht geboten ist. Schlussendlich ist zu beachten, dass auch eine verfassungskonforme Auslegung dort ihre Grenze findet, wo das verfassungskonforme Ergebnis nicht mit dem Wortlaut der Norm in Übereinstimmung zu bringen ist.340 Weder vor dem zivilrechtlichen noch vor dem grunderwerbsteuerrechtlichen Hintergrund der Norm kann daher die Anstalt öffentlichen Rechts generell als Gesellschaft im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG behandelt werden, auch wenn dies verfassungsrechtlich geboten wäre. Die Konsequenz 338 339 340

Wiese/Klaas, DB 2004, S. 1009 (1010). Siehe Kapitel 3 II. 3. Siehe Kapitel 2 V. 1.

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Kap. 3: Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Anteilsvereinigung

daraus, dass § 1 Abs. 3 GrEStG als solcher verfassungswidrig wäre, ziehen die Autoren dennoch nicht. d) Gesellschaften ausländischer Rechtsform Grundsätzlich sind der Sitz und die Rechtsform der Gesellschaft für § 1 Abs. 3 GrEStG irrelevant. Ersteres ergibt sich daraus, dass die Vorschrift nur auf die Belegenheit des Grundstücks im Inland, nicht aber auf den Sitz der Gesellschaft abstellt.341 Dies ist auch folgerichtig: soll in § 1 Abs. 1 GrEStG der Eigentümerwechsel an einem inländischen Grundstück besteuert werden, so kann § 1 Abs. 3 GrEStG nicht darauf abstellen, ob der Grundstückseigentümer im In- oder Ausland ansässig ist. Selbiges gilt für die Rechtsform, solange diese als Gesellschaft im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG zu qualifizieren ist. Welche ausländischen Rechtssubjekte Gesellschaften darstellen, wurde bislang anhand eines Typenvergleichs festgestellt. Es wurde untersucht, ob der ausländische Verband ungeachtet seiner privatrechtlichen Qualifizierung durch ausländische Rechtsnormen unter das deutsche Steuerrecht zu subsumieren ist, was durch einen am rechtlichen Strukturtypus des deutschen Steuerrechts ausgerichteten Vergleich der Rechtstypen zu bewerkstelligen war.342 Nach der hier aufgestellten Definition erübrigt sich hingegen die Vornahme eines Typenvergleichs, was insbesondere bei den ausländischen Gesellschaftsformen von Vorteil ist, die keine Entsprechung im deutschen Gesellschaftsrecht haben. Die grunderwerbsteuerautonome Definition von Anteils- und Gesellschaftsbegriff hat ferner zum Vorteil, dass hierdurch die Gleichbehandlung von deutschen und ausländischen Gesellschaftsformen gewährleistet ist, was insbesondere im Hinblick auf Gesellschaftsformen aus anderen EG-Mitgliedstaaten und das europarechtliche Diskriminierungsverbot von besonderer Bedeutung ist. Im Folgenden soll anhand einiger Beispiele gezeigt werden, wie bei der Beurteilung der Tatbestandsmäßigkeit ausländischer Gesellschaften vorzugehen ist. aa) Großbritannien: Private Limited Company Eine sich seit den EuGH-Entscheidungen Überseering343 und Inspire Art344 im Vordringen befindliche Rechtsform ist die britische Private Limited Company (oder kurz Ltd.).345 Ihr Vorteil liegt nicht nur in der schnellen und billigen 341 BFH, Urt. v. 05.11.2002 – II R 23/00, BFH/NV 2003, S. 505 (506); Hofmann, GrEStG, § 1 Rn. 137. 342 Klein, FR 2001, S. 118 (126 ff.); Drüen, in: Tipke/Kruse, AO, § 4 Rn. 336. 343 Urt. v. 05.11.2002 – Rs. C-208/00, EuZW 2002, S. 754 ff. 344 Urt. v. 30.09.2003 – Rs. C-167/01, NZG 2003, S. 1064 ff. 345 Kessler/Eicke, DStR 2005, S. 2101.

III. Sonderprobleme bei Anteilen und Gesellschaften

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Gründung,346 sondern auch in der weitgehenden Flexibilität der Ausgestaltung des Gesellschaftsverhältnisses. Zudem folgt das britische Gesellschaftsrecht hinsichtlich des Gesellschaftssitzes der Gründungstheorie, d. h. es ist für die Rechtsfähigkeit der Gesellschaft ausreichend, wenn sich der Satzungssitz (registered seat) in England oder Wales befindet; der tatsächliche Verwaltungssitz kann sich dagegen im Ausland befinden. Von besonderer Attraktivität scheint die fehlende Notwendigkeit eines Mindeststammkapitals zu sein.347 Die Limited fußt allerdings auf einem anderen Kapital- und Anteilssystem als das deutsche Gesellschaftsrecht. Im memorandum348 wird der Gesamtbetrag aller potenziellen Anteile festgelegt (authorised share capital). Die ausgegebenen Anteile werden als issued capital bezeichnet, die noch nicht ausgegebenen Anteile als unissued capital. Das issued capital wird wiederum untergliedert in das zur Zahlung aufgeforderte Kapital (calledup share capital; bei erfolgter Einlage: paid-up share capital) und das noch nicht zur Zahlung aufgeforderte Kapital (uncalled share capital). Die shares werden üblicherweise als ordinary shares ausgegeben: sie gewähren sowohl Stimm- als auch Vermögensrecht. Jedoch ist auch die Ausgabe stimmrechtsloser Aktien (non-voting shares) oder Vorzugsaktien (preferenced shares) möglich. Eine Besonderheit sind die so genannten redeemable shares, die auf Anforderung des Gesellschafters oder der Gesellschaft von letzterer zu einem bestimmten Zeitpunkt zurückgekauft werden müssen.349 Anhand der oben entwickelten Kriterien ist die Einordnung der shares für Zwecke des § 1 Abs. 3 GrEStG relativ leicht zu bewerkstelligen: Anteile im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG sind nur die shares, die Stimmrechte und Vermögensbeteiligung vermitteln. Aus diesem Grund sind non-voting shares keine Anteile im Sinne der Vorschrift. Auch zählen unissued shares nicht als Anteile, da sie noch nicht ausgegeben sind und somit noch keine die Mitgliedschaft an der Limited gewähren. Dagegen qualifizieren issued shares als Anteile unabhängig davon, ob sie als called-up shares oder uncalled shares ausgegeben worden sind. Fraglich ist die Einordnung der redeemable shares. Soweit sie deren Inhaber Mitgliedschaftsrechte gewähren, die diese als Anteile im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG ansehen lassen, erscheint es mir folgerichtig, sie bis zur Ausübung der Rückgabeoption auch als Anteile im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG 346 Turnbull/Coleman, in: van Hulle/Gesell, European Corporate Law, Part 2 XXV (United Kingdom), Rn. 4; Just, BC 2006, S. 25 f. 347 Turnbull/Coleman, in: van Hulle/Gesell, European Corporate Law, Part 2 XXV (United Kingdom), Rn. 21; Just, Limited in der Praxis, Rn. 196. 348 Zur Trennung zwischen memorandum und articles of association als Verbandssatzung ausführlich Just, Limited in der Praxis, Rn. 60 ff. 349 Zu den Anteilsklassen der Limited näher: Just, BC 2006, S. 25 ff.; ders., Limited in der Praxis, Rn. 198 ff.; McGeachie, in: Dornseifer, Corporate Business Forms in Europe, England, Rn. 46 ff.

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Kap. 3: Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Anteilsvereinigung

anzusehen. Nach Ausübung der Option hingegen stellen die redeemable shares eigene Anteile der Gesellschaft dar und sind daher nicht mehr als Anteile im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG zu qualifizieren. bb) USA: Limited Liability Company Die Limited Liability Company (LLC) ist eine hybride Gesellschaftsform, die mit keiner deutschen Gesellschaftsform vergleichbar ist. Sie gleicht teilweise einer Kapitalgesellschaft, teilweise einer Personengesellschaft. Hinsichtlich der Flexibilität der Ausgestaltung des Gesellschaftsverhältnisses bestehen von Bundesstaat zu Bundesstaat Unterschiede; besonders flexibel ist beispielsweise das LLC-Recht des Staates Delaware ausgestaltet.350 Die LLC weist eine eigenständige Rechtspersönlichkeit auf; die Mitglieder haften nur beschränkt auf die Höhe der vereinbarten Stammeinlage. Ein Mindestkapital ist jedoch nicht erforderlich.351 Die Gesellschafter sind in der Regel proportional zur Größe ihrer Anteile stimmberechtigt und am Gesellschaftsvermögen entsprechend ihrer Einlage beteiligt.352 Diese Merkmale rücken sie in die Nähe zur Kapitalgesellschaft. Dennoch weist sie in erheblichem Umfang Merkmale einer Personengesellschaft auf. Beispielsweise sind die Mitglieder als solche geschäftsführungsbefugt, die Mitgliedschaft ist nur eingeschränkt übertragbar, der Tod oder das Ausscheiden eines Gesellschafters führt mangels anderweitiger Vereinbarung zur Auflösung der Gesellschaft.353 Trotz der Tatsache, dass die LLC keiner deutschen Gesellschaft vergleichbar ist, ergeben sich unter Anwendung der oben gefundenen Definition keinerlei Probleme, die LLC als Gesellschaft im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG anzuerkennen. Auch hier werden dem Gesellschafter üblicherweise Anteile vermittelt, da dieser über sein Stimmrecht Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft hat und mitgliedschaftlich am Gesellschaftsvermögen beteiligt ist. Wie auch bei der Limited gilt hier natürlich: werden einem LLC Interest die für den Anteilsbegriff notwendigen Charakteristika entzogen, so zählt dieser nicht als Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG.

350 Bungert, Gesellschaftsrecht in den USA, S. 67; Merkt/Göthel, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 143 ff. 351 Merkt/Göthel, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 140 f.; Bungert, Gesellschaftsrecht in den USA, S. 68, 72. 352 Bungert, Gesellschaftsrecht in den USA, S. 72 f. 353 Bungert, Gesellschaftsrecht in den USA, S. 68 f.; Merkt/Göthel, US-amerikanisches Gesellschaftsrecht, Rn. 140.

IV. Sitzverlagerung von Gesellschaften und deren Auswirkungen

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IV. Exkurs: Sitzverlagerung von Gesellschaften und deren grunderwerbsteuerrechtliche Auswirkungen 1. Problemstellung Keine unmittelbare Problematik der Anteilsvereinigung ist die Verlagerung des Sitzes einer Gesellschaft von einem Staat in den anderen. Jedoch ist zumindest nicht auszuschließen, dass die Hauptverwaltung einer Gesellschaft aufgrund der Anteilsvereinigung in einen anderen Staat verlegt wird, beispielsweise, indem die neue Muttergesellschaft als Führungsholding fungiert. Dies kann erhebliche Auswirkungen auf die Grunderwerbsteuer haben, da eine solche Verlagerung teilweise den Verlust der Rechtsfähigkeit nach sich zieht. Ein „Grunderwerb“ kann dabei in zwei Varianten bewirkt werden: entweder durch den Übergang von Gesellschaftsgrundstücken (§ 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG) oder den Übergang von Anteilen an grundbesitzenden Gesellschaften auf einen neuen Rechtsträger (§ 1 Abs. 3 Nr. 4 GrEStG). 2. Sitzverlagerung nach Deutschland Bei einer Kapitalgesellschaft, die ihren Sitz nach Deutschland verlagert, ist zu beachten, dass diese nach der in Deutschland gewohnheitsrechtlich (noch) geltenden Sitztheorie354 ihr Gesellschaftsstatut mit der Sitzverlagerung ins Inland verliert. Die Sitztheorie besagt, dass sich das Recht, das auf eine Gesellschaft Anwendung findet, nach dem Recht des effektiven Sitzes der Hauptverwaltung richtet.355 Solange also der tatsächliche Verwaltungssitz im Gründungsstaat verbleibt, wird dessen Gesellschaftsrecht anerkannt. Verlagert die Gesellschaft jedoch ihren Verwaltungssitz, so folgt ein Statutenwechsel.356 Mit dieser Theorie soll verhindert werden, dass eine Gesellschaft nach dem regelungsärmsten Recht gegründet und anschließend in einen anderen Staat mit schärferen gläubiger- oder anlegerschützenden Vorschriften verlegt wird.357 Ihr steht die so genannte Gründungstheorie gegenüber: das auf die Gesellschaft an354 Der Regierungsentwurf zum MoMiG sieht durch Streichung des § 4a Abs. 2 GmbHG einen Übergang zur Gründungstheorie vor, siehe dazu die Begründung des Regierungsentwurfs zum MoMiG vom 23.05.2007, S. 55 (65). Kritisch hierzu Flesner, NZG 2006, S. 641 (642). 355 So schon RG, Urt. v. 09.03.1904 – 457/03, JW 1904, S. 231; BGH, Urt. v. 17.10.1968 – VIII ZR 23/68, BGHZ 51, S. 27 (28); Urt. v. 21.03.1986 – V ZR 10/85, BGHZ 97, S.269 (271 f.); Urt. v. 21.11.1996 – IX ZR 148/95, BGHZ 134, S. 116 (118); Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht, § 35 II 1 a) (S. 554); ausführlich Kindler, in: MünchKomm-BGB, IntGesR, Rn. 312 ff. 356 Habersack, Europäisches Gesellschaftsrecht, Rn. 12; Kindler, in: MünchKommBGB, IntGesR, Rn. 389, 391 ff. 357 Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht, § 35 II 2 a) (S. 556); Großfeld, in: Staudinger, IntGesR, Rn. 21.

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Kap. 3: Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Anteilsvereinigung

wendbare Gesellschaftsrecht richtet sich nach deren Gründungsstaat, unabhängig davon, wo sich der Verwaltungssitz befindet.358 Die Sitztheorie führt jedoch nicht dazu, dass die Gesellschaft nunmehr als „rechtliches Nichts“ zum behandeln wäre. Vielmehr wandelt sie sich kraft Gesetzes entweder eine Personengesellschaft359 oder – bei korporativer Struktur meines Erachtens zutreffender – in einen nichtrechtsfähigen Verein um.360 Strittig ist, ob dieser Vorgang zu einem grunderwerbsteuerpflichtigen Rechtsträgerwechsel führen kann. Das FG Münster entschied im Jahr 2000, dass eine auf den niederländischen Antillen registrierte, aber in Deutschland tatsächlich ansässige Gesellschaft aufgrund der Sitztheorie nicht rechtsfähig sei und somit keine Beteiligungen im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG halten könnte.361 Diese Ansicht ist abzulehnen. Verändert die ausländische Kapitalgesellschaft aufgrund des Sitzwechsels ihr Gesellschaftsstatut, so besteht sie in Deutschland – unabhängig, ob nun als nicht-rechtsfähiger Verein oder als Personengesellschaft – als Rechtsträger fort. Der Sitzwechsel führt daher nur zu einer Art gesetzlichen Formwechsel.362 Dieser ist aber grunderwerbsteuerrechtlich irrelevant.363 Voraussetzung ist aber, dass die Gesellschaft nach dem Recht ihres Gründungsstaates fortbesteht und nicht liquidiert wird bzw. als liquidiert gilt. Andernfalls läge eine Vermögensübertragung auf eine neue Gesellschaft vor.364 Eine andere Rechtsfolge ergibt sich, wenn die Gesellschaft aus einem EG-Mitgliedstaat zuzieht, in dem die Gründungstheorie gilt. Nach neuerer Rechtsprechung des EuGH hat der Zuzugsstaat die fortbestehende Rechtsfähigkeit aufgrund der in Art. 43, 48 EG normierten Niederlassungsfreiheit anzuerkennen.365 Dies führt dazu, dass eine solche Gesellschaft ihre Rechtsfähigkeit beibehält. Damit führt die Sitzverlegung schon aus diesem Grund zu keinem steuerpflichtigen Übergang von Grundstücken bzw. Anteilen an grundbesitzenden Gesellschaften. 358 Näher Schall, in: van Hulle/Gesell, European Corporate Law, S. 4; Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht, § 35 II 1. b) (S. 555). 359 BGH, Urt. v. 01.07.2002 – II ZR 380/00, ZIP 2002, S. 1763 (1764); Habersack, EuGesR, Rn. 12; Hofmann, GrEStG, § 1 Rn. 10. 360 BFH, Urt. v. 23.06.1992 – IX R 182/87, BStBl. 1992 II, S. 972 (973); Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 56. 361 FG Münster, Urt. v. 17.03.1999 – 8 K 2365/95 GrE (rechtskräftig), EFG 2000, S. 93 (94); ihm folgend Voßkuhl/Hunsmann, UVR 2005, S. 51(56). 362 BGH, Urt. v. 01.07.2002 – II ZR 380/00, ZIP 2002, S. 1763 (1764); Habersack, Europäisches Gesellschaftsrecht, Rn. 12; K. Schmidt, ZGR 1999, S. 20 (22 ff.); umstritten ist, ob die Gesellschaft mittels Formwechsels i. S. d. UmwG in eine Kapitalgesellschaft umgewandelt werden kann. 363 Pahlke, in: Pahlke/Franz, § 1 Rn. 15; ausführlich Verweyen, Grunderwerbsteuer bei konzerninternen Umstrukturierungen, S. 13 ff. 364 Großfeld, in: Staudinger, IntGesR, Rn. 640 f. 365 EuGH, Urt. v. 09.03.1999 – Rs. C-212/97, Slg. 1999, S. 1459 – „Centros“; v. 05.11.2002 – Rs. 208/00, NJW 2002, S. 3614 – „Überseering“; v. 30.09.2003 – Rs. C167/01, NJW 2003, S. 3331 – „Inspire Art“.

IV. Sitzverlagerung von Gesellschaften und deren Auswirkungen

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3. Sitzverlagerung aus Deutschland heraus Bei einer Kapitalgesellschaft, die ihren Sitz aus Deutschland herausverlagert, ist zu beachten, dass auf deutsche Gesellschaften – mit Ausnahme der Societas Europaea – immer noch die Sitztheorie Anwendung findet. Dies hat zur Folge, dass eine deutsche Kapitalgesellschaft mangels Sitzes im Inland ihre Rechtsfähigkeit mit dem Wegzug verliert und zu liquidieren ist, es sei denn, das ausländische Kollisionsrecht – wie in den meisten EU-Staaten366 – enthält eine Rückverweisung auf das deutsche Recht, da der Wegzug in diesem Fall nicht zu einem Statutenwechsel führt.367 Daraus resultiert ein Übergang des Vermögens der Gesellschaft auf einen neuen Rechtsträger, weshalb bei Übergang von Grundstücken bzw. von mindestens 95% der Anteile an grundbesitzenden Gesellschaften ein grunderwerbsteuerpflichtiger Vorgang entsteht.368 Diesem Ergebnis steht nach momentan herrschender Meinung auch bei Sitzverlagerungen in einen Mitgliedstaat der EG das Recht der Niederlassungsfreiheit nicht entgegen. Denn bislang hatte der EuGH bei Sitzverlagerung nur zu entscheiden, wenn der Gesellschaft im Zuzugsstaat die Anerkennung verweigert wurde, obwohl sie nach dem Recht des Gründungsstaates fortbestand.369 Für den Fall des Wegzugs entschied der EuGH dagegen im Urteil Daily Mail, dass die Versagung der Zustimmung zur Sitzverlagerung durch die britische Finanzbehörde keine Beeinträchtigung der Niederlassungsfreiheit darstellen würde, weil Gesellschaften im Gegensatz zu natürlichen Personen aufgrund einer nationalen Rechtsordnung gegründet würden und daher außerhalb derselben keine Realität hätten. Der Wegzug einer Gesellschaft sei daher nicht von der Niederlassungsfreiheit erfasst.370 Diese Rechtsprechung wurde vom EuGH bislang trotz der zur sekundären Niederlassungsfreiheit ergangenen Entscheidungen Centros, Überseering und Inspire Art nicht revidiert.371 Jedoch wurde seitens der Literatur angezweifelt, ob die in der Entscheidung Daily Mail geäußerte Rechtsansicht noch Fortbestand haben kann,372 zumal Art. 43, 48 EG nicht als

366

Vgl. Kindler, Der Konzern 2006, S. 811 (812 f.). BGH, Urt. v. 21.03.1986 – V ZR 10/85, BGHZ 97, S. 269 (271 f.); BFH, Urt. v. 23.06.1992 – IX R 182/87, BStBl. II 1992, S. 972 (973); Habersack, EuGesR, Rn. 12; Flaßhoff/Krömker, in: van Hulle/Gesell, European Corporate Law, IX. Rn. 3; Kindler, Der Konzern 2006, S. 811 (813). 368 Gottwald, Grunderwerbsteuer, S. 24. 369 EuGH, Urt. v. 09.03.1999 – Rs. C-212/97, Slg. 1999, S. 1459 – „Centros“; v. 05.11.2002, Rs. C-208/00, EuZW 2002, S. 754 ff. – „Überseering“; Urt. v. 30.09.2003 – Rs. C-167/01, NZG 2003, S. 1064 ff. – „Inspire Art“. 370 EuGH, Urt. v. 27.09.1988 – Rs. C-81/87, Slg. 1988, S. 5505 – „Daily Mail“. 371 Birk, IStR 2003, S. 469 (472); Habersack, EuGesR, Rn. 11 f.; Schall, in: van Hulle/Gesell, European Corporate Law, Rn. 20. 372 Birk, IStR 2003, S. 469 (472). 367

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Kap. 3: Gesellschaftsrechtliche Grundlagen der Anteilsvereinigung

Diskriminierungs-, sondern als Beschränkungsverbot ausgestaltet sind.373 Wenn aber – im Gegensatz zu einer inländischen Sitzverlegung – die Sitzverlegung in einen Mitgliedstaat den Verlust der Rechtsfähigkeit nach sich zieht und dadurch auch eventuell eine Steuerpflicht ausgelöst wird, so ist dies zumindest mittelbar geeignet, eine Gesellschaft von der Sitzverlagerung abzuhalten.374 Im Fall de Lasteyrie du Saillant entschied der EuGH, dass eine Besteuerung von latenten Wertsteigerung anlässlich des Wegzugs in einen anderen Mitgliedstaat nicht mit ex Art. 52 EGV (jetzt Art. 43 EG) vereinbar sei.375 Jedoch ist zu beachten, dass es sich bei Hughes de Lasteyrie du Saillant um eine natürliche und nicht um eine juristische Person handelt. Daraus kann noch nicht zwingend abgeleitet werden, dass der EuGH das Recht zum Wegzug auch für Gesellschaften anerkannt hat.376 Unklar ist, ob eine solche Anerkennung als Folge des Urteils SEVIC anzunehmen ist. Im Fall SEVIC urteilte der EuGH, dass grenzüberschreitende Verschmelzungen in den Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit fielen, ohne dabei explizit zwischen Hinein- und Herausverschmelzung zu unterscheiden.377 Allerdings bezog sich die Vorlagefrage explizit nur auf die Hineinverschmelzung von Gesellschaften.378 Jedoch sah das vorlegende LG Koblenz die Problematik in seinen Entscheidungsgründen globaler und beschränkte sich in seiner eigenen Argumentation nicht nur auf das Hineinverschmelzen, sondern auf die grenzüberschreitende Verschmelzung als solche.379 Meines Erachtens ist daher dem SEVIC-Urteil keine eindeutige Aussage zur primären Niederlassungsfreiheit von Gesellschaften zu entnehmen. Angesichts der umfassenden Verweisung des Art. 48 EG auf Art. 43 EG wie auch der Ausgestaltung dieser Normen als Beschränkungs- und nicht nur als Diskriminierungsverbot380 bin ich allerdings der Auffassung, dass auch der Wegzug von Gesellschaften von der Niederlassungsfreiheit geschützt ist. Es ist zwar denkbar, dass zwingende Gründe des Allgemeinwohls Beschränkungen der Nieder373 Müller-Graf, in: Streinz, EUV/EGV, EG Art. 48 Rn. 14 ff.; ungenau Geiger, EUV/EG, EG Art. 48 Rn. 11; die von Randelzhofer/Forsthoff, in: Grabitz/Hilf, Bd. 1, EG Art. 48 Rn. 57 ff. geäußerte Rechtsansicht steht im Widerspruch zu den Begründungen des EuGH in den Fällen de Lasteyrie du Saillant und SEVIC. 374 EuGH, Urt. v. 11.03.2004, Rs. C-9/02, IStR 2004, S. 236 (239) – „de Lasteyrie du Saillant“. 375 EuGH, Urt. v. 11.03.2004, Rs. C-9/02, IStR 2004, S. 236 – „de Lasteyrie du Saillant“. 376 Körner, IStR 2004, S. 424 (430); a. A. Kleinert/Probst, DB 2004, S. 674. 377 EuGH, Urt. v. 13.12.2005 – Rs. C 411/03 – „SEVIC“; vgl. Besprechung bei Kieninger, EWS 2006, S. 49 ff.; Siems, EuZW 2006, S. 135 ff. 378 LG Koblenz, Beschluss v. 16.09.2003 – 4 HK.T 1/03, WM 2003, S. 1990; Kindler, Der Konzern 2006, S. 811 [819]. 379 LG Koblenz, Beschluss v. 16.09.2003 – 4 HK.T 1/03, WM 2003, S. 1990 [1991]. 380 Müller-Graf, in: Streinz, EUV/EGV, EG Art. 48 Rn. 14 ff.

IV. Sitzverlagerung von Gesellschaften und deren Auswirkungen

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lassungsfreiheit zulassen. Hierbei ist neben arbeitnehmerschützenden Vorschriften insbesondere an gläubigerschützende Vorschriften zu denken, um nicht den Gläubigern z. B. das Haftungskapital als Sicherheit zu entziehen.381 Ähnliches gilt für den Mitgliederschutz, wenngleich zu konstatieren ist, dass die Mitglieder mit ihrem Stimmverhalten auf die Sitzverlagerung Einfluss nehmen könnten. Es ist jedoch meines Erachtens möglich, diese zwingenden Gründe des Allgemeinwohls durch mildere Mittel zu schützen als durch die vollständige Liquidation sowie den Verlust der Rechtsfähigkeit. Denkbar wäre z. B. die Bestellung von Sicherheiten für Gläubiger382oder die Schaffung von Abfindungsregeln für Gesellschafter. Aus diesen Gründen ist der Verlust der Rechtsfähigkeit aufgrund der stark niederlassungsbeschränkenden Wirkung meines Erachtens als unverhältnismäßig zu bezeichnen und daher mit dem Gemeinschaftsrecht unvereinbar.383 Dies bedeutet, dass die Sitzverlegung aus Deutschland heraus in einen Mitgliedstaat der EG keinen Rechtsträgerwechsel am Grundstück bzw. an den Anteilen einer grundbesitzenden Gesellschaft bewirkt, so dass die Sitzverlagerung bei sonst gleicher Gesetzeslage nicht grunderwerbsteuerpflichtig wäre. Ob der EuGH die Niederlassungsfreiheit jedoch auch für den Fall des Wegzugs von Gesellschaften anerkennen wird, bleibt abzuwarten. Anzumerken ist hier noch, dass der Regierungsentwurf des MoMiG die europarechtliche Problematik eines Verlusts der Rechtsfähigkeit ebenfalls zu erkennen scheint und für die GmbH durch Streichung des § 4a Abs. 2 GmbHG den Übergang zur Gründungstheorie vorgeben will.384 4. Sitzverlagerungen im Ausland Analog den obigen Ausführungen ist bei der Sitzverlagerung von einem ausländischen Staat in einen anderen ausländischen Staat vorzugehen. Es ist zu untersuchen, ob nach dem jeweils anzuwendenden ausländischen Recht ein Rechtsträgerwechsel vorliegt. Liegt ein solcher vor, so löst die Sitzverlagerung bezüglich der inländischen Grundstücke bzw. der Anteile an Gesellschaften mit inländischem Grundbesitz einen Rechtsträgerwechsel aus. Dieser bewirkt im ersten Fall zwingend, im zweiten Fall bei Erreichen der 95%-Schwelle die Grunderwerbsteuerbarkeit des mit der Sitzverlagerung einhergehenden Rechtsträgerwechsels.385

381

Kindler, in: MünchKomm-BGB, IntGesR, Rn. 425. Hierzu hinsichtlich öffentlicher Gläubiger EuGH, Urt. v. 09.03.1999 – Rs. C212/97, Slg. 1999, S. 1459 – „Centros“; Kindler, in: MünchKomm-BGB, IntGesR, Rn. 104. 383 So auch Müller-Graf, in: Streinz, EUV/EGV, Art. 48 Rn. 19. 384 Begründung des Regierungsentwurfs zum MoMiG vom 23.05.2007, S. 55 (65). 385 Pahlke, in: Pahlke/Franz, GrEStG, § 1 Rn. 15. 382

Kapitel 4

Grundbesitzende Gesellschaft – Die Grundstückszuordnung nach § 1 Abs. 3 GrEStG Weiterhin ist für die Besteuerung der Anteilsvereinigung die Zugehörigkeit eines Grundstücks zum Gesellschaftsvermögen Voraussetzung. Denn Sinn und Zweck des § 1 Abs. 3 GrEStG als Ergänzungstatbestand ist nicht die Besteuerung der Anteilsvereinigung selbst, sondern der damit einhergehende Übergang der Herrschaftsmacht über die der Gesellschaft zuzuordnenden Grundstücke.1 Unter dem Begriff „gehören“ ist dabei schon begrifflich nicht das zivilrechtliche Eigentum der Gesellschaft am Grundstück zu verstehen. Vielmehr wird die spezifisch grunderwerbsteuerrechtliche Zuordnung des Grundstücks zu einem Rechtsträger untersucht.2 Häufig ist dabei zu lesen, dass Anknüpfungspunkt für diese „spezifisch grunderwerbsteuerrechtliche Zuordnung“ die frühere Verwirklichung eines Erwerbsvorgangs sei, welcher von § 1 Abs. 1, 2 oder 3 GrEStG der Besteuerung unterworfen werde.3 Diese Aussage ist m. E. mit Vorsicht zu behandeln, da beispielsweise auch ein Grundstück, das von einer mindestens 95%-igen Tochergesellschaft erworben wird, deren Muttergesellschaft nach § 1 Abs. 3 GrEStG zugeordnet wird, ohne dass diese selbst einen Erwerbsvorgang verwirklicht hätte. Unanwendbar ist dagegen die Vorschrift des § 39 AO. Trotz aller auslegungstechnischen Unabhängigkeit des GrEStG vom bürgerlichen Recht4 bezieht sich das Grunderwerbsteuergesetz bei der Beurteilung von grunderwerbsteuerrelevanten Rechtsvorgängen auf den bürgerlich-rechtlichen Rechtsvorgang (hier des Anteilsübergangs), nicht aber auf wirtschaftliche Zuordnungskriterien.5 Daher 1 BFH, Urt. v. 05.11.2002 – II R 23/00; BFH/NV 2003, S. 505 (506); Urt. v. 16.07. 1997 – II R 8/95, BFH/NV 1998, S. 81 (82). 2 BFH, Urt. v. 20.07.2005 – II R 30/04, BB 2005, S. 2452; Urt. v. 12.01.1994 – II R 130/91, BStBl. II 1994, S. 408. 3 BFH, Urt. v. 16.03.1966 – II 70/63, BStBl. III 1966, S. 378; Urt. v. 28.06.1972 – II 77/64, BStBl. II 1972, S. 719 (720); Urt. v. 30.03.1988 – II R 76/87, BStBl. II 1988, S. 550; näher Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 242; Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 907. 4 Siehe dazu Kapitel 2 V. 2. 5 BFH, Urt. v. 10.03.1970 – II R 135/68, BStBl. II 1970, S. 522 (523 f.); Urt. v. 03.04.1974 – II 186/65, BStBl. II 1974, S. 643 (644); Urt. v. 10.11.1982 – II R 111/ 80, BStBl. II 1983, S. 116 (118); st. Rspr.; Fischer, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, § 39 Rn. 32; einschränkend Brockmeyer, in: Klein, AO, § 39 Rn. 4.

I. Spezifisch grunderwerbsteuerrechtliche Grundstückszuordnung

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kann die ertragsteuerrelevante bilanzielle Zuordnung von Wirtschaftsgütern kein taugliches Kriterium für die grunderwerbsteuerrechtliche Zuordnung bilden; das GrEStG hat sich eine eigene grunderwerbsteuerspezifische Betrachtungsweise geschaffen, die den Begriff des Wirtschaftsgutes nicht beinhaltet.6 Entgegen Ludwig kann § 11 StAnpG (entspricht § 39 AO) auch nicht deshalb angewandt werden, weil § 1 Abs. 3 GrEStG Ausdruck einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise ist. Soll § 1 Abs. 3 GrEStG seinen Zweck erfüllen, Umgehungen der § 1 Abs. 1 und 2 GrEStG verhindern, so ist es notwendig, die aus diesen Vorschriften resultierende Zuordnung im Rahmen des § 1 Abs. 3 GrEStG nachzuvollziehen. Soweit eine grunderwerbsteuerspezifische Zuordnungssystematik existiert, können außerhalb dieser Systematik stehende Zuordnungsnormen ohne Störung derselben nicht herangezogen werden.

I. Spezifisch grunderwerbsteuerrechtliche Grundstückszuordnung nach § 1 Abs. 1 und 3 GrEStG Nicht erforderlich – und auch nicht ausreichend – ist es, dass ein Grundstück im zivilrechtlichen Eigentum einer Gesellschaft steht.7 Erforderlich für das Gehören eines Grundstücks zum Gesellschaftsvermögen ist, dass dieses Grundstück der Gesellschaft nach spezifisch grunderwerbsteuerrechtlichen Zuordnungskriterien zuzuordnen ist. Daher ist es bereits ausreichend, wenn die Gesellschaft, deren Anteile vereinigt werden, einen Anspruch auf Übereignung des Grundstücks erworben hat, ohne dass die Auflassung bereits stattgefunden hätte. Umgekehrt wird ein Grundstück dann nicht mehr dem Gesellschaftsvermögen zugeordnet, wenn sich die Gesellschaft bereits schuldrechtlich verpflichtet hat, das Grundstück an einen anderen Rechtsträger zu übereignen. Dasselbe gilt für die Abgabe des Meistgebots im Zwangsversteigerungsverfahren (§ 1 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG).8 Ferner gehört ein Grundstück nach der Wertung des § 1 Abs. 3 GrEStG einer Gesellschaft auch dann, wenn diese ein oberes Glied einer Kette grunderwerbsteuerrechtlich beherrschter Beteiligungen darstellt. Denn ein Grundstück ist wirtschaftlich auch dem faktischen Alleingesellschafter der Obergesellschaft zuzuordnen (sog. mittelbare Anteilsvereinigung), wenn er durch mehrere ebenfalls durch faktische Alleingesellschafterstellungen beherrschte Zwischengesellschaf6 Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 116; Fischer, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, § 39 Rn. 32; Brockmeyer, in: Klein, AO, § 39 Rn. 4; a. A. Ludwig, Vereinigung aller Anteile, S. 29 ff., für die Anwendung der Vorläufernorm § 11 StAnpG; Hermann J. Fischer, BB 1978, S. 1772, der nach Abschaffung des Halbsatzes „soweit nichts anderes bestimmt ist“ im Rahmen der AO 1977 § 39 AO für uneingeschränkt auf die grunderwerbsteuerrechtliche Beurteilung von Treuhandgeschäften anwendbar hält. 7 Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 911; Hofmann, GrEStG, § 1 Rn. 145. 8 Pahlke, in: Pahlke/Franz, GrEStG, § 1 Rn. 325 f.

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Kap. 4: Grundbesitzende Gesellschaft

ten die grundbesitzende Gesellschaft beherrscht.9 Die dadurch resultierende Mehrfachzuordnung ist grunderwerbsteuerrechtlich gewollt.10 Das gleiche gilt, wenn Anteile nicht in einer direkten Beteiligungskette, sondern in einem Organkreis vereinigt sind.11

II. Zurechnung durch Verwertungsbefugnis, § 1 Abs. 2 GrEStG Einen Sonderfall bildet die Einräumung der Verwertungsbefugnis nach § 1 Abs. 2 GrEStG.12 Hierbei wird einem Vertragspartner schuldrechtlich die Möglichkeit eingeräumt, das Grundstück in eigenem Namen und auf eigene Rechnung zu verwerten, ohne dass dieser das Eigentum an dem Grundstück erhält. Denkbar ist beispielsweise die Einräumung einer Verwertungsbefugnis am Treugut zugunsten des Treugebers durch den Treuhänder.13 Da hierbei nach § 1 Abs. 2 GrEStG eine Veränderung in der spezifisch grunderwerbsteuerrechtlichen Zuordnung des Grundvermögens eintritt, ist das Grundstück im Rahmen des § 1 Abs. 3 GrEStG auch als dem verwertungsbefugten Vertragspartner gehörend zu behandeln.14 Umstritten ist dabei, ob ein Grundstück, an dem die Verwertungsbefugnis übertragen wurde, zusätzlich noch dem zivilrechtlichen Eigentümer im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG zuzurechnen ist. Dieser Streit folgt insbesondere daraus, dass sich der zivilrechtliche Eigentümer zwar schuldrechtlich verpflichten kann, das Grundstück nicht zu verkaufen, seine Verfügungsbefugnis aber nicht mit dinglicher Wirkung ausschließen kann (§ 137 BGB). Kommentarliteratur und Finanzverwaltung befürworten den Fortbestand der Grundstückszuordnung mit dem Argument, dass die Übertragung der Verwertungsbefugnis auf einen anderen nicht zwingend den Verlust der eigenen Verwertungsbefugnis nach sich zieht. Sie sehen insoweit eine Parallele zur Zurechnung bei Treuhandverhältnissen und Auftragserwerben.15 Hier wird das Grund9 So insbesondere BFH, Urt. v. 30.03.1988 – II R 76/87, BStBl. II 1988, S. 550; Urt. v. 16.01.1980 – II R 52/76, BStBl. II 1980, S. 360 (361); Urt. v. 08.08.2001 – II R 66/98, BFH/NV 2001, S. 1672 (1673); andeutungsweise Urt. v. 11.06.1975 – II R 38/69, BStBl. II 1975, S. 834; Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 912; Pahlke, in: Pahlke/Franz, GrEStG, § 1 Rn. 325; Hofmann, GrEStG, § 1 Rn. 145. 10 Siehe Kapitel 2 II. 2. b) bb). 11 BFH, Urt. v. 16.01.1980 – II R 52/76, BStBl. II 1980, S. 360 (361); Fischer, in: Boruttau, GrEStG. § 1 Rn. 912. 12 Zu den Voraussetzungen des § 1 Abs. 2 GrEStG vgl. Gottwald, Grunderwerbsteuer, S. 39 ff.; Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 661 ff. 13 Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 910. 14 Hofmann, GrEStG, § 1 Rn. 145; Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 910. 15 Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 910; Hofmann, GrEStG, § 1 Rn. 145; zur Behandlung von Treuhandverhältnissen und Auftragserwerben vgl. gleichlautender Ländererlass v. 25.05.1984, BStBl. I 1984, S. 378.

II. Zurechnung durch Verwertungsbefugnis

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stück sowohl dem Eigentümer als auch dem Verwertungsbefugten zugeordnet.16 Somit sieht die Kommentarliteratur den Fall, dass das Grundstück aufgrund eines bereits entstandenen Anspruchs auf Übereignung nicht mehr zum Vermögen der Gesellschaft zuzurechnen ist, nicht als gleichartig mit dem Fall der Übertragung der Verwertungsbefugnis an. Demgegenüber sind andere Autoren der Ansicht, dass eine doppelte Zuordnung nicht in Betracht käme. § 1 Abs. 2 GrEStG fände nur dann Anwendung, wenn die Realisierung etwaiger Wertzuwächse gesichert sei.17 Der Erwerb der wirtschaftlichen Verwertungsmacht setze voraus, dass der Berechtigte nicht nur besitz- und nutzungsberechtigt sei, sondern aufgrund gesicherter Rechtspositionen an der Substanz des Grundstücks seinem Wert nach teilhat. Dies geschehe insbesondere durch Verfügungen über dessen Wert.18 Somit stünde der Vermögenswert des Grundstücks nicht mehr der Gesellschaft zu. Nach Auffassung Kroschewskis erlangt der Alleingesellschafter (95%-Gesellschafter) keine Zwecksetzungsmacht über ein derartiges Grundstück. Zum Vermögen könne nämlich nur eine Rechtsposition gezählt werden. Als uneigennützige Treuhänderin sei die Gesellschaft zwar Eigentümerin, müsse aber das Grundstück, das nicht mehr dem Gesellschaftszweck diene, nach Weisung des Treugebers verwalten. Somit bleibe die Definition des Gesellschaftsinteresses bedeutungslos, weil das Grundstück der Zweckverfolgung der Gesellschaft entzogen sei.19 Dies rechtfertige es, das Grundstück nicht mehr dem formalen Eigentümer zuzurechnen. Gestützt werden diese Auffassungen teilweise durch ein Urteil des BFH vom 16. März 1966.20 Dort spricht er die Möglichkeit an, dass bei gleichzeitiger Verfügungssperre zu Lasten des dinglichen Eigentümers diesem das Grundstück dann nicht mehr zuzuordnen sei, wenn die Verfügungssperre eine Verwertungsbefugnis eines Anderen bewirke. Der Argumentation mit der Zwecksetzungslehre Kroschewskis zur Entfernung des Grundstücks aus dem Gesellschaftsvermögen kann nicht gefolgt werden. Erst die Ausgestaltung des Gesellschaftszwecks entscheidet, ob das in eigenoder fremdnütziger Treuhand (z. B. der Sicherungstreuhand) gehaltene Grundstück der Zweckverfolgung der Gesellschaft dient. So ist z. B. bei einer Sicherungsübereignung eines Grundstücks der Sicherungsgeber u. U. berechtigt, das 16 Ausführlich gleichlautender Ländererlass v. 25.05.1984, BStBl. I 1984 S. 378, Tz. 2; Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 910 und 198 ff.; Hofmann, GrEStG, § 1 Rn. 145. 17 Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 245; Ludwig, Vereinigung aller Anteile, S. 19; Gassner, Anteilsvereinigung, S. 50. 18 Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 245; soweit auch Rechtsprechung und Kommentarliteratur, vgl. BFH, Urt. v. 17.05.2000 – II R 47/99, BStBl. II 2000, S. 627; Fischer, in: Boruttau, § 1 Rn. 666; Hofmann, § 1 Rn. 79. 19 Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 245 f. 20 II ZR 70/63, BStBl. III 1966, S. 378 (379).

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Kap. 4: Grundbesitzende Gesellschaft

nunmehr im Eigentum des Sicherungsnehmers stehende Grundstück auf eigene Rechnung zu veräußern, freilich nicht ohne die gesicherte Forderung des Sicherungsnehmers zu befriedigen. Tritt dagegen der Sicherungsfall ein, so fällt die Verwertungsbefugnis auf den Sicherungsnehmer als zivilrechtlicher Grundstückseigentümer zurück.21 Die Begründung von „wertlosem“ Sicherungseigentum kann daher durchaus im Interesse der Gesellschaft liegen und der Verfolgung ihres Zwecks dienen. Aber auch die uneigennützige Verwaltungstreuhand kann dem Gesellschaftszweck dienen. Ein Beispiel hierfür wäre die geschlossenen Immobilienfonds, deren Zweck gerade die Verwaltung des Immobilienvermögens im Interesse der Anleger ist. Zudem ist dem Postulat Kroschewskis nicht ohne weiteres zu folgen, die Eigentümerstellung sei bei Übertragung der Verwertungsbefugnis auf eine andere Person generell wertlos und gehöre damit nicht zum Gesellschaftsvermögen. Fragen des Grundstückwertes sind im Rahmen der Bemessungsgrundlage zu lösen, nicht aber im Rahmen der Grundstückszuordnung. Ferner kann die Wertminderung eines mit einer Verwertungsbefungis Dritter belasteten Grundstücks für die jeweilige Gesellschaft immer nur im konkreten Einzelfall bestimmt werden. Das ausschlaggebende Argument liegt in der Beantwortung der Frage, ob man ein Grundstück, an dem ein anderer als die Gesellschaft (auch) eine Verwertungsbefugnis hat, noch zum Gesellschaftsvermögen rechnen kann. Wie seitens der Kommentarliteratur zutreffend betont wird, verliert der zivilrechtliche Eigentümer durch die Übertragung der Verwertungsbefugnis nicht mit dinglicher Wirkung die Möglichkeit, selbst über das Grundstück zu verfügen (§ 137 BGB). Tut er dies, so macht er sich unter Umständen nach § 280 BGB schadensersatzpflichtig. Er handelt jedoch nicht zwingend für Rechnung des Verwertungsbefugten, sondern möglicherweise (vertragswidrig) für eigene Rechnung. Zutreffend ist ebenfalls, dass das Grundstück trotz Verwertungsbefugnis eins Dritten dem Eigentümer bis zu dessen Verkauf nach § 1 Abs. 1 GrEStG noch grunderwerbsteuerrechtlich zugeordnet wird. Deshalb ist ein Grundstück dem Gesellschaftsvermögen solange zuzurechnen, wie die Gesellschaft trotz fehlender Verwertungsbefugnis noch zivilrechtliche Eigentümerin des Grundstücks ist. Hier zeigt sich wiederum, dass eine Anwendung des § 39 AO im Rahmen der § 1 Abs. 2 und 3 GrEStG verfehlt wäre, da diese Vorschrift zu einer alleinigen Zuordnung des Gesellschaftsgrundstück zum Treugeber führen würde, die im Rahmen des § 1 GrEStG zwingende – wenn auch wirtschaftlich verfehlte – mehrfache Zuordnung also nicht nachvollziehen könnte.22

21 Zur Treuhand näher Fischer, in: Boruttau, § 1 Rn. 209; der Fall einer eigennützigen Sicherungstreuhand ist rechtstechnisch möglich, dürfte in der Praxis aber aufgrund des wirtschaftlich sinnvolleren Einsatzes von Grundpfandrechten seltener in Betracht kommen. 22 Siehe Kapitel 2 II. 2. b) bb).

II. Zurechnung durch Verwertungsbefugnis

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Die Entscheidung des BFH vom 16.03.1966 ist daher insoweit unzutreffend, als die Frage dinglicher Verfügungsbeschränkungen keine Frage der Grundstückszuordnung darstellt. Denn das zivilrechtliche Eigentum der Gesellschaft besteht trotz Verfügungssperre weiterhin fort, so dass ihr das Grundstück nach wie vor gemäß § 1 Abs. 1 GrEStG zugeordnet bleibt. De lege ferenda stellt sich vielmehr die Frage, wie ein Grundstück, an dem ein anderer verwertungsbefugt ist, zu bewerten ist. Zuzugeben ist Kroschewski, dass dieser Wert durch die Übertragung der Verwertungsbefugnis vermindert sein dürfte. Daraus kann aber nicht generell geschlossen werden, dass das Grundstück für die Gesellschaft wertlos ist und somit nicht zum Vermögen der Gesellschaft gerechnet werden kann. Diese Frage ist jedoch für die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer nach geltender Rechtslage ohne Bedeutung, da sowohl bei der uneigennütziger treuhänderischen Übertragung eines Grundstücks23 als auch bei der Anteilsvereinigung24 der Wert des der Gesellschaft zugeordneten Grundstücks nach § 138 Abs. 2 oder 3 des Bewertungsgesetzes bestimmt wird (§ 8 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 bzw. 3 GrEStG). Da das Grundstück nur noch formal im Eigentum der Gesellschaft steht, dürfte die Bewertung nach § 8 Abs. 2 S. 1 GrEStG i.V. m. § 138 Abs. 2 oder 3 BewG nicht selten zu überhöhten Werten führen, da § 138 BewG die Bewertung nicht dem Substanz-, sondern dem Ertragswert nach berechnet (vgl. §§ 145 ff. BewG). Dies ist jedoch durch die wirtschaftlich fragwürdige Verweisung des § 8 Abs. 2 GrEStG auf das Bewertungsgesetz bedingt, wirkt sich jedoch auf die Zuordnung der Gesellschaftsgrundstücke nicht aus.25 Denkbar wäre allenfalls der Nachweis eines niedrigeren Verkehrswertes mittels Verkehrswertgutachten durch den Steuerpflichtigen nach § 138 Abs. 4 BewG.26 Ein Nachweis des niedrigeren Verkehrswertes kommt aber nicht in Betracht, da die Übertragung der Verwertungsbefugnis nicht dinglich wirkt, somit das Verwertungsrecht bei Verfügungen über das Grundstück u. U. erlischt und der Grundstückswert selbst nicht verändert wird. Wird die Verwertungsbefugnis zurück übertragen, ändert sich an der Zuordnung des Grundstücks zum Gesellschaftsvermögen meines Erachtens nichts, da das Grundstück durchgehend dem Gesellschaftsvermögen zuzuordnen war.27

23

Viskorf, in: Boruttau, GrEStG, § 8 Rn. 31; Gottwald, Grunderwerbsteuer, S. 48. Viskorf, in: Boruttau, GrEStG, § 8 Rn. 83. 25 Zur Kritik an § 8 Abs. 2 GrEStG ausführlich Viskorf, in: Boruttau, GrEStG, § 8 Rn. 15 ff.; Gottwald, Grunderwerbsteuer, S. 217 f. 26 Diese Vorschrift ist auf die Grundstücksbewertung grundsätzlich anwendbar, vgl. Pahlke, in: Pahlke/Franz, GrEStG, § 8 Rn. 66 a. E.; Viskorf, in: Boruttau, § 8 Rn. 114; Weilbach, GrEStG, § 8 Rn. 12 a. E. 27 A. A. Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 246. 24

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Kap. 4: Grundbesitzende Gesellschaft

III. Sonderproblem: Grundstück im Sondervermögen einer Kapitalanlagegesellschaft Bis zur Entscheidung des BFH vom 29.09.200428 war höchstrichterlich nicht geklärt, ob Grundstücke im Sondervermögen einer Kapitalanlagegesellschaft (KAG) als der Gesellschaft gehörend gelten. Der Begriff des Sondervermögens ist in § 2 Abs. 2 InvG legal definiert. Darunter sind Investmentfonds zu verstehen, „die von einer Kapitalanlagegesellschaft für Rechnung der Anleger nach Maßgabe dieses Gesetzes und den Vertragsbedingungen, nach denen sich das Rechtsverhältnis der Kapitalanlagegesellschaft zu den Anlegern bestimmt, verwaltet werden, und bei denen die Anleger das Recht zur Rückgabe der Anteile haben.“

§ 30 Abs. 1 S. 2 InvG ordnet an, dass dieses Sondervermögen vom eigenen Vermögen der KAG getrennt zu halten ist. Aus der Verwertungsbefugnis für Rechnung der Anleger und dem Trennungsgrundsatz stellt sich die Frage, ob Grundstücke im Immobilien-Sondervermögen (§§ 66 ff. InvG) grunderwerbsteuerrechtlich der KAG oder den Anlegern selbst zuzurechnen sind. Das FG Düsseldorf29 und ihm folgend der BFH30 haben Grundstücke im Immobilien-Sondervermögen einer KAG dem KAG-Vermögen selbst zugeordnet und somit die Übertragung aller Anteile an einer solchen KAG auch hinsichtlich der Grundstücke im Sondervermögen für steuerbar erachtet. Zur Begründung führen die Gerichte aus, dass die gesetzlich angeordnete Trennung von Sondervermögen und eigenem Vermögen nicht den Schluss rechtfertigt, dass das Grundvermögen den Anteilsinhabern am Sondervermögen bzw. den Depotbanken zuzurechnen ist. Daran ändere die Zustimmungspflicht der Depotbanken nach § 31 KAGG (jetzt § 26 Abs. 1 Nr. 3 InvG) nichts. Denn die Frage nach der grunderwerbsteuerrechtlichen Zuordnung eines inländischen Grundstücks sei einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise nicht zugänglich. Da das Grunderwerbsteuerrecht den Rechtsvorgang als solchen besteuere, dürfe die Tatbestandsmäßigkeit eines Rechtsvorgangs nicht davon abhängig gemacht werden, ob der Rechtsvorgang für den Betroffenen vorteilhaft war oder nicht.31 Zudem führt das FG Düsseldorf aus, dass den Anteilsinhabern keine Verwertungsbefugnis im Sinne des § 1 Abs. 2 GrEStG zukäme. Da sie auch nicht dinglicher Eigentümer der Grundstücke seien, könnten ihnen die Grundstücke im Sondervermögen auf keinen Fall zugerechnet werden. Dasselbe gelte für die Depot28

Urt. v. 29.09.2004 – II R 14/02; BFH/NV 2004, S. 1731 ff. Urt. v. 18.10.2000 – 7 K 9374/97 GE, BB 2001, S. 769 ff. S. noch zur Rechtslage während der Geltung des KAGG. 30 Urt. v. 29.09.2004 – II R 14/02, BFH/NV 2004, S. 1731 ff. noch zur Rechtslage während der Geltung des KAGG. 31 BFH, Urt. v. 29.09.2004 – II R 14/02, BFH/NV 2004, S. 1731 (1732); Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 915. 29

III. Grundstück im Sondervermögen einer Kapitalanlagegesellschaft

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bank. Das Finanzgericht betont ferner die alleinige Zuweisung der Verfügungsund Verwertungsbefugnis zur Kapitalanlagegesellschaft durch § 9 Abs. 1 KAGG (jetzt: § 31 Abs. 1 InvG).32 Demgegenüber vertritt Hoffmann die Ansicht, dass das Immobilien-Sondervermögen im Rahmen des § 1 Abs. 3 GrEStG nicht der Kapitalanlagegesellschaft, sondern den Anlegern selbst zuzuordnen ist.33 Er kritisiert zunächst die falsche Grundannahme des FG Düsseldorf, die Grundstücke müssten von der KAG erworben und anschließend dem Sondervermögen gewidmet werden, was einen Einbringungsvorgang erfordern würde.34 Vielmehr werden die Grundstücke beim Erwerb unmittelbar in das Sondervermögen erworben, ohne dass es eines Widmungsaktes bedarf; ausreichend ist, dass sich das Geschäft auf das Sondervermögen bezieht (§ 6 Abs. 2 KAGG; jetzt § 30 Abs. 2 InvG).35 Ferner dürfe, so Hoffmann, die Trennung der Vermögensmassen „Sondervermögen“ und „KAG-Vermögen“ für Zwecke der Grunderwerbsbesteuerung nicht unberücksichtigt bleiben. Die formale Eigentümerstellung der KAG und deren Verwertungsbefugnis würden nicht ausreichen, um der KAG das Immobilien-Sondervermögen nach § 1 Abs. 3 GrEStG zuzurechnen. Die Lage bei Kapitalanlagegesellschaften sei mit der eines Treuhänders nicht vergleichbar, da der Treuhänder in seinen eigenen Vermögensbereich erwerbe, also kein Sondervermögen bilde. Dagegen handelt eine KAG im Rahmen eines Geschäftsbesorgungsvertrags in eigenem Namen für gemeinschaftliche Rechnung der Anteilsinhaber.36 Zudem widerspreche die Zuordnung des Sondervermögens zur KAG dem verfassungsmäßigen Grundsatz der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit, da der KAG das Grundstück auch wirtschaftlich nicht zuzuordnen sei. Vielmehr sei die Trennung der Vermögensmassen, wie dies nach § 38 Abs. 1 KAGG (jetzt § 11 Abs. 1 InvStG) für Zwecke der Körperschaftsteuer nachvollzogen wird, auch im Grunderwerbsteuerrecht zu berücksichtigen. Dies führe zudem zu der gebotenen Gleichbehandlung zwischen Treuhand- und Miteigentumslösung nach § 30 Abs. 1 S. 1 InvG. Für letztere sei es unzweifelhaft, dass das Grundstück dem Vermögen der Anleger zuzurechnen sei, auch wenn die Miteigentumslösung gemäß § 30 KAGG (jetzt § 75 InvG) nicht für Immobilien-Sondervermögen gewählt werden kann.37

32 FG Düsseldorf, Urt. v. 18.10.2000 – 7 K 9374/97 GE, BB 2001, S. 769 (770); Hofmann, GrEStG, § 1 Rn. 146a. 33 Hoffmann, BB 2001, S. 757 ff. 34 So tatsächlich FG Düsseldorf, Urt. v. 18.10.2000 – 7 K 9374/97 GE, BB 2001, S. 769 (770). 35 Hoffmann, BB 2001, S. 757 (758); näher Baur, Investmentgesetze, KAGG, § 6 Rn. 24 ff. 36 Paul/Päsler, Investmentrecht, Rn. 13. 37 Hofmann, BB 2001, S. 757 (758 ff.).

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Kap. 4: Grundbesitzende Gesellschaft

Der Ansicht Hoffmanns ist nicht zu folgen. Er verkennt, dass die KAG im Vergleich zu einem Treuhänder selbst bei Wahl der Treuhandlösung eine stärkere Stellung bezüglich des Treugutes hat: ihr allein kommt die Verfügungsbefugnis über die Grundstücke im Immobilien-Sondervermögen zu. Dagegen ist das Grundstücks-Sondervermögen gerade nicht dem Anleger zuzuordnen. Weder ist er Eigentümer der Grundstücke, noch ist er befugt, die Grundstücke in eigenem Namen und auf eigene Rechnung zu veräußern. Auch hat er keinen Herausgabeanspruch nach § 667 BGB.38 Dieser kann vielmehr nur seine Anteile am Sondervermögen veräußern bzw. zurückgeben. Folgt man Hoffmanns Ansicht, hätte die mangelnde Zuordenbarkeit des Grundstücks zum Anteilsinhaber zur Folge, dass das Grundstück niemandem zugeordnet werden könne, da niemand einen Erwerb nach § 1 Abs. 1 bis 3 GrEStG vollzogen hätte. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Anordnung des § 11 Abs. 1 InvStG, ein Sondervermögen stelle ein Zweckvermögen im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 5 KStG dar, eine Sondervorschrift für Zwecke der Ertragsbesteuerung darstellt. Diese ist erforderlich, weil andernfalls das Sondervermögen als Teil des Gesellschaftsvermögen der KAG behandelt werden müsste. Jedoch spricht gegen eine analoge Anwendung, dass es sich erstens um eine Ausnahmevorschrift handelt und zweitens eine Ausdehnung der Vorschrift auf die Grunderwerbsteuer zwar möglich gewesen wäre, aber nicht vorgenommen wurde. Da zudem das Grunderwerbsteuerrecht über eigene, vom Ertragsteuerrecht unabhängige Zuordnungskriterien verfügt, fehlt es insoweit an einer Regelungslücke, welche die Analogie erst ermöglichen würde. Ferner ergibt sich bei zwingender Anwendung der Treuhandlösung ein zivilrechtlich erheblicher Unterschied zur Miteigentumslösung, der ebenfalls nicht einfach negiert werden kann, zumal der gesetzliche Ausschluss der Miteigentumslösung das Ziel hatte, die aus den Formvorschriften des Sachenrechts resultierende Komplexität der Miteigentumslösung zu verhindern.39 Somit sind Grundstücke des Sondervermögens trotz der Trennung der Vermögensmassen der Kapitalanlagegesellschaft grunderwerbsteuerrechtlich zuzuordnen. Dies bedeutet meines Erachtens jedoch nicht, dass die Trennung der Vermögensmassen vollkommen unberücksichtigt bleibt. Wie bereits Fischer andeutet, ist zu prüfen, ob Grundstücke des Sondervermögens aus der Bemessungsgrundlage des § 8 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 GrEStG „herauszunehmen“ sind.40 Unklar bleibt jedoch, wie diese „Herausnahme“ bewerkstelligt werden soll. Meines Erachtens ist es nicht ohne weiteres möglich, die Vorschrift des § 8 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 GrEStG teleologisch zu reduzieren, weil das Grundstück von der Kapitalanlagegesellschaft nur „treuhänderisch“ verwaltet wird. Geht man 38 39 40

Sorgenfrei/Tischbirck, WM 1990, S. 1859. Baur, Investmentgesetze, KAGG, § 30. Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 915.

III. Grundstück im Sondervermögen einer Kapitalanlagegesellschaft

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diesen Weg, stellt sich die Frage, warum dann gerade im Falle der „echten“ Treuhänderstellung oder bei einem Auftragserwerb eine teleologische Reduktion nicht vorgenommen werden sollte. Eine solche hat der BFH jedoch bislang abgelehnt.41 Dagegen könnte bei Vornahme der Bedarfsbewertung das Grundstück zum gemeinen Wert anzusetzen sein (§ 8 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 GrEStG42 i.V. m. §§ 9, 138 Abs. 4 BewG n. F.43). Im Gegensatz zur Treuhand, die nicht das Grundstück, sondern nur schuldrechtlich den Treuhänder belastet, ist die Zuordnung zum Sondervermögen auch im Falle der Treuhandlösung quasi-dinglicher Natur, da das Sondervermögen nach § 31 Abs. 2 S. 1 InvG nicht für Verbindlichkeiten der KAG haftet und nach § 38 Abs. 3 S. 2 InvG nicht in deren Insolvenzmasse fällt. Im Falle der Zwangsvollstreckung steht der Depotbank ein Drittwiderspruchsrecht nach § 771 ZPO i.V. m. § 28 Abs. 1 Nr. 3 InvG zugunsten der Anleger zu.44 Zudem ist die KAG nach § 26 Abs. 1 Nr. 3 InvG in ihrer Verfügungsbefugnis über das Sondervermögen insoweit beschränkt, dass alle Verfügungen über dieses der Zustimmung der Depotbank bedürfen; dies ist nach § 27 Abs. 3 InvG auch in das Grundbuch einzutragen. Verwaltet wird das Grundstück zudem nicht für eigene Rechnung, sondern für Rechnung der Anleger. Diese quasi-dingliche Belastung mindert im Rahmen der Bedarfswertermittlung den gemeinen Wert, da bei Erwerb der Anteile einer Kapitalanlagegesellschaft das Sondervermögen für die Kapitalanlagegesellschaft nur mittelbar von Wert ist, als ihr selbst – und zwar dinglich – diese Vermögenswerte nicht zugewiesen sind. Bleibt nach einer Anteilsvereinigung/-übertragung das Grundstück dem Sondervermögen verhaftet, so bestehen diese Belastungen weiter, was einen wertbeeinflussenden Umstand im Sinne des § 9 Abs. 2 S. 2 BewG darstellt. Somit ist der Verkehrswert für die Dauer der Zuordnung zum Sondervermögen gemindert; in welchem Umfang, ist eine Frage des konkreten Einzelfalls. Für eine solche Betrachtungsweise spricht auch eine Analogie zum Nießbrauch. Ein mit einem Nießbrauch belastetes Grundstück wird grunderwerbsteuerlich dennoch dessen Eigentümer zugeordnet, da der Nießbrauch nur ein Nutzungsrecht, nicht aber ein Verwertungsrecht an der Grundstückssubstanz gewährt (vgl. § 1030 Abs. 1 BGB). Jedoch wird der Nießbrauch eines Dritten am Grundstücks für grunderwerbsteuerliche Zwecke wertmindernd berücksichtigt.45 Da die Kapitalanlagegesellschaft wertmäßig weder an den Früchten noch an der 41

Siehe oben Kapitel 4 II. In der Fassung des Jahressteuergesetzes 2008, BGBl. I 2007, S. 3150 (3170 f.). 43 In der Fassung des Jahressteuergesetzes 2007, BGBl. I 2006, S. 2878 (2909). 44 Baur, Investmentgesetze, KAGG, § 6 Rn. 14. 45 Zu dessen wertmindernder Berücksichtigung im Rahmen der grunderwerbsteuerrechtlichen Bedarfsbewertung Viskorf, in: Boruttau, GrEStG, § 8 Rn. 134. 42

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Kap. 4: Grundbesitzende Gesellschaft

Substanz eines Grundstücks im Sondervermögen beteiligt ist, sondern diese nach § 2 Abs. 2 InvG für Rechnung der Anleger im Sondervermögen hält, ist diese Zugehörigkeit zum Sondervermögen erst recht wertmindernd zu berücksichtigen. Dem steht auch die Entscheidung des BFH vom 08.10.200346 nicht entgegen. Dort entschied der BFH, dass ein unentgeltliches Nutzungsrecht nicht in den Nachweis eines geringeren gemeinen Wert miteinbezogen werden dürfe, da ein solcher Faktor auch bei der Bedarfsbewertung nach § 146 Abs. 2 bis 5 BewG a. F. unberücksichtigt geblieben wäre. Insoweit seien beide Werte nicht vergleichbar. Das Nutzungsrecht hätte im Fall nur nach erbschaftsteuerrechtlichen Vorschriften berücksichtigt werden können, welche die Einführung des § 146 Abs. 7 BewG a. F. nicht hätte einschränken wollen.47 Diese Entscheidung kann hier jedoch nicht zur Anwendung kommen. Unabhängig von der umstrittenen Frage, ob aufgrund des klaren Gesetzeswortlauts des § 146 Abs. 7 BewG a. F. wertmindernde Faktoren im von § 9 BewG angeordneten Umfang berücksichtigt werden müssen,48 fehlen im Rahmen der Bedarfsbewertung für Zwecke der Grunderwerbsteuer den §§ 10 ff., 25 ErbStG vergleichbare Vorschriften. Somit kommen hier keine Spezialvorschriften zur Anwendung, welche die allgemeinen Vorschriften des Bewertungsgesetzes verdrängen könnten. Zudem ist § 146 Abs. 7 BewG a. F. nicht zu entnehmen, dass er die Vorschrift des § 9 BewG nur eingeschränkt zur Anwendung bringen möchte. Nach der nunmehr bestehenden Rechtslage kann auch das systematische Argument herangezogen werden, dass ein Nießbrauch auch im Rahmen des § 146 Abs. 2 bis 5 BewG a. F. nicht anzusetzen wäre. Deshalb ist diese Entscheidung für die Fälle des § 1 Abs. 3 GrEStG unanwendbar49 und die Zugehörigkeit von Grundstücken zum Immobilien-Sondervermögen gemäß § 8 Abs. 2 S. 1 Nr.3 GrEStG n. F. i.V. m. §§ 9 Abs. 2 S. 2, 138 Abs. 4 BewG n. F. wertmindernd zu berücksichtigen.

46 II R 27/02, BStBl. II 2004, S. 179; zu diesem Urt. erging ein gleich lautender Nichtanwendungserlass durch die Obersten Finanzbehörden der Länder v. 01.03.2004, DStR 2004, S. 1128. 47 Vgl. auch Christoffel, in: Gürsching/Stenger, BewG, § 146 Rn. 364. 48 Ebd. 49 Ebenso Geiß, ZEV 2004, S. 149 (151).

Kapitel 5

Ermittlung der Beteiligungshöhe von mindestens 95 v. H. I. Mehrdeutigkeit des Ausdrucks „mindestens 95% der Anteile“ Zur Vermeidung von Steuerumgehungen wurde die Grunderwerbsteuer auslösende Beteiligungshöhe des § 1 Abs. 3 GrEStG durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 von „allen Anteilen“ (100%) auf „mindestens 95 v. H. der Anteile“ abgesenkt. Damit entstand die Rechtsfrage, wann 95% der Anteile vereinigt sind, d. h. wie dieser Wert zu bemessen ist. Dieser Rechtsfrage wurde in der steuerrechtlichen Literatur vor Absenkung der Beteiligungshöhe deshalb kaum behandelt, weil man sich im Einzelfall, z. B. bei der stillen Gesellschaft oder beim Verein, darauf konzentriert hatte, ob die Mitgliedschaft zu dieser Vereinigung überhaupt einen Anteil bzw. ob der Verband eine Gesellschaft im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG darstellt. War dies der Fall, so musste die jeweilige Person alleiniges Mitglied der Gesellschaft sein; andernfalls waren nicht alle Anteile an der Gesellschaft vereinigt. War dies nicht der Fall, so stellte sich die Frage nach einer Bewertung der Anteile ebenfalls nicht, weil eben solche nicht vorlagen.1 Nach der Gesetzesänderung ist diese Frage komplexer geworden. Denn es stellt sich die Frage, wann genau 95% der Anteile vereinigt sind. Diese Frage ist häufig von dem Wunsch getragen, die nicht zu vereinigenden mehr als 5% der Anteile wirtschaftlich möglichst wertlos zu stellen, um einen möglichst geringen Fremdeinfluss hinnehmen zu müssen. Bereits oben wurde herausgestellt, dass schon der Begriff des Anteils nicht eindeutig ist.2 Denkbar wäre die schlichte Zählung der vereinigten Anteile und die Ermittlung deren Relation zur Gesamtzahl der Anteile. In Frage käme aber auch die Ermittlung nach der quotalen Beteiligung am Eigenkapital oder nach der Anzahl der vereinigten Stimmen in den Willensbildungsorganen der Gesellschaft. Somit ist der Ausdruck „95% der Anteile“ mehrdeutig. Das Gesetz hat es – im Gegensatz zu § 1 Abs. 2a GrEStG – versäumt, dem Normanwender einen eindeutigen Maßstab an die Hand zu geben. Soweit bislang ersichtlich, behilft sich die Praxis mit folgendem Maßstab: Für Personengesellschaften wird auf die dingliche Mitbe1 2

BFH, Urt. v. 16.03.1966 – II 26/63, BStBl. III 1966, S. 254. Siehe Kapitel 3 II. 2.

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Kap. 5: Ermittlung der Beteiligungshöhe von mindestens 95 v. H.

rechtigung des einzelnen Gesellschafters unabhängig von dessen kapitalistischer Beteiligung oder seinen Einflussmöglichkeiten (insbesondere Stimmrechte) abgestellt.3 Dagegen ist aus ergangenen Entscheidungen und Teilen der Literatur herauszulesen, dass bei Kapitalgesellschaften auf die kapitalistische Beteiligung am Stamm- bzw. Grundkapital der Gesellschaft abgestellt wird. Eine ausdrückliche Begründung für diese Vorgehensweise liegt aber zumindest für die Kapitalgesellschaften nicht vor. Außerdem erscheint es befremdlich, dass die Beteiligungsquote je nach Gesellschaftstyp unterschiedlich ermittelt werden soll, obwohl § 1 Abs. 3 GrEStG nicht zwischen Personen- und Kapitalgesellschaften differenziert. Die Einheitlichkeit des Gesellschafts- wie auch des Anteilsbegriffs legt vielmehr nahe, dass hierfür auch über die einzelnen Rechtsformen hinaus einheitliche Bewertungsmaßstäbe zur Anwendung kommen sollen. Es obliegt wiederum der Auslegung, die Tauglichkeit der bisherigen Maßstäbe zu überprüfen und ggf. bei deren Untauglichkeit einen geeigneten Maßstab zu entwickeln.

