Delinquenz und Geldsanktion im Einkommensteuerrecht: Sanktionsabzugsverbote, Strafverteidigungskosten und Übernahme von Sanktionen durch den Arbeitgeber [1 ed.] 9783428555253, 9783428155255

Weshalb soll eine Geldstrafe, die z.B. wegen eines Umsatzsteuerdelikts zu bezahlen ist, als stets privat veranlasste Zah

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German Pages 399 Year 2018

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Delinquenz und Geldsanktion im Einkommensteuerrecht: Sanktionsabzugsverbote, Strafverteidigungskosten und Übernahme von Sanktionen durch den Arbeitgeber [1 ed.]
 9783428555253, 9783428155255

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Schriften zum Steuerrecht Band 133

Delinquenz und Geldsanktion im Einkommensteuerrecht Sanktionsabzugsverbote, Strafverteidigungskosten und Übernahme von Sanktionen durch den Arbeitgeber

Von

Marius Plum

Duncker & Humblot · Berlin

MARIUS PLUM

Delinquenz und Geldsanktion im Einkommensteuerrecht

S c h r i f t e n z u m St e u e r r e c ht Band 133

Delinquenz und Geldsanktion im Einkommensteuerrecht Sanktionsabzugsverbote, Strafverteidigungskosten und Übernahme von Sanktionen durch den Arbeitgeber

Von

Marius Plum

Duncker & Humblot  ·  Berlin

Gedruckt mit Unterstützung des Förderungsfonds Wissenschaft der VG WORT. Die Juristische Fakultät der Universität Passau hat diese Arbeit im Jahre 2018 als Dissertation angenommen.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte vorbehalten

© 2018 Duncker & Humblot GmbH, Berlin Druck: CPI buchbücher.de gmbh, Birkach Printed in Germany

ISSN 0582-0235 ISBN 978-3-428-15525-5 (Print) ISBN 978-3-428-55525-3 (E-Book) ISBN 978-3-428-85525-4 (Print & E-Book) Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706

Internet: http://www.duncker-humblot.de

Meinen Eltern und Lisa

Vorwort Nach Fertigstellung des Manuskripts im Dezember 2017 wurde diese Arbeit von der Juristischen Fakultät der Universität Passau im Sommersemester 2018 als Dissertation angenommen. Neue Entwicklungen in Rechtsprechung und Literatur konnten bis zum Juni 2018 berücksichtigt werden. Zunächst bedanke ich mich vielmals bei der VG WORT für die Gewährung des Druckkostenzuschusses aus dem Förderungsfonds Wissenschaft. Mein besonderer Dank gilt sodann meinem Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Rainer Wernsmann, der die Entstehung meiner Arbeit stets mit großem Interesse begleitet und mit seinem Rat in vielfältiger Weise gefördert hat. Das gilt insbesondere für herausfordernde Phasen wie die Suche nach „meinem“ Thema oder den Abschluss des Manuskripts. Ebenso danke ich Herrn Prof. Dr. Martin Asholt, nicht zuletzt für hilfreiche Ratschläge im Hinblick auf den Prozess des wissenschaftlichen Schreibens, vor allem aber für viele Diskussionen, die meinen Blickwinkel auf das Strafrecht erweitert haben. Beiden danke ich für die äußerst zügige Erstellung der Gutachten und vor allem für die überaus lehrreiche und persönlich bereichernde Zeit, die ich als wissenschaftlicher Mitarbeiter an ihren Lehrstühlen erlebt habe. Von ganzem Herzen bedanke ich mich schließlich bei meiner Familie, insbesondere bei meinen Eltern, Josef und Anette, sowie bei Wolfgang und Maria Reuther. Ihr Zuspruch hat mich während jeder Phase meines Promotionsvorhabens begleitet und ermutigt. Hierüber hinausgehend ist allein der – im Hinblick auf das Korrekturlesen – sachliche, vor allem aber unbeschreibliche persönliche Rückhalt gewesen, mit dem meine Partnerin Lisa Reuther mich an jedem Tag der Erstellung der vorliegenden Arbeit unterstützt hat und mit dem sie stets an meiner Seite steht. Neben meinen Eltern ist daher vor allem auch ihr diese Arbeit gewidmet. München, im Oktober 2018

Marius Plum

Inhaltsübersicht Inhaltsübersicht

§ 1 Einleitung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 § 2 Steuer- und strafrechtliche Grundlagen der weiteren Untersuchungen  . . . . . 32 A.

Überblick zur Bedeutung des Veranlassungsprinzips  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 I. Nettoprinzip  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 II. Das Veranlassungsprinzip als Zuordnungsmaßstab zur Umsetzung des objektiven Nettoprinzips  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35

B.

„Wertneutralität“ des Steuerrechts, § 40 AO  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 I. Ursprung, Entwicklung und Wertaussage des § 40 AO  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 II. Anwendungsbereich .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58

C.

Überblick über die Straftheorien und Grundlagen der strafrechtlichen Schuld­begriffe  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 I. Überblicksartige Darstellung der Denkansätze der unterschiedlichen Straftheorien  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 II. Mehrdeutigkeit des Begriffs „Schuld“ im strafrechtlichen Kontext  . . . . . . . 98 III. Strafzumessungsvorgang  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104

D. Fazit  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 § 3 Begründung für die Nichtabziehbarkeit straf- und ordnungsrechtlicher Geldsanktionen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 A.

Unterschiedlicher Ausgangspunkt der §§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 und 12 Nr. 4 EStG  109

B.

Einbettung des Exklusivitätsgedankens in die Entwicklungsgeschichte des Umgangs mit Sanktionen im Einkommensteuerrecht  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 I. Entwicklung der Rechtsprechung und Schaffung der Abzugsverbote durch den Gesetzgeber  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 II. Das Meinungsbild im Schrifttum  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 III. Auseinandersetzung mit einzelnen Erklärungsansätzen hinsichtlich der Nichtabziehbarkeit von Sanktionen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 IV. Fazit  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168

C.

Geldstrafen und Veranlassung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 I. Tat und Strafzumessung als Anknüpfungspunkte  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 II. Durchbrechung des einkommensteuerlichen Veranlassungsprinzips durch die Bedeutung der „Schuldidee“?  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201

10

Inhaltsübersicht III. Fazit  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202

D.

Andere Sanktionen und Sanktionsabwendungskosten  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 I. Nicht lediglich schadensrestituierende Geldauflagen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 II. Aufwendungen für die Strafverteidigung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 III. Exkurs: Freiheitsstrafen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 IV. Fazit  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216

E.

Verfassungsrechtliche Rechtfertigungvon Durchbrechungen des objektiven Nettoprinzips  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 I. § 12 Nr. 4 EStG als materiell typisierende Fiktion zwecks Vereinfachung der Rechtsanwendung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 II. Abzugsverbote für Sanktionen als Sozialzwecknormen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 III. Fazit  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237

§ 4 Übernahme strafrechtlicher Geldsanktionen durch Dritte  . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 A. Praxisrelevanz  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 I. Typische Interessenlagen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 II. Anlass für Kontroversen in zahlreichen Rechtsgebieten  . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 B.

Grundsätzliches im Zusammenhang mit Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 246 I. Objektive Bereicherung des Arbeitnehmers  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 II. Dienstverhältnis . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 III. Zuordnung der Bereicherung zum Dienstverhältnis  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279

C.

Steuerrechtlicher Umgang mit Übernahmekonstellationen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 I. Rechtsprechung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 II. Meinungsbild im Schrifttum  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 III. Stellungnahme  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 IV. Übernahme von Verfahrens- und Verteidigungsaufwendungen eines Arbeitnehmers  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365

§ 5 Zusammenfassung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369 Literaturverzeichnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375 Sachwortverzeichnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391

Inhaltsverzeichnis Inhaltsverzeichnis

§ 1 Einleitung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29 § 2 Steuer- und strafrechtliche Grundlagen der weiteren Untersuchungen  . . . . . 32 A.

Überblick zur Bedeutung des Veranlassungsprinzips  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 32 I. Nettoprinzip  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 34 II. Das Veranlassungsprinzip als Zuordnungsmaßstab zur Umsetzung des objektiven Nettoprinzips  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35 1. Kausale und finale Interpretation der Veranlassung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . 38 2. Veranlassungszusammenhang in der Rechtsprechung  .. . . . . . . . . . . . . . . 39

B.

„Wertneutralität“ des Steuerrechts, § 40 AO  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42 I. Ursprung, Entwicklung und Wertaussage des § 40 AO  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 1. Ursprünge in der Rechtsprechung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 a) Rechtsprechung der Straf- und Verwaltungsgerichte des Deutschen Reiches  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44 b) Exkurs: Ähnliche Rechtsprechung auch bei ausländischen Gerichten zu Beginn des frühen 20. Jahrhunderts  . . . . . . . . . . . . . . . . . 45 2. Steuerrechtliche (Weiter-)Entwicklung unter den Bedingungen der Nachkriegszeit in der Weimarer Republik  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46 a) Notlage der Nachkriegszeit und zunehmende Kritik an der Nicht­ besteuerung verbotener und sittenwidriger Vorgänge  . . . . . . . . . . . . . . 46 b) Vereinheitlichung und theoretische Weiterentwicklung insbesondere der Einkommensteuer  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48 aa) Quellentheoretisch orientierter Blickwinkel des preußischen Einkommensteuergesetzes von 1891  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 49 bb) Implikationen dieses quellentheoretischen Blickwinkels für die Besteuerung delinquent generierter Überschüsse  .. . . . . . . . 50 cc) Gegenüberstellung mit den Implikationen der Reinvermögenszugangstheorie  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 52 c) Durchsetzung der „Besteuerung des Unrechts“ in Literatur und Rechtspraxis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 54 d) Aufnahme in das Gesetz  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 55 3. Wertaussage  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 56 II. Anwendungsbereich .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 58 1. Fiskalzwecknormen – Schnittmengen mit dem objektiven Nettoprinzip  59 a) Anwendung auf Erwerbskostentatbestände  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59 aa) Einhellige Zustimmung zum abstrakten Gedanken  . . . . . . . . . . 59

12

Inhaltsverzeichnis bb) Kollision denkbarer praktischer Ergebnisse mit dem Rechts­ empfinden  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 61 cc) Kritik an der Anwendung auf Abzugstatbestände für Erwerbs­ aufwendungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63 dd) Trennung strafrechtlicher und steuerrechtlicher Aufgabenbereiche  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65 b) Gesetzliche Durchbrechung der Anwendbarkeit auf Fiskalzwecknormen  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 67 2. Problemfragen hinsichtlich des Anwendungsbereiches  . . . . . . . . . . . . . . . 67 a) Neigung zur Nichteinbeziehung von § 40 AO  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68 aa) Interpretation des Veranlassungszusammenhangs  . . . . . . . . . . . 69 (1) Allgemeiner Veranlassungszusammenhang  . . . . . . . . . . . . . . 69 (2) Der Ersatz von Sanktionen gegenüber dem Delinquenten durch nichtsanktionierte Dritte  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 70 bb) Auslegung von § 33 EStG  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 72 b) Anwendbarkeit von § 40 AO auf Sozialzwecknormen?  .. . . . . . . . . . . 73 aa) Positionen im Schrifttum  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 (1) Genereller Ausschluss der Anwendbarkeit auf be- oder vergünstigende Sozialzwecknormen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 74 (2) Fokussierung auf das Einzelsteuergesetz  . . . . . . . . . . . . . . . . . 75 bb) Rechtsprechung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 (1) Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Straßenverkehrsrecht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 77 (2) Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Baurecht  . . . 78 (a) Investitionszulage .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 78 (b) Steuerbegünstigung nach § 10e EStG  . . . . . . . . . . . . . . 79 (3) Zwischenfazit .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 c) Schlussfolgerungen aus den dargestellten Problemkreisen  .. . . . . . . . 80 aa) Gemeinsamkeit der dargestellten Probleme  . . . . . . . . . . . . . . . . . . 80 bb) Positionierung hinsichtlich der erläuterten Problemfrage  .. . . . 81 (1) Bedeutung für die Beurteilung der Steuerbegünstigung nach § 10e EStG  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 85 (2) (Nur) Im Ausland legale Eizellspende und § 33 EStG  . . . . 86 d) Fazit .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90

C.

Überblick über die Straftheorien und Grundlagen der strafrechtlichen Schuldbegriffe  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 90 I. Überblicksartige Darstellung der Denkansätze der unterschiedlichen Straftheorien  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93 1. Absolute und relative Straftheorien – Grundzüge und Kritik  . . . . . . . . . 93 a) Überblick über die absoluten und die relativen Straftheorien  . . . . . . 93 b) Überblick hinsichtlich der Kritik an absoluten und relativen Straf­ theorien  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 95

Inhaltsverzeichnis

13

2. Vereinigungstheorien – Grundzüge und Kritik  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 96 II. Mehrdeutigkeit des Begriffs „Schuld“ im strafrechtlichen Kontext  .. . . . . . . 98 1. Schuldidee  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 99 a) Psychologischer Schuldbegriff  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 100 b) Normativer Schuldbegriff  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 101 c) Funktionaler Schuldbegriff  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 102 2. Strafbegründungs- und Strafzumessungsschuld  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 103 III. Strafzumessungsvorgang . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 104 D. Fazit  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 106 § 3 Begründung für die Nichtabziehbarkeit straf- und ordnungsrechtlicher Geldsanktionen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 109 A.

Unterschiedlicher Ausgangspunkt der §§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 und 12 Nr. 4 EStG  . 109

B.

Einbettung des Exklusivitätsgedankens in die Entwicklungsgeschichte des Umgangs mit Sanktionen im Einkommensteuerrecht  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 I. Entwicklung der Rechtsprechung und Schaffung der Abzugsverbote durch den Gesetzgeber  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 1. Nichtabziehbarkeit von Geld- und Ordnungstrafen nach der Recht­ sprechung des Reichsfinanzhofes  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 a) Nichtabziehbarkeit von Geldstrafen  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 aa) Grundsatzentscheidung vom 31. 10. 1928  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 113 bb) Schuld und Veranlassung: Graduelle Verdrängung oder prinzipieller, kategorischer Ausschluss?  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 cc) Suche nach verallgemeinerbaren Ausnahmekriterien  .. . . . . . . . 115 dd) Subjektive Tatmerkmale als Anknüpfungspunkt des Schuld­ vorwurfs  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 117 ee) Zusammenhang zwischen dem Schutzzweck des Strafgesetzes und dem beruflichen Pflichtenkreis  .. . . . . . . . . . . . . . . . 118 b) Die Behandlung von Ordnungsstrafen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 119 aa) Argumentationslinien und Hintergründe des Rechtsprechungswechsels  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 120 bb) Exkurs: Einfluss der nationalsozialistischen Wirtschaftspolitik und deren Flankierung durch Ordnungsstrafen auf den Recht­ sprechungsumschwung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 c) Zwischenfazit .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 124 2. Entwicklungen ab 1945  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 a) Nachkriegszeit .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 aa) Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des RFH im Nationalsozialismus  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 126 bb) Einbeziehung außersteuerlicher Wertungen unter dem Gesichtspunkt der „Einheit der Rechtsordnung“  . . . . . . . . . . . . . 127

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Inhaltsverzeichnis b) Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zwischen 1955 und 1983  .. 128 aa) „Einheit der Rechtsordnung“ und „Abwälzungsgedanke“  . . . . 128 (1) Beschluss des Großen Senats zu Kfz-Unfallkosten (1977)  128 (2) Fehlen der gesetzlichen Grundlage  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 129 bb) „Geldbußenbeschlüsse“ des BFH und gesetzliche Regelung  .. 130 c) Schaffung der gesetzlichen Abzugsverbote und Beschluss des BVerfG  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 131 aa) Die Schaffung der gesetzlichen Abzugsverbote für Sanktionen in Reaktion auf die Beschlüsse des Großen Senats  . . . . 131 bb) Der Beschluss des BVerfG v. 23. 1. 1991  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 d) „Wiederbelebung“ der stets privaten Veranlassung von Geldstrafen  134 aa) Beispiele aus der jüngeren Rechtsprechung des BFH  . . . . . . . . . 134 (1) Urteil vom 16. 9. 2014  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 135 (2) Urteil vom 22. 7. 2008  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 136 (3) Urteil vom 31. 7. 1991  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 bb) Schlussfolgerungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 137 3. Zwischenfazit und Bewertung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 138 II. Das Meinungsbild im Schrifttum  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 140 1. Von der RFH-Rechtsprechung bis zu den Vorlagebeschlüssen des BFH  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141 a) Meinungszersplitterung in den späten 1920er Jahren  . . . . . . . . . . . . . . 141 b) Ergebnisorientierte Ansätze – Becker und Zitzlaff (1940)  . . . . . . . . . 141 c) Gespaltenes Meinungsbild, auch unter BFH-Richtern – Hoffman, Heuer, Merkert, Grass und Mattern (1950er und 1960er Jahre)  . . . . 143 d) Tipke, Göggerle, Claßen, Bergmann und Loritz (1970er und 1980er Jahre)  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 145 e) Auf der Suche nach einer lückenfüllenden Analogie – Tanzer (1980/83)  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 147 2. Nach den „Geldbußenbeschlüssen“ des BFH und der Schaffung der ausdrücklichen Sanktionsabzugsverbote  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 148 a) Reaktion auf die Rechtsprechungs- und Gesetzesänderung – Lang  . 148 b) Einheit der Rechtsordnung als dem Veranlassungsprinzip imma­nentes Auslegungskriterium – Walz und Raupach  . . . . . . . . . . . . . . . . . 149 c) Äußerungen im jüngeren Schrifttum  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 3. Zwischenfazit  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 150 III. Auseinandersetzung mit einzelnen Erklärungsansätzen hinsichtlich der Nichtabziehbarkeit von Sanktionen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 151 1. Gedanke der „Abwälzung auf die Allgemeinheit“  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 a) Erläuterung .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 152 b) Keine Gesamtschuld der Steuerzahler gegenüber dem Staat  . . . . . . . 153 c) „Abwälzung auf die Allgemeinheit“ und „sozialer Frieden“  . . . . . . . 155 2. Treu und Glauben  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 157

Inhaltsverzeichnis

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3. Einheit der Rechtsordnung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 a) Der Gedanke im Allgemeinen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 159 b) Speziell zur Nichtabziehbarkeit von Geldsanktionen vertretene Ansichten  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 162 c) Fazit .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 4. Ungleiche Strafwirkung  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 a) Steuerrechtliche Perspektive  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 164 b) Strafrechtliche Perspektive  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 165 c) Zwischenfazit .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 167 IV. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 C.

Geldstrafen und Veranlassung  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 168 I. Tat und Strafzumessung als Anknüpfungspunkte  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 1. Anknüpfung an die Tat  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 170 2. Anknüpfung an die Strafzumessung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 172 a) Berücksichtigung von „Drittverhalten“  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 173 b) Strafzumessungsumstände bei der Bestimmung der Tagessatzzahl und Veranlassungszusammenhang  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 176 aa) Berücksichtigung von Tat und Täterpersönlichkeit  . . . . . . . . . . . 178 bb) Gegenüberstellung der Strafzumessungsumstände nach § 46 Abs. 1 S. 2 StGB mit dem steuerrechtlichen Maßstab betrieblicher Veranlassung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 179 (1) Beweggründe und Ziele des Täters  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 180 (2) Tätergesinnung und -wille  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 181 (3) Maß der Pflichtwidrigkeit  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 182 (4) Tatausführung und Tatauswirkungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 (5) Vorleben und persönliche Verhältnisse  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 184 (a) Vorleben, insbesondere Vorstrafen  . . . . . . . . . . . . . . . . . 185 (b) Persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse  . . . . . . . 186 (6) Nachtatverhalten .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 187 c) Berücksichtigung des Tagessatzsystems im Hinblick auf die Tagessatzhöhe  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 189 aa) Bestimmung der Tagessatzhöhe  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 190 bb) Opfergleichheit  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 193 cc) Grund zur steuerlichen Zuordnung in die Privatsphäre?  . . . . . . 195 d) Täterbezogenheit .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 197 3. Zwischenfazit  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 200 II. Durchbrechung des einkommensteuerlichen Veranlassungsprinzips durch die Bedeutung der „Schuldidee“?  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 201 III. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202

D.

Andere Sanktionen und Sanktionsabwendungskosten  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202 I. Nicht lediglich schadensrestituierende Geldauflagen  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 202

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Inhaltsverzeichnis 1. Zielsetzungen und Unterschiede zur Geldstrafe  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 203 2. Einbeziehung des subjektiven Elements bei der Prüfung des Veran­ lassungszusammenhangs  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 205 II. Aufwendungen für die Strafverteidigung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 1. Restriktive Grundtendenz  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 208 2. Maßstäbe  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 210 III. Exkurs: Freiheitsstrafen  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 214 IV. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 216

E.

Verfassungsrechtliche Rechtfertigungvon Durchbrechungen des objektiven Nettoprinzips  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 217 I. § 12 Nr. 4 EStG als materiell typisierende Fiktion zwecks Vereinfachung der Rechtsanwendung  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 219 1. Bedeutung und Vorteile der gesetzlichen Typisierung  . . . . . . . . . . . . . . . . 219 2. Anforderungen an zulässige gesetzliche Typisierung  .. . . . . . . . . . . . . . . . 221 3. Beachtung dieser Vorgaben durch § 12 Nr. 4 EStG  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 a) Objektiver Zusammenhang bei alleiniger Betrachtung des Tatvor­wurfs  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 223 b) Einbeziehung der Strafzumessungserwägungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 224 II. Abzugsverbote für Sanktionen als Sozialzwecknormen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 225 1. Kein Fiskalzweck  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 226 2. Verfassungsgerichtliche Vorgaben für außerfiskalische Förderungsund Lenkungsziele  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 227 3. Sanktionszwecke als Sozialzweck(e)  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 228 a) Bedeutung zur Unterstützung der „Vergeltung“  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 230 b) Bedeutung zur Unterstützung präventiver Zwecke  . . . . . . . . . . . . . . . . 233 aa) Generalprävention . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 234 bb) Spezialprävention  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 235 cc) Positive Spezialprävention durch Behandlung von Geldsanktionen als abziehbare Erwerbsaufwendungen?  . . . . . . . . . . . . . . . 237 III. Fazit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 237

§ 4 Übernahme strafrechtlicher Geldsanktionen durch Dritte  . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 A. Praxisrelevanz  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239 I. Typische Interessenlagen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 1. Taten im (fremden) Unternehmensinteresse  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 240 2. Bewahrung des Unternehmensansehens in der Öffentlichkeit  . . . . . . . . 242 3. Umsetzung unternehmensinterner Compliance-Maßnahmen, ins­besondere Gestaltung von Amnestie- und Kooperationsprogrammen  . 242 II. Anlass für Kontroversen in zahlreichen Rechtsgebieten  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 1. Antizipation der wirtschaftlichen Entlastung  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 2. Nachgelagerte Zusage und Übernahme der Sanktion  .. . . . . . . . . . . . . . . . 245

Inhaltsverzeichnis B.

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Grundsätzliches im Zusammenhang mit Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit  246 I. Objektive Bereicherung des Arbeitnehmers  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 247 II. Dienstverhältnis .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 249 1. „Nichtselbständige Arbeit“ und „Dienstverhältnis“  . . . . . . . . . . . . . . . . . . 250 2. Keine Identität mit dem arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Begriff  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 252 3. Gesetzeswidrige Handlungen als Bestandteil des steuerrechtlichen Dienstverhältnisses  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 254 a) Abgrenzung der praktisch relevanten Fallgruppe  . . . . . . . . . . . . . . . . . . 255 b) Neue Erwägungen gegen die Einbeziehung gesetzeswidrigen Verhaltens  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 256 aa) Rechtsangleichung und -vereinfachung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 bb) Wiederaufgreifen der älteren (Steuerstraf-)Rechtsprechung des BGH?  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 258 cc) Übertragbarkeit von anderweitigen Denkansätzen des BFH  .. 259 c) Auseinandersetzung mit dem normativ verstandenen Dienstverhältnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 aa) Meinungsstand bzgl. sittenwidriger Handlungen als Bestandteil steuerrechtlicher Dienstverhältnisse  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 260 bb) Mittelbare Bezüge zu Zusammenhängen von gesetzeswidrigem Verhalten und nichtselbständiger Arbeit in der Rechtsprechung  262 (1) Übernahmekonstellationen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 262 (a) Ausführungen der Rechtsprechung  .. . . . . . . . . . . . . . . . 262 (b) Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 264 (2) Überprüfung von Verteidigungs-/Verfahrenskosten des Arbeitnehmers auf ihren Charakter als Werbungskosten  .. 266 (a) Ausführungen der Rechtsprechung  .. . . . . . . . . . . . . . . . 266 (b) Schlussfolgerungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 267 cc) Fehlende Weisungsbindung bei rechtswidriger Mehrarbeit und Prostitution  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 268 dd) Wirkung von § 40 AO  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 (1) Andeutung eines normativen Begriffsverständnisses im Wortlaut von §§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 i. V. m. 19 EStG oder § 1 LStDV?  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 270 (2) Arbeitsrechtliches Direktionsrecht als nicht vollumfänglich durchsetzbares Recht  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 271 (3) Lohnsteuerabzug und organisierte Kriminalität  . . . . . . . . . . 272 (4) Einfluss der Verkehrsauffassung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 272 ee) Vergleich mit der Abgrenzung von Haupt- und Nebentätigkeiten  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 274 (1) Maßstäbe im Umgang mit Nebentätigkeiten  . . . . . . . . . . . . . 275 (2) Abgleich mit den Verhältnissen in typischen Übernahmekonstellationen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 276

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Inhaltsverzeichnis ff) Erstreckung des Gedankens eines normativ verstandenen eigenbetrieblichen Interesses auf das Dienstverhältnis  . . . . . . . 278 d) Zwischenfazit .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 III. Zuordnung der Bereicherung zum Dienstverhältnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 1. Veranlassungsprinzip  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 279 2. Rechtsfigur des „ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesses“  .. 282 a) Vorteilsgewähr stets im Eigeninteresse des Arbeitgebers  . . . . . . . . . . 283 b) Interessenabwägung durch Bewertung von Begleitumständen  . . . . . 284 aa) Betrachtung der Begleitumstände  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 285 bb) Wechselwirkungsgedanke  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 289 cc) Funktion des Begriffs des „ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesses“  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 291 dd) Ausnahmen von der Interessenabwägung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 292 c) Negatives Tatbestandsmerkmal der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit?  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 293 3. Kritik an der Rechtsfigur  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 a) Darstellung kritischer Ansätze  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 295 aa) Neuorientierung: Abgrenzung anhand des Geschäfts- oder Firmenwertbezugs (Fellmeth)  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 296 bb) Forderung nach Optimierung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 297 (1) Verstärkte Ausrichtung am Leistungsfähigkeitsprinzip  . . . 297 (2) Stärkere Inanspruchnahme „betriebsfunktionaler Zielsetzungen“  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 300 (3) Optimierung einzelner Kriterien der Interessenabwägung  300 (4) Ersetzung des „eigenbetrieblichen“ Interesses als Bezugs­punkt  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 301 b) Auseinandersetzung mit der dargestellten Kritik  . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 aa) Auseinandersetzung mit der Neuausrichtung am Unternehmenswert  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 302 (1) Kein Nachweis logischer Unvertretbarkeit  . . . . . . . . . . . . . . . 302 (2) Erhöhte Praxistauglichkeit durch die Ausrichtung am Unternehmenswert?  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 303 (a) Verknüpfung mit der Ermittlung des Geschäftsoder Firmenwerts  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 304 (b) Bewertungsprobleme .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 306 bb) Auseinandersetzung mit den Vorschlägen zur Optimierung der Rechtsfigur  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 (1) Betonung des Leistungsfähigkeitsprinzips und Verbrauch in der Betriebssphäre  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 308 (a) Objektive Aufwendungsersparnis und fehlende Marktgängigkeit  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 309 (b) Werbungskostenersatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 310 (2) Betonung „betriebsfunktionaler Zielsetzungen“  . . . . . . . . . . 311

Inhaltsverzeichnis

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(3) Wechselwirkungsgedanke .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 313 (4) Zur Ersetzung des eigenbetrieblichen Interesses als Bezugspunkt  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 315 (a) Änderung der Terminologie  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 316 (b) Geringere Möglichkeiten zur Beeinflussung des „Erwerbsrahmens“  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 317 (c) Kombination mit anderen kritischen Denkansätzen  . 317 (d) Mittelbarer Zwang  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 318 (e) Nicht erfasste Fälle  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 320 (5) Weitere Ableitungen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 (a) Stringente Umsetzung eines eigenbetrieblichen Interesses  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 322 (b) Einbeziehung der Höhe des Vorteils erst ab Einsetzen des Lohninteresses  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 323 c) Zwischenfazit .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 326 C.

Steuerrechtlicher Umgang mit Übernahmekonstellationen  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 I. Rechtsprechung  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 1. Urteil des BFH vom 7. 7. 2004  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 328 2. Urteil des BFH vom 22. 7. 2008  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 330 3. Urteil des FG Köln vom 22. 9. 2011 und des BFH vom 14. 11. 2013  . . . . 331 4. Urteil des FG Düsseldorf vom 4. 11. 2016  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 332 II. Meinungsbild im Schrifttum  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 1. Jüngeres Schrifttum  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 335 a) Tendenzielle Befürwortung der Möglichkeit einer Sanktionsübernahme im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse  . . . . . . . . . 335 b) Ergebnisoffene Kritik an der Rechtsprechungsänderung des BFH  . 337 c) Tendenzielle Ablehnung der Möglichkeit einer Sanktionsübernahme im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers  . 338 d) Unklare Differenzierung oder reine Ergebnisfeststellung  . . . . . . . . . . 340 2. Älteres Schrifttum  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 III. Stellungnahme .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 341 1. Erste Diskussionsebene: Lohnsteuerrechtliche Behandlung  . . . . . . . . . . 342 a) „Wohlverstandenes“ eigenbetriebliches Interesse  . . . . . . . . . . . . . . . . . 342 aa) Qualifizierung von Sanktionsübernahmezahlungen als Arbeits­lohn unter der Geltung eines „wohlverstandenen“ eigenbetrieblichen Interesses  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 342 bb) § 40 AO  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 343 cc) Zwischenfazit .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 344 b) Anwendung des ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesses  .. 344 aa) Freiwilligkeit/Zwang zur Annahme des Vorteils  . . . . . . . . . . . . . 344 bb) Anlass der Zahlung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 345

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Inhaltsverzeichnis (1) Taten im (fremden) Unternehmensinteresse  . . . . . . . . . . . . . . 346 (2) Schutz des Ansehens des Unternehmens und Vermeidung des Bekanntwerdens von Unternehmensinterna  . . . . . . . . . . 347 (3) Ermöglichung von Compliance-Untersuchungen  .. . . . . . . . 347 cc) Lohninteresse .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 dd) Abwägung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 c) Zwischenfazit .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 349 2. Zweite Diskussionsebene: Berücksichtigung von Sanktionszwecken  . 350 a) Schaffung von Fehlanreizen?  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350 aa) Erstattungszahlungen und Strafzwecke  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 350 bb) Einfluss des Betriebsausgabenabzugs beim Unternehmen  . . . 351 (1) Rechtsprechung .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 351 (2) Schrifttum .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 352 (3) Schlussfolgerung .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 353 b) Korrektur des Ergebnisses?  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 354 aa) Erstattungszahlungen als Arbeitslohn  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 (1) Andeutung im Schrifttum  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 (2) Andeutung in der Rechtsprechung  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 355 (3) Sanktionsabzugsverbote und Arbeitslohn  . . . . . . . . . . . . . . . . 357 (a) Wortlaut .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357 (b) Systematik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357 (c) Zweck .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 357 (4) Zwischenfazit .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 359 bb) Betriebsausgabenabzug des Arbeitgebers bzw. Unternehmens  360 (1) Wortlaut, Systematik und Entstehungsgeschichte der Abzugsverbote  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 360 (2) Analoge Anwendung der Abzugsverbote für Sanktionen?  362 c) Zwischenfazit .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 364 IV. Übernahme von Verfahrens- und Verteidigungsaufwendungen eines Arbeitnehmers  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365 1. Arbeitnehmer  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 365 2. Arbeitgeber  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 368

§ 5 Zusammenfassung  .. . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 369 Literaturverzeichnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 375 Sachwortverzeichnis  . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 391

Abkürzungsverzeichnis Abkürzungsverzeichnis

a. A. andere Ansicht A. C. Appeal Cases a. F. alte(r) Fassung Abs. Absatz Abschn. Abschnitt AG Aktiengesellschaft AG Die Aktiengesellschaft Akt. Aktualisierung AktG Aktiengesetz allg. allgemein Anm. Anmerkung AO Abgabenordnung AöR Archiv des öffentlichen Rechts ArbG Arbeitgeber ArbN Arbeitnehmer ArbSchEGRLUmsV Verordnung zur Umsetzung von EG-Einzelrichtlinien zur EG-Rahmenrichtlinie Arbeitsschutz ArbZG Arbeitszeitgesetz Art. Artikel AT Allgemeiner Teil Aufl. Auflage AZO Arbeitszeitordnung B/G-AO Beermann/Gosch-Kommentierung zur Abgabenordnung B/H-HGB Baumbach/Hopt-Kommentierung zum Handelsgesetzbuch BAG Bundesarbeitsgericht BayObLG Bayerisches Oberstes Landesgericht BayObLGSt Entscheidungen des Bayerischen Obersten Landesgerichts in Strafsachen BB Betriebs-Berater Bd. Band Beck Bil-Komm Beck’scher Bilanz-Kommentar Begr. Begründung Beih. Beihefter best. bestätigt Bestlex Beck’sches Steuer- und Bilanzrechtslexikon BFH Bundesfinanzhof BFH/NV Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des Bundesfinanzhofs

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BFHE Sammlung der Entscheidungen des Bundesfinanzhofs BGBl. Bundesgesetzblatt BGH Bundesgerichtshof BGHSt Entscheidungssammlung des Bundesgerichtshofes in Strafsachen BGHZ Entscheidungssammlung des Bundesgerichtshofes in Zivilsachen BIP Bruttoinlandsprodukt BKA Bundeskriminalamt Blümich/EStG Blümich/Kommentierung zum Einkommensteuergesetz BMF Bundesministerium der Finanzen BOKraft Verordnung über den Betrieb von Kraftfahrunternehmen im Personenverkehr BReg Bundesregierung BSG Bundessozialgericht Bsp. Beispiel bspw. beispielsweise BStBl. Bundessteuerblatt BT Bundestag BT-Drs. Bundestagsdrucksache BtMG Betäubungsmittelgesetz BVerfG Bundesverfassungsgericht BVerfGE Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts BVerfGK Kammerentscheidungen des Bundesverfassungsgerichts bzgl. bezüglich BZR Bundeszentralregister BZRG Bundeszentralregistergesetz bzw. beziehungsweise Case W. Res. L. Rev. Case Western Reserve Law Review CCZ Corporate Compliance Zeitschrift Cir. Circuit d. des d. h. das heißt DAR Deutsches Autorecht DB Der Betrieb DBA Doppelbesteuerungsabkommen DCGK Deutscher Corporate Governance Kodex ders. derselbe dies. dieselbe(n) DrittelbG Drittelbeteiligungsgesetz Drs. Drucksache DStBl. Deutsches Steuerblatt DStJG Deutsche Steuerjuristische Gesellschaft DStR Deutsches Steuerrecht DStR-Beih. Deutsches Steuerrecht Beihefter DStRE Deutsches Steuerrecht – Entscheidungsdienst

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DStZ e. V. E/B/J/S-HGB

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Deutsche Steuerzeitung eingetragener Verein Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn-Kommentierung zum Handelsgesetzbuch ebd. ebenda Ed. Edition EFG Entscheidungen der Finanzgerichte EGGVG Einführungsgesetz zum Gerichtsverfassungsgesetz EGStGB Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch Einf. Einführung Einl. Einleitung EL. Ergänzungslieferung EMRK Europäische Menschenrechtskonvention Ent. Entscheidung(en) ErfK/ArbR Erfurter Kommentar zum Arbeitsrecht ESchG Embryonenschutzgesetz ESt Einkommensteuer EStDV Einkommensteuer-Durchführungsverordnung EStG Einkommensteuergesetz EStG-Kartei NW Einkommensteuergesetz-Kartei Nordrhein-Westfalen EStH amtliches Einkommensteuerhandbuch EStR Einkommensteuerrichtlinien etc. et cetera EuGH Europäischer Gerichtshof EuGHE Entscheidungssammlung des Europäischen Gerichtshofes evtl. eventuell f. und die folgende Seite F/G-EStG Frotscher/Geurts-Kommentierung zum Einkommensteuergesetz FAQ Frequently Asked Questions ff. und die folgenden Seiten FG Finanzgericht FinArch Finanzarchiv Fn. Fußnote FR Finanz-Rundschau FS Festschrift GbR Gesellschaft bürgerlichen Rechts gem. gemäß GewO Gewerbeordnung GewStG Gewerbesteuergesetz GG Grundgesetz ggf. gegebenenfalls gl. A. gleiche Ansicht GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung GmbH & Co. KG Gesellschaft mit beschränkter Haftung und Compagnie Kommanditgesellschaft

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GmbHR GmbH-Rundschau grds. grundsätzlich GrS Großer Senat GVG Gerichtsverfassungsgesetz h. A. herrschende Ansicht h. M. herrschende Meinung H/H/R-EStG Herrmann/Heuer/Raupach-Kommentierung zum Einkommensteuergesetz H/H/Sp-AO Hübschmann/Hepp/Spitaler-Kommentierung zur Abgabenordnung HbdStR Handbuch des Staatsrechts HFR Höchstrichterliche Finanzrechtsprechung HGB Handelsgesetzbuch Hrsg. Herausgeber Hs. Halbsatz i. d. F. in der Fassung i. d. S. in dem/diesem Sinne i. e. S. im engeren Sinne i. Erg. im Ergebnis i. R. e. im Rahmen eines/r i. S. im Sinne i. S. d. im Sinne des/der/dieses/dieser i. S. e. im Sinne eines/einer i. Ü. im Übrigen i. V. m. in Verbindung mit i. w. S. im weiteren Sinne IFRS International Financial Reporting Standards insb. insbesondere InvZulG Investitionszulagengesetz IRC Internal Revenue Code J/J/R-SteuerstrafR Joecks/Jäger/Randt-Kommentierung zu steuerstrafrechtlichen Vorschriften JATTA Journal of the Australasian Tax Teachers Association JbdBdStb Jahrbuch des Bundesverbandes der Steuerberater JbdFfSt Jahrbuch der Fachanwälte für Steuerrecht JBeitrG Justizbeitreibungsgesetz jew. jeweils Jura Juristische Ausbildung jurisPR-ArbR juris PraxisReport Arbeitsrecht jurisPR-SteuerR juris PraxisReport Steuerrecht JuS Juristische Schulung K/R/T Knierim/Rübenstahl/Tsambikakis K/S/M-EStG Kirchhof/Söhn/Mellinghoff-Kommentierung zum Einkommensteuergesetz Kap. Kapitel

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KG Kammergericht KK/OWiG Karlsruher Kommentar zum Gesetz über Ordnungswidrigkeiten/ Kommentierung zum Ordnungswidrigkeitengesetz KK/StPO Karlsruher Kommentar zur Strafprozessordnung/Kommentierung zur Strafprozessordnung Klein/AO Klein/Kommentierung zur Abgabenordnung Koenig/AO Koenig/Kommentierung zur Abgabenordnung KraftStG Kraftfahrzeugsteuergesetz krit. kritisch KStG Körperschaftsteuergesetz L/B/P-EStG Littmann/Bitz/Pust-Kommentierung zum Einkommensteuergesetz L/R-StPO Löwe/Rosenberg-Kommentierung zur Strafprozessordnung L/S-AO Lippross/Seibel-Kommentierung zur Abgabenordnung L/S-EStG Lippross/Seibel-Kommentierung zum Einkommensteuergesetz Lackner/Kühl, StGB Lackner/Kühl, Kommentierung zum Strafgesetzbuch Lademann/EStG Lademann/Kommentierung zum Einkommensteuergesetz Lfg. Lieferung Lib. Liber Lit. Literatur LK-StGB Leipziger Kommentar-Kommentierung zum Strafgesetzbuch Ls. Leitsatz LSG Landessozialgericht LStDV Lohnsteuer-Durchführungsverordnung LStR Lohnsteuer-Richtlinien m. mit m. abw. Begr. mit abweichender Begründung m. umfgr. w. N. mit umfangreichen weiteren Nachweisen m. V. a. mit Verweis auf m. w. Bsp. mit weiteren Beispielen m. w. N. mit weiteren Nachweisen m. W. v. mit Wirkung vom M/D-GG Maunz/Dürig-Kommentierung zum Grundgesetz M/G/Z-AT/II Maurach/Gössel/Zipf-Allgemeiner Teil/2. Teilband MAH Münchener Anwaltshandbuch MDR Monatsschrift für Deutsches Recht mglw. möglicherweise MitbestG Mitbestimmungsgesetz MüKo/AktG Münchener Kommentar/Kommentierung zum Aktiengesetz MüKo/BGB Münchener Kommentar/Kommentierung zum Bürgerlichen Gesetzbuch MüKo/HGB Münchener Kommentar/Kommentierung zum Handelsgesetzbuch Müko/StGB Münchener Kommentar/Kommentierung zum Strafgesetzbuch MüKo/StPO Münchener Kommentar/Kommentierung zur Strafprozessordnung n. F. neue(r) Fassung

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Abkürzungsverzeichnis

Nachw. Nachweis/e NdsRpfl Niedersächsische Rechtspflege NJW Neue Juristische Wochenschrift NK/StGB Nomos Kommentar/Kommentierung zum Strafgesetzbuch No. Number Nr. Nummer nrkr. nicht rechtskräftig NS Nationalsozialismus NStR Neue Steuer-Rundschau NStZ Neue Zeitschrift für Strafrecht NStZ-RR Neue Zeitschrift für Strafrecht-Rechtsprechungs-Report NV-Drs. Drucksachen zu den Verhandlungen des Reichstages NWB Neue Wirtschafts-Briefe NZA Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht NZWiSt Neue Zeitschrift für Wirtschafts-, Steuer- und Unternehmensstrafrecht o. a. oben angeführt/angegeben o. Ä. oder Ähnliches OFD Oberfinanzdirektion OFH Oberster Finanzgerichtshof OLG Oberlandesgericht OLGR Oberlandesgericht-Report Os. Orientierungssatz OWiG Ordnungswidrigkeitengesetz PBefG Personenbeförderungsgesetz PKH Prozesskostenhilfe PKS Polizeiliche Kriminalstatistik PreisstrafenVO Verordnung über Strafen und Strafverfahren bei Zuwiderhandlung gegen Preisvorschriften ProstG Prostitutionsgesetz PrOVG Preußisches Oberverwaltungsgericht PrOVGSts Entscheidungen des Königlich Preußischen Oberverwaltungsgerichts in Staatssteuersachen PStR Praxis Steuerstrafrecht RAO Reichsabgabenordnung Rep. Repositur rev. revidiert rev’d reversed RFH Reichsfinanzhof RFHE Sammlung der Entscheidungen und Gutachten des Reichsfinanzhofs RG Reichsgericht RGBl. Reichsgesetzblatt rgm. regelmäßig RGSt Entscheidungen des Reichsgerichts in Strafsachen

Abkürzungsverzeichnis

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rkr. rechtskräftig Rn. Randnummer röm. römisch Rspr. Rechtsprechung RStBl. Reichssteuerblatt Rz. Randziffer s. siehe S. Seite s. o. siehe oben s. u. siehe unten S/P-AO Schwarz/Pahlke-Kommentierung zur Abgabenordnung S/S-StGB Schönke/Schröder-Kommentierung zum Strafgesetzbuch SAM Steueranwaltsmagazin SchlHA Schleswig-Holsteinische Anzeigen Schmidt/EStG Schmidt/Kommentierung zum Einkommensteuergesetz SK/StGB Systematischer Kommentar/Kommentierung zum Strafgesetzbuch SK/StPO Systematischer Kommentar/Kommentierung zur Strafprozessordnung Slg. Sammlung der Rechtsprechung des Gerichtshofes und des Gerichts Erster Instanz sog. sogenannte/r Sp. Spalte st. Rspr. ständige Rechtsprechung StÄndG Steueränderungsgesetz StAnpG Steueranpassungsgesetz StB Der Steuerberater StBerG Steuerberatungsgesetz Stbg Die Steuerberatung StbJb Steuerberater-Jahrbuch StBP Die steuerliche Betriebsprüfung StBW Steuerberater Woche SteuK Steuerrecht kurzgefasst StGB Strafgesetzbuch StGesetz Steuergesetz stl. steuerlich Stpfl. Steuerpflichtige/r/n StPO Strafprozessordnung StraFo Strafverteidiger Forum StrÄndG Strafrechtsänderungsgesetz StrEG Gesetz über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen: Strafrechtsreform-Ergänzungsgesetz StRO Die Steuerrechtsordnung StuW Steuer und Wirtschaft StV Der Strafverteidiger

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Abkürzungsverzeichnis

StVollzG Strafvollzugsgesetz StW Die Steuer-Warte SVR Straßenverkehrsrecht T/K-AO Tipke/Kruse-Abgabenordnung tw. teilweise Tz. Textziffer u. a. unter anderem u. Ä. und Ähnliches US United States UStG Umsatzsteuergesetz usw. und so weiter UZK Unionszollkodex v. vom v. a. vor allem Var. Variante Verw Die Verwaltung Vesp. Vespasian vgl. vergleiche VO Verordnung VV ND FinMin Verwaltungsvorschrift des Niedersächsischen Finanzministeriums w. N. weitere Nachweise WiJ Journal der Wirtschaftsstrafrechtlichen Vereinigung wistra Zeitschrift für Wirtschafts- und Steuerstrafrecht Witte/UZK Witte/Kommentierung zum Zollkodex der Union WM Wertpapier-Mitteilungen WRV Weimarer Reichsverfassung z. zum z. Entw. d. ESt. zur Rechtsentwicklung der Einkommensteuer z. B. zum Beispiel ZIS Zeitschrift für Internationale Strafrechtsdogmatik ZK Zollkodex ZollVG Zollverwaltungsgesetz ZStW Zeitschrift für die gesamte Strafrechtswissenschaft Zur-Vfg.-Stellung Zurverfügungstellung zust. zustimmend

§ 1  Einleitung § 1  Einleitung

Bei einer Betrachtung der Wirtschaftsteile in der Tagespresse der letzten Jahre entsteht der Eindruck, dass permanent Fälle Erwähnung finden, in denen wegen Verhaltensweisen im unternehmerischen Kontext straf- oder ordnungswidrigkeitenrechtliche Ermittlungsvefahren gegen Einzelpersonen oder Personenverbände eingeleitet werden oder Geldsanktionen gegen selbige verhängt werden.1 Im Zuge der Befassung mit derartigen Fällen stellt sich unter anderem die Frage, welche steuerrechtlichen Konsequenzen sich im Nachgang der Sanktionsfestsetzung ergeben können, vor allem auch, ob die Sanktionskosten als steuerlich berücksichtigungsfähige Erwerbsaufwendungen geltend gemacht werden können.

1  Vgl. etwa die nachfolgenden, zufällig ausgewählten Beipiele für Geldbußen- und Geldauflagenfestsetzungen. Geldbußenfestsetzungen: gegen den Automobilhersteller „Volkswagen AG“ wegen der Verletzung von Aufsichtspflichten (§ 130 OWiG) im Zusammenhang mit Abgasmanipulationen hinsichtlich des Ausstoßes von Stickoxiden bei bestimmten Dieselmotorentypen, vgl. Presseinformationen der Staatsanwaltschaft Braunschweig v. 13. 6. 2018, abrufbar unter: https://www.staatsanwaltschaften.niedersachsen. de/startseite/staatsanwaltschaften/braunschweig/presseinformationen/vw-muss-bussgeldzahlen-165610.html (zuletzt abgerufen am: 25. 6. 2018); gegen die Handelskette „Peek & Cloppenburg“ und den Textilhersteller „Wellensteyn“ wegen verbotener Preisabsprachen, vgl. Handelsblatt v. 25. 7. 2017, abrufbar unter: http://www.handelsblatt.com/unternehmen/handel-konsumgueter/wellensteyn-und-pundc-kartellamt-verhaengt-millionenbussen-gegen-textilfirmen/20104096.html (zuletzt abgerufen am: 25. 6. 2018); gegen die Industriebatterienhersteller „Hawker GmbH“ und „Hoppecke Batterien GmbH & Co. KG“ wegen unzulässiger Absprachen über die Erhebung des sog. „Metallteuerungszuschlags“, vgl. Süddeutsche Zeitung v. 27. 6. 2017, abrufbar unter: http://www.sueddeutsche.de/news/ wirtschaft/industrie---bonn-kartellamt-hohes-bussgeld-fuer-batteriehersteller-dpa.urnnewsml-dpa-com-20090101 – 170627 – 99 – 12247 (zuletzt abgerufen am: 25. 6. 2018). Festsetzungen von Geldauflagen gem. § 153a StPO: in einem Verfahren wegen des Vorwurfs der Beihilfe zur Untreue im Zusammenhang mit dem „Pforzheimer Zinswettenskandal“ gegen zwei Banker von JP Morgan, vgl. Handelsblatt v. 21. 11. 2017, abrufbar unter: http://www.handelsblatt.com/finanzen/banken-versicherungen/prozess-um-zinswettenbewaehrungsstrafe-fuer-fruehere-oberbuergermeisterin/20610588.html (zuletzt abgerufen am: 25. 6. 2018); in einem Verfahren wegen des Vorwurfs der Bilanzfälschung und der Markmanipulation gegen den ehemaligen Vorstandsvorsitzenden und den Ex-Finanzvorstand der HRE, vgl. SPIEGEL ONLINE v. 29. 9. 2017, abrufbar unter: http://www.spiegel. de/wirtschaft/hypo-real-estate-verfahren-gegen-georg-funke-und-markus-fell-wird-eingestellt-a-1170597.html (zuletzt abgerufen am: 25. 6. 2018); in einem Verfahren wegen des Betrugsvorwurfs gegen mehrere Mitarbeiter der Dating-App „Lovoo“, vgl. ZEIT ONLINE v. 30.  9.  2016, abrufbar unter: http://www.zeit.de/digital/internet/2016  –  09/ dating-app-lovoo-einstellung-ermittlungen (zuletzt abgerufen am: 25. 6. 2018).

§ 1  Einleitung

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Auch wenn die Regelungen der einkommen- und körperschaftsteuerlichen Sanktionsabzugsverbote den Eindruck vermitteln, dass jene Frage durch sie umfassend beantwortet wird, so wird bei einer tiefergehenden Betrachtung schnell deutlich, dass Klarheit im besten Fall für das Ergebnis des Durchschnittsfalles besteht: Demnach kann ein in Deutschland unbeschränkt steuerpflichtiges Rechtssubjekt grundsätzlich die Bezahlung einer gegen dieses von einem deutschen Gericht oder einer deutschen Behörde festgesetzten Geldsanktion nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten geltend machen.2 Fragt man allerdings nach der Begründung, weshalb der Gesetzgeber zum Beispiel eine systematische Trennung der Abzugsverbote für Rechtsfolgen des Ordnungswidrigkeiten- und des Strafrechts vorgenommen hat, so stößt man schnell auf eine wechselvolle Meinungs- und Entwicklungsgeschichte, die zur Existenz der ertragsteuerlichen Abzugsverbote geführt hat. Vor allem stößt man aber auch auf oberflächlich anmutende oder widersprüchlich klingende Aussagen, die das Bedürfnis nach einer tiefergehenden Auseinandersetzung mit einer dogmatisch tragfähigen Begründung für die Sanktionsabzugsverbote hervorrufen. Dieses Bedürfnis wird nicht allein durch das Bestehen theoretischer Lücken in Rechtsprechung und Schrifttum provoziert, sondern kann die Grundlage dafür schaffen eine teleologische Auslegung der Sanktionsabzugsverbote in Grenzbereichen zu ermöglichen. Zudem erscheint die Suche nach einer überzeugenden Begründung für die Nichtabziehbarkeit von Geldstrafen, -bußen etc. hilfreich für die Untersuchung der Frage, wie einkommensteuerrechtlich mit Fällen umzugehen ist, in denen die Geldsanktion von privaten Dritten übernommen wird. Diese Situation kommt in der Rechtspraxis vor allem im Rahmen von Arbeitsverhältnissen vor, in denen Arbeitgeber ihre Arbeitnehmer aus verschiedenen Gründen wirtschaftlich von der Tragung einer gegen sie verhängten Geldsanktion freistellen wollen. Obwohl solche Fälle schon vor einiger Zeit vereinzelt zu den Finanzgerichten vorgedrungen sind, ist das Erfordernis einer Entscheidung über derartige „Übernahmekonstellationen“ allein für den BFH bereits in drei Fällen entstanden, ein vierter ist inzwischen anhängig. Den aufgeworfenen Themen widmet sich die nachfolgende Abhandlung. In den folgenden Teilen der Arbeit (§ 2) werden vorab die steuerrechtlichen und strafrechtlichen Grundlagen der Thematik überblicksartig dargestellt und der Inhalt der Begriffe „Veranlassung“ und „Schuld“ sowie des Grundsatzes der „Wertneutralität“ im Steuerrecht umrissen. Letzterer erfährt dabei besondere Aufmerksamkeit. Sodann wird das Meinungsbild zu den Gründen für die Nichtabziehbarkeit von Geldstrafen und bestimmten anderen Rechtsfolgen des Kriminalstrafrechts dargestellt, wobei auch Bezüge zu seiner Entwicklungsgeschichte hergestellt werden (§ 3 A. und B.). Wo dies erforderlich erscheint, werden auch 2 

§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 und § 12 Nr. 4 EStG sowie § 10 Nr. 3 KStG.

§ 1  Einleitung

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hier schon Bezüge zur Entwicklung und Begründung der Nichtabziehbarkeit von Geldbußen hergestellt. Daran wird eine abstrakte Überprüfung der Zusammenhänge von strafrechtlicher Schuld und ertragsteuerrechtlicher Veranlassung (§ 3 C.) angeschlossen und im Ergebnis dargestellt, wie sich die Nichtabziehbarkeit von derartigen Sanktionen tragfähig begründen lässt (§ 3 E.). Im darauffolgenden Teil der Arbeit (§ 4) wird sodann besprochen, wie die Übernahme von Geldsanktionen, Verfahrens- und Verteidigungsaufwendungen von Arbeitnehmern durch ihre Arbeitgeber bzw. die Arbeit gebenden Unternehmen aus steuerrechtlicher Sicht zu beurteilen ist. Dabei wird zunächst dargestellt, unter welchen Gesichtspunkten die Thematik auch in anderen Bereichen der Rechtsordnung erhebliche Aufmerksamkeit erfährt (§ 4 A.). Anschließend wird erläutert, ob Delinquenz überhaupt als Bestandteil des Verhaltenskomplexes „nichtselbständige Arbeit“ in Betracht kommt und diskutiert, nach welchen Maßstäben ermittelt wird, ob Zuwendungen des Arbeitgebers beim Arbeitnehmer zum Empfang von Arbeitslohn führen können (§ 4 B.). Dabei wird der Rechtsfigur des „ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesses“ besondere Aufmerksamkeit geschenkt und es werden Vorschläge unterbreitet, wie diese Rechtsfigur in ihrer Anwendung verbessert werden kann (§ 4 B. III.). Zuletzt erfolgt dann eine Auseinandersetzung mit dem Meinungsbild zur einkommensteuerlichen Behandlung des arbeitgeberseitigen Ausgleichs von Geldsanktionen und sanktionsnahen Aufwendungen, die durch eine Stellungnahme zu der Thematik abgeschlossen wird (§ 4 C.). Hierbei wird auch der Ersatz von Verfahrens- und Verteidigungsaufwendungen durch den Arbeitgeber berücksichtigt. Im letzten Teil (§ 5) werden die Ergebnisse der Arbeit zusammengefasst.

§ 2  Steuer- und strafrechtliche Grundlagen der weiteren Untersuchungen A.  Überblick zur Bedeutung des Veranlassungsprinzips Das Steuerrecht im Allgemeinen und gerade das Einkommensteuerrecht, von dessen Anwendung beinahe jeder Bürger betroffen ist, ist im Bewusstsein der Steuerpflichtigen und in der Rechtsprechungspraxis wesentlich stärker vom Einfluss des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) geprägt als von der Wirkung der Freiheitsgrundrechte.1 Nach der Rechtsprechung des BVerfG besteht der „gleichheitsrechtliche Ausgangspunkt im Steuerrecht“ im „Grundsatz der Lastengleichheit“.2 Er besagt, dass die Steuerpflichtigen durch die Steuergesetze rechtlich und tatsächlich gleichmäßig belastet werden müssen.3 Bei der Auswahl des Steuergegenstands und damit auch der Sachverhalte, an die der Gesetzgeber dieselben Rechtsfolgen knüpft, kommt ihm zwar grundsätzlich ein weitreichender Entscheidungsspielraum zu.4 Jener wird allerdings durch zwei eng miteinander verbundene Leitlinien begrenzt: das Gebot der Ausrichtung der Steuerlast am Prinzip der finanziellen Leistungsfähigkeit und das Folgerichtigkeitsgebot.5

1 

Wernsmann, NJW 2006, 1169 (1173); P. Kirchhof, M/D-GG, Art. 3 Abs. 1 Rn. 323. Der allgemeine Gleichheitssatz ist treffend auch als „Magna Charta des Steuerrechts“ bezeichnet worden, Herzog, Steuerzahler-Kongreß 1991, S. 11. Der „Grundsatz der Lastengleichheit“ ist als bereichsspezifische Konkretisierung des allgemeinen Gleichheitssatzes im Steuerrecht zu verstehen, BVerfG v. 17. 12. 2014 – 1 BvL 21/12, BVerfGE 138, 136, juris Rn. 123 = BStBl. II 2015, 50 = BGBl. I 2015, 4; v. 22. 6. 1995 – 2 BvL 37/91, BVerfGE 93, 121, juris Rn. 41 ff., insb. 45 = BStBl. II 1995, 655 = BGBl. I 1995, 1191. Vgl. auch BFH v. 17. 7. 2014 – VI R 8/12, BFH/NV 2014, 1970, juris Rn. 56. Ausführlich Wernsmann, Verhaltenslenkung, S. 261 ff., 267. 2  BVerfG v. 15. 12. 2015 – 2 BvL 1/12, BVerfGE 141, 1, juris Rn. 95; v. 23. 6. 2015 – 1 BvL 13, 14/11, BVerfGE 139, 285, juris Rn. 72 = BStBl. II 2015, 871 = BGBl. I 2015, 1423. 3  BVerfG v. 15. 12. 2015 – 2 BvL 1/12, BVerfGE 141, 1, juris Rn. 95 m. w. N.; v. 9. 3. 2004 – 2 BvL 17/02, BVerfGE 110, 94, juris Rn. 63 = BStBl. II 2005, 56 = BGBl. I 2004, 591; v. 10. 4. 1997 – 2 BvL 77/92, BVerfGE 96, 1, juris Rn. 25 ff. = BStBl. II 1997, 518 = BGBl. I 1997, 1690; v. 27. 6. 1991 – 2 BvR 1493/89, BVerfGE 84, 239, juris Rn. 104 ff. = BStBl. II 1991, 654 unter Herausstellung der historischen Tradition dieses Satzes, der mindestens bis zur ausdrücklichen Hervorhebung in Art. 13 der französischen Erklärung der Menschen- und Bürgerrechte von 1789 zurückreiche. 4  St. Rspr.: BVerfG v. 29. 3. 2017 – 2 BvL 6/11, juris Rn. 102 = BGBl. I 2017, 1289; v. 15. 12. 2015 – 2 BvL 1/12, BVerfGE 141, 1, juris Rn. 95 m. w. N.; v. 6. 7. 2010 – 2 BvL 13/09, BVerfGE 126, 268, juris Rn. 36 = BStBl. II 2011, 318 = BGBl. I 2010, 1157.

A.  Überblick zur Bedeutung des Veranlassungsprinzips

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Die Bedeutung des Folgerichtigkeitsgebots liegt darin, dass bei der Ausgestaltung des steuerlichen Ausgangstatbestands – also nachdem der Gesetzgeber von seinem weiter reichenden Gestaltungsspielraum zur Findung von Steuergegenstand und -tarif Gebrauch gemacht hat – die einmal getroffene Belastungsentscheidung folgerichtig im Sinne der Belastungsgleichheit umgesetzt werden muss.6 Abweichungen von der mit der Wahl des Steuergegenstands getroffenen Belastungsentscheidung müssen sich ihrerseits am Gleichheitssatz messen lassen und die hierdurch hervorgerufene Ungleichbehandlung muss durch einen besonderen sachlichen Grund gerechtfertigt sein. Die Anforderungen an diesen sachlichen Grund steigen mit dem Umfang und Ausmaß der Abweichung.7 In Betracht kommen nach der Rechtsprechung des BVerfG vor allem außerfiskalische Förderungs- und Lenkungszwecke sowie Typisierungs- und Vereinfachungserfordernisse.8 Allein die Verfolgung fiskalischer Zwecke kann keinen „besonderen sachlichen Grund“ darstellen.9 5

Das Leistungsfähigkeitsprinzip besagt, dass unter Berücksichtigung ihrer individuellen finanziellen Möglichkeiten alle Steuersubjekte in einer Art Verhältnisgleichheit zu den Staatslasten beitragen müssen: Wer mehr Konsumfähigkeit aufweist, kann und soll in größerem Umfang zur Finanzierung des Staates beitragen als derjenige, der weniger hat.10 Dies erfordert, dass Steuerpflichtige, die gleich leistungsfähig sind, auch gleich hoch belastet werden (horizontale Steuergerechtigkeit) und dass bei einem Vergleich von unterschiedlich leistungsfähigen Steuerpflichtigen die Besteuerung höherer Einkommen in angemessenem Verhältnis zur Besteuerung niedrigerer Einkommen steht (vertikale Steuergerechtigkeit).11 5 BVerfG v. 15. 12. 2015 – 2 BvL 1/12, BVerfGE 141, 1, juris Rn. 95; v. 18. 7. 2012 – 1 BvL 16/11, BVerfGE 132, 179, juris Rn. 32 = BGBl. I 2012, 1770; v. 12. 10. 2010 – 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224, juris Rn. 51 = BGBl. I 2010, 1776; v. 21. 7. 2010 – 1 BvR 611, 2464/07, BVerfGE 126, 400, juris Rn. 80 = BGBl. I 2010, 1295; v. 6. 7. 2010 – 2 BvL 13/09, BVerfGE 126, 268, juris Rn. 36 = BStBl. II 2011, 318 = BGBl. I 2010, 1157; v. 9. 12. 2008 – 2 BvL 1, 2/07, 1, 2/08, BVerfGE 122, 210, juris Rn. 57 = BGBl. I 2008, 2888; Schneider, DStR-Beih. 34 (2009), 87 (87); Wernsmann, H/H/Sp-AO, § 4 Rn. 480 m. w. N. 6  St. Rspr., zuletzt BVerfG v. 29. 3. 2017 – 2 BvL 6/11, DStR 2017, 1094, juris Rn. 102 = BGBl. I 2017, 1289; v. 15. 12. 2015 – 2 BvL 1/12, BVerfGE 141, 1, juris Rn. 96 m. w. N. 7  BVerfG v. 23. 6. 2015 – 1 BvL 13, 14/11, BVerfGE 139, 285, juris Rn. 72 = BStBl. II 2015, 871 = BGBl. I 2015, 1423; v. 17. 12. 2014 – 1 BvL 21/12, BVerfGE 138, 136, juris Rn. 123 = BStBl. II 2015, 50 = BGBl. I 2015, 4. 8  BVerfG v. 6. 7. 2010 – 2 BvL 13/09, BVerfGE 126, 268, juris Rn. 37 = BStBl. II 2011, 318 = BGBl. I 2010, 1157. 9  Zuletzt BVerfG v. 29. 3. 2017 – 2 BvL 6/11, BGBl. I 2017, 1289, juris Rn. 104 m. w. N.; Seiler, DStJG 34 (2011), 61 (71). 10 Vgl. Wernsmann, Verhaltenslenkung, S. 268. 11  BVerfG v. 6. 7. 2010 – 2 BvL 13/09, BVerfGE 126, 268, juris Rn. 36 = BStBl. II 2011, 318 = BGBl. I 2010, 1157; v. 21. 6. 2006 – 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164, juris Rn. 70 = BGBl. I 2006, 1857; v. 16. 3. 2005 – 2 BvL 7/00, BVerfGE 112, 268, juris Rn. 68; v.

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§ 2  Steuer- und strafrechtliche Grundlagen der weiteren Untersuchungen

Wenngleich die Idee des Leistungsfähigkeitsprinzips an sich leicht verständlich und gut nachvollziehbar erscheint, zeigt sich, was ihrem Charakter als „Prinzip“ entspricht,12 bei der Anwendung des einfachen Rechts deutlich ihr hoher Abstraktionsgrad oder anders gewendet ihre Konkretisierungsbedürftigkeit.13 Diesem Bedürfnis Folge leistend ist das Leistungsfähigkeitsprinzip auf nächster Stufe in Subprinzipien ausdifferenziert worden, von denen insbesondere das objektive und das subjektive Nettoprinzip von hervorgehobener Bedeutung sind.14

I.  Nettoprinzip Das objektive Nettoprinzip besagt, dass der Einkommensteuer (und Körperschaftsteuer) nur der (positive) Saldo aus Erwerbseinnahmen und Erwerbsaufwendungen unterliegt.15 Nach dem subjektiven Nettoprinzip muss der Gesetzgeber gewährleisten, dass sich auch solche Aufwendungen einkommensmindernd auswirken, die der Steuerpflichtige tätigen muss, um sein eigenes sowie ggf. sein familiäres Existenzminimum zu gewährleisten.16 Für die Zwecke der vorliegenden Arbeit und die nachfolgende Erläuterung ist aufgrund der thematischen Beschränkung allein das objektive Nettoprinzip von Interesse.17 Einen „Ausdruck“ findet das objektive Nettoprinzips in § 2 Abs. 2 EStG,18 der die Brücke zwischen der Regelung der Einkunftsarten und der Ermittlung der Einkünfte innerhalb der Einkunftsarten (entweder Gewinn- oder Überschuss­ ermittlung) schlägt. Der gesetzgeberischen Entscheidung zur Beschränkung des steuerlichen Zugriffs nach Maßgabe des objektiven Nettoprinzips kommt 8. 6. 2004 – 2 BvL 5/00, BVerfGE 110, 412, juris Rn. 66; v. 4. 12. 2002 – 2 BvR 400/98, 1735/00, BVerfGE 107, 27, juris Rn. 51. 12 Vgl. speziell zum Leistungsfähigkeitsprinzip Lang, in: FS Kruse, S. 313 (319); Wernsmann, Verhaltenslenkung, S. 266 f. 13  Wernsmann, Verhaltenslenkung, S. 261 f.; Hey, H/H/R-EStG, Einf. EStG Rn. 42; Wernsmann, H/H/Sp-AO, § 4 Rn. 481. 14  Zu Ableitungen hinsichtlich der Universalität und Totalität der Einkommensteuer vgl. Hey, H/H/R-EStG, Einf. EStG Rn. 43 ff. 15  BVerfG v. 9. 12. 2008 – 2 BvL 1, 2/07, 1, 2/08, BVerfGE 122, 210, juris Rn. 62 = BGBl. I 2008, 2888. 16  BVerfG v. 10. 11. 1998 – 2 BvL 42/93, BVerfGE 99, 246, juris Rn. 50 f. = BStBl. II 1999, 174 = BGBl. I 1999, 142. 17  Das bedeutet nicht, dass das subjektive Nettoprinzip im Zusammenhang mit hoheitlichen Geldsanktionen und sanktionsnahen Aufwendungen keine Rolle spielt, sondern lediglich, dass diese Fragen aufgrund der thematischen Beschränkung nicht – oder wo nötig, nur geringfügig – im Rahmen dieser Arbeit untersucht werden. 18  Nach BVerfG v. 9. 12. 2008 – 2 BvL 1, 2/07, 1, 2/08, BVerfGE 122, 210, juris Rn. 63 = BGBl. I 2008, 2888 kommt das objektive Nettoprinzip in dieser Vorschrift „zum Ausdruck“. Krit. nach Einführung der Schedulenbesteuerung für Einkünfte aus Kapitalvermögen Schneider, DStR-Beih. 34 (2009), 87 (88).

A.  Überblick zur Bedeutung des Veranlassungsprinzips

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eine elementare Bedeutung für das Einkommen- und Körperschaftsteuerrecht zu. Diese Entscheidung ist – wenn man den Unterschied zwischen einer reinen Einnahmen- oder einer Umsatzsteuer wahrnimmt – im Kern bereits durch die Aufkommenverteilungsregel in Art. 106 Abs. 3 GG („Einkommensteuer“) verfassungsrechtlich vorgezeichnet.19 Nach der Rechtsprechung des BVerfG gehört sie zu jenen Grundentscheidungen, deren Folgeregelungen sich am Maßstab des Folgerichtigkeitsgebotes messen lassen müssen.20 In den Entscheidungen zum „häuslichen Arbeitszimmer“ und zur „Pendlerpauschale“, in denen das Gericht die Maßstäbe des Folgerichtigkeitsgebotes im Bereich des Einkommensteuerrechts konkretisiert hat, hat es jene im Wesentlichen an der mit dem objektiven Nettoprinzip getroffenen Grundentscheidung demonstriert.21 Offen gelassen hat das BVerfG bei alldem bislang nur – das betont es regelmäßig –22, ob dem objektiven Nettoprinzip Verfassungsrang zukommt.23

II.  Das Veranlassungsprinzip als Zuordnungsmaßstab zur Umsetzung des objektiven Nettoprinzips Die Entscheidung, dass Erwerbsaufwendungen im Rahmen einer Einkommensteuer berücksichtigt werden müssen, sagt noch nichts darüber aus, wie dies praktisch umzusetzen ist. Diese Rolle kommt schließlich dem sog. „Veranlassungsprinzip“ zu.24 Während § 2 Abs. 2 EStG im EStG die Andeutung enthält, dass Erwerbsaufwendungen im Grundsatz Berücksichtigung finden müssen, wird dies vor allem in § 4 Abs. 4 EStG und § 9 Abs. 1 S. 1 EStG weiter konkretisiert.25 Der gemeinsame Gedanke jener Regelungen besteht darin, dass sich im Rahmen 19  Zuletzt, eingehend zum materiellen Regelungsgehalt der Aufkommenverteilungsregelung in Art. 106 Abs. 3 GG, Bowitz, Objektives Nettoprinzip als Rechtfertigungsmaßstab, S. 45 ff. m. w. N.; Wernsmann, Verhaltenslenkung, S. 318; ders., DStR-Beih. 34 (2009), 101 (101); K. Vogel, DStJG 12 (1989), 123 (142 f.); ohne Herleitung aus dem GG Walz, StuW 1986, 21 (22). 20  BVerfG v. 6. 7. 2010 – 2 BvL 13/09, BVerfGE 126, 268, juris Rn. 40 = BStBl. II 2011, 318 = BGBl. I 2010, 1157. 21  BVerfG v. 6. 7. 2010 – 2 BvL 13/09, BVerfGE 126, 268, juris Rn. 41 ff. = BStBl. II 2011, 318 = BGBl. I 2010, 1157 – häusliches Arbeitszimmer; v. 9. 12. 2008 – 2 BvL 1, 2/07, 1, 2/08, BVerfGE 122, 210, juris Rn. 66 ff. = BGBl. I 2008, 2888 – Pendlerpauschale. 22  BVerfG v. 12. 10. 2010, 1 BvL, BVerfGE 127, 224, juris Rn. 58 = BGBl. I 2010, 1766. 23  Dazu, i. Erg. differenzierend, Bowitz, Objektives Nettoprinzip als Rechtfertigungsmaßstab, S. 1 ff., 93 f. Für eine verfassungsrechtliche Verankerung primär in den Freiheitsrechten, Lehner, DStR 2009, 185 (189 ff.). Gegen seinen Verfassungsrang, Schneider, DStR-Beih. 34 (2009), 87 (91). 24  Jüptner, Veranlassung, S. 122. 25  BVerfG v. 6. 7. 2010 – 2 BvL 13/09, BVerfGE 126, 268, juris Rn. 39 = B ­ StBl. II 2011, 318 = BGBl. I 2010, 1157; v. 9. 12. 2008 – 2 BvL 1, 2/07, 1, 2/08, B ­ VerfGE 122, 210, juris Rn. 66 ff. = BGBl. I 2008, 2888.

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§ 2  Steuer- und strafrechtliche Grundlagen der weiteren Untersuchungen

der Einkünfteermittlung nur solche Aufwendungen einkommensmindernd auswirken dürfen, die der steuerlich grundsätzlich beachtlichen Einkommenssphäre, also der Sphäre des Erwerbs von Einkünften aus den sieben Einkunftsarten (§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 - 7 bzw. S. 2 i. V. m. §§ 13 - 24 EStG)26, zuzuordnen sind. Alles was nicht in diese Erwerbssphäre fällt, gehört steuerlich zur Privat- oder Konsumsphäre. Diese wird im Umfang des zur Existenzsicherung Erforderlichen von der Besteuerung freigehalten.27 Im Übrigen sind spezifische Aufwendungen innerhalb des Privatbereiches ggf. nur noch als Sonderausgabe (§§ 10 ff. EStG) oder außergewöhnliche Belastung (§§ 33 ff. EStG) berücksichtigungsfähig. Wird ein Abzug durch diese Vorschriften nicht ermöglicht, verfallen jene Aufwendungen der einkommensteuerlichen Nichtbeachtung. Das stellt auch § 12 Nr. 1 EStG klar.28 Schon die jeweilige Verklammerung der Anlage der Gewinn- bzw. Einnahmenüberschussrechnung durch die Einleitung des § 2 Abs. 2 S. 1 EStG („Einkünfte sind […]“) legt nahe, dass ihre Konkretisierung durch (Hilfs-)Tatbestände zur Ermittlung der (saldierten) Einkünfte in Bezug auf die Anwendung des Veranlassungsprinzips einheitlich ausgelegt wird.29 Der Unterschied in den Formulierungen von § 4 Abs. 4 EStG („veranlasst“) und § 9 Abs. 1 S. 1 EStG („Aufwendungen zur […]“) lässt dies jedoch höchstens innerhalb der jeweiligen Einkünfteermittlungsmethode zwingend erscheinen. Unabhängig davon interpretiert die Rechtsprechung jedoch beide Tatbestände zutreffend aus Gleichheitsgesichtspunkten einheitlich.30

26  Das EStG hat sich keinem theoretischen Ansatz zur Beschreibung des Einkommens vollständig angeschlossen. Nach dem „pragmatischen“ Einkommensbegriff ist Einkommen gerade der Erwerb positiver wie negativer Einkünfte aus den in § 2 Abs. 1 S. 1 EStG benannten Einkünftequellen, vgl. Begr. z. Entwurf d. BReg v. 91.1974, Drs. 7/1470, S. 211; Musil, H/H/R-EStG, § 2 Rn. 10 m. w. N. So auch schon die Begr. z. Einkommensbegriff der EStG 1934 und des EStG 1925, vgl. P. Kirchhof, Kirchhof/EStG, § 2 Rz. 46. 27  Diesem Zweck dienen der Grundfreibetrag innerhalb des Steuertarifs (§ 32a Abs. 1 Nr. 1 EStG) und der Kinderfreibetrag (§ 32 Abs. 6 EStG), vgl. Loschelder, Schmidt/EStG, § 12 Rn. 1. 28  BVerfG v. 6. 7. 2010 – 2 BvL 13/09, BVerfGE 126, 268, juris Rn. 39 = BStBl. II 2011, 318 = BGBl. I 2010, 1157; Loschelder, Schmidt/EStG, § 12 Rn. 1. 29  Lang, DStJG 9 (1986), 15 (50) hat im Zusammenhang mit der Ermittlung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geäußert, dass eine symmetrische Interpretation von Einnahmen und Werbungskosten rechtsdogmatisch zwingend durch den Begriff „Einkünfte“ impliziert sei. Überdies sind seiner Ansicht nach „Kausalitätsprinzipien [wie das Veranlassungsprinzip] […] in jedem Rechtsgebiet die Kristallisationskerne einer terminologisch widerspruchsfrei strukturierenden Rechtsdogmatik.“ 30 BFH v. 21. 9. 2009 – GrS 1/06, BStBl. II 2010, 672, juris Rn. 93; v. 21. 7. 1981 – VIII R 154/76, BStBl. II 1982, 37, juris Rn. 14; v. 28. 11. 1977 – GrS 2, 3/77, BStBl. II 1978, 105, juris Rn. 25 jeweils m. w. N. Zust. Krüger, Schmidt/EStG, § 9 Rn. 41 m. w. N.

A.  Überblick zur Bedeutung des Veranlassungsprinzips

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Auch die Begriffe „Einnahme“ (§ 8 Abs. 1 EStG) und (gesetzlich nicht definiert) „Betriebseinnahme“ werden unter Berücksichtigung des Veranlassungsprinzips interpretiert.31 Gerade im Bereich der Einnahmen sind aber auch die Eigenarten der jeweiligen Einkunftsart (§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 - 7 EStG) zu beachten, auf die sich die Einkünfteermittlung im Einzelfall bezieht.32 So werden zum Beispiel auch Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit berücksichtigt, wenn sie durch das Dienstverhältnis „veranlasst“ sind. Durch ein Abstellen auf den „Entlohnungscharakter“ wird das finale Moment im Rahmen der Veranlassung tendenziell stärker betont.33 In diesem Sinne ist das Veranlassungsprinzip der Maßstab für die im Einzelfall vorzunehmende Entscheidung, ob eine Vermögensbewegung der einen oder der anderen Sphäre zuzuordnen ist. Im Einzelfall kommt auch eine „gemischte“ Veranlassung, also die Zugehörigkeit zu beiden Sphären in Betracht.34 Derar­ tige Situationen verlangen dem Rechtsanwender im Ergebnis jedoch ebenso eine eindeutige Zuordnung ab. Eine „Besonderheit“ kann hier lediglich darin bestehen, dass sich eine Aufwendung im Einzelfall faktisch oder gedanklich aufteilen lässt und die Aufwendungssegmente anschließend jeweils den unterschiedlichen Sphären zugeordnet werden können.35 Dies ist zum Beispiel der Fall, wenn Aufwendungen durch eine Reise entstehen, bei denen ein bestimmter Zeitraum und die währenddessen entstehenden Kosten dem Erwerbsbereich und der restliche Zeitraum und die hierdurch verursachten Kosten dem Privatbereich zugeordnet werden können.36 Kann eine Aufteilung nicht sinnvoll bewirkt werden, kommt es darauf an, zu welcher Sphäre der überwiegende Bezug besteht.37 Auch das Veranlassungsprinzip ist dem Gedanken nach „einfach“ nachvollziehbar und führt im Angesicht eines Massenfallrechts überwiegend zu akzeptierten Ergebnissen. Dennoch ist lange Zeit über die zutreffende inhaltliche Bestimmung des Veranlassungsprinzips gestritten worden. Mittlerweile hat die in der Rechtsprechung gebräuchliche Definition des Veranlassungszusammen31  Glenk, Blümich/EStG, § 8 Rn. 38; Kister, H/H/R-EStG, § 8 Rn. 42 f. m. umfgr. w. N. aus Rspr. und Lit. 32 Ähnlich P. Kirchhof, Kirchhof/EStG, § 8 Rz. 30; differenzierend Kister, H/H/ R-EStG, § 8 Rn. 42. 33  Dazu später § 4 B. III. 1. 34  Eingehend, auch zur Rechtsentwicklung im Umgang mit Aufwendungen gemischter Veranlassung BFH v. 21. 9. 2009 – GrS 1/06, BStBl. II 2010, 672, juris Rn. 93. 35  Vgl. BFH v. 21. 9. 2009 – GrS 1/06, BStBl. II 2010, 672, juris Rn. 110. 36 Angelehnt an den Sachverhalt zum Beschluss des Großen Senats beim BFH v. 21. 9. 2009 – GrS 1/06, BStBl. II 2010, 672, in der die Ableitung eines Aufteilungs- und Abzugsverbotes aus § 12 Nr. 1 S. 2 EStG aufgegeben worden ist. Im Anschluss daran auch das Schreiben des BMF v. 6. 7. 2010 – IV C 3-S 2227/07. 37  Krüger, Schmidt/EStG, § 9 Rn. 48 m. w. N.

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§ 2  Steuer- und strafrechtliche Grundlagen der weiteren Untersuchungen

hangs die Zustimmung des Schrifttums auf so breiter Basis erfahren, dass es gerechtfertigt erscheint, die konträren Positionen nur überblicksartig und insoweit anzureißen, als dies hilfreich erscheint, um die Zusammenhänge rund um jene Definition besser nachvollziehen zu können. Im Übrigen wird der Arbeit dann die in der Rechtsprechung und herrschenden Ansicht der Literatur gängige Definition des Veranlassungszusammenhangs zugrunde gelegt. 1.  Kausale und finale Interpretation der Veranlassung Intensiv gestritten worden ist vor allem um die Frage, ob die Veranlassung kausal oder final zu interpretieren ist. Der Zugang zu dieser Debatte ist regelmäßig über die Wahl des Wortlautes in § 4 Abs. 4 EStG gesucht worden. In der Literatur ist hier erhebliche Energie darauf verwendet worden zu erörtern, ob der Gesetzgeber bewusst zwischen den Begriffen „veranlassen“ und „verursachen“ unterschieden hat.38 Diesen Unterschied haben insbesondere die Vertreter einer finalen Interpretation der Veranlassung hervorgehoben und für sich streiten lassen.39 Die Gegenansicht hat argumentiert, dass der Gesetzgeber durch seine Wortwahl nicht bewusst ein (äquivalenztheoretisch) kausales Begriffsverständnis habe ausschließen wollen, sondern schlicht die Wortwahl des RFH im Urteil v. 9. 2. 192740 übernommen habe.41 Neben dem wortlautbezogenen Zugang wurde – wie bei Kausalitätstheorien in anderen Rechtsbereichen – auch ein Zugang zu der Diskussion gewählt, der sich eher auf Fragen der sozialen Handlungsbeschreibungen konzentriert.42 Welchen Zugang man zu der Diskussion auch wählt, prägend für die Untermauerung der jeweiligen Argumente ist insbesondere die Fähigkeit gewesen, bestimmte, gemeinhin akzeptierte betriebs- oder berufsbezogene Gewinnungskosten nach der jeweiligen Aussage zu erfassen. Das ist in erheblichem Maße auch von der gedanklichen „zweiten“ Ebene der Diskussion abhängig, nämlich der Frage, ob und in welchem Umfang bei der Anwendung des kausal oder final verstandenen Veranlassungszusammenhangs entweder nur objektive, nur subjektive oder objektive und subjektive Umstände herangezogen werden können.43 38  Den betonten Unterschied machen die in die Debatte eingeführten Geschichtsverweise anschaulich: So hat Raupach argumentiert, dass der „Prager Fenstersturz“ Anlass für den 30-jährigen Krieg gewesen sei, nicht hingegen seine Ursache im Sinne einer wesentlichen Bedingung, Raupach, DStJG 3 (1980), 393 (402). Walz hat – ohne sich der Argumentation anzuschließen – das Bsp. von Thukydides zitiert, der nach dieser Art zwischen Grund und Anlass des peloponnesischen Krieges unterschieden hat, Walz, StuW 1986, 21 (22). 39  Stapperfend, in: FS Kruse, S. 534 (540). 40  RFH v. 9. 2. 1927 – VI A 60/27, RFHE 20, 208 (210). 41  Söhn, K/S/M-EStG, § 4 Rn. E 66. 42  Jüptner, Veranlassung, S. 123. Vgl. Weber, StuW 2009, 184 (188). 43 Überblicksartig Walz, StuW 1986, 21 (22 f.); Weber, StuW 2009, 184 (187 ff.).

A.  Überblick zur Bedeutung des Veranlassungsprinzips

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Nach Ansicht der Vertreter einer rein finalen Interpretation ist zu untersuchen, ob gegenständlich zu beurteilende Vermögenszugänge oder Vermögensabgänge auf einem Verhalten beruhen, das seinerseits durch Beruf oder Betrieb motiviert gewesen ist.44 Ein starkes Argument, das die Vertreter dieser Ansicht vorbringen können, liegt darin, dass nach ihrem Ansatz ohne weiteres verständlich wird, weshalb auch unübliche, unzweckmäßige oder sogar unsinnige Aufwendungen durch den Betrieb oder Beruf veranlasst sein können.45 Gleichzeitig kann ein an der Motivation oder Zielen des Steuerpflichtigen ausgerichteter Ansatz nur schlecht oder gar nicht erklären, weswegen auch unfreiwillige Aufwendungen betrieblich veranlasst sein können.46 Auf der anderen Seite stehen die Vertreter einer rein kausalen Interpretation des Veranlassungszusammenhangs.47 Sie heben hervor, dass auch im Einkommensteuerrecht der Ausgangspunkt einer Ursachenbetrachtung von einem philosophisch-logisch-naturwissenschaftlichen Bedingungszusammenhang ausgehe und stellen darauf ab, ob Beruf oder Betrieb im Einzelfall eine conditio sine qua non für die betrachtete Vermögensbewegung darstellen48 oder füllen das kausale Verständnis durch den Begriff des „wirtschaftlichen Zusammenhangs“ aus.49 Nach einer solchen Denkweise bereitet es kein Problem darzustellen, weshalb auch unfreiwillige Aufwendungen betrieblich oder beruflich veranlasst sein können. Das gilt insbesondere, wenn man von einem äquivalenztheoretischen Grundverständnis ausgeht, jedoch ebenso, wenn man sich an einem wirtschaftlichen Zusammenhang orientiert. Gleichzeitig ist es für den kausalitätsorientierten Denkansatz schwerer vorweggenommene, vergebliche oder retrospektiv als unzweckmäßig zu betrachtende Aufwendungen als betrieblich oder beruflich veranlasst zu erklären. Sofern eine gemischte Veranlassung in Betracht kommt, soll die äquivalenztheoretische Betrachtung unter Berücksichtigung des Gewichts der privaten (Mit-)Veranlassung modifiziert werden. 2.  Veranlassungszusammenhang in der Rechtsprechung Die Formulierungen, die die Rechtsprechung zur Umschreibung des Veranlassungszusammenhangs verwendet, unterscheiden sich in Nuancen voneinander, lassen sich aber im Wesentlichen folgendermaßen zusammenfassen: Da 44 

Stapperfend, in: FS Kruse, S. 534 (540); ders., H/H/R-EStG, § 4 Rn. 790 m. w. N. Weber, StuW 2009, 184 (188). 46 Vgl. Stapperfend, in: FS Kruse, S. 534 (542); Thürmer, Blümich/EStG, § 9 Rn. 114 m. w. N. 47  Söhn, K/S/M-EStG, § 4 Rn. E 65 ff. m. w. N.; ders., DStJG 3 (1980), 13 (19 ff., 73). 48  Jüptner, Veranlassung, S. 143. Vgl. auch die Nachw. bei Weber, StuW 2009, 184 (186 Fn. 22). 49  Ruppe, DStJG 3 (1980), 103 (128); vgl. auch Walz, StuW 1986, 21 (22 f.). 45 

§ 2  Steuer- und strafrechtliche Grundlagen der weiteren Untersuchungen

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Vermögensbewegungen in ihrer Anlage neutrale Vorgänge einer Addition oder Subtraktion in Geld oder Geldeswert sind, erlaubt erst die Betrachtung der Vermögensbewegung in einem nachvollziehbaren Kontext eine Aussage über die Sphärenzuordnung. Hier kommt es im Rahmen der Veranlassung sowohl von Betriebsausgaben als auch von Werbungskosten darauf an, dass die jeweilige Aufwendung objektiv mit der jeweiligen Einkunftsart bzw. der Einkünfteerzielung zusammenhängt und ihr subjektiv zu dienen bestimmt ist, d. h. wenn sie in „wirtschaftlichem Zusammenhang“50 mit einer der Einkunftsarten des EStG steht.51 Maßgeblich dafür, ob ein solcher Zusammenhang besteht, soll zum einen die wertende Beurteilung des die betreffenden Aufwendungen „auslösenden Moments“, zum anderen dessen Zuweisung zur einkommensteuerlich relevanten Erwerbssphäre sein.52 Bei der wertenden Beurteilung, was das „auslösende Moment“ der Aufwendungen gewesen ist, werden regelmäßig auch die Motive des Steuerpflichtigen betrachtet.53 Zur Überprüfung dieser Motive wird zumeist wiederum auf objektive Umstände abgestellt. So ist zum Beispiel bei der Geltendmachung von Aufwendungen für eine Habilitationsfeier als Werbungskosten bei Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit entscheidend, wer als Gastgeber auftritt, wer über die Gästeliste bestimmt und ob diese vor allem das berufliche oder berufsdienliche Umfeld des Steuerpflichtigen abbildet oder ob es sich um private Bekannte oder Angehörige handelt.54 Bei der Geltendmachung von Strafverteidigungsaufwendungen wird wiederum vor allem darauf abgestellt, ob der strafrechtliche Vorwurf bzw. die zur Last gelegte Tat gegen den Steuerpflichtigen durch sein betriebliches oder berufliches Verhalten veranlasst gewesen ist.55 50 

Zum Begriff Ruppe, DStJG 3 (1980), 103 (128). v. 27. 8. 2014 – VIII R 60/13, BStBl. II 2015, 255, juris Rn. 13; v. 4. 7. 1990 – GrS 2 – 3/88, BStBl. II 1990, 817, juris Rn. 67. Teilweise wird auch auf den wirtschaftlichen Zusammenhang mit Einnahmen aus einer Einkunftsart abgestellt, z. B. BFH v. 18. 8. 2016 – VI R 52/15, BFH/NV 2017, 151, juris Rn. 11. Solange aber kein Zusammenhang mit einer konkreten Einnahme gefordert wird und die steuerliche Berücksichtigung der Tätigkeit eine Gewinn-/Überschusserzielungsabsicht voraussetzt, ergibt sich allerdings praktisch kein Unterschied. 52  BFH v. 10. 11. 2016 – VI R 7/16, BStBl. II 2017, 409, juris Rn. 11; v. 21. 9. 2009 – GrS 1/06, BStBl. II 2010, 672, juris Rn. 93; seit BFH v. 4. 7. 1990 – GrS 2 - 3/88, BStBl. II 1990, 817, juris Rn. 71. Vgl. Wied, Blümich/EStG, § 4 Rn. 556. 53  Der VI. Senat ergänzt i. d. S., dass „die Gründe, die den Steuerpflichtigen zu den Aufwendungen bewogen haben, das auslösende Moment bildeten“, vgl. BFH v. 10. 11. 2016 – VI R 7/16, BStBl. II 2017, 409, juris Rn. 11 m. w. N.; seit BFH v. 24. 9. 2013 – VI R 35/11, BFH/NV 2014, 500, juris Rn. 16. 54  BFH v. 18. 8. 2016 – VI R 52/15, BFH/NV 2017, 151, juris Rn. 14 f. m. w. N. 55  BFH v. 14. 5. 2014 – X R 23/12, BStBl. II 2014, 684, juris Rn. 30; v. 18. 10. 2007 – VI R 42/04, BStBl. II 2008, 223, juris Rn. 5; v. 30. 6. 2004 – VIII B 265/03, BFH/NV 2004, 1639, juris Rn. 3; v. 12. 6. 2002 – XI R 35/01, BFH/NV 2002, 1441, juris Rn. 14; v. 51  BFH

A.  Überblick zur Bedeutung des Veranlassungsprinzips

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Die dargestellten Umschreibungen dürfen allerdings nicht den Eindruck erwecken, dass vor allem oder nur die Absichten des Steuerpflichtigen entscheidend sind. Innerhalb der allgemeinen Formel vom objektiven Zusammenhang und der subjektiven Zwecksetzung wird letzteres Element nämlich nicht als notwendiges Merkmal des Veranlassungszusammenhangs angesehen, sodass auch unfreiwillige Aufwendungen („Zwangsaufwendungen“) abziehbare Betriebsausgaben oder Werbungskosten sein können.56 Dementsprechend wird dann mitunter auch auf die Untersuchung eines (subjektiven) „auslösenden Moments“ oder auf die Suche nach Gründen, die den Steuerpflichtigen zu der Aufwendung bewogen haben, verzichtet.57 Wenn die Prüfung nach den dargestellten Maßstäben ergibt, dass die Aufwendungen nicht oder in nur unbedeutendem Maße auf privaten, der Lebensführung des Steuerpflichtigen zuzurechnenden Umständen beruhen, so sollen sie grundsätzlich als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar sein. Beruhen die Aufwendungen nach dem Ergebnis dieser Prüfung hingegen nicht oder in nur unbedeutendem Maße auf beruflichen Umständen, so sollen sie nicht abziehbar sein. Falls schließlich der erwerbsbezogene Anteil nicht von untergeordneter Bedeutung ist, können eine Aufteilung und ein Abzug des beruflich veranlassten Teils der Kosten in Betracht kommen.58 Unter diesen Bedingungen kommt es nicht darauf an, ob der Zusammenhang der Aufwendung mit der Einkunftsart als „unmittelbar“ bezeichnet werden kann. Auch ein „mittelbarer“ Zusammenhang ist ausreichend, solange er nicht so lose beschaffen ist, dass er insgesamt das Bestehen eines objektiven Zusammenhangs

13. 12. 1994 – VIII R 34/93, BStBl. II 1995, 457, juris Rn. 27; v. 21. 11. 1983 – GrS 2/82, BStBl. II 1984, 160, juris Rn. 89; v. 19. 2. 1982 – VI R 31/78, BStBl. II 1982, 467, juris Rn. 9 ff.; FG Niedersachsen v. 14. 5. 2014 – 9 K 99/13, EFG 2014, 1473, juris Rn. 20 ff. – rkr.; FG Münster v. 27. 11. 2012 – 1 K 4121/09 E, juris Rn. 29 – rkr.; FG Rheinland-Pfalz v. 15. 4. 2010 – 4 K 2699/06, EFG 2010, 1491, juris Rn. 22 ff. – rkr. 56  BFH v. 11. 3. 2008 – X B 259/07, BFH/NV 2008, 958, juris Rn. 5; v. 22. 10. 1991 – VIII R 64/86, BFH/NV 1992, 449, juris Rn. 26 ff.; v. 25. 10. 1989 – X R 69/88, BFH/NV 1990, 553, juris Rn. 49 m. w. N. Dazu auch Loschelder, Schmidt/EStG, § 4 Rn. 481; Kreft, H/H/R-EStG, § 9 Rn. 139 m. umfgr. w. N. 57  Im Zusammenhang mit Betriebsausgaben: BFH v. 11. 3. 2008 – X B 259/07, BFH/NV 2008, 958, juris Rn. 5; v. 18. 4. 2007 – XI R 60/04, BStBl. II 2007, 762, juris Rn. 10 ff.; v. 16. 11. 2005 – X R 48/03, BFH/NV 2006, 534, juris Rn. 16 ff.; v. 22. 10. 1991 – VIII R 64/86, BFH/NV 1992, 449, juris Rn. 26 f.; vgl. BFH v. 6. 7. 2016 – I R 25/14, BFH/NV 2016, 1821, juris Rn. 23. Im Zusammenhang mit Werbungskosten: BFH v. 7. 2. 2008 – VI R 75/06, BStBl. II 2010, 48, juris Rn. 20 ff.; v. 13. 1. 1989 – VI R 51/85, BStBl. II 1989, 382, juris Rn. 19 ff. Stapperfend, H/H/R-EStG, § 4 Rn. 791; Wied, Blümich/EStG, § 4 Rn. 558. Zum Nebeneinander der ein- und zweistufigen Prüfung des Veranlassungszusammenhangs Weber, StuW 1984, 184 (186). 58  Seit BFH v. 21. 9. 2009 – GrS 1/06, BStBl. II 2010, 672, juris Rn. 93.

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mit dem Betrieb oder Beruf in Frage stellt.59 Unerheblich ist zudem auch, ob Aufwendungen „üblich, notwendig oder zweckmäßig“ waren. Die Rechtsprechung geht insofern zutreffend davon aus, dass der Steuerpflichtige über einen Ermessensspielraum verfügt, ob er und welche Aufwendungen er tätigen will.60 Dem dargestellten Verständnis des Veranlassungszusammenhangs nach Ansicht der Rechtsprechung hat sich – bei teils unterschiedlicher Begründung – das Schrifttum weit überwiegend angeschlossen.61 Alles in allem ist ersichtlich, dass dabei sowohl willensunabhängige kausale Faktoren als auch (finale) Motive des Steuerpflichtigen eine Rolle spielen62 und die Überprüfung des Veranlassungszusammenhangs sowohl anhand objektiver wie auch subjektiver Kriterien vorgenommen wird.

B.  „Wertneutralität“ des Steuerrechts, § 40 AO Mit Inkrafttreten der AO 197763 hat § 40 AO die Nachfolge des § 5 Abs. 2 ­StAnpG 193464 angetreten und ist seitdem im Wortlaut nicht mehr verändert worden.65 Wörtlich lautet § 40 AO: „Für die Besteuerung ist es unerheblich, ob ein Verhalten, das den Tatbestand eines Steuergesetzes ganz oder zum Teil erfüllt, gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt.“ Zu einer Nichterfüllung gesetzlicher Gebote oder einem Verstoß gegen gesetzliche Verbote kommt es vor allem auch dann, wenn Tatbestände verwirklicht werden, die in der Rechtsfolge mit hoheitlichen Sanktionen bewehrt sind. Ganz deutlich tritt mit dem Wortlaut daher die Intention zur Besteuerung von gänzlich oder 59  BFH v. 6. 10. 2004 – VI R 27/01, BStBl. II 2004, 1071, juris Rn. 8; v. 11. 7. 1986 – VI R 39/83, BStBl. II 1986, 866, juris Rn. 7 m. w. N.; v. Bornhaupt, K/S/M-EStG, § 9 Rn. B 193 ff., 197. Vgl. auch Thürmer, Blümich/EStG, § 9 Rn. 115 m. w. N. 60  BFH v. 28. 11. 1980 – VI R 193/77, BStBl. II 1981, 368, juris Rn. 11. 61  Stapperfend, in: FS Kruse, S. 534 (542); Kreft, H/H/R-EStG, § 9 Rn. 149; Oertel, Kirchhof/EStG, § 9 Rz. 21; Thürmer, Blümich/EStG, § 9 Rn. 114; Wied, Blümich/EStG, § 4 Rn. 556 ff. jew. m. umfgr. w. N. Als Bsp. für eine Stellungnahme unter Betonung des obj. Zusammenhangs, Loschelder, Schmidt/EStG, § 4 Rn. 30; unter Betonung der finalen Interpretation im Bereich der Werbungskosten, i. Erg. jedoch der Übertragung des Veranlassungsprinzips im Wege der Rechtsfortbildung zustimmend, Stapperfend, in: FS Kruse, S. 534 (536 f., 542). 62  BFH v. 16. 12. 1981 – I R 140/81, BStBl. II 1982, 465, juris Rn. 11 m. w. N.; Loschelder, Schmidt/EStG, § 4 Rn. 30. Vgl. auch Kreft, H/H/R-EStG, § 9 Rn. 23. 63  Abgabenordnung v. 23. 3. 1976, BGBl. I 1976, 613 (626). 64  Vgl. Steueranpassungsgesetz v. 17. 10. 1934, RGBl. I 1934, 925 (926). 65  § 5 Abs. 2 StAnpG lautete nur geringfügig anders: „Die Besteuerung wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß ein Verhalten (ein Tun oder ein Unterlassen), das den steuerpflichtigen Tatbestand erfüllt oder einen Teil des steuerpflichtigen Tatbestandes bildet, gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt.“

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teilweise illegal erzielten Überschüssen und Gewinnen im Ertragsteuerrecht und von Lieferungen bzw. sonstigen Leistungen, die zwar durch andere gesetzliche Vorschriften unterbunden werden sollen, sich im Übrigen aber unter umsatzsteuerrechtliche Pflichten subsumieren lassen, zu Tage. Diese Intention ist nicht stets gesetzlich verwirklicht gewesen.66 Die Entwicklung der Idee, dass die Besteuerung der Erträge devianter und delinquenter Verhaltensweisen das Wertesystem, das der Beurteilung von Devianz und Delinquenz zu Grunde liegt, kohärenter umsetzt als deren Nichtbesteuerung und zudem auch besser mit dem Leistungsfähigkeitsgedanken harmoniert, ist dabei ein „Türöffner“ für die Debatte um die Abzugsfähigkeit von Sanktionen als Erwerbs­ aufwendungen gewesen: Wo eine Einkommensquelle aufgrund ihrer sitt­lichen oder rechtlichen Bewertung als deviantes oder delinquentes Verhalten nicht als steuerbar anerkannt ist, kann es – jedenfalls hinsichtlich der Ermittlung von Erwerbsaufwendungen – keine Zurechnungsgröße geben, die die Steuerbarkeit daraus entstehender Sanktionsfolgen denkbar erscheinen lässt bzw. nur Zurechnungsgrößen geben, denen die Sanktionsfolgen nicht als Erwerbsaufwendungen zurechenbar sind.67 Aufgrund dieses Sachzusammenhangs mit der überstehenden Thematik der Arbeit muss § 40 AO daher zu den grundsätzlichen Determinanten der Fragestellung gezählt und als solche vorgestellt werden. Dabei lohnt es sich, mit einem Blick auf die Entwicklungsgeschichte der Vorschrift zu beginnen. 66  Die dahinter stehende Idee, dass eine Abgabe, die aus delinquent oder deviant generierten Überschüssen gezahlt wird, nicht mit dem Makel des einnahmengenerierenden Verhaltens infiziert ist, wird gelegentlich in einen Kontext mit dem Gedanken „pecuniam non olet“ gestellt, so z. B. von Claßen, Besteuerung des Unrechts, S. 2; Walz, Steuergerechtigkeit, S. 203. Dieser Gedanke ist ursprünglich aus der Erwiderung des röm. Kaisers Vespasian auf die Kritik seines Sohnes Titus an der Erhebung einer „Urinsteuer“ (Steuer auf die Benutzung öffentlicher Latrinen) abgeleitet worden, Sueton, De Vita Caesarum, Lib. VIII, Vesp. 23,3. Die Wendung „pecuniam non olet“ ist jedoch weiter formuliert als die Bedeutung der ihr zugrundeliegenden Anekdote reicht. So ist dort letztlich nur eine Steuer auf ein buchstäblich „anrüchiges“, i. Ü. aber sozial akzeptiertes (und von den damaligen Gerbern erwünschtes) Verhalten erhoben worden. Demgegenüber findet sich seit jeher (und mindestens vergleichbaren Alters) eben auch der Gedanke, dass Kaufkraft, die durch kriminelles Verhalten erworben worden ist, den Makel teilt, der ihrem Erwerb zugrunde liegt. Ein biblisches Bsp. findet sich etwa bei Matthäus 27,6 hinsichtlich der Silberstücke, die Judas für seinen Verrat erhielt und den Hohepriestern später zurückgab: Die Hohepriester lehnten, der Überlieferung nach, eine Zuführung des Geldes zum Tempelschatz ab, „denn es klebt[e] Blut daran.“ Auch heute lässt sich aus der Fassung und Strafbarkeit der Geldwäsche i. S. d. § 261 StGB ableiten, dass der Makel (bestimmter) rechtswidriger Taten die durch sie generierten Gegenstände (z. B. Geld) und womöglich sogar weitere „sauber“ erworbene Gegenstände rechtlich kontaminieren kann, vgl. etwa BGH v. 20. 5. 2015 – 1 StR 33/15, NJW 2015, 3254, juris Rn. 6. So gesehen geht die Verwirklichung des Rechtsgedankens hinter den § 5 Abs. 2 StAnpG und § 40 AO jedenfalls über die Idee hinter dem Anlassfall zur Wendung „pecuniam non olet“ hinaus. 67 Allg. Krumm, FR 2015, 639 (640).

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I.  Ursprung, Entwicklung und Wertaussage des § 40 AO Anfänge der Entwicklungsgeschichte des § 40 AO sind zunächst in der Rechtsprechung preußischer und – wenig später – reichsdeutscher Straf- und Verwaltungsgerichte gegen Ende des 19. Jahrhunderts zu finden. 1.  Ursprünge in der Rechtsprechung a)  Rechtsprechung der Straf- und Verwaltungsgerichte des Deutschen Reiches Zwischen spätestens 1880 und Ende der 1910er Jahre sind Aussagen zum Verhältnis des Abgabenrechts zu illegalen und sittenwidrigen Verhaltensweisen fast ausschließlich von Seiten des Preußischen Oberverwaltungsgerichtes (PrOVG) und des Reichsgerichts in Strafsachen zu finden. Jene hatten einzelfallweise über die Besteuerung illegaler Verhaltensweisen nach Gewerbesteuervorschriften, Reichsstempelabgabevorschriften und anderen Gesetzen entschieden. Sofern es sich um Entscheidungen von Strafgerichten handelt, haben diese die Interpretation der steuerrechtlichen Vorschriften als Vorfrage zur Beurteilung von potenziellen Abgabenhinterziehungen, Zolldefraudationen u. Ä. behandelt.68 Die hieraus hervorgegangenen Richtersprüche sind zunächst einzelfallorientiert ergangen.69 In der Summe der Kasuistik lassen sie jedoch einen relativ70 einheitlichen Tenor erkennen: Ein hoheitliches Gemeinwesen soll keine Abgaben von unsittlichen und verbotenen Handlungen, Betrieben usw. erheben, wenn es sich nicht zu sich selbst – im Sinne einer Billigung durch Besteuerung – in Widerspruch setzen will. In diesem Sinne wurde zum Beispiel die Steuerbarkeit illegaler Einfuhren, Umsätze sowie von Einkommen aus illegalen und unsittlichen Quellen abgelehnt.71 Zwar gab es auch vereinzelt Entscheidungen, in denen die Besteue68  Vgl. z. B. RG v. 21. 10. 1880 – 2652/80, RGSt 2, 370. Hierzu auch Salpeter, Verbotene Geschäfte, S. 11 f. m. w. N. 69  Popitz, AöR 1921, 129 (132); ähnlich, allerdings mit Beschränkung auf die Rspr. d. PrOVGSts und des RG Claßen, Besteuerung des Unrechts, S. 7 ff. 70  Nur „relativ“ einheitlich ist dieser Tenor deswegen, weil es immer wieder auch zu Entscheidungen gekommen ist, die i. Erg. zu einer Besteuerung von Einkommen geführt haben, das seinem Ursprung nach sicher mit verbotenen oder sittenwidrigen Verhaltensweisen in Zusammenhang gestanden hat und die darum das Bestreben erkennen lassen, einen Ausgleich zwischen dem gefundenen Werteprimat und dem fiskalischen Interesse zu finden. Vgl. Claßen, Besteuerung des Unrechts, S. 9. 71  Aus der Rspr. des RG in Strafsachen: RG v. 24. 6. 1911 – III 316/11, RGSt 45, 97 (99 f.) – Einnahmen aus dem Betrieb eines Bordells. RG v. 29. 1. 1907 – II 28/07, RGSt 39, 395 (396) – Gewerbsmäßiges Glücksspiel und Reichsstempelgesetz. RG v. 16. 11. 1906 – II 449/06, RGSt 39, 269 (272 f.); v. 28. 9. 1906 – II 437/06, RGSt 39, 186 (187 ff.) und v. 27. 3. 1906 – 145/06, RGSt 38, 383 (insb. 384 f.) – jeweils zur Abgabenhinterziehung bei

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rung von Einkünften oder Umsätzen bejaht worden ist, die in einem irgendwie gearteten Zusammenhang zu illegalem oder sittenwidrigem Verhalten standen. Hier waren die Begründungen aber darum bemüht, innerhalb illegaler oder sittenwidriger Verhaltenskomplexe einen Anknüpfungspunkt dafür zu finden, weshalb bestimmte Einkünfte isoliert von dem verwerflichen Geschehen beurteilt werden können und damit als Quelle der Besteuerung zur Verfügung stehen sollten.72 So wurde zum Beispiel vom III. Strafsenat des Reichsgerichts erörtert, ob und inwiefern die Vereinbarung von Hauseigentümern mit Prostituierten zur Überlassung von Zimmern, Reinigung derselben und Verköstigung der Mieterinnen gegen (relativ hohes) Entgelt zu grundsätzlich steuerbarem und damit auch hinterziehungsfähigem Einkommen führt. Die Richter kamen hierbei zu dem Ergebnis, dass eine isolierte Berücksichtigung von Einnahmen aus Grundvermögen (insofern ähnlich zu heutigen Einkünften aus „Vermietung und Verpachtung“) nicht stattfinden könne und die Anknüpfung an Einkünfte aus „Handel und Gewerbe“ – wohl wegen der sittenwidrigen und illegalen Verstrickung – ebenfalls ausscheide.73 Zur Besteuerung wurde hier letztlich der damals als Tatbestand vorhandene und offenbar als sittlich wertungsindifferent empfundene Nutzwert des vom Eigentümer oder Nutznießer selbst bewohnten Gebäudes herangezogen.74 Ein Anlass zur Vermutung echter Diskontinuität vom zuvor dargestellten „sittlichen“ Anspruch an die Besteuerung kann deshalb in jener Entscheidung nicht gesehen werden, da der zuvor geschilderte Grundtenor nicht prinzipiell in Frage gestellt, sondern nur in seinen Grenzbereichen ausgelotet worden ist. b)  Exkurs: Ähnliche Rechtsprechung auch bei ausländischen Gerichten zu Beginn des frühen 20. Jahrhunderts In den ersten Dekaden des 20. Jahrhunderts und damit in etwa zu derselben Zeit ist die Besteuerung von Einkommen, das durch unsittliche und delinquente Verhaltensweisen erlangt worden ist, oder von potenziell umsatzsteuerpflichtigen Veranstaltung illegaler Wettveranstaltungen. RG v. 21. 10. 1880 – 2652/80, RGSt 2, 370 (370 f.) – Abgabenhinterziehung bei Import von Rindvieh entgegen Einfuhrverbot. Anders: RG v. 9. 6. 1884 – 1145/84, RGSt 11, 9 (14 ff.) – keine Hinterziehung von Reichsstempelabgabe bei grds. erlaubnisfähiger Lotterie. Aus der Rspr. des PrOVGSts: v. 20. 3. 1893 – V 1473/92, Ent. d. PrOVGSts 1, 282 ff. – Einkünfte aus strafbarer „Kuppelei“. Anders PrOVGSts v. 18. 4. 1910 – Rep. XIII c. 52/09, Ent. d. PrOVGSts 14, 117 (insb. 125 f.) – Einkünfte aus Überlassung von Räumen an Bordellbetrieb. 72  Ball hat diese Rspr. primär als Folge zivilrechtlicher Gedanken angesehen, ders., Steuerrecht und Privatrecht, S. 67 f. A. A. Liebisch, Steuerrecht und Privatrecht, S. 18. 73  RG v. 24. 6. 1911 – III 316/11, RGSt 45, 97 (100 ff.). 74  RG v. 24. 6. 1911 – III 316/11, RGSt 45, 97 (103 ff.). Zum Tatbestand vgl. § 13 des Preußischen EStG 1891 v. 24. 6. 1891, Gesetz-Sammlung der Königlich Preußischen Staaten 1891, 195 (13).

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Vorgängen des Rechtsverkehrs auch vor den Gerichten ausländischer Rechtsordnungen und andersartiger Rechtskreise diskutiert worden. Jene Themen haben dort teilweise ähnliche Entwicklungsprozesse durchlaufen, wie sie sich auch im deutschen Recht hervorgetan haben. Beispiele hierfür lassen sich zum Beispiel in einigen „Common Law“-Rechtskreisen finden, etwa in den Vereinigten Staaten von Amerika75 oder in Kanada76. Ob sich nicht nur ein zeitlicher Zusammenhang zwischen der Rechtsentwicklung in jenen Rechtsordnungen und in der deutschen Rechtsordnung herstellen lässt und inwiefern dieser ggf. beschaffen ist, soll jedoch nicht weiter Gegenstand der hiesigen Auseinandersetzung sein. 2.  Steuerrechtliche (Weiter-)Entwicklung unter den Bedingungen der Nachkriegszeit in der Weimarer Republik a)  Notlage der Nachkriegszeit und zunehmende Kritik an der Nichtbesteuerung verbotener und sittenwidriger Vorgänge In der jungen Weimarer Republik begann sich eine Änderung des rechtlichen Standpunktes durchzusetzen und zwar ab etwa 1919. Um diese Zeit wurden Stimmen zunehmend lauter, die sich mit dem zuvor dargestellten Kurs der Rechtsprechung kritisch auseinandersetzten.77 In der Literatur sprachen sich zum Beispiel Kullmann78 und Lurje79 dafür aus, auch die Ergebnisse verbotener 75  Vgl. die Entscheidung v. 1. 6. 1926 in Steinberg v. United States, 14 F.2d 564, 568 f. (2d Cir. 1926), wo es für den Staat als unwürdig empfunden worden ist, Einkommen aus illegalen Aktivitäten zu besteuern. Zudem wurde auch eine Gleichsetzung mit ehrlichen Steuerzahlern abgelehnt und erwogen, dass der Steuergesetzgeber keine Einbeziehung derartiger Erträge unter den Einkommensbegriff gewollt haben wird. Dagegen wurde in United States v. Sullivan, 15 F.2d 809, 811 ff. (4th Cir. 1926), rev‘d, 274 U.S. 259 (1927) erwogen, dass die Nichtbesteuerung derartigen Verhaltens auf eine unerwünschte Privilegierung von Delinquenten und eine Abwälzung von Steuerlasten auf sich legal verhaltende Mitbürger hinausläuft. Andererseits wurde aber auch hervorgehoben, dass von den Steuerpflichtigen unter der Geltung des Selbstbelastungsverbots keine detaillierte Auskunft über die illegalen Einkünfte erwartet werden kann. Zu alldem Bittker, 25 Case W. Res. L. Rev. 130 (1974), 130 ff., abrufbar unter: http://digitalcommons.law.yale. edu/fss_papers/2289/ (zuletzt abgerufen am: 25. 6. 2018). 76  Z. B. Minister of Finance v Smith, [1927] A. C. 193. Mit weiteren Bsp. auch aus der Rspr. anderer Rechtsordnungen, Gupta, JATTA 12 (2008) 3(2), 106 ff., abrufbar unter: http://www.austlii.edu.au/au/journals/JlATaxTA/2008/12.html (zuletzt abgerufen am: 25. 6. 2018). 77  Eine vertiefte Auseinandersetzung des Schrifttums mit der Erfassung sittenwidrig und delinquent generierter Einnahmen hatte bis dahin noch nicht stattgefunden, vgl. Ball, Steuerrecht und Privatrecht, S. 69 ff. 78  Kullmann, DStBl. I 1919, Sp. 147 f. m. w. N. vereinzelter Auseinandersetzung in der damaligen Kommentarliteratur. 79  Lurje, NStR 1919, 30 ff.

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und sittenwidriger Vorgänge steuerlich zu erfassen.80 Auf Seiten der Rechtsprechung deutete sich ebenfalls ein dementsprechender Kurswechsel an.81 Der Zeitpunkt dieser einsetzenden Kritik im Deutschen Reich ist kein Zufall gewesen. Die Folgen des Ersten Weltkrieges, insbesondere Kriegsschulden und anstehende Reparationszahlungen, setzten den Staatshaushalt unter erheblichen Druck.82 Den horrenden Schulden sollte unter anderem durch eine Abgabenerhöhung83 und einen Umbau von Finanzverfassung und Steuersystem begegnet werden.84 Jessen hat auch noch eine Ursache im erhöhten Aufkommen von Schwarzgeschäften zur Umgehung der während des Ersten Weltkrieges geregelten Bewirtschaftungs- und Preisvorschriften vermutet.85 Das lässt sich nachvollziehen: Schon der vor allem während des Ersten Weltkriegs florierende „Schleichhandel“ an sich, der es wohlhabenderen Personen ermöglichte existenznotwendige Waren trotz der allgemein vorherrschenden Knappheit zu beschaffen, wurde als massiver Verstoß gegen Gebote sozialer Gerechtigkeit verstanden.86 Die Freihaltung der auf dem Schwarzmarkt erzielten Gewinne muss in gleichem Maße als ungerecht empfunden worden sein.

80  I. Ü. stellt Popitz 1921 fest, dass die Thematik „wissenschaftliche Behandlung […] weder in der staatsrechtlichen noch in der rechtsphilosophischen Literatur gefunden“ hat, Popitz, AöR 1921, 129 (132 Fn. 2). Vgl. auch Salpeter, Verbotene Geschäfte, S. 15. 81  Vgl. RFH v. 7. 7. 1920 – II A 74/20, RFHE 3, 173 (175). Im Grundsatz a. A. aber noch RG v. 23. 9. 1919 – V 48/19, RGSt 54, 49 (51) und v. 25. 11. 1919 – IV 234/19, RGSt 54, 68 (71 ff.); die Heranziehung zur Kriegssteuer wurde damit begründet, dass jene an Vermögenszuwächse („Kriegsgewinnler“) und nicht an Vermögenserwerbsvorgänge anknüpfe. 82  Lurje hat z. B. seine Forderung nach Aufgabe der Nichtbesteuerung kriminell und sittenwidrig erzielter Erträge durch die Gerichte mit „der Not der Zeit“ begründet, Lurje, NStR 1919, 30 (30). Vgl. auch Salpeter, Verbotene Geschäfte, S. 1. 83  Vgl. die frühen Reden des neubestellten Finanzministers Erzberger: ders., Reden zur Neuordnung des Finanzwesens, S. 3 f., insb. auch S. 13 ff. zu den Vorhaben hinsichtlich der Kriegsabgabe 1919, der Erbschaftsteuer sowie diversen Verbrauchsteuern. Vgl. zum wachsenden Abgabendruck auch das Vorwort zur ersten Ausgabe des „Deutschen Steuerblattes“ – dem Vorgänger der Finanz-Rundschau (ab 1945) – vom Oktober 1918: „Was will das Deutsche Steuerblatt?“, DStBl. 1919, Sp. 1 (1 f.). 84  Erzberger, Reden zur Neuordnung des Finanzwesens, S. 7 ff. Vgl. knapp und überblicksartig auch „Die Erzbergersche Finanz- und Steuerreform und die Weimarer Republik“, abrufbar unter: http://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Standardartikel/Ministerium/Geschaeftsbereich/Bundesfinanzakademie/Steuermuseum/Museumsfuehrer/15-die-erzbergersche-finanz-und-steuerreform-und-die-weimarer-republik. html (zuletzt abgerufen am: 25. 6. 2018). 85  Jessen, MDR 1959, 453 (453). 86  Ullrich, „Hungern bis zum Aufstand“, ZEIT Geschichte Nr. 1/2014, S. 52 ff., abrufbar unter: http://www.zeit.de/zeit-geschichte/2014/01/erster-weltkrieg-novemberrevolution/ komplettansicht (zuletzt abgerufen am: 25. 6. 2018).

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b)  Vereinheitlichung und theoretische Weiterentwicklung insbesondere der Einkommensteuer Unter den Nachkriegsbedingungen entwickelte sich sodann auch die Einkommensteuer weg von einer Orientierung an quellentheoretischen Ideen und hin zu einer gemischten Konzeption unter (vorherrschender) Betonung von Ideen der Schanz’schen Reinvermögenszugangstheorie.87 Wenn ihr Einkommensbegriff auch nicht vollständig umgesetzt worden ist, so wurde die Reinvermögenszugangstheorie nun als Leitidee zum Verständnis des Einkommens favorisiert, da sie als konsequentere und flexiblere88 Form der Umsetzung des Leistungsfähigkeitsgedankens galt.89 Begünstigend wirkte sich auch die zunehmende Emanzipation des Steuerrechts von anderen Gebieten der Teilrechtsordnung, vor allem von Vorgaben des Zivilrechts, aus.90 Hierdurch stand weniger im Fokus, ob der Steuerpflichtige durch sein Verhalten zivilrechtliche Rechtspositionen an dem Eingekommenen erlangt hat. Bedeutsamer wurde hingegen, dass er unter „wirtschaftlicher Betrachtungsweise“ über die besagten Mittel verfügte und insofern eine Konsumfähigkeit aufwies, die dem Hoheitswesen auch als Anknüpfungspunkt zur Zahlung von Steuern bereitstand. Mit all dem ging freilich auch einher, dass ein größerer Kanon an Einkünften erfasst werden konnte, weshalb dieser Ansatz (zumindest auch) im Interesse der Staatsfinanzierung geeigneter erschienen sein muss. Unter diesen Bedingungen wurden dann schließlich auch die moralischen Ansprüche an das Steuerrecht, wie sie unter der o. g. Rechtsprechung von PrOVG und RG entstanden waren, einer Überprüfung unterzogen. Zunehmend kritisch betrachtete man nun nämlich die Konsequenz derartiger Ansprüche: Während legal agierende Bürger (nunmehr) erhöhten Steuern unterworfen wurden, wären illegal einkommensgenerierende Bürger von der Steuerlast mit hoheitlicher Anerkennung verschont geblieben91 – ein Ergebnis, das sich auch schwerlich mit dem Anspruch des nunmehr in

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Schanz, FinArch 1896, 1 ff. befürchtete, dass mit zunehmender Beschleunigung der wirtschaftlichen Entwicklungen, die Quellendefinitionen ständigem Anpassungsbedarf unterliegen würden, vgl. Clausen, H/H/R-EStG, Dokumentation z. Entw. d. ESt, Rn. 10. 89  Vgl. die Begr. zum Entwurf eines Reichseinkommensteuergesetzes v. 29. 11. 1919, NV-Drs. 1624, S. 20 ff. 90  Drüen, T/K-AO, § 4 Rn. 322 m. umfgr. w. N. zur „Emanzipationsliteratur“ der 1920er und 1930er Jahre; Ebd., vor Rn. 320. 91  I. d. S. auch RG v. 19. 2. 1925 – III 897/24, RGSt 59, 90 (93): „Für die Steuerpflichtigkeit […] spricht vielmehr die Erwägung, daß es zuzeiten des gegenwärtigen Steuerdrucks in hohem Maße der Gerechtigkeit widersprechen würde, wenn der redliche Erwerb mit Steuern schwer belastet wäre, dagegen der Gewinn aus unerlaubten Geschäften steuerfrei ausgehen […] würde.“ 88  Man

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Art. 134 WRV verankerten Prinzips der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit hätte vereinbaren lassen.92 Bei oberflächlicher Betrachtung könnte man auch annehmen, dass die Subsumtion von delinquenten Verhaltensweisen unter vorgegebene Quellen nur eine Frage der Quellendefinition ist und deshalb auch nach den zuvor vorherrschenden quellentheoretisch orientierten Gesetzen grundsätzlich möglich hätte sein müssen. Um besser nachvollziehen zu können, wie der angedeutete Zusammenhang zwischen der Ideenorientierung des Einkommensteuergesetzes und der Erfassung illegal generierter Erträge beschaffen ist, lohnt es sich, derartige Erträge jeweils mit den Einkommensbegriffen von Quellen- und Reinvermögenszugangstheorie in Beziehung zueinander zu setzen. aa)  Quellentheoretisch orientierter Blickwinkel des preußischen Einkommensteuergesetzes von 1891 Nach Fuisting, einem der bedeutendsten Vertreter des quellentheoretisch verstandenen Einkommensbegriffs, wird das Einkommen als „die Gesamtheit der Sachgüter, welche in einer bestimmten Periode (Jahr) dem Einzelnen als Erträge dauernder Quellen der Gütererzeugung zur Bestreitung der persönlichen Bedürfnisse für sich und für die auf den Bezug ihres Lebensunterhaltes von ihm gesetzlich angewiesenen Personen (Familie) zur Verfügung stehen“93, definiert. Entscheidend war damit, dass untersuchte Erträge einer der vordefinierten „Quellen“ unterfallen. Die Zusammenstellung von Verhaltensweisen in der Definition einer Quelle setzte nach der o. g. theoretischen Grundaussage wiederum einen typischen Aspekt der Regelmäßigkeit voraus.94 Demnach konnten nur solche Umstände und Verhaltensweisen Quellenbegriffe ausfüllen, die auch ein regelmäßiges, also unter anderem auch periodenübergreifendes Sprudeln von Erträgen bedeuteten. Dies hat zum Beispiel im Fall des preußischen Einkommensteuergesetzes dazu geführt, dass sogar eine Besteuerung des wahrscheinlichen Einkommens (des bevorstehenden Rechnungsjahres) im Voraus möglich gewesen ist.95 Vor der Einführung eines einheitlichen Reichseinkommensteuergesetzes im Jahr 1920 waren bei der Ertragsbesteuerung zahlreiche deutsche Länder vorran92  Die „Verfassung des Deutschen Reichs“ oder Weimarer Reichsverfassung trat am 14. 8. 1919 in Kraft, Art. 134 WRV lautete: „Alle Staatsbürger ohne Unterschied tragen im Verhältnis ihrer Mittel zu allen öffentlichen Lasten nach Maßgabe der Gesetze bei.“ Vgl. hierzu Drüen, T/K-AO, § 3 Rn. 41; Wernsmann, H/H/Sp-AO, § 4 Rn. 484 m. w. N. 93  Fuisting, Grundzüge der Steuerlehre, S. 110. 94  Induktiv zum Verhältnis des Einkommensbegriffs und der Regelmäßigkeit nach damaligem Verständnis, Schanz, FinArch 1896, 1 (11 ff.). 95  Fuisting, Direkte Steuern: EStG, S. 322 zu den §§ 56 ff. des Preußischen Einkommensteuergesetzes v. 24. 6. 1891, Gesetz-Sammlung für die königlich preußischen Staaten 1891, S. 175 (195 ff.). Vgl. dazu auch Musil, H/H/R-EStG, § 2 Rn. 9.

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gig dieser Idee vom Einkommensbegriff gefolgt; allen voran Preußen, ebenso aber beispielsweise auch Bayern, Sachsen, Württemberg, Baden und Hessen.96 Neben der Option der Versteuerung des erwarteten Einkommens gehörten bis dahin vor allem auch die Möglichkeiten, die ein solches System für die Steuerveranlagung bot, zu den wertgeschätzten Vorteilen der quellentheoretischen Orientierung der Einkommensbesteuerung. Im preußischen Einkommensteuergesetz von 1891 waren zum Beispiel vier Quellen benannt, aus denen begriffliches Einkommen hervorgehen konnte: Kapitalvermögen, Grundvermögen, Handel und Gewerbe sowie gewinnbringende Beschäftigung.97 Die gesetzliche Ausgestaltung der vordefinierten Quellen empfand man als vereinfachenden Faktor für die Bürger, die ihr Einkommen unter strafrechtlich flankierter Verantwortung selbst zu berechnen hatten: Jene sollten leichter bestimmen können, welche tatsächlichen Verhältnisse steuerliche Berechnungsfaktoren auslösen würden.98 Dieser Vereinfachungsaspekt galt auch hinsichtlich der Umsetzung der Einnahmen-Überschussrechnung, die im Vergleich zu den Buchführungstechniken eine unkompliziertere Berechnung des Einkommens ermöglichte und aus diesem Grunde auch in das reichseinheitliche Einkommensteuergesetz von 1920 übernommen worden ist.99 bb)  Implikationen dieses quellentheoretischen Blickwinkels für die Besteuerung delinquent generierter Überschüsse Unter dem Blickwinkel dieses quellentheoretischen Ansatzes wird nachvollziehbar, weshalb eine Besteuerung von Überschüssen, die durch delinquentes Verhalten erzielt worden sind, nicht verwirklicht worden ist. Zunächst bieten die gesetzlichen Umschreibungen keinen Hinweis darauf, dass auch die sittenwidrige, ordnungswidrige oder kriminelle Erzielung von Erträgen als Bestandteil der geregelten Quellen umfasst sein sollte. Zudem steht auch zu vermuten, dass die grundsätzliche inhaltliche Definition der erfassten Quellen (an sich) nicht mit dem Willen gestaltet worden ist, hierdurch auch derartige Handlungsweisen zu erfassen: Als Indiz hierfür kann auch gewertet werden, dass Fuisting selbst bei der Auslegung der maßgeblichen Steuerquellenbegriffe des preußischen Einkommensteuergesetzes nach der von Miquel’schen Reform

96  Vgl. die Begr. zum Entwurf eines Reichseinkommensteuergesetzes v. 29. 11. 1919, NV-Drs. 1624, S. 19. 97  §§ 7 i. V. m. 12 ff. Preußisches Einkommensteuergesetz v. 24. 6. 1891, Gesetz-Sammlung für die königlich preußischen Staaten 1891, S. 175 (178). 98  Vgl. die Begr. zum Entwurf eines Reichseinkommensteuergesetzes v. 29. 11. 1919, NV-Drs. 1624, S. 19 f. 99 Ebd., S. 24.

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davon ausgegangen ist, dass jene zumindest objektiv100 „erlaubte“ Tätigkeiten beschreiben.101 So wird er auch folgendermaßen zitiert: „Eine unerlaubte, d. h. dem Straf- oder Sittengesetz zuwiderlaufende Tätigkeit kann, wenn sie auch in fortgesetzter Weise zur Erzielung von Gewinnen ausgeübt wird – Kuppelei, gewerbsmäßige Unzucht, gewerbsmäßiges Glücksspiel, Bettelei, Wahrsagen usw. – niemals als Quelle gelten, weil der Staat durch Besteuerung einer verbotenen oder unsittlichen Tätigkeit mit seinen Zwecken und Gesetzen in Widerspruch treten würde.“102

Fuisting war maßgeblich an der Entstehung des besagten Steuergesetzes beteiligt.103 Neben dieser Annäherung an den gesetzgeberischen Willen gilt es vor allem aber zu bedenken, welche Konsequenzen sich aus dem geforderten Aspekt der Regelmäßigkeit von Erträgen aus Einkommensquellen für die Besteuerung illegaler Erträge ergeben hätten. Durch die Regelung von Strafgesetzen beabsichtigt der Gesetzgeber jedenfalls auch das Auftreten der bewehrten Verhaltensweisen präventiv im Wege der Abschreckung zu unterdrücken und im Erkennungsfall repressiv durch Anwendung hoheitlicher Gewalt zu unterbinden. Bei konsequenter Verfolgung dieser Ziele in der Rechtsanwendung fallen der Moment der Erkenntnis des nicht gebilligten Verhaltens und der Moment seiner Unterbindung durch hoheitliche Gewalt zeitlich in einem überschaubaren Zeitraum zusammen. Für die Besteuerung hätte dies zur Folge, dass eine gerade entdeckte Ertragsquelle in absehbarer Zeit wieder geschlossen werden muss. Ausgehend von diesen Überlegungen kann es keine Regelmäßigkeit einer solchen Quelle geben.104 100  Vgl. insb. auch die Ausführungen zum GewStG, wo er allerdings im Anschluss an ein Urteil des Preußischen Obertribunals von 1869 Ausnahmen für subjektiv nicht erlaubte, aber objektiv erlaubnisfähige Tätigkeiten macht, Fuisting, Direkte Steuern: GewStG, S. 15 f. 101  Zu „Handel und Gewerbe“: „Unter ‚Gewerbe‘ versteht man eine mit der Absicht auf Gewinnerzielung unternommene selbstständige, berufsmäßige und erlaubte Arbeitsthätigkeit, welche sich als Betheiligung am allgemeinen wirthschaftlichen Verkehr darstellt.“, Fuisting, Direkte Steuern: EStG, S. 147. Zu gewinnbringender Beschäftigung: „Ein gegen die Strafgesetze oder gegen die guten Sitten verstoßender Erwerbszweig (Kuppelei, gewerbsmäßige Unzucht) ist keine gewinnbringende Beschäftigung im Sinne des § 15 […].“, Fuisting, Direkte Steuern: EStG, S. 167. 102  Fuisting/Strutz, Anm. 16 zu § 16, S. 808, zitiert bei Ball, Steuerrecht und Privatrecht, S. 71. 103  Clausen, H/H/R-EStG, Dokumentation z. Entw. d. ESt, Rn. 3. 104  In diesem Sinne lässt sich auch die Begründung zur Entscheidung des PrOVGSts v. 20. 3. 1893 – V 1473/92, Ent. d. PrOVGSts 1, 282 (283 f.) verstehen: „Das […] Gewerbe‘ […] kann niemals dargestellt werden, durch ein Verhalten, dem der Staat mit seiner Strafgewalt hindernd und strafend entgegentritt.“ Dem hat sich auch das Reichsgericht in Strafsachen angeschlossen, RG v. 24. 6. 1911 – III 316/11, RGSt 45, 97 (99) und dort auf die Zusammenhänge zwischen einer möglichen Angabe von Einkünften im Zusammenhang

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Ganz deutlich wird das Beschriebene, wenn man sich vor Augen führt, was eine gegenteilige Denkweise für Einkommensteuern in der Voranmeldung hypothetisch bedeutet hätte: Der Staat wäre dann – mittelbar über die Steuerbehörden – im Vorhinein von der Begehung sanktionsbewehrter Taten und der hieraus erhofften Ertragserzielung in Kenntnis gesetzt worden.105 Wäre er in diesem Zeitpunkt nicht eingeschritten, hätte er ein Verhalten geduldet, dessen Existenz er eigentlich ablehnt, wäre er dagegen eingeschritten, hätte er zugleich der Vorausveranlagung die Grundlage entzogen.106 Zur Vermeidung dieses Zielkonfliktes erscheinen dann nur noch zwei Lösungen gangbar: Entweder verzichtet das Hoheitswesen in der Voranmeldung auf die Quellenbeschreibung durch den Steuerpflichtigen oder es beschließt das Nichteinschreiten. Ersteres erscheint ausgeschlossen, wenn der Steuerpflichtige selbstverantwortlich (auch strafrechtlich) in das Veranlagungsverfahren eingebunden werden soll, da es die Nachvollziehbarkeit der Angaben in Frage stellt. Letzteres, ein hypothetisches Nichteinschreiten zur Ermöglichung der Regelmäßigkeit, wäre nur bei einer absoluten Trennung der Besteuerung von Ordnungs- und Strafrecht denkbar gewesen und liegt nicht – zumindest nicht im erkennbaren – Spektrum der quellentheoretischen Vorgaben. cc)  Gegenüberstellung mit den Implikationen der Reinvermögenszugangstheorie Anders stellt sich diese Thematik aus dem Blickwinkel der Reinvermögenszugangstheorie dar, deren Benennung auf die Arbeit von Schanz zurückgeht.107 Nach seiner Definition ist für den Begriff des Einkommens maßgeblich, „welche wirtschaftliche Leistungsfähigkeit einer Person, ohne dass sie ihr Kapital aufzehrt oder Schulden macht, in einem bestimmten Zeitabschnitt zukommt, über was sie so zum Beispiel in einem bestimmten Jahr disponieren kann; ob diese Summe wiederkehrt, wie sie sich zusammensetzt, ob sie der Wiederkehr fähig ist, ist für das betreffende Jahr gleichgültig.“108

Der zentrale Unterschied zwischen Quellen- und Reinvermögenszugangstheorie liegt zwar darin, dass letztere, im Gegensatz zur ersteren, Wertveränderungen mit delinquentem Verhalten und dem Erfordernis eines nachfolgenden Einschreitens der Staatsanwaltschaft gegen die Delinquenz verwiesen, ebd., (102). 105 Eine Ausnahme galt in Preußen wohl hinsichtlich nicht konzessionierter, aber grundsätzlich konzessionsfähiger Kleinhandel mit geistigen Getränken, vgl. dazu Fuisting, Direkte Steuern: GewStG, S. 15. 106  RG v. 19. 2. 1925 – III 897/24, RGSt 59, 90 (93). Unter Betonung der Freiheit vom rechtlichen Zwang zur Selbstbelastung RG v. 24. 6. 1911 – III 316/11, RGSt 45, 97 (102). Vgl. auch Becker, Grundlagen ESt, S. 290. 107  Vgl. insb. Schanz, FinArch 1896, 1 ff. 108  Schanz, FinArch 1896, 1 (17).

B.  „Wertneutralität“ des Steuerrechts, § 40 AO

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im Vermögensstamm berücksichtigt.109 Daneben ist jedoch auch zu bemerken, dass mit ihr ein Denken unter umgekehrten Vorzeichen einhergeht: Als Leistungsfähigkeit wird nicht erst erkannt, was den Filter der vordefinierten Einkommensquellen passiert hat, sondern es kommt in erster Linie darauf an, dass eine Erhöhung der Leistungsfähigkeit stattgefunden hat. Zu einer vorausgesetzten Erlaubnis der erwirtschaftenden Tätigkeit, geschweige denn zu einer sozialen Anerkennung derselben, hat Schanz sich in seinem grundlegenden Aufsatz zu Einkommensbegriff und Einkommensteuergesetz nicht geäußert.110 Ebenso wenig ist er darauf eingegangen, ob die Anerkennung bestimmter Werte als Leistungsfähigkeitsindizien eine bestimmte rechtliche Herrschaftsmacht über jene voraussetzt. Da seine Arbeiten aber im Zeichen der Ermittlung wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit stehen, bietet dies einen Anhaltspunkt für die Mutmaßung, dass der ungehinderte Zugriff, also die wirtschaftliche Verfügungsmacht über illegal erwirtschaftete Erträge als theoretisch ausreichend angesehen worden wäre. Jedenfalls ist dieser Aspekt in der späteren Rezeption der Theorie zur Erfassung besagter Erträge nicht erkennbar bezweifelt worden. In diesem Sinne hat auch Popitz den Wandel bzw. die theoretische Fortentwicklung der konsolidierten, reichseinheitlichen Einkommensteuer verstanden, wenn er moniert: „Die ganze Unklarheit bei der Einkommensteuer stammt aber lediglich aus dem unvollkommenen Einkommensbegriff, der dem preußischen Einkommensgesetz zugrunde liegt. Das Einkommen ist etwas anderes als der zusammengesetzte Ertrag verschiedener Betätigungen und Besitztümer. Es stellt vielmehr wirtschaftlich das dar, was in einem bestimmten Zeitabschnitt zum Vermögen hinzukommt, sei es nun, daß es zum Lebensunterhalt, zur Befriedigung irgendwelcher Bedürfnisse, oder zur Ersparung, zur Kapitalsvermehrung verwendet wird. Auf die Quelle kommt es nicht an, nur auf die Tatsache, daß Geld und Geldeswert eingekommen ist. Von diesem Einkommensbegriff geht bekanntlich das neue Reichseinkommensteuergesetz aus. Hier muß jede kritische Würdigung der Quelle wegfallen.“111

Weiterhin spricht sich Schanz auch ausdrücklich dafür aus, selbst einmalige Reinvermögenszugänge, zum Beispiel Lotteriegewinne, als Einkommen zu erfassen.112 Dementsprechend ist nach seiner Einkommensinterpretation auch als unmaßgeblich anzusehen, ob die Grundlage des Erwerbs im Zeitpunkt ihres Bekanntwerdens suspendiert werden muss. Im Sinne dieses allgemeinen Verständnisses vom Reinvermögenszuwachs konnte und kann daher angenommen 109 

Hey, H/H/R-EStG, Einf. EStG Rn. 12. Schanz, FinArch 1896, 1 ff. 111  Popitz, AöR 1921, 129 (152 f.). 112  Unter das Einkommensteuergesetz wollte er allerdings nur jene gefasst wissen, die, wie z. B. Erbschaften, nicht schon einer eigenen Abgabenform unterliegen, Schanz, FinArch 1896, 1 (72 ff.). 110 Vgl.

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§ 2  Steuer- und strafrechtliche Grundlagen der weiteren Untersuchungen

werden, dass auch solche illegalen Verhaltensweisen, die sich als Erwirtschaftung von Leistungsfähigkeit darstellen, fähig sind, sachliches und begriffliches Einkommen nach dem Verständnis jener Zeit zu generieren. Daher konnten zum Beispiel auch Gelder oder geldwerte Güter, die ein Hehler durch den Umschlag gestohlener Waren in seinen Besitz gebracht hat, als Indikatoren von Leistungsfähigkeit bewertet werden, deren Verzehr keine Schmälerung des bisher angehäuften Vermögens bedeutete, ergo: Einkommen. Kein deutsches „Einkommensteuergesetz“ hat die Vorstellungen von Schanz bzgl. der Reinvermögenszugangstheorie jemals gänzlich umgesetzt.113 Das ist auch schon bei Einführung des EStG 1920 bekannt gewesen; dennoch ist – auch von Zeitgenossen – der Umschwung zur Besteuerung krimineller und sittenwidriger Erträge als durch die theoretische Reformierung des Einkommensteuerrechts bedingt angesehen worden.114 Damit ist das gesetzgeberische Bekenntnis zur leitgedanklichen Ausrichtung des EStG 1920 an der Reinvermögenszugangstheorie vor allem als Ausdruck des Willens zu verstehen, Leistungsfähigkeitsindikatoren, selbst wenn sie durch sittenwidriges oder kriminelles Verhalten hervorgebracht werden, von nun an konsequenter, flexibler und letztlich auf breiterer Basis als Zugriffsobjekt der Einkommensteuer zu erfassen. Im Grunde bestand schon hierdurch kein Wertungswiderspruch mehr in eben dieser Besteuerung und die Feststellung dieser Tatsache war zu einem gewissen Anteil deklaratorischer Natur. Bei alldem geht es weder darum zu unterstellen, das Gesetz sei einer vollkommenen und vor allem monotheoretischen Neuausrichtung unterworfen worden, noch darum zu behaupten, dass die Besteuerung des Unrechts eine maßgebliche Rolle für die Umorientierung des Einkommensteuergesetzes gewesen sei. Beides wäre nicht richtig. Es geht vielmehr darum aufzuzeigen, wie eng der Zusammenhang zwischen einer leistungsfähigkeitsorientierten Besteuerung und der Ausdehnung der Besteuerung auf unerwünschte Verhaltensweisen ist. c)  Durchsetzung der „Besteuerung des Unrechts“ in Literatur und Rechtspraxis Wenngleich – wie dargestellt – eine konsequente(re) Verfolgung des Leistungsfähigkeitsgedankens theoretisch zu einer selbstverständlichen Berücksichtigung von devianten und delinquenten Erträgen führen kann, bedurfte es dennoch im Lichte der Öffentlichkeit einer ideenmäßigen Durchsetzung dieses Rechtsgedankens. Ein solcher „Bruch“ mit den zuvor skandierten moralischen und ästhetischen Ansprüchen an das Steuerrecht lässt sich nicht allein durch the113  Zum „pragmatischen“ Einkommensteuerbegriff nach heutigem Verständnis Musil, H/H/R-EStG, § 2 Rn. 10 m. w. N. 114  RG v. 19. 2. 1925 – III 897/24, RG 59, 90 (92).

B.  „Wertneutralität“ des Steuerrechts, § 40 AO

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oretische Schlussfolgerungen beseitigen.115 Es bedurfte einer Synthese des allgemeinen Drucks auf die Haushaltslage einerseits und der neuen theoretischen Möglichkeiten andererseits. „Vorkämpfer“ einer „Besteuerung des Unrechts“ ist in der Literatur seiner Zeit (um 1920) vor allem Popitz gewesen.116 Er hat damals die Thematik des vermeintlichen Wertungswiderspruchs bei der Besteuerung der Erträge eines devianten oder delinquenten Verhaltens am deutlichsten angesprochen und jenen in sein Gegenteil aufgelöst: In seiner Stellungnahme im viel beachteten Aufsatz zu den „Idealen im Steuerrecht“ vertrat er die Ansicht, dass die Nichtbesteuerung krimineller oder sittenwidriger Einkommen letztlich zu einer nicht hinnehmbaren Privilegierung ihrer Bezieher gegenüber denjenigen Bürgern führt, die ihr Einkommen legal und sittenkonform erwirtschaften und damit auch der regulären Besteuerung unterliegen. Hierin läge der eigentliche Wertungswiderspruch, der durch die bis dahin angenommenen Besteuerungsprinzipien hervorgerufen worden sei und den es aufzuheben gelte.117 Zuvor war dieser Gedanke nur vereinzelt zu Wort gekommen und nicht durch umfangreiche Begründungsarbeit untermauert worden.118 In der höchstrichterlichen Rechtsprechung setzte sich die Besteuerung der Ergebnisse verbotener und unsittlicher Verhaltensweisen dann ebenfalls durch. Dabei sind zunächst Entscheidungen zu den Verkehrsteuern119 vor die Gerichte gelangt, später dann auch solche zu den Ertragsteuern.120 d)  Aufnahme in das Gesetz 1934 ist die Anerkennung des Rechtsgedankens einer Besteuerung auch von unsittlichen und verbotenen Wirtschaftsergebnissen schließlich so weit fortgeschritten, dass sie mit § 5 Abs. 2 StAnpG121 zum ersten Mal in eine allgemei115  Vgl. auch Salpeter, Verbotene Geschäfte, S. 1 f. Das hat sich auch bei der Änderung der Rechtsprechung zur Abziehbarkeit von Geldbußen gezeigt (dazu § 3 B. I. 1. b)). 116 Vgl. Fischer, H/H/Sp-AO, § 40 Rn. 2. 117  Popitz, AöR 1921, 129 (153 f.). 118  Vgl. die Nachw. in § 2 Fn. 78 ff. 119  RFH v. 24. 1. 1922 – V A 101/21, RFHE 8, 140 (141 ff.); v. 27. 4. 1921 – IV a C. 1/21, RFHE 5, 228 (231 f.) – Weinsteuergesetz; v. 7. 7. 1920 – II A 74/20, RFHE 3, 173 (175) – Reichsstempelgesetz. 120  RFH v. 3. 7. 1929 – VI A 875/29, StW 1929 Nr. 628 = RStBl. 1929, 474 m. w. N.; v. 29. 11. 1927 – I B56/27, StW 1928 Nr. 23 = RStBl. 1928, 15 m.w.N.; RG v. 19. 2. 1925 – III 897/24, RGSt 59, 90 (92 ff.). Vgl. auch RFH v. 9. 1. 1925 – I A 79/24, RFHE 15, 347 (351), wonach die „Erlaubtheit“ infolge des allgemeinen Rechtsprechungswechsels nicht mehr als Merkmal des steuerrechtlichen Gewerbebetriebs angesehen wurde. 121  Steueranpassungsgesetz v. 16. 10. 1934, RGBl. I 1934, 925 (926). Manifestationen des Gedankens in Einzelgesetzen fanden sich bereits zuvor im Rennwett- und Lotteriege-

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§ 2  Steuer- und strafrechtliche Grundlagen der weiteren Untersuchungen

ne gesetzliche Regelung gegossen worden ist, die bis 1977 unverändert galt und unter lediglich minimaler Änderung des Wortlautes schließlich in den heutigen § 40 AO übernommen worden ist.122 3.  Wertaussage Überwiegend wird § 40 AO als Ausdruck einer ethischen Wertorientierung des Steuerrechts begriffen. Bei kontextloser Fixierung auf den Wortlaut der Norm klingt ihre Formulierung für die Ohren der meisten Rechtsanwender zunächst untragbar („Für die Besteuerung ist es unerheblich, ob ein Verhalten […] gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot […] verstößt.“). Es verwundert daher nicht, dass insofern Debatten über eine Wertbindung der Aussage der Regelung entstehen. Auf der einen Seite wird § 40 AO als Ausdruck einer „Wertindifferenz“123 oder „Wertneutralität“124 verstanden. Die Wortwahl ist hier uneinheitlich und deutet die Differenzierung danach an, ob Brüche des Verhaltens mit formellen und informellen Werten wahrgenommen werden, bevor sie außer Betracht gelassen werden oder nicht. Im Übrigen ist aber nicht zu erkennen, inwiefern die Verwendung unterschiedlicher Begriffe auch zu unterschiedlichen praktischen Schlussfolgerungen führen soll. Diese Frage kann deshalb bei der Umschreibung der Meinungslager vernachlässigt werden. Nach gegenteiliger Ansicht, die vor allem von Tipke vertreten wird, ist die grundsätzliche Außerachtlassung von formellen Wertentscheidungen anderer Teilrechtsordnungen sowie von allgemeinen informellen Werten als „wertnihilistisch“ gänzlich abzulehnen.125 Sofern es nur um eine generelle Einschätzung geht, ob das Rechtsgebiet „Steuerrecht“, innerhalb dessen auch § 40 AO zu berücksichtigen ist, Werte verkörpert oder nicht, verläuft diese Debatte ohne spürbare Auswirkungen. Insofern sind letztlich auch die Verfechter der o. g. Wertneutralität und -indifferenz nicht der setz v. 8. 4. 1922 sowie in § 396 Abs. 6 RAO, dem Vorläufer des heutigen § 370 Abs. 5 AO, vgl. Fischer, H/H/Sp-AO, § 40 Rn. 4 m. w. N. 122  Hinsichtlich des Wortlautes von § 5 Abs. 2 StAnpG 1934 vgl. § 2 Fn. 65. 123  BFH v. 9. 12. 2003 – VI R 35/96, BStBl. II 2004, 641, juris Rn. 14 f.; v. 31. 5. 1995 – X R 245/93, BStBl. II 1995, 875, juris Rn. 13; v. 7. 11. 1989 – VII R 115/87, BStBl. II 1990, 251, juris Rn. 6; v. 28. 11. 1977 – GrS 2, 3/77, BStBl. II 1978, 105, juris Rn. 30; FG Hamburg v. 12. 10. 2011 – 3 V 117/11, EFG 2012, 906, juris Rn. 43 – rkr.; FG Rheinland-Pfalz v. 27. 6. 2008 – 4 K 1928/07, EFG 2009, 31, juris Rn. 20 – rkr. Vgl. auch Koenig, Koenig/AO, § 40 Rn. 1; Schmieszek, B/G-AO, § 40 Rn. 1. 124  Vgl. BFH v. 1. 6. 2016 – X R 26/14, BStBl. II 2016, 848, juris Rn. 36; v. 3. 2. 2016 – X R 25/12, BStBl. II 2016, 391, juris Rn. 29; v. 17. 11. 2015 – X R 3/14, BFH/NV 2016, 922, juris Rn. 20. Ebenso BGH v. 31. 5. 1994 – 5 StR 557/93, HFR 1995, 273, juris Rn. 26; Drüen, T/K-AO, § 40 Rn. 1; Ratschow, Klein/AO, § 40 Rn. 2. 125  Tipke, StRO I, S. 58. Ebenso Raupach, in: FS Tipke, S. 105 (114).

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Ansicht, das Steuerrecht billige explizit oder – durch streitbares Schweigen – implizit gesetzes- oder sittenwidrige Verhaltensweisen.126 Die Aussagen zur Wertfreiheit gegenteilig zu verstehen hieße die Annahme eines „wertfreien Rechts“, also ein Oxymoron, zu unterstellen.127 Die eigentliche Diskussion dreht sich daher nicht um die Frage, ob § 40 AO eine Wertaussage beinhaltet, sondern darum, ob ihre inhaltliche Beschaffenheit Kongruenz zu einem bestimmten Wertesystem aufweisen muss; sie führt daher nur weiter, wenn aus ihrer Beantwortung Schlussfolgerungen für die praktische Rechtsanwendung deduziert werden können. So kann man sich zunächst versucht sehen, die Kongruenz zu einer überstehenden Ethik unter dem Ideal der Gerechtigkeit zu verlangen. Mag es auch zahlreiche Sätze geben, unter denen sich menschliche Mehrheiten vereinigen lassen, eine allgemein als verbindlich angesehene „Ethik“ gibt es nicht. Davon abgesehen könnte zum Bereich praktischer Vernunft gerade auch eine „wertneutrale“ Anwendung der Steuergesetze gezählt werden. Folgt man der Tagespresse, lässt sich der Eindruck gewinnen, dass das Hoheitswesen mit hoher Wahrscheinlichkeit, ohne Kenntnis der für es handelnden Personen, ohnehin am wirtschaft­lichen Erfolg illegalen Handelns oder seiner Indikatoren partizipiert.128 So steht zu vermuten, dass ein gewisser Anteil anschließend ordnungsgemäß versteuerter Gewinne zum Beispiel auf der Bildung illegaler Preisabsprachen, der Umgehung umweltrechtlicher oder hygienebedeutsamer Vorschriften sowie Formen illegaler Beschäftigung oder illegaler Ausübung der Beschäftigung (z. B. Überschreitung von Lenkzeiten durch Speditionsfahrer u. Ä.) beruht.129 Zeugnis hierüber gibt indiziell auch das tatsächliche Aufkommen von geahndeten Rechtsverstößen nach den Straf- und Ordnungsgesetzen, welches wiederum nur einen Teil der tatsächlich begangenen Rechtsverstöße abbildet. Andernfalls wären Razzien auf Baustellen oder stichprobenartige Kontrollen des LKW-Fernverkehrs in ihrer Anlage sinnlos. So verweist auch Claus zutreffend darauf, dass man zum Beispiel Erlösen aus betrügerischen Geschäften in der Regel nicht ansieht, dass sie unter Begehung einer Straftat erzielt worden sind und ihr Einfließen in die „Versteuerung“ wahrscheinlich sei.130 126  Zum insofern vorliegenden Scheinwiderspruch entsprechender Ansichten zur Vorgängernorm § 5 Abs. 2 StAnpG schon Voss, FR 1967, 361 (361). 127 Vgl. Lang, StuW 1985, 10 (20). 128  Vgl. RG v. 19. 2. 1925 – III 897/24, RGSt 59, 90 (94) oder das Beispiel bei Voss, FR 1967, 361 (362 f.). 129 Vgl. Tabbach, Olin Law & Economics Working Paper No. 169, S. 2. 130  Claus, Gewinnabschöpfung und Steuer, S. 174. Im Zuge interner Untersuchungen im Wege des „Forensic Accounting“ wird der Auffindung des „fraudster“ deshalb auch besondere Aufmerksamkeit geschenkt, hierzu etwa die Studie „Global profiles of the fraudster“ der Wirtschaftsprüfungs- und -beratungsgesellschaft KPMG, abrufbar unter:

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Wenn dies auch nicht wünschenswert ist, so ist dennoch davon auszugehen, dass auch illegale Formen der Erwirtschaftung von Einkommen zur Lebenswirklichkeit gehören. Die Orientierung an ebenjener Lebenswirklichkeit gehört zu den praktischen Erfordernissen, die den Steuergesetzen, insbesondere auch Einkommen- und Körperschaftsteuergesetz, vorgegeben sind. Eine derartige Sichtweise gibt auch der (supranationale) Gesetzgeber preis, indem er seit 2014 mit der Aufnahme von Annahmen zur Schattenwirtschaft und der hieraus folgenden illegalen Produktivität in die volkswirtschaftliche Gesamtrechnung der Bundesrepublik Deutschland entsprechende Konsequenzen gezogen hat.131 Die Kongruenz der mit § 40 AO vertretenen Werte zu einer Ethik mit nicht eindeutiger Aussage zu verlangen bedeutet daher – abstrakt betrachtet – § 40 AO der Konturlosigkeit preiszugeben oder die Ethik in feste Konturen zwingen zu wollen. Beides liegt offensichtlich nicht im Rahmen des von § 40 AO Geforderten.132 Zielführender erscheint es daher zu untersuchen, ob Wertekongruenz innerhalb des geltenden Gesetzesrechts zu verlangen ist bzw. welche Teile desselben damit in Bezug genommen sind. An dieser Stelle ergibt sich schließlich die Frage, ob lediglich binnensteuerrechtliche Prinzipen höherer oder gleicher Stufe sowie speziellere Normen innerhalb des Bezugsrahmens von § 40 AO (Steuergesetze) zu beachten sind oder ob über das Postulat der „Einheit der Rechtsordnung“ grundsätzlich auch außersteuerliche Regelungen auf gleicher Ebene der Normenhierarchie zu beachten sind (dazu später, § 3 B. III. 3.).

II.  Anwendungsbereich Als Vorschrift des allgemeinen Steuerrechts und aufgrund ihrer umfassenden Formulierung („Für die Besteuerung“) bezieht sich § 40 AO im Grundsatz auf sämtliche Steuerarten (§ 1 Abs. 1 AO) und Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis (§ 37 Abs. 1 AO).133 Nach einhelliger Ansicht dient die Regelung hinsichthttps://assets.kpmg.com/content/dam/kpmg/pdf/2016/05/profiles-of-the-fraudster.pdf (zuletzt abgerufen am: 25. 6. 2018). 131 Vgl. hierzu die Publikationen auf der Homepage des Statistischen Bundesamtes (https://www.destatis.de) unter dem Schlagwort „Schattenwirtschaft“, z. B. die FAQ zur volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, denen zufolge die Einbeziehung der Schattenwirtschaft v. a. die Vollständigkeit („exhaustiveness“) des BIP sicherstellen soll, abrufbar unter: https://www.destatis.de/DE/ZahlenFakten/GesamtwirtschaftUmwelt/VGR/FAQ/ Generalrevision2014/IllegaleAktivitaetenBruttoinlandsprodukt.html (zuletzt abgerufen am: 25. 6. 2018). 132  So auch D. Felix, Einheit der Rechtsordnung, S. 394 unter Referenz zu Offerhaus, der gewarnt hat, dass gerade der Steuerjurist sich hüten solle, „den Boden des Steuerrechts zu verlassen, um sich auf angeblich ‚höhere‘ und ‚übergeordnete‘ Prinzipien des Rechts oder der Ethik zu berufen“, Offerhaus, in: FS Haas, S. 237 (249). 133  Drüen, T/K-AO, § 40 Rn. 8; Ratschow, Klein/AO, § 40 Rn. 1.

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lich der Besteuerung illegal verdienter Erträge der Durchsetzung der „wirtschaftlichen Betrachtungsweise“ im Steuerrecht.134 Eindeutig ist weiterhin auch, dass § 40 AO weder einen eigenen Steuertatbestand schafft135 noch dazu zwingt jede gesetzes- oder sittenwidrige Verhaltensweise, wegen ihrer derartigen Attribution, als Erfüllung steuerrechtlicher Tatbestände einzuordnen, sobald hieraus ein finanzieller Vorteil oder Nachteil entstanden ist.136 1.  Fiskalzwecknormen – Schnittmengen mit dem objektiven Nettoprinzip Soweit nicht vereinzelt noch die gesamte Idee der „Besteuerung des Unrechts“ in Frage gestellt wird,137 besteht Einigkeit138, dass § 40 AO jedenfalls auf Fiskal­ zwecknormen anwendbar ist.139 Fiskalzwecknormen sind solche gesetzliche Regelungen, die lediglich dem Zweck der Erzielung von Steuererträgen dienen.140 Auch die Tatbestände zur Ermittlung des Erwerbsaufwandes im Einkommensteuerrecht sind im Grundsatz Fiskalzwecknormen, da sie dazu dienen, den Umfang des hoheitlichen Steueranspruchs festzustellen.141 a)  Anwendung auf Erwerbskostentatbestände aa)  Einhellige Zustimmung zum abstrakten Gedanken Es besteht weitestgehend Einigkeit, dass grundsätzlich auch solcher Aufwand den Erwerbskostentatbeständen unterfällt und damit zur Minderung der Bemessungsgrundlage beitragen kann, der durch sittenwidriges oder illegales Verhalten verursacht worden ist.142 Denkt man allein in steuerrechtlichen Prinzipien, kann 134  Drüen, T/K-AO, § 40 Rn. 1; Koenig, Koenig/AO, § 40 Rn. 2; Krömker, L/S-AO, § 40 Rn. 1; Lang, StuW 1985, 10 (20). Ähnlich Fischer, H/H/Sp-AO, § 40 Rn. 14, der der Aussage jedoch keinen Erklärungswert beimisst. 135  Ratschow, Klein/AO, § 40 Rn. 4; H. Weber, JuS 2000, 1059 (1061). 136  Drüen, T/K-AO, § 40 Rn. 15. 137 Vgl. H. Weber, JuS 2000, 1059 (1067), der es für vorzugswürdig hält, dem Staat etwa durch verfassungskonforme Auslegung des § 15 EStG die Verlegenheit zu ersparen, zum „stillen Teilhaber“ am Betriebsergebnis des Verbrechens zu werden. 138  Im Schrifttum wird deshalb i.d.R. vor allem die problematische Frage, ob § 40 AO auch auf Sozialzwecknormen anwendbar ist, thematisiert, vgl. Fischer, H/H/Sp-AO, § 40 Rn. 16; Koenig, Koenig/AO, § 40 Rn. 2; Ratschow, Klein/AO, § 40 Rn. 12; Schmieszek, B/G-AO, § 40 Rn. 8. 139  Zur Diskussion um die Anwendbarkeit von § 40 AO auf Sozialzwecknormen s. § 2 B. II. 2. b). 140  Wernsmann, H/H/Sp-AO, § 3 Rn. 87. 141  Kreft, H/H/R-EStG, § 9 Rn. 6. 142  Drüen, T/K-AO, § 40 Rn. 17; Koenig, Koenig/AO, § 40 Rn. 15; Ratschow, Klein/AO, § 40 Rn. 4; Schmieszek, B/G-AO, § 40 Rn. 25; Kley, FR 1981, 81 (81). A. A. Voss, FR 1967,

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dieses Ergebnis kaum verwundern: Das Leistungsfähigkeitsprinzip als Ausfluss des allgemeinen Gleichheitssatzes gewährleistet im Grundsatz, dass gleich hohe Leistungsfähigkeit auch im gleichen Maße steuerlich belastet wird. Erkennt man grundsätzlich an, dass auch durch illegales Verhalten Leistungsfähigkeit erworben werden kann, so kann diese (i. S. d. objektiven Nettoprinzips) nur zutreffend erfasst werden, wenn man auch in diesem Bereich den Aufwand im Zusammenhang mit dem Erwerb der Leistungsfähigkeit berücksichtigt.143 Sowohl die Begriffe „Betriebseinnahmen“ und „Einnahmen“ als auch die Begriffe „Betriebs­ ausgaben“ und „Werbungskosten“ operieren mit dem Veranlassungsprinzip, das aus gleichheitsrechtlichen Erwägungen bei der Ermittlung von Leistungsfähigkeit gleichförmig ausgelegt wird. Will man also Einkünfte besteuern, darf man nicht nur die Einnahmen steuerlich erfassen, sondern muss auch den erwerbsbezogenen Aufwand anerkennen.144 Insofern findet auf einem hohen Abstraktionsgrad auch das Postulat einer grundsätzlichen Abziehbarkeit von unrechtmäßigen Erwerbsaufwendungen weitgehende Zustimmung.145 Dieses Ergebnis ist aus der Schnittmenge des objektiven Nettoprinzips und § 40 AO zu gewinnen.146 Das verdeutlicht auch die Rechtsprechung, in der die nachfolgende Formel gebräuchlich ist, wonach „auch strafbare Handlungen, die im Zusammenhang mit einer betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit stehen, Erwerbsaufwendungen begründen und die sich aus ihnen ergebenden Schadensersatzverpflichtungen zu Werbungskosten oder Betriebsausgaben sowie Betriebsschulden bzw. Rückstellungen i. S. der § 5 Abs. 1 EStG i. V. m. § 249 des Handelsgesetzbuchs führen. Dieses Ergebnis folgt nicht nur aus dem objektiven Nettoprinzip, sondern ergibt sich auch aus § 40 der Abgabenordnung (AO).“147

361 (362), der argumentiert hat, es mache keinen Sinn, dem Verlust, der dem Schmuggler entsteht, wenn sein Lieferwagen mit strafrechtlichen Mitteln eingezogen wird, den Betriebsausgabenabzug zu versagen, gleichzeitig aber die (für das Schmuggelunternehmen aufgewendeten) Betriebskosten des Fahrzeuges steuerlich zu berücksichtigen. 143  Lang, StuW 1985, 10 (20). 144  Vogel, NJW 1985, 2986 (2987 f.). 145 Kritisch Tipke, dazu später § 2 B. II 1. a) cc). 146 Ähnlich Vogel, der § 40 AO als „Ausdruck und Folge […] des Prinzips der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit“ beschreibt, Vogel, NJW 1985, 2986 (2987). 147  BFH v. 20. 10. 2016 – VI R 27/15, BFH/NV 2017, 223, juris Rn. 16 – st. Rspr. Vgl. auch BFH v. 17. 8. 2011 – VI R 75/10, BFH/NV 2011, 2040, juris Rn. 4; v. 18. 10. 2007 – VI R 42/04, BStBl. II 2008, 223, juris Rn. 17; v. 9. 12. 2003 – VI R 35/96, BStBl. II 2004, 641, juris Rn. 15 f. m. w. N.; FG Niedersachsen v. 15. 5. 2014 – 9 K 99/13, EFG 2014, 1473, juris Rn. 13 – rkr.; FG Thüringen v. 12. 2. 2014 – 3 K 926/13, EFG 2014, 1662, juris Rn. 49 – best.; FG Hessen v. 2. 12. 2013 – 2 K 672/13, juris Rn. 62 – rkr.; FG Rheinland-Pfalz v. 27. 6. 2008 – 4 K 1928/07, EFG 2009, 31, juris Rn. 20 – rkr.; FG Baden-Württemberg v. 7. 3. 2007 – 13 K 9/07 EFG 2007, 925, juris Rn. 26 – rkr. Ohne Abstellen auf § 40 AO FG Hamburg v. 12. 10. 2011 – 3 V 117/11, EFG 2012, 906, juris Rn. 43 – rkr.

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Mit anderen Worten hat § 40 AO in Bezug auf dieses Ergebnis „nur“ klarstellenden Charakter. Das legt auch die Rspr. des BVerfG nahe.148 bb)  Kollision denkbarer praktischer Ergebnisse mit dem Rechtsempfinden Vergegenwärtigt man sich jedoch, was dieses Ergebnis in der praktischen Umsetzung bedeutet, mag das Rechtsempfinden des Rechtsanwenders, insbesondere im Bereich der Schwerkriminalität, in erheblichem Maße auf die Probe gestellt werden: Ein Auftragsmörder (§ 211 Abs. 2 1. Gruppe Var. 3 StGB) oder Menschenhändler (§ 232 StGB), dessen Geschäfte entdeckt werden und der nach Durchführung aller strafrechtlichen Maßnahmen mit der ihm verbliebenen Leistungsfähigkeit auch zur Einkommensbesteuerung herangezogen wird, kann demnach auch den betrieblich bedingten Aufwand ansetzen. Haben diese Personen beispielsweise Waffen und Munition gekauft, die benutzt werden sollen, um die bestellten Morde zu begehen und hierdurch das Kopfgeld zu erlangen oder wurde Geld bezahlt, um die Gewalt über andere Menschen zu erlangen, können diese Kosten aus Sicht des Ertragsteuerrechts berücksichtigungsfähige Betriebs­ ausgaben oder Werbungskosten darstellen. Im Veranlagungsverfahren kann sich hier freilich ein rechtliches Hindernis ergeben, wenn der Steuerpflichtige nicht bereit ist, zu erklären, wer der Gläubiger des Erwerbsaufwandes gewesen ist und die entsprechenden Fakten der Finanzbehörde nicht bereits bekannt sind. Ermittelt die Finanzbehörde diese Information nicht auf eigene Faust – und hierzu werden ihr i.d.R. die Mittel fehlen – kann sie derartigen Aufwand im Ergebnis außer Betracht lassen (zum Benennungsverlangen siehe § 160 Abs. 1 S. 1 AO). Als noch größer erscheint die Kollision mit dem Rechtsgefühl, wenn es um die Frage geht, ob Erwerbsaufwendungen, die durch sittenwidrige und verbotene Handlungen entstanden sind, zum Abzug zuzulassen sind, wenn jenen keine positiven Einkünfte gegenüber stehen.149 Das ist in Situationen vorstellbar, in denen Täter die Erwirtschaftung von Einkünften durch illegales Handeln vorbereitet haben und hierzu auch schon umfangreiche Aufwendungen getätigt haben, dann jedoch beim (strafbaren) Versuch der ersten Tatausführung gefasst werden. So zum Beispiel, wenn unter erheblichem finanziellen Aufwand unerlaubt psychoaktive Pflanzen gezüchtet worden sind, jedoch schon der erste Versuch des Handeltreibens (§ 29 Abs. 1 Nr. 1; Abs. 2 BtMG) aufgedeckt und unterbunden wird, sodass keine Betriebseinnahmen entstehen. Wären diese Aufwendungen die einzig erheblichen Besteuerungstatbestände, die der Steuerpflichtige im Ver148 

Vgl. BVerfG v. 12. 4. 1996 – 2 BvL 18/93, NJW 1996, 2086, juris Rn. 39. Unterschwellig besteht – trotz der Erkenntnis, dass dies nicht empirisch belegt oder belegbar ist – hier die Befürchtung, dass z. B. die Absetzbarkeit von Aufwendungen im Zusammenhang mit strafbarem Verhalten zu einem Anstieg der Raten begangener Straftaten führt, vgl. D. Felix, Einheit der Rechtsordnung, S. 369 f. m. Fn. 1080. Dagegen Tipke, StRO III, S. 1660. 149 

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anlagungszeitraum mit in die Veranlagung einbrächte, würde er zwar nicht mit Einkommensteuern belastet, allerdings hätte er ggf. die Möglichkeit, die entstandenen Verluste feststellen zu lassen und im Rahmen eines Verlustabzugs nach § 10d EStG in einem anderen Veranlagungszeitraum zu nutzen; das gilt natürlich auch, wenn zwar Umsätze angefallen sind, im Ergebnis aber trotzdem ein Verlust entstanden ist.150 In der Rechtspraxis dominieren hingegen nicht solche Sachverhalte, in denen es um Formen organisierter und auf dauerhaften Erwerb angelegter Kriminalität geht. Überwiegend entspinnt sich hier der Streit um den Abzug bestimmter Erwerbsaufwendungen im Zusammenhang mit singulärem oder weniger schwerwiegendem, ordnungswidrigem oder strafbarem Verhalten. Auch dabei kommt es allerdings zu rechtsgefühlsbezogenen Konfliktlagen. Die Ablehnung, die der konsequenten Umsetzung der wertneutralen Berücksichtigung von Aufwendungen teilweise entgegenschlägt, lässt sich in der Regel den Sachverhaltsbeschreibungen im Tatbestand jener Entscheidungen entnehmen.151 Beispielhaft kann hierfür etwa auf den Sachverhalt verwiesen werden, der dem Urteil des FG Düsseldorf vom 11. 10. 2000 zugrunde gelegen hat: 152 Ein angestellter Geschäftsführer einer GmbH hatte auf einer unbestritten dienstlich veranlassten Autofahrt mit seinem Pkw einen Unfall und den Tod einer anderen Autofahrerin verursacht.153 Der Verursacher des Unfalls wurde wegen „fahrlässiger Tötung“ i. S. d. § 222 StGB zu einer Geldstrafe verurteilt. Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung hat er unter anderem die Kosten für den Schaden seines Pkw und Abschleppkosten als Werbungskosten seiner Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit geltend gemacht. Der Sachbearbeiter beim zuständigen Finanzamt hatte es abgelehnt die Kosten anzuerkennen, da die „Einheit der Rechtsordnung“ es verbiete, einen Sachverhalt steuerlich zu berücksichtigen, der 150  Eine ähnliche Fallgestaltung läge auch vor, wenn es nicht um einen intertemporalen, sondern um einen intratemporalen, horizontalen Ausgleich der delinquenten Verluste (§ 2 Abs. 3 EStG) mit positiven Einkünften aus anderen Einkunftsarten ginge. 151  Vgl. zuletzt die im Tatbestand des Urteils des FG Düsseldorf v. 4. 11. 2016 – 1 K 2470/14 L, EFG 2017, 315, juris Rn. 25 – nrkr. wiedergegebene Haltung der Finanzverwaltung, wonach „§ 40 AO nur bei Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis Anwendung finde, nicht hingegen auf Aufwendungen die im Zusammenhang mit sittenwidrigen Handlungen angefallen seien.“ 152  FG Düsseldorf v. 11. 10. 2000 – 9 K 4215/99 E. 153  Der dienstliche Anlass der Fahrt und die Verwendung des Pkw für diesen Zweck sind dabei für die Veranlassung entscheidend gewesen. Wenn etwa ein zum Betriebsvermögen gehörender Pkw während einer privat veranlassten „Umwegfahrt“ (z. B. Abstecher auf einen Weihnachtsmarkt) entwendet wird, so geht der BFH davon aus, dass die hierdurch eintretende Vermögensminderung privat veranlasst ist, da die betriebliche Zweckbestimmung des Pkw im Zeitpunkt des Verlustes unterbrochen war, BFH v. 18. 4. 2007 – XI R 60/04, BStBl. II 2007, 762, juris Rn. 17 ff., insb. 20.

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zur Verurteilung wegen eines Tötungsdeliktes geführt habe. Das FG gab dem Steuerpflichtigen Recht und hat die geltend gemachten Aufwendungen in voller Höhe als Werbungskosten anerkannt, zugleich aber auch ausdrücklich offen gelassen, ob nicht eine vorsätzlich begangene Straftat den Veranlassungszusammenhang unterbrechen würde.154 cc)  Kritik an der Anwendung auf Abzugstatbestände für Erwerbsaufwendungen Im Ergebnis schließt auch Tipke sich der Ansicht an, dass § 40 AO „nicht zu entnehmen sei“, dass nur die durch gesetz- oder sittenwidriges Handeln erzielten Bezüge erfasst sind, die mit diesen Bezügen zusammenhängenden Aufwendungen aber nicht zum Abzug zugelassen sind.155 Wegen der zuvor benannten Kollision mit dem Rechtsempfinden, die die steuerrechtliche Abziehbarkeit sittenwidriger und delinquenter Aufwendungen im Einzelfall hervorrufen kann, hält er es für grundsätzlich denkbar, das EStG dahingehend zu ändern, dass lediglich positive Erträge aus der Delinquenz steuerliche Beachtung finden, die dazugehörigen Aufwendungen hingegen nicht.156 Seine Ausführungen suggerieren, dass ein derartige Handhabung sogar der historischen Tradition des § 40 AO entspräche, da eine entsprechende Ansicht zur Zeit der Einführung des § 5 Abs. 2 StAnpG (1934) unter Berufung auf Ethik und Sittenwidrigkeit vertreten worden sei. Als Beispiel für eine moderne Regelung, die ein entsprechendes Vorgehen ermöglicht, verweist er auf § 162 IRC und die dort geregelten „public policy deduction exemptions“ im US-Steuerrecht.157 Der Gedanke der Nichtberücksichtigung von delinquenz- und sittenwidrigkeitsbezogenen Aufwendungen ist nicht neu,158 im Ergebnis ist eine solche Form der Einkommensbesteuerung jedenfalls unter Geltung des aktuellen Steuersys154  Eine betriebliche Veranlassung wird von der Rspr. ggf. auch verneint, wenn der Verlust eines Gegenstandes zwar während einer beruflich veranlassten Reise eintritt, es sich jedoch um einen Gegenstand handelt, der – wie z. B. eine Geldbörse – privaten Zwecken dient und das verlustbewirkende Ereignis (z. B. ein Diebstahl) in keinem inneren Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit steht, sondern lediglich „bei Gelegenheit“ der Berufsausübung eintritt, so BFH v. 4. 7. 1986 – VI R 227/83, BStBl. II 1986, 771, juris Rn. 11 ff. Vgl. auch BFH v. 28. 11. 1977 – GrS 2, 3/77, BStBl. II 1978, 105, juris Rn. 31. 155  Tipke, StRO III, S. 1660. Ebenso Raupach, in: FS Tipke, S. 105 (114). Andeutend Birk, NJW 1985, 1939 (1940). 156  Tipke, StRO III, S. 1660 f. A. A. trotz Einbeziehung der „Einheit der Rechtsordnung“, Claßen, Besteuerung des Unrechts, S. 123 und tiefergehend D. Felix, nach deren Ansicht ein Ausschluss der Abziehbarkeit zu einer „nicht mehr tatbestandsmäßigen Besteuerung“ führt, D. Felix, Einheit der Rechtsordnung, S. 375. 157  Tipke, StRO III, S. 1661. 158 Vgl. Voss, FR 1967, 361 (362); Würtenberger, FR 1966, 20 (25).

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tems nicht durchführbar.159 Systematisch liefe die Umsetzung nämlich auf die Durchführung einer Art Umsatzsteuer hinaus,160 wobei wiederum systemfremd eine grundsätzliche Belastung des Unternehmers erfolgte. Wollte man dennoch versuchen, das Ganze als Einkommensteuer zu denken, läge wiederum eine Form der Strafsteuer vor und es käme zu einer Vermischung mit strafrechtlichen Instrumenten,161 ohne aber zugleich deren übrige Voraussetzungen oder die weitaus differenziertere Sichtweise der Delinquenz und der rechtlichen Antwort hierauf innerhalb von Strafgesetzgebung, -rechtsprechung und -wissenschaft zu implementieren.162 Davon abgesehen gibt die Referenz auf die historische Auslegung des § 5 Abs. 2 StAnpG 1934 jene zwar zutreffend wieder, vermag jedoch im Ergebnis nur zu belegen, dass eine entsprechende Ausgestaltung des Steuerrechts wirtschaftlich und psychologisch als Verlängerung strafrechtlicher Mechanismen genutzt werden kann.163 Einerseits galt damals eine ideologische Orientierung der 159 

So i. Erg. auch Lang, StuW 1985, 10 (21). Er lässt dabei jedoch außer Betracht, dass die dichotomische Berücksichtigung (Ebd., (20)) von problematischen Erträgen und Aufwendungen auch Folge des Leistungsfähigkeitsprinzips ist, sodass auch eine Abschaffung des § 40 AO nichts zu ändern vermochte. 160  Osthövener, DB 1969, 375 (376). 161  Eine Alternative bestünde eventuell noch in der Beschränkung der horizontalen Verlustverrechnung von negativen Einkünften aus delinquenter Tätigkeit. Hierzu kommt es ggf., wenn das relevante Verhalten einkommensteuerrechtlich als „sonstige Leistung“ zu qualifizieren ist, vgl. § 22 Nr. 3 S.3 EStG (so auch i.R.d. § 20 Abs. 6 EStG bei Kapitaleinkünften). Im Übrigen ist eine solche Verlustverrechnungsbeschränkung jedoch gerade nicht vorgesehen und in der Systematik der Einkommensermittlung als systemfremd anzusehen. Die gleichheitsgerechte Ausgestaltung einer solchen Beschränkung der horizontalen Verlustverrechnung erscheint nicht gänzlich undenkbar, begegnete aber wohl erheblichen Schwierigkeiten. 162  M. w. N. zu einer solch differenzierten Sichtweise, vgl. bspw. Hassemer/Neumann, NK/StGB, Vor § 1 Rn. 283. 163  Nicht übersehen werden darf auch der Zusammenhang zwischen dem restriktiven steuerrechtlichen Umgang mit delinquenzbedingten Aufwendungen und der Beschaffenheit der damals betonten „moralischen“ bzw. „ideologischen“ Motive. So ist in PrOVG v. 6. 7. 1937 – VIII. G. St. 309 – 311/35, RStBl. 1939, 226 (227) im Hinblick auf die Verweigerung des Werbungskostenabzugs von Schmiergeldern ausdrücklich auf das „nationalsozialistische[…] Bestreben, Recht und Volksempfinden in Einklang zu bringen“ verwiesen worden. Für die Diskussion um die (Nicht)Abzugsfähigkeit von Ordnungsstrafen ist der Zusammenhang im o. g. Sinne etwa im Aufsatz von Meuschel (damals Regierungsrat im Reichsfinanzministerium) deutlich zu Tage getreten: Er erläuterte die Konsequenzen einer potenziellen Abzugsfähigkeit von Ordnungsstrafen an einem aus der damaligen Tagespresse entnommenen Beispiel eines (jüdischen) Fabrikanten, der wegen Verstößen gegen das Spinnstoffgesetzes mit einer Ordnungsstrafe belegt worden war. Einer potenziellen Abzugsfähigkeit wurde von Meuschel wirtschaftlich entgegengehalten, dass hierdurch eine etwa hälftige Entlastungswirkung von der Sanktion erreicht werden konnte. „Moralisch“ äußerte Meuschel Bedenken, die er aus der „Volksanschauung“ herleitete, wobei er

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Gesetzes- und Sachverhaltsauslegung164 (vgl. § 1 Abs. 1, Abs. 3 StAnpG 1934)165 und andererseits bestand ein erhebliches Interesse an der Erhöhung der Staatseinnahmen, um die Durchführung des Vierjahresplanes zu ermöglichen. Vor allem erweist die damalige Auslegung und Anwendung des § 5 Abs. 2 StAnpG bei genauerer Betrachtung aber nur, dass als abzugsfähig angesehen worden ist, was dem Staat nicht derartig unliebsam gewesen ist, dass er sich genötigt fühlte die Nichtabzugsfähigkeit durchzusetzen. Auf eine eindeutige Gleichbehandlung vergleichbarer Fälle ist dabei, aus heutiger Sicht, keine Rücksicht genommen worden. Das offenbart die wenig überzeugende Begründung beim Rechtsprechungswechsel zur Nichtabziehbarkeit von Ordnungsstrafen im Jahr 1939 (dazu § 3 B. I. 1. b)) oder in Bezug auf den Umgang mit Schmiergeldern. Letztere wurden trotz der Anerkennung ihrer Gemeinschädlichkeit166 lange Zeit grundsätzlich zum Abzug zugelassen167 bzw. nach dem Runderlass des Reichsministeriums der Finanzen vom 26. 1. 1939168 nur insofern nach § 1 Abs. 1 StAnpG nicht mehr berücksichtigt, wenn sie gegenüber Inländern gezahlt worden sind.169 dd)  Trennung strafrechtlicher und steuerrechtlicher Aufgabenbereiche In der Rechtsprechung des BFH findet sich mit dem Urteil des IV. Senats bislang nur ein Fall, der sich mit einer Konstellation aus dem Bereich der Schwerkridiese konkret aus einem Aufsatz im „Schwarzen Korps“ bezog, in dem „in temperamentvoller Weise für Händler, die verbotene Kopplungsverkäufe tätigen, Konzentrationslager und im Wiederholungsfall Enteignung und Todesstrafe gefordert“ wurde, Meuschel, DStZ 1938, 1083 (1085). Unter solchen Bedingungen kann eine historisch „ethisch“ motivierte Auslegung (etwa des § 5 Abs. 2 StAnpG 1934) nicht unkritisch als Argument für eine Nichtabzugsfähigkeit von delinquenzbedingten Aufwendungen herangezogen werden. 164  U. a. hatte 1940 auch Becker vorgeschlagen, sitten- und verbotswidrige Aufwendungen unberücksichtigt zu lassen, Becker, Grundlagen ESt, S. 290, 295. Der Weg zu diesem Ergebnis sollte nach seiner Ansicht über eine Übertragung des Abzugsverbotes für gemeinnützige Aufwendungen gegenüber Körperschaften in § 12 Nr. 4 KStG 1934 (RGBl. I 1934, 1031 (1033)) führen. Für diese Übertragung hat Becker sich ausdrücklich auch auf § 1 Abs. 1 StAnpG 1934 und den Beitrag zur „Gesundung des deutschen Wirtschaftslebens“ berufen. Andererseits aber auch Becker, Grundlagen ESt, S. 294. 165  Dazu auch § 2 B. II. 2. c) bb) und § 3 B. I. 1. b. Zum Rechtsprechungswechsel hin zur Nichtabziehbarkeit von Schmiergeldern vgl. PrOVG v. 6.71937 – VIII. G. St. 309 – 311/35, RStBl. 1939, 226 ff. 166  Vgl. RFH v. 30. 1. 1931 – VI A 1184/31, StW 1931, 1024. 167  Umfangreiche Nachw. aus der Rspr. des RFH bei Becker, Grundlagen ESt, S. 294 168  RStBl. 1939, 195, Nr. 161. 169  Das ist auch im Schrifttum der (zum Veröffentlichungszeitpunkt besetzten) Niederlande wahrgenommen worden, vgl. Nijst, Goede zeden in het belastingrecht, S. 39: „Opvallend is, dat enkel bij betaling aan „Inländer“ aftrek niet wordt toegelaten. Het nationaal-socialisme is geen exportartikel.“ (Auffallend ist, dass nur bei Zahlung an „Inländer“ ein Abzug nicht zugelassen wird. Der Nationalsozialismus ist kein Exportartikel.).

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minalität, nämlich dem gemeinschaftlichen Handel und Besitz einer erheblichen Menge an Betäubungsmitteln, auseinandersetzt.170 Dass es kaum Entscheidungen zum steuerrechtlichen Umgang mit Aufwendungen in der Schwerkriminalität gibt, hängt vermutlich mit verschiedenen Faktoren zusammen. Einerseits werden in absoluten Zahlen vergleichsweise wenige Fälle entsprechender Konstellationen erkannt,171 was sich auch in einer geringen Zahl an Fällen widerspiegeln wird, die der Aufklärung in solchem Maße unterliegen, dass eine entsprechende steuerliche Abwicklung erfolgen kann. Von den Fällen, die auch unter dem Blickwinkel einer steuerrechtlichen Abwicklung in Betracht kommen, mögen die Täter vielfach wiederum keine Beschreitung des Rechtsweges wählen oder dies zumindest nicht über das Verwaltungsverfahren hinaus tun.172 Bei den Sachverhalten, die nach der strafrechtlichen Abwicklung noch zur steuerlichen Beurteilung herangezogen werden, sind auch die Einflüsse des § 160 Abs. 1 S. 1 AO zu beachten. Die Vorschrift bestimmt sinngemäß, dass steuerlich relevante Ausgaben in der Regel unberücksichtigt bleiben, wenn der Steuerpflichtige deren Gläubiger oder Empfänger nicht genau benennt. Stehen Ausgaben des Steuerpflichtigen im Zusammenhang mit delinquentem Verhalten, wird er vielfach nicht gewillt sein, einem solchen Benennungsverlangen nachzukommen und die gegebenenfalls geltend gemachten Aufwendungen bleiben im Rahmen der Veranlagung letztlich unberücksichtigt. Auch aus diesem Grund kommt es in der Rechtspraxis wohl nur selten zu den ganz massiven Kollisionen möglicher steuerrechtlicher Folgen mit dem Rechtsempfinden.173 Auch aus diesem Blickwinkel erscheint es nicht bedenklich, die Wahrung und Trennung der Aufgabenbereiche von Straf- und Steuerrecht in den Vordergrund zu stellen. Theoretisch mögliche und nach dem Rechtsempfinden bedenkliche steuerrechtliche Ergebnisse müssen hierbei ggf. hingenommen werden.174 170 

BFH v. 6. 4. 2000 – IV R 31/99, BStBl. II 2001, 536. polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) gliedert die Taten nicht in einer für die steuerrechtliche Untersuchung unmittelbar geeigneten Weise, kann aber exemplarisch indiziell genutzt werden. So wurden 2015 z. B. 538 Fälle des Menschenhandels zur sexuellen Ausbeutung bzw. Ausbeutung der Arbeitskraft erfasst. Die größten absoluten Zahlen finden sich in der PKS 2015 mit 7288 Fällen im Bereich des Handels mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge, vgl. PKS Bundeskriminalamt, 2015, abrufbar unter: www.bka. de. 2015 wurden im Bereich der Organisierten Kriminalität 566 Ermittlungsverfahren geführt, vgl. Bundeslagebild Organisierte Kriminalität, abrufbar unter: https://www.bka.de/ DE/Presse/Listenseite_Pressemitteilungen/2016/Presse2016/161014_BundeslagebildOK. html. 172 Ähnlich D. Felix, wonach „auf der Hand“ liege, dass es sich bei der Störung der Wertungen des Strafrechts, die sich aus der Abziehbarkeit der Erwerbsaufwendungen für eine Waffe, mithilfe derer dann eine Bank überfallen wird, um ein eher theoretisches Problem handele, D. Felix, Einheit der Rechtsordnung, S. 370 Fn. 1082. 173 Ähnlich Tipke, StRO III, S. 1660. 171  Die

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b)  Gesetzliche Durchbrechung der Anwendbarkeit auf Fiskalzwecknormen Eine explizite gesetzliche Durchbrechung der Anwendbarkeit des § 40 AO auf Fiskalzwecknormen findet sich neben den Sanktionsabzugsverboten im Einkommensteuerrecht175 auch im Umsatzsteuerrecht.176 Unter dem Einfluss der Rechtsprechung des EuGH177 und des sekundären Unionsrechts ist nämlich in Art. 212 S. 2 ZK a. F. (nun geregelt in Art. 83 Abs. 2 UZK) festgeschrieben worden, dass die vorschriftswidrige Einfuhr von Falschgeld, Suchtstoffen und psychotropen Stoffen keine Zollschuld auslöst.178 174

2.  Problemfragen hinsichtlich des Anwendungsbereiches Wenngleich § 40 AO theoretisch einen relativ durchsichtigen Gehalt aufweist, ergeben sich bei der Rechtsanwendung dennoch Problemfragen. Auf die dargestellte Kollision zwischen dem „Klang“ des Wortlautes der Vorschrift und den möglichen praktischen Ergebnissen mit dem Rechtsgefühl ist zurückzuführen, dass jene Probleme sich insbesondere dann auftun, wenn es darum geht, Schlüsse aus der Vorschrift zu ziehen, die sich im Ergebnis für den delinquenten bzw. unsittlich agierenden Steuerpflichtigen (relativ) vorteilhaft auswirken.179 In der Literatur werden diesbezüglich verschiedene Problemkreise im Zusammenhang mit § 40 AO offengelegt. Zunächst wird eine Tendenz der Steuerverwaltung und -rechtsprechung beklagt, dass Schlussfolgerungen aus § 40 AO vermieden werden, wenn die Anwendung der Vorschrift zu vermeintlich „vorteilhaften“ – also i.d.R. weniger belastenden – Ergebnissen für die betreffende Person führen würde. Zudem besteht Streit darüber, ob die Regelung im Grundsatz überhaupt auf Sozialzwecknormen, 174 

I. Erg. ähnlich Lang, StuW 1985, 10 (21). gilt jedenfalls in Bezug auf das Abzugsverbot in § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5 EStG, Drüen, JbdBvdStb 2013, 71 (82); ders., T/K-AO, § 40 Rn. 22. A. A. „vor dem Hintergrund des volkswirtschaftlichen Ergebnisses“, E. Krüger, DStR 2016, 895 (898). 176  Drüen, T/K-AO, § 40 Rn. 3, 9 f.; Ratschow, Klein/AO, § 40 Rn. 7. Zum politischen Hintergrund der Vorschrift, vgl. Fischer, H/H/Sp-AO, § 40 Rn. 5. 177  EuGH v. 6. 12. 1990 – C-343/89, EuGHE I 1990, 4477 – Witzemann; v. 5. 7. 1988 – 289/86, Slg. 1988, 3655 – Happy Family; v. 28. 2. 1984 – C-294/82, EuGHE 1984, 1829 – Einberger II; v. 26. 10. 1982 – C-221/81, Slg. 1982, 3681 – Wolf; v. 26. 10. 1982 – C-240/81, EuGHE 1982, 3699 – Einberger I; v. 5. 2. 1981 – C-50/80, Slg. 1981, 385 – Hovarth. Hierzu Witte, Witte/UZK, Art. 83 Rn. 4 ff. 178  Dazu auch Claus, Gewinnabschöpfung und Steuer, S. 47 f. Die Regelung basiert auf dem Gedanken, dass die erfassten Güter einem vollständigen Einfuhr- und Verkehrsverbot unterliegen und im Falle ihrer Entdeckung sofort beschlagnahmt und vernichtet werden müssen, vgl. Witte, Witte/UZK, Art. 83 Rn. 5. 179  Zur Verlagerung der Diskussionen um § 40 AO auf diesen Aspekt D. Felix, Einheit der Rechtsordnung, S. 124. 175  Das

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d. h. Lenkungsnormen, anwendbar ist.180 Diese Themen sollen im Anschluss an ihre nachfolgende Darstellung einer näheren Betrachtung unterzogen werden. a)  Neigung zur Nichteinbeziehung von § 40 AO Der in § 40 AO verkörperte Rechtsgedanke ist aus der Motivation geboren worden, auch Individuen mit der Steuerlast zu belegen, die ihren Lebensunterhalt oder zumindest ihr Einkommen ganz oder teilweise durch illegale und/oder unsittliche Verhaltensweisen bestreiten. Schon Popitz hat 1921 das Interesse daran formuliert, die „Drohnen der menschlichen Gesellschaft“181 zu besteuern und auch im übrigen Schrifttum finden sich ähnlich gelagerte Formulierungen, die eine repressive oder gegen „Täter“ gerichtete Orientierung preisgeben.182 Unter dem Gesichtspunkt, dass sowohl das Steuerrecht als auch das Straf- und Ordnungswidrigkeitenrecht mit monetären Zwangsabgaben operieren, besteht die Gefahr, dass Zielsetzungen der Teilrechtsgebiete vermischt werden. Drüen argumentiert daher zutreffend, dass die Motivation, die zur Einführung des § 40 AO geführt hat, das Risiko einer tendenziell einseitigen Rechtsanwendung begründen kann:183 Gemeint ist, dass die Gesetzes- und/oder Sittenwidrigkeit von Verhaltensweisen ignoriert wird, wenn sich entsprechende Schlussfolgerungen (zumindest auch) steuerlasterhöhend gegen den Steuerpflichtigen auswirken und eine wertneutrale Rechtsanwendung vermieden wird, sofern dem Steuerpflichtigen hieraus relativ günstigere Folgen erwachsen. Dabei muss es nicht nur um die Frage gehen, ob dem Steuerpflichtigen staatliche Leistungen mit direktem Subventionscharakter (z. B. verlorene Zuschüsse) verwehrt werden sollen. Betroffen können zum Beispiel auch Fälle sein, in denen es um die Beurteilung von Abzugstatbeständen geht, die nach rein steuerrechtlichem Verständnis dazu dienen, die Reichweite des hoheitlichen Steueranspruches zu definieren, wie etwa die Zulassung von Erwerbsaufwendungen, Sonderausgaben oder außergewöhnlichen Belastungen. Mit anderen Worten geht es um Fälle, in denen nicht über eine originäre Besserstellung von Tätern gegenüber Dritten zu befinden ist, sondern über eine prinzipielle Gleichbehandlung mit anderen Steuerpflichtigen. Mit einer entgegenge180 

Dazu § 2 B. II. 2. b). Popitz, AöR 1921, 129 (154). 182  Z. B. hat Tipke den in der Sache vermutlich zutreffenden Gedanken, dass (jedenfalls bestimmte) Kriminalstraftäter ihre Einkünfte dem Gemeinwesen gegenüber nicht offen legen, wie folgt ergänzt: „Ihr Schmarotzen an der Gesellschaft pflegt total zu sein. Die Vorstellung, das Steuergeheimnis (§ 30 AO) bewege solche Kreise zur Steuerehrlichkeit, dürfte naiv sein“, Tipke, StRO III, S. 1660. 183  Zum Zusammenhang zwischen der Motivation der Entstehung der Vorschrift und ihrer einseitigen Anwendung v. a. Drüen, T/K-AO, § 40 Rn. 5. 181 

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setzten Denkweise wurde in der Vergangenheit immer wieder vorgetragen, es finde bei der Gewährung relativ vorteilhafter Ergebnisse, also i.d.R. bei Bestätigung von Minderungen der Bemessungsgrundlage, eine Abwälzung von Folgen des rechtswidrigen Verhaltens auf die (rechtschaffene) Allgemeinheit statt. Letzteres folgt der Logik, dass durch die Gewährung von Abzugstatbeständen Steuerausfälle entstehen, die Lücken in den Haushalt reißen, welche wiederum durch die legal wirtschaftenden Steuerpflichtigen getragen werden müssen.184 Diese Argumentation diente unter anderem eine gewisse Zeit als Rechtfertigung dafür, dass betrieblich veranlasste Geldbußen und -strafen – ohne Bestehen eines expliziten Abzugsverbotes – nicht als einkünftemindernd anerkannt worden sind.185 Die Relevanz der angesprochenen Thematik im deutschen Einkommensteuerrecht lässt sich gut anhand von Beispielen illustrieren: aa)  Interpretation des Veranlassungszusammenhangs (1) Allgemeiner Veranlassungszusammenhang Hierzu lässt sich zunächst die Auslegung des Veranlassungsbegriffs im Allgemeinen bzw. der Begriffe, die Ausdruck des allgemeinen Veranlassungsprinzips sind, anführen. Hier bestand und besteht die Neigung der Rechtsprechung zu einer äußerst restriktiven Auslegung: Aufwendungen, die mit delinquentem Verhalten zusammenhängen, werden regelmäßig einer Überprüfung auf ihre private (Mit-)Veranlassung unterworfen und im Ergebnis dann tendenziell als nicht betrieblich veranlasst bewertet.186 Ein konkretes Beispiel, das diese Neigung illustriert, ist die Bewertung der finanziellen Folgen von Kfz-Unfällen, die infolge von Verstößen gegen Verkehrsregeln geschehen und in die Steuerpflichtige (ggf. als Verursacher) verwickelt sind. Zwar wird hier grundsätzlich angenommen, dass ein steuerlicher Veranlassungszusammenhang bestehen kann, wenn der Unfall auf einer betrieblich veranlassten Fahrt geschieht und zwar auch dann, wenn der Unfall auf bewussten Verkehrsverstößen des Steuerpflichtigen beruht.187 Bei bestimmten Arten von Regelverstößen wird jedoch auch angenommen, dass durch 184  Zur Darstellung eines Steuersystems, in dem eine derartige Abwälzung tatsächlich stattfinden konnte, hat Osthövener auf die Steuereintreiber zu Zeiten des Absolutismus verwiesen. Jenen sei vom Souverän gegen eine feste, abzuführende Summe ein Territorium zugewiesen worden, innerhalb dessen sie die Steuer von den Untertanen einnehmen mussten. Konnte von einem einzelnen Untertan das geschuldete Soll nicht eingetrieben werden, so seien die entsprechenden Mindereinnahmen ggf. durch die Eintreibung unrechtmäßiger Mehrabgaben von den anderen Untertanen gedeckt worden, Osthövener, DB 1969, 375 (376). 185  s. u. § 3 B. I. 2. b) aa). 186  Schmieszek, B/G-AO, § 40 Rn. 8. 187  BFH v. 28. 11. 1977 – GrS 2, 3/77, BStBl. II 1978, 105, Ls. 1, juris Rn. 24 ff. Vgl. auch BFH v. 18. 4. 2007 – XI R 60/04, BStBl. II 2007, 762, juris Rn. 11 m. w. N.

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sie der betriebliche oder berufliche Veranlassungszusammenhang zumeist überlagert oder ganz unterbrochen wird: So sei der Entschluss, unter Alkoholeinfluss ein Fahrzeug zu führen, beispielsweise stets privat veranlasst.188 Hier wird im Ergebnis gar nicht mehr gefragt, ob das Fahrzeug auf einer betrieblich veranlassten Fahrt geführt worden ist189 und ob der vorangegangene Alkoholkonsum etwa in einem beruflichen Kontext erfolgt ist.190 Das FG Rheinland-Pfalz hat im Rahmen einer Vorfrage unlängst offen gelassen, ob ein Unfall mit dramatischen Folgen auf einer beruflich veranlassten Fahrtstrecke verursacht worden ist oder nicht, da das Fahren mit erheblich überhöhter Geschwindigkeit an unübersichtlicher Stelle nicht zum Pflichtenkreis eines Geschäftsführers gehöre und die Ursache des Unfalls somit in der rücksichtslosen Verkehrsgesinnung des Steuerpflichtigen zu suchen sei; der Unfall hätte sich, so das Gericht, in gleicher Weise auch auf einer Privatfahrt ereignen können.191 Eine solche Argumentation ergänzt die Frage, was sich ereignet hat, um die Frage, was sich im Rahmen einer beruflichen/betrieblichen Zielsetzung hätte ereignen dürfen, und lädt den Veranlassungszusammenhang normativ auf. Zu § 40 AO und der Frage, ob die Vorschrift einem solchen Vorgehen im Wege stehen kann, äußert sich das Gericht in den Entscheidungsgründen hingegen nicht. In der zitierten Entscheidung ging es letztlich um die Einschätzung der betrieblichen Veranlassung von Strafverteidigungsaufwendungen, was zu einer weiteren Thematik überleitet: der Interpretation des Veranlassungszusammenhangs im Zusammenhang mit Aufwendungen für Strafverfahren und Verteidigungsaufwendungen.192 Nicht zuletzt ist hier auch an den Meinungsumschwung des BFH zu denken, der die Begründung bzw. Rechtfertigung für die Nichtabziehbarkeit von Geldstrafen nach § 12 Nr. 4 EStG und § 10 Nr. 3 KStG nunmehr wieder in deren grundsätzlich privater Veranlassung sieht. (2) Der Ersatz von Sanktionen gegenüber dem Delinquenten durch nichtsanktionierte Dritte Spezieller Diskussionsbedarf besteht auch in Bezug auf die Interpretation des Veranlassungszusammenhangs bei der Ermittlung von Einkünften aus nichtselb188 

BFH v. 28. 11. 1977 – GrS 2, 3/77, BStBl. II 1978, 105, Ls. 1, juris Rn. 33. v. 24. 5. 2007 – VI R 73/05, BStBl. II 2007, 766, juris Rn. 17 m. w. N.; v. 6. 4. 1984 – VI R 103/79, BStBl. II 1984, 434, juris Rn. 14 ff. Diese Argumentationslinie ist auch in BFH v. 28. 11. 1977 – GrS 2, 3/77, BStBl. II 1978, 105, juris Rn. 33 angedeutet worden. Gl.A. Stapperfend, H/H/R-EStG, § 4 Rn. 835. Zum Ganzen auch Schmieszek, B/G-AO, § 40 Rn. 28 m. w. N. 190  Für die Berücksichtigung dieses Faktors auch Danninger/Leidel/Wobst, WiJ 2014, 215 (216). 191  FG Rheinland-Pfalz v. 22. 1. 2016 – 4 K 1572/14, EFG 2016, 568, juris Rn. 25. 192  Dazu näher § 3 D. II. 189 BFH

B.  „Wertneutralität“ des Steuerrechts, § 40 AO

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ständiger Arbeit (§ 19 EStG): Dies gilt in Fällen, in denen Arbeitgeber ihre Mitarbeiter durch die Übernahme von Geldbußen oder -strafen wirtschaftlich von deren finanziellen Belastungsfolgen schadlos stellen wollen.193 Derartige Konstellationen treten insbesondere in solchen Branchen auf, in denen sich finanzielle Sanktionen, vor allem Bußgelder, bei der Berufsausübung häufen und in denen die Sanktionen mittelbar oder unmittelbar im Interesse des Arbeitgebers in Kauf genommen werden. Der VI. Senat des BFH hat sich kürzlich in einem solchen Fall von seiner bisherigen Haltung distanziert. Zur Beurteilung, ob ein bestimmter Vorteil, der dem Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber gewährt wird, durch das Dienstverhältnis veranlasst ist oder nicht, wird regelmäßig die Untersuchung bemüht, ob der Vorteil im „ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse“ des Arbeitgebers erfolgt ist oder nicht. Diese Entscheidung wird dann zum Ergebnis einer grundsätzlich ergebnisoffenen Bewertung. In diesem Zusammenhang argumentiert der BFH nunmehr, dass „auf einem […] rechtswidrigen Tun der Betrieb auch nicht teilweise gründen kann und daher insoweit keine beachtlichen betriebsfunktionalen Gründe vorliegen können.“194 In der Ausgangsentscheidung des FG Köln ist insofern sogar die Rede davon, dass ein eigenbetriebliches Interesse „wohlverstanden“ werden müsse.195 Mittelbar wird hier also die Rechtswidrigkeit eines Verhaltens in die Beurteilung des Veranlassungszusammenhangs hineingetragen. Auch in jenen Entscheidungen ist keine Auseinandersetzung damit erfolgt, ob die Argumentation unter Geltung des § 40 AO zulässig sein kann. Die dargestellten Begründungen ähneln dabei einem Argumentationsmuster, das immer wieder in Bezug auf die Interpretation der Voraussetzungen des „Gewerbebetriebs“ (§ 15 Abs. 2 EStG) aufgetreten ist. Bei einem engen Verständnis der Voraussetzung der „Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr“ (§ 15 Abs. 2 S. 1 EStG) lassen sich dort nämlich unsittliche und illegale Verhaltensweisen, selbst dann, wenn sie mit dem Interesse der Gewinnerzielung, ja evtl. sogar zur Deckung des Lebensunterhalts, unternommen werden, aus dem Kreis der unter § 15 Abs. 2 EStG subsumtionsfähigen Verhaltensweisen aussortieren.196 So wurde – wie zuvor schon angesprochen – auch in der Rechtsprechung des Reichsgerichts in Strafsachen geäußert, dass „[…] das […] als Einkommensquelle bezeichnete ‚Gewerbe‘, von dessen Reinerträgen der Staat in Gestalt der Einkommensteuer für sich und seine Zwecke einen Bruchteil in Anspruch nimmt, begrifflich nur eine erlaubte […] Tätigkeit zur Voraussetzung hat 193 

Vgl. BFH v. 14. 11. 2013 – VI R 36/12, BStBl. II 2014, 278, dazu später § 4. BFH v. 14. 11. 2013 – VI R 36/12, BStBl. II 2014, 278, juris Rn. 13. 195  FG Köln v. 22. 9. 2011 – 3 K 955/10, EFG 2012, 518, juris Rn. 16. 196  Nach BFH v. 3. 7. 1991 – X R 163 – 164/87, BStBl. II 1991, 802, juris Rn. 16 darf das Merkmal aus diesem Grund nicht „zu eng“ ausgelegt werden. 194 

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§ 2  Steuer- und strafrechtliche Grundlagen der weiteren Untersuchungen

und niemals dargestellt werden kann durch ein Verhalten, dem der Staat mit seiner Strafgewalt hindernd und strafend entgegentritt“.197

Gerade Annahmen wie jene des RG hatten aber ursprünglich zur Einführung des § 40 AO geführt.198 Ob die aktuelle Haltung des VI. Senats zu Fällen der wirtschaftlichen Sanktionsübernahme durch nichtsanktionierte Dritte überzeugend ist, wird an späterer Stelle noch zu erörtern sein.199 Die gleiche Thematik kann auch Fälle betreffen, in denen geschäftsführende Gesellschafter finanziell sanktioniert worden sind und durch ihre Gesellschaften „entschädigt“ werden. Sie dreht sich dann aber ggf. um Fragen zu Entnahmen bzw. der Anwendung der Grundsätze zur verdeckten Gewinnausschüttung.200 bb)  Auslegung von § 33 EStG Weitere interessante Fragen stellen sich auch im Zusammenhang mit den Tatbeständen zur Verwirklichung des subjektiven Nettoprinzips. So ist beispielsweise in einer jüngeren Entscheidung des FG Berlin-Brandenburg über die Qualifikation von Kosten für eine in Spanien durchgeführte Eizellspende als außergewöhnliche Belastung i. S. v. § 33 EStG zu entscheiden gewesen. Den konkreten Umständen nach war diese Eizellspende in Spanien legal, wäre unter ansonsten gleichen Bedingungen nach deutschem Recht jedoch verboten gewesen.201 Obwohl der BFH die Kosten heterologer künstlicher Befruchtungen (Samenspende) seit 2010 im Grundsatz als außergewöhnliche Belastungen anerkennt,202 hat das FG sich hier gegen eine Berücksichtigung des Aufwands als außergewöhnliche Belastung entschieden.203 Mit dem Gesetz begründet das 197  RG v. 24. 6. 1911 – III 316/11, RGSt 45, 97 (99). Ebenso PrOVGSts v. 20. 3. 1893 – V 1473/92, Ent. d. PrOVGSts 1, 282 (283 f.). Diese Ansicht wurde später durch den RFH aufgegriffen und abgelehnt, vgl. RFH v. 9. 1. 1925 – I A 79/24, RFHE 15, 347 (351) m. w. N. Dazu auch Fischer, H/H/Sp-AO, § 40 Rn. 1 ff. 198  Ähnlich wurde zwischen 1964 und 2013 – dort wegen der Qualifikation als „sonstige Einkünfte“ i. S. d. § 22 Nr. 3 EStG aus hoheitlicher Sicht mit neutralem Ergebnis – hinsichtlich der Einkünfte aus Eigenprostitution argumentiert. Seit BFH v. 20. 02. 2013 – GrS 1/12, BStBl. II 2013, 441 werden die fraglichen Erträge als Einkünfte aus Gewerbebetrieb behandelt. Vgl. zur Entwicklung der Rechtsprechung seit BFH v. 23. 6. 1964 – GrS 1/64 S, BStBl. III 1964, 500 die Darstellung der Rechtsprechungsentwicklung im Vorlagebeschluss v. 15. 3. 2012 – III R 30/10, BStBl. II 2012, 661, juris Rn. 24 ff. 199  s. u. § 4, insb. § 4 C. 200  BFH v. 16. 9. 2014 – VIII R 21/11, BFH/NV 2015, 191. 201  FG Berlin-Brandenburg v. 11. 2. 2015 – 2 K 2323/12, EFG 2015, 925 ff. – rkr. 202  BFH v. 16. 12. 2010 – VI R 43/10, BStBl. II 2011, 414, Ls., juris Rn. 16 ff. 203  FG Berlin-Brandenburg v. 11. 2. 2015 – 2 K 2323/12, EFG 2015, 925, Ls. – rkr.

B.  „Wertneutralität“ des Steuerrechts, § 40 AO

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Gericht die Entscheidung durch einen Verweis darauf, dass Aufwendungen für eine Heilbehandlung nur nach § 33 EStG berücksichtigungsfähig seien, wenn die Heilbehandlung von einer zur „Ausübung der Heilkunde zugelassenen Person entsprechend den Richtlinien der Berufsordnung der zuständigen Ärztekammer durchgeführt worden ist.“204 Dies könne aber wegen der Wirkung von § 1 ESchG nicht angenommen werden, da ein Arzt, der die nämliche Behandlung in Deutschland durchgeführt hätte, sich (anders als die Mutter selbst) strafbar gemacht hätte. Der letztlich tragende Grund wird damit ersichtlich, wenn das FG resümiert: „Der Gedanke des ordre public verbietet es, durch eine einkommensteuerliche Berücksichtigung die Aufwendungen der Klägerin für die unter Gesetzesumgehung im Ausland vorgenommene Maßnahme steuerlich zu subventionieren.“205 Auch diese Entscheidung ist ein Beispiel für die fehlende Auseinandersetzung damit, ob Einflüsse des § 40 AO zu beachten sind. Vom konkreten Sachverhalt abstrahiert, führt der beschriebene Fall zu der allgemeinem Rechtsfrage, ob unter dem Eindruck des § 40 AO Kosten, die bei der Umsetzung eines anerkannten Zieles („Umgehung körperlich bedingter Unfruchtbarkeit“206) unter Beschreitung eines legalen, jedoch unerwünschten Weges entstehen, als „zwangsläufig“ i. S. d. § 33 EStG zu bewerten sein können.207 b)  Anwendbarkeit von § 40 AO auf Sozialzwecknormen? Ebenfalls umstritten ist die Frage, ob § 40 AO im Grundsatz auch auf Sozial­ zwecknormen Anwendung finden kann. Durch die Regelungen in Sozialzweckoder Lenkungsnormen208 beabsichtigt der Gesetzgeber die Beeinflussung des Verhaltens der Steuerpflichtigen. Im Ergebnis will er hierdurch zum Beispiel umwelt-, sozial- oder wirtschaftspolitische Ziele erreichen.209 In diesem Sinne ist etwa die (begrenzte) Freistellung von Einkünften aus nebenberuflichen Tätigkei204 FG Berlin-Brandenburg v. 11. 2. 2015 – 2 K 2323/12, EFG 2015, 925, Ls. – rkr. m. V. a. BFH v. 21. 2. 2008 – III 30/07, BFH/NV 2008, 1309, juris Rn. 12; v. 10. 5. 2007 – III R 47/05, BStBl. II 2007, 871, juris Rn. 26 f.; v. 28. 7. 2005 – III R 30/03, BStBl. II 2006, 495, juris Rn. 29. 205  FG Berlin-Brandenburg v. 11. 2. 2015 – 2 K 2323/12, EFG 2015, 925, juris Rn.18 – rkr. (Hervorhebungen nicht im Original). 206  Nicht ohne weiteres ist der Kinderwunsch an sich anerkannt. So wurden die Kosten der In-Vitro-Fertilisation einer unfruchtbaren Frau, die in einer gleichgeschlechtlichen, (im Streitjahr) nicht eingetragenen Partnerschaft lebt, im Urteil des FG Münster v. 23. 7. 2015 – 6 K 93/13 E, EFG 2015, 2071 nicht als i. S. d. § 33 EStG abzugsfähig anerkannt. 207 Zu einer Ablösezahlung eines türkischen Gastarbeiters zur Verkürzung seines Wehrdienstes in der Türkei BFH v. 20. 12. 1985 – VI R 45/84, BStBl. II 1986, 459. Hierzu i. S. e. Betrachtung des Ergebnisses ausschließlich vom Standpunkt der hiesigen Rechtsordnung vgl. Kanzler, H/H/R-EStG, § 33 Rn. 62. 208 Eingehend Wernsmann, Verhaltenslenkung, S. 62 ff. 209  Hey, H/H/R-EStG, Einf. EStG Rn. 62.

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ten i. S. d. § 3 Nr. 26 EStG („Übungsleiterfreibetrag“) als Sozialzwecknorm zur Förderung ehrenamtlichen Engagements zu verstehen.210 aa)  Positionen im Schrifttum Im Schrifttum haben sich zur Frage der Anwendbarkeit von § 40 AO auf Sozial­z wecknormen im Wesentlichen zwei Positionen herausgebildet. (1) Genereller Ausschluss der Anwendbarkeit auf be- oder vergünstigende Sozialzwecknormen Die derzeit wohl überwiegende Ansicht im Schrifttum will § 40 AO im Umgang mit Sozialzwecknormen außer Anwendung lassen, wenn diese sich be- oder vergünstigend für den Steuerpflichtigen auswirken können.211 Das liefe in praktischer Konsequenz auf einen generellen Ausschluss der Anwendung von derartigen Steuerbegünstigungsvorschriften auf gesetzes- oder sittenwidrige Verhaltensweisen hinaus. Begründet wird diese Ansicht damit, dass der Gesetzgeber bei der Regelung derartiger (begünstigender) Lenkungsnormen stets Belange des Gemeinwohls verfolge. Wer aber sitten- oder gesetzeswidrig handelt, störe das Gemeinwohl­ interesse. Eine „Begünstigung“ jener Störung bzw. Störer liefe dann dem gesetzgeberischen Zweck diametral zuwider.212 Die Vertreter dieser Ansicht erkennen zwar an, dass der Wortlaut („Besteuerung“, „eines Steuergesetzes“) von § 40 AO nicht zwischen Fiskal- und Sozialzwecknormen differenziert, wollen jenen aber teleologisch reduzieren.213 Zugleich neigen sie auch einer Bejahung des Leitgedankens einer „Einheit der Rechtsordnung“ zu.214 Dieser Aspekt ist für sie von eminenter Bedeutung, da die von ihnen favorisierte Handhabung des § 40 AO dann in praktischer Konsequenz den Weg ebnet, auf dem sich außersteuerrechtliche Normzwecke (die in Regelungen auf derselben normhierarchischen Ebene statuiert werden) ggf. bei der zweckorientierten Auslegung der begünstigenden Einzelsteuergesetze auswirken können.215 210 

BFH v. 11. 5. 2005 – VI R 25/04, BStBl. II 2005, 791, juris Rn. 19; Erhard, Blümich/ EStG, § 3 Nr. 26 Rn. 1. 211  Vor allem Tipke, StRO III, S. 1659 und Fischer, H/H/Sp-AO, § 40 Rn. 18 f. Ebenso Claus, Gewinnabschöpfung und Steuer, S. 61 f.; Raupach, in: FS Tipke, S. 105 (114); Ratschow, Klein/AO, § 40 Rn. 12; H. Weber, JuS 2000, 1059 (1061). 212  Tipke, StRO III, S. 1659; Fischer, H/H/Sp-AO, § 40 Rn. 18 f. 213  Tipke, StRO III, S. 1659. Die Methodik offen lassend, da zum gleichen Ergebnis führend, Fischer, H/H/Sp-AO, § 40 Rn. 19. 214  Tipke, StRO I, S. 57 ff.; Fischer, H/H/Sp-AO, § 40 Rn. 23 ff. Ebenso Raupach, in: FS Tipke, S. 105 (109 ff.). Dem Grundgedanken nach ähnlich Walz, Steuergerechtigkeit S. 199 ff., insb. 202 ff.

B.  „Wertneutralität“ des Steuerrechts, § 40 AO

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Der dargestellten Ansicht folgt grds. auch Schmieszek.216 Er differenziert aber danach, ob es sich bei dem maßgeblichen Verhalten oder Zustand um einen rein formellen oder auch um einen materiellen Verstoß handelt. Ein rein formeller Gesetzesverstoß sei nicht geeignet den mit einer Steuervergünstigung verfolgten Zweck in Frage zu stellen.217 215

Claßen hat vorgeschlagen, unter dem Oberbegriff der „Steuervergünstigungen“ zwischen Normen zu differenzieren, die an das Verhalten des Steuerpflichtigen anknüpfen („Lenkungsnormen“), und solchen, die ohne Verhaltensanknüpfung dazu dienen, steuerliche Grundsätze, beispielsweise die Effektivität der Steuerverwaltung, umzusetzen.218 Während er für letztere zu dem Schluss kommt, dass ein illegales Verhalten der Steuerpflichtigen irrelevant für die Gewährung der Steuervergünstigung sei, soll die Wirkung begünstigender Lenkungsnormen für den illegal agierenden Steuerpflichtigen nicht eintreten.219 Nicht ganz deutlich wird, ob Claßen dieses Resultat als Folge des „Grundsatzes der Lastengleichheit“ sieht oder als im Ergebnis gerechtfertigte Durchbrechung desselben.220 Einen differenzierenden Ansatz hatte in den 1960er Jahren auch Heuer vorgeschlagen: Er wollte hinsichtlich der Anwendung von § 5 Abs. 2 StAnpG danach unterscheiden, ob es um die Anwendung eines leistungsgewährend subventionierenden Gesetzes geht oder um die Anwendung einer Steuervergünstigung. Steuervergünstigungen hat er grundsätzlich noch im Anwendungsbereich des § 5 Abs. 2 StAnpG gesehen, leistungsgewährende Gesetze hingegen nicht.221 Technisch sah er dies schon dadurch gewährleistet, dass es sich im Fall von subventionsgewährenden Gesetzen nicht um Fälle der „Besteuerung“ handeln würde und § 5 Abs. 2 StAnpG demnach ohnehin nicht unmittelbar anwendbar sei. (2) Fokussierung auf das Einzelsteuergesetz Dem entgegen steht die Ansicht, wonach § 40 AO im Grundsatz, seinem weit gefassten Wortlaut entsprechend, generell für anwendbar gehalten wird.222 So lie215  Zur Bedeutung dieser Überlegung für die Diskussion D. Felix, Einheit der Rechtsordnung, S. 124; Lang, StuW 1985, 10 (21). 216  Schmieszek, B/G-AO, § 40 Rn. 8. 217  Schmieszek, B/G-AO, § 40 Rn. 34. Teilweise differenzierend, dabei aber ohne verallgemeinertes Kriterium, Fischer, H/H/Sp-AO, § 40 Rn. 39 f. 218  Claßen, Besteuerung des Unrechts, S. 147 ff. 219  Claßen, Besteuerung des Unrechts, S. 155 f. Nach Claßen sollen z. B. nicht genehmigte Ausfuhren von Kriegswaffen entgegen dem Wortlaut des § 4 Nr. 1 lit. a) Alt. 1 UStG umsatzsteuerpflichtig sein. 220 Vgl. Claßen, Besteuerung des Unrechts, S. 161 ff. 221  Heuer, FR 1963, 22 (25 f.). 222  Drüen, T/K-AO, § 40 Rn. 20 m. w. N. Differenzierend Hey, H/H/R-EStG, Einf. EStG Rn. 950, nach deren Ansicht § 40 AO nicht auf Steuervergünstigungen anwendbar

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§ 2  Steuer- und strafrechtliche Grundlagen der weiteren Untersuchungen

ge ggf. die Begünstigung auch nicht in der Wirkung des § 40 AO, sondern in der Wirkung der angewendeten Vorschrift aus den Einzelsteuergesetzen. Eine Nichtanwendung der be- oder vergünstigenden Vorschrift auf das sitten-, gebotsoder verbotswidrige Verhalten erachten die Vertreter dieser Ansicht nur dann für opportun, wenn dies dem gesetzgeberischen Zweck erkennbar zuwider liefe. Erkennbarkeit ist vor allem dann anzunehmen, wenn die Zwecksetzung schon im Wortlaut angelegt ist.223 Gegebenenfalls soll die entstehende Konkurrenz durch die allgemeinen Kollisionsregeln, insbesondere den Grundsatz „lex specialis derogat legi generali“, gelöst werden.224 Damit kann sinnvollerweise nicht gemeint sein, dass die Grammatik schon zu einem eindeutigen Ergebnis führt, sonst wäre schon i. S. d. § 40 AO der Tatbestand der Sozialzwecknorm nicht erfüllt und die Nichtanwendung beschriebe eine Selbstverständlichkeit. Vielmehr kann der Zweck auch innerhalb der Wortlautgrenzen mit allgemeinen Auslegungsregeln ermittelt werden, der Wertung aus § 40 AO ist dabei jedoch besonderes Gewicht einzuräumen. Gut darstellen lässt sich diese Vorgehensweise am Beispiel der in den §§ 51 ff. AO genannten Zwecke, die als Anknüpfungspunkte für Steuerbefreiungen (beispielsweise gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 9 S. 1 KStG, § 3 Nr. 6 S. 1 GewStG, § 12 Abs. 2 Nr. 8 lit. a) S. 1 UStG) dienen. Ausdrücklich geregelt ist dort der Ausschluss solcher Vereinigungen, die nach ihrer Satzung oder tatsächlichen Geschäftsführung verfassungswidrige Zwecke verfolgen, § 51 Abs. 3 AO. Herleiten lässt sich dies aber auch im Wege der Auslegung nach herkömmlichen Methoden. So verfolgt zum Beispiel ein Verein, der zwar nach seiner Satzung die Förderung einer Sportart bezweckt (§ 52 Abs. 2 S. 1 Nr. 21 AO), in dem jedoch systematisch illegales Doping, evtl. sogar unter Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz betrieben wird, nach seiner tatsächlichen Geschäftsführung nicht „die Förderung des Sports“.225

sein soll, trotzdem jedoch nach dem „Begünstigungstatbestand“ und seiner „Teleologie“ entschieden werden müsse, ob das Einzelsteuergesetz anwendbar ist oder nicht. Tenden­ ziell zust. Schwarz, S/P-AO, § 40 Rn. 24; Wendt, EFG 2015, 927 (927 f.). 223  Drüen, T/K-AO, § 40 Rn. 20 m. w. N. 224  So auch Koenig, Koenig/AO, § 40 Rn. 3 f. 225 So auch Seer, T/K-AO, § 52 Rn. 45. Allgemein BFH v. 3. 12. 1996 – I R 67/95, ­BStBl. II 1997, 474, juris Rn. 24; v. 13. 7. 1994 – I R 5/93, BStBl. II 1995, 134, juris Rn. 17 ff.; v. 29. 8. 1984 – I R 215/81, BStBl. II 1985, 106, juris Rn. 36; vgl. auch Krömker, L/S-AO, § 40 Rn. 4. Die Steuerbefreiung soll allerdings nicht schon wegen jedes (Bagatell-)Rechtsverstoßes entfallen, vgl. Musil, H/H/Sp-AO, § 52 Rn. 34. Bei eigenmächtigem Handeln Einzelner muss das Verhalten der Vereinigung bzw. ihrer Geschäftsführung zurechenbar sein, BFH v. 27. 9. 2001 – V R 17/99, BStBl. II 2002, 169, Ls. 1, juris Rn. 22 ff.

B.  „Wertneutralität“ des Steuerrechts, § 40 AO

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bb)  Rechtsprechung In der Rechtsprechung sind Fragen der Anwendbarkeit von Steuervergünstigungen auf Sachverhalte, in denen nicht gesetzeskonforme Verhaltensweisen festgestellt worden sind, vor allem in Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Straßenverkehrs- und dem Baurecht ergangen. (1) Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Straßenverkehrsrecht Eher allgemein zum Verhältnis der Wirkungen des § 40 AO und Steuerbegünstigungsnormen hat sich der VII. Senat des BFH in zwei Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Straßenverkehrsrecht geäußert. Die erste Entscheidung in diesem Sinne erging zur Gewährung einer Kraftfahrzeugsteuerbefreiung für einen Krankenkraftwagen, der ohne die hierfür erforderliche Genehmigung mit einem „Roten Kreuz“ und dem Zusatz „Kreisverband […]“ gekennzeichnet worden war (Ordnungswidrigkeit gemäß § 45 Abs. 1 Nr. 5 BOKraft).226 Der Senat stellt in der Begründung seines Urteils darauf ab, dass die materiellen Voraussetzungen für eine Erlaubnisfähigkeit vorgelegen haben und eine Befreiung nach § 3 Nr. 5 KraftStG 1979 (grundsätzlich) zu erlangen gewesen wäre. Weiterhin hat das Gericht festgestellt, es sei „angesichts der allgemeinen Fassung der Vorschrift und des mit dieser verfolgten Zwecks der wertungsindifferenten Besteuerung grundsätzlich geboten, die Wirkungen begünstigender Steuerrechtsnormen ohne Rücksicht auf die Verbotswidrigkeit tatbestandsmäßigen Verhaltens eintreten zu lassen.“227 Der Einheit der Rechtsordnung hat es Nachrang hinter der „klaren Entscheidung des Gesetgebers“ in § 40 AO eingeräumt. Ein anderes Ergebnis soll hiernach nur angenommen werden, wenn aus dem Wortlaut des angewendeten Einzelsteuergesetzes zu entnehmen ist, dass jenes nicht auf derart gesetzeswidrige Sachverhalte anzuwenden ist.228 Auch im Urteil des BFH vom 17. 12. 1991229 wurde die Kraftfahrzeugsteuerbefreiung gewährt. Dort war ein Kraftomnibus ohne Genehmigung im Linienverkehr zu Schülerfahrten verwendet worden (Ordnungswidrigkeit gemäß § 61 Abs. 1 Nr. 1 PBefG). Da § 3 Nr. 6 KraftStG 1979 jedoch nur das Vorliegen von „Linienverkehr“ verlange, sei unerheblich, ob dieser auch genehmigt worden sei oder nicht. Der „Gesichtspunkt der Einheit der Rechtsordnung“ vermöge ein anderes Ergebnis nicht zu begründen und ein (nicht geprüfter) „Verstoß gegen eine reine Ordnungsvorschrift“ sei „nicht geeignet, den durch die Steuerbefreiung 226 

BFH v. 7. 11. 1989 – VII R 115/87, BStBl. II 1990, 251. Ebd., juris Rn. 6. 228 Ebd., juris Rn. 7. 229  BFH v. 17. 12. 1991 – VII R 103/90, BFH/NV 1992, 696. 227 

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verfolgten Zweck in Frage zu stellen.“230 Wie auch in der zuvor zitierten Entscheidung hat der Senat sein Ergebnis unter expliziter Einbeziehung von § 40 AO begründet. (2) Entscheidungen im Zusammenhang mit dem Baurecht In eine andere als die zuvor angedeutete Richtung weisen die Entscheidungen des III. Senats und des X. Senats des BFH zur Gewährung einer Investitionszulage nach § 4b InvZulG 1975 bzw. Steuerbegünstigungen nach § 10e EStG. (a) Investitionszulage Investitionszulagen sind Geldleistungen des Staates, die zur Unterstützung von Investitionen in bestimmten Regionen (Fördergebiete) beantragt werden können. Im Urteil des III. Senats vom 8. 2. 1980 ist im Ergebnis die Gewährung einer Investitionszulage nach § 4b InvZulG 1975 abgelehnt worden.231 Im konkreten Fall begehrte der Steuerpflichtige die Erlangung der Zulage für die Errichtung eines Gebäudeteils, wobei er hierfür keinen Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung gestellt hatte.232 Gegen die Nichtgewährung der Zulage durch das Finanzamt hatte sich der Steuerpflichtige zunächst erfolglos im Wege des Einspruchs, dann jedoch erfolgreich vor dem Finanzgericht gewehrt. Letzteres hatte angenommen, dass die Frage, ob eine Zulage gewährt wird, in § 4b InvZulG 1975 nicht vom Vorliegen einer Baugenehmigung abhängig sei und die Vorschrift keine baupolizeilichen Zwecke, sondern lediglich konjunkturpolitische Ziele verfolge. Der BFH ist hingegen der Rechtsansicht des BMF233 und dem Vortrag des Revisionsklägers, des Finanzamts, gefolgt. Das bedeutet, dass der BFH das Bauvorhaben ohne den Nachweis, dass es dem materiellen Baurecht entspricht, so behandelt hat, als sei es materiell baurechtswidrig errichtet worden.234 Erwägungen zur Prüfung der formellen oder materiellen Baurechtswidrigkeit hat der BFH dabei nicht angestellt. Unter diesen Voraussetzungen sah das Gericht in der Förderung einer möglicherweise beseitigungsfähigen Anlage einen nicht auflösbaren Konflikt mit der Einheit der Rechtsordnung und hob die Entscheidung der Vorinstanz ohne weitere Berücksichtigung von § 40 AO auf.235 230 Ebd.,

juris Rn. 9. BFH v. 8. 2. 1980 – III R 104/78, BStBl. II 1980, 474, juris Rn. 2. 232 Ebd., juris Rn. 13. 233  BMF v. 5. 5. 1974 – IV B 2-S 1988 - 150/77, Tz. 139 (dort unter D.II.3.d)cc)(2)). 234  Die Entscheidungsbegründung formuliert insofern unsicher: „[…] entgegen den materiellen baurechtlichen Vorschriften ohne Baugenehmigung errichtet“, BFH v. 8. 2. 1980 – III R 104/78, BStBl. II 1980, 474, Ls., juris Rn. 11. 235  BFH v. 8. 2. 1980 – III R 104/78, BStBl. II 1980, 474. Vgl. auch BMF v. 8. 5. 2008 – IV C 3InvZ 1015/07/0001, 2008/0237881, BStBl. I 2008, 590, Rz. 85. 231 

B.  „Wertneutralität“ des Steuerrechts, § 40 AO

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(b) Steuerbegünstigung nach § 10e EStG Ähnlich lesen sich auch die Begründungen zu zwei Urteilen des X. Senats bzgl. der Gewährung der Steuerbegünstigung nach § 10e EStG.236 Diese Vorschrift erlaubt(e)237 es, Anschaffungs- und Herstellungskosten für zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnungen „wie Sonderausgaben“ steuerlich geltend zu machen. Der Wortlaut des § 10e EStG nennt als Voraussetzung nicht, dass es sich um eine materiell baurechtmäßige Wohnung handelt. Ebenso wenig fordert er das Vorliegen einer Baugenehmigung bzw. einer behördlichen Bescheinigung der mangelnden Erforderlichkeit derselben. In beiden den Urteilen zugrundeliegenden Sachverhalten wurden jeweils zunächst oder dauerhaft keine Baugenehmigungen beantragt. Dabei ist in beiden Fällen entschieden worden, dass ohne Vorliegen einer Baugenehmigung bzw. einer behördlichen Bescheinigung darüber, dass eine Baugenehmigung für das konkrete Vorhaben nicht erforderlich ist, kein Sonderausgabenabzug zu gewähren ist.238 Zur Begründung wurde der Wohnungsbegriff so ausgelegt, dass nur nach dem materiellen Baurecht zu bestimmen sei, wann es sich um eine Zusammenfassung von Räumen handelt, die nach ihrer baulichen Gestaltung und Erschließung zum dauernden Aufenthalt von Menschen geeignet sind.239 Darauf, dass Menschen die Räumlichkeiten tatsächlich wie eine Wohnung benutzen, sollte es demnach nicht ankommen. Der Nachweis der materiellen Baurechtmäßigkeit wurde wiederum nur als erbracht angesehen, wenn eine Baugenehmigung oder die behördliche Bescheinigung der mangelnden Erforderlichkeit einer solchen vom Steuerpflichtigen vorgelegt wird. Als Indiz für die Notwendigkeit dieser Interpretation des § 10e EStG hat der Senat auch den Wortlaut der Übergangsregelung in § 52 Abs. 14 S. 3 EStG a. F. angeführt, der für die zeitliche Geltung der geänderten Fassung des § 10e EStG auf die Stellung eines Bauantrags hingewiesen hat. Das Vorliegen der genannten Nachweise wurde damit zur impliziten Voraussetzung des § 10e EStG, was dadurch bestätigt wird, dass der X. Senat im Jahr 1999 auch bei nachträglicher Beibringung einer Baugenehmigung eine Korrektur für bereits abgeschlossene Veranlagungszeiträume abgelehnt hat.240 236  BFH v. 2. 6. 1999 – X R 84/97, BStBl. II 1999, 598; v. 31. 5. 1995 – X R 245/93, ­BStBl. II 1995, 875. 237  Die Vorschrift hat keine aktuelle Bedeutung mehr, vgl. Kulosa, Schmidt/EStG, § 10e. 238  BFH v. 2. 6. 1999 – X R 84/97, BStBl. II 1999, 598, Ls.; v. 31. 5. 1995 – X R 245/93, BStBl. II 1995, 875, Ls. 239  BFH v. 31. 5. 1995 – X R 245/93, BStBl. II 1995, 875, Ls. Vgl. auch BFH v. 2. 6. 1999 – X R 84/97, BStBl. II 1999, 598, Ls.; v. 4. 3. 1998 – X R 142/94, BFH/NV 1998, 965, juris Rn. 48. 240  BFH v. 2. 6. 1999 – X R 84/97, BStBl. II 1999, 598, juris Rn. 11.

§ 2  Steuer- und strafrechtliche Grundlagen der weiteren Untersuchungen

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Mit dieser Würdigung wurde auch festgestellt, dass der Tatbestand des Steuergesetzes in § 10e EStG nicht i. S. d. § 40 AO verwirklicht worden ist. Dementsprechend ist § 40 AO seinem Wortlaut nach dann auch nicht als einschlägig behandelt worden. Auf diesem Weg ist eine Kollision mit der o. g. Rechtsprechung des VII. Senats241 vermieden worden, womit offengeblieben ist, ob sich der X. Senat jener Rechtsprechung anschließt oder nicht. (3) Zwischenfazit In Ermangelung einer eindeutigen Stellungnahme des X. Senats bleibt schließlich offen, ob jener in Fällen, in denen er nicht zu dem Ergebnis kommt, dass schon der Wortlaut der einschlägigen Vorschrift des Einzelsteuergesetzes die Aussonderung aus dem Anwendungsbereich von § 40 AO bewirkt, im Einklang mit der Rechtsprechung des VII. Senats entscheiden würde. Der Rechtsprechung des BFH kann somit in der Frage der Anwendbarkeit des § 40 AO auf Sozialzwecknormen keine eindeutige Haltung abgerungen werden,242 höchstens eine Tendenz zur Differenzierung zwischen Sachverhalten mit rein formellen und Sachverhalten mit (auch) materiellen Verstößen. Auch diese Tendenz ist nicht eindeutig, da in den Fällen zu den Steuerbegünstigungen für bestimmte Bauwerke nicht klar gewesen ist, ob tatsächlich materielle Verstöße vorlagen. Eine Differenzierung in leicht und schwer nachprüfbare formelle Rechtsverstöße ist aber nicht verallgemeinernd postuliert worden. Alles in allem ist in der Rechtsprechung damit weder abschließend geklärt, ob begünstigende Sozialzwecknormen im Grundsatz allgemein oder unter speziellen Voraussetzungen auch auf rechtswidriges Verhalten anwendbar sein sollen, noch ist geklärt, welche Rolle § 40 AO für die Beantwortung dieser Frage spielt.243 c)  Schlussfolgerungen aus den dargestellten Problemkreisen aa)  Gemeinsamkeit der dargestellten Probleme Aus den dargestellten Beispielen wird deutlich, dass die Tendenz zur Vermeidung relativ vorteilhafter Ergebnisse für den Steuerpflichtigen dadurch befördert wird, dass die Wirkung des § 40 AO dem Wortlaut nach von der Bedingung abhängig ist, dass ein „Verhalten den Tatbestand eines Steuergesetzes ganz oder zum Teil erfüllt“. Dem intuitiven Rechtsgefühl entsprechend besteht daher eine Neigung die Erfüllung des Tatbestandes eines ihm relativ günstigeren Steuergesetzes zu verneinen, indem Tatbestandsmerkmale um implizite Voraussetzungen, wie die Legalität eines bestimmten Verhaltens, ergänzt werden. Dieses Vorgehen 241 

s. o. § 2 B. II. 2. b) bb) (1). Drüen, T/K-AO, § 40 Rn. 20. 243 Vgl. Drüen, T/K-AO, § 40 Rn. 20. 242 

B.  „Wertneutralität“ des Steuerrechts, § 40 AO

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wird im steuerrechtlichen Schrifttum vielfach kritiklos hingenommen oder mit Blick auf das Ergebnis im jeweiligen Einzelfall ausdrücklich bejaht.244 Insofern ist auch in der Öffnung des Wortlautes von § 40 AO („[…] das den Tatbestand eines Steuergesetzes ganz oder zum Teil erfüllt […]“) für ein solches Vorgehen die gemeinsame Begründung für die Probleme bei der Beschreibung von Anwendungsbereich und Wirkungsweise der Vorschrift zu suchen. Ein solches Vorgehen lässt sich vielleicht auch dadurch erklären, dass das Steuerrecht wie kaum ein anderes Rechtsgebiet zur Regelung von Massenfällen berufen ist und der Gesetzgeber, um der Vielgestaltigkeit der Lebenswirklichkeit gerecht werden zu können, bei der Gestaltung von Steuergesetzen in umfangreichem Maße auf Typisierungen und Typusbegriffe zurückgegriffen hat.245 Wenn ein „typischer Fall“ umschrieben wird, wird aber die Mutmaßung beflügelt, dass der Gesetzgeber sich auch an typischen menschlichen Verhaltensbildern orientiert hat. Wenn man aber davon ausgeht, dass sich deviant und delinquent agierende Steuerpflichtige insofern tendenziell in der Öffentlichkeit bedeckt halten, liegt es nahe, dass die Legislative sich bei ihrer Arbeit daran orientiert hat, dass sich die überwiegende Zahl der Steuerpflichtigen den gesetzlichen Ge- und Verboten entsprechend verhält.246 bb)  Positionierung hinsichtlich der erläuterten Problemfrage Hierin lässt sich auch ein Argument auf der Suche nach einer Lösung des Streites um den Anwendungsbereich des § 40 AO sehen: Wenn § 40 AO zuließe, dass seine eigene Anwendbarkeit suspendiert werden kann, indem die Voraussetzung legalen Verhaltens u. Ä. in die Tatbestände der steuerlichen Einzelgesetze „hineingelesen“ wird, dann wird sein Anwendungsbereich beliebig verfügbar.

244  I. d. S. etwa deutlich und inhaltlich widersprüchlich E. Krüger, der betont, es gehe beim Abzugsverbot von Geldbußen „nicht um einen Wertungsvorrang der Zwecke des Strafrechts und des Rechts der Ordnungswidrigkeiten vor der ethischen Wertneutralität des Steuerrechts, sondern um die Bewahrung der Einheit der Rechtsordnung“, ders., DStR 2016, 895 (898). Gerade die Vertreter der Ansicht, dass sich die Sanktionsabzugsverbote auch ohne ausdrückliche gesetzliche Regelung über die Argumentationsfigur der „Einheit der Rechtsordnung“ oder der „Einheit des ordre public“ (Walz) herleiten ließen, argumentieren aber mit einem Wertungsvorrang von straf- und ordnungsrechtlichen Zwecksetzungen, Raupach, in: FS Tipke, S. 112 ff., insb. 119; Walz, StuW 1984, 170 (173). Die Spannungslage zwischen einer wortlautnahen Auslegung der Steuergesetze unter Berücksichtigung der Wertung des § 40 AO und dem Ziel der Umsetzung eines steuerlichen Ergebnisses, das aus außersteuerlichen Normen hergeleitet wird, wird v. a. im Zusammenhang mit Einzelentscheidungen der Rspr. deutlich, vgl. Fischer, H/H/Sp-AO, § 40 Rn. 41; Wendt, EFG 2015, 927 (927 f.). 245 Ausführlich Wernsmann, DStR-Beih. 31 (2011), 72 (72 ff.) m. w. N. 246 Ähnlich Claßen, Besteuerung des Unrechts, S. 118 f.

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§ 2  Steuer- und strafrechtliche Grundlagen der weiteren Untersuchungen

Dass der Gesetzgeber ein solches Ergebnis bei Übernahme der Regelung in die AO 1977 vor Augen hatte, darf allerdings bezweifelt werden. Einsichtig wäre dies nur, wenn mit der Schaffung und Aufrechterhaltung der Norm in § 40 AO bzw. § 5 Abs. 2 StAnpG ausschließlich beabsichtigt worden wäre, die steuerliche Partizipation an Umsätzen aus verbots-, gebots- und sittenwidrigen Verhaltensweisen zu ermöglichen. Wie gezeigt, lässt sich dies jedoch nicht historisch verifizieren: Es wurde eine Gleichbehandlung innerhalb der Gesamtheit der Steuerpflichtigen, mit dem Ziel leistungsfähigkeitsgerechter Besteuerung angestrebt und keine Ausdehnung strafrechtlicher Repression über das Steuerrecht. Davon zeugt auch die bis 1939 – also auch nach Schaffung des § 5 Abs. 2 StAnpG 1934 – anerkannte Abzugsfähigkeit von Ordnungsstrafen (jene entsprachen den heutigen Geldbußen).247 Zwar mag es richtig sein, dass die Differenzierung von Fiskal- und Sozialzwecknormen bei Schaffung des § 5 Abs. 2 StAnpG noch nicht dieselbe Rolle gespielt hat, die sie heute spielt.248 Daraus lässt sich jedoch das Argument, eine Anwendung von § 40 AO sei historisch nur auf Fiskalzwecknormen (dann folgerichtig: solche nach heutigem Verständnis) gewollt gewesen, nicht ableiten. Zum einen muss insofern nicht erst auf die erstmalige gesetzliche Verkörperung (1934), sondern auch auf die Schaffung und Praktizierung des Rechtsgedankens abgestellt werden (ab 1920), zum anderen kann – wie gezeigt – auch der Verweis auf historische Ansichten zur Anwendung des § 5 Abs. 2 StAnpG nicht überzeugen. Zuletzt ist diesbezüglich auch zu bemerken, dass der Gesetzgeber der AO 1977 die Regelung unter geringfügigen redaktionellen Änderungen (also nicht vollends unbesehen) in § 40 AO übernommen hat.249 Die Differenzierung von Fiskalzweck- und Sozialzwecknormen ist jedenfalls zu diesem Zeitpunkt nicht mehr unbekannt gewesen.250 Zur Kritik an einem – hier unterstützten – umfassenden, d. h. nicht teleologisch zu reduzierenden, Wortlautverständnis gehört auch das Argument, dass 247  RFH v. 8. 3. 1939 – VI 175/39, RFHE 46, 236 (236). Vgl. im Grundsatz auch Becker, Grundlagen ESt, S. 294. 248  Tipke, StRO III, S. 1659. 249  Vgl. Abgabenordnung (AO 1977) v. 16. 3. 1976, BGBl. I 1976, 613 (626). Zum Wortlaut des § 5 Abs. 2 StAnpG s. Fn. 65. 250 So wurde in der AO 1977 auch der einfachgesetzliche Steuerbegriff (zuvor: § 1 RAO), der nach h. M. den verfassungsrechtlichen Steuerbegriff zutreffend wiedergibt, in § 3 Abs. 1 S. 1 AO um einen Hs. 2 ergänzt. Jener besagt, dass die Einnahmenerzielung auch Nebenzweck sein kann. Damit ist gemeint, dass z. B. Sozialzwecke auch Hauptzweck begrifflicher „Steuern“ sein können, Wernsmann, Verhaltenslenkung, S. 178. Diese Anpassung wurde als Reaktion auf die bis dahin ergangene Rspr. des BVerfG vorgenommen, vgl. BT-Drs. 6/1982, S. 98 f. Mit zahlreichen Nachw. zu dieser Rspr. Wernsmann, H/H/Sp-AO, § 3 Rn. 9. Die Differenzierung zwischen Fiskal- und Sozialzwecknormen war zum Zeitpunkt der Einführung der AO 1977 also keine Unbekannte mehr.

B.  „Wertneutralität“ des Steuerrechts, § 40 AO

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der Gesetzgeber keine Regelung in dem Sinne habe schaffen wollen, nach der es für die Gewährung von Steuervergünstigungen gleichgültig sei, ob das maßgebliche Verhalten gesetzes- oder sittenwidrig ist.251 Der gewählte Wortlaut sieht allerdings ebenso wenig eine Einschränkung auf Fiskalzwecknormen vor.252 Eine teleologische Reduktion i. d. S. böte sich nur an, wenn mit den Begriffen „Besteuerung“ und „Steuergesetze“ ausschließlich Fiskalzwecknormen gemeint wären. Abgesehen davon, dass dies auch unter Berücksichtigung der Umgangssprache nicht überzeugend wirkt, wäre einer solchen Argumentation zudem die systematische Interpretation des § 40 AO entgegenzuhalten: Demnach ist die Vorschrift bezogen auf das „Steuerschuldverhältnis“ i. S. d. § 37 Abs. 1 AO. Die Anwendung von Regelungen zu Sonderabschreibungen, Sonderausgaben, außergewöhnlichen Belastungen etc. gehen aber gerade auch in „Steueransprüchen“ auf und sind deshalb als Bestandteile des Steuerschuldverhältnisses zu sehen. Eine derartig trennscharfe Einteilung der „Steuergesetze“ sowie vor allem der Regelungen innerhalb der Steuergesetze in die eine oder andere Kategorie ist schließlich nicht vorgesehen, vgl. § 3 Abs. 1 AO. Bei genauerer Betrachtung bietet der Ansatz, nach dem § 40 AO ggf. einschränkend auszulegen ist, weiterhin auch Anlass zur Diskussion, wenn man berücksichtigt, welche Wirkungsweise der Vorschrift hiernach indirekt entnommen wird: Der teleologischen Reduktion bedarf es nämlich nur, wenn man davon ausgeht, dass die Einzelsteuergesetze bei Unterlassung der Reduktion von § 40 AO die Gesetzeswidrigkeit von Verhaltensweisen stets vernachlässigen müssten. Indirekt und vielleicht unbewusst wird § 40 AO damit als Auslegungsregel für die Einzelsteuergesetze verstanden. Bewegt man sich innerhalb der Logik dieser Ansicht, müsste die Auslegungsregel inhaltlich vorgeben, dass die Gesetzes- oder Sittenwidrigkeit schon im Grundsatz für die Frage, ob ein Verhalten den Tatbestand eines Steuergesetzes erfüllt, keine Rolle spielen darf. Auf den ersten Blick könnte ein solches Verständnis einen erfreulichen Effekt bewirken: § 40 AO wäre dann nämlich befähigt, seinen eigenen Anwendungsbereich zu schützen; das wäre der Rechtssicherheit zuträglich. Bei genauerem Hinsehen verschwindet allerdings auch dieser Vorteil wieder: Isoliert auf primär fiskalzweckorientierte Regelungen bezogen, ließen sich hinter einem solchen Gedanken womöglich zahlreiche Stimmen der Literatur vereinigen. Spätestens bei der Diskussion um die Geltung der vermeintlichen Auslegungsregel für in erster Linie begünstigende Sozialzwecknormen, würde der bestehende Streit aber erneut entbrennen und es wäre nichts gewonnen. Im Übrigen sind § 40 AO und seine Vorgängerregelung in § 5 Abs. 2 S ­ tAnpG gesetzessystematisch zu keiner Zeit als Auslegungsregeln gefasst worden: In sei251  252 

Tipke, StRO III, S. 1659. So auch Tipke, StRO III, S. 1659.

§ 2  Steuer- und strafrechtliche Grundlagen der weiteren Untersuchungen

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ner ersten Fassung 1934 fand sich die Regelung im 3. Unterabschnitt des I. Abschnitts zur „Steuerschuld“ wieder, während nur der erste Unterabschnitt zugleich unter dem Titel „Auslegung“ firmierte. In diesem Sinne waren damals bei der Auslegung nach § 1 Abs. 2 und 3 StAnpG vor allem auch die wirtschaftliche Bedeutung von Steuergesetzen und Sachverhalten sowie die Entwicklung der Verhältnisse (i. S. d. nationalsozialistischen Weltanschauung) zu beachten. In die AO 1977 wurden schließlich keine ausdrücklichen Auslegungsvorschriften mehr übernommen, da der Gesetzgeber der Ansicht gewesen ist, dass die Legitimität einer teleologischen Auslegung nach wirtschaftlicher Betrachtungsweise schon aus allgemeinen Grundsätzen folge und insofern keiner gesonderten Kodifikation bedarf.253 Aus diesem historischen Prozess lässt sich zudem ableiten, dass insbesondere auch auf die Regelung von Generalklauseln zur Einbeziehung von Weltanschauungen hinsichtlich der „Entwicklung der Verhältnisse“ verzichtet werden sollte. Damit bleibt ein Bereich, in dem der zuvor beschriebene Einfluss von § 40 AO als Schutz seines eigenen Anwendungsbereiches und damit wie eine Auslegungsregel funktioniert. Für den Bereich der Einkommensbesteuerung (auch bei Körperschaften) setzt die Idee der Erfassung auch deviant oder delinquent erworbenen Einkommens voraus, dass die Tatbestände zur Beschreibung desselben „neutral“ ausgelegt werden. Das betrifft sodann die Regelung der Einkunftsarten und die Tatbestände zur Einkünfteermittlung. Wenn man dem Drogendealer oder Hehler entgegenhielte, er betreibe keinen Gewerbebetrieb, da er seine Erträge nicht durch eine Beteiligung am „allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr“ generiere, bzw. die Erträge niemals zu „Gewinnen“ führen könnten, da er nicht darauf hoffen könne jene behalten zu dürfen, so fiele die gesamte Idee hinter der Einführung von § 40 AO in sich zusammen. Die bereichsspezifische Konkretisierung des allgemeinen Gleichheitssatzes durch Leistungsfähigkeitsprinzip und objektives Nettoprinzip sorgen dafür, dass dieser Gedanke gleichmäßig für alle Einkunftsarten und Vorschriften zur Einkünfteermittlung gelten muss. Durchbrechungen dieses Grundsatzes bedürfen daher einer klaren und eindeutigen Anlage im Wortlaut der entsprechenden Vorschriften. Das geht über den Gedanken der weitestgehend vertretenen Anwendbarkeit von § 40 AO auf Fiskalzwecknormen hinaus, da hiermit auch lediglich die Idee umschrieben werden kann, dass die Anwendung einer Vorschrift nicht unter dem Verweis auf die Sittenwidrigkeit oder Gesetzeswidrigkeit eines Verhalten verweigert werden kann, wenn zuvor die Anwendbarkeit des Tatbestandes bejaht worden ist. Unter diesem Eindruck lässt sich dann auch der Zusammenhang zwischen § 40 AO und der Einheit der Rechtsordnung einbinden. Versteht man hierunter im Wesentlichen die Einheit der geschriebenen gesetzlichen Regelungen und 253 

Ausführlich hierzu Wernsmann, H/H/Sp-AO, § 4 Rn. 8 f.

B.  „Wertneutralität“ des Steuerrechts, § 40 AO

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nicht auch allgemeine, informelle Wertanschauungen, so gehört zu diesen Regelungen auch § 40 AO selbst. Da es sich hierbei um eine allgemeine Regelung für Steuergesetze handelt, sollte schon die Frage zu denken geben, ob jene überhaupt einschränkbar ausgelegt werden kann, um die Einbeziehung außersteuerlicher Wertungen zu ermöglichen. Hält man sich vor Augen, dass der Rechtsgedanke hinter § 40 AO zum Teil deckungsgleich mit den Konsequenzen des Leistungsfähigkeitsprinzips und insofern lediglich deklaratorisch ist, liegt der Verdacht nahe, dass seine explizite Fassung in Gesetzesform gerade gewählt worden ist, um Vorgängen vorzubeugen, bei denen außersteuerrechtliche Erwägungen unbesehen in die Auslegung von Steuergesetzen hineingetragen werden. Eine teleologische Reduktion der Vorschrift zu wählen, um genau das entgegengesetzte Ergebnis zu erreichen, wird dem nicht gerecht. § 40 AO ist nach hier vertretenem Verständnis gerade als allgemein gefasste Prinzipienschranke konzipiert. Was die Kritik angeht, dass ein solches Verständnis eine ethische Haltung vermissen lässt,254 so lässt sich jene auch positiv wenden und als strenges Verständnis des Gesetzesvorbehalts verstehen, das gerade für den Bereich des Steuerrechts zu Recht betont wird.255 Die Befürchtung, dass hierdurch unsinnige Ergebnisse, wie die direkte Subvention von gesetzeswidrigem oder sogar kriminellem Verhalten hervorgebracht werden, lässt sich durch ein methodisch gründliches Vorgehen bei der Auslegung der Steuergesetze beruhigen. Soweit dies in Einzelfällen noch zu politisch unliebsamen Ergebnissen führt, so ist der Gesetzgeber berufen, diese de lege ferenda zu korrigieren.256 (1) Bedeutung für die Beurteilung der Steuerbegünstigung nach § 10e EStG In praktischer Konsequenz erscheint es daher zum Beispiel vertretbar im Rahmen der Subsumtion unter § 10e EStG die Eignung von Räumlichkeiten zum dauerhaften Aufenthalt von Menschen in Frage zu stellen, wenn die erhebliche Wahrscheinlichkeit besteht, dass diese Voraussetzung durch ein baupolizeiliches Einschreiten beseitigt werden wird. Dieses Ergebnis kann jedoch schon über die

254 

Walz, StuW 1984, 170 (170). Vgl. auch Tipke, der das Pendant zu § 40 AO in P. Kirchhofs Entwurf eines Steuergesetzbuches damit kommentiert, dass „ethikfreie Positivisten daran keinen Anstoß nehmen mögen“, Tipke, StRO III, S. 1658. Gegen derartige Kritik hat sich z. B. auch Tanzer verwahrt, Tanzer, wistra 1984, 159 (161). 255  Vgl. auch Offerhaus, DI 1984, 313 (313). Ebenso D. Felix, Einheit der Rechtsordnung, S. 394 f. Zum strengen Gesetzesvorbehalt für den Bereich des Steuerrechts BVerfG v. 5. 11. 2014 – 1 BvF 3/11, BVerfGE 137, 350, juris Rn. 33; v. 24. 1. 1962 – 1 BvR 232/60, BVerfGE 13, 318, juris Rn. 29. Vgl. Schenke, Rechtsfindung im Steuerrecht, S. 73. 256 Vgl. den entsprechenden Appell des Großen BFH-Senats i.R.d. „Geldbußenbeschlüsse“, BFH v. 21. 11. 1983 – GrS 2/82, BStBl. II 1984, 160, juris Rn. 75. Gegen eine umfassende Einschränkung des § 40 AO auch Lang, StuW 1985, 10 (23).

§ 2  Steuer- und strafrechtliche Grundlagen der weiteren Untersuchungen

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Auslegung der Vorschrift selbst gewonnen werden.257 Andererseits erscheint es zu weitgehend auch im Rahmen der Beurteilung steuerrechtlicher Vorschriften die Beibringung bestimmter Genehmigungen als Nachweis der Voraussetzungen des steuergesetzlichen Tatbestandes zu verlangen, wenn der Steuertatbestand hierüber schweigt und der entsprechende Nachweis auch anders geführt werden kann.258 (2) (Nur) Im Ausland legale Eizellspende und § 33 EStG Weitaus schwieriger erscheint die Entscheidung, wie die Kosten einer im Ausland vorgenommenen und dort legalen, im Inland aber verbotenen Eizellspende zu bewerten sind. Die nachfolgende Betrachtung nimmt dabei zu den Entscheidungsgründen des FG Berlin-Brandenburg nur insofern Stellung, als sich Bezüge zum Umgang mit dem Anwendungsbereich von § 40 AO herstellen lassen. Das entscheidende Tatbestandsmerkmal zur Beurteilung des betrachteten Falles liegt in der Forderung des § 33 EStG, dass zu beurteilende Aufwendungen „zwangsläufig“ entstehen müssen. Dass es bei der Beurteilung dieser Frage nicht darum gehen kann, betroffene Steuerpflichtige generell darauf zu verweisen, dass sie einen Kinderwunsch, der sich ohne ärztliche Assistenz nicht realisieren lässt, auch unerfüllt lassen können, ist inzwischen ebenso in der Rechtsprechung anerkannt, wie die Berücksichtigung auch der Kosten einer heterologen259 künstlichen Befruchtung im Fall einer organisch bedingten Sterilität des Ehemannes.260 Nun trifft es zu, dass der Gesetzgeber durch die Regelung in § 1 ESchG zum Ausdruck gebracht hat, dass er die Vornahme einer Eizellspende innerhalb des 257 

So auch D. Felix, Einheit der Rechtsordnung, S. 396. Weber-Grellet, FR 1999, 963 (964); Schwarz, S/P-AO, § 40 Rn. 24. 259  Von einer homologen In-vitro-Fertilisation wird nach gängigem Verständnis v. a. dann gesprochen, wenn die künstliche Befruchtung bei einem Ehepaar mit Eizellen und Samen des Ehepaares durchgeführt wird. Unter heterologer In-vitro-Fertilisation werden alle anderen Formen der In-vitro-Fertilisation verstanden, also die Befruchtung einer fremden Eizelle mit dem Samen des Ehemannes, Befruchtung eigener Eizellen der Ehefrau mit dem Samen eines fremden Mannes, künstliche Befruchtungen bei nicht verheirateten Paaren, bei gleichgeschlechtlichen Paaren und bei einer unverheirateten Frau. Nach leicht abweichendem Verständnis werden als homolog oder quasi-homolog auch künstliche Befruchtungen bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften verstanden, wenn soziale und genetische Eltern identisch sind. Zum Ganzen BFH v. 28. 7. 2005 – III R 30/03, B ­ StBl. II 2006, 495, juris Rn. 28 m. w. N. 260  Vgl. BFH v. 17. 3. 2017 – VI R 34/15, BFH/NV 2017, 1371, juris Rn. 14; v. 16. 12. 2010 – VI R 43/10, BStBl. II 2011, 414, juris Rn. 16 ff. A. A. noch BFH v. 18. 5. 1999 – III R 46/97, BStBl. 1999, 761, Ls., juris Rn. 8 ff. Ebenfalls anerkannt ist die Berücksichtigung der Kosten einer unverheirateten Frau für eine künstliche Befruchtung als außergewöhnliche Belastung, BFH v. 10. 5. 2007 – III R 47/05, BStBl. II 2007, 871, juris Rn. 20 ff. A.A noch BFH v. 28. 7. 2005 – III R 30/03, BStBl. II 2006, 495, juris Rn. 40 ff. 258 Ähnlich

B.  „Wertneutralität“ des Steuerrechts, § 40 AO

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Geltungsbereiches der deutschen Rechtsordnung ablehnt. Wie kann diese Wert­ entscheidung aber Berücksichtigung bei der Frage finden, ob ein bestimmter Aufwand als außergewöhnliche Belastung berücksichtigungsfähig ist? Das FG BerlinBrandenburg wählt hier den Verweis auf die Betrachtung der Richtlinien der Berufsordnung der zuständigen Ärztekammer zur Durchführung der nämlichen Heilbehandlung. Die Maßgeblichkeit derartiger Richtlinien ist gesetzlich nicht verankert und wurde im Ergebnis durch die Rechtsprechung eingeführt.261 Grundsätzlich macht diese Betrachtung dort Sinn, wo ein Maßstab dafür gefunden werden muss, ob bestimmte „Heilungsmaßnahmen“ aus medizinischer Sicht überhaupt geeignet erscheinen, eine Besserung der als krankhaft angesehenen Lage herbeizuführen (vgl. auch § 64 Abs. 1 Nr. 2 lit. f) EStDV).262 Nur dann können sie auch steuerrechtlich als zwangsläufig angesehen werden. § 1 ESchG sagt hingegen direkt nichts darüber aus, ob eine Eizellspende zur Erfüllung eines Kinderwunsches führen kann, sondern verbietet Ärzten (bzw. allgemein Dritten) eine Übertragung von fremden unbefruchteten Eizellen etc. vorzunehmen. Wenn ein normativer Gehalt von § 1 ESchG in die steuerrechtliche Würdigung übertragen wird, dann bezieht sich das also nicht auf die Integration medizinischen Fachwissens, sondern auf die mittelbare Einbringung ethischer Anschauungen hinsichtlich einer bestimmten Art der künstlichen Befruchtung.263 Die eigentliche Frage liegt also darin, ob die betroffene Steuerpflichtige sich durch diese Anschauungen, die § 1 ESchG bestimmen, davon überzeugen lassen muss, dass ihr Bedürfnis nach der Erfüllung eines Kinderwunsches über den von ihr gewählten Weg nicht zwangsläufig ist, weil der Gesetzgeber eben diesen Weg missbilligt. Im Grunde wird die Zwangsläufigkeit an dieser Stelle negiert, indem die Betroffene darauf verwiesen wird, dass sie in einer entsprechenden Situation keiner steuerlich anerkennenswerten psychischen Drucksituation ausgesetzt ist bzw. diesem Druck nicht anerkanntermaßen nachgeben darf. An dieser Stelle müsste dann aber auch beachtet werden, dass der Gesetzgeber diese psychische Konfliktlage der Frau sehr wohl berücksichtigt hat: Beschreitet sie den Weg der Eizellspende nämlich entgegen der in § 1 ESchG zu Tage tretenden ethischen

261 

Wendt, EFG 2015, 927 (928). Deswegen wird bei „Maßnahmen, die ihrer Art nach nicht eindeutig und unmittelbar nur der Heilung oder Linderung einer Krankheit dienen können und deren medizinische Indikation deshalb schwer zu beurteilen ist, […] grundsätzlich ein vor der Behandlung ausgestelltes amts- oder vertrauensärztliches Gutachten [verlangt], aus dem sich die medizinische Notwendigkeit der betreffenden Maßnahme klar ergibt“, BFH v. 3. 3. 2005 – III R 64/03, BFH/NV 2005, 1286, juris Rn. 10 m. w. N. Vgl. auch FG München v. 20. 5. 2009 – 10 K 2156/08, EFG 2009, 1462, juris Rn. 23 ff. – rkr. 263 Ähnlich Wendt, EFG 2015, 927 (928). 262 

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§ 2  Steuer- und strafrechtliche Grundlagen der weiteren Untersuchungen

Anschauung, so begegnet der Gesetzgeber nicht ihr mit einem sozialethischen Unwerturteil, sondern nur dem den Eingriff vornehmenden Arzt.264 Hinzu kommt, dass die von der Entscheidung des FG Berlin-Brandenburg betroffene Steuerpflichtige zur Umsetzung ihrer Entscheidung einen Weg gewählt hat, der nicht verboten gewesen ist, sondern unter dem „Dach“ der supranationalen Rechtsordnung in der Europäischen Union in mehreren Rechtsordnungen anerkannt ist.265 So gesehen hat die betroffene Frau – in einer grundsätzlich anerkannten Drucksituation – letztlich einen der wenigen verbleibenden Wege gewählt, um ihren inneren Konflikt auf legalem Wege zu lösen, der zudem noch mit besonderen planerischen und finanziellen Belastungen verbunden war. Unter diesem Blickwinkel könnte man die entsprechenden Aufwendungen für die versuchte Auslösung einer Schwangerschaft durch eine im Ausland legale Eizellspende durchaus als (zwangsläufig entstandene) außergewöhnliche Belastung ansehen.266 Weiterhin muss betont werden, dass es hier weder um eine ethische Bewertung des Verhaltens gehen kann, noch um die Frage, ob das Steuerrecht sozusagen als „Linie der Verteidigung“ zur Durchsetzung einer anderweitig getroffenen, gesetzeshierarchisch gleichgeordneten Wertentscheidung des Gesetzgebers aktiviert werden muss. Zwar erleichterte eine Berücksichtigung der Aufwendungen als außergewöhnliche Belastung in einem derartigen Fall das finanzielle Risiko, das mit einer im Ausland vorgenommenen legalen Eizellspende verbunden ist. Dass hierdurch aber ein erheblicher „Anreiz“ geschaffen wird, die Verwirklichung eines unerfüllten Kinderwunsches auf diesem Weg anzustreben, erscheint aufgrund der Natur des Wunsches nahezu ausgeschlossen.267 Solange die nationale Rechtsordnung nicht die Strafbarkeit der Frauen, die einen entsprechenden Eingriff vornehmen lassen, regelt oder eine entsprechende Anordnung im Hinblick auf das „an-sich-Vornehmen-lassen“ eines solchen Eingriffs im Ausland trifft, gibt es keinen direkten Normappell gegenüber den Betroffenen.268 Das Steuer264 Der BFH berücksichtigt die allgemeine Zwangslage, die durch einen unerfüllten Kinderwunsch entstehen kann, ausdrücklich, vgl. BFH v. 10. 5. 2007 – III R 47/05, ­BStBl. II 2007, 871, juris Rn. 20 ff. sowie v. 28. 7. 2005 – III R 30/03, BStBl. II 2006, 495, juris Rn. 39. In der zuletzt genannten Entscheidung ist die Anerkennung dieser Zwangslage bei einer verheirateten Frau sogar mit dem Schutzbereich des Art. 6 Abs. 1 GG verknüpft worden, juris Rn. 37 ff. 265 Vgl. FG Berlin-Brandenburg v. 11. 2. 2015 – 2 K 2323/12, EFG 2015, 925, juris Rn. 18 – rkr. 266 Ähnlich Wendt, EFG 2015, 927 (928). 267 Das wird schon deutlich, wenn man sich vergegenwärtigt, wie ungleich größer die finanziellen Anforderungen an die Steuerpflichtige werden, wenn die künstliche Befruchtung erfolgreich verläuft und ein Kind geboren wird, für dessen Unterhalt die Steuerpflichtige aufkommt. 268  A. A. BFH v. 17. 3. 2017 – VI R 34/15, BFH/NV 2017, 1371, juris Rn. 15, wonach entscheidend ist, dass eine bestimmte Behandlungsmethode nach objektiv-rechtlichen

B.  „Wertneutralität“ des Steuerrechts, § 40 AO

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recht ist dann aber kein geeigneter Ort, um einen indirekten Normappell in einer Situation herbeizuführen, die in keiner Weise mit einer „kalten“ Kosten-NutzenRechnung erfasst werden kann. Zuletzt muss darauf verwiesen werden, dass es entgegen der Ansicht des FG BerlinBrandenburg nicht um eine steuerliche „Subvention“, sondern um die Untersuchung der Anwendbarkeit einer Vorschrift zur Umsetzung des subjektiven Nettoprinzips und des Leistungsfähigkeitsgedankens geht. Wenn § 40 AO auch in größerer Entfernung zur Anwendung von Vorschriften zur Umsetzung des subjektiven Nettoprinzips steht, als dies bei solchen zur Umsetzung des objektiven Nettoprinzips der Fall ist, so erscheint es doch nicht überzeugend, seine Bedeutung in Bezug auf Fragen wie die zuvor dargestellte unbenannt und unbeachtet zu lassen. Dass dies dennoch geschehen ist, ist methodisch dadurch zu erklären, dass durch eine sehr großzügige Auslegung, unter Einbeziehung außersteuerrechtlicher Wertungen, der Anwendungsbereich von § 40 AO („[…] Tatbestand eines Steuergesetzes […] erfüllt“) verneint wurde. Im Übrigen erklärt sich dies wohl aus der Not, die der Gesetzgeber bei den Rechtsanwendern dadurch hervorruft, dass er keine ausdrückliche Regelung geschaffen hat. So mag durchaus nachvollziehbar erscheinen, dass Eizellspenden derzeit in Deutschland nicht legal durchführbar sind und auch das Ergebnis, entsprechende Aufwendungen nicht als außergewöhnliche Belastungen anerkennen zu wollen, erscheint nicht minder nachvollziehbar.269 Nur gibt weder der Tatbestand des § 33 EStG dieses Ergebnis für den vorliegenden Fall zu erkennen, noch sind die in Bezug auf den Umgang mit der eizellenempfangenden Frau getroffenen Entscheidungen so klar gefasst, dass auch ihre Geltungskraft für das Steuerrecht zwingend anzunehmen ist. An dieser Stelle spricht dann die Wirkung des § 40 AO gegen die Übertragung der außersteuerrechtlichen Würdigung. Eine klare gesetzgeberische Entscheidung zum Umgang mit Kosten, die einer betroffenen Frau durch eine Eizellspende entstehen, würde hier Abhilfe schaffen.270

Maßstäben der nationalen Rechtsordnung verboten ist. Das soll selbst dann gelten, wenn die Vornahme der Behandlung nicht straf- oder bußgeldbewehrt ist, wobei der BFH diesbezüglich die Rspr. des BSG zur Gewährung bzw. Bezahlung entsprechender Behandlungsmethoden durch die Krankenkassen zitiert. 269  So auch Wendt, EFG 2015, 927 (928). 270  Mit diesem Ergebnis auch Wendt, EFG 2015, 927 (928), der zutreffend darauf verweist, dass ethisch derartig komplexe Themen geeignet sein können, die Rechtsanwender zu überfordern. Wenn schon die Nichtabziehbarkeit von Geldsanktionen eine ausdrückliche Regelung durch den Gesetzgeber erfordere, so sei dies hier erst recht der Fall.

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§ 2  Steuer- und strafrechtliche Grundlagen der weiteren Untersuchungen

d)  Fazit Im Ergebnis lässt sich festhalten, dass die Probleme, die sich hinsichtlich des Anwendungsbereiches und der Wirkungen des § 40 AO ergeben, schon in der Wendung angelegt sind, die die Tatbestandserfüllung von Steuergesetzen erforderlich macht und sich nicht eindeutig lösen lassen, solange nicht argumentiert werden kann, dass § 40 AO bei uneingeschränktem Wortlautverständnis zwingende Vorgaben für die Tatbestandsauslegung sämtlicher Steuergesetze macht. Da dies nicht der Fall ist, kann es nur eine Entscheidung zu Gunsten einer überzeugenderen Lösung geben. Diesbezüglich wird hier ein Anschluss an das von Drüen vertretene Verständnis gewählt, wonach § 40 AO als allgemeine Regelung umfassend zu verstehen ist, seine Wirkung aber nur dort durchbrochen werden kann, wo der Gesetzgeber dies durch die Schaffung einer Spezialregelung vorgesehen hat. Dieser Regelung muss wiederum der die Wertneutralität des Steuerrechts überschreibende Inhalt durch Anwendung der üblichen Auslegungsmethoden entnommen werden können. Außersteuerrechtlichen Regelungen auf gleicher normhierarchischer Ebene kann dabei eine indizielle Funktion zukommen, die sich tendenziell verdichtet, wenn die außersteuerliche Regelung auch Inhalte besitzt, die einen Bezug zur Besteuerung erkennen lassen. Im Übrigen muss die Wertentscheidung, die vor allem eine „neutrale“ Auslegung von Fiskalzwecknormen voraussetzt, wegen der allgemeinen Formulierung von § 40 AO jedoch auch auf steuerliche Sozialzwecknormen anwendbar ist, angemessene Berücksichtigung finden. „Wertneutralität“ in diesem Sinne zu verstehen, heißt dann, strafrechtliche und insbesondere weltanschauliche Werte und Ziele nicht pauschal in das Steuerrecht hineinzutragen, sondern nur dort, wo der Gesetzgeber dies im Wege entsprechender Einzelsteuergesetze vorgesehen hat – so zum Beispiel bei der Regelung der Abzugsverbote für Sanktionen oder Schmiergelder.

C.  Überblick über die Straftheorien und Grundlagen der strafrechtlichen Schuldbegriffe C.  Überblick über die Straftheorien der strafrechtlichen Schuldbegriffe

Die Beschäftigung mit den ertragsteuerrechtlichen Abzugsverboten gegenüber „Geldstrafen“ und sonstigen Rechtsfolgen mit überwiegendem „Strafcharakter“ in den §§ 12 Nr. 4 EStG und 10 Nr. 3 KStG erfordert eine Auseinandersetzung damit, was „Strafen“ und die ihnen steuerrechtlich gleichgestellten strafrechtlichen Rechtsfolgen 271 ausmacht. Das ist notwendig, um ein Verständnis dafür zu

271  Gemeint sind nach dem Wortlaut von §§ 12 Nr. 4 EStG und 10 Nr. 3 KStG „sonstige Rechtsfolgen vermögensrechtlicher Art, bei denen der Strafcharakter überwiegt, und Leis-

C.  Überblick über die Straftheorien der strafrechtlichen Schuldbegriffe

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ermöglichen, warum jene nicht abzugsfähig sein sollen und wie diese denkbare Durchbrechung des Leistungsfähigkeitsprinzips zu rechtfertigen ist. Das „Wesen der Strafe“ wird unter anderem geformt durch die Voraussetzungen, die ihre Verhängung bedingen, den Kanon ihrer möglichen Erscheinungsformen, ihrer Einbettung in das sie umgebende Sanktionensystem sowie insbesondere durch die Zwecke, die mit ihrer Verhängung verfolgt werden. Schon auf den ersten Blick wird somit ersichtlich, dass die „Natur der Strafe“ in Abhängigkeit von der Rechtsordnung zu beurteilen ist, in der sie im Einzelfall angewendet wird und insofern vielfältige Züge annehmen kann.272 Wenngleich die o. g. steuerrechtlichen Abzugsverbote keine Beschränkung auf nationale Geldstrafen usw. vorsehen, so wird doch kein Zweifel daran gehegt, dass der Gesetzgeber bei seinem Verständnis von Geldstrafen etc. zumindest im Ansatz vom deutschen Recht ausgegangen ist.273 Strafartübergreifend und mit weitgehender Billigung im Rechtsdiskurs lässt sich Strafe als „Nachteil“ zusammenfassen, „der in einem formalisierten Verfahren gegen den Täter wegen der von ihm begangenen Straftat verhängt wird und die Missbilligung der Rechtsgemeinschaft zum Ausdruck bringen soll“.274 Mit den Zwecken jener Nachteilszufügung und ihrem missbilligenden Ausdruck (Unwerturteil) beschäftigen sich in der Strafrechtswissenschaft die sog. „Straftheorien“. Bei der Unterscheidung begrifflicher Strafen und sonstiger Sanktionsformen im deutschen Recht helfen vor allem die Art. 5 ff. EGStGB weiter, auf die auch die Begründungen zu den Gesetzesentwürfen für die Abzugsverbote ausdrücklich zur „terminologischen Abgrenzung“ Bezug nehmen.275 Demnach dürfen, positiv gewendet, als Freiheitsstrafe, Ordnungsstrafe oder Geldstrafe nur Rechtsnachteile bezeichnet werden, die für die Begehung von Straftaten angedroht werden. Den auf diese Weise formell umrissenen Strafen ist im StGB der 3. Abschnitt des Allgemeinen Teils (§§ 38 ff. StGB) gewidmet. Von den Hauptstrafen sind dabei, seitdem das BVerfG276 die Vermögensstrafe gemäß § 43a StGB wegen Verstoßes gegen Art. 103 Abs. 2 GG für nichtig erklärt hat, nur noch die Freiheits- und die Geldstrafe relevant.277 Als Nebenstrafe ist die Verhäntungen zur Erfüllung von Auflagen oder Weisungen, soweit die Auflagen oder Weisungen nicht lediglich der Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens dienen“. 272  Meier, Sanktionen, S. 15. 273  Vgl. die Nachw. unter § 2 Fn. 275. 274  Vgl. die Nachw. bei Weigend, LK-StGB, Einl. Rn. 63 und Fischer, StGB, Vor §§ 38 Rn. 4. I. d. S. auch BVerfG v. 5. 2. 2004 – 2 BvR 2029/01, BVerfGE 109, 133, juris Rn. 126 f.; v. 20. 3. 2002 – 2 BvR 794/95, BVerfGE 105, 135, juris Rn. 69. 275  Insofern gleichlautend: Entwurf der Fraktionen v. 27. 3. 1984, BT-Drs. 10/1189, S. 5 und Entwurf der Bundesregierung v. 13. 4. 1984, BT-Drs. 10/1314, S. 6. 276  BVerfG v. 20. 3. 2002 – 2 BvR 794/95, BVerfGE 105, 135. 277  Fischer, StGB, Vor §§ 38 ff. Rn. 5.

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§ 2  Steuer- und strafrechtliche Grundlagen der weiteren Untersuchungen

gung eines Fahrverbotes nach § 44 StGB vorgesehen.278 Innerhalb des 4. Titels zur „Strafaussetzung zur Bewährung“ finden sich auch Regelungen zu Auflagen (§ 56b StGB) und Weisungen (§ 56c StGB). Neben den Strafen kennt die Rechtsfolgensystematik des StGB noch eine „zweite Spur“279, nämlich jene der Maßregeln der Besserung und Sicherung (§§ 61 ff. StGB).280 Im Gegensatz zu den Strafen können sie ohne Schuld bzw. unabhängig vom Maß der Schuld des Täters angeordnet werden, da sie lediglich dazu dienen, der „Gefährlichkeit“ des Täters zu begegnen, um somit Rechtsgüter der Allgemeinheit zu schützen.281 Unabhängig von der „Zweispurigkeit“ sind die Maßregeln der Besserung und Sicherung zusammen mit der Einziehung (§§ 73 ff. StGB) und der Unbrauchbarmachung (z. B. § 74d Abs. 1 S. 2) vom Gesetzgeber des StGB unter dem Oberbegriff der „Maßnahmen“ in § 11 Abs. 1 Nr. 8 StGB zusammengefasst worden.282 Letztere beschreiben ebenso wie die Nebenfolge des Verlustes bestimmter Rechte (§§ 45 ff. StGB) strafrechtliche Rechtsfolgen, die sich weder den Strafen noch den Maßregeln eindeutig zuordnen lassen.283 Neben den genannten Rechtsfolgenregelungen finden sich teilweise Spezialregelungen in weiteren strafrechtlichen Gesetzen. Wegen des Zusammenhangs mit den steuerrechtlichen Abzugsverboten sei dabei auf die Möglichkeit zum Absehen von Verfolgung unter Auflagen und Weisungen in § 153a StPO hingewiesen. Von den zuvor genannten strafrechtlichen Rechtsfolgen werden in § 12 Nr. 4 EStG und § 10 Nr. 3 KStG lediglich die Geldstrafe sowie Leistungen zur Erfüllung von Auflagen und Weisungen ausdrücklich genannt. Im Übrigen ist in Anbindung an die Geldstrafen ein Auffangtatbestand zur Erfassung von „sonstigen Rechtsfolgen vermögensrechtlicher Art, bei denen der Strafcharakter überwiegt“, geregelt.

278  Nicht zu verwechseln mit der Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 69 StGB, der am häufigsten verhängten Maßregel, dazu Meier, Sanktionen, S. 243. 279  Daneben wird diskutiert, ob nicht mit dem Täter-Opfer-Ausgleich (§ 46a StGB) eine „dritte Spur“ im Sanktionsrecht eingeführt worden ist. Zust. z. B. Hassemer/Neumann, NK/StGB, Vor § 1 Rn. 314 m. w. N.; a. A. Radtke, MüKo/StGB, Vor § 38 Rn. 88. 280 Vgl. zur „Zweispurigkeit“ abgrenzend BVerfG v. 5.  2. 2004 – 2 BvR 2029/01, ­BVerfGE 109, 133, juris Rn. 141 ff. Außerdem Häger, LK-StGB, §§ 38 ff. Rn. 2 ff.; Meier, Sanktionen, S. 233 ff. 281  Meier, Sanktionen, S. 233 ff. Zur Entwicklungsgeschichte der Maßregeln der Besserung und Sicherung s. Häger, LK-StGB, §§ 38 ff. Rn. 9 f. 282  Die Zusammenfassung ist aus technischen Gründen, d. h. zur Erleichterung von Verweisungen, und nicht als Legaldefinition vorgenommen worden, Radtke, MüKo/StGB, § 11 Rn. 153. 283  Meier, Sanktionen, S. 11, 369 ff.

C.  Überblick über die Straftheorien der strafrechtlichen Schuldbegriffe

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I.  Überblicksartige Darstellung der Denkansätze der unterschiedlichen Straftheorien Der nachfolgende Abschnitt soll dem in erster Linie steuerrechtlich interessierten Leser einen Überblick über die wesentlichen Gedankengänge zu den Strafzwecken in ihren Grundaussagen ermöglichen, um in dieses Ideenfeld einzubetten, was Vertretern der Literatur und in der Rechtsprechung derzeit als herrschende Meinung gilt und woraus schließlich Befunde für die konkrete Rechtsanwendung der Strafen gewonnen werden. 1.  Absolute und relative Straftheorien – Grundzüge und Kritik Bei den Strafzwecken unterscheidet man vor allem die Aussagen der absoluten und der relativen Straftheorien. a)  Überblick über die absoluten und die relativen Straftheorien Nach den absoluten Straftheorien kommt der Strafe die Funktion zu, einen Ausgleich für das durch einen Täter individuell begangene Unrecht herbeizuführen. Wie die Strafe auf den Täter oder auf Dritte wirkt, ist nach diesem Ansatz gleichgültig. Daher rührt auch ihre Bezeichnung, da der Sinn der Strafe als von ihrer gesellschaftlichen Wirkung gelöst („Poena absoluta ab effectu“284) angesehen wird.285 Nach dieser Sichtweise negiert der Täter durch sein Verhalten das Recht und die Strafe wird als „Negation dieser Negation“ begriffen.286 Gelingt der durch die Strafe angestrebte Ausgleich, resultiert daraus die Wiederherstellung des Geltungsanspruches der gebrochenen Norm und letztlich die Wiederherstellung der Gerechtigkeit an sich.287 Je nach theoretischem Ansatz führt der Weg zur 284  Kant, Metaphysik der Sitten, S. 455 versteht die Strafgesetze als von allen Zweck­ erwägungen losgelöstes Gebot der Gerechtigkeit; vgl. dazu Joecks, MüKo/StGB, Einl. Rn. 55. 285  Roxin, AT/I, § 3 Rn. 2; Koller, ZStW 1979, 45 (47); Joecks, MüKo/StGB, Einl. Rn. 53. 286  Roxin, AT/I, § 3 Rn. 2 mit Erläuterungen zur Zuschreibung dieses Schlagwortes zum Werk Hegels in Fn.8. 287  Weigend, LK-StGB, Einl. Rn. 58. Zur Veranschaulichung wird regelmäßig Kant, Metaphysik der Sitten, S. 455 zitiert: „Selbst, wenn sich die bürgerliche Gesellschaft mit aller Glieder Einstimmung auflösete (z. B. das eine Insel bewohnende Volk beschlösse, auseinander zu gehen, und sich in alle Welt zu zerstreuen), müsste der letzte im Gefängnis befindliche Mörder vorher hingerichtet werden, damit jedermann das widerfahre, was seine Taten wert sind, und die Blutschuld nicht auf dem Volke hafte, das auf diese Bestrafung nicht gedrungen hat; weil es als Teilnehmer an dieser öffentlichen Verletzung der Gerechtigkeit betrachtet werden kann.“ Vgl. Hassemer/Neumann, NK/StGB, Vor § 1 Rn. 269 ff. m. w. N. zum Verständnis der in ihrer Konsequenz äußerst rigide klingenden Zitate Kants und Hegels vor ihrem historischen Hintergrund. Zur Anerkennung der „per-

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§ 2  Steuer- und strafrechtliche Grundlagen der weiteren Untersuchungen

Wiederherstellung der Gerechtigkeit entweder über die Vergeltung, die Sühne oder über einen Schuldausgleich.288 Perspektivisch entgegengesetzt richten die relativen Straftheorien ihren Blick auf die Prävention zukünftigen (neuen) Unrechts, und zwar sowohl gegenüber dem Täter (Spezialprävention)289 als auch gegenüber Dritten (Generalpräven­tion)290.291 Der Sinn der Strafe besteht damit gerade in ihrer Wirkung auf Täter und Gesellschaft.292 Im Sinne einer negativen Prävention soll erreicht werden, dass der Täter durch die Strafe psychisch293 davon abgebracht oder (durch eine Freiheitsstrafe) physisch294 davon abgehalten wird und Dritte295 davon abgeschreckt werden (neues) Unrecht zu begehen. Gelingt die Verwirklichung der Zielsetzungen positiver Spezialprävention, zum Beispiel durch Behandlungs- und Resozialisierungsmaßnahmen, so wird der Täter gebessert und zu einem Leben ohne weitere Straftaten motiviert.296 Zugleich sollen im Sinne positiver Generalprävention durch sönlichkeitsschützenden Erbmasse“ der Vergeltungstheorien als Extrakt zur Diskussion moderner Schuldtheorien z. B. Kindhäuser, ZStW 1995, 701 (729). Zur Kritik der Diskussion absoluter Straftheorien unter regelmäßiger Bezugnahme auf Kant und Hegel vgl. Hörnle, Straftheorien, S. 15 ff. 288  Roxin, AT/I, § 3 Rn. 2; zu Vergeltung und Sühne Koller, ZStW 1979, 45 (47). 289  Mit der Spezialprävention werden v. a. die Arbeiten v. Liszts verbunden, dazu Meier, Sanktionen, S. 24 f.; Joecks, MüKo/StGB, Einl. Rn. 63. 290  Mit der (negativen) Generalprävention werden v. a. die Arbeiten Paul Johann Anselm Ritter v. Feuerbachs verbunden, dazu Meier, Sanktionen, S. 22. 291  Beccaria, Von Verbrechen und Strafen, S. 45. Allgemein zu den relativen Straftheorien Meier, Sanktionen, S.  21 ff.; Hassemer/Neumann, NK/StGB, Vor § 1 Rn. 274 bzw. differenzierend zur Theorie der positiven Generalprävention unter Rn. 288 ff.; Roxin, AT/I, § 3 Rn. 11 ff. 292  Koller, ZStW 1979, 45 (47 ff.) nennt sie deshalb in Anlehnung an den anglo-amerikanischen Sprachgebrauch „utilitaristische Straftheorien“. 293  Roxin, AT/I, § 3 Rn. 12. 294  Joecks, MüKo/StGB, Einl. Rn. 62. Vgl. BVerfG v. 21.  6. 1977 – 1 BvL 14/76, ­BVerfGE 45, 187, juris Rn. 221. Mit § 2 S. 1 StVollzG gehört (auch) dieser Aspekt zu den ausdrücklich normierten Zielen des Strafvollzugs. 295 Dazu v. Feuerbachs „Theorie des psychologischen Zwangs“: „Alle Uebertretungen haben ihren psychologischen Entstehungsgrund in der Sinnlichkeit, inwiefern das Begehrungsvermögen des Menschen durch die Lust an oder aus der Handlung zur Begehung derselben angetrieben wird. Dieser sinnliche Antrieb kann dadurch aufgehoben werden, dass jeder weiss, auf seine That werde unausbleiblich ein Uebel folgen, welches größer ist, als die Unlust, die aus dem nicht befriedigten Antrieb zur That entspringt“, v. Feuerbach, Lehrbuch d. Peinlichen Rechts, S. 38. Roxin, AT/I, § 3 Rn. 22 f; Joecks, MüKo/StGB, Einl. Rn. 69 ff. 296  Diese Zielsetzung ist mit § 2 S. 1 StVollzG etwa ausdrücklich für die Durchführung des Strafvollzugs normiert. Vgl. zur Bedeutung der Resozialisierung im Strafvollzug auch BVerfG v. 17. 3. 2009 – 2 BvR 1466/07, BVerfGK 15, 207, juris Rn. 21; v. 8. 11. 2006 – 2 BvR 578, 796/02, BVerfGE 117, 71, juris Rn. 75 ff.; v. 31. 5. 2006 – 2 BvR 1673, 2402/04, BVerfGE 116, 69, juris Rn. 51 m. w. N.; v. 28. 6. 1983 – 2 BvR 539/80, BVerfGE 64, 61, juris

C.  Überblick über die Straftheorien der strafrechtlichen Schuldbegriffe

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die Strafe unter anderem das Vertrauen der Allgemeinheit in die Geltungskraft der Rechtsordnung erhalten bzw. gestärkt werden (Vertrauenseffekt), der Konflikt der Allgemeinheit mit dem Täter beigelegt werden (Befriedungseffekt) und die Allgemeinheit zur „Einübung der Rechtstreue“ (Lerneffekt) angehalten werden.297 Unter dem Oberbegriff der relativen Straftheorien werden viele Ansichten zusammengefasst, die unterschiedliche Aspekte positiver oder negativer Spezialoder Generalprävention favorisieren. Hierauf im Einzelnen einzugehen, würde jedoch den Rahmen der vorliegenden Arbeit sprengen. b)  Überblick hinsichtlich der Kritik an absoluten und relativen Straftheorien Beiden Grundausrichtungen begegnet jeweils umfangreiche Kritik: Absoluten Straftheorien begegnet vor allem der Einwand, dass das metaphysische Ideal der „Gerechtigkeit“ nicht durch ein säkulares Staatswesen verwirklicht werden kann.298 Selbst wenn dies möglich wäre, erschiene es nicht erklärbar, weshalb der einzige Weg zur „Ausräumung“ eines Übels die Anwendung eines weiteren und anderen Übels sein sollte.299 Sofern der Ausgleich über eine – begrifflich Freiwilligkeit voraussetzende – „Sühne“ hergeleitet wird, erscheint, da es sich um einen Vorgang im Innenleben des Täters handelt, äußerst zweifelhaft, ob jene allein durch die hoheitliche Auferlegung eines Entzugs von Vermögen oder Freiheit usw. herbeigeführt werden kann und selbst wenn, ob dies zwangsweise geschehen darf.300 Neben Bedenken, die sich aus fehlender empirischer Belegbarkeit von Präventionserfolgen ergeben,301 begegnet eine reine Verwirklichung relativer Straftheorien vor allem auch rechtsstaatlichen Bedenken. So bedingt die generalpräventive Bestrafung, dass in die Grundrechte des Täters massiv eingegriffen wird, um andere Normadressaten zur Normbefolgung zu motivieren bzw. sie in ihrem Vertrauen in die Rechtsordnung zu bestärken. Das kann den Täter jedoch zum Objekt staatlichen Handelns und staatlicher Zielsetzung machen und zum unlösbaren Konflikt Rn. 34 ff., insb. Rn. 70 m. abweichender Begr. v. Mahrenholz; v. 21. 6. 1977 – 1 BvL 14/76, BVerfGE 45, 187, juris Rn. 177 ff. 297  Jakobs, Schuld und Prävention, S. 10, 31 f.; Meier, Sanktionen, S. 22 m. w. N.; Roxin, AT/I, § 3 Rn. 27 m. w. N. 298  Roxin, AT/I, § 3 Rn. 8; Weigend, LK-StGB, Einl. Rn. 58. 299  Kindhäuser, ZStW 1995, 701 (729 ff.) nennt als Ersatz hierfür z. B. die Wiedergutmachung, für ihn bedeutet eine solche Form der Vergeltung lediglich die vor dem Hintergrund sozialer Integration sinnlose „Addition von Übeln“. Koller, ZStW 1979, 45 (47). 300  Kindhäuser, ZStW 1995, 701 (730); Roxin, AT/I, § 3 Rn. 10. 301  Dölling, ZStW 1990, 1 (1 ff.) m. w. N.; Hassemer/Neumann, NK/StGB, Vor § 1 Rn. 275 ff., insb. 283. Dazu, dass Abschreckung weniger durch die Strafandrohung als die Wahrscheinlichkeit der erfolgreichen Strafverfolgung erreicht werden kann, Roxin, AT/I, § 3 Rn. 25 m. w. N.

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§ 2  Steuer- und strafrechtliche Grundlagen der weiteren Untersuchungen

mit der Menschenwürdegarantie führen.302 Zudem begründen eine Ausrichtung von Strafart und -höhe sowohl an negativ spezial- als auch an negativ generalpräventiven Ideen theoretisch jeweils das Risiko des Hervorrufens unverhältnismäßig schwerer Bestrafungen: Ad absurdum geführt, bestünde die wirkungsvollste Art der Verhütung weiterer Taten – selbst nach geringsten Verfehlungen – darin, lebenslängliche Freiheitsstrafen zu verhängen303 bzw. – unter dem Grundgesetz wegen Art. 102 GG unmöglich – in der Tötung des Täters.304 Bezüglich der Ausrichtung am Gedanken negativer Generalprävention wäre zu befürchten, dass jeder neuerliche Bruch mit dem Normappell zu dem Argument führt, dass eine Strafverschärfung notwendig ist, wobei ein Obermaß zugleich nicht erkennbar ist.305 2.  Vereinigungstheorien – Grundzüge und Kritik Wegen der zuvor geschilderten Bedenken gegen die jeweilige Umsetzung der absoluten und relativen Straftheorien sind diese in der Praxis auch nicht in Reinform realisiert worden. Dort wurden und werden die sog. „Vereinigungstheorien“ bevorzugt.306 Damit werden Denkansätze beschrieben, die die zuvor genannten Gedankengänge zur Vergeltung und zur Prävention in einen kombinierten Denkansatz zu integrieren versuchen oder zumindest nebeneinander verfolgen, wobei mal der eine, mal der andere theoretische Anteil an der jeweils bevorzugten Variante der Vereinigungstheorie betont wird.307 Primär an der Vergeltung ausgerichtete Vereinigungstheorien verfolgen Präventionsgesichtspunkte nur als Nebenzweck, der jedoch den Gedanken der Retribution nicht in Frage stellen dürfe.308 Dieses Konzept wird insbesondere bei der Anwendung der sog. „Spielraumtheorie“ im Rahmen der Strafzumessung durch 302  Hassemer/Neumann, NK/StGB, Vor § 1 Rn. 282; Weigend, LK-StGB, Einl. Rn. 59. I. d. S. wird regelmäßig auch Kant zitiert: „denn der Mensch kann nie bloß als Mittel zu den Absichten eines anderen gehandhabt und unter die Gegenstände des Sachenrechts gemengt werden, wowider ihn seine angeborne Persönlichkeit schützt“, Kant, Metaphysik der Sitten, S. 453; vgl. dazu Meier, Sanktionen, S. 19. 303  Vgl. BVerfG v. 21. 6. 1977 – 1 BvL 14/76, BVerfGE 45, 187, juris Rn. 221: „Der Strafzweck der negativen Spezialprävention durch Sicherung vor dem einzelnen Täter kann durch dessen Verwahrung auf Lebenszeit vollkommen erreicht werden“. 304  Mit Nachw. aus dem Marburger Programm Naucke, ZStW 1982, 525 (547 f.). Meier, Sanktionen, S. 24; Roxin, AT/I, § 3 Rn. 16 ff. 305  Meier, Sanktionen, S. 24; Roxin, AT/I, § 3 Rn. 32 m. w. N. 306  Kühl, Lackner/Kühl, StGB, § 46 Rn. 2 m. w. N.; Radtke, MüKo/StGB, Vor § 38 Rn. 51; Stree/Kinzig, S/S-StGB, Vor §§ 38 Rn. 11 ff. Das BVerfG erkennt verschiedene Aspekte der Begründung und Rechtfertigung von Strafen an, BVerfG v. 5. 2. 2004 – 2 BvR 2029/01, BVerfGE 109, 133, juris Rn. 142. 307  Roxin, AT/I, § 3 Rn. 33 ff.; Koriath, Jura 1995, 625 (625 ff.). 308  Roxin, AT/I, § 3 Rn. 33 m. w. N. unter Fn. 53.

C.  Überblick über die Straftheorien der strafrechtlichen Schuldbegriffe

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die Rechtsprechung angewendet (dazu § 2 C. III.).309 In der Literatur hingegen sind tendenziell die präventiv orientierten Vereinigungstheorien herrschend;310 sie legitimieren die Strafe durch die mit ihr verfolgten Präventionszwecke, welche ihrerseits zwischen General- und Spezialprävention unterschiedlich gewichtet werden, während der Aspekt des Schuldausgleiches durch Vergeltung eher als begrenzender Faktor gesehen wird.311 Auch den Ansätzen der Vereinigungstheorien wird mit Kritik begegnet. Unter anderem wird ihnen theoretische und politische Unverbindlichkeit vorgeworfen.312 Vor allem wird im Hinblick auf bestimmte Einzelfragen (vor allem im Strafvollzug) die „Antinomie der Strafzwecke“313 betont, die nur dadurch überwunden werden könne, dass die Festlegung auf einen Strafzweck als Leitgedanken stattfindet, so zum Beispiel hinsichtlich der Spezial- und Generalprävention im Strafvollzug: Obwohl (spezialpräventiv) hier der Resozialisierung der Vorzug gegeben wird, zwingt der Strafausspruch unter Umständen dazu, bereits resozialisierte Täter weiterhin in Gewahrsam zu halten oder nicht resozialisierte Täter in die Freiheit zu entlassen.314 Indem es „Schuldausgleich, Prävention, Resozialisierung des Täters, Sühne und Vergeltung für begangenes Unrecht“ nebeneinander aufzählt und – das klingt nach der Vermeidung einer abschließenden Formulierung – als „Aspekte einer angemessenen Strafsanktion“ bezeichnet, zeigt auch das BVerfG, dass es weder einzelne Strafzwecke zur Verfolgung des sekundären Schutzes der „elementaren Werte des Gemeinschaftslebens ausschließt“ noch eine bestimmte Rangordnung dieser Strafzwecke aus dem Blickwinkel des Verfassungsrechts favorisiert.315 Der 309 Zur „Bestimmung“ der Strafe „gerechter Schuldausgleich zu sein“, vgl. BGH v. 7. 2. 2012 – 1 StR 525/11, BGHSt 57, 123, juris Rn. 16; v. 17. 9. 1980 – 2 StR 355/80, BGHSt 29, 319, juris Rn. 10; v. 27. 10. 1970 – 1 StR 423/70, BGHSt 24, 132, juris Rn. 9; v. 4. 8. 1965 – 2 StR 282/65, BGHSt 20, 264, juris Rn. 11; v. 10. 11. 1954 – 5 StR 476/54, BGHSt 7, 28, juris Rn. 19. 310  Meier, Sanktionen, S. 35 ff.; Roxin, AT/I, § 3 Rn. 37 ff. Gegen derartige Vereinfachungen und mit einer Skizzierung der seit 2000 wieder intensiv geführten Debatte, Weigend, LK-StGB, Einl. Rn. 62 ff. 311  Roxin, AT/I, § 3 Rn. 61 lässt z. B. beide Zwecke grds. nebeneinander bestehen und verwertet den vergeltenden Anteil dabei i. S. einer Begrenzung des Obermaßes der Strafe. Vgl. auch Radtke, MüKo/StGB, Vor § 38 Rn. 51 m. w. N. sowie w. N. bei Weigend, ­LK-StGB, Einl. Rn. 60 unter Fn. 146. 312  Hassemer/Neumann, NK/StGB, Vor § 1 Rn. 287 m. w. N. 313  Miebach/Maier, MüKo/StGB, § 46 Rn. 47 f.; Stree/Kinzig, S/S-StGB, Vor §§ 38 Rn. 11. 314  Schäfer/Sander/van Gemmeren, Strafzumessung, Rn. 814 ff.; Hassemer/Neumann, NK/StGB, Vor § 1 Rn. 243. 315  BVerfG v. 5. 2. 2004 – 2 BvR 2029/01, BVerfGE 109, 133, juris Rn. 142 f. m. w. N.; v. 16. 3. 1994 – 2 BvL 3/90, 4/91 und 2 BvR 1537/88, 400/90, 349/91, 387/92, BVerfGE 91, 1, juris Rn. 90; v. 21. 6. 1977 – 1 BvL 14/76, BVerfGE 45, 187, juris Rn. 211; v. 19. 10. 1971

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§ 2  Steuer- und strafrechtliche Grundlagen der weiteren Untersuchungen

hierdurch vorgegebenen Linie folgt wiederum die Rechtsprechung des BGH.316 Trotz der angesprochenen Kritik können die Vereinigungstheorien als derzeit herrschende Meinung bezeichnet werden.317

II.  Mehrdeutigkeit des Begriffs „Schuld“ im strafrechtlichen Kontext „Schuld“ ist als Begriff mehrdeutig und wird im Kontext zahlreicher wissenschaftlicher Fächer, insbesondere juristischer Teildisziplinen verwendet.318 Soweit der Begriff im Kontext mit der Umschreibung zivilrechtlicher Leistungsbeziehungen verwendet wird, ist er als Wortbestandteil der steuergesetzlichen Terminologie häufig anzutreffen. Sofern es aber auf die „Schuld“ i. S. d. zentralen Begriffs der strafrechtlichen Haftung für begangenes Unrecht ankommt, finden sich keinerlei begriffliche Referenzen im Einkommen- oder Körperschaftsteuerrecht.319 Über die Rechtsanwendung der Finanzverwaltung und -gerichte sowie das steuerrechtliche Schrifttum hat jedoch auch die strafrechtliche Schuld Bedeutung für die Subsumtion unter steuerrechtliche Regelungen erlangt. Das gilt insbesondere im Zusammenhang mit der steuerrechtlichen Wahrnehmung von Strafen, die in diesem Sinne als ein auf die Schuldverwirkung reagierendes sozialethisches Unwerturteil verstanden werden. Aus dem Gesagten lässt sich folgern, dass eben jene Referenzen, die sich mit den Einflüssen von Schuld beschäftigen, zumindest formal an den strafrechtlichen Begriff anknüpfen und ihn als solchen in die Subsumtion unter steuerrechtliche Tatbestände miteinbeziehen.320 Um zu begreifen, ob und ggf. wie sich die Rechtstatsache festgestellter (strafrechtlicher) Schuld auf die Subsumtion unter ertragsteuerrechtliche Gesetze auswirkt, erscheint es daher sinnvoll zu skizzieren, welcher Inhalt sich nach dem strafrechtlichem Verständnis hinter dem Begriff verbirgt. Innerhalb des strafrechtlichen Dialogs wird – 1 BvR 387/65, BVerfGE 32, 98, juris Rn. 28; v. 26. 5. 1970 – 1 BvR 668, 710/68, 337/69, BVerfGE 28, 264, juris Rn. 36. 316 Dazu Roxin, AT/I, § 3 Rn. 34. 317  Meier, Sanktionen, S. 35; Fischer, StGB, § 46 Rn. 2a m. w. N. 318 Vgl. Achenbach, Grundlagen der Schuldlehre, S. 1. 319 Das „Verschulden“ wird im EStG lediglich i.R.d. Irrtums über die Voraussetzungen einer Arbeitnehmerüberlassung (§ 42d Abs. 6 S. 3 EStG) und bei der Frage der Kostentragung im Einspruchsverfahren gegen abschlägige Kindergeldentscheidungen (§ 77 Abs. 1 S. 3 EStG) verwendet; im KStG kommt der Begriff nicht vor. 320  Deutlich einst RFH v. 31. 10. 1928 – VI A 1147/28, StW 1929, Sp. 279 (283). Auf die Rspr. des RFH beziehen sich auch die Entscheidungen des BFH in ununterbrochener Verweisungskette, vgl. § 3 B. I. 2. d) aa) (1) m. w. N. Aus dem Schrifttum etwa Tanzer, Geldstrafen im Abgabenrecht, S. 105 ff.

C.  Überblick über die Straftheorien der strafrechtlichen Schuldbegriffe

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„Schuld“ dabei in unterschiedlichen Kontexten erforscht und diskutiert.321 Nach der weitgehend akzeptierten funktionalen Einteilung von Achenbach sind vor allem drei Entitäten zu unterscheiden: Schuldidee, Strafbegründungsschuld und Strafzumessungsschuld.322 1.  Schuldidee Kriminalstrafen (Freiheitsstrafe, Geldstrafe usw.) gehören zu den intensivsten staatlichen Eingriffen in die Freiheit des Bürgers („ultima ratio“). Die Schuldidee beschreibt dasjenige Phänomen, aus dem die Grundlage, innere Rechtfertigung und Begrenzung des in der Strafe liegenden staatlichen Eingriffs gewonnen323 und das mit dem Schuldgrundsatz „nulla poena sine culpa“ zum Ausdruck gebracht wird.324 Was sie genau ist, kann – wenn überhaupt – jedenfalls nicht allein mithilfe strafrechtlicher Dogmatik beschrieben werden, sondern bedarf der Einbeziehung anderer Disziplinen, zum Beispiel der Rechtsphilosophie, Anthropologie oder Soziologie.325 Was die Schuldidee aus rechtswissenschaftlicher Sicht inhaltlich ausmacht, ist weder en détail gesetzlich niedergelegt noch in verbindlicher Gesamtheit aus der Rechtsprechung des BVerfG zu entnehmen, sondern wird aus der Auslegung des einfachen Gesetzesrechts, der Begriffsbildung der Rechtsprechung und vor allem der Denkarbeit der Strafrechtswissenschaft gewonnen.326 Nach ständiger Rechtsprechung des BVerfG beherrscht der Schuldgrundsatz den gesamten Bereich staatlichen Strafens327 und ist in der Menschenwürdegarantie (Art. 1 Abs. 1 GG), der Eigenverantwortlichkeit des Menschen (Art. 2 Abs. 1 GG) sowie im Rechtsstaatsprinzip verankert.328 Ihm kommt somit nicht nur Verfassungsrang zu, er

321 Zur Verwendung in der Terminologie strafrechtlichen Schrifttums Achenbach, Grundlagen der Schuldlehre, S. 2 ff. 322  Achenbach, Grundlagen der Schuldlehre, S. 2 ff. Vgl. Eisele, S/S-StGB, Vor §§ 13 ff. Rn.  107 m. w. N.; Roxin, AT/I, § 19 Rn. 54. 323  Achenbach, Grundlagen der Schuldlehre, S. 3. 324  BVerfG v. 25. 10. 1966 – 2 BvR 506/63, BVerfGE 20, 323, juris Rn. 38 m. V. a. die Plenarentscheidung des BGH v. 18. 3. 1952 – GSSt 2/51, BGHSt 2, 194, juris Rn. 17. 325  Achenbach, Grundlagen der Schuldlehre, S. 3. 326  Radtke, MüKo/StGB, Vor § 38 ff. Rn. 15. 327  BVerfG v. 15. 12. 2015 – 2 BvR 2735/14, BVerfGE 140, 317, juris Rn. 53; v. 19. 3. 2013 – 2 BvR 2628, 2883/10, 2155/11, BVerfGE 133, 168, juris Rn. 53. 328 BVerfG v. 15.  12. 2015 – 2 BvR 2735/14, BVerfGE 140, 317, juris Rn. 53; v. 19. 3. 2013 – 2 BvR 2628, 2883/10, 2155/11, BVerfGE 133, 168, juris Rn. 53; v. 7. 12. 2011 – 2 BvR 2500/09, 1857/10, BVerfGE 130, 1, juris Rn. 113; v. 26. 2. 2008 – 2 BvR 392/07, ­BVerfGE 120, 224, juris Rn. 69; v. 24. 10. 1996 – 2 BvR 1851, 1852, 1853, 1875/94, ­BVerfGE 95, 96, juris Rn. 157.

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§ 2  Steuer- und strafrechtliche Grundlagen der weiteren Untersuchungen

gehört sogar zur unverfügbaren Verfassungsidentität (Art. 79 Abs. 3 GG).329 Die grundgesetzliche Verankerung der Anknüpfung von „Strafe“ an Schuld ist hinsichtlich der legitimierenden Funktion des Schuldgrundsatzes auch als Abgrenzung zu der tatsächlich oder vermeintlich tatindizierten sozialen Gefährlichkeit des Täters als Anknüpfungspunkt von Strafen zu verstehen.330 Das deutsche Strafrecht basiert dann auch auf der Anknüpfung an eine „Tatschuld“, nicht hingegen auf der Anknüpfung an eine „Persönlichkeitsschuld“: Vereinfacht ausgedrückt, wird der Täter bestraft „für das, was er getan hat, und nicht für das, was er ist.“331 Aus rechtspraktischer Sicht beinhaltet die Schuldidee neben einem Ansatz zur grundsätzlichen Legitimation staatlicher Strafgewalt („Schuldausgleich“) vor allem auch die Vorgabe, dass die Bestrafung von Tätern nur innerhalb eines gewissen Umfangs legitim sein kann.332 Im Sinne ihrer straflimitierenden Funktion bewirkt die Verankerung des Schuldgrundsatzes im Grundgesetz die Absicherung des Korrespondenzmaßstabs für den Strafumfang und schützt so vor einem Übermaß an Strafe.333 Sehr grob gezeichnet und allein am Motiv der Grundlagenbildung für die Zwecke der hiesigen Arbeit orientiert, werden nachfolgend drei Schuldbegriffe skizziert: der psychologische, der normative und der funktionale Schuldbegriff. a)  Psychologischer Schuldbegriff Der psychologische Schuldbegriff prägte das Verständnis der Strafrechtswissenschaft im Verlauf des späten 19. und der ersten Jahrzehnte des 20. Jahrhunderts und entstand mit der Durchsetzung des „klassischen“ Straftatverständnisses in der strafrechtlichen Dogmatik.334 Nunmehr wurde die kategorische Trennung von Unrecht und Schuld anerkannt. Demzufolge gehören alle objektiven Umstände (Tatbestand und Rechtswidrigkeit) der Straftat zum Unrecht. Die Schuld wiede329 BVerfG v. 30.  6. 2009 – 2 BvE 2, 5/08, 2 BvR 1010, 1022, 1259/08, 182/09, ­BVerfGE 123, 267, juris Rn. 364. 330  Radtke, MüKo/StGB, Vor § 38 ff. Rn. 14. 331  H. M., dazu Eisele, S/S-StGB, Vor §§ 13 ff. Rn. 105, 106 m. umfgr. w. N. Das wird ganz überwiegend auch durch Entscheidungen der Rspr. zum Umgang mit einzelnen Strafzumessungsmerkmalen deutlich, dazu § 3 C. I. 2. b) bb) Zu Gegenentwürfen, die eher zur Erfassung einer „Lebensführungsschuld“ oder „Charakterschuld“ tendieren, vgl. die Nachw. bei Streng, NK/StGB, § 46 Rn. 20 Fn. 90. 332  BVerfG v. 27. 3. 2012 – 2 BvR 2258/09, BVerfGE 130, 372, juris Rn. 51 = BGBl. I 2012, 1021; v. 4. 5. 2011 – 2 BvR 2333/08, 2365/09, 571, 740, 1152/10, BVerfGE 128, 326, juris Rn. 104 = BGBl. I 2011, 1003. Vgl. auch Radtke, MüKo/StGB, Vor § 38 Rn. 14 m. w. N. unter Fn. 117. 333  BVerfG v. 15. 12. 2015 – 2 BvR 2735/14, BVerfGE 140, 317, juris Rn. 55 m. w. N.; v. 4. 5. 2011 – 2 BvR 2333/08, 2 BvR 2365/09, 2 BvR 571, 740, 1152/10, BVerfGE 128, 326, juris Rn. 104 = BGBl. I 2011, 1003. Krit. Roxin, AT/I, § 3 Rn. 52. 334  Roxin, AT/I, § 7 Rn. 15.

C.  Überblick über die Straftheorien der strafrechtlichen Schuldbegriffe

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rum war der Inbegriff aller subjektiven Merkmale der Straftat und bezeichnete die subjektiv-seelische Beziehung des Täters zur Tat.335 Hierzu gehörten auch die psychischen Momente der Tat, d. h. vor allem die kognitiven und voluntativen Elemente, aus denen ggf. das Vorliegen der „Schuldformen“ Vorsatz oder Fahrlässigkeit gewonnen wurde.336 Die Zurechnungsfähigkeit des Täters wurde als Voraussetzung der Schuld oder der Strafe begriffen.337 Dieses Schuldverständnis bestach zunächst durch seine Einfachheit und Klarheit, geriet jedoch schon ab dem Beginn des 20. Jahrhunderts mit der wachsenden Anerkennung des entschuldigenden Notstandes in Konflikt. Auch der unter den Bedingungen einer solchen Konfliktlage handelnde Täter agierte ggf. vorsätzlich. Wie sollte aber die Schuld eines mit Vorsatz handelnden Täters entfallen? Zudem wurde auch kritisiert, dass ein nicht zurechnungsfähig handelnder Täter trotzdem die für den Vorsatz erforderlichen psychologischen Merkmale aufweisen kann und es deshalb nicht überzeugend sei, die Zurechnungsfähigkeit als Voraussetzung der Schuld zu qualifizieren.338 Diese und weitere Friktionen des psychologischen Begriffsverständnisses innerhalb der Schulddogmatik führten dazu, dass sich die Reichweite des psychologischen Schuldbegriffs auf die Erfassung von Fällen der Unzumutbarkeit erweiterte,339 bis er schließlich durch einen normativen Schuldbegriff abgelöst wurde.340 b)  Normativer Schuldbegriff Anstelle der Fokussierung auf die subjektive Einstellung des Täters zur Tat geht es der Lehre vom normativen Schuldbegriff darum, zu bewerten, ob dem Täter die Willensbildung und -betätigung im Hinblick auf die Tat vorwerfbar ist.341 Hinsichtlich dieses grundsätzlichen Ansatzes ist der normative Schuldbegriff bis heute herrschende Ansicht.342 Vom normativen Schuldbegriff sind nach herrschender Ansicht umfasst: die Schuldfähigkeit, die nun nicht mehr als Voraussetzung der Schuld, sondern als eigenständige Merkmale derselben zu verstehen sind, das Vorliegen aktueller oder potenzieller Unrechtseinsicht, das Fehlen von besonderen tatentschuldigenden Konfliktlagen – also Entschuldigungsgründen, 335 

Rönnau, LK-StGB, vor § 32 Rn. 314 m. w. N. Wessels/Beulke/Satzger, AT, Rn. 612 m. w. N.; Roxin, AT/I, § 7 Rn. 15. 337  Roxin, AT/I, § 19 Rn. 10 m. w. N. 338  Zur Kritik am psychologischen Schuldbegriff vgl. Jakobs, AT, Kap. 17 Rn. 6 Roxin, AT/I, § 19 Rn. 11; Rönnau, LK-StGB, vor § 32 Rn. 314. 339  Rönnau, LK-StGB, vor § 32 Rn. 314. 340  Roxin, AT/I, § 19 Rn. 15; Rönnau, LK-StGB, vor § 32 Rn. 314. 341  Rönnau, LK-StGB, vor § 32 Rn. 314. 342  Kühl, Lackner/Kühl, StGB, Vor § 13 Rn. 23; Rönnau, LK-StGB, vor § 32 Rn. 314 jeweils m. w. N. 336 

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§ 2  Steuer- und strafrechtliche Grundlagen der weiteren Untersuchungen

wie zum Beispiel dem entschuldigenden Notstand (§ 35 StGB) – sowie von weiteren Umständen, die die Vorwerfbarkeit der Vorsatzbildung oder des fahrlässigen Handelns in Frage stellen können, und auch das Bestehen tatspezifischer besonderer Schuldmerkmale.343 Stark vereinfachend zusammengefasst, kommt es nach herrschendem Verständnis des normativen Schuldbegriffs darauf an, ob der Täter in der konkreten Tatsituation grundsätzlich vom Normappell des Straftatbestandes erreicht werden konnte und ob die Rechtsgemeinschaft von ihm erwarten konnte, dass er sich in eben dieser Situation im Sinne des Appells motivieren lässt („sozialer Schuldbegriff“).344 Kritik erfährt dieser Ansatz insofern, als seit jeher Zweifel daran bestehen – ja nicht einmal ein Ansatz zur sicheren Klärung der Frage besteht –, ob der Mensch in seiner Entscheidungsfindung letztlich wahrhaftig „frei“ ist.345 Da die Schuldkonzeption des normativen Ansatzes aber nur demjenigen Täter Schuld zuschreibt, von dem sie ein anderes Verhalten in der Tatsituation hätte erwarten können, unterstellt sie normativ die Entscheidungsfreiheit des Täters: Weil sich gefühlt oder empirisch belegt eine Mehrzahl der Menschen im Allgemeinen oder in bestimmten Situationen auf eine bestimmte Weise verhält, soll auch der Täter sich an dem hieraus abgeleiteten Verhaltensmaßstab messen lassen.346 Mit Blick auf die Allgemeinheit soll der Schuldausgleich vor allem auch der Unterstützung der allgemeinen Normbefolgung dienen, wobei wiederum umstritten ist, wie genau sich dieser Effekt einstellen soll (z. B. durch die Erfüllung des Selbststabilisierungsbedürfnisses der Allgemeinheit, durch Erhaltung des Normvertrauens, durch Kennzeichnung sozialer Verantwortung etc.).347 c)  Funktionaler Schuldbegriff Noch einen Schritt weiter in der wertenden Interpretation des Schuldverständnisses geht in neuerer Zeit der von Jakobs unterbreitete Vorschlag eines „funktionalen“ Verständnisses des Schuldbegriffs.348 Jenes betrachtet die Schuld nicht als ein gegebenes Phänomen, sondern definiert sie über die ihr übertragene Funktion. Diese Funktion besteht in der Stabilisierung des durch die rechtswidrige Tat gestörten Vertrauens der Rechtsgemeinschaft in die Geltung der verletzten Norm.349 343 

Wessels/Beulke/Satzger, AT, Rn. 610 m. w. N. Roxin, AT/I, § 19 Rn. 36 ff.: „[…] unrechtes Handeln trotz normativer Ansprechbarkeit.“ Vgl. auch Fischer, StGB, Vor § 13 Rn. 47. 345  Radtke, MüKo/StGB Vor §§ 38 ff. Rn. 22 f. 346  Radtke, MüKo/StGB Vor §§ 38 ff. Rn. 22 f. 347 Vgl. Streng, NK/StGB, § 46 Rn. 20 m. w. N. 348  Jakobs, AT, Kap. 17 Rn. 18 ff. m. w. N. Ausführlicher Überblick zur funktionalen Konzeption bei Paeffgen/Zabel, NK/StGB, Vor §§ 32 ff. Rn. 212 ff. 349  Jakobs, Schuld und Prävention, S. 31; ders., AT, Kap. 17 Rn. 22. 344 

C.  Überblick über die Straftheorien der strafrechtlichen Schuldbegriffe

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Schuld ist in diesem Sinne anzunehmen, wenn der generalpräventive Zweck der „Einübung in Rechtstreue“ ein hoheitliches Einschreiten mit dem Mittel der Strafe gebietet.350 Der Wahrnehmung folgend, dass in der Gesellschaft ein gewisses Bedürfnis nach der „Bestrafung“ von „Tätern“ besteht, und aufgrund der Schwierigkeit einer anderweitigen genauen Umschreibung des Phänomens „Schuld“, erweist sich der dargestellte Gedanke zunächst als sehr beachtlich. Die Risiken, die der funktionelle Schuldbegriff mit sich bringt, führen jedoch dazu, dass diesem Begriff hier im Ergebnis nicht gefolgt wird. Da die Beantwortung der Frage, wann ein Einschreiten mit den Mitteln des Strafrechts erforderlich sein kann, in sich keinen beschränkenden Maßstab aufweist, kann sie von beliebigen Faktoren abhängig gemacht werden.351 Aus der Perspektive einer normativen Schuldinterpretation ist unter den Bedingungen des funktionalen Verständnisses eine rechtssichere Gestaltung der straflimitierenden Mechanismen der Schuld nicht mehr gewährleistet: Will man die Mehrzahl der Normadressaten zur Normbefolgung bewegen und aktiviert man den Abschreckungseffekt der Strafe als Mittel zur Erreichung dieses Ziels, würde nach dieser Prämisse selbst für geringe Vergehen eine qualitativ und quantitativ hohe Strafe den größten Erfolg erwarten lassen.352 Dieser Gedanke trägt aber in der praktischen Anwendung das Risiko in sich, dass das Strafrecht nicht mehr als ultima ratio fungiert und somit ein unverhältnismäßiger Einsatz desselben bewirkt wird. Im Extremfall kann sich dies sogar destruktiv auf das Vertrauen der Rechtsgemeinschaft in die Bedeutung und Geltung der so geschützten Norm auswirken.353 Aufgrund dieses Gedankens wird die funktionelle Bedeutung des Schuldbegriffs für die weitere Bearbeitung der aufgeworfenen Fragen erst insoweit anerkannt und weiteren Schlussfolgerungen zugrunde gelegt, als die grundsätzliche Schuldidee nicht zuvor aus ihrer Funktion, sondern aus ihrem normativen Verständnis im o. g. Sinne gewonnen worden ist. 2.  Strafbegründungs- und Strafzumessungsschuld Während die Schuldidee vor allem zu den durch die Legislative zu berücksichtigenden Belangen gehört, richten sich Strafbegründungs- und Strafzumessungsschuld unmittelbar an die Rechtsanwender. Hier geht es um das „Ob“ und das „Wie“ der Strafe.354 350  Jakobs, Schuld und Prävention, S. 10; ders., AT, Kap. 17 Rn. 29. Dazu auch Roxin, AT/I, § 19 Rn. 33. 351  Roxin, AT/I, § 19 Rn. 35; Radtke, MüKo/StGB, Vor § 38 Rn. 23 m. w. N. 352  Roxin, AT/I, § 19 Rn. 32; Vgl. Meier, Sanktionen, S. 24 m. w. N. 353  Roxin, AT/I, § 19 Rn. 35. 354  Achenbach, Grundlagen der Schuldlehre, S. 4 f.

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§ 2  Steuer- und strafrechtliche Grundlagen der weiteren Untersuchungen

Der Begriff der Strafbegründungsschuld bezeichnet die Auseinandersetzung damit, welche subjektiven Zurechnungsvoraussetzungen nach positivem Recht zu verlangen sind, damit eine Strafe („Ob“) gegen einen Täter verhängt werden kann.355 In diesem Sinne gehören zur Strafbegründungsschuld vor allem die Voraussetzungen der Schuldfähigkeit nach den §§ 19, 20 StGB, das Unrechtsbewusstsein gemäß § 17 StGB und das Fehlen von Entschuldigungsgründen, wie zum Beispiel dem entschuldigenden Notstand (§ 35 StGB). In Abhängigkeit von den im Einzelfall einschlägigen Delikten kann auch die Erörterung speziell vertypter Schuldmerkmale zu diesem Bereich gehören.356 Geht es um Strafzumessungsschuld, gilt es zu klären, welches Maß an Schuld i. S. d. § 46 Abs. 1 S. 1 StGB verwirklicht ist und daraus abzuleiten, welche Strafart und Strafhöhe einer angemessenen Bestrafung entsprechen.357 Strafbegründungs- und Strafzumessungsschuld geben, gemeinsam betrachtet, Auskunft darüber, ob und ggf. inwieweit dem Täter das durch sein Verhalten verursachte Unrecht zurechenbar ist.358 Hierbei arbeiten sie mit unterschiedlichen Kategorien: Während Erstere eine binäre Entscheidung über Vorliegen bzw. Nichtvorliegen innerhalb eines abgeschlossenen Katalogs an Schuldvoraussetzungen erfordert, bedingt Letztere eine quantifizierende Entscheidung innerhalb eines in der Anlage nicht abgeschlossenen Spektrums möglicher Kriterien.359

III.  Strafzumessungsvorgang Strafzumessung lässt sich als arbeitsteiliger Vorgang begreifen.360 Bei nahezu allen Deliktstatbeständen hat der Gesetzgeber auf der Rechtsfolgenseite den Gerichten ein Ermessen361 hinsichtlich der Strafart und -höhe eingeräumt: So ist zum Beispiel ein Betrug im Grundtatbestand nach § 263 Abs. 1 StGB „mit Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder mit Geldstrafe“ zu bestrafen. Zugleich hat der Gesetzgeber in den §§ 46 ff. StGB Vorgaben für den Vorgang der Strafzumessung 355 

Eisele, S/S-StGB, Vor §§ 13 ff. Rn. 111. „niedrige Beweggründe“ (§ 211 StGB), „böswillig“ (§§ 90a Abs. 1 Nr. 1; 130 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 StGB), „rücksichtslos“ (§ 315c Abs. 1 Nr. 2 StGB), Wessels/Beulke/Satzger, AT, Rn. 643. Teilweise umstritten; zum Streit um die Mordmerkmale vgl. etwa Eser/Sternberg-Lieben, S/S-StGB, § 211 Rn. 6 m. w. N. 357 Vgl. Achenbach, Grundlagen der Schuldlehre, S. 4; Schäfer/Sander/van Gemmeren, Strafzumessung, Rn. 574 f. 358  Meier, Sanktionen, S. 186. 359 Ebd. 360 Ebd., S. 235. 361  Stree/Kinzig, S/S-StGB, § 46 Rn. 68. Zur eingeschränkten Überprüfbarkeit vgl. BGH v. 15. 12. 1994 – 1 StR 656/94, NJW 1995, 340, juris Rn. 3; v. 10. 4. 1987 – GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, juris Rn. 16 ff.; v. 17. 9. 1980 – 2 StR 355/80, BGHSt 29, 319, juris Rn. 10 ff. m. w. N. – st. Rspr. 356 Z. B.

C.  Überblick über die Straftheorien der strafrechtlichen Schuldbegriffe

105

gemacht, deren Grundlage nach § 46 Abs. 1 S. 1 StGB die „Schuld des Täters“ ist. Wenn Strafe hinsichtlich ihrer Begründung, Rechtfertigung und Begrenzung mit Schuld korrespondiert, dann bedeutet die Vorgabe einer Auswahl an möglichen Strafarten und Strafhöhen also zugleich auch mittelbar die Typisierung eines bestimmten Schuldmaßes.362 Wenn man betrachtet, welche Spannbreiten die gesetzlich geregelten Strafrahmen erreichen können363 und wie weit die abstrakten gesetzlichen Vorgaben für den Strafzumessungsvorgang formuliert sind, wird deutlich, dass der überwiegende Teil der Strafzumessungsaufgabe dem Tat­ richter obliegt.364 Die Rechtsprechung folgt bei der Bewältigung dieser Aufgabe – im Bewusstsein der Vorgaben von Schuldprinzip und Vereinigungstheorie –365 der sog. „Spielraumtheorie“.366 Hiernach lässt sich eine bestimmte Strafe einer bestimmten Tat nicht punktgenau im Sinne einer linearen Funktion zuordnen, sie muss sich vielmehr innerhalb eines gegenüber dem gesetzlichen Strafrahmen wesentlich engeren „Spielraums“367 bzw. „Schuldrahmens“368 befinden. Dessen Untergrenze wird durch die „schon“ und dessen Obergrenze durch die „noch“ schuldangemessene Strafe beschrieben.369 Wenn der Strafzumessungsvorgang nach der Spielraumtheorie vorgenommen wird, lässt er sich – grob gezeichnet – in folgende Einzelschritte unterteilen, wobei diese Aufspaltung eher als Hilfe zum Verständnis des Gesamtvorgangs denn als tatsächlich beachteter Algorithmus zu verstehen ist:370 Zunächst wird der gesetzliche Strafrahmen ermittelt, anschließend wird dieser auf den individuellen Schuldrahmen eingeengt und zuletzt wird innerhalb des Schuld­ rahmens festgelegt, welche weiteren Strafzwecke (vor allem Prävention, vgl. 362 

Vgl. BGH v. 29. 4. 1987 – 2 StR 500/86, NJW 1987, 2685, juris Rn. 18. Bsp. bei Meier, Sanktionen, S. 161. 364  Vgl. auch BGH v. 16. 1. 2001 – 1 StR 503/00, juris Rn. 10; v. 10. 4. 1987 – GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, juris Rn. 16; v. 17. 9. 1980 – 2 StR 355/80, BGHSt 29, 319, juris Rn. 10. 365  Streng, NK/StGB, § 46 Rn. 97; Weigend, LK-StGB, Einl. Rn. 61. 366 Ganz h. M. in der Rspr., BGH v. 11. 8. 2009 – 3 StR 175/09, JR 2011, 177, juris Rn. 23; v. 23. 10. 2002 – 5 StR 392/02, juris Rn. 4; v. 16. 1. 2001 – 1 StR 503/00, juris Rn. 10; v. 10. 8. 1993 – 5 StR 462/93, StV 1993, 638, juris Rn. 5 f.; v. 10. 4. 1987 – GSSt 1/86, BGHSt 34, 345, juris Rn. 16; v. 17. 9. 1980 – 2 StR 355/80, BGHSt 29, 319, juris Rn. 10. In der Literatur gibt es Gegenentwürfe, z. B. die „Stellenwerttheorie“ oder die „Lehre von der Tatproportionalität“, vgl. insb. Streng, NK/StGB, § 46 Rn. 96 ff.; außerdem Meier, Sanktionen, S. 169 ff.; Radtke, MüKo/StGB, Vor § 38 Rn. 62 ff – jeweils m. w. N. 367  BGH v. 23. 10. 2002 – 5 StR 392/02, juris Rn. 4. 368  Bruns, Recht der Strafzumessung, S. 105; Zipf/Dölling, M/G/Z-AT/II, § 62 Rn. 3; Fischer, StGB, § 46 Rn. 20. 369  BGH v. 16. 1. 2001 – 1 StR 503/00, juris Rn. 10. 370  Fischer, StGB, § 46 Rn. 13 spricht von einem Ablauf in fünf geordneten Schritten. Er gibt aber gleich hinzu, dass diese Systematisierung „freilich in der Praxis weitgehend von ‚intuitiven‘, komparativen Bezugssystemen verdrängt ist“. 363 

106

§ 2  Steuer- und strafrechtliche Grundlagen der weiteren Untersuchungen

§ 46 Abs. 1 S. 2 StGB) auf welche Weise, d. h. vor allem durch welche Strafart und -höhe, verwirklicht werden sollen.371 Die einzelnen Schritte lassen sich dabei noch in weitere Einzelschritte zerlegen, weshalb teilweise ein Vorgehen in fünf 372, teilweise in sieben373 Stufen vorgeschlagen wird. Wenn weitere Strafzwecke allein im letzten der aufgeführten Schritte, also nur innerhalb des Schuldrahmens berücksichtigt werden, korrespondiert eine gefundene Strafe in diesem Sinne schon nach dem zweiten Schritt mit der „Schuld“. Für die Zwecke der Untersuchung des Zusammenhangs zwischen Schuld und betrieblicher Veranlassung ist daher vor allem der Vorgang der Findung des Schuldrahmens von Interesse. Dabei werden zunächst die strafzumessungserheblichen Tatsachen ausgemacht, sodann jeweils einer Bewertungsrichtung (schulderhöhend = strafschärfend oder schuldmindernd = strafmindernd)374 zugeordnet, dann gewichtet und schließlich gegeneinander abgewogen.375 Welche „Umstände“ als Strafzumessungstatsachen Berücksichtigung finden können, ist exemplarisch, d. h. nicht abschließend,376 in § 46 StGB umschrieben. Darauf, ob und inwiefern sich die in Betracht kommenden Strafzumessungstatsachen zur betrieblichen Veranlassung einer Strafe in Bezug setzen lassen, wird später noch zurückzukommen sein.377

D.  Fazit Zu den Grundbegriffen und Grundlagen, die für die nachfolgenden Untersuchungen von hervorgehobener Bedeutung sind, gehören einerseits in steuerrechtlicher Hinsicht das Veranlassungsprinzip sowie die mit § 40 AO niedergelegte Wertentscheidung und andererseits – in Grundzügen – auch die Straftheorien und die Bedeutungsebenen des strafrechtlichen Schuldbegriffs. Dem Veranlassungsprinzip kommt insofern eine dienende Funktion bei der Umsetzung des objektiven Nettoprinzips zu, als es als Zuordnungskriterium für die Unterscheidung steuerlich beachtlicher Veränderungen der Leistungsfähigkeit in der Erwerbssphäre und unbeachtlicher Veränderungen der Leistungsfähigkeit in der Privatsphäre fungiert. Dementsprechend weist es einen engen Bezug zum Leistungsfähigkeitsprinzip und letztlich auch zum allgemeinen Gleichheitssatz auf. Die inhaltliche Bestimmung des Veranlassungsprinzips ist 371 

Schäfer/Sander/van Gemmeren, Strafzumessung, Rn. 882 ff. Fischer, StGB, § 46 Rn. 13. 373  Meier, Sanktionen, S. 163 ff. 374 Vgl. Meier, Sanktionen, S. 186. 375 Vgl. Meier, Sanktionen, S. 163 f.; Schäfer/Sander/van Gemmeren, Strafzumessung, Rn. 886 f., 574 ff. 376  Streng, NK/StGB, § 46 Rn. 82. 377  § 3 C. I. 2.b). 372 

D.  Fazit

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gerade mit Blick auf die Erwerbskostentatbestände lange Zeit umstritten gewesen und auch heute noch nicht vollständig theoretisch geklärt. Der Meinungsstreit hat jedoch an Bedeutung verloren, da die diesbezügliche Handhabung der Rechtsprechung zu überwiegend akzeptierten Ergebnissen geführt und dementsprechend auf breiter Basis Anerkennung gefunden hat. Sie untersucht, ob die jeweils betrachteten Aufwendungen in einem „wirtschaftlichen Zusammenhang“ mit einer der Einkunftsarten des EStG stehen, was der Fall sei, wenn sie objektiv mit der jeweiligen Einkunftsart bzw. Einkünfteerzielung zusammenhängen und ihr subjektiv zu dienen bestimmt sind. Das subjektive Merkmal wird dabei im Fall von unfreiwilligen Aufwendungen („Zwangsaufwendungen“) für verzichtbar gehalten. Bei der Überprüfung des jeweiligen Veranlassungszusammenhangs geht die Rechtsprechung regelmäßig zweistufig vor und ermittelt zunächst wertend das „auslösende Moment“ der Aufwendung und bestimmt sodann, welcher Sphäre jenes zuzuordnen ist. Hierbei spielen vor allem auch die Motive des Steuerpflichtigen eine Rolle, die wiederum anhand objektiver Umstände überprüft werden. Einen engen Bezug zum Leistungsfähigkeitsprinzip weist sodann auch die Wertentscheidung in § 40 AO bzw. ihrem Vorgänger, § 5 Abs. 2 StAnpG 1934, auf. Die Entstehung und Bedeutung des Gedankens, dass es für die Besteuerung unerheblich ist, ob ein Verhalten, das den Tatbestand eines Steuergesetzes ganz oder zum Teil erfüllt, gesetzes- oder sittenwidrig ist, lässt sich dabei am besten verstehen, wenn man seine Entwicklungsgeschichte berücksichtigt. Hier stand am Anfang die Idee auch illegal oder sittenwidrig erworbene Leistungsfähigkeit der Besteuerung zu unterwerfen, weil dies zu einer gerechteren Besteuerung führt als die moralbedingte staatliche Weigerung an derartig erworbener Leistungsfähigkeit zu partizipieren. Das setzte jedoch die Erkenntnis voraus, dass auch gesetzes- und sittenwidrige Verhaltensweisen Bestandteil der mit den Einkünftequellen bzw. Einkunftsarten geregelten Verhaltenskomplexe sein können. Zu dieser Erkenntnis gehörte auch die Anerkennung dementsprechend problematischer Erwerbsaufwendungen (z. B. der Aufwand des Drogendealers für die Drogenbeschaffung), da nur auf diesem Weg eine leistungsfähigkeitsgerechte Besteuerung ermöglicht wird. Diese Entwicklung hat auch den Grundstein für die Diskussion um die ertragsteuerliche Behandlung von staatlichen Geldsanktionen gelegt. Die Regelung in § 40 AO ist erkennbar geeignet Konflikte mit dem Rechtsgefühl zu provozieren, was vor allem dann gilt, wenn sie für einen Täter zum Eintrtt vermeintlich begünstigender Rechtsfolgen führt. Dementsprechend ist der Anwendungsbereich der Vorschrift umstritten. Dabei sind die Schwierigkeiten, die § 40 AO im Hinblick auf seinen Anwendungsbereich und seine Wirkungsweise bereitet, schon im Wortlaut der Vorschrift angelegt: Seinem Klang nach begründet er den Anwendungsbereich der Vorschrift erst dort, wo bereits feststeht, dass das gegenständliche gesetzes- oder sittenwidrige Verhalten „den Tatbestand

108

§ 2  Steuer- und strafrechtliche Grundlagen der weiteren Untersuchungen

eines Steuergesetzes ganz oder zum Teil erfüllt“. Erhebt man im Einzelfall die gesetzes- oder sittenwidrige Natur der betrachteten Verhaltensweise aber zum tatbestandsausschließenden Merkmal des jeweiligen Steuergesetzes, so erscheint jenes dem Anwendungsbereich des § 40 AO entzogen. Damit der Anwendungsbereich der Vorschrift nicht beliebig verfügbar wird, muss darauf geachtet werden, ob das jeweilige Steuergesetz seinerseits hinreichend andeutet, dass ein delinquentes oder sittenwidriges Verhalten nicht tatbestandsgemäß sein soll. Gegebenenfalls ist das jeweilige Steuergesetz dann als Spezialregelung zu § 40 AO zu verstehen, andernfalls ist die gesetzes- oder sittenwidrige Natur der Verhaltensweise für das Steuerrecht unerheblich. Die Wertungen außersteuerrechtlicher Gesetze können unter diesen Voraussetzungen nur zurückhaltend berücksichtigt werden. Eine größere Bedeutung kann ihnen nur beigemessen werden, wenn sie ihrerseits Bezüge zur Besteuerung erkennen lassen. Aufgrund des umfassenden Wortlauts der Vorschrift erscheint ein grundsätzlicher Ausschluss des Anwendungsbereiches auf Sozialzwecknormen nicht gerechtfertigt. Jene werden vom Gesetzgeber regelmäßig in einer Weise formuliert, die gemeinschädliche Handlungsweisen von der Tatbestandserfüllung ausschließt. Wenn sie sich dementsprechend als Spezialregelungen zu § 40 AO darstellen, kommt es nicht zu der befürchteten Förderung gemeinschädlicher Handlungsweisen. Die Bedeutung von Strafen und strafrechtlicher Schuld wird im steuerrechtlichen Diskurs regelmäßig herangezogen, um zu erläutern, weshalb staatliche Geldsanktionen ertragsteuerrechtlich nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten berücksichtigungsfähig sein sollen. Dabei legt die Kürze der steuerrechtlichen Bezugnahmen vielfach nicht offen, welche Bedeutungsebenen, Komplexität und welche Wandlungsprozesse sich hinter diesen strafrechtlichen Themen verbergen. Jedenfalls in Grundzügen müssen diese Faktoren jedoch berücksichtigt werden, wenn aus der Anlehnung an strafrechtliche Grundlagen stichhaltige Argumente gewonnen werden sollen. So sollten Referenzen zu den Straftheorien oder -zwecken im Bewusstsein der vorherrschenden Vereinigungstheorien und Berufungen auf „die Schuld“ im Bewusstsein ihrer Facetten Schuldidee, Strafbegründungs- und Strafzumessungsschuld stattfinden. Bei der Einbeziehung historischer Bezugnahmen der Finanzgerichte auf die Schuld i. S. d. „Schuldidee“ sollte der Verständniswandel vom psychologischen zum normativen Schuldbegriff berücksichtigt werden.

§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafund ordnungsrechtlicher Geldsanktionen § 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

A.  Unterschiedlicher Ausgangspunkt der §§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 und 12 Nr. 4 EStG A.  Unterschiedlicher Ausgangspunkt der §§ 4 und 12 EStG

Die Abzugsbeschränkungen und -verbote für Sanktionen sind geregelt in § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 EStG, § 12 Nr. 4 EStG und § 10 Nr. 3 KStG. Während § 12 Nr. 4 EStG und § 10 Nr. 3 KStG die Nichtabziehbarkeit kriminalstrafrechtlicher Sanktionen regeln, bezieht sich der Regelungsgehalt von § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 EStG auf Rechtsfolgen des Ordnungswidrigkeitenrechts. Über die Verweisungen in § 9 Abs. 5 S. 1 EStG und § 8 Abs. 1 S. 1 KStG sind die in § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 EStG getroffenen Regelungen auch für die Beurteilung des Werbungskostenabzugs bei Überschusseinkünften und des Betriebsausgabenabzugs von Körperschaften anwendbar. Die Abzugsverbote gehen dabei in verschiedener Hinsicht von unterschiedlichen Voraussetzungen aus. Auf der einen Seite hat der Gesetzgeber durch Wortlaut und systematischen Zusammenhang von § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 EStG klargestellt, dass die hier geregelten Abzugsbeschränkungen und -verbote dem Grunde nach Betriebsausgaben sein können, die lediglich nicht absetzbar sind, und dass hiervon lediglich Sanktionen betroffen sind, die von deutschen Gerichten und Behörden oder Organen der Europäischen Union verhängt werden. Die Abzugsverbote für kriminalstrafrechtliche Rechtsfolgen hat der Gesetzgeber hingegen allgemeiner gefasst, sodass sie dem Wortlaut nach auch Geldstrafen, -auflagen etc. erfassen, wenn diese in ausländischen Strafverfahren festgesetzt werden. Zudem hat der Gesetzgeber jene Abzugsverbote mit § 12 Nr. 4 EStG in einer systematischen Trennung zu den Betriebsausgaben- und Werbungskostentatbeständen geregelt, was ihnen den Ausdruck verleiht, die hier erfassten Aufwendungen seien stets der privaten Lebensführung zuzurechnen. Die rechtsdogmatische Auseinandersetzung mit der Begründung der Abzugsverbote geht deshalb von unterschiedlichen Grundzuständen aus. Bezüglich der Abzugsverbote für Geldbußen und hiermit gleichgestellten Sanktionen ist allein von Interesse, weshalb Aufwendungen, die dem Grunde nach Erwerbsaufwendungen sein können, im Ergebnis nicht abziehbar sind. Im Hinblick auf Geldstrafen und die anderen von § 12 Nr. 4 EStG erfassten Sanktionen stellt sich hingegen schon im Ansatz die Frage, ob es zutrifft, dass diese stets der einkommensteuerrechtlichen Privatsphäre zuzurechnen sind.

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§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

Jene Ansicht, dass eine Geldstrafe sowie die ihr gesetzlich (§ 12 Nr. 4 EStG, § 10 Nr. 3 KStG) gleichgestellten Sanktionen ihrer Natur nach im Ergebnis nicht betrieblich veranlasst sein können, wird in der Rechtsprechung1 und im Schrifttum2 derzeit überwiegend geteilt. In diesem Sinne hat sich der BFH beispielsweise unlängst zur Einordnung einer durch eine GbR für ihren Gesellschafter gezahlten Auflage i. S. v. § 153a Abs. 1 S. 2 Nr. 2 StPO als Betriebsausgabe geäußert und dabei festgestellt: „Diese Zahlungen haben […] finalen Sanktionscharakter und sind ein der Geldstrafe vergleichbares Übel, bei dem die Beziehung zur Person des Täters im Vordergrund steht. Aufgrund dieser Täterbezogenheit ist unerheblich, ob die vermeintliche Straftat im Zusammenhang mit der Tätigkeit für ein Unternehmen stand“3.

Näher begründet hat der VIII. Senat dieses Ergebnis nicht. Er hat zu diesem Zweck aber auf eine (senatseigene) Entscheidungsbegründung aus dem Jahre 1991 verwiesen: Dort wird wiederum ausdrücklich geäußert, woraus das Überwiegen einer privaten Veranlassung gewonnen wird: „Maßgebend für ihre Festsetzung ist nicht der Umstand, daß die Tat im Zusammenhang mit einem Gewerbebetrieb begangen wurde, sondern die persönliche Schuld des Täters“4. Dabei bezieht sich der Senat ausdrücklich auf die Rechtsprechung, in der diese Würdigung ihren Ursprung findet.5 1  BFH v. 16. 9. 2014 – VIII R 21/11, BFH/NV 2015, 191, juris Rn. 20 f.; v. 22. 7. 2008 – VI R 47/06, BStBl. II 2009, 151, juris Rn. 21; v. 13. 12. 1994 – VIII R 34/93, BStBl. II 1995, 457, juris Rn. 26; v. 31. 7. 1991 – VIII R 89/86, BStBl. II 1992, 85, juris Rn. 16; v. 22. 7. 1986 – VIII R 93/85, BStBl. II 1986, 845, juris Rn. 27. Vor Einführung des gesetzlichen Abzugsverbotes für Geldstrafen, BFH v. 13. 10. 1960 – IV 63/59 S, BStBl. III 1961, 18, juris Rn. 6; OFH v. 24. 10. 1947 – IV 12/47, RFHE 54, 215 (216 ff.); RFH v. 20. 1. 1937 – VI A 22/37, RStBl. 1937, 427; v. 31. 10. 1928 – VI A 1147/28, StW 1929, Sp. 279 ff. (insb. 281 ff.). I. Erg. ebenso, in der Herleitung jedoch zweifelnd BFH v. 14. 4. 1986 – IV R 260/84, BStBl. II 1986, 518, juris Rn. 13; FG Köln v. 29. 10. 2014 – 5 K 463/12, EFG 2015, 1524, juris Rn. 31 – nrkr. A. A. FG Niedersachsen v. 7. 12. 1989 – VI 322/85, juris Rn. 17 – rkr. 2  Arndt, K/S/M-EStG, § 12 Rn. E 4 ff.; Fissenewert, H/H/R-EStG, § 12 Rn. 142; Hey, Tipke/Lang, § 8 Rn. 294; Kreft, H/H/R-EStG, § 9 Rn. 29, 143; Meurer, Lademann/ EStG, § 4 Anm. 656 „Geldstrafen“; Pohl, L/S-EStG, § 12 Rn. 56; Seiler, Kirchhof/EStG, § 12 Rz. 11. Ohne Stellungnahme, i. Erg. zust. Kratzsch, F/G-EStG, § 12 Rn. 136; E. Krüger, DStR 2016, 895 (897); Loschelder, Schmidt/EStG, § 12 Rn. 30. Differenzierend Bode, Kirchhof/EStG, § 4 Rz. 257 „Geldstrafen“. A. A. Claus, Gewinnabschöpfung und Steuer, S. 51 f.; Bergkemper, FR 2009, 818 (820); Loschelder, Schmidt/EStG, § 4 Rn. 28; Pflaum, StBP 2015, 6 (10 f.); andeutend Hermenns/Sendke, FR 2014, 550 (550). Zur Rechtslage vor Einführung des § 12 Nr. 4 EStG Claßen, Besteuerung des Unrechts, S. 83 f., 89; Tanzer, Geldstrafen im Abgabenrecht, S. 21 ff., 106 ff., 133. 3  BFH v. 16. 9. 2014 – VIII R 21/11 – BFH/NV 2015, 191, juris Rn. 20 f. m. w. N. 4  BFH v. 31. 7. 1991 – VIII R 89/86, BStBl. II 1992, 85, juris Rn. 16. Vgl. auch BFH v. 22. 7. 1986 – VIII R 93/85, BStBl. II 1986, 845, juris Rn. 27. 5  BFH v. 31. 7. 1991 – VIII R 89/86, BStBl. II 1992, 85, juris Rn. 16 m. V. a. RFH v. 31. 10. 1928 – VI A 1147/28, RStBl. 1929, 83; v. 20. 1. 1937 – VI A 22/37, RStBl. 1937, 427;

A.  Unterschiedlicher Ausgangspunkt der §§ 4 und 12 EStG

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Wenn dieser Schluss zutrifft, dann schließen sich die Verwirklichung von strafrechtlicher Schuld und die betriebliche Veranlassung von Aufwendungen im Steuerrecht gegenseitig aus und es bestünde ein Exklusivitätsverhältnis, aufgrund dessen die Zahlung bzw. die Folgen der Vollstreckung von Geldstrafen schon dem Grunde nach niemals tatbestandlich zu Betriebsausgaben oder Werbungskosten führen könnten.6 Dementsprechende Abzugsverbote wären dann lediglich rein deklaratorischer Natur. Die geschilderte Ansicht wirft Fragen auf: Wieso soll etwa gleichzeitig die schuldhafte Begehung von Straftaten zur Generierung von Erträgen (z. B. durch illegalen Handel mit Betäubungsmitteln, Waffen, Menschenhandel usw.) zu steuerrelevanten Einkünften führen können? Wie kann die Erklärung des § 12 Nr. 4 EStG über den Weg der grundsätzlich privaten Veranlassung von Sanktionen, die auf einem festgestellten Verschulden des Täters beruhen, zugleich ein Abzugsverbot von Auflagen gemäß § 153a StPO begründen, obwohl – mangels Verurteilung – eine Widerlegung der Unschuldsvermutung in solch einem Fall nicht stattgefunden hat? Wo liegt dann der Unterschied zu Geldbußen, deren Verhängung ebenso dem Schuldprinzip unterliegt?7 Diese Haltung zur Veranlassung von Geldstrafen etc. muss insbesondere auch deshalb verwundern, weil sie inhaltlich schwer vereinbar mit den Grundsätzen erscheint, nach denen die Senate des BFH monetäre Sanktionen und damit zusammenhängende Kosten zwischen Ende der 50er Jahre und 1983 behandelt haben sowie jenen, die der Große Senat des BFH 1977 in der viel zitierten Entscheidung zu Kfz-Unfallkosten entwickelt hat. Dort hieß es noch, dass „auf das Verschulden, die Strafbarkeit oder das moralische Verhalten des Steuerpflichtigen abzielende Wertungen […] für die Einordnung der Unfallkosten diesseits oder jenseits der Grenze des § 12 Nr. 1 EStG ungeeignet“ sind. Es könne „insbesondere nicht davon ausgegangen werden, daß strafwürdiges oder verbotswidriges Verhalten (wenn auch vielleicht erst ab einer bestimmten Intensität, zB ab ‚bewußter und grober Fahrlässigkeit‘) ohne weiteres der privaten Sphäre zuzurechnen sei“.8 v. 17. 8. 1938 – VI 440/38, RStBl. 1939, 229. Vgl. auch BFH v. 22. 7. 1986 – VIII R 93/85, BStBl. II 1986, 845, juris Rn. 27. 6  Die Begriffe „Werbungskosten“ und „Betriebsausgaben“ werden von der Rspr. unter Gleichheitsgesichtspunkten einheitlich interpretiert, vgl. BFH v. 22. 7. 1993 – VI R 122/92, BStBl. II 1994, 510, juris Rn. 13 m. w. N.; v. 28. 11. 1977 – GrS 2, 3/77, BStBl. II 1978, 105, juris Rn. 23; dazu s. § 2 A. II. m. w. N. 7 BGH v. 28. 10. 1966 – KRB 3/65 (KG), BGHSt 20, 333, juris Rn. 22: „Auch im Recht der Ordnungswidrigkeiten gilt der Grundsatz, daß keine Geldbuße ohne persönliche Schuld verhängt werden darf“; ähnlich schon BVerfG v. 25. 10. 1966 – 2 BvR 506/63, BVerfGE 20, 323, juris Rn. 34; v. 4. 2. 1959 – 1 BvR 197/53, BVerfGE 9, 167, juris Rn. 14; vgl. auch BVerfG v. 19. 12. 2012 – 1 BvL 18/11, BVerfGE 133, 1, juris Rn. 90 = BGBl. I 2013, 162. Dazu Mitsch, KK/OWiG, Einl. Rn. 123 m. w. N. 8  BFH v. 28. 11. 1977 – GrS 2, 3/77, BStBl. II 1978, 105, juris Rn. 30.

112

§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

Auf diese Grundsätze hat sich unlängst wieder der I. Senat berufen und geäußert, die berufliche Veranlassung einer Untersuchungshaft werde „nicht durch die persönliche Schuld des Klägers überlagert.“9 Außerdem fällt auf, dass der BFH neuerdings auch in einer ähnlich gelagerten Sachfrage bzgl. der Interpretation des Veranlassungsprinzips eher wertgeleitet argumentiert, nämlich bei der Beurteilung des „ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesses“ in „Übernahmekonstellationen“.10 Gemeint sind damit Fälle, in denen Arbeitnehmer eine Ordnungswidrigkeit begehen und der Arbeitgeber den Aufwand hierfür wirtschaftlich übernimmt. Der BFH verneint hier das eigenbetriebliche Interesse des Arbeitgebers unter Hinweis darauf, dass ein Betrieb „auf einem solchen rechtswidrigen Tun […] auch nicht teilweise gründen kann und daher […] keine beachtlichen betriebsfunktionalen Gründe vorliegen können“11, was ihn im Ergebnis zu der Annahme führt, dass die gewährten Leistungen als Arbeitslohn zu beurteilen sind. Obwohl das Veranlassungsprinzip als einer der maßgeblichen Filter für die Unterscheidung objektiv einkommenswirksamer und einkommensneutraler Lebensvorgänge schon länger im deutschen Ertragsteuerrecht existiert als die Diskussion um die Abziehbarkeit von Geldstrafen, gleichgestellten Sanktionen und die mit ihnen zusammenhängenden Aufwendungen, ist die Idee der gegenseitigen „Verdrängung“ bzw. des gegenseitigen Ausschlusses im Ergebnis nicht immer in diesem Sinne vertreten worden. Überdies erscheint auffällig, dass kaum jemals der Versuch unternommen worden ist, die beiden rechtlichen Parameter der (steuerrechtlichen) betrieblichen Veranlassung und der (strafrechtlichen) Schuld in einen direkten Zusammenhang zu setzen. Überwiegend ist man damit lediglich bei der nicht näher ausdifferenzierten Behauptung verblieben, dass strafrechtliche Schuld den einkommensteuerrechtlichen Zusammenhang unterbreche. Die vorliegende Arbeit beabsichtigt, zunächst einen Beitrag zu dieser – für Folgefragen hinsichtlich der Behandlung von strafnahen Aufwendungen – grundlegenden Frage zu leisten, indem sie versucht, die beschriebene Lücke auszufüllen.

9 BFH v. 11. 11. 2009 – I R 50/08, BFH/NV 2010, 647, juris Rn. 26. Dort ging es um die Beurteilung eines „Grenzgänger“-Status und die Frage, ob eine Person i. S. d. § 15a Abs. 2 DBA-Schweiz 1992 „auf Grund ihrer Arbeitsausübung nicht an ihren Wohnsitz zurückkehrt“, wenn sie durch ein Verweilen in der Untersuchungshaft in einem Drittstaat an dieser Rückkehr gehindert ist und der Gegenstand der Ermittlung auf einem beruflichen Verhalten der betreffenden Person beruht. 10  Diesen Zusammenhang sieht auch Pflaum, StBP 2015, 6 (9). 11  BFH v. 14. 11. 2013 – VI R 36/12, BStBl. II 2014, 278, juris Rn. 13. In erster Instanz, und dessen Würdigung hat der BFH sich ausdrücklich angeschlossen, hat das FG explizit auf eine „wohlverstandene“ Interpretation des eigenbetrieblichen Interesses abgestellt, vgl. FG Köln v. 22. 9. 2011 – 3 K 955/10, EFG 2012, 518, juris Rn. 16. Ausführliche Darstellung unter § 4 C. I. 3.

B.  Einbettung des Exklusivitätsgedankens in die Entwicklungsgeschichte

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B.  Einbettung des Exklusivitätsgedankens in die Entwicklungsgeschichte des Umgangs mit Sanktionen im Einkommensteuerrecht B.  Einbettung des Exklusivitätsgedankens in die Entwicklungsgeschichte

I.  Entwicklung der Rechtsprechung und Schaffung der Abzugsverbote durch den Gesetzgeber Die Idee der Überlagerung betrieblicher Veranlassung durch strafrechtliche Schuld findet ihren Ursprung in den Entscheidungen des Reichsfinanzhofes. Dessen Rechtsprechung hat im Wesentlichen die Grundlagen der Nichtabziehbarkeit von Geldstrafen und mit jenen vergleichbaren Sanktionen geschaffen und seine Erwägungen werden bis heute als tragende Gründe zitiert, wenn es um deren sachliche Begründung geht;12 zudem wird auch die Schaffung des Abzugsverbotes in § 12 Nr. 4 EStG lediglich als klarstellende Festschreibung der Rechtsprechung verstanden, die schon durch den RFH begründet worden ist. 1.  Nichtabziehbarkeit von Geld- und Ordnungstrafen nach der Rechtsprechung des Reichsfinanzhofes a)  Nichtabziehbarkeit von Geldstrafen aa)  Grundsatzentscheidung vom 31. 10. 1928 Sozusagen die „Mutter“ der höchstrichterlichen Entscheidungen, die sich unmittelbar mit der Subsumtion von „Geldstrafen“ unter die Regeln eines deutschen Einkommensteuergesetzes beschäftigen, traf der VI. Senat des RFH am 31. 10. 1928.13 In der Begründung dieses Urteils wird eine Geldstrafe, die wegen der Hinterziehung von Einkommen- und Umsatzsteuern verhängt worden war, am Begriff der „Werbungskosten“ nach § 16 Abs. 1 EStG 1925 gemessen. Zwar kannte das EStG 192514 den Begriff der „Betriebsausgaben“ noch nicht, der RFH interpretierte aber den Begriff der „Werbungskosten“ so, „daß grundsätzlich alle durch einen Betrieb veranlaßten Aufwendungen, also nicht nur soweit sie unmittelbar zum Zwecke der Erzielung von Einkünften erwachsen, den Werbungskosten zuzurechnen seien, kurzum, daß alle Aufwendungen, die eine Folge der mit der Eröffnung eines Betriebs verbundenen Gefahrübernahme seien, als Werbungskosten abgezogen werden dürften.“15 12 

Vgl. die Nachw. in § 3 Fn. 114. RFH v. 31. 10. 1928 – VI A 1147/28, StW 1929, Sp. 279 ff. (insb. 281 ff.). 14  RGBl. I 1925, 189 ff., insb. 192 f. 15  RFH v. 31. 10. 1928 – VI A 1147/28, StW 1929, Sp. 279 (281). 13 

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§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

Als Gegenpol zu den grundsätzlich abziehbaren Werbungskosten sah der Senat im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 2 EStG 1925 alle Aufwendungen an, „die in der Hauptsache der Lebenshaltung eines Steuerpflichtigen im weitesten Sinne dienen“.16 Vor diesem Hintergrund beurteilte er die Geldstrafen „auf diesem Grenzgebiete zwischen Werbungskosten und Aufwendungen persönlicher Art“ liegend.17 Den betrieblichen Anteil der Verursachung der Geldstrafe bezog er daraus, dass zumindest die Umsatzsteuerhinterziehung dem Steuerpflichtigen ohne das Bestehen seines bzw. eines Gewerbebetriebs unmöglich gewesen wäre.18 Zugleich wurde – im Einklang mit der im Strafrecht damals (noch) herrschenden psychologischen Schuldauffassung –19 angenommen, dass „der innere Grund für die Verhängung einer kriminellen Strafe gegen eine natürliche Person […] sowohl bei fahrlässig wie bei vorsätzlich begangenen Delikten der schuldhafte Wille dieser Person [ist], der seinerseits die Ursache für die Beziehung der äußeren Handlung auf die Person des Täters ist“.20

Neben diesen „engen Beziehungen zwischen Strafe und Person des Täters“ müsse ein daneben bestehender Zusammenhang zwischen Strafe und Betrieb ggf. zurücktreten. Dieses Verhältnis zwischen betrieblichen und privaten Anteilen der Geldstrafen sollte im Grundsatz bei „allen kriminellen Geldstrafen“ zu finden sein. Der in jenem Urteil entwickelte Grundsatz hat sich durch mehrere nachfolgende Entscheidungen zu einer ständigen Rechtsprechung entwickelt.21 Neben der Tatsache, dass diese Entscheidung den grundsätzlichen Denkansatz zur Ablehnung der einkommensteuerlichen Berücksichtigungsfähigkeit von Geldstrafen begründet hat, gehört sie auch zu den wenigen Entscheidungen, die Bezugnahmen auf strafrechtliche Dogmatik im Hinblick auf Schuld und Strafe anklingen lassen. bb)  Schuld und Veranlassung: Graduelle Verdrängung oder prinzipieller, kategorischer Ausschluss? Neben diesem Grundsatz ließen die Richter allerdings auch einen Ausweg für die Argumentation in Ausnahmefällen offen. So gehörte zur Rechtserkenntnis, dass neben dem Regelfall auch Sachverhalte denkbar seien, in denen „einerseits 16 Ebd.,

(282).

17 Ebd. 18 Ebd.,

(281). Zum Überblick bzgl. des psychologischen Schuldbegriffs s. o. § 2 C. II. 1. a). 20  RFH v. 31. 10. 1928 – VI A 1147/28, StW 1929, Sp. 279 (283). Krit. Merkert, BB 1965, 823 (824). 21  RFH v. 16. 10. 1941 – III 142/41, RFHE 51, 45 (46); v. 26. 1. 1938 – VI 455/37, RStBl. 1939, 190; v. 20. 1. 1937 – VI A 22/37, RStBl. 1937, 427; v. 19. 12. 1934 – VI A 1359/33, RStBl. 1935, 1126 (1126); v. 6. 11. 1929 – VI A 1635/28, RFHE 26, 171 (172). 19 

B.  Einbettung des Exklusivitätsgedankens in die Entwicklungsgeschichte

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die Beziehungen zwischen der strafbaren Handlung und dem Betriebe des Täters besonders eng sind und andererseits die Strafordnung die persönliche Schuld als besonders leicht ansieht“.22 In solchen Konstellationen sollte ausnahmsweise doch ein Überwiegen des Zusammenhangs mit der steuerrechtlichen Erwerbssphäre möglich bleiben. Wie dies im Einzelfall bewerkstelligt werden soll und unter welchen Bedingungen potenziell als Werbungskosten ansatzfähige Geldstrafen entstehen können, hat der RFH ebenfalls illustriert. Seine Beispiele betreffen die Verwirklichung bestimmter Deliktstatbestände, deren Begehung zwar zur Verhängung von Kriminalstrafen führt, deren „Eigenart [jedoch] weniger in der Verletzung oder Gefährdung bestimmter Rechtsgüter, als vielmehr im reinen Ungehorsam gegen Verbote und Gebote“23 besteht. Darum stünden sie insgesamt auch Ordnungswidrigkeiten näher als Kriminalstraftaten. Gerade wenn der Zweck des jeweiligen Straftatbestandes darin besteht, eine bestimmte Ordnung bei der Ausübung der Erwerbstätigkeit sicherzustellen, sollte, so der VI. Senat, auch der Verstoß gegen die jeweilige Norm als so eng mit dem Betrieb zusammenhängend beurteilt werden können, dass insgesamt noch eine Behandlung als Werbungskosten möglich bleibt.24 In ähnlicher Weise hatte der RFH im Jahr 1922 schon die (zivilrechtliche) Sittenwidrigkeit einer Vereinbarung zur wirtschaftlichen Übernahme einer Sanktion durch eine GmbH gegenüber ihrem Geschäftsführer verneint, wenn es hierbei „um ein bloßes Formaldelikt oder eine aus Fahrlässigkeit begangene strafbare Handlung“ geht.25 cc)  Suche nach verallgemeinerbaren Ausnahmekriterien Im Jahre 1930 hat (wiederum) der VI. Senat weitere Kriterien für Ausnahmefälle aufgezeigt: So sollte auch in „Fällen, wo es sich nach der Verkehrsauffassung in den beteiligten Kreisen um eine mehr oder minder unvermeidbare, in jedem derartigen Betrieb drohende Gefahr handelt, so daß der Betriebsinhaber durch eine diesbezügliche Bestrafung keine Einbuße an seinem allgemeinen und beruflichen Ansehen erleidet“, ein Überwiegen des betrieblichen Zusammenhangs angenommen werden können.26 Hierdurch zeigt sich, dass das abstrakt-theoreti22 

RFH v. 31. 10. 1928 – VI A 1147/28, StW 1929, Sp. 279 (283). v. 31. 10. 1928 – VI A 1147/28, StW 1929, Sp. 279 (284). In Bezug auf eine konkrete fahrlässige Körperverletzung, wo die Verletzung des Individualrechtsguts körperlicher Unversehrtheit nicht als solche geringer persönlicher Schuld angesehen worden ist, RFH v. 19. 12. 1934 – VI A 1359/33, RStBl. 1935, 1126 (1126). 24  RFH v. 31. 10. 1928 – VI A 1147/28, StW 1929, Sp. 279 (284). 25  Nach RFH v. 19. 5. 1922 – I A 69/22, RFHE 9, 322 (324 f.). 26  RFH v. 20. 8. 1930 – VI A 1386/30, StW 1930, Sp. 1798 (1800). 23  RFH

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§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

sche Verhältnis von betrieblicher Veranlassung und Schuld nicht als prinzipieller gegenseitiger Ausschluss verstanden worden ist, sondern im Sinne einer graduellen Differenzierung nach dem jeweils überwiegenden Veranlassungsmoment. Die Richter waren dabei einerseits auf der Suche nach der abstrakten Umschreibung einer Schuldschwelle, bis zu deren Vorliegen ein prädominanter Erwerbszusammenhang noch möglich erscheint bzw. ab deren Überschreitung ein Veranlassungsausschluss anzunehmen ist. In der Fortführung dieses Gedankens wird dann andererseits auch der Versuch der Charakterisierung von Delikten erkennbar, deren Vorkommen typischerweise mit der in Rede stehenden Erwerbsgrundlage verbunden ist und die deshalb von vornherein einen engen Bezug zur Erwerbssphäre aufweisen. Dass der VI. Senat im Hinblick auf die näherungsweise Erfassung von Delikten mit niedriger Schuldschwelle nicht primär von den Tatmodalitäten im Einzelfall ausgehend typisiert hat, deutet darauf hin, dass es nicht um die im Einzelfall durch das Strafgericht ausgeurteilte Strafzumessungsschuld geht, sondern dass in den Tatbeständen Indizien für den Rückschluss auf eine gesetzlich vorgeprägte Strafbegründungsschuld im niedrigen Bereich gesucht wurden. Dieses Vorgehen war wohl vor allem den Praktikabilitätserfordernissen der steuerrechtlichen Massenverwaltung geschuldet: Können sich Finanzbeamte und Finanzrichter im Einzelfall weitestgehend am Strafausspruch der Strafgerichte orientieren, so können sie den Umfang der Sachverhaltswürdigung im Einzelfall auf ein zu bewältigendes Maß reduzieren und müssen nicht die gesamte strafrechtliche Sach- und Rechtswürdigung erneut nachvollziehen. Das lässt sich auch in einen Zusammenhang mit der von Schenke konstatierten Neigung des VI. RFH-Senats setzen, anstelle des tatsächlichen Sachverhaltes einen typischen Sachverhalt zu erfassen.27 Indirekt kommt weiterhin auch der Aspekt der Wahrung der Zuständigkeit der verschiedenen Gerichtszweige hinzu. Als Belege für diese These können un27  Schenke zeigt, dass der VI. Senat dabei eine gewisse „Technik der Sachverhaltsfeststellung“ an den Tag legt und regelmäßig auf Wendungen zurückgreift, durch die erläutert wird, weshalb bei der Beurteilung einer bestimmten Frage „die konkreten Umstände des Einzelfalles […] zurücktreten“ müssten u. Ä., Schenke, Rechtsfindung im Steuerrecht, S. 135 ff. m. w. N. Eben solche Formulierungen finden sich z. B. auch in RFH v. 20. 8. 1930 – VI A 1386/30, StW 1930, Sp. 1800: „Dabei können sich die Steuerbehörden nicht auf eine Betrachtung des einzelnen Falls einlassen – wie es das Finanzgericht getan hat – in der Richtung, ob im einzelnen Fall das Verschulden des Täters größer oder geringer ist, und noch weniger in der Richtung, ob die Tat im Einzelfall „vermeidbar“ war. […] Es ist auch nicht Sache der Steuerbehörden, im einzelnen Falle ein Werturteil über das Verhalten des Steuerpflichtigen zu treffen, sondern nur zu entscheiden, ob objektiv die Übertretung zu den typischen Berufsmöglichkeiten im Apothekerberuf gehört, bei denen nach der Verkehrsauffassung die Willensschuld des Täters hinter der Betriebsgefahr zurücktritt und die bei anderen Berufen oder bei der Allgemeinheit regelmäßig nicht vorkommen.“ Ähnlich auch Tanzer, Geldstrafen im Abgabenrecht, S. 25.

B.  Einbettung des Exklusivitätsgedankens in die Entwicklungsgeschichte

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ter anderem die Entscheidungsgründe des VI. Senats vom 20. 8. 193028 und vom 19. 12. 193429 herangezogen werden. Dort wird jeweils ausdrücklich ausgesprochen, dass „sich die Steuerbehörden nicht auf eine Betrachtung des einzelnen Falls einlassen können […] in der Richtung, ob im einzelnen Fall das Verschulden des Täters größer oder geringer ist“30 und dass es für die Würdigung des Zusammenhangs zwischen Strafe und Betrieb nicht darauf ankommt, „wie hoch der Strafrichter im einzelnen Fall die Strafe festsetzt, sondern wie das Gesetz die strafrechtliche Verantwortlichkeit einschätzt.“31 dd)  Subjektive Tatmerkmale als Anknüpfungspunkt des Schuldvorwurfs Von elementarer Bedeutung musste nach einem solchen Denkansatz sein, dass das Gesetz, aufgrund dessen im Einzelfall bestraft wurde, seinerseits eine vorsätzliche oder fahrlässige Begehung im Tatbestand voraussetzte, da sich hierin – nach psychologischem Schuldverständnis – der schuldhafte Wille ausdrückt, der den inneren Grund der Bestrafung bildet.32 Deshalb hat es der VI. Senat 1937 ausdrücklich abgelehnt, einer Ordnungsstrafe die Abzugsfähigkeit zu versagen, deren zugrundeliegender Tatbestand33 es ermöglichte, den Inhaber eines Unternehmens rein objektiv für die Begehung von Devisenstraftaten seiner Mitarbeiter mit einer Ordnungsstrafe zu belegen.34 Unter denjenigen Delikten, denen mit subjektiven Tatbestandsvoraussetzungen ein Anknüpfungspunkt für den schuldhaften Willen hinzugefügt worden war, hat der RFH wiederum gewichtet: Die Verwirklichung eines Vorsatzdeliktes sollte ein erhöhtes Schuldmaß und eine engere Beziehung zur Person des Täters indizieren. Aus diesem Grund wurde beispielsweise die Anerkennung einer Geldstrafe als Werbungskosten versagt, die gegen einen Journalisten wegen – Vorsatz voraussetzender – Beleidigung verhängt worden war,35 und wurde die Anerkennung einer Geldstrafe als Erwerbs­ aufwendung abgelehnt, die wegen vorsätzlicher Unterlassung von bestimmten 28 

RFH v. 20. 8. 1930 – VI A 1386/30, StW 1930, Sp. 1798 ff. RFH v. 19. 12. 1934 – VI A 1359/33, RStBl. 1935, 1126 ff. 30  RFH v. 20. 8. 1930 – VI A 1386/30, StW 1930, Sp. 1798 (1800). 31  RFH v. 19. 12. 1934 – VI A 1359/33, RStBl. 1935, 1126 (1126) – Hervorhebung nicht im Original. 32  RFH v. 31. 10. 1928 – VI A 1147/28, StW 1929, Sp. 279 (283). Vgl. auch RFH v. 6. 11. 1929 – VI A 1635/28, RFHE 26, 171 (171). 33  § 39 der VO über die Devisenbewirtschaftung v. 23. 5. 1932, RGBl. I 1932, 231 (237). 34  RFH v. 20. 1. 1937 – VI A 22/37, RStBl. 1937, 427. Ähnlich, aber ohne ausdrückliche Übertragung der für die Geldstrafen entwickelten Grundsätze RFH v. 17. 8. 1938 – VI 440/38, RStBl. 1939, 229. Offen gelassen für die Bestrafung der Leitung presseerzeugender Unternehmen nach § 21 Reichspressegesetz (RGBl. 1874, S. 65 (69)), RFH v. 20. 9. 1932 – VI A 2182/31, StW 1932, Sp. 1957 (1960). 35  RFH v. 20. 9. 1932 – VI A 2182/31, StW 1932, Sp. 1957 (1958). 29 

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§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

Buchführungspflichten der Weingesetze verhängt worden war.36 Im ersteren Fall hätte man anderenfalls wohl von einem typischen Berufsrisiko, im zweiten von einem allein bei der Berufsausübung zu verwirklichenden Verstoß ausgehen müssen. Ebenso wurde es in die Gewichtung mit einbezogen, wenn zum Tatbestand des jeweiligen Deliktes bestimmte Innentendenzen, vor allem „böswilliges“ oder „gewinnsüchtiges“ Verhalten, gehörten.37 Eine Bestrafung von Fahrlässigkeit hingegen wurde eher als Ausdruck eines geringeren Schuldmaßes aufgefasst. So sollte im Falle bestimmter Fahrlässigkeitsdelikte, die einen Bezug zur Ausübung von Berufen oder Gewerben aufweisen, „jeder derartige Betrieb immer mit der Möglichkeit einer fahrlässigen Verfehlung in der Beachtung dieser für den Betrieb erlassenen besonderen Vorschriften rechnen“.38 Bei den Strafen gegen solche Vergehen sollte es sich dann in der Folge trotzdem um „typische Betriebsvorfälle“ handeln. Wenngleich der dogmatische Unterbau des Schuldbegriffes auch zu jener Zeit schon vor dem Umbruch zu einem normativen Verständnis stand und der psychologische Schuldbegriff als überholt bezeichnet werden darf, hallen die Unterstreichung vorsätzlichen oder böswilligen Verhaltens zur Begründung des privaten Veranlassungszusammenhangs von Strafen teilweise bis heute nach.39 ee)  Zusammenhang zwischen dem Schutzzweck des Strafgesetzes und dem beruflichen Pflichtenkreis Neben der Erörterung des Schuldmaßes – mit dem das Unwerturteil der Strafe korrespondiert – zeigt die Rechtsprechung auch auf, woraus sie einen ausnahmsweise engen betrieblichen Zusammenhang gewinnt. So musste zwischen dem Delikt und dem Betrieb, Beruf usw. eine derartige Verbindung bestehen, dass gerade diejenigen, die dieser Erwerbstätigkeit nachgehen, zum Kreis der möglichen Täter des Delikts und zum Adressaten des dahinter stehenden Normappells gehören. In erster Linie wurde das angenommen, wenn das strafbewehrte Gesetz an sich nur Anwendung auf die Angehörigen eines bestimmten Berufsstandes 36 

RFH v. 26. 1. 1938 – VI 455/37, RStBl. 1939, 190. v. 20. 8. 1930 – VI A 1386/30, StW 1930, Sp. 1798 (1800). Vgl. auch OFH v. 24. 10. 1947 – IV 12/47, RFHE 54, 215 (217). Die Maßgeblichkeit überschießender Innentendenzen oder charakterlicher Merkmale ist abgelehnt worden durch BFH v. 13. 10. 1960 – IV 63/59 S, BStBl. III 1961, 18, juris Rn. 6. Unter anderen Bezeichnungen finden derartige Kriterien nunmehr wieder eine gewisse Berücksichtigung: Als eine Form der Böswilligkeit lässt sich bspw. die bewusste Schädigung des Arbeitgebers auffassen und das Erstreben einer eigenen Bereicherung hat eine gewisse Ähnlichkeit zur Gewinnsucht, vgl. etwa BFH v. 20. 10. 2016 – VI R 27/15, BFH/NV 2017, 223, juris Rn. 17. 38  RFH v. 20. 8. 1930 – VI A 1386/30, StW 1930, Sp. 1798 (1800). I. d. S. auch Metz, DStZ 1928, Sp. 590 (593). 39  Vgl. § 3 Fn. 32 m. w. N. 37  RFH

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oder Ähnliches finden konnte. So zum Beispiel im Falle eines Apothekers, dem wegen eines fahrlässigen Verstoßes gegen das Opiumgesetz eine Geldstrafe auferlegt worden war.40 Nicht eindeutig hingegen äußerte sich die Rechtsprechung in Bezug auf Delikte, die grundsätzlich durch jedermann erfüllt werden können, in bestimmten Berufsgruppen jedoch besonders häufig vorkommen. So zum Beispiel im oben angeführten Fall des Journalisten, dessen Zeitungsartikel zu einer Verurteilung und Bestrafung wegen (vorsätzlicher) Beleidigung führten, obwohl das Gericht selbst bemerkte, dass es zu einer häufig vorkommenden Praktik der Journalisten jener Zeit gehörte, Strafverfahren wegen Beleidigungsvorwürfen zu provozieren, um angeprangerte Missstände der gerichtlichen Wahrheitserforschung zuzuführen.41 Auch im Fall eines Arztes, der regelmäßig seinen Pkw für Patientenbesuche benutzte und sich im Zusammenhang mit einer Berufsfahrt einer fahrlässigen Körperverletzung schuldig gemacht hat, ist ein Werbungskostenabzug abschlägig beurteilt worden.42 Sämtlichen Entscheidungen in diesem Kontext ist aber gemein, dass ihre Begründungen unter Einbeziehung der „Verkehrsanschauung“ – vor allem jener der spezifischen Berufskreise – hinsichtlich des betrieblichen Zusammenhangs formuliert worden sind. Das galt sowohl in Bezug auf die Typizität des Vorkommens des bestimmten Delikts im Betriebsablauf oder Arbeitsalltag als auch in Bezug auf die Wirkung der Bestrafung auf das Ansehen des Täters. b)  Die Behandlung von Ordnungsstrafen Hinsichtlich der Sanktionen des Ordnungswidrigkeitenrechts ist vielfach betont worden, dass jene bis zum Rechtsprechungswechsel im Jahr 1939 anders als Geldstrafen grundsätzlich als Werbungskosten anerkannt worden waren. Dies ist weniger aus den veröffentlichten Entscheidungen des RFH abgeleitet worden – vor allem derartige Äußerungen seit der Nachkriegszeit ab 1945 zitieren keine entsprechenden Primärquellen – als vielmehr aus diesbezüglich retrospektiven Äußerungen des RFH selbst. Geht man davon aus, dass der RFH insofern nicht eine bloße Behauptung aufgestellt hat, so ist zu vermuten, dass es sich um eine vor den Finanzgerichten allgemein akzeptierte Rechtsprechung handelte. So geht aus einer Entscheidung vom März des Jahres 1939 hervor, dass bis dahin die sog. „Ordnungsstrafen“, den heutigen Bußgeldern vergleichbare Sanktionen, als abzugsfähig behandelt worden waren. In ihrer Beurteilung wurden sie bis dahin gleichgestellt mit Schäden, die der Betrieb erleidet und die als Reali40 

RFH v. 20. 8. 1930 – VI A 1386/30, StW 1930, Sp. 1798 (1800). RFH v. 20. 9. 1932 – VI A 2182/31, StW 1932, Sp. 1957 (1958). 42  RFH v. 19. 12. 1934 – VI A 1359/33, RStBl. 1935, 1126 (1126 f.). 41 

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sierung der mit der Betriebseröffnung übernommenen Gefahr angesehen worden waren.43 Ohne die Notwendigkeit der Feststellung krimineller „Schuld“ galt die Zahlung einer Ordnungsstrafe als „objektive Inanspruchnahme des Betriebs“.44 Dieselbe Entscheidung änderte in Bezug auf die Ordnungsstrafen den Kurs der Rechtsprechung und glich ihn – jedenfalls im Ergebnis eindeutig – der Behandlung von Rechtsfolgen des Kriminalstrafrechts an. In der Entscheidungsbegründung stützte sich der Reichsfinanzhof im Wesentlichen auf zwei Argumentationslinien. aa)  Argumentationslinien und Hintergründe des Rechtsprechungswechsels In erster Linie bemühten sich die Richter, in der Entscheidungsbegründung darzulegen, weshalb „die Bestimmungen, in denen Ordnungsstrafen vorgesehen sind, ihrem Zweck und ihrer Bedeutung in der Volksgemeinschaft nach“ im Dritten Reich eine so erhebliche Änderung erfahren haben, dass ihnen nunmehr ein echter Strafcharakter zukommen sollte.45 Einmal den Strafen angeglichen, sanktionierten die Ordnungsstrafen nämlich gleichermaßen den schuldhaften Willen des Steuerpflichtigen, wurden als Sühne zur Abgeltung des Vergehens verstanden und konnten im Sinne der oben genannten Rechtsprechungserwägungen als Aufwand für die Lebensführung außerhalb der Betriebssphäre behandelt werden.46 Soweit der Nachweis des schuldauslösenden Vorsatzes oder Fahrlässigkeit im Einzelfall fehlte oder durch den Tatbestand der verhängten Ordnungsstrafe nicht direkt vorausgesetzt wurde, sollten jene „nach der Erfahrung des Lebens vermutet werden können und daher in der Regel zu unterstellen“ sein.47 Die zweite Argumentationslinie kommt in den Entscheidungsgründen ungleich kürzer, darum aber auch weniger verworren und widerspruchsanfällig zu Wort: Demnach stellte die frühere abzugsbejahende Rechtsprechung zwar eine „folgerichtige Anwendung des Gewinnbegriffs im Sinne des § 5 des Einkommensteuergesetzes“ dar, sollte aber „keineswegs allen anderen Erwägungen“ vorgehen.48 Jene „anderen Erwägungen“ bestanden in der möglichst effizienten Umsetzung der durch die Sanktionen erwünschten Effekte, die ihrerseits als Teil der „natio43 

RFH v. 8. 3. 1939 – VI 175/39, RFHE 46, 236 (236). RFH v. 8. 3. 1939 – VI 175/39, RFHE 46, 236 (240). Zur Bedeutung der allgemeinen Anschauung der Ordnungsstrafe und des Wandels dieser Anschauung im Dritten Reich Mitsch, KK/OWiG, Einl. Rn. 24 ff. Außerdem unter Berücksichtigung der Auswirkung auf das Steuerrecht vgl. Flume, DB 1948, 91 (91 f., insb. 92). 45  RFH v. 8. 3. 1939 – VI 175/39, RFHE 46, 236 (237 ff.). Zu Verständnis und Bedeutung der Ordnungsstrafe aus damaliger Sicht der Finanzverwaltung vgl. auch Meuschel, DStZ 1938, 1083 (1085 ff.). 46  RFH v. 8. 3. 1939 – VI 175/39, RFHE 46, 236 (237 ff.) 47 Ebd., (238). 48 Ebd., (236). 44 

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nalsozialistischen Weltanschauung“ bei der „Beurteilung“ von Gesetzen und Tatbeständen nach § 1 Abs. 1 und Abs. 3 StAnpG Berücksichtigung finden konnten. Was mit der nationalsozialistischen Weltanschauung gemeint war, wird vor allem in den Vorträgen des damaligen Staatssekretärs im Reichsfinanzministerium und Urhebers49 des § 1 StAnpG, Fritz Reinhardt, anschaulich: Demnach hatten die Anwender der Vorschrift unter der nationalsozialistischen Weltanschauung diejenigen Leitsätze und Erkenntnisse zu verstehen, die sich im Einzelnen aus den „programmatischen Ausführungen des Führers und den sonstigen Grundsätzen, die hinsichtlich der Gestaltung der Dinge des Deutschen Volkes durch die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei vertreten werden“, ergaben.50 Dass der Körperschaftsteuersenat sich zu alldem in der Begründung um einiges kürzer und klarer ausgedrückt hat als der VI. Senat, lag vermutlich daran, dass schon damals nach ständiger Rechtsprechung galt, dass Körperschaften keine außerbetriebliche Sphäre haben und deshalb jeglicher Aufwand Betriebs­ ausgaben hervorruft, wenn nicht ein Abzugsverbot entgegensteht oder es sich um eine verdeckte Gewinnausschüttung handelt.51 Deshalb konnte sich der Körperschaftssteuersenat, wollte er diesen Grundsatz nicht aufgeben, nicht darauf stützen, dass die Nichtabziehbarkeit auf privater Veranlassung beruht. Zuletzt wird der Befund, dass es sich bei der Argumentation über § 1 Abs. 3 StAnpG um die eigentliche Begründung des Rechtsprechungswechsels gehandelt hat, auch dadurch bestärkt, dass dessen Zeitpunkt nur wenige Wochen nach einem sog. „Reinhardtschen Erlass“52 lag. Hiermit war der Steuerverwaltung aus Gründen der nationalsozialistischen Weltanschauung und unter Anwendung des § 1 Abs. 3 StAnpG untersagt worden, Ordnungsstrafen bei der Ermittlung des Einkommens abzuziehen. Selbst der OFH, der die Aufgabe der ständigen Rechtsprechung im Übrigen nicht in der nationalsozialistischen Weltanschauung begründet sehen wollte, äußerte sich kurz nach Kriegsende dergestalt, dass der Reichsfinanzhof durch den Erlass gegenüber der Finanzverwaltung zu seinem Rechtsprechungswechsel „angeregt“ worden sei.53

49 

Schöpf, Reichsfinanzverwaltung, S. 254. Reinhardt, RStBl. 1936, 1041 (1044). 51  RFH v. 28. 3. 1939 – I 27/39, RFHE 46, 270 (271). Das entspricht auch heute der Rechtsprechung des I. Senats: BFH v. 28. 10. 2015 – I R 10/13, BStBl. II 2016, 298, juris Rn.  11 m. w. N. 52  Runderlass des Reichsministeriums der Finanzen v. 4. 2. 1939 – S 2118 – 254 III, RStBl. 1939, 251. 53  OFH v. 24. 10. 1947 – IV 12/47, RFHE 54, 215 (217). Ebenso Flume, DB 1948, 91 (91). Vgl. auch Döllerer, BB 1984, 545 (546) m. V. a. den Erlass vorangegangener Veröffentlichungen in der NS-Zeit, die dafür geworben haben, Ordnungsstrafen den Kriminalstrafen gleichzusetzen. 50 

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§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

Dass unter solchen Bedingungen keine Weiterentwicklung des Verhältnisses von betrieblicher Veranlassung und „Schuld“ mehr zu erwarten gewesen war, liegt auf der Hand. Zugleich wird hierdurch aber auch demonstriert, an welch kritischer Stelle steuerrechtliche Abzugsverbote für Sanktionen im Rechtsgefüge stehen: Sie sind einerseits geeignet, die durch die strafbewehrte Vorschrift abgesicherten Verhaltensgebote bzw. -verbote sowie die repressiven Aspekte, die sich in der Höhe der Sanktion ausdrücken, zu flankieren und andererseits fiskalische Interessen zu bedienen. bb)  Exkurs: Einfluss der nationalsozialistischen Wirtschaftspolitik und deren Flankierung durch Ordnungsstrafen auf den Rechtsprechungsumschwung Im Dritten Reich wurden Kriminalstrafen, besonders im Bereich des Wirtschafts(straf-)rechts, nach und nach durch „Ordnungsstrafen“ ersetzt. Dies ist insbesondere auch im Zusammenhang mit der Implementierung der nationalsozialistischen Wirtschaftsordnung und dem Ziel der Herbeiführung einer Kriegsbereitschaft zu sehen. Ein Bestandteil dieser Wirtschaftsordnung war etwa das sog. „Preisrecht“. Im Zuge der Kriegsvorbereitungen, bedingt durch die Aufrüstung, konnte der Nachfrage der Bevölkerung nach bestimmten Konsumgütern nicht in ausreichendem Maße begegnet werden.54 Vor allem die entstehende Güterknappheit stand im Begriff inflationäre Tendenzen hervorzurufen, die sich entsprechend auf den Lebensstandard der Bevölkerung auswirken und die Gefahr einer Überproduktion hervorrufen konnten.55 Zur Stabilisierung des Staatsgefüges und der Umsetzung der sog. „Vierjahrespläne“ begegnete das NS-Regime diesen Tendenzen mit einem Preisstopp und einer Verschärfung der Preiskontrolle.56 Diese wurde durch einen hierzu berufenen Verwaltungszweig überwacht.57 Dabei entstand jedoch ein Konflikt zwischen den ertragsorientierten Interessen der betroffenen Unternehmer und den staatlichen Interessen. Um dem staatlichen Interesse innerhalb dieses Spannungsfeldes zur Durchsetzung zu verhelfen, wurde der Druck auf die Unternehmen unter anderem erhöht, indem ein weitgehend eigenständiges Sanktionen- und Strafverfahrensregime zur Flankierung der Preisvorschriften geschaffen wurde.58 Unter diesen Bedingungen kam Verstößen gegen die Preisvorschriften die Bedeutung von „Gefährdungen des ganzen Volks 54 

Werner, Wirtschaftsstrafrecht im Nationalsozialismus, S. 96, 176.

55 Ebd. 56 Ebd. 57 Ebd.,

S. 95.

58  Verordnung

über Strafen und Strafverfahren bei Zuwiderhandlungen gegen Preisvorschriften v. 3. 6. 1939, RGBl. I 1936, 999. Dazu Werner, Wirtschaftsstrafrecht im Nationalsozialismus, S. 170 ff.; vgl. auch Mitsch, KK/OWiG, Einl. Rn. 27 ff. m. w. N.

B.  Einbettung des Exklusivitätsgedankens in die Entwicklungsgeschichte

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in dem ihm aufgezwungenen Wirtschaftskampfe“ zu.59 Gewissermaßen waren die Preisstrafvorschriften aus nationalsozialistischer Sicht damit auch als Flanke des Vierjahresplanes, also als Folge direkter Ausflüsse der Gedankenwelt Hitlers, zu begreifen. Die Ersetzung der Kriminalstrafen durch die Ordnungsstrafen ermöglichte es, ein hartes Sanktionsinstrumentarium zu installieren, ohne sich zuvor noch umfangreich mit der Justiz auseinandersetzen zu müssen: Ordnungsstrafen konnten spätestens ab Juni 1939 der Höhe nach unbeschränkt60 durch die Verwaltung verhängt werden und waren kaum (durch Beschwerde)61 oder gar nicht anfechtbar.62 Dem Sachverhalt, dessen Entscheidung den Rechtsprechungswechsel im Umgang mit den Ordnungsstrafen herbeigeführt hat, lagen derartige Ordnungsstrafen zugrunde. Jene resultierten im konkreten Fall aus Verstößen gegen Preisvorschriften in der Textilindustrie,63 die zu den stark von den Preisvorschriften betroffenen Industriezweigen gehörte.64 Unter diesen Umständen diente der Rechtsprechungsumschwung des RFH letztlich dazu, die Schärfe des sanktionsrechtlichen Instrumentariums in letzter Konsequenz auch durch die Finanzrechtsprechung verbindlich zu gewährleis59 

RFH v. 28. 3. 1939 – I 27/39, RFHE 46, 270 (271). der Verordnung über Strafen und Strafverfahren bei Zuwiderhandlung gegen Preisvorschriften v. 3. 6. 1939, RGBl. I 1939, 999 (1000). 61  Nach § 28 der PreisstrafenVO (RGBl. I 1939, 999 (1003)) war eine Beschwerde ausgeschlossen, wenn der Strafbescheid vom Reichskommissar für die Preisbildung erlassen worden war; jener verfügte wiederum über umfangreiche Möglichkeiten, bestimmte Entscheidungen an sich zu ziehen, vgl. § 31 Abs. 2 PreisstrafenVO. 62  Zum Ganzen Röhl, BB 1949, 573 (574). 63  Konkret ging es um Verstöße gegen die Faserstoffverordnung (RGBl. I 1934, 819) und das Spinnstoffgesetz (RGBl. I 1935, 1411), vgl. RFH v. 28. 3. 1939 – I 27/39, RFHE 46, 270 (270); v. 8. 3. 1939 – VI 175/39, RFHE 46, 236 (236). 64 Diese Überwachung wird z. B. im Spinnstoffgesetz v. 6. 12. 1935 (RGBl. I 1935, 1411) deutlich: Nach §§ 2 und 3 musste ein exaktes Lagerbuch geführt werden und ab dem 1. 1. 1936 auch genaue Aufzeichnungen über die Preiserrechnung angefertigt und aufbewahrt werden. Zuwiderhandlungen gegen diese Vorschriften konnten bereits mit Geldstrafe und einjähriger Gefängnisstrafe geahndet werden (§ 4), wobei die Strafverfolgung wiederum nur auf Antrag bestimmter Behörden möglich gewesen ist, u. a. auch der Preisüberwachungsstellen. Für die Preisbildung bestanden wiederum detaillierte Vorgaben (§§ 17 ff.), die eine Koppelung an das Preisniveau der Vergangenheit vorsahen und Erhöhungen nur in sehr engem Rahmen zuließen (vgl. § 17 Abs. 3). Verstöße gegen die Preisvorschriften ermöglichten die Festsetzung von Gefängnisstrafen und unbegrenzt hohen Geldstrafen, die Untersagung der Betriebsfortführung etc. (§ 22). Ebenso bestanden für manche Bereiche des Betriebslebens detaillierte Vorgaben, z. B. in Bezug auf den Schichtdienst (§ 6) oder Verarbeitungsmengen bestimmter Rohstoffe (§ 5). Mit einem Beispiel der „fast täglich“ veröffentlichen Mitteilungen über die Verhängung von Ordnungsstrafen in der Tagespresse Meuschel, DStZ 1938, 1083 (1084). 60  § 8 Abs. 3

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ten.65 Die Richter des RFH haben, entweder autonom oder jedenfalls unter dem Druck der Reichsführung, diesem politischen Ansatz entsprochen. Neben der Aufrechterhaltung der Anteile an Abschreckungseffekt und Repression, die durch die Höhe der Sanktion vermittelt wurden, darf auch spekuliert werden, dass noch ein weiterer, nicht offen angesprochener Aspekt eine Rolle gespielt haben wird: Auch das fiskalische Interesse entsprach nämlich der Logik des Vierjahresplanes.66 So war schon von Seiten des Reichsministeriums der Finanzen 1936 durch Reihardt ausdrücklich kommuniziert worden, es dürfe „nichts geschehen, was zu einer Schmälerung der natürlichen Steigerung des Steueraufkommens führen könnte“.67 Bei Außerachtlassung der wirtschaftlichen Folgen für das getroffene Unternehmen und Fokussierung auf den Einzelfall konnte das Dritte Reich freilich mit größeren Einnahmen rechnen, wenn es Steuern erhob, ohne den Abzug von Sanktionen bei der Einkünfteermittlung zuzulassen. c)  Zwischenfazit Wenn berücksichtigt wird, dass sich die Rechtsprechung des RFH ab 1938 vor allem den politischen und ideologischen Verhältnissen angepasst hat und man dementsprechend nicht unbesehen versucht, ihr Aussagen zum theoretischen Verhältnis von strafrechtlicher Schuld und steuerrechtlicher Veranlassung abzuringen, dann lassen sich folgende Aussagen zur Rechtsprechungsentwicklung hinsichtlich der Abziehbarkeit bzw. Nichtabziehbarkeit von Geld- und Ordnungsstrafen treffen: Zunächst wird klar, dass der Grund für die Nichtabziehbarkeit von Geldstrafen stets in der „Schuld“ des Täters gesucht wurde. Deren Nähe zur Persönlichkeit des Täters wurde als Argument für die Zuordnung der Strafe zur steuerlichen Privatsphäre herangezogen. Im Hinblick auf die Frage, welches strafrechtliche Schuldverständnis zur Begründung des steuerrechtlichen Ergebnisses herangezogen wurde, kann in dogmatischer Hinsicht lediglich von den Erwägungen der Grundsatzentscheidung des RFH vom 31. 10. 1928 ausgegangen werden. Deren Ausgangsthese wurde vom RFH zur Grundlage der weiteren Auseinandersetzung mit der Nichtabziehbarkeit von Geldstrafen gemacht. Zurückgegriffen wurde dabei auf ein psychologisches Schuldverständnis, wobei die subjektiven 65  Vgl. auch Flume, DB 1948, 91 (92): „Den Wandel des Tatbestandes der Ordnungsstrafe […] gilt es zu erkennen, und gerade dieser Wandel des Tatbestandes ist spezifisch mit dem nationalsozialistischen System verbunden. Die Ordnungsstrafe war seit 1933 ein Teil des nationalsozialistischen Herrschaftssystems geworden, ebenso wie die Kriminalstrafe bei öffentlichen Delikten nicht mehr eine Sühne von Unrecht war, sondern der Unterdrückung von Widerspruch oder Auflehnung gegen das Herrschaftssystem diente und mit der Inhaftierung in einem Konzentrationslager auf einer Stufe stand.“ 66 Vgl. Meuschel, DStZ 1938, 1083 (1085). 67  Reinhardt, RStBl. 1936, 1041 (1041).

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Unrechtsmerkmale (Vorsatz, Fahrlässigkeit, Böswilligkeit etc.) als Ausdrucksformen der Schuld angesehen wurden. Unter diesen Umständen muss die These der stets privaten Veranlassung zur damaligen Zeit insofern überzeugend gewirkt haben, als die Schuld in größerer Nähe zur Bewertung der Täterpersönlichkeit und in geringerer Nähe zur eigentlichen Tat stand. Während das Handeln, das zur rechtswidrigen Unrechtsverwirklichung führt, sich noch in einen Bezug mit der Betriebssphäre hätte bringen lassen, sollte dies für die Schuld nicht der Fall sein. Eine tiefergehende Auseinandersetzung mit der strafrechtlichen Dogmatik durch den RFH ist bei alldem allerdings nicht erkennbar geworden.68 Bezüglich der sphärischen Veranlassung der Sanktionen wurde kein gegenseitiger kategorischer Ausschluss von Schuld und Betriebssphäre angenommen, sondern eine gegenseitige graduelle Verdrängung. Dieser Ansatz erlaubte es der Rechtsprechung – in Kohärenz mit dem eigenen Lösungsansatz – im Einzelfall dennoch die Abzugsfähigkeit sogar von Geldstrafen herbeizuführen. Maßgeblich wäre hierbei gewesen, dass die einer Geldstrafe zugrundeliegende Tat im Einzelfall nicht durch ein hohes Maß an strafbegründender Schuld bestimmt ist und der verletzte Schutzzweck eine erhebliche Nähe zum Pflichtenkreis der steuerlich relevanten Erwerbssphäre aufweist. Hinsichtlich dieser Kriterien hat der RFH eine – vor allem in der Rechtsprechung des VI. Senats erkennbare – typisierende Form der Sachverhaltsfeststellung gewählt: Demnach wurde eine typisierende Einordnung von Tatbeständen einer detaillierten Einzelfallprüfung vorgezogen, um hiermit eine Vereinfachung der Rechtsanwendung zu bewirken und die Zuständigkeitsbereiche der Rechtsprechung zu wahren. Wo man in diesem Zuge eine graduelle Verdrängung der betrieblichen Veranlassung durch strafrechtliche Schuld verneint hätte, wäre dies mit der Annahme einer größeren Nähe des verwirklichten Delikts zu den Ordnungswidrigkeiten (als zu den Kriminalstrafen) einhergegangen. Darin kann der Ansatz einer Lösung der steuerrechtlichen Betrachtung der jeweiligen Art des Unrechts bzw. der Sanktion von der formellen gesetzlichen Qualifikation gesehen werden. Zu einer umfangreichen Anwendung oder dogmatischen Fortentwicklung der so aufgestellten Grundsätze ist es aufgrund der Entwicklung der politischen und rechtlichen Verhältnisse jedoch nicht mehr gekommen. Mag auch versucht worden sein, begrifflich an die vorher verwendeten Argumentationslinien anzuknüpfen, so stand während der NS-Zeit eher die Bedeutung der Unrechtsverwirklichung im Sinne einer Gefährdung des Volkes im Vordergrund. Dieses gewandelte Verständnis veranlasste auch eine andere Wahrnehmung der Ordnungsstrafe. Letztlich wurde für den steuerrechtlichen Umgang mit Geldsanktionen der Zweck entscheidend, der strafrechtlichen Repression im Interesse des politischen Systems zu maximaler Wirksamkeit zu verhelfen. Obwohl äußerlich versucht worden ist, 68 

Vgl. auch Merkert, BB 1965, 823 (824).

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diese Umstände als Argumente innerhalb der bisherigen Arbeitsthesen der Rechtsprechung zu verwerten, wird in den betrachteten Entscheidungen sehr deutlich, dass es vor allem um die Anpassung an die nationalsozialistische Weltanschauung ging. 2.  Entwicklungen ab 1945 a)  Nachkriegszeit Zwischen der Kapitulation des Dritten Reiches und der Gründung der Bundesrepublik unterlag die Entscheidung über Steuersachen in den verschiedenen Besatzungszonen unterschiedlicher Handhabung. In der amerikanischen Besatzungszone nahm der Oberste Finanzgerichtshof – der Vorläufer des BFH – seine Arbeit auf. Seine Hoheit war auf Steuern, die im Rahmen bayerischer Zuständigkeit und territorialer Gebietshoheit lagen, beschränkt.69 aa)  Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung des RFH im Nationalsozialismus Bereits zwei Jahre nach Kriegsende musste sich erneut ein oberstes Finanzgericht mit der Abziehbarkeit bzw. Nichtabziehbarkeit einer Ordnungsstrafe für die Zuwiderhandlung gegen Preisvorschriften beschäftigen.70 Im Rahmen eines Obiter Dictum bestätigte der OFH ausdrücklich die Rechtsprechung, wonach die Geldstrafen grundsätzlich Kosten der Lebensführung auslösen, weil sie Ausdruck von Schuld seien und die Schuld bei Überschreitung einer gewissen Erheblichkeit die Veranlassung durch die Persönlichkeit des Täters in den Vordergrund rücke. Die Übertragung dieser Grundsätze auf die Ordnungsstrafen durch die Finanzrechtsprechung der NS-Zeit erklärte er aus der Berücksichtigung der „Entwicklung der Verhältnisse“, welche nach der Reichsabgabenordnung seit 1919 stets zu den Maßgaben der Auslegung von Steuergesetzen gehörte.71 Als maßgeblich veränderte Verhältnisse erkannte der Einkommensteuersenat dabei folgerichtig die veränderte Bedeutung der Ordnungsstrafen für das Wirtschaftsrecht.72 Den letzten Schluss, nämlich dass die Entwicklung und veränderte Auffassung der Ordnungsstrafen gerade auf die nationalsozialistische Weltanschauung zurück69 https://www.bundesfinanzhof.de/content/geschichte-und-geb%C3%A4ude?tid=75 (zuletzt abgerufen am: 25. 6. 2018). 70  OFH v. 24. 20. 1947 – IV 12/47, RFHE 54, 215 ff. 71  Zunächst § 4 RAO v. 13. 12. 1919, RGBl. 1919, 1993 (1994); später dann auch in § 1 Abs. 2 StAnpG v. 16. 10. 1934, RGBl. I 1934, 925 (925). 72  Flume, DB 1948, 91 (92).

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zuführen war, vollzog er dabei jedoch nicht offen. Das brachte der Finanzgerichtsbarkeit später auch entsprechende Kritik des Schrifttums ein.73 bb)  Einbeziehung außersteuerlicher Wertungen unter dem Gesichtspunkt der „Einheit der Rechtsordnung“ Neben der Auseinandersetzung mit der Nichtabziehbarkeit von Ordnungsstrafen und mit der Vergangenheit der Finanzrechtsprechung wurde auch ein weiterer Erklärungsansatz für die Nichtabziehbarkeit von Geldstrafen mobilisiert. So argumentierten die Richter des OFH, dass im Falle einer Abziehbarkeit von Strafen das Steuerrecht deren Wirkung vereiteln würde und dies auch noch in ungleichem Maße, da die Entlastung der Delinquenten umso höher ausfallen würde, je höher deren Einkommen anzusetzen sei.74 Gänzlich neu war dieser Gedanke nicht, da auch die Rechtsprechung des RFH aus der NS-Zeit einer teilweisen Wirkungsvereitelung der Sanktion entgegengetreten war. Der Unterschied zu jener Argumentation ist aber darin zu suchen, dass der RFH sich zuvor durch politische und ideologische Einflüsse gezwungen gesehen hatte entsprechend zu argumentieren. Nun wurde die Nichtabziehbarkeit auch auf die Durchsetzung der Wertungen des Strafrechts und damit eines anderen Rechtsgebietes gestützt. Acht Jahre später wurde diese Erklärung ausgebaut, als das oberste Finanzgericht, nunmehr der Bundesfinanzhof, zur steuerlichen Behandlung der Kosten eines Strafverfahrens Stellung beziehen musste.75 Um einen Gleichlauf mit der Behandlung der im Verfahren erkannten Rechtsfolgen zu gewährleisten, äußerte der Senat sich zugleich zu der Behandlung von Geldstrafen und nutzte damit auch die Gelegenheit zur Reaktion auf Kritik des Schrifttums an der Nichtabziehbarkeit der Sanktionen des Ordnungswidrigkeitenrechts.76 Zwar fand in den Entscheidungsgründen nunmehr wieder Erwähnung, dass Geldstrafen als so eng mit der Führung eines Unternehmens verknüpft erscheinen können, dass sie als betriebliche Vorgänge zu erkennen sind, allerdings wurde die Anerkennung der Abzugsfähigkeit jetzt aus anderen Erwägungen abgelehnt: Demnach war entscheidend, dass die Strafe einen neben der Steuererhebung bestehenden öffentlich-rechtlichen Anspruch darstellt, der nicht durch eine Berücksichtigung als steuerliche Erwerbsaufwendung in seiner Wirkung abgeändert werden soll.77 Hilfsweise bezog der IV. Senat noch in seine Entscheidung ein, dass diese Änderung sich je nach persönlichem Einkommensteuersatz unterschiedlich aus73  Schon früh Flume, DB 1948, 91 (91 f.). Später auch Kley, FR 1981, 81 (81 f.); krit. hierzu R. Bergmann, FR 1981, 292 (294). 74  OFH v. 24. 10. 1947 – IV 12/47, RFHE 54, 215 (218). 75  BFH v. 21. 7. 1955 – IV 373/54 U, BStBl. III 1955, 338. 76 Ebd., juris Rn. 14 ff. 77 Ebd.

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wirken würde, was im Ergebnis in einer Ungleichbehandlung von Fällen mit gleichgelagerten Strafzumessungsvoraussetzungen resultieren könne. Außerdem wurde befürchtet, dass durch solch ein Vorgehen eine Gleichbehandlung mit Freiheitsstrafen nicht möglich sei; jene könnten sich nämlich „steuerlich nicht oder jedenfalls nur unwesentlich auswirken“.78 Somit stellt diese Entscheidung eine Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes in Richtung einer Durchbrechung des Leistungsfähigkeitsprinzips dar. Damit einher ging auch der erste Versuch einer sachlichen Rechtfertigung dieser Durchbrechung. b)  Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs zwischen 1955 und 1983 aa)  „Einheit der Rechtsordnung“ und „Abwälzungsgedanke“ Diese neue Haltung dominierte auch die Rechtsprechung des BFH der kommenden Jahre, sodass bis zur Einführung der Abzugsverbote in das Einkommenund Körperschaftsteuergesetz nicht mehr die private Veranlassung der Sanktionen zur Begründung der Abzugsverbote diente, sondern die Rechtfertigung über den Gedanken der „Einheit der Rechtsordnung“.79 Die Einheit der Rechtsordnung wurde zum Sammelbegriff für die Flankierung strafrechtlicher Zwecke sowie des Gedankens, dass Strafen nicht durch ihre Abziehbarkeit „auf die Allgemeinheit abgewälzt“ werden sollten.80 (1) Beschluss des Großen Senats zu Kfz-Unfallkosten (1977) Deutlich geäußert wurde die Abkehr von der Einordnung der Strafen als Aufwendungen von stets privater Natur auch im Rahmen des Beschlusses des Großen Senats vom 28. 11. 1977.81 Jener drehte sich um die Vorlagefrage, wie Kfz-Unfallkosten einzuordnen sind, die während einer beruflichen oder betrieblichen Fahrt entstehen. Die vielzitierten Ausführungen in der Beschlussbegründung lauten: „Auf das Verschulden, die Strafbarkeit oder das moralische Verhalten des Steuerpflichtigen abzielende Wertungen sind für die Einordnung der Unfallkosten diesseits oder jenseits der Grenze des § 12 Nr. 1 EStG ungeeignet. […] Es kann insbesondere 78 Ebd.,

juris Rn. 18. So auch Merkert, BB 1965, 823 (825). BFH v. 28. 11. 1977 – GrS 2, 3/77, BStBl. II 1978, 105, juris Rn. 30; v. 18. 12. 1975 – IV R 12/72, BStBl. II 1976, 370, juris Rn. 13 f.; v. 18. 5. 1972 – IV R 122/68, BStBl. II 1972, 623, juris Rn. 9; v. 6. 11. 1968 – I R 12/66, BStBl. II 1969, 74, juris Rn. 7; v. 10. 9. 1957 – I 322/56 S, BStBl. III 1957, 415, juris Rn. 9 f. 80  BFH v. 28. 11. 1977 – GrS 2, 3/77, BStBl. II 1978, 105, juris Rn. 30; v. 18. 12. 1975 – IV R 12/72, BStBl. II 1976, 370, juris Rn. 13 f.; v. 18. 5. 1972 – IV R 122/68, BStBl. II 1972, 623, juris Rn. 9; v. 6. 11. 1968 – I R 12/66, BStBl. II 1969, 74, juris Rn. 7. Vgl. auch FG Nürnberg v. 12. 2. 1981 – IV 133/79, EFG 1981, 450, juris Rn. 11 – rkr.; FG Hamburg v. 30. 1. 1980 – V 33/78, EFG 1980, 321, juris Rn. 3. 81  BFH v. 28. 11. 1977 – GrS 2, 3/77, BStBl. II 1978, 105. 79 

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nicht davon ausgegangen werden, daß strafwürdiges oder verbotswidriges Verhalten (wenn auch vielleicht erst ab einer bestimmten Intensität, zB ab ‚bewußter und grober Fahrlässigkeit‘) ohne weiteres der privaten Sphäre zuzurechnen sei. Entscheidend für die Beurteilung auch eines solchen Verhaltens ist allein der Veranlassungszusammenhang. Daß Strafen selbst und damit zusammenhängende Prozeßkosten, auch wenn eine Verbindung zwischen ihnen und dem Beruf besteht, nicht abzugsfähig sind, hat nach der neueren Rechtsprechung, wie im Urteil des BFH vom 18. Mai 1972 […] nochmals betont wird, seinen Grund nicht in der Vorstellung, strafbares Verhalten hebe den beruflichen Zusammenhang auf, sondern in dem Gedanken der Einheit der Rechtsordnung, aus dem heraus es nicht vertretbar erscheint, Strafen und mit diesen zusammenhängende Kosten durch Zulassung der steuerlichen Abzugsfähigkeit teilweise auf die Allgemeinheit zu überwälzen. […] Nur die Einordnung der Unfallkosten nach dem reinen Veranlassungsprinzip läßt auch eine in sich geschlossene Beurteilung zu.“82

(2) Fehlen der gesetzlichen Grundlage Nachdem sich die Änderung der Begründung für die Nichtabziehbarkeit durchgesetzt hatte, wurde deutlich, dass es eigentlich an einer gesetzlichen Grundlage für das Abzugsverbot mangelte. Auf eine Begründung der Nichtabziehbarkeit über das Veranlassungsprinzip konnte nun ja nicht mehr zurückgegriffen werden und der Ausfüllung der Regelungslücke durch die Übertragung der Rechtsgedanken evtl. sogar konkreter strafrechtlicher Gesetze stand – selbst wenn man entsprechende Gesetze hätte benennen können – damals (bis 1983)83 wiederum die Ablehnung steuerschärfender84 Analogieschlüsse entgegen.85 Dementsprechend 82  BFH v. 28. 11. 1977 – GrS 2, 3/77, BStBl. II 1978, 105, juris Rn. 30 ff. – Hervorhebungen nicht im Original. 83  Aus der Rspr. vor 1983: BFH v. 28. 4. 1982 – I R 89/77, BStBl. II 1982, 556, juris Rn. 24 f.; v. 16. 12. 1975 – VIII R 3/74, BStBl. II 1976, 246, juris Rn. 20; v. 10. 2. 1972 – I R 205/66, BStBl. II 1972, 455, juris Rn. 17; v. 2. 12. 1969 – II 120/64, BStBl. II 1970, 119, juris Rn. 6; v. 21. 10. 1969 – II 210/65, BStBl. II 1969, 736, juris Rn. 12 f.; v. 30. 1. 1968 – II 33/63, BFHE 91, 511, juris Rn. 14; v. 28. 11. 1967 – II 110/62, BStBl. III 1968, 216, juris Rn. 13; v. 11. 12. 1964 – III 193/60 S, BStBl. III 1965, 82, juris Rn. 7 ff. Seit BFH v. 20. 10. 1983 – IV R 175/79, BStBl. II 1984, 221, juris Rn. 33 ff. wird auch eine steuerschärfende Analogie grds. für zulässig erachtet. Vgl. (aus heutiger Sicht) Wernsmann, H/H/Sp-AO, § 4 Rn. 697 ff. m. w. N. 84 Die Zulässigkeit von begünstigenden Analogieschlüssen wurde und wird allg. bejaht; aus der Rspr. vgl. BFH v. 10. 12. 1991 – VIII R 69/86, BStBl. II 1992, 385, juris Rn. 21 ff.; v. 24. 1. 1974 – IV R 76/70, BStBl. II 1974, 295, juris Rn. 20. 85 Vgl. den Vorlagebeschluss zum Großen Senat d. BFH v. 28. 4. 1982 – I R 89/77, BStBl. II 1982, 556, juris Rn. 24. Steuerschaffende oder -schärfende Analogieschlüsse ablehnend BVerfG v. 30. 1. 1985 – 1 BvR 279/83, NJW 1985, 1891 und v. 24. 1. 1962 – 1 BvR 232/60, BVerfGE 13, 318, juris Rn. 29 f. Mit dem Verbot steuerschärfender Analogie hat sich, konkret auf Geldstrafen und -bußen bezogen, Tanzer ausführlich auseinandergesetzt, Tanzer, Geldstrafen im Abgabenrecht, S. 49 ff.

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§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

hat die Rechtsprechung des BFH überwiegend auch mehr oder weniger scharfe Kritik im Schrifttum hervorgerufen.86 bb)  „Geldbußenbeschlüsse“ des BFH und gesetzliche Regelung Schließlich wurde auch in der Rechtsprechung dem Gedanken der Nichtabziehbarkeit die Unterstützung wieder entzogen. So nahm man wahr, dass ohne ausdrückliche gesetzliche Anordnung und in Ermangelung einer Möglichkeit zur methodisch zulässigen richterlichen Rechtsfortbildung die „Einheit der Rechtsordnung“ und der Gedanke der „Abwälzung auf die Allgemeinheit“ nicht zur Rechtfertigung des angestrebten Ergebnisses ausreichten. Nachdem schon das FG Niedersachsen jene Argumentation in Bezug auf eine Geldbuße nicht mehr mittragen wollte,87 entschied sich bald darauf auch der I. Senat des BFH, die Beurteilung der Abziehbarkeit einer Geldbuße als Anlass für eine Divergenzvorlage an den Großen Senat zu nutzen.88 Darin erläuterten die Richter, dass das Gesetz in Ermangelung ausdrücklich geregelter Abzugsverbote eine planwidrige Regelungslücke aufweise, zu deren Schließung de lege ferenda lediglich der Gesetzgeber berufen sei.89 Der Große Senat setzte sich – der Vorlage entsprechend – überwiegend mit der Abziehbarkeit von Geldbußen auseinander. Im Hinblick auf Geldstrafen hat er ausdrücklich offengelassen, ob jene „in den Bereich der Lebensführung fallen und deshalb keine Betriebsausgaben sind“.90 Am Ende fiel der Beschluss im Sinne der Ansicht des I. Senats aus. Die Richter vertraten die Überzeugung, dass im EStG keine Regelung getroffen sei, die dem Abzug der Geldbußen entgegenstehe. Auch aus den strafrechtlichen Regelungen in §§ 257 f. und 40 Abs. 2 StGB sei eine solche Rechtsfolge nicht abzuleiten, wobei die Erwägungen hier im Wesentlichen darauf beruhten, dass aus diesen Regelungen keine Schlüsse für 86 Vgl. Felix/Streck, DStR 1979, 479 (480); Grass, FR 1969, 95 (97); Heuer, FR 1969, 63 (64); Mattern, BB 1969, 1049 (1054); Osthövener, DB 1969, 375 (375 f.). Mit Bezug auf die Rspr. des OFH Kley, FR 1981, 81 (81). Eingehend auch Loritz, WM 1983, 322 (322 ff.), der i. Erg. allerdings eine Nichtabziehbarkeit über die Grundsätze von „Treu und Glauben“ herleitet. A. A. Claßen, Besteuerung des Unrechts, S. 85 ff.; R. Bergmann, BB 1981, 2001 (2002 f.). Außerdem Göggerle, BB 1981, 969 (970 f.), mit dem Vorschlag Geldstrafen ggf. unter § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 7 EStG zu subsumieren. 87  FG Niedersachsen v. 22. 4. 1980 – IV 164/78, EFG 1980, 415, juris Rn. 14 ff. 88  BFH v. 28. 4. 1982 – I R 89/77, BStBl. II 1982, 556. Zu der abweichenden Ansicht des IV. Senats vgl. BFH v. 18. 12. 1975 – IV R 12/72, BStBl. II 1976, 370, Ls. 1, juris Rn. 13 ff.; v. 18. 5. 1972 – IV R 122/68, BStBl. II 1972, 623, Ls., juris Rn. 9 ff. Der Vorlagebeschluss behandelt zwar auch die Frage der Abziehbarkeit einer „Geldstrafe“. Dabei war jedoch eine solche gem. § 890 ZPO a. F. gemeint, die – entgegen ihrer Bezeichnung – eher einer Rechtsfolge des Ordnungswidrigkeitenrechts entsprach. 89  BFH v. 28. 4. 1982 – I R 89/77, BStBl. II 1982, 556, Os. 3, juris Rn. 24 f. 90  BFH v. 21. 11. 1983 – GrS 2/82, BStBl. II 1984, 166, juris Rn. 52.

B.  Einbettung des Exklusivitätsgedankens in die Entwicklungsgeschichte

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Rechtsfolgen des Ordnungswidrigkeitenrechts gewonnen werden können.91 Sowohl dem Abwälzungsgedanken als auch der „Einheit der Rechtsordnung“ wurde im Hinblick auf eine rechtfertigende Wirkung für die – bei Nichtabziehbarkeit betrieblich/beruflich veranlasster Sanktionen – entstehende Durchbrechung des Leistungsfähigkeitsprinzips eine klare Absage erteilt.92 Unter Berücksichtigung von § 5 Abs. 2 StAnpG wurde schließlich sogar das Bestehen einer Gesetzeslücke ausgeschlossen. Insgesamt wird in der Begründung des Beschlusses betont, dass eine richterliche Rechtsfortbildung ausgeschlossen sei und der Gesetzgeber ggf. selbst handeln müsse, wenn er die grundsätzliche Nichtabziehbarkeit von Bußund Ordnungsgeldern wünscht.93 c)  Schaffung der gesetzlichen Abzugsverbote und Beschluss des BVerfG aa)  Die Schaffung der gesetzlichen Abzugsverbote für Sanktionen in Reaktion auf die Beschlüsse des Großen Senats Der Rechtsprechungswechsel wurde im rechtswissenschaftlichen Schrifttum94 unterschiedlich bewertet, stieß jedoch in der öffentlichen Debatte95 weitestgehend auf Unverständnis. Die Politik kündigte daraufhin die Schaffung einer ausdrücklichen gesetzlichen Regelung an, worauf zum Beispiel im Niedersächsischen Finanzministerium mit der Veröffentlichung von Nichtanwendungserlassen reagiert wurde.96 Der Gesetzgeber hat seine Ankündigung schließlich sehr zügig umgesetzt und die Abzugsverbote in den §§ 4 Abs. 5 und 12 EStG sowie 10 KStG

91 Ebd.,

juris Rn. 63 ff. Os. 5, juris Rn. 81 f. 93  BFH v. 21. 11. 1983 – GrS 2/82, BStBl. II 1984, 166, juris Rn. 75. 94  Besonders heftige Kritik wurde geübt von Walz, StuW 1984, 170 (170 ff.). Antikrit. Tanzer, wistra 1984, 159 (160 f.), wonach die überwundene Rechtsprechung „auch und gerade ausgehend von dem von Walz offenbar gepflogenen soziologischen Rechtsverständnis […] als durchaus anrüchig zu bezeichnen“ sei. Vgl. auch Offerhaus, INF 1984, 313 (313 ff.). 95 Vgl. sekundär die Stellungnahme von Gattermann im Plenarprotokoll 10/62 v. 30. 3. 1984, S. 4432; Tanzer, wistra 1984, 159 (160); Walz, StuW 1984, 170 (170). Aus der Presse vgl. DER SPIEGEL v. 27. 2. 1984, Nr. 9/1984, S. 30. Der damalige Bundesminister der Finanzen Stoltenberg hat geäußert, es sei ihm „[…] nicht völlig verständlich, daß höchste Gerichte, wie hier der Bundesfinanzhof […] eine seit 20 Jahren feststehende Rechtsprechung ändern, wenn nicht ein einziges Komma im Gesetz geändert ist.“ Er könne „keine fundamentalen Änderungen in der öffentlichen Einschätzung zur Frage der Steuerabzugsfähigkeit von Bußgeldern feststellen.“ Dabei hat er den Richtern des BFH geraten, „eine Änderung einer bewährten und festen Rechtsprechung doch nur sehr ausnahmsweise ins Auge zu fassen, es sei denn, daß der Gesetzgeber wirklich anderes entschieden hat“, Stoltenberg, Steuerberaterkongreß-Report 1985, 37 (45). 96  Niedersächsisches Finanzministerium v. 8. 3. 1984 – VV ND FinMin 1984 – 03 – 08 S 2227 – 20 – 31  1. 92 Ebd.,

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§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

eingeführt.97 Zur Begründung des Abzugsverbots in § 12 Nr. 4 EStG ließen sich die Verfasser der Entwurfsbegründungen gleichlautend wie folgt ein: „Obwohl der Große Senat des Bundesfinanzhofs nicht über den Betriebsausgabenabzug von Geldstrafen entschieden hat […] soll aus Gründen der Rechtssicherheit außerdem klargestellt werden, daß Geldstrafen nicht als Betriebsausgaben in Betracht kommen, weil sie dem persönlichen Lebensaufwand zuzuordnen sind. Dasselbe gilt für Nebenstrafen vermögensrechtlicher Art sowie für Leistungen zur Erfüllung von Auflagen oder Weisungen, die in einem Strafverfahren erteilt werden. Derartige Rechtsnachteile einer (kriminellen) Straftat können keine „Betriebsausgaben“ oder „Werbungskosten“ sein. Die Nichtabsetzbarkeit dieser Ausgaben soll deshalb aus systematischen Gründen in § 12 EStG bestimmt werden.“98

Hierdurch wird relativ klar der Eindruck erweckt, dass die Entwurfsverfasser davon ausgehen, Rechtsfolgen von Straftaten seien stets privat veranlasst. Neben der allgemeinen Begründung haben die Entwurfsverfasser auch noch eine Einzelbegründung zur Einführung von § 12 Nr. 4 EStG formuliert: „Die Vorschrift stellt klar, daß Geldstrafen und die diesen Strafen vergleichbaren Rechtsnachteile wegen einer Straftat nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgesetzt werden können. […] Mit ihr [der Strafe] ist ein Unwerturteil verbunden, das den Täter persönlich treffen soll und dessen Wirkungen er persönlich tragen muß. Dieser Sanktionszweck darf nicht durch steuerliche Vorschriften vereitelt oder gemildert werden. Damit wird der bestehende, höchstrichterlich bestätigte Rechtszustand gesetzlich verankert, um insoweit keinerlei Mißverständnisse entstehen zu lassen, die aufgrund des Beschlusses des Großen Senats des Bundesfinanzhofs vom 21. November 1983 möglich sein könnten.“99

Dieser weiteren Erläuterung hätte es nicht bedurft, wenn die Entwurfsverfasser vollends der Überzeugung gewesen wären, dass Rechtsfolgen von Straftaten stets privat veranlasst wären und dies auch der bisherigen Rechtsauffassung, deren Festschreibung offenbar durch das Gesetz erreicht werden sollte, entsprochen hätte. Durch die Einzelerläuterung werden deshalb Zweifel genährt: Wollten die Entwurfsverfasser nur die Nichtabziehbarkeit im Ergebnis klarstellen und aufrechterhalten, um die Milderung oder Vereitelung des Sanktionszwecks durch steuerliche Vorschriften zu verhindern? Haben sie sich nur deshalb der gesetzlichen Fiktion einer stets privaten Veranlassung im Ergebnis bedient, um dieses 97  Gesetz zur Änderung des Einkommensteuergesetzes und des Körperschaftsteuergesetzes v. 25. 7. 1984, BGBl. I 1984, 1006. Vgl. auch die Gesetzesentwürfe der Fraktionen von CDU/CSU, SPD, FDP und DIE GRÜNEN v. 27. 3. 1984, BT-Drs. 10/1189 sowie – nahezu gleichlautend – der BReg v. 13. 4. 1984, BT-Drs. 10/1314. 98  Entwurf der BReg v. 13. 4. 1984, BT-Drs. 10/1314, S. 5 und fraktionsübergreifender Entwurf v. 27. 3. 1984, BT-Drs. 10/1189, S. 4 – Hervorhebungen nicht im Original. 99  Entwurf der BReg v. 13. 4. 1984, BT-Drs. 10/1314, S. 6 und fraktionsübergreifender Gesetzesentwurf v. 27. 3. 1984, BT-Drs. 10/1189, S. 5.

B.  Einbettung des Exklusivitätsgedankens in die Entwicklungsgeschichte

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Ziel zu verwirklichen? Oder sind sie tatsächlich von der stets privaten Veranlassung von kriminalstrafrechtlichen Sanktionen überzeugt gewesen und haben tatsächlich diese Überzeugung festschreiben wollen?100 An der Annahme, die Entwurfsverfasser wollten auch die stets private Veranlassung von Geldstrafen festschreiben, sind auch aus einem weiteren Grund Zweifel gerechtfertigt. „Der höchstrichterliche Rechtszustand“, auf den sich die Entwurfsverfasser beziehen, wurde vor der Einführung der Abzugsverbote auf die Argumentation gestützt, dass Geldstrafen wegen der Einflüsse der „Einheit der Rechtsordnung“ und des Gedankens der „Abwälzung“ nicht abziehbar sein sollten. Das hoben auch der IV. und der VI. Senat des BFH kurze Zeit nach Einführung des § 12 Nr. 4 EStG hervor: „Ebensowenig ist von Bedeutung, daß § 12 Nr. 4 EStG betrieblich veranlaßte Geldstrafen und Geldauflagen nunmehr zu den Aufwendungen der privaten Lebensführung rechnet, nach der zuletzt vertretenen Auffassung der Steuerrechtsprechung aber ihre Einordnung als nicht abziehbare Betriebsausgaben oder Werbungskosten nähergelegen hätte […]; der Gesetzgeber kann betrieblich veranlaßte Aufwendungen aus besonderen Gründen auch als Privataufwand fingieren.“101

Dass die Regelung in § 12 Nr. 4 EStG eher als bewusste gesetzliche Fiktion zu begreifen ist, wurde teilweise auch im Schrifttum so gesehen.102 bb)  Der Beschluss des BVerfG v. 23. 1. 1991 Eine wesentliche Änderung hat im späteren Verlauf nur noch das Abzugsverbot in § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 EStG erfahren, und zwar aufgrund des Beschlusses des BVerfG vom 23. 1. 1991.103 Dort ging es um die Frage, ob die Vorschrift insoweit mit dem Grundgesetz vereinbar ist, als es durch sie zu einer Nichtabsetzbarkeit von mehrerlösabschöpfenden Geldbußen kommen kann (vgl. § 17 Abs. 4 OWiG). 100  A. A. Bergkemper, FR 2009, 818 (820), der keinen Unterschied hinsichtlich der Veranlassung von Geldstrafen und Geldbußen zu erkennen vermag und das Abzugsverbot in § 12 Nr. 4 EStG für systematisch falsch platziert hält. 101  BFH v. 14. 4. 1986 – IV R 260/84, BStBl. II 1986, 518, juris Rn. 13 und v. 6. 2. 1986 – IV R 206/84, BFH/NV 1987, 492, juris Rn. 16. 102  I. d. S.  auch Lang: „Dieser kausalrechtlichen Gemeinsamkeit von Geldstrafen und Geldbußen trägt die getrennte Regelung nicht Rechnung; sie verleitet zu der das Netto­ prinzip störenden Schlußfolgerung, der Gesetzgeber fingiere die strafbare Erwerbstätigkeit als Privathandlung, während bei der ordnungswidrigen Erwerbstätigkeit der wirkliche Kausalzusammenhang und somit der Betriebsausgaben- oder Werbungskostencharakter unberührt bleibt. Ein derartiger ungleichmäßiger Eingriff in die steuerrechtliche Kausalität ist sachfremd; […]“, Lang, StuW 1985, 10 (24). Ähnlich Wedemeyer, DStZ 1985, 79 (80) und im neueren Schrifttum Pflaum, StBP 2015, 6 (10). 103  BVerfG v. 23. 1. 1990 – 1 BvL 4, 5, 6, 7/87, BVerfGE 81, 228 = BStBl. II 1990, 483 = BGBl. I 1990, 913.

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§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

Die Befürchtung bestand darin, dass bei der Berechnung des Mehrerlöses eine Bruttoabschöpfung ohne Berücksichtigung der wegen der Nichtabziehbarkeit erhöhten Einkommensteuer stattfindet. Der Wortlaut des § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 EStG hätte in einem solchen Fall keinen Spielraum geboten und dennoch den Abzug der Geldbuße in der vollen Höhe verhindert. Im Ergebnis hätte dies bedeutet, dass über die einfache Abschöpfung des illegal erwirtschafteten Erlöses hinaus auch noch eine steuerliche Belastung des nicht mehr vorhandenen Gewinns stattgefunden hätte. Eine solche Folge wäre, so das BVerfG, mit der Besteuerung nach dem Leistungsfähigkeitsprinzip nicht vereinbar.104 Das BVerfG hat aber anerkannt, dass nach der Rechtsprechung der Obergerichte und der allgemeinen Rechtspraxis bei Bemessung der mehrerlösabschöpfenden Geldbußen nach dem Nettoprinzip verfahren wird, also die Einkommensteuerbelastung Berücksichtigung findet und § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 EStG deshalb nicht verfassungswidrig ist.105 Der Gesetzgeber hat dennoch reagiert und § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 EStG mit dem StÄndG 1992 um einen Satz 4 ergänzt, der für unterschiedliche Bemessungspraktiken eine dynamische Lösung ermöglicht.106 d)  „Wiederbelebung“ der stets privaten Veranlassung von Geldstrafen aa)  Beispiele aus der jüngeren Rechtsprechung des BFH Nach der Einführung der gesetzlichen Abzugsverbote wurde in der Rechtsprechung des BFH das ursprünglich überwundene Begründungsmuster der privaten Veranlassung von Geldstrafen und der ihr gleichgestellten Sanktionen wiederbelebt. Nunmehr erkennt er zwar an, dass die sanktionierte Tat betrieblich veranlasst sein kann. Das durch die Strafe vermittelte Unwerturteil sieht er allerdings als so eng mit der Person des Täters verknüpft an, dass hierdurch für die Strafe selbst nur eine Zuordnung zur Privatsphäre des Steuerpflichtigen in Frage kommen soll.107 Da die Nichtabziehbarkeit im Ergebnis seit Einführung des Abzugsverbotes in § 12 Nr. 4 EStG gesetzlich manifestiert ist, fallen die Äußerungen der Rechtsprechung zur Natur der Veranlassung von Geldstrafen und den ihnen gleichgestellten Sanktionen naturgemäß nur noch sehr knapp aus. Die maßgeblichen Erwägungen, die in den Entscheidungsbegründungen genannt werden, lassen sich anhand einer Auswahl von Entscheidungen kurz darstellen:

104 Ebd.,

juris Rn. 32. juris Rn. 33 ff. 106  Gesetz zur Entlastung der Familien und Verbesserung der Rahmenbedingungen für Investitionen und Arbeitsplätze v. 25. 2. 1992, BGBl. I 1992, 297 (299). 107  Zuletzt BFH v. 16. 9. 2014 – VIII R 21/11, BFH/NV 2015, 191, juris Rn. 20. 105 Ebd.,

B.  Einbettung des Exklusivitätsgedankens in die Entwicklungsgeschichte

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(1) Urteil vom 16. 9. 2014 Soweit ersichtlich, hat sich der BFH zuletzt im Urteil des VIII. Senats vom 16. 9. 2014108 zu dem Thema geäußert, und zwar im Hinblick auf die Einordnung einer Geldauflage nach § 153a Abs. 1 S. 2 Nr. 2 StPO, die gegen einen Steuerberater verhängt worden war. Gleichzeitig mit der Erfüllung der Auflage war ein Strafverfahren wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung eingestellt worden. Bezahlt wurde die Auflage aus dem Vermögen der Steuerberatungs-GbR, deren Gesellschafter der betreffende Steuerberater gewesen ist. Im Rahmen der Gewinnermittlung der GbR hatten die Beteiligten die Zahlung der Auflage gewinnmindernd berücksichtigt, was wiederum im Zuge einer Außenprüfung moniert worden war. Der BFH entschied, dass die Auflage nicht als Betriebsausgabe der Gesamthand berücksichtigt werden darf. Dabei sei es „unerheblich, ob die vermeintliche Straftat im Zusammenhang mit dem Gewerbebetrieb bzw. der Tätigkeit für ein Unternehmen stand“.109 Zwar spreche zum Beispiel das Interesse einer Personengesellschaft an der Abwendung von Schäden für ihr Ansehen dafür, dass hinsichtlich der Übernahme der Auflage ein betrieblicher Zusammenhang mit der Gesellschaft besteht.110 „Gerade mit der Personenbezogenheit“ sei aber „ein mögliches strafrechtliches Verschulden verbunden“. Deswegen sei der „Wertung des § 12 Nr. 4 EStG auch auf der Ebene der Gesellschaft Vorrang vor dem Schadensabwendungsinteresse der Gesellschaft einzuräumen“.111 Zum Beleg seiner Begründung verweist das Urteil auf Entscheidungen zum Abzugsverbot für Kriminalsanktionen aus den Jahren 1986 und 1991112 – also kurz nach Einführung des § 12 Nr. 4 EStG. Dort heißt es wiederum, die Veranlassung beruhe „trotz ihres Zusammenhanges mit dem Gewerbebetrieb“ nicht maßgeblich auf der Tat, sondern auf den „täterbezogenen“ Umständen, nach denen sie bemessen wird: nämlich „dem individuellen Verschulden und den persönlichen Einkommensverhältnissen des Täters“.113 Diese Erwägungen belegt der BFH wiederum mit einem Verweis auf Entscheidungen des RFH zwischen 1928 und 1938, 108 

BFH v. 16. 9. 2014 – VIII R 21/11, BFH/NV 2015, 191. juris Rn. 20. Vgl. auch BFH v. 31. 7. 1991 – VIII R 89/86, BStBl. II 1992, 85, juris Rn. 16. 110  BFH v. 16. 9. 2014 – VIII R 21/11, BFH/NV 2015, 191, juris Rn. 20. 111 Ebd. 112  Vgl. BFH v. 16. 9. 2014 – VIII R 21/11, BFH/NV 2015, 191, juris Rn. 20 mit Verweis („mit weiteren Ausführungen“) insb. auf BFH v. 31. 7. 1991 – VIII R 89/86, BStBl. II 1992, 85, juris Rn. 16; v. 22. 7. 1986 – VIII R 93/85, BStBl. II 1986, 845, juris Rn. 27 und v. 14. 4. 1986 – IV R 260/84, BStBl. II 1986, 518, juris Rn. 9 ff. Jene verweisen ihrerseits auf die Rspr. des RFH. 113  BFH v. 22. 7. 1986 – VIII R 93/85, BStBl. II 1986, 845, juris Rn. 27. 109 Ebd.,

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§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

also solchen vor Veröffentlichung des „Reinhardtschen Erlass“ vom Februar 1939 (s. o. § 3 B. I. 1. b)).114 Mittelbar ergibt sich somit die Begründung der Nichtabziehbarkeit wegen des Zusammenhangs mit der steuerlichen Privatsphäre in einer geschlossenen Verweiskette aus eben diesen Entscheidungen des RFH. (2) Urteil vom 22. 7. 2008 Auf die „Täterbezogenheit“ und eine „enge Beziehung zur Person des Täters“ wurde bei der Auslegung des § 12 Nr. 4 EStG auch im Rahmen eines Urteils des VI. Senats aus dem Jahr 2008 abgestellt.115 Dort wurde aus der Bezeichnung einer nach § 153a StPO verhängten Geldauflage als „Geldbuße“116 (durch das Amtsgericht) gefolgert, dass eine enge Beziehung zur Person des Täters gewollt gewesen sei und es sich deshalb nicht um eine lediglich schadensrestituierende Geldauflage handele.117 Aus diesem Umkehrschluss ist dann auf den Anwendungsbereich des Abzugsverbotes geschlossen worden. Wenn man berücksichtigt, dass eine Einstellung unter Auflagen gemäß § 153a StPO zwar die Überzeugung vom Bestehen eines gewissen Schuldmaßes voraussetzt,118 gleichzeitig aber keine gerichtliche Widerlegung der Unschuldsvermutung in sich trägt,119 dann wurde in der Entscheidung nicht von einer festgestellten Schuld oder einer auf die Strafzumessungsschuld abgestimmten Strafe auf eine andersartige Veranlassung geschlossen, sondern wurde von einer Straf­ 114 Ebd., juris Rn. 27 m. V. a. RFH v. 17. 8. 1938 – VI 440/38, RStBl. 1939, 229; v. 20. 1. 1937 – VI A 22/37, RStBl. 1937, 427; v. 20. 8. 1930 – VI A 1386/30, RStBl. 1931, 103; v. 31. 10. 1928 – VI A 1147/28, RStBl. 1929, 83. 115  BFH v. 22. 7. 2008 – VI R 47/06, BStBl. II 2009, 448, juris Rn. 21. 116  Die Verhängung der Auflage zur Zahlung eines Geldbetrages an eine gemeinnützige Einrichtung oder die Staatskasse als „Geldbuße“ zu bezeichnen, ist auch i. Ü. in der Strafrechtswissenschaft und -lehre durchaus gängig, vgl. Scholl, NStZ 1999, 599 (599 Fn. 1); Peters, MüKo/StPO, § 153a Rn. 75; Schäfer/Sander/van Gemmeren, Strafzumessung, Rn. 255. 117  BFH v. 22. 7. 2008 – VI R 47/06, BStBl. II 2009, 448, juris Rn. 21. Dass das AG daneben auch eine Berechnung der Auflage nach den Einkommensverhältnissen des Beschuldigten vorgenommen habe, wird noch am Rande erwähnt, ist aber keine tragende Erwägung gewesen. 118  Schmitt, Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, § 153a Rn. 7. 119 BVerfG v. 16.  1. 1991 – 1 BvR 1326/90, NJW 1991, 1530, juris Rn. 19. Vgl. auch BVerfGE 82, 106, juris Rn. 45. Der VI. Senat äußert selbst in BFH v. 17. 8. 2011 – VI R 75/10, BFH/NV 2011, 2040, Ls. 3, juris Rn. 11: „Die Einstellung des Strafverfahrens gemäß § 153a StPO […] rechtfertigt nicht die Schlussfolgerung, dass der Kläger die ihm zur Last gelegte Straftat verübt hat“; ebenso BFH v. 29. 8. 2006 – VIII B 186/05, BFH/NV 2006, 1866, juris Rn. 10. Belastungen von Beschuldigten durch Rechtsfolgen nach § 153a StPO haben deshalb auch keinen Strafcharakter, vgl. Schmitt, Meyer-Goßner/ Schmitt, StPO, § 153a Rn. 12.

B.  Einbettung des Exklusivitätsgedankens in die Entwicklungsgeschichte

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ähnlichkeit auf das Metakriterium der „Täterbezogenheit“ und von der „Täterbezogenheit“ auf die private Veranlassung geschlossen. (3) Urteil vom 31. 7. 1991 Zuletzt soll auch das zuvor schon erwähnte BFH-Urteil vom 31. 7. 1991 Beachtung finden: Dort heißt es zunächst, dass der Gesetzgeber mit § 12 Nr. 4 EStG die bestehende Rechtsauffassung vor allem des RFH umgesetzt habe.120 Demnach seien Geldstrafen „nach der klaren Entscheidung des Gesetzgebers den nichtabziehbaren Kosten der privaten Lebensführung zuzuordnen“, was auch dann gelte, „wenn die Straftat im Zusammenhang mit einem Gewerbebetrieb begangen wurde“.121 Im Übrigen besagt die Entscheidung aber auch, dass eine im Ausland verhängte Geldstrafe im Einzelfall doch abziehbar sein kann, wenn ihre Verhängung dem „ordre public“ widerspricht und „wenn sie für eine Tat verhängt wurde, die in Zusammenhang mit einer gewerblichen Betätigung begangen wurde“.122 bb)  Schlussfolgerungen Wenn man versucht aus den zuvor dargestellten Rechtserkenntnissen verallgemeinerbare Schlüsse zu ziehen, wird folgendes ersichtlich: Zunächst ist es mit zunehmendem zeitlichen Abstand zur Einführung der gesetzlichen Abzugsverbote nicht mehr zu einer Wiederholung des Gedankens gekommen, dass § 12 Nr. 4 EStG zu einer gesetzlichen Fiktion führt oder lediglich der Abzugsfähigkeit von im Übrigen betrieblich veranlassten Erwerbsaufwendungen entgegensteht. Dementsprechend scheint es vielmehr so, als sei die Rechtsprechung darum bemüht, der einst aufgegebenen These von der stets privaten Veranlassung der in § 12 Nr. 4 EStG benannten Sanktionen, insbesondere von Geldstrafen und Geldauflagen, zu einer überzeugenden Begründung zu verhelfen. Dabei wird die Anknüpfung an die einstigen Begründungen des RFH gesucht. Dementsprechend wird das Verhalten, das den Tatverdacht begründet hat, regelmäßig außer Betracht gelassen. Stattdessen wird auf die gerichtliche Sanktionsentscheidung an sich abgestellt. Das demonstriert vor allem das Urteil vom 31. 7. 1991 sehr gut: Wo die Verhängung der Sanktion als rechtmäßig akzeptiert wird, wird eine betriebliche Veranlassung des Verhaltens des Steuerpflichtigen ohne weiteres ausgeblendet, wo dies nicht der Fall ist (Verstoß gegen den „ordre public“), wird wiederum die Sanktionsentscheidung vernachlässigt und das 120 Belege aus der Rechtsprechung des RFH werden durch umfangreiche Direktzitate dargestellt, während der BFH lediglich indirekt zitiert wird, BFH v. 31. 7. 1991 – VIII R 89/86, BStBl. II 1992, 85, juris Rn. 16. 121  BFH v. 31. 7. 1991 – VIII R 89/86, BStBl. II 1992, 85, juris Rn. 16; v. 22. 7. 1986 – VIII R 93/85, BStBl. II 1986, 845, juris Rn. 27. 122  BFH v. 31. 7. 1991 – VIII R 89/86, BStBl. II 1992, 85, juris Rn. 16.

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§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

den Tatverdacht verursachende Verhalten gleichsam wieder in den Blick genommen.123 Strukturell werden Geldstrafen und -auflagen aufgrund ihrer Natur bei alldem so behandelt, als ob sie eine Unterbrechung des Zusammenhangs der finanziellen Einbuße mit der Ausgangstat bewirken. Dabei wird ohne weiteres Eingehen auf die Unterschiede zwischen zum Beispiel Geldstrafen und Geldauflagen nach § 153a StPO auf die enge Beziehung zur Person des Täters verwiesen („Täterbezogenheit“). Angedeutet wird hier lediglich, dass diese enge Beziehung letztlich aus der Zumessung der Sanktion resultiere. Aufgrund der fehlenden Begründungstiefe in den diesbezüglichen Aussagen lassen sich keine darüber hinausgehenden Feststellungen zum Standpunkt des BFH treffen. 3.  Zwischenfazit und Bewertung Wenn eines aus der Betrachtung der Rechtsprechung von OFH und BFH seit der Nachkriegszeit deutlich wird, dann dass kein Begründungsansatz zur Erklärung durchgehalten worden ist, weshalb insbesondere Geldstrafen nicht als Erwerbsaufwendungen abziehbar sein können. Unter anderem sind Abwälzungsgedanken, nicht näher benannte Strafzwecke, Strafgleichheitserwägungen sowie ein pauschaler Verweis auf die „Einheit der Rechtsordnung“ bemüht und zwischenzeitlich wieder aufgegeben worden. Nicht nur in Bezug auf Geldstrafen, sondern auch in Bezug auf Geldauflagen (sogar solche nach § 153a StPO) ist nunmehr die ursprüngliche These des RFH einer stets privaten Veranlassung dieser Sanktionen wiederbelebt worden. Auslöser dieser Wiederbelebung sind die Entwurfsverfasser der Sanktionsabzugsverbote gewesen; bestärkend wirkt sich hier die Entscheidung des Gesetzgebers zur Regelung eines getrennten Abzugsverbotes für kriminalstrafrechtliche Sanktionen in § 12 Nr. 4 EStG (und § 10 Nr. 3 KStG) und die Unterstützung des Schrifttums aus.124 123 

Vgl. BFH v. 31. 7. 1991 – VIII R 89/86, BStBl. II 1992, 85, juris Rn. 20. geht es zunächst um die systematische Verortung in § 12 EStG, also einer Vorschrift, die nach überwiegender Ansicht vor allem solche Aufwendungen aufzählt, die ohnehin nie betrieblich veranlasst sein können, vgl. Lang, Bemessungsgrundlage, S. 77 f.; Fissenewert, H/H/R-EStG, § 12 Rn. 1, 3; Hey, Tipke/Lang, § 8 Rn. 241; Pohl, L/S-EStG, § 12 Rn. 1 ff.; Seiler, Kirchhof/EStG, § 12 Rz. 1; a. A. Ruppe, DStJG 3 (1980), 103 (121 ff.). Speziell zu Nr. 4 Arndt, K/S/M-EStG, § 12 Rn. E 4 ff. Aus diesem Blickwinkel erscheint dann auch der Schluss von der Stellung im Gefüge des EStG auf die vom Gesetzgeber unterstellte Natur der Vorschrift naheliegend, was auch das spezielle Schrifttum zu der Annahme führt, die in § 12 Nr. 4 EStG erfassten Geldsanktionen seien ihrer Natur nach im Ergebnis stets privat veranlasst und die Regelung dort eher „deklaratorisch“ bzw. „klarstellend“ zu verstehen, Fissenewert, H/H/R-EStG, § 12 Rn. 142; Kratzsch, F/G-EStG, § 12 Rn. 136; Thürmer, Blümich/EStG, § 12 Rn. 212; Bergkemper, FR 2009, 818 (820). A. A. Danninger/Leidel/Wobst, WiJ 2014, 215 (220); Wedemeyer, DStZ 1985, 79 (80). 124  Dabei

B.  Einbettung des Exklusivitätsgedankens in die Entwicklungsgeschichte

139

Nach anfänglicher Skepsis gegenüber der Bedeutung und Überzeugungskraft dieser von § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 EStG getrennten Regelung und Begründung der Nichtabziehbarkeit von Geldstrafen, -auflagen etc. bemüht sich der BFH nun die Übernahme dieser These plausibel zu machen und stützt sich in ununterbrochener Verweisungskette auf Entscheidungen des RFH zwischen 1928 und 1938. Dabei werden mehrere Dinge übersehen. Einerseits fehlt schon der Verweiskette auf die Entscheidungen des RFH, auf die der BFH sich stützt,125 bei einer Betrachtung der Entscheidungsergebnisse die Überzeugungskraft: Eine der Entscheidungen lässt Spielraum zur Interpretation des der Sanktion zugrundeliegenden Ausgangstatbestandes im Hinblick auf seinen im Einzelfall eventuell doch bestehenden betrieblichen Zusammenhang.126 Die drei anderen betreffen jeweils Fälle, in denen ein Abzug tatsächlich zugelassen worden ist, weil entweder nach den Umständen des sanktionsbewehrten Tatbestandes nur eine Inanspruchnahme des Betriebs (durch eine Ordnungsstrafe) gewollt gewesen sei127 oder weil im Einzelfall die „Willensschuld“ des Steuerpflichtigen ausdrücklich hinter dem betrieblichen Zusammenhang zurücktreten sollte128 (zu den Entscheidungen im Einzelnen, s. o.). Andererseits wird damit letztlich auf Begründungen rekurriert, die an eine heutzutage nicht mehr als maßgeblich vertretene Schulddogmatik anknüpfen, welche schon damals im Begriff gewesen ist, durch ein neues Verständnis von der Straftat sowie durch den heute vorherrschenden normativen Schuldbegriff abgelöst zu werden. Vom heutigen Standpunkt müssen diese Begründungen dementsprechend als überholt erscheinen. Zugleich sind diese Begründungen unter Vornahme einer typisierenden Sachverhaltsfeststellung geformt worden, die aus dem Blickwinkel des heutigen Steuerrechts nicht mehr angewendet wird.129 Zuletzt wird selbst die dogmatische Interpretation des Verhältnisses von Schuld und Veranlassung zwar per Verweis, nicht aber in ihrer eigentlichen Anwendung übernommen. Damals hat der RFH sich nämlich – wiederum typisierend – um die rechtsfortbildende Erfassung von Ausnahmefällen bemüht. Ver125 

Vgl. BFH v. 31. 7. 1991 – VIII R 89/86, BStBl. II 1992, 85, juris Rn. 16; v. 22. 7. 1986 – VIII R 93/85, BStBl. II 1986, 845, juris Rn. 27, in Os. 3 erklärt der VIII. Senat ausdrücklich seinen „Anschluss“ an die (zitierte) RFH-Rechtsprechung. 126  RFH v. 31. 10. 1928 – VI A 1147/28, StW 1929, Sp. 279 (283 f.). 127  RFH v. 17. 8. 1938 – VI 440/38, RStBl. 1939, 229 ff.; v. 20. 1. 1937 – VI A 22/37, RStBl. 1937, 427. 128  RFH v. 20. 8. 1930 – VI A 1386/30, StW 1930, Sp.1798 (insb. 1800 ff.). 129  Zur Unzulässigkeit und Überholung einer (materiell) typisierenden Betrachtungsweise, bei der – unter Ausschluss eines möglichen Gegenbeweises – ein letzlich fingierter Sachverhalt unterstellt wird Rönitz, DStJG 3 (1980), 297 (303). Zu den Grenzen zulässiger Typsieriung durch den Rechtsanwender Wernsmann, DStR-Beih. 2011, 72 (73) m. w. N.

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§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

stünde man die Regelung des Abzugsverbotes in § 12 Nr. 4 EStG tatsächlich als Festschreibung des einstigen höchstrichterlichen Rechtszustandes, der Geldstrafen als stets privat veranlasst angesehen hat, und ließe man die Rechtsanwendung ab Ergehen des Reinhardtschen Erlasses außer Betracht, so müssten Geldauflagen nach § 153a StPO geradezu aus dem Anwendungsbereich des § 12 Nr. 4 EStG herausfallen. Das macht wiederum keinen Sinn, wenn man beachtet, dass die Entwurfsverfasser der Sanktionsabzugsverbote auch jene Auflagen ausdrücklich mit dieser Vorschrift erfassen wollten.130 Kurzum: Die Wiederbelebung der These einer stets privaten Veranlassung der in § 12 Nr. 4 EStG erfassten Sanktionen wirkt, wenn sich keine alternative Stütze für ihre Begründung finden lässt, nicht überzeugend.

II.  Das Meinungsbild im Schrifttum Im Schrifttum finden sich zwar zahlreiche Auseinandersetzungen mit Fragen, die im Zusammenhang mit der Behandlung von Geldsanktionen (oder geldwerten Sanktionen) im Steuerrecht stehen, nur wenige beschäftigen sich aber damit, worin die eigentliche Begründung oder Rechtfertigung eines Nichtabzugs von Geldsanktionen liegen soll. Eine Auswahl jener Beiträge soll dazu dienen, Stimmungsbilder und Ideen im chronologischen Ablauf darzustellen. Berücksichtigt werden dabei vor allem solche, die eine eigene Stellungnahme zu der Thematik erkennen lassen. Ausgeschlossen sind damit Beiträge, bei denen zum Beispiel nicht hinreichend deutlich wird, ob die These grundsätzlich privater Veranlassung an sich für richtig gehalten oder nur als manifestierte Rechtsprechung hingenommen und dann im Hinblick auf andere Aspekte „weiterverarbeitet“ wird bzw. solche, die nicht weiter erkennen lassen, weswegen auch eine betriebliche Veranlassung für möglich gehalten wird.131

130  Entwurf der Fraktionen v. 27. 3. 1984, BT-Drs. 10/1189, S. 5 und Entwurf der Bundesregierung v. 13. 4. 1984, BT-Drs. 10/1314, S. 6. 131  Vgl. etwa Biedermann, StuW 1947 Sp. 233 (239 ff., insb. 243 f.), der lediglich zu erklären versucht, weswegen die These der privaten Veranlassung dazu führt, dass auch gegenüber Betrieben verhängte Ordnungsstrafen als betriebsfremd nicht absetzbar sein dürfen, oder Flume, DB 1948, 91 (92), dem es offensichtlich darum ging, zu erklären, wie es durch den Einfluss nationalsozialistischer Ideologie während des Dritten Reichs zu einer Übertragung der Rechtsprechungsgrundsätze bzgl. der Geldstrafen auf Ordnungsstrafen gekommen war. Aus neuerer Zeit z. B. E. Krüger, DStR 2016, 895 (897), der sogar von der grds. privaten Veranlassung von Geldbußen auszugehen scheint.

B.  Einbettung des Exklusivitätsgedankens in die Entwicklungsgeschichte

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1.  Von der RFH-Rechtsprechung bis zu den Vorlagebeschlüssen des BFH a)  Meinungszersplitterung in den späten 1920er Jahren 1928 hat Metz in einem Aufsatz zum steuerrechtlichen Umgang mit Strafen unter dem damaligen Werbungskostenbegriff das bis dahin bestehende Meinungsbild des Schrifttums dargestellt.132 Sein Befund bestand in einer breit gefächerten Meinungszersplitterung, wobei die vertretenen Extrempositionen jeweils eine grundsätzliche Abziehbarkeit bzw. Nichtabziehbarkeit von Geldstrafen unter dem Werbungskostenbegriff vorsahen, ein großer Teil der Autoren jedoch differenzierende Standpunkte vertrat. Als Differenzierungskritierien herangezogen wurden z. B. der Unterschied zwischen „echten“ Strafen und solchen wegen der Übertretung von Polizei- und Verwaltungsvorschriften, Unterschiede zwischen Strafen für Vorsatz- und Fahrlässigkeitsdelikte oder die Nähe der sanktionsauslösenden Tat zu typischen Betriebsvorgängen.133 Metz befand, dass die Literatur einer Abzugsfähigkeit von Strafen als Werbungskosten grundsätzlich nicht ablehnend gegenüberstand und formulierte auch seine eigene Ansicht in entsprechender Weise. Aus der Entscheidung für eine Besteuerung delinquent erwirtschafteter Einnahmen leitete er ab, dass ein Abzug für demgegenüberstehende Ausgaben, mithin also auch entsprechender Strafen, konsequenterweise möglich sein müsse. „Nicht das geringste Bedenken“ hegte er sodann im Hinblick auf die Abzugsfähigkeit von Strafen wegen der Verletzung bloßer Ordnungsvorschriften und wegen der Begehung fahrlässiger Straftaten, wenn deren Begehung im Zusammenhang mit dem Betrieb stand.134 Als abzugsfähig sah er auch Strafen wegen der Verwirklichung vorsätzlicher Delikte an, „die nur durch Ausübung des betreffenden Gewerbes in Frage kommen können.“135 Die Abzugsfähigkeit von Strafen wegen der Begehung vorsätzlicher Delikte im Übrigen lehnte er jedoch ab, da in diesem Fall nicht der Betrieb als Hauptursache für das verbotene Tun und die nachfolgende Strafe anzusehen sei, sondern der „verbrecherische Wille“ in den Vordergrund trete.136 b)  Ergebnisorientierte Ansätze – Becker und Zitzlaff (1940) Zu den frühen Auseinandersetzungen mit der Nichtabziehbarkeit von Geldsanktionen kann auch jene von Enno Becker in seinem Grundlagenwerk zur Ein132 

Metz, DStZ 1928, Sp. 590 ff. m. umfgr. w. N. Metz, DStZ 1928, Sp. 590 ff. m. umfgr. w. N. Z. B. (nur) für die Abzugsfähigkeit von gelegentlich in Betrieben vorkommenden Verstößen gegen „eine der vielen Ordnungsvorschriften“ Weinberg, DStZ 1927, Sp. 990 (991). 134  Metz, DStZ 1928, Sp. 590 (593). 135 Ebd. 136 Ebd. 133 

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§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

kommensteuer aus dem Jahre 1940 gezählt werden. Becker äußert sich dort, das mag mit seiner Amtszeit als Vorsitzender des IV. Senats beim RFH zusammenhängen,137 konform mit dem frühen Standpunkt des Reichsfinanzhofes vor 1939: Für ihn war die Differenzierung zwischen solchen Sanktionen entscheidend, die wegen des Vorliegens persönlicher Schuld ganz der Privatsphäre zuzuordnen seien, und solchen, die aufgrund eines typischen Zusammenhangs mit dem Betrieb, bei gleichzeitigem Bestehen eines geringen Schuldmaßes oder bei reiner Anknüpfung der Sanktion an objektive Verhältnisse auch als Betriebsausgaben anerkannt werden konnten.138 In seiner Stellungnahme zur Behandlung von Schadensersatzleistungen aus strafbaren, unerlaubten Handlungen und zum Umgang mit Kosten von Strafverfahrens- und Strafverteidigungskosten spricht er jedoch auch selbst davon, dass bestimmte Fragen „oft mehr Sache des Entschlusses als der Erkenntnis“139 seien. Dementsprechend „scheinen“ ihm zum Beispiel Kosten der Strafverteidigung wegen der fahrlässigen Verletzung eines Arbeiters durch den Arbeitgeber eher „ins Gebiet der Lebenshaltung überzugehen“, wenn der Arbeitgeber „gewissenlos die Gesundheit seiner Angestellten aufs Spiel setzte, weil er sparen wollte“140. Wenn er auch andererseits äußert, dass gefühlsmäßige Betrachtungen ausgeschaltet werden müssten, so tritt damit doch auch sein Zweifel an einer trennscharfen Zuordnung zu Kosten diesseits oder jenseits der betrieblichen Sphäre offen zu Tage. Aus dem Jahre 1940 findet sich auch noch eine weitere Auseinandersetzung mit dem Hintergrund der Nichtabziehbarkeit, und zwar bei dem – schon zur Zeit der Veröffentlichung – ehemaligen Richter des RFH Zitzlaff: Das Abstellen auf eine „verbrecherische Gesinnung“ als ausschlaggebendes Moment für eine generelle Zuordnung von Strafen zu den Kosten der Lebenshaltung hielt jener dabei für nicht überzeugend.141 Im Ergebnis vertrat auch er die Nichtabziehbarkeit sonstiger strafrechtlicher Rechtsfolgen, allerdings weil er der Ansicht war, dass einer einmal festgesetzten Strafe keine daraus resultierende Verringerung der Steuer gegenüberstehen sollte.142 So wie bei Becker aber eine tiefergehende Auseinandersetzung damit fehlt, weswegen genau der Zusammenhang von Aufwendungen mit strafrechtlicher Schuld regelmäßig zu einer privaten Veranlassung führen soll, fehlt bei Zitzlaff eine vertiefende Auseinandersetzung mit der Frage, wes137  Enno Becker war zwischen 1920 und 1935 Richter am Reichsfinanzhof. Ab 1922 bis zu seiner Pensionierung führte er den Vorsitz im IV. Senat, der zusammen mit dem VI. Senat in Einkommensteuersachen zuständig gewesen ist, vgl. Reimer, in: FS Spindler, S. 507 (508) m. w. N. 138  Becker, Grundlagen ESt, S. 296 f. 139 Ebd., S. 299. 140  Becker, Grundlagen ESt, S. 299. 141  Zitzlaff, StW 1940, Sp. 377 (389 f.). 142  Zitzlaff, StW 1941, Sp. 963 (974).

B.  Einbettung des Exklusivitätsgedankens in die Entwicklungsgeschichte

143

wegen die betriebliche Veranlassung von Strafen möglich sein solle.143 Deutlich wird bei beiden insoweit nur die Zielsetzung durch ihre Ansätze ein bestimmtes Ergebnis herbeizuführen. c)  Gespaltenes Meinungsbild, auch unter BFH-Richtern – Hoffman, Heuer, Merkert, Grass und Mattern (1950er und 1960er Jahre) Während Ende der 1950er Jahre die Debatte über die Besteuerung krimineller Einkünfte im Allgemeinen eifrig geführt wurde,144 finden sich in dieser Zeit kaum Stellungnahmen zur Natur der Veranlassung von Strafen oder der Begründung ihrer steuerlichen Nichtabsetzbarkeit; der BFH war inzwischen ja selbst zu der Ansicht übergegangen, dass Geldstrafen grundsätzlich betrieblich veranlasste Erwerbsaufwendungen sein können, und hatte sich eher auf die Rechtfertigung des trotzdem – ohne Bestehen eines ausdrücklichen Abzugsverbots – verweigerten Abzugs konzentriert.145 Zu den wenigen Stellungnahmen aus dieser Zeit gehört jene von Hoffmann (1958).146 Er hat die These der privaten Veranlassung vor dem Hintergrund aufgegriffen, dass eine Gleichheit der Bestrafung zwischen Geldstrafen und Freiheitsstrafen herzustellen sei. Da letztere aber niemals abziehbar seien, war er der Nichtabziehbarkeit von Geldstrafen im Ergebnis ebenfalls zugeneigt.147 Zur Herleitung dieses Ergebnisses scheint er dabei der These der privaten Veranlassung von Strafen zugewandt und hebt „deren Klarheit in der Abgrenzung als Folge ihres umfassenden Standpunktes“ hervor.148 143 Vgl.

Zitzlaff, StW 1940, Sp. 377 (389 f.). etwa Voss, FR 1967, 361 ff.; Würtenberger, FR 1966, 20 ff.; Heuer, FR 1963, 3 ff.; Jessen, MDR 1959, 453 ff. und 534 ff. 145  In diesem Sinne hat sich bspw. Glöggler dem BFH angeschlossen. Seine Ausführungen deuten zwar an, dass eine Unterbrechung des Veranlassungszusammenhangs erst ab einer vorsätzlichen Tatbegehung anzunehmen sei. Damit es jedoch zu keiner Vereitelung des Strafzwecks komme, müssten sowohl Geldbußen als auch Geldstrafen als nicht abziehbarer Erwerbsaufwand behandelt werden. Dabei stimmt er auch dem vom BFH vorgebrachten Abwälzungsgedanken zu, ders., FR 1956, 486 (487). 146  Hoffmann war zur Zeit der Veröffentlichung in FR 1958, 290 ff. Vorsitzender des I. Senats des BFH. 147  Hoffmann, FR 1958, 290 (290). 148  Hoffmann, FR 1958, 290 (290). Zuvor hatte Hoffmann die Würdigung insbesondere von Ordnungsstrafen als stets private Vorgänge noch als „gekünstelt“ bezeichnet und allein darauf abgestellt, dass die Einheit der Rechtsordnung gebiete, dass das Ergebnis des Strafprozesses nicht durch das Steuerrecht verändert werde, ders., FR 1958, 66. A. A. Heyer, der vertreten hat, dass sowohl Geldbußen als auch Geldstrafen grundsätzlich betrieblich veranlasste Aufwendungen sein können und ohne das Bestehen eines ausdrücklichen Abzugsverbotes weder der Gedanke einer Einheit der Rechtsordnung noch die Strafzwecke oder -gleichheit erforderten, dass Geldsanktionen als nichtabziehbar zu behandeln sind; ders., FR 1958, 188 (188 f.). 144  Vgl.

144

§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

Für Heuer hingegen ist ganz deutlich gewesen, dass Strafen Betriebsausgaben und Werbungskosten sein können, wenn sie mit „den durch das strafbare Verhalten erzielten Einkünften in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen“, was, wie er formuliert hat, „regelmäßig der Fall sein wird.“149 Als Argument hierfür führt er an, dass Entdeckung, Bestrafung und Leistung von Schadensersatz letztlich die unternehmerischen Risiken seien, die ein kriminell operierender Steuerpflichtiger auf sich nehme, um besonders hohe oder andernfalls nicht mögliche Gewinne zu erzielen; außerdem, dass die Wertung des BFH, eine Strafe müsse aus dem Privatvermögen gezahlt werden, keine solche des Strafrechts, sondern eine solche der Finanzrichter sei.150 Eine weitere deutliche Absage gegenüber der These grundsätzlich privater Veranlassung findet sich auch bei Merkert. Deutliche Kritik hat jener in dem Sinne geübt, dass der RFH in seiner Ausgangsentscheidung151 zur Nichtabziehbarkeit von Geldstrafen an einer falschen Prämisse hinsichtlich der strafrechtlichen Wertungen gescheitert sei und nach dieser erstmalig „falschen Weichenstellung“ für die folgenden Entscheidungen das „Ergebnis dieses Urteils unbesehen übernommen“ habe.152 Er gehört damit zu den wenigen Autoren, die versucht haben, sich der Thematik und den tragenden Erwägungen des RFH unter Berücksichtigung strafrechtlicher Dogmatik zu nähern und zu begründen, weshalb Verweise auf den subjektiven Straftatbestand nicht geeignet sind, um eine grundsätzlich private Veranlassung der Geldstrafe zu begründen. Er hielt die Tat bzw. die Rechtsgutsverletzung für den maßgeblichen Anknüpfungspunkt der Strafe; jene könne aber sehr wohl in betrieblichem Kontext geschehen, was auch das StGB selbst zu erkennen gebe, wenn es berufliche Zusammenhänge strafbegründend oder -verschärfend berücksichtigt.153 Lediglich um Ungleichheiten in der Bestrafung und die Schwierigkeit einer Strafzumessung, die auch steuerrechtliche Rechtsfolgen berücksichtigen muss, zu vermeiden, hat er Geldstrafen daher als im Ergebnis nicht abzugsfähige Betriebsausgaben angesehen.154 149 

Heuer, FR 1963, 22 (24).

150 Ebd. 151 

RFH v. 31. 10. 1928 – VI A 1147/28, StW 1929, Sp. 279. Merkert, BB 1965, 823 (824 f.). Merkert setzt sich mit dem o. g. (§ 3 B. I. 1. a) aa)) Zitat des RFH auseinander, dass der „innere Grund für die Verhängung einer kriminellen Strafe gegen eine natürliche Person […] sowohl bei fahrlässig wie bei vorsätzlich begangenen Delikten der schuldhafte Wille dieser Person [ist], der seinerseits die Ursache für die Beziehung der äußeren Handlung auf die Person des Täters ist“. Er interpretiert die Aussage so, als bilde das Vorliegen des subjektiven Tatbestandes das tragende Argument für die Erwägungen des RFH. Dabei ist das Zitat wohl eher als Hinweis auf die Schuldformen nach dem damals herrschenden psychologischen Schuldbegriff zu verstehen. Diese bildeten aber wiederum das Korrespondenzstück der Strafe. 153  Merkert, BB 1965, 823 (825). 154 Ebd. 152 

B.  Einbettung des Exklusivitätsgedankens in die Entwicklungsgeschichte

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Ende der 1960er Jahre haben sich dann mit Grass und Mattern erneut (aktive) Richter des Bundesfinanzhofs an der Debatte beteiligt. Grass hat sich dafür entschieden, den neuen Kurs der Rechtsprechung offen zu kritisieren: Gegenüber der „emotionalen Abwälzungstheorie“ des BFH sei die „endgültige Entscheidung“, ob begrifflich „Betriebsausgaben überhaupt Raum haben oder nicht“, vorzugswürdig.155 Eindeutig Position bezogen, welchen Standpunkt er hinsichtlich der möglichen Zuordnung von Geldstrafen zur Privat- oder Betriebssphäre vertritt, hat Grass dabei jedoch nicht. Mattern wiederum hat zu der Thematik eine differenzierende Haltung eingenommen: Er erkannte an, dass die Begehung bestimmter Taten im Zusammenhang mit einem Betrieb stehen könne und Aufwendungen für daran anknüpfende Geldstrafen am Betriebsausgabenbegriff zu messen seien. Unter diesen Taten differenziert er jedoch nach dem Grad des verwirklichten subjektiven Straftatbestands (einfache oder grobe Fahrlässigkeit und Vorsatz) und – das wird implizit aus seinen Ausführungen ersichtlich – nach einer nicht genauer abgegrenzten Tatschwere.156 In Anbetracht der jeweiligen Umstände sollte entweder der betriebliche Zusammenhang oder der „schuldhafte Wille“ des Steuerpflichtigen im Vordergrund stehen.157 Erstaunlicherweise hielt Mattern nach den von ihm „entwickelten Grundsätzen“ sogar Geldstrafen gegebenenfalls für abzugsfähig.158 d)  Tipke, Göggerle, Claßen, Bergmann und Loritz (1970er und 1980er Jahre) Tipke hat sich der Entscheidung des Großen Senats aus dem Jahr 1977159 angeschlossen, wonach es für die Interpretation der Veranlassung nicht auf das Verschulden oder Ähnliches ankommt. Zugleich hat er auch zu verstehen gegeben, dass er der Nichtabziehbarkeit von Geldstrafen zwar zustimmt, die Gründe hierfür aber eher abseits einer Einteilung in private oder berufliche Veranlassung sieht.160 Konkretisiert hat er diese Ansicht nach Einführung der Abzugsverbote: Zwar werde „durch § 4 V Nr. 8 und § 12 Nr. 4 EStG das Nettoprinzip als Ausfluß des Leistungsfähigkeitsprinzips durchbrochen“, allerdings sei die „Einheit der Rechtsordnung […] in der Weise herzustellen, daß Straf- und Bußgeldgerechtigkeit vor Steuergerechtigkeit geht.“161 Er spricht sich zudem ausdrücklich dafür

155 

Grass, FR 1969, 95 (97). Vgl. dazu seine Bsp. hinsichtlich betrieblich veranlassten, grob fahrlässigen sowie einer vorsätzlichen leichten Körperverletzung, Mattern, BB 1969, 1049 (1051 f.). 157  Mattern, BB 1969, 1049 (1051). 158 Ebd., (1051 f.). 159  s. o. § 3 B. I. 2. b) aa) (1). 160  Tipke, StuW 1979, 193 (205). 161  Tipke, StRO I, S. 59. 156 

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§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

aus, das Steuerrecht zur Abwehr „gemeinschädlicher Aktivitäten“ dienstbar zu machen.162 Auch Göggerle und Claßen haben sich 1981 für den möglichen betrieblichen Charakter von Geldstrafen ausgesprochen. Göggerle ging davon aus, in Rechtsprechung und Literatur bestehe Einigkeit, dass ein „schuldhafter, insbesondere vorsätzlicher Verstoß gegen Strafbestimmungen […] nicht per se der privaten Lebensführung zuzurechnen“ sei.163 Zugleich weist er aber auch darauf hin, dass schuldhafte Verstöße gegen Rechtsvorschriften vielfach durch die Persönlichkeit – mit anderen Worten also durch privates Verhalten – des Steuerpflichtigen verursacht seien.164 Claßen hat seine Sichtweise über die Befürwortung einer rein objektiven Interpretation des § 4 Abs. 4 EStG begründet; danach sei die „Pflicht zur Zahlung einer Geldstrafe […] notwendige Folge der Verurteilung des Steuerpflichtigen. Ursache der Verurteilung ist die im Betrieb begangene Straftat. Die Aufwendungen [seien] daher betrieblich veranlaßt.“165 Wie Claßen ist auch R. Bergmann der Ansicht gewesen, dass es sich bei Geldstrafen um Betriebsausgaben oder Werbungskosten handele, die wegen der Einheit der Rechtsordnung nicht abziehbar seien.166 Bergmann ist dabei insbesondere davon ausgegangen, dass eine Anknüpfung an „Schuld“ bei der Differenzierung hinsichtlich der möglichen Veranlassung von Geldstrafen und Geldbußen nicht überzeugend sei, da die Verhängung beider Sanktionen „Schuld“ voraussetze.167 Eine breitere Auseinandersetzung findet sich bei Loritz, der sich hierzu nach dem Vorlagebeschluss geäußert hat, der zu den „Geldbußenbeschlüssen“ des Großen Senats und letztlich zur Einführung der gesetzlichen Abzugsverbote geführt hat. Er hat sich der Thematik aus einer rein steuerrechtlichen Perspektive angenommen und erkennt in der Nichtanerkennung von Betriebsausgaben und Werbungskosten durch die Rechtsprechung eine ergebnisorientierte Haltung: „Soll im Ergebnis eine Aufwendung nicht abziehbar sein, so wird sie, um dies zu erreichen, der persönlichen Lebensführung zugerechnet. […] Der Blick auf die Rechtsfolge hat hier also die Auslegung des Merkmals ‚betriebliche Veranlassung‘ bestimmt.“168

Auch er vertritt die Haltung, dass Sanktionen grundsätzlich die Voraussetzungen von Betriebsausgaben und Werbungskosten erfüllen können169, und zwar letztlich deswegen, weil der Gesetzgeber sich auch entschlossen hat, Einkünfte 162 Ebd. 163 

Göggerle, BB 1981, 969 (969). (969 f.). 165  Claßen, Besteuerung des Unrechts, S. 78 f. 166  R. Bergmann, BB 1981, 2001 (2001). 167 Ebd., (2001 f.). 168  Loritz, WM 1983, 322 (325). 169 Ebd., (329). 164 Ebd.,

B.  Einbettung des Exklusivitätsgedankens in die Entwicklungsgeschichte

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aus strafbaren Verhaltensweisen zu besteuern. Die Veranlassung solcher Einkünfte und der durch ihre Gewinnung provozierten Strafen beurteilt er damit einheitlich. e)  Auf der Suche nach einer lückenfüllenden Analogie – Tanzer (1980/83) Von allen Auseinandersetzungen mit der Thematik der Nichtabziehbarkeit von Geldstrafen, die in der Literatur bisher erfolgt sind, stammt die ausführlichste aus der Feder von Tanzer, der sich im Rahmen eines Vortrages bei der Tagung der Deutschen Steuerjuristischen Gesellschaft im Jahr 1980 und in seiner später veröffentlichten Habilitationsschrift mit der Abziehbarkeit bzw. Nichtabziehbarkeit von Geldstrafen auseinandergesetzt hat.170 Die Veröffentlichung erfolgte damit kurz vor Ergehen des Rechtsprechungswechsels bezüglich der Abziehbarkeit von Geldbußen durch den Großen Senat des BFH sowie der konsekutiven Einführung der gesetzlichen Abzugsverbote in den §§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8, 12 Nr. 4 EStG und 10 Nr. 3 KStG. Nach seiner Analyse ist schon das ursprüngliche Rechtsverständnis der Richter des RFH171 in ihren Annahmen zur privaten Veranlassung von Geldstrafen fehlgegangen.172 So habe der RFH seine Rechtsansicht letztlich weder aus den Begrifflichkeiten für die Umschreibung von Erwerbsaufwendungen nach dem EStG (in damaliger Fassung) noch aus den systemimmanenten Konsequenzen des Einkommensbegriffs hergeleitet, sondern (ergebnisgeleitet) daraus, welche Sphäre des Steuerpflichtigen durch den Vermögensabfluss zur Begleichung der Sanktion getroffen werden soll: „Der objektiven betrieblichen Veranlassung [werde] die subjektive Zweckrichtung eines Vermögensabflusses als überragendes Moment gegenübergestellt.“173 Das stehe einer objektiven Interpretation der Veranlassung, wie der Gesetzgeber sie gerade durch Schaffung des Betriebsausgabenbegriffs bezweckt habe, nicht an.174 Zusammenfassend werde der Betriebs­ ausgabenbegriff unzutreffend in seinem „Erfordernis eines Betriebs als causa um das negative Tatbestandselement […] des Fehlens einer culpa in der Person des Steuerpflichtigen ergänzt“.175 Tanzer sieht darin eine „Einschränkung der Bedeutsamkeit des Gewinnungskostentatbestandes auf Fälle einer bestimmten Wertigkeit des Verhaltens des Steuerpflichtigen.“176 170 

Tanzer, Geldstrafen im Abgabenrecht, S. 1 ff.; ders., DStJG 3 (1980), 227 ff. Tanzer, DStJG 3 (1980), 227 (235 ff.) geht hier insbesondere auf die Äußerungen Beckers ein. 172  Tanzer, DStJG 3 (1980), 227 (231). 173 Ebd. 174  Ebd., (233 f.). 175  Tanzer, Geldstrafen im Abgabenrecht, S. 25. 176  Tanzer, DStJG 3 (1980), 227 (231). 171 

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§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

Seiner Ansicht nach kann hingegen „nahezu jeder Deliktstypus dergestalt verwirklicht gedacht werden, daß in die Privatsphäre des Steuerpflichtigen keinerlei Wurzeln hineinragen, diese vielmehr ausschließlich in dem Bestand seines Betriebes bzw. seinem betrieblichen Gewinnstreben zu suchen sind.“177 Im Ergebnis hat er sich vor allem mit der Zulässigkeit einer steuerschärfenden Analogie auseinandergesetzt und nach deren Bejahung versucht, die bis dahin bestehende gesetzliche Lücke bezüglich der Nichtabziehbarkeit von Geldstrafen durch einen Analogieschluss aus strafrechtlichen Normen zu schließen.178 Konkret bezogen hat er den übertragenen Rechtssatz im Wege einer Gesamtanalogie aus den Vorschriften zur „Begünstigung“ im strafrechtlichen Sinne (§§ 257 ff. StGB) sowie den Vorschriften zur Zumessung von Strafen bzw. Geldstrafen, deren Vorgaben ihm geeignet erschienen, die subjektive Wirkungsqualität179 von Sanktionsaufwendungen als Betriebsausgaben auszuschließen.180 2.  Nach den „Geldbußenbeschlüssen“ des BFH und der Schaffung der ausdrücklichen Sanktionsabzugsverbote a)  Reaktion auf die Rechtsprechungs- und Gesetzesänderung – Lang Nach den „Geldbußenbeschlüssen“ des Großen Senats hat auch Lang hinterfragt, welches die zutreffenden Hintergründe des Abzugsverbotes für Geldstrafen seien. Obgleich die Beschlüsse sich nicht direkt zur Veranlassung von Geldstrafen geäußert haben, geben nach Langs Ansicht deren Gründe „klar zu erkennen, daß der Große Senat des BFH zum kausalrechtlichen Begründungsansatz der RFH-Rechtsprechung zurückgekehrt ist“181. Dieses Ergebnis lehnt er ab. Für Geldstrafen als unfreiwillige Aufwendungen sei (allein) der objektive Kausalzusammenhang entscheidend. Das Verschulden oder der Wesensunterschied 177  Tanzer, Geldstrafen im Abgabenrecht, S. 20. Gleiche Ansicht Pflaum, StBP 2015, 6 (10) mit Bsp. zu einer betrieblich veranlassten fahrlässigen Körperverletzung. 178  Tanzer leitet aus den strafgesetzlichen Normen zur Zumessung von (Geld-)Strafen (§§ 40, 46 StGB) und den „den Strafzweck gleichartig sicherstellenden“ §§ 257 ff. StGB her, dass Strafen den Täter ungeschmälert höchstpersönlich treffen sollen, und überträgt diesen Rechtsgedanken im Wege des Analogieschlusses auf das Steuerrecht, ders., Geldstrafen im Abgabenrecht, S. 105 ff. 179  Gemeint ist der Unterschied zwischen dem Vorliegen von Betriebsausgaben dem Grunde nach („objektive Sachqualität“) und deren Abzugsfähigkeit mit entsprechend steuermindernder Wirkung beim Steuerpflichtigen („subjektive Wirkungsqualität“), Tanzer, Geldstrafen im Abgabenrecht, S. 50, 106. 180  Tanzer, Geldstrafen im Abgabenrecht, S. 105 ff. 181  Lang, StuW 1985, 10 (18). So hat auch Döllerer – damals Vorsitzender Richter am BFH – die Ausführungen des Großen Senats verstanden, Döllerer, BB 1984, 545 (545, 549): „Daraus läßt sich die Vermutung ableiten, daß der Große Senat dazu neigt, die Geldstrafen – wie früher der Reichsfinanzhof […] – nicht als Betriebsausgaben anzuerkennen“.

B.  Einbettung des Exklusivitätsgedankens in die Entwicklungsgeschichte

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von Geldstrafen und -bußen hingegen begründeten seiner Ansicht nach insgesamt keine tragfähigen Abgrenzungskriterien für die Zuordnung von (kriminal-) strafrechtlichen Sanktionen zur Privat bzw. Betriebssphäre.182 b)  Einheit der Rechtsordnung als dem Veranlassungsprinzip immanentes Auslegungskriterium – Walz und Raupach Während zahlreiche Meinungen zwischen der Diskussion der Nichtabziehbarkeit aufgrund der Veranlassungsnatur oder dem Gedanken der Einheit der Rechtsordnung differenzieren, vertritt Raupach eine integrierende Ansicht und betrachtet die Einheit der Rechtsordnung als Parameter für die Interpretation des Veranlassungsprinzips.183 Mit anderen Worten soll schon bei der Auslegung des § 4 Abs. 4 EStG auf die Wertungen anderer Teilrechtsordnungen Rücksicht genommen werden. Die Auslegung der Vorschrift soll sich demnach nicht nur am Telos der Umsetzung des Leistungsfähigkeitsprinzips orientieren, sondern auch an solchen Zielsetzungen anderer Teile der Rechtsordnung, die in einer Werteabwägung gewichtiger erscheinen als der Leistungsfähigkeitsgedanke.184 In die gleiche Richtung deutete auch die schon zuvor geäußerte Ansicht von Walz, der jedoch eine gestuftes Vorgehen insofern vorschlägt, als es „zuallererst“ darauf ankomme, die „dogmatischen Prinzipien des Steuerrechts selbst zu entfalten“, also etwa das Nettoprinzip.185 Verletze das Ergebnis einer solchen Auslegung anhand des (steuerrechtlichen) Normzwecks jedoch „klar umrissene, überragende rechtspolitische Anliegen benachbarter Teilrechtsordnungen“, so soll auf die „Durchsetzung der an sich gebotenen steuerrechtlichen Wertung […] immer […] verzichtet werden.“186 Vor allem Raupachs Sichtweise steht dabei dem oben genannten Denkansatz von Tipke sehr nahe, wonach das Steuerrecht ggf. dazu beitragen muss, die Wertentscheidungen anderer Teilrechtsordnungen zu realisieren.187 Sowohl Raupach als auch Walz haben ihre Ansichten jeweils in den Kontext von Kritik an den „Geldbußenbeschlüssen“ des Großen Senats gesetzt. Hinsichtlich der ihr Ergebnis bestimmenden Werteabwägungen verhalten sie sich allerdings ähnlich zu den Lösungen derer, die eine mögliche betriebliche Veranlassung (auch) von Strafen zunächst anerkennen, den mit der Durchbrechung des Leistungsfähigkeitsprinzips entstehenden Rechtfertigungsbedarf dann jedoch durch Einbeziehung von Folgerungen aus der Einheit der Rechtordnung stillen. 182 

Lang, StuW 1985, 10 (19). Raupach, in: FS Tipke, S. 105 (117 ff.). 184 Ebd. 185  Walz, StuW 1984, 170 (173). 186 Ebd. 187 Vgl. Tipke, der Raupach auf Linie mit seiner eigenen Ansicht sieht, Tipke, StRO I, S. 59 Fn. 84. Ablehnend Drüen, T/K-AO, § 40 Rn. 2; ders., DB 2013, 1133 (1135). 183 

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§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

Im praktischen Ergebnis besteht der Unterschied zwischen diesen integrierenden Ansätzen und den „Rechtfertigungslösungen“188 dann vor allem darin, dass Letztere ein Handeln des Gesetzgebers erforderlich machen, während Erstere nach Ansicht der Autoren den BFH in die Lage versetzt hätten, unter Ausschöpfung eigener Kompetenzrahmen zur Nichtabzugsfähigkeit zu gelangen. Die eigentliche Kritik der Autoren besteht dann auch darin, dass die Richter des BFH die ihnen unterstellte eigenständige Handlungsoption nicht genutzt haben. c)  Äußerungen im jüngeren Schrifttum Im neueren Schrifttum seit den 2000er Jahren finden sich, wie dies schon zu anderen Zeitpunkten der Entwicklung der Thematik der Fall gewesen ist, zahlreiche Äußerungen, die den Standpunkt der Rechtsprechung unkritisch oder jedenfalls ohne eingehende offene Auseinandersetzung übernommen haben.189 Im Gegensatz dazu stehen zum Beispiel die Stellungnahmen von Bergkemper und Pflaum. Der damals noch im aktiven Dienst befindliche BFH-Richter Bergkemper hielt die „Auffassung […], dass Geldstrafen Kosten der persönlichen Lebensführung seien, […] mit dem Werbungskostenbegriff [für] nicht vereinbar“190. In diesem Sinne hat auch Pflaum Stellung bezogen und geäußert, dass die Argumentation einer grundsätzlichen Überlagerung des Veranlassungszusammenhangs durch die persönliche Schuld des Täters sowie ähnlich klingende Ansätze auf eine „Normativierung des Veranlassungszusammenhangs“ hinauslaufen, die er für nicht vereinbar mit dem Leistungsfähigkeitsprinzip und der Wertneutralität des Steuerrechts i. S. d. § 40 AO hält.191 Für ihn führt das Abzugsverbot in § 12 Nr. 4 EStG daher zu einer Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips, die er im Ergebnis wegen des Arguments der Einheit der Rechtsordnung für gerechtfertigt hält.192 3.  Zwischenfazit Die Sichtung des Meinungsbildes im Schrifttum zur möglichen Zuordnung von Geldstrafen diesseits oder jenseits der Betriebssphäre zeigt Verschiedenes. Zunächst wird deutlich, dass sich beinahe ausnahmslos sämtliche Autoren gegen 188  Gemeint sind Lösungsansätze, die vertreten, dass sämtliche Geldsanktionen dem Grunde nach Betriebsausgaben oder Werbungskosten sein können, im Ergebnis aber dennoch nicht abzugsfähig sein dürfen, und versuchen, die hierdurch entstehende Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips (und des allgemeinen Gleichheitssatzes) durch das Vorbringen besonderer sachlicher Gründe zu rechtfertigen. 189  Vgl. etwa E. Krüger, DStR 2016, 895 (897). 190  Bergkemper, FR 2009, 818 (820). 191  Pflaum, StBP 2015, 6 (9 f). 192  Pflaum, StBP 2015, 6 (10 f). I. d. S. auch Danninger/Leidel/Wobst, WiJ 2014, 215 (216, 228).

B.  Einbettung des Exklusivitätsgedankens in die Entwicklungsgeschichte

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eine Abziehbarkeit von Geldstrafen bei der einkommensteuerlichen Einkünfteermittlung ausgesprochen haben, was dem entsprechenden Abzugsverbot in § 12 Nr. 4 EStG und § 10 Nr. 3 KStG breite Unterstützung zusichert. Weiterhin macht sie vor allem aber auch deutlich, dass von denjenigen Autoren, die eine eigene Stellungnahme zur möglichen Natur der Veranlassung von finanziellen Rechtsfolgen des Kriminalstrafrechts formuliert haben, auch beinahe alle der Ansicht gewesen sind, dass Geldstrafen auch der steuerrechtlichen Betriebs-/Berufssphäre des Steuerpflichtigen zugeordnet werden können. Jene Ansichten haben die Begründung für die Nichtabziehbarkeit wiederum in diversen anderen gedanklichen Ansätzen gesucht (Abwälzungsgedanke, Treu und Glauben etc.; dazu sogleich). Auch von dieser Warte bestehen erhebliche Zweifel an der These einer grundsätzlich privaten Veranlassung der in § 12 Nr. 4 EStG geregelten Sanktionen. Die einzige Ausnahme wird hier von den denjenigen Verfechtern einer Einheit der Rechtsordnung geboten, die auch einen Erklärungsansatz dafür bieten, weswegen ihr gedankliches Modell zu einer Unterbrechung des steuerlichen Veranlassungsprinzips führt. Auffällig ist weiterhin allerdings auch, dass sich kaum Stimmen in ihren Begründungsansätzen mit strafrechtlicher Dogmatik auseinandergesetzt und versucht haben, eine oder verschiedene strafrechtliche Konzeptionen von Schuld oder die Herleitung des in einer Strafe liegenden Unwerturteils in eine theoretische Beziehung zum objektiven Nettoprinzip bzw. seiner Umsetzung in den Begriffen Betriebsausgaben und Werbungskosten und deren einheitliche Interpretation unter dem Veranlassungsprinzip zu setzen. Selbst die wenigen Stellungnahmen, die einen solchen Zusammenhang wahrnehmen, ziehen die entsprechenden Schlüsse hieraus ohne tiefergehende Untersuchung der angegebenen Begründungen. Erklären lässt sich diese „offene Flanke“ der Argumentationskreise damit, dass die Rechtsprechung ihrerseits nie im Detail erläutert hat, wie ein solcher Zusammenhang beschaffen sein könnte, sondern ihn vielmehr einfach voraussetzt; außerdem dadurch, dass die Teilnehmer der Diskussion im steuerrechtlichen Schrifttum ihre Begründungsansätze, dem Selbstverständnis nach, wohl eher als Versuche einer rein (binnen-)steuerrechtlichen Klärung der Gründe für die Nicht­ abziehbarkeit betrachtet haben. Das lässt den Verlauf der Diskussion nachvollziehbar wirken, seine Ergebnisse jedoch nicht unbedingt überzeugend erscheinen.

III.  Auseinandersetzung mit einzelnen Erklärungsansätzen hinsichtlich der Nichtabziehbarkeit von Sanktionen Die vorstehenden Betrachtungen zeigen, dass zu allen Zeiten Einigkeit hinsichtlich der Haltung bestanden hat, dass Geldstrafen und mit ihnen vergleichbare Rechtsfolgen des Kriminalstrafrechts jedenfalls im Grundsatz nicht als Betriebs­ ausgaben oder Werbungskosten im Rahmen der Einkommensteuer abziehbar sein

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§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

sollen. Zugleich wird jedoch auch deutlich, dass die Ansätze zur Begründung dieses Ergebnisses selten einheitlich beurteilt worden sind oder der Meinungseinklang jedenfalls nicht von Dauer gewesen ist. Dabei haben einige Denkansätze größeres „Durchhaltevermögen“ bewiesen und verdienen eine genauere Überprüfung im Hinblick auf ihre Überzeugungskraft. 1.  Gedanke der „Abwälzung auf die Allgemeinheit“ Der Gedanke, dass die Anerkennung der steuerlichen Absetzbarkeit von Ausgaben für die Bezahlung von Geldstrafen, Geldbußen und anderen Sanktionen als Erwerbsaufwendungen zu einer „Abwälzung“ der Sanktion „auf die Allgemeinheit“ führt, wurde als Begründung für die Nichtabziehbarkeit der Sanktionen vor allem zwischen Ende der 50er Jahre des 20. Jahrhunderts und den „Geldbußenbeschlüssen“ des Großen Senats betont.193 In der Rechtsprechung der Obergerichte ist dieser Gedanke – in ähnlicher Form – schon früher geäußert worden. Im Jahr 1932 hatte der RFH argumentiert, es wäre „vom Standpunkt der Allgemeinheit aus gesehen, nicht zu rechtfertigen, wenn ein Teil der […] verwirkten Geldstrafen und Bußen […] im Wege der Steuerermäßigung gewissermaßen auf die Reichskasse übernommen würde“194. Damals gehörte dieser Gedanke freilich noch nicht zu den tragenden Erwägungen, um die Nichtabziehbarkeit von Sanktionen zu begründen: Geldbußen bzw. „Ordnungsstrafen“ galten ja noch als potenziell berücksichtigungsfähige Erwerbsaufwendungen und Geldstrafen sollten wegen ihres Bezugs zur privaten Lebensführung des Steuerpflichtigen nicht abziehbar sein. Zudem ließ sich die Äußerung auch als Ablehnung eines widersprüchlichen Fiskalverhaltens verstehen. Bis heute finden sich immer wieder Stellungnahmen, in denen der Abwälzungsgedanke auftaucht, und zwar nicht nur in der Rechtswissenschaft195 und nicht nur im Zusammenhang mit der Diskussion der Folgen einer hypothetischen Abziehbarkeit von Sanktionen.196 Das rechtfertigt eine genauere Betrachtung dieses Gedankens. a)  Erläuterung Von einer „Ab-“ oder „Überwälzung“ ist gewöhnlich dann die Rede, wenn eine Last, die einer Person entsteht, auf die Schultern einer anderen Person übertragen wird oder der Rückzug eines Lastenträgers die Durchschnittslast der verbleiben193 

§ 3 B. I. 2. a) und b). RFH v. 20. 9. 1932 – IV A 2182/31, StW 1932, Sp. 1957 (1959). 195  Dickertmann/Gelbhaar, Verw 1995, 475 (508). 196  Z. B. FG Rheinland-Pfalz v. 12. 7. 2016 – 3 K 1133/14, EFG 2016, 2075, juris Rn. 25 – rkr.; FG Baden-Württemberg v. 28. 4. 2015 – 8 K 1792/13, juris Rn. 41 – nrkr. 194 

B.  Einbettung des Exklusivitätsgedankens in die Entwicklungsgeschichte

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den Personen in einer Gruppe von Lastenträgern erhöht. Auf das Steuerrecht übertragen, wird mit diesem Gedanken also argumentiert, dass jeder Steuerbetrag, den ein Steuerpflichtiger weniger an den Fiskus abführt, die individuelle Steuerlast, die die anderen Steuerpflichtigen tragen müssen, automatisch erhöht. Erlaubt das Gesetz einigen Steuerpflichtigen einen bestimmten Erwerbsaufwand geltend zu machen, entrichten sie im Ergebnis weniger Steuern an den Fiskus, als sie entrichten würden, wenn sie den entsprechenden Aufwand nicht geltend machen (dürften). Der Abwälzungsgedanke kann nur zutreffen, wenn der Fiskus die Differenz im Aufkommen, die nach der Berücksichtigung des tatsächlich geltend gemachten Erwerbsaufwands und einer gedachten Nichtgeltendmachung entsteht, dadurch deckt, dass er sie wirtschaftlich auf die übrigen Steuerpflichtigen umlegt. Dieser Gedanke ist potenziell verallgemeinerungsfähig formuliert. Er kann nicht nur auf den Zusammenhang mit der Berücksichtigung bzw. Nichtberücksichtigung sanktionsbedingten Aufwands, sondern auch auf jede andere Form der Berücksichtigung steuermindernden Aufwands bezogen werden.197 Unausgesprochen setzt der Abwälzungsgedanke mindestens zwei weitere Grundannahmen voraus: Erstens, dass die von der Gruppe der Steuerpflichtigen eingeforderte Gesamtlast unverändert bleibt und zweitens, dass die Mittel zur Erreichung der Solleinnahmen allein aus den Abgaben der Steuerpflichtigen gewonnen werden. b)  Keine Gesamtschuld der Steuerzahler gegenüber dem Staat Osthövener hat beispielhaft illustriert, dass es im Absolutismus schon eine Organisationsform der staatlichen Mittelbeschaffung gegeben hat, in der es zu einer „Abwälzung“ von Aufwand „auf die Allgemeinheit“ gekommen ist.198 Mit den Bedingungen unter der Finanzverfassung des Grundgesetzes ist dies jedoch nicht vergleichbar. Es gibt keinen rechtlichen Automatismus, der vorgibt, dass Einnahmen, derer der Haushalt bedarf, um die Wahrnehmung von staatlichen Aufgaben zu finanzieren, und die er im Einzelfall nicht von bestimmten Steuerpflichtigen erlangen kann, von bestimmten anderen Steuerpflichtigen zu bestreiten sind. Denkbar ist allenfalls ein mittelbarer Zusammenhang zwischen einem rückläufigen Steueraufkommen, das etwa bei einer Betrachtung über mehrere 197 

Grass, FR 1969, 95 (97); Heuer, FR 1969, 63 (64). Es geht um das Bsp. territorialer Steuereinnehmer, die zu Zeiten des Absolutismus feste Summen an den Souverän abzuführen hatten und Minderentrichtungen der Abgabenpflichtigen durch Mehrforderungen gegen Dritte ausgeglichen haben, um ihr „Soll“ zu erfüllen, Osthövener, DB 1969, 375 (376). Einem solchen Denken ist – innerhalb eines totalitären Regimes – auch der damalige Staatssekretär im Reichsfinanzministerium Reinhardt verhaftet gewesen. In einem seiner Vorträge äußerte er, dass Beträge, die dem Staat vorenthalten werden, dem Staat zur Erfüllung seiner Aufgaben fehlten und u.U. durch ein „mehr“ an Abgaben auf andere „Volksgenossen“ umgelegt werden müssen, Reinhardt, RStBl. 1936, 1041 (1045). 198 

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§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

Haushaltsjahre auf in der Höhe gleichbleibende oder sogar steigende Ausgaben trifft und dem – aufgrund einer politischen Entscheidung – mit einer Erhöhung bestimmter oder sämtlicher Abgaben begegnet wird. Ein unmittelbarer Zusammenhang entsteht hierdurch jedoch nicht, da der Zusammenhang zwischen dem Minderaufkommen wegen der Berücksichtigung eines einzelnen Postens an Erwerbsaufwendungen und der Anhebung des Steuerniveaus nicht direkt messbar ist.199 Ebenso gut kann ein rückläufiges Steuerniveau auch auf einer Verhaltensänderung der Steuerpflichtigen beruhen, die nunmehr weniger Steuertatbestände verwirklichen. Außerdem kann sich faktisch auch ergeben, dass entstehende Steuerlücken durch Abgaben gedeckt werden, die ihrerseits vor allem von diejenigen Steuerpflichtigen gezahlt werden, denen zuvor auch die vermeintliche Entlastung gewährt worden ist. Weiterhin kann der Staat auch andere Möglichkeiten zur Deckung der Mindereinnahmen nutzen, etwa die Ausgabe von Anleihen oder die Anhebung der Staatsverschuldung durch die Aufnahme von Krediten. An der „Tilgung“ Letzterer können zu einem späteren Zeitpunkt, durch die Zahlung von Abgaben wiederum auch maßgeblich diejenigen Steuerpflichtigen beteiligt sein, die zuvor die vermeintliche „Steuerlücke“ provoziert haben. Letztlich wird zwar auch dieser Zusammenhang kaum empirisch belegbar sein, der Gedankengang verdeutlicht aber zusätzlich, dass sich die Staatsfinanzierung rechtlich nicht auf so einfache Formeln wie die „Abwälzung“ oder Ähnliches reduzieren lässt. Vor allem gibt es aber auch kein messbares Mindestsoll an Abgaben, dessen Entrichtung das Hoheitswesen von den Steuerpflichtigen verlangt. Eine solche Haushaltsorganisation könnte sich allenfalls in einem Staat entwickeln, der seine Abgabenforderungen weder relativ an der Leistungsfähigkeit noch zugleich verhältnismäßig an den Grenzen der Freiheit seiner Bürger ausrichtet, sondern seine Bürger zur Umsetzung beliebig definierter staatlicher Ziele instrumentalisiert;200 weitergedacht liefe er auf eine Pflicht der Steuerpflichtigen hinaus, sich leistungs- und abgabenfähig zu machen oder zu halten. Demgegenüber geht mit einer Einkommens- und Körperschaftsbesteuerung nach dem Prinzip der individuellen Leistungsfähigkeit gerade einher, dass der Einzelne innerhalb eines Veranlagungszeitraumes kein Abgabensoll in zuvor be199 Theoretisch a. A., jedoch i. Erg. ebenso Dickertmann/Gelbhaar, die resümieren, dass „ein mittelbarer Zusammenhang zwischen Vorgängen monetärer Sanktionierung in gebietstheoretischer Hinsicht zwar evident, mit empirischem Anspruch derzeit jedoch nicht überprüfbar ist“, Dickertmann/Gelbhaar, Verw 1995, 475 (508). 200  Zu der aus finanzwissenschaftlicher Sichtweise bestehenden Gefahr, dass allein die Heranziehung des Leistungsfähigkeitsgedankens als „Rechtfertigung“ der Einkommensteuer an sich dem Staat keine Begrenzung in der Abgabenforderung und der Ausgestaltung der vertikalen Gerechtigkeit auferlegt, Blankart, Öffentliche Finanzen, S. 141 ff., 146 f.

B.  Einbettung des Exklusivitätsgedankens in die Entwicklungsgeschichte

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stimmter absoluter Höhe zu erfüllen hat und mit den Begrenzungen durch die Freiheitsgrundrechte, dass vom Einzelnen die Entrichtung von Abgaben nicht im Übermaß verlangt werden darf.201 Demnach wälzt dann auch der Einzelne nicht in rechtfertigungsbedürftiger Weise einen bestimmten Aufwand auf die Schultern seiner Mitbürger ab, sondern es ist umgekehrt das Hoheitswesen, dass an den Einzelnen mit der Forderung nach Abgaben herantritt und diese rechtfertigen muss, vor allem wenn es einen Anspruch auf Einkommen erhebt, das als solches nicht mehr beim Steuerpflichtigen vorhanden ist.202 Der Gedanke von der Abwälzung scheitert damit schon an der fehlenden Existenz der ihn bedingenden Voraussetzungen und ist für sich genommen abzulehnen.203 c)  „Abwälzung auf die Allgemeinheit“ und „sozialer Frieden“ Wenn also argumentiert wird, dass die Geltendmachung von Erwerbsaufwand zu einer Abwälzung der Kosten auf die Allgemeinheit führt,204 dann wird mit 201 Das BVerfG misst den Eingriff, der allgemein durch die Forderung von Abgaben gegenüber dem Bürger entsteht, regelmäßig an der allgemeinen Handlungsfreiheit (Art. 2 Abs. 1 GG), Wernsmann, H/H/Sp-AO, § 4 Rn. 546 m. umfgr. w. N. Es stellt aber durch seine Rspr. ebenso klar, dass es im Falle eines übermäßigen Eingriffs durch eine konfiskatorische Besteuerung („Erdrosselungssteuer“) auch die Eigentumsfreiheit (Art. 14 Abs. 1 GG) berührt sieht, st. Rspr., vgl. BVerfG v. 17. 7. 2003 – 2 BvL 1, 4, 6, 16, 18/99, 1/01, BVerfGE 108, 186, juris Rn. 162 m. w. N.; offen gelassen in BVerfG v. 18. 1. 2006 – 2 BvR 2194/99, BVerfGE 115, 97, juris Rn. 38; zum Ganzen m. umfgr. w. N., Wernsmann, H/H/Sp-AO, § 4 Rn. 545 f. und ders., NJW 2006, 1169 (1170 ff.). Daneben ist auch an die Bedeutung der Menschenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG) sowie weiterer Grundrechte, z. B. die Berufsfreiheit (Art. 12 GG), Vereinigungsfreiheit (Art. 9 GG) oder den Schutz von Ehe und Familie (Art. 6 GG) zu denken, dazu bspw. P. Kirchhof, H ­ bdStR V, § 118 Rn. 145. 202  BFH v. 21. 11. 1983 – GrS 2/82, BStBl. II 1984, 160, juris Rn. 82: „Von einem ‚Überwälzen auf die Allgemeinheit‘ könnte man nur dann sprechen, wenn durch den Abzug der Betriebsausgaben ein bestehender Steueranspruch des Staates gekürzt würde. Das ist nicht der Fall; der Abzug der Betriebsausgaben […] begrenzt ihn unter dem Gesichtspunkt der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit“. So auch Döllerer, BB 1984, 545 (546); Drüen, DB 2013, 1133 (1135); Müller-Franken, StuW 1997, 3 (18); Offerhaus, INF 1984, 313 (314). Claus bringt hier auch den Gedanken ein, dass die Allgemeinheit auch in den Genuss der Vorteile der Straftat komme, dies., Gewinnabschöpfung und Steuer, S. 52. 203  So – mit teils unterschiedlichen Begründungen – auch Claßen, Besteuerung des Unrechts, S. 88; Claus, Gewinnabschöpfung und Steuer, S. 52; Tanzer, Geldstrafen im Abgabenrecht, S. 37 f. Deutliche Worte findet im neueren Schrifttum auch Drüen: So seien „schon die pejorativen Begriffe der Lastenverlagerung und Abwälzung verfehlt“, Drüen, DB 2013, 1133 (1135) m. w. N. 204  In dieser Form sind auch die „Geldbußenbeschlüsse“ vor Einführung der gesetzlichen Abzugsverbote in der Öffentlichkeit diskutiert worden, vgl. DER SPIEGEL v. 27. 2. 1984, Nr. 9/1984, S. 30 inkl. der Karikatur („Die Hälfte davon dürfen Sie gleich von dem kassieren“).

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Verhältnissen argumentiert, die tatsächlich in dieser Form nicht existieren.205 Der Gedanke der Abwälzung von Lasten auf die Allgemeinheit beschreibt daher letztlich auch mehr ein politisches als ein rechtliches Argument.206 Wenn die Politik in Aussicht stellt, einzelne Abgaben oder die allgemeine Abgabenlast anheben zu müssen, um Mindereinnahmen decken zu können, die durch einzelne Maßnahmen entstanden sind, ist das verständlicherweise geeignet den Unmut derer zu erwecken, die befürchten, für die „Vorteile“ anderer aufkommen zu müssen.207 Dieser Unmut fällt gefühlt umso stärker aus, je weniger die Natur der Aufwendungen als berücksichtigungsfähige Erwerbsaufwendungen sozial akzeptiert ist.208 Auf diese Weise kann die Herstellung des „sozialen Friedens“ ihrerseits wieder zum Argument für die Nichtberücksichtigung bestimmten Aufwands werden.209 Das lässt sich auch an der Entwurfsbegründung zum StÄndG 1960 zeigen: Mit der Einführung entsprechender Abzugsverbote210 sollte hiernach unter anderem „im Interesse […] des sozialen Friedens“ verhindert werden, dass bestimmte Arten von Repräsentationsaufwendungen (z. B. bestimmte Geschenke, Unterhaltung von Gästehäusern, Aufwand für Jagd, Fischerei etc.) auf die Allgemeinheit abgewälzt werden können.211 Nach herrschender Ansicht im rechtswissenschaftlichen Dialog besteht das zutreffende Argument zur Rechtfertigung diesbezüglich entstehender Durchbrechungen des objektiven Nettoprinzips hingegen in der Annahme eines regelmäßig dermaßen überwiegenden Bezugs derartiger Kosten zur Lebensführung der Steuerpflichtigen, dass ein grundsätzlicher Ausschluss von der Berücksichtigung als Betriebsausgaben oder Werbungskosten gerechtfertigt erscheint. Umgekehrt werden die entsprechenden Abzugsverbote einschränkend ausgelegt, wenn im Einzelfall nachgewiesen werden kann, dass kein Bezug zur 205 

Osthövener, DB 1969, 375 (376). So wohl auch Drüen, DB 2013, 1133 (1135). A. A. wohl E. Krüger, DStR 2016, 895 (897), der dem Gedanken der „Abwälzung“ aus Gründen der Steuerakzeptanz und -moral rechtfertigende Kraft beizumessen scheint. Antikrit. Schönfeld/Haus/Bergmann/Erne, DStR 2017, 73 (74). 207  Dann wird das Maß an Einkommen des Nächsten, das zur Steuerzahlung disponibel ist, nämlich höher eingeschätzt als der tatsächlich messbar vorhandene Bestand an Geld oder geldwerten Gütern. Der Effekt, die eigene Steuerlast als erträglicher zu empfinden, wenn gleich leistungsfähige Steuerpflichtige die gleiche Last zu tragen haben, ist bekannt, vgl. P. Kirchhof, M/D-GG, Art. 3 Abs. 1 GG Rn. 323. 208  Vgl. auch Döllerer, BB 1984, 545 (546), der deshalb argumentiert, dass es auch keinen Sinn mache, den „Mann auf der Straße“ gewissermaßen suggestiv zu fragen, ob er es für gerechtfertigt hält, dass Aktiengesellschaften die Gehälter, die sie ihren Vorständen zahlen, zum Teil auf die Allgemeinheit abwälzen können. 209  Angedeutet bei Walz, StuW 1984, 170 (174 Fn. 20). 210  Vgl. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 3 EStG i. d. F. Steueränderungsgesetz 1960 v. 30. 7. 1960, BGBl. I 1960, 616 ff. 211 Das haben die Entwurfsverfasser des StÄndG 1960 deutlich gemacht, BT-Drs. 3/1811, S. 8. 206 

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Lebensführung bzw. zur wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Stellung der Geschäftsfreunde des Steuerpflichtigen besteht.212 Auch die Diskussion um die Abzugsfähigkeit von Geldstrafen etc. besitzt eine derartige soziale Relevanz.213 Bedenkt man jedoch, dass das objektive Nettoprinzip im Übrigen – mit Ausnahme von Schmiergeldern (§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 10 EStG) – ermöglicht, betrieblich veranlasste Aufwendungen als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzuziehen, die ggf. in direktem Zusammenhang mit Formen schwerer Kriminalität stehen (z. B. Einkaufskosten für das anschließend in größerem Umfang vertriebene Kokain)214, dann bestehen auch erhebliche Zweifel an der gleichheitsgerechten Ausgestaltung der Verfolgung des Zieles des sozialen Friedens über den Weg eines Abzugsverbotes für Sanktionen. Die Berücksichtigung auch „illegaler“ Aufwendungen in Fällen, in denen der Staat auch Steuern von den illegalen Erträgen erhebt, erfolgt – wie bereits besprochen – jedoch gerade aus leistungsfähigkeits- und damit gleichheitsorientierten Gründen. Auch das Argument des sozialen Friedens trägt daher, systemkonform gedacht, keine Rechtfertigungskraft in sich. 2.  Treu und Glauben Einen weiteren Versuch zur Erklärung bzw. Begründung der Abzugsverbote für Geldstrafen hat Loritz wenige Monate vor Ergehen der „Geldbußenbeschlüsse“ des BFH und damit auch kurz vor der Einführung der gesetzlichen Abzugsverbote unternommen. Wenngleich es der sachlich eigenständigen Begründung der Abzugsverbote für Geldstrafen de lege lata nicht mehr bedarf, so kann auch die Auseinandersetzung mit diesem Ansatz zur Erlangung eines umfassenden Verständnisses für die Erklärung der Abzugsverbote und den Umgang mit Geldsanktionen und sanktionsnahen Aufwendungen beitragen. Loritz‘ Aufmerksamkeit galt dabei dem Grundsatz von „Treu und Glauben“: Da das Hoheitswesen zugleich Steuergläubiger und Inhaber der Strafgewalt bzw. „Verantwortlicher“ für den Strafausspruch ist, verstoße der Steuerpflichtige nach Loritz‘ Ansicht gegen diesen Grundsatz, wenn er den Staat unter Ausnutzung einer Lücke im Ertragsteuerrecht dazu zwingt, in selbstwidersprüchlicher Weise („venire contra factum proprium“) die zuvor von ihm verhängte Strafsanktion abzumildern.215

212 

BFH v. 2. 8. 2012 – IV R 25/09, BStBl. II 2012, 824, juris Rn. 9. öffentlichen Debatte, welche die „Geldbußenbeschlüsse“ des BFH ausgelöst hat, s. o. § 3 B. I. 2. c) mit § 3 Fn. 95. 214  Vgl. BFH v. 6. 4. 2000 – IV R 31/99, BStBl. II 2001, 536, juris Rn. 61 ff. = BFH/NV 2000, 1161. 215  Loritz, WM 1983, 322 (332 ff.). 213  Zur

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§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

Daneben sprach sich Loritz aber unter der alten Rechtslage dafür aus, sowohl inländische Geldbußen, Zwangs- und Ordnungsgelder als auch ausländische Geldstrafen vollumfänglich zum Abzug zuzulassen.216 Hinsichtlich der Geldbußen vertrat er dies, da diese aufgrund der Art ihrer Bemessung tat- und nicht täterindiziert seien; im Übrigen stützte er sich darauf, dass der Staat sich im Falle der ertragsteuerlichen Berücksichtigung nicht mit sich selbst in Widerspruch setze: bei Ordnungs- und Zwangsgeldern nicht, da das Interesse an ihrer Zahlung ohnehin nur bedingt bestehe, bei ausländischen Geldstrafen nicht, da Steuergläubiger und das für den Strafausspruch verantwortliche Hoheitswesen nicht identisch seien.217 Loritz’ Ausführungen boten letztlich keinen tragfähigen Ansatz für eine Rechtfertigung zwingender Nichtabziehbarkeit von Geldstrafen bzw. Geldsanktionen und sanktionsnahen Aufwendungen im Allgemeinen: Zutreffend ist, dass der Grundsatz von „Treu und Glauben“ als in allen Rechtsgebieten anerkannter Grundsatz auch bindende Wirkungen sowohl für die Finanzbehörden als auch für den Steuerpflichtigen hervorrufen kann.218 Es gilt allerdings zu beachten, dass dieser Rechtsgrundsatz, auch nach der Rechtsprechung des BFH, nur innerhalb eines konkreten (Steuer-)Rechtsverhältnisses zum Tragen kommt.219 Strafgerichte und Finanzverwaltung begründen aber individuelle und voneinander unabhängige Rechtsverhältnisse zum Verurteilten bzw. Steuerpflichtigen. Zum einen erscheint deshalb schon nicht von vornherein ausgeschlossen, dass der Steuerpflichtige sich in den beiden Rechtsverhältnissen jeweils unterschiedlich verhält. Andererseits sind deswegen auch schon Zweifel angebracht, ob durch die Minderung der Bemessungsgrundlage mittels Anerkennung des Sanktionsaufwandes tatsächlich ein selbstwidersprüchliches Verhalten auf staatlicher Seite entsteht. Selbst wenn man dies annähme, ist nicht erkennbar, wie daraus eine Bindungswirkung des Steuerpflichtigen entstehen sollte. Jener hat mit der Zahlung der – ihm regelmäßig widerstrebenden – Strafe keinen erkennbaren Vertrauenstatbestand geschaffen, denn allein die Erfüllung eines öffentlich-rechtlichen Anspruches reicht diesbezüglich nicht aus.220 Man denke allein an den Vorsteuerabzug 216 Ebd.,

(333 f.).

217 Ebd. 218  BFH v. 12. 2. 2015 – V R 28/14, BStBl. II 2017, 10, juris Rn. 31; v. 19. 12. 2013 – V R 5/12, BStBl. II 2016, 585, juris Rn. 52; v. 5. 11. 2009 – IV R 40/07, BStBl. II 2010, 720, juris Rn. 19 m. w. N.; v. 9. 8. 1989 – I R 181/85, BStBl. II 1989, 990, juris Rn. 13 ff. Vgl. auch Drüen, T/K-AO, § 4 Rn. 125 ff. 219 BFH v. 12. 2. 2015 – V R 28/14, BStBl. II 2017, 10, juris Rn. 32; v. 5. 5. 1993 – X R 111/91, BStBl. II 1993, 817, juris Rn. 21. Das gilt auch auf Seiten der Verwaltung, BFH v. 22. 4. 2008 – X B 194/07, juris Rn. 4. 220  Vgl. etwa § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 EStG. Ähnlich Mattern, BB 1969, 1049 (1054). Darauf kommt es jedoch an, wenn der Rechtsgrundsatz Grundlage für die Ableitung einer konkreten Rechtsfolge sein soll, vgl. auch Drüen, T/K-AO, § 4 Rn. 139 m. w. N.

B.  Einbettung des Exklusivitätsgedankens in die Entwicklungsgeschichte

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im Umsatzsteuerrecht, der es ermöglicht zunächst gezahlte Steuern anschließend vom Staat zurückzuverlangen, weil dies durch das Gesetz vorgezeichnet ist. Ohne Bestehen eines entsprechenden Abzugsverbotes war als Folge des objektiven Nettoprinzips und seiner gesetzlichen Ausprägungen aber nur vorgesehen, dass betrieblich bzw. beruflich veranlasster Aufwand als Erwerbsaufwendung abziehbar ist. Etwas anderes hätte sich nur mit der Argumentation ergeben, dass mit der Zahlung der Sanktion ein Anspruch beglichen wird, der eine „endgültige“ Belastung des Steuerpflichtigen bezweckt. Da es aber um die Rechtfertigung der Nichtabziehbarkeit von Sanktionen ging, hätte es zu einer petitio principii geführt, wenn man diese Belastungswirkung auf das steuerrechtliche Abzugsverbot gestützt hätte. Wenn man sich hingegen auf eine zwingende Wirkung des öffentlich-rechtlichen „Sanktionsanspruchs“ gestützt hätte, so hätte es keines Rückgriffs auf das Argument von Treu und Glauben bedurft. Zuletzt entsteht sodann der Eindruck, dass Loritz in seinen Ausführungen eigentlich keine Frage von Treu und Glauben beschrieb, sondern mit dem Nichtbestehen schutzwürdigen Vertrauens argumentierte. Insofern fehlte den Ausführungen dann jedoch eine Auseinandersetzung damit, weshalb bei (damals) gleichzeitigem Fehlen eines Abzugsverbotes der Betriebsausgabenbegriff nicht einschlägig sein sollte. Mit der Einführung der gesetzlichen Abzugsverbote ist diese Auseinandersetzung obsolet geworden. Auf sie wird deshalb auch an dieser Stelle nicht weiter eingegangen. 3.  Einheit der Rechtsordnung a)  Der Gedanke im Allgemeinen Die „Einheit der Rechtsordnung“221 ist vor Bestehen der gesetzlichen Abzugsverbote lange als Argument herangezogen worden, um die Nichtabzugsfähigkeit insbesondere von Geldstrafen zu begründen, und wird es auch noch teilweise im jüngeren Schrifttum.222 Für die hier untersuchte Frage, wie sich die Abzugsverbote für die in § 12 Nr. 4 EStG erfassten Sanktionen erklären lassen, muss unterschieden werden: Die gesetzlichen Abzugsverbote sind nun Teil der Rechtsordnung und können ohne Zirkelschluss nicht zur Begründung oder Rechtfertigung ihrer Existenz herangezogen werden. Denkt man hingegen über die Frage nach, inwiefern die Idee von der Einheit der Rechtsordnung auch ohne die gesetzlichen Regelungen geeignet wäre, die Nichtabziehbarkeit von Geldstrafen, -auflagen etc. vorzugeben, ergibt sich zu221  Walz bevorzugt den Terminus von der „Einheit des ordre public“, Walz, StuW 1984, 170 (173) m. w. N. Ausführlich Walz, Steuergerechtigkeit, S. 199 ff. 222  Pflaum, StBP 2015, 6 (10).

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§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

nächst Raum für eine Erörterung.223 Jene muss notwendigerweise von der Frage ausgehen, welcher Aussagegehalt der Idee von der Einheit der Rechtsordnung zukommt. Dieser gibt nicht vor, wie die Rechtsordnung an einer bestimmten Stelle beschaffen sein sollte, sondern nur, dass bestehende Widersprüche in der rechtlichen Behandlung sachlich verwandter Lebensbereiche aufgelöst werden sollen.224 So soll letztlich eine widerspruchsfreie („Einheit“ der) Rechtsordnung entstehen. Im Sinne eines rechtspolitischen Ideals kann man sich dieser Idee schnell zugeneigt fühlen.225 Sie ist jedoch keine Trägerin eines bestimmten eigenen, subsumtionsfähigen Inhaltes,226 sondern auf das Bestehen entsprechender rechtlicher Regelungen oder Normen in der Rechtsordnung angewiesen, deren „Störung“ sie aus sich heraus zu überwinden versucht.227 Dort, wo der jeweilige Normenwiderspruch dadurch entsteht, dass zwei gesetzliche Regelungen denselben Lebenssachverhalt erfassen, kann der entstehende Konflikt vielfach schon durch die Beachtung der Normenhierarchie und des „lex specialis“- sowie des „lex posterior“-Grundsatzes gelöst werden.228 Vorgebracht wird die Argumentationsfigur deshalb vor allem dort, wo der jeweilige Lebenssachverhalt durch zwei oder mehr Vorschriften in unterschiedlichen Teilrechtsordnungen erfasst und mit vermeintlich widersprüchlichem Ergebnis gelöst wird, sich aber aufgrund des unterschiedlichen Normkontextes kein sachliches Spezialitäts- oder zeitliches Aktualitätsverhältnis ausmachen lässt.229 Die Ver223  Eine ähnliche Erörterung hat auch schon D. Felix unternommen, D. Felix, Einheit der Rechtsordnung, S. 383 ff. 224  I. d. S. wird die Einheit der Rechtsordnung auch unter dem Topos der „Störung“ anderer Rechtsbereiche durch das Steuerrecht diskutiert, vgl. D. Felix, Einheit der Rechtsordnung, S. 360 ff.; Raupach, in: FS Tipke, S. 105 (106 ff.) jeweils m. w. N.; Walz, StuW 1984, 170 (173). Ähnlich schon, im Zusammenhang mit der Abziehbarkeit von Geldsanktionen, Weinberg, DStZ 1927, Sp. 990 (991): „Die wirtschaftliche Betrachtungsweise muß haltmachen, wenn sie andernfalls mit dem allgemeinen Interesse an der Aufrechterhaltung der mit einem wichtigen Hoheitsakt beabsichtigten Auswirkungen in Widerspruch geraten würde.“ Zur Frage, ob sich aus einem „Gebot der Widerspruchsfreiheit der Rechtsordnung“ im Verhältnis zum Sachgesetzgeber Kompetenzschranken des Steuergesetzgebers bei der Regelung von Lenkungssteuern herleiten lassen Wernsmann, Verhaltenslenkung, S. 182 ff. 225  So auch D. Felix, Einheit der Rechtsordnung, S. 405. 226  Drüen, JbdBvdStb 2013, 71 (109); ders., DB 2013, 1133 (1134); ders. T/K-AO, § 40 Rn. 6. 227  Vgl. etwa die Bsp. bei D. Felix, Einheit der Rechtsordnung, S. 361 f. m. w. N. 228  D. Felix, Einheit der Rechtsordnung, S. 153. Diese Grundsätze scheint Walz aufgrund ihrer ebenso fehlenden ausdrücklichen Regelung im Gesetz nicht als vorzugswürdig anzusehen, Walz, StuW 1984, 170 (174). 229 Ausführlich D. Felix, Einheit der Rechtsordnung, S. 153 ff. m. umfgr. w. N., insb. unter Bezugnahme auf das Verhältnis von § 4 EStG und § 40 AO zu straf- und ordnungswidrigkeitenrechtlichen Vorschriften.

B.  Einbettung des Exklusivitätsgedankens in die Entwicklungsgeschichte

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treter der Argumentationsfigur von der Einheit der Rechtsordnung argumentieren hier mit einer Rangfolge von unterschiedlichen Wertungen, die sich auch bei Normkonflikten auf gleicher normhierarchischer Ebene ergeben könne.230 Die Einheit der Rechtsordnung ist dann kein eigenständiges Argument, sondern lediglich ein Vehikel, um dem individuell befürworteten Vorrang einer bestimmten Wertentscheidung zur Durchsetzung zu verhelfen. Vom hier vertretenen Standpunkt aus kann ein solcher Konflikt durch Verwaltung und Rechtsprechung nur durch einen zulässigen Analogieschluss eigenständig gelöst werden. Wo eine so eindeutige Rangfolge gesetzlicher Wertentscheidungen in unterschiedlichen Bereichen der Rechtsordnung getroffen worden ist, wird sich folglich auch die Planwidrigkeit der gefundenen Regelungslücke ausmachen lassen und die Übertragungsrichtung für die vergleichbare Interessenlage feststehen. Ist die Lage nicht so eindeutig, erschiene es hingegen dem Belieben preisgegeben, welcher Wertung man den Vorrang geben möchte.231 Hier gehören schließlich beide Regelungen zur geschaffenen Rechtsordnung und es ist Sache des Gesetzgebers den unter Umständen nur vermeintlichen Wertungswiderspruch auszuräumen.232 Diese Ansicht deckt sich im Ergebnis auch mit den Resultaten aus der ausführlichen Untersuchung der Argumentationsfigur durch Dagmar Felix, die die einstige Rechtsprechung des BFH (vor Einführung der gesetzlichen Abzugsverbote) zur Nichtabzugsfähigkeit von Geldbußen wegen des Argumentes der Einheit der Rechtsordnung als Beispiel für „eine verfassungsrechtlich unzulässige richterliche Rechtsfortbildung“ heranzieht und als Verstoß gegen den elementaren Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Besteuerung kennzeichnet.233 Im Wege der Eigenkritik hatte diese Haltung ja auch einst den Großen Senat bewogen, die ent230  Das ergibt sich implizit, wenn gefordert wird, dass das Steuerrecht die „Grundwertungen“ anderer Teilrechtsordnungen achten muss bzw. nicht ohne gewichtigen – also außerhalb der eigenen Wertung liegenden – Grund unterlaufen darf, vgl. Raupach, in: FS Tipke, S. 109 ff; Tipke, StRO I, S. 57 f.; Walz, Steuergerechtigkeit, S. 201 f. 231  A. A. Claus, Gewinnabschöpfung und Steuer, S. 53, die davon ausgeht, dass es eine notwendige Rangfolge der in den einzelnen Rechtsgebieten getroffenen Wertungen gibt und sich das Strafrecht gegenüber dem Steuerrecht durchsetzen muss. Dabei sei allerdings die Verortung des Abzugsverbotes in § 12 Nr. 4 EStG systematisch falsch gewählt, da „betrieblich veranlasste Geldstrafen keine privaten Lebensführungskosten“ seien. Da die Ansicht vom Bestehen der Abzugsverbote aus argumentiert, muss sie nicht darauf eingehen, wie sich die „notwendige Rangfolge“ von Wertungen unterschiedlicher Teile der Rechtsordnung ggf. herstellen lässt, wenn die entsprechenden Regelungen auf derselben normhierarchischen Ebene angesiedelt sind. 232  Das berücksichtigt indirekt auch D. Felix, wenn sie § 40 AO selbst zum Gegenstand einer verfassungsrechtlichen Verhältnismäßigkeitsprüfung macht, D. Felix, Einheit der Rechtsordnung, S. 369 ff. 233  D. Felix, Einheit der Rechtsordnung, S. 394 f.

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§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

sprechende vormalige Rechtsprechung aufzugeben und die Klärung der Abziehbarkeit oder Nichtabziehbarkeit von Geldbußen in die Hände des Gesetzgebers zurückzulegen.234 Im Ergebnisteil ihrer Arbeit resümiert Felix zudem, dass eben jene Rechtsprechung die Einheit der Rechtsordnung in einen solchen „Mißkredit“ gebracht habe, was sie erst recht in ihrem Fazit bestärkt, dass die Argumentationsfigur insgesamt verzichtbar sei.235 b)  Speziell zur Nichtabziehbarkeit von Geldsanktionen vertretene Ansichten Nach den zuvor dargestellten Ansichten, die unter dem Postulat der Einheit der Rechtsordnung eine Integration strafrechtlicher Wertungen in die Prüfung des steuerrechtlichen Veranlassungszusammenhangs verlangen, wird jedoch nicht hinreichend deutlich, weshalb gerade der Veranlassungszusammenhang den Wertungen des Strafrechts angepasst werden muss und aus welchem strafrechtlichen Normbefehl exakt dieses Ergebnis zu folgern ist. Darin liegt ja gerade die Auffälligkeit des Postulats von der Einheit der Rechtsordnung: Seine schlagwortartige Verwendung suspendiert die konkrete Benennung des eigentlichen Grundes (z. B. ein generalpräventiver Zweck, die Sicherung einer kommunikativen Funktion von Sanktionen o. Ä.), der eine einheitliche Handhabung einer rechtlichen Frage an einer bestimmten Stelle innerhalb der Rechtsordnung verlangt. Würde eine Festlegung auf einen solchen Grund stattfinden, so würde im nächsten Schritt die Benennung strafrechtlicher Vorschriften verlangt, denen wenigstens die mittelbare Anordnung der steuerrechtlichen Nichtabziehbarkeit von Geldsanktionen zu entnehmen ist.236 Hier liegt dann das eigentliche Problem: Eine strafrechtliche Regelung, die dieses steuerrechtliche Ergebnis ausdrücklich vorsieht, ist letztlich nicht ersichtlich. Wollte man zum Beispiel die jeweilige Rechtsfolgenanordnung zur Verhängung einer Geldstrafe als solche Grundlage betrachten, erscheint nicht erklärlich, weshalb ähnlich formulierte Rechtsfolgenregelungen zur Zahlung von Geldbeträgen nicht auch stets den einkommensteuerlichen Veranlassungszusammenhang (z.  B. Schadensersatzregelungen) unterbrechen.237 Beim Abstellen auf die Rechtsfolgenregelungen der Straftatbe234 

BFH v. 21. 11. 1983 – GrS 2/82, BStBl. II 1984, 160, juris Rn. 75. D. Felix, Einheit der Rechtsordnung, S. 399 ff., insb. 404. 236  Tanzer hat i. d. S. eine Gesamtanalogie zu den §§ 257 ff. StGB a. F. sowie den Vorschriften zur Zumessung von Geldstrafen vorgeschlagen, s. o. § 3 B. II. 1. e). 237  In ähnlichem Sinne hat deswegen z. B. R. Bergmann vertreten, dass das strafprozessuale Veranlassungsprinzip – gemeint sind die Kostentragungsregeln in StPO und OWiG – vorgäben, dass der sanktionierte Steuerpflichtige auch steuerrechtlich endgültig mit jenen Kosten belastet bleiben müsse. Auch ihre „anteilige Abwälzbarkeit auf die Allgemeinheit“ werde von der Einheit der Rechtsordnung nicht zugelassen, „in die Philosophie der strafprozessualen Kosten [werde] von der steuerrechtlichen Literatur viel zu viel hineingeheimst“, R. Bergmann, BB 1981, 2001 (2002). 235 

B.  Einbettung des Exklusivitätsgedankens in die Entwicklungsgeschichte

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stände bliebe auch unberücksichtigt, dass die Strafgesetze ja selbst zahlreiche Delikte in einem beruflichen Kontext verorten (man denke zum Beispiel an die §§ 399 ff. AktG) oder in einer Weise ausgestalten, nach der die Art ihrer Ausführung zugleich auch einen gewerblichen Charakter trägt, der vielfach leicht erkennbar geeignet wäre, die Voraussetzungen nach § 15 Abs. 2 EStG zu erfüllen.238 Stellt man auf die Vorschriften ab, die den Charakter oder die Bemessung konkreter Sanktionen formen, so finden sich zwar Bezüge zu Sanktionszwecken, die jedoch naturgemäß in ihren Aussagen nicht auf die Wirkung innerhalb steuerlicher Rechtsanwendung abgestimmt sind.239 Schon bei einer rein strafrechtlichen Untersuchung müsste man hier auch zu dem Ergebnis gelangen, dass die finanzielle Wirkungsträgerschaft von Sanktionen, die die Aufgabe eines vertretbaren Gutes verlangen, nicht in letzter Konsequenz abgesichert oder abzusichern ist.240 Die Aussagen des „Strafrechts“ erscheinen damit keinesfalls so eindeutig, dass ihre Durchsetzung auf Kosten steuerrechtlicher Fundamentalprinzipien allein durch die Verwendung des Postulats von der Einheit der Rechtsordnung vorgezeichnet wäre.241 Insgesamt ist die Forderung nach einer entsprechenden Interpretation des Veranlassungszusammenhangs also mehr als Ruf nach einer einfachen und in ihrer Wirkung umfassenden Begründung des Abzugsverbotes für Geldsanktionen (insb. Geldstrafen) zu verstehen, denn als zwingende Lösung für den allgemeinen Umgang mit dem Veranlassungsprinzip.242 Abzulehnen ist diese Idee insbesondere, da sie geeignet ist, die Bestimmtheit des Veranlassungsprinzips in erheblichem Maße herabzusetzen, wenn nicht mit dem Einfluss einer konkreten analogiefähigen gesetzlichen Regelung argumentiert werden kann.

238 

So schon Merkert, BB 1965, 823 (825). Dazu auch § 3 C. I. 1. Heuer, FR 1963, 3 (24): „Die Strafe wird verhängt, um dem Täter ein Übel durch Minderung seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit zuzufügen. Ob ihn aber diese Minderung im Bereich seines Betriebsvermögens (oder im Rahmen seiner Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit) oder im Bereich seines Privatvermögens außerhalb einer Einkunftsart trifft, bestimmt nicht das Strafgesetz, sondern diesen wirtschaftlichen Sachverhalt würdigt das StGesetz“; Claus, Gewinnabschöpfung und Steuer, S. 52: Das Schuldprinzip besagt nicht oder allenfalls mittelbar, dass der Täter die Folge der Tat auch selbst verbüßen muss. 240  Dazu sogleich § 3 B. III. 3. b). Viral wird das Problem auch im Rahmen der Diskussion steuerrechtlicher Folgen des Geldsanktionsersatzes durch den Arbeitgeber, s. u. § 4 C. III. 241  Ähnlich schon Heuer, FR 1963, 3 (24). 242  Retrospektiv ist dies durch die Regelung von Geldbußen als nicht abziehbare Betriebsausgaben erwiesen. 239 Ähnlich

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§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

c)  Fazit Mit der Regelung der gesetzlichen Abzugsverbote für Sanktionen (§§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 und 12 Nr. 4 EStG sowie 10 Nr. 3 KStG) hat sich – wie eingangs angedeutet – das Bedürfnis zur vertieften Auseinandersetzung mit der Einheit der Rechtsordnung im Zusammenhang mit der Nichtabziehbarkeit von Sanktionen erledigt. Soweit Fragen hinsichtlich einzelner Sanktionen offen bleiben, bedarf es wiederum der Auseinandersetzung mit Regelungen, aus denen auch konkrete steuerliche Konsequenzen hergeleitet werden können. Auf eine weitere abstrakte Beschäftigung mit dem Postulat einer Einheit der Rechtsordnung wird daher verzichtet. 4.  Ungleiche Strafwirkung Im steuerrechtlichen Schrifttum 243 und in der Finanzrechtsprechung244 ist teilweise argumentiert worden, dass es zu einer ungerechtfertigten Ungleichbehandlung von Tätern kommen könne, wenn Sanktionen im Einzelfall als abziehbare Erwerbsaufwendungen anerkannt werden. Die Nichtabziehbarkeit sei deshalb als Folge des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG) geboten. Das Maß der Ungleichheit würde noch dadurch vertieft werden, dass Tätern mit höherem Einkommen bei gedachter Abzugsfähigkeit ein noch größerer anteiliger Abzug zu Gute komme, als Tätern mit geringerem Einkommen.245 Vereinzelt ist auch die Überlegung geäußert worden, dass hierdurch eine Ungleichbehandlung zu den Freiheitsstrafen erzeugt werde, obwohl diese ja alternativ verhängt werden.246 a)  Steuerrechtliche Perspektive Der Große Senat hat sich im Rahmen seiner „Geldbußenbeschlüsse“247 auch dieser Frage angenommen und vertreten, dass bei einer Abziehbarkeit von Geldbußen lediglich Ungleiches ungleich behandelt werde: „Der Unternehmer, der eine Geldbuße zu zahlen hat, erzielt wegen des Abzugs der Geldbuße als Betriebs­ausgabe einen niedrigeren Gewinn als der gesetzestreue Unternehmer. Die beiden Unternehmer mögen gleichhohe Erträge erzielt haben, aber sie haben nicht gleichhohe Aufwendungen gehabt.“248 243  Tanzer, Geldstrafen im Abgabenrecht, S. 109; Merkert, BB 1965, 823 (825). Vgl. auch Tipke, StuW 1979, 193 (205); ders., DStJG 3 (1980), 1 (9). 244  BFH v. 10. 9. 1957 – I 322/56 S, BStBl. III 1957, 415, juris Rn. 6; v. 21. 7. 1955 – IV 373/54, BStBl. III 1955, 338, juris Rn. 18. 245 Ebd. 246  BFH v. 21. 7. 1955 – IV 373/54, BStBl. III 1955, 338, juris Rn. 16. Ebenso Hoffmann, FR 1958, 290 (290); Merkert, BB 1965, 823 (825). 247  s. o. § 3 B. I. 2. b) bb).

B.  Einbettung des Exklusivitätsgedankens in die Entwicklungsgeschichte

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Der Große Senat hat damit darauf verwiesen, dass es sich aus steuerrechtlicher Sicht um eine einfache Folge des Leistungsfähigkeitsprinzips handelt. Wer allein in seiner Privatsphäre delinquent handelt, unterliegt mit den Vorteilen, die er aus der Tat zieht – so sie ihm denn verbleiben – auch keiner Einkommensbesteuerung; trotzdem läge in diesem Ergebnis auch keine ungerechtfertigte Privilegierung des Täters.249 Bei einem Vergleich von ähnlich (betrieblich) delinquent Agierenden mit unterschiedlich hohen Einkünften ist die stärkere finanzielle Entlastung von einkommensstärkeren Steuerpflichtigen – aus rein steuerrechtlicher Sicht – wiederum schlicht die Folge der Umsetzung des Leistungsfähigkeitsprinzips durch Ausgestaltung eines (im Grundsatz) progressiven Einkommensteuersatzes. Dieses Resultat gilt für sämtliche Aufwendungen, die als Betriebsausgaben oder Werbungskosten Berücksichtigung finden.250 248

Der progressive Tarif führt bei entsprechend vorhandenen positiven Einkünften umgekehrt auch dazu, dass Steuerpflichtige mit höherem Einkommen infolge des Abzugsverbotes stärker belastet werden als Steuerpflichtige mit niedrigerem Einkommen.251 Mehr noch, resultiert hieraus auch, dass Täter, deren zu versteuerndes Einkommen (bei Berücksichtigung der Nichtabziehbarkeit der Sanktionen) tariflich unterhalb der Linearzonen liegt, auch mit ihren sämtlichen Einkünften einem progressiv relativ erhöhten Durchschnittssteuersatz unterfallen. Mit anderen Worten ist Ausfluss der Nichtabziehbarkeit der Strafe, dass auch sämtliche übrigen Einkünfte höher zu versteuern sind, ein umgekehrter Progressionsvorbehalt ist diesbezüglich nicht geregelt worden. b)  Strafrechtliche Perspektive Die strafrechtliche Diskussion hat den Bedenken der steuerrechtlichen Diskussion keine große Beachtung geschenkt, was sich vermutlich auch dadurch erklären lässt, dass Strafen tatsächlich ja nur eine Zeit lang und in sehr beschränktem Umfang abzugsfähig gewesen sind. Eine im Hinblick auf den Effekt der finanziellen Abmilderung der Sanktion vergleichbare strafrechtliche Diskussion beschäftigt sich seit RGSt 30, 232252 damit, ob die wirtschaftliche Übernahme einer Geldstrafe253 durch einen (nichtbestraften) Dritten den Tatbestand der Strafvoll248  BFH v. 21. 11. 1983 – GrS 2/82, BStBl. II 1984, 160, juris Rn. 79. So auch Lang, StuW 1985, 10 (23). 249  Vgl. auch Loritz, WM 1983, 322 (331). 250  Döllerer, BB 1984, 545 (547); Müller-Franken, StuW 1997, 3 (23). 251 Vgl. Müller-Franken, StuW 1997, 3 (23). 252  RG v. 21. 9. 1897 – 1946/97, RGSt 30, 232. 253 Die Erstattung von Disziplinarstrafen, Geldbußen, Auflagen (§ 56b StGB, § 153a StPO) oder Weisungen (§ 56c StGB), Ordnungsgeldern etc. kann nicht zu einer Strafvereitelung führen, Stree/Hecker, S/S-StGB, § 258 Rn. 12 m. w. N.

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§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

streckungsvereitelung (§ 258 Abs. 2 StGB) verwirklicht.254 Der Streit dreht sich vor allem darum, ob unterschiedliche Modalitäten der Erstattung (Direktzahlung an die Staatskasse/Leistung des wirtschaftlichen Ersatzes an den Täter) im Hinblick auf die Strafbarkeit unterschiedliche Ergebnisse rechtfertigen255, und die in dieser Diskussion vorgebrachten Argumente sind zeitweise auch zur Argumentation für die Nichtabziehbarkeit von Geldstrafen herangezogen worden 256. Nach herrschender Meinung kann eine Erstattung – unabhängig von den Zahlungsmodalitäten – nicht zu einer Verwirklichung des Tatbestandes einer strafbaren Vollstreckungsvereitelung führen.257 Es lassen sich Parallelen zur hypothetischen Abziehbarkeit von Geldstrafen ziehen: Knüpft die steuerrechtliche Entscheidung unverändert an das Strafurteil an, bliebe der Strafausspruch als solcher unberührt; weder würde die Anzahl noch die Höhe der verhängten Tagessätze verändert und auch der kommunikative Akt des Strafausspruches würde nicht unterbrochen.258 Was sich durch die steuerliche Abziehbarkeit änderte, betrifft mithin nicht die „Strafemission“, sondern die Fühlbarkeit der Sanktion beim Täter, sozusagen die „Strafimmission“. Wie die Diskussion um die Einschlägigkeit von § 258 Abs. 2 StGB zeigt, schützt das Strafrecht gerade nur die ungehinderte Vollstreckung der Sanktion, nicht hingegen deren Fühlbarkeit.259 Hiergegen lässt sich einwenden, dass das Strafrecht in dieser Hinsicht und im Unterschied zur Verbüßung einer Freiheitsstrafe für den Verurteilten lediglich gezwungenermaßen einen Kompromiss eingeht, da einerseits der Ausspruch eines Verbotes des Empfangs wirtschaftlich werthaltiger Leistungen zu tief in das Privatleben des Verurteilten hineinragt und im Ergebnis wohl auch nicht praktikabel wäre.260 Andererseits erscheint dann auch eine Differenzierung im

254 

Fischer, StGB, § 258 Rn. 32; Walter, LK-StGB, § 258 Rn. 47 ff. jew. m. umfgr. w. N. Für einen Überblick über die Rechtsentwicklung BGH v. 7. 11. 1990 – 2 StR 439/90, BGHSt 37, 226, juris Rn. 51 ff.; weiterhin z. B. bei Walter, LK-StGB, § 258 Rn. 47; älter Scholl, NStZ 1999, 599 (599 f.). 256 Vgl. Merkert, BB 1965, 823 (825), der sich darauf gestützt hat, dass der Abzug mit einer Begünstigung gem. § 257 StGB a. F., die insoweit mit der Neufassung des StGB v. 1. 1. 1975 in § 258 StGB aufgegangen ist, bzw. einer Begünstigung im Amt, § 346 StGB a. F., gleichzusetzen wäre. Zur damaligen Diskussion Loritz, WM 1983, 322 (331). 257  BGH v. 7. 11. 1990 – 2 StR 439/90, BGHSt 37, 226, Ls. 1, juris Rn. 70 f.; Fischer, StGB, § 258 Rn. 32 m. w. N. 258  Loritz, WM 1983, 322 (330). 259  Vgl. BGH v. 7. 11. 1990 – 2 StR 439/90, BGHSt 37, 226, juris Rn. 70; Streng, Sanktionen, Rn. 123; Altenhain, NK/StGB, § 258 Rn. 65; Satzger, Jura 2007, 754 (761). 260  I. d. S.  wohl Walter, LK-StGB, § 258 Rn. 50 ff. Ohne Hinweis auf einen Kompromiss o. Ä. BGH v. 7. 11. 1990 – 2 StR 439/90, BGHSt 37, 226, juris Rn. 71. 255 

B.  Einbettung des Exklusivitätsgedankens in die Entwicklungsgeschichte

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Hinblick auf Direktzahlungen durch Dritte261 bzw. eine Schenkung oder nachträgliche Erstattung der Mittel zur Zahlung der Geldstrafe262 nicht sinnvoll.263 Diesem Einwand kann aber entgegnet werden, dass es sich letztlich nicht um einen Kompromiss handelt, sondern um eine Differenzierung, die eben in der Natur der Geldstrafe als „vertretbare“ Sanktion angelegt ist.264 Diesen Eindruck bestätigt schließlich auch die Rechtstatsache, dass Geldstrafen zwar gewissermaßen einen „höchstpersönlichen“ Charakter aus dem Tagessatzsystem beziehen, eine höchstpersönliche Wirkung im praktischen Ergebnis durch die Geldstrafe jedoch nicht erreicht wird.265 c)  Zwischenfazit Wenn sogar aus strafrechtlicher Sichtweise in Kauf genommen wird, dass Geldstrafen – auch bei Verwirklichung vergleichbarer Schuld – für Täter unterschiedlich fühlbar wirken, lässt sich hieraus auch für das Steuerrecht kein zwingender Grund für die Nichtabziehbarkeit herleiten. Im Übrigen handelte es sich unter diesem Aspekt dann tatsächlich nur um eine Folge des objektiven Netto­ prinzips.

261  Altenhain geht z. B. davon aus, dass § 267 BGB hier keine Geltung entfalte, der Staat eine solche Leistung nicht annehmen dürfe und eine solche Leistung keine Tilgungswirkung entfaltet. Deswegen könne durch eine Direktzahlung durch einen Dritten eine Strafvollstreckungsvereitelung nur eintreten, wenn der Staat aus Versehen die Verjährungsfrist verstreichen lässt, Altenhain, NK/StGB, § 258 Rn. 65; ebenso Krüger, MüKo/BGB, § 267 Rn. 7. Eine Parallele zu dieser Ansicht findet sich auch im Steuerrecht, wo vertreten wird, dass § 48 Abs. 1 AO nicht auf die Zahlung von Geldstrafen und bußen anwendbar sei, weil es sich nicht um „Leistungen aus dem Steuerschuldverhältnis“ handele und diese Sanktionen nicht der Erfüllung durch Dritte zugänglich seien, Boeker, H/H/Sp-AO, § 48 Rn. 8; Koenig, Koenig/AO, § 48 Rn. 2. A. A. im Strafrecht OLG Schleswig-Holstein v. 22. 6. 2004 – 11 U 165/02, OLGR Schleswig 2004, 474, juris Rn. 42 ff.; Hoyer, SK/StGB, § 258 Rn. 21, der davon ausgeht, dass die Vollstreckungsbehörde die Zahlung durch den Dritten gem. § 267 BGB ablehnen darf, aber nicht ablehnen muss. 262  Nach ganz h. M. keine Strafvollstreckungsvereitelung, statt vieler Altenhain, NK/ StGB, § 258 Rn. 65 unter Fn. 251. 263  BGH v. 7. 11. 1990 – 2 StR 439/90, BGHSt 37, 226, juris Rn. 70: „Eine Interpreta­ tion, die das eine erlauben und das andere verbieten will, läuft auf eine ‚Privilegierung von Komödien‘ […] hinaus. Sie trifft nur den ungeschickten Täter, der es unterläßt oder nicht versteht, seine Zuwendung an den Verurteilten so zu etikettieren, daß sie nicht als tatbestandsmäßige Handlung erscheint, obwohl sie der Sache nach Abwendung der unmittelbar fühlbaren Auswirkungen des Strafübels vom Verurteilten ist.“ 264  Vgl. auch BGH v. 7. 11. 1990 – 2 StR 439/90, BGHSt 37, 226, juris Rn. 59. Indirekt über die Differenzierung zur höchstpersönlichen Natur der Freiheitsstrafe Satzger, Jura 2007, 754 (761). 265  Häger, LK-StGB, Vor §§ 40 bis 43 Rn. 26 m. w. N.

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§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

IV.  Fazit Die Auseinandersetzung mit der Rechtsprechung und den im Schrifttum vertretenen Ansichten zum Umgang mit hoheitlichen Geldsanktionen hat gezeigt, dass zwar – unabhängig vom Bestehen gesetzlicher Abzugsverbote – weitestgehend Einigkeit darüber bestand und besteht, dass Geldsanktionen nicht als Erwerbsaufwendungen abziehbar sein sollen. Aufgrund einer erheblichen Meinungszersplitterung und der stetigen Verwerfung zwischenzeitlich festgehaltener, im Ergebnis aber nicht durchgehaltener Begründungsansätze zeigt sich jedoch, dass kein überzeugender und auf breiter Basis vertretener Erklärungsansatz dafür bestand und besteht, weshalb Geldsanktionen nicht abziehbar sind. Einem solchen Ansatz kann für die Auslegung der §§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8; 12 Nr. 4 EStG und 10 Nr. 3 KStG Bedeutung zukommen: Das gilt insbesondere im Zusammenhang mit Aufwendungen, die ihrerseits nicht ausdrücklich durch den Wortlaut der Vorschriften erfasst werden, jedoch in engem Zusammenhang mit Aufwendungen zur Bezahlung von Geldsanktionen stehen (z. B. Aufwendungen nichtsanktionierter Dritter für die Erstattung der Sanktion oder für die Fremdfinanzierung der Sanktionszahlungen). Das Bedürfnis nach einem solchen Erklärungsansatz ist nicht mit der Einführung der gesetzlichen Abzugsverbote entfallen. Von den in Rechtsprechung und Literatur angetroffenen Versuchen zur Erklärung der Nichtabziehbarkeit von Sanktionen bleiben nach der vorherigen Darstellung vor allem noch die „Exklusivitätsthese“ in Bezug auf die von § 12 Nr. 4 EStG erfassten Sanktionen und die Heranziehung der Strafzwecke zur Begründung sämtlicher Sanktionsabzugsverbote. Auch Erstere galt zwischenzeitlich als längst überholt und ist nun „wiederbelebt“ worden. Der Untersuchung ihrer Überzeugungskraft zur Begründung der Nichtabziehbarkeit der in § 12 Nr. 4 EStG genannten Geldsanktionen ist der nächste Abschnitt gewidmet.

C.  Geldstrafen und Veranlassung Soll der Rechtsanwender die Natur des veranlassenden Moments einer verhängten Geldstrafe ergründen, so kann er diesbezüglich nur von den tatsächlichen Verhältnissen und menschlichen Dispositionen ausgehen, die den Ereignis­ ablauf in Gang gesetzt haben, der letzten Endes zur Verhängung der Auflage oder zum Strafausspruch geführt hat. Hier gerät vor allem das Verhalten, das den Tatverdacht gegen den schlussendlich Sanktionierten ausgelöst hat bzw. dem Deliktstatbestand entspricht, der staatlicherseits zur Ursache der Geldsanktionsverhängung gemacht worden ist, in den Blick. Daneben muss jedoch auch Folgendes bedacht werden: Bei der Festsetzung einer verfahrenseinstellenden Geldauflage (§ 153a StPO) hat hieran die Staatsanwaltschaft und durch seine Zustimmung auch das Strafgericht mitgewirkt, bei

C.  Geldstrafen und Veranlassung

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der Festsetzung sonstiger Auflagen und Weisungen sind diese ebenfalls zuvor durch das Strafgericht bestimmt worden und vor allem die Verhängung einer Geldstrafe ist stets das Ergebnis richterlicher Rechtsanwendung. Das gilt selbst dann, wenn dem Antrag der Staatsanwaltschaft auf Erlass eines Strafbefehls nach § 408 Abs. 3 S. 1 StPO entsprochen wird. Mit anderen Worten: Die verhängten Sanktionen stellen keinen Reflex des oder eines bestimmten Handelns des betroffenen Steuerpflichtigen dar: Schließlich wird nicht jede strafrechtlich relevante Tat – unabhängig von ihrer Entdeckung durch die Strafverfolgungsbehörden – mit einer Sanktion geahndet.266 Vorab ist also klar, dass Geldstrafen, -auflagen etc. nicht unmittelbar durch das Handeln des Steuerpflichtigen ausgelöst werden. Weiterhin lässt sich auch sagen, dass die Belegung mit einer Geldsanktion dem Willen des Betroffenen regelmäßig zuwider läuft. Der bußfertige Delinquent, der seine Sanktion mit Freude empfängt und begleicht, mag vorkommen, wird aber eher die Ausnahme darstellen. Überwiegend ist davon auszugehen, dass Täter, gegen die eine Sanktion verhängt worden ist, auf ihre Begleichung verzichten würden, wenn ihnen dies folgenlos möglich wäre. Das Gesetz sieht hingegen verschiedene Möglichkeiten vor, um auch Unwillige zur Begleichung des hoheitlichen Sanktionsanspruches anzuhalten: Zahlt der Verurteilte zum Beispiel seine Geldstrafe nicht, wird diese im Wege der Vollstreckung beigetrieben (§ 459 ff. StPO n. F. i. V. m. §§ 1 ff. JBeitrG).267 Verläuft die Beitreibung erfolglos, wird der Verurteilte ggf. zur Verbüßung einer Ersatzfreiheitsstrafe (§ 43 StGB) geladen; ggf. kommt auch eine Abwendung der Vollstreckung durch gemeinnützige Arbeit (Art. 293 ­EGStGB) in Betracht.268 Nur in Ausnahmefällen unterbleibt die Vollstreckung zur Vermeidung unbilliger Härten (§ 459f StPO). Darauf, dass die Bezahlung von hoheitlichen Geldsanktionen in der Regel zu unfreiwilligen Aufwendungen 269 führt, hat dies aber keinen Einfluss.270

266 Das Belegen unterschiedlichste Faktoren, z.  B. die Ansätze der Dunkelfeldforschung oder die Rate nicht aufgeklärter Straftaten, die gelegentliche Entstehung von Verfahrensfehlern, die einer weiteren Strafverfolgung und Verurteilung im Wege stehen, der Einfluss strafrechtlicher Verjährung usw. 267  Justizbeitreibungsgesetz i. d. F. vom 27. 6. 2017 (BGBl. I 2017, 1926). Zuvor „Justizbeitreibungsordnung“. 268  Vgl. hierzu Radtke, MüKo/StGB, § 43 Rn. 4 ff. m. w. N. 269  Abweichend vom Zivilrecht setzt der steuerrechtliche Aufwendungsbegriff nach h. M. kein freiwilliges Vermögensopfer voraus, sondern umfasst schlicht alle tatsächlichen Ausgaben und betrieblichen Aufwand, also alle Wertabflüsse, die nicht Entnahmen sind, BFH v. 16. 7. 2015 – III R 33/14, BStBl. II 2016, 44, juris Rn. 11 m. w. N.; Bode, Kirchhof/ EStG, § 4 Rz. 168. 270  Danninger/Leidel/Wobst, WiJ 2014, 215 (219); Lang, StuW 1985, 10 (19). Vgl. auch Bergwitz, NZA 2016, 203 (204) mit arbeitsrechtlichem Fokus.

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§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

Nach dem Gesagten muss deshalb auch darauf eingegangen werden, ob die Bemessung und Festsetzung der Sanktion durch das Gericht einen Einfluss auf die steuerrechtliche Veranlassung der Sanktion haben kann und wenn ja, zu welchem Ergebnis dieser Einfluss führt.

I.  Tat und Strafzumessung als Anknüpfungspunkte 1.  Anknüpfung an die Tat Das erste Moment, das eine steuerrechtlich motivierte Entscheidung hinsichtlich der privaten oder betrieblichen Veranlassung von Sanktionen im Allgemeinen und Strafen im Besonderen ermöglichen könnte, ist die Verhaltensweise, die den Straftatbestand erfüllt, den Strafverfolgungsvorgang auslöst und somit schließlich zur Strafe selbst führt. Dass Straftaten beruflicher Natur sein können, deuten schon die Strafgesetze selbst an, wenn dort zahlreiche Taten in einer Weise geregelt sind, deren Verwirklichung nahezu immer auch eine Zuordnung zu den Einkunftsarten des EStG ermöglicht.271 Greifbar ist dies vor allem, wenn im Tatbestand oder in Regelbeispielen des Strafgesetzes an „gewerbsmäßiges“272 Handeln (z. B. §§ 180a Abs. 1; 260 Abs. 1 Nr. 1 StGB) angeknüpft wird 273 oder wenn bestimmte Taten gerade im Zusammenhang mit der Berufsausübung erst strafrechtliche Relevanz entfalten (z. B. § 299 Abs. 2 StGB). Auch das BZRG setzt diesen Zusammenhang ausdrücklich voraus, wenn es ermöglicht, im Zuge der Erteilung eines „Führungszeugnisses für Behörden“ Verurteilungen wegen Straftaten aufzunehmen, die im Führungszeugnis gemäß § 32 Abs. 2 Nr. 5 bis 9 BZRG nicht aufgenommen würden, sofern sie „bei oder im Zusammenhang mit der Ausübung eines Gewerbes oder dem Betrieb einer sonstigen wirtschaftlichen Unternehmung oder bei der Tätigkeit in einem Gewerbe oder einer sonstigen wirtschaftlichen Unternehmung […]“ unter gleichzeitiger Ausübung einer i. w. S. „leitenden“ Stellung begangen worden sind und das Füh-

271 Ähnlich

Tanzer, Geldstrafen im Abgabenrecht, S. 20 und inhaltsgleich, ders., ­DStJG 3 (1980), 227 (234). 272  Eine Gleichsetzung mit dem Gewerbebetrieb darf deswegen allerdings nicht angenommen werden, wie schon das Beispiel des § 243 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 StGB zeigt: Ein Dieb schlägt keine Waren um, sodass von einer Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr nicht gesprochen werden kann; es handelt sich auch nicht um sonstige Einkünfte gem. § 22 Nr. 3 EStG, vgl. Claus, Gewinnabschöpfung und Steuer, S. 46; Musil, ­H /H/R-EStG, § 2 Rn. 80 „Diebstahl“ und „Unterschlagung“. So schon Becker, Grundlagen ESt, S. 293; a. A. zum Griff in die Firmenkasse im Bereich nichtselbständiger Einkünfte Lang, DStJG 9 (1986), 15 (71). 273  In diesem Sinne schon Merkert, BB 1965, 823 (824).

C.  Geldstrafen und Veranlassung

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rungszeugnis für Entscheidungen i. S. d. § 149 Abs. 2 Nr. 1 GewO bestimmt ist, vgl. § 32 Abs. 4 BZRG. Auch in der Rechtsprechung der Strafgerichte werden – das gilt insbesondere im Zusammenhang mit der Strafzumessung – Taten immer wieder in Zusammenhang mit dem privaten Lebensbereich oder der Berufstätigkeit des Täters gestellt: Dort wird zum Beispiel strafschärfend berücksichtigt, wenn eine Tat „durch einen Rechtsanwalt […] als Organ der Rechtspflege begangen“ wird und wenn zwischen „Berufspflichten und Straftat eine innere Beziehung […] besteht“274 oder es wird beispielsweise berücksichtigt, dass Täter „ein untadeliges arbeitsames Leben geführt haben, bei dem sie nun von der Art der Berufstätigkeit her straffällig geworden sind, da diese im Chemiebereich eher ‚schadensgeneigt‘ ist als andere Tätigkeiten“275. Andererseits wird teilweise auch explizit beachtet, dass eine „Straftat ihre Ursachen im privaten Lebensbereich eines Angeklagten“276 hat oder „der Tatvorwurf ein Verhalten in dessen privatem Lebensbereich betrifft“277. Neben diesen Anhaltspunkten ist aber das Bild entscheidend, das sich ergibt, wenn man die strafrechtlichen Ausgangsbedingungen zusammen mit der steuerrechtlichen Perspektive in den Blick nimmt: Das Tatverhalten darf nur in einen Strafausspruch münden, wenn im Sinne der Strafbegründungsschuld schuldhaft gehandelt worden ist. Wenn Strafe aber nur auf die schuldhafte Verwirklichung von Unrecht folgt, dann ist die Strafbegründungsschuld notwendiges Attribut der bestraften Tat und kann gedanklich nicht von der unrechten Verhaltensweise getrennt werden – das gilt dann auch bei ihrer Zugrundelegung für die steuerrechtliche Einordnung.278 274  LG Düsseldorf v. 8. 2. 2010 – 14 KLs 8/09, juris Rn. 311 m. w. N. Vgl. auch BGH v. 12. 11. 1987 – 4 StR 550/87, NStZ 1988, 126, juris Rn. 12; v. 27. 11. 1981 – 4 StR 550/81, wistra 1982, 65, juris Rn. 5 m. w. N. 275  LG Frankfurt v. 3. 9. 1987 – 5/26 Ns 92 Js 28270/82, juris Rn. 15. 276  OLG Dresden v. 12. 02. 1997 – 1 Ss 586/96, juris Rn. 8. Vgl. auch BGH v. 4. 12. 1987 – 2 StR 578/87, NStZ 1988, 175, juris Rn. 11; v. 29. 4. 1987 – 2 StR 500/86, NJW 1987, 2685, juris Rn. 31. 277  BGH v. 7. 3. 2012 – 2 StR 640/11, NStZ-RR 2012, 216, juris Rn. 13. 278  Im Grundsatz nimmt die Finanzrechtsprechung keine eigene Würdigung des strafrechtlichen Sachverhaltes vor, sondern legt ihn in der Form zugrunde, wie er durch die Strafgerichte festgestellt worden ist, BFH v. 28. 1. 2005 – VIII B 117/03, BFH/NV 2005, 1110, juris Rn. 6; v. 8. 4. 1964 – VI 165/62 S, BStBl. III 1964, 331, juris Rn. .9. Vgl. auch BFH v. 22. 7. 2008 – VI R 47/06, BStBl. II 2009, 151, juris Rn. 21. Zwar berücksichtigen die Finanzgerichte bei der Einbeziehung von Strafurteilen ggf. auch substantiierte Einwendungen der Beteiligten, vgl. BFH v. 4. 11. 2011 – X S 23/10 (PKH), BFH/NV 2011, 286, juris Rn. 11. In Bezug auf den Charakter einer nach deutschem Recht festgesetzten Sanktion dürfte der Einwand, es handele sich materiell nicht um eine Geldbuße, -strafe etc. jedoch nahezu aussichtslos sein, wenn diese in einem Urteil oder Beschluss entsprechend benannt worden ist.

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§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

Wie dargestellt wurde, ist mit der Regelung von § 40 AO die Entscheidung getroffen worden, gerade auch das wirtschaftliche Resultat von kriminellen Verhaltensweisen steuerrechtlich zu erfassen. Ob man § 40 AO bezüglich dieses Gehalts lediglich als (deklaratorischen) Ausdruck des Leistungsfähigkeitsprinzips betrachtet oder der Vorschrift autonom konstitutiven Charakter beimisst, ist gleichgültig; selbst fundamentalkritische Äußerungen zu § 40 AO stellen nicht per se diesen Regelungszweck, sondern lediglich seine Sachdienlichkeit bei der Schaffung ethisch anspruchsvollen Rechts in Frage.279 Daraus folgt notwendigerweise wiederum die Akzeptanz einer möglichen betrieblichen Veranlassung von Verhalten, das mit der Verwirklichung strafrechtlich relevanter Schuld verbunden ist: Würde man stets argumentieren, schuldbehaftete Unternehmungen könnten keiner Einkunftsart zugeordnet werden oder Einnahmen hieraus nicht durch derartige Einkunftsarten veranlasst sein, so müsste jede kriminelle Unternehmung, ob Einnahmen generierend oder Ausgaben provozierend, dem steuerrechtlichen Privatbereich zuzuordnen sein, da die mit der Tat untrennbar verbundene Schuld stets den Veranlassungszusammenhang unterbräche. Unter diesen Voraussetzungen würde der Zweck von § 40 AO unterlaufen und die Regelung ausgehöhlt – das kann nicht gewollt sein. Auch insofern greift die eingangs aufgestellte These, dass § 40 AO, wo dies unabdingbar ist, auch eine Wirkung auf die Auslegung von Tatbeständen entfalten kann, um seinen eigenen Anwendungsbereich zu bewahren. Die zur Bestrafung notwendige Verbindung von Unrecht und Schuld sowie die mit § 40 AO getroffene oder bestätigte Grundentscheidung führen also letztlich dazu, dass das Tatverhalten nicht schon abstrakt und pauschal der steuerrechtlichen Privatsphäre zugeordnet werden kann oder stets durch jene überlagert wird. Dergleichen kann sich – wie auch sonst bei der Prüfung des Veranlassungszusammenhangs – lediglich als Ergebnis einer sorgfältigen Prüfung im Einzelfall ergeben. 2.  Anknüpfung an die Strafzumessung Ein denkbarer Argumentationsweg zur Stützung des Gedankens, dass Strafen wegen ihres Zusammenhangs mit strafrechtlicher Schuld schon im Ansatz nicht betrieblich veranlasst sein können oder jedenfalls die betriebliche Veranlassung verdrängen, führt über die Anknüpfung an den Strafzumessungsvorgang und den Einfluss der Strafzumessungsschuld. So erscheint es nicht schon im Ansatz ausgeschlossen, zu argumentieren, dass eine Strafe nicht nur die Folge einer Tat oder des mit ihr verwirklichten Unrechts, sondern auch das Ergebnis eines individuellen Strafzumessungsvorgangs ist. Jener beschreibt zwar auch nur ein späteres Stadium der Kausalkette, die durch den Tatverdacht und damit durch die 279 

A. A. wohl H. Weber, JuS 2000, 1059 (1067 f.).

C.  Geldstrafen und Veranlassung

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Tat ausgelöst wird, bringt aber auch weitere menschliche Entscheidungen und Bewertungen mit sich, denen Einfluss auf die Bestimmung des Veranlassungszusammenhangs zukommen könnte. So gehören zur Ermittlung des Schuldrahmens (s. o. § 2 C. III.) auch die Aufnahme, Gewichtung und Abwägung von Strafzumessungstatsachen unterschiedlicher Art. Wenn die Strafe aber stets mit einem Schuldmaß innerhalb des Schuldrahmens korrespondiert, für die Formung des Schuldrahmens jedoch auch Faktoren wie „das Vorleben des Täters“ und „seine persönlichen Verhältnisse“ berücksichtigt werden, so erscheint denkbar, dass es hierdurch stets zu einer Durchbrechung des Zusammenhanges zwischen Tat und Strafe kommt. Der Zusammenhang zwischen Strafzumessungsvorgang und Strafe könnte durch die Berücksichtigung derartiger Strafzumessungstatsachen so beeinflusst sein, dass selbst bei einer beruflich oder betrieblich veranlassten Tat stets von einem gemischten, wenn nicht sogar einem ausschließlich oder überwiegend privaten Veranlassungszusammenhang ausgegangen werden müsste.280 Zur Veri- oder Falsifizierung dieser These müssen zwei Fragen untersucht werden: Erstens (a)), ob bei der Differenzierung von beruflicher bzw. betrieblicher und privater Veranlassung überhaupt auf Faktoren abgestellt werden darf, die nicht unmittelbar der Disposition durch den Steuerpflichtigen unterliegen. Bejahendenfalls sind zweitens (b) bis d)) die relevanten Schuldmerkmale genauer daraufhin zu untersuchen, ob sie den von der Rechtsprechung der Steuergerichte postulierten engen Zusammenhang mit der steuerlichen Privatsphäre des Täters vermitteln oder nicht. a)  Berücksichtigung von „Drittverhalten“ Eine Unterbrechung des Veranlassungszusammenhangs nach der zuvor erläuterten These kann denklogisch nur stattfinden, wenn die Strafzumessung als Umstand, der dem unmittelbaren Einfluss des Steuerpflichtigen entzogen ist, bei der Prüfung des Veranlassungszusammenhangs überhaupt berücksichtigt werden darf.281

280 Andeutungsweise

Göggerle, BB 1981, 969 (970). Vorlagebeschluss des BFH v. 28. 4. 1982 – I R 89/77, BStBl. II 1982, 556, juris Rn. 28 hat der I. Senat zwar die Ansicht geäußert, es lasse „sich aus der Bemessungspraxis der ordentlichen Gerichte nichts für die Abzugsfähigkeit von Geldstrafen und Geldbußen herleiten.“ Anlass ist allerdings eine „Geldstrafe“ i. S. d. § 890 ZPO a. F. (entspricht eher einer Geldbuße) gewesen und auch die weiteren Ausführungen des Senats beziehen sich allein auf die Bemessung einer Geldbuße. Hieraus kann einerseits geschlossen werden, dass der BFH der Bemessungspraxis grundsätzlich Aufmerksamkeit schenkt, zu eigentlichen Geldstrafen aber eben keine Stellung genommen hat. Mit anderer Begründung ebenso Tanzer, Geldstrafen im Abgabenrecht, S. 108. 281  Im

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§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

Bei den Überlegungen zu dieser Frage wirkt sich zunächst aus, dass es im Fall der Bestrafung des Steuerpflichtigen an dessen eigener Zwecksetzung fehlt. Der Zweck wird vielmehr grundsätzlich durch den demokratisch legitimierten Gesetzgeber und konkret durch die Organe der Strafverfolgung, insbesondere den Richter,282 an den Steuerpflichtigen herangetragen. Lediglich in unwahrscheinlichen Ausnahmefällen wird ein Steuerpflichtiger sein (deliktisches) Verhalten bewusst an den Tag legen, um sanktioniert zu werden. Gerade die hoheitliche Auferlegung von Sanktionen und die Möglichkeit der zwangsweisen Durchsetzung kennzeichnen die Sanktion als unfreiwillige Aufwendung bzw. „Zwangsaufwendung“.283 Im Zusammenhang mit jenen wird auf das Vorliegen des finalen Elements verzichtet und lediglich verlangt, dass das auslösende Moment der Vermögenseinbuße im beruflichen bzw. betrieblichen Bereich liegt.284 Damit kommt es letztlich darauf an, ob sich der Einfluss der Strafzumessung auf die Beurteilung des für die Veranlassung unfreiwilliger Aufwendungen stets maßgeblichen objektiven Zusammenhangs auswirkt. Betrachtet man, wie der Veranlassungszusammenhang in anderen Fällen unfreiwilliger Aufwendungen ermittelt wird, stößt man vor allem auf Beispiele, in denen dem Steuerpflichtigen Geld oder geldwerte Güter infolge einer (meist strafbaren) Handlung privater Dritter abhandengekommen sind. Trotz der Unvollkommenheit des Vergleichs mit einer solchen Art der unfreiwilligen Aufwendungen erlaubt die strukturelle Parallele Rückschlüsse aus dem Umgang mit dem Verhalten: Wie bei der Belegung mit einer Sanktion hat ursprünglich ein Verhalten des Steuerpflichtigen (z. B. die Betriebseröffnung o. Ä.) den Verkehrskreis desselben in einer Weise erweitert, der ihn auch entsprechenden Risiken (z. B. Diebstählen aus Warenlagern) aussetzt. In beiden Fällen setzt das Verhalten Dritter eine Ursache für die Realisierung des Risikos.285 In jenen Fällen wird auch untersucht, ob das Ereignis, das den Verlust provoziert, dem betrieblichen Bereich entstammt oder ob die betroffenen Güter des Steuerpflichtigen zur betrieblichen Verwendung oder Erzielung von Überschusseinkünften bestimmt sind.286 Letzterem Kriterium wird dabei nur eine sehr geringfügige Aussagekraft beigemessen,287 da auch der im beruflichen oder betrieblichen Kontext entstandene Verlust von Gütern des Privatvermögens zu 282 

Vgl. BVerfG v. 9. 7. 1997 – 2 BvR 1371/96, BVerfGE 96, 245, juris Rn. 10. Bergkemper, FR 2008, 232 (235). 284  Dazu § 2 A. II. 2. 285 Vgl. Göggerle, BB 1981, 969 (970). 286  BFH v. 29. 3. 2000 – X R 99/95, BFH/NV 2000, 1188, juris Rn. 12 f.; v. 9. 4. 1996 – X B 296/95, BFH/NV 1996, 739, Ls.; v. 28. 11. 1991 – XI R 35/89, BStBl. II 1992, 343, juris Rn. 10 ff.; v. 25. 1. 1962 – IV 221/60 S, BStBl. III 1962, 366, juris Rn. 6. 287  BFH v. 18. 4. 2007 – XI R 60/04, BStBl. II 2007, 762, juris Rn. 13. 283 Vgl.

C.  Geldstrafen und Veranlassung

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berücksichtigungsfähigen Erwerbsaufwendungen führen kann.288 Im Hinblick auf die Frage, ob das verlustprovozierende Ereignis dem betrieblichen oder beruflichen Bereich entstammt, zeigt sich, dass häufig auf zeitliche oder räumliche Zusammenhänge mit der Organisation des Betriebs/Berufs abgestellt wird: so zum Beispiel bei der Entwendung von Honorargeldern, die Angestellte eines freiberuflich tätigen Arztes für jenen in Empfang nehmen und später abrechnen sollten289 oder beim diebstahlbedingten Verlust eines Pkw während einer Dienstreise290. Hoheitlich verhängte Geldsanktionen lassen sich abseits der sie auslösenden Ausgangstat jedoch nicht in solche zeitlichen oder räumlichen Dimensionen einordnen. Zudem ist hinsichtlich des durch ihre Begleichung entzogenen Gutes nur offenbar, dass sie durch den Einsatz von Vermögen des Steuerpflichtigen beglichen werden. Ob dieses dem steuerlichen Betriebs- oder Privatvermögen entstammt, ist damit aber nicht gesagt. Die Frage, ob es sich dabei zum Beispiel um eine Entnahme oder Gewinnausschüttung handelt, wenn die Sanktion aus dem Betriebsvermögen beglichen wird, ist der Veranlassungsfrage nachgelagert und die Möglichkeit, dass es sich bei der Begleichung um einen betrieblich veranlassten Vorgang handeln kann, ist im Hinblick auf Geldbußen und hiermit vergleichbare Sanktionen auch gesetzlich eindeutig berücksichtigt. Einen gesetzlichen Anhaltspunkt zur Lösung der Frage, ob auch die Strafzumessung bzw. die Bestimmung der Auflagenhöhe zur Beurteilung des Veranlassungszusammenhangs herangezogen werden darf, bietet auch die Entscheidung des Gesetzgebers, die einkommensteuerliche Berücksichtigung von Steueraufwendungen davon abhängig zu machen, welche Kriterien ihrer Bemessung zugrunde gelegt werden können: Hierauf beruht letztlich der Unterschied zwischen grundsätzlich steuerneutral zu behandelnden Umsatzsteuern sowie Sachsteuern und sonstigen öffentlichen Abgaben (vgl. § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 EStG) einerseits und grundsätzlich nicht abziehbaren Personensteuern, insbesondere Einkommenund Körperschaftsteuern (§ 12 Nr. 3 EStG, § 10 Nr. 2 KStG), deren Berechnung erheblich von in der Privatsphäre des Steuerpflichtigen liegenden Aufwendungen bestimmt ist, andererseits.291 Die entsprechenden gesetzlichen Regelungen sind 288 

BFH v. 25. 5. 1992 – VI R 171/88, BStBl. II 1993, 44 Ls., juris Rn. 8 f. m. w. N. BFH v. 6. 5. 1976 – IV R 79/73, BStBl. II 1976, 560, juris Rn. 8 ff. 290  BFH v. 25. 5. 1992 – VI R 171/88, BStBl. II 1993, 44, Ls., juris Rn. 8 f. m. w. N. Vgl. auch BFH v. 18. 4. 2007 – XI R 60/04, BStBl. II 2007, 762, juris Rn. 13 ff., dort allerdings mit anderem Ergebnis, da der Pkw während einer aus privaten Gründen vorgenommenen Unterbrechung der ansonsten betrieblichen Fahrt entwendet worden ist. 291  Vgl. BFH v. 16. 7. 2015 – III R 33/14, BStBl. II 2016, 44, juris Rn. 15; v. 21. 10. 2010 – IV R 6/08, BFH/NV 2011, 439, juris Rn. 14; v. 9. 8. 1983 – VIII R 35/80, BStBl. II 1984, 27, juris Rn. 25; Loschelder, Schmidt/EStG, § 12 Rn. 25; Thürmer, Blümich/EStG, § 12 Rn. 195. 289 

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§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

weitestgehend deklaratorischer Natur, was bedeutet, dass auch die Subsumtion unter den Betriebsausgaben- bzw. Werbungskostenbegriff unter Anwendung des Veranlassungsprinzips zum gleichen Ergebnis käme.292 Damit werden aber implizit auch die Art und Weise der Berechnung jener Abgaben und die ihr zugrundeliegenden Faktoren in die Bewertung des Veranlassungszusammenhangs miteinbezogen. Das spricht dann ebenfalls dafür, dass auch die Sanktionszumessung grundsätzlich als ein Faktor Berücksichtigung bei der Bestimmung der Veranlassung von Geldsanktionen aus dem Anwendungsbereich des § 12 Nr. 4 EStG und des § 10 Nr. 3 KStG finden kann. Da auch die Entstehung vor allem von Geldstrafen und Geldauflagen im Hinblick auf ihre Höhe wesentlich durch richterliche Entscheidungen mitbestimmt wird, sind auch sie gewissermaßen „Teilhaber“ am auslösenden Moment der Sanktionsaufwendung. Deshalb erscheint es sachgerecht auch den Vorgang der Straf- bzw. Sanktionszumessung bei der Beurteilung der Veranlassung einer Sanktion miteinzubeziehen. Die hierbei maßgeblichen Zusammenhänge werden deshalb nachfolgend einer genaueren Betrachtung unterzogen. b)  Strafzumessungsumstände bei der Bestimmung der Tagessatzzahl und Veranlassungszusammenhang Eine allgemeine Aufzählung der Umstände, die bei der Ermittlung des Schuldrahmens für und gegen den Täter sprechen können, findet sich in § 46 Abs. 2 S. 2 StGB. Hiernach kommen vor allem die Beweggründe und Ziele des Täters, die aus der Tat sprechende Gesinnung, der bei der Tat aufgewendete Wille, das Maß der Pflichtwidrigkeit, das aus der Tat spricht, die Tatausführung, die Auswirkungen der Tat, das Vorleben des Täters und seine Lebensumstände sowie das Nachtatverhalten in Betracht. Die Aufzählung der Schuldmerkmale ist nicht abschließend und lediglich als Enumeration der in der Praxis wichtigsten Strafzumessungsumstände zu verstehen,293 während das Spektrum möglicherweise in Betracht zu ziehender Umstände theoretisch unbegrenzt ist.294 Eine rechtliche Einschränkung ergibt sich aber aus dem Doppelverwertungsverbot, wonach solche Tatsachen, die schon als Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes berücksichtigt worden sind, nicht in die Strafzumessung eingestellt werden dürfen (§ 46 Abs. 3 StGB). In der Praxis des Strafens wird der Kanon der durch das Gesetz vorgeschlagenen Strafzumessungserwägungen selten ausgeschöpft, was in Anbetracht der 292 Vgl. Loschelder, Schmidt/EStG, § 12 Rn. 25; zu § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 2 vgl. Bergkemper, H/H/REStG, § 9 Rn. 410. 293  Bruns, Recht der Strafzumessung, S. 144; Streng, NK/StGB, § 46 Rn. 51. 294  Meier, Sanktionen, S. 186, 192. Mit Bsp. weiterer berücksichtigungsfähiger Umstände Streng, Sanktionen, Rn. 607 ff.

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hierzu erforderlichen Ermittlungen und der Vielzahl zu bearbeitender Fälle auch nicht praktikabel erscheint. Ein Beispiel dafür, wie weit die Berücksichtigung von Strafzumessungserwägungen teilweise reduziert wird, findet sich etwa im Steuerstrafrecht: Obwohl auch dort aufgrund des Verweises in § 369 Abs. 2 AO die allgemeinen Strafzumessungserwägungen des StGB zu beachten sind, wird in der Praxis des Steuerstrafrechts die Höhe der Strafe vor allem an der Höhe der Steuerhinterziehung ausgerichtet, wobei die Gerichte vielfach mit nicht veröffentlichten „Strafmaßtabellen“295 arbeiten.296 Hinter diesem Vorgehen steht der im Ansatz nachvollziehbare Gedanke, dass das Unrecht bei diesem Delikt der Natur nach stets sehr ähnlich und maßgeblich durch die Größenordnung der Steuerhinterziehung geprägt ist, sodass eine Orientierung hieran eine gewisse Gleichmäßigkeit der Bestrafung herbeiführt.297 Vor allem Verfahren, die durch die Anordnung eines Strafbefehls abgeschlossen werden und maßgeblich durch die Vorbereitung der Straf- und Bußgeldstellen bei den Finanzbehörden bestimmt sind, sind deshalb andererseits aber auch dem Vorwurf einer „taxenmäßigen“ Strafzumessung ausgesetzt.298 In einer vom Einzelfall gelösten Betrachtung stehen alle Strafzumessungsumstände grundsätzlich gleichwertig nebeneinander.299 Umstände, die zu Lasten des Täters Berücksichtigung finden sollen, dürfen nur aufgrund gesicherter Feststellung durch den Tatrichter verwertet werden.300 Abgesichert wird dies durch den Zweifelssatz (in dubio pro reo).301 Zudem darf weder das Fehlen eines Strafmilderungsgrundes strafschärfend noch das Fehlen eines Strafschärfungs295  Mit einer Referenz zu einer älteren Tabelle aus dem Jahr 2001 Schauf, Kohlmann, § 370 AO Rn. 1077 mit Verweis auf PStR 2001, 18 f. Ein Auszug aus einem „nicht veröffentlichten“ Erlass einer OFD findet sich bei Schäfer/Sander/van Gemmeren, Strafzumessung, Rn. 1879 ff. 296  In der Praxis taucht gelegentlich das Stichwort des „ortsüblichen Tarifes“ auf, vgl. Schauf, Kohlmann, § 370 AO Rn. 1075; ähnlich Schäfer/Sander/van Gemmeren, Strafzumessung, Rn. 1893. 297  Schäfer/Sander/van Gemmeren, Strafzumessung, Rn. 1879. Entscheidend ist dabei aber, dass die Ausrichtung an Strafmaßtabellen nur als Orientierungshilfe genutzt wird und der Blick offen für eine Einbeziehung der allgemeinen Strafzumessungserwägungen (schärfend wie mildernd) gehalten wird, so auch Schauf, Kohlmann, § 370 AO Rn. 1078. Zu den Kriterien, denen bei der Bildung des Strafmaßes im Zusammenhang mit Steuerdelikten besonderes Gewicht zukommt BGH v. 7. 2. 2012 – 1 StR 525/11, BGHSt 57, 123, juris Rn. 19 ff.; v. 15. 12. 2011 – 1 StR 579/11, NJW 2012, 1015 (1015 f.); v. 2. 12. 2008 – 1 StR 417/08, BGHSt 53, 71, juris Rn. 19 ff.; vgl. auch Schauf, Kohlmann, § 370 AO Rn. 1026 ff. 298 Vgl. Schauf, Kohlmann, § 370 AO Rn. 1078. 299  Miebach/Maier, MüKo/StGB, § 46 Rn. 174. 300  BGH v. 2. 12. 2015 – 2 StR 258/15, juris Rn. 24 m. w. N. 301  BGH v. 20. 8. 2003 – 2 StR 285/03, NStZ-RR 2004, 41, juris Rn. 4; Streng, Sanktionen, Rn. 550 m. w. N.

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grundes strafmildernd berücksichtigt werden.302 Das Urteil muss schließlich keine erschöpfende Aufzählung aller Strafzumessungserwägungen enthalten, auch nicht der in § 46 StGB genannten Strafzumessungsumstände.303 Überdies muss auch der während der Strafzumessung ermittelte Schuldrahmen nicht angegeben werden.304 Nach § 267 Abs. 3 S. 1 StPO ist nur die Angabe der für die Zumessung der Strafe bestimmenden Umstände gefordert.305 aa)  Berücksichtigung von Tat und Täterpersönlichkeit Aus der Aufzählung in § 46 Abs. 2 S. 2 StGB wird deutlich, dass nicht nur äußerlich wahrnehmbare Umstände im Rahmen der Strafzumessung zu berücksichtigen sind, sondern auch solche, die im Zusammenhang mit der Persönlichkeit des Täters stehen.306 In der ständigen Rechtsprechung des BGH ist zudem anerkannt, dass es Aufgabe des Tatrichters ist, auf Grundlage des umfassenden Eindrucks, den er in der Hauptverhandlung von der Tat und der Persönlichkeit des Täters gewonnen hat, die wesentlichen entlastenden und belastenden Umstände festzustellen und gegeneinander abzuwägen.307 Eher der Tat zuzuordnende Umstände sind beispielsweise die Tatausführung und die Auswirkungen der Tat, mehr der Täterpersönlichkeit zuzuordnen sind hingegen die aus der Tat sprechende Gesinnung, das Vorleben des Täters sowie seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse. Auch wenn die Feststellung, Einbeziehung, Gewichtung und Abwägung von Umständen aus der Sphäre der Täterpersönlichkeit Eingang in die Feststellung des Schuldrahmens finden, bedeutet dies vor dem Hintergrund des einkommensteuerrechtlichen Veranlassungsprinzips noch keine zwingende Lösung der Strafe von der zugrundeliegenden Tat. Die Berücksichtigung der Täterpersönlichkeit wird nämlich „tatbezogen“ vorgenommen, d. h. der Schuldrahmen berücksichtigt 302  BGH v. 19. 11. 1992 – 4 StR 549/92, StV 1993, 132, juris Rn. 4; v. 20. 8. 1982 – 3 StR 283/82, NStZ 1982, 463, juris Rn. 2; v. 28. 5. 1980 – 3 StR 176/80, NJW 1980, 2821, juris Rn. 6. 303  BGH v. 31. 7. 2014 – 4 StR 216/14, NStZ-RR 2014, 320, juris Rn. 5; v. 31. 8. 1976 – 1 StR 473/76, NJW 1976, 2220; v. 30. 9. 1952 – 2 StR 675/51, NJW 1952, 1306, juris Rn. 4. Vgl. Bruns, Recht der Strafzumessung, S. 273. 304  Meyer-Goßner, Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, § 267 Rn. 19. Anders ggf. im Hinblick auf einen nicht ohne weiteres aus dem Gesetz ablesbaren, sondern rechnerisch zu ermittelnden Strafrahmen OLG Düsseldorf v. 9. 8. 2000 – 2b Ss 238/00 – 71/00 I, StV 2001, 224, juris Rn. 10. 305  Mit Bsp. Kuckein, KK/StPO, § 267 Rn. 24. 306  So entstehen keine „Straftaxen“, Bruns, Recht der Strafzumessung, S. 191. 307  BGH v. 26. 2. 2015 – 1 StR 574/14, NStZ 2015, 582, juris Rn. 15; v. 18. 12. 2007 – 5 StR 530/07, NStZ-RR 2008, 310, juris Rn. 8; v. 29. 7. 1991 – 3 StR 145/91, NStZ 1991, 529, juris Rn. 7 – st. Rspr.

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die in der konkreten Unrechtsverwirklichung sichtbar werdende Persönlichkeit des Täters und trifft eine Aussage zur „Tatschuld“308.309 Unberücksichtigt bleiben andererseits hiervon losgelöste Aspekte der Lebensführung des Delinquenten.310 So geht der BGH davon aus, dass „die Lebensführung eines Angeklagten und sein außerhalb der Tatausführung liegendes Verhalten […] nur dann bei der Strafzumessung Berücksichtigung finden [dürfen], wenn sie eine Beziehung zur abgeurteilten Tat haben.“311 Das steht in einem klaren Kontrast zum ehemaligen § 20a StGB312, der es einst ermöglichte, die „Lebensführungsschuld“ bzw. das „aus der Art schlagen“ des Täters zur Grundlage der Bestrafung zu machen313 und der schließlich im Rahmen des 1. StrRG314 aufgehoben worden ist.315 bb)  Gegenüberstellung der Strafzumessungsumstände nach § 46 Abs. 1 S. 2 StGB mit dem steuerrechtlichen Maßstab betrieblicher Veranlassung Wenn also im Ergebnis die Strafe im Bereich der Bestimmung der Tagessatzzahl immer mit dem Schuldrahmen korrespondiert und der Schuldrahmen stets an die Tatschuld anknüpft, kommt es durch die Strafzumessung abstrakt betrachtet nicht zu einer Auswechselung des unrechten Verhaltens als Bezugspunkt der Strafe. Zu klären bleibt dann lediglich noch, ob (auch) die tendenziell eher an der Täterpersönlichkeit orientierten Strafzumessungsumstände aufgrund ihrer Beschaffenheit geeignet sind, pauschal eine wesentliche private Mitveranlassung 308 

Meier, Sanktionen, S. 186 f. m. w. N. Vgl. BGH v. 7. 9. 1983 – 2 StR 412/83, NStZ 1984, 259, juris Rn. 13: „Grundlage der Strafzumessung ist die in einer bestimmten Tat wirksam gewordene Schuld des Täters und nicht der mangelnde Einsatz der Willens- und Charakterkräfte im Rahmen der allgemeinen, noch nicht strafbaren Lebensführung vor der Tat oder die fehlerhafte Bewertung der eigenen strafrechtlich noch nicht bedeutsamen Wünsche, Ziele und Handlungen. Lediglich wenn und soweit das Verhalten vor der Tat auch Rückschlüsse auf eine höhere Tatschuld zuläßt, kann es für die Bestimmung der schuldangemessenen Strafe bedeutsam sein.“ 310  Bruns, Recht der Strafzumessung, S. 199; Meier, Sanktionen, S. 187; kritisch Streng, NK-StGB, § 46 Rn. 20. 311  BGH v. 20. 9. 1996 – 2 StR 209/96, juris Rn. 4 m. V. a. auf die st. Rspr. 312  Gesetz gegen gefährliche Gewohnheitsverbrecher und über Maßregeln der Sicherung und Besserung v. 24. 11. 1933, RGBl. I 1933, 995 (995). 313  Mezger, ZStW 1938, 675 (688 f.) m. w. N. 314  Erstes Gesetz zur Reform des Strafrechts v. 25. 6. 1969, BGBl. I 1969, 645 (646). 315  Eine etwas andere Herangehensweise findet sich auch im Jugendstrafrecht wieder, wo eine „jugendspezifische“ Bestimmung des Schuldgehaltes einer Tat vorgenommen wird und charakterlicher Haltung, Persönlichkeit und Tatmotivation in weiterem Sinne Aufmerksamkeit gewidmet wird, vgl. BGH v. 4. 8. 2016 – 4 StR 142/16, NStZ-RR 2016, 325, juris Rn. 11 m. w. N. Die Bezüge zum Jugendstrafrecht finden hier jedoch mangels praktischer Relevanz für das überstehende steuerrechtliche Thema keine weitere Berücksichtigung. 309 

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§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

von Strafen anzunehmen, wenn sie als bestimmende Strafzumessungsumstände berücksichtigt worden sind. Geht man hierbei davon aus, dass die Feststellung schuldmindernder Umstände relativ verkleinernd auf den Schuldrahmen wirkt, dann wirken sich jene Umstände, bildlich betrachtet, im „nach oben“ nicht realisierten Teil des individuellen Schuldrahmens (Differenz zwischen der festgesetzten Strafe und der noch schuldangemessenen Strafe) aus. So gesehen sind berücksichtigte schuldmindernde Aspekt dann auch nicht mehr in der tatsächlich (positiv) ausgesprochenen Strafe repräsentiert. Diesem Gedanken folgend, werden sie im nachfolgenden Abgleich von Strafzumessungsumständen und steuerrechtlicher betrieblicher Veranlassung zunächst nicht behandelt. (1) Beweggründe und Ziele des Täters Zu den besonders wichtigen, namentlich benannten Strafzumessungsumständen gehören zunächst die Beweggründe und Ziele des Täters. Mit Beweggründen sind die psychischen Hintergründe bzw. Motive gemeint, die den Täter zur Begehung der konkreten Tat bewegt haben, wobei nicht nur auf rein intrinsische Antriebe, sondern auch auf Motivierung durch äußere Anreize abgestellt werden kann.316 Ziele lassen sich von Beweggründen nur differenzieren, wenn sich ein Unterschied zwischen dem erstrebten Taterfolg und der Verwirklichung des Motivs ausmachen lässt.317 Tendenziell strafschärfend wirken sich Motive aus, die rein auf die Verwirklichung eigener Vorteile ausgerichtet sind.318 Beweggründe und Ziele lassen sich relativ gut in die Maßstäbe betrieblicher Veranlassung einordnen. Wenn eine Tat verübt wird, um das berufliche Weiterkommen zu fördern, einen konkreten wirtschaftlichen Vorteil zu erlangen oder Nachteil zu vermeiden, lässt sich eine subjektive Zweckbestimmung im Hinblick auf den Beruf oder Betrieb häufig leicht erkennen.319 Um nur eine willkürliche Kategorie an Beispielen aufzugreifen: Wenn ein Zahnarzt seinen tatsächlich gesunden Patienten vorspiegelt, dass ein Abschleifen ihrer Zähne notwendig sei320 oder ein Arzt von seinen Patienten tatsächlich medizinisch nicht indizierte Röntgenaufnahmen anfertigt321, damit die für die „Behandlung“ entstehenden Kosten anschließend in Rechnung gestellt werden können und so die Einnahmen der jeweiligen Praxis aufgebessert werden, lässt sich ein Zusammenhang 316 

Bruns, Recht der Strafzumessung, S. 211. Vgl. das Bsp. zum Betrug bei Stree/Kinzig, S/S-StGB § 46 Rn. 13a. Vielfach wird gar nicht zwischen Beweggründen und Zielen differenziert, vgl. Fischer, StGB, § 46 Rn. 26 ff.; Miebach/Maier, MüKo/StGB, § 46 Rn. 183 ff.; Streng, NK/StGB, § 46 Rn. 52. 318  Stree/Kinzig, S/S-StGB § 46 Rn. 13. 319 Ähnlich Claus, Gewinnabschöpfung und Steuer, S. 51. 320  BGH v. 6. 11. 1998 – 3 StR 511 97, NStZ 1999, 372. 321  BGH v. 3. 12. 1997 – 2 StR 397/97, BGHSt 43, 346. 317 

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der Körperverletzung mit der Erwerbssphäre gut erkennen.322 Wenn andererseits ein Gynäkologe Patientinnen aus rein sexuellen Motiven und ohne medizinische Indizierung „untersucht“, so reicht der objektive Zusammenhang mit seiner betrieblichen Tätigkeit nicht über die Nutzung von Räumen und Einrichtungen mit beruflicher Zweckbestimmung sowie des „Deckmantels“ einer medizinischen Untersuchung hinaus und wäre zu verneinen.323 Geht es um die Berücksichtigung von finanziellen Motiven, ist zu beachten, dass diese in zahlreichen Strafgesetzen schon als Tatbestandsmerkmal oder Regelbeispiel eines besonders schweren Falles „vertypt“ sind.324 In diesem Fall ist der Faktor allerdings schon Bestandteil des gesetzlichen Strafrahmens geworden und im Hinblick auf die Strafzumessung ggf. nur unter Beachtung des Doppelverwertungsverbots325 beachtlich.326 (2) Tätergesinnung und -wille Da Tätergesinnung und -wille nur im inneren Zusammenhang mit der Tat zu beurteilen sind, bleibt hierbei weder Raum für die Heranziehung allgemeiner „Lebensführungsmängel“ noch für moralisierende Erwägungen.327 Häufig lassen sich Gesinnungsmerkmale nicht absolut trennscharf von den Motiven des Täters abgrenzen. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn es einer Heranziehung der tatbezogenen Motive bedarf, um stichhaltige Rückschlüsse auf die Gesinnung 322 Streiten ließe sich hier ggf. noch über die zutreffende Einkunftsart, wenn man argumentierte, dass zwar die Eingriffe an sich dem Berufsbild eines Zahnarztes (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2 EStG) entsprechen, nicht aber die Primärmotivation, die mit den Eingriffen verfolgt wird. Verneint man die Einkünfteerzielung aus selbständiger Arbeit, was sich im Hinblick auf die ggf. sogar verwirklichte Körperverletzung (§ 223 StGB) gut vertreten ließe (ergo: keine heilberufliche Tätigkeit), so lägen jedenfalls Einkünfte aus Gewerbebetrieb vor. In ähnlicher Weise werden auch die mittels berufsuntypischer Verhaltensweisen generierten Betriebseinnahmen von ansonsten heilberuflich tätigen Personen rgm. als Einkünfte aus Gewerbebetrieb erfasst, vgl. Pfirrmann, Kirchhof/EStG, § 18 Rz. 56 m. umfgr. w. N. aus der Rechtsprechung des BFH. 323  Vgl. OLG München v. 14. 2. 2008 – 5 St RR 143/07, NStZ 2008, 632. 324  Bsp.: eines „Vermögensvorteils wegen“ (z. B. §§ 181a Abs. 1 Nr. 2; 219a Abs. 1 StGB), „Habgier“ (§ 211 Abs. 2 Gruppe 1 Alt. 3 StGB), „Gewinnsucht“ (z. B. §§ 236 Abs. 4 Nr. 1; 283a S. 2 Nr. 1 StGB); Absicht zur Verschaffung eines Vermögensvorteils (z.  B. § 263 Abs. 1 StGB) oder gewerbsmäßiges Handeln (z. B. § 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 StGB). 325  Zum Gewinnstreben als implizites Merkmal des „Handeltreibens“ (BtMG) etwa BGH v. 30. 1. 1980 – 3 StR 471/79, NJW 1980, 1344, juris Rn. 7 m. w. N. Eine Berücksichtigung i.R.d. Strafzumessung ist aber auch in einem solchen Fall denkbar, vgl. BGH v. 29. 8. 1979 – 3 StR 252/79, juris Rn. 2 m. w. N. 326  Zur strafschärfenden Berücksichtigung, wenn das Merkmal nicht schon zum gesetzlichen Tatbestand gehört, vgl. Stree/Kinzig, S/S-StGB, § 46 Rn. 53. 327  Miebach/Maier, MüKo/StGB, § 46 Rn. 193. Vgl. auch Streng, NK-StGB, § 46 Rn.  54 m. w. N.

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§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

ziehen zu können.328 Überzeugend wirkt hier ein Vorgehen, das die Frage untersucht, inwieweit der Täter bei der kriminellen Verfolgung seines Motivs versucht hat, das geschützte Rechtsgut bzw. dessen Inhaber noch zu schonen oder, im Gegenteil, sogar besonders intensiv zu schädigen.329 Adjektive, die eine strafschärfende Gesinnung beschreiben können, sind demnach etwa „roh“, „böswillig“, „grausam“ oder „rücksichtslos“.330 Durch die Berücksichtigung des bei der Tat aufgewendeten Willens wird ein Rückschluss auf die (kriminelle) Energie gezogen, die der Täter zur Begehung der konkreten Tat aufgewendet hat. Ein solches Maß lässt sich freilich nicht exakt quantifizieren. Einen Anhaltspunkt gibt jedoch die Untersuchung, ob der Täter zur Begehung der Tat erhebliche Hindernisse und Schwierigkeiten überwinden, sehr planvoll vorgehen oder sein Ziel nachhaltig und geduldig verfolgen musste oder, ob hierzu lediglich die Überwindung niedriger Schwellen („nicht der Versuchung nachgeben“) notwendig gewesen ist.331 Sowohl Tätergesinnung als auch Täterwille lassen sich damit in Faktoren übersetzen, die auch im legalen Erwerbsleben vorkommen: Ein aggressiver Wettbewerb, der vielleicht sogar auf die Verdrängung eines bestimmten Konkurrenten ausgerichtet ist, wird ebenso vielfach als „rücksichtslos“ beschrieben werden und kaum ein junges Unternehmen bzw. dessen Unternehmer wird ohne die energiezehrende Überwindung von Hindernissen in den frühen Unternehmensphasen auskommen. Entscheidend ist, dass diese Faktoren bei der Einkünfteermittlung keine Rolle spielen oder lediglich indizieren, ob ein Verhalten darauf ausgelegt ist, einem bestimmten Betrieb oder Beruf zu dienen. Wird aus der Tat etwa auf böswilliges Verhalten zurückgeschlossen, kann dieses aus Sicht der betrieblichen Veranlassung ebenso gut auf eine besonders starke Schädigung eines Konkurrenten aus beruflichen (Obsiegen im Wettbewerb) wie auch aus privaten Gründen (Vergeltung, Menschenfeindlichkeit) zurückzuführen sein. Damit können diese Strafzumessungsfaktoren dabei helfen, zu erkennen, welcher steuerrechtlichen Kategorie (betrieblich/privat) das relevante Verhalten zuzuordnen ist, die Entscheidung an sich nehmen sie hingegen nicht vorweg. (3) Maß der Pflichtwidrigkeit Das Maß der Pflichtwidrigkeit ist insbesondere für die Beurteilung von Fahrlässigkeitstaten von Relevanz. Aus der vorsätzlichen Verwirklichung einer Tat darf nicht strafschärfend geschlossen werden, dass der Täter besonders pflichtwidrig gehandelt, zum Beispiel nicht nur eventualvorsätzlich gehandelt habe, da

328 

Stree/Kinzig, S/S-StGB, § 46 Rn. 16. Streng, NK/StGB, § 46 Rn. 53. 330  Fischer, StGB, § 46 Rn. 27. 331  Streng, NK/StGB, § 46 Rn. 54. 329 

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der Vorsatz ggf. schon bei der Prüfung der Tatbestandsverwirklichung berücksichtigt worden ist.332 Auch das Maß der Pflichtwidrigkeit stellt keinen Strafzumessungsumstand dar, der grundsätzlich vorgeben könnte, eine auch hieraus folgende Strafe sei gerade deswegen privat veranlasst. Entscheidend ist im steuerrechtlichen Kontext nämlich nicht das Maß der Pflichtwidrigkeit, sondern ihr kategorischer Bezug zur Einkommens- bzw. Einkommensverwendungssphäre. Das geht auch ganz deutlich aus dem Beschluss des Großen Senats des BFH vom 28. 11. 1977333 hervor: „Es kann insbesondere nicht davon ausgegangen werden, daß strafwürdiges oder verbotswidriges Verhalten (wenn auch vielleicht erst ab einer bestimmten Intensität, zB ab ‚bewußter und grober Fahrlässigkeit‘) ohne weiteres der privaten Sphäre zuzurechnen sei. Entscheidend für die Beurteilung auch eines solchen Verhaltens ist allein der Veranlassungszusammenhang. […] Es kommt […] darauf an, ob der Verstoß gegen Verkehrsvorschriften noch im Rahmen der beruflichen Zielvorstellung liegt, oder ob er hiervon abweichend auf privaten, den Zusammenhang zum Beruf aufhebenden Vorgängen oder Vorstellungen beruht. Fährt der Steuerpflichtige zu schnell oder einen verbotenen Weg, um pünktlich an der Arbeitsstelle oder einem beruflichen Treffpunkt zu sein, und verunglückt er deshalb, dann bleibt gleichwohl der Zusammenhang mit dem Beruf bestehen. Die Unfallkosten können daher als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abgezogen werden. Ist der Steuerpflichtige dagegen auf einer an sich beruflichen Fahrt deshalb zu schnell gefahren, weil er aus sportlichem Ehrgeiz eine Wettfahrt mit einem anderen Verkehrsteilnehmer durchgeführt hat, so sind die Unfallkosten als Betriebsausgaben oder Werbungskosten nicht abzugsfähig. Daß der berufliche Zweck unter Mißachtung gesetzlicher Vorschriften erstrebt wird, macht dieses Streben noch nicht zu einer Angelegenheit der privaten Lebensführung. Das gilt jedenfalls, worauf die Vorlagefragen beschränkt sind, für jede Art von Fahrlässigkeit oder Leichtfertigkeit.“334

Probleme, die in diesem Zusammenhang auftreten, ergeben sich nicht aus dem Maß der Pflichtwidrigkeit, sondern aus der kategorischen Überschneidung von Pflichtenkreisen: So obliegt beispielsweise die Pflicht, andere Personen nicht fahrlässig an Leib oder Leben zu verletzen, jedermann, und zwar inner- und außerhalb des Berufs- bzw. Betriebslebens.335 Ob die Ausübung eines bestimmten 332  BGH v. 19. 3. 2009 – 4 StR 53/09, NStZ 2009, 564, juris Rn. 2 f.; v. 14. 8. 2008 – 4 StR 223/08, NStZ 2008, 624, juris Rn. 9; v. 25. 3. 2003 – 1 StR 483/02, NJW 2003, 2464, juris Rn. 38 m. w. N. 333  BFH v. 28. 11. 1977 – GrS 2, 3/77, BStBl. II 1978, 105, juris Rn. 30 f. 334 Ebd., juris Rn. 31. 335  Mit einem Ansatz zur Überprüfung des Veranlassungszusammenhangs anhand der Natur des verletzten Pflichtenkreises hat sich schon der RFH im Urteil v. 31. 10. 1928 – VI A 1147/28, StW 1929, Sp. 279 (283 f.) auseinandergesetzt und jenen desto eher bejaht, je näher der spezifische Bezug des Pflichtenkreises der betrieblichen oder beruflichen Tätig-

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§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

Gewerbes oder Berufs typischerweise mit dem erhöhten Risiko einhergeht, einen solchen Pflichtenkreis zu verletzen oder nur eine weitere Gelegenheit darstellt, einen „allgemeinen“ Pflichtenkreis zu verletzen, bedarf dann aber gerade vor dem Hintergrund des Veranlassungszusammenhangs einer individuellen, aber grundsätzlich ergebnisoffenen Einzelfallbetrachtung. (4) Tatausführung und Tatauswirkungen Zur Tatausführung gehören sämtliche Tatmodalitäten, die nicht schon Gegenstand des gesetzlichen Tatbestands oder einer Strafzumessungsregel (z. B. besonders schwere Fälle) gewesen sind. So kann ein Betrug beispielsweise mit erheblichem Aufwand betrieben worden sein, um einen Irrtum beim Opfer erregen zu können, oder nur deshalb geglückt sein, weil das Opfer (auch ohne Wissen des Täters) besonders leichtgläubig gewesen oder in einem besonders unaufmerksamen Moment angetroffen worden ist. Mit den Tatauswirkungen werden Umstände in die Strafzumessung miteinbezogen, die über die tatbestandsmäßigen Tatfolgen qualitativ oder quantitativ hinausgehen, aber dennoch in einem Zusammenhang mit dem Schutzbereich der verletzten Norm stehen.336 Darüber, wie eng dieser Zusammenhang sein muss, besteht Streit.337 Ein einsichtiges Beispiel für eine quantitativ kaum berücksichtigte Tatauswirkung ist bei einem Betrug zum Beispiel die Höhe des verursachten Vermögensschadens (beachte jedoch § 263 Abs. 3 S. 2 Nr. 2 Alt. 1 StGB). Durch die Integration von Modalitäten und Auswirkungen der Tat in die Strafzumessung erfolgt im Ergebnis jedoch, unter Berücksichtigung der Maßstäbe des Veranlassungsprinzips, keine Modifikation der zugrundeliegenden Tat im Hinblick auf ihre Einordnung in die Privat- oder Betriebssphäre des Täters. (5) Vorleben und persönliche Verhältnisse Von sämtlichen benannten Strafzumessungsumständen erscheinen das Vorleben des Täters und seine persönlichen Verhältnisse als die von der eigentlich zu beurteilenden Tat am weitesten entfernten Umstände. Im Hinblick auf die hiesige Untersuchung muss ihnen deshalb besondere Aufmerksamkeit gewidmet werden.

keit steht; s. dazu § 3 B. I. 1. a) ee). Den Zusammenhang zwischen dem Pflichtenkreis der verletzten Norm und der betrieblichen Veranlassung betonen auch Göggerle, BB 1981, 969 (970); Lang, StuW 1985, 10 (19). Pflaum betont hingegen den Zusammenhang zwischen dem durch den Täter konkretisierten Pflichtenkreis und der betrieblichen Veranlassung, Pflaum, StBP 2015, 6 (10). 336  Miebach/Maier, MüKo/StGB, § 46 Rn. 214; Streng, NK-StGB, § 46 Rn. 58. 337  Schäfer/Sander/van Gemmeren, Strafzumessung, Rn. 594 ff.; Streng, NK/StGB, § 46 Rn. 58 ff. m. w. N.

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(a) Vorleben, insbesondere Vorstrafen Wenn es in der justiziellen Praxis gilt, das „Vorleben“ des Täters zu berücksichtigen, bedeutet dies regelmäßig die Würdigung seiner Vorstrafen. Der „Werdegang des Täters“ spielt an dieser Stelle hingegen kaum eine Rolle.338 Die Einbeziehung der Vorstrafen ist dabei für verschiedene Strafzwecke von Bedeutung. Da präventive Aspekte – nach der theoretischen Anlage der Strafzumessung – innerhalb des Schuldrahmens verwirklicht werden, ist vor allem von Interesse, wie sich die Berücksichtigung von Vorstrafen im Hinblick auf die Retribution auswirkt.339 Der schulderhöhende Bezug zur abzuurteilenden Tat wird darin erblickt, dass von einem Täter, der schon einmal einer Strafverfolgung zugeführt worden ist, eine bessere Einsicht und soziale Handlungskompetenz erwartet werden kann als von einem Ersttäter (sog. „Warnungsmodell“).340 Diese Erwartung – das belegt die Aufhebung des sog. „Rückfalls“ (§ 48 StGB a. F.)341 – kann jedoch nicht pauschal bestehen. Eine deliktspezifische, gesetzliche Rückfallschärfung findet sich lediglich mit § 176a Abs. 1 StGB im Sexualstrafrecht.342 Mit der Berücksichtigung des Vorlebens liegt also tatsächlich ein enger Bezug zu der persönlichen Einstellung des Täters vor,343 nur entspricht auch dieser Faktor keinem direkten kategorischen Bezug im Sinne des Veranlassungsprinzips. So beruht der berufliche Erfolg von Berufsträgern unterschiedlichster Disziplinen vielfach auch auf ihrer sozialen Kompetenz. Trotzdem würde niemand in Frage stellen, dass zum Beispiel die Einnahmen eines Psychologen betrieblich veranlasst sind und zu Einkommen führen, weil seine Klienten mit erhöhten Honoraren gerade auch diese soziale Kompetenz entgelten. Die eigentlich interessierende Frage besteht für das Steuerrecht darin, in welchem Zusammenhang der Steuerpflichtige seine Fähigkeiten entfaltet: Ist ein Händler zum ersten Mal bestraft worden, weil er – bei betrieblicher Veranlassung – Diebesgut gehehlt oder seine Kunden durch Vortäuschung falscher Tatsachen zum Kauf verleitet hat und wird er nach einer Weile, nachdem er wiederum das Ziel verfolgt hat, seine Gewinne zu vergrößern, wegen gleichartiger Taten wieder einer Strafe zugeführt, so belegt dies doch letztlich, dass er sich erneut mit einer betrieblichen Zielsetzung über den Normappell des Strafgesetzes hinweggesetzt hat. Zugespitzt formuliert, belegt er hierdurch aus steuerrechtlicher Sicht lediglich, dass die „Nachhaltigkeit“ seines 338 

Fischer, StGB, § 46 Rn. 37. Vgl. OLG Karlsruhe v. 23. 2. 1996 – 1 Ss 243/95, NStZ-RR 1997, 248, juris Rn. 8. 340  BGH v. 4. 8. 1971 – 2 StR 13/71, BGHSt 24, 198, juris Rn. 5. So auch OLG Karlsruhe v. 14. 4. 2003 – 3 Ss 54/03, NJW 2003, 1825, juris Rn. 13; v. 23. 2. 1996 – 1 Ss 243/95, NStZRR 1997, 248, juris Rn. 8. Meier, Sanktionen, S. 204 f.; Streng, NK/StGB, § 46 Rn. 66 f. 341  Bis zum 23. StrÄndG v. 13. 4. 1986, BGBl. I 1986, 393 (393). 342  Seit der Gesetzesänderung v. 27. 12. 2003, BGBl. I 2003, 3007 (3008). 343  Vgl. BGH v. 3. 4. 1970 – 2 StR 47/70, BGHSt 23, 237, juris Rn. 5. 339 

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§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

Tuns (§ 15 Abs. 2 S. 1 EStG) es gebietet, sein Verhalten als Betrieb eines Gewerbes zu verstehen und entsprechenden Abgabenpflichten zu unterwerfen. An der betrieblichen Veranlassung der Strafe entsteht durch die Berücksichtigung der Vortaten dann kein Zweifel. In dieser Hinsicht gilt es auch zu berücksichtigen, dass bei Strafzumessungsvorgängen, innerhalb derer umfangreiche Vorstrafenregister zu würdigen sind, im Ergebnis vielfach nicht mehr auf eine Geldstrafe erkannt wird, wenn sich eine solche zuvor als zur Prävention untauglich erwiesen hat.344 Eine Auseinandersetzung mit der steuerrechtlichen Einordnung von Freiheitsstrafen soll an dieser Stelle allerdings nicht stattfinden.345 (b) Persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse Persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse des Täters werden in die Bestimmung des Schuldrahmens einbezogen, wenn die Lebensumstände des Täters so eng mit der Tat zusammenhängen, dass hieraus auch Rückschlüsse auf das verschuldete Unrecht gezogen werden können.346 Innerhalb des gefundenen Schuld­ rahmens wirken sie sich regelmäßig insofern aus, als sie maßgeblichen Einfluss auf die individuelle Einschätzung der Wirkungen der Strafe haben können (Straf­ empfindlichkeit und -empfänglichkeit).347 Als persönliche Verhältnisse können zum Beispiel Sozialisationsbedingungen, Bildung, Beruf, soziale Stellung, Intelligenz und Gesundheitszustand des Täters von Interesse sein.348 Im Hinblick auf ihre Bedeutung bei der Findung des Schuldrahmens überschneiden sich die hier besprochenen Themen mit jenen, die auch im Zusammenhang mit der Pflichtwidrigkeit und dem Vorleben des Täters diskutiert werden:349 Aus ausbildungsbedingten Vorkenntnissen können sich zum Beispiel besondere Pflichtenmaßstäbe ergeben oder aus familiären Verhältnissen kann auf ein bestimmtes Tatmotiv zurückgeschlossen werden. Auch den wirtschaftlichen Verhältnissen, in denen der Täter lebt, kommt ggf. Relevanz sowohl bei der Ermittlung des Maßes verwirklichter Schuld als auch bei der Einordnung des Strafmaßes innerhalb des Schuldrahmens zu, das gilt insbesondere bei der Beurteilung von Geldstrafen: dort können sie sich einerseits auf die Ermittlung des Schuldrahmens auswirken, weiterhin sind die wirtschaftlichen 344 Vgl. Theune, LK-StGB, § 46 Rn. 19 zu Kritierien, die die Verhängung einer kurzen Freiheitsstrafe im Einzelfall unerlässlich erscheinen lassen können. 345  Dazu der Exkurs unter § 3 D. III. 346  Vgl. BGH v. 19. 7. 2000 – 2 StR 96/00, NStZ 2001, 87, juris Rn. 14; v. 29. 4. 1987 – 2 StR 500/86, NJW 1987, 2685, juris Rn. 29 ff. zur Berücksichtigung des Berufs in Anbetracht seines Zusammenhangs mit der Tat. Vgl. ferner Streng, NK/StGB, § 46 Rn. 72. 347  BGH v. 29. 11. 2011 – 3 StR 378/11, NStZ-RR 2012, 124, juris Rn. 4 ff.; Fischer, StGB, § 46 Rn. 42. 348 Vgl. Fischer, StGB, § 46 Rn. 42 ff.; Stree/Kinzig, S/S-StGB, § 46 Rn. 34 ff. 349  Theune, LK-StGB, § 46 Rn. 183.

C.  Geldstrafen und Veranlassung

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Verhältnisse von erheblicher Relevanz für die Einschätzung der Strafempfindlichkeit des Täters und zuletzt wirken sie sich definitiv auf die Feststellung der Höhe der individuellen Tagessätze aus.350 Für die Findung des Schuldrahmens sind die wirtschaftlichen Verhältnisse gerade bei Vermögensdelikten von Interesse.351 Im Einzelfall kann die Tatbegehung hier nachvollziehbarer wirken, wenn ihr eine wirtschaftliche Notlage voransteht oder umso weniger verständlich wirken, wenn der Täter in Verhältnissen lebt, zu denen der finanzielle „Erfolg“ der Tat erkennbar nicht signifikant beitragen kann.352 Derlei Umstände können andererseits auch das Motiv des Täters betreffen und in diesem Rahmen zu berücksichtigen sein.353 Insgesamt liegt der Schwerpunkt der Bedeutung von wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen eher bei der Strafmaßfindung innerhalb eines gedanklich festgelegten Schuldrahmens und nicht bei der Findung des Schuldrahmens an sich. Will man sie in diesem Sinne einordnen, gehen persönliche und wirtschaftliche Verhältnisse meist schon in der Berücksichtigung von Tatmotiv oder Pflichtwidrigkeit auf. Insofern treten aber gerade keine zwingenden Friktionen mit der Zuordnung einer zugemessenen Strafe zur steuerlichen Betriebssphäre auf (s. o.). (6) Nachtatverhalten Bezüglich der in § 46 Abs. 2 S. 2 StGB benannten Strafzumessungstatsachen bleibt zuletzt noch das Nachtatverhalten des Täters zu erörtern. In diesem Sinne kommt logisch die Berücksichtigung sämtlicher Verhaltensweisen zwischen der Vollendung der Tat und dem Ende der Hauptverhandlung in Betracht. Dabei ist – ähnlich wie bei der Berücksichtigung des Vorlebens des Täters – ein besonders vorsichtiges Vorgehen gerechtfertigt, da schon der Begriff des Verhaltens „nach“ der Tat den (zeitlichen) Zusammenhang mit derselben löst.354 Wie bei den anderen Strafzumessungstatsachen kann auch das Nachtatverhalten nur zur Bewertung der Schuld herangezogen werden, wenn es Rückschlüsse auf die innere Einstellung des Täters zur Tat oder auf deren Unrechtsgehalt zulässt.355 Dementsprechend kommt es nicht in erster Linie auf das Verhalten an sich an, sondern darauf, dass es zum Beispiel als Beleg für eine Distanzierung vom begangenen Unrecht oder für mangelnde Einsicht desselben angesehen werden kann.356 350 

s. u. § 3 C. I. 2. c). Meier, Sanktionen, S. 212. 352  BGH v. 10. 4. 1987 – GSSt 1/86, BGHSt 24, 345, juris Rn. 23. 353  Miebach/Maier, MüKo/StGB, § 46 Rn. 245. 354 Ebd., Rn. 246. 355 BGH v. 27. 11. 1987 – 3 StR 519/87, StV 1988, 340, juris Rn. 4; v. 24. 7. 1985 – 3 StR 127/85, NStZ 1985, 545, juris Rn. 6. Fischer, StGB § 46 Rn. 46. 356 M. w. N. zu denkbaren Bedeutungsgehalten des Indizes, Streng, NK/StGB, § 46 Rn. 75. 351 

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§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

Insbesondere im Hinblick auf strafschärfende Aspekte dürfen dabei nur solche Verhaltensweisen in die Strafzumessung eingestellt werden, die dem Täter auch tatsächlich vorgeworfen werden können.357 Hinzu kommt, dass der Einbeziehung zahlreicher – meist im Sinne einer Selbstbegünstigung motivierter – Verhaltensweisen strafrechtliche bzw. strafprozessuale Überlegungen entgegenstehen: So dürfen zum Beispiel typischerweise in Verbindung mit ähnlichen Taten zu erwartende Formen der Spurenbeseitigung,358 die Ausschöpfung des zulässigen Instrumentariums an Verteidigungshandlungen oder die Unterlassung von Verhaltensweisen, die seine Verteidigung beeinträchtigen könnten,359 im Grundsatz nicht strafschärfend berücksichtigt werden. Hinsichtlich der Bedeutung des Nachtatverhaltens greifen im Wesentlichen die gleichen Überlegungen wie bezüglich der Berücksichtigung des Vorlebens des Täters. Ein der Höhe nach zum Teil auf die Berücksichtigung eines bestimmten Nachtatverhaltens gestütztes Schuldurteil steht der Herstellung eines betrieblichen Zusammenhangs im Steuerrecht nicht per se entgegen: Wer zum Beispiel – ohne eine eigene Bereicherung anzustreben – zunächst innerhalb des Unternehmens eine „schwarze Kasse“ anlegt,360 aus der er nachfolgend Schmiergelder oder „Schwarzlöhne“ bezahlt, mag strafbar handeln und einmal geschaffenes Unrecht weiter vertiefen,361 zugleich kann dies aus steuerrechtlicher Sicht jedoch in einem rein betrieblichen Zusammenhang erfolgen. Auch hier handelt es sich also um eine Anknüpfung an ein für die Außenwelt prinzipiell erkennbares Verhalten. Ein solches kann aber auch stets in betrieblichem Zusammenhang stehen. Die prinzipielle Möglichkeit zur Berücksichtigung von Nachtatverhalten ist deshalb nicht geeignet, eine generelle Unterbrechung der betrieblichen Veranlassung zu bewirken. 357 

Miebach/Maier, MüKo/StGB, § 46 Rn. 246. Rspr., BGH v. 27. 1. 2011 – 2 StR 493/10, NStZ 2011, 512, juris Rn. 17; v. 10. 2. 1994 – 1 StR 850/93, StV 1995, 131, juris Rn. 4 f. m. w. N. Ausnahmen können angenommen werden, wenn durch das Verhalten neues Unrecht bewirkt wird oder es ein „ungünstiges Licht“ auf den Täter wirft. 359  Vgl. BGH v. 29. 1. 2014 – 1 StR 589/13, NStZ 2014, 396, juris Rn. 5; v. 15. 5. 2012 – 3 StR 121/12, wistra 2012, 304, juris Rn. 5 f.; v. 6. 7. 2010 – 3 StR 219/10, NStZ 2010, 692, juris Rn. 5; v. 9. 12. 1982 – 4 StR 662/82, NStZ 1983, 118, juris Rn. 1. Zweifelnd, „ob es überhaupt möglich ist, aus dem Verhalten des Angeklagten im Verfahren für ihn nachteilige sichere Schlüsse auf seine Einstellung zur Tat ziehen zu können“, BGH v. 5. 4. 2001 – 4 StR 106/01, NStZ-RR 2001, 296, juris Rn. 5 m. w. N. 360  Im Fall „Siemens“ hat der BGH mit Urteil vom 29. 8. 2008 – 2 StR 587/07, NStZ 2009, 95 entschieden, dass die Anlage einer solchen verdeckten Kasse zu einer Strafbarkeit gem. § 266 StGB führt. 361  Dazu, unter welchen Umständen entsprechende weitere Taten nach der Rspr. des BGH in die Bewertung des Nachtatverhaltens einfließen können, vgl. Miebach/Maier, MüKo/StGB, § 46 Rn. 249 m. w. N. Krit. Streng, NK/StGB, § 46 Rn. 76. 358 St.

C.  Geldstrafen und Veranlassung

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Berücksichtigt man die zweite Ebene, nämlich die durch das objektive Verhalten indizierte Einstellung des Täters zur Tat bzw. zum Unrecht derselben, ist wiederum festzustellen, dass sich jenes nicht ohne Transferleistung in die Prüfung des Veranlassungszusammenhangs einstellen lässt: So kennt das Steuergesetz eine „Gutheißung der Tat“ oder Ähnliches schlichtweg nicht. Denkbar erscheint lediglich eine Heranziehung der aufgedeckten subjektiven Einstellung zur Tat, um Indizien dafür zu finden, ob sie – steuerrechtlich gedacht – eher einer beruflichen oder privaten Motivation entspricht. Die hier anzustellenden Überlegungen entsprechen dann ggf. jenen zu den Beweggründen und Zielen des Täters sowie zu Täterwillen und zur Tätergesinnung. c)  Berücksichtigung des Tagessatzsystems im Hinblick auf die Tagessatzhöhe Bei der Überprüfung der Frage, ob eine Geldstrafe aufgrund der Modalitäten ihrer Festsetzung per se privat veranlasst ist, muss das „Tagessatzsystem“ auch im Hinblick auf den Einfluss der Tagessatzhöhe beachtet werden. Jenes gibt speziell für die Ermittlung und Darstellung der Geldstrafe eine bestimmte Verfahrensweise vor: Der strafrechtliche Urteilstenor ordnet nicht die Zahlung einer Geldstrafe in einer bestimmten Höhe an,362 sondern besteht in der Wiedergabe ihrer Faktoren, also der Höhe eines Tagessatzes und der Anzahl zu zahlender Tagessätze (§ 40 Abs. 4 StGB). Die Festlegung der Anzahl von Tagessätzen entspricht der Wiedergabe des eigentlichen Strafmaßes und birgt somit auch die Verwirklichung der Strafzwecke in sich.363 Ein Tagessatz entspricht dabei einem Tag (Ersatz-)Freiheitsstrafe, § 43 S. 2 StGB, weshalb die Zahl der Tagessätze auch nicht das Maß einer als schuldangemessen zu verhängenden Zahl an Tagen der Freiheitsstrafe überschreiten darf. Die Festlegung der Tagessatzhöhe soll hingegen der Verwirklichung von „Opfergleichheit“ unter den zu Geldstrafen verurteilten Tätern dienen.364 Nachdem die Zusammenhänge zwischen der Entwicklung des Individualstrafmaßes und der einkommensteuerlichen Sphärenabschichtung bereits skizziert worden sind, muss nun das Verhältnis zur Tagessatzhöhe untersucht werden. Hierbei 362  Ein solches Vorgehen würde den Sinn und die Funktion des gesamten Tagessatzsystems vereiteln, Häger, LK-StGB, Vor §§ 40 bis 43 Rn. 52; Kühl, Lackner/Kühl, StGB, § 40 Rn. 3. 363 BGH v. 8. 9. 1992 – 1 StR 118/92, NStZ 1993, 34, juris Rn. 24; v. 10. 1. 1989 – 1 StR 682/88, NStZ 1989, 178, juris Rn. 2; v. 30. 11. 1976 – 1 StR 319/76, BGHSt 27, 70, juris Rn. 8 ff.; Meier, Sanktionen, S. 68; Fischer, StGB, § 40 Rn. 2 ff.; Häger, LK-StGB, Vor §§ 40 bis 43 Rn. 50 f. 364 Vgl. BGH v. 30. 11. 1976 – 1 StR 319/76, BGHSt 27, 70, juris Rn. 10 m. w. N.; OLG Celle v. 30. 7. 1975 – 3 Ss 183/75, NJW 1976, 121 (122); Meier, Sanktionen, S. 68; Albrecht, NK/StGB, § 40 Rn. 18; Häger, LK-StGB, Vor §§ 40 bis 43 Rn. 52.

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§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

sind zwei Themen auseinanderzuhalten: die Frage, ob die zur Bestimmung der Tagessatzhöhe prägenden Faktoren als Veranlassungsfaktoren aus der Privatsphäre angesehen werden können, und die Frage, ob diesen Faktoren zwingend der Befehl innewohnt, dass mit dem Ausspruch der (Geld-)Strafe die steuerrechtliche Privatsphäre getroffen wird. Voranzustellen ist diesen Auseinandersetzungen eine kurze Einführung in die prägenden Elemente der Bestimmung von Tagessatzhöhen. aa)  Bestimmung der Tagessatzhöhe § 40 Abs. 2 S. 3 StGB gibt eine Festsetzung der Tagessatzhöhen von 1 € bis maximal 30.000 € vor. Innerhalb dieser Spannbreite soll das Gericht bei der Bestimmung regelmäßig von dem „Nettoeinkommen“ ausgehen, „das der Täter durchschnittlich an einem Tag hat oder haben könnte“, § 40 Abs. 2 S. 2 StGB. Bezug genommen wird damit auf die Ermittlung des tagesdurchschnittlichen Einkommens innerhalb eines für die wirtschaftlichen Verhältnisse des Täters repräsentativen Zeitraumes.365 Jener wird zurückgerechnet vom Zeitpunkt der Entscheidung (d. h. er geht nicht vom Zeitpunkt der Tat bzw. Zeitraum seit der Tat aus).366 Nach § 40 Abs. 1 S. 2 StGB sind mindestens 5 und – wenn gesetzlich nichts anderes bestimmt ist – maximal 360 volle Tagessätze zu verhängen. Im Falle einer Gesamtgeldstrafe erhöht sich die Anzahl auf maximal 720 Tagessätze, § 54 Abs. 2 S. 2 StGB. Ein erhöhtes Mindestmaß ist unter den Bedingungen des § 47 Abs. 2 S. 2 StGB möglich. Eine Einschränkung hinsichtlich des Höchstmaßes der Geldstrafe gegenüber der allgemeinen Anordnung in § 40 StGB ergibt sich aus den Rechtsfolgenanordnungen einiger weniger Delikte in Korrespondenz zu deren eingeschränkten Höchstmaß der Freiheitsstrafe (z. B. §§ 107b Abs. 1, 160 Abs. 1 Hs. 2, 285 StGB) und zudem aus der Anwendung der gesetzlichen Milderung nach § 49 StGB.367 Unter Einbeziehung der Gesamtgeldstrafen (§ 54 Abs. 2 S. 2 StGB) ergibt das mathematische Produkt von Tagessatzanzahl und Tagessatzhöhe im Hinblick auf in der Bundesrepublik verhängte Geldstrafen einen maximalen Strafrahmen von 5 € bis 21.600.000 €. Zwar ist mit dem „Nettoeinkommen“ als Regelmaßstab der Berechnung von Tagessatzhöhen ein Begriff verwendet worden, der im einkommensteuerrecht365 OLG Düsseldorf v. 29. 4. 1998 – 2 Ss 109/98 - 51/98 II, NStZ 1998, 464, juris Rn. 5 f.; Fischer, StGB, § 40 Rn. 6a; Kühl, Lackner/Kühl, StGB, § 40 Rn. 8; Stree/Kinzig, S/S-StGB, § 40 Rn. 10. 366  BGH v. 27. 3. 1979 – 1 StR 503/78, BGHSt 28, 360, juris Rn. 5; v. 28. 4. 1976 – 3 StR 8/76, BGHSt 26, 325, juris Rn. 8; Fischer, StGB, § 40 Rn. 6a; Radtke, MüKo/StGB, § 40 Rn. 71 m. w. N. 367  Radtke, MüKo/StGB, § 40 Rn. 29.

C.  Geldstrafen und Veranlassung

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lichen Diskurs gelegentlich vorkommt,368 im EStG selbst jedoch nicht verwendet wird. Diese Tatsache trägt auch zu der Klarstellung bei, dass keine sachliche Identität mit dem Begriff des „zu versteuernden Einkommens“ (§ 2 Abs. 5 S. 1 Hs. 1 EStG) oder anderer Einkommensbegriffe des EStG besteht.369 Da es aber in beiden Sachzusammenhängen um die Ermittlung von mit (Zwangs-) Abgaben belastbarer Leistungsfähigkeit geht, ergibt sich insoweit auch ein Bereich inhaltlicher Kongruenz. Für die Ermittlung des Nettoeinkommens nach § 40 Abs. 2 StGB werden zum Beispiel auch terminologische und sachliche Anleihen bei der steuerrechtlichen Einkünfteermittlung gemacht.370 Durch die unterschiedlichen Zielsetzungen, die mit der Belastung und dem ggf. ermittelten Indikator der Leistungsfähigkeit verbunden sind, handelt es sich im Übrigen aber um inhaltlich verschiedene Begriffe.371 Im Einzelnen bedeutet das vor allem, dass einerseits zahlreiche Mittelzuwächse und -abgänge gänzlich anders beurteilt werden als im Einkommensteuerrecht und andererseits auch die Auswahl der einzubeziehenden Umstände sowie ggf. die Korrektur des Gesamtergebnisses innerhalb eines gewissen – revisionsrechtlich nicht überprüfbaren –372 Spielraumes im Ermessen des Tatrichters stehen. Die Unterschiede bei der grundsätzlichen Auswahl der einzubeziehenden Einnahmen und Ausgaben lassen sich mit einigen Beispielen illustrieren: So werden auf der Einnahmenseite des (strafrechtlichen) Nettoeinkommens beispielsweise auch Lohnersatzleistungen373, Leistungen nach dem BAföG374 oder ersparte, aber grundsätzlich „kapitalisierungsfähige“ Aufwendungen, wie zum Beispiel der 368  Z. B. BVerfG v. 9. 12. 2008 – 2 BvL 1, 2/07, 1, 2/08, BVerfGE 122, 210, juris Rn. 62 = BGBl. I 2008, 2888. 369  OLG Dresden v. 3. 7. 2009 – 2 Ss 163/09, NJW 2009, 2966, juris Rn. 9; OLG Düsseldorf v. 29. 4. 1998 – 2 Ss 109/98 - 51/98 II, NStZ 1998, 464, juris Rn. 5. Fischer, StGB, § 40 Rn. 7; Kühl, Lackner/Kühl, StGB, § 40 Rn. 7; Radtke, MüKo/StGB, § 40 Rn. 57 m. w. N. 370  OLG Dresden v. 3. 7. 2009 – 2 Ss 163/09, NJW 2009, 2966, juris Rn. 9 formuliert z. B., dass „grundsätzlich alle Einkünfte aus selbständiger und nichtselbständiger Arbeit sowie aus sonstigen Einkunftsarten“ vom Nettoeinkommensprinzip des § 40 Abs. 2 S. 2 StGB erfasst werden. 371  Kritisch und den Vorschlag andeutend, den strafrechtlichen Einkommensbegriff unter Verwendung steuerrechtlichen Systemdenkens zu entwickeln Tipke, Jus 1985, 345 (351). 372  Das Revisionsgericht muss „die Wertung des Tatrichters bis zur Grenze des Vertretbaren hinnehmen“, BGH v. 19. 7. 1977 – 1 StR 29/77, NJW 1978, 228, juris Rn. 6 m. w. N.; v. 28. 6. 1977 – 5 StR 30/77, NJW 1977, 1459 (1460). Außerdem BGH v. 8. 9. 1992 – 1 StR 118/92, NStZ 1993, 34, juris Rn. 30. Vgl. auch OLG Frankfurt a.M. v. 21. 3. 2006 – 2 Ss 30/06, NStZ-RR 2007, 167, juris Rn. 8. 373 Vgl. OLG Frankfurt a.M. v. 21. 3. 2006 – 2 Ss 30/06, NStZ-RR 2007, 167, juris Rn. 11. 374  OLG Köln v. 28. 10. 1975 – Ss 214/75, MDR 1976, 636 (636).

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§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

(fiktive) Mietwert der eigengenutzten Wohnung375, berücksichtigt. Bei Anwendung des Einkommensteuerrechts wären diese Posten als nicht steuerbar oder steuerfrei gemäß § 3 EStG zu beurteilen. Auch Ausgaben können einer vom EStG erheblich abweichenden Beurteilung unterliegen: Insbesondere Einkommensteuern, die auf das (strafrechtlich) berücksichtigte Einkommen zu zahlen sind, werden als Ausgaben berücksichtigt.376 Einkommensteuerrechtlich stünde hier das Abzugsverbot aus § 12 Nr. 3 EStG entgegen. Andererseits gehen aber beispielsweise solche Positionen, die aus strafrechtlicher Sicht das reale, laufende Einkommen nicht mindern, auch nicht in das Nettoeinkommen ein; hierunter sollen zum Beispiel bestimmte steuerrechtlich relevante Abschreibungen fallen.377 Erlauben die Aussagen des Täters keine oder keine glaubhafte Bemessung der Tagessatzhöhe, können die Gerichte zur Schätzung seines Einkommens übergehen (§ 40 Abs. 3 StGB).378 Allerdings müssen sie dann zugleich die Tatsachen angeben, an die die Schätzung angeknüpft wird, um ggf. eine Nachprüfung durch das Revisionsgericht zu ermöglichen.379 Das potenzielle Einkommen des Täters („haben könnte“) wird vor allem dann berücksichtigt, wenn Tätern begegnet werden soll, die ihr Einkommen in Erwartung einer drohenden Strafe negativ beeinflussen.380 Dies darf allerdings nicht so weit gehen, dass die Geldstrafe sich für den Täter im Grunde wie eine „Arbeitsstrafe“ auswirkt, ihn also zwingt, durch Mehrarbeit sein Einkommen auf ein Maß zu erhöhen, das ihm ermöglicht die Zahlung der Sanktion wirtschaftlich zu bewältigen.381 Das Vermögen des Täters darf für die Bestimmung der Tagessatzhöhen eine Rolle spielen, soll aber nur restriktiv berücksichtigt werden, da die Geldstrafe grundsätzlich keinen konfiskatorischen Charakter hat und haben soll.382 Obwohl durch § 40 StGB einige Leitlinien für die Bestimmung der Tagessatzhöhe festgelegt sind, bleibt dem Tatrichter immer noch ein Ermessensspielraum, 375 

BGH v. 26. 9. 2007 – 2 StR 290/07, wistra 2008, 19, juris Rn. 3. Meier, Sanktionen, S. 71; Streng, Sanktionen, Rn. 131 m. w. N.; Albrecht, NK/StGB, § 40 Rn. 25; Stree/Kinzig, S/S-StGB, § 40 Rn. 9. 377 OLG Zweibrücken v. 5. 2. 1993 – 1 Ss 148/92, MDR 1993, 887; OLG Hamm v. 6. 5. 1983 – 1 Ss 1189/82, MDR 1983, 1043. 378  BayObLG v. 2. 2. 1998 – 1St RR 1/98 – BayObLGSt 1998, 6, juris Rn. 12; Fischer, StGB § 40 Rn. 19. Zur geringen praktischen Bedeutung der Schätzungsbefugnis Radtke, MüKo/StGB, § 40 Rn. 119 m. w. N. 379  OLG Jena v. 12. 2. 2009 – 1 Ss 160/08, OLGSt StGB § 40 Nr. 14, juris Rn. 12; Fischer, StGB, § 40 Rn. 20 m. w. N. 380  Meier, Sanktionen, S. 72. 381 Ebd. 382 OLG Hamm v. 6. 5. 1983 – 1 Ss 1189/82, MDR 1983, 1043; OLG München v. 23. 3. 1987 – RReg 5 St 27/87, NJW 1987, 2029. 376 

C.  Geldstrafen und Veranlassung

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um von diesen Vorgaben abzuweichen, wenn dies durch die wirtschaftlichen und/ oder persönlichen Verhältnisse des zu Verurteilenden geboten erscheint.383 Nach der Rechtsprechung der Strafgerichte bezweckt § 40 Abs. 2 StGB „keine starre Bindung des Tatrichters“.384 Der Tatrichter kann deshalb auch innerhalb eines gewissen Rahmens von der „rein rechnerisch“ ermittelten Höhe der Tagessätze nach unten oder oben abweichen:385 Abweichungen nach „oben“ können durch die Berücksichtigung des Vermögens des Täters ausgelöst werden.386 Nach „unten“ wird dies regelmäßig geschehen, wenn sich die finanziellen Verhältnisse, in denen der Täter lebt, als nicht sehr belastbar zeigen oder er mit einer sehr hohen Zahl an Tagessätzen konfrontiert wird.387 Durch diese Vorgehensweise können Ergebnisse vermieden werden, die sich andernfalls als nicht mehr verhältnismäßig bezeichnen ließen, zum Beispiel wenn die Strafe gegen Personen verhängt werden sollen, deren Nettoeinkommen ohnehin kaum das Existenzminimum übersteigt.388 bb)  Opfergleichheit Wenn man die Vorgaben des § 40 StGB in den Blick nimmt, wird offensichtlich, dass mit dem Tagessatzsystem grundsätzlich die Idee verfolgt wird, dem Täter über einen bestimmten Zeitraum (Anzahl der Tagessätze) seinen Hinzuerwerb zu nehmen, um ihn zu einer zeitweisen Einschränkung seiner Bedürfnisbefriedigung zu zwingen.389 Durch die individuelle Bestimmung der Tagessatzhöhe soll dem Gedanken nach eine gleiche Wirkung der Geldstrafe bei Tätern erreicht werden, die in unterschiedlichen persönlichen und vor allem wirtschaftlichen Verhältnissen leben. Dieses Ziel wird unter dem Begriff der „Opfergleichheit“ zusammengefasst.390 383 

BGH v. 28. 6. 1977 – 5 StR 30/77, NJW 1977, 1459 (1460). v. 19. 7. 1977 – 1 StR 29/77, BGHSt 27, 228, juris Rn. 6 f.; v. 28. 6. 1977 – 5 StR 30/77, BGHSt 27, 212 (215); OLG Frankfurt a.M. v. 21. 3. 2006 – 2 Ss 30/06, NStZRR 2007, 167, juris Rn. 9; Fischer, StGB, § 40 Rn. 21 ff., insb. 22. 385  BGH v. 10. 1. 1989 – 1 StR 682/88, NStZ 1989, 178, juris Rn. 4. Krit. hinsichtlich einer Überprüfung des Produkts von Zahl und Höhe der Tagessätze Albrecht, NK/StGB, § 40 Rn. 18. 386  Häger, LK-StGB, § 40 Rn. 53. 387  Vgl. zur Bestrafung von Sozialhilfeempfängern, deren geringfügige Belastbarkeit auch nicht durch Zahlungserleichterungen aufgefangen werden kann, OLG Braunschweig v. 19. 5. 2014 – 1 Ss 18/24, NdsRpfl 2014, 258, juris Rn. 9 m. w. N. 388  Vgl. OLG Stuttgart v. 21. 7. 2008 – 2 Ss 346/08, StV 2009, 131, juris Rn. 15; OLG Oldenburg v. 30. 7. 2007 – Ss 205/07 (I 61), NStZ-RR 2008, 6, juris Rn. 8; OLG Celle v. 7. 4. 1998 – 23 Ss 56/98, NStZ-RR 1998, 272, juris Rn. 4 ff.; Albrecht, NK/StGB, § 40 Rn. 21; Fischer, StGB, § 40 Rn. 24 m. w. N. 389  v. Selle, Gerechte Geldstrafe, S. 74 ff. m. w. N. 390  Meier, Sanktionen, S. 68; Albrecht, NK/StGB, § 40 Rn. 19; Stree/Kinzig, S/S-StGB, § 40 Rn. 1. 384  BGH

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§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

Die Konzeption des Tagessatzsystems setzt dieses Ziel schon auf den ersten Blick nicht gänzlich um.391 Es wird schließlich nach dem Nettoeinkommen gefragt und nicht danach, wie hoch das tägliche Existenzminimum des Täters ist bzw. was er darüber hinaus entbehren kann.392 Dadurch werden im Ergebnis geringere Abzüge für den zur Befriedigung seiner Grundbedürfnisse notwendigen „Selbstbehalt“ des Täters zugelassen.393 Zudem kann Opfergleichheit im Sinne der gesetzlichen Konzeption in Fällen, in denen Täter, die über ein Jahresnettoeinkommen jenseits von 10,8 Mio. € verfügen, mit einer Geldstrafe belegt werden, Opfergleichheit i. S. d. gesetzlichen Konzeption nicht verwirklicht werden.394 Abgesehen davon wird aber auch aus diversen anderen Gründen Kritik an der Eignung des Tagessatzsystems zur Erreichung von Opfergleichheit geübt: So wird argumentiert, dass einkommensschwache Täter, die über keine nennenswerten Rücklagen verfügen, von der Geldstrafe härter getroffen werden als Täter, die ohnehin über ein größeres Vermögen verfügen oder dieses durch ihr relativ größeres Einkommen bilden können.395 In diese Richtung geht unter anderem auch Kritik, die von Seiten der Finanzwissenschaft geäußert wird: Seidl argumentiert, dass im Hinblick auf den entzogenen Betrag und den entzogenen absoluten Nutzen einkommensstärkere Täter im Grunde härter bestraft würden als einkommensschwächere. Gehe man andererseits davon aus, dass steigendes Einkommen zu einem höheren Nutzen führt, zugleich aber die Rate des Nutzenzuwachses abnimmt, dann wird dem einkommensschwächeren Täter durch die Strafe insgesamt (relativ) „nützlicheres“ Einkommen entzogen als dem einkommensstärkeren Täter.396 Ein weiterer Kritikpunkt ist die ggf. „entsozialisierende“ Wirkung von Geldstrafen mit hohen Tagessatzzahlen.397 Gemeint ist damit die Befürchtung, dass der Verurteilte in eine Lage gebracht wird, in der er am Gemeinleben nicht mehr in ausreichendem Maße teilnehmen kann oder – schlimmer noch – sich zur Be391  Vgl. auch die Erwägungen im (nicht verabschiedeten) Gesetzesentwurf v. 11. 6. 2002, BT-Drs. 14/9358, S. 9. 392  Vgl. OLG Köln v. 28. 10. 1975 – Ss 214/75, NJW 1976, 636 (636); Meier, Sanktionen, S. 69 f.; Schäfer/Sander/van Gemmeren, Strafzumessung, Rn. 106; Streng, Sanktionen, Rn. 129. 393  Meier, Sanktionen, S. 68; Radtke, MüKo/StGB, § 40 Rn. 4. 394  Die Deckelung des höchstmöglichen Tagessatzes auf 30.000 € durch § 40 StGB sollte nach der Begründung der Entwurfsverfasser die Einhaltung des verfassungsrechtlichen Bestimmtheitsgebotes sichern, vgl. BT-Drs. 16/11606, S. 7. 395  Meier, Sanktionen, S. 69 f.; Fischer, StGB, § 40 Rn. 11a m. w. N. 396  Zu alldem die eingehende Kritik aus finanzwissenschaftlicher Sicht von Seidl, RW 2016, 211 (248); aus rechtswissenschaftlicher Sicht vgl. Albrecht, NK/StGB, § 40 Rn. 11. 397  BGH v. 28.4. 1976 – 3 StR 8/76, BGHSt 26, 325, juris Rn. 9; v. Selle, Gerechte Geldstrafe, S. 30 m. w. N. Vgl. auch Meier, Sanktionen, S. 76; Radtke, MüKo/StGB, § 40 Rn. 38.

C.  Geldstrafen und Veranlassung

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zahlung der Strafe wiederum nicht anders zu helfen weiß als durch die Begehung weiterer Straftaten.398 An anderer Stelle wird die uneinheitliche Handhabung von Abzügen bemängelt399 oder kritisiert, dass das Hoheitswesen widersprüchlich handele, wenn es zum Nettoeinkommen auch Lohnersatzleistungen rechnet, die es dem Täter vorher selbst zugeteilt hat.400 Festzuhalten bleibt letztlich Folgendes: Der Idee nach besteht das Ergebnis der „Opfergleichheit“ im verbleibenden absoluten Einkommensnutzen während des gedachten401 Zeitraumes der Bestrafung. Faktisch bleiben die vorgegebenen Mittel des § 40 StGB in vielfacher Hinsicht hinter diesem Ziel zurück. Die Annäherung an die nicht zwingende Verwirklichung der normativen Vorgabe(n) erfolgt dann letztlich wiederum durch den Einsatz des richterlichen Ermessens. Insbesondere die Bestrafung einkommensschwacher und weitestgehend vermögensloser Angeklagter bedarf dieses korrigierenden Eingriffs durch den Tatrichter. cc)  Grund zur steuerlichen Zuordnung in die Privatsphäre? Misst man Geldstrafen am Maßstab des einkommensteuerrechtlichen Betriebs­ ausgaben- und Werbungskostenbegriffs, macht es quantitativ nur Sinn sie als mathematisches Produkt aus Anzahl und Höhe der Tagessätze in diese Betrachtung einzustellen. Untersucht man die in diesem Produkt qualitativ aufgehenden Faktoren auf ihre grundsätzliche Zuordenbarkeit in die Kategorien der Betriebs- und Privatsphäre, lässt sich letztlich kein allgemeingültiges Ergebnis finden. Je nach Lage des Einzelfalles kann das Nettoeinkommen des Täters zu erheblichen Anteilen aus Einnahmen und Ausgaben bestehen, die unter einkommensteuerlichem Blickwinkel der einen oder der anderen Sphäre zuzuordnen sind. Stellt man sich zum Beispiel Umstände vor, in denen die Einnahmen eines Durchschnittsverdieners ohne (nennenswerte) Unterhaltsverpflichtungen maßgeblich zur Bestimmung seines Nettoeinkommens herangezogen werden, so würden hauptsächlich Umstände berücksichtigt, an die auch im Rahmen der Einkünfteermittlung nach dem EStG angeknüpft wird. Auch unterbricht die pauschale Berücksichtigung von Einkommensteuern bei der Ermittlung des Nettoeinkommens nicht zwingend den zuvor festgestellten betrieblichen Zusammenhang mit den Einnahmen: Diese sind durch § 12 Nr. 3 EStG nicht abzugsfähig gestellt worden, da die zu zahlende Einkommensteuer in ihrer Berechnung auch Ausgaben berücksichtigt, die aus der Sphäre der Lebensführung des Steuerpflichtigen

398 Vgl.

Albrecht, NK/StGB, § 40 Rn. 14. Streng, Sanktionen, Rn. 134. 400 Vgl. Albrecht, NK/StGB, § 40 Rn. 11. 401  Die Bestrafung erfolgt tatsächlich ja nicht zwingend in Anlehnung an Lohnzahlungstermine etc. 399 

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§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

entstammen und das subjektive Nettoprinzip verwirklichen.402 Im Einzelfall kann dieser Anteil durchaus gering sein und würde seinerseits wiederum nur zu einem Bruchteil Berücksichtigung bei der Berechnung des Nettoeinkommens finden. Nicht zuletzt ist zum Beispiel auch an Fälle zu denken, in denen etwa durch die Verwertung von steuerlichen Verlustvorträgen tatsächlich keine Einkommensteuerbelastung während des vom Tatrichter betrachteten Zeitraumes erfolgt, die Verluste ihrerseits aber nicht als Ausgaben zur Berechnung des Nettoeinkommens anerkannt werden, da sie keinen Einfluss auf das wirtschaftlich zur Verfügung stehende Realeinkommen haben. Ein solches Szenario besitzt gerade in den ersten Jahren von Unternehmensgründungen hohe Relevanz. Hier wäre der Faktor „Einkommensteuern“ ggf. ganz ausgeschaltet. Eine so dezidierte Auseinandersetzung mit den Komponenten der Einkommensteuerbelastung durch den Strafrichter ist schließlich in der überwiegenden Zahl der Einzelfälle gar nicht zu erwarten, zumal wegen des Steuergeheimnisses entsprechende Unterlagen dem Gericht – außerhalb des Steuerstrafrechts – vielmals gar nicht vorliegen werden403 oder von ihm nicht verwertet werden dürfen404 und es die Steuern seinerseits womöglich approximativ nach der Höhe der ihm angegebenen Einkünfte ansetzt. Denn wo das Gericht das Gesamteinkommen des Täters lediglich schätzen kann, wird es diesbezüglich auch lediglich eine geschätzte Steuerbelastung berücksichtigen können.405 Unabhängig hiervon ist aber vor allem zu bemerken, dass es sich bei der Festsetzung der Tagessatzhöhe um ein „rechnerisches Hilfsmittel“406 handelt. Es geht gerade nicht um eine ebenso exakt zutreffende Abbildung des Einkommens, wie dies bei der Besteuerung notwendig ist, sondern darum, dem Täter Geld in einer Höhe zu nehmen, die die Verwirklichung der beabsichtigten Strafzwecke ermöglicht. Berücksichtigt man das Ziel der Ermittlung der Tagessatzhöhe, so ist die Frage, was dem Täter als Tagessatz genommen wird, nur ein Mittel zum Zweck, um letztlich zu errechnen, was dem Täter verbleiben soll. Auch würde in der Praxis vielfach ein unverhältnismäßig hoher Aufwand vom Tatrichter verlangt, wenn er sich bei der Ahndung leichter Kriminalität mit einer exakten Ermittlung der Einkommensverhältnisse des Täters auseinandersetzen müsste. Daher ist eine in jeder Hinsicht genaue Erfassung von Einnahmen und Ausgaben auch gar

402  BFH v. 22. 1. 1992 – X R 155/90, BFH/NV 1992, 458, juris Rn. 13 ff; Fissenewert, H/H/R-EStG, § 12 Rn. 122. 403  OLG Brandenburg v. 23. 11. 2009 – 1 Ss 104/09, juris Rn. 15; OLG Thüringen v. 12. 2. 2009 – 1 Ss 160/08, OLGSt StGB § 40 Nr. 14, juris Rn. 15. Vgl. auch Radtke, MüKo/ StGB, § 40 Rn. 117 m. w. N. 404  Schäfer/Sander/van Gemmeren, Strafzumessung, Rn. 144. 405  Vgl. OLG Jena v. 12. 2. 2009 – 1 Ss 160/08, OLGSt StGB § 40 Nr. 14, juris Rn. 23. 406  OLG Celle v. 30. 7. 1975 – 3 Ss 183/75, NJW 1976, 121 (122).

C.  Geldstrafen und Veranlassung

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nicht praktikabel.407 Zuletzt zeigt sich die dienende Funktion der Tagessatzhöhe auch darin, dass diese im jeweiligen Fall zunächst grundsätzlich gleich wäre, unabhängig davon, wie viele Tagessätze verhängt werden. Somit bedingt letztlich die Tagessatzzahl die Progression der eigentlich zu zahlenden Strafhöhe.408 Wenn hierbei unbillige Härten vermieden werden sollen, geht dies zulasten der Tagessatzhöhe.409 Trotz ihrer Bedeutung für die Höhe der Geldstrafe lässt sich nach alldem nicht sagen, dass die berücksichtigungsfähigen Strafzumessungsaspekte dazu zwingen von einer grundsätzlichen oder in jedem Fall überwiegenden Zuordnung der bestimmten Tagessatzhöhe zur Privatsphäre auszugehen. d)  Täterbezogenheit Nach den vorangegangenen Ausführungen lässt sich nun auch auf das Argument der „Täterbezogenheit“ eingehen, das – wie zuvor gezeigt – betont wird, um die stets private Veranlassung insbesondere von Geldstrafen und -auflagen herauszustellen.410 Wenn man unterstellt, dass hiermit nicht gemeint ist, dass Geldstrafen und -auflagen nach den Bedingungen des geltenden deutschen Strafrechts – also in Abwesenheit eines Verbands(kriminal-)strafrechts – gegen Menschen verhängt werden, kann es mit diesem Schlagwort nur darum gehen, den Einfluss der individuellen Strafzumessung auf die Natur der steuerrechtlichen Veranlassung einer kriminalstrafrechtlichen Sanktion hervorzuheben. Mit anderen Worten liegt der Aussagegehalt des Begriffs dann darin, dass eine Sanktion durch ihre individuelle Zumessung einen engen Bezug zur Person des Täters aufweist und ein enger Personenbezug für eine grundsätzlich private Veranlassung der Sanktion spreche. 407 

Häger, LK-StGB, § 40 Rn. 68. So auch OLG Celle v. 30. 7. 1975 – 3 Ss 183/75, NJW 1976, 121 (122): „Die Erhöhung des Tagessatzes hat indessen für sich allein diese Wirkung noch nicht, denn dieser Betrag hat für die Festlegung des Strafübels keine selbständige Bedeutung, sondern stellt nur ein rechnerisches Hilfsmittel dar, mit dem die Geldstrafe den wirtschaftlichen Verhältnissen des Angekl. angepaßt wird. Ausschlaggebend für die Höhe der Geldstrafe sind allein die Zahl der Tagessätze […] und der Geldbetrag, der sich aus der Multiplikation des einzelnen Tagessatzes mit der Zahl der Tagessätze ergibt, andererseits.“ 409 So z. B. bei Verhängung von mehr als 90 Tagessätzen gegenüber einkommensschwächeren Personen, OLG Stuttgart v. 21. 7. 2008 – 2 Ss 346/08, StV 2009, 131, juris Rn. 14. Dazu auch Fischer, StGB, § 40 Rn. 27 m. w. N. Eine Abweichung besteht wegen § 331 Abs. 1 StPO ggf. bei der Strafmaßrevision, die zugunsten des Verurteilten eingelegt worden ist. Dort kann zwar eine Erhöhung der Tagessatzhöhe festgestellt werden, wenn diese mit einer korrespondierenden Kürzung der Tagessatzzahl einhergeht und die Endsumme im Ergebnis nicht erhöht wird. Umgekehrt kann aber die Anzahl der Tagessätze auch dann nicht erhöht werden, wenn die Tagessatzhöhe entsprechend gekürzt wird, vgl. Meyer-Goßner, Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, § 331 Rn. 16 m. w. N. 410  s. o. § 3 B. I. 2. d) bb). 408 

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§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

In diesem Sinne haben die vorherigen Untersuchungen jedoch gezeigt, dass selbst eine (teilweise) Anknüpfung der Prüfung des Veranlassungszusammenhangs an die Strafzumessung wegen der Verhaltens- und Tatschuldbezogenheit des deutschen Strafrechts keine pauschale Aussage darüber bereithält, ob ein überwiegender oder alleiniger objektiver Zusammenhang der Sanktion mit der Erwerbs- oder Privatsphäre des Steuerpflichtigen besteht. Bei der Verhängung von Geldauflagen müsste man hinzufügen, dass es gar keinen gesetzlich festgelegten Rahmen für die Sanktionszumessung gibt, sodass hier mit einem entsprechenden Einfluss desselben noch weniger argumentiert werden kann (s. u. § 3. D. I. 1.) Zudem erfolgt auch die Belastung der ihr unterliegenden Steuersubjekte mit Körperschaftsteuer personenbezogen in dem Sinne, dass eine bestimmte Steuerschuld von einem bestimmten Steuersubjekt zu entrichten ist. Dennoch geht selbst der BFH davon aus, dass eine erwerbsmindernde Berücksichtigung dieser stets betrieblich veranlassten Belastung nur deswegen ausscheidet, weil der Gesetzgeber dies im Rahmen des Abzugsverbotes in § 10 Nr. 2 KStG angeordnet hat.411 Auch hierdurch zeigt sich, dass dem Argument einer „Personenbezogenheit“ oder in Bezug auf Geldsanktionen einer „Täterbezogenheit“ keine Begründungskraft zukommt. Das lässt sich auch noch an einem anderen Zusammenhang darstellen: der Möglichkeit Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Strafverfahren – unabhängig von dessen Ausgang – als Betriebsausgaben oder Werbungskosten geltend zu machen. Müsste der Abschluss des Strafverfahrens durch eine Sanktion immer notwendigerweise zur Privatsphäre des Steuerpflichtigen gehören, so lässt sich hingegen kaum erklären, weshalb die Aufwendungen, die er typischerweise gerade mit dem Ziel der Abwendung dieses Ergebnisses tätigt, dennoch nach herrschender Ansicht in Rechtsprechung und Literatur zur Erwerbssphäre gehören können.412 Das gilt insbesondere, wenn man berücksichtigt, dass der betroffene Steuerpflichtige grundsätzlich frei in der Gestaltung dieser Aufwendungen ist, sodass hier sogar darüber nachgedacht werden könnte das subjektive Element in der Prüfung des Veranlassungszusammenhangs miteinzubeziehen. Dann wäre aber nicht zu erklären, wie der Zweck zur Vermeidung von Kosten der Lebensführung zu erwerbsbedingten Aufwendungen führen soll. Das entscheidende Argument der Rechtsprechung für die Zulässigkeit des Abzugs betrieblich oder beruflich veranlasster Kosten des Strafverfahrens ist in der richtungsändernden Entscheidung des BFH vom 19. 2. 1982 genannt worden: 411  BFH v. 15. 2. 2012 – I B 97/11, BStBl. II 2012, 697, juris Rn. 6; v. 20. 11. 2007 – I R 54/05, BFH/NV 2008, 617, juris Rn. 9; v. 4. 12. 1991 – I R 26/91, BStBl. II 1992, 686, juris Rn. 22 m. w. N. 412  Dazu § 3 D. II.

C.  Geldstrafen und Veranlassung

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„Die „Einheit der Rechtsordnung“ rechtfertigt es nach Auffassung des erkennenden Senats nicht, Strafverteidigungskosten vom Werbungskostenabzug auszuschließen. Selbst wenn es wegen dieses Grundsatzes geboten sein sollte, Geldstrafen wegen krimineller Vergehen nicht über das Steuerrecht mittelbar zu mildern, so hätte eine solche Auffassung jedenfalls keine Auswirkung auf die hier zu beurteilenden Strafverteidigungskosten. Denn sie haben keinen Strafcharakter; sie sollen den Steuerpflichtigen nicht unabdingbar treffen, und sie werden ihm auch nicht von einem staatlichen Organ auferlegt. Sie müssen bei einem Strafverfahren nicht einmal zwangsläufig entstehen; denn schließlich braucht ein Angeklagter sich nicht stets durch einen Rechtsanwalt verteidigen zu lassen. Deshalb kann nach Ansicht des Senats keine Rede davon sein, daß die Einheit der Rechtsordnung den Abzug solcher Aufwendungen als Werbungskosten verbietet.“413

Mit anderen Worten geht es nicht um generelle Zweifel an der potenziellen Veranlassung von Strafverteidigungsaufwendungen, sondern darum, klarzustellen, dass der Gesetzgeber keine steuerlich relevanten Absichten hinsichtlich der Belastung des Delinquenten mit den Kosten der Strafverteidigung verfolgt. Mit der typischen Sach- und Rechtslage im Hinblick auf die Veranlassung haben diese Erwägungen aber nichts zu tun. Zuletzt müsste man sich in diesem Zusammenhang auch fragen, weswegen es eine von den Entwurfsverfassern der Sanktionsabzugsverbote bedachte und allgemein anerkannte Einschränkung der Abzugsverbote in § 12 Nr. 4 EStG durch die Wirkung eines „ordre public“-Vorbehalts geben sollte. Auch Sanktionen, die dem „ordre public“ widersprechen, können in höchstem Maße „täterbezogen“ sein. Man stelle sich zum Beispiel die Bestrafung kritischer Äußerungen von Journalisten gegenüber Politikern in hochgradig autoritären Staaten vor, die unter den Bedingungen nationalen Rechts nicht (etwa wegen Beleidigung i. S. v. § 185 StGB) als strafwürdig anzuerkennen wären, in jenen Regimen aber durch die Verhängung exorbitanter Geld- oder Vermögensstrafen geahndet werden. Derlei Sanktionen mögen in höchstem Maße auf die Repression einer Person angelegt und in diesem Sinne stärker „täterbezogen“ sein, als es eine Geldsanktion nach nationalem Recht sein könnte. Wie soll hier erklärt werden, dass die Sanktion ggf. dennoch zu Betriebsausgaben oder Werbungskosten führen kann? Möglich ist dies nur unter der Anlegung eines normativen Maßstabs, der darauf drängt eine Sanktion zu mildern, die in den Augen des nationalen „ordre public“ nicht existieren darf, sofern sie den entsprechenden Bezug zur Erwerbssphäre des Steuerpflichtigen aufweist. Die „Täterbezogenheit“ kann hierbei keine Rolle spielen. Alles in allem erweist sich das Schlagwort der „Täterbezogenheit“ im Hinblick auf Zusammenhänge mit dem Veranlassungsprinzip also als verzichtbare Leerformel. 413  BFH v. 19. 2. 1982 – VI R 31/78, BStBl. II 1982, 467, juris Rn. 12 – Hervorhebungen nicht im Original.

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§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

3.  Zwischenfazit Testet man Strafzumessungsumstände auf die Auswirkungen, die sie bei der Subsumtion von Strafen unter das Merkmal der betrieblichen Veranlassung (wie z. B. in § 4 Abs. 4 EStG) auslösen, kommt es zu einer denklogisch zu trennenden Einordnung von strafschärfenden und -mildernden Zumessungstatsachen. Während erstere spiegelbildlich im Strafausspruch repräsentiert sind, ist dies bei letzteren nicht der Fall. Will man etwa das altruistische Motiv, dass ein Täter durch seine delinquente Tat einem Konkurrenten im (legalen) Wettbewerb helfen wollte, als schuldmindernden Aspekt berücksichtigen, lässt sich hieran nur bei der Subsumtion der Tat selbst anknüpfen. Bei der Anknüpfung an die Strafe als Ergebnis des Strafzumessungsvorgangs ist dieser Faktor nur noch negativ (im relativen Vergleich zur erhöhten Schuld bei Nichtvorliegen des mildernden Aspekts) vorhanden und damit letztlich nicht mehr repräsentiert. Im Übrigen wird aber deutlich, dass auch die Anknüpfung an die strafschärfenden Aspekte im Strafzumessungsvorgang einer grundsätzlichen Bewertung im Sinne einer betrieblich veranlassten Strafe nicht im Wege steht. Diese Bewertung ist schon darin angelegt, dass sich die Zumessung der Strafe an der „Tatschuld“ orientiert, weswegen sämtliche Strafzumessungsaspekte einen engen Tatbezug aufweisen. Zudem erlaubt auch die Nähe einzelner Aspekte zur Person des Täters keinen zwingenden Bezug zur einkommensteuerlichen Privatsphäre des Täters: Seine Person – das liegt in der Anlage einer auf natürliche Personen ausgelegten Steuer – bringt der Täter als Steuerpflichtiger auch in die Erwirtschaftung seines Einkommens und die Bestellung von Einkünftequellen ein. Soweit sich einzelne Antriebe, Motive und dergleichen überhaupt in die Parameter des Einkommensteuerrechts übersetzen lassen, können diese auch als Indizien für eine Gewinnerzielungsabsicht, nachhaltige Betätigung und Ähnliches für die Verwirklichung der strafrechtlichen Schuld in der einkommensteuerlichen Erwerbssphäre streiten.414 Festzuhalten bleibt damit, dass die Strafzumessungsschuld bzw. die zugemessene Schuld keine eindeutige Vorgabe für die Zuordnung der Strafe zur Erwerbsoder Konsumsphäre bereithält. Ihr Einfluss besteht aus steuerrechtlicher Sicht vielmehr darin, die vorgeworfene Tat in ihrem Kontext zu erhellen und besser zuordenbar zu machen. Das Ergebnis dieser Betrachtung lässt sich dann jeweils nur im Einzelfall klären. Es ist nicht denklogisch determiniert.

414  Ähnlich Vorlagebeschluss des BFH v. 28. 4. 1982 – I R 89/77, BStBl. II 1982, 556, juris Rn. 28. A. A. Tanzer, Geldstrafen im Abgabenrecht, S. 105 ff., insb. 107 f.

C.  Geldstrafen und Veranlassung

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II.  Durchbrechung des einkommensteuerlichen Veranlassungsprinzips durch die Bedeutung der „Schuldidee“? Nach der Auseinandersetzung mit den (nicht vorhandenen eindeutigen) Wirkungen der Strafbegründungs- und Strafzumessungsschuld auf die Würdigung einkommensteuerrechtlicher Veranlassung, stellt sich zuletzt noch die Frage, ob die Schuldidee an sich eine überzeugende Begründung für die These bieten kann, dass strafrechtliche Sanktionen im einkommensteuerrechtlichen Sinne nur privat oder stets überwiegend privat veranlasst sein müssen. Auswirken kann sich diese Diskussion unmittelbar lediglich auf „Strafen“, denen ein tatsächlicher Schuldvorwurf innewohnt, womit im Interesse dieser Arbeit allein Geldstrafen bezeichnet sind. Vor allem (nicht lediglich schadensrestituierende) Geldauflagen i. S. d. § 153a StPO, deren Verhängung ohne die Widerlegung der Unschuldsvermutung auskommt, sind von dieser Betrachtung nicht mehr betroffen. Zwar werden auch sie nur ausgesprochen, wenn der Richter im Einzelfall von der Verwirklichung eines geringen Schuldmaßes ausgeht. Jenes partizipiert jedoch nur noch entfernt am grundsätzlichen Gedanken der Schuldidee, da es sie zwar mittelbar zum Anlass nimmt, keinesfalls jedoch in die ausgesprochene Rechtsfolge übersetzt. Wie eingangs besprochen, wird dieser Betrachtung das herrschende „normative“ Verständnis der Schuldidee zugrunde gelegt.415 Demnach wird mit der Strafe auf die Verantwortlichkeit des Täters für das von ihm verwirklichte Unrecht reagiert. Diese Verantwortlichkeit wird normativ daraus hergeleitet, dass ein Täter, der in der konkreten Tatsituation von dem Normappell des Straftatbestandes erreicht werden konnte und von dem die Rechtsordnung auch erwarten konnte, dass er sich in jener Situation im Sinne dieses Appells motivieren lässt, sich gerade nicht hat motivieren lassen und sich dem Normappell entgegengesetzt verhalten hat. Das sagt allerdings weder etwas über einen möglichen Bezug des Normappells zur steuerrechtlichen Erwerbs- oder Konsumsphäre aus, noch über den Bezug der diesen negierenden Verhaltensweise zu jenen Sphären, sondern nur etwas über die Natur der Zurechnung einer Strafe zu einer Tat. Das bedeutet, dass der Normappell, also ein Verhaltensappell, ebenso in die betriebliche oder berufliche Sphäre wie auch in den Lebensbereich außerhalb der Erwerbssphäre hineinreichen kann. Im Übrigen bedingt die Zurechnung der Strafe zum durch einen Menschen hervorgerufenen Verhalten aus steuerrechtlicher Sicht lediglich die Verhaltenskonnotation eines Aufwands, sagt aber gerade nichts über die qualitative Einordnung des vorgeworfenen Verhaltens in die Kategorien des Veranlassungsprinzips aus.416 415 

s. o. § 2 C. I. 1. b). ähnlichem Gedanken hat Söhn – allerdings im Zusammenhang mit dem Abzugsverbot in § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 EStG – formuliert: „Rechtswidrigkeit, Verschulden, Vorwerfbarkeit […] werten eine Ursache (Anlaß), ohne selbst Ursache (Anlaß) zu sein“. 416  Mit

§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

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III.  Fazit Die zuvor angestellte Betrachtung zeigt, dass keine Facette der strafrechtlichen Schuld geeignet erscheint, eine tragfähige Begründung dafür zu liefern, weshalb finanzieller Aufwand, der zur Begleichung einer strafrechtlichen Sanktion verwendet wird, stets ausschließlich oder überwiegend innerhalb der Konsumsphäre aufgebracht wird. Nach alldem erscheint es vielmehr so, dass sich die Zuordnung einer Strafe oder Geldauflage zu den ertragsteuerlichen Sphären erst durch die Betrachtung der Veranlassung des individuellen Tatverhaltens (in deren Folge es zur Verhängung der Sanktion gekommen ist) vornehmen lässt. Durch die Einbeziehung der Strafzumessungsumstände, auf die bei der Verhängung von Strafen ausdrücklich abgestellt worden ist, kann diese Zuordnung befördert werden. Damit handelt es sich nach hier vertretener Ansicht bei § 12 Nr. 4 EStG nicht um eine rein deklaratorische Festschreibung eines Ergebnisses, das sich bei der Subsumtion von Strafen unter die Erwerbsaufwendungstatbestände „naturgemäß“ ergibt. Die Vorschrift stellt vielmehr eine bewusste und konstitutive Entscheidung des Gesetzgebers dar, der ggf. beruflich oder betrieblich veranlasste Geldstrafen, -auflagen etc. nicht zum Abzug zulassen will.417 Geht man davon aus, dass die Regelungen in § 12 EStG grundsätzlich nichtabziehbare Privatausgaben erfassen, so führt § 12 Nr. 4 EStG in Fällen, in denen die Geldsanktion betrieblich oder beruflich veranlasst ist, entweder zu einer materiell typisierenden gesetzlichen Fiktion418 oder es handelt sich um eine systematisch unzutreffend platzierte Regelung419. So oder so bewirkt die Vorschrift eine rechtfertigungsbedürftige Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips und damit des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG).420

D.  Andere Sanktionen und Sanktionsabwendungskosten I.  Nicht lediglich schadensrestituierende Geldauflagen § 12 Nr. 4 EStG regelt auch die Nichtabsetzbarkeit von „Leistungen zur Erfüllung von Auflagen oder Weisungen, soweit die Auflagen oder Weisungen nicht lediglich der Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens die417 

Vgl. auch Krumm, FR 2015, 639 (645). So schon BFH v. 14. 4. 1986 – IV R 260/84, BStBl. II 1986, 518, juris Rn. 13 und v. 6. 2. 1986 – IV R 206/84, BFH/NV 1987, 492: „der Gesetzgeber kann betrieblich veranlaßte Aufwendungen aus besonderen Gründen auch als Privataufwand fingieren“. Vgl. auch Lang, StuW 1985, 10 (24). 419  Claus, Gewinnabschöpfung und Steuer, S. 53; Lang, StuW 1985, 10 (32). Vgl. auch Bergkemper, FR 2009, 818 (820). 420  Zur Frage der Rechtfertigung s. § 3 E. 418 

D.  Andere Sanktionen und Sanktionsabwendungskosten

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nen“. Aus steuerrechtlicher Sicht praxisrelevant ist hierbei der Umgang mit Geldauflagen, insbesondere solchen nach § 153a StPO. In den Entscheidungssammlungen ist hingegen – soweit ersichtlich – nicht ein einziger Fall aufgezeichnet, in dem die einkommensteuerliche Behandlung einer Weisungserteilung in einem Strafverfahren (z. B. nach § 56c StGB) behandelt worden ist.421 Strafgerichtliche Weisungen werden deshalb im Zuge der weiteren Untersuchung vernachlässigt. 1.  Zielsetzungen und Unterschiede zur Geldstrafe Bei den Geldauflagen gilt es zwei Arten der Erteilung zu unterscheiden: Zum einen gibt es Geldauflagen, die nach Abschluss des strafrechtlichen Hauptverfahrens als Begleitsanktion zur Vollstreckungsaussetzung der Freiheitsstrafe (§§ 56b Abs. 2 S. 1 Nr. 2, Nr. 4, 57 Abs. 3 S. 1 Hs. 1, 57a Abs. 3 S. 2 StGB) bzw. im Rahmen der Verwarnung mit Strafvorbehalt (§ 59a Abs. 2 S. 1 Nr. 3 StGB) festgesetzt werden. Zum anderen ist an Geldauflagen zu denken, die im Zusammenhang mit der Einstellung des Strafverfahrens nach § 153a Abs. 1 S. 2 Nr. 2 StPO festgesetzt werden.422 Durch die Erteilung einer Geldauflage nach § 153a Abs. 1 S. 2 Nr. 2 StPO wird in erster Linie das öffentliche Interesse an der Strafverfolgung beseitigt.423 Die Auflagenerteilung nach § 56b Abs. 2 S. 1 Nr. 2 und 4 StGB dient hingegen ausdrücklich der „Genugtuung für das begangene Unrecht“. Gleiches gilt – wenn auch nicht ausdrücklich geregelt – auch für die Anweisung nach § 59a Abs. 2 S. 1 Nr. 3 StGB.424 Der Zweck der Geldauflagen wird insgesamt auch in der Erteilung eines „Denkzettels“ begriffen.425 Ein wesentlicher Unterschied zwischen der Auflagenerteilung unter den Bedingungen des § 153a StPO und den beiden anderen Fällen besteht darin, dass nur in letzteren Fällen eine Widerlegung der Unschuldsvermutung stattgefunden hat.426 Hinsichtlich der Bemessung macht der 421  Über die Gründe, weshalb die Finanzgerichte nicht mit Streitigkeiten über den steuerrechtlichen Umgang mit strafgerichtlichen Weisungen befasst worden sind, kann nur spekuliert werden. Denkbar erscheint, dass vielfach Verhaltensweisen angewiesen werden, die steuerrechtlich ohne weiteres der Privatsphäre zuzuordnen sind oder keine nennenswerten Kosten verursachen, die steuerliche Berücksichtigung finden könnten. 422  Kratzsch, F/G-EStG, § 12 Rn. 147 ff. 423  BVerfG v. 5. 11. 2001 – 2 BvR 1551/01, NStZ 2002, 211, juris Rn. 12. 424  Groß, MüKo/StGB, § 59a Rn. 7; Hubrach, LK-StGB, § 59a Rn. 5; Stree/Kinzig, S/S-StGB, § 59a Rn. 7. Meier spricht zudem von einer spezialpräventiven Anreicherung des auf den Täter ausgeübten Drucks, ders, Sanktionen, S. 57. 425  Zu Auflagen nach § 56b StGB: OLG Rostock v. 2. 6. 2015 – 20 Ws 110/15, NStZ 2015, 663, juris Rn. 9; OLG Celle v. 4. 7. 1989 – 1 Ws 195/89, NStZ 1990, 148, juris Rn. 9; Ostendorf, NK/StGB, § 56b Rn. 1. Allgemein: Meier, Sanktionen, S. 81; Mitsch, KK/ OWiG, § 17 Rn. 78. 426  Peters, MüKo/StPO, § 153a Rn. 99 m. w. N.

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§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

Gesetzgeber den Rechtsanwendern kaum Vorgaben427, was ihnen einen weiten Spielraum belässt und teils zur Verhängung von Geldauflagen führt, die etwa die zulässige Maximalhöhe einer Geldstrafe um ein Vielfaches übersteigen428 oder dem Betroffenen die Wahl lassen, welche unter mehreren alternativ auferlegten Auflagen er erfüllen will429. Schon die Bemessungspraxis bewirkt einen enormen Unterschied zwischen der Verhängung von Geldauflagen und Geldstrafen. Die Behauptung des BFH, dass sich eine Geldauflage nach § 153a Abs. 1 S. 1 Nr. 2 StPO „ebenso wie die Geldstrafe nach dem Nettoeinkommen des Täters bem[isst]“430, lässt sich auch nicht durch das Meinungsbild im strafrechtlichen Schrifttum bestätigen.431 Die Besonderheit der Geldauflage gegenüber der Geldstrafe besteht aber vor allem auch darin, dass sie nicht durch Urteil des Strafgerichtes angeordnet wird, sondern durch gesonderten Beschluss des Gerichts (§ 268a Abs. 1 StPO) und nicht selbständig vollstreckbar ist.432 Erklärt der Beschuldigte, die mit der Auflage nach § 153a StPO auferlegte(n) Pflicht(en) nicht erfüllen zu wollen oder lässt 427  Im Zusammenhang mit (nicht schadenswiedergutmachenden) Geldauflagen ist lediglich in § 56b Abs. 1 S. 2 StGB und § 59a Abs. 2 S. 2 StGB eine Zumutbarkeitsschwelle geregelt. Im Zusammenhang mit § 153a StPO besteht hingegen keine ausdrückliche Schwelle. Lediglich im Schrifttum wird vorgeschlagen, die Bemessung in Anlehnung an die Zumessungskriterien für die Geldstrafe vorzunehmen, da sich auch das „für die Einstellung nach § 153a StPO relevante Maß der entgegenstehenden Schwere der Schuld […] über das Strafzumessungsrecht und dabei über sämtliche relevanten Strafzumessungskriterien“ bemesse, Peters, MüKo/StPO, § 153a Rn. 70; ähnlich Fünfsinn, NStZ 1987, 97 (98, 102 f.). Kritisch, i. Erg. aber zustimmend Weßlau/Deiters, SK/StPO, § 153a Rn. 42. Der Sache nach kann mangels eines entsprechenden Verfahrensabschlusses gar nicht beurteilt werden, wie die Schuld nach den Vorgaben des § 46 Abs. 2 StPO zu beurteilen ist. Wenn man also eine Anlehnung an die dort geregelten Zumessungskriterien sucht, so kann dies allenfalls im Zuge einer Denkhilfe zur kursorischen Bewertung geschehen, vgl. Diemer, KK/StPO, § 153a Rn. 11. Krit. auch Beulke, L/R-StPO, § 153a Rn. 57 m. w. N. 428 So z. B. in dem Verfahren gegen Bernie Ecclestone, das gegen die Auflage der Zahlung von 100 Mio. € eingestellt worden ist, LG München v. 5. 8. 2014 – 5 KLs 405 Js 161741/11, (nicht veröffentlicht). Die Maximalhöhe einer Auflage wird nicht unmittelbar durch die §§ 40, 54 StGB beschränkt, Saliger/Sinner, ZIS 2007, 476 (480). 429  Z. B. OLG Stuttgart v. 26. 8. 2003 – 1 Ws 231/03, NStZ-RR 2004, 89; Stree/Kinzig, S/S-StGB, § 56b Rn. 3 m. w. N. 430  BFH v. 22. 7. 2008 – VI R 47/06, BStBl. II 2009, 151, juris Rn. 21; v. 22. 7. 1986 – VIII R 93/85, BStBl. II 1986, 845, juris Rn. 29. So auch Kammeter, HFR 2015, 326 (329). 431 Vgl. Beulke, L/R-StPO, § 153a Rn. 57 m. w. N.; Schmitt, Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, § 153a Rn. 19. Sehr kritisch zur Bemessungspraxis Dahs, NJW 1996, 1192 (1192 f.), wonach in der Praxis vielfach Erwägungen eine Rolle spielten, die mit den wirtschaftlichen Möglichkeiten des Sanktionierten nichts zu tun haben, z. B. die Erreichung einer mittelbaren Sanktion des Unternehmens, von dem erwartet wird, dass es letztlich sowieso die Sanktion tragen wird. 432  Meier, Sanktionen, S. 82.

D.  Andere Sanktionen und Sanktionsabwendungskosten

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sich aus seinem Verhalten ableiten, dass tatsächlich kein Erfüllungswille besteht, so kann die vorläufige Aussetzung des Verfahrens widerrufen, das Strafverfahren also fortgesetzt werden.433 Kommt der Verurteilte der Auflage im Rahmen der Vollstreckungsaussetzung der Freiheitsstrafe oder im Rahmen der Verwarnung mit Strafvorbehalt nicht nach, so kann, wenn der Verstoß gegen die Auflage als „gröblich oder beharrlich“ anzusehen ist, die Strafaussetzung widerrufen oder die Verurteilung zu der vorbehaltenen Strafe vorgenommen werden (§ 56f ggf. i. V. m. § 59b Abs. 1 StGB). Im ersten Fall bedeutet dies unter anderem die Vollstreckung der Freiheitsstrafe, im zweiten Fall die Verurteilung zur Geldstrafe. In diesem Sinne lässt sich sagen, dass die Zahlung sämtlicher Geldauflagen zwar unter einem erheblichen Entscheidungsdruck, im Übrigen jedoch freiwillig geschieht.434 2.  Einbeziehung des subjektiven Elements bei der Prüfung des Veranlassungszusammenhangs Bezieht man diese Freiwilligkeit in die abstrakte Behandlung des Veranlassungszusammenhangs von Auflagen mit ein, eröffnet sich Raum für die Diskussion, ob die Veranlassung der Auflagenzahlung deshalb nicht nur anhand ihres objektiven Zusammenhangs zu beurteilen sein könnte, sondern auch anhand ihrer subjektiven Betriebs- bzw. Berufsbezogenheit („[…] subjektiv zu dienen bestimmt ist.“).435 Fragt man nach der typischen subjektiven Interessenlage, mit der sich der Beschuldigte oder Verurteilte bei der Entscheidung zur (Nicht-)Zahlung der Geldauflage konfrontiert sieht, ergeben sich aus der Folgenbetrachtung bei Nichtzahlung nachstehende Schlüsse: Bei der Auflagenzahlung nach § 153a StPO wird der Beschuldigte die Beendigung des Strafverfahrens im Blick haben. Im Zusammenhang mit der Geldauflagenerteilung im Rahmen einer Verwarnung mit Strafvorbehalt, müsste das Interesse an der Vermeidung der „Verurteilung zu der vorbehaltenen Strafe“ (§ 59b StGB) berücksichtigt werden. Da diese auf die Zahlung einer Geldstrafe gerichtet wäre (vgl. § 59 StGB) – also ebenso auf die Zahlung einer Geldsanktion –, wird das typische Interesse weniger an der Vermeidung der finanziellen Sanktion als an der Ermöglichung einer Löschung

433 

Schmitt, Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, § 153a Rn. 24. Tanzer, wistra 1984, 159 (163). So auch Grezesch, wistra 1985, 183 (186), der allerdings vertreten hat, dass Geldauflagen i. S. d. § 153a StPO aufgrund der Freiwilligkeit ihrer Zahlung, jedenfalls soweit sie gleichzeitig auch als Spende i. S. d. § 10b EStG qualifiziert werden können, überhaupt nicht dem Anwendungsbereich des § 12 Nr. 4 EStG unterfielen; dagegen zutreffend Göhler, wistra 1985, 219. 435  Zur Definition des Veranlassungszusammenhangs nach h. A. s. § 2 A. II. 2. 434 

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§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

der „vorläufigen“436 Eintragung im BZR (§ 12 Abs. 2 S. 2 BZRG) orientiert sein. Im Fall der bewährungsbegleitenden Geldauflage wird der Verurteilte wohl vor allem auch die Vermeidung der Freiheitsstrafe vor Augen haben. Bewertet man diese Interessenlagen vor dem subjektiv-objektiven Maßstab des Veranlassungszusammenhangs, so weist vor allem das Interesse an der Vermeidung der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe einen deutlichen Bezug zur Privatsphäre auf. Hinsichtlich des Interesses an der Einstellung eines Strafverfahrens oder der Vermeidung eines BZR-Eintrags ist dies hingegen nicht unbedingt der Fall. Zwar sind hiermit Belastungen für die Person des Beschuldigten/Verurteilten verbunden, die in seine Privatsphäre hineinreichen, ebenso scheint hier aber auch das typische Bestehen beruflicher Interessen nicht ausgeschlossen.437 Im Zusammenhang mit der Verwarnung mit Strafvorbehalt geht es dann um die Vermeidung einer dauerhaften Eintragung, die sich negativ auf die berufliche Laufbahn des Verurteilten auswirken kann, wenn er für bestimmte Berufe bzw. Anstellungen oder den Betrieb bestimmter Gewerbe gegenüber Privaten oder Behörden die „Makellosigkeit“ seiner strafrechtlichen Vorgeschichte nachweisen muss. Bei dem Interesse an der Einstellung des Strafverfahrens wird vielfach auch ein Interesse daran bestehen, die öffentliche Aufmerksamkeit im Hinblick auf das Verfahren sowie mögliche Nachteile, die mit einer „Rufschädigung“ für das Berufs-/Betriebsleben des Steuerpflichtigen verbunden sein können, zu meiden.438 Diese typischerweise anzunehmenden Interessenlagen lassen es gut vertretbar erscheinen, dass im Fall der Geldauflagenzahlung regelmäßig zumindest von einer gemischten Veranlassung auszugehen ist. Zugleich sprechen aber auch gute Gründe dafür, dass dennoch dem Grunde nach nicht automatisch eine stets überwiegend private Veranlassung der Geldauflagenzahlung vorliegt: So stehen sämtliche Geldauflagenzahlungen ihrer äußeren Form und ihrem materiellen Gehalt nach der Zahlung von Geldbußen nahe, bei denen ein grundsätzlich möglicher Werbungskosten-/Betriebsausgabencharakter vom Gesetzgeber nicht in Frage gestellt worden ist. Im Gegensatz zu der gesetz436  Die Verwarnung mit Strafvorbehalt wird zunächst zwar in das BZR aufgenommen (§ 4 Nr. 3 BZRG), wird aber z. B. nicht im Führungszeugnis wiedergegeben, § 32 Abs. 2 Nr. 1 BZRG. 437  In ähnlicher Weise wurde in BFH v. 19. 2. 1982 – VI R 31/78, BStBl. II 1982, 467, juris Rn. 10 berücksichtigt, dass ein Steuerpflichtiger sich vor allem auch deswegen gegen einen strafrechtlichen Vorwurf zur Wehr setzt, um sein aktuelles Arbeitsverhältnis beizubehalten oder um günstige Ausgangsbedingungen für eine zukünftige Bewerbung um eine neue Anstellung zu schaffen. 438  Gerade in „großen“ Wirtschaftsstrafverfahren gelingt das freilich nicht immer, als Beispiele mögen hier die Einstellung unter Auflagen gegen einige Manager im Zusammenhang mit dem Verfahren „Mannesmann/Vodafone“ dienen, in denen durchaus auch bekannt geworden ist, welche Auflagenhöhen gegen welche Beschuldigten verhängt worden sind, vgl. Saliger/Sinner, ZIS 2007, 476 (477) m. w. N.

D.  Andere Sanktionen und Sanktionsabwendungskosten

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lichen Vorgaben folgenden Zumessung der Geldstrafe kann auch nicht allgemein festgestellt werden, dass die Kriterien der Auflagenbemessung Einfluss auf die Natur ihrer möglichen Veranlassung nehmen.439 Wegen ihres Zusammenhangs mit der weiteren Entwicklung des Strafverfahrens lassen sich zwischen der Bezahlung von Auflagen i. S. d. § 153a StPO und von Strafverteidigungsaufwendungen zudem gewisse Parallelen finden.440 Die Verteidigungshandlungen werden im Rahmen des Zulässigen gerade vielfach darauf gerichtet sein, eine möglichst frühe Einstellung des Verfahrens zu erreichen und die Unschuldsvermutung zugunsten des Beschuldigten bzw. Angeklagten zu bewahren.441 Verteidigungsaufwendungen sind aber bei beruflicher/betrieblicher Veranlassung des Tatvorwurfs als abziehbare Betriebsausgaben/Werbungskosten anerkannt.442 Vor allem erscheint aber die Dominanz des objektiven Zusammenhangs für die Beurteilung der Auflagenzahlung entscheidend. Diese ist keine Aufwendung, die zur jederzeitigen, beliebigen Disposition des Steuerpflichtigen im Interesse seines Erwerbslebens steht, sondern Folge eines hoheitlich vorgegebenen Verfahrens und, innerhalb dessen, Folge der Entscheidungen hoheitlicher Aufgabenträger. Selbst für die Zahlung eines Geldbetrages zur Vermeidung einer Haftstrafe ließe sich hierfür auch ein Beleg in der Rechtsprechung finden. So hat der BFH im Urteil vom 31. 7. 1991443 über die grundsätzliche Abzugsfähigkeit einer „Kautionszahlung“ entschieden, die eine KG entrichtet hatte, um die Freilassung ihres in der damaligen „Volksrepublik Polen“ inhaftierten geschäftsführenden Gesellschafters zu bewirken. Nach der Freilassung ist der gezahlte Betrag in eine Geldstrafe umgewandelt worden. Die Inhaftierung ist auf einen Tatvorwurf gestützt worden, der im Zusammenhang mit der Betriebssphäre des Steuerpflichtigen stand (Wirtschaftsspionage). Es wurde in Erwägung gezogen, dass die verhängten Sanktionen nicht dem „ordre public“ entsprechen, und für den Fall, dass die vom FG nachzuholenden Feststellungen dieses Ergebnis bestätigten, demselben aufgegeben, den Aufwand als abzugsfähige Betriebsausgabe zu berücksichtigen. 439  A. A. BFH v. 16. 9. 2014 – VIII R 21/11, BFH/NV 2015, 191, juris Rn. 20 ff.; Kammeter, HFR 2015, 326 (329). 440  Das gilt auch in Bezug auf den Zusammenhang, der vielmals zwischen der Höhe der Auflage zur Zahlung eines Geldbetrags an die Staatskasse und dem Ausgleich der staatlicherseits entstandenen Verfahrenskosten hergestellt wird. Saliger/Sinner monieren in diesem Zusammenhang eine „Fiskalisierung“ des Strafverfahrens, dies., ZIS 2007, 476 (480) m. w. N. 441  Dass die Einstellung eines Strafverfahrens nicht auch die Schlussfolgerung rechtfertigt, der Steuerpflichtige habe die ihm zur Last gelegte Tat verübt, betont auch BFH v. 17. 8. 2011 – VI R 75/10, BFH/NV 2011, 2040, juris Rn. 11 m. w. N. 442  Dazu § 3 D. II. 443  BFH v. 31. 7. 1991 – VIII R 89/86, BStBl. II 1992, 85, juris Rn. 22.

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§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

Ausdrücklich wurde in der Entscheidung dahinstehen gelassen, ob die KG die „Kaution nur zur Erfüllung einer betrieblichen Verbindlichkeit (§ 110 HGB) oder auch deshalb gezahlt hat, um die persönliche Freiheit ihres Gesellschafters wiederherzustellen.“444 Rein faktisch besteht kein nennenswerter Unterschied dieser Erwägungen zum Fall der Zahlung einer Geldauflage, um die Bewährungsvorgaben zu erfüllen und der Vollstreckung einer Freiheitsstrafe zu entgehen. Auch hier wurde nur auf den objektiven Zusammenhang der Zahlung mit der Betriebssphäre des von der Sanktion Betroffenen abgestellt. Zuletzt ist auch zu berücksichtigen, dass wegen der Intransparenz der Bemessungskriterien das „Ob“ und die „Höhe“ der Auflagenzahlung für den Steuerpflichtigen nicht vorhersehbar sind.445 Das alles rückt, bei einer wertenden Ermittlung des „auslösenden Moments“ der Auflagenzahlung, das mit dem Tatvorwurf vorgehaltene Verhalten in den Vordergrund und verdrängt die Bedeutung der Zustimmung bzw. „Mitwirkungshandlung“ des Beschuldigten, Angeklagten oder Verurteilten. Dass dieses Verhalten aber betrieblich oder beruflich veranlasst sein können muss, ist bereits ausführlich dargestellt worden.446 Schließlich ist daher auch nach dem Ergebnis der abstrakten Untersuchung der Geldauflagenzahlungen davon auszugehen, dass jene durch die Erwerbssphäre des Steuerpflichtigen veranlasst sein können. Ob dies tatsächlich der Fall ist, kann aber nur im Einzelfall entschieden werden.

II.  Aufwendungen für die Strafverteidigung 1.  Restriktive Grundtendenz Strafverteidigungsaufwendungen können nach ganz herrschender Ansicht in Rechtsprechung und Schrifttum als abzugsfähige Werbungskosten oder Betriebs­ausgaben zu behandeln sein.447 Wenn hier vielfach besonders hervorge444 Ebd.,

juris Rn. 22. Ausnahme kommt hier in Betracht, wenn dem Steuerpflichtigen die alternative Erfüllung von Auflagen auferlegt wird. Nach OLG Schleswig-Holstein – 1 Ws 44/89, SchlHA 1990, 109, Os. 2 sei sogar stets zu prüfen, ob nicht die alternative Verhängung schadenswiedergutmachender und sonstiger Auflagen in Betracht komme. Hier hätte es der Steuerpflichtige i. Erg. in der Hand über die steuerliche Berücksichtigungsfähigkeit seiner eigenen Sanktion zu entscheiden. 446  § 3 C. I. 447  Zu den Nachw. aus der Rspr. vgl. § 3 Fn. 454. Kratzsch, F/G-EStG, § 12 Rn. 129 ff., insb. 152 ff.; Loschelder, Schmidt/EStG, § 12 Rn. 31; Meurer, Lademann/EStG, § 4 Anm. 751; Thürmer, Blümich/EStG, § 12 Rn. 214; Wied, Blümich/EStG, § 4 Rn. 877, 940 „Abwehrkosten“. Vgl. auch Hartz/Meeßen/Wolf, ABC-Führer LSt, „Geldstrafen“ Tz. 15. Auch die Finanzverwaltung bejaht die grundsätzliche Abziehbarkeit, H 3.13 EStR 2012; H 12.3 EStR 2012. 445  Eine

D.  Andere Sanktionen und Sanktionsabwendungskosten

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hoben wird, dass Strafverteidigungsaufwendungen nur „ausnahmsweise“ abziehbare Erwerbs­aufwendungen sein könnten, so ist dies im Zusammenhang mit der Grundhaltung zu sehen, die delinquentes Verhalten nur restriktiv als Auslöser von relativ günstigen steuerrechtlichen Rechtsfolgen behandelt, und mit der verbreiteten Ansicht, dass kriminalstrafrechtliche Geldsanktionen ohnehin nur Aufwendungen für die private Lebensführung sein können.448 Dabei wird auch auf die Bedeutung des Abzugsverbotes nach § 12 Nr. 4 EStG verwiesen, welches seinem Wortlaut und seinem Zweck entsprechend gar nicht auf Strafverteidigungsaufwendungen anwendbar ist.449 Weder entsprechen Strafverteidigungsaufwendungen einer der dort genannten Sanktionen noch ist ihnen ein Strafcharakter zu eigen. Das wird letztlich allerdings auch nirgends (mehr) bestritten.450 Die restriktive Handhabung der Abziehbarkeit von Strafverteidigungsaufwendungen ist deshalb nur nachvollziehbar, wenn man sie unter dem Blickwinkel betrachtet, dass diese letztlich der Abwendung von – nach herrschendem Verständnis – weiteren Rechtsfolgen in der Privatsphäre des Steuerpflichtigen dienten. Konsequent zu Ende gedacht, dürften Strafverteidigungsaufwendungen unter dieser Prämisse allerdings im Fall einer Verurteilung bzw. Sanktionsfestsetzung (§ 153a StPO, ggf. § 398a Abs. 1 Nr. 2 AO451 etc.) niemals zu abzugsfähigen 448 Zuletzt FG Rheinland-Pfalz v. 22. 1. 2016 – 4 K 1572/14, EFG 2016, 568, juris Rn. 22; FG München v. 27. 7. 2015 – 10 K 3179/13, DStRE 2017, 346, juris Rn. 109 – rkr. BFH v. 13. 12. 1994 – VIII R 34/93, BStBl. II 1995, 457, juris Rn. 26 m. w. N. Vgl. auch Bergkemper, FR 2008, 232 (235); Mack, AG 2009, 365 (365). 449  Ein parlamentarischer Antrag, Gerichtskosten, Gebühren, Auslagen und Anwaltskosten, die unmittelbar mit Sanktionen zusammenhängen, vom Abzug auszuschließen, wurde seinerzeit mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen abgelehnt, vgl. Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses v. 18. 6. 1984, BT-Drs. 10/1634, S. 10. Dazu auch Fischer, H/H/Sp-AO, § 40 Rn. 37; Wedemeyer/Hohlfeld, DStZ 1985, 79 (81). 450  BFH v. 19. 2. 1982 – VI R 31/78, BStBl. II 1982, 467, juris Rn. 12 hebt ausdrücklich hervor, dass die Verteidigungsaufwendungen dem Steuerpflichtigen gerade nicht hoheitlich auferlegt werden und diesen nicht unabdingbar treffen sollen. Vgl. auch FG Thüringen v. 29. 1. 2014 – 3 K 34/13, EFG 2014, 1401, juris Rn. 26 ff. – rkr. Bergkemper, FR 2008, 232 (235); Englert, DStR 2009, 1010 (1014); Spatscheck, AG 2012, 452 (452); Kratzsch, F/G-EStG, § 12 Rn. 152; Schwarz, S/P-AO, § 40 Rn. 18. Vgl. auch Olgemüller, AG 2008, 495 (496). Aus dem älteren Schrifttum und mit Bezügen zur älteren Rechtsprechung Felix/ Streck, DStR 1979, 479 (479 ff.); Göggerle, BB 1981, 969 (971); Merkert, BB 1965, 823 (826). A. A. im älteren Schrifttum R. Bergmann, BB 1981, 2001 (2002). BFH v. 15. 11. 1957 – VI 279/56 U, BStBl. III 1958, 105, juris Rn. 13 bezeichnet die im Falle einer Verurteilung zu tragenden Verfahrenskosten und Auslagen sogar noch als „Nebenstrafe“. Vgl. zuletzt, allerdings in Bezug auf den Ansatz der Verfahrens- und Verteidigungsaufwendungen als außergewöhnliche Belastungen (§ 33 EStG), FG Thüringen v. 12. 2. 2014 – 3 K 926/13, EFG 2014, 1662, juris Rn. 64 – best. 451  Ob der Aufschlag nach § 398 Abs. 1 Nr. 2 AO auflagenähnlich ist und deshalb § 12 Nr. 4 EStG unterfällt, wurde bislang nicht entschieden. Dafür Hunsmann, BB 2011, 2519 (2526 f.); Pegel, Stbg 2011, 348 (350); Rolletschke/Roth, Stbg 2011, 200 (206 f.); Roth,

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§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

Aufwendungen führen. Dass dies hingegen nicht so gesehen wird, belegt wiederum die Zahl an Fällen, in denen die Rechtsprechung einen entsprechenden Werbungskosten- oder Betriebsausgabenabzug zugelassen hat.452 Abgesehen von dieser angedeuteten restriktiven Tendenz im Umgang mit Strafverteidigungsaufwendungen hat die Rechtsprechung nachvollziehbare Kriterien entwickelt, anhand derer sie im Einzelfall bestimmt, ob die zu beurteilenden Aufwendungen abziehbare Erwerbsaufwendungen sind oder nicht. Auch die Literatur übernimmt diese Maßstäbe, die nachfolgend kurz dargestellt werden, weit überwiegend.453 2.  Maßstäbe Kosten der Strafverteidigung und des Strafverfahrens führen nach der aktuellen Rechtsprechung des BFH – unabhängig vom Ausgang des Verfahrens – zu abziehbaren Betriebsausgaben oder Werbungskosten, wenn der strafrechtliche Vorwurf gegen den Steuerpflichtigen durch sein betriebliches oder berufliches Verhalten veranlasst war.454 Dies sei wiederum der Fall, wenn die dem Steuerpflichtigen zur Last gelegte Tat in Ausübung der beruflichen Tätigkeit begangen worden ist oder einem besonderen beruflichen Risiko entspringt.455 Damit soll DStR 2011, 1410 (1411); Beckemper, H/H/SpAO, § 398a Rn. 54; Jäger, Klein/AO, § 398a Rn. 55; Joecks, J/J/R-SteuerstrafR, § 398a AO Rn. 26. Jedenfalls ist die Zahlung des Aufschlags als Bedingung des Absehens von der Strafverfolgung zu sehen, d. h. zu einer Verurteilung und Widerlegung der Unschuldsvermutung kommt es auch hier gerade nicht. 452  Mit einer Fallgruppenbildung nach der Art der Tatvorwürfe Stapperfend, H/H/REStG, § 4 Rn. 874. 453  Depping, DStR 1994, 1487 (1487 f.); Gehm, StBW 2015, 709 (709 f.); Mack, AG 2009, 365 (365 f.); Olgemüller, AG 2008, 495 (495); Spatscheck, AG 2012, 452 (452); Kratzsch, F/G-EStG, § 12 Rn. 154 f.; Schwarz, S/P-AO, § 40 Rn. 18. Krit. Englert, DStR 2009, 1010 (1013), der allerdings nicht ausreichend berücksichtigt, dass der Steuerpflichtige die objektive Beweislast („Feststellungslast“) für den betrieblichen/beruflichen Zusammenhang trägt. Vgl. hierzu BFH v. 21. 6. 1989 – X R 20/88, BStBl. II 1989, 831, juris Rn. 13. 454  BFH v. 14. 5. 2014 – X R 23/12, BStBl. II 2014, 684, juris Rn. 30; v. 18. 10. 2007 – VI R 42/04, BStBl. II 2008, 223, Ls. 1; v. 30. 6. 2004 – VIII B 265/03, BFH/NV 2004, 1639, juris Rn. 3; v. 12. 6. 2002 – XI R 35/01, BFH/NV 2002, 1441, juris Rn. 14; v. 13. 12. 1994 – VIII R 34/93, BStBl. II 1995, 457, juris Rn. 27; v. 21. 11. 1983 – GrS 2/82, BStBl. II 1984, 160, juris Rn. 89; v. 19. 2. 1982 – VI R 31/78, BStBl. II 1982, 467, juris Rn. 8 ff.; FG Niedersachsen v. 14. 5. 2014 – 9 K 99/13, EFG 2014, 1473, juris Rn. 20 ff. – rkr.; FG Münster v. 27. 11. 2012 – 1 K 4121/09 E, juris Rn. 29 – rkr.; FG Rheinland-Pfalz v. 15. 4. 2010 – 4 K 2699/06, EFG 2010, 1491, juris Rn. 22 ff. – rkr. 455  BFH v. 18. 10. 2007 – VI R 42/04, BStBl. II 2008, 223, juris Rn. 5; v. 13. 12. 1994 – VIII R34/93, BStBl. II 1995, 457, juris Rn. 27 m. w. N.; v. 21. 6. 1989 – X R 20/88, BStBl. II 1989, 831, juris Rn. 13. Besonders eingängig erscheint folgende Formulierung: „Abzustellen ist dabei jedoch jedenfalls nicht auf die Frage, ob der Steuerpflichtige die ihm zur Last gelegte Tat tatsächlich begangen hat, sondern ob der – ggf. auch unberechtigte oder unbewiesene – Schuldvorwurf, der Auslöser des Strafverfahrens und der damit verbundenen

D.  Andere Sanktionen und Sanktionsabwendungskosten

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eine Abgrenzung zu Fällen vollzogen werden, in denen die Tat nur „bei Gelegenheit“ der Berufsausübung begangen wurde.456 Aus diesem Grunde wurde zum Beispiel die betriebliche Veranlassung von Strafverfahrenskosten abgelehnt, die einer (vermeintlichen) Altenpflegerin wegen des Vorwurfs eines (Habgier-)Mordes und von Eigentumsdelikten entstanden waren.457 Eine Tat ist nach dieser Rechtsprechung nicht nur „bei Gelegenheit“ begangen, wenn sie „ausschließlich und unmittelbar aus [der] betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit heraus erklärbar“ ist.458 Mit Ausschließlichkeit ist unter anderem gemeint, dass ein Strafverfahren, dem der Vorwurf mehrerer Delikte zugrunde liegt, von denen ein Teil der Betriebssphäre zuzuordnen ist und ein Teil der Privatsphäre, hinsichtlich seiner Kostentragung nicht gemäß der Veranlassungsanteile aufgespalten wird.459 Ob diesem Grundsatz auch nach Aufgabe der Annahme eines allgemeinen Aufteilungs- und Abzugsverbotes in § 12 Nr. 1 S. 2 EStG durch den Großen Senat460 festgehalten würde, war eine Zeit lang nicht absehbar, ist inzwischen jedoch durch den BFH-Beschluss vom 13. 12. 2016 bestätigt worden.461 Wann eine Tat ausschließlich und unmittelbar aus der Erwerbstätigkeit des Steuerpflichtigen zu erklären ist, macht der BFH von positiven und negativen Abgrenzungen abhängig: Positiv wird dahingehend differenziert, ob die Tathandlung nach dem Willen des Steuerpflichtigen auf die Erzielung von (höheren) Einkünften gerichtet war.462 Derartiges wurde zum Beispiel in Fällen angenommen, in denen sich der Täter zur Sicherung seiner Versorgung mit Aufträgen einer gem. § 299 Abs. 2 StGB strafbaren Bestechung im geschäftlichen Verkehr schuldig gemacht hatte.463 Negativ grenzen die Richter ab, dass nicht ausreichend sei, wenn – im konkreten Fall – die „Berufsausübung nicht hinweggedacht werden Kosten war, im betrieblichen / beruflichen Bereich wurzelt“, FG Köln v. 5. 4. 2001 – 15 K 3696/95, EFG 2001, 1107, juris Rn. 23 – best. 456 BFH v. 20. 10. 2016 – VI R 27/15, BFH/NV 2017, 223, juris Rn. 17 m. w. N.; v. 17. 8. 2011 – VI R 75/10, BFH/NV 2011, 2040, juris Rn. 6; FG Rheinland-Pfalz v. 15. 4. 2010 – 4 K 2699/06, EFG 2010, 1491, juris Rn. 24 – rkr.; FG Münster v. 4. 8. 1993 – 11 K 3632/90 F, EFG 1994, 88, juris Rn. 17 f. – rkr. Krit. Englert, DStR 2009, 1010 (1013). 457  BFH v. 12. 6. 2002 – XI R 35/01, BFH/NV 2002, 1441, juris Rn. 14 f. 458  BFH v. 18. 10. 2007 – VI R 42/04, BStBl. II 2008, 223, juris Rn. 5; BFH v. 12. 6. 2002 – XI R 35/01, BFH/NV 2002, 1441, juris Rn. 14. 459  Vgl. FG Köln v. 5. 4. 2001 – 15 K 3696/95, EFG 2001, 1107, juris Rn. 29 – nrkr. Vgl. auch BFH v. 8. 4. 1964 – VI 165/62 S, BStBl. III 1964, 331, juris Rn. 10 f. 460  BFH v. 21. 9. 2009 – GrS 1/06, BStBl. II 2010, 672. 461  BFH v. 13. 12. 2016 – VIII R 43/14, BFH/NV 2017, 569, juris Rn. 16: „Im Übrigen ist auch eine private Mitveranlassung der Aufwendungen für den Abzug schädlich, weil gemischt veranlasste Strafverteidigungskosten nicht objektiv aufteilbar sind“. A. A. Biesgen, SAM 2014, 158 (161). 462  BFH v. 14. 5. 2014 – X R 23/12, BStBl. II 2014, 684, juris Rn. 30 m. w. N. 463 Ebd.

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§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

kann, ohne dass die Ausgabe [für Kosten des Strafverfahrens] entfiele“464 oder – allgemein betrachtet – der Steuerpflichtige nur deshalb in Verdacht geraten ist, weil zum Beispiel „allein Arbeitnehmer in der Lage [sind], die ihnen vorgeworfene Straftat zu begehen“465. Diese Würdigung birgt Potenzial für Missverständnisse, da es so scheint, als sei sonst üblichen Annahmen zum objektiven Zusammenhang zwischen Einkunftsart und konkretem Verhalten nicht der gewöhnliche Aussagegehalt beizulegen und als bedürfte es in diesen Fällen einer besonders restriktiven Handhabung bei der Erörterung des Veranlassungszusammenhangs. Tatsächlich dürfte dies folgendermaßen gemeint sein: Ausgehend von der Annahme, dass die Berufsausübung dem Steuerpflichtigen Handlungsspielräume eröffnet, soll nicht allein das Ausnutzen dieser Spielräume zur Bestätigung des beruflichen/betrieblichen Zusammenhangs führen, da er diese Spielräume auch für private Zwecke nutzen kann.466 Zur Illustration sei zum Beispiel an die Überlassung einer Tankkarte durch den Arbeitgeber gedacht, die ein Arbeitnehmer absprachegemäß zur Betankung von Dienstwagen auf dienstlichen Fahrten nutzen kann oder entgegen bestehenden Absprachen zur Betankung seines privaten Pkws.467 Wegen der unterschiedlichen Nutzungsmöglichkeiten soll nun aber nicht schon allein das Ausnutzen der erweiterten Handlungsmöglichkeiten zur Annahme des beruflichen/betrieblichen Zusammenhangs führen. So gesehen, geht es weniger um die Forderung nach besonders strengen Maßstäben als um einen typischen Prüfungszusammenhang, der stets solche Verhaltensweisen begleitet, die nicht schon aufgrund ihres auf Anhieb erkennbaren rein berufstypischen Zusammenhangs der Betriebs- oder Privatsphäre zugeordnet werden können. Weiterhin hat der BFH mehrfach geäußert, dass eine etwaige berufliche oder betriebliche Veranlassung aufgehoben wird, wenn ein „Arbeitnehmer seinen Arbeitgeber bewusst schädigen wollte oder sich oder einen Dritten durch die schädigende Handlung bereichert hat.“468 Diese Annahme wird damit begründet, 464  BFH v. 18. 10. 2007 – VI R 42/04, BStBl. II 2008, 223, juris Rn. 7; v. 30. 6. 2004 – VIII B 265/03, BFH/NV 2004, 1639, juris Rn. 3; v. 18. 9. 1987 – VI R 121/84, BFH/NV 1988, 353, juris Rn. 21. 465  BFH v. 18. 10. 2007 – VI R 42/04, BStBl. II 2008, 223, juris Rn. 7 m. w. N. 466 Ähnlich Mack, AG 2009, 365 (366). 467  Die strafrechtlichen Folgen einer absprachewidrigen Nutzung der Tankkarte für private Zwecke beschäftigen die Strafgerichte seit einiger Zeit, zu einem solchen Fall zuletzt etwa OLG Celle v. 7. 10. 2016 – 2 Ss 113/16, NStZ-RR 2017, 80. 468  BFH v. 20. 10. 2016 – VI R 27/15, BFH/NV 2017, 223, juris Rn. 17; v. 17. 8. 2011 – VI R 75/10, BFH/NV 2011, 2040, juris Rn. 6; v. 18. 10. 2007 – VI R 42/04, BStBl. II 2008, 223, juris Rn. 17; v. 9. 12. 2003 – VI R 35/96, BStBl. II 2004, 641, juris Rn. 17; v. 18. 9. 1987 – VI R 121/84, BFH/NV 1988, 353, juris Rn. 21. Vgl auch v. 3. 5. 1985 – VI R 103/82, BFH/ NV 1986, 392, juris Rn. 17 f.

D.  Andere Sanktionen und Sanktionsabwendungskosten

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dass der Arbeitnehmer in solchen Fällen womöglich das Gegenteil desjenigen verwirklicht, wozu er sich in seinem Dienstvertrag verpflichtet hat, und das ausschlaggebende Handeln deswegen „nicht mehr als im Rahmen der beruflichen Zielvorstellungen des Arbeitnehmers liegend angesehen werden“ kann.469 Dieser Aspekt betrifft – das zeigt der Verweis auf die Schädigung des Arbeitgebers – allein die Einkünfteerzielung durch nichtselbständige Arbeit. Er trifft auch im Schrifttum auf Zustimmung.470 Hinter diesen Annahmen steht schließlich der Gedanke, dass der sachliche Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis in Frage gestellt wird, wenn der Arbeitnehmer sich aus dem Bereich desjenigen begibt, was der Arbeitgeber durch die Betätigung seines Weisungsrechtes und die Eingliederung des Arbeitnehmers in seine Organisation vorgibt. Zudem richtet sich ein Verhalten, das den Arbeitgeber schädigt, auch gegen die Erwerbsquelle als solche und ist mit anderen Worten nicht mehr dazu bestimmt, der Einkünfteerzielung aus nichtselbständiger Arbeit zu dienen. Wer sich selbst durch eine Tat bereichern will, der handelt zudem mit Eigeninitiative und nimmt ein Risiko auf sich, das ggf. häufig ebenfalls nicht mehr dem Bereich nichtselbständiger Arbeit entstammt.471 Einschränkend geht die Literatur allerdings davon aus, dass Schädigung und Eigennutz nicht unbedingt im Gleichklang mit strafrechtlichen Tatbestandsmerkmalen verstanden werden. Das gilt insbesondere im Hinblick auf Verhaltensweisen, die aus strafrechtlicher Sicht zum Vorwurf der Untreue führen, der Motivation nach allerdings darauf gerichtet gewesen sind, die Erträge des Arbeit gebenden Unternehmens oder seine Stellung am Markt zu verbessern, so zum Beispiel im Fall der Bildung einer „schwarzen Kasse“, mit der zweifelhafte Geschäfte des Unternehmens unerkannt abgewickelt werden sollten, durch deren Bildung der entsprechende Arbeitnehmer jedoch keinen materiellen Eigenvorteil zu erreichen beabsichtigt. Das ist insofern plausibel, als die beabsichtigte Nutzung der verdeckten Kasse Zwecken dient, deren wirtschaftliche Erträge das Ertragsteuerrecht ebenfalls erfasst. Auch ein solches Verhalten kann betrieblich oder beruflich veranlasst sein.472

469 

BFH v. 18. 9. 1987 – VI R 121/84, BFH/NV 1988, 353, juris Rn. 21. Spatscheck, AG 2012, 452 (452). 471  So kann z. B. die Entgegennahme von Bestechungsgeld durch den Arbeitnehmer zu einem Leistungsaustausch i. S. d. § 22 Nr. 3 EStG (sonstige Einkünfte) führen, vgl. Killat, H/H/R-EStG, § 22 Rn. 391 m. w. N.; Wernsmann/Neudenberger, K/S/M-EStG, § 22 Rn. E 106. 472  s. o. § 3 C. I. 2. b) bb) (6). Vgl. auch die Entscheidungsgründe zu BFH v. 16. 4. 2013 – IX R 5/12, BStBl. II 2013, 806, juris Rn. 13 ff.. Dies wurde dort i. Erg. jedoch abgelehnt, da der Stpfl. die durch Untreue erlangten Gelder zunächst dem Privatvermögen zugeführt hatte, dazu auch Intemann, NZA 2012, 1210. 470 

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§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

Eine weitere Einschränkung wird im Schrifttum für den Fall gemacht, dass der Tatvorwurf nicht bestätigt wird.473 Sie wird damit begründet, dass eine Strafbarkeit wegen Untreue das Bestehen einer Vermögensbetreuungspflicht voraussetzt, die der jeweilige Steuerpflichtige ohne seine berufliche Stellung ggf. gar nicht aufwiese.474 Macht er dann Aufwendungen, um durch seine Verteidigung zu beweisen, dass der Vorwurf eines schädigenden Verhaltens nicht zutrifft, so wird sich der sachliche Zusammenhang der Verteidigungsaufwendungen mit dem Dienstverhältnis kaum in Abrede stellen lassen. Insgesamt lässt sich also festhalten: Strafverteidigungsaufwendungen unterliegen, wie auch andere Aufwendungen, die nicht nur berufstypisch anfallen, zwar einer genauen Betrachtung, wenn es um die Beurteilung ihrer Abziehbarkeit als Erwerbsaufwendungen geht. Davon abgesehen, können sie jedoch ohne weiteres zu abziehbaren Betriebsausgaben oder Werbungskosten führen.

III.  Exkurs: Freiheitsstrafen Nach den Ausführungen zur betrieblichen Veranlassung von Geldstrafen lassen sich auch Feststellungen zur potenziellen Veranlassung von Freiheitsstrafen treffen. Bei jenen wird im steuerrechtlichen Schrifttum an den wenigen Stellen, wo hierzu überhaupt Stellung genommen wird, nahezu einhellig davon ausgegangen, dass sie stets privat veranlasst seien.475 Das träfe zu, wenn man allein darauf abstellt, dass das entzogene Gut (Freiheit) ein solches ist, dass einen ganz überwiegenden Bezug zur Privatsphäre des Steuerpflichtigen aufweist. Die Natur des entzogenen Gutes ist allerdings nicht unbedingt entscheidend für den Veranlassungszusammenhang.476 Nach den vorstehenden Ausführungen zu den nicht eindeutigen Auswirkungen von strafrechtlicher Schuld auf die einkommensteuerrechtliche Veranlassung lässt sich diese Bewertung nicht ohne weiteres bestätigen. So kann auch eine mit einer Freiheitsstrafe geahndete Tat ausschließlich im Kontext der Erwerbssphäre verwirklicht worden sein und können auch hier die Strafzumessungserwägungen diesen Befund bestätigen, sodass insgesamt ein objektiver Zusammenhang der 473  Degel/Haase, DStR 2005, 1260 (1263 f.). Im Falle eines Freispruches kann eine Belastung – trotz § 467 Abs. 1 StPO – auch bestehen bleiben, wenn z. B. infolge des Abschlusses einer Honorarvereinbarung mit dem Strafverteidiger oder sonstigen Beratern mehr für die Verteidigung ausgegeben wurde, als von der Staatskasse ersetzt wird, vgl. BFH v. 13. 12. 2016 – VIII R 43/14, BFH/NV 2017, 569, juris Rn. 21. Dazu auch Danninger/ Leidel/Wobst, WiJ 2014, 215 (226); Depping, DStR 1994, 1487 ff. 474  Degel/Haase, DStR 2005, 1260 (1264). 475  Göggerle, BB 1981, 969 (970); Hoffmann, FR 1958, 66; Mattern, BB 1969, 1049 (1052); Merkert, BB 1965, 823 (825). 476  Vgl. BFH v. 4. 7. 1986 – VI R 227/83, BStBl. II 1986, 771, juris Rn. 8 m. w. N.

D.  Andere Sanktionen und Sanktionsabwendungskosten

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Freiheitsstrafe mit der Erwerbssphäre durchaus vorliegen kann. In einem anderem Zusammenhang477 hat das auch der BFH im Urteil vom 11. 11. 2009 bestätigt und geäußert, dass eine „Inhaftierung“ durch das berufliche Verhalten des Steuerpflichtigen veranlasst sein kann, wenn er die ihm vorgeworfene Tat in Ausübung der beruflichen Tätigkeit begangen hat.478 Nichtsdestotrotz wird man wohl stets zu dem Ergebnis kommen müssen, dass eine Freiheitsstrafe nicht zu Betriebsausgaben oder Werbungskosten führen kann. Der Grund hierfür liegt schlicht darin, dass der Freiheitsentzug nicht unmittelbar zu einem Aufwand führt,479 sondern – Opportunitätskosten ähnlich480 – in erster Linie zur fehlenden Möglichkeit nach eigenem Belieben Einnahmen erzielen zu können. Der Wert der Freiheit an sich führt – wenn man versucht, die philosophische Dimension hinter dieser Wendung auszublenden – wiederum nicht zu einem monetär bezifferbaren Aufwand. Weder die Existenz von Haftentschädigungen481 noch die menschlichen Tragödien, die in gelegentlichen Einzelfällen der Freiheit einen gewillkürten Wert beimessen,482 vermögen diese Aussage zu widerlegen. Ohne das Vorliegen von Aufwendungen gibt es jedoch auch nichts, was sich in die Kategorien einkommensteuerrechtlicher Veranlassung einordnen ließe. Freiheitsstrafen können aus diesem Grunde regelmäßig nicht zur Entstehung von Betriebsausgaben oder Werbungskosten führen. Dementsprechend hat auch der Gesetzgeber in seinem Bestreben, etwaigen durch die „Geldbußenbeschlüsse“ entstehenden Missverständnissen vorzubeugen, keine Veranlassung gesehen, den Anwendungsbereich von § 12 Nr. 4 EStG auch auf die Erfassung von Freiheitsstrafen auszudehnen, denn andernfalls hätte er die Nichtabziehbar477  Es ging um die Beurteilung der Eigenschaft des Steuerpflichtigen als „Grenzgänger“ i. S. d. Art. 15a Abs. 2 S. 2 DBA-Schweiz 1992, die davon abhängt, ob eine bestimmte Anzahl an beruflich bedingten Nichtrückkehrtagen im Kalenderjahr überschritten wird. In der Entscheidung wurde untersucht, ob der Steuerpflichtige diese Höchstgrenze dadurch überschritten hatte, dass er durch eine Inhaftierung in den USA (Untersuchungshaft) an der Rückkehr in seinen Ansässigkeitsstaat gehindert gewesen ist. 478  BFH v. 11. 11. 2009 – I R 50/08, BFH/NV 2010, 647, juris Rn. 24. 479  So auch Heyer, FR 1958, 188 (189). 480  Es handelt sich nicht um „echte“ Opportunitätskosten, da der staatliche Zwang, der den Verbleib im hoheitlichen Gewahrsam gewährleistet, die Möglichkeit der Wahl zwischen den Verhaltensalternativen der Erwirtschaftung von Einkommen in Freiheit und solchem in Gefangenschaft – ggf. faktisch – eliminiert. 481  Hierfür sind v. a. die Vorschriften des Gesetzes über die Entschädigung für Strafverfolgungsmaßnahmen (StrEG) relevant. Die Quantifizierung des Schadensersatzes wird durch § 7 StrEG geregelt, der den Ersatz von Vermögens- und Nicht-Vermögensschäden vorsieht (Abs. 1) und hinsichtlich letzterer für jeden angefangenen Tag der Freiheitsentziehung eine Entschädigung i.H.v. 25 € vorsieht (Abs. 3). 482  Vgl. die „Lösegeldentscheidungen“ des BFH v. 30. 10. 1980 – IV R 223/79, ­BStBl. II 1981, 307; v. 30. 10. 1980 – IV R 27/77, BStBl. II 1981, 303.

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§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

keit von Rechtsfolgen mit überwiegendem Strafcharakter nicht auf solche „vermögensrechtlicher Art“ beschränkt.483

IV.  Fazit Geldauflagen und Aufwendungen zur Erfüllung von Weisungen sind nach der Fassung der Abzugsverbote (§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 S. 2; § 12 Nr. 4 EStG; § 10 Nr. 3 KStG) grundsätzlich nicht abziehbar, wenn sie nicht ausnahmsweise der Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens dienen. Die Abziehbarkeit von Letzteren hat die Finanzgerichte bislang noch nicht beschäftigt, wobei über die Gründe hierfür allenfalls spekuliert werden kann. Naheliegend erscheint, dass durch die Weisungserteilung im Einzelfall entweder kein erheblicher Aufwand entsteht oder die Ausgaben für Verhaltensweisen entstehen, die unproblematisch der steuerlichen Privatsphäre zuzuordnen sind. Hinsichtlich der Faktoren, die maßgeblich für die Beurteilung des Veranlassungszusammenhangs von nicht lediglich schadensrestituierenden Geldauflagen sind, bestehen diverse Unterschiede zu den Geldstrafen. Insbesondere Geldauflagen i. S. d. § 153a Abs. 1 S. 2 Nr. 2 StPO können – entgegen der Ansicht der Finanzrechtsprechung – im Hinblick auf ihre Bemessung nicht mit Geldstrafen gleichgestellt werden. Das gilt vor allem auch insofern, als hier keine Widerlegung der Unschuldsvermutung stattfindet, was eine gewisse Ähnlichkeit mit Geldbußen hervorruft. Ein erheblicher Unterschied zwischen den Veranlassungsfaktoren von Geldauflagen und -strafen besteht hinsichtlich ihrer Bedeutung im Verfahrensablauf: Die Auferlegung von Geldauflagen erfordert regelmäßig die Mitwirkung des Sanktionierten, der bei ihrer Erfüllung typischerweise die Vermeidung noch schwerwiegenderer Folgen vor Augen haben wird. Dieses größere Maß an „Freiwilligkeit“ bei der Zahlung der Geldauflagen lässt sich ebenfalls in eine vorgestellte Veranlassungsprüfung einstellen, kann aber wegen der Bedeutung der Verfahrenseinbettung der Geldauflage nicht allein maßgeblich für die Zuordnung der Geldauflagenzahlung zur Privat- oder Betriebssphäre sein. Diese Zuordnung lässt sich letztlich nur im jeweiligen Einzelfall vornehmen. Strafverteidigungsaufwendungen werden nicht von den Abzugsverboten in den §§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8; 12 Nr. 4 EStG und 10 Nr. 3 KStG erfasst und sind deshalb grundsätzlich als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abziehbar, wenn die dem Steuerpflichtigen zur Last gelegte Tat in Ausübung der beruflichen bzw. betrieblichen Tätigkeit begangen ist oder einem besonderen beruflichen/betrieblichen Risiko entspringt. Dass die Aufwendungen innerhalb von Kriminalstrafverfahren dazu dienen Sanktionen abzuwenden, die nach ihrer eigenen Auffassung rein privat veranlasst sind, hindert die Rechtsprechung nicht 483 Ähnlich

Claus, Gewinnabschöpfung und Steuer, S. 53.

E.  Verfassungsrechtliche Rechtfertigung

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an der Annahme der Abziehbarkeit von Strafverteidigungsaufwendungen. Bei der Prüfung des Veranlassungszusammenhangs legt die Rechtsprechung formal eine schwer nachvollziehbare, restriktive Grundtendenz an den Tag. Materiell orientiert sie sich jedoch überwiegend an nachvollziehbaren Maßstäben, die dazu dienen herauszuarbeiten, ob die vorgeworfene Tat tatsächlich in einem hinreichend engen Zusammenhang mit der steuerlich beachtlichen Sphäre steht. Wo dies im Einzelfall abgelehnt wird, besteht zugleich vielfach die Annahme, dass der Tatvorwurf lediglich der Ausnutzung beruflicher/betrieblicher Gelegenheiten zu im Übrigen privaten Zwecken entspricht. Eine Aufteilung der Aufwendungen in berufliche/betriebliche und private Anteile lehnt die Rechtsprechung ab, was wiederum sachgerecht ist, solange sich bei der Verteidigung in einem einheitlichen Verfahren kein trennscharfer Aufteilungsmaßstab hinsichtlich der Kostenveranlassung nach Tatvorwürfen finden lässt. Auch Freiheitsstrafen sind im steuerrechtlichen Sinne als beruflich oder betrieblich veranlasste Sanktionen denkbar, führen aber in aller Regel nicht zu finanziellen Aufwendungen, die das Schicksal dieser ggf. vorhandenen Veranlassung teilen. Das entspricht der Beschränkung des Gesetzgebers auf „Rechtsfolgen vermögensrechtlicher Art“ in § 12 Nr. 4 EStG.

E.  Verfassungsrechtliche Rechtfertigung von Durchbrechungen des objektiven Nettoprinzips Wenn die von § 12 Nr. 4 EStG erfassten Sanktionen dem Grunde nach betrieblich veranlasste Aufwendungen sein können, führt die Nichtzulassung tatbestandlicher Betriebsausgaben und Werbungskosten zu einer Durchbrechung der mit dem objektiven Nettoprinzip getroffenen Grundentscheidung des Gesetzgebers. Das bedarf zur Rechtfertigung jedoch eines besonderen sachlichen Grundes. Dabei wird die grundsätzliche Entscheidung, die mit § 12 Nr. 4 EStG erfassten Sanktionen als nicht abzugsfähig zu gestalten, nach allgemeiner Ansicht nicht aus verfassungsrechtlichen Gründen in Zweifel gezogen.484 Das BVerfG ist bislang nicht mit § 12 Nr. 4 EStG oder dem – der Sache nach – gleichgerichteten Abzugsverbot in § 10 Nr. 3 KStG befasst worden. Im Beschluss vom 23. 1. 1990485 hat es sich lediglich mit der Frage auseinandergesetzt, ob § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 EStG a. F. auch insofern mit dem Grundgesetz vereinbar gewesen ist, als sie den auf Abschöpfung des wirtschaftlichen Vorteils entfallenden Anteil einer Geldbuße vom Betriebsausgabenabzug ausschließt. Hinsichtlich 484 Das gilt nicht für die Entscheidung zur Nichtabziehbarkeit von Geldstrafen etc. nach ausländischem Recht, Lang, StuW 1985, 10 (23 f.); a. A. Pflaum, StBP 2015, 6 (9). 485  BVerfG v. 23. 1. 1990 – 1 BvL 4, 5, 6, 7/87, BVerfGE 81, 228 = BStBl. II 1990, 483 = BGBl. I 1990, 913.

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§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

der grundsätzlichen Ungleichbehandlung von betrieblich/beruflich veranlassten Geldbußen mit anderen Betriebsausgaben oder Werbungskosten hat der I. Senat zwar darauf verwiesen, dass die entstehende Durchbrechung des objektiven Netto­prinzips zur Rechtfertigung eines entsprechenden sachlichen Grundes bedarf. Im Hinblick auf die grundsätzliche Rechtfertigung des Abzugsverbotes ist es jedoch bei vagen Äußerungen zu den Anforderungen an einen solchen Grund geblieben und hat diese nicht weiter geprüft.486 Trotzdem kann der Entscheidung damit implizit eine Äußerung über die grundsätzliche Verfassungskonformität jener Vorschrift entnommen werden, die sich grundsätzlich im Wege des „Erst-rechtSchlusses“ auch auf die schwerer wiegenden Sanktionen i. S. d. § 12 Nr. 4 EStG übertragen lässt. Auch vom hiesigen Standpunkt wird die grundsätzliche Verfassungskonformität von § 12 Nr. 4 EStG nicht in Frage gestellt, jedoch danach gefragt, welcher Grund die Vorschrift sachlich rechtfertigen kann. Daraus können dann teleologische Argumentationen in einkommensteuerrechtlichen Grenzfragen gewonnen werden. In ähnlicher Weise ist auch der Große Senat beim BFH vorgegangen, als er untersucht hat, ob § 12 Nr. 1 EStG als Normierung eines allgemeinen Aufteilungs- und Abzugsverbotes zu verstehen ist.487 Den nachfolgenden Gedanken zur tragenden Begründung und Rechtfertigung der Abzugsverbote von Sanktionen i. S. d. § 12 Nr. 4 EStG sei die Feststellung vorangestellt, dass der Gesetzgeber durch die Einführung der Abzugsverbote für Sanktionen in § 4 Abs. 5 und § 12 EStG sowie in § 10 KStG keine systematische Neuausrichtung bewirkt,488 sondern lediglich weitere Ausnahmen von den Regelungen zur Umsetzung des objektiven Nettoprinzips ausdrücklich festgeschrieben hat. Dementsprechend hat er sich durch die Einführung jener Regeln auch in keiner Weise der Wirkung des Folgerichtigkeitsgebotes und erst recht nicht von jener des Leistungsfähigkeitsprinzips entledigt. Angelehnt an die eingangs erläuterten Grundsätze, die das BVerfG in Fällen der Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips regelmäßig anwendet, soll nachfolgend vor allem untersucht werden, ob eine solche Rechtfertigung aus der typisierenden Fiktion des Vorliegens stets allein oder überwiegend privater Veranlassung, also letztlich aus einem Vereinfachungszweck, oder aus der Verfolgung außerfiskalischer Förderungs- und Lenkungszwecke gewonnen werden kann. 486  Tiefergehende Äußerungen hat das Gericht – entsprechend dem Vorlagebeschluss – nur zu den Auswirkungen der Einbeziehung von Abschöpfungsanteilen in die Geldbuße selbst (§ 17 Abs. 4 OWiG) getätigt. 487  BFH v. 21. 9. 2009 – GrS 1/06, BStBl. II 2010, 672, juris Rn. 91 ff., wo u. a. erörtert worden ist, ob Praktikabilitätserfordernisse oder Erfordernisse der Steuergerechtigkeit verlangen, dass § 12 Nr. 1 S. 2 EStG i. S. e. allgemeinen Aufteilungs- und Abzugsverbotes auszulegen ist. 488  Pflaum, StBP 2015, 6 (10).

E.  Verfassungsrechtliche Rechtfertigung

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I.  § 12 Nr. 4 EStG als materiell typisierende Fiktion zwecks Vereinfachung der Rechtsanwendung Geldstrafen und -auflagen sind nach hier vertretener Ansicht im Einzelfall sowohl als Aufwendungen denkbar, die entweder eindeutig der Privatsphäre, eindeutig der Betriebssphäre oder in unterschiedlichem Verhältnis beiden Sphären zuordenbar sind. Indem der Gesetzgeber dem Rechtsanwender erspart, sich im Einzelfall damit auseinandersetzen zu müssen, inwiefern Aufwendungen durch die eine oder die andere Sphäre veranlasst sind, wird in jedem Fall eine Vereinfachung der Rechtsanwendung bewirkt. Diese kann allerdings nicht Selbstzweck sein, sondern unterliegt ihrerseits bestimmten Zulässigkeitsanforderungen. Im Ansatz stellt jedes Gesetz eine Typisierung dar, indem es aus den vorkommenden Erscheinungen der Lebenswirklichkeit einige herausgreift, in einen Zusammenhang stellt489 und bestimmten Rechtsfolgen zuführt: so zum Beispiel durch die Zusammenstellung strafwürdiger und -bedürftiger Verhaltensweisen und deren Strafbewehrung im StGB oder eben durch die Beschreibung bestimmter im Rahmen der Einkommensbesteuerung zu erfassender Sachverhalte im Rahmen des EStG. 1.  Bedeutung und Vorteile der gesetzlichen Typisierung Wenn in den Entscheidungen des BVerfG von Typisierung oder Typisierungsspielräumen des Gesetzgebers die Rede ist, ist damit selbiges gemeint, allerdings zumeist in Bezug auf niedrigere Abstraktionsstufen, zum Beispiel innerhalb der durch die Regelung eines Spezialgesetzes wie dem StGB oder EStG erzeugten Ordnung. In seiner ständigen Rechtsprechung spricht das BVerfG daher von Typisierung, wenn der Gesetzgeber „bestimmte in wesentlichen Elementen gleich geartete Lebenssachverhalte normativ zusammen[fasst]“ und „Besonderheiten, die im Tatsächlichen durchaus bekannt sind, generalisierend vernachlässigt.“490 Zur Ordnung von Massenerscheinungen – also gerade in Rechtsbereichen wie dem Steuer- und Sozialrecht491 – ist ein solches Vorgehen unerlässlich, wenn die Verwaltung derselben praktikabel sein soll.492 Werden Gesetze so gefasst, dass 489 

P. Kirchhof, HbdStR V, § 118 Rn. 97 m. w. N. BVerfG v. 7. 5. 2013 – 2 BvR 909, 1981/06, 288/07, BVerfGE 133, 377, juris Rn. 87 = BGBl. I 2013, 1647; v. 6. 7. 2010 – 2 BvL 13/09, BVerfGE 126, 268, juris Rn. 38 = BGBl. I 2010, 1157; v. 9. 12. 2008 – 2 BvL 1, 2/07, 1, 2/08, BVerfGE 122, 210, juris Rn. 60 = BGBl. I 2008, 2888; v. 23. 6. 2004 – 1 BvL 3/98, BVerfGE 111, 115, juris Rn. 63 = BGBl. I 2004, 2058. 491  So schon BVerfG v. 16. 12. 1958 – 1 BvL 3/57, BVerfGE 9, 20, juris Rn. 43 = BGBl. I 1959, 26. 492  BVerfG v. 12. 10. 2010 – 1 BvL 12/07, BVerfGE 127, 224, juris Rn. 52 = BGBl. I 2010, 1766. Vgl. zur Typisierungskompetenz mit dem Zweck der Ordnung von Massener490 

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§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

sie von den Rechtsanwendern in der Verwaltung in großer Zahl eine zu intensive Prüfung des einzelnen Falles verlangen, bedingt dies, dass – bei gleichzeitig limitierten Kapazitäten der Verwaltung – die Qualität der individuellen Prüfung nicht mehr in jedem Einzelfall gesichert werden kann und die Gleichmäßigkeit des Gesetzesvollzugs leidet. Das ist in verschiedenen Szenarien denkbar. So zum Beispiel, wenn innerhalb eines Steuergesetzes thematisch ähnliche Regelungsbereiche mit zahlreichen Spezialregelungen durchsetzt sind, die lediglich aufgrund geringer Unterschiede voneinander zu differenzieren sind, aber zu erheblich unterschiedlichen Rechtsfolgen führen können („Überdifferenzierung“493). In diesem Sinne ist die gesetzliche Typisierung sowohl eine Frage effizienter Allokation von Ressourcen der Verwaltung als auch eine solche des gleichmäßigen Gesetzesvollzugs.494 Daneben kann eine weitere Facette gesetzlicher Typisierung auch in ihrer freiheitsschonenden Wirkung liegen. Dies ist der Fall, wenn der Gesetzgeber dem Rechtsanwender durch die Typisierung erspart, im Zuge seiner Aufklärungspflichten in grundrechtssensible Bereiche der Privatsphäre vordringen zu müssen,495 so zum Beispiel bei der typisierenden Erfassung und Abzugsbeschränkung von und für Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer.496 Die gesetzliche497 Typisierung kann insbesondere ein Instrument zur Vereinfachung der Verwaltung bei der Prüfung von Zusammenhängen zwischen individuellen Lebensvorgängen und der einkommensteuerlichen Betriebs- oder Privatsphäre sein. Schließlich erreicht sie die Verwaltungsvereinfachung über einen Mittelweg zwischen einer knapp und allgemein gehaltenen Regelung (z. B. § 4 Abs. 4 EStG) und einer kasuistisch zergliederten Erfassung denkbarer Lebensvorgänge, die zu positiven und negativen Einkünften führen.498 Das erklärt, scheinungen insb. im Steuerrecht auch BVerfG v. 4. 7. 2012 – 2 BvC 1/11, BVerfGE 132, 39, juris Rn. 29 = BGBl. I 2012, 1769; v. 6. 7. 2010 – 2 BvL 13/09, BVerfGE 126, 268, juris Rn. 37 f. = BGBl. I 2010, 1157; v. 9. 12. 2008 – 2 BvL 1, 2/07, 1, 2/08, BVerfGE 122, 210, juris Rn. 60, 75 = BGBl. I 2008, 2888; v. 21. 6. 2006 – 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164, juris Rn. 75 = BGBl. I 2006, 1857; v. 6. 3. 2002 – 2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73, juris Rn. 201 = BGBl. I 2002, 1305; i. d. S. schon BVerfG v. 16. 12. 1958 – 1 BvL 3/57, BVerfGE 9, 20, juris Rn. 43 = BGBl. I 1959, 26 zur Arbeitslosenhilfe. S. ferner G. Kirchhof, H/H/R-EStG, Einf. EStG Rn. 266; Wernsmann, H/H/Sp-AO, § 4 Rn. 451; ders., DStR-Beih. 2011, 72 (72). 493  P. Kirchhof, HbdStR V, § 118 Rn. 97. 494 Vgl. BVerfG v. 7. 12. 1999 – 2 BvR 301/98, BVerfGE 101, 297, juris Rn. 38; v. 10. 4. 1997 – 2 BvL 77/92, BVerfGE 96, 1, juris Rn. 25 m. w. N. 495  P. Kirchhof, HbdStR V, § 118 Rn. 100. 496  BVerfG v. 7. 12. 1999 – 2 BvR 301/98, BVerfGE 101, 297, juris Rn. 39 = ­BStBl. II 2000, 162. 497  Hiervon zu unterscheiden ist die durchaus kritisch zu sehende Typisierung durch den Rechtsanwender, die sich als vereinfachte Form der Sachverhaltsermittlung darstellt, vgl. hierzu Wernsmann, DStR-Beih. 2011, 72 (73). 498  Als Zeugnis des möglichen Umfangs einer solchen Kasuistik mögen allein die vielfach in der Kommentarliteratur anzutreffenden „ABC“-Auflistungen u. Ä. zu den einzel-

E.  Verfassungsrechtliche Rechtfertigung

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weshalb der Gesetzgeber gerade in diesem Zusammenhang umfangreich von diesem Instrument Gebrauch macht.499 Beispiele hierfür sind etwa die Qualifizierung von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer und dessen Ausstattung (§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG) als nichtabziehbare Betriebsausgaben sowie die nur begrenzte Erfassung von Wegekosten (§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6 EStG) oder der umfassende Ausschluss von Aufwendungen für eine erste Berufsausbildung vom Betriebsausgabenbegriff (§ 4 Abs. 9 S. 1 EStG). 2.  Anforderungen an zulässige gesetzliche Typisierung Bei den Vorteilen, die die Typisierung bietet, muss stets im Blick gehalten werden, dass die mit ihr einhergehende Außerachtlassung individueller Besonderheiten im Einzelfall auch die Entstehung unvermeidlicher Härten provoziert.500 Deshalb muss der Gesetzgeber bei der Schaffung typisierender Regelungen bestimmte Zulässigkeitsvoraussetzungen beachten. Nur wenn er jene Grenzen gewahrt hat, kann der Gesetzgeber die sachliche Rechtfertigung für die entstehenden Durchbrechungen des allgemeinen Gleichheitssatzes schon aus dem Ziel der Verwaltungsvereinfachung an sich beziehen.501 Jene Grenzen zulässiger gesetzlicher Typisierung sind durch die Rechtsprechung des BVerfG in zahlreichen Entscheidungen überprüft und konkretisiert worden: Im Ausgangspunkt darf der Gesetzgeber für eine gesetzliche Typisierung keinen atypischen Fall als Leitbild wählen, sondern muss realitätsgerecht den typischen Fall als Maßstab zugrunde legen.502 Welcher Fall realitätsgerecht nen Erwerbseinnahmen und -aufwendungen dienen, vgl. Bergkemper, H/H/R-EStG, § 9 Rn. 614; Kanzler, H/H/R-EStG, § 4 Rn. 570, 850 ff.; Thürmer, Blümich/EStG, § 9 Rn. 700; hierzu auch Tipke, DStJG 3 (1980), 1 (2 f.). 499  Vgl. BFH v. 15. 6. 2010 – VIII R 33/07, BStBl. II 2011, 503, juris Rn. 13: „Im häufig unklaren und deshalb auch streitanfälligen Grenzbereich zwischen Einkünfteerzielungsund Privatsphäre darf der Gesetzgeber typisierende Regelungen schaffen und bestimmte Aufwendungen, die nach allgemeinen Maßstäben im Einzelfall Werbungskosten oder Betriebsausgaben sein könnten, generell vom Abzug ausschließen.“ 500  St. Rspr.: BVerfG v. 7. 5. 2013 – 2 BvR 909, 1981/06, 288/07, BVerfGE 133, 377, juris Rn. 86 ff. = BGBl. I 2013, 1647; v. 6. 7. 2010 – 2 BvL 13/09, BVerfGE 126, 268, juris Rn. 38; v. 23. 6. 2004 – 1 BvL 3/98, 9/02 und 2/03, BVerfGE 111, 115, juris Rn. 63; v. 4. 4. 2001 – 2 BvL 7/98, BVerfGE 103, 310, juris Rn. 42; v. 15. 12. 1987 – 1 BvR 563, 582/85, 974/86 und 1 BvL 3/86, BVerfGE 77, 308, juris Rn. 109; v. 23. 6. 1970 – 2 BvL 8/65, BVerfGE 29, 22, juris Rn. 29; v. 26. 6. 1961 – 1 BvL 17/60, BVerfGE 13, 21, juris Rn. 24. 501  BVerfG v. 19. 4. 1977 – 1 BvL 17/75, BVerfGE 44, 283, juris Rn. 18 f. m. w. N.; vgl. Wernsmann, H/H/Sp-AO, § 4 AO Rn. 453 m. umfgr. w. N. unter Fn. 8. 502 BVerfG v. 23. 6. 2015 – 1 BvL 13, 14/11, BVerfGE 139, 285, juris Rn. 77 ff. =­ BStBl. II 2015, 87= BGBl. I 2015, 1423; v. 6. 7. 2010 – 2 BvL 13/09, BVerfGE 126, 268, juris Rn. 38 = BGBl. I 2010, 1157; v. 7. 11. 2006 – 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1, juris Rn. 96 = BStBl. II 2007, 192 = BGBl. I 2007, 194; v. 16. 3. 2005 – 2 BvL 7/00, BVerfGE 112, 268,

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§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

als „typisch“ zu bezeichnen ist, muss der Gesetzgeber nach den „ihm vorliegenden Erfahrungen“ bewerten.503 Besonders in Bezug auf komplexe Regelungsmaterien und umfangreiche Reformvorhaben darf sich der Gesetzgeber zunächst mit einer grob typisierenden Regelung begnügen, um diese nach hinreichender Sammlung von Erfahrungen allmählich durch eine differenziertere zu ersetzen.504 Eine verfassungsrechtliche Beanstandung findet in solchen Fällen erst statt, wenn der Gesetzgeber eine Überprüfung und Anpassung trotz ausreichenden Erfahrungsmaterials für eine sachgerechtere Lösung unterlässt.505 Verallgemeinerungsfähige Aussagen über die Anforderungen an Beschaffenheit und Umfang des Erfahrungsschatzes bzw. der Entscheidungsgrundlagen hat das BVerfG nicht getroffen und dürften als solche wohl auch kaum zu treffen sein. Neben der realitätsgerechten Ausrichtung des Tatbestandes am typischen Fall dürfen die infolge der Typisierung entstehenden Härten – auch bei Nichtbestehen der typisierenden Regelung – nur schwer zu vermeiden sein, lediglich eine verhältnismäßig kleine Zahl von Personen betreffen und der so bewirkte Verstoß gegen den Gleichheitssatz darf nicht sehr intensiv sein.506 Der Preis, zu dem der Zugewinn an verwaltungsseitiger Rechtsanwendungsvereinfachung erkauft wird, muss schließlich auch in angemessenem Verhältnis zum gewonnenen Vorteil stehen.507 juris Rn. 70 = BGBl. I 2005, 1622; v. 7. 10. 1969 – 2 BvR 555/67, BVerfGE 27, 142, juris Rn. 26. 503  BVerfG v. 7. 5. 2013 – 2 BvR 909, 1981/06, 288/07, BVerfGE 133, 377, juris Rn. 86 = BGBl. I 2013, 1647; v. 6. 7. 2010 – 2 BvL 13/09, BVerfGE 126, 268, juris Rn. 38 = BGBl. I 2010, 1157; v. 9. 12. 2008 – 2 BvL 1, 2/07, 1, 2/08, BVerfGE 122, 210, juris Rn. 60 = BGBl. I 2008, 2888; v. 8. 10. 1991 – 1 BvL 50/86, BVerfGE 84, 348, juris Rn. 40 = BGBl. I 1991, 2170; v. 31. 5. 1988 – 1 BvR 520/83, BVerfGE 78, 214, juris Rn. 36; v. 28. 6. 1960 – 2 BvL 19/59, BVerfGE 11, 245, juris Rn. 46. 504  Vgl. BVerfG v. 7. 5. 2013 – 2 BvR 909, 1981/06, 288/07, BVerfGE 133, 377, juris Rn. 148 = BGBl. I 2013, 1647; v. 3. 6. 1980 – 1 BvR 967, 973, 627, 737/78, BVerfGE 54, 173, juris Rn. 60; v. 26. 3. 1980 – 1 BvR 121, 122/76, BVerfGE 54, 11, juris Rn. 69 = B ­ StBl. II 1980, 1083 m. w. N. 505  BVerfG v. 3. 4. 2001 – 1 BvR 1629/94, BVerfGE 103, 242, juris Rn. 63 = BGBl. I 2001, 774; v. 28. 4. 1999 – 1 BvL 22, 34/95, BVerfGE 100, 59, juris Rn. 163 = BGBl. I 1999, 1060; v. 8. 4. 1986 – 1 BvR 1186, 1574, 1704,/83, 291, 334, 271/84, BVerfGE 71, 364, juris Rn. 83 = BGBl. I 1986, 536. Vgl. BVerfG v. 7. 5. 2013 – 2 BvR 909, 1981/06, 288/07, ­BVerfGE 133, 377, juris Rn. 148 = BGBl. I 2013, 1647 m. w. N. 506  BVerfG v. 7. 5. 2013 – 2 BvR 909, 1981/06, 288/07, BVerfGE 133, 377, juris Rn. 88 = BGBl. I 2013, 1647; v. 6. 7. 2010 – 1 BvL 9/06, BVerfGE 126, 233, juris Rn. 80 = BGBl. I 2010, 1157; v. 28. 4. 1999 – 1 BvL 22/95, BVerfGE 100, 59, juris Rn. 130 = BGBl. I 1999, 1060; v. 8. 10. 1991 – 1 BvL 50/86, BVerfGE 84, 348, juris Rn. 40 = BGBl. I 1991, 2170; v. 8. 2. 1983 – 1 BvL 28/79, BVerfGE 63, 119, juris Rn. 39 = BGBl I 1983, 451. 507  BVerfG v. 4. 2. 2009 – 1 BvL 8/05, BVerfGE 123, 1, juris Rn. 55 = BGBl. I 2009, 1046; v. 15. 1. 2008 – 1 BvL 2/04, BVerfGE 120, 1, juris Rn. 130 = BGBl. I 2008, 1006; v. 7. 11. 2006 – 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1, juris Rn. 96 = BStBl. II 2007, 192 = BGBl. I

E.  Verfassungsrechtliche Rechtfertigung

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3.  Beachtung dieser Vorgaben durch § 12 Nr. 4 EStG Fragt man sich, ob § 12 Nr. 4 EStG als gesetzliche Typisierung und Vereinfachungszwecknorm überzeugen kann, muss vorab untersucht werden, ob § 12 Nr. 4 EStG wirklich den typischen Fall als Leitbild wählt. Ausdrücklich ist ein solches Verständnis der Regelung nicht postuliert worden508 und auf den ersten Blick erscheint schon schwer verständlich, wie dann ggf. das Abzugsverbot in § 10 Nr. 3 KStG zu erklären sein soll: Körperschaften haben keine außerbetriebliche Sphäre, sodass eine fingierte Zuweisung zur Privatsphäre dort auch die Fiktion der Privatsphäre an sich voraussetzte.509 Das erscheint nicht unüberwindlich,510 führt aber zu dem Gedanken, ob sich die Abzugsverbote nicht überzeugender aus ggf. verfolgten Sozialzwecken denn aus einem eventuell vorhandenen Vereinfachungszweck legitimieren lassen. Der Frage, ob letzterer vorhanden ist und überhaupt zur Begründung der Sanktionsabzugsverbote tauglich erscheint, dienen die nachfolgenden Betrachtungen. a)  Objektiver Zusammenhang bei alleiniger Betrachtung des Tatvorwurfs Lässt man die Bemessung der jeweiligen Sanktion gänzlich außer Betracht und wendet sich nur dem Tatverdacht und -vorwurf zu, der im Zuge der Strafverfolgung aus dem Verhalten des Steuerpflichtigen abgeleitet worden ist, wird relativ betrachtet keine signifikante Vereinfachung herbeigeführt. Dafür spricht vor allen Dingen, dass die Beurteilung der Abzugsfähigkeit von Aufwendungen für das Strafverfahren und die Strafverteidigung durch die Finanzverwaltung und die Rechtsprechung ebenfalls regelmäßig unter Betrachtung der Veranlas-

2007, 194; v. 20. 4. 2004 – 1 BvR 905/00, 1748/99, BVerfGE 110, 274, juris Rn. 58; v. 20. 12. 1966 – 1 BvR 320/57, 70/63, BVerfGE 21, 12, juris Rn. 60 = BStBl. III 1967, 7. 508  Der Bezug der Rechtsprechung des RFH zur typisierenden Sachverhaltsfeststellung ist bereits unter § 3 B. I. 1. a), insb. § 3 B I. 1. a) cc) dargestellt worden. Auch Tanzer hat die Rechtsprechung aus der Zeit vor der Regelung von § 12 Nr. 4 EStG als Fall einer Überlagerung der „causa“ durch den „Typus“ begriffen, Tanzer, Geldstrafen im Abgabenrecht, S. 25, 133. Als Festschreibung dieser Rechtsprechung wollten wiederum die Entwurfsverfasser des § 12 Nr. 4 EStG die Vorschrift verstanden wissen, § 3 B. I. 2. c) aa) unter § 3 Fn. 99. Auf das Verständnis des § 12 Nr. 4 EStG i. S. e. materiellen Typisierung läuft auch die Ansicht des IV. Senats des BFH hinaus, vgl. BFH v. 14. 4. 1986 – IV R 260/84, BStBl. II 1986, 518, juris Rn. 13. Pflaum hält die unterschiedliche Handhabung ausländischer Sanktionen i.R.d. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 und i.R.d. § 12 Nr. 4 EStG für „noch vom Typisierungsspielraum des Gesetzgebers gedeckt“, Pflaum, StBP 2015, 6 (9). 509  Vgl. die Nachw. unter § 4 Fn. 475. 510  Im Schrifttum wird teilweise davon ausgegangen, dass Körperschaften eine Privatsphäre oder außerbetriebliche Sphäre haben können, vgl. etwa Hey, Tipke/Lang, § 11 Rn.  37. m. w. N.; Musil, H/H/R-EStG, § 2 Rn. 373.

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§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

sung des die Kosten auslösenden Tatvorwurfs vorgenommen wird:511 Zur Untersuchung der Abzugsfähigkeit muss der Steuerpflichtige der Finanzverwaltung und den Finanzrichtern regelmäßig entsprechend aussagekräftige Unterlagen, etwa das Urteil des Strafgerichts, überlassen, aus denen die zuständigen Finanzbeamten dann ihre Beurteilung des Falles entwickeln. Die Untersuchung des Veranlassungszusammenhangs der Geldstrafen, -auflagen etc. bewirkte hier relativ gesehen keinen Mehraufwand und absolut betrachtet keinen besonders hohen Aufwand. Die gleichen Mittel zu Beweiserhebungen werden auch herangezogen und der gleiche Aufwand wird auch erforderlich, wenn der Steuerpflichtige nachweisen will, dass bestimmte Schadensersatzzahlungen im Zusammenhang mit strafrechtlich relevantem Verhalten betrieblich veranlasst gewesen sind, etwa, wenn er eine schadensrestituierende Auflage i. S. d. § 56b Abs. 2 S. 1 Nr. 1 StGB als Betriebsausgabe geltend machen will.512 Aus diesem Blickwinkel ist keine Orientierung der Nichtabziehbarkeit am typischen Fall einer überwiegend oder rein privaten Veranlassung zu erkennen, ebenso keine wesentliche Vereinfachung des Arbeitsaufwandes für die Finanzverwaltung und die Finanzgerichte oder die Vermeidung von Härten, die bei einer Einzelfallprüfung nahezu unausweichlich zu erwarten wären. b)  Einbeziehung der Strafzumessungserwägungen Ergebnisoffen lässt sich damit nach hier vertretener Ansicht lediglich diskutieren, ob die Gesamtschau der sanktionierten Tat und der ihr folgenden Sanktionsbemessung überzeugend für ein anderes Ergebnis streiten kann. Ein zwingender Rahmen hinsichtlich der grundsätzlich zu berücksichtigenden Faktoren bei der Zumessung besteht lediglich bei der Geldstrafe. Hier hat die zuvor unternommene Untersuchung gezeigt, dass lediglich ein einziger Faktor bei jeder Zumessung einer Geldstrafe zu berücksichtigen ist, der regelmäßig zumindest auch einen Bezug zur Privatsphäre des Steuerpflichtigen aufweist: nämlich die Berechnung des Nettoeinkommens bei der Bestimmung der Tagessatzhöhe. Dieser Faktor ist wiederum, angelehnt an die Haltung, die auch in der Strafrechtswissenschaft vertre-

511  BFH v. 14. 5. 2014 – X R 23/12, BStBl. II 2014, 684, juris Rn. 30; v. 18. 10. 2007 – VI R 42/04, BStBl. II 2008, 223, juris Rn. 5; v. 30. 6. 2004 – VIII B 265/03, BFH/NV 2004, 1639, juris Rn. 3; v. 12. 6. 2002 – XI R 35/01, BFH/NV 2002, 1441, juris Rn. 14; v. 13. 12. 1994 – VIII R 34/93, BStBl. II 1995, 457, juris Rn. 27; v. 19. 2. 1982 – VI R 31/78, BStBl. II 1982, 467, juris Rn. 10; FG Niedersachsen v. 14. 5. 2014 – 9 K 99/13, EFG 2014, 1473, juris Rn. 20 ff. – rkr.; FG Münster v. 27. 11. 2012 – 1 K 4121/09 E, juris Rn. 29 – rkr.; FG Rheinland-Pfalz v. 15. 4. 2010 – 4 K 2699/06, EFG 2010, 1491, juris Rn. 22 ff. – rkr. Vgl. auch H 12.3 EStH 2015. 512  H 12.3 EStH 2015. Vgl. BFH v. 15. 1. 2009 – VI R 37/06, BStBl. II 2010 111, juris Rn. 18; v. 28. 1. 2005 – VIII B 117/03, BFH/NV 2005, 1110, juris Rn. 6.

E.  Verfassungsrechtliche Rechtfertigung

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ten wird, quantitativ und vor allem auch qualitativ als „Hilfsgröße“ zu verstehen und nicht „prägend“ für den Charakter der individuellen Geldstrafe.513 Von diesem Standpunkt aus kann nicht gesagt werden, dass die Faktoren, die bei der Bemessung der Geldstrafe zu berücksichtigen sind, schon in der Basis so starke – und deswegen die typisierende Betrachtungsweise rechtfertigende – Bezüge zur Privatsphäre des Steuerpflichtigen aufweisen, dass im Übrigen nur noch unter singulären Umständen überhaupt eine überwiegend betriebliche/ berufliche Veranlassung in Betracht käme. Im Gegenteil zeigt die Rechtsprechungsgeschichte in Bezug auf diese Frage, dass bereits früh versucht wurde, eine Kategorie von Straftaten zu typisieren, die wegen ihres nahen Bezugs zur Betriebs-/Berufssphäre und eines geringen Schuldgehaltes im Strafausspruch zu abzugsfähigen Erwerbsaufwendungen führen. Gleichzeitig zeigt auch der geschichtliche Wandel der rechtlichen Standpunkte, dass einige Zeit vor Einführung des § 12 Nr. 4 EStG die Überzeugung bestand, dass Strafen nicht per se privat veranlasst sein müssten. Zieht man schließlich in Betracht, welcher Mehraufwand den Rechtsanwendern entstünde, wenn sie sich mit den Einflüssen der Strafzumessung auf den Charakter der Sanktion auseinandersetzen müssten, so könnte lediglich erwartet werden, dass sie sich – bei der Betrachtung von Geldstrafen – mit den im Urteil wiedergegebenen, für die Zumessung der Strafe bestimmenden Umständen auseinandersetzen und diese neben dem Tatvorwurf in die Bewertung des Veranlassungszusammenhangs mit einfließen lassen. Dies wäre ein Aufwand, der das zuvor erläuterte Maß bei der Prüfung von Strafverfahrensaufwendungen und schadenswiedergutmachenden Aufwendungen ebenfalls kaum überschreitet und kein weitergehendes Eindringen in die Privatsphäre des Steuerpflichtigen erfordert. Nach alldem erscheint es also nicht überzeugend, die Regelung in § 12 Nr. 4 EStG als materielle Typisierung und partielle Fiktion eines stets privaten Veranlassungszusammenhangs von Geldstrafen zu begreifen, da sich eine solchermaßen begriffene Fiktion weder ausreichend am „typischen“ Fall orientiert noch zur Besorgung einer erheblich vereinfachenden Wirkung bei der Rechtsanwendung im Zusammenhang mit den Folgen delinquenten Verhaltens geeignet erscheint.

II.  Abzugsverbote für Sanktionen als Sozialzwecknormen Im Gegensatz zu einer möglichen Rechtfertigung durch einen Vereinfachungszweck, die im steuerrechtlichen Diskurs kaum Widerhall gefunden hat, gab und gibt es vereinzelt Äußerungen in Rechtsprechung und Schrifttum, die darauf hindeuten, dass sowohl die Abzugsverbote in § 12 Nr. 4 EStG und § 10 Nr. 3 KStG als 513 

Dazu § 3 C. I. 2. c) cc).

226

§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

auch die Abzugsbeschränkung und Abzugsverbote in § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 EStG als durch den mit ihnen verfolgten Sozialzweck gerechtfertigt angesehen werden.514 Auffällig ist allerdings auch hierbei, dass kaum jemals vertieft darauf eingegangen wird, worin dieser Zweck genau bestehen soll, obwohl jener im Rahmen einer teleologischen Auslegung der Vorschriften ggf. zum tragenden Argument dafür werden muss, weshalb von den Abzugsverboten nicht ausdrücklich benannte Sanktionen im Einzelfall nicht abziehbar sein sollen. 1.  Kein Fiskalzweck Durch die Regelung und Anwendung der konstitutiven Abzugsverbote kommt es auch zu einer (relativen) Erhöhung der staatlichen Einnahmen. Wie die Geschichte der Besteuerung von Delinquenz und die Entwicklung der Nichtabziehbarkeit bestimmter Sanktionen im Ertragsteuerrecht gezeigt hat, wurden diesbezügliche, belastungserhöhende Entscheidungen vielfach in zeitlicher Nähe zu einem jeweils erhöhten Finanzbedarf der öffentlichen Haushalte getroffen (Haushaltsnotlage nach dem Ersten Weltkrieg, Vollzug des Vierjahresplanes und Bevorstehen militärischer Kampagnen, Haushaltsnotlage nach dem Zweiten Weltkrieg). Abgesehen davon, dass allein fiskalische Interessen die Rechtfertigung einer Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips nicht tragen können, hat die Entwicklungsgeschichte aber gezeigt, dass die Nichtabziehbarkeit von Sanktionen zu keiner Zeit mit fiskalischen Interessen begründet worden ist. Bedenkt man, dass die Abzugsverbote vor allem dazu beitragen, die der Höhe entsprechende quantitative Wirkung bereits verhängter Sanktionen zu bewahren, das Hoheitswesen aber (grundsätzlich) ein Nullaufkommen an Sanktionseinnahmen anstrebt,515 so ist klar, dass der Fiskalzweck nicht mehr als ein reiner Reflex anderweitig verfolgter Sozialzwecke sein kann.516 514  Angedeutet in BFH v. 14. 4. 1986 – IV R 260/84, BStBl. II 1986, 518, juris Rn. 9 ff., insb. 13 m. w. N. zur Rspr. vor Einführung der gesetzlichen Regelungen; hierzu s. § 3 B. I. 2. a) bb). Vgl. Claus, Gewinnabschöpfung und Steuer, S. 52; Lang, StuW 1985, 10 (23); Pflaum, StBP 2015, 6 (10 f.). 515  Drüen, DB 2013, 1133 (1135). Aufgrund der fehlenden (normativen) Einnahmeerzielungsabsicht lassen sich Geldstrafen, -bußen usw. auch nicht unter den Begriff der „Steuer“ einordnen, dazu Wernsmann, H/H/Sp-AO, § 3 Rn. 128. Zur einnahmesystematischen Einordnung von Geldstrafen und anderen monetären Sanktionen aus finanzwissenschaftlichem Blickwinkel Dickertmann/Gelbhaar, Verw 1995, 475 (476 ff.). 516  Im Einzelfall wird sich das u.U. bestreiten lassen, vgl. AG Herford v. 13. 7. 2011 – 11 OWi  73 Js 1574/10 - 590/10, DAR 2012, 478, juris Rn. 20: „Es bestand eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Polizeibeamten an der fraglichen Stelle nur deshalb gemessen haben, um Anzeigen zu schreiben, Verkehrssünder zu erwischen und ihr Monatspensum zu erwirtschaften“; in diese Richtung auch „Millionen-Geschäft mit Bußgeldern“ in „Auto Motor und Sport“ v. 30. 9. 2013, abrufbar unter: http://www.auto-mo-

E.  Verfassungsrechtliche Rechtfertigung

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2.  Verfassungsgerichtliche Vorgaben für außerfiskalische Förderungs- und Lenkungsziele Hauptzweck einer „Steuer“ muss nicht der Zweck staatlicher Einnahmenerzielung sein. Das stellt § 3 (Abs. 1 Hs. 2) AO klar, der – wenn auch normhierarchisch nicht hierzu berufen – nach allgemeiner Ansicht den Steuerbegriff der Finanzverfassung im X. Abschnitt des Grundgesetzes (Art. 104a ff. GG) zutreffend abbildet.517 Wo der Fiskalzweck als Hauptzweck der Steuer in den Hintergrund tritt, bedeutet dies, dass die formell im Gewand einer Steuervorschrift gekleidete Norm in erster Linie einen „Sozialzweck“, also die Beeinflussung des Verhaltens aller durch den Anwendungsbereich der Regelung betroffenen Bürger, verfolgt. An der Verfolgung eines solchen „Förderungs- oder Lenkungszwecks“ ist der Gesetzgeber auch nach Ansicht des BVerfG nicht gehindert, wenn er dies aus Gründen des Gemeinwohls unternimmt.518 Diese Form mittelbarer Verhaltensbeeinflussung in Wirtschaft und Gesellschaft ersetzt den Imperativ eines zwingenden Ge- oder Verbots durch die „sanftere“ – da nicht zwingende – Herbeiführung einer finanziell bedingten extrinsischen Motivierung. Jene soll entweder durch die „Sonderbelastung eines unerwünschten Verhaltens oder durch steuerliche Verschonung eines erwünschten Verhaltens“ erreicht werden.519 Damit die Verfolgung eines solchen Förderungs- und Lenkungszieles auch zur Rechtfertigung für eine Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips oder vergleichbarer gesetzgeberischer Grundentscheidungen dienen kann, muss der beabsichtigte Förderungs- oder Lenkungszweck „von erkennbaren gesetzgeberischen Entscheidungen getragen werden“520 und „gleichheitsgerecht ausgestaltet tor-und-sport.de/news/autofahrer-abzocke-millionen-geschaeft-mit-bussgeldern-7619867. html?block=1&private=1 (zuletzt abgerufen am: 25. 6. 2018). Zum Thema auch Gelbhaar, Monetäre Sanktionen, S. 108 m. w. N. insb. in Fn. 229. Zum Konflikt zwischen ggf. fiskalischem Interesse und vorgeblich demeritorischem Regelungszweck der Lenkungssteuern vgl. Ebd., S. 159. Gegen derartige Erwägungen Quarch, SVR 2013, 15 (16). Entscheidend erscheint, dass das Bußgeldaufkommen primär durch die Zahl der Geschwindigkeitsübertretungen und erst sekundär durch die Zahl der Geschwindigkeitsmessungen und Ahndungen bestimmt wird. Vgl. auch OLG Frankfurt a.M. v. 26. 4. 2017 – 2 Ss OWi 295/17, NStZRR 2017, 188 zur Übertragung der Durchführung der Geschwindigkeitsmessungen auf einen „erfolgsabhängig“ vergüteten privaten Unternehmer. 517  Wernsmann, H/H/Sp-AO, § 3 Rn. 35, 37 m. w. N. 518  BVerfG v. 7. 11. 2006 – 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1, juris Rn. 98 = BStBl. II 2007, 192 = BGBl. I 2007, 194; v. 21. 6. 2006 – 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164, juris Rn. 74 = BGBl. I 2006, 1857; v. 20. 4. 2004 – 1 BvR 905/00, 1748/99, BVerfGE 110, 274, juris Rn. 77. 519  BVerfG v. 7. 11. 2006 – 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1, juris Rn. 98 = BStBl. II 2007, 192 = BGBl. I 2007, 194; v. 7. 5. 1988 – 2 BvR 1991, 2004/95, BVerfGE 98, 106, juris Rn. 54 = BGBl. I 1998, 1526. 520  Vgl. auch BVerfG v. 7. 11. 2006 – 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1, juris Rn. 100 = BStBl. II 2007, 192 = BGBl. I 2007, 194; v. 21. 6. 2006 – 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164,

228

§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

sein“521. Zudem verlangt das BVerfG auch, dass der Vergünstigungstatbestand „ein Mindestmaß an zweckgerechter Ausgestaltung aufweisen“522 muss. 3.  Sanktionszwecke als Sozialzweck(e) Sämtliche einkommensteuerrechtlichen Abzugsverbote für Sanktionen in § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 EStG, § 12 Nr. 4 EStG und § 10 Nr. 3 KStG bewirken in erster Linie, dass Steuerpflichtige, die mit einer Geldstrafe etc. belegt worden sind, dieselbe nicht als Erwerbsaufwand geltend machen können. Im Ergebnis bedeutet das, dass sie nicht durch die steuerrechtliche „Verwertung“ der Sanktion deren finanzielle Wirkung auf ihr Vermögen abmildern können. Zu dieser Milderung käme es anderenfalls dadurch, dass die Steuerlast im Vergleich zur Situation bei Nichtabziehbarkeit der Sanktion relativ geringer ausfiele. Die Höhe der Differenz hinge dabei vom individuellen Steuersatz ab. Aufgrund der progressiven Ausgestaltung des Einkommensteuertarifs kann ein weiterer, mittelbarer Effekt des Abzugsverbotes darin liegen, dass sich der Durchschnittsteuersatz des Steuerpflichtigen erhöht, also anteilig mehr Abgaben von positiven Einkünften zu entrichten sind, die ggf. gar nichts mit dem delinquenten Verhalten zu tun haben.523 Ausgehend von der engen Verknüpfung des einkommensteuerrechtlichen Abzugsverbotes mit der Unterstützung der Sanktion liegt es nahe, dass das Abzugsverbot auch seinen Zweck aus der Zielsetzung der Sanktion selbst ableitet. Das ist auch schon in der steuerrechtlichen Rechtsprechung524 und dem Schrifttum525 zum Ausdruck gebracht worden, wobei hier jedoch kein näherer Zusammenhang juris Rn. 74 = BGBl. I 2006, 1857; v. 20. 4. 2004 – 1 BvR 905/00, 1748/99, BVerfGE 110, 274, juris Rn. 60. 521  BVerfG v. 7. 11. 2006 – 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1, juris Rn. 100 = BStBl. II 2007, 192 = BGBl. I 2007, 194; v. 21. 6. 2006 – 2 BvL 2/99, BVerfGE 116, 164, juris Rn. 74 = BGBl. I 2006, 1857; v. 20. 4. 2004 – 1 BvR 905/00, 1748/99, BVerfGE 110, 274, juris Rn. 60. 522  BVerfG v. 7. 11. 2006 – 1 BvL 10/02, BVerfGE 117, 1, juris Rn. 100 = BStBl. II 2007, 192 = BGBl. I 2007, 194; v. 6. 3. 2002 – 2 BvL 17/99, BVerfGE 105, 73, juris Rn. 163 = BGBl. I 2002, 1305. 523  Jener Effekt tritt allerdings nicht ein, wenn sich der Betrag des zu versteuernden Einkommens, mit oder ohne Berücksichtigung der jeweiligen Sanktion, innerhalb derselben Proportionalzone (§ 32a Abs. 1 S. 2 Nr. 4 und 5 EStG) befindet und sich der Durchschnittssteuersatz nicht relativ erhöht. 524  Der BFH hat in einem der „Geldbußenbeschlüsse“ z. B. darauf hingewiesen, dass der „strafrechtliche Zweck der Geldbuße, ein unlauteres Gewinnstreben präventiv zu bekämpfen, […] die Nichtabziehbarkeit der Geldbuße als Betriebsausgabe nahelegt“, BFH v. 21. 11. 1983 – GrS 2/82, BStBl. II 1984, 160, juris Rn. 75. 525 Jeweils zu unterschiedlichen Sanktionen und Sanktionszwecken: Zur Unterstützung der general- und spezialpräventiven Zwecke der Geldstrafe gem. ihrem Ausdruck in § 46 StGB i. S. d. Vereinigungstheorie Claus, Gewinnabschöpfung und Steuer, S. 52. I. S. e. Schutzes der „gerechten Vergeltung“ der Geldstrafe Voss, FR 1967, 361 (362). Unter Beto-

E.  Verfassungsrechtliche Rechtfertigung

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zwischen der Wirkung einer hypothetischen Abziehbarkeit und der hierdurch postulierten Beeinträchtigung strafrechtlicher Zwecke hergestellt wird, sondern oft nur eine pauschale Berufung auf „die Sanktionszwecke“526 oder den „finalen Sanktionscharakter“527 stattfindet. Hinsichtlich der Frage, ob die Verfolgung der Sanktionszwecke einen zur Rechtfertigung entstehender Durchbrechungen des objektiven Nettoprinzips tauglichen Sozialzweck bieten kann und dementsprechend die Verfolgung der Sanktionsziele durch die Schaffung steuerrechtlicher Abzugsverbote betreiben darf,528 lassen sich dabei folgende Beobachtungen äußern: Mittels der nicht abziehbar gestalteten Sanktionen verfolgt der Gesetzgeber dabei (präventiv) den Schutz von öffentlichen und Individualrechtsgütern sowie die Befriedigung des öffentlichen Bedürfnisses nach der Vergeltung begangenen Unrechts. Sanktionen sind – im Rahmen der verfassungsrechtlichen Vorgaben – ein legitimes Mittel zur Verfolgung dieses Schutzes und dienen in diesem Sinne einem Gemeinwohlbelang.529 Jenen teilen auch die Abzugsverbote. Die Entscheidung zur Verfolgung des Rechtsgüterschutzes über das Mittel finanzieller Sanktionen hat der Gesetzgeber mit der Regelung des Kriminalstraf- und des Ordnungswidrigkeitenrechts getroffen. Die Entscheidung, diesen Zweck auch im Rahmen der einkommensteuerrechtlichen Einkünfteermittlung zu verfolgen, ist durch die Regelung der entsprechenden Abzugsverbote deutlich zu Tage getreten. Bezüglich der zweckgerechten Ausgestaltung der Abzugsverbote kommt es darauf an, ob und inwiefern diese geeignet sind, retributive, generalpräventive und spezialpräventive Sanktionszwecke umzusetzen. Umgekehrt kommt es darauf an, inwiefern strafrechtliche Zwecke beeinträchtigt würden, wenn Geldbußen, -strafen, -auflagen etc. sich einkommensteuerrechtlich in der Veranlagung des delinquenten Steuerpflichtigen auswirken würden.

nung präventiver Aspekte Walz, StuW 1984, 170 (171). Vgl. aus finanzwissenschaftlicher Sicht auch Mohr, Lenkungssteuer, S. 240. 526  Claus, Gewinnabschöpfung und Steuer, S. 52; Göggerle, BB 1981, 969 (970); Würtenberger, FR 1966, 20 (26); Zitzlaff, StW 1940, Sp. 377 (390). Unter Hervorhebung des Vergeltungszwecks Voss, FR 1967, 361 (362 f.). Zur entsprechenden Rspr. des BFH s. o. § 3 B. I. 2. a) bb). Mit alleinigem Verweis auf „außersteuerliche Sozial-, insbesondere Lenkungszwecke“ Seiler, DStJG 34 (2011), 61 (71). 527  Kammeter, HFR 2015, 326 (329). Ähnlich Hermenns/Sendke, FR 2014, 550 (551); E. Krüger, DStR 2016, 895 (896). Vgl. – jeweils mit Negativbeispielen – auch BFH v. 15. 1. 2009 – VI R 37/06, BStBl. II 2010, 111, juris Rn. 16; Lang, StuW 1985, 10 (10) m. w. N. Dieser Verweis ist, wenn er nicht weiter begründet wird, mit Vorsicht zu betrachten, da er das Risiko einer zirkelschlüssigen Argumentation mit sich bringen kann. 528  Dazu auch D. Felix, Einheit der Rechtsordnung, S. 380. 529  BVerfG v. 9. 7. 1997 – 2 BvR 1371/96, BVerfGE 96, 245, juris Rn. 10; Meier, Sanktionen, S. 3; Roxin, AT/I, § 2 Rn. 1; Radtke, MüKo/StGB, Vor § 38 Rn. 1.

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§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

Nimmt man zur Kenntnis, dass Abzugsverbote gleichermaßen für – in der materiellen Zielrichtung – so unterschiedliche Sanktionen wie die Geldbuße, -strafe, -auflage oder die Anordnung von Weisungen erlassen worden sind, erscheint es nicht aussichtsreich, bei der Suche nach einem rechtfertigenden Sozialzweck auf den Ausspruch eines sozialethischen Unwerturteils abzustellen, da ein solches mit der überwiegenden Zahl der erfassten Sanktionen nicht verbunden ist. Zudem kann es nicht darum gehen, eine aus dem Gesetz ableitbare, der Ziffer nach genau bestimmte Sanktionshöhe vor der Wirkung eines möglichen Betriebsausgaben- oder Werbungskostenabzugs zu bewahren: Überwiegend sind im deutschen Sanktionensystem nämlich keine Unrechtstaxen vorgesehen. Im Fall von Auflagen kommt auch noch hinzu, dass hier die konkrete Höhe einer Auflage ohne weiteren Kontext kaum entscheidend sein kann, wenn sogar eine alternative Auflagenverhängung möglich ist (s. o. § 3 D. I. 1.). a)  Bedeutung zur Unterstützung der „Vergeltung“ Die Vergeltung lebt von dem Gedanken, dass der Delinquent durch sein Verhalten vorwerfbares Unrecht verwirklicht hat, das eines Ausgleichs in einer „tauglichen Währung“ bedarf, um dadurch eine Balance herzustellen, die massenhaft als Ausdruck von „Gerechtigkeit“ empfunden wird.530 Diese Kategorien bewegen sich auf einer Metaebene.531 Wie hoch die vom Täter verwirklichte und auszugleichende Schuld in diesem Sinne ist, lässt sich nicht exakt sagen. Die Unfähigkeit, ein exaktes Schuldmaß festzustellen, bewirkt gerade, dass dem Richter nach herrschender Ansicht ein Spielraum bei der Strafzumessung zugebilligt wird.532 Demnach ist beispielsweise die schuldausgleichend „gerechte“ Geldstrafe die durch den Richter unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben zugemessene Geldstrafe.533 Mit anderen Worten stellt sie sich nicht lediglich als Feststellung und Ausspruch eines von vornherein feststehenden Strafmaßes dar, sondern als konkretisiertes Produkt eines demokratisch legitimierten und allgemein anerkannten Wertungsverfahrens.534 In diesem Sinne kann auch das BVerfG verstanden werden, wenn es äußert: 530 Die Zielsetzung der Herstellung einer „gerechten Vergeltung“ betont auch das BVerfG v. 19. 3. 2013 – 2 BvR 2628/10, BVerfGE 133, 168, juris Rn. 54 m. w. N. 531 Vgl. Roxin, AT/I, § 3 Rn. 8; Hassemer/Neumann, NK/StGB, Vor § 1 Rn. 104. 532 Vgl. Meier, Sanktionen, S. 167; Radtke, MüKo/StGB, Vor § 38 Rn. 60 m. w. N. 533 Vgl. Streng, NK/StGB, § 46 Rn. 102 f. A. A. sind hier wohl mit einer strafrechtlichen Mindermeinung die Vertreter einer „Punktstrafe“. Sie sind der Ansicht, dass es theoretisch für eine bestimmte Tat nur eine richtige Strafe geben könne, geben jedoch auch hinzu, dass sich diese Punktstrafe nicht exakt errechnen lässt und nur näherungsweise erfasst werden kann. Die mehr oder weniger starke Verfehlung der Punktstrafe führen sie gerade auf die Abhängigkeit der Strafzumessung von den persönlichen Wertungen des Richters zurück, Streng, NK/StGB, § 46 Rn. 104 f. m. w. N. und der Kritik an dieser Auffassung.

E.  Verfassungsrechtliche Rechtfertigung

231

„Jede Strafnorm enthält ein mit staatlicher Autorität versehenes, sozial-ethisches Unwerturteil über die von ihr pönalisierte Handlungsweise, das durch den Straftatbestand und die Strafandrohung näher umschrieben wird. Konkretisiert wird dieses Unwerturteil im Einzelfall durch das strafgerichtliche Urteil, das den Angeklagten wegen einer bestimmten Tat schuldig spricht und daran die im Strafgesetz vorgesehene Sanktion knüpft.“535 534

Da es letztlich keine Möglichkeit gibt, den Täter zum Empfinden „echter“ Reue zu zwingen, muss der Schuldausgleich notfalls auch ohne Mitwirkung des Täters herbeiführbar sein.536 Das bedeutet, dass Genugtuung im oben genannten Sinne auch durch einen „symbolischen“ Akt erreicht werden kann,537 also auch im Wege einer zwangsweisen Durchsetzung. Im Fall von Sanktionen in Geld oder Geldeswert besteht er eben in der Hingabe des entsprechenden Vermögensgegenstandes. Nun bewirkt eine (hypothetisch angenommene) steuerliche Absetzbarkeit von Geldstrafen, -bußen etc. weder eine Änderung der Bestimmung noch der Kommunikation der individuell gerechtigkeitsbedingenden Ausgleichsleistung. Allerdings lässt sich argumentieren, dass ein Gesetz, das dem Delinquenten erlaubt, die Rechtstatsache seines zuvor bewirkten Schuldausgleiches durch eine eigene Handlung (Steuererklärung) zum Anknüpfungspunkt einer anderweitigen Erleichterung ihm (durch dasselbe Gemeinwesen) auferlegter Lasten zu machen, die herbeigeführte Ausgleichshandlung partiell zurücknimmt und eine entsprechend verstandene Gerechtigkeit partiell oder, wenn man Gerechtigkeit als binären Zustand versteht, insgesamt dekonstruiert. Dieser Schluss ist nicht in letzter Konsequenz zwingend, da sich die ihn bedingenden Wirkungen auf einer nicht messbaren Ebene abspielen und man (hypothetisch) auch die bewusste gesetzgeberische Entscheidung zur steuerlichen Absetzbarkeit miteinbeziehen muss.538 Er liegt wegen der Vergleichbarkeit von Geldsanktionen und Geldabgaben der äußeren Form nach (Schuldner, Empfänger, Leistungsgegenstand, Gemeinwesenbezug) nahe und passt zu der Wahrnehmung, dass die mindernde Beeinflussung der eigenen Steuerlast in der Betonung eigener Interessen und damit in (diesbezüglich) egoistischer Abgrenzung vom

534 

Streng, NK/StGB, § 46 Rn. 97 ff. BVerfG v. 9. 7. 1997 – 2 BvR 1371/96, BVerfGE 96, 245, juris Rn. 10. 536  Roxin, AT/I, § 3 Rn. 10. 537  BGH v. 14. 12. 1999 – 1 StR 563/99, NStZ 2000, 366, juris Rn. 6: „Selbst ein nicht aus Einsicht und Reue abgelegtes Geständnis wäre dazu angetan, zur Wiederherstellung des Rechtsfriedens beizutragen und Genugtuungswirkung für Opfer wie Allgemeinheit zu entfalten.“ Vgl. auch Miebach/Maier, MüKo/StGB, § 46 Rn. 65. 538  Mit einem ähnlichen Gedanken vor der Einführung der Sanktionsabzugsverbote Heyer, FR 1958, 188 (188). 535 

232

§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

Gemeinwesen geschieht.539 Dieser Wahrnehmung entspricht auch der zuvor behandelte Abwälzungsgedanke, wenn er die Minderung der individuellen Bemessungsgrundlage als Erhöhung der Abgabenlast der Allgemeinheit begreift.540 Die steuerliche Nichtabsetzbarkeit von Sanktionen ist geeignet dieser Dekonstruktion der Gerechtigkeit entgegenzutreten, indem sie den Eindruck eliminiert, der Delinquent könne aus eigener Kraft541 einen Teil des symbolischen Ausgleichs revidieren. Zuletzt erschiene auch eine „strafrechtliche Lösung“ nicht zweckdienlicher: Sofern die Strafe nicht schon auf das Höchstmaß festgesetzt wurde und somit bereits einer quantitativen Bemessung der Geldsanktion entgegensteht, könnte in diese Bemessung die Wirkung einer später erfolgenden steuerlichen Abzugsfähigkeit miteinkalkuliert werden. Dogmatisch gesehen könnte sich dieser Weg zunächst als „sauberer“ darstellen. Hinsichtlich der Belastungswirkung würde dasselbe Ergebnis erreicht, das objektive Nettoprinzip würde nicht eingeschränkt und die Strenge des Hoheitswesens in der Bewirkung und Begleitung des gerechten Ausgleichs wäre zu keiner Zeit in Frage gestellt. Zugleich würde aber dem Delinquenten anfänglich ein „Mehr“ an symbolischer Handlung abverlangt, als zur Bewirkung der Vergeltung für eigentlich erforderlich gehalten wird. Wäre der Steuerpflichtige nachträglich an der Geltendmachung seiner Aufwendungen gehindert, hätte das Hoheitswesen ihm nachhaltig ein Übel zugefügt, das mit einem rechtsstaatlichen Anspruch nicht zu rechtfertigen ist. Zudem würde auch die Einschätzung der steuerlichen „Verwertbarkeit“ der Sanktion Ordnungsbehörden, Staatsanwaltschaft und Gerichte vor erhebliche praktische Probleme stellen.542 Durch die steuerrechtliche Lösung stellen sich vergleichbare Probleme hingegen lediglich in Härtefällen. Die Nichtabziehbarkeit von Sanktionen im Einkommen- und Körperschaftsteuerrecht enthält also auch unter einem effizienzorientierten Blickwinkel eine zweckgerechte Ausgestaltung des retributiven Strafzwecks.

539  Demgegenüber handelt es sich bei Steuerentlastungstatbeständen nicht um Begünstigungen, sondern um Belastungsausnahmen, dazu Wernsmann, Das gleichheitswidrige Steuergesetz, S. 157 ff. 540  Dazu § 3 B. III. 1. 541  Zur Frage, wie die Bewirkung der finanziellen Entlastung des Delinquenten durch die Leistung seines Arbeitgebers (eines Dritten) zu beurteilen ist, s. § 4. 542 Vgl. Merkert, BB 1965, 823 (825). Als unüberwindbar werden diese Probleme nicht angesehen. Das lässt sich mittelbar aus der Entscheidung des BVerfG v. 23. 1. 1990 – 1 BvL 4, 5, 6, 7/87, BVerfGE 81, 228, juris Rn. 32 ff. = BStBl. II 1990, 483 = BGBl. I 1990, 913 schließen, als die Berechnung des Verfalls (nunmehr: der „Einziehung“ gem. §§ 73 ff. StGB) auch in einer Weise anerkannt wird, bei der die steuerrechtlichen Folgen bereits berücksichtigt werden.

E.  Verfassungsrechtliche Rechtfertigung

233

b)  Bedeutung zur Unterstützung präventiver Zwecke Bei der Betrachtung der Zusammenhänge zwischen den Sanktionsabzugsverboten und denkbaren präventiven Wirkungen muss zwischen General- und Spezialprävention sowie im Hinblick auf die Zusammenhänge zur jeweiligen positiven und negativen Wirkungskomponente unterschieden werden. Vorab erscheint es dabei wenig überzeugend im Hinblick auf die Zusammenhänge von Sanktionsabzugsverboten und Prävention davon auszugehen, dass im Falle einer hypothetischen Abziehbarkeit von Geldsanktionen als Erwerbsaufwand durch das Steuerrecht ein aktiver Anreiz geschaffen würde, Ordnungswidrigkeiten oder Straftaten zu begehen.543 Eine vorgestellte Abziehbarkeit der Sanktion bewirkte mittelbar lediglich eine geringere finanzielle Wirkung der Geldsanktion, nicht hingegen die Möglichkeit zur Erlangung eines originären Vorteils durch die Verwirklichung der delinquenten Verhaltensweise im Wege des Steuerabzugs. Wenn eine vorgestellte Abziehbarkeit einer Geldstrafe, -buße etc. als Betriebsausgabe oder Werbungskosten bei der Überlegung eines Individuums, ob es zukünftig einen bewehrten Rechtsverstoß begehen soll, eine Rolle spielt, dann wohl im Zuge seiner Risikobewertung im Zuge einer Abwägung von potenziellem „Nutzen“ der Tat und ihrer potenziellen „Kosten“.544 Bei Taten, die vor allem deswegen begangen werden, weil die Täter davon ausgehen, dass sie mit einer erhöhten Wahrscheinlichkeit nicht „erwischt“ werden, würde die Einbeziehung einer hypothetischen steuerlichen Abziehbarkeit von Geldsanktionen wohl höchstens als Reserveüberlegung vorkommen.

543  Die Richtigkeit dieses Gedankens unterstellt – trotz der Erkenntnis eines fehlenden Belegs und fehlender Belegbarkeit – aber z. B. D. Felix im Zuge eines Teils ihrer Untersuchungen, D. Felix, Einheit der Rechtsordnung, S. 370 Fn. 1080. 544  Derartige Erwägungen erfassen z. B. Überlegungen, wonach sich das Risiko der Tat (R) als Produkt von (subjektiv eingeschätzter) Entdeckungswahrscheinlichkeit (E) und Höhe der erwarteten Sanktion darstellt (R = E x H), vgl. etwa Ransiek, NZWiSt 2012, 45 (46 f.). Derartige Überlegungen werden im Hinblick auf aktuelle Fälle der Unternehmensdelinquenz vermehrt diskutiert, z. B. Tillman/Pontell „Corporate Fraud Demands Criminal Time“, The New York Times vom 29. 6. 2016, abrufbar unter: https://www.nytimes. com/2016/06/29/opinion/corporate-fraud-demands-criminal-time.html?smid=tw-nytopinion&smtyp=cur&_r=0 (zuletzt abgerufen am: 25. 6. 2018); mit a. A. Müller, „Zeit für einen ‚Irrational-Choice-Ansatz‘? – Kriminologie im Falle Volkswagen, Beitrag vom 29.  9.  2015, abrufbar unter: https://community.beck.de/2015/09/29/zeit-f-r-einen-irrational-choice-ansatz-kriminologie-im-falle-volkswagen (zuletzt abgerufen am: 25. 6. 2018). Andererseits besteht auch die Annahme, dass sich der überwiegende Teil der kriminalitätsgeneigten Menschen nicht durch die mögliche Höhe der Rechtsfolgen abschrecken lässt, sondern eher durch ein größeres Risiko gefasst zu werden, Roxin, AT/I, § 3 Rn. 25 m. w. N. Diese Prämisse vorangestellt, ist unwahrscheinlich, dass der potenziellen steuerlichen Abziehbarkeit einer Sanktion ein erheblicher Einfluss auf die Abschreckungswirkung der eigentlichen Sanktion zukommt.

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§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

aa)  Generalprävention Die Sanktionsabzugsverbote wiesen einen Zusammenhang zur positiven Generalprävention auf, wenn sie geeignet sind, das Vertrauen der Allgemeinheit in die Geltung der Rechtsordnung zu unterstützen, den Konflikt der Allgemeinheit mit dem Täter beizulegen und die Allgemeinheit zur Einübung der Rechtstreue zu bewegen, soweit diese Wirkungen in der festgesetzten Sanktion festgelegt sind. Einen Zusammenhang zur negativen Spezialprävention weisen sie auf, wenn sie geeignet sind, die abschreckenden Wirkungen auf die Allgemeinheit, die von festgesetzten Geldsanktionen ausgehen, zu unterstützen. Dabei setzen generalpräventive Wirkungen von Sanktionen voraus, dass die Allgemeinheit die Möglichkeit ihrer Verhängung und ihrer tatsächlichen Anwendung zur Kenntnis nimmt oder wenigstens zur Kenntnis nehmen kann.545 Eine generalpräventiv unterstützende Wirkung von ertragsteuerlichen Sanktionsabzugsverboten kann dabei insofern zweifelhaft erscheinen, als die Allgemeinheit normalerweise nicht davon erfährt, ob ein Steuerpflichtiger bestimmte Aufwendungen erwerbsmindernd geltend gemacht hat oder nicht. Da die Regelungen des deutschen Ertragsteuerrechts jedoch beinahe jede Person, die im Anwendungsbereich dieser Vorschriften lebt, im Laufe ihres Lebens betreffen, würde zumindest eine Rechtslage, die es erlaubt, Geldsanktionen grundsätzlich als Erwerbsaufwendungen geltend zu machen, eine entsprechende Bekanntheit erlangen. Das belegt wiederum der Grad an öffentlicher Aufmerksamkeit, den die Entscheidung des Großen Senats zur Abziehbarkeit von Geldbußen hervorgerufen hat.546 Wichtig erscheint sodann wiederum der Gedanke, dass eine lineare Zuordnung einer bestimmten Tat unter Berücksichtigung aller ihrer bekannten Umstände zu einer exakt hierfür bestimmten Sanktion (inkl. Art und Höhe) nicht existiert. Das bußgeld- und strafrechtliche Sanktionensystem fußt deswegen auf der Konkretisierung der auch zur Prävention notwendigen Art und des notwendigen Maßes an Sanktion durch die zuständigen Behörden und Gerichte.547 Dementsprechend ist mit dem Ergebnis des – im Rahmen der gesetzlichen Vorgaben vorgenommenen – Zumessungsvorgangs dann auch eine Aussage darüber getroffen, welche Sanktion der Höhe nach erforderlich ist, um die Allgemeinheit in ihrem Bedürfnis nach Bestätigung der verletzten Norm zu bekräftigen und den Konflikt mit dem Täter beizulegen; weiterhin, dass auch gerade jenes Maß an Sanktion erforderlich ist, um die Allgemeinheit von der Nachahmung entsprechender Taten abzuschrecken.548 545 Vgl. Hassemer/Neumann, NK/StGB, Vor § 1 Rn. 283. Insofern dient bspw. der Öffentlichkeitsgrundsatz in § 169 GVG auch generalpräventiven Erwägungen, Diemer, KK/ StPO, § 169 GVG Rn. 2. 546  Dazu § 3 B. I. 2. c) aa), vgl. insb. die Nachw. unter § 3 Fn. 95. 547  s. o. § 3 E. II. 3. a). 548  Zur Konkretisierung der Strafe durch den Richter s. o. § 3 E. II. 3. a) unter § 3 Fn. 535.

E.  Verfassungsrechtliche Rechtfertigung

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Unter diesem Blickwinkel könnte die Zulassung der Selbstveranlassung einer nachträglichen Milderung der Sanktion durch den Steuerpflichtigen im Rahmen des steuerlichen Veranlagungsverfahrens den Eindruck hervorrufen, den zur Sanktionsfestsetzung berufenen Behörden und Richtern werde „das letzte Wort“ über die Sanktionshöhe genommen und damit die jeweilige Geldstrafe, -buße etc. nur in einer Höhe für den Steuerpflichtigen fühlbar, die unter dem als erforderlich und für zutreffend erachteten Maß zurückbleibt. Dieser Eindruck könnte – wenn er in der Allgemeinheit entsteht – in der Tat eine Beeinträchtigung generalpräventiver Aspekte bedeuten. Hierbei darf aber auch nicht vergessen werden, dass die Legitimation der steuerlichen Geltendmachung der Sanktion demselben auf die Allgemeinheit rückführbaren Ursprung entstammt. Integriert man diese Wertvorstellung in die Vermutungswirkung für das zur Bewirkung der Generalprävention erforderliche Maß, so bestünde dies von vornherein nicht mehr in der konkreten Sanktionsfestsetzung durch Behörde oder Richter, sondern in der Sanktionswirkung, die sich als Differenz ergibt, wenn man die Wirkungen des Steuerverfahrens als möglichen Subtrahend anerkennt. Alles in allem birgt die Regelung des Sanktionsabzugsverbotes in diesem Sinne also nicht die Umsetzung der Vorgaben generalpräventiver Wirkungen, sondern deren Ausgestaltung. Mit anderen Worten wird erst durch die Regelung der Sanktionsabzugsverbote die Vermutungswirkung zur Entstehung gebracht, dass die sanktionsfestsetzenden Richter oder Behörden staatlicherseits „das letzte Wort“ haben müssen und das so kreierte Ergebnis der Verfolgung generalpräventiver Zielsetzungen im mindesterforderlichen Maße entspricht.549 Diese Ausgestaltung bzw. die ihr zugrundeliegenden Wertungen muss der Gesetzgeber nicht vornehmen, er kann es jedoch in der Ausfüllung des ihm zustehenden weiten Gestaltungsspielraumes. In tatsächlicher Hinsicht darf spekuliert werden, dass er im Hinblick auf die konkrete Frage eine allgemein verbreitete Lebenserfahrung und Erwartung an den Rechtsstaat umgesetzt hat, sodass auch kein Zweifel am „zweckgerechten“ Gehalt der Sanktionsabzugsverbote besteht. bb)  Spezialprävention Geldsanktionen bewirken aktiv nur eine negativ spezialpräventive Wirkung.550 In dieser Hinsicht sind die vorangestellten Erwägungen zu den Zusammenhän549  Die Erreichung dieses Ergebnisses hat seinerzeit – vor der Existenz gesetzlicher Sanktionsabzugsverbote – der BFH-Senatspräsident Hoffmann betont, ders., FR 1958, 66. 550 Vgl. Meier, Sanktionen, S. 64, der darauf hinweist, dass die Geldstrafe „[…] keinerlei Anknüpfungspunkte für solche Maßnahmen bietet, mit denen der Verurteilte bei seinen Bemühungen um ein Leben ohne Straftaten unterstützt und gefördert werden kann […]“. I. d. S.  auch Radtke, MüKo/StGB, § 40 Rn. 12.

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§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

gen mit der Generalprävention auch auf die Zusammenhänge mit der negativen Spezialprävention übertragbar. Die steuerlichen Abzugsverbote bewirken dabei, dass durch die Ausrichtung der Besteuerung beim Steuerpflichtigen nicht der Eindruck entsteht, dass mittels der Gewährung eines Werbungskosten- oder Betriebsausgabenabzug eine Abweichung von der zuvor behördlich oder richterlich bestimmten Sanktionshöhe erfolge. In diesem Sinne sind die Abzugsverbote als Umsetzung des Willens einer einheitlichen Kommunikation der Sanktion gegenüber dem Delinquenten zu verstehen. Auch dieses Vorgehen erscheint nicht unbedingt zwingend erforderlich: So bestünde das Ergebnis einer erfolgreichen Geltendmachung von Geldsanktionen als erwerbsmindernder Aufwand nicht in der behördlichen Feststellung, dass ein bestimmter Anteil einer zuvor verhängten Geldsanktion revidiert wird. Der Steuerbescheid in dem eine Geldsanktion (hypothetisch) Berücksichtigung gefunden hätte, lautete regelmäßig auf die Zahlung einer festgesetzten Steuer, also ebenso auf eine belastende Anordnung. Im Bescheid berücksichtigte Erwerbsaufwendungen werden wiederum nur als Summen dargestellt und nicht näher aufgeschlüsselt, eine relative Minderung der Abgabenforderung im Vergleich mit dem festzusetzenden Betrag bei Nichtberücksichtigung bestimmter Aufwendungen wird ebenso nicht ausgewiesen. Sieht man also von dem Fall ab, dass die Geldsanktion die einzige berücksichtigte Erwerbsaufwendung innerhalb des Bescheides ist, so wird überhaupt kein spezifischer Bezug zu der Sanktion oder ihren Wirkungen hergestellt. Ein kommunikativer Ausdruck in Bezug auf Geldsanktionen ist im Zuge der Besteuerung daher höchstens mit Blick auf die Normwirkung von neutral formulierten Erwerbsaufwendungstatbeständen zu verstehen. Ein expliziter Ausdruck findet nur im Rahmen der ausdrücklichen Geltendmachung der Betriebsausgabe/Werbungskosten „Geldstrafe“, „Geldbuße“ etc. durch den Steuerpflichtigen statt. Jener könnte die Möglichkeit zur Geltendmachung wiederum auch lediglich als allgemein angelegten Vollzug des objektiven Nettoprinzips begreifen. Nichtsdestotrotz kann der Gesetzgeber auch hier zweifellos die Entscheidung treffen, dass die Spezialprävention erfordert, dass selbst jene Geltendmachung unterbunden wird bzw. fruchtlos enden muss. Auch diese Ausgestaltung erscheint zweckgerecht, wenn man bedenkt, dass die Steuerpflichtigen bei der Geltendmachung von Erwerbsaufwendungen eine eigennutzenorientierte Beschränkung der Abgabenlast gegenüber dem Gemeinwesen herbeiführen: Der Sanktionierte, der durch sein Verhalten zuvor die Regeln des Gemeinwesens verletzt hat, soll die Sanktion selbst dann nicht zum Anlass machen dürfen, um sich an anderer Stelle eigennutzenorientiert gegenüber dem Gemeinwesen zu betätigen.

E.  Verfassungsrechtliche Rechtfertigung

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cc)  Positive Spezialprävention durch Behandlung von Geldsanktionen als abziehbare Erwerbsaufwendungen? Claßen hat aufgeworfen, dass auch ein Zusammenhang zwischen der Festsetzung von Geldsanktionen gegen den Steuerpflichtigen und dem Gedanken einer Resozialisierung herzustellen sein könnte.551 Durch die Ermöglichung eines Betriebsausgaben-/Werbungskostenabzugs würde beim Täter der Eindruck vermieden, dass Teile seines Einkommens besteuert werden, die tatsächlich nicht mehr vorhanden sind. Positiv ausgedrückt, würde ihm insofern das Gefühl der Gleichbehandlung mit anderen Steuerpflichtigen vermittelt. Zudem würde das durch den Steuerabzug entstehende „Weniger“ an monetärer Einbuße, das darf nach allgemeiner Lebenserfahrung angenommen werden, regelmäßig eine (relativ) verbesserte wirtschaftliche Grundlage für die Fortführung eines nun straffreien Lebens schaffen. Andererseits ist jedoch zuvor gerade diese monetäre Einbuße gegenüber dem Täter oder Beschuldigten konkretisiert worden, um unter anderem einen Abschreckungseffekt hervorzurufen. Den betrieblichen oder beruflichen Zusammenhang der Sanktion zur Grundlage entsprechend resozialisierender Gedanken zu machen zeigt dabei keinen erkennbaren Zusammenhang mit einer positiven Bestärkung erwünschter Verhaltensweisen und würde die vermeintliche „Resozialisierung“ nur im Rahmen eines strafrechtsfernen staatlichen Verfahrens ermöglichen. Unter diesem Blickwinkel erscheint das Steuerrecht ohne weitere Ausgestaltungen schlichtweg als ungeeigneter Ort zur Verfolgung von Resozialisierungsbemühungen. Dieser Gedanke wird dementsprechend nicht weiter verfolgt.552

III.  Fazit Die Sanktionsabzugsverbote lassen sich vor allem als Regelungen zur flankierenden Ausgestaltung retributiver und präventiver Sanktionszwecke erklären: Diese Sanktionszwecke sind – wenn auch im Einzelnen umstritten – grundsätzlich anerkannt und werden auch vom BVerfG berücksichtigt. Ihre genaue Bedeutung und Wirkungsweise ist teils allerdings so wenig greifbar, dass die Ableitung zwingender Vorgaben für das Steuerrecht zwar einem intuitiven Rechtsgefühl 551 

Claßen, Besteuerung des Unrechts, S. 70 f. kämen de lege ferenda auch strafrechtseigene Lösungen in Betracht, wie z. B. die Aussetzung von Geldstrafen zur Bewährung. Einen entsprechenden Vorschlag gab es etwa in der 13. Legislaturperiode, s. Entwurf eines Gesetzes zur Reform des strafrechtlichen Sanktionensystems v. 24. 4. 1996 – BT-Drs. 13/4462, S. 4, 7 f. Bei der Verwirkung von Geldstrafen bis zu 180 Tagessätzen kommt unter engen Voraussetzungen eine Verwarnung mit Strafvorbehalt i. S. d. § 59 StGB in Betracht. 552  Insofern

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§ 3  Begründung für die Nichtabziehbarkeit strafrechtlicher Geldsanktionen

entsprechen kann, bei näherer Betrachtung aber nicht vorgegeben ist. Konzepte wie Vergeltung oder Sühne bewegen sich auf einer Metaebene, die sich dem Steuerrecht nicht unbedingt eröffnet. Überlegungen zur Prävention zeigen, dass ein Fehlen der steuerlichen Sanktionsabzugsverbote auch als Beleg für eine Verfolgung der sanktionsinduzierten Prävention innerhalb der Grenzen des Strafrechts zu verstehen sein kann. Indem der Gesetzgeber aber steuerliche Sanktionsabzugsverbote geregelt hat, hat er eben diese Grenzen weiter gezogen und hierdurch eine Ausgestaltung der Sanktionszweckverfolgung bewirkt.553 Das ist gleichsam durch den weiten Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers legitimiert, wie es zweckgerecht erscheint, wenn man die Verfolgung der Sanktionszwecke insbesondere in der behördlichen oder richterlichen Sanktionsfestsetzung verwirklicht sieht. Dann wird die Höhe der Geldsanktion nämlich als Betrag der mindestens zu tilgenden Schuld gegenüber dem Gemeinwesen verstanden und die Geltendmachung der Sanktion als Erwerbsaufwendungen als potenzieller Weg zur Milderung dieser Schuld begriffen. Innerhalb dieses Verständnisses ist die Anordnung der Nichtabziehbarkeit von Geldsanktionen dann folgerichtig. Andererseits überzeugen die Abzugsverbote für kriminalstrafrechtliche Sanktionen nicht als materiell typisierende Fiktion der stets privaten Veranlassung der in § 12 Nr. 4 EStG genannten Sanktionen.

553 Ähnlich seinerzeit – vor der Existenz gesetzlicher Abzugsverbote – Heyer, FR 1958, 188 (188).

§ 4  Übernahme strafrechtlicher Geldsanktionen durch Dritte Der folgende Teil der Arbeit beschäftigt sich mit den steuerrechtlichen Konsequenzen einer Übernahme oder Erstattung von Geldsanktionen durch Dritte, also Personen, gegen die die Sanktion nicht festgesetzt worden ist. Einerseits kommt dieser Thematik eine enorme Praxisrelevanz zu, andererseits lässt sich durch die Auseinandersetzung mit ihr verdeutlichen, welche weiteren Bezüge sich ergeben, wenn hoheitliche Geldsanktionen gegen Steuerpflichtige verhängt werden. Das ist wiederum von besonderem Interesse, weil Zusammenhänge zwischen strafrechtlichen Sanktionszwecken und ertragsteuerlichen Effekten sich auch in diesem Zusammenhang ergeben können. Dementsprechend besteht hier ein Potenzial für die Entstehung gleichgelagerter Befürchtungen hinsichtlich der Beeinträchtigung strafrechtlicher Zielsetzungen durch das Steuerrecht.

A.  Praxisrelevanz Wenn nichtsanktionierte Dritte dem Sanktionierten den nämlichen Geldbetrag zur Begleichung einer Geldsanktion oder von dessen Aufwendungen im Zusammenhang mit dem Straf- oder Bußgeldverfahren zur Verfügung stellen, geschieht dies meist im Rahmen typischer Fallkonstellationen. Dabei gerät vor allem die finanzielle Entlastung von Arbeitnehmern durch ihre Arbeitgeber in den Blick.1 Andererseits ist auch an Sachverhalte zu denken, in denen Gesellschaften oder Mitgesellschafter Sanktionen übernommen haben, die gegen ihre Mit-/Gesellschafter verhängt worden sind.2 Zur sprachlichen Vereinfachung werden diese Fälle nachfolgend als „Übernahmekonstellationen“ bezeichnet. Im Verlauf dieser Arbeit werden dabei nur die Übernahme von Sanktionen, Verfahrens- und Verteidigungsaufwendungen durch Arbeitgeber näher behandelt. Jenen Übernahmekonstellationen kommt in verschiedener Hinsicht steuerliche Relevanz zu: Von besonderem Interesse sind dabei die Fragen, ob das Zurverfügungstellen der Mittel bei dem sanktionierten Steuerpflichtigen zu steuerbaren Einkünften führt und 1  Zuletzt FG Düsseldorf v. 4. 11. 2016 – 1 K 24/70/ L, EFG 2017, 315 – nrkr. Außerdem BFH v. 14. 11. 2013 – VI R 36/12, BStBl. II 2014, 278; v. 22. 7. 2008 – VI R 47/06, BStBl. II 2009, 151; v. 7. 7. 2004 – VI R 29/00, BStBl. II 2005, 367; RFH v. 7. 12. 1939 – IV 234/39, RFHE 48, 34. 2  BFH v. 16. 9. 2014 – VIII R 21/11, BFH/NV 2015, 191; FG Niedersachsen v. 7. 12. 1989 – VI 322/85 – rkr., GmbHR 1990, 586; RFH v. 6. 11. 1929 – VI A 1635/28, RFHE 26, 171.

240

§ 4  Übernahme strafrechtlicher Geldsanktionen durch Dritte

ob die Ausreichung der Mittel zur Begleichung der Sanktion zu abzugsfähigen Erwerbsaufwendungen des Dritten führt. Nicht gänzlich unerwähnt soll bleiben, dass in der Praxis auch Sachverhalte vorkommen, in denen die Delinquenten durch mit ihnen familiär verbundene Personen von den finanziellen Belastungen der Strafe oder des Strafprozesses freigehalten werden.3 Im Rahmen dieser Fälle wird es jedoch regelmäßig nicht um Fragen gehen, die sich um das eventuelle Vorliegen von Einkünften und Erwerbsaufwendungen drehen. Im Zusammenhang mit den nachfolgenden Ausführungen werden sie deshalb vernachlässigt.

I.  Typische Interessenlagen Konstellationen, in denen Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern Mittel überlassen, um eine hoheitliche Sanktion zu bezahlen, sind immer wieder Gegenstand der jüngeren Finanzrechtsprechung gewesen. Dort ging es vor allem um Fälle, in denen die Arbeitnehmer in einem Umfeld arbeiten, in dem sie in besonderem Maß dem Risiko von Gesetzesverstößen ausgesetzt sind. Teilweise haben die Arbeitgeber hier sogar die Weisung ausgegeben, einen Gesetzesverstoß notfalls im Interesse des Unternehmens in Kauf zu nehmen. Neben diesen Situationen lassen sich aber auch andere typische Fälle ausmachen, in denen Arbeitgeber vermehrt die Bereitschaft zeigen, die Sanktionen ihrer Mitarbeiter zu übernehmen 1.  Taten im (fremden) Unternehmensinteresse Die erste typische Interessenlage entsteht – wie schon angedeutet – dort, wo Unternehmen bzw. Unternehmensleiter betriebswirtschaftliche Interessen verfolgen, die das Risiko erhöhen, dass es zu Gesetzesverstößen durch die Mitarbeiter des Unternehmens kommt. Diese Lage soll kurz anhand von Beispielen dargestellt werden. Ein Musterbeispiel dieser Fallkonstellation kam (und kommt) aus der Logistikbranche.4 Die – in der Regel – angestellten Transportfahrer sind dabei regelmäßig einem gewissen Spannungsfeld unterworfen: Auf der einen Seite steht dabei typischerweise das Interesses an der Einhaltung gesetzlicher Vorgaben zu ihrem eigenen und dem Schutz anderer Verkehrsteilnehmer, auf der anderen Seite steht 3 Zu einem Fall der Übernahme von Strafverteidigungskosten eines Neffen durch seinen Onkel, BFH v. 29. 11. 1991 – III R 192/90, BFH/NV 1992, 457. Vgl. auch BFH v. 5. 11. 1964 – IV 199/62, HFR 1965, 161. Zum Thema K. Heger, Blümich/EStG, § 33 Rn. 242 ff. m. w. N. Im älteren Schrifttum Felix/Streck, DStR 1979, 479 (483). 4  Auch wenn derartige Fälle die Finanzrechtsprechung erst seit Anfang des neuen Jahrtausends verstärkt beschäftigen, sind sie zuvor diskutiert worden, vgl. Günkel, ­J bdFfSt 1994/95, 211 (215) m. w. N.

A.  Praxisrelevanz

241

regelmäßig das Interesse der Besteller des transportierten Gutes an einer zügigen oder zeitpunktgenauen (just in time) und möglichst unkomplizierten Lieferung. Dieses Interesse bestimmt auch die Zielsetzungen des Logistikanbieters und Arbeitgebers der Speditionsfahrer, Paketzusteller etc. In diesem Spannungsfeld geraten die Arbeitnehmer häufiger in Konflikt mit (sanktionsbewehrten) Regelungen im allgemeinen Straßenverkehr, zum Beispiel Park- und Halteverboten oder Lenk- und Ruhezeiten. Dieser Konflikt wird in der Praxis vielfach dadurch gelöst, dass Arbeitgeber jedenfalls im Nachgang einer konkreten Sanktion entsprechende Ausgleichszahlungen an die Arbeitnehmer leisten.5 Hervorzuheben ist hierbei, dass regelmäßig kein direktes Interesse der Unternehmen bzw. der für sie handelnden Personen an der delinquenten Tat an sich besteht,6 sondern ggf. lediglich an deren „nützlichen“ Auswirkungen. Außer in der Logistikbranche erscheinen ähnliche Spannungsfelder grundsätzlich in nahezu sämtlichen Branchen7 und in Bezug auf eine große Vielfalt sanktionsbewehrter Regelungen sowohl des Ordnungswidrigkeiten- als auch des Kriminalstrafrechts denkbar. Das Bestehen konfligierender Interessen (Gesetzestreue und Gewinngenerierung) ist als immanenter Bestandteil wirtschaftlicher Unternehmungen im Wettbewerbsumfeld in vielfacher Weise vorstellbar.8 Ein ähnlich gelagertes Spannungsfeld zwischen der wirtschaftlich sinnvollen Organisation betrieblicher Abläufe und strafrechtlichen Risiken kann sich auch in Bezug auf die Gestaltung der Leitungsstrukturen in Konzernen ergeben. Wegen ihres häufigen Vorkommens von besonderer Bedeutung, steuerrechtlich allerdings noch kaum beachtet sind hier sog. „Matrix-Strukturen“, in denen konzerninterne Berichts- und Weisungswege häufig nicht der rechtlichen Struktur, sondern der betriebswirtschaftlichen Struktur des Konzerns entsprechen.9 Hier werden zum Beispiel steuerrechtliche Pflichten vielfach nicht durch die Geschäftsleiter oder das Personal jeder einzelnen Konzerngesellschaft wahrgenommen, sondern durch zentralisierte Steuerabteilungen. Nichtsdestotrotz obliegt 5  Vgl. den Sachverhalt in FG Düsseldorf v. 4. 11. 2016 – 1 K 2470/14 L, EFG 2017, 315 – nrkr. 6  In den dargestellten Fällen in der Logistikbranche wird das z. B. durch die Bemühung deutlich eine Ausnahmegenehmigung nach § 46 StVO zu erhalten, vgl. FG Düsseldorf v. 4. 11. 2016 – 1 K 24/70/ L, EFG 2017, 315, juris Rn. 4 ff. – nrkr. 7  Wedemeyer/Hohlfeld haben – allerdings ohne genauere Benennung – hervorgehoben, dass es auch grundsätzlich „bußgeldgefährdete Branchen“ gebe, dies., DStZ 1985, 79 (81). 8  Hier ist bspw. an Fragen steuerlicher Gestaltungen zu denken, bei denen im Vorhinein unklar ist, ob sie noch als legal einzustufen sind oder schon dem Anwendungsbereich des Straf- bzw. Ordnungswidrigkeitenrechts unterfallen. 9 Aus steuerrechtlicher Sicht sind die Problemfelder, die eine solche Thematik mit sich bringen kann als solche nahezu unbearbeitet. Eingehend hierzu Eggert, DStR 2017, 266 (266 ff.) m. w. N.

§ 4  Übernahme strafrechtlicher Geldsanktionen durch Dritte

242

zum Beispiel die Verantwortung für die (rechtzeitige) Abgabe von Steuererklärungen den Geschäftsleitern der einzelnen Konzerngesellschaften (§ 34 Abs. 1 AO).10 Jene trifft bei der Nichterfüllung dieser Pflichten ggf. auch die entsprechende strafrechtliche Haftung.11 Die eingesetzten Geschäftsleiter übernehmen diese Funktion wiederum vielfach im Interesse des Konzerns und mischen sich teilweise – entsprechend der betriebswirtschaftlichen Organisation – nur wenig in die eigentlichen Abläufe innerhalb der jeweiligen Konzerngesellschaft ein. Für die Konzernleitung besteht daher häufig ein Interesse an der finanziellen Haftungsfreistellung (zivil- und strafrechtlich) der Geschäftsleiter einzelner Konzerngesellschaften, da es ihnen andernfalls schwer fällt, Mitarbeiter zu finden, die sich in eine derartige Organisationsform einbinden lassen. 2.  Bewahrung des Unternehmensansehens in der Öffentlichkeit Ein weiteres typisches Interesse, das zuweilen zur wirtschaftlichen Übernahme der Sanktionen von Arbeitnehmern führt, kann sich aus dem Wunsch ergeben, entsprechende Sachverhalte weitestgehend der öffentlichen Aufmerksamkeit zu entziehen, um somit die Abfärbung der negativen Öffentlichkeitswirkung des Strafverfahrens gegen den Arbeitnehmer auf das öffentliche Ansehen des Unternehmens zu vermeiden.12 Ebenso kann auch ein Interesse daran bestehen, dass bestimmte Informationen über Geschäftsabläufe oder geschäftliche Verbindungen nicht über deren Thematisierung in der Hauptverhandlung in die Öffentlichkeit dringen. Hier wird teilweise von Seiten des Unternehmens auf die Arbeitnehmer eingewirkt, damit diese – gegen die Zusage der Übernahme der Sanktion – einen Strafbefehl oder eine Geldauflage nach § 153a StPO akzeptieren, anstatt in eine öffentliche Hauptverhandlung zu gehen.13 3.  Umsetzung unternehmensinterner Compliance-Maßnahmen, insbesondere Gestaltung von Amnestie- und Kooperationsprogrammen Wachsende Bedeutung kommt den Übernahmen von Geldstrafen, -auflagen sowie Geldbußen und Verfahrenskosten auch als Bestandteil von Kooperations10 Dazu

Eggert, DStR 2017, 266 (266 ff.) m. w. N. Hierzu im Einzelnen Eggert, DStR 2017, 266 (269 f.). 12  Mack, AG 2009, 365 (368); Talaska, AG 2015, 118 (121). Vgl. auch Stetter, MAH Strafverteidigung, § 44 Rn. 126. 13  Biesgen, SAM 2014, 158 (163). Mit einer Fallstudie aus steuerrechtlicher Sicht Breuninger, JbdFfSt 2014/2015, 303 (303 ff.; insb. 310 ff.). Eher aus strafrechtlicher Sicht Walter, LK-StGB, § 258 Rn. 47; Talaska, AG 2015, 118 (118, 121). Ein zu seiner Zeit öffentlich diskutiertes Bsp. findet sich z. B. im Zusammenhang mit den Strafverfahren, die Ende der 90er Jahre gegen (teils führende) Mitarbeiter der Dresdener Bank geführt worden sind, vgl. DER SPIEGEL, Heft 13/1999, S. 84 ff. und Heft 15/1999, S. 116 ff. 11 

A.  Praxisrelevanz

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und Amnestieprogrammen im Rahmen der Ausgestaltung unternehmensinterner Compliancesysteme zu.14 Im Zuge derartiger Programme werden zum Teil auch „Kooperationsvereinbarungen“ getroffen, die dem Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen zusichern, dass etwaig entstehende Verfahrenskosten und Sanktionen wirtschaftlich durch das Unternehmen übernommen werden, wenn der Arbeitnehmer an der Aufklärung von delinquentem Verhalten innerhalb des Unternehmens mitarbeitet. Im Nachgang dieser Vereinbarungen kann aus Unternehmenssicht auch ein Interesse daran entstehen, dass beschuldigte Mitarbeiter der Verhängung einer Geldauflage i. S. d. § 153a StPO zustimmen, da deren Betrag geringer ausfällt als die erwarteten Verfahrens- und Verteidigungsaufwendungen, wenn das Verfahren nicht eingestellt wird.

II.  Anlass für Kontroversen in zahlreichen Rechtsgebieten Dass die wirtschaftliche Übernahme von Sanktionen durch einen Dritten ein Thema ist, das Kontroversen auslösen kann, ist wegen der Wirkung, die mit der Ausgleichszahlung verbunden ist, nachvollziehbar. Die Möglichkeit von Ausgleichszahlungen kann negative Effekte im Hinblick auf die Abschreckungswirkung der Sanktion zeitigen. Zwar bedeutet die „wirtschaftliche Übernahme“ der Sanktion gerade nicht, dass diese gänzlich leer läuft, allerdings ermöglicht sie die Verschiebung der individuellen Trägerschaft der Sanktion auf einen Dritten. Wenn Letzterer die Belastung durch die Sanktion in seine Preisbildung einbeziehen kann, ohne seine Erträge in einem Maß zu gefährden, das die Summe der Sanktionsbeträge überschreitet, kann er den Abschreckungseffekt seinerseits weiter abfedern. Vor diesem Hintergrund überrascht es nicht, wenn die Thematik nicht nur im Steuerrecht Diskussionsbedarf auslöst, sondern auch in weiteren Rechtsgebieten. Zwei Arten des Ausgleichs lassen sich diesbezüglich schon im Ansatz voneinander trennen: die antizipierte und die nachgelagerte Übernahme der Geldsanktion. 1.  Antizipation der wirtschaftlichen Entlastung Mag sie auch mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit in der Lebenswirklichkeit vorkommen,15 so ist die Antizipation der wirtschaftlichen Übernahme von in der 14  Da die Regelung der Übernahme i. R. e. Amnestieprogramms der Aufklärung ggf. bereits begangener Gesetzesverstöße dient, ist sie nicht als sittenwidrig zu qualifizieren, Kahlenberg/Schwinn, CCZ 2012, 81 (85 f.). Vgl. auch Leisner, K/R/T, Internal Investigations, Kap. 10 Rn. 75. 15  Die Darstellung des Tatbestands im Urteil des FG Düsseldorf v. 4. 11. 2016 – 1 K 2470/14 L, EFG 2017, 314 – nrkr. deutet eine solche Praxis – in Bezug auf Verwarnungsbzw. Bußgelder – an. Ein „historisches“ Bsp. findet sich auch im Tatbestand zum Urteil des RG v. 21. 9. 1897 – 1946/97, RGSt 30, 232 (233 f.).

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§ 4  Übernahme strafrechtlicher Geldsanktionen durch Dritte

Zukunft entstehenden Geldsanktionen als grundsätzlich rechtlich unzulässig zu qualifizieren. Aus strafrechtlichem Blickwinkel kann sie – bei Vorsatztaten – als Form der strafbaren Teilnahme anzusehen sein. Dabei kommen vor allem Anstiftung und (psychische) Beihilfe in Betracht, in manchen Fällen könnte sogar eine Mittäterschaft anzunehmen sein.16 Das Ganze wird vor allem in der handels- und gesellschaftsrechtlichen Literatur diskutiert.17 Das dürfte daran liegen, dass die Sachlage aus strafrechtlicher Sicht typischerweise entweder sehr klar sein oder andererseits unklar und kaum nachweisbar sein dürfte: Wenn die antizipierte Zusage der Sanktionsübernahme nachweisbar mit dem Hervorrufen des Tatentschlusses einhergegangen ist (dann Anstiftung zur Tat i. S. d. § 26 StGB), ergeben sich keine rechtlichen Probleme. Andererseits ist die (rechtliche) Möglichkeit einer psychischen Beihilfe im strafrechtlichen Schrifttum stark umstritten18 und wird von der Rechtsprechung eher kasuistisch19 bearbeitet. In Anbetracht der typischen Interessenlagen in Situationen, die die Frage nach einer antizipierten Entlastungszusage überhaupt aufwerfen, wird jedoch regelmäßig auch ein Nachweisproblem entstehen, sodass derlei Konstellationen wohl nur selten die Strafgerichte erreichen.20 Aus zivilrechtlichem Blickwinkel wird allgemein davon ausgegangen, dass sowohl die allgemeine Zusage zur Freistellung sowohl generell aller als auch bestimmter künftig „anfallender“ Sanktionen gemäß § 138 BGB nichtig ist.21 Der einzig zulässige Weg, den Arbeitnehmer von vornherein dafür zu entgelten, dass er seine Dienste auch dort zur Verfügung stellt, wo erhöhte Risiken des Verstoßes gegen strafrechtliche Vorschriften aufkommen, besteht darin, dem Arbeitnehmer einen „Gefahrenzuschlag“ auf sein regelmäßiges Gehalt zu gewähren, des-

16  Vgl. BT-Drs. 7/550, S. 248; OLG Frankfurt a.M. v. 5. 11. 1987 – 1 Ws 194/87, StV 1990, 112, juris Rn. 23; Bergmann, E/B/J/S-HGB, § 110 Rn. 20; Langheim, MüKo/HGB, § 110 Rn. 23; Stree/Hecker, S/S-StGB, § 258 Rn. 29; Hasselbach/Seibel, AG 2008, 770 (775); Kapp, NJW 1992, 2796 (2797). 17  Bergmann, E/B/J/S-HGB, § 110 Rn. 20 m. w. N.; Langheim, MüKo/HGB, § 110 Rn. 23. Zum Ordnungswidrigkeitenrecht Rengier, KK/OWiG, § 14 Rn. 25 m. w. N. 18  Die wohl h. M. in Rspr. und Lit. bejaht die Möglichkeit zu einer psychischen Beihilfe, v. a. durch bestimmte Formen von Ratschlägen, Bestärkung des Tatentschluss oder Beseitigung von Gegenmotiven. Mit Nachw. aus der Rspr. und zum Streitstand in der Lit. Heine/Weißer, S/S-StGB, § 27 Rn. 15. 19 Dazu Fischer, StGB, § 27 Rn. 12 m. w. N. 20  Es steht zu vermuten, dass in Kreisen organisierter Kriminalität derartige Zusagen häufiger vorkommen, vgl. etwa den Tatbestand zum Urteil des BFH v. 7. 2. 1957 – IV 547/56 U, BStBl. III 1957, 160. 21  BAG v. 25. 1. 2001 – 8 AZR 465/00, NJW 2001, 1962, juris Rn. 19; Holly/Friedhofen, NZA 1992, 145 (148 f.); Kahlenberg/Schwinn, CCZ 2012, 81 (86). Differenzierend zwischen Zusagen für vorsätzliche und fahrlässige Taten Kapp, NJW 1992, 2796 (2797 f.).

A.  Praxisrelevanz

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sen Auszahlung unabhängig davon ist, ob es tatsächlich zu einer Sanktionierung kommt.22 2.  Nachgelagerte Zusage und Übernahme der Sanktion Die nach der Tat zugesicherte Übernahme von Geldsanktionen führt zu der Frage, ob und unter welchen Bedingungen die Übernahme von Sanktionen für die Verantwortlichen ggf. eine Strafbarkeit aus § 258 Abs. 2 StGB23 oder § 266 StGB24 auslösen kann. Praktisch relevant ist hierbei lediglich noch die denkbare Untreuestrafbarkeit der handelnden Organe, da die Rechtsprechung und die überwiegende Ansicht im Schrifttum die Verwirklichung einer Strafvollstreckungsvereitelung (§ 258 Abs. 2 StGB) durch Übernahme der Sanktion ablehnen.25 Auch gesellschaftsrechtlich wird diskutiert, unter welchen Bedingungen eine Übernahme der Sanktion zulässig ist. So wird zum Beispiel im Hinblick auf die Rechtslage in der AG diskutiert, welches Organ dazu berufen ist, ggf. eine finanzielle Entlastung des Vorstands von der Sanktion zu beschließen. Wegen der Möglichkeit eines diskreteren Vorgehens besteht ein praktisches Interesse daran, dass der Aufsichtsrat in derartigen Fällen allein entscheiden kann. Seit 2014 differenziert der BGH26 in derartigen Fällen danach, ob die fragliche Tat zugleich eine Pflichtverletzung gegenüber der AG bedeutet. Bejahendenfalls erfordert die Entscheidung zur Übernahme der Sanktion einen Beschluss der Hauptversammlung.27 Ähnliche Fragen stellen sich auch, wenn es um die Entscheidung

22  Wedemeyer/Hohlfeld, DStZ 1985, 79 (81). Im Hinblick auf Geldstrafen (und -auflagen) dürfte dies – in Anbetracht des Tagessatzsystems – allerdings nur partiell bzw. in wenigen Fällen gelingen. 23  Abgelehnt sowohl für mittelbare als auch für unmittelbare Zahlungen durch Dritte in BGH v. 7. 11. 1990 – 2 StR 439/90, BGHSt 37, 226, Ls., juris Rn. 61 ff. Vgl. auch Talaska, AG 2015, 118 (119) m. w. N. 24  BGH v. 7. 11. 1990 – 2 StR 439/90, BGHSt 37, 226 betrifft allerdings einen Fall der Untreue zu Lasten einer Körperschaft des öffentlichen Rechts und kann – nach h. M. im Schrifttum – nicht im Hinblick auf privatwirtschaftliche Körperschaften verallgemeinert werden Talaska, AG 2015, 118 (120) m. w. N. 25  BGH v. 7. 11. 1990 – 2 StR 439/90, BGHSt 37, 226, juris Rn. 50 ff. Vgl. auch § 3 Fn. 252 ff. Im Falle von Geldauflagen i. S. d. § 153a StPO kann dies erst recht keine Strafbarkeit nach § 258 Abs. 2 StPO auslösen, vgl. auch BGH v. 8. 7. 2014 – II ZR 174/13, BGHZ 202, 26, juris Rn. 12 m. w. N.; hierzu auch Talaska, AG 2015, 118 (119) m. w. N. 26  BGH v. 8. 7. 2014 – II ZR 174/13, BGHZ 202, 26, juris Rn. 11 ff. 27  Fehler des Aufsichtsrats bei der Einschätzung seiner Kompetenz können ihrerseits Anlass für eine strafrechtliche Haftung, z. B. nach § 266 StGB, sein, Talaska, AG 2015, 118 (119).

§ 4  Übernahme strafrechtlicher Geldsanktionen durch Dritte

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der Geschäftsleitung über die Übernahme einer Geldsanktion von Mitarbeitern unterhalb der Ebene der Gesellschaftsorgane geht.28 Arbeitsrechtlich wird unter anderem thematisiert, ob und unter welchen Voraussetzungen Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern rechtlich verbindliche Zusagen hinsichtlich der Übernahme von Sanktionen machen können.29 Die angerissenen Diskussionen machen deutlich, wie sehr ein praktisches Interesse an Möglichkeiten zur rechtlich einwandfreien Übernahme von Sanktionen durch Arbeitgeber gegenüber ihren Arbeitnehmern besteht.

B.  Grundsätzliches im Zusammenhang mit Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit B.  Grundsätzliches zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit

Bei der finanzgerichtlichen Überprüfung von „Übernahmekonstellationen“ lag der Fokus stets auf der Frage, ob eine Zahlung im o. g. Sinne zu steuerpflichtigem Arbeitslohn i. S. d. § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG führt oder nicht. Da er bejahendenfalls die Lohnsteuer abzuführen hat und der lohnsteuerrechtlichen Haftung unterliegt30 (§ 42d Abs. 1 EStG), ist diese Fragestellung vor allem auch ein Thema, das den Arbeitgeber betrifft. Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit werden berechnet, indem der Überschuss der Einnahmen über die Werbungskosten ermittelt wird (§ 2 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 i. V. m. §§ 8 ff. EStG). Was § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1  3 EStG als „Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit“ aufzählt, umschreibt tatsächlich die (grundsätzlich)31 steuerbaren Einnahmen aus dieser Einkunftsart,32 die auch als „Arbeitslohn“33 28 

Talaska, AG 2015, 118 (120). Zusagen im Vorhinein sind sittenwidrig und abzulehnen, nach der Tatbegehung aber ggf. zulässig, vgl. Kahlenberg/Schwinn, CCZ 2012, 81 (86) m. w. N. Vgl. auch FG Düsseldorf v. 4. 11. 2016 – 1 K 2470/14 L, EFG 2017, 315, juris Rn. 54 m. w. N. – nrkr. 30  „Haftung“ im steuerrechtlichen Sinne, d. h. als Pflicht zum Einstehen für fremde Schuld. Vgl. etwa BFH v. 14. 11. 2013 – VI R 36/12, BStBl. II 2014, 278; v. 7. 7. 2004 – VI R 29/00, BStBl. II 2005, 367. 31  Auszunehmen sind hiervon nach § 3 EStG steuerfreie Einnahmen sowie ein prozentualer Anteil der Versorgungsbezüge (vgl. § 19 Abs. 2 EStG). 32 Vgl. Pflüger, H/H/R-EStG, § 19 Rn. 100. 33  § 19 EStG spricht nicht von „Arbeitslohn“, § 38 Abs. 1 S. 1 EStG deutet jedoch an, dass er (kompakt) die Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit beschreibt, was ebenfalls – allerdings normhierarchisch unmaßgeblich – durch § 2 LStDV bestätigt wird, vgl. Geserich, Blümich/EStG, § 19 Rn. 150. Das entspricht auch der rechtshistorischen Tradition des Begriffs, in der dieser als Verklammerung typischer Lohnzahlungen bzw. der Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit verwendet worden ist, vgl. § 9 Nr. 1 EStG 1920 (RGBl. 1920, 359) und § 36 EStG 1925 (RGBl. I 1925, 189). Andererseits aber § 19 EStG 1934 (RGBl. I 1934, 1005). Nach Ansicht von Lang reicht der Begriff der Einnahmen 29 

B.  Grundsätzliches zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit

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bezeichnet werden. Auf das Wesentliche reduziert, fließt einem Steuerpflichtigen immer dann Arbeitslohn zu, wenn er innerhalb des maßgeblichen Veranlagungszeitraumes eine „objektive Bereicherung“ verzeichnet, die durch ein „Dienstverhältnis“ im steuerrechtlichen Sinne (§ 4 B. II.) „veranlasst“ (§ 4 B. III.) ist.34

I.  Objektive Bereicherung des Arbeitnehmers Jedenfalls im Hinblick auf die ertragsteuerrechtliche Beurteilung von „Übernahmekonstellationen“ birgt die Prüfung, ob die wirtschaftliche Übernahme der Sanktion durch den Arbeitgeber wirtschaftlich zu einer objektiven Bereicherung des Arbeitnehmers führt, kaum Anlass für rechtliche Diskussionen. Im Regelfall ist die wirtschaftliche Übernahme der Sanktion entweder so ausgestaltet, dass der Arbeitgeber dem betroffenen Arbeitnehmer einen Geldbetrag überlässt, mit dem der Geldabfluss zur Begleichung der Geldsanktion brutto oder netto (ggf. ohne oder mit Berücksichtigung der steuerlichen Mehrbelastung, die infolge der Nichtabziehbarkeit der Sanktion anfällt) ausgeglichen wird, oder der Arbeitgeber wendet diesen Betrag direkt dem Empfangszuständigen der Sanktion35 zu. Im ersten Fall, der Überlassung des Geldbetrages an den Arbeitnehmer, ist dessen Vermögen bei einem relativen Vergleich vor und nach der Zuwendung in Höhe des zugewendeten Betrages bereichert. Hierbei kommt es nach allgemeinen Grundsätzen nicht darauf an, wie sich das Vermögen des Arbeitnehmers darstellt, wenn man die Aufwendungen zur Begleichung der Sanktion und den empfangenen Geldzufluss zueinander in Beziehung setzt. Die Betrachtung der Einnahmen erfolgt nämlich isoliert von der Betrachtung etwaig berücksichtigungsfähiger Ausgaben, eine Saldierung findet nicht statt.36 Unzulässig ist damit insbesonnoch etwas über den Arbeitslohnbegriff hinaus, und zwar insofern, als ggf. auch Vermögenszuwächse erfasst werden könnten, die nicht dem Lohnsteuerabzug unterliegen (z. B. Schmiergelder), vgl. Lang, DStJG 9 (1986), 15 (51 ff., insb. auch 71); Antikritik bei Geserich, Blümich/EStG, § 19 Rn. 153. Demgegenüber ist die betriebsfeindliche Annahme von Schmiergeld durch einen Arbeitnehmer nach ganz h. M. als Einnahme aus sonstigen Einkünften gem. §§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 i. V. m. 22 Nr. 3 EStG zu qualifizieren, vgl. BFH v. 16. 6. 2015 – IX R 26/14, BStBl. II 2015, 1019, juris Rn. 11 m. w. N.; Wernsmann/Neudenberger, K/S/M-EStG, § 22 Rn. E 106. Im steuerrechtlichen Diskurs ist er in o. g. Funktion jedoch absolut geläufig, z. B. BFH v. 13. 12. 2016 – X R 18/12, BFH/NV 2017, 670, juris Rn. 23; v. 17. 9. 1982 – VI R 75/79, BStBl. II 1983, 39, juris Rn. 17; Krüger, Schmidt/EStG, § 19 Rn. 10; Pflüger, H/H/R-EStG, § 19 Rn. 100. Im Folgenden soll auch hier die Rede von „Arbeitslohn“ als Erfassung der Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit sein. 34  St. Rspr. BFH v. 1. 9. 2016 – VI R 67/14, BStBl. II 2017, 69, juris Rn. 20 m. w. N.; seit BFH v. 17. 9. 1982 – VI R 75/79, BStBl. II 1983, 39, juris Rn. 20. Eisgruber, Kirchhof/EStG, § 19 Rz. 55; Pflüger, H/H/R-EStG, § 19 Rn. 53. 35  Vgl. den Sachverhalt im Tatbestand zu FG Düsseldorf v. 4. 11. 2016 – 1 K 2470/14 L, EFG 2017, 314 – nrkr. 36  Breinersdorfer, K/S/M-EStG, § 19 Rn. B 224.

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§ 4  Übernahme strafrechtlicher Geldsanktionen durch Dritte

dere auch eine Differenzierung, die zwischen einem „Nettoausgleich“, bei dem der Arbeitnehmer im wirtschaftlichen Endergebnis tatsächlich von der Sanktion wirtschaftlich nicht tangiert wird, und einem „Bruttoausgleich“ des nominellen Sanktionsbetrages unterscheidet. Im zweiten Fall, der Begleichung der Geld- oder geldwerten Sanktion des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber gegenüber dem Sanktionsgläubiger, kommt es zunächst darauf an, ob der hoheitliche Anspruch auf die Sanktionsleistung durch die Interaktion des Arbeitgebers rechtswirksam getilgt werden kann.37 Ist dies der Fall, muss der Arbeitnehmer keine eigene Leistung mehr erbringen, was zu einer Aufwendungsersparnis durch die Drittleistung des Arbeitgebers38 führt. Auch jene führt allerdings dazu, dass der Arbeitnehmer aus steuerrechtlicher Sicht zunächst als „objektiv bereichert“ anzusehen sehen ist.39 Hinsichtlich der Ausgestaltung bei der Überlassung von Geld zur Zahlung der Sanktion an den Arbeitnehmer wird, gerade nach den jüngsten Entwicklungen im Gesellschaftsrecht, die eine Abstimmung über die endgültige wirtschaftliche Entlastung sanktionierter Vorstandsmitglieder ggf. nur durch die Hauptversammlung und erst drei Jahre nach Vollendung der Tat möglich machen (vgl. § 93 Abs. 4 S. 3 AktG),40 vielfach auch (zunächst) die Gewährung von Darlehen ins Blickfeld rücken:41 Zwischenzeitlich anfallende Zinszahlungen können ggf. zu Werbungskosten der darlehensnehmenden Vorstandsmitglieder führen und ggf. kommt es – im Falle einer entsprechenden Entscheidung durch die Hauptversammlung – zu einen anschließenden Verzicht auf die Tilgungsleistung, der wiederum als Zufluss von Arbeitslohn zu bewerten sein könnte. Hierdurch ist wirtschaftlich die Herbeiführung desselben Ergebnisses möglich, das auch erreicht worden wäre, wenn die Mittel von Anfang an – ohne Verknüpfung mit einem Rückzahlungsanspruch – zur Verfügung gestellt worden wären. Bezüglich der Frage, inwiefern das Einschlagen dieses Weges zu einer 37 In der Lit. wird die Ansicht geäußert, dass die Bezahlung der Geldstrafe durch einen Dritten gegenüber der Staatskasse keine Tilgungswirkung entfalten kann, wobei die Ansichten über die Wirkung einer versehentlichen Annahme der Zahlung auseinandergehen: für zivilrechtliche Nichtigkeit der Annahmeerklärung gem. § 134 BGB Altenhain, NK/StGB, § 258 Rn. 65; für eine Strafbarkeit der Direktzahlung unter § 258 Abs. 2 StGB, Walter, LK-StGB, § 258 Rn. 51. A. A. Hoyer, SK/StGB, § 258 Rn. 21. 38  Jene ist abzugrenzen von Aufwendungen, die durch Eigenleistung erspart werden und nicht zu einem Zufluss von Einnahmen führen, P. Kirchhof, Kirchhof/EStG, § 8 Rz. 7; Krüger, Schmidt/EStG, § 8 Rn. 4. 39  Glenk, Blümich/EStG, § 8 Rn. 28; Kister, H/H/R-EStG, § 8 Rn. 27; Pust, L/B/PEStG, § 8 Rn. 125. 40 Nach BGH v. 8. 7. 2014 – II ZR 174/13, BGHZ 202, 26, juris Rn. 11 ist von der Kompetenz der Hauptversammlung und damit auch von der Drei-Jahres-Frist auszugehen, wenn die gegenständliche Tat zugleich eine Pflichtverletzung gegenüber der AG darstellt. 41  Talaska, AG 2015, 118 (121) m. w. N.

B.  Grundsätzliches zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit

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zwischenzeitlichen objektiven Bereicherung des Arbeitnehmers führen kann, muss differenziert werden: Die Überlassung der Darlehensvaluta an sich führt, wenn auch mit unterschiedlicher Begründung, nach allgemeiner Ansicht zunächst nicht zu einer objektiven Bereicherung des Arbeitnehmers.42 Eine solche ist andererseits anzunehmen, wenn dem Arbeitnehmer günstigere Darlehensbedingungen gewährt werden als dies auf dem Markt üblich ist, also insbesondere, wenn Zinssätze unterhalb des Marktniveaus vereinbart werden.43 Zur Annahme einer objektiven Bereicherung führt schließlich auch ein späterer Verzicht des Arbeitgebers auf die Ansprüche aus der Darlehensvereinbarung.44

II.  Dienstverhältnis § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG ordnet den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit in erster Linie „Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst“ zu.45 Im Zusammenhang mit der rechtlichen Würdigung von Zahlungen, die Arbeitgeber ihren Arbeitnehmern zukommen lassen, um sie wirtschaftlich von den Folgen einer monetären Sanktion freizustellen, stellt sich unweigerlich die Frage, ob die Verwirklichung bewehrter bzw. sanktionierter Taten – ggf. auf Weisung des Arbeitgebers – zu einer derartigen Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gehören kann. Wäre dies nicht der Fall, erscheint denkbar, dass jene Ersatzzahlungen deswegen auch nicht zu Einkünften aus nichtselbstän42  Das mag insofern verwundern, als dem Stpfl. mit Erhalt der Darlehensvaluta Gelder zufließen, über die er tatsächlich verfügen kann und es bei Berücksichtigung des Zufluss­ prinzips nach § 11 Abs. 1 S. 1 EStG – im Gegensatz zu den Grundsätzen des Betriebsvermögensvergleichs – keine Rolle spielt, dass dem Erhalt der Valuta ein grds. gleichwertiger Rückzahlungsanspruch gegenübersteht. Dementgegen scheint der BFH gerade derartigen Gedanken zu folgen, wenn er trotz einer Bestätigung des zivilrechtlichen Eigentumsübergangs an den Darlehensmitteln davon ausgeht, dass kein „wirtschaftlich endgültiger“ Zufluss vorliegt, vgl. BFH v. 20. 10. 2004 – I R 11/03, BStBl. II 2005, 581, juris Rn. 31; v. 8. 10. 1969 – I R 94/67, BStBl. II 1970, 44, juris Rn. 7; v. 6. 3. 1974 – I R 203/72, BStBl. II 1974, 341, juris Rn. 13 f. In der Lit. wird das Ergebnis damit begründet, dass es sich um einen nicht steuerbaren Vorgang auf der Vermögensebene handelt, Krüger, Schmidt/EStG, § 8 Rn. 8 m. w. N. oder, dass es an einem Veranlassungszusammenhang zwischen Zufluss und Einkunftsart fehlt, Glenk, Blümich/EStG, § 8 Rn. 226 „Darlehen“; Pust, L/B/P-EStG, § 8 Rn. 137. Zum Ganzen auch Kister, H/H/R-EStG, § 8 Rn. 35. 43  BFH v. 9. 10. 2002 – VI R 164/01, BStBl. II 2003, 373, juris Rn. 8. Vgl. auch BMF v. 19. 5. 2015 – IV C 5-S 2334/07/0009 zur steuerlichen Behandlung von Arbeitgeberdarlehen, insb. zur Ermittlung des Zinsvorteils. Auswirken können sich ggf. aber auch dritt­ unübliche Darlehenshöhen oder -rückzahlungsbedingungen, Krüger, Schmidt/EStG, § 11 Rn. 50 „Darlehen“. 44  Breinersdorfer, K/S/M-EStG, § 19 Rn. B 252; Krüger, Schmidt/EStG, § 19 Rn. 100 „Darlehen“. 45  Hervorhebungen nicht im Gesetzestext.

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§ 4  Übernahme strafrechtlicher Geldsanktionen durch Dritte

diger Tätigkeit führen.46 Diese Frage drängt sich umso mehr auf, als die Zugehörigkeit deliktischer Handlungen zum Dienstverhältnis nicht mit dem arbeits- und sozialrechtlichen Rechtsgefühl vereinbar erscheint. Im steuerrechtlichen Rechtsdialog ist dieser Zusammenhang lange Zeit vernachlässigt worden. Neuerdings besteht hier allerdings die Ansicht, dass eine solche Zugehörigkeit von Delikten zu „normalen“ Dienstverhältnissen auszuschließen sei. Aus alldem ergibt sich schließlich das Bedürfnis zur Erläuterung und Abgrenzung des steuerrechtlichen „Dienstverhältnisses“ im Allgemeinen, der Darstellung des normativen und damit Delinquenz ausschließenden Begriffsverständnisses (§ 4 B. II. 1.–3. b)) sowie zuletzt der Auseinandersetzung mit dieser Ansicht (§ 4 B. II. 3. c)). 1.  „Nichtselbständige Arbeit“ und „Dienstverhältnis“ Unter „nichtselbständiger Arbeit“ lassen sich die Leistungen verstehen, die ein Arbeitnehmer im Rahmen eines Dienstverhältnisses erbringt.47 Was ein „Dienstverhältnis“ bzw. – im steuerrechtlichen Diskurs gleichbedeutend verwendet – 48 ein „Arbeitsverhältnis“ ist, wird im EStG nicht definiert, dafür jedoch in der LStDV. Demnach liegt ein Dienstverhältnis vor, wenn ein Beschäftigter einem Arbeitgeber – in Abgrenzung zu einem Arbeitserfolg49 – seine Arbeitskraft schuldet. Diesbezüglich stellt § 1 Abs. 2 S. 2 LStDV wiederum wesentlich auf die Weisungsbindung des Arbeitnehmers und seine Eingliederung in den „geschäftlichen Organismus des Arbeitgebers“ ab.50 Zwar kann die LStDV, aufgrund ihrer Stellung in der Normenhierarchie, nicht maßgeblich für die Interpretation der Begriffe des EStG sein,51 allerdings geht der BFH in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass § 1 Abs. 2 S. 1 und 2 LStDV (i. V. m. § 51 Abs. 1 Nr. 1 lit. a) EStG) 46 In diesem Sinne Fellmeth, Das lohnsteuerrechtliche Abgrenzungsmerkmal, S. 112 ff., 125, 188. 47  Das lässt sich indirekt daraus herleiten, dass das EStG die Begriffe der „Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit“ gleichbedeutend zum Begriff „Arbeitslohn“ verwendet (z. B. §§ 19 Abs. 1 S. 1; 38 Abs. 1 S. 1 EStG; vgl. auch § 2 Abs. 1 LStDV), Pflüger, H/H/REStG, § 19 Rn. 52. Zur ungenauen Terminologie im Hinblick auf die Verwendung des Begriffs „Einkünfte“ in § 19 Abs. 1 S. 1 EStG Pflüger, H/H/R-EStG, § 19 Rn. 100. 48  BFH v. 7. 4. 1972 – VI R 58/69, BStBl. II 1972, 643, juris Rn. 15 m. w. N.; Krüger, Schmidt/EStG, § 19 Rn. 11. 49  Vgl. BFH v. 22. 2. 2012 – X R 14/10, BStBl. II 2012, 511, juris Rn. 31, 33; v. 24. 8. 1995 – IV R 60 – 61/94, BStBl. II 1995, 888, juris Rn. 21 m. w. N.; Krüger, Schmidt/EStG, § 19 Rn. 25. 50 Vgl. Eisgruber, Kirchhof/EStG, § 19 Rz. 15. 51  In der Lit. werden teilweise Zweifel daran geäußert, ob eine derartige Begriffsbestimmung wie in den §§ 1 f. LStDV von den Vorgaben der Ermächtigungsnorm gedeckt sein kann, Geserich, Blümich/EStG, § 19 Rn. 47 m. w. N. Da die in der Vorschrift genannten Voraussetzungen allerdings gemeinhin als Vorgaben von Arbeitnehmereigenschaft und Dienstverhältnis anerkannt werden, zeitigen diese Zweifel keine nachhaltigen Wirkungen, vgl. Pflüger, H/H/R-EStG, § 19 Rn. 53.

B.  Grundsätzliches zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit

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den „Arbeitnehmerbegriff zutreffend auslegen“ und bezieht sich nachfolgend stets auf diese Beschreibung des Dienstverhältnisses.52 Dabei mag es zunächst verwundern, wenn der BFH die Darstellung des Dienstverhältnisses über die zutreffende Auslegung des Arbeitnehmerbegriffs herleitet und dazu wiederum auf § 1 Abs. 2 LStDV verweist, obwohl der Begriff „Arbeitnehmer“ doch durch § 1 Abs. 1 LStDV erläutert wird. Die augenscheinliche Vermischung, die hierbei stattfindet,53 zeigt, dass es sich gewissermaßen um unselbständige Begriffe handelt, denen eine dienende Funktion bei der Erläuterung eines einheitlichen Sachkomplexes zukommt: Erst durch die Existenz der Subjekte des Dienstverhältnisses entsteht die Grundlage für deren objektive Beziehung zueinander und erst durch die objektive Beziehung wird die Rolle der Subjekte deutlich.54 Schließlich kann erst in der Gesamtschau der Begriffe deutlich werden, was der Gesetzgeber mit „nichtselbständiger Arbeit“ gemeint hat. Diese Einsicht ermöglicht ein erstes Verständnis dafür, dass es aus steuerrechtlicher Sicht weniger auf den isolierten Gehalt der einzelnen Begriffe ankommt als vielmehr darauf, ob sie den Rückschluss darauf ermöglichen, ob ein Verhalten die Annahme selbständiger oder nichtselbständiger Arbeit rechtfertigt. Abgesehen von den Anhaltspunkten, die § 1 Abs. 2 LStDV zur inhaltlichen Annäherung bereithält, besteht deshalb auch allgemein Einigkeit, dass es sich bei den steuerrechtlichen Begriffen des Dienstverhältnisses und des Arbeitnehmers um offene Typusbegriffe handelt, die nur durch eine größere und unbestimmte Zahl an Merkmalen abschließend bestimmt werden können.55 Im konkreten Einzelfall sind bei der Rechtsanwendung die fallrelevanten Merkmale festzustellen, ggf. zu gewichten und gegeneinander abzuwägen.56 Im 52  BFH v. 18. 6. 2015 – VI R 77/12, BStBl. II 2015, 903, juris Rn. 11; v. 23. 4. 2009 – VI R 81/06, BStBl. II 2012, 262, juris Rn. 27; v. 20. 11. 2008 – VI R 4/06, BStBl. II 2009, 374, juris Rn. 10; hierzu auch Lang, DStJG 9 (1986), 15 (24 f.). 53  § 1 Abs. 2 LStDV spricht von „Angestellten“ und „Beschäftigten“ und vermeidet hierdurch den zirkulären Bezug, der in Gesamtschau mit § 1 Abs. 1 S. 1 LStDV naheläge, wenn anstelle dessen die Rede von „Arbeitnehmern“ wäre. 54  Eisgruber, Kirchhof/EStG, § 19 Rz. 11 ff.; Geserich, Blümich/EStG, § 19 Rn. 49; Pflüger, H/H/R-EStG, § 19 Rn. 52. Mit abweichender Perspektive Breinersdorfer, K/S/MEStG, § 19 Rn. B 61 ff. 55  BFH v. 13. 12. 2016 – X R 18/12, BStBl. II 2017, 450, juris Rn. 26; v. 22. 2. 2012 – X R 14/10, BStBl. II 2012, 511, juris Rn. 31; v. 23. 4. 2009 – VI R 81/06, BStBl. II 2012, 262, juris Rn. 28; v. 20. 11. 2008 – VI R 4/06, BStBl. II 2009, 374, juris Rn. 11; v. 22.7. 2008 – VI R 51/05, BStBl. II 2008, 981, juris Rn. 16; v. 29. 5. 2008 – VI R 11/07, BStBl. II 2008, 933, juris Rn. 16; v. 7. 2. 2008 – VI R 83/04, BStBl. II 2009, 703, juris Rn. 9; v. 14. 6. 2007 – VI R 5/06, BStBl. II 2009, 931, juris Rn. 10; v. 9. 9. 2003 – VI B 53/03, BFH/NV 2004, 42, juris Rn. 5; hierzu auch Krüger, Schmidt/EStG, § 19 Rn. 11, 21 ff. 56  BFH v. 18. 6. 2015 – VI R 77/12, BStBl. II 2015, 903, juris Rn. 13; v. 20. 10. 2010 – VIII R 34/08, BFH/NV 2011, 585, juris Rn. 20 f.; v. 30. 7. 2010 – VI B 109/09, BFH/NV

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Ergebnis beruht damit die Annahme von Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit stets auf einem Wertungsvorgang, der vom „Gesamtbild der Verhältnisse“ ausgeht.57 Dieser Wertungsvorgang obliegt im Wesentlichen der Tatsachenin­ stanz, also den Finanzgerichten, und ist durch den BFH nur eingeschränkt überprüfbar.58 Einige der grundsätzlich berücksichtigungsfähigen Kriterien für die Gewichtung sind in den Lohnsteuer-Richtlinien (LStR) aufgezählt, unter anderem werden dort beispielsweise das Fehlen von Kapitaleinsatz, das Vorliegen fester Arbeitszeiten oder der Erhalt fester Bezüge genannt.59 Setzt man ihre Einbeziehung in einer Vielzahl von Einzelfällen mit ihrer relativen Bedeutsamkeit gleich, gehören zu den wichtigsten der in den LStR genannten Merkmalen sicherlich das Fehlen eines typischen „unternehmerischen Risikos“ und typischer „unternehmerischer Initiative“ sowie die (schon in § 1 LStDV angesprochene) „Weisungsgebundenheit“ und „organisatorische Eingliederung“ von Arbeitnehmern.60 2.  Keine Identität mit dem arbeits- und sozialversicherungsrechtlichen Begriff Unter Einbeziehung dieser Grundlagen der Qualifikationsentscheidung bestehen tatsächlich einige Parallelen zu den arbeitsrechtlichen Pendants der Begriffe „Dienst-“ bzw. „Arbeitsverhältnis“ und „Arbeitnehmer“. Das darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass, wie von den Obergerichten anerkannt, weder das Vorliegen eines Dienstverhältnisses nach arbeitsrechtlicher noch eines solchen nach sozialrechtlicher Qualifikation in seiner Bedeutung insgesamt über den Wert eines Indizes für die steuerrechtliche Einschätzung der Lage hinausreicht.61 Aus2010, 2100, juris Rn. 11; v. 11. 8. 2009 – VI B 46/08, BFH/NV 2009, 1814, juris Rn. 4 f.; v. 23. 4. 2009 – VI R 81/06, BStBl. II 2012, 262, juris Rn. 28 m. w. N. 57 St. Rspr., BFH v. 18. 6. 2015 – VI R 77/12, BStBl. II 2015, 903, juris Rn. 13; v. 22. 2. 2012 – X R 14/10, BStBl. II 2012, 511, juris Rn. 31; v. 23. 4. 2009 – VI R 81/06, ­BStBl. II 2012, 262, juris Rn. 28; v. 20. 11. 2008 – VI R 4/06, BStBl. II 2009, 374, juris Rn. 11; v. 14. 6. 1985 – VI R 150 – 152/82, BStBl. II 1985, 661, juris Rn. 16 m. w. N.; Pflüger, H/H/R-EStG, § 19 Rn. 53. 58  BFH v. 18. 6. 2015 – VI R 77/12, BStBl. II 2015, 903, juris Rn. 14; v. 20. 11. 2008 – VI R 4/06, BStBl. II 2009, 374, juris Rn. 11 m. w. N. 59 Derzeit H 19.0 LStR 2015. BFH v. 22. 2. 2012 – X R 14/10, BStBl. II 2012, 511, juris Rn. 31, 33. Maßgeblich aufgezählt hat diese Kriterien schon BFH v. 14. 6. 1985 – VI R 150 – 152/82, BStBl. II 1985, 661, juris Rn. 17 ff., vgl. Abschn. 67 Abs. 1 S. 4 LStR 1990. 60  BFH v. 22. 7. 2008 – VI R 51/05, BStBl. II 2008, 981, juris Rn. 15 ff. 61  BFH v. 2. 12. 1998 – X R 83/96, BStBl. II 1999, 534, juris Rn. 54 m. w. N. Vgl. auch BFH v. 3. 2. 2000 – V B 129/99, BFH/NV 2000, 997, juris Rn. 14 zur Abgrenzung selbständiger und unselbständiger Arbeit für umsatzsteuerrechtliche Zwecke; BGH v. 15. 12. 1986 – StbSt (R) 2/86, BGHSt 34, 242, juris Rn. 13 zum StBerG. Selbiges gilt auch im umgekehrten Fall, also dann, wenn die außersteuerrechtliche Würdigung gerade zu dem Er-

B.  Grundsätzliches zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit

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gangspunkt dieser Betrachtung, die auch der einhelligen Ansicht im steuerrechtlichen Schrifttum entspricht,62 sind vor allem die unterschiedlichen Zielsetzungen des Arbeits- und Sozialrechts einerseits und des (Einkommen-)Steuerrechts andererseits. Letztgenanntes hat primär die Staatsfinanzierung im Wege der leistungsfähigkeitsgerechten Abgabengestaltung und -erhebung im Blick, wofür zum Beispiel Fragen der sozialen Schutzbedürftigkeit regelmäßig nicht von Bedeutung sind.63 So hat etwa der BFH entschieden, dass für die Qualifizierung von Einkünften eines Rundfunkermittlers unerheblich ist, ob jener nach § 7 Abs. 4 SGB IV i. d. F. vom 19. 12. 1998 aus sozialversicherungsrechtlichen Gesichtspunkten als scheinselbständig und deshalb als Arbeitnehmer zu beurteilen ist – aus steuerrechtlicher Sicht handelte es sich insofern um einen Gewerbetreibenden.64 Dass die unterschiedlichen Zielsetzungen der Teilrechtsordnungen die Maßstäbe beeinflussen, die an dieselben Begriffe in den unterschiedlichen Teilrechtsordnungen anzulegen sind, lässt sich gut anhand von weiteren Beispielen illustrieren: Ganz allgemein wird temporal im Einkommensteuerrecht z. B. nicht vorausgesetzt, dass es sich um ein aktuell durchgeführtes Arbeitsverhältnis handelt. Als Bezugspunkt von Einkünften kommt vielmehr auch ein zukünftiges oder vergangenes Arbeitsverhältnis in Betracht.65 So ist beispielsweise die steuerlich mögliche Berücksichtigung vorweggenommener und möglicherweise vergeblicher Werbungskosten, wie Aufwendungen für eine Bewerbung66 oder eine spezifische (zweite) Berufsausbildung67, zu erklären. Hierfür ist nicht zu fordern, dass der gebnis gelangt, dass nach der Sachlage wohl kein Arbeitsverhältnis vorläge, so können z. B. nach einkommensteuerrechtlicher Beurteilung auch angestellte beherrschende Gesellschafter-Geschäftsführer von Kapitalgesellschaften Arbeitnehmer sein, vgl. BFH v. 26. 6. 1970 – VI R 193/67, BStBl. II 1970, 824, Ls. 1, juris Rn. 8 f.; Fischer, Henssler/Willemsen/Kalb, § 38 EStG Rn. 38. Wenn ein angestellter GmbH-Geschäftsführer zugleich mindestens 50 % des Stammkapitals innehat, soll dies aber ein (widerlegliches) Indiz für Selbständigkeit sein, vgl. BFH v. 20. 10. 2010 – VIII R 34/08, BFH/NV 2011, 585, juris Rn. 29. 62  Lang, DStJG 9 (1986), 15 (21, 27); Geserich, Blümich/EStG, § 19 Rn. 56, 73. 63  BFH v. 23. 4. 2009 – VI R 81/06, BStBl. II 2012, 262, juris Rn. 33; v. 2. 12. 1998 – X R 83/96, BStBl. II 1999, 534, juris Rn. 57; v. 23. 10. 1992 – VI R 59/91, BStBl. II 1993, 303, juris Rn. 15. 64  BFH v. 2. 12. 1998 – X R 83/96, BStBl. II 1999, 534, Ls. 1, juris Rn. 40 ff. Mit weiteren Bsp. im sozialversicherungsrechtlichen Zusammenhang Eisgruber, Kirchhof/EStG, § 19 Rz. 7. 65  Vgl. § 24 Nr. 2 EStG; § 2 Abs. 2 Nr. 1 und 2 LStDV. Dazu auch Lang, DStJG 9 (1986), 15 (24). 66  Vgl. FG Köln v. 7. 7. 2004 – 7 K 932/03, DStRE 2004, 1455, juris Rn. 230 ff. – rkr.; FG Nürnberg v. 19. 12. 1988 – V 192/88, EFG 1989, 271 (271 f.) – rkr.; Krüger, Schmidt/ EStG, § 9 Rn. 95; Thürmer, Blümich/EStG, § 9 Rn. 700 „Bewerbungskosten“. 67 Vgl. BFH v. 19. 9. 2012 – VI R 78/10, BStBl. II 2013, 284. BMF v. 22. 9. 2010 – IV C 4 – S 2227/07/10002:002, BStBl. I 2010, 721 Rz. 2.

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konkrete Arbeitgeber oder das spezifische Arbeitsverhältnis, in dem später Einnahmen erzielt werden sollen, bereits genau bezeichnet werden können. Personell weichen die Maßstäbe auch insofern ab, als es Rechtsnachfolgern steuerlich möglich ist, Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu erzielen, die von einem anderen Arbeitnehmer erarbeitet worden sind (§ 24 Nr. 2 EStG).68 Gerade im Hinblick auf die inhaltlichen Anforderungen an das Dienstverhältnis lassen sich auch deutliche Unterschiede zwischen den Teilrechtsordnungen ausmachen. Deshalb sind im Einkommensteuerrecht auch Personen in öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnissen (z. B. Beamte, Soldaten) als Arbeitnehmer anzusehen69, sind versehentliche Überzahlungen des Arbeitgebers steuerlich als Arbeitslohn zu behandeln70 oder gehen auch im Arbeitsrecht elementar zu berücksichtigende Voraussetzungen, wie die Weisungsgebundenheit des Arbeitnehmers, in die Würdigung des Gesamtbildes der Verhältnisse mit abweichender Bedeutung ein. In der Folge können zum Beispiel die geschäftsleitenden Organe juristischer Personen steuerrechtlich im Rahmen dieser Tätigkeit sehr wohl Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit beziehen, obwohl nach arbeitsrechtlichen Maßstäben gleichzeitig nicht vom Bestehen eines Arbeitsverhältnisses auszugehen wäre.71 Das alles illustriert, dass es weniger um die Bedingungen geht, unter denen gearbeitet wird, als um die Erfassung einer steuerrechtlich eigenständigen Quelle des Leistungsfähigkeitserwerbs. 3.  Gesetzeswidrige Handlungen als Bestandteil des steuerrechtlichen Dienstverhältnisses Grundlegend muss untersucht werden, ob ein delinquentes Tun, Dulden oder Unterlassen überhaupt als Bestandteil des Verhaltenskomplexes in Betracht kommt, den das Einkommensteuergesetz als Einkunftsquelle „nichtselbständige Arbeit“ erfasst. Diese Frage hat für sich genommen bislang kaum Beachtung gefunden, wird aber von einer Ansicht im jüngeren Schrifttum verneint,72 die im Folgenden zu dem Schluss kommt, dass deswegen auch kein Veranlassungszusammenhang zwischen der objektiven Bereicherung des Arbeitnehmers und seiner nichtselbständigen Arbeit bestehe.73 Dies führt nach besagter Ansicht dazu, 68 

Lang, DStJG 9 (1986), 15 (24, 71). Pflüger, H/H/R-EStG, § 19 Rn. 61. Zur Nichtberücksichtigung dieser Berufsträger als Arbeitnehmer nach arbeitsrechtlichem Begriff Preis, ErfK/ArbR, § 611a BGB Rn. 132. 70  BFH v. 4. 5. 2006 – VI R 17/03, BStBl. II 2006, 830, juris Rn. 11. 71  Temminghoff, Lohnsteuerpflichtige Zuwendungen, S. 7 m. w. N.; Lang, DStJG 9 (1986), 15 (25); Krüger, Schmidt/EStG, § 19 Rn. 26 m. w. N. aus der Rspr. 72 Hiernach bewegt sich der betreffende Arbeitnehmer bei der Verwirklichung der delinquenten Verhaltensweise in seiner sozialen Rolle als „Privatperson“, Fellmeth, Das lohnsteuerrechtliche Abgrenzungsmerkmal, S. 126. 73  s. zum Veranlassungszusammenhang i.R.d. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit § 4 B. III. 69 

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dass Zuwendungen, die ein Arbeitnehmer von seinem Arbeitgeber im Nachgang einer delinquenten Tat erhält, um die finanzielle Wirkung einer Sanktion auszugleichen, nicht zu den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit gehören.74 Bei der Untersuchung der Frage, ob delinquentes Verhalten als Bestandteil nichtselbständiger Arbeit in Betracht kommt, wird jener zitierten Ansicht deshalb besondere Aufmerksamkeit gewidmet. a)  Abgrenzung der praktisch relevanten Fallgruppe Eher global können unterschiedliche Arten der Einbindung von Delinquenz in arbeitsteilige Unternehmen unterschieden werden. Zwei Erscheinungsformen sollen im Folgenden kurz skizziert werden. Denkbar sind zunächst übergeordnete Wirtschaftseinheiten, die einen insgesamt verbotenen Unternehmensgegenstand betreiben: Blendet man die Illegalität des gehandelten Produkts aus, wird ein organisierter „Drogenhandel“ vielfach Strukturen aufweisen, die einem Groß- oder Einzelhandelsgewerbe entsprechen.75 Auch in derartigen Strukturen sind Erscheinungsformen weisungsabhängiger, stark organisatorisch eingebundener Arbeit (Hierarchien, Kontroll- und Berichtspflichten etc.) denkbar, die keine Anzeichen eigener unternehmerischer Initiative aufweisen. Hiervon sind zweitens solche Wirtschaftseinheiten scharf zu trennen, die nach ihrem Gegenstand, Zweck und ihrer wesentlichen Geschäftstätigkeit zu den Teilnehmern des legalen Wirtschaftslebens gehören, innerhalb derer aber vereinzelt Delikte mit Bezug zum Unternehmen vorkommen. Im Rahmen solcher Unternehmungen beruht die Arbeitsteilung durchweg auf weit überwiegend wirksam geschlossenen Arbeitsverträgen, die (mit wenigen Ausnahmen) auch in legaler Weise praktisch durchgeführt werden.

74  I. d. S.  Fellmeth, Das lohnsteuerrechtliche Abgrenzungsmerkmal, S. 126: „Als Täter ist der Arbeitnehmer damit richtigerweise einzig als ‚Privatperson‘ anzusehen.“ Nicht ganz deutlich wird, wie der Zusammenhang zur ihrerseits zuvor dargestellten mangelnden Bereicherung des Arbeitnehmers „unterm Strich“ beschaffen sein soll, vgl. ebd., S. 125. 75 Vgl. Ulrich, DER SPIEGEL, Heft 52/2011, S. 42 ff. wo über ein Interview mit einem Mitglied der organisierten Kriminalität Einblick in die „unternehmerischen“ Strukturen des Betäubungsmittelhandels der sog. „‘Ndrangheta“ gegeben wird, sowie den Bericht „Die ‘Ndrangheta in Deutschland“, ders. anlässlich der BKA-Herbsttagung v. 6. – 7. 12. 2011 zum 60jährigen Bestehen des BKA, abrufbar unter: https://www.bka.de/ SharedDocs/Downloads/DE/Publikationen/Herbsttagungen/2011/herbsttagung2011ulrichLangfassung.html (zuletzt abgerufen am: 25. 6. 2018). Einen Eindruck von der Ähnlichkeit bestimmter „Unterweltstrukturen“ mit der legalen Wirtschaft vermitteln auch die Arbeiten des US-amerikanischen Soziologen Venkatesh zur Untergrundökonomie, z. B. Venkatesh, Floating City.

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Von diesen beiden Skizzen ist letztere die im Rahmen der hiesigen Thematik praktisch relevante. Die erstgenannte Erscheinungsform der Untergrundökonomie kommt zwar in der Lebenswirklichkeit vor,76 zu dieser Thematik gehört jedoch auch, dass von jenen Unternehmungen nur ein mehr oder minder großer Teil tatsächlich erkannt wird und mit erheblicher Wahrscheinlichkeit kaum ein Fall steuerliche Relevanz im hier behandelten Sinne erfährt. Erwähnung finden sie daher lediglich insofern, als sich einzelne Schlüsse, die in Bezug auf die relevante Fallgruppe gezogen werden, mit Argumenten konfrontieren lassen müssen, die im Zusammenhang mit dem hochgradig kriminellen Extremfall vorgetragen werden könnten. Der Fokus soll trotzdem auf den Fällen mit der praktisch vordringlichen Relevanz liegen: den grundsätzlich legalen Formen des Wirtschaftslebens, in denen einzelne ordnungswidrige oder strafbare Taten durch Arbeitnehmer begangen werden. b)  Neue Erwägungen gegen die Einbeziehung gesetzeswidrigen Verhaltens Ob Vereinbarungen, bei denen von den Beteiligten vorausgesetzt wird, dass der eine für die Zwecke des anderen Leistungen erbringt, zu deren Erbringung er aufgrund rechtlicher Verbote nicht verpflichtet werden kann und die jedenfalls insoweit aus zivilrechtlichen Gesichtspunkten als nichtig zu beurteilen sind (§ 134 BGB i. V. m. Spezialgesetz), Bestandteil steuerrechtlicher Dienstverhältnisse sein können, ist bislang kaum untersucht worden. Gleiches gilt für Verhältnisse, bei denen die Arbeitnehmer im Zusammenhang mit dem Dienstverhältnis Ordnungswidrigkeiten und/oder Straftaten begehen.77 In der Literatur wird hierzu jüngst am Beispiel der Übernahmen von Arbeitnehmerbuß- und -verwarnungsgeldern durch Logistikunternehmen demonstriert, dass derartige Leistungen, auch wenn sie nach der Befolgung einer rechtlich unwirksamen Weisung des Arbeitgebers erfolgen, nicht zum Dienstverhältnis gehörten. Jener Ansicht nach sollen sie ggf. Gegenstand eines eigenständigen Verhältnisses zwischen den teilnehmenden Parteien sein, i.d.R. allerdings gänzlich in der privaten und steuerrechtlich unbeachtlichen Sphäre des Weisungsbefolgers erbracht werden.78 Begründet wird dies im Wesentlichen mit dem Schluss von zivilrechtlichen Verhältnissen auf die steuerrechtliche Sichtweise. Ausgangspunkt ist hierbei die Regelung des arbeitsrechtlichen Weisungsrechts des Arbeitgebers 76  Darauf deuten z. B. die im „Bundeslagebild Organisierte Kriminalität“ des BKA veröffentlichten Daten hin, abrufbar unter: https://www.bka.de/DE/AktuelleInformationen/StatistikenLagebilder/Lagebilder/OrganisierteKriminalitaet/organisiertekriminalitaet_node.html (zuletzt abgerufen am: 25. 6. 2018). 77 Andererseits Lang, DStJG 9 (1986), 15 (24); Krüger, Schmidt/EStG, § 19 Rn. 12. 78  Fellmeth, Das lohnsteuerrechtliche Abgrenzungsmerkmal, S. 126 sowie 156 ff. zu der Frage, ob das delinquente Verhalten nach einer Weisung als sonstige Leistung i. S. v. § 22 Nr. 3 EStG eingeordnet werden kann.

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nach §§ 6 Abs. 2 i. V. m. 106 S. 1 GewO79, das seinerseits schon einen Verweis auf seine Beschränkung durch gesetzliche Vorschriften enthält und dementsprechend rechtswirksame Weisungen zur Begehung hoheitlich bewehrter Taten ausschließt.80 Diese Ansicht nimmt auch dazu Stellung, dass sich Arbeitnehmer in solchen Fällen faktisch zwischen der Befolgung der rechtswidrigen Weisung des Arbeitgebers und einer Störung des Arbeitsverhältnisses bzw. einer eingetrübten Perspektive hinsichtlich seines Fortbestands entscheiden müssen: Zwar mindere die „tatsächliche Zwangslage“, in die Arbeitnehmer gebracht werden, den Wert des zur Verfügung stehenden Rechtsschutzes gegen die unwirksame Weisung, es müsse aber bei der „absoluten Geltung der Rechtsstaatlichkeit“ bleiben, weshalb es auf die Zwangslage der Arbeitnehmer nicht weiter ankommen könne.81 Da der Arbeitnehmer aber rechtlich hinsichtlich der Weigerung zur Weisungsbefolgung geschützt sei und die Rechtsordnung von ihm verlangen könne, eine entsprechende Weisung unbeachtet zu lassen, könne die Verwirklichung der deliktischen Verhaltensweise im Ergebnis nicht im Rahmen des Dienstverhältnisses und damit im Rahmen der nichtselbständigen Arbeit erfolgen.82 Ohne Einfluss auf dieses Ergebnis blieben auch die Wirkung des § 40 AO sowie der Gedanke der „Einheit der Rechtsordnung“. Ersteres bleibe hier wirkungslos, da die Norm nur die abstrakte Möglichkeit zur steuerlichen Erfassung streitbarer Einkünfte ermögliche, jedoch keinen Maßstab für die Auslegung der Einkunftsarten-Tatbestände bereithalte.83 Letzteres enthalte nur eine Idealvorstellung, aus der sich aber keine konkrete Lösung ableiten ließe.84 An jenen Überlegungen ändere sich auch in Ansehung der Abzugsbeschränkungen für Sanktionsaufwendungen nichts, da jene gerade nicht geeignet seien, etwas zur Lösung der Frage der Bestimmung positiver Einkünfte beizutragen.85 Insgesamt versteht diese Ansicht das steuerrechtliche Dienstverhältnis damit sehr normativ: Es kommt dann im Ergebnis nicht darauf an, ob ein Arbeitgeber einem Arbeitnehmer faktisch eine Weisung erteilt, die Letzterer tatsächlich befolgt, sondern darauf, dass der Arbeitnehmer ihre Befolgung rechtlich nicht schuldet und ihre Befolgung aus Gründen der Gesetzestreue unbedingt verweigern sollte.

79  Nunmehr auch näher beschrieben in § 611a Abs. 1 S. 2 BGB. § 611a BGB wurde eingeführt durch Art. 2 d. Gesetzes zur Änderung des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes und anderer Gesetz v. 21. 2. 2017, BGBl. I 2017, 258. 80  Fellmeth, Das lohnsteuerrechtliche Abgrenzungsmerkmal, S. 111 ff.; Lembke, Henssler/Willemsen/Kalb, § 106 GewO Rn. 110; Preis, ErfK/ArbR, § 106 GewO Rn. 5. 81  Fellmeth, Das lohnsteuerrechtliche Abgrenzungsmerkmal, S. 114 f. 82  Ebd., S. 117 f. 83  Ebd., S. 104. 84  Ebd., S. 105. 85 Ebd., S. 103 ff.

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Bei einer ersten Betrachtung ließen sich verschiedene Aspekte für die zitierte Ansicht vorbringen – Aspekte, die sich diese Ansicht bislang nicht zu eigen gemacht hat, die jedoch im Rahmen einer differenzierten Auseinandersetzung Beachtung verdienen. aa)  Rechtsangleichung und -vereinfachung Offensichtlich ist zunächst, dass die vorgestellte Ansicht zu einer Annäherung von arbeitsrechtlichem und steuerrechtlichem Verständnis des Dienstverhältnisses führt: Die Befolgung dieser Ansicht ermöglichte Anleihen bei der arbeitsrechtlichen Dogmatik für die Erörterung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit und führt zu einer vereinfachten Rechtsanwendung. Regelmäßig werden die hier erheblichen Fälle die Finanzgerichte nämlich erst erreichen, sobald aufgrund der Sanktion relative Vermögensminderungen bzw. nach Erstattung durch den Arbeitgeber Vermögensmehrungen erfolgt sind, was bedeutet, dass eine verbindliche Festsetzung der Sanktion durch Verwaltung oder Gerichte bereits stattgefunden hat. De facto ermöglichte die zitierte Ansicht also den Finanzbeamten und Finanzrichtern schon beim ersten Kontakt mit der Sanktion innerhalb der Sachverhaltsermittlung auch die Entscheidung, die hiermit verbundenen Vermögensbewegungen dem Privatbereich zuzuordnen. Ausnahmsweise käme hier gelegentlich noch die Einbeziehung in die Besteuerung von sonstigen Einkünften in Betracht, regelmäßig wäre nach der zitierten Ansicht allerdings wohl auch dies zu verneinen.86 bb)  Wiederaufgreifen der älteren (Steuerstraf-)Rechtsprechung des BGH? Gewissermaßen verfügt die zitierte Sichtweise auch über Ähnlichkeiten zu einer Ansicht, die der BGH bis in die 80er Jahre des 20. Jahrhunderts im Zusammenhang mit der Prüfung einer etwaigen Lohnsteuerhinterziehung von Bordellbetreibern vertreten hat. Dort wurde ebenso in dem Sinne argumentiert, dass Bordellbetreiber Prostituierte nicht rechtswirksam anweisen könnten, intime Handlungen vorzunehmen. Deshalb „schuldeten“ die Prostituierten auch im steuerrechtlichen Sinne keinesfalls eine derartige „Arbeitsleistung“ und insofern könne nicht vom Vorliegen eines steuerrechtlich beachtlichen Dienstverhältnisses gesprochen werden.87 86  Fellmeth, Das lohnsteuerrechtliche Abgrenzungsmerkmal, S. 161 ff. Fellmeth ist der Ansicht, dass „der Verzicht auf ein arbeitsrechtlich eingeräumtes Weigerungsrecht, Rechtsverstöße für den Arbeitgeber zu begehen, eine grundsätzlich steuerbare Leistung im Sinne des § 22 Nr. 3 EStG dar[stelle]“, es im Ergebnis „jedoch an der Überschusserzielungsabsicht“ des Steuerpflichtigen fehle, zusammenfassend ebd., S. 188. 87  BGH v. 20. 5. 1981 – 2 StR 784/80, MDR 1981, 863, juris Rn. 21; v. 18. 7. 1980 – 2 StR 348/80, NJW 1980, 2591, juris Rn. 8.

B.  Grundsätzliches zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit

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Für die zuvor dargestellte Ansicht lässt sich jene Rechtsprechung allerdings nicht mehr überzeugend zur Unterstützung heranziehen, da sie vom BGH schon seit langer Zeit aufgegeben worden ist.88 Finanzgerichtsbarkeit und ordentliche Gerichte argumentieren seitdem in dieser Frage auf einer Linie. Der BFH spricht in diesem Zusammenhang sogar davon, dass sich die Frage, ob „bei Prostituierten im Rahmen eines Bordellbetriebes steuerliche Arbeitsverhältnisse vorliegen können, […] nach der tatsächlichen Ausgestaltung ihrer Tätigkeit sowie ihrer Abhängigkeit und Weisungsgebundenheit richtet.“89 Da er hiermit keine rechtliche Weisungsgebundenheit meinen kann, ist davon auszugehen, dass mit dieser Aussage auf eine Form der tatsächlichen Weisungsgebundenheit Bezug genommen wird. Diesen Schluss legt dann auch der Gesamteindruck aus der Rechtsprechung zur Einkommensbesteuerung von Prostituierten als Bezieherinnen von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit nahe.90 cc)  Übertragbarkeit von anderweitigen Denkansätzen des BFH Zweifel an der Übertragbarkeit dieser Gedanken auf die Zugehörigkeit gesetzeswidriger Handlungen zum steuerrechtlich beachtlichen Dienstverhältnis erscheinen nun wiederum denkbar, wenn man die jüngste Änderung in der Rechtsprechung des BFH zu den Übernahmekonstellationen betrachtet. Der BFH erklärt dort ausdrücklich, dass der Kreis berücksichtigungsfähiger eigenbetrieblicher Interessen auf legale Verhaltensweisen beschränkt ist. Diesen Gedanken könnte man für eine normative Sichtweise des steuerrechtlichen Dienstverhältnisses streiten lassen. Zuletzt lassen sich aus dem Vorgehen der zitierten Ansicht auch Parallelen zu einer anderen Thematik ziehen. Die formale Unterscheidung von „legalem“ Dienstverhältnis und verbotenen Verhaltensweisen, die einer gesonderten Würdigung unterzogen werden, führt zur Aufspaltung eines Verhaltenskomplexes, der strukturelle Ähnlichkeit zur Unterscheidung von Haupt- und Nebentätigkeiten von Arbeitnehmern aufweist.91 Träfe dies zu, ließen sich auch aus der Diskussion dieser speziellen Frage Argumente übertragen. 88  Ausdrückliche Aufgabe in BGH v. 6. 10. 1989 – 3 StR 80/89, wistra 1990, 100, juris Rn. 16. Vgl. auch BGH v. 1. 8. 1984 – 2 StR 220/84, MDR 1984, 1037, juris Rn. 11: „Für das Entstehen der Lohnsteuer ist ohne Rücksicht auf die Wirksamkeit eines zugrunde liegenden schuldrechtlichen Vertrags allein entscheidend der tatsächliche Umstand, daß dem Arbeitnehmer Arbeitslohn zufließt, hier also, daß für die tänzerischen Darbietungen der „Artisten” Gagen gezahlt wurden.“ 89  BFH v. 20. 12. 2004 – VI B 137/03, BFH/NV 2005, 552, juris Rn. 5. Vgl. auch BGH v. 6. 10. 1989 – 3 StR 80/89, wistra 1990, 100, juris Rn. 16 – Hervorhebung nicht im Original. 90  Dazu sogleich § 4 B. II. 3. c) aa). 91 Die in diesem Zusammenhang entwickelten Kriterien zieht der BFH seinerseits bisweilen zur Untermauerung schwieriger Abgrenzungsfragen hinsichtlich der korrekten

260

§ 4  Übernahme strafrechtlicher Geldsanktionen durch Dritte

c)  Auseinandersetzung mit dem normativ verstandenen Dienstverhältnis Ohne die Möglichkeit eines Rückgriffs auf ausdifferenzierte Meinungsspektren muss zur Auseinandersetzung mit dem normativen Verständnis des steuerrechtlichen Dienstverhältnisses im Wesentlichen auf die Diskussion ähnlich gelagerter Themenfelder zurückgegriffen werden. aa)  Meinungsstand bzgl. sittenwidriger Handlungen als Bestandteil steuerrechtlicher Dienstverhältnisse In der Rechtsprechung und Literatur wird vertreten, dass es für das Vorliegen eines steuerrechtlichen Dienstverhältnisses nicht darauf ankommt, ob ein zivilrechtlich wirksam geschlossenes Vertragsverhältnis besteht oder nicht, was bedeutet, dass auch Einkünfte aus solchen Arbeitsformen nichtselbständig erworben werden können, deren wirksame vertragliche Festlegung am Verdikt der Sittenwidrigkeit (§ 138 BGB) scheitert.92 Dieser Schluss folgte nicht schon zwingend aus § 41 Abs. 1 AO, wenn man argumentierte, dass die Regelungen zu nichtselbständiger Arbeit im EStG delinquentes Verhalten ausschlössen, § 41 Abs. 1 S. 2 AO. Die Fälle, an denen diese Ansicht erprobt worden ist, standen häufig im Zusammenhang mit den Einkünften, die Prostituierte von einem Bordellbetreiber dafür beziehen, dass sie Geschlechtsverkehr mit dessen Kundschaft ausüben. Bordellwirte können unter der Geltung von § 138 BGB nicht vertraglich vereinbaren, dass der Bordellwirt berechtigt sein soll, die Sexarbeiterinnen und Sexarbeiter anzuweisen, den Geschlechtsverkehr mit einem beliebigen Dritten zu vollziehen. Daran hat auch die Einführung des Prostitutionsgesetzes im Jahr 200193 nichts geändert.94 Im Gegenteil regelt nunmehr § 3 Abs. 1 ProstG i. d. F. vom 21. 10. 201695 sogar ausdrücklich die Unzulässigkeit bestimmter Weisungen.96 Dennoch hat – trotz der einstigen Diskussionen um die zutreffende Einordnung Zuordnung von Verhaltensweisen (und Einkünften) zu einer bestimmten Einkunftsart heran, vgl. BFH v. 22. 2. 2012 – X R 14/10, BStBl. II 2012, 511, juris Rn. 71. 92  BFH v. 18. 2. 2005 – VI B 86/04, BFH/NV 2005, 1061, juris Rn. 3. Vgl. auch BGH v. 2. 11. 1995 – 5 StR 414/95, NStZ-RR 1996, 83, juris Rn. 7; Lang, DStJG 9 (1986), 15 (24); Rauer, MDR 1982, 180 (182); Geserich, Blümich/EStG, § 19 Rn. 57; Krüger, Schmidt/ EStG, § 19 Rn. 12; Pflüger, H/H/R-EStG, § 19 Rn. 83. 93  Eingeführt mit Art. 1 des Gesetzes zur Regelung der Rechtsverhältnisse der Prostituierten i. d. F. v. 20. 12. 2001 m. W. v. 1. 1. 2002, BGBl. I 2001, 3983. 94  Im Einzelnen, Armbrüster, MüKo/BGB, § 1 ProstG Rn. 14. 95  Eingeführt mit Art. 2 des Gesetz zur Regulierung des Prostitutionsgewerbes sowie zum Schutz von in der Prostitution tätigen Personen v. 21. 10. 2016 m. W. v. 1. 7. 2017, BGBl. I 2016, 2372. 96  In § 3 ProstG a. F. (nunmehr § 3 Abs. 2 ProstG) wurde nur indirekt auf das „eingeschränkte Weisungsrecht“ hingewiesen.

B.  Grundsätzliches zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit

261

von Einkünften der Eigenprostitution –97 sowohl die Finanzrechtsprechung98 als auch die Rspr. der ordentlichen Gerichte in Steuerstrafsachen99 schon seit langem anerkannt, dass Einnahmen von Prostituierten steuerrechtlich den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit unterfallen können. Maßgeblich für diese Würdigung waren und sind hier stets die tatsächlichen Verhältnisse: Unproblematisch in der rechtlichen Würdigung dieser Verhältnisse sind in derartigen Fällen zumeist die Leistungserbringung an einem festen Ort, zu geregelten Arbeitszeiten und unter in erheblichem Maße fremdgestalteten Arbeitsbedingungen; gleiches gilt auch für die Einbindung der Prostituierten in den geschäftlichen Organismus des Bordellbetreibers und das Fehlen von typischem Unternehmerrisiko und typischer Unternehmerinitiative.100 Obwohl unter den Vorgaben des Arbeitsrechts und des allgemeinen Zivilrechts nie von einem rechtlich wirksamen Direktionsrecht zum Vollzug des Geschlechtsaktes mit Dritten gegenüber den Prostituierten ausgegangen werden konnte und auch nicht ausgegangen werden kann, wurde und wird die fehlende rechtliche Weisungsbindung der Prostituierten so gut wie nicht problematisiert. Ausdrücklich wurde dieser Aspekt lediglich im Beschluss des FG Münster vom 26. 7. 1995 thematisiert, in dem die Arbeitnehmereigenschaft von „Peep-Show“-Darstellerinnen erörtert wurde, die jeweils wochenweise engagiert worden waren.101 Dort heißt es:

97 

Mit Nachw. zur Entwicklungsgeschichte in der Rspr, s. o. § 2 Fn. 198. BFH v. 18. 2. 2005 – VI B 86/04, BFH/NV 2005, 1061, juris Ls. 1; BFH v. 20. 12. 2004 – VI B 137/03, BFH/NV 2005, 552, juris Rn. 5; FG München v. 19. 3. 2010 – 8 K 1157/06, EFG 2011, 56, juris Rn. 45 ff. – rkr.; FG München v. 14. 12. 2007 – 8 K 849/05, EFG 2008, 687, juris Rn. 35 ff. – rkr.; FG Saarbrücken v. 18. 3. 1987 – 1 K 117/86, Os., juris Rn. 24 f. – rkr.; FG Köln v. 30. 1. 1985 – I (VI) 589 – 593/80 U, E, G, H, EFG 1985, 524, (524), Ls. 1 – nrkr.; FG Berlin v. 24. 1. 1975 – III 292/73, EFG 1975, 317 (318) – rkr.; vgl. auch FG Düsseldorf v. 9. 11. 1978 – XVII (XII) 84/73 L, EFG 1979, 239 (239) – rkr. Zuvor a. A. und sogar die Erfassung als sonstige Einkünfte i. S. d. § 22 Nr. 3 EStG verneinend FG Bremen v. 10. 3. 1972 – I 71 – 72/71, EFG 1972, 333 (333 f.) – nrkr.; ausführlich FG Bremen v. 5. 4. 1968 – I 26/67, EFG 1968, 357 (357 ff.) – nrkr. 99  BGH v. 2. 11. 1995 – 5 StR 414/95, NStZ-RR 1996, 83, juris Rn. 7; v. 6. 10. 1989 – 3 StR 80/89, wistra 1990, 100, juris Rn. 16; v. 1. 8. 1984 – 2 StR 220/84, NJW 1985, 208, juris Rn. 7 ff.; OLG Hamm v. 6. 5. 1997 – 2 Ss OWi 463/97, NStZ-RR 1998, 121. A. A. noch BGH v. 20. 5. 1981 – 2 StR 784/80, MDR 1981, 863, juris Rn. 18 ff.; v. 18. 7. 1980 – 2 StR 348/80, NJW 1980, 2591, juris Rn. 6 ff. 100 Vgl. zur Überprüfung der vorgenannten Kriterien im Einzelnen etwa die nachfolgenden Entscheidungen: Nichtselbständige Arbeit bejahend BFH v. 20. 2. 2008 – VI B 111/06, BFH/NV 2008, 949, juris Rn. 7; FG München v. 19. 3. 2010 – 8 K 1157/06, EFG 2011, 56, juris Rn. 45 ff. – rkr.; FG München v. 14. 12. 2007 – 8 K 849/05, EFG 2008, 687, juris Rn. 35 ff. – rkr. Abgrenzung von i. Erg. selbständiger Tätigkeit FG München v. 18. 6. 2009 – 15 K 2482/06, EFG 2010, 50, juris Rn. 22 ff. – rkr. 101  FG Münster v. 26. 7. 1995 – 11 V 2035/95, EFG 1996, 440 – rkr. 98 

§ 4  Übernahme strafrechtlicher Geldsanktionen durch Dritte

262

„Die […] Darsteller/innen waren faktisch auch weisungsgebunden. Sie konnten insbesondere die von ihnen zu verrichtende Tätigkeit nicht frei gestalten. Vielmehr ergaben sich aus der Natur ihrer Tätigkeit sowie der Art des Betriebes und dessen Zielsetzung bestimmte Verhaltensanforderungen.“102

Auch nach der Rechtsprechung im Übrigen ist davon auszugehen, dass es als gleichgültig eingestuft wird, ob ein rechtlich wirksames Weisungsrecht gegenüber den Prostituierten besteht, solange diese den Weisungen nur tatsächlich Folge leisten.103 bb)  Mittelbare Bezüge zu Zusammenhängen von gesetzeswidrigem Verhalten und nichtselbständiger Arbeit in der Rechtsprechung Die Rechtsprechung hat sich bislang nicht ausdrücklich zu der Frage geäußert, ob bei der Würdigung von Dienstverhältnis und nichtselbständiger Arbeit auch die Anweisung deliktischer Verhaltensweisen miteinbezogen wird oder nicht.104 Aus der Bearbeitung verschiedener anderer Fallgruppen lassen sich allerdings mittelbar Rückschlüsse darauf ziehen, wie sie die diesbezügliche Rechtslage bewertet. Zu berücksichtigen sind hierbei einerseits die Entscheidungen zu den „Übernahmekonstellationen“ und andererseits Entscheidungen zum Werbungskostenabzug von Strafverteidigungskosten durch Bezieher von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit. (1) Übernahmekonstellationen (a) Ausführungen der Rechtsprechung Schon der RFH hat sich mit der arbeitgeberseitigen Übernahme von Geldsanktionen gegen Arbeitnehmer im Rahmen grundsätzlich legaler Arbeitsverhältnisse auseinandergesetzt. Der Frage, ob die Tatbegehung Bestandteil des Arbeitsverhältnisses ist, hat er hierbei jedoch keine Aufmerksamkeit geschenkt.105 Es wird vielmehr der Eindruck erweckt, dass alles, was einem Steuerpflichtigen 102 Ebd.,

(440) – rkr. v. 19. 3. 2010 – 8 K 1157/06, EFG 2011, 56, Os. 3, juris Rn. 45 – rkr.; FG Saarbrücken v. 18. 3. 1987 – 1 K 117/86, Os., juris Rn. 24 f. – rkr.; FG Köln v. 30. 1. 1985 – I (VI) 589 – 593/80 U, E, G, H – EFG 1985, 524 (524) – nrkr. Vgl. auch BGH v. 6. 10. 1989 – 3 StR 80/89, wistra 1990, 100, juris Rn. 16; OLG Hamm v. 6. 5. 1997 – 2 Ss OWi 463/97, NStZ-RR 1998, 121. Auch unter dem Eindruck von § 3 ProstG offen gelassen in FG München v. 14. 12. 2007 – 8 K 849/05, EFG 2008, 687, juris Rn. 47 – rkr. 104  Fellmeth, Das lohnsteuerrechtliche Abgrenzungsmerkmal, S. 116. 105  Im Urteil des RFH v. 6. 11. 1929 – VI A 1635/28, RFHE 26, 171 ging es um die Übernahme einer Geldstrafe wegen der Körperschaftsteuerhinterziehung eines angestellten GmbH-Geschäftsführers; dort schloss sich der VI. Senat schlichtweg den Erwägungen der Tatsacheninstanz an, wonach grundsätzlich „bei einem Arbeitsverhältnis alle Leistungen 103  FG München

B.  Grundsätzliches zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit

263

durch seinen Arbeitgeber zugewendet wird, jedenfalls grundsätzlich,106 auch als Arbeitslohn zu begreifen ist. Auch in Entscheidungen jüngeren Datums wurde in der Finanzrechtsprechung nicht unmittelbar thematisiert, ob die Begehung hoheitlich bewehrter Taten Teil des Dienstverhältnisses sein kann oder nicht. Besonders deutlich lässt sich dies mit dem Urteil des FG Düsseldorf vom 24. 11. 1999107 zeigen. Dort ging das Gericht sogar ausdrücklich davon aus, dass ein Vorteil immer dann durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst ist, „wenn der Arbeitnehmer einen arbeitsrechtlichen Anspruch auf die Leistung hat“.108 Sodann verweist das FG – unzutreffend –109 darauf, dass sich ein solcher Anspruch für den Fall der Übernahme von Geldbußen und Verwarnungsgeldern der Arbeitnehmer aus einer Betriebsvereinbarung ergeben kann. Das Bestehen eben einer solchen Betriebsvereinbarung hat es im konkreten Fall aber schlicht dahinstehen lassen und sich damit begnügt, dass sich „auch ohne eine solche generelle Verpflichtung der Klägerin […] die Übernahme der Verwarnungsgelder als Arbeitslohn“ darstelle.110 Im Weiteren konzentriert sich die Entscheidungsbegründung dann nur noch darauf, ob nicht ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers an der Erstattungszahlung vorhanden sei. Dies wurde wiederum im Ergebnis abgelehnt. Auch in der Revisionsentscheidung wurde nicht beanstandet, dass eine Einbeziehung der Delinquenz des Arbeitnehmers in die Prüfung des Gesamtbildes der Verhältnisse (z. B. im Rahmen fehlender Weisungsbindung) durch das FG nicht erfolgt ist. Im Urteil des BFH vom 7. 7. 2004 hieß es lediglich: des Arbeitgebers als Lohn anzusehen“ seien und auch die gegenständliche Erstattungszahlung „ihren Rechtsgrund in dem Dienstvertrage“ habe. 106  Eine Ausnahme bildeten damals bspw. Gelegenheitsgeschenke, RFH v. 16. 2. 1927 – VI A 504/26, RFHE 20, 317 (318 f.). Vgl. (im konkreten Fall ablehnend) RFH v. 10. 1. 1929 – VI A 1615/28, RStBl. 1929, 141 (141); v. 12. 4. 1934 – VI A 178/34, RFHE 36, 55 (59 ff.). 107  FG Düsseldorf v. 24. 11. 1999 – 9 K 2985/97 H (L), DStRE 2000, 575. 108  FG Düsseldorf v. 24. 11. 1999 – 9 K 2985/97 H (L), DStRE 2000, 575, juris Rn. 3. Dabei stützt sich das FG Düsseldorf auf ein Zitat aus BFH v. 22. 3. 1985 – VI R 26/82, ­BStBl. II 1985, 641, juris Rn. 20 f., wonach das Bestehen eines arbeitsrechtlichen Anspruchs in jedem Fall hinreichende, keinesfalls aber notwendige Bedingung für die Bestätigung der Veranlassung durch das Dienstverhältnis ist. 109  Das Urteil verweist zur Unterstützung seiner Ansicht auf einen Beitrag von Saller, der allerdings seinerseits explizit auf die Nichtigkeit einer solchen Betriebsvereinbarung (§ 134 BGB) hinweist, ders., DStR 1996, 534 (536). Die Begründung eines „arbeitsrechtlichen Anspruches“ auf die Erstattung erscheint daher nicht überzeugend. Die Rechtsprechung der Arbeitsgerichte hat damals ebenfalls einen (vertraglichen) Anspruch auf Erstattung einer Geldsanktion nur unter außergewöhnlichen Umständen bejaht, BAG v. 11. 8. 1988 – 8 AZR 721/85, NZA 1989, 54, juris Rn. 11 ff.; LAG Hamm (Westfalen) v. 30. 7. 1990 – 19 (14) Sa 1824/89, NJW 1991, 861; vgl. auch Holly/Friedhofen, 1992, 145 (148 ff.). 110  FG Düsseldorf v. 24. 11. 1999 – 9 K 2985/97 H (L), DStRE 2000, 575, juris Rn. 3.

264

§ 4  Übernahme strafrechtlicher Geldsanktionen durch Dritte

„Ob das Fehlverhalten des einzelnen Fahrers von der Rechtsordnung missbilligt wird, ist bei der hier streiterheblichen Frage, aus welchem betrieblichen Grund die Zahlungen geleistet wurden (Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft oder ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers) ebenso wenig von Belang, wie die Frage, ob das Weisungsrecht des Arbeitgebers derartige Handlungen umfasst […].“111

Den Eindruck einer ausbleibenden unmittelbaren Prüfung von Delinquenz als Bestandteil der Erbringung von Arbeitsleistung im Rahmen steuerrechtlicher Dienstverhältnisse bestätigen auch – mit anderem Endergebnis – das Urteil des FG Köln vom 22. 9. 2011 und das in der Revisionsentscheidung ergangene Urteil des BFH vom 14. 11. 2013:112 In beiden Urteilen wurde jeweils ohne weiteres vom Bestehen eines Dienstverhältnisses ausgegangen. Die Untersuchung von Einflüssen des Weisungsrechts diente in letzterer Entscheidung vor allem der Auslotung der Grenzen, der für das eigenbetriebliche Interesse in Betracht zu ziehenden, betrieblichen Gründe. In diesem Sinne wurde festgestellt: „Zu solchen notwendigen Begleiterscheinungen betriebsfunktionaler Zielsetzungen zählen gegen die Rechtsordnung verstoßende, mit Bußgeldern belegte rechtswidrige Weisungen des Arbeitgebers nicht.“113 (b) Schlussfolgerungen Begreift man die Prüfung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit technisch als einen Dreiklang aus „Vermögensbewegung – Veranlassung – Einkunftsart“, dann haben die Richter in den zuvor zitierten Entscheidungen den Fokus auf das Merkmal der Veranlassung gelenkt und sich unmittelbar nur um folgende Ausschlussentscheidung bemüht: Liegt keine Veranlassung durch das ganz überwiegend eigenbetriebliche Interesse des Arbeitgebers vor, muss das Dienstverhältnis das veranlassende Moment bieten. Was lässt sich hieraus folgern? Hätte es der BFH nicht für möglich gehalten, dass arbeitgeberseitige Zahlungen im Rahmen von Übernahmekonstellationen jemals „Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft“114 des Arbeitnehmers sein können, so hätte er sich wohl nicht für die Prüfung dieser Alternativen entschieden. Dagegen kann auch nicht angeführt werden, dass im Ergebnis ohnehin kein Arbeitslohn angenommen worden ist. Im zuvor zitierten Urteil vom 14. 11. 2013 hatte der BFH nämlich gerade die außerdienstlichen Gründe verneint und deshalb eine Veranlassung durch das Dienst111 

BFH v. 7. 7. 2004 – VI R 29/00, BStBl. II 2005, 367, juris Rn. 18. v. 14. 11. 2013 – VI R 36/12, BStBl. II 2014, 278; FG Köln v. 22. 9. 2011 – 3 K 955/10, EFG 2012, 518. 113  BFH v. 14. 11. 2013 – VI R 36/12, BStBl. II 2014, 278, juris Rn. 12. 114  BFH v. 7. 7. 2004 – VI R 29/00, BStBl. II 2005, 367, juris Rn. 18. 112 BFH

B.  Grundsätzliches zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit

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verhältnis (ergo: Arbeitslohn) angenommen. Auch hat sich der BFH gerade nicht für eine offene Diskussion über die Zugehörigkeit delinquenter Taten und der Bezahlung ihnen nachfolgender Sanktionen zum Arbeitsverhältnis entschieden, obwohl eine solche Diskussion in anderen Fällen durchaus unternommen wird, wenn Leistungen des Arbeitnehmers, die nicht dem Arbeitsalltag entsprechen, gesondert durch den Arbeitgeber vergütet werden. Das zeigt zum Beispiel die Rechtsprechung zum Umgang mit der Abgrenzung von Einkünften aus „Nebentätigkeiten“.115 Die fehlende Diskussion der aufgeworfenen Frage kann damit wenigstens als mittelbare Stellungnahme zu Facetten der möglichen Beschaffenheit nichtselbständiger Arbeit begriffen werden. Dieser Gedanke lässt sich auch noch mit einer anderen theoretischen Überlegung untermauern. So scheint nämlich die Annahme gerechtfertigt, dass Aussagen zur Veranlassung innerhalb des zuvor erwähnten Dreiklangs116 jedenfalls im Zusammenhang mit offenen Typusbegriffen auch eine Aussage über die Zuordnung der entgoltenen Leistung zum Dienstverhältnis enthalten können.117 Eine genaue Differenzierung zwischen dem Inhalt des Dienstverhältnisses (mit oder ohne Delinquenz?) und der Veranlassung der Ersatzzahlung könnte – wenn vom Zuordnungsmerkmal aus argumentiert wird – keinen weiteren Erkenntnisgewinn bringen, als die Argumentation nach der Façon: „weil eine delinquente Handlung Teil der Erbringung der Dienste des Arbeitnehmers ist, ist eine Ersatzzahlung hierfür auch Arbeitslohn“. Aus diesem Blickwinkel enthalten die zitierten Urteile die implizite Würdigung, dass die Nichteinhaltung von Lenk- und Ruhezeiten sowie Verstöße gegen Park- und Halteverbote aus steuerrechtlicher Sicht mögliche Bestandteile eines konkreten Dienstverhältnisses sein können.

115 Vgl. BFH v. 25. 11. 1971 – IV R 126/70, BStBl. II 1972, 212, juris Rn. 6 ff.; v. 29. 1. 1987 – IV R 189/85, BStBl. II 1987, 783, juris Rn. 7 m. w. N. Vgl. hierzu auch Pflüger, H/H/R-EStG, § 19 Rn. 92. 116  A. A. Pflüger, H/H/R-EStG, § 19 Rn. 150, wo das „Dienstverhältnis“ als Bindeglied zwischen Einnahme und Einkunftsart bezeichnet wird, was folgenden Dreiklang nahelegt: „Einnahme – veranlassendes Dienstverhältnis – Einkunftsart“, was sich nur erklären lässt, wenn man die Einkunftsart „nichtselbständige Arbeit“ als ein „Mehr“ im Vergleich zum Dienstverhältnis betrachtet. 117  Umgekehrt kann jedoch nicht allein von der möglichen Zugehörigkeit delinquenten Verhaltens zur nichtselbständigen Arbeit darauf geschlossen werden, dass die Erstattung einer Sanktion, die hierauf erfolgt ist, als „Entlohnung“ für eine delinquente Handlung zu verstehen ist.

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§ 4  Übernahme strafrechtlicher Geldsanktionen durch Dritte

(2) Überprüfung von Verteidigungs-/Verfahrenskosten des Arbeitnehmers auf ihren Charakter als Werbungskosten (a) Ausführungen der Rechtsprechung Aufschluss darüber, ob die Rechtsprechung ggf. zu den steuerrechtlichen Dienstverhältnissen auch ordnungswidriges und strafbares Tun und Unterlassen zählt, können auch die Entscheidungen geben, die sich zur Abziehbarkeit von Strafverfahrens- und -verteidigungskosten als Werbungskosten äußern. Neben dem quantitativen können jene Entscheidungen auch einen zusätzlichen qualitativen Erkenntnisgewinn insofern bewirken, als es hier regelmäßig um die Verteidigung gegen den Vorwurf kriminalstrafrechtlich relevanten Verhaltens geht. Dass hierbei, im Gegensatz zur Lage im Rahmen der Übernahmekonstellationen, die Ausgaben- und nicht die Einnahmenseite im Fokus steht, hindert diesen Schluss nicht, da sich insofern nichts an dem Bezugspunkt „Dienstverhältnis“ ändert. Die Grundsätze, welche die Finanzrechtsprechung in solchen Fällen anwendet, hat jüngst der VIII. Senat des BFH im Wesentlichen zusammengefasst: Demnach ist für die Begründung eines Veranlassungszusammenhangs der Strafverteidigungskosten mit den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Tätigkeit notwendige Bedingung, dass „die vorgeworfenen Handlungen in Ausübung der beruflichen Tätigkeit (und nicht nur bei Gelegenheit) begangen werden.“118 Hinreichende Bedingung ist, dass diese Handlungen im Rahmen der beruflichen Aufgabenerfüllung liegen und nicht durch einen privaten Veranlassungszusammenhang überlagert werden.119 Ein solcher privater Veranlassungszusammenhang sei insbesondere dann anzunehmen, wenn der Steuerpflichtige mittels der Tat eine persönliche Bereicherung erstrebt.120 Ein weiterer wichtiger Grund, der den Ver118  BFH v. 13. 12. 2016 – VIII R 43/14, BFH/NV 2017, 569, juris Rn. 16. Vgl. auch BFH v. 16. 4. 2013 – IX R 5/12, BStBl. II 2013, 806, Os. 2, juris Rn. 12; v. 17. 8. 2011 – VI R 75/10, BFH/NV 2011, 2040, juris Rn. 6; v. 18. 10. 2007 – VI R 42/04, BStBl. II 2008, 223, juris Rn. 17; FG Hessen v. 12. 2. 2014 – 4 K 1757/11, EFG 2014, 984, juris Rn. 21 – rkr. 119  Dabei komme auch keine Aufteilung gemischt veranlasster Strafverteidigungskosten in Betracht, da jene nicht objektiv aufteilbar seien, wie sich aus den nicht entscheidungserheblichen Gründen in BFH v. 13. 12. 2016 – VIII R 43/14, BFH/NV 2017, 569, juris Rn. 16 ergibt. Beachtlich erscheint, dass die dort zum Beleg zitierten Entscheidungen des Großen sowie des IX. und XI. Senats die Aussage der Nichtaufteilbarkeit von Strafverteidigungskosten im Hinblick auf den Werbungskostenabzug nicht unmittelbar enthalten. Für diese Ansicht spricht zwar auch das Urteil des BFH v. 8. 4. 1964 – IV 165/62 S, BStBl. III 1964, 331, juris Rn. 9, in dem allerdings für Ausnahmefälle die Aufteilung für denkbar gehalten worden ist, vgl. auch Depping, DStR 1994, 1487 (1488). Die Frage, ob sich durch die Aufgabe des Aufteilungs- und Abzugsverbotes in BFH v. 21. 9. 2009 – GrS 1/06, BStBl. II 2010, 672 Auswirkungen auf die Aufteilbarkeit von gemischt veranlassten Strafverteidigungskosten ergeben haben, erscheint damit nicht abschließend geklärt. Ihre Erläuterung würde jedoch den Rahmen dieser Arbeit sprengen. 120  BFH v. 13. 12. 2016 – VIII R 43/14, BFH/NV 2017, 569, juris Rn. 16.

B.  Grundsätzliches zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit

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anlassungszusammenhang nach Ansicht der Rechtsprechung unterbrechen soll, ist die bewusste Schädigung des Arbeitgebers durch das Tatverhalten.121 Alles in allem müsse die dem Steuerpflichtigen vorgeworfene Tat „ausschließlich und unmittelbar aus seiner betrieblichen oder beruflichen Tätigkeit heraus erklärbar sein“.122 (b) Schlussfolgerungen Die dargestellten Grundsätze machen zunächst deutlich, dass die Rechtsprechung bei der Prüfung der Zugehörigkeit von Delikten zum Dienstverhältnis einen tendenziell strengen Maßstab anlegt. Dies ist allerdings auch im Lichte der generell restriktiveren Haltung zu sehen, die gegenüber der Ermöglichung von für den Steuerpflichtigen relativ vorteilhaften Rechtsfolgen („Werbungskostenabzug“) im Zusammenhang mit rechtlich missbilligtem Verhalten eingenommen wird. Davon abgesehen stellen die Entscheidungen heraus, dass Delinquenz grundsätzlich im Rahmen der beruflichen Aufgabenerfüllung liegen kann und damit ggf. zum Dienstverhältnis gehört. Auch zeigt der angenommene Einfluss einer rein egoistischen Motivation als veranlassungsunterbrechendes Moment, dass gerade vermeintlich „nützliche“ Taten mit der Motivation zur Unterstützung des Unternehmensgegenstands oder -zwecks als solche angesehen werden, die im Bereich des Dienstverhältnisses stattfinden können.123 Alles in allem lässt sich also feststellen, dass auch im Rahmen dieses Rechtsprechungsthemas keine Untersuchung des „Gesamtbildes der Verhältnisse“ und der Einordnung einer speziellen Tätigkeit in den Verhaltenskomplex „nichtselbständige Arbeit“ erfolgt. Auch eine Einbeziehung oder Eliminierung der Delinquenz in das bzw. aus dem Gesamtbild der Verhältnisse findet dementsprechend nicht statt. Das Vorliegen eines Dienstverhältnisses wird regelmäßig ohne weiteres angenommen und die Entscheidung über die Einbeziehung der bewehrten Taten mittels einer Prüfung des Veranlassungszusammenhangs bewirkt. Wie den Entscheidungen zu den Übernahmekonstellationen kann diesem Vorgehen ebenfalls entnommen werden, dass die Auffassung nicht geleugnet wird, auch der Weisungsbindung nicht fähige delinquente Taten könnten zur Ausübung des steuerrechtlichen Dienstverhältnisses gehören. 121  Vgl. BFH v. 20. 10. 2016 – VI R 27/15, BFH/NV 2017, 223, juris Rn. 17 m. w. N. Das Verhalten in solchen Fällen muss allerdings nicht zwingend zu einer steuerlichen Unbeachtlichkeit der tatinduzierten Vermögensbewegung führen, BFH v. 16. 6. 2015 – IX R 26/14, BStBl. II 2015, 1019, juris Rn. 10 ff. zu Werbungskosten aus sonstigen Einkünften bei Herausgabe von Bestechungsgeldern an den Arbeitgeber. 122  BFH v. 13. 12. 2016 – VIII R 43/14, BFH/NV 2017, 569, juris Rn. 16 m. w. N. 123  Mit einem Gegenbeispiel BFH v. 13. 12. 2016 – VIII R 43/14, BFH/NV 2017, 569, juris Rn. 17 ff.

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cc)  Fehlende Weisungsbindung bei rechtswidriger Mehrarbeit und Prostitution In den praktisch relevanten Fallkonstellationen stellen sich Grad und Einfluss der Weisungsbindung jeweils unterschiedlich dar. Zum Beispiel sind die Fälle, in denen die Sanktionsübernahme stattfindet, um Einfluss auf das Verfahren gegen den Arbeitnehmer bzw. die öffentliche Wirkung des Verfahrens zu gewinnen, regelmäßig solche, in denen Mitarbeiter auf höheren Führungsebenen gegen gesetzliche Verbote verstoßen haben. Auf jenen Ebenen ist der Grad der Weisungsunterwerfung ohnehin als niedrig anzusehen, was die steuerliche Qualifikation der Einkunftsart (nichtselbständige Arbeit) jedoch auch außerhalb der Zusammenhänge mit delinquentem Verhalten nicht ohne weiteres in Frage stellt. Unterhalb der Führungsebenen steigt der Grad der regulären Weisungsbindung hingegen tendenziell an. Werden Arbeitnehmer auf solchen Hierarchieebenen ausdrücklich oder durch schlüssiges Verhalten angewiesen, notfalls den Interessen des Unternehmens den Vorzug gegenüber dem eigenen Interesses an legalem Verhalten zu geben und verhalten die Arbeitnehmer sich aufgrund dieser Weisung nach einer bestimmten, zum Beispiel sitten- oder rechtswidrigen Art, so liegt eine tatsächliche Weisungsbefolgung vor. Aus objektiver Perspektive mag hierin keine rechtliche Weisungsbindung liegen, darauf kommt es aber – wie auch in Rechtsprechung und Literatur deutlich wird – nicht unbedingt an. Indiziell lässt sich hierfür vorbringen, dass die Rechtsprechung bei der Prüfung des Gesamtbildes der Verhältnisse nur diejenigen vertraglichen Vereinbarungen miteinbezieht, die „ernsthaft gewollt und tatsächlich durchgeführt“ worden sind.124 Dadurch wird den tatsächlichen Verhältnissen bei der Betrachtung des Gesamtbildes der Verhältnisse der Vorrang eingeräumt. Umgekehrt ließe sich dann auch annehmen, dass auch die Umstände, die vertraglich gar nicht geregelt werden können, aber tatsächlich durchgeführt werden, entscheidend sind.125 Wenn dieser Umkehrschluss auch nicht ausdrücklich postuliert wird, so wird er dennoch praktiziert: So liegt zum Beispiel auch keine rechtliche Weisungsbindung vor, wenn der Arbeitnehmer gemäß den Erwartungen seines Arbeitge-

124  BFH v. 18. 6. 2015 – VI R 77/12, BStBl. II 2015, 903, juris Rn. 13; v. 23. 4. 1997 – VI R 12/96, BFH/NV 1997, 656, juris Rn. 9 m. w. N. Seit BFH v. 14. 6. 1985 – VI R 150 – 152/82, BStBl. II 1985, 661, juris Rn. 16. 125 Ähnlich Pflüger, H/H/R-EStG, § 19 Rn. 80, wonach die zivilrechtliche Wirksamkeit von Vereinbarungen für die Arbeitnehmereigenschaft nicht entscheidend ist, weshalb zum Beispiel auch „Schwarzarbeit“ im Rahmen eines steuerrechtlichen Dienstverhältnisses stattfinden kann. Zu – nach dort vertretener Ansicht immer noch – „sittenwidrigen“, aber steuerrechtlich validen Dienstverhältnissen ebd., Rn. 83. Ebenso Lang, DStJG 9 (1986), 15 (24); Eisgruber, Kirchhof/EStG, § 19 Rz. 17; Geserich, Blümich/EStG, § 19 Rn. 57.

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bers und entgegen arbeitsrechtlicher Schutzvorschriften126 „Mehrarbeit“ leistet.127 Trotzdem handelt es sich bei der zusätzlichen Vergütung dem Grunde nach um Arbeitslohn.128 Der Unterschied zwischen der Entgeltung auch von rechtswidriger Arbeit und der Entgeltung der tatsächlichen Weisungsunterwerfung im Fall von Mehrarbeit oder Leistungen von Sexarbeiterinnen und -arbeitern könnte lediglich in der nachträglichen Entstehung eines Anspruches auf Entgeltung entstehen: Nach (heutiger) Rechtslage entsteht nämlich im Anschluss an die tatsächliche Weisungsunterwerfung auch ein Anspruch auf die Entlohnung der geleisteten (unzulässigen) Mehrarbeit129 bzw. der rechtlich nicht bindend zu vereinbarenden Leistungen der Prostituierten130. Im Fall der Weisungsunterwerfung durch Vornahme delinquenter Handlungen entsteht jedoch nicht automatisch131 ein Anspruch auf Ausgleich der verwirkten Sanktion132. Dieser Unterschied wird jedoch durch die tatsächlichen Verhältnisse überwunden; wo von einer „Übernahmekonstellation“ zu sprechen ist, bedeutet dies schließlich, dass der Arbeitgeber eine Erstattungszahlung geleistet hat. Vor allem besagt aber auch das Gesetz selbst, dass es „gleichgültig“ ist, ob ein Rechtsanspruch auf eine Leistung des Arbeitgebers besteht (§ 19 Abs. 1 S. 2 EStG).

126  Z. B. § 3 ArbZG. Verstöße hiergegen können zur Verwirkung eines Bußgeldes führen (§ 22 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 ArbZG) oder sogar strafbar sein, § 23 ArbZG. 127  Die Regelungen des ArbZG gehören zu den gesetzlichen Grenzen des Direktionsrechts des Arbeitgebers. Weisungen, die unter Verletzung jener Vorschriften tatsächlich erteilt werden, können demnach im Grundsatz keine Bindungswirkung für den Arbeitnehmer entfalten, vgl. Kühn, NZA 2015, 10 (11); Lembke, Henssler/Willemsen/Kalb, § 106 GewO Rn. 112; Neumann, Landmann/Rohmer, § 106 GewO Rn. 11. 128  BFH v. 14. 6. 2016 – IX R 2/16, BStBl. II 2016, 901, Ls., juris Rn. 13 ff.; Eisgruber, Kirchhof/EStG, § 19 Rz. 78 „Schadenersatz“. 129  Ein gesetzlicher Anspruch auf Vergütung der verbotswidrig geleisteten Mehrarbeit ist seit der Streichung des § 15 AZO nicht mehr ausdrücklich vorgesehen, Müller-Glöge, MüKo/BGB, § 611 BGB Rn. 1026. Wenngleich verbotswidrige Mehrarbeit nicht rechtswirksam vereinbart werden kann (§ 134 BGB), ergibt sich der Anspruch ggf. aus § 612 Abs. 1 BGB, BAG v. 28. 9. 2005 – 5 AZR 52/05, NZA 2006, 149, juris Rn. 10 ff. 130  Dass es auf die zivilrechtliche Unwirksamkeit des Dienstverhältnisses hier nicht ankam, war schon vor Inkrafttreten des Prostitutionsgesetzes in der Finanzrechtsprechung anerkannt, Drüen, T/K-AO, § 40 Rn. 24 m. w. N. 131  Unter ganz außergewöhnlichen Umständen zeigt sich auch die Rspr. der Arbeitsgerichte offen für die Anerkennung eines Ausgleichsanspruches, BAG v. 11. 8. 1988 – 8 AZR 721/85, NZA 1989, 54, juris Rn. 10 ff.; LAG Hamm (Westfalen) v. 30. 7. 1990 – 19 (14) Sa 1824/89, NJW 1991, 861. 132  Um Mehrarbeit o. Ä. geht es in diesem Zusammenhang meist nicht. Wie die vor den Finanzgerichten verhandelten Fälle zu den Übernahmekonstellationen zeigen, findet die Ausführung der Delinquenz – wenn sie nicht gerade im Verstoß gegen gesetzliche Arbeitszeitregelungen liegt – während der an sich geschuldeten Arbeitszeit statt. Vgl. dazu die Darstellung der Entscheidungen unter § 4 C. I.

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Darüber hinaus betrifft der dargestellte Unterschied dann nicht mehr die Frage, ob die tatsächliche Befolgung der Weisung im Rahmen des Dienstverhältnisses geschieht oder nicht, sondern aus welchem Grund der Arbeitgeber für die Einbußen durch die Sanktion aufkommt („Veranlassung“, dazu sogleich § 4 B. III.). dd)  Wirkung von § 40 AO Weiter stellt sich die Frage, ob ein normatives Verständnis des Dienstverhältnisses, das dazu zwingt, die tatsächliche Korrelation von Weisung mit Leistung und Leistung mit Vergütung zu ignorieren, vor dem Hintergrund von § 40 AO angenommen darf. Anders ausgedrückt: Können die gesetzlichen Regelungen, welche die nichtselbständige Arbeit in das Einkommensteuerrecht einführen und beschreiben, unter der Geltung des § 40 AO in einer Weise ausgelegt werden, die delinquente Verhaltensweisen ausschließt? Nach dem hier vertretenen Verständnis von § 40 AO kommt es für die Beantwortung dieser Frage maßgeblich auf den Wortlaut eben dieser Regelungen an. (1) Andeutung eines normativen Begriffsverständnisses im Wortlaut von §§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 i. V. m. 19 EStG oder § 1 LStDV? § 19 EStG enthält zunächst keinen Anhaltspunkt dafür, dass ein rein normatives Verständnis des Dienstverhältnisses geboten sein könnte. Zwar werden besondere Formen von Bezügen genannt, bei denen vermutet werden darf, dass sie nicht zur typischen Entlohnung innerhalb arbeitsteilig organisierter, rein krimineller Unternehmungen gehören (z. B. § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 und Nr. 3 EStG). Bei den hier interessierenden, grundsätzlich legalen Dienstverhältnissen, in denen „nützliche“ Delinquenz lediglich punktuell vorkommt, sind diese Formen der Entlohnung allerdings üblich, sodass sich hieraus kein Argument für ein rein normatives Verständnis der Regelung bilden lässt. Auch wenn der Vorschrift keine norminterpretierende Wirkung im Hinblick auf die Vorschriften des EStG zukommen kann, verdienen sodann § 1 Abs. 2 S. 1 und S. 2 LStDV eine genauere Betrachtung. Diese machen zur Voraussetzung des Dienstverhältnisses, dass ein Arbeitnehmer seine „Arbeitskraft schuldet“ und den Weisungen des Arbeitgebers „zu folgen verpflichtet ist“. Lässt sich dies als Beschränkung allein auf die nicht verbotswidrig gestalteten Bestandteile von Dienstverhältnissen verstehen? Bei der Auslegung von S. 1 liegt die Betonung auf dem Schulden der Arbeitskraft, um eine Abgrenzung zum Schulden eines Arbeitserfolges zu erreichen,133 und S. 2 lässt sich mehr als Hinweis auf die für das Dienstverhältnis charakteristische Abhängigkeit des Arbeitnehmers

133 

Eisgruber, Kirchhof/EStG, § 19 Rz. 23.

B.  Grundsätzliches zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit

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verstehen.134 In Bezug auf beides lässt sich vorbringen, dass in den hier diskutierten Fällen grundsätzlich ein arbeitsrechtlich wirksames und grundsätzlich rechtskonform bestelltes Dienstverhältnis besteht. § 1 LStDV ist im Übrigen rein konditional formuliert („wenn“) und eine Beschränkung der Reichweite des Dienstverhältnisses (nicht: „insofern“, „soweit“ o. Ä.) auf das rechtsverbindliche Schulden von Arbeitskraft etc. ist keineswegs auch nur angedeutet. In diesem Sinne sind die Regelungen, nach denen (§§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 i. V. m. 19 EStG) bzw. mit deren Hilfe (§ 1 LStDV) zu bestimmen ist, ob bestimmte Vermögensbewegungen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit bedeuten, also nicht in einer Weise formuliert, die einen Bezug zur Legalität, Illegalität oder Sittenwidrigkeit des Verhaltens des Arbeitnehmers herstellen. (2) Arbeitsrechtliches Direktionsrecht als nicht vollumfänglich durchsetzbares Recht In diesem Zusammenhang lassen sich auch noch weitere Argumente vortragen: Das Arbeitsverhältnis ist als schuldrechtliche Beziehung mit höchstpersönlichen Anteilen auch unter zivilrechtlichen Bedingungen nicht als durchweg vollstreckbares Rechtsverhältnis ausgestaltet. Zwar kann der Arbeitgeber grundsätzlich die Befolgung seiner zulässigen Weisungen einklagen, die Vollstreckung unvertretbarer Dienstleistungen ist hingegen unter Beachtung der Grundrechte des Arbeitnehmers ausgeschlossen (§ 888 Abs. 3 ZPO). Ein Urteil auf Befolgung der Weisung und Leistung der Dienste erfüllt in diesem Sinne eher den Zweck eines „nachdrücklichen Appells“ und dient der Vorbereitung der Durchsetzung von Sekundärrechten des Arbeitgebers (vor allem Schadensersatz).135 Insofern wird auch unter rein legalen Bedingungen der Effekt des Weisungsrechts des Arbeitgebers von vornherein durch den tatsächlichen Willen des Arbeitnehmers mitbestimmt. Der Grund, weswegen nun Weisungen zu ordnungswidrigem und strafbarem Verhalten als zivilrechtlich unwirksam anzusehen sind, liegt in der Schutzbedürftigkeit des Arbeitnehmers und der Durchsetzung der Rechtsordnung, indem die Erwartung, aus dem delinquenten Verhalten würden sich zivilrechtlich geschützte Rechte ableiten lassen, überwiegend schon im Ansatz frustriert wird.136 Wie bereits im Zusammenhang mit § 40 AO dargestellt, wirken sich derartige Erwägungen im Steuerrecht jedoch aufgrund seiner abweichenden Zielsetzung anders aus. Die Frage, ob „nützliche“ Delinquenz Bestandteil des steuerrechtlichen Arbeitsverhältnisses sein kann, hat weder einen eindeutigen Bezug zum Schutz des Arbeitnehmers, noch würde ihre Verneinung zur 134 Vgl. Lang, DStJG 9 (1986), 15 (24 f.); Geserich, Blümich/EStG, § 19 Rn. 66 f.; Pflüger, H/H/R-EStG, § 19 Rn. 71. 135  Müller-Glöge, MüKo/BGB, § 611 BGB Rn. 1033. 136 Vgl. Armbrüster, MüKo/BGB, § 138 Rn. 1 ff.

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Bestätigung der Rechtsordnung mehr als eine sehr oberflächliche Symbolkraft beisteuern können. Auch unter diesem Blickwinkel kommt es also entscheidend auf die tatsächlichen Verhältnisse und nicht auf das normative Verständnis des Arbeitsverhältnisses nach den Begriffen anderer Teilrechtsordnungen an. (3) Lohnsteuerabzug und organisierte Kriminalität Extrapoliert man diese Sichtweise im Hinblick auf das Lohnsteuerabzugsverfahren, könnte man einwenden, dass die mögliche Zurechnung „nützlicher“ Ordnungswidrigkeiten und Straftaten zu einem im Übrigen legalen Dienstverhältnis lebensfremd ist, wenn dies in der Konsequenz auch bedeutet, dass zum Beispiel „Großeinkäufer“ illegaler Betäubungsmittel die Lohnsteuer ihrer „Vertriebsmitarbeiter“ („Dealer“) abführen sollen. Dieser Einwand ginge allerdings fehl. Die hier dargestellte Sichtweise bedeutet vielmehr die konsequente Umsetzung der Entscheidung, die Anwendung des Leistungsfähigkeitsprinzips auch auf die Erträge illegaler Wirtschaftsformen auszudehnen. Die Probleme, die sich bei der Besteuerung von hochkriminellen Unternehmungen ergeben, sind dabei tatsächlicher Natur: Ausgangspunkt dieser Überlegung ist, dass in einer idealisierten Vorstellung von der Lebenswirklichkeit weder Kriminalität noch Ordnungswidrigkeiten vorkommen. Fakt ist hingegen, dass derartige Formen des Wirtschaftens in der Realität sehr wohl praktiziert werden und dann typischerweise auch weitestgehend oder vollkommen mit der Unterschlagung von Abgaben einhergehen. Die Erhebungsform der (unterschlagenen) Abgaben besitzt jedoch grundsätzlichen keinen Einfluss auf das Vorkommen schwerkrimineller Unternehmungen und hat deshalb auch keinen unmittelbar verwertbaren Aussagegehalt im Hinblick auf die mögliche Existenz schwerkrimineller Dienstverhältnisse im Steuerrecht.137 (4) Einfluss der Verkehrsauffassung Neben dem reinen Wortlaut und Sinnzusammenhang der genannten Regelungen ist auch der Einfluss der Verkehrsauffassung zu beachten. Jene spielt bei der Betrachtung von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit und allgemein bei den gesetzlichen Regelungen der Einkunftsarten eine gewisse Rolle.138 Absolute Aussagen zur „Verkehrsauffassung“ lassen sich nicht treffen. Tendenziell lassen 137  Diese Sichtweise wird auch durch die Erwägungen des BVerfG zu § 40 AO im Kammerbeschluss v. 12. 4. 1996 – 2 BvL 18/93, NJW 1996, 2086 (2087) unterstützt. Demnach seien für die fehlende Durchsetzbarkeit der Steueransprüche gegen illegal oder sittenwidrig agierende Steuerpflichtige nicht strukturelle Mängel der gesetzlichen Regelung ausschlaggebend, sondern die fehlende Rechtstreue der Steuerschuldner. Eine Rechtfertigung für eine Nichtanwendung der erheblichen Normen sei hieraus aber nicht ableitbar. 138  Lang, DStJG 9 (1986), 15 (22); Eisgruber, Kirchhof/EStG, § 19 Rz. 40.

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sich allerdings gute Argumente dafür finden, dass legale Diensterbringung und vereinzelte Delinquenz (auf Weisung des Arbeitgebers oder in dessen „vermeintlichem“ Interesse) Bestandteile eines einheitlichen Arbeitsverhältnisses sein können. Von den sieben Einkunftsarten sind vor allem die Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 2; 15 EStG) durch ähnlich gelagerte Fragen betroffen gewesen. Nachdem früher die Verkehrsauffassung dahin ging, dass sittenwidrige und/oder gesetzeswidrige Verhaltensweisen nur „Zerrbilder“139 eines Gewerbebetriebes sein könnten, hat sich inzwischen die Erkenntnis durchgesetzt, dass die rechtliche und/oder moralische Bewertung bestimmter Verhaltensweisen nicht dazu führen muss, dass sie zum Beispiel nicht als „Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr“ zu bewerten sein können.140 Das ist selbst für rein kriminelle Unternehmungen (Drogenhandel) durch die Rechtsprechung bestätigt worden141 und gilt damit erst recht im Falle von nur teilweise gesetzeswidrigen Unternehmungen. Das zeigt, dass sich tendenziell eher die Auffassung durchsetzt, dass auch delinquentes Verhalten zu den Bestandteilen der Einkünfteerzielung innerhalb der Einkunftsarten des § 2 Abs. 1 EStG gehören kann. Das gilt selbst dann, wenn dieses Verhalten – da es eher im Verborgenen stattfindet – nicht als in der öffentlichen Wahrnehmung „typisch“ angesehen werden kann. Nach hier vertretenem Standpunkt wird dadurch auch zutreffend der Einfluss von § 40 AO umgesetzt. Auf explizite Beispiele aus der Rechtsprechung zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit kann kaum zurückgegriffen werden. Ein Beispiel dafür, dass die Verkehrsauffassung auch illegale Dienstverhältnisse steuerlich als nichtselbständige Arbeit berücksichtigt, bieten Aussagen zur möglichen einkommensteuerlichen Behandlung von Schwarzarbeit.142 Zwar beurteilt die h. M. bei Steuerpflichtigen, die ansonsten Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit erzielen, bestimmte Vermögensbewegungen im Zusammenhang mit Korruptionsdelikten als „sonstige Einkünfte“ i. S. v. §§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 7 i. V. m. 22 Nr. 3 EStG.143 Das betrifft allerdings die Fälle, in denen sich 139 So

die frühere Ansicht des BFH zu Einkünften aus Eigenprostitution, BFH v. 23. 6. 1964 – GrS 1/64, BStBl. III 1964, 500, juris Rn. 7. Ausdrücklich hat sich der BFH hiervon distanziert im Beschluss v. 20. 2. 2013 – GrS 1/12, BStBl. II 2013, 441, Ls., juris Rn. 30 ff. 140  Vgl. BFH v. 3. 7. 1991 – X R 163 – 164/87, BStBl. II 1991, 802, juris Rn. 16 zu „kriminellen Tätigkeiten, die auf Verschleierung angelegt sind“. 141  BFH v. 6. 4. 2000 – IV R 31/99, BStBl. II 2001, 536, juris Rn. 20 f. 142  BFH v. 21. 3. 1975 – VI R 60/73, BStBl. II 1975, 513, juris Rn. 9. Dazu Pflüger, H/H/R-EStG, § 19 Rn. 80. 143  BFH v. 26. 1. 2000 – IX R 87/95, BStBl. II 2000, 396, juris Rn. 11; Wernsmann/ Neudenberger, K/S/M-EStG, § 22 Rn. E 106; a. A. Lang, DStJG 9 (1986), 15 (53, 59, 71),

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diese durch den Empfang von „Schmiergeldern“ strafbar machen. Dass der Zufluss von Schmiergeldern bei Arbeitnehmern nach h. M. als sonstige Einkünfte beurteilt wird, findet seine Begründung darin, dass diese Gelder dazu dienen, die Arbeitnehmer zu Verletzungen ihrer Dienstpflichten zu motivieren. Insofern ordnen sich die bestechlichen Arbeitnehmer nicht mehr den Zielen des Arbeitgebers und seiner Arbeitsorganisation unter, sondern unterlaufen diese und betreiben gewissermaßen eine eigene Unternehmung. Wenn diese eigene Unternehmung nicht auf Nachhaltigkeit angelegt ist, führt dies – nachvollziehbar – zu sonstigen Einkünften.144 Nicht von dieser Rechtsprechung betroffen sind hingegen diejenigen Fälle, in denen Arbeitnehmer durch Bestechung im vermeintlichen Interesse des Unternehmens Aufträge, „Rabatte“ u. Ä. für selbiges einwerben.145 Auch im Übrigen ist nicht zu erkennen, dass eine allgemeine Verkehrsauffassung besteht, wonach delinquentes Verhalten nicht Bestandteil des steuerrechtlichen Dienstverhältnisses sein kann, solange dessen Auswirkungen nicht gegen die unternehmerischen Interessen des Arbeitgebers verstoßen oder der Eröffnung einer eigenen neuen Erwerbsquelle entsprechen. Eindeutig – da begrifflich immanent – ist jedenfalls, dass die Verkehrsanschauung nicht originär nach einem normativen Verständnis gebildet werden kann. Über die Verkehrsanschauung innerhalb eines spezifischen Berufs oder einer speziellen Branche lässt sich dann ggf. nur etwas unter Verwertung dort vorherrschender spezieller Anschauungen sagen.146 ee)  Vergleich mit der Abgrenzung von Haupt- und Nebentätigkeiten Wie zuvor angedeutet, weist die normative Interpretation des Dienstverhältnisses strukturelle Parallelen zur Abgrenzung von Haupt- und Nebentätigkeiten (formale Differenzierbarkeit von Tätigkeiten, „Sondervergütung“) eines Arbeitnehmers innerhalb von Dienstverhältnissen mit demselben Arbeitgeber auf. Diskussionsbedarf besteht hier regelmäßig bei – dem Anschein der vertraglichen Festlegung nach – freiwilligen Nebentätigkeiten.147 Die Differenzierungen können in jenen Fällen darauf hinauslaufen, dass eine als solche erkannte Nebentätigkeit im Ergebnis als selbständige Arbeit i. S. d. §§ 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 3 i. V. m. demzufolge zwar keine Veranlassung durch das Dienstverhältnis besteht, es sich aber trotzdem um nicht dem Lohnsteuerabzug unterliegende Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit handelt. 144  Wernsmann/Neudenberger, K/S/M-EStG, § 22 Rn. E 106. 145 Ähnlich Biesgen, SAM 2014, 158 (161). 146  Die Finanzgerichte berücksichtigen bei der Betrachtung des „Gesamtbildes der Verhältnisse“ auch branchentypische Besonderheiten, vgl. FG Köln v. 14. 3. 2012 – 2 K 476/06, EFG 2012, 1650, juris Rn. 85, 114 ff. – rev.; FG München v. 18. 6. 2009 – 15 K 2482/06, EFG 2010, 50, juris Rn. 22 ff. – rkr. 147  Krüger, Schmidt/EStG, § 19 Rn. 29.

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18 EStG beurteilt oder eben doch letztlich als Bestandteil des Dienstverhältnisses erkannt wird. (1) Maßstäbe im Umgang mit Nebentätigkeiten Gesetzliche Vorgaben, wie konkret bei der Differenzierung von Haupt- und Nebentätigkeiten zu verfahren ist, macht das EStG nicht.148 Die Vorgehensweise in jenen Fällen ist vor allem durch die Rechtsprechung geprägt. Diese geht im Ergebnis doch von einem einheitlichen Dienstverhältnis aus, wenn ein „unmittelbarer Zusammenhang“ zwischen der Haupt- und der Nebentätigkeit besteht. Das wird unter verschiedenen Bedingungen anerkannt: Einerseits, wenn Hauptund Nebentätigkeit gleichartig sind und die Nebentätigkeit unter ähnlichen organisatorischen Bedingungen ausgeübt wird wie die Haupttätigkeit. Andererseits, wenn der Steuerpflichtige mit der Nebentätigkeit eine ihm aus seinem Dienstverhältnis – faktisch oder rechtlich – obliegende Nebenpflicht erfüllt oder, wenn er auch in der zusätzlichen Tätigkeit der Weisung und Kontrolle des Dienstherrn unterliegt.149 Gleiches soll auch der Fall sein, wenn die verschiedenen Tätigkeiten „nach der Verkehrsanschauung als Ausübung eines einheitlichen Hauptberufs“ anzusehen sind.150 Der Umfang, in dem die Rechtsprechung die Nebentätigkeiten einer Prüfung unterzieht, variiert erheblich. Das Spektrum reicht im Einzelfall von einem eher knappen Abgleich der Lebenswirklichkeit mit den genannten Kriterien151 bis hin zu einer ausführlichen Überprüfung, ob die Nebentätigkeit

148  Das

EStG verwendet den Begriff der „Nebentätigkeit“ gar nicht. Ähnlich ist ihm lediglich die „nebenberufliche Tätigkeit“ i. S. d. § 3 Nr. 26, Nr. 26a EStG, wo ebenfalls nicht definiert wird, was hiermit gemeint ist. Die Begriffsdeutung ist damit Rspr. und Lit. überlassen. Zum Begriff vgl. Bergkemper, H/H/R-EStG, § 3 Nr. 26 Rn. 4; Erhard, Blümich/EStG, § 3 Nr. 26 Rn. 10. Ähnlich sind auch die Begriffe „Nebenämter“ und „Nebenbeschäftigungen“ i.R.d. § 2 Abs. 2 Nr. 8 LStDV, die jedoch ebenfalls nicht definiert sind. Für die hiesige Thematik halten diese Normen keinen weiterführenden Erkenntnisgewinn bereit. 149 BFH v. 13.  12. 2016 – VIII R 43/14, BFH/NV 2017, 569, Os., juris Rn. 13; v. 22. 2. 2012 – X R 14/10, BStBl. II 2012, 511, juris Rn. 71; v. 7. 11. 2006 – VI R 81/02, BFH/ NV 2007, 426, juris Rn. 13, 15; v. 29. 1. 1987 – IV R 189/85, BStBl. II 1987, 783, juris Rn. 10; FG Düsseldorf v. 29. 2. 1012 – 7 K 4364/10 L, EFG 2012, 1313, juris Rn. 21 – rkr.; FG Sachsen-Anhalt v. 16. 4. 2002 – 4 K 10499/99, juris Rn. 21 – rkr.; FG München v. 6. 10. 1992 – 7 K 7066/87, juris Rn. 18 – rkr. Dazu auch Eisgruber, Kirchhof/EStG, § 19 Rz. 52 f.; Pflüger, H/H/R-EStG, § 19 Rn. 92. 150  BFH v. 30. 3. 1990 – VI R 188/87, BStBl. II 1990, 854, juris Rn. 21; FG Köln v. 25. 2. 2015 – 3 K 1350/12, EFG 2015, 1507, juris Rn. 54 – rkr.; FG Saarbrücken v. 22. 9. 2006 – 1 K 297/03, juris Rn. 16 – rkr.; FG Sachsen-Anhalt v. 16. 4. 2002 – 4 K 10499/99, juris Rn. 21 – rkr.; FG Köln v. 22. 11. 1994 – 2 K 2343/93, EFG 1995, 416, juris Rn. 19 – rkr. 151  Vgl. FG Düsseldorf v. 29. 2. 1012 – 7 K 4364/10 L, EFG 2012, 1313, juris Rn. 22 f. – rkr.

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sich ihrerseits nach dem Gesamtbild der Verhältnisse in die Maßstäbe eines Dienstverhältnisses einordnen lässt152.153 (2) Abgleich mit den Verhältnissen in typischen Übernahmekonstellationen Bislang ist – soweit ersichtlich – weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur diskutiert worden, ob die Zugehörigkeit verbotener Verhaltensweisen zum Dienstverhältnis entsprechend den Maßstäben bei der Zuordnung von Nebentätigkeiten zur nichtselbständigen Haupttätigkeit überprüft werden kann.154 Unternimmt man dies und überträgt man die dargestellten Maßstäbe auf die Übernahmekonstellationen, führt dies wohl regelmäßig zu einer Zuordnung der Delinquenz zum Arbeitsverhältnis. Das gilt besonders im Bereich der tatsächlich angewiesenen und umgesetzten Delinquenz, wird regelmäßig aber auch bei autonom im vermeintlichen Interesse des Arbeitgebers oder des Unternehmens umgesetzter Delinquenz der Fall sein, deren Sanktionierung der Arbeitgeber vielfach zum Schutz des Unternehmensrufs abfedert, was wiederum vielfach nur dann der Fall sein dürfte, solange die Handlungen des Arbeitnehmers noch als im Rahmen des unternehmerischen Interesses befindlich und nicht als feindlich angesehen werden. Regelmäßig findet jene Delinquenz zu den vereinbarten Zeiten und an den zugewiesenen Orten der ansonsten gesetzeskonformen Arbeit statt. Zudem werden auch regelmäßig Einrichtungen verwendet, die der Arbeitgeber zur Verfügung gestellt hat, Fertigkeiten eingesetzt, die der Arbeitnehmer im Rahmen des Arbeits-

152 Vgl. BFH v. 5. 10. 2005 – VI R 152/01, BStBl. II 2006, 94, juris Rn. 18 ff.; v. 21. 3. 1975 –VI R 60/73, BStBl. II 1975, 513, juris Rn. 11 zur Abgrenzung von Schwarzarbeit als „selbständig“ ausgeübter Nebentätigkeit. 153  Ein höheres Maß an Prüfungsdichte wird dort zu finden sein, wo i. Erg. zu unterscheiden ist, ob bestimmte Einkünfte dem Lohnsteuerabzug oder der Einkommensteuerveranlagung unterliegen oder ob Steuerfreiheit i. S. v. § 3 Nr. 26, Nr. 26a EStG im Raum steht, vgl. FG Baden-Württemberg v. 5. 2. 1991 – 5 K 65/86, EFG 1991, 594, juris Rn. 72 ff. m. w. N. – rkr. 154  Ähnlichkeit weist insofern allein die Begründung zum Urteil des FG München v. 19. 3. 2010 – 8 K 1157/06, EFG 2011, 56, juris Rn. 45 auf, in der es zum Verhältnis von nichtselbständiger Arbeit als Kellnerin und dem Angebot sexueller Dienstleistungen von Prostituierten in Bordellen heißt: „[…] Es handelte [sich] […] um einen nicht unwesentlichen Teil des Clubgeschäftes, in das die Prostituierten wie Arbeitnehmer (Kellner) eingebunden waren. Diese ihre Tätigkeit ist nach Auffassung des Senats eindeutig als nichtselbständig zu beurteilen. Da aber die eigentliche Aufgabe der Prostituierten (Bereitschaft zu sexuellen Dienstleistungen) und ihre Animiertätigkeit unter den gleichen organisatorischen Bedingungen, d. h. am gleichen Ort und zur gleichen Zeit, vorgenommen werden konnte, kann beides nach Auffassung des Senats auch nur einheitlich beurteilt werden.“ Hierbei zitiert das FG auch die Rechtsprechung zur Würdigung von Nebentätigkeiten.

B.  Grundsätzliches zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit

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verhältnisses erlernt hat und Zwecke mit der „nützlichen“155 Delinquenz verfolgt, die sich in die Arbeitsorganisation des Arbeitgebers einfügen.156 Wo faktische Anweisungen zu delinquentem Verhalten erkennbar bestehen, sind vielfach auch Weisungsunterwerfung und Kontrolle des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber nachvollziehbar.157 Die Tätigkeiten finden dann auch nicht unter Inkaufnahme eines unternehmerischen Risikos, sondern lediglich unter Inkaufnahme typischer Arbeitnehmerrisiken (Kündigung, Versetzung etc.) statt158 und weisen keine im Vergleich zum legalen Arbeitsverhältnis gesteigerte Unternehmerinitiative auf. Wenn die Arbeitnehmer auch keine faktischen und erst recht keine rechtlichen Nebenpflichten des Arbeitsverhältnisses erfüllen, so unterscheidet sich die „nützliche“ Delinquenz im Rahmen von Arbeitsverhältnissen dem äußeren Bild nach vielfach kaum von der legalen Dienstausübung.159 Über die Verkehrsanschauung der typischen Berufsausübung lässt sich nur bei Kenntnis der Anschauungen innerhalb des jeweiligen Verkehrskreises etwas sagen,160 was allgemeine Aussagen hierzu erheblich erschwert. Als Zwischenergebnis lässt sich auch hier feststellen, dass eine Überprüfung der formalen Aufspaltung von legaler nichtselbständiger Arbeit und „nützlicher“ Delinquenz im vermeintlichen Interesse des Arbeit gebenden Unternehmens oder 155 Anders ist dies zu beurteilen, wo Arbeitnehmer z.  B. ihre Stellung ausnutzen, um sich an Geldern des Unternehmens zu „bedienen“ u. Ä., vgl. BFH v. 13. 11. 2012 – VI R 38/11, BStBl. II 2013, 929, juris Rn. 15. 156  Angedeutet ist dies auch im Tatbestand des Urteils des FG Münster v. 4. 10. 2010 – 7 K 4735/07 F, EFG 2011, 1616, wo eine Steuerberater-GbR eine Geldauflage nach § 153a Abs. 1 S. 2 Nr. 2 StPO übernommen hat, die gegenüber einem ihrer Gesellschafter zum Abschluss eines Strafverfahrens wegen Beihilfe zur Steuerhinterziehung verhängt worden ist. 157  Wo bspw. infolge der Nutzung zulässiger Halte- und Parkflächen lange Laufwege in Kauf genommen werden, werden im Controlling geringere Auslieferungsquoten von Paketen sichtbar werden (vgl. zuletzt FG Düsseldorf v. 4. 11. 2016 – 1 K 2470/14 L, EFG 2017, 315), wo lebensmittelrechtliche Vorschriften streng, d. h. gesetzeskonform, gehandhabt werden, wird ein höherer Warenausschuss nachvollziehbar (vgl. FG Bremen v. 6. 10. 2005 – 1 K 55/03 (3), EFG 2006, 202 – best.) etc. 158  Das Risiko der Einbuße des Lohneinkommens wird bisweilen sogar durch mehr oder weniger „stille“ Betriebsvereinbarungen abgenommen, vgl. FG Düsseldorf v. 4. 11. 2016 – 1 K 2470/14 L, EFG 2017, 315 – nrkr.; Saller, DStR 1996, 534 (534). 159 Greifbar wird dieser Faktor im Urteil des FG Düsseldorf v. 4.  11. 2016 – 1 K 2470/14 L, EFG 2017, 315, juris Rn. 62 – nrkr., und zwar im Hinblick auf den Vergleich zwischen der Tätigkeit von Kurierfahrern, die sich auf Routen mit Ausnahmegenehmigungen (§ 46 StVO) bewegen, und solchen, die sich auf Routen ohne derartige Ausnahmegenehmigungen bewegen. 160  Die Finanzgerichte berücksichtigen bei der Betrachtung des „Gesamtbildes der Verhältnisse“ auch branchentypische Besonderheiten, vgl. FG Köln v. 14. 3. 2012 – 2 K 476/06, EFG 2012, 1650, juris Rn. 85; 114 ff. – rev.; FG München v. 18. 6. 2009 – 15 K 2482/06, EFG 2010, 50, juris Rn. 22 ff. – rkr.

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Unternehmers zur Annahme einheitlich zu beurteilender Dienstverhältnisse im steuerrechtlichen Sinn führt. Diese Wahrnehmung korrespondiert auch mit den zuvor dargestellten Anforderungen, die an die Ansatzfähigkeit von Strafverteidigungskosten als Werbungskosten im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit gestellt werden. ff)  Erstreckung des Gedankens eines normativ verstandenen eigenbetrieblichen Interesses auf das Dienstverhältnis Nach der Rechtsprechung des BFH kann das ganz überwiegend eigenbetriebliche Interesse von Arbeitgebern nur rechtskonform interpretiert werden. Ob sich daraus ergibt, dass gesetzeswidrige Verhaltensweisen nicht Bestandteil nichtselbständiger Arbeit sein können, ist abschließend noch zu prüfen. Arbeitgeber erzielen vielfach zum Beispiel Einkünfte aus Gewerbebetrieb oder aus selbständiger Arbeit; zu den Charakteristika beider Einkunftsarten gehört wiederum die wesentliche Freiheit in der Gestaltung des Unternehmens und seiner Abläufe. Die Rechtsprechung des FG Köln und deren Bestätigung durch den BFH (§ 4 C. I. 3.) führen nun dazu, dass bei der Erfassung des relevanten Sachverhalts ausgeblendet wird, wenn ein Arbeitgeber – der dies sogar freimütig zugibt – gesetzeswidriges Verhalten gegenüber seinen Arbeitnehmern angewiesen hat. Begründet wird dies damit, dass Weisung und Weisungsbefolgung nicht in seinem unternehmerischen Interesse liegen dürfen. Damit drängt sich folgender Gedankengang auf: Arbeitgeber bzw. Unternehmer besitzen in ihrer Selbständigkeit eine große Gestaltungsfreiheit, was die Ausgestaltung ihrer unternehmerischen Tätigkeit angeht. Wenn nun aber Arbeitgeber schon kein Interesse an der Befolgung ihrer rechtswidrigen Weisungen sollen haben dürfen, wie soll dann der Arbeitnehmer, der sich innerhalb des ihm vorgegebenen Gestaltungsspielraumes bewegt, zugleich eine rechtswidrige Weisung verwirklichen können und sich noch im Rahmen des Dienstverhältnisses bewegen? In besagten Urteilen des FG Köln und des BFH wird diesen Gedanken keine Beachtung geschenkt. Ersteres verweist ausdrücklich darauf, dass die Zahlungen, die „als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der Arbeitskraft der Arbeitnehmer erfolgten, nicht im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse der Klägerin“ lagen.161 Der BFH bestätigt diese Ansicht als „naheliegend“162. Beides läuft im Ergebnis darauf hinaus, die Erstattungsleistung in Übernahmekonstellationen als Zahlung von Arbeitslohn und damit die Delinquenz mittelbar als Bestandteil des Dienstverhältnisses zu begreifen.163 Dies erklärt auch, weshalb sich die eingangs dargestellte Ansicht zum normativen Verständnis des Dienstverhältnisses 161 

FG Köln v. 22. 9. 2011 – 3 K 955/10, EFG 2012, 518, juris Rn. 14. BFH v. 14. 11. 2013 – VI R 36/12, BStBl. II 2014, 278, juris Rn. 11. 163 Ebd., Ls. 162 

B.  Grundsätzliches zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit

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nicht auf jene Argumentation beruft. Im Übrigen soll auf diese Thematik noch in dem Zusammenhang eingegangen werden, den ihr die Richter selbst zugewiesen haben: die Veranlassung (dazu sogleich § 4 B. III.). d)  Zwischenfazit Alles in allem ist der Frage, ob Straftaten und Ordnungswidrigkeiten Teil des Dienstverhältnisses sein können, bislang keine große Aufmerksamkeit geschenkt worden. Soweit strukturell ähnlich gelagerte Themen bislang von Rechtsprechung und Literatur behandelt worden sind, geben diese keinen Anlass, das steuerrechtliche Dienstverhältnis in einer solchen Weise normativ zu verstehen, dass Taten, die von der Rechtsordnung missbilligt werden, nicht hierzu gerechnet werden dürften. Unter Berücksichtigung der Zielsetzung des Einkommensteuerrechts, die sich in erster Linie auf die leistungsfähigkeitsgerechte Erfassung und Belastung des Einkommens konzentriert, ist auch nicht ersichtlich, weswegen eine Auslegung nichtselbständiger Arbeit geboten sein sollte, die rechtswidriges Verhalten als Bestandteil der Einkunftsquelle „nichtselbständige Arbeit“ ausschließt. Weder besteht erkennbar eine Verkehrsauffassung, die dazu zwänge, einem solch normativen Verständnis zu folgen, noch kann die vermeintliche Vereinfachung der Rechtsanwendung ein überzeugendes Argument bieten, das in diese Richtung deutet. „Vermeintlich“ ist der Effekt der Rechtsvereinfachung insoweit, als eine vollkommene Harmonisierung des arbeitsrechtlichen und steuerrechtlichen Begriffes des Dienstverhältnisses über den Selbstzweck hinaus keinen weiteren Vorteil mit sich bringen würde. Wo klargestellt ist, dass der Richter die Legalität eines Verhaltens außer Acht lassen kann, wenn sie sich im Übrigen in das Gesamtbild der tatsächlichen Verhältnisse einfügt, stellen sich ihm keine größeren Herausforderungen, als dies ohnehin schon bei der Sachverhaltsbewertung der Fall ist. Auch delinquentes Verhalten kann deshalb zur Auswahl der Verhaltensweisen gehören, aus deren Abgleich mit den Typusbegriffen dieser Einkunftsart schließlich ermittelt wird, dass ein Steuerpflichtiger Einkünfte aus einem Dienstverhältnis und damit aus nichtselbständiger Arbeit bezieht.

III.  Zuordnung der Bereicherung zum Dienstverhältnis 1.  Veranlassungsprinzip Seitdem sich der BFH für die einheitliche Interpretation der Vorschriften zu den positiven und negativen Einkünften im Rahmen der Gewinn- und Überschusseinkünfte entschieden hat, werden auch Einnahmen und Werbungskosten aus nicht­ selbständiger Arbeit grundsätzlich nach dem „Veranlassungsprinzip“ bestimmt,164 164  Zuletzt bspw. BFH v. 4. 10. 2016 – IX R 43/15, BStBl. II 2017, 790, juris Rn. 20; v. 1. 9. 2016 – VI R 67/14, BStBl. II 2017, 69, juris Rn. 20; v. 14. 6. 2016 – IX R 2/16, BStBl. II

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dies allerdings in leicht modifizierter Form. Die in der Rechtsprechung übliche Definition des allgemeinen Veranlassungszusammenhangs (objektiver Zusammenhang, subjektiv dienende Zweckbestimmung) ist dabei nicht direkt übernommen worden.165 Eine Veranlassung von Einnahmen durch das individuelle Dienstverhältnis im Sinne des § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG wird vielmehr dann bejaht, wenn der gegenständlich zu beurteilende Vorteil „mit Rücksicht auf das Dienstverhältnis eingeräumt wird“ bzw. sich als „Ertrag der nichtselbständigen Arbeit darstellt“ und sich die „Leistung im weitesten Sinne als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers erweist.“166 Die Parallele zur ansonsten gebräuchlichen Definition des allgemeinen Veranlassungszusammenhangs besteht darin, dass es auch hier um einen (weiten) objektiven Zusammenhang geht, der im Ergebnis durch die Berücksichtigung einer objektiv nachvollziehbaren Zwecksetzung der Leistung eingegrenzt wird.167 Das finale Element ist durch seine Beschreibung im Sinne eines Entlohnungscharakters und durch seine Korrespondenz mit dem Dienstverhältnis enger als die im Zusammenhang mit dem Veranlassungsprinzip nach § 4 Abs. 4 EStG geforderte Widmung der Leistung im Hinblick auf das Bezugsobjekt „Betrieb“. Zugleich bedeutet dies, dass rein äquivalenztheoretische Erwägungen (auch) für die Beurteilung des Veranlassungszusammenhangs in diesem Kontext nicht entscheidend sind.168 Die Überlegung, ob ein Vermögenszuwachs entfiele, wenn man ein konkretes Dienstverhältnis hinwegdenkt, kann demnach höchstens hilfsweise herangezogen werden.169 Grundsätzlich unerheblich ist auch, ob der Arbeitgeber eine Leistung freiwillig oder in Erfüllung eines Rechtsanspruches des Arbeitnehmers 2016, 901, juris Rn. 20. St. Rspr. seit BFH v. 17. 9. 1982 – VI R 75/79, BStBl. II 1983, 39, Os. 2, juris Rn. 20; dazu W. Lang, DB 2006 Beilage Nr. 6, 16 (16); Pflüger, H/H/R-EStG, § 19 Rn. 150. 165  Geserich, DStR 2016, 441 (441); Krüger, DStR 2013, 2029 (2029). 166 BFH v. 1. 9. 2016 – VI R 67/14, BStBl. II 2017, 69, juris Rn. 20; v. 14. 6. 2016 – IX R 2/16, BStBl. II 2016, 901, juris Rn. 10; v. 14. 4. 2016 – VI R 13/14, BStBl. II 2016, 778, juris Rn. 14; v. 10. 3. 2016 – VI R 58/14, BStBl. II 2016, 621, juris Rn. 16; v. 19. 6. 2008 – VI R 4/05, BStBl. II 2008, 826, juris Rn. 16; v. 6. 3. 1995 – VI R 63/94, BStBl. II 1995, 471, juris Rn. 16; v. 22. 3. 1985 – VI R 82/83, BStBl. II 1985, 532, juris Rn. 11 – st. Rspr. Ähnlich schon BFH v. 22. 4. 1982 – III R 135/79, BStBl. II 1982, 496. 167 Vgl. W. Lang, DB 2006 Beilage Nr. 6, 16 (16). 168  BFH v. 20. 9. 1996 – VI R 57/95, BStBl. II 1997, 144, juris Rn. 9: „Allein der Umstand, daß eine Leistung des Arbeitgebers tatsächlich oder rechtlich im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis steht, reicht zur Bejahung des Tatbestandsmerkmals ‚für eine Beschäftigung‘ allein nicht aus.“ Ebenso zuletzt FG München v. 8. 12. 2016 – 11 K 763/15, juris Rn. 8; FG Rheinland-Pfalz v. 22. 1. 2016 – 4 K 2086/14, EFG 2016, 36, juris Rn. 49 – nrkr.; FG Köln v. 29. 10. 2015 – 15 K 1581/11, EFG 2017, 196, juris Rn. 30 – nrkr., m. w. N. 169  Hermann, Einkommensteuerrechtliche Relevanz von Sachzuwendungen, S. 135 f.; Pflüger, H/H/R-EStG, § 19 Rn. 154.

B.  Grundsätzliches zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit

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durch den Arbeitgeber leistet (vgl. § 19 Abs. 1 S. 2 EStG).170 Sie muss auch nicht Gegenleistung für eine bestimmte Leistung des Arbeitnehmers sein171 und es ist nicht entscheidend, ob auf Seiten des Arbeitgebers korrespondierend eine Betriebsausgabe vorliegt.172 Weiterhin kommt es nicht darauf an, ob die Zwecksetzung der Entlohnung tatsächlich auf einem Irrtum des Arbeitgebers beruht.173 Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit gehören allerdings solche Vorteile nicht, die sich der Arbeitnehmer durch verbotene Handlungen, ohne Wissen und gegen den (mutmaßlichen) Willen des Arbeitgebers aus dem Vermögen seines Arbeitgebers beschafft („Griff in die Kasse“ u. Ä.).174 Die Notwendigkeit eines „Entlohnungscharakters“ wird daraus abgeleitet, dass Gehälter etc. nach dem Wortlaut des § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG175 „für“ eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt werden müssen, damit sie zu (steuerpflichtigen) Einnahmen i. S. d. Vorschrift führen.176 Damit wird klargestellt, dass Leistungen des Arbeitgebers grundsätzlich auch auf anderen Rechtsbeziehungen oder persönlichen Beziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer beruhen können, die nichts mit dem Dienstverhältnis zu tun haben.177 Im Einzelfall können diese Vermögensbewegungen beim Arbeitnehmer daher zu steuerbaren Einnahmen aus anderen Einkunftsarten führen oder sogar 170 

BFH v. 10. 3. 2016 – VI R 58/14, BStBl. II 2016, 621, juris Rn. 16. BFH v. 17. 9. 1982 – VI R 75/79, BStBl. II 1983, 39, juris Rn. 21. Vgl. auch Krüger, Schmidt/EStG, § 19 Rn. 45; Pflüger, H/H/R-EStG, § 19 Rn. 150. A. A. Strohner/Albert, DB 2000, 1535 (1536). 172  Pflüger, H/H/R-EStG, § 19 Rn. 155 m. w. N. 173  Zuletzt BFH v. 14. 4. 2016 – VI R 13/14, BStBl. II 2016, 778, juris Rn. 16 m. w. N. zu irrtümlichen Überweisungen des Arbeitgebers, mit denen jener einer arbeitsvertraglichen Verpflichtung nachzukommen glaubt. 174  A. A. Lang, DStJG 9 (1986), 15 (71), der zwar ebenfalls die Veranlassung durch das Dienstverhältnis in Frage stellt und dementsprechend das Vorliegen von (lohnsteuerrechtlich relevantem) Arbeitslohn ablehnt, i. Erg. aber von Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit ausgeht. Das ist abzulehnen. Diebstahl und ähnlichen Formen eigenmächtiger Handlungen zur Schädigung fremden Vermögens fehlt die Nähe zu einem Leistungsaustausch, den sämtliche Einkunftsarten des EStG voraussetzen und der die Idee von den Einkommensquellen indirekt mitprägt. Ähnlich BFH v. 16. 12. 2014 – VIII R 19/12, BStBl. II 2015, 643, juris Rn. 28 m. w. N. 175 Ähnlich auch die Definition von „Arbeitslohn“ in § 2 Abs. 1 LStDV: „[…] alle Einnahmen, die dem Arbeitnehmer aus dem Dienstverhältnis zufließen“ (Hervorhebung nicht im Original). 176  BFH v. 25. 5. 2000 – VI R 195/98, BStBl. II 2000, 690, juris Rn. 8. 177  BFH v. 4. 10. 2016 – IX R 43/15, BStBl. II 2017, 790, juris Rn. 21; v. 21. 5. 2014 – I R 42/12, BStBl. II 2015, 4, juris Rn. 48; v. 7. 5. 2009 – VI R 16/07, BStBl. II 2010, 130, juris Rn. 17; v. 19. 6. 2008 – VI R 4/05, BStBl. II 2008, 826, juris Rn. 17; v. 23. 8. 2007 – VI R 74/04, BStBl. II 2007, 948, juris Rn. 10 m. w. N.; K. Heger, DB 2014, 1277, (1277); Offerhaus, DStJG 9 (1986), 117 (120). 171 

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ganz außerhalb der steuerbaren Sphäre liegen. Wer beispielsweise seinem Arbeitgeber einen Raum der eigenen Wohnung im Rahmen eines Mietverhältnisses überlässt, um seine Arbeitsleistungen innerhalb dieses Raumes zu erbringen, bezieht mit dem Mietzins ggf. Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung und nicht Arbeitslohn.178 Auch mag etwa ein Geburtstagsgeschenk, das vom Arbeitgeber aufgrund einer verwandtschaftlichen oder anderweitig engen persönlichen Beziehung überreicht wird, eine nicht steuerbare Mehrung des Vermögens des Steuerpflichtigen bewirken.179 Unter den dem Arbeitnehmer gewährten Vorteilen, denen es an einem „Entlohnungscharakter“ fehlen kann, sind vor allem diejenigen praktisch sehr bedeutsam, die möglicherweise im „ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers“ gewährt werden.180 Diese Rechtsfigur spielt eine ganz erhebliche Rolle bei der Prüfung des Veranlassungszusammenhangs von Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit und dient als entscheidender Maßstab für den Umgang mit der Erstattung von Sanktionen und sanktionsnahen Kosten durch den Arbeitgeber. 2.  Rechtsfigur des „ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesses“ Was die Rechtsfigur des „ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesses“ inhaltlich ausmacht, ist nicht einfach darzustellen.181 Da sie durch die Rechtsprechung geprägt worden ist,182 ist es sinnvoll, sich ihr über den Zugang zu nähern, den BFH und Finanzgerichte in ständiger Rechtsprechung wählen. Demnach sind „Vorteile, die sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen erweisen, […] nicht als Arbeitslohn anzusehen. Vorteile besitzen danach keinen Ar178 

BFH v. 16. 9. 2004 – VI R 25/02, BStBl. II 2006, 10. Pflüger, H/H/R-EStG, § 19 Rn. 195 ff. m. w. Bsp. für Leistungen aufgrund enger persönlicher Beziehungen. Auch ohne derartige Beziehungen werden z. B. sog. „Annehmlichkeiten“ bei der Ermittlung des Arbeitslohnes unberücksichtigt gelassen, vgl. R. 19.6 LStR 2015. 180  BFH v. 10. 3. 2016 – VI R 58/14, BStBl. II 2016, 621, juris Rn. 17; v. 5. 9. 2006 – VI R 65/03, BStBl. II 2007, 312, juris Rn. 38; v. 9. 8. 1996 – VI R 88/93, BStBl. II 1997, 97, juris Rn. 8 f.; v. 20.9. 1985 – VI R 120/82, BStBl. II 1985, 718, juris Rn. 10; v. 21. 3. 1975 – VI R 94/72, BStBl. II 1975, 486, juris Rn. 10. Ursprünglich „eigenbetriebliches Interesse“, vgl. BFH v. 24. 1. 1975 – VI R 242/71, BStBl. II 1975, 340, juris Rn. 11. Ähnlich schon BFH v. 26. 4. 1963 – VI 291/62 U, BStBl. III 1963, 329, juris Rn. 8 ff. Neben der Finanzgerichtsbarkeit spielt dieser Begriff auch eine erhebliche Rolle in der Rechtsprechung der Sozial­ gerichtsbarkeit, z. B. LSG Sachsen v. 28. 3. 2017 – L 5 RS 216/16, juris Rn. 23 m. w. N. 181  Zur h. A., dass sich die Rechtsfigur nicht positiv definieren lasse, s. § 4 B. III. 2. b) cc). 182  Zum Ursprung in der Rechtsprechung des BFH und den einstigen Zusammenhängen mit der Rechtsprechung zum Umgang mit sog. „Annehmlichkeiten“, Hermann, Einkommensteuerrechtliche Relevanz von Sachzuwendungen, S. 175 ff.; Strohner/Albert, DB 2000, 1535 (1537). 179 

B.  Grundsätzliches zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit

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beitslohncharakter, wenn sie im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers gewährt werden.“183

Ob letzteres der Fall ist, wird durch die Bewertung der Umstände entschieden, die die Vorteilsgewährung begleiten. Regelmäßig führt die Würdigung eines geleisteten Vorteils dazu, dass jener entweder insgesamt als Arbeitslohn bewertet wird oder eben nicht. Bei sinnvoller Trennbarkeit184 erfolgt ggf. eine Aufteilung in betriebsfunktionale Bestandteile und Vorteile mit Entlohnungscharakter.185 a)  Vorteilsgewähr stets im Eigeninteresse des Arbeitgebers Reduziert man den zitierten Ansatz auf die Bestandteile, die für eine positive Abgrenzung der Rechtsfigur stehen können, dann geht es also um Vorteile, die sich als Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen darstellen und die nach den Gesamtumständen überwiegend durch Interessen des Arbeitgebers bestimmt erscheinen. Schon die begriffliche Zusammensetzung der Rechtsfigur offenbart, dass die wirtschaftliche Bereicherung des Arbeitnehmers durch eine Leistung des Arbeitgebers (auch „Gewährung“ oder „Zuwendung“ eines Vorteils)186 stets mindestens die Annahme eines Eigeninteresses des Arbeitgebers begründet. Andernfalls wäre die Abgrenzung an einer kategorischen und nicht an einer graduellen Unterscheidung („ganz überwiegend“) festgemacht worden.187 183  BFH v. 10. 3. 2016 – VI R 58/14, BStBl. II 2016, 621, juris Rn. 17. Vgl. auch BFH v. 19. 11. 2015 – VI R 74/14, BStBl. II 2016, 303, juris Rn. 11; v. 19. 11. 2015 – VI R 47/14, ­BStBl. II 2016, 301, juris Rn. 11; v. 14. 11. 2013 – VI R 36/12, BStBl. II 2014, 278, juris Rn. 9; v. 16. 10. 2013 – VI R 78/12, BStBl. II 2015, 495, juris Rn. 16; v. 12. 2. 2009 – VI R 32/08, BStBl. II 2009, 462, juris Rn. 11 f.; v. 26. 6. 2003 – VI R 112/98, BStBl. II 2003, 886, juris Rn. 14; v. 4. 6. 1993 – VI R 95/92, BStBl. II 1993, 687, juris Rn. 19; zuletzt FG Düsseldorf v. 26. 7. 2017 – 9 K 3682/15 L, EFG 2017, 732, juris Rn. 19 – nrkr.; v. 4. 11. 2016 – 1 K 2470/14 L, EFG 2017, 315, juris Rn. 69 – nrkr. Die Formulierungen variieren teils hinsichtlich des exakt verwendeten Wortlauts. 184  Vgl. BFH v. 21. 9. 2009 – GrS 1/06, BStBl. II 2010, 672, juris Rn. 91 ff. 185  Vgl. BFH v. 11. 3. 2010 – VI R 7/08, BStBl. II 2010, 763, juris Rn. 15, dort jedoch verneint; v. 30. 4. 2009 – VI R 55/07, BStBl. II 2009, 726, juris Rn. 12 ff.; v. 18. 6. 2005 – VI R 32/03, BStBl. II 2006, 30, juris Rn. 31 ff. m. w. N. Vgl. H 19.5 LStR 2015. 186  Der Begriff der „Zuwendung“ wird im einkommensteuerrechtlichen Kontext, insb. auch hinsichtlich der Besteuerung von Arbeitseinkommen, tendenziell verwendet, um die nicht bestehende Verknüpfung einer Leistung des Arbeitgebers mit einer Gegenleistung des Arbeitnehmers darzustellen, vgl. etwa Gosch, Kirchhof/EStG, § 4c Rn. 5. Auch den Begriff der „Gewährung“ könnte man als Andeutung einer einseitigen Leistung verstehen. Beide Begriffe könnten daher i. S. e. Vorwegnahme des Nichtvorliegens von Arbeitslohn verstanden werden. Insofern wäre der Begriff der Leistung neutraler. Beide Formulierungen sind in Rspr. und Lit. jedoch absolut gängig, wenn die Abgrenzung von Arbeitslohn und Nicht-Arbeitslohn diskutiert wird, und werden deshalb auch hier übernommen. 187  BFH v. 30. 5. 2001 – VI R 177/99, BStBl. II 2001, 671, juris Rn. 8; v. 25. 5. 2000 – VI R 195/98, BStBl. II 2000, 690, juris Rn. 8; v. 4. 6. 1993 – VI R 95/92, BStBl. II 1993, 687,

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§ 4  Übernahme strafrechtlicher Geldsanktionen durch Dritte

Dabei setzt die grundsätzliche Anlage der Rechtsfigur unausgesprochene (intuitive)188 Annahmen voraus, ohne die eine „objektive Würdigung“ der Umstände im zitierten Sinne nicht möglich wäre. Jenen voran steht die Annahme, dass die Interaktion von Arbeitnehmer und Arbeitgeber innerhalb des Dienstverhältnisses durch Nutzenerwägungen („Interessen“) bestimmt wird und dieser Nutzen mittelbar oder unmittelbar durch das Interesse am Zuwachs des eigenen Bedürfnisbefriedigungspotenzials bestimmt ist.189 Eine andere Facette dieses Gedankens ist, dass beide Seiten ihre Leistungen nur erbringen, wenn der Nutzen, den sie sich hiervon erhoffen, größer ist als der Einsatz, den sie leisten, um die Chance auf den Erhalt des Nutzens zu eröffnen. Auf das Arbeitsverhältnis übertragen, ist also davon auszugehen, dass der Arbeitgeber Arbeitslohn zahlt, da er ohne dessen Zahlung (unter normalen Umständen) keine Dienstleistung von den Arbeitnehmern zur Umsetzung seines Unternehmensgegenstands erhalten wird.190 Die Zahlung von Lohn wirkt sich daher auch auf sein Ziel aus, mittels des Betriebs Gewinne zu erwirtschaften. Im Hinblick auf die Arbeitnehmerseite wird dagegen in erster Linie das Interesse an der Gegenleistung für zur Verfügung gestellte Dienste zur Kenntnis genommen. Der Fokus liegt folglich auf der relativen Mehrung ihrer Leistungsfähigkeit durch die Gehaltszahlung. Unter diesen Annahmen erfolgt jede Lohnzahlung des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer auch in seinem eigenbetrieblichen Interesse.191 Gleichzeitig hat aber auch jeder Arbeitnehmer ein Interesse an einer wie auch immer gearteten Verbesserung seiner Leistungsfähigkeit. Letzteres soll sich auch im Rahmen des Gedankens der „Wechselwirkung“ (dazu sogleich) auswirken. b)  Interessenabwägung durch Bewertung von Begleitumständen Um die Bestimmung vorzunehmen, ob eine Leistung „ganz überwiegend“ im betrieblichen Eigeninteresse des Arbeitgebers erfolgt ist oder nicht, wird überjuris Rn. 19; FG Düsseldorf v. 30. 9. 2009 – 15 K 2727/08 L, EFG 2010, 137, juris Rn. 13 – rkr.; FG Köln v. 15. 3. 2006 – 11 K 5680/04, EFG 2006, 1516, juris Rn. 23 – rkr. 188  Eine offene Anlehnung an Theorien zur Entscheidungsfindung, Nutzenmaximierung o. Ä. ist – soweit erkennbar – nicht postuliert worden. 189  Exemplarisch für solche schlicht als natürlich vorausgesetzten Annahmen Krüger, DStR 2013, 2029 (2033): „Ein ökonomisch handelnder Arbeitgeber wird die Höhe solcher Zuwendungen im Hinblick auf die erstrebte Gewinnmaximierung ausrichten. Der Arbeitgeber hat in der Regel keinen Grund, dem Arbeitnehmer etwas zu schenken.“ Ähnlich auch Strohner/Albert, DB 2000, 1535 (1537). 190  G. Kirchhof, FR 2015, 773 (774); Offerhaus, DStJG 9 (1986), 117 (120); Schneider, NWB 2014, 441 (443). 191  Drüen, JbdBvdStb 2013, 71 (106 f.); K. Heger, DB 2014, 1277 (1277); G. Kirchhof, FR 2015, 773 (774 f.); Krüger, DStR 2013, 2029 (2030); Lang, DStJG 9 (1986), 15 (63) m. w. N. aus dem älteren Schrifttum; Offerhaus, DStJG 9 (1986), 117 (120); Schneider, NWB 2014, 441 (443).

B.  Grundsätzliches zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit

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wiegend eine Interessenabwägung i. S. e. Betrachtung und Bewertung der Begleitumstände der Leistungsgewährung vorgenommen. Diese obliegt „in erster Linie“ der Tatsacheninstanz, also den Finanzgerichten.192 In der Revision unterzieht sie der BFH nur einer eingeschränkten Kontrolle.193 Abgestellt wird hier nach ständiger Rechtsprechung darauf, ob sich aus „Anlass, Art und Höhe des Vorteils, Auswahl der Begünstigten, freie[r] oder nur gebundene[r] Verfügbarkeit, Freiwilligkeit oder Zwang zur Annahme des Vorteils und seiner besonderen Geeignetheit für den jeweils verfolgten betrieblichen Zweck ergibt, dass diese Zielsetzung ganz im Vordergrund steht und ein damit einhergehendes eigenes Interesse des Arbeitnehmers, den betreffenden Vorteil zu erlangen, vernachlässigt werden kann.“194

Zudem wird auch davon ausgegangen, dass eine Wechselwirkung zwischen der Höhe der Bereicherung des Arbeitnehmers und der Intensität des betrieblichen Eigeninteresses des Arbeitgebers besteht. Die Gewährung verschiedenartiger Vorteile wird i.d.R. getrennt voneinander beurteilt,195 bei der Gewährung gleichartiger Vorteile durch den Arbeitgeber erfolgt normalerweise eine Gesamtbetrachtung dieser Vorteile.196 aa)  Betrachtung der Begleitumstände Mit welcher Bewertungsrichtung – Entlohnungscharakter oder ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse – die von der Rechtsprechung bezeichneten Begleitumstände in die Interessenabwägung eingehen, lässt sich hinsichtlich mancher dieser Umstände besser darstellen als bei anderen. Das liegt daran, dass jene in der Menge der Einzelentscheidungen mehr oder weniger häufig isoliert 192  St. Rspr., BFH v. 14. 11. 2013 – VI R 36/12, BStBl. II 2014, 278, juris Rn. 10; v. 16. 10. 2013 – VI R 78/12, BStBl. II 2015, 495, juris Rn. 16; v. 21. 10. 2010 – VI R 51/08, BStBl. II 2010, 700, juris Rn. 13; v. 22. 6. 2006 – VI R 21/05, BStBl. II 2006, 915, juris Rn. 16; Geserich, Blümich/EStG, § 19 Rn. 200. 193  Vgl. BFH v. 14. 11. 2013 – VI R 36/12, BStBl. II 2014, 278, juris Rn. 11; v. 28. 3. 2011 – VI B 31/11, BFH/NV 2011, 1322, juris Rn. 6 jew. m. w. N. 194 St. Rspr., BFH v. 10. 3. 2016 – VI R 58/14, BStBl. II 2016, 621, juris Rn. 17; v. 14. 11. 2013 – VI R 36/12, BStBl. II 2014, 278, juris Rn. 10; v. 24. 9. 2013 – VI R 8/11, ­BStBl. II 2014, 124, juris Rn. 8. Ohne inhaltliche Abweichung auch BFH v. 19. 11. 2015 – VI R 74/14, BStBl. II 2016, 303, juris Rn. 11; v. 26. 6. 2003 – VI R 112/98, BStBl. II 2003, 886, juris Rn. 14; v. 30. 5. 2001 – VI R 177/99, BStBl. II 2001, 671, juris Rn. 8; v. 25. 5. 2000 – VI R 195/98, BStBl. II 2000, 690, juris Rn. 8. Vgl. auch H 19.3 LStR 2015. 195  FG Nürnberg v. 21. 6. 1995 – V 113/93, juris Rn. 32 ff. und 37 ff. 196  So z. B. bei Betriebsveranstaltungen, wo neben der Höhe der gewährten Vorteile pro Veranstaltung auch betrachtet wird, wie viele Veranstaltungen der Arbeitgeber pro Kalenderjahr für die Arbeitnehmer organisiert hat, vgl. BFH v. 16. 11. 2005 – VI R 68/00, BStBl. II 2006, 440, juris Rn. 10 ff. Nunmehr ausdrücklich geregelt in § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a EStG.

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§ 4  Übernahme strafrechtlicher Geldsanktionen durch Dritte

erprobt worden sind und dabei teils mehr, teils weniger kontinuierlich zu denselben Ergebnissen geführt haben. Weder sind sie als vollkommen abschließend zu begreifen, noch werden sie stets durchweg geprüft. Bei der Betrachtung ihrer Anwendung ähneln sie eher den Merkmalen eines Typusbegriffs als tatbestandlichen Voraussetzungen.197 Ausgangspunkt der Betrachtung der Begleitumstände wird vielfach die Identifizierung des spezifischen Anlasses der Vorteilsgewährung sein. Hierdurch kann Aufschluss darüber erlangt werden, wie nah die Zuwendung durch den Arbeitgeber dem Gegenleistungsverhältnis der beiden Parteien einerseits oder der Verwirklichung ganz überwiegend eigenbetrieblicher Zielsetzungen andererseits steht. Regelmäßig werden in die Betrachtung auch Handlungsalternativen miteinbezogen, die der Arbeitgeber tatsächlich nicht gewählt hat, um zu ermitteln, wodurch die Vorteilsgewährung den Umständen nach tatsächlich veranlasst war. Wird beispielsweise eine Betriebsveranstaltung für die gesamte Belegschaft durchgeführt, lässt sich hieraus schlussfolgern, dass sie durch die Zielsetzung veranlasst ist, das Betriebsklima der Mitarbeiter insgesamt zu fördern198 und nicht dazu dient lediglich einen exklusiven Kreis der Mitarbeiter durch den Genuss der Veranstaltung zu entlohnen.199 Insofern geht die Würdigung des Anlasses der Leistung auch häufiger mit der Betrachtung der Auswahl der Begünstigten einher, da sich hierüber herausfinden lässt, welche Merkmale dieser Auswahl gemeinsam sind und zugrunde liegen. Jene Merkmale lassen sich wiederum an Kategorien wie der individuellen, gegenleistungsbezogenen Entlohnung oder der gegenstandsbezogenen Förderung eines Betriebsablaufs, mit dem eine bestimmte Gruppe von Arbeitnehmern assoziiert ist, messen.200 Hinsichtlich der Art des gewährten Vorteils geht es nicht in erster Linie um eine Differenzierung in Sach-, Dienst- oder Geldleistungen, sondern darum, ob die Leistung einen außerhalb des Arbeitsverhältnisses liegenden Nutzen für den Arbeitnehmer herbeiführt oder nicht.201 Wird dieser allein oder fast ausschließlich im Rahmen eines durch den Arbeitgeber bestimmten Betriebsablaufs gezogen, 197 Ähnlich

Pflüger, H/H/R-EStG, § 19 Rn. 185. Vgl. BFH v. 12. 12. 2012 – VI R 79/10, BFH/NV 2013, 637, juris Rn. 16. Nunmehr auch geregelt in § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a EStG. 199  BFH v. 15. 1. 2009 – VI R 22/06, BStBl. II 2009, 476, juris Rn. 13. Vgl. auch BFH v. 9. 3. 1990 – VI R 48/87, BStBl. II 1990, 711, juris Rn. 40 zur Veranstaltung einer Incentive-Reise. 200  Vgl. BFH v. 22. 3. 1985 – VI R 82/83, BStBl. II 1985, 532, juris Rn. 16, 22; FG Düsseldorf v. 30. 9. 2009 – 15 K 2727/08 L, EFG 2010, 137, juris Rn. 15 – rkr. 201  Pflüger, H/H/R-EStG, § 19 Rn. 185. Deshalb werden die Gestellung oder Verbesserung betrieblicher Sozialeinrichtungen schon im Grundsatz nicht als Bereicherung des Arbeitnehmers verstanden, FG Nürnberg v. 21. 6. 1995 – V 113/93, juris Rn. 19; dazu auch Breinersdorfer, K/S/M-EStG, § 19 Rn. B 350. 198 

B.  Grundsätzliches zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit

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spricht dies eher gegen die Annahme von Arbeitslohn.202 Wenn die Nutzung des Vorteils auch für private Zwecke möglich ist, spricht dies eher für die Annahme von Arbeitslohn.203 Eine Bewertung wird hier – gerade bei Sach- und Geldleistungen – vielfach erst dadurch möglich, dass auch die im Einzelfall freie oder gebundene Verfügbarkeit der Leistung in den Blick genommen wird. So hängt beispielsweise die Beurteilung einer Gestellung von Kleidung oder eines Geldbetrages zur Anschaffung dieser Kleidung („Barablösung“) davon ab, ob diese Kleidung sich auch für den Gebrauch im privaten Alltag des Arbeitnehmers eignet.204 Wenn in der Beurteilung der Begleitumstände von einem „Zwang“ zur Annahme die Rede ist, lässt sich dies freilich nicht wörtlich verstehen, sondern meint Fälle, in denen die Arbeitnehmer bei der Ablehnung des Vorteils mit Nachteilen (z. B. Eintrübung von Beförderungschancen o. Ä.) innerhalb des „Betriebslebens“ zu rechnen hätten.205 Ohne sich auf die tatsächliche Haltung einzelner Arbeitnehmer einlassen zu müssen, kommt die „objektive Würdigung“ einer solchen Situation tendenziell zu dem Schluss, dass es sich um einen Vorteil handelt, der nicht dem subjektiven Interesse des Arbeitnehmers entspricht und folglich im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers liegt.206 202  BFH v. 16. 10. 2013 – VI R 78/12, BStBl. II 2015, 495, juris Rn. 15 ff.; vgl. BFH v. 20. 9. 1985 – VI R 120/82, BStBl. II 1985, 718, juris Rn. 10 f. 203  Weit verstanden bei der Übernahme von Beiträgen, die Arbeitnehmer – unabhängig von dem spezifischen Arbeitsverhältnis – entrichten müssen, um überhaupt in ihrem Beruf tätig werden zu können, BFH v. 12. 2. 2009 – VI R 32/08, BStBl. II 2009, 462, juris Rn. 13 ff.; v. 26. 7. 2007 – VI R 64/06, BStBl. II 2007, 892, juris Rn. 9; zwingend ist dies nicht, vgl. FG Niedersachsen v. 24. 8. 2007 – 1 K 11553/04, EFG 2007, 1938, juris Rn. 17 f. – rkr.; a. A. Krüger, DStR 2013, 2029 (2036 f.). 204  BFH v. 22. 6. 2006 – VI R 21/05, BStBl. II 2006, 915, juris Rn. 18 ff. zur Überlassung einheitlicher, aber nicht hochwertiger Kleidung für Zwecke der „corporate identity“ nicht als Arbeitslohn; hingegen FG Düsseldorf v. 12. 12. 2000 – 17 K 4509/95 H (L), EFG 2001, 362, juris Rn. 25 ff. – rkr. m. w. N. zu divergierender Rspr. anderer FG. Weiterhin BFH v. 11. 4. 2006 – VI R 60/02, BStBl. II 2006, 691, juris Rn. 12 zur Überlassung von Markenkleidung an die Geschäftsleitung als Arbeitslohn. Dazu auch Lang, DStJG 9 (1986), 15 (65). A. A. Krüger, DStR 2013, 2029 (2034), der davon ausgeht, dass allein die Überlassung von Geld regelmäßig eine freie Verwendbarkeit und damit Arbeitslohn indiziert. 205  BFH v. 17. 9. 1982 – VI R 75/79, BStBl. II 1983, 39, juris Rn. 22. So auch FG Niedersachsen v. 19. 2. 2009 – 11 K 384/07, DStRE 2010, 1162, juris Rn. 17 ff., insb. 24 – rkr.: Dort ging es um die Frage, ob die (unentgeltliche) Mahlzeitengestellung eines Kindergartens gegenüber seinem pädagogischen Personal zu einem Zufluss von Arbeitslohn führt oder nicht. Wegen des dominierenden eigenbetrieblichen Interesses an der pädagogischen Funktion der gemeinsamen Nahrungsaufnahme, ist i. Erg. die Annahme von Arbeitslohn abgelehnt worden. Nach Auffassung des FG war hier von einer arbeitsvertraglichen Pflicht der Betreuer/-innen auszugehen, die Mahlzeiten gemeinsam mit den betreuten Kindern einzunehmen. 206  Zwingend ist dieser Schluss aber nicht, vgl. FG Düsseldorf v. 30. 9. 2009 – 15 K 2727/08 L, EFG 2010, 137, juris Rn. 17 – rkr., wonach auch ohne berufliche „Sanktion“ ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse angenommen werden kann.

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§ 4  Übernahme strafrechtlicher Geldsanktionen durch Dritte

Dem Aspekt der besonderen Geeignetheit für den jeweils verfolgten betrieblichen Zweck kommt gelegentlich in solchen Fällen Bedeutung zu, in denen der gewährte Vorteil unter alltäglichen Umständen eher die Annahme von Arbeitslohn stützen würde, aufgrund einer besonderen Lage allerdings die Verfolgung eines ganz überwiegend eigenbetrieblichen Zwecks des Arbeitgebers ermöglicht. Ein Beispiel hierfür ist die Würdigung der unentgeltlichen Zurverfügungstellung von Mahlzeiten während außerordentlicher Arbeitseinsätze oder unter außergewöhnlichen Arbeitsbedingungen: Für sich betrachtet stellt sich die Nahrungsaufnahme als menschliches Grundbedürfnis dar, das keinen besonderen betrieblichen Bezug aufweist und das der Steuerpflichtige außerhalb seiner Erwerbssphäre stillt.207 Ausnahmsweise ist dies anders zu beurteilen, wenn der Arbeitgeber durch die unentgeltliche Bereitstellung der Mahlzeiten eine für ihn deutlich günstigere Gestaltung der Betriebsabläufe anstrebt, zum Beispiel, wenn er durch die gemeinschaftliche und im zeitlichen Zusammenhang mit der Arbeitsleistung stattfindende Nahrungsaufnahme eine Beschleunigung des betrieblichen Prozesses erstrebt208 oder Arbeitnehmer auf einer Offshore-Plattform verköstigt, die aus diversen Gründen keine eigenen Lebensmittel mit auf die Plattform nehmen dürfen, dort jedoch für jeweils 14 Tage ununterbrochen Schichtdienst verrichten209. Zuletzt handelt es sich bei der Höhe des gewährten Vorteils mehr um eine Eigenschaft, die der Vorteilsgewähr unmittelbar anhaftet, denn um einen Begleitumstand. Für sich betrachtet besitzt die Höhe des Wertes des Vorteils keine Aussagekraft.210 Diese wird erst durch den Vergleich mit einem anderweitig festgelegten oder fallweise herangezogenen Wert erreicht.211 Regelmäßig ist jedoch kein derartig geregelter Wert vorhanden, der herangezogen werden kann. Ausnahmsweise liegt ein solcher Vergleichswert zum Beispiel bei der Vorteilsgewährung im Rahmen von Betriebsveranstaltungen vor212 oder bei der Installation von Sicherheitseinrichtungen in der Wohnung von Mitarbeitern, die aufgrund 207 

Breinersdorfer, K/S/M-EStG, § 19 Rn. B 358. BFH v. 5. 5. 1994 – VI R 55, 56/92, BStBl. II 1994, 771, juris Rn. 15. Unterhalb einer Wertschwelle von 60 € werden Speisen, die zu solchen Anlässen überlassen werden, auch von der Finanzverwaltung nicht als Arbeitslohn betrachtet, R 19.6 Abs. 2 S. 2 LStR 2015. 209  FG Hamburg v. 17. 9. 2015 – 2 K 54/15, EFG 2016, 36 – rkr. m. w. N. zu ähnlichen betriebsfunktionalen Lageanforderungen. 210  Anders hingegen die Ansicht, wonach geringwertige Vorteile außer Betracht gelassen werden, da mit ihnen keine Bereicherung des Arbeitnehmers einhergehe, BFH v. 21. 9. 1990 – VI R 97/86, BStBl. II 1991, 262, juris Rn. 43 f., bejahend K. Heger, DB 2014, 1277 (1278); Offerhaus, DStJG 9 (1986), 117 (131); differenzierend Breinersdorfer, K/S/MEStG, § 19 Rn. B 357; krit. Gosch, DStR 1991, 148 (149). 211  So auch Gosch, DStR 1991, 148 (149). 212  Heute geregelt in § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a EStG. Zur Beseitigung der bis dahin bestehenden Rechtsunsicherheit war in Anlehnung an Vorgehensweisen der Finanzverwaltung eine typisierende Wertgrenze i.H.v. 150 DM erstmalig mit dem Urteil des BFH v. 208 

B.  Grundsätzliches zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit

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ihrer dienstlichen Tätigkeit besonderen Gefahren ausgesetzt sind.213 In anderen Zusammenhängen wird auch darauf abgestellt, ob sich der gewährte Vorteil nach Art und Höhe im Rahmen anderweitig betriebsüblicher Verhaltensweisen bewegt.214 Abseits derartiger Zusammenhänge gibt es keine festen Maßstäbe.215 Allerdings wird die Höhe des Vorteils regelmäßig auch im Rahmen des Gedankens der Wechselwirkung zwischen Vorteilshöhe und Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer beleuchtet. bb)  Wechselwirkungsgedanke Im Rahmen der vorgestellten Interessenabwägung gehen Rechtsprechung und Finanzverwaltung davon aus, dass eine „Wechselwirkung zwischen der Intensität des eigenbetrieblichen Interesses des Arbeitgebers und dem Ausmaß der Bereicherung des Arbeitnehmers“ besteht. Hierbei wirken sich schließlich die zuvor angesprochenen intuitiven Annahmen über das Verhalten des Arbeitnehmers aus. Regelmäßig wird diese Wechselwirkungsbeziehung so beschrieben, dass das aus Sicht des Arbeitgebers vorhandene eigenbetriebliche Interesse umso geringer zu gewichten ist, je höher die Bereicherung aus der Sicht des Arbeitnehmers anzusetzen ist.216 Damit wird, bildlich gesprochen, kein Verhältnis gegenseitiger Verdrängung durch entgegengesetzte Interessensanteile an einem vorgestellten Gesamtinteresse beschrieben,217 sondern es werden absolute „Interessensgrößen“ nebenein25. 5. 1992 – VI R 85/90, BStBl. II 1992, 655 angenommen worden. Dazu auch W. Lang, DB 2006 Beilage Nr. 6, 16 (20). 213  BMF v. 30. 6. 1997 – IV B 6-S 2334 – 148/97, BStBl. I 1997, 696. Vgl. dagegen BFH v. 5. 4. 2006 – IX R 109/00, BStBl. II 2006, 541, juris Rn. 19, wonach das BMF-Schreiben lediglich Billigkeitsregelungen enthalte, die ggf. i. R. e. Antrags nach § 163 AO zu berücksichtigen seien. 214  Das gilt insbesondere in Fällen, in denen dem Arbeitnehmer Waren oder Dienstleistungen vergünstigt überlassen werden, die das Unternehmen selbst herstellt (ggf. § 8 Abs. 3 EStG), z. B. bei der Gewährung von Rabatten auf den Erwerb von Neuwagen durch einen Automobilhersteller, die jener am Markt gegenüber Betriebsfremden nicht bzw. nur gegenüber Großkunden gewährt hat, vgl. BFH v. 4. 6. 1993 – VI R 95/92, BStBl. II 1993, 687, juris Rn. 21. Dazu W. Lang, DB 2006 Beilage Nr. 6, 16 (18) m. w. N. Die Überschreitung des Maßes der Betriebsüblichkeit durch den Wert der Zuwendung als Indiz für das Vorliegen von Arbeitslohn betont auch G. Kirchhof, FR 2015, 773 (776). 215  In BFH v. 11. 3. 1988 – VI R 106/84, BStBl. II 1988, 726, juris Rn. 35 ist bspw. eine formale Orientierung an der Höhe des vertraglich geregelten Arbeitslohnes vorgenommen worden. 216  BFH v. 11. 3. 2010 – VI R 7/08, BStBl. II 2010, 763, juris Rn. 13; v. 11. 4. 2006 – VI R 60/02, BStBl. II 2006, 691, juris Rn. 11; v. 11. 3. 1988 – VI R 106/84, BStBl. II 1988, 726, juris Rn. 34. 217  Breinersdorfer, K/S/M-EStG, § 19 Rn. B 353 m. w. N.

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§ 4  Übernahme strafrechtlicher Geldsanktionen durch Dritte

andergestellt. Aus einer vergleichenden Betrachtung derselben wird ermittelt, ob dasjenige Interesse am Leistungsempfang gegenüber demjenigen an der arbeitgeberseitigen Zielsetzung „in den Hintergrund tritt“.218 Dies soll nicht mehr der Fall sein, wenn „neben dem eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers ein nicht unerhebliches Interesse des Arbeitnehmers gegeben“ ist.219 Thomas hat die Formulierungen des BFH treffend zusammengefasst und positiv formuliert: „Je höher der Zuwendungsbetrag ist, desto mehr muß das betriebliche Eigeninteresse an der Durchführung einer Maßnahme das private Interesse des Arbeitnehmers am Erlangen des Vorteils übersteigen.“220 Ein solches Überwiegen der Belange des Arbeitnehmers wurde ursprünglich bei der Beurteilung eines Falles angenommen, in dem der gewährte Vorteil der Höhe nach mit dem vertraglich vereinbarten laufenden Lohn des Arbeitnehmers vergleichbar gewesen ist.221 Heute treten derartige Erwägungen nur noch gelegentlich auf.222. Feste Quoten, anhand derer bestimmt werden kann, wann welches Interesse bestimmend sein soll, sind aber auch dann nicht ersichtlich. Vorhersagen, wann ein Überschreiten eines Bagatellinteresses des Arbeitnehmers anzunehmen ist, sind deswegen nicht möglich.223

218  BFH v. 14. 11. 2013 – VI R 36/12, BStBl. II 2014, 278, juris Rn. 10; v. 11. 4. 2006 – VI R 60, BStBl. II 2006, 691, juris Rn. 13; zuletzt FG Düsseldorf v. 4. 11. 2016 – 1 K 2470/14 L, EFG 2017, 315, juris Rn. 70. H 19.3 Anhang 22 LStR 2017. Offerhaus, DStJG 9 (1986), 117 (120 f.). 219  BFH v. 21. 1. 2010 – VI R 51/08, BStBl. II 2010, 700, juris Rn. 14; v. 22. 7. 2008 – VI R 47/06, BStBl. II 2009, 151, juris Rn. 13; v. 22. 6. 2006 – VI R 21/05, BStBl. II 2006, 915, juris Rn. 17 jew. m. w. N. 220  Thomas, StbJb 1990/91, 183 (189). So auch Breinersdorfer, K/S/M-EStG, § 19 Rn. B 353, der vom Erfordernis einer „progressiven“ Steigerung des Arbeitgeberinteresses bei zunehmender Bereicherung aus Sicht des Arbeitnehmers spricht. 221  BFH v. 11. 3. 1988 – VI R 106/84, BStBl. II 1988, 726, juris Rn. 35 zur Zahlung von Prämien i. R. e. betriebsinternen Wettbewerbs mit dem Ziel der Verbesserung der Arbeitssicherheit. 222  U. a. bei der Beurteilung einer Übernahmekonstellation durch das FG Bremen v. 6. 10. 2005 – 1 K 55/03 (3), EFG 2006, 202, juris Rn. 65. Diese Würdigung der Wechselwirkung ist bestätigt worden durch das Urteil des BFH v. 22. 7. 2008 – VI R 47/06, BStBl. II 2009, 151, juris Rn. 17. 223 Allgemein zur Interessenabwägung K. Heger, DB 2014, 1277 (1277). Ohne die Grenzbereiche eines monetären Bagatellinteresses auszuloten, ging FG Bremen v. 6. 10. 2005 – 1 K 55/03 (3), EFG 2006, 202, juris Rn. 65 – best. durch BFH v. 22. 7. 2008 – VI R 47/06, BStBl. II 2009, 151 – davon aus, dass bei einer Übernahmezahlung, die ca. ¾ eines Jahresverdienstes des Arbeitnehmers entspricht, Letzterer ein derart großes Interesse an der Zahlung habe, dass nicht mehr von einem ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers ausgegangen werden könne.

B.  Grundsätzliches zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit

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cc)  Funktion des Begriffs des „ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesses“ Zur Betrachtung der Bewertungsrichtung der Begleitumstände gehört auch die Funktion, die dem Begriff des „ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesses“ an sich zukommt. Formal beschreibt die Rechtsprechung die „Begleiterscheinung einer betriebsfunktionalen Zielsetzung“ als Gegenstück zur Entlohnung des Arbeitnehmers und stellt den Begriff damit als Synonym für das Ergebnis des Bewertungsvorgangs dar.224 Dem schließt sich die Finanzverwaltung225 an und auch im Schrifttum finden sich entsprechende Stellungnahmen.226 So wird zudem oder unabhängig davon vorgetragen, dass sich das „ganz überwiegend eigenbetriebliche Interesse“ inhaltlich nicht positiv definieren lasse und nur durch die Aufzählung mehrerer Fallgruppen zu verdeutlichen sei, was damit gemeint sei.227 Teilweise wird die „Begleiterscheinung einer betriebsfunktionalen Zielsetzung“ aber auch nur als eine jener Fallgruppen begriffen.228 Von anderer Seite wird vertreten, dass es sich bei dem Begriff auch um ein „Hilfsmittel zur Abgrenzung der durch das Dienstverhältnis veranlassten Einnahmen von den sonstigen [nicht steuerbaren] Einnahmen“ handele.229 Allerdings wird dabei nicht deutlich, ob hierdurch der Begriff selbst zum Bewertungsmaßstab der Abgrenzung erhoben wird. Insgesamt sind die Übergänge zwischen all jenen Meinungsäußerungen fließend und unterschiedliche Ergebnisse, die durch das leicht divergierende Verständnis verursacht werden, nicht zu erkennen.

224  BFH v. 11. 3. 2010 – VI R 7/08, BStBl. II 2010, 763, juris Rn. 13; v. 30. 5. 2001 – VI R 177/99, BStBl. II 2001, 671, juris Rn. 8; v. 25. 5. 2000 – VI R 195/98, BStBl. II 2000, 690, juris Rn. 8; v. 5. 5. 1994 – VI R 55/92, BStBl. II 1994, 771, juris Rn. 13; v. 4. 6. 1993 – VI R 95/92, BStBl. II 1993, 687, juris Rn. 19; FG Düsseldorf v. 26. 1. 2017 – 9 K 3682/15 L, EFG 2017, 732, juris Rn. 20 – nrkr. 225  H 19.3 Anhang 22 LStR 2017. 226  I. d. S.  auch Schneider, NWB 2014, 441 (443); Krüger, Schmidt/EStG, § 19 Rn. 55. 227  Krüger, DStR 2013, 2029 (2030); W. Lang, DB 2006 Beilage Nr. 6, 16 (17); Thomas, StbJb 1990/91, 183 (189); Geserich, Blümich/EStG, § 19 Rn. 201; Krüger, Schmidt/EStG, § 19 Rn. 56 ff.; Pflüger, H/H/R-EStG, § 19 Rn. 185 f. Ähnlich Eisgruber, Kirchhof/EStG, § 19 Rz. 64 f. 228  Bergkemper, FR 2014, 281 (283); Eisgruber, Kirchhof/EStG, § 19 Rz. 65. Ähnlich Pflüger, H/H/R-EStG, § 19 Rn. 186; vgl. auch FG Düsseldorf v. 12. 12. 2000 – 17 K 4509/95 H (L), EFG 2001, 362, juris Rn. 22 – rkr. Begleiterscheinungen betriebsfunktionaler Zielsetzungen werden hiermit lediglich als eine der maßgeblichen Fallgruppen verstanden, obwohl sie nach der Formulierung der Rspr. eher als inhaltsprägend zu begreifen sind. Da die anderen Fallgruppen jedoch auch aus der Rspr. der FG und des BFH zusammengestellt werden, ergibt sich kein praktischer Unterschied. 229  Fellmeth, Das lohnsteuerrechtliche Abgrenzungsmerkmal, S. 39; Pflüger, H/H/ R-EStG, § 19 Rn. 185.

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§ 4  Übernahme strafrechtlicher Geldsanktionen durch Dritte

Unabhängig von den benannten geringfügigen Meinungsunterschieden lässt sich jedoch feststellen, dass die Funktion des Begriffs des „ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesses“ über die Bedeutung eines Schlagwortes zur Umschreibung einer notwendigen Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzungen hinausreicht. Ausgehend davon, dass der Arbeitgeber auch die Entlohnung der Arbeitnehmer im Rahmen einer betriebsfunktionalen Zielsetzung vornimmt, besteht das zu differenzierende Gegensatzpaar in der betriebsfunktionalen Zielsetzung der Entlohnung und in der betriebsfunktionalen Zielsetzung außerhalb der Entlohnung. Geht man nun von der Prämisse aus, dass eine objektiv messbare Bereicherung des Arbeitnehmers in beiden Fällen vorliegen kann – andernfalls gäbe es gar keinen Grund für eine Differenzierung – dann spielt sich die Differenzierung zwischen zwei Zuständen rein subjektiver Natur ab, die beide grundsätzlich in einer „betriebsfunktionalen Zielsetzung“ bestehen. Allein die „betriebsfunktionale Zielsetzung“ kann damit nicht zur Differenzierung herangezogen werden. Von diesem Standpunkt macht es Sinn die semantische Einheit vom ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse nicht nur als Synonym für Vorteile, die nicht zugleich Arbeitslohn sind, sondern auch als Richtschnur, mit der sich die Würdigung der Begleitumstände abgleichen lässt, zu begreifen.230 dd)  Ausnahmen von der Interessenabwägung Von der dargestellten Interessenabwägung werden Ausnahmen gemacht. Eine solche Ausnahme ist einige Zeit bei der Überprüfung von Betriebsfeiern gemacht worden, anlässlich derer den Arbeitnehmern und ggf. auch weiteren teilnehmenden Familienmitgliedern der Arbeitnehmer Leistungen zur Verköstigung, Unterhaltung u. Ä. zugewendet worden sind. Hier hat die Rechtsprechung ab einem gewissen Zeitpunkt231 mit einer typisierenden Freigrenze gearbeitet, deren Über- oder Unterschreitung für die Annahme eines Entlohnungscharakters entscheidend gewesen ist, sodass es auf eine weitere Interessenabwägung nicht mehr ankam.232 Inzwischen sind die Ergebnisse jener Rechtsprechung (unter Umwandlung in einen Freibetrag) mit § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a EStG233 in das Gesetz übernommen worden, sodass diese Fallgruppe der Anwendung der 230 

I. Erg. ähnlich Fellmeth, Das lohnsteuerrechtliche Abgrenzungsmerkmal, S. 129. s. o. § 4 Fn. 212. 232  Die Annahme dieser Freigrenze hatte sich vor Einführung des Gesetzes zu einer st. Rspr. entwickelt, BFH v. 16. 5. 2013 – VI R 94/10, BStBl. II 2015, 186, juris Rn. 18; v. 12. 12. 2012 – VI R 79/10, BFH/NV 2013, 376, juris Rn. 16 m. w. N. und einer Darstellung der vorangegangenen Entwicklung. 233 Eingefügt durch Art. 5 Nr. 13 des Gesetz zur Anpassung der Abgabenordnung an den Zollkodex der Union und zur Änderung weiterer steuerlicher Vorschriften v. 22. 12. 2014, BGBl. I 2014, 2417. 231 

B.  Grundsätzliches zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit

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Rechtsfigur des ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesses entzogen wurde. § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a EStG ist aber Ausdruck dieser Figur. Das jüngste Beispiel einer Abweichung von der Interessenabwägung stellt nun die Rechtsprechungsänderung zu den Übernahmekonstellationen dar, durch die ein Interesse an jeder Art von Delinquenz des Arbeitnehmers seitens des Arbeitgebers schlichtweg ausgeschlossen wird. Durch diese Würdigung bleibt nur noch die Wahrnehmung des Arbeitnehmerinteresses am Empfang der Ausgleichszahlung für seine Sanktion erhalten und die Erforderlichkeit einer Interessenabwägung wird suspendiert (s. u. § 4 C. I. 3.). In der Literatur werden diese Entwicklungen teilweise als Bemühen um eine verstärkte Objektivierung der Abgrenzung von entlohnender Vorteilsgewährung und einer solchen im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse verstanden.234 c)  Negatives Tatbestandsmerkmal der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit? Unabhängig von der Einordnung bestehen auch Meinungsverschiedenheiten darüber, ob das ganz überwiegend eigenbetriebliche Interesse als negatives Tatbestandsmerkmal der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit zu begreifen ist235 oder nicht236. Da es hier nicht darum gehen kann, ob jene semantische Einheit ein ausdrücklich im Wortlaut verankerter Bestandteil eines Steuergesetzes ist, ist entscheidend, wie sie in der Rechtspraxis angewendet wird. Dabei lässt sich die Ansicht, nach der die Rechtsfigur von Seiten der Rechtsprechung und Finanzverwaltung wie ein negatives Tatbestandsmerkmal angewendet wird, nicht mit dem Argument von der Hand weisen, ihre Rechtsanwender hätten zu einer solchen Bewertung keinerlei Anlass gegeben. Greifbar wird dies zum Beispiel in Entscheidungen zur betrieblichen Altersvorsorge für die Arbeitnehmer durch die Arbeitgeber: Hiernach könne eine bestimmte Leistung des Arbeitgebers Arbeitslohn sein, „sofern es an einem ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers an derartigen Aufwendungen mangelt.“237 Zur Bestätigung dieser 234  Fellmeth, Das lohnsteuerrechtliche Abgrenzungsmerkmal, S. 129; Schneider, NWB 2014, 441 (445); Strohner, DStR 2014, 731 (733); Geserich, Blümich/EStG, § 19 Rn. 206. 235  Offerhaus hat das ganz überwiegend eigenbetriebliche Interesse als Bestandteil der Arbeitslohndefinition aufgefasst, ders., DStJG 9 (1986), 117 (127); ähnlich Strohner, DStR 2014, 731 (732). Zurückhaltender Schneider, NWB 2014, 441 (442). 236  Fellmeth, Das lohnsteuerrechtliche Abgrenzungsmerkmal, S. 39; Krüger, DStR 2013, 2029 (2030, 2032); Geserich, Blümich/EStG, § 19 Rn. 201; W. Lang, DB 2006 Beilage Nr. 6, 16 (17); Krüger, Schmidt/EStG, § 19 Rn. 55; Pflüger, H/H/R-EStG, § 19 Rn. 185. 237  Im Hinblick auf Leistungen im Zusammenhang mit der Absicherung bestimmter (biometrischer) Risiken des Arbeitnehmers oder diesem nahestehender Personen, BFH v. 30. 7. 2009 – VI R 54/08, BFH/NV 2010, 30, juris Rn. 15; v. 7. 5. 2009 – VI R 16/07, BStBl. II 2010, 130, juris Rn. 13; v. 7. 5. 2009 –VI R 8/07, BStBl. II 2010, 194, juris Rn. 9;

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§ 4  Übernahme strafrechtlicher Geldsanktionen durch Dritte

Ansicht ließen sich auch Formulierungen wie jene des FG Bremen heranziehen, wonach „es an einem Veranlassungszusammenhang [fehlt], wenn die jeweiligen Leistungen aus einem ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers erbracht werden.“238 Außerdem wird in zahlreichen Entscheidungen, in denen die Bewertung eines Vorteils vor dem Hintergrund des ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesses vorgenommen wird, vor allem Energie auf den Negativtest des Veranlassungszusammenhangs verwendet und nicht auf die Frage, ob der Vorteil positiv „für“ die Beschäftigung im privaten oder öffentlichen Dienst gewährt wird. Wo die Würdigung des Vorteils in diesen Entscheidungen einmal zu der Entscheidung gelangt, dass die betriebsfunktionale Zielsetzung des Arbeitgebers nicht die Natur der konkreten Vorteilsgewähr bestimmt, bedeutet dies in der Regel zugleich die Bestätigung des Zuflusses von Arbeitslohn.239 Aus diesem Zusammenhang lässt sich zunächst der Eindruck erklären, die Karriere der Rechtsfigur vom ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse habe das Merkmal zu einem negativen Tatbestandsmerkmal wachsen lassen. Diese maßgebliche Bedeutung lässt sich wie folgt plausibel machen: Einerseits scheint eine latente Vermutung zu bestehen, dass jegliche Leistung des Arbeitgebers, die zu einem Vermögenszuwachs des Arbeitnehmers führt, eine Folge des Dienstverhältnisses zwischen den Parteien ist.240 Andererseits bestehen in der Mehrzahl der Fälle keine weiteren Rechtsbeziehungen zwischen den am Dienstverhältnis Beteiligten.241 Unter diesen Voraussetzungen bleibt regelmäßig nur zu prüfen, ob nicht ausnahmsweise doch eine Verbindung der Vorteilsgewähr mit einem abweichenden Interesse des Arbeitgebers die Ablehnung von Arbeitslohn rechtfertigt. Damit kann v. 11. 12. 2008 – VI R 9/05, BStBl. II 2009, 385, juris Rn. 11. Unter Verzicht auf die Paraphrase, i. Ü. aber ähnlich BFH v. 15. 9. 2011 – VI R 36/09, BFH/NV 2012, 201, juris Rn. 18; v. 5. 9. 2006 – VI R 38/04, BStBl. II 2007, 181, juris Rn. 15. 238  FG Bremen v. 23. 3. 2011 – 1 K 150/09 (6), DStRE 2012, 144, juris Rn. 79 – rkr. 239  Vgl. etwa FG Köln v. 22. 9. 2011 – 3 K 955/10 – EFG 2012, 518, juris Rn. 10 ff. – best. durch BFH v. 14. 11. 2013 – VI R 36/12, BStBl. II 2014, 278. 240  Vgl. etwa Eisgruber, Kirchhof/EStG, § 19 Rn. 63: „Bei Leistungen, die der ArbN direkt vom ArbG erhält, verdrängt der Kausalzusammenhang mit dem Dienstverhältnis regelmäßig andere Motive, da die Veranlassung durch die Zur-Vfg.-Stellung der Arbeitskraft bis auf Ausnahmefälle im Vordergrund stehen wird.“ (Im Original mit Hervorhebungen). Dieses Verständnis der Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber ist u. a. wohl Folge der weiten Formulierungen der Tatbestände in § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG und § 2 Abs. 1 LStDV und der fehlenden Definition eines Arbeitslohnbegriffs, Drüen, JbdBvdStb 2013, 71 (109); Krüger, Schmidt/EStG, § 19 Rn. 10. Breinersdorfer, K/S/MEStG, § 19 Rn. B 1 ff., krit. insb. B 12 ff. Ein Korrespondenzprinzip i. e. S. ist dabei nicht maßgeblich, Krüger, Schmidt/EStG, § 19 Rn. 43. 241  Wo dies doch so ist, spielt die Rechtsfigur regelmäßig keine weitere Rolle, vgl. BFH v. 16. 9.2004 – VI R 25/02, BStBl. II 2006, 10, juris Rn. 8 ff. Weitere Bsp. aus der Rspr. bei Pflüger, H/H/R-EStG, § 19 Rn. 190.

B.  Grundsätzliches zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit

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der Rechtsfigur grundsätzlich eindämmende Wirkung bezüglich der typischen Grundannahme hinsichtlich der Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber zukommen. Kritik erscheint unter diesen Bedingungen angemessen in Bezug auf die Grundannahme zu den typischen Interessenlagen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer oder im Hinblick auf die Durchführung der Sachverhaltswürdigung, nicht hingegen an der funktionellen Bestellung des eindämmenden Merkmals an sich. 3.  Kritik an der Rechtsfigur a)  Darstellung kritischer Ansätze Nach dem zuvor Dargestellten wird für den Fall einer Vorteilsgewähr von einer Person gegenüber einer anderen stets ein eigenes Interesse des Leistenden unterstellt. Zugleich begründet hiernach die Vorteilsgewähr eines Arbeitgebers gegenüber „seinem“ Arbeitnehmer grundsätzlich 242 ein eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers und tritt auch als Begleiterscheinung einer betriebsfunktionalen Zielsetzung („Einkauf“ und Nutzung fremder Arbeitskraft) auf.243 Unter diesen Umständen hängt die Differenzierbarkeit zwischen Arbeitslohn und einer nicht steuerbaren Vorteilsgewähr mittels des Begriffs vom „ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse“ vor allem von der Anwendung des Begriffsbestandteils „ganz überwiegend“ ab.244 Berücksichtigt man typische Anforderungen an rechtssicher anwendbares Recht, gehen hiermit zwei Probleme einher: Erstens gilt es infolgedessen eine massenhaft auftretende Abgrenzungsthematik grundsätzlich durch ein subjektives Kriterium zu bewerkstelligen. Zweitens ist das eigentliche Differenzierungsmerkmal der Rechtsfigur ein graduelles Kriterium, dem keine für alle Fälle anwendbare Skalierung zur Seite steht.245 Unter diesen Bedingungen begegnet die Rechtsfigur in der Literatur Zweifeln, ob sie dem an sie gestellten Anspruch 242  D. h. sofern keine weiteren außerdienstlichen (Rechts-)Beziehungen zwischen beiden bestehen. 243  So nun ausdrücklich FG Düsseldorf v. 26. 1. 2017 – 9 K 3682/15 L, EFG 2017, 732, juris Rn. 19 – nrkr.: „Der Begriff der ‚notwendigen Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung‘ ermöglicht indes keine scharfe Abgrenzung. Letztlich ist der Arbeitslohn selbst notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung.“ 244  s. o. § 4 B. III. 2. a) m. w. N. unter § 4 Fn. 187. 245 Ähnlich Fellmeth, Das lohnsteuerrechtliche Abgrenzungsmerkmal, S. 130; Geserich, DStR 2010, 595 (596 f.). Vgl. auch Stolterfoht: „Der Vertragsmechanismus beruht gerade auf der Prämisse, daß die Vertragsparteien im gegenseitigen Vertrag einen Interessensausgleich vornehmen und die Interessen beider Vertragsparteien im gleichen Maße gewahrt werden. Woher soll dann aber die Maßstäbe genommen werden, um die Leerformel der ‚überwiegenden Interessen‘ auszufüllen?“, Stolterfoht, DStJG 5 (1982), 271 (288).

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§ 4  Übernahme strafrechtlicher Geldsanktionen durch Dritte

überhaupt gerecht werden kann.246 Überwiegend unterliegt die Rechtsfigur dabei jedoch keiner Fundamentalkritik, sondern vor allem dem Ruf nach Optimierung. aa)  Neuorientierung: Abgrenzung anhand des Geschäfts- oder Firmenwertbezugs (Fellmeth) Im jüngeren Schrifttum hat Fellmeth die bestehenden Zweifel am Potenzial der Rechtsfigur vom „ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse“ zum Anlass genommen, um eine Grundsatzkritik zu formulieren.247 Nach ihrer Ansicht bedeuteten fehlende Objektivität und rechtssystematische Grenzen des nur eingeschränkt überprüfbaren Merkmals die Gefahr einer „uferlosen Einzelfallrechtsprechung“ und machten „Willkür“ und „Rechtsunsicherheit“ möglich.248 Hieran ändere auch der Versuch der Objektivierung des Merkmals mittels einer stärkeren Inanspruchnahme der „betriebsfunktionalen Zielsetzung“ durch den BFH nichts.249 Insofern werde nur ein Merkmal bemüht, dass auch bislang fester Bestandteil der Rechtsfigur gewesen sei und dessen stärkere Betonung keinen erkennbaren Mehrwert herbeiführe.250 Gleichzeitig neigt jene Ansicht einem durch Kausalität bestimmten Veranlassungsbegriff zu und weist darauf hin, dass das „ganz überwiegend eigenbetriebliche Interesse“ unfähig sei, trennscharfe Äußerungen zur Veranlassung der Bereicherung des Arbeitnehmers zu treffen, da letztlich jede Leistung an einen Arbeitnehmer auf das Dienstverhältnis zurückzuführen sei.251 Von diesem Standpunkt ausgehend wird vorgeschlagen, die Anwendung der Rechtsfigur durch eine gänzliche Neuorientierung zu ersetzen. Jener folgend, sollen Lohnzuwendungen fortan danach beurteilt werden, ob sie in einem „übergeordneten personalneutralen Unternehmensbezug erfolgt sind“ und Faktoren oder Bestandteile eines möglichen Firmen- oder Geschäftswertes252 schaffen, erhalten 246  Drüen, JbdBdSt 2013, 71 (106); Fellmeth, Das lohnsteuerrechtliche Abgrenzungsmerkmal, S. 132; Geserich, DStR 2010, 595 (596); Krüger, DStR 2013, 2029 (2030, 2033, 2037); Lang, DStJG 9 (1986), 15 (63); Stolterfoht, DStJG 5 (1982), S. 287; Strohner, DStR 2014, 731 (732); Temminghoff, Lohnsteuerpflichtige Zuwendungen, S. 28 f. Zurückhaltender G. Kirchhof, FR 2015, 773 (774); K. Heger, DB 2014, 1277 (1277 ff.); a. A. Hermann, Einkommensteuerrechtliche Relevanz von Sachzuwendungen, S. 178. 247  Fellmeth, Das lohnsteuerrechtliche Abgrenzungsmerkmal, S. 128 ff. 248 Ebd., S. 130. 249  Fellmeth, Das lohnsteuerrechtliche Abgrenzungsmerkmal, S. 129 ff., wobei sich diese Ansicht hierbei maßgeblich auf die Interpretation der Rechtsprechung durch Schneider, NWB 2014, 441 ff. stützt. Schneider war zur Zeit des Urteils des BFH v. 14. 11. 2013 – VI R 36/12, BStBl. II 2014, 278 Richter des VI. Senats. 250  Fellmeth, Das lohnsteuerrechtliche Abgrenzungsmerkmal, S. 129 f. 251  Ebd., S. 131 f. 252 Dieser Wert wird dabei verstanden als der „Mehrwert, der einem gewerblichen Unternehmen über den Substanzwert der einzelnen materiellen und immateriellen

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oder stärken.253 Arbeitslohn soll schließlich anzunehmen sein, wenn ein Vorteil „individualisierbar den Arbeitnehmer erreicht“.254 Als maßgeblicher Vorteil dieser Ansicht wird die objektive Feststellbarkeit des Geschäfts- oder Firmenwertbezugs betont, wodurch eine Interessenabwägung überflüssig werde.255 bb)  Forderung nach Optimierung Abseits des Vorschlags einer grundsätzlichen Neuorientierung gehen die kritischen Bemerkungen zur Rechtsfigur fast durchweg ebenso von Konflikten mit der Rechtssicherheit aus, sind jedoch geprägt von dem Bestreben, die Anwendung der Rechtsfigur in einen Bereich besserer Vorhersehbarkeit und verstärkter Rechtssicherheit zu überführen. Zugleich bedeutet dies, dass die Verwendung der Rechtsfigur des ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesses wenigstens im Grundsatz allgemein anerkannt oder hingenommen wird.256 (1) Verstärkte Ausrichtung am Leistungsfähigkeitsprinzip Von mehreren Stimmen wird gefordert, die Anwendung der Rechtsfigur stärker am Gedanken des Leistungsfähigkeitsprinzips zu orientieren. Dabei wird vor allem betont, dass „Arbeitslohn“ nur vorliegen könne, wenn die Leistung des Arbeitgebers zu einer Bereicherung des Arbeitnehmers führt, die jener in seiner (steuerrechtlichen) Privat- bzw. Konsumsphäre verbrauchen kann 257 und umgekehrt kein Arbeitslohn zufließe, wenn der Vorteil sich in der beruflichen Sphäre des Arbeitnehmers verbrauche.258 Bei näherer Betrachtung unterscheiden sich diese Ansichten in Details voneinander. Im älteren Schrifttum hat Joachim Lang vertreten, dass es darauf ankomme, ob der Arbeitnehmer durch die gegenständliche Leistung bereichert wird, indem Wirtschaftsgüter abzüglich der Schulden hinaus innewohnt“, so BFH v. 26. 11. 2009 – III R 40/07, BStBl. II 2010, 609 m. w. N. 253  Fellmeth, Das lohnsteuerrechtliche Abgrenzungsmerkmal, S. 167 f. 254 Ebd., S. 140 ff., 189. 255  Ebd., S. 168. 256  So auch Hermann, Einkommensteuerrechtliche Relevanz von Sachzuwendungen, S. 178. 257  Krüger, DStR 2013, 2029 (2032 ff., 2037); G. Kirchhof, FR 2015, 773 (774 f.); Lang, in: FS Offerhaus, S. 444; Werder/Rudolf, BB 2015, 665 (672); Krüger, Schmidt/EStG, § 19 Rn. 55. 258  A. A. K. Heger, DB 2014, 1277 (1281), nach deren Ansicht auch insofern zunächst Einnahmen aus nichtselbständiger Tätigkeit zufließen, denen dann ggf. entsprechende Werbungskosten gegenüberzustellen seien. Hierdurch komme es auch nicht zu einer übermäßigen Beanspruchung des Arbeitgebers. Allerdings sei im Einzelfall zu erwägen, ob wegen eines unterlassenen Lohnsteuerabzugs nach Zuwendung einer Sachleistung ein Haftungsbescheid gegen den Arbeitgeber gerechtfertigt sei.

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er innerhalb seiner steuerrechtlichen Privatsphäre einen Vermögenszuwachs erlebt oder Vermögen erspart.259 Um zu ermitteln, ob dies der Fall sei, müsse jedoch perspektivisch auf das Interesse des Arbeitnehmers abgestellt werden, das Interesse des Arbeitgebers an der Leistungsgewährung halte dagegen keine Erkenntnisse zur Beantwortung dieser Frage bereit.260 Im neueren Schrifttum wird die Möglichkeit, den Vorteil in der Privatsphäre zu konsumieren als im Rahmen der Interessenabwägung zu berücksichtigender Faktor aktiviert. Gregor Kirchhof hält die Interessenabwägung nach den Kriterien der Rechtsprechung insgesamt für „sachgerecht“, den Begriff des „ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesses“ als Ausgangspunkt jedoch für irreführend.261 Er schlägt vor, einen Strukturgewinn für die Abwägungsentscheidung zwischen Arbeitslohn und der Gewähr eines nicht steuerbaren Vorteils herbeizuführen, indem diese an der Unterscheidung zwischen Erwerbs- und Privatsphäre orientiert und in eine Prüfung in vier „Schritten“ integriert wird.262 Demnach soll steuerpflichtiger Lohn vorliegen, wenn 1.) über den Vorteil in der Privatsphäre verfügt werden kann, 2.) kein steuerpflichtiger Lohn vorliegen, wenn der Vorteil in der Betriebssphäre verbleibt, 3.) ggf. doch steuerpflichtiger Arbeitslohn vorliegen, wenn der Wert des Vorteils ein betriebsübliches Maß übersteigt und 4.) soll bei alldem nur die rechtskonforme Betriebssphäre von Bedeutung sein.263 Die Anwendung dieser Kriterien demonstriert Kirchhof an diversen Beispielen, räumt jedoch gleichzeitig ein, dass die „Rechtsfrage, wann steuerpflichtiger Arbeitslohn vorliegt, […] auch in dieser vierstufigen Prüfung anspruchsvoll“ bleibe und es Sache des Gesetzgebers sei, „hier sachgerechte Antworten zu geben“.264 Bei alldem hat Kirchhof vor allem auch eine Vereinfachung des Lohnsteuerabzugsverfahrens und eine konsekutive Entlastung übermäßig in Anspruch genommener Arbeitgeber im Blick.265 Roland Krüger stellt die Prüfung des Veranlassungszusammenhangs unter Anwendung der Rechtsfigur vom „ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse“ ebenfalls nicht grundsätzlich in Frage, hält die Interessen von Arbeitgeber

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Lang, DStJG 9 (1986), 15 (63). Lang, DStJG 9 (1986), 15 (63). A. A. Offerhaus, DStJG 9 (1986), 117 (120 f.) m. w. N. aus dem älteren Schrifttum. 261  G. Kirchhof, FR 2015, 773 (774). 262 Ebd., (775 ff.). 263 Ebd., (775 ff.). 264 Ebd., (777). 265  G. Kirchhof, FR 2015, 773 (777 ff.). Diesen Aspekt betonen auch Werder/Rudolf, BB 2015, 665 (672). 260 

B.  Grundsätzliches zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit

299

und Arbeitnehmer allerdings nur für befähigt, der Abwägung als „Hilfsüberlegungen“ dienlich zu sein.266 Er mahnt: „Die Einkommenserzielung muss der Einkommensteuer unabhängig davon unterliegen, in wessen Interesse sie letztlich erfolgt. Das Merkmal des ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesses ist daher nur dann geeignet, den Arbeitslohn von nicht steuerbaren Zuwendungen abzugrenzen, wenn es in einer Weise verwendet wird, die die Einkommenserzielung, d. h. die Steigerung der steuerlichen Leistungsfähigkeit des Arbeitnehmers, der Einkommensteuer unterwirft, auch wenn sie im betrieblichen Bereich des Arbeitgebers stattfindet.“267

Entscheidend sei, „um was für ein Interesse des Arbeitnehmers es sich handeln muss, damit es sachgerecht dem eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers gegenübergestellt werden kann.“ Insofern sei nur ein Interesse an einem in der Privatsphäre konsumierbaren Vorteil erheblich, nicht hingegen an einem Vorteil, der sich in der Betriebssphäre „verbraucht“.268 Das solle auch dazu führen, dass „Barlohnzuwendungen“ (auch Barablösungen) stets als privat konsumierbare Vorteile anzusehen seien.269 Im Übrigen illustriert auch Krüger seine Ausführungen durch Referenzen zu verschiedenen Fallgruppen bei der Anwendung der Rechtsfigur vom „ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse“.270 Die praktische Anwendung der zuvor genannten Ansichten verhält sich vor allem dort ähnlich, wo der Erlangung des Vorteils – hätte der Arbeitnehmer diese selbst getragen – betrieblich oder beruflich veranlasste Aufwendungen gegenüberstünden. Jedenfalls dort, wo ein „fiktiver Werbungskostenabzug“ in der Praxis gewährt würde, wird dies als Anhaltspunkt dafür gewertet, dass sich der Vorteil in der beruflichen Sphäre verbraucht, nicht zum Konsum zur Verfügung

266  Krüger, DStR 2013, 2029 (2037), nichtsdestotrotz bettet er seinen Vorschlag in die Prüfung des eigenbetrieblichen Interesses nach „herkömmlicher Dogmatik“ ein, ebd., S. 2033. 267  Krüger, DStR 2013, 2029 (2037). Nimmt man diese Aussage wörtlich, so begründet sie einen Zirkelschluss. Sie vernachlässigt, dass Einkommen nicht in der Steigerung der Leistungsfähigkeit an sich besteht, sondern in der Steigerung von Leistungsfähigkeit, die im Rahmen einer bestimmten Einkunftsart erzielt wird. Die Rechtsfigur vom „ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse“ kommt aber dort zur Anwendung, wo erst noch ermittelt werden muss, ob bestimmte Vermögensbewegungen zur Einkunftsart „nichtselbständige Arbeit“ gehören. Daher ist dieser Gedanke wohl eher als Ausdruck der Ansicht zu verstehen, dass zu viele (positive) Einkünfte, die nach Ansicht von Krüger unter die besprochene Einkunftsart fallen, durch die Anwendung der Rechtsfigur nicht erfasst werden und deshalb Steuersubstrat verloren geht. 268  Krüger, DStR 2013, 2029 (2033). So auch Werder/Rudolf, BB 2015, 665 (672). 269  Krüger, DStR 2013, 2029 (2033 f.). 270 Ebd., (2034).

300

§ 4  Übernahme strafrechtlicher Geldsanktionen durch Dritte

steht und deswegen auch kein „privates“ Interesse des Arbeitnehmers an dem Vorteil besteht.271 (2) Stärkere Inanspruchnahme „betriebsfunktionaler Zielsetzungen“ Eine weitere Ansicht will den Begriff bzw. Bedeutungsgehalt der „betriebsfunktionalen Zielsetzung“ fruchtbar machen, um die Abgrenzung von Vorteilen mit und ohne Entlohnungscharakter zu erleichtern. Schneider sieht hierin einen Anhaltspunkt dafür, um das die Leistungsgewährung bestimmende Motiv (Entlohnungscharakter oder allein eigenbetrieblich) besser nachvollziehen zu können.272 Strohner interpretiert die Aussage des BFH, dass rechtswidriges Verhalten nicht zu den Bestandteilen einer betriebsfunktionalen Zielsetzung gehören kann, als Ablösung des Wechselwirkungsgedankens durch die Anknüpfung an das „objektive Moment“ der betriebsfunktionalen Zielsetzung und stimmt dieser Ansicht uneingeschränkt zu.273 Seiner Ansicht nach ist die Wechselwirkung zwischen dem Ausmaß der Bereicherung des Arbeitnehmers und der Intensität des Arbeitgeberinteresses mangels einer Darstellbarkeit exakt aufteilbarer Quoten objektiv nicht feststellbar.274 (3) Optimierung einzelner Kriterien der Interessenabwägung Vor allem im Zusammenhang mit einzelnen Entscheidungen der Rechtsprechung wird von Seiten der Literatur gelegentlich die Eignung einzelner Begleit­ umstände zur Bewirkung jener Interessenabwägung kritisiert. So hat Gosch etwa bezweifelt, dass bei der Betrachtung der Vorteilsgewähr der Satz „minima non curat“ anwendbar sei. Allgemein bemängelt er, dass es nicht auf die absolute Höhe des gewährten Vorteils ankommen könne und eine (relative) Betrachtung der gegenständlichen Wertigkeit vorzunehmen sei.275 Eisgruber ist der Ansicht, dass die Anwendung des Wechselwirkungsgedankens (s. o. § 4 B. III. 2. b) bb)) bei der Bewertung von Übernahmekonstellationen zu gleichheitswidrigen Ergebnissen führt, da er umso eher zur Annahme von Arbeitslohn gelange, je geringer der Verdienst des betreffenden Arbeitnehmers 271 

Krüger, DStR 2013, 2029 (2033); Werder/Rudolf, BB 2015, 665 (672). Schneider, NWB 2014, 441 (445); a. A. Fellmeth, Das lohnsteuerrechtliche Abgrenzungsmerkmal, S. 129 f. 273  Strohner, DStR 2014, 731 (732 ff.). 274 Ebd., (734). 275  Gosch, DStR 1991, 148 (149). Vgl. auch BMF v. 13. 3. 1991 – IV B 6 - S 2334 - 51/91 mit einem „Nichtanwendungserlass“ zu BFH v. 21. 9. 1990 – VI R 97/86, BStBl. II 1991, 262. 272 

B.  Grundsätzliches zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit

301

sei.276 Trotz seiner Bezugnahme auf ein bestimmtes Urteil des BFH277 wurde dieser Gedanke verallgemeinerungsfähig formuliert und könnte deshalb auch außerhalb der lohnsteuerrechtlichen Beurteilung von Übernahmekonstellationen zur Anwendung gebracht werden. Geuenich stimmt hingegen der Sachgerechtigkeit des Wechselwirkungsgedankens grundsätzlich zu, ist aber der Ansicht, dass als Vergleichsmaßstab auf Seiten des Arbeitnehmers nicht allein seine monatlich laufenden Bezüge zu berücksichtigen seien, sondern seine gesamte finanzielle Situation.278 Albert/Strohner haben dem Wechselwirkungsgedanken prinzipiell zugestimmt, wollten aber betont auf die Sicht des Arbeitgebers (welche direkten Vorteile/ersparten Aufwendungen kommen dem Unternehmen zugute?) abstellen und, wenn keine exakten Quoten feststellbar sind, auf objektivierbare Prognosen zurückgreifen.279 (4) Ersetzung des „eigenbetrieblichen“ Interesses als Bezugspunkt Drüen hat vorgeschlagen, bei der Unterscheidung von Arbeitslohn und (nichtsteuerbaren) Leistungen ohne Entlohnungscharakter die Anknüpfung an das eigenbetriebliche Interesse des Arbeitgebers durch die Anknüpfung an das „übergeordnete Unternehmensinteresse“ zu wählen.280 Damit differenziert er zwischen den Rollen, in denen der Vorteilsgewährende in Erscheinung tritt, nämlich entweder als „Arbeitgeber“ oder als „Unternehmer“.281 Zudem stellt er den Gedanken in den Raum, dass bei der Abgrenzung von Zuwendungen mit und ohne Entlohnungscharakter auch berücksichtigt werden könnte, inwiefern der Arbeitgeber gleichzeitig mit der Vorteilsgewährung Gebrauch von seinen Weisungsrechten gegenüber dem Arbeitnehmer bzw. seinen Möglichkeiten zur organisatorischen Eingliederung desselben macht.282 Hinsichtlich der Unterscheidung bestimmter sozialer Rollen bei der Leistungsgewährung besteht auch eine gewisse Ähnlichkeit zur Ansicht Breinersdorfers. Ohne eine Bewertung der Rechtsfigur vorzunehmen, stellt auch er den jeweili276 

Eisgruber, Kirchhof/EStG, § 19 Rz. 66. BFH v. 22. 7. 2008 – VI R 47/06, BStBl. II 2009, 151. 278  Geuenich, BB 2009, 203 (204). A. A. Breuninger, JbdFfSt 2014/2015, 303 (312), der auf eine Abwägung zwischen der Höhe des Erstattungsbetrages und des Verdienstes des Arbeitnehmers abstellt. Der Wechselwirkungsthese stand auch Fellmeth kritisch gegenüber, vgl. Fellmeth, FR 2012, 1064 (1070). Innerhalb ihres Vorschlags zur Ersetzung bzw. Neuorientierung der Rechtsfigur (s. o. § 4 B. III. 3. a) aa)) spielt die Wechselwirkungsthese nun keine Rolle mehr. 279  Strohner/Albert, DB 2000, 1535 (1537). Unklar ist, ob diese Ansicht beider Verfasser durch die Ansicht bei Strohner, DStR 2014, 731 (734) aufgegeben worden ist. 280  Drüen, JbdBvdStb 2013, 71 (107). 281 Ebd. 282 Ebd., (107 f.). 277 

§ 4  Übernahme strafrechtlicher Geldsanktionen durch Dritte

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gen Unterschied im Zusammenhang mit der Anknüpfung bestimmter Leistungen an die Rollen der Beteiligten heraus. Im Gegensatz zu der intrapersonalen Differenzierung von Drüen, stellt Breinersdorfer jedoch darauf ab, ob der in Rede stehende Vorteil jeweils an den Status des Arbeitgebers (dann nichtsteuerbare Leistung im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse) oder des Arbeitnehmers (dann Leistung mit Entlohnungscharakter, also Arbeitslohn) im Dienstverhältnis anknüpft.283 b)  Auseinandersetzung mit der dargestellten Kritik Die Diskussion um die Rechtsfigur des „ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesses“ wird überwiegend nicht als offene Meinungskontroverse innerhalb der Literatur geführt. Abgesehen von der Fundamentalkritik durch Fellmeth besteht sie zumeist aus Vorschlägen, wie ihre Anwendung rechtsicherer gestaltet werden kann, und bezieht sich dabei entweder auf einzelne Entscheidungen der Rechtsprechung, versucht bestimmte Fallgruppen im Hinblick auf das Ergebnis der praktischen Anwendung zu systematisieren oder erprobt Vorstöße zur Verbesserung der Merkmalsanwendung an Beispielen diverser Fallgruppen. aa)  Auseinandersetzung mit der Neuausrichtung am Unternehmenswert Bei der Betrachtung der verschiedenen Ansätze und ihrer Ergebnisse lässt sich der Anlass für die Kritik – das teils wenig vorhersehbare Ergebnis in der praktischen Anwendung der Rechtsfigur – vom theoretischen Standpunkt aus kaum in Abrede stellen. Bezieht man in die Überlegung mit ein, dass es sich nicht um ein gesetzlich geregeltes Merkmal zur Bestimmung der Zurechnung der Vorteilsgewähr zur Einkunftsart handelt und kritische Äußerungen in diesem Themenfeld schon beinahe solange geäußert werden, wie die Rechtsfigur angewendet wird, erscheint auch eine Fundamentalkritik mehr als nachvollziehbar. Im Ergebnis kann diese jedoch nur überzeugen, sofern sie erklären kann, weswegen die Rechtsfigur insgesamt logisch unvertretbar ist oder inwieweit der vorgeschlagene Ansatz eine rechtssicherere Handhabung der Vorteilsgewähr an den Arbeitnehmer ermöglicht als die weitere Anwendung der Rechtsfigur. (1) Kein Nachweis logischer Unvertretbarkeit Gegen Ersteres erweist sich die Rechtsfigur zunächst als resilient und dies erstaunlicherweise aus einem der wichtigsten Angriffspunkte für die an ihr geübte Kritik: ihre Differenzierung nach einem graduellen Kriterium. So stößt der Gedanke, dass jede Leistung des Arbeitgebers letztlich in seinem eigenbetrieb-

283 

Breinersdorfer, K/S/M-EStG, § 19 Rn. B 350 ff.

B.  Grundsätzliches zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit

303

lichen Interesse erfolgt, auf allgemeine Zustimmung.284 Er lässt sich auch nicht überzeugend in Abrede stellen, solange nicht an der intuitiven Grundlage dieser These – der Sichtweise des steuerpflichtigen Individuums als nutzenorientiertes, wenn nicht sogar nutzenoptimierendes „Wesen“ – gerüttelt wird.285 Dies obläge wiederum zunächst anderen, d. h. außerjuristischen Disziplinen und entspricht wohl derzeit keiner für die Zwecke des Steuerrechts verallgemeinerbaren Ansicht. Davon abgesehen, überführt auch Fellmeth ihren Ansatz nicht in eine derartige Diskussion, sondern ersetzt das „allgemeine“ eigenbetriebliche Arbeitgeberinteresse durch das spezifische Interesse des Unternehmers am Wert seines Unternehmens. (2) Erhöhte Praxistauglichkeit durch die Ausrichtung am Unternehmenswert? Auf den ersten Blick könnte die Ausrichtung der Beurteilung des Entlohnungscharakters am Geschäfts- und Firmenwert einen Vorteil bergen, den sich Fellmeth bislang nicht zu eigen gemacht hat: Ginge man davon aus, dass es tatsächlich zu einem Verkauf des Unternehmens käme, bedeutete dies auch die Aufdeckung des durch die entsprechenden Leistungen erhöhten Unternehmenswertes. Unter diesen Umständen könnte die Sorge um entfallendes Steuersubstrat, die mit einer zu großzügigen Handhabung der Rechtsfigur vom „ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse“ verbunden ist, ein Stück weit entkräftet werden. Dieser Vorteil erweist sich aber letztlich als zu vage, um ein stichhaltiges Argument zu bilden: Einerseits müsste es tatsächlich zu einem Unternehmensverkauf kommen, andererseits müsste die Vorteilsgewähr tatsächlich im übertragenen Geschäfts- oder Firmenwert repräsentiert sein. Davon kann aber nicht ohne weiteres ausgegangen werden. Aufmerksamkeit erregt sodann der folgende Hinweis zur Begründung der erhöhten Praktikabilität der Verfolgung eines geschäfts- und firmenwertbezogenen Ansatzes: „[…] [D]er sachliche Zusammenhang mit dem Geschäfts- oder Firmenwert kann durch einen kompetenten und mit den Betriebsabläufen vertrauten Fachmann, wie z. B. einen Steuerberater, Kostenrechner oder Betriebsbuchhalter anhand allgemeiner betriebswirtschaftlicher Kalkulationsgrundsätze hergestellt werden.“286

Dabei geht Fellmeth nicht darauf ein, nach welchen Verfahren und Bewertungsmaßstäben die Ermittlung des Geschäfts- und Firmenwertes typischerweise erfolgt. Nur aus deren Einheitlichkeit und (leichterer) Nachvollziehbarkeit können sich aber auch die Voraussetzungen für eine einfachere Handhabung der Rechtsanwendung ergeben. 284 

s. o. § 4 Fn. 191 m. w. N. s. o. § 4 B. III. 2. a). 286  Fellmeth, Das lohnsteuerrechtliche Abgrenzungsmerkmal, S. 168. 285 

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§ 4  Übernahme strafrechtlicher Geldsanktionen durch Dritte

(a) Verknüpfung mit der Ermittlung des Geschäfts- oder Firmenwerts Seiner Natur nach ist der Geschäfts- oder Firmenwert („Goodwill“) bzw. „Praxiswert“287 (bei Bezug auf eine freiberufliche Unternehmung) nach h. A. ein immaterieller Vermögensgegenstand.288 Seine Entstehung kann auf unterschiedlichsten Faktoren beruhen, so vor allem auch den von Fellmeth bezeichneten, die mittelbar zu einer erhöhten Ertragskraft des Unternehmens führen können.289 Nach einer allgemein gehaltenen betriebswirtschaftlichen Definition ergibt sich der Goodwill als Residualgröße aus der Differenz zwischen dem Wert des Gesamtunternehmens und dem Zeitwert des Nettovermögens.290 Der BFH definiert in ähnlicher Weise: „Der Geschäftswert ist der Mehrwert, der einem gewerblichen Unternehmen über den Wert der einzelnen materiellen und immateriellen Wirtschaftsgüter des Betriebsvermögens hinaus innewohnt. Er ist seiner Natur nach der Ausdruck für die Gewinnchancen eines Unternehmens, soweit sie nicht in einzelnen Wirtschaftsgütern verkörpert sind […], sondern durch den Betrieb des eingeführten und fortlebenden Unternehmens im Ganzen gewährleistet erscheinen.“291

Will man den Goodwill im Einzelfall beziffern, kann man sich diesem Ziel theoretisch von verschiedenen Standpunkten aus nähern. Derivativ lässt sich der Wert im Fall eines Unternehmenskaufs aus der Differenz zwischen dem bilanziellen Nettovermögen und dem für das Unternehmen gezahlten Kaufpreis ermitteln.292 An der derivativen Erfassung orientiert sich auch § 246 Abs. 1 S. 4 HGB mit seiner Definition des „entgeltlich erworbenen Geschäfts- oder Firmenwertes“.293 Fehlt es hingegen an der Möglichkeit eines Rückgriffs auf einen gezahlten Kaufpreis, bleibt nur eine originäre Bestimmung des Goodwills. Dies ist der Fall, 287 

Vgl. BFH v. 21. 2. 2017 – VIII R 7/14, BFH/NV 2017, 956, juris Rn. 32. Schmidt/Ries, Beck Bil-Komm, § 246 HGB Rn. 83; vgl. auch Maier, Bestlex, „Geschäfts- oder Firmenwert“ Rn. 1 ff. Zur dogmatischen Qualifizierung durch den BFH vgl. Crezelius, Kirchhof/EStG, § 5 Rn. 73. 289  Aufgezählt werden hier: „Geschulter und qualifizierter Arbeitnehmerstamm, Organisation des Unternehmens, Akquise und Betreuung des Kundenstamms, Qualität und Umfang der Geschäftsbeziehungen, Werbekraft des Firmennamens, auch aufgrund des ‚Guten Rufs‘, Wert der Infrastruktur des Unternehmens“, Fellmeth, Das lohnsteuerrechtliche Abgrenzungsmerkmal, S. 167 f. Mit dem Bsp. von Wertbestandteilen des Goodwills in einer gegliederten Übersicht, Beyer, Bilanzierung des Goodwills, S. 74; vgl. auch Krumm, Blümich/EStG, § 5 Rn. 615. 290  Beyer, Bilanzierung des Goodwills, S. 66. 291  BFH v. 26. 6. 2007 – IV R 71/04, BFH/NV 2008, 347, juris Rn. 25. Vgl. auch BFH v. 7. 11. 1985 – IV R 7/83, BStBl. II 1986, 176, juris Rn. 13; v. 12. 8. 1982 – IV R 43/79, ­BStBl. II 1982, 652, juris Rn. 19. 292  Schmidt/Ries, Beck Bil-Komm, § 246 HGB Rn. 82. 293  Böcking/Gros, E/B/J/S-HGB, § 246 Rn. 10 f.; Merkt, B/H-HGB, § 246 Rn. 8 f. 288 

B.  Grundsätzliches zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit

305

wenn es sich um einen selbst geschaffenen Geschäfts- oder Firmenwert handelt oder selbiger unentgeltlich (z. B. durch Erbschaft, Schenkung etc.) erworben wurde.294 Die Ermittlung eines selbstgeschaffenen Goodwills ist vor allem auf folgenden Wegen denkbar: Einmal in dem Versuch, einzelne vermögenswertähnliche Bestandteile (etwa Fähigkeiten und Wissen der Belegschaft, Kundenstamm) zu isolieren und objektiv zu bewerten.295 Dieses Vorgehen könnte nur gelingen, wenn sich eine Möglichkeit fände, die identifizierbare und abgrenzbare Existenz eines bestimmten wertbildenden Faktors herauszufiltern und anschließend darzustellen, wie sich die in ihm geborgenen „Chancen“ auf die zukünftig mit einiger Sicherheit zu erwartende Ertragskraft des Unternehmens auswirken wird. Da sich jedoch von der Betrachtung einzelner vermögenswertähnlicher Bestandteile kaum auf die Entwicklung zukünftiger Zahlungsströme schließen lässt, erscheint dieser Weg für steuer- und handelsrechtliche Zwecke nur von theoretischem Wert zu sein.296 Dementsprechend wird – sofern ein originärer Geschäfts- oder Firmenwert ermittelt wird – eher ein indirekter Weg gewählt. Dabei wird zunächst über die Anwendung anerkannter Verfahren zur Ermittlung des Unternehmenswertes (etwa das „Ertragswertverfahren“) ein Bezugswert gebildet, von dem dann der Substanzwert des Unternehmens subtrahiert wird.297 Die entstehende Differenz bildet dann jedoch den Geschäfts- oder Firmenwert als Einheit. Welches seine Bestandteile sind und wie diese ggf. zu bewerten wären, wird hierbei nicht ersichtlich. Ein derivativer, d. h. entgeltlich erworbener Geschäfts- oder Firmenwert ist nach handelsrechtlichen Vorschriften als zeitlich begrenzt abnutzbarer Vermögensgegenstand aktivierungspflichtig. Ein originärer Firmenwert darf hingegen – trotz der neutralen Formulierung in § 266 Abs. 2 A. I. Nr. 3 HGB – nicht aktiviert werden.298 Das Aktivierungsgebot und -verbot ist jeweils auch in der steuerrechtlichen Bilanz zu beachten.299 Zu den Gründen, die der Aktivierung eines originären Goodwills entgegenstehen, gehören vor allem auch die fehlende Separierbarkeit300 und das Fehlen einer Möglichkeit zur verlässlichen Werter294 

Böcking/Gros, E/B/J/S-HGB, § 246 Rn. 11. Beyer, Bilanzierung des Goodwills, S. 71 ff. 296  Beyer, Bilanzierung des Goodwills, S. 74, insb. 76: „Aus einer Einzelbewertungssicht kann der Unternehmenswert und somit auch der Goodwill nicht ermittelt werden“. 297  Vgl. zur indirekten Methode, Maier, Bestlex, „Geschäfts- oder Firmenwert“ Rn. 5. 298  Merkt, B/H-HGB, § 246 Rn. 9. Nach a. A. steht ihm jedenfalls ein Aktivierungsverbot gem. § 248 Abs. 2 S. 2 HGB entgegen, Maier, Bestlex, „Geschäfts- oder Firmenwert“ Rn. 18. 299  Crezelius, Kirchhof/EStG, § 5 Rn. 72; Krumm, Blümich/EStG, § 5 Rn. 617. 300  Vgl. BFH v. 26. 11. 2009 – III R 40/07, BStBl. II 2010, 609, juris Rn. 14 m. w. N.; Krumm, Blümich/EStG, § 5 Rn. 620 m. w. N. 295 

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§ 4  Übernahme strafrechtlicher Geldsanktionen durch Dritte

mittlung.301 Der Geschäfts- oder Firmenwert bzw. der Praxiswert wird darum auch als Inbegriff einer Anzahl von im Einzelnen nicht messbaren und wenig greifbaren Vorteilen verstanden.302 Schließlich muss auch hervorgehoben werden, dass unter verschiedenen Bedingungen angenommen wird, dass gar kein Geschäfts- oder Firmenwert existiert. Exemplarisch sei dabei auf Fälle verwiesen, in denen es keine Fortführungsprognose gibt, zum Beispiel weil der Betrieb im Zuge einer Betriebsaufgabe303 oder einer Übernahme mit dem Ziel der Stilllegung zur Ausschaltung von Konkurrenz304 eingestellt wird. Ebenso wird davon ausgegangen, dass es Betriebe gibt, in denen gar kein Geschäftswert entsteht. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn das Unternehmen so stark an die Person des Unternehmers gekoppelt ist, dass ein Erwerber nach einem Wechsel von ertragsversprechenden Vorteilen wie zum Beispiel einer Kundenliste keinen Gebrauch mehr machen kann.305 (b) Bewertungsprobleme Betrachtet man den Vorschlag zur Überprüfung des Entgeltcharakters einer Zuwendung unter Berücksichtigung der dargestellten Vorzeichen, so zeigen sich gravierende Probleme im Hinblick auf seine praktische Umsetzung. Die Herstellung eines „sachlichen Zusammenhangs“ zwischen einer einzelnen Vorteilsgewähr durch den Arbeitgeber und einer Auswirkung auf einen Faktor des Geschäfts- oder Firmenwerts ist nicht möglich, da es an einem Weg fehlt, um eine sichere Abgrenzung und Bewertung von einzelnen Geschäftswertbestandteilen vorzunehmen. Weiterhin ist auch kein Maßstab erkennbar, der es ermöglicht die Erwartung, dass eine bestimmte Bar- oder Sachzuwendung sich positiv auf den (als Einheit verstandenen) Geschäfts- oder Firmenwert auswirken werde, objektiv nachzuvollziehen. Das zeigt sich auch darin, dass die Bewertung der „Chancen“, deren Ausdruck ein Geschäfts- oder Firmenwert ist, selbst im Zuge einer Unternehmensveräußerung von sehr individuellen Faktoren abhängig ist.

301 

BFH v. 19. 10. 2005 – I R 40/04, BFH/NV 2006, 822, juris Rn. 35; Merkt, B/H-HGB, § 246 Rn. 9; Schmidt/Ries, Beck Bil-Komm, § 246 HGB Rn. 82. Eine Ausnahme besteht dann, wenn bestimmte Klauseln des Kaufvertrages entsprechende Rückschlüsse ermöglichen, vgl. etwa BFH v. 26. 7. 1989 – I R 49/85, BFH/NV 1990, 442, juris Rn. 30 f., wo sich den vertraglichen Bestimmungen entnehmen ließ, dass ein Teil des Kaufpreises für die möglichst weitgehende Übernahme des „Kundenstammes“ gezahlt wird. 302  BFH v. 21. 2. 2017 – VIII R 7/14, BFH/NV 2017, 956, juris Rn. 32; Krumm, Blümich/ EStG, § 5 Rn. 615. 303  BFH v. 4. 4. 1989 – X R 49/87, BStBl. II 1989, 606, juris Rn. 14 ff. 304  BFH v. 26. 7. 1989 – I R 49/85, BFH/NV 1990, 442, juris Rn. 30 f. 305  Vgl. BFH v. 26. 11. 2009 – III R 40/07, BStBl. II 2010, 609, juris Rn. 19.

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Zur Illustration dieses Gedankens soll folgendes fiktives Beispiel dienen: Im Tatbestand zum Urteil des FG Düsseldorf vom 4. 11. 2016306 ist in Teilen auch die Geschäftspraxis eines Logistikunternehmens dargestellt, das die Zahlung von Verwarnungsgeldern gegenüber seinen Angestellten nach bestimmten Regeln übernimmt. Unter anderem ist dies nur in Städten der Fall, in denen das Unternehmen keine Ausnahmegenehmigungen nach § 46 StVO zur Ermöglichung eines kurzfristigen Haltens zum Be- und Entladen in ansonsten nicht freigegebenen Bereichen wie Halteverbots- oder Fußgängerzonen erlangen konnte. Man stelle sich nun vor, dass ein ähnlich agierendes Unternehmen U in einem bestimmten Ort bislang nur mit einer kleinen Fahrzeugflotte und wenig Personal repräsentiert ist, für jene aber entsprechende Ausnahmegenehmigungen erlangen konnte. Zur Ausdehnung seines Geschäfts will U nun den Betrieb eines lediglich vor Ort agierenden Konkurrenten K übernehmen, der mit einer wesentlich größeren Fahrzeugflotte agiert, jedoch über keine allgemeinen Ausnahmegenehmigungen verfügt (etwa weil häufig gegen Auflagen verstoßen worden ist o. Ä.).307 Zur Erhaltung seiner Wettbewerbsfähigkeit erstattet K seinen Fahrern sämtliche wegen Park- und Halteverbotsverstößen anfallenden Verwarnungsgelder und Geldbußen. Im Falle der erfolgreichen Übernahme rechnet U damit, dass der lokal derzeit bestehende Wettbewerbsdruck sinken würde. Es stellt sich dann die Frage, wie hier die Erstattung der Sanktionen von K gegenüber seinen Fahrern objektiv zu bewerten sein soll? Einerseits könnte man die Zahlungen als Absicherung der Bereitschaft der Mitarbeiter von K auffassen, unter einem gewissen Sanktionsrisiko pünktliche Lieferungen an die Empfänger der Speditionswaren sicherzustellen. Insofern würden die Zahlungen – und das Vorhandensein einer Belegschaft, die diesen Kurs stützt – einen direkten Bezug zum Geschäftsmodell des K aufweisen, seine Wettbewerbsfähigkeit erhöhen und müssten folglich auch den Geschäfts- oder Firmenwert erhöhen. Auf der anderen Seite hat U aufgrund der angestrebten Synergien überhaupt kein Interesse an dieser Art der Sicherung des Geschäftsmodells und es ist nicht zu erwarten, dass er bereit ist aus diesem Grund im Rahmen des Kaufpreises einen höheren Goodwill zu entgelten. Womöglich sieht er hierin auch ein Argument für eine relative Minderung des Kaufpreises, zum Beispiel wegen des öffentlichen Ärgernisses, das die fortwährend falsch parkenden Fahrzeuge des K in der Öffentlichkeit hervorrufen und das dem „guten Ruf“ des Unternehmens von K abträglich ist. Die subjektive Natur der Einschätzung, ob sich die Gewährung eines bestimmten Vorteils gegenüber den Arbeitnehmern wertsteigernd auf den Geschäfts- oder Firmenwert auswirkt, wird noch deutlicher, wenn man sie auf eine Situation an306 

FG Düsseldorf v. 4. 11. 2016 – 1 K 2470/14 L, EFG 2017, 315 – nrkr. ähnliche Wettbewerbssituation lag dem Sachverhalt zu BFH v. 7. 7. 2004 – VI R 29/00, BStBl. II 2005, 367 zugrunde. 307 Eine

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wendet, in der gar keine Perspektive der Veräußerung des Unternehmens besteht. So könnten zum Beispiel unternehmensinterne Fortbildungsmaßnahmen mit Bezug zur Tätigkeit der Arbeitnehmer die Effizienz und Qualität der fortgebildeten Arbeitnehmer steigern und sich somit potenziell ertragskraftsteigernd auswirken. Wie ist die Lage aber zu bewerten, wenn sich tatsächlich zeigt, dass die Fluktuation des Mitarbeiterstamms so hoch ist, dass das Unternehmen von dem verbesserten Aufgabenerledigungspotenzial der Mitarbeiter keinen effektiven Gebrauch machen kann, sondern vielmehr Konkurrenten, die eine effizientere Personalakquise und -bindung betreiben, diese Potenziale für sich nutzen? Wie sind in einer solchen Lage zum Beispiel „Incentive-Reisen“ zu bewerten, die der Arbeitgeber seinen Mitarbeitern (erfolgreich) mit der Motivation bietet, deren Bindung an das Unternehmen zu erhöhen und somit seine Investition in die Fortbildung der Arbeitnehmer zu bewahren? Letztlich bleibt die Herstellung des Zusammenhangs zwischen einer bestimmten Vorteilsgewähr und der sicher annehmbaren Steigerung eines bestimmten Goodwillfaktors oder des Goodwills als Ganzem also eine Aussage mit stark prognostischem und letztlich subjektivem Charakter. Daran ändern auch die Bewertungen von Beratern, die mit den Geschäftsabläufen des Unternehmens vertraut sind (und regelmäßig von dem nämlichen Unternehmen engagiert werden), nichts. Soll zuletzt die argumentativ überzeugend vorgetragene Darstellung der Erwartung einer Geschäftswertsteigerung ausreichen, so verbleibt ein Unterschied zur Anwendung der Rechtsfigur des ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesses nur im Hinblick auf die Ersetzung des Bezugs zur Rolle des Arbeitgebers durch diejenige des Unternehmers oder des an einer Wertsteigerung maßgeblich interessierten Geschäftsinhabers oder Gesellschafters. Hinsichtlich der Notwendigkeit zur Vornahme einer wertenden Entscheidung zwischen der Maßgeblichkeit des Interesses der einen oder der anderen Partei ergibt sich hingegen kein Unterschied. bb)  Auseinandersetzung mit den Vorschlägen zur Optimierung der Rechtsfigur Nachdem sich der vorgeschlagene Ansatz zur Ersetzung der Rechtsfigur letztlich als Konkretisierung derselben gezeigt hat, die zudem keine rechtssicherere Handhabung gewährleisten kann, so gelangt man zurück zu der Frage, ob die – wenn auch kritisierte – letztlich unterstützte Orientierung am ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse in ihrer Anwendung auf den Einzelfall verbessert werden kann. (1) Betonung des Leistungsfähigkeitsprinzips und Verbrauch in der Betriebssphäre Isoliert betrachtet ist der Verweis darauf, dass sich die Bestimmung von Arbeitslohn unter Einbeziehung der Rechtsfigur vom ganz überwiegend eigenbe-

B.  Grundsätzliches zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit

309

trieblichen Interesse stärker am Leistungsfähigkeitsprinzip orientieren müsse, wenig aussagekräftig.308 Eine Auseinandersetzung mit dem Denkansatz, den zum Beispiel Krüger vorschlägt, wird erst möglich, wenn man dem Gedanken Beachtung schenkt, dass ein Vorteil nur dann zu Arbeitslohn führen können soll, wenn er zum privaten Konsum zur Verfügung steht und sich nicht bereits in der Berufssphäre verbraucht. Obwohl dieser Gedanke die Qualifizierung von Arbeitslohn vom Ergebnis her betrachtet, entspricht diese Beschreibung dem typischen Charakter von Einnahmen im Rahmen anderer Einkunftsarten und erscheint dementsprechend zunächst plausibel. Entscheidend ist nun die Frage, wann sich ein Vorteil in der betrieblichen Sphäre verbraucht und wann er jene in einer Weise „verlässt“, die zu einer privaten Nutzenziehung führt oder diese zukünftig ermöglicht. Diese Bestimmung erweist sich wiederum als problematisch. (a) Objektive Aufwendungsersparnis und fehlende Marktgängigkeit Eine sinnvolle Differenzierung nach dem Gedanken des Verbrauchs in der Betriebssphäre bzw. der Nutzungsmöglichkeit zum Privatkonsum müsste schon im Ansatz scheitern, wenn man eine objektive Aufwendungsersparnis des Arbeitnehmers ausreichen lässt, um von einer Möglichkeit zum Privatkonsum auszugehen: Sofern eine Vorteilsgewähr des Arbeitgebers am Markt gegen Entgelt erhältlich ist, weist sie auch einen objektiven Wert auf. Lässt man für die Frage der Bereicherung des Arbeitnehmers durch eine Leistung des Arbeitgebers nur eine objektive Perspektive zu,309 dann wird man selbst bei Dienstleistungen oder sofort zu verzehrenden Sachleistungen stets auch eine objektive Aufwendungsersparnis annehmen können.310 Ausscheiden würden bei einer solchen Betrachtung lediglich ideelle Vorteile, die wiederum in der Rechtspraxis kaum eine Rolle spielen. Dieser Faktor würde sich auch nicht für alle Fälle überzeugend durch die Argumentation einer fehlenden Marktgängigkeit des betreffenden Vorteils ausschalten lassen. Mit diesem Schlagwort kann nur gemeint sein, dass ein Vorteil nicht angeboten werden kann oder keine Nachfrage nach dem Erhalt dieses Vorteils besteht. Das Fehlen einer Angebotsmöglichkeit kann wiederum nur so zu verstehen sein, dass der Vorteil unabhängig von seiner konkreten Verbindung mit 308 

Vgl. § 4 B. III. 3. a) bb) (1), insb. § 4 Fn. 267. Fellmeth, Das lohnsteuerrechtliche Abgrenzungsmerkmal, S. 18; Hermann, Einkommensteuerrechtliche Relevanz von Sachzuwendungen, S. 106 f.; Pflüger, H/H/REStG, § 19 Rn. 113 m. w. N. 310  Hermann, Einkommensteuerrechtliche Relevanz von Sachzuwendungen, S. 83 f. Der BFH geht hier in dem Moment von einem Zufluss aus, in dem ein Vorteil durch den Arbeitnehmer tatsächlich in Anspruch genommen wird, vgl. BFH v. 14. 11. 2012 – VI R 56/11, BStBl. II 2013, 382, juris Rn. 16; v. 9. 3. 1990 – VI R 48/87, BStBl. II 1990, 711, juris Rn. 32, jew. m. w. N. 309 Vgl.

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§ 4  Übernahme strafrechtlicher Geldsanktionen durch Dritte

dem Arbeitsverhältnis nicht angeboten werden kann. Stellte man hier nämlich auf die konkreten Umstände ab, wäre kaum eine Vorteilsgewähr des Arbeitgebers als marktgängig anzusehen: Die Übernahme von Aufwendungen für den Golfclub311, für betriebliche Vorsorgeuntersuchungen312 etc. bietet der Arbeitgeber eben gerade nur seinen bzw. bestimmten Mitarbeitern an.313 Übernimmt man diese Vorstellung in die Ermittlung der Marktgängigkeit, fehlte es stets schon an der Identität des Arbeitnehmers mit dem Anbieter des Vorteils (= Arbeitgeber). Entkoppelt man hingegen den Gedanken der Marktgängigkeit von den Umständen, unter denen der konkrete Vorteil vom Arbeitgeber gewährt wird, so ließe sich nahezu jeder Vorteil als marktgängig darstellen: Das Erlebnis einer Regattabegleitfahrt314 während eines gleichzeitig zu erbringenden Arbeitseinsatzes müsste dann zum Beispiel schlicht als Bordkarte für eine Regattabegleitfahrt angesehen werden. Soll dem Verbrauch in der betrieblichen Sphäre eine sinnvolle Abgrenzungsfunktion zukommen, macht es keinen Sinn, wenn diese stets durch den Verweis auf einen vorliegenden privaten Konsumnutzen einer objektiven Aufwendungsersparnis unterlaufen werden kann. (b) Werbungskostenersatz Trotz der hiermit verbundenen Schwierigkeiten kann die Aufwendungsersparnis durch Leistungen des Arbeitnehmers nicht ausgeblendet werden, da unzweifelhaft ist, dass objektive und subjektive Bereicherung in zahlreichen Fällen zusammenfallen und die dort gewährten Leistungen sowohl vom Arbeitgeber als auch vom Arbeitnehmer als Vorteile mit Entlohnungscharakter verstanden werden. Krüger will die Abgrenzung hier im Zuge der Betrachtung fiktiver eigener Aufwendungen des Arbeitnehmers bewirken: Er überprüft also, ob die Aufwendungen, die der Arbeitnehmer zu tragen hätte, wenn er eigene Mittel zur Erlangung des gewährten Vorteils aufbringen würde, als Werbungskosten anzusehen wären.315 Er illustriert dies unter anderem am Beispiel der unentgeltlichen Bereitstellung von Mahlzeiten durch den Arbeitgeber. Abgesehen vom „Verpflegungsmehraufwand“ (vgl. § 9 Abs. 4a EStG) handelt es sich bei Aufwendungen für die Nahrungsaufnahme grundsätzlich um Kosten der privaten Lebensführung. Lässt man Berufe außer Betracht, deren Gegenstand gerade die Beschäftigung mit der Nahrungsaufnahme ist (z. B. Restaurantkritiker, Sommelier, Koch o. Ä.), ist diese 311 

BFH v. 21. 3. 2013 – VI R 31/10, BStBl. II 2013, 700. BFH v. 17. 9. 1982 – VI R 75/79, BStBl. II 1983, 39. 313  So auch Pflüger, H/H/R-EStG, § 19 Rn. 135. Vgl. auch Offerhaus, BB 1990, 2017 (2018). 314  BFH v. 21. 3. 2013 – VI R 31/10, BStBl. II 2013, 700. 315  Krüger, DStR 2013, 2029 (2034 f.). 312 

B.  Grundsätzliches zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit

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eine lebensnotwendige Grundvoraussetzung ohne Bezug zur beruflichen Sphäre der Steuerpflichtigen. Zugleich handelt es sich auch um ein Grundbedürfnis, bei dem die individuelle Nachfrage grob abschätzbar und vergleichbar ist. Dementsprechend ließe sich vereinfachend sagen: Wer schon „auf der Arbeit“ gegessen hat, kann getrost eine Mahlzeit zu Hause auslassen. Eine subjektive Bereicherung kann also nachvollziehbar unterstellt werden und die Betrachtung unterstellter eigener Aufwendungen des Arbeitnehmers führte nicht zur Annahme beruflich veranlasster Aufwendungen. Schließlich kommt auch Krüger zu dem Schluss, dass „die unentgeltliche oder verbilligte Mahlzeitengestellung durch den Arbeitgeber ein geradezu mustergültiges Beispiel für den konsumtiven Nutzen einer Vorteilsgewährung“ ist.316 Trotz der vermeintlichen Sicherheit dieses Befundes misst Krüger gerade dieses Beispiel wiederum an den Maßstäben der Rechtsfigur des ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesses und verneint in bestimmten Fällen das Vorliegen von Arbeitslohn. Obwohl eine tiefergehende Untersuchung von Fällen, in denen der Arbeitgeber die Mahlzeitengestellung für seine Zwecke in einen bestimmten Arbeitsablauf einbindet,317 zu begrüßen ist, erweist sich die Abgrenzung anhand eines Verbrauchs in der Betriebssphäre bzw. einer Überführung in die Privatsphäre lediglich als sprachlich anschauliche Beschreibung der Grenzlinie zwischen der Umsetzung einer betriebsfunktionalen Zielsetzung (außerhalb der Entlohnung) durch den Arbeitgeber und der Entlohnung des Arbeitnehmers. Ohne die Erklärung, wie die sphärische Trennung bewirkt werden soll, beinhaltet sie jedoch keinen Mehrgewinn im Vergleich zur Rechtsfigur vom ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse. Der Herleitung über die Betrachtung des Werbungskostencharakters fiktiver Eigenaufwendungen kann hierbei lediglich ein indizieller Wert zukommen, wenn jene schon unter günstigen Ausgangsbedingungen nicht zu trennschärferen Ergebnissen führt. (2) Betonung „betriebsfunktionaler Zielsetzungen“ Wenig überzeugend erscheint sodann der Versuch, eine Optimierung der Prüfung des ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesses herbeizuführen, indem allein die Bedeutung der „betriebsfunktionalen Zielsetzung“ hervorgehoben wird. Wie bereits dargestellt, wird die Rechtsfigur durch die Finanzgerichte und den BFH ohnehin stets formal (d. h. innerhalb der Maßstabsbeschreibungen) als Ergebnis einer Wertung beschrieben, die den jeweils zu beurteilenden Vorteil lediglich als Begleiterscheinung einer betriebsfunktionalen Zielsetzung kennzeichnet. Wie einer der (stets dagewesenen) Leitgedanken bei der Prüfung eines ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesses zu einer Optimierung des Prüfungs316 Ebd., 317 

(2034). Vgl. § 4 B. III. 2. b) aa).

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§ 4  Übernahme strafrechtlicher Geldsanktionen durch Dritte

ablaufs an sich dienlich gemacht werden soll, erschließt sich nicht selbstverständlich. Zu einer generellen Einschränkung des Wechselwirkungsgedankens, wie Strohner sie für geboten hält,318 ist es bislang nicht gekommen.319 Indes ist die Hervorhebung der betriebsfunktionalen Zielsetzung unter Umständen anders zu verstehen, als dies bei Strohner den Eindruck erweckt. Jener stützt seine Ausführungen im Wesentlichen auf die Analyse von Schneider. Diese ist weniger wertend verfasst als vielmehr beschreibend und deutend.320 Beachtet man allerdings, dass sich diese Analyse im Wesentlichen auf das Urteil des BFH vom 14. 11. 2013 und die Behandlung von Übernahmekonstellationen bezog, dann scheint es vor allem darum zu gehen, dass durch die Betonung der objektiv verstandenen betriebsfunktionalen Zielsetzung in geeigneten Konstellationen der Blick vom Arbeitgeberinteresse auf ein normativ verstandenes Unternehmensinteresse gelenkt wird. In diesem Sinne kommt es nicht mehr darauf an, welche betriebsfunktionale Zielsetzung der Arbeitgeber tatsächlich verfolgt hat, sondern darum, welche Zielsetzung er verfolgen durfte oder sollte. Ein solches Vorgehen ist nachvollziehbar, wenn es dazu dient, die von Arbeitnehmer und/oder Arbeitgeber dargestellten subjektiven Interessen einer Prüfung auf Plausibilität zu unterziehen. Von besonderer Bedeutung wird es deshalb in Fällen sein, in denen es zu einer Konfusion des Arbeitgeber- und des Arbeitnehmerinteresses kommt, da hier keine „neutrale“ Erläuterung der beabsichtigten Zwecke durch den Arbeitgeber zu erwarten ist und es somit schwerer fällt objektiv nachzuvollziehen, ob die subjektiv vorgetragenen Interessen an Leistungsgewährung und Vorteilsempfang zutreffend oder lediglich vorgeschoben sind. Ein derartiger Fall lag zum Beispiel dem Urteil vom 20. 9. 1985 zugrunde.321 Dort war zu entscheiden, ob die Übernahme der Aufwendungen des angestellten, alleinig geschäftsführenden Gesellschafter-Geschäftsführers einer Ein-Personen-GmbH für die Mitgliedschaft in einem Industrieclub zu steuerpflichtigen Einkünften aus nichtselbständiger Tätigkeit führt. Der BFH hat dazu ausgeführt:

318 

Strohner, DStR 2014, 731 (734). in neueren Entscheidungen der Finanzgerichte wird stets noch der Wechselwirkungsgedanke als maßgebender Begleitumstand dargestellt, vgl. zuletzt etwa FG Düsseldorf v. 26. 1. 2017 – 9 K 2682/15 L, EFG 2017, 732, juris Rn. 20 – nrkr.; v. 4. 11. 2016 – 1 K 2470/14 L, EFG 2017, 315, juris Rn. 89 – nrkr. 320 Vgl. Schneider, NWB 2014, 441 (445): „[…] Wenn der BFH dies im Wesentlichen damit begründet, dass der Betrieb nicht auf einem rechtswidrigen Tun gründen kann, und daher insoweit keine beachtlichen betriebsfunktionalen Gründe vorliegen, hat das seine Ursache wohl darin, mit dem Merkmal der Betriebsfunktionalität ein weiteres und insbesondere objektives Merkmal zur Abgrenzung steuerbarer von nicht steuerbaren Vorteilen zu gewinnen.“ (Hervorhebungen nicht im Original). 321  BFH v. 20. 9. 1985 – VI R 120/82, BStBl. II 1985, 718. 319  Auch

B.  Grundsätzliches zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit

313

„Dabei wäre – schon weil der Kläger als Geschäftsführer über die Frage, ob die Mitgliedschaft für die GmbH vorteilhaft war, selbst entscheiden konnte – den Begleitumständen, also vor allem den für das Eigeninteresse der GmbH sprechenden Anzeichen Bedeutung zugekommen.“322

Abgesehen vom geschilderten Zweck der Überprüfung subjektiver Interessenslagen liegt eine reine Objektivierung der betriebsfunktionalen Zielsetzungen jedoch neben der Sache, wenn sie Überlegungen des Unternehmers ersetzt, welche Ausgaben er für sinnvoll halten darf. Sie steht nicht im Einklang mit dem ansonsten angenommenen weiten Beurteilungsspielraum, der Steuerpflichtigen im Allgemeinen und insbesondere auch Unternehmern bei der Wahl und Gestaltung ihrer Ausgaben zugestanden wird.323 Zudem ist weder klar, in welchen Fällen – abgesehen vom besagten Anlassfall vom 14. 11. 2013 oder ähnlichen Fällen – sie zