Denkmalschutz und Umweltschutz: Rechtliche Verschränkungen und Konflikte zwischen dem raumgebundenen Kulturgüterschutz und dem Umwelt- und Planungsrecht [1 ed.] 9783428537839, 9783428137831

Kann das Denkmalschutzrecht vom Umweltrecht lernen? Beide Rechtsgebiete – Denkmalschutzrecht wie Umweltrecht – dienen de

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German Pages 278 Year 2012

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Denkmalschutz und Umweltschutz: Rechtliche Verschränkungen und Konflikte zwischen dem raumgebundenen Kulturgüterschutz und dem Umwelt- und Planungsrecht [1 ed.]
 9783428537839, 9783428137831

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Schriften zum Umweltrecht Band 172

Denkmalschutz und Umweltschutz Rechtliche Verschränkungen und Konflikte zwischen dem raumgebundenen Kulturgüterschutz und dem Umwelt- und Planungsrecht Von

Michael Kloepfer Unter Mitarbeit von Elke Ditscherlein und Frederic Kahrl

Duncker & Humblot · Berlin

MICHAEL KLOEPFER

Denkmalschutz und Umweltschutz

Schriften zum Umweltrecht Herausgegeben von Prof. Dr. Michael Kloepfer, Berlin

Band 172

Denkmalschutz und Umweltschutz Rechtliche Verschränkungen und Konflikte zwischen dem raumgebundenen Kulturgüterschutz und dem Umwelt- und Planungsrecht

Von

Michael Kloepfer Unter Mitarbeit von Elke Ditscherlein und Frederic Kahrl

Duncker & Humblot · Berlin

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2012 Duncker & Humblot GmbH, Berlin

Fremddatenübernahme und Druck: Berliner Buchdruckerei Union GmbH, Berlin Printed in Germany ISSN 0935-4247 ISBN 978-3-428-13783-1 (Print) ISBN 978-3-428-53783-9 (E-Book) ISBN 978-3-428-83783-0 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Vorwort Kann das Denkmalschutzrecht vom Umweltrecht lernen? Beide – Denkmalschutz wie Umweltschutz – sind dem Schutz, der Bewahrung eines vorfindlichen Zustandes verschrieben, der eine der Bewahrung der Denkmäler menschlicher Errungenschaften, der andere der Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlagen. Diese teleologische Äquivalenz legt die Frage nach einer möglichen Befruchtung der Rechtsgebiete durch das jeweils andere nahe. Der Umstand, dass das Denkmalschutzrecht wenig gesetzgeberische Aufmerksamkeit erhält und auch dogmatisch eher ein Schattendasein führt, das Umweltrecht dagegen als hoch differenzierte und moderne Rechtsmaterie (auch international) längst zum Labor verwaltungsrechtlicher Innovation geworden ist, rechtfertigt es, einem Nachholbedarf des Denkmalschutzrechts wissenschaftlich nachzugehen. Die vorliegende Studie widmet sich zu diesem Zweck zunächst einer Analyse der (gemeinsamen) Grundlagen des Umwelt- und Planungsrechts und des Rechts raumgebundener Kulturgüter. Sodann einer Bestandsaufnahme des geltenden Kulturgüterschutzrechts auf internationaler, unionsrechtlicher und nationaler Ebene. In einem zweiten Schritt unternimmt es die Studie, den Kulturgüter- bzw. Denkmalschutz als Querschnittsmaterie zu beleuchten. Dabei widmet sie sich vorrangig denjenigen Vorschriften außerhalb des Landesdenkmalschutzrechts im engeren Sinne, die ihrerseits dem Schutz von Denkmälern bzw. raumgebundenen Kulturgütern dienen. Hierbei geraten Instrumente des Steuerrechts ebenso in den Blick wie kulturgüterschützende Vorschriften im Recht der UVP, im Bauplanungs- und Bauordnungsrecht, im Recht der Planfeststellung, im Raumordnungsrecht und im Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht. Dieser rechtsdogmatische Teil der Studie wird durch einen rechtspolitischen ergänzt. Die gewonnenen Erkenntnisse über die Verschränkung – und Verschränkbarkeit – von Umwelt- und Denkmalschutzrecht fließen in zwei Vorschläge für Gesetzeswerke, eines bundesrechtlichen und – in der Form eines Musterentwurfs eines Denkmalschutzgesetzes – eines landesrechtlichen. Neben der Korrektur einiger dogmatischer und verfassungsrechtlicher Schwächen der bestehenden Landesdenkmalschutzgesetze steht bei Letzterem die Einführung neuer, vom Umweltrecht inspirierter denkmalschutzrechtlicher Instrumente im Vordergrund, namentlich der Vorschlag für eine denkmalschutzrechtliche Eingriffsregelung und für die Einführung eines Verbandsklagerechts im Denkmalschutz. Die Arbeit entstand im Wesentlichen in den Jahren 2006 bis 2010 und gibt – von Ausnahmen abgesehen – den Stand vom Januar 2010 wieder. Die Arbeit entstand unter Mitarbeit meiner beiden (ehemaligen) wissenschaftlichen Mitarbeiter Dr. Elke

6

Vorwort

Ditscherlein und Frederic Kahrl. Für ihr großes Engagement und ihre gedankenreiche Mitarbeit danke ich beiden herzlich. Die Schlussarbeiten am Manuskript hat mein wissenschaftlicher Mitarbeiter Julian v. Lucius, LL.M., umsichtig und kreativ betreut. Weiterhin gilt mein herzlicher Dank meiner wissenschaftlichen Mitarbeiterin Kristina Plinke und meinem studentischen Mitarbeiter Christoph Schmidt für ihre Unterstützung bei der Drucklegung dieses Werkes. Die Entstehung der Forschungsarbeit ist von der Deutschen Forschungsgemeinschaft großzügig gefördert worden. Berlin, im Juli 2012

Michael Kloepfer

Inhaltsverzeichnis § 1 Einleitung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

19

A. Grundlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

19

I. Gegenstand der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

19

II. Ziel und Gang der Untersuchung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

20

III. Forschungsstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

21

1. Forschungsstand im deutschen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

21

2. Forschungsstand in anderen Rechtsordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

22

B. Natur und Kultur – Kongruenzen und Differenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23

I. Zur Gleichverortung von Natur und Kultur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

23

II. Geistesgeschichtliche Tradition . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

24

1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

24

2. Heimatschutz – die ideengeschichtliche Grundlage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

25

III. Umweltrecht und Kulturgüterrecht als Recht der Bewahrung . . . . . . . . . . . . . . .

28

IV. Zum Verhältnis von Belangen des Kulturgüterschutzes und des Umweltschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29

C. Besonderheiten des Kulturgüterschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29

I. Begriff der Kultur in der Rechtswissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29

1. Methodische Probleme eines Begriffstransfers . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

29

2. These von der notwendigen Außerrechtlichkeit des Kulturbegriffs . . . . . . .

30

3. Begriffsbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31

a) Kulturbegriff im Völkerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

31

b) Kulturbegriff im Europarecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

32

c) Kulturbegriff im nationalen Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

33

4. Rechtswissenschaftlicher Kulturbegriff als Rahmenbegriff . . . . . . . . . . . . . . .

34

II. Begriff des Kulturgutes im geltenden Kulturgüterrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

36

1. Völkerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

36

2. Europarecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

37

3. Nationales Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

38

8

Inhaltsverzeichnis 4. Zur Präponderanz des Begriffs des Denkmals in den Denkmalschutzgesetzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

40

5. Kulturgüterschutz außerhalb von Kulturgüterschutz- und Denkmalschutzgesetzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

41

III. Dogmatische Defizite des Kulturgüterschutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

41

IV. Nutzbarkeit des Umweltrechts für den Kulturgüterschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

43

§ 2 Völker- und Europarecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45

A. Völkerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45

I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

45

II. UNESCO-Welterbekonvention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

46

1. Schutzgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

47

a) Welterbe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

47

b) Unterschutzstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

48

c) Empirie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

49

2. Schutzinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

49

a) Schutz durch die Vertragsstaaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Schutz durch den Belegenheitsstaat . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Schutz durch andere Staaten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

49 49 50

b) Schutz durch konventionseigenes Schutzregime . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Schutz durch Information . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Schutz durch Sanktionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Schutz durch Subventionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

51 51 52 55

3. Umsetzung in nationales Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

55

a) Umsetzung durch Gesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

55

b) Umsetzung ipso iure . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

56

c) Umsetzung als Verwaltungsabkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

57

d) Einwirkung auf das nationale Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Zum Fall Waldschlösschenbrücke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Welterbestatus in der verwaltungsrechtlichen Abwägung . . . . . . . . .

58 58 59 61

e) Perspektiven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

61

III. Haager Konvention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

62

1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

62

2. Schutzgegenstand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

63

3. Schutzinhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

64

a) Haager Konvention von 1954 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

64

b) Zweites Haager Protokoll . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

65

Inhaltsverzeichnis

9

4. Umsetzung in nationales Recht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

66

IV. Europäisches Kulturabkommen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

67

V. Völkerrechtliches Strafrecht und Völkerstrafrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

67

B. Europarecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

68

I. Spezifischer Kulturgüterschutz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

68

II. Weiter Umweltbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

70

§ 3 Verfassungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

74

A. Kulturstaat unter dem Grundgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

74

I. Kultur als Element von Staatlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

74

II. Kultur als Staatsziel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

76

1. Ausgangspunkt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

76

2. Staatszielbestimmung und Staatsziel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

76

3. Begründung eines Staatsziels Kultur de constitutione lata . . . . . . . . . . . . . . . .

78

a) Begründung aus dem Einigungsvertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

78

b) Begründung aus den Gesetzgebungskompetenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

78

c) Begründung aus den Grundrechten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

78

d) Verortung in den übrigen Staatszielen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

79

4. Bestrebungen für ein Staatsziel Kultur de constitutione ferenda . . . . . . . . . .

80

B. Landesverfassungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83

I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

83

II. Schutzgehalt des Landesverfassungsrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

84

§ 4 Denkmalschutzrecht der Länder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

87

A. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

87

B. Gegenstand des Schutzes (Denkmalbegriff) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

89

I. Notwendige Kriterien des Denkmalbegriffs (Denkmalsfähigkeit) . . . . . . . . . . .

91

1. Sachqualität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

92

2. Unerheblichkeit der Belegenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

92

3. Arten unbeweglicher Einzeldenkmäler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

93

a) Baudenkmale und Bodendenkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

93

b) Gartendenkmale . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

93

4. Geschichtlichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

94

10

Inhaltsverzeichnis II. Hinreichende Kriterien des Denkmalbegriffs (Denkmalwürdigkeit) . . . . . . . . .

95

1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

95

2. Einzelne Schutzgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

96

a) Klassische Schutzgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

96

aa) Historische Gründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

96

bb) Künstlerische Gründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

97

cc) Wissenschaftliche Gründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

99

b) Moderne Schutzgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 aa) Erhaltung aus städtebaulichen Gründen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 bb) Technische Gründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 cc) Sonstige Schutzgründe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 3. Öffentliches Interesse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 III. Erweiterter Denkmalbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 1. Schutz von Gesamtanlagen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 a) Integriertes Denkmalschutzkonzept . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 b) Rechtsfolgen des Ensemble-Schutzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 c) Sachgesamtheiten von Bodendenkmälern . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 2. Schutz der Denkmalsumgebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 107 3. Grabungsschutzgebiete . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 C. Unterschutzstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 I. Systematik der Unterschutzstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 1. Konstitutivsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 108 2. Tatbestandssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 3. Denkmalliste im Tatbestandssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 110 4. Mischsysteme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111 II. Anspruch auf Eintragung in die Denkmalliste . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 1. Problemstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 112 2. Grundlinien der Rechtsprechung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 III. Rechtsschutz gegen die Unterschutzstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 1. Tatbestandssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 a) Grundfall: Feststellungsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 b) Ausnahmefall: Anfechtungsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 116 2. Konstitutivsystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 3. Besonderheiten bei Ensembles . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 4. Sonderfall: Rechtsschutz gegen die Beendigung der Unterschutzstellung . .

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Inhaltsverzeichnis

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D. Rechtsfolgen der Unterschutzstellung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 I. Informatorische Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 118 1. Auskunftspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 2. Duldungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 a) Betretungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 b) Besichtigungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 II. Konservatorische Pflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 1. Unterlassungspflichten: Veränderungsverbot mit Erlaubnisvorbehalt . . . . . 123 a) Reichweite der Genehmigungspflicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 b) Maßstab der Genehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125 c) Voraussetzungen der Genehmigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 d) Erstreckung auf Nicht-Denkmäler . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 127 e) Nebenbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 aa) Spezialgesetzliche Vorschriften . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128 bb) Maßnahmebegleitende und maßnahmenbestimmende Nebenbestimmungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 f) Öffentlich-rechtlicher Vertrag . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 132 g) Genehmigungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 aa) Genehmigungsfiktion . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 134 bb) Verhältnis zu sonstigen Genehmigungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 2. Handlungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 a) Pflichtige . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 b) Pflichtenkanon . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 139 c) Zumutbarkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 aa) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 bb) Eigentumsdogmatische Implikationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 142 cc) Wirtschaftsbezogenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 144 dd) Objektivität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 ee) Laufzeitbezogenheit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 146 3. Nutzungspflichten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 a) Ziel und Inhalt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 b) Regelung in den Landesdenkmalschutzgesetzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 c) Praktische Auswirkungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 III. Beratung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 IV. Planung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 1. Kommunale Denkmalpflegepläne . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 2. Denkmalpflegepläne des Verfügungsberechtigten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152

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Inhaltsverzeichnis V. Finanzielle Förderung und finanzieller Ausgleich . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 1. Varianten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 153 2. Denkmalschutzrechtliche Zuschüsse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 a) Ermessen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 154 b) Ermessensausübung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 155 3. Weitere Subventionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 156 4. Ausgleichssystem . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 b) Anforderungen des Art. 14 GG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157 c) Regelungen in den Landesdenkmalschutzgesetzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 VI. Enteignung und Vorkaufsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 1. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 2. Enteignung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 a) Begriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 b) Zwecke . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . aa) Gefahrenabwehr . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . bb) Denkmalzugänglichkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . cc) Denkmalerforschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .

163 163 163 164

c) Begünstigter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 3. Vorkaufsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 § 5 Kulturgüterschutz im nationalen Recht außerhalb des Denkmalschutzrechts der Länder . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 A. Umweltrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 I. Überschneidungen zwischen Naturschutzrecht und Denkmalschutzrecht . . . . 167 II. Umweltverträglichkeitsprüfung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 III. Umweltrechtsbehelfsgesetz – Altruistische Rechtsschutzbegehren im Kulturgüterschutz? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 1. Ausgangspunkt: Verbände im Bereich des Kulturgüterschutzes . . . . . . . . . . 173 2. Umweltrechtsbehelfsgesetz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 a) Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 174 b) Beschränkung auf subjektive Rechte Einzelner . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 175 c) Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178 IV. Immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 178

Inhaltsverzeichnis

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B. Baurecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 I. Bauplanungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 1. Abwägungserhebliche Belange in der Bauleitplanung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 a) § 1 Abs. 6 Nr. 5 BauGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 b) Auswirkungen der SUP-Richtlinie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183 2. Beteiligung der Denkmalbehörden im Rahmen des § 4 BauGB . . . . . . . . . . 185 3. Nachrichtliche Übernahme im Flächennutzungsplan, § 5 Abs. 4 BauGB . . 186 4. Festsetzungen nach § 9 Abs. 1, 2 und 4 BauGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 186 5. Nachrichtliche Übernahme im Bebauungsplan gemäß § 9 Abs. 6 BauGB 187 6. Erhaltungsschutz, § 172 BauGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 7. Bauplanungsrechtliche Zulässigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 II. Bauordnungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 C. Raumordnungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 D. Planfeststellungsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 194 E. Steuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 I. Allgemeines . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 II. Einkommensteuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 1. § 7i EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 198 2. § 11b EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 199 3. § 10g EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 4. § 10f EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 5. § 10b EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 6. Einkommensteuerrechtliche Bescheinigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 7. Denkmalunspezifische Entlastungsnormen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 a) § 7h EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 204 b) § 11a EStG . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 III. Erbschaftsteuerrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 IV. Vereinbarkeit mit Unionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 F. Sanktionsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 206 I. § 304 StGB . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 1. Inhalt und Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207 2. Denkmalbegriff . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 207

14

Inhaltsverzeichnis II. Landesstrafrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 1. Normbestand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 2. Besonderheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 209 3. Verfassungsrechtliche Würdigung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 III. Ordnungswidrigkeitenrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 211

§ 6 Rechtspolitische Überlegungen zum Denkmalschutzrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 A. Vorüberlegungen zur Reform des Denkmalschutzrechts . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 I. Schutzdefizite . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 II. Schutzhypertrophie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 III. Normbedarf und Normverzicht . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 215 B. Übertragbarkeit umweltrechtlicher Instrumente in das Denkmalschutzrecht 216 I. Nicht-übertragbare umweltrechtliche Schutzinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 1. Nachträgliche Anordnungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216 2. Planung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 3. Finanzielle hoheitliche Verpflichtungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 218 II. Übertragbare umweltrechtliche Schutzinstrumente . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 1. Naturschutzrechtliche Eingriffsregelung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 2. Verbandliche Beteiligungsrechte und Verbandsklage . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 a) Rechtswissenschaftliche Entwicklung der Verbandsklage . . . . . . . . . . . . . 226 b) Bundesgesetzliche Verankerung eines Verbandsklage- und -beteiligungsrechts im Denkmalschutz? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 C. Rechtspolitischer Vorschlag für einen Musterentwurf eines Landesdenkmalschutzgesetzes . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 I. Vorbemerkung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 232 II. Leitlinien des Gesetzentwurfs . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 III. Gesetzestext: Musterentwurf eines Landesdenkmalschutzgesetzes . . . . . . . . . . 244 Stichwortverzeichnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258

Abkürzungsverzeichnis a. A. ABl. Abs. Abschn. a. E. AEUV a. F. AgrarR ähnl. AJIL Alt. Anm. AöR Art. AsKI Aufl. BauGB BauO BauR BayObLG BayVBl. BB BbgGVBl Bd. BeckRS BFH BStBl. BGB BGBl. BGH BGHSt BImSchG BMI BMJ BNatSchG BRS BT-Drs.

andere(r) Ansicht Amtsblatt Absatz Abschnitt am Ende Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union alte Fassung Agrarrecht ähnlich American Journal of International Law Alternative Anmerkung Archiv des öffentlichen Rechts Artikel Arbeitskreis selbständiger Kultur-Institute e.V. Auflage Baugesetzbuch Bauordnung Baurecht Bayerisches Oberstes Landesgericht Bayerische Verwaltungsblätter Betriebs-Berater Brandenburgisches Gesetz- und Verordnungsblatt Band Beck-Rechtssachen Bundessteuerblatt (Teil II Entscheidungen des Bundesfinanzhof) Bürgerliches Gesetzbuch Bundesgesetzblatt Bundesgerichtshof Bundesgerichtshof für Strafsachen Bundes-Immissionschutzgesetz Bundesministerium des Innern Bundesministerium der Justiz Bundesnaturschutzgesetz Baurechtssammlung Bundestagsdrucksache

16 Buchst. BVerfG BVerfGE BVerwG BVerwGE bzw. DDR ders. DÖV DSchG DStR DVBl. ebda. EG EGV Erg.Lfg. Erl. EstDV EStG ESVGH EU EuGH EuGRZ EUV e.V. EWG EzD f. FAZ ff. Fn. FS GABl. GBl. GewStG GG Grdl. HdbDSchDPfl. HdbÖffBauR HdBStR HdbVerfR

Abkürzungsverzeichnis Buchstabe Bundesverfassungsgericht Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts Bundesverwaltungsgericht Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts beziehungsweise Deutsche Demokratische Republik derselbe Die Öffentliche Verwaltung Denkmalschutzgesetz Deutsches Steuerrecht Deutsches Verwaltungsblatt ebenda Europäische Gemeinschaft Vertrag zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft Ergänzungslieferung erlassen Einkommensteuer-Durchführungsverordnung Einkommensteuergesetz Entscheidungen der Verwaltungsgerichtshöfe Hessen und Baden-Württemberg Europäische Union Europäischer Gerichtshof Europäische Grundrechte-Zeitschrift Vertrag über die europäische Union eingetragener Verein Europäische Wirtschaftsgemeinschaft Entscheidungen zum Denkmalrecht folgende Frankfurter Allgemeine Zeitung fortfolgende Fußnote Festschrift Gemeinsames Amtsblatt Gesetzblatt Gewerbesteuergesetz Grundgesetz Grundlage Handbuch Denkmalschutz und Denkmalpflege Handbuch des öffentlichen Baurechts Handbuch des Staatsrechts Handbuch des Verfassungsrechts

Abkürzungsverzeichnis HGB Hrsg. Hs. ICOSMOS IGH-Statut i. S. d. IStGB-E i. S. v. i. V. m. IVU-Richtlinie iwS JöR JZ krit. KStG KulturschutzG LG lit. LKV LT-Drs. LV m. w. N. n. F. NJ NJOZ NJW NordÖR Nr. NStZ NuR NVwZ NVwZ-RR NWVBl. NZBau NZS OVG ÖZKD PrGS RGBl. Rn. ROG

17

Handelsgesetzbuch Herausgeber Halbsatz Internationaler Rat für Denkmalpflege Statut des Internationalen Gerichtshof im Sinne des Entwurf eines Internationalen. Strafgesetzbuchs im Sinne von in Verbindung mit Richtlinie 96 / 61 / EG über die integrierte Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung im weiteren Sinne Jahrbuch des öffentlichen Rechts der Gegenwart Juristenzeitung kritisch Körperschaftsteuergesetz Kulturschutzgesetz Landgericht litera Landes- und Kommunalverwaltung Landtagsdrucksache Landesverfassung mit weiteren Nachweisen neue Fassung Neue Justiz Neue Juristische Online Zeitschrift Neue Juristische Wochenschrift Zeitschrift für Öffentliches Recht in Norddeutschland Nummer Neue Zeitschrift für Strafrecht Natur und Recht Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht Neue Zeitschrift für Verwaltungsrecht-Rechtsprechungsreport Nordrhein-Westfälische Verwaltungsblätter Neue Zeitschrift für Baurecht und Vergaberecht Neue Zeitschrift für Sozialrecht Oberverwaltungsgericht Österreichische Zeitschrift für Kunst und Denkmalpflege Preußische Gesetzessammlung Reichsgesetzblatt Randnummer Raumordnungsgesetz

18 S. s. scil. sog. StGB s. u. SUP-RL TestRegG

ThürVBl. UN UNESCO UPR URG usw. UVPG v. Var. Vbl. VerfGH VG VGH vgl. VO VR VStGB VVDStR VwGO VwVfG WEK WiVerw ZaöRV z. B. Ziff. ZRP ZSKG ZUR

Abkürzungsverzeichnis Satz siehe scilicet (nämlich) sogenannt(e) Strafgesetzbuch siehe unten Richtlinie über die Prüfung der Umweltauswirkungen bestimmter Pläne und Programme Gesetz zur Modernisierung des Benachrichtigungswesens in Nachlasssachen durch Schaffung des Zentralen Testamentsregisters bei der Bundesnotarkammer und zur Fristverlängerung nach der Hofraumverordnung Thüringische Verwaltungsblätter United Nations United Nations Educational, Scientific and Cultural Organization Umwelt- und Planungsrecht Umweltrechtsbehelfsgesetz und so weiter Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung von / vom Variante Verwaltungsblatt Verfassungsgerichtshof Verwaltungsgericht Verwaltungsgerichtshof vergleiche Verordnung Verwaltungsrundschau Völkerstrafgesetzbuch Veröffentlichungen der Vereinigung der Deutschen Staatsrechtslehrer Verwaltungsgerichtsordnung Verwaltungsverfahrengesetz Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt Wirtschaft und Verwaltung Zeitschrift für ausländisches öffentliches Recht und Völkerrecht zum Beispiel Ziffer Zeitschrift für Rechtspolitik Zivilschutz- und Katastrophenhilfegesetz Zeitschrift für Umweltrecht

§ 1 Einleitung A. Grundlagen I. Gegenstand der Untersuchung Vor einiger Zeit haben die Vereinten Nationen ein eindringliches kulturelles Szenario des Klimawandels gezeichnet. Steigende Meeresspiegel, die Erwärmung der Ozeane, Überschwemmungen und andere mit dem Klimawandel zusammenhängende Phänomene gefährdeten nicht allein das Naturerbe, sondern auch das Kulturerbe weltweit. Der Klimawandel bedrohe nicht nur die Kultur, sondern auch zahlreiche Kulturstätten wie z. B. antike thailändische Ruinen und barocke Konzertsäle in Tschechien. Die Veränderungen der klimatischen und natürlichen Bedingungen gefährdeten auch Moscheen, Kathedralen und antike Stätten.1 Die Umwelt ist in Gefahr, und infolgedessen wird auch die Kultur bedroht.

1

Damit wird von Einzelaspekten her das Grundanliegen der vorliegenden Untersuchung deutlich, die es insbesondere unternehmen will, die rechtlichen Verschränkungen von Denkmal- und Umweltschutz unter Beachtung des übergreifenden Planungsrechtes zu untersuchen.

2

Das Denkmalschutz- und das Umwelt- und Planungsrecht sind bereits prima vista in vielfacher Weise miteinander verzahnt. Als wichtiges Beispiel sei an dieser Stelle die bundesrechtliche Vorschrift des § 2 Abs. 2 Nr. 5 ROG genannt, die den Schutz von Kulturdenkmälern und den so genannten gewachsenen Kulturlandschaften als Ziele der Raumordnung benennt. Unter den Grundsätzen des Naturschutzes führt § 1 Abs. 4 Nr. 1 BNatSchG n. F.2 auf, die historische Kulturlandschaft sei mit ihren Kultur-, Bau- und Bodendenkmäler vor Verunstaltung, Zersiedelung und sonstigen Beeinträchtigungen zu bewahren.3 Im BauGB zählen die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege sowie der Gestaltung des Orts- und

3

1 UNEP Press Release 2006 / 53 vom 7. November 2006, abrufbar unter http://www.unep. org/documents.multilingual/default.asp?documentid=485&articleid=5412&l=en (alle angegebenen Internetseiten wurden am 17. August 2011 zum letzten Mal aufgerufen). 2 Art. 1 des Gesetzes zur Neuregelung des Rechts des Naturschutzes und der Landschaftspflege vom 29. Juli 2009, BGBl. I 2009, S. 2542. 3 Damit hat die Berücksichtigung von Kulturdenkmälern im BNatSchG gegenüber der vorherigen Gesetzesfassung an Ausdrücklichkeit gewonnen. In § 2 Abs. 1 Nr. 14 BNatSchG a. F. hieß es: „Historische Kulturlandschaften und -landschaftsteile von besonderer Eigenart, einschließlich solcher von besonderer Bedeutung für die Eigenart oder Schönheit geschützter oder schützenswerter Kultur-, Bau- und Bodendenkmäler, sind zu erhalten“.

20

§ 1 Einleitung

Landschaftsbildes zu den in der Bauleitplanung berücksichtigungspflichtigen Regelbelangen, § 1 Abs. 6 Nr. 5 BauGB; sie sollen in gewissem Umfang darüber hinaus auch in Gebieten gelten, in denen ein Bauleitplan nicht existiert, § 35 Abs. 3 Nr. 5 BauGB. 4

Gemäß § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 UVPG erstreckt sich die Umweltverträglichkeitsprüfung auch auf Kulturgüter, womit unter den raumgebundenen Kulturgütern jedenfalls Denkmäler und historische Gebäude schutzgegenständlich sind.4 Völkerrechtlich führt die Welterbekonvention5 (WEK) Natur- und Kulturerbe bereits in Art. 1 WEK gleichrangig auf, daran anknüpfend eine Schutzverpflichtung minderen Verpflichtungsgrades6 (Art. 4 WEK), aus der im nationalen Recht jedenfalls ein materiell zu berücksichtigender öffentlicher Belang erwächst.7

5

Gegenstand der Untersuchung ist, die tatsächlichen und in der Folge rechtlichen Schnittstellen zwischen raumbezogenem Kulturgüterschutz und dem Umwelt- und Planungsrecht unter Berücksichtigung ihrer Einbettung in die europäische wie internationale Ebene zu analysieren und zu strukturieren, insbesondere auch, um Korrelationen und Interdependenzen zwischen beiden Rechtsgebieten feststellen und untersuchen zu können.

II. Ziel und Gang der Untersuchung 6

Die Studie beansprucht auch praktische Relevanz. Ihr Gegenstand ist also nicht das „law in the books“ an Stelle des „law in action“8; sie wird vielmehr inklusiv beides zu behandeln haben. Es gilt also insoweit, die in der Rechtspraxis auftretenden Rechtsprobleme theoretisch zu würdigen und Lösungen für sie zu entwickeln, die wiederum rechtspraktisch anschlussfähig sind.

7

Ziel der Untersuchung ist somit, zunächst eine rechtsdogmatische Grundlage für eine Verschränkungslehre des Kulturgüter- und Umwelt- bzw. Planungsrechts zu gewinnen. Es sollen ferner rechtspraktische Vorschläge unterbreitet werden, wie etwaige in der Praxis auftretende besondere Kollisionsfälle hinsichtlich der verschränkten Rechtsgebiete aufzulösen sind. Schließlich soll dort, wo das geltende Recht keine oder nur unzureichende Lösungen anzubieten vermag, auf der Grundlage der gewonnenen Daten und Erkenntnisse ein Gesamtbild der rechtspolitisch denkbaren Handlungsoptionen mit ihren jeweiligen Vor- und Nachteilen entstehen. 4 Appold, in: Hoppe (Hrsg.), UVPG, 3. Aufl. 2007, § 2 Rn. 40 f.; einen weitergehenden Kulturgüterbegriff favorisiert demgegenüber Rößing, Denkmalschutz und Umweltverträglichkeitsprüfung, 2004, S. 105. 5 Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt vom 23. November 1972, BGBl. II 1972, S. 215; vgl. Fastenrath, DÖV 2006, 1017. 6 Vgl. Fastenrath, DÖV 2006, 1017 (1021). 7 Fastenrath, DÖV 2006, 1017 (1027). 8 Zu dieser Differenzierung im Jahre 1910 Pound, American Law Review 44, 12.

A. Grundlagen

21

Diese Handlungsoptionen sollen nicht nur benannt, sondern auch in die Form von Vorschlägen für konkrete Rechtsnormen gegossen werden. Dazu soll im Folgenden zunächst der Kulturgüterschutz im Völker- und Europarecht (§ 2), im deutschen Verfassungsrecht (§ 3) sowie rechtsgebietsüberschreitend – d. h. im Denkmalschutz- und im Umwelt- und Planungsrecht – im einfachen Recht (§§ 4 – 5) untersucht werden. Im Schlussteil (§ 6) schließlich soll anhand eines Vergleichs von Regelungsinstrumenten der Frage nachgegangen werden, was der Kulturgüterschutz vom Umweltrecht lernen kann.

8

III. Forschungsstand 1. Forschungsstand im deutschen Recht Die Bereiche des Umwelt- und Planungsrechts auf der einen Seite und des Kulturgüterschutzrechts auf der anderen Seite wurden in der Rechtsetzung wie in der Rechtswissenschaft der Bundesrepublik Deutschland bisher als eigenständige, geradezu einander fremde Regelungsmaterien begriffen und behandelt. Was die Rechtsetzung betrifft, so ist die Ursache dafür vor allem in der legislativen Kompetenzverteilung des Grundgesetzes zu sehen. Diese gibt dem Bund die Gesetzgebungszuständigkeit für meisten umweltrechtlichen Regelungskomplexe (z. B. Art. 74 Abs. 1 Nr. 24, 29, 32 GG). Die Kulturgesetzgebung als Teil der Kulturhoheit der Länder steht dagegen den Ländern nach Art. 70 GG zu. Dies gilt auch für den Kulturgüterschutz, der eine ausschließliche Gesetzgebungszuständigkeit der Länder darstellt. Eine weitere Ausnahme hiervon stellt der Schutz beweglicher Kulturgüter vor der Abwanderung in das Ausland dar (Art. 73 Abs. 1 Nr. 5a GG), der zur ausschließlichen Gesetzgebung des Bundes gehört.

9

Die strikte Trennung zwischen Umweltschutz- und Kulturgüterschutzrecht kann heute als überwunden gelten. Dennoch bestehen in der Forschung bisher nur wenige Ansätze, welche die Querverbindungen zwischen dem (raumgebundenen) Kulturgüterschutz auf der einen Seite und dem Umwelt- und Planungsrecht auf der anderen Seite analysieren. Allerdings hat Odendahl inzwischen eine erste umfassende Durchdringung des Kulturgüterschutzrechts vorgelegt, die über das Recht raumgebundener Kulturgüter hinausreicht.9 Auch ist das Denkmalschutzrecht seit einigen Jahren vorrangig aus praktischer Perspektive untersucht worden.10 Rechtspolitische Darstellungen sind demgegenüber selten.11

10

9 Odendahl, Kulturgüterschutzrecht, 2005; siehe auch den offensichtlich unabhängig entstandenen Überblicksaufsatz von Haag, JöR n. F. 54 (2006), 94. 10 Hammer, Die geschichtliche Entwicklung des Denkmalrechts in Deutschland, 1995; Lubberger, Eigentumsdogmatik. Gegenwärtige Probleme der Systembildung und Rechtsanwendung, dargestellt am Beispiel des Denkmalschutzrechts, 1995; Backhaus, Denkmalrecht in Niedersachsen, 1987; Leisner, Denkmalgerechte Nutzung. Ein Beitrag zum Denkmalbegriff im Recht des Denkmalschutzes, 2002; sowie die in unregelmäßigen Abständen erfolgende

22

11

§ 1 Einleitung

Die Schnittstellen des raumgebundenen Kulturgüterschutzes zum Umwelt- und Planungsrecht jedoch sind zwar gerade neuerdings vermehrt als Gegenstand der wissenschaftlichen Beschäftigung, bislang aber nur punktuell und aus praxisgeprägter Perspektive, betrachtet worden. Einzelbetrachtungen sind entstanden über die Verbindungen des Kulturgüterschutzrechts zum Naturschutzrecht12 und zum Bauplanungsrecht13, zum Raumordnungsrecht14 und zum Flurbereinigungsrecht15 sowie zum Bundeswaldrecht.16 Über diese Einzelbeiträge hinaus liegt zum Denkmalschutz in der Umweltverträglichkeitsprüfung eine umfassende Dissertation vor,17 die durch nicht-rechtswissenschaftliche, insbesondere kunsthistorische Arbeiten ergänzt wird.18 Daneben ist der Bezug von Denkmalschutzrecht und gemeindlicher Selbstverwaltung ebenso Gegenstand einer weiteren Dissertation19 gewesen wie die Rechtsfragen flächen- und bodenbezogenen Denkmalschutzes.20 Folglich ist der Boden für ausdifferenzierende Untersuchungen zu einem beachtlichen Teil bereitet. Eine systematisierende monographische Annäherung an die Verschränkungen der verschiedenen Rechtsgebiete fehlt jedoch. Diese Lücke will die vorliegende Studie füllen.

2. Forschungsstand in anderen Rechtsordnungen 12

Im europäischen Ausland liegen vor allen Dingen in Italien umfangreiche Arbeiten zumindest im Bereich des Schnittfeldes zwischen Landschaftsschutz und Kulturgüterschutz vor. Seit den siebziger Jahren werden beide Bereiche nicht nur durch einheitliche Gesetze geschützt. Von 1975 bis 1997 waren sogar das italienische Umwelt- und Kulturministerium ganz unter einem Dach als „Ministero die beni culturali e ambientali“ zusammengefasst.21 Über das entsprechende Gesetzbuch für KulDarstellung der Entwicklung des Denkmalschutzrechts von Moench, zuletzt Moench / Otting, NVwZ 2000, 146. 11 Rechtspolitisch akzentuiert hingegen der Sammelband von Hense (Hrsg.), Denkmalrecht unter Denkmalschutz?, 2002. 12 Vgl. etwa Hönes, VR 2003, 375; ders., DÖV 1998, 491; ders., NWVBl. 1998, 383; Bartlsperger, FS Link, 2003, 1029; Gallas, FS Feldhaus, 1999, 441; Sarringhausen, DÖV 2004, 956. 13 Stich, UPR 2003, 241; Schladebach, BauR 2000, 314. 14 Hönes, UPR 2006, 85. 15 Hönes, AuR 2006, 126. 16 Hönes, UPR 2006, 275. 17 Rößing, Denkmalschutz und Umweltverträglichkeitsprüfung, 2004. 18 Vgl. insbesondere Boesler, Die Kulturgüter als Bestandteil der Umweltverträglichkeitsprüfung. Denkmalschutz und Planung am Beispiel der projektierten Ortsumgehung Winnekendonk / Niederrhein, 1996. 19 Schmittat, Denkmalschutz und gemeindliche Selbstverwaltung, 1988. 20 Bülow, Rechtsfragen flächen- und bodenbezogenen Denkmalschutzes, 1986. 21 Jambrenghi, in: Angiuli / Jambrenghi (Hrsg.), Commentario al codice die beni culturali e del paesaggio, Turin 2005, 8.

B. Natur und Kultur – Kongruenzen und Differenzen

23

tur- und Landschaftsgüterschutz (codice dei beni culturali e paesaggistici), das in Art. 2 das kulturelle Erbe als Gesamtheit der Kultur- und Landschaftsgüter schützt22 und zum 1. 3. 2004 neugefasst wurde, sind gerade in jüngerer Zeit einige Arbeiten in der italienischen Fachliteratur veröffentlicht worden.23

B. Natur und Kultur – Kongruenzen und Differenzen I. Zur Gleichverortung von Natur und Kultur Die WEK von 1972 stellt zu Beginn etwas unscharf fest, dass „das Kulturerbe und das Naturerbe zunehmend von Zerstörung bedroht sind, nicht nur durch die herkömmlichen Verfallsursachen, sondern auch durch den Wandel der sozialen und wirtschaftlichen Verhältnisse, welcher durch noch verhängnisvollere Formen der Beschädigung oder Zerstörung die Lage verschlimmert“. Sie erstrebt, ein wirksames System „des gemeinschaftlichen Schutzes des Kultur- und Naturerbes von außergewöhnlichem universellem Wert zu beschließen“. Als Kulturerbe gelten ihr insbesondere Denkmäler, Ensembles und Stätten (Art. 1), als Naturerbe vor allem Naturgebilde, Lebensräume für Pflanzen- oder Tierarten sowie Naturstätten und Naturgebiete (Art. 2). Auf Natur- wie Kulturerbe richtet sich der Schutz durch die WEK.

13

Mit diesem programmatischen Schutz von Natur und Kultur ist die WEK keineswegs speziell, sondern vielmehr paradigmatisch. Die Gleichverortung und Gleichrangigkeit des Schutzes von Natur und Kultur, die prima facie erstaunen mag, ist in vielen Verfassungstexten bestimmt. Bereits die Weimarer Reichsverfassung formulierte in Art. 150: „Die Denkmäler der Kunst, der Geschichte und der Natur sowie die Landschaft genießen den Schutz und die Pflege des Staates“.

14

Der Schutz von (einer bestimmten Klasse von) Kulturgütern war unter der Geltung der Weimarer Reichsverfassung damit Staatsziel. Begründet war die Regelung in der Sorge des Verfassungsgebers, die strikte rechtsnormative Säkularität des Verfassungstextes könne den Erhalt der kirchlichen Kulturgüter gefährden24; insofern stellt sich die denkmalschutzrechtliche Verfassungsvorschrift als religionsrechtliche Komplementärregelung dar, die eine Säkularisationsfolgenverantwortung statuiert. Diesem Vorbild25 entsprechen zahlreiche Landesverfassungen unter dem Grundgesetz: Art. 18 Abs. 2 der LV NRW und Art. 34 Abs. 2 der LV Saar sowie Art. 40 Abs. 2 der LV RP übernehmen den Weimarer Verfassungstext nahezu wortiden-

15

„Il patrimonio culturale è costituito dai beni culturali e dai beni paesaggistici“. Vgl. etwa nur Tamiozzo (Hrsg.), Il codice dei beni culturali e del paesaggio, Mailand 2005; Angiuli / Jambrenghi (Hrsg.), Commentario al codice die beni culturali e del paesaggio, Turin 2005; Tarasco, Beni patrimonio e attività culturali, Neapel 2004. 24 Siehe Hammer, Die geschichtliche Entwicklung des Denkmalrechts in Deutschland, 1995, S. 203. 25 Hammer, Die geschichtliche Entwicklung des Denkmalrechts in Deutschland, 1995, S. 296. 22 23

24

§ 1 Einleitung

tisch. Eine vergleichbare Formulierung liefert auch Art. 141 Abs. 2 LV Bay. Sie fußt auf dem Fundament des Art. 3 Abs. 2 des Verfassungstextes, wo es abstrakter, jedoch in der Tendenz gleich heißt: „Der Staat schützt die Lebensgrundlagen und die kulturelle Überlieferung“.

II. Geistesgeschichtliche Tradition 1. Allgemeines 16

Die rechtliche Gleichverortung entwächst einer langen geistesgeschichtlichen Tradition. Schon der begriffliche Ursprung von Natur und Kultur weist eine gewisse Verwandtschaft auf. Das lateinische cultura beschrieb nicht die Summe des geistigen und künstlerischen Wirkens der Menschen eines bestimmten Territoriums, sondern zuvörderst das Bebauen und Pflegen des vorhandenen Nährbodens. Insofern ist Kultur begriffsursprünglich stets auf die Natur bezogen.26 Gerade im Naturschutzrecht zeigt sich die enge Verknüpfung des Umweltschutzes mit dem Kulturgüterschutz. Denn tatsächlich entwickelte sich das Naturschutzrecht erst in Anlehnung an die Denkmalvorstellungen des Kulturdenkmalschutzrechts. Die Ausweisung des faktischen ersten Naturschutzgebietes in Deutschland entsprang dem Denkmalschutz unmittelbar: Es war der Drachenfels zu Königswinter, der nach einer Verfügung der preußischen Regierung in den Rheinlanden am 15. Dezember 1823 zum Erhalt der dortigen Kunstgegenstände und Denkmäler unter staatlichen Schutz gestellt wurde.27 Bereits in dem für das Großherzogtum Hessen-Darmstadt geltenden Gesetz über den Denkmalschutz28 war das Naturschutzrecht als Teil des Denkmalrechts normiert. Naturdenkmäler und ihre Umgebung wurde demnach also im Rahmen des Denkmalrechtes geschützt. Umgekehrt wurden in anderen Ländern, in denen kein ausreichender gesetzlicher Denkmalschutz bestand, unter der Geltung des Reichsnaturschutzgesetzes historische Park- und Artenanlagen, trotz ihrer Eigenschaft als Kulturdenkmäler und contra legem, als Naturdenkmäler geschützt.29

17

Die Heimatschutzbewegung des 19. und 20. Jahrhunderts erfasste das Natürliche und Kultürliche als einheitlichen Schutzgegenstand (sogleich unten unter 2.). Noch vor dem aufkommenden Bewusstsein von der Endlichkeit der Ressourcen und der Vergänglichkeit des Vorgegebenen machte es sich der Heimatschutz zur Aufgabe, aus konservatorischen Gründen Landschaft zu schützen, die zugleich als historisches Dokument gepflegt werden sollte. Der, wenn auch nicht vollends klare, Be26 Vgl. den Hinweis bei Mainzer, Positionen des Denkmalschutzes, in: Naturschutz und Denkmalschutz, 2005, S. 13. 27 Mainzer, Positionen des Denkmalschutzes, in: Naturschutz und Denkmalschutz, 2005, S. 15. 28 RegBl. 1902, S. 275. 29 Vgl. dazu Hönes, DÖV 1998, 491 (495).

B. Natur und Kultur – Kongruenzen und Differenzen

25

griff der Kulturlandschaft verbindet die Gleichursprünglichkeit beider Schutzsysteme in einem Wort.30

2. Heimatschutz – die ideengeschichtliche Grundlage Als gemeinsame ideengeschichtliche Grundlage des Natur- und Kulturgüterschutzes hat die Idee des „Heimatschutzes“ zu gelten, der den Natur- und Kultur(landschafts)schutz in einer umfassenden Idee der Bewahrung der kulturellen Umwelt des Menschen zusammenfasste.31 Seine ideellen Anknüpfungspunkte waren zum einen die geistige Grundlage der Romantik, zum anderen jedoch auch die Nationalbewegung des 18. und 19. Jahrhunderts. Schon dort waren – paradigmatisch in der Lyrik eines Ernst Moritz Arndt – die Begriffe von Natur und Nation eng verwoben.32 Der Nationalbegriff indes war nicht allein ein territorial gebundener, sondern ein kulturell geprägter; wo von Nation die Rede war, da war gerade auch Kultur gemeint. Und selbst soweit mit der Nation – zunehmend – auch das Territorium beschrieben wurde, vermochte der Zusammenhang von Natur und Nation das Bewusstsein zu erhellen, die Natur sei nicht ein bloßes philosophisches Abstraktum, sondern ein verortbares Konkretum, das sich im Dialog mit den jeweiligen Kulturen entwickele.33

18

Die Heimatschutzbewegung des frühen 20. Jahrhunderts steht in dieser Kontinuitätslinie weit mehr als Variation denn als Bruch. Sie stellte sich als Reaktion auf die tiefgreifenden Veränderungen dar, welche im späten 19. Jahrhundert das soziale Leben ebenso erfassten wie die äußere Gestalt der Landschaften und Siedlungen. Das entfremdete die Zeitgenossen sowohl vom sichtbar als auch vom unsichtbar Vertrauten.34 Dagegen wandte sich die Heimatbewegung, indem sie das Vertraute verteidigte und es auf einen idealen Begriff brachte: jenen der Heimat.35 Sie steht dabei in einer Reihe mit einer Vielzahl ähnlich gerichteter, jeweils zivilisationskritischer Bewahrungsbewegungen, mit denen ein von der Geschwindigkeit gesellschaftlicher Veränderungen zutiefst verunsichertes Bildungsbürgertum der Verflüchtigung tradierter Werte und Orientierungen sowie der darauf beruhenden sozialen Ordnung entgegenzuwirken suchte. Gemeinsames Anliegen all dieser Bewegungen war es, der Deformation der Wertbildung infolge des schnellen Voranschreitens einer ungesteuerten Entwicklung durch die gesteuerte Reform bestimmter Lebensbereiche aufzufangen. Sie waren Gegenbewegungen zur Technik- und Fortschritts-

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Siehe Bartlsperger, FS Link, 2003, 1029. Vgl. dazu Meßerschmidt, Bundesnaturschutzrecht, Einführung Rn. 70; Erz, in: Kowarik / Schmidt / Sigel (Hrsg.), Naturschutz und Denkmalpflege, 1998, 57 (59); Kloepfer, Umweltrecht, 3. Aufl. 2004, § 2 Rn. 48 ff. 32 Radke, Natur und Macht, 2002, S. 260 f. 33 Radke, Natur und Macht, 2002, S. 271. 34 Siehe Hartung, ÖZKD 1989, 174. 35 Vgl. Hammer, Die geschichtliche Entwicklung des Denkmalrechts in Deutschland, 1995, S. 124 ff. 30 31

26

§ 1 Einleitung

begeisterung ihrer Zeit. Zum Kreis dieser nur teilweise miteinander verbundenen Bewegungen gehörten etwa die Wandervogelbewegung, die Freikörperbewegung, die Turnbewegung, die Bodenreformbewegung und sowohl die Natur- als auch die Heimatschutzbewegung. Dabei galt die Heimatschutzbewegung als besonders einflussreich.36 20

Die Heimatschutzbewegung ging maßgeblich auf den Komponisten und Musikpädagogen Ernst Rudorff zurück, der das Wort „Heimatschutz“ 1897 prägte.37 Aus dem Begriff wurde binnen sieben Jahren eine Bewegung, die sich im Bund Heimatschutz 1904 institutionell verfestigte. Dieser Bund verfolgte ein doppeltes Ziel, nämlich sowohl die Landschaftsgestaltung als auch die Wertbildung. Ihm ging es einerseits darum, insbesondere politische Aufmerksamkeit für eine nachteilige Veränderung der Landschaft zu gewinnen und Gesetzgebung zu beeinflussen, andererseits darum, abstrakte Wertrangrelationen und konkrete Lebensweisen der Bevölkerung nach eigenen Vorstellungen zu verändern.38

21

Die Genese des Heimatgedankens aus dem Geiste der Zivilisationskritik fand eine schichtenübergreifende Resonanz; diese Resonanz betraf nicht zuletzt die Gesetzgebung. Die Gesetze, die zunächst in Preußen, später in vielen anderen Teilen des Deutschen Reiches erlassen wurden, verraten bereits im Titel die Einheit von Natur und Kultur: Das „Gesetz gegen die Verunstaltung landschaftlich hervorragender Gegenden“ aus dem Jahre 190239 begründete – noch vor Gründung des Heimatschutzbundes – die so genannte Heimatschutzgesetzgebung. Das „Gesetz gegen die Verunstaltung von Ortschaften und landschaftlich hervorragenden Gegenden“40, fünf Jahre später erlassen, setzte sie mit einer frühen Normierung eines umfassenden Baudenkmal-Ensembleschutzes fort.41 In der Konzentration der Wertzuweisung auf das Bestehende verlor der Denkmalschutz in dieser Epoche seine Anbindung an die Ästhetik; was er aber gewann, waren Popularität und Politizität.42 Noch die Nationalsozialisten haben, im Streben nach nationaler Autarkie, das aus der Heimat erwachsene Geborgenheitsgefühl zu instrumentalisieren gewusst.43

22

Die Heimatschutzbewegung erreicht weder die Tiefendimension des Umweltschutzes noch des Kulturgüterschutzes in späteren Zeiten. Die Heimatschutzbewegung verfehlte den eigentlichen Schutzgrund des Umweltschutzes, weil sie einen 36 Vgl. eingehend Schimek, Zwischen Anspruch und Wirklichkeit. Staatliche Einflussnahmen auf das ländliche Bauen: Das Land Oldenburg zwischen 1880 und 1930, 2004, S. 95 ff. 37 Rudorff, Heimatschutz, 1897. 38 Näher Witek, Natur – Technik – Ästhetik. Das Walchseenkraftwerk im Spannungsfeld unterschiedlicher Ästhetikansichten, in: Hermann / Dahlke, Schauplätze der Umweltgeschichte, 2008, S. 181 ff. (S. 188). 39 Vom 2. 6. 1902, PrGS, S. 159. 40 Vom 15. 07. 1907, PrGS, S. 260. 41 Hammer, Die geschichtliche Entwicklung des Denkmalrechts in Deutschland, 1995, S. 132. 42 Hartung, ÖZKD 1989, 178. 43 Radke, Natur und Macht, 2002, S. 294 ff.

B. Natur und Kultur – Kongruenzen und Differenzen

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bloß symptomischen Naturschutz pflegte und die äußere Grundierung wahren wollte, nicht aber die eigentlichen inneren Existenzbedingungen der Natur. Die Heimatschutzbewegung erreichte aber auch nicht die Tiefendimension des Kulturgüterschutzes, weil die Kulturgüter nicht aufgrund eines bestimmten ästhetischen Standpunktes geschützt werden sollen, sondern weil sie Zeugnisse einer reichen Kulturgesellschaft sind. Insbesondere vor dem Hintergrund der ideellen Verortung des heutigen Umweltschutzes in der intergenerationellen Existenzerhaltung der Menschheit nimmt sich der Heimatgedanke als fast naiv aus. Aber derart überholt ist der Topos vom Heimatschutz keineswegs. Die badenwürttembergische Landesverfassung gewährt in Art. 2 Abs. 2 seit jeher ein explizites Recht auf Erhaltung der Heimat. Seit dem Jahre 1993 ist ein solches Recht auch Bestandteil der Verfassung des Freistaates Sachsen (Art. 5 Abs. 2 S. 2 LV Sachs).44

23

Die weitere Untersuchung wird zu zeigen haben, dass die identitätsstiftende Funktion von Kulturgütern weiterhin als entscheidender Ansatz ihrer Schutzbedürftigkeit erachtet wird.45 Auch der Heimatbegriff enthält jedoch ein entscheidendes Moment der Identitätsvermittlung; er bildet die Summe der identitätsstiftenden Gehalte seiner einzelnen Schutzgüter. An Überzeugungskraft fehlt es dem Heimatgedanken insgesamt weiterhin nicht, sofern Kulturgüter oder die Landschaft nachteilig berührt werden.

24

Es ist heute vor allem die Zersiedelung der Landschaft, die zu einem, wenn auch unbenannten, Wiederaufleben des Heimatgedankens führt. In der Entsiedlung von Dörfern, dem Verfall von Kulturgütern und dem Abriss hergebrachter Gebäude zugunsten neuer Funktionseinheiten46 liegt wiederum eine Erfahrung, die mit jener verwandt ist, welche auch die Heimatbewegung des 20. Jahrhunderts prägte, doch weniger als Verlust der gegenwärtigen Heimat, sondern als Verlust des tatsächlichen Substrats des eigenen Heimatwunsches auftritt. Die Heimatidee der Gegenwart stellt sich partiell auch als Traumidee einer Heimat dar.

25

Der Heimatbegriff der wenig kulturgutbewussten Nachkriegszeit nach 1945 war freilich ambivalent: Zwar waren es gerade die sich um die Vertreibung und nunmehr Integration von Millionen Menschen (Heimat-Vertriebener) rankenden rechtlichen, vor allem aber tatsächlichen Fragen, die über den verlorenen und wiederersehnten Raum des bisherigen Lebens auch die Heimatproblematik allgegenwärtig werden ließen.47 Doch waren Begriff und Thema der Heimat durch die völkischen Bewegungen des späten 19. bzw. frühen 20. Jahrhunderts und schlussendlich des Nationalsozialismus belastet. „Heimat“ jenseits eines arisierenden Assoziationsraumes

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Vgl. Schimpff / Partsch, LKV 1994, 47 (49). Siehe vorerst nur Haag, JöR n. F. 49 (2006), 95 (106 ff.). 46 Vgl. etwa Rauterberg, Ein Land auf Abriss, Die Zeit vom 11. Januar 2007, S. 31 f.; Bartetzky, Abriss auf Raten, FAZ vom 28. September 2006, S. 40. 47 Demmelbauer, NJW 2003, 615 (617); zum Heimatbewusstsein der Nachkriegszeit in der Lyrik ebda., 618. 44 45

28

§ 1 Einleitung

zu denken, ist erst nach einigem Abstand zur nationalsozialistischen Zeit wieder möglich geworden.

III. Umweltrecht und Kulturgüterrecht als Recht der Bewahrung 27

Über die partielle geistesgeschichtliche Parallelität und die punktuelle rechtliche Gleichstufung hinaus besteht zwischen Umwelt und Kultur ein Verhältnis teleologischer Äquivalenz. Die Gründe für ihren Schutz sind verwandt.

28

Wenn Umwelt und Natur die Schöpfung in Bezug nehmen, so bildet Kultur das vom Menschen Geschaffene. Gemein ist beiden, dass sie Vorgegebenheiten menschlicher Gestaltbarkeit betreffen: Den Bewohnern eines bestimmten Territoriums sind die dortigen natürlichen Gegebenheiten – von der Qualität des Bodens über den Bewuchs und die Tierarten – ebenso vorgegeben wie die dort bestehenden Kulturgüter. Diese Vorgegebenheiten stehen in einem notwendigen Konflikt mit der von Menschen vorgenommenen Gestaltung, die menschliches Leben seit jeher, mit Entwicklung der technisch-industriellen Zivilisation nunmehr jedoch umso nachdrücklicher hervorbringt.

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Der Gegenstand der Bewahrung ist folglich ein verschiedener und doch verwandter. Insofern kann Kultur als „sekundäre Umwelt“48 bezeichnet werden: Sie stellt die innerhalb der bestehenden Umwelt entstehende Umwelt dar. Kulturgüter stellen objektförmige Manifestationen von Kultur dar; sie sind Erzeugnisse von Kultur. Kulturgüterschutzrecht kann somit als objektbezogenes Kulturschutzrecht beschrieben werden.

30

Dieser in Art. 20a GG verfassungskräftig ausgestalteten Teleologie des Bewahrens sind sowohl das Umwelt- und Planungsrecht als auch das Recht des Kulturgüterschutzes verpflichtet. Während jedoch Art. 20a GG nur den Umweltschutz erfasst, wird die Verschränkung von Umwelt- und Kulturbelangen in vielen Landesverfassungen unmittelbar zum Ausdruck gebracht.49 In beiden Rechtsgebieten gleichermaßen gewinnt Recht eine spezifische Funktion: Es verändert nicht, sondern bewahrt.

48 Malinowski, Eine wissenschaftliche Theorie der Kultur, in: ders., Eine wissenschaftliche Theorie der Kultur und Aufsätze, 1984, S. 56. 49 Bspw. Art. 39 Abs. 1 LV Bbg: „Der Schutz der Natur, der Umwelt und der gewachsenen Kulturlandschaft als Grundlage gegenwärtigen und künftigen Lebens ist Pflicht des Landes und aller Menschen“.

C. Besonderheiten des Kulturgüterschutzes

29

IV. Zum Verhältnis von Belangen des Kulturgüterschutzes und des Umweltschutzes Aus einer teleologischen Äquivalenz erwächst freilich keine rechtliche Gleichrangigkeit. Dass Belange des Kulturgüterschutzes und des Umweltschutzes nicht in einem Gleichrangverhältnis stehen, kann anhand einer einfachen freiheitsrechtlichen Überlegung skizziert werden.

31

Unter grundrechtlichen Aspekten ist die Schutzrichtung von Kulturgüterschutz und von Umweltschutz jeweils der Erhalt der tatsächlichen Voraussetzungen für die Betätigung der Freiheitsrechte und des Genusses der Selbstentfaltung, auch für die Nachgeborenen. Die freiheitsrechtliche Ethik der Bestandsbewahrung besteht folglich darin, die heutigen Lebensgrundlagen künftigen Generationen nicht derart geschädigt zu hinterlassen, dass die faktische, materiale Verwirklichung des Freiheitsanspruchs gegenüber seinem heutigen Gebrauch wesentlich erschwert oder verhindert wird.50

32

Ein anderes gilt für Kultur und Kulturgüter. Der Kulturgüterschutz ist weder als Fragestellung noch in seinen Konsequenzen so weitreichend wie der Umweltschutz, der von der Infragestellung der natürlichen Lebensgrundlagen durch die Bewirtschaftung der Erde durch die Menschheit geprägt ist. In einem ersten Zugriff darf somit als normative Abstufung gelten, dass der Verlust von Kulturgütern die Qualität menschlichen Lebens in Frage stellt, der Verlust der natürlichen Lebensgrundlage aber dieses Leben selbst. In der Finalität der Fragestellung sind insoweit Kulturgüterschutz und Umweltschutz den Äquivalenzen im Übrigen zum Trotz nicht bloß graduell, sondern kategorial voneinander zu scheiden.

33

Der Kulturgüterschutz sichert die Bewahrung der Manifestationen des geistigzivilisatorischen Erbes der Vorlebenden für die Nachkommen. Diese kulturelle Kontinuität kann zur Qualität der Freiheitsausübung beitragen und ist deshalb durchaus freiheitsrelevant. Sie ist aber in keiner Weise unverzichtbare Bedingung der Freiheitsausübung selbst.

34

C. Besonderheiten des Kulturgüterschutzes I. Begriff der Kultur in der Rechtswissenschaft 1. Methodische Probleme eines Begriffstransfers Der Transfer des Kulturbegriffs aus seinem im strengen Sinne kulturwissenschaftlichen Kontext in die rechtswissenschaftliche Dogmatik begegnet gewissen Problemen. Zunächst bieten zwar die kulturwissenschaftlichen Begriffe ein weites 50

Vgl. auch Steiner, NZS 2004, 505 (508); Menzel, ZRP 2001, 221 (223).

35

30

§ 1 Einleitung

und durchaus reiches Begriffsspektrum, aus dem ein eigenständiger rechtswissenschaftlicher Kulturbegriff geformt werden könnte: Doch sind die dort vorzufindenden Begrifflichkeiten meist nur kohärent und teilweise nicht einmal kompatibel. Die rechtswissenschaftliche Betrachtung muss folglich eine Auswahlentscheidung treffen. 36

An der hierzu geeigneten Dogmatik aber fehlt es weithin.51 In einem ersten Schritt nämlich wären die Angebote der Kulturwissenschaften qualitativ zu hierarchisieren; es wäre, mit anderen Worten, zu fragen, welches das wissenschaftlich leistungsfähigste, gerade im Hinblick auf das spezifisch rechtswissenschaftliche Erkenntnisinteresse funktionell brauchbarste Kulturmodell darstellt. Eine verständige Klärung dieser Frage setzte freilich eine interdisziplinäre Interaktion kultur- und rechtswissenschaftlicher Methodik voraus; der qualifizierende Zugriff der Rechtswissenschaft müsste kulturwissenschaftlich gebildet sein, die kulturwissenschaftliche Betrachtung müsste freilich auf das rechtswissenschaftliche Erkenntnisziel hin ausgerichtet sein. Die hiermit angesprochene Rezeptionstheorie der Rechtswissenschaft liegt jedoch bisher nicht vor; sie kann auch hier nicht separat geleistet werden.

37

Der Begriffstransfer des Kulturbegriffs muss daher allerdings nicht a priori verbaut sein. Es ist vielmehr nach den rechtswissenschaftsimmanenten Kriterien juristischer Begriffsbildung vorzugehen. Damit einhergehen mag die Gefahr, die Erkenntnisbreite des kulturwissenschaftlichen Begriffsfeldes nicht vollumfänglich transferieren zu können.

2. These von der notwendigen Außerrechtlichkeit des Kulturbegriffs 38

Auch bei der juristischen Begriffsbildung gilt freilich der Satz des „ultra posse nemo obligatur“. Begriffe, die nicht gebildet werden können, müssen auch nicht gebildet werden. Solches wird für den Begriff Kultur behauptet. Huster hat darauf hingewiesen,52 dass das Spektrum des Kulturbegriffes derart weit geraten sei, dass er verständigerweise einer juristischen Begriffsbildung überhaupt nicht zugänglich sei. Wo der Kulturbegriff gebraucht wird, da hat er nach dieser Sicht keine Differenzierungs-, er hat vielmehr einen Nivellierungsgehalt: Der Kulturbegriff verunklare statt zu erhellen; Kulturphänomene in der Verfassungsdogmatik bedürften daher jeweils eines eigenen Kulturbegriffes. Der Begriff der Kultur, juristisch an sich nicht fassbar, lasse sich nur im konkreten Normzusammenhang bestimmen.53

39

Eine solche wissenschaftliche Kapitulation vor der rechtlichen Adaption des Begriffs Kultur wird bei einem Blick in das juristische Schrifttum umso verständlicher. Gelegentlich wird geradezu Hilflosigkeit offenbar. „Kultur“, so heißt es dann, sei 51 Siehe etwa Lüdemann, Die Grenzen des homo oeconomicus und die Rechtswissenschaft, Preprints of the Max Planck Institute for Research on Collective Goods, 2006 / 2, S. 35. 52 VVDStRL 65 (2006), 51 (76). 53 Stern, FS Heckel, 1999, 857 (862).

C. Besonderheiten des Kulturgüterschutzes

31

ein „Wert, der innerhalb der Verfassung dennoch intensive Beachtung verdient.“ Mehr noch, „die“ Kultur habe „eine verfassungsrechtliche Funktion, sie ist eine jedenfalls grundsätzlich wichtige Interpretationsrichtlinie für bestimmte Verfassungsregeln.“54 3. Begriffsbestand a) Kulturbegriff im Völkerrecht Ein allgemein verbindlicher Kulturbegriff wird – soweit ersichtlich – in keiner Völkerrechtsnorm definiert. Allein die Erklärung der UNESCO über Kulturpolitik aus dem Jahre 1982 beschreibt Kultur als „die Gesamtheit der einzigartigen geistigen, materiellen, intellektuellen und emotionalen Aspekte, die eine Gesellschaft oder eine soziale Gruppe kennzeichnen.“ Eingeschlossen seien Kunst und Literatur, Lebensformen, die Grundrechte des Menschen, Wertsysteme, Traditionen und Glaubensrichtungen.55 Die Erklärung stellt bloßes soft law dar. Ungeachtet dieser beschränkten völkerrechtlichen Verbindlichkeit ist der UNESCO-Kulturbegriff rechtlich weit rezipiert worden; ihn hat insbesondere auch der Europarat übernommen.56

40

Es verwundert nicht, dass die Gesamtheit der völkerrechtlichen Normen eine hierüber hinausreichende Begriffsdefinition nicht kennt. Schwerlich verfangen können auch auf verschiedenen methodischen Wegen unternommene57 Versuche einer völkerrechtsdogmatischen Begriffsfindung angesichts der Schwierigkeit, Pluralität und Heterogenität der Vorstellungswelt zur Kohärenz eines Begriffes zu fassen.58 Insgesamt freilich zeigt auch der völkerrechtliche Normenbestand eine anthropozentrische Grundtendenz und zugleich einen Konsens über die identitätsstiftende Funktion von Kultur für Gesellschaften überhaupt.59 Die individuell-personale und die kollektiv-soziale Dimension der Kultur sind mithin auf internationaler Ebene ebenso anerkannt wie die Qualität von Kultur als „Friedensfaktor“.60

41

54 Naucke, Der Kulturbegriff in der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, 1993, S. 35. 55 Erklärung von Mexiko Stadt über Kulturpolitik vom 6. August 1982. Gleichlautend später „The Power of Culture – Aktionsplan über Kulturpolitik für Entwicklung“, verabschiedet von der UNESCO-Weltkonferenz „Kulturpolitik für Entwicklung“, Stockholm, 30. März – 2. April 1998, Ziff. 1. 56 Darüber hinaus liegt der UNESCO-Kulturbegriff auch dem Schweizerischen Bundesgesetz über die Kulturförderung des Bundes zugrunde; vgl. insoweit nur Schweizerisches Bundesamt für Kultur, Kommentar zu einem Gesetz über die Kulturförderung des Bundes, zu Art. 2 mit Fn. 10, http://www.bak.admin.ch/bak/dokumentation/gesetze/index.html. 57 Einerseits (freilich durchaus vorsichtig) Odendahl, Kulturgüterschutz, 2005, S. 364 ff.; andererseits (dezidierter) Wyss, Kultur als Dimension der Völkerrechtsordnung, 1992, S. 40 ff. 58 Ähnlich Dozer, in: Vitzthum, Völkerrecht, 5. Aufl. 2010, 6. Abschn. Rn. 119 ff. 59 Vgl. wiederum Odendahl, Kulturgüterschutz, 2005, S. 367 f. 60 Wyss, Kultur als Dimension der Völkerrechtsordnung, 1992, S. 262 ff.

32

42

§ 1 Einleitung

Trotz dieser einer Begriffsbildung entgegenstehenden Hürden kennt das Völkerrecht freilich eine Vielzahl kulturspezifischer Regelungen und Abkommen.61 Auch ein nur grob konturierter Begriff kann aber hinreichender Ausgangspunkt einer Normierung sein. b) Kulturbegriff im Europarecht

43

Die Annäherung an den Kulturbegriff der Europäischen Union kann über die apriorische Teleologie ihrer Kulturpolitik erfolgen. Als deren „Grundbedingung und Wesensmerkmal“62 gilt das kulturbezogene Harmonisierungsverbot des Art. 167 AEUV (Ex-Art. 151 Abs. 1 EGV). Grund und Ziel europäischer Kulturpolitik ist mitnichten die Entwicklung einer einheitlichen europäischen Kultur, sondern vielmehr inhaltlich die Wahrung der nationalen und regionalen kulturellen Vielfalt in den Mitgliedstaaten unter Wahrung und Hervorhebung des gemeinsamen kulturellen Erbes als gemeineuropäischem Akzent. Es ist also die historisch gewachsene Vielfalt der europäischen Kulturen, die Gegenstand und Leitbild einer europäischen Kulturpolitik ist. Demgegenüber wäre eine formelle oder gar materielle Rechtsangleichung geeignet, diesen europäischen Kulturraum in seiner inhaltlichen Vielfalt und seinen historisch gewachsenen Strukturen zu beeinträchtigen.63

44

Schutzgegenstand des Europarechts sind die Kulturen der Mitgliedstaaten und das gemeinsame kulturelle Erbe der Völker Europas, Art. 167 Abs. 1 AEUV. Nicht anders als im Völkerrecht hat diese Benennung den Charakter eines Summenbegriffs, der die jeweiligen kulturellen Überlieferungen der Mitgliedsvölker speichert, ohne ein eigenes normatives Selektionskriterium aufzuweisen. Konsequent findet sich daher weder im Primär- noch im Sekundärrecht der Union eine Begriffsdefinition von Kultur. Indem Art. 167 Abs. 1 AEUV vielmehr noch auf die „nationale und regionale Vielfalt“ verweist, legt er nahe, „Kultur“ nicht als einen einheitlichen Begriff des Unionsrechts zu betrachten.64 Lediglich ex negativo lässt sich feststellen, dass Wissenschaft und Kunst kraft ihrer Normierung in Art. 165 bzw. Art. 166 AEUV nicht dem primärrechtlichen Kulturbegriff des Unionsrechts unterfallen. Der verbleibende Anwendungsbereich ist für nicht-bewegliche Kulturgüter darüber hinaus auch nur insoweit eröffnet, wie sie dem prägenden Schutz des kulturellen Erbes zuzurechnen sind; im Übrigen sind sie mangels grenzüberschreitenden Bezuges nicht Gegenstand der Regelung nach Art. 167 AEUV.

45

Die EU muss sich mit der Rolle der „Magd der Nationalkulturen“ bescheiden.65 Es ist daher zweifelhaft, ob überhaupt von einem „dynamischen KulturSiehe unter § 2 A. I. von Danwitz, NJW 2005, 529 (534). 63 von Danwitz, NJW 2005, 529 (534). 64 Blanke, in: Calliess / Ruffert, Das Verfassungsrecht der Europäischen Union, 3. Aufl. 2007, Art. 151 EG Rn. 2. 65 Mußgnug, FS Steinberger, 2002, 1303 (1307). 61 62

C. Besonderheiten des Kulturgüterschutzes

33

begriff“66 des Unionsrechts gesprochen werden sollte. Richtig ist diese Bezeichnung gewiss insoweit, als dieser Kulturbegriff neuen Entwicklungen geöffnet ist. Problematisch ist jedoch, dass die hierdurch suggerierte abschließende Begrifflichkeit dem europarechtlichen Kulturbegriff nicht zukommt. Das Primärrecht kennt keinen dynamischen Kulturbegriff, sondern verweist lediglich auf die Summe wiederum dynamischer nationaler Kulturbegriffe. Darin liegt durchaus ein Unterschied. Sachgerechter ist eine pragmatisch-rezeptive Bestimmung des vertraglichen Kulturbegriffes, derzufolge Kultur insoweit all das umfasst, was auch Gegenstand der nationalen Kulturpolitiken ist. Schließlich sind die jeweiligen nationalen Kulturen Ausgangspunkt eines etwaigen gemeinschaftlichen Kulturauftrages.67 Daraus ergibt sich ein zur Vertragsauslegung taugendes funktionales Definitionsmaterial.

46

c) Kulturbegriff im nationalen Recht Gleichfalls nur geringfügige Konturen hat der Kulturbegriff im nationalen Recht gewonnen. Ausgangspunkt kulturrechtlicher Begriffsbestimmung wäre angesichts der föderalen Kompetenzordnung das jeweilige Landesrecht. Eine Definition des vielfach zum Gegenstand rechtlicher Normierung gemachten Kulturbegriffs findet sich dort jedoch durchgehend – auch in den neueren Landesverfassungen – nicht.

47

Es ist daher eine Aufgabe von Schrifttum und Rechtsprechung, einen Kulturbegriff des nationalen Rechts zu entwickeln. Das Bundesverfassungsgericht hat früh aus dem vorfindlichen Begriffsbestand rezipiert, Kultur könne als die „Gesamtheit der innerhalb einer Gemeinschaft wirksamen geistigen Kräfte, die sich unabhängig vom Staate entfalten und ihren Wert in sich tragen“68 verstanden werden. Zugleich hat das Gericht jedoch durchaus Zweifel erkennen lassen, inwieweit eine solche Definition unter den Bedingungen des Leistungsstaates tragfähig sei. Näher hat der VGH München ausgeführt, Kultur umfasse nach dem allgemeinen Begriffsverständnis „jedes geistige Schaffen und Wirken des Menschen, mag es sich in Werken der Kunst, Musik, Literatur oder Wissenschaft dokumentieren oder seinen Ausdruck in der wertbewussten Prägung der Lebensverhältnisse und der Umwelt des Menschen finden.“69 Der hiermit dargelegte Kulturbegriff, der normativ und holistisch akzentuiert ist, drückt ein weites Kulturverständnis aus. Sein Bezugspunkt freilich ist nicht etwa das positive Recht, sondern dessen Prämissen. Gegenstand der Definitionsbemühungen der Rechtsprechung ist nicht ein Begriff in einer Rechtsnorm, sondern ein normabstrakter Rechtsbegriff.

48

66 Sparr, in: Schwarze, EU, 2. Aufl. 2009, Art. 151 EG Rn. 5; Blanke, in: Calliess / Ruffert, Das Verfassungsrecht der Europäischen Union, 3. Aufl. 2007, Art. 151 EG Rn. 6. 67 In diesem Sinne auch Odendahl, Kulturgüterschutz, 2005, S. 369; vgl. ferner Sparr, in: Schwarze, EU, 2. Aufl. 2009, Art. 151 EG Rn. 5; Geiger / Khan / Kotzur, EUV / AEUV, 5. Aufl. 2010, Art. 151 EG Rn. 3. 68 BVerfGE 10, 20 (36) – Preußischer Kulturbesitz. 69 VGH München, NJW 1992, 2584 (2585).

34

§ 1 Einleitung

4. Rechtswissenschaftlicher Kulturbegriff als Rahmenbegriff 49

Wo die Normen Lücken lassen, obliegt es der juristischen Dogmatik, die unverbundene Summe der Einzelnormen zur Kohärenz eines geschlossenen Normensystems zu erheben. Beim Kulturbegriff liegt es nicht anders. Gebraucht wird er häufig; bestimmt wird er nicht, und gering sind die Ansatzpunkte mittelbarer Bestimmung.

50

Das Schrifttum hat hieraus unterschiedliche Konsequenzen gezogen. Einerseits ist es möglich, auf die Definition von Kultur überhaupt zu verzichten. Gelingt es auch den Kulturwissenschaften nicht die Vielfalt ihrer Gegenstände mit nur einem Begriff zu fassen, kann der Rechtswissenschaft erst recht keine Definition abgefordert werden.70 Dies kann, insbesondere im Hinblick auf kulturelle Spontanität und Varietät, damit begründet werden, jede Definition von Kultur sei kulturungünstig, weil in jeder Beschreibung eine Beschränkung liege.71 Zugunsten eines jedenfalls weitgehenden Definitionsverzichts wird auch argumentiert, es sei überhaupt nicht Aufgabe des Rechts, zu definieren was Kultur sei, sondern allein einen Rahmen zu setzen, innerhalb dessen sich – auch dank staatlicher Förderung – Kultur in all ihren Spielarten entfalten könne.72 Dieser Ansatz führt zu einem „offenen Kulturbegriff“.73

51

Gemein ist den verschiedenen Definitionsversuchen, dass sie Kultur als ausfüllungsfähige und ausfüllungsbedürftige Begrifflichkeit belassen. Der Kulturbegriff kann – in Anlehnung an den offenen Kulturbegriff – notwendig nur ein Rahmenbegriff sein. Dass der Ertrag rechtswissenschaftlicher Definitionen gering ausfallen wird, ist damit kein Nachteil, sondern hinzunehmende Notwendigkeit. Die teils durchaus widerstreitenden, von ganz verschiedenen Erkenntniszielen getragenen Kulturbegriffe einzelner Regelungsebenen können nicht in einem einzigen juristischen Begriff gespeichert werden. Der rechtswissenschaftlichen Betrachtung obliegt auch nicht die Auflösung des kulturwissenschaftlichen Streitstandes. Kultur transzendiert die zeitlichen und auch räumlichen Grenzen bzw. Bedingtheiten des Verfassungsstaates und fügt sich nicht ohne weiteres in seine Baugesetze.74 Es verbleibt dabei, dass der Kulturbegriff grundsätzlich selbst kein rechtlicher, sondern ein außerrechtlicher Begriff ist.75 Ein Rahmenbegriff reicht auch deshalb hin, weil es sich nur um einen Arbeitsbegriff handelt, dem keine genuine Normativität entspringt. 70 Siehe ähnlich Heinz, Kultur – Kulturbegriff – Kulturdenkmalbegriff, 1993, S. 56; Udo Steiner, VVDStRL 42 (1983), 7 (8); nun auch Huster, VVDStRL 65 (2006), 51 (62). 71 Vgl. Evers, NJW 1983, 2161. 72 So etwa Häberle, Kulturverfassungsrecht im Bundesstaat, 1980, S. 14; vgl. ferner ders., Verfassungslehre als Kulturwissenschaft, 2. Aufl. 1998, S. 26 f. 73 Vgl. nur Maihofer in: Benda / Maierhofer / Vogel, HdbVerfR, 2. Aufl. 1995, S. 1201 (S. 1226). 74 Evers, NJW 1983, 2161 (2166). 75 Hense, Reform des Denkmalrechts, in: ders. (Hrsg.), Denkmalrecht unter Denkmalschutz?, 2003, 79 (88); Odendahl, Kulturgüterschutz, 2005, S. 374.

C. Besonderheiten des Kulturgüterschutzes

35

Ausgangspunkt ist der Gemeinbestand der nachbarwissenschaftlichen Kulturbegriffe.76 Gemein ist ihnen vor allem, dass Kultur stets anthropozentrisch gedacht wird: Insofern stellt Kultur die „Lebenswelt“77 des Menschen dar, die – wie erwähnt – „sekundäre Umwelt“, die der Menschheit nicht-natürlich vorgegeben ist. Der Gegensatz von (ungestalteter) Natur und Kultur prägt die Kulturbegriffe. Die Nationalkultur des romantischen Kulturbegriffs und das zeichentheoretische Konventionsverständnis etwa des semiotischen Kulturbegriffes haben darüber hinaus gemein, dass Kultur stets sozial und als kommunikationsbezogen78 gedacht wird: Ist sie hier reicher Bestand und Errungenschaft der gemeinsamen Anstrengungen eines Volkes, so ist sie dort das normative Grundmuster des menschlichen Verhaltens überhaupt. Beidem eignet, dass Kultur stets kollektive Bezüge erfasst, zugleich aber Vermittlungssystem zwischen dem Einzelnen und der kollektiven Voraussetzung ist. Außerdem ist die so umschriebene Kultur stets auf die Struktur, Ausprägung oder Idee des geistigen Lebens von Menschen bezogen. Moral oder Religion (als geistige Werte) stellen ebenso Kultur da wie die künstlerische Idee, Musik und Traditionen. Einer Materialisierung bedarf Kultur daher nicht.79

52

Einigkeit wird auch über die Geschichtlichkeit der Kultur bestehen. Kultur ist geschichtlich geworden und gewachsen, keinesfalls folglich das Zufallsprodukt eines historischen Moments. Auch die nüchterne strukturorientierte Betrachtung der Kultur als symbolischer Ordnung wird daher die kollektiven Sinnbezüge des Kulturellen zu integrieren haben; auch Symbolsetzung stellt insoweit Sinngebung dar. Weniger eindeutig ist, ob den Kulturbegriffen grundsätzlich ein Wandlungselement und ein Offenheitselement zu eigen ist.80 Insoweit freilich sind bereits rechtliche Prämissen zu beachten: Das oben dargestellte Prinzip kultureller oder ästhetischer Neutralität, vor allem aber die gewährleistete Spontaneität kulturellen Schaffens in der grundrechtlichen Freiheitsordnung, setzt eine Integration des Wandlungsmomentes in den Begriff der Kultur voraus. Dies korrespondiert etwa dem neueren Verständnis, wonach Kultur ein stetes menschliches Kommunikationssystem mit der jeweiligen Umwelt darstellt, das fortwährend neue Bedeutungen und Zeichen produziert.81

53

Rechtspositivistisch betrachtet bilden Völker-, Europa- und Verfassungsrecht zwar keinen gemeinsamen kulturspezifischen Begriffsbestand. Ihnen sind aber im Wesentlichen die Elemente gemein, die den außerrechtlichen Kulturbegriffen entspringen. Hinzu treten ein Element des Pluralismus, mithin der begriffliche Übergang vom Singular einer Kultur zum Plural der vielen Kulturen als Element des abstrakten Kulturbegriffs82 – ein Element der Dialektik von Staatsferne und Staatsangewiesenheit der Kultur – sowie die begrenzt identitätsstiftende Funktion der Kultur.

54

Zum Folgenden Odendahl, Kulturgüterschutz, 2005, S. 363 f. Gadamer, Die Vielfalt Europas. Erbe und Zukunft, in: ders., Das Erbe Europas, 1989, S. 21. 78 Odendahl, Kulturgüterschutz, spricht hier von einem „Element der Äußerung“: „durch Kultur teilt der Mensch der Außenwelt seine Empfindungen mit“ (S. 374). Dieses Definitionsunterfangen bleibt unverständlich. 79 Vgl. auch Odendahl, Kulturgüterschutz, 2005, S. 363 ff. 80 So Odendahl, Kulturgüterschutz, 2005, S. 363. 81 Heinz, Kultur-Kulturbegriff-Kulturdenkmalbegriff, 1993, S. 185. 82 Odendahl, Kulturgüterschutz, 2005, S. 374. 76 77

36

55

§ 1 Einleitung

In der verfassungstheoretischen Perspektive sind Demokratie- und Grundrechtsbezüge der Kultur zu beachten. Zu den Begriffselementen der Kultur gehört außerdem ihre Eigengesetzlichkeit; denn nur eine nicht-rechtlich gesteuerte Kultur vermag ihre kritische und progressive Wirkung zu entfalten. Die dargestellten Begriffselemente bieten möglichst einen hinreichenden Ausgangsrahmen für die rechtliche Behandlung von Kultur.83

II. Begriff des Kulturgutes im geltenden Kulturgüterrecht84 56

Die Kohärenz des Kulturgutbegriffs übersteigt nationale Grenzen: Sowohl der Begriff des Kulturgutes als auch jener des kulturellen Erbes haben Eingang in so viele Völkerrechtssätze oder jedenfalls, auch informelle, zwischenstaatliche Vereinbarungen gefunden, dass die nationalrechtliche Begriffsbildung – der Sache nach – nicht ohne weiteres disponibel ist. Anknüpfungsgegenstand des Kulturgutschutzes sind damit die vorfindlichen Begriffe des Kulturgutes.

1. Völkerrecht 57

Im Völkerrecht wurde der Begriff des Kulturgutes erstmals durch die Haager Konvention aus dem Jahre 1954 zum Gegenstand einer Normierung gemacht.85 Art. 1 gab eine Legaldefinition, die drei Fallgruppen zum Kulturgut i. S. d. Konvention erklärte: Erstens bewegliches oder unbewegliches Gut, das für das kulturelle Erbe aller Völker von großer Bedeutung ist; zweitens Baulichkeiten, die in der Hauptsache und tatsächlich der Erhaltung oder Ausstellung bzw. Bergung der genannten beweglichen Güter dienen; schließlich drittens Orte, die in beträchtlichem Umfang Kulturgut der beiden genannten Kategorien aufweisen (Denkmalsorte). Definitionserheblich war von diesen drei Teilen nur der erste86; im Übrigen bestimmt die Verortung auch von Hilfsbaulichkeiten und Denkmalsorten im Kulturgutbegriff vor allem den Anwendungsbereich, auf den sich der Vertrag erstreckt.

58

Der völkerrechtliche Kulturbegriff verlangt einerseits die physische Objektförmigkeit des Kulturgutes. Nichtmaterielle Güter wie Sprache, denen es an Objektqualität fehlt, sind von dem Kulturgutbegriff folglich nicht erfasst.87 Außerdem 83 Siehe auch Odendahl, Kulturgüterschutz, 2005, S. 374; dort auch zu einer ausführlicheren Auflistung der einzelnen möglichen Elemente des Kulturbegriffes. 84 Die Klärung der Begriffe Kulturgut und Kulturgüterschutz erstreckt sich in der Habilitationsschrift von Odendahl, Kulturgüterschutz, 2005, auf die S. 355 – 405. 85 Boguslavsky, Der Begriff des Kulturgutes und seine rechtliche Relevanz, in: Dolzer / Jayme / Mußgnug, Rechtsfragen des internationalen Kulturgüterschutzes, 1994, S. 3 (S. 5). 86 Odendahl, Kulturgüterschutz, 2005, S. 376.

C. Besonderheiten des Kulturgüterschutzes

37

muss das jeweilige Kulturgut eine gewisse geschichtliche Relevanz entfalten, ohne dass es freilich der Vergangenheit zu entstammen hat: Die zeitliche Dimension des Kulturgutes bezieht sich allein darauf, dass diesem eine „die Tagesaktualität überdauernde, mithin historische Qualität“88 zukommt. Völkerrechtlich umstritten ist allerdings im Übrigen die Weite des Kulturgutbegriffes.89 Fraglich ist, ob Schutzgegenstand eines völkerrechtlichen Kulturgüterschutzes nur solche Kulturgüter zu sein haben, die auch zwischen den Völkern von kultureller Bedeutung sind, oder ob solche Kulturgüter genügen, deren Schutzgrund nationalen bzw. subnationalen (regionalen, lokalen, spezifischen) Charakters ist. Unter den völkerrechtlichen Dokumenten lässt sich insbesondere der Haager Konvention angesichts der ambivalenten englischsprachigen Formulierung „every people“ keine eindeutige Aussage darüber entnehmen, inwieweit das für alle Völker oder das für das jeweilige Volk bedeutsame Kulturgut Schutzgegenstand sein soll. Nahe liegt es jedoch, unter der völkerrechtlichen Prämisse des Selbstbestimmungsrechts der Völker, die objektive Bedeutungsdimension eines bestimmten Gutes auch nur innerhalb eines Staates für schutzgegenständlich zu erklären.90

59

2. Europarecht Das unionsrechtliche Primär- und Sekundärrecht kennt nur wenige kulturgüterschutzspezifische Normierungen. Als einzige einschlägige Regelung des Primärrechts sieht Art. 36 AEUV (Ex-Art. 30 EGV) unter anderem vor, dass die Ausfuhr des „nationalen Kulturguts von künstlerischem, geschichtlichem und archäologischem Wert“ beschränkt werden kann. Die Verordnung 3911 / 92 / EWG des Rates vom 9. 12. 199291 über die Ausfuhr von Kulturgütern sowie die Richtlinie 93 / 7 / EWG des Rates vom 15. 3. 199392 über die Rückgabe von unrechtmäßig aus dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats verbrachten Kulturgütern konkretisieren diese primärrechtlichen Vorgaben, indem sie die Ausfuhr von Kulturgütern an ein beschränktes Genehmigungserfordernis binden bzw. Pflichten zur Rückverbringung unrechtmäßig erhaltenen Kulturgutes normieren.

60

Der den drei Normen des Primär- bzw. Sekundärrechts zugrunde liegende Kulturgutbegriff ist unklar. Besonders schwer wiegt, dass die verschiedenen sprachlichen Fassungen teils unterschiedliche Begriffe für die im Deutschen einheitlich Kulturgut

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87 Fechner, Prinzipien des Kulturgüterschutzes, in: ders. / Oppermann / Prott, Prizipien des Kulturgüterschutzes, 1996, 11 (17); Boguslavsky, Der Begriff des Kulturgutes und seine rechtliche Relevanz, in: Dolzer / Jayme / Mußgnug, Rechtsfragen des internationalen Kulturgüterschutzes, 1994, S. 3 (S. 5). 88 Hammer, DÖV 1999, 1037 (1039). 89 Odendahl, Kulturgüterschutz, 2005, S. 378. 90 Im Ergebnis ebenso Odendahl, Kulturgüterschutz, 2005, S. 378. 91 ABl. 1992, L 395 / 1. 92 ABl. 1993, L 74 / 74.

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§ 1 Einleitung

genannten Objekte verwenden.93 Aus dem Regelungsbereich folgt allein, dass nur prinzipiell aus- bzw. rückführbare Kulturgüter erfasst sind. Die betreffenden Kulturgüter müssen folglich objektförmig und nicht raumgebunden sein; schließlich müssen sie qualitativ dem Kriterium einer bestimmten archäologischen, historischen oder künstlerischen Bedeutung genügen. In diesem Sinne ist folglich nicht jedes Gut von kultureller Bedeutung bereits ein Kulturgut.94 62

Zwar definiert Art. 1 der Richtlinie 93 / 7 / EWG grob den Begriff des Kulturgutes. Im Wesentlichen verbleibt es aber – bei geringen terminologischen Restriktionen – bei dem Begriffsgerüst aus Art. 36 AEUV (Ex-Art. 30 EGV). Eine sichere Konturierung gelingt auch Art. 1 i. V. m. dem Anhang der VO (EWG) Nr. 3911 / 92 nicht.95 Die Vorschrift differenziert in ihrem Teil A die verschiedenen Kulturgutbereiche in 14 Kategorien. Dazu zählen beispielsweise archäologische Gegenstände, die älter als 100 Jahre sind; Bestandteile von Denkmälern, die aus deren Aufteilung stammen; Bilder, Zeichnungen, Druckgraphiken, Bücher, die älter als 100 Jahre sind; Archivalien, die älter als 50 Jahre sind, sowie Mosaike, sofern sie älter als 50 Jahre sind und nicht ihren Urhebern gehören. Erfasst sind auch Verkehrsmittel, die älter als 75 Jahre sind, und infolge eines weiten Auffangtatbestands fürderhin alle sonstigen Antiquitäten, die mindestens 50 bzw. 100 Jahre alt sein müssen. Diese weite, unscharfe Auflistung ermöglicht weniger eine Konturierung des Kulturgutbegriffes, sondern hat ihre Funktion wohl darin, Anknüpfungspunkt für spezifische Entscheidungen für bestimmte Arten von Kulturgütern zu sein.

63

Aus der Unschärfe der europarechtlichen Definitionen des Kulturgutes erwächst für die Mitgliedstaaten zumal in Umsetzung der Richtlinie eine beträchtliche Freiheit hinsichtlich der eigenen Kulturgutdefinition.96

3. Nationales Recht 64

Der Begriff des Kulturgutes fristet im nationalen Recht ein terminologisches Schattendasein. Erwähnung finden Kulturgüter in der geltenden Fassung des Grundgesetzes allein in dem durch die Föderalismusreform I neu geschaffenen Art. 73 Abs. 1 Nr. 5a GG. Statuiert wird eine Bundeskompetenz zum Schutz deutschen Kulturgutes vor Abwanderung in das Ausland, die vor der Föderalismusreform I in Art. 75 Abs. 1 Nr. 6 GG, ursprünglich bis 1994 in Art. 74 Abs. 1 Nr. 5 GG enthalten war.97 93 So spricht die englische Fassung des Art. 36 AEUV von „national treasures“, diejenige der Verordnung 3911 / 92 / EWG von „cultural goods“ und diejenige der Richtlinie 93 / 7 / EWG von „cultural objects“. 94 Schroeder, in: Streinz, EUV / EGV, Art. 30 EG, Rn. 18. 95 Zur Kritik im Einzelnen Eberl, NVwZ 1994, 729 (730). 96 Odendahl, Kulturgüterschutz, 2005, S. 380. 97 Odendahl, Kulturgüterschutz, 2005, S. 382.

C. Besonderheiten des Kulturgüterschutzes

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Einfach-rechtlich hat diese Gesetzgebungskompetenz im Gesetz zum Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung98 Umsetzung gefunden. Eine Definition des Begriffes Kulturgut leistet aber auch dieses Gesetz nicht. Wohl aber kann den Beratungen des Parlamentarischen Rates die Tendenz entnommen werden, zu einem – wie auch immer konturierten – weiten Verständnis des Terminus „Kulturgut“ zu gelangen.99 Im grundgesetzlichen Sinne Kulturgut sind folglich nicht nur Kunstwerke, sondern auch sonstige Kulturgegenstände, an denen ein besonderes historisches, wissenschaftliches oder technisches Interesse besteht, einerlei, ob sie in öffentlichem oder privatem Eigentum stehen.100 Die amtliche Begründung zum Kulturgüterschutzgesetz konkretisiert dies dahingehend, das Gesetz gelte für solche Objekte, die „nach ihrer künstlerischen Eigenart, nach ihrem kulturellen Wert oder durch ihre Bedeutung für die kulturelle Entwicklung in Deutschland als dauernd besonders wertvoller Bestandteil deutschen Kulturbesitzes anzusehen sind.“101 Wegen § 18 KulturschutzG gilt dieses freilich nur für in Privateigentum, nicht jedoch für in öffentlichem Eigentum befindliche Kulturgüter.

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Aufgrund des geringen Anwendungsbereiches des Kulturgutbegriffes bereitet auch die dogmatische Definition Mühe. Offenbar wird dies insbesondere, wenn das Schrifttum teilweise auf das Völkerrecht – in Sonderheit die Pariser Konvention von 1970 – rekurriert102, nach deren Art. 1 als Kulturgut das von jedem Staat aus religiösen oder weltlichen Gründen als für Archäologie, Vorgeschichte, Geschichte, Literatur, Kunst oder Wissenschaft besonders bedeutungsvoll bezeichnete Gut gilt. Die Rechtsprechung behilft sich demgegenüber mit recht extensiven Erläuterungen.103 Im Hinblick auf eine Käfersammlung formulierte der VGH München, Kulturgut seien demgemäß „alle Gegenstände, in denen das Schaffen menschlichen Geistes im Laufe der historischen Entwicklung konkrete Gestalt angenommen“ hat.104 Das BVerwG äußerte zum selben Fall, im herkömmlichen Sinne umfasse der Begriff „Kultur“ unzweifelhaft die Bereiche Bildung, Wissenschaft und Kunst. „Nach allgemeinem Begriffsverständnis gehören dementsprechend zum ‚Kulturgut‘ all jene von den genannten Bereichen hervorgebrachten Gegenstände, die als kulturelle Werte Bestand haben und bewahrt werden.“105

66

Während der verfassungsrechtliche Kulturgutbegriff – im Kontext des Abwanderungsschutzes – denknotwendig nur bewegliche Kulturgüter erfassen kann, erstreckt

67

Vom 6. August 1955, BGBl. I 1955, S. 501. JöR n. F. 1 (1951), 506; so denn auch die Amtliche Begründung zum Kulturgutschutzgesetz, BT-Drs. II / 76, S. 6. 100 Siehe bspw. Stettner, in: Dreier, GG, Bd. II, 2. Aufl. 2006, Art. 75 Rn. 34; Kunig, in: v. Münch / Kunig, GG, Bd. 3, 5. Aufl. 2003, Art. 75 Rn. 38. 101 BT-Drs. II / 76, S. 7; ebenso VGH Mannheim NJW 1987, 1440 (1441); VGH Mannheim, NJW 1992, 2584 (2585). 102 So etwa Hönes, BayVBl. 1989, 38 (39). 103 Vgl. Odendahl, Kulturgüterschutz, 2005, S. 384. 104 VGH München, NJW 1992, 2584 (2586). 105 BVerwG, NJW 1992, 2584. 98 99

40

§ 1 Einleitung

sich der Kulturgutbegriff des einfachen Rechts teilweise auch auf Immobilien. Höchst rar ist freilich eine solche Begriffsverwendung durch den Gesetzgeber. So bestimmt § 25 Zivilschutz- und Katastrophenhilfegesetz (ZSKG), dass die gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 7 ZSKG zu ergreifenden Maßnahmen sich nach dem Ratifikationsgesetz zur Haager Konvention von 1954 zu richten hätten. Nach deren Art. 1 ist auch unbewegliches Kulturgut zu den Kulturgütern zu zählen. 68

Der verschiedentlich zu findende Verweis auf das Völkerrecht zeigt die eng begrenzte dogmatische Ausdifferenzierung des Kulturgutbegriffes im nationalen Recht. An einer kohärenten Begriffsverwendung fehlt es. Dies folgt gewiss auch aus der Ausrichtung des nationalen Rechts am überkommenen Denkmalbegriff. Lediglich das Erfordernis der Objektförmigkeit des jeweiligen Kulturgutes und einer gewissen materiellen Erheblichkeit kann als Gemeinbegriff des nationalen Kulturgutes erachtet werden.

4. Zur Präponderanz des Begriffs des Denkmals in den Denkmalschutzgesetzen 69

Die Rede vom Denkmal – und nicht etwa vom Kulturgut – in den Denkmalschutzgesetzen hat zwar teilweise auch Gründe der inhaltlichen Abgrenzung; vor allem aber ist der Begriff der historisch gewachsene. Denn die Tradition des Kulturgüterschutzes in Europa bezog sich vor allem (aber nicht ausschließich) auf die in Objektgestalt gefassten Zeugnisse einer bereits ferneren Vergangenheit; dieser eigene Denkmalkultus brachte eine eigene, hochspezialisierte und ausdifferenzierte Denkmalverwaltung hervor.106 Der Begriff des Kulturgutes ist demgegenüber noch vergleichsweise jung; aus den 50er / 60er Jahren stammend, ist er rechtsbegrifflich nicht in gleicher Weise rezipiert worden.107 Darin liegt der Grund dafür, dass, wo immer in den deutschen Rechtstexten der Schutz raumgebundenen Kulturgutes thematisiert ist, der Rechtsbegriff des Denkmals gebrauchsüblich ist.

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Freilich, der Kulturgutbegriff vermag nur insoweit an den Terminus des Denkmals anzuknüpfen, wie auch das Denkmal kulturbezogen ist (Kulturdenkmal). Ein Denkmal als solches bezieht sich aber nicht notwendig auf das Wirken von Menschen. In § 28 BNatSchG und den Denkmalschutzgesetzen der Länder ist auch der Begriff des Naturdenkmals ausgestaltet. Mit einem Kulturgut hat dieser indes nichts gemein. Naturdenkmäler bezeichnen gerade solche erhaltenswürdigen Ausprägungen der Umwelt, die nicht auf Menschen reduzierbar, sondern allein naturgeschaffen sind. Insoweit müssen Kulturdenkmäler und Naturdenkmäler streng voneinander unterschieden werden.

106 107

Hammer DÖV 1999, 1037 (1041). Odendahl, Kulturgüterschutz, 2005, S. 375.

C. Besonderheiten des Kulturgüterschutzes

41

5. Kulturgüterschutz außerhalb von Kulturgüterschutzund Denkmalschutzgesetzen Das Kulturgüterschutzrecht erschöpft sich nicht in den nationalen (finalen und spezifischen) Kulturgüterschutz- bzw. Denkmalschutzgesetzen, sondern wird in der gesamten Rechtsordnung verwirklicht. Aufgabe einer Dogmatik des Kulturgüterschutzes ist es deshalb, sowohl von den staatlich verfassten Territorialgrenzen als auch von der funktionalen Aufgliederung rechtlicher Regelungen in bestimmte Rechtsgebiete zu abstrahieren. Regelungen über die Bewahrung des kulturellen Erbes sind auf der nationalen Ebene nicht den Kulturgüterschutz- bzw. Denkmalschutzgesetzen allein vorbehalten. Ein wirksames Instrument zum Schutz von Kulturgütern sind nicht nur besondere Straftatbestände. Von zentraler Bedeutung für den Denkmalschutz sind vielmehr auch die steuerrechtlichen Privilegierungen der Eigentümer von Denkmalobjekten. Insofern stellen sich Denkmäler für Gutverdiener als „lukrative Anlagen“ dar; privates Kapital wird durch steuerliche Vergünstigungen des Denkmalschutzes mobilisiert.108 Welch überragendes Gewicht diesem mittelbaren fiskalischen Denkmalschutz zukommt, tritt insbesondere hervor, wenn Überlegungen vorgestellt werden, die privilegierenden Tatbestände zu vermindern oder gänzlich aufzuheben.109

71

III. Dogmatische Defizite des Kulturgüterschutzes Dass das Kulturgüterschutzrecht rechtsdogmatisch und regelungsinstrumentell defizitär sei, ist ein Einwand, der auch über den juristischen Diskurs hinaus erhoben wird. Diese Beschwerde ist nicht neu; sie ist in der Geschichte des Kulturgüterschutzrechts gleichsam eine Konstante.

72

Schon Hammer hat in seinen grundlegenden geschichtlichen Betrachtungen zur Entwicklung des Denkmalschutzrechts dargelegt, das juristische Skelett des Denkmalschutzes habe sich gegenüber neuen Ideen von Denkmalschutz und Denkmalpflege als „erstaunlich unempfindlich und robust“ erwiesen.110 Immerhin hat diese Resistenz den Versuchen nationalistisch-revanchistisch geprägter Instrumentierung des Denkmalschutzes nach dem Ersten Weltkrieg und der Gefahr der ideologischen Pervertierung des Kulturgüterrechtes Einhalt geboten. Andererseits folgte aus dieser Resistenz zugleich, dass das Denkmalrecht von den intellektuellen Impulsen und der praktischen Empirie der Denkmalschutzbewegung nicht hinreichend profitieren

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108 Siehe Looman, Denkmäler sind für Spitzenverdiener lukrative Anlagen, FAZ vom 7. Dezember 2002, S. 20. 109 Vgl. Friedemann, Investitionen in denkmalgeschützte Objekte in Gefahr, FAZ vom 28. April 2006, S. 45; ders., Ein schwerer Schlag gegen den Denkmalschutz, FAZ vom 9. Dezember 2005, S. 41; Lehnart, Auch gerettet, FAZ vom 23. November 2002, S. 33. 110 Ausführlich zu alledem Hammer, Die geschichtliche Entwicklung des Denkmalrechts in Deutschland, 1995, S. 195.

42

§ 1 Einleitung

konnte. Indem das Denkmalrecht nur rudimentäre Festlegungen vornahm und der Denkmalpraxis weitreichende Entscheidungsräume zugestand, entledigte es sich der Anschlussnotwendigkeit, aber auch der Anschlussfähigkeit an die Entwicklung seines Gegenstandes. Sein Charakter wurde weitgehend restaurativ. 74

Erst seit den 1970er Jahren sind Denkmalschutz und Denkmalpflege im westlichen Teil Deutschlands wiederum zum Gegenstand staatlicher Normsetzung geworden. Es hat des Abklingens der Erneuerungseuphorie der frühen Bundesrepublik Deutschland und einer balancierenden Beziehung zur eigenen Geschichtlichkeit bedurft, um jene Rückbesinnung auf die Zielwertigkeit des Denkmalschutzes einzuleiten, die einer Denkmalschutzgesetzgebungsreform vorausgeht. Die DDR hatte zwar einen voll ausgebauten Normbestand zum Schutz von Kulturgütern; der Umgang mit Denkmälern in der Praxis ließ indes zu wünschen übrig: abgesehen von einigen Prestigeobjekten waren die meisten Denkmäler im Wesentlichen dem Verfall preisgegeben.111 Die Wiedergewichtung der Kulturgutschutzbelange und die daraufhin sukzessive ergehende Denkmalschutzgesetzgebung in den einzelnen Bundesländern hat das Denkmalrecht, den Entwicklungen des Denkmalschutzes in praxi angepasst, weitgehend zu erneuern vermocht; im Schrifttum wird insoweit zu Recht von „fundamentalen Verbesserungen“112 gesprochen.

75

Vor allem wurde das Denkmalrecht nun wandlungsfähiger: Die ergangenen Denkmalschutzgesetze wurden jeweils binnen weniger Jahre teilnovelliert bzw. modifiziert, wenn auch nicht immer zu ihrem rechtsdogmatischen Vorteil.113 Vor wenigen Jahren hat das Land Brandenburg eine Novelle des dortigen Denkmalschutzgesetzes114 vorgenommen – nur zwölf Jahre nach Inkrafttreten der Vorgängernormen.115

76

Gleichwohl stellt sich die Frage nach dogmatischen Erneuerungsbedürftigkeiten des Denkmalschutzrechts weiterhin. Von den Impulsen der verwaltungsrechtlichen Reformbestrebungen jüngerer Zeit – zu denken ist etwa an das so genannte Neue Steuerungsmodell116 oder die Privatisierungs- und Privatisierungsfolgendogmatik – sind Denkmalschutzbestimmungen insgesamt weithin unberührt geblieben. Dass das Denkmalschutzrecht insofern defizitär erscheint, ist in den eher systempositivistischen Abhandlungen aus der Rechtswissenschaft kaum behandelt worden. Es hat hier des rechtspolitischen Anstoßes eines Gutachtens bedurft, das im Jahre 2000 Odendahl, Kulturgüterschutz, 2005, S. 88 f. Hammer, Die geschichtliche Entwicklung des Denkmalrechts in Deutschland, 1995, S. 331. 113 Zum Beispiel des Bayerischen Denkmalschutzgesetzes siehe Martin, BayVbl. 1999, 225 (234). 114 Gesetz zur Neuregelung des Denkmalschutzrechts im Land Brandenburg, BbgGVBl I vom 24. 5. 2004, S. 215 ff. 115 Vgl. Buchholz / Koch, LKV 2005, 394. 116 Ausführlich und kritisch etwa Mehde, Neues Steuerungsmodell und Demokratieprinzip, 1999. 111

112

C. Besonderheiten des Kulturgüterschutzes

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von der Bundestagsfraktion Bündnis 90 / Die Grünen erstattet worden117 ist und das die im Titel gestellte Frage „Entstaatlichung der Denkmalpflege?“ bejaht – nicht als Möglichkeit, sondern als Notwendigkeit zum Schutze des Denkmalschutzes. Damit hat das Deregulierungsdenken auch das Denkmalrecht erreicht.

IV. Nutzbarkeit des Umweltrechts für den Kulturgüterschutz Einen Beitrag zur dogmatischen Akzentuierung der kulturgüterschutzrechtlichen Vorschriften vermag dabei das Umweltrecht zu leisten. Die hiesige These ist: Dogmatisch lässt sich das Umweltrecht – nicht das Planungsrecht – für Fragen des Kulturgüterschutzrechtes fruchtbar machen; in umgekehrter Richtung jedoch lohnt der Transfer nicht. Dies ist im Folgenden zu begründen.

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Es nimmt nicht Wunder, dass das Recht des Kulturgüterschutzes, zumal das Recht der Denkmäler, die wandlungsoffene Dynamik des Umwelt- und Planungsrechts nicht erreicht. Wäre eine Rechtsgeschichte der Nachkriegszeit aus der Perspektive der Gegenwart zu schreiben, so läge ein wesentlicher Aspekt im Umweltrecht, daneben vor allem im Informations- und Technikrecht.

78

Die hervorstechende Stellung des Umweltrechts in der praktischen Ordnung des Verwaltungsrechts ist die Folge des Wachstums wissenschaftlicher Erkenntnis einerseits und der Veränderung des Wertbewusstseins für die Bewahrung der natürlichen Lebensgrundlagen andererseits. Die Regelungssituationen, die dem Umweltrecht zugrunde liegen, sind oftmals neuartig und unbekannt; die Antworten des Rechts haben infolgedessen in besonderer Weise prozesshaften, experimentellen Charakter.

79

Aus dem Experiment aber erwächst die Chance rechtlicher Innovation118; Regelungssituationen, in denen die hergebrachten Instrumente der Dogmatik nicht weiterführend erscheinen, erfordern die Entwicklung neuer Instrumente. So exemplifizieren etwa das Audit-Verfahren119 oder der auf dem cap-and-trade-Verfahren basierende Handel mit Emissionszertifikaten120 Fälle, in denen ein rechtspolitisch feststehendes Regelungsziel bei rechtsdogmatischer Ungewissheit über die tauglichste Regelungsart zu rechtstechnischer Neuerung geführt hat. Das Umweltrecht kann daher mit Recht als Innovationsspeicher und Versuchsfeld des gesamten Verwaltungsrechts beschrieben werden. Sofern der Begriff nicht lediglich auf das allgemeine

80

117 Hoffmann-Axthelm, Kann die Denkmalpflege entstaatlicht werden?, Gutachten für die Bundestagsfraktion von Bündnis 90 / Die Grünen, in: Vereinigung der Landesdenkmalpfleger in der Bundesrepublik Deutschland (Hrsg.), Entstaatlichung der Denkmalpflege? Eine Debatte über die Zukunft der Denkmalpflege, 2000. 118 Michael, JZ 2006, 885 (890). 119 Siehe etwa Lütkes, NVwZ 1996, 230; Langerfeldt, NVwZ 2002, 1156. 120 Aus der überreichen Literatur vgl. nur Kobes, NVwZ 2004, 513; Weinreich / Marr, NJW 2005, 1078.

44

§ 1 Einleitung

Verwaltungsrecht bezogen wird, stellt es in diesem Sinne das gültige Referenzgebiet der verwaltungsrechtlichen Dogmatik dar. 81

All dies gilt für den Schutz von Kulturgütern nicht. Zunächst kann schon soziologisch keine der so genannten Umweltbewegung121 vergleichbare „Kulturbewegung“ gefunden werden. Zudem ist der Schutz von Kulturgütern bereits deshalb keine Frage von gleichem Rang, weil das geltende Recht seit jeher einen gewissen Schutz von Kulturgütern gewährleistet – ein Defizit an Regelungen überhaupt wie sie im Umweltschutz vor Einführung der modernen Umweltgesetzgebung des Bundes ab 1972 vorhanden war, bestand so im Kulturgüterschutz also keineswegs.

82

Das Kulturgüterschutzrecht – vergleichsweise stabil und überschaubar – vermag dem Umweltrecht keine entsprechenden dogmatischen Impulse zu verleihen. Immerhin sind im Kulturgüterschutz besondere Schutzüberlegungen und -strategien für den Schutz von Gemeinwohlgütern mit grundsätzlicher Bedeutung etabliert (Denkmalschutz, Schutz vor Verbringung von Kulturgütern ins Ausland).

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Fruchtbare Impulse können aber vom Umweltrecht auf das Kulturgüterschutzrecht ausgehen. Es ist deshalb der Frage nachzugehen, ob nicht das Kulturgüterrecht vom Umweltrecht lernen kann. Die Frage drängt sich angesichts des prozeduralen Charakters des Umweltrechts auf. Dies gilt für das Kulturgüterschutzrecht umso mehr, als es ungeachtet normativer und institutioneller Divergenzen bei einer prinzipiellen teleologischen Äquivalenz von Kulturgüter- und Umweltschutzrecht – ihrem Bewahrungscharakter – verbleibt. Diese Gemeinsamkeit im Zweck kann eine geeignete dogmatische Grundlage für Analogien in den Mitteln und für den Transfer geeigneter Regelungsmodelle bilden.

121

Zu ihr Radke, Natur und Macht, 2002, S. 301 ff.

§ 2 Völker- und Europarecht A. Völkerrecht I. Allgemeines Der Kulturgüterschutz im Völkerrecht hat sich erst relativ spät herausgebildet. Kulturgüter schützende Normen, überhaupt der Kulturgüterschutz als rechtliche Kategorie, stellen eine etwa vierzig Jahre alte Entwicklung dar1, die zu den jüngsten Völkerrechtsgebieten überhaupt zählt. Die beiden zentralen Rechtsgrundlagen – die so genannte WEK2 und das Zweite Haager Protokoll3 – stammen aus den Jahren 1972 bzw. 1999. Es verwundert nicht, dass sich die Regelungen des völkerrechtlichen Kulturgüterschutzes erst in den vergangenen Jahren erstmals zu bewähren hatten. Dieser späte „Zugriff“ der Norm auf ihren Gegenstand entspricht einer typischen Normenevolution im Völkerrecht: Auf die Setzung der Norm folgt zunächst eine lange Phase der Konsolidierung des Geltungsanspruchs, ehe der so gefestigte Geltungsanspruch auch in einem Anspruch auf Normdurchsetzung realisiert werden kann. Für das Kulturgüterschutzvölkerrecht ist die Phase nunmehr erreicht.

84

Die Wendung des Völkerrechts vom Kriegs- zum Friedensrecht gilt auch beim Kulturgüterschutzrecht: Der Ausgangspunkt des Kulturgüterschutzes war die Bedrohung von Kulturgütern durch den Krieg, die sich neben der Zerstörung von Kulturgütern vor allem in der Verbringung beweglicher Kulturgüter aus dem Kriegsgebiet hinaus äußerte.4 Die heute wichtigsten Regelungen des Kulturgütervölkerrechts demgegenüber knüpfen nicht an einen Kriegszustand an, sondern gelten auch im Frieden. Die Geltung dieses Teils des Völkerrechts ist anlasslos geworden.5

85

1 Odendahl, Der Schutz der wertvollsten Kulturgüter der Menschenheit: aktuelle völkerrechtliche Entwicklungen, in: Weller / Kemle / Lynen, Kulturgüterschutz – Künstlerschutz, 2009, S. 24. 2 Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt vom 23. November 1972, BGBl. II 1972, S. 215. 3 Second Protocol to the 1954 Hague Conventionfor the Protection of Cultural Property in the Event of Armed Conflict v. 26. März 1999. Nach Art. 39 des Protokolls ist die deutsche Fassung nicht verbindlich, wird hier aber dennoch mit dem deutschen Übersetzungstitel zitiert. Zum Erfordernis eines (bisher noch ausstehenden) Zustimmungsgesetzes durch den Bund siehe Hönes, DÖV 2008, 911 (916). 4 R. Wolf, NuR 2008, 311 (312); Odendahl, Der Schutz der wertvollsten Kulturgüter der Menschenheit: aktuelle völkerrechtliche Entwicklungen, in: Weller / Kemle / Lynen, Kulturgüterschutz – Künstlerschutz, 2009, S. 23.

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86

§ 2 Völker- und Europarecht

Noch heute liegt ein Kulturgütervölkerrecht6 nur in groben Strichen vor; diese groben Striche sind jedoch recht kräftig. Die wichtigste völkerrechtliche Norm in Krieg und Frieden ist die WEK, der gelegentlich bescheinigt wird, zu den erfolgreichsten Abkommen der UNESCO zu gehören.7 Das Abkommen zielt darauf, die wichtigsten Kultur- und Naturgüter der Menschheit zu schützen, die gemäß Art. 1 WEK „von außergewöhnlichem universellen Wert“ sind. Einige Abkommen des Europarates flankieren im europäischen Völkerrecht den Schutz des kulturellen Erbes: Dazu zählen das – ältere – Kulturabkommen vom 19. 12. 19548 sowie die spezielleren Abkommen zum Schutz des archäologischen Erbes durch das ältere Abkommen von London (1969)9, das wiederum durch das neuere Abkommen von Malta (1992)10 ergänzt wird, und zum Schutz des architektonischen Erbes Europas durch das Übereinkommen von Granada.11 Insbesondere das Granada-Übereinkommen beinhaltet vergleichsweise umfassende, moderne und differenzierte völkerrechtliche Vorgaben an das nationale Recht, die einen gemeineuropäischen Mindeststandard im Umgang mit dem Kulturerbe beschreiben. Nach § 10 des Übereinkommens verpflichten sich die Vertragsparteien dazu, „eine integrierte Politik der Kulturwahrung zu betreiben“. Zu den sich hiermit verbindenden Pflichten zählt unter anderem die Festlegung des Schutzes des baugeschichtlichen Erbes als eines wesentlichen Ziels der Raum- und Stadtplanung (§ 10 Nr. 1) sowie die Pflicht, „die Erhaltung, Belebung und Wertschätzung des baugeschichtlichen Erbes zu einem wesentlichen Bestandteil“ der Kultur-, Umwelt- und Planungspolitik zu machen (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 Granada-Abkommen). Dabei folgt das Abkommen jedoch – teils bewusst gegenläufig – dem Leitbild eines lebendigen Erbes, in dem der Schutz von Denkmälern nicht zu einer Versteinerung der Städte führen darf: Pflicht der Vertragsparteien ist auch, in Würdigung des architektonischen und geschichtlichen Charakters des baugeschichtlichen Erbes die Nutzung geschützter Objekte nach den Bedürfnissen des heutigen Lebens zu gestatten (§ 11 Nr. 1 Granada-Abkommen).

II. UNESCO-Welterbekonvention 87

In jüngster Vergangenheit gab es mehrere Fälle, in denen sich die Frage nach der Wirkung und Verbindlichkeit der WEK stellte.

88

So wurde etwa der Kölner Dom auf die Liste des bedrohten Kulturerbes gesetzt, nachdem die UN-Kulturorganisation die gotische Kathedrale 2004 wegen mehrerer geplanter Hochhäuser mit einer Höhe um 100 Meter in optischer Nähe zur Kirche als gefährdet einstufte. Durch 5 Dies bedeutet nicht, dass die völkerrechtliche Setzung ebenso anlasslos ist. So ist das Entstehen der WEK nicht zuletzt durch den Bau des Assuan-Staudamms in Ägypten im Jahre 1959 wesentlich beschleunigt worden. Vgl. R. Wolf, NuR 2008, 311 (311). 6 Demgegenüber kontextuell zu weit die Begriffsbildung von R. Wolf, ZUR 2007, 529: Weltkulturvölkerrecht. 7 Odendahl, Der Schutz der wertvollsten Kulturgüter der Menschenheit: aktuelle völkerrechtliche Entwicklungen, in: Weller / Kemle / Lynen, Kulturgüterschutz – Künstlerschutz, 2009, S. 23. 8 BGBl. II 1995, S. 1128. 9 BGBl. II 1974, S. 1286. 10 BGBl. II 2002, S. 2709. 11 BGBl. II 1987, S. 624.

A. Völkerrecht

47

Verhandlungen wurde hier allerdings erreicht, dass eine welterbeverträgliche neue Konzeption der Bebauung vereinbart wurde.12

Den wohl bekanntesten Fall stellt die sog. Waldschlösschenbrücke in dem seit 2004 als Weltkulturerbe anerkannten Dresdener Elbtal dar. Gemäß einem Bürgerentscheid aus dem Jahre 2005 ist an einer aus kulturgüterschützerischer und landschaftsschützerischer Sicht als sensibel angesehenen Stelle eine Brücke zur Entlastung des innerstädtischen Bereichs von Verkehrsströmen geplant und planfestgestellt worden. Entsprechende Brückenplanungen reichen bis in das erste Drittel des 20. Jahrhunderts zurück. Im Verlauf des Jahres 2005 kamen im Welterbezentrum Bedenken hinsichtlich der Vereinbarkeit des Vorhabens mit dem Welterbestatus auf, was nach eingehenden Untersuchungen im Juli 2005 zunächst dazu führte, dass das Dresdener Elbtal auf die Liste des gefährdeten Erbes13 der Welt gesetzt wurde. Nachdem das Ersuchen der Landeshauptstadt Dresden um einstweiligen Rechtsschutz gegen die kommunale Anordnung, die Bauaufträge zu vergeben und den Bürgerentscheid umzusetzen scheiterte, wurde dem Dresdner Elbtal schließlich durch Beschluss des UNESCO-Welterbekomitees auf dessen 33. Sitzung vom 22. bis 30. Juni 2009 in Sevilla der Welterbestatus aberkannt.14 Der Bau der Brücke wurde inzwischen begonnen und ist fast fertig gestellt.

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1. Schutzgegenstand a) Welterbe Die WEK verfolgt – anders als viele andere kulturgüterschützende Normen (etwa das Landesdenkmalrecht) – keinen generellen, sondern einen spezifischen Schutzansatz. Sie zielt nicht auf die bedingte Erhaltung möglichst vieler Kulturgüter, sondern auf die unbedingte Erhaltung eines kleinen Teils solcher Güter. Der völkerrechtliche bzw. überstaatliche Schutz erstreckt sich nicht auf Kulturgüter, die bloß von nationalem Wert sind. Anknüpfungspunkte des Schutzes sind vielmehr einerseits die Universalität des Kulturgutes, andererseits seine Menschheitsrelevanz. Deshalb bezieht sich die WEK nur auf Kultur- und Naturgüter „von außergewöhnlichem und universellem Wert“, die als „gemeinsames Erbe der Menschheit“ (common heritage of mankind) gelten. Das Welterberecht ist in vielem auch symbolisches Recht, das aus der Selbstidentifikation der Vertragsunterworfenen mit dem Vertrag schöpft.

12 Vgl. FAZ vom 11. Juli 2006: „Kölner Dom von Roter Liste gestrichen“, http://www.faz. net/-00qv4h. 13 Sog. „Rote Liste“, näher zu diesem Instrument sogleich. 14 Ringbeck, Die Entscheidung zum Dresdner Elbtal, abrufbar unter http://www.unesco.de/ uho_0609_dresden.html?&L=0.

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b) Unterschutzstellung 91

Welche Kulturgüter dem unbestimmten Rechtsbegriff des „außergewöhnlichen universellen Wertes“ unterfallen, kann nicht durch bloße Auslegung ermittelt werden; methodologisch führt kein Weg von einem unspezifischen Begriff zu einem spezifischen Ergebnis. Vor allem aber wären die Folgen einer bloß abstrakten Bestimmung gering: Bliebe es den Nationalstaaten überlassen, innerhalb ihres Territoriums die WEK auszulegen, wäre weder ein einheitlicher Schutzansatz zu entwickeln noch überhaupt die Geltung der Konvention real durchzusetzen. Zugleich verlöre das Welterberecht seinen universellen – und damit prägenden – Charakter. Würde auf jede Konkretisierung verzichtet, bliebe die WEK auf ihren symbolischen Wert beschränkt.

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Das System der WEK legt daher die Konkretisierung seiner Schutzgüter in die Hand einer eigenen, transnationalen Instanz.15 Dem so genannten „Komitee für das Erbe der Welt“ gehören derzeit Vertreter aus 21 Vertragsstaaten an. Diesem Komitee obliegt gemäß Art. 11 Abs. 2 WEK die Entscheidung über die Aufnahme eines Kulturgutes in die maßgebliche „Liste des Erbes der Welt“, die konstitutiv – nicht bloß deklaratorisch16 – das Weltkulturerbe bestimmt. Freilich hat das Komitee kein Initiativrecht: Art. 11 Abs. 1 WEK bestimmt, dass der jeweilige Vertragsstaat dem Komitee ein Verzeichnis der in seinem Hoheitsgebiet befindlichen Kulturund Naturgüter von außergewöhnlichem universellem Wert vorlegt. Das Initiativmonopol des jeweiligen Belegenheitsstaates führt dazu, dass kein Kulturgut gegen den Willen des jeweiligen Staates unter Schutz gestellt werden kann. Kraft Zustimmungsrechts wird die Aufnahme in die Welterbeliste nach ergangener Entscheidung darüber hinaus nur wirksam, wenn der jeweilige Staat anschließend zustimmt (Art. 11 Abs. 3 S. 1 WEK). Ist allerdings ein Objekt erst einmal in die Welterbeliste aufgenommen, verbleibt es dort unabhängig des nach Regierungs- bzw. Regimewechseln womöglich geänderten Willens des Initiativstaates, dem dann allein die Kündigung des Abkommens überhaupt verbleibt (Art. 35 Abs. 1 WEK). Das Welterberecht versucht vermittels dieser Konstruktion, zwei unterschiedliche Pole in Konkordanz zu bringen: Es bedingt eine Universalisierung aufgrund nationalstaatlichen Anstoßes.

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Die Maßstäbe, aufgrund derer das Welterbekomitee entscheidet, bestimmt es autonom (Art. 11 Abs. 5 WEK). Diese Maßstäbe sind in ausgreifenden „Operational Guidelines for the Implementation of the World Heritage Convention“ festgelegt17, die ungefähr deutschen Verwaltungsvorschriften entsprechen und insbesondere die 15 Odendahl, Der Schutz der wertvollsten Kulturgüter der Menschenheit: aktuelle völkerrechtliche Entwicklungen, in: Weller / Kemle / Lynen, Kulturgüterschutz – Künstlerschutz, 2009, S. 23 (S. 24). 16 Zutr. Hönes, DÖV 2008, 54 (58) mit Fn. 46 gegen Fastenrath, DÖV 2006, 1017 (1017 f.). 17 Die jeweils aktuellen Versionen sind abrufbar unter http://whc.unesco.org/en/guidelines/, eine deutsche Fassung findet sich unter http://www.unesco.de/fileadmin/medien/Dokumente/ Welterbe/WE_Richtlinien.pdf.

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Berechenbarkeit der Welterbeentscheidungen erhöhen sollen.18 Im Grundsatz sind drei Voraussetzungen zu erfüllen, von denen zwei Voraussetzungen der Welterbeeigenschaft sind und die dritte prozedural die Nachhaltigkeit der Unterschutzstellung betrifft. Die Bestimmung der Welterbeeigenschaft kann in eine notwendige und eine hinreichende Bedingung untergliedert werden. Notwendig muss das Kulturgut einem von sechs kulturgutspezifischen Kriterien genügen, die Singularität und Exzeptionalität des Objektes fordern.19 Hinreichend ist dies freilich nur, soweit auch Originalität und / oder Integrität des Kulturgutes vorliegen.20 Die Unterschutzstellung setzt – drittens – voraus, dass der Vertragsstaat prospektiv die Maßnahmen zur zukünftigen Erhaltung des Kulturgutes darlegt. Fehlt es an jeglichem Erhaltungskonzept, so kommt eine Aufnahme in die Weltkulturerbeliste nicht in Betracht.21 Dies wirkt nur prima facie paradox: Über die Versagung der Aufnahme soll der Vertragsstaat gerade bewogen werden, eine nachhaltige Schutzstrategie zu etablieren, um hierdurch die (von ihm beabsichtigte) Benennung als Welterbestätte zu erreichen. Das Kriterium ist daher Instrument eines präventiven Kulturgüterschutzes. c) Empirie Die WEK ist von 187 Vertragsstaaten ratifiziert worden. Gleichwohl liegen die insgesamt 936 zum Welterbe gerechneten Objekte nur in 148 dieser Staaten. Insgesamt sind bis zum August 2011 725 Objekte des Kulturerbes, 183 Objekte des Naturerbes und 28 „gemischte“ Objekte aufgenommen worden, die sowohl Kulturals auch Naturerbe darstellen.22

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2. Schutzinhalt Die WEK statuiert ein zweigliedriges Schutzsystem. Sie legt den Schutz des Welterbes grundsätzlich in die Hände der Vertragsstaaten [s. unter a)] Schutz durch die Vertragsstaaten), statuiert darüber hinaus aber auch ein spezifisches konventionseigenes Schutzsystem aus Information, Sanktion und Subvention [s. unter b)].

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a) Schutz durch die Vertragsstaaten aa) Schutz durch den Belegenheitsstaat Die WEK beruht auf der Annahme, dass durch die Aufnahme in die Welterbeliste zunächst auch das Interesse des Mitgliedstaates an der Erhaltung des jeweiligen 18 19 20 21 22

Vgl. R. Wolf, ZUR 2007, 525 (530). Rn. 77 der Operational Guidelines, lit. i –vi. Rn. 78 Hs. 1 der Operational Guidelines. Vgl. Rn. 78 Hs. 2 der Operational Guidelines. http://whc.unesco.org/en/list.

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Kulturgutes bekräftigt wird. Maßgebliches Prinzip ist die Selbstverpflichtung: Mit der Konvention haben sich die Vertragsstaaten zwar zum Schutz des kulturellen Erbes der Welt verpflichtet; diesen durchzuführen bleibt jedoch zuvörderst Aufgabe des jeweiligen Konventionsstaates. Daher bleiben Souveränität und Eigentumsordnung der einzelnen Staaten unangetastet (Art. 6 Abs. 1 WEK).23 Gemäß Art. 4 S. 1 WEK ist es in erster Linie Aufgabe des jeweiligen Staates, „Erfassung, Schutz und Erhaltung in Bestand und Wertigkeit des in seinem Hoheitsgebiet befindlichen Kultur- und Naturerbes sowie seine Weitergabe an künftige Generationen sicherzustellen“. Art. 5 WEK konkretisiert die dafür zu treffenden Maßnahmen. Gemäß Art. 5 lit. a WEK soll in tatsächlicher Hinsicht staatlich dem Kultur- und Naturerbe eine Funktion im öffentlichen Leben eingeräumt werden und in rechtlichen Hinsicht der Schutz des Erbes planerisch berücksichtigt werden. Freilich sind diese Vorgaben von eingeschränkter Verbindlichkeit: Sie sind lediglich als Ziele formuliert, auf die Politik sich richten soll. Höhere Normativität beansprucht demgegenüber der Katalog an Instrumenten und Zielen in Art. 5 lit. d WEK, der den Kern des Welterbeschutzes beschreibt. Hiernach sind die Staaten gehalten, die jeweils geeigneten rechtlichen, wissenschaftlichen, technischen, administrativen und finanziellen Maßnahmen zu treffen, die für Erfassung, Schutz, Erhaltung und Revitalisierung des Welterbes erforderlich sind. Beachtlich ist auch die Verpflichtung des Staates auf wissenschaftliche Untersuchungen zur Gefahrenvorsorge für bedrohtes Kulturgut (Art. 5 lit. e WEK). Ungeachtet der den einzelnen Pflichten immanenten Voraussetzungen obliegt es den Konventionsstaaten jedoch nur, sich „nach Möglichkeiten und im Rahmen der Gegebenheiten seines Landes“ zu bemühen (Art. 5 WEK). Die Verpflichtung zur Bewahrung des Welterbes ist damit bedingt.24 Sie steht unter dem Vorbehalt des Möglichen.

bb) Schutz durch andere Staaten 97

Die Verpflichtung zum Schutz eines Kulturgutes betrifft nicht nur den Belegenheitsstaat, sondern auch alle sonstigen Konventionsstaaten.25 Diese trifft einerseits eine Unterstützungs-26, andererseits eine Unterlassungspflicht.27 Die Unterstützungspflicht richtet sich auf die Verpflichtung zur Unterstützung des Belegenheitsstaates in der Erhaltung des Kulturgutes auf dessen Ersuchen hin. Inhalt der Unterlassungspflicht ist das an die Konventionsstaaten gerichtete Verbot, das auf fremdem Staatsgebiet belegene Welterbe unmittelbar oder mittelbar zu schädigen.

R. Wolf, ZUR 2007, 525 (530). R. Wolf, ZUR 2007, 525 (530). 25 Odendahl, Der Schutz der wertvollsten Kulturgüter der Menschenheit: aktuelle völkerrechtliche Entwicklungen, in: Weller / Kemle / Lynen, Kulturgüterschutz – Künstlerschutz, 2009, S. 23 (S. 24). 26 Art. 6 Abs. 1 u. 2 WEK. 27 Art. 6 Abs. 3 WEK. 23 24

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b) Schutz durch konventionseigenes Schutzregime Die völkerrechtliche Besonderheit der WEK liegt darin, dass sich der Schutz der Welterbegüter nicht in den mitgliedstaatlichen Maßnahmen erschöpft, sondern außerdem einer konventionseigenen – und daher supranationalen – Instanz überantwortet ist. Die Aufgabe des „Zwischenstaatlichen Komitees für das Erbe der Welt“ gemäß Art. 8 WEK beschränkt sich mitnichten auf die Aufnahme neuer Welterbegüter, doch ist ihr Schutzinstrumentarium damit eng verknüpft. Die Einrichtung einer eigenen Instanz, in der nur ein Teil der Mitgliedsstaaten jeweils vertreten ist und deren Entscheidungen nicht dem Vetorecht eines Mitgliedsstaates unterliegen, unterstreicht den Willen der Vertragsstaaten, den Schutz des Welterbes vom jeweils aktuellen, durch die Zufälligkeiten der Regierungs- und Regimebildung geprägten Willen der Regierungen zu abstrahieren.28 Der Schutz erfolgt im Wesentlichen durch Information, Sanktion und Subvention.

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aa) Schutz durch Information Der Welterbeschutz erfolgt zunächst informatorisch. Mittel des Welterbeschutzes kraft Information ist zum einen die Welterbeliste selbst, die für die besonders wertvolle und deshalb besonders schützenswerte Kulturgüter sensibilisieren soll. Für besonders gefährdetes Weltkulturerbe führt das Welterbekomitee als Instrument des präventiven Schutzes jedoch zum anderen eine „Liste des gefährdeten Erbes der Welt“. Gegenstand der Liste sind solche Kulturgüter, die „durch ernste und spezifische Gefahren bedroht“ sind.29 Solche Gefahren können sowohl „private und öffentliche Großvorhaben oder rasch vorangetriebene städtebauliche oder touristische Entwicklungsvorhaben“ als auch etwa „Natur- oder sonstige Katastrophen“ sein.30 Die Gefahr muss – je nach Art und Schwere – entweder nur festgestellt oder bereits möglich sein.31 Nach den Ausführungsbestimmungen soll dazu bereits genügen, dass das Kulturgut einen Verlust an kultureller Bedeutung erlitten hat.32 Folge der Aufnahme auf die sog. Rote Liste ist, dass die Kulturgüter mit Priorität behandelt werden33 und das Welterbekomitee die Staatengemeinschaft aktiv zur Hilfeleistung aufruft.34

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Die Aufnahme in die „Rote Liste“ setzt keinen Antrag des betreffenden Staates 100 voraus, sondern wird vom Welterbekomitee von Amts wegen vorgenommen. Nach der Konzeption der Konvention ist von der Einwilligung des Mitgliedstaates in die R. Wolf, ZUR 2007, 525 (530). Art. 11 Abs. 4 S. 3 WEK. 30 Art. 11 Abs. 4 S. 4 WEK. 31 Rn. 179 der Operational Guidelines. 32 Rn. 179 lit. a Nr. 6 der Operational Guidelines. 33 Rn. 236 der Operational Guidelines 34 Odendahl, Der Schutz der wertvollsten Kulturgüter der Menschenheit: aktuelle völkerrechtliche Entwicklungen, in: Weller / Kemle / Lynen, Kulturgüterschutz – Künstlerschutz, 2009, S. 23 (S. 26). 28 29

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Aufnahme eines Kulturgutes in die Welterbeliste auch die Möglichkeit einer Aufnahme in die Rote Liste umfasst. 101

Es ist bezeichnend für die WEK, dass sie zwar den Inhalt eines Welterbes kennzeichnet, aber keine spezifischen Rechte der Menschheit – wahrgenommen insbesondere durch eine internationale Organisation – an dem Welterbe beschreibt oder gar statuiert.35 Insofern bestehen insbesondere keine Interventionsrechte. Maßnahmen zum Schutz und Erhalt des auf der Roten Liste verzeichneten Kulturgutes sind auch ohne Antrag eines Vertragsstaates, aber stets nur im Benehmen mit dem betreffenden Belegenheitsstaat möglich.36 Dies ist eine spezifische Ausprägung des welterberechtlichen Kooperationsprinzips, das die gesamte Auslegung und Handhabung der WEK bestimmt.37 bb) Schutz durch Sanktionen

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Die Aufnahme eines Kulturgutes auf die Rote Liste des gefährdeten Erbes signalisiert die Gefahr des Verlustes der materiellen Welterbeeigenschaft. Realisiert sich diese Gefahr, so kann das lediglich noch nominelle Welterbegut auch formell von der Welterbeliste gelöscht werden. Darin liegt die einzige Sanktion des kooperativen Welterberechts. Diese ist – konsequent – wiederum kooperativ ausgestaltet: Vor der Entlistung sind nach den ausgestaltenden Richtlinien sowohl der Vertragsstaat als auch die beratenden Gremien, zuvörderst das International Council on Monuments and Sites (ICOMOS), zu konsultieren.38

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Ein Verlust der Welterbeeigenschaft liegt vor, sofern das Welteerbegut die wesentlichen jener Merkmale verloren hat, die es zum Welterbe qualifizieren. Unerheblich ist, auf welchem Grund – ob auf Zerstörung, Verfall oder anderen Einflüssen – dieser Verlust beruht.39 Eine Entlistung des bloß nominellen Welterbegutes kommt jedoch nur in Betracht, sofern die für die Aufnahme in die Welterbeliste maßgeblichen Eigenschaften dergestalt verloren gehen, dass sie nicht wieder herstellbar sind. Könnten absehbar die Voraussetzungen der Welterbeigenschaft wiederhergestellt werden, so ist die Entlistung ausgeschlossen. Es handelt sich daher um ein repressives und kein präventives Instrument.40 Informelles präventives Instrument ist allerdings die Möglichkeit einer Warnung an den jeweiligen Belegenheitsstaat, dass die Aufnahme in die Rote Liste und die Möglichkeit des Entzugs des Welterbestatus in Betracht komme.41 Hönes, DÖV 2008, 54 (60). Fastenrath, DÖV 2007, 1017 (1019); R. Wolf, NuR 2008, 311 (314). Vgl. auch Rn. 184 der Operational Guidelines. 37 Ähnlich R. Wolf, NuR 2008, 311 (315). 38 Rn. 194 u. 195 der Operational Guidelines. 39 R. Wolf, NuR 2008, 311 (314); vgl. ferner Fastenrath, DÖV 2007, 1017 (1020). 40 R. Wolf, NuR 2008, 311 (315). 41 Odendahl, Der Schutz der wertvollsten Kulturgüter der Menschenheit: aktuelle völkerrechtliche Entwicklungen, in: Weller / Kemle / Lynen, Kulturgüterschutz – Künstlerschutz, 2009, S. 23 (34). 35 36

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Bei Hinweisen auf einen etwaigen Verlust des Welterbestatus gilt das Legalitätsprinzip.42 Die Sanktion der Entlistung versucht, das Interesse des Vertragsstaates an dem 104 Erhalt des Welterbestatus in den Dienst der Welterbeschutzidee zu nehmen. Denn die rechtlichen Folgen sind mit Ausnahme des Welterbestatus völkerrechtlich gering und auch die finanziellen Auswirkungen sind – bis auf den Verlust etwaiger Gefährdungszuweisungen aus dem Welterbefonds – eher marginal. Wird die Sanktion ausgesprochen, so deutet sie jedoch – im Regelfall – auf bad governance des Konventionsstaates hin, das seiner Stellung in der Staatengemeinschaft abträglich ist. Die terminologische Dramatik des Verlusts eines Welterbes überträgt sich damit in den zwischen- wie innerstaatlichen politischen Diskurs. Der Welterbestatus birgt damit jedenfalls das Risiko unabsehbarer Kollateralwirkungen, die der Konventionsstaat daher zu vermeiden trachten wird. Diese Risiken sind auch wirtschaftlicher Natur. In der Welterbeliste liegt insofern durchaus ein Musterbeispiel dafür, wie durch 105 Information und Publizität interventionsarme Normdurchsetzung betrieben werden kann. Denn die faktische Wirkung drängt über die eigentliche rechtliche Geltung weit hinaus: Mittlerweile ist die so genannte Welterbeliste nahezu weltweit ein wichtiges Mittel der Tourismusindustrie geworden – einem im Zuge der steigenden globalen Mobilität noch immer weiter wachsenden Wirtschaftszweig.43 Daraus erwächst das aktive Bemühen der Konventionsländer, die Reputation der Welterbekonvention durch die Gewinnung weiterer Welterbestätten in touristische Münze umzusetzen. Kulturgüterschutz und Tourismus stehen in Wechselwirkung.44 Doch kann das Interesse am Kulturgüterschutz nicht allein materiell verstanden werden: Zutreffend ist festgestellt worden, dass sich in Deutschland, das mit 33 Listungen zu den am meisten mit Welterbe versehenen Ländern zählt, ein gewisser öffentlicher Stolz auf die verzeichneten Natur- und vor allem Kulturdenkmale herausgebildet hat.45 Erstaunlich an der Welterbeliste ist dabei, dass eine völkerrechtliche Setzung die Selbstwahrnehmung innerhalb von Nationalstaaten zu prägen, den politischen Diskurs zu bestimmen und bestimmte Topoi kultureller Identität zu festigen geeignet ist.46 In der Anknüpfung hieran liegt die grundlegende Wirkungskraft der Sanktion der Entlistung. Das Instrument der Löschung aus der Welterbeliste ist erst in der Konventions- 106 praxis durch das Welterbekomitee entwickelt worden. Dass und nach welchen Maßstäben ein Kulturerbegut wieder aus der Welterbeliste gelöscht werden kann, ist der WEK nicht zu entnehmen.47 Regelungen darüber finden sich allein in den von dem Nr. 194 der Operational Guidelines. Kilian, LKV 2008, 248 (249). 44 Bogner, in: Reichelt (Hrsg.), Internationaler Kulturgüterschutz, 1992, S. 119 ff.; von Bogdandy / Zacharias, NVwZ 2007, 527 (527). 45 Kilian, LKV 2008, 248 (249). 46 Vgl. auch Kilian, LKV 2008, 248 (249). 47 Siehe R. Wolf, NuR 2008, 311 (315). 42 43

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Komitee selbst bestimmten Richtlinien, den so genannten „Guidelines“, die jederzeit änderbar sind und auch regelmäßig geändert, insbesondere erweitert, werden.48 Der Katalog der Guidelines ist zwischenzeitlich auf 290 Vorschriften angewachsen.49 Grundsätzlich stellen die Richtlinien Binnenrecht einer internationalen Organisation dar, mit dem sich diese – freilich ohne Justiziabilität – vorbehaltlich der nächsten Änderung selbst bindet.50 Dabei können die die Konventionsbegriffe auslegenden Guidelines als funktionale Erstinterpretationen der WEK verstanden werden, denen die Vermutung der Verbindlichkeit ihrer Konventionsauslegung zukommt. Lediglich terminologisch zu weit geht es dabei, die Guidelines zur autoritativen Interpretation zu erheben.51 Heikel ist jedoch, ob durch die Ausführungsrichtlinien einer völkerrechtlichen Konvention Recht gesetzt werden darf, das diese Konvention selbst nicht vorsieht. Den Weg zur Lösung ebnet die völkerrechtliche Lehre von den implied powers,52 wonach völkervertragsrechtlich konstituierte Rechtssubjekte über die vertragsunmittelbar vereinbarten Kompetenzen hinaus ausgreifen dürfen, sofern dieser Ausgriff zur Wahrnehmung der vertragsmäßig vorgesehenen Aufgaben und zur Erfüllung des Vertragszwecks notwendig ist.53 Geboten ist – zumal angesichts der Schwierigkeiten einer nachträglichen Vertragsänderung – insoweit eine funktionsorientierte Auslegung des Völkerrechts. Diese Grundsätze führen unschwer zur Zulässigkeit einer Erweiterung der WEK um das Ausschlussrecht:54 Das Recht zur Setzung einer Maßnahme umfasst – sofern nicht eine Ausnahme geboten ist oder besonderen Voraussetzungen genügt sein muss – regelmäßig auch das Recht zum actus contrarius. Die rechtsdogmatische Selbstverständlichkeit des actus contrarius darf nicht mit der hier erheblichen faktischen Reichweite der Entlistung als Contrarius-Maßnahme verwechselt werden.55

Nr. 192 bis 198 der Operational Guidelines. Bogdandy / Zacharis, NVwZ 2007, 527 (527). 50 So z. B. von Bogdandy / Zacharias, NVwZ 2007, 527 (527); zust. R. Wolf, NuR 2008, 311 (315). 51 So jedoch Fastenrath, DÖV 2007, 1017 (1018). 52 Die in das Völkerrecht umgesetzte Lehre stammt noch aus den Federalist Papers: „Whereever a general power to do a thing is given, every particular power necessary for doing it is included.“ Vgl. dazu Zuleeg, International Organizations, Implied Powers, EPIL II (1995), 1312 ff.; Klein / Schmahl, in: Vitzthum, Völkerrecht, 5. Aufl. 2010, 4. Abschn. Rn. 191. Grdl. für das Völkerrecht die Entscheidung in IGH, ICJ Rep. 1949, 174 (182). – Aus nationalverfassungsrechtlicher Sicht ist das Verhältnis der implied powers-Lehre zu der für das nationale Polizeirecht entwickelten und rechtsstaatskonstitutiven Trennung von Aufgabe und Befugnis aufschlussreich, das durch eine Annahme von implied powers hier unterlaufen würde. 53 Hinweis bei R. Wolf, NuR 2008, 311 (315). 54 So im Ergebnis – freilich ohne nähere Begründung – Genius-Dewime, Bedeutung und Grenzen des völkerrechtlichen Kulturgüterschutzes, 1996, S. 308 ff.; Odendahl, Kulturgüterschutz, 2005, S. 136. 55 Zu Unrecht a. A. R. Wolf, NuR 2008, 311 (315), der eine „substanzielle Erweiterung des Begriffsrahmens und des völkerrechtlich vereinbarten Instrumentariums“ wähnt. 48 49

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cc) Schutz durch Subventionen Dritte Säule des welterberechtlichen Schutzregimes sind anlassbezogene Subven- 107 tionen, die zum Schutz des Welterbes, vor allem bei einer Bedrohung des Welterbes aus fiskalischen Gründen, gewährt werden können. Dahinter steht der Gedanke, dass, was als Erbe der Menschheit alle angeht, dann auch von allen getragen werden muss, wenn der jeweils einzelne Mitgliedstaat seinen Verpflichtungen nicht mehr gerecht zu werden in der Lage ist. Liegt es so, können die Belegenheitsstaaten einen Antrag auf internationale Unterstützung stellen. Gemäß Art. 6 Abs. 1 und 2 WEK verpflichten sich die Konventionsstaaten, den 108 jeweiligen Belegenheitsstaat zu unterstützen, wenn dieser um Hilfe für den Erhalt einer Welterbestätte ersucht. Der Modus der finanziellen Unterstützung ist allerdings nicht – jedenfalls nicht primär – bilateral; vielmehr leisten die Mitgliedstaaten Unterstützung nicht ad hoc, sondern in einem Umlageverfahren ex ante und pauschal. Dies geschieht über Zuwendungen an einen so genannten Fonds für das Erbe der Welt als Treuhandvermögen (Art. 15 WEK). Zugleich sind die Mitgliedstaaten verpflichtet, Sammlungen zu befördern, die dem Welterbefonds zugute kommen sollen,56 sowie Stiftungen zu unterstützen, die die Ziele der WEK fördern.57 Über die Anträge auf Unterstützung entscheidet das Welterbekomitee, das folge- 109 richtig zugleich über den Fonds verfügt.58 Anträge hinsichtlich Kulturgütern, die bereits auf der Roten Liste befindlich sind und bei denen sonst eine besondere Dringlichkeit besteht,59 werden vorrangig behandelt. Freilich muss sich die Unterstützung nicht auf finanzielle Hilfe beschränken: Auch sachliche und technische Hilfe kann Gegenstand eines Antrags auf internationale Unterstützung sein. Die Konventionsstaaten sind dann unter Koordination durch das Welterbekomitee gehalten, solche Ressourcen zur Verfügung zu stellen, sofern und soweit diese nicht über den Fonds gedeckt werden können.

3. Umsetzung in nationales Recht a) Umsetzung durch Gesetz Die WEK ist von der Bundesrepublik völkerrechtlich ratifiziert und wirksam be- 110 kanntgemacht worden.60 Damit sind die völkerrechtlichen Außenverpflichtungen der Bundesrepublik entstanden.61 Indessen ist die WEK entgegen der lange ganz un56 57 58 59 60 61

Art. 18 WEK. Art. 17 WEK. Art. 13 Abs. 1 u. 2 bzw. Art. 13 Abs. 6 WEK. Art. 13 Abs. 4 WEK. Am 2. Februar 1977, BGBl. II 1977, S. 213. R. Wolf, NuR 2008, 311 (315).

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bestrittenen, freilich jedoch auch unbelegten, Meinung im Schrifttum62 nicht vermittels eines Bundesgesetzes in deutsches Recht implementiert worden, obschon der Bund aufgrund der vielfachen Bezüge der Welterbevorschriften zu bundesrechtlichen Regelungen zur Umsetzung berufen gewesen wäre.63 Doch ist die Ratifikation lediglich auf Grund eines Kabinettsbeschlusses erfolgt, in dessen Vorfeld die Bundesländer nach Maßgabe der Ziff. 364 der so genannten Lindauer Absprache65 angehört worden waren.66 Für die neuen Bundesländer gilt, wiewohl die DDR den vorgesehenen Umsetzungsakt vorgenommen hatte, nichts anderes: Der Implementationsakt vom 28. März 198967 ist nicht Gegenstand des Einigungsvertrages geworden.68 111

Mangels Bundesgesetzes fehlt es an einem wirksamen Umsetzungsakt i. S. d. Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG.69 b) Umsetzung ipso iure

112

Dieser Umsetzungsakt ist auch nicht deshalb verzichtbar, weil der Inhalt der WEK bereits über Art. 25 GG (vorrangiger) Inhalt nationalen Rechts geworden wäre. Eine solche „Umsetzung ipso iure“ der WEK liegt nicht vor. Zwar werden gemäß Art. 25 S. 1 GG die allgemeinen Regeln des Völkerrechts unmittelbar Bestandteil des Bundesrechts.70 Die wesentliche Bedeutung der Vorschrift liegt dabei vor allem in der unmittelbaren Verpflichtung aller Rechtspersonen und Staatsorgane, bestimmte Völkerrechtssätze anzuwenden. Auf diese Weise sollen Völkerrechtsverletzungen durch deutsche Staatsorgane ausgeschlossen, soll ein Gleichklang zwischen nationalem Recht und Völkerrecht gewährleistet werden.71 62 Beispielhaft nur Hammer, Die geschichtliche Entwicklung des Denkmalschutzrechts in Deutschland, S. 347 ff.; Hotz, Deutsche Städte und UNESCO-Weltkulturerbe, 2004, S. 163 ff.; Odendahl, Kulturgüterschutz, 2005, S. 244 und öfter; Hönes, DÖV 2007, 141 (144) (vgl. aber jetzt Hönes, DÖV 2008, 54 [56 f.]). Weitere Nachweise bei von Bogdandy / Zacharias, NVwZ 2007, 527 (529), dort auch die Beschreibung einer skurrilen, nachgerade kriminalistischen Suche nach dem vermeintlichen Vertragsgesetz, sowie bei Hönes, DÖV 2008, 54 (56 f.) mit einer historischen Darstellung der Ratifikationspraxis. 63 Überzeugend Hönes, DÖV 2008, 54 (57). 64 Hierzu Hönes, DÖV 2008, 54 (56 f.). 65 Hierzu grdl. Busch, Die Lindauer Vereinbarung und die Ständige Vertragskommission der Länder, 1969; Hartung, Die Praxis des Lindauer Abkommens, 1984. Aus der neueren Literatur Papier, DÖV 2003, 265. – Der Text des Abkommens ist u. a. abgedruckt bei Nettesheim, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 32 Rn. 72. 66 Grdl. von Bogdandy / Zacharias, NVwZ 2007, 527 (528 f.). 67 GBl. DDR II, S. 113. 68 Siehe Müller, NJ 2007, 252 (254). 69 von Bogandy / Zacharias, NVwZ 2007, 527 (530); R. Wolf, NuR 2008, 311 (315); ferner: Kilian, LKV 2008, 248 (249). 70 Dazu näher Kloepfer, Verfassungsrecht I, 2011, § 35 Rn. 20 ff. m. w. N. 71 Streinz, in: Sachs, GG, 5. Aufl. 2009, Art. 25 Rn. 9. Vgl. auch BVerfGE 23, 288 (316) – Kriegsfolgelasten.

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Allgemeine Regeln des Völkerrechts sind jedoch – nahezu unbestritten – ledig- 113 lich das Völkergewohnheitsrecht sowie die so genannten allgemeinen Grundsätze des Völkerrechts gemäß Art. 38 Abs. 1 lit. c IGH-Statut.72 Spezifisches Vertragsrecht kann zu diesen Kategorien nur rechnen, sofern es lediglich vorheriges Völkergewohnheitsrecht oder bereits bestehende allgemeine Regeln des Völkerrechts umsetzt bzw. solche Regeln neu hervorbringt. Die WEK zählt dazu nicht.73 c) Umsetzung als Verwaltungsabkommen Da die WEK einen Vertrag i. S. d. Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG darstellt, für den aber 114 kein Zustimmungsgesetz vorliegt, könnte sie allein als Verwaltungsabkommen i. S. d. Art. 59 Abs. 2 S. 2 GG abgeschlossen worden sein und so in der innerstaatlichen Normenordnung Geltung erlangt haben.74 Zu den Verwaltungsabkommen i. S. d. Art. 59 Abs. 2 S. 2 GG zählen alle völkerrechtlichen75 Verträge, die mit verwaltungsrechtlichen Instrumenten, d. h. im Wege der Rechtsverordnung, der Verwaltungsvorschrift oder des Verwaltungsaktes, durchgeführt werden können.76 Für solche Verwaltungsabkommen gelten konsequent die Vorschriften über die Bundesverwaltung entsprechend. Ungeachtet der vielfältigen Anstöße für ein Gesetzgebungsvorhaben geht auf Grund eines bei der Hinterlegung der Ratifikationsurkunde erklärten Vorbehalts eine tatsächliche Vermutung dahin, dass die Bundesregierung auch ein Verwaltungsabkommen abschließen wollte.77 Indessen bedarf auch ein Verwaltungsabkommen eines Umsetzungsaktes. Die 115 Notwendigkeit eines Umsetzungsaktes ergibt sich aus der gemäßigt dualistischen Lehre einer grundsätzlichen Trennung von völkerrechtlichem und innerstaatlichem Normenkreis, die nach einem innerstaatlichen Anwendungsbefehl verlangt, soll die Völkerrechtsnorm in der nationalen Rechtsordnung Geltung erlangen.78 Der Um72 Herdegen, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 25 Rn. 19 ff.; Kloepfer, Verfassungsrecht I, 2011, § 35 Rn. 6. 73 So auch deutlich von Bogdandy / Zacharias, NVwZ 2007, 527 (528); R. Wolf, NuR 2008, 311 (316). 74 Vgl. nur von Bogdandy / Zacharias, NVwZ 2007, 527 (530); Kilian, LKV 2008, 248 (250). 75 Zwischen dem Bund und den Bundesländern bzw. zwischen den Bundesländern untereinander können ebenfalls Staatsverträge und Verwaltungsabkommen bestehen. 76 Kloepfer, Verfassungsrecht I, 2011, § 35 Rn. 75. 77 So jedenfalls die scharfsinnige Auslegung von von Bogdandy / Zacharias, NVwZ 2007, 527 (530): Nach dem erklärten Vorbehalt „soll die Bundesrepublik Deutschland nicht an die Bestimmungen des Art. 16 I der Weltkulturerbekonvention gebunden sein. Dieser Artikel regelt die Zahlung von Beiträgen an den Fonds für das Erbe der Welt. Zur Erfüllung der Zahlungsverpflichtung hätte es innerstaatlich einer Veranschlagung im Haushalt bedurft, der in Gestalt eines förmlichen Gesetzes verabschiedet wird; es wäre also eine gesetzgeberische Maßnahme nötig gewesen.“ Zu weiteren Gründen (Eilbedürftigkeit, fehlerhafte rechtliche Prüfung) instruktiv Hönes, DÖV 2008, 54 (57). 78 Näher Kloepfer, Verfassungsrecht I, 2011, § 34 Rn. 4 ff. (mit Argumenten für die herrschende dualistische Sicht in Rn. 14 f.).

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setzung bedarf es insbesondere, um die völkervertragliche Verbandsbindung in eine innerstaatliche Organbindung zu überführen.79 In Ermangelung einer grundgesetzlichen Regelung ist der jeweilige Umsetzungsakt formungebunden. Verwaltungsabkommen können also insbesondere durch Rechtsverordnungen oder Verwaltungsvorschriften umgesetzt werden.80 Von der Art der Umsetzung hängt – wiederum unter dualistischer Prämisse – freilich der Rang des umgesetzten Abkommens im innerstaatlichen Normenverbund ab, denn das Abkommen gilt nur im Rang des Umsetzungsaktes. Soll es Teil des objektiven Bundesrechts werden, muss die Umsetzung per Rechtsverordnung erfolgen. Ist der Umsetzungsakt ein Verwaltungsinternum, so hat auch das umgesetzte Abkommen nur verwaltungsinterne Geltung. Es ist dann nicht Teil des objektiven (Außen-)Rechts.81 116

Was die WEK betrifft, so liegt mit Ausnahme eines Kabinettsbeschlusses kein selbständiger Umsetzungsakt vor. Dieser Kabinettsbeschluss müsste daher als Umsetzungsakt gedeutet werden. Ein Kabinettsbeschluss der Bundesregierung ist jedoch ein reines Internum ohne Außenwirkung. Daher ist weithin noch ungeklärt, inwieweit die WEK im deutschen Recht überhaupt angewandt werden kann.

d) Einwirkung auf das nationale Recht aa) Allgemeines 117

Im Ergebnis heißt das, dass die WEK keine unmittelbare Wirkung im deutschen Recht hat.82 Es kommt also nur eine mittelbare Wirkung in Betracht. Ein diskutabler Vorschlag aus völkerrechtlicher Sicht geht dahin, dass die völkerrechtlichen Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland als „Recht“ i. S. d. Art. 20 Abs. 3 GG grundsätzlich beachtlich sind. Dies soll aus dem Grundsatz der Völkerrechtsfreundlichkeit des Grundgesetzes83 und der daraus folgenden Maxime der völkerrechtsfreundlichen Interpretation des innerhalb seiner Verfassungsordnung geltenden Rechts84 folgen. Das Verbot völkerrechtswidersprechender Rechtsakte richtet sich an die gesamte öffentliche Gewalt, auch soweit sie körperschaftlich wahrgenommen wird. Sie hat dabei auch die Pflichten der Bundesrepublik Deutschland, die ihr nach Art. 4 und 5 GG der Weltkulturerbekonvention entstanden sind, bei der Auslegung des Gesetzesrechts unabhängig des jeweiligen Verfahrens zu beachten.85 Dies gilt ungeachtet des auf die Besonderheiten des deutschen Bundesstaates Rojahn, in: v. Münch / Kunig (Hrsg.), GG, Bd. 2, 5. Aufl. (2003), Art. 59 Rn. 56. Pieper, in: Epping / Hillgruber, BeckOK GG, Art. 59 Rn. 31 ff. 81 Ausführlich von Bogdandy / Zacharias, NVwZ 2007, 527 (529). 82 Vgl. nur Kilian, LKV 2008, 248 (250). 83 Näher Kloepfer, Verfassungsrecht I, 2011, § 35 Rn. 1 ff. 84 BVerfGE 75, 1 (17, 19) – Ne bis in idem; dazu Kloepfer, Verfassungsrecht I, 2011, § 35 Rn. 2. 85 von Bogdandy / Zacharias, NVwZ 2007, 527 (530). 79 80

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zu übertragenden Art. 34 lit. b WEK auch für die Bundesländer und Kommunen.86 Maßgeblich ist insoweit der Grundsatz der Bundestreue.

bb) Zum Fall Waldschlösschenbrücke Kontrovers behandelt wurde die Frage der rechtlichen Wirkung der WEK insbe- 118 sondere im oben erwähnten Fall der Waldschlösschenbrücke.87 Dabei ging es neben der dargestellten Frage der Umsetzung in nationales Recht auch um die Frage, welche Bedeutung dem Welterbestatus im Planfeststellungsbeschluss zuzukommen hat. Das OVG Bautzen lehnt die Rechtswidrigkeit des Planfeststellungsbeschlusses allein wegen der fehlenden Einstellung des Welterbestatus in die Abwägung ab. Die Entscheidung des Welterbekomitees vom 11. 7. 2006, das Dresdener Elbtal wegen des Brückenbaus auf die sogenannte „Rote Liste“ zu setzen, sei Jahre nach Erlass des Planfeststellungsbeschlusses vom 25. 2. 2004 ergangen und habe bei der Abwägungsentscheidung bereits deshalb nicht berücksichtigt werden können. Bedenken gegen den Brückenbau seien – soweit ersichtlich – im Hinblick auf die WEK innerhalb der gesetzlich vorgesehenen Fristen nicht geäußert worden. Es habe sich der Planfeststellungsbehörde im Zeitpunkt der Abwägungsentscheidung auch nicht aufdrängen müssen, dass der Brückenbau einem später anerkannten Welterbestatus entgegenstehen könnte, denn das Landesamt für Denkmalschutz sei an dem Verfahren beteiligt worden und habe ausweislich des Schreibens der Landeskonservatorin bekundet, dass „keine Einwände“ aus denkmalpflegerischer Sicht bestünden. Die nicht unerhebliche Beeinträchtigung des Elbtals durch den Brückenbau sei hingegen im Ergebnis einer Umweltverträglichkeitsprüfung in die Abwägung eingestellt worden.88

119

Dieser Einschätzung stellt Fastenrath gegenüber, dass der Planfeststellungsbeschluss unter 120 einem erheblichen Abwägungsdefizit leide, da die Existenz des Weltkulturerbes übersehen und zum anderen die aus der WEK resultierenden Verpflichtungen nicht berücksichtigt worden seien. Dass das Elbtal zum Zeitpunkt des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses noch nicht in die Liste des Welterbes aufgenommen worden war, sei nicht relevant, da die Eigenschaft eines Welterbes und die daraus folgenden Schutzverpflichtungen nicht von der formalen Listung durch das Welterbekomitee abhingen. Was Welterbe bzw. Naturerbe ist, bemesse sich allein nach den Art. 1 bzw. 2 der im Übereinkommen genannten materiellen Kriterien. Solche Güter seien nach Art. 3 von den betreffenden Staaten zu identifizieren. Der Staat sei nach Art. 4 zum Schutz und zur Erhaltung des Welterbes verpflichtet. Damit sei die Aufnahme des Elbtals in die Liste keine nachträgliche Änderung der Verhältnisse, die im Planfeststellungsbeschluss nicht hätten Beachtung finden können. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass spätestens zum Zeitpunkt des Antrags Deutschlands auf Eintragung des Elbtals in die Welterbeliste Ende 2002 / Anfang 2003 die materiellen Voraussetzungen für ein Weltkulturerbe vorlegen hätten und das Dresdener Elbtal bereits zu diesem Zeitpunkt als Welterbe einzustufen gewesen sei.89 von Bogdandy / Zacharias, NVwZ 2007, 527 (531). VG Dresden, Beschl. vom 30. August 2006 (12 K 1768 / 06); OVG Bautzen, Beschl. vom 9. März 2007 (4BS216 / 06). 88 OVG Bautzen, Beschl. vom 9. März 2007 (4BS216 / 06). 89 Fastenrath, Rechtsgutachterliche Stellungnahme, 2006, S. 8 f. 86 87

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121

Hinzu komme – so Fastenrath – dass ein Welterbe nicht in gleicher Weise wie andere öffentliche und private Belange in die Abwägung einzustellen gewesen wäre. Es wäre dabei vielmehr in völkerrechtskonformer Auslegung dieser Bestimmung darauf zu achten gewesen, dass die Hoheitsträger alles in ihren Kräften Stehende zu tun gehabt hätten, um das Weltkulturerbe in Einklang mit Art. 4 des Abkommens zu bewahren. Daher werde es den qualifizierten öffentlichen Belangen des Erhaltes des Welterbes nicht gerecht, wenn im Planfeststellungsbeschluss zwar die Eingriffe in das Landschaftsbild und die Beeinträchtigung der Blickbeziehungen eingeräumt werden, aber dennoch andere Lösungen hintan gestellt worden sind.90

122

Nach der Ansicht von Fastenrath liege es jenseits des kommunalen Wirkungskreises, einen Beschluss (hier durch die Bürgerschaft bzw. den Stadtrat) zu treffen, der auf den Verlust eines Kulturdenkmals von Weltrang zielt bzw. ihn impliziert. Das Kulturerbe zu bewahren sei nach Art. 3 WEK in erster Linie eine staatliche Aufgabe, darüber hinaus aber auch eine internationale Angelegenheit. Über das Weltkulturerbe „der ganzen Menschheit“, wie es in der Präambel heißt, zu befinden, sei damit keine Angelegenheit der örtlichen Gemeinschaft.91

123

Gegen die Ansicht Fastenraths, dass zu den in die Planfeststellung für die Waldschlösschenbrücke einzubeziehenden öffentlichen Belangen auch die völkerrechtlichen Bindungen Deutschlands zu zählen seien, wendet sich Peine in seinem Gutachten. Die Argumentation Fastenraths beruhe auf einem Zirkelschluss. Ob die Länder an die WEK gebunden seien und die Bundesrepublik Deutschland als Völkerrechtssubjekt für etwaige Verstöße der Länder haftbar gemacht werden könne, sei gerade Gegenstand der Prüfung des Art. 34 lit. b der WEK. Es müsse im Einzelfall geprüft werden, ob nach der grundgesetzlichen Kompetenzverteilung die Ausführung des Welterbeübereinkommens in den Zuständigkeitsbereich des Bundes oder der Länder falle. Da das Grundgesetz den Gemeinden zwar das Recht auf Selbstverwaltung einräume, sie aber nicht als staatliche Ebene anerkenne, sei ihr Handeln der Sphäre der Länder zuzurechen. Sie seien also nur insoweit an die WEK gebunden, wie die Bindung des Bundeslandes reiche. Im Fall der Waldschlösschenbrücke sei eine Gesetzgebungskompetenz des Bundes zur Ausführung der Art. 4 und 5 der WEK nicht ersichtlich. Sowohl die Kulturangelegenheiten, als auch das Straßenrecht unterfielen der Landeskompetenz.92

124

Peine wendet sich in seinem Gutachten auch gegen Fastenraths Ansicht, die Aufnahme in die Liste des Erbes der Welt sei rein deklaratorisch, weshalb der Status des Dresdener Elbtals auch ohne förmliche Aufnahme in die Liste zur Zeit des Erlasses des Planfeststellungsbeschlusses zu berücksichtigen gewesen sei.93 Gegen diese Ansicht spräche entscheidend die damit verbundene Gefährdung der Rechtssicherheit. Es könne anderenfalls bei keinem Erlass eines Planfeststellungsbeschlusses oder einer Baugenehmigung ausgeschlossen werden, dass das Gebiet ein Weltkulturerbe beherbergt und der Verwaltungsakt deshalb von Anfang an rechtswidrig ist. Eine solche Rechtsunsicherheit sei unzumutbar, zumal der Planfeststellungsbehörde eine richtige Entscheidung aufgrund der erheblichen Beurteilungsspielräume des Welterbekomitees bei der Führung der Welterbeliste quasi unmöglich sei. Richtigerweise wir-

Fastenrath, Rechtsgutachterliche Stellungnahme, 2006, S. 9 f. Fastenrath, Rechtsgutachterliche Stellungnahme, 2006, S. 13. 92 Peine, Rechtsgutachten zur Rechtmäßigkeit des Beschlusses des Stadtrats der Landeshauptstadt Dresden vom 20. Juli 2006 (Beschluss Nr. A 0308-SR35-06), erstellt im Auftrag der FDP-Fraktion im Stadtrat der Landeshauptstadt Dresden und des FDP-Kreisverbands Dresden, Frankfurt (Oder), 2006, S. 12. 93 So Fastenrath, Rechtsgutachterliche Stellungnahme, 2006, S. 8. 90 91

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ke die Aufnahme in die Liste des Erbes der Welt konstitutiv. Die Bemühenspflicht des Art. 5 lit. a WEK entstehe daher erst ab diesem Zeitpunkt, weshalb im konkreten Fall keine Verpflichtung des Regierungspräsidiums Dresden zur Berücksichtigung des Status des Dresdener Elbtals als Weltkulturerbe bestanden habe. Hinzu komme, dass aus Art. 5 lit. a WEK auch keine absolute Schutzpflicht des Welterbes folge, sondern nur eine Einbeziehung in erschöpfende Planungen.94

cc) Welterbestatus in der verwaltungsrechtlichen Abwägung Die Anwendung der WEK bewegt sich im Spannungsfeld eines starken Schutz- 125 anspruchs einerseits (nämlich: umfassender Schutz von Welterbestätten) und einer umsetzungshalber schwachen Rechtsbindung andererseits. Eine gewisse Auflösung dieser Spannung gelingt über das abwägungsorientierte deutsche Verwaltungsrecht:95 Der Welterbebelang bildet nur einen Abwägungsfaktor innerhalb eines Ausgleichssystems, das divergierende Interessen und Rechtsgüter zum Ausgleich zu bringen hat. Verortet ist dieser Ausgleich vor allem in den Abwägungsbestimmungen des besonderen Verwaltungsrechts, für das beispielhaft die Rechtsmaterien des Planungs-, Bau-, Naturschutz- und – vor allem – des Denkmalrechts stehen. Aus der Kennzeichnung als Welterbe ergibt sich dabei zwanglos, dass den Belangen der WEK ein hohes Gewicht einzuräumen ist.

e) Perspektiven Auch die Berücksichtigung der WEK als – gewichtiger – Abwägungsaspekt im 126 Recht kann den Blick jedoch nicht darauf verstellen, dass den Bundes- wie auch die Landesgesetzgeber vielfacher Handlungsbedarf trifft.96 Zunächst ist der mangelhafte Umsetzungsakt eines bloßen Kabinettsbeschlusses zu Gunsten einer umsetzenden Rechtsverordnung aufzugeben, welche die Bestimmungen der WEK eindeutig in Bundesrecht überführt. Es ist auch vorstellbar (und u. U. vorzugswürdig), dass der heutige Gesetzgeber das Umsetzungsparadigma des Verwaltungsabkommens aufgibt und die näher liegende Variante der gesetzesförmigen Umsetzung i. S. v. Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG wählt. Zum anderen ist die ausdrückliche Aufnahme der Welterbebelange in die Fachgesetze des Bundes wie auch der Länder weithin defizitär. Bestehen fachliche materiellrechtliche Regelungen, die die Welterbebelange bereits berücksichtigen, ist die offene Frage des Umsetzungsrechtsaktes auch von geringerem Gewicht.

94 Peine, Rechtsgutachten zur Rechtmäßigkeit des Beschlusses des Stadtrats der Landeshauptstadt Dresden vom 20. Juli 2006 (Beschluss Nr. A 0308-SR35-06), erstellt im Auftrag der FDP-Fraktion im Stadtrat der Landeshauptstadt Dresden und des FDP-Kreisverbands Dresden, Frankfurt (Oder), 2006, S. 30 ff. 95 Kilian, LKV 2008, 248 (251). 96 Vgl. auch Hönes, DÖV 2008, 54 (60 f.).

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III. Haager Konvention 1. Allgemeines 127

Noch vor der WEK verabschiedet, wird die Haager Konvention zum Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten97 allgemein als Meilenstein der Geschichte des Kulturgüterschutzes erachtet.98 Das 1954 verabschiedete Vertragswerk war der erste Rechtsakt des Völkerrechts, der sich überhaupt ausschließlich mit Kulturgüterschutz befasste.99 Die Konvention ist daher das Paradigma des kriegsvölkerrechtlichen Kulturgüterschutzes.

128

Die wesentliche Innovation der Haager Konvention lag in der Internationalisierung des Kulturgüterschutzes, die erstmals den Gedanken eines gemeinsamen kulturellen Erbes der Menschheit akzentuiert.100 So heißt es im dritten Erwägungsgrund der Präambel, dass die Erhaltung des kulturellen Erbes für alle Völker der Welt von großer Bedeutung, und dass es wesentlich sei, dieses Erbe unter internationalen Schutz zu stellen. Die Konvention weitet dabei die Perspektive über den Zustand des Krieges hinaus aus: Wiewohl selbst für den Schutz im Krieg konzipiert, lenkt die Konvention den Blick darauf, dass dieser Schutz nur dann wirksam sein kann, wenn sowohl nationale als auch internationale Maßnahmen ergriffen werden, um ihn schon in Friedenszeiten zu organisieren.101

129

Aus der Internationalisierung des Kulturgüterschutzes – rechtliche Folge eines kulturellen Internationalismus102 – folgt eine veränderte Stellung der Staaten zu dem in ihnen belegenen Kulturgut: War der Umgang der Staaten mit den innerhalb ihrer territorialen Grenzen befindlichen Gütern vorher allein vom Dogma der staatlichen Souveränität geprägt, so führt die Haager Konvention zu einer Art „Treuhandschaft“ des Staates.103 Kulturgüter sind hiernach keine (allein) innere Angelegenheit von Staaten mehr.

130

Die Haager Konvention schließt an die Haager Landkriegsordnung von 1899104 und das IV. Haager Abkommen von 1907105 an,106 intensiviert aber nach den Erfahrungen des 2. Weltkrieges Inhalt und Reichweite des Kulturgüterschutzes entscheiVom 14. Mai 1954, BGBl. II 1967, S. 1235. Odendahl, Kulturgüterschutz, 2005, S. 118 m. w. N. 99 Hönes, DÖV 2008, 911 (912). 100 2. Erwägungsgrund der Präambel. 101 5. Erwägungsgrund der Präambel. 102 Merryman, AJIL 80 (1986), 831 (837): „charter for cultural internationalism“. Vgl. außerdem Odendahl, Kulturgüterschutz, 2005, S. 119. 103 Treffend Strebel, ZaöRV 16 (1955 / 56), 35 (50). Vgl. außerdem etwa Herdegen, Der Kulturgüterschutz im Kriegsvölkerrecht, in: Dolzer / Jayme / Mußgnug (Hrsg.), Rechtsfragen des internationalen Kulturgüterschutzes, 1994, S. 161. 104 Abkommen betreffend die Gesetze und Gebräuche des Landkriegens (Haager Landkriegsordnung) vom 29. Juli 1899, RGBl. 1901, S. 423. 105 RGBl. 1910, S. 5 (S. 124). 106 Art. 36 der Haager Konvention; vgl. Odendahl, Kulturgüterschutz, 2005, S. 120. 97 98

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dend. Bereits Art. 27 der Landkriegsordnung hatte vorgesehen, dass bei Belagerungen und Bombardements alle erforderlichen Maßregeln getroffen werden sollen, um die der Kunst gewidmeten Gebäude und die geschichtlichen Denkmäler so weit als möglich zu schonen. Freilich war die recht weitgehende Bestimmung unter den Vorbehalt gestellt, dass die Kulturgüter nicht gleichzeitig zu einem militärischen Zweck genutzt werden sollten.107 Dass unter den Bedingungen des modernen – „totalen“ – Krieges eine solche Klausel zur Entleerung der Schutzvorschrift insgesamt führen musste (denn wo alles Krieg ist, ist auch alles Ausnahme), stand den Gründervätern der Landkriegsordnung noch nicht vor Augen. Die Vorschrift wurde im IV. Haager Abkommen bereits von 1907, mit dem die nur acht Jahre zuvor getroffene Landkriegsordnung im Übrigen ersetzt wurde, im Wesentlichen beibehalten.108 Die Haager Konvention selbst markiert freilich nicht den Endpunkt des kriegs- 131 völkerrechtlichen Kulturgüterschutzes. In einem Zweiten Protokoll zur Haager Konvention von 1999 wurden wesentliche Erweiterungen der kulturgütervölkerrechtlichen Pflichtenbindung und des Schutzinstrumentariums vorgenommen. Die materielle Abänderung der Konvention wurde dabei nur deshalb als Zusatzprotokoll ratifiziert, weil die Haager Konvention selbst eine Einstimmigkeit unter den Vertragsparteien zur Voraussetzung der Konventionsänderung macht.109 Das Zusatzprotokoll stellt daher einen informellen Weg der Vertragsänderung dar.

2. Schutzgegenstand Die Haager Konvention dient dem Schutz von beweglichem und unbeweglichem 132 Kulturgut; sie ist das erste kriegsvölkerrechtliche Abkommen, das den Begriff des Kulturgutes selbst definiert. Kulturgut im Sinne der Konvention ist jedes bewegliche oder unbewegliche Gut, das für das kulturelle Erbe aller Völker von großer Bedeutung ist, sowie die dazugehörigen Ausstellungs- und Bergungsgebäude bzw. Denkmalsorte.110 Das Eigentum an dem Kulturgut ist ebenso unbeachtlich wie seine Herkunft. Das 2. Haager Protokoll hat diesen Kulturgutbegriff der Konvention unberührt gelassen.111 Anwendung findet die Konvention auf kriegerische Auseinandersetzungen und 133 die nachherige Besetzung des fremden Territoriums, aber außerdem auch auf Konflikte nicht-internationalen Charakters.112

107 108 109 110 111 112

Vgl. Hönes, DÖV 2008, 911 (912). Dazu und zu den Einschränkungen vgl. Hönes, DÖV 2008, 911 (912). Näher Hönes, DÖV 2008, 911 (913). Art. 1 der Haager Konvention. Hönes, DÖV 2008, 911 (913). Art. 18 und 19 der Haager Konvention.

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3. Schutzinhalt a) Haager Konvention von 1954 134

Die Haager Konvention von 1954 statuiert zunächst zwei Schutzkategorien für Kulturgüter: einen allgemeinen und einen Sonderschutz. Der allgemeine Schutz113 zielt auf die Sicherung eigener Kulturgüter zu Friedens- und die Respektierung eigener wie auch fremder Kulturgüter zu Kriegszeiten.114 Die Respektierung impliziert, dass Kulturgüter nicht nur nicht Ziel eines militärischen Angriffs, sondern auch nicht Gegenstand einer militärischen Nutzung sein dürfen. Die Konvention verpflichtet daher Angreifer und Angegriffenen zu einem jeweils rollenadäquaten Schutz.115 Vor dem Hintergrund des Zweiten Weltkriegs besonders bedeutsam ist, dass jegliche Repressalien gegen das Kulturgut untersagt sind. Die Konvention wendet sich damit gegen die im 2. Weltkrieg verbreitete Praxis, Zerstörungen von Kulturgütern mit dem Euphemismus der bloßen Repressalie zu belegen.116 Die Pflichten stehen unter dem Vorbehalt einer zwingenden militärischen Notwendigkeit.117

135

Der Sonderschutz118 demgegenüber muss besonders angeordnet werden. Unter Sonderschutz gestellt werden können eine begrenzte Anzahl von Bergungsorten zur Unterbringung beweglicher Kulturgüter bei bewaffneten Konflikten, von Denkmalzentren und von anderen sehr wichtigen unbeweglichen Kulturgütern.119 Die Gewährung des Sonderschutzes erfolgt durch Eintragung in das „Internationale Register für Kulturgut unter Sonderschutz“.120 Die Vertragsparteien sind zur Garantie der Unverletzlichkeit dieser Kulturgüter verpflichtet.121 Doch auch diese Garantie steht unter dem Vorbehalt einer unausweichlichen militärischen Notwendigkeit.122

136

Die Konvention enthält im Wesentlichen zwei Instrumente, vermittels derer der konventionsspezifische Schutz zur Durchsetzung gebracht werden kann. Zum einen beinhaltet sie eine spezifische Kennzeichnungspflicht.123 Kulturgüter unter dem Schutz der Haager Konvention werden mit einem konventionseigenen Symbol gekennzeichnet. Dieses „besteht aus einem mit der Spitze nach unten zeigenden Schild in Ultramarinblau und Weiß (der Schild wird aus einem ultramarinblauen Art. 2 bis 7 der Haager Konvention. Odendahl, Der Schutz der wertvollsten Kulturgüter der Menschenheit: aktuelle völkerrechtliche Entwicklungen, in: Weller / Kemle / Lynen, Kulturgüterschutz – Künstlerschutz, 2009, S. 23 (S. 38); leicht abw. noch dies., Kulturgüterschutz, 2005, S. 119. 115 Vgl. Odendahl, Kulturgüterschutz, 2005, S. 119. 116 von Schorlemer, Internationaler Kulturgüterschutz, 1992, S. 278. 117 Art. 4 Abs. 2 der Haager Konvention. 118 Art. 8 bis 11 der Haager Konvention. 119 Art. 8 Abs. 1 der Haager Konvention. 120 Art. 8 Abs. 6 S. 1 der Haager Konvention. 121 Art. 9 der Haager Konvention. 122 Art. 11 Abs. 2 S. 1 der Haager Konvention. 123 Dazu im Einzelnen Engstler, NJW 1969, 1514 ff.; Hönes, DÖV 1988, 538 ff. 113 114

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Quadrat, dessen eine Ecke die Spitze des Schildes darstellt, und aus einem oberhalb des Quadrats angeordneten ultramarinblauen Dreieck gebildet, wobei der verbleibende Raum auf beiden Seiten von je einem weißen Dreieck ausgefüllt wird)“.124 Kulturgüter unter Sonderschutz werden stets obligatorisch mit Schildern gekennzeichnet, solche unter Allgemeinschutz können fakultativ mit einem Dreieck versehen werden.125 Hierneben sind in der Konvention auch Ansätze eines repressiven Instrumen- 137 tariums enthalten. Die Konventionsstaaten sind verpflichtet, durch Ausgestaltung ihrer Strafgesetze „alle erforderlichen Maßnahmen zu treffen, um Personen jeder Staatsangehörigkeit, die sich einer Verletzung dieses Abkommens schuldig machen oder den Befehl zu einer solchen geben, zu verfolgen und strafrechtlich oder disziplinarisch zu bestrafen“.126 Die angesichts der besonderen Souveränitätsrelevanz des Strafrechts127 bemerkenswerte völkerrechtliche Strafrechtsvorgabe ist zu ihrer Durchsetzung freilich auf die Vertragstreue der Mitgliedsstaaten angewiesen.

b) Zweites Haager Protokoll Im Lichte der Schwächen der Haager Konvention sucht das Zweite Haager Proto- 138 koll die Schutzansätze der Haager Konvention fortzuschreiben und die bisherigen Bestimmungen durch neue Maßnahmen zu verstärken.128 Das Protokoll zielt ausweislich seiner Präambel darauf, „den Schutz von Kulturgut bei bewaffneten Konflikten zu verbessern und ein verstärktes Schutzsystem für besonders bezeichnetes Kulturgut zu schaffen“. Dazu sieht das Protokoll eine Vielzahl an Maßnahmen vor. Der den Schutz nach 139 der Konvention noch aushöhlende Begriff der militärischen Notwendigkeit wird konkretisiert,129 die Strafmaßgabe der Konvention wird zu spezifischen Strafvorschriften erweitert,130 und für die Durchsetzung der Schutzmaßnahmen wird – vergleichbar dem Welterbefonds – ein eigener Fonds geschaffen,131 der ebenfalls ein Treuhandvermögen im Sine der Finanzordnung der UNESCO darstellt.132 Inhaltliche Schwerpunkte der Regelungen sind jedoch neue Vorgaben an die Aus- 140 gestaltung des allgemeinen Schutzes133 sowie die Einführung einer neuen Schutz124 125 126 127 128 129 130 131 132 133

Art. 16 Abs. 1 der Haager Konvention. Art. 16 Abs. 1 und 17 der Haager Konvention. Art. 28 der Haager Konvention. Vgl. jüngst BVerfGE 123, 267 (359) – Lissabon-Vertrag. Vgl. Hönes, DÖV 2008, 911 (913). Art. 6 des Zweiten Haager Protokolls. Art. 15 ff. des Zweiten Haager Protokolls. Art. 29 des Zweiten Haager Protokolls. Hönes, DÖV 2008, 911 (914). Art. 5 ff. des Zweiten Haager Protokolls.

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kategorie eines so genannten „verstärkten Schutzes“.134 Zunächst wird der allgemeine Schutz dahingehend verstärkt, dass nun auch explizit bereits in Friedenzeiten präventive Maßnahmen zur Sicherung eines Kulturgutes gegen die typischen Folgen eines bewaffneten Konfliktes zu ergreifen sind. Dazu zählt etwa die Planung von Notfallmaßnahmen oder die Bereitstellung von angemessenem Schutz.135 141

Von noch größerem Gewicht ist freilich die Kategorie des Schutzes der Kulturgüter „von höchster Bedeutung für die Menschheit“. Dazu zählen nur solche Kulturgüter, die von höchster Bedeutung für die Menschen sind, durch angemessene innerstaatliche Rechts- und Verwaltungsvorschriften geschützt werden und weder militärischen Zwecken dienen noch im Falle der Unterschutzstellung dem Schutz militärischer Anraineranlagen dienen würden.136 Die Kriterien entsprechen teilweise denen der WEK (s. o. unter II.). Kulturgüter, die den Voraussetzungen genügen, sind ebenso wie solche unter Sonderschutz grundsätzlich unverletzlich. Allerdings ist der Schutz der Höchstbedeutungsgüter auch nicht durch eine militärische Notwendigkeit zu durchbrechen; sie genießen immer – vorbehaltlich sehr weniger Ausnahmen – vollständige Immunität. Zu Recht ist festgestellt worden, der Schutz sei „quasi vollkommen“.137

4. Umsetzung in nationales Recht 142

Die Haager Konvention ist bereits mit Gesetz vom 20. April 1967138 im Wege des Art. 59 Abs. 2 S. 1 GG transformiert worden. Umsetzungsprobleme wie bei der WEK stellen sich insoweit nicht. Hingegen hat die Bundesrepublik Deutschland das Zweite Haager Protokoll zwar bereits unterzeichnet, aber noch nicht ratifiziert. Angesichts der zahlreichen Materien der Bundesgesetzgebung wird die Ratifikation durch ein Vertragsgesetz als Bundesgesetz zu erfolgen haben.139 Ob jedoch eine Qualifikation des Protokolls als Verwaltungsabkommen i. S. d. Art. 59 Abs. 2 S. 2 GG ausscheidet, muss sich an denselben Maßstäben messen lassen, die auch für die Bewertung der Umsetzung der WEK gelten.

Art. 10 ff. des Zweiten Haager Protokolls. Hönes, DÖV 2008, 911 (914). 136 Art. 10 lit. a bis c des Zweiten Haager Protokolls. 137 Odendahl, Der Schutz der wertvollsten Kulturgüter der Menschenheit: aktuelle völkerrechtliche Entwicklungen, in: Weller / Kemle / Lynen, Kulturgüterschutz – Künstlerschutz, 2009, S. 23 (40). 138 BGBl. II 1967, 1233. 139 So Hönes, DÖV 2008, 911 (915 f.). 134 135

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IV. Europäisches Kulturabkommen Das Europäische Kulturabkommen von 1954 ruht auf der Erwägung, dass neben 143 bloß bilateralen Kulturabkommen zwischen den Mitgliedern des Europarates auch ein gemeinsamer Rahmen geschaffen werden soll, um die europäische Kultur zu wahren und ihre Entwicklung zu fördern.140 Das Abkommen formuliert – etwa gleichzeitig mit der Haager Konvention – den Gedanken eines (hier: europäischen) gemeinsamen Kulturerbes.141 Für unbewegliche Kulturgüter bedeutsam ist lediglich Art. 5 des Abkommens. 144 Hiernach betrachtet jede Vertragspartei die europäischen Kulturgüter, die sich unter ihrer Kontrolle befinden, als Bestandteil des gemeinsamen europäischen kulturellen Erbes, trifft die erforderlichen Maßnahmen zu ihrem Schutz und erleichtert den Zugang zu ihnen. Das Abkommen ist bereits im Jahre 1955 ratifiziert worden,142 hat aber in Erman- 145 gelung von Schutz- und Sanktionsinstrumenten keine nennenswerten Auswirkungen auf die Praxis Kulturgüterschutzes und das nationale Kulturgüterrecht gehabt.

V. Völkerrechtliches Strafrecht und Völkerstrafrecht Das Strafrecht ist auch im Völkerrecht ein zugleich – nach seiner unmittelbaren 146 Wirkung – repressives als auch – mittelbar – präventives Instrument zur Durchsetzung bestimmter Schutzziele. Der Schutz von Kulturgütern ist in den meisten Entwürfen völkerstrafrechtlicher Kodifikationen enthalten. Zunächst sah der Entwurf eines Internationalen Strafgesetzbuchs von 1991 einen umfassenden Kulturgüterschutz vor.143 Gemäß Art. 22 Abs. f IStGB-E 1991 sind „wilful attacks on property of exceptional religious, historical oder cultural value“ zu sanktionieren.144 Noch umfassender freilich gewährt sodann der überarbeite Entwurf aus dem Jahr 1996 strafrechtlichen Schutz der Kulturgüter. Gemäß Art. 20e iv IStGB-E 1996 ist die „seizure of, destruction of or wilful damage done to institutions dedicated to religion, charity and education, the arts and sciences, historic monuments and work of art and sciences“, gemäß Art. 20e v der „plunder of public or private property“ strafbar. Die beiden Kodifikationen sind nicht verwirklicht worden. Es ist jedoch anerkannt, dass die Inhalte der beiden Entwürfe lediglich ohnedies geltendes Völkergewohnheitsrecht darstellen; als Gewohnheitsrecht gelten die Strafvorschriften folglich bereits heute.145 Erwägungsgrund 2 der Präambel des Europäischen Kulturabkommens. Art. 1 des Europäischen Kulturabkommens. 142 BGBl. II 1955, S. 1128. 143 Ausführlich Odendahl, Kulturgüterschutz, 2005, S. 196 ff. 144 Eine mittelbare Schutzvorschrift statuiert darüber hinaus Art. 22 Abs. 2e IStGB-E 1991, die „large scale destruction of civilian property“ unter Strafe stellt. 145 Vgl. nur Tomuschat, EuGRZ 1998, 1 (4 ff.); Odendahl, Kulturgüterschutz, 2005, S. 203. 140 141

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147

§ 2 Völker- und Europarecht

Neben das völkerrechtliche Strafrecht ist seit Neuestem in der Bundesrepublik Deutschland auch ein Völkerstrafgesetzbuch als „deutsches Völkerstrafrecht“ getreten.146 Das Völkerstrafgesetzbuch soll das deutsche Strafrecht an das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs anpassen und die Entwicklung des humanitären Völkerrechts und des Völkerstrafrechts widerspiegeln, indem es die Verbrechen gegen das Völkerrecht unter Strafe stellt.147 Gemäß § 11 Abs. 2 VStGB wird mit Freiheitsstrafe nicht unter drei Jahren bestraft, wer im Zusammenhang mit einem bewaffneten Konflikt mit militärischen Mitteln „einen Angriff gegen zivile Objekte richtet, solange sie durch das humanitäre Völkerrecht als solche geschützt sind, namentlich Gebäude, die dem Gottesdienst, der Erziehung, der Kunst, der Wissenschaft oder der Wohltätigkeit gewidmet sind, geschichtliche Denkmäler, Krankenhäuser und Sammelplätze für Kranke und Verwundete, unverteidigte Städte, Dörfer, Wohnstätten oder Gebäude oder entmilitarisierte Zonen sowie Anlagen und Einrichtungen, die gefährliche Kräfte enthalten“. Die Tat wird auch verfolgt, wenn sie nicht im Inland begangen worden ist (§ 1 VStGB). Es gilt das Weltrechtsprinzip.148

B. Europarecht I. Spezifischer Kulturgüterschutz 148

Das Europarecht spielt bisher für den Kulturgüterschutz eine nachrangige Rolle. Infolge der beschränkten Kulturkompetenz der Europäischen Union und mangels einer Einzelermächtigung spezifisch zum Kulturgüterschutz bietet das Europarecht kaum kulturgüterspezifische Normen an, die hier betrachtet werden könnten. An spezifischen Regeln für unbewegliche Kulturgüter fehlt es vollends.149

149

Art. 167 AEUV (Ex-Art. 151 EGV) bestimmt, dass die Union einen Beitrag zur Entfaltung der Kulturen der Mitgliedstaaten unter Wahrung ihrer nationalen und regionalen Vielfalt sowie gleichzeitiger Hervorhebung des gemeinsamen kulturellen Erbes zu leisten hat (Abs. 1). Sie hat durch ihre Tätigkeit die Zusammenarbeit zwischen den Mitgliedstaaten zu fördern und unterstützt und ergänzt erforderlichenfalls deren Tätigkeit in den Bereichen der Verbesserung der Kenntnis und Verbreitung der Kultur und Geschichte der europäischen Völker, der Erhaltung und des Schutzes des kulturellen Erbes von europäischer Bedeutung, des nichtkommerziellen Kulturaustauschs, des künstlerischen und literarischen Schaffens einschließlich des audiovisuellen Bereichs (Abs. 2). Die Union und die Mitgliedstaaten haben die Zusam146 Werle, Völkerstrafrecht, 2. Aufl. 2007, Rn. 302; näher auch Werle / Jeßberger, JZ 2002, 725 ff. 147 So der Regierungsentwurf zum Völkerstrafgesetzbuch, S. 1, und dazu Satzger, NStZ 2002, 125 (125). 148 Näher Satzger, NStZ 2002, 125 (131 f.). 149 Vgl. Odendahl, Kulturgüterschutz, 2005, S. 289 f.

B. Europarecht

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menarbeit mit dritten Ländern und den für den Kulturbereich zuständigen internationalen Organisationen, insbesondere mit dem Europarat, zu fördern (Abs. 3). Außerdem hat die Union bei ihrer Tätigkeit aufgrund anderer Bestimmungen des AEUV den kulturellen Aspekten Rechnung zu tragen, insbesondere zur Wahrung und Förderung der Vielfalt ihrer Kulturen (Abs. 4). Der Rat ist befugt, zur Verwirklichung dieser Ziele Fördermaßnahmen unter Ausschluss jeglicher Harmonisierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten zu erlassen sowie auf Vorschlag der Kommission Empfehlungen abzugeben (Abs. 5). Gemäß Art. 36 AEUV (Ex-Art. 30 EGV) stehen die Bestimmungen der Art. 34 150 und 35 AEUV (Ex-Art. 28 und 29 EGV) u. a. solchen Einfuhr-, Ausfuhr- und Durchfuhrverboten oder -beschränkungen nicht entgegen, die zum Schutze des nationalen Kulturguts von künstlerischem, geschichtlichem oder archäologischem Wert gerechtfertigt sind. Diese Verbote oder Beschränkungen dürfen jedoch weder ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung noch eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten darstellen. Die Verordnung (EWG) Nr. 3911 / 92 des Rates vom 9. 12. 1992150 über die Ausfuhr von Kulturgütern sowie die Richtlinie 93 / 7 / EWG des Rates vom 15. 3. 1993151 über die Rückgabe von unrechtmäßig aus dem Hoheitsgebiet eines Mitgliedstaats verbrachten Kulturgütern konkretisieren diese primärrechtlichen Vorgaben, indem sie die Ausfuhr von Kulturgütern an ein beschränktes Genehmigungserforderns binden bzw. Pflichten zur Rückverbringung unrechtmäßig erlangten Kulturgutes normieren. Der diesen Normen zugrunde liegende Kulturgutbegriff ist unklar. Aus dem Regelungsbe- 151 reich folgt allein, dass nur prinzipiell aus- bzw. rückführbare Kulturgüter erfasst sind. Die betreffenden Kulturgüter haben folglich zum einen objektförmig, zum anderen nicht raumgebunden zu sein; schließlich müssen sie qualitativ dem Kriterium einer bestimmten archäologischen, historischen oder künstlerischen Bedeutung genügen. In diesem Sinne ist folglich nicht jedes Gut von kultureller Bedeutung bereits ein Kulturgut.152 Zwar definiert Art. 1 der Richtlinie 93 / 7 / EWG grob den Begriff des Kulturgutes. Im Wesentlichen verbleibt es aber bei dem Begriffsgerüst aus Art. 36 AEUV (Ex-Art. 30 EGV). Eine nähere Konturierung gelingt auch Art. 1 i. V. m. dem Anhang der VO (EWG) Nr. 3911 / 92 nicht.153

Art. 107 AEUV Abs. 3 lit. d AEUV (Ex-Art. Art. 87 EGV) regelt schließlich, 152 dass staatliche oder aus staatlichen Mitteln gewährte Beihilfen als mit dem gemeinsamen Markt vereinbar angesehen werden können, soweit sie zur Förderung der Kultur und der Erhaltung des kulturellen Erbes bestimmt sind und sie die Handelsund Wettbewerbsbedingungen in der Union nicht in einem Maß beeinträchtigen, das dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft.

150 151 152 153

ABl. 1992, L 395 / 1. ABl. 1993, L 74 / 74. Schroeder, in: Streinz, EUV / EGV, Art. 30 EG Rn. 18. Zur Kritik im Einzelnen Eberl, NVwZ 1994, 729 (730).

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§ 2 Völker- und Europarecht

II. Weiter Umweltbegriff 153

Eine wesentliche rechtliche Bedeutung des Unionsrechts für das Denkmalschutzrecht kann sich jedoch aus dem europarechtlichen Begriff der Umwelt ergeben, der auch Denkmäler erfassen kann. Es wird sich zeigen, dass bei Zugrundelegung dieses weiten europarechtlichen Umweltbegriffs, die die Aarhus-Konvention umsetzende Öffentlichkeitsbeteiligungs-Richtlinie 2003 / 35 / EG154 dahin gehend auszulegen ist, dass ein Verbandsklagerecht im Denkmalschutz zwingend auch in das deutsche Recht zu übernehmen ist (siehe dazu § 5 A. III.).

154

Im AEUV (wie zuvor im EGV) wird der Umweltbegriff nicht näher erläutert bzw. definiert. Ob der Umweltbegriff im AEUV neben der (unstreitig erfassten) natürlichen Umwelt auch das sozioökonomische Umfeld des Menschen umfasst,155 kann vorliegend offen bleiben. Zu thematisieren ist hier allein, ob Sachgüter und insbesondere das kulturelle Erbe vom Umweltbegriff der Art. 191 ff. AEUV (Ex-Art. 174 ff. EGV) erfasst sind. Diese Frage wird in der Literatur nicht einheitlich beantwortet; vorab ist aber schon anzumerken, dass die aktuelle Tendenz deutlich in Richtung einer weiten Auslegung des Art. 192 AEUV (Ex-Art. 175 EGV) geht und auch kulturhistorisch bedeutsame Bauten mit erfasst sieht.

155

Dafür, dass der Begriff Umwelt einschränkend auszulegen ist, spricht, dass eine fehlende Definition und die vielfältigen aufgeführten Ziele im Umwelttitel des AEUV nicht zu einem unbeschränkten Verständnis führen dürfen.156 Die Kompetenz der Europäischen Union findet ihre Grenzen in der Regel in den anderen Kompetenzbereichen der Union.157

156

Für ein weites Verständnis des Umweltbegriffes der Union spricht die unionsrechtliche UVP-Richtlinie, deren Gegenstand gemäß Art. 1 Abs. 1 eine Umweltverträglichkeitsprüfung bei öffentlichen und privaten Projekten ist, die möglicherweise erhebliche Auswirkungen auf die Umwelt haben können.158 Ausweislich des Art. 3 der UVP-RL identifiziert, beschreibt und bewertet die Umweltverträglichkeitsprüfung in geeigneter Weise nach Maßgabe jeden Einzelfalls nach näheren Bestimmungen die unmittelbaren und mittelbaren Auswirkungen eines Projekts auf die Faktoren Mensch, Fauna und Flora, Boden, Wasser, Luft, Klima und Land154 Richtlinie 2003 / 35 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme und zur Änderung der Richtlinien 85 / 337 / EWG und 96 / 61 / EG des Rates in Bezug auf die Öffentlichkeitsbeteiligung und den Zugang zu Gerichten, ABl. EU 2003 L 156 / 17. 155 Kritisch Kloepfer, Umweltrecht, 3. Aufl. 2004, § 9 Rn. 84. 156 Frenz, Europäischen Umweltrecht, Teil I, 1997, § 1 Rn. 62 f. 157 Vgl. Kloepfer, Umweltrecht, 3. Aufl. 2004, § 9 Rn. 84. 158 Für die Einbeziehung der in Art. 3 UVP-RL genannten Rechtsgüter auch Callies in: Calliess / Ruffert, Das Verfassungsrecht der Europäischen Union, 3. Aufl. 2007, Art. 174 EG Rn. 8.

B. Europarecht

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schaft, Sachgüter und kulturelles Erbe sowie die Wechselwirkung zwischen den genannten Faktoren. Unter dem Begriff der Kultur- und Sachgüter wird man insbesondere Bauwerke und Kulturdenkmäler zu verstehen haben.159 Eine Einbeziehung der menschlich gestalteten und bebauten Umwelt in den Umweltbegriff ist auch deshalb geboten, weil es im Bereich des Umweltschutzes nur in Ausnahmefällen tatsächlich um den Schutz natürlicher Urzustände geht. Die „natürliche Umwelt“ im Sinne einer nicht vom Menschen beeinflussten Umgebung ist im Gebiet der europäischen Union kaum mehr vorhanden. Selbst in den gebräuchlichen Naturbegriff werden menschlich gestaltete Lebensräume für Flora und Fauna, wie die Kulturlandschaften und menschliche Siedlungsbereiche mit einbezogen. Man denke hier z. B. nur an Fledermausquartiere in Dachstühlen. Ein Ausufern der Umweltschutzaufgaben im Falle einer solchen Auslegung ist hingegen nicht zu befürchten, denn umweltrechtlich relevante Vorschriften sind jeweils im Kontext des jeweiligen Rechtsetzungsaktes zu sehen und schützen damit grundsätzlich nur vor regelungsspezifischen Gefährdungen.160 Für ein weites Verständnis des Begriffes Umwelt wird in der Literatur auch da- 157 rauf hingewiesen, dass die Art. 191 ff. AEUV (Ex-Art-174 ff. EGV) neben allen natürlichen Ressourcen unter dem Titel „Umwelt“ ebenso Regelungen z. B. bezüglich der Raumordnung und der Bodennutzung enthalten und somit die vom Menschen bebaute Umwelt mit einschließen, vgl. Art. 192 Abs. 2 UAbs. 1 lit. b AEUV (Ex-Art. 175 EGV).161 Zudem ist zu bedenken, dass bei der Einführung der früheren Art. 130r ff. EWGV die diskutierten einschränkenden Zusätze auf eine „natürliche Umwelt“ keine Mehrheit haben finden können, woraus geschlossen werden könne, dass der Umweltbegriff weit und offen zu verstehen sei.162 Aber auch die Aktionsprogramme der Union sprechen dafür, neben dem natürlichen Erbe das kulturelle Erbe, zumindest baulicher und landschaftsgestalterischer Art mit in den unionsrechtlichen Umweltbegriff einzubeziehen.163 Für das vorliegend im Mittelpunkt stehende kulturelle Erbe baulicher und land- 158 schaftsgestalterischer Art erscheint eine Auslegung des Unionsrechts möglich, die eine Entscheidung zwischen der einen oder anderen Position erübrigt bzw. fließende Übergänge ermöglicht. Der Begriff der Kultur, wie er in Art. 167 AEUV (ExArt. 151 EGV) verwandt wird, ist von einer Weite, die Überschneidungen mit anderen Kompetenzbereichen der Union bedingt. Beispielsweise werden die Kulturlandschaften ohne weiteres in den Umweltbegriff eingeschlossen, obwohl auch sie in ihrer nationalen und regionalen historischen Vielfalt ohne weiteres unter den Kulturbegriff des Art. 167 AEUV (Ex-Art. 151 EGV) fallen. Auch die Tatsache der ExisVgl. auch Kloepfer, Umweltrecht, 3. Aufl. 2004, § 1 Rn. 17. Vgl. Kloepfer, Umweltrecht, 3. Aufl. 2004, § 1 Rn. 18. 161 Kahl, in: Streinz, EUV / EGV, Art. 174 Rn. 35; L. Rößing, Denkmalschutz und Umweltverträglichkeitsprüfung, 2004, S. 32 m. w. N. 162 Kahl, in: Streinz, EUV / EGV, Art. 174 Rn. 35. 163 L. Rößing, Denkmalschutz und Umweltverträglichkeitsprüfung, 2004, S. 33 m. w. N. 159 160

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§ 2 Völker- und Europarecht

tenz von Naturdenkmälern, die vom Begriffsverständnis sowohl unter den Kulturals auch unter den Umweltbegriff fallen, zeigt, dass eine klare Abgrenzung der Kultur von der Umwelt selbst bei Zugrundelegung eines engen Umweltbegriffs nicht möglich ist. Das Naturschutzrecht, als einer der Kernbereiche des Umweltrechts, und der Denkmalschutz werden wegen ihrer Verwandtschaft und des gemeinsamen Ursprunges als „verschwisterte Rechtsbereiche“164 bezeichnet, die sowohl auf nationaler als auch auf unionsrechtlicher Ebene nicht immer scharf voneinander zu trennen sind. Kompetenzrechtlich spricht also auch im Bereich des landschaftlichen und baulichen kulturellen Erbes nichts dagegen, dieses einerseits als Umwelt zu betrachten, die vor schädlichen Einwirkungen zu schützen ist und es andererseits gleichzeitig als Kultur einzuordnen, die es als gemeinschaftliches kulturelles Erbe zu schützen gilt. Allerdings kann die Gesetzgebungskompetenz eine eindeutige Zuordung erzwingen. Die Einordnung in den einen oder anderen Kompetenztitel hat bei Zugrundelegung der hier vertretenen Auffassung jeweils nach dem konkreten Zusammenhang zu erfolgen. Es ist also zu fragen, ob es beispielsweise um die Wahrung der kulturellen Identität vor dem Vergessen bzw. der gezielten Zerstörung durch Abriss geht, oder um eine Gefährdung der jeweiligen Güter durch andere schädliche Umwelteinwirkungen. 159

Die Frage nach dem Sachzusammenhang der zu schaffenden unionsrechtlichen Regelung oder Maßnahme bestimmt letztlich, welcher Titel einschlägig ist und wie weit die Kompetenzen der Union in diesem Bereich gehen. Das bestätigt auch die Kulturverträglichkeitsklausel des Art. 167 Abs. 4 AEUV (Ex-Art. 151 EGV), wonach die Union bei ihrer Tätigkeit aufgrund anderer Bestimmungen des AEUV den kulturellen Aspekten, insbesondere zur Wahrung und Förderung der Vielfalt ihrer Kulturen Rechnung zu tragen hat.

160

So wird auch im Schrifttum anerkannt, dass der Umstand, dass supranationale Regelungen zwar kulturelle Ziele verfolgen, aber im Schwerpunkt andere Politikbereiche betreffen, es angesichts der Klausel des Art. 167 Abs. 4 AEUV (Ex-Art. 151 EGV) nicht ausschließt, die Regelungen auf entsprechende Bestimmungen des Vertrages außerhalb des Art. 167 AEUV (Ex-Art. 151 EGV) zu stützen. Solche „kulturellen Sekundäreffekte“ seien selbst dann zulässig, wenn die betreffenden Ordnungsmaßnahmen indirekt Rückwirkungen auf die nationalen Rechtsordnungen haben.165 Kompetenzfragen seien in erster Linie anhand der klassischen Abgrenzungskriterien der Spezialität und der Subsidiarität zu entscheiden.166 Als Grundsatz der Abgrenzung des Art. 192 AEUV (Ex-Art. 175 EGV) von anderen Kompetenzbestimmungen wurde herausgearbeitet, dass Rechtsakte, die „spezifisch“ bzw. „hauptsächlich“ Maßnahmen im Umweltbereich zum Gegenstand und nur „beiläufig“ oder „mittelbar“ Auswirkungen auf andere Politikfelder der Union haben, allein auf Art. 192 AEUV (Ex-Art. 175 EGV) zu stützen seien. Es habe eine am objektiv zu ermittelnden Schwerpunkt vorzunehmende Abgrenzung zu

164 Vgl. Hönes, NuR 2003, 257; ders., in: Erhaltung der Natur- und Kulturlandschaft und regionale Identität, Rechtsfragen zur Erhaltung von Kulturlandschaft, Dokumentation der Tagung vom 23. 1.– 26. 1. 2006 auf der Insel Vilm, Putbus, S. 72 und 77. 165 Blanke, in: Calliess / Ruffert, Das Verfassungsrecht der Europäischen Union, 3. Aufl. 2007, Art. 151 EG Rn. 21 m. w. N. 166 Callies, in: Calliess / Ruffert, Das Verfassungsrecht der Europäischen Union, 3. Aufl. 2007, Art. 175 EG Rn. 16 m. w. N.

B. Europarecht

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erfolgen. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt sei der materielle Regelungsgehalt bzw. die Sachnähe sowie erkennbare Zielsetzungen des Rechtsaktes. Bei Rechtsakten, die für alle genannten Aspekte gleichermaßen wesentlich sind, bestehe eine Verpflichtung der Unionsorgane, den Rechtsakt auf der Grundlage beider die Zuständigkeit begründenden Bestimmungen zu erlassen, was aber dann ausgeschlossen sei, wenn die Rechtsetzungsverfahren (so wie im hier angesprochenen Bereich) miteinander unvereinbar seien.167

An dieser Stelle ist also festzuhalten, dass der Umweltbegriff des Unionsrechts 161 auch Sachgüter und das kulturelle Erbe umfasst.168

167 Callies, in: Calliess / Ruffert, Das Verfassungsrecht der Europäischen Union, 3. Aufl. 2007, Art. 175 EG Rn. 17. 168 Vgl. auch Krämer, in: von der Groeben / Schwarze, Kommentar zum EU- und EG-Vertrag, 6. Aufl. 2003, Art. 174 EG Rn. 4.

§ 3 Verfassungsrecht A. Kulturstaat unter dem Grundgesetz I. Kultur als Element von Staatlichkeit 162

Unbestritten ist Kultur ein Element der modernen Staatlichkeit und ist Staatlichkeit ein Element von Kultur. Neben diese Gewissheit tritt aber die Unsicherheit, wie das genaue Verhältnis von Staat und Kultur zu bestimmen ist: die Rolle des Staates in der Kultur und die Beziehung der Kultur zum Staat. Diese Streitfrage gewann in der Bundesrepublik Deutschland auch deshalb rasch ein besonderes Gewicht, weil das Grundgesetz sich als Antwort auf und als Absage an die zivilisatorische Barbarei des Nationalsozialismus verstand. In dieser Verfassungsgebung als Zukunftsbewältigung aus Vergangenheitserfahrung1 lag es nahe, die Kultur zum Wesenselement der neuverfassten Staatlichkeit zu erheben. Das daraus gebildete Kulturstaatskonzept sowie die Kritik, die es erfahren hat, bilden seit einem halben Jahrhundert Fixpunkte der einschlägigen rechtswissenschaftlichen Auseinandersetzung.

163

Der Begriff des Kulturstaats ist für das Grundgesetz von Ernst Rudolf Huber eingeführt worden, doch eigentlich geht er auf Johann Gottlieb Fichte zurück.2 Hinter der begrifflichen Verbindung verbirgt sich gleichwohl gerade die ideengeschichtliche Ablösung beider Begriffe: Der Kulturstaat war in Fichtes Verständnis der die Kultur zulassende Staat, der sie als System mit eigener Sachlogik und eigener Zweckbestimmung neben sich bestehen ließ.3 Es ist in diesem Sinne die Innovation des Kulturstaates, dass er eine Staatskultur nicht kennt, sie jedenfalls nicht in Konkurrenz bringt zu der von den Staatsbürgern – durch künstlerische Tätigkeit etwa – zur Entwicklung und Entfaltung gebrachten Kultur. Die Kultur dieses Kulturstaates ist maßgeblich seine Kulturoffenheit.

164

Kultur liegt der Verfassung voraus und ist durch sie geprägt. Sie ist zugleich Verfassungsvoraussetzung4 und Verfassungsinhalt. Die rechtliche Freiheit ist kulturell 1 Kloepfer, Verfassungsgebung als Zukunftsbewältigung aus Vergangenheitserfahrung. Zur Verfassungsgebung im Vereinten Deutschland, in: ders., Kontinuität und Diskontinuität in der deutschen Verfassungsgeschichte, 1994, S. 35 ff. 2 Näher Fichte, Die Grundzüge des gegenwärtigen Zeitalters (1806), in: ders., Sämtliche Werke, Bd. VII, S. 189 ff. (S. 200 f.). 3 Grimm, VVDStRL 42 (1983), 46 (47). 4 Zum Begriff der Verfassungsvoraussetzung Krüger, FS Scheuner, 1973, 285 (286 ff.); Isensee, HdBStR V, 2. Aufl. 2000, § 115 Rn. 162 ff.

A. Kulturstaat unter dem Grundgesetz

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bedingte Freiheit.5 Die Kultur einer Gesellschaft bildet gleichsam den geistigen Nährboden ihrer möglichen Verfassungsordnung. Nicht jede Verfassung gelingt in jeder Gesellschaft, und die Gründe dafür sind vielfach kulturell. Dabei ist zu bedenken, dass kein Verfassungstext all jene Voraussetzungen selbst schaffen kann, derer er bedarf, um wirken zu können. Um kulturelle Vorstellungen zu erneuern und zu ersetzen, genügt eine neue Verfassung alleine nicht. Der Staat darf folglich gegenüber der Kultur nicht gleichgültig sein, weil dies zur 165 Erosion seiner Grundlage selbst führen muss.6 Die kulturellen Vorstellungen des Grundgesetzes knüpfen vor allem an die geistesgeschichtlichen Grundlagen der Aufklärung an: insbesondere an Rousseaus Esprit und Kants Ewigen Frieden, an Schillers Tell oder auch Büchners Woyczeck. Gerade für das Grundgesetz ist nicht zweifelsfrei, dass bestimmte kulturelle Grundlagen ihm ganz selbstverständlich voraus gelegen hätten. Schon das Deutsche Kaiserreich setzte aufklärerische Innovation und restauratorische Tradition wenigstens in ein dialektisches Spannungsverhältnis. Das demokratische Intermezzo der Weimarer Republik mag nicht nur an äußeren Rahmenbedingungen und inneren Fehlentscheidungen gekrankt haben, sondern auch an der mangelnden Verbreitung der kulturellen Voraussetzungen der Demokratie in der Bevölkerung. Die Einwirkung der Aufklärung auf die deutsche Kultur endete abrupt im Nationalsozialismus; seinen Charakter prägte eine Art Gegenaufklärung gegenüber dem auch aus der Aufklärung erwachsenen Zivilisationsfortschrittes des 19. Jahrhunderts.7 Letztlich nutzte der Nationalsozialismus die (industriellen) Instrumente der Moderne im Dienste eines Menschenbildes der Vormoderne. Die kulturelle Anknüpfung des Grundgesetzes richtet sich nicht so sehr auf die 166 kulturelle Realität, sondern knüpft vielmehr an eine kulturelle Potenzialität an: Das Grundgesetz setzt unterhalb der Oberfläche der jeweils herausgebildeten Rechtsund Gesellschaftsordnung an, mithin an eine geistesgeschichtliche Kontinuität innerhalb der realgeschichtlichen Diskontinuität. Umso mehr freilich muss die Pflege der eigenen Voraussetzung zur Aufgabe des Verfassungsrechts werden, die es von der Möglichkeit zur Wirklichkeit zu erheben gilt. Als selbsterhaltende Ordnung ausgestaltet (Art. 79 Abs. 3 GG), muss und darf die Verfassung für die Voraussetzungen werben, auf denen sie fußt. Die Idee von der Kulturverantwortung des Rechtsstaates ist auf zwei wesentliche Leitideen der Aufklärung zurückführbar: Zum einen auf die Idee, dass die Demokratie auf die Tugendhaftigkeit – mithin auf die in rechter Weise gebildete Persönlichkeit – ihrer Bürger angewiesen sei; zum anderen auf die Idee, dass der Mensch zur Selbstvervollkommnung fähig sei, zu dieser aber auf Bildung und Wissen angewiesen sei.8 Häberle, AöR 124 (1999), 549 (566). Grimm, VVDStRL 42 (1983), 64 (64). 7 Zu Zivilsationsprozessen im 19. Jahrhundert vgl. Elias, Der Prozess der Zivilisation, Band 1, S. 388 ff. 8 Vgl. Sommermann, VVDStRL 65 (2006), 7 (13 ff.). 5 6

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§ 3 Verfassungsrecht

II. Kultur als Staatsziel 9 1. Ausgangspunkt 167

Bereits Art. 158 Abs. 1 WRV formulierte, die geistige Arbeit, das Recht der Urheber, der Erfinder und der Künstler genössen den Schutz und die Fürsorge des Reiches. Art. 150 WRV bestimmte, dass Denkmäler der Kunst, der Geschichte und der Natur sowie die Landschaft den Schutz und die Pflege des Staates genießen. Nach der Weimarer Reichsverfassung war folglich Kultur ein verfassungsnormatives Staatsziel. Dem Vorbild der WRV sind insoweit viele Landesverfassungen unter Geltung des Grundgesetzes gefolgt. An einer solchen verfassungsexpliziten Verortung der Kultur und des Kulturstaates fehlt es im Grundgesetz. Die jüngere Auseinandersetzung richtet sich folglich darauf, ob in das Grundgesetz, gleich dem Vorbild der Verfassung von Weimar und der heutigen Bundesländer, ein solches Staatsziel Kultur aufgenommen werden kann und aufgenommen werden sollte10 – bzw. ob es möglicherweise bereits ohnedies der Sache nach aufgenommen ist.

2. Staatszielbestimmung und Staatsziel 168

Der Begriff des Staatsziels freilich ist vieldeutig und schillernd. Auch unter Beachtung der verschiedenen Abstraktionsgrade jedenfalls kann ist der Begriff der Staatszielbestimmung von jenem des Staatsziels unterschieden werden.11 Die Staatszielbestimmung legt ein bestimmtes Staatsziel fest.

169

Bei Staatszielbestimmungen handelt es sich um Verfassungsnormen mit rechtlich bindender Wirkung, die der Staatstätigkeit die fortdauernde Beachtung oder Erfüllung bestimmter Aufgaben – sachlich umschriebener Ziele – vorschreiben. Sie umreißen ein bestimmtes Programm der Staatstätigkeit und sind dadurch eine Richtlinie oder Direktive für das staatliche Handeln, auch für die Auslegung von Gesetzen und sonstigen Rechtsvorschriften.12 Aus diesen grundsätzlichen Wertmaßstäben für staatliches Handeln lassen sich freilich nicht bereits normativ auch im Detail verbindliche Vorgaben namentlich für die Gesetzgebung ableiten. Sie stehen damit zwischen Grundrechten und Verfassungsaufträgen: Anders als diese geben sie keine unzweideutige Finalität staatlichen Handelns vor; anders als jene sollen sie – aufgrund eines gesetzgeberischen horror iudicis – keineswegs einklag9 Siehe dazu auch Kloepfer, Verfassungsrecht I, 2011, § 13; zuvor bereits ders., FS Mußgnug, 2005, 3. 10 Kloepfer, Verfassungsrecht I, 2011, § 13 Rn. 27. 11 Zu Kategorien der Abschichtung Brugger, NJW 1989, 2425 (2427). 12 BMI / BMJ (Hrsg.), Staatszielbestimmungen / Gesetzgebungsaufträge. Bericht der Sachverständigenkommission, 1983, Rn. 7 u. 130 ff.; zust. etwa Steinberg, NJW 1987, 1985 (1991); Murswiek, NVwZ 1996, 222 (224).

A. Kulturstaat unter dem Grundgesetz

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bar sein.13 Dies hat einen normativ anerkennungswürdigen Grund: Staatszielbestimmungen nämlich bewegen sich regelmäßig in Ordnungs- bzw. Gestaltungsbereichen der Gesellschaftspolitik; und Gesellschaftspolitik bedarf ebenso prinzipiell eines besonders hohen Maßes an gestaltungspolitischer Offenheit.14 Eine Staatszielbestimmung ist folglich ein verfassungsrechtlicher Programmsatz 170 mit erweiterter Normativität: Immerhin nämlich versehen Staatszielbestimmungen bestimmte gesellschaftspolitische Regelungs- oder Aufgabenbereiche mit unmittelbarer, dem Gesetzgeber und der Gesetzgebung sodann vorgegebener Verfassungsqualität. Die in die Form einer Staatszielbestimmung gegossenen objektiv-verfassungs- 171 rechtlichen Wertentscheidungen korrelieren und konkurrieren mit anderen grundgesetzlichen, insbesondere grundrechtlichen Wertungen, etwa dann, wenn der Gesetzgeber konkrete Abwägungsentscheidungen zu treffen hat.15 Insoweit Staatszielbestimmungen als verfassungsunmittelbare Abwägungsmaßstäbe wirken,16 werden ihre juristischen Konsequenzen allerdings immer dann spürbar, wenn der Gesetzgeber sich damit begnügt, offene Abwägungsprogramme vorzugeben oder sofern sich Abwägungen bei der Prüfung von gesetzlichen Grundrechtseingriffen ergeben. In diesen Abwägungsvorgängen bei der Anwendung von grundrechtlichen Verbürgungen, drohen Staatszielbestimmungen freilich grundrechtsverkürzend zu wirken. Was die Kultur betrifft, so fehlt eine solche Staatszielbestimmung im Grundgesetz bisher. Ihre Formulierung und Implementation ist Gegenstand verfassungspolitischer und -wissenschaftlicher Auseinandersetzung. Allerdings ist eine explizite Bestimmung über ein Staatsziel jedenfalls dann nicht 172 in gleicher Weise erforderlich, wenn das in Bestimmungsform zu normativierende Staatsziel ohnedies bereits Inhalt der Verfassung ist. Aus einer Gesamtschau bestimmter Verfassungsnormen oder gar des Normtextes insgesamt kann sich nämlich gleichfalls ergeben, dass der verfassungsseitig konstituierte Staat verfassungsinhärent bestimmten Zielen verpflichtet ist. Bevor nach der Erforderlichkeit einer Staatszielbestimmung gefragt werden soll, ist folglich zunächst zu untersuchen, inwieweit das Staatsziel Kultur unter dem Grundgesetz bereits besteht.

13 Zu den hieraus erwachsenden „verfassungsrechtlichen Aporien“ Murswiek, NVwZ 1996, 222 (222). 14 Scholz, Stellungnahme zur Anhörung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages am 29. Januar 2007, S. 5. 15 Kloepfer, FS Mußgnug, 2005, 3 (11 f.). 16 Scholz, Stellungnahme zur Anhörung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages am 29. Januar 2007, S. 1.

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§ 3 Verfassungsrecht

3. Begründung eines Staatsziels Kultur de constitutione lata a) Begründung aus dem Einigungsvertrag 173

Eine Benennung des Terminus Kulturstaat findet sich zwar nicht im Grundgesetz; immerhin aber in Art. 35 Abs. 1 S. 3 des Einigungsvertrages, der davon spricht, dass „Stellung und Ansehen eines vereinten Deutschlands in der Welt außer von seinem politischen Gewicht und seiner wirtschaftlichen Leistungskraft ebenso von seiner Bedeutung als Kulturstaat abhängen“. Die Parteien des Einigungsvertrages erkennen hiermit die Bedeutung der Kulturstaatlichkeit an, und aufgrund des Vertragscharakters des Dokumentes gewinnt die zunächst deskriptive Stelle an einer spezifischen Normativität. Ein Staatsziel setzt aber verfassungskräftige Normativität voraus. Hieran fehlt es dem Einigungsvertrag, der einen atypischen völkerrechtlichen bzw. (nach westdeutscher Dogmatik) staatsrechtlich-deutschlandrechtlichen Vertrag, kraft Entstehung und Stellung jedoch mitnichten eine Verfassungsergänzung darstellt. Für die Verortung des Kulturellen im Grundgesetz ist die Stelle aber insoweit bedeutsam, als sie eine bereits gegenwärtig verfassungsimmanente Kulturstaatlichkeit indiziert.

b) Begründung aus den Gesetzgebungskompetenzen 174

Aus den – ohnehin nur spärlichen – Gesetzgebungskompetenzen des Bundes in Kulturangelegenheiten kann man jedenfalls ein Staatsziel Kultur nicht herleiten. Denn der Zuweisung einer Aufgabe im Rahmen der föderalistischen Kompetenzverteilung kann man zwar entnehmen, dass bei dem hierdurch erfassten Bereich um ein verfassungslegitimes Ziel gesetzgeberischer Aktivitäten handelt; es lässt sich daraus jedoch nicht eine Aufwertung der Kultur zum Verfassungsgut ableiten.17

c) Begründung aus den Grundrechten 175

Teilweise aber wird auch vertreten, das Staatstziel Kultur liege bereits in den Grundrechten selbst. Konkreter soll Art. 5 Abs. 3 S. 1 GG für die grundrechtliche Begründung eines Staatsziels Kultur in Frage kommen. Im Zentrum steht dabei die grundrechtliche Verbürgung der Kunstfreiheit; auch die Wissenschaftsfreiheit wird berührt, mag sie sich auch in gewisser Ambivalenz zur kulturellen Entwicklung verhalten: einerseits kann die Wissenschaft die kulturelle Entwicklung antreiben und durch sie angetrieben werden. Andererseits kann Wissenschaft auch anderen Paradigmen verpflichtet sein, das kulturell Gewachsene durch den wissenschaftlichen Fortschritt in Frage gestellt werden. 17 Kloepfer, Verfassungsrecht I, 2011, § 13 Rn. 12; Sondervoten Böckenförde / Mahrenholz, BVerfGE 69, 1 (58 ff., 65 ff.); Kloepfer, JZ 1986, 205 (207), ders., FS Mußgnug, 2005, 3.

A. Kulturstaat unter dem Grundgesetz

79

Eine solch grundrechtsangebundene Staatszielbegründung liegt zunächst deshalb 176 nahe, weil ein Staat, der Kunstfreiheit gewährt, im Ergebnis auch die in Betätigung der Freiheit entstehende Kunst selbst gewährt. Schon die Grundrechtsgarantie hat daher auch eine objektive Konsequenz. Mehr noch statuieren Grundrechte eine objektive Werteordnung. In der Anerkennung der Freiheit des Einzelnen hinsichtlich bestimmter Verhaltensweisen und Güter liegt zugleich eine Bejahung eben dieser Verhaltensweisen und Güter als anerkennungswürdige Werte auch jenseits ihrer Betätigung durch den Einzelnen. Dabei wird zwar von einem Primat des subjektiven gegenüber dem objektiven Gehalt (objektive Gewährleistung als lediglich notwendige Folge) auszugehen sein. Die subjektive Gewährleistung ist nicht bloßer Durchsetzungshebel der objektiven Dimension. Kultur in Gestalt von vor allem Kunst und Wissenschaft ist aber auch als objektiver Wert Gegenstand staatlicher Gewährleistungspflicht. Doch auch wenn man aus dieser Grundsatznorm die Pflicht des Staates zum 177 Schutz und zur positiven Pflege von Kunst, Wissenschaft und Forschung18 sowie ein engen Grenzen unterworfenes Teilhaberecht19 herleitet: Man wird darin weder eine Staatszielbestimmung noch einen Verfassungsauftrag Kultur sehen können.20

d) Verortung in den übrigen Staatszielen Einer ausdrücklichen Staatszielbestimmung Kultur aber bedarf es auch nicht, 178 wenn sich Kultur als Staatsziel bereits in den bestehenden Staatszielen verorten und von ihnen ableiten ließe. In Betracht kommt nicht das Rechtsstaatsprinzip, das – so sehr der Rechtsstaat auch eine kulturelle Errungenschaft ist – doch bloß Metastandards der Rechtsordnung definiert; nur weil das Recht selbst ein Ausdruck von Kultur ist, greift das Rechtsstaatsprinzip doch nicht insgesamt auf die Kultur aus. Auch im Demokratieprinzip lässt sich Kultur allenfalls bedingt verorten, und zwar unter dem Aspekt des Minderheitenschutzes.21 Erwogen werden kann zudem ein Rekurs auf das Sozialstaatsprinzip. Die in 179 Art. 20 Abs. 3 GG vorgegebene staatliche Zielverpflichtung, soziale Sicherheit und soziale Gerechtigkeit zu gewähren, kann auf die Kultur erstreckt werden: Der Sozialstaatsauftrag des Grundgesetzes kann sich inhaltlich auf die kulturelle Sphäre – 18 Kloepfer, Verfassungsrecht I, 2011, § 13 Rn. 13; so Scholz, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 5 III Rn. 6. 19 BVerfGE 35, 79 (114) – Hochschulurteil. 20 So aber Scholz, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 5 III Rn. 8; Palm, Öffentliche Kunstförderung zwischen Kunstfreiheitsgarantie und Kulturstaat, 1998, S. 125 ff.; unklar BVerfGE 36, 321 (331); 81, 108 (116), das davon ausgeht, dass sich der moderne Staat „im Sinne einer Staatszielbestimmung auch als Kulturstaat versteht“, dies jedoch als Auslegungsregelung für Art. 5 III GG, nicht jedoch als dessen Ergebnis begreift. Wie hier Geißler, Staatliche Kunstförderung nach Grundgesetz und Recht der EG, 1995, S. 49 f. 21 Siehe Steiner, VVDStRL 42 (1983), 7 (33).

80

§ 3 Verfassungsrecht

auf die soziale Dimension von Kultur – beziehen. Insoweit mag die soziale Situation der Kulturschaffenden22 ebenso Gegenstand des Sozialstaatsauftrages sein wie der Zugang aller Bürger zu bestimmten Kulturgütern. Der Argumentationsgang wäre dieser: Der Sozialstaat sei zur Gewährleistung der Daseinsvorsorge verpflichtet, und diese umfasse richtigerweise auch kulturelle Leistungen. Zur Daseinsvorsorge gehörten nicht nur Bildung und Wissenschaft, sondern auch freier Zugang zu Kunsteinrichtungen und der Genuss von Kunst.23 Damit ist jedoch noch kein Staatsziel Kultur verankert. 180

Vielmehr ist vor einer beliebigen Vermischung kultureller und sozialer Ziele zu warnen. Es überlastet das ohnehin fehlausdeutungsanfällige Sozialstaatsprinzip noch weiter, wenn etwa ein staatlicher Kulturauftrag aus dem Umstand hergeleitet werden sollte, dass die soziale Gerechtigkeit erfordere, bestimmte Kulturgüter nicht nur Privilegierten, sondern auch jedem gemeinen Bürger zur Verfügung zu stellen. Das egalitaristische Sozialstaatsprinzip vermag Aussagen über die Verteilung einer rechtlich erheblichen Ressource zu treffen; die rechtliche Erheblichkeit dieser Ressource aber ist vorausgesetzt und nicht aus dem Sozialstaatsprinzip ableitbar. Das Sozialstaatsprinzip ist damit zum einen der Kulturstaatlichkeit komplementär; zum anderen aber steht es in Konkurrenz, ja auch in Widerspruch zu ihr.24 Eine Förderung von Kultur nach Gesichtspunkten des Sozialen (nach der sozialen Ausgewogenheit oder nach dem gesellschaftlichen Bedürfnis) muss zu einem Vorrang kulturexterner Kriterien bei Förderung kultureigener Güter führen. Darin aber läge eine Verminderung des Kulturellen vom Staatziel zur Staatszielnebenfolge

4. Bestrebungen für ein Staatsziel Kultur de constitutione ferenda25 181

Im Ergebnis zeigt sich, dass das Grundgesetz in vielerlei Hinsicht eine kulturfreundliche Verfassungsordnung darstellt. Kultur ist zwar – gewissermaßen als (Teil-)Staatsziel – in vielen Vorschriften vorausgesetzt, es fehlt jedoch im Ergebnis eine Verbürgung der Kultur als echtes Staatsziel. Insoweit könnte einer Kulturstaatsklausel eine neuartige Funktion zukommen. Denkbar wäre, vermittels einer solchen Klausel eine Gesamtkonzeption all jener Normen in einen Grundgesetzartikel zu fassen, die als kulturerhebliche Vorschriften das einfache Recht auf Kulturpflege und Kulturförderung hin orientieren bzw. eine solche Orientierung ausgestalten. Im Ergebnis könnte die Kulturstaatsklausel als Kern einer „kultur22 Paradigmatisch das so genannte Künstlersozialversicherungsgesetz vom 27. Juli 1981, BGBl. I 1981, S. 705. 23 Karpen, Stellungnahme zur Anhörung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages am 29. Januar 2007, S. 2. 24 Steiner, VVDStRL 42 (1983), 7 (23). 25 Zu den rechtspolitischen Ansätzen auch Kloepfer, Verfassungsrecht I, 2011, § 13 Rn. 16 ff.

A. Kulturstaat unter dem Grundgesetz

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verfassungsrechtlichen Rahmenordnung“26 dienen, die nicht nur Schutzlücken zu füllen, sondern auch geeignet wäre, den Schutzgehalt der kulturellen Grundrechte zu konturieren und anzureichern. Die rechtspraktische Reichweite einer solchen Staatszielbestimmung wäre indes- 182 sen zweifelhaft. Allgemein wird an Staatszielbestimmungen das Dilemma begrenzter Normativität bei hohem Abstraktionslevel offenbar. Ihr Gehalt liegt weniger in der Setzung eigener neuer, rechtlicher Inhalte als vielmehr in der (bloß deklamatorischen) Aufladung bestehender Normativität. Hieraus folgt, dass sie nur bedingt eigene rechtliche Folgen haben können. Angesichts der faktischen Eigenschaft der Bundesrepublik Deutschland als Kulturstaat würde das Grundgesetz durch eine Staatszielbestimmung Kultur eine bloße Selbstverständlichkeit zu betonen.27 Wie allgemeine Staatszielbestimmungen würde daher eine Kulturstaatsklausel 183 Erwartungen wecken, die sie nicht erfüllen könnte. Ihr eigentlicher Gehalt – kulturelles Schaffen und kulturelle Schöpfungen zu wahren und zu fördern – ist seit langem anerkannte Staatpraxis, so dass eine Staatszielbestimmung Kultur nichts wirklich Neues leisten kann. Ob Kultur überhaupt und in welchem Maße Kultur (und welche Kultur) gefördert wird, kann vernünftigerweise eine Kulturstaatsklausel nicht bestimmen.28 Eine rechtswirksame Kulturstaatsklausel bliebe in ihren Rechtswirkungen gleich- 184 wohl ambivalent. Das zeigt sich besonders bei den Grundrechten. Denn eine einschlägige Staatszielbestimmung erhebt die Kultur zu einem Verfassungsgut, das als verfassungsimmanente Schranke und als Abwägungsposten bei der Zuordnung in Konflikt stehender Verfassungsrechte konkretisiert werden kann. Hierdurch könnten bestehende gesetzliche Grundrechtsschranken auch für Grundrechte ohne Gesetzesvorbehalt (Art. 4, Art. 5 Abs. 3 GG) verfassungsrechtlich verstärkt werden.29 Betroffen wären beispielsweise Privateigentümer, gegenüber denen das neue Staatsziel einen weiteren Rechtfertigungsgrund für Eingriffe in die Eigentumsfreiheit darstellen könnte. Was beispielsweise die rechtliche Pflege von Denkmälern betrifft, so könnte sich die Aufnahme des Staatsziels insoweit als denkmalgünstig erweisen, als die verfassungsrechtliche Verpflichtung eine erweiterte Schutzverpflichtung begründet. Es drohen also durch Einführung eines Staatsziels Kultur auch dort die verfassungsrechtlichen Grenzen zu Lasten der Grundrechtsträger verschoben30 26 Stern, Stellungnahme zur Anhörung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages am 29. Januar 2007, S. 2. 27 Kloepfer, Verfassungsrecht I, 2011, § 13 Rn. 27; so auch Karpen, Stellungnahme zur Anhörung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages am 29. Januar 2007, S. 7. 28 Karpen, Stellungnahme zur Anhörung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages am 29. Januar 2007, S. 8. 29 Hufen, Stellungnahme zur Anhörung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages am 29. Januar 2007, S. 3. 30 Möllers, Stellungnahme zur Anhörung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages am 29. Januar 2007, S. 7.

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§ 3 Verfassungsrecht

zu werden, wo die Belastung von Grundrechtsträgern kulturstaatlich jedenfalls nicht geboten ist. 185

Umgekehrt freilich könnte eine Kulturstaatsklausel für kulturbezogene Grundrechte auch schutzverstärkende Wirkung entfalten, indem sie den Verfassungsrang etwa der künstlerischen Betätigung originär-objektiv bestärkt. Insofern mag jedoch die Kulturstaatsklausel zur Gefahr führen, dass sie bei geringer unmittelbarer Normativität erhebliche vermittelte normative Streuwirkungen entfalten kann. Diesbezüglich würde eine solche Regelung in besonderem Maße zu richterlicher Rechtsfortbildung einladen. Durch ausfüllungsfähige und ausfüllungsbedürftige Regelungen müsste der Gesetzgeber folglich die genaue Ausgestaltung in richterliche Hand legen – ohne mit darüber befinden zu können, welche Richtung die Ausgestaltung nimmt.31

186

Insoweit hatte der bisherige Verzicht des Grundgesetzes auf Staatszielbestimmungen durchaus eine liberale und demokratische Dimension: Die dadurch geschaffene Zurückhaltung der Verfassung nämlich schützt den Einzelnen vor einem verfassungsunmittelbaren Pflichtenkanon. Zugleich bleibt die Vorgabendichte für die parlamentarische Beratung gering; der in der Verfassungswirklichkeit recht flüchtige legislative Spielraum wird insoweit eher sichtbar. Staatszielbestimmungen, zumal solche, welche die Verwaltungszuständigkeiten der Länder berühren, drohen folglich unitarisierende Tendenzen im Bundesstaat zu begünstigen.32 Dies erhellt die dogmatische Fragwürdigkeit einer Staatszielbestimmung Kultur. Die erwähnte wünschenswerte Stärkung des Kulturgüterschutzes sollte entsprechend auf der Ebene des einfachen Rechts erfolgen.33

187

Einer Staatszielbestimmung Kultur ist schließlich entgegen zu halten, dass eine Neunormierung jedenfalls nur dann von Sinn getragen ist, wenn der sachliche Gegenstand sich für den angestrebten normativen Zugriff überhaupt eignet. Dies ist bei den unter einen allgemeinen Kulturbegriff subsumierbaren Sachverhalten indessen gerade fraglich. Wesen der Kultur ist maßgeblich ihre Eigengesetzlichkeit. Noch schwerer als die normative Verortung des Kulturellen ist seine normative Ausgestaltung. Das Wesen eines Staates als Kulturstaat folgt weniger aus der diese Kulturstaatlichkeit behauptenden Norm, sondern aus der Ausfüllung der übrigen kulturbezogenen Normen. Bei Lichte besehen, ist die Kulturstaatlichkeit vor allem eine Frage der geübten Staatspraxis innerhalb eines Staatswesens. Gerade angesichts der mangelnden Bundeskompetenz34 in der Kulturverwaltung vermag der Bund eine in die Bundesverfassung aufgenommene Pflicht zur Kulturstaatlichkeit nur höchst bedingt selbst auszufüllen. Dem großen rechtlichen Anspruch stünden also nur geringe 31 Möllers, Stellungnahme zur Anhörung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages am 29. Januar 2007, S. 6. 32 Möllers, Stellungnahme zur Anhörung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages am 29. Januar 2007, S. 5. 33 Kloepfer, Verfassungsrecht I, 2011, § 13 Rn. 27. 34 Wolff, Stellungnahme zur Anhörung des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestages am 29. Januar 2007, S. 3.

B. Landesverfassungsrecht

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rechtstechnische Gestaltungsmöglichkeiten und Instrumente gegenüber. Dies sollte vermieden werden, auch um eine Verfassungsenttäuschung zu vermeiden. Insgesamt sollten weder die Kultur noch – als deren Bestandteil – der Kulturgüterschutz die verfassungsrechtliche Weihe eines bestimmten Staatsziels im Grundgesetz erhalten.35

B. Landesverfassungsrecht I. Allgemeines Ein Teil der Landesverfassungen schreibt die Kulturstaatlichkeit der jeweiligen 188 Länder fest (Bayern36, Brandenburg37). Der größere Teil bekennt sich zur staatlichen Aufgabe der Kulturförderung (Baden-Württemberg38, Berlin39, Bremen40, Mecklenburg-Vorpommern41, Niedersachsen42, Nordrhein-Westfalen43, Rheinland-Pfalz44, Saarland45, Sachsen46, Sachsen-Anhalt47, Schleswig-Holstein48, Thüringen49). Die überwiegende Mehrzahl der Landesverfassungen verleiht darüber hinaus dem 189 Denkmalschutz Verfassungsrang in Form eines Staatszieles. Das Staatsziel hat vor allem Einfluss auf die subjektiv-rechtliche Stellung des Denkmalseigentümers. Begrifflich knüpfen die Staatsziele zunächst an die tradierten Termini des einfachen Rechts an; ein genuiner verfassungsrechtlicher Denkmalbegriff besteht nicht50. Den Denkmalschutz als Staatsziel regeln die Verfassungen von Baden-Württemberg51, 35 Anderer Auffassung mit dem Vorschlag, insbesondere den Kulturgut- und Denkmalschutz verfassungsexplizit zum Staatsziel zu erheben, freilich Hammer, DÖV 1999, 1037 (1044). Einer nachhaltigen verfassungsrechtlichen Inpflichtnahme des einfachen Gesetzgebers in Fragen des Kulturgüterschutzrechts – wie von dems., ebda., 1037 (1055) gefordert – bedarf es hiesiger Auffassung nach nicht. 36 Art. 3 Abs. 1 LV Bay. 37 Art. 2 Abs. 1 LV Bbg. 38 Art. 3c Abs. 1 LV BW. 39 Art. 20 Abs. 2 LV Bln. 40 Art. 11 Abs. 3 LV Brem. 41 Art. 16 Abs. 1 LV MV. 42 Art. 6 LV Nds. 43 Art. 18 Abs. 1 LV NRW. 44 Art. 40 Abs. 1 LV RP. 45 Art. 34 S. 1 LV Saar. 46 Art. 5 Abs. 2 LV Sachs. 47 Art. 36 Abs. 1 LV LSA. 48 Art. 9 Abs. 3 LV SH. 49 Art. 30 Abs. 1 LV Th. 50 Vgl. auch Müller, Verfassung des Freistaats Sachsen: Kommentar, 1993, Art. 11 Rn. 15. 51 Art. 3c Abs. 2 LV BW.

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§ 3 Verfassungsrecht

Bayern52, Brandenburg53, Hessen54, Nordrhein-Westfalen55, Rheinland-Pfalz56, Saarland57, Sachsen58, Sachsen-Anhalt59 und Thüringen60. 190

Sofern der Denkmalschutz in den Landesverfassungen angeführt wird, handelt es sich nach Maßgabe dieser Grundsätze um ein Staatsziel mit gewisser normativer Kraft. Der Denkmalschutz wird häufig mit dem Staatsziel Kultur bzw. dem Auftrag der Kulturförderung in einer einheitlichen Vorschrift geregelt,61 es handelt sich um ein staatszielergänzendes Staatsziel. Das Kulturstaatsziel bzw. der Auftrag der Kulturförderung ist in den Landesverfassungen vorrangiges Staatsziel. An dieser Wertigkeit – nicht aber an seiner Unbestimmtheit – haben auch seine Komplementärziele teil.

191

Die Bedeutung des Denkmalschutzes erhellt sich vor dem Hintergrund der Entstehungsgeschichte der Landesverfassungen überwiegend in der frühen Nachkriegszeit: Als nach dem Krieg das normative Gerüst der Bundesländer entstand, lagen viele Städte noch in Trümmern. Das Verfassungsrecht schöpft unmittelbar aus dieser Verlusterfahrung; es statuiert damit keinen ungreifbaren Wunsch, sondern eine verfassungskräftige Vorrangentscheidung unter den Bedingungen der Knappheit, deren normative Geltung über den erfolgten Wiederaufbau der Städte hinausreicht,62 sofern sie nicht ausdrücklich darauf beschränkt ist.63 Die neuen Bundesländer folgten in Fragen des Denkmalschutzes nach der Wiedervereinigung im Wesentlichen dem Vorbild der alten Bundesländer.64

II. Schutzgehalt des Landesverfassungsrechts 192

Begrifflich erfassen die Staatszielbestimmungen der Länder (vgl. Art. 11 Abs. 3 S. 1 LV Sachs) sowohl Denkmalschutz als auch Denkmalpflege. Die Verfassungsvorgaben richten sich damit nicht nur auf den Schutz der Denkmäler vor Gefahren, sondern auch auf Maßnahmen, die die Denkmäler erhalten und fördern.65 Art. 141 Abs. 2 LV Bay. Art. 34 Abs. 2 S. 2 LV Bbg. 54 Art. 62 LV Hess. 55 Art. 18 Abs. 2 LV NRW. 56 Art. 40 Abs. 3 LV RP. 57 Art. 34 S. 2 LV Saar. 58 Art. 11 Abs. 3 LV Sachs. 59 Art. 36 Abs. 4 LV LSA. 60 Art. 30 Abs. 2 LV Th. 61 Art. 3c LV BW; Art. 18 LV NRW; Art. 40 LV RP; Art. 34 LV Saar; Art. 36 LV LSA; Art. 30 LV Th. 62 Siehe auch Hinkel, LV Hessen, Art. 62 sub 1. 63 So aber Art. 62 S. 2 LV Hess. 64 Odendahl, Kulturgüterschutz, 2005, S. 104. 65 Müller, Verfassung des Freistaats Sachsen: Kommentar, 1993, Art. 11 Rn. 14. 52 53

B. Landesverfassungsrecht

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Obschon ein genuiner verfassungsrechtlicher Denkmalbegriff nicht besteht, blei- 193 ben jedoch teilweise die verfassungsrechtlichen Denkmalbegriffe hinsichtlich ihrer Tatbestandweite hinter dem einfachen Recht zurück. Spricht die Landesverfassung (so Art. 40 Abs. 3 LV RP) von Kunst- und Geschichtsdenkmälern, so ist damit nicht das gesamte Spektrum der einfach-gesetzlich statuierten Denkmalsarten erfasst (vgl. § 3 DSchG RP).66 Es ist aber zu berücksichtigen, dass die begriffliche Verkürzung nicht stets auf ein geringeres Schutzniveau verweisen muss. Umgekehrt dient die weitergehende begriffliche Ausdifferenzierung des einfachen Rechts weniger der inhaltlichen Ausweitung denn der begrifflichen Klarstellung und Präzisierung. Den Begriffen Kunst- und Geschichtsdenkmäler können die einfachrechtlich ausgestalteten Denkmalsarten regelmäßig subsumiert werden. Im Zweifel ist daher von einer Kohärenz von Landesverfassungsvorgabe und einfach-gesetzlicher Konkretisierung auszugehen; nur im Ausnahmefall kann ein überschießender Gehalt des einfachen Rechts angenommen werden. Vollständige Kongruenz kann angenommen werden, wenn der verfassungsrechtliche Schutz auch auf alle Kulturdenkmäler erstreckt wird (z. B. Art. 18 Abs. 2 LV NRW 67 und Art. 36 Abs. 4 LV LSA). Soweit die explizite Benennung des Denkmalschutzes in den Landesverfassun- 194 gen reicht, wird die einfach-rechtliche Ausgestaltung eines wirksamen Denkmalschutzgesetzes zum Verfassungsgebot erhoben. Einfach-rechtliche Normen, die den Schutz von Denkmalen nicht oder nicht hinreichend ausgestalten, sind verfassungswidrig. Die Verfassungsvorgaben prägen den notwendigen Inhalt der Denkmalschutzgesetze. Als kollidierender Belang von (Landes-)Verfassungsrang tritt der Denkmalschutz der individuell-rechtlichen Vorgabe vor allem der Eigentumsgarantie, aber auch anderer betroffener Grundrechtspositionen, die dem Schutz von Denkmalen widerstreiten können, entgegen und drängt ggf. solchen rechtlichen Erwägungen, die Denkmalschutzmaßnahmen tragen, zur Seite. Zwar bestünde auch ohne das besondere Staatsziel des Denkmalschutzes und das allgemeine Staatsziel der Kultur keineswegs ein unreflektierter Vorrang der grundrechtlichen Ansprüche gegenüber den einfach-rechtlichen Ausgestaltungen des Denkmalschutzes, eines Gemeinwohlbelanges von hohem Rang.68 In den Kollisionsfällen verschiedener Belange indessen verschieben die Staatszielbestimmungen den Einschätzungsspielraum des Gesetzgebers in Richtung einer stärkeren Gewichtung des Denkmalschutzes. Demgegenüber lassen sich konkrete Handlungs- oder Unterlassungspflichten von 195 Verfassungs wegen nur in Einzelfällen ableiten. In welchem Umfang und auf welche Weise die verfassungsrechtlichen Vorgaben verwirklicht werden, ist im Ausgangspunkt der Einschätzung des Landesgesetzgebers bzw. der behördlichen Praxis überlassen.69 Soll die Reichweite der Staatszielbestimmungen nicht überspannt So Magiera, in: Grimm / Caesar, Verfassung für Rheinland-Pfalz, 2001, Art. 40 Rn. 15. Vgl. hierzu Mann, in: Löwer / Tettinger, Kommentar zur Verfassung des Landes Nordrhein-Westfalen, 2002, Art. 18 Rn. 15. 68 BVerfGE 100, 226 (242) – Denkmalschutz. 69 Magiera, in: Grimm / Caesar, Verfassung für Rheinland-Pfalz, 2001, Art. 40 Rn. 7. 66 67

86

§ 3 Verfassungsrecht

werden, so können diese – sofern vorhanden – die Arbeit der Denkmalschutzbehörden zwar flankieren, nicht jedoch dominieren. Die Verwirklichung des Staatsziels Denkmalschutz setzt dabei wohl eine behördliche Anleitung und Anordnung, nicht jedoch eine behördliche Ausführung voraus. Die Denkmalschutzbehörden in ihrer heutigen Formen sind ebenso wenig wie die überkommene einfach-gesetzliche Ausgestaltung des Denkmalschutzes bereits verfassungsrechtlich vorgegeben. Grenzen des Handlungs- und Ermessungsspielraums finden sich freilich in dem Gebot eines effektiven Denkmalschutzes, das solche Maßnahmen verbietet, die sich für die Erreichung der verfassungsrechtlichen Schutzziele als ungeeignet darstellen. 196

Subjektive Gehalte kommen Staatszielbestimmungen nicht zu.70 So ist etwa die Möglichkeit altruistischer Klagen71 nicht schon von Verfassung wegen einzuräumen. Insbesondere besteht keine Möglichkeit einer Landesverfassungsbeschwerde auf Einhaltung der Denkmalschutzvorgaben, auch dort nicht, wo eine Individualbeschwerde landesverfassungsprozessrechtlich prinzipiell eröffnet ist. Der rein objektive Gehalt der Verfassungsvorschrift hindert die Einführung neuer prozessualer Instrumente – wie etwa eine (altruistische) Verbandsklage – durch den Gesetzgeber prinzipiell nicht.

70 Siehe auch Hagekölling, Niedersächsische Verfassung. Kommentar, 1996, Art. 6; HelleMeyer, in: Caspar / Ewer / Nolte / Waack, Verfassung des Landes Schleswig-Holstein, 2006, Art. 9 Rn. 5. 71 Zu diesen unten § 5 A. III.

§ 4 Denkmalschutzrecht der Länder A. Allgemeines Der Schutz raumgebundener Kulturgüter ist im deutschen Recht primär in den 197 Landesdenkmalgesetzen verortet. Nur einer historischen Kontinuitätslinie im deutschen Recht ist geschuldet, dass sich der Rechtsbegriff des Denkmals, nicht aber des Kulturgutes durchgesetzt hat, wo raumgebundene Objekte Gegenstand rechtlichen Schutzes sind. (s. o. § 1 C. II. 3.). Folgend seien die 16 Landesdenkmalschutzgesetze genannt: – Baden-Württembergisches Gesetz zum Schutz der Kulturdenkmale in der Fassung vom 6. Dezember 19831 (DSchG BW) – Bayerisches Gesetz zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler2 (DSchG Bay) – Gesetz zum Schutz von Denkmalen in Berlin vom 24. April 19953 (DSchG Bln) – Gesetz über den Schutz und die Pflege der Denkmale im Land Brandenburg vom 24. Mai 20044 (DSchG Bbg) – Bremer Gesetz zur Pflege und zum Schutz der Kulturdenkmäler vom 27. Mai 19755 (DSchG Brem) – Denkmalschutzgesetz der Stadt Hamburg vom 3. Dezember 19736 (DSchG HH) – Hessisches Gesetz zum Schutze der Kulturdenkmäler vom 23. September 19747 (DSchG Hess) – Mecklenburg-Vorpommersches Denkmalschutzgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 6. Januar 19988 (DSchG MV) – Niedersächsisches Denkmalschutzgesetz vom 30. Mai 19789 (DSchG Nds) GBl. BW 1983, S. 797, zul. geänd. d. G. v. 14. Dezember 2004, GBl. 2004, S. 895. BayRS IV, 354 (2242-1-WFK), zul. geänd. d. G. v. 20. Dezember 2007, GVBl 2007, S. 958. 3 GVBl. 1995, S. 274, geänd. d. G. v. 8. Juli 2010, GVBl. 2010, S. 396. 4 GVBl. I / 04 (Nr. 09), S. 215. 5 BremGBl. 1975, S. 265, zul. geänd. d. G. v. 17. Dezember 2002, BremGBl. 2002, S. 605. 6 GVBl. 1973, S. 466, zul. geänd. d. G. v. 27. November 2007, GVBl. 2007, S. 410. 7 GVBl. I 1974, S. 450, zul. geänd. d. G. v. 10. Juni 2011, GVBl. I 2011, S. 410. 8 GVOBl. M-V 1998, S. 12, zul. geänd. d. G. v. 12. Juli 2010, GVOBl. M-V 2010, S. 576. 9 Nds. GVBl. 1978, S. 517, zul. geänd. d. G. v. 26. Mai 2011, Nds. GVBl. 2011, S. 135. 1 2

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§ 4 Denkmalschutzrecht der Länder

– Gesetz zum Schutz und zur Pflege der Denkmäler im Lande Nordrhein-Westfalen vom 11. März 198010 (DSchG NRW) – Rheinland-Pfälzisches Landesgesetz zum Schutz und zur Pflege der Kulturdenkmäler vom 23. März 197811 (DSchG RP) – Saarländisches Denkmalschutzgesetz vom 19. Mai 200412 (DSchG Saar) – Gesetz zum Schutz und zur Pflege der Kulturdenkmale im Freistaat Sachsen vom 3. März 199313 (DSchG Sachs) – Denkmalschutzgesetz des Landes Sachsen-Anhalt vom 21. Oktober 199114 (DSchG LSA) – Schleswig-Holsteinisches Gesetz zum Schutze der Kulturdenkmale in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. November 199615 (DSchG SH) – Thüringer Gesetz zur Pflege und zum Schutz der Kulturdenkmale vom 14. April 200416 (DSchG Th)

198

Die Aufgliederung des Denkmalschutzes auf Landesgesetze führt zu einer gewissen Zersplitterung des Denkmalschutzrechts in der Bundesrepublik. Ein gemeinsames Mustergesetz des Denkmalschutzes besteht bisher nicht. Zwar haben sich mit dem Erlass moderner Denkmalschutzgesetze seit Beginn der 1970er Jahre die Denkmalschutzgesetze im geschichtlichen Verlauf einander angenähert; sie sind in manchen Fragen äquivalent.17 Insgesamt bleibt es jedoch dabei, dass verschiedene Denkmalschutzgesetze auf dieselben Fragen unterschiedliche Antworten geben. Dies steht in einer gewissen Spannung zu der gemeinsamen grundrechtlichen Vorgabe des Art. 14 Abs. 1 GG.18 So hat das Bundesverfassungsgericht in seiner Entscheidung zum rheinland-pfälzischen Denkmalschutzgesetz19 Letztgrenzen der landesrechtlichen Regelungsbefugnis in Beachtung der Eigentumsgarantie statuiert, aus denen sich auch Aufträge einer länderübergreifenden Reform des Denkmalschutzes ergeben.20 Eine vollständige Nivellierung der Rechtsregeln des Denkmalschutzes ergibt sich daraus jedoch nicht. Die gesetzgeberische Vielfalt ist gewollter Kernbestandteil des Föderalismus. Wird eine Vereinheitlichung erstrebt, so kann dies – nach bisheriger Kompetenzlage – nach dem Vorbild etwa des Polizeirechts allein im Wege föderaler Steuerung durch Normangebote an die Länder er-

10 GV NRW 1980, S. 226, ber. S. 716, zul. geänd. d. G. v. 5. April 2005, GV NRW 2005, S. 274. 11 GVBl 1978, S. 159, zul. geänd. d. G. v. 28. September 2010, GVBl. 2010, S. 301. 12 ABL. 2004, S. 1498, zul. geänd. d. G. v. 17. Juni 2009, ABl. 2009, S. 1374. 13 GVBl. 1993, S. 229, zul. geänd. d. G. v. 29. Januar 2008, GVBl. 2008, S. 138, 146. 14 GVBl. LSA 1991, S. 368, zul. geänd. d. G. v. 20. Dezember 2005, GVBl. LSA 2005, S. 769, S. 801. 15 GVOBl. 1996, S. 676, zul. geänd. am 8. September 2010, GVOBl. 2010, S. 575. 16 GVBl. 2004, S. 465, ber. 563; zul. geänd. d. G. v. 16. Dezember 2008, GVBl. 2008, S. 574, 584. 17 So auch Moench, NVwZ 1998, 315; Schweitzer / Meng, DVBl. 1975, 940. 18 Wurster, in: Hoppenberg / de Witt, HdbÖffBauR, D 15. 19 BVerfGE 100, 226 – Denkmalschutz, Bespr. Hammer, NVwZ 2000, 46. 20 So Hammer, NVwZ 2000, 46 (47).

B. Gegenstand des Schutzes (Denkmalbegriff)

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folgen, wie sie in einem – die Vielgestaltigkeit nie aufhebenden, sie indes disziplinierenden – Musterentwurf hergestellt werden können. Bundeseinheitliches, paralleles Landesrecht ist möglich, wenngleich nicht unbedingt wünschenswert, weil so ein Wettbewerb der Ideen (und folglich der Rechtsnormen) nicht mehr stattfinden würde.

Das einfache Denkmalsrecht der Länder gliedert sich nach überkommenem Ver- 199 ständnis in Vorschriften über den Denkmalschutz und solche über die Denkmalpflege. Dem Denkmalschutz zugeordnet werden alle die formellen und materiellen Voraussetzungen an die denkmalsspezifische Eingriffsverwaltung regelnden Vorschriften, vor allem die insoweit übertragenen Aufgaben, deren Träger, die Modalitäten der Wahrnehmung sowie Art und Reichweite der Eingriffsbefugnisse. Unter Denkmalpflege verstanden wird demgegenüber denkmalspezifische Tätigkeit von Behörden typischerweise ohne Eingriffscharakter. Dazu soll etwa die Betreuung und Förderung von sowie die Forschung an Denkmälern gehören. Die normative Dichte insoweit wird als gering angenommen; es handele sich um Leistungsverwaltung21, an deren Ausübung geringere normative Voraussetzungen zu stellen sind. Das Denkmalschutzrecht ist demgegenüber aber gerade auch Eingriffsverwaltung. Die Unterscheidung ist für die rechtliche Betrachtung insoweit maßgeblich, als sie in den 200 Landesdenkmalschutzgesetzen normiert ist. Es zeigt sich, dass die Denkmalschutzgesetze stets beide überlieferten Begriffe an den Beginn der Regelungen stellen (stets im ersten Paragraph bzw. Artikel der Gesetze), jedoch an die unterschiedenen Begriffe zunächst keine inhaltliche Unterscheidung knüpfen. Vielmehr wird die Wendung Denkmalschutz und Denkmalpflege als Einheitsbegriff verstanden, zwischen dessen Begriffsteilen oftmals keine definitorische Differenzierung erfolgt. Allein § 1 Abs. 1 S. 2 DSchG Th nimmt die Differenzierung auf, indem dem Denkmalschutz die hoheitlich-rechtliche Aufgabe, der Denkmalpflege die fachliche Beratung und Fürsorge zugewiesen wird.

B. Gegenstand des Schutzes (Denkmalbegriff) Das Denkmalrecht fußt auf dem zunächst kulturhistorisch gewachsenen vorrecht- 201 lichen Begriff des Denkmals, der in allen Landesgesetzen, freilich nicht vollends identisch, rechtsbegrifflich definiert wird.22 Der Denkmalbegriff ist als tatbestandlicher Anknüpfungspunkt aller denkmalrechtlichen Rechtsfolgen Ausgangs- und Endpunkt, gar „Schlüsselbegriff“23 bzw. „Fundamentalkategorie“24 des Denkmalschutzrechts. Unterschieden werden können stets notwendige und hinreichende Kriterien sowie die verschiedenen sachlichen Ausformungen des Denkmalbegriffs. Die Vgl. Wurster, in: Hoppenberg / de Witt, HdbÖffBauR, D 16. § 2 Abs. 1 DSchG BW; Art. 1 Abs. 1 DSchG Bay; § 2 Abs. 1 DSchG Bln; § 2 Abs. 1 und Abs. 2 DSchG Bbg; § 2 Abs. 1 DSchG Brem; § 2 DSchG HH; § 2 DSchG Hess; § 2 DSchG MV; § 3 Abs. 1 DSchG Nds; § 2 Abs. 1 DSchG NRW; § 3 DSchG RP; § 2 Abs. 1 DSchG LSA; § 2 Abs. 1 DSchG Sachs; § 1 Abs. 2 DSchG SH; § 2 Abs. 1 DSchG Th. 23 Hönes, VerwArch 1989, 480 (485); Wurster, in: Hoppenberg / de Witt, HdbÖffBauR, D 15. 24 Metschies, Die alte Stadt, 1996, S. 219 ff. 21 22

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§ 4 Denkmalschutzrecht der Länder

den Denkmalbegriff konstituierenden Begriffe sind teilweise unbestimmte Rechtsbegriffe. Daraus folgt die Qualität des Denkmals als seinerseits unbestimmter Rechtsbegriff. Ob ein bestimmter Gegenstand tatsächlich die unbestimmten Denkmalskriterien im Einzelfall erfüllt, ist oftmals schwer zu bestimmen. Als pragmatischer Maßstab der Denkmalsbestimmung gilt daher der Wissens- und Erkenntnisstand eines breiten Kreises an umfassend informierten Sachverständigen. Nicht erforderlich ist eine allgemeine Überzeugung von der Denkmalsqualität, nicht hinreichend jedoch eine bejahende Einzelmeinung. Vom quivis ex populo grenzt den Sachverständigen ab, dass er einerseits über Wissen verfügt, andererseits auch fachspezifische Relationen und Beziehungsgeflechte zu bilden vermag. Hierfür ist umfassende Information Voraussetzung.25 202

Die damit gerichtlich gestellten hohen Anforderungen an die jeweilige Denkmalkompetenz schließen im denkmalschutzrechtlichen Verfahren nicht zuletzt den Richter von der Beurteilung aus; selbst dem im Denkmalrecht versierten Richter wird regelmäßig ein hinreichendes Niveau an Sachkunde fehlen. Stets ist das Gericht zur Wahrung seiner Untersuchungs- und Aufklärungspflicht auf externe Expertise angewiesen. Werden aber – wie in der Gerichtspraxis üblich – gerichtlich keine weiteren Sachverständigengutachten unbeteiligter Dritter herbeigezogen, so verbleibt es bei der sachverständigen Beurteilung durch die Behörde selbst. Werden allein die von der Behörde im Verwaltungsverfahren herangezogenen Gutachten, Äußerungen oder fachwissenschaftlichen Veröffentlichungen oder sachkundige Äußerungen der Behörde selbst zur Entscheidungsgrundlage im gerichtlichen Verfahren gemacht,26 kommt der Behörde eine gewichtige praktische Prärogative hinsichtlich des Prozessergebnisses zu. Der ausnahmsweise Verzicht auf die nach § 86 Abs. 1 VwGO grundsätzlich gebotene Einholung weiterer Gutachten ist, sofern die Sachfrage die Sachkunde des Gerichts übersteigt, allerdings mit dem BVerwG nur dann zulässig, wenn die gutachterlichen Feststellungen offensichtlich nicht erschüttert sind bzw. die Gegenpartei den Inhalt der sachverständigen Beurteilung durch die Behörde oder einen von dieser beauftragten Gutachter nicht substantiell bestreitet.27 Demgegenüber neigen erst- und zweitinstanzliche Rechtsprechung dazu, die Pflicht zur Einholung eines neuen Sachverständigengutachtens nur dann anzunehmen, wenn sich eine weitere Beweiserhebung aufdrängt28 bzw. die bisherigen Mittel ungeeignet oder unzureichend sind.29

203

Diese unterinstanzliche Rechtsprechung steht zu den – jenseits des Denkmalschutzrechts entwickelten – Vorgaben des BVerwG im Widerspruch. Inhaltlich vermag sie den notwendigen Ausgleich zwischen der Erfüllung der prozessualen Aufklärungspflicht und der Schonung Moench, NVwZ 1984, 146 (147). Vgl. OVG Berlin, LKV 1995, 371. 27 BVerwGE 69, 70 (73); vgl. schon BVerwGE 18, 216 (217 f.); zust. Kopp / Schenke, VwGO, 16. Aufl. 2009, § 86 Rn. 8 m. w. N. 28 VGH Mannheim, NVwZ 1986, 240 (241); VGH Mannheim, NVwZ-RR 1989, 232 (233). 29 OVG Berlin, LKV 1995, 371 (372). 25 26

B. Gegenstand des Schutzes (Denkmalbegriff)

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von Justizressourcen – nicht in jedem Verfahren darf ein Sachverständigengutachten angefertigt werden – nicht in einen befriedigenden Ausgleich zu bringen. Zwar ist auch die Verwaltung prinzipiell an Recht und Gesetz gebunden,30 so dass ihr Vorbringen die Vermutung relativer Unparteilichkeit trägt. Jedenfalls bei einem beachtlichen Vorbringen der Gegenpartei kann der Rekurs auf das Vorbringen und die Unterlagen der Denkmalschutzbehörde jedoch nicht hinreichend sein. Denn Verwaltungsgerichte bestehen, weil sich die daran gebundenen Behörden nicht stets an Recht und Gesetz halten, und deshalb kann die Ausgestaltung des Verwaltungsprozesses nicht von der Unterstellung ausgehen, Behörden hielten sich stets an Recht und Gesetz. Es ist daher dem Substantiiertheitskriterium des BVerwG zu folgen,31 mit der Maßgabe freilich, dass die Anforderungen an ein substantiiertes Bestreiten nicht allzu hoch liegen dürfen: Das insoweit sachunkundige Gericht kann auch die Substantiiertheit des Bestreitens nur nach den Regeln augenfälliger Logik beurteilen. Wird diesen Maßgaben gefolgt, so bleibt das Verhältnis von Regel und Ausnahme zwischen der gerichtlichen Beweiserhebung und dem faktischen Primat der behördlichen Sachauskunft gewahrt. Die entgegengesetzte gerichtliche Praxis hingegen kehrt dies um.

Der Raum des Gerichts zur eigenständigen Beurteilung ist umso größer, je kon- 204 turenschärfer der Denkmalbegriff bereits vorgegeben ist. In der Bestimmung des jeweils rechtsadäquaten Denkmalbegriffs liegt – noch vor der rechtspraktischen Schutzverwirklichung – eine der auch angesichts der intraföderalen Rechtsvielfalt wesentlichen Herausforderungen des Denkmalschutzes. Eine möglichst präzise Handhabung des Denkmalbegriffes ist dabei geboten. 205 Eine unbegrenzte Ausdeutungsweite des Denkmalbegriffs kann u. U. zu einer Hypertrophie des Denkmalschutzes zu führen, die das Recht des Schutzes raumgebundener Kulturgüter mit den Wertsetzungen der Rechtsordnung – insbesondere der Eigentumsgarantie – unvereinbar machen kann. Allerdings werden denkmalschutzrechtliche Vorgaben den Begriff des Denkmals nicht vollständig und abschließend vorprägen können. Der der Praxis damit sachnotwendig verbleibende, weitreichende Konkretisierungsspielraum darf jedoch nicht zu einer behördlichen Normsetzung im jeweiligen Einzelfall führen.

I. Notwendige Kriterien des Denkmalbegriffs (Denkmalsfähigkeit) Die notwendigen Kriterien des Denkmalbegriffs sind vor allem formeller Natur, 206 gewinnen jedoch durch die Einbeziehung des Kriteriums der Geschichtlichkeit – das indes nicht unumstritten ist (dazu unter 4.) – ein materielles Element.

30 31

Darauf verweist BVerwGE 69, 70 (73). So auch und instruktiv zu alledem Wurster, in: Hoppenberg / de Witt, HdbÖffBauR, D 30.

92

§ 4 Denkmalschutzrecht der Länder

1. Sachqualität 207

Allen Landesdenkmalgesetzen gemein ist, dass es sich bei dem jeweiligen Denkmal um einen körperlichen Gegenstand handeln muss (vgl. § 90 BGB). Dieser Rekurs auf den Sachbegriff wird stets vorausgesetzt,32 teils jedoch explizit in den Denkmalgesetzen der Länder erwähnt.33 Gleichfalls explizit bestimmen einige Gesetze, dass Sachen, Sachteile und Sachgesamtheiten gleichermaßen Denkmalsqualität haben können; nicht anders freilich ist die Rechtslage dort, wo es an dieser Explikation fehlt.

208

Ein Denkmal kann auch der bloße Teil einer Sache sein. Zum gesetzlichen Denkmalbegriff zählen darüber hinaus auch die jeweiligen Teile der eigenen Denkmalssache, sofern nur sie einen eigenen Denkmalwert aufweisen. Die Denkmalschutzgesetze differenzieren insoweit überwiegend zwischen dem so genannten „Zubehör“ und der „Ausstattung“ des Denkmals. Einige Denkmalschutzgesetze nennen jeweils nur einen der beiden Begriffe; die Gesetze von Brandenburg, Schleswig-Holstein und Thüringen34 verzichten in Gänze auf beide Termini. Ungeachtet der jeweiligen konkreten Ausgestaltung wird jedoch allenthalben davon ausgegangen, dass beiderlei Begriffsgehalte Schutzgegenstand des jeweiligen Gesetzes sind. Demnach sollen alle Denkmalschutzgesetze auch die Nebensachen, die dem Zweck des Denkmals zu dienen bestimmt sind (Zubehör), sowie die Ausstattung, also alle Gegenstände, die nicht nur vorübergehend in ein Gebäude zu seiner Herstellung und Nutzbarkeit eingebracht worden sind, erfassen.35 Allein das Bayerische Denkmalschutzgesetz statuiert insofern eine Einschränkung. Art. 1 Abs. 2 S. 2 DSchG Bay verlangt für die Ausstattungsqualität beweglicher Sachen, dass diese „integrale Bestandteile einer historischen Raumkonzeption oder einer ihr gleichzusetzenden historisch abgeschlossenen Neuausstattung oder Umgestaltung“ sind. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass diese erst im Jahre 1994 ins bayerische Recht eingeführte, restriktivere Regelung – wiewohl nicht ohne Sinn – auch in den übrigen Denkmalschutzgesetzen implizit verortet werden kann.

2. Unerheblichkeit der Belegenheit 209

Unerheblich hingegen sind sowohl die konkrete Belegenheit als auch die Beschaffenheit des Gegenstandes.

210

Geschützt sein können sowohl bewegliche als auch unbewegliche Denkmäler; die Denkmalschutzgesetze der Länder verleihen dem überwiegend Ausdruck, indem sie Sonderanordnungen für bewegliche Denkmäler treffen und daher diesen Begriff abschichten. Gegenüber eher enumerativen Definitionen ist von treffender Kürze insoweit die Formulierung des § 2

Vgl. etwa Kiesow, Einführung in die Denkmalpflege, 1995, S. 39. Als gemeinsames Begriffselement der verschiedenen Denkmalsarten statuieren die Sacheigenschaft explizit Art. 1 Abs. 1 DSchG Bay; § 2 Abs. 1 DSchG Bbg; § 2 Abs. 1 DSchG Hess; § 2 Abs. 1 DSchG MV; § 2 Abs. 1 DSchG NRW; § 2 Abs. 1 DSchG Sachs; § 1 Abs. 2 DSchG SH; § 2 Abs. 1 DSchG Th. 34 Vgl. § 2 DSchG Bbg; § 1 DSchG SH; § 2 DSchG Th. 35 Viebrock, in: Martin / Krautzberger, HdbDSchDPfl, 3. Aufl. 2010, C 36 ff. 32 33

B. Gegenstand des Schutzes (Denkmalbegriff)

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Abs. 4 DSchG NRW: „Bewegliche Denkmäler sind alle nicht ortsfesten Denkmäler“.36 Nach überkommener Sicht notwendig ist, dass das Denkmal von seinem Bezugsgegenstand – dem Boden oder einer anderen Sache – gelöst ist bzw. sich ablösen lässt, ohne durch den Trennungsakt in seiner Denkmalsqualität beeinträchtigt zu werden.37 Vielfach stellen die Denkmalschutzgesetze erhöhte Anforderungen an die Unterschutzstellung bloß beweglicher Denkmäler. Hierauf ist freilich nicht näher einzugehen; jedenfalls bewegliche Denkmäler zählen nie zu den raumgebundenen Kulturgütern.

3. Arten unbeweglicher Einzeldenkmäler a) Baudenkmale und Bodendenkmale Zu den unbeweglichen Denkmälern zählen zunächst bauliche Anlagen, die – unter 211 Rekurs auf die Landesbauordnungen – aus Baustoffen hergestellt und mit dem Boden fest verbunden sind (so genannte Baudenkmale). Während insoweit der Boden Fundament ist, sind bzw. waren so genannte Bodendenkmale im Boden befindlich. Paradigmatisch präzisiert § 2 Abs. 5 DSchG Bln das Bodendenkmal als bewegliche oder unbewegliche Sache, die sich im Boden oder in Gewässern befindet. Die ursprüngliche Verbindung von Boden und Denkmal kann im Falle unbeweglicher Denkmäler nicht durch Ausgrabung, wohl aber durch Freilegung aufgehoben sein. Solcherart gehören nahezu ausschließlich archäologische Funde zu den Bodendenkmälern; manche Landesdenkmalschutzgesetze verwenden daher an Stelle dieses Begriffs den Terminus des archäologischen Denkmals38 bzw. des archäologischen Sachzeugen.39

b) Gartendenkmale Wo die Sache nicht auf dem Boden errichtet oder in diesem geborgen ist, sondern 212 diesen gestaltet, kommt als dritte Denkmalskategorie das von den Landesdenkmalschutzgesetzen, die es als eigene Kategorie anerkennen, eher unglücklich so genannte Gartendenkmal40 in Betracht. Wo Gartendenkmäler nach Landesdenkmalrecht keine eigene Kategorie bilden sollen, werden Gartenanlagen den Baudenkmälern41 oder dem Ensembleschutz42 zugeordnet. Tatsächlich ist die kategoriale Sonderung des Gartendenkmals nicht zwingend. Bau- und Gartendenkmäler unterscheiden sich allein in den Stoffen, aus denen sie gebildet sind: Ein Gartendenkmal Ähnlich auch § 2 Abs. 5 S. 1 DSchG Sachs. Etwa Martin / Ahrensdorf / Flügel, Denkmalschutzgesetz des Landes Sachsen-Anhalt. Kommentar, 2001, § 2 Rn. 2.2.5. 38 § 2 Nr. 4 DSchG HH; § 1 Abs. 2 S. 3 DSchG SH; § 2 Abs. 7 DSchG Th mit einer Differenzierung zwischen archäologischen und paläontologischen Denkmalen. 39 § 2 Abs. 5 lit. g DSchG Sachs. 40 § 2 Abs. 4 DSchG Bln; § 2 Nr. 1 DSchG Bbg. 41 Siehe nur Art. 1 Abs. 2 S. 3 DSchG Bay; § 2 Nr. 3 DSchG Sachs. 42 § 2 Abs. 2 Nr. 4 i.V. m. § 2 Abs. 6 DSchG Th; § 5 Abs. 1 Nr. 4 i.V. m. Abs. 5 DSchG RP. 36 37

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§ 4 Denkmalschutzrecht der Länder

ist nach § 2 Abs. 4 S. 1 DSchG Bln43 eine Grünanlage, eine Garten- oder Parkanlage, ein Friedhof, eine Allee oder ein sonstiges Zeugnis der Garten- und Landschaftsgestaltung. Daraus und aus der Anerkennung der Denkmalsqualität von Denkmalsbereichen folgt, dass auch Landschaften von einiger Fläche, sofern sie dem Gestaltungserfordernis genügen, Zeugnisse der Landschaftsgestaltung sein können.44 Regelmäßig jedoch werden allein flächenmäßig eng begrenzte Landschaften die entsprechende Gestaltungsdichte aufweisen.

4. Geschichtlichkeit 213

In aller Regel ist die Geschichtlichkeit der Sache zunächst der archimedische Punkt des Denkmalschutzes: Der Denkmalschutz dient, wie viele Denkmalschutzgesetze in ihrem einleitenden Paragraphen (bzw. Artikel) normieren, der Erhaltung von Zeugnissen „aus vergangener Zeit“45 oder jedenfalls als „Quellen der Geschichte und Tradition“46. Dieser Vergangenheitsbezug ist, auch wenn er unterschiedlich verortet ist,47 fast überall ausdrücklich notwendige Voraussetzung des Denkmalschutzes.

214

Einige Denkmalschutzgesetze jedoch lassen die Notwendigkeit des geschichtlichen Bezuges unerwähnt; dies gilt für die Denkmalschutzgesetze der Stadtstaaten Berlin, Bremen und Hamburg ebenso wie für das DSchG Nds, das DSchG Sachs, das DSchG MV und das DSchG Th. Daraus könnte geschlossen werden, der Vergangenheitsbezug werde vom Gesetzgeber vorausgesetzt, ein Denkmal sei also begriffsnotwendig historisch. Dafür spricht insbesondere die historische Entwicklung des Denkmalrechts in Deutschland. Zudem wird vorgebracht, eine Erstreckung auf Objekte der Gegenwart könne zu neuer Rechtsunsicherheit im Denkmalrecht führen.48 Die Aufgabe des Geschichtlichkeitserfordernisses könne zudem mit dem Urheberrecht insbesondere des Architekten konfligieren, dessen Recht auf Änderungen an seinem Bauwerk keineswegs mit dessen erstmaliger Fertigstellung endet.49

215

Diese Bedenken können jedoch über den eindeutigen Wortlaut der Denkmalschutzgesetze, die auf ein Geschichtlichkeitserfordernis verzichten nicht hinweg helfen. Mit Martin ist vielmehr davon auszugehen, dass sich der Ausschluss schlicht belangloser neuer und neuester Gebäude unproblematisch über die Kategorien der Denkmalwürdigkeit und des öffentlichen Interesses erreichen lässt.50 Dies erscheint auch sachgerecht: auch ein eben erst errichtetes So auch Viebrock, in: Martin / Krautzberger, HdbDSchDPfl, 3. Aufl. 2010, B 42. Eindringlich Hönes, LKV 2001, 438 (439). 45 Vgl. nur Art. 1 Abs. 1 DSchG Bay; § 3 Abs. 1 DSchG RP; § 2 Abs. 1 DSchG LSA; § 1 Abs. 2 DSchG SH. 46 Vgl. nur Art. 1 Abs. 1 DSchG MV. 47 Beispielsweise das DSchG NRW ordnet die Notwendigkeit des Vergangenheitsbezuges erst dem öffentlichen Schutzinteresse zu; vgl. § 2 Abs. 1 S. 2 DSchG NRW. 48 In diesem Sinne auch Eberl / Martin / Petzet, Bayerisches Denkmalschutzgesetz, 5. Aufl. 1997, Art. 1 Abs. 1 Rn. 7. 49 Finkelnburg, FS Raue, 2006, 13 (18). 50 Haspel / Martin / Wenz / Drewes, Denkmalschutzrecht in Berlin, 2008, § 2 Rn. 4.1.3. 43 44

B. Gegenstand des Schutzes (Denkmalbegriff)

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Gebäude kann – etwa aus künstlerischen Gründen – sogleich erhaltungswürdig sein. Einer Unterschutzstellung auch nicht-historischer Gebäude stünde auch nicht Art. 14 Abs. 1 GG entgegen, solange dem Eigentümer rentable Nutzungsmöglichkeiten verbleiben.51

Dort wo die Geschichtlichkeit aber kraft landesgesetzlicher Entscheidung als not- 216 wendige Voraussetzung der Denkmalfähigkeit ist, stellt sich die Frage, wie viel Zeit verstrichen sein muss. Der Zeitabstand einer Generation und der Abschluss einer geschichtlichen Epoche wird dabei in jedem Falle reichen. Zu eng ist es, auf den Abschluss einer architekturgeschichtlichen Epoche abzustellen.52 Zu enge Maßstäbe erscheinen auch hier nicht sachgerecht. So weist etwa Martin zu Recht darauf hin, wie etwa das Ende der DDR quasi über Nacht (zeitgeschichtliche) Zeugnisse dieses Staates zu Geschichtsdenkmälern werden ließ.53

II. Hinreichende Kriterien des Denkmalbegriffs (Denkmalwürdigkeit) 1. Allgemeines Nicht jedes von Menschen geschaffene Objekt der Vergangenheit ist bereits 217 Denkmal. Das Unterschutzstellen verlangt ein darüber hinausreichendes Schutzinteresse (sog. Denkmalwürdigkeit ). Die formellen Begriffselemente der Denkmaleigenschaft bleiben unscharf; erst durch eine präzisere Verortung der engeren Schutzgründe scheidet sich der Sach- vom Denkmalbegriff. Die formelle Denkmalstellung ist in diesem Sinne notwendige, Denkmalwürdigkeit hinreichende Bedingung der Denkmaleigenschaft. Die Landesdenkmalschutzgesetze stellen teils kongruente, teils divergente Voraus- 218 setzungen der in Rechtsprechung und Rechtsdogmatik so genannten Denkmalwürdigkeit auf.54 Nach der insoweit wenig abweichenden Formulierung aller Gesetze setzt die Denkmalwürdigkeit voraus, dass die Erhaltung des Objektes aus bestimmen Schutzgründen im öffentlichen Interesse liegt. Erforderlich ist damit letztlich das kumulative Vorliegen eines spezifischen, qualifizierten Schutzgrundes und eines hierdurch geprägten spezifizierten Interesses. Dabei füllen diese Schutzgründe den Begriff des öffentlichen Interesses aus.55 Eine in den 219 Gesetzen selbst nicht angelegte Trennung dieser Schutzgründe vom öffentlichen Interesse, mit der Folge, sie als Frage der Denkmalfähigkeit zu behandeln ist abzulehnen.56 Unter einer solEbenso und weiterführend Finkelnburg, FS Raue, 2006, 13 (17). So aber Moench, NVwZ 1988, 304 (306, Fn. 36). 53 Haspel / Martin / Wenz / Drewes, Denkmalschutzrecht in Berlin, 2008, § 2 Rn. 4.1.3. 54 Vgl. die Übersicht bei Kleine-Tebbe, in: Bernsdorff / Kleine-Tebbe, Kulturgutschutz in Deutschland, 1996, S. 162. 55 Zutr. Hönes, NVwZ 1983, 213. 56 So indessen die ganz überwiegende Meinung, siehe nur Moench / Otting, NVwZ 2000, 146 (150); Zweifel bei Viebrock, in: Martin / Krautzberger, HdbDSchDPfl, 3. Aufl. 2010, C 25. 51 52

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§ 4 Denkmalschutzrecht der Länder

chen dogmatischen Trennung wird das öffentliche Erhaltungsinteresse zu einer bloß negativen Kategorie, bei dessen Fehlen die Denkmaleigenschaft entfällt. Richtigerweise indiziert das Vorliegen der gesetzlichen Schutzgründe aber bereits das öffentliche Interesse.

2. Einzelne Schutzgründe a) Klassische Schutzgründe 220

Im Wesentlichen gemein ist allen Denkmalschutzgesetzen zunächst eine Trias von Schutzgründen. Einer Sache kommt Denkmaleigenschaft zu, wenn sie eine bestimmte historische, künstlerische oder wissenschaftliche Bedeutung aufweist. Hinzu kommen in einzelnen Ländern heimatgeschichtliche (bspw. DSchG BW) oder volkskundliche Gründe (bspw. DSchG MV).

aa) Historische Gründe 221

Die Schutzwürdigkeit aus historischen Gründen ist vom Merkmal der Geschichtlichkeit des Denkmals zu unterscheiden. Die Geschichtlichkeit des Denkmals ist – nach den meisten DSchG – notwendige Bedingung der Denkmaleigenschaft. Dagegen ist die historische Bedeutung materielles Kriterium der Denkmalwürdigkeit. Zunächst muss ein Objekt – nach den meisten DSchG – überhaupt geschichtlichen Bezug haben. Soll ein Objekt aber allein aufgrund seines geschichtlichen Bezuges Denkmal sein, so muss es zusätzlich eine spezifische geschichtliche Qualität haben. Dies wird teilweise in den Denkmalschutzgesetzen dahingehend formuliert, die geschichtliche Bedeutung müsse besonders sein (§ 2 Abs. 1 S. 2 DSchG LSA). Hierin liegt allein ein Hinweis auf die Doppelfunktionalität der Geschichtlichkeit und eine Abgrenzung zu Zeugnissen der Massenproduktion57. Das Denkmal muss jedenfalls als Zeugnis „erster Hand“ für Bild und Identität der Geschichte jeweils „wesentlich und unentbehrlich“ sein.58 Historische Ereignisse und Entwicklungen müssen sichtbar und anschaulich gemacht werden;59 maßgeblich ist allein die historische Bedeutung, der „im Schutzobjekt verkörperte besondere Aussagewert, Erinnerungswert oder Assoziationswert“, nicht die Ästhetik.60

222

Der Begriff der historischen Bedeutung aller Denkmalschutzgesetze ist neutral. Er umfasst zudem insbesondere nicht nur Elemente positiver Identitätsbildung – Stätten der Erinnerung an den Fortschritt und die Errungenschaften in der Geschichte –, sondern auch alle Elemente negativer Identitätsbildung – zuvörderst Erinnerungsorte an das nationalsozialistische Regime

Vgl. auch VG Dessau, LKV 2000, 268 (269). Viebrock, in: Martin / Krautzberger, HdbDSchDPfl, 3. Aufl. 2010, C 10. 59 Aus der Rspr. etwa OVG Lüneburg, NVwZ 1983, 231 (232); OVG Berlin, LKV 1998, 158 (159). 60 OVG Bautzen, DÖV 2001, 827. 57 58

B. Gegenstand des Schutzes (Denkmalbegriff)

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einschließlich solcher Gebäude, die Zeugnis der spezifisch nationalsozialistischen Ästhetik sind.61 Entsprechendes gilt für die Erinnerung an das Unrecht in der DDR. Die mangelnde Denkmalwürdigkeit eines beliebigen geschichtlichen Ereignisses sollte 223 jedoch nicht zur Fehlannahme verleiten, dass nur besonders bedeutende Epochen oder Ereignisse von jeweils national-politischem Rang zu Denkmalwürdigkeit führten. Die sozialgeschichtliche Wende – jedenfalls Weiterung – der Geschichtswissenschaft62 hat auch den Denkmalschutz nicht unberührt gelassen. Zunehmend wichtiger für den Denkmalschutz werden seitdem vor allem Bauwerke von sozialgeschichtlicher Bedeutung: nicht bedeutende geschichtliche Wendemarken, sondern das Leben, Wirtschaften und Arbeiten. Denkmäler sind Zeugnisse der sozialen, kulturellen und wirtschaftlichen Verhältnisse zu einer bestimmten Zeit.63 Sie spiegeln nicht oder weniger allein die Nationalgeschichte, als vielmehr auch die Sozial- und Wirtschaftsgeschichte sowie die Heimatgeschichte wieder, die in manchen Denkmalschutzgesetzen spezifisch hervorgehoben wird.64

bb) Künstlerische Gründe Allen Denkmalschutzgesetzen gemein ist außerdem, dass eine Sache auch auf- 224 grund ihrer künstlerischen Bedeutung Denkmalqualität aufweisen kann.65 Nach einer klassischen Entscheidung des BVerwG genügt insoweit, dass Denkmale „das ästhetische Empfinden in besonderem Maße ansprechen oder zumindest den Eindruck erwecken, dass etwas nicht Alltägliches oder eine Anlage mit Symbolgehalt geschaffen worden ist.“66 Verlangt ist also eine „gesteigerte ästhetische oder gestalterische Qualität“.67 Maßgeblich ist zum einen der künstlerische Rang des Gebäudes, namentlich seine Originalität68 und Integrität69, zum anderen, wie sehr jeweils der künstlerische Wert dieses Gebäudes nach außen hervortritt.70 Die Anforderungen an die künstlerische Bedeutung sind dabei nicht zu überspannen.71 Dem Kunstkriterium ist auch dann genügt, wenn ein Bauwerk Form und Funktion in ein VerSiehe zu Konzentrationslagern OVG Koblenz, NJW 1990, 2018. Die Sozialgeschichte als wissenschaftliche Konzeption ist jetzt zusammenfassend entfaltet in Wehler, Deutsche Gesellschaftsgeschichte, 5 Bände, Studienausgabe 2008. 63 Moench, NVwZ 1998, 304; Viebrock, in: Martin / Krautzberger, HdbDSchDPfl, 3. Aufl. 2010, C 10. 64 § 2 Abs. 1 DSchG BW; § 2 Abs. 1 a. E. DSchG Brem; ähnlich § 3 Abs. 1 Nr. 2 lit. b DSchG RP, der die „Förderung der Heimatverbundenheit“ als Denkmalschutzziel hervorhebt. 65 Vgl. Namgalies, DÖV 1984, 240. 66 BVerwGE 11, 32 (37); OVG Berlin, NJW 1990, 2019 (2020). 67 So auch OVG Weimar, LKV 2004, 421 (423). 68 Verlangt wird teilweise insoweit gar eine „individuelle schöpferische Leistung“, so OVG Lüneburg, NVwZ 1983, 231 (233); OVG Berlin, NJW 1990, 2019 (2020). Dies dürfte über die Mindestanforderungen, die an die Originalität eines Kunstobjektes zu stellen sind, hinausgehen. 69 VGH Mannheim, DVBl. 1988, 1219 (1222). 70 OVG Berlin, NJW 1990, 2019 (2020). 71 OVG Berlin, LKV 1995, 371. 61 62

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§ 4 Denkmalschutzrecht der Länder

hältnis gelingender Korrespondenz bringt,72 es sich mithin um ein technisches Bauwerk handelt, ferner, wenn zwar das Werk aus sich selbst heraus keine besondere Bedeutung aufweist, jedoch Teil des stilgeschichtlichen Entwicklungsprozesses eines seinerseits hinreichend bedeutenden Künstlers ist.73 225

Nicht erforderlich freilich ist, dass das jeweilige Kulturgut ein allgemeines ästhetisches Empfinden trifft oder einer bestimmten Stilrichtung angehört.74 Denn Abweichungen im heutigen und früheren ästhetischen Empfinden widersprechen nicht der Denkmalschutzidee; auch aus künstlerischen Gründen denkmalwürdig sind keinesfalls allein jene Objekte, die dem Zeitgeist entsprechen. Gleichwohl ist aus denkmalrechtlicher Sicht keine vollständige Kohärenz zu den grundrechtlichen Wertentscheidungen erforderlich. Der bekanntlich weite grundrechtliche Kunstbegriff 75 muss im Hinblick auf die Aufgaben und Selbstgesetzlichkeiten des Denkmalschutzes angeglichen werden. Eine selbstverständnisorientierte Interpretation des Kunstbegriffs kommt für den Denkmalschutz ohnehin nicht in Betracht. Das Denkmalrecht ist nicht subjektiv geprägt, sondern es muss auf objektiven Kriterien beharren, denn es steht nicht im Dienste eines individuellen Grundrechtsinteresses, sondern einer kollektiven Bewahrungsidee.

226

Die Rechtsprechung hat hinsichtlich des künstlerischen Bedeutungskriteriums noch keine kohärenten Strukturen entwickelt. Unsicherheit herrscht insbesondere darüber, inwieweit das unter Schutz zu stellende Kunstwerk jeweils exemplarische Bedeutung für eine bestimmte Stilrichtung aufzuweisen hat.76 Insoweit ist eine restriktivere Handhabung vorzugswürdig, die das bloße Vorhandensein spezifischer Stilelemente in einem Bauwerk nicht hinreichen lässt. Zur Klärung der künstlerischen Werkhöhe des jeweiligen Objektes hat das Gericht stets auf sachverständige Beratung zu rekurrieren. Es muss dabei auf eine – dogmatisch der Gleichheitssatzprüfung verwandte – sorgfältige Vergleichsgruppenbildung Acht geben, die einem Bürgerhaus nicht die Gestaltungsmerkmale einer Kirche abverlangt.77 Die Bedeutung der Sachverständigen ist hier besonders groß.78

OVG Berlin, DVBl. 1985, 1185. VGH Mannheim, ESVGH 26, 105; Hönes, DVBl. 1984, 413 (416). 74 Martin / Ahrensdorf / Flügel, Denkmalschutzgesetz des Landes Sachsen-Anhalt. Kommentar, 2001, § 2 Rn. 2.3.2. 75 Kloepfer, Verfassungsrecht II, 2010, § 62 Rn. 3 ff.; Lenski, Personenbezogene Massenkommunikation als verfassungsrechtliches Problem, 2007. 76 Viebrock, in: Martin / Krautzberger, HdbDSchDPfl, 3. Aufl. 2010, C 9. 77 Kiesow, Einführung in die Denkmalpflege, 1995, S. 41; Wurster, in: Hoppenberg / de Witt, HdbÖffBauR, D 58. 78 Vgl. Hönes, Die Unterschutzstellung von Kulturdenkmälern, 1987, S. 123. 72 73

B. Gegenstand des Schutzes (Denkmalbegriff)

99

cc) Wissenschaftliche Gründe Nach allen Denkmalschutzgesetzen führen auch wissenschaftliche Gründe zur 227 Schutzwürdigkeit einer Sache, sofern sie von wissenschaftlicher Bedeutung ist. Dies ist bereits dann der Fall, wenn die Sache die Erkenntnis auch nur innerhalb eines Wissenschaftszweiges mehren kann.79 Notwendig ist aber, dass sich das wissenschaftliche Interesse auf die Vergangenheit richtet.80 Unerheblich hingegen ist, welche Fachwissenschaft ein Interesse an der Erforschung des Gegenstandes hat; neben Paläontologie und Archäologie kommen etwa auch Sozial- und Geisteswissenschaften in Betracht. Zentral ist der dokumentarische Charakter des jeweiligen Gegenstandes; er ist Zeugnis des wissenschaftlichen Erkenntnisstandes einer bestimmten Epoche.81 Es ist aber nicht erforderlich, dass das konkrete wissenschaftliche Interesse den dokumentarischen Charakter vorrangig oder überhaupt betrifft. Zu verlangen ist allein, dass sich die Konturen eines möglichen wissenschaftlichen Forschungsprogramms an dem Gegenstand herausgebildet haben,82 unabhängig davon, ob sich diese Konturen zu einer konkreten Forschung verdichtet haben.83 Neben den wissenschaftlichen Erhaltungsgründen i. e. S. kommen, vermittelt 228 durch den notwendigen Vergangenheitsbezug des Denkmals, auch wissenschaftsgeschichtliche Gründe in Betracht. Zu verlangen ist insoweit die Eignung zur Erforschung oder Darstellung der Geschichte der jeweiligen Fachdisziplin.84 Damit ein Objekt zum Denkmal der Wissenschaftsgeschichte wird, muss es eine Pionierleistung darstellen oder modellhaften Charakter für eine bestimmte wissenschaftliche Errungenschaft haben. Ein architekturwissenschaftlicher Grund liegt daher nicht bereits darin, dass ein Gebäude den typischen Baustil einer bestimmten Epoche aufweist;85 notwendig wäre vielmehr, dass die fraglichen Merkmale am Bau dieses Gebäudes entwickelt wurden bzw. sich in diesem Gebäude besonders zeittypisch verdichten würden. Die architekturgeschichtliche Relevanz eines Objekts hindert es demgegenüber nicht, wenn aus der Sicht der Architekturkritik der Gegenwart ein vormals als innovatorisch geltendes Gebäude sich nachträglich als architektonisch verfehlte, städtebauliche Missstände hervorrufende Lösung darstellt.86 Insoweit gewinnen jedoch die gegen einen unveränderten Fortbestand des Gebäudes sprechenden Gründe in der Entscheidung über die Genehmigung einer denkmalsrelevanten Maßnahme Gewicht. VGH Mannheim, NVwZ-RR 1989, 232 (233); NJOZ 2006, 750 (754). Martin / Ahrensdorf / Flügel, Denkmalschutzgesetz des Landes Sachsen-Anhalt. Kommentar, 2001, § 2 Rn. 2.3.3. 81 VGH Mannheim, NVwZ-RR 1989, 238 (239). 82 Viebrock, in: Martin / Krautzberger, HdbDSchDPfl, 3. Aufl. 2010, C 14. 83 Martin / Ahrensdorf / Flügel, Denkmalschutzgesetz des Landes Sachsen-Anhalt. Kommentar, 2001, § 2 Rn. 2.3.3. 84 OVG Münster, NVWBl. 1996, 386 (für die Baukunst). 85 Siehe VGH Mannheim, BRS 54 Nr. 115; ferner VGH Mannheim, NJW 1991, 2509. 86 OVG Berlin, NVwZ-RR 1997, 591 (594). 79 80

100

229

§ 4 Denkmalschutzrecht der Länder

Zur Wissenschaftsgeschichte zählt auch die Technikgeschichte. In Ländern, die Denkmalschutz aus technischen Gründen kennen, sollten technikgeschichtliche Objekte dem besonderen Tatbestand zugeordnet werden. Ein Rekurs auf wissenschaftliche Gründe ist damit entbehrlich, wiewohl die Abgrenzung für die Praxis von allenfalls begrenzter Bedeutung ist. Die Rechtsprechung hat sich mit dem Schutzgrund der Technikgeschichte bislang – soweit ersichtlich – nur vereinzelt befasst. Klargestellt ist lediglich, dass die jeweiligen Gebäudeteile, die den spezifischen technischen Eigenwert ausmachen, noch vorhanden sein müssen, damit eine technikgeschichtliche Bedeutung angenommen werden kann.87 b) Moderne Schutzgründe

230

Die Trias der bundeseinheitlich in allen Ländern gleich, d. h. normierten Schutzgründe wird um solche ergänzt, die nicht von allen Denkmalschutzgesetzen übernommen worden sind. aa) Erhaltung aus städtebaulichen Gründen

231

Unter diesen kommt der Erhaltung aus städtebaulichen Gründen die größte Bedeutung zu. Nur die Denkmalschutzgesetze in Baden-Württemberg und Bremen nennen den Städtebau nicht;88 allein Hamburg weicht in der Formulierung, nicht aber in der Sache ab („charakteristische Eigenschaften des Stadtbildes“).89 Städtebauliche Gründe kommen immer dann in Betracht, wenn das Denkmal nicht oder nicht nur für sich wirkt, sondern kraft optischer Präsenz und Dominanz90 auf seine besiedelte Umgebung ausstrahlt. Maßgeblich ist zu fragen, ob das Objekt aus seinem konkreten Kontext und seiner funktionalen Bezogenheit herausgelöst werden könnte, ohne dass die es einbettende Umgebung ihren städtebaulichen Charakter ganz oder teilweise verlöre.91 Eines zusätzlichen Rekurses auf die städtebauliche Bedeutung bedarf es vor allem, wenn das jeweilige Objekt aus sich selbst heraus nicht zum Denkmal qualifiziert wird, durch seine Existenz aber die Integrität einer denkmalswürdigen Gesamtanlage sichert.92 So VG Karlsruhe, Urteil vom 25. März 1998, 8 K 1159 / 97, Rn. 42 f. Folgerichtig lässt der VGH Mannheim eine Unterschutzstellung von Denkmälern allein aus allein städtebaulichen Gründen nicht zu; vgl. VGH Mannheim DVBl. 1988, 1220; NVwZRR 1989, 238 (240). 89 Die Formulierung erinnert an § 172 Abs. 1 Nr. 1 BauGB, der die Erhaltung städtebaulicher Eigenarten als Schaffungsgrund einer gemeindlichen Erhaltungssatzung statuiert. Beide Begriffe haben die Schutzrichtung gemein; der denkmalschutzrechtliche Schutzgehalt ist indessen enger. 90 OVG Berlin, LKV 1998, 158 (160). 91 OVG Münster, Urteile vom 18. Januar 1990, 7 A 429 / 88, und vom 3. Dezember 1990, 7 A 2043 / 88; OVG Münster NVwZ-RR 1994, 135; ebenso Martin / Ahrensdorf / Flügel, Denkmalschutzgesetz des Landes Sachsen-Anhalt. Kommentar, 2001, § 2 Rn. 2.3.6; Reich, Denkmalschutzgesetz Sachsen-Anhalt, 2000, § 1 Rn. 2. 87 88

B. Gegenstand des Schutzes (Denkmalbegriff)

101

Entgegen dem zunächst trivialen Wortsinn der Kategorie „städtebauliche Bedeutung“ und 232 daran angeknüpfter verwaltungsgerichtlicher Rechtsprechung93 ist eine herausgehobene Bedeutung des Denkmals für die jeweilige Umgebung vorauszusetzen.94 Zentral ist auch insoweit der Dokumentationswert des Denkmals.95 Streitig ist hingegen, ob die erhaltungswürdige städtebauliche Umgebung das Charakteristikum der Unverwechselbarkeit aufzuweisen und insoweit widerzuspiegeln hat, dass sie auf einer einheitlichen Planung beruht oder jedenfalls in vergleichbarer Weise im Laufe der Zeit zustandegekommen ist. Diese Auffassung des OVG Bautzen96 ist wohl insoweit zu restriktiv geraten, als das Unverwechselbarkeitserfordernis ein Singularitätskriterium aufstellt, welches das Denkmalrecht nirgends prägt. Zutreffend ist demgegenüber der Hinweis auf die geschichtliche Gewachsenheit der jeweiligen Schutzgesamtheit, die die städtebaulichen Kriterien im Denkmalschutzrecht von jenen des Bauordnungsrechts (§ 172 Abs. 1 Nr. 1 BauGB) scheidet.97

bb) Technische Gründe Mehr einen spezifisch geschichtlichen Ausriss beschreibend denn eine eigene 233 Schutzdimension bildend, führen die Denkmalschutzgesetze von Brandenburg, Bremen, Hessen, Saarland und Thüringen auch technische Gründe auf; gleichgerichtete Regelungen treffen bei teils weit abweichender Formulierung § 2 Abs. 1 S. 2 Var. 3 DSchG NRW („bedeutend für die Entwicklung der Arbeits- und Produktionsverhältnisse“), § 2 Abs. 1 Var. 2 Alt. 3 DSchG MV (bedeutend für die „Entwicklung der Arbeits- und Wirtschaftsbedingungen“) sowie § 3 Abs. 1 Nr. 1 lit. a Var. 2 DSchG RP (Zeugnisse „des handwerklichen oder technischen Wirkens“). Wie in diesen abweichenden Gesetzesfassungen teils zum Ausdruck gebracht, beziehen sich die technischen Gründe vor allem auf Beispiele der Industriekultur des 18. und 19. sowie des frühen 20. Jahrhunderts, aber auch auf Zeugnisse der Handwerksgeschichte. Ästhetische Erwägungen sind insoweit ganz unerheblich.98 Maßgeblich ist vielmehr, inwieweit die jeweiligen Objekte als Anschauungsobjekt und Primärquelle der technikgeschichtlichen Entwicklung dienen können, also einen bestimmten technischen Leistungsstand verbürgen.99 Auf Lage und Größe der jeweiligen Objekte kommt es demgegenüber nicht an.

92 Vgl. Hönes, Die Unterschutzstellung von Kulturdenkmälern, 1987, S. 130; Wurster, in: Hoppenberg / de Witt, HdbÖffBauR, D 57. 93 VG Dessau, LKV 2000, 268. 94 So auch OVG Berlin, LKV 1998, 152 (158). 95 OVG Münster, NVwZ-RR 1994, 135; VG Düsseldorf, Urteil vom 11. August 2005, 4 K 6369 / 04, BeckRS 2007 24556. 96 OVG Bautzen, EzD 2.1.2, Ziff. 12, S. 4; ähnlich OVG Berlin, NVwZ-RR 1997, 591, mit fehlgehendem Verweis auf OVG Münster, NVwZ-RR 1992, 592 (593). 97 OVG Bautzen, SächsVBl. 1998, 12 (14). Zustimmend: Moench / Otting, NVwZ 2000, 146 (149). 98 So auch Wurster, in: Hoppenberg / de Witt, HdbÖffBauR, D 61. 99 Viebrock, in: Martin / Krautzberger, HdbDSchDPfl, 3. Aufl. 2010, C 20.

102

§ 4 Denkmalschutzrecht der Länder

cc) Sonstige Schutzgründe 234

In den Denkmalschutzgesetzen der Länder finden sich des Weiteren noch kultische bzw. volkskundliche Gründe und solche der Dorfbildpflege, der Landschaftsgestaltung sowie der Belebung und Werterhöhung der Umwelt. Der Eigenwert dieser neueren Schutzgründe ist gering. Hierzu ist daher grundsätzlich auf die jeweilige Kommentarliteratur zu verweisen. 3. Öffentliches Interesse

235

Das „öffentliche Interesse“ ist nach allen Denkmalschutzgesetzen einheitlicher Schlussstein der Denkmalsdefinition; dies entspricht der hergebrachten Denkmalsdefinition.

236

Nach Ansicht der Rechtsprechung setzt das öffentliche Erhaltungsinteresse voraus, dass die Denkmaleigenschaft einer Sache und die Notwendigkeit ihrer Erhaltung in das Bewusstsein der Bevölkerung oder eines breiten Kreises von Sachverständigen eingegangen ist.100 Diese Formel muss jedoch als verfehlt gelten. Für das objektive Interesse am Schutz eines Denkmals ist unbeachtlich, inwieweit einer bestimmten Fachöffentlichkeit die Erhaltenswürdigkeit des Objektes bereits ins Bewusstsein getreten ist und inwiefern Sachverständige den Denkmalswert bereits anerkannt haben. Auch die behördliche Unterschutzstellung eines gemein- wie fachöffentlich vergessenen Denkmals kann gerechtfertigt sein, wenn die übrigen Kriterien des Denkmalbegriffs vorliegen.

237

Auch die Rechtsprechung gibt inzwischen ihre subjektiv-empirische Betrachtung zugunsten der gebotenen objektiv-normativen Auslegung in streitigen Einzelfällen auf. So wird für den Fall des Schutzes von Denkmalbereichen aus städtebaulichen Gründen vertreten, für die Denkmalwürdigkeit der Bebauung genüge es, dass sie sich dem aufgeschlossenen Betrachter erschließe.101 Die Evidenz der denkmalschutzrechtlichen Bedeutung, die aufgrund der besonderen Anschaulichkeit der Vermittlung der durch den Denkmalbereich bezeugten orts- und baugeschichtlichen Vorgänge für einen aufgeschlossenen Betrachter zu bejahen ist, ziehe das öffentliche Erhaltungsinteresse nach sich. Demgegenüber verfange der Einwand des Denkmalseigentümers nicht, die Erhaltenswürdigkeit des Denkmals sei in keiner Veröffentlichung aufgezeichnet.102

238

Dass die Rechtsprechung ihre eigene Formel außer Betracht lässt, wenn sie zu untragbaren Ergebnissen führt, spricht dafür, sie insgesamt aufzugeben. Sie lässt sich allenfalls in normativer Wendung aufrechterhalten: Ein öffentliches Interesse 100 BVerwGE 11, 37; OVG Berlin, BRS 55 Nr. 137; VGH Mannheim, NVwZ-RR 1989, 239; OVG Koblenz, DVBl. 1985, 406 (408); OVG Bautzen, SächsVBl. 1998, 12; OVG Berlin, LKV 1998, 158. 101 OVG Berlin, LKV 1995, 373; OVG Berlin, LKV 1998, 158 (160). 102 OVG Berlin, LKV 1998, 158 (160).

B. Gegenstand des Schutzes (Denkmalbegriff)

103

an der Erhaltung eines Objektes als Denkmal besteht, sofern die Denkmaleigenschaft einer Sache und die Notwendigkeit ihrer Erhaltung in das Bewusstsein der Bevölkerung oder eines breiten Kreises von Sachverständigen eingegangen sein müsste. Doch würde auch diese Wendung nicht besagen, aufgrund welcher Kriterien die Denkmaleigenschaft der Sache bzw. deren Erhaltung angenommen werden müsste. Sie würde damit normativ weitgehend leer laufen. Maßgeblich ist dagegen die Bedeutung des Denkmals, die aufgrund der Rarität, 239 Originalität bzw. Integrität bestimmt wird. In diesen Begriffen liegt der Kern der Bestimmung des öffentlichen Interesses. Diese Kriterien sind in der Rechtsprechung entwickelt worden; sie sind nicht Teil der Denkmalschutzgesetze selbst. Die Rarität spricht dabei die Häufigkeit des Bestandes vergleichbarer Objekte an: 240 Je seltener ein Objekt in seinen charakteristischen Eigenschaften ist, umso eher ist das öffentliche Interesse an seinem Erhalt zu bejahen.103 Denn dann ist es gerechtfertigt, unter den vielen vergleichbaren Objekten ein bestimmtes als schutzwürdig zu erachten.104 Allerdings genießen keineswegs nur Objekte mit ausgeprägtem Seltenheitswert Denkmalschutz: Ebenso wenig wie im Artenschutz lediglich die letzten Wesen einer Gattung Schutz erfahren, erfasst der Denkmalschutz allein „lauter letzte Exemplare“105. In einer weiteren Parallele zu Arten- und Tierschutz kann, so wie dort nicht nur die schönsten und prächtigsten Exemplare schutzgegenständlich sind, auch an der Erhaltung solcher Objekte ein öffentliches Interesse bestehen, die zwar bestimmte Züge verdeutlichen, nicht jedoch zu den besten Exemplaren ihres Typs gehören.106 Die Seltenheit eines Denkmals bemisst sich zuvörderst nach der unmittelbaren Denkmals- 241 umgebung, nur in zweiter Linie nach dem Vorkommen des Denkmals im Geltungsbereich des Gesetzes überhaupt. Dies gilt vor allem im städtebaulichen Bedeutungsrahmen. Verfügt etwa ein Ort nur noch über ein historisches Gebäude, so kann dessen Denkmalscharakter auf städtebauliche Gründe gestützt werden, auch wenn Gebäude solcher Art und solchen Stils in anderen Orten so verbreitet sind, dass dort die denkmalrechtliche Schutzwürdigkeit in Frage steht.107 Das darf allerdings nicht dahingehend überspannt werden, dass ein Gebäude unter Schutz gestellt werden soll, das andernorts offensichtlich den denkmalrechtlichen Bedeutungskategorien nicht genügte, nur weil es an diesem Ort das einzige alte ist.108

Das Raritätserfordernis ist ambivalent; das besondere öffentliche Erhaltungsinte- 242 resse kann auch umgekehrt auf das mehrfache Vorkommen eines bestimmten GeVgl. Moench / Otting, NVwZ 2000, 146 (151). VGH Mannheim, DVBl. 1988, 1222; NVwZ-RR 1991, 291 (292). 105 Siehe VGH Mannheim, NVwZ-RR 1991, 291 (292); ihm folgend OVG Lüneburg, Urteil vom 13. Mai 1996, 6 L 2301 / 94, BeckRS 2005, 21747; OVG Bautzen, SächsVBl 1998, 12 (15); zust. Moench / Otting, NVwZ 2000, 146 (151). 106 Memmesheimer / Upmeier / Schönstein, Denkmalrecht Nordrhein-Westfalen, Kommentar, 2. Aufl. 1989, § 2 Rn. 31; ihnen folgend VG Potsdam, LKV 1996, 218 (219); VG Dessau, LKV 2000, 268 (269). 107 Vgl. insofern auch OVGE Münster 38, 28. 108 Zu weitgehend Wurster, in: Hoppenberg / de Witt, HdbÖffBauR, D 72. 103 104

104

§ 4 Denkmalschutzrecht der Länder

bäudetyps gestützt werden. So liegt es, wenn der Aussagewert eines Kulturdenkmals gerade durch seine Belegenheit in einer Zusammenschau gleichartiger Kulturdenkmale aus derselben Entstehungsepoche gesteigert wird, ohne dass jedoch die optisch-räumliche Verbindung solcherart ist, dass die Einzeldenkmale zu einer Gesamtanlage verbunden sind.109 Soll etwa ein Gebäude die stadt- oder dorfgeschichtliche Entwicklung einer bestimmten Zeit anschaulich machen, so kann die Anschaulichkeit dadurch gemehrt werden, dass in dem Bezugsgebiet weitere Gebäude vorhanden sind, die den selben Umstand dokumentieren;110 sind aber die Vergleichsgebäude besser geeignet, den Dokumentationszweck zu erfüllen, ist aufgrund mangelnder Rarität das öffentliche Erhaltungsinteresse an dem Objekt zurückhaltend zu bewerten.111 243

Das Kriterium der Originalität verweist auf einen spezifischen Eigenwert des Denkmals, der eine Abgrenzung von vergleichbaren Gattungsobjekten erlaubt. Ein öffentliches Erhaltungsinteresse ist ggf. umso höher, je stärker sich das Denkmalsobjekt von anderen abhebt. Insoweit treffen sich die Kriterien der Rarität und Originalität; originell im Rechtssinne jedoch können auch Gattungen von Denkmalsobjekten sein, ohne dass deren Gattungsglieder besonders selten zu sein haben.

244

Vermittels des Kriteriums der Integrität schließlich trägt der denkmalspezifische Erhaltungszustand zum öffentlichen Erhaltungsinteresse bei. Darin liegt auch wirtschaftlicher Anspruch: Nur an jenen Denkmälern besteht ein Erhaltungsinteresse, die eine mit nicht völlig unverhältnismäßigen Mitteln zu bewahrende nicht völlig unerhebliche Denkmalsubstanz bergen. Solange freilich die Kernsubstanz besteht, genügt auch ein Gebäude, an dem wesentliche Erneuerungsmaßnahmen vorzunehmen sind, dem Integritätskriterium;112 es fehlt hingegen dort, wo ein Gebäude – auch aus Erhaltungszwecken – denkmalfachlich derart fehlerhaft restauriert ist, dass seine Kernsubstanz nicht mehr nachzuvollziehen ist. Das selbe gilt, sofern ein Denkmal nach durchgeführten bzw. durchzuführenden Erneuerungsmaßnahmen angesichts des unzureichenden Erhaltungszustandes nicht mehr den Charakter des erneuerten Originals, sondern einer neugebauten Kopie trägt und seiner schützenswerten Identität verlustig geht.113

245

Die Annahme eines öffentlichen Erhaltungsinteresses setzt nicht voraus, dass ein Denkmal allen drei Kriterien genügt. Diese sind nicht kumulative Tatbestandsvoraussetzungen, sondern Begriffselemente einer flexiblen Bestimmung im Einzelfall.

246

Die Verwurzelung des Interessenerfordernisses im Grundrechtsschutz darf schließlich nicht zu der Fehlannahme verleiten, bei der Bestimmung der Denkmalseigenschaft seien die Belan-

Siehe VGH Mannheim, NVwZ-RR 1991, 291 (292). Siehe VGH Mannheim, NVwZ-RR 1991, 291 (292). 111 VGH Mannheim, UPR 1990, 444 (445). 112 Siehe etwa OVG Münster, BRS 44 Nr. 138; vgl. auch OVG Münster, BRS 58 Nr. 227 (1996). 113 OVG Münster, NVwZ-RR 1996, 634 (635). 109 110

B. Gegenstand des Schutzes (Denkmalbegriff)

105

ge des jeweiligen Eigentümers zu berücksichtigen. Die Unbeachtlichkeit der Eigentümerinteressen in der konkreten Prüfung tritt bereits im Begriff „öffentliches Interesse“ klar zutage. Die Grundrechtsbetroffenheit kann freilich die Schwelle, ab wann eine Sache zum Denkmal wird, abstrakt höher setzen; ob konkret ein Objekt jedoch den Denkmalsvoraussetzungen mit der Folge der Unterschutzstellung genügt, richtet sich nach denkmalpflegerischen Maßstäben und Prioritäten.

III. Erweiterter Denkmalbegriff Der gesetzliche Denkmalbegriff hat in den novellierten Denkmalschutzgesetzen 247 eine erhebliche Ausdehnung erfahren. Zum Spektrum der Denkmäler zählen nun auch ausdrücklich114 Mehrzahlen von Denkmalsobjekten (sog. Sachgesamtheiten), ohne dass erheblich ist, ob das jeweilige Objekt – die Verbundsobjekte hinweggedacht – eigenständige Denkmalsqualität besitzt. Die Unterschutzstellung dieses weiten Denkmalspektrums ist allen Landesdenkmalgesetzen gemein. Jeweils unterschiedliche Anordnungen finden sich hinsichtlich der Begrifflichkeit und der genauen Schutzweite. Unterschiedlich normiert ist auch, ob die Umgebung von Denkmälern und die Kulturlandschaft selbst Denkmalsqualität haben soll.

1. Schutz von Gesamtanlagen a) Integriertes Denkmalschutzkonzept Der Schutz von Gesamtanlagen dient denselben materiellen Schutzzwecken wie 248 der Schutz von Einzeldenkmalen, insbesondere den städtebaulichen Zielen. Das isolierte ist einem integrierten Denkmalschutzkonzept gewichen. In der breiten Umsetzung dieses – erstmals bereits im Jahr 1907 in gewissem Umfang in Preußen eingeführten115 – Konzepts spiegelt sich die Lernfähigkeit des Denkmalrechts, das in der Nachkriegszeit lange auf isolierten Gebäudeerhalt vertrauen zu dürfen glaubte.116 Das neue Kontextbewusstsein des Denkmalschutzes hat zunächst unterschied- 249 lichen begrifflichen Ausdruck gefunden. Die Denkmalgesetze sprechen bspw. von Denkmalbereichen117, Gesamtanlagen118, Gruppen baulicher Anlagen119, Denkmal114 Auch denkmalfachlich streitig ist, ob der Ensembleschutz als Ausweitung des klassischen Denkmalschutzes zu gelten hat oder lediglich eine besondere Ausprägung des Schutzes der Einzeldenkmale darstellt; vgl. etwa Metschies, Die alte Stadt, 1996, S. 219 (S. 224 ff.). 115 Preußisches Gesetz gegen die Verunstaltung von Ortschaften und landschaftlich hervorragenden Gegenden v. 15. Juli 1907. 116 Viebrock, Hessisches Denkmalschutzrecht. Kommentar, 3. Aufl. 2007, § 2 Rn. 47. 117 § 2 Abs. 3 DSchG Bln; § 2 Abs. 2 Nr. 2 DSchG Bbg; § 2 Abs. 3 DSchG MV; § 2 Abs. 3 DSchG NRW; § 2 Abs. 6 DSchG Saar; § 2 Abs. 2 Nr. 2 DSchG LSA; § 1 Abs. 3 DSchG SH. 118 § 2 Abs. 3 Nr. 2 DSchG BW; § 2 Abs. 2 Nr. 1 DSchG Hess; § 2 Abs. 3 DSchG Th. 119 § 3 Abs. 3 DSchG Nds.

106

§ 4 Denkmalschutzrecht der Länder

zonen120, schließlich von Ensembles121. Allein letzterer Begriff, der dem Laien jedoch schwerer verständlich sein wird, entspricht der denkmalpflegerischen Tradition. 250

Die Regelungen der Landesdenkmalschutzgesetze unterscheiden sich neben der Terminologie auch in der Konkretisierung der Ensembles. Benannt werden, jeweils abweichend, Ortsbilder, Siedlungen, Silhouetten und Stadtgrundrisse. Wesentliche Bedeutung kommt dem historischen Ortsbild zu, innerhalb dessen die einzelnen Denkmalobjekte ästhetisch interagieren. Die Aufzählungen haben allerdings keinen enumerativen, sondern bloß exemplifizierenden Charakter. Soweit die Gesetze einzelne Emanationen des Ensembles nicht benennen, sind diese doch über die allgemeine Ensembledefinition jeweils mitgeschützt. Nicht jede Präzisierung in den einzelnen Denkmalschutzgesetzen ist indessen glücklich geraten.

b) Rechtsfolgen des Ensemble-Schutzes 251

Welche Rechtsfolgen der Ensemble-Schutz entfaltet, ist nicht abschließend geklärt.122 Das Ensemble gewährt nach richtiger Ansicht123 lückenlosen Schutz, der sich im Wesentlichen derselben Schutzinstrumente wie beim Einzeldenkmal bedient. Der spezifische normative Gehalt des Ensembleschutzes tritt besonders deutlich hervor, soweit dem jeweiligen Denkmalbereich teilweise oder – wie nach der Mehrzahl der Landesdenkmalgesetze möglich124 – sogar ausschließlich Gebäude zugehören, die nicht eo ipso Denkmalcharakter haben; dieser wird ihnen jedenfalls partiell durch den Ensembleschutz vermittelt.

252

Die Ensemblefläche beschränkt die Eigentümerbefugnisse hinsichtlich der in ihr befindlichen Objekte und Anlagen ähnlich wie bei einem Natur- oder Landschaftsschutzgebiet.125 Damit richtet sich der Schutz nicht primär auf die Substanz, sondern auf das Gebiet: Die Substanz des Einzelobjekts innerhalb des Ensembles erfährt nur insoweit Schutz, als dies vom Ziel, das Ensemble insgesamt zu schützen, gefordert ist. Da der Ensembleschutz jedoch insbesondere dem Erhalt einer bestimmten städtebaulichen räumlichen Anordnung von Objekten dient, sind gewisse Eingriffe in die Substanz der Einzelobjekte möglich. In § 19 Abs. 2 DSchG BW gelangt dies besonders klar zum Ausdruck, gilt aber unabhängig davon, ob das jeweilige Landesrecht das Ensemble unmittelbar dem Denkmalbegriff zuordnet

§ 5 DSchG RP. Art. 1 Abs. 3 DSchG Bay; § 2 Abs. 1 Nr. 3 DSchG Brem; § 2 Nr. 2 DSchG HH; § 2 Abs. 2 Nr. 2 DSchG Saar; § 2 Abs. 2 DSchG Th. 122 Dazu lehrbuchartig OVG Koblenz, NJW 1988, 2616 (2617). 123 Etwa Martin, in: ders. / Krautzberger, HdbDSchDPfl, 3. Aufl. 2010, C 52. 124 Anders nur Art. 2 Abs. 3 DSchG Bay, § 2 Abs. 3 a. E. DSchG Bln, § 2 Nr. 2 a. E. DSchG HH, § 2 Abs. 3 S. 1 DSchG NRW, § 2 Abs. 2 S. 2 DSchG Th, nach denen die Denkmalseigenschaft nicht dadurch gehindert wird, dass nicht jeder einzelne Teil des Ensembles ein Denkmal darstellt. 125 BayObLG, NVwZ-RR 1989, 461. 120 121

B. Gegenstand des Schutzes (Denkmalbegriff)

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oder – wie in Baden-Württemberg126 – als gesonderten Schutzgegenstand des Denkmalschutzrechts begreift, der gerade nicht selbst Denkmal ist. Denn der maßgebliche Unterschied liegt nicht in der normativen Anordnung, sondern in dem Objekt, das geschützt wird. Das Schutzniveau des Ensembles unterscheidet sich insoweit von jenem des Ein- 253 zeldenkmals sowohl in der Breite als auch in der Tiefe: Der Schutz wird auf eine größere Objektzahl erstreckt, erreicht aber insoweit nicht notwendig die gleiche Schutztiefe. Wird daraus gefolgert, die Schutzintensität sei geringer als beim eingetragenen Denkmal,127 so ist jedoch zu beachten, dass die Unterschiede nur gradueller Natur sind. c) Sachgesamtheiten von Bodendenkmälern Einen gewissen Schutz erfahren in der Mehrzahl der Denkmalschutzgesetze Sachgesamt- 254 heiten von Bodendenkmälern. Hier allein interessierende Sachgesamtheiten unbeweglicher Bodendenkmäler sind teilweise mit unmittelbarer Denkmalsqualität versehen,128 teilweise auch bzw. jedenfalls Gegenstand des Ensembleschutzes,129 teilweise in Sonderanordnungen geschützt.130 Anders liegt es, wenn Ensembles ausschließlich den Baudenkmälern zugeordnet sind.131 Dann sind allein einzelne Bodendenkmäler Gegenstand des Denkmalschutzes, ein räumliches oder ästhetisches Zusammenwirken von Bodendenkmälern ist hingegen nicht schutzgegenständlich.132

2. Schutz der Denkmalsumgebung Wiederum uneinheitlich geregelt ist, inwieweit neben dem Denkmal auch die 255 Denkmalsumgebung geschützt ist. Unter Umgebung eines Denkmals ist jener Bereich zu verstehen, innerhalb dessen sich Veränderungen nachteilig auf das Denkmal auswirken können, die räumliche „Aura“ eines Denkmals.133 Vgl. ebenso § 2 Abs. 3 DSchG NRW, § 21 DSchG LSA. So Wurster, in: Hoppenberg / de Witt, HdbÖffBauR, D 187. 128 § 2 Abs. 1, 2 Nr. 2 DSchG Hess, § 2 Abs. 1, 5 DSchG NRW, § 2 Abs. 1 DSchG Saar, § 2 Abs. 1 DSchG Th. 129 § 4 DSchG Bbg, § 2 Abs. 1 Nr. 2 DSchG Bln, § 2 Abs. 2 DSchG Hess, § 1 Abs. 3 DSchG SH. 130 § 3 Abs. 4 DSchG Nds, § 2 Abs. 2 Nr. 4 DSchG LSA. 131 Art. 1 Abs. 3 DSchG Bay; § 2 Abs. 3 DSchG Bln. 132 Martin / Hönes, in: ders. / Krautzberger, HdbDSchDPfl, 3. Aufl. 2010, C 59 f. 133 Martin, in: ders. / Krautzberger, HdbDSchDPfl, 3. Aufl. 2010, B 46. Lediglich § 10 Abs. 2 DSchG Bln enthält eine dahingehende – freilich nicht ganz präzise – Legaldefinition: Die unmittelbare Umgebung ist hiernach der Bereich, innerhalb dessen sich die bauliche oder sonstige Nutzung von Grundstücken oder von öffentlichen Flächen auf das Denkmal prägend auswirkt. Besondere rechtliche Änderungen ergeben sich aus der Einführung der Legaldefinition nicht. 126 127

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Richtigerweise sind jedoch aus den unterschiedlichen Normierungen nur bedacht Konsequenzen zu ziehen. Wo die Umgebung nicht ausdrücklich als Gegenstand des Denkmalschutzes benannt ist, genießt sie doch jeweils mittelbaren Schutz über das Denkmal selbst. Auch im Übrigen steht selbst der unmittelbare Umgebungsschutz, auch dort, wo die Umgebung als eigenes Schutzgut erfasst ist, zum Denkmalschutz stets im Verhältnis der Akzessorietät: Es geht um einen Denkmalschutz im Hinblick auf das Denkmal.134 Andernfalls droht der Umgebungsschutz zu der oft besorgten Versteinerung insbesondere des Städtebaus durch Denkmalschutzrecht auch jenseits der eigentlichen Denkmalschutzobjekte beizutragen.135 Freilich haben die Auseinandersetzungen um das Weltkulturerbe Dresdner Elbtal gelehrt, dass der Umgebungsschutz im positiven Recht bei wesentlicher Beeinträchtigung eines Kulturgutes faktisch nicht stets durchgreift.

3. Grabungsschutzgebiete 257

Vorwirkungen der Denkmalschutzqualität sind nur partiell normiert. Jedoch kennen die meisten Denkmalschutzgesetze so genannte Grabungsschutzgebiete.136 Darunter sind Flächen zu verstehen, in denen Bodendenkmale nach verständiger Prognose zu erwarten sind. Das Grabungsschutzgebiet ist insoweit ein Denkmalsinterim, das normativ die Lücke zwischen der Denkmalsvermutung und dem Denkmalsbefund schließen soll.

C. Unterschutzstellung I. Systematik der Unterschutzstellung 258

Eine Bejahung der Schutzgegenständlichkeit – der Denkmaleigenschaft nach materiellen Kriterien – führt nicht immer automatisch zur Anwendbarkeit der denkmalschutzrechtlichen Instrumente. Zunächst muss das denkmalrechtliche Schutzsystem auf das jeweilige Objekt erstreckt werden. Am Anfang steht daher, gewissermaßen als Metainstrument, seine Unterschutzstellung. 1. Konstitutivsystem

259

Bedarf die Unterschutzstellung eines zusätzlichen Rechtsaktes, spricht man vom so genannten Konstitutivsystem. Notwendiger Rechtsakt ist in der Regel ein Verwaltungsakt,137 kraft dessen das Denkmal in ein bestimmtes Verzeichnis (Denkmalbuch oder -liste) einzutragen ist.138 Vgl. auch Wurster, in: Hoppenberg / de Witt, HdbÖffBauR, D 287. Eingehend Moench, NVwZ 1988, 304 (312 m. w. N.). 136 § 2 DSchG BW; § 17 DSchG Brem; §§ 16 f. DSchG HH; § 22 DSchG Hess; § 14 DSchG MV; § 16 DSchG Nds; § 14 DSchG NRW; § 22 DSchG RP; § 18 Abs. 5 DSchG Saar; §§ 22 f. DSchG Sachs; § 20 DSchG SH; § 19 Abs. 1 S. 2 DSchG Th. 137 Nach überwiegender Auffassung handelt es sich dabei um eine Allgemeinverfügung gemäß § 35 S. 2 Alt. 2 VwVfG, vgl. Viebrock, in: Martin / Krautzberger, HdBDSchDPfl, 3. Aufl. 2010, C 93. 134 135

C. Unterschutzstellung

109

Nach heute allgemeiner Auffassung hat die Behörde in Anknüpfung an die gesetzlichen 260 Formulierungen („sind“ bzw. „werden“ eingetragen)139 bei der Denkmalseintragung keinerlei Ermessen. Was nach der gesetzlichen Definition Denkmalsqualität hat, muss auch als Denkmal eingetragen werden.140 Für Härtefallerwägungen ist insoweit kein Raum. Sie kommen erst im weiteren Fortlauf des Denkmalverfahrens – anknüpfend an das konkrete Genehmigungsersuchen – zum Tragen (sog. zweistufiges Denkmalsverfahren).

Der Vorzug einer solcherart konstitutiven Denkmalseintragung liegt zweifelsohne 261 vor allem in Klarheit und Rechtssicherheit. Wendet sich der Eigentümer eines Gebäudes nicht gegen den betreffenden konstitutiven Eintragungsverwaltungsakt, so erlangt dieser Bestandskraft; der Denkmalsstatus ist sodann nicht mehr angreifbar.

2. Tatbestandssystem Vollzieht sich die Unterschutzstellung demgegenüber allein aus dem Vorliegen 262 des Denkmalstatbestandes, ist vom Tatbestandssystem zu sprechen, das historisch in Preußen gewachsen ist. Dieses System ist normativ durchaus anspruchsvoll, weil in allen Denkmalschutzgesetzen die Denkmalseigenschaft anhand einer stets nicht vollends ausdifferenzierten Generalklausel bestimmt wird. Es sind daher nicht selten im Hinblick auf Art. 20 Abs. 3 GG verfassungsrechtliche Bedenken geltend gemacht worden, denn der weite, in unbestimmte Rechtsbegriffe gefasste Denkmalbegriff der Gegenwart verunmöglicht es dem Eigentümer weithin, bloß anhand des Gesetzes nachzuvollziehen, ob sein Gebäude Gegenstand des Denkmalschutzes ist.141 Mag dies auch nicht zur Verfassungswidrigkeit der Vorschriften führen, sind sie doch unter Rechtsklarheitsgesichtspunkten problematisch. Der systematische Vorzug des Tatbestandssystems liegt aber darin, lückenlosen Schutz zu gewährleisten.

138 Vgl. jüngst VG Düsseldorf, Urteil vom 03. März 2005, 4 K 8677 / 02, BeckRS 2007 25758. 139 Siehe Wurster, in: Hoppenberg / de Witt, HdbÖffBauR, D 153. 140 Aus dem Schrifttum tendenziell schon Dieterich / Dieterich-Buchwald, ZfBR 1984, 68. Aus der Rechtsprechung VG Frankfurt, DVBl. 1982, 367 f.; VGH Kassel, NVwZ 1986, 237 (238) und OVG Berlin, NVwZ 1986, 239 (240) mit gemeinsamer zust. Bespr. Hönes, NVwZ 1986, 190; OVG Münster, OVGE 38, 38; OVG Schleswig, Urteil vom 10. Oktober 1995, 1 L 27 / 95, Rn. 30; OVG Bremen, NordÖR 2000, 168 (169). Anders noch OVG Bremen, NVwZ 1983, 234 (235) im Lichte des bis zum 13. 06. 1989 geltenden DSchG Brem; VGH Kassel, ESVGH 31, 231. 141 Die Liste der einschlägigen Judikatur ist lang; sie hat jedoch – soweit ersichtlich – stets zur Bejahung der Rechtmäßigkeit des Tatbestandssystems geführt. Richtungsweisend BVerfGE 78, 205 (212). Aus der Rspr. desweiteren OVG Berlin, EzD 2.1.3 Nr. 2, BVerwG, LKV 1998, 150, VerfGH Berlin, LKV 1999, 361. Aus dem Schrifttum tendenziell für Verfassungswidrigkeit Steinberg, NVwZ 1992, 14 ff.; Niebaum / Eschenbach, LKV 1995, 143 (145).

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§ 4 Denkmalschutzrecht der Länder

3. Denkmalliste im Tatbestandssystem 263

Die kategoriale Unterscheidung zwischen beiden Rechtsentwürfen darf freilich auch nicht überschätzt werden. Ein Denkmalverzeichnis besteht auch dort, wo die Unterschutzstellung tatbestandlich ausgestaltet ist; die Eintragung hat dann insoweit nur deklaratorische Bedeutung und keine Rechtsaktsqualität. Gleichwohl gestaltet sich das äußere Verfahren ähnlich: Die Eintragung ist auch dort notwendig, wo sie nicht konstitutiv ist.

264

Das Verfahren der Eintragung ist, soweit es ausgebildet ist und auf gesetzlicher Grundlage erfolgt,142 dem Konstitutivsystem nachgebildet.143 Doch ist die Ausbildung oftmals defizitär. Einige Denkmalgesetze verzichten auf präzise Verfahrensbestimmungen, darunter auch auf Vorgaben für die Denkmalliste und Vorschriften für den behördlichen Konfliktfall. Die Beteiligung der Gemeinden wird zwar überwiegend vorgesehen, jedoch meist nur allgemein geregelt.144 Die Verfahrensregelungen sind teilweise wenig geeignet, dem Eigentümerschutz zu entsprechen. Zwar ist überwiegend eine Mitteilung der Eintragung an den jeweiligen Denkmalsberechtigten vorgesehen.145 Andernorts fehlt eine solche Regelung (so im DSchG Bay und im DSchG Nds). In Hessen ist die Unterrichtung als bloße Soll-Vorschrift normiert.146 In Berlin ist außerdem eine ortsübliche Bekanntmachung der Denkmallisten kumulativ vorgesehen.147 Nur vereinzelt wird der im Tatbestandssystem mangels Verwaltungsakts nicht geltende § 28 VwVfG durch eine denkmalschutzrechtliche Anhörungsnorm ersetzt.148

265

Nach der Mehrzahl der Landesdenkmalschutzgesetze hat der Eigentümer vor der Benachrichtigung von der erfolgten Eintragung keinerlei Möglichkeit, auf den Eintragungsvorgang Einfluss zu nehmen. Er kann also im Eintragungsverfahren nicht vortragen, dass aus seiner Sicht die in der Eintragung ausgedrückte behördliche Ansicht, das fragliche Objekt erfülle den gesetzlichen Denkmaltatbestand, fehlerhaft ist. Dies ist insoweit konsequent, als bei bloßer Eintragung im Tatbestandssystem eine zusätzliche Rechtsbeschwer – das Gebäude ist ja schon kraft Gesetzes Denkmal – nicht erfolgt. Nicht übersehen werden darf jedoch, dass im Falle einer fehlerhaften Eintragung das Objekt auch bei fehlender gesetzlicher Denkmalseigenschaft faktisch als Denkmal behandelt werden wird. In diesem Fall eines blo142 Keine Regelung findet sich für die nicht-konstitutive „einfache“ Denkmalliste jedoch im DSchG BW. 143 Wurster, in: Hoppenberg / de Witt, HdbÖffBauR, D 131. 144 Art. 2 Abs. 1 S. 2 DSchG Bay, § 10 Abs. 3 DSchG Hess, § 10 Abs. 2 S. 1 DSchG Sachs: „im Benehmen“, § 4 Abs. 1 S. 1 DSchG Nds: „mit Unterstützung“. Gemeindliche Anhörungen sind in § 5 Abs. 1 S. 5 DSchG MV und § 5 Abs. 1 S 5 DSchG Th vorgesehen. 145 § 4 Abs. 2 S. 3 DSchG Bln; § 5 Abs. 1 S. 4 Hs. 1 DSchG MV; § 6 Abs. 2 DSchG Saar; § 10 Abs. 3 S. 1 DSchG Sachs; § 18 Abs. 2 DSchG LSA; § 5 Abs. 1 S. 3 Hs. 2 DSchG Th. 146 § 10 Abs. 4 S. 1 DSchG Hess. 147 § 4 Abs. 3 DSchG Bln. 148 § 5 Abs. 1 S. 5 DSchG MV und § 5 Abs. 1 S. 3 Hs. 1 DSchG Th. In Baden-Württemberg findet sich eine solche Regelung untergesetzlich in der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums für die Erfassung von Kulturdenkmalen in einer Liste (VwV-Kulturdenkmallisten) vom 20. Juni 2001, GABl. S. 802, sub 3.5.

C. Unterschutzstellung

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ßen „Listendenkmals“ liegt eine eigenständige rechtliche Beschwer des Eigentümers, der vorzubeugen ein Anhörungsrecht geeignet ist. Außerdem ist nicht das gesetzliche Unterschutzgestelltsein, sondern die Eintragung Ausgangspunkt etwaiger rechtlicher Konflikte, die ein Anhörungsrecht im Vorfeld abzuwenden helfen kann. Rechtspolitisch ist daher zu empfehlen, ein Anhörungsrecht in alle Denkmalschutzgesetze aufzunehmen. 4. Mischsysteme In einigen Bundesländern ist die Unterschutzstellung einem sog. Mischsystem 266 unterworfen, in dem eine je nach Denkmalsart tatbestandliche oder rechtsaktsförmige Unterschutzstellung vorgenommen wird. So liegt es in Bayern, Hessen und Thüringen, wo allein – hier nicht interessierende – be- 267 wegliche Denkmäler per Konstitutiveintragung unter Schutz gestellt werden, sowie auch in Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen, wo die Eintragung unbeweglicher Denkmäler obligatorisch-deklaratorisch ist, jene beweglicher Denkmäler jedoch eine besondere Bedeutung voraussetzt und eine teilkonstitutive Bedeutung entfaltet;149 sie ist kraft Regelungsqualität insoweit Verwaltungsakt.150 Das DSchG BW hebt insgesamt vom allgemeinen Denkmalbegriff die gesonderte Kategorie der „Kulturdenkmale von besonderer Bedeutung“ ab, für die eine Eintragung teilkonstitutiv ist; die insoweit statuierten zusätzlichen Schutzwirkungen151 entfalten sich nur, wenn das Denkmal in das jeweilige Denkmalbuch eingetragen ist (§ 12 Abs. 1 DSchG BW). Demgegenüber besteht nach dem schleswig-holsteinischen Recht für Denkmale von besonderer Bedeutung eine Eintragungspflichtigkeit,152 wohingegen die übrigen Denkmale lediglich eintragungsfähig sind.153 Ebenso auf dem Konstitutivsystem beruht das nordrhein-westfälische Recht. Es ist aber insoweit ein Mischsystem, als dort für Bodendenkmäler die privilegierende Anwendung einiger Schutzvorschriften ungeachtet einer fehlenden Eintragung vorgeschrieben wird. Eine – in sich indes nicht schlüssige – besondere Konzeption eines erweiterten Konstitutiv- 268 systems hat neuerdings auch das hamburgische Recht aufgenommen. Nach der Neuregelung des § 7a DSchG HH sollen alle Denkmäler, die bislang nicht in die Denkmalliste aufgenommen worden sind, jedoch dem Denkmalbegriff des § 2 DSchG HH genügen, in einer „Schnellinventarisation“ erhoben werden. Diese Denkmäler werden als „erkannte Denkmäler“ bezeichnet. In dem Interimszeitraum bis zur Eintragung treffen den Verfügungsberechtigten bereits Anzeigepflichten hinsichtlich der Maßnahmen, die nach erfolgter Eintragung genehmigungspflichtig wären.154 Wann jedoch der provisorische Denkmalschutz nach § 7a DSchG HH einzugreifen beginnt, ist dem Gesetz nicht mit Sicherheit zu entnehmen. Zwar sind erkannte Denkmäler in einem Verzeichnis bekannt gemacht, das beim Staatsarchiv niedergelegt wird; § 5 Abs. 1 S. 3, Abs. 2 S. 2 DSchG MV, § 4 Abs. 1 S. 2, § 5 S. 2 DSchG Nds. So auch Schmaltz / Wiechert, Niedersächsiches Denkmalschutzgesetz. Kommentar, 2006, §§ 4, 5 Rn. 12. 151 § 15 DSchG BW. 152 § 5 Abs. 1 DSchG SH. 153 § 6 Abs. 3 DSchG SH. 154 § 7a S. 1 i.V. m. §§ 8 –10 DSchG HH. 149 150

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die Verfügungsberechtigten sind darüber zu informieren (§ 7a Abs. 2 S. 2 DSchG HH). Jedoch ist die Eintragung gerade nicht Voraussetzung der Anzeigepflicht. Auch welche Rechtsfolgen an eine von dem Verfügungsberechtigten erfolgende Anzeige einer geplanten Veränderung zu knüpfen ist, bleibt unklar.

269

Vor allem – jedoch nicht ausschließlich – in Konstitutivsystemen erfährt die Unterschutzstellung von Ensembles eine besondere Regelung. Die Unterschutzstellung erfolgt teilweise nicht durch Verwaltungsakt, sondern durch Rechtsverordnung155 oder Satzung.156 Diese normative Hochzonung der Einzelfallentscheidung in den abstrakten Verordnungs- oder Satzungsrang erklärt sich aus dem städtebauplanerischen Gehalt der Unterschutzstellung. Die meisten Tatbestandssysteme lassen demgegenüber die Einbeziehung des Ensembles in den Denkmalbegriff genügen.157

II. Anspruch auf Eintragung in die Denkmalliste 1. Problemstellung 270

Ob der Eigentümer eines Denkmals einen Anspruch auf rechtsförmliche Unterschutzstellung seines Objekts genießt, ist zunächst nur dort rechtserheblich, wo der Akt der Unterschutzstellung rechtliche Bedeutung hat, nämlich im Konstitutivsystem. Jedoch kann der Eigentümer auch im Tatbestandssystem ein Interesse daran haben, dass die Denkmalsqualität seines Objektes nach außen hin deutlich wird. Insoweit geht es darum, dass das fragliche Denkmal in die nachrichtliche Denkmalliste aufgenommen wird.

271

Auf der anderen Seite erwachsen dem Eigentümer aus der Unterschutzstellung nicht nur Pflichten, sondern auch wesentliche Rechte. Für deren Wahrnehmung bedarf er der Klarheit, ob sein Objekt Denkmalscharakter hat. Insbesondere die weitreichenden steuerrechtlichen Privilegien zu Gunsten des Denkmalseigentümers setzen die Anerkennung der Denkmalsqualität bzw. im Tatbestandsystem deren behördliche Bestätigung voraus.158

272

Die Ansprüche zielen folglich in beiden Fällen letztlich auf dasselbe – nämlich auf die Eintragung des Denkmals in die jeweilige Denkmalliste. Doch ist die Reichweite des jeweiligen Anspruchs unterschiedlich: Steht im Konstitutivsystem die Denkmalseigenschaft an sich in Frage, so im Tatbestandssystem bloß deren Doku155 Obligatorisch unter Ausschluss eines Verwaltungsaktes: § 5 Abs. 3 DSchG MV; § 5 Abs. 4 DSchG SH; § 8 Abs. 1 Hs. 2 DSchG RP; fakultativ an Stelle eines Verwaltungsaktes: § 7 Abs. 2 DSchG Brem; § 6 Abs. 2 DSchG HH; § 18 DSchG Saar; fakultativ bei Nichterlass einer Satzung: § 4 Abs. 2 DSchG Bbg. 156 § 4 Abs. 1 DSchG Bbg; § 5 DSchG NRW; § 21 DSchG LSA. 157 § 2 Abs. 3 DSchG Bln; § 2 Abs. 2 Nr. 2 DSchG Hess; § 3 Abs. 3 DSchG Nds; § 2 Abs. 2 Nr. 2 DSchG LSA; § 2 Abs. 1 S. 2 i. V. m. Abs. 2 DSchG Th. Vorzugswürdig erscheint dagegen eine Regelung wie im DSchG BW, das zwar von einem Tatbestandssystem ausgeht, jedoch einige konstitutive Weiterungen vorsieht, zu denen auch die Unterschutzstellung der Ensembles kraft gemeindlicher Satzung zählt (§ 19 Abs. 1 DSchG BW). 158 Vgl. LT-Drs. (Hessen) 7 / 3458, S. 15.

C. Unterschutzstellung

113

mentation; geht es im Tatbestandssystem folglich nur um Klarheit hinsichtlich des Entstehens denkmalspezifischer Rechte und Pflichte, so im Konstitutivsystem darum, diese überhaupt zum Entstehen zu bringen. Das Bestehen solcher Ansprüche auf Eintragung ist umstritten. Ausdrückliche normative Anknüpfungspunkte sind rar. Sämtliche Denkmalschutzgesetze der Bundesländer stellen bei der Definition der Denkmaleigenschaft allein auf die Erhaltungswürdigkeit der Objekte im öffentlichen Interesse ab.159 Damit korrespondiert, dass in keinem Gesetz ein ausdrücklicher Rechtsanspruch des Eigentümers auf Eintragung in eine Denkmalliste bzw. Feststellung der Denkmaleigenschaft vorgesehen ist. Zum Teil wird den Eigentümern durch die Denkmalschutzgesetze jedoch zumindest die 273 verfahrensrechtliche Möglichkeit des Antrags bzw. der Anregung der Feststellung der Denkmaleigenschaft zuerkannt. Im Konstitutivsystem sehen nur das nordrhein-westfälische und das schleswig-holsteinische Denkmalschutzgesetz explizit vor, dass die Unterschutzstellung unbeweglicher Denkmäler auch auf Antrag des Eigentümers vorgenommen wird.160 Die Behörde ist also insoweit verpflichtet, die Eintragung vorzunehmen. Auch im Tatbestandssystem ist nur teilweise vorgesehen, dass Kulturdenkmäler auch auf Antrag des Eigentümers eingetragen werden können.161

Fraglich und umstritten ist in beiden Fällen jedoch, ob der Eigentümer dennoch 274 über einen Durchsetzungshebel verfügt, diese Eintragung zu erzwingen. Dazu muss ihm als Anspruch auf Eintragung in die Denkmalliste ein subjektives Recht erwachsen. Maßgeblich hierfür ist die Auslegung der die Antragseintragung betreffenden Vorschriften. 2. Grundlinien der Rechtsprechung Die Rechtsprechung ist insoweit nicht vollkommen einheitlich, neigt aber eher 275 zur Verneinung eines subjektiven Rechts. Dies gilt unabhängig davon, welchem Denkmalschutzsystem die Landesgesetze folgen und ob eine Antragseintragung vorgesehen ist. Überraschenderweise hat die Annahme eines subjektiven Rechts ausgerechnet in Hessen, wo aufgrund des dortigen Tatbestandssystems die Dringlichkeit einer subjektiven Rechtsposition zu Gunsten des Eigentümers vermindert ist, Resonanz gefunden.162 Im Übrigen ist sie überwiegend auf Ablehnung gestoßen.163 Das OVG Münster gesteht dem Eigentümer zwar kein materielles subjektives Recht zu, hat 276 ihm aber vereinzelt ein formelles subjektives Recht zugesprochen, demzufolge er einen AnVgl. Nachweise bei Spennemann, BauR 2003, 1655. § 3 Abs. 2 S. 2 Alt. 2 DSchG NRW; § 6 Abs. 3 DSchG SH. 161 Vgl. § 10 Abs. 1 S. 3 DSchG Hess. 162 Bejahend noch VG Frankfurt, DVBl. 1982, 367 (368); in dieselbe Richtung wohl auch – aber eher unklar – VGH Kassel, NVwZ 1986, 237. Ob die Annahme von OVG Berlin, LKV 1992, 26, zutrifft, VGH Kassel, NVwZ 1986, 680 (681 ff.), lehne die Annahme eines subjektiven Rechts ab, ist aufgrund der Sonderlage des dortigen Falls zweifelhaft. 163 VGH Mannheim, ESVGH 26, 121; VGH München, VGHE 29, 19; OVG Berlin, LKV 1992, 26. 159 160

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§ 4 Denkmalschutzrecht der Länder

spruch auf Einleitung und Durchführung eines ordnungsgemäßen Verwaltungsverfahrens hat. Dieses Initiativrecht beinhalte auch den Anspruch auf eine abschließende Sachentscheidung – jedoch keinen Anspruch auf eine sachlich richtige Entscheidung.164

277

Die Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte ist vom BVerwG im Wesentlichen bestätigt worden. Nach Ansicht des BVerwG verstößt eine landesrechtliche Regelung, nach der Eigentümer eines denkmalwürdigen Gebäudes keinen Rechtsanspruch auf Unterschutzstellung des Gebäudes haben, nicht gegen Bundesrecht. Subjektive Rechte des Eigentümers könnten selbst dann nicht verletzt werden, wenn die bauliche Anlage materiell-rechtlich als Baudenkmal zu qualifizieren sei, da die Unterschutzstellung allein im öffentlichen Interesse erfolge und einen – trotz der steuerlichen Effekte – ausschließlich belastenden Verwaltungsakt darstelle.165 Der Zweck der bundesrechtlichen Steuervergünstigungen bestehe nicht darin, dem Eigentümer eines denkmalschutzwürdigen Gebäudes mit Hilfe der Unterschutzstellung finanzielle Vorteile zu verschaffen. Die steuerlichen Vergünstigungen sollten vielmehr die sich aus der Unterschutzstellung ergebenden Belastungen und Nachteile abmildern. Die steuerrechtlichen Bestimmungen ließen keine Rückkopplung in dem Sinne zu, dass damit dem jeweiligen Eigentümer eines Gebäudes eine geschützte materielle Rechtsposition auf Unterschutzstellung eingeräumt werden sollte, um auf diese Weise steuerliche Vorteile zu erlangen. Der besonderen steuerlichen Entlastung wegen der Unterhaltungskosten für ein Gebäude bedürfe derjenige nicht, der mangels Unterschutzstellung des Gebäudes keinen denkmalschutzrechtlichen Beschränkungen unterworfen ist.166

278

Diese Auffassung der Rechtsprechung hat im Schrifttum Kritik erfahren. Übersehen würden die positiven Folgen der Unterschutzstellung. Nach dieser Ansicht werden öffentliches Interesse und subjektives Recht in den steuerrechtlichen Erleichterungen gerade verzahnt, dienten doch diese sowohl dem Eigentümer als auch dem objektiven Denkmalschutz.167

III. Rechtsschutz gegen die Unterschutzstellung 1. Tatbestandssystem a) Grundfall: Feststellungsklage 279

Verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz unmittelbar gegen die Unterschutzstellung eines Denkmals kann sich im Tatbestandssystem nicht ergeben, weil der Schutz kraft Gesetzes selbst ohne administrativen Rechtsanwendungsakt besteht. 164 OVG Münster, BauR 1995, 685. Die Einzelheiten sind freilich zwischen den Senaten umstritten, vgl. OVG Münster, NVwZ-RR 1989, 64. 165 BVerwG, NVwZ 1992, 1197 (1197). 166 BVerwG, NVwZ 1992, 1197 (1197). 167 Wurster, in: Hoppenberg / de Witt, HdbÖffBauR, D 179.

C. Unterschutzstellung

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Rechtsschutz ist daher einerseits grundsätzlich nur gegen eine konkrete behördliche Handlung möglich, vermittels derer ein bestimmtes Objekt als Denkmal behandelt wird. Denkbar ist andererseits eine Feststellungsklage, die sich auf das Nichtbestehen eines denkmalschutzrechtlichen Rechtsverhältnisses richtet (negative Feststellungsklage). Die Feststellungsklage kann bekanntlich nur angenommen werden, wenn einerseits ein feststellungsfähiges Rechtsverhältnis besteht, andererseits die Subsidiaritätsklausel des § 43 Abs. 2 S. 1 VwGO nicht greift. Feststellungsfähig ist ein konkretes und streitiges Rechtsverhältnis. Ein solches 280 kann vorliegen, wenn streitig ist, ob den Eigentümer denkmalrechtliche Belastungen treffen, welche die Reichweite seines Eigentumsrechts nach Art. 14 Abs. 1 GG mindern. Konkret ist das Rechtsverhältnis, wenn es sich auf ein abgrenzbares Eigentumsobjekt, das (vermeintliche) Denkmal, richtet und die Behörde die Denkmaleigenschaft behauptet. Die Subsidiaritätsklausel des § 43 Abs. 2 S. 1 VwGO steht der Feststellungsklage dann regelmäßig nicht entgegen. In Betracht käme allerdings eine Leistungsklage, die sich auf Löschung richtet. Die Fest- 281 stellungsklage bleibt aber dennoch zulässig, da durch sie der eigentliche Streitpunkt – das Bestehen einer denkmalsrechtlichen Pflichtenlage – dadurch unmittelbar zur Entscheidung gestellt und nicht nur als Vorfrage geklärt werden kann.168 Auch eine Anfechtungsklage scheidet im Ergebnis aus. Dabei erschient es zunächst durchaus folgerichtig, den Rechtsschutz an die nachrichtliche Eintragung in die Denkmalliste zu knüpfen, denn aus Sicht des Eigentümers ist die Lage nicht anders, als würde in diesem Moment in einem Konstitutivsystem die Eintragung erst rechtsverbindlich erfolgen. Die somit anscheinend gleichgelagerte Interessenslage verleitet Teile des Schrifttums dazu, in der nachrichtlichen Eintragung stets einen – jedenfalls deklaratorischen – Verwaltungsakt zu sehen.169 Dem steht freilich zunächst entgegen, dass die meisten Denkmalschutzgesetze, die auf das Tatbestandssystem gründen, ausdrücklich von einer „nachrichtlichen“ Eintragung sprechen.170 Auch stellt die Eintragung keinen beurkundenden Verwaltungsakt dar, wie er vom BVerwG für Eintragungen in das Wasserbuch angenommen worden ist.171 Teilweise ist allerdings früher in der Rechtsprechung angenommen worden, je nach den Umständen des Einzelfalls könne in der Benachrichtigung ein deklaratorischer Verwaltungsakt zu sehen sein.172 Die für die Annahme eines (feststellenden) Verwaltungsakts im Sinne des § 35 VwVfG erforderliche Regelungswirkung liege darin, dass die Sach- und Rechtslage in einer rechtlich ungewissen Situation durch eine verbindliche Feststellung geklärt werden solle.173 Ob die Behörde aber eine Regelung trifft, kann darüber hinaus nicht nach der äußeren Form des Verwaltungshandelns beurteilt werden, sondern nur nach einer inneren Begründung: Eine Regelung erlassen kann nur, wer kraft Gesetzes eine Rege168 Pietzcker, in: Schoch / Schmidt-Aßmann / Pietzner, VwGO, § 43 Rn. 43; a. A. (jedoch ohne Vertiefung) Wurster, in: Hoppenberg / de Witt, HdbÖffBauR, D 144. 169 Siehe Hönes, Die Unterschutzstellung von Kulturdenkmälern, 1987, S. 216 ff.; Kummer, Denkmalschutzrecht als gestaltendes Baurecht, 1981, S. 73 ff. 170 Hinweis bei VGH Kassel, NVwZ 1993, 462 (463). 171 BVerwGE 37, 103. 172 VGH Mannheim, NVwZ 1993, 100; VGH Mannheim, NVwZ 1986, 240 (241). Gleichsinnig wohl auch VGH Kassel, NVwZ-RR 1993, 462 (463). 173 VG Sigmaringen, BWGZ 2009, 102.

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§ 4 Denkmalschutzrecht der Länder

lung erlassen darf, und hinsichtlich der Eintragung des Denkmals ist die Behörde im Tatbestandssystem nicht regelungsbefugt.174

282

Gleichwohl wird eine Feststellungsklage häufig unter Berufung darauf ausgeschlossen, es fehle am Rechtsschutzbedürfnis; denn die Eintragung entfalte keine konstitutive Wirkung.175 Dem ist entgegenzuhalten, dass nach allgemeiner Überzeugung das Feststellungsinteresse „jedes nach Lage des Falles anzuerkennende schutzwürdige Interesse, sei es rechtlicher, wirtschaftlicher oder ideeller Art“176 spiegelt. Der Eigentümer hat ein Interesse daran, zu erfahren, ob die in dem Denkmalverzeichnis nachrichtlich ausgedrückte Rechtsauffassung der Behörde zutreffend ist; daran bemisst sich beispielsweise der Wert der Immobilie, und danach bestimmen sich Art und Ausmaß der Investitionen, die dem Eigentümer gestattet bzw. auferlegt sind. Gegen diese Konsequenz kann auch nicht die Fristungebundenheit der Feststellungsklage vorgebracht werden. Zwar kann der Eigentümer nun ohne Rücksicht auf das Eintragungsdatum Rechtsschutz gegen die Listeneintragung suchen. Offensichtlichen Rechtsmissbrauch kann die Verwaltungsgerichtsbarkeit über andere Instrumente der Zulässigkeitsprüfung – wie das Feststellungsinteresse – auszuschließen helfen.

b) Ausnahmefall: Anfechtungsklage 283

Einige Landesdenkmalschutzgesetze suchen das Rechtsschutzdilemma im Tatbestandssystem durch eine fakultative Feststellung kraft Verwaltungsaktes aufzulösen. Nach § 18 Abs. 2 S. 3 DSchG LSA, § 3 Abs. 6 DSchG Bbg und § 10 Abs. 3 S. 2 DSchG Sachs – mit teils abweichendem Wortlaut – hat die Behörde hinsichtlich eines Denkmals, das in die Denkmalliste nachrichtlich eingetragen wurde, die Denkmalseigenschaft auf Antrag des Eigentümers bzw. Berechtigten durch Verwaltungsakt festzustellen. Diese Möglichkeit begünstigt vor allem den Eigentümer oder Verfügungsberechtigten, der am Beginn eines längeren Planungsprozesses Sicherheit über Möglichkeiten und Grenzen seiner Eingriffe in das Objekt gewinnen will.177

284

Diese „Feststellungslösung“ genießt den Vorzug praktischer Rechtsklarheit, bedingt jedoch auch – im Einzelfall auflösbare – Probleme. Da die Denkmaleigenschaft gerade unabhängig eines Verwaltungsaktes besteht, richtet sich der Rechtsschutz zunächst nicht auf die Denkmalseigenschaft oder deren Eintragung, sondern nur auf die davon völlig isolierte behördliche Feststellung als Denkmal, die keinesSiehe auch BVerwGE 72, 265 (266). VG Hannover, Urteil vom 15. April 1981, 4 A 110 / 79; Eberl / Martin / Petzet, Bayerisches Denkmalschutzgesetz, 5. Aufl. 1997, Art. 2 Rn. 4. 176 Nahezu allgemein anerkannte Definition seit BVerwGE 36, 218 (226). 177 Martin / Mieth / Graf / Sautter, Brandenburgisches Denkmalschutzgesetz. Kommentar, 2. Aufl. 2008, § 3 Rn. 7.1. – Zu Übergangsproblemen beim Wechsel vom Konstitutiv- zum Tatbestandssystem ebda. Rn. 7.4. 174 175

C. Unterschutzstellung

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wegs Voraussetzung der – nachrichtlichen – Eintragung ist. Allerdings folgt aus der Rechtsbindung der Denkmalschutzbehörden, dass im Falle der erfolgreichen Anfechtung der Denkmaleigenschaft die nachrichtliche Eintragung zu löschen ist und das Denkmal nicht mehr als solches behandelt werden kann. Ein anderes gilt nur, sofern die Feststellung ausschließlich aufgrund formeller Mängel des Verwaltungsaktes erfolgreich angefochten werden konnte. Sehen die Denkmalschutzgesetze eine fakultative Feststellung der Unterschutz- 285 stellung nicht vor, kann ein dahingehender Verwaltungsakt auch nicht beantragt werden. Mangels gesetzlicher Regelung fehlt der Behörde insoweit die Befugnis zum Erlass eines feststellenden Verwaltungsaktes. In diesem Fall stellt sich dann aber die Frage nach den geeigneten Rechtsschutzmitteln.

2. Konstitutivsystem Keine Probleme bereitet der Rechtsschutz im Konstitutivsystem. Hat die Ein- 286 tragung in die Denkmalliste Verwaltungsaktsqualität, so kann (und muss zur Verwirklichung des Rechtsschutzinteresses fristgerecht) Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 VwGO erhoben werden. Diese Anfechtung ist auch isoliert möglich.

3. Besonderheiten bei Ensembles Beim Schutz der Ensembles folgt die Rechtsmittelwahl dem angewandten Sys- 287 tem der Unterschutzstellung. Besonderheiten ergeben sich nur insoweit, als die Unterschutzstellung des Ensembles von der Behandlung des Einzeldenkmals abweicht. Dies gilt für die Unterschutzstellung durch Rechtsverordnung und Satzung. Der Eigentümer steht hierbei ggf. vor dem Problem, dass Rechtsverordnungen wie auch 288 Satzungen nur vermittels einer Normenkontrolle gemäß § 47 Abs. 1 Nr. 2 VwGO angegriffen werden können, sofern dies durch die landesrechtlichen Ausführungs- bzw. Begleitgesetze zur Verwaltungsgerichtsordnung bestimmt wird. Keine entsprechende Normenkontrolle eröffnet das Landesrecht in Hamburg, Nordrhein-Westfalen und dem Saarland. Soweit in diesen Ländern ein Ensemble durch Rechtsverordnung oder Satzung festgelegt wird, ist der Eigentümer auf die Inzidentkontrolle verwiesen. Dies gilt unabhängig der grundsätzlichen Eröffnung der Normenkontrolle wegen der Frist des § 47 Abs. 2 VwGO stets auch, sofern eine Klage erst nach einem Jahr oder später nach Erlass der Satzung erhoben wird.

4. Sonderfall: Rechtsschutz gegen die Beendigung der Unterschutzstellung Nicht selten wird der Denkmaleigentümer ein Interesse an einem Fortbestand der 289 Unterschutzstellung haben. Maßgeblich können insofern steuerrechtliche Erwägungen sein, andererseits das Interesse an einem beständigen Rechtszustand. Es fragt

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sich dann, ob der Berechtigte Rechtsschutz gegen die Aufhebung der Unterschutzstellung suchen kann. 290

Im Grundsatz wirkt mutatis mutandis auch insoweit die Verneinung eines subjektiven Rechts zur Durchsetzung einer Denkmaleintragung fort: Kann der Eigentümer die im Konstitutivsystem konstituierende Eintragung nicht gerichtlich erzwingen, so kann er sich auch deren Löschung nicht erwehren. Mangels subjektiven Rechts fehlt ihm bereits die Klagebefugnis. Im Ergebnis dasselbe gilt für die Löschung der nachrichtlichen Eintragung im Tatbestandssystem. Auch insoweit folgt dem Fehlen eines subjektiven Recht auf Eintragung das Fehlen eines subjektive Recht auf – die ohnehin nur nachrichtliche – Löschung. Ein anderes gilt aber dort, wo das Recht auf Feststellung der Denkmalsqualität gesetzlich gegeben ist.

291

Bei festgestellter Denkmalqualität kann durch die Verwaltung die erneute Unterschutzstellung nur durch eine Aufhebung der – den Eigentümer rechtlich begünstigenden – Löschung gemäß §§ 48 f. VwVfG erfolgen.

D. Rechtsfolgen der Unterschutzstellung 292

Die Unterschutzstellung eines Objektes als Denkmal reduziert den Rechtskreis des Eigentümers des Denkmals und erweitert seinen Pflichtenkreis im Hinblick auf sein Eigentum am Denkmal; das privatnützige Eigentum erhält so auch fremdnützige Konturen. Die damit vorgenommene Minderung der Verfügungsmacht des Eigentümers in Bezug auf sein Eigentumsobjekt beschreibt angesichts der in privater Hand befindlichen Denkmäler den rechtlichen Kern des Denkmalschutzrechtes. Soweit Besitzer und Eigentümer des Denkmals auseinanderfallen, trifft die an die Sachherrschaft anknüpfende Modifikation des Denkmalrechtskreises auch den Besitzer. Die Rechtsfolgen folgen dem Telos des Denkmalschutzrechts, Denkmäler als solche zu erhalten. Dies schließt den (abwehrenden) Schutz der Denkmäler ebenso ein wie ihre (gestaltende) Pflege. Den Denkmaleigentümer treffen einerseits informatorische (dazu unter I.), andererseits konservatorische Pflichten (dazu unter II.).

293

Neben diesen Pflichtenkanon treten die staatlichen Rechtsinstrumente der Beratung (dazu unter III.), der Planung (dazu unter IV.) und der öffentlichen Zuschüsse (dazu unter V.).

I. Informatorische Pflichten 294

Nach allen Denkmalschutzgesetzen hat der Eigentümer daran, auch durch Duldung, mitzuwirken, dass die Denkmalschutzbehörden die für die Erhaltung und Pflege des Denkmals notwendigen Kenntnisse erlangen können. Ihn treffen insoweit Auskunfts- und Duldungspflichten.

D. Rechtsfolgen der Unterschutzstellung

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1. Auskunftspflichten Nach der regelmäßigen Formulierung der Denkmalschutzgesetze178 sind Eigen- 295 tümer und Besitzer von Kulturdenkmalen verpflichtet, die zur Erfüllung der Aufgaben des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege erforderlichen Auskünfte zu erteilen. Eine nähere Ausdifferenzierung der geschuldeten Auskünfte erfolgt nicht.179 Geschuldet sind jedenfalls alle Auskünfte, die sich auf die denkmalsbildenden Eigenschaften des jeweiligen Objektes beziehen und die bei der Einschätzung der geeigneten und notwendigen denkmalpflegerischen Maßnahmen von Nutzen sein können. Sonstige Auskünfte zum Objekt, die allein die private Rechtsstellung des Objektes betreffen – etwa die Anzahl der dort lebenden Personen oder den Kaufpreis – schulden Eigentümer und Besitzer hingegen nicht. Die zuständigen Behörden können gleichwohl auch Auskünfte ersuchen, die nicht unmittel- 296 bar dem Schutz des jeweiligen Objektes dienen.180 Beispielsweise kann ein Denkmal stilistisch paradigmatisch für andere Objekte sein; die aus ihm gewinnbaren Informationen über bestimmte Stilausprägungen, Originalfärbung oder Materialerhalt können bei der Entscheidung hilfreich sein, ob ähnliche Objekte unter Denkmalschutz gestellt werden sollen. Insoweit erwachsen dem Eigentümer / Besitzer auch Pflichten zur Förderung des Denkmalschutzes insgesamt.

Im Mittelpunkt der Auskunftspflichten stehen Objektauskünfte. Subjektbezogene 297 Auskünfte können nur ausnahmsweise verlangt werden. Zulässig ist ihre Erhebung immer dann, wenn eine mögliche denkmalrechtliche Maßnahme auch unter Beachtung persönlicher Eigenschaften des betreffenden Denkmalsherren festgelegt werden muss; beispielhaft sind Zumutbarkeits- und Verhältnismäßigkeitserwägungen.181 Eigentümer und Besitzer sind gehalten, die Auskunft unverzüglich, vollständig 298 und wahrhaftig zu erteilen. Unrichtige Auskünfte können als Ordnungswidrigkeit gemäß den Ordnungswidrigkeitstatbeständen der Denkmalschutzgesetze bzw. in den – eher seltenen – vermögensrelevanten Fällen – z. B. bei Erklärungen über einschlägige Steuervergünstigungen – ggfs. auch als strafbarer Betrug gemäß § 263 StGB zu belangen sein. Kommen Eigentümer bzw. Besitzer ihren Informationspflichten nicht nach, so kann das Instrumentarium des Verwaltungszwangs Anwendung finden, das jeweils in den Verwaltungsvollstreckungsgesetzen der Länder 178 So § 10 Abs. 1 DSchG BW; Art. 16 Abs. 2 DSchG Bay; § 14 Abs. 1 S. 1 DSchG Bln; § 14 Abs. 1 DSchG Bbg; § 13 Abs. 1 DSchG Brem; § 25 S. 1 DSchG HH; § 14 Abs. 1 DSchG Hess; § 9 Abs. 1 DSchG MV; § 27 Abs. 2 DSchG Nds; § 28 Abs. 1 DSchG NRW; § 6 DSchG RP; § 3 Abs. 6 DSchG Saar; § 15 Abs. 1 DSchG Sachs; § 16 Abs. 2 DSchG LSA; § 13 S. 1 Alt. 2 DSchG SH; § 9 Abs. 1 DSchG Th. 179 Krit. Fechner, in: ders. / Martin / Paulus / Winghart, Thüringer Denkmalschutzgesetz. Kommentar, 2005, § 9 Rn. 2. 180 Fechner, in: ders. / Martin / Paulus / Winghart, Thüringer Denkmalschutzgesetz. Kommentar, 2005, § 9 Rn. 2. 181 Fechner, in: ders. / Martin / Paulus / Winghart, Thüringer Denkmalschutzgesetz. Kommentar, 2005, § 9 Rn. 2.

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(bzw. deren Äquivalenten) geregelt ist. In Betracht kommt primär ein Zwangsgeld; als ultima ratio kann auch eine Ersatzzwangshaft verhängt werden. Entscheidend ist hier die Beachtung des Verhältnismäßigkeitserfordernisses.

2. Duldungspflichten 299

Die Besitzer und Eigentümer auferlegten informatorischen Duldungspflichten bestehen im Recht der Behörde auf Betretung und Besichtigung des Denkmals zur Gewinnung von Informationen. Hingenommen werden muss also, dass die Behörde einerseits das Denkmalsobjekt räumlich betritt, es andererseits umfassend in Augenschein nimmt und die für die Inaugenscheinnahme erforderlichen Handlungen vornimmt. a) Betretungsrecht

300

In allen Denkmalschutzgesetzen wird den Behörden das Recht eingeräumt, das denkmalspezifische Grundstück zu betreten.182 Das Betretungsrecht umfasst zunächst das Recht der Denkmalbehörden, durch Mitarbeiter ein Grundstück, das Kulturdenkmal ist oder es birgt, einschließlich der auf ihm liegenden Gebäude betreten zu lassen. Infolge des Betretungsrechts bedarf es des Einverständnisses des Eigentümers nicht. Die Ausübung des Betretungsrechts ist jedoch – dem Eingriff in Unverletztlichkeit der Wohnung, Art. 13 GG, und in die Privatsphäre, Art. 2 Abs. 1 i.V. m. Art. 1 Abs. 1 GG, geschuldet – an hohe, teilweise ungeschriebene, Voraussetzungen gebunden. Maßgeblich sind Verhältnismäßigkeitsaspekte, wobei insbesondere auch die Möglichkeit, die denkmalschutznotwendige Information auf anderem Wege als durch Betretung zu erlangen, zu berücksichtigen ist.183 Die amtliche Erhebung muss sich auf denkmalschutzrelevante Informationen beschränken. Dies ist in den meisten Denkmalschutzgesetzen ausdrücklich normiert.184 Keinesfalls dürfen weitergehende Nachforschungen über die persönlichen Verhältnisse der Betroffenen angestellt werden. Bei Gelegenheit der denkmalschutzrechtlichen Betretung erlangte Informationen dürfen nicht, auch nicht informell, weitergegeben werden. Den Erfordernissen des Datenschutzes und des Geheimnisschutzes ist Rechnung zu tragen.

182 So § 10 Abs. 2 S. 1 DSchG BW; Art. 16 Abs. 1 DSchG Bay; § 14 Abs. 2 DSchG Bln; § 14 Abs. 2 DSchG Bbg; § 13 Abs. 2 DSchG Brem; § 25 S. 2 DSchG HH; § 14 Abs. 2 S. 1 DSchG Hess; § 9 Abs. 2 DSchG MV; § 27 Abs. 2 DSchG Nds; § 28 Abs. 2 DSchG NRW; § 7 DSchG RP; § 3 Abs. 5 DSchG Saar; § 15 Abs. 2 DSchG Sachs; § 16 Abs. 1 DSchG LSA; § 13 S. 1 Alt. 1 DSchG SH; § 9 Abs. 2 DSchG Th. 183 Fechner, in: ders. / Martin / Paulus / Winghart, Thüringer Denkmalschutzgesetz. Kommentar, 2005, § 9 Rn. 3.1. 184 Siehe etwa § 15 Abs. 2 S. 1 DSchG Sachs: „soweit dies zur Erfüllung der Belange des Denkmalschutzes erforderlich ist“.

D. Rechtsfolgen der Unterschutzstellung

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Die Ausübung des Betretungsrechts hat in einer möglichst grundrechtsschonen- 301 den Weise zu erfolgen. Ausdrücklich wird in den Denkmalschutzgesetzen normiert, dass die Behörden die erwünschte Betretung zuvor anzukündigen haben. Aus dem Verhältnismäßigkeitsprinzip folgen insofern die Rücksichtnahmepflichten. Die Betretung soll zu einem bestimmten Zeitpunkt nur dann durchgeführt werden, wenn wesentliche Interessen von Eigentümer bzw. Besitzer dem nicht entgegenstehen. Wesentlich ist etwa die Ruhe in der Nacht oder bei Krankheit, die durch eine Betretung nur im Falle von Unvermeidbarkeit gestört werden darf. Unvermeidbar ist die Aufhebung der Nachtruhe, sofern eine gegenwärtige Gefahr für die Denkmalschutzbelange besteht, die keinen Aufschub duldet. Wer zu Betretung befugt ist, hat in den Denkmalschutzgesetzen eine unterschied- 302 liche Ausgestaltung gefunden. Überall aber gilt der Grundsatz, dass die Zahl der Betretenden so gering als möglich zu halten ist. Die Denkmalschutzbehörden sind daher zu einem gleichermaßen ressourcen- wie grundrechtsschonenden Einsatz ihres Personals gehalten. Grundsätzlich sind auch nur Mitarbeiter der Denkmalschutz- bzw. Denkmalfachbehörden zu einer Betretung befugt. Mitarbeiter anderer Behörden dürfen ausnahmsweise mitwirken, wenn ein solcher Besuch aus fachlichen Gründen unvermeidbar ist. Das Betretungsrecht gilt nur für hauptamtliche Mitarbeiter der Behörden. Sollen auch Ehren- 303 amtliche (§ 24 Abs. 1 DSchG NRW, § 18 Abs. 5 DSchG Bbg, § 26 DSchG Th) mit einem originären Betretungsrecht versehen werden, bedarf es einer ausdrücklichen gesetzlichen Anordnung.

Eine entscheidende grundrechtliche, in den Landesdenkmalschutzgesetzen je- 304 doch meist normierte Grenze des Umfangs des Betretungsrechts folgt aus Art. 13 GG. Das Recht auf Betretung eines Grundstücks und seiner Gebäude endet grundsätzlich vor den Wohnungen etwaiger Betroffener. Wohnungen i. S. d. Art. 13 GG sind alle Räume, die der allgemeinen Abschottung entzogen sind und zur Stätte privaten Lebens und Wirkens gemacht werden, einschließlich der auf diese bezogenen Funktions- und Vorräume.185 Das denkmalschutzrechtliche Betretungsrecht ist folglich wesentlich reduziert. Ein Betreten von Wohnungen ist ausnahmsweise nach den Art. 13 Abs. 7 GG aus- 305 füllenden Regelungen vieler Denkmalschutzgesetze zulässig, sofern es der Abwendung drohender Gefahren für das jeweilige Denkmal gilt. Die Anforderungen hieran sind im Lichte des Grundrechts hoch; die Gefahr muss konkret und dringend sein. Keinesfalls liegt in dem dann eröffneten Betretungsrecht aber eine Durchsuchungserlaubnis i. S. v. Art. 13 Abs. 2 GG; die denkmalschutzrechtliche Besichtigung als bloße Zustandskontrolle im Inneren ist von der Durchsuchung einer Wohnung i. S. d. Art. 13 GG als „ziel- und zweckgerichtetes Suchen staatlicher Organe nach Personen oder Sachen oder zur Ermittlung eines Sachverhaltes“186 streng zu scheiden. 185 Klassisch BGHSt 44, 138 (140); zust. etwa Papier, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 13 Rn. 10 f. 186 BVerfGE 51, 97 (106), 75, 318 (327); 76, 83 (89) und öfter.

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b) Besichtigungsrecht 306

Von einem bloßen Betretungs- ist das Besichtigungsrecht zu unterscheiden. Über die bloße räumliche Annäherung an das Denkmal hinaus, wie sie das Betretungsrecht verbürgt, gewährt das Besichtigungsrecht die tatsächliche Möglichkeit der Inaugenscheinnahme. Dafür können auch zeitweise Änderungen der Nutzung des Denkmals verlangt werden. Soll beispielsweise ein historischer Boden untersucht werden, so ist der Boden u. U. durch den Denkmalseigentümer freizuräumen, soll eine bestimmte Wandbemalung rekonstruiert werden, mag die Möblierung des Raumes vorübergehend wegzuräumen sein.

307

Neben der bloßen Inaugenscheinnahme gewährt das Besichtigungsrecht auch die Speicherung der gewonnenen Informationen etwa durch die Anfertigung von Fotografien. Auch die Mitnahme von Materialproben beispielsweise zur näheren historischen Rekonstruktion kann zulässig sein. Jede einzelne Maßnahme muss dabei mit dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit vereinbar sein. Problematisch kann insbesondere eine Veröffentlichung der dort gefertigten Fotos sein. Sie dürfen keinen Rückschluss auf die Person des Denkmalseigentümers zulassen bzw. andernfalls nur mit dessen Einverständnis veröffentlicht werden.

II. Konservatorische Pflichten 308

Mit Unterschutzstellung des Denkmals soll dieses vor mehr als nur unwesentlichen Veränderungen geschützt werden. Den Eigentümer sowie alle sonst hinsichtlich des Denkmals Berechtigten und Verpflichteten – insbesondere Besitzer, dinglich Berechtigte und öffentlich-rechtlich Verpflichtete – trifft damit eine umfassende Erhaltungspflicht, die nur in engen Grenzen Ausnahmen kennt.

309

Die Erhaltungspflicht bildet als grundlegende materielle Rechtsvorschrift den Kern der unterschutzstellungsbedingten Rechtspflichten.187 Sie umfasst, in den Landesdenkmalschutzgesetzen gelegentlich indessen abweichend akzentuiert, Handlungs- und Unterlassungspflichten: Negativ haben die Erhaltungspflichtigen jede Einwirkung auf das Denkmal zu unterlassen, die den Denkmalschutzzielen zuwiderläuft. Es handelt sich um eine Unterlassungspflicht. Insbesondere jegliche Veränderung am Denkmalsobjekt ist, sofern irgendwie denkmalsrelevant, grundsätzlich untersagt. Positiv äußert sich die Erhaltungsverpflichtung in der Pflicht des Eigentümers, die notwendigen Maßnahmen der Instandhaltung und der Instandsetzung zu treffen.188 Allerdings soll die Erhaltungspflicht insgesamt nicht mehr als den status quo des jetzigen Denkmalzustandes gewährleisten; Leistungspflichten werden durch das der Abwehr von Gefahren verpflichtete Ordnungsrecht nicht begründet.189 Der Eigentümer ist nicht gehalten, das Denkmal zu verbessern oder zu ver187 188 189

So auch Haspel / Martin / Wenz / Drewes, Denkmalschutzrecht in Berlin, 2008, § 8 Rn. 2.1. Viebrock, Hessisches Denkmalschutzrecht. Kommentar, 3. Aufl. 2007, § 11 Rn. 3. OVG Frankfurt (Oder), LKV 2003, 473 (474).

D. Rechtsfolgen der Unterschutzstellung

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schönern. Ausnahmen können sich insoweit ergeben, als ein denkmalwidriger Zustand vorliegt.190 1. Unterlassungspflichten: Veränderungsverbot mit Erlaubnisvorbehalt Das Veränderungsverbot mit Erlaubnisvorbehalt kollidiert scharf mit Art. 14 310 GG, indem er selbst dem Eigentümer – und allen sonstigen dinglich Berechtigten – die verändernde Gestaltung des jeweiligen Objektes nach eigenen Vorstellungen zunächst untersagt.191 Instrument des notwendigen schonenden Ausgleichs einerseits, aber auch der Durchsetzung denkmalrechtlicher Belange andererseits ist das in allen Landesdenkmalschutzgesetzen statuierte Genehmigungserfordernis. Nach h. M. unterliegt hiernach jede Veränderung des Denkmals durch seinen Eigentümer – jede potenziell denkmalsbeeinträchtigende Maßnahme – einer denkmalbehördlichen Genehmigungspflicht i. S. e. Verbotes mit Erlaubnisvorbehalt;192 eine Veränderung des Denkmals ohne bzw. vor Erteilung der Genehmigung unterfällt einem absoluten Verbot.193 Allerdings handelt es sich nicht um ein klassisches nur formelles präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt. Die Funktion des denkmalschutzrechtlichen Verbots ist gerade nicht nur die Kontrolle, sondern das Zurückdrängen von Denkmalveränderungen. Es trägt also die Züge eines repressiven Verbots.194 Dafür spricht auch der Umstand, dass viele Denkmalschutzgesetze Abwägungselemente enthalten bzw. den Rechtsanspruch auf Erteilung nicht explizit regeln. Letztlich handelt es sich um eine hybride Form des präventiv-repressiven Verbots mit Erlaubnisvorbehalt, das freilich nicht so weit geht wie z. B. das atomrechtliche Ermessen. Es ist als Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums (Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG)195 das zentrale denkmalschutzrechtliche Instrumentarium, das an die Unterschutzstellung anknüpft.196 Regelungen über das Genehmigungsverfahren kennen die Denkmalschutzgesetze aller Länder.197 OVG Lüneburg, BauR 1995, 85. Vgl. Burgi, NVwZ 1994, 527 (534). 192 Siehe VGH Kassel, NVwZ 1983, 193; VGH Mannheim, VBlBW 1991, 257 (259) sowie VBlBW 1992, 58 (59); BayObLG, NVwZ 1994, 519 (520); Parodi, Eigentumsbindung und Enteignung im Natur- und Denkmalschutz, 1984, S. 138 ff.; Körner, Denkmalsschutz und Eigentumsschutz, 1992, S. 35 f.; Kummer, Denkmalschutzrecht als gestaltendes Baurecht, 1981, S. 69; Viebrock, Hessisches Denkmalschutzrecht. Kommentar, 3. Aufl. 2007, § 16. 193 Steinberg, NVwZ 1992, 14 (16). 194 A. A. Haspel / Martin / Wenz / Drewes, Denkmalschutzrecht in Berlin, 2008, § 11 Rn. 3.1. 195 Vgl. nur BVerfGE 100, 226 (240) – Denkmalschutz; BVerwG DÖV 1988, 425; Battis / Schmittat, NuR 1983, 105. 196 So auch Wurster, in: Hoppenberg / de Witt, HdbÖffBauR, D 202. 197 § 8 und 15 DSchG BW; Art. 6 DSchG Bay; § 11 DSchG Bln; § 9 DSchG Bbg; § 10 DSchG Brem; § 8 DSchG HH; § 16 DSchG Hess; § 7 DSchG MV; § 10 DSchG Nds; § 9 DSchG NRW; § 13 DSchG RP; § 8 DSchG Saar; § 12 DSchG Sachs; § 14 DSchG LSA; § 9 DSchG SH; § 13 DSchG Th. 190 191

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a) Reichweite der Genehmigungspflicht 311

Die Genehmigungspflicht erstreckt sich auf jegliche Veränderung am Denkmal. Ohne behördliche Genehmigung dürfen bei unbeweglichen Denkmälern insbesondere nicht vollzogen werden (vgl. etwa § 11 Abs. 1 DSchG Bln): Eine Zerstörung bzw. Beseitigung des Denkmals, auch eine teilweise; jede Maßnahme, die das Erscheinungsbild des Denkmals zu verändern geeignet ist; jede Instandsetzung, Wiederherstellung oder Nutzungsänderung des Denkmals. Dies gilt regelmäßig auch für die Maßnahmen an der Denkmalsumgebung, die auch das Denkmal prägend erfassen. Insofern besteht ex ante eine Erheblichkeitsschwelle.

312

Der Veränderungsbegriff hat einen holistischen Anspruch: Er soll jede Veränderung des status quo des Denkmals erfassen. Obschon die Denkmalschutzgesetze die Gegenstände der Genehmigungspflicht stets je enumerativ aufzählen, sollen zumeist die denkmalsrelevanten Veränderungen – ungeachtet der Einzelterminologie – so umfassend als möglich erfasst werden. Die jeweiligen Termini sind weit und dahingehend zu interpretieren, jedes Gesetz weise eine Generalklausel auf. Unter „Umgestaltung“ und „Instandsetzung“ gemäß § 16 Abs. 1 S. 3 DSchG Hess (ähnlich auch § 13 Abs. 1 Nr. 1 lit. b DSchG Th) ist daher jede Denkmalsveränderung zu verstehen, die nicht bereits von Sondertatbeständen erfasst wird.198 Ähnlich versucht etwa das DSchG Bln, über die vier lose verbundenen Termini „Veränderung des Erscheinungsbildes“, „Instandsetzung“, „Wiederherstellung“ und „Veränderung der Nutzung“ die neben der Beseitigung des Denkmals verbleibenden Veränderungsalternativen vollumfänglich zu erfassen. Ein anderes gilt nur nach dem baden-württembergischen Denkmalschutzgesetz, wonach im Falle nicht eingetragener Denkmäler nur Veränderungen bestimmter Qualität erfasst werden (§ 8 Abs. 1 Nr. 2 DSchG BW).

313

Oft werden jedoch Beseitigung und Zerstörung eines Denkmals von den übrigen Veränderungsalternativen abgehoben. Es handelt sich bei diesen um Arten qualifizierter Veränderung, die in besonders krassem Gegensatz zu dem grundsätzlichen denkmalschutzrechtlichen Erhaltungsgebot stehen (so explizit § 9 Abs. 1 Nr. 1 DSchG Bbg) und aus denen aus diesem Grunde grundsätzlich besonders hohe Genehmigungsvoraussetzungen folgen. Dies ist meist nicht explizit angeordnet,199 gilt jedoch stets bei der Bestimmung und Abwägung der für bzw. gegen eine Genehmigung sprechenden Interessen.

Viebrock, Hessisches Denkmalschutzrecht. Kommentar, 3. Aufl. 2007, § 16 Rn. 9. Explizit schärfere Anforderungen an die Genehmigung stellt lediglich § 13 Abs. 1 Nr. 1 DSchG RP. Keine materielle Unterscheidung der Veränderungsarten demgegenüber in Art. 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Alt. 1 DSchG Bay; § 11 Abs. 1 Nr. 2 DSchG Bln, § 9 Abs. 1 Nr. 1 DSchG Bbg; 10 Abs. 1 Nr. 1 DSchG Brem; § 8 Abs. 1 Alt. 1 DSchG HH; § 16 Abs. 1 Nr. 1 DSchG Hess; § 7 Abs. 1 lit. a Alt. 1 DSchG MV; § 10 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 DSchG Nds; § 9 Abs. 1 lit. a Alt. 1 DSchG NRW; § 8 Abs. 1 Nr. 1 DSchG Saar; § 12 Abs. 1 Nr. 5 DSchG Sachs; § 14 Abs. 1 Nr. 5 DSchG LSA; § 9 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 3 DSchG SH; § 13 Abs. 1 Nr. 1 lit. a DSchG Th. Nach § 8 DSchG BW ist die Beseitigung oder Zerstörung des Kulturdenkmals auch bei nicht-eingetragenen Denkmalen genehmigungspflichtig; jedoch knüpfen sich keine zusätzlichen Anforderungen an das Gewicht der Veränderung, sofern es sich um ein eingetragenes Denkmal iSv § 15 DSchG BW handelt. 198 199

D. Rechtsfolgen der Unterschutzstellung

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Zerstörung ist die stoffliche Vernichtung des Bestandes eines Denkmals in dem Sinne, dass 314 es in seinem denkmalserheblichen Charakter auch nur in Teilen nicht mehr fortbesteht;200 nicht erforderlich ist die Zerstörung jeglicher materieller Substanz des Denkmalsobjektes überhaupt. Von einer denkmalrechtlichen Zerstörung ist daher bereits dann auszugehen, wenn nur ein kleiner, aber für die Denkmalseigenschaft des Objektes nicht vollends unbedeutender Teil vernichtet (etwa abgerissen) wird. Von Zerstörung kann also nicht erst dann geredet werden, wenn die Denkmalseigenschaft insgesamt nicht erhalten bleibt. Sofern dies vertreten wird,201 wird übersehen, dass das Denkmalschutzrecht ja auf die Erhaltung des konkreten Objektes in seiner spezifischen denkmalsbegründenden Substanz zielt, nicht nur auf den Fortbestand eines Rumpfes, der für sich allein noch Denkmal wäre. Eine Beseitigung liegt vor, wenn das Denkmal mangels Substanzzerstörung zwar erhalten bleibt, jedoch eine Veränderung erfährt, die es – jedenfalls gemessen an dem Umfang, in dem es bislang der Allgemeinheit zugänglich war – deren Zugriff entzieht.202 Sofern Landesdenkmalschutzgesetze (siehe nur § 11 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 DSchG Bln) ausschließlich von Beseitigung sprechen, ist das Tatbestandsmerkmal „Zerstörung“ insoweit erfasst.

b) Maßstab der Genehmigung Maßstab für die Prüfung, ob das Erscheinungsbild eines Kulturdenkmals nicht 315 nur völlig unwesentlich verändert bzw. beeinträchtigt wird, ist in subjektiver Hinsicht das Empfinden des für Belange des Denkmalschutzes aufgeschlossenen Durchschnittsbetrachters; in objektiver Hinsicht erfasst der Genehmigungstatbestand jede Veränderung des Erscheinungsbildes. Dagegen setzt die Genehmigungspflicht, wie sich aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 1 Nr. 2 DSchG BW entnehmen lässt, nicht voraus, dass die Beeinträchtigung von besonderem Gewicht oder deutlich wahrnehmbar ist.203 Das maßgebliche Kriterium für die Scheidung genehmigungspflichtiger und 316 genehmigungsfreier Vorhaben am jeweiligen Objekt ist ihre Denkmalrelevanz. Denkmalrelevant sind insbesondere alle äußeren und inneren Substanzveränderungen sowie alle Veränderungen, die die Erscheinung des Denkmalsäußeren prägen, ohne seine Substanz zu verändern (beispielhaft: die langfristige Verhüllung eines Gebäudes). Denkmalsrelevanz kann aber nach einigen Landesdenkmalgesetzen auch die jeweilige Ob- 317 jektnutzung haben. Ist eine Änderung gewollt, unterliegt diese prinzipiell der Genehmigungspflicht. Geboten ist aber – auch im Hinblick auf die Grundrechtstellung der Betroffenen – eine

200 Strobl / Majocco / Sieche, Denkmalschutzgesetz für Baden-Württemberg, 2. Aufl. 2001, § 8 Rn. 11; ihnen folgend Viebrock, Hessisches Denkmalschutzrecht. Kommentar, 3. Aufl. 2007, § 16 Rn. 4. 201 So etwa Wurster, in: Hoppenberg / de Witt, HdbÖffBauR, D 206; Memmesheimer / Upmeier / Schönstein, Denkmalrecht Nordrhein-Westfalen, Kommentar, 2. Aufl. 1989, § 9 Rn. 4. 202 Strobl / Majocco / Sieche, Denkmalschutzgesetz für Baden-Württemberg, 2. Aufl. 2001, § 8 Rn. 12; Viebrock, Hessisches Denkmalschutzrecht. Kommentar, 3. Aufl. 2007, § 16 Rn. 5. 203 VG Karlsruhe, NJWE-MietR 1996, 210.

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eher restriktive Auslegung: Eine Veränderung der Nutzung im Sinne des Denkmalschutzrechts liegt nur dann vor, wenn der Gesamtcharakter der Nutzung des Denkmals mehr als nur unwesentlich geändert wird. Es genügt etwa nicht, dass in einem als Wohnhaus genutzten Denkmal ein Schlaf- zu einem Arbeitszimmer oder der bisherige Hobbykeller zu einer Hausbar umgewandelt wird, halten sich doch diese Einzelnutzungen streng im vorgegebenen Rahmen der Gesamtnutzung „Wohnhaus“. Anders läge es, sofern das vormalige Wohnhaus nunmehr zu einem Büro- und Geschäftsgebäude umgewandelt würde.

c) Voraussetzungen der Genehmigung 318

Im Ergebnis regeln alle Denkmalschutzgesetze einen Rechtsanspruch auf Erteilung der Genehmigung, sofern den denkmalschutzrechtlichen Erfordernissen entsprochen ist.204 Wann die Erlaubnis bzw. Genehmigung zu erteilen ist, ist in den Landesdenkmalschutzgesetzen jedoch höchst unterschiedlich, teilweise aber auch überhaupt nicht geregelt.

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Überhaupt keine Genehmigungsvoraussetzungen statuieren §§ 8, 15 DSchG BW, § 11 DSchG Bln sowie § 8 DSchG HH. Das ist rechtsstaatlich höchst unbefriedigend und daher verfassungsrechtlich bedenklich: Werden Veränderungen des Denkmals einer umfassenden Genehmigungspflicht unterworfen, müssen die Voraussetzungen ihrer Erteilung im Gesetz – gemäß der vom Bundesverfassungsgericht begründeten Wesentlichkeitsrechtsprechung – zumindest in abstrakten Grundzügen gesetzlich geregelt sein.

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Die Mehrzahl der Denkmalschutzgesetze stellt demgegenüber explizit Voraussetzungen auf, allerdings in unterschiedlichen Varianten, unter denen eine Genehmigung zu erteilen ist. Diese Regelungen sind im Wesentlichen in drei unterschiedlichen Varianten gefasst: Erstens eine (inklusiv zu nennende) Variante, die Voraussetzungen aufzählt, unter denen eine Genehmigung zu erteilen ist, ohne dass diese nach dem Gesetzeswortlaut abschließenden Charakter haben.205 Es bleibt der Auslegung überlassen, zu beantworten, ob auch unter anderen Voraussetzungen eine – womöglich im Ermessen der Behörde stehende – Erteilung der Genehmigung möglich ist. Zweitens eine (exklusiv zu nennende) enumerative Variante, die nach dem Gesetzeswortlaut die Voraussetzungen einer Genehmigung grundsätzlich abschließend bestimmt.206 Bei der dritten Variante der Denkmalschutzgesetze wird keine Anordnung darüber getroffen, wann eine Genehmigung zu erteilen ist, sondern nur, wann sie zu verweigern ist. Statuiert werden folglich negative Voraussetzungen, nach denen die Genehmigung versagt werden kann207 oder darf .208 204 § 7 Abs. 3 DSchG BW; Art. 6 Abs. 3 DSchG Bay; § 12 Abs. 3 S. 2 DSchG Bln; § 20 Abs. 1 S. 1 DSchG Bbg; § 7 Abs. 3 S. 2 Hs. 1 DSchG Hess; § 7 Abs. 7 S. 1 DSchG MV; § 9 Abs. 3 S. 1 DSchG NRW; § 8 Abs. 8 S. 1 DSchG Saar; 12 Abs. 3 DSchG Sachs; § 14 Abs. 8 S. 1 DSchG LSA; § 12 Abs. 3 S. 2 Hs. 1 DSchG Th. 205 § 9 Abs. 2 DSchG Bbg, § 7 DSchG MV, § 9 Abs. 2 DSchG NRW, § 8 Abs. 5 DSchG Saar, § 12 Abs. 2 DSchG LSA. 206 13 Abs. 2 DSchG RP: „wird nur erteilt“; § 13 Abs. 2 S. 3 DSchG Sachs: „ist nur zu erteilen“.

D. Rechtsfolgen der Unterschutzstellung

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Im Grundsatz gilt, dass bei denkmalschutzrechtlichen Genehmigungsverfahren 321 für ein behördliches Ermessen kein Raum bleibt. Die schwere Belastung des Eigentumsgrundrechts, Art. 14 Abs. 1 GG, durch die ausgreifenden Genehmigungserfordernisse verbietet es, die Genehmigung von behördlichen Ermessenserwägungen abhängig zu machen. Dies ändert nichts daran, dass die Behörde in der Regel einen Abwägungsprozess wird durchzuführen haben, um zu beurteilen, welche der beteiligten Interessen sich durchsetzt. Diesem Verhältnis von Genehmigungspflicht und – allerdings an strenge Voraussetzungen gebundenem – Genehmigungsanspruch entspricht die Struktur eines – in allen Denkmalschutzgesetzen angeordneten – präventiv-repressiven Verbots mit Erlaubnisvorbehalt.209 Da die notwendigerweise vorzunehmende Güterabwägung und der ebenfalls gebotene Interessenausgleich bereits durch die begrifflich unbestimmten Tatbestandsmerkmale der „gewichtigen“ bzw. „überwiegenden Gründe“ absorbiert werden, könnte sich die behördliche Ermessensausübung nur auf solche Gesichtspunkte richten, die außerhalb der Kollisionslage kollektiver Denkmals- und individueller Eigentümerinteressen liegen. Als sachfremde Erwägungen dürfen diese bei der Entscheidung über die Zulassung des Vorhabens keine Rolle und müssen auch bei einer – dann leerlaufenden – Ermessensentscheidung außer Betracht gelassen werden.210 Eine Ermessensanordnung stellt daher nur klar, dass in Ausnahmefällen eine Genehmigungserteilung trotz eigentlich entgegenstehender hinreichender Denkmalschutzgründe ergehen kann. Mit der hier vertretenen Auffassung, dass von Verfassung wegen ein bloßes Aus- 322 nahme- und kein Regelermessen besteht, sind die Landesdenkmalschutzgesetze weithin zu vereinbaren. Wünschenswert wäre allerdings vielfach eine eindeutigere Vorgabe der Denkmalschutzgesetze. d) Erstreckung auf Nicht-Denkmäler Der denkmalschutzrechtliche Genehmigungsvorbehalt kann sich ggf. auch auf Objekte er- 323 strecken, die als solche keine Denkmäler sind. Dies folgt – ungeachtet der zwischen den Denk207 Art. 6 Abs. 2 S. 1 DSchG Bay, § 13 Abs. 2 S. 1 DSchG Th: „soweit wichtige Gründe des Denkmalschutzes für die unveränderte Beibehaltung des bisherigen Zustands sprechen“. 208 § 10 Abs. 3 DSchG Brem: „wenn Belange des Denkmalschutzes entgegenstehen“. 209 Strobl / Majocco / Sieche, Denkmalschutzgesetz für Baden-Württemberg, 2. Aufl. 2001, § 15 Rn. 2; Reich, Denkmalschutzgesetz Sachsen-Anhalt, 2000, § 14 Rn. 1. Die Annahme eines repressiven Verbots mit Befreiungsvorbehalt kommt im Denkmalrecht mangels Gemeinwohlwidrigkeit des Veränderungsansinnens nicht in Betracht (vgl. allgemein Sachs, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 40 Rn. 19). Unzutr. daher Wiechert, in: GrosseSuchsdorf / Schmaltz, Niedersächsische Bauordnung / Niedersächsisches Denkmalschutzgesetz. Kommentar, 5. Aufl. 1992, § 10 DSchG Rn. 1. 210 Vgl. den Gang der Argumention bei BVerwGE 18, 247 (251). Ihm folgend OVG Münster NJW 1964, 1290; BGH NJW 1971, 97. Ähnl., wenn auch ohne vollständige Ermessensdispension, BVerfGE 65, 116 (128 f.) zu § 27 PatAnwO. A. A. jedoch Ortloff, NVwZ 1988, 320 (321).

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malschutzgesetzen verschiedenen Konstruktion – aus dem jeweils dort angeordneten Umgebungsschutz.

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Insoweit droht sich die Gefahr einer Überspannung der Fernwirkungen des Denkmalschutzes praktisch zu realisieren: Wenn das OVG Koblenz die Aluminiumfassadenverkleidung eines Hauses in der unmittelbaren Nachbarschaft einer mittelalterlichen Burg als unzulässige Beeinträchtigung des Erscheinungsbildes der Burg qualifiziert,211 könnte diese Grenze bereits überschritten sein.212 Maßstab der Beurteilung ist auch insoweit der gebildete Durchschnittsbetrachter;213 es darf nicht der leidenschaftliche Denkmalschützer sein.

325

Streitig war lange, ob die Umgebungsschutzvorschriften drittschützenden Charakter haben, der Einzelne also ein subjektiv-öffentliches Recht dahingehend geltend machen kann, Veränderungen an Bauwerken und Flächen in der Umgebung des Denkmals, die auf das Denkmal prägend einwirken, zu verhindern. Nach einem Teil des Schrifttums soll dies zu Gunsten des Eigentümers gelten. Das Privileg der Drittschutzberechtigung soll dem Eigentümer gewissermaßen als Ausgleich für die Bürde der denkmalschutzspezifischen Pflichten zustehen.214 Das Bundesverwaltungsgericht hat dazu entschieden, dass – obwohl das geltende Recht den Denkmalschutz primär als objektive Pflicht ausgestaltet – der Eigentümer eines geschützten Kulturdenkmals jedenfalls dann berechtigt sein soll, die denkmalrechtliche Genehmigung eines benachbarten Vorhabens anzufechten, wenn das Vorhaben die Denkmalwürdigkeit seines Anwesens möglicherweise erheblich beeinträchtigt.215

e) Nebenbestimmungen 326

Zur Gewährleistung einer noch verhältnismäßigen Einschränkung des Eigentumsrechts (so ausdrücklich § 13 Abs. 4 S. 2 DSchG RP) werden denkmalschutzrechtliche Genehmigungen in der Rechtspraxis häufig mit Nebenbestimmungen i. S. d. § 36 Abs. 2 des jeweiligen VwVfG ergehen. Die Genehmigung kann daher insbesondere mit Auflagen oder mit Bedingungen versehen werden. In Betracht kommt gleichfalls, die Genehmigung befristet oder mit dem Vorbehalt des Widerrufs oder mit dem Vorbehalt einer Auflage zu erteilen. aa) Spezialgesetzliche Vorschriften

327

Anknüpfungspunkt der Verbindung denkmalschutzrechtlicher Genehmigungen mit Nebenbestimmungen ist die Zulassung von Nebenbestimmungen in den Denkmalschutzgesetzen selbst.216 Fraglich ist aber, ob diesen Regelungen ein über den OVG Koblenz vom 26. November 1981, 12 A 214 / 80. Zust. aber wohl Moench, NVwZ 1984, 146 (150). 213 VGH Mannheim, VBlBW 1982, 266. 214 Explizit dahingehend Wurster, in: Hoppenberg / de Witt, HdbÖffBauR, D 293. 215 BVerwGE 133, 347 (Leitsatz 1). Siehe auch im Anschluss daran: VG Berlin, Beschluss vom 30. April 2010, 19 L 24.10, Leitsatz 4 und Rn. 91 ff. 216 § 7 Abs. 2 DSchG BW; § 1 Abs. 3 DSchG Bln; § 9 Abs. 4 S. 1 DSchG Bbg; § 15 Abs. 4 S. 1 DSchG Brem; § 11 Abs. 2, Abs. 3 DSchG HH; § 7 Abs. 2 DSchG Hess; § 7 Abs. 5 DSchG MV; § 13 Abs. 3 DSchG RP. 211

212

D. Rechtsfolgen der Unterschutzstellung

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§ 36 Abs. 1 Alt. 2 des jeweiligen VwVfG hinausreichender Gehalt zukommt. So hat der nordrhein-westfälische Gesetzgeber schon 1982 § 9 Abs. 4 DSchG NRW a. F. ausweislich der Regierungsbegründung deshalb ersatzlos gestrichen, weil der Aussagegehalt der Norm sich in dem von § 36 Abs. 1 Alt. 2 VwVfG NRW ohnedies Geregelten erschöpfe.217 In verfassungsrechtlicher Hinsicht sind Regelungen geboten, die die verbliebenen Rechts- 328 wirkungen des Eigentums möglichst konturenscharf beschreiben. Ein Ermessen kann sich daher allein auf ein Formenermessen richten: Dem Ermessen der Behörde unterliegt nur, welche der Nebenbestimmungen sie wählt, sofern verschiedene Arten der Nebenbestimmungen geeignet sind, die Erfüllung der gesetzlichen Voraussetzungen sicherzustellen. Die jeweiligen Nebenbestimmungsanordnungen sind daher verfassungskonform so auszulegen, dass sie gebundene Entscheidungen darstellen.218 In der Normanwendung verdrängen die jeweiligen Bestimmungen gleichwohl die Generalklausel des § 36 Abs. 1 Var. 2 der VwVfGe.

bb) Maßnahmebegleitende und maßnahmenbestimmende Nebenbestimmungen Die Nebenbestimmungen erweisen sich als wichtigste Instrumente denkmalrecht- 329 licher Feinsteuerung. Im Denkmalschutzrecht relevant sind vor allem Auflage und Bedingung. In Betracht kommen jeweils maßnahmenbegleitende und maßnahmenbestimmende Nebenbestimmungen, die sowohl in Gestalt der Bedingung als auch in jener der Auflage angeordnet werden können. Maßnahmenbegleitend sind Nebenbestimmungen, die anlässlich bzw. im Hin- 330 blick auf die zu genehmigende Maßnahme ein zusätzliches Verhalten des Denkmalsberechtigten fordert. Dergestalt insbesondere bei beantragten Abbruchgenehmigungen in Frage kommen kompensierende, substituierende oder flankierende Begleitmaßnahmen, die den bilanziellen Denkmalsverlust vermindern sollen. Hierzu zählen Auflagen der Art, den abgebrochenen Denkmalsteil wieder neu zu errichten bzw. einen Teil des abzubrechenden Denkmals abzutragen und andernorts wieder aufzubauen,219 oder Bedingungen mit der Maßgabe, vor Abriss eines Denkmalteils zunächst gesicherte Planungen für einen der Denkmalsumgebung adäquaten Neubau vorzulegen.220 Unzulässig sind demgegenüber jedoch Geldauflagen, aufgrund derer sich der Denkmals- 331 berechtigte durch Zahlung eines behördlich festgelegten Summe von seinen ErhaltungspflichVgl. LT-Drs. 9 / 1410, S. 24. So auch VG Weimar, LKV 2000, 558, freilich zu dem vergleichbaren § 70 Abs. 3 BauO Th. Anders zwar OVG Lüneburg, NVwZ-RR 2005, 394 (395), zu dem – wie auch das OVG selbst erkennt – allerdings insoweit nicht vergleichbaren § 75 Abs. 2 S. 1 BauO Nds. 219 Jeweils explizit aufgeführt in § 11 Abs. 3 DSchG HH, § 10 Abs. 3 DSchG Nds, § 13 Abs. 4 S. 3 DSchG RP. – Der saarländische Gesetzgeber hat § 12 Abs. 4 DSchG Saar a. F. mit der Novelle des DSchG vom 19. Mai 2004 (Amtsbl. S. 1498) gestrichen. 220 Weitere Beispiele bei Martin / Krautzberger, HdBDSchDPfl, 3. Aufl. 2010, B 198 ff., die jedoch keiner nachvollziehbaren Kategorisierung unterliegen. 217 218

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ten teilweise oder ganz dispensieren kann. Allein Nebenbestimmungen, die der Erhaltung des jeweiligen Einzeldenkmals oder zumindest des gesamten Denkmalskomplexes dienen, genügen dem durch die denkmalschutzrechtlichen Spezialregelungen nicht verdrängten Konnexitätserfordernis des § 36 Abs. 1 Var. 2 VwVfG.

332

Die mit den maßnahmebegleitenden Nebenbestimmungen verbundene bilanzielle Betrachtungsweise ist nicht unumstritten. So ist Oebbecke der Ansicht, dass es sich bei einem wiederaufgebauten Gebäude nicht mehr um ein Denkmal handelt, sondern um ein – wenngleich aus den Originalbestandteilen zusammengesetztes – Duplikat.221 Demgegenüber ist allerdings hervorzuheben, dass auch ein wiederaufgebautes Gebäude den denkmalschutzrechtlichen Zielen dienen kann. Insbesondere kann die angestrebte Dokumentationsleistung (etwa Baufortschritt und Baustil einer bestimmten Epoche) und die städtebauliche Leistung (etwa bei Ensemblebebauung) auch durch die Kopien erzielt werden. Nebenbestimmungen solcher Art erreichen damit jedenfalls teilweise die Denkmalschutzziele, ohne dass das Denkmaloriginal als solches erhalten wird. Darin liegt ihr normativer Sinn.222

333

Eine ungleich größere praktische Bedeutung genießen maßnahmenbestimmende Nebenbestimmungen. Sie stellen die Erlaubnis der jeweiligen Maßnahme unter den Vorbehalt einer bestimmten Ausführung, Vorsorge oder Nachsorge. Nebenbestimmungen dieser Art werden in aller Regel als Auflagen ergehen. Nicht selten weisen solche Auflagen aber – da sie den beantragten Genehmigungsinhalt verändern – auch den Charakter einer modifizierenden Auflage aus. Sie sind dann keine Nebenbestimmungen, sondern Inhaltsbestimmungen der Genehmigung.223

334

So kann die Erlaubnis zur Wiedereindeckung eines Daches unter die Auflage gestellt werden, Materialien bestimmter Farbe, Herkunft und Alters zu verwenden, die Erlaubnis zur Neueinsetzung eines Fensters mit der Auflage versehen werden, die historische Form, das historische Material und die historische Ausführungsart (eine handwerkliche) zu bewahren, oder der Anstrich eines Gebäudes nur unter der Auflage zugelassen werden, dass eine bestimmte, historisch vorgeprägte Farbe verwendet wird.

335

Zu diesen Nebenbestimmungen zählen auch solche, welche die Erlaubnis an vorbereitende Maßnahmen knüpfen. Besteht etwa Unklarheit über bestimmte Eigenarten des Denkmals – etwa über die Elastizität oder Beständigkeit des verbauten Materials –, so kann dem Denkmalsberechtigten aufgegeben werden, gefahrvorbeugende Untersuchungen hinsichtlich des geplanten Denkmalseingriffs anzustellen. Die grundsätzliche Genehmigungserteilung kann insoweit mit der Bedingung des Erweises der Denkmalsverträglichkeit durch die angestellten Untersuchungen versehen werden. Soweit die Beibringung bestimmter Voruntersuchungen nach Vorschriften einzelner Denkmalschutzgesetze im Einzelfall bereits im Zeitpunkt der Antragstellung als Voraussetzung der Genehmigungsfähigkeit dient,224 hindern diese Normen Siehe Oebbecke, DÖV 1989, 605 ff. A. A. Oebbecke, DÖV 1989, 605 (609); Wurster, in: Hoppenberg / de Witt, HdbÖffBauR, D 229. 223 Haspel / Martin / Wenz / Drewes, Denkmalschutzrecht in Berlin, 2008, § 11 Rn. 7.4.4.3. 221 222

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mangels abschließenden Charakters die Behörde nicht, auch darüber hinausgehende Voruntersuchungen zu verlangen, soweit sie den gesetzgeberischen Denkmalschutzzielen zu entsprechen bestimmt und nicht ungeeignet sind.

Maßnahmenbestimmende Nebenbestimmungen können sich nach Maßgabe eini- 336 ger Denkmalschutzgesetze auch auf die zur Durchführung der beantragten denkmalsrelevanten Maßnahme bestimmten Personen erstrecken. Die Denkmalbehörde kann verlangen, dass die Maßnahme nur durch fachlich geeignete Personen vorgenommen wird. Dieses mittelbare behördliche Ablehnungsrecht hinsichtlich der beauftragten Personen versinnbildlicht den weitgehenden Autonomieverlust des Denkmalseigentümers dort, wo auch immer sich eine denkmalschutzrelevante Frage erhebt. Unklar ist, ob das behördliche Bestimmungsrecht auch in Ländern ohne dahingehende ge- 337 setzliche Anordnung unmittelbar auf die Nebenbestimmungsklauseln der DSchGe bzw. § 36 Abs. 1 Var. 2 VwVfG gestützt werden kann. Insofern aus dem Erfordernis einer gesetzlichen Eingriffsregelung hergeleitete Bedenken greifen jedenfalls nicht durch, soweit die personalbestimmende Nebenbestimmung den allgemeinen Anforderungen an den Nebenbestimmungserlass genügt. Gesetzliche (i. S. d. § 36 Abs. 1 Var. 2 VwVfG) Voraussetzung der Erteilung einer Gestaltungsgenehmigung ist jedoch, soweit nicht eine Abbruchgenehmigung in Rede steht, die Prognose einer wesentlichen Denkmalserhaltung. Ist die genehmigungsgegenständliche Maßnahme – wie regelmäßig – von einer Art und Gestalt, die besondere Anforderungen an die Qualifikation des sie ausführenden Personals stellt, kann die Behörde die Wahrung dieser Voraussetzungen auch präventiv sicherstellen. Sie muss aber beachten, dass die ordnungsgemäße Durchführung der Maßnahme – insbesondere die Einhaltung der Regeln der Baukunst – zuvörderst dem Bauherren selbst obliegt; ihr Interventionsrecht ist folglich subsidiär.225 Eine Benennung einer bestimmten Person steht der Behörde daher im Regelfall nicht zu. Sie kann vielmehr lediglich überprüfen und durchsetzen, dass das geforderte Qualifikationsniveau eingehalten wird.226

Im Einzelfall kann die Behörde auch aufgrund der ihr nach allen Denkmalschutz- 338 gesetzen zustehenden Auskunfts- und Duldungsrechte (siehe I. 1. und 2.) darüber hinaus verlangen, dass die gesamte Projektausführung unter ihrer fortwährenden Aufsicht oder in Gegenwart eines von ihr bestellten Sachverständigen erfolgt. Eine behördliche Gesamtüberwachung setzt aber voraus, dass das Denkmal von einer nach den jeweiligen landesrechtlichen Denkmalkriterien herausragenden Bedeutung 224 § 18 Abs. 1 S. 2 DSchG Hess; § 7 Abs. 6 S. 2 DSchG MV; § 8 Abs. 4 S. 3 DSchG Saar; § 13 Abs. 2 S. 2 DSchG Sachs. Sofern demgegenüber § 9 Abs. 1 S. 4 DSchG SH ein behördliches Untersuchungsrecht statuiert, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Behörde verpflichtet ist, diese Untersuchung selbst vornehmen zu lassen. Richtigerweise ist daher auch die den Denkmalseigentümer – trotz etwaiger fiskalischer Mehrkosten – rechtlich weniger belastende Pflicht zur Beibringung solcher Untersuchungsergebnisse als impliziertes Minus bereits von der gesetzlichen Anordnung umfasst. 225 So auch Viebrock, Hessisches Denkmalschutzrecht. Kommentar, 3. Aufl. 2007, § 18 Rn. 6. 226 Dies gilt auch dort, wo die gesetzliche Regelung ein anderes nahe legt (§ 11 Abs. 3 S. 2 DSchG Bln). Geboten ist hier eine teleologische Reduktion, um die Verhältnismäßigkeit des Eingriffs zu wahren.

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ist (Unwiederbringlichkeit) und bei den konkret geplanten Maßnahmen eine besonders hohe Gefahr des möglichen Denkmalsverlustes besteht.227 f) Öffentlich-rechtlicher Vertrag 339

Auch in der denkmalschutzrechtlichen Praxis hat – wie in vielen Bereichen der öffentlichen Verwaltung – der öffentlich-rechtliche Vertrag erhebliche Bedeutung gewonnen. Die kooperative Vertragsform ist als Steuerungsinstrument dem subordinativen Erlass von Verwaltungsakten mit Nebenbestimmungen in vielerlei Hinsicht überlegen. Insbesondere vermag die Überwindung des subordinativen Rechtsverhältnisses durch die tendenziell koordinative Form in erhöhtem Maße Rechtsfrieden herzustellen und Gerichtsverfahren zu vermeiden;228 der Vertrag erlaubt zudem eine gegenüber einem einseitigen Rechtsakt wesentlich feingliedrigere und differenziertere Zuordnung der rechtsverhältnisspezifischen Rechte und Pflichten.229 Den Besonderheiten auch atypischer Fälle kann so ausgleichend Rechnung getragen werden.230 Rechtspsychologisch entscheidend ist, dass der Bürger vom Objekt zum Subjekt des Verwaltungsverfahrens erhoben wird231 (bzw. erhoben werden sollte).

340

Die Funktion des Verwaltungsaktes bleibt in der Denkmalschutzpraxis weitgehend unberührt. Hauptanwendungsbereich sind denkmalschutzrechtliche Genehmigungsverfahren. Abgeschlossen werden hier regelmäßig keine verwaltungsaktsersetzenden, sondern verwaltungsaktsergänzende bzw. -vorbereitende Verträge. Öffentlich-rechtlichen Verträgen obliegt es oftmals, die rechtlichen Voraussetzungen der begehrten Genehmigung sicherzustellen.232

341

Die Verpflichtung zur späteren Erteilung der Genehmigung – keinesfalls aber die Genehmigungserteilung kraft Vertrages – kann zwanglos Gegenstand des denkmalschutzrechtlichen Vertrages sein, soweit den denkmalschutzrechtlichen Voraussetzungen genügt wird und die kontrahierende Behörde zur Erteilung der Genehmigung befugt ist. Die behördliche Verpflichtung hat freilich stets nur deklaratorische Natur: Denn sofern die Genehmigungsvoraussetzungen vorliegen, ist die Behörde mangels Ermessens ohnehin zur Genehmigungserteilung verpflichtet. Gleichwohl bleibt die vertragliche Vereinbarung für den Denkmalsberechtigten insoweit von Interesse, als hierdurch eine behördliche Bindung an eine bestimmte Konkretisierung der – oftmals ausdeutbaren – denkmalschutzrechtlichen Vorgaben auf den Einzelfall erreicht und Rechtssicherheit geschaffen wird. 227 Siehe bspw. § 10 Abs. 4 S. 2 DSchG Bbg; § 11 Abs. 2 Var. 2 DSchG HH; für den Sachverständigen vgl. noch § 9 Abs. 3 S. 2 DSchG Nds und § 8 Abs. 6 S. 2 DSchG Saar. 228 Kloepfer, JZ 1991, 737; siehe auch bereits Bulling, DÖV 1989, 277; Arnold, VerwArch 1989, 125; Heinz, DVBl. 1989, 752; Lamb, DVBl. 1989, 808; Maurer, DVBl. 1989, 807. 229 Siehe Martin / Schmidt, Denkmalschutzrecht in Berlin, 2000, S. 138. 230 Bonk, in: Stelkens / Bonk / Sachs, VwVfG, 7. Aufl. 2008, § 54 Rn. 9. 231 Vgl. nur die Begründung des RegE VwVfG 1973, BT-Drs. 7 / 910, S. 77. 232 Vgl. Martin / Schmidt, Denkmalschutzrecht in Berlin, 2000, S. 138.

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Ist zur Genehmigung eines bestimmten Denkmalsvorhabens nicht die Denkmalschutz-, son- 342 dern die Baugenehmigungsbehörde zuständig, so kann nicht diese, wohl aber die von allen Denkmalschutzgesetzen notwendig vorgesehene Zustimmung der Denkmalschutzbehörde Gegenstand des denkmalschutzrechtlichen Vertrages sein. Da der denkmalschutzfremden Genehmigungsbehörde eigene, denkmalschutzspezifische Erwägungen unter Ersetzung oder Missachtung der denkmalsbehördlichen Zustimmung verwehrt sind, sind die Rechtswirkungen eines solchen bloß „zustimmungsvorbereitenden Vertrages“ jenen eines „genehmigungsvorbereitenden Vertrages“ weithin vergleichbar. Ob die Hauptgenehmigung – insbesondere eine Baugenehmigung – ihrerseits Gegenstand eines öffentlich-rechtlichen Vertrages sein kann, beurteilt sich allein nach Maßgabe des jeweiligen Fachrechts. In einem die Hauptgenehmigung betreffenden öffentlich-rechtlichen Vertrag kann allerdings dem Antragsteller nicht aufgegeben werden, einen zustimmungsvorbereitenden Vertrag mit der Denkmalschutzbehörde zu schließen.

Wenig erschlossen ist, inwieweit mit dem Berechtigten – insbesondere dem Eigen- 343 tümer – denkmalabstrakte Kompensationspflichten vereinbart werden dürfen. Darunter sind all solche Pflichten zu verstehen, die einen spezifischen Denkmalsverlust nicht durch spezifische Ersatzmaßnahmen im Hinblick auf dieses Denkmal – etwa durch Teilerhaltung, Ortsänderung, Restaurierung oder Restitution – mindern oder ausgleichen sollen, sondern – in einer bilanzierenden Betrachtung – Maßnahmen zum Nutzen des Denkmalschutzes auf andere Weise und an anderer Stelle fordern.233 Denkbar ist etwa, dass der Denkmalseigentümer als vertragliche Voraussetzung des Erhalts einer Abbruchgenehmigung sich dazu verpflichtet, an einem anderen Denkmalsobjekt in seinem Eigentum auch überobligatorische Maßnahmen zu dessen Erhalt und Fortbestand durchzuführen. Alternativ in Betracht kommt eine Ausgleichszahlung des Denkmalseigentümers, die zumindest einem öffentlichen Denkmalanliegen – beispielsweise im Wege einer Stiftung bzw. Schenkung – dienen soll. Auch solche Kompensationsmodelle sind nicht geeignet, die gesetzlichen Voraus- 344 setzungen einer Denkmalsgenehmigung herbeizuführen bzw. zu gewährleisten. Die Perspektive des Denkmalschutzes ist – in systemkonformer Äquivalenz zum Eigentumsrecht – streng objektbezogen. Diese isolierte Betrachtung gibt der Kompensationsidee zunächst nur dort Raum, wo die beiden einzelnen Denkmalsobjekte Teil eines Gesamtdenkmals bzw. Denkmalsbereichs – bzw. eines Ensembles – sind. Kann hier nur einer der Denkmalteile sicher erhalten werden, liegt die Preisgabe eines zu Gunsten des anderen Teils auf der Hand. So mag es insbesondere liegen, wenn die Verpflichtung zum Erhalt des Gesamtobjekts die dem Eigentümer im Hinblick auf Art. 14 GG zumutbaren Pflichten überspannt und eine subsidiäre öffentliche Teilübernahme der Erhaltungspflichten nicht in Betracht kommt.

233 Entprechende Kompensationsmodelle bestehen insbesondere im Immissionsschutzrecht, §§ 7 Abs. 3, 17 Abs. 3a BImSchG. Dazu Kloepfer, Umweltschutzrecht, 2. Aufl. 2011, § 4 Rn. 52, 81, § 8 Rn. 36; eingehend Voßkuhle, Das Kompensationsprinzip, 1999.

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§ 4 Denkmalschutzrecht der Länder

g) Genehmigungsverfahren 345

Spezielle Regelungen zum Genehmigungsverfahren finden sich nur in einem Teil der Denkmalschutzgesetze. aa) Genehmigungsfiktion

346

Das Denkmalschutzrecht einiger Länder sieht die Fiktion der beantragten Genehmigung vor, wenn die Denkmalbehörde nicht innerhalb einer bestimmten Frist über den Genehmigungsantrag entscheidet.234 Welche Entscheidungsfrist der Behörde gebührt, ist unterschiedlich ausgestaltet; teils wird eine Genehmigungsfiktion bereits nach einem Monat235, teils nach zwei236, drei237 oder erst nach sechs238 Monaten wirksam.

347

Vorbilder der denkmalschutzrechtlichen Fiktionsregelungen finden sich – ohne dass die Musterbauordnung dieses Instrument vorgäbe – vor allem im Bauordnungsrecht. Im vereinfachten Genehmigungsverfahren239 tritt die Fiktion einer Baugenehmigung nach Ablauf von drei Monaten240 bzw. einem Monat241 nach Eingang des Antrages242 ein. Unterdessen sind Genehmigungsfiktionen auch vielfacher Bestandteil des Umweltrechts geworden.243

348

Die Einführung der Genehmigungsfiktion soll zu einem Gewinn an Verfahrenstransparenz und zu einer Verfahrensbeschleunigung zu Gunsten des Antragstellers führen;244 sie soll insbesondere auch Investitionen erleichtern.245 Die Einführung einer Genehmigungsfiktion folgt dem allgemeinen verfahrensrechtlichen Deregulierungstrend, hat aber auch eine spezifisch grundrechtliche Dimension: Sie wirkt als Grundrechtsschutz durch Verfahren246 zu Gunsten der Betätigung des Eigentums234 So 12 Abs. 1 DSchG HH; § 13 Abs. 6 DSchG RP; § 13 Abs. 4 S. 1 DSchG Sachs; § 14 Abs. 1 DSchG LSA; § 8 Abs. 7 DSchG Saar; § 14 Abs. 3 S. 2 DSchG Th. 235 § 13 Abs. 4 S. 1 DSchG Sachs. 236 § 8 Abs. 7 DSchG Saar; § 14 Abs. 11 S. 1 DSchG LSA. 237 § 12 Abs. 1 DSchG HH, § 14 Abs. 3 DSchG Th. 238 § 13 Abs. 6 DSchG RP. 239 Instruktiv Schröer, NZBau 2006, 499. 240 § 67 Abs. 4 S. 2 BauO Brem; § 57 Abs. 2 S. 3 BauO Hess; § 62 Abs. 2 S. 2 BauO MV; § 64 Abs. 3 S. 5 BauO Saar; § 69 Abs. 5 S. 1 i. V. m. § Abs. 4 BauO Sachs; § 73 Abs. 11 i. V. m. Abs. 8 BauO SH. 241 § 63 Abs. 2 S. 2 BauO Th sowie auch § 67 Abs. 4 S. 5 i.V. m. S. 2, 3 BauO RP, allerdings in einer differenzierenden Lösung. 242 Erweiterte Genehmigungsfiktionen sieht nunmehr das BauR in Mecklenburg-Vorpommern vor; siehe § 2 Nr. 2 TestregG und dazu Biermann, ZUR 2006, 282 (290). 243 Aus der experimentellen Gesetzgebung siehe § 91 Abs. 1 WasserG Nds i.V. m. § 3 Nr. 8 ModKG Nds. 244 Peter, LKV 2006, 449 (451). 245 Siehe etwa die Einführung einer Genehmigungsfiktion in § 7 Abs. 6 LandesplanungsG LSA im Rahmen eines Zweiten InvestitionserleichterungsG (vgl. Landtags-Drs. 4 / 610). 246 Kloepfer, Verfassungsrecht II, 2010, § 48 Rn. 31 m. w. N.

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grundrechts durch den Denkmaleigentümer. Ohne die Fiktion konnten durch lange Bearbeitungszeiten im Rahmen des Genehmigungsverfahrens Baumaßnahmen am Denkmalsobjekt derart verzögert werden, dass der Eigentümer in denkmalrechtlich zu genehmigenden Fällen seiner Dispositionsbefugnis kraft behördlicher Nichtentscheidung verlustig ging. Die Umkehrung der Verfahrensdauerlast ist folglich grundrechtsaktivierend; sie ist insoweit grundsätzlich zu begrüßen. Die Übernahme der Fiktionsregelungen in Denkmalschutznormen ist gleichwohl 349 ambivalent.247 Ein – für die teils recht neuen Regelungen in den Denkmalschutzgesetzen noch nicht vollends entkräftetes – Bedenken gegen die Genehmigungsfiktion könnte darstellen, dass Behörden sich veranlasst sehen könnten, im Zweifel eine Politik präventiver Ablehnungsbescheidung zu praktizieren, gegen die der Antragsteller mit solcherlei zeitlichem und finanziellem Aufwand vorgehen müsste, dass der theoretische Vorteil der gesetzlichen Verfahrensbeschleunigung mindestens aufgezehrt, wenn nicht bei weitem überwogen würde. Die Grenzen zu einer abwägungsfehlerhaften Pauschalablehnung sind hierbei schwerlich zu ziehen. Auch wenn grundrechtliche Belange beachtlich sind, dient das Genehmigungs- 350 verfahren allerdings zunächst den Denkmalschutzinteressen, die in den meisten Bundesländern unmittelbar Verfassungsrang genießen. Diese vorrangigen Verfahrensziele des Denkmalschutzes können auch innerhalb kurzer Bearbeitungsfristen realisiert werden, wenn die tatsächlichen (insbesondere: personellen) Voraussetzungen gewährleistet sind. Die Verwaltungspraxis nährt Zweifel an der Erfüllung dieser Voraussetzungen. Die Fiktionsregelungen drohen insofern zu Genehmigungswirkungen ohne zureichende denkmalschutzrechtliche Prüfung zu führen, aus denen rechtlich gebilligte, aber oftmals irreparabel denkmalwidrige Zustände erwachsen. Denn klarzustellen ist, dass der Eintritt der Fiktionswirkung keine Veränderung der materiellen Situation bewirkt. Die Rechtslage wird nicht materiell gestaltet.248 Durch die fingierte Genehmigung formell erlaubte Veränderungen am Denkmalsobjekt sind indessen rein tatsächlich oft nicht mehr restituierbar. Geboten sind daher noch vereinzelte Regelungen wie in § 14 Abs. 11 S. 3 DSchG LSA, die eine Verzögerung der Fiktionswirkung durch behördliche Aussetzung des Genehmigungsverfahrens erlauben; hierdurch steht es der Behörde offen, den notwendigen Prüfungszeitraum auszudehnen, ohne jedoch einen präventiven Ablehnungsbescheid erteilen zu müssen. bb) Verhältnis zu sonstigen Genehmigungen Die Genehmigung nach dem DSchG ersetzt und impliziert nicht die Genehmigungserfor- 351 dernisse, wie sie sich aus dem übrigen besonderen Verwaltungsrecht – namentlich dem Baurecht – ergeben können. Auf die bloßen denkmalschutzrechtlichen Ziele beschränkt, entfaltet 247

Siehe zu den Vor- und Nachteilen der Fiktion auch Christiansen / Voß, LKV 2004, 529

(532). 248

Uechtritz, NVwZ 1996, 640 (647).

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die Genehmigung nach dem DSchG insbesondere keine Konzentrationswirkung. Lediglich dort, wo denkmalschutzrechtliche Anordnungen bestimmter denkmaldienender Maßnahmen mit Zustimmung der Bauaufsichtsbehörde ergehen,249 ist die ggf. erforderliche Baugenehmigung enthalten.

352

Demgegenüber kann die denkmalschutzrechtliche Genehmigung durch andere Genehmigungen ersetzt werden. In Betracht kommen insoweit vor allem der Planfeststellungsbeschluss, dem Konzentrationswirkung zukommt (allgemein: § 75 Abs. 1 VwVfG), und die Baugenehmigung.

353

Die Konzentrationswirkung des Planfeststellungsbeschlusses ist im allgemeinen Planungsrecht des VwVfG oder dem jeweiligen Fachplanungsrecht normiert. Eine gesonderte denkmalrechtliche Regelung ist daher weder nötig noch möglich. Die Beteiligung der Denkmalfachbehörden an der Vorbereitung des Planfeststellungsbeschlusses folgt allein aus der Anordnung der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange (§ 73 Abs. 2 VwVfG), zu denen auch die Denkmalbelange zählen.

354

Die Baugenehmigung kann demgegenüber grundsätzlich nur Konzentrationswirkung entfalten, sofern die Ersetzung der fachrechtlichen durch die bauordnungsrechtliche Genehmigung fachrechtlich ausdrücklich angeordnet ist.

355

Nach dogmatischer Aufgabe der so genannten Schlusspunkt-Rechtsprechung250 setzt die Baugenehmigung außerdem nicht mehr voraus, dass das genehmigungsgegenständliche Vorhaben mit allen öffentlich-rechtlichen Vorschriften in Einklang steht. Dies gilt im Wege der Auslegung auch dort, wo eine textliche Klarstellung der Landesbauordnungen251 nicht vorgenommen worden ist. Für die Erteilung einer Baugenehmigung ist damit nicht mehr zu verlangen, dass die neben der Baugenehmigung einzuholenden öffentlich-rechtlichen Gestattungen bereits vorliegen.252 Die denkmalrechtliche Genehmigung stellt sich folglich nicht als rechtliche Prämisse der Baugenehmigung dar.

356

Die notwendige ausdrückliche Anordnung einer Substitutionswirkung der Baugenehmigung ist in vielen Denkmalschutzgesetzen – mit Ausnahme des hamburgischen, des rheinlandpfälzischen und des schleswig-holsteinischen Rechts – getroffen.253 Unterschiedlich ist ausgestaltet, inwieweit die jeweilige Baugenehmigungsbehörde die zuständige Denkmalschutzbehörde in das Genehmigungsverfahren einzubeziehen hat. Selten wird eine Beteiligung der Denkmalschutzbehörden überhaupt nicht verlangt.254 Einige Gesetze statuieren ein Erfordernis Art. 4 DSchG Bay. VGH München, BayVBl. 1984, 566; aufgegeben durch VGH München (Großer Senat), NVwZ 1994, 304; ebenso VGH Mannheim, NVwZ-RR 1997, 156. 251 So etwa Art. 72 Abs. 1 BauO Bay, § 64 Abs. 1 BauO Hess. 252 Anders – nicht recht verständlich – indessen Martin / Ahrensdorf / Flügel, Denkmalschutzgesetz des Landes Sachsen-Anhalt. Kommentar, 2001, § 14 Rn. 11.1. 253 § 7 Abs. 3 DSchG BW; Art. 6 Abs. 3 DSchG Bay; § 12 Abs. 3 S. 2 DSchG Bln; § 20 Abs. 1 S. 1 DSchG Bbg; § 10 Abs. 6 S. 1 DSchG Brem; § 7 Abs. 3 S. 2 Hs. 1 DSchG Hess; § 7 Abs. 7 S. 1 DSchG MV; § 10 Abs. 4 DSchG Nds; § 9 Abs. 3 S. 1 DSchG NRW; § 8 Abs. 8 S. 1 DSchG Saar; § 12 Abs. 3 DSchG Sachs; § 14 Abs. 8 S. 1 DSchG LSA; § 12 Abs. 3 S. 2 Hs. 1 DSchG Th. 254 Art. 6 Abs. 3 S DSchG Bay; § 9 Abs. 3 DSchG NRW; dazu Rothe, Denkmalschutzgesetz Nordrhein-Westfalen. Kommentar, 1981, § 9 Rn. 15. 249 250

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denkmalbehördlicher Zustimmung bzw. – gleichbedeutend – Einvernehmens zu der erteilten Baugenehmigung.255 Teilweise wird lediglich eine Beteiligung der Denkmalschutzbehörde am Genehmigungsverfahren256 bzw. ein Benehmen mit dieser257 vorausgesetzt. Insofern ist die Denkmalschutzbehörde zum Bauantrag zu hören (vgl. etwa § 68 Abs. 2 S. 1 BauO LSA). Ein Einvernehmenserfordernis wird damit jedoch gerade nicht aufgestellt.258 Ungeachtet eines etwaigen Einvernehmens- oder Zustimmungserfordernisses tritt die Bau- 357 genehmigungsbehörde insoweit vollständig an die Stelle der Denkmalschutzbehörde. Die Baugenehmigungsbehörde hat dabei die materiellen Regelungen der Denkmalschutzgesetze ungeschmälert anzuwenden. Es ist zugleich auch ihre Sache, die in den Denkmalschutzgesetzen vorgeschriebene Beteiligung von Drittbehörden durchzuführen. So muss das Benehmen mit dem nach § 21 Abs. 4 S. 1 DSchG NRW zu beteiligenden Landschaftsverband, sofern nur eine Baugenehmigung beantragt wird, von der Baugenehmigungsbehörde hergestellt werden.259

Rechtspolitisch ist die Konzentrationswirkung der Baugenehmigung nicht gänz- 358 lich unproblematisch. Wie stets bei angeordneter Konzentrationswirkung folgt aus der Bündelung der Genehmigungsverfahren in einer verbindlichen Verwaltungsentscheidung zwar eine bürokratievermindernde Entlastung der Antragsteller. Der erstrebte Gewinn von Rechtssicherheit bleibt aber zweifelhaft, wenn nach vielen Denkmalschutzgesetzen allein die Baugenehmigung Konzentrationswirkung entfaltet, alle übrigen inhaltlichen Genehmigungserfordernisse jedoch bestehen bleiben. Je nach Behördenorganisation verfügt demgegenüber die Baugenehmigungsbehörde nicht über hinreichende denkmalschutzrechtliche Kompetenz, um die Entscheidung an Stelle der jeweiligen Denkmalschutzbehörde zu treffen. Nicht überzeugen können daher unter den Aspekten des Denkmalschutzes jene Regelungen, die weder Zustimmung noch Einvernehmen der Denkmalschutzbehörde verlangen. Eine bloße Beteiligung der Denkmalschutzbehörde ohne verbindliche Kraft kann nicht verhindern, dass bei alleiniger Erteilung der Genehmigung durch die Baugenehmigungsbehörde denkmalrechtliche Aspekte in geringerem Umfang berücksichtigt werden.

255 Zustimmungserfordernis in § 7 Abs. 3 S. 2 Hs. 2 DSchG Hess; 12 Abs. 3 DSchG Sachs; § 12 Abs. 3 S. 2 Hs. 2 DSchG Th. Einvernehmenserfordernis in § 12 Abs. 3 S. 3 DSchG Bln; § 10 Abs. 6 S. 1 DSchG Bbg; § 7 Abs. 7 S. 3 DSchG MV; § 8 Abs. 8 S. 2 DSchG Saar. 256 § 14 Abs. 8 S. 2 DSchG LSA. 257 § 20 Abs. 1 S. 2 DSchG Bbg. 258 A. A. ohne Begründung Martin / Ahrensdorf / Flügel, Denkmalschutzgesetz des Landes Sachsen-Anhalt. Kommentar, 2001, Anm. 11. 1 zu § 14 unter fehlgehendem Hinweis auf § 73 Abs. 3 a. F. (nunmehr: § 68 Abs. 2 S. 3) BauO LSA. 259 Vgl. Rothe, Denkmalschutzgesetz Nordrhein-Westfalen. Kommentar, 1981, § 9 Rn. 15.

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§ 4 Denkmalschutzrecht der Länder

2. Handlungspflichten a) Pflichtige 359

Während im Falle von Unterlassungspflichten der Kreis der Pflichtigen auf der Hand liegt – die Pflicht zur Unterlassung vor Genehmigung trifft rechtlich jedermann, faktisch freilich vor allem die zivilrechtlich Verfügungsberechtigten –, bedarf der Kreis der Erhaltungspflichtigen der Abgrenzung.

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In den Denkmalschutzgesetzen unterschiedlich geregelt wird, wie die Abgrenzung vorzunehmen ist. Die Regelungsmodelle sind vielfältig: Pflichtig sind je nach Denkmalschutzgesetz Eigentümer und Besitzer;260 Eigentümer und sonstige dingliche Verfügungsberechtigte sowie unmittelbare Besitzer;261 Eigentümer, sonstige Verfügungsberechtigte und Besitzer;262 Verfügungsberechtigte;263 Eigentümer und sonstige Verfügungsberechtigte;264 Eigentümer, Besitzer und Unterhaltungspflichtige;265 Eigentümer, Erbbauberechtigte, Nießbraucher sowie die Inhaber der tatsächlichen Gewalt;266 Eigentümer und sonstige Nutzungsberechtigte.267 Stets pflichtig ist also der Eigentümer. Im Übrigen divergieren die Regelungen: Weder ergibt sich die Pflichtigkeit stets aus einer Verfügungsberechtigung eines Nichteigentümers, also etwa des Nießbrauchers, noch stets aus dem unmittelbaren Besitz. Zugriffsrechte und tatsächliche Zugriffsmöglichkeiten werden oft nicht befriedigend differenziert.

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Im Wesentlichen können zwei Ansätze unterschieden werden: Regelungen, die Berechtigungen voraussetzen, knüpfen die in ihr geregelte öffentlich-rechtliche Pflicht an das zivilrechtliche Beherrschungsrecht an. Regelungen hingegen, die darüber hinaus auch den (unmittelbaren) Besitz genügen lassen, knüpfen die öffentlichrechtliche Pflicht an die faktische Beherrschungsmöglichkeit an. Konsequenterweise kann daher auch die Besitzberechtigung keine Rolle spielen. Nach beiden Modellen sind mehrere Verpflichtete kumulativ nebeneinander verantwortlich.268 Dies gilt auch für Miteigentümer unabhängig der genauen Belegenheit ihrer Wohneinheit.269 Gegenüber welchem Pflichtigen die Wahrnehmung der Pflicht durchzusetzen ist, richtet sich nach dem Einzelfall. Maßgeblich ist die Zumutbarkeit. Zivilrechtliche Vereinbarungen zwischen den Parteien sind dabei grundsätzlich nicht zu berücksichtigen; sie betreffen das Innenverhältnis der Parteien und können ggf. zu Ausgleichspflichten untereinander führen. § 6 DSchG BW; § 8 Abs. 1 DSchG Sachs; § 7 Abs. 1 S. 1 DSchG Th. Art. 4 Abs. 1 DSchG Bay. 262 § 2 Abs. 1 S. 1 DSchG RP; § 9 Abs. 1 S. 2 und Abs. 2 S. 1 DSchG LSA; § 12 Abs. 1 DSchG Sachs. 263 § 7 Abs. 1 DSchG Bbg, § 8 Abs. 1 DSchG Bln, § 14 Abs. 1 DSchG HH. 264 § 9 Abs. 1 S. 1 DSchG Brem; § 7 Abs. 1 DSchG NRW. 265 § 11 Abs. 1 DSchG Hess; § 6 Abs. 1 DSchG MV. 266 § 6 Abs. 1 DSchG Nds. 267 § 7 Abs. 1 S. 1 DSchG Saar. 268 Vgl. nur Viebrock, Hessisches Denkmalschutzrecht. Kommentar, 3. Aufl. 2007, § 11 Rn. 2; Haspel / Martin / Wenz / Drewes, Denkmalschutzrecht in Berlin, 2008, § 8 Rn. 2.2.3. 269 OVG Koblenz, NJW 2003, 2550 (2551). 260 261

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b) Pflichtenkanon Im geltenden Denkmalschutzrecht ist die Erhaltung des Denkmals die grund- 362 legende Handlungspflicht des Eigentümers. Nach nahezu allen Gesetzen ist die Denkmalserhaltung insoweit – ausweislich der amtlichen Überschriften – alleiniger Oberbegriff der auf die Bewahrung des Denkmals gerichteten Pflichten. Eine Ausnahme markiert allein das DSchG RP, das der Erhaltung die Pflege des Denkmals gleichstellt; darin spiegelt sich die Unterscheidung von Denkmalschutz und Denkmalpflege wider. Große Unterschiede bestehen freilich darin, inwieweit die Erhaltungspflicht aus- 363 differenziert wird. Teilweise wird auf die Ausdifferenzierung überhaupt verzichtet,270 überwiegend jedoch die Erhaltungspflicht – obschon Oberbegriff – zugleich in die Reihe der ausdifferenzierten Pflichten gestellt (dazu sogleich). Insgesamt finden sich in den Landesdenkmalschutzgesetzen zehn – oft nur terminologisch, teilweise aber auch inhaltlich abweichende – Einzelpflichten; keines der Gesetze hat mehr als fünf von diesen aufgenommen. Die Erhaltung i. e. S. als Tatbestandsalternative ist von der Erhaltung i. w. S. als 364 Oberbegriff zu unterscheiden. Grundsätzlich gilt: Erhaltung i. e. S. wird im Denkmalschutzrecht als Beibehaltung eines bestehenden physischen Zustandes verstanden.271 Wo die Erhaltung gesonderte Tatbestandsalternative ist,272 ist sie grundsätzlich auf die Substanz des Denkmals bezogen. Die Reichweite des Erhaltungsbegriffs i. e. S. unterscheidet sich jedoch zwischen den Denkmalschutzgesetzen danach, in welche sonstigen Tatbestandsalternativen die Erhaltungspflicht (i. w. S.) aufgegliedert ist. Einigkeit besteht darin, dass jedenfalls die Instandsetzung des Denkmals Teil der Erhaltungspflicht ist.273 Einige Denkmalschutzgesetze betonen gesondert, dass die Erhaltung denkmalgerecht zu erfolgen habe.274 Unter Instandhaltung sind die laufenden, wiederkehrenden Unterhaltungsmaß- 365 nahmen zur Wahrung eines denkmalgerechten Zustandes zu verstehen. Instandhaltung und Erhaltung i. e. S. sind daher nicht vollständig synonym zu setzen.275 § 14 Abs. 1 DSchG HH. So nur Martin / Mieth / Graf / Sautter, Brandenburgisches Denkmalschutzgesetz. Kommentar, 2. Aufl. 2008, § 7 Rn. 2.2.3. 272 In § 6 S. 1 DSchG BW; § 7 Abs. 1 DSchG Bln; § 9 Abs. 1 S. 1 DSchG Bbg, § 14 Abs. 1 DSchG HH; § 11 Abs. 1 DSchG Hess; § 6 DSchG MV; § 2 Abs. 2 S. 2 DSchG RP; § 7 Abs. 1 S. 1 DSchG Saar; § 8 Abs. 1 S. 1 DSchG Sachs; § 12 Abs. 1 DSchG SH; § 9 Abs. 2 S. 1 DSchG LSA; § 7 Abs. 1 S. 1 DSchG Th. 273 Vgl. etwa Viebrock, Hessisches Denkmalschutzrecht. Kommentar, 3. Aufl. 2007, § 11 Rn. 4; Martin / Mieth / Graf / Sautter, Brandenburgisches Denkmalschutzgesetz. Kommentar, 2. Aufl. 2008, § 7 Rn. 2.2.3. 274 § 8 Abs. 1 S. 1 DSchG Sachs; § 7 Abs. 1 S. 1 DSchG Th; § 9 Abs. 2 S. 1 DSchG LSA; § 14 Abs. 1 DSchG HH. 275 Anders indessen Haspel / Martin / Wenz / Drewes, Denkmalschutzrecht in Berlin, 2008, § 8 Rn. 2.2.1. 270 271

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§ 4 Denkmalschutzrecht der Länder

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Der Instandhaltungsbegriff der Denkmalschutzgesetze entspricht dem, der in den meisten Landesbauordnungen als grundlegende eigentümerseitige Gefahrenabwehrpflicht normiert wird.276 Die denkmalschutzrechtliche Besonderheit liegt nicht in einer eigenständigen Begriffsprägung, sondern in der abweichenden Zielrichtung. Während das Bauordnungsrecht Gefahren für die Unversehrtheit von Personen abzuwehren sucht, zielt das Denkmalschutzrecht auf den Erhalt der Denkmalschutzobjekte. Außerdem markiert die Instandhaltung im Denkmalschutz nur einen bestimmten Ausriss der den Eigentümer treffenden Erhaltungspflichten, wohingegen sie im Bauordnungsrecht entscheidende Grundpflicht ist.

367

Sofern in Denkmalschutzgesetzen die Pflege des Denkmals zur Eigentümerpflicht erhoben wird,277 entspricht dies inhaltlich der Instandhaltungspflicht anderer Gesetze.278 Etwas anderes gilt nur in Niedersachsen. Denn § 6 Abs. 1 S. 1 DSchG Nds statuiert Instandhaltung und Pflege als voneinander verschiedene Pflichten des Eigentümers. Insoweit sind unter Pflege jene Maßnahmen der Instandhaltung zu verstehen, die nicht auf die Erhaltung der Substanz, sondern auf die Bewahrung der ästhetischen Anmutung des Denkmals zielen.

368

Während Instandhaltung die gewöhnlichen präventiven Aufwendungen zur Erhaltung des Denkmals umfasst, werden als Instandsetzung die außergewöhnlichen kurativen Aufwendungen bei bereits entstandenen Schäden begriffen. Die Unterscheidung hat keine denkmal-, wohl aber erhebliche steuerrechtliche Relevanz (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 lit. a S. 1 EStG).279 Stets ist die Instandsetzung auf ein Substrat angewiesen; die vollständige Rekonstruktion eines Gebäudes kann deshalb nicht verlangt werden.280 Instand zu setzen ist nur ein Denkmal. Ist also ein Objekt derart weitgehend zerstört, dass es die seinen Denkmalscharakter begründenden Eigenschaften vollständig eingebüßt hat und es diese auch nicht im Wege einer bloßen Reparatur wiedererlangen kann, ist eine Instandsetzung nicht geschuldet.

369

Im Übrigen ist die Reichweite der Instandsetzung streitig. Unter Verhältnismäßigkeitsgesichtspunkten ist sie jedenfalls in der Regel auf bloße Maßnahmen der Sicherung und Konservierung beschränkt. Zum Ersatz der Schäden zählt dabei auch stets der Austausch etwaiger nicht mehr reparabler Teile des Denkmals. In Ausnahmefällen können auch darüber hinaus gehende Maßnahmen – vor allem solche der weitergehenden Renovierung und der Restaurierung – geschuldet sein.281 Eventuell notwendige vorbereitende Untersuchungen, Planungen 276 So Art. 3 Abs. 1 S. 1 BauO Bay; § 3 Abs. 1 BauO Bln; § 3 Abs. 1 S. 1 BauO Bbg; § 3 Abs. 1 S. 1 BauO HH; § 3 Abs. 1 S. 1 BauO Hess; § 3 Abs. 1 BauO MV; § 1 Abs. 5 S. 2 BauO Nds; § 3 Abs. 1 S. 1 BauO NRW; § 3 Abs. 1 S. 1 BauO RP; § 3 Abs. 1 BauO Saar; § 3 Abs. 1 BauO Sachs; § 3 Abs. 1 BauO LSA; § 3 Abs. 2 BauO SH; § 3 Abs. 1 BauO Th. 277 § 7 Abs. 1 DSchG Bbg; § 9 Abs. 1 S. 2 DSchG Brem; § 6 Abs. 1 S. 1 DSchG Nds; § 7 Abs. 1 S. 1 DSchG Saar; § 9 Abs. 2 S. 1 DSchG LSA. 278 Vgl. Martin / Mieth / Graf / Sautter, Brandenburgisches Denkmalschutzgesetz. Kommentar, 2. Aufl. 2008, § 7 Rn. 2.2.2. 279 Instruktiv zu einer Definition ex negativo Ehmcke, in: Blümich, EStG, § 6 Rn. 415 ff. 280 Statt vieler Viebrock, Hessisches Denkmalschutzrecht. Kommentar, 3. Aufl. 2007, § 11 Rn. 5; Eberl / Martin / Petzet, Bayerisches Denkmalschutzgesetz, 5. Aufl. 1997, Art. 4 Rn. 7. 281 Vermittelnde Auffassung zwischen Martin, Denkmalschutzgesetz Mecklenburg-Vorpommern. Kommentar, 2007, § 6 Rn. 2.2.2; Wurster, in: Hoppenberg / de Witt, HdbÖffBauR,

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und dadurch entstehende Kosten sind dann Teil der vom Eigentümer geforderten Maßnahme, deren Finanzierung zunächst ihm obliegt. Es gilt die allgemeine Grenze der Zumutbarkeit.282 Ein Mäzenatentum ist dem Pflichtigen nicht abzuverlangen.283

Einige Denkmalschutzgesetze verlangen eine sachgemäße,284 andere eine pfleg- 370 liche Behandlung des Denkmals.285 Gemeint ist jedenfalls dasselbe: Der Eigentümer soll alle notwendigen Pflegemaßnahmen durchführen und schädigende Handlungen unterlassen. Allerdings ist die Pflicht auch nicht sinnwidrig zu überdehnen: Eine normale, objektgemäße Nutzung ist dem Berechtigten selbstredend gestattet.286 Nach einem Teil der Gesetze ist außerdem der Schutz des Denkmals als geson- 371 derte Eigentümerpflicht normiert.287 Überwiegend wird dabei spezifisch ein Schutz vor Gefährdung verlangt.288 Dieser fällt in den übrigen Denkmalschutzgesetzen unter die allgemeine Erhaltungsklausel (i. e. S.).289 Die Schutzpflicht verpflichtet den Eigentümer, die notwendigen Maßnahmen und Vorkehrungen zu treffen, die das Denkmal vor den regelmäßigen Gefährdungen schützt, einerlei, ob es sich um soziale, tierische oder natürliche Einwirkungen handelt.290 Insbesondere ist der Eigentümer gehalten, solche Schadensursachen rasch zu beheben, die durch Weiterwirkung zu einer weiteren Gefährdung des Denkmals führen können.291 Lediglich § 9 Abs. 2 DSchG LSA sieht außerdem im Rahmen der Erhaltungs- 372 pflichten vor, dass der Denkmalseigentümer das Denkmal im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren öffentlich zugänglich machen soll. Diese Vorschrift ist an dieser Stelle falsch platziert, da die Zugänglichmachung gerade geeignet ist, den Erhaltungsinteressen zuwider zu laufen (vgl. zur öffentlichen Zugänglichmachung im Übrigen I. 2.).292 D 234 (eher extensiv) und Moench / Schmidt, Die Freiheit der Baugestaltung, 1989, S. 94; Erbguth / Paßlick / Püchel, Denkmalschutzgesetze der Länder, 1984, S. 32 (sehr restriktiv). 282 Vgl. VGH München BayVBl. 1987, 368; OVG Koblenz, NVwZ 1988, 374; VGH Mannheim, BRS 44 Nr. 128. A. A. noch etwa OVG Berlin, LKV 1995, 224 (225) zu § 9 Abs. 2 S. 1 DSchG Bln a. F., freilich unter Ignorierung der verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsanforderungen. 283 OVG Koblenz, NVwZ 1988, 374 (375). 284 Art. 9 Abs. 1 S. 1 DSchG Bay; § 7 Abs. 1 S. 1 DSchG Saar. 285 § 11 Abs. 1 DSchG Hess; § 6 Abs. 1 DSchG MV; § 8 Abs. 1 DSchG Sachs; § 7 Abs. 1 S. 1 DSchG Th. 286 Viebrock, Hessisches Denkmalschutzrecht. Kommentar, 3. Aufl. 2007, § 11 Rn. 5. 287 § 7 Abs. 1 DSchG Bbg; Art. 9 Abs. 1 S. 1 DSchG Bay; § 6 Abs. 1 S. 1 DSchG Nds; § 7 Abs. 1 S. 1 DSchG NRW; § 7 Abs. 1 S. 1 DSchG Saar; § 9 Abs. 2 S. 1 DSchG LSA. 288 Eine Ausnahme bildet § 7 Abs. 1 DSchG Bbg, der eine allgemeine Schutzklausel aufstellt, aber gleichwohl auf Gefährdungen zielt. 289 So etwa Martin, Denkmalschutzgesetz Mecklenburg-Vorpommern. Kommentar, 2007, § 11 Rn. 2.2.1; Haspel / Martin / Wenz / Drewes, Denkmalschutzgesetz Berlin, 2008, § 8 Rn. 2.2.1. 290 Vgl. Martin / Mieth / Graf / Sautter, Brandenburgisches Denkmalschutzgesetz. Kommentar, 2. Aufl. 2008, § 7 Rn. 2.2.1. 291 VGH Mannheim, BRS 44 Nr. 128.

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c) Zumutbarkeit aa) Allgemeines 373

Die Durchsetzung der Erhaltungspflichten des jeweiligen Pflichtigen steht – schon aus rechtsstaatlichen Erwägungen – stets unter dem Vorbehalt der Zumutbarkeit. Sie ist Grenze der zu realisierenden und Korrektiv der gesetzten Pflichten. Aufgrund der Rechtsgebundenheit der öffentlichen Hand erlangt sie Geltung nur zu Gunsten Privater.293 Namentlich öffentlich-rechtliche Körperschaften können ihrer Erhaltungspflicht hinsichtlich Denkmälern nicht den Einwand der Unzumutbarkeit entgegenhalten. In dieser Funktion ist der Zumutbarkeitsbegriff mittlerweile in fast alle Denkmalschutzgesetze aufgenommen worden. Eine Ausnahme bildet insoweit allein das DSchG HH, das bei Unzumutbarkeit der Erhaltungsmaßnahme lediglich einen Anspruch auf Aufwendungsersatz zu Gunsten des Pflichtigen statuiert (§ 14 Abs. 4 S. 1 DSchG HH).

374

Zentralgehalte des verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprinzips – vor allem in seiner dritten Stufe (sog. Angemessenheit / Proportionalität) – werden über den Begriff der Zumutbarkeit inhaltlich weitgehend in das einfache Recht übernommen. Eine Erhaltungspflicht soll danach dann zumutbar sein, wenn sie sich als verhältnismäßig darstellt. Eine den Pflichtigen in unverhältnismäßiger Weise belastende Erhaltungspflicht ist mit Art. 14 Abs. 1 GG nicht zu vereinbaren.294

375

Diese Synchronisierung des einfachen Rechts mit dem Verfassungsrecht erkauft der Gesetzgeber freilich durch einen Verzicht auf eine normative Entscheidung: Wird die verfassungsrechtliche Vorgabe bloß übernommen, bleibt der Spielraum des einfachen Gesetzgebers zu eigener Entscheidung unausgefüllt. Denn die prinzipielle Geltung der Verhältnismäßigkeitsanforderungen auch bei fehlender ausdrücklicher Regelung der Zumutbarkeit steht außer Frage.295 bb) Eigentumsdogmatische Implikationen

376

Die Zumutbarkeitsgrenze markiert nach der in der Nassauskiesungs-Entscheidung296 begründeten modernen Eigentumsdogmatik nicht (mehr) die Schwelle zwischen der entschädigungslosen „bloßen“ Inhalts- und Schrankenbestimmung des Eigentums i. S. d. Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG und der entschädigungspflichtigen Ent292 Richtig Martin / Ahrensdorf / Flügel, Denkmalschutzgesetz des Landes Sachsen-Anhalt. Kommentar, 2001, § 9 Rn. 3.3.5. 293 Haspel / Martin / Wenz / Drewes, Denkmalschutzgesetz in Berlin, 2008, § 8 Rn. 4.3.5. 294 Haspel / Martin / Wenz / Drewes, Denkmalschutzgesetz in Berlin, 2008, § 8 Rn. 4.1. 295 A. A. noch OVG Berlin, LKV 1995, 224 (225), das Zumutbarkeitserwägungen nur dort forderte, wo das geschriebene Recht ein Zumutbarkeitserfordernis statuierte, zu § 9 Abs. 2 S. 1 DSchG Bln a. F. Richtig demgegenüber bereits früher OVG Saarlouis, BRS 52 Nr. 302 (zu § 9 DSchG Saar a. F). 296 BVerfGE 58, 300.

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eignung nach Art. 14 Abs. 3 GG.297 Es gilt ein streng formeller Enteignungsbegriff. Die vormalige materielle Auffassung, die die Enteignung als besonders schweren Eigentumseingriff charakterisierte, wurde von der h. M. aufgegeben.298 Es ist deshalb stets zu fragen, ob die geforderte Erhaltungspflicht eine zulässige 377 Inhalts- und Schrankenbestimmung darstellt. Erweist sich, dass den Zumutbarkeitskriterien nicht genügt ist, die geforderte Maßnahme also unzumutbar ist, muss die Behörde entscheiden, ob sie von der Konkretisierung und Durchsetzung der Pflicht Abstand nimmt, oder ob sie die Zumutbarkeit der Maßnahme herzustellen sucht. Prinzipiell kommen zwei Wege der Herstellung der Zumutbarkeit in Betracht: Zum einen kann die Behörde versuchen, das den Pflichtigen treffende Anforderungsniveau zu senken, also etwa in Qualität und Quantität geringere Anstrengungen die Erhaltungsmaßnahmen zu fordern, so dass die Zumutbarkeit gewahrt ist (Primärebene). Zum anderen kann sie aber auch Ausgleichszahlungen veranlassen, die die wirtschaftlichen Kosten der Maßnahme vom Eigentümer auf die öffentliche Hand verlagern (Sekundärebene). Für § 14 Abs. 4 S. 1 DSchG HH stellt sich die Frage, ob die einfachrechtliche Umsetzung 378 des Zumutbarkeitserfordernisses auf der Primärebene (Dispension der denkmalschutzrechtlichen Pflicht bei Unzumutbarkeit) vorauszusetzen ist oder eine Regelung nur auf der Sekundärebene (bloßer fiskalischer Ausgleich; so § 14 Abs. 4 S. 1 DSchG HH) genügt. Grundrechtsdogmatisch kann eine Eigentumsbeschränkung deshalb nicht völlig durch fiskalische Maßnahmen kompensiert werden, weil das Eigentumsgrundrecht nicht nur einen Schutz vermögenswerter Positionen, sondern auch die Verfügungsfreiheit über das Eigentum gewährleistet. Jedenfalls in letztere wird auch bei fiskalischen Kompensationsmaßnahmen eingegriffen. Es ist deshalb seinerseits Gebot der Verhältnismäßigkeit, Verhältnismäßigkeitserwägungen bereits auf der Primärebene eingreifen zu lassen. Vor diesem Hintergrund erscheint die Hamburger Regelung unzureichend. Nach welchen Kriterien die Zumutbarkeit denkmalschutzspezifisch zu bestimmen ist, ist in 379 den Denkmalschutzgesetzen oftmals kaum – und damit im Ergebnis höchst unbefriedigend – geregelt. Im Anschluss an BVerfGE 100, 226 (Denkmalschutz)299 hat nun das brandenburgische Denkmalschutzgesetz eine umfassende Konkretisierung aufgenommen, die sich gleichwohl nicht lediglich auf die zwar zulässige, den gesetzgeberischen Spielraum jedoch gerade nicht ausschöpfende Wiederholung der verfassungsgerichtlichen Entscheidungsformeln beschränkt.300 Im Kanon der Denkmalschutzgesetze ist dies die bislang ausführlichste Regelung.

297 So aber noch BGH, NJW 1975, 1778; Dilcher, FS Coing II, 1982, S. 92 f.; LeibholzLincke, DVBl. 1975, 933 (939); Battis / Schmittat, NuR 1983, 102 ff.; Moench, NVwZ 1984, 146 (152); Erbguth / Paßlick / Püchel, Denkmalschutzgesetze der Länder, 1984, S. 34. 298 BVerfGE 52, 1 (27); 79, 174 (191); vgl. Kloepfer, Verfassungsrecht II, 2010, § 72 Rn. 106. 299 So ausdrücklich die Gesetzesbegründung LT-Drs 3 / 7054, S. 11. 300 § 7 Abs. 4 DSchG Bbg: „1Die Zumutbarkeit ist unter Berücksichtigung der durch die Denkmaleigenschaft begründeten sozialen Bindung des Eigentums und dessen Privatnützigkeit zu bestimmen. 2Unzumutbar sind insbesondere in der Eigenschaft des Denkmals begründete besondere Belastungen, die zur Aufhebung der Privatnützigkeit führen, soweit sie durch Verwaltungsakte oder Maßnahmen nach diesem Gesetz entstehen. 3Eine wirtschaftliche Belas-

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§ 4 Denkmalschutzrecht der Länder

Normative Konkretisierungsversuche des Zumutbarkeitsbegriffs finden sich darüber hinaus auch in § 7 Abs. 3 DSchG Nds301, einer Regelung, die von § 10 Abs. 4 DSchG LSA und § 16 Abs. 1 S. 2 DSchG Bln übernommen worden ist und auch in die brandenburgische Regelung Eingang gefunden hat. Im Recht anderer, auf derartige Konkretisierungen verzichtender Länder hat die niedersächsische Legaldefinition keine normative Geltung auf Gesetzesebene.302 Allerdings wird das niedersächsische Recht von Gerichten entsprechend oder vergleichend herangezogen, um im normativen Dunkelfeld unterlassener Landesnormierungen den Zumutbarkeitsbegriff zu konturieren.303 Zutreffend ist daran, dass gewisse verfassungsrechtliche Vorgaben für alle Denkmalschutzgesetze gelten, die sich jeweils im Zumutbarkeitsbegriff konzentrieren.

cc) Wirtschaftsbezogenheit 380

Unabhängig von der landesrechtlichen Ausgestaltung ist die Zumutbarkeitsbetrachtung – jedenfalls primär – wirtschaftsbezogen. Es stellt sich die Frage nach den Kosten, die den Eigentümer treffen. Die Gesamtrechnung muss neben den Kosten der Erhaltung und Unterhaltung dabei auch mögliche Erträge zu Gunsten des Eigentümers, vor allem Nutzungserträge, berücksichtigen.304 Außer Betracht bleiben bloße, nicht kapitalisierbare Nutzungschancen. Diese Grundsätze gelten auch dort, wo sie nicht im Unterverfassungsrecht normiert sind. Insoweit gibt § 7 Abs. 3 S. 1 DSchG Nds nur die zutreffende verfassungsrechtliche Ausgangsposition wieder.

tung ist insbesondere unzumutbar, soweit die Kosten der Erhaltung und Bewirtschaftung dauerhaft nicht durch die Erträge oder den Gebrauchswert des Denkmals aufgewogen werden. 4 Eine unzumutbare Belastung liegt auch dann vor, soweit durch die Versagung einer Erlaubnis oder Maßnahmen nach diesem Gesetz eine bisher rechtmäßige oder zulässige, der Lage und Beschaffenheit des Denkmals entsprechende, insbesondere wirtschaftliche Nutzung des Denkmals unmöglich oder in einer Weise erschwert wird, so dass von dem Denkmal kein vernünftiger Gebrauch gemacht werden kann. 5Können Verfügungsberechtigte oder Veranlasser Zuwendungen aus öffentlichen oder privaten Mitteln oder steuerliche Begünstigungen in Anspruch nehmen oder werden anderweitig Kompensationen eingeräumt, ist dies bei der Bestimmung der Zumutbarkeit zu berücksichtigen.“ 301 Dort heißt es: „Unzumutbar ist eine wirtschaftliche Belastung insbesondere, soweit die Kosten der Erhaltung und Bewirtschaftung nicht durch die Erträge oder den Gebrauchswert des Kulturdenkmals aufgewogen werden können. Kann der Verpflichtete Zuwendungen aus öffentlichen oder privaten Mitteln oder steuerliche Vorteile in Anspruch nehmen, so sind diese anzurechnen. Der Verpflichtete kann sich nicht auf die Belastung durch erhöhte Erhaltungskosten berufen, die dadurch verursacht wurden, daß Erhaltungsmaßnahmen diesem Gesetz oder sonstigem öffentlichem Recht zuwider unterblieben sind.“ 302 Problematisch ist im Hinblick auf die föderalismusnotwendige Eigenstaatlichkeit der Länder bereits die Bezeichnung als „Orientierungspunkt“; so aber Wurster, in: Hoppenberg / de Witt, HdbÖffBauR, D 252. 303 OVG Koblenz, NVwZ 1988, 374 mit der Auffassung, dass „hier im Prinzip nichts anderes gelten kann“. Ebenso VGH Mannheim, DVBl. 1988, 1219 (1223), demzufolge die Legaldefinition „für die Auslegung entsprechend herangezogen werden kann“. 304 Vgl. etwa VGH Mannheim DÖV 1989, 79; VGH Mannheim, UPR 1993, 36; VGH Mannheim, NuR 2000, 335.

D. Rechtsfolgen der Unterschutzstellung

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In die rechnerischen Grundlagen der Zumutbarkeitsentscheidung sind als Erträge 381 des Denkmals stets alle dem Eigentümer gewährten Vorteile einzustellen. Oftmals sind solche besonderen finanziellen oder rechtlichen Vorteile, die kraft Einzelaktes oder Gesetzes gewährt werden, die wesentliche Quelle der Denkmalserträge. Dazu gehören einerseits Zuschüsse, die behördlicherseits für die Erhaltung des Denkmals gewährt werden, andererseits jedoch auch die Steuervorteile, die der Eigentümer durch die zahlreichen besonderen Abschreibungsmöglichkeiten kraft Denkmalseigentums erlangt. Es versteht sich von selbst, dass der Pflichtige zumindest stets in dem Umfang, in dem er denkmalspezifische Steuervorteile erfährt, auch zu Erhaltungsmaßnahmen herangezogen werden kann. Der Begriff der Erträge ist stets in diesem Sinne zu verstehen, in einigen Denkmalschutzgesetzen ist dies auch ausdrücklich normiert.305 Zweifelhaft ist demgegenüber, wie zu verfahren ist, wenn der Pflichtige Zuwendungen Pri- 382 vater erlangt. Dabei handelt es sich zunächst weniger um Erträge aus dem Denkmal, sondern um Leistungen im Hinblick auf das Denkmal. Es gelten jedoch Kausalitätserwägungen: Das Denkmalschutzrecht darf an die private Rechtsbeziehung anknüpfen, wenn die Zuwendung die Denkmaleigenschaft anknüpft. Allerdings dürfen die Unsicherheiten, die aus der spezifischen Rechtsbeziehung folgen, nicht zu Lasten des Pflichtigen gehen. Solange die Leistung der Zuwendung nicht hinreichend gesichert ist, kann sie noch nicht in die Unzumutbarkeitserwägungen eingestellt werden. In der Regel wird sie daher in Ermangelung einer staatlichen Bürgschaft erst einzustellen sein, sobald die Leistung erfolgt ist.306

dd) Objektivität Die rechtswissenschaftliche Diskussion um die Zumutbarkeit ist lange davon be- 383 stimmt gewesen, ob der Zumutbarkeitsmaßstab primär objektbezogen oder primär subjektbezogen auszurichten ist, ob es also bei der wirtschaftlichen Betrachtung (allein) auf das Eigentum oder (außerdem) auf die Person des Eigentümers ankommt. Beide Auffassungen können sich auf einige Hinweise in Denkmalschutzgesetzen stützen. 384 Die subjektbezogene Betrachtungsweise liegt nahe, wenn Art. 4 Abs. 2 S. 1 Hs. 1 DSchG Bay ausdrücklich darauf abstellt, ob die geforderten Erhaltungsmaßnahmen den Pflichtigen „insbesondere unter Berücksichtigung ihrer sonstigen Aufgaben und Verpflichtungen“ zumutbar ist. § 10 Abs. 4 S. 2 DSchG LSA verlangt gleichsinnig die Berücksichtigung anderer Einkünfte des Verpflichteten. Dies legt nahe, dass nicht nur das Objekt zu betrachten ist. Für die objektbezogene Betrachtungsweise sprechen demgegenüber solche Regelungen, die jeden Bezug auf nicht objektspezifische Gründe vermissen lassen. Zu diesen Regelungen zählt bspw. § 7 Abs. 4 DSchG Bbg.

Die unterschiedlichen landesrechtlichen Formulierungen können jedoch keine 385 wesentlich unterschiedlichen Rechtsfolgen begründen. Der objektiven Betrachtung 305

Siehe § 7 Abs. 3 S. 4 DSchG Bbg; § 7 Abs. 3 S. 2 DSchG Nds; § 10 Abs. 5 S. 3 DSchG

LSA. 306 Ähnlich VGH Mannheim, NuR 2000, 335 ff.; zust. Wurster, in: Hoppenberg / de Witt, HdbÖffBauR, D 260.

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§ 4 Denkmalschutzrecht der Länder

gebührt letztlich der Vorrang, weil der Denkmalschutz sich allein im Bezugskontext der Eigentumsgarantie des Art. 14 Abs. 1 GG bewegt. Dieses ist in seinem konkreten Bestand geschützt. Der Schutz des Eigentums erfasst diese konkrete Substanz; er ist keine bloße Variable des Vermögens.307 Deshalb kann der Eigentümer nicht dazu angehalten werden, aus seinem sonstigen Vermögen Beiträge zur Denkmalserhaltung zu leisten.308 Mit diesen verfassungsrechtlichen Vorgaben setzt sich eine subjektive Betrachtung der Zumutbarkeit309 in Widerspruch. Daher hat sich die Maßstäblichkeit eines objektiven Zumutbarkeitsbegriffs in Rechtsprechung310 als auch Schrifttum311 heute ganz überwiegend durchgesetzt. 386

Keine Subjektivierung des Zumutbarkeitsbegriffs, sondern lediglich eine Normativierung der wirtschaftlichen Betrachtung liegt in der Berücksichtigung von Obliegenheitsverletzungen des Eigentümers. Entstehen zu einem bestimmten Zeitpunkt besonders hohe Erhaltungskosten aufgrund des Umstandes, dass der Pflichtige seinen Erhaltungspflichten bislang nicht nachgekommen war, so sind für Zumutbarkeitsbetrachtungen jene Kosten außer Betracht zu lassen, die der bisherigen Pflichtenvernachlässigung geschuldet sind. Die Rechtsprechung neigt dazu, diese normative Modifikation als Ausfluss des Prinzips von Treu und Glauben zu verorten. In Anlehnung an das teilweise ausdrücklich in Bezug genommene Zivilrecht (vor allem § 254 Abs. 1 BGB) muss die Obliegenheitsverletzung auf einem Verschulden beruhen. Das schuldhafte Verhalten muss zudem kausal für die Mehrerhaltungskosten sein. Stets erforderlich ist, dass die Obliegenheitsverletzung positiv festgestellt wird.312

ee) Laufzeitbezogenheit 387

Besondere praktische Probleme kann aber der für die Zumutbarkeitsabwägung relevante Zeitraum aufwerfen. Die Wirtschaftlichkeit der Erhaltungsmaßnahme ist dabei in der Regel auf einen längeren Zeitraum zu beziehen. Denn rein punktuell betrachtet könnten viele Maßnahme schon deshalb unzumutbar sein, weil die kurzfristigen Kosten regelmäßig erst durch langfristige Nutzungserträge bzw. steuerliche Abschreibungen über mehrere Jahre hinweg kompensiert werden können. Die Zutr. Moench / Otting, NVwZ 2000, 515 (517). So auch statt Vieler Haaß, NVwZ 2002, 1054 (1056). 309 Hierfür jedoch etwa Eberl / Martin / Petzet, Bayerisches Denkmalschutzgesetz, 5. Aufl. 1997, Art.4 Rn.12; Kleeberg / Eberl, Kulturgüter in Privatbesitz, 2. Aufl. 2001, Rn.121; Rothe, Denkmalschutzgesetz Nordrhein-Westfalen. Kommentar, 1981, § 7 Rn. 6; jetzt auch Haspel / Martin / Wenz / Derwes, Denkmalschutzrecht in Berlin, 2008, § 8 Rn. 4.3.2 sowie 4.3.5. 310 OVG Lüneburg, NJW 1986, 1892 (1893); VGH Mannheim, DVBl. 1988, 1219 (1223); VGH Mannheim, NuR 2000, 335 (336 ff.); OVG Koblenz, NVwZ 1988, 374 f.; OVG Koblenz, BauR 1994, 505; VGH München, BayVBl. 1987, 368. Aus der Instanzrechtsprechung etwa VG Sigmaringen, Urteil vom 15. März 2005, 5 K 166 / 04, BeckRS 2005 26866. 311 Battis / Schmittat, NuR 1983, 102 (105); von Mutius / Friedrich, LKV 1992, 247 (252); Hammer, JuS 1997, 971 (975); Moench / Otting, NVwZ 2000, 515 (517); Haaß, NVwZ 2002, 1054 (1056). 312 Instruktiv zu alledem OVG Lüneburg, NJW 1986, 1892 (1893); die Entscheidung ist, soweit ersichtlich, vereinzelt geblieben. 307 308

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Langzeitbetrachtung kann aber umgekehrt auch deshalb geboten sein, weil wiederkehrende, sich kumulierende Erhaltungsmaßnahmen des Eigentümers auf Dauer zur völligen Auszehrung des mit dem Eigentum verbundenen Vermögenswertes führen können. In der Rechtsprechung verbreitet ist die Annäherungsformel, dass die Erhaltung des Denkmals für etwa zehn Jahre rentabel sein muss.313 Die Formel leuchtet ein, orientiert sie sich doch an § 82i Abs. 1 S. 1 EStDV, der die Absetzbarkeit von Herstellungskosten bei Denkmälern auf zehn Jahre begrenzt. Doch bleibt Raum für Flexibilität: Je nach Aufwändigkeit der notwendigen Erhaltungsmaßnahmen kann der Zeitraum auch auszudehnen bzw. zu verengen sein.

3. Nutzungspflichten a) Ziel und Inhalt Während die Erhaltung des Denkmals zentrale Aufgabe des Denkmalschutzes 388 ist, ist die Bemühung um die fachgerechte Nutzung des Denkmals eine essentielle Aufgabe der ebenfalls von den Denkmalschutzgesetzen erfassten Denkmalpflege.314 Ein Teil der Denkmalschutzgesetze verpflichtet daher – über die bloße Erhaltungspflicht in ihren Auffächerungen hinaus – die Denkmaleigentümer außerdem auf eine bestimmte, dem Denkmalschutz entsprechende Nutzung der Denkmäler.315 Diese Regelungen flankieren einerseits die Erhaltungspflichten durch Verpflichtung des Berechtigten auf eine denkmalerhaltende Nutzung. Die Nutzungspflichten sind andererseits Ausdruck eines modernen Denkmalschutzgedankens, der den Denkmalschutz nicht als bloßen musealen Substanzschutz versteht und eine lebendige Nutzung der Denkmäler fördern will.316 Die Regelungen knüpfen an den Umstand an, dass Denkmäler in der Gegenwart 389 sehr häufig anders genutzt werden als zum Zeitpunkt ihrer historischen Erstnutzung: Eine alte Kirche kann jetzt Gastronomie beherbergen, ein historisches Landwarenhaus nun ein Wohnhaus, ein früheres Prinzenpalais nun eine Universität. Oft ist eine Umnutzung unvermeidlich; häufig liegt die Altnutzung nicht mehr im Interesse eines verständigen Eigentümers, dessen privates Kapital indessen für den Denkmalschutz mobilisiert werden soll. Die Gesamterscheinung eines Denkmals jedoch hängt maßgeblich von der Nutzung ab. Der Denkmalschutz steht daher vor dem Dilemma, einerseits eine lebendige, aus der Sicht der Gegenwart verständige Nutzung anzustreben, andererseits jedoch solche Nutzungen ausschließen zu wollen, 313 OVG Lüneburg, NJW 1986, 1892 (1894); zust. VG Sigmaringen, Urteil vom 15. 03. 2005, 5 K 166 / 04, BeckRS 2005 26866. 314 Haspel / Martin / Wenz / Drewes, Denkmalschutzrecht in Berlin, 2008, § 9 Rn. 2. 315 Art. 5 DSchG Bay; § 9 DSchG Bln; § 7 Abs. 2 DSchG Bbg; § 13 DSchG Hess; § 6 Abs. 4 DSchG MV; § 9 DSchG Nds; § 8 DSchG NRW; § 7 Abs. 2 DSchG Saar; § 9 Abs. 1 DSchG Sachs. 316 Zutr. Wurster, in: Hoppenberg / de Witt, HdbÖffBauR, D 232.

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die mit Gepräge und Substanzerhalt des Denkmalschutzes unvereinbar sind. Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist hier darauf aufmerksam zu machen, dass bei der Nutzungsbeschränkung lediglich die Setzung von Letztgrenzen in Frage kommt, nicht aber die Vorgabe von Nutzungen schlechthin.

b) Regelung in den Landesdenkmalschutzgesetzen 390

Die Nutzungspflichten sind recht unterschiedlich ausgestaltet. Wo und soweit die Nutzungsregelungen lediglich eine erhaltungsgerechte Nutzung des Denkmals vorschreiben,317 handelt es sich um eine Redundanz gegenüber den Erhaltungsregelungen; sie sind insoweit überflüssig.318 Zum Teil findet sich die Nutzungspflicht dabei lediglich als Standard formuliert, es solle eine Nutzung angestrebt werden, die eine möglichst weitgehende Erhaltung der Substanz auf die Dauer ermöglicht.319

391

Andere Denkmalschutzgesetze treffen demgegenüber ausführliche und anspruchsvolle Regelungen. Art. 5 S. 1 DSchG Bay statuiert als Grundsatz eine Originalnutzungspflicht des Berechtigten: Denkmäler seien entsprechend ihrer ursprünglichen Zweckbestimmung zu nutzen. Die Pflicht steht unter dem Vorbehalt des Möglichen („möglichst“). Jenseits der Originalnutzungspflicht ordnet Art. 5 DSchG Bay ein filigran abgestuftes System von Ersatznutzungspflichten an. Zunächst ist der Pflichtige gehalten, eine der ursprünglichen Nutzung gleiche oder gleichwertige Nutzung anzustreben (Art. 5 S. 2 DSchG Bay). Ist dies auch nicht möglich, soll wenigstens eine Nutzung gewählt werden, die eine möglichst weitgehende Erhaltung der Substanz auf Dauer gewährleistet (Art. 5 S. 3 DSchG Bay). Im Zweifel ist die das Baudenkmal am wenigsten beeinträchtigende Nutzung zu wählen (Art. 5 S. 4 DSchG Bay). Zum anderen kann die Verpflichtung auf Durchführung einer bestimmte Nutzung nur unter dem Vorbehalt der Zumutbarkeit dieser Nutzung durchgesetzt werden (Art. 5 S. 6 DSchG Bay). Nicht unter dem Vorbehalt der Zumutbarkeit steht jedoch die Durchsetzung der Duldung einer bestimmten Nutzung durch den Pflichtigen (Art. 5 S. 6 Hs. 2 DSchG Bay); insoweit soll die bloße Nichtnutzung durch den Pflichtigen unterbunden werden.

392

Die übrigen Gesetze üben in der Feinsteuerung der Nutzung größere Zurückhaltung. Nur ein weiteres Gesetz schreibt für die Nutzung der Denkmäler die Originalnutzung als Grundsatz fest.320 Teilweise wird – in Anlehnung an den Grundsatz der Erhaltung des status quo, wie er auch für die Erhaltungspflicht gilt – eine bisher rechtmäßig ausgeübte bzw. eine der Lage und Beschaffenheit des Denkmals entsprechende Nutzung als zulässig normiert.321 Gelegentlich ist die Unterstützung der Denkmalseigentümer – entsprechend Art. 5 S. 5 DSchG Bay – durch öffentliche Stellen unkonturiert vorgesehen.322 § 9 DSchG Bln; § 6 Abs. 4 DSchG MV; § 8 Abs. 1 DSchG NRW. A. A. Erbguth / Paßlick / Püchel, Denkmalschutzrecht der Länder, 1984, S. 37: Konkretisierung. 319 § 13 DSchG Hess; § 9 S. 1 DSchG Nds; § 9 Abs. 1 DSchG Sachs. 320 § 7 Abs. 2 S. 1 Var. 1 DSchG Saar. 321 § 7 Abs. 2 DSchG BB; § 9 Abs. 2 DSchG Sachs. 322 § 9 S. 2 DSchG Nds. 317 318

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Mehrere Gesetze ordnen schließlich an, der Denkmalseigentümer habe das Denk- 393 mal im Rahmen des Zumutbaren der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.323 Diese Regelung fügt sich hier besser ein als im Rahmen der Erhaltungspflichten. Allerdings tritt auch insoweit neben das Gebot der schonenden eine Pflicht zur intensiven Nutzung. Auch die Nutzungspflichten stehen damit in einem gewissen Widerspruch. Eine Pflicht zur öffentlichen Zugänglichmachung wird überdies praktisch nur durchgesetzt werden, sofern das Denkmal von einiger – und also hinreichender – Bedeutung ist. Nur ausnahmsweise, im DSchG NRW, ist eine gesonderte Einwirkungsmöglich- 394 keit der Behörde für Fälle eines Verstoßes gegen die Nutzungspflichten statuiert. § 8 Abs. 2 S. 1 DSchG NRW sieht eine Verpflichtung des Nutzungsberechtigten nur im Gefahrfalle vor; der Verpflichtete kann eine gleich geeignete alternative Nutzungsweise anbieten (§ 8 Abs. 2 S. 2 DSchG NRW). Nur nach dem DSchG Bbg stehen der Behörde die Maßnahmen zu Gebote, die sie auch bei einer Verletzung der Erhaltungspflichten treffen kann.324 Im Übrigen besteht keinerlei Eingriffsinstrumentarium. c) Praktische Auswirkungen Nach allgemeiner Auffassung haben die Nutzungsregelungen bislang kaum nor- 395 mativ erhebliche Auswirkungen gezeitigt.325 Rechtsprechung findet sich nur sehr vereinzelt.326 Dies muss auch vor dem Hintergrund gesehen werden, dass die Denkmalschutzbehörden mit ihrem Bemühen, Gebäude zu erhalten, in der Denkmalpraxis jedenfalls ausgelastet sind. Der denkmalpflegerische Wunsch nach einer genaueren Bestimmung auch der Einzelnutzung bleibt – als nachrangig – demgegenüber unverwirklicht. Gerade die bayerische Regelung stellt damit ein ausdifferenziertes Instrumentarium bereit, das in der Denkmalpraxis nicht ausgeschöpft werden kann.

III. Beratung Neben den oben erwähnten informatorischen Pflichten (s. oben I.) zu Lasten der 396 Denkmalspflichtigen bestehen auch informatorische Rechte zu ihren Gunsten. Sie betreffen die Denkmalschutzbehörden. Diesen obliegt nach der Ausgestaltung der Denkmalschutzgesetze in der Mehrzahl der Bundesländer327 die Beratung und Unter323 § 7 Abs. 2 S. 3 DSchG Bbg; § 14 DSchG Brem; § 15 DSchG Hess; § 18 Abs. 1 DSchG MV; § 15 DSchG RP; § 9 Abs. 2 DSchG Sachs; § 23 Abs. 1 DSchG SH; § 10 DSchG Th. 324 § 8 Abs. 1 DSchG Bbg. 325 Statt aller Wurster, in: Hoppenberg / de Witt, HdbÖffBauR, D 297. 326 Immerhin als Auslegungsmaßstab dient Art. 5 DSchG Bay in VG Würzburg vom 07. April 2008, W 5 K 07.1244, Rn. 17 f.; zur Berücksichtigung der Nutzungspflicht im (vermeintlichen) „Erlaubnisermessen“ VGH München, BayVBl. 2008, 141. 327 § 5 Abs. 2 Nrn. 5 u. 8 DSchG Bln; § 7 Abs. 6 DSchG Bbg; § 4 Abs. 2 Nr. 2 DSchG Hess; § 4 Abs. 2 Nr. 3 DSchG MV; § 21 Nr. 1 DSchG Nds; § 22 Abs. 3 Nrn. 1, 3 DSchG

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stützung der Eigentümer und (zumeist auch) Besitzer von Denkmälern. Die Beratung soll eine fachliche und eine wirtschaftliche Komponente haben; die Behörde soll daher jedenfalls dadurch auf steuerliche Vorteile hinweisen, dass sie auf die zuständige Fachbehörde – das Finanzamt – verweist.328 Sofern ein Anlass besteht – etwa zur Gefahrvermeidung –, ist die Behörde gehalten, aus eigener Initiative zu beraten. Jedoch kann auch der Denkmalschutzpflichtige selbst eine Beratung begehren.329 Fraglich ist indessen, wie die Rechtslage in jenen Ländern ist, denen es an einer derartigen Beratungsbestimmung fehlt. In einem System des koordinativen Denkmalschutzes ist gerade die Beratung von hohem Wert. Informatorischer Denkmalschutz ist darüber hinaus besonders wenig eingriffsintensiv. Deshalb ist die Beratung richtigerweise330 Bestandteil des Denkmalschutzes, weil dieser hoheitliche Aufgabe331 ist.

IV. Planung 1. Kommunale Denkmalpflegepläne 397

Zu den informatorischen Pflichten i. w. S. kann auch die denkmalschutzrechtliche Planung gezählt werden. Anders als andernorts im besonderen Verwaltungsrecht hat die sog. „Planungseuphorie“ das Denkmalschutzrecht nie erreicht. Denn als streng objektbezogenes Recht ist die Planungskapazität des Denkmalschutzrechts begrenzt; Planungsaufgaben obliegen eher dem Städtebaurecht. Die Mehrzahl der Landesdenkmalschutzgesetze verhält sich daher gegenüber Planungen reserviert. Ausgehend von der Regelung in Nordrhein-Westfalen (§ 25 DSchG NRW) haben lediglich die Denkmalschutzgesetze in Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Thüringen genuine Regelungen zu einem behördlichen Denkmalpflegeplan aufgenommen.332 Gewöhnlich wird der Denkmalpflegeplan in den Gesetzen nur rudimentär beschrieben. Es handelt sich jedenfalls um ein spezielles Planungsinstrument der Gemeinden im Rahmen ihrer Entwicklungsplanung, in dem die selbst gesteckten Ziele hinsichtlich Denkmalschutz und -pflege nach Analyse des Ist-Zustands dargestellt werden sollen.333 Ziel des Denkmalschutzplanes ist es, ein gesichertes Handlungs- und Pflegekonzept zu gewinnen, das die Bewertung der jeweils einzeln vorNRW; § 25 Abs. 1 Nr. 2 DSchG RP; § 5 Abs. 2 Nrn. 1, 3, 4 DSchG Saar; § 5 Abs. 2 Nrn. 3, 4 DSchG LSA; § 2 Abs. 2 Nr. 2 DSchG Th. 328 Haspel / Martin / Wenz / Drewes, Denkmalschutzrecht in Berlin, 2008, § 5 Rn. 3.5. 329 Haspel / Martin / Wenz / Drewes, Denkmalschutzrecht in Berlin, 2008, § 5 Rn. 3.5. 330 Vgl. Odendahl, Kulturgüterschutz, 2005, S. 470. 331 Für die Länder, denen es an einer Spezialbestimmung fehlt: § 1 Abs. 1 DSchG BW; § 1 Abs. 1 DSchG HH; § 1 Abs. 1 DSchG Sachs; § 1 Abs. 1 DSchG SH. – In Bayern ergibt sich die Denkmalpflege als hoheitliche Aufgabe bereits aus dem Gesetzestitel. 332 § 6 DSchG Bbg; § 8 Abs. 2 DSchG LSA; § 25 DSchG NRW; § 3 DSchG Th. 333 Vgl. etwa Martin / Mieth / Graff / Sautter, Brandenburgisches Denkmalschutzgesetz. Kommentar, 2. Aufl. 2008, § 6 Rn. 3.

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zunehmenden Maßnahmen an einem Einzeldenkmal bzw. der Vielzahl an notwendigen, teilweise unterschiedlichen Maßnahmen an einem Denkmalsensemble voraussehbar und berechenbar macht.334 Welche Inhalte der Landesdenkmalpflegeplan haben soll, wird inzwischen den 398 Bundesländern verschieden vor allem durch Verwaltungsvorschriften festgelegt.335 Im Grundsatz bestehen die Pläne aus einem Analyse- und einem Planungsteil. In der Analyse obliegt der Behörde die umfassende Erfassung und Bewertung des Denkmalbestandes, hinsichtlich dessen der Denkmalpflegeplan gilt. Auf dieser Analyse ruht die Erarbeitung eines Planungs- und Handlungskonzeptes, in dem beschrieben werden soll, wie die Hauptziele von Denkmalschutz und -pflege – Erhaltung und Nutzung von Denkmälern – innerhalb des Planungsgebietes erreicht werden sollen. Der Denkmalpflegeplan ist als dynamisches Instrument nach Erstellung regelmäßig fortzuschreiben.336 Nicht abschließend geklärt ist, inwieweit die Gemeinden jedoch überhaupt ver- 399 pflichtet sind, nach dem jeweiligen Landesrecht Denkmalpflegepläne zu erstellen. Die Regelungen in Nordrhein-Westfalen, Sachsen-Anhalt und Thüringen sind als Soll-Vorschriften ausgestaltet. Die „Soll“-Bestimmung ist dahingehend auszulegen, dass die Gemeinden im Regelfall verpflichtet sind, Denkmalpflegepläne zu erstellen, es sei denn, besondere Gründe stehen der Erstellung eines solchen Plans entgegen. Als Grund kommt beispielsweise in Betracht, dass es in der Gemeinde schlechthin an einer hinreichenden Zahl an Denkmälern fehlt. An die Ausnahme von dem Grundsatz sind jedoch hohe Anforderungen zu stellen. Lediglich nach § 6 S. 1 DSchG Bbg steht die Erstellung von Denkmalplänen nunmehr vollumfänglich im Ermessen der Gemeinde. Damit wird das Gesetz an die Gesetzeswirklichkeit angepasst, in der sich der Denkmalpflegeplan in Brandenburg bislang nicht durchgesetzt hat.337 Der Denkmalpflegeplan ist ein Instrument präventiven Denkmalschutzes durch 400 Antizipation. Unmittelbare Rechtswirkungen entfaltet der Plan nicht. Er ist vielmehr ein Metaplan, der der Vorbereitung des – um einen gesonderten Beiplan Denkmalschutz ergänzbaren – Flächennutzungsplans dient. Die im Denkmalschutzplan festgelegten Ziele und Maßgaben können insbesondere vermittels der Instrumente Bebauungsplan, Gestaltungssatzung und Erhaltungssatzung in rechtsverbindliche Normen umgesetzt werden.338 Der Denkmalpflegeplan steht dann gewisserViebrock, in: Martin / Krautzberger, HdBDSchDPfl, 3. Aufl. 2010, F 152. Vgl. für Sachsen-Anhalt ausführlich Martin / Ahrensdorf / Flügel, Denkmalschutzgesetz des Landes Sachsen-Anhalt. Kommentar, 2001, § 8 Rn. 4.1. 336 Martin / Mieth / Graff / Sautter, Brandenburgisches Denkmalschutzgesetz. Kommentar, 2. Aufl. 2008, § 6 Rn. 3. 337 Martin / Mieth / Graff / Sautter, Brandenburgisches Denkmalschutzgesetz. Kommentar, 2. Aufl. 2008, § 6 Rn. 1. 338 Martin / Mieth / Graff / Sautter, Brandenburgisches Denkmalschutzgesetz. Kommentar, 2. Aufl. 2008, § 6 Rn. 4. 334 335

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maßen inhaltlich hinter diesen formellen Rechtsinstituten.339 Immerhin kann der Denkmalpflegeplan Auswirkungen auf die Argumentationslast haben. So muss die Behörde bei einer entgegen dem Denkmalpflegeplan versagten Genehmigung die Versagung besonders begründen.340 401

Der Denkmalpflegeplan stellt die Gemeinden vor die Notwendigkeit, ihren Denkmalsbestand und den Umgang mit diesem umfassend und gründlich zu reflektieren, bevor Einzelmaßnahmen ergehen können. Dies kann der Kleinteiligkeit und Kasuistik des gemeindlichen Denkmalschutzes entgegenwirken. Das Instrument eines vorentscheidenden Denkmalpflegeplans dient nicht zuletzt auch der Bewältigung der denkmalschutzspezifischen Ressourcenknappheit durch eine gesteuerte Prioritätenzuweisung ex ante.

402

Das Denkmalschutzrecht hat insgesamt einen planungsrechtlichen Nachholbedarf. Die Einführung von Denkmalschutzplänen auch in jenen Bundesländern, die dieses Instrument derzeit nicht kennen, könnte dort zur Verbesserung der Denkmalschutzeffektivität nicht unwesentlich beitragen.

2. Denkmalpflegepläne des Verfügungsberechtigten 403

Denkmalpflegepläne durch den Verfügungsberechtigten sind allein in einem Landesdenkmalschutzgesetz – dem Denkmalschutzgesetz Berlin – vorgesehen. Gemäß § 8 Abs. 3 DSchG Bln kann die zuständige Denkmalbehörde dem Verfügungsberechtigten aufgeben, einen Denkmalpflegeplan zu erstellen. Die Anordnung ist nur insoweit möglich, als sie aus Gründen des Substanzschutzes oder zur Vermittlung des Denkmalgedankens und des Wissens über Denkmale erforderlich ist. Eine Erforderlichkeit besteht gesetzlich nur, wenn ohne die Erstellung des Denkmalpflegeplans, insbesondere durch eigene Maßnahmen der Behörden, eines der beiden Ziele nicht nur unwesentlich weniger gut erreicht werden kann. Dabei ist zu beachten, dass die Verpflichtung zur Erstellung eines Denkmalpflegeplans den Denkmalseigentümer erheblich belastet, ohne dass dies durch die hinzugewonnene Planungssicherheit aufgewogen würde. Der Tatbestand ist daher restriktiv auszulegen.341

404

Der vom Verfügungsberechtigten eines Denkmals zu erstellende Denkmalpflegeplan nach Berliner Recht ist von anderer Gestalt als die behördlichen Denkmalpläne anderer Bundesländer. Denn er zielt nur auf die Planung der Erhaltungsmaßnahmen und der Nutzung hinsichtlich eines speziellen Denkmals. Mit den behördlichen Denkmalpflegeplänen hat er jedoch die Zweiteilung in einen darstellenden und einen konzeptionellen Teil gemein. Auch insoweit hat die Bestandsaufnahme des bisherigen Denkmals ein besonderes Gewicht. Auf dieser baut die Beschreibung periodischer Pflegemaßnahmen und besonderer, einmaliger weiterer Maßnahmen auf.342 In Anlehnung an eine sich im Umweltrecht in jüngerer Zeit etablierende TerminoViebrock, in: Martin / Krautzberger, HdBDSchDPfl, 3. Aufl. 2010, F 152. Andere Konstruktionen bei Haspel / Martin / Wenz / Drewes, Denkmalschutzrecht in Berlin, 2008, § 8 Rn. 7.2.4. 341 A. A. wohl Haspel / Martin / Wenz / Drewes, Denkmalschutzrecht in Berlin, 2008, § 8 Rn. 7.6. 342 Haspel / Martin / Wenz / Drewes, Denkmalschutzrecht in Berlin, 2008, § 8 Rn. 7.3. 339 340

D. Rechtsfolgen der Unterschutzstellung

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logie könnte man die Denkmalpflegepläne der Verfügungsberechtigten auch Denkmalpflegekonzepte nennen.343 Die Erstellung eines Denkmalpflegeplanes durch den Verfügungsberechtigten wird durch 405 die Behörde vermittels eines Verwaltungsaktes angeordnet. Sie kann aber auch durch öffentlich-rechtlichen Vertrag vereinbart werden. Möglich ist ferner die Anordnung durch eine entsprechende Nebenbestimmung zu einem sonstigen denkmalbezüglichen Verwaltungsakt, insbesondere zu einem Zuschussbescheid i. S. v. § 15 DSchG Bln. Zweifelhaft ist demgegenüber, ob insoweit auch eine Nebenbestimmung zu einem Genehmigungs-VA ergehen kann. Denn wenn die Erstellung mit der Genehmigung angeordnet wird, kann der Denkmalpflegeplan nicht mehr Voraussetzung der Genehmigung sein. Es wird daher auf die genaue Ausgestaltung der Nebenbestimmung ankommen.344 Die Rechtsnatur des Denkmalpflegeplans des Verfügungsberechtigten ist nicht vollends 406 geklärt. Der Wortlaut des § 8 Abs. 3 S. 2 DSchG Bln scheint ihm jedenfalls Verbindlichkeit beizumessen. Eine dem kommunalen Denkmalpflegeplan vergleichbare rechtliche Verbindlichkeit kommt jedoch nicht in Betracht. Die Bedeutung des Denkmalpflegeplans erschöpft sich in der Selbstbindung des Verfügungsberechtigten (und etwaiger Rechtsnachfolger) an den von ihm aufgestellten Plan. Zusätzlich kann der Plan die Argumentationslast regeln, soweit ein Verfügungsberechtigter bzw. die Behörde von diesem Plan abweichen wollen. Will die Behörde eine antizipierte Bindung an den Denkmalpflegeplan des Verfügungsberechtigten formell herstellen, stehen ihr dazu u. U. die Mittel des Verwaltungsakts und des öffentlich-rechtlichen Vertrags zu Gebote.

V. Finanzielle Förderung und finanzieller Ausgleich 1. Varianten Das Denkmalschutzrecht kennt verschiedene Formen der finanziellen Förderung. 407 Die Denkmalschutzgesetze sehen regelmäßig zwei verschiedene finanzielle Instrumente vor: Eine gebundene Entschädigungspflicht bei unzumutbaren Belastungen sowie eine unter dem Vorbehalt des Möglichen stehende Soll-Unterstützung bei zumutbaren Belastungen. Führen die Handlungs- und Unterlassungspflichten des Verfügungsberechtigten 408 eines Denkmals zu einer Belastung des Eigentums, die nicht mehr zumutbar erscheint, sind Entschädigungszahlungen nach Maßgabe der Entschädigungsvorschriften zu leisten. Hierbei handelt es sich um eine gebundene Pflicht der Behörde. Hier ist der Bereich der Ausgleichsregelungen für ausgleichspflichtige Eigentumsbeschränkungen, der zu Entschädigungsansprüchen führt (s. u. 4.). Diese Ausgleichsregelungen sind von den Enteignungsregelungen zu unterscheiden (s. u. VII. 2.). Vgl. etwa § 19 KrW- /AbfG, dazu Kloepfer, Umweltschutzrecht, 2. Aufl. 2011, Rn. 62 ff. Für eine voraussetzungslose Verknüpfbarkeit demgegenüber Haspel / Martin / Wenz / Drewes, Denkmalschutzrecht in Berlin, 2008, § 8 Rn. 7.2.4. 343 344

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Ist die Schwelle der Unzumutbarkeit hingegen noch nicht überschritten oder ist es unsicher, ob sie überschritten wird, greifen die allgemeinen Zuschussklauseln des Denkmalschutzrechts; diese Subventionierung steht in einem den üblichen rechtlichen Bindungen unterliegenden behördlichen Ermessen und ist abhängig von den Mittelzuweisungen an den Denkmalschutz (s. u. 2.). Zu diesen denkmalschutzrechtlichen Klauseln treten noch eine Reihe weiterer wichtiger Subventionen hinzu (s. u. 3.). 2. Denkmalschutzrechtliche Zuschüsse a) Ermessen

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Die Gewährung von Zuschüssen ist in nahezu allen Denkmalschutzgesetzen vorgesehen. Wo die Gewährung von Zuschüssen vorgesehen ist, steht sie unter dem expliziten oder impliziten Vorbehalt des Möglichen bzw. der Maßgabe der haushaltsmäßig bereitgestellten Mittel.345 Teilweise wird ausdrücklich angeordnet, die Zuschussmittel zur Denkmalserhaltung erfolgten unbeschadet bestehender Verpflichtungen.346 Aus beidem folgt, dass die Denkmalbehörden keine Rechtspflicht zur Bezuschussung trifft. Denn indem durch einen Haushaltsvorbehalt der Primat der Fachgesetzgebung über die Haushaltsgesetzgebung (vgl. z. B. § 11 Abs. 2 BHO) umgekehrt wird, bringt der Gesetzgeber zum Ausdruck, dass er keine die Haushaltsgesetzgebung vorab bindenden Pflichten zur Entstehung bringen will. Sie ergeben sich insbesondere nicht aus dem Haushaltsansatz.347 Auf die Zuschüsse besteht daher kein originärer, sondern allein ein derivativer Rechtsanspruch, der – wie im Subventionsrecht generell – aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleitet werden kann. Sofern in dem jeweiligen Bundesland Förder- und Vergaberichtlinien bestehen, können sie als antizipierte Ermessensausübung auch einen anteiligen Förderanspruch vermitteln.348

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Obschon viele Gesetze ausdrücklich vorsehen, dass ein finanzieller Zuschuss bei der Bestimmung der Zumutbarkeit zu berücksichtigen ist, erwächst ein Anspruch insbesondere nicht aus Zumutbarkeitserwägungen. Der Umstand, dass bei hypothetischer Nichtgewährung des Zuschusses eine denkmalschutzrechtliche Erhaltungsmaßnahme wegen Unzumutbarkeit rechtswidrig wäre, kann ggf. zur Rechtswidrigkeit der Inanspruchnahme des Pflichtigen, nicht aber dazu führen, dass ihm zwingend ein Zuschuss zu gewähren ist. Sähe man dies anders, bliebe für die in allen Gesetzen vorgesehenen Entschädigungsregelungen überhaupt kein Raum. 345 § 6 S. 2 DSchG BW; Art. 22 Abs. 1 DSchG Bay; § 15 DSchG Bln; § 9 Abs. 1 S. 2 DSchG Bbg; § 14 Abs. 4 DSchG HH; § 11 Abs. 2 DSchG Hess; § 24 DSchG MV; § 32 DSchG Nds; § 35 DSchG NRW; § 29 DSchG RP; § 1 Abs. 4 DSchG Saar; § 8 Abs. 2 DSchG Sachs; § 9 Abs. 4 DSchG LSA; § 1 Abs. 1 S. 2 DSchG SH; § 7 Abs. 2 DSchG Th. 346 § 32 DSchG Nds. 347 VG Greifswald vom 21. 07. 2005, 1 A 656 / 99 – n. v. 348 Vgl. schon BVerwG, BayVBl. 1979, 728.

D. Rechtsfolgen der Unterschutzstellung

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Freilich mag das Wissen der Behörde um die Rechtsschutzmöglichkeiten des Pflichtigen die Bezuschussung befördern. Darin aber liegt kein „faktischer Rechtsanspruch“.349 Die Förderungspraxis ist jederzeit revisibel.350

b) Ermessensausübung Ob der Zuschuss zu gewähren ist und wie hoch dieser im Falle seiner Gewäh- 412 rung ausfällt, ist eine Frage des jeweiligen Falls, der insbesondere aufgrund etwaig vorliegender Förderrichtlinien zu entscheiden ist.351 Beispielsweise sind gemäß Ziff. 1 der Berliner Richtlinien352 denkmalpflegerische Maßnahmen zur Erhaltung, Unterhaltung und Wiederherstellung von Denkmalen, aber auch „sonstigen Anlagen von denkmalpflegerischem Interesse“ förderungsfähig. Dabei muss es sich aber (Ziff. 2.1) um denkmalpflegerische Mehraufwendungen handeln, wozu vielfältige Maßnahmen zählen (Ziff. 2.2), nicht aber Rekonstruktionen, Haustechnik und Erschließung (Ziff. 2.5). Maßnahmen sind in der Regel nur förderungsfähig, wenn sie vollumfänglich fachgerecht durchgeführt worden sind (Ziff. 4.1) und bereits im vorhinein mit der Behörde abgesprochen worden sind (Ziff. 4.3).353 Neben der Zuschussentscheidung dem Grunde nach steht auch die Zuschusshöhe im 413 pflichtgemäßen Ermessen der Behörde. In der Regel sehen die Richtlinien – jedenfalls an Private – einen Regelförderungsanteil von ungefähr der Hälfte der durch den denkmalpflegerischen Mehraufwand entstandenen Kosten vor.354 Von diesen Grenzen sind bei erheblicher Einschränkung der Nutzbarkeit des Denkmalobjektes und wesentlicher Gefährdung der Allgemeinheit Ausnahmen möglich.355 Selbst eine vollständige Übernahme der Gesamtkosten kommt insbesondere dann in Betracht, wenn der denkmalpflegerische Mehraufwand die Gesamtkosten ausmacht, weil der Eigentümer mangels Nutzbarkeit kein privates Interesses an der Erhaltung des Denkmals hat, sondern diese allein noch im öffentlichen Interesse vornimmt. Unterschiedlich geregelt ist indes, ob es sich um einen pauschalen Regelförderungsanteil oder einen nach weiteren Kriterien zu präzisierenden Regelhöchstförderungsanteil handelt. So verlangt Ziff. 5.2 der Berliner Richtlinien die Berücksichtigung der Instandsetzungsverpflichtun349 350

So aber Wurster, in: Hoppenberg / de Witt, HdbÖffBauR, D 361. Vgl. zu einer Parallelkonstellation im Wasserecht OVG Münster, DVBl. 1980, 648

(650). Dazu ausdrücklich § 15 Abs. 2 S. 2 DSchG Bln. Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Erhaltung, Unterhaltung und Wiederherstellung von Denkmalen sowie sonstigen Anlagen von denkmalpflegerischem Interesse (Förderrichtlinie zur Erhaltung von Denkmalen) vom 18. Dezember 2009, abrufbar unter http:// www.stadtentwicklung.berlin.de/service/gesetzestexte/de/download/denkmal/foerderrichtlinie_ denkmal.pdf. 353 Ausführlich Haspel / Martin / Wenz / Drewes, Denkmalschutzrecht in Berlin, 2008, § 15 Rn. 2.3. 354 Differenzierte Regelung je nach Adressat in Ziff. 4.6 VwV-Denkmalförderung BW. 355 Inhaltsgleich insoweit Ziff. 5.3 Förderrichtlinie Bln sowie Ziff. 4.6 VwV-Denkmalförderung BW. 351 352

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gen, des Zustands des Denkmals, aber auch der finanziellen Leistungsfähigkeit des Antragstellers. Das Leistungsfähigkeitskriterium ist vor dem Hintergrund des angestrebten Denkmalserhalts naheliegend. Gleichwohl kann aus Gründen rechtsinterner Kohärenz eine Subjektivierung der Zuwendungsvoraussetzungen nur in engen Grenzen erfolgen. Der Charakter des Denkmalschutzrechts als Objektrecht zeigt sich nicht zuletzt in der Ablehnung der Subjektivierung der Zumutbarkeitsprüfung.

3. Weitere Subventionen 414

Die gesetzlichen Regelungen erschöpfen das Spektrum der denkmalschutzrechtlichen Zuschussmöglichkeiten bei weitem nicht. Teilweise sehen die Bundesländer spezifisch weitere Programme der Denkmalsförderung und stets weitere Förderungsprogramme vor, über die auch Denkmalschutzinvestitionen Förderung erfahren können.356 Innerhalb der Länder beteiligen sich die Kommunen an der Förderung.357 Auch der Bund ist ein wesentlicher Akteur der Denkmalschutzförderung. Programme wie die „Substanzerhaltung und Restaurierung von Kulturdenkmälern von nationaler Bedeutung“358, das Programm „Kultur in den neuen Ländern“, das zu einem Teil für Denkmalschutzmaßnahmen eingesetzt wird, sowie das frühere Programm „Dach und Fach“, vermittels dessen präventiv Baudenkmäler noch vor der eigentlichen Sanierung gesichert werden sollten, sind Teil der denkmalspezifischen Förderung durch den Bund. Nicht stets denkmalspezifisch, aber von herausgehobener Bedeutung sind städtebauliche Förderungsmaßnahmen des Bundes. Bundesfinanzhilfen zur Städtebauförderung werden aufgrund von Art. 104b Abs. 1 S. 1 GG gewährt. Städtebauliche Förderungsvorschriften finden sich einfachgesetzlich in den §§ 164a, 164b, 169 Abs. 1 Nr. 9, 171b Abs. 4, 171e Abs. 6 BauGB. Für Stadtumbaumaßnahmen (jetzt geregelt in §§ 171a ff. BauGB359) bestehen besondere Förderungsmaßnahmen in den Programmen Stadtumbau Ost360 und Stadtumbau West361. Für die neuen Länder ist schließlich ein Programm speziell zum städtebaulichen Denkmalschutz institutionalisiert worden, das an die städtebauliche Erhaltungssatzung gemäß § 172 BGB anknüpft.362

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Nicht alle dieser Förderungsprogramme sind unproblematisch. Zum einen droht die Zuführung erheblicher Mittel aus dem Bundeshaushalt die Kulturkompetenz der Länder durch den 356 Ausführliche Darstellung der direkten Subventionen bei Kleeberg / Eberl, Kulturgüter in Privatbesitz, 2. Aufl. 2001, Rn. 173 ff. 357 Überblick bei Martin, in: ders. / Krautzberger, HdBDSchDPfl, 3. Aufl. 2010, H 168 ff. 358 Vgl. Bundeshaushalt 2009, EP 04, S. 33 (0405 685 19): Programmumfang 14.800.000 Euro. 359 Zur Entstehungsgeschichte dieser nachvollziehenden gesetzlichen Regelung Krautzberger, in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg / Krautzberger, BauGB, § 171a BauGB Rn. 10 f.; Battis / Krautzberger / Löhr, NJW 2004, 2553 (2558). 360 Umfang im Haushaltsjahr 2009: 100.529.000 Euro (Bundeshaushalt 2009, EP 12, S. 229 – 1225 882 16) Überblicksartig Goldschmidt / Taubenek, LKV 2002, 257 ff. Bilanzierend Bunzel, LKV 2009, 241 ff. 361 Umfang im Haushaltsjahr 2009: 52.120.000 Euro (Bundeshaushalt 2009, EP 12, S. 228 – 1225 882 15). 362 Umfang im Haushaltsjahr 2009: 97.486.000 Euro (Bundeshaushalt 2009, EP 12, S. 230 – 1225 882 18).

D. Rechtsfolgen der Unterschutzstellung

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goldenen Zügel faktisch zu unterhöhlen; zugleich müssen für die Umsetzung der Denkmalschutzförderung teilweise eher artifizielle Kompetenzbrücken über den Städtebau gebaut werden, weil dem Bund die Kompetenz zu dem eigentlich erwünschten Denkmalschutz fehlt. Selbst die – dem Bund an sich obliegende – Förderung von Kulturdenkmälern nationaler Bedeutung ist angesichts der Unbestimmtheit des Terminus der nationalen Bedeutung kompetenzrechtlich intrikat und begünstigt Kompetenzübergriffe. Problematisch ist darüber hinaus die Ausgestaltung der Förderprogramme. Gerade das – schon seinem Namen nach ja auf Veränderung angelegte – Stadtumbauprogramm erweist sich für den Denkmalschutz als ambivalent.363 Aus europarechtlicher Sicht sind freilich sowohl die bundes- als auch die landesrechtlichen 416 Fördermaßnahmen weithin unproblematisch. Gemäß Art. 107 Abs. 3 lit. d AEUV (Ex-Art. 87 EGV) sind Beihilfen zur Förderung der Kultur und der Erhaltung des kulturellen Erbes mit dem gemeinsamen Markt vereinbar, soweit sie die Handels- und Wettbewerbsbedingungen in der Union nicht in einem Maß beeinträchtigen, das dem gemeinsamen Interesse zuwiderläuft. Die durch den Maastricht-Vertrag eingefügte Vorschrift flankiert die Kulturbestimmung des Art. 167 AEUV (Ex-Art. 151 EGV), die die Aufgaben und Zielsetzungen der Union im Bereich der Kultur beschreibt.364

4. Ausgleichssystem a) Allgemeines Wird ein Zuschuss nicht oder nicht hinreichend geleistet und die Maßnahme da- 417 her unzumutbar, kommt als zweites Instrument ein Ausgleich in Betracht. Entgegen der früheren, gesetzlich abgesicherten Praxis eines unbefangenen Umgangs mit Ausgleichs- und Entschädigungsleistungen als Regelfolge unzumutbarer Maßnahmen, sind diese heute an hohe und spezifische Voraussetzungen gebunden. Es ist zu beachten, dass die gesetzgeberische Konzeption der Ausgleichsregelung den Schranken der Grundrechte, insbesondere des Eigentumsgrundrechts, standhalten muss. Vor diesen halten die meisten, dogmatisch überholten Regelungen über die Entschädigungspflichten in den Landesdenkmalschutzgesetzen nicht stand. Sie sind ganz oder teilweise verfassungswidrig.

b) Anforderungen des Art. 14 GG Viele Gesetze haben den dogmatisch längst konsolidierten Wandel der Eigen- 418 tumsdogmatik bislang nicht nachvollzogen. Problematisch daran ist, dass nicht nur die – nötigenfalls dogmatisch durchaus aktualisierbaren – Begrifflichkeiten, sondern die eigentumsrechtliche Systembildung überhaupt unzureichend ist. Insbesondere ist mit einem heutigen Eigentumsverständnis die Herstellung der Zumutbarkeit Zur Kritik vgl. Hung, Die Zeit vom 26. 09. 2009, S. 49. Cremer, in: Calliess / Ruffert, Das Verfassungsrecht der Europäischen Union, 3. Aufl. 2007, Art. 87 EG Rn. 60; Mederer, in: von der Groeben / Schwarze, Kommentar zum EU- und EG-Vertrag, 6. Aufl. 2003, Art. 87 EG Rn. 352. 363 364

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durch nachträglichen finanziellen Ausgleich im Grundsatz unvereinbar, sofern es sich nicht um einen seltenen Ausnahmefall handelt.365 Eigentumsrecht und allgemeines Vermögensinteresse sind streng voneinander zu trennen. Daher ist der Pflichtige stets gehalten, sein Eigentumsrecht geltend zu machen, also gegen eine unzumutbare Pflichtenbelastung vorzugehen; es genügt nicht, dass er im Falle der Überbelastung lediglich sein Vermögensinteresse durch Forderung einer Entschädigungszahlung beitreibt (kein „Dulde und Liquidiere“).366 Dies aber ist die Systematik vieler Ausgleichsregelungen des Denkmalschutzrechts. 419

Ausgleichsregelungen befinden sich – wie die Frage der Zumutbarkeit einer Maßnahme überhaupt – im Spannungsfeld des Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG. Denkmalschutzrechtliche Pflichten sind keine Enteignungen, sondern stellen Inhalts- und Schrankenbestimmungen des Eigentums im Sinne von Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG dar. Das Bundesverfassungsgericht hat Gelegenheit gehabt, die Neuausrichtung des Eigentumsverständnisses auf die Frage der denkmalschutzrechtlichen Ausgleichspflichten zu erstrecken. Diese Rechtsprechung ist nicht in jeder Hinsicht unumstritten. Sie stellt jedoch eine Eigentumskonzeption von gedanklicher Geschlossenheit und Tiefe dar, zu der im verfassungsrechtlichen Schrifttum – von Einzelkorrekturen abgesehen – keine gleichermaßen ausgearbeitete Alternative besteht. Die vom Bundesverfassungsgericht für den Denkmalschutz aufgestellten drei Grundsätze für eine Ausgleichsregelung fügen sich in diese Konzeption ein.367

420

Zunächst müssen Ausgleichsregelungen dem Gesetzesvorbehalt entsprechen. Sie bedürfen daher einer gesetzlichen Grundlage. Inhalt und Schranken des Eigentums zu bestimmen, ist grundsätzlich Sache des Gesetzgebers. Es obliegt daher insbesondere der gesetzgeberischen Entscheidung, die Grenzen der Eigentumsbeschränkung zu wahren.368

421

Zweitens ist der kategorialen Trennung von Eigentum und Vermögen als Kern der heutigen Eigentumsdogmatik dadurch Rechnung zu tragen, dass ein Primat des Eigentumserhalts gilt: Zunächst muss der Gesetzgeber Vorkehrungen treffen, die „eine unverhältnismäßige Belastung des Eigentümers real vermeiden und die Privatnützigkeit des Eigentums so weit wie möglich erhalten“. Dazu zählen der Dispens von den rechtlichen Pflichten ebenso wie Übergangsvorschriften. Nur falls gleichwohl ein solcher Ausgleich im Einzelfall nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich ist, kann für diesen Fall eine finanzielle Folgelösung in Form eines Ausgleichsanspruchs bzw. eines Anspruchs auf Eigentumsübernahme geboten sein.369 BVerfGE 100, 226 (245 f.) – Denkmalschutz. BVerfGE 100, 226 (246) – Denkmalschutz; vgl. ferner BVerfGE 58, 300 (317 f.); näher Kloepfer, Verfassungsrecht II, 2010, § 72 Rn. 135. 367 Übersichtliche Darstellung der hieraus zu entnehmenden – insgesamt fünf – Anforderungen an den Gesetzgeber bei Haspel / Martin / Wenz / Drewes, Denkmalschutzrecht in Berlin, 2008, § 16 Rn. 2.1. 368 BVerfGE 100, 226 (245) – Denkmalschutz. 369 BVerfGE 100, 226 (245) – Denkmalschutz. 365 366

D. Rechtsfolgen der Unterschutzstellung

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Ferner besteht entgegen der früheren Rechtsprechung des BGH370 ein strenges 422 Koinzidenzgebot zwischen Inhalts- und Schrankenbestimmung einerseits und der Bestimmung der Voraussetzungen und Folgen der Ausgleichspflicht andererseits. Die Koinzidenz muss sowohl auf der Ebene der Normsetzung – durch den Gesetzgeber – als auch auf der Ebene des Normvollzugs – durch die jeweilige Verwaltung – gewahrt sein. Daraus folgt, dass mit der Vollstreckung der Pflichten uno actu zugleich über den möglichen Ausgleich entschieden werden muss. Insoweit wird die Ausgleichspflicht auf die Primärebene hochgezont und in die Eigentumsbetrachtung aufgenommen.371 c) Regelungen in den Landesdenkmalschutzgesetzen Diesen Voraussetzungen wird die Mehrzahl der Landesdenkmalschutzgesetze 423 nicht gerecht. Offensichtlich verfassungswidrig sind all solche Regelungen,372 die eine ange- 424 messene Entschädigung zu leisten bestimmen, soweit Maßnahmen aufgrund des Denkmalschutzgesetzes enteignende Wirkung hätten. Diese Regelungen führen nicht nur die seit mehr als einem Vierteljahrhundert abgelöste Dogmatik, die zwischen den verschiedenen Formen der Eigentumsbeschränkung sowie zwischen Eigentums- und Vermögenszugriffen nicht kategorial, sondern graduell differenziert, in – seitdem vielfach geänderten – Gesetzen fort. Zwar können Denkmalschutzgesetze auch dann Entschädigungen zusprechen, wenn eine Maßnahme enteignende Wirkung hat. Sie haben jedoch klarzustellen, dass Inhalts- und Schrankenbestimmungen, an die eine Ausgleichspflicht zuvörderst anknüpft, und enteignende Eingriffe voneinander streng zu trennen sind.373 Es handelt sich stets um entschädigungspflichtige Inhaltsbestimmungen. Die meisten Denkmalschutzgesetze bringen auch weder den Primat des Eigen- 425 tumserhalts zum Ausdruck noch entsprechen sie dem Koinzidenzgebot. Durch den Verweis auf den Blankettbegriff der enteignenden Wirkung sowie die Statuierung der Rechtsfolge einer – gleichermaßen blanketthaften – angemessenen Entschädigung wird zugleich die Erfüllung des Gesetzesvorbehaltes verfehlt. Es bleibt unverständlich und wirft Fragen der politischen Verantwortlichkeit374 auf, warum die VorBGHZ 121, 73 (80). BVerfGE 100, 226 (246) – Denkmalschutz. 372 § 24 DSchG BW; § 21 DSchG Brem; § 29 Abs. 1 DSchG Nds (mit der Definition der enteignenden als einer über die Sozialbindung hinausgehender Wirkung); § 33 DSchG NRW; § 26 Abs. 1 DSchG Sachs (hinsichtlich der Höhe allerdings mit Verweis auf die Vorschriften über die Enteignung); § 19 Abs. 4 S. 1 DSchG LSA; in der Formulierung noch fernliegender und mit gleicher Stoßrichtung § 26 Abs. 1 S. 1 DSchG Hess; § 23 DSchG MV. 373 Diese Trennung ist, wenn auch nicht vollends glücklich, vollzogen in § 26 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 DSchG-E SH 2008, LT-Drs. SH 16 / 2248, S. 18. 374 Hierzu allgemein Kloepfer, in: Scholz u. a., Realitätsprägung durch Verfassungsrecht, 2008, S. 55 ff. 370 371

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§ 4 Denkmalschutzrecht der Länder

schriften nicht jedenfalls seit der unmissverständlichen Entscheidung BVerfGE 100, 226 (Denkmalschutz) angepasst worden sind.375 Eine legislatorische Fehlleistung besonderen Ausmaßes ist die blinde Übernahme der überholten westdeutschen Vorschriften in die – lange nach BVerfGE 58, 300 (Nassauskiesung) – völlig neugeschaffenen Denkmalschutzgesetze der neuen Bundesländer. 426

In anderen Gesetzen ist lediglich der Begriff der Enteignung durch den des Ausgleichs ausgewechselt worden; die Entschädigungsklausel behält salvatorischen Charakter.376 Diese Bedenken gelten auch dort, wo immerhin die Anknüpfungspunkte der salvatorischen Entschädigungspflicht – freilich nicht vollends klar – ausdifferenziert werden und die Maßstäbe für eine Enteignungsentschädigung in Bezug genommen werden.377 Diese Regelungen sind zwar nicht eindeutig verfassungswidrig, wohl aber bedenklich. Die Bedenken richten sich auch gegen die (terminologisch modernere und in vieler Hinsicht durchaus geglückte) Regelung in § 16 DSchG Bln, die keine Maßstäbe für den Ausgleichsumfang gibt. Hier fehlen außerdem das Koinzidenzgebot378 sowie eine Regelung, die einen anderen als einen Ausgleich in Geld vorsieht.379

427

Hinsichtlich der konkreten Enteignungshöhe ist es allerdings zulässig, wenn die Denkmalschutzgesetze auf die jeweiligen Landesenteignungsgesetze in entsprechender Anwendung verweisen, sofern diese den Umfang der Entschädigungsleistungen detailliert regeln. Ein solcher Verweis kann sich freilich nicht auf das gesamte Enteignungsgesetz, sondern lediglich auf dessen Entschädigungsregelungen beziehen; es handelt sich um eine bloße Rechtsfolgenverweisung. Zugleich muss das Gesetz klarstellen, dass die Verweisung auf solche Fälle beschränkt ist, in denen ein Ausgleich in Geld geleistet wird. Diesen Vorgaben genügt allein die Regelung in § 31 Abs. 2 Hs. 1 DSchG RP 2008 (i. V. m. §§ 11 ff. EnteigG RP). Die Verweisung auf die Enteignungsgesetze ist nicht ohne Alternative: Es kann sich auch eine Verweisung in andere Gesetze, beispielsweise das Baugesetzbuch, anbieten.380

428

Ansätze einer verständigen Umsetzung der bundesverfassungsgerichtlichen Vorgaben finden sich noch alleine in dem insoweit novellierten Denkmalschutzgesetz 375 Selbst das DSchG RP, das Gegenstand der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts war, ist erst knapp ein Jahrzehnt nach Ergehen der verfassungsgerichtlichen Entscheidung und weit nach Ablauf der vom Gericht vorgegebenen Umsetzungsfrist geändert worden. Vgl. dazu ausdrücklich die Gesetzesbegründung (LT-Drs. RP 17 / 1516, S. 1) sowie die Ausführungen der Abg. Lejeune, LT-Prot. RP 15 / 38, S. 2302. Kennzeichnend für das mangelnde Umsetzungsbewusstsein des Landesgesetzgebers auch LT-Drs. RP 14 / 116, S. 2, mit dem Hinweis auf die verfassungskonforme Interpretation der verfassungsgerichtlich verworfenen Regelung durch die Landesregierung. 376 § 22 DSchG HH; § 17 Abs. 1 S. 2 DSchG Saar. 377 So in § 27 Abs. 1 DSchG SH. 378 Kritisch dazu auch Haspel / Martin / Wenz / Drewes, Denkmalschutzrecht in Berlin, 2008, § 16 Rn. 2. 379 Haspel / Martin / Wenz / Drewes, Denkmalschutzrecht in Berlin, 2008, § 16 Rn. 5. 380 So für die Enteignung § 25 Abs. 3 S. 1 DSchG-E SH 2008, LT-Drs. 16 / 2248, S. 17.

D. Rechtsfolgen der Unterschutzstellung

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von Rheinland-Pfalz. § 31 DSchG RP verzichtet auf eine Anknüpfung an den Enteignungsbegriff, sondern nimmt insgesamt Einschränkungen der bisherigen rechtmäßigen Nutzung des Eigentums oder Pflichten zur Erhaltung und Pflege eines Kulturdenkmals auf, die zu einer die Grenzen der Sozialbindung überschreitenden Belastung führen. Zutreffend formuliert die Begründung zur Neufassung des § 31 DSchG RP, die Anwendung der Ausgleichsregelung des § 31 Abs. 1 S. 2 DSchG RP setze mithin voraus, dass die bestehende Nutzung durch eine Maßnahme aufgrund des Denkmalschutzgesetzes eingeschränkt oder unmöglich gemacht wird, dass zudem eine sonstige, den Verlust ausgleichende Nutzung oder Verwendung nicht in Betracht kommt, und dass dadurch schließlich die zuvor gegebene Privatnützigkeit ganz oder teilweise dem öffentlichen Interesse weichen muss. Zugleich ordnet die Norm die Geldentschädigung als ultima ratio an, entspricht 429 also dem Primat des Eigentumserhalts (§ 31 Abs. 1 S. 1 a. E. DSchG RP: „sofern und soweit die Belastung nicht in anderer Weise ausgeglichen werden kann.“). § 31 Abs. 1 S. 2 Hs. 1 DSchG RP setzt das Koinzidenzgebot um. Allerdings lässt auch diese Regelung Maßstäbe vermissen, aus denen die Angemessenheit der Entschädigung abgeleitet werden könnte. Im Hinblick auf die Bestimmtheit von Voraussetzungen, Verfahren und Folgen, kann die salvatorische Unbestimmtheit der Formulierung jedoch wohl hingenommen werden. Das Enteignungsrecht kann ggf. zu einer Enteignungspflicht erstarken, wenn 430 dem Denkmalspflichtigen ein Anspruch auf Übernahme des Denkmals zusteht, weil ein Ausgleich der Eigentümerinteressen weder durch Ausgleichsmaßnahmen noch durch Ausgleichsleistung in Geld angemessen erfolgen kann. So liegt es, wenn zum einen ein Kulturdenkmal infolge einer Veränderung der Verhältnisse nicht mehr in gleicher Weise genutzt werden kann und eine Nutzungsalternative nicht besteht und zum anderen die Rechtsposition des Eigentümers angesichts der ihm auferlegten Erhaltungspflicht derart beeinträchtigt ist, dass das Eigentum bei tatsächlicher Betrachtungsweise seines Inhalts entleert ist.381 Dieser Anspruch auf Übernahme besteht als grundrechtsunmittelbare Ableitung 431 aus Art. 14 Abs. 1 GG unabhängig davon, ob er gesetzlich geregelt ist. Vorzugswürdig ist jedoch eine einfachgesetzliche Klarstellung durch Aufnahme eines ausdrücklichen Anspruchs auf Übernahme. Eine solche Klarstellung findet sich lediglich in § 31 DSchG NRW. Die Norm kann insoweit Vorbild für weitere Bundesländer sein.

381

Zutr. Darstellung bei LT-Drs RP 15 / 1716, S. 24.

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VI. Enteignung und Vorkaufsrecht 1. Allgemeines 432

Als ultima ratio sehen alle Landesdenkmalschutzgesetze das Mittel der heteronomen Eigentumsübertragung vom Privateigentümer weg vor. Nach allen Gesetzen möglich ist jedenfalls ein Entzug des Eigentums im Wege der Enteignung.382 Ein Teil der Gesetze kennt außerdem ein staatliches Vorkaufsrecht im Falle des vertraglich verabredeten Eigentumsübergangs.383

2. Enteignung a) Begriff 433

Eine Enteignung bildet nach der – heute ganz anerkannten – Nassauskiesungsdogmatik des Bundesverfassungsgerichts nur der vollständige oder teilweise Entzug konkreter vermögenswerter Rechtspositionen durch gezielt hoheitlichen Rechtsakt zur Erfüllung öffentlicher Aufgaben.384 Dieser rechtliche Kern der Enteignung ist mit dem (an sich historisch überholten) Begriff des Zwangskaufs, also einer entgeltlichen Zwangsübereignung, treffend gefasst.385 Allerdings beantwortet die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts die Frage, ob ein hoheitlicher Güterbeschaffungsvorgang notwendiges Merkmal einer Enteignung ist, uneinheitlich. Teilweise heißt es, das Vorliegen einer Enteignung hinge nicht davon nicht ab.386 An anderer Stelle heißt es, nicht jeder Entzug einer Rechtsposition sei eine Enteignung, sondern nur solche Fälle, „in denen Güter hoheitlich beschafft werden“.387 Besonders schwere Eingriffe in das Eigentum, die nicht zu einem Entzug eines Eigentumobjekts in einem konkreten Güterbeschaffungsvorgang führen, sind nach diesem formalisierten Enteignungsbegriff keine Enteignung. Auf die materielle Schwere der Eigentumsbeschränkung,388 gar auf ein Sonderopfer,389 kommt es nicht an.

382 § 25 DSchG BW; Art. 18 DSchG Bay; § 17 DSchG Bln; § 23 DSchG Bbg; § 20 DSchG Brem; § 20 DSchG HH; § 25 DSchG Hess; § 21 DSchG MV; § 30 DSchG Nds; § 30 DSchG NRW; § 30 DSchG RP; § 16 DSchG Saar; § 19 DSchG LSA; § 26 DSchG SH; § 27 DSchG Th. 383 Art. 19 DSchG Bay; § 22 DSchG MV; § 32 DSchG RP; § 15 DSchG Saar; § 17 DSchG Sachs; § 11 DSchG LSA; § 30 DSchG Th. 384 Grundlegend zur Neukonzeption BVerfGE 58, 300 (330 ff.) – Nassauskiesung. Vgl. des Weiteren etwa Epping, Grundrechte, Rn. 447 ff. m. w. N. 385 Kloepfer, Verfassungsrecht II, 2010, § 72 Rn. 118. 386 BVerfGE 83, 201 (211). 387 BVerfGE 104, 1 (9); BVerfG, NVwZ 2009, 1158 (1159). 388 So aber noch das BVerwG, vgl. etwa BVerwGE 5, 143 (145 f.). 389 So aber noch der BGH, vgl. etwa BGHZ 6, 270 ff.

D. Rechtsfolgen der Unterschutzstellung

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b) Zwecke aa) Gefahrenabwehr Die verfassungsrechtlich in Art. 14 Abs. 3 S. 1 GG und in zahlreichen Landes- 434 verfassungen390 vorgesehene Enteignung wird in den Denkmalschutzgesetzen lediglich nachvollzogen. Die strikte Bindung an das Verhältnismäßigkeitsgebot ergibt sich oftmals bereits aus dem Gesetzestext, im Übrigen jedoch aus den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Die Enteignung ist – als Maßnahme des Sonderordnungsrechts – Instrument der Gefahrenabwehr. Vorauszusetzen ist, dass eine erhebliche Gefahr für die Realisierung des Denkmalschutzes hinsichtlich des Denkmals besteht, auf das sich die Enteignung richtet. Dies ist – bei manch abweichender Formulierung der Einzelgesetze – der Fall, sofern Bestand oder Gestalt des Denkmals gefährdet sind.391 Kann dieser Gefahr durch andere, weniger einschneidende Maßnahmen aus dem ordnungsrechtlichen Instrumentarium begegnet werden, sind diese zunächst zu bemühen.392

bb) Denkmalzugänglichkeit Einige Denkmalschutzgesetze sehen die Enteignung auch aus anderen Gründen 435 vor. Nach den Denkmalschutzgesetzen in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein- 436 Westfalen und Sachsen ist eine Enteignung bei unbeweglichen Denkmälern auch zulässig,393 sofern allein hierdurch die Zugänglichkeit des Denkmals erreicht werden kann. Vorausgesetzt wird außerdem, dass die Zugänglichmachung im öffentlichen Interesse liegt. In dieser Regelung liegt ein „massiver Eingriff“,394 der sich freilich nicht auf Art. 13 GG richtet.395 Denn da

390 Art. 159 LV Bay; Art. 23 Abs. 2 LV Bln; Art. 41 Abs. 4 LV Bbg; Art. 45 Nr. 2 LV Brem (nur für Grundbesitz); Art. 45 Abs. 2 S. 3 LV HH; Art. 60 Abs. 4 LV RP; Art. 51 Abs. 2 LV Saar (mit aus heutiger Sicht problematischer Abgrenzung von Eigentumsentziehung in S. 1 und Enteigung in S. 3); Art. 32 Abs. 1 LV Sachs; Art. 18 Abs. 3 LV LSA; Art. 34 Abs. 3 LV Th. Lediglich eine Sozialisierungsklausel kennt Art. 27 Abs. 1 LV NRW. 391 So Art. 18 Abs. 1 S. 1 DSchG Bay. In der Sache ganz ähnlich § 25 Abs. 1 DSchG BW: Erhaltung des Denkmals oder seines Erscheinungsbildes; ferner § 17 Abs. 1 DSchG Bln: Bestand, Eigenart oder Erscheinungsbild. 392 Peter / Viernickel, Thüringer Denkmalschutzgesetz. Kommentar, 2006, § 27. 393 § 23 Abs. 1 Nr. 2 DSchG Bbg; § 21 Abs. 1 lit. b DSchG MV; § 30 Abs. 1 lit. b DSchG NRW; § 27 Abs. 2 lit. a Alt. 1 DSchG Sachs; § 20 Abs. 1 Nr. 2 DSchG Brem sehen eine Enteignung zur Zugänglichmachung allein für bewegliche Denkmäler vor. Insoweit bestehen gleichfalls verfassungsrechtliche Bedenken, die aber von Fall zu Fall eher ausräumbar sind. 394 So zu Recht Martin / Mieth / Graf / Sautter, Brandenburgisches Denkmalschutzgesetz. Kommentar, 2. Aufl. 2008, § 28 Rn. 4.2. 395 So aber Martin / Mieth / Graf / Sautter, Brandenburgisches Denkmalschutzgesetz. Kommentar, 2. Aufl. 2008, § 28 Rn. 4.2, wohl in Anlehnung an die vereinzelt gebliebene Auffassung der abweichenden Meinung von Böhmer, BVerfGE 49, 228 (238).

164

§ 4 Denkmalschutzrecht der Länder

Art. 13 GG eine Wohnung voraussetzt, kann er nicht gegen ihren Entzug schützen.396 Der Eingriff zielt vielmehr (enteignungstypisch) auf Art. 14 GG.

437

Diese Regelung begegnet durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken. Ob die öffentliche Zugänglichkeit eines Denkmals einen hinreichenden Enteignungszweck darstellt, ist zweifelhaft. Denn Kern des Denkmalschutzes ist die Erhaltung von Substanz, keineswegs ihre Zugänglichkeit. Die Enteignung zu dem Zweck, ein Denkmal zugänglich zu machen, kann auch dazu führen, dass ein Denkmalseigentümer, der ein historisch bedeutendes Denkmalsobjekt restauriert und saniert hat, nach Abschluss dieser Arbeiten mit der Enteignung seines Gebäudes rechnen muss, weil an diesem wiederhergestellten Gebäudes zwischenzeitlich öffentliches Interesse erstarkt ist. Eine Enteignung um der Zugänglichmachung willen scheidet allerdings nicht von vorneherein verfassungsrechtlich aus, sofern sie auf bloße Bodendenkmäler begrenzt ist (vgl. § 25 Abs. 1 Nr. 2 DSchG Hess; § 27 Abs. 1 Nr. 2 DSchG Th). Anders als Baudenkmale sind Bodendenkmale typischerweise nicht Zentren privaten Wirkens und Arbeitens. Zudem besteht bei archäologischen und paläontologischen Denkmälern ein gesteigertes Interesse an wissenschaftlicher Darstellung.

cc) Denkmalerforschung 438

Vereinzelt397 wird eine Enteignung außerdem zugelassen, wenn nur so – wiederum als ultima ratio – das Denkmal wissenschaftlich erforscht werden kann. Sofern die weitere wissenschaftliche Erforschung für den Schutz des Denkmals aber nicht erforderlich ist, erscheint eine Enteignung stets unverhältnismäßig. Daher ist eine Gefahr für den Bestand und die Erscheinung des Denkmals stets ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal auch einer Enteignung zum Zwecke wissenschaftlicher Erforschung. Die Bestimmung hat daher keinen wesentlichen selbstständigen normativen Gehalt.

439

Dasselbe gilt für die lediglich in § 27 Abs. 1 lit. b DSchG Sachs enthaltene Regelung, derzufolge eine Enteignung auch für den Fall vorgesehen ist, dass der Eigentümer mit der Denkmalbehörde nicht hinreichend kooperiert, mithin insbesondere seinen Auskunfts- und Duldungspflichten nicht genügend nachkommt. Auch insoweit ist dem Verhältnismäßigkeitsprinzip nicht genügt, sofern bereits die bloße Nichterfüllung bestimmter Eigentümerpflichten die Enteignung begründen soll. Eine Enteignung kann vielmehr nur bei Gefährdung des geschützten Denkmals erfolgen.

440

Eine Reihe an Landesdenkmalschutzgesetzen erlaubt die Enteignung ferner zur Erforschung von Grabungsschutzgebieten398 bzw. überhaupt zur Vornahme von Ausgrabungen archäologischer Gegenstände und anderer Kulturdenkmale.399 Dies ist zulässig und sinnvoll, sofern die Einhaltung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes sichergestellt ist. Denn auch eine bloß vorübergehende Besitzeinweisung wird oftmals genügen, um die notwendigen Erforschungsmaßnahmen durchzuführen.400 Klarstellend Dreier, in: ders., GG, 2. Aufl. 2004, Art. 13 Rn. 108. § 25 Abs. 2 Nr. 2 DSchG BW; § 30 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 DSchG RP; § 27 Abs. 2 lit. a Alt. 1 DSchG Sachs. 398 § 25 Abs. 1 Nr. 3 DSchG Hess; § 21 Abs. 1 lit. c DSchG MV; § 30 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 DSchG Nds; § 30 Abs. 1 lit. b DSchG NRW; § 30 Abs. 1 Nr. 2 DSchG RP; § 19 Abs. 1 Nr. 3 DSchG LSA; § 27 Abs. 1 Nr. 3 DSchG Th. 399 § 20 Abs. 1 Nr. 4 DSchG HH; § 30 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 DSchG Nds; § 19 Abs. 1 Nr. 2 DSchG LSA. 396 397

D. Rechtsfolgen der Unterschutzstellung

165

c) Begünstigter Begünstigte der Enteignung kann nach nahezu allen Landesdenkmalschutzgeset- 441 zen lediglich die öffentliche Hand sein. Nur vereinzelt ist eine Enteignung zu Gunsten Privater vorgesehen. Nach § 23 Abs. 2 S. 2 DSchG Bbg, § 18 Abs. 2 S. 1 DSchG Bay, § 16 Abs. 1 S. 1 a. E. DSchG Saar können Enteignungen zu Gunsten einer juristischen Person des Privatrechts erfolgen, die den Enteignungszweck zu ihren satzungsmäßigen Aufgaben zählt, sofern die Erfüllung dieses Zwecks im Einzelfall gesichert erscheint. Die Begrenzung auf juristische Personen des Privatrechts ist nicht grundlos. Juristische Personen können die Erfüllung der Denkmalschutzzwecke überpersonell verbürgen; sie weisen damit ein Versprechen der Organisationskontinuität auf, das der hypothetischen Wahrnehmung der Denkmalschutzaufgabe durch den Staat nahe kommt. Die Begrenzung unterstreicht insoweit den treuhänderischen Charakter der Denkmalszuführung. Rechtspraktisch sind vor allem die Denkmalschutzstiftungen oder auf den Schutz bestimmter Ensembles bzw. Gebäudetypen ausgerichtete Vereine mögliche Profiteure der Denkmalszuordnung. 3. Vorkaufsrecht Im Falle der Veräußerung eines Denkmals steht den Behörden nach einigen Lan- 442 desdenkmalschutzgesetzen ein Vorkaufsrecht zu Gebote.401 Das Vorkaufsrecht unterliegt ähnlich strengen Voraussetzungen wie die Enteignung. Seine rechtspraktische Bedeutung ist jedoch auch aufgrund der erheblichen finanziellen Mittel gering, die eine Behörde zur Rechtausübung aufwenden muss. Solche Mittel stehen nur in geringem Maße zur Verfügung.402 Das denkmalschutzrechtliche Vorkaufsrecht steht neben dem Vorkaufsrecht des BauGB. 443 Beide gehen etwaigen rechtsgeschäftlichen Vorkaufsrechten vor.403 Auch das denkmalschutzrechtliche Vorkaufsrecht steht der Gemeinde zu. Es bleibt hinter dem Vorkaufsrecht des BauGB insoweit zurück, als es nur für Denkmäler gilt, geht aber über dieses insoweit hinaus, als das Vorkaufsrecht unabhängig der planerischen Belegenheit des Grundstücks oder einer etwaigen Satzungsordnung stets ausgeübt werden kann.

Mit dem Vorkaufsrecht erwächst dem Vorkaufsberechtigten – hier der Gemeinde – 444 das Recht, den Kaufvertrag zwischen zwei anderen Parteien durch einen neuen Kaufvertrag an Stelle einer dieser beiden Parteien – des Käufers – abzulösen. Die Modalitäten des Vorkaufsrechts knüpfen nach der Verweisung der meisten Denkmalschutzgesetze an die Regelungen im BGB über den Vorkauf an. 400 Martin / Mieth / Graf / Sautter, Brandenburgisches Denkmalschutzgesetz. Kommentar, 2. Aufl. 2008, § 28 Rn. 4.3. 401 Art. 19 DSchG Bay; § 22 DSchG MV; § 32 DSchG RP; § 15 DSchG Saar; § 17 DSchG Sachs; § 11 DSchG LSA; § 30 DSchG Th. 402 Zutreffender Hinweis bei Wurster, in: Hoppenberg / de Witt, HdbÖffBauR, D 302; Martin, Denkmalschutzgesetz Mecklenburg-Vorpommern. Kommentar, 2008, § 22 Rn. 1.4. 403 Westermann, in: Münchener Kommentar zum BGB, Bd. 3, 5. Aufl. 2007, § 463, Rn. 13.

166

§ 4 Denkmalschutzrecht der Länder

445

Das Vorkaufsrecht wird – wie auch nach § 24 BauGB – nach heute herrschender Auffassung durch einen privatrechtsgestaltenden Verwaltungsakt ausgeübt.404 Die Verweisungen auf Vorschriften des Privatrechts sollen vielmehr nur an das bewährte Institut anknüpfen, nicht jedoch das öffentliche Recht dem privaten Recht unterordnen, insbesondere nicht den öffentlich-rechtlichen Rechtsweg verschließen.

446

Die Ausübung des Vorkaufsrechts ist an relativ hohe Voraussetzungen geknüpft, die aber – angesichts der geringeren Schwere des Eingriffs – weniger stark als bei der Enteignung sind.405 Es darf nur ausgeübt werden, sofern – erstens – bei hypothetischem Unterlassen des Grundstückserwerbs das Kulturdenkmal nicht erhalten werden kann oder dessen Erhalt jedenfalls gefährdet ist, und – zweitens – der das Vorkaufsrecht ausübende Berechtigte die Absicht verfolgt und dies zum Ausdruck bringt, durch den Erwerb des Grundstücks das aufstehende Denkmal zu erhalten.406 Dies ergibt sich aus den konditionalen Formulierungen der Denkmalschutzgesetze, wonach das Vorkaufsrecht nur betätigt werden darf, „wenn dadurch die dauernde Erhaltung des Denkmals ermöglicht werden soll“.407 Nicht jedes beliebige öffentliche Interesse genügt, sondern nur ein qualifiziertes. Insoweit gelten die für § 24 Abs. 3 BauGB entwickelten Maßstäbe.408 Das Vorkaufsrecht ist das vorletzte Mittel, das nach Ausschöpfung der sonstigen Möglichkeiten – außer der Enteignung als ultima ratio – genutzt werden kann.

404 Zur Rechtslage nach dem BauGB vgl. OLG Frankfurt, NVwZ 1982, 580 (581); Stock, in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg / Krautzberger, BauGB, § 28 Rn. 35 ff.; Wilhelm, Sachenrecht, 2. Aufl. 2002, Rn. 2140. 405 So auch Albrecht, LKV 2005, 151 (152). 406 VG Dessau, LKV 2005, 183 (184). 407 Siehe § 22 Abs. 1 S. 2 DSchG MV. 408 Näher Stock, in: Ernst / Zinkahn / Bielenberg / Krautzberger, BauGB, § 24 Rn. 66; vgl. auch Albrecht, LKV 2005, 151 (152).

§ 5 Kulturgüterschutz im nationalen Recht außerhalb des Denkmalschutzrechts der Länder Kulturgüterschutzrelevante Normen finden sich auch außerhalb der in § 4 dar- 447 gestellten Denkmalschutzgesetze der Länder in weiten Bereichen des nationalen Rechts, insbesondere auch in Bundesgesetzen. Dieser Kulturgüterschutz außerhalb des klassischen Denkmalschutzrechtes soll im Folgenden – nach Rechtsgebieten systematisiert – dargestellt werden.

A. Umweltrecht Der Kulturgüterschutz hat durch das Gesetz zur Berücksichtigung des Denkmal- 448 schutzes im Bundesrecht1 auch Eingang in diverse umweltrechtliche bzw. umweltrechtrelevante Bundesgesetze, deren Vollzug denkmalschutzrechtliche Belange berühren kann, gefunden. Einschlägig sind insofern insbesondere – wie z. T. schon gezeigt – planungs- und raumordnungsrechtliche Vorschriften. Der Kulturgüterschutz findet sich in den Planungsleitsätzen des Raumordnungsgesetzes, des Flurbereinigungsgesetzes und des Bundesbahngesetzes als zu berücksichtigender öffentlicher Belang wieder. Die verfahrensrechtliche Berücksichtigung der denkmalschützerischen Belange ist zudem auch im Bundesfernstraßengesetz, im Wasserstraßengesetz und im Telegrafenwegegesetz zu finden. Im Rahmen des Bundesnaturschutzgesetzes gehört die Erhaltung der Kulturgüter zu den Zielen des Naturschutzes und der Landschaftspflege. Auf einige umweltrechtliche Regelungen, die von besonderem Einfluss auf die behördliche Zuständigkeit für den Kulturgüterschutz sind, soll im Folgenden eingegangen werden.

I. Überschneidungen zwischen Naturschutzrecht und Denkmalschutzrecht Innerhalb bestimmter Fallgruppen kann es dazu kommen, dass das Schutzobjekt 449 sowohl des Naturschutzrechts, als auch des Kulturgüterschutzes identisch ist; so z. B. im Bereich der Kulturlandschaften, Naturdenkmäler und im Nahbereich von Denkmälern.2 In sämtlichen Bereichen der Überschneidung von Naturschutz- und 1 2

Gesetz v. 1. Juni 1980, BGBl. I 1980, S. 649. Rößing, Denkmalschutz und Umweltverträglichkeitsprüfung, 2004, S. 50 f.

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§ 5 Kulturgüterschutz außerhalb des Denkmalschutzrechts der Länder

Denkmalschutzrecht, also dort, wo Denkmalschutzgesetze die vom Menschen gestaltete Natur umfassen und Naturschutzregelungen durch menschliches Handeln geschaffene Objekte und Landschaftsteile betreffen, sind Kompetenzprobleme denkbar;3 es muss die jeweils zuständige Fachbehörde durch Auslegung ermittelt werden. 450

Historische Park- und Gartenanlagen (zu denen auch Alleen, Friedhöfe, Gräberfelder oder sonstige Zeugnisse der Garten- und Landschaftsgestaltung gehören können) sind als solche Kulturdenkmäler und dem Denkmalschutzrecht zuzuordnen.4 Gartendenkmäler werden in den landesrechtlichen Denkmalschutzgesetzen unterschiedlich kategorisiert. Zum Teil gelten Gartenanlagen, die den Anforderungen an ein Denkmal genügen, als Baudenkmal; in anderen Bundesländern kennt das Denkmalschutzrecht den Begriff des Gartendenkmals oder beispielsweise von gärtnerischen Gesamtanlagen.5 Eine Definition enthält das rheinland-pfälzische Denkmalschutzgesetz. Danach sind historische Park- und Gartenanlagen Werke der Gartenbaukunst, deren Lage sowie architektonische und pflanzliche Gestaltung von der Funktion der Anlage als Lebensraum und Selbstdarstellung früherer Gesellschaften und der von ihnen getragenen Kultur Zeugnis geben.6

451

Gartendenkmäler und historische Alleen stehen im Schnittpunkt zwischen dem Naturschutzrecht und dem (verschwisterten)7 Denkmalschutzrecht. Alleen gelten als Teil der Straße und damit hat der Träger der Straßenbaulast die Erhaltungs- und Pflegepflicht.8 Als relevante Kriterien, die es hier zu beachten gilt und die zu Reibungen mit dem Denkmalschutz führen, kommen auch straßenrechtliche Vorgaben zur Vermeidung von Unfällen zum Zuge.9 Bei historischen Friedhöfen sind zusätzlich zum Denkmalschutzrecht die Regelungen des Friedhofsrechts einschlägig.

452

Insbesondere bei historischen Gartenanlagen, Alleen und Friedhöfen kann es zur Normenüberschneidung des Denkmalschutzrechtes mit dem Naturschutzrecht kommen. Im Falle der ungestörten Entwicklung des Pflanzenbewuchses solcher Anlagen ist die Entstehung von Biotopen möglich. Der gesetzliche Biotopschutz knüpft an die tatsächlichen Verhältnisse an. Auch Sekundärbiotope, die in Folge menschlicher Einwirkung entstanden sind, können die Qualität eines solchen Schutzgegenstands erreichen.10

453

Bei Baudenkmälern kann es häufig wegen der alten Substanz zu Kollisionen mit dem Artenschutz kommen, etwa wenn das Bauwerk von geschützten Arten als NistRößing, Denkmalschutz und Umweltverträglichkeitsprüfung, 2004, S. 52. Hönes, DÖV 1998, 491 (493). 5 Auflistung siehe Hönes, DÖV 1998, 491 (493). 6 Vgl. § 5 Abs. 5 DSchG RP. 7 Hönes, NuR 2003, 257. 8 Hönes, NuR 2003, 257; Hönes LKV 2003, 7 f. 9 Hönes, NuR 2003, 257 / 260; Otto, NuR 2001, 427; Hönes LKV, 2003, 7. 10 Hönes, DÖV 1998, 491 (497). 3 4

A. Umweltrecht

169

oder Zufluchtstätte genutzt wird. Darunter kann das Denkmal leiden. Im Bereich der Gartendenkmäler und Alleen kommt es jedenfalls regelmäßig zu Überschneidungen hinsichtlich der Zuständigkeiten. Dabei ist es zwar denkbar, dass Naturschutz und Denkmalschutz „an einem Strang“ ziehen, aber auch, dass gegenläufige Interessen verfolgt werden. Gemäß § 1 Abs. 4 Nr. 1 BNatSchG ist es ein Grundsatz des Naturschutzes und der Landschaftspflege, historische Kulturlandschaften und -landschaftsteile von besonderer Eigenart, einschließlich solcher von besonderer Bedeutung für die Eigenart oder Schönheit geschützter oder schützenswerter Kultur-, Bau- und Bodendenkmäler, zu erhalten. Die Begriffe Kultur-, Bau- und Bodendenkmäler sind denkmalschutzrechtlichen Ursprungs und in den Landesdenkmalschutzgesetzes definiert und dort verankert. Die Denkmalschutzgesetze sind auf Grund dieser Aufgabenstellung diesbezüglich prioritär.11 Ungeachtet der Notwendigkeit einer fachübergreifenden Zusammenarbeit mit 454 dem Naturschutz ist die Erhaltung historischer Park- und Gartenanlagen als Kulturdenkmäler dem Denkmalschutzrecht zugeordnet. Die Entscheidung darüber, welche Gegenstände historische Park- und Gartenanlagen und damit Kulturgüter sind und wie sie geschützt werden, obliegt den Denkmalschutz- bzw. entsprechenden Fachbehörden.12 Für Kollisionsfelder zwischen Natur- und Denkmalschutz im Bereich historischer 455 Gartenanlagen wird vertreten, dass das Naturschutzrecht das allgemeinere Recht sei und hinter dem Denkmalschutzrecht, das sich insoweit als lex specialis darstelle, zurücktrete. Das Naturschutzrecht wolle Natur und Landschaft im besiedelten und unbesiedelten Raum tendenziell zu 100 % schützen und werde vom Denkmalschutzrecht als dem speziellerem Recht mit engerem Anwendungsbereich verdrängt, soweit die Rechtsfolgen nicht miteinander verträglich sind. Dies folge im Kulturstaat aus der Kunstfreiheitsgarantie des Art. 5 Abs. 3 GG zusammen mit den Denkmalschutzartikeln der Landesverfassungen.13 Der gesetzliche Biotopschutz sei außerdem ausdrücklich auf wild lebende Tiere und Pflanzen beschränkt, so dass die Regelungen nicht auf historische Park- und Gartenanlagen passten, da diese Zeugnisse der Gartenkunst unter der Herrschaft des Menschen stünden.14 Ein zusätzlicher Schutz als Naturdenkmal, Landschaftsbestandteil oder Naturschutzgebiet oder ein zusätzlicher kommunaler Baumschutz verstoße in der Regel gegen das Übermaßverbot, da er den Denkmaleigentümer unzumutbar belasten würde.15 Dem kann aber nicht zugestimmt werden. Konflikte zwischen dem Naturschutz 456 und dem Denkmalschutz sind durch die Schutzgebietsverordnung lösbar. Die unterschiedliche Ziel- und Zweckbestimmung von Naturschutzrecht und Denkmal11 Gassner / Bendomir-Kahlo / Schmidt-Räntsch, BNatSchG, § 2 Rn. 56; Hönes, NuR 2003, 257 (262). 12 Hönes, NuR 2003, 257 (259). 13 Hönes, NuR 2003, 257 (263). 14 Hönes, NuR 2003, 257 (264). 15 Hönes, NuR 2003, 257 (259).

170

§ 5 Kulturgüterschutz außerhalb des Denkmalschutzrechts der Länder

schutzrecht können eine Unterschutzstellung auf Grundlage beider Rechtsgebiete rechtfertigen. Die Erforderlichkeit einer Schutzgebietsverordnung entfällt nicht bereits deshalb, weil Teile des geschützten Gebietes als eingetragenes Kulturdenkmal bereits geschützt sind. Die unterschiedlichen Ziel- und Zweckbestimmungen von Naturschutz- und Denkmalschutzgesetzen rechtfertigen eine Unterschutzstellung sowohl nach Denkmalschutzrecht als auch nach Naturschutzrecht. Zwischen dem Naturschutz und dem Denkmalschutz sind Überschneidungen möglich, da es aus Sicht des Naturschutzes nicht erheblich ist, ob das Schutzgebiet von Menschenhand oder von der Natur geschaffen worden ist.16 Eine Schutzgebietsverordnung ist nicht erst dann erforderlich, wenn feststeht, dass die anderen vorhandenen gesetzlichen Regelungen, die zumindest auch dem Schutz der Natur dienen, keinen hinreichenden Schutz gewähren. Erforderlich in diesem Sinne bedeutet nur, dass eine Maßnahme vernünftigerweise geboten sein muss und dass in der gegebenen Situation eine abstrakte Gefahr für die Schutzgüter des Naturschutzes bestehen muss.17 Die Einhaltung des Übermaßverbotes ist generell Voraussetzung für die Wirksamkeit von Schutzanordnungen; dem Übermaßverbot kommt im Fall solchen „Doppelschutzes“ also keine generell erhöhte Bedeutung zu, aber das Übermaßverbot ist beim Zusammentreffen verschiedener Schutzanforderungen besonders konflikthaltig. 457

Gegen die Herleitung der Bestimmung eines grundsätzlichen Vorrangs des Denkmalschutzrechts gegenüber dem Naturschutzrecht spricht zudem, dass durch das Denkmalschutzrecht und das Naturschutzrecht unterschiedliche Ziele verfolgt werden (können). Der Kulturgüterschutz widmet sich dem Substanzerhalt, der Naturschutz dient regelmäßig der Erhaltung und Wiederherstellung des Erscheinungsbildes. Außerdem ist es Ziel des Kulturgüterschutzes, Dokumente menschlichen Wirkens und Gestaltens zu erhalten, wohingegen der Naturschutz vorrangig die Dokumentation der Natur und die Erhaltung der Funktionsfähigkeit des Naturhaushaltes unterstützt. Auch aus der Verteilung der grundgesetzlichen Kompetenzen kann in Hinblick auf die unterschiedlichen Zielrichtungen des Naturschutzrechts und des Kulturgüterschutzes kein Vorrang für die landesdenkmalrechtlichen Regelungen begründet werden.18

458

Gegen einen generellen Vorrang des Denkmalschutzrechts vor dem Naturschutzrecht spricht auch, dass die vom Unionsrecht geforderte Umsetzung von EG-Richtlinien, die dem Natur- und Artenschutz dienen (v. a. Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie und EG-Vogelschutzrichtlinie), keinen Einzug in das Denkmalschutzrecht gefunden haben und in Konfliktfällen allein schon deshalb die parallele Anwendung der beiden Rechtsgebiete erforderlich macht. Dem Naturschutzrecht ist in solchen Fällen zu entnehmen, unter welchen Voraussetzungen Ausnahmen von den unionsrechtlich geforderten Schutzvorschriften zu Gunsten des Kulturgüterschutzes gemacht werden können. 16 17 18

VGH Mannheim, NuR 1992, 190 (191). BVerwG, NuR 1989, 37; VGH Mannheim, NuR 1992, 190 (191). Rößing, Denkmalschutz und Umweltverträglichkeitsprüfung, 2004, S. 52 f.

A. Umweltrecht

171

Tatsächlich wird man in der Praxis regelmäßig abwägend zu beurteilen haben, 459 wie sowohl dem Denkmalschutz als auch dem Naturschutz gerecht werdende Entscheidungen getroffen werden können. Die Denkmalpflege als in aller Regel hoheitlich wahrgenommene Aufgabe wird mangels Grundrechtsträgereigenschaft zudem in den wenigsten Fällen – wenn das überhaupt denkbar erscheint – das Grundrecht auf Kunstfreiheit für sich geltend machen können. Oft werden bereits Auflagen (z. B. hinsichtlich der Schnittzeit der Bäume und Sträucher) genügen, um auch dem Natur- und Artenschutz gerecht zu werden. Eine wichtige Schnittstelle zwischen Denkmalschutzrecht und Naturschutzrecht 460 ist auch der Umgebungsschutz von Denkmälern, der vielfach unter Ergänzung des Denkmalschutzrechts durch das Naturschutzrecht zu erreichen sein wird (siehe hierzu auch § 1 Abs. 4 Nr. 1 BNatSchG).19 Auch historische Kulturlandschaften stehen im Schnittpunkt zwischen dem 461 Denkmalschutz- und Naturschutzrecht. Eine Legaldefinition für den Begriff „historische Kulturlandschaft“ ist nicht ersichtlich. Der Begriff wird in der Literatur beschrieben als Landschaftsausschnitt, der vom Umgang früherer Generationen mit Natur und Landschaft oder als Beispiel früheren Arbeitens und Lebens oder wichtiger Bestandteil früherer Landschaftsgestaltung als Lebensraum und Selbstdarstellung früherer Gesellschaften und der von ihm getragenen Kultur Zeugnis gibt.20 Problematisch ist, welche Sachkompetenz hinsichtlich der Kulturlandschaften anzunehmen ist. In Betracht kommt sowohl das Naturschutzrecht als auch das Denkmalschutzrecht. Für letzteres spräche, dass bei der Bewertung der Geschichtlichkeit der zu schüt- 462 zenden Landschaft wegen der Kulturrelikte (Kultur-, Bau- und Bodendenkmäler) ein überwiegend kultureller Bezug bestünde. Eine bundesrechtliche Definition des Begriffes überschreite daher die Kompetenz des Bundes für den Naturschutz und die Landschaftspflege.21 Dem ist aber entgegenzuhalten, dass der Kulturgüterschutz und das Naturschutz- 463 recht auch in bestimmten Schutzgebietskategorien des Flächennaturschutzes eng ineinander greifen. Die Schutzgebietskategorie des Nationalparks (§ 24 BNatSchG) und des Biosphärenreservats (§ 25 BNatSchG) vereinigen die beiden Ansätze in einer kultur-ökologischen Funktion.22 Vor allem in der bundesrechtlichen Regelung zum Begriff des Biosphärenreservates wird dies deutlich. Gemäß § 25 Abs. 1 Nr. 3 BNatSchG sind Biosphärenreservate zu schützende Gebiete, die vornehmlich der Erhaltung, Entwicklung und Wiederherstellung einer durch hergebrachte vielfältige Nutzung geprägten Landschaft und der darin historisch gewachsenen Arten- und Vgl. dazu auch BT-Drs. 8 / 3716; Lorz / Müller / Stöckel, BNatSchG, § 2 Rn. 21. Hönes, NuR 2003, 257 (262); ähnlich Rößing, Denkmalschutz und Umweltverträglichkeitsprüfung, 2004, S. 51. 21 So Hönes, NuR 2003, 257 (262). 22 Rößing, Denkmalschutz und Umweltverträglichkeitsprüfung, 2004, S. 49. 19 20

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§ 5 Kulturgüterschutz außerhalb des Denkmalschutzrechts der Länder

Biotopvielfalt, einschließlich Wild- und früherer Kulturformen wirtschaftlich genutzter und nutzbarer Tier- und Pflanzenarten dienen. 464

Die Schutzkategorie Landschaftsschutzgebiet vereint ebenso den Kulturgüterschutz mit dem Naturschutz. § 26 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG sieht vor, dass dieser besondere Gebietsschutz auch dann zum Zuge kommt, wenn ein besonderer Schutz wegen der Vielfalt, Eigenart und Schönheit oder der besonderen kulturhistorischen Bedeutung der Landschaft erforderlich ist. Auch die Schutzgebietskategorie des Naturschutzgebietes ermöglicht die Unterschutzstellung eines Gebietes gemäß § 23 Abs. 1 Nr. 2 BNatSchG, wenn der besondere Schutz aus wissenschaftlichen, naturgeschichtlichen oder landeskundlichen Gründen erforderlich ist. Die kulturhistorische Bedeutung einer Landschaft vereint deren natürliche Entwicklung mit der durch die Menschen geschaffenen besonderen Form. Es handelt sich um Gebilde aus künstlichen, d. h. durch menschliches Handeln geschaffenen Bestandteilen und dem, was durch die Natur in gegenseitiger Wechselwirkung daraus weiterentwickelt worden ist.

465

Dem Schutz der Kulturlandschaft kann auch die Schutzgebietsform des Naturparks förderlich sein. § 27 Abs. 1 Nr. 5 BNatSchG bestimmt, dass solche Gebiete u. a. der Erhaltung, Entwicklung oder Wiederherstellung einer durch vielfältige Nutzung geprägten Landschaft dienen.

466

Die Norm, an der die Schnittstelle des Naturschutzrechts mit dem Denkmalschutzrecht am deutlichsten wird, ist sicherlich die Schutzkategorie des Naturdenkmals gemäß § 28 BNatSchG. Naturdenkmale sind rechtsverbindlich festgesetzte Einzelschöpfungen der Natur oder entsprechende Flächen bis zu 5 Hektar Größe, deren besonderer Schutz entweder aus wissenschaftlichen, naturgeschichtlichen oder landeskundlichen Gründen (Nr. 1) oder wegen ihrer Seltenheit, Eigenart oder Schönheit (Nr. 2) erforderlich ist. Ein Naturdenkmal kann gleichzeitig von kulturhistorischer und von naturhistorisch herausragender Bedeutung sein.23 Hier ist die behördliche Fachkompetenz allerdings klar: diese Schutzkategorie untersteht in der Bundesrepublik Deutschland dem Naturschutzrecht.

II. Umweltverträglichkeitsprüfung 467

Schutzgut des UVPG sind nach § 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 UVPG auch Kulturgüter. Die Auswirkung von Vorhaben, Plänen und Programmen auf u. U. betroffene Kulturgüter muss im Vorfeld im Rahmen der Umweltprüfung bzw. Umweltverträglichkeitsprüfung geklärt werden und hat in die Abwägungsentscheidung einzugehen.

468

Bei der Strategischen Umweltprüfung24 handelt es sich um ein durch die EGRichtlinie 2001 / 42 / EG eingeführtes systematisches Prüfverfahren zur Untersuchung von Umweltauswirkungen bei strategischen Planungen und Entwürfen von 23 24

Rößing, Denkmalschutz und Umweltverträglichkeitsprüfung, 2004, S. 51. Dazu grds. Kloepfer, Umweltrecht, 3. Aufl. 2004, § 5 Rn. 372 ff.

A. Umweltrecht

173

Programmen. Die Strategische Umweltprüfung ist als Ergänzung zur UVP zu sehen. Im Gegensatz zur UVP, die erst auf Projektebene ansetzt, ist die SUP bereits auf Planungsebene angesiedelt. Das trägt dem Aspekt Rechnung, dass die Intensität der negativen Auswirkungen eines Vorhabens ganz erheblich von der Wahl des Standortes abhängig ist. Die Umsetzung der SUP-RL wurde durch das das UVPG ergänzende Gesetz über die Strategische Umweltprüfung25 und durch das Europarechtsanpassungsgesetz Bau,26 mit dem die SUP für die Bauleitplanung als Umweltprüfung in das Baugesetzbuch eingefügt wird, vorgenommen.27 Der nach Art. 5 SUP-RL zu erstellende Umweltbericht hat (u. a.) „die voraus- 469 sichtlichen erheblichen Umweltauswirkungen, einschließlich der Auswirkungen auf Aspekte wie die biologische Vielfalt, die Bevölkerung, die Gesundheit des Menschen, Fauna, Flora, Boden, Wasser, Luft, klimatische Faktoren, Sachwerte, das kulturelle Erbe einschließlich der architektonisch wertvollen Bauten und der archäologischen Schätze, die Landschaft und die Wechselbeziehung zwischen den genannten Faktoren“ zu umfassen (Anhang I lit. f SUP-RL). Außerdem wird die Auswirkung des Vorhabens insbesondere in Bezug auf die Bedeutung und die Sensibilität des voraussichtlich betroffenen Gebiets aufgrund des kulturellen Erbes durch Anhang II der SUP-RL bestimmt. Dabei werden die Kriterien des Anhangs II der SUP-RL (s. dort Nr. 2, 6. Spiegelstrich) berücksichtigt. Planverfahren haben durch die SUP-RL hinsichtlich des Kulturgüterschutzes 470 folglich unionsrechtlich verpflichtend die Auswirkungen der Vorhaben und Maßnahmen auf das kulturelle Erbe zu berücksichtigen.

III. Umweltrechtsbehelfsgesetz – Altruistische Rechtsschutzbegehren im Kulturgüterschutz? 1. Ausgangspunkt: Verbände im Bereich des Kulturgüterschutzes Der einzelne Bürger hat mangels Klagebefugnis grundsätzlich keine Möglichkeit, 471 sich im Rechtsweg für den Kulturgüterschutz einzusetzen. Auch die baurechtlichen Bestimmungen für den Schutz vor Verunstaltung dienen grundsätzlich nicht dem Individualschutz, sondern dem öffentlichen Interesse an der Wahrung bestimmter Mindestanforderungen an das Straßen- und Ortsbild.28 Eine nicht zu unterschätzende Bedeutung haben im Bereich des Kulturgüter- 472 schutzes private Vereinigungen und Gründungen, v. a. Bürgerinitiativen. Solche Vereinigungen treten unter verschiedenen Bezeichnungen in Erscheinung. So finden 25 26 27 28

Gesetz v. 24. Juni 2005, BGBl. I 2005, S. 1746. Gesetz v. 24. Juni 2004, BGBl. I 2004, S. 1359. Eingehend dazu siehe Finkelnburg, NVwZ 2004, 897. Vgl. OVG Berlin, UPR 1992, 75.

174

§ 5 Kulturgüterschutz außerhalb des Denkmalschutzrechts der Länder

wir sie als rechtsfähige Vereine, wie z. B. als Förderkreise (z. B.: Förderkreis Alte Kirchen Berlin-Brandenburg e.V.), als Arbeitskreise (z. B. Arbeitskreis selbständiger Kultur-Institute e.V. – AsKI). Viele Bürgerinitiativen finden sich zusammen, ohne dass sie dafür eine Rechtsform wählen. Auch private Stiftungen spielen neben den öffentlichen Stiftungen im Bereich des Kulturgüterschutzes eine wichtige Rolle. Nur eines ist diesen Vereinigungen – gleich ob rechtsfähig oder nicht rechtsfähig zusammengefügt – gemein: Sie haben nach wohl allgemeiner Ansicht keinerlei rechtliche Befugnisse, die über diejenigen einer Privatperson in gleicher Situation hinausgehen. Ein rein altruistisches Vorgehen im Rechtsweg ist ihnen verwehrt. Anders als im Bereich des Naturschutzrechts kennt das Kulturgüterschutzrecht keine altruistische Verbandsklage. 473

Die Verbandsklage hat im Bereich des Naturschutzrechts ihre Rechtfertigung v. a. darin, dass viele Umweltgüter keinem konkreten Rechtsträger zugeordnet werden können.29 Aus dieser Sicht unterscheidet sich das Kulturgüterrecht zwar, da raumgebundene Kulturgüter in aller Regel entweder einen privaten oder öffentlichen Eigentümer haben. Dennoch drängt sich die Frage auf, ob es im Bereich des Kulturgüterschutzrechts nicht ebenso förderlich wäre, altruistische Klagemöglichkeiten für Verbände und Stiftungen einzuführen.

2. Umweltrechtsbehelfsgesetz a) Allgemeines 474

Seit Dezember 2006 gibt es im deutschen Recht im Bereich der Verbandsklage durch das sog. Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz30 (URG) eine wichtige Neuerung. War diese Art der Klage bisher nur Naturschutzverbänden unter rein naturschutzrechtlichen Aspekten vorbehalten, so können nun auch Vereinigungen, die gemäß ihrer Satzung vorwiegend Ziele des Umweltschutzes fördern, Rechtsschutz in noch darzustellenden Bereichen suchen. Mit der Richtlinie 2003 / 35 / EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Mai 2003 wird in erster Linie das Ziel verfolgt, das Unionsrecht an das durch die Union unterzeichnete Aarhus-Übereinkommen anzugleichen.31 Ausweislich des Art. 1 der Richtlinie ist es deren Ziel, zur Erfüllung der Pflichten aufgrund des Aarhus-Übereinkommens beizutragen, insbesondere durch „Bestimmungen über eine Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Ausarbeitung bestimmter umweltbezogener Pläne und Programme“ und „eine verbesserte Öffentlichkeitsbeteiligung“.32 Sparwasser / Engel / Voßkuhle, Umweltrecht, 5. Aufl. 2003, § 5 Rn. 24. Gesetz über ergänzende Vorschriften zu Rechtsbehelfen in Umweltangelegenheiten nach der EG-Richtlinie 2003 / 35 / EG (Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz) v. 7. Dezember 2006, BGBl. I 2006, S. 2816. 31 Siehe Punkt (5) der Erwägungen zur Richtlinie. 32 Siehe Kloepfer, Umweltschutzrecht, 2. Aufl. 2011, § 5 Rn. 18 ff. 29 30

A. Umweltrecht

175

Entsprechend haben die UVP-Richtlinie (85 / 337 / EWG) und die IVU-Richtlinie (96 / 61 / 475 EG) Änderungen zur Umsetzung der aus der Aarhus-Konvention resultierenden Verpflichtungen erfahren. Die Änderungen und Neuerungen des Unionsrechts haben in Deutschland den Erlass des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes und des Öffentlichkeitsbeteiligungsgesetzes bedingt. Letzteres änderte wiederum insbesondere das UVP-Gesetz, das Bundes-Immissionsschutzgesetz, die Verordnung über das Genehmigungsverfahren, die Atomrechtliche Verfahrensverordnung, das Düngemittelgesetz, das Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz sowie die Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben (und schaffte das Gesetz über die Beteiligung der Öffentlichkeit bei der Aufstellung von Batterieprogrammen neu).

Folgend soll der Frage nachgegangen werden, ob es das neue Umweltrechts- 476 behelfs-Gesetz (URG) ermöglicht, dass Verbände zumindest hinsichtlich von Entscheidungen, die in UVP-pflichtigen Verfahren ergehen, auch denkmalschützerische Aspekte gerichtlich prüfen lassen können. Grundlage dieser Überlegung ist – wie bereits ausgeführt (siehe unter § 2 B. II.) – der weite Umweltbegriff des Europarechts, der auch Sachgüter und das kulturelle Erbe umfasst.

b) Beschränkung auf subjektive Rechte Einzelner Das Umwelt-Rechtsbehelfsgesetz führt weniger Neuerungen der Rechtsbehelfs- 477 möglichkeiten für Vereinigungen in das deutsche Recht ein, als es auf den ersten Blick erscheint. § 2 des Gesetzes bestimmt nach dessen Absatz 1, dass eine anerkannte inländische oder ausländische Vereinigung ohne eine Verletzung in eigenen Rechten geltend machen zu müssen, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gegen eine Entscheidung nach § 1 Abs. 1 S. 1 des Gesetzes oder deren Unterlassung einlegen kann, wenn die Vereinigung die Verletzung von Rechtsvorschriften geltend macht, die dem Umweltschutz dienen und zugleich Rechte Einzelner begründen. Das URG sollte damit der Schutznormtheorie des deutschen Verwaltungsprozessrechts folgen: eine Zulässigkeit und Begründetheit von entsprechend eingelegten Rechtsbehelfen ist nur möglich, wenn eine Verletzung von Vorschriften geltend gemacht wird, die zumindest auch dem Schutz individueller Rechte zu dienen bestimmt sind.33 Ein individualschützender Charakter wird denkmalschützenden Bestimmungen 478 grundsätzlich abgesprochen. Im deutschen Denkmalschutzrecht gilt der Grundsatz, dass der Denkmalschutz ausschließlich im öffentlichen Interesse betrieben wird.34 Die Rechtsschutzmöglichkeiten sind im Wesentlichen auf die Abwehr der denkmalschützerischen Auflagen beschränkt.35 Möglichkeiten, sich im Verwaltungsrechtsweg für den Denkmalschutz und die Einhaltung der Denkmalschutzvorschriften einKoch, NVwZ 2007, 369. Spennemann, BauR 2003, 1655. 35 Vgl. aber zum drittschützenden Charakter von umgebungsschützenden Normen, BVerwGE 133, 347 (Leitsatz 1). 33 34

176

§ 5 Kulturgüterschutz außerhalb des Denkmalschutzrechts der Länder

zusetzen, sind im deutschen Recht nicht vorgesehen. Das URG ermöglicht mithin effektiv keinen Rechtsschutz für Vereinigungen im Bereich des Denkmalschutzrechtes. 479

Mit Urteil vom 12. Mai 201136 hat der EuGH die Beschränkung der Verbandsklage nach dem URG auf die Rüge der Verletzung von Normen, die zumindest auch dem Schutz individueller Rechte zu dienen bestimmt sind, für europarechtswidrig erklärt. Art. 10a der Richtlinie 85 / 337 / EWG verbiete es, Nichtregierungsorganisationen im Sinne der Richtlinie daran zu hindern, die Verletzung einer Vorschrift zu rügen, „die aus dem Unionsrecht hervorgegangen ist und den Umweltschutz bezweckt, weil diese Vorschrift nur die Interessen der Allgemeinheit und nicht die Rechtsgüter Einzelner schützt“.37

480

Das Urteil des EuGH kam nicht überraschend. Überwiegend war diese sog. „Schutznormakzessorietät“ des URG im Schrifttum als europarechtlich bedenklich eingestuft worden.38 Auch die Schlussanträge der Generalanwältin kamen zu dem Ergebnis, dass „eine innerstaatliche Rechtsvorschrift, nach der eine nichtstaatliche Umweltorganisation, die eine Entscheidung mit möglichen Auswirkungen auf die Umwelt anfechten will, zur Begründung der Klagebefugnis die Verletzung subjektiver Rechte Einzelner geltend machen muss, mit Art. 10a der UVP-Richtlinie nicht im Einklang steht“.39

481

Befürworter der auf individualschützende Normen eingeschränkten Klagebefugnis argumentierten in erster Linie mit Art. 10a Abs. 4 S. 3 der UVP-RL40 und Art. 15a Abs. 4 S. 3 der IVU-RL. Nach dem Wortlaut dieser dem Art. 9 Abs. 2 der Aarhus-Konvention nachgebildeten Regelungen bleibe es offen, als Träger welcher Rechte Nichtregierungsorganisationen gelten sollen. Die Mitgliedstaaten könnten zum einen den Rechtsschutz von Verbänden davon abhängig machen, dass ein ausreichendes Interesse des Rechtsschutzsuchenden besteht; zum anderen könnte der Rechtsschutz alternativ dazu davon abhängig gemacht werden, dass eine Rechtsverletzung dargelegt wird. Die Mitgliedstaaten hätten also die Wahl zwischen der Interessentenklage und dem Modell des Individualrechtsschutzes.41 In Konsequenz der AarhusKonvention bzw. der RL 2003 / 35 / EG bestehe keine Notwendigkeit, die Verbandsklage so zu regeln, dass bei Verfahrensfehlern oder objektiver Rechtswidrigkeit zwingend eine Aufhebung der Entscheidung erfolgt. Aus der Aarhus-Konvention und der RL 2003 / 35 / EG ergebe sich keine grundsätzliche Infragestellung des deutschen Individualrechtsschutzsystems.42 C-115 / 09. EuGH, Urt. vom. 12. Mai 2011, C-115 / 09, Rn. 50. 38 Z. B.: v. Danwitz, NVwZ 2004, 272; Dolde, NVwZ 2006, 857; Ewer, NVwZ 2007, 267; Kment, NVwZ 2007, 274; Koch, NVwZ 2007, 369; Schlacke, NuR 2007, 8; Schmidt / Kremer, ZUR 2007, 57; Ziekow, NVwZ 2007, 259; für eine unmittelbare Anwendbarkeit der RiLi 85 / 337 EG: Mast, NVwZ 2012, 472. 39 Schlussanträge der Generalanwältin Eleanor Sharpston vom 16. Dezember 2010 in der Rechtssache C-115 / 09, Nr. 68. 40 Art. 10a Abs. 4 S. 3 UVP-RL: „Derartige Organisationen gelten auch als Träger von Rechten, die im Sinne von Absatz 1 Buchstabe b) dieses Artikels verletzt werden können.“ 41 Dolde, NVwZ 2006, 857 (861). 42 Schmidt-Kötters, in: Posser / Wolff, BeckOK, VwGO, § 42 Rn. 171 m. w. N.; zu Art. 9 Abs. 2 der Aarhus-Konvention siehe auch Seelig / Gündling, NVwZ 2002, 1033 (1093 f.). 36 37

A. Umweltrecht

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Dem stehen indessen schwergewichtige Argumente entgegen: Bereits die Eingangshin- 482 weise der Aarhus-Konvention machen deutlich, dass sich die durch die Konvention eröffneten Informationsrechte und Rechtsschutzmöglichkeiten nicht auf die dem Schutzprinzip dienenden Vorschriften beschränken, deren Verletzung zu Beeinträchtigungen von Leben, Gesundheit und Eigentum führen und damit subjektive Abwehrrechte oder Schutzansprüche auslösen können. Vielmehr sind insoweit auch solche Vorschriften erfasst, die auf den Schutz vor Einwirkungen abzielen, die keine kurzfristigen Rechtsgutverletzungen herbeiführen, sondern langfristige Schäden oder Zerstörungen der Umwelt und der natürlichen Lebensgrundlagen des Menschen bedingen. Damit ist ein interpretatorisches Verständnis, dass die Rechtsbehelfsfähigkeit der Öffentlichkeit bzw. der Verbände auf jene Klagemöglichkeiten beschränkt wird, die auch schon vor Erlass des URG für Nachbarn bestand, kaum vereinbar.43 Letztlich kommt es aber weniger auf die Interpretation des Art. 9 Abs. 2 der Aarhus-Kon- 483 vention, als vielmehr auf die Auslegung der unionsrechtlichen Umsetzung, nämlich der RL 2003 / 25 / EG bzw. der Art. 10a UVP-RL und Art. 15a IVU-RL, an. Wenn in fachrechtliche Richtlinien, wie die UVP-RL und die IVU-RL, an den Regeln der Aarhus-Konvention orientierte Rechtsschutzvorschriften aufgenommen werden, darf sich der Mitgliedstaat nicht auf die Frage beschränken, ob die zur Umsetzung vorgesehenen nationalen Rechtsvorschriften den allgemeinen Zielen der Aarhus-Konvention genügen. Die wichtigen Maßstäbe der Zielkonformitätsprüfung sind in diesem Fall die mit den fachrechtlichen Richtlinien verfolgten Ziele. Es muss also geprüft werden, ob die zur Umsetzung vorgesehenen nationalen Rechtvorschriften so beschaffen sind, dass die Ziele, die der Unionsgesetzgeber mit der Bestimmung einer Rechtsschutzregelung verfolgt, auch erreichbar sind. Zu diesen Zielen gehören aber auch ganz maßgeblich das Vorsorgeprinzip und der Grundsatz der nachhaltigen Entwicklung. Das URG wird dieser Maßgabe nicht gerecht, da hinsichtlich des Vorsorgebereiches und des Nachhaltigkeitsprinzips entsprechende Rechtsschutzmöglichkeiten nicht eröffnet, sondern vielmehr abgeschnitten werden. Eine Beschränkung der Klagemöglichkeiten auf die bezüglich § 42 Abs. 2 VwGO entwickelten Grundsätze kann auch hinsichtlich der Art. 10a Abs. 4 S. 1 UVP-RL und Art. 15a Abs. 4 S. 1 IVU-RL nicht genügen, da dort geregelt ist, dass die Mitgliedstaaten das, „was als Rechtsverletzung gilt, im Einklang mit dem Ziel, der betroffenen Öffentlichkeit einen weiten Zugang zu den Gerichten zu gewähren“, zu bestimmen haben.44 Angesichts dessen erscheint eine unionsrechtskonforme Auslegung schwer möglich.

Die Verknüpfung mit Individualrechten verfehlt also das unionsrechtliche Ver- 484 bandsklagekonzept. Das URG ist kein ausreichender Umsetzungsakt der Richtlinie. Verbandsklagen, die an subjektive Rechte von Einzelnen geknüpft werden, sind zur Erreichung dieses Ziels, einer wirksameren Durchsetzbarkeit des Umweltrechts, ungeeignet. Zusammenfassend gesehen ist also davon auszugehen, dass im Hinblick auf RL 2003 / 35 / EG weder die Klagebefugnis, noch die Begründetheitsprüfung im Rahmen der Verbandsklage von der Verletzung subjektiver Rechte Dritter im engen Sinne der Schutznormtheorie abhängig gemacht werden dürfen.

43 Ewer, NVwZ 2007, 267 (272 f.); so nun auch die Schlussanträge der Generalanwältin Eleanor Sharpston vom 16. Dezember 2010 in der Rechtssache C-115 / 09, Rn. 71; a. A. Seelig / Gündling, NVwZ 2007, 1033 (1040). 44 Ewer, NVwZ 2007, 267 (272 f.).

178

§ 5 Kulturgüterschutz außerhalb des Denkmalschutzrechts der Länder

c) Schlussfolgerungen 485

Es hat sich also gezeigt, dass bei der Umsetzung der Richtlinie 2003 / 35 / EG zum einen der weite europarechtliche Umweltbegriff (siehe oben unter § 2 B. II.) zugrunde zu legen ist und damit auch kulturgüterschützende Normen umfasst sein müssen; zum anderen ist – wie nunmehr vom EuGH entschieden – das Verbandsklagerecht nicht auf die Verletzung subjektiver Rechte beschränkt. Das europäische Recht fordert daher zwingend auch eine Verbandsklage zugunsten kulturgüterschützender Normen in das deutsche Recht zu übernehmen.

IV. Immissionsschutzrechtliches Genehmigungsverfahren 486

Einer der Zwecke des Bundes-Immissionsschutzgesetzes ist es gemäß § 1 Abs. 1 BImSchG, Kulturgüter vor schädlichen Umwelteinwirkungen zu schützen. § 3 Abs. 2 BImSchG definiert als Immissionen im Sinne des Gesetzes dort näher bestimmte Einwirkungen u. a. auch auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter.

487

Gemäß § 13 BImSchG schließt die immissionsschutzrechtliche Genehmigung im förmlichen Genehmigungsverfahren nach § 10 BImSchG andere die Anlage betreffende behördliche Entscheidungen ein, insbesondere öffentlich-rechtliche Genehmigungen, Zulassungen, Verleihungen, Erlaubnisse und Bewilligungen mit Ausnahme von Planfeststellungen, Zulassungen bergrechtlicher Betriebspläne, behördlicher Entscheidungen aufgrund atomrechtlicher Vorschriften und wasserrechtlichen Erlaubnissen und Bewilligungen nach den §§ 7 und 8 WHG.

488

Die materiellen Vorschriften der von der immissionsschutzrechtlichen Genehmigung eingeschlossenen Genehmigungen werden durch die Konzentrationswirkung nicht abgeschwächt; sie sind im vollen Umfang einzuhalten. Formelle Vorschriften der verdrängten Verfahren finden hingegen keine Anwendung. Die verdrängten Genehmigungsbehörden werden nach ganz herrschender Ansicht auf eine Anhörung im Sinne der Vorschrift des § 10 Abs. 5 BImSchG beschränkt.45 Eine Einvernehmensregelung ist vom Gesetzgeber nicht vorgesehen. Nach Erteilung der immissionsrechtlichen Genehmigung im konzentrierten Verfahren fällt die Zuständigkeit zum Vollzug der nicht immissionsrechtlichen Vorschriften wieder an die an sich zuständigen Behörden.46

489

Ist für die Errichtung und den Betrieb einer Anlage die Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich, so ist die Prüfung jeweils ein unselbständiger Teil der in § 1 Abs. 1 9. BImSchV genannten Verfahren. Die Umweltverträglichkeitsprüfung umfasst die Ermittlung, Beschreibung und Bewertung der für die Prüfung der Genehmigungsvoraussetzungen sowie der für die Prüfung der Belange 45 46

Jarass, BImSchG, 8. Aufl. 2010, § 13 Rn. 18. Jarass, BImSchG, 8. Aufl. 2010, § 13 Rn. 19.

B. Baurecht

179

des Naturschutzes und der Landschaftspflege bedeutsamen Auswirkungen einer UVP-pflichtigen Anlage auf Menschen, Tiere und Pflanzen, Boden, Wasser, Luft, Klima und Landschaft, Kultur- und sonstige Sachgüter, sowie die Wechselwirkungen zwischen den vorgenannten Schutzgütern, vgl. § 1a 9. BImSchV.47

B. Baurecht Nicht zuletzt aufgrund der Verteilung der Gesetzgebungskompetenzen durch 490 das Grundgesetz muss im Bereich des öffentlichen Baurechts zwischen den ausschließlich auf Landesrecht beruhenden Landesdenkmalschutzgesetzen und den Instrumenten des Baurechts unterschieden werden. Im Rahmen des Letzteren ist wiederum zwischen landesrechtlichen Bauordnungsvorschriften und den bundesrechtlichen bauplanerischen Regelungen zu differenzieren. Die landesrechtlichen Denkmalschutzgesetze fordern einheitlich, die Belange des Denkmalschutzes bei öffentlichen Planungen und Maßnahmen angemessen zu berücksichtigen und dass die für den Denkmalschutz zuständigen Behörden in die öffentlichen Planungen und Maßnahmen frühzeitig einzuschalten sind, so dass die Erhaltung und Nutzung der Denkmäler und Denkmalbereiche sowie ein denkmalgerechter Zustand ihrer Umgebung sichergestellt werden.48 Das Baugenehmigungsverfahren umfasst die Prüfung der Einhaltung des bundes- 491 rechtlichen Bauplanungsrechts und des Bauordnungsrechts der Bundesländer. Zu untersuchen ist folgend, inwieweit die bundesrechtlichen Bauplanungsvorschriften mit dem Ziel des Denkmalschutzes Anwendung finden können, ohne dass ein Verstoß gegen die grundgesetzliche Kompetenzverteilung vorliegt. Dabei wird vor allem Augenmerk auf die Zielrichtung des Einsatzes der bauplanerischen Instrumente zu lenken sein. Durch das Bauplanungs- und das Bauordnungsrecht stehen zudem auch Erhaltungs-, Gestaltungs- und Vollzugsmöglichkeiten zur Verfügung, die mögliche Auswirkungen auf denkmalschützerische Belange mit sich bringen können.49 Die Ausstrahlungswirkung des Denkmalschutzes in das Bauplanungsrecht wird vom Bundesverfassungsgericht als „städtebaulicher Denkmalschutz“ bezeichnet.50

I. Bauplanungsrecht Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes ist es den Städten und 492 Gemeinden verwehrt, im Gewande des Städtebaurechts Denkmalschutz zu betrei47 Vgl. zur Problematik UVP und Denkmalschutz eingehend Rößing, Denkmalschutz und Umweltverträglichkeitsprüfung, 2004. 48 Stich, UPR 2003, 241. 49 Vgl. Stich, UPR 2003, 241. 50 BVerfG, NVwZ 1987, 879.

180

§ 5 Kulturgüterschutz außerhalb des Denkmalschutzrechts der Länder

ben.51 Die Abgrenzung des Denkmalschutzrechts vom Bauplanungsrecht ist somit entscheidend bei der Zuständigkeitsverteilung zwischen der Denkmalschutzbehörde auf der einen Seite und den Städten und Gemeinden auf der anderen Seite. 493

Die Bauleitplanung ist gemäß § 1 Abs. 1 und 3 BauGB ein Instrument zur städtebaulichen Entwicklung und Ordnung, das die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke vorzubereiten und zu leiten hat. Im Gegensatz zum Sachbereich des Städtebaurechts, das kompetenzrechtlich als Bodenrecht im Sinne des Art. 74 Nr. 18 GG einzuordnen ist, stellt die Materie des Denkmalschutzrechtes kein Bodenrecht dar und fällt mangels anderweitiger Kompetenzzuweisung in die Regelungskompetenz der Länder. Aus diesem Grunde ist es nicht zulässig, dass die Städte und Gemeinden im Bereich der Bauleitplanung Festsetzungen zum Zwecke des Denkmalschutzes tätigen. Sollten dennoch bauplanerische Festsetzungen von den Städten und Gemeinden getroffen werden, die in Wirklichkeit dem Zwecke des Denkmalschutzes dienen und damit den Zielsetzungen des § 1 Abs. 1 BauGB fremd sind, so sind sie rechtswidrig. Dies gilt umso mehr, als solche Regelungen auch nicht erforderlich im Sinne des § 1 Abs. 3 BauGB sind, da es ihnen an der Geeignetheit fehlt, einen Beitrag zur städtebaulichen Entwicklung und Ordnung zu leisten.52 Städtebauliche Erhaltungsgründe und Gründe des Denkmalschutzes sind generell getrennt zu prüfen, was dazu führen kann, dass bauliche Anlagen entweder nur aus städtebaulichen Gründen ohne denkmalschützerischen Bezug oder nur als Baudenkmal ohne städtebauliche Funktion erhaltungswürdig sind. Es können aber auch beide Gründe zusammentreffen.53

494

Dennoch greifen Städtebaurecht und Denkmalschutzrecht häufig eng ineinander und sind geeignet, sich sinnvoll zu ergänzen. Das Bundesverwaltungsgericht hat dazu entschieden, dass ein Bebauungsplan, der auf die Erhaltung eines historisch gewachsenen – denkmalgeschützten oder (einfach) nur erhaltenswerten – Ortsteils gerichtet ist, den Rahmen städtebaulicher Zielsetzungen nicht überschreitet, wenn er darauf zielt, die überkommene Nutzungsstruktur oder prägende Bestandteile des Orts- und Straßenbildes um ihrer städtebaulichen Qualität willen für die Zukunft festzuschreiben.54 Zur Erhaltung baulicher Anlagen und Gärten können sowohl die Instrumente der Bauleitplanung, als auch die des Denkmalschutzrechts eingesetzt werden. Die Einordnung, welchem dieser Regelungsbereiche eine Erhaltungsmaßnahme zuzuordnen ist, ist nach den unterschiedlichen Zielsetzungen zu beurteilen, denen das Städtebaurecht und das Denkmalschutzrecht dient.55

495

Im Anwendungsbereich des Denkmalschutzrechts geht es um die Erhaltung baulicher Anlagen aus historischen Gründen im weitesten Sinne. Der Denkmalschutz will geschichtliche, insbesondere kunst- oder architekturgeschichtliche Epochen und 51 52 53 54 55

BVerwGE 114, 247 (1. Leitsatz). BVerwGE 114, 247 (249 f.). BVerwGE 78, 23 (28 f.). BVerwGE 114, 247 (2. Leitsatz). BVerwGE 114, 247 (249 f.).

B. Baurecht

181

städtebauliche Entwicklungen, aber auch allgemein- oder sozialgeschichtliche Ereignisse und Zeitabschnitte dokumentieren.56 Denkmalschutz zielt somit darauf ab, historische Zusammenhänge in Gestalt einer baulichen Anlage bzw. einer Mehrheit baulicher Anlagen oder Grünanlagen (Ensembles, Gesamtanlagen) sowie Straßen-, Platz- und Ortsbilder in der Gegenwart zu veranschaulichen.57 Das Bodenrecht beschäftigt sich u. a. auch mit zu errichtenden baulichen Anla- 496 gen, Straßen-, Platz- oder Ortsbildern in ihrer Beziehung zur aktuellen Stadtstruktur und ihrer stadträumlichen Funktion für das gegenwärtige und künftige Zusammenleben der Menschen. Dabei bezieht es vorhandene Anlagen von historischem Wert in ihrer Bedeutung für eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, eine dem Wohl der Allgemeinheit entsprechende sozialgerechte Bodenordnung und eine menschenwürdige Umwelt entsprechend § 1 Abs. 5 S. 1 BauGB, in seine Regelungen ein.58 Die Bauleitplanung ist dementsprechend primär auf einen räumlich-funktionalen Steuerungsansatz mit einer gebietsbezogenen Zuweisung, auf eine zeitgerechte Nutzungsstruktur sowie auf die Erfordernisse städtebaulicher Gestaltung ausgerichtet. Lediglich eine Sichtbarmachung und Präsentation historischer Zusammenhänge am konkreten Objekt aus kultur- oder bildungspolitischen Gründen dient folglich keinen städtebaulichen Zielen. Maßnahmen des Denkmalschutzes und des Städtebaus können sich aber auf die gleichen Objekte beziehen und sich gegenseitig ergänzen. Die gemeindliche Bauleitplanung hat sich jedoch auf die Verfolgung städtebaulicher Ziele und damit die Regelung der Bodennutzung zu beschränken.59 § 1 Abs. 5 S. 2 Nr. 5 BauGB verdeutlicht, indem er bestimmt, dass die Belange des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege in die Bauleitplanung einzubeziehen sind, ebenfalls die Aufgabenteilung zwischen den Regelungsbereichen des Städtebaus und des Denkmalschutzes. Ohne dass die Gemeinde durch die Norm denkmalschutzrechtliche Regelungskompetenzen verliehen bekommt, ist die planende Gemeinde nicht nur berechtigt, sondern je nach der konkreten Planungssituation nach Maßgabe des § 1 Abs. 7 BauGB auch verpflichtet, sich mit den Belangen des Denkmalschutzes im Rahmen der Abwägung auseinanderzusetzen.60 Zulässiger Inhalt der Bauleitplanung ist nicht nur die Erneuerung und Fortent- 497 wicklung bestehender städtebaulicher Strukturen, sondern auch die Bestimmung von Festsetzungen, die dazu dienen, historisch gewachsene und als schutzwürdig erachtete Verhältnisse der Bodennutzung zu erhalten. In diesem Zusammenhang können auch denkmalgeschützte Anlagen den Anknüpfungspunkt für städtebauliche Festsetzungen bilden. Das Städtebaurecht hält das Instrumentarium bereit, Maßnahmen des Denkmalschutzes zu ergänzen, indem z. B. nutzungsbedingte Beeinträchtigungen von Baudenkmälern oder Denkmalbereichen abgewehrt bzw. ge56 57 58 59 60

BVerwGE 78, 23 (28 f.). BVerwGE 114, 247 (249 f.). BVerwGE 78, 23 (28 f.). BVerwGE 114, 247 (249 f.). BVerwGE 114, 247 (249 f.).

182

§ 5 Kulturgüterschutz außerhalb des Denkmalschutzrechts der Länder

mildert werden können.61 Das Städtebaurecht kann sogar dort Regelungen treffen, wo das Denkmalschutzrecht mangels Denkmaleigenschaft einer baulichen Anlage keine Anwendung finden kann, denn § 1 Abs. 5 S. 2 Nr. 5; Abs. 6 Nr. 5 BauGB knüpft bei der Berücksichtigungspflicht der erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung nicht an eine Denkmaleigenschaft an. 498

Ein Bauleitplan darf mit seinen Festsetzungen also zulässigerweise darauf zielen, die überkommene Nutzungsstruktur und / oder prägende Bestandteile des Orts- und Straßenbildes um ihrer städtebaulichen Qualität willen für die Zukunft festzuschreiben. Eine Überplanung historischer Stadtbereiche beruht dann auf der städtebaulichen Entscheidung, dass die überkommene Nutzungsstruktur und die historisch gewachsene Stadtgestalt gemessen an den heutigen sozialen und wirtschaftlichen Anforderungen sowie an den Erfordernissen zeitgerechter Raumgestaltung auch künftig für die städtebauliche Ordnung des Ortsteils maßgeblich bleiben sollen.62

499

Folgend sollen die wesentlichsten Instrumente und denkmalschutzrelevanten Bestimmungen des Bauplanungsrechts vorgestellt werden.

1. Abwägungserhebliche Belange in der Bauleitplanung a) § 1 Abs. 6 Nr. 5 BauGB 500

Die Grundsätze der Bauleitplanung enthalten in § 1 Abs. 6 Nr. 5 BauGB die Aufforderung an die Gemeinden, bei der Aufstellung von Bauleitplänen die Belange des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege sowie die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer und städtebaulicher Bedeutung zu berücksichtigen. Das Baugesetzbuch bietet allerdings keine Erläuterung an, was die Belange des Denkmalschutzes beinhalten; zur Begriffsklärung ist auf die Landesdenkmalschutzgesetze zurückzugreifen63.

501

Die Gemeinden dürfen in ihren Flächennutzungsplänen keine Darstellungen vornehmen und in ihren Bebauungsplänen keine Festsetzungen treffen, die den denkmalschutzrechtlichen Schutzumfang und Schutzzweck beeinträchtigen. In den Ländern, deren Denkmalschutzgesetze die förmliche Unterschutzstellung kennen (Konstitutivsystem), hat die Denkmalschutzbehörde die Aufgabe, die Gemeinden auf die Unterschutzstellung hinzuweisen und über eingeleitete oder mögliche künftige Unterschutzstellungen von baulichen Anlagen zu unterrichten.64

502

Dagegen haben in den Ländern, in denen der Denkmalschutz für Baudenkmäler kraft Gesetzes besteht (Tatbestandssystem), die Gemeinden zu beurteilen, ob bauliche Anlagen und ihre Umgebung dem Denkmalschutz unterliegen. Auch die Frage, ob es sich um erhaltens61 62 63 64

BVerwGE 114, 247 (249 f.). BVerwGE 114, 247 (249 f.). Stich, UPR 2003, 241. Stich, UPR 2003, 241 (242).

B. Baurecht

183

werte Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung handelt, ist von der planenden Gemeinde zu beurteilen.65 Allerdings ist es Aufgabe der Denkmalschutzbehörde, den Gemeinden aufzuzeigen, welche baulichen Anlagen nach deren fachlicher Einschätzung dem Denkmalschutz unterliegen.66

Die Belange der Ortsbilderhaltung und Ortsbildgestaltung sind zwar tendenziell 503 gleichgelagert jedoch nicht identisch mit den Belangen des Denkmalschutzes. Der Denkmalschutz ist dem Wesen nach auf die Erhaltung und nicht die örtliche aktive Gestaltung gerichtet. Die Ortsbilderhaltung dient aber dem städtebaulichen Denkmalschutz und regelt auf Grund ihres bodenrechtlichen Ansatzes die Erhaltung der baulichen Anlagen im Hinblick auf die vorhandene Stadtstruktur.67 Im Rahmen der bauleitplanerischen Abwägung gehen denkmalschutzrechtliche 504 Belange zwar grundsätzlich mit dem gleichen Gewicht in die Abwägung ein wie die anderen öffentlichen Belange. Jedoch, so wird es zu Recht vertreten, seien die Belange des Denkmalschutzes wegen ihrer gesetzlichen Konkretisierung in Form der Unterschutzstellung baulicher Anlagen mit einem besonderen Stellenwert ausgestattet. Dieser Stellenwert gebiete es, dass dem Denkmalschutz gegenüber den anderen öffentlichen und privaten Belangen ein relativer Vorrang in der bauleitplanerischen Abwägung zuzuerkennen ist. Die planende Gemeinde dürfe nur bei einem vergleichbaren Stellenwert anderer Belange den Denkmalschutz in der Abwägung zurückstellen.68 b) Auswirkungen der SUP-Richtlinie Das nationale Recht enthielt im Bereich des Planungsrechts auch vor der Umset- 505 zung der SUP-Richtlinie (SUP-RL) Aspekte des Kulturgüterschutzes: So waren im Bauplanungsrecht bei der Aufstellung der Bebauungspläne die Belange des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege sowie die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung zu berücksichtigen (§ 1 Abs. 5 S. 2 Nr. 5 BauGB a. F.). Diese Vorgängerregelung ist in dem neu formulierten Grundsatz des § 1 Abs. 6 Nr. 5 BauGB aufgegangen, wonach bei der Aufstellung der Bauleitpläne insbesondere „die Belange … des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes“ zu berücksichtigen sind. Zur Umsetzung der SUP-RL in das BauGB eingefügt wurden hinsichtlich des 506 Kulturgüterschutzes folgende Vorschriften: § 1 Abs. 6 Nr. 7 lit. d und i BauGB, die bestimmen, dass bei der Aufstellung der Bauleitpläne insbesondere umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter sowie die Wechselwir65 66 67 68

Stich, UPR 2003, 241. Stich, UPR 2003, 241 (242). Schladebach, BauR 2000, 314 (318). Schladebach, BauR 2000, 314 (320).

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kungen zwischen den Belangen zu berücksichtigen sind; nach dem ebenfalls neu eingefügten § 2 Abs. 4 BauGB wird für diese Abwägungsbelange eine Umweltprüfung durchgeführt, die gemäß §2a BauGB nach Stand des Verfahrens der Begründung des Planentwurfes beizufügen sind. 507

Hier stellt sich die Frage, ob es der SUP-RL genügt, dass umweltbezogene Auswirkungen der Bauleitplanung auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter als Belang des Umweltschutzes benannt werden (vgl. § 1 Abs. 6 Nr. 7 lit. d BauGB). Die UVPRichtlinie und die SUP-Richtlinie verwenden – wie bereits dargestellt – einen weiten Umweltbegriff, der die Kulturgüter selbst als Teil der Umwelt versteht. Wenn hier im BauGB lediglich die umweltbezogenen Auswirkungen der Planung auf Kulturgüter in Betracht zu nehmen sind, so schließt das nur eine Teilmenge der möglichen Auswirkungen der Planung auf die Kulturgüter ein. Auswirkungen, die nicht auf dem Umweltpfad erfolgen, werden jedenfalls von § 1 Abs. 6 Nr. 7 BauGB nicht erfasst.

508

Das zeigt auch der Vergleich der Formulierungen der anderen Belange des § 1 Abs. 6 Nr. 7 BauGB, wie z. B. des lit. c, der „umweltbezogenen Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit“. Die Gesundheit des Menschen ist zweifellos nicht Teil seiner Umwelt. Daher wird auch die Formulierung „umweltbezogene Auswirkung“, also eine Auswirkung der geänderten Umwelteinflüsse auf die Gesundheit, verwendet. Genauso ist die Nr. 7 lit. d zu verstehen: Es sind die durch die Planrealisierung veränderten Umwelteinflüsse auf die Kulturgüter angesprochen, nicht aber auch die unmittelbaren Auswirkungen der Planrealisierung ohne Vermittlung durch andere Umweltmedien auf die betroffenen Kulturgüter. Diese eingeengte Betrachtungsweise hält dann über § 2 Abs. 4 S. 1 BauGB Einzug in die Umweltprüfung. Für diese Auslegung spricht auch der in Anlage 1 des BauGB noch einmal detailliert aufgelistete Inhalt, den die Umweltprüfung haben sollte. Erfasst werden vom Wortlaut folglich v. a. nicht Abrisse von Kulturgütern, sondern „nur“ die Gefahren, die z. B. von schädlichen Stoffen in Luft, Wasser und Boden auf die Kulturgüter negativ einwirken.69 Auch sich verändernde Sichtachsen, Umrisse und Gesamterscheinungsbilder von kulturhistorischem Gesamtzusammenhang können nur schwerlich unter die Begriffsbestimmung subsumiert werden.

509

Im Baugesetzbuch ist mithin keine hinreichende Umsetzung der Verpflichtungen aus der SUP-Richtlinie bezüglich des Kulturgüterschutzes vorgenommen worden. Die derzeit im Baurecht geregelte Umweltprüfung schließt (jedenfalls nach dem Gesetzeswortlaut) nicht sämtliche Auswirkungen des Vorhabens auf die Kulturgüter ein.

510

Nun ist aber auch das UVPG zu betrachten, das ebenfalls im Zuge der Umsetzung der SUP-Richtlinie geändert worden ist. Es stellt sich nämlich die Frage, ob dieses Gesetz von der Gemeinde hinsichtlich der Strategischen Umweltprüfung in der Bauleitplanung ergänzend heranzuziehen ist. Das Gesetz über die strategische 69 Zu letzterem siehe Rößing, Denkmalschutz und Umweltverträglichkeitsprüfung, 2004, S. 77.

B. Baurecht

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Umweltprüfung vom 25. 6. 200570 hat das UVP-Gesetz um einen entsprechenden Teil (dort die §§ 14e bis 14o) ergänzt. Durch den Verweis des § 2 Abs. 4 S. 2 auf § 2 Abs. 1 S. 2 und 3 UVPG umfasst die Strategische Umweltprüfung dort korrekterweise auch die Untersuchung der voraussichtlichen Auswirkungen des Plans oder Programms auf Kulturgüter (§ 2 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 UVPG). Der nach dem UVPG zu erarbeitende Umweltbericht hat gemäß § 14g Abs. 2 Nr. 5 UVPG die voraussichtlichen erheblichen Auswirkungen auf die Umwelt (inklusive der Kulturgüter) nach § 2 Abs. 4 S. 2 i.V. m. § 2 Abs. 1 S. 2 UVPG zu beschreiben. Allerdings finden die Vorschriften des 2. Abschnittes des UVPG über das Verfah- 511 ren der Strategischen Umweltprüfung gemäß § 14e UVPG nur Anwendung, soweit Rechtsvorschriften des Bundes und der Länder die Strategische Umweltprüfung nicht näher bestimmen oder in ihren Anforderungen diesem Gesetz nicht entsprechen. Eine UVP-Pflicht für Bauleitplanverfahren ist wegen der Nennung der Bauleit- 512 planungen nach den §§ 6 und 10 BauGB in Anlage 3 Nr. 1 – 8 (Liste „SUP-pflichtiger Pläne und Programme“) zu § 3 Abs. 1a UVPG vorgeschrieben. Wie oben gezeigt, genügt die im BauGB neu verankerte Umweltprüfung teilweise nicht den Anforderungen der SUP-Richtlinie und bleibt ebenso hinter den Anforderungen des 2. Abschnittes des UVPG zurück. Damit ist – was letztlich auch die Unionsrechtswidrigkeit vermeidet – ein lückenschließender Anwendungsfall des UVPG gegeben. Zusätzlich zu den Vorschriften über die Umweltprüfung, die im BauGB unmittelbar geregelt ist, sind auch die Vorschriften des 2. Abschnittes des UVPG heranzuziehen und die Umweltprüfung um dessen Kriterien den Kulturgüterschutz betreffend zu ergänzen.71

2. Beteiligung der Denkmalbehörden im Rahmen des § 4 BauGB Soweit denkmalschützerische Belange von der Planung berührt werden können, 513 hat die Gemeinde gemäß § 4 Abs. 1 S. 1 BauGB die Stellungnahme der Denkmalschutzbehörde im Rahmen der Beteiligung der Träger öffentlicher Belange möglichst frühzeitig einzuholen. Wird eine solche Beteiligung versäumt und entsteht so ein Defizit bei der Ermittlung der planungserheblichen Belange für die Abwägung im Rahmen des § 1 Abs. 7 BauGB, so kann dies als materieller Planungsmangel die Rechtswidrigkeit des Bauleitplanes zur Folge haben.72 Aufgabe der Denkmalbehörden ist es, die fachlichen Gesichtspunkte offen zu 514 legen und auf eine Berücksichtigung im Planaufstellungsverfahren hinzuwirken. Anderenfalls sind von der Gemeinde nur offensichtliche Belange zu berücksich70 Gesetz zur Einführung einer Strategischen Umweltprüfung und zur Umsetzung der Richtlinie 2001 / 42 / EG v. 25. Juni 2005, BGBl. I 2005, S. 1746. 71 A. A.: Wahl / Hönig, NVwZ 2006, 161 (163); Schrödter, LKV 2008, 109. 72 Vgl. Stich, UPR 2003, 241.

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tigen, da die Gemeinde dann in der Regel davon ausgehen darf, dass Belange des Denkmalschutzes nicht negativ von der Planung betroffen sind.73 Die Gemeinde hat allerdings die Pflicht, die ihr zugänglichen Quellen auszuwerten und erforderliche Erkundigungen einzuziehen.74

3. Nachrichtliche Übernahme im Flächennutzungsplan, § 5 Abs. 4 BauGB 515

Zur Erfüllung der Vorbereitungsfunktion sowie zur Anzeige der im Plangebiet vorhandenen öffentlichen Belange ist es bereits auf der Ebene der Flächennutzungsplanung erforderlich, auf die Belange des Denkmalschutzes im Plan hinzuweisen. Gemäß § 5 Abs. 4 S. 1 BauGB sollen nach Landesrecht denkmalgeschützte Mehrheiten von baulichen Anlagen nachrichtlich übernommen werden. Satz 2 der Vorschrift bestimmt, dass derartige Festsetzungen auch dann im Flächennutzungsplan vermerkt werden sollen, wenn sie in Aussicht genommen sind. Die Übernahmepflicht beinhaltet eine vollständige Zusammenstellung des im Planaufstellungsverfahren zu berücksichtigenden Abwägungsmaterials. Zudem soll der Gemeinde der Stellenwert der denkmalgeschützten Anlagen vor Augen geführt werden.

516

Für die Darstellung nur einzelner denkmalgeschützter Bauwerke besteht hingegen auf Grund der großflächigen und nur grundzugartigen Darstellung im Flächennutzungsplan keine Verpflichtung. Begründet wird diese Einschränkung damit, dass es bei der Flächennutzungsplanung nur um Objekte gehe, denen trotz der Grobmaschigkeit des Plans eine wesentliche Bedeutung für die zu treffende Planaussage zukommt.75 4. Festsetzungen nach § 9 Abs. 1, 2 und 4 BauGB

517

Besondere Relevanz zur Erhaltung des Gesamtbildes und der Verhinderung der negativen Beeinträchtigung der Wirkung von Baudenkmälern durch die Bebauung von Freiflächen und Höfen hat die Festsetzung von öffentlichen und privaten Grünflächen, wie Parkanlagen gemäß § 9 Abs. 1 Nr. 15 BauGB.76 Die Festsetzungsmöglichkeit kann nicht nur der Schaffung gesunder Arbeits- und Wohnverhältnisse bzw. zum Ausgleich für Eingriffe in Natur und Landschaft dienen, sondern auch die künftige städtebauliche Funktion von Freiflächen bestimmen, die als prägende Elemente von Ortsteilen mit geschichtlicher oder städtebaulicher Bedeutung angesehen werden. Unbebaute Grundstücke können das städtebauliche Erscheinungsbild ebenso stark prägen wie bauliche Anlagen. Städtebauliche Strukturmerkmale 73 74 75 76

Stüer, BauR 1989, 251 (254 f.); Schladebach, BauR 2000, 314 (319). Schladebach, BauR 2000, 314 (319). Schladebach, BauR 2000, 314 (317). Vgl. dazu BVerwGE 114, 247 (250).

B. Baurecht

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werden entscheidend von der Art der Mischung der Bebauung und Freihaltung bestimmt.77 Zur Erhöhung der Wirksamkeit des Denkmalschutzes im Bebauungsplan und 518 dessen städtebaulich geordneten Eingliederung kann des Weiteren auch erwogen werden, spezielle Festsetzungen im Bebauungsplan zu treffen. Neben der Möglichkeit des § 9 Abs. 1 BauGB ist dabei auch an die Optionen der § 9 Abs. 3 und Abs. 4 BauGB zu denken.78 § 9 Abs. 3 Satz 1 BauGB erlaubt bei Festsetzungen nach Abs. 1 die Festlegung der Höhenlage und § 9 Abs. 4 BauGB ermöglicht den Ländern, durch Rechtsverordnungen zu bestimmen, dass auf Landesrecht beruhende Regelungen in den Bebauungsplan als Festsetzungen übernommen werden können und inwieweit auf diese Festsetzungen die Vorschriften des BauGB Anwendung finden. 5. Nachrichtliche Übernahme im Bebauungsplan gemäß § 9 Abs. 6 BauGB § 9 Abs. 6 BauGB ordnet an, dass nach Landesrecht festgesetzte Denkmäler 519 nachrichtlich in den Bebauungsplan übernommen werden sollen, soweit sie zu seinem Verständnis oder für die städtebauliche Beurteilung von Baugesuchen notwendig oder zweckmäßig sind. Über das Eingreifen des Vorbehalts lässt sich folglich nur auf Grund der Umstände der konkreten Planungssituation entscheiden. Es sprechen jedoch die Bedürfnisse nach einer umfassenden und vollständigen inhaltlichen Aussage des Bebauungsplans und nach Rechtssicherheit dafür, dass in der Regel der Vorbehalt eingreift und somit eine Übernahmeverpflichtung besteht.79 Für die Übernahmeverpflichtung ist es nach überwiegender Ansicht unerheblich, ob in dem betreffenden Bundesland die Denkmaleigenschaft nach dem Tatbestands- oder dem Konstitutivsystem festgelegt wird. Maßgeblich ist danach allein, ob nach Landesrecht der Denkmalschutz besteht.80

6. Erhaltungsschutz, § 172 BauGB Instrument speziell der Erhaltung solcher baulichen Anlagen, die das Ortsbild 520 prägen oder von städtebaulicher Bedeutung sind, ist der Erhaltungsschutz (Erhaltungssatzung) nach § 172 BauGB. Dem Denkmalschutz wird so verstärkt Eingang in das Bauplanungsrecht und in die Bauleitplanung geschaffen.81 Ein Gebiet kann gemäß § 172 BauGB entweder in einem Bebauungsplan oder durch eine kommu77 78 79 80 81

BVerwGE 114, 247 (251). Schladebach, BauR 2000, 314 (320). Schladebach, BauR 2000, 314 (317). Schladebach, BauR 2000, 314 (318); a. A. Stich, WiVerw 1997, 50 (60). BVerfG, NVwZ 1987, 879.

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nale Satzung unter Erhaltungsschutz gestellt werden. Im Zusammenhang mit dem Kulturgüterschutz ist das durch den Erhaltungsschutz verfolgbare Ziel des § 172 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 BauGB, nämlich die Erhaltung der städtebaulichen Eigenart des Gebietes auf Grund seiner städtebaulichen Gestalt, von Interesse. Im Fall der Anordnung des Erhaltungsschutzes bedarf die Errichtung, der Rückbau, die Änderung oder die Nutzungsänderung baulicher Anlagen einer entsprechenden Genehmigung. Im Gegensatz zum Denkmalschutzrecht, das an objektiv erhaltenswerte bauliche Anlagen anknüpft, ist die Frage, ob ein Gebiet unter Erhaltungsschutz gestellt werden soll, eine von der Gemeinde zu treffende kommunalpolitische Entscheidung, zu der das Gesetz keine verbindlichen Vorgaben bereit hält. Allein, wenn für ein gemeindliches Gebiet unter gar keinen Gesichtspunkten Erhaltungsschutz erforderlich ist und daher die Vermutung unabweislich ist, dass die Gemeinde in Wirklichkeit andere Zwecke als die des § 172 BauGB verfolgt, ist die Satzung rechtswidrig.82 521

Für die Erteilung der durch die Erhaltungssatzung erforderlich werdenden Genehmigung ist nach § 173 Abs. 1 S. 1 BauGB die Gemeinde zuständig. Soweit bauordnungsrechtlich eine Baugenehmigung oder eine baurechtliche Zustimmung erforderlich ist, wird im Baugenehmigungs- oder Zustimmungsverfahren auch über das Vorliegen der Genehmigungsvoraussetzungen entschieden. In diesem Fall ist das Einvernehmen der Gemeinde erforderlich.83

522

Eine Genehmigung zur Errichtung einer baulichen Anlage darf gemäß § 172 Abs. 3 S. 2 BauGB nur versagt werden, wenn durch die beabsichtigte bauliche Anlage die städtebauliche Gestalt des Gebietes beeinträchtigt wird. Eine Rückbau-, Veränderungs- oder Nutzungsänderungsgenehmigung darf nur versagt werden, wenn die bauliche Anlage allein oder im Zusammenhang mit anderen baulichen Anlagen das Ortsbild, die Stadtgestalt oder das Landschaftsbild prägt oder sonst von städtebaulicher, insbesondere geschichtlicher oder künstlerischer Bedeutung ist.84

523

Schwierigkeiten kann in der Praxis die Abgrenzung des städtebaulichen Erhaltungsrechts zum Denkmalschutzrecht bereiten. Gemäß § 173 Abs. 4 BauGB bleiben die landesrechtlichen Vorschriften über den Schutz und die Erhaltung von Denkmälern unberührt. Folgend soll näher betrachtet werden, in welchem Verhältnis das bauplanerische Erhaltungsrecht und das Denkmalschutzrecht bei der Beurteilung denkmalschutzrelevanter Vorhaben stehen. Hierzu hat das OVG Berlin-Brandenburg entschieden, dass eine denkmalbehördlich erteilte Unbedenklichkeitserklärung für ein Bauvorhaben eine erhaltungsrechtliche Unzulässigkeit baulicher Anlagen nicht ausschließt. Eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung ist nicht geeignet, die auf Grund anderer Rechtsvorschriften erforderlichen Genehmigungen zu ersetzen. Das Gleiche gilt für ein neben dem Denkmalschutz zu beachtendes Genehmigungserfordernis einer städtebaulichen Erhaltungsverordnung im Sinne des § 172 Abs. 1 Nr. 1 82 83 84

Finkelnburg / Ortloff / Kment, Öffentliches Baurecht I, 6. Aufl. 2011, S. 245. Finkelnburg / Ortloff / Kment, Öffentliches Baurecht I, 6. Aufl. 2011, S. 246. Vgl. auch Finkelnburg / Ortloff / Kment, Öffentliches Baurecht I, 6. Aufl. 2011, S. 247.

B. Baurecht

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BauGB.85 Das Erhaltungsrecht dient nicht nur dazu, städtebauliche Qualitäten passiv im Bestand zu wahren, sondern auch aktiv für die Zukunft fortzuschreiben.86 Der Denkmalschutz knüpft an bestimmte Schutzkategorien zur Bewahrung der historischen Originalsubstanz und die Erhaltungswürdigkeit eines Gebäudes an; dahingegen ist die Vereinbarkeit eines Vorhabens mit einer städtebaulichen Erhaltungsordnung eine Frage der Erhaltungsziele, bei denen die städtebauliche Gestalt und deren Fortschreibung für die Zukunft im Vordergrund steht.87 Ein gestuftes Anforderungsverhältnis in dem Sinne, dass eine denkmalschutzrechtlich zulässige Baumaßnahme erhaltungsrechtlich erst Recht zulässig sein muss, besteht daher nicht.88 Für die Erhaltungswürdigkeit einer baulichen Anlage im Rahmen der Erhaltungs- 524 satzung kann auch an den Denkmalcharakter angeknüpft werden; es bleibt aber für die Anwendung der Regelung des § 172 BauGB entscheidend, dass die Wahrung der städtebaulichen Funktion das Ziel der Erhaltung der baulichen Anlage darstellt.89

7. Bauplanungsrechtliche Zulässigkeit Schließlich ist noch zu betrachten, mit welchen Instrumentarien die Beachtung 525 der Belange des Denkmalschutzes in den einzelnen Planungsbereichen der §§ 30 ff. BauGB erfolgt. Gemäß § 29 Abs. 2 BauGB bleiben neben den Vorschriften des Bauordnungsrechts auch andere öffentliche Vorschriften unberührt, so dass die Vorschriften des Denkmalschutzes neben den bauordnungsrechtlichen Vorschriften Anwendung finden. Eine denkmalschutzrechtliche Unzulässigkeit von planungsrechtlich zulässigen Vorhaben ist durchaus möglich.90 In Gebieten mit qualifiziertem Bebauungsplan (§ 30 Abs. 1 BauGB) sind bau- 526 liche Vorhaben zulässig, wenn das Vorhaben den Festsetzungen nicht widerspricht und die Erschließung gesichert ist. Da die berücksichtigungsbedürftigen Belange des Denkmalschutzes bereits in der Planaufstellung im Rahmen des § 1 Abs. 7 BauGB abgewogen worden sind, entfällt bei der Entscheidung über die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit eine nochmalige Prüfung der Belange. Nur im Ausnahmefall kann das Gebot der Rücksichtnahme des § 15 Abs. 1 BauNVO zu einer Beschränkung der an sich zulässigen Bebauung führen.91 Im unbeplanten und im Zusammenhang bebauten Innenbereich des § 34 Abs. 1 527 BauGB hat sich das Vorhaben in die Eigenart der näheren Umgebung einzufügen. Entscheidend ist, ob in der näheren Umgebung des Vorhabens denkmalgeschützte 85 86 87 88 89 90 91

OVG Berlin-Brandenburg, BauR 2006, 665. OVG Berlin-Brandenburg, BauR 2006, 665. OVG Berlin-Brandenburg, BauR 2006, 665. OVG Berlin-Brandenburg, BauR 2006, 665. BVerwGE 78, 23 (28 f.). Schladebach, BauR 2000, 314 (321). Schladebach, BauR 2000, 314 (321).

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§ 5 Kulturgüterschutz außerhalb des Denkmalschutzrechts der Länder

Bauten vorhanden sind und ob diese für das Gebiet prägend sind. In diese Situation muss sich das Vorhaben im konkreten Fall einfügen. Eine Abwägung des öffentlichen Interesses am Denkmalschutz mit den privaten Interessen an der Bebaubarkeit des Grundstückes kann notwendig werden.92 Ein Bauvorhaben darf grundsätzlich, auch wenn es nach Bundesrecht planungsrechtlich zulässig wäre, dem Denkmalschutzrecht nicht widersprechen. Das Denkmalschutzrecht kann z. B. einer nach § 34 BauGB bauplanungsrechtlich zulässigen Bebauung einer Freifläche entgegenstehen.93 Die Umgebung muss dann für das Denkmal von so erheblicher Bedeutung sein, dass durch Veränderungen denkmalpflegerische Belange berührt werden. Die Ausstrahlungskraft des Baudenkmals muss in diesem Fall wesentlich von der Gestaltung der Umgebung abhängen. Das ist beispielsweise der Fall, wenn die Umgebung die Wirkung eines Baudenkmals wegen des architektonischen Konzepts oder der topographischen Situation prägt.94 528

Im Außenbereich nach § 35 BauGB ist ein Vorhaben u. a. nur dann zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegenstehen. § 35 Abs. 3 S. 1 Nr. 5 BauGB bestimmt, dass eine Beeinträchtigung von öffentlichen Belangen insbesondere dann vorliegt, wenn das Vorhaben Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege, des Bodenschutzes, des Denkmalschutzes oder die natürliche Eigenart der Landschaft und ihren Erholungswert betrifft oder das Orts- und Landschaftsbild beeinträchtigt. In diesem Rahmen ist eine konkrete Ermittlung der Gewichtigkeit der Beeinträchtigung der denkmalschützerischen bzw. landeskulturellen Belange erforderlich, die sodann mit dem geplanten Vorhaben in Beziehung zu setzen ist. Hierbei ist zwischen den privilegierten Vorhaben des § 35 Abs. 1 BauGB und den sonstigen Vorhaben des § 35 Abs. 2 BauGB zu unterscheiden.95 Die privilegierten Vorhaben des § 35 Abs. 1 BauGB werden sich auf Grund ihrer Zuweisung in den Außenbereich häufig durchsetzen können, wohingegen es die Regel sein dürfte, dass die betroffenen öffentlichen Belange sonstigen Vorhaben verhindernd entgegenstehen.96 Zu den Einzelheiten muss an dieser Stelle jedoch auf baurechtliche Ausführungen verwiesen werden.

II. Bauordnungsrecht 529

Die behördliche Sachentscheidungs- oder Prüfungskompetenz bestimmt sich nach Landesrecht. Die sogenannte Schlusspunktheorie, nach der die Baugenehmigung nur erteilt wird, wenn alle weiteren für das Vorhaben erforderlichen Genehmigungen Moench, NJW 1983, 1998 (2004), Schladebach, BauR 2000, 314 (321). VG Lüneburg, Urteil vom 17. August 2004, 2A 186 / 03, Rn. 17. 94 VG Lüneburg, Urteil vom 17. August 2004, 2A 186 / 03, Rn. 18. 95 Finkelnburg / Ortloff / Kment, Öffentliches Baurecht I, 6. Aufl. 2011, S. 363; Schladebach, BauR 2000, 314 / 321 f. 96 Schladebach, BauR 2000, 314 (322). 92 93

B. Baurecht

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erteilt sind, ist bundesrechtlich nicht vorgegeben.97 Welche Behörde für die Entscheidung über eine denkmalschutzrechtliche Genehmigung zuständig ist, ist damit eine Frage des Landesrechts und wird im Detail nicht einheitlich gehandhabt. Die Sachentscheidungskompetenz der Bauaufsichtsbehörde wird ganz wesentlich durch die bauordnungsrechtlichen Normen über die Erforderlichkeit einer Baugenehmigung bestimmt. Die Baugenehmigung ist zu erteilen, wenn dem Vorhaben öffentlich-rechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen. Es ist also die Vereinbarkeit mit dem gesamten einschlägigen öffentlichen Recht zu beurteilen. Diese Befugnis steht der Bauaufsichtsbehörde nach dem staatlichen Kompetenzgefüge unter dem Vorbehalt anderweitiger Kompetenzen zu. Sie ist also zuständig, soweit für solche öffentlich-rechtlichen Vorschriften keine speziellen Genehmigungsvorbehalte anderer Behörden in anderen Fachgesetzen bestehen.98 In den Bundesländern haben sich hinsichtlich der behördlichen Kompetenz im 530 Baugenehmigungsverfahren drei verschiedene Varianten entwickelt. Es sind das Konzentrations-, das Verknüpfungs- und das Trennungsmodell voneinander zu unterscheiden: Beim konzentrierten Verfahren werden alle für das Bauvorhaben einschlägigen 531 öffentlich-rechtlichen Vorschriften in einem einzigen Verfahren geprüft, soweit diese für das Vorhaben beachtlich sind. Die Baugenehmigung ist zu erteilen, wenn dem Vorhaben keine öffentlich-rechtlichen Vorschriften entgegenstehen. Sie schließt die für das Vorhaben erforderlichen weiteren behördlichen Entscheidungen ein. Im konzentrierten Verfahren wird also landesrechtlich die Sachentscheidungskompetenz der Bauaufsichtsbehörden durch die Übertragung zusätzlicher Kompetenzen erweitert. Ein Einschluss der denkmalschutzrechtlichen Genehmigung in die Baugenehmigung ist auf diese Weise möglich. So bestimmt z. B. die Bauordnung des Landes Brandenburg, dass die Baugenehmigung die für das Vorhaben erforderlichen weiteren behördlichen Genehmigungen mit einschließt, vgl. § 67 Abs. 1 S. 2 BauO Bbg.99 Beim verknüpften Verfahren (Schlusspunkttheorie) bildet die Baugenehmigung 532 den Schlusspunkt des Verfahrens und stellt die öffentlich-rechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens umfassend fest. Möglich ist beim verknüpften Verfahren auch, dass die Baugenehmigung unter der aufschiebenden Bedingung erteilt wird, dass die anderen noch erforderlichen Genehmigungen, Erlaubnisse etc. noch beigebracht werden (modifizierte Schlusspunkttheorie).100 Beim getrennten Verfahren ergeht die Baugenehmigung unabhängig davon, ob in 533 getrennten Verfahren andere Genehmigungen usw. erteilt werden müssen, um eine Legalisierung des Vorhabens herzustellen. 97 BVerwG, NVwZ 1996, 377; Finkelnburg / Ortloff, Öffentliches Baurecht II, 5. Aufl. 2005, S. 117. 98 Finkelnburg / Ortloff, Öffentliches Baurecht II, 5. Aufl. 2005, S. 112 f. 99 Finkelnburg / Ortloff, Öffentliches Baurecht II, 5. Aufl. 2005, S. 114 f. 100 Finkelnburg / Ortloff, Öffentliches Baurecht II, 5. Aufl. 2005, S. 119 f.

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§ 5 Kulturgüterschutz außerhalb des Denkmalschutzrechts der Länder

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Die verknüpften und getrennten Verfahren bewirken aber nicht zwangsläufig, dass die Sach- und Entscheidungskompetenz in denkmalschutzrechtlichen Fragen bei der Denkmalschutzbehörde verbleiben. So bestimmt z. B. § 9 Abs. 3 DSchG NRW, dass soweit eine erlaubnispflichtige Maßnahme nach anderen gesetzlichen Bestimmungen eine Planfeststellung, Genehmigung, Erlaubnis, Bewilligung, Zulassung oder Zustimmung erfordert, die dafür zuständigen Behörden die Belange des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege entsprechend dem Denkmalschutzgesetz NRW in angemessener Weise zu berücksichtigen haben. Im Falle einer bauaufsichtlichen oder immissionsschutzrechtlichen Genehmigung oder Zustimmung kann die denkmalschutzrechtliche Erlaubnis nach § 9 Abs. 1 DSchG NRW auch gesondert beantragt werden. Im Baugenehmigungsverfahren in SachsenAnhalt sind die von den Denkmalschutzbehörden zu beurteilenden Fragen kein Bestandteil eines besonderen denkmalschutzrechtlichen Genehmigungsverfahrens, soweit für das Bauvorhaben bereits nach allgemeinen Grundsätzen des Bauordnungsrechts eine Baugenehmigung erforderlich ist. Nach außen wird auch dort die denkmalschutzrechtliche Entscheidung, die als Verwaltungsinternum bei der Denkmalschutzbehörde eingeholt wird, von der Bauordnungsbehörde mitverantwortet.101

535

Im Rahmen des Bauordnungsrechts ist hinsichtlich des Kulturgüterschutzes auch die kommunale Möglichkeit, Gestaltungssatzungen auf Grundlage der Landesbauordnungen zu erlassen, relevant. Auf diese Weise kann effektiv erreicht werden, dass die künftige Gestaltung der näheren Umgebung des Denkmals entsprechend optisch angepasst wird.

536

Hinzuweisen ist schließlich im Rahmen des Bauordnungsrechts auf das Verunstaltungsverbot (z. B. §§ 9 Abs. 2, 10 Abs. 2 BauO Bln). Auch mit diesem Instrument liegt es in der Kompetenz der Baubehörden, negative Einflüsse auf das Erscheinungsbild von Kulturgütern abzuwenden. Der baurechtliche Schutz vor Verunstaltung dient zwar auch dem Denkmalschutz, ist aber nicht mit dem denkmalschutzrechtlichen Veränderungsverbot gleichzusetzen. Denn während im Hinblick auf die bauordnungsrechtliche Verunstaltung von der Rechtsprechung der subjektive Maßstab des Empfindens eines „gebildeten Durchschnittsmenschen“ angelegt wird,102 gelten für die denkmalschutzrechtliche Beeinträchtigung ausschließlich fachliche Gesichtspunkte.103 Der Begriff der Verunstaltung ist daher ein bauordnungsrechtlicher und nicht unbedingt Anknüpfungspunkt des Denkmalschutzes.104 Gleichwohl ergänzen sich der denkmalschutz- und der bauordnungsrechtliche Umgebungsschutz.105

101 102 103 104 105

Vgl. OVG Magdeburg, Beschluss vom 26. April 2001, 2 M 79 / 00, Rn. 6. Grundlegend: BVerwGE 2, 127, 177. Haspel / Martin / Wenz / Drewes, Denkmalschutzrecht in Berlin, 2008, § 11 Rn. 4.2.2.2. Martin, in: Martin / Krautzberger, HdBDSchDPfl, 3. Aufl. 2010, K. Haspel / Martin / Wenz / Drewes, Denkmalschutzrecht in Berlin, 2008, § 10 Rn. 4.3.

C. Raumordnungsrecht

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C. Raumordnungsrecht Aufgabe der Raumordnung und Landesplanung ist es, überörtliche Planungsauf- 537 gaben zu koordinieren und zu leiten. § 2 Abs. 2 Nr. 13 ROG bestimmt im vorliegenden Zusammenhang als Grundsatz, dass die geschichtlichen und kulturellen Zusammenhänge sowie die regionale Zusammengehörigkeit zu wahren sind. Die gewachsenen Kulturlandschaften sind in ihren prägenden Merkmalen sowie mit ihren Kultur- und Naturdenkmälern zu erhalten. Raumordnung und Landesplanung sind allerdings insoweit beschränkt, als es der Raumordnung als einem innerbehördlichen Planungsinstrument versagt ist, ihre Planungen verbindlich gegenüber Dritten und Privaten unmittelbar durchzusetzen. Die Ziele der Raumordnung und Landesplanung bilden jedoch verbindliche Vorgaben für die Bauleitplanung und können damit auch zum Erhalt historischer Kulturräume beitragen.106 Eine Verpflichtung zur Beachtung der Belange des Kulturgüterschutzes i. R. der Raum- 538 planung ergibt sich insbesondere auch aus dem Unions- und Völkerrecht. Gemäß Art. 5 lit. a WEK haben die Vertragsstaaten eine Politik zu verfolgen, die darauf gerichtet ist, dem Kulturund Naturerbe eine Funktion im öffentlichen Leben zu geben und den Schutz dieses Erbes in erschöpfende Planungen, wie die Raumplanung, einzubeziehen. Bei Planungen, die eine Beeinträchtigung einer Welterbestätte oder deren Umfeld zur Folge haben können, ist nach den Richtlinien zur Durchführung der WEK bereits im Vorfeld eine Abstimmung mit dem UNESCO-Welterbezentrum und der nationalen UNESCO-Kommission notwendig.107 Das Übereinkommen zum Schutz des architektonischen Erbes Europas (Granada-Übereinkommen) benennt in dessen Art. 10 die wichtigsten integrierten Maßnahmen zur Erhaltung des architektonischen Erbes. An erster Stelle wird die Notwendigkeit festgelegt, dass sich die Vertragsparteien verpflichten, integrierte Erhaltungsmaßnahmen zu treffen, die den Schutz des architektonischen Erbes als wesentliches Ziel der Raumordnung und des Städtebaus umfassen und sicherstellen, dass diese Forderung sowohl bei der Aufstellung von Bebauungsplänen als auch bei den Genehmigungsverfahren für Bauarbeiten in jeder Phase berücksichtigt wird. Zur Erleichterung der Durchführung der Erhaltungsmaßnahmen verpflichten sich gemäß Art. 13 des Granada-Übereinkommens die Parteien, im Rahmen der politischen und verwaltungsmäßigen Ordnung auf allen Ebenen eine wirksame Zusammenarbeit zwischen Denkmalpflege, Kulturarbeit, Umweltschutz und Raumordnung zu fördern. Art. 5 Nr. 1 lit. i des Europäischen Übereinkommens zum Schutz archäologischen Erbes (Malta) bestimmt, dass die Vertragsparteien Archäologen an der Raumordnungspolitik zu beteiligen haben.

Das Erfordernis des Schutzes der Kulturgüter findet – u. a. in Umsetzung der 539 genannten eingegangenen internationalen Verpflichtungen – in den Grundsätzen der Raumordnung seinen Niederschlag. Demgemäß sind die geschichtlichen und kulturellen Zusammenhänge sowie die regionale Zusammengehörigkeit zu wahren. Die gewachsenen Kulturlandschaften sind in ihren prägenden Merkmalen sowie mit ihren Kultur- und Naturdenkmälern zu erhalten, vgl. § 2 Abs. 2 Nr. 13 ROG. Die Grundsätze der Raumordnung sind im Rahmen der Abwägung oder bei Ermessens106 107

Kratzenberg, BBauBl. 1996, 750. Hönes, UPR 2006, 85 (87).

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§ 5 Kulturgüterschutz außerhalb des Denkmalschutzrechts der Länder

entscheidungen bezüglich raumbedeutsamer Planungen und Maßnahmen zu berücksichtigen (vgl. § 4 Abs. 2 ROG). 540

Die Ziele der Raumordnung dienen dazu, die Grundsätze in konkret raumbezogene Festsetzungen für die nachfolgenden Planungsebenen der Regional- und Bauleitplanung sowie auch für die Fachplanung umzusetzen.108 In den Zielen der Raumordnung haben sich folglich – soweit vor Ort vorhanden – in Umsetzung der genannten nationalen, unionsrechtlichen und völkerrechtlichen Regelungen verbindliche Vorgaben zum Schutz der Kulturgüter wiederzufinden.

541

Zusammenfassend betrachtet kann die Raumordnung durch die zu berücksichtigenden Vorgaben (§ 4 ROG) in den zu formulierenden Zielen sowie die Abwägungsrelevanz der Grundsätze ganz maßgeblichen Einfluss auf den Erhalt der raumgebundenen Kulturgüter in späteren raumbedeutsamen Planungen und Maßnahmen ausüben.

D. Planfeststellungsrecht 542

Auch im Bereich der Infrastrukturplanung, für die gesetzlich die Durchführung eines Planfeststellungsverfahrens gem. §§ 72 ff. VwVfG angeordnet ist – dies sind insbesondere die Verkehrswegeplanung,109 aber bspw. auch die Errichtung von Abfalldeponien110 oder bestimmten Energieleitungen111 – kommt es zu Konflikten zwischen den Interessen des Denkmalschutzes und den öffentlichen Interessen an der Infrastruktur einerseits und den ökonomischen Interessen etwaiger Investoren andererseits.112 Rechtsprechungsfälle betrafen bspw. die Planung einer Abfallbeseitigungsanlage an einer Fossilienfundstelle,113 den Straßenbau innerhalb eines historischen Ortsbildes114 oder die Errichtung einer Bahnstromleitung in unmittelbarer Nähe einer denkmalgeschützten Kirche.115

543

Im Bereich des Planfeststellungsrechts besteht die Regel, dass die mit der Kompetenz zur Planfeststellung verbundene Konzentrationswirkung die Einholung anderer behördlicher Entscheidungen oder Zustimmungen entbehrlich macht. § 75 Abs. 1 S. 1 VwVfG bestimmt insofern, dass durch die Planfeststellung die Zulässigkeit des Vorhabens einschließlich der notwendigen Folgemaßnahmen an anderen Hoppe / Beckmann / Kauch, Umweltrecht, 2. Aufl. 2000, § 7 Rn. 63. § 17 S. 1 BFStrG (Bundesfernstraßen), § 18 S 1 AEG (Schienenwege von Eisenbahnen), § 28 Abs 1 S 1 PBefG (Betriebsanlagen für Straßenbahnen), § 14 Abs 1 S 1 BWaStrG (Bundeswasserstraßen), § 8 Abs 1 LuftVG (Flughäfen). 110 § 31 Abs. 2 KrW- / AbfG. 111 § 43 EnWG. 112 Spannowsky, ZfBR 2000, 239 (239). 113 BVerwG, NVwZ 1992, 787. 114 BVerwG, UPR 1983, 310. 115 VGH Kassel, NVwZ 1986, 680. 108 109

D. Planfeststellungsrecht

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Anlagen im Hinblick auf alle von ihnen berührten öffentlichen Belange festgestellt wird; neben der Planfeststellung sind grundsätzlich andere behördliche Entscheidungen, insbesondere öffentlich-rechtliche Genehmigungen, Verleihungen, Erlaubnisse, Bewilligungen, Zustimmungen und Planfeststellungen nicht erforderlich. Die Wahrnehmung der landesgesetzlichen denkmalschutzrechtlichen Befugnisse 544 ist im Planfeststellungsverfahren auf verfahrensrechtliche Mitwirkungsrechte beschränkt. Als Träger öffentlicher Belange ist die Denkmalschutzbehörde gemäß § 73 Abs. 2 VwVfG durch die Anhörungsbehörde zur Stellungnahme aufzufordern. Die Begriffsbestimmung des Denkmals und damit auch die Reichweite der Einbeziehung der landesrechtlich zuständigen Behörden hat die Planfeststellungsbehörde dem einschlägigen Landesrecht zu entnehmen.116 Fachplanungsbehörden sind zudem an bereits vorhandene Wertungen der Denkmalschutzbehörden, soweit sie planerische Gestalt haben, gebunden. Von einer Wertung der Denkmalschutzbehörde, dass ein Objekt als Denkmal einzustufen ist, kann die Planfeststellungsbehörde keine abweichenden Beurteilungen vornehmen. Allerdings hindert das nicht, dass sie insoweit Ausnahmen oder Befreiungen im Rahmen der Planfeststellung erteilt.117 Durch die Kompetenz zur Planfeststellung werden die landesrechtlichen Bestim- 545 mungen in ihrem Geltungsbereich nicht verdrängt, sondern sind von der Planfeststellungsbehörde im Rahmen der etwaigen Problembewältigung zu berücksichtigende Belange. Im Rahmen von bundesrechtlichen Planfeststellungsverfahren ist der Bund im Zuge seiner Hoheitsbetätigung grundsätzlich an das jeweils einschlägige Landesrecht gebunden.118 Dies besagt auch die herrschende Ansicht in der Literatur und Rechtssprechung, 546 die der „Theorie der Verfahrenskonzentration“ folgt. Das Planfeststellungsverfahren verdränge zwar alle sonst erforderlichen Genehmigungen, Zuständigkeiten und Verfahrensregelungen, aber alle von seinem Regelungsbereich berührten materiellrechtlichen Vorschriften, so auch das Denkmalschutzrecht, seien zu beachten. Welchen Umfang die Bindung an die jeweils einschlägigen Rechtsnormen hat, hinge von ihrem Inhalt und ihrem Verbindlichkeitsanspruch ab. Soweit Ausnahmetatbestände von Verordnungen bestehen, könne die Planfeststellungsbehörde die Zulassung selbst erteilen, wenn sie deren Voraussetzungen als gegeben ansieht. Der Planfeststellungsbeschluss schließe eine solche Ausnahmegenehmigung bzw. Befreiung dann gegebenenfalls mit ein. Es habe in der Praxis allerdings den Anschein, dass die Planfeststellungsbehörden im Bereich des Natur- und Denkmalschutzes Ausnahmegenehmigungen großzügiger erteilen als die an sich zuständigen Fachbehörden.119 116 Vgl. dazu BVerwGE 27, 253 (für die Begriffsbestimmung der „öffentlichen Gewässer“ durch den Bund). 117 Durner, Konflikte räumlicher Planungen, 2005, S. 236 f. 118 BVerwGE 82, 17 (19 f.). 119 Durner, Konflikte räumlicher Planungen, 2005, S. 122 ff. m. w. N.

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§ 5 Kulturgüterschutz außerhalb des Denkmalschutzrechts der Länder

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Auch das Bundesverwaltungsgericht betont, dass die bundesrechtliche Planfeststellung mit der in § 75 Abs. 1 S. 1 VwVfG angeordneten Konzentrationswirkung etwaige landesrechtlich normierte Genehmigungsvorbehalte verdrängt und die bundesrechtliche Planfeststellung alle nach anderen Rechtsvorschriften erforderlichen Genehmigungen oder Zustimmungen ersetzt.120 § 75 Abs. 1 S. 1 Hs. 2 VwVfG befreie dabei nicht nur im Außenverhältnis von der Erteilung sonstiger Genehmigungen oder Zustimmungen. Vielmehr ersetze die Konzentrationswirkung des Planfeststellungsbeschlusses zugleich auch verwaltungsintern vorhandene Zustimmungsvorbehalte. § 100 Nr. 2 VwVfG bestätige dieses Ergebnis. Nach dieser Vorschrift können die Länder durch Gesetz bestimmen, dass für Planfeststellungen, die auf Grund landesrechtlicher Vorschriften durchgeführt werden, die Rechtswirkungen des § 75 Abs. 1 S. 1 VwVfG auch gegenüber nach Bundesrecht notwendigen Entscheidungen gelten. Diese Regelung besitzt nach allgemeiner Auffassung nur klarstellende Bedeutung.121

548

Die denkmalschutzrechtlichen Bestimmungen sind im Rahmen der Abwägung keine strikt zu beachtenden Vorgaben.122 Die angeordnete Konzentrationswirkung eröffnet die rechtliche Möglichkeit, die landesrechtlich normierten Belange – also auch den Denkmalschutz – abwägend zu überwinden.123

549

Fraglich ist, ob der Bundesgesetzgeber eine derartige Befugnis, sich über Landesrecht hinwegzusetzen, ohne jede Einschränkung besitzen kann. Insbesondere im Zusammenhang mit dem Denkmalschutzrecht ist es zweifelhaft, ob bei bundesplanerischen Entscheidungen aus verfassungsrechtlicher Sicht die grundgesetzliche Kompetenzverteilung eingehalten wird, wenn es im Ergebnis der Abwägung zu einer Nichtbeachtung landesdenkmalschutzrechtlicher Vorschriften kommt. Hinsichtlich der Zuständigkeitsverlagerung werden so auch immer wieder bundesstaatliche Bedenken gegen § 75 Abs. 1 S. 1 VwVfG vorgebracht.124 Von der Rechtsprechung wird diese Art der gesetzlichen Ordnung der Verfahrenskonzentration jedoch regelmäßig als kompetenzgemäß angesehen.125 Es liege mittlerweile zumindest eine verfassungsgewohnheitsrechtliche Grundlage vor.126

BVerwG NVwZ 2007, 459 (460). BVerwGE 82, 17 (19 f.). 122 Vgl. dazu OVG Münster, Urteil vom 18. August 1994, 20 A 2935 / 92, Rn. 14 ff. 123 BVerwGE 82, 17 (19 f.). 124 Durner, Konflikte räumlicher Planungen, 2005, S. 124 m. w. N.; Gassner, UPR 1989, 254 (256); Kopp, NuR 1991, 449 (451); Treffer, UPR 1994, 378. 125 Durner, Konflikte räumlicher Planungen, 2005, S. 124 m. w. N.; BVerwGE 27, 253; BVerwGE 82, 17; BVerwGE 114, 232 (239), OVG Münster, UPR 1995, 319; BVerfGE 26, 338 / 377. 126 Durner, Konflikte räumlicher Planungen, 2005, S. 124 m. w. N.; Ossenbühl, FS für Sendler, 1991, 107 (116 f.). 120 121

E. Steuerrecht

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E. Steuerrecht I. Allgemeines Die steuerliche Förderung ist regelmäßig eine letztlich entscheidende Triebkraft 550 für den Erwerb und Erhalt von Denkmalseigentum sowie die Erduldung der damit einhergehenden Pflichten (und Kosten).127 Kein anderes Instrument vermag in gleicher Weise den Einsatz privaten Kapitals für solche Investitionen zu aktivieren, die im Allgemeininteresse erwünscht sind.128 Angesichts der insgesamt verringerten steuerrechtlichen Abschreibungsmöglichkeiten nehmen die denkmalschutzspezifischen Privilegien nunmehr eine Sonderstellung im Steuerrecht ein, die den Erwerb einer Denkmalsimmobilie ökonomisch besonders attraktiv machen. Das Steuerrecht, vor allem das Einkommensteuerrecht, erweist sich kraft der hierdurch entfalteten Steuerungswirkung insoweit als originäres Denkmalschutzrecht. Denn die Allokation privater Ressourcen für die Erhaltung von Denkmälern – die Mobilisierung privaten Kapitals – ist in der Wirtschaftsordnung der Bundesrepublik Deutschland eine wesentliche Voraussetzung für einen effektiven Denkmalschutz.129 Die steuerrechtlichen Pflichten wirken auch auf das Denkmalschutzrecht als Kor- 551 rektiv der sonst dem Eigentümer bzw. Berechtigten auferlegten Pflichtenanspannung. Das Steuerrecht prägt dabei – wie viele Denkmalschutzgesetze auch ausdrücklich berücksichtigen – insbesondere den denkmalschutzrechtlichen Leitbegriff der Zumutbarkeit: Maßnahmen, die ansonsten unzumutbar wären, können nach einigen Gesetzen dem Eigentümer abverlangt werden, sofern er von steuerrechtlichen Vergünstigungen profitiert.130 Steuerrecht und Denkmalschutzrecht wirken so bei der abgabenrechtlichen Förderung des Denkmalschutzes zusammen.131

II. Einkommensteuerrecht Die wichtigsten denkmalschutzspezifischen Vorschriften des Einkommensteuer- 552 recht bilden die Absetzungsregelungen in § 7i EStG einerseits und den §§ 10f, 10g EStG andererseits sowie das Progressionsprivileg des § 11b EStG. Alle Förderungsmaßnahmen setzen materiell voraus, dass seitens der Denkmalseigentümer eine Be-

127 Eindrücklich die Darstellung des denkmalspezifischen Steuerrechts bei Kleeberg / Eberl, Kulturgüter in Privatbesitz, 2. Aufl. 2001, die rund zwei Fünftel dieses Rechtshandbuchs zum Denkmalschutz allein steuerrechtlichen Fragen widmen (S. 245 – 398). 128 Voß, ZRP 2003, 458 (460). 129 Vgl. Büchner / Fritzsch, DStR 2004, 2169. 130 Siehe Art. 20 Abs. 1 S. 2 DSchG Bay; § 19 Abs. 4 DSchG LSA. 131 So auch Odendahl, Kulturgüterschutz, 2005, S. 467.

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§ 5 Kulturgüterschutz außerhalb des Denkmalschutzrechts der Länder

scheinigung zumindest über die Denkmalseigenschaft vorgelegt wird. Sie dienen jeweils dem Substanzschutz.132 1. § 7i EStG 553

Gemäß § 7i Abs. 1 S. 1 EStG können die Herstellungskosten für Baumaßnahmen (Herstellungsaufwand) an einem Gebäude, das Baudenkmal ist, steuerlich abgesetzt werden. Begünstigt von der Vorschrift sind Gebäude und Gebäudeteile, die nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften Baudenkmäler sind (§ 7i Abs. 1 S. 1 und S. 3). Das Bundessteuerrecht knüpft damit – rechtstechnisch alternativlos – unmittelbar an das Landesdenkmalrecht an. Im Ergebnis können aufgrund der unterschiedlichen Rechtsprechungszuständigkeiten gleichwohl Unterschiede entstehen: So sollen steuerrechtlich auch Wandmalereien, die im Inneren eines Gebäudes angebracht sind, als Gebäudeteile in Betracht kommen.133

554

Die steuerrechtliche Anerkennung setzt voraus, dass die Baumaßnahmen entweder für die Erhaltung des Baudenkmals oder jedenfalls für seine sinnvolle Nutzung erforderlich sind; eine sinnvolle Nutzung kann gemäß § 7i Abs. 1 S. 2 EStG nur eine solche sein, die zur Erhaltung des Gebäudes beiträgt. Der Kreis der erhaltungserheblichen und damit förderungsfähigen Investitionen ist eher weiter zu ziehen. Nicht förderungsfähig134 sind jedoch Neubaumaßnahmen und Maßnahmen des Wiederaufbaus. Auch Maßnahmen an anderen Gebäuden scheiden stets aus: Zwar kann nach einigen Landesdenkmalschutzgesetzen auch die Umgebung Denkmal sein. § 7i stellt aber darauf ab, ob das Gebäude selbst Denkmal ist; daran fehlt es im Falle des Umgebungsschutzes stets.

555

Die Begrenzung auf die Absetzbarkeit der Herstellungskosten führt zum einen dazu, dass die Anschaffungskosten nicht absetzbar sind:135 Sie sind Voraussetzung dafür, dass Herstellungskosten entstehen, nicht bereits ihr Inhalt. Absetzbar ist aber der so genannte anschaffungsnahe Aufwand, sofern er nicht 15 Prozent der Anschaffungskosten des Gebäudes übersteigt (vgl. § 6 Abs. 1 Nr. 1a EStG).136 Zum anderen bedarf es einer Abgrenzung von solchen Maßnahmen, die allein dem Erhaltungsaufwand dienen.137 Nach der Legaldefinition des handelsrechtlichen Bilanzrechts (§ 255 Abs. 2 HGB) sind Herstellungskosten die Aufwendungen (scil.: Ausgaben), die durch den Verbrauch von Gütern und die Inanspruchnahme von Diensten für die Herstellung eines Vermögensgegenstands, seine Erweiterung oder Odendahl, Kulturgüterschutz, 2005, S. 468. BFH, NJW 2005, 1007 (1007 f.). 134 Aus der Rechtsprechung etwa BFH BStBl. II 2003, 932; BFH BStBl. II 2003, 916; BFH BStBl. II 2004, 783 (785). Vgl. ferner Lambrecht, in: Kirchhof, EStG, 10. Aufl. 2011, § 7i Rn. 2. 135 Büchner / Fritzsch, DStR 2004, 2169 (2170). 136 Büchner / Fritzsch, DStR 2004, 2169 (2170) m. w. N. 137 Kleeberg / Martin, in: Martin / Krautzberger, HdBDSchDPfl, 3. Aufl. 2010, H 233 f. 132 133

E. Steuerrecht

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für eine über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung entstehen.138 Eine über den ursprünglichen Zustand hinausgehende wesentliche Verbesserung setzt voraus, dass die Verbesserung den Gegenstand nicht lediglich in Teilen, sondern als Ganzes verändert.139 Im Denkmalschutzrecht kommt dies in Betracht, wenn der Zustand des erhaltungspflichtigen Gebäudes deutlich verbessert wird und die Aufwendungen nicht lediglich dem Erhalt des (sich bei Untätigkeit verschlechternden) status quo ante dienen. Maßgeblicher Zeitpunkt ist der Erwerbszeitpunkt. Allerdings lassen sich aus der bloßen Höhe des Erhaltungsaufwands nicht eo ipso 556 Maßstäbe für die Abgrenzung zwischen Herstellungs- und Erhaltungsaufwendungen herleiten. Eine Opferschwelle, jenseits derer die Kumulation von Aufwendungen den Unterschied zwischen Herstellungskosten und (bloßem) Erhaltungsaufwand markiert, fehlt.140 Die Abgrenzung kann daher nur objektorientiert und nur prozesshaft erfolgen: Maßstab der Abgrenzung ist allein die Veränderung des Objektes, ungeachtet der finanziellen Aufwendungen, die für die Änderung notwendig sind. Die Kosten sind stets nur absetzbar, wenn die Maßnahmen im Benehmen mit der 557 zuständigen Denkmalschutzbehörde durchgeführt worden sind. Die Absetzung wird über zwölf Jahre verteilt. In den ersten acht Jahren sind jeweils bis zu neun, in den verbleibenden vier Jahren der Förderung bis zu sieben Prozent des Investitionswertes absetzbar. Es handelt sich dabei um sogenannte erhöhte Absetzungen,141 die nicht kumulativ, sondern alternativ zu der Absetzung für Abnutzung (AfA) gemäß § 7 Abs. 4 und 5 EStG erfolgen.142 Die Inanspruchnahme von § 7i EStG auf nachträgliche Anschaffungs- oder Herstellungskosten ist wegen § 7a EStG durch die so genannte RestwertAfA nach § 4 Abs. 3 FördG gesperrt.143 Die Vorschrift zielt darauf, privates Kapital zu mobilisieren, damit Baudenkmäler 558 erhalten und modernisiert werden und ist im Immobilienbereich eine der wenigen verbliebenen Möglichkeiten, vergleichsweise hohe Steuerspareffekte zu erzielen.144

2. § 11b EStG Der Erhaltungsaufwand an Denkmälern wird außerdem durch eine privilegierte Abzugs- 559 möglichkeit nach § 11b EStG gefördert. Abweichend von der Grundregel des § 11 Abs. 2 S. 1 EStG, wonach Ausgaben für das Jahr abzusetzen sind, in dem sie geleistet wurden, erlaubt Näher Ballwieser, in: Münchener Kommentar zum HGB, Bd. 4, 2. Aufl. 2009, § 255 Rn. 52. Baumbach / Hopt, HGB, 33. Aufl. 2008, § 255 Rn. 15. 140 Exemplarisch BFH BStBl. II 1999, 282; BFH n / v 1999, 603; dazu Kleeberg / Eberl, Kulturgüter in Privatbesitz, 2. Aufl. 2001, Rn. 381. 141 Siehe dazu Brandis, in: Blümich, EStG – KStG – GewStG, § 7a EStG Rn. 20. 142 Lambrecht, in: Kirchhof, EStG, 10. Aufl. 2011, § 7i Rn. 1. 143 Erhard, in: Blümich, EStG – KStG – GewStG, § 7i EStG Rn. 4. 144 Büchner / Fritzsch, DStR 2004, 2169 (2169). 138 139

200

§ 5 Kulturgüterschutz außerhalb des Denkmalschutzrechts der Länder

§ 11b EStG die gleichmäßige Verteilung der Absetzung auf zwei bis fünf Jahre. Dies gilt gemäß § 11b S. 2 auch für den Erhaltungsaufwand an einem Teil einer Denkmalgesamtanlage, der indessen – als solcher betrachtet – selbst kein Denkmal ist, sowie kraft Verweises von § 11b S. 3 auf § 7h Abs. 3 EStG für Gebäudeteile, Eigentumswohnungen und im Teileigentum stehende Räume. Die Verfahrensanforderungen entsprechen § 7i EStG.

3. § 10g EStG 560

Teilweise ermöglichen die Steuergesetze auch den Abzug von Aufwendungen wie Sonderausgaben. Gemäß § 10g EStG können die Aufwendungen für die Erhaltung und Herstellung einer bestimmten Gruppe an Kulturgütern wie Sonderausgaben abgezogen werden. Abzugsfähig sind nur die Netto-Aufwendungen: Öffentliche Förderung oder Erträge aus den Kulturgütern muss der Eigentümer sich anrechnen lassen. Der Zeitraum, über den dieser Abzug möglich ist, beträgt zehn Jahre ab Abschluss der Maßnahme.145 Die Kulturgüter müssen im Inland belegen sein. Welche Gruppe von Kulturgütern für die Förderung in Frage kommt, ist in § 10g Abs. 1 S. 2 Nrn. 1 – 4 EStG enumerativ geregelt.146 Förderungsfähig sind jedenfalls alle Baudenkmale nach Landesrecht (Nr. 1), alle Teile einer Denkmalgesamtanlage, die selbst nicht dem Denkmalbegriff unterfallen (Nr. 2), sowie auch gärtnerische Anlagen, die nach Landesrecht unter Schutz stehen, vor allem also Gartendenkmale (Nr. 3). Nach der hier nicht interessierenden Nr. 4 sind auch bewegliche Kulturgüter in weitem Umfang von der Regelung erfasst.

561

§ 10g unterscheidet – anders als § 7i EStG – nicht zwischen Herstellungs- und Erhaltungsaufwand;147 sie sind jeweils ersatzfähig148. Voraussetzung ist aber, dass die Maßnahmen erforderlich sind und – ebenso wie bei § 7i EStG – abstimmungsgemäß durchgeführt werden. Ein Abzug nach § 10g EStG kommt freilich stets nur in Betracht, sofern der Steuerpflichtige das Kulturgut weder zur Erzielung von Einkünften nach § 2 noch zu eigenen Wohnzwecken nutzt. In dieser Tatbestandsvoraussetzung liegt der genuine Gehalt der Norm. Denn sie erlaubt – nur – die Absetzung von Aufwendungen, die auf Objekte bloßer Liebhaberei getätigt werden. Liebhaberei liegt vor, sofern das steuerliche Bezugsobjekt prognostisch nicht zur Erzielung von Einkünften führen wird und der Eigentümer diese Einkunftserzielung auch nicht beabsichtigt. Dies führt mangels einkommensteuerrechtlicher Relevanz grundsätzlich zum Ausschluss von Abzugsmöglichkeiten.149 Von dieser Regel sta-

Lambrecht, in: Kirchhof, EStG, 10. Aufl. 2011, § 10g Rn. 4. Siehe Drenseck, in: Schmidt, EStG, 29. Aufl. 2010, § 10g Rn. 2. 147 Kleeberg / Martin, in: Martin / Krautzberger, HdbDSchDPfl, 3. Aufl. 2010, H 225. 148 Lambrecht, in: Kirchhof, EStG, 10. Aufl. 2011, § 10g Rn. 2 f. 149 Maßgeblich ist ein doppelgliedriger subjektiver Liebhaberei-Begriff; vgl. Weber-Grellet, DStR 1998, 873 (874). Überblick über Kasuistik und Dogmatik bei Birk, BB 2009, 860. Grenzfragen werden erörtert bei Weber-Grellet, DStR 1992, 561 und 602. 145 146

E. Steuerrecht

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tuiert § 10g EStG eine weitreichende Ausnahme, die durch den stets mitverfolgten öffentlichen Zweck – die Erhaltung des Denkmals – begründet werden kann. Als besondere Prämisse für die Inanspruchnahme der Steuervergünstigung setzt 562 § 10g EStG jedoch voraus, dass das Baudenkmal gemäß § 10g Abs. 1 Satz 2 EStG – wenn auch nur in einem den jeweiligen Verhältnissen entsprechenden Umfang – für die wissenschaftliche Forschung oder die Öffentlichkeit zugänglich gemacht wird. Ein Dispens von dieser Verpflichtung besteht nur, sofern dem Zugang der Öffentlichkeit oder auch nur der wissenschaftliche Forschung zwingende Gründe des Denkmal- oder Archivschutzes entgegenstehen. Die Regelung hat erkennbar den Zweck, Eigentümer durch die goldenen Zügel der Steuervergünstigung zu einer Zugänglichmachung ihres Denkmalsobjekts zu bewegen. Indessen befördert diese Ausgestaltung die missliche Tendenz einer einseitig auf den Erhalt von Steuervorteilen zielenden Motivation des Eigentümers, hinter der die auf die eigene Nutzung des Denkmals gerichtete Eigentümerabsicht regelmäßig ganz zurücktritt.

4. § 10f EStG Soweit der Eigentümer das Denkmalobjekt zu eigenen Wohnzwecken nutzt, 563 kommt der Abzug der Aufwendungen nicht nach § 10g EStG, sondern nach § 10f EStG in Betracht. Eigene Wohnzwecke liegen vor, wenn das Objekt zum ganzjährigen Bewohnen durch den Eigentümer oder seine Angehörigen bestimmt und geeignet ist. Das Gebäude muss die Führung eines Haushalts ermöglichen. Dem Erfordernis ist bereits genügt, wenn der Steuerpflichtige ein Gebäude mit mehreren Wohnungen selbst oder auch nur teilweise („soweit“) nutzt. An der Eigennutzung fehlt es, sofern Vermietungsabsicht besteht.150 § 10f EStG füllt subsidiär die einkommensteuerrechtliche Lücke, die bei einer 564 Nutzung zu eigenen Zwecken ohne Absicht zur Erzielung von Einkünften entsteht, die aufgrund der Abschaffung des allgemeinen Schuldzinsenabzugs entstanden ist.151 Die Regelung greift nur ein, soweit der Steuerpflichtige insoweit keine äquivalenten Abzugsmöglichkeiten in Anspruch genommen hat (§ 10f Abs. 1 S. 3 EStG, § 10f Abs. 2 S. 2 EStG). Liegt es so, so wird ein Sonderabgabenabzug in zwei verschiedenen Konstellationen gewährt: Die erste Konstellation knüpft an die Voraussetzungen des § 7i EStG an; sie betrifft entstandene Herstellungskosten. In diesem Fall können die Aufwendungen auf das Baudenkmal in dem Kalenderjahr, in dem die Baumaßnahme abgeschlossen wird, und in den neun folgenden Kalenderjahren jeweils zu neun Prozent der entstandenen Kosten wie Sonderausgaben abgezogen werden. Nur in dieser Konstellation ist den Voraussetzungen auch dann genügt, wenn Teile der Wohnung, die überwiegend zu eigenen Wohnzwecken genutzt wird, einem anderen zu Wohnzwecken überlassen werden. 150 151

BFH / NV 2006, 525 (525); BFHE 224, 538. Drenseck, in: Schmidt, EStG, 29. Aufl. 2010, § 10f Rn. 13.

202

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§ 5 Kulturgüterschutz außerhalb des Denkmalschutzrechts der Länder

In der zweiten Konstellation gemäß § 10f Abs. 2 EStG ist es dem Steuerpflichtigen möglich, die aufgebrachten Kosten im Jahr des Abschlusses einer Erhaltungsmaßnahme und in den neun folgenden Jahren jeweils mit zehn Prozent wie Sonderausgaben abzusetzen. Die Regelung enthält eine Transformationsklausel: Geht der Steuerpflichtige während des Abzugszeitraums dazu über, sein Baudenkmal mit Gewinnerzielungsabsicht zu nutzen, wird gemäß § 10f Abs. 2 Satz 3 EStG der bis zu diesem Zeitpunkt nicht berücksichtigte Teil des Erhaltungsaufwands bereits in dem Jahr der Nutzungsänderung wie eine Sonderausgabe vom einkommensteuerpflichtigen Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen.152

5. § 10b EStG 566

Die besonderen Begünstigungen im Einkommensteuerrecht erstrecken sich nicht nur auf den Eigentümer der Denkmale, sondern auch auf die Unterstützung des Denkmalschutzes durch Spenden und Stiftungen. Maßgeblich ist § 10b EStG. Hiernach können Zuwendungen zur Förderung bestimmter begünstigter Zwecke im Rahmen gesetzlicher Höchstgrenzen als Sonderausgaben steuermindernd geltend gemacht werden. Welche Zwecke steuerbegünstigt sind, ist im EStG nicht gesondert geregelt, sondern ergibt sich nach der Neuordnung des Gemeinnützigkeitsrechts153 aus §§ 52 ff. AO.154 Die Belange des Denkmalschutzes sind in Aufnahme des bisherigen § 48 EDStV155 nunmehr gemäß § 52 Abs. 2 Nr. 6 AO gesetzlich explizit als gemeinnützig statuiert. Der Steuerabzug setzt voraus, dass die Eigenschaft als Kulturdenkmal von einer nach Landesrecht zuständigen Stelle bescheinigt wird.156

567

Der Abzugshöchstbetrag beträgt nach § 10b Abs. 1 Satz 1 EStG stets 20% des Gesamtbetrags der Einkünfte, ohne dass es auf den steuerbegünstigten Zweck oder die Rechtsform der geförderten Körperschaft ankäme. Für Unternehmen, die nach Körperschaftsteuerrecht veranlagt werden (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 KStG), besteht ein alternativer Abzugshöchstbetrag, der an die Summe der gesamten Umsätze und der im Kalenderjahr aufgewendeten Löhne und Gehälter anschließt. Er beträgt nunmehr 4 %.157 Die Einordnung der Steuerabzüge als Sonderausgaben bewirkt, dass die Aufwendungen nur im jeweils laufenden Veranlagungszeitraum geltend gemacht werden können (Abflussprinzip).158 Dies setzt der steuerrechtlichen Gestaltung Grenzen.159

Büchner / Fritzsch, DStR 2004, 2169 (2170). Gesetz vom 10. Oktober 2007, BGBl. I 2007, S. 2332; das Gesetz gilt rückwirkend ab 1. Januar 2007. 154 Vgl. O. Schmidt, ZEV 2007, 569 (569 f.); Schauhoff / Kirchhain, DStR 2007, 1985 (1986). 155 Melchior, DStR 2007, 1745 (1746). 156 Kleeberg / Martin, in: Martin / Krautzberger, HdbDSchDPfl, 3. Aufl. 2010, H 247. 157 Weiterführend Schauhoff / Kirchhain, DStR 2007, 1985 (1986). 158 Siehe Hofmeister, in: Blümich, EStG – KStG – GewStG, § 10b EStG, Rn. 52. 159 Zur Bedeutung der Spenden für Gewerbe-, Erbschaft- und Schenkungsteuer vgl. die kurzen Hinweise bei Kleeberg, in: Martin / Krautzberger, HdbDSchDPfl, 3. Aufl. 2010, H 278 ff. 152 153

E. Steuerrecht

203

6. Einkommensteuerrechtliche Bescheinigung Die Denkmalschutzgesetze sehen in der Regel ausdrückliche Regelungen über 568 die Erteilung einer einkommensteuerrechtlichen Bescheinigung vor. Das Verfahren ist in den Ländern verschieden ausgestaltet.160 Welche Maßgaben für die Erteilung einer solchen Bescheinigung gelten, wird über besondere Verwaltungsvorschriften – heute in den meisten Bundesländern so genannte Bescheinigungsrichtlinien – geregelt.161 Die Ausstellung der Bescheinigung wahrt die Kompetenzverteilung zwischen den Behörden:162 Während die für die Bescheinigung zuständige Denkmalschutzbehörde die denkmalschutzrechtlichen Voraussetzungen der Steuerprivilegierung prüft, obliegen der Finanzverwaltung lediglich die spezifisch steuerrechtlichen Folgefragen. Hinsichtlich der denkmalschutzrechtlichen Fragen ist die denkmalschutzrechtliche Bescheinigung für die Finanzverwaltung bindender Grundlagenbescheid i. S. d. § 171 Abs. 10 S. 1 AO.163 Damit werden eigene Denkmalschutzerwägungen seitens der Finanzbehörden vermieden. Die Reichweite der bindenden Erwägungen des Grundlagenbescheides betrifft 569 jedenfalls immer die Denkmaleigenschaft. In allen Fällen soll zugleich die Erforderlichkeit der Aufwendungen, nicht jedoch die Frage, ob es sich dabei um Herstellungskosten handelt, Gegenstand des Grundlagenbescheids sein.164 Der Finanzbehörde obliegt jedenfalls stets die Prüfung, ob eine persönliche Abzugsberechtigung besteht; sie untersucht hier in eigener Zuständigkeit, wer Träger der steuermindernd geltend gemachten Kosten ist und wem sie zuzurechnen sind.165 Die Bescheinigung durch die Denkmalschutzbehörde tritt neben die denkmal- 570 schutzrechtliche Erlaubnis bzw. die baurechtliche Genehmigung; sie ist in der Regel selbstständiger Verwaltungsakt.166 Erforderlich ist eine vorherige Abstimmung mit der Behörde. Bezieht sich die Bescheinigung nicht auf eine vorherige Abstimmung, so ist sie rechtswidrig.167 Rechtswidrig ist die Bescheinigung auch, wenn die Abstimmung zwar im Vorhinein, jedoch nicht konkret und maßnahmenbezogen er160 Zu den zuständigen Bescheinigungsbehörden vgl. Kleeberg / Martin, in: Martin / Krautzberge, HdbDSchDPfl, 3. Aufl. 2010, H 264 ff. 161 Vgl. z. B. die Bescheinigungsrichtlinien des Landes Berlin zur Anwendung der 7i, 10f und 11b EStG, abgedruckt bei Haspel / Martin / Wenz / Drewes, Denkmalschutzrecht in Berlin, 2008, S. 413, sowie zur Anwendung des § 10g EStG; abgedruckt ebda., S. 423. 162 So auch die Gesetzesbegründung zu § 7i EStG, BT-Drs. 11 / 5680, S. 12. 163 So etwa BVerwG Buchholz Ziff. 163 zu § 40 VwGO; BFH BStBl. II 2003, 910; BFH BStBl. II 2005, 171; BFH BStBl. II 2005, 373. A. A indessen Bergan / S. Martin, DStR 2005, 1305 (1307) unter Berufung auf eine (vermeintliche) Alternativität zwischen materieller Voraussetzung und formellem Grundlagenbescheid. 164 BFH BStBl. II 1997, 176; Cöster, in: Pahlke / Koenig, AO, 2. Aufl. 2009, § 171 Rn. 152. 165 BFH, BStBl. II 2003, 910. 166 Kleeberg / Martin, in: Martin / Krautzberger, HdbDSchDPfl, 3. Aufl. 2010, H 240. 167 VGH Mannheim, UPR 1993, 394 (395); BFH / NV 2004, 53 (54); VGH München, NVwZ 2009, 1053 (1053 f.).

204

§ 5 Kulturgüterschutz außerhalb des Denkmalschutzrechts der Länder

folgte.168 Wird die Bescheinigung durch die Behörde verweigert, stehen dem Steuerpflichtigen Verpflichtungswiderspruch und Verpflichtungsklage (§ 42 Abs. 1 Alt. 2 VwGO) offen.169 Ihm obliegt dann der Nachweis, dass die bescheinigungsgegenständlichen Voraussetzungen gegeben sind.170 Die Aufhebung von Bescheinigungen richtet sich – sofern sie nicht ausnahmsweise keine Verwaltungsaktsqualität haben – nach §§ 48, 49 VwVfG. In Betracht kommt nur die Rücknahme einer rechtswidrigen Bescheinigung gemäß § 48 Abs. 2 VwVfG.

7. Denkmalunspezifische Entlastungsnormen 571

Die denkmalschutzspezifischen Einkommensteuernormen, wie sie zu Gunsten des Denkmalseigentümers bestehen, werden durch unspezifische Abschreibungsnormen ergänzt, die nicht nur dem Denkmalschutz dienen, aber regelmäßig auch für Denkmalsobjekte in Betracht kommen. Dies sind § 7h EStG und § 11a EStG.

a) § 7h EStG 572

§ 7h EStG entspricht strukturell § 7i EStG; die Vorschrift knüpft ebenfalls an Herstellungskosten an. Auch insoweit wird ein Absetzungszeitraum von zwölf Jahren festgelegt. Gegenstand der Förderung sind aber nicht Denkmäler, sondern Gebäude, die in einem förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder einem städtebaulichen Entwicklungsgebiet liegen. Sie müssen keine Denkmäler sein. Die Vorschrift geht insoweit über § 7i EStG hinaus, als die begünstigten Maßnahmen lediglich den Voraussetzungen der Modernisierung und Instandsetzung i. S. d. § 177 BauGB entsprechen müssen.171 Eine Instandsetzung ist auf die Behebung von Mängeln zur Wiederherstellung des zum bestimmungsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustandes gerichtet; sie soll die weitere Nutzung des bisherigen Bestandes in der bisherigen Weise ermöglichen. Eine Modernisierung i. S. von § 177 BauGB umfasst Maßnahmen zur Beseitigung von Mängeln, die den bestimmungsgemäßen Gebrauch des Gebäudes beeinträchtigen.172 Die Voraussetzungen von § 7i EStG sind demgegenüber strenger. Gemäß § 7h Abs. 1 S. 2 EStG sind – anders als bei § 7i Abs. 1 S. 2 EStG – außerdem auch solche Herstellungskosten erfasst, die anlässlich einer funktionsgerechten Nutzung bzw. Umnutzung erbracht werden.173 Ob diese Voraussetzungen vorliegen, obliegt jeweils der Prüfung der Gemeinde.174 Sie wird in einer Bescheinigung dokumentiert (§ 7h Abs. 2 EStG).

168 169 170 171 172 173 174

VGH München, NVwZ 2009, 1053 (1054). OVG Münster, Urteil vom 25. April 1988, 10 A 1090 / 86, EzD 6.1.2 Nr. 14. Kleeberg / Martin, in: Martin / Krautzberger, HdbDSchDPfl, 3. Aufl. 2010, H 242. Vgl. Drenseck, in: Schmidt, EStG, 29. Aufl. 2010, § 7h Rn. 3. BVerwG, Buchholz 40 1.1 § 7h EStG Nr. 1; BFH, DStR 2009, 1305 (1306). Kleeberg / Eberl, Kulturgüter in Privatbesitz, 2. Aufl. 2001, Rn. 561. BFH BStBl. II 2003, 910; BFH BStBl. II 2007, 373.

E. Steuerrecht

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b) § 11a EStG § 11a EStG entspricht strukturell § 11b EStG. Auch insoweit handelt es sich – wie im Ver- 573 hältnis von §7h EStG zu § 7i EStG – um die an Maßnahmen i. S. v. § 177 BauGB anknüpfende Komplementärvorschrift, die – ungleich § 7h EStG – ebenfalls den Erhaltungsaufwand begünstigt.175

III. Erbschaftsteuerrecht Das Erbschaftsteuerrecht sieht erhebliche Privilegien für Kulturgüter und Denk- 574 mäler bis hin zur Steuerfreiheit vor.176 Zentrale Regelung ist § 13 Abs. 1 ErbStG. Gemäß § 13 Abs. 1 Nr. 2 ErbStG sind bestimmte unbewegliche und bewegliche Kulturgüter – hier von Interesse sind vor allem Grundbesitz und Teile von Grundbesitz – bei der Ermittlung der Höhe der Erbschaft- und Schenkungsteuer nur mit 40 v. H. ihres Wertes anzusetzen, wenn ihre Erhaltung wegen ihrer Bedeutung für Kunst, Geschichte oder Wissenschaft im öffentlichen Interesse liegt, sie in angemessenem Umfang den Zwecken der Forschung oder der Volksbildung nutzbar gemacht sind oder werden und die jährlichen Kosten in der Regel die erzielten Einnahmen übersteigen (§ 13 Abs. 1 Nr. 2 lit. a ErbStG). Insbesondere das Merkmal der Nutzbarmachung zu Gunsten der Forschung, die lediglich eine tatsächliche Zurverfügungstellung voraussetzt,177 und der – dauerhaften178 – Unrentabilität wird für die Mehrzahl der Kulturgüter zutreffen. Ist das Kulturgut außerdem Denkmal i. S. d. Landesdenkmalschutzgesetze, kommt 575 sogar die vollständige Befreiung von Erbschaft- und Schenkungssteuer bei Übertragung des Objektes in Betracht. Dafür ist vorauszusetzen, dass der Erwerber bereit ist, die Gegenstände den Bestimmungen der Denkmalspflege zu unterstellen oder179 sich diese Gegenstände seit mindestens 20 Jahren im Besitz der Familie befinden oder dass sie in das Verzeichnis national wertvollen Kulturguts oder national wertvoller Archive eingetragen sind (§ 13 Abs. 1 Nr. 2 lit. b ErbStG). Die Formulierungen sind teilweise missverständlich:180 Die Bereitschaft, die Objekte den Bestimmungen der Denkmalspflege zu unterstellen, setzt nicht mehr voraus als die tatsächliche Anwendung der Denkmalschutzgesetze auf die Objekte nach dem jeweiligen Landesrecht.181 Die Bereitschaft muss keineswegs durch einen öffentlich-rechtlichen Vertrag dokumentiert werden. Insbesondere ist der Denkmalseigentümer weNäher Lambrecht, in: Kirchhof, EStG, 10. Aufl. 2011 § 11a Rn. 642. Vgl. Jülicher, in: Troll / Gebel / Jülicher, ErbStG, 41. Aufl. 2011, § 13 Rn. 23. 177 Meincke, ErbStG, 15. Aufl. 2009, § 13 Rn. 10. 178 Vgl. Meincke, ErbStG, 15. Aufl. 2009, § 13 Rn. 12. 179 H.M. Vgl. BFH BStBl. II 1981 251; Heuer, DStR 2002, 845 (847); Leisner, ZEV 2003, 436 (437). 180 Leisner, ZEV 2003, 436 (438). 181 Heuer / Cube, ZEV 2008, 565 (569); Kleeberg / Eberl, Kulturgüter in Privatbesitz, 2. Aufl. 2001, Rn. 722. 175 176

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§ 5 Kulturgüterschutz außerhalb des Denkmalschutzrechts der Länder

gen Art. 19 Abs. 4 GG nicht gehalten, auf Rechtsmittel gegen die Unterschutzstellung zu verzichten.182 Lediglich für bewegliche Kulturgüter kann die Vorschrift insoweit Bedeutung haben, als deren Rückverbringung in den Geltungsbereich eines Denkmalschutzgesetzes Voraussetzungen der steuerrechtlichen Privilegierung ist. 576

Die Befreiung von der Erbschaftsteuer bei Denkmälern und Kulturgütern unterliegt auch rechtspolitischer Kritik. Die Regelung ist im Jahre 1919 vor allem eingeführt worden, um Kunstsammlungen und Kulturgüter an ihrem authentischen, historischen Standort zu erhalten und die Attraktivität des Wegverkaufs aus oft jahrhundertelangem Familienbesitz zu vermindern.183 Die Vorschrift hat bei der Erhaltung privaten Kunstbesitzes und nationaler Kulturgüter tatsächlich erhebliche Erfolge erzielt; sie ist daher wesentliches Kulturgüterschutzrecht. Allerdings ist zu beachten, dass die Norm nach ihrem Schutzzweck vor allem auf bewegliche Kulturgüter angelegt ist. Die Erwägungen einer eventuellen Entfernung des Kulturgutes aus seinem örtlichen Umfeld – gar ins Ausland – gelten für ortsgebundene Kulturgüter nicht. Für diese käme ein Verzicht auf die erbschaft- und schenkungsteuerrechtliche Privilegierung in Betracht. Dies ist aber eine rechtspolitisch zu entscheidende Frage: Aus Gründen des Denkmalschutzes kann auch argumentiert werden, dass es für den Denkmalschutz von Interesse sei, dass das jeweilige Denkmal auch bei einer Verfügung von Todes wegen wirtschaftlich unschwer in privatem Eigentum verbleiben könne.

IV. Vereinbarkeit mit Unionsrecht 577

Auch die indirekte steuerrechtliche Förderung wird gemäß Art. 107 Abs. 3 lit. d AEUV unionsrechtlich toleriert.184 Es ergeben sich keinerlei Beihilfeprobleme.

F. Sanktionsrecht 578

Die denkmalschutzrechtlichen objektbezogenen und grundsätzlich präventiven Schutzvorschriften werden ergänzt durch subjektbezogene und repressive Strafund Ordnungswidrigkeitsvorschriften, die freilich wiederum general- und spezialpräventive Wirkung entfalten sollen. Im Strafrecht sind die Vorschriften des 27. Abschnitts des StGB grundsätzlich auch auf Denkmale anwendbar. Eine genuin denkmalschutzrechtliche Vorschrift findet sich jedoch nur in § 304 StGB. Daneben enthalten die Landesdenkmalschutzgesetze denkmalspezifische Straftatbestände und Ordnungswidrigkeitsbestimmungen.

182 183 184

Zutr. Leisner, ZEV 2003, 436 (438). Vgl. Heuer / Cube, ZEV 2008, 565, auch zur Kritik. Vgl. auch Odendahl Kulturgüterschutz, 2005, S. 469.

F. Sanktionsrecht

207

I. § 304 StGB 1. Inhalt und Systematik § 304 StGB ergänzt die Grundvorschrift des 27. Abschnitts, § 303 StGB, und 579 erhöht deren Strafrahmen. Wird eine Sache beschädigt, die für die Allgemeinheit von besonderem materiellem oder funktionellem Interesse ist, erhöht sich der Strafrahmen gegenüber § 303 StGB – wenn auch eher unerheblich – auf eine Höchstfreiheitsstrafe von drei Jahren. Allerdings ist § 304 StGB keine Qualifikation zu § 303 StGB, sondern eine Norm sui generis.185 Schutzgut von § 304 StGB ist das geschützte Nutzungsinteresse der Allgemeinheit an den Objekten mit Allgemeinbedeutung, nicht jedoch das Eigentum:186 Unter den Schutz des § 304 StGB fallen Sachen mit einer besonderen Zweckbestimmung unabhängig vom Eigentum, also auch tätereigene oder herrenlose Sachen.187 Die strafbare Beschädigungs- bzw. Zerstörungshandlung muss nicht nur das Objekt, sondern gerade das spezifisch geschützte Allgemeininteresse verletzen.188

2. Denkmalbegriff In der enumerativen Aufzählung der geschützten Rechtsgüter in § 304 Abs. 1 580 StGB werden u. a. öffentliche Denkmäler genannt. Die Rechtsprechung des RG hat dazu eine eigene Definition entwickelt, derzufolge öffentliche Denkmäler von Menschen geschaffene Erinnerungszeichen sind, das heißt, Zeichen und Bauwerke, mit denen sie an Personen, Ereignisse oder Zustände dauerhaft erinnern wollen und deren Erhaltung und Schutz wegen ihrer wissenschaftlichen, geschichtlichen, landeskundlichen, städtebaulichen, künstlerischen oder volkskundlichen Bedeutung, Eigenart oder Schönheit im Interesse der Allgemeinheit liegt.189 Die Definition entspricht in vielerlei Hinsicht dem Denkmalbegriff der heutigen Landesdenkmalschutzgesetze, weicht jedoch auch in verschiedenen Nuancen ab. Vor allem macht sie die Denkmalseigenschaft nicht von einer konstitutiven Eintragung in ein Denkmalsbuch abhängig.190 In der Strafrechtsdogmatik ist daher seit langem umstritten, ob eine originäre bundesrechtliche Auslegung des strafrechtlichen Begriffs geboten ist. Die Frage ist rechtlich deshalb relevant, weil eine Rezeption der Landesdenkmalschutzgesetze voraussetzt, dass die strafrechtlich unveränderte Norm durch den Erlass von Landesrecht – nämlich der Landesdenkmalschutzgesetze – zur Zeit ihrer 185 Stree / Hecker, in: Schönke / Schröder, StGB, 28. Aufl. 2010, § 304 Rn. 1; Wieck-Noodt, in: Münchener Kommentar zum StGB, Bd. 4, 2006, § 304 Rn. 2 m. w. N. 186 Wieck-Noodt, in: Münchener Kommentar zum StGB, Bd. 4, 2006, § 304 Rn. 1 m. w. N. 187 Stree / Hecker, in: Schönke / Schröder, StGB, 28. Aufl. 2010, § 304 Rn. 1. 188 So bereits RGSt 9, 219; RGSt 43, 31. 189 RGSt 43, 241; später LG Bamberg NJW 1953, 997 (998). 190 Weber, FS Tröndle, 1989, S. 337 (338).

208

§ 5 Kulturgüterschutz außerhalb des Denkmalschutzrechts der Länder

Geltung eine stillschweigende Bedeutungsänderung erfahren hat. Im Ergebnis ist ein solcher Wandel anzunehmen: Normzweck der § 304 StGB ist der Schutz bestimmter der Allgemeinheit besonders wertvoller Güter, die deshalb auch im übrigen Recht besonderen Schutz erfahren hat. Die Normierung im Strafrecht ist lediglich Folgeentscheidung der Wertentscheidung im sonstigen Recht. Ändert sich daher das Verständnis der Allgemeinnützlichkeit in den Bezugsvorschriften, müssen die modifizierten Wertungen konsequenterweise auch auf das Strafrecht übertragen werden. Dies gilt jedenfalls, soweit diese Begriffsverständnisse noch mit dem Normzweck der Vorschrift in Einklang stehen.191 Demgegenüber würde ein eigenständiger bundesrechtlicher Denkmalschutzbegriff zu Inkongruenzen und Wertungswidersprüchen – vor allem gegenüber dem Konstitutivsystem – führen. Daher ist die Norm bei verfassungskonformer Auslegung Blankettgesetz für die heutigen Landesdenkmalschutzgesetze.192 581

Sind aber die Denkmalbegriffe von StGB und Landesdenkmalschutzgesetzen vollends identisch? § 304 Alt. 1 StGB schützt nicht Denkmäler, sondern öffentliche Denkmäler. Das bedeutet nach h. M., dass nur solche Denkmäler geschützt seien, die der Öffentlichkeit zugänglich sind.193 Der Begriff „öffentlich“ führt in diesem Sinne zu einer sehr erheblichen Einschränkung des Straftatbestandes: Alle Denkmäler, die im Privateigentum befindlich sind und ausschließlich privat genutzt werden, werden von dem so gelesenen § 304 StGB nicht erfasst.194 Dies kann damit gerechtfertigt werden, dass die Vorschrift auf den allgemeinen Nutzen zielt, der eine öffentliche Nutzung voraussetzt. Freilich begibt sich das Strafrecht damit in einen Wertungswiderspruch zum Denkmalschutzrecht: Der besondere Allgemeinnutzen liegt nach dem streng substanzorientierten Denkmalschutzrecht in der Erhaltung der Denkmäler als kulturellem Erbe, unabhängig davon, ob sie öffentlich zugänglich sind oder nicht. Obschon auch manche Denkmalschutzgesetze die Zugänglichmachung des Denkmals in den Pflichtenkatalog des Eigentümers bzw. Verfügungsberechtigten aufgenommen habe, handelt es sich insoweit doch um einen sekundären und nicht denkmalkonstitutiven Gesichtspunkt. Jedoch können beide Rechtsgebiete auch unter dem geltenden § 304 StGB harmonisiert werden: Die Wendung „öffentliche Denkmäler“ kann auch als „vom öffentlichen Recht geschützte Denkmäler“ gelesen werden. Eine solche Lesart stimmt damit überein, dass infolge der denkmalrechtlichen Pflichtenbindung das Denkmal aus dem reinen Privateigentum in eine quasi öffentliche Treuhänderschaft durch den Eigentümer überführt wird: Private Denkmäler im Sinne der Denkmalschutzgesetze sind stets auch öffentlich. Der Gesetzgeber sollte daher – auch der Klarstellung halber – das Merkmal „öffentlich“ streichen.

Vgl. mit abw. Begründung Weber, FS Tröndle, 1989, S. 337 (342). Weber, FS Tröndle, 1989, 337 (342); Stree / Hecker, in: Schönke / Schröder, StGB, 28. Aufl. 2010, § 304 Rn. 4; zweifelnd Hettinger, JZ 1992, 244 (245). 193 So etwa RGSt 43, 240 (244); Stree / Hecker, in: Schönke / Schröder, StGB, 28. Aufl. 2010, § 304 Rn. 4; Lackner / Kühl, StGB, 26. Aufl. 2007, § 304 Rn. 2. 194 Krit. denn auch Hönes, NuR 2006, 750 (751). 191 192

F. Sanktionsrecht

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II. Landesstrafrecht 1. Normbestand Eine eigene landesstrafrechtliche Bestimmung sehen nur drei Landesdenkmal- 582 schutzgesetze vor.195 Nach den drei – teilweise wortidentischen – Klauseln macht sich strafbar, wer ohne die denkmalschutzrechtliche Genehmigung ein Kulturdenkmal oder zumindest einen wesentlichen Teil dessen zerstört bzw. in seiner Denkmaleigenschaft wesentlich beeinträchtigt. Die Begriffe sind in Übereinstimmung mit den denkmalrechtlichen Wertungen auszulegen:196 Eine Zerstörung liegt vor, wenn infolge eines schwerwiegenden Eingriffs der ideelle Wert und der Rechtscharakter als Denkmal untergehen; nicht erforderlich ist ein Untergang der Substanz. Ein wesentlicher Teil eines Denkmals ist ein Teil, der für den Rechtscharakter als Denkmal und die Erhaltung seiner Substanz wesentlich ist. In der zweiten Tatbestandsalternative besteht eine Beeinträchtigung – die unterhalb der Schwelle der Zerstörung liegt –, wenn das gesamte Denkmal durch den Eingriff in seiner Denkmalseigenschaft wesentlich beeinträchtigt ist. Der Strafrahmen für die Delikte entspricht dem des § 303 StGB. Die Verwirklichung des Straftatbestandes kann die Einziehung des Denkmals 583 oder der verbliebenen Denkmalsreste nach sich ziehen. Darin liegt eine besondere Anordnung der allgemeinen Einziehungsregeln nach § 74 ff. StGB. Wirkung der Einziehung ist gemäß § 74e Abs. 1 StGB, dass die eingezogene Sache bzw. das eingezogene Recht in das Eigentum des Staats übergehen; die Denkmalschutzgesetze bestimmen insoweit nichts anderes. Die Besonderheit ihrer Regelung liegt vielmehr in den Gegenständen der Einziehung: Einziehungsfähige Objekte sind nach § 74 Abs. 1 StGB nur solche, die durch die Straftat hervorgebracht wurden bzw. zu ihrer Begehung gebraucht wurden oder jedenfalls bestimmt waren ( producta bzw. instrumenta sceleris).197 Die denkmalschutzrechtlichen Einziehungsregeln ordnen demgegenüber die Einziehung der geschützten Rechtsgüter – der Denkmäler oder ihrer Reste – an. Dies ist nach allgemeinem Strafrecht nicht möglich, liegt jedoch unter Denkmalschutzgesichtspunkten nahe. Die Möglichkeit zur Einziehung erlaubt den Verzicht auf das wesentlich voraussetzungsvollere Instrument der Enteignung.

2. Besonderheiten Diese in allen drei Denkmalschutzgesetzen sachidentischen Straftatbestände er- 584 fahren allein in § 35 DSchG Sachs in zweierlei Hinsicht eine Erweiterung. Nach § 35 Abs. 1 Nr. 2 ist zusätzlich die Durchführung einer Grabung in einem Gra§ 34 DSchG Nds; § 35 DSchG Sachs; § 21 DSchG LSA. Zur Auslegung i. E. Martin / Ahrensdorf / Flügel, Denkmalschutzgesetz des Landes Sachsen-Anhalt. Kommentar, 2001, § 21 Rn. 2. 197 Näher Joecks, in: Münchener Kommentar zum StGB, Bd. 2/1, 2005, § 74 Rn. 10 ff. 195 196

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§ 5 Kulturgüterschutz außerhalb des Denkmalschutzrechts der Länder

bungsschutzgebiet mit dem Ziel der Denkmalsentdeckung strafbar. Da die Vorschrift an die Durchführung der Grabung anknüpft, handelt es sich dabei nicht um ein Erfolgs-, sondern um ein Handlungsdelikt. Die Vorschrift knüpft an denselben Strafrahmen wie die Zerstörungs- und Beeinträchtigungsalternative an. Die zweite Besonderheit der sächsischen Bestimmung liegt in der Einführung eines Fahrlässigkeitsdelikts. Gemäß § 35 Abs. 2 DSchG Sachs ist auch die fahrlässige Verwirklichung der Grunddelikte strafbar. Der Strafrahmen beträgt insoweit bis zu einem Jahr Freiheitsstrafe.

3. Verfassungsrechtliche Würdigung 585

Die Normierung eigener landesrechtlicher Straftatbestände trifft auf sachliche und verfassungsrechtliche Bedenken. Sachlich ist der Tatbestand weitgehend überflüssig. Folgt man der oben vertretenen Auslegung zu § 304 StGB, unterfallen – mit Ausnahme lediglich von § 35 Abs. 1 Nr. 2 DSchG Sachs – sämtliche straftatbestandlichen Erfolge schon dem höheren Strafrahmen des § 304 StGB. Selbst bei einer abweichenden Auslegung des § 304 StGB, die dem Merkmal der Öffentlichkeit des Denkmals einschränkenden Charakter zuweist, beschränkte sich der genuine Anwendungsbereich des Zerstörungs- und Beeinträchtigungstatbestandes auf solche Denkmäler, die nicht öffentlich zugänglich sind, aber auch nicht in privatem Eigentum stehen. Denn insoweit griffe auch § 303 StGB nicht ein. Solche Konstellationen sind praktisch kaum vorstellbar.

586

Der Verbleib eines wenigstens theoretischen Restanwendungsbereichs der landesstrafrechtlichen Norm ist jedoch für die Frage ihrer Verfassungsmäßigkeit von erheblicher Bedeutung. Nach § 74 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 2 GG unterliegt das Strafrecht der konkurrierenden Gesetzgebung von Bund und Ländern. Dabei steht den Ländern die Befugnis zur Gesetzgebung nach dem Wortlaut des Art. 72 Abs. 1 GG nur zu, solange und soweit der Bund von seiner Gesetzgebungszuständigkeit nicht Gebrauch gemacht hat.198 Es handelt sich jedoch nicht um echte Konkurrenz: Vielmehr steht dem Bund ein vorrangiges Zugriffsrecht auf die der konkurrierenden Gesetzgebung unterfallenden Materien zu, so dass die Landeszuständigkeit nur subsidiärer Natur ist.199 Daraus folgt, dass die Länderregelung eines Sachbereichs grundgesetzwidrig ist, sobald der Bund diesen bereits normiert hat.

587

Mit dem Erlass des Strafgesetzbuchs und bundesrechtlicher Nebengesetze hat der Bund für das Strafrecht von seiner konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz grundsätzlich erschöpfend Gebrauch gemacht.200 Substantielle Gesetzgebungskompetenzen verbleiben den Ländern lediglich im Nebenstrafrecht. Dies entspricht auch Ausführlich Kloepfer, Verfassungsrecht I, 2011, § 21 Rn. 67 ff. m. w. N. Maurer, Staatsrecht I, 6. Aufl. 2010, § 17 Rn. 30, spricht deshalb anstelle von konkurrierender Gesetzgebung von Vorranggesetzgebung des Bundes. 200 Vgl. nur Maunz, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 74 Rn. 68. 198 199

F. Sanktionsrecht

211

der Regelung des Art. 4 Abs. 2 EGStGB: Hiernach besteht für landesrechtliche Straf- und Bußgeldvorschriften insoweit kein Raum mehr, als die Materie im Besonderen Teil des StGB abschließend geregelt ist.201 Gerade dann aber, wenn die Materie, an welche die strafrechtliche Regelung anknüpft, besonderer Gegenstand der Landesgesetzgebungskompetenz ist, können die Regelungen des StGB nicht pauschal als erschöpfend unterstellt werden. Im Sachzusammenhang der Landesgesetzgebung kann Raum für eine weitergehende Landesregelung sein.202 Dabei ist freilich zu beachten, dass ein weniger weitreichender Anwendungsbereich der strafrechtlichen Bundesregelung auf einer bewussten gesetzgeberischen Entscheidung für die Beschränkung der – ohnedies stets nur als ultima ratio in Betracht kommenden – Strafbarkeit beruhen kann. Für das Denkmalschutzrecht gilt daher Folgendes: Wird das Merkmal der „Öf- 588 fentlichkeit“ des Denkmals als tatbestandseinschränkend verstanden, dann besteht zwischen bundesrechtlichem und landesrechtlichem Straftatbestand eine Rechtsgutdivergenz: Während der Bundesgesetzgeber den öffentlichen Zugang zu bestimmten Allgemeingütern und dafür sekundär deren Substanz schützt, ordnet das Landesrecht einen zugangsunabhängigen Substanzschutz an. In diesem Fall kann nicht von einer erschöpfenden Regelung durch § 304 StGB ausgegangen werden,203 zumal eine strafrechtliche Komplementärregelung zum Denkmalschutzrecht gerade fehlt. Ihr Erlass obläge dann dem Landesgesetzgeber.204 Allerdings sind diese Prämissen nach hiesiger Auffassung bundesstrafrechtlich 589 nicht haltbar: Da in dem Merkmal der Öffentlichkeit keine Einschränkung liegt, besteht die Rechtsgutsdivergenz nicht. Folglich ist die bundesrechtliche Regelung abschließend.205 Für einen darüber hinaus gehenden landesrechtlichen Straftatbestand besteht somit kein Raum. § 35 Abs. 1 Nr. 2 DSchG Sachs ist grundgesetzwidrig.

III. Ordnungswidrigkeitenrecht Anders als im Strafrecht sehen alle Landesdenkmalschutzgesetze spezielle Tatbe- 590 stände des Ordnungswidrigkeitsrechts vor.206 Die verfassungsrechtliche Ausgangslage ist hier völlig anders: Zwar zählt nach ganz herrschender Auffassung – neben Maunz, in: Maunz / Dürig, GG, Art. 74 Rn. 68. Vgl. mit Einschränkungen Joecks, in: Münchener Kommentar zum StGB, Bd. 1, 2003, Einleitung, Rn. 104. 203 So denn auch Hettinger, JZ 1992, 244 (245). 204 Martin / Ahrensdorf / Flügel, Denkmalschutzgesetz des Landes Sachsen-Anhalt. Kommentar, 2001, vor § 21 Rn. 4. A. A. insoweit Joecks, in: Münchener Kommentar zum StGB, Bd. 1, 2003, Einleitung, Rn. 105. 205 I. E. ganz h. M. Vgl. Weber, FS Tröndle, 1989, 337 (345 f.). 206 § 27 DSchG BW; Art. 23 DSchG Bay; § 23 DSchG Bbg; § 28 DSchG HH; § 27 DSchG Hess; § 26 DSchG MV; § 35 Abs. 3 DSchG Nds; § 41 Abs. 2 DSchG NRW; § 33 DSchG RP; § 20 DSchG Saar; § 36 DSchG Sachs; § 22 DSchG LSA; § 24 DSchG SH; § 29 DSchG Th. 201 202

212

§ 5 Kulturgüterschutz außerhalb des Denkmalschutzrechts der Länder

dem Kriminalstrafrecht – auch das Ordnungswidrigkeitenrecht zum kompetenzrechtlichen Strafrechtsbegriff in Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG.207 Daher besteht auch hier eine konkurrierende Gesetzgebungskompetenz des Bundes. Die bundesrechtliche Regelung des OWiG beschränkt sich jedoch vor allem auf die Regelung des Bußgeldverfahrens (§§ 35 bis 110e OWiG). Materielle Ordnungswidrigkeitentatbestände sind demgegenüber kaum normiert (§§ 111 bis 131 OWiG). Die Bestimmung ordnungswidrigen Verhaltens bleibt daher – auch hinsichtlich Denkmälern – den jeweiligen Spezialgesetzen überlassen. Ahndungstatbestände, die der Bund noch nicht geregelt hat, können insoweit weitgehend durch Landesrecht beibehalten oder neugeschaffen werden, sofern die Länder die Gesetzgebungskompetenz für das jeweilige Sachgebiet haben.208 Diese Kompetenz besteht im Denkmalschutzrecht. 591

Die Regelung der Ordnungswidrigkeitentatbestände in den Landesdenkmalschutzgesetzen steht funktional vor den Schranken der schon bestehenden Straftatbestände. Zwar besteht nur ein spezifisch denkmalschutzrechtlicher Straftatbestand. Sonstige Substanzeingriffe in Denkmäler sind jedoch auch häufig durch unspezifische Straftatbestände geschützt; diese sind gleichwohl vorrangig.209 Die Ordnungswidrigkeitentatbestände haben daher gerade für den Kern des Denkmalschutzes – den Substanzschutz – zuvörderst bei der Strafzumessung Bedeutung. Freilich ist das Netz strafrechtlicher Regelungen bei Weitem nicht so dicht gesponnen, dass den Ordnungswidrigkeitstatbeständen ein weniger als substanzieller Anwendungsbereich verbliebe.

592

Aufgabe der Ordnungswidrigkeitstatbestände ist es, die Einhaltung der Pflichten des Denkmalschutzes (jenseits der Bagatellschwelle) zu sichern, indem für den Fall ihrer Verletzung Sanktionsfolgen aufgestellt werden. Dazu bieten die Landesdenkmalschutzgesetze wenig einheitliche, teilweise umfassende Kataloge an, die eine Vielzahl an Pflichtverletzungen benennen. Misslich ist die erhebliche Rechtszersplitterung und die häufig völlig unzureichende Ausgestaltung der Tatbestände, die sich im Sanktionsrecht zeigt.210 Im Einzelfall ist bei der Gesetzgebung gar übersehen worden, Ordnungswidrigkeitstatbestände bei Verstoß gegen die Erhaltungsund Nutzungspflichten vorzusehen.211 Dies wird dem Spiegelungsgebot nicht gerecht.

593

Die typischen Ordnungswidrigkeitstatbestände der Denkmalschutzgesetze ergeben sich notwendig aus den denkmalrechtlichen Pflichten: In Betracht kommen vor allem Verstöße gegen die Pflicht zur Einholung einer Genehmigung bzw. Erlaubnis bei denkmalsrelevanten Maßnahmen, des weiteren (eng verbunden) bei VerJarass / Pieroth, GG, 11. Aufl. 2011, Art. 74 Rn. 5. Bohnert, OWiG, 2. Aufl. 2007, § 2 Rn. 2; Rogall, in: Karlsruher Kommentar zum OWiG, 3. Aufl. 2006, § 2 Rn. 6. 209 Vgl. Haspel / Martin / Wenz / Drewes, Denkmalschutzrecht in Berlin, 2008, § 19. 210 So auch Martin, in: Martin / Krautzberger, HdbDSchDPfl, 3. Aufl. 2010, E 240. 211 So in § 22 DSchG LSA. Dazu Martin / Ahrensdorf / Flügel, Denkmalschutzgesetz des Landes Sachsen-Anhalt. Kommentar, 2001, Anm. 1.2 zu § 22. 207 208

F. Sanktionsrecht

213

stößen gegen Nutzungsbeschränkungen sowie gegen die informatorischen Pflichten, vor allem gegen die Auskunftspflichten, die Pflicht, der Behörde das Betreten des Grundstücks zu gestatten, sowie die Anzeigepflichten und schließlich Verstöße gegen die denkmalrechtlichen Duldungs- bzw. Überlassungspflichten.212 Sofern die Pflichten sich nicht ipsa lege aus den Denkmalschutzgesetzen ergeben, setzt ihre Verletzung die vorherige Konkretisierung voraus. Diese kann u. a. durch Verwaltungsakt wie auch durch öffentlich-rechtlichen Vertrag erfolgen. Die Ordnungswidrigkeiten können kraft ausdrücklicher Anordnung in den Denk- 594 malschutzgesetzen zumeist sowohl vorsätzlich als auch fahrlässig verwirklicht werden. Allein nach § 28 DSchG HH können in Ermangelung der nach § 10 OWiG notwendigen Anordnung der Ahnbarkeit von Fahrlässigkeitsdelikten nur Vorsatztaten sanktioniert werden. Unterschiedlich ausgestaltet sind in den Landesdenkmalschutzgesetzen die Höhen der Bußgelder; sie belaufen sich auf (ausnahmsweise) bis zu 250.000213, 500.000214, 1.000.000215 oder gar 1.500.000 Euro216.

Martin, in: Martin / Krautzberger, HdbDSchDPfl, 3. Aufl. 2010, E 243 ff. § 27 DSchG BW; Art. 23 DSchG Bay; § 23 Abs. 2 S. 2 DSchG Bbg; § 35 Abs. 3 DSchG Nds; § 41 Abs. 2 DSchG NRW; § 24 Abs. 2 S. 1 DSchG SH. 214 § 19 Abs. 2 DSchG Bln; § 26 Abs. 4 DSchG Bbg; § 28 Abs. 4 DSchG HH; § 27 Abs. 2 S. 2 DSchG Hess; § 41 Abs. 2 DSchG NRW; § 20 Abs. 2 DSchG Saar; § 36 Abs. 2 DSchG Sachs; § 22 Abs. 2 DSchG LSA; § 29 Abs. 2 DSchG Th. 215 § 33 Abs. 2 DSchG RP. 216 § 26 Abs. 2 S. 2 DSchG MV. 212 213

§ 6 Rechtspolitische Überlegungen zum Denkmalschutzrecht 595

Gegenstand dieser abschließenden Ausführungen sind rechtspolitische Aspekte und dabei insbesondere die Frage, was das Denkmalschutzrecht vom Umweltrecht lernen kann. Die sich daraus ergebenden konkreten Vorschläge für eine Reform des Denkmalschutzrechts werden abschließend in einen Musterentwurf eines Denkmalschutzgesetzes gefasst werden (C.). Die Erstellung des Entwurfs gründet zum einen auf Vorüberlegungen zur Normierungsbedürftigkeit und -fähigkeit des Denkmalschutzes (A.) sowie der Befruchtung des Denkmalschutzrechts durch umweltrechtliche Instrumente (B.).

A. Vorüberlegungen zur Reform des Denkmalschutzrechts I. Schutzdefizite 596

Das Denkmalschutzrecht erscheint vor allem dann defizitär, wenn allein der Privateigentümer in den Blick genommen wird, dessen objektiver Rechtsverpflichtung aus dem Denkmalschutzrecht subjektive Rechte gegenüberstehen. Insbesondere kann sich der Erhaltungspflichtige, wie auch in allen Landesdenkmalschutzgesetzen berücksichtigt, auf das Eigentumsgrundrecht berufen. Die Belastungen des Eigentümers aus seiner Erhaltungspflicht können rechtlich unzumutbar werden. Weder der Bund noch die Länder können im Bereich des Denkmalschutzrechts entsprechende eigentumsgrundrechtliche Interessen geltend machen.1 Soweit die Landesverfassungen zudem bestimmen, dass das kulturelle Leben gefördert und geschützt werden muss, ergibt sich die Erhaltungspflicht der öffentlichen Hand auch daraus, denn zum kulturellen Leben gehören selbstverständlich auch Baudenkmäler. Kürzungen im Bereich des Kulturetats dürfen, was sich auch daraus ergibt, nicht einseitig den Bereich des Denkmalschutzes betreffen.

597

Ein Schutzdefizit kann sich allerdings, wie im folgenden Abschnitt gezeigt werden soll, auch daraus ergeben, dass die Anforderungen an den Verfügungsberechtigten eines Denkmals zu hoch sind. 1 BVerfGE 61, 82 (100 f.) – Sasbach. Vgl. näher Kloepfer, Verfassungsrecht II, 2010, § 49 Rn. 59 ff. (60).

A. Vorüberlegungen zur Reform des Denkmalschutzrechts

215

II. Schutzhypertrophie Wird in den vorangegangenen Kapiteln in erster Linie darauf eingegangen, dass 598 der Schutz von raumgebundenen Kulturgütern, also vorrangig Denkmälern, erweiterungswürdig ist, so soll an dieser Stelle umgekehrt darauf hingewiesen werden, dass die Anforderungen des Denkmalschutzrechts im Einzelfall auch dazu führen können, dass ein Denkmal verfällt und dadurch unwiederbringlich Schaden erleidet bzw. nicht mehr erhalten werden kann. Beispielhaft sei hier der Verkauf von Grundstücken mit denkmalgeschützten 599 Häusern genannt. Oft sind diese Häuser – insbesondere in den neuen Bundesländern – von langem Leerstand bedroht, wenn sie mit dem durch die höchstrichterliche Rechtsprechung als solchen bestätigten „Makel“ des Denkmalschutzes belegt sind. Um späteren Sanktionen wegen Substanzverschlechterung durch die Denkmalschutzbehörde vorzubeugen, wird zu Recht dazu geraten, den Zustand des Gebäudes umgehend durch einen Sachverständigen dokumentieren zu lassen. Damit kann später dem Vorwurf entgegengetreten werden, der Zustand sei erst unter der Verfügungsbefugnis des neuen Eigentümers eingetreten. Nichtsdestoweniger hat der neue Eigentümer sodann natürlich auch denkmalfachgerecht unter weitestgehender Erhaltung der historischen Substanz einer weiteren Verschlechterung des Denkmals entgegenzuwirken. Oft wird eine Kalkulation der insgesamt durch den Kauf entstehenden Kosten kaum absehbar sein. Viele Schäden zeigen sich eben erst während der Rekonstruktion. Hier muss kritisch hinterfragt werden, ob die Intensität der Substanzerhaltungspflicht nicht in vielen Fällen der rein privaten Nutzung eines Denkmals zu hoch angesetzt wird. Zu Recht weist Martin daher darauf hin, dass die Amtsträger einen (potentiellen) 600 Denkmaleigentümer nicht mit übereifrigen Hinweisen auf Verbote, Pflichten und amtliches Vorgehen verschrecken dürfen, sondern möglichst frühzeitig auf den Eigentümer zugehen, ihn informieren und ihm dabei helfen, „sein“ Denkmal besser kennen und auch verstehen zu lernen. Ziel muss es sein, dem Eigentümer sein Denkmal so nahe zu bringen, dass er selbst zum Denkmalpfleger wird und sein Gut entsprechend von sich aus behandelt und dabei mit den Behörden zusammen arbeitet.2

III. Normbedarf und Normverzicht Für die Normierung bedeutet dies, dass nicht allein auf eine Normierung im Denk- 601 malschutz gebaut werden kann, sondern vieles von einer vernünftigen Kooperation zwischen Denkmalschutzbehörde und Eigentümer abhängt. Diese Kooperation wird durch einen festen gesetzlichen Rahmen erleichtert. Die Denkmalbehörde muss hinreichende Eingriffsvorschriften mit Ermessensspielräumen haben, um den Eigentümer zu einem bestimmten Verhalten im Wege weicher Steuerung „bewegen“ zu 2

Martin, in: Martin / Krautzberger, HdbDSchDPfl, 3. Aufl. 2010, G 3 ff.

216

§ 6 Rechtspolitische Überlegungen zum Denkmalschutzrecht

können. Umgekehrt wäre ein überdeterminiertes und auf strikter Rechtsbindung – also nicht auf Ermessensbetätigung – setzendes Gesetz für die Schaffung eines notwendigen Kooperationsverhältnisses zwischen Denkmalschutzbehörde und Eigentümer pures Gift. Daraus folgt insgesamt, dass ein gänzlicher Normverzicht nicht in Betracht kommt. Vielmehr sind Denkmalschutzgesetze auf mittlerer Abstraktionshöhe mit vielen Ermessensermächtigungen anzustreben. Solche Reformen sollten dann auch Anlass sein, aufgetretene Mängel und Schwachstellen im geltenden Denkmalschutzrecht zu beseitigen.

B. Übertragbarkeit umweltrechtlicher Instrumente in das Denkmalschutzrecht 602

Das Umweltrecht ist ein besonders dynamisches und modernes Rechtsgebiet und dient (neben dem Informationsrecht) als Laboratorium der Gesamtrechtsordnung. Von diesem Standpunkt aus ist zu überlegen, ob einzelne umweltrechtliche Instrumente auf das Denkmalschutzrecht übertragen werden können. Im Folgenden sollen dabei zunächst diejenigen – auf den ersten Blick möglicherweise geeignet erscheinenden – Instrumente abgeschichtet werden, die aus unterschiedlichen Gründen für eine Übertragung nicht in Betracht kommen (I.). Als solche Besonderheiten des Umwelt- und insbesondere des Naturschutzrechtes, die hier für eine Übernahme in das Denkmalschutzrecht vorgeschlagen werden sollen, stechen die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung und die im Naturschutzrecht gegebenen Beteiligungs- und Klagerechte von Verbänden hervor (II.). Diese rechtspolitischen Vorschläge sind die praktische Konsequenz der eingangs diskutierten teleologischen Äquivalenz des Umweltschutz- und des Denkmalschutzrechts als „Recht der Bewahrung“ (s. o. § 1 B. III.).

I. Nicht-übertragbare umweltrechtliche Schutzinstrumente 1. Nachträgliche Anordnungen 603

Die Möglichkeit nachträglicher Anordnungen, die spätere Auflagen der zuständigen Behörde trotz Bestandskraft der Genehmigung und unabhängig davon zulässt, dass ein entsprechender Vorbehalt in die Genehmigung aufgenommen worden ist, ist ein für das Umweltrecht spezifisches Instrument,3 von dem in einigen Gesetzen Gebrauch gemacht worden ist.4 Im Bereich Denkmalschutz ist es – soweit ersichtlich – nicht gegeben. Es stellt sich deshalb im vorliegenden Zusammenhang die Frage, ob eine Übertragung dieses Instrumentes auf den Denkmalschutz vorteilhaft Kloepfer, Umweltrecht, 3. Aufl. 2004, § 5 Rn. 119 ff. Z. B. § 17 BImSchG, §§ 9b Abs. 3 S. 2, 17 Abs. 1 S. 3 AtG, §§ 32 Abs. 4 S. 3, 35 Abs. 1 S. 1 KrW- / AbfG. 3 4

B. Übertragbarkeit umweltrechtlicher Instrumente in das Denkmalschutzrecht

217

wäre oder ob dies eher verzichtbar erscheint. Im Bereich des Umweltrechts besteht die Besonderheit sich fortwährend entwickelnder Standards; ein sich ständig aktualisierender Stand von Wissenschaft und Technik und immer neue Erkenntnisse über die Schädlichkeit bestimmter Einflüsse auf Mensch und Umwelt. Dem kann eine behördliche Genehmigung immer nur zu dem Fixpunkt der Erteilung gerecht werden. Die spätere Entwicklung kann – unabhängig davon, ob der Sachbearbeiter einen Widerrufsvorbehalt oder einen Auflagenvorbehalt in die Genehmigung aufgenommen hat – zum Wohle der Allgemeinheit, durch die Möglichkeit der nachträglichen Anordnung, Einfluss auf das ob und das wie der weiteren Zulässigkeit haben. So wird die Allgemeinheit wirksam vor der Bestandskraft von Genehmigungen und deren legalisierender Wirkung geschützt. Eine solche Relativierung der u. a. eigentumsrelevanten Genehmigungswirkung kann allerdings aus Gründen der Rechts-, Planungs- und Investitionssicherheit nur dann gerechtfertigt sein, wenn höherrangige Interessen dies erforderlich machen und eine solche Einschränkung verhältnismäßig erscheint. Dies ist im Bereich des Umweltrechtes punktuell der Fall, v. a. dann, wenn Gefahren für Leib und Leben oder erhebliche Schädigungen der Umwelt möglich erscheinen, nach dem bisherigen Kenntnisstand aber (noch) nicht verifiziert werden können.5 Im Bereich Denkmalschutz ist die Sachlage allerdings anders: Hier obliegt es 604 der Behörde, im Genehmigungsverfahren den Sachverhalt umfassend zu ermitteln; nicht aufzuklärende Zweifel (z. B. über das Vorliegen von archäologischen Bodenfunden vor Aushubarbeiten) kann hier seitens der Behörde durch Auflagen- und Widerrufsvorbehalte hinreichend begegnet werden. Eine Abhängigkeit vom Stand der Wissenschaft und Technik besteht in diesem Bereich nicht. Denkbar sind allenfalls spätere historische Erkenntnisse; nicht aber nach dem derzeitigen Stand von Wissenschaft und Technik nicht erkennbare Gefahren für ein Kulturgut. Es kann also festgehalten werden, dass die Möglichkeit nachträglicher Anordnungen ein umweltrechtspezifisches Instrument ist. Eine Übertragung auf den Bereich Denkmalschutz erscheint nicht sinnvoll. Ohnehin wird oftmals gegen den Verfügungsberechtigten eines Denkmals keine 605 nachträgliche Anordung im Sinne des Umweltrechts ergehen können, da nicht in jedem Fall eine vorgängige Genehmigung vorliegt, die die Nutzung des Denkmals materiell regelt und durch die nachträgliche Anordnung modifiziert werden könnte. Die bestehenden Instrumente des Denkmalschutzrechts, mit Anordnungen im Einzelfall Belange des Denkmalschutzes durchzusetzen, erscheinen daher im Wesentlichen adäquat. 2. Planung Ein im Bereich des Umweltrechts besonders hervorgehobenes Schutzinstrument 606 ist das der Planung. Hier ist nach umweltspezifischen und umweltrelevanten Fach5

Kloepfer, Umweltrecht, 3. Aufl. 2004, § 5 Rn. 124.

218

§ 6 Rechtspolitische Überlegungen zum Denkmalschutzrecht

planungen zu unterscheiden. Als Äquivalent zur umweltrelevanten Fachplanung gibt es die (allerdings deutlich weniger bekannte und in der Literatur diskutierte) denkmalschutzrelevante Fachplanung. Das sind alle Arten von Fachplanungen, die denkmalschützerische Aspekte zumindest im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigen haben. 607

Ein Äquivalent im Denkmalschutzrecht für die umweltspezifische Fachplanung ist die informelle Planung im Denkmalschutz und in diesem Rahmen v. a. der Denkmalpflegeplan (siehe dazu bereits oben unter § 4 D. IV.). Schließlich sind der Umweltplanung und hier dem Bereich der Schutzgebietsausweisungen im Bereich des Denkmalschutzes die Festlegung von Denkmalzonen, Grabungsschutzgebieten und archäologischen Reservaten sehr ähnlich. Genauso wie im Naturschutzrecht die Schutzgebietsverordnung wird im Denkmalschutzrecht die Denkmalzone, das Grabungsschutzgebiet und die archäologische Schutzzone in der Regel durch eine Rechtsverordnung festgelegt.6 Die Planung ist folglich – wenn auch weniger bekannt und differenziert – auch im Denkmalschutz kein unbekanntes Instrument. Eine „ganzheitliche“ Betrachtungsweise, wie im umweltrechtlichen Bereich erscheint im Bereich des Kulturgüterschutzes nicht erforderlich. Daher mögen auch die Unterschiede in der Ausprägung der Planungsebenen und -tiefe ihre Rechtfertigung haben. Ein prinzipieller dogmatischer Unterschied der Rechtsgebiete kann aber hinsichtlich des Instruments der Planung nicht gesehen werden.

3. Finanzielle hoheitliche Verpflichtungen 608

Gesetzliche Verpflichtungen, deren Adressat und Verpflichteter der Staat ist, sind sowohl im Umwelt- als auch im Denkmalschutzrecht zu finden. Als markanter Unterschied fällt jedoch in der Regel auf, dass die mit finanziellen Belastungen verbundenen Verpflichtungen des Staates im Bereich des Denkmalschutzes regelmäßig vom Gesetzgeber mit einem Vorbehalt der Haushaltslage ausgestattet sind. Es ist also ganz offensichtlich so, dass der Staat sich den Erhalt seiner Kulturgüter „leisten können“ muss. So z. B. in § 7 Abs. 6 S. 2 DSchG Bbg: „Das Land trägt zur Erhaltung und Pflege der Denkmale, insbesondere wenn Verfügungsberechtigte und Veranlasser wirtschaftlich unzumutbar belastet würden, nach Maßgabe dieses Gesetzes sowie der zur Verfügung stehenden Haushaltsmittel bei.“

609

Einen Vorbehalt der Haushaltslage7 kennt man vereinzelt zwar auch im Umweltrecht. Hier liegt die Sache aber meist anders. Die Pflichten richten sich an Dritte und nur eine fakultative Kostenerstattung wird unter den Vorbehalt der Haushalts6 Ausnahmen für Grabungsschutzgebiete gelten in Mecklenburg-Vorpommern (vgl. § 14 DSchG MV) und Sachsen-Anhalt (vgl. § 9 Abs. 5 DSchG LSA): dort erfolgt lediglich eine Eintragung in die Denkmalliste bzw. wird ein VA erlassen. 7 Zum Haushaltsvorbehalt allgemein v. Lewinski, Öffentlichrechtliche Insolvenz und Staatsbankrott, 2011, S. 42 ff.

B. Übertragbarkeit umweltrechtlicher Instrumente in das Denkmalschutzrecht

219

lage gestellt. Beispielhaft sei hier § 71 Abs. 4 NatSchG Bbg genannt: „Die Landesregierung wird ermächtigt, durch Rechtsverordnung festzulegen, dass Eigentümern oder Nutzungsberechtigten, denen durch dieses Gesetz oder Maßnahmen aufgrund dieses Gesetzes die bestehende land-, forst- oder fischereiwirtschaftliche Bewirtschaftung einer Fläche wesentlich erschwert wird, ohne dass eine Entschädigung nach Absatz 1 bis 3 zu gewähren ist, auf Antrag ein angemessener Geldausgleich nach Maßgabe des Haushalts gezahlt werden kann.“ Die Pflicht des Staates, in seinem Bereich ebenfalls zum Naturschutz beizutragen, wird dadurch aber keineswegs unter einen Haushaltsvorbehalt gestellt. Es fragt sich, ob derartige Vorbehalte im Denkmalschutzrecht generell gerechtfer- 610 tigt sind. Reihen sich mehrere Jahre schlechter Haushaltslagen aneinander, kann möglich sein, dass Kulturdenkmäler während dieser Zeit dem Verfall preisgegeben sind und unumkehrbar Schaden nehmen. Beispielhaft sei hier an die teilweise verfallenden Herrenhäuser in den neuen Ländern erinnert.

II. Übertragbare umweltrechtliche Schutzinstrumente 1. Naturschutzrechtliche Eingriffsregelung Die naturschutzrechtliche Eingriffsregelung (§§ 14 ff. BNatSchG) gliedert sich in 611 ein „Entscheidungsprogramm“: Zunächst werden die tatbestandsmäßigen Voraussetzungen und eine Definition des Eingriffs festgelegt. Gesetzestechnisch werden außerdem Ausnahmetatbestände definiert, bei deren Eingreifen die Eingriffsregelung ebenso unanwendbar bleibt, wie beim Nichtvorliegen eines definitionsgemäßen Eingriffs.8 § 15 BNatSchG weist ein abgestuftes Regelungssystem auf, 9 das allerdings zu 612 einer Reihe von Streitfragen Anlass gegeben hat. Zu unterscheiden sind vier Stufen: – Pflicht zur Unterlassung vermeidbarer Beeinträchtigungen (1. Stufe, § 15 Abs. 1 BNatSchG), – Pflicht zum Ausgleich bzw. Ersatz bei unvermeidbaren Beeinträchtigungen (2. Stufe, § 15 Abs. 2 BNatSchG), – Untersagung des Eingriffs bei nicht vermeidbarem bzw. nicht auszugleichendem oder zu ersetzendem Eingriff und vorgehenden Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege (3. Stufe, § 15 Abs. 5 BNatSchG), – Zulassung des Eingriffs bei nicht vorgehenden Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege gegen Leistung von Ersatzzahlungen (4. Stufe, § 15 Abs. 5, 6 BNatSchG). 8 9

Kloepfer, Umweltschutzrecht, 2. Aufl. 2011, § 12 Rn. 20 ff. Siehe auch Sparwasser / Wöckel, NVwZ 2004, 1189 ff.

220

§ 6 Rechtspolitische Überlegungen zum Denkmalschutzrecht

613

Vereinfacht gesagt bedeutet dies: Eingriffe in Natur und Landschaft sind nur zuzulassen, wenn sie unvermeidbar sind. Solche unvermeidbaren Eingriffe sind nur bei Ausgleich oder Ersatz zulässig. Sind sie nicht vermeidbar und auch weder ausgleichbar noch ersetzbar, sind sie nur zulässig, wenn die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege anderen Belangen im Range nicht vorgehen. Der Verursacher hat dann Ersatz in Geld zu leisten. Eingriffe in Natur und Landschaft können also rechtlich daran scheitern, dass sie vermeidbar sind oder im Falle ihrer Unvermeidbarkeit nicht ausgleichbar oder ersetzbar sind oder wenn im Falle der Unvermeidbarkeit und fehlender Ausgleichbarkeit und Ersetzbarkeit die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege den sonstigen Belangen im Rang im konkreten Fall vorgehen.

614

Auf der ersten Stufe sind gemäß § 15 Abs. 1 S. 1 BNatSchG Verursacher von Eingriffen, welche erheblich sein müssen (§ 14 Abs. 1 BNatSchG), zur Unterlassung vermeidbarer Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft verpflichtet. Vermeidbar sind Beeinträchtigungen, wenn zumutbare Alternativen, den mit dem Eingriff verfolgten Zweck am gleichen Ort ohne oder mit geringeren Beeinträchtigungen von Natur und Landschaft zu erreichen, gegeben sind (§ 15 Abs. 1 S. 2 BNatSchG). Problematisch ist hier vor allem, wie weit diese Verpflichtung gehen kann, d. h. insbesondere, ob sie auch anwendbar ist, wenn die Unterlassungsverpflichtung weitreichende Veränderungen oder auch die Aufgabe des Vorhabens zur Folge hat. Der Verzicht auf ein Projekt selbst begründet hingegen nicht die Vermeidbarkeit einer Beeinträchtigung. In der fachplanerischen Abwägung stellt § 15 Abs. 1 S. 1 BNatSchG nicht nur einen einfachen abwägungserheblichen Belang, sondern einen Planungsleitsatz dar.10 Soweit Beeinträchtigungen nicht zu vermeiden sind, ist dies zu begründen (§ 15 Abs. 1 S. 3 BNatschG).

615

Sind Beeinträchtigungen unvermeidbar, ist auf der zweiten Stufe der Verursacher gemäß § 15 Abs. 2 S. 1 Alt. 1 BNatSchG zu Ausgleichsmaßnahmen verpflichtet. Ein Eingriff ist gemäß § 15 Abs. 2 S. 2 BNatSchG ausgeglichen, wenn und sobald die beeinträchtigten Funktionen des Naturhaushalts in gleichartiger Weise tatsächlich wiederhergestellt sind und das Landschaftsbild landschaftsgerecht wiederhergestellt oder neu gestaltet ist. Es muss in jedem Fall ein enger sachlich-räumlicher und auch zeitlich-„funktionaler“ Zusammenhang zwischen Eingriff und Ausgleichsmaßnahme bestehen. Ist nur ein Teilausgleich möglich, ist zumindest dieser durchzuführen.11

616

Kann ein unvermeidbarer Eingriff nicht (vollständig) ausgeglichen werden, müssen gemäß § 15 Abs. 2 S. 1 Alt. 2 BNatSchG Ersatzmaßnahmen vorgenommen werden. Im Gegensatz zur Ausgleichsmaßnahme, bei welcher ein gleichartiger Zustand erreicht werden muss, kommt es bei der Ersatzmaßnahme nur darauf an, einen 10 Breuer, NuR 1980, 89, 93 m. w. N.; Gaentzsch, NuR 1986, 89, 92; BVerwG, DVBl. 1985, 899 f. 11 Dazu Gassner, NuR 1989, 61 ff.; Schink, Naturschutz- und Landschaftspflegerecht Nordrhein-Westfalen, 1989, Rn. 244 ff.

B. Übertragbarkeit umweltrechtlicher Instrumente in das Denkmalschutzrecht

221

tatsächlich gleichwertigen Zustand zu schaffen (vgl. § 15 Abs. 2 S. 3 BNatSchG). Daher ist ein enger Zusammenhang zwischen Eingriff und Ersatzmaßnahmen hier nicht nötig. Das bisherige Vorrangverhältnis von Ausgleichs- zu Ersatzmaßnahmen (§ 19 Abs. 2 S. 1 BNatSchG a. F.) besteht seit der Neufassung des BNatSchG indes nicht mehr. Erst wenn die mit einem unvermeidbaren Eingriff verbundenen Beeinträchtigun- 617 gen nicht vermeidbar sind und der Eingriff auch nicht ausgeglichen oder ersetzt werden kann, ist auf der dritten Stufe gemäß § 15 Abs. 5 BNatSchG die Abwägung zwischen den Belangen des Naturschutzes und den hinter dem geplanten Eingriff stehenden Belangen eröffnet. Überwiegen bei dieser Abwägung die Belange des Naturschutzes, darf der Eingriff nicht zugelassen werden. Ergibt die Abwägung hingegen, dass die Belange des Naturschutzes und der 618 Landschaftspflege nicht vorgehen, erfolgt die Zulassung des Eingriffs gegen Ersatzzahlung auf einer vierten Stufe (§ 15 Abs. 5, 6 BNatSchG). Es handelt sich also um einen nicht ausgleichbaren bzw. nicht ersetzbaren Eingriff, bei dem andere Belange den Belangen des Naturschutzes und der Landschaftspflege vorgehen (§ 15 Abs. 6 BNatSchG). Für die Zulassung oder die Durchführung eines solchen Eingriffs ist nach § 15 Abs. 6 BNatSchG ein Ersatz in Geld zu leisten. Eine solche Ersatzzahlung ist grundsätzlich vor der Durchführung des Eingriffs zu leisten (§ 15 Abs. 6 S. 5 BNatSchG) und zweckgebunden für Maßnahmen des Naturschutzes und der Landschaftspflege zu verwenden (§ 15 Abs. 6 S. 7 BNatSchG). Interessant für den hier im Vordergrund stehenden Aspekt der Übertragung des 619 Instrumentes der Eingriffsregelung auf den Denkmalschutz dürfte die Forderung nach ausgleichender bzw. ersetzender Kompensation des Landschaftsbildes sein. Nach dem Eingriff hat das Landschaftsbild entweder wiederhergestellt oder landschaftsgerecht neugestaltet zu werden, wobei die Wiederherstellung der Neugestaltung vorrangig ist. Von Wiederherstellung des Landschaftsbildes wird gesprochen, wenn der Eingriff optisch im Wesentlichen nicht mehr erkennbar ist;12 von Neugestaltung ist die Rede, wenn ersatzweise ein Landschaftsbild entsteht, das sich harmonisch in die übrige Landschaft einfügt und deren typische Eigenart erhält.13 Eine lediglich gleichwertige (im Gegensatz zur gleichartigen) Ersetzung der 620 durch den Eingriff zerstörten Naturelemente wird als Ersatzmaßnahme bezeichnet. Sie sind den Ausgleichsmaßnahmen nachgeordnet. Bei den Ersatzmaßnahmen ist jedoch auch auf einen räumlichen Bezug zu achten, so dass ein ökologischer Austausch mit dem Eingriffsort möglich wird und in der Betrachtungsweise einer Gesamtbilanz von einer Kompensation ausgegangen werden kann. Eine positive Auswirkung der durch den Ersatz geschaffenen ökologischen Funktion auf den Ein12 Fischer-Hüftle / Schumacher, in: dies., Bundesnaturschutzgesetz, 2. Aufl. 2010, § 15 Rn. 55. 13 Fischer-Hüftle / Schumacher, in: dies., Bundesnaturschutzgesetz, 2. Aufl. 2010, § 15 Rn. 56; Gellermann, in: Landmann / Rohmer, Umweltrecht, 58. Ergänzungslieferung 2010, § 15 BNatschG Rn. 13.

222

§ 6 Rechtspolitische Überlegungen zum Denkmalschutzrecht

griffsort wird jedoch nicht verlangt. Bei Eingriffen in sowohl den Naturhaushalt, als auch das Landschaftsbild sind beide Komponenten durch Ersatzmaßnahmen zu kompensieren.14 621

Ist weder ein Ausgleich noch ein Ersatz möglich, kommt die von § 15 Abs. 5 BNatSchG geforderte Abwägung zum Zuge.15 Die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege sind gegenüber den für den Eingriff sprechenden Belange in Abwägung zu bringen. Der Eingriff ist zu versagen, wenn die Belange des Naturschutzes und der Landschaftspflege überwiegen. Im Rahmen der Abwägung ist auf Seiten der Natur der Zustand einzustellen, der nach einer möglichen Kompensation vorliegen würde. Dabei ist insbesondere auf eine Würdigung im Lichte des Art. 20a GG zu achten. Nach umstrittener, aber überwiegender Ansicht sind auf Seiten der für den Eingriff sprechenden Belange grundsätzlich nicht nur öffentliche, sondern auch private Belange einzustellen, da anderenfalls keine ausreichende Würdigung grundrechtlich geschützter Belange möglich ist.16 Im Rahmen der Abwägung steht sogar den vorbehaltlos gewährleisteten Grundrechten durch die Staatszielbestimmung des Art. 20a GG kollidierendes Verfassungsrecht gegenüber, so dass im Rahmen der Abwägung auch solche Belange je nach Gewichtung überwunden werden können.

622

In verfahrensrechtlicher Hinsicht gilt, dass über die Unterlassungs- und Kompensationspflichten nach § 15 BNatSchG regelmäßig nicht in einem eigenständigen Verfahren, sondern im Rahmen der nach anderen Rechtsvorschriften erforderlichen Bewilligung, Erlaubnis, Genehmigung der sonstigen Entscheidung als deren integraler Bestandteil entschieden wird. Dieses sog. Huckepackverfahren knüpft an anderweitig normierten Zulassungs- bzw. Anzeigeverfahren an, die durch diese naturschutzrechtlichen Anforderungen „angereichert wird“. Nur wenn kein anderweitiges Zulassungs- bzw. Anzeigeverfahren vorgeschrieben ist bedarf es nach § 17 Abs. 3 S. 1 BNatSchG einer eigenständigen naturschutzrechtlichen Eingriffsgenehmigung.17 Da Eingriffe in geschützte Denkmäler regelmäßig einer Baugenehmigung bedürfen, empfiehlt sich hier eine Übernahme des Huckepackverfahrens. Die denkmalschutzrechtliche Eingriffsregelung würde dann in der Regel Bestandteil des Prüfprogramms des baurechtlichen Genehmigungsverfahrens (soweit Denkmäler betroffen sind) und nur ausnahmsweise Gegenstand einer eigenständigen denkmalschutzrechtlichen Eingriffsgenehmigung.

623

Im Rahmen von Planfeststellungen bildet die Abwägung innerhalb der Eingriffsregelung grundsätzlich einen eigenständigen Verfahrensschritt, der neben der sonstigen Planabwägung vorzunehmen ist und somit einen eigenständigen Versagungs14 Fischer-Hüftle / Schumacher, in: dies., Bundesnaturschutzgesetz, 2. Aufl. 2010, § 15 Rn. 44. 15 Gellermann, in: Landmann / Rohmer, Umweltrecht, 58. Ergänzungslieferung 2010, § 15 BNatschG Rn. 19 ff.; Fischer-Hüftle / Schumacher, in: dies., Bundesnaturschutzgesetz, 2. Aufl. 2010, § 15 Rn. 127 ff. 16 Dafür: statt vieler BVerwG UPR 1991, 105, a. A. VGH Mannheim, NUR 1984, 102. 17 Kloepfer, Umweltschutzrecht, 2. Aufl. 2011, § 12 Rn. 20 f., 30.

B. Übertragbarkeit umweltrechtlicher Instrumente in das Denkmalschutzrecht

223

grund bilden kann.18 Die Entscheidung der Zulässigkeit des Vorhabens aus Sicht der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung trifft die für die Gesamtentscheidung zuständige Behörde. Die Fachbehörde für den Naturschutz wird lediglich ins Benehmen gesetzt. Landesrechtlich sind jedoch strengere Regelungen zulässig. Wichtig ist das Verhältnis der Eingriffsregelung zum Baurecht.19 Hier ist gesetz- 624 lich bestimmt, dass über die Vermeidung eines Eingriffs, dessen Ausgleich bzw. den Ersatz nach den Vorschriften des BauGB zu entscheiden ist, wenn Eingriffe in die Natur und die Landschaft auf Grund der Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung von Bauleitplänen oder von Satzungen nach § 34 Abs. 4 S. 1 Nr. 3 BauGB zu entscheiden ist. Die Eingriffsregelung findet zudem keine Anwendung auf Vorhaben in Gebieten mit Be- 625 bauungsplänen nach § 30 BauGB, während der Planaufstellung nach § 33 BauGB und im Innenbereich nach § 34 BauGB. Die Anwendbarkeit der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung für Außenbereichsvorhaben nach § 35 BauGB sowie für Bebauungspläne, soweit sie eine Planfeststellung ersetzen, wird jedoch gemäß § 18 Abs. 3 BNatSchG ausdrücklich angeordnet.

Folgend soll nun herausgestellt und verglichen werden, wie nach geltender Rechts- 626 lage entsprechend bei Eingriffen in raumgebundene Kulturgüter vorgegangen wird und welche Möglichkeiten und Verpflichtungen zur Kompensation hier bestehen. Hierzu sind die Voraussetzungen zu untersuchen, die bestehen müssen, damit in 627 Denkmale zu deren Nachteil eingegriffen werden darf. Exemplarisch bestimmt § 11 Abs. 1 S. 3 DSchG Bln, dass die Genehmigung zu erteilen ist, „wenn Gründe des Denkmalschutzes nicht entgegenstehen oder ein überwiegendes öffentliches Interesse die Maßnahme verlangt.“ Es handelt sich bei diesen tatbestandlichen Voraussetzungen um gerichtlich voll überprüfbare unbestimmte Rechtsbegriffe. Soweit die Voraussetzungen gegeben sind, besteht ein Anspruch auf die Erteilung einer Erlaubnis. Die Behörde hat insoweit keinen Ermessensspielraum.20 Von einer Denkmalverträglichkeit eines Eingriffes ist auszugehen, wenn er z. B. 628 der Erhaltung des Denkmals dient oder den Denkmalwert nicht beeinträchtigt. Es ist danach zu fragen, ob eine geplante Maßnahme geeignet ist (z. B. hinsichtlich Material, Farbgebung) und ob sie notwendig ist. Eine Denkmalverträglichkeit ist, wenn so nicht bereits beantragt, durch Nebenbestimmungen herbeizuführen (z. B. Farbe, Material).21 Auch ein „überwiegendes öffentliches Interesse“ (beispielsweise Gründe des 629 Brandschutzes, der allgemeinen Gefahrenabwehr, der Verkehrsplanung) kann einen 18 Fischer-Hüftle / Schumacher, in: dies., Bundesnaturschutzgesetz, 2. Aufl. 2010, § 15 Rn. 146 ff. 19 Kloepfer, Umweltrecht, 3. Aufl. 2004, § 11 Rn. 117 ff. 20 Zur Rechtslage in Brandenburg (§ 9 Abs. 2 Nr. 2 DSchG Bbg) vgl. Schneider / FranzmeyerWerbe / Martin / Krombholz, Brandenburgisches Denkmalschutzgesetz, 1. A. 2000, S. 143 f. 21 Schneider / Franzmeyer-Werbe / Martin / Krombholz, Brandenburgisches Denkmalschutzgesetz, 1. A. 2000, S. 145 f.

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§ 6 Rechtspolitische Überlegungen zum Denkmalschutzrecht

Eingriff in ein Denkmal fordern. Hier ist eine Interessenabwägung vorzunehmen. Dabei muss der Eingriff als unumgänglich zu bewerten sein, wenn die Maßnahme zugelassen werden soll.22 630

Im Rahmen der denkmalschutzrechtlichen Erlaubnis wird also im Vergleich zur naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung nur die Stufe der Vermeidbarkeit geprüft. Auflagen sind im Denkmalschutzrecht bei Eingriffen nur dahingehend erteilbar, dass die Vornahme des Eingriffes an sich näher bestimmt wird, nicht aber ein kompensatorisches Handeln an anderer Stelle. Die Herstellung einer ausgewogenen Gesamtbilanz dadurch, dass an anderer Stelle dem Denkmalschutz zugute kommende Maßnahmen vorzunehmen sind, ist – de lege lata – in diesem Rahmen nicht möglich.

631

Soweit für eine entsprechende Maßnahme an einem Denkmal nach anderen Gesetzen eine Planfestestellung, Genehmigung, Erlaubnis, Bewilligung, Zulassung oder Zustimmung erforderlich ist, entscheidet die dafür zuständige Behörde über die denkmalschutzrechtliche Zulässigkeit im Rahmen des anderen Verfahrens mit; vgl. z. B. § 20 Abs. 1 S. 1 DSchG Bbg.23 Aber auch im Rahmen solcher Verfahren wird das materielle Denkmalschutzrecht angewandt, so dass allein das Denkmalschutzrecht keine Möglichkeit bietet, vom Verursacher eine Kompensation zu fordern.

632

Eine Möglichkeit zur Kompensation von Eingriffen zum Nachteil von Kulturdenkmälern könnte sich allerdings im Planungsrecht bieten: § 1 Abs. 6 Nr. 5 BauGB erklärt es zum Planungsgrundsatz, die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes bei der Aufstellung der Bauleitpläne zu berücksichtigen. Dieser Leitsatz bezieht sich sowohl auf den „städtebaulichen Denkmalschutz“, als auch auf den landesrechtlichen Denkmalschutz. Allerdings kommt dem Denkmalschutz durch die ausdrückliche Erwähnung keine im Rahmen der Abwägung zu berücksichtigende Priorität zu.24

633

Für den Eingriff in die Natur sieht § 1a BauGB in dessen Abs. 3 demgegenüber ausdrücklich vor: „Die Vermeidung und der Ausgleich voraussichtlich erheblicher Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes sowie der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts in seinen in § 1 Abs. 6 Nr. 7 Buchstabe a bezeichneten Bestandteilen (Eingriffsregelung nach dem Bundesnaturschutzgesetz) sind in der Abwägung nach § 1 Abs. 7 zu berücksichtigen. Der Ausgleich erfolgt durch geeignete Darstellungen und Festsetzungen nach den §§ 5 und 9 als Flächen oder Maßnahmen zum Ausgleich. Soweit dies mit einer nachhaltigen städtebaulichen Entwicklung und den Zielen der Raumordnung sowie des Naturschutzes und der Landschaftspflege ver22 Schneider / Franzmeyer-Werbe / Martin / Krombholz, Brandenburgisches Denkmalschutzgesetz, 1. A. 2000, S. 149 ff. 23 Schneider / Franzmeyer-Werbe / Martin / Krombholz, Brandenburgisches Denkmalschutzgesetz, 1. A. 2000, S. 151 f.; zur Rechtslage in Nordhein-Westfalen s. § 9 Abs. 3 DSchG NRW. 24 Krautzberger, in: Battis / Krautzberger / Löhr, Baugesetzbuch, 11. Auflage 2009, § 1 Rn. 62.

B. Übertragbarkeit umweltrechtlicher Instrumente in das Denkmalschutzrecht

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einbar ist, können die Darstellungen und Festsetzungen auch an anderer Stelle als am Ort des Eingriffs erfolgen. Anstelle von Darstellungen und Festsetzungen können auch vertragliche Vereinbarungen nach § 11 oder sonstige geeignete Maßnahmen zum Ausgleich auf von der Gemeinde bereitgestellten Flächen getroffen werden. Ein Ausgleich ist nicht erforderlich, soweit die Eingriffe bereits vor der planerischen Entscheidung erfolgt sind oder zulässig waren.“

Die explizite baurechtliche Regelung zugunsten des Naturschutzes lässt aber nicht 634 den Gegenschluss zu, dass eine Kompensation für Eingriffe in denkmalgeschützte Strukturen im Rahmen der Abwägungsentscheidung nach § 1 Abs. 7 BauGB unzulässig sein muss. Die für den Naturschutz im Jahre 1993 eingeführte Regelung des § 1a BauGB sollte u. a. das bis dahin strittige Verhältnis von naturschutzrechtlicher Eingriffsregelung und Bauleitplanung klären. Festsetzungen im Bebauungsplan dazu sind im Rahmen des § 9 BauGB zu Guns- 635 ten der Kompensation im denkmalschützerischen Bereich nur recht eingeschränkt möglich. In Betracht kommen v. a. Festsetzungen nach § 9 Abs. 1 Nr. 1, 2, 2a, 3, 10 und Nr. 15 BauGB. Eher von Bedeutung könnten hier (nach dem Vorbild der eben zitierten Regelung des BauGB) vertragliche und sonstige Maßnahmen sein, die z. B. an bestehenden Denkmälern im Planbereich von Nutzen sein könnten. Fraglich ist allerdings, ob Regelungen in einem Bebauungsplan der Art, dass der 636 Verursacher eines Eingriffs zu Lasten des städtebaulichen bzw. landesrechtlichen Denkmalschutzes Kompensationen tatsächlicher oder finanzieller Art zu leisten hat, rechtlichen Bestand haben können. Insbesondere ist in Frage zu stellen, ob das Eigentumsgrundrecht dem entgegenstünde. Das wäre der Fall, wenn eine solche Regelung keine zulässige Inhalts- und Schrankenregelung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG darstellt. Mit einem Bebauungsplan entstehen eigentumsrechtlich geschützte Rechtsposi- 637 tionen der Grundstückseigentümer. Eben auch aus diesem Grund wurde das Anliegen der naturschutzrechtlichen Eingriffsregelung in die planerische Abwägung integriert, denn nur so ist ein flächenmäßiger Ausgleich und mit ihm eine Verwirklichung des Verursacherprinzips möglich.25 Entsprechend könnte man auch für Ausgleichsmaßnahmen im Bereich des Kul- 638 turgüterschutzes argumentieren: Der neue Bebauungsplan schafft die neue Bestimmung des Inhaltes und der Schranken des Eigentums der überplanten Grundstücke belastet mit der Verpflichtung zum Ausgleich des Verlustes an Denkmalsubstanz im Falle der Realisierung von Bauvorhaben. Allerdings fehlt es im Bereich des Denkmalschutzes an einer gesetzlichen Regelung des Ausgleichs bzw. der Kompensation. Für den Bereich des Naturschutzes bestimmt hingegen § 1a Abs. 3 S. 1 BauGB explizit, dass die Vermeidung und der Ausgleich erheblicher Beeinträchtigungen des Landschaftsbildes sowie der Leistungs- und Funktionsfähigkeit des Naturhaushalts in der Abwägung nach § 1 Abs. 7 zu berücksichtigen sind. Noch 25 Krautzberger, in: Battis / Krautzberger / Löhr, Baugesetzbuch, 11. Auflage 2009, § 1a Rn. 12.

226

§ 6 Rechtspolitische Überlegungen zum Denkmalschutzrecht

deutlicher wird der Bedarf an der Schaffung einer „denkmalschutzrechtlichen Eingriffsregelung“ dann, wenn man Ersatzzahlungen als Kompensationsmöglichkeit an Stelle einer Naturalleistung einführen möchte: Eine solche Ersatzzahlung stellt sich als Sonderabgabe dar, die zweckentsprechend einzusetzen ist und nicht in die allgemeine Mittelbeschaffung fließen darf. Eine Sonderabgabe benötigt eine gesetzliche Grundlage; allein eine Gemeinderatsentscheidung bei der Abstimmung über einen Bebauungsplan ist nicht hinreichend. 639

Diesen Gedanken abschließen soll ein Formulierungsvorschlag für eine denkmalschutzrechtliche Eingriffsregelung (§§ 15 ff. des Musterentwurfes, unter C. III.). Als Vorbild dafür wird die brandenburgische landesnaturschutzrechtliche Eingriffsregelung herangezogen.

2. Verbandliche Beteiligungsrechte und Verbandsklage a) Rechtswissenschaftliche Entwicklung der Verbandsklage 640

Bereits 1967 wurde die Einführung einer naturschutzrechtlichen Verbandsklage vom Deutschen Rat für Landespflege gefordert. Die öffentliche Diskussion um die gesetzliche Regelung einer altruistischen Verbandsklage sowie die Verfahrensbeteiligung von Verbänden nahm in den frühen 1970er Jahren zeitgleich mit der Entwicklung eines neuen Umweltbewusstseins ihren Anfang. Gestärkt wurden diese Forderungen zudem durch ein Vollzugsdefizit im Bereich des Natur- und Umweltschutzrechts sowie bestehender Lücken im Individualrechtsschutz.26 Es gab seit 1975 diverse Anläufe einer Einführung eines naturschutzrechtlichen Verbandsklagerechts auf Bundesebene, die sich aber allesamt bis zur BNatSchG-Novelle zum Jahre 2002 nicht durchsetzen konnten.27 Im Jahre 1987 wurde sogar – weitergehend – ein letztlich von der Regierungsfraktion abgelehnter Gesetzesentwurf 28 von den Grünen vorgelegt, der eine Änderung der VwGO hinsichtlich der Einführung einer allgemeinen Umweltklage und einer Normenkontrollklage vorsah. Tangierend sollten Umweltverbände in derartigen Verfahren von den Gerichtskosten befreit werden.29 Auch in den 1990er Jahren gelang die bundesrechtliche Einführung nicht. Entsprechende Entwürfe der Oppositionsparteien30 fanden keine Mehrheit. Erst 2002 gelang das Novum auf Bundesebene.31 Parallel zur Entwicklung im Bundesrecht konnte sich seit den 80er Jahren im Landesnaturschutzrecht die naturschutzrechtliche Verbandsklage zunehmend durchsetzen. 26 Schmidt / Zschiesche / Rosenbaum, Die naturschutzrechtliche Verbandsklage in Deutschland, 2003, S. 3. 27 Vgl. Schmidt / Zschiesche / Rosenbaum, Die naturschutzrechtliche Verbandsklage in Deutschland, 2003, S. 4; BT-Drs. 7 / 5251, S. 13; BT-Drs. 10 / 2653; BT-Drs. 10 / 2653; BTDrs. 10 / 1794. 28 BT-Drs. 11 / 1153. 29 Schmidt / Zschiesche / Rosenbaum, Die naturschutzrechtliche Verbandsklage in Deutschland, 2003, S. 4 f. 30 BT-Drs. 12 / 3487; BT-Drs. 12 / 4105. 31 Ausführlich Schmidt / Zschiesche / Rosenbaum, Die naturschutzrechtliche Verbandsklage in Deutschland, 2003, S. 6 f.

B. Übertragbarkeit umweltrechtlicher Instrumente in das Denkmalschutzrecht

227

Im Gegensatz zu Bürgerinitiativen sind (Naturschutz-)Verbände in der Regel beständiger, 641 da sie auf Dauer angelegt sind und Bürgerinitiativen wohl auch in der Regel nicht tatsächlich rein altruistisch motiviert sind, sondern sich vielmehr aus „Nachbarn“ zusammensetzen, denen jedoch meist mangels hinreichender individueller Betroffenheit kein Klagerecht in dieser Eigenschaft zusteht. Wenn die Verbandsklage gerade dort ihre Berechtigung hat, wo keine individuellen Klagebefugnisse bestehen, sondern öffentliche Interessen berührt sind, so ist zu diskutieren, ob die Beschränkung der Verbandsklage im Verwaltungsrecht auf den Umweltsektor im engeren Sinne sinnvoll ist. In Umsetzung der Aarhus-Konvention und der diese in Gemeinschaft umsetzenden Richt- 642 linie 2003 / 35 / EG sieht das URG weitergehende Rechtsbehelfe für anerkannte inländische oder ausländische Vereinigungen auch außerhalb des Naturschutzrechts vor. Verwaltungsgerichtlicher Rechtsschutz ist gemäß § 1 Abs. 1 Nr. 1 URG grds. gegen die Zulassung von allen Vorhaben möglich, die einer Pflicht zur Durchführung einer UVP unterliegen. Nach § 1 Abs. 1 Nr. 2 URG sind darüber hinaus Rechtsbehelfe grds. statthaft gegen die Genehmigung von immissionsschutzrechtlichen Anlagen der Spalte 1 der 4. BImSchVO, gegen nachträgliche Anordnungen gemäß § 17 Abs. 1a BImSchG, gegen bestimmte wasserrechtliche Erlaubnisse sowie gegen Planfeststellungsbeschlüsse abfallrechtlicher Deponien (s. a. § 5 A. III.).32

b) Bundesgesetzliche Verankerung eines Verbandsklageund -beteiligungsrechts im Denkmalschutz? Das Umweltrechtsbehelfsgesetz gibt nach der oben dargestellten jüngsten Recht- 643 sprechung des EuGH (unter § 5 A. III.) bei nunmehr gebotener unionsrechtskonformer Auslegung anerkannten Vereinigungen im Wesentlichen dann Klagerechte im Hinblick auf den Denkmalschutz, wenn der Anwendungsbereich des UVP-Gesetzes eröffnet ist oder es um nach der IVU-Richtlinie genehmigungspflichtige Anlagen geht. Im Folgenden soll der Vorschlag einer gesetzlichen Regelung in Anlehnung an 644 die bereits bestehenden naturschutzrechtlichen Beteiligungs- und Klagerechte von Verbänden erarbeitet werden, die diesen Bereich umfasst und darüber hinaus geht. Für den über das Anwendungsgebiet des UVP hinausgehenden Bereich kann freilich keine unionsrechtliche Verpflichtung der Schaffung einer Verbandsklage konstruiert werden. Hierfür spricht allein die Schließung einer Lücke im Rechtsschutzsystem, soweit es ausschließlich um öffentliche Interessen geht. Angelehnt werden soll der Vorschlag an die bundesnaturschutzrechtliche Regelung der Verbandsbeteiligungs- und Klagerechte (§§ 34 ff. des Musterentwurfes, unter C. III.). Der Forderung nach der Einführung einer Verbandsbeteiligung liegt im Denk- 645 malschutzrecht wie im Umweltrecht (und im Übrigen auch im Tierschutzrecht) derselbe Gedanke zugrunde: Während die Rechtsordnung davon ausgeht, dass der Eigentumsschutz selbst am besten in die Hände der Eigentümer gelegt wird, da er am ehesten Rechtsschutzmöglichkeiten zur Verteidigung seines Eigentums ergreifen wird, greift diese sog. Prokurator-Funktion im Hinblick auf öffentliche Interessen – 32

Kloepfer, Umweltschutzrecht, 2. Aufl. 2011, § 5 Rn. 18.

228

§ 6 Rechtspolitische Überlegungen zum Denkmalschutzrecht

etwa Denkmal-, Umwelt- oder Tierschutz – an dem Eigentumsobjekt nicht.33 Die Nutzungs- und Verwertungsinteressen des Eigentümers sind den öffentlichen Schutzund Bewahrungsinteressen sogar oft gegenläufig. Die Schutzgegenstände, seien es Kulturgüter, Tiere oder Umweltgüter, brauchen daher anderer „Patrone“.34 646

Fraglich ist, ob es im Bereich des Denkmalschutzrechts denkbar ist, analog zum Naturschutzrecht neben einer landesrechtlichen Anerkennung von Verbänden eine bundesrechtliche Anerkennungsmöglichkeit zu schaffen. Diese Frage wirft ein schwieriges dogmatisches Problem auf: Einerseits sollte zur effektiven Schaffung einer Wehrhaftigkeit von Vereinen gegen denkmalschädliche Vorhaben eine Beteiligungsmöglichkeit auch bei bundesrechtlichen Vorhaben gegeben sein. Fraglich ist aber andererseits die Gesetzgebungskompetenz für die Schaffung einer Klagemöglichkeit zu Gunsten des Denkmalschutzes gegen Maßnahmen von Bundesbehörden. Eine solche Klagemöglichkeit wäre aus Kompetenzgründen nur durch ein Bundesgesetz zu schaffen.

647

Das Bundesverwaltungsgericht hat anerkannt, dass vom Grundsatz des § 42 Abs. 2 VwGO abweichende Bestimmungen und damit die Zulässigkeit altruistischer Klagebegehren auch durch Landesrecht eingeführt werden können. Die Ermächtigung in der Vorschrift „soweit nichts anderes gesetzlich bestimmt ist“ richte sich auch an den Landesgesetzgeber.35 Die Vorbehaltsklausel des § 42 Abs. 2 VwGO ermächtige den Landesgesetzgeber auch dazu, Klagerechte von Verbänden auch gegen solche Verwaltungsakte vorzusehen, die auf Grund eines bundesgesetzlich geregelten Verfahrens ergehen.36 § 42 Abs. 2 VwGO ermächtige hingegen die Länder nicht, eine Verbandsklage gegen Behörden des Bundes einzuführen. Eine solche Klage würde ausschließlich der objektiv-rechtlichen Kontrolle von Bundesbehörden dienen, die ihrer Art nach aber einer bundesgesetzlichen Regelung vorbehalten bleiben müsse.37 Damit entfällt die Möglichkeit, durch eine Verbandsklageregelung im Denkmalschutzrecht bundesbehördlich zu genehmigende Vorhaben (v. a. Vorhaben auf Grundlage bundesrechtlicher Planfeststellungsverfahren) ohne Geltendmachung einer individuellen Rechtsverletzung gerichtlich überprüfbar zu machen. Die einzig denkbare Möglichkeit wäre, eine grundgesetzliche Kompetenzregelung ausfindig zu machen, die es dem Bund gestatten würde, auf Bundesebene eine solche Verbandsklageregelung zur Überprüfung der Entscheidungen von Bundesbehörden zu schaffen.

648

In Betracht kommt hier Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG; nämlich die Kompetenzregelung für das Bodenrecht; denkbar ist ergänzend auch Art. 74 Abs. 1 Nr. 31 GG, der die Kompetenz für die Raumordnung beinhaltet. 33 34 35 36 37

Kloepfer, FS Winter, 52 (58 f.). Ebd. BVerwGE 92, 263. BVerwG, NVwZ 1988, 527. BVerwGE 92, 263.

B. Übertragbarkeit umweltrechtlicher Instrumente in das Denkmalschutzrecht

229

Auf Grundlage des Art. 74 Abs. 1 Nr. 18 GG, der Kompetenzregelung für das 649 Bodenrecht, ist neben bzw. im Rahmen der Bauleitplanung auch das städtebauliche Denkmalschutzrecht zu regeln.38 Es ist also durchaus berechtigt, den Gedanken einer Kompetenz des Bundes auch für eine Klageregelung zu intensivieren. Einschränkend wäre hier daran zu denken, dass es sich ausschließlich um eine Kompetenz für das „städtebauliche Denkmalschutzrecht“ handelt, dessen Abgrenzung zum Denkmalschutzrecht in der Vergangenheit bereits Gegenstand höchstrichterlicher Entscheidungen war. Entscheidend ist nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, dass 650 sich das städtebauliche Denkmalschutzrecht in erster Linie auf die Erhaltung historisch gewachsener Ortsteile zu richten hat, wobei das Ziel sein muss, die überkommene Nutzungsstruktur oder prägende Teile des Orts- und Straßenbildes um ihrer städtebaulichen Qualität willen für die Zukunft festzuschreiben.39 Der Denkmalschutz habe die Erhaltung baulicher Anlagen aus historischen Grün- 651 den im weitesten Sinne im Auge; er wolle geschichtliche, insbesondere kunst- oder architekturgeschichtliche Epochen und städtebauliche Entwicklungen, aber auch allgemein- oder sozialgeschichtliche Ereignisse und Zeitabschnitte dokumentieren. Denkmalschutz und Denkmalpflege zielten darauf, historische Zusammenhänge in Gestalt einer baulichen Anlage und in der Regel auch eine Mehrheit baulicher Anlagen oder Grünanlagen sowie Straßen-, Platz- und Ortsbilder in der Gegenwart zu veranschaulichen. Das Bodenrecht hingegen nehme die zu erhaltenden baulichen Anlagen, Straßen-, Platz- oder Ortsbilder in ihrer Beziehung zur aktuellen Stadtstruktur und ihrer stadträumlichen Funktion für das gegenwärtige und künftige Zusammenleben der Menschen in den Blick. Es beziehe vorhandene Anlagen von historischem Wert in ihrer Bedeutung für eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, eine dem Wohl der Allgemeinheit entsprechende sozialgerechte Bodenordnung und eine menschenwürdige Umwelt in seine Regelungen ein. Darin zeige sich der primär räumlich-funktionale Steuerungsansatz der Bauleitplanung, die auf die gebietsbezogene Zuweisung einer zeitgerechten Nutzungsstruktur sowie auf die Erfordernisse städtebaulicher Gestaltung ausgerichtet sei. Allein die Sichtbarmachung und Präsentation historischer Zusammenhänge am konkreten Objekt aus kulturoder bildungspolitischen Gründen diene hingegen nicht städtebaulichen Zielen. Es sei jedoch nicht ausgeschlossen, dass Maßnahmen des Denkmalschutzes und des Städtebaus ein und dasselbe Objekt betreffen und sich gegenseitig ergänzen. Die gemeindliche Bauleitplanung müsse sich dabei aber auf die Verfolgung städtebaulicher Ziele, nämlich auf die Regelung der Bodennutzung, beschränken.40 Dabei stellt sich allerdings die Frage, ob es dem Sinn und Zweck dieser strengen 652 Unterscheidung gerecht wird, wenn man dem Bund die Zuständigkeit absprechen will, die Entscheidungen seiner eigenen Behörden für Verbände aus denkmalschüt38 39 40

Stettner, in: Dreier, GG, Bd. II, 2. Aufl. 2006, Art. 74 Rn. 86. BVerwGE 114, 247. BVerwGE 114, 247 (250 f.).

230

§ 6 Rechtspolitische Überlegungen zum Denkmalschutzrecht

zerischer Sicht – über das städtebauliche Denkmalschutzrecht hinaus – überprüfbar zu machen. Denn, wie oben gezeigt, verursachte dies keinen Eingriff in landesrechtliche Kompetenzen. Den Ländern ist es nämlich ebenfalls aus kompetenzrechtlichen Gründen verwehrt, ein Vereinsklagerecht einzuführen, dessen Gegenstand Verwaltungsentscheidungen von Bundesbehörden sind. Muss es nicht vielmehr dem Bund überlassen bleiben, ob er es zulässt, dass Vereine seine Entscheidungen auch daraufhin überprüfen lassen dürfen, ob er im Rahmen seiner Entscheidungen landesrechtliche Bestimmungen korrekt angewandt hat? Gerade angesichts der Tatsache, dass das jeweils betroffene Bundesland nur sehr begrenzte oder bzw. keine Möglichkeiten hat, gegenüber dem Bund die Verletzung denkmalschutzrechtlicher Bestimmungen gerichtlich geltend zu machen. Insofern kann auch durchaus an eine ungeschriebene Kompetenz des Bundes (sei es aus der Natur der Sache oder Annexkompetenz) gedacht werden. 653

Wenn nun eine Bundeskompetenz für die Einführung von Verbandsklage- und Beteiligungsrechten herleitbar ist, stellt sich im Anschluss die Frage, im Rahmen welchen Gesetzes eine derartige Regelung erfolgen könnte. In Betracht käme dabei sowohl eine Einfügung in ein bestehendes Regelwerk – etwa das BauGB oder das URG – als auch die Schaffung eines eigenständigen Gesetzes.

654

Ohne diese Frage ihrer möglichen Verortung abschließend zu beantworten, soll hier – in Anlehnung an die bundesnaturschutzrechtlichen Regelungen der §§ 63 f. BNatSchG – ein Vorschlag für eine mögliche bundesrechtliche Regelung unterbreitet werden. Dieser Gesetzesentwurf greift mit dem Musterentwurf eines Landesdenkmalschutzgesetzes (C. III.) ineinander. So bleibt nach der hier vorgeschlagenen Lösung insbesondere die Anerkennung von Denkmalschutzorganisationen den Ländern vorbehalten; die bundesrechtlich eingeräumten Verbandsklagerechte bauen auf dieser landesrechtlichen Anerkennung auf. § 1 Mitwirkung von Organisationen am Verfahren (1) Einer von einem Land anerkannten Denkmalschutzorganisation41 ist Gelegenheit zur Stellungnahme und zur Einsicht in die einschlägigen Sachverständigengutachten zu geben 1. bei der Vorbereitung von Verordnungen und anderen im Range unter dem Gesetz stehenden Rechtsvorschriften auf dem Gebiet des raumgebundenen Kulturgüterschutzes durch die Bundesregierung, 2. in Planfeststellungsverfahren soweit es sich um Vorhaben handelt, die mit Eingriffen 41

in raumgebundene Kulturgüter verbunden sind und der Verein einen Tätigkeitsbereich hat, der das Gebiet der Länder umfasst, auf die sich das Verfahren bezieht, 3. bei Plangenehmigungen, die an die Stelle einer Planfeststellung im Sinne der Nummer 2 treten und für die eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorgesehen ist, 4. bei Entscheidungen im Sinne von § 3 Abs. 1 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach a) dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung, oder

Vgl. § 35 des Musterentwurfs eines Landesdenkmalschutzgesetzes.

B. Übertragbarkeit umweltrechtlicher Instrumente in das Denkmalschutzrecht

231

b) der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben

mer 1 treten und für die eine Öffentlichkeitsbeteiligung vorgesehen ist,

eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann; oder

3. bei Entscheidungen im Sinne von § 2 Abs. 3 des Gesetzes über die Umweltverträglichkeitsprüfung über die Zulässigkeit von Vorhaben, für die nach

5. bei Genehmigungen für Anlagen, die nach der Spalte 1 des Anhangs der Verordnung über genehmigungsbedürftige Anlagen einer Genehmigung bedürfen, gegen Entscheidungen nach § 17 Abs. 1a des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, gegen Erlaubnisse nach den §§ 2, 7 Abs. 1 Satz 1 des Wasserhaushaltsgesetzes in Verbindung mit den auf Grund von § 7 Abs. 1 Satz 3 des Wasserhaushaltsgesetzes erlassenen landesrechtlichen Vorschriften sowie gegen Planfeststellungsbeschlüsse für Deponien nach § 31 Abs. 2 des Kreislaufwirtschaft- und Abfallgesetzes. soweit sie durch das Vorhaben in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich berührt wird. (2) § 28 Abs. 2 Nr. 1 und 2, Abs. 3 und § 29 Abs. 2 des Verwaltungsverfahrensgesetzes gelten sinngemäß. Eine in anderen Rechtsvorschriften vorgeschriebene inhaltsgleiche oder weitergehende Form der Mitwirkung bleibt unberührt. (3) Absatz 1 Nr. 2 und 3 gilt auch für von den Ländern nach ihren jeweiligen Landesdenkmalschutzgesetzen anerkannte Vereine, soweit diese in ihrem Tätigkeitsbereich betroffen sind. § 2 Rechtsbehelfe von Organisationen (1) Eine von einem Land anerkannte Denkmalschutzorganisation kann, ohne in eigenen Rechten verletzt zu sein, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung einlegen gegen 1. Planfeststellungsbeschlüsse über Vorhaben, die mit Eingriffen in Denkmale verbunden sind, 2. bei Plangenehmigungen, die an die Stelle einer Planfeststellung im Sinne der Num-

a) dem Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung, oder b) der Verordnung über die Umweltverträglichkeitsprüfung bergbaulicher Vorhaben, eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung bestehen kann. (2) Rechtsbehelfe nach Absatz 1 sind nur zulässig, wenn die Organisation 1. geltend macht, dass der Erlass eines in Absatz 1 genannten Verwaltungsaktes Vorschriften dieses Gesetzes, Rechtsvorschriften, die auf Grund oder im Rahmen dieses Gesetzes erlassen worden sind, oder anderen Rechtsvorschriften, die bei Erlass des Verwaltungsaktes zu beachten und zumindest auch den Belangen des Denkmalschutzes zu dienen bestimmt sind, widerspricht, 2. in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich, soweit sich die Anerkennung darauf bezieht, berührt wird und 3. zur Mitwirkung nach § 1 berechtigt war und sie sich hierbei in der Sache geäußert hat oder ihr entgegen § 1 keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist. (3) Hat die Organisation im Verwaltungsverfahren Gelegenheit zur Äußerung gehabt, ist sie im Verfahren über den Rechtsbehelf mit allen Einwendungen ausgeschlossen, die sie im Verwaltungsverfahren nicht geltend gemacht hat, aber auf Grund der ihr überlassenen oder von ihr eingesehenen Unterlagen zum Gegenstand ihrer Äußerung hätte machen können. (4) Ist der Verwaltungsakt der Organisation nicht bekannt gegeben worden, müssen Widerspruch und Klage binnen eines Jahres erhoben werden, nachdem die Organisation von dem Verwaltungsakt Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen können.

232

§ 6 Rechtspolitische Überlegungen zum Denkmalschutzrecht

C. Rechtspolitischer Vorschlag für einen Musterentwurf eines Landesdenkmalschutzgesetzes I. Vorbemerkung 655

Im Folgenden soll auf der Grundlage des Berliner Denkmalschutzgesetzes und unter Zuhilfenahme der Denkmalschutzgesetze der anderen Bundesländer der Entwurf für ein Mustergesetz für die Landesdenkmalschutzgesetze entworfen werden, der die besonders gelungen erscheinenden Vorschriften der Länder mit den aus den Ergebnissen der vorliegenden Arbeit rührenden Gesetzesvorschlägen vereint.

656

Der Gesetzesvorschlag hat übergreifenden Mustercharakter. Er ist ein unverbindliches Angebot an die Landesgesetzgeber, die Denkmalschutzgesetze an diesem Muster auszurichten. Solche Musterentwürfe sind im deutschen Föderalismus keineswegs unbekannt. Insbesondere im Bauordnungsrecht und im Polizeirecht orientieren sich die heutigen Landesgesetze maßgeblich an bundeseinheitlichen Musterentwürfen.42 Der Vorteil des Musterverfahrens liegt darin, dass er die Legislativautonomie der Bundesländer vollständig wahrt, zugleich aber die Nachteile einer nach Bundesländern zersplitterten und gegenseitig uninformierten Gesetzgebungspraxis vermeidet. In Musterentwürfen können die in der Wissenschaft entwickelten Anforderungen an Gesetzgebung in einem bestimmten Rechtsgebiet und die Erfahrungen der Landesverwaltung mit der Bewährung bestimmter Normierungen in der Rechtspraxis miteinander verzahnt werden. Die begrenzte Kodifikationskompetenz von Gesetzgeber und Ministerien insbesondere in kleineren Bundesländern – die sich gerade im Denkmalschutz in erheblichen systematischen und gesetzgebungstechnischen Mängeln der Fachgesetze äußert – kann durch die bundeseinheitliche Musteranregung kompensiert werden. Im Idealfall entsteht so bundeseinheitliches (oder doch im Wesentlichen vereinheitlichtes Landesrecht), ohne entsprechende Bundeskompetenzen bzw. Bundesgesetze schaffen zu müssen.

657

Infolge des differenziert ausgestalteten Organisationsrechts im Bundesstaat wird der Musterentwurf nicht nivellierend-passgleich auf jedes Bundesland anwendbar sein. Insbesondere für die Stadtstaaten werden Einschränkungen vorzunehmen sein. Doch ist insgesamt versucht worden, den Entwurf so weit vom Verfassungs- und Verwaltungsrecht zu abstrahieren, dass er ungeachtet der föderalen Unterschiede eine gewisse allgemeine Geltung besitzt. Dies ist freilich nicht immer möglich. Besonders landesrechtsakzessorische Normen sind daher kursiv gesetzt.

658

Dieser Entwurf soll zugleich nicht Schlusspunkt, sondern Teil eines notwendigen – bis jetzt weithin fehlenden – Diskurses über die Normsetzung im Denkmalschutzrecht sein, der zwischen Theorie, Praxis und Gesetzgeber zu verlaufen hat. Das hier unterbreitete Normierungsangebot verfolgt insbesondere das Ziel, die aus 42 Ausführlich am Beispiel des Polizeirechts Wettlach, Ländergesetzgebung in der Bundesrepublik Deutschland, 1994, S. 205 ff. und 238 ff.

C. Vorschlag für einen Musterentwurf eines Landesdenkmalschutzgesetzes

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hiesiger Sicht wesentlichen Erneuerungsnotwendigkeiten im Denkmalschutzrecht in der Form von Normen darzustellen. Dabei wird ein pragmatischer Weg gewählt: Orientierungspunkt bildet und bleibt das geltende Recht, wie es auch jetzt in den Bundesländern ausgestaltet ist. Ziel des Gesetzesentwurfs ist nicht eine revolutionäre Veränderung des Denkmalschutzrechts, sondern seine punktuelle Reform. Das verfolgte Anliegen ist auch nicht die Schaffung vollständig anwendungsreifer Normen; für die Erörterung manchen Gesetzgebungsdetails bieten die fachlich spezialisierten Normsetzungsstäbe der Justizministerien bzw. sonstiger Ministerien einen regelmäßig weit besseren Ort als die Rechtswissenschaft. Aber sofern es durch diesen Entwurf gelingen sollte, dem Denkmalrecht wieder Anteil an der dynamischen Entwicklung des Besonderen Verwaltungsrechts zu geben und die Reformbedürftigkeit, aber auch die Reformfähigkeit des Denkmalschutzrechts zu verdeutlichen: Es wäre so für die Verbesserung des Denkmalschutzrechts viel gewonnen.

II. Leitlinien des Gesetzentwurfs In den einzelnen Kapiteln dieser Studie wurden an verschiedenen Stellen bereits 659 einzelne Vorschläge angesprochen, die aus dem Vergleich des Umweltrechts mit dem des Kulturgüterrechts resultieren. Gleichwohl wird in diesem Teil eine thesenartige Zusammenfassung der vorgestellten Überlegungen angestrebt, um diese für den Entwurf eines Muster-Denkmalschutzgesetzes fruchtbar zu machen. Letzteres bildet den zweiten und wesentlichen Teil dieses abschließenden Kapitels. Oben wurde bereits das Problem der Verfahrensbeschleunigung und des kon- 660 zentrierten Verfahrens für den Denkmalschutz angesprochen [§ 4 D. 1. h)]. Zur Erinnerung: Die Verfahrenskonzentration bedingt, je nach landesrechtlicher Bestimmung, dass der Einfluss der Denkmalschutzbehörde auf die Entscheidung bestenfalls auf ein Einvernehmen, sonst sogar nur auf ein bloßes Benehmen reduziert ist. Außerdem wird – je nach den jeweiligen Fristenbestimmungen im Verfahren – die Entscheidungs- und Stellungnahmezeit der Denkmalschutzbehörde durch sonst drohende Einvernehmensfiktionen stark verkürzt. Hauptanwendungsfall für diese Problematik ist das baurechtliche Genehmigungsverfahren, das – landesrechtlich einheitlich – die denkmalschutzrechtliche Genehmigung für Bauwerke mit umfasst.43 Der Denkmalschutz hat so an der in anderen Gesetzen zunehmenden Verfahrensbeschleunigung teil. Dabei haben aber die Denkmalschutzgesetze häufig diese tiefgreifenden Änderungen des vorgelagerten allgemeinen Verwaltungsrechts nicht aufgenommen. Sie haben keine rechtskonstruktiven Konsequenzen gezogen, die einen einheitlichen Verfahrensstandard und die hinreichende Berücksichtigung der Denkmalschutzinteressen gewährleisten könnten. Der in der Praxis daraus resultierende Unterschied je nachdem, ob der Antragsteller getrennt eine Genehmigung 43 Siehe auch Haaß, in: Basty / Beck / Haaß (Hrsg.), Denkmalschutz und Sanierung, 2. Aufl. 2008, C 461 ff.

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§ 6 Rechtspolitische Überlegungen zum Denkmalschutzrecht

bei der Baubehörde und beim Denkmalamt einholt oder den Antrag einheitlich bei der Baubehörde stellt, ist nur schwer inhaltlich zu begründen. Das selbe Schicksal teilt allerdings auch das Naturschutzrecht weitgehend: Auch hier ist landesrechtlich weitgehend die Entscheidungsbefugnis der Fachbehörde auf Einvernehmens- bzw. lediglich Benehmenserteilung reduziert. Eine Abhilfe kann aber nur das jeweilige Fachgesetz selbst anbieten, indem es die Geltung dieser spezialgesetzlichen Bereiche trotz Verfahrenskonzentration anordnet. 661

Ein weiteres, auch europarechtlich relevantes Defizit des geltenden Denkmalschutzrechts, das folglich zum Vorschlag einer Gesetzesänderung führen soll, ist die unzureichende Möglichkeit, behördliche Entscheidungen auf dem Gebiet des Denkmalschutzrechts sowie des Umweltrechts gerichtlich kontrollieren zu lassen; vgl. dazu die Ausführungen oben unter § 5 A.

662

Weiterhin wird angeregt, dass in allen Bundesländern eine Regelung eingeführt wird, die die Aufstellung eines Denkmalpflegeplans vorsieht (bisher nur in fünf Bundesländern). Die Erstellung von Denkmaltopographien sollte bundesweit lückenlos vorgesehen werden. Das Denkmalschutzrecht weist ein erhebliches Planungsdefizit auf. Doch gerade angesichts der in der Rechtswirklichkeit für den Denkmalschutz zur Verfügung stehenden lediglich knappen Ressourcen ist die mit der Planungsvornahme verbundene Prioritätenzuweisung für den Denkmalschutz ganz unersetzlich.

663

Verarbeitet werden soll auch die Kritik an den Genehmigungstatbeständen der Landesdenkmalschutzgesetze, wonach viele Landesgesetze der vom Bundesverfassungsgericht angemahnten Maßgabe nicht entsprächen, dass denkmalschutzrechtliche Genehmigungstatbestände die Belange des Eigentümers zu berücksichtigen hätten, um mit der Bestandsgarantie des Eigentums nach Art. 14 Abs. 1 GG vereinbar zu sein. Der Wortlaut der Genehmigungstatbestände schlösse derzeit nicht in jedem Fall unverhältnismäßige Belastungen des Eigentums aus. Es sei in verfassungskonformer Auslegung eine Abwägung der Denkmalbelange mit den privaten Interessen des Eigentümers vorzunehmen.44 Das Verfassungsgericht gebot in seiner Entscheidung, hinsichtlich der privaten Interessen auf die Sichtweise eines vernünftigen, den Belangen des Denkmalschutzes aufgeschlossenen Eigentümers, abzustellen.45

664

Das Bundesverfassungsgericht betonte allerdings auch ausdrücklich, dass speziell die damals angegriffene rheinland-pfälzische Regelung – „anders als andere Landesdenkmalschutzgesetze“ – nicht vorsähe, die Eigentümerbelange zu berücksichtigen und damit die Rechte der von ihr betroffenen Eigentümer in bestimmten Fallgruppen unverhältnismäßig stark einschränke.46 Eine generelle Kritik des Bundes44 Statt aller Haaß, in: Basty / Beck / Haaß (Hrsg.), Denkmalschutz und Sanierung, 2. Aufl. 2008, C 461. 45 Haaß, in: Basty / Beck / Haaß (Hrsg.), Denkmalschutz und Sanierung, 2. Aufl. 2008, C 461 f. unter Hinweis auf BVerfGE 100, 226 – Denkmalschutz. 46 BVerfGE 100, 226 – Denkmalschutz.

C. Vorschlag für einen Musterentwurf eines Landesdenkmalschutzgesetzes

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verfassungsgerichts an den Genehmigungstatbeständen der Landesdenkmalschutzgesetze war in dem genannten Beschluss daher wohl entgegen anderslautender Ansichten in der Literatur nicht enthalten.47 Zu entnehmen war der Entscheidung aber, dass der Eigentümer aus dem Eigentumsgrundrecht nicht für sich herleiten kann, entgegen denkmalschutzrechtlichen Belangen die rentabelste Nutzung seines Grundstückes durchsetzen zu dürfen. Das Wohl der Allgemeinheit sei nicht nur Grund, sondern auch die Grenze für die dem Eigentum aufzuerlegenden Belastungen. Die Einschränkungen der Eigentümerbefugnisse dürften nicht weitergehen, als der Schutzzweck reicht, dem die Regelung dient. Zu diesem gehöre sowohl die Privatnützigkeit, d. h. die Zuordnung eines Eigentumsobjektes zu einem Rechtsträger, dem es als Grundlage privater Initiative von Nutzen sein soll, als auch die grundsätzliche Verfügungsbefugnis über das Eigentum.48 Im Grundsatz ist der Schutz von Kulturdenkmälern aber ein legitimes gesetz- 665 geberisches Anliegen. Die Denkmalpflege ist eine Gemeinwohlaufgabe, der ein so hoher Rang zukommt, dass er einschränkende Bestimmungen im Sinne des Art. 14 Abs. 1 S. 2 GG rechtfertigt. Derartiges Eigentum unterliegt generell einer gesteigerten Sozialbindung, die sich aus der Situationsgebundenheit, der Lage und der Beschaffenheit des Grundstückes ergibt. Da Art. 14 GG nicht die einträglichste Nutzung des Eigentums schützt, hat der Grundstückseigentümer Einschränkungen in der Zulässigkeit des Umgangs mit seinem Grundstück grundsätzlich (entschädigungslos) hinzunehmen. Anders ist die Lage dann, wenn keinerlei sinnvolle Nutzungsmöglichkeit mehr besteht und es faktisch auch nicht veräußerbar ist. In diesem Fall kann die denkmalschutzrechtliche Erhaltungspflicht zu einer nicht mehr hinzunehmenden Last werden, welche die Privatnützigkeit praktisch aufhebt. Die Genehmigungstatbestände der Landesdenkmalschutzgesetze müssen sicherstellen, dass unverhältnismäßige Belastungen des Eigentümers ausgeschlossen werden, und entsprechende Vorkehrungen zur Vermeidung derartiger Eigentumsbeschränkungen enthalten.49 Um den Anforderungen des Art. 14 GG gerecht zu werden, soll eine eindeutige 666 Regelung über die Kompensation bei ausgleichspflichtigen Schrankenbestimmungen einerseits und die Entschädigung bei Enteignungen andererseits getroffen werden. Die bislang in den Denkmalschutzgesetzen überwiegend verwandten sogenannten „salvatorischen Klauseln“ sind demgegenüber, gemessen am Maßstab der heutigen Verfassungsdogmatik, überwiegend verfassungswidrig. Dies wird bedauerlicherweise auch in der die Denkmalschutzpraxis anleitenden Fachliteratur oft nur unzureichend erkannt.50 47 A. A. wohl Haaß, in: Basty / Beck / Haaß (Hrsg.), Denkmalschutz und Sanierung, 2. Aufl. 2008, C 461 f. unter Hinweis auf BVerfGE 100, 226 – Denkmalschutz. 48 BVerfGE 100, 226 – Denkmalschutz. 49 BVerfGE 100, 226 – Denkmalschutz. 50 Vgl. dazu die Ausführungen bei Martin, in: Martin / Krautzberger, HdbDSchDPfl, 3. Aufl. 2010, G 133 ff.

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§ 6 Rechtspolitische Überlegungen zum Denkmalschutzrecht

667

Dem Bundesverfassungsgericht in der genannten Denkmalschutz-Entscheidung51 folgend, sind an gesetzliche Ausgleichsregelungen im Hinblick auf die Eigentumsgarantie im Wesentlichen drei Anforderungen zu stellen:

668

Zunächst müssen Ausgleichsregelungen dem Gesetzesvorbehalt entsprechen. Sie bedürfen daher einer gesetzlichen Grundlage. Inhalt und Schranken des Eigentums zu bestimmen, ist grundsätzlich Sache des Gesetzgebers. Es obliegt daher insbesondere der gesetzgeberischen Entscheidung, die Grenzen der Eigentumsbeschränkung zu wahren.52

669

Zweitens ist der kategorialen Trennung von Eigentum und Vermögen als Kern der heutigen Eigentumsdogmatik dadurch Rechnung zu tragen, dass ein Primat des Eigentumserhalts gilt: Zunächst muss der Gesetzgeber Vorkehrungen treffen, die „eine unverhältnismäßige Belastung des Eigentümers real vermeiden und die Privatnützigkeit des Eigentums so weit wie möglich erhalten“. Dazu zählt der Dispens von den rechtlichen Pflichten ebenso wie Übergangsvorschriften. Nur falls gleichwohl ein solcher Ausgleich im Einzelfall nicht oder nur mit unverhältnismäßigem Aufwand möglich ist, kann für diesen Fall eine finanzielle Folgelösung in Form eines Ausgleichsanspruchs bzw. eines Anspruchs auf Eigentumsübernahme geboten sein.53

670

Ferner besteht entgegen der früheren Rechtsprechung des BGH54 ein strenges Koinzidenzgebot zwischen Inhalts- und Schrankenbestimmung einerseits und der Bestimmung der Voraussetzungen und Folgen der Ausgleichspflicht andererseits. Die Koinzidenz muss sowohl auf der Ebene der Normsetzung – durch den Gesetzgeber – als auch auf der Ebene des Normvollzugs – durch die jeweilige Verwaltung – gewahrt sein. Daraus folgt, dass mit der Vollstreckung der Pflichten uno actu zugleich über den möglichen Ausgleich entschieden werden muss. Insoweit wird die Ausgleichspflicht auf die Primärebene hochgezont und in die Eigentumsbetrachtung aufgenommen.55

671

Ein übernehmenswertes Beispiel im Bereich der Kompensation ansonsten unverhältnismäßiger Inhalts- und Schrankenbestimmungen bietet § 31 DSchG NRW: Hier besteht für den Betroffenen die ausdrücklich gesetzlich vorgesehene Möglichkeit, die Übernahme seines Denkmals durch die öffentliche Hand selbst zu beantragen.56

672

Die aus eigentumsgrundrechtlicher Sicht zu weit gehende Enteignungsregelung des § 23 Abs. 1 Nr. 2 DSchG Bbg, der die Enteignung gegen Entschädigung als u. a. dann zulässig erklärt, „wenn auf andere zumutbare Weise nicht erreicht werden kann, dass ein Denkmal in seiner Substanz, seiner Eigenart oder seinem Erschei51 52 53 54 55 56

BVerfGE 100, 226 – Denkmalschutz. BVerfGE 100, 226 (245) – Denkmalschutz. BVerfGE 100, 226 (245) – Denkmalschutz. BGHZ 121, 73 (80). BVerfGE 100, 226 (246) – Denkmalschutz. Vgl. Viebrock, in: Martin / Krautzberger, HdbDSchDPfl, 3. Aufl. 2010, G 225.

C. Vorschlag für einen Musterentwurf eines Landesdenkmalschutzgesetzes

237

nungsbild erhalten werden kann“ oder „ein Denkmal der Allgemeinheit zugänglich gemacht werden kann, sofern hieran ein öffentliches Interesse besteht“, wird aufgrund durchgreifender verfassungsrechtlicher Bedenken nicht übernommen.57 Als weiteres Problem des Denkmalschutzes, das allerdings aus der Bundesstaat- 673 lichkeit resultiert, sind – angelehnt an die Ausführungen von Odendahl – die unterschiedlichen Unterschutzstellungssysteme der Bundesländer (konstitutiv, deklaratorisch und Mischformen). Odendahl weist zwar darauf hin, dass der in den Landesdenkmalschutzgesetzen 674 gewährleistete geringere Schutz von Denkmälern im Vergleich zur WEK keine materielle Schutzlücke darstelle, da es systematisch richtig sei, dass die WEK höhere Schutzanforderungen aufstelle, die auch zu einer Kollision mit den Anforderungen nach den Landesdenkmalschutzgesetzen führen könnten. Das sei deshalb der Fall, weil die WEK (nur) Schutzgüter von universellem Wert schütze, während die Landesdenkmalschutzgesetze dem Schutz aller Kulturgüter dienten und damit auch solche erfassten, die von lediglich einfacher Bedeutung im nationalen Rahmen seien. Es sei Aufgabe völkerrechtlicher Normen, bei Kulturgütern von außergewöhnlichem universellen Wert über das allgemeine nationale Schutzniveau hinauszugehen.58 Allerdings folgt der hier zu unterbreitende Vorschlag aus den unter § 2 A. I. 3. zur Problematik der Transformation der WEK im Zusammenhang mit der Dresdener Waldschlösschenbrücke näher dargestellten Gründen dem nur eingeschränkt. Es ist Sache der Denkmalschutzgesetze sicherzustellen, dass die völkerrechtlichen Verträge – wie auch die WEK – in der Praxis durch national verbindliches Recht umgesetzt werden.59 Wichtig ist jedenfalls der Hinweis von Odendahl, dass man, wenn man ein nicht 675 nur rechtlich in sich stimmiges, sondern ein umfassend kulturgüterschützendes Normensystem anstrebt, sowohl bestehende Inkongruenzen im Bereich der rechtlichen Systembrüche im Rahmen der Umsetzung höherrangigen Rechtes, als auch der inhaltlichen Systembrüche bei der Ausgestaltung der Normen beheben muss.60 Allerdings sollen und müssen im hier betrachteten Bereich des raumgebundenen Kulturgüterschutzes die von Odendahl ebenfalls thematisierten Rechts- und Inhaltslücken des nicht raumgebundenen Kulturgüterschutzes außer Betracht bleiben. Betont sei daher, dass ein allumfassender Vorschlag hier themenbedingt nicht ausgearbeitet werden kann. Odendahl schlägt zudem zur Schließung der von ihr aufgezeigten Schutzlücke 676 vor, Kulturgüter der Gegenwart in die Landesdenkmalschutzgesetze einzubeziehen. Es sei ein Wertungswiderspruch, wenn Kulturgüter der Gegenwart (natürlich soweit sie nicht raumgebunden sind) durch das Kulturgüterschutzgesetz vor Abwanderung 57 58 59 60

Näher oben § 4 D. I. 2. Odendahl, Kulturgüterschutz, 2005, S. 645. Hierzu a. A. wohl auch Hönes, DÖV 2008, 54. Odendahl, Kulturgüterschutz, 2005, S. 651.

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§ 6 Rechtspolitische Überlegungen zum Denkmalschutzrecht

ins Ausland geschützt sind, mangels Erfassung durch die Denkmalschutzgesetze nicht aber vor der Veränderung oder Zerstörung im Inland. Genau genommen seien die Denkmalschutzgesetze damit in Kulturgüterschutzgesetze umzuwandeln.61 Diesem Vorschlag wird bei der Erstellung eines Mustergesetzes allerdings nicht gefolgt, da er die spezifische Sonderstellung der Denkmäler und ihre je nach Landesrecht unterschiedliche Definition im Wesentlichen aufheben würde. 677

Hinsichtlich der hier gestellten Frage, ob dem Tatbestands- oder dem Konstitutivsystem der Vorzug zu geben ist, wird von Odendahl (nach hier vertretener Ansicht zu Recht) darauf hingewiesen, dass das Tatbestandssystem eine große Unsicherheit beinhalte, die davon ausgehe, dass die Rechtssprechung auch von dem uninteressierten Laien erwartet, dass dieser die Denkmaleigenschaft einer Sache erkennt und ihm deshalb zuzumuten ist, Auskünfte über die Erlaubnispflichtigkeit von Vorhaben einzuholen. Mehr Rechtssicherheit böte in dieser Hinsicht das Konstitutivsystem, da dort die Denkmaleigenschaft jeweils durch verbindlichen Einzelakt festgestellt wird.62 Gegen das Tatbestandssystem werden wegen der Erschwerung des Rechtsschutzes gegen die Unterschutzstellung außerdem auch verfassungsrechtliche Bedenken erhoben.63 Odendahl plädiert zudem dafür, aus Gründen der Rechtsklarheit die Denkmaleigenschaft an die Eintragung in die Liste und nicht bereits an einen vorgelagerten Rechtsakt zu koppeln. Neben der dadurch erreichbaren Rechtssicherheit wird auch auf den Effekt der besseren Überschaubarkeit der Zuständigkeit, des Verfahrens und der Form der Unterschutzstellung und damit auch der Verbesserung der Akzeptanz für den Denkmalschutz schlechthin hingewiesen.64

678

Auch aufgegriffen werden soll Odendahls Gedanke der (flächendeckenden) Einführung eines staatlichen Vorkaufsrechts (so z. B. in § 22 DSchG MV bereits existierend65), allerdings in auf den raumgebundenen Kulturgüterschutz abgewandelter Version. Die Autorin schlägt ein allgemeines staatliches Vorkaufsrecht zum verbesserten Schutz beweglicher Kulturgüter vor der Abwanderung ins Ausland vor und zieht zum Vergleich die Regelungen in den Landesdenkmalschutzgesetzen zum Zwecke des Substanzschutzes heran. Zum Thema der Finanzierbarkeit werden die Gründung einer Bundeskulturstiftung und deren Zusammenarbeit mit den Kulturstiftungen der Länder angedacht.66

679

Bedenkenswert, wenn auch nicht zwingend, erscheint auch Odendahls Anregung, den Plädoyers für eine Stärkung der Bundeszuständigkeiten bei Einzelfragen des Substanzschutzes stärkeres Gehör zu schenken. Hingewiesen wird insbesondere Odendahl, Kulturgüterschutz, 2005, S. 653 f. Odendahl, Kulturgüterschutz, 2005, S. 657. 63 Siehe Odendahl, Kulturgüterschutz, 2005, S. 657 m. w. N.; Niebaum / Eschenbach, DÖV 1994, 12; Steinberg, NVwZ 1992, 14; a. A. BVerwG, BRS 59 Nr. 231; Hönes, DÖV 2003, 517. 64 Odendahl, Kulturgüterschutz, 2005, S. 657 f. 65 Vgl. zu Inhalt und Regelungskontext des Vorkaufsrechts oben § 4 D. VII. 3. 66 Odendahl, Kulturgüterschutz, 2005, S. 662 f. 61 62

C. Vorschlag für einen Musterentwurf eines Landesdenkmalschutzgesetzes

239

auf die Kennzeichnungspflicht von Denkmälern gemäß der Haager Konvention von 1954, der die Bundesländer nur unvollständig und in jeweils unterschiedlicher Rechtsform nachgekommen seien. Hier böte sich u. U. eine Verlagerung der Zuständigkeit für eine einheitliche Regelung von den Ländern auf den Bund an, was allerdings auch eine entsprechende Änderung der Kompetenzverteilung des Grundgesetzes voraussetzen würde. In anderen Staaten seien – im Vergleich zur Bundesrepublik Deutschland – die Haager Kennzeichen an wertvollen Gebäuden deutlich häufiger zu finden.67 Im Bereich der Denkmäler im Eigentum der Kirchen und Religionsgesellschaften 680 soll in dem Entwurf eines Mustergesetzes auch der Hinweis von Wasmuth68 berücksichtigt werden, dass es Probleme mit sich bringen kann, wenn die Länder denkmalschutzrechtliche Regelungen geschaffen haben, welche Maßnahmen des Denkmalschutzes durch staatliche Stellen praktisch unmöglich machen. Das kommt z. B. in Schleswig-Holstein gegenüber der evangelisch-lutherischen Kirche in Betracht, mit der ein Vertrag69 besteht, der vorsieht, dass das staatliche Denkmalschutzrecht nur angewandt wird, soweit die Kirchen nicht im Benehmen mit dem Land eigene Vorschriften erlassen. In weiten Teilen besteht in Folge dessen praktisch keine staatliche Verantwortung für den Denkmalschutz im Bereich dieser kirchlichen Kulturdenkmäler.70 Wasmuth zeigt hingegen auf, das ein solcher staatlicher Rückzug aus dem Denkmalschutz im kirchlichen Bereich nicht immer zu denkmalpflegerisch zufriedenstellenden Ergebnissen führt.71 Insofern ist die gesetzliche Sicherstellung einer staatlichen Intervention, wenn dies denkmalpflegerisch geboten erscheint, von Vorteil und zudem von präventiver Wirkung. Ob und wie oft es dann tatsächlich zu staatlichen Eingriffen kommt bzw. kommen muss, ist eine Frage der Praxis. Weiterhin soll in dem Mustervorschlag das oben ausführlich besprochene Prob- 681 lem der Frage nach einem Rechtsanspruch eines Eigentümers auf Unterschutzstellung seines Objektes eingearbeitet werden. Die bisher – auch vom Bundesverwaltungsgericht gestützte – überwiegende Rechtsauffassung lehnt sowohl einen Anspruch, als auch eine Klagebefugnis des Eigentümers auf Feststellung der Denkmaleigenschaft bzw. amtlicher Unterschutzstellung von Objekten als Denkmal ab.72 Dagegen meint Martin,73 dass diese Rechtsauffassung nicht mehr dem heutigen Verständnis entspräche. Er begründet das in erster Linie damit, dass die Denkmalschutzgesetze Rechtstitel für die Gewährung von Zuwendungen enthielten, die sich in den vergangenen Jahren entscheidend verbessert hätten. Sowohl steuerliche Vergünstigungen als auch Zuwendungen finanzieller oder geldwerter Leistungen nicht 67 68 69 70 71 72 73

Odendahl, Kulturgüterschutz, 2005, S. 663. Wasmuth, in: Martin / Krautzberger, HdbDSchDPfl, 3. Aufl. 2010, G 62 ff. Vertrag v. 23. April 1957. Wasmuth, in: Martin / Krautzberger, HdbDSchDPfl, 3. Aufl. 2010, G 69 ff. Wasmuth, in: Martin / Krautzberger, HdbDSchDPfl, 3. Aufl. 2010, G 89. Siehe dazu eingehend unter § 4 C II. Martin, in: Martin / Krautzberger, HdbDSchDPfl, 3. Aufl. 2010, G 188 f.

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§ 6 Rechtspolitische Überlegungen zum Denkmalschutzrecht

lediglich ausgleichender Art hingen von der Denkmaleigenschaft ab. Daher müsse ein Eigentümer auch die Möglichkeit haben, aktiv und auch einklagbar auf die Zuerkennung der Denkmaleigenschaft hinzuwirken, wobei es sich auch um eine gebundene Entscheidung und nicht lediglich einen Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung handeln müsse, da eine Unterschutzstellung keine Ermessenssondern eine Rechtsentscheidung darstelle. In diesem Zusammenhang weist Martin auch darauf hin, dass natürlich ebenso ein klagbarer Anspruch auf Beibehaltung der Denkmaleigenschaft zugebilligt werden sollte.74 Die Argumente von Martin überzeugen rechtspolitisch; sie finden de lege lata jedoch keinen hinreichenden Anhalt.75 Da es hier maßgeblich auf das noch zu schaffende Recht ankommt, kann insoweit aber dem Ansatz von Martin gefolgt werden. 682

Ein weiterer Punkt hinsichtlich des Rechtsschutzes, der bisher in den Denkmalschutzgesetzen nicht vorgesehen ist und auch von der Rechtssprechung nicht zugebilligt wird, ist die Frage eines öffentlich-rechtlichen Schutzanspruchs des Denkmaleigentümers gegen den Staat und seine Behörden, mit dem ein Eingreifen zum Schutz gegen negative Einwirkungen auf das Denkmal z. B. durch die Realisierung von Planungen oder Umwelteinwirkungen geltend gemacht werden kann. Auch auf dieses Defizit weist Martin76 zu Recht hin. Bisher käme dem Eigentümer nur ein Rechtsreflex aus der öffentlichen Aufgabe des Denkmalschutzes zu Gute. Analog zum allgemeinen Sicherheits- und Ordnungsrecht, das zunehmend einen Anspruch auf behördliches und öffentliches Einschreiten annehme, müsse dies auch im Denkmalschutzrecht so anzunehmen sein, zumal in diesem Fall die Interessenlage von Eigentümer und Behörde bzw. der Öffentlichkeit am Denkmalschutz parallel liefe.77 Die berechtigten Belange eines Denkmaleigentümers, z. B. auf Unterbindung negativer, denkmalschädlicher Veränderungen im Umfeld seines Baudenkmals müssen durch diesen klagbar werden.78

683

Allgemein muss in den Denkmalschutzgesetzen auch die Beratungs- und damit auch Servicefunktion der Denkmalschutzbehörden formuliert werden. Bisher kann insoweit aber auf § 25 VwVfG zurückgegriffen werden, wonach die Behörden auf die Abgabe von Erklärungen und die Stellung von Anträgen hinwirken sollen sowie Auskünfte über Rechte und Pflichten zu erteilen haben.79

684

Probleme und Schutzlücken können sich in einigen Bundesländern dadurch ergeben, dass schutzwürdige Funde (insbesondere Bodenfunde) nicht von der jeweils Martin, in: Martin / Krautzberger, HdbDSchDPfl, 3. Aufl. 2010, G 189. Dazu oben unter § 4 C. II. 76 Martin, in: Martin / Krautzberger, HdbDSchDPfl, 3. Aufl. 2010, G 190 f. m. w. N. 77 Martin, in: Martin / Krautzberger, HdbDSchDPfl, 3. Aufl. 2010, G 191. 78 Siehe dazu Hönes, Stellungnahme zu dem Gesetzesentwurf der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Denkmalschutzgesetzes“ Drucksache 16 / 1380 (neu) und dem Gesetzentwurf der Landesregierung „Entwurf eines Gesetzes zur Neufassung des Denkmalschutzgesetzes“ Drucksache 16 / 2248 vom 10. Januar 2009, S. 7 f. 79 Martin, in: Martin / Krautzberger, HdbDSchDPfl, 3. Aufl. 2010, G 192. 74 75

C. Vorschlag für einen Musterentwurf eines Landesdenkmalschutzgesetzes

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geltenden Definition des Denkmals erfasst werden. Auch dies soll im Mustervorschlag berücksichtigt werden.80 Die Frage der Ausweitung von Genehmigungspflichten bei privaten Nachfor- 685 schungen mit Suchgeräten wird ebenfalls anzusprechen sein. Tätigkeiten, die geeignet sind, Kulturdenkmale aufzufinden, müssen stärker der behördlichen Kontrolle unterliegen. Auch eine Ausweitung von Schatzregalen muss damit in Zusammenhang stehen um einerseits das Interesse an solchen Grabungen zu mindern, da nicht in Aussicht steht, selbst Eigentümer der Funde zu werden und andererseits eine wissenschaftliche Katalogisierung und Untersuchung solcher Funde sicher zu stellen.81 Hönes weist zu Recht auf die Überarbeitungsbedürftigkeit des Landesdenkmal- 686 rechts auf Grund der in den vergangenen Jahren ratifizierten internationalen Vorgaben zum Denkmal-, Kulturgüter- und Welterbeschutz sowie der neuesten höchstrichterlichen Rechtsprechung (v. a. Gesetz zum Europäischen Übereinkommen vom 16. Januar 1992 zum Schutz archäologischen Erbes vom 9. Oktober 2002; BGBl. II, S. 2709; BVerfGE 100, 226) hin.82 Rein begrifflicher Natur, jedoch dennoch bedeutsam hinsichtlich der Empfehlung 687 der UNESCO betreffend den Schutz des Kultur- und Naturerbes auf nationaler Ebene vom 16. November 1972, ist der Hinweis von Hönes, dass neben den Begriffen Denkmäler und Ensembles auch der Begriff „Stätten“ nicht fehlen sollte. Auch vom Menschen gestaltete Landschaftsteile, selbst wenn sie schon den Begriff „Ensemble“ unterfallen, sollten als Regelbeispiel „Kulturlandschaften“ bei den Denkmalbereichen aufgeführt werden.83 Auch das europäische Völkerrecht kennt den Begriff der „Historischen Kulturlandschaften“.84 In Art. 10 Nr. 3 des GranadaÜbereinkommens verpflichtet sich jede Vertragspartei, „eine integrierte Politik der Kulturwahrung zu betreiben, die … die Erhaltung, Belebung und Wertschätzung 80 Siehe dazu im Einzelnen Bielfeldt, in: Martin / Krautzberger, HdbDSchDPfl, 3. Aufl. 2010, I 54 ff. 81 Siehe Hönes, Stellungnahme zu dem Gesetzesentwurf der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Denkmalschutzgesetzes“ Drucksache 16 / 1380 (neu) und dem Gesetzentwurf der Landesregierung „Entwurf eines Gesetzes zur Neufassung des Denkmalschutzgesetzes“, LT-Drs. 16 / 2248 vom 10. Januar 2009, S. 9. 82 Hönes, Stellungnahme zu dem Gesetzesentwurf der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Denkmalschutzgesetzes“ Drucksache 16 / 1380 (neu) und dem Gesetzentwurf der Landesregierung „Entwurf eines Gesetzes zur Neufassung des Denkmalschutzgesetzes“, LT-Drs. 16 / 2248 vom 10. Januar 2009, S. 11. 83 Hönes, Stellungnahme zu dem Gesetzesentwurf der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Denkmalschutzgesetzes“ Drucksache 16 / 1380 (neu) und dem Gesetzentwurf der Landesregierung „Entwurf eines Gesetzes zur Neufassung des Denkmalschutzgesetzes“, LT-Drs. 16 / 2248 vom 10. Januar 2009, S. 4. 84 Siehe dazu auch Hönes, Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Denkmalschutzgesetzes“ Drucksache 16 / 1380 (neu) und dem Gesetzentwurf der Landesregierung „Entwurf eines Gesetzes zur Neufassung des Denkmalschutzgesetzes“, LT-Drs. 16 / 2248 vom 10. Januar 2009, S. 4 m. w. N.

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§ 6 Rechtspolitische Überlegungen zum Denkmalschutzrecht

des baugeschichtlichen Erbes zu einem wesentlichen Bestandteil ihrer Kultur-, Umwelt- und Planungspolitik macht“.85 Die Umsetzung dieser nunmehr nahezu ein Vierteljahrhundert alten, jedoch wenig beachteten völkerrechtlichen Verpflichtung wird nicht zuletzt – wie längst überfällig – in Deutschland in den Fachplanungsvorschriften vollzogen werden müssen, indem der Stellenwert des Denkmalschutzes im Rahmen der Abwägungsentscheidung angehoben wird. 688

In Verarbeitung dieser These der vorliegenden Arbeit wird schließlich auch der Vorschlag der Einführung einer denkmalschutzrechtlichen Eingriffsregelung in das Mustergesetz eingearbeitet werden. (Siehe dazu §§ 15 ff. des Musterentwurfes, unter III.)

689

Sowohl der UVP-Richtlinie müsste eine Musterregelung gerecht werden als auch den Internationalen Verpflichtungen: Das Granada-Übereinkommen und das La Valetta-Übereinkommen machen bestimmte Regelungen notwendig. So ist in Umsetzung des La Valetta-Übereinkommens hinsichtlich des Genehmigungsverfahrens durch andere Fachbehörden wieder bundesweit eine Einvernehmensregelung mit den Denkmalschutzbehörden einzuführen. Vielfach ist hier denkmalschutzrechtlich bislang nur noch ein Benehmen vorgesehen. Nach Art. 5 des La Valetta-Übereinkommens ist die Vertragspartei zwar „nur“ verpflichtet, eine Beteiligung von Archäologen bei der Erstellung von Erschließungsplänen und in den Raumordnungspolitiken anzustreben. Allerdings fordern sowohl das Übereinkommen von La Valetta in Art. 5 Abs. 2, als auch das Granada-Übereinkommen in Art. 13 eine systematische Konsultation zwischen Archäologen, Städte- und Raumplanern sowie eine wirksame Zusammenarbeit zwischen der Denkmalpflege, dem Umweltschutz und der Raumplanung auf allen Ebenen. Eine bei einer Benehmensregelung nur erforderliche Einbeziehung einer Stellungnahme in die Entscheidung vermag diesen Anforderungen nicht zu entsprechen.86 Hier wird ein Mustergesetz deshalb eine Einvernehmensregelung der Fachbehörden mit den Denkmalschutzbehörden enthalten.

690

Die Umsetzung des Art. 6 des Europäischen Übereinkommens zum Schutz des archäologischen Erbes (Malta-Übereinkommen)87 verlangt eine generelle Einführung des Verursacherprinzips im Denkmalschutzrecht. Demnach hat der für das Erschließungsvorhaben Verantwortliche die Last, im Rahmen des Zumutbaren die durch das Vorhaben bedingten archäologischen Arbeiten zu finanzieren.88 85 Vgl. dazu auch der Vorstand der UVP-Gesellschaft e.V. in der „Stellungsnahme zum Entwurf eines neuen Denkmalschutzgestzes (DSchG) für Rheinland-Pfalz“ vom 30. August 2006. 86 So Der Vorstand der UVP-Gesellschaft e.V. in der „Stellungsnahme zum Entwurf eines neuen Denkmalschutzgestzes (DSchG) für Rheinland-Pfalz“ vom 30. August 2006. 87 Europäisches Übereinkommen zum Schutz des archäologischen Erbes vom 16. Januar 1992, BGBl. II 2002, S. 2709. 88 Vgl. Hönes, Stellungnahme zu dem Gesetzentwurf der Fraktion Bündnis 90 / Die Grünen „Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Denkmalschutzgesetzes“ Drucksache 16 / 1380 (neu) und dem Gesetzentwurf der Landesregierung „Entwurf eines Gesetzes zur Neufassung des Denkmalschutzgesetzes“, LT-Drs. 16 / 2248 vom 10. Januar 2009, S. 8.

C. Vorschlag für einen Musterentwurf eines Landesdenkmalschutzgesetzes

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Hingewiesen werden soll schließlich auf die Stellungnahme des Präsidiums der 691 Christian-Albrechts-Universität zu Kiel zum Entwurf der Landesregierung eines Gesetzes zur Neufassung des Denkmalschutzgesetzes (in Schleswig-Holstein).89 Dort wird angeregt, im Falle der Einführung eines nachrichtlichen Systems zumindest der brandenburgischen Variante folgend die Möglichkeit der Beantragung eines feststellenden Verwaltungsaktes bezüglich der Denkmaleigenschaft in das Gesetz aufzunehmen. Zum einen würde dadurch der Rechtsschutz des Bürgers dann gerechterweise annähernd dem entsprechen, der auch im konstitutiven System der Unterschutzstellung besteht. Außerdem spricht dafür auch die Entlastung der Verwaltungsgerichte durch die Beibehaltung einer Anhörungspflicht des Bürgers, durch die Begründungspflicht der behördlichen Entscheidung gegenüber dem Bürger und durch die Durchführung eines Vorverfahrens, in dem die Behörde ihre Entscheidung selbst überprüfen kann. Sowohl die Anhörung des betroffenen Eigentümers als auch die Begründung der behördlichen Entscheidung führt die Parteien ins Gespräch, wodurch jeweils berechtigte Ansichten bei der jeweils anderen Seite eher auf Verständnis stoßen und im Einzelfall auch individuelle Lösungen gefunden werden können. All diese Möglichkeiten entfallen, wenn der Bürger im deklaratorischen System auf eine Feststellungsklage beim Verwaltungsgericht beschränkt bleibt.90 Im Gegensatz zum – beispielsweise – Niedersächsischen Denkmalschutzgesetz 692 in § 34 enthält der Entwurf des Musterdenkmalschutzgesetzes keine strafrechtlichen Regelungen, die Beschädigungen oder Zerstörungen von Denkmälern pönalisieren. Hierzu wird zu Recht zu bedenken gegeben, dass eine solche Regelung wegen Verstoßes gegen die grundgesetzlichen Kompetenzregelungen nichtig wäre. Das Strafrecht ist gemäß Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG ein Gegenstand der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes; damit haben die Bundesländer gemäß Art. 72 Abs. 1 GG solange und soweit die Möglichkeit eigene Regelungen zu schaffen, wie der Bund von seiner Gesetzgebungskompetenz keinen Gebrauch gemacht hat. Keine landesrechtlichen Kompetenzen bestehen allerdings, wenn und soweit der Bund eine abschließende Entscheidung hinsichtlich eines Aspektes geschaffen hat. In § 304 Abs. 1 des StGB ist eine bundesrechtliche Regelung betreffend die Beschädigung und Zerstörung von Denkmälern zu finden. Die dortige Regelung wird von den Ländern und in der denkmalschutzrechtlichen Literatur zu Recht vielfach als ungenügend empfunden, weil der Wortlaut der bundesrechtlichen Strafnorm lediglich „öffentliche“ Denkmäler schützt. Die Kritik hieran übersieht, dass bei verständiger Auslegung der Begriff der Öffentlichkeit keine tatbestandseinschränkende, sondern lediglich eine schutzzielunterstreichende Funktion hat: Denkmäler, die durch das Öffentliche Recht geschützt werden, sind auch öffentliche Denkmäler. Eine Streichung des Wortes „öffentlich“ konnten die Länder bisher auf Bundesebene nicht LT-Drs. 16 / 2248. Vgl. Stellungnahme des Präsidiums der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel zum Entwurf der Landesregierung eines Gesetzes zur Neufassung des Denkmalschutzgesetzes (in Schleswig-Holstein), LT-Drs. 16 / 2248, S. 2 f. 89 90

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durchsetzen. Es ist aber insgesamt davon auszugehen, dass der Bund bewusst eine abschließende und auch umfassende Strafbarkeitsregelung hinsichtlich der Beschädigung und Zerstörung im Bereich des Denkmalschutzes schaffen wollte.91 693

Zu den übertragungswürdigen rechtlichen Mechanismen des Umweltrechts auf das Denkmalschutzrecht sei an dieser Stelle bezüglich der Details nach oben verwiesen (B.). Festzustellen gilt es jedoch, dass umgekehrt keine gesetzlichen Mechanismen des Kulturgüterschutzrechts ausfindig zu machen waren, die zweckmäßigerweise auf das Umweltrecht übertragen werden könnten. Insgesamt handelt es sich beim Umweltrecht trotz seiner Zersplitterung und weiterhin bestehenden Kodifikations-92 und Modernisierungsbedürftigkeit um ein vergleichsweise innovatives und recht gut aufeinander abgestimmtes Fachgebiet.

III. Gesetzestext Musterentwurf eines Landesdenkmalschutzgesetzes Erster Abschnitt Allgemeine Bestimmungen

§ 12 Denkmalbereiche; Weltkulturerbestätten; Grabungsschutzgebiete

§ 1 Denkmalschutz und Denkmalpflege

§ 13 Verordnungsverfahren

§ 2 Pflicht zur Erhaltung und Pflege

§ 14 Managementpläne von Weltkulturerbestätten

§ 3 Denkmalschutzpflichtigkeit der öffentlichen Hand § 4 Begriffsbestimmungen; Anwendungsbereich Zweiter Abschnitt Organisation

Vierter Abschnitt Maßnahmen des Denkmalschutzes; Denkmalschutzrechtliche Eingriffsregelung § 15 Anzeigepflichtige Maßnahmen

§ 5 Denkmalschutzbehörden

§ 16 Eingriff in Denkmale; Genehmigungspflicht

§ 6 Ehrenamtliche Tätigkeit in der Denkmalpflege

§ 17 Eingriffsgrundsätze; Eingriffsgenehmigung

§ 7 Denkmalrat

§ 18 Anrechnung vorgezogener Maßnahmen; Maßnahmenpools

Dritter Abschnitt Gegenstand des Denkmalschutzes

§ 19 Ersatzzahlung

§ 8 Denkmalpflegeplan § 9 Unterschutzstellung

§ 20 Zuständigkeit und Verfahren; Umweltverträglichkeitsprüfung

§ 10 Denkmalregister

§ 21 Besondere Erfordernisse bei Anträgen und Anzeigen; Prüfauftrag

§ 11 Vorläufiger Schutz

§ 22 Vorhaben in Böden und Gewässern

91 Ebenso: Stellungnahme des Präsidiums der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel zum Entwurf der Landesregierung eines Gesetzes zur Neufassung des Denkmalschutzgesetzes (in Schleswig-Holstein), LT-Drs. 16 / 2248, S. 5. 92 Siehe dazu z. B. Bohne / Kloepfer, Das Projekt eines Umweltgesetzbuchs, 2009.

C. Vorschlag für einen Musterentwurf eines Landesdenkmalschutzgesetzes § 23 Ersatzvornahme § 24 Auskunftspflicht und Betretungsrecht Fünfter Abschnitt Funde § 25 Funde § 26 Ablieferung § 27 Wissenschaftliche Bearbeitung § 28 Schatzregal Sechster Abschnitt Beschränkung und Entzug des Eigentums; Entschädigung § 29 Beschränkung der wirtschaftlichen Nutzung § 30 Enteignung § 31 Entschädigung bei Beschränkung des Eigentums § 32 Übernahme von Denkmalen § 33 Vorkaufsrecht Siebter Abschnitt Verfahrensrechte; Rechtsschutz § 34 Rechte des Eigentümers § 35 Anerkennung von Organisationen § 36 Mitwirkung von Organisationen am Verfahren

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Erster Abschnitt Allgemeine Bestimmungen § 1 Denkmalschutz und Denkmalpflege (1) Denkmalschutz und Denkmalpflege dienen der Erhaltung und Erforschung von Kulturdenkmalen und Denkmalbereichen insbesondere durch Planung, Überwachung und Gefahrenabwehr. (2) Denkmalschutz und Denkmalpflege wirken darauf hin, dass die Kulturdenkmale in die Raumordnung und Landesplanung, die städtebauliche Entwicklung und die Landespflege einbezogen werden.93 (3) Die Nutzung von Kulturdenkmalen nach den Bedürfnissen des heutigen Lebens ist zulässig, soweit Anforderungen des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege nicht entgegenstehen.94 (4) Maßnahmen nach diesem Gesetz sind unter Beachtung der berechtigten Interessen der Verpflichteten, gegenüber Privateigentümern insbesondere auch unter Berücksichtigung der Privatnützigkeit des Eigentums, zu treffen. Die Denkmalschutzbehörden sollen den Eigentümern von Kulturdenkmalen, den sonstigen über Kulturdenkmale Verfügungsberechtigten und den Besitzern von Kulturdenkmalen mit Rat und Empfehlung unterstützend zur Seite stehen.

§ 37 Rechtsbehelfe von Organisationen § 2 Pflicht zur Erhaltung und Pflege Achter Abschnitt Ordnungswidrigkeiten § 38 Ordnungswidrigkeiten Neunter Abschnitt Schlussvorschriften § 39 Gebührenfreiheit § 40 Verträge mit den Kirchen § 39 Inkrafttreten

(1) Eigentümer, sonstige Verfügungsberechtigte und Besitzer sind verpflichtet, die Kulturdenkmale im Rahmen des Zumutbaren zu erhalten und zu pflegen. Weitergehende Bestimmungen dieses Gesetzes bleiben unberührt. (2) Die Zumutbarkeit ist unter Berücksichtigung der durch die Eigenschaft als Kulturdenkmal begründeten Situationsgebundenheit im Rahmen der Sozialbindung des Eigentums und dessen Privatnützigkeit zu bestimmen. Unzumutbar ist insbesondere eine wirtschaft-

93 Die Regelung entspricht z. T. § 1 Abs. 3 DSchG RP; sie dient der Übersetzung von § 10 des Übereinkommens über die Entwicklung des baugeschichtlichen Erbes in Europa in nationales Denkmalschutzrecht. 94 Die Regelung entspricht § 11 des Übereinkommens über die Entwicklung des baugeschichtlichen Erbes in Europa.

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liche Belastung durch Erhaltungskosten, wenn diese dauerhaft nicht durch die Erträge oder den Gebrauchswert des Kulturdenkmals aufgewogen werden können; in diesem Fall ist die Erhaltungspflicht auf die unveränderte Belassung des Kulturdenkmals zu beschränken, wenn und soweit die Eigenart und Bedeutung des Kulturdenkmals dies auch unter Berücksichtigung der Belange der nach Absatz 1 Verpflichteten gebietet. Die Unzumutbarkeit ist durch die nach Absatz 1 Verpflichteten nachzuweisen. Die nach Absatz 1 Verpflichteten können sich nicht auf die Belastungen durch erhöhte Erhaltungskosten berufen, die dadurch verursacht wurden, dass Erhaltungsmaßnahmen diesem Gesetz oder sonstigem öffentlichem Recht zuwider unterblieben sind. (3) Bauliche, technische und wirtschaftliche Maßnahmen, die Kulturdenkmale in ihrem Bestand, ihrem Erscheinungsbild oder ihrem wissenschaftlichen Wert gefährden oder beeinträchtigen können, sind auf den unbedingt notwendigen Umfang zu beschränken. Weitergehende Bestimmungen dieses Gesetzes bleiben unberührt. § 3 Denkmalschutzpflichtigkeit der öffentlichen Hand (1) Das Land, die Gemeinden und Gemeindeverbände95 und alle Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts haben bei ihren Maßnahmen und Planungen, insbesondere bei der Bauleitplanung, die Belange des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege sowie die Verpflichtung zur Bewahrung des Kulturerbes gemäß dem Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt vom 23. November 1972 zu berücksichtigen. (2) Bei allen öffentlichen Maßnahmen und Planungen, die Belange des Denkmalschutzes oder der Denkmalpflege zu berühren geeignet sind, ist die Denkmalfachbehörde von Beginn an so frühzeitig zu beteiligen, dass diese Belange in die Abwägung mit anderen Belangen

eingestellt und die Erhaltung und Nutzung der Kulturdenkmale und Denkmalbereiche sowie eine angemessene Gestaltung ihrer Umgebung sichergestellt werden können. § 4 Begriffsbestimmungen; Anwendungsbereich (1) Kulturdenkmale sind Gegenstände, Gruppen von Gegenständen oder Teile von Gegenständen, deren Erforschung oder Erhaltung wegen ihres geschichtlichen, wissenschaftlichen, künstlerischen, städtebaulichen oder die Kulturlandschaft prägenden Wertes im öffentlichen Interesse liegen. Hierzu gehören auch Garten-, Park- und Friedhofsanlagen und andere von Menschen gestaltete Landschaftsteile, wenn sie die Voraussetzungen des Satzes 1 erfüllen. (2) Archäologische Denkmale sind bewegliche oder unbewegliche Kulturdenkmale, die sich im Boden oder in einem Gewässer befinden oder befanden und aus denen Erkenntnisse über die menschliche Entwicklungsgeschichte gewonnen werden können. Hierzu gehören auch dingliche Zeugnisse wie Überreste der Entwicklungsgeschichte der Erde, Veränderungen und Verfärbungen in der natürlichen Bodenbeschaffenheit sowie Zeugnisse pflanzlichen und tierischen Lebens, wenn sie wesentlichen wissenschaftlichen Erkenntnissen dienen. (3) Denkmalbereiche sind Mehrheiten von Gegenständen, die durch ihr Erscheinungsbild oder durch ihre Beziehung zueinander von geschichtlichem, wissenschaftlichem, künstlerischem, städtebaulichem oder die Kulturlandschaft prägendem Wert sind. Denkmalbereiche können auch aus Gegenständen bestehen, die als solche die Voraussetzungen des Absatzes 1 nicht erfüllen. Denkmalbereiche können insbesondere Stadtgrundrisse, Stadtund Ortsbilder und -silhouetten, Stadtteile und -viertel, Siedlungen, Gehöftgruppen, Straßenzüge und Plätze, Ensembles, Produktionsstätten, Einzelbauten und Kulturlandschaften

95 Dieses Gesetz muss den organisationsrechtlichen Gegebenheiten der einzelnen Länder angepasst werden. Der vorliegende Entwurf stellt auf die typische Organisation eines Flächenstaates unter den Bundesländern ab. Soweit Stadtstaaten keine Gemeinden kennen, müssen die gemeindespezifischen Vorschriften entfallen.

C. Vorschlag für einen Musterentwurf eines Landesdenkmalschutzgesetzes sein. Archäologische Denkmalbereiche werden durch eine Mehrzahl von archäologischen Denkmalen gebildet, die in einem räumlichen Zusammenhang stehen. (4) Weltkulturerbestätten im Sinne dieses Gesetzes sind die gemäß Artikel 11 des Übereinkommens zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt vom 23. November 1972 in die „Liste des Erbes der Welt“ als Kulturerbe eingetragenen Stätten. Pufferzonen sind Gebiete um eine Weltkulturerbestätte zum Schutz ihres unmittelbaren Umfeldes, wesentlicher Sichtachsen und weiterer Merkmale, welche die Unterschutzstellung als Weltkulturerbestätte begründen. (5) Auf Archivgut finden die Vorschriften dieses Gesetzes keine Anwendung. Zweiter Abschnitt Organisation § 5 Denkmalschutzbehörden (1) Der Denkmalschutz obliegt dem Land, den Kreisen und den kreisfreien Städten. Die Kreise und kreisfreien Städte nehmen diese Aufgabe zur Erfüllung nach Weisung wahr. (2) Denkmalschutzbehörden sind: 1. der für kulturelle Aufgaben zuständige Minister als oberste Denkmalschutzbehörde, 2. das Landesamt für Denkmalpflege als obere Denkmalschutzbehörde, 3. der Landrat für die Kreise und der Bürgermeister für die kreisfreien Städte als untere Denkmalschutzbehörden. (3) Die unteren Denkmalschutzbehörden sind für den Vollzug dieses Gesetzes zuständig, soweit nicht durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes etwas anderes bestimmt ist. (4) Die oberen Denkmalschutzbehörde, ist zugleich Fachaufsichtsbehörde über die unteren Denkmalschutzbehörden. Die oberen und unteren Denkmalschutzbehörden haben die jeweils zuständige Denkmalschutzbehörde über alle Vorgänge zu unterrichten, die deren Eingreifen erfordern. (5) Sind für eine Maßnahme mehrere untere Denkmalschutzbehörden örtlich zuständig, bestimmt die gemeinsame nächsthöhere Denk-

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malschutzbehörde eine von ihnen zur zuständigen unteren Denkmalschutzbehörde. Ist eine zuständige untere Denkmalschutzbehörde selbst als Eigentümer, sonstiger Verfügungsberechtigter oder Besitzer betroffen, kann die obere Denkmalschutzbehörde sich für zuständig erklären. § 6 Ehrenamtliche Tätigkeit in der Denkmalpflege (1) Die obere Denkmalschutzbehörden kann ehrenamtliche Denkmalpfleger bestellen. Sie beraten die Denkmalschutzbehörden und unterstützen sie bei der Denkmalpflege. (2) Das Nähere über die Bestellung, Amtsdauer und Entschädigung regelt die oberste Denkmalschutzbehörde durch Verordnung. § 7 Denkmalrat (1) Die oberste Denkmalschutzbehörde soll ein Gremium fachkundiger Personen zu ihrer ständigen Beratung einrichten (Landesdenkmalrat). (2) Dem Landesdenkmalrat sollen Sachverständige für die Fachgebiete des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, insbesondere Vertreter der anerkannten Denkmalpflegeorganisationen, der Kirchen, der kommunalen Gebietskörperschaften und der Denkmalseigentümer, angehören. (3) Die Mitglieder des Denkmalrates sind ehrenamtlich tätig. Das Nähere über die Berufung, Amtsdauer, Entschädigung, Zusammensetzung und die Geschäftsführung des Denkmalrates regelt die oberste Denkmalschutzbehörde durch Verordnung. Dritter Abschnitt Gegenstand des Denkmalschutzes § 8 Denkmalpflegeplan (1) Die Gemeinden sollen [das Land soll] Denkmalpflegepläne aufstellen und fortschreiben. (2) Der Denkmalpflegeplan gibt die Ziele und Erfordernisse des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege sowie die Darstellungen und Festsetzungen in der Bauleitplanung nachrichtlich wieder. Er enthält

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1. die Bestandsaufnahme und Analyse des Gebietes der Gemeinde [des Landes] unter siedlungsgeschichtlichen Gesichtspunkten, 2. die Darstellung der Bau- und Bodendenkmäler, der Denkmalbereiche, der Grabungsschutzgebiete sowie – nachrichtlich – der erhaltenswerten Bausubstanz und 3. ein Planungs- und Handlungskonzept zur Festlegung der Ziele und Maßnahmen, mit denen der Schutz, die Pflege und die Nutzung von Denkmälern im Rahmen der Landesplanung oder der Stadtentwicklung verwirklicht werden sollen. § 9 Unterschutzstellung (1) Die Unterschutzstellung von Kulturdenkmalen, soweit sie nicht Denkmalbereiche sind, erfolgt durch Eintragung in ein Denkmalregister. (2) Die Eintragung findet für Kulturdenkmale, die nicht von herausgehobener Bedeutung sind, nicht statt. (3) Die Unterschutzstellung von Denkmalbereichen erfolgt durch Rechtsverordnung. Als Denkmalbereiche werden auch Weltkulturerbestätten unter Schutz gestellt. § 10 Denkmalregister (1) Die oberen Denkmalschutzbehörden führen das Denkmalregister für ihren jeweiligen Zuständigkeitsbereich. (2) Die Eintragung eines Kulturdenkmals erfolgt auf Antrag der Eigentümer, der Besitzer oder der sonst Verfügungsberechtigten oder von Amts wegen nach deren Anhörung. Die Gemeinde, in deren Gebiet das Kulturdenkmal liegt, sowie die Träger öffentlicher Belange sind zu benachrichtigen. Die Register sind auf Antrag oder von Amts wegen zu berichtigen, wenn sich die Voraussetzungen für die Eintragung geändert haben. (3) Die Denkmalschutzbehörde kann im Eintragungsbescheid einzelne Maßnahmen feststellen, die der Genehmigung bedürfen. (4) Die in den Denkmalregistern nach Absatz 1 zu verarbeitenden Daten sind von der obersten Denkmalschutzbehörde durch Verordnung festzulegen. Die Einsichtnahme in

das Denkmalregister ist jeder Person gestattet, soweit nicht höherwertige Geheimhaltungsinteressen insbesondere der Eigentümer dem entgegenstehen. (5) Das Denkmalregister kann auch elektronisch geführt werden. § 11 Vorläufiger Schutz (1) Die untere Denkmalschutzbehörde kann anordnen, dass eine Sache, mit deren Eintragung in das Denkmalregister zu rechnen ist, vorläufig als eingetragenes Kulturdenkmal im Sinne dieses Gesetzes gilt. (2) Die Anordnung nach Abs. 1 gilt bis zur Eintragung des Kulturdenkmals in das Denkmalregister oder ihrer Ablehnung, höchstens jedoch für drei Monate. Sie ist dem Verfügungsberechtigten zuzustellen. § 12 Denkmalbereiche; Weltkulturerbestätten; Grabungsschutzgebiete (1) In der Verordnung nach § 9 Abs. 3 sind 1. der Schutzgegenstand, 2. der Schutzzweck und 3. die zur Erreichung des Schutzzwecks erforderlichen Genehmigungsvorbehalte zu regeln. (2) Ist der unter Schutz zu stellende Denkmalbereich eine Weltkulturerbestätte, so sind in der Rechtsverordnung außerdem Pufferzonen zum Schutz ihres unmittelbaren Umfeldes, wesentlicher Sichtachsen und weiterer Merkmale, welche die Unterschutzstellung als Weltkulturerbestätte begründen, aufzunehmen. Ist der Denkmalbereich keine Weltkulturerbestätte, so können Festlegungen nach Satz 1 erfolgen. (3) Als Grabungsschutzgebiete werden durch Verordnung nach § 9 Abs. 3 bestimmte abgegrenzte archäologische Denkmalbereiche festgelegt, in denen Kulturdenkmale zu vermuten sind. § 13 Verordnungsverfahren (1) Vor Erlass einer Verordnung aufgrund § 9 Abs. 3 sind zu beteiligen 1. die Behörden und öffentlichen Planungsträger, deren Aufgabenbereich durch die Verordnung berührt wird,

C. Vorschlag für einen Musterentwurf eines Landesdenkmalschutzgesetzes 2. nach § 35 anerkannte Denkmalpflegeorganisationen. Diesen Beteiligten ist für die Abgabe einer Stellungnahme eine Frist von zwei Monaten zu setzen. Spätere Stellungnahmen können nur berücksichtigt werden, wenn die vorgetragenen Belange für die Rechtmäßigkeit der Entscheidung von Bedeutung sind. (2) Der Entwurf der Verordnung ist für die Dauer eines Monats in den Gemeinden, in deren Gebiet der Denkmalbereich oder das Grabungsschutzgebiet liegt, öffentlich auszulegen. Er muss eine Begründung enthalten. Ort und Dauer der Auslegung sind durch die betroffenen Gemeinden mindestens eine Woche vorher ortsüblich bekannt zu machen. Die Bekanntmachung muss den Hinweis enthalten, dass Anregungen bis zwei Wochen nach Ablauf der Auslegungsfrist schriftlich oder zur Niederschrift bei der oberen Denkmalschutzbehörde vorgebracht werden können. (3) Die obere Denkmalschutzbehörde prüft die fristgemäß vorgebrachten Anregungen, führt einen Erörterungstermin durch und teilt das Ergebnis den Beteiligten, die Stellungnahmen abgegeben haben, schriftlich mit. (4) Flächen, deren Zuordnung zum räumlichen Geltungsbereich der Verordnung unklar ist, gelten als nicht betroffen. § 14 Managementpläne von Weltkulturerbestätten (1) Die Ziele und Maßnahmen, mit denen der Schutz, die Pflege und Nutzung der Weltkulturerbestätten verwirklicht werden sollen, sind in integrierten Planungs- und Handlungskonzepten (Managementplänen) niederzulegen. Sie benennen die Schutzmaßnahmen durch Gesetze, sonstige Vorschriften und Verträge, die Festlegung von Grenzen für wirksamen Schutz der Weltkulturerbestätten, die Grenzen und Festsetzungen der Pufferzonen, die Organisation der Weltkulturerbestätte und deren Einbindung in das Verwaltungssystem sowie das Konzept für die nachhaltige Nutzung. (2) Die oberste Denkmalbehörde regelt unter Beachtung der jeweils geltenden Fassung der Richtlinien (Operational Guidelines) des Weltkulturerberates für die Durchführung des

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Übereinkommens zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt vom 23. November 1972 weitere Anforderungen an den Inhalt von Managementplänen durch Rechtsverordnung. (3) Die Managementpläne sind durch den Träger der Weltkulturerbestätte, nach Ablauf einer von dieser gesetzten angemessenen Frist ersatzweise von der oberen Denkmalschutzbehörde aufzustellen und fortzuschreiben. Die oberste Denkmalschutzbehörde besorgt die Weiterleitung der Pläne an die nach dem Übereinkommen zum Schutz des Kultur- und Naturerbes der Welt vom 23. November 1972 und den dazu ergangenen Ausführungsbestimmungen jeweils zuständige Stelle. Vierter Abschnitt Maßnahmen des Denkmalschutzes; Denkmalschutzrechtliche Eingriffsregelung § 15 Anzeigepflichtige Maßnahmen (1) Jede Veränderung an einem Denkmal, die keinen Eingriff nach § 16 darstellt, ist der unteren Denkmalschutzbehörde anzuzeigen. Mit der Ausführung der Maßnahme darf frühestens einen Monat nach Zugang der Anzeige bei der Behörde begonnen werden; die Behörde kann einen früheren Beginn gestatten. (2) Einer Anzeige bedarf es nicht bei 1. Instandsetzungsmaßnahmen, die sich nur auf einen Teil des Denkmals beziehen 2. der regelmäßigen Pflege von Grünflächen, die nicht Gestaltung des Denkmals ist, 3. Maßnahmen bei Baudenkmälern im Eigentum der Religionsgesellschaften, sofern das Denkmal nicht beseitigt wird. (3) Auch in Fällen des Absatzes 1 kann die untere Denkmalschutzbehörde im Einzelfall die Durchführung eines Genehmigungsverfahrens verlangen, sofern dies aus weit überwiegenden Gründen des Denkmalschutzes geboten ist. (4) Der unteren Denkmalbehörde sind außerdem 1. der Wechsel des Eigentums an einem Denkmal 2. die Verbringung eines beweglichen Denkmals an einen anderen Ort. unverzüglich anzuzeigen.

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(5) Im Falle des rechtsgeschäftlichen Eigentumsübergangs erstreckt sich die Anzeige auch auf den Inhalt des zugrunde liegenden Vertrags. Die Anzeige ist durch den bisherigen Eigentümer vorzunehmen; seine Mitteilung wird durch die Mitteilung des Erwerbers ersetzt. § 16 Eingriff in Denkmale; Genehmigungspflicht (1) Maßnahmen, die Eingriffe in Denkmale sind, bedürfen der Eingriffsgenehmigung, sofern sie nicht einer behördlichen Zulassung nach anderen Rechtsvorschriften bedürfen. (2) Eingriffe in Denkmale im Sinne dieses Gesetzes sind erhebliche Veränderungen der Gestalt oder Nutzung von Denkmalen oder deren durch sie geprägten Denkmalumgebung, die Denkmale zu beeinträchtigen geeignet sind. (3) Nicht erheblich sind insbesondere Veränderungen, 1. die für den Denkmalwert der Sache ohne Bedeutung sind, 2. die auf Instandsetzungsmaßnahmen beruhen, die nur einen Teil des Denkmals betreffen, 3. die der Erforschung des Denkmals dienen, sofern sie in seinen Bestand nur unwesentlich eingreifen, 4. die Festsetzungen in einer Verordnung gemäß § 9 Abs. 3 entsprechen. (4) Bei Eingriffen, die von Religionsgesellschaften an Denkmälern in ihrem Eigentum vorgenommen werden, kann die Denkmalschutzbehörde von der Pflicht zur Eingriffsgenehmigung absehen. § 17 Eingriffsgrundsätze; Eingriffsgenehmigung (1) Der Verursacher eines Eingriffs ist verpflichtet, vermeidbare Beeinträchtigungen von Denkmalen zu unterlassen. Beeinträchtigungen sind auch zu unterlassen, wenn das mit dem Eingriff verfolgte Ziel auf andere zumutbare, das Denkmal schonendere Weise erreicht werden kann. (2) Der Verursacher hat vorübergehende unvermeidbare Beeinträchtigungen innerhalb ei-

ner angemessenen Frist zu beseitigen, die von der zuständigen Behörde nach denkmalschutzfachlichen Kriterien bestimmt wird und auf Antrag verlängert werden kann. (3) Nicht nur vorübergehende unvermeidbare Beeinträchtigungen sind durch geeignete Maßnahmen auszugleichen (Ausgleichmaßnahmen) oder zu ersetzen (Ersatzmaßnahmen). Für die Erfüllung der Ausgleichs- und Ersatzpflicht haftet auch der Rechtsnachfolger des Verursachers. (4) Der Eingriff darf nicht genehmigt werden, wenn er 1. zu vermeidbaren Beeinträchtigungen führt, 2. wenn bei unvermeidbaren Beeinträchtigungen mögliche Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen nicht vorgenommen werden, 3. wenn bei unvermeidbaren Beeinträchtigungen Ausgleichs- oder Ersatzmaßnahmen nicht vorgenommen werden können und die Belange des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege bei der Abwägung anderen Belangen im Range vorgehen. (5) Eingriffe in Weltkulturerbestätten sind darüber hinaus nur aus zwingenden Gründen des Gemeinwohls zulässig. (6) Ersatzmaßnahmen sind, soweit das nach deren Eigenart erforderlich ist, in dem im Genehmigungsbescheid festzusetzenden Zeitraum entsprechend den Kompensationszielen zu unterhalten. Soweit erforderlich, kann die zuständige Behörde verlangen, dass Ersatzmaßnahmen bereits vor oder während der Durchführung des Eingriffs vorgenommen werden. § 18 Anrechnung vorgezogener Maßnahmen; Maßnahmenpools Der Verursacher eines Eingriffs kann seiner Kompensationspflicht nach § 17 auch dadurch nachkommen, dass er sich von der zuständigen Behörde als Ersatzmaßnahme solche Maßnahmen des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege anrechnen lässt, von denen dauerhaft günstige Wirkungen auf die in § 4 Abs. 1 bis 4 genannten Denkmäler ausgehen und die ohne rechtliche Verpflichtung bereits vor dem oder mit Beginn des Eingriffs durch

C. Vorschlag für einen Musterentwurf eines Landesdenkmalschutzgesetzes ihn selbst oder einen Dritten durchgeführt worden sind. Voraussetzung für eine Anrechnung als Ersatzmaßnahme ist, dass eine Dokumentation des Ausgangszustandes der aufgewerteten Denkmäler vorliegt. Maßnahmen nach Satz 1 können zweckentsprechend zu Maßnahmenpools zusammengefasst werden. § 19 Ersatzzahlung (1) Sind die Beeinträchtigungen nicht oder nicht vollständig kompensierbar und ist der Eingriff nach § 17 zulässig, so hat der Verursacher Ersatz in Geld zu leisten (Ersatzzahlung). Eine Ersatzzahlung soll auch geleistet werden, wenn damit eine Aufwertung des Denkmalschutzes insgesamt mit gleichen Aufwendungen besser verwirklicht werden kann. Die Ersatzzahlung bemisst sich nach den Kosten der unterbliebenen Ersatzmaßnahme. Bei erheblichen Beeinträchtigungen der Denkmalumgebung bemisst sich die Ersatzzahlung nach deren Umfang und Schwere. (2) Die Ersatzzahlung ist als zweckgebundene öffentliche Abgabe an das Land zu entrichten, das sie an eine Stiftung des öffentlichen Rechts weiterleitet, die sie für denkmalschützerische und denkmalpflegerische Maßnahmen in der betroffenen Region, nach Möglichkeit im Gebiet des betroffenen Landkreises oder der kreisfreien Stadt verwendet. (3) Die Ersatzzahlung ist mit der Eingriffsgenehmigung bzw. der Zulassung nach anderen Rechtsvorschriften festzusetzen. Sie ist vor Beginn des Eingriffs zu leisten. In der Eingriffsgenehmigung bzw. der Zulassung nach anderen Rechtsvorschriften kann eine andere Fälligkeit bestimmt werden; in diesen Fällen soll eine entsprechende Sicherheit geleistet werden. § 20 Zuständigkeit und Verfahren; Umweltverträglichkeitsprüfung (1) Die untere Denkmalschutzbehörde erteilt auf Antrag die Eingriffsgenehmigung und trifft die zur Durchführung der §§ 17 bis 19 erforderlichen Entscheidungen und Maßnahmen. Sie kann hierzu besondere Nebenbestimmungen erlassen. Solche Nebenbestimmungen können auch nach Erteilung der Genehmigung erlassen, geändert oder ergänzt werden,

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wenn der Antragsteller sich hiermit einverstanden erklärt hat oder dies zur Vermeidung schwerer und unvorhergesehener Beeinträchtigungen des Denkmals notwendig ist. (2) Wenn für den Eingriff nach anderen Rechtsvorschriften eine behördliche Zulassung oder Anzeige vorgeschrieben ist, so ist die zuständige Behörde auch zur Anordnung von Entscheidungen und Maßnahmen nach den §§ 17 bis 19 berufen. Absatz 1 Sätze 2 und 3 gelten entsprechend. (3) Die Entscheidungen nach Absatz 2 ergehen im Einvernehmen mit der gleichgeordneten Denkmalschutzbehörde; wird der Eingriff durch Landkreise oder kreisfreie Städte vorgenommen oder ist für die Zulassung des Eingriffs eine oberste Landesbehörde zuständig, ergeht die Entscheidung im Einvernehmen mit der oberen Denkmalschutzbehörde. Das Einvernehmen gilt als erteilt, wenn es nicht binnen eines Monats nach Eingang des Ersuchens der Zulassungsbehörde unter Darlegung der Gründe verweigert wird. Entscheidungen ergehen, soweit für sie die Konzentrationswirkung nach § 75 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land *** gilt, im Einvernehmen mit der Denkmalschutzbehörde. (4) Die zuständige Behörde kann die Leistung einer Sicherheit bis zur Höhe der voraussichtlichen Kosten für die Ersatzmaßnahmen verlangen, um die Erfüllung der Verpflichtungen nach § 17 Abs. 2 bis 6 zu gewährleisten. Für die Sicherheitsleistung gelten die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches sinngemäß. (5) Erfüllt der Verursacher trotz Aufforderung und angemessener Fristsetzung Nebenbestimmungen nicht oder leistet er eine nach Absatz 4 verlangte Sicherheit nicht, kann die nach den Absätzen 1 oder 3 zuständige Behörde die Einstellung des Vorhabens anordnen und die Eingriffsgenehmigung bzw. die Zulassung nach anderen Rechtsvorschriften widerrufen. Widerruft sie die Eingriffsgenehmigung bzw. die Zulassung nach anderen Rechtsvorschriften, kann sie die Nutzung untersagen und die Wiederherstellung des früheren Zustandes auf Kosten des Verursachers fordern oder selbst vornehmen.

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(6) Wird ein Eingriff ohne die erforderliche Zulassung oder Anzeige vorgenommen, so soll die zuständige Denkmalschutzbehörde die Einstellung des Vorhabens anordnen. Sie kann die Wiederherstellung des früheren Zustandes oder die Untersagung der Nutzung anordnen. Die Wiederherstellung des früheren Zustandes kann auch von dem Eigentümer des betroffenen Grundstücks verlangt werden, wenn ein Rückgriff auf den Verursacher nicht möglich ist und der Eigentümer mit dem Eingriff einverstanden war oder sein Einverständnis nach den Umständen des Falles anzunehmen war. Ist die Wiederherstellung nicht möglich, finden die §§ 17 und 19 entsprechende Anwendung. (7) Handelt es sich bei dem Eingriff um ein Vorhaben, für das eine nach den §§ 3 bis 3 f UVPG eine Umweltverträglichkeitsprüfung erforderlich ist, hat das Zulassungsverfahren im Sinne des Absatzes 1 oder das Genehmigungsverfahren im Sinne des Absatzes 3 die gesetzlichen Anforderungen an die Umweltverträglichkeitsprüfung zu beachten. § 21 Besondere Erfordernisse bei Anträgen und Anzeigen; Prüfauftrag (1) Anträge (§ 20 Abs. 1 S. 1) und Anzeigen (§ 15 Abs. 1 S. 1) müssen in einem nach Art und Umfang des Eingriffs angemessenen Umfang die für die Beurteilung des Eingriffs und für die Entscheidungen der zuständigen Behörden erforderlichen Angaben enthalten, insbesondere über Ort, Art, Umfang und zeitlichen Ablauf des Eingriffs bzw. der vorgesehenen Veränderung, die vom Verursacher vorgesehenen oder vorgeschlagenen Maßnahmen zur Vermeidung, zum Ersatz der Beeinträchtigungen des Denkmals oder der Denkmalumgebung sowie, soweit sich die Ersatzmaßnahmen auf ein Denkmal oder Grundstück beziehen, für das dem Verursacher die Verfügungsbefugnis fehlt, das Einverständnis des Eigentümers mit der Maßnahme. (2) Die Eingriffsgenehmigung nach § 16 Abs. 1 ist schriftlich oder zur Niederschrift der nach § 20 zuständigen Behörde zu beantragen. Die zuständige Denkmalschutzbehörde prüft den Antrag auf Vollständigkeit; ist der Antrag unvollständig oder weist er sonstige erheb-

liche Mängel auf, fordert sie den Antragsteller zur Behebung der Mängel innerhalb einer angemessenen Frist auf. Werden die Mängel nicht innerhalb der Frist behoben, gilt der Antrag als zurückgenommen. Die Eingriffsgenehmigung gilt als erteilt, wenn die zuständige Denkmalschutzbehörde nicht innerhalb von drei Monaten nach Eingang der vollständigen Antragsunterlagen bei der Denkmalschutzbehörde einen Bescheid erlassen hat. (3) Die zuständige Behörde prüft die fristund sachgerechte Durchführung der festgesetzten Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen einschließlich der erforderlichen Pflegemaßnahmen. Hierzu kann sie anordnen, dass der Verursacher ihr einen entsprechenden Bericht vorlegt; sie unterrichtet die zuständige Denkmalschutzbehörde. § 22 Vorhaben in Böden und Gewässern (1) Werden durch Vorhaben in Böden oder Gewässern archäologische Untersuchungen, Bergungen, Dokumentationen oder Veröffentlichungen notwendig, ist der Träger des Vorhabens im Rahmen des Zumutbaren zur Deckung der entstandenen Kosten verpflichtet. Soweit die Höhe der Kosten nicht einvernehmlich in einem öffentlichrechtlichen Vertrag geregelt wird, wird sie in einem Bescheid der zuständigen oberen Denkmalschutzbehörde festgesetzt. (2) Vorhaben im Sinne des Absatzes 1 bedürfen der Anzeige bei der oberen Denkmalschutzbehörde, sofern bekannt ist oder zureichende Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass sich dort archäologische Kulturdenkmale befinden. § 23 Ersatzvornahme Soweit Eigentümer, sonstige Verfügungsberechtigte und Besitzer der Verpflichtung zum Erhalt und Schutz der Denkmäler nicht nachkommen, kann die obere Denkmalschutzbehörde auf deren Kosten die notwendigen Anordnungen treffen. Im Übrigen sind die Vorschriften des Verwaltungsvollstreckungsgesetzes für das Land *** anzuwenden.

C. Vorschlag für einen Musterentwurf eines Landesdenkmalschutzgesetzes § 24 Auskunftspflicht und Betretungsrecht Die Eigentümer, sonstige Verfügungsberechtigte und Besitzer haben den Denkmalschutzbehörden und ihren Beauftragten die Besichtigung von Kulturdenkmalen zu gestatten und ihnen Auskunft zu geben, soweit dies zur Durchführung des Denkmalschutzes erforderlich ist. Das gleiche gilt, wenn das Vorliegen eines Kulturdenkmals vermutet wird. Das Betreten von Wohnungen ist gegen den Willen der in Satz 1 genannten Personen nur bei Gefahr im Verzug oder aufgrund einer richterlichen Anordnung zulässig. Das Grundrecht auf Unverletzlichkeit der Wohnung nach Artikel 13 des Grundgesetzes wird insoweit eingeschränkt. Fünfter Abschnitt Funde § 25 Funde (1) Wer 1. archäologische Methoden anwendet, um Kulturdenkmale aufzufinden, 2. Mess- und Suchgeräte verwendet, um Kulturdenkmale aufzufinden, ohne dazu nach anderen Rechtsvorschriften befugt zu sein, 3. Grabungen oder Bergungen durchführt, ohne dazu nach anderen Rechtsvorschriften befugt zu sein, oder 4. ein durch Grabung oder Bergung zu Tage getretenes Kulturdenkmal ganz oder teilweise in Besitz nimmt, bedarf der Genehmigung der oberen Denkmalschutzbehörde. Die Genehmigung kann versagt werden, soweit dies zum Schutz eines Kulturdenkmals erforderlich ist. (2) Wer Sachen, Sachgesamtheiten oder Teile von Sachen auffindet oder sonst entdeckt, von denen anzunehmen ist, dass an ihrer Erhaltung aus wissenschaftlichen, künstlerischen oder heimatgeschichtlichen Gründen ein öffentliches Interesse besteht (Funde), hat dies unverzüglich einer Denkmalschutzbehörde oder der Gemeinde anzuzeigen. (3) Die nach Absatz 2 Verpflichteten haben den Fund und die Fundstätte in unverändertem Zustand zu erhalten, soweit es ohne erhebliche

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Nachteile oder Aufwendungen von Kosten geschehen kann. Diese Verpflichtung erlischt nach Ablauf einer von der oberen Denkmalschutzbehörde festgelegten angemessenen Frist. § 26 Ablieferung (1) Das Land, der Kreis und die Gemeinde, in deren Gebiet ein bewegliches Kulturdenkmal gefunden worden ist, haben in dieser Reihenfolge das Recht, die Ablieferung des beweglichen Kulturdenkmals zu verlangen. (2) Die Ablieferung kann nur verlangt werden, wenn Tatsachen vorliegen, nach denen zu besorgen ist, dass sich sonst der Erhaltungszustand des Gegenstandes verschlechtern wird oder der Gegenstand der Denkmalpflege verlorengeht. (3) Die Ablieferung kann nicht mehr verlangt werden, wenn 1. seit der Mitteilung drei Monate verstrichen sind; dies gilt nicht, wenn die Berechtigten innerhalb der Frist gegenüber dem Eigentümer sich das Recht, die Ablieferung zu verlangen, vorbehalten haben, 2. der Eigentümer dem Berechtigten die Ablieferung des Kulturdenkmals, bevor über die Ablieferungspflicht entschieden ist, angeboten und die Berechtigten das Angebot nicht binnen drei Monaten angenommen haben. (4) Die obere Denkmalschutzbehörde entscheidet auf Antrag einer oder eines Beteiligten, ob die Voraussetzungen der Ablieferung vorliegen. § 27 Wissenschaftliche Bearbeitung Ein gefundenes oder ausgegrabenes bewegliches Kulturdenkmal ist der oberen Denkmalschutzbehörde unbeschadet eines Eigentumsrechts auf Verlangen befristet zur wissenschaftlichen Bearbeitung auszuhändigen. § 28 Schatzregal Bewegliche Kulturdenkmale, die herrenlos sind, oder die so lange verborgen gewesen sind, dass ihre Eigentümer nicht mehr zu ermitteln sind, werden mit der Entdeckung Eigentum des Landes. Der Finder hat Anspruch auf

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§ 6 Rechtspolitische Überlegungen zum Denkmalschutzrecht

eine angemessene Belohnung. Über die Höhe entscheidet die oberste Denkmalschutzbehörde. Sechster Abschnitt Beschränkung und Entzug des Eigentums; Entschädigung § 29 Beschränkung der wirtschaftlichen Nutzung Die obere Denkmalschutzbehörde kann die wirtschaftliche Nutzung eines Grundstücks oder eines Grundstückteils, in dem sich eingetragene Kulturdenkmale befinden, beschränken, soweit die Belange des Denkmalschutzes dies erforderlich machen und diese Belange die privaten Interessen an der wirtschaftlich uneingeschränkten Nutzung überwiegen. Die Beschränkung ist auf Ersuchen der oberen Denkmalschutzbehörde im Grundbuch einzutragen. § 30 Enteignung (1) Bewegliche Kulturdenkmale können enteignet werden, wenn auf andere Weise eine Gefahr für ihre Erhaltung nicht zu beseitigen ist. Das gilt auch, wenn die Gefahr besteht, dass Sammlungen durch Aufteilung oder, wenn ihre Bedeutung heimatgeschichtlich oder landschaftlich bedingt ist, durch Überführung in eine fremde Landschaft entwertet werden. (2) Unbewegliche Kulturdenkmale und die sie umgebenden und zu ihrer Sicherung notwendigen Grundflächen können außer unter den Voraussetzungen des Absatzes 1 enteignet werden, wenn die angemessene Erhaltung des Kulturdenkmals und die Gestaltung der es umgebenden Grundflächen auf andere Weise nicht durchzuführen ist. (3) Das Enteignungsverfahren wird auf Antrag der zuständigen Denkmalschutzbehörde durchgeführt. Befindet sich das Kulturdenkmal im Eigentum einer Körperschaft des öffentlichen Rechts oder einer rechtsfähigen Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts, sind die Entscheidungen im Einvernehmen mit der für die Eigentümerin zuständigen Aufsichtsbehörde zu treffen. Die Enteignung erfolgt zugunsten des Landes, eines Kreises oder einer Gemeinde.

(4) Enteignungsbehörde ist das Innenministerium. (5) Für die Enteignung von unbeweglichen Kulturdenkmalen oder damit verbundenen Rechten finden die §§ 93 bis 122 des Baugesetzbuches entsprechende Anwendung, soweit dieses Gesetz keine anderweitige Regelung enthält. Bei der Enteignung von beweglichen Kulturdenkmalen ist zur Ermittlung der Entschädigung ein Gutachten eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen einzuholen. Der Enteignungsbeschluss muss außerdem den zur Herausgabe nach dem Eintritt der Rechtsänderung Verpflichteten und die Höhe der Entschädigung mit der Angabe, von wem und an wen sie zu leisten ist, bezeichnen. Der im Enteignungsbeschluss geregelte neue Rechtszustand tritt anstelle des bisherigen Rechtszustandes, sobald der Enteignungsbeschluss unanfechtbar geworden ist. Der neue Rechtszustand tritt auch ein, wenn über die Höhe der Entschädigung noch gestritten wird. Soll nach dem Inhalt des Enteignungsbeschlusses der Enteignungsbegünstigte den Besitz an der Sache erhalten, haben die Eigentümer oder Besitzer ihm die Sache mit Eintritt der Rechtsänderung herauszugeben. Gegen den Enteignungsbeschluss ist der Rechtsweg vor den Verwaltungsgerichten eröffnet. Soweit Entschädigungsgrundlagen und -höhe angefochten werden sollen, ist die ordentliche Gerichtsbarkeit zuständig. Die Beschreitung des Rechtsweges steht den Beteiligten innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses zu. § 31 Entschädigung bei Beschränkung des Eigentums (1) Für die Beschränkung des Eigentums (§ 29) haben die Begünstigten den Eigentümern oder anderen Berechtigten eine angemessene Entschädigung in Geld zu leisten; dies gilt auch, soweit eine Entscheidung nach § 29 enteignend wirkt. Dabei ist die Entziehung der Nutzung, die Beschädigung oder Zerstörung einer Sache unter gerechter Abwägung der Interessen der Allgemeinheit und der Beteiligten zu berücksichtigen. Für entgangenen Gewinn und für sonstige Vermögensnachteile, die nicht in unmittelbarem Zusammen-

C. Vorschlag für einen Musterentwurf eines Landesdenkmalschutzgesetzes hang mit dem Entzug der Nutzung stehen, ist den in Satz 1 bezeichneten Personen eine Entschädigung zu zahlen, wenn und soweit dies zur Abwendung oder zum Ausgleich unbilliger Härten geboten erscheint. (2) Dinglich Berechtigte, die durch die Einwirkung in ihren Rechten betroffen werden, sind, soweit sie nicht als andere Berechtigte bereits nach Absatz 1 entschädigt werden, nach Maßgabe der Artikel 52 und 53 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch auf die Entschädigung des Eigentümers angewiesen. (3) Ein Anspruch auf Entschädigung besteht nicht, 1. wenn trotz der Beschränkung die Nutzung im bisher üblichen Maß fortgesetzt werden kann,

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§ 33 Vorkaufsrecht (1) Der Gemeinde steht beim Kauf von Grundstücken, auf oder in denen sich Denkmale befinden, ein Vorkaufsrecht zu. Es darf nur ausgeübt werden, wenn dadurch die dauernde Erhaltung des Denkmals ermöglicht werden soll. Das Vorkaufsrecht ist ausgeschlossen, wenn der Eigentümer das Grundstück an seinen Ehegatten, Lebenspartner oder an eine Person veräußert, die mit ihm in gerader Linie verwandt oder verschwägert oder in der Seitenlinie bis zum dritten Grad verwandt ist. Das Vorkaufsrecht steht der Gemeinde nicht zu beim Kauf von Rechten nach dem Wohnungseigentumsgesetz und bei Erbbaurechten.

§ 32 Übernahme von Denkmalen

(2) Das Vorkaufsrecht kann nur binnen zwei Monaten nach Mitteilung des Kaufvertrages durch Verwaltungsakt gegenüber dem Veräußerer ausgeübt werden. Die §§ 463, 464 Abs. 2, 465 bis 468 und 471 des Bürgerlichen Gesetzbuches sind anzuwenden. Nach Mitteilung des Kaufvertrages ist auf Ersuchen der Gemeinde zur Sicherung ihres Anspruchs auf Übereignung des Grundstücks eine Vormerkung in das Grundbuch einzutragen; die Gemeinde trägt die Kosten der Eintragung der Vormerkung und ihrer Löschung. Das Vorkaufsrecht ist nicht übertragbar. Bei einem Eigentumserwerb aufgrund der Ausübung des Vorkaufsrechts erlöschen rechtsgeschäftliche Vorkaufsrechte. Wird die Gemeinde nach Ausübung des Vorkaufsrechts im Grundbuch als Eigentümerin eingetragen, so kann sie das Grundbuchamt ersuchen, eine zur Sicherung des Übereignungsanspruches des Käufers im Grundbuch eingetragene Vormerkung zu löschen; sie darf das Ersuchen nur stellen, wenn die Ausübung des Vorkaufsrechts für den Käufer unanfechtbar ist.

Der Eigentümer kann die Übernahme eines Denkmals durch die Gemeinde verlangen, wenn und soweit es ihm mit Rücksicht auf seine Pflicht zur Erhaltung des Denkmals auf Grund einer behördlichen Maßnahme nach diesem Gesetz wirtschaftlich nicht zuzumuten ist, das Denkmal zu behalten oder es in der bisherigen oder einer anderen zulässigen Art zu nutzen. Im Übrigen finden die Bestimmungen des § 33 entsprechende Anwendung.

(3) Das Grundbuchamt darf bei Veräußerungen den Erwerber als Eigentümer in das Grundbuch erst eintragen, wenn ihm die Nichtausübung oder das Nichtbestehen des Vorkaufsrechts nachgewiesen ist. Besteht ein Vorkaufsrecht nicht oder wird es nicht ausgeübt, hat die Gemeinde auf Antrag eines Beteiligten darüber unverzüglich ein Zeugnis auszustellen. Das Zeugnis gilt als Verzicht auf die Ausübung des Vorkaufsrechts.

2. soweit Entschädigungsberechtigten infolge der Einwirkungen Vermögensvorteile erwachsen oder sie diese bei gehöriger Sorgfalt in zumutbarer Weise hätten ziehen können. (4) Hat bei der Entstehung des Vermögensnachteils ein Verschulden der Entschädigungsberechtigten mitgewirkt, gilt § 254 des Bürgerlichen Gesetzbuchs sinngemäß. (5) Über die Entschädigung ist zumindest dem Grunde nach in Verbindung mit dem die Entschädigungspflicht auslösenden Verwaltungsakt durch die zuständige Denkmalschutzbehörde zu entscheiden. Zur Leistung der Entschädigung ist der begünstigte Träger der öffentlichen Verwaltung verpflichtet, dessen Behörde den die Entschädigungspflicht auslösenden Verwaltungsakt erlassen hat.

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§ 6 Rechtspolitische Überlegungen zum Denkmalschutzrecht

(4) Die Gemeinde kann das Vorkaufsrecht zugunsten einer anderen juristischen Person ausüben; bei juristischen Personen des Privatrechts besteht diese Befugnis nur, sofern die dauernde Erhaltung der in oder auf einem Grundstück liegenden Baudenkmale oder ortsfesten Bodendenkmale zu den satzungsmäßigen Aufgaben der juristischen Person gehört und bei Berücksichtigung aller Umstände gesichert ist. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Die Gemeinde kann das Vorkaufsrecht zugunsten eines anderen nur ausüben, wenn ihr die Zustimmung des Begünstigten vorliegt. Siebter Abschnitt Verfahrensrechte; Rechtsschutz § 34 Rechte des Eigentümers (1) Dem Eigentümer einer Sache steht ein Antragsrecht auf Anerkennung des Objektes als Denkmal nach § 9 Absatz 1 dieses Gesetzes zu. Die behördliche Entscheidung darüber kann durch den Eigentümer nach der Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung gerichtlich überprüft werden. (2) Der Verpflichtete soll in allen Situationen rechtzeitig in das Verfahren einbezogen und gehört werden. Das gilt auch für den Fall, dass ein Denkmal durch Vorhaben benachbarter Grundstücke negativ beeinträchtigt werden könnte. (3) Personen nach § 2 Abs. 1 stehen verwaltungsrechtliche Widerspruchs- und Klagerechte gegen behördliche Entscheidungen zugunsten Dritter nach Landesrecht zu, soweit die Person geltend macht, dass ihr Denkmal oder dessen Umgebung durch die Entscheidung beeinträchtigt werden. § 35 Anerkennung von Organisationen (1) Über die Anerkennung von Denkmalschutzorganisationen entscheidet die oberste Denkmalschutzbehörde. Die anerkannten Denkmalschutzorganisationen sind im Amtsblatt für *** bekannt zu machen. (2) Die Anerkennung wird auf Antrag erteilt. Sie ist zu erteilen, wenn die Organisation 1. nach ihrer Satzung ideell und nicht nur vorübergehend vorwiegend die Ziele des Denkmalschutzes fördert,

2. nach ihrer Satzung einen Tätigkeitsbereich hat, der das Gebiet des Landes *** umfasst, 3. im Zeitpunkt der Anerkennung mindestens drei Jahre besteht und in diesem Zeitraum im Sinne der Nummer 1 tätig gewesen ist, 4. die Gewähr für eine sachgerechte Aufgabenerfüllung bietet; dabei sind Art und Umfang ihrer bisherigen Tätigkeit, der Mitgliederkreis sowie die Leistungsfähigkeit der Organisation zu berücksichtigen, 5. wegen Verfolgung gemeinnütziger Zwecke nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes von der Körperschaftsteuer befreit ist und 6. den Eintritt als Mitglied, das in der Mitgliederversammlung volles Stimmrecht hat, jedermann ermöglicht, der die Ziele der Organisation unterstützt. Von dieser Voraussetzung kann bei Organisationen, deren Mitglieder ausschließlich juristische Personen sind, abgesehen werden, sofern die Mehrzahl dieser juristischen Personen die Voraussetzungen nach Satz 1 erfüllt. (3) In der Anerkennung ist der satzungsgemäße Aufgabenbereich, für den die Anerkennung gilt, zu bezeichnen. § 36 Mitwirkung von Organisationen am Verfahren Einer von der obersten Denkmalschutzbehörde anerkannten Organisation ist Gelegenheit zur Stellungnahme und zur Einsichtnahme in die einschlägigen Sachverständigengutachten zu geben 1. bei der Vorbereitung von Rechtsverordnungen und anderen im Rang unter dem Gesetz stehenden Rechtsvorschriften der für den Denkmalschutz und die Denkmalpflege zuständigen Behörden, 2. vor der Erteilung von Ausnahmegenehmigungen und Befreiungen von den Vorschriften dieses Gesetzes oder aufgrund dieser Gesetze erlassener Rechtsverordnungen, 3. Entscheidungen, die landesrechtlichen Vorschriften eine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung vorsehen, soweit sie durch das Vorhaben in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich berührt wird.

C. Vorschlag für einen Musterentwurf eines Landesdenkmalschutzgesetzes § 37 Rechtsbehelfe von Organisationen (1) Eine nach § 35 anerkannte Organisation kann, ohne in ihren Rechten verletzt zu sein, Rechtsbehelfe nach Maßgabe der Verwaltungsgerichtsordnung einlegen gegen Befreiungen von Verboten und Geboten zum Schutz von Denkmalen. (2) Rechtsbehelfe nach Absatz 1 sind nur zulässig, wenn die Organisation 1. geltend macht, dass der Erlass eines in Absatz 1 genannten Verwaltungsaktes Vorschriften dieses Gesetzes, Rechtsvorschriften, die auf Grund oder im Rahmen dieses Gesetzes erlassen worden sind, oder allen anderen Rechtsvorschriften, die bei Erlass des Verwaltungsaktes zu beachten und zumindest auch den Belangen des Denkmalschutzes zu dienen bestimmt sind, widerspricht, 2. in ihrem satzungsgemäßen Aufgabenbereich, soweit sich die Anerkennung darauf bezieht, berührt wird und 3. zur Mitwirkung nach § 36 berechtigt war und sie sich hierbei in der Sache geäußert hat oder ihr entgegen § 36 keine Gelegenheit zur Äußerung gegeben worden ist. (3) Hat die Organisation im Verwaltungsverfahren Gelegenheit zur Äußerung gehabt, ist sie im Verfahren über den Rechtsbehelf mit allen Einwendungen ausgeschlossen, die sie im Verwaltungsverfahren nicht geltend gemacht hat, aber auf Grund der ihr überlassenen oder von ihr eingesehenen Unterlagen zum Gegenstand ihrer Äußerung hätte machen können. (4) Ist der Verwaltungsakt der Organisation nicht bekannt gegeben worden, müssen Widerspruch und Klage binnen eines Jahres erhoben werden, nachdem die Organisation von dem Verwaltungsakt Kenntnis erlangt hat oder hätte erlangen können. Achter Abschnitt Ordnungswidrigkeiten § 38 Ordnungswidrigkeiten (1) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig 1. der Mitteilungs- und Anzeigepflicht der §§ 15 und 25 Abs. 2 zuwiderhandelt,

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2. die in §§ 16 und 25 Abs. 1 bezeichneten Handlungen ohne Genehmigung vornimmt, 3. ein Kulturdenkmal, dessen Ablieferung gemäß § 26 verlangt worden ist, beiseite schafft, beschädigt oder zerstört, 4. Maßnahmen durchführt, die der Beschränkung der wirtschaftlichen Nutzung nach § 29 zuwiderlaufen oder 5. einer Verordnung, die aufgrund dieses Gesetzes erlassen wurde, zuwiderhandelt, soweit diese für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist. (2) Die Ordnungswidrigkeit kann mit einer Geldbuße bis zu fünfhunderttausend Euro, in besonders schweren Fällen bis zu einer Million Euro geahndet werden. Zuständige Verwaltungsbehörde nach § 36 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über Ordnungswidrigkeiten sind die Landräte und die Bürgermeister der kreisfreien Städte. Neunter Abschnitt Schlussvorschriften § 39 Gebühren Für Entscheidungen und Eintragungen nach diesem Gesetz werden Gebühren zwischen zehn und fünfhunderttausend Euro erhoben. Das Nähere regelt eine Verordnung über die Erhebung von Gebühren. Soweit dies aus Gründen der Förderung des Denkmalschutzes tunlich erscheint, kann von einer Gebührenerhebung abgesehen werden. § 40 Verträge mit den Kirchen (1) Von diesem Gesetz abweichende Regelungen in dem Vertrag zwischen dem Land*** und den ***kirchen vom *** sowie in Staatskirchenverträgen bleiben vorbehaltlich des Absatz 2 unberührt. (2) Soweit dies aus Gründen des Denkmalschutzes zwingend erforderlich ist, kann die zuständige Denkmalschutzbehörde auch bei kirchlichen Denkmalen Maßnahmen nach diesem Gesetz erlassen. § 39 Inkrafttreten Dieses Gesetz tritt am *** in Kraft.

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Stichwortverzeichnis Abwägung 119 ff., 171, 504, 617 ff. Abwanderung von Kulturgütern 60, 65, 150, 676 ff. Anspruch auf Eintragung in die Denkmalliste 270 ff. Anzeigepflichten 268, 593 Archäologie 60 ff., 86, 211, 227, 440, 538, 607, 689 f. Art. 14 GG siehe Eigentumsgrundrecht Ausfuhr von Kulturgütern 60, 65, 150, 676, 678 Ausgleich siehe finanzieller Ausgleich Auskunftspflichten 295 ff., 338, 439, 593 Außenbereich 528, 625 Baudenkmal 211 f., 450 – Begriff 211 f., 450 – im Bauplanungsrecht 493, 497, 517, 527 – im Steuerrecht 553 ff. – Nutzungspflichten 391 Baugenehmigung 529 ff., 622 – Huckepackverfahren 622 – Verhältnis zum Denkmalrecht 342, 351 ff., 529 ff. Baumschutz 455 Bauordnungsrecht 529 ff. Bauplanungsrecht 492 ff. – Abwägungsbelange 500 – Bebauungsplan 494, 501, 505, 519 ff. – Flächennutzungsplan 515 f. Beratung, behördliche 396 Beseitigung 311 ff. Besichtigungsrecht 306 ff. Beteiligungsrechte, verbandliche 640 ff. Betretungsrecht 300 ff. Bewegliches Denkmal 210, 267 Biotopschutz 452 ff. Bodendenkmal 211, 254, 257 Bürgerinitiativen 472, 641

DDR 74, 216, 222 Denkmalarten 211 f. Denkmalbegriff 201 ff. – erweiterter 247 ff. Denkmalbuch siehe Denkmalliste Denkmaleigenschaft 217 ff., 246 Denkmalerforschung 276, 438 ff. Denkmalliste 259 f., 263 ff. – Anspruch auf Eintragung 270 ff. – im Konstitutivsystem 259 f., 286 – im Tatbestandssystem 263 ff., 281 – Rechtsschutz gegen die Eintragung 281, 283, 286 Denkmalpflege 199 f., 388, 397 ff., 403 ff. Denkmalpflegeplan 397 ff., 403 ff. – der Kommunen 397 ff., 662 – der Verfügungsberechtigten 403 ff. Denkmalschutzrecht der Länder 197 ff. Denkmalsfähigkeit 206 ff. Denkmalspezifische Entlastungsnormen 571 ff. Denkmalsumgebung, Schutz der 255 ff. Denkmalverzeichnis siehe Denkmalliste Denkmalwürdigkeit 217 ff. – Allgemeines 217 ff. – Schutzgründe 220 ff. – historische 221 ff. – künstlerische 224 ff. – sonstige 234 – städtebauliche 231 ff. – technische 233 – wissenschaftliche 227 ff. Denkmalzone 249, 607 Denkmalzugänglichkeit 435 ff. Dokumentationswert von Denkmälern 232, 242, 332 Duldungspflichten 299 ff. Eigentumsgrundrecht 194, 292, 321, 376 ff. – ausgleichspflichtige Beschränkungen 408, 417 ff.

Stichwortverzeichnis – Enteignung 433 ff. – Zumutbarkeit 373 ff. – Zuschüsse 409, 410 ff. Einzeldenkmäler 210, 211 ff. – bewegliche 210, 267 – unbewegliche 211 ff. Ensembleschutz 250 ff., 287 f. Enteignung 433 ff. Erbschaftssteuerrecht 574 Erhaltungspflichten 308 ff., 362 ff. Ermessen 260, 320 ff., 410 ff. – Genehmigungen 320 ff. – Nebenbestimmungen 328 – Unterschutzstellung 260 – Zuschüsse 410 ff. Europäisches Kulturabkommen 143 f. Europarecht 148 ff. – spezifischer Kulturgüterschutz 148 ff. – Umweltbegriff 153 Finanzielle Förderung 410 ff., 550 ff. – Steuersubventionen 550 ff. – weitere Subventionen 414 ff. – Zuschüsse 410 ff. Finanzieller Ausgleich 408, 417 ff. Forschungsstand 9 ff. – andere Rechtsordnungen 12 – deutsches Recht 9 Genehmigung, denkmalrechtliche 308 ff. – Genehmigungsfiktion 346 – Genehmigungsmaßstab 315 ff. – Genehmigungspflichtigkeit 311 ff. – Genehmigungsverfahren 345 ff. – Nebenbestimmungen 326 ff. – öffentlich-rechtlicher Vertrag 339 ff. – Verhältnis zu sonstigen Genehmigungen 351 ff. – Voraussetzungen 318 ff. Gesamtanlagen 249 ff. Gestaltungssatzung 400, 535 Grabungsschutzgebiet 257, 440, 584 Grundgesetz 162 ff. – Art. 14 GG siehe Eigentumsgrundrecht – Kulturstaatlichkeit 162 ff. – Staatszielbestimmung Kultur 167 ff. – Begriffliches 168 ff. – de constitutione ferenda 181 ff.

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– de constitutione lata 173 ff. – Historisches 167 Haager Konvention 127 ff. – Allgemeines 127 – Schutzgegenstand 132 – Schutzinhalt 134 – Umsetzung in nationales Recht 142 ff. – Zweites Haager Protokoll 138 Heimatschutz 18 ff. Immissionsschutzrecht 486 ff. Informatorische Pflichten 294 ff. Instandsetzungspflicht 364, 368 Kirchlicher Denkmalschutz 680 Konservatorische Pflichten 308 ff. Konstitutivsystem 259 ff., 286 Kulturbegriff 35 ff. – Europarecht 43 ff. – nationales Recht 47f. – These von der notwendigen Außerrechtlichkeit des ~s 38 f. – Völkerrecht 40 f. Kulturgüterschutz 35 ff. – Begriff des Kulturguts 35 – Europarecht 60 ff. – nationales Recht 64 ff. – Völkerrecht 40, 57, 84 ff. – dogmatische Defizite 72 ff. Kulturstaat 162 ff., 188 ff. – Grundgesetz 162 ff. – Landesverfassungen 188 ff. Landesstrafrecht siehe Sanktionsrecht Landesverfassungsrecht 188 ff. – Allgemeines 188 ff. – zum Denkmalschutz 192 Malta, Übereinkommen von 86, 690 Maßstab der Genehmigung siehe Genehmigung Mischsystem 266 ff. Musterentwurf Denkmalschutzgesetz 655 ff., 693 – Gesetzestext 693 – Leitlinien 659 ff. – Vorbemerkungen 655

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Stichwortverzeichnis

Natur und Kultur 13 ff. – Geistesgeschichtliche Tradition 16 ff. – Gleichverortung 13 f. – Heimatschutz 18 Naturdenkmal 16, 70, 158, 449 ff. Naturschutz 13 ff., 449 ff. – Verhältnis zum Denkmalrecht 449 ff. – Verhältnis zum Kulturgüterschutz 13 ff. Naturschutzrechtliche Eingriffsregelung 611 ff. Nebenbestimmungen 326 ff. – Ermessen 328 – maßnahmebegleitende ~ 329 ff. – maßnahmenbestimmende ~ 333 ff. – nach Spezialgesetzen 327 f. – nach VwVfG 326 Normbedarf und Normverzicht 601 Nutzungsänderung 311, 520 ff. Nutzungspflichten 388 ff. – Auswirkungen 395 – Ziel 388 Öffentlich-rechtlicher Vertrag 339 Ordnungswidrigkeitenrecht 590 ff. Pflichten, denkmalrechtliche 292 ff. – Anzeigepflichten 268, 593 – Auskunftspflichten 295 ff., 338, 439, 593 – Duldungspflichten 299 ff. – Erhaltungspflicht 308 ff., 362 ff. – Informatorische Pflichten 294 ff. – Instandsetzungspflicht 364, 368 – Konservatorische Pflichten 308 ff. Planfeststellungsrecht 542 ff. Planung 397 ff. – baurechtliche ~ siehe Bauplanungsrecht – Denkmalpflegepläne des Verfügungsberechtigten 403 f. – Kommunale Denkmalpflegepläne 397 ff. Raumordnungsrecht 537 f. Rechtspolitische Überlegungen 595 ff. – Beteiligungsrechte, verbandliche 640 ff. – nachträgliche Anordnungen 603 ff. – naturschutzrechtliche Eingriffsregelung 611 ff. – Normbedarf, Normverzicht 601 – Schutzdefizite 596 ff. – Schutzhypertrophie 598 f.

– Übertragbarkeit umweltrechtlicher Instrumente 602 ff. – Nichtübertragbare Instrumente 603 ff. – Übertragbare Instrumente 611 ff. – verbandliche Beteiligungsrechte 640 ff. – Verbandsklage 640 ff. Rechtsschutz, denkmalrechtlicher 279 ff. – bei Ensembleschutz 287 f. – gegen Beendigung der Unterschutzstellung 289 ff. – Konstitutivsystem 286 – Tatbestandssystem 279 ff. – Anfechtungsklage 283 ff. – Feststellungsklage 279 ff. Sanktionsrecht 578 ff. – Bundesstrafrecht 579 ff. – Landesstrafrecht 582 ff. – Besonderheiten 584 – Normbestand 582 f. – verfassungsrechtliche Würdigung 585 ff. – Ordnungswidrigkeitenrecht 590 ff. – völkerrechtliches Strafrecht 146 – Völkerstrafrecht 147 Schatzregal 685 Schutzgründe, denkmalrechtliche siehe Denkmalwürdigkeit Steuerrecht 550 ff. – Allgemeines 550 f. – Einkommensteuerrecht 552 ff. – Bescheinigung, denkmalrechtliche 568 ff. – denkmalspezifisch 552 ff. – denkmalunspezifisch 571 ff. – Erbschaftssteuerrecht 574 Strafrecht siehe Sanktionsrecht Subventionen siehe finanzielle Förderung Übereinkommen von Malta 86, 690 Überlegungen, rechtspolitische siehe rechtspolitische Überlegungen Übertragbarkeit umweltrechtlicher Instrumente in das Denkmalschutzrecht 602 ff. Umweltrecht, denkmalrelevantes 448 ff. – Immissionsschutzrecht 486 ff. – Naturschutzrecht 449 ff. – Umweltrechtsbehelfsgesetz 471 ff. – Umweltverträglichkeitsprüfung 467 ff. Umweltrechtsbehelfsgesetz 471 ff.

Stichwortverzeichnis Umweltverträglichkeitsprüfung 467 ff. UNESCO-Welterbekonvention siehe Welterbekonvention Unterschutzstellung 258 ff. – Denkmalliste siehe Denkmalliste – Konstitutivsystem 259 ff. – Mischsysteme 266 ff. – Rechtsschutz siehe Rechtsschutz, denkmalrechtlicher – Tatbestandssystem 262 ff. Unzumutbarkeit siehe Eigentumsgrundrecht UVP 467 ff. Verbandsklage 474 ff., 640 ff. – im Denkmalschutzrecht 640 ff. – im Umweltrecht 474 ff. Verfassungsrecht 162 ff. – Grundgesetz siehe Grundgesetz – Landesverfassungsrecht siehe Landesverfassungsrecht Völkerrecht 84 ff. Völkerrechtliches Strafrecht 146 f. Völkerstrafrecht 146 f.

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Vorkaufsrecht 442 ff. Vorraussetzungen der Genehmigung siehe Genehmigung, denkmalrechtliche Waldschlösschenbrücke 118 ff. Welterbe 90 Welterbekonvention 87 ff. – innerstaatliche Umsetzung 110 ff. – als Verwaltungsabkommen 114 ff. – durch Art. 25 GG 112 f. – durch Gesetz 110 f. – Schutzgegenstand 90 f. – Schutzinhalt siehe Welterbeschutz – Schutzregime, konventionseigenes 98 ff. Welterbeschutz 95 ff. – durch andere Staaten 97 f. – durch den Belegenheitsstaat 96 – durch Information 99 ff. – durch Sanktionen 102 ff. – durch Subventionen 107 ff. Zumutbarkeit siehe Eigentumsgrundrecht Zuschüsse 411 ff.