II. Qualitative Bewertung von Anteilen zur Bestimmung der Beteiligungshöhe Soweit ersichtlich, finden sich bislang nur einige wenige Aussagen in der Literatur darüber, nach welchem Maßstab die Vereinigung von 95% der Anteile zu ermitteln ist.4 Dies ist durch das relativ geringe Alter der Vorschrift und die wohl herrschende Praxis der Orientierung an der Kapitalbeteiligung bei Körperschaften zu erklären.5 Bei Personengesellschaften wird ein Anwendungsbereich des § 1 Abs. 3 GrEStG aufgrund der Anwachsung nach § 738 Abs. 1 BGB ohnehin nur angenommen, wenn eine Person über mindestens eine Tochtergesellschaft teilweise mittelbar alle Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft hält und somit keine weiteren Gesellschafter vorhanden sind.6 Dies darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass – soweit ersichtlich – bislang keine vertiefte Untersuchung zur Ermittlung der Beteiligungsquote vorliegt. Da das Gesetz keinen wörtlichen Bewertungsmaßstab vorgibt, sollen im Folgenden mehrere denkbare Bewertungsmethoden dargestellt werden und dann deren Geeignetheit als Bewertungsmaßstab des § 1 Abs. 3 GrEStG untersucht werden.

3 4 5 6

Näher siehe Kapitel 5 II. 1. Voßkuhl/Hunsmann, UVR 2005, S. 51; Behrens/Schmitt, UVR 2006, S. 118 (123). Ein Hinweis darauf findet sich bei Behrens/Schmitt, UVR 2006, S. 118 (123). Siehe Kapitel 3 I. 1.

II. Bewertung von Anteilen zur Bestimmung der Beteiligungshöhe

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1. Bewertung nach der Zahl der dinglich Mitberechtigten am Gesellschaftsvermögen Denkbar wäre es, die Frage nach der Vereinigung von Anteilen nach der Zahl der vereinigten Mitgliedschaften zu bestimmen. Bei der Aktiengesellschaft vermittelt jede Aktie eine Mitgliedschaft, weshalb hier die Beteiligungsquote relativ einfach aus der Zahl der Mitgliedschaften zu errechnen ist: sie bestimmt sich aus dem Verhältnis der gehaltenen Stückaktien zur Gesamtzahl der Aktien bzw. (bei Nennwertaktien) dem Verhältnis des Nennwerts der in einer Hand vereinigten Aktien zum Grundkapital der AG. Dieser Bewertungsmaßstab findet sich auch mehrfach im Aktiengesetz (z. B. §§ 16 Abs. 2, 60, 122 Abs. 1 AktG). Kritisch zu würdigen ist dieser Ansatz bei Bestehen von stimmrechtslosen Vorzugsaktien, da diese den „Standard“-Aktien nicht gleichstehen. Es wird somit Ungleiches miteinander verglichen, da stimmrechtslose Aktien mangels Einflusses in der Hauptversammlung nicht als Anteile im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG zu verstehen sind. Ihre Einbeziehung würde dem Normzweck, nämlich der Besteuerung des Erwerbs der Sachherrschaft des „faktischen Alleingesellschafters“ nicht gerecht werden.7 Konzernrechtlich wird dieses Manko übrigens dadurch gelöst, dass auch derjenige eine Mehrheitsbeteiligung hat, welcher über Mehrheit der Stimmen in Relation zu der Gesamtzahl der Stimmberechtigungen verfügt, § 16 Abs. 3 AktG, wenn dieser nicht schon eine Mehrheit nach § 16 Abs. 2 AktG hat. Als Abhängigkeit beschreibendes Merkmal liegt § 16 AktG dabei derselbe Grundgedanke wie dem § 1 Abs. 3 GrEStG zugrunde. Dieses liegt in der Beherrschung der Willensbildung einer Gesellschaft. Schwierigkeiten ergäben sich auch bei der GmbH, da bei dieser entgegen dem Aktiengesetz der Betrag der Stammeinlage (= Geschäftsanteil, § 14 GmbHG) verschieden bestimmt werden kann, wenn dieser mindestens 100 Euro beträgt (§ 5 Abs. 1 GmbHG), einen durch fünfzig teilbaren Betrag darstellt und der Gesamtbetrag aller Stammeinlagen mit dem satzungsmäßigen Stammkapital übereinstimmt (§ 5 Abs. 3 GmbHG). Zudem kann kein Gesellschafter bei der Errichtung der Gesellschaft mehrere Stammeinlagen übernehmen, d. h. das Bestehen einer Stammeinlage ist unabhängig von deren Höhe und der Stimmkraft des Mitglieds (vgl. § 47 Abs. 2 GmbHG). Dies würde aber für Zwecke des § 1 Abs. 3 GrEStG wiederum ungleichartige Anteile gleich behandeln, da sich gerade bei der weitgehend dispositiven Mitgliedschaft an der GmbH bezüglich der Sachherrschaft noch größere Unterschiede ergeben können als bei der AG. Dies geht theoretisch bis zum Extremfall, dass ein Gesellschafter einen Geschäftsanteil hält, der mehr als 95% des Gesellschaftskapitals und der Stimmrechte vermittelt, aber bei Anwendung dieses Bewertungsmaßstab nur als eine Mitgliedschaft gezählt werden würde. 7

Siehe dazu Kapitel 2 II. 2.

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Kap. 5: Ermittlung der Beteiligungshöhe von mindestens 95 v. H.

Tatsächlich wird dieses Bewertungsmodell bei den Personengesellschaften angewandt. Hier soll es tatsächlich nicht auf die Beteiligung am Gesellschaftsvermögen ankommen, sondern nur auf die Zahl der Gesellschafter.8 Denn schon die Gesellschafterstellung schafft bei den als Gesamthandsgemeinschaften ausgestalteten Personengesellschaften die dingliche Beteiligung am Gesellschaftsvermögen und damit auch an den Gesellschaftsgrundstücken.9 Da es nach zumindest derzeit noch herrschender Meinung bei der Personengesellschaft keine Mehrfachmitgliedschaften gibt, sondern der Grundsatz der Einheitlichkeit einer Mitgliedschaft gilt,10 kann auch nur eine Mitgliedschaft pro Person bestehen, die auch keiner Quantifizierung zugänglich ist. Dies strahle deshalb auf § 1 Abs. 3 GrEStG aus, weil dieser den Bewertungsmaßstab der §§ 1 Abs. 2a, 5, 6 und 7 GrEStG, nämlich der Anteile am Gesellschaftsvermögen, nicht übernehme.11 Somit sei die Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG nur bei der mittelbaren Anteilsvereinigung möglich. Deren Anteile können maximal zu 50% vereinigt sein, nämlich bei Bestehen einer zweigliedrigen Personengesellschaft.12 Konsequenz dieser Bewertung ist die Bedeutungslosigkeit der (schuldrechtlichen) Beteiligung des jeweiligen Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen sowie des Einflusses des Gesellschafters, dem dieser Einfluss über die Gestaltung der Stimmrechtsverteilung und der zur Beschlussfassung erforderlichen Stimmenzahl auf die Willensbildung der Gesellschaft zukommt. Dann werden aber wiederum im Hinblick auf die Sachherrschaft ungleiche Beteiligungsverhältnisse gleich behandelt. 2. Bewertung nach „Kapitalbeteiligung“ Ein anderer Ansatz bestünde darin, die Bewertung nach der Kapitalbeteiligung des einzelnen Gesellschafters vorzunehmen, weil diese dem Gesellschafter zwar nicht zwingend dinglich das Grundstück, aber in der Regel den Grundstückswert vermittelt.13 Auch diese Bewertungsmethode hätte – zumindest auf

8

Siehe Kapitel 3 I. 1. BFH, Urt. v. 26.07.1995 – II R 68/92, BStBl. II 1995, S. 736 (737); Urt. v. 08.08.2001 – II R 66/98, BFH/NV 2001, S. 672; Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 98; Binz/Freudenberg/Sorg, DStR 1990, S. 753 f. 10 BGH, Urt. v. 11.03.1957 – II ZR 182/55, NJW 1957, S. 1026 (1028); Urt. v. 01.06.1987 – II ZR 259/86, NJW 1987, S. 3184 (3186), st. Rspr.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 45 I 2. b) (S. 1312); ausführlich (auch zu Einschränkungen) Ulmer, in: MünchKomm-BGB, § 705 Rn. 60 und 181. 11 Fischer, in: Boruttau, § 1 Rn. 893; Binz/Freudenberg/Sorg, DStR 1990, S. 753 (754); Pahlke, in: Pahlke/Franz, GrEStG, § 1 Rn. 323; Hofmann, GrEStG, § 1 Rn. 140; Voßkuhl/Hunsmann, UVR 2005, S. 51; Salzmann/Loose, DStR 2004, S. 1941 (1945) und DStR 2005, S. 53; a. A. Teiche, DStR 2005, 49 (52 f.), der m. E. systemwidrig auf die Beteiligung am Gesellschaftsvermögen abstellt. 12 Näher siehe Kapitel 3 I. 1. 9

II. Bewertung von Anteilen zur Bestimmung der Beteiligungshöhe

185

den ersten Blick – den Vorteil, den Betrag der jeweiligen Beteiligung aus den Gesellschaftsbilanzen entnehmen zu können, indem man die von den Gesellschaftern erbrachten Einlagen in das Verhältnis zu den Gesamteinlagen setzt. Hält beispielsweise ein Aktionär 95.000 Aktien mit einem (bei Stückaktien nur rechnerischen) Nennwert von einem Euro und beträgt das gezeichnete Kapital der Gesellschaft 100.000,00 Euro, so würde er nach dieser Bewertungsmethode 95% der Anteile in seiner Hand vereinigen. Für die Anwendung dieser Bewertungsmethode finden sich – auch wenn dies in kaum einer Literaturstelle ausdrücklich erwähnt wird – Hinweise in der Rechtsprechung. Bereits der Reichsfinanzhof entschied in seinem Urteil vom 22. Oktober 194214 zur Frage des Zurückbleibens von Zwerganteilen, dass diese Zwerganteile bei wirtschaftlicher Bedeutungslosigkeit nach § 1 Abs. 3 StAnpG einer Anteilsvereinigung nicht entgegenstehen. Wirtschaftliche Bedeutungslosigkeit hinge nicht vom Vermögenswert der Anteile, sondern vom Verhältnis des Zwerganteilsbesitzes zu dem Gesellschaftskapital und damit von dem Verhältnis des Zwerganteilsbesitzes zu dem Gesellschaftsanteil des Hauptgesellschafters ab. Diese Rechtsprechung führte der BFH insbesondere im Urteil vom 10. Januar 196215 fort, wobei er betonte, dass es auf die im Urteil des RFH der Entscheidungsfindung zugrunde gelegte weltanschauliche (= nationalsozialistische) Betrachtung gar nicht angekommen wäre, weil die wirtschaftliche Betrachtungsweise auch ohne Zugrundelegung einer solchen Weltanschauung für die Frage der Anteilsvereinigung Anwendung finden könne. Es liege ein wirtschaftlich bedeutungsloser Zwerganteil vor, wenn der nicht vereinigte Anteilsbesitz 2 v. H. des Gesellschaftskapitals nicht überschreite. Ähnlich äußerte sich der BFH in einem Beschluss vom 17.10.1973,16 wo dieser die Vermutung ausdrückt, der Berliner Gesetzgeber habe bei der Normierung des § 1 Abs. 3 GrEStG Berlin 1969, welcher eine Beteiligungsquote von 95% der Anteile genügen lässt, die Unbeachtlichkeit von „bis zu 5 v. H. der Kapitalanteile aussprechen“ wollen, dabei aber nicht berücksichtigt, dass diese Vorschrift in Bezug auf die ebenfalls erfassten Personengesellschaften im Hinblick auf die Stellung des Gesellschafters als Gesamthänder Anwendungsschwierigkeiten nach sich ziehen würde. Diese Einfachheit der Bewertung nach der Vermögensbeteiligung ist aber nur eine scheinbare. Denn die vermögensrechtlichen Beziehungen zwischen einem Gesellschafter und der Gesellschaft sind komplexer Natur und bedürfen einer differenzierteren Darstellung. Zu unterscheiden ist hier insbesondere zwischen

13 So z. B. Behrens/Schmitt, UVR 2006, S. 118 (120, 123); Gassner, Anteilsvereinigung, S. 43; Ansätze auch bei Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 308 f. 14 II 99/42, RFHE 52, S. 217 (220). 15 II 13/61 U, BFHE 74, S. 349 (350 f.). 16 II B 38/73, BFHE 110, S. 377 (380).

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Kap. 5: Ermittlung der Beteiligungshöhe von mindestens 95 v. H.

den Vermögensbeziehungen zur Gesamthandsgemeinschaft einerseits und zur Körperschaft andererseits. a) Die Kapitalbeteiligung an der Körperschaft Relativ eindeutig ist die Kapitalbeteiligung an der Körperschaft zu ermitteln. Es handelt sich um den Anteil am Stamm- bzw. gezeichneten Kapital der GmbH/AG, welcher den Gesellschaftern mit der Übernahme ihres Geschäftsanteils bzw. der Aktien als (Stamm-)Einlage zuzuordnen ist. Somit wären 95% der Anteile vereinigt, wenn die (Stamm-)Einlage des Gesellschafters mindestens 95% des Stamm- bzw. gezeichneten Kapitals erreicht. Dagegen sind Gewinnrücklagen sowie Gewinn- und Verlustvorträge nicht zu berücksichtigen, da diese nicht Ausdruck der dinglichen Vermögensbeteiligung sind, sondern aus der Tätigkeit der Gesellschaft selbst resultieren. Ebenfalls nicht zu berücksichtigen ist das auf den Erwerb der Beteiligung zu zahlende, in der Kapitalrücklage zu bilanzierende Aufgeld (Agio). Mit diesem wird in der Regel die Wertdifferenz zwischen dem Nennwert der Aktie/Stammeinlage und deren tatsächlichen Wert ausgeglichen.17 Problematisch hingegen ist die Bemessung nach der Kapitalbeteiligung bei einer Kommanditgesellschaft auf Aktien. Hier wird von Behrens/Schmitt18 vertreten, dass die Komplementär-Beteiligung bei der Ermittlung der Beteiligungsquote unberücksichtigt bleibt. Dies ist aus deren Sicht auch folgerichtig, da diese Autoren den KGaA-Komplementär als nur schuldrechtlich am Gesellschaftsvermögen beteiligt sehen und dementsprechend seine Beteiligung auch nicht als Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG behandeln. Dagegen wird hier die Beteiligung des Komplementärs am Gesellschaftsvermögen als eine Beteiligung sui generis bezeichnet, die aufgrund der Gesetzgebungsgeschichte als dingliche Beteiligung am Gesellschaftsvermögen betrachtet werden muss.19 Wird als Bewertungsmethode des § 1 Abs. 3 GrEStG die Bewertung nach der Kapitalbeteiligung herangezogen, so wäre es sinnwidrig, die vermögensmäßige Beteiligung des Komplementärs an der Gesellschaft als unbeachtlich zu behandeln, da auch die Einlage des Komplementärs einen mitgliedschaftlichen Beitrag zum Gesellschaftsvermögen darstellt. Dann müsste, um die Komplementär-Stellung an die der Kommanditaktionäre anzupassen, die Beteiligung des Komplementärs nach seiner Kapitaleinlage bemessen werden.

17 18 19

Ausführlich Hoffmann-Becking, in: Münch.Hdb. GesR IV, § 43 Rn. 1 ff. UVR 2006, S. 118 ff. Ausführlich siehe Kapitel 3 III. 1. g).

II. Bewertung von Anteilen zur Bestimmung der Beteiligungshöhe

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b) Die „Kapitalbeteiligung“ an der Gesamthandsgemeinschaft Unklar ist hingegen, wie die Kapitalbeteiligung an einer Gesamthandsgemeinschaft bemessen werden soll. Denn die Gesamthänderstellung der Gesellschafter hängt bei diesen nicht davon ab, inwieweit ein Gesellschafter eine Einlage in das Gesellschaftsvermögen erbracht hat.20 Zudem ist unklar, welche vermögensrechtliche Stellung eigentlich als Maßstab für die Berechnung der Beteiligungsquote herangezogen werden soll. Dazu ist es erforderlich, die vermögensmäßige Beteiligung an der Personengesellschaft näher zu betrachten. In der Regel wird bei Personengesellschaften zwischen dem Gesellschaftsanteil, dem Vermögensanteil und dem Kapitalanteil unterschieden.21 Unter dem Gesellschaftsanteil wird die Mitgliedschaft an der Gesellschaft selbst verstanden.22 Unter dem Vermögensanteil wird hingegen die wertmäßige Beteiligung des Gesellschafters verstanden. Da es bei einer Personengesellschaft kein zwingendes einzulegendes Mindestkapital gibt, ist – mit Ausnahme der Kommanditisten (§ 171 Abs. 1 HGB) – kein Gesellschafter von Gesetzes wegen verpflichtet, überhaupt eine Vermögenseinlage zu erbringen. Weil aber Gesellschaften – insbesondere die Personenhandelsgesellschaften – meist Zwecken dienen, welche nur durch die Verfügbarkeit finanzieller Mittel erfüllt werden können, enthalten viele Gesellschaftsverträge solche Beitragspflichten. Erbringt ein Gesellschafter eine Vermögenseinlage, so ist er – eben auch wertmäßig, nicht „nur“ dinglich – am Gesellschaftsvermögen beteiligt.23 Als Kapitalanteil bezeichnet man üblicherweise eine bilanzielle Rechengröße, die Aufschluss über den derzeitigen Stand der Einlage des Gesellschafters geben soll.24 Im Gegensatz zum Gesellschafts- und Vermögensanteil ist der Kapitalanteil veränderlich. Nach dem gesetzlichen Leitbild des § 120 Abs. 2 HGB verändert er sich positiv durch Zuschreibung von Einlagen und Gewinnen und negativ durch Abschreibung von Verlusten und Entnahmen.25 Somit ist der Kapitalanteil als Rechengröße kein subjektives Recht am Gesellschaftsvermögen. Nach der gesetzlichen Konzeption des HGB ist der Kapitalanteil Maßstab für die Verteilung einer Vorausdividende, für Entnahmen und für die Berechnung 20

Siehe Kapitel 3 I. 1. Kübler/Assmann, Gesellschaftsrecht, § 7 III 2. (S. 78 ff.); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 47 III 1. a) (S. 1380); die in der Literatur verwendete Terminologie ist uneinheitlich. 22 Huber, Vermögensanteil, S. 11; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 47 III 1. a) (S. 1380). 23 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 47 III 1. a) (S. 1380). 24 So Huber Vermögensanteil, S. 228; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 47 III 2. a) (S. 1383); v. Falkenhausen/Henning C. Schneider, in: Münch.Hdb. GesR I, § 61 Rn. 26; Priester, in: MünchKomm-HGB, § 120 Rn. 84; Hopt, in: Baumbach/Hopt, § 120 Rn. 13; str. 25 v. Falkenhausen/Henning C. Schneider, in: Münch.Hdb. GesR I, § 61 Rn. 31. 21

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Kap. 5: Ermittlung der Beteiligungshöhe von mindestens 95 v. H.

des Auseinandersetzungsguthabens (§§ 121 Abs. 1 u. 2, 122, 155 Abs. 1 HGB). Abweichende Vereinbarungen im Gesellschaftsvertrag sind jedoch zulässig.26 Aufgrund seiner Eigenschaft als bilanzielle Rechengröße ist der Kapitalanteil allerdings weder in der Lage, den absoluten Wert der Beteiligung wiederzugeben noch die verhältnismäßige Beteiligung der Gesellschafter. Denn aufgrund der bilanziellen Ermittlung der Kapitalanteile sind diese nur in der Lage, über die absolute Wertdifferenz zwischen den Vermögensbeteiligungen der Gesellschafter Auskunft zu geben.27 Daher wird üblicherweise der Kapitalanteil nicht insgesamt als variabel geführt, sondern zwischen dem festen Kapitalanteil (buchhalterisch: Kapitalkonto I) und dem variablen Kapitalanteil (buchhalterisch: Kapitalkonto II) unterschieden.28 Dann sollen die Kapitalkonten I, deren Summe das Äquivalent zum Stamm- bzw. Grundkapital bei GmbH und AG darstellt, das Beteiligungsverhältnis der jeweiligen Gesellschafter am Gesellschaftsvermögen widerspiegeln.29 Das Kapitalkonto I wird häufig in Abweichung von §§ 119 Abs. 2, 121 HGB als Bezugsgröße für die Gewinnverteilung und die Stimmrechte herangezogen.30 Veränderungen, die den Kapitalverteilungsschlüssel nicht modifizieren sollen, werden dagegen auf dem variablen Kapitalkonto II bzw. anderen variablen Konten gebucht. Aus der differenzierten Behandlung der „Kapitalbeteiligung“ für die Personengesellschaft ergibt sich das Problem, welche Größe nunmehr als Bewertungsmaßstab für die Beteiligungsquote nach § 1 Abs. 3 GrEStG herangezogen werden könnte. Soll ein Gleichlauf zu den Kapitalgesellschaften erreicht werden, wäre nicht auf die Kapitalbeteiligung als solche abzustellen, welche nur eine absolute Größe abbildet. Vielmehr wäre auf das Verhältnis der im Kapitalkonto I abgebildeten Einlagen der einzelnen Gesellschafter zum Gesamtbetrag der Einlagen abzustellen. Denn nur der Vermögensanteil entspricht der „Kapitalbeteiligung“ bei Gesellschaften. Dann bliebe aber wiederum unberücksichtigt, dass der jeweilige Gesellschafter nach § 718 Abs. 1 BGB unabhängig vom Bestehen und der Höhe einer Kapitalbeteiligung gesamthänderisch am Gesellschaftsvermögen mitberechtigt ist, ein Umstand, dessen Bedeutung insbesondere von der Rechtsprechung regelmäßig hervorgehoben wird.31

26

K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 47 III 2. b) (S. 1383). Näher K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 47 III 2. c) bb) (S. 1384). 28 In der Praxis bestehen häufig noch ausdifferenziertere Kontenmodelle, vgl. Priester, in: MünchKomm-HGB, § 120 Rn. 106 ff.; v. Falkenhausen/Henning C. Schneider, in: Münch.Hdb. GesR I, § 61 Rn. 43 ff.; Hopt, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 120 Rn. 18 ff. 29 Ausführlich K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 47 III 2. d) (S. 1385 f.); Huber, Vermögensanteil, S. 236 ff.; v. Falkenhausen/Henning C. Schneider, in: Münch.Hdb. GesR I, § 61 Rn. 33. 30 Hopt, in: Baumbach/Hopt, HGB, § 120 Rn. 12. 31 Siehe Kapitel 3 I. 1. 27

II. Bewertung von Anteilen zur Bestimmung der Beteiligungshöhe

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3. Bewertung nach Stimmrechten in den Willensbildungsorganen Eine weitere mögliche Bewertungsmethode wäre die Ermittlung der Beteiligungsquote nach der Zahl der vereinigten Stimmrechte. Hinweise auf die Bedeutung der Stimmrechte für die Anteilsvereinigung finden sich nicht nur in der Literatur.32 Bereits eine der wesentlichen Entscheidungen für das Verständnis der Anteilsvereinigung, nämlich die Entscheidung des BFH vom 16.03.1966,33 enthält Äußerungen zur rechtlichen und wirtschaftlichen Bedeutung der Stimmrechte für die Anteilsvereinigung. In dieser Entscheidung gab der BFH die Ansicht wieder auf, dass das Halten von wirtschaftlich bedeutungslosen Zwerganteilen in anderer Hand der Erfüllung des Tatbestands des § 1 Abs. 3 GrEStG nicht entgegenstehe. In dieser Entscheidung führt der BFH aus, dass sich kein Anhaltspunkt dafür biete, die Vorschrift derart erweiternd auszulegen, wenn eben nicht alle Anteile an einer Gesellschaft in einer Hand vereinigt seien. Denn der Rechtsgedanke des § 1 Abs. 2 GrEStG, dass die volle wirtschaftliche Macht dieselbe Bedeutung haben solle wie die ihr entsprechende Rechtsmacht, müsste auch in den Fällen des § 1 Abs. 3 GrEStG gelten. Da aber bei nicht vereinigten Zwerganteilen keine volle wirtschaftliche Macht bestehe, könne die Steuerpflicht auch bei Zurückbehaltung von Zwerganteilen eben nicht in die Vorschrift des § 1 Abs. 3 hineingelesen werden, soweit dies nicht ausdrücklich gesetzlich normiert sei.34 Der BFH führt dazu aus: „Hier wären gleichermaßen die Mehrstimmrechte . . . wie [auch] der Entzug des Stimmrechts für Vorzugsaktien sowie die Gestaltungsmöglichkeiten nach § 11 AktG n. F. zu berücksichtigen; auch könne nicht unberücksichtigt bleiben, daß §§ 9 ff. des Umwandlungsgesetzes (UmwG), §§ 339 ff. AktG bereits einer Mehrheit von drei Vierteln [der Stimmen] erlauben, eine Umwandlung zu erzwingen.“35

Dies sei aber im Falle des § 1 Abs. 3 GrEStG a. F. unbeachtlich, weil eben alle Anteile vereinigt werden müssen. Ein Hinweis auf die Bedeutung der Stimmrechte findet sich auch schon im Urteil des RFH vom 22. Oktober 1942.36 Dort bemaß der RFH die Frage nach dem Vorliegen von wirtschaftlich bedeutungslosen Zwerganteilen zwar nach der Beteiligung am Gesellschaftskapital. Ergebnis dieser geringen Beteiligung sei aber, dass der Hauptgesellschafter den bestimmenden Einfluss auf die Gesellschaft praktisch allein ausüben könne. Somit verwendet der RFH die Kapitalbeteiligung nur als Größe, um auf den beherrschenden Einfluss des Hauptgesell32 Z. B. Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 239; Behrens/Schmitt, UVR, 2006, S. 118 (123). 33 II 26/63, BStBl. III 1966, S. 254. 34 Dazu auch Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 886; Pahlke, in: Pahlke/Franz, GrEStG, § 1 Rn. 327. 35 BFH, Urt. v. 16.03.1966 – II 26/63, BStBl. III 1966, S. 254 (255). 36 II 99/42, RFHE 52, S. 217 (220).

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Kap. 5: Ermittlung der Beteiligungshöhe von mindestens 95 v. H.

schafters schließen zu können. Da in diesem Falle Anteile einer Kapitalgesellschaft vereinigt wurden und Kapitalgesellschaften zumindest üblicherweise ihre Stimmrechtsverteilung an die Kapitalbeteiligung koppeln (vgl. § 47 Abs. 2 GmbHG, § 12 Abs. 1 S. 1 AktG), erscheint auch die Möglichkeit, die Beteiligungsquote für Zwecke des § 1 Abs. 3 GrEStG nach Maßgabe der Stimmrechte zu ermitteln, zumindest durch den Wortlaut nicht ausgeschlossen. Die Bewertung nach der Zahl der vereinigten Stimmrechte hätte wiederum für sich, ein relativ einfach ermittelbares Kriterium für die Beurteilung der Beteiligungsquote zu bilden. Bei einer Aktiengesellschaft gewährt eine Aktie in der Regel ein Stimmrecht (§ 12 Abs. 1 S. 1 AktG); Mehrstimmrechte sind unzulässig (§ 12 Abs. 2 AktG) und Vorzugsaktien als solche in der Satzung gesondert auszuweisen (§ 23 Abs. 3 Nr. 4 AktG). Auch bei der GmbH gewähren je fünfzig Euro eines Geschäftsanteils eine Stimme in der Gesellschafterversammlung (§ 47 Abs. 2 GmbHG). Abweichungen bedürfen wiederum einer besonderen Bestimmung im Gesellschaftsvertrag (§ 45 Abs. 2 GmbHG). Somit ließe sich auch hier die Beteiligungsquote anhand des Verhältnisses der Stimmrechte eines Gesellschafters zur Gesamtzahl der Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung ermitteln. Anders stellt sich die Lage bei den Personengesellschaften dar. Hier hängt die Stimmverteilung nach der Konzeption des Gesetzes nicht von der kapitalistischen Beteiligung des Gesellschafters ab. Grundsätzlich werden bei diesen Gesellschaften alle Entscheidungen einstimmig getroffen, §§ 709 Abs. 1 BGB, 119 Abs. 1, 161 Abs. 2 HGB. Bestimmt der Gesellschaftsvertrag, dass Mehrheitsentscheidungen generell oder bei besonderen Beschlussgegenständen zulässig sind, so wird das Stimmrecht gemäß §§ 709 Abs. 2 BGB, 119 Abs. 2 HGB nach Köpfen verteilt, soweit im Gesellschaftsvertrag nichts anderes bestimmt ist. Bewertet man die Beteiligungsquote nach diesem Maßstab, so ergibt sich für Personengesellschaften folgende Änderung: Folgt das Gesellschaftsstatut dem Gesetz, so ergeben sich hinsichtlich der Anteilsvereinigung keine Änderungen, da eine Vereinigung von mindestens 95% der Stimmen niemals möglich ist. Maximal möglich ist daher nur die 50%-ige „Stimmrechtsvereinigung“, also das Innehaben eines von zwei Stimmrechten. Eine Einschränkung ist zu machen, wenn ein Gesellschafter insgesamt 95% der Stimmen in seiner Person vereinigt. Dies ist beispielsweise dann möglich, wenn die Stimmrechtsverteilung nach der Kapitalbeteiligung (meist dem festen Kapitalkonto I)37 erfolgt und ein Gesellschafter 95% (oder mehr) des (festen) Eigenkapitals erbringt. Insbesondere wäre hier der Fall einer kapitalmäßig nicht beteiligten GmbH bei der beteiligungsidentischen GmbH & Co. KG zu nennen. 37 Dazu Lüke, in: Hesselmann/Tillmann/Mueller-Thuns, Hdb. GmbH & Co. KG, § 3 Rn. 6.

II. Bewertung von Anteilen zur Bestimmung der Beteiligungshöhe

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Hier könnte ein Kommanditist – der eventuell sogar alleiniger Kommanditist und alleiniger Gesellschafter der Komplementär-GmbH sein kann – mindestens 95% der Stimmrechte auf sich vereinigen. Dasselbe würde gelten, wenn die Komplementär-GmbH zwar kapitalistisch beteiligt ist, aber über kein Stimmrecht verfügt.38 Auch in solchen Fällen ist von einem beherrschenden Einfluss des in diesem Umfang beteiligten Gesellschafters auf die Gesellschaft auszugehen. Probleme ergeben sich bei dieser Bewertung für die KGaA. Bezüglich der Kommanditaktionäre und deren Stimmrecht gilt hier grundsätzlich Aktienrecht, so dass die Stimmrechte in einer Hauptversammlung ausgeübt werden müssen, §§ 278 Abs. 3, 118 Abs. 1 AktG. Die Hauptversammlung der KGaA ist aber keine Gesellschafterversammlung, denn neben den Kommanditaktionären bestehen noch Komplementäre, deren Rechte sich untereinander wie auch zwischen der Gesamtheit der Kommanditaktionäre und den Komplementären gemäß § 278 Abs. 2 AktG nach Personengesellschaftsrecht richten. Somit können Gesellschafterbeschlüsse nicht in der Hauptversammlung gefasst werden, sondern bedürfen im gesetzlichen Regelfall noch der Zustimmung aller Komplementäre (Einstimmigkeitsprinzip), § 278 Abs. 2 AktG i.V. m. §§ 161 Abs. 2, 119 Abs. 1 HGB. Die Satzung kann für die Zustimmung der Komplementäre aber auch deren Mehrheitsentscheidung ausreichen lassen.39 Somit ist die Anteilsvereinigung zu 95% nach der gesetzlichen Konzeption bei der KGaA nicht möglich. Entgegen Behrens/Schmitt stellt die Komplementärstellung einen Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG dar.40 Da jedoch zum Gesellschaftsbeschluss sowohl die Zustimmung der Gesamtheit der Aktionäre und der Komplementäre vonnöten ist, können nicht mehr als 50% der Anteile vereinigt werden, selbst wenn ein Mitglied entweder Alleinaktionär oder Komplementär ist. Jedoch ist – entgegen der Rechtslage bei der KG – die 100%-ige Anteilsvereinigung möglich, wenn der Gesellschafter sowohl einziger Komplementär ist als auch alle Kommanditaktien hält, weil die juristische Person KGaA bei einer solchen Anteilsvereinigung nicht erlischt. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Bewertung der Beteiligungsquote nach Stimmrechten von der Rechtsprechung und Literatur bislang nicht geteilt wird, wenn sich auch eine explizite Ablehnung nur bei Behrens/Schmitt zu finden scheint. Diese stützen sich allerdings nur darauf, dass diese aus dem Prinzip der Sachherrschaft zumindest mögliche Betrachtung bislang nicht von Gesetzge-

38 Ausführlich zu Gestaltungsvarianten der GmbH & Co. KG Gummert, in: Münch.Hdb. GesR II, GmbH & Co. KG, § 50 Rn. 16 ff.; Mussaeus, in: Hdb. GmbH & Co. KG, § 5 Rn. 113; K. Schmidt, in: Scholz, GmbHG, Anh. § 45 Rn. 34. 39 Raiser/Veil, Recht der Kapitalgesellschaften, § 23 Rn. 38 ff. 40 Siehe Kapitel 3 III. 1. g).

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Kap. 5: Ermittlung der Beteiligungshöhe von mindestens 95 v. H.

ber, Rechtsprechung und Finanzverwaltung ausdrücklich rezipiert wurde, obwohl es dazu Gelegenheiten gegeben hätte.41

III. Stellungnahme Im vorherigen Abschnitt wurden mögliche Bewertungsmethoden zur Ermittlung der Beteiligungsquote erörtert. Jedoch wurde bislang noch keine abschließende Entscheidung darüber getroffen, welcher Methode zu folgen ist. Dieses Ergebnis kann wiederum nur durch Auslegung gefunden werden, weil der Wortlaut der gesetzlichen Regelung selbst zu unbestimmt ist. Die Auslegung des Gesetzes selbst hat sich dabei am Normzweck zu orientieren. Wie oben bereits gezeigt, liegt der Steuerbarkeit einer Anteilsvereinigung der Gedanke zugrunde, dass der zu mindestens 95 v. H. beteiligte Gesellschafter die Sachherrschaft über das Gesellschaftsgrundstück wie ein Eigentümer ausüben kann. Daher muss bei der Auslegung des § 1 Abs. 3 GrEStG hinsichtlich des zur Feststellung der Beteiligungsquote anzuwendenden Bewertungsmaßstabs ein solcher gewählt werden, der in Bezug zur Sachherrschaft über die Gesellschaft steht. Sachherrschaft mittels Anteile kann aber nur der Gesellschafter ausüben, der aus seinem Anteil heraus Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft haben kann. Daher ist die Beteiligungsquote anhand der Anzahl der Stimmrechte festzustellen, die ein Mitglied in den Willensbildungsorganen der Gesellschaft vereinigt. Im Umkehrschluss zu § 1 Abs. 2a GrEStG und §§ 5–7 GrEStG ist dagegen anzunehmen, dass die Vermögensbeteiligung als Bewertungsmaßstab im Rahmen des § 1 Abs. 3 GrEStG nicht herangezogen werden darf. Diese Vorschriften normieren explizit, dass bei Grundstücksübertragungen von und auf Gesamthandsgemeinschaften bzw. der Umwandlung von gemeinschaftlichen Eigentum in Flächeneigentum sowie beim Austausch von Personengesellschaftern hinsichtlich der Steuerfreiheit bzw. der Steuerbarkeit auf das Gesellschaftsvermögen als Maßstab abzustellen ist. Es hätte nichts dagegen gesprochen, diesen Maßstab auch in § 1 Abs. 3 GrEStG in Gesetzesform zu gießen, wenn es dem Gesetzgeber auf den Übergang von Gesellschaftsvermögen angekommen wäre. Tatsächlich wurden solche gesetzgeberische Vorschläge auch erwogen, bislang aber durchwegs abgelehnt, so dass von einem bewussten Absehen des Gesetzgebers von einer Normkorrektur auszugehen ist.42 Dieser Betrachtungsweise hat sich auch die Rechtsprechung bezüglich der Personengesellschaften angeschlossen.43

41 42 43

Behrens/Schmitt, UVR 2006, S. 118 (123). Siehe dazu Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 893b. Siehe Kapitel 3 I. 1.

III. Stellungnahme

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Dennoch ist nicht völlig nachzuvollziehen, warum die Rechtsprechung an die unterschiedlichen Gesellschaftsformen zweierlei Bewertungsmaßstäbe anlegt. Denn von einer dinglichen Mitberechtigung des Kapitalgesellschafters am Gesellschaftsvermögen ähnlich der Gesamthandsbeteiligung eines Personengesellschafters geht die Rechtsprechung gerade nicht aus, da die Kapitalgesellschaft eben keine Gesamthandsgemeinschaften ist und somit der Kapitalgesellschafter nicht Miteigentümer an deren Sondervermögen ist. Vielmehr reicht ihr die dingliche Zuordnung über das Vermögensstammrecht der Mitgliedschaft aus. Es ist aber unlogisch, dann wieder auf die Kapitalbeteiligung zurückzugreifen, wenn sie doch bei den Personengesellschaften keinerlei Rolle spielen soll. Denn die Anordnung unterschiedlicher Maßstäbe ist § 1 Abs. 3 GrEStG gerade nicht zu entnehmen, da dieser nicht zwischen beiden Gesellschaftsformen unterscheidet. Zudem ist nicht ersichtlich, warum allein aufgrund der Vermögensbeteiligung Sachherrschaft über ein Grundstück ausgeübt werden kann. Ebenso wenig ist die Kapitalbeteiligung als solche geeignet, Ausdruck der Sachherrschaft über das Gesellschaftsvermögen zu sein. Ihr kommt allenfalls insoweit Indizwirkung zu, als bei Kapitalgesellschaften ein Stimmrecht üblicherweise mit einem bestimmten Kapitalanteil verbunden ist, mit dem über die Verwendung des Grundstücks bestimmt werden kann. Die Vermögensbeteiligung an sich wäre meines Erachtens nur dann sachgerechter Maßstab, wenn es § 1 Abs. 3 GrEStG um die Vermittlung des Vermögenswertes durch die Gesellschaftsanteile ginge. Diese Auffassung wurde aber bereits oben widerlegt.44 Dagegen trägt die Bestimmung der Beteiligungsquote nach Stimmrechten dem Sachherrschaftsgedanken in angemessener Weise Rechnung.45 Er kommt, wenn auch unklar, im Gesetz zum Ausdruck. Denn durch die Erweiterung des Begriffes „in einer Hand“ auf Organschaften als qualifizierte Beherrschungsverhältnisse wird deutlich, dass der Gesetzgeber auch dann wirtschaftliches Eigentum am Grundvermögen der Gesellschaft annahm, wenn diese nicht unmittelbar von einem Alleingesellschafter, sondern ganz oder teilweise mittelbar durch eine abhängige Gesellschaft beherrscht wird. Denn in der nach wie vor gültigen Gesetzesbegründung des GrEStG 1940 wurde die Erweiterung für gerechtfertigt erachtet, „weil größere Unternehmen mit weitgehender gesellschaftsrechtlicher Verschachtelung die Entstehung der Steuer bisher dadurch umgehen konnten, dass sie die Anteile in der Hand mehrerer abhängiger Unternehmen oder in der Hand des herrschenden und eines abhängigen Unternehmens vereinigten.“46

44

Siehe Kapitel 2 II. 2. c) cc) (1). So schon Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 239; diese Überlegung findet sich auch bei Behrens/Schmitt, UVR, 2006, S. 118 (123). 46 RStBl. 1940, S. 387 (392). 45

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Kap. 5: Ermittlung der Beteiligungshöhe von mindestens 95 v. H.

Die Herrschaftsstellung übt das Unternehmen aber dadurch aus, in dem es Weisungen gegenüber einem weisungsgebundenen Unternehmen erteilt, nicht aber, indem es wertmäßig ab Gesellschaftsvermögen beteiligt ist. Die zugrunde liegenden Rechtsgedanken kommen heute noch im österreichischen GrEStG 1987 zum tragen. Dort ist in § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG noch – wie auch im deutschen GrEStG 1940 – auf die umsatzsteuerrechtliche Organschaft verwiesen, welche nach § 2 Abs. 2 UStG 1994 (Österreich) vorliegt, wenn eine juristische Person einer anderen derart untergeordnet ist, dass sie keinen eigenen Willen hat. Dies entspricht dem gesetzgeberischen Stand des GrEStG 194047 und kann daher zur Auslegung herangezogen werden. Auch nach heutiger deutscher Gesetzgebung ist für eine Organschaft die „finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische“ Eingliederung erforderlich. Für das Tatbestandsmerkmal „finanzielle Eingliederung“ kommt es aber auf die Kapitalbeteiligung an, die zur Herbeiführung der Stimmrechtsmehrheit erforderlich ist.48 Auch bezüglich der wirtschaftlichen und organisatorischen Eingliederung kommt es nach ständiger Rechtsprechung darauf an, dass die Organgesellschaft im Gefüge des Organträgers als dessen Bestandteil erscheint (wirtschaftlich)49 und die Beherrschung der Tochtergesellschaft durch laufende Geschäftsführung wirklich wahrgenommen wird (organisatorisch).50 Diese Erweiterung zur mittelbaren Anteilsvereinigung51 ersetzt somit das Erfordernis der mittelbar mindestens 95%-igen Beteiligung durch Anteile bei Vorliegen einer bestimmten Herrschaftsposition gegenüber der zwischengeschalteten Gesellschaft. Daraus kann aber nur geschlossen werden, dass es auf die Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung und nicht auf die Vermögensbeteiligung an der Gesellschaft ankommt, da nur den Stimmrechten eine Herrschaftsmacht innewohnt.52 Schlussendlich ist festzuhalten, dass mit der Ermittlung der Beteiligungsquote nach Stimmrechten ein einheitlicher Bewertungsmaßstab sowohl an Personenals auch an Kapitalgesellschaften angelegt wird. Diese Methode reflektiert nicht nur den Gedanken der Sachherrschaft in nahe liegender Weise, sondern ermöglicht auf den Einzelfall bezogene, sachgerechte Kriterien zur Ermittlung der Sachherrschaft einer (natürlichen oder juristischen) Person über die Gesell-

47

Siehe Kapitel 2 I. Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 965. 49 BFH, Urt. v. 22.06.1967 – V R 89/66, BStBl. III 1976, S. 715 (716); Urt. v. 17.04.1969 – V 44/65, BStBl. II 1969, S. 413 (414); Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 965. 50 BFH, Urt. v. 28.01.1999 – V R 32/98 BStBl. II 1999, S. 258; Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 965; näher zu den Tatbestandmerkmalen der Organschaft siehe Kapitel 7 IV. 51 BFH, Urt. v. 16.01.1980 – II R 52/76, BStBl. II 1980, S. 360 (361); Heine, GmbHR 2000, 850 (854); Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 958. 52 Siehe Kapitel 2. II. 2. c). 48

IV. Anteilsvereinigung bei REIT-Aktiengesellschaften?

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schaftsgrundstücke. Wie bereits angedeutet, sind allerdings die oft schematischen Lösungen, die derzeit bezüglich der Anteilsvereinigung vertreten werden, nicht mehr möglich. Dies zeigt sich insbesondere darin, dass eine unmittelbare Anteilsvereinigung bei der Personengesellschaft nicht mehr ausgeschlossen ist, wenngleich sie de facto auch höchst selten vorkommen dürfte.

IV. Anteilsvereinigung bei REIT-Aktiengesellschaften? Bislang unbeantwortet ist die Frage, ob eine Anteilsvereinigung im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG bei einer REIT-Aktiengesellschaft denkbar wäre. Dabei ist zunächst zu konstatieren, dass Aktien an solchen REIT-AGs Anteile im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG darstellen.53 Rein technisch wäre es möglich, 95 v. H. der Anteile durch deren Erwerb zu vereinigen. In der Praxis dürfte eine solche Vereinigung aufgrund der Streubesitzregelung des § 11 REITG jedoch nicht vorkommen. § 11 Abs. 1 REITG verlangt, dass sich mindestens 15% der Aktien einer Immobilien-Aktiengesellschaft im Streubesitz befinden müssen; im Zeitpunkt der Börsenzulassung muss der Streubesitzanteil sogar 25% betragen. Als Streubesitz sind die Aktien derjenigen Aktionäre zu qualifizieren, denen jeweils weniger als 3 Prozent der Stimmrechte an der REIT-AG zustehen, § 11 Abs. 1 S. 2 REITG. Die Berechnung des Streubesitzanteils richtet sich nach §§ 22, 23 WpHG, weshalb nicht nur unmittelbar gehaltene Aktien in die Berechnung einzubeziehen sind, sondern auch Aktien, die über Tochtergesellschaften im Sinne des § 22 Abs. 3 WpHG i.V. m. § 290 HGB gehalten werden.54 Somit erscheint es schon aus diesem Grund ausgeschlossen, dass mehr als 95 v. H. der Anteile an einer REIT-AG in einer Hand gehalten werden. Darüber hinaus verbietet § 11 Abs. 4 REITG, dass Anleger direkt 10% oder mehr der Aktien halten; ebenso ist es verboten, Aktien zu halten, welche dem Anteilsinhaber mehr als 10% der Stimmrechte gewähren. Aktien, die für Rechnung eines Dritten gehalten werden, gelten dabei als Aktien des Dritten, § 11 Abs. 4 S. 2 REITG. Ohne dass hierzu bereits tiefer gehende Betrachtungen in der Literatur ersichtlich wären, ist es meines Erachtens vor dem Hintergrund des Sinn und Zwecks dieser Norm, einerseits eine Konzentration der Anteile in einer Hand zu verhindern, andererseits im Rahmen von Doppelbesteuerungsabkommen das Besteuerungsrecht Deutschlands gegenüber anderen Staaten zu erhalten,55 eine weite Auslegung dieser Norm erforderlich.56 Daher müssten auch mittelbare Beteiligungen im Rahmen des § 11 Abs. 4 REITG miteingerechnet werden. 53

Kapitel 3 III 2. b). Zum Begriff der Tochtergesellschaft Uwe H. Schneider, in: Assmann/Schneider, WpHG, § 22 Rn. 29 ff. 54

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Kap. 5: Ermittlung der Beteiligungshöhe von mindestens 95 v. H.

Somit ist eine Anteilsvereinigung bei REIT-AGs nicht ausgeschlossen, angesichts der Regelungen der §§ 16 Abs. 2, 18 Abs. 3 S. 2 REITG dürfte der Fall einer Anteilsvereinigung bei REIT-AGs nur selten vorkommen. Soweit eine dauerhafte Anteilsvereinigung dazu führen würde, dass die Immobilien-Aktiengesellschaft ihren REIT-Status nach § 18 Abs. 3 S. 2 REITG verliert, dürfte der Anteilserwerb bzw. die Nichtaufhebung der Anteilsvereinigung gegenüber den übrigen Anteilseignern als Verstoß gegen die Treupflicht zu qualifizieren sein.

55 Einige Doppelbesteuerungsabkommen (z. B. DBA Deutschland-Singapur v. 28.06. 2004) setzen die Schwelle für das Schachtelprivileg nach Art. 10 OECD-MA von 25 v. H. auf 10 v. H. herab; vgl. Wilke, Internationales Steuerrecht, Rn. 677. 56 BT-Drucks. 60/4026, S. 1 (22).

Kapitel 6

Steuerbarer Erwerbsvorgang Wie oben bereits gezeigt, stellt der Erwerb des schuldrechtlichen Anspruchs auf eine Anteilsübertragung, welcher zur Vereinigung von mindestens 95 v. H. der Anteile beim Erwerber führt, den steuerauslösenden Erwerbsvorgang nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG dar. Subsidiär stellt § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG auf die dingliche Anteilsübertragung ab, die eine 95%-ige Anteilsvereinigung bewirkt. Nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 und 4 GrEStG führt der Erwerb des Anspruchs auf bzw. die Übertragung der bereits zu mindestens 95 v. H. vereinigten Anteile ebenfalls zu einem steuerpflichtigen Vorgang. In der Literatur wird für den ersten Fall (Nr. 1 u. 2) häufig der Begriff der Anteilsvereinigung, für den zweiten Fall (Nr. 3 u. 4) der Begriff der Anteilsübertragung gebraucht.1 Soweit im Folgenden nicht zwischen beiden Varianten differenziert werden muss, soll aus Vereinfachungsgründen der Begriff der Anteilsvereinigung gebraucht werden, da Voraussetzung der Steuerpflicht immer ist, dass mindestens 95 v. H. der Anteile beim neuen Erwerber vereinigt sind.2

I. Unmittelbare Anteilsvereinigung Zu den nach § 1 Abs. 3 GrEStG steuerbaren Vorgängen zählt die unmittelbare Vereinigung von mindestens 95% aller Anteile einer Gesellschaft. Mit der Vereinigung von mindestens 95% der Anteile bzw. der Übertragung von bereits zu mindestens 95% vereinigten Anteilen an einer grundbesitzenden Gesellschaft wird der Erwerber so behandelt, als ob er fiktiv das Eigentum am Grundstück erworben hätte.3 Angeknüpft wird dabei nur subsidiär an dinglichen Übergang der Anteile an der Gesellschaft auf den neuen Erwerber. Primärer Anknüpfungspunkt ist dagegen der Abschluss des schuldrechtlichen Geschäfts, das den Anspruch auf Übertragung der Anteile begründet (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 und 3 GrEStG).4 1

Gottwald, Grunderwerbsteuer, S. 71; Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 851. Vgl. Hofmann, GrEStG, § 1 Rn. 147; Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 860. 3 Pahlke, in: Pahlke/Franz, GrEStG, § 1 Rn. 317; Hofmann, GrEStG, § 1 Rn. 134; zur alten Rechtslage: BFH, Urt. v. 31.03.1982 – II R 92/81, BStBl. II 1982, S. 424; Urt. v. 08.08.2001 – II R 66/98, BStBl. II 2002, S. 156 (157) m. w. N. 4 BFH, Urt. v. 28.11.1979 – II R 117/78, BStBl. II 1980, S. 357; Pahlke, in: Pahlke/Franz, GrEStG, § 1 Rn. 330; Hofmann, GrEStG, § 1 Rn. 135. 2

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Kap. 6: Steuerbarer Erwerbsvorgang

Rechtstechnisch knüpft die Subsidiarität direkt an das zur Anteilsübertragung verpflichtende Rechtsgeschäft und nicht an den Bestand der Gesellschaftsgrundstücke zum Zeitpunkt des Anteilsübergangs an. Fraglich ist aber, ob die dingliche Anteilsübertragung auch dann subsidiär ist, wenn sich im Grundstücksbestand der Gesellschaft zwischen schuldrechtlicher Vereinbarung des Rechtsgeschäfts und Erfüllung desselben Veränderungen ergeben haben. Dazu folgendes Beispiel 17: A und B sind zu je 50 v. H. an der AB-GmbH beteiligt. Die AB-GmbH ist Eigentümerin eines Grundstücks. Am 01.01.01 erwirbt A von B einen vertraglichen Anspruch auf Übertragung von 45% der Anteile an der GmbH zum 31.12.01. Bei Übergang der Anteile am 31.12.01 ist die GmbH Eigentümerin eines weiteren Grundstücks geworden und hat zudem einen Anspruch auf Übertragung eines dritten Grundstücks.

Zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses ist der AB-GmbH ein Grundstück grunderwerbsteuerrechtlich zuzuordnen. Somit erwirbt A am 01.01.01 fiktiv ein Grundstück von der AB-GmbH.5 Bemessungsgrundlage ist gemäß § 8 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 GrEStG i.V. m. §§ 138 Abs. 2 und 3 BewG der Bedarfswert des Gesellschaftsgrundstücks. Bei Erfüllung des Anspruchs sind der AB-GmbH allerdings zwei weitere Grundstücke grunderwerbsteuerrechtlich zuzuordnen: einmal durch den Erwerb des Eigentums am Grundstück und einmal durch das Innehaben eines Anspruchs auf Übertragung (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG). Somit stellt sich die Frage, ob diese zusätzlichen Erwerbe Grunderwerbsteuer auf Seiten des Erwerbers A auslösen. Dem Wortlaut nach ist § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG erfüllt, welcher aber zu § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG in einem Subsidiaritätsverhältnis steht. Aus diesem Grund kann bezüglich der zusätzlichen Grundstücke § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG nur dann Anwendung finden, wenn die Subsidiarität in diesem Fall nicht eingreift. Bei wörtlicher Auslegung der Normen ist zu folgern, dass die dingliche Anteilsübertragung nicht nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 bzw. Nr. 4 GrEStG steuerauslösendes Moment sein kann, wenn sich im Grundstücksbestand der Gesellschaft zwischen schuldrechtlicher Vereinbarung des Rechtsgeschäfts und Erfüllung desselben Veränderungen ergeben haben. § 1 Abs. 3 Nr. 2 und 4 GrEStG beziehen das vorauszugehende schuldrechtliche Geschäft nicht auf den Grundstücksbestand zum Zeitpunkt der Anteilsübertragung, sondern allein auf deren schuldrechtliche Vereinbarung. Somit würde die Steuerbarkeit der schuldrechtlichen Vereinbarung insoweit die Steuerbarkeit der dinglichen Anteilsübertragung verdrängen.6 Dies wird auch durch die Verwendung des Wortes „wenn“ in der Sub5 Die aufschiebende Befristung zum 31.12.01 stellt wegen der Gewissheit ihres Eintritts keine Bedingung im Sinne des § 14 Nr. 1 GrEStG dar, vgl. FG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 06.04.2000 – 4 K 2246/99, EFG 2000, S. 755 (756); Weilbach, GrEStG, § 14 Rn. 6.

I. Unmittelbare Anteilsvereinigung

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sidiaritätsklausel bestätigt, das auf eine völlige Steuerfreiheit der dinglichen Übertragung schließen lässt, wenn eine schuldrechtliche Vereinbarung der Anteilsübertragung vorausgegangen ist. Demgegenüber hat die Rechtsprechung entschieden, dass der Erwerb eines Grundstücks durch die Gesellschaft zwischen schuldrechtlicher Vereinbarung und dinglichem Anteilsübergang bezüglich dieses Grundstücks nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG steuerbar ist.7 Zur Begründung führt sie an, dass die Steuerbarkeit der Anteilsvereinigung auf der fiktiven Eigentumszuordnung der Gesellschaftsgrundstücke zum Gesellschafter beruhe. Daher werden nach § 1 Abs. 3 GrEStG so viele Erwerbe fingiert, wie Gesellschaftsgrundstücke vorhanden sind. Aufgrund der Grundstücksbezogenheit des § 1 Abs. 3 GrEStG sei die Steuerbarkeit nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG zu bejahen, wenn nach dem Zeitpunkt der schuldrechtlichen Anteilsvereinigung, aber vor dem Zeitpunkt der dinglichen Anteilsübertragung von der Gesellschaft ein Grundstück erworben werde. Insoweit gehe nämlich der Anteilsvereinigung bezüglich dieses Grundstücks kein schuldrechtliches Geschäft im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG voraus.8 Dieser Rechtsprechung ist zugute zu halten, dass sie in erheblichem Umfang Gestaltungspotential vermeidet, das sich durch ein möglichst weites Auseinanderfallen von schuldrechtlicher Verpflichtung und dinglicher Erfüllung ergibt. Jedoch macht sie nicht hinreichend deutlich, dass sie dazu eine enge Auslegung der Subsidiaritätsklausel vornimmt und das Wort „wenn“ grundstücksbezogen auf den Sinngehalt des Wortes „soweit“ reduziert. Die Rechtsprechung begründet diese Reduktion damit, dass diese Auslegung dem Sinn und Zweck der Besteuerung der Anteilsvereinigung, nämlich der Erfassung des „faktischen Eigentums“ an den Gesellschaftsgrundstücken, gerecht werde. Fraglich ist aber, ob diese teleologische Reduktion im Einklang mit den Erwägungen des Gesetzgebers des GrEStG 1940 steht, den Zeitpunkt des steuerpflichtigen Erwerbs auf den der schuldrechtlichen Vereinbarung des Grunderwerbs umzustellen und nicht mehr auf den dinglichen Übertragungsvorgang abzustellen.9 In der Gesetzesbegründung zum GrEStG 1940 führte der Gesetzgeber aus, dass nunmehr deshalb auf den Zeitpunkt des Verpflichtungsgeschäfts abgestellt werde, um Schwierigkeiten und Zufälligkeiten zu vermeiden, die sich aus der zeitlichen 6

So noch Hofmann, GrEStG, 6. Auflage, § 1 Rn. 75. BFH, Urt. v. 28.06.1972 – II 77/64, BStBl. II 1972, S. 719 (720); Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 981; Hofmann, GrEStG, § 1 Rn. 136; Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 72. 8 Offen lassend noch BFH, Urt. v. 28.06.1972 – II 77/64, BStBl. 1972, S. 719 (720); bejahend BFH, Urt. v. 12.07.1972 – II 81/65, BStBl. II 1972, S. 913 (914); Urt. v. 17.02.1982 – II R 25/81, BStBl. II 1982, S. 336. 9 Zur Bedeutung der Gesetzesbegründung für die Auslegung einer Norm vgl. Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 149 ff. 7

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Kap. 6: Steuerbarer Erwerbsvorgang

Dauer der Umsetzung des zugrunde liegenden Verpflichtungsgeschäfts auch ohne Zutun der Beteiligten ergeben könnten. Grund der Besteuerung sei aber weiterhin der mit dem Verpflichtungsgeschäft zu erreichende dingliche Erfolg.10 Dies spricht meines Erachtens gerade für die wortlautgetreue Anwendung der Norm. Denn nach Erfüllung des Anteilsübertragsanspruchs stattfindende Grunderwerbe führen mangels weiterer Anteilsübertragungen ebenfalls nicht zu einem nach § 1 Abs. 3 GrEStG steuerpflichtigen Vorgang. Sollen also Zufälligkeiten und Verzögerungen der Umsetzung des Verpflichtungsgeschäfts vermieden werden, müssen nach diesem stattfindende Erwerbe unberücksichtigt gelassen werden. Wird diese zeitliche Diskrepanz bewusst ausgenutzt oder sogar (wie hier durch eine Befristung) gesteuert, ist meines Erachtens zu prüfen, ob der Anwendungsbereich des § 42 AO n. F. eröffnet ist. Dies dürfte regelmäßig dann der Fall sein, wenn das Verpflichtungsgeschäft unter Aufnahme einer aufschiebenden Befristung deswegen vorgezogen wurde, weil damit die Grunderwerbsteuer wegen der Subsidiarität des § 1 Abs. 3 Nr. 2 bzw. 4 GrEStG vermieden werden kann. Sprechen allerdings nichtsteuerliche Gründe – beispielsweise langfristige Planungen zum Unternehmensübergang oder sonstige Exit-Strategien – für den Abschluss eines solchen aufschiebend befristeten Vertrages, ist der Anwendungsbereich des § 42 AO n. F. nicht eröffnet. Zwischengeschäfte über Anteile werden von der absolut herrschenden Meinung nicht als steuerbar betrachtet. Unter Zwischengeschäften nach § 1 Abs. 3 GrEStG ist der Erwerb und die spätere planmäßige Abtretung eines anteilsbezogenen Übertragungsanspruchs zu verstehen.11 Werden grundstückbezogene Übertragungsansprüche, Rechte aus einem Meistgebot oder Kaufangebote abgetreten, so ist dies nach Maßgabe der § 1 Abs. 1 Nr. 5–7 GrEStG steuerbar. Für § 1 Abs. 3 GrEStG existiert eine vergleichbare Vorschrift nicht; aufgrund des steuerbegründenden Charakters ist die analoge Anwendung des § 1 Abs. 1 Nr. 5–7 GrEStG unzulässig.12 Ebenfalls, allerdings nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG, grunderwerbsteuerpflichtig ist die Einziehung oder der Erwerb eigener Anteile durch die Gesellschaft, wenn dadurch einer der verbleibenden Gesellschafter nunmehr zu mindestens 95 v. H. der Anteile an dieser Gesellschaft beteiligt ist. Da aus diesen Anteilen keine mitgliedschaftlichen Verwaltungsrechte mehr fließen, beherrscht der in diesem Umfang beteiligte nach Vorstellung des § 1 Abs. 3 GrEStG die grundbesitzende Gesellschaft und ist damit wirtschaftlicher Eigentümer des Gesellschaftsgrundstücks geworden. Der dem Erwerb zugrundeliegende Erwerbsvor10

RStBl. 1940, S. 388 u. 392. Behrens/Schmitt, DB 2005, S. 2491 (2493); Heine, GmbHR 2007, S.467 (469). 12 Ausführlich Heine, GmbHR 2007, S. 467 ff.; Behrens/Schmitt, DB 2005, S. 2491 (2493); ebenso Hofmann, GrEStG § 1 Rn. 134a; jetzt auch Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 859. 11

II. Mittelbare Anteilsvereinigung

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gang liegt in der Einziehung bzw. dem Erwerb der Anteile durch die Gesellschaft selbst.13

II. Mittelbare Anteilsvereinigung Neben der unmittelbaren Anteilsvereinigung besteht weiterhin die Möglichkeit, Anteile einer grundbesitzenden Gesellschaft nur mittelbar zu vereinigen. Diese ursprünglich durch die Rechtsprechung geschaffene Variante der Anteilsvereinigung wurde durch das sogenannte Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/ 200214 ausdrücklich in das Gesetz aufgenommen. Aufgrund der Bedeutung für das Normverständnis des § 1 Abs. 3 GrEStG sollen die Erwägungen der Rechtsprechung und die Kritik daran kurz angesprochen werden. Anschließend werden Zweifelsfragen behandelt, die insbesondere durch die Absenkung der zur Verwirklichung des Tatbestandes erforderlichen Beteiligungsquote von jetzt mindestens 95% aufgetreten sind. 1. Entwicklung der mittelbaren Anteilsvereinigung durch die Rechtsprechung Die Rechtsprechung entwickelte die Erweiterung der Anteilsvereinigung auch auf mittelbare Anteilsvereinigungen aus dem Gesichtspunkt, dass derjenige, welcher die Alleinherrschaft über ein Grundstück über mehrere Gesellschaften ausübt, über die er ebenfalls Alleinherrschaft habe, nicht anders behandelt werden könne als eine Person, welche diese Alleinherrschaft unmittelbar ausübe. Grund dafür sei die Behandlung des Alleingesellschafters als wirtschaftlicher Grundstückseigentümer. Wenn aber bei unmittelbarer Anteilsübertragung die wirtschaftliche Eigentümerstellung am Grundstück als Besteuerungsgrund ausreiche, sei es nicht einzusehen, warum bei mehrstufiger mittelbarer Beteiligung über zwischengeschaltete Gesellschaften etwas anderes gelten solle.15 Letztendlich stelle dies eine erweiterte Auslegung des Begriffes „in der Hand des Erwerbers vereinigt“ dar.16 Diese Argumentation war jedoch verfassungsrechtlich kritisch zu sehen, da teleologischen Erweiterungen einer Rechtsnorm zu Lasten des Steuerpflichtigen unzulässig sind.17 13 BFH, Urteil v. 20.08.1988 – II R 193/85, BStBl. II 1988, S. 959 (960); Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 889; a. A. für das öGrEStG Czurda, in: Czurda, GrEStG, § 1 Rn. 371. 14 BGBl. I 1999, S. 402. 15 Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 899. 16 BFH, Urt. v. 11.06.1975 – II R 38/69, BStBl. II 1975, S. 834, ebenso Urt. v. 20.10.1993 – II R 116/90, BStBl. II 1994, S. 121 (122) und Urt. v. 12.01.1994 – II R 130/91, BStBl. II 1994, S. 408; Urt. v. 05.11.2002 – II R 23/00; FG Münster, Urt. v. 09.10.2002 – 8 K 2265/00 GrE, EFG 2003, S. 256 (258). 17 Siehe Kapitel 7 II. 3.

202

Kap. 6: Steuerbarer Erwerbsvorgang

Einen anderen Ansatzpunkt entwickelte der BFH in seinem Urteil vom 30.03.1988:18 Die Steuerbarkeit der teils unmittelbaren, teils mittelbaren Anteilsvereinigung resultiere aus Tatbestandsmerkmal „gehören“. Ein Grundstück „gehöre“ einer Gesellschaft nicht nur, wenn die Gesellschaft Eigentümerin des Grundstücks oder ihr dasselbe nach § 1 Abs. 1 oder Abs. 2 GrEStG zuzuordnen sei. Vielmehr sei auch § 1 Abs. 3 GrEStG ein Zuordnungsmerkmal, das eben nicht nur das unmittelbare Eigentum am Grundstück erfasse, sondern auch griffe, wenn die Gesellschaft, deren Anteile erworben werden, hinsichtlich des Grundstücks ein Erwerbsvorgang des § 1 Abs. 3 GrEStG erfüllt habe. Im Gegensatz zum vorgenannten Argumentationsmuster stellte diese Auslegung meines Erachtens eine die Grenzen des Wortlauts nicht sprengende und damit grundsätzlich verfassungskonforme Auslegung des § 1 Abs. 3 GrEStG dar. Einen dritten Ansatz lieferte das FG Münster in seiner Entscheidung vom 09.11.2004,19 welches die mittelbare Anteilsvereinigung aus § 1 Abs. 4 Nr. 2 lit. b GrEStG herausliest. Diese Ansicht beruht aber auf einer missverständlichen Interpretation eines BFH-Urteils vom 08.08.2001. In dieser Entscheidung entschied der BFH nur, dass eine mittelbare Anteilsvereinigung auch dann vorliegen könne, wenn die grundbesitzende Gesellschaft zum Teil unmittelbar von einer Gesellschaft gehalten werde, welche die den anderen Teil haltenden Gesellschaft im Sinne des § 1 Abs. 4 Nr. 2 lit. b GrEStG beherrsche. Diese organschaftliche Anteilsvereinigung stellt nach der dort geäußerten Ansicht aber nur einen gesetzlich normierten Unterfall der mittelbaren Anteilsvereinigung dar, nicht aber den allgemeinen Tatbestand einer solchen.20 Die Annahme einer steuerbaren Anteilsvereinigung bei nur mittelbarer Vereinigung stieß in der Literatur auf Kritik. Nach dem Wortlaut war es erforderlich, dass Anteile der grundbesitzenden Gesellschaft übergehen; der Übergang von Anteilen an Gesellschaftern grundbesitzender Gesellschaften sei daher nicht von § 1 Abs. 3 GrEStG erfasst.21 Der Begriff der Übertragung sei zudem zivilrechtlich vorgeprägt. Darunter werde die quasidingliche Übertragung von Forderungen und Geschäftsanteilen durch Abtretung verstanden. Mit der Anteilsübertragung auf Ebene der Obergesellschaft gehe zivilrechtlich aber keine Anteilsübertragung auf Ebene der grundbesitzenden Gesellschaft einher. Diese zivilrechtliche Definition stehe einer grunderwerbsteuerspezifischen Durchgriffsbetrachtung entgegen.22

18

II R 76/87, BStBl. II 1988, S. 550. So FG Münster, Urt. v. 09.11.2004 – 8 K 5501/03 GrE – rechtskräftig, EFG 2005, S. 472 (473) unter Verweis auf BFH, Urt. v. 08.08.2002 – II R 66/98, BStBl. II 2002, S. 156. 20 BFH, Urt. v. 08.08.2001 – II R 66/98, BStBl. II 2002, S. 156. 21 Uhl, DVR 1976, S. 82 (83); Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 110; für das österreichische Recht Czurda, in: Czurda, GrEStG, § 1 Rn. 361b ff. 19

II. Mittelbare Anteilsvereinigung

203

Kroschewski, der die Argumentation der früheren Rechtsprechung ebenfalls ablehnt, rechtfertigt die Steuerbarkeit der mittelbaren Anteilsvereinigung mit der Zwecksetzungslehre. Da in Bezug auf die Anteile der grundbesitzenden Gesellschaft kein schuldrechtliches, eine unmittelbare Anteilsvereinigung bewirkendes Geschäft vorausgegangen sei, würden nunmehr die Anteile der grundbesitzenden Gesellschaft bei der Erwerberin mittelbar vereinigt, da dieser durch Anwendung der Zurechnungsnorm des § 1 Abs. 3 GrEStG die Gesellschaftsgrundstücke als ihr „gehörend“ zuzurechnen seien.23 Dies sei vor dem Hintergrund gerechtfertigt, dass die zu 100% im Anteilsbesitz der Muttergesellschaft stehende Tochtergesellschaft, welche einen Teil der Anteile der grundbesitzenden Gesellschaft hält, aufgrund der Zwecksetzungsmacht der Muttergesellschaft nicht privatautonom handeln könne.24 Angesichts der klaren Normierung in § 1 Abs. 3 GrEStG n. F. kann die Steuerbarkeit der mittelbaren Anteilsvereinigung nicht mehr in Zweifel gezogen werden. Aus den früheren Ausführungen der Rechtsprechung zur mittelbaren Anteilsvereinigung wird aber wiederum deutlich, dass diese dem Kriterium der Sachherrschaft einen Bedeutungsgehalt zuweist, der es rechtfertigt, die zivilrechtliche Trennung von Gesellschaft und Gesellschafter auch über mehrere Stufen hinweg zu durchbrechen. 2. Beteiligungshöhe bei zwischengeschalteten Gesellschaften Nach Absenkung der zur steuerpflichtigen Vereinigung von Anteilen erforderlichen Beteiligungsquote von „alle[n]“ Anteilen auf „mindestens 95 v. H. der Anteile“ stellte sich die Frage, wann im Falle der mittelbaren Anteilsvereinigung eine Vereinigung von mindestens 95% der Anteile vorlag. Erwogen wurde zum einen die Ermittlung der Beteiligungshöhe anhand der durchgerechneten Beteiligungsquote. Zum anderen wurde in Betracht gezogen, dass die Beteiligungsquote auf jeder Stufe der Beteiligungskette erfüllt sein muss, um die der zwischengeschalteten Gesellschaft zugeordneten Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft auch deren Gesellschafter zuordnen zu können.25 Zur Erläuterung der Problematik sollen die beiden folgenden Beispiele dienen.

22 Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 112 ff.; Stahl, StuW 1979, S. 237 (239 ff.); ähnlich Binz/Freudenberg/Sorg, DStR 1990, 753 (755) und Czurda, in: Czurda, GrEStG, § 1 Rn. 361b ff., welche einen Erwerb nur dann annehmen, wenn ein solcher im sachenrechtlichen Sinn vorliegt. 23 Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 113 f. 24 Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 250. 25 Überblick bei Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 309 ff.; Beckmann, GmbHR 2000, S. 81; Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 892c; Hörger/Mentel/Schulz, DStR 1999, S. 565 (575 f.).

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Kap. 6: Steuerbarer Erwerbsvorgang

Beispiel 18: Die A-GmbH ist zu 50% an der grundbesitzenden C-GmbH beteiligt. Die verbleibenden 50% der Anteile an der C-GmbH werden von der B-GmbH erworben. An dieser ist die A-GmbH (ohne Bildung einer Organschaft) zu 90% beteiligt. Die verbleibenden Anteile sind im Eigentum Dritter.

Beispiel 19: Wie oben, nur ist die A-GmbH zu 95% an der B-GmbH beteiligt.

Im Beispiel 18 ergibt sich durchgerechnet eine 95%-ige Anteilsvereinigung bei der A-GmbH. Sie hält 50% der Anteile an der C-GmbH direkt. Über die BGmbH ist sie zudem rechnerisch zu 45% an der C-GmbH beteiligt (0,50 x 0,90 = 0,45). Anfangs wurde eine solche Auslegung der Norm tatsächlich in Betracht gezogen.26 Ausgangspunkt dieser Überlegung war der Wortlaut des § 1 Abs. 3 GrEStG, der nur die Erfüllung einer Beteiligungsquote von mittelbar mindestens 95% der Anteile fordert, ohne darauf abzustellen, wie diese Beteiligungsquote errechnet werden soll. Nach Ansicht einiger Autoren sei die Anteilsvereinigung nunmehr rein vermögensmäßig zu verstehen, so dass es auch nur auf die durchgerechnete Anteilshöhe ankäme. Rein vermögensmäßig verstanden würde dies dazu führen, dass der Tatbestand des § 1 Abs. 3 GrEStG im Beispiel 18 erfüllt wäre, weil die A-GmbH 95% der Anteile auf sich vereinigen würde. Bei dieser Betrachtung löse sich das Gesetz von der Vorstellung, § 1 Abs. 3 GrEStG würde die Sachherrschaft über ein Grundstück mittels mittelbarer Stimmrechtsmacht erfassen. Vielmehr ginge es um die Wertzuweisung des Grundvermögens durch die mittelbaren Vermögensrechte der Gesellschafter.27 In der Literatur setzte sich jedoch die Auffassung durch, dass die Vereinigung der Anteile auf jeder Beteiligungsstufe erfolgen müsse, um die Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft mittelbar zurechnen zu können. Es genüge nicht, dass die Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft so vereinigt wären, dass der Erwerber rein rechnerisch 95% der Anteile an einer Gesellschaft hielte. Vielmehr seien nur solche mittelbaren Beteiligungen mit zu berücksichtigen, bei denen der herrschende Gesellschafter zu mindestens 95% an der ganz oder teilweise zwischengeschalteten Gesellschaft beteiligt sei. Die Durchrechnung der Beteiligungen allein daraufhin, ob eine mittelbare Beteiligungsquote größer oder gleich 95% der Anteile erreicht wird, reiche dagegen nicht aus, da sichergestellt werden müsse, dass der einzelne Gesellschafter die zwischengeschaltete

26 FinMin Nordrhein-Westfalen, Gleichlautender Ländererlass v. 02.12.1999, S 4501 – 9 – V A 2, GmbHR 2000, S. 101; Willibald, in: Oppenhoff & Rädler, Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002, S. 365; Beckmann, GmbHR 2000, S. 81. 27 Dazu auch Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 310.

II. Mittelbare Anteilsvereinigung

205

Gesellschaft beherrsche. Die Vorschrift sei daher insoweit teleologisch zu reduzieren.28 Die Finanzverwaltung ist dieser Auffassung kurze Zeit später beigetreten und führt dazu in ihrem gleichlautenden koordinierten Ländererlass vom 14.02.2000 aus: „Der Bundesfinanzhof ist bei teils unmittelbaren und teils mittelbaren Beteiligungsverhältnissen an einer grundbesitzenden Gesellschaft bisher nur dann von einer Anteilsvereinigung ausgegangen, wenn die Anteile in der Hand einer Person in der Weise vereinigt worden sind, dass die Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft zum einen Teil unmittelbar und zum anderen Teil von einer Gesellschaft gehalten werden, an der diese Person zu 100 v. H. beteiligt ist. Dieser Rechtsprechung liegt die Überlegung zugrunde, daß mittelbare Beteiligungen nur dann einem einzelnen Gesellschafter zuzurechnen sind, wenn dieser die Gesellschaft i. S. des § 1 Abs. 3 GrEStG beherrscht. An diesem Grundgedanken hat sich aber durch das Herabsetzen der 100 v. H.-Grenze auf 95 v. H. und die Aufnahme der mittelbaren Anteilsvereinigung als Tatbestandsmerkmal des § 1 Abs. 3 . . . nichts geändert. Demzufolge sind bei Anwendung des § 1 Abs. 3 nur solche mittelbaren Beteiligungen zu berücksichtigen, die zu mindestens 95 v. H. gehalten werden.“29

Vor dem Hintergrund des Sachherrschaftsgedankens ist die letztere Betrachtungsweise geradezu zwingend. Andernfalls wäre ohne Bildung einer Organschaft nicht gewährleistet, dass die zwischengeschaltete Gesellschaft durch ihren Gesellschafter im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG beherrscht wird und er dadurch mittelbar auch die grundbesitzende Gesellschaft beherrschen kann. Ergebnis dieser Auslegung ist aber auch, dass ein Gesellschaftsgrundstück über die Beteiligung einer Zwischengesellschaft an der grundbesitzenden Gesellschaft dem mittelbar Beteiligten in voller Höhe zuzurechnen ist, auch wenn dieser an der Zwischengesellschaft zu mindestens 95 v. H., aber zu weniger als 100 v. H. beteiligt ist.30 Dies hat für die vorgenannten Beispiele zur Folge, dass im Falle des Beispiels 18 eine Anteilsvereinigung nicht verwirklicht wird. Dagegen ist die AGmbH im Beispiel 19 auf jeder Stufe zu mindestens 95 v. H. an der jeweiligen Gesellschaft beteiligt. Somit sind ihr die Grundstücke der C-GmbH zuzurechnen. Als Größe irrelevant ist dagegen, dass sie durchgerechnet 97,5% der Anteile an der C-GmbH erworben hat, denn selbst wenn die vermögensmäßige Beteiligung durchgerechnet unter 95 v. H. fiele, würde dies an der Grundstücks28 Weilbach, GrEStG, § 1 Rn. 91; Hörger/Mentel/Schulz, DStR 1999, S. 565 (575 f.); Teiche, DStR 2005, S. 49 (51); Verweyen, Grunderwerbsteuer bei konzerninternen Umstrukturierungen, S. 59. 29 FinMin Baden-Württemberg, koordinierter Ländererlass v. 14.02.2000, DStR 2000, S. 430; ebenso Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 892d; Pahlke, in: Pahlke/ Franz, § 1 Rn. 335. 30 Häck, ZMR 2006, S. 573 (578); Rödder, DStR 2002, S. 710 (711 f.); zweifelnd Teiche, UVR 2003 S. 258 (262).

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Kap. 6: Steuerbarer Erwerbsvorgang

zuordnung zur A-GmbH durch § 1 Abs. 3 GrEStG nichts ändern, solange auf jeder zwischengeschalteten Beteiligungsstufe eine mindestens 95%-ige Beteiligung besteht.31 Aufgrund der Beherrschung der zwischengeschalteten Gesellschaften übt aber die Obergesellschaft trotz – vermögensmäßig verstanden – fehlender 95%-iger Beteiligung die Sachherrschaft über die Grundstücke der sich innerhalb der Beteiligungsketten befindenden grundbesitzenden Gesellschaften aus.

III. Umstrukturierungen im Konzern Vieldiskutiert ist die Steuerbarkeit der Anteilsvereinigung im Rahmen konzerninterner Umstrukturierungen.32 Nach Anhebung des Grunderwerbsteuersatzes auf 3,5 v. H. zum 01.01.1997 durch das JStG 199733 sowie der Absenkung der Mindestbeteiligungsquote von 100 v. H. auf 95 v. H. durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/200234 hat vor dem Hintergrund der weitgehenden Ertragsteuerbefreiung von konzerninternen Umstrukturierungen die Vermeidung von Grunderwerbsteuer ein höheres Gewicht in der Beratungspraxis erhalten. Verschärft wurde dies noch durch eine massive Erhöhung der Bemessungsgrundlage vom früheren Einheitswert auf den nunmehr geltenden Bedarfswert.35 Kritisiert wird dabei insbesondere, dass bei Umstrukturierungen kein Liquiditätszufluss stattfinde, es sich hierbei vielmehr um eine betriebswirtschaftliche Maßnahme handele, die als solche keine höhere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit indiziere.36 Initiativen zur Einführung einer Befreiung von konzerninternen Umstrukturierungen, z. B. durch die Gesetzesinitiative der Bundesregierung aus dem Jahr 200137 scheiterten bislang am Widerstand der Bundesländer.38 Eine Bundesratsinitiative Hessens vom 11.02.200539, welche eine Steuerbefreiung 31 Im Falle einer zweistufigen, jeweils 95 %-igen Beteiligung an der grundbesitzenden Gesellschaft innerhalb einer Beteiligungskette ergäbe sich eine vermögensmäßige Beteiligungsquote von 0,95 x 0,95 = 0,9025. 32 Vgl. nur die Monographien von Verweyen, Grunderwerbsteuer bei konzerninternen Umstrukturierungen, S. 165 ff. und passim; Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 69 ff. und passim; ebenso – und nicht etwa abschließend – in: der Aufsatzliteratur: Beckmann, GmbHR 1999, S. 217 ff.; Ehlermann/Löhr, DStR 2003, S. 1509 ff.; Eder, DStR 1994, S. 735 ff.; Götz, GmbHR 2001, S. 277 ff.; Teiche, UVR 2003, S. 258 ff. u. 300 ff.; Weilbach, UVR 2001, S. 389 ff. 33 BGBl. I 1996, S. 2049 (2063). 34 BGBl. I 1999, S. 402. 35 Salzmann/Loose, DStR 2004, S. 1941; Beckmann, GmbHR 1999, S. 217; Teiche, UVR 2003, S. 258 (259). 36 Fischer, in: Boruttau, GrEStG, Vorb. Rn. 120; Seeger/Leonhard, Widmann-FS, S. 539 (550); Grotherr, BB 1994, S. 1970. 37 BT-Drucks. 14/6882, S. 21. 38 BR-Drucks. 638/1/01; siehe auch Weilbach, UVR 2001, S. 389 (390). 39 BR-Drucks. 104/05.

III. Umstrukturierungen im Konzern

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von konzerninternen Umstrukturierungen zum Ziel hat,40 scheint derzeit auf Eis zu liegen; jedenfalls wurde sie weder im Unternehmensteuerreformgesetz 200841 noch im Jahressteuergesetz 200842 umgesetzt. Im Folgenden sollen die steuerlichen Wirkungen von Anteilsvereinigungen und Anteilsübertragungen durch konzerninterne Umstrukturierungen ohne Berücksichtigung organschaftlicher Verbindungen beleuchtet werden. Die Steuerbarkeit von Anteilsvereinigungen bei bestehenden Organschaftsverhältnissen wird zu einem späteren Zeitpunkt gesondert problematisiert, da diese Beurteilung Besonderheiten der Organschaft aufnehmen und entscheiden muss. Hier werden hingegen nur die durch eine Beteiligungskette verwirklichten Anteilsvereinigungen untersucht. Verzichtet wird zudem auf die Darstellung von Umstrukturierungen mit dem direkten Übergang einzelner Grundstücke, da diese Restrukturierungsformen vom Untersuchungsgegenstand dieser Dissertation nicht umfasst sind.43 Grunderwerbsteuerrechtliche Relevanz haben Umstrukturierungen nur dann, wenn und soweit die jeweilige Maßnahme zu einer veränderten Zuordnung von Gesellschaftsgrundstücken führen. Das Zuordnungssubjekt muss folglich wechseln bzw. es muss ein weiteres Zuordnungssubjekt hinzutreten. Daher hat die formwechselnde Umwandlung nach §§ 190 ff. UmwG keine grunderwerbsteuerrechtliche Relevanz, weil diese nach der Konzeption des UmwG nicht zu einem Rechtsträgerwechsel führt und auch das GrEStG einen solchen nicht fingiert.44 Dies gilt unbestritten für den so genannten „homogenen“ Formwechsel, also den Formwechsel von einem Personengesellschaftstyp in einen anderen (z. B. OHG in KG) bzw. von einem Kapitalgesellschaftstyp in einen anderen (z. B. GmbH in AG). Die Rechtsprechung hat jedoch auch klargestellt, dass die umwandlungsrechtliche Fiktion der Rechtsträgeridentität auch im Falle des heterogenen Formwechsels (also von der Kapital- in die Personengesellschaft oder umgekehrt) gilt, da sich das Grunderwerbsteuerecht hinsichtlich der Beurteilung, ob die Anteile den Rechtsträger gewechselt haben, den zivilrechtlichen Vorgaben anschließe. Hinweise darauf, dass das Grunderwerbsteuerrecht eine abweichende Betrachtung bedingt, seien nicht ersichtlich. Dies resultiere auch nicht aus §§ 5–7 GrEStG, da die Gesamthandsgemeinschaft grunderwerbsteuerrechtlich einen nicht mit dem Gesellschafter identischen Rechtsträger darstelle. Steuerbegründende Funktion könne den Befreiungstatbeständen der §§ 5 bis 7 40

Ausführlich hierzu Fischer, in: Boruttau, GrEStG, Vorb. Rn. 124. BGBl. I 2007, S. 1912 ff. 42 BGBl. I 2007, S. 3150 ff. 43 Dazu z. B. Eder, DStR 1994, S. 735 (739); Pahlke, in: Widmann/Meyer, Umwandlungen, Anh, 12 Rn. 34 ff. 44 BFH, Beschl. v. 04.12.1996 – II B 116/96, DB 1997, S. 79; Beckmann, GmbHR 1999, S. 217 (218); Verweyen, Grunderwerbsteuer bei konzerninternen Umstrukturierungen, S. 13 ff.; FinMin Bayern, Erlass v. 12.12.1997, 36 – S 4521 –16/154 – 60 799 (koordinierter Ländererlass), Tz. IV 2.; Sagasser/Sickinger, in: Sagasser/Bula/Brünger, Umwandlungen, R Rn. 4, 7 und passim. 41

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Kap. 6: Steuerbarer Erwerbsvorgang

GrEStG nicht entnommen werden. Sie berücksichtigten vielmehr nur das Fortbestehen einer nunmehr nur gesamthänderischen Berechtigung an den Gesellschaftsgrundstücken.45 Aus der Anordnung der Rechtsträgeridentität ist auch zu schließen, dass bei einem Formwechsel einer GmbH & Co. OHG in eine GmbH unter gleichzeitigem Austritt eines von zweien persönlich haftenden Gesellschaftern auch nach Rechtslage vor dem Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/ 2002 keine steuerbare Anteilsvereinigung in der Hand des ehemaligen einzigen Kommanditisten stattfindet.46 Das FG Münster hat in seinem auf diesen Beschluss hin ergangenen Urteil vom 23.07.1997 angefügt, dass im Einzelfall, nämlich bei besonders umständlichen oder sogar abwegig anmutenden Sachverhaltskonstruktionen die Missbrauchsregelung des § 42 AO eingreifen könne.47 Allein im Formwechsel liegt aber keine missbräuchliche Gestaltung. Diese könnte allenfalls in der späteren Ausnutzung von Befreiungsvorschriften für Grundstücksübertragungen bei Gesamthandsgemeinschaften, insbesondere §§ 5, 6 GrEStG liegen. Dann ist aber höchstens die Ausnutzung dieser Befreiungsvorschriften in Verbindung mit dem Formwechsel nach § 42 AO zu missbilligen, nicht aber der Formwechsel als solcher. Zudem dürfte dieser Argumentation durch die Einführung der §§ 5 Abs. 3, 6 Abs. 4 GrEStG der Boden entzogen sein, welche an die Verminderung der gesamthänderischen Beteiligung des Gesellschafters am Gesellschaftsvermögen innerhalb von fünf Jahren nach Übergang des Grundstücks auf die Gesamthand bzw. umgekehrt den Verlust der entsprechenden Steuerbefreiung nach §§ 5, 6 GrEStG knüpfen.48 Ferner stellt sich die Problematik natürlich erst dann, wenn innerhalb eines Konzerns bereits (unmittelbar oder mittelbar) vereinigte Anteile dergestalt übergehen, dass nach Abschluss der Konzernumstrukturierung bei einer anderen als der vorherigen Konzerngesellschaft mindestens 95 v. H. der Anteile einer grundbesitzenden Konzerngesellschaft unmittelbar oder mittelbar vereinigt sind. Kroschewski verwendet hierfür den Begriff der „abermaligen Anteilsvereinigung“.49 Kommt es dagegen nicht zu einer mindestens 95%-igen Anteilsvereinigung, löst dies keine zusätzliche Grunderwerbsteuer aus, soweit kein Rechtsträgerwechsel bezüglich des Grundstücks stattfindet. Daraus folgt, dass die Übertragung einzelner Anteile im Konzern steuerlich irrelevant ist, solange sich keine Anteilsvereinigung bei einem neuen Zuordnungssubjekt ergibt.

45 BFH, Beschl. v. 04.12.1996 – II B 116/96, BStBl. II 1997, S. 661; FG Münster, Urt. v. 23.07.1997 – 8 K 3583/96, EFG 1998, S. 227 (rkr.). 46 A.A. FG Münster, Urteil v. 16.02.2006 – 8 K 1785/03 GrE, UVR 2006, S. 202; Revision anhängig unter Az. II R 31/06. 47 FG Münster, Urt. v. 23.07.1997 – 8 K 3583/96, EFG 1998, S. 227 (rkr.). 48 So auch Pahlke, in: Widmann/Meyer, Umwandlungen, Anh. 12 Rn. 10. 49 Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 70.

III. Umstrukturierungen im Konzern

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Zur näheren Erläuterung der Grunderwerbsteuerbarkeit von konzerninternen Umstrukturierungen sollen folgende Beispiele herangezogen werden: Beispiel 20: A ist zu jeweils 100% an der B-GmbH und an der C-GmbH beteiligt. Die B-GmbH hält 100% an der grundbesitzenden D-GmbH. Die B-GmbH überträgt nunmehr ihre 100%-ige Beteiligung an der D-GmbH auf die C-GmbH (sog. Side-Stream-Übertragung).

Beispiel 21: Wie Beispiel 20, nur überträgt diesmal A die 100%-ige Beteiligung an der BGmbH auf die C-GmbH (sog. Down-Stream-Übertragung).

Beispiel 22: Wie Beispiel 20, nur überträgt die B-GmbH die Beteiligung an der D-GmbH auf A (sog. Up-Stream-Übertragung).

Beispiel 23: Wie Beispiel 20, nur sind diesmal die B-GmbH und die C-GmbH jeweils zur Hälfte an der D-GmbH beteiligt. Schließlich erwirbt die C-GmbH die gesamte Beteiligung der B-GmbH an der D-GmbH.

Konzerninterne Umstrukturierungen sind sowohl im Wege der „klassischen“ Anteilsübertragung (Abtretung von Gesellschaftsanteilen) als auch im Wege der Gesamtrechtsnachfolge durch übertragende Umwandlungsvorgänge möglich (Verschmelzungen, Spaltungen, „Einbringungen“). Im Folgenden sollen zunächst die Varianten der Umstrukturierungen durch Einzelrechtsnachfolge und deren grunderwerbsteuerrechtliche Behandlung nach Maßgabe der Rechtsprechung dargestellt werden. Anschließend werden die sich hinsichtlich ihrer grunderwerbsteuerrechtlichen Wirkung nicht unterscheidenden übertragenden Umwandlungsvorgang dargestellt. Die Kritik der Literatur schließt sich an. 1. Beteiligungsübergang bei Einzelrechtsnachfolge Werden im Falle der Einzelrechtsnachfolge Anteile übertragen, so bewirkt dies nach den Buchstaben des Gesetzes immer dann einen grunderwerbsteuerbaren Vorgang, wenn sich die Anteile durch den Übergang bei dem neuen Rechtsträger unmittelbar oder mittelbar vereinigen oder diese bereits unmittelbar oder mittelbar vereinigt übergehen. Das Gesetz differenziert nicht danach, ob der Rechtsträger dabei eventuell einem Konzern angehört und selbst von einer Muttergesellschaft beherrscht wird. Betrachtet man die obigen Beispiele 20 bis 23, so zeigt sich streng nach dem Wortlaut folgendes Ergebnis: In jedem dieser Fälle erwirbt einer der beteiligten Rechtsträger alle Anteile an der D-GmbH. Im Folgenden soll daher untersucht werden, ob in den Fällen

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Kap. 6: Steuerbarer Erwerbsvorgang

der Beispiele 20 bis 23 Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 3 Nr. 3/4 GrEStG ausgelöst wird. Diese Vereinigung ist nach dem Wortlaut des Gesetzes gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG steuerbar, weil sich die Anteile an der D-GmbH erstmals unmittelbar bei einer anderen Gesellschaft als der B-GmbH vereinigen. Es werden jeweils die bereits vereinigten Anteile auf eine Tochtergesellschaft (Beispiele 20 und 21) bzw. auf die Muttergesellschaft (Beispiel 22) selbst übertragen. Im Beispiel 23 werden dagegen Anteile, die bereits mittelbar bei der Muttergesellschaft A-GmbH vereinigt waren, erstmals unmittelbar bei einer Tochtergesellschaft vereinigt. a) Side- und Down-Stream-Übertragungen Im Falle der Übertragung von mindestens 95% der Anteile an einer Enkelgesellschaft von einer Tochtergesellschaft auf eine andere (Side-Stream-Übertragung) entsteht nach dem Wortlaut des § 1 Abs. 3 GrEStG Grunderwerbsteuer. Dasselbe gilt in dem Fall, dass eine Tochtergesellschaft nach einer Anteilsübertragung mindestens 95 v. H. der Anteile vereinigt, wenn sie die Anteile an der Enkelgesellschaft schon teilweise hielt (wie in Beispiel 23). Hier werden mindestens 95% der Anteile an der Enkelgesellschaft nunmehr in der Hand der Tochtergesellschaft (im Beispiel 20: der C-GmbH) vereinigt. Auch im Falle der Übertragung der Anteile einer grundbesitzenden Tochtergesellschaft auf eine andere seitens des Anteilseigners werden die Gesellschaftsgrundstücke erstmals der weiteren Tochtergesellschaft zugeordnet, wenngleich die Zuordnung zu deren Alleingesellschafter aufgrund der durchgehenden Beteiligungskette fortbestehen bleibt. Die Steuerbarkeit eines solchen Vorgangs wird als bedenklich angesehen, weil sich die Sachherrschaft der Muttergesellschaft über die Grundstücke der Enkelgesellschaft nicht verändert hat. Dementsprechend könnte man vertreten, dass die Norm teleologisch zu reduzieren sei. Der BFH hat eine teleologische Reduktion für Down-Stream-Übertragungen bereits in einem Beschluss vom 04.12.1996 abgelehnt50 und dies durch seine Folgerechtsprechung bestätigt.51 Dasselbe gelte im Falle der Side-Stream-Übertragung. Hierzu führte er in seinem Urteil vom 05. November 200252 näher aus: „Dem Grunderwerbsteuergesetz ist nicht zu entnehmen, dass im Rahmen des § 1 Abs. 3 GrEStG a. F. eine gleichzeitige Zuordnung von Grundstücken auf mehrere Rechtsträger ausgeschlossen sein soll. Aus der zivilrechtlichen Selbständigkeit von Beteiligungsgesellschaften folgt daher für die grunderwerbsteuerrechtliche Betrach50

II B 110/96, BFH/NV 1997, S. 440 (441). BFH, Urt. v. 05.11.2002 – II R 41/02, BFH/NV 2003, S. 507; Urt. v. 15.01.2003 – II R 50/00, DStRE 2003, S. 497 (498); Urt. v. 31.04.2004 – II R 54/01, BStBl. II 2004, S. 658 (660); BFH, Urt. v. 01.12.2004 – II R 10/02, GmbHR 2005, S. 1009 (1010); auch FG Münster, Urt. v. 23.01.2002 – 8 K 2924/00 GrE, F, EFG 2002, S. 573; Pahlke, in: Widmann/Meyer, Umwandlungsrecht, Anh. 12 Rn. 151. 52 II R 41/02, BFH/NV 2003, S. 507. 51

III. Umstrukturierungen im Konzern

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tung, dass neben die Zuordnung auf eine Obergesellschaft (infolge Anteilsvereinigung) die Zuordnung auf eine Untergesellschaft tritt, wenn diese alle Anteile an einer grundstücksbesitzenden Gesellschaft von einer anderen Untergesellschaft erwirbt. Damit werden Anteilsübertragungen gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG a. F. nicht anders behandelt als Rechtsvorgänge i. S. von § 1 Abs. 1 GrEStG a. F., die zwischen verbundenen Unternehmen stattfinden. Es begegnet keinem Zweifel, dass Eigentumsübertragungen an Grundstücken i. S. des § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG a. F. sowohl zwischen den Untergesellschaften als auch zwischen ihnen und der sie beherrschenden Obergesellschaft der Grunderwerbsteuer unterliegen würden. Aus dieser Kontrollüberlegung ergibt sich, dass der Wortsinn des § 1 Abs. 3 GrEStG a. F. nicht über den Normsinn hinausgeht, so dass – entgegen der Auffassung der Revision – keine verdeckte Regelungslücke vorliegt, die durch teleologische Reduktion zu schließen wäre.“

Die Alleingesellschafterstellung lässt – so der BFH – die zivilrechtliche Selbständigkeit der beteiligten natürlichen und juristischen Personen unangetastet. Dies werde auch durch das Grunderwerbsteuergesetz nachvollzogen, welches den Rechtsträgerwechsel bezüglich der Anteile besteuere.53 Im Ergebnis bedeutet dies, dass der BFH die teleologische Reduktion deshalb vereint, weil dies durch die im GrEStG bestehende Gesetzeskonzeption, Grundstücke unter Umständen auch mehreren Rechtsträgern grunderwerbsteuerrechtlich zuzuordnen, bedingt ist. Eine Aufgabe dieses Prinzips stünde im Widerspruch zum Gesetz.54 Letztendlich sei, so der BFH, die Befreiung von Konzernumstrukturierungen eine steuerpolitische Entscheidung, welche zu treffen nur dem Gesetzgeber möglich wäre.55 Auch eine analoge Anwendung des § 1 Abs. 6 GrEStG lehnt der BFH ab.56 Aus diesem Gründen sind die in den Beispielen 20 und 21 dargestellten Anteilsübertragungen nach Auffassung des BFH steuerpflichtig. b) Up-Stream-Übertragungen Auch eine Übertragung von grundbesitzenden Gesellschaften von der Tochtergesellschaft auf die Muttergesellschaft, wie im Beispiel 22 dargestellt, könnte aufgrund des Übergangs von einer mittelbaren auf eine unmittelbare Beteiligung eine grunderwerbsteuerbare Anteilsvereinigung darstellen. Hier hatte der BFH im Urteil vom 08.11.197857 zunächst einen steuerbaren Anteilserwerb angenommen, wobei in diesem Fall die mittelbare Anteilsvereini53

BFH, Urt. v. 31.04.2004 – II R 54/01, BStBl. II 2004, S. 658 (660). BFH, Urt. v. 05.11.2002 – II R 41/02, BFH/NV 2003, S. 507; Urt. v. 15.01.2003 – II R 50/00, DStRE 2003, S. 497 (498). 55 BFH, Urt. v. 15.01.2003 – II R 50/00, DStRE 2003, S. 497 (498); ebenso schon Seeger/Leonhard, Widmann-FS, S. 539 (550). 56 Dazu Kapitel 6 VIII. 57 BFH, Urt. v. 08.11.1978 – II R 82/73, DStR 1979, S. 147 (148). 54

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Kap. 6: Steuerbarer Erwerbsvorgang

gung im Wege eines Organschaftsverhältnisses realisiert wurde. Der erkennende Senat war der Auffassung, dass der Übergang von einer mittelbaren Anteilsvereinigung zu einer unmittelbaren Anteilsvereinigung einen derart erheblichen Unterschied in der grunderwerbsteuerrechtlichen Zuordnung bewirke, dass die (evtl. erneute) Besteuerung der Anteilsvereinigung gerechtfertigt sei. Dem stehe auch nicht entgegen, dass der umgekehrte Fall, eine unmittelbare Anteilsvereinigung werde durch Veräußerung einiger Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft an eine 100%-ige Tochtergesellschaft zu einer nur mittelbaren abgeschwächt, nicht steuerbar sei. Die Unterschiede seien auch hier wiederum derart hoch, dass die Ungleichbehandlung gerechtfertigt sei. Betrachtet man die Begründung näher, bleibt allerdings unklar, ob der BFH die Steuerbarkeit des Übergangs von mittelbarer zu unmittelbarer Anteilsvereinigung generell für steuerpflichtig hielt, ob dies nur beim Anteilsübergang von Organschaften auf das herrschende Unternehmen gilt58 oder ob hier nur deshalb die Steuerpflicht gegeben ist, weil zwischen mittelbarer und unmittelbarer Anteilsvereinigung erstmals zwei Grundstücke durch die nunmehr grundbesitzende Gesellschaft erworben wurden. Durch das Urteil vom 20. Oktober 1993 änderte der BFH seine Rechtsprechung zu dieser Problematik und erachtete den Übergang von der mittelbaren auf die unmittelbare Anteilsvereinigung für nicht steuerbar. Er erachtete zwar die bisherige Rechtsprechung vom bloßen Wortlaut her für gedeckt, jedoch stehe die bereits verwirklichte mittelbare Anteilsvereinigung der erneuten Steuerbarkeit entgegen. Dazu führte er aus: „Einem derartigen Verständnis der Vorschrift steht aber entgegen, daß grunderwerbsteuerrechtlich die von einer zu 100 v. H. beherrschten Gesellschaft gehaltenen Anteile an der Gesellschaft mit Grundbesitz für die Anteilsvereinigung dem Alleingesellschafter (als ihm gehörend) zugerechnet, die Anteile somit als in seiner Hand allein vereinigt angesehen werden. Aus diesem Grund bewirkt die zivilrechtliche (unmittelbare) Vereinigung aller Anteile der grundbesitzenden Gesellschaft – wie hier in der Hand der Klägerin – keine grunderwerbsteuerrechtlich erhebliche ,Verstärkung‘ seiner Position in Bezug auf die Gesellschaft.“59

Orientiert man sich an der Urteilsbegründung, so stellt dieses Urteil eine Abkehr von der grunderwerbsteuerrechtlichen Ungleichartigkeit von mittelbarer und unmittelbarer Beteiligung dar. Dies findet nunmehr auch Ausdruck im Gesetz, wo beide Vereinigungsformen ohne Abstufung nebeneinander stehen und somit als gleichrangig behandelt werden müssen. Eine explizite Anordnung, 58 Hierfür spräche, dass nach ständiger Rechtsprechung – anders als bei mittelbarer Anteilsvereinigung durch Beteiligungsketten – die Grundstücke der grundbesitzenden Gesellschaft nicht dem Organträger, sondern der Organschaft als solcher zuzuordnen sind; siehe dazu Kapitel 7 III. 1. 59 Wörtlich BFH, Urt. v. 20.10.1993 – II R 116/90, BStBl. II 1994, S. 121 (122); bestätigend Urt. v. 12.01.1994 – II R 130/91, BStBl. II 1994, S. 408; siehe auch Beckmann, GmbHR 1999, S. 217 (220).

III. Umstrukturierungen im Konzern

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dass der Übergang von der mittelbaren zur unmittelbaren Anteilsvereinigung einen grunderwerbsteuerpflichtigen Vorgang darstellt, findet sich nicht. Jedoch lag der Fall im Urteil vom 20.10.1993 etwas anders als im Beispiel 22: dort waren die Anteile bislang nur teilweise mittelbar vereinigt, d. h. die nicht von der Tochtergesellschaft gehaltenen Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft wurden von der Muttergesellschaft unmittelbar gehalten. Etwas anderes gilt jedoch auch nicht, wenn – wie im Beispielsfall 22 – die Tochtergesellschaft alle Anteile bei sich vereinigt und diese anschließend übertragen hätte. Da der BFH nämlich von der Gleichrangigkeit der mittelbaren und der unmittelbaren Anteilsvereinigung ausgeht und die Anteile bereits nur mittelbar bei der Muttergesellschaft vereinigt waren, kommt es im Beispiel 22, wo der Anteilserwerb nur nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 und 4 GrEStG steuerbar sein könnte, zu keinem anderen Ergebnis.60 Erwirbt die Gesellschaft, deren Anteile mittelbar bei der Muttergesellschaft vereinigt sind, zwischen mittelbarer und unmittelbarer Vereinigung Grundstücke hinzu, so führt dies nach Auffassung des BFH im Urteil vom 20.10.1993 nicht dazu, dass die Herstellung der unmittelbaren Anteilsvereinigung bezüglich dieser Grundstücke grunderwerbsteuerpflichtig ist.61 Die Grunderwerbsteuerpflicht beschränke sich vielmehr auf die (nunmehr) grundbesitzende Gesellschaft, welche den Tatbestand des § 1 Abs. 1 bis 3 GrEStG verwirklicht. Dies wurde noch explizit anders im Urteil vom 08.11.197862 vertreten. 2. Beteiligungsübergang bei übertragenden Umwandlungen Die Übertragung von Anteilen im Rahmen von Umstrukturierungen im Konzern kann nicht nur im Falle einer rechtsgeschäftlichen Einzelübertragung stattfinden. In Frage kommen vielmehr auch übertragende Umwandlungsvorgänge nach dem UmwG, aber auch Einbringungen oder Anwachsungen. Unter einer übertragenden Umwandlung ist eine Umwandlung zu verstehen, die einen Vermögensübergang von einem (dem übertragenden) Rechtsträger auf einen anderen (den übernehmenden oder neuen) Rechtsträger im Wege der Gesamt- oder Sonderrechtsnachfolge bewirkt.63

60 FG Münster, Urt. v. 08.05.2003 – 8 K 3587/00 GrE, EFG 2003, S. 1187; FinMin Baden-Württemberg, Erlass v. 06.11.1995, DB 1995, S. 2294; Beckmann, GmbHR 1999, S. 217 (221); a. A. wohl Stoschek, BB 1997, S. 1929 (1930), der aber verkennt, dass eine konzerninterne Umstrukturierung auch eine Up-Stream-Übertragung bereits vereinigter Anteile beinhalten kann. 61 II R 116/90, BStBl. II 1994, S. 121 (122). 62 II R 82/73, DStR 1979, S. 147 (148). 63 Lutter, in: Lutter, UmwG, Einl. Rn. 39; Schwerin, RNotZ 2003, S. 479 (480); Seeger/Leonhard, Widmann-FS, S. 539 (540); a. A. Beuthien, BB 2007, S. 133.

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Kap. 6: Steuerbarer Erwerbsvorgang

Letztendlich gilt im Falle einer übertragenden Umwandlung im Hinblick auf die Besteuerung der Anteilsvereinigung nichts anderes als bei einer Übertragung im Wege der Einzelrechtsnachfolge. Dieses Ergebnis folgt aus der Konzeption des § 1 Abs. 3 GrEStG, welcher nicht danach differenziert, ob, die Anteilsvereinigung durch Einzel-, Sonder- oder (partielle) Gesamtrechtsnachfolge eintritt. Eine Änderung tritt jedoch bezüglich der verwirklichten Variante des § 1 Abs. 3 GrEStG und damit auch bezüglich des Zeitpunkts der Verwirklichung des steuerpflichtigen Vorgangs ein. Im Falle der Einzelrechtsübertragung wird der steuerauslösende Tatbestand bereits mit Abschluss des schuldrechtlichen Rechtsgeschäfts erfüllt, weil bereits durch dieses ein Anspruch auf Übertragung der Anteile begründet wird. Im Falle der Gesamtrechtsnachfolge fehlt ein solches schuldrechtliches Rechtsgeschäft, da der einer übertragenden Umwandlung zugrunde liegende schuldrechtliche Vertrag (Verschmelzungs-, Spaltungsvertrag) keinen Anspruch auf Übertragung der Anteile an einer Gesellschaft begründet. Der Anspruch besteht vielmehr auf Übertragung des vertraglich bestimmten Vermögens des übertragenden Rechtsträgers im Ganzen auf den Übernehmer.64 Daher tritt im Falle der übertragenden Umwandlung die Steuerpflicht erst aufgrund der tatsächlichen Anteilsvereinigung ein, weshalb die Steuerpflicht nicht aus § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder 3 GrEStG, sondern aus § 1 Abs. 3 Nr. 2 oder 4 GrEStG resultiert.65 Im Falle einer Verschmelzung zur Aufnahme bedeutet dies, dass die Steuerpflicht erst zum Zeitpunkt der Eintragung der Verschmelzung in das Handelsregister des übernehmenden Rechtsträgers eintritt, da erst zu diesem Zeitpunkt das Vermögen des übertragenden Rechtsträgers auf den übernehmenden übergeht, § 20 Abs. 1 Nr. 1 UmwG. Bei der Verschmelzung durch Neugründung richtet sich die Steuerpflicht nach dem Eintragungszeitpunkt des neuen Rechtsträgers, § 36 Abs. 1 UmwG. Bei Auf- und Abspaltungen kommt es auf den Zeitpunkt der Eintragung in das Handelsregister des jeweils übertragenden Rechtsträgers an, da dieser das Eigentum an den übertragenen Gegenständen mit der Eintragung verliert (§ 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG).66 Die Steuerpflicht bezieht sich demnach nicht auf den jeweiligen Umwandlungsstichtag.67

64

Lutter/Drygala, in: Lutter, UmwG, § 4 Rn. 5. FG Münster, Urt. v. 09.10.2002 – 8 K 2265/00, EFG 2003, S. 256 (258); Pahlke, in: Pahlke/Franz, GrEStG, § 1 Rn. 330. 66 Schwerin, RNotZ 2003, S. 479 (483); Seeger/Leonhard, Widmann-FS, S. 539 (541). 67 Pahlke, in: Widmann/Meyer, Umwandlungsrecht, Anh. 12 Rn. 5; Widmann, in: Widmann/Meyer, Umwandlungsrecht, UmwStG, § 2 Rn. 225. 65

III. Umstrukturierungen im Konzern

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3. Kritik an der Steuerbarkeit von Umstrukturierungen a) Kritik in der Literatur Die derzeitige Rechtslage zur Steuerbarkeit konzerninterner Umstrukturierungen wird in der Literatur heftig kritisiert. Insbesondere wird es für inkonsequent gehalten, wenn im Falle einer Anteilsübertragung „Up-Stream“ keine Grunderwerbsteuerpflicht seitens des BFH angenommen wird, da dies eine bloße Verstärkung der Anteilsvereinigung bewirke, dagegen im Falle der Anteilsübertragung „Down- oder Side-Stream“ eine steuerpflichtige Anteilsvereinigung bejaht wird. Auch im Falle einer Anteilsübertragung auf Tochtergesellschaften im Konzern müsse die Norm teleologisch reduziert werden, da die Besteuerung der Anteilsübertragung bei bloßen Umstrukturierungen dem Sinn und Zweck des § 1 Abs. 3 GrEStG, die Veränderung der Herrschaftsmacht an den sich im Gesellschaftsvermögen befindenden Grundstücke grunderwerbsteuerrechtlich zu erfassen, zuwiderlaufe. Grund für die Kritik ist im Wesentlichen die Tatsache, dass sich das Zuordnungssubjekt „Konzernspitze“ trotz Anteilsverschiebungen nicht ändere. Es komme zwar zu formalen Rechtsträgerwechseln, jedoch finde ein solcher wirtschaftlich nicht statt, da die grundbesitzenden Gesellschaften nicht auf einen außen stehenden Dritten übertragen würden, sondern innerhalb des Konzerns verblieben.68 Man könne somit von einem Rechtsträgerwechsel ohne Marktberührung sprechen.69 Da sich der Rechtsträgerwechsel ohne Marktberührung vollziehe, ergäbe sich aus der dem fingierten Grundstückswechsel auch keine höhere Leistungsfähigkeit, obwohl nach Auffassung des Gesetzgebers des GrEStG 1983 eine solche die Grunderwerbsteuer rechtfertigen soll.70 Eder beschreibt die Notwendigkeit einer teleologischen Reduktion bildlich wie folgt: „Wenn ein Übergang von der mittelbaren Anteilsvereinigung zur unmittelbaren Vereinigung nicht steuerbar ist, da sich die Herrschaftsmacht nicht wesentlich verstärkt, so muß sich dieser Gedanke auch durchsetzen, wenn sich die Herrschaftsmacht aufgrund des Wechsels ,von der linken in die rechte Tasche‘ ebenfalls nicht verstärkt.“71

Wienands kritisiert, dass die Besteuerung der Anteilsverschiebung im Konzern unter fortbestehender (mittelbarer) Anteilsvereinigung bei der Muttergesellschaft letztendlich zu einer doppelten Zurechnung des Grundstücks führt. Dieser Gedanke sei, wie § 1 Abs. 3 GrEStG auch zeige, dem Grunderwerbsteuerrecht

68 Salzmann/Loose, DStR 2004, S. 1941; Eder, DStR 1994, S. 735 (737); Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 102. 69 Verweyen, Grunderwerbsteuer bei konzerninternen Umstrukturierungen, S. 167; Seeger/Leonhardt, Widmann-FS, S. 539 (544). 70 Krebühl, DStR 2002, S. 1249; Gottwald, Grunderwerbsteuer, S. 87 f. 71 Eder, DStR 1994, S. 735 (738).

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Kap. 6: Steuerbarer Erwerbsvorgang

zwar nicht fremd, da die Anteilsvereinigung die grunderwerbsteuerrechtliche Zuordnung zum zivilrechtlichen Eigentümer nicht aufhebe. Das Tatbestandsmerkmal des § 1 Abs. 3 GrEStG „gehören“ stelle zudem auf das wirtschaftliche Eigentum am Grundstück ab. Von einem wirtschaftlichen Eigentum könne man aber nur bei der Muttergesellschaft, nicht aber bei den zwischengeschalteten Gesellschaften sprechen. Somit sei die doppelte, möglicherweise sogar vielfache Zurechnung innerhalb einer Beteiligungskette mit dem Sinn und Zweck des § 1 Abs. 3 GrEStG nicht zu vereinbaren. Eine Zurechnung auch über mehrere 100%-ige (jetzt: mindestens 95%-ige) Beteiligungen sei daher abzulehnen.72 Teiche sieht im Prinzip der Mehrfachzuordnung, welches § 1 Abs. 3 GrEStG immanent sei, einen grunderwerbsteuerrechtlichen Wertungswiderspruch, da ein Grundstück nur einmal vorhanden sei und damit auch nur einer Person zugeordnet sein könne. Zwar sei der Systematik des Grunderwerbsteuergesetzes eine Doppelbelastung keineswegs fremd. Jedoch könne ein einmaliger Übertragungstatbestand keine mehrfache Grunderwerbsteuer bezüglich eines einzigen Grundstücks zur Folge haben, worauf die konsequente Anwendung der Rechtsprechungsauffassung aber zwingend hinausliefe. Daraus folge ein Verstoß gegen das Übermaßverbot, weshalb § 1 Abs. 3 GrEStG zur Vermeidung dieses Ergebnisses teleologisch zu reduzieren sei. Diese Reduktion könne so aussehen, dass in § 1 Abs. 3 GrEStG die Anteilsvereinigung als einheitlicher Tatbestand anzusehen sei, welcher in mehreren Alternativen, nämlich unmittelbar und mittelbar verwirklicht werden könne. Eine Zuordnung der Gesellschaftsgrundstücke aufgrund rechtlicher Verfügungsmacht könne aber in einer Beteiligungskette nur dem obersten Kettenglied zustehen. Somit sei im Falle eines Fortbestehens der mittelbaren Anteilsvereinigung bei der Obergesellschaft der Steuertatbestand für die Anteilsvereinigung „verbraucht“.73 Ähnlich äußert sich Kroschewski. Wie bereits gezeigt, erblickt er den Normzweck des § 1 Abs. 3 GrEStG in der steuerlichen Erfassung der Zwecksetzungsmacht, welche dem Alleingesellschafter einer Gesellschaft zukomme und ihm in Bezug auf das Gesellschaftsvermögen eine eigentümerähnliche Stellung gewähre.74 Demnach sei die „abermalige Anteilsvereinigung“75 nicht steuerbar, denn „Der Erwerb [der Zwecksetzungsmacht] bleibt . . . dann aus, wenn derjenige, dem die Anteile rechtlich zugeordnet werden, keine autonomen Interessen verfolgt, weil ein Dritter über seinen Verbandszweck disponieren kann oder er als Treuhänder mit den Anteilen ausschließlich fremddefinierte Interessen zu verfolgen hat. . . . Würde man den lediglich formalen Erwerb der Anteile besteuern, würde der Erwerbsge72 73 74 75

Wienands, DB 1997, S. 1362 (1364). Teiche, UVR 2003, S. 268 f. Siehe Kapitel 2 II. 2. c) bb). Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 70.

III. Umstrukturierungen im Konzern

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genstand seines materiellen Inhalts enthoben, um Umgehungsprophylaxe zu betreiben.“76

Schlussendlich hält Verweyen die angelegte doppelte Zurechnung von Grundstücken zur Mutter- wie auch zur Tochtergesellschaft mit dem Grundgedanken des § 1 Abs. 3 GrEStG, der Besteuerung eines wirtschaftlichen Eigentumserwerbs, für unvereinbar. Lege man an die Grundstückszuordnung eine wirtschaftliche und keine zivilrechtliche Betrachtungsweise an, so müsse diese konsequent und widerspruchsfrei durchgeführt werden.77 Somit sei die Besteuerung von Anteilsverschiebungen und -übertragungen, bei denen nicht gleichzeitig eine Herrschaftsmacht übergeht – gemeint sind wohl Anteilsverschiebungen auf Tochtergesellschaften – als Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG zu werten, da sie gegen das Prinzip der Folgerichtigkeit und damit gegen das Gebot der Belastungsgleichheit und das Rechtsstaatsprinzip verstießen. Einer verfassungskonformen Auslegung, wie Teiche sie vorschlägt, erteilt sie jedoch eine Absage, da diese aufgrund des – auch in § 1 Abs. 6 GrEStG erkennbaren – grunderwerbsteuerrechtlichen Prinzips der Mehrfachbesteuerung aufeinanderfolgender Erwerbstatbestände wegen Eindeutigkeit des Wortlauts nicht möglich sei.78 b) Eigene Stellungnahme Meines Erachtens ist die Möglichkeit einer einschränkenden Auslegung des § 1 Abs. 3 GrEStG bei konzerninternen Umstrukturierungen nicht gegeben. Dies gilt insbesondere auch im Falle der Anteilsvereinigung „Up-Stream“, bei der entgegen allgemeiner Auffassung keine teleologische Reduktion erforderlich ist, um deren Nichtsteuerbarkeit zu erklären. Vielmehr löst sich das Problem bei Betrachtung des Konkurrenzverhältnisses zwischen unmittelbarer und mittelbarer Anteilsvereinigung. Wenn nämlich beide Vereinigungsvarianten gleichwertig sind, so liegt kein neuer Erwerb und somit kein neuer Erwerber vor, wenn die Beteiligungskette verkürzt wird. Denn derjenige, der jetzt unmittelbarer Gesellschafter ist, hat die Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft vorher schon mittelbar erworben, weshalb ihm das Gesellschaftsgrundstück bereits vorher zugeordnet war. Somit entsteht zwar ein Rechtsträgerwechsel in Bezug auf die bei Verkürzung der Beteiligungskette übertragenen Anteile, jedoch ändert sich der Zuordnungsträger des Grundstücks nicht, da dieses schon vorher dem Erwerber der Anteile zugeordnet war. Bezogen auf das Gesellschaftsgrundstück wird daher kein Erwerbsvorgang verwirklicht, weshalb eine Steuerpflicht wegen grunderwerbsteuerrechtlicher Identität des Veräußerers und des Erwerbers ausscheidet. 76 77 78

Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 284. Verweyen, Grunderwerbsteuer bei konzerninternen Umstrukturierungen, S. 180. Verweyen, Grunderwerbsteuer bei konzerninternen Umstrukturierungen, S. 181 ff.

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Kap. 6: Steuerbarer Erwerbsvorgang

Anders könnte dies natürlich gesehen werden, wenn ein streng zivilrechtlicher Maßstab angelegt werden würde. Ein solcher Maßstab ist aber abzulehnen. Wenn bei der mittelbaren Anteilsvereinigung ein streng zivilrechtlicher Erwerb der Anteile an der grundbesitzenden Enkelgesellschaft über den Erwerb der Anteile an der Tochtergesellschaft nicht gegeben ist, dann darf unter Hinweis auf das angebliche „Primat des Zivilrechts“ für Zwecke des § 1 Abs. 3 GrEStG beim Übergang von mittelbarer zu unmittelbarer Anteilsvereinigung kein solcher Erwerbsvorgang angenommen werden. Denn zivilrechtlicher Eigentümer des Grundstücks selbst war und ist die grundbesitzende Gesellschaft selbst. Wenn einer „nur“ mittelbaren Anteilsvereinigung ein unmittelbarer Anteilserwerb nachfolgt, stellt dies zivilrechtlich immer noch keinen Grundstückserwerb dar. Es wäre widersprüchlich, wenn das Gesetz einerseits die zivilrechtliche Sichtweise aufhebt, andererseits für die Frage des unmittelbaren Anteilserwerbs wiederum eine zwingende Bindung an das Zivilrecht vorliegen soll. Hinzu tritt das Argument, dass der Gesetzgeber bei der Reform des § 1 Abs. 3 GrEStG durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 die Steuerbarkeit des Übergangs von mittelbarer zu unmittelbarer Anteilsvereinigung hätte normieren müssen, wenn er im Gegenzug die Gleichwertigkeit von mittelbarer und unmittelbarer Anteilsvereinigung normiert hat. Ohne weitere Hinweise muss dagegen davon ausgegangen werden, dass schon der mittelbare Anteilserwerb zu einer grunderwerbsteuerrechtlichen, der unmittelbaren Anteilsvereinigung gleichwertigen Zuordnung zum Erwerber führt und somit ein erneuter Erwerb ausscheidet, solange der mittelbare Erwerber die Zuordnung nach § 1 Abs. 3 GrEStG nicht zwischendurch aufgehoben hat. Dagegen tritt bei der Anteilsvereinigung „Side- bzw. Down-Stream“ ein neuer Erwerber hinzu, der bislang nicht beteiligt war. Denn bei der erwerbenden Tochtergesellschaft waren die Anteile bislang nicht – auch nicht mittelbar – vereinigt. Der Fehler der Befürworter einer teleologischen Reduktion liegt wieder einmal darin, dass Rechtsbegriffe des GrEStG im Hinblick auf angeblich bestehende dogmatische Vorgaben streng zivilrechtlich ausgelegt werden. Dies kann hier aber nicht eingreifen, da der mittelbare Erwerb kein Grunderwerb und – bezogen auf die Anteile an der Enkelgesellschaft – auch kein Anteilserwerb im Sinne des Zivilrechts ist. Es ist nicht möglich, aus zivilrechtlichen Begrifflichkeiten und zivilrechtlicher Systematik Auslegungskriterien zu entwickeln, wenn das Grunderwerbsteuerrecht ausdrücklich von der zivilrechtlichen Systematik abweicht. Spätestens dann ist ein grunderwerbsteuerrechtliches Verständnis des Rechtsbegriffs zu entwickeln. Der eigentliche Kritikpunkt liegt wiederum im Prinzip der Mehrfachzuordnung von Grundstücken. Denn wenn die Herrschaftsmacht der Mutter erhalten bleibt, könnte man auf den Gedanken kommen, dass die Besteuerung der Anteilsvereinigung im Konzern keinen Sinn ergebe, weil sich die Sachherrschaft der Muttergesellschaft nicht ändert. Aber auch dieses Argument ist auf den

III. Umstrukturierungen im Konzern

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ersten Blick klar und nachvollziehbar. Auch der zu mindestens 95 v. H. beteiligten Tochtergesellschaft kommt zivilrechtlich Sachherrschaft (nach Kroschewski: Zwecksetzungsmacht) über die Enkelgesellschaft zu, denn von ihr als nahezu alleinige Gesellschafterin wird unwiderleglich vermutet, dass sie die Beschlussfassung in den Beschlussgremien der grundbesitzenden Gesellschaft in grunderwerbsteuerrechtlich relevanter Weise beeinflussen und damit die grundbesitzende Gesellschaft beherrschen kann. Jedoch kann sie aufgrund ihrer eigenen Stellung als „beherrschte“ Gesellschaft ihren Willen wiederum nicht autonom bilden, sondern ist der Willensbildung ihrer Konzernmutter unterworfen. Sie hat somit eine nur formale, aber keine wirtschaftliche Sachherrschaft. Rein gesellschaftsrechtlich ist die Tochter-/Zwischengesellschaft – wenn sie zu mindestens 95% beteiligt ist – fähig, die zur Steuerbarkeit für erforderlich erachtete Sachherrschaft auszuüben. Jedoch sind sie dazu nur in Einklang mit dem sie beherrschenden Gesellschafter in der Lage, da dieser über seine mindestens 95%-ige Beteiligung wiederum in der Lage ist, die Zwischengesellschaft dem Willen der Muttergesellschaft zu unterwerfen. Diese Auffassung bestätigt folgende Kontrollüberlegung: In der Beteiligungskette besteht bei der Enkelgesellschaft ein Autonomiedefizit gegenüber der Tochtergesellschaft. Dieses besteht aber auch dann fort, wenn die Muttergesellschaft ihre mindestens 95%-ige Beteiligung an der Tochtergesellschaft aufhebt und somit ein vergleichbares Autonomiedefizit der Tochtergesellschaft gegenüber der Muttergesellschaft nicht mehr in Betracht kommt. Somit ist auch in diesem Fall die Mehrfachzuordnung von Grundstücken durch § 1 Abs. 3 GrEStG gerechtfertigt, soweit diese nicht vollständig, also für alle Fälle des § 1 GrEStG abgeschafft wird. Aus diesem Grund ist eine teleologische Reduktion des § 1 Abs. 3 GrEStG für konzerninterne Umstrukturierungen nicht möglich. Entgegen verbreiteter Auffassung ergibt sich aus der Mehrfachzuordnung auch nicht konsequenterweise eine mehrfache Besteuerung des Grunderwerbs. Als Beispiel kann der Grunderwerb nach § 1 Abs. 1 GrEStG durch eine Enkelgesellschaft angeführt werden, bei dem „folgerichtig“ auch die Tochter- und Muttergesellschaft einen steuerpflichtigen Erwerb verwirklichen würden. Solche Erwerbe blieben nur aufgrund einer teleologischen Reduktion des § 1 Abs. 3 GrEStG unbesteuert.79 Diese Auffassung beruht auf einem Verständnisfehler. Wie bereits gezeigt, liegt das steuerauslösende Tatbestandsmerkmal nicht im (fiktiven) Erwerb des Grundstücks, sondern im Erwerbsvorgang. Wenngleich aufgrund des Prinzips der Mehrfachzuordnung bei mittelbarer Anteilsvereinigung das Grundstück mehreren Erwerbern gleichzeitig zugeordnet wird, beruht diese Mehrfachzuordnung auf nur einem Erwerbsvorgang. Da die Besteuerung 79 Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 124; ders., BB 2001, S. 1121 (1122); Verweyen, Grunderwerbsteuer bei konzerninternen Umstrukturierungen, S. 182 f.; Teiche, UVR 2003, S. 258 (268 f.).

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Kap. 6: Steuerbarer Erwerbsvorgang

am Erwerbsvorgang und nicht am Erwerb anknüpft,80 kann sie selbst bei mehrfachem Erwerben nur einmal entstehen, wenn sie auf nur einem Erwerbsvorgang beruht. Somit ist die nur einmalige Entstehung der Steuer nicht durch teleologische Reduktion des § 1 Abs. 3 GrEStG, sondern durch den Wortlaut und die Systematik der Norm bedingt. Dies zeigt sich beispielsweise auch darin, dass der Erwerb eines Grundstücks durch eine mindestens 95%-ige Tochtergesellschaft bei der Muttergesellschaft keinen nach § 1 Abs. 3 GrEStG steuerbaren Vorgang auslöst, obwohl der Muttergesellschaft dieses nach § 1 Abs. 3 GrEStG zugeordnet wird. Rechtspolitisch wünschenswert ist dagegen die Einführung einer Befreiung für konzerninterne Umstrukturierungen. Diese könnte allgemeiner Natur sein oder derart ausgestaltet werden, dass mit der Aufgabe der beherrschenden Stellung der Muttergesellschaft die Steuerbarkeit der Anteilsvereinigung auf Ebene der Tochtergesellschaft wieder auflebt. Denn es ist allen Kritikern der Steuerbarkeit von Umstrukturierungen zuzugeben, dass die fehlende Veränderung der tatsächlichen Sachherrschaft bei konzerninternen Umstrukturierungen dem Sinn und Zweck dieser Norm entgegensteht. Bislang orientiert sich die Norm nur an der formalen Sachherrschaft. Letztendlich bedeutet aber eine solche Befreiung auch nur eine partielle Orientierung am Prinzip der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit. Die Grundproblematik des GrEStG, dass sich die Fassung seiner Tatbestände nach wie vor dem Prinzip der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit verschließen, bliebe jedoch ungelöst, so dass eine „Konzernbefreiungsklausel“ hinter dem eigentlichen Reformbedarf zurückbliebe. Letztendlich stellt die Konzeption der Erwerbsvorgängen und ihres Konkurrenzverhältnisses eine antiquierte Gesetzgebungstechnik dar, die mit der heute dominierenden Vorstellung einer Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit nicht mehr zu vereinbaren ist. De lege ferenda sollte, unter Anpassung an den wirtschaftlichen Umsatzbegriff des Umsatzsteuergesetzes, ausschließlich ein wirtschaftlicher Grundstücksumsatz der Besteuerung unterworfen werden. Dies würde meines Erachtens auch die Aufhebung des Prinzips der Mehrfachzuordnung nach sich ziehen müssen.

IV. Anteilsvereinigung durch Treuhand und Auftragserwerb Eine Besteuerung nach § 1 Abs. 3 GrEStG kann auch dadurch ausgelöst werden, indem zwischen Personen ein Treuhandverhältnis über Gesellschaftsanteile vereinbart wird. Die wirtschaftlichen Hintergründe eines solchen Treuhandverhältnisses sind vielfältig. Beispielsweise war bis zur GmbH-Novelle 198081 die Einschaltung eines treuhänderisch gebundenen Strohmanns bei der Gesell80 81

Dazu Kapitel 2 II. 2. b) bb). Hueck/Fastrich, in: Baumbach/Hueck, GmbHG, § 1 Rn. 20.

IV. Anteilsvereinigung durch Treuhand und Auftragserwerb

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schaftsgründung erforderlich, da eine GmbH-Gründung durch einen Alleingesellschafter unzulässig war. Andere Fälle der uneigennützigen Treuhand sind beispielsweise die treuhänderische Übertragung von Gesellschaftsanteilen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge oder der verdeckte Erwerb einer Mitgliedschaft an einer Gesellschaft. In die Kategorie der eigennützigen Übertragung von Gesellschaftsanteilen fällt die fiduziarische Sicherungsübereignung von Gesellschaftsanteilen, die als Sicherungssystem neben deren Verpfändung möglich ist.82 Es ist jedoch klarzustellen, dass ein „typischer“ Treuhandvertrag, von dem die Finanzverwaltung in ihrem Treuhanderlass zur Anteilsvereinigung aus dem Jahr 1984 auszugehen schien,83 nicht existiert.84 Somit ist es eine Frage des Einzelfalls, ob die Treuhandabrede eine für die Frage der Steuerbarkeit der Anteilsvereinigung relevanten Inhalt hat.85 Diese grunderwerbsteuerrechtlichen Auswirkungen von Treuhandverhältnissen an Beteiligungen sollen nunmehr vertieft dargestellt werden. 1. Grundlagen der Anteilsvereinigung durch Treuhandverhältnisse Vorauszuschicken ist, dass in der bisherigen Rechtsprechung wie auch auf Seiten der Finanzverwaltung unter dem Begriff der Treuhand an Anteilen scheinbar nur auf die Fälle der uneigennützigen Vollrechtstreuhand abgestellt wird. Dies ist daran zu erkennen, dass beispielsweise keinerlei Einschränkungen für fiduziarische Sicherungsverhältnisse wie auch die Fälle einer Ermächtigungs- oder Vollmachtstreuhand gemacht werden. Daher konnten die Aussagen, welche insbesondere die Finanzverwaltung im Erlass zu „Treuhandgeschäften, die Anteile an Gesellschaften mit inländischen Grundbesitz zum Gegenstand haben“ vom 25. Mai 1984 (im Folgenden: „Treuhanderlass Anteilsvereinigung“)86 machte, nicht auf alle Fälle der Treuhand an Anteilen übertragen werden.87 Kritisiert wurde ferner, dass der Treuhänder im Falle der uneigennützigen Treuhand gerade keinen Herausgabeanspruch gegenüber dem Treugeber bezüglich des Treugutes hat; ein solcher wird nur im Falle der eigennützigen Treuhand (Sicherungstreuhand) angenommen. Demnach ist nicht die Vereinbarung, die Anteile treuhänderisch zu übertragen, nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG 82 Ulmer, in: Odersky-FS, S. 873 (875 ff.); K. Schmidt, in: MünchKomm-HGB, Vor § 230 Rn. 35. 83 Koordinierter Ländererlass v. 25.05.1984, BStBl. I 1984, S. 380 ff. 84 Protzen, DVR 1976, S. 146 (148); Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 921; neuerdings auch Oberste Finanzbehörden der Länder, gleichlautender Erlass v. 12.10. 2007, BStBl. I 2007, S. 761. 85 Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 203. 86 Koordinierter Ländererlass v. 25.05.1984, BStBl. I 1984, S. 380 ff. 87 Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 921; Pahlke, in: Pahlke/Franz, GrEStG, § 1 Rn. 350.

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Kap. 6: Steuerbarer Erwerbsvorgang

steuerbar, sondern nur die tatsächliche Übertragung der Anteile nach § 1 Abs. 3 Nr. 4 GrEStG,88 was insbesondere Auswirkungen auf den Zeitpunkt des steuerpflichtigen Erwerbsvorgangs hat. Im Falle der eigennützigen Sicherungstreuhand steht der Herausgabeanspruch des Treugebers im Sicherungsvertrag ferner unter der Bedingung, dass dieser seine Pflichten aus dem Sicherungsverhältnis erfüllt. Darüber hinaus orientieren sich die Textziffern 1 bis 3 des Treuhanderlass’ Anteilsvereinigung nur daran, dass alle Anteile übertragen werden, also nur Fälle des § 1 Abs. 3 Nr. 3 und 4 GrEStG vorliegen. Erst in Textziffer 4.1 wird klargestellt, dass eine Anteilsvereinigung über Treuhandverhältnisse auch nur mittelbar über mehrere Treuhänder und einen Treugeber oder teils unmittelbar, teils mittelbar denkbar ist.89 Durch den gleichlautenden Ländererlass vom 12.10.2007 wurden zudem die Äußerungen der Finanzverwaltung zur Behandlung von Treuhandverhältnissen auf die Absenkung der Beteiligungsquote auf mindestens 95 v. H. angepasst.90 a) Herausgabeanspruch des Treugebers/Auftraggebers nach § 667 BGB Die Begründung für die Steuerbarkeit der Anteilsvereinigung durch Treuhandverhältnisse ist letztendlich nicht vollkommen geklärt. Die neuere Rechtsprechung sowie weite Teile der Literatur halten die Begründung eines Treuhandverhältnisses für nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 bzw. 3 GrEStG steuerbar, weil der Treugeber gegenüber dem Treuhänder einen Herausgabeanspruch des Treugutes – hier der treuhänderisch gehaltenen Anteile – habe. Dieser Herausgabeanspruch resultiere aus § 667 BGB. Begründung hierfür sei, dass die Treuhandabrede ein Auftragsverhältnis nach §§ 662 ff. BGB bzw. ein Geschäftsbesorgungsverhältnis darstelle, auf das nach § 675 Abs. 1 BGB Auftragsrecht Anwendung finde. Somit sei der Treuhänder bis zur Geltendmachung des Herausgabeanspruchs verpflichtet, das Treugut entsprechend den Weisungen des Treugebers zu verwalten (§ 665 BGB) und es auf dessen Verlangen herauszugeben (§ 667 BGB). Der Herausgabeanspruch entstehe von Anfang an und sei nicht aufschiebend bedingt.91 Erwerbe der Treugeber einen Anspruch auf Übertragung von mindestens 95% der Anteile oder auf Übertragung der auf diese Beteiligungsquote fehlenden Anteile, so ist dies nach jener Auffassung gemäß § 1 Abs. 3 Nr.1 bzw. 3 GrEStG steuerbar.92 88 A.A. koordinierter Ländererlass v. 25.05.1984, BStBl. I 1984, S. 380 ff., Tz. 1.1; anders jetzt gleichlautender Erlass v. 12.10.2007, BStBl. I 2007, S. 761, Tz. 1.1. 89 Ebenso gleichlautender Erlass v. 12.10.2007, BStBl. I 2007, S. 761, Tz. 4.2. 90 Gleichlautender Erlass v. 12.10.2007, BStBl. I 2007, S. 761. 91 BFH, Urt. v. 28.06.1972 – II 77/64, BStBl. II 1972, S. 719 (720); Hofmann, GrEStG, § 1 Rn. 151; a. A. für das öGrEStG Czurda, in: Czurda, GrEStG, § 1 Rn. 361a: erst bei Herausgabeverlangen des Treugebers entsteht die Anteilsvereinigung.

IV. Anteilsvereinigung durch Treuhand und Auftragserwerb

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Dieser Auffassung steht m. E. nicht entgegen, dass der Anspruch auf Herausgabe der Anteile nach § 667 BGB eine gesetzliche Folge des Auftragsverhältnisses ist und kein unmittelbar auf den Erwerb eines Übertragungsanspruchs gerichtetes Rechtsgeschäft.93 Zum einen ist § 667 BGB dispositiver Natur, d. h. der Herausgabeanspruch hätte auch rechtsgeschäftlich vereinbart und modifiziert werden können.94 Zum anderen fällt bei näherer Betrachtung des § 1 Abs. 3 Nr. 1 bzw. 3 GrEStG auf, dass das Rechtsgeschäft den Anspruch nur begründen muss. Dies bedeutet aber nicht, dass der Anspruch selbst rechtsgeschäftlicher Natur sein muss. Die gesetzliche Normierung des Herausgabeanspruchs in § 667 BGB dient hauptsächlich dazu, dass durch diese Vorschrift mit gewissen Maßgaben Formvorschriften des Verpflichtungsgeschäfts nicht beachtet werden müssen.95 § 667 BGB normiert daher nur einen Teil des typischen Inhalts eines Auftragsverhältnisses, nicht aber einen in Art und Umfang zwingenden gesetzlichen Herausgabeanspruch ähnlich § 985 BGB. Der Herausgabeanspruch ist daher trotz gesetzlicher Normierung rechtsgeschäftlicher Art. Demgegenüber finden sich in Rechtsprechung und Literatur immer wieder Ausführungen dazu, dass dem Treugeber die treuhänderisch gehaltenen Anteile vermittels seiner Weisungsbefugnis (§ 665 BGB) gegenüber dem Treuhänder wirtschaftlich zuzurechnen seien. Über diese Weisungsbefugnis übe der Treugeber auch während des laufenden Treuhandverhältnisses seine Sachherrschaft aus.96 Das Bestehen dieser Weisungsbefugnis dürfte nicht in Zweifel zu ziehen sein. Jedoch ist nicht ersichtlich, durch welchen Erwerbsvorgang des § 1 Abs. 3 GrEStG diese Weisungsbefugnis erfasst werden soll, denn die Weisungsbefugnis stellt eines der Verwaltungsrechte des Treugebers dar, ist aber kein Herausgabeoder Übertragungsanspruch noch steht der Erwerb des Weisungsrechts einer Übertragung der Anteile gleich. Konsequenter erscheint hier zunächst die Ansicht Kroschewskis, welcher den Treuhänder als abhängige Person im Sinne des § 1 Abs. 4 Nr. 2 lit. a) GrEStG 92 BFH, Urt. v. 28.06.1972 – II 77/64, BStBl. II 1972, S. 719 (720); Urt. v. 28.11.1979 – II R 117/78, BFHE 130, S. 66 (68); Urt. v. 05.01.1986 – II R 237/85, BStBl. II 1987, S. 225 (226). 93 So aber Protzen, DVR 1978, S. 146 (148); Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 117; anders jetzt auch gleichlautender Erlass v. 12.10.2007, DStR 2008, S. 256, Tz. 1.2. 94 BGH, Beschl. v. 28.11.1996 – III ZR 45/96, NJW-RR 1997, S. 778; Seiler, in: MünchKomm-BGB, § 667 Rn. 2. 95 BGH, Urt. v. 05.11.1982 – V ZR 228/80, NJW 1983, S. 566; BGH, Urt. v. 25.02.1987 – IVa ZR 263/85, NJW 1987, S. 2071; Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 937; Seiler, in: MünchKomm-BGB, § 667, Rn. 2; str. 96 RFH, Urt. v. 22.10.1942 – II 99/42, RFHE 52, S. 217 (219); BFH, Urt. v. 16.07.1997 – II R 8/95, BFH/NV 1998, S. 81 (82); Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 119 f.

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Kap. 6: Steuerbarer Erwerbsvorgang

einordnet. Durch die Weisungsbefugnis sei der Treuhänder in das Unternehmen des Treugebers derart eingegliedert, dass dieser den Weisungen des Unternehmers zur Folgeleistung verpflichtet sei und somit der Unternehmer Sachherrschaft am Grundstück erwerbe. Die Nichtanwendung des § 1 Abs. 4 Nr. 2 lit. a) GrEStG durch die angebliche Hilfskonstruktion über § 667 BGB stehe dem objektiven Willen des Gesetzgebers des GrEStG entgegen,97 welcher mit der Einführung dieser Definition auf die Rechtsprechung zur Unanwendbarkeit des § 2 Abs. 2 UStG auf Personengesellschaften reagieren habe wollen.98 Dieser Auffassung ist nicht beizupflichten. Zum einen fällt auch ein gesetzlicher Übertragungsanspruch unter § 1 Abs. 3 Nr. 1 u. 3 GrEStG, da der Übertragungsanspruch nur durch Rechtsgeschäft begründet sein muss, nicht aber selbst rechtsgeschäftlich vereinbart sein muss. Dieser Anspruch wird im Falle der Treuhand in der Regel durch die Vereinbarung des Treuhandverhältnisses begründet, soweit sich aus dem Treuhandvertrag (explizit oder mittels Auslegung) nichts anderes ergibt. Darüber hinaus übersieht Kroschewski, dass bei Anwendung des § 1 Abs. 4 Nr. 2 lit. a) GrEStG ein Treuhandverhältnis nur dann berücksichtigungsfähig wäre, wenn der Treugeber ein Unternehmen und der Treuhänder eine natürliche Person oder ein Zusammenschluss derselben ist. Warum gerade der umgekehrte Fall, dass eine natürliche Person Treugeber und ein Unternehmen Treuhänder ist, nicht erfasst sein soll, ist nicht ersichtlich. Selbiges gilt für den Fall, dass ein Treuhandverhältnis über Anteile zwischen juristischen Personen vereinbart wird. Letztendlich spricht auch gegen die Ansicht Kroschewskis, dass der Treugeber trotz der Weisungsbefugnis nicht zwingend in das Unternehmen eingegliedert sein muss. Zumindest entwickelt Kroschewski keine Definition der Eingliederung natürlicher Personen. Daher versäumt er es auch, zu überprüfen, ob bei Bestehen einer treuhänderischen Weisungsgebundenheit von einer Eingliederung gesprochen werden kann. Dies ist bereits im Hinblick auf den Wortlaut zu verneinen, der nicht die punktuelle Weisungsabhängigkeit, sondern die Eingliederung, d. h. die sinnvolle Einfügung in ein größeres Ganzes, der abhängigen Person erforderlich machen würde.99 Wie dies bei einem Treuhänder zu bewerkstelligen wäre, ist nicht ersichtlich. Als Treuhänder eignen sich zudem auch Personen, die an sich mit dem Unternehmen des Treugebers bis auf das Treuhandverhältnis nicht in Verbindung stehen müssen, ja sogar gegenläufige Interessen haben können, z. B. im Falle der Sicherungstreuhand. In solchen Fällen von einer Eingliederung zu sprechen, dehnt den Begriff der Eingliederung trotz dessen relativer Unbestimmtheit zu weit aus, da dem Begriff der Eingliederung ein Element der Vollständigkeit und nicht nur der punktuellen vertraglichen Verpflichtung innewohnt. Es sollte viel97 98 99

BT-Drucks. 9/251, S. 16. Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 120 f. Duden, Wörterbuch der deutschen Sprache, Bd. 2, S. 951 – „eingliedern“.

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mehr zwischen einem treuhänderischen Rechtsverhältnis und einer Unternehmenseingliederung differenziert werden. Soll der Treugeber grunderwerbsteuerrechtlich erfasst werden, so bietet sich neben der Erfassung des Herausgabeanspruchs als Übertragungsanspruch im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 1 und 3 GrEStG allenfalls die Einordnung des Treugebers als „mittelbar Beteiligten“ an. Denn Mitglied der Gesellschaft, deren Anteile treuhänderisch übertragen wurden, ist der Treuhänder und nicht der Treugeber.100 Unter einer mittelbaren Beteiligung im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG wird zunächst nur die Beteiligung an der grundbesitzenden Gesellschaft über eine weitere mindestens 95%-ige Beteiligung an deren Gesellschafter verstanden.101 Auch im Bereich der Anteilsvereinigung über Treuhandverhältnisse wird häufig von einer mittelbaren Anteilsvereinigung gesprochen.102 Die derzeitige Begründung der Steuerbarkeit vermittels eines Übertragungsanspruchs des Treugebers (§ 1 Abs. 3 Nr. 1 bzw. 3 GrEStG) stellt aber konstruktiv gerade kein mittelbare, sondern eine unmittelbare Anteilsvereinigung dar. Jedoch zeigt § 1 Abs. 4 Nr. 2 GrEStG, dass eine solche Beteiligungskette zur Herstellung einer Anteilsvereinigung nicht zwingender Natur ist und durch ein anderes Rechtsverhältnis – nämlich durch eine Weisungsabhängigkeit aufgrund persönlicher Umstände oder Organschaftsverhältnis – ersetzt werden kann. Wie oben aber gezeigt, ist Rechtsgrund der mittelbaren Anteilsvereinigung durch Beteiligungsketten nicht etwa ein Herausgabeanspruch der „Obergesellschaft“ gegenüber ihrer „Untergesellschaft“, sondern die durch mitgliedschaftliche Verwaltungsrechte begründete Sachherrschaft über die „Untergesellschaft“ und deren Gesellschaftsvermögen. Deutlicher wird dies in § 1 Abs. 4 Nr. 2 lit. b) GrEStG, der im Falle einer organschaftlichen Verbindung zweier Gesellschaften eine ganz oder teilweise mittelbare Anteilsvereinigung trotz nicht ausreichender mitgliedschaftlicher Verbindung zwischen Ober- und Zwischengesellschaft annimmt. Wie von Kroschewski überzeugend dargelegt, kommt auch dem Treugeber Sachherrschaft zu, indem er gegenüber dem Treuhänder von seinem Weisungsrecht nach § 665 BGB Gebrauch macht.103 Fraglich ist aber, ob dieses Weisungsrecht ausreicht, um einen Unterfall der mittelbaren Anteilsvereinigung zu bilden. Dem könnte entgegengehalten werden, dass die grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft gerade deswegen im Gesetz steht, weil sie gerade keine mittelbare Anteilsvereinigung im engeren Sinne darstellt. Somit wäre § 1 Abs. 4 100 K. Schmidt, in: MünchKomm-HGB, Vor § 230 Rn. 57; Lutter/Bayer, in: Lutter/ Hommelhoff, GmbHG, § 14 Rn. 16. 101 Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 78; Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 897. 102 Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 897. 103 Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 119 f.

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Kap. 6: Steuerbarer Erwerbsvorgang

Nr. 2 lit. b) GrEStG eine eng auszulegende Ausnahmevorschrift. Jedoch ist aus historischer Sicht zu beachten, dass die grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft ursprünglich der einzige Fall einer mittelbaren Anteilsvereinigung war, der im Gesetz stand. Erst später wurde die Rechtsfigur der mittelbaren Anteilsvereinigung durch Beteiligungsketten von der Rechtsprechung entwickelt und die grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft als deren Unterfall dargestellt.104 Sowohl bei der Organschaft als auch bei der Treuhand wäre es zunächst denkbar, dass auf ein Weisungsrecht abgestellt wird, da dieses eine Sachherrschaft über das Gesellschaftsvermögen begründen kann. Dennoch kann die Treuhand an Anteilen grundbesitzender Gesellschaften nicht in den Bereich der mittelbaren Anteilsvereinigung einbezogen werden. Denn streng genommen wird die Organschaft nicht mit der mittelbaren Anteilsvereinigung gleichgesetzt, sondern bildet – obwohl de facto als Unterfall der mittelbaren Anteilsvereinigung behandelt – eine eigene Variante innerhalb des Tatbestands des § 1 Abs. 3 Nr. 1, 2 GrEStG (Vereinigung in der Hand von herrschenden und abhängigen Unternehmen). Hier wird das Zurückbleiben hinter der vollständigen Anteilsvereinigung dadurch ersetzt, dass bei bestehender Stimmrechtsmehrheit aufgrund der hinzutretenden wirtschaftlichen und organisatorischen Eingliederung die Willensdurchsetzung des herrschenden Unternehmens gegenüber dem oder den abhängigen gesichert ist. Es handelt sich daher um eine teils mitgliedschaftlich, teils organisatorisch begründete Herrschaftsmacht. Dagegen ist das Weisungsrecht des § 665 BGB rein schuldrechtlicher Natur, während im Falle der mittelbaren Anteilsvereinigung die Gesellschafter die Willensbildung der Gesellschaft selbst beeinflussen. Bei Verletzung des Weisungsrechts macht sich der Treuhänder dementsprechend auch nur nach §§ 665, 280 Abs. 1 BGB schadensersatzpflichtig;105 entgegen der mitgliedschaftlich oder organschaftlich begründeten Anteilsvereinigung übernimmt der Treugeber aber nicht ohne weiteres die Willensbildung des Treuhänder bezüglich der treuhänderisch gehaltenen Anteile. Somit ist aufgrund der oben dargestellten Notwendigkeit einer mitgliedschaftlich oder organisatorisch begründeten Herrschaftsmacht106 die Treuhand solange nicht als mittelbare Anteilsvereinigung zu behandeln, wie dieses Weisungsverhältnis nicht explizit gesetzlich erfasst wird (etwa durch Neufassung des § 1 Abs. 4 Nr. 2 lit. a) GrEStG). Konstruktiv bleibt daher nur die Begründung der Steuerbarkeit über den etwaigen Herausgabeanspruch des Treugebers, dessen Existenz und Modalitäten aller-

104

Siehe Kapitel 6 II. 1. Seiler, in: MünchKomm-BGB, § 665 Rn. 36; vor Inkrafttreten der Schuldrechtsreform „positive Forderungsverletzung“: BGH, Urt. v. 29.01.1976 – II ZR 144/74, WM 1976, S. 380 (381 f.); KG, Urt. v. 03.02.1982 – 24 U 4762/91, NJW-RR 1992, S. 795 (796); Beuthien, in: Soergel, § 665 Rn. 17. 106 Siehe Kapitel 2 II. 2. c). 105

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dings aufgrund des dispositiven Charakters des § 667 BGB vom Grunderwerbsteuerrecht nachzuvollziehen sind. b) Anwendung des § 39 AO auf Treuhandverhältnisse Auch im Bereich der Anteilsvereinigung durch Treuhandverhältnisse ist nach § 39 Abs. 2 AO unanwendbar. Dies resultiert wiederum aus der Verwendung des Begriffes „Wirtschaftsgut“, welcher aus dem Ertragsteuerrecht stammt, wo er zur periodengerechten Gewinnermittlung im Bilanzsteuerrecht verwendet wird. Da das Grunderwerbsteuerrecht aber nicht auf Gewinnermittlung, sondern auf die Erfassung eines Rechtsverkehrs gerichtet ist und für die wirtschaftliche Zuordnung von Grundstücken eigene Zuordnungsvorschriften wie etwa § 1 Abs. 2 und 3 GrEStG bildet, bleibt § 39 AO zumindest so lange unanwendbar, bis dieser in das Grunderwerbsteuerrecht integriert wird.107 2. Sachverhaltsgestaltungen a) Anteilsübertragung vom Treugeber auf Treuhänder unter Begründung des Treuhandverhältnisses Wie bereits gezeigt, nimmt die Finanzverwaltung in ihrem „Treuhanderlass Anteilsvereinigung“ Tz. 1108 an, dass der Treuhänder bei Begründung des Treuhandverhältnisses einen Anspruch auf Übertragung aller (jetzt: mindestens 95 v. H.) Gesellschaftsanteile habe, so dass, soweit der Treuhänder mindestens 95 v. H. der Anteile auf sich vereinige, eine Steuerpflicht nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 bzw. 3 GrEStG entstehe. Demgegenüber erwerbe der Treugeber sofort mit Begründung des Treuhandverhältnisses einen Anspruch auf Rückübertragung der Anteile, was wiederum zu einer Steuerbarkeit nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 bzw. 3 GrEStG führe. Der zweite Erwerb sei unter sinngemäßer Anwendung des § 3 Nr. 8 GrEStG von der Steuer freizustellen, wenn die Steuer für die Übertragung der Anteile vom Treugeber auf den Treuhänder entrichtet worden sei.109 Eine Steuerpflicht trete bei der Rückübertragung nur insoweit ein, als im Zeitraum zwischen Übertragung der Anteile und deren Rückübertragung weitere Grundstücke von der grundbesitzenden Gesellschaft hinzu erworben wurden.110 Dem sind Teile der Literatur insoweit entgegengetreten, als sie darauf hinweisen, 107 Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 906; Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 116. 108 Koordinierter Ländererlass v. 25.05.1984, BStBl. I 1984, S. 380 ff. 109 Tz. 1.3 des Erlasses v. 25.05.1984, BStBl. I 1984, S. 380 ff.; anders jetzt gleichlautender Erlass v. 12.10.2007, BStBl. I 2007, S. 761, Tz. 1.2, der einen steuerfreien Rückerwerb erst mit der dinglichen Übertragung annimmt. 110 Tz. 1.4.1.3 des Erlasses v. 25.05.1984, BStBl. I 1984, S. 380 ff.; im Ergebnis ebenso gleichlautender Erlass v. 12.10.2007, BStBl. I 2007, S. 761, Tz. 1.3.1.

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Kap. 6: Steuerbarer Erwerbsvorgang

dass bei Rückübertragung aller Anteile an der Gesellschaft § 3 Nr. 8 S. 1 GrEStG unmittelbar Anwendung finde. Denn der Treugeber erwerbe den Herausgabeanspruch nicht erst, sondern dieser bestehe von Anfang an, so dass sich die Steuerbarkeit dieses Rückerwerbs nicht aus § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG, sondern Nr. 4 ergebe. Denn der Rechtsträgerwechsel trete aufgrund des vorbehaltenen Rückübertragungsanspruchs erst mit der tatsächlichen Übertragung ein. Da diese Übertragung von Anteilen dem Erwerb des Grundstücks gleichstehe, sei § 3 Nr. 8 S. 1 GrEStG unmittelbar anwendbar.111 Erwirbt die Gesellschaft zwischen Übertragung der Anteile auf den Treuhänder und deren Rückübertragung Grundstücke hinzu, so fällt nach Meinung der Finanzverwaltung (Tz. 1.4.1.1 des „Treuhanderlasses Anteilsvereinigung“) aufgrund der Grundstücksbezogenheit des § 1 Abs. 3 GrEStG insoweit Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 3 Nr. 4 GrEStG an, da diesbezüglich ein schuldrechtliches Geschäft nicht vorausgegangen ist. Auf die Problematik dieser Auslegung wurde bereits oben hingewiesen und diese Rechtsauffassung als Ausdehnung des Wortlautes der Norm abgelehnt.112 Der Wechsel des Treugebers, also die Übertragung des Herausgabeanspruchs aus § 667 BGB von einem Treugeber auf einen neuen, ist nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 bzw. 4 GrEStG steuerbar, soweit mindestens 95 v. H. der Anteile auf den neuen Treugeber übergehen (sollen).113 Ebenso grunderwerbsteuerpflichtig ist der Übergang von mindestens 95 v. H. der Anteile von einem Treuhänder auf einen anderen, da sich trotz fehlendem wirtschaftlichen Grundstücksumsatz die grunderwerbsteuerrechtliche Zuordnung der Gesellschaftsgrundstücke aufgrund der auf den neuen Treuhänder übergehenden Mitgliedschaft verändert;114 eine nur teilweise Übertragung ist dagegen – auch für den Treugeber – unschädlich. Von dieser Rechtsauffassung wird auch im Erlass vom 12.10.2007 nicht abgewichen.115 b) Bloße Vereinbarung eines Treuhandverhältnisses Nach Tz. 2 des „Treuhanderlasses Anteilsvereinigung“ besteht die Möglichkeit, ein Treuhandverhältnis auch dergestalt zu vereinbaren, dass der bisherige zu mindestens 95% beteiligte Gesellschafter seine Anteile nunmehr für einen

111 Fischer, in: Boruttau, GrEStG § 1 Rn. 923 ff.; Pahlke, in: Pahlke/Franz, GrEStG, § 1 Rn. 351 ff. 112 Siehe Kapitel 6 I. 113 Tz. 1.4.4 des Erlasses v. 25.05.1984, BStBl. I 1984, 380 ff.; Pahlke, in: Pahlke/ Franz, GrEStG, § 1 Rn. 355. 114 BFH, Urt. v. 03.04.1974 – II 186/65, BStBl. II 1974, S. 643 (644); Pahlke, in: Pahlke/Franz, GrEStG, § 1 Rn. 356; a. A. Protzen, DVR 1978, 146 (149). 115 Gleichlautender Erlass v. 12.10.2007, BStBl. I 2007, S. 761, Tz. 1.3.4 und 1.3.5.

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Treugeber hält.116 Die Vereinbarung eines solchen Treuhandverhältnisses ist steuerbar nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG, wenn und soweit der Treugeber einen Anspruch auf Übertragung der Anteile nach § 667 BGB erwirbt.117 Andernfalls ist erst der Erwerb der Anteile nach § 1 Abs. 3 Nr. 4 GrEStG steuerpflichtig. Soweit zwischen Vereinbarung des Treuhandverhältnisses und der Übertragung Grundstücke durch die Gesellschaft hinzu erworben wurden, ist nach herrschender Meinung die Übertragung nach § 1 Abs. 3 Nr. 4 GrEStG steuerpflichtig (Tz. 2.2.1.1 des „Treuhanderlasses Anteilsvereinigung“), was allerdings aus den erwähnten Gründen abzulehnen ist. Von dieser Rechtsauffassung wird auch im Erlass vom 12.10.2007 nicht abgewichen.118 c) Auftragserwerb Der letzte Fall des im „Treuhanderlass Anteilsvereinigung“ aufgeführten treuhänderischen Anteilserwerbs ist der so genannte Auftragserwerb, also der Erwerb von Anteilen einer grundbesitzenden Gesellschaft durch den Treuhänder in eigenem Namen, aber im Auftrag und für Rechnung des Treugebers.119 In diesem Fall findet entsprechend der Zuordnung durch § 1 Abs. 3 GrEStG ein doppelter Anteilserwerb statt: mit dem Erwerb des Anspruchs auf Übertragung von mindestens 95 v. H. der Anteile erfüllt der Treuhänder den Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG. Zudem erwirbt der Treugeber – allerdings erst ab dinglichem Anteilserwerb durch den Treugeber120 – einen Anspruch auf Übertragung der Anteile aus § 667 BGB, welcher wiederum nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG steuerbar ist.121 Nach Ansicht der Rechtsprechung und Finanzverwaltung ist die spätere Weiterübertragung nur dann steuerbar, wenn zwischen Erwerb des Herausgabeanspruchs nach § 667 BGB und dessen Erfüllung weitere Grundstücke von der Gesellschaft erworben wurden.122 Dies wird von Teilen der Literatur abgelehnt. Der Fall sei parallel zur mittelbaren Anteilsvereinigung durch Beteiligungsketten zu behandeln, weshalb der Zwischenerwerb von

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Koordinierter Ländererlass v. 25.05.1984, BStBl. I 1984, 380 ff. Undifferenziert Tz. 2 des Erlasses v. 25.05.1984, BStBl. I 1984, 380 ff. 118 Gleichlautender Erlass v. 12.10.2007, BStBl. I 2007, S. 761, Tz. 2. 119 Tz. 3 des Koordinierten Ländererlasses v. 25.05.1984, BStBl. I 1984, 380 (381 f.). 120 Bis dahin erwirbt der den Anspruch auf Abtretung des Übertragungsanspruchs des Treuhänders gegenüber dem Veräußerer; dies ist aber nicht tatbestandsmäßig, vgl. Protzen, DVR 1978, S. 146 (149). 121 BFH, Urt. v. 28.06.1972 – II 77/64, BStBl. II 1972, S. 719 (720); Urt. v. 05.11. 1986 – II R 237/85, BStBl. II 1978, S. 225; Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 932. 122 BFH, Urt. v. 17.02.1982 – II R 25/81, BStBl. II 1982, S. 336; offen lassend BFH, Urt. v. 16.07.1997 – II R 8/95, BFH/NV 1998, S. 81 (82); Tz. 3.2.1.1 des Erlasses v. 25.05.1984, BStBl. I 1984, S. 380 ff.; Weilbach, GrEStG, § 1 Rn. 93b; ebenso gleichlautender Erlass v. 12.10.2007, DStR 2008, S. 256, Tz. 3. 117

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Grundstücken nicht zu einer Besteuerung nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG führe, da die Anteile bereits durch die Treuhänderstellung vereinigt worden seien.123 Die von der Literatur angeführte Kritik überzeugt im Ergebnis, aber nicht in ihrer Begründung. Die Besteuerung der Anteilsvereinigung mittels Treuhandverhältnis ist konstruktiv nicht mit der mittelbaren Anteilsvereinigung vergleichbar, sondern mit der Erfüllung des Anspruchs auf Anteilsübertragung bei unmittelbarer Anteilsvereinigung. Dies lässt sich mit folgender Überlegung erklären: Im Falle der mittelbaren Anteilsvereinigung liegt die Steuerbarkeit derselben darin, dass der an der Konzernspitze stehende Gesellschafter die Herrschaft über die durch die Beteiligungskette verbundenen Gesellschaften ausüben kann. Einen Herausgabeanspruch bezüglich der Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft gegenüber ihrer Tochtergesellschaft hat die Muttergesellschaft aus dem Herrschaftsverhältnis dagegen nicht. Dagegen resultiert die Steuerbarkeit im Falle der Treuhand allein aus dem Erwerb eines Herausgabeanspruchs. Somit muss, wenn man der einschränkenden Auslegung der Rechtsprechung bezüglich Subsidiaritätsklausel insgesamt folgen will, die Erfüllung des Herausgabeanspruchs bezüglich der Anteile der grundbesitzenden Gesellschaft insoweit der Grunderwerbsteuer unterliegen, als sich der Grundstücksbestand erhöht hat. Wären die genannten Literaturmeinungen, die eine Steuerbarkeit in diesem Fall verneinen, konsequent, so müssten sie andernfalls die Steuerbarkeit der Anteilsvereinigung über Treuhandverhältnisse aus dem Weisungsrecht des Treugebers und nicht aus dessen Herausgabeanspruch begründen. Wie bereits gezeigt, ist die von der Rechtsprechung vorgenommene einschränkende Auslegung der Subsidiaritätsklausel abzulehnen,124 weshalb der Grunderwerb durch die Gesellschaft, deren Anteile bereits treuhänderisch vereinigt sind, zwischen Vereinbarung der Treuhand und Erfüllung des Herausgabeanspruchs nicht steuerpflichtig ist. Dies gilt allerdings nur, wenn und soweit ein schuldrechtliches Verpflichtungsgeschäft der Erfüllung vorausgegangen ist. Letztendlich zeigt sich auch hier wieder, dass die Lösung von Konkurrenzverhältnissen und aufeinander folgenden Erwerben in Weisungsverhältnissen durch § 1 Abs. 3 GrEStG nur unzureichend gelöst wurde. Eine Verbesserung wäre zu erreichen, wenn die Steuerbarkeit von Treuhandverhältnissen nicht mehr aus dem Herausgabeanspruch nach § 667 BGB, sondern aus der Mittelbarkeit der Anteilsvereinigung herausgelesen wird. Insoweit wäre das Weisungsrecht des Treugebers nach § 665 BGB zu erfassen, was aber nur im Wege einer Gesetzesänderung möglich wäre.125 123 Pahlke, in: Pahlke/Franz, GrEStG, § 1 Rn. 361; Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 938. 124 Siehe Kapitel 6 I. 125 Siehe Kapitel 6 IV. 1. a).

IV. Anteilsvereinigung durch Treuhand und Auftragserwerb

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d) Gründung mit Treuhändern und deren Auswechslung Ein Sonderfall des Auftragserwerbs ist die Gründung von Gesellschaften vermittels eines Mitgesellschafters, der gegenüber einem anderen Mitgesellschafter oder einer anderen Person treuhänderisch gebunden ist. Soweit bei der Gründung einer Kapitalgesellschaft ein Treuhänder (Beauftragter) des Hauptgesellschafters neben diesem mitwirkt, tritt die Anteilsvereinigung schon bei Entstehung der Kapitalgesellschaft in der Person des Hauptgesellschafters ein.126 Die nachfolgende unmittelbare Anteilsvereinigung mittels Anteilsübertragung vom Beauftragten auf den Hauptgesellschafter löst wegen der Subsidiarität der § 1 Abs. 3 Nr. 2 bzw. 4 GrEStG keine erneute Grunderwerbsteuerpflicht aus.127 Nach hier vertretener Auffassung unterliegt die Übertragung der Anteile auf den Treugeber auch hinsichtlich der Grundstücke, die die Gesellschaft nach der Entstehung der Steuer aus § 1 Abs. 3 Nr. 1 erworben hat, nicht nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG der Besteuerung.128 Die Auswechslung der Treuhänder unterfällt nach Ansicht des BFH nicht der Grunderwerbsteuer, soweit nicht alle (jetzt: mindestens 95 v. H. der Anteile) auf einen neuen Treuhänder übergehen. Dies gilt laut neuerer Auffassung des BFH sogar dann, wenn Anteile, die vorher von einem Treuhänder gehalten wurden, auf den Treugeber übergehen und dieser statt vorher nur mittelbar beteiligt, nunmehr teils unmittelbar und teils mittelbar beteiligt ist.129 Damit korrigierte der BFH – wohl unbemerkt – die Entscheidung des BFH vom 17.02.1982,130 die beim teilweisen Erwerb durch den Treugeber von bislang nur mittelbar über Treuhandverhältnisse gehaltenen Anteilen unter Auflösung eines der Treuhandverhältnisse von einer Grunderwerbsteuerpflicht ausging, wenn die Gesellschaft zwischen Vereinbarung des Treuhandverhältnisses und Erfüllung des Herausgabeanspruchs aus § 667 BGB Grundstücke erworben hatte.131 Die Einmanngründung einer GmbH unterfällt nicht dem Tatbestand des § 1 Abs. 3 GrEStG, weil diesbezüglich kein rechtsgeschäftlicher, sondern ein originärer Erwerb und damit kein Rechtsträgerwechsel stattfindet.132 Soweit bei Gründung der GmbH ein Grundstück eingebracht wird, resultiert die Steuer-

126

BFH, Urt. v. 28.06.1972 – II 77/64, BStBl. II 1972, S. 719 (720). BFH, Urt. v. 28.11.1979 – II R 117/78, BStBl. II 1980, S. 357 (358). 128 Siehe dazu ausführlich Kapitel 6 I. 129 BFH, Urt. v. 16.07.1997 – II R 8/95, BFH/NV 1998, S. 81 (82). 130 II R 25/81, BStBl. II 1982, S. 336. 131 Ebenso Hofmann, GrEStG, § 1 Rn. 155. 132 BFH, Urt. v. 16.12.1953 – II 138/53 U, BFHE 58, S. 315 (317); Urt. v. 23.03. 1955 – II 228/54 U, BStBl. III 1960, S. 397 (398); Urt. v. 19.12.1956 – II 35/56 U, BFHE 64, S. 284 (286). 127

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Kap. 6: Steuerbarer Erwerbsvorgang

pflicht schon aus § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG. Wegen des Herausgabeanspruchs des Auftraggebers fällt gleichzeitig Steuer aus § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG an.133

V. Anteilsvereinigung durch Nießbrauch an Anteilen? Wie bereits gezeigt, kann ein Gesellschaftsanteil auch mit einem Nießbrauch für Dritte belastet werden.134 Jedoch ist bei mittelbarer Unternehmensbeteiligung über einen Nießbrauch an Anteilen – im Gegensatz zur Treuhand – keine Anteilsvereinigung im Wege mittelbarer Beteiligung möglich, weil zum einen der Nießbrauchsbesteller Anteilsinhaber bleibt und der Nießbraucher nur berechtigt ist, die Nutzungen aus der Mitgliedschaft zu ziehen, nicht aber Mitglied der Gesellschaft wird.135 Auch die Verwaltungsrechte verbleiben nach herrschender Meinung im Außenverhältnis beim Anteilsinhaber; im Verhältnis zwischen Nießbraucher und Besteller ist es umstritten, ob und welche Verwaltungsrechte dem Nießbraucher zur Ausübung für den Gesellschafter überlassen werden müssen. Zum anderen erwirbt der Nießbraucher als solcher keinen Anspruch auf Übertragung des Gesellschaftsanteils. Daher ist der Anteil dem Nießbraucher auch nicht wie bei der Vollrechtstreuhand nach § 1 Abs. 3 GrEStG zuzuordnen.

VI. Verhältnis zu Vorgängen des § 1 Abs. 2a GrEStG Oberflächlich betrachtet, ist das Konkurrenzverhältnis zwischen § 1 Abs. 2a GrEStG und § 1 Abs. 3 GrEStG geklärt: § 1 Abs. 3 S. 1 GrEStG bestimmt, dass die Vorschrift des § 1 Abs. 3 GrEStG nur dann eingreift, wenn eine Besteuerung nach § 1 Abs. 2a GrEStG nicht in Betracht kommt. § 1 Abs. 3 GrEStG ist somit subsidiär zu § 1 Abs. 2a GrEStG.136 Dies bedeutet aber nicht, dass in allen Fällen, in denen keine Besteuerung nach § 1 Abs. 2 a GrEStG stattfindet, der Anwendungsbereich des § 1 Abs. 3 GrEStG eröffnet sei. Vielmehr gilt dies nur, wenn die Tatbestandsvoraussetzungen des § 1 Abs. 2a GrEStG nicht gegeben sind. Folgt die Nichtbesteuerung dagegen aus Befreiungsvorschriften wie § 1 Abs. 2a S. 3 GrEStG oder anderen Befreiungsvorschriften (z. B. §§ 5, 6 GrEStG), ist § 1 Abs. 3 GrEStG unanwendbar, da grundsätzlich eine Steuerbarkeit nach § 1 Abs. 2a GrEStG gegeben gewesen wäre.137

133

Pahlke, in: Pahlke/Franz, GrEStG, § 1 Rn. 363. Siehe ausführlich Kapitel 3 II. 2. c) aa) (7). 135 K. Schmidt, in: MünchKomm-HGB, Vor § 230 Rn. 18 f. 136 Heine, GmbHR 2006, 351; Gottwald, Grunderwerbsteuer, S. 88. 137 Koordinierter Ländererlass zu § 1 Abs. 2a GrEStG v. 26.03.2003, DStR 2003, S. 980, Tz. 8; Schwerin, RNotZ 2003, S. 479 (489); Teiche, UVR 2003, S. 258 (263). 134

VI. Verhältnis zu Vorgängen des § 1 Abs. 2a GrEStG

233

Um die Problematik der Konkurrenz beider Vorschrift deutlich zu machen, ist zunächst in der gebotenen Kürze auf die Tatbestandsmerkmale und den Normzweck des § 1 Abs. 2a GrEStG einzugehen. § 1 Abs. 2a GrEStG ist wie § 1 Abs. 3 GrEStG ein Ergänzungstatbestand. Statt eines Anteilserwerbs durch den Gesellschafter bei Vereinigung der Anteile fingiert § 1 Abs. 2 a GrEStG jedoch den Erwerb eines Grundstücks durch eine „andere“ Personengesellschaft, wenn mindestens 95 v. H. der Anteile am Gesellschaftsvermögen auf neue Gesellschafter übergehen. Erforderlich ist, dass der Übergang auf die Neugesellschafter innerhalb von fünf Jahren erfolgt; spätere Übergänge sind nicht mehr tatbestandsmäßig, so dass dann § 1 Abs. 3 GrEStG wieder Anwendung finden kann.138 Da eine unmittelbare Anteilsvereinigung bei Personengesellschaften aufgrund der gesamthänderischen Mitberechtigung auch kapitalmäßig nicht beteiligter Gesellschafter nach herrschender Meinung nicht möglich ist,139 beschränken sich die Kollisionsmöglichkeiten auf die Fälle der mittelbaren Anteilsvereinigung. Dazu folgendes Beispiel 24: A und B sind als Kommanditisten zu jeweils 50% am Gesellschaftsvermögen der AB-GmbH & Co. KG beteiligt. Ferner sind sie zu jeweils 50% am Stammkapital der Komplementärgesellschaft beteiligt, welche an der AB-GmbH & Co. KG nicht vermögensmäßig beteiligt ist. Nunmehr entschließen sich A und B, ihre Beteiligungen an C zu übertragen.

Im Hinblick auf § 1 Abs. 3 GrEStG wäre das Ergebnis ohne Anwendung der Subsidiaritätsklausel eindeutig: Durch den Erwerb aller Kommanditanteile sowie aller Anteile an der Komplementärgesellschaft ist C mittelbar zu mindestens 95 v. H. an der AB-GmbH & Co. KG beteiligt. Somit wäre der Erwerb durch C nach § 1 Abs. 3 GrEStG steuerbar. Jedoch stellt sich die Frage, ob hier nicht auch § 1 Abs. 2a GrEStG eingreifen könnte. Da mehr als 95 v. H. des Gesellschaftsvermögens allein schon durch den Erwerb der Kommanditbeteiligungen vereinigt wurden, sind Vermögensanteile im gesetzlich erforderlichen Umfang auf den Neugesellschafter C übergegangen. Ob der Übergang auf einen Neugesellschafter aber für § 1 Abs. 2a GrEStG ausreicht, ist umstritten. Die wohl herrschende Meinung ist der Ansicht, dass der Erwerb durch einen Neugesellschafter bei mittelbarer Beteiligung ausreichend ist, da dies sprachlogisch vom Wortlaut des § 1 Abs. 2a GrEStG gedeckt sei. Der Begriff „neue Gesellschafter“ sei gattungsmäßig zu verstehen, da auch der Übergang auf einen neuen Gesellschafter einen wesent138

Ausführlich Häck, ZMR 2006, S. 573 ff.; Gottwald, Grunderwerbsteuer, S. 53 ff. Zur hier vertretenen a. A. aufgrund von den dispositiven Normen abweichenden Stimmverteilungen siehe oben Kapitel 5 III. 139

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Kap. 6: Steuerbarer Erwerbsvorgang

lichen Wechsel im Gesellschafterbestand darstellen würde. Fischer regt demnach eine Präzisierung des Gesetzeswortlauts dergestalt an, dass mindestens 95 v. H. des Gesellschaftsvermögens auf mindestens einen neuen Gesellschafter übergehen müssen.140 Nach Ansicht von Starke/Bücker141 müssen dagegen mindestens zwei neue Gesellschafter an der Personengesellschaft beteiligt sein. Dies lesen die Autoren aus der Gesetzesbegründung zu § 1 Abs. 2a GrEStG und zu § 13 Nr. 6 GrEStG heraus. Bei letzterer ist explizit von der neuen Personengesellschaft durch neue Gesellschafter die Rede.142 Ferner argumentieren sie, dass bei einem späteren Austritt der Komplementär-GmbH aus der KG und der darauf folgenden Anwachsung auf den Alleingesellschafter dieser Vorgang nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 GrEStG besteuert werden würde, was bei vorheriger Besteuerung nach § 1 Abs. 2a GrEStG wegen § 6 Abs. 4 GrEStG zur Doppelbesteuerung führen würde. Dagegen fände bei einer Besteuerung nach § 1 Abs. 3 GrEStG die Anrechnungsvorschrift des § 1 Abs. 6 GrEStG Anwendung, so dass eine doppelte Belastung vermieden werden könnte.143 Den Autoren ist darin zuzustimmen, dass die „Erstreckung“ des § 1 Abs. 2a GrEStG auf den mittelbaren Erwerb durch einen Gesellschafter dazu führt, dass bei späterer Liquidation der Komplementär-GmbH innerhalb von fünf Jahren wegen § 6 Abs. 4 GrEStG nicht die Steuerbefreiung des § 6 Abs. 2 GrEStG in Anspruch genommen werden kann. Ihnen ist daher zugute zu halten, einen handwerklichen Fehler der Gesetzesfassung aufgedeckt zu haben. Dennoch scheint diese Auslegung zu sehr vom Ergebnis her gedacht. § 1 Abs. 2a GrEStG erblickt im nahezu vollständigen Austausch der Gesellschafter einer Personengesellschaft den Übergang eines Grundstücks auf eine neue Gesellschaft. Es ist nicht recht erkennbar, warum hierbei danach differenziert werden soll, ob der Übergang an mehrere mittelbar Beteiligte oder nur einen mittelbar Beteiligten stattfindet.144 Denn nach dem Normzweck liegt auch hier eine neue Gesellschaft durch Auswechslung des wesentlichen Gesellschafterbestands vor. Auch wird meines Erachtens der Wortlaut des Gesetzes mit dieser Auslegung nicht überdehnt. Die Autoren erheben mit dieser Auslegung fiktive spätere Geschehensabläufe zum Auslegungskriterium für § 1 Abs. 2a GrEStG, ohne zu berücksichtigen, dass auch – beispielsweise bei konzerninternen Übertragungen145 – aufgrund schlechter Übertragungsplanungen wirtschaftlich nicht ge-

140 Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 822b; auch Heine, GmbHR 2006, S. 350 (352) erachtet den Übergang auf einen Neugesellschafter als ausreichend. 141 Starke/Bücker, GmbHR 2006, S. 416 (417 f.). 142 BT-Drucks. 13/6151, S. 16 f. 143 Starke/Bücker, GmbHR 2006, S. 416 (418). 144 Ähnlich Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 822b. 145 Siehe Kapitel 6 III.

VI. Verhältnis zu Vorgängen des § 1 Abs. 2a GrEStG

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rechtfertigte Doppelbesteuerungseffekte durch Zuordnungsveränderungen eintreten können. Eine weitere Konkurrenzproblematik ergibt sich, wenn innerhalb von Beteiligungsketten Personengesellschaften zwischengeschaltet sind. Dazu folgendes Beispiel: Beispiel 25: Die A-AG ist zu 100% an der A1-GmbH beteiligt. Diese hält wiederum 100% der Kommanditanteile an der A-Holding GmbH & Co. KG sowie 100% der zugehörigen, vermögensmäßig nicht beteiligten Komplementär-GmbH. Die Personengesellschaft hält wiederum 100% an der A2-GmbH, die wiederum 100% der grundbesitzenden A3-GmbH. Die A-AG überträgt nunmehr ihre Beteiligung an der A1-GmbH auf die B-AG.146

Nach Ansicht der Finanzverwaltung soll hier ein mittelbarer Übergang auf neue Gesellschafter nach § 1 Abs. 2a GrEStG gegeben sein. Denn die Gesellschafter der A-Holding GmbH & Co. KG wurden mittelbar ausgetauscht, da nunmehr die B-AG Alleingesellschafterin der A1-GmbH ist, welche wiederum Alleingesellschafterin der A-Holding GmbH & Co. KG ist. Insoweit ergeben sich auch keine Besonderheiten. Die Besonderheit der Ansicht der Finanzverwaltung besteht nunmehr darin, das Grundstück der A3-GmbH der Holding für Zwecke des § 1 Abs. 2a GrEStG mittels § 1 Abs. 3 GrEStG zuzurechnen und somit die Steuerbarkeit des Vorgangs zu bejahen.147 Steuerschuldner wäre die A-Holding GmbH & Co. KG nach § 13 Nr. 6 GrEStG. Sicherlich ist es unstrittig, dass das Grundstück der A3-GmbH der Holding für Zwecke des § 1 Abs. 3 GrEStG zuzurechnen wäre, sei es darüber, dass § 1 Abs. 3 GrEStG als Zuordnungskriterium das Grundstück als der Holding „gehörend“ betrachtet, oder dass die Zurechnung über das Tatbestandsmerkmal der mittelbaren Beteiligung an der grundbesitzenden Gesellschaft erfolgt. Fraglich ist aber, ob § 1 Abs. 3 GrEStG als Zuordnungskriterium für § 1 Abs. 2a GrEStG gelten kann. Heine ist der Ansicht, dass die spezifisch grunderwerbsteuerrechtliche Zurechnung nach § 1 Abs. 3 GrEStG nicht auf § 1 Abs. 2a GrEStG angewandt werden kann. Er verweist zum einen auf das Subsidiaritätsverhältnis zu § 1 Abs. 2a GrEStG, welches den Anwendungsbereich des § 1 Abs. 3 GrEStG komplett verdränge. Zudem seien aufgrund der Unvereinbarkeit beider Anteilsbegriffe – Gesellschaftsanteil einerseits und Vermögensanteil andererseits – beide Zurechnungsnormen nicht miteinander in Einklang zu bringen. Dies führe nämlich auch zu einem Auseinanderfallen von Erwerber und Steuerschuldner,

146 147

Beispiel nach Heine, GmbHR 2006, S. 350 (353, Beispiel 5). Koordinierter Ländererlass v. 26.02.2003, DStR 2003, S. 980, Tz. 3.

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Kap. 6: Steuerbarer Erwerbsvorgang

da als Erwerber die B-AG, als Schuldner jedoch die A-Holding GmbH & Co. KG zu behandeln sei.148 Ein solches Auseinanderfallen von Erwerber und Schuldner kann ich jedoch nicht erblicken. Nach der Konzeption des § 1 Abs. 2a GrEStG ist Erwerber die „neue“ Personengesellschaft, welche auch Steuerschuldner ist. Der Erwerb der B-AG, den Heine im Blick hat, findet nach § 1 Abs. 3 GrEStG statt, der aber ausdrücklich subsidiär ist. Auch im Hinblick auf den nach gesetzlicher Vorstellung personalistischen Charakter von Personengesellschaften erscheint die Annahme einer neuen Gesellschaft bei nahezu vollständigem Austausch der Gesellschafter nicht willkürlich, wenn man auch gerade in diesem Beispiel deutlich sehen kann, dass durch die Schaffung des „mittelbaren Gesellschafterwechsels“ der Tatbestand des § 1 Abs. 2a GrEStG eben nicht nur personalistische Strukturen erfassen will. Das gefundene Ergebnis erscheint mir aufgrund des zumindest faktischen Beherrschungsverhältnisses, das zwischen der B-AG und deren Untergesellschaften besteht, auch nicht befremdlich. Einzig bemerkenswert erscheint, dass im Falle des Nichteingreifens des § 1 Abs. 2a GrEStG eine Besteuerung nach § 1 Abs. 3 GrEStG bei der B-AG in Betracht kommt, wo nicht die A-Holding GmbH & Co. KG, sondern die B-AG als eigentliche Anteilserwerberin (neben der A-AG) Steuerschuldnerin nach § 13 Nr. 1 GrEStG wäre.

VII. Steuerbefreiungen nach §§ 3, 5, 6 GrEStG 1. Steuerbefreiungen nach § 3 Nr. 1 bis 8 GrEStG Die Anwendung von Befreiungsvorschriften ist im Rahmen des Anteilserwerbs nach § 1 Abs. 3 GrEStG grundsätzlich möglich. Auch wenn hier ein Grundstückserwerb zivilrechtlich nicht stattfindet, so gilt doch die Fiktion eines solchen über § 1 Abs. 3 GrEStG. Andernfalls würde dies den Anteilserwerber gegenüber dem Grunderwerber benachteiligen.149 Dabei zeigen sich jedoch deutliche Unterschiede im Hinblick auf den fiktiven Veräußerer: während bei der Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 und 2 GrEStG ein Erwerb von der Gesellschaft fingiert wird, findet in den Fällen des § 1 Abs. 3 Nr. 3 und 4 GrEStG ein fiktiver Erwerb vom vorherigen zu mindestens 95 v. H. beteiligten Gesellschafter statt.150 Dies hat zur Folge, dass die Befreiungsvorschrift des § 3 Nr. 1 GrEStG uneingeschränkt Anwendung findet, wenn die Bemessungsgrundlage (hier § 8 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 GrEStG) 2500 Euro nicht übersteigt. Befrei-

148

Heine, GmbHR 2006, S. 350 (353 f.). BFH, Urt. v. 31.03.1982 – II R 92/81, BStBl. II 1982, S. 424 (425); Urt. v. 08.06.1988 – II R 143/86, BStBl. II 1988, S. 785; Weilbach, GrEStG, § 1 Rn. 93c. 150 Siehe Kapitel 2 II. 2. b) aa). 149

VII. Steuerbefreiungen nach §§ 3, 5, 6 GrEStG

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ungsvorschriften nach § 3 Nr. 2 bis 8 GrEStG sind dagegen nur im Falle der Anteilsübertragung nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 und 4 GrEStG anwendbar, da nur hier ein Erwerb von einer anderen Person als der Gesellschaft in Betracht kommt.151 Überträgt daher ein Elternteil seine zu mindestens 95 v. H. vereinigten Anteile an eines seiner Kinder, so ist dieser Erwerb nach § 3 Nr. 6 GrEStG steuerbefreit. Dasselbe gilt im Falle des § 3 Nr. 4 GrEStG beim Erwerb durch den Ehegatten des Veräußerers.152 Auf die Geltung des § 3 Nr. 8 GrEStG bei Treuhandverhältnissen an Anteilen wurde bereits hingewiesen.153 Unverständlicherweise hält Weilbach § 3 Nr. 2 GrEStG im Falle des § 1 Abs. 3 Nr. 3 und 4 GrEStG für unanwendbar.154 Auch wenn eine Anteilsschenkung keine Grundstücksschenkung ist, so gilt sie doch aufgrund des fiktiven Grunderwerbs vom bisherigen Anteilsinhaber als solche. Deshalb muss, wenn man § 3 GrEStG schon analog auf § 1 Abs. 3 GrEStG anwendet, auch § 3 Nr. 2 GrEStG Anwendung finden. Anders hätte dies eine vollständige Doppelbelastung mit Erbschafts- bzw. Schenkungssteuer und Grunderwerbsteuer zur Folge, was von § 3 Nr. 2 GrEStG ja gerade verhindert werden soll.155 Würden dagegen die Befreiungsvorschriften auch bei der Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 und 2 GrEStG angewandt, hätte dies die kuriose Konsequenz, dass der Erwerb eventuell eines einzigen Anteils von einem Verwandten, der zum Erreichen der relevanten Beteiligungshöhe führt, zur vollständigen Steuerfreiheit des fingierten Grunderwerbs führen würde. Diese ursprünglich tatsächlich vom RFH vertretene Rechtsauffassung156 hat dieser im Urteil vom 14.04.1931157 wieder aufgegeben und die Steuerbefreiung nur anteilig gewährt, soweit die Anteile von einer Person erworben wurden, von der ein Grundstück nach dieser Befreiungsvorschrift steuerfrei hätte erworben werden können. Dagegen ist die neuere Rechtsprechung des BFH der Ansicht, dass der Erwerb vollständig von der Gesellschaft stattfinde und somit die Befreiungsvorschriften des § 3 Nr. 2 bis 8 GrEStG gänzlich unanwendbar seien.158

151

Martin, BB 1980, S. 410 (411). Weilbach, GrEStG, § 1 Rn. 93c. 153 Siehe Kapitel 6 IV. 2. a). 154 Weilbach, GrEStG, § 1 Rn. 93c. 155 Explizit bei Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 91b; ebenfalls keine Einschränkung bei Hofmann, GrEStG, § 1 Rn. 175. 156 Urt. v. 02.08.1927 – II A 226/27, RStBl. 1927, S. 191. 157 II A 654/30, RStBl. 31, S. 479. 158 BFH, Urt. v. 31.03.1982 – II R 92/81, BStBl. II 1982, S. 424; Urt. v. 08.08. 1988 – II R 143/86, BStBl. II 1988, S. 785; ebenso Sack, in: Boruttau, GrEStG, § 3 Rn. 53; Hofmann, GrEStG, § 1 Rn. 175. 152

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Kap. 6: Steuerbarer Erwerbsvorgang

2. Steuerbefreiung nach § 6 Abs. 2 GrEStG § 6 Abs. 2 GrEStG kann im Falle des Austritts aller Kommanditisten einer grundbesitzenden GmbH & Co. KG analog zur Anwendung kommen, wenn der verbleibende Gesellschafter gleichzeitig Alleingesellschafter der KomplementärGmbH bleibt oder wird. Durch die Anwachsung der Kommanditanteile an den verbleibenden Gesellschafter und dessen Beteiligung an der KomplementärGmbH wird dieser nunmehr mittelbarer Alleingesellschafter der GmbH & Co. KG und erwirbt somit nach § 1 Abs. 3 GrEStG fiktiv das Grundstück von der Gesamthandsgemeinschaft. Daher hält es die Rechtsprechung wie auch die Literatur für gerechtfertigt, § 6 Abs. 2 GrEStG analog anzuwenden, da andernfalls die Anteilsvereinigung schlechter gestellt wäre als der tatsächliche Grunderwerb.159

VIII. Abermalige Anteilsvereinigung und § 1 Abs. 6 GrEStG Im Rahmen der Anteilsvereinigung und Anteilsübertragung bei konzerninternen Umstrukturierungen wurde seitens der Literatur des häufigeren die Frage aufgeworfen, ob zur Abmilderung der zwingenden Besteuerung von Anteilsverschiebungen im Konzern oder in Treuhandverhältnissen § 1 Abs. 6 GrEStG analog angewandt werden könne. Nach § 1 Abs. 6 GrEStG unterliegt ein von § 1 Abs. 1, 2 oder 3 GrEStG erfasster Grunderwerb auch dann der Steuer, wenn ihm ein anderer in diesen Absätzen bezeichneter Rechtsvorgang voraus gegangen ist. Jedoch wird die Steuer nur insoweit erhoben, als die Bemessungsgrundlage des späteren Rechtsvorgangs die für den vorherigen Erwerb angesetzte Bemessungsgrundlage übersteigt. Ohne dass dies im Wortlaut deutlich zum Ausdruck kommt, ist als ungeschriebene Tatbestandsvoraussetzungen weiterhin erforderlich, dass Erwerber und Grundstück identisch sind, da andernfalls kein steuerpflichtiger Rechtsvorgang dem nunmehr besteuerten vorausgegangen sein kann.160 Daraus folgt, dass eine Anwendung des § 1 Abs. 6 S. 2 GrEStG im Falle der „abermaligen Anteilsvereinigung“ nur analog erfolgen kann. Hier ist nämlich die „Erwerberidentität“ nur wirtschaftlicher Natur, da der Treugeber bzw. die Konzernmutter als Träger der Sachherrschaft identisch bleiben. Eine formelle Erwerberidentität ist dagegen ebenso wenig gegeben wie verschiedene aufeinan-

159 BFH, Beschl. v. 17.10.1973 – II B 38/73, BStBl. II 1974, S. 41 (42); Viskorf, in: Boruttau, GrEStG, § 6 Rn. 10, 17; Franz, in: Pahlke/Franz, GrEStG, § 6 Rn. 51. 160 Pahlke, in: Pahlke/Franz, GrEStG, § 1 Rn. 373 f.; Schiessl/Tschesche, BB 2003, S. 1867 (1868).

VIII. Abermalige Anteilsvereinigung und § 1 Abs. 6 GrEStG

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der folgende Erwerbstatbestände.161 Diese Rechtsträgeridentität bei mittelbarer Zuordnung rechtfertige, so Teile der Literatur, eine analoge Anwendung des § 1 Abs. 6 S. 2 GrEStG.162 Die Billigkeitsentscheidung der Finanzverwaltung, beim Erwerb des Grundstücks durch den Alleingesellschafter der Muttergesellschaft von der Tochtergesellschaft eine Steueranrechnung analog § 1 Abs. 6 S. 2 GrEStG zu gewähren,163 rechtfertige die Ausdehnung des § 1 Abs. 6 S. 2 GrEStG im Wege der Analogie auch auf die Fälle der Umstrukturierungen im Konzern. Demgegenüber haben Rechtsprechung und Teile der Literatur die analoge Anwendung des § 1 Abs. 6 S. 2 GrEStG abgelehnt. Es sei davon auszugehen, dass der Gesetzgeber bewusst davon abgesehen hat, die Anrechung einer einem Dritten – nämlich der anderen Tochtergesellschaft – auferlegten Steuer zuzulassen. Somit bestehe keine Regelungslücke.164 Diese Rechtsprechung erscheint mir – obschon unter dem Gesichtspunkt der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit kritikwürdig – folgerichtig, da in diesem Fall eine „doppelte Analogie“ vorgenommen werden müsste, also sowohl die formale Identität der Erwerber als auch die Nichtidentität der Erwerbsformen überwunden werden müsste. Aufgrund des durch § 1 Abs. 6 GrEStG verdeutlichten Prinzips der Mehrfachzuordnung sowie der Ausgestaltung von § 1 Abs. 6 S. 2 GrEStG als Ausnahmevorschrift ist davon auszugehen, dass die Besteuerung von konzerninternen Umstrukturierungen nicht auf einer planwidrigen Regelungslücke beruht, sondern auf systemimmanenten Prinzipien des Grunderwerbsteuerrechts. Insbesondere ist hervorzuheben, dass Konzerngesellschaften als solche keine identischen Zuordnungsträger sind. Aus diesem Grund ist die analoge Anwendung des § 1 Abs. 6 S. 2 GrEStG abzulehnen, auch wenn hierdurch dem Gedanken der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit Rechnung getragen werden könnte. Es bleibt somit nur zu hoffen, dass sich der Gesetzgeber künftig in der Lage finden wird, eine konzerninterne Umstrukturierungen freistellende Norm in das Grunderwerbsteuerrecht zu integrieren.

161 BFH, Urt. v. 05.11.2002 – II R 23/00, BFH/NV 2003, S. 505 (508); Urt. v. 15.01.2003 – II R 50/00, DStRE 2003, S. 497 (438); FG Hamburg, Urt. v. 28.02.2000 – I 10/99, EFG 2000, S. 696 (698); Verweyen, Grunderwerbsteuer bei konzerninternen Umstrukturierungen, S. 69; Götz, GmbHR 2001, S. 277 (280). 162 Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 975; Eder, DStR 1994, S. 735 (739); Wienands, DB 1997, S. 1362 (1364). 163 Koordinierter Ländererlass v. 02.12.1999, DStR 1999, S. 2075 Rn. 5. 164 BFH, Urt. v. 05.11.2002 – II R 23/00, BFH/NV 2003, S. 505 (508); Urt. v. 15.01.2003 – II R 50/00, DStRE 2003, S. 497 (438); FG Hamburg, Urt. v. 28.02.2000 – I 10/99, EFG 2000, S. 696 (698); Verweyen, Grunderwerbsteuer bei konzerninternen Umstrukturierungen, S. 69; Hofmann, § 1 Rn. 178.

Kapitel 7

Grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft Das Steuerrecht kennt kein allgemeines Rechtsinstitut der Organschaft.1 Stattdessen normieren Einzelsteuergesetze, soweit sie eine Organschaft anerkennen, die Voraussetzungen derselben. Die grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft stellt einen weiteren Unterfall der Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 GrEStG dar. Sie ist nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG gegeben, wenn die Anteile der grundbesitzenden Gesellschaft nach Vollzug des zugehörigen Rechtsgeschäfts „in der Hand von herrschenden und abhängigen Unternehmen oder abhängigen Personen oder in der Hand von abhängigen Unternehmen oder abhängigen Personen allein vereinigt werden würden.“ Wann ein Unternehmen als herrschend bzw. abhängig zu bewerten ist, bestimmt sich nach § 1 Abs. 4 Nr. 2 lit. b) GrEStG. Dadurch wird die Steuerbarkeit von Anteilsverschiebungen im Konzern erweitert.2 Ursprünglich beruhte das auf die Rechtsprechung des Preußischen Oberverwaltungsgerichts zurückgehende und durch den Reichsfinanzhof ausgebaute Rechtsinstitut der Organschaft auf dem aus dieser Rechtsprechung kautelarjuristisch entwickelten Organschaftsvertrag; gesetzliche Regelungen verbundener Unternehmen existierten zunächst nicht. Somit war die Organschaft ursprünglich eine rein gesellschaftsrechtliche Gestaltungsvariante zur einheitlichen steuerlichen Behandlung von Konzernunternehmen.3 Das Aktiengesetz 1937 sah nur einzelne Regelungen zu organschaftlichen Unternehmensverbindungen vor, überlies aber den Organschaftsvertrag ansonsten der Rechtspraxis.4 Erst der Gesetzgeber des Aktiengesetzes 1965 hat diesen Vertrag „gespalten“ und die voneinander abzugrenzenden Typen des Beherrschungs- bzw. Gewinnabführungsvertrags kreiert.5 Somit stellt sich auch hier wiederum die Frage nach dem Verhältnis von Zivilrecht (hier vor allem Gesellschaftsrecht) und Steuerrecht.6 1 Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 958; Herzig, in: Herzig, Organschaft, S. 5 u. 35. 2 BFH, Urt. v. 30.03.1988 – II R 81/85, BStBl. II 88, S. 682; Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 958. 3 Altmeppen, in: MünchKomm-AktG, Einl. §§ 291 ff., Rn. 10; Flume, DB 1956, S. 455. 4 Altmeppen, in: MünchKomm-AktG, Einl. §§ 291 ff., Rn. 14. 5 Priester, in: Herzig, Organschaft, S. 39 unter Verweis auf Altmeppen, MünchKomm-AktG, Einl. §§ 291 ff. Rn. 10 ff. 6 Dazu ausführlich Kapitel 2 V. 2.

I. Gesellschaftsrechtliche Konzernbildung

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Um einen möglichst umfassenden Blick auf die grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft zu ermöglichen, ist es erforderlich, zunächst die gesellschaftsrechtlichen Grundlagen derselben zu betrachten. Dieser Abschnitt dient damit nur der Verdeutlichung der gesellschaftsrechtlichen Voraussetzungen von Abhängigkeitsverhältnissen zwischen Unternehmen, um daraus eventuellen Rückschlüsse auf die grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft ziehen zu können; eine umfassende Auseinandersetzung mit konzernrechtlichen Fragestellungen kann hierbei naturgemäß nicht geleistet werden.

I. Gesellschaftsrechtliche Konzernbildung Der Konzern wird heute als die wichtigste Organisationsform für große und mittlere Unternehmen bezeichnet.7 Sie koordinieren bei bestehen bleibender oder erst begründeter rechtlicher Selbständigkeit der einzelnen Konzerngesellschaften ihre Aktivitäten im Hinblick auf Produktion, Handel und Absatz, um Synergieeffekte zu erzielen.8 Aufgrund der durch die rechtliche Selbständigkeit bestehenden Flexibilität bei Umstrukturierungen sowie der Möglichkeit, Firma und Geschäftswert bei gleichzeitiger einheitlicher Leitung beibehalten zu können, erscheint offenbar die Alternative der „großen Einheitsgesellschaft“ mit rechtlich unselbständigen Sparten nachteilig.9 Diesen Präferenzen der Wirtschaft hat das Umwandlungsrecht durch die Möglichkeit Rechnung getragen, eine Ausgliederung nach § 123 Abs. 3 UmwG vorzunehmen, um im Wege partieller Gesamtrechtsnachfolge gegen Gewährung von Anteilen der nunmehr entstehenden Tochtergesellschaft Teile des Gesellschaftsvermögens auf einen selbständigen Rechtsträger übertragen zu können.10 1. Allgemeines Wenngleich die Möglichkeit, nicht nur Aktienkonzerne, sondern auch Personengesellschaftskonzerne sowie GmbH-Konzerne zu bilden, mittlerweile allgemein anerkannt ist,11 fehlt es nach wie vor an einer allgemeinen gesetzlichen Regelung des Konzernrechts. Stattdessen wurden bislang nur in das Aktienrecht (§§ 15–19, 291 ff. AktG) sowie in das Handelsgesetzbuch (Konzernrechnungslegung, §§ 290 ff. HGB) explizit konzernrechtliche Regelungen aufgenommen. 7 Altmeppen, in: MünchKomm-AktG, Einl. §§ 291 ff., Rn. 20; U. H. Schneider, in: Mestmäcker/Behrens, Gesellschaftsrecht der Konzerne, S. 563 (568). 8 Näher Altmeppen, in: MünchKomm-AktG, Einl. §§ 291 ff., Rn. 21 f.; Scheffler, AG 1990, S. 173 (174). 9 Altmeppen, in: MünchKomm-AktG, Einl. §§ 291 ff., Rn. 22. 10 Stratz, in: Schmitt/Hörtnagl/Stratz, UmwG, § 1 Rn. 18; Hörtnagl, in: Schmitt/ Hörtnagl/Stratz, UmwG, § 123 Rn. 11. 11 Vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 17 I 1. a) (S. 487).

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Kap. 7: Grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft

Dementsprechend kreist die Diskussion bei Nicht-Aktienkonzernen im Wesentlichen darum, ob konzernrechtliche Problematiken in analoger Anwendung der aktienrechtlichen Vorschriften gelöst werden sollen, oder ob nicht vielmehr die jeweiligen Probleme mit den allgemeinen zu diesen Gesellschaften ergangenen Vorschriften, d. h. dem GmbH-Gesetz sowie dem Personengesellschaftsrecht (§§ 705 ff. BGB, 105 ff. HGB), gelöst werden sollen. Dabei ist generell folgende Unterscheidung zu treffen: Während die Anwendung der Vorschriften über Unternehmensverträge umstritten ist, werden die Vorschriften über verbundene Unternehmen (§§ 15–19 AktG) als eine Art „allgemeines Konzernrecht“ üblicherweise rechtsformübergreifend angewandt, da sie in rechtsformneutraler Fassung unternehmerische Verbindungen beschreiben und definieren.12 Zentraler Ausgangspunkt des Konzernrechts ist die Frage, ob die „herrschende Person“ ein Unternehmer ist oder nicht. Daher ist vorab zu klären, was das Konzernrecht unter einem Unternehmer versteht. Dies ist auch für die grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft von Bedeutung, da auch bei einer solchen ein herrschendes Unternehmen an der Spitze stehen muss. Als Folgeproblem tritt auf, ob der konzernrechtliche und der grunderwerbsteuerrechtliche Unternehmensbegriff gleiche oder unterschiedliche Bedeutung haben.13 Die vordringlichste Frage ist daher, wann ein Gesellschafter Unternehmensqualität hat. Ein einheitlicher rechtlicher Begriff des Unternehmens existiert nicht; vielmehr ist dieser teleologisch aus dem jeweiligen Normkomplex heraus zu ermitteln.14 Ausgehend vom ursprünglich angenommenen Zweck des Konzernrechts, die Autonomie von Gesellschaften sowie deren „außenstehenden“ Gesellschaftern und Gläubigern vor anderen Gesellschaftern mit beherrschendem Einfluss zu schützen, wurde seitens der Rechtsprechung und Literatur eine einheitliche Definition entwickelt. Nach dieser liegt ein Unternehmen im konzernrechtlichen Sinn vor, wenn der Gesellschafter außerhalb der Gesellschaft ebenfalls unternehmerische Interessen im Sinne einer anderweitigen wirtschaftlichen Interessenbindung verfolgt.15 Hierdurch kommt es unter Umständen zum so genannten „unternehmerischen Interessenkonflikt“: durch die Interessenbindung außerhalb der Gesellschaft bestehe die Gefahr, dass der Gesellschafter um 12 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 17 II 2. a) (S. 495); Zöllner, in: Baumbach/ Hueck, GmbHG, SchlAnhKonzernR, Rn. 5. 13 Siehe dazu Kapitel 7 IV. 1. 14 Mülbert, ZHR 163 (1999), S. 1; Emmerich/Habersack, Konzernrecht, S. 23; Bayer, in: MünchKomm-AktG, § 15 Rn. 9 m. w. N.; K. Schmidt, Handelsrecht, § 4 I 1. a) (S. 63 ff.). 15 BGH, Urt. v. 13.10.1977 – II ZR 123/76, BGHZ 69, S. 334 (337) – „VEBA/ Gelsenberg“; Urt. v. 16.09.1985 – II ZR 275/84, BGHZ 95, S. 330 (337) – „Autokran“; Urt. v. 18.06.2001 – II ZR 212/99, BGHZ 148, S. 123 (125 ff.) – „MLP“; st. Rspr.; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 15 Rn. 10; wohl auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 31 II. 1. a) (S. 937); Hüffer, AktG, § 15 Rn. 8 f.

I. Gesellschaftsrechtliche Konzernbildung

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ihretwillen seinen Einfluss auf die Gesellschaft zu deren Nachteil geltend macht.16 Wann genau ein solcher Interessenkonflikt vorliegen kann, ist immer eine Frage des Einzelfalls. Für ausreichend werden insbesondere maßgebliche Beteiligungen an mindestens einer weiteren Gesellschaft oder eine weitere – auch freiberufliche – Tätigkeit außerhalb der Gesellschaft gehalten.17 Die für die grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft besonders relevante Holding, also die ihrerseits anteilsverwaltende Gesellschaft einer Person, gilt nach herrschender Meinung nur dann als Unternehmen, wenn diese entweder an mehreren Gesellschaften beteiligt ist und ihren Beteiligungsbesitz eigenständig verwaltet oder neben der Verwaltung der Beteiligungen selbst noch unternehmerische Initiative entfaltet.18 Maßgebliche Beteiligung für Unternehmensbegriff ist nach Meinung des BGH eine solche, die dem Gesellschafter die Möglichkeit eröffnet, tatsächlich leitend auf das andere Unternehmen einzuwirken. Davon wird bei Mehrheitsbeteiligungen ausgegangen, aber auch dann, wenn auch aus anderen Gründen eine derartige Einflussnahmemöglichkeit besteht (z. B. Stimmbindungsvertrag, traditionell niedrige Hauptversammlungspräsenz).19 Umstritten ist, ob ein als Unternehmer zu qualifizierender Gesellschafter einer Holding trotz Bündelung seiner Beteiligungen in derselben seine Unternehmereigenschaft bezüglich der von ihm abhängigen Gesellschaften behält, wenn die Holding die Beteiligungen tatsächlich selbst verwaltet.20 Die Verengung des Konzernrechts auf die Fälle, in denen ein Unternehmen die herrschende Stellung im Konzern einnimmt, ist in der Literatur teilweise kritisiert worden. Stattdessen wurde vorgeschlagen, ohne Rücksicht auf die Unternehmensqualität die Anwendung des Konzernrechts davon abhängig zu machen, ob ein Gesellschafter einen beherrschenden Einfluss auf das Unternehmen ausüben könne. In diesem Fall sei die Autonomie unabhängig von sonstiger unternehmerischer Betätigung des Gesellschafters gefährdet.21 Auch wenn diese 16 BGH, Urt. v. 13.10.1977 – II ZR 123/76, BGHZ 69, S. 334 (337) – „VEBA/ Gelsenberg“; BGH, Urt. v. 05.02.1979 – II ZR 210/76, NJW 1980,S. 231 – „GervaisDanone“; Urt. v. 29.03.1992 – II ZR 265/91, BGHZ 122, S. 123 (126) – „TBB“; Zeidler, in: Michalski, GmbHG, Syst. Darst. 4 (Konzernrecht), Rn. 18; K. Schmidt, LutterFS, S. 1167 (1179 ff.). 17 Emmerich/Habersack, Konzernrecht, S. 24 f. 18 BGH, Urt. v. 13.12.1993, – II ZR 89/93, NJW 1994, S. 446; Urt. v. 22.04.1991 – II ZR 231/90, BGHZ 114, S. 203 (210 f.); Emmerich/Habersack, Konzernrecht, S. 26 f.; Mülbert, in: MünchKomm-HGB, KonzernR, Rn. 43. 19 BGH, Beschl. v. 17.03.1997 – II ZB 3/96, NJW 1997, S. 1855 (1856 f.) – „VW“; BGH, Urt. v. 18.06.2001 – II ZR 212/99, BGHZ 148, S. 123 (125 ff.) – „MLP“; Emmerich/Habersack, Konzernrecht, S. 25; Bayer, ZGR 2002, S. 933 (939). 20 Dazu Assmann, in: Lutter/Ulmer/Zöllner, 100 Jahre GmbHG, S. 657 (711 ff.); Emmerich/Habersack, Konzernrecht, S. 26 f.; Mülbert, MünchKomm-HGB, KonzernR, Rn. 43. 21 Darstellung der Problematik bei K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 17 II 3. b) (S. 497); Emmerich/Habersack, Konzernrecht, S. 23; Mülbert, ZHR 163 (1999), S. 1 ff.

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Kap. 7: Grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft

Fragen für Zwecke des Konzernrechts durch den teleologischen Unternehmensbegriff überholt scheinen,22 werden sie insbesondere im Falle der grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft noch eine Rolle spielen, wo es im Hinblick auf deren Teleologie tatsächlich fraglich ist, ob diese auf das Vorhandensein eines „herrschenden Unternehmens“ beschränkt sein sollte und wie der Begriff des Unternehmens zu definieren ist.23

2. Überblick über das Aktienkonzernrecht Nachdem die deutsche Gesetzgebung das Konzernrecht im Aktiengesetz normiert, muss der Einstieg in die Betrachtung des Konzernrechts auch über das Konzernrecht der Aktiengesellschaft vorgenommen werden. Erst im Anschluss daran ist festzustellen, inwieweit diese aktienrechtlichen Regelungen auf andere Rechtsformen verallgemeinerungsfähig sind. a) Verbundene Unternehmen Im Folgenden soll ein kurzer Blick auf die Tatbestandsvoraussetzungen der verbundenen Unternehmen nach §§ 15–19 AktG vorgenommen werden. Das Grunderwerbsteuerrecht scheint keinerlei Rechtsfolgen an den Mehrheitsbesitz bzw. die Mehrheitsbeteiligung zu knüpfen. Dasselbe gilt für wechselseitige Beteiligungen. Daher wird der Schwerpunkt auf die Vorschriften der §§ 17, 18 AktG gelegt, in welchen Abhängigkeit und Konzernverbundenheit ohne Anknüpfung an starre Beteiligungshöhen die Problematik der Unternehmensverbundenheit aufnehmen. Die Mehrheitsbeteiligung (§ 16 AktG) sowie die wechselseitige Verbundenheit von Unternehmen (§ 19 AktG) sollen hingegen vernachlässigt werden. aa) Abhängige und herrschende Unternehmen Der Begriff der herrschenden und abhängigen Unternehmen ist in § 17 Abs. 1 AktG definiert. Danach ist ein rechtlich selbständiges Unternehmen abhängig, auf das ein anderes (herrschendes) Unternehmen unmittelbar oder mittelbar einen beherrschenden Einfluss ausüben kann. Dabei begründet § 17 Abs. 2 AktG die Vermutung, dass ein nach § 16 AktG in Mehrheitsbesitz stehendes Unternehmen von dem an ihm mit Mehrheit beteiligten Unternehmen abhängig ist. Festzuhalten ist, dass die Abhängigkeit eine gesellschaftsrechtliche Grundlage

22 Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 15 Rn. 8. 23 Siehe Kapitel 7 IV. 1.

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haben muss.24 Jedoch ist es umstritten, ob auch im Falle einer Minderheitsbeteiligung durch eventuelle personelle Verflechtung oder besonders starke wirtschaftliche Abhängigkeit ein Abhängigkeitsverhältnis im Sinne des § 17 AktG begründet werden kann.25 Darüber hinaus besteht auch die Möglichkeit, über Beherrschungsverträge ein Abhängigkeitsverhältnis herzustellen,26 während ein bloßer Gewinnabführungsvertrag ohne gleichzeitig bestehendem Beherrschungsvertrag allenfalls als Indiz für eine Abhängigkeit gewertet werden kann.27 Erfasst ist auch die mittelbare Abhängigkeit, die beispielsweise dann vorliegt, wenn beteiligte Dritte ihre Beherrschungsmittel über die abhängige Gesellschaft nach Weisung des herrschenden Unternehmens ausüben müssen (z. B. Stimmbindungsvertrag, Treuhand)28 oder wenn die Anteile aufgrund des Mutter-Tochter-Verhältnisses der Mutter nach § 16 Abs. 4 AktG zugerechnet werden.29 bb) Konzerne Spricht man im Zusammenhang mit der steuerrechtlichen Organschaft von Konzernen, so steht meist der Vertragskonzern im Mittelpunkt, denn sowohl die körperschaftsteuer- als nunmehr auch die gewerbesteuerliche Organschaft (§ 14 Abs. 1 KStG, §§ 2 Abs. 2 S. 2 GewStG) bedingen den Abschluss eines Gewinnabführungsvertrags i. S. d. § 291 Abs. 1 AktG.30 Ob ein solcher bei der grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft auch vonnöten ist, wird an späterer Stelle dargestellt.31 Um jedoch die zur Bestimmung der Voraussetzungen einer grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft erforderlichen Verbindungen bestimmen zu können, muss vorab geklärt werden, wann ein Konzern aus gesellschaftsrechtlicher Sicht vorliegt. Die Definition eines Konzerns findet sich in § 18 AktG. Voraussetzung für das Vorliegen eines so genannten Unterordnungskonzerns ist, dass ein herrschendes und mindestens ein abhängiges Unternehmen unter einheitlicher Leitung des herrschenden Unternehmens zusammengefasst sind (§ 18 Abs. 1 S. 1 24 Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 3 Rn. 3 (S. 37 f.); wohl auch K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 31 II 3. b) (S. 942). 25 Bayer, in: MünchKomm-AktG, § 17 Rn. 31 ff. 26 Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 17 Rn. 22. 27 Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 17 Rn. 22a; unklar Hüffer, AktG, § 17 Rn. 12; dagegen Hüffer, AktG, § 291 Rn. 27: Gewinnabführungsvertrag als abhängigkeitsbegründendes Beherrschungsmittel; ein Abhängigkeitsverhältnis ablehnend Bayer, in: MünchKomm-AktG, § 17 Rn. 65. 28 Bayer, in: MünchKomm-AktG, § 17 Rn. 73 f. 29 Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 17 Rn. 40. 30 Priester, Gesellschaftsrechtliche Grundlagen, in: Herzig, Organschaft, S. 39. 31 Siehe Kapitel 7 IV. 2.

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Kap. 7: Grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft

AktG). § 18 Abs. 1 S. 2 AktG begründet die unwiderlegliche Vermutung, dass eingegliederte oder kraft Beherrschungsvertrag beherrschte Unternehmen unter einheitlicher Leitung zusammengefasst sind, wohingegen die Vermutung des Satzes 3, die Abhängigkeit eines Unternehmens führe zur Konzernbildung, widerleglich ist. § 18 Abs. 2 AktG definiert den so genannten Gleichordnungskonzern: Diesen bilden voneinander unabhängige Unternehmen, die unter einheitlicher Leitung zusammengefasst werden. Wann eine solche einheitliche Leitung vorliegt, ist wiederum umstritten; der Gesetzgeber hat auf eine solche Festlegung wegen der Vielfalt möglicher Konzerngestaltungen verzichtet.32 Die Rechtsprechung selbst hat sich, soweit ersichtlich, nicht auf eine Definition festgelegt, weil aufgrund der Vermutungen der §§ 18 Abs. 1 S. 2 und 3 AktG eine diesbezügliche Entscheidung meist entbehrlich ist.33 Im gesellschaftsrechtlichen Schrifttum findet sich die Unterscheidung zwischen einem engeren und einem weiteren Konzerbegriff.34 Der enge Konzernbegriff nähert sich der „einheitlichen Leitung“ von einem wirtschaftswissenschaftlichen Vorverständnis und subsumiert darunter den Fall, dass die Konzernspitze für fast alle zentralen unternehmerischen Bereiche eine einheitliche Planung aufstellt und diese bei den Konzernunternehmen ohne Rücksicht auf deren Selbständigkeit durchsetzt. Die Befürworter dieser Definition betonen insbesondere den Gleichlauf mit der Konzernrechnungslegung.35 Dagegen ist es nach Ansicht der Vertreter des weiten Konzernbegriffs ausreichend, dass die einheitliche Leitung wenigstens in einem zentralen Bereich der unternehmerischen Tätigkeit des Verbundes ausgeübt wird, soweit diese begrenzte Koordination Auswirkungen auf den Gesamtkonzern hat.36 Hinsichtlich der Herstellung einer einheitlichen Leitung wird eine Unterscheidung zwischen den so genannten Vertragskonzernen und den faktischen Konzernen vorgenommen.37 Bei den Vertragskonzernen wird die einheitliche Leitung durch einen Unternehmensvertrag, meist einen Beherrschungsvertrag, begründet. Diese Leitungsmacht ist gesetzlich anerkannt (§ 308 AktG).38 Unter einem faktischen Konzern ist eine Verbindung von Unternehmen unter einheitlicher 32 Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 18 Rn. 9. 33 Bayer, in: MünchKomm-AktG, § 18 Rn. 32; Hüffer, AktG, § 18 Rn. 8. 34 Überblick bei Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 18 Rn. 10 ff.; Bayer, in: MünchKomm-AktG, § 18 Rn. 28 ff. 35 Hüffer, AktG, § 18 Rn. 10; Krieger, in: Münch.Hdb. GesR IV, § 68 Rn. 67 ff.; Ulmer, in: Staub, GroßKomm-HGB, Anh. § 105 Rn. 32. 36 Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 18 Rn. 13 f., der die Bedeutung der einheitlichen Personalpolitik hervorhebt; Bayer, in: MünchKomm-AktG, § 18 Rn. 29; Semler, DB 1977, S. 805 (808). 37 K. Schmidt, § 17 III 1. a) (S. 499). 38 Zum Umfang dieser Leitungsmacht, insbesondere des Weisungsrechts, siehe Kapitel 7 I. 2. b) bb) (1).

I. Gesellschaftsrechtliche Konzernbildung

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Leitung zu verstehen, die gerade nicht auf einem Vertrag, sondern auf rein faktischer Grundlage beruht, beispielsweise aufgrund einer Mehrheitsbeteiligung, die zu einer faktischen, rechtlich nicht anerkannten Unterordnung des Vorstands und des Aufsichtsrats unter die Konzernspitze führt.39 Nach nunmehr herrschender Meinung ist ein faktischer Unterordnungskonzern als solcher nicht verboten; vielmehr geht der Streit darum, inwieweit die Konzernleitungsmacht rechtlich anerkannt wird.40 Dies wird jedoch im Hinblick auf die Bindung des Vorstands an das Eigeninteresse der Gesellschaft nach § 76 AktG überwiegend verneint; eine rechtlich anerkannt Weisungsbefugnis des herrschenden Unternehmens gegenüber dem abhängigen besteht somit nicht.41 Für den Fall des faktischen Konzerns treffen die §§ 311 ff. AktG zum Schutz der Gläubiger und Minderheitsgesellschafter Regelungen hinsichtlich des Nachteilsausgleichs und der Schranken solcher Unternehmensverbindungen. So ist die Veranlassung einer abhängigen Gesellschaft zur Vornahme nachteiliger Rechtsgeschäfte oder Vornahme oder Unterlassung von Maßnahmen zu deren Nachteil nur dann zulässig, wenn diese Nachteile ausgeglichen werden, § 311 Abs. 1 AktG. Unter einem Nachteil ist dabei jede Minderung oder konkrete Gefährdung der Vermögens- oder Ertragslage der Gesellschaft zu verstehen, soweit sie auf die Abhängigkeit zurückzuführen ist.42 Als Vergleichsmaßstab für das Vorliegen eines Nachteils wird das Verhalten eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters einer unabhängigen Gesellschaft herangezogen.43 Für eine nachteilige Einflussnahme kommen beispielsweise die Durchsetzung wirtschaftlich nachteiliger Umsatzgeschäfte, Maßnahmen der Konzernfinanzierung (Darlehen, Sicherheiten) oder Konzernumlagen in Betracht.44 Verstößt das herrschende Unternehmen gegen diese Pflicht, so ist es neben seinen Organen nach § 317 f. AktG gegenüber der abhängigen Gesellschaft schadensersatzpflichtig. Nimmt die Einflussnahme beim faktischen Konzern einen Umfang an, bei dem nicht mehr zwischen schädigenden, aber ausgleichsfähigen Einzelmaßnahmen unterschieden werden kann, spricht man von einem qualifiziert faktischen Konzern.45

39 Bayer, in: MünchKomm-AktG, § 18 Rn. 9; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 31 IV 2. b) (S. 960). 40 Bayer, in: MünchKomm-AktG, § 18 Rn. 10 und 20. 41 Bayer, in: MünchKomm-AktG, § 18 Rn. 20; Hüffer, AktG, § 311 Rn. 8; Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 24 IV 3. (S. 369). 42 Hüffer, AktG, § 311 Rn. 25; Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 25 II 1. a) (S. 377); ähnlich Kropf, in: MünchKomm-AktG, § 311 Rn. 138. 43 Hüffer, AktG, § 311 Rn. 27. 44 Ausführlich Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 25 II 2. (S. 378 ff.); Kropff, in: MünchKomm-AktG, § 311 Rn. 180 ff. 45 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 17 III 2. (S. 503); Emmerich/Habersack, Konzernrecht § 28 II. 1. (S. 406).

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Kap. 7: Grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft

b) Varianten der Unternehmensverbindungen Neben die Definitionsnormen der §§ 15–19 AktG und der Mitteilungspflichten der §§ 20–22 AktG treten die Vorschriften der §§ 291–328 AktG als Regelungen des materiellen Konzernrechts. Sie beschreiben, wie es zu Unternehmensverbindungen (im Aktienrecht) kommen kann und treffen gleichzeitig Regelungen zum Schutz von Gläubigern und Minderheitsaktionären.46 aa) Eingliederung Eine Variante, Aktiengesellschaften miteinander zu verbinden, ist die Eingliederung nach §§ 319 ff. AktG. Praktisch gesehen handelt es sich bei der Eingliederung um eine wirtschaftliche Verschmelzung des einzugliedernden Unternehmens auf die Hauptgesellschaft. Rechtlich bleibt die Selbständigkeit der einzugliedernden Gesellschaft jedoch erhalten.47 Zu unterscheiden ist hierbei die Eingliederung einer 100%-igen Tochtergesellschaft nach § 319 AktG und die Eingliederung durch Mehrheitsbeschluss nach § 320 AktG. Bei letzterer bedarf es einer Beteiligung der Hauptgesellschaft am Grundkapital der einzugliedernden Gesellschaft von mindestens 95 v. H.48 In diesem Fall gehen alle verbleibenden Aktien der Gesellschaft mit Eintragung der Eingliederung in das Handelsregister auf die Hauptgesellschaft über (§ 320a AktG); die ausgeschiedenen Aktionäre müssen gemäß § 320b AktG angemessen abgefunden werden. §§ 321, 322 AktG enthalten Regelungen zum Schutz von Gläubigern der eingegliederten Gesellschaft. Wichtigstes Instrument zur Beherrschung der nunmehr eingegliederten Gesellschaft ist das Weisungsrecht der Hauptgesellschaft gegenüber dem Vorstand der Minderheitsgesellschaft nach § 323 AktG. Aufgrund der relativ hohen Beteiligungsquote, die zur Herstellung einer Eingliederung erforderlich ist, kommt diese Form der Unternehmensverbindung für die Organschaft nach wohl herrschender Meinung nicht in Betracht, da selbst bei einer Eingliederung durch Mehrheitsbeschluss mindestens 95 v. H. der Anteile am Grundkapital der Aktiengesellschaft vereinigt sein müssen und somit die Grundstücke der einzugliedernden Gesellschaft bereits der Hauptgesellschaft nach § 1 Abs. 3 GrEStG zuzuordnen sind. Dagegen ist es im Rahmen des § 1 Abs. 3 GrEStG bei Berechnung der Beteiligungsquote nach Stimmrechten durchaus möglich, dass 95 v. H. der Anteile am Grundkapital vereinigt werden, ohne eine entsprechende Stimmrechtsmehrheit zu erreichen, weil beispielsweise die künftige Hauptgesellschaft ihren Anteil am Grundkapital durch das Halten 46

Hüffer, AktG, § 291 Rn. 4. Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 10 I (S. 132); Hüffer, AktG, § 319 Rn. 2. 48 Aufgrund des eindeutigen Wortlauts dürfte der Forderung nach genereller Nichtberücksichtigung von stimmrechtslosen Vorzugsaktien nicht nachzukommen sein; siehe dazu Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 10 III 1. a) (S. 136). 47

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von Vorzugsaktien bewerkstelligt. In diesem Fall ist es zumindest denkbar, dass bereits vor Eingliederung, spätestens aber mit deren Durchführung eine grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft vorliegen kann.49 bb) Unternehmensverträge Ein weiterer Weg zur Verbindung einer Aktiengesellschaft mit einer anderen Gesellschaft sind Unternehmensverträge, welche in §§ 291 ff. AktG geregelt sind. §§ 291, 292 AktG bestimmen die Typen möglicher Unternehmensverträge für beherrschte Aktiengesellschaften enumerativ (sog. numerus clausus der Unternehmensverträge).50 Konzeptionell handelt es sich bei den Unternehmensverträgen nach §§ 291 ff. AktG um eine materiellrechtliche Durchbrechung des aktienrechtlichen Prinzips der Satzungsstrenge, § 23 Abs. 5 AktG.51 Mit Ausnahme des durch Eingliederung begründeten Weisungsrechts nach § 323 AktG ist es ohne Abschluss eines Beherrschungsvertrages nicht möglich, dem nach § 76 Abs. 1 AktG eine AG eigenverantwortlich leitenden Vorstand rechtsverbindliche Weisungen zu erteilen, selbst wenn diese im Mehrheits- oder Alleinbesitz einer anderen Gesellschaft steht.52 Aufgrund dieser Durchbrechung ist es auch umstritten, ob der Abschluss eines Unternehmensvertrags materiell eine Satzungsänderung darstellt oder nicht.53 Dies ist bei der Aktiengesellschaft allerdings für die Frage der erforderlichen Stimmrechtsmehrheit bei Abschluss eines Unternehmensvertrags nicht von Bedeutung, da dieser nach § 293 Abs. 1 S. 2 bis 4 AktG einer Dreiviertelmehrheit bedarf, soweit die Satzung keine weitergehenden Erfordernisse bestimmt.54 Festzuhalten ist ferner, dass es nach den aktienrechtlichen Regelungen nicht erforderlich ist, dass die herrschende Gesellschaft die Rechtsform einer Aktiengesellschaft aufweist,55 was angesichts des Schutzzwecks der §§ 291 ff. AktG, Aktionäre und Gläubiger einer beherrschten AG zu schützen, auch nicht erforderlich ist, da die unmittelbaren Einflussnahmemöglichkeiten auf eine Gesellschaft nicht von der Rechtsform der herrschenden, sondern von der Rechtsform der abhängigen Gesellschaft abhängen. Die Rechtsnatur der einzelnen Unternehmensverträge hängt von deren Inhalt ab. Bei den in § 291 AktG geregelten Typen handelt es sich um so genannte 49

Dazu siehe Kapitel 7 IV. 2. Altmeppen, in: MünchKomm-AktG, § 291 Rn. 40 f. 51 Mülbert, in: MünchKomm-HGB, KonzernR, Rn. 37. 52 Hüffer, AktG, § 76 Rn. 10. 53 Bejahend Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 11 III. (S. 170); ähnlich auch Priester, in: Herzig, Organschaft, S. 42; ablehnend Altmeppen, in: MünchKomm-AktG, § 291 Rn. 39. 54 Altmeppen, in: MünchKomm-AktG, § 291 Rn. 38. 55 Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 291 Rn. 9. 50

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Kap. 7: Grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft

Organisationsverträge, da sie nicht nur die wirtschaftliche, sondern auch die rechtliche Struktur der Gesellschaft ändern. Soweit diese nicht als befristete Satzungsänderung gesehen werden wollen,56 überlagern diese zumindest bis zu deren Beendigung die Satzung.57 Jedoch können, insbesondere in den Fällen des § 292 AktG, auch schuldvertragliche Elemente hinzukommen oder diese sogar überwiegen.58 Das Verfahren für den Abschluss und die Beendigung von Unternehmensverträgen ist in §§ 293–303 AktG bestimmt. Danach ist ein solcher gemäß § 293 Abs. 1 AktG mit Dreiviertelmehrheit auf Seiten der „Untergesellschaft“ abzuschließen; soweit die „Obergesellschaft“ eine AG oder KGaA ist, muss deren Hauptversammlung dem Abschluss eines solchen Vertrages mit ebensolcher Mehrheit zustimmen, § 293 Abs. 2 AktG. Zuständig für den Inhalt und den Abschluss dieses nach § 293 Abs. 3 AktG schriftlich abzuschließenden Vertrages ist hingegen der Vorstand als gesetzlicher Vertreter der AG (§ 76 Abs. 1 AktG). Neben den Berichts- und Prüfungspflichten nach §§ 293a–293e AktG ist zudem die Eintragung des Unternehmensvertrags sowie der Vertragspartner in das Handelsregister erforderlich (§ 294 AktG); diese Eintragung ist nach § 294 Abs. 2 AktG materielle Wirksamkeitsvoraussetzung.59 Obwohl nach allgemeiner Ansicht im Falle eines Gewinnabführungsvertrags unter bestimmten Voraussetzungen60 eine Rückwirkung möglich ist, lehnt es die herrschende Meinung ab, Beherrschungsverträgen Rückwirkung zuzusprechen. Der Grund hierfür liegt darin, dass ansonsten bereits entstandenen, aus der Verletzung von §§ 311, 317 AktG resultierenden Ansprüchen nachträglich die Grundlage entzogen werden könnte.61 Als Beendigungsgründe eines Unternehmensvertrags kommen die schriftliche Aufhebung nach § 296 AktG sowie die Kündigung aus wichtigem Grund nach § 297 AktG in Betracht. Eine Kündigung aus wichtigem Grund kommt insbesondere dann in Betracht, wenn die „Obergesellschaft“ ihre Beteiligung an der „Untergesellschaft“ veräußert, da nicht davon ausgegangen werden kann, dass die Gesellschaft bei Vertragsschluss die Beherrschung durch bzw. die Gewinn56 So Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 11 III. (S. 170); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 31 III 1. a) (S. 948); wohl auch Priester, in: Herzig, Organschaft, S. 42. 57 Altmeppen, in: MünchKomm-AktG, § 291 Rn. 38. 58 Altmeppen, in: MünchKomm-AktG, Vor § 291 Rn. 4; Emmerich, in: Emmerich/ Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 291 Rn. 27 und § 292 Rn. 4 f. 59 Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 294 Rn. 26; Hüffer, AktG, § 294 Rn. 17. 60 Dazu Hüffer, AktG, § 294 Rn. 20. 61 OLG Hamburg, Beschl. v. 06.10.1989 – 11 W 91/89, NJW 1990, S. 521 – „Texaco/RWE-DEA“; OLG München, Urt. v. 14.06.1991 – 23 U 4638/90, AG 1991, S. 358 (359); Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 291 Rn. 15; Krieger, in: Münch.Hdb. GesR IV, § 70 Rn. 50; a. A. Altmeppen, in: MünchKomm-AktG, § 294 Rn. 53.

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abführung an einen Nichtgesellschafter beabsichtigt hatte.62 Zudem erlischt im Falle der Verschmelzung beider Vertragspartner der Unternehmensvertrag durch Konfusion. Verschmilzt hingegen die „Untergesellschaft“ mit einem Dritten, so kommt bei den organisationsrechtlichen Verträgen des § 291 AktG auch nur deren Untergang in Betracht, da dieser dritte Rechtsträger dem Vertragsabschluss nicht zugestimmt hat. Anderes wird für die schuldrechtlichen Verträge des § 292 AktG angenommen. Verschmilzt das herrschende Unternehmen, so geht der Unternehmensvertrag zunächst auf den neuen Rechtsträger im Wege der Gesamtrechtsnachfolge über. Formwechselnde Umwandlungen beeinträchtigen die Wirksamkeit des Unternehmensvertrags mangels Rechtsträgerwechsel hingegen nicht.63 Weisen Unternehmensverträge Fehler auf, so neigt die Rechtsprechung dazu, auf diese bei bereits durchgeführten Unternehmensverträgen die Grundsätze zur fehlerhaften Gesellschaft anzuwenden.64 Somit folgt nach Ansicht der Rechtsprechung aus der Fehlerhaftigkeit der Verträge nicht die Nichtigkeit derselben, sondern ein Recht zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund; dabei ist Voraussetzung, dass der Vertrag in das Handelsregister eingetragen wurde.65 Der Abschluss eines Unternehmensvertrages stellt für die außenstehenden Aktionäre oft einen erheblichen Nachteil dar, da im Falle des Gewinnabführungsvertrags kein ausschüttungsfähiger Gewinn entsteht, im Falle des Beherrschungsvertrages ihr Einfluss auf die Gesellschaft schwindet. Somit werden die Mitgliedschaftsrechte der außenstehenden Gesellschafter beeinträchtigt, weshalb bereits aus verfassungsrechtlichen Gründen ein Ausgleich erforderlich ist.66 Diesem Gebot trägt § 304 AktG Rechnung, indem er die Pflicht zur Festsetzung dieser Ausgleichszahlungen im Unternehmensvertrag begründet. Ferner muss der Vertrag außen stehenden Aktionären, welche aufgrund des Unternehmensvertrages ihre Anteile veräußern wollen, ein entsprechendes Abfindungsangebot unterbreiten, § 305 AktG.

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Altmeppen, in: MünchKomm-AktG, § 297 Rn. 30. Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 19 VII. (S. 261 ff.). 64 BGH, Urt. v. 14.12.1987 – II ZR 170/87, NJW 1988, S. 1326 – „Familienheim“; Urt. v. 11.01.1991 – II ZR 287/90, NJW 1992, S. 505 – „Stromlieferung“; kritisch insbesondere Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 11 IV. (S. 171 ff.). 65 Altmeppen, in: MünchKomm-AktG, § 291 Rn. 196. 66 BVerfG, Beschl. v. 27.04.1999 – 1 BvR 1613/94, NJW 1999, S. 3769 – „DAT/ Altana“; Beschl. v. 25.07.2003 – 1 BvR 234/01, NZG 2003, S. 1316 – „DAB/Hansa“; BGH, Urt. v. 02.06.2003 – II ZR 84/02, ZIP 2003, S. 1933 (1934) – „Phillips II“; Altmeppen, in: MünchKomm-AktG, § 304 Rn. 10; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 304 Rn. 3 m. w. N. 63

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(1) Beherrschungsvertrag Einer der bedeutendsten Unternehmensverträge ist der in § 291 Abs. 1 S. 1, 1. Alt. AktG beschriebene Beherrschungsvertrag. Mit Wirksamwerden eines solchen Vertrages unterstellt sich eine AG oder eine KGaA der Leitung eines anderen Unternehmens. Dieses erwirbt durch Abschluss des Vertrages gemäß § 308 AktG ein Weisungsrecht gegenüber der abhängigen Gesellschaft, so dass die Unternehmen unter einheitlicher Leitung stehen und nach der Vermutung des § 18 Abs. 1 S. 2 AktG einen Unterordnungskonzern bilden.67 Das Weisungsrecht des § 308 AktG ist das wesentliche Instrument für die Beherrschung der abhängigen Gesellschaft. Es erlaubt – vorbehaltlich abweichender Vertragsbestimmung – der herrschenden Gesellschaft insbesondere, dem Vorstand der abhängigen Gesellschaft bezüglich der Gesellschaftsleitung auch für die Gesellschaft nachteilige Weisungen zu erteilen, solange diese den Belangen des herrschenden Unternehmens oder eines mit ihm und der Gesellschaft konzernverbundenen Unternehmens dienen (§ 308 Abs. 1 AktG). Der Begriff der Leitung ist dabei wie in § 76 Abs. 1 AktG auszulegen und umfasst alle zur Geschäftsführung gehörenden Handlungen sowohl außerhalb als auch innerhalb der Gesellschaft.68 Der Vorstand ist – trotz der eventuellen Nachteilhaftigkeit – verpflichtet, der Weisung des herrschenden Unternehmens Folge zu leisten. Eine Verweigerung der Weisungsbefolgung ist nur dann möglich, wenn die Weisung offensichtlich nicht den Belangen des herrschenden Unternehmens oder eines konzernverbundenen Unternehmens dient (§ 308 Abs. 2 AktG). Für den Fall, dass eine zur Befolgung einer Weisung die notwendige Zustimmung des Aufsichtsrats nicht in angemessener Frist erteilt wird, macht eine erneute Weisung durch das herrschende Unternehmen (mit Zustimmung dessen Aufsichtsrats, soweit vorhanden) die Zustimmung des Aufsichtsrats des beherrschten Unternehmens entbehrlich, § 308 Abs. 3 AktG. Unter einer Weisung ist jede Handlung des herrschenden Unternehmens zu verstehen, durch die es über den Vorstand der abhängigen Gesellschaft Einfluss auf deren Leitung nehmen will.69 Emmerich betont dabei, dass es ausreichend ist, wenn die Weisung faktisch verbindlich ist, d. h. auch dann, wenn z. B. der Vorstand durch die Nichtbefolgung der Weisung seine erneute Bestellung gefährdet sieht. Auch auf die „Einkleidung“ der Weisung, z. B. als Ratschlag, Empfehlung, o. ä., kommt es nicht an.70 Als nachteilig ist eine Weisung dann anzusehen, wenn ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsführer, der sich ausschließ67 Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 11 I. (S. 165); Priester, in: Herzig, Organschaft, S. 40. 68 Krieger, in: Münch.Hdb. GesR IV, § 70 Rn. 133; Sina, AG 1991, S. 1 (7); Altmeppen, in: MünchKomm-AktG, § 308 Rn. 86 ff. 69 Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 23 IV. 1. a) (S. 342); Altmeppen, in: MünchKomm-AktG, § 308 Rn. 9.

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lich am Wohl der (unabhängigen) Gesellschaft orientiert, diese aufgrund der Weisung erfolgende Maßnahme nicht vorgenommen hätte.71 Weisungen stellen geschäftsähnlichen Handlungen dar, für die die Vorschriften über Rechtsgeschäfte analog Anwendung finden.72 Im Hinblick auf § 309 Abs. 2 AktG verneint Emmerich jedoch die Anfechtbarkeit von Weisungen nach §§ 119, 123 BGB.73 Weisungen sind jedoch nicht schrankenlos zulässig. Verboten sind unter anderem Weisungen, die gegen die Satzung der beherrschten Gesellschaft verstoßen, soweit diese nicht durch den Beherrschungsvertrag verdrängt werden, ferner auch gesetzwidrige Weisungen.74 Nach wohl herrschender Meinung sind auch existenzgefährdende Weisungen unzulässig, da das Recht der Unternehmensverträge – insbesondere im Hinblick auf die Vorschriften der §§ 302 bis 305 AktG – von einem Fortbestand der abhängigen Gesellschaft sowohl während der Geltung des Beherrschungsvertrags als auch nach dessen Beendigung ausgeht. Daher steht die Vernichtung einzelner Konzernunternehmen durch Ausübung des Weisungsrechts ohne entsprechenden Ausgleich dem Regelungsziel entgegen.75 Zur Ausübung des Weisungsrechts ist in der Regel der gesetzliche Vertreter des herrschenden Unternehmens berechtigt, kann dieses aber auch an Dritte delegieren. Unter Umständen benötigt der gesetzliche Vertreter zu einzelnen Weisungen die Zustimmung der Gesellschafterversammlung der herrschenden Gesellschaft.76 Ferner hat weder die beherrschte Gesellschaft noch ein fremder Dritter einen generellen Anspruch auf Ausübung des Weisungsrechts gegenüber dem herrschenden Unternehmen. Übt die herrschende Gesellschaft ihr Weisungsrecht nicht aus, so ist die Geschäftsführung der abhängigen Gesellschaft nach § 76 Abs. 1 AktG selbst verpflichtet, ihre Geschäftsführungstätigkeit wahrzunehmen. Ausnahmen sind im Einzelfall anerkannt, beispielsweise wenn sich die eine Entscheidung bedingende Situation aus einer vorherigen Weisung 70 Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 308 Rn. 23 f.; Wellkamp, WM 1993, S. 2155 (2156); Hüffer, AktG, § 308 Rn. 10. 71 Kantzas, Weisungsrecht, S. 98 ff.; Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 23 V. 2. a) (S. 345). 72 Hüffer, AktG, § 308 Rn. 11; Altmeppen, in: MünchKomm-AktG, § 308 Rn. 9 Fn. 13; a. A. Koppensteiner, in: Kölner Komm. AktG, § 308 Rn. 20: unmittelbare Anwendung, da Weisung ein Rechtsgeschäft darstellt. 73 Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 308 Rn. 27; wohl a. A. Altmeppen, in: MünchKomm-AktG, § 308 Rn. 9. 74 Koppensteiner, in: Kölner Komm. AktG, § 308 Rn. 58; Hüffer, AktG, § 308 Rn. 13 f. 75 OLG Düsseldorf, Beschl. v. 07.06.1990 – 19 W 13/86, ZIP 1990, S. 1333 (1337); Krieger, in: Münch.Hdb. GesR IV, § 70 Rn. 134; Zeidler, NZG 1999, S. 692 (695); differenzierend Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 308 Rn. 60 ff.; Altmeppen, in: MünchKomm-AktG, § 308 Rn. 115 ff. 76 Hüffer, AktG, § 308 Rn. 3 ff.; Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 308 Rn. 11 ff.

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ergibt und sich diese im Nachhinein als rechtswidrig herausstellt. Ferner wird diskutiert, ob nicht die Geschäftsführung des herrschenden Unternehmens gegenüber ihrer eigenen Gesellschaft verpflichtet ist, eine solche Weisung auszuüben.77 Besondere Vorsicht ist bei Ausübung des Weisungsrechts bei so genannten Konzernketten (auch als „Konzern im Konzern“ bezeichnet) geboten. Dabei handelt es sich um Konzerne, bei denen nicht nur zwei, sondern drei oder mehr Beteiligungsebenen bestehen, also beispielsweise „Mutter“-, „Tochter“- und „Enkelgesellschaft“. Hier ist darauf zu achten, dass selbst für den Fall, dass Mutter und Tochter sowie Tochter und Enkelin über Beherrschungsverträge miteinander verbunden sind, der Muttergesellschaft kein direktes Weisungsrecht gegenüber der Enkelgesellschaft zusteht. Vielmehr muss auch in diesen Fällen ein Beherrschungsvertrag zwischen Mutter- und Enkelgesellschaft abgeschlossen werden, um direkte nachteilige Weisungen im Sinne des § 308 AktG zu ermöglichen. Andernfalls wäre es der Muttergesellschaft möglich, die Ausgleichspflicht nach § 302 AktG zu umgehen.78 (2) Gewinnabführungsvertrag Unter einem Gewinnabführungsvertrag ist nach § 291 Abs. 1 AktG ein Vertrag zu verstehen, durch den sich eine Aktiengesellschaft oder eine Kommanditgesellschaft auf Aktien verpflichtet, entweder ihren ganzen Gewinn an ein anderes Unternehmen abzuführen (§ 291 Abs. 1 S. 1, 2. Alt. AktG) oder ihr Unternehmen nunmehr für Rechnung eines anderen Unternehmens zu führen (§ 291 Abs. 1 S. 2 AktG). Große Bedeutung hat der Gewinnabführungsvertrag hauptsächlich im ertragsteuerrechtlichen Bereich, als er nach § 14 Abs. 1 Nr. 2 KStG (i. V.m § 2 Abs. 2 S. 2 GewStG) Voraussetzung für eine ertragsteuerliche Organschaft ist. Der Höchstbetrag der Gewinnabführung ist in § 301 AktG bestimmt und bemisst sich nach dem Jahresüberschuss, vermindert um einen Verlustvortrag aus dem Vorjahr und den nach § 300 AktG in die Rücklage einzustellenden Betrag. Nach § 301 S. 2 AktG dürfen jedoch Beträge, die während der Dauer des Vertrags in andere Rücklagen eingestellt wurden, entnommen und als Gewinn abgeführt werden. Ein gesondertes Weisungsrecht kommt dem anderen Unternehmen jedoch nicht zu, so dass es üblich ist, einen Gewinnabführungsvertrag mit einem Beherrschungsvertrag zu kombinieren.79 Aufgrund der Pflicht zum Ausgleich des Jahresfehlbetrags nach § 302 Abs. 1 AktG wird 77 Zur Problematik: Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 308 Rn. 34 f.; Zeidler, in: Michalski, GmbHG, Syst. Darst. 4 Rn. 233; Kantzas, Weisungsrecht, S. 73 ff. 78 K. Schmidt, S. 506; Priester, Gesellschaftsrechtliche Grundlagen, in: Herzig, Organschaft, S. 44; Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 23 II (S. 340). 79 Altmeppen, in: MünchKomm-AktG, § 291 Rn. 142.

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der Gewinnabführungsvertrag häufig auch als „Ergebnisabführungsvertrag“ bezeichnet.80 3. Überblick über das GmbH-Konzernrecht a) Diskrepanz zwischen Konzernanfälligkeit, Regelungsbedürfnis und Regelungsstand Das Auftreten von Konzernkonstellationen beschränkt sich allerdings nicht nur auf Aktiengesellschaften. Vielmehr ist gerade die GmbH deutlich anfälliger für die durch Abhängigkeits- und Konzernverhältnisse begründeten Gefahren.81 Entgegen dem Aktienrecht kennt das GmbH-Recht das Prinzip der Satzungsstrenge nach § 23 Abs. 5 AktG nicht, so dass die Ausgestaltung des Gesellschaftsvertrags, anders als die Satzung einer Aktiengesellschaft, weitgehend der Disposition der Gesellschafter unterliegt. Ferner ist der Geschäftsführer einer GmbH den Beschlüssen der Gesellschafterversammlung gegenüber weisungsgebunden. Dieses Weisungsrecht wird als Maßnahme zur Prüfung und Überwachung der Geschäftsführung aus § 46 Nr. 6 GmbHG sowie aus § 37 GmbHG herausgelesen.82 Weisungen sind meist aufgrund der Beschlussfassung in der Gesellschafterversammlung mit einfacher Mehrheit bereits mit einer Stimmrechtsquote von mehr als 50% möglich.83 Verfügt ein Gesellschafter in der Versammlung über mindestens 75% der Stimmen, so ist er aufgrund seiner qualifizierten Mehrheit in der Lage, die Organisation und das Handeln der GmbH weitgehend nach seinen Vorstellungen zu bestimmen. Somit sind de facto direkte Weisungen jeglicher Art möglich, da der herrschende Gesellschafter häufig nicht den „Umweg“ einer formellen Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung gehen wird, um seine Interessen durchzusetzen.84 Trotz dieser relativ hohen Konzernanfälligkeit existiert bislang kein eigenständiges geschriebenes GmbH-Konzernrecht. Für die Definitionen der Verbundenheit von Unternehmen wird daher auf die rechtsformneutral formulierten Vorschriften der §§ 15–19 AktG zurückgegriffen. Soweit eine GmbH als herrschendes Unternehmen gegenüber einer beherrschten AG oder KGaA auftritt, ist es ferner möglich, die Regelungen über Unternehmensverträge nach §§ 291 ff. AktG direkt anzuwenden. Unter denselben Voraussetzungen finden 80

Hüffer, AktG, § 291 Rn. 23; Altmeppen, in: MünchKomm-AktG, § 291 Rn. 143. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 39 I. 1. a) (S. 1210 f.); Zeidler, in: Michalski, GmbHG, Syst. Darst. 4, Rn. 1. 82 Römermann, in: Michalski, GmbHG, § 46 Rn. 334; Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 29 II (S. 414); Priester, in: Herzig, Organschaft, S. 45. 83 Römermann, in: Michalski, GmbHG, § 46 Rn. 332 u. 334. 84 Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 29 II (S. 414); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 39 I. 1. a) (S. 1210 f.). 81

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die Ausgleichsvorschriften der §§ 311 ff. AktG Anwendung. Ungeregelt sind dagegen beispielsweise die Fragen der Abhängigkeit einer GmbH, die Fragen einer qualifizierten Schädigung („existenzvernichtender Eingriff“), die Gruppenbildungskontrolle sowie die Unternehmensverträge. Aufgrund dieses unbefriedigenden Zustandes ist es hauptsächlich der Rechtsprechung und der Literatur überlassen geblieben, im Wege der Rechtsfortbildung Regelungen für den Umgang mit GmbH-Konzernen insbesondere in Bezug zum Gesellschafts-, Minderheiten- und Gläubigerschutz zu entwickeln. Daraus erklärt sich, dass das Konzernrecht der GmbH teilweise höchst unklar und umstritten ist.85 Im Folgenden soll eine kurze Darstellung des GmbH-Konzernrechts erfolgen, die sich an der Rechtsprechung und derzeitigen Praxis mit Blick auf die Relevanz zur grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft orientieren wird. b) Bildung eines GmbH-Konzerns Auch bezüglich des GmbH-Konzerns kommt dem Unternehmensbegriff besondere Bedeutung zu. Denn der Begriff des Unternehmens ist rechtsformneutral und somit nicht auf die AG beschränkt.86 Dementsprechend judizierte der BGH im „Autokran“-Urteil, dass es sich bei einem Unternehmen nicht nur um eine Gesellschaft, sondern auch um eine natürliche Person handeln könne. Demnach komme es neben der Frage, ob eine Person einen beherrschenden Einfluss auf eine Gesellschaft ausüben könne, nur darauf an, ob diese außerhalb der betroffenen Gesellschaft noch weitere unternehmerische Interessen verfolge.87 Auch bei der GmbH wird zwischen Vertragskonzernen und faktischen Konzernen unterschieden.88 Eine Regelung für Unternehmensverträge findet sich im GmbHG jedoch nicht. Gleichzeitig gehen jedoch die Vorschriften der §§ 14–17 KStG auch von der Möglichkeit eines Gewinnabführungsvertrags mit einer GmbH als Organgesellschaft aus. Daraus ist aber nicht zu schließen, dass die aktienrechtlichen Vorschriften der §§ 291 ff. AktG im Wege einer Gesamtanalogie herangezogen werden können. Dies beruht auf den strukturellen Unterschieden in den Verfassungen von GmbH und AG, insbesondere vor dem Hintergrund, dass die genannten Vorschriften eine Durchbrechung des aktienrechtlichen Grundsatzes der Satzungsstrenge darstellen, welcher im GmbHG gerade nicht gilt. Vielmehr können Beherrschungssituationen, die im Aktienrecht 85 Goette, GmbH, § 9 Rn. 4; Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 29 III 2. (S. 415 ff.). 86 Vgl. Emmerich, in: Emmerich/Habersack, Aktien- und GmbH-Konzernrecht, § 15 Rn. 5. 87 Urt. v. 16.09.1985 – II ZR 275/84, BGHZ 95, S. 330 ff. 88 Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 29 I (S. 414).

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(rechtmäßig) nur mittels Beherrschungsvertrag begründet werden können, im GmbH-Recht auch durch Satzungsregelungen begründet sein. Es ist aber möglich, einzelne Vorschriften bei vergleichbarer Interessenlage analog anzuwenden.89 Mittlerweile wird jedoch anerkannt, dass zumindest die mehrgliedrige GmbH eines Beherrschungsvertrags bedarf, wenn entgegen §§ 37, 46 Nr. 6 GmbHG die Weisungen nicht mehr von einer Gesellschafterversammlung, sondern direkt vom herrschenden Unternehmen ergehen sollen. Ferner werden auch nachteilige Weisungen zulässig, die sonst an der gesellschaftsrechtlichen Treuepflicht scheitern würden.90 Ob mit dem Weisungsrecht auch eine Weisungspflicht der herrschenden Gesellschaft gegenüber der abhängigen einhergeht, ist dagegen umstritten.91 Das Weisungsrecht existiert jedoch dort nicht, wo der Gesellschafterversammlung im Rahmen der Kernbereichslehre die Beschlusszuständigkeit zwingend zugewiesen ist; dies gilt insbesondere bei Satzungsänderungen,92 aber auch bei sonstigen strukturverändernden Maßnahmen (wie z. B. dem Abschluss von Unternehmensverträgen). Ferner finden sich natürlich auch gesetzliche, satzungsmäßige oder im Unternehmensvertrag selbst bestimmte Grenzen des Weisungsrechts. Darüber hinaus wird auch bei der GmbH ein Verbot von existenzgefährdenden Weisungen angenommen.93 Umstritten ist, ob der Abschluss eines Beherrschungsvertrags einer Satzungsoder sogar einer Zweckänderung gleichkommt. In ersterem Fall ist eine Zustimmung von mindestens drei Vierteln der abgegebenen Stimmen zum Beherrschungsvertrag erforderlich (§§ 53, 54 GmbHG analog);94 für den Fall, dass im Abschluss eine Zweckänderung gesehen werden muss, bedarf es analog § 33 Abs. 1 S. 2 BGB sogar der Zustimmung aller Gesellschafter.95 Der BGH hatte diese Frage in den Entscheidungen „Supermarkt“96 und „Siemens“97 offen gelassen, da jeweils alle Gesellschafter dem Beherrschungsvertrag zugestimmt 89 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 39 II 1. (S. 1216); im Grundsatz auch Zeidler, in: Michalski, GmbHG, Syst. Darst. 4 (Konzernrecht), Rn. 51 ff. 90 Emmerich/Habersack, Konzernrecht, S. 437 f.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 39 II. 3. c) (S. 1218); Priester, in: Herzig, Organschaft, S. 45; Zeidler, in: Michalski, GmbHG, Syst. Darst. 4 (Konzernrecht), Rn. 86; Zöllner, in: Baumbach/Hueck, SchlAnhKonzernR, Rn. 64 f.; Eschenbruch, Konzernhaftung, Rn. 3366 (S. 261 f.). 91 Siehe schon Kapitel 7 I. 2. b) bb) (1). 92 OLG Stuttgart, Urt. v. 29.10.1997 – 20 U 8/97, AG 1998, S. 585 (586); Rottnauer, NZG 1999, S. 337 (339); Priester, in: Herzig, Organschaft, S. 46. 93 Zeidler, in: Michalski, GmbHG, Syst. Darst. 4 (Konzernrecht), Rn. 89 ff. 94 Richter/Stengel, DB 1993, S. 1861 (1862 ff.); Lutter/Hommelhoff, Anh. 13, Rn. 52. 95 Zeidler, in: Michalski, GmbHG, Syst. Darst. 4 (Konzernrecht), Rn. 60 f. und Rn. 77; Priester, in: Herzig, Organschaft, S. 49. 96 Beschl. v. 24.10.1988 – II ZB 7/88, BGHZ 105, S. 324 (336) – „Supermarkt“. 97 BGH, Beschl. v. 30.01.1992 – II ZB 15/91, DB 1992, S. 828 – „Siemens“.

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hatten. Je nach vorgezogener Ansicht bezüglich des Umfangs der Zustimmung zum Unternehmensvertrag ist die Frage nach einer Ausgleichs- und Abfindungspflicht analog §§ 304, 305 AktG zu beantworten. Während eine solche nach ersterer Ansicht zum Schutz der außenstehenden Gesellschafter erforderlich wäre, ist bei Annahme des Erfordernisses der Einstimmigkeit eine solche Pflicht gerade nicht erforderlich, da sich die Gesellschafter ihre Zustimmung gegebenenfalls erkaufen lassen können und somit nicht schutzwürdig sind.98 Auf Seiten der herrschenden Gesellschaft ist laut BGH eine Zustimmung von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen erforderlich.99 Die Zustimmungsbeschlüsse bedürfen analog §§ 53, 54 GmbHG der notariellen Beurkundung sowie der Anmeldung zur Eintragung ins Handelsregister nach § 54 Abs. 1 S. 2 GmbHG; die Eintragung hat analog § 293 AktG konstitutive Bedeutung für den Unternehmensvertrag.100 Ebenfalls zulässig ist die Konzernierung über Gewinnabführungsverträge, jedoch ist die Erteilung nachteiliger Weisungen ohne einen Beherrschungsvertrag nicht zulässig. Aus diesem Grund dürften mangels Steuerungsmöglichkeiten bezüglich des Jahresgewinns isolierte Gewinnabführungsverträge eher selten vorkommen.101 Analog § 301 AktG ist die Gewinnabführung auf den Jahresüberschuss beschränkt, soweit nicht der Bilanzgewinn durch zulässige Auflösung von Gewinnrücklagen, welche während der Dauer des Gewinnabführungsvertrags gebildet wurden, erhöht wird. Zudem gelten die Kapitalerhaltungsvorschriften der §§ 30, 31 GmbHG.102 Neben den GmbH-Vertragskonzernen existieren auch faktische GmbH-Konzerne.103 Diese liegen dann vor, wenn eine GmbH von einem anderen Unternehmen abhängig ist, ohne dass ein Unternehmensvertrag besteht. Ohne Abschluss eines Beherrschungsvertrags ist die Gesellschafterversammlung, insbesondere ein diese Versammlung beherrschender Gesellschafter, aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Treupflicht nicht berechtigt, nachteilige Weisungen zu 98 Emmerich/Habersack, Konzernrecht, S. 443 f.; K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 39 II. 3. b) (S. 1218); Priester, in: Herzig, Organschaft, S. 50. 99 BGH, Beschl. v. 21.10.1988 – II ZB 7/88, BGHZ 105, S. 324 (336) – „Supermarkt“. 100 H. M., BGH, Beschl. v. 21.10.1988 – II ZB 7/88, BGHZ 105, S. 324 (336) – „Supermarkt“; BGH, Beschl. v. 30.01.1992 – II ZB 15/91, DB 1992, S. 828 – „Siemens“; Priester, in: Scholz, GmbHG, § 53 Rn. 169; Lutter/Hommelhoff, Anh. § 13 Rn. 48; Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 32 II 2 c) (S. 439). 101 Die Häufigkeit solcher isolierter Gewinnabführungsverträge ist umstritten, vgl. einerseits Zeidler, in: Michalski, GmbHG, Syst. Darst. 4 Rn. 181 und andererseits Altmeppen, in: Roth, GmbHG, Anh. § 13 Rn. 18. 102 Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 32 V. (S. 450). 103 Auf die Problematik der sogenannten „qualifiziert faktischen Konzerne“ wird mangels grunderwerbsteuerrechtlicher Relevanz nicht eingegangen.

I. Gesellschaftsrechtliche Konzernbildung

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erteilen.104 Mithin stellen sich die Problematiken des faktischen GmbH-Konzerns weniger in der Frage, wie ein solcher begründet wird, als vielmehr darin, inwieweit die Einflussnahme zulässig ist und unter Umständen Ausgleichs- und Schadensersatzpflichten begründet.105 4. Konzernierung von Personengesellschaften? Ein noch relativ unerschlossenes Gebiet des Konzernrechts ist das Recht der Personengesellschaft als abhängiges Unternehmen. Ursprünglich ging man davon aus, dass aufgrund des im Personengesellschaftsrecht gesetzlich vorgesehenen Einstimmigkeitsprinzips bei Abstimmungen sowie der persönlichen Haftung der Gesellschafter nach § 128 HGB, der analog auch für die GbR106 und die KG (dort § 161 Abs. 2 HGB) gilt, typische Konzernproblematiken der Körperschaften gerade nicht auftreten könnten. Wie sich jedoch gezeigt hat, ist eine konzernmäßige Verflechtung von Personengesellschaften nicht nur in herrschender, sondern auch in abhängiger Form möglich. Denn es ist durchaus nicht undenkbar, dass ein Gesellschafter mit maßgeblichem Einfluss auf die Geschäftsführung der Personengesellschaft selbst unternehmerische Interessen außerhalb der Gesellschaft verfolgt. Der maßgebliche Einfluss kann beispielsweise daraus resultieren, dass der Gesellschafter einziger persönlich haftender Gesellschafter einer KG bzw. einziger geschäftsführender Gesellschafter einer OHG/KG ist. Die Einflussnahmemöglichkeit kann ferner dadurch verstärkt werden, dass in Abkehr vom Einstimmigkeitsprinzip die Beschlussfassung der Gesellschafterversammlung im Gesellschaftsvertrag nach dem Mehrheitsprinzip geregelt wird.107 Denkbar sind auch dienende Verbandszwecke108 zugunsten eines mitgliedschaftlich verbundenen Unternehmens sowie entsprechende Gesellschafterbeschlüsse und Vertragsgestaltungen.109 Dagegen ist es insbesondere im Hinblick auf das Vorhandensein persönlich haftender Gesellschafter umstritten, ob ein Vertragskonzern durch Abschluss eines Beherrschungsvertrags geschaffen werden kann.110 Ferner kommen auch faktische Abhängigkeitsverhältnisse in 104 BGH, Urt. v. 05.06.1975 – II ZR 23/74, BGHZ 65, S. 15 (18 f.) – „ITT“; Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 32 II 1. (S. 438); Priester, in: Herzig, Organschaft, S. 48. 105 Ausführlich Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 30 II–IV (S. 417 ff.). 106 BGH, Urt. v. 27.09.1999 – II ZR 371/98, BGHZ 142, S. 315 (318 ff.); Urt. v. 29.01.2001 – II ZR 331/00, BGHZ 146, S. 341 (358 f.); K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 60 III 2. (S. 1790 ff.); Ulmer, in: MünchKomm-BGB, § 714 Rn. 36. 107 Mülbert, in: MünchKomm-HGB, KonzernR, Rn. 9 ff. 108 Ausführlich hierzu Mülbert, in: MünchKomm-HGB, KonzernR, Rn. 131 ff. 109 Mülbert, in: MünchKomm-HGB, KonzernR, Rn. 125; Ungenau K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 43 III 3. a) (S. 1296). 110 Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 34 III 1. (S. 462 f.) m. w. N.; einschränkend Mülbert, in: MünchKomm-HGB, KonzernR, Rn. 129: nur in Verbindung mit dienendem Verbandszweck; Meinungsübersicht ebd. Rn. 161 ff.

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Kap. 7: Grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft

Betracht.111 Die Kontrolle der Konzernleitung erfolgt über die Treupflicht,112 deren Verletzung zu einem umfassenden Schädigungsverbot nach §§ 705, 280 BGB führt; ein Nachteilsausgleich analog § 311 AktG kommt deshalb nicht in Betracht.113

II. Historische Motivation der Einführung einer grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft und deren Umsetzung Im vorherigen Abschnitt wurde aufgezeigt, wie aus gesellschaftsrechtlicher Sicht Abhängigkeitsverhältnisse entstehen können und wie das Konzernrecht den daraus resultierenden Gefahren für Minderheitsgesellschafter und Gläubiger entgegentritt. Die Gefahr der Abhängigkeit von Gesellschaften – diesmal im Hinblick auf den Fiskalzweck des Grunderwerbsteuerrechts – hat auch der Gesetzgeber des GrEStG 1940 gesehen und die grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft in das Gesetz integriert. Im Folgenden werden neben der gesetzgeberischen Motivation auch die Tatbestandsmerkmale der grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft erörtert und dabei auch darauf eingegangen, inwieweit sich gesellschaftsrechtliche Konzernkonstellationen auf die Frage des Vorliegens einer grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft auswirken. 1. Historische Motivation Die grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft wurde in das Grunderwerbsteuergesetz 1940 eingefügt, um weiteren Umgehungsspielraum zu beschränken, der sich bei verschachtelten Konzernstrukturen ergab, weil trotz formeller Nichtvereinigung der Anteile aufgrund der Beherrschung der zwischengeschalteten abhängigen Gesellschaft dem herrschenden Unternehmen die Sachherrschaft und damit das wirtschaftliche Eigentum an den Grundstücken der grundbesitzenden Gesellschaft vermittelt werden konnte. Der Gesetzgeber führte dazu in der Begründung zum GrEStG 1940 wörtlich aus: „Diese Erweiterung hat sich als notwendig erwiesen, weil größere Unternehmen mit weitgehender gesellschaftlicher Verschachtelung die Entstehung der Steuer bisher dadurch umgehen konnten, dass sie die Anteile in der Hand mehrerer abhängiger Unternehmen oder in der Hand des herrschenden und eines abhängigen Unternehmens vereinigten. In der Frage, wann ein Konzern vorliegt, schließt sich das Gesetz an § 2 Abs. 2 des Umsatzsteuergesetzes an. Diese Regelung entspricht dem Gedanken der Einheit des Steuerrechts. Sie erleichtert damit zugleich die Anwendung der 111 So z. B. BGH, Urt. v. 05.02.1979 – II ZR 210/76, NJW 1980, S. 231 ff. – „Gervais-Danone“. 112 K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 43 III. 3 b) (S. 1296 f.). 113 Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 34 I 1. (S. 458).

II. Historische Motivation der Einführung einer Organschaft

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neuen Vorschrift. Das Gesetz bezeichnet die Konzernglieder in Abweichung vom Umsatzsteuergesetz als herrschende und abhängige Unternehmen.“114

Mangels abweichender gesetzgeberischer Aussage ist davon auszugehen, dass die der Einführung der grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft zugrundeliegenden Erwägungen hinsichtlich der Abhängigkeit von Gesellschaften auch nach Erlass des GrEStG 1983 fort gelten.115 Besondere Bedeutung für das historische Normverständnis kommt daher dem ursprünglich bestehenden Verweis auf § 2 Abs. 2 UStG 1934 zu. Danach bestand ein Organschaftsverhältnis zwischen zwei Gesellschaften, wenn „eine juristische Person dem Willen eines Unternehmers derart untergeordnet ist, daß sie keinen eigenen Willen hat.“116 Vor diesem Hintergrund sind die der Einführung der grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft zugrundeliegenden Überlegungen im Hinblick auf die Sachherrschaft an Gesellschaftsgrundstücken zu verstehen. Grundsätzlich schließt die Aufteilung der Anteile einer Gesellschaft zwischen konzernrechtlich nicht verbundenen Unternehmen die Sachherrschaft eines Gesellschafters über die grundbesitzende Gesellschaft aus, da diese aufgrund der zwischen den Gesellschaftern bestehenden Interessendivergenz ihren Willen autonom durch die Gesellschaftsorgane bilden kann. Wird aber eine solche Unterordnung unter den Willen des herrschenden Unternehmens bewerkstelligt, so erwirbt das herrschende Unternehmen trotz unzureichender mitgliedschaftlicher Beteiligung an der abhängigen Gesellschaft die Sachherrschaft an deren Gesellschaftsvermögen. Auf Seiten der abhängigen Gesellschaft tritt dann ein Autonomiedefizit ein, das die herrschende Gesellschaft zur Durchsetzung ihres Willens innerhalb der abhängigen Gesellschaft ausnutzen könnte. Aufgrund dieser Willensunterworfenheit erwirbt sie die Sachherrschaft über Vermögensgegenstände der abhängigen Gesellschaft, unter anderem auch an deren Grundstücken wie auch an deren Beteiligungsvermögen.117 Der Verweis auf § 2 Abs. 2 UStG wurde durch das GrEStG 1983 entfernt. Hintergrund hierfür war die Entscheidung des BFH, dass eine Personengesellschaft des Handelsrechts umsatzsteuerlich nicht unselbständig im Sinne des § 2 Abs. 2 UStG sein könne. Somit wären nur einzelne natürliche Personen oder Zusammenschlüsse natürlicher Personen, die ausschließlich gegenüber ihrem Arbeitgeber tätig werden, im Anwendungsbereich der Norm geblieben.118 Da 114 RStBl. 1940, S. 387 (392); BFH, Urt. v. 30.03.1988 – II R 81/85, BStBl. II 1988, S. 682. 115 Vgl. Gesetzentwurf des Bundesrates zum geplanten GrEStG 1980, BT-Drucks. 9/251 v. 19.03.1981, S. 15 f. 116 RGBl. I 1934, S. 942 ff. 117 Diese Aussage soll noch keine Äußerung darüber beinhalten, inwieweit diese Sachherrschaft auch von § 1 Abs. 3 und 4 GrEStG tatsächlich erfasst wird. 118 BFH, Urt. v. 07.12.1978 – V R 22/74, BStBl. II 1979, S. 356 (358); Urt. v. 08.02.1979 – V R 101/78, BFHE 127, S. 267 (269 f.); Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 959.

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Kap. 7: Grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft

dies der Gesetzgeber als misslich empfand und die Personengesellschaften ebenfalls in den Anwendungsbereich der grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft bringen wollte, wurde eine eigene Definition in § 1 Abs. 4 Nr. 2 lit. a) GrEStG eingefügt, die sich jedoch wörtlich genau an die umsatzsteuerrechtliche Organschaft in § 2 Abs. 2 Nr. 1, Nr. 2 S. 1 UStG 1977 – gleichlautend mit der derzeitigen Regelung in § 2 Abs. 2 UStG 2005 – hielt.119 Dementsprechend vertritt die wohl herrschender Meinung die Ansicht, dass sich die Auslegung des § 1 Abs. 4 Nr. 2 GrEStG trotz der Eigenständigkeit der grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft an der Rechtsprechung und Literatur zu § 2 Abs. 2 UStG zu orientieren hat.120 2. Steuerliche Organschaften Dem deutschen Steuerrecht ist ein geschlossenes System der Besteuerung von konzernmäßig verbundenen Einheiten unbekannt. Die Organschaft kann zwar als Ansatz zu einer deutschen Konzernbesteuerung verstanden werden.121 Dennoch existiert keine einheitliche Definition der Organschaft; vielmehr werden die Voraussetzungen für das Vorliegen einer Organschaft von den jeweils anzuwendenden Einzelsteuergesetzen bestimmt. Die körperschaftsteuerliche (§§ 14 ff. KStG) – wie auch die gewerbesteuerliche (§ 2 Abs. 2 S. 2 GewStG) – Organschaft ist zunächst auf Kapitalgesellschaften mit Geschäftsleitung und Sitz im Inland beschränkt. Diese muss in den unbeschränkt steuerpflichtigen Organträger finanziell eingegliedert sein und sich verpflichtet haben, für die Dauer von mindestens fünf Jahren ihren gesamten Gewinn an den Organträger abzuführen. Der Gewinn wird dann dem Organträger zugerechnet.122 Demgegenüber stellen sowohl die grunderwerbsteuerrechtliche als auch die umsatzsteuerrechtliche Organschaft auf andere, nur teilweise mit der ertragsteuerlichen Organschaft übereinstimmende Kriterien ab, nämlich auf die finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung eines Unternehmens in ein anderes (§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG bzw. § 1 Abs. 4 Nr. 2 lit. b) GrEStG). Ferner können – zumindest dem Wortlaut des Gesetzes nach – auch natürliche Personen einzeln oder zusammengeschlossen mit einem anderen Unternehmen 119 BT-Drucks. 9/251, S. 16; zur Unzulänglichkeit dieser eigenständigen Definition im Hinblick auf die Erfassung von Personengesellschaften siehe Kapitel 7 II. 3. 120 Mitsch, DB 2001, S. 2165 (2166); Willibald/Widmayer, DB 2005, S. 2543 (2544); Pahlke, in: Pahlke/Franz, GrEStG § 1 Rn. 341 u. 343; Hofmann, GrEStG, § 1 Rn. 167; Weilbach, GrEStG, § 1 Rn. 93; Günkel/Lieber, in: Herzig, Organschaft, S. 355; zur Kritik daran siehe Kapitel 7 IV. 3. 121 Herzig, in: Herzig, Organschaft, S. 35. 122 Überblick bei Montag, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 18 Rn. 400 ff.; Herzig, in: Herzig, Organschaft, S. 8 ff.

II. Historische Motivation der Einführung einer Organschaft

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eine Organschaft bilden (§ 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG bzw. § 1 Abs. 4 Nr. 2 lit. a) GrEStG). Dabei ist ferner zu beachten, dass umsatzsteuerrechtliche und grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft trotz nahezu gleichem Wortlaut eigenständige, formell nicht aufeinander bezogene Normierungen darstellen. Die Anteilsvereinigung im „Organkreis“ wurde von der Finanzverwaltung zum Gegenstand mehrerer Erlasse gemacht. Während der Erlass zu § 1 Abs. 3 GrEStG vom 02.12.1999123 die grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft noch relativ kursorisch behandelte, stellte die wohl im gesamten Bundesgebiet angewandte Rundverfügung der OFD Münster vom 07.12.2000124 (im Folgenden: Organschaftsverfügung) eine erste umfassende Behandlung von grunderwerbsteuerrechtlichen Fragestellungen dar. Zudem wurde durch einen koordinierten Ländererlass die Auffassung vertreten, die Bildung einer Organschaft könne dem Anteilserwerb nachfolgen, wenn diese in sachlichem und zeitlichem Zusammenhang mit dem Anteilserwerb stehe und auf einem vorgefassten Gesamtplan beruhten.125 Die teilweise heftige Kritik der Literatur an Teilen der Organschaftsverfügung sowie das Urteil des BFH vom 20.07.2005126 machten eine Überarbeitung derselben erforderlich. Diese erfolgte im gleich lautenden Erlass der obersten Finanzbehörden der Länder vom 21.03.2007127 (im Folgenden: Organschaftserlass), welcher ausweislich seiner Textziffer 10. in allen noch offenen Fällen anzuwenden ist. Die jeweiligen Ausführungen dieses Erlasses werden bei der Erörterung von organschaftlichen Fragestellungen im Verlauf dieser Arbeit dargestellt und gewürdigt. 3. Divergierende Normzwecke von umsatzsteuerrechtlicher und grunderwerbsteuerrechtlicher Organschaft Nach herrschender Meinung ist bei Auslegung der Tatbestandsmerkmale einer grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft aufgrund wörtlicher Identität an die Rechtsprechung und Literatur zur umsatzsteuerrechtlichen Organschaft anzuknüpfen.128 Diese Auffassung ist meines Erachtens nicht einfach zu rezipieren, sondern zu überprüfen, gilt doch, dass bezüglich der Auslegung einer 123 Oberste Finanzbehörden der Länder, gleichlautender Erlass v. 02.12.1999, DStR 1999, S. 2075 f., Tz. 4. 124 OFD Münster, Verfügung v. 07.12.2000 – S 4500 – 49 – St 24 – 35 –, UVR 2001, S. 366 ff. 125 FinMin Baden-Württemberg v. 11.10.2005, 3 – S 4501/10, DStR 2005, S. 1903. 126 II R 30/04, BStBl. II 2005, S. 839 f. 127 Oberste Finanzbehörden der Länder, gleichlautender Erlass v. 21.03.2007, DStR 2007, S. 900 ff. 128 Mitsch, DB 2001, S. 2165 (2166); Willibald/Widmayer, DB 2005, S. 2543 (2544); Pahlke, in: Pahlke/Franz, GrEStG § 1 Rn. 341 u. 343; Hofmann, GrEStG, § 1 Rn. 167; Weilbach, GrEStG, § 1 Rn. 93; Günkel/Lieber, in: Herzig, Organschaft, S. 355.

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Kap. 7: Grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft

Norm nur dann eine Norm eines anderen – wenn auch verwandten – Rechtsgebiets heranzuziehen ist, wenn eine Vergleichbarkeit beider Rechtsgebiete und -normen hinsichtlich des von ihnen verfolgten Normzwecks gegeben ist. Mit anderen Worten: die Regelungsziele der grunderwerbsteuerrechtlichen und der umsatzsteuerrechtlichen Organschaft müssen übereinstimmen, wenn im Sinne einer „Einheit der Rechtsordnung“ die Auslegungen des umsatzsteuerrechtlichen Tatbestandsmerkmale der Organschaft auf die der grunderwerbsteuerrechtlichen übertragen werden sollen.129 Hierfür spricht zunächst die Begründung zum GrEStG 1940, welche die Definition der herrschenden und abhängigen Unternehmen unter dem Gesichtspunkt der „Einheit des Steuerrechts“ an die Voraussetzungen der umsatzsteuerrechtlichen Organschaft knüpft. Mit dem GrEStG 1983 erfolgte jedoch die Aufhebung der Verweisung unter Aufnahme einer mit der des UStG wortgleichen Definition der grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft in § 1 Abs. 4 Nr. 2 GrEStG. Damit ist aber vor dem Hintergrund der „Relativität der Rechtsbegriffe“130 zu untersuchen, ob nach Trennung beider Normen eine einheitliche Auslegung noch möglich ist. Bei Betrachtung der Gesetzesbegründung des GrEStG 1983 scheint der Gesetzgeber hiervon gerade nicht ausgehen zu wollen. Dieser führt aus, dass die Einführung des § 1 Abs. 4 Nr. 2 lit. a) GrEStG notwendig war, um Personengesellschaften als abhängige Gesellschaft im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG erfassen zu können. Die Notwendigkeit ergebe sich daraus, dass der BFH im Urteil vom 07.12.1978131 entschieden habe, eine Personengesellschaft könne nicht unselbständig im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG sein. Aus dieser gesetzgeberischen Entscheidung ist ersichtlich, dass selbst der Gesetzgeber nicht mehr vom identischen Begriffsverständnis zwischen grunderwerbsteuerrechtlicher und umsatzsteuerrechtlicher Organschaft ausging. Somit erscheint eine divergierende Auslegung möglich, zumal ferner zu prüfen ist, ob die Verknüpfung von grunderwerb- und umsatzsteuerrechtlicher Organschaft überhaupt sinnvoll war. Meines Erachtens ist der Anknüpfung der grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft an die umsatzsteuerrechtliche nur teilweise zuzustimmen, auch wenn sich bei näherer Betrachtung der Normzwecke einige Gemeinsamkeiten ergeben. Beispielsweise ist es dem Grunderwerbsteuerrecht und wie auch dem Umsatzsteuerrecht gemeinsam, dass sie die Steuerbarkeit an einen Verkehrsvorgang knüpfen, während das Körperschaftsteuerrecht allein die durch erwerbswirtschaftliche Betätigung generierte wirtschaftliche Leistungsfähigkeit für Zwecke der Besteuerung erfassen möchte. Grunderwerbsteuerrechtlicher und umsatzsteuerrechtlicher Organschaft ist ferner gemeinsam, dass sie ein Abhängigkeits129 130 131

Siehe dazu Kapitel 2 V. 4. Engisch, Einführung in das juristische Denken, S. 78 und 156 ff. Tatsächliches Az. V R 22/74, BStBl. II 1979, S. 356 (358).

II. Historische Motivation der Einführung einer Organschaft

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verhältnis zum Gegenstand haben. Während § 2 Abs. 2 UStG das Merkmal der Selbständigkeit im Sinne des § 2 Abs. 1 UStG präzisiert, definiert § 1 Abs. 4 Nr. 2 GrEStG das Bestehen eines Abhängigkeitsverhältnisses zwischen Personen. Beide Regelungen haben insoweit zum Ziel, die Eigenständigkeit einer Person zu untersuchen. Jedoch ergibt sich ein wesentlicher Unterschied bezüglich des „Fernziels“ der beiden Organschaftsmodelle. Die umsatzsteuerrechtliche Regelung zielt darauf ab, das steuerbegründende Tatbestandsmerkmal des „Unternehmers“ zu definieren, denn nur Umsätze, die ein Unternehmer an eine andere Person ausführt, sind umsatzsteuerpflichtig. Handelt es sich zwar um einen formellen Umsatz, also eine Lieferung oder Leistung an eine für sich genommen selbständige Person, der aufgrund des Abhängigkeitsverhältnisses aber keinen wirtschaftlichen Umsatz, sondern nur eine innerbetriebliche Leistung darstellt, soll diese Leistung auch als Innenumsatz behandelt werden und daher nicht steuerbar sein.132 Die Grunderwerbsteuerpflicht knüpft dagegen nur an den formellen, im Falle der Absätze 2, 2a und 3 an einen sich in rechtsförmlichen Vorgaben vollziehenden wirtschaftlichen Grundstücksverkehr an, und zwar grundsätzlich unabhängig davon, ob die jeweiligen Parteien Unternehmer sind oder nicht. Besteuerungsgrund ist im Falle des § 1 Abs. 3 GrEStG die Erlangung der Sachherrschaft über die Grundstücke von untergeordneten Gesellschaften. Daher ist es auch zweifelhaft, ob die Reduktion des Anwendungsbereichs des § 1 Abs. 4 Nr. 2 GrEStG auf herrschende und abhängige Unternehmen sinnvoll ist;133 eine erweiternde Auslegung auf Nichtunternehmer ist aber angesichts des klaren Wortlauts nicht möglich.134 Insbesondere der Begriff der nachhaltigen Betätigung spielt – anders als im Umsatzsteuerrecht – im Grunderwerbsteuerrecht keinerlei Rolle, da auch gelegentliche Grundstücksumsätze im Sinne der Vorschriften des § 1 Abs. 1 bis 3 GrEStG grunderwerbsteuerpflichtig sind. Infolgedessen dürfen die Tatbestandsmerkmale der grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft nicht einfach mit denen der umsatzsteuerrechtlichen gleichgesetzt werden. Vielmehr muss den divergierenden Normzwecken im Rahmen der Auslegung Rechnung getragen werden. Zielt ein Tatbestandsmerkmal bei der umsatzsteuerrechtlichen Organschaft auf die Abgrenzung zwischen Außen- oder Innenumsatz ab, so kann dieses Merkmal aufgrund des andersartigen Regelungszwecks bei der Auslegung von Tatbestandsmerkmalen der grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft nicht herangezogen werden. Geht es aber um die 132 Stadie, in: Rau//Dürrwächter, UStG, § 2 Rn. 620; Radeisen, in: Vogel/Schwarz, UStG, § 2 Rn. 112 u. 216; Heidner, in: Bunjes/Geist, UStG, § 2 Rn. 111; für das öGrEStG Czurda, in: Czurda, GrEStG, § 1 Rn. 403. 133 So auch Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 272. 134 BFH, Urt. v. 20.03.1974 – II R 185/66, BStBl. II 1974, S. 769 (770); näher dazu siehe Kapitel 7 IV. 1.

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Kap. 7: Grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft

bloße Erfassung des Abhängigkeitsverhältnisses, so ist davon auszugehen, dass zumindest die teilweise Heranziehung der Rechtsmeinungen zum korrespondierenden umsatzsteuerrechtlichen Tatbestandsmerkmal erwogen werden kann, wenn auch aufgrund der divergierenden Regelungszwecke möglicherweise andere Anforderungen an die Intensität der Ausprägung von Tatbestandsmerkmalen gestellt werden müssen. Dies ist bei den einzelnen Tatbestandsmerkmalen selbst zu untersuchen. Aufgrund der vorzunehmenden Differenzierungen lässt sich auch das weitgehende Leerlaufen des § 1 Abs. 4 Nr. 2 lit. a) GrEStG erklären. In § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG dient dieser Normtext dazu, die Unternehmereigenschaft anhand der persönlichen Unabhängigkeit zu definieren und von der Arbeitnehmereigenschaft abzugrenzen.135 Rechtsfolge der Weisungsabhängigkeit ist damit nicht, dass jede Lieferung oder Leistung, welche die Person ausführt, nunmehr einer anderen Person zuzurechnen ist, sondern dass diese Leistungen nicht steuerbar sind.136 Anders dagegen § 1 Abs. 4 Nr. 2 lit. a) GrEStG: hier dient die Vorschrift zur Erfassung der Weisungsbefugnis des herrschenden Unternehmers zur natürlichen Person in Bezug auf dessen Anteile, weshalb die Anteilsbezogenheit der Weisungsbefugnis auch ausdrücklich in das Gesetz aufgenommen wird. Eine arbeitsrechtliche Weisungsbefugnis bezüglich der Anteile, die ein Arbeitnehmer an einer Gesellschaft hält, ist jedoch nie gegeben;137 nach § 106 GewO darf der Arbeitgeber Inhalt, Ort und Zeit der Arbeitsleistung nach billigem Ermessen bestimmen,138 aber nicht die Kapitalanlageentscheidungen der Arbeitnehmer. Denkbar wäre allenfalls, diese aus einem Auftrags- oder Treuhandverhältnis resultieren zu lassen, auf das § 1 Abs. 4 Nr. 2 lit. a) GrEStG jedoch keine Anwendung findet.139 Eine Weisung bezüglich der von einem Arbeitnehmer gehaltenen Anteile wäre somit schlechthin unwirksam. Demnach kann § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG nicht zur Auslegung des § 1 Abs. 4 Nr. 2 lit. a) GrEStG dienen. Auch eine Anwendung auf die Personenhandelsgesellschaft, welche der Gesetzgeber eigentlich beabsichtigt hatte,140 erscheint kaum möglich, da nicht erkennbar ist, unter welchen Umständen ein solcher weisungsabhängiger Zusammenschluss von natürlichen Personen vorliegen soll. Nach Vorstellung des damaligen Gesetzgebers handelt es sich bei den Personenzusammenschlüssen im Sinne des § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG 1934 nämlich nicht um Personengesellschaften. Vielmehr wollte dieser klarstellen, dass Arbeitnehmer ihren Status als Unselb135

Stadie, in: Rau/Dürrwächter, UStG, § 2 Rn. 127. Stadie, in: Rau/Dürrwächter, UStG, § 2 Rn. 123; Heidner, in: Bunjes/Geist, UStG, § 2 Rn. 111. 137 Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 963; Stadie, in: Rau/Dürrwächter, UStG, § 2 Rn. 159. 138 Löwisch, Arbeitsrecht, Rn. 868. 139 Siehe Kapitel 6 IV. 1. a). 140 BT-Drucks. 9/251, S. 16. 136

II. Historische Motivation der Einführung einer Organschaft

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ständige nicht dadurch verlieren, indem sie ihre Arbeitsleistung ausnahmsweise gegenüber ihren Arbeitgebern zusammengeschlossen erbringen.141 Dementsprechend hatte der RFH den Zusammenschluss von Lohnschlächtern als unselbständig behandelt, weil die einzelnen Lohnschlächter trotz deren Zusammenschluss den Weisungen des Schlachthofes zur Folgeleistung verpflichtet waren.142 Es handelt sich somit um einen Durchgriff durch den evtl. teilrechtsfähigen Zusammenschluss von Personen, weshalb nicht die Personengesellschaft (so eine solche überhaupt gebildet wird), sondern der Einzelne, jedoch nicht als Gesellschafter, sondern als weisungsabhängiger Arbeitnehmer als unselbständig behandelt wird, auch wenn er die geschuldete Leistung ausnahmsweise im Zusammenschluss mit anderen erbringt. Die Norm ist somit eine Ausnahmevorschrift und daher eng auszulegen. Daher sei, so der BFH, eine Personengesellschaft des Handelsrechts nicht von § 2 Abs. 2 Nr. 1 UStG erfasst.143 Ergänzend ist hinzuzufügen, dass es dem Gesetzgeber unbenommen geblieben wäre, die Personengesellschaft selbst im Wortlaut mit aufzuführen. Ferner wären nach dem Wortlaut nur solche Personengesellschaften erfasst, die ausschließlich aus natürlichen Personen bestehen.144 Es erscheint aber unverständlich, warum durch die unter Umständen nur formale Beteiligung einer Kapitalgesellschaft an einer Personengesellschaft letztere per definitionem nicht mehr abhängig sein könnte, wohingegen gerade eine ausschließlich aus natürlichen – und damit im Sinne des Gesellschaftsrecht abhängigkeitsresistenten – Personen bestehende Personengesellschaft unter diese Norm zu subsumieren wäre. Besteht eine Personengesellschaft somit nur aus natürlichen Personen, ist kein Fall denkbar, wie bei dieser 95 v. H. der Anteile an derselben vereinigt sein sollen, da aufgrund der ansonsten stattfindenden Anwachsung nach § 738 BGB immer mindestens zwei Gesellschafter vorhanden sein müssen und die Stellung als zwischengeschaltete, schlechthin abhängige Person bei natürlichen Personen nicht ernsthaft in Betracht gezogen werden kann. Somit hat der Gesetzgeber zwar in seiner Gesetzesbegründung zum Ausdruck gebracht, dass er eigentlich Personengesellschaften über § 1 Abs. 4 Nr. 2 lit. a) GrEStG miterfassen möchte,145 aber eine Norm auf diese bezogen, welche dem Wortlaut und der Gesetzgebungsgeschichte nach im Grunderwerbsteuerrecht weder auf natürliche Personen noch auf Personengesellschaften Anwendung findet. Zudem hat es der

141 BFH, Urt. v. 07.12.1978 – V R 22/74, BStBl. II 1979, S. 356; Urt. v. 08.08. 2001 – II R 66/98, BFH/NV 2001, S. 1672 (1673). 142 RFH, Urt. v. 19.03.1937 – V A 15/37, RStBl. 1937, S. 623. 143 Vgl. zur Gesamtproblematik BFH, Urt. v. 07.12.1978 – V R 22/74, BStBl. II 1979, S. 356 (357 f.). 144 BFH, Urt. v. 08.08.2001 – II R 66/98, BStBl. II 2002, S. 157 (158); jetzt auch Oberste Finanzbehörden der Länder, gleichlautender Erlass v. 21.03.2007, DStR 2007, S. 900 (906, Tz. 7). 145 BT-Drucks. 9/251, S. 16.

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Kap. 7: Grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft

Gesetzgeber versäumt, andere Kriterien festzulegen, wann ein solches Weisungsverhältnis vorliegen soll; die umsatzsteuerrechtlichen Wurzeln der Norm können jedoch, wie gezeigt, nicht herangezogen werden.146 Die Norm hat daher aufgrund grober handwerklicher Fehler des Gesetzgebers aus ihrem Wortlaut heraus keinen Anwendungsbereich. Zur Schaffung eines solchen Anwendungsbereichs käme nur eine teleologische Extension der Vorschrift in Betracht.147 Bei einer solchen Rechtsfortbildung ist es erforderlich, dass die zu erweiternde Rechtsnorm ihrem Sinn und Zweck nach Lebenssachverhalte (steuerlich) erfassen sollte, die jedoch nicht unter den Wortlaut des Gesetzes subsumiert werden können, weil dieser zu kurz greift. Mit anderen Worten: der Wortlaut der Rechtsnorm bleibt hinter deren Zweck zurück. Die teleologische Extension ist damit eine Unterform der Analogie und nur in denselben Grenzen zulässig.148 Erforderlich für eine solche teleologische Extension ist ferner, dass sich der Gesetzeszweck eindeutig ermitteln lässt und ohne Korrektur der Gesetzeszweck so weit verfehlt werden würde, dass ein schwerwiegender Wertungswiderspruch oder eine offenbare Ungerechtigkeit nicht zu vermeiden wäre.149 Insoweit wäre eine Erweiterung des § 1 Abs. 4 Nr. 2 lit. a) GrEStG auf Personengesellschaften durchaus denkbar. Denn wie bereits gezeigt, sind auch Personengesellschaften in der Lage, nicht nur als Organträger, sondern auch als Organgesellschaft zu fungieren.150 Somit kann auch eine Personengesellschaft derart kontrolliert werden, dass das herrschende Unternehmen über die von der Personengesellschaft gehaltenen Gesellschaftsanteile bestimmen kann und – zusammen mit weiteren direkt oder indirekt gehaltenen Beteiligungen – die Sachherrschaft über die Gesellschaften ausüben kann, an denen die Personengesellschaft beteiligt ist. Die Einbeziehung der Personengesellschaften in die grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft entspricht daher dem Zweck, der mit der Einführung der Rechtsfigur der Organschaft in das Grunderwerbsteuerrecht verfolgt wurde. Jedoch ist zu beachten, dass aufgrund ihrer Einordnung als Unterform der Analogie nach herrschender Meinung in Rechtsprechung und Literatur eine teleologische Extension mit steuerbegründendem Charakter unzulässig ist. Die Abgabenverwaltung ist Teil der Eingriffsverwaltung. Aufgrund der allgemeinen 146 BFH, Urt. v. 08.08.2001 – II R 66/98, BStBl. II 2002, S. 156 (158); Sigloch, NJW 1983, S. 1817 (1821). 147 Diese Möglichkeit hat der BFH, Urt. v. 08.08.2001 – II R 66/98, BStBl. II 2002, S. 156 (158) zumindest nicht ausdrücklich geprüft. 148 Rüthers, Rechtstheorie, Rn. 904; in der Begründung abweichend, jedoch mit gleichen Ergebnissen Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 216 ff., welche die teleologische Extension als eine der Analogie ähnliche Methode der Rechtsfortbildung halten, die aber nur in denselben Grenzen zulässig sei. Zur Zulässigkeit der Analogie im Steuerrecht siehe Kapitel 2 V. 1. 149 Larenz/Canaris, Methodenlehre, S. 219 f. 150 Siehe Kapitel 7 I. 4.

II. Historische Motivation der Einführung einer Organschaft

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Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG) und der Bindung an Recht und Gesetz (Art. 20 Abs. 3 GG) sind Rechtsprechung und Verwaltung nicht befugt, im Wege der Rechtsfortbildung angebliche oder tatsächliche Besteuerungslücken zu Lasten des Steuerpflichtigen zu schließen.151 Das BVerfG hat im Beschluss vom 14.08.1996152 zudem wiederholt klargestellt, dass Ermächtigungen der Exekutive zur Vornahme belastender Verwaltungsakte durch das ermächtigende Gesetz nach Inhalt, Gegenstand, Zweck und Ausmaß hinreichend bestimmt und begrenzt sein müssen, so das die Eingriffe messbar und in gewissem Umfang für den einzelnen voraussehbar und berechenbar werden. Dieser Grundsatz gelte auch für die Heranziehung zu öffentlichen Abgaben. Da aber der Ausdehnung auf Personengesellschaften steuerbegründender Charakter zukäme, ist die teleologische Extension unzulässig. Es bedarf daher zu deren Erfassung einer Änderung der Norm selbst, welche dem Gesetzgeber vorbehalten ist. 4. Grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft als Unterfall der mittelbaren Anteilsvereinigung? Nach allgemeinem Verständnis wird die Anteilsvereinigung im Wege einer grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft als Unterfall der mittelbaren Anteilsvereinigung verstanden. Statt mindestens 95 v. H. der Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft bei einem Rechtsträger zu vereinigen, genügt es, wenn die Anteile von verschiedenen Rechtsträgern gehalten werden, welche in einem den Anforderungen des § 1 Abs. 4 Nr. 2 lit. b) GrEStG entsprechenden Abhängigkeitsverhältnis zueinander (Unterordnungskonzern) oder zu einer herrschenden Gesellschaft (Gleichordnungskonzern) stehen.153 Mittelbare Anteilsvereinigung durch Beteiligungsketten und organschaftliche Anteilsvereinigung sind nach dieser Auffassung gleichwertige Varianten der mittelbaren Anteilsvereinigung.154 Dagegen ist Hofmann der Ansicht, dass die „Anteilsvereinigung im Organkreis“ zwar als „dritter Fall“ der mittelbaren Anteilsvereinigung zu verstehen 151 BVerfG, Beschl. v. 14.08.1996 – 2 BvR 2088/93, NJW 1996, S. 3146; Beschl. v. 20.05.1988 – 1 BvR 273/88, BB 1988, S. 1716; speziell zur grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft BFH, Urt. v. 08.08.2001 – II R 66/98, BStBl. II 2002, S. 156 (158); Drüen, in: Tipke/Kruse, AO, § 4 Rn. 360 u. 382; Crezelius, Steuerrechtliche Rechtsanwendung und allgemeine Rechtsordnung, S. 362; Offerhaus, BB 1984, S. 996; Schiessl/Hübner, BB 2006, S. 1533 (1536). 152 2 BvR 2088/93, NJW 1996, S. 3146; ebenso BVerfG, Beschl. v. 10.10.1961 – 2 BvL 1/59, BVerfGE 13, S. 153 (160). 153 BFH, Urt. v. 16.01.1980 – II R 52/76, BStBl. II 1980, S. 360; Urt. v. 20.07.2005 – II R 30/04, BB 2005, S. 2452 (2453); Heine, GmbHR 2000, S. 850 (854); Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 958; Grotherr, BB 1994, S. 1970 (1973); Adolf/Kleinert, GmbHR 2005, S. 1578 (1579). 154 BFH, Urt. v. 20.07.2005 – II R 30/04, BB 2005, S. 2452 (2453); v. 08.08.2001 – II R 66/98, BStBl. II 2002, S. 156 (159).

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Kap. 7: Grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft

ist, jedoch streng von der mittelbaren Anteilsvereinigung durch Beteiligungsketten abgegrenzt werden muss. Dieser Fall dürfe der mittelbaren Anteilsvereinigung über eine Beteiligungskette nicht gleichgestellt werden, weil an der Spitze eines organschaftlich verbundenen Konzerns ein Unternehmer155 stehen müsse, während derjenige, der über eine Beteiligungskette Anteile zu mindestens 95 v. H. vereinigt, diese auch im Privatvermögen halten könne. Zudem müssten sich die Anteile numerisch in der Hand mehrerer Unternehmen vereinigen, während es für die Anteilsvereinigung irrelevant ist, ob die Anteile bei einer Person direkt vereinigt sind, oder mittelbar über mehrere Gesellschaften auf gleicher oder unterschiedlicher Beteiligungsstufe.156 Hofmann ist darin beizupflichten, dass die angebliche Gleichheit von organschaftlicher Anteilsvereinigung und der mittelbaren Anteilsvereinigung über eine Beteiligungskette nicht überbetont werden darf, da in beiden Fällen signifikante Unterschiede existieren. Die mittelbare Anteilsvereinigung über Beteiligungsketten kann zutreffend als „dingliche“ oder besser mitgliedschaftliche Anteilsvereinigung bezeichnet werden: hier wird die Sachherrschaft über die grundbesitzende Gesellschaft über eine Verknüpfung rein mitgliedschaftlich begründeter Einflussnahmemöglichkeiten auf die zwischengeschalteten wie schlussendlich auch auf die grundbesitzende Gesellschaft begründet. Dagegen stellt die Anteilsvereinigung über eine grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft eine gemischt „mitgliedschaftlich-organisatorische“ dar: die Sachherrschaft über die grundbesitzende Gesellschaft wird zwar nach wie vor erst bei Vereinigung von mindestens 95 v. H. der Anteile an dieser Gesellschaft vermutet. Die Ausübung der Mitgliedschaftsrechte kann jedoch dadurch im Sinne der herrschenden Gesellschaft vorgenommen werden, indem im Wege der organschaftlichen (nicht zwingend aktienrechtlichen) Eingliederung die abhängige Gesellschaft faktisch angewiesen werden kann, wie sie ihre Mitgliedschaftsrechte (insbesondere ihre Stimmrechte) auszuüben hat. Im Folgenden soll die Anteilsvereinigung über eine grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft demnach vereinfacht auch als „organisatorische“ Anteilsvereinigung bezeichnet werden. Dennoch ist der zugrunde liegende Gedanke derselbe wie bei der mittelbaren Anteilsvereinigung: Besteuert werden soll ein wirtschaftlicher Grunderwerb durch die Erlangung der Sachherrschaft über die sich im Gesellschaftsvermögen befindlichen Grundstücke, welche nicht nur durch eine mindestens 95%-ige unmittelbare Beteiligung an der grundbesitzenden Gesellschaft, sondern auch durch das Bestehen eines durch § 1 Abs. 3 und 4 GrEStG erfassten tatsächlichen oder vermuteten Herrschaftsverhältnisses über zwischengeschaltete Gesellschaften begründet werden kann.157

155 Zum Unternehmerbegriff bei § 1 Abs. 3 Nr. 1, 2. Alt., Abs. 4 Nr. 2 GrEStG siehe Kapitel 7 IV. 1. 156 Hofmann, GrEStG, § 1 Rn. 169; Günkel/Lieber, in: Herzig, Organschaft, S. 358.

III. Grundstückszuordnung bei Organschaftsverhältnissen

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III. Grundstückszuordnung bei Organschaftsverhältnissen in Abgrenzung zur mittelbaren Anteilsvereinigung Im Regelfall werden die Gesellschaftsgrundstücke im Rahmen des § 1 Abs. 3 GrEStG neben der grundbesitzenden Gesellschaft selbst auch denjenigen Gesellschaftern zugeordnet, welche unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 95 v. H. an der grundbesitzenden Gesellschaft beteiligt sind.158 Immer ist es dabei jedoch erforderlich, dass der in diesem Umfang beteiligte Gesellschafter Rechtsträger der Anteile sein muss. Nach Aussagen weiter Teile der Literatur, der Finanzverwaltung sowie einiger Urteile werden die Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft „in der Hand des Organkreises“ vereinigt und sind diesem und nicht dem herrschenden Unternehmen zuzuordnen.159 Leider fehlt häufig eine Präzisierung, warum statt des herrschenden Unternehmens der Organkreis Zuordnungssubjekt der Anteile an grundbesitzenden Gesellschaften sein soll, ja ob ein Organkreis überhaupt grunderwerbsteuerrechtlicher als Zuordnungsträger zu qualifizieren ist. Dies wird im Folgenden näher zu untersuchen sein. 1. Rechtsträgerschaft und Zuordnungssubjekt bei Organschaft Die Frage der Rechtsträgerschaft und dem Zuordnungssubjekt bei der Organschaft ist in der Literatur seit neuerem umstritten. Zur Verdeutlichung soll folgendes Beispiel dienen. Beispiel 26: Die A-GmbH hält 75% der Anteile an der B-GmbH, mit der sie zudem organschaftlich verbunden ist. Darüber hinaus ist sie mit 45% an der grundbesitzenden C-GmbH beteiligt; weitere 50% der Anteile an der C-GmbH hält die B-GmbH. Nunmehr wird die B-GmbH auf die A-GmbH verschmolzen.

Je nachdem, wem das Grundstück der C-GmbH im Rahmen der vorherigen Anteilsvereinigung „im Organkreis“ zuzuordnen ist, ändert sich das Ergebnis, ob der dargestellte Fall steuerpflichtig ist oder nicht. Ist Zuordnungssubjekt des Grundstückes der aus der A-GmbH und der B-GmbH bestehende Organkreis, so ist die Verschmelzung der B-GmbH auf die A-GmbH steuerpflichtig, weil damit unter Auflösung des Organkreises 95 v. H. der Anteile an der C-GmbH bei der 157 Ähnlich Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 253, der aus seiner Sicht konsequent auf die Zwecksetzungsmacht abstellt. 158 BFH, Urt. v. 20.07.2005 – II R 30/04, BStBl. II 2005, S. 839 (840); v. 18.03.2005 – II R 21/03, BFH/NV 2005, S. 1867 (1868); v. 05.11.2002 – II R 23/00, BFH/NV 2003, S. 505 (506); Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 855. 159 BFH, Urt. v. 20.07.2005 – II R 30/04, BStBl. II 2005, S. 839 (840); Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 958b; Brinkmann/Tschesche, BB 2005, S. 2783 (2784 f.); Willibald/Widmayer, DB 2005, S. 2543 (2545); Oberste Finanzbehörden der Länder, gleichlautender Erlass v. 21.03.2007, DStR 2007, S. 900 Tz. 1.

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Kap. 7: Grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft

A-GmbH vereinigt werden und somit ein Wechsel des Zuordnungssubjekts eintritt. Wird dagegen aufgrund der beherrschenden Stellung der A-GmbH gegenüber der B-GmbH die A-GmbH als Zuordnungssubjekt angesehen, so findet mit der Verschmelzung kein Wechsel des Zuordnungsträgers statt, so dass dieser Vorgang – vergleichbar einer Anteilsvereinigung „Up-Stream“ – nicht steuerpflichtig ist. a) Überblick über den Stand von Rechtsprechung und Literatur Die Rechtsprechung sieht in der grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft eine Erweiterung der Anteilsvereinigung „über den Regelfall hinaus“ und verweist dazu auf die Gesetzesbegründung zum GrEStG 1940, welche die Einführung mit der Eindämmung von Umgehungsmöglichkeiten rechtfertigt. Daraus könne, so der BFH, nicht gefolgert werden, „daß die zu einem so genannten Organkreis gehörenden Gesellschaften zu einer grunderwerbsteuerrechtlichen Einheit in dem Sinne werden sollten, daß die Übertragung aller Anteile von einer Gesellschaft des Organkreises auf eine andere Gesellschaft des Organkreises entgegen dem Wortlaut des § 1 Abs. 3 Nr. 3, 4 GrEStG nicht mehr der Grunderwerbsteuer unterliegen soll.“160

Eine Einschränkung finde allenfalls insoweit statt, als einzelne, also nicht zu 100 v. H. (jetzt zu mindestens 95 v. H.) vereinigte Anteile im Organkreis übertragen werden.161 Dies bedeute, dass jede nachfolgende unmittelbare oder mittelbare Vereinigung von mindestens 95 v. H. der Anteile der grundbesitzenden Gesellschaft bei einer dem Organkreis angehörenden Gesellschaft steuerpflichtig ist. Dem Wortlaut der Entscheidungsgründe nach bedeutet dies auch, dass die unmittelbare Anteilsvereinigung beim Organträger nach vorheriger mittelbarer Anteilsvereinigung im Organkreis nach Auffassung des BFH steuerbar ist, weshalb die Literatur in diese Entscheidung hineinliest, dass die Rechtsprechung den aus der herrschenden und den abhängigen Gesellschaften gebildeten Organkreis als Zuordnungssubjekt des in Frage stehenden Grundstücks betrachtet. Diese Aussage ist jedoch unter dreierlei Gesichtspunkten zu relativieren. Erstens spricht der BFH in dieser Entscheidung nicht explizit aus, dass der Organkreis Zuordnungsträger sei, sondern spricht von der Vereinigung in der Hand mehrerer Gesellschaften. Zum anderen handelte es sich im entschiedenen Fall um eine 100%-ige Anteilsübertragung von der Muttergesellschaft zu deren 100%-iger, aber eben auch organschaftlich verbundener Tochtergesellschaft, also letztlich um eine Anteilsübertragung „Down-Stream“, so dass es der Organschaft gar nicht bedurft hätte, um die Steuerbarkeit dieses Vorgangs zu be160 161

BFH, Urt. v. 30.03.1988 – II R 81/85, BStBl. 1988 II, S. 682. Ebd.

III. Grundstückszuordnung bei Organschaftsverhältnissen

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gründen. Drittens erging diese Entscheidung zeitlich vor der oben dargestellten Änderung der Rechtsprechung zur Steuerbarkeit bei Verkürzung von Beteiligungsketten, so dass der BFH zu diesem Zeitpunkt noch nicht von der Steuerfreiheit einer solchen Anteilsübertragung ausgegangen sein dürfte.162 In der Entscheidung vom 20.10.1993 ließ der BFH noch ausdrücklich offen, wie sich eine unmittelbare Anteilsvereinigung bei der „Obergesellschaft“ auswirke, wenn bereits vorher eine Vereinigung in der Hand von herrschenden und abhängen Unternehmen oder abhängigen Personen stattgefunden habe.163 Dies lässt zumindest darauf schließen, dass der BFH aus der Entscheidung vom 30.03.1988 zumindest nicht ableitet, dass der Parallelfall bei vorheriger Anteilsvereinigung im Organkreis zwingend anders zu entscheiden wäre. Somit kann in diese Entscheidung nicht hineingelesen werden, der BFH habe sich definitiv dafür ausgesprochen, dass die Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft einem wie auch immer gearteten Organkreis und nicht der „Organmutter“, also dem herrschenden Unternehmen zuzuordnen seien. Andernfalls wäre die unmittelbare Anteilsvereinigung bei der Organmutter steuerpflichtig. In einer soweit ersichtlich von Literatur und Finanzverwaltung unbeachtet gebliebenen Entscheidung scheint sich der BFH zwischenzeitlich einer anderen Auffassung zu nähern. Im Urteil vom 08.08.2001164 äußert das Gericht in einem Nebensatz, dass bei mittelbarer Anteilsvereinigung im Organkreis der Klägerin (= Organmutter) die Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft bereits zu diesem Zeitpunkt der Klägerin zuzuordnen seien und damit die spätere Anteilsvereinigung in einer Beteiligungskette nicht steuerbar sei.165 Der Entscheidung lag folgender Fall zugrunde: Beispiel 27 Die A-GmbH ist Eigentümerin von Grundstücken. Die Anteile der A-GmbH wurden zu 55 v. H. von der A-KG und zu 45 v. H. von fünf Einzelpersonen gehalten. An der A-KG sind als Komplementärin ohne Kapitalanteil die A-B-GmbH und als einzige Kommanditistin die Klägerin mit 90 v. H. der Anteile beteiligt. Gesellschafterin der A-B-GmbH war die Klägerin (eine AG) mit 90 v. H. der Anteile (und mit 10 v. H. der Anteile eine andere AG). Die Vorstandsmitglieder der Klägerin waren zugleich Geschäftsführer der A-B-GmbH. Durch Vertrag mit den übrigen, zu insgesamt 45 v. H. beteiligten Gesellschaftern der A-GmbH erwarb die Klägerin deren Anteile.

162

Siehe dazu Kapitel 6 III. 1. b). Urt. v. 20.10.1993 – II R 116/90, BStBl. II 1994, S. 121 (123). 164 II R 66/98, BStBl. II 2002, S. 156 (158). 165 Eine endgültige Entscheidung erging hierzu nicht, weil das FG es versäumt hatte festzustellen, ob zwischen der Klägerin und einer Komplementär-GmbH eine Organschaft bestand. 163

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Kap. 7: Grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft

In diesem Verfahren hatte das FG Nürnberg übersehen, dass die Klägerin mit der A-B-GmbH organschaftlich verbunden sein könnte und entsprechende Hinweise darauf in seinem Urteil nicht gewürdigt.166 Der BFH äußerte die Ansicht, dass im Falle einer solchen organschaftlichen Verbindung eine Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG vorliegen könnte, was zur Vereinigung der Anteile in der Hand der Klägerin führen würde. Denn ein Teil der Anteile sei der Klägerin dann über die A-KG zuzurechnen, an der sie selbst teils unmittelbar, teils mittelbar über die A-B-GmbH beteiligt gewesen wäre. Die verbleibenden Anteile würden durch den Erwerb von den bisherigen fünf Einzelgesellschaftern der A-GmbH durch die Klägerin unmittelbar von dieser gehalten. Demnach spricht diese Aussage der Rechtsprechung dafür, dass sie die Gesellschaftsgrundstücke auch bei einer Anteilsvereinigung in der Hand von herrschenden und abhängigen Unternehmen dem herrschenden Unternehmen und nicht dem Organkreis zuordnet. Anders dagegen wiederum die Entscheidung vom 20.07.2005, in welcher die Rechtsprechung – jedoch ohne dass es auf die Differenzierung der Zuordnung angekommen wäre – von der Zuordnung des Gesellschaftsgrundstücks zum Organkreis spricht und diese verneint, da die Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft schon bei der abhängigen Gesellschaft vereinigt seien und es damit einer Anteilsvereinigung im Organkreis nicht mehr bedürfe.167 Jedoch war die Frage der grunderwerbsteuerrechtlichen Zuordnung zum Organkreis bzw. zum herrschenden Unternehmen nicht entscheidungserheblich, so dass es sich auch um eine argumentative Unschärfe handeln könnte, zumal die Urteile vom 20.10.1993168 und vom 08.08.2001169 in dieser Hinsicht nicht angesprochen wurden. Somit bleibt festzuhalten, dass – entgegen der wohl verbreiteten Ansicht in der Finanzverwaltung und Literatur – die Rechtsprechung nicht eindeutig klarstellt, ob nun Organkreis oder Organträger Zuordnungssubjekt sind. Die Auffassung, der Organkreis sei Zuordnungsträger des Gesellschaftsgrundstücks, wird von der Finanzverwaltung sowie der wohl überwiegenden Meinung in der Literatur vertreten. Bei Erörterung dieser Rechtsauffassung wird vorab die Frage gestellt, ob einem Organkreis überhaupt die Qualität eines Rechtsträgers zukommen kann. Daran schließt sich die Frage an, ob der Organkreis als Zuordnungssubjekt der vereinigten Anteile anzusehen ist. Die Finanzverwaltung bezeichnete den Organkreis bereits im koordinierten Ländererlass vom 02.12.1999 als Zuordnungsträger der Grundstücke und hielt 166 167 168 169

FG Nürnberg, Urt. v. 05.11.1998 – IV 119/97, EFG 1999, S. 573. II R 30/04, BB 2005, S. 2452 (2453). II R 116/90, BStBl. II 1994, S. 121 (123). II R 66/98, BStBl. II 2002, S. 156 (158).

III. Grundstückszuordnung bei Organschaftsverhältnissen

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demnach den Erwerb aller Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft durch die „Organmutter“ für steuerbar, obwohl bereits vorher eine Anteilsvereinigung im Rahmen einer grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft stattgefunden hat.170 Diese Auffassung führt der Organschaftserlass fort, indem er die grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft als Modifikation des Tatbestandsmerkmals „in einer Hand“ betrachtet. Als „eine Hand“ sei nunmehr der Organkreis und nicht die einzelnen Gesellschaften anzusehen, wenngleich der Organkreis selbst nicht grunderwerbsteuerrechtlicher Rechtsträger sei. Dementsprechend hält die Finanzverwaltung im Beispiel zu Textziffer 2.3.7. die unmittelbare Anteilsvereinigung bei dem Organträger nach vorangegangener Anteilsvereinigung im Organkreis für steuerbar.171 Teile der Literatur beschäftigen sich vorab mit der Frage, ob der Organkreis grunderwerbsteuerrechtlich als Rechtsträger anzuerkennen ist. Dies wird durchwegs verneint, da Rechtsträger im Sinne des Grunderwerbsteuerrechts nur natürliche und juristische Personen sowie Gesamthandsgemeinschaften sind. Zivilrechtlich stellen nur diese (teil-)rechtsfähige Personen dar.172 Eine steuerrechtliche Regelung, die eine Rechtsträgerschaft fingieren würde, fehlt hier. Ferner stellt der Organkreis mangels verbandsrechtlicher Subjektivität keine Gesamthandsgemeinschaft da, so dass er auch als solche nicht rechtsfähig sein kann.173 Er kann daher weder Eigentümer der Grundstücke noch Anteilsinhaber der grundbesitzenden Gesellschaften werden.174 Eine andere – und in der Literatur mittlerweile umstrittene – Frage ist aber, wem die Grundstücke einer grundbesitzenden Gesellschaft grunderwerbsteuerrechtlich zuzuordnen sind. Die Tatsache, dass die Grundstücke dem Organkreis zuzurechnen seien, ergebe sich aus dem Wortlaut des § 1 Abs. 3 Nr. 1, 2. Alt. GrEStG. Dort ist ausgeführt, dass die Anteile „. . . in der Hand von herrschenden und abhängigen Unternehmen oder abhängigen Personen oder in der Hand von abhängigen Unternehmen oder abhängigen Personen allein vereinigt werden würden.“

Daraus schließen weite Teile der Literatur, dass herrschende und abhängige Gesellschaft bzw. die von einem herrschenden Unternehmen abhängigen Gesellschaften als eine Hand und damit als Zuordnungssubjekt im Sinne des Grund170 Gleichlautender Ländererlass v. 02.12.1999, DStR 1999, S. 2075 (2076); bestätigt durch Oberste Finanzbehörden der Länder, gleichlautender Erlass v. 21.03.2007, DStR 2007, S. 900 Tz. 1. 171 Oberste Finanzbehörden der Länder, gleichlautender Erlass v. 21.03.2007, DStR 2007, S. 900 [903]. 172 Pahlke, in: Pahlke/Franz, GrEStG, § 1 Rn. 12. 173 BFH, Urt. v. 29.05.1974 – II 53/64, BStBl. II 1974, S. 697; Heine, GmbHR 2000, S. 850 (856); Krebs, in: FS-Fachanwalt für Steuerrecht, S. 420. 174 Heine, GmbHR 2000, S. 850 (857); Pahlke, in: Pahlke/Franz, GrEStG, § 1 Rn. 341; Günkel/Lieber, in: Herzig, Organschaft, S. 362 f.

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Kap. 7: Grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft

erwerbsteuerrechts anerkannt werden müssen, soweit Gesellschaften dieses Organkreises zusammengerechnet mindestens 95 v. H. der Anteile in ihrer Hand vereinigen. Folge dieser Ansicht ist, dass die Grundstücke grunderwerbsteuerrechtlich nicht dem „herrschenden Unternehmen“, also nicht dem Organträger zuzurechnen sind.175 Die Tatsache, dass die Einführung der grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft im Hinblick auf die Kontrolle des herrschenden Unternehmens über die abhängigen Gesellschaften erfolgt sei, wäre vor dem Hintergrund der von der Rechtsprechung angenommenen Erweiterungsfunktion der Organschaft letztlich irrelevant.176 Hierfür spräche auch die Norm des § 13 Nr. 5 lit. b) GrEStG. Nach dieser Regelung sind Steuerschuldner „. . . bei der Vereinigung von mindestens 95 vom Hundert der Anteile an einer Gesellschaft in der Hand mehrerer Unternehmen oder Personen diese Beteiligten.“

Daraus sei zwingend zu schließen, dass im Falle der grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft Zuordnungssubjekt der Gesellschaftsgrundstücke der Organkreis und nicht der Organträger sei.177 Dieser trete neben die einzelnen Gesellschaften, was zu erheblichen Konsequenzen führen könne, wenn diese einzelnen Gesellschaften vom „Organkreis“, also von anderen organschaftlich verbundenen Unternehmen Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft erwürben.178 Die dargestellte Ansicht zum Zuordnungssubjekt bei einer organschaftlichen Anteilsvereinigung ist in jüngerer Zeit von Teilen der Literatur stark kritisiert worden. Sehe man nämlich die Anteilsvereinigung im Organkreis als einen Unterfall der mittelbaren Anteilsvereinigung, bei der das auf dem Abhängigkeitsverhältnis beruhende Autonomiedefizit der zwischengeschalteten Gesellschaft zur Sachherrschaft der „Obergesellschaft“ führen würde, so sei das Grundstück der Gesellschaft, deren Anteile mittelbar über die Organschaft vereinigt würden, nicht dem Organkreis, sondern dem Organträger zuzuordnen.179 Heine betont, dass das Grunderwerbsteuerrecht immer einen tatsächlichen oder wirtschaftlichen Rechtsträgerwechsel besteuert. Wenn dem so sei, so könne auch nur derje175 Hofmann, GrEStG, § 1 Rn. 165; Brinkmann/Tschesche, BB 2005, S. 2783 (2784 f.); Willibald/Widmayer, DB 2005, S. 2543 (2545); Günkel/Lieber, in: Herzig, Organschaft, S. 358; wohl auch Lieber/Morgenweck, UVR 2006, S. 125 ff. 176 Hofmann, GrEStG, § 1 Rn. 165. 177 Günkel/Lieber, in: Herzig, Organschaft, S. 358; Brinkmann/Tschesche, BB 2005, S. 2783 (2784). 178 Pahlke, in: Pahlke/Franz, GrEStG, § 1 Rn. 341; Weilbach, GrEStG, § 1 Rn. 93; Schwerin, RNotZ 2003, S. 479 (491); näher dazu Kapitel 7 V. 3. 179 Verweyen, Grunderwerbsteuer bei konzerninternen Umstrukturierungen, S. 88; Gottwald, Grunderwerbsteuer, S. 84; Heine, GmbHR 2000, S. 850 (857); Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 254; Eder, DStR 1994, S. 735 (738); wohl auch Krebühl, DStR 2002, S. 1241 (1249); unklar Pahlke, in: Pahlke/Franz, GrEStG § 1 Rn. 344 f., der einerseits von der Anteilsvereinigung im Organkreis spricht (Rn. 344), andererseits betont, die Anteile müssten sich in der Hand des herrschenden Unternehmens vereinigen.

III. Grundstückszuordnung bei Organschaftsverhältnissen

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nige als Zurechnungssubjekt gelten, der selbst als Rechtsträger einzuordnen sei. Der Konzern sei als solcher aber kein Rechtsträger, weshalb nicht ihm, sondern dem Organträger die Gesellschaftsgrundstücke zuzuordnen seien.180 Besonders Kroschewski hat deutlich herausgearbeitet, dass aus dem Wortlaut des § 1 Abs. 3 Nr. 1, 2. Alt. GrEStG nicht geschlossen werden kann, dass herrschendes und abhängiges Unternehmen oder mehrere abhängige Unternehmen zu einer Hand (= Organkreis) zusammengefasst werden können. Denn bei Lichte betrachtet sei der Wortlaut höchst ungenau, da im Falle der Anteilsvereinigung bei mehreren abhängigen Unternehmen bei grammatischer Auslegung nicht zwingend erforderlich ist, dass die Abhängigkeit zu demselben herrschenden Unternehmen bestehen muss. Mit anderen Worten: es würde dem Wortlaut nach ausreichen, wenn die Unternehmen, welche die Anteile vereinigen, überhaupt abhängige seien; dass diese Unternehmen – von der Gesellschafterstellung bei derselben grundbesitzenden Gesellschaft abgesehen – in irgendeiner Beziehung zueinander stehen müssen, verlange der Wortlaut gerade nicht. Dies würde hinsichtlich der dem § 1 Abs. 3 GrEStG zugrunde liegenden Überlegungen aber keinerlei Sinn ergeben, da dann keine Sachherrschaft eines Zuordnungssubjekts an der grundbesitzenden Gesellschaft festzustellen sei.181 Demnach müssten die Unternehmen in irgendeiner Form konzernrechtlich miteinander verbunden sein, was nur über eine gemeinsame herrschende Gesellschaft möglich wäre. Nach Kroschewski macht dies nur dann Sinn, wenn unter der Hand, in welcher die Anteile vereinigt sind, nicht der Organkreis, sondern die des herrschenden Unternehmens zu verstehen ist.182 b) Stellungnahme Ausgehend von der zivilrechtlichen Selbständigkeit der im so genannten Organkreis „vereinigten“ Gesellschaften sowie des Normzwecks des § 1 Abs. 3 GrEStG, sprechen meines Erachtens die besseren Gründe dafür, dass die in Frage stehenden Gesellschaftsgrundstücke mittels der Rechtsfigur der grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft dem Organträger, also dem herrschenden Unternehmen zuzurechnen sind. Dies ergibt sich aus mehrerlei Gründen: Zum einen spricht gerade die zivilrechtliche Selbständigkeit der einzelnen Organgesellschaften gegen die Annahme, dass der Organkreis Zuordnungssubjekt der Gesellschaftsgrundstücke sei. Denn der Organkreis stellt nach unbestrittener Ansicht gerade keinen Rechtsträger, auch keine Gesamthandsgemeinschaft dar. Würde er eine Gesamthandsgemeinschaft darstellen, so wäre die Rechtsfigur der grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft überflüssig, da die Anteile 180 181 182

Heine, GmbHR 2000, S. 850 (857). Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 254. Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 254.

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Kap. 7: Grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft

bei der als rechtsfähig anerkannten Gesamthandgemeinschaft zu mindestens 95 v. H. vereinigt wären. Auch sonst finden sich weder im Grunderwerbsteuergesetz noch in der Abgabenordnung Hinweise darauf, dass der Organkreis als Rechtsträger anzuerkennen wäre.183 Dies wird auch von § 13 Nr. 5 lit. b) GrEStG deutlich gemacht, der gerade zeigt, dass die mehreren Unternehmen, nämlich herrschende und abhängige, nicht als Einheit aufzufassen sind, sondern gesamtschuldnerisch für den entstandenen Steueranspruch haften.184 Zudem ist die Ansicht abzulehnen, das Gesetz regele eindeutig, dass die organschaftlich verbundenen Unternehmen eine „Hand“ darstellen würde. Denn Kroschewski hat deutlich dargelegt, dass der Wortlaut des § 1 Abs. 3 GrEStG insoweit ungenau ist und damit als Auslegungskriterium nur mit Vorsicht herangezogen werden kann.185 Diesen Ausführungen ist noch hinzufügen, dass gerade das Vorziehen des Begriffes „Hand“ bei herrschenden und abhängigen Unternehmen eine sprachliche Vereinfachung darstellen kann. Dieser Abschnitt des § 1 Abs. 3 Nr. 1, 2. Alt. GrEStG könnte nämlich auch folgendermaßen gelesen werden: „. . . in der Hand von herrschenden und in der Hand von abhängigen Unternehmen oder abhängigen Personen . . .“ Für eine bloße sprachliche Vereinfachung spricht auch, dass die Vorschrift auch von der Hand zweier abhängiger Unternehmen oder abhängiger Personen spricht, ohne darzustellen, warum diese zu einer Hand vereinigt werden sollen. Denn die Abhängigkeit kann nur zu einem herrschenden Unternehmen bestehen, da nicht zwei Gesellschaften gleichzeitig abhängig sein und zueinander in dem in § 1 Abs. 4 Nr. 2 lit. b) GrEStG bezeichneten Abhängigkeitsverhältnis stehen können. Die Norm macht somit nur dann Sinn, wenn die Abhängigkeit zweier Gesellschaften zu einer identischen herrschenden Person besteht. Die Heranziehung des Normzwecks zeigt, warum nicht der Organkreis, sondern der Organträger Zuordnungssubjekt der grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft ist. § 1 Abs. 3 GrEStG will das wirtschaftliche Eigentum erfassen, das nach Vorstellungen des Gesetzgebers ein Gesellschafter am Vermögen an einer Gesellschaft und damit auch an deren Grundstücken erwirbt, wenn ihm mindestens 95 v. H. der Anteile an einer Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zustehen. Gerade die mittelbare Anteilsvereinigung ist deshalb erfasst, weil der Gesellschafter durch die Sachherrschaft in der zwischengeschalteten Gesellschaft nicht nur diese, sondern (nach der Vermutung des § 1 Abs. 3 GrEStG) auch die Gesellschaften kontrollieren kann, an welchen er zusammen mit der zwischengeschalteten Gesellschaft zu mindestens 95 v. H. beteiligt ist. Jedoch ist der Organkreis als solcher nicht in der Lage, einen eigenen Willen zu bilden, da die abhängige juristische Person aufgrund der Eingliederung nach § 1 183

So auch BFH, Urt. v. 30.03.1988 – II R 81/85, BStBl. 1988 II, S. 682. Oberste Finanzbehörden der Länder, gleichlautender Erlass v. 21.03.2007, DStR 2007, S. 900 (907 Tz. 8.1); Hofmann, GrEStG, § 13 Rn. 16. 185 Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 254. 184

III. Grundstückszuordnung bei Organschaftsverhältnissen

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Abs. 4 Nr. 2 lit. b) GrEStG nicht in der Lage ist, eine eigene Willensbildung gegen den Willen des herrschenden Unternehmens zu verfolgen. Die Willensbildung für den Organkreis wird daher nicht von diesem selbst, sondern vom herrschenden Unternehmen ausgeübt. Daher hat auch nur dieses die Sachherrschaft am Gesellschaftsvermögen und damit auch an den Grundstücken der grundbesitzenden Gesellschaft. Somit sind die vereinigten Anteile und damit auch die Gesellschaftsgrundstücke nicht einem Organkreis, sondern dem herrschenden Unternehmen zuzuordnen. Meines Erachtens ist die Ansicht, der Organkreis sei Zuordnungssubjekt der Gesellschaftsanteile, noch zu sehr von umsatzsteuerrechtlichen Gedankengut geprägt, obwohl gerade die der umsatzsteuerrechtlichen Organschaft zugrunde liegenden Überlegungen nicht unmittelbar auf die grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft übertragen werden können und die grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft eine eigenständige Regelung erfahren hat. Bei der Frage zur umsatzsteuerrechtlichen Organschaft wird geprüft, ob die Voraussetzungen dafür vorliegen, dass Umsätze zwischen rechtlich selbständigen, aber wirtschaftlich verbundenen Unternehmen als Innenumsätze zu behandeln sind. Es sollte nach der ursprünglichen Konzeption des Umsatzsteuergesetzes 1934, das einen Vorsteuerabzug nicht vorsah, vermieden werden, dass Umsätze zwischen rechtlich selbständigen Unternehmen als solche behandelt werden, obwohl diese Unternehmen im Verhältnis zueinander wie unselbständig agierende Abteilungen eines Unternehmens wirtschaften. Ohne eine spezielle Regelung zur Organschaft würde – obwohl de facto Umsätze ohne Marktberührung stattfinden – eine solche Marktberührung angenommen werden, was folglich zur Besteuerung eines wirtschaftlichen Innenumsatzes führte. Ein solches Ergebnis soll die Organschaft vermeiden, indem sie die verbundenen Unternehmen für Zwecke der Umsatzsteuer als Einheit betrachtet.186 Dies verdeutlicht § 2 Abs. 2 Nr. 2 S. 2 und 3 UStG folgendermaßen: „Die Wirkungen der Organschaft sind auf Innenleistungen zwischen den im Inland gelegenen Unternehmensteilen beschränkt. Diese Unternehmensteile sind als ein Unternehmen zu behandeln.“

Diese Zielsetzung verfolgt die grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft hingegen nicht, denn Anteilsübertragungen im „Innenverhältnis“, also im Konzern, will die grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft nicht als solche erfassen187 und auch nicht deren Steuerbarkeit ausschließen. Vielmehr handelt es sich um eine Norm, welche die Sachherrschaft der Konzernmutter über Grundstücke erfassen will, die trotz rechtlicher Selbständigkeit der einzelnen Gesellschaften besteht. Daraus folgt aber nicht, dass die Unternehmen als Einheit gesehen wer186 Stadie, in: Rau/Dürrwächter, UStG, § 2 Rn. 620 ff.; Radeisen, in: Vogel/Schwarz, UStG, § 2 Rn. 98 ff. 187 Heine, GmbHR 2003, S. 453 (455).

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Kap. 7: Grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft

den sollen, sondern vielmehr, dass Anteile, die formal ein anderes Unternehmen innehat, demjenigen zugerechnet wird, der diese Rechtsposition aufgrund des Abhängigkeitsverhältnisses wirtschaftlich ausüben kann. Dann kann aber, dem Normzweck entsprechend, eine Zurechnung nicht zu einem wie auch immer gearteten Organkreis erfolgen, sondern nur zu der die organschaftlich verbundenen Unternehmen beherrschenden Person. 2. Konkurrenzverhältnis zwischen Organschaft und mittelbarer Anteilsvereinigung Eine weitere, meines Erachtens zwingend in der Folge zur Frage der Zuordnung der Grundstücke zu beantwortende Frage ist das Konkurrenzverhältnis zwischen der mittelbaren Anteilsvereinigung und der Anteilsvereinigung im Organkreis. Diese Frage kann an folgendem Beispiel aufgeworfen werden. Beispiel 28: Die A-GmbH hält 95 v. H. der Anteile der B-GmbH und ist mit dieser organschaftlich verbunden. Beide GmbHs halten jeweils 45 v. H. an der grundbesitzenden CGmbH. Nunmehr erwirbt die A-GmbH die verbleibenden 10 v. H. der Anteile an der C-GmbH.

Die Problematik dieses Falls liegt darin, dass vor dem Anteilserwerb der „Organkreis“ bzw. die A-GmbH nicht in einem steuerbaren Umfang an der CGmbH beteiligt sind. Nunmehr werden durch den Erwerb gerade zwei Zurechnungstatbestände, nämlich die „dingliche“ sowie auch die „organisatorische“ Anteilsvereinigung verwirklicht. Gerade die Ansicht, welche eine Zuordnung des Grundstücks zum Organkreis annimmt, muss bei diesem Fall auf Probleme stoßen. Denn bei einer solchen Betrachtung wäre das Grundstück neben der Zuordnung zum Organkreis zugleich über die mittelbare „dingliche“ Anteilsvereinigung bei der A-GmbH zugeordnet. Es fällt zwar nach den oben dargestellten Grundsätzen188 nur ein steuerbarer Vorgang an, da der Erwerbsvorgang und nicht die Zahl der Erwerbe die Steuerbarkeit bestimmen. Werden die Anteile später weiter übertragen, so können sich aber dann Unterschiede ergeben, wenn die im Beispiel 26 beschriebene Situation eintritt, dass alle Anteile der BGmbH an der C-GmbH auf die A-GmbH übergehen. Wären die Grundstücke der C-GmbH dem Organkreis zuzuordnen (sofern eine solche Zuordnung überhaupt anzuerkennen ist), wäre der Erwerb der Anteile steuerbar, da ein Wechsel in der Grundstückszuordnung eintritt. Wären die Grundstücke der C-GmbH dagegen im Wege der mittelbaren „dinglichen“ Anteilsvereinigung der A-GmbH zuzuordnen, so wäre nach den bereits dargestellten Grundsätzen der Erwerb der Anteile an der B-GmbH nicht steuerbar, da kein Wechsel in der Grundstücks188

Siehe Kapitel 2 II. 2. b) bb).

III. Grundstückszuordnung bei Organschaftsverhältnissen

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zuordnung eintritt (Up-Stream-Übertragung).189 Dies gilt es nunmehr zu untersuchen. a) Rechtsprechung und Literatur Obschon die grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft bereits mehrfach in Urteilen des Bundesfinanzhofs und der Finanzgerichte thematisiert wurde, fanden sich bis in jüngster Zeit keine ausdrücklichen Ausführungen zum Konkurrenzverhältnis zwischen der mittelbaren Anteilsvereinigung und der Anteilsvereinigung im Organkreis.190 In der Entscheidung des BFH vom 08.08.2001191 wurde die Organschaft als ein Unterfall der mittelbaren Anteilsvereinigung bezeichnet und die Gleichwertigkeit der Anteilsvereinigung im Organkreis festgestellt. Zudem hielt der BFH die Kombination von mittelbarer Anteilsvereinigung und der Anteilsvereinigung im Organkreis für möglich. Hinweise auf das Konkurrenzverhältnis finden sich auch in der Entscheidung des BFH vom 20.07.2005192 In diesem Fall wurde eine Organträgerin, welche zu 87,5% an einer Organgesellschaft beteiligt war, auf eine andere Gesellschaft, somit eine neue Organträgerin verschmolzen.193 Die Organgesellschaft, eine Warenhaus-AG, hielt mehrere Kaufhäuser über verschiedene GmbHs, an denen sie zu 100% beteiligt war. Diesen Verschmelzungsvorgang hielt der BFH nicht für steuerpflichtig, weil dadurch nicht alle (nunmehr: mindestens 95 v. H.) der Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft, sondern nur 87,5 v. H. der Anteile an der Warenhaus-AG auf den neuen Organträger übergegangen seien. Aufgrund der Tatsache, dass die verbleibende Gesellschafterin der Warenhaus-AG nicht organschaftlich mit dem Organträger verbunden war, seien deren Anteile an der Warenhaus-AG der früheren Organträgerin nicht zuzurechnen. Die Tatsache, dass die die grundbesitzenden GmbHs zu 100% haltende Warenhaus-AG organschaftlich mit dem verschmolzenen Unternehmen verbunden war, schließe die Anteilsvereinigung im Organkreis aus, da keine ununterbrochene Beteiligungskette von mindestens 95 v. H. der Anteile bis zum Organträger bestehe.194 Aus diesen Entscheidung kann aber nur geschlossen werden, dass der BFH die Kombination von Organschaft und mittelbarer rechtlicher Anteilsvereinigung auf verschiedenen Stufen für möglich hält; 189

Siehe Kapitel 6 III. 1. b). Vgl. BFH, Urt. v. 16.01.1980 – II R 52/76, BStBl. II 1980, S. 360; Urt. v. 30.03.1988 – II R 81/85, BStBl. II 1988, S. 682; Urt. v. 08.08.2001 – II R 66/98, BFH/NV 2001, S. 1672. 191 BFH, Urt. v. 08.08.2001, II R 66/98; BFH/NV 2001, S. 1672. 192 II R 30/04, BB 2005, S. 2452 (2453). 193 Zum Übergang von Organschaftsverhältnissen bei Umwandlungsvorgängen siehe Kapitel 6 III. 2. 194 BFH, Urt. v. 20.07.2005 – II R 30/04, BB 2005, S. 2452 (2453). 190

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Kap. 7: Grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft

eine Aussage zum Konkurrenzverhältnis auf einer Stufe ist damit aber noch nicht getroffen. Seitens der Finanzverwaltung findet sich erst in den gleichlautenden Erlassen der obersten Finanzbehörden vom 21.03.2007 eine eindeutige Stellungnahme zu dieser Problematik: in Textziffer 1 erachtet diese die Anteilsvereinigung im Organkreis der unmittelbaren oder mittelbaren Vereinigung von mindestens 95% der Anteile bei dem Organträger oder einer Organgesellschaft für subsidiär195. Eine Begründung für diese angebliche Subsidiarität wird hingegen nicht geliefert. Zudem finden sich einige frühere Aussagen in der Literatur. Nach Günkel/ Lieber ist die Anteilsvereinigung im Organkreis subsidiär zur mittelbaren „dinglichen“ Anteilsvereinigung. Eine Begründung hierfür wird jedoch nicht gegeben.196 Auch Heine hält die mittelbare dingliche Anteilsvereinigung gegenüber der organisatorischen für vorrangig, gibt hierfür aber ebenfalls keine Begründung.197 Wischott/Schönweiß halten die Organschaft ebenfalls für subsidiär; zumindest schließen sie dies aus dem Urteil des BFH vom 20.07.2005,198 da dies ein besonderer Fall der mittelbaren Anteilsvereinigung sei, der nur dann eingreife, wenn schon keine „echte“ mittelbare Anteilsvereinigung vorliegt.199 Dabei ist aber festzuhalten, dass in diesem Urteil – zumindest dem Wortlaut nach – keine Anteilsvereinigung im Organkreis vorlag, da die Anteile bereits bei einer Organgesellschaft „dinglich“ vereinigt waren, wohingegen der Organkreis nicht alle Anteile an dieser Organgesellschaft hielt. Keine allgemeine Äußerung, sondern nur eine Einzelfallaussage findet sich bei Brinkmann/Tschesche: diese möchten in einem Fall, in der eine zu 100% an einer grundbesitzenden Gesellschaft beteiligte Organgesellschaft nicht mehr als 5% der Anteile auf eine andere Organgesellschaft desselben Organkreises überträgt, die Regeln der grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft aufgrund einer teleologischen Reduktion unangewandt lassen, weil die vormals zu 100% beteiligte Gesellschaft in immer noch ausreichendem Maße, nämlich zu mindestens 95 v. H. an der grundbesitzenden Gesellschaft beteiligt bleibt. Unklar bleibt hierbei, ob die Autoren die grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft generell für subsidiär halten.200

195 Oberste Finanzbehörden der Länder, gleichlautender Erlass v. 21.03.2007, DStR 2007, S. 900 Tz. 1. 196 Günkel/Lieber, in: Herzig, Organschaft, S. 355. 197 Heine, GmbHR 2000, S. 850 (855); UVR 2005, S. 312 (315). 198 II R 30/04, BB 2005, S. 2452. 199 Wischott/Schönweiß, DStR 2006, S. 172 (174 f.). 200 Brinkmann/Tschesche, BB 2005, S. 2783 (2789); näher siehe Kapitel 7 V. 3.

IV. Bildung einer grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft

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b) Stellungnahme Meiner Ansicht nach ist die Frage der Subsidiarität der Anteilsvereinigung im Organkreis durch die Literatur trotz teilweise fehlender Argumentation zutreffend beantwortet worden. Die grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft wurde eingeführt, um die Umgehung der Anteilsvereinigung durch Aufteilung derselben im Konzern zu verhindern. Dementsprechend spricht der BFH zutreffend von einer Erweiterung der mittelbaren Anteilsvereinigung.201 Der ergänzende Charakter der Anteilsvereinigung im Organkreis wird auch dann deutlich, wenn man sich die stärkeren dinglichen Beziehungen zwischen der mittelbaren „dinglichen“ Anteilsvereinigung und der mittelbaren „organisatorischen“ Anteilsvereinigung vor Augen führt: während im letzteren Fall die Sachherrschaft auf einer weitgehend organisationsrechtlichen Basis besteht, ist im ersteren Fall neben der mitgliedschaftlich begründeten Sachherrschaft tatsächlich eine durchgehend dingliche Zuordnung der Gesellschaftsgrundstücke über das mitgliedschaftliche Vermögensstammrecht gegeben. Aufgrund der Ergänzungsfunktion ist daher eine teleologische Reduktion vorzunehmen, weshalb die „dingliche“ Anteilsvereinigung die „organisatorische“ verdrängt. Folgt man dagegen der Auffassung, dass Zuordnungssubjekt bei der Anteilsvereinigung „im Organkreis“ der Organträger und nicht der Organkreis ist, so ergeben sich im Beispiel 28 schon deshalb keine Probleme, da hier die Grundstücke der C-GmbH sowohl „dinglich“ als auch „organisatorisch“ der A-GmbH zuzuordnen sind. Allerdings ist Heine darin zuzustimmen, dass die Einflussnahmemöglichkeiten eines Organträgers auf eine Organgesellschaft aufgrund der Möglichkeit nachteiliger Weisungen deutlich weitergehend sind als bei Bestehen einer bloßen Beteiligungskette.202 Meines Erachtens kann dies jedoch nur bei rechtlich anerkannten nachteiligen Weisungen gelten, da andernfalls die Organgesellschaft zumindest dem Gesetz nach einen Anspruch auf Unterlassung bzw. Beseitigung der nachteiligen Weisung hat und sich diese dem Willen des Organträgers außerhalb von Gesellschafterbeschlüssen nicht beugen muss.

IV. Bildung einer grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft Nach § 1 Abs. 4 Nr. 2 lit. b) GrEStG liegt eine grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft dann vor, wenn eine juristische Person nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein Unternehmen eingegliedert ist. Aufgrund der Gesetzgebungsgeschichte, insbesondere des früheren Verweises des GrEStG 1940 auf § 2 Abs. 2 UStG orientieren sich Literatur und Rechtsprechung an den Entscheidungen und Ausführun201 202

BFH, Urt. v. 30.03.1988 – II R 81/85, BStBl. 1988 II, S. 682. Heine, GmbHR 2000, S. 850 (857).

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Kap. 7: Grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft

gen, welche zur umsatzsteuerrechtlichen Organschaft ergangen sind.203 Aus darstellerischen Gründen wird dies zunächst übernommen. Eine kritische Würdigung dieser Vorgehensweise schließt sich diesen Ausführungen an; auf die Schwierigkeiten, die Rechtsauffassungen zur umsatzsteuerrechtlichen Organschaft auf die grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft zu übertragen, wurde bereits oben hingewiesen.204 Nach Erörterung der Tatbestandsmerkmale einer grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft soll zudem auf die Frage eingegangen werden, zu welchem Zeitpunkt diese Voraussetzungen vorliegen müssen. 1. Herrschendes Unternehmen Eine Tatbestandsvoraussetzung der grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft ist, dass an der „Spitze“ ein herrschendes Unternehmen stehen muss, § 1 Abs. 3 Nr. 1 i.V. m. Abs. 4 Nr. 2 lit. b) GrEStG. Diese Voraussetzung erscheint merkwürdig, da § 1 Abs. 3 GrEStG die Steuerbarkeit des fiktiven Grundstückserwerbs grundsätzlich nicht an die Unternehmereigenschaft des Erwerbers knüpft.205 Fraglich ist deshalb auch, wie der Unternehmer im Grunderwerbsteuerrecht definiert werden soll. Eine Legaldefinition des Unternehmens findet sich im Grunderwerbsteuerrecht nicht. Auch ein für die gesamte Rechtsordnung einheitlicher Unternehmensbegriff existiert nicht.206 Dies spricht dafür, dass das Grunderwerbsteuerrecht eine Unternehmensdefinition voraussetzt, die durch Auslegung zu ermitteln ist. Ob diese aber einem anderen Gesetz zu entnehmen ist, kann seit Aufhebung der Verweisung auf § 2 Abs. 2 UStG nicht mehr unmittelbar aus dem Wortlaut erkannt werden. Bezogen auf die Gesetzgebungsgeschichte erscheint es zunächst nahe liegend, die Definition des Unternehmers in § 2 Abs. 1 S. 1 UStG heranzuziehen. Danach ist Unternehmer, wer eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit selbständig ausübt. Nach Satz 2 umfasst das Unternehmen die gesamte gewerbliche oder berufliche Tätigkeit des Unternehmers. Nach Satz 3 ist jede Tätigkeit gewerblich oder beruflich, die der nachhaltigen Erzielung von Einnahmen dient. Bereits diese Definitionen lassen die Anwendung des umsatzsteuerrechtlichen Unternehmer- und Unternehmensbegriff fraglich erscheinen. Das Grunderwerbsteuergesetz stellt nicht darauf ab, dass die Person, welcher Grundstücke oder Anteile an einer Gesellschaft zugerechnet werden, diesbezüglich mit Einnahmeerzielungsabsicht handelt. Somit wäre es sinnwidrig, wenn ausnahmsweise für 203 Pahlke, in: Pahlke/Franz, GrEStG, § 1 Rn. 341; Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 965; Hofmann, GrEStG, § 1 Rn. 165. 204 Siehe Kapitel 7 II. 3. 205 Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 255. 206 K. Schmidt, Handelsrecht, § 4 I 1. a) (S. 63 ff.).

IV. Bildung einer grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft

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die Fälle der Organschaft eine solche Einnahmeerzielungsabsicht Voraussetzung sein soll, zumal diese nichts über die Sachherrschaft des herrschenden Unternehmens bezüglich der Gesellschaftsgrundstücke aussagt. Der BFH hat in seinem Urteil vom 20.03.1974207 verneint, dass eine natürliche Person, welche die Beteiligung an den die Anteile erwerbenden Gesellschaften im Privatvermögen hält und für sich genommen Nichtunternehmer ist, als Unternehmer im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG angesehen werden muss. Es könne dabei dahinstehen, ob herrschende Privatpersonen und herrschende Unternehmen vor dem Hintergrund der grunderwerbsteuerrechtlichen Anteilsvereinigung gleich behandelt werden müssten, da eine solche Erweiterung steuerbegründender Normen dem Gesetzgeber vorbehalten sei (Verbot der steuerbegründenden teleologischen Extension).208 Kroschewski untersucht aufgrund dieser Aussage die Möglichkeit, ob die ertragsteuerliche Zugehörigkeit der Anteile für die Unternehmereigenschaft maßgeblich sein könnte. Dies verneint er im Ergebnis zutreffend, da der Begriff des Privat- und Betriebsvermögen außerhalb der zivilrechtlichen Einordnung stehe, wofür es auf die rechtliche Zuordnung von Gegenständen und nicht auf wirtschaftlich-funktionelle Betrachtungsweisen ankäme. Insbesondere könne das Grunderwerbsteuerrecht nicht die Möglichkeit der Bildung eines gewillkürten Betriebsvermögens zulassen.209 Meines Erachtens ist es aber schon zweifelhaft, ob der BFH in genannter Entscheidung tatsächlich auf die ertragsteuerliche Zuordnung abstellen wollte. Aus der Hervorhebung, dass es sich bei der in Frage stehenden natürlichen Person um einen Nichtunternehmer handelte, ist zu schließen, dass der BFH auf den umsatzsteuerrechtlichen Unternehmerbegriff abstellen wollte und somit danach differenziert hat, ob die natürliche Person die Beteiligung nur im Rahmen der privaten Vermögensverwaltung hielt oder ob damit tatsächlich eine unternehmerische Tätigkeit der die Beteiligung haltenden Person einherging.210 Zudem ist Kroschewski entgegenzuhalten, dass sich das Steuerrecht nicht zwingend an den Kriterien des Zivilrechts orientieren muss, sondern eigene Zuordnungskriterien – so auch die Unterteilung in Betriebs- und Privatvermögen – bilden kann. Aus den Ausführungen des BFH ist demnach zu schließen, dass die Rechtsprechung trotz der bestehenden Ungereimtheiten den Unternehmensbegriff dennoch umsatzsteuerrechtlich definiert. Ein weiterer Ansatz zur Definition des Begriffs des grunderwerbsteuerrechtlichen Unternehmensbegriffs nähert sich der Problematik von Seiten des Konzernrechts. Dort ist in §§ 17 Abs. 1, 18 Abs. 1 AktG der Begriff des herrschen207

II R 186/66, BStBl. II 1974, S. 769 (770). Ebenso Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 960. 209 Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 257. 210 Zu dieser umsatzsteuerrechtlichen Differenzierung Heidner, in: Bunjes/Geist, UStG, § 2 Rn. 53. 208

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Kap. 7: Grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft

den Unternehmens aufgeführt. Für eine Anwendung der konzernrechtlichen Unternehmensdefinition auf die grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft spricht zunächst, dass die genannten Vorschriften wie auch § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG ein Abhängigkeitsverhältnis zwischen Unternehmen beschreiben. Ausgangspunkt ist ebenfalls die durch das herrschende Unternehmen ausgeübte Herrschaft über eine andere Gesellschaft. Zielrichtung dieser Vorschriften als Teil des Konzernrechts ist es aber, abhängige Gesellschaften, insbesondere deren (Minderheits-)Gesellschafter sowie deren Gläubiger vor der Einflussnahme durch die herrschende Gesellschaft zu schützen. Um dem Schutznormcharakter des Konzernrechts Rechnung zu tragen, ist somit Unternehmer im konzernrechtlichen Sinne, wer neben seiner Beteiligung an dem abhängigen Unternehmen noch weitere wirtschaftliche Interessen verfolgt; es soll der typische unternehmerische Interessenkonflikt erfasst werden (teleologischer Unternehmensbegriff). In anderen Fällen, in denen ein solcher Interessenkonflikt nicht vorliegt, wurden die typischen Gefahren eines Konzerns nicht für gegeben erachtet und daher diese Fälle aus dem Anwendungsbereich des Konzernrechts herausgenommen.211 Gerade dieser Interessenkonflikt ist aber nicht Gegenstand der grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft. Vielmehr geht es darum, die durch die Abhängigkeit einer rechtlich selbständigen Gesellschaft von einem Unternehmen resultierende Einflussnahmemöglichkeit desselben auf die Ausübung der Mitgliedschaftsrechte an einer grundbesitzenden Gesellschaft zu erfassen, da trotz fehlender „dinglicher“ Beteiligungskette dem herrschenden Unternehmen in solchen Fällen die Sachherrschaft über das Vermögen der grundbesitzenden Gesellschaft zukommt. Es besteht hinsichtlich der Normzwecke nur eine Teilidentität zwischen § 1 Abs. 3 GrEStG und dem Konzernrecht: während beide Rechtsgebiete die mangelnde Autonomie des abhängigen Unternehmens aufgreifen wollen, spielt der unternehmerische Interessenskonflikt des Konzernrechts hinsichtlich der Teleologie des Grunderwerbsteuerrechts keine Rolle, da mit diesem Interessenkonflikt keine zusätzliche Sachherrschaft über die abhängige Gesellschaft einhergeht. Daher ist der konzernrechtliche Unternehmensbegriff für § 1 Abs. 3 GrEStG aufgrund abweichender Teleologie ohne Erkenntnisgewinn.212 Schlussendlich bleibt nur der Rückgriff auf den allgemeinen Sprachgebrauch. Nach diesem ist unter einem Unternehmen im engeren Sinn eine dauerhafte organisatorische Einheit zu verstehen, in der wirtschaftliche Aufgaben (Produktion von Sachgütern, Bereitstellung von Dienstleistungen) zum Zwecke der Erfolgserzielung (z. B. Gewinn- oder Rentabilitätsstreben) erfüllt werden.213 Aber auch dieser Begriff gibt für Zwecke der Grunderwerbsteuer keinen weiteren Er211 212 213

Siehe ausführlich Kapitel 7 I. 1. Ebenso Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 259. Brockhaus Enzyklopädie, 22. Band, „Unternehmen“.

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kenntnisgewinn, da kein Zusammenhang mit der Teleologie des § 1 Abs. 3 GrEStG erkennbar ist, Herrschaftsverhältnisse und wirtschaftliches Eigentum durch Mitgliedschaftsrechte und organisatorische Maßnahmen zu erfassen. Dem Grunderwerbsteuerrecht selbst können meines Erachtens keine Erkenntnisse bezüglich des Unternehmensbegriffs entnommen werden. Denn dem Grunderwerbsteuerrecht kommt es auf das formelle oder wirtschaftliche Eigentum an Grundstücken bzw. dessen Übergang an. Sowohl die Fähigkeit (wirtschaftlicher) Eigentümer eines Grundstücks sein zu können, als auch dieses Eigentum am Grundstück zu erwerben, ist unabhängig davon, ob eine Person in irgendeiner Form unternehmerisch tätig wird. Es kommt auf die bloße juristische Existenz dieser Person an. Auch im Rahmen des § 1 Abs. 3 und 4 GrEStG bringt eine Definition nicht weiter, da die Fähigkeit, über Beteiligungen und organisatorisch begründeten Einfluss Herrschaft über Gesellschaften ausüben zu können, ebenfalls von der bloßen Existenz einer Person und deren Beziehung zur beherrschten Gesellschaft, nicht aber von deren Unternehmereigenschaft oder einer unternehmerischen Tätigkeit abhängig ist. Somit ist die Beschränkung des Anwendungsbereichs der grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft auch aus dem Grunderwerbsteuerrecht selbst nicht erklärbar. Daher muss wohl davon ausgegangen werden, dass der Unternehmensbegriff unbesehen – und demgemäß auch unbedacht – dem Umsatzsteuerrecht entnommen wurde.214 Meines Erachtens hat der Gesetzgeber eine praktisch auftretende Umgehungsvariante aufgegriffen und diese durch Erweiterung des Anwendungsbereichs dem § 1 Abs. 3 GrEStG unterworfen, ohne sich der eigentlichen Problematik völlig bewusst zu werden. Für den bei der grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft praktisch wichtigen Fall der Holdinggesellschaften käme es daher – wie auch bei einer natürlichen Person – darauf an, ob die die Beteiligung haltende Person als unternehmerisch tätig werdend auftritt. Ausgehend von der Rechtsprechung und Literatur zum umsatzsteuerrechtlichen Unternehmensbegriff ist daher festzuhalten, dass das bloße Erwerben, Halten und Veräußern von gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen keine unternehmerische Tätigkeit ist, da Dividenden und andere Gewinnbeteiligungen kein umsatzsteuerrechtliches Entgelt im Sinne eines Leistungsaustauschs darstellen.215 Greift dagegen die Holding unmittelbar oder mittelbar in die Verwaltung ein, beispielsweise durch administrative, finanzielle, kaufmännische oder technische Dienstleistungen (geschäftsführende Holding),

214

So auch Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 259. EuGH, Urt. v. 14.11.2000 – Rs C-142/99, EuGHE I 2000, S. 9567; v. 27.09. 2001 – Rs. C-16/00, EuGHE I 2001, S. 6663 – „Cibo Participations“; v. 29.04.2004, C-77/01, EuGHE I, S. 4295; ferner koordinierter Ländererlass v. 26.01.2007, IV A 5 – S 7300 – 10/07, Rn. 3. 215

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sind diese Eingriffe als Leistungen im umsatzsteuerrechtlichen Sinn zu qualifizieren und führen daher zur Unternehmensqualität der Holding.216 2. Abhängiges Unternehmen Bereits oben wurde ausgeführt, dass dem Begriff der abhängigen natürlichen Person in § 1 Abs. 4 Nr. 2 lit. a) GrEStG keine Bedeutung zukommt.217 Die Definition der abhängigen Unternehmen ist in § 1 Abs. 4 Nr. 2 lit. b) GrEStG aufgeführt. Danach ist eine juristische Person abhängig, „die nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein Unternehmen eingegliedert ist.“ Eine nähere Konkretisierung dieser Voraussetzungen seitens der grunderwerbsteuerrechtlichen Rechtsprechung ist – soweit ersichtlich – bislang ausgeblieben.218 Zur Definition des Unternehmens kann auf die oben ausgeführte Problematik verwiesen werden, da nicht ersichtlich ist, warum im Falle der Abhängigkeit ein anderer Unternehmensbegriff gelten solle.219 In Erweiterung zur umsatzsteuerrechtlichen Organschaft kommt es auf die Ansässigkeit der abhängigen Gesellschaft im Inland nicht an; vielmehr ist es ausreichend, dass das in Frage stehende Gesellschaftsgrundstück im Inland gelegen ist.220 a) Juristische Person als abhängiges Unternehmen Aufgrund des eindeutigen Wortlautes des § 1 Abs. 4 Nr. 2 lit. b) GrEStG kann nur eine juristische Person Organgesellschaft sein, auch wenn – wie oben bereits gezeigt – Personengesellschaften durchaus konzernrechtlich abhängig sein können.221 Dagegen sind Vorgesellschaften vor Eintragung in das Handelsregister in der Regel bereits als mit der späteren juristische Person identisch einzuordnen; dies gilt jedoch nicht für Vorgründungsgesellschaften, welche als Personengesellschaft und daher als nicht mit der späteren juristischen Person 216 EuGH, Urt. v. 27.09.2001 – Rs. 16/00, UR 2001, S. 500 – „Cibo Participations“; Urt. v. 06.02.1997, Rs. C-80/95 – „Harnas & Helm“; Heidner, in: Bunjes/ Geist, UStG, § 2 Rn. 53; Meyer, in: Offerhaus/Söhn/Lange, UStG, § 2 Rn. 116; BMF, Schreiben v. 26.01.2007, BStBl. I 2007, S. 211 Rn. 6; ebenso Abschnitt 18 Abs. 2 S. 10 UStR 2008. 217 Siehe hierzu – insbesondere der gegenteiligen Auffassung Kroschewskis – Kapitel 7 II. 3. 218 So schon Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 263. 219 Brinkmann/Tschesche, BB 2005, S. 2783 (2784); Krebühl, DStR 2002, S. 1241 (1249). 220 Grotherr, BB 1994, S. 1970 (1973); Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 965. 221 BFH, Urt. v. 07.12.1978 – V R 22/74, BStBl. II 1979, S. 356 (357); Urt. v. 08.02.1979 – V R 101/78, BStBl. II 1979, S. 362 (364); Heidner, in: Bunjes/Geist, UStG, § 2 Rn. 112.

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identisch eingestuft werden.222 Eine Ausnahme will die Finanzverwaltung machen, wenn die Gesellschafter einer Personengesellschaft aus herrschenden Unternehmen und abhängigen juristischen Personen oder nur aus abhängigen juristischen Personen besteht.223 Hierbei beruft sie sich auf ein Urteil des BFH vom 08.08.2001.224 Dies ist jedoch eine Fehleinschätzung, da der BFH in diesem – bereits in Beispiel 27 behandelten – Fall eine Anteilsvereinigung der Personengesellschaft beim herrschenden Unternehmen angenommen hatte, wenn die Anteile der Personengesellschaft in der Hand von herrschendem Unternehmen und abhängiger Gesellschaft vereinigt sind.225 Der in diesem Fall auftretenden KG gehörten zwar keine Grundstücke, jedoch war diese an einer grundbesitzenden Gesellschaft beteiligt, deren verbleibende Anteile der Organträger erwarb. Somit war zwar die KG dem Organträger mittels der Organschaft als zwischengeschaltete Gesellschaft zuzuordnen, jedoch hat der BFH diese nicht als abhängige Organgesellschaft bezeichnet; eine solche Eigenschaft hatte die Vorinstanz sogar explizit abgelehnt.226 Anzumerken ist ferner, dass sich die Finanzverwaltung in Tz. 7 des Organschaftserlasses insoweit selbst widerspricht, als sie die von der KG gehaltenen Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft mittelbar dem Organträger und Kommanditisten der Kommanditgesellschaft zuordnet.227 Kroschewski kritisiert die derzeitige Erfassung von Abhängigkeitsverhältnissen durch die grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft. Er führt aus, dass die steuerschärfende Berücksichtigung von organschaftlichen Unternehmensverbindungen auf der Vorstellung des AktG 1937 beruhte, der Einfluss einer herrschenden Person auf eine Aktiengesellschaft dürfe auch zu deren Schaden genützt werden, wenn dies dem Konzerninteresse diene. Somit hätten die nach Gesetz und Satzung erforderlichen (Beschluss-)Mehrheiten genügt, um den Einfluss der herrschenden Person durchzusetzen.228 Kroschewski hält es – ausgehend von der von ihm entwickelten Zwecksetzungstheorie – für maßgeblich, ob das herrschende Unternehmen „den Zweck der grundbesitzenden Gesellschaft dadurch ändern kann, daß es bestimmt, wie die abhängigen juristischen Personen ihre Mitgliedschaftsrechte, insbesondere ihre Stimmrechte auf Gesellschafterversammlungen, ausüben.“229 222

Ausführlich hierzu Sauter, in: Erle/Sauter, KStG, § 1 Rn. 81 ff. Oberste Finanzbehörden der Länder, gleichlautender Erlass v. 21.03.2007, DStR 2007, S. 900 (Tz. 1). 224 II R 66/98, BStBl. II 2002, S. 156. 225 Siehe Kapitel 7 III. 1. 226 FG Nürnberg, Urt. v. 05.11.1998 – IV R 119/97, EFG 1999, S. 573 (574 f.). 227 Oberste Finanzbehörden der Länder, gleichlautender Erlass v. 21.03.2007, DStR 2007, S. 900 (906 f.). 228 Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 264 f. 229 Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 265. 223

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Kap. 7: Grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft

Diesen Gesichtspunkt würde § 1 Abs. 4 Nr. 2 lit. a) GrEStG aufgreifen, indem das Weisungsrecht gegenüber natürlichen Personen oder Personengesellschaften zu einer Abhängigkeit derselben führe. Damit könne die Abhängigkeit des Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft haltenden Unternehmens zur Zurechnung zur Hand des herrschenden Unternehmens herangezogen werden. Folglich seien auch Personengesellschaften von der grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft erfasst. Bei der juristischen Person unterstellt Kroschewski dem Gesetzgeber, dass dieser ein Weisungsrecht nicht für erforderlich hielt, sondern die Abhängigkeit über die Eingliederung definierte. Ein juristisch anerkanntes Weisungsrecht komme aber nur in Frage, wenn dieses durch einen Beherrschungsvertrag begründet worden sei. Dies führe zu einer ungerechtfertigten Divergenz bei der Behandlung abhängiger Gesellschaften, weil auf treuhänderisch agierende juristische Personen weder Buchstabe a) noch Buchstabe b) des § 1 Abs. 4 Nr. 2 GrEStG anwendbar seien. Kroschewski sieht zwar die Möglichkeit, dass durch die Definition des § 1 Abs. 4 Nr. 2 lit. b) GrEStG eine Willensunterworfenheit durch tatsächliche Gegebenheiten miterfasst wird, hält die Tatbestandsmerkmale aber für unergiebig, da auf die Eingliederung des Unternehmens und nicht auf dessen mangelnden Eigenwillen abgestellt werde.230 Die Kritik Kroschewskis an der tatbestandlichen Fassung der grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft ist teilweise nachvollziehbar. Hervorzuheben ist aber, dass auch nach § 101 AktG 1937 nachteilige Weisungen nur dann zulässig waren, wenn die Einflussnahme auf die Erlangung eines Vorteils gerichtet war, der im Konzerninteresse lag.231 Zudem übersieht er, dass die tatbestandlichen Voraussetzungen des § 1 Abs. 4 Nr. 2 lit. b) GrEStG nicht allein auf den Vertrags-, sondern gerade auch auf die Erfassung von faktischen Konzernverhältnissen gerichtet ist. Daher führt der Wortlaut auch aus, dass es auf das „Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse“, und nicht auf das Gesamtbild der rechtlichen Verhältnisse ankommt. Dies ist auch folgerichtig, da eine Herrschaft über eine Gesellschaft eben auch faktisch erfolgen kann. Würden rechtlich nicht gebilligte Konzernverhältnisse aus dem Anwendungsbereich der grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft – welcher ja gerade steuerschärfende Wirkung zukommt – herausgenommen, so führte dies zu einem nicht hinnehmbaren Wertungswiderspruch. Denn es ist nicht einsehbar, warum gerade derjenige besser behandelt werden soll, der sich außerhalb des rechtlichen Rahmens konzernrechtlicher Verbindungen bewegt, während „rechtstreue“ Unternehmen der steuerschärfenden Wirkung der grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft unterliegen sollen. Zudem ist Kroschewski nicht darin beizupflichten, die grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft stelle nicht auf ein Autonomiedefizit beim abhängigen 230 231

Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 265 ff. Emmerich/Habersack, Konzernrecht, § 24 III. 1. (S. 365 f.).

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Unternehmen ab. Die Tatbestandsmerkmale der grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft verlangen zwar nicht wörtlich die Willensunterworfenheit der abhängigen juristischen Person. Ein Blick in die Gesetzgebungsgeschichte zeigt aber, dass die derzeitige Gesetzesfassung nichts weiter als eine Präzisierung der früheren gesetzlichen Fassung des § 2 Abs. 2 UStG 1934232 /1951233 darstellt. In § 2 UStDB 1934234 sowie in den gleich lautenden Vorschriften des § 17 UStDB 1938235 und § 17 UStDB 1951236 wurde die ursprüngliche Fassung des § 2 Abs. 2 UStG 1934, welche direkt auf die Willensunterworfenheit der abhängigen Gesellschaft abstellte,237 regelmäßig dann angenommen, wenn das abhängige Unternehmen finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in ein anderes Unternehmen eingegliedert war. Es handelt sich deshalb bei der jetzt bestehenden Gesetzesfassung um eine unwiderlegliche Vermutung der Willensunterworfenheit eines Unternehmens. Daher ist Kroschewskis Argument, die grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft stelle nicht auf ein Autonomiedefizit des abhängigen Unternehmens ab, aus historischen Gründen abzulehnen. Ebenso können auch außerhalb von Beherrschungsverträgen Weisungsrechte geschaffen werden, beispielsweise durch Bestimmung eines dienenden Gesellschaftszwecks oder anderweitige Regelungen im Gesellschaftsvertrag.238 Die vermutete Gefahr einer Nichtberücksichtigung von treuhänderisch agierenden juristischen Personen sehe ich zumindest dann nicht, wenn dem Treugeber mit Vereinbarung der Treuhand ein Herausgabeanspruch bezüglich der Anteile zusteht. Andernfalls ist die Begründung einer Treuhand an Anteilen auch ohne organschaftliche Bindung nicht ausreichend, um eine Grunderwerbsteuerpflicht zu begründen, da die Steuerpflicht der Begründung eines Treuhandverhältnisses rechtstechnisch auf dem Herausgabeanspruch des Treugebers bezüglich der Anteile beruht.239 Voraussetzung einer Organschaft ist auch, dass die Organgesellschaft finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in den Organträger eingegliedert ist. Unter einer Eingliederung wird sprachlich „sinnvoll in ein größeres Ganzes einfügen“ verstanden.240 Dabei kommt es auf das Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse an, weshalb es nicht erforderlich ist, das alle Eingliederungsmerkmale gleichermaßen ausgeprägt sind. So kann trotz nur schwacher Ausprägung 232

RGBl. I 1934, S. 942 ff. BGBl. I 1951, S. 402. 234 RGBl. I 1934, S. 947 (948). 235 RGBl. I 1938, S. 1935 (1938). 236 BStBl. I 1951, S. 482 (484). 237 RGBl. I 1934, S. 942. 238 Siehe Kapitel 7 I. 3. a) und 4. 239 Siehe Kapitel 6 IV. 1. a). 240 Duden, Wörterbuch der deutschen Sprache, Bd. 2, S. 951 – „eingliedern“; ähnlich Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 267. 233

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Kap. 7: Grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft

eines Merkmals die umso stärkere Ausprägung eines anderen zum Bestehen einer grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft führen. Nicht möglich ist es dagegen, auf auch nur eines der genannten Merkmale völlig zu verzichten.241 Es handelt sich somit nicht um einen Klassen-, sondern um einen Typusbegriff.242 Im Folgenden werden diese Merkmale einer ausführlichen Betrachtung unterzogen. b) Finanzielle Eingliederung Als bedeutendstes Merkmal der grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft wird die finanzielle Eingliederung gesehen, da ohne diese kein abhängiges Unternehmen vorliegen kann. Der Begriff der finanziellen Eingliederung ist irreführend: als entscheidend wird angesehen, dass das herrschende Unternehmen so viele Anteile in seiner Hand vereinigt, wie nach Gesetz oder Satzung des beherrschten Unternehmens erforderlich sind, um alle Beschlüsse in seinem Sinn treffen zu können.243 Es wird somit die Willensbildung der Organgesellschaft fremdbestimmt,244 so dass sich diese Auffassung nahtlos in den Normzweck des § 1 Abs. 3 GrEStG, die Sachherrschaft über die Vermögensgegenstände einer Gesellschaft zu erfassen, einfügen lässt. Gelten keine Besonderheiten hinsichtlich der Stimmrechte, so ist dafür die kapitalistische Beteiligung ausschlaggebend,245 da an deren Höhe für die praktisch wichtigen Fälle der GmbH und der AG eine entsprechende Stimmkraft geknüpft ist, § 12 Abs. 1 S. 1 AktG bzw. § 47 Abs. 2 GmbHG. Dagegen ist es meines Erachtens im Falle der Kommanditgesellschaft auf Aktien nicht möglich, allein durch Stimmrechtsmehrheit in der Hauptversammlung eine finanzielle Eingliederung zu erreichen, da die meisten Beschlüsse der KGaA sowohl der Beschlussfassung der Hauptversammlung als auch der Zustimmung der persönlich haftenden Gesellschafter bedürfen, § 285 Abs. 2 AktG. Denkbar wäre das Vorliegen einer finanziellen Eingliederung aber dann, wenn aufgrund der Zustimmung der persönlich haftenden Gesellschafter zu einem Beherrschungsvertrag oder entsprechender Stimmrechtsbindungsverträge eine abweichende Beschlussfassung durch die Komplementäre nicht mehr möglich ist. Eine finan241 BFH, Urt. v. 27.08.1964 – V 101/62 U, BStBl. III 1964, S. 539; Urt. v. 20.02.1992 – V R 80/85, BFH/NV 1993, S. 133; Hofmann, GrEStG, § 1 Rn. 168; Stadie, in: Rau/Dürrwächter, UStG, § 2 Rn. 700; R 21 Abs. 1 S. 2 ff. UStR. 242 Hierzu Lang, in: Tipke/Lang, Steuerrecht, § 5 Rn. 51; Drüen, in: Tipke/Kruse, AO, § 4 Rn. 395. 243 BFH, Urt. v. 14.12.1978 – V R 85/74, BStBl. II 1979, S. 288 (289); Urt. v. 20.04.1988 – X R 3/82, BStBl. II 1988, S. 792 (794); Urt. v. 20.01.1999 – XI R 69/ 97, BFH/NV 1999, S. 1136; Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 965; Häck, ZMR 2006, S. 573 (578); Schwerin, RNotZ 2003, S. 479 (490). 244 BFH, Urt. v. 14.12.1978 – V R 85/74, BStBl. II 1979, S. 288 (289). 245 Günkel/Lieber, in: Herzig, Organschaft, S. 355; Hofmann, GrEStG, § 1 Rn. 168.

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zielle Eingliederung kommt sonst nur dann in Betracht, wenn auch die persönlich haftenden Gesellschafter finanziell in den Organträger eingegliedert sind oder der persönlich haftende Gesellschafter gleichzeitig die Stimmrechtsmehrheit in der Hauptversammlung innehat. Divergierende Angaben werden in der Literatur hinsichtlich der Höhe der erforderlichen Beteiligung gemacht. Zwar wird einerseits betont, das herrschende Unternehmen müsse seinen Willen durchsetzen und alle Beschlüsse in seinem Sinn treffen können. Jedoch wird in weiten Teilen der Literatur ohne verschärfende Satzungsangaben eine Stimmrechtsmehrheit von mehr als 50% für ausreichend erachtet,246 obwohl die Gesetze unter Umständen höhere Stimmrechtsquoten an die Beschlussfassung knüpfen.247 Andere Vorschläge gehen dahin, für die finanzielle Eingliederung mindestens eine Dreiviertelmehrheit zu fordern, da dies die erforderliche Stimmzahl bei Zustimmung zu Unternehmensverträgen darstelle.248 Kroschewski hält für eine finanzielle Eingliederung eine Stimmrechtsmehrheit für erforderlich, die den Organträger in die Lage versetzt, dem GmbH-Geschäftsführer Weisungen zu erteilen bzw. über die Mitglieder des Aufsichtsrates einer AG zu bestimmen.249 Im Hinblick auf die Gesetzesfassung, insbesondere das Abstellen auf das „Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse“ ist die zur Herstellung der finanziellen Eingliederung erforderlichen Stimmrechtsquote meines Erachtens am jeweiligen Einzelfall auszurichten. Jedoch dürfte in der Regel eine einfache Mehrheit ausreichend sein, vorausgesetzt, die Willensbildung der Gesellschafterversammlung erfolgt nach dem (einfachen) Mehrheitsprinzip. Dies gilt insbesondere deshalb, weil eine Dreiviertelmehrheit bei juristischen Personen in der Regel nur erforderlich ist, um Strukturveränderungen (Satzungsänderungen, Unternehmensverträge, Umwandlungen, etc.) vorzunehmen.250 Eine Rechtsmacht zur Vornahme von Strukturveränderungen erscheint mir aber in der Regel nicht erforderlich, um die Willensbildung einer Gesellschaft zu beherrschen, da Strukturveränderungen keine Angelegenheiten der laufenden Geschäftsführung und Willensbildung sind. Dies bedeutet aber nicht, dass eine mindestens 75%ige Beteiligung niemals vonnöten sein wird. Ist nämlich die organisatorische und die wirtschaftliche Eingliederung besonders schwach ausgeprägt, kann es zur Begründung einer Organschaft nach dem Gesamtbild der tatsächlichen Ver246 R 21 Abs. 4 UStR; Hofmann, GrEStG, § 1 Rn. 168; Heidner, in: Bunjes/Geist, UStG, § 2 Rn. 116; Günkel/Lieber, in: Herzig, Organschaft, S. 355; Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 965. 247 Beispielsweise satzungsändernde Beschlüsse, vgl. § 53 Abs. 2 S. 1 GmbHG, § 179 Abs. 2 S. 1 AktG. 248 Grotherr, StuW 1995, S. 124 (133 f.); abschwächend Günkel/Lieber, in: Herzig, Organschaft, S. 355. 249 Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 268 f. 250 Vgl. K. Schmidt, Gesellschaftsrecht, § 30 (S. 919 ff.) und § 38 (1188 ff.).

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Kap. 7: Grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft

hältnisse erforderlich sein, dass die Stimmrechtsmacht besonders stark ausgeprägt sein muss, um diese Defizite zu überwinden. Soweit die Stimmrechtsverhältnisse durch Stimmbindungsverträge oder unwiderrufliche Stimmrechtsvollmachten beeinflusst werden, ist dies bei der Beurteilung der finanziellen Eingliederung mit zu berücksichtigen. Treuhänderisch gehaltene Anteile sollen nach Ansicht Stadies im Bereich der umsatzsteuerrechtlichen Organschaft nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 S. 2 AO dem Treugeber zugerechnet werden.251 Ich halte diese Ansicht diese Ansicht auch im Bereich der grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft für zutreffend, soweit dem Treugeber ein Weisungsrecht nach § 665 BGB zukommt, da dieser mithilfe des Weisungsrechts das Stimmverhalten des Treuhänders in der Gesellschafterversammlung. der zwischengeschalteten Gesellschaften kontrollieren kann. Da es auf das Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse ankommt, kann eine finanzielle Eingliederung nach herrschender Meinung auch mittelbar durch finanziell beherrschte zwischengeschaltete Gesellschaft erfolgen.252 So gilt beispielsweise im Falle der Betriebsaufspaltung, dass eine GmbH dann in eine GbR eingegliedert ist, wenn die Mehrheit der Anteile oder Stimmrechte an der Organgesellschaft von den gesamthänderisch gebundenen Gesellschaftern der Organträgergesellschaft gehalten werden, so dass in beiden Gesellschaften dieselben Gesellschafter zusammen über die Mehrheit der Anteile bzw. Stimmrechte verfügen. Dadurch kann der Organträger mittelbar seinen Willen auch in der Organgesellschaft durchsetzen.253 Denkbar ist auch, dass finanziell eingegliederte Tochtergesellschaften des Organträgers die entscheidende Mehrheit der Anteile an der Organgesellschaft halten.254 c) Wirtschaftliche Eingliederung Eine wirtschaftliche Eingliederung nimmt die umsatzsteuerrechtliche Rechtsprechung an, wenn die Organgesellschaft gemäß dem Willen des Organträgers im Rahmen des Gesamtunternehmens, und zwar im engen wirtschaftlichen Zusammenhang mit diesem, es fördernd und ergänzend, wirtschaftlich tätig ist.255 Dies kann beispielsweise im Falle der Betriebsaufspaltung dann vorliegen, wenn 251

Stadie, in: Rau/Dürrwächter, UStG, § 2 Rn. 683 f. Stadie, in: Rau/Dürrwächter, UStG, § 2 Rn. 684. 253 BFH, Urt. v. 20.01.1999 – XI R 69/97, BFH/NV 1999, S. 1136 (1137); Hofmann, GrEStG, § 1 Rn. 168; Heidner, in: Bunjes/Geist, UStG, § 2 Rn. 118. 254 Heidner, in: Bunjes/Geist, UStG, § 2 Rn. 117; zu weiteren Konstellationen mittelbarer finanzieller Eingliederung vgl. Stadie, in: Rau/Dürrwächter, UStG, § 2 Rn. 687 ff. 255 BFH, Urt. v. 22.06.1967 – V R 89/66, BStBl. III 1967, S. 715 (716); Urt. v. 17.04.1969 – V 44/65, BStBl. II 1969, S. 413 (414); Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 965; R 21 Abs. 5 S. 1 u. 2 UStR; Pahlke, in: Pahlke/Franz, GrEStG, § 1 Rn. 343; Hofmann, GrEStG, § 1 Rn. 168. 252

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die Besitzgesellschaft der Betriebsgesellschaft die wesentlichen Betriebsgrundlagen überlässt.256 Die Geschäftstätigkeiten der Gesellschaften müssen miteinander verflochten sein, wobei unklar ist, wie weit diese Verflechtung ausgebildet sein muss. Der BFH hält es beispielsweise für die wirtschaftliche Zusammenarbeit nicht für erforderlich, dass Organträger und Organgesellschaft in denselben Wirtschaftszweigen tätig sind.257 Die Finanzverwaltung betonte jüngst, dass es für die wirtschaftliche Eingliederung ausreichend sei, wenn zwischen Organträger und -gesellschaft aufgrund gegenseitiger Förderung und Ergänzung mehr als nur unerhebliche wirtschaftliche Beziehungen bestehen.258 Insbesondere ist es bei Holding-Gesellschaften problematisch, ob diese geschäftsleitend gegenüber der Organgesellschaft tätig werden muss, oder ob es ausreicht, dass die Gesellschaften über einen Ergebnisabführungsvertrag miteinander verbunden sind.259 Jedoch dürfte es im Falle der nicht geschäftsleitend tätigen Holding bereits an deren Unternehmereigenschaft fehlen. d) Organisatorische Eingliederung Die organisatorische Eingliederung eines Unternehmens in ein anderes setzt nach ständiger Rechtsprechung des BFH voraus, „daß die mit der finanziellen Eingliederung verbundene Möglichkeit der Beherrschung der Tochtergesellschaft durch die Muttergesellschaft in der laufenden Geschäftsführung wirklich wahrgenommen wird. Entscheidend ist, ob durch die Gestaltung der Beziehungen zwischen dem Organträger und der Organsgesellschaft sichergestellt ist, daß eine vom Willen des Organträgers abweichende Willensbildung bei der Organtochter nicht stattfindet.“260

Dieser Verlust autonomer Willensbildung kann auf vielerlei Weise hergestellt werden. Zum einen ist es möglich, mittels Beherrschungsvertrag der Geschäftsführung der Organgesellschaft auch für diese negative Weisungen zu erteilen und so die einheitliche Willensbildung zu gewährleisten.261 Dies gilt meines Erachtens sogar für fehlerhafte Unternehmensverträge, wenn diese tatsächlich durchgeführt werden, da es auf das „Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse“ ankommt. Für unschädlich halte ich dagegen den bloßen Abschluss eines Er256

Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 965. BFH, Urt. v. 03.04.2003 – V R 63/01, UR 2003, S. 394 (395). 258 BMF, Schreiben v. 26.01.2007, BStBl. I 2007, S. 211 Rn. 15. 259 Günkel/Lieber, in: Herzig, Organschaft, S. 356; Stadie, in: Rau/Dürrwächter, UStG, § 2 Rn. 692. 260 Urt. v. 20.02.1992 – V R 80/85, BFH/NV 1993, S. 133; Urt. v. 28.01.1999 – V R 32/98; BStBl. II 1999, S. 258; Günkel/Lieber, in: Herzig, Organschaft, S. 356 f.; Weilbach, GrEStG, § 1 Rn. 93; Hofmann, GrEStG, § 1 Rn. 168. 261 Häck, ZMR 2006, S. 573 (578); Baumann, UVR 2000, S. 334 (339); Günkel/ Lieber, in: Herzig, Organschaft, S. 356 f.; Stadie, in: Rau/Dürrwächter, UStG, § 2 Rn. 697. 257

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Kap. 7: Grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft

gebnisabführungsvertrags, da dieser bezüglich der Geschäftsführung keine Weisungsbefugnisse vermittelt.262 Als noch stärkere Form der organisatorischen Eingliederung im steuerrechtlichen Sinn kommt ferner die aktienrechtliche Eingliederung nach §§ 319 ff. AktG in Betracht.263 Da für eine aktienrechtliche Eingliederung gemäß § 320 Abs. 1 S. 1 AktG mindestens 95 v. H. der Anteile am Grundkapital in der Hand der zukünftigen Hauptgesellschaft vereinigt sein müssen, dürfte nach der hier vertretenen Ansicht ein Anwendungsbereich für die organisatorische Eingliederung durch aktienrechtliche Eingliederung nur dann eröffnet sein, wenn mit diesen Anteilen am Grundkapital weniger als 95 v. H. der Stimmrechte verbunden sind. Eine weitere Variante der Sicherstellung einer organisatorischen Eingliederung ist der faktische Ausschluss einer abweichenden Willensbildung durch zumindest teilweise Identität der Geschäftsführung in herrschendem und abhängigem Unternehmen.264 Darüber hinaus kommen auch Weisungen und Geschäftsführungsrichtlinien in Betracht, wenn sichergestellt ist, dass diese auch tatsächlich befolgt werden.265 Umstritten ist, ob Zustimmungsvorbehalte der Gesellschafterversammlung für Geschäfte, die über den gewöhnlichen Geschäftsbetrieb hinausgehen, bereits eine organisatorische Eingliederung bewirken.266 Dies ist meines Erachtens abzulehnen, da mit dem Zustimmungsvorbehalt allein noch keine Beherrschung der laufenden Geschäftsführung einhergeht. Stadie ist zudem der Ansicht, dass die konzernrechtlichen Vermutungen der §§ 15 ff. AktG auf die Frage der organisatorischen Eingliederung Anwendung finden müssen. So müsse bei einem in Mehrheitsbesitz stehenden Unternehmen auch für Zwecke der umsatzsteuerrechtlichen Organschaft davon ausgegangen werden, dass dieses vom Mehrheitsgesellschafter beherrscht wird. Denn es entspreche der Lebenserfahrung, dass die Geschäftsführungsorgane in solchen Fällen dem mutmaßlichen Willen des beherrschenden Gesellschafters Folge leisten würden. Diese Vermutung sei jedoch widerlegbar.267 Dem kann ich zumindest 262 263

Unklar Günkel/Lieber, in: Herzig, Organschaft, S. 356 f. Stadie, in: Rau/Dürrwächter, UStG, § 2 Rn. 697; hierzu schon Kapitel 7 I. 2. b)

aa). 264 Dazu schon BFH, Urt. v. 23.04.1959 – V 66/57 U, BStBl. III 1959, S. 256 (258); Urt. v. 20.02.1992 – V R 80/85, BFH/NV 1993, S. 133 (134 f.); Urt. v. 28.01.1999 – V R 32/98, BStBl. II 1999, S. 258 (259); Stadie, in: Rau/Dürrwächter, UStG, § 2 Rn. 697; Häck, ZMR 2006, S. 573 (578); Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 965. 265 Günkel/Lieber, in: Herzig, Organschaft, S. 356 f.; Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 965. 266 Bejahend: BFH, Urt. v. 20.02.1999 – V R 80/85, BFH/NV 1993, S. 133 (135); verneinend Stadie, in: Rau/Dürrwächter, UStG, § 2 Rn. 699. 267 Stadie, in: Rau/Dürrwächter, UStG, § 2 Rn. 698; ebenso FG Berlin, Urt. v. 13.05.1998, 6 K 6294/93, EFG 1999, S. 82 (83 f.) – rkr.; anders jetzt BFH, Urt. v. 05.12.2007 – V R 26/06, DStR 2008, S. 453.

IV. Bildung einer grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft

297

für das Grunderwerbsteuerrecht nicht folgen. Das Vorliegen einer Organschaft hat hier für die Steuerpflichtigen steuerschärfende Wirkung. Grundsätzlich ist die Finanzverwaltung zur Aufklärung des Sachverhalts verpflichtet (§ 88 Abs. 1 S. 1 AO); sie trifft die Beweislast für steuerbegründende und steuererhöhende Tatsachen.268 Träfe Stadies Ansicht zu, so würde dies geradezu eine Umkehrung der gesetzlichen Beweislastregeln darstellen, weil dann der Steuerpflichtige aufgrund einer bloßen Vermutung den Gegenbeweis für eine solche Tatsache antreten müsste. Wird aber die allgemeine Beweislastregel ausnahmsweise umgekehrt, so muss dies aus einer entsprechenden Ausnahmevorschrift hervorgehen. Hierfür ist in § 1 Abs. 3 und 4 GrEStG aber nichts ersichtlich. Letztendlich entscheidend ist wiederum das Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse.269 3. Kritik an den Tatbestandsmerkmalen der Eingliederung Angesichts des Zwecks der Anteilsvereinigung „im Organkreis“, die Sachherrschaft des Organträgers über die grundbesitzende Gesellschaft trotz Zwischenschaltung abhängiger Gesellschaften zu erfassen, ist die normative Umsetzung als allenfalls mäßig gelungen zu bezeichnen. Wie bereits gezeigt, ist die Beschränkung der herrschenden sowie der abhängigen Person auf Unternehmen im Sinne des § 2 UStG nicht geeignet, alle Fälle der Sachherrschaft zu erfassen, die über gesellschaftsrechtliche Abhängigkeitsverhältnisse begründet werden können. Bei abhängigen Personen kommt noch hinzu, dass diese trotz der Vorschrift des § 1 Abs. 4 Nr. 2 lit. a) GrEStG de facto auf juristische Personen beschränkt sind, obwohl auch Personengesellschaften in einem Abhängigkeitsverhältnis stehen können. Zutreffend ist der Ansatz des § 1 Abs. 4 Nr. 2 lit. b) GrEStG, die grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft nicht auf Vertragskonzerne zu beschränken, sondern auch faktische Herrschaftsverhältnisse in den Tatbestand der Organschaft zu integrieren, da nur so auch die faktische, rechtlich nicht gebilligte Sachherrschaft über abhängige Gesellschaften grunderwerbsteuerrechtlich erfasst werden kann.270 Die Erfassung der finanziellen Eingliederung als Innehaben der Stimmrechtsmehrheit in der Gesellschafterversammlung erfasst meines Erachtens zutreffend einen wesentlichen Punkt der Abhängigkeitsverhältnisse. Zwar ist auch denkbar, dass eine Gesellschaft durch Ausübung wirtschaftlichen Drucks die Willensbildung einer anderen Gesellschaft beeinflusst. Diese Formen der Abhängigkeit können jedoch von der grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft nicht erfasst 268 BFH, Urt. v. 25.07.2000 – IX R 93/97, BStBl. II. 2001, S. 9 (11); Brockmeyer, in: Klein, AO, § 88 Rn. 15; Tipke, in: Tipke/Kruse, AO, § 88 Rn. 32. 269 Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 965; Heidner, in: Bunjes/Geist, UStG, § 2 Rn. 120. 270 Anders Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 271 f.

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Kap. 7: Grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft

sein, da dies den Tatbestand der Organschaft konturlos und rechtlich kaum mehr mit der erforderlichen Bestimmtheit erfassbar machen würde. Über das Merkmal der finanziellen Eingliederung ist sichergestellt, dass die Herrschaftsmacht teilweise auf gesellschaftsrechtlichen Beziehungen beruht. Dies ist meines Erachtens auch notwendig, da andernfalls keine ausreichend qualifizierte dingliche Beziehung zur abhängigen Gesellschaft bestehen würde. Das Abstellen auf eine wirtschaftliche Eingliederung für die Feststellung der Sachherrschaft eines Organträgers erscheint im Falle der Grunderwerbsteuer nicht recht verständlich. Denn anders als bei der Umsatzsteuer kommt es nicht darauf an, dass die Unternehmen nach außen wie unselbständige Teile eines Gesamtunternehmens auftreten, sondern ob ein Unternehmen in der Weise von einem anderen abhängig ist, dass dessen autonome Willensbildung nicht gegeben scheint. Diese Abhängigkeit kann eine wirtschaftliche Eingliederung aber allenfalls indizieren.271 Umgekehrt kann ein Autonomiedefizit bei der zwischengeschalteten Gesellschaft auch ohne wirtschaftliche Eingliederung vorliegen. Für wesentlich halte ich dagegen das Merkmal der organisatorischen Eingliederung. Hier zeigt sich die Zwischenstellung, welche die grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft zwischen rein schuldrechtlichen oder wirtschaftlichen Abhängigkeitsverhältnissen und der „dinglichen“ Beziehung über die Anteilsinhaberschaft einnimmt. Das Minus in der mitgliedschaftlich begründeten Beherrschungsmöglichkeit wird hier kompensiert durch organisatorische Maßnahmen, welche trotz fehlender vollständiger Einflussnahmemöglichkeit auf Ebene der Beschlussfassung der Gesellschaft es der herrschenden Person ermöglichen, die Willensbildung einer Gesellschaft in ihrem Interesse zu steuern. Daher erfasst die grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft im Zusammenspiel von finanzieller und organisatorischer Eingliederung Sachverhalte, in denen die Willensbildung einer Gesellschaft von einer anderen Person fremdbestimmt werden kann. 4. Vorliegen einer Organschaft bei Anteilserwerb Die Besteuerung der Anteilsvereinigung durch organschaftliche Verbindung ist in § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG geregelt. Wann aber eine solche Organschaft vorliegt, bestimmt sich nach § 1 Abs. 4 Nr. 2 lit. b) GrEStG. Dadurch zeigt sich in zeitlicher Hinsicht eine Tatbestandsstruktur, deren Bedeutung in der grunderwerbsteuerrechtlichen Literatur, insbesondere in mittlerweile aufgehobenen272 Organschaftsverfügung der OFD Münster273 häufig verkannt wurde: zum 271

Ähnlich Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 269 f. Oberste Finanzbehörden der Länder, gleichlautender Erlass v. 21.03.2007, DStR 2007, S. 900 (907 Tz. 10). 273 OFD Münster, Verfügung v. 07.12.2000, S 4500 – 49 – St 24 – 35 –, UVR 2001, S. 366. 272

IV. Bildung einer grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft

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einen ist Voraussetzung der organisatorischen Anteilsvereinigung, dass zwischen den Unternehmen, welche die Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft halten und erwerben, ein Abhängigkeitsverhältnis besteht. Besteuert wird aber nicht, dass eine Organschaft besteht oder gebildet wird, sondern dass durch die verbundenen Unternehmen insgesamt mindestens 95 v. H. der Anteile erworben oder durch Zuerwerb vereinigt werden.274 Daraus folgt zum anderen, dass die Voraussetzungen einer Organschaft grundsätzlich bei Erwerb der Anteile bzw. des verbleibenden Quantums der Anteile vorliegen müssen; die nachträgliche Begründung einer Organschaft zwischen den an der grundbesitzenden Gesellschaft Beteiligten ist dagegen nicht tatbestandsmäßig.275 Nach jüngster Auffassung der obersten Finanzbehörden der Länder ist die Steuerpflicht einer Anteilsvereinigung aber auch dann zu bejahen, wenn zwischen dem Anteilserwerb bzw. -übergang und der nachfolgenden Begründung der Organschaft ein enger zeitlicher und sachlicher Zusammenhang im Sinne eines vorgefassten Gesamtplans besteht. Dies könne nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden. Das Vorgehen nach einem vorgefassten Gesamtplan sei aber zu vermuten, wenn zwischen beiden Vorgängen ein Zeitraum von nicht mehr als 15 Monaten liege. Es bleibe dem Steuerpflichtigen überlassen, durch Vortrag substantiiert belegbarer Tatsachen die Vermutung zu erschüttern, wenn diese Tatsachen einen anderen Geschehensablauf möglich erscheinen lassen.276 Die Finanzverwaltung führt dabei in Tz. 2.4.2. des Erlasses vom 21.03.2007 folgendes Beispiel an: Beispiel 29: Die M-GmbH ist zu 80% an der grundstücksbesitzenden A-GmbH sowie zu 60% an der grundstücksbesitzenden B-GmbH beteiligt. Kurze Zeit nachdem die AGmbH 35% der Anteile an der B-GmbH erworben hat, wird zwischen der MGmbH und der A-GmbH ein Organschaftsverhältnis begründet.

Daraus ergeben sich folgende Konsequenzen: Durch den Anteilserwerb an der B-GmbH ist die A-GmbH nicht im erforderlichen Maße von mindestens 95 v. H. an dieser „dinglich“ beteiligt, ebenso wenig die M-GmbH, so dass bezüglich der B-GmbH ohne Berücksichtigung der Organschaft keine teils mittelbare, teils unmittelbare Anteilsvereinigung im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 1, 2 GrEStG stattfindet. Es findet ebenfalls keine organschaftliche Anteilsvereinigung statt, 274 Adolf/Kleinert, GmbHR 2005, S. 1578 (1579); Brinkmann/Tschesche, BB 2005, S. 2783 (2785); im Ergebnis auch FG Düsseldorf, Urt. v. 10.03.2004 – 7 K 6316/02 GE, DStR 2005, S. 108. 275 Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 958b, Pahlke, in: Pahlke/Franz, GrEStG, § 1 Rn. 346; Weilbach, GrEStG, § 1 Rn. 93. 276 Oberste Finanzbehörden der Länder, gleichlautender Erlass v. 21.03.2007, DStR 2007, S. 900 Tz. 1; im Ansatz schon FinMin. Baden-Württemberg, Erlass v. 11.10. 2005, 3 – S 4501/10, DStR 2005, S. 1903.

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Kap. 7: Grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft

da die A-GmbH trotz finanzieller Eingliederung nicht wirtschaftlich und organisatorisch in die M-GmbH eingegliedert ist. Die spätere Begründung des Organschaftsverhältnisses wäre nach dem Wortlaut des Gesetzes ebenfalls steuerunschädlich, da auslösendes Merkmal der Anteilserwerb durch organschaftlich verbundene Unternehmen, nicht aber die spätere Begründung der Organschaft ist. Die Finanzverwaltung ist jedoch hier der Auffassung, dass aufgrund des engen zeitlichen und sachlichem Zusammenhangs zwischen Erwerb und Organschaftsbegründung die widerlegbare Vermutung eines vorgefassten Gesamtplanes besteht. Dadurch sieht sie den Tatbestand einer Anteilsvereinigung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 bzw. Nr. 2 GrEStG i.V. m. § 1 Abs. 4 Nr. 2 lit. b) GrEStG als erfüllt an. Zurückzuführen ist diese Rechtsauffassung wohl auf eine Rechtsprechung zur Anwendbarkeit bzw. Versagung der Vergünstigung nach § 5 Abs. 2 GrEStG vor dem 01.01.2000, als die Vorschrift des § 5 Abs. 3 GrEStG noch nicht existierte. Danach waren die Vergünstigungen des § 5 Abs. 2 GrEStG zu versagen, wenn der das Grundstück übertragende Gesamthänder entsprechend einem im Zeitpunkt des Abschlusses des Verpflichtungsgeschäfts bereits bestehenden vorgefassten Plan in zeitlichem und sachlichem Zusammenhang mit der Grundstücksübertragung seine Gesellschafterstellung entweder ganz oder teilweise auf einen anderen oder mehrere andere überträgt oder sich seine vermögensmäßige Beteiligung durch Hinzutritt weiterer Gesellschafter verringert.277 Ursprünglich handelte es sich bei dieser Rechtsprechung um eine Anwendung des § 6 StAnpG bzw. § 42 AO,278 welche zur teleologischen Reduktion des § 5 Abs. 2 GrEStG weiterentwickelt wurde.279 Die unbesehene Übertragung dieser Rechtsprechung auf die Fälle der Organschaftsgründung nach Anteilserwerb ist meines Erachtens allerdings nicht möglich, da es sich hier nicht um eine Steuervergünstigung, sondern eine steuerschärfende Vorschrift handelt.280 Für die Übertragung dieser Rechtsprechung auf die Fälle der grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft stellen sich meines Erachtens zwei Fragen. Erstens geht es darum, inwieweit diese Auffassung sich überhaupt auf das Gesetz stützen kann oder zumindest gesetzlich begründbar ist. Zweitens geht es um die Frage, welche Anforderungen an einen solchen Gesamtplan gestellt werden müssen, sollte diese Rechtsauffassung zutreffend sein.

277 BFH, Urt. v. 13.08.1988 – II R 134/86, BStBl. II 1988, S. 735 (736); v. 16.01.1991 – II R 38/87, BStBl. II 1991, S. 374 (375); v. 06.03.1991 – II R 158/87, BFH/NV 1992, S. 197 (198); Hofmann, GrEStG, § 5 Rn. 13. 278 BFH, Urt. v. 05.09.1972 – II R 152/71, BStBl. II 1973, S. 33 (34); Viskorf, in: Boruttau, GrEStG, § 5 Rn. 47. 279 BFH, Urt. v. 20.11.1982 – II R 38/78, BStBl. II 1983, S. 429 (430); Hofmann, GrEStG, § 5 Rn. 14; Viskorf, in: Boruttau, GrEStG, § 5 Rn. 50; Fischer, DB 1996, S. 644 (649). 280 Zum Wortlaut als Grenze der Auslegung von Gesetzen siehe Kapitel 2 V. 1.

IV. Bildung einer grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft

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Die Auffassung der obersten Finanzbehörden der Länder steht in deutlichem Widerspruch zum Wortlaut des § 1 Abs. 3 Nr. 1, 2. Alt. GrEStG. Dort ist dargelegt, dass die organschaftliche Beziehungen zum Zeitpunkt des Erwerbsvorgangs zwischen den Gesellschaften, welche die Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft nach dem Erwerbsvorgang halten werden, bereits vorhanden sein müssen; zumindest müssen diese zeitgleich zum Erwerbsvorgang erfüllt werden (Stichtagsbetrachtung). Somit ist die Auffassung der Finanzverwaltung aus dem Wortlaut allein nicht begründbar. Auch unter Heranziehung einer wirtschaftlichen Betrachtungsweise kann ein solches Ergebnis im Grunderwerbsteuerrecht nicht gerechtfertigt werden, da diese nur in engen Grenzen im Rahmen der Auslegung möglich ist, diese Auslegung aber ihre Grenzen im eindeutigen Wortlaut der Norm findet, der hier die Existenz der Organschaft zum Zeitpunkt der Anteilsvereinigung fordert.281 Somit käme wiederum eine teleologische Extension der Vorschrift in Betracht. Die Voraussetzung einer unzureichenden Verwirklichung des Normzwecks ist zunächst für den Fall der Organschaftsbegründung nach Anteilsvereinigung gegeben. Denn wie bereits dargelegt wurde, bleibt der Wortlaut der Norm hinter dem Gesetzeszweck, die Sachherrschaft an Grundstücken von „Untergesellschaften“ zu erfassen, zurück. Mit Begründung der Abhängigkeit einer Gesellschaft erwirbt der Organträger die Herrschaft über diese Gesellschaft und damit über deren Grund- wie auch Beteiligungsvermögen. Die Finanzverwaltung hat daher zutreffend erkannt, dass zwischen Norm und Normzweck eine Lücke besteht. Jedoch kommt, dieser teleologischen Extension wiederum steuerbegründender Charakter zu, so dass dieselbe unzulässig ist.282 Schlussendlich ist zu beachten, dass die unvollständige Erfassung der Sachherrschaft über Grundstücke untergeordneter Gesellschaften durch § 1 Abs. 3 GrEStG bereits seit dem GrEStG 1940 bekannt ist.283 Dennoch hat es der Gesetzgeber insbesondere beim Erlass des GrEStG 1983 unterlassen, diese lange bekannte Lücke zu schließen. Es ist daher davon auszugehen, dass die Norm bewusst lückenhaft gefasst wurde, weshalb eine planwidrige Regelungslücke nicht vorliegt, welche aber unabdingbare Voraussetzung jeder Analogie – und somit auch jeder teleologischen Extension – ist.284 Nach ständiger Rechtsprechung ist – auch im Grunderwerbsteuerrecht – kein Bürger ohne weiteres verpflichtet, seine steuerlichen und sonstigen rechtlichen Verhältnisse so einzurichten, dass dem Staat daraus hohe Steuern zufließen.285 281

Siehe Kapitel 2 V. 3. Siehe Kapitel 7 II. 3. 283 Vgl. RStBl. 1940, S. 392: „Tatsächlich werden allerdings durch die Vorschrift nur die beiden gröbsten Fälle der Steuerumgehung getroffen.“ 284 Zu § 3c EStG explizit BFH, Urt. v. 29.05.1996 – I R 15/94, BStBl. II 1997, S. 57 (59). 285 BFH, Urt. v. 31.07.1991 – II R 157/88, BFH/NV 1992, S. 57 (58 f.). 282

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Kap. 7: Grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft

Er ist mithin nicht gehalten, den Anteilserwerb und die Organschaftsbegründung zeitlich so aufeinander abzustimmen, dass der Erwerbsvorgang steuerbar wird. Daraus lässt sich nur der Schluss ziehen, dass die oben genannte Erweiterung des gesetzlichen Wortlautes nur dann gerechtfertigt sein kann, wenn eine andere gesetzliche Vorschrift, welche durch § 1 Abs. 3 GrEStG nicht verdrängt wird, eine solche rechtliche Würdigung zulässt. Hierbei kommt nur eine Anwendung des § 42 Abs. 2 AO n. F. in Betracht, so dass die Steuer so erhoben wird, wie sie bei Begründung der Organschaft vor bzw. zeitgleich mit dem Anteilserwerb erhoben worden wäre.286 Nach ständiger Rechtsprechung des BFH liegt ein Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 Abs. 2 AO n. F. vor, wenn die gewählte rechtliche Gestaltung unangemessen ist, der Steuerminderung dienen soll und durch wirtschaftliche oder sonst beachtliche Gründe nicht zu rechtfertigen ist.287 Inwieweit unter Anwendung dieser Definition generell eine unangemessene Gestaltung vorliegen kann, wenn die wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung zu einem späteren Zeitpunkt als der Anteilserwerb erfolgt, aber aufgrund eines vorgefassten Gesamtplans in engem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang mit dem Anteilserwerb steht, ist nicht ersichtlich. Grundsätzlich kann der Zeitpunkt für die Begründung einer Organschaft frei gewählt werden. Hinzu kommt, dass auch faktische Konzernbildungen von der grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft erfasst werden.288 Somit kann – und insoweit ist der Finanzverwaltung tatsächlich Recht zu geben – die Begründung einer Organschaft zu einem späteren Zeitpunkt als zu dem des Anteilserwerbs allenfalls dann den Tatbestand des § 42 AO n. F. auslösen, wenn diese Umgehung der Reihenfolge der Tatbestandsmerkmale des § 1 Abs. 3 GrEStG auf einem vorgefassten Gesamtplan beruht. Dies ist jedoch eine zwar notwendige, aber keine ausreichende Bedingung für die Anwendung des § 42 AO. Es ist nicht in Abrede zu stellen, dass die Organschaftsbegründung nach dem in Frage stehenden Anteilserwerb zu einer Steuerminderung durch Nichtauslösung eines Steuertatbestandes führt. Jedoch muss die rechtlich zulässige Verschiebung des Zeitpunkts der Organschaftsbegründung im Hinblick auf das Ziel, nämlich die Erlangung der Sachherrschaft über die Grundstücke, unangemessen sein. Ein solcher Schluss kann meines Erachtens nicht allein daraus abgeleitet werden, dass die wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung aufgrund eines vorgefassten Gesamtplans in sachlich und zeitlich engem Zusammenhang mit dem Anteilserwerb steht. Wie oben bereits 286

Zur Anwendbarkeit des § 42 AO auf § 1 Abs. 3 GrEStG siehe Kapitel 2 II. 4. BFH, Urt. v. 21.11.1991 – V R 20/87, BStBl. II 1992, S. 446 (448); Urt. v. 27.07.1999 – VIII R 36/98, BStBl. II 1999, S. 769 (770); Urt. v. 15.07.2004 – III R 66/98, BFH/NV 2005, S. 186 (187) – st. Rspr.; Lang, in: Tipke/Lang, § 5 Rn. 100; Brockmeyer, in: Klein, AO, § 42 Rn. 13. 288 Siehe Kapitel 7 IV. 2. 287

IV. Bildung einer grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft

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gezeigt, ist die finanzielle Eingliederung oft eine der wesentlichen Voraussetzungen dafür, um über die durch Stimmrechtsmacht begründete Einflussnahmemöglichkeit auf ein Unternehmen eine wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung herzustellen, da andernfalls beispielsweise Unternehmensverträge nicht abgeschlossen werden können oder auch sonst keine einheitliche Leitung hergestellt werden kann.289 Dies bedeutet, dass die Schaffung einer finanziellen Eingliederung – sprich: ein Anteilserwerb – selbst bei planvollem Vorgehen des zukünftig herrschenden Unternehmens in vielen Fällen zeitlich vor der Begründung einer Organschaft erfolgen muss. Anders gesprochen: die Schaffung einer finanziellen Eingliederung ist meist der erste erforderliche Schritt zur Begründung einer Organschaft; erst in einem zweiten Schritt können die wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung erfolgen. Ist aber eine solche zeitliche Staffelung systemimmanent, so kann das planvolle Vorgehen allein den Vorwurf einer Unangemessenheit im Sinne des § 42 Abs. 2 AO n. F. nicht begründen. Der Vorwurf der Unangemessenheit kann vielmehr nur dann erhoben werden, wenn die Möglichkeit zur Begründung einer Organschaft bereits vor oder mit dem in Frage stehenden Anteilserwerb bestand und das herrschende Unternehmen im Hinblick auf die steuerlichen Folgen der Anteilsvereinigung im Organkreis vorerst auf die Bildung einer Organschaft verzichtet hat, um sich die Sachherrschaft über die Grundstücke der grundbesitzenden Gesellschaft erst nach Anteilserwerb durch die verzögerte Bildung der Organschaft mit der späteren abhängigen Gesellschaft zu sichern. Daraus folgt, dass eine Anwendung des § 42 AO n. F. dann definitiv nicht in Betracht kommt, wenn der Anteilserwerb, der die Besteuerung nach § 1 Abs. 3 GrEStG eigentlich auslöst, erstmals dazu führt, dass die Gesellschaft, an der Anteile erworben werden, finanziell in das herrschende Unternehmen eingegliedert ist. Hat die Verzögerung der Organschaftsbildung zudem einen wirtschaftlichen oder andere beachtliche außersteuerrechtliche Gründe, ist die Organschaftsbegründung nach Anteilserwerb schon deshalb nicht unangemessen.290 Schlussendlich ist ein Gestaltungsmissbrauch auch im Falle der „mutwilligen“ Verzögerung der Organschaftsbildung aus steuerlichen Gründen zu verneinen. Andernfalls wäre der Steuerpflichtige gezwungen, einen steuerrechtlichen Tatbestand zu verwirklichen, obwohl er die späteren Organgesellschaften durch das Zuwarten und für einen vorübergehenden Zeitraum nicht kontrollieren kann und in diesem Zeitraum eine Sachherrschaft über die in Frage stehenden Grundstücke der grundbesitzenden Gesellschaft nicht gegeben ist. Demnach kann es bei der Beurteilung, ob die verzögerte Bildung einer Organschaft gestaltungsmissbräuchlich ist, nicht allein darauf ankommen, ob ein planvolles Vorgehen

289 290

Siehe Kapitel 7 IV. 2. b). Kruse/Drüen, in: Tipke/Kruse, AO, § 42 Rn. 33; Heine, INF 2006, S. 866 (868).

304

Kap. 7: Grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft

in engem sachlichem und zeitlichem Zusammenhang seitens des herrschenden Unternehmens vorliegt. Noch weniger erscheint es sinnvoll, den zeitlichen Zusammenhang mit starren Zeitangaben erfassen zu wollen.291 Daher bin ich der Ansicht, dass ein Gestaltungsmissbrauch zumindest nicht generell dann gegeben ist, wenn die Voraussetzungen der wirtschaftlichen und organisatorischen Eingliederung aufgrund eines vorgefassten Gesamtplans in engem sachlichen und zeitlichen Zusammenhang nach dem Anteilserwerb verwirklicht werden. Ob ein solcher Gestaltungsmissbrauch vorliegt, ist immer eine Frage des Einzelfalls und kann nicht allein an planvollem Vorgehen festgemacht werden. Aus demselben Grund kann ein solcher Gesamtplan auch nicht einfach vermutet werden, wenn die Organschaftsbegründung dem Anteilserwerb in engem zeitlichen und sachlichen Zusammenhang nachfolgt. Die Feststellungslast für das Vorliegen einer Steuerumgehung trägt die Finanzbehörde, nicht der Steuerpflichtige; eine allgemeine Vermutung, eine ungewöhnliche Gestaltung sei unangemessen, existiert nicht.292 Wie bereits gezeigt, ist diese Gestaltung schon nicht per se ungewöhnlich, so dass auch keine praktische Vermutung für eine solche Umgehung besteht. Insofern ist die Auffassung der Finanzverwaltung, ein solcher Zusammenhang impliziere ein gesamtplanmäßiges Vorgehen, als mit der gesetzlichen Verteilung der Feststellungslast nicht in Einklang zu bringen. Anderes gilt auch dann nicht, wenn man für die Qualifikation der Vorgehensweise als rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 42 AO die vornehmlich von Fischer vertretene Gesamtplantheorie heranzieht.293 Danach liegt als Fallgruppe des § 42 AO eine rechtsmissbräuchliche Umgehung von Steuergesetzen vor, wenn „ein Ausweichgeschäft und ein Korrekturgeschäft, die nach einem Gesamtplan gesteuert werden, diesen Tatbestand im wirtschaftlichen Ergebnis verwirklichen (,Gesamtplanfälle‘): Mit dem ,Ausweichgeschäft‘ entfernen sich die Vertragschließenden von dem im wirtschaftlichen Gesamtentschluß festgelegten Ziel; das ,Korrekturgeschäft‘ dient dazu, die zum Gesamtentschluß offenbar inkongruenten Wirkungen zumeist überwiegend, nie aber vollständig rückgängig zu machen. Der wirtschaftlich ,saldierte‘ Endeffekt ragt in den Belastungsgrund des gesetzlichen Tatbestandes hinein und rechtfertigt deswegen das bei der Anwendung des § 42 AO praktizierte Analogieverfahren.“294

291 So aber Oberste Finanzbehörden der Länder, gleichlautender Erlass v. 21.03. 2007, DStR 2007, S. 900 Tz. 1; Lieber/Morgenweck, UVR 2006, 125 (126 f.); ähnlich Günkel/Lieber, in: Herzig, Organschaft, S. 366 f. 292 BFH, Urt. v. 29.04.1987 – X R 16/81, BFH/NV 1988, S. 64 (66); Brockmeyer, in: Klein, AO, § 42 Rn. 29. 293 Fischer, in: Hübschmann/Hepp/Spitaler, AO, § 42 Rn. 168; ders., DB 1996, S. 644 (651 ff.); ders., FR 2003, 1013 ff. und 1277 ff. 294 Fischer, DB 1996, S. 644 (653).

V. Erwerbsvorgänge unter Beteiligung von Organschaften

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Ein derart verstandener Gesamtplan liegt in den in Frage stehenden Fällen aber nicht vor. Den Äußerungen Fischers kann nicht entnommen werden, dass das Unterlassen eines Rechtsgeschäfts – oder einer rechtlich relevanten Handlung – wie der unterlassene Abschluss eines Beherrschungsvertrags als Ausweichgeschäft zu qualifizieren ist. Die spätere Begründung einer Organschaft kann somit nicht als Korrekturgeschäft bezeichnet werden, da kein vorheriger durch ein Ausweichgeschäft begründeter Korrekturbedarf besteht. Daher liegt auch nach der Gesamtplantheorie kein Gestaltungsmissbrauch im Sinne des § 42 AO vor.295 Insoweit muss sich diese Arbeit nicht mit der Frage auseinandersetzen, ob die Fallgruppe des Vorgehens nach einem Gesamtplan geeignet ist, die Vorschrift des § 42 AO zu konkretisieren.296 Denkbar wäre nach dieser Auffassung ein Gestaltungsmissbrauch allenfalls dann, wenn die organschaftliche Verflechtung vor Anteilserwerb – beispielsweise durch Entherrschungsvertrag o. ä. – aufgehoben werden würde und nach erfolgtem Anteilserwerb wiederhergestellt werden würde.

V. Erwerbsvorgänge unter Beteiligung von Organschaften Steuerbegründendes Merkmal bei der grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft ist nicht die Bildung oder Erweiterung einer solchen. Vielmehr ist es erforderlich, dass ein Rechtsgeschäft abgeschlossen wird, welches entweder den Anspruch auf Übertragung von Gesellschaftsanteilen begründet, oder dass Anteile dinglich an ein herrschendes oder abhängiges Unternehmen übertragen werden. Ergebnis dieses Erwerbsvorgangs muss die Vereinigung von zusammengerechnet mindestens 95 v. H. der Anteile bei organschaftlich verbundenen Unternehmen sein.297 Die Bildung einer Organschaft allein begründet auch keine Verwertungsbefugnis des Organträgers an den Grundstücken der Organgesellschaft oder nachgeordneter Gesellschaften im Sinne des § 1 Abs. 2 GrEStG.298 Das Organschaftsverhältnis muss nach der Fassung des Gesetzes

295 Anders und unter Verweis auf Rn. 143 Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 966h; was aber im Hinblick auf die dortigen Äußerungen unverständlich erscheint, da er dort die Erforderlichkeit von Ausweich- und Korrekturgeschäft nochmals betont. 296 Kritisch insbesondere Crezelius, FR 2003, S. 537 ff.; Brockmeyer, in: Klein, AO, § 42 Rn. 13. 297 Günkel/Lieber, in: Herzig, Organschaft, S. 365; ähnlich Storg, UVR 2001, S. 139 (141); Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 958b; Pahlke, in: Pahlke/Franz, § 1 Rn. 346; Hofmann, GrEStG, § 1 Rn. 170; näher OFD Münster, Verfügung v. 07.12. 2000, S 4500 – 49 – St 24 – 35 –, UVR 2001, S. 366 Beispiele 1 a) und b) sowie 2 a) und b). 298 BFH, Urt. v. 01.03.2000 – II R 53/98, BStBl. II 2000, S. 357; ausführlich Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 286 ff.

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Kap. 7: Grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft

zumindest zeitgleich mit dem Anteilserwerb vorliegen; nicht erforderlich ist, dass dieses bereits vor dem Erwerb der Anteile begründet worden sein muss.299 Auch wenn durch Begründung einer Organschaft eine Herrschaft der Organmutter an dem beherrschten Unternehmen und damit an seinen Vermögensgegenständen entsteht, ist Auslöser der Besteuerung immer noch ein Anteilserwerb. Dies erscheint vor dem Normzweck, die Sachherrschaft über Grundstücke durch Anteilsvereinigung zu erfassen, unzureichend, weil durch das strenge Abstellen auf den Erwerbsvorgang an den Anteilen das Entstehen einer Sachherrschaft an den Gesellschaftsgrundstücken nur unvollkommen erfasst wird. Denn es ist beispielsweise auch denkbar, dass durch Bildung einer Organschaft ohne weiteren Übertragungsvorgang Sachherrschaft des herrschenden Unternehmens über die grundbesitzende Gesellschaft aufgrund der nun hinzutretenden Abhängigkeit eines oder mehrer zwischengeschalteter Unternehmen oder sogar der grundbesitzenden Gesellschaft selbst begründet wird. Grund hierfür ist die mangelhafte gesetzliche Erfassung der Herrschaft über Gesellschaften. Dieses Normdefizit ist aufgrund der steuerbegründenden Wirkung auch nicht im Wege der teleologischen Extension heilbar.300 Ein Erwerbsvorgang im „Organkreis“ kommt immer nur in den Fällen des § 1 Abs. 3 Nr. 1 und 2 GrEStG in Betracht. Dies ergibt sich daraus, dass zum einen § 1 Abs. 3 Nr. 3 und 4 GrEStG die grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft gar nicht erst erwähnen, während sich die Anwendung der Organschaftsregelungen im Rahmen des § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG aus der Bezugnahme auf § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG ergibt. Ferner ist nach – meines Erachtens zustimmungswürdiger – Auffassung des FG Düsseldorf in den Fällen der § 1 Abs. 3 Nr. 3 und 4 GrEStG eine grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft nicht erforderlich, da hier nur die Übertragung der bereits vereinigten Anteile auf eine Person tatbestandsmäßig ist.301 Der abweichenden Ansicht von Brinkmann/ Tschesche, eine Anteilsvereinigung im Organkreis könne auch in Betracht kommen, wenn ein Anspruch dahingehend begründet würde, dass die bereits vereinigten Anteile insgesamt auf einen Organkreis übergehen sollen,302 ist meines Erachtens nicht beizutreten. In einem solchen Falle gehen nicht die vereinigten Anteile insgesamt über, da der Organkreis als solcher kein Rechtsträger ist. Vielmehr werden die Anteile getrennt auf mehrere selbständige Rechtsträger übertragen. Somit sind die Anteile nach Vollzug des Erwerbsgeschäftes eben nicht mehr im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 3 und 4 GrEStG bei einer Person 299 BFH, Urt. v. 30.01.1980 – II R 90/75, BFHE 130, S. 74 (76); FG Münster, Urt. v. 05.02.2004, 8 K 5386/00 F, EFG 2004, S. 1078; Heine, GmbHR 2003, S. 453 (456 f.); zur teilweise abweichenden Ansicht der Finanzverwaltung siehe Kapitel 7 IV. 4. 300 Siehe Kapitel 7 II. 3. 301 FG Düsseldorf, Urt. v. 10.03.2004 – 7 K 6316/02 GE, DStRE 2005, S. 108. 302 Brinkmann/Tschesche, BB 2005, S. 2783 (2786).

V. Erwerbsvorgänge unter Beteiligung von Organschaften

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vereinigt. Dieser Fall lässt sich zudem zwanglos unter § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder 2 GrEStG fassen, weil dadurch erstmals die Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft in der Hand organschaftlich verbundener Unternehmen vereinigt werden. Der BFH hat dieses Problem nicht explizit aufgegriffen, verweist aber in seinem Urteil vom 20.07.2005 bezüglich der grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft nur auf § 1 Abs. 3 Nr. 1 und 2 GrEStG, so dass er diese wohl in Bezug auf § 1 Abs. 3 Nr. 3 und 4 GrEStG für unanwendbar hält.303 Steuerschuldner sind im Falle des Anteilserwerbs durch den Organkreis immer alle an der Anteilsvereinigung beteiligten Unternehmen, d. h. all diejenigen Unternehmen im „Organkreis“, welche Anteile halten, § 13 Nr. 5 GrEStG. Diese treten gesamtschuldnerisch im Sinne des § 44 Abs. 1 S. 2 AO nebeneinander.304 Entgegen der Ansicht des FG Münster305 ist die Vorschrift des § 13 Nr. 5 GrEStG nur auf die Fälle der Anteilsvereinigung im Organkreis, nicht aber auf jede Form der mittelbaren Anteilsvereinigung – insbesondere bei Auslandssachverhalten – anwendbar; eine solche Auslegung würde den Wortlaut der Norm überschreiten.306 Jedoch gelten weite Teile des Anwendungsbereichs der grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft als nach wie vor ungeklärt.307 Dies soll insbesondere im Bereich der Anteilsverschiebung gelten.308 Es kann nicht Aufgabe dieser Dissertation sein, alle möglichen Varianten der Anteilsvereinigung im Organkreis auf ihre steuerlichen Wirkungen hin zu untersuchen.309 Deshalb sollen im Folgenden nur einige umstrittene oder zweifelhafte Fallvarianten herausgegriffen und dargestellt werden. Dabei wird teilweise noch auf die Organschaftsverfügung der OFD Münster,310 vielmehr aber auf den Organschaftserlass311 eingegangen, der ausweislich seiner Textziffer 10. in allen noch offenen Fällen anzuwenden ist und demnach die Organschaftsverfügung verdrängt hat. Auf die dort angeführten Beispielsfälle wird ohne weitere Wiederholung verwiesen. Es ist jedoch nicht Sinn und Aufgabe dieser Dissertation, eine vollständige Besprechung dieser Verwaltungsvorschriften zu liefern. 303

BFH, Urt. v. 20.07.2005 – II R 30/04, BStBl. II 2005, S. 839 (840). Viskorf, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 42; Hofmann, GrEStG, § 13 Rn. 16; Bruschke, UVR 2003, S. 168 (169). 305 Urt. v. 05.02.2004 – 8 K 5386/00 F, EFG 2004, S. 1078 (1080 f.). 306 BFH, Urt. v. 02.08.2006 – II R 23/05, BFH/NV 2006, S. 2306; so auch schon Pahlke, in: Pahlke/Franz, GrEStG, § 1 Rn. 19; Hofmann, GrEStG, § 13 Rn. 17. 307 Willibald/Widmeyer, DB 2005, S. 2543 (2547). 308 Brinkmann/Tschesche, BB 2005, S. 2783 (2789). 309 Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 966d bezeichnet dieses Vorhaben als eine Herausforderung für Freunde von Denksportaufgaben. 310 OFD Münster, Verfügung v. 07.12.2000 – S 4500 – 49 – St 24 – 35 –, UVR 2001, S. 366 ff. 311 Oberste Finanzbehörden der Länder, gleichlautender Erlass v. 21.03.2007, DStR 2007, S. 900 ff. 304

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Kap. 7: Grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft

1. Neubildung des Organkreises und Änderungen in der Zusammensetzung des Organkreises Wie bereits erwähnt, ist Steuer auslösendes Tatbestandsmerkmal des § 1 Abs. 3, 2. Alt. GrEStG nicht die Bildung einer Organschaft, sondern der Erwerb von Anteilen durch organschaftlich verbundene Unternehmen, welcher dazu führt, dass dieser „Organkreis“ mindestens 95 v. H. der Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft bei sich vereinigt. Problematisch war allerdings, wie eine „Umorganisation“ des Organkreises, z. B. durch Austausch von herrschenden oder abhängigen Unternehmen sowie das Hinzukommen weiterer abhängiger Unternehmen grunderwerbsteuerrechtlich zu würdigen ist. In den Beispielen Nr. 5 b) und c) der Verfügung der OFD Münster vom 07.12.2000312 ging die OFD davon aus, dass der Austausch eines herrschenden Unternehmens eine Anteilsübertragung auf einen neuen Organkreis bedeute, wenn das eine oder die mehreren abhängigen Unternehmen derart an einer grundbesitzenden Gesellschaft beteiligt seien, dass durch den Austausch – in diesem Fall eine Verschmelzung – nunmehr mindestens 95 v. H. der Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft der nunmehr herrschenden Gesellschaft mittels organschaftlicher Verbindung zuzurechnen seien. Diese Ansicht hat der BFH im Urteil vom 20.07.2005313 für den Fall nicht geteilt, dass die Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft bereits bei nur einer abhängigen Gesellschaft im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 3 oder 4 GrEStG vereinigt sind. Er urteilte, dass es im Rahmen der Anteilsvereinigung im Organkreis erforderlich sei, dass die Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft nur im Organkreis vereinigt seien. Läge dagegen bereits eine Anteilsvereinigung bei nur einer abhängigen Gesellschaft vor, so führe dies dazu, dass die Anteilsvereinigung im Organkreis verdrängt werde. Das Austauschen des Organträgers ersetze ferner nicht das Tatbestandsmerkmal, dass alle (jetzt: mindestens 95 v. H. der) Anteile übergehen müssten.314 Wären die Anteile bereits vereinigt, so käme nur ein Übergang der vereinigten Anteile, nicht aber die organschaftliche Zurechnung zur herrschenden Gesellschaft in Betracht. Dem stehe auch nicht entgegen, dass im Falle des Beispiels 5 b) der Organschaftsverfügung Anteile an der abhängigen Gesellschaft zu 87,5 v. H. übergingen, da diese die erforderliche Beteiligungsquote nicht erfüllten.315 Mit dieser Entscheidung wurde zu-

312 OFD Münster, Verfügung v. 07.12.2000 – S 4500 – 49 – St 24 – 35 –, UVR 2001, S. 366 (367 f.). 313 II R 30/04, BStBl. II 2005, S. 839 (840). 314 Ebenso bereits die Vorinstanz FG Düsseldorf, Urt. v. 10.03.2004 – 7 K 6316/02 GE, DStRE 2005, S. 108. 315 BFH, Urt. v. 20.07.2005 – II R 30/04, BStBl. II 2005, S. 839 (840); ebenso bereits Heine, GmbHR 2003, S. 453 (457).

V. Erwerbsvorgänge unter Beteiligung von Organschaften

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dem das Beispiel zu Tz. 7 der Organschaftsverfügung anpassungsbedürftig, da auch hier die Vereinigung von 95 v. H. der Anteile der grundbesitzenden Gesellschaft bei einer abhängigen Gesellschaft als tatbestandsmäßig angenommen wurde. Dieses Urteil ist aufgrund seiner klarstellenden Funktion in der Literatur begrüßt worden;316 die Finanzverwaltung hat diese Rechtsauffassung mittlerweile im Organschaftserlass rezipiert.317 Bereits vor Erlass des Urteils wurde seitens der Literatur vertreten, dass eine Anteilsvereinigung im Organkreis nur dann vorliegen könne, wenn die Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft auf mehrere organschaftlich verbundene Unternehmen aufgeteilt seien. Dies ergebe sich zwingend aus dem Wortlaut, der von einer Anteilsvereinigung in der Hand von mehreren Unternehmen spräche. Andernfalls verdränge die „dingliche“ Anteilsvereinigung die „organisatorische“, da der „organisatorischen“ nur eine Ergänzungsfunktion zur „dinglichen“ Anteilsvereinigung zukäme.318 Dieser Auffassung möchte ich mich ausdrücklich anschließen. Letztendlich beruhte die Auffassung der Finanzverwaltung darauf, dass auch derjenige, der eine Gesellschaft beherrscht, welche zu mindestens 95 v. H. der Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft beteiligt ist, vermittels seiner Herrschaft über die abhängige Gesellschaft ebenfalls die Sachherrschaft über die grundbesitzende Gesellschaft ausüben kann. Somit läge ein an sich besteuerungswürdiger Vorgang vor. Jedoch handelt es sich hier wiederum um eine Ausdehnung des Wortlautes, welche in den Fällen steuerbegründender Wirkung unzulässig ist. Wie bereits von Brinkmann/Tschesche vorausgesehen,319 konnte aber vor diesem Hintergrund die Lösung des Beispiels 5 c) der Organschaftsverfügung keinen Bestand mehr haben. Der Unterschied im Beispiel 5 c) zu Beispiel 5 b) liegt darin, dass hier die Anteile im erforderlichen Umfang teilweise in der Hand des herrschenden Unternehmens, teilweise in der Hand des abhängigen Unternehmens vereinigt sind. Gehen nun die Anteile im Wege der Verschmelzung auf das neue herrschende Unternehmen teils unmittelbar, teils mittelbar aufgrund des Abhängigkeitsverhältnisses über, so liegt ein mittelbarer Übergang von mindestens 95 v. H. der Anteile im grunderwerbsteuerrechtlichen Sinne vor. Diese Konsequenz hat die Finanzverwaltung jetzt im Beispiel 4.1.3 gezogen und den Austausch des Organträgers als steuerbare „Anteilsvereinigung im fortgeführten Organkreis“ behandelt. Dies ist im Ergebnis zutreffend und auch kon-

316 Willibald/Widmayer, DB 2005, S. 2543 (2546); Brinkmann/Tschesche, BB 2005, S. 2783 (2785); Wischott/Schönweiß, DStR 2006, S. 172 (173). 317 Oberste Finanzbehörden der Länder, gleichlautender Erlass v. 21.03.2007, DStR 2007, S. 900, vgl. Beispiele zu Tz. 2.2.2, 4.1.1. und 4.1.2. sowie 6. 318 Günkel/Lieber, in: Herzig, Organschaft, S. 359; Pahlke, in: Pahlke/Franz, GrEStG, § 1 Rn. 346; ähnlich Hofmann, GrEStG, § 1 Rn. 170a. 319 Brinkmann/Tschesche, BB 2005, S. 2783 (2788).

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Kap. 7: Grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft

sequent, wenngleich das Gesellschaftsgrundstück meines Erachtens dem Organträger und nicht dem Organkreis zuzuordnen ist.320 Konsequenz aus der oben angesprochenen Entscheidung des BFH ist aber auch, dass nunmehr bestimmte Varianten der Anteilsvereinigung als grunderwerbsteuerpflichtig behandelt werden müssen, bei denen die Finanzverwaltung vorher eine bereits bestehende Anteilsvereinigung im Organkreis angenommen hat und demgemäß die Steuerbarkeit dieser Varianten verneint hat. Im Beispiel zu Tz. 6 b) der Organschaftsverfügung hielt die Finanzverwaltung die Übertragung von Teilen der Anteile, welche bislang zu mindestens 95 v. H. von einer Organgesellschaft gehalten wurde, auf andere Organgesellschaften für nicht steuerbar, weil die Anteile bereits vorher dem Organkreis zuzurechnen gewesen seien. Somit könne die Verschiebung von Teilen der Anteile nicht steuerbar sein. Demgegenüber ist unter Anwendung der Grundsätze des Urteils vom 20.07.2005 eine solche Anteilsverschiebung im Organkreis steuerbar, da aufgrund der bislang bestehenden „dinglichen“ Anteilsvereinigung erstmalig eine organisatorische Zuordnung zum Organkreis (besser: zum herrschenden Unternehmen) erfolgt.321 Soweit ersichtlich ist die Frage bislang unbeantwortet geblieben, ob durch Begründung eines Abhängigkeitsverhältnisses zu einem dem bisherigen „Organkreis“ nicht angehörenden Unternehmen mit gleichzeitiger oder nachfolgender Übertragung eines Teiles der beim bisherigen Organkreis vereinigten Anteile auf das neu hinzukommende Unternehmen ein neuer grunderwerbsteuerbarer Vorgang ausgelöst werden kann. Dies ist meines Erachtens danach zu entscheiden, wem man die Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft als zugehörig betrachtet: geht man mit Rechtsprechung, Finanzverwaltung und weiten Teilen der Literatur davon aus, dass die Anteile dem „Organkreis“, bestehend aus dem herrschenden und den abhängigen Unternehmen, zuzuordnen sind, so ist die Neuaufnahme ein steuerpflichtiger Vorgang, da dieser Organkreis mit dem bisherigen nicht identisch ist. Dem könnte das Beispiel zu Textziffer 3.2. des Organschaftserlasses widersprechen, wo die Nichtsteuerbarkeit der Aufnahme einer an der grundbesitzenden Gesellschaft beteiligten GmbH in einen Organkreis nur damit begründet wurde, dass der Organkreis bereits vorher 95 v. H. der Anteile hielt. Allerdings scheint die Finanzverwaltung zu übersehen, dass mit der Neuaufnahme der Gesellschaft die Anteile streng genommen bei einem neuen Organkreis vereinigt sind. Geht man dagegen von der vorzugswürdigen Ansicht aus, dass die Anteile dem herrschenden Unternehmen zuzuordnen sind, ergibt sich keine Steuerpflicht, da sich das Zuordnungssubjekt nicht ändert. 320

Siehe Kapitel 7 III. Oberste Finanzbehörden der Länder, gleichlautender Erlass v. 21.03.2007, DStR 2007, S. 900 (906 Tz. 5.3.). 321

V. Erwerbsvorgänge unter Beteiligung von Organschaften

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2. Anteilsübertragungen auf den Organkreis Zu einer grunderwerbsteuerrechtlichen Anteilsvereinigung im Organkreis kommt es aber, wenn von einer oder mehreren der organschaftlich verbundenen Gesellschaften Anteile erworben werden und dies zu einem Erwerb von mindestens 95 v. H. der Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft führt. Ebenfalls steuerpflichtig ist der Fall, dass mehrere Organgesellschaften Anteile im erforderlichen Umfang an einer Gesellschaft erwerben, der das Grundstück einer anderen Gesellschaft nach § 1 Abs. 3 GrEStG zuzurechnen ist.322 Festzuhalten ist dabei allerdings, dass es sich um einen derivativen Erwerb handeln muss. Vereinigen sich dagegen Anteile an grundbesitzenden Gesellschaften im Organkreis dergestalt, dass unter Einbringung von Grundstücken und sonstigen Einlagen Gesellschaften eines Organkreises eine grundbesitzende Gesellschaft gründen, so ist diese Gründung nicht tatbestandsmäßig.323 Insoweit zutreffend ist die Behandlung des Beispiels zu Textziffer 2.3.1. des Organschaftserlasses324: obwohl der Organträgerin faktisch bereits die Sachherrschaft über die grundbesitzende Gesellschaft zukommt, weil sie die zwischengeschaltete, an der grundbesitzenden Gesellschaft zu 95% beteiligte GmbH beherrscht, führt die „Aufspaltung“ der Beteiligung zwischen der A-GmbH und der M-GmbH dazu, dass sich die Anteile erstmals in der Hand von herrschendem und abhängigem Unternehmen vereinigen, so dass § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG erfüllt ist. Der Vorgang ist somit steuerpflichtig. Offensichtlich aufgegeben wurde mit dem Organschaftserlass die in der Anmerkung zum Beispiel Tz. 3 c) geäußerte Rechtsauffassung in der Organschaftsverfügung der OFD Münster. In diesem Fall ist eine GmbH A zu 75 v. H. an der grundbesitzenden Y-GmbH beteiligt, welche wiederum zu 70 v. H. an der grundbesitzenden X-GmbH beteiligt ist. A und Y sind organschaftlich miteinander verbunden. Durch einen späteren Erwerb von 25 v. H. der Anteile an der X-GmbH vereinigt die Y-GmbH nunmehr 95 v. H. der Anteile an der XGmbH, was zu einer Besteuerung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1 bzw. 2 GrEStG führt. Die Finanzverwaltung war hier zudem der Auffassung, dass eine steuerbare Anteilsvereinigung im Organkreis dann in Betracht kommt, wenn zeitgleich die Organschaft zwischen der A-GmbH und der Y-GmbH auf die X-GmbH ausgedehnt wird. Diese Auffassung ist abzulehnen, da in diesem Fall wiederum nicht die Anteile an der X-GmbH in mehreren Händen, sondern nur in einer Hand vereinigt werden. Anderes gilt dann, wenn ein Teil der Anteile durch die A-

322 BFH, Urt. v. 08.08.2001 – II R 66/98, BStBl. II 2002, S. 156 (159); Lieber/ Morgenweck, UVR 2006, S. 125 (127). 323 Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 967 f.; Hofmann, GrEStG, § 1 Rn. 171. 324 Oberste Finanzbehörden der Länder, gleichlautender Erlass v. 21.03.2007, DStR 2007, S. 900 [902].

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Kap. 7: Grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft

GmbH selbst gehalten werden würde bzw. die A-GmbH später von der Y-GmbH einen Teil der Anteile an der X-GmbH erwirbt.325 Dasselbe gilt definitiv für den in Beispiel 4 b) beschriebenen Fall der Organschaftsverfügung. Hier erwirbt die A-GmbH unter gleichzeitiger Begründung einer Organschaft 75 v. H. der Anteile an der grundbesitzenden Y-GmbH, welche wiederum zu 95 v. H. an der grundbesitzenden X-GmbH beteiligt ist. Nach damaliger Auffassung der Finanzverwaltung liegt eine Anteilsvereinigung im Organkreis bezüglich der Anteile der X-GmbH vor. Diese Auffassung ist deshalb nicht zutreffend, weil auch hier durch den Erwerb keine Anteilsvereinigung in der Hand von mehreren Gesellschaften stattfindet; dementsprechend behandelt der Organschaftserlass diesen Fall im Beispiel zu Textziffer 2.2.1 nicht mehr als tatbestandsmäßig.326 Die Begründung der Organschaft mit der YGmbH allein ist dagegen nicht tatbestandsmäßig.327 Dagegen ist wiederum die spätere teilweise Übertragung von Anteilen an der X-GmbH auf die A-GmbH grunderwerbsteuerpflichtig, da bislang keine Anteilsvereinigung im Organkreis vorlag.328 3. Anteilsverschiebungen im Organkreis Sind Anteile erst einmal im Organkreis vereinigt, so bewirkt die Verschiebung dieser Anteile innerhalb des Organkreises keine Besteuerung, weil die Anteile nach herrschender Ansicht nach wie vor dem Organkreis, nach Ansicht der vorzugswürdigen Mindermeinung329 dem herrschenden Unternehmen selbst zuzurechnen sind. Somit führt der Erwerbsvorgang bezüglich des Gesellschaftsgrundstücks nicht zu einer Veränderung des Zuordnungssubjekts.330 Anderes soll gelten, wenn sich die Anteile erstmals in der Hand einer Organgesellschaft vereinigen, da sich die Zurechnung vom „Organkreis“ (meines Erachtens: der herrschenden Gesellschaft) auf eine einzelne abhängige Gesellschaft verschiebe. Damit liege ein Erwerbsvorgang im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 1 oder 2 GrEStG vor. Dementsprechend sei es unerheblich, ob die nunmeh325

Brinkmann/Tschesche, BB 2005, S. 2783 (2786). Oberste Finanzbehörden der Länder, gleichlautender Erlass v. 21.03.2007, DStR 2007, S. 900 (901). 327 Lieber/Morgenweck, UVR 2006, S. 125 (126); Brinkmann/Tschesche, BB 2005, S. 2783 (2787). 328 Brinkmann/Tschesche, BB 2005, S. 2783 (2787); jetzt auch Oberste Finanzbehörden der Länder, gleichlautender Erlass v. 21.03.2007, DStR 2007, S. 900 (902 Tz. 2.3.1.). 329 Siehe Kapitel 7 III. 1. 330 BFH, Urt. v. 30.03.1988 – II R 81/95, BStBl. II 1988, S. 682; Fischer, in: Boruttau, GrEStG, § 1 Rn. 973; Hofmann, GrEStG, § 1 Rn. 171; Oberste Finanzbehörden der Länder, gleichlautender Erlass v. 21.03.2007, DStR 2007, S. 900 (905 Tz. 5.1.). 326

V. Erwerbsvorgänge unter Beteiligung von Organschaften

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rige Anteilsvereinigung bei einer der Organgesellschaften, deren Tochterunternehmen oder dem Organträger stattfinde.331 Im Urteil des BFH vom 30.03. 1988332 vertrat die Rechtsprechung, dass die Übertragung aller Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft von einem Organträger auf dessen Organgesellschaft trotz fortbestehendem Abhängigkeitsverhältnis der Besteuerung nach § 1 Abs. 3 Nr. 3, 4 GrEStG unterliege. Der Organkreis sei nämlich keine grunderwerbsteuerrechtliche Einheit in dem Sinne, dass die Übertragung aller Anteile von einer auf die andere Gesellschaft des Organkreises nicht steuerbar wäre. Anders gewendet: die Zugehörigkeit zu einem Organkreis beeinträchtigt die Fähigkeit der ihm zugehörigen Gesellschaften nicht, grunderwerbsteuerrechtlich als Rechts- und Zuordnungsträger von Anteilen an grundbesitzenden Gesellschaften zu gelten. In der Sache gleich entschied das FG Münster im Urteil vom 20.10.1999:333 Übertrage die Organmutter alle Anteile an einer grundbesitzenden Organgesellschaft auf eine andere Organgesellschaft, stelle dies trotz der organschaftlichen Verbindung einen grunderwerbsteuerpflichtigen Erwerbsvorgang im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG dar. Die Finanzverwaltung hat sich dieser Auffassung angeschlossen.334 Diese Auffassung unterliegt in Teilen der Literatur heftiger Kritik, deren Argumentation sich im Wesentlichen analog der Kritik zur Steuerbarkeit von „Side-Stream“ und „Down-Stream“-Übertragungen bei der „dinglichen“ Anteilsvereinigung vollzieht. Rechtsprechung und Finanzverwaltung folgten einer rein formal-juristischen Argumentation und vernachlässigten die von § 1 Abs. 3 GrEStG verfolgten wirtschaftlichen Zurechnungsgesichtspunkte.335 Trotz konzerninterner Umstrukturierung der Beteiligungsverhältnisse bewirke diese allenfalls eine Verstärkung der Eigentümerposition, welche einem Rechtsträgerwechsel nicht gleichzustellen sei. Finde aber ein solcher Wechsel nur „von der linken in die rechte Tasche“336 statt, so sei dies nicht besteuerungswürdig. Daher müsse, weil die Herrschaftsmacht nach wie vor beim Konzern verbleibe, die Rechtsnorm des § 1 Abs. 3 GrEStG für diese Fälle einer teleologischen Reduktion unterzogen werden, welche auch dazu führe, dass die Umstrukturierung im

331 Oberste Finanzbehörden der Länder, gleichlautender Erlass v. 21.03.2007, DStR 2007, S. 900 (905 Tz. 5.2.); auch schon OFD Münster, Verfügung v. 07.12.2000 – S 4500 – 49 – St 24 – 35 –, UVR 2001, S. 366 (368); Hofmann, GrEStG, § 1 Rn. 171; Häck, ZMR 2006, S. 573 (579); Brinkmann/Tschesche, BB 2005, S. 2783 (2788). 332 II R 81/85, BStBl. II 1988, S. 682. 333 8 K 5381/96 GE, EFG 2000, S. 451 ff. 334 Schon OFD Münster, Verfügung v. 07.12.2000 – S 4500 – 49 – St 24 – 35 –, UVR 2001, S. 366 (368), Beispiele zu Tz. 6 a) und b); jetzt Oberste Finanzbehörden der Länder, gleichlautender Erlass v. 21.03.2007, DStR 2007, S. 900 (906 Tz. 5.2 und 5.3). 335 Günkel/Lieber, in: Herzig, Organschaft, S. 363. 336 Wörtlich bei Eder, DStR 1994, S. 735 (738).

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Kap. 7: Grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft

Organkreis steuerfrei bleibe.337 Auch Kroschewski scheint seine Argumentationsweise im Rahmen der konzerninternen Umstrukturierung bei 100%-igen (jetzt mindestens 95%-igen) Anteilsvereinigungen auf Umstrukturierungen im Organkreis übertragen zu wollen, ohne dies aber ausdrücklich zu erwähnen.338 Fischer hält diese Argumentationsweise hingegen nicht mit Wortlaut und Systematik der Vorschrift vereinbar, erwägt aber die entsprechende Anwendung des § 1 Abs. 6 GrEStG. Günkel/Lieber verneinen die Möglichkeit dieser Analogie und fordern eine entsprechende Gesetzesänderung bzw. einen Befreiungstatbestand.339 Verweyen sieht in der Steuerbarkeit der Anteilsübertragung auf den Organträger eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung gegenüber der Anteilsübertragung auf die Muttergesellschaft, da die Organschaft eine der Beteiligungskette gleichwertige Herrschaftsmacht vermittle. Insofern liege ein Verstoß gegen das Gebot der Folgerichtigkeit vor.340 Meines Erachtens handelt es sich bei der Entscheidung, ob konzerninternen Umstrukturierungen steuerfrei sein sollen, um eine steuerpolitische Entscheidung, die nicht durch teleologische Reduktionen oder Analogien geklärt werden kann. Solche Entscheidungen obliegen nur dem Gesetzgeber.341 Gegen eine rechtsfortbildende Lösung spricht insbesondere, dass die Systematik der Vorschrift des § 1 GrEStG einerseits Mehrfachzuordnungen von Grundstücken zulässt, andererseits nicht ausdrücklich bestimmt, dass die Gesellschaften, welche zu einem Organkreis gerechnet werden, durch diese Zugehörigkeit ihre Fähigkeit verlieren sollen, grunderwerbsteuerrechtlich als Zuordnungssubjekt im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG zu fungieren. Zudem kann nicht abgestritten werden, dass mit dem Erwerb von mindestens 95 v. H. der Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft durch eine Organgesellschaft diese selbst die Sachherrschaft über die Gesellschaftsgrundstücke erhält. Dies ändert sich auch nicht dadurch, dass die Gesellschaft durch eine andere Person kontrolliert wird, denn letztlich kommt dem herrschenden Unternehmen die Sachherrschaft über die grundbesitzende Gesellschaft nur deshalb zu, weil auch die (zwischengeschaltete) Organgesellschaft die Sachherrschaft an der grundbesitzenden Gesellschaft innehat. Würde diese der zwischengeschalteten Gesellschaft fehlen, so könnte auch der Organträger keine Sachherrschaft über die grundbesitzende Gesellschaft ausüben, wenngleich natürlich festzuhalten bleibt, dass im Falle der Ver-

337 Eder, DStR 1994, S. 735 (738); Götz, GmbHR 2001, S. 277 (280); Beckmann, GmbHR 1999, S. 222. 338 Dies lässt sich aus der Fundstelle Kroschewski, Anteilsvereinigung, S. 280 f. herauslesen, wo Kroschewski die Organschaft im Rahmen seiner allgemeinen Kritik an der Steuerbarkeit von konzerninternen Umstrukturierungen erwähnt. 339 Günkel/Lieber, in: Herzig, Organschaft, S. 363. 340 Verweyen, Grunderwerbsteuer bei konzerninternen Umstrukturierungen, S. 150 ff. 341 So auch Pahlke, in: Pahlke/Franz, GrEStG, § 1 Rn. 347.

V. Erwerbsvorgänge unter Beteiligung von Organschaften

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einigung von mindestens 95 v. H. der Anteile bei einer Organgesellschaft die Anwendung der Zuordnungsregeln der grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft nicht mehr zum Zuge kommt. Diese Rechtsfolge resultiert aus dem bereits erwähnten Prinzip der Mehrfachzuordnung. Wie oben bereits dargestellt,342 beruht das Prinzip der Mehrfachzuordnung – die Möglichkeit, ein Grundstück grunderwerbsteuerrechtlich mehreren Rechtsträgern zuzuordnen – auf einer bewussten gesetzgeberischen Entscheidung, die zudem mangels Regelungslücke nicht durch Rechtsfortbildung geschlossen werden kann. Somit wäre eine gesetzgeberische Reform meines Erachtens zwar vor dem Hintergrund einer besseren Umsetzung des Leistungsfähigkeitsgedankens zu begrüßen; sie bleibt dennoch dem Gesetzgeber vorbehalten. Auch eine Anwendung des § 1 Abs. 6 S. 2 GrEStG kommt meines Erachtens aus diesen Gründen nicht in Betracht. Wie bereits im Rahmen der Erwerbsvorgänge bei „dinglicher“ Anteilsvereinigung gezeigt, wäre hierfür eine doppelte Analogie vonnöten: zum einen mangelt es an unterschiedlichen Erwerbstatbeständen, da hier nur die Erwerbstatbestände des § 1 Abs. 3 GrEStG einschlägig sind, zum andern ist keine zivilrechtliche, sondern nur eine wirtschaftliche Erwerberidentität gegeben. Soll diese Vorschrift doppelt analog angewandt werden, so müsste zunächst eine Regelungslücke vorliegen. Dies ist aber nicht der Fall, da – wie bereits gezeigt – sowohl die Mehrfachzuordnung als auch die grunderwerbsteuerrechtliche Nichtidentität von Konzernunternehmen das Grunderwerbsteuerrecht tragende Prinzipien sind.343 Somit scheidet auch die analoge Anwendung des § 1 Abs. 6 S. 2 GrEStG aus, obwohl nicht in Abrede zu stellen ist, dass konzerninterne Grundstücksumsätze nur einen formellen, aber keinen wirtschaftlichen Umsatz darstellen. Eine andere Variante wurde in Beispiel 6 b) der Organschaftsverfügung angesprochen. Hier wurden erstmals nach einer bestehenden Vereinigung von mindestens 95 v. H. der (im Beispiel: aller) Anteile bei einer Organgesellschaft diese Anteile auf mehrere Organgesellschaften verteilt, ohne dass es bei einer der Organgesellschaften zu einer Anteilsvereinigung kommt. Nach Auffassung der Finanzverwaltung löste dieser Vorgang keine Grunderwerbsteuer aus, weil die Anteile bereits vorher beim Organkreis vereinigt waren.344 Diese Auffassung hat die Finanzverwaltung – wohl unter dem Eindruck des Urteils vom 20.07.2005345 – mittlerweile aufgegeben und sieht die Anteile mittlerweile im 342

Siehe Kapitel 2 II. 2. b) bb). Siehe Kapitel 6 VIII.; speziell zur Anteilsverschiebung im Organkreis BFH, Urt. v. 05.11.2002 – II R 23/00, BFH/NV 2003, S. 505 (507); FG Münster, Urt. v. 23.01.2002 – 8 K 2924/00 GrE, F, EFG 2002, S. 573 (574); Hofmann, GrEStG, § 1 Rn. 174; Pahlke, in: Pahlke/Franz, GrEStG, § 1 Rn. 7. 344 OFD Münster, Verfügung v. 07.12.2000 – S 4500 – 49 – St 24 – 35 –, UVR 2001, S. 366 (368). 345 II R 30/04, BStBl. II 2005, S. 839 (840). 343

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Kap. 7: Grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft

Organkreis vereinigt. Denn die Anteilsvereinigung bei einer Organgesellschaft schließt laut BFH die (vorherige) Zuordnung zum Organkreis aus. Durch die Verteilung der Anteile auf mehrere Organgesellschaften sind diese nunmehr erstmals (nur) beim Organkreis vereinigt, so dass dies einen steuerbarer Vorgang darstellt.346 Brinkmann/Tschesche und Willibald/Widmayer sind jedoch der Auffassung, dass in der Ausgangssituation schon eine gleichzeitige Zuordnung zum Organkreis möglich ist, weshalb aufgrund der vorherigen Besteuerung des Anteilserwerbs durch die X-GmbH bei der Verteilung der Anteile auf den Organkreis keine Grunderwerbsteuerpflicht gegeben sein dürfte.347 Dieser Auffassung kann ich mich aufgrund des Gesetzeswortlauts leider nicht anschließen. Entgegen den Fällen der mittelbaren Anteilsvereinigung schließt die Vereinigung von mindestens 95. v. H. der Anteile bei einer Untergesellschaft die Zuordnung zur Obergesellschaft im Wege der grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft aus. Es ist den Autoren zwar darin zuzustimmen, dass der Organträger aufgrund der Beherrschung der Organgesellschaft bereits mit deren Erwerb der Anteile die Sachherrschaft an den Anteilen der grundbesitzenden Gesellschaft erworben hat. Die Zuordnung nach § 1 Abs. 3 Nr. 1, 2. Alt. GrEStG erfolgt aber nur dann, wenn die Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft mehreren organschaftlich verbundenen Unternehmen zustehen. Nach der hier vertretenen Auffassung einer Zuordnung zum Organträger statt zum Organkreis348 ist eine Einschränkung aber dann zu machen, wenn der Organträger an der Organgesellschaft, welche mindestens 95 v. H. der Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft hielt, bereits selbst zu mindestens 95 v. H. beteiligt war. In diesem Fall war dem Organträger das Grundstück bereits aufgrund der Beteiligungskette nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 oder 4 GrEStG zuzuordnen. Werden die Anteile aber auf die einzelnen Organgesellschaften verteilt, so bleibt der Organträger dennoch Zuordnungsträger der Grundstücke, diesmal aufgrund der organschaftlich begründeten Anteilsvereinigung. Darin ist kein Wechsel der Zurechnungsart zu sehen, da nach zutreffender Auffassung der Rechtsprechung die Beteiligungskette und die Organschaft gleichwertige Elemente der Mittelbarkeit sind.349 Ferner ist für die hier vertretene Auffassung eine Einschränkung für den Fall der Anteilsvereinigung „Up-Stream“, also vom „Organkreis“ allein auf den Organträger zu machen. War ein Grundstück bereits dem Organträger durch die Anteilsvereinigung im Organkreis zuzurechnen, so

346

Willibald/Widmayer, DB 2005, S. 2543 (2546 f.). Brinkmann/Tschesche, BB 2005, S. 2783 (2788); Willibald/Widmayer, DB 2005, S. 2543 (2546 f.). 348 Siehe Kapitel 7 III. 1. 349 II R 66/98, BStBl. II 2002, S. 156 (158). 347

V. Erwerbsvorgänge unter Beteiligung von Organschaften

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führt diese Anteilsübertragung auf den Organträger aufgrund der Identität der Zuordnungssubjekte nicht zu einem steuerbaren Vorgang.350 Auf einen Sonderfall weisen zudem Brinkmann/Tschesche hin: in deren Beispiel überträgt eine von der A-GmbH abhängige X-GmbH, welche zu 100% Anteilsinhaberin einer grundbesitzenden B-GmbH ist, insgesamt 5% der Anteile auf weitere Organgesellschaften; die A-GmbH hält dabei 70% der Anteile an der X-GmbH. Obwohl hier die X-GmbH in erforderlicher Höhe von mindestens 95 v. H. der Anteile an der B-GmbH beteiligt bleibt, sind nunmehr gleichzeitig alle Anteile im „Organkreis“, also in der Hand von mehreren abhängigen Gesellschaften vereinigt. Gleichzeitig besteht jedoch die vermutete Sachherrschaft der X-GmbH fort, weil diese zu mindestens 95 v. H. beteiligt bleibt. Brinkmann/Tschesche schlagen hier eine teleologische Reduktion des § 1 Abs. 3 GrEStG vor, da die Anteilsvereinigung in der Hand einer Organschaft eine Erweiterung, nicht aber eine Einschränkung des Tatbestandes der Anteilsvereinigung sein soll.351 Dieser Auffassung ist aufgrund der Ergänzungsfunktion der grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft im Ergebnis zuzustimmen, da diese nur die Fälle erfassen wollte, in denen die Anteile bei keiner Gesellschaft in einem für die Steuerbarkeit ausreichenden Umfang vereinigt sind.352 Gerade dieser Fall liegt hier aber nicht vor, so dass sich die Subsidiarität der grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft aus einer teleologischen Reduktion der Norm ergibt.353 Festzuhalten ist allerdings, dass die Subsidiarität allgemeiner Natur ist, und nicht nur in dem von Brinkmann/Tschesche erwähnten Einzelfall greift. Es ist aber auch darauf hinzuweisen, dass in dem Moment ein steuerbarer Vorgang entsteht, in dem die Beteiligungsquote der X-GmbH an der B-GmbH durch „organkreisinterne“ Anteilsübertragung unter 95 v. H. absinkt.

350

A.A. z. B. Hofmann, GrEStG, § 1 Rn. 172. Brinkmann/Tschesche, BB 2005, S. 2783 (2789). 352 RStBl. 1940, S. 387 (392); BFH, Urt. v. 30.03.1988 – II R 81/85, BStBl. II 1988, S. 682. 353 Siehe Kapitel 7 III. 2. b). 351

Kapitel 8

Thesenartige Ergebnisse 1. Die Rechtsnorm des § 1 Abs. 3 GrEStG in der Fassung vom 01.01.2000 beruht im Wesentlichen auf der Fassung des Grunderwerbsteuergesetzes 1940. Durch das Grunderwerbsteuergesetz 1983 wurde eine eigenständige Organschaftsdefinition eingefügt und die beispielhafte Aufzählung der Gesellschaftsformen entfernt; ferner wurde die Anteilsvereinigung bei Familienmitgliedern aufgrund fehlender Verfassungskonformität entfernt. Durch das Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 wurde die für die Steuerbarkeit erforderliche Beteiligungshöhe von allen Anteilen auf mindestens 95 v. H. der Anteile abgesenkt. 2. § 1 Abs. 3 GrEStG übt wie jeder Erwerbstatbestand des § 1 Abs. 3 GrEStG eine Doppelfunktion aus. Zum einen beschreibt er den Erwerbsvorgang, an den die Besteuerung anknüpft. Zum anderen ordnet er demjenigen, der mindestens 95 v. H. der Anteile an einer Gesellschaft hält, das fiktive Grundstückseigentum zu. Diese zusätzliche Funktion der Erwerbstatbestände führt dazu, dass ein Grundstück nicht nur dem formalen Eigentümer, sondern neben diesem auch noch anderen wirtschaftlichen Eigentümern gleichzeitig zugeordnet wird, so z. B. dem Verwertungsbefugten nach § 1 Abs. 2 GrEStG oder dem eben dem zu mindestens 95 v. H. Beteiligten nach § 1 Abs. 3 GrEStG. Dieses Prinzip der Mehrfachzuordnung ist ein das Grunderwerbsteuergesetz tragendes Systemprinzip, das von einer rein wirtschaftlichen Betrachtungsweise, wie sie z. B. durch § 39 AO aufgestellt wird, abweicht. 3. Der Normzweck des § 1 Abs. 3 GrEStG besteht darin, den Wechsel der Sachherrschaft an einem Grundstück zu erfassen. Dieser Wechsel wird vermutet, wenn ein Gesellschafter an einer Gesellschaft mindestens 95 v. H. der Anteile hält. Der Grund für diese Vermutung liegt darin, dass nach allgemeiner Lebenserfahrung ein in diesem Umfang beteiligter Gesellschafter die Willensbildung der Gesellschaft beherrscht und die Gesellschaft trotz nach wie vor vorhandener Minderheitsgesellschafter keinen von dem des herrschenden Gesellschafter abweichenden eigenen Willen mehr bilden kann. Dadurch ist der Gesellschafter in der Lage, die Sachherrschaft über Grundstücke dieser Gesellschaft auszuüben. Dabei kommt es nicht darauf an, dass der Gesellschafter seinen Einfluss in rechtlich gebilligter Form bei der Gesellschaft geltend macht. Vielmehr genügt die Möglichkeit, einen

Kap. 8: Thesenartige Ergebnisse

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solchen Einfluss faktisch auszuüben. Insoweit besteht eine Sachherrschaft, die faktisch mit der des Eigentümers nach § 903 BGB übereinstimmt. 4. Die Rechtsbegriffe des Grunderwerbsteuergesetzes sind wie jede andere Rechtsnorm auszulegen. Knüpft ein Erwerbsvorgang an einen zivilrechtlichen Vorgang an, so ist zu ermitteln, ob ein zivilrechtliches Begriffsverständnis für die Tatbestandsmerkmale des Grunderwerbsteuerrechts existiert. Anschließend ist im Wege der Auslegung des grunderwerbsteuerrechtlichen Tatbestandsmerkmal zu ermitteln, ob diesem das zivilrechtliche Begriffsverständnis zugrunde zu legen ist oder ob nicht vielmehr ein eigenes grunderwerbsteuerrechtliches Begriffsverständnis angebracht ist. Ein „Primat des Zivilrechts“, das bei wörtlicher Übereinstimmung der Begrifflichkeiten dem grunderwerbsteuerrechtlichen Begriff zwingend den zivilrechtlichen Inhalt zuweist, existiert nicht. Auch gibt es keine generelle Vermutung dafür, dass grunderwerbsteuerrechtlichen Begrifflichkeiten der Inhalt einer gleich lautenden zivilrechtlichen Begrifflichkeit beizulegen wäre. Dies würde gegen den anerkannten Grundsatz verstoßen, dass jedes Rechtsgebiet seine eigenen Begrifflichkeiten prägt, und dazu führen, dass der abweichenden Teleologie zwischen Grunderwerbsteuerrecht und Zivilrecht nicht Rechnung getragen werden könnte. 5. Der Gesellschaftsbegriff des § 1 Abs. 3 GrEStG ist restriktiver als der Gesellschaftsbegriff des Zivilrechts zu verstehen. Wesentliche Anforderung des § 1 Abs. 3 GrEStG ist es, dass die Gesellschaft Anteile gewährt. Was Anteile im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG sind, kann nicht aus dem Gesellschaftsrecht bestimmt werden, da der Begriff des Anteils im Gesellschaftsrecht unterschiedlichen Bedeutungsgehalt haben kann, bei manchen Gesellschaften als solcher gar nicht existiert. Auch ein einheitliches steuerrechtliches Verständnis des Anteilsbegriffs kann angesichts der unterschiedlichen Teleologie sowie der stärkeren Differenzierungen seitens des EStG und des BewG nicht ermittelt werden. Ergebnis ist somit, dass ein eigenständiges grunderwerbsteuerrechtliches Begriffsverständnis des Anteils nach § 1 Abs. 3 GrEStG zu ermitteln ist. 6. Aufgrund des Normzwecks, den Übergang der Sachherrschaft an Gesellschaftsgrundstücken durch Anteilsvereinigung zu besteuern, könnte der Anteilsbegriff inhaltliche Übereinstimmungen mit der Mitgliedschaft an Verbänden haben, weil über die mit der Mitgliedschaft üblicherweise einhergehenden Teilhaberechte, insbesondere der Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung, das Mitglied auf die Willensbildung des Verbands Einfluss nehmen kann. Dagegen können rein vermögensbezogene Verständnisse wie z. B. der Anteil am Gesellschaftsvermögen nicht herangezogen werden, da mit dieser Position allein noch keine Herrschaft über das Gesellschaftsvermögen einhergeht. Dafür spricht auch, dass Mitgliedschaften

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Kap. 8: Thesenartige Ergebnisse

zumindest teilweise Gegenstand von Verfügungen sein können, während einzelne Mitgliedschaftsrechte aufgrund des Abspaltungsverbots nicht von der Mitgliedschaft getrennt werden können und daher nicht eigenständig übertragbar sind. Jedoch sind die Mitgliedschaft und der Anteil nicht gleichzusetzen; vielmehr ist es wegen des Normzwecks des § 1 Abs. 3 GrEStG erforderlich, dass eine Mitgliedschaft an Verbänden gewisse Merkmale aufweisen muss, um dem Mitglied einen Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft zu ermöglichen. Der Anteilsbegriff ist damit materiell und nicht formell zu verstehen. Aus der umfassenden Auslegung des Anteilsbegriffs unter Berücksichtung der zugrunde liegenden gesellschaftsrechtlichen Überlegung ist unter einem Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG die übertragbare, einer Bewertung zugängliche Mitgliedschaft an einer grunderwerbsteuerrechtlich als rechtsfähig anerkannten Personenvereinigung zu verstehen, die eine Einflussnahme auf die Willensbildung der Personenvereinigung mittels Stimmrechten ermöglicht und dem Mitglied das Vermögen der Personenvereinigung anteilig zuordnet. Dementsprechend sind Gesellschaften nur solche Personenvereinigungen (= Verbände), deren Mitgliedschaft diese Merkmale aufweist, vorausgesetzt, die Gesellschaft beruht auf dauerhaftem und freiwilligem Zusammenschluss. 7. Nicht jede Mitgliedschaft ist als Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG zu verstehen. Z. B. stellen eigene Anteile der Gesellschaft keine Anteile im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG dar, da die Mitgliedschaftsrechte in der Zeit während des Eigenerwerbs ruhen. Dasselbe gilt für eingezogene oder kaduzierte Mitgliedschaften. Des Weiteren qualifizieren stimmrechtslose Mitgliedschaften nicht als Anteile im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG, da mit diesen kein Einfluss auf die Willensbildung der Gesellschaft geltend gemacht werden kann. Dagegen ist es weitestgehend möglich, der Mitgliedschaft Vermögensrechte wie z. B. die Gewinnbeteiligung zu entziehen, da diese nicht in Zusammenhang mit der Willensbildung der Gesellschaft steht. Dasselbe gilt für die ohnehin schuldrechtlich zu qualifizierenden, aus dem Vermögensstammrecht abgeleiteten Gläubigerrechten, da diesen schon der dingliche Bezug zur Mitgliedschaft fehlt. Ferner ist es für § 1 Abs. 3 GrEStG unschädlich, ob die Mitgliedschaften verpfändet oder mit einem Nießbrauch belastet sind. Ebenso ist es unschädlich, wenn Gesellschafterbeiträge auf die Mitgliedschaften ausstehen, da die Mitgliedschaftsrechte durch den Verzug mit der Beitragsleistung allein nicht suspendiert werden. Komplementärmitgliedschaften an einer Kommanditgesellschaft auf Aktien qualifizieren als Anteile im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG, weil diese entgegen einer in der Literatur vertretenen Ansicht sämtliche Merkmale eines Anteils aufweisen, der Komplementär insbesondere nicht nur schuldrechtlich am Gesellschaftsvermögen beteiligt ist. Hingegen stellen Genussrechte aufgrund ihres nur schuldrechtlichen Charakters und der fehlenden ding-

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lichen Mitwirkungsrechte keinen Anteil im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG dar. 8. Innengesellschaften qualifizieren nicht als Gesellschaft im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG, da diese kein Gesellschaftsvermögen bilden. REIT-Aktiengesellschaften dagegen stellen als Aktiengesellschaft Gesellschaften im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG dar. Anstalten des öffentlichen Rechts sind mangels verbandsrechtlicher Subjektivität keine Gesellschaften im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG. Gesellschaften ausländischer Rechtsformen qualifizieren dann als Gesellschaften im Sinne des § 1 Abs. 3 GrEStG, wenn die Mitgliedschaft an denselben die für den Anteilsbegriff erforderlichen Merkmale aufweist und sie auf dauerhaftem und freiwilligem Zusammenschluss beruhen. 9. Eine Verlagerung des Verwaltungssitzes führt dann zu einer Besteuerung nach § 1 Abs. 3 GrEStG, wenn die Gesellschaft nach der Verlagerung ihre Rechtsfähigkeit vollständig verliert oder diese als Übertragung auf einen neuen Rechtsträger zu behandeln ist; führt die Verlagerung nur zu einem gesetzlich angeordneten Formwechsel, ist die Sitzverlagerung dagegen nicht steuerbar. 10. Eine Gesellschaft ist dann grundbesitzend, wenn dieser ein Grundstück nach § 1 Abs. 1 bis 3 GrEStG zuzuordnen ist. Entgegen einer in der Literatur vertretenen Ansicht führt die Verwertungsbefugnis einer von der Gesellschaft verschiedenen Person nicht dazu, dass das Grundstück der Gesellschaft nicht mehr zuzuordnen ist. Grundstücke im Sondervermögen von Kapitalanlagegesellschaften sind der Gesellschaft und nicht den Anlegern zuzuordnen, da die KAG die Sachherrschaft an den Gesellschaftsgrundstücken ausübt. Die Tatsache, dass die KAG diese für Rechnung der Anleger hält, ist im Rahmen der Grundstücksbewertung wertmindernd zu berücksichtigen. 11. Die Beteiligungsquote ist im Rahmen des § 1 Abs. 3 GrEStG nach den Stimmrechten in der Gesellschafterversammlung zu ermitteln, da dieses das für die Ausübung der Herrschaft über die Gesellschaft wesentliche Kriterium darstellt. Dagegen scheidet eine Bewertung nach der Zahl der Mitgliedschaften oder der Kapitalbeteiligung aus. Für die gesetzlichen Regelfälle hat dies kaum Konsequenzen: sowohl bei der GmbH als auch bei der AG bestimmen sich die Stimmrechte in der Regel nach der Kapitalbeteiligung. Bei Personengesellschaften ist aufgrund des Einstimmigkeitsprinzips und der damit einhergehenden Stimmenzählung nach Köpfen kein 95%-iger Stimmrechtsanteil möglich, sondern ein maximal 50%-iger. Werden bei Personengesellschaft die Stimmrechte bzw. die Stimmkraft an die Höhe der Kapitalbeteiligung gekoppelt, so ist eine mindestens 95%-ige Anteilsvereinigung möglich, da mit dieser Stimmenverteilung ein entsprechender Ein-

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Kap. 8: Thesenartige Ergebnisse

fluss des Mehrheitsgesellschafters einhergeht. Die Anteilsvereinigung einer REIT-Aktiengesellschaft ist technisch möglich, aufgrund der Einschränkungen durch das REIT-Gesetz jedoch unwahrscheinlich, da diese bei einer dauerhaften Anteilsvereinigung ihren steuerbegünstigten Status verliert. 12. Der Erwerb von Grundstücken zwischen dem auf Übertragung der Anteile gerichteten Verpflichtungsgeschäft und dem Erfüllungsgeschäft führt entgegen der überwiegenden Ansicht nicht zu einer „Nachbesteuerung“ nach § 1 Abs. 3 Nr. 2 GrEStG, da diese Vorschrift von § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG vollständig verdrängt wird. Unter Umständen kann der dem schuldrechtlichen Geschäft nachfolgende Grunderwerb als gestaltungsmissbräuchlich im Sinne des § 42 AO anzusehen sein. Bei einem mittelbaren Anteilserwerb ist es erforderlich, dass die Beteiligungsquote von mindestens 95 v. H. der Anteile auf jeder Beteiligungsstufe verwirklicht wird. 13. Umstrukturierungen im Konzern, die zur Anteilsvereinigung bei einer anderen als der bisherigen Konzerngesellschaft führen, sind steuerpflichtig. Die Tatsache allein, dass die Konzernmuttter nach wie vor die Sachherrschaft an dem Gesellschaftsgrundstück mittelbar hält, führt nicht zur Steuerfreiheit, wenn zwischen grundbesitzender Gesellschaft und Konzernmutter noch eine andere Konzerngesellschaft die Anteil unmittelbar oder mittelbar vereinigt. Eine Befreiungsvorschrift für konzerninterne Umstrukturierungen wäre zwar rechtspolitisch wünschenswert, existiert derzeit aber nicht und kann auch nicht im Wege der Rechtsfortbildung entwickelt werden. Auch ist eine Anrechnung nach § 1 Abs. 6 GrEStG analog nicht möglich, da es an den Analogievoraussetzungen mangelt. 14. Die Vereinbarung eines Treuhandverhältnisses über Gesellschaftsanteile führt zur Steuerpflicht, wenn dieses Verhältnis einen Herausgabeanspruch des Treugebers gegenüber dem Treuhänder vorsieht und der Treugeber nach Erfüllung dieses Herausgabeanspruchs mindestens 95 v. H. der Anteile an der grundbesitzenden Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar vereinigt. Nicht möglich ist es hingegeben, die Treuhand an Gesellschaftsanteilen für Zwecke des § 1 Abs. 3 GrEStG über § 1 Abs. 4 Nr. 2 lit. a) GrEStG zu erfassen, da eine weisungsabhängig eingegliederte natürliche Person nach deutschem Recht nicht existieren kann. 15. Die Einführung der grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft war der Tatsache geschuldet, dass Konzerne auch ohne eine Vereinigung von allen, jetzt mindestens 95 v. H. der Anteile in der Lage waren, die Sachherrschaft über Gesellschaften und deren Grundvermögen auszuüben. Diese Sachherrschaft sollte erfasst werden, was jedoch gesetzgeberisch nur als mäßig gelungen bezeichnet werden kann, da nicht alle Fälle konzernmäßiger Abhängigkeit erfasst werden. Die zuerst durch Verweisung, später durch wörtliche Übereinstimmung geschaffene Anknüpfung an die Voraussetzungen der um-

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satzsteuerrechtlichen Organschaft ist vor dem Hintergrund der divergierenden Normzwecke verfehlt. Insbesondere das Kriterium der wirtschaftlichen Eingliederung macht zur Beurteilung der Abhängigkeit einer Gesellschaft keinen Sinn. Die Voraussetzungen einer Organschaft müssen spätestens mit dem Anteilsübergang vorliegen. Wird die Organschaft erst nach der Anteilsübertragung begründet, so ist entgegen der Auffassung der Finanzverwaltung auch dann nicht generell von einer Steuerbarkeit auszugehen, wenn das Vorgehen des Erwerbers nach einem vorgefassten Gesamtplan in engem sachlichem und zeitlichem Zusammenhang mit dem Erwerb erfolgt. In Ausnahmefällen ist es denkbar, dass die dem Anteilserwerb nachfolgende Begründung des Organschaftsverhältnisses als gestaltungsmissbräuchlich einzustufen ist. 16. Die Anteilsvereinigung durch organschaftliche Verbindungen stellt eine speziellen Fall der mittelbaren Anteilsvereinigung dar. Entgegen der herrschenden Meinung in Literatur und Finanzverwaltung sind Gesellschaftsgrundstücke im Rahmen der grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft nicht dem aus herrschendem Unternehmen und abhängigen Gesellschaften bestehenden Organkreis, sondern wie bei der mittelbaren Anteilsvereinigung dem herrschenden Unternehmen selbst zuzuordnen. Aufgrund ihrer historisch begründeten Erweiterungsfunktion ist die grunderwerbsteuerrechtliche Organschaft subsidiär zur unmittelbaren Anteilsvereinigung wie auch zur mittelbaren Anteilsvereinigung über Beteiligungsketten (teleologische Reduktion). Aus der hier vertretenen abweichenden Auffassung zum Zuordnungsträger der Gesellschaftsgrundstücke bei grunderwerbsteuerrechtlicher Organschaft ist allerdings zu folgern, dass der von der herrschenden Meinung angeführte Hauptanwendungsfall der Subsidiarität, die gleichzeitige Zuordnung zum Organkreis und zum Organträger, nicht greift, da die in Frage stehenden Grundstücke bei einer Organschaft immer dem Organträger zugerechnet werden. 17. Entgegen der wohl herrschenden Auffassung sind nachfolgende mittelbare Anteilsvereinigungen durch Beteiligungsketten oder unmittelbare Anteilsvereinigungen bei der Konzernmutter für diese nicht steuerbar, da ihr die fraglichen Grundstücke bereits im Rahmen der grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft zugeordnet werden. Dagegen führt eine Anteilsvereinigung bei einer Organgesellschaft zur Steuerbarkeit des Vorgangs, da insoweit ein Zuordnungsträgerwechsel stattfindet bzw. ein neuer Zuordnungsträger hinzutritt. Auch für die Fälle der grunderwerbsteuerrechtlichen Organschaft ist die Schaffung einer Steuerbefreiung für konzerninterne Umstrukturierungen geboten.

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Sachverzeichnis Abhängigkeit 33, 55, 64–66, 68, 108, 183, 244, 246–247, 256, 260–261, 277–278, 286, 290, 297–298, 301, 306, 322 Absenkung der Beteiligungsquote 70 Abspaltungsverbot siehe Mitgliedschaft Aktie 110–111, 132, 139, 141, 146, 151, 154–155, 183, 186, 190 Aktiengesellschaft 35–36, 51, 74, 100, 110, 118–119, 133, 144, 146–147, 151, 155, 159, 183, 190, 195–196, 244, 248–249, 254–255, 289, 321–322 Analogie 178, 239, 268, 301, 314–315 Analogieverbot 88 Anrechnung der Grunderwerbsteuer 238 Anstalt öffentlichen Rechts 160 Anteil – Begriff siehe Anteilsbegriff – Gesellschafts- 187 – Kapital- 187 – Komplementär- 152 – Nießbrauch 150, 232 – Personengesellschaft 102 – Stimmrecht 189, 192, 248 – stimmrechtsloser 145 – Vermögens- 187 – Verpfändung 149 Anteilsbegriff 27, 55, 87, 107, 109–111, 113–114, 129, 131, 133, 138–139, 146, 158, 164, 319, 321 – bewertungsrechtlicher 112 – Definition (steuerrechtlich) 138 – Ertragsteuerrecht 112 – formeller 108, 146 – konzernrechtlicher 111 – Mitgliedschaft 109

– Personengesellschaft 110 – zivilrechtlich 110 Anteilsübertragung 21, 42, 207, 211, 279, 311 Anteilsvereinigung – abermalige 208 – im Organkreis 272 – mittelbar 206 – mittelbare 34, 201 – unmittelbare 29, 201 Anwachsung 26, 51, 57–58, 103, 142, 182, 234, 238, 267 Auftragserwerb siehe Treuhand Auseinandersetzungsguthaben 119, 125– 126, 130, 147–148 Auslegung 99 – ausländisches Recht 97 – Einheit der Rechtsordnung 90 – freirechtliche Methode 89, 93 – gemeinschaftsrechtskonforme 86 – Relativität der Rechtsbegriffe 91 – Steuerrecht 87 – teleologische Extension 268, 301 – verfassungskonforme 161 – Verhältnis Steuerrecht zu Zivilrecht 89 – zivilrechtliche Anknüpfung 92 – zivilrechtliches Primat 89, 98 Autonomiedefizit 51, 63–65, 67, 69–70, 75, 219, 261, 276, 290, 298 Bedarfsbewertung 179–180 beherrschender Einfluss 66–67, 243 Beherrschung 65, 70, 135, 148, 194, 206, 248, 250, 252, 260, 295–296, 316 Beherrschungsvertrag siehe Unternehmensvertrag

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Sachverzeichnis

Bemessungsgrundlage 27–28, 103, 175, 178, 198, 206, 236, 238 bergrechtliche Gewerkschaft 139 Beteiligungsgesellschaften 22, 210 Beteiligungskette 203 Beteiligungsketten 29, 44–45, 206, 212, 225, 229, 235, 269–270, 273, 323 Beteiligungskonsortien 158 Beteiligungsquote 181 – bei REIT-AG 195 – Ermittlung nach Kapitalbeteiligung 188 – Ermittlung nach Stimmrechten 192 – nach Köpfen 183 Bruchteilsgemeinschaft 101, 105 Down-Stream-Übertragungen 210, 313 Ehegattenverhältnis 54 eigene Anteile 144 Eigeninteresse der Gesellschaft 58, 60 Einflussnahme 57, 64–66, 73–74, 81, 138, 140, 247, 259, 286, 290, 320 Eingliederung – aktienrechtlich 248 – aktienrechtliche 248 – finanzielle 292 – organisatorische 295 – wirtschaftliche 294 Einheit der Familie 54, 135 Einzelrechtsnachfolge 209 Einziehung 144, 200 Eltern-Kind-Verhältnis 54 Erbengemeinschaft 101, 105, 142 Ergänzungsfunktion 283, 309 Ergänzungstatbestand 41–42, 47, 63, 98, 170, 233 Existenzsicherung 59 Fiktionstheorie 41, 63 Formwechsel 166, 207, 321 Fremdeinfluss 23, 73, 181

Fremdorganschaft 41, 118 Funktion – Besteuerungsfunktion 43 – Doppelfunktion 43 – Zuordnungsfunktion 43 gemeiner Wert 179 Genussrechte 157 Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse 37, 61, 68, 283, 288, 290–291, 293–295, 297 Gesamthandsgemeinschaft 26, 54, 102, 141, 153–155, 186–187, 207, 238, 275, 277 Gesamthandsvermögen 48, 112, 141, 148, 152–153, 158 Gesamtplan 263, 299–300, 302, 304– 305, 323 Gesamtplantheorie 304 Gesamtrechtsnachfolge 209, 213–214, 241, 251 Gesellschaft 107 – ausländische 102, 162 – Definition (grunderwerbsteuerlich) 139 – Definition (zivilrechtlich) 105 – grundbesitzende 26 – Innen- 157 – Kapital- 100, 141 – Limited 162 – Limited Liability Company 164 – Personen- 26, 48, 100, 102, 140 – REIT-AG 159 – stille 141 – Verein 101, 104–106, 120, 123, 131, 143, 166, 181 – zwischengeschaltete 203 Gesellschafterbeiträge 150, 320 Gesellschaftergesamtheit 58 Gesellschafterversammlung 50, 58, 67, 73, 118, 133–135, 139–140, 145, 152, 156, 190–191, 194, 253, 255, 257– 259, 293–294, 296–297, 319, 321

Sachverzeichnis Gesellschaftsteuer 83 Gesellschaftszweck 50, 58, 60–61, 64, 69–70, 72, 136, 173–174 Gestaltungsempfehlung 21 Gestaltungsmissbrauch 70, 76–77, 300, 302–303, 305 Gewinnabführungsvertrag 240, 256, 258 Gewinnabführungsvertrag siehe Unternehmensvertrag Gewinnbeteiligung 118, 120–121, 125– 126, 147–148, 154, 320 Gläubigeranspruch 147 Grunderwerbsteuergesetz 1919 35 Grunderwerbsteuergesetz 1940 36, 260 Grunderwerbsteuergesetz 1983 36–37 Grundstückszuordnung 180 – mehrfache 173 – nach § 1 Abs. 1 GrEStG 171 – nach § 1 Abs. 3 GrEStG 171 – Organschaft 271 – Sondervermögen der KAG 176 – Treuhand 173 – Verwertungsbefugnis 172 Herrschaftsmacht 56, 62, 72–73, 112, 135, 137–138, 147, 170, 215, 217– 218, 226, 298, 313–314 Herrschaftswillen 56 historische Entwicklung 35 Kaduzierung 144, 150–151 Kapitalkonto 104 Kapitalkonto I 188 Kapitalkonto II 188 Kapitalverkehrsfreiheit 83 Kernbereichslehre 122, 146 Konkurrenzverhältnis 46, 232 Konzern 241, 245 – Definition 245 – faktischer 61, 68, 247, 256, 258 – gesetzliche Grundlagen 241 – GmbH 255

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– Personengesellschaft 259 – Vertrags- 246, 256 – Weisungsbefugnis 62, 247, 266 Konzernrecht 54, 60, 64–68, 74, 118– 119, 134, 242–260, 286, 290 konzerntypischer Interessenkonflikt 65 Limited Liability Company siehe Gesellschaft Liquidationserlös 118, 121, 128, 130, 146–148, 154, 157 Management Buy-Ins 22 Management Buy-Outs 22 Mehrfachzuordnung 45, 172, 216, 218– 219, 239, 314–315, 318 Mindestbeteiligungsquote 38 Mitgliedschaft 129 – Abspaltungsverbot 109, 122, 126–128, 131, 136, 141, 147, 159 – Gläubigerrecht 118, 123 – Leitungsbefugnisse 117–118, 133–134 – Nießbrauch 125–126 – Schutzrechte 117 – Sonderrechte 119 – Stimmrecht 116, 134–135, 144–145, 150, 190, 255, 292 – Treuhand 127 – Übertragung 124 – Verfügung 123 – Vermögensrechte 118 – Vermögensstammrecht 118–119, 123, 136, 147, 149, 193, 283, 320 – Verpfändung 124 Niederlassungsfreiheit 82 Nießbrauch siehe Mitgliedschaft und Anteil Normzweck 70 Organkreis 30, 33, 44, 172, 263, 271 – Anteilsübertragung 311

344

Sachverzeichnis

– Anteilsverschiebung 312 – Rechtsträgereigenschaft 275, 278 – Umorganisation 308 – Zuordnungssubjekt 272, 275 Organschaft 32, 34, 52, 61, 63–64, 68, 134 – Definition 37, 283 – Einführung 36 – Erlass 263, 275, 307, 309, 311–312 – Erwerbsvorgang 305 – Grundstückszuordnung 271 – historisch 240, 260 – Konkurrenzverhältnis 280 – Normzweck 263, 278 – Organträger 308 – Rechtstechnik 269 – Subsidiarität 282 – Verfügung 263, 298, 307, 309–312, 315 – Verschmelzung 281

Paradigmenwechsel 47, 72, 75, 136 Personengesellschaften siehe Gesellschaft, PersonenPrivate Limited Company siehe Gesellschaft

Rechtsmacht 51, 58, 61–63, 69, 74, 136, 189, 293 Rechtsnatur 40, 129 Rechtstechnik 38–39, 41, 145 Rechtsträgerschaft 271 Rechtsträgerwechsel siehe Zuordnungsträgerwechsel Rechtszuständigkeit 48 Reichsstempelsteuergesetz 35 Reichszuwachssteuergesetz 35, 42, 137 REIT-AG 195 Richtlinie 69/335/EWG 83 Richtlinie 77/388/EWG 84

Sachherrschaft 48–49, 55–57, 61, 63, 68–69, 71–72, 74–75, 114, 132–133, 146–149, 156, 183–184, 191–194, 203–204, 206, 210, 219–220, 223–225, 238, 260–261, 265, 268, 270, 276– 279, 285–286, 292, 297–298, 301–303, 306, 309, 311, 314, 316, 318–319, 321–322 Sachherrschaftstheorie 55, 57, 75, 112 Satzungsstrenge 115, 249, 255–256 Selbstorganschaft 117, 134 Side-Stream-Übertragung 209–210 Side-Stream-Übertragungen 313 Sitzverlagerung 25, 165, 167, 169, 321 – im Ausland 169 – Wegzug 167–168 – Zuzug 165 Società Immobiliare 84–85 Sonderbetriebsvermögen 112 Sonderrechtsnachfolge 213 Sondervermögen 24, 176–180, 193, 321 Spaltung 214 Spezialnorm 76 Squeeze-Out 71, 74 Stammeinlage 110, 150, 164, 183, 186 Steueraufkommen 22 Steuerbefreiung 206, 220, 236 Steuerschuldner 28, 307 Stiftung 101, 105, 142 stille Gesellschaft siehe Gesellschaft Stimmrecht siehe Mitgliedschaft Stimmrechtsmehrheit 55, 67, 194, 226, 248–249, 292–293, 297, 321 Stimmrechtspools 158 Subsidiarität 47, 198, 200, 231, 282–283 Subsidiaritätsverhältnis 46, 198, 235

Treuhand 31, 53, 95, 125, 127–129, 149, 174, 177, 179, 220–221, 226, 230, 232, 245, 291, 322 – Auftragserwerb 31, 53, 128, 172, 179, 220, 229

Sachverzeichnis – Erlass 30, 127, 221–222, 227, 229 – Gründung mit Treuhändern 231 – Herausgabeanspruch 178, 221–223, 225–226, 228, 230, 291, 322 – Weisungsbefugnis 223–224 Treuhandverhältnis 127, 129, 220, 224, 228, 230, 266 Treupflicht 50, 58, 73, 196, 258, 260 Typenzwang 95 Typisierung 73, 81 ultra-vires-Doktrin 62 Umgehungswillen 42 Umstrukturierung 213, 313 – Grunderwerbsteuerbefreiung 22 – im Organkreis 312 – konzernintern 21, 206 Unternehmen 22, 36–38, 44, 52, 63–64, 66, 69–70, 75, 111, 130, 134, 145, 160, 193–194, 211–212, 224, 226, 240–244, 246–247, 251–258, 260–262, 264–265, 268, 270–271, 273–279, 281, 283–286, 288–291, 293, 296–300, 303, 306–312, 314, 316, 323 – abhängiges 32, 64, 244–245, 277, 288, 292, 298, 305 – Definition siehe Unternehmensbegriff – herrschendes 244, 255, 284, 288, 308 – unternehmerischer Interessenskonflikt 242 Unternehmensbegriff 65, 242–244, 256, 284–288 – allgemeiner Sprachgebrauch 286 – konzenrechtlicher 242 – konzernrechtlich 285 – umsatzsteuerrechtlich 284 Unternehmensnachfolgeplanung 23 Unternehmensvertrag 50, 246, 249, 251, 257–258 – Beendigungsgründe 250 – Beherrschungsvertrag 50, 67–68, 245–246, 252, 254, 257–258, 290, 292, 295

345

– Gewinnabführungsvertrag 245, 250, 254–255, 258 – Rechtsnatur 249 Unternehmer 23, 40, 54, 65, 224, 242– 243, 265, 270, 284–286 Untersuchungsgegenstand 24 Up-Stream-Übertragung 211, 281 Verbandszweck 50–51, 61, 116, 216, 259 Verein siehe Gesellschaft Verfassungsmäßigkeit 78, 217 Verfassungsrechtliche Vorgaben 78 Verfügungsbefugnis 48, 51, 56–57, 63, 136, 172, 178–179 Verfügungsmacht 49, 57, 216 Vermögensstammrecht siehe Mitgliedschaft Vermögenswert 52, 173, 185 Vermögenswerttheorie 52, 55 Verschmelzung 29, 34, 103, 214, 248, 251, 271, 308–309 Vollzugsdefizit, normatives 42 Vorzugsaktie 120, 146 wechselseitige Beteiligungen 145 Weisung 50, 173, 245, 252–253, 266, 283 Weisungsbefugnis siehe Konzern und Treuhand Weisungsrecht 252, 255 Weisungsunabhängigkeit 67 Weisungsungebundenheit 62 Weisungsunterworfenheit 56 Willensbildung 54, 59, 61, 64, 70, 73, 109, 116, 118, 122, 132–135, 137– 138, 140, 145–146, 148–152, 158, 164, 184, 192, 219, 226, 279, 292– 293, 295–298, 318–320 Willensbildungsautonomie 69, 261 Willensunterworfenheit 53, 61, 261 wirtschaftlicher Eigentümer 47, 49, 57, 64, 69, 80, 132, 156, 200 Wirtschaftsgut 45, 227

346

Sachverzeichnis

Zielkonflikt 23 Zuordnungssubjekt 43, 45–46, 207–208, 215, 271, 274–279, 283, 310, 314 – Organkreis 272 Zuordnungsträger 43, 46, 239, 271–272, 274, 313, 316, 323

Zuordnungsträgerwechsel 43, 45–46, 323 Zweckänderung 50–51, 59, 61, 257 Zwecksetzungsmacht 51, 58, 60–62, 64, 69, 173, 203, 216, 219, 271 Zwecksetzungstheorie 57, 61, 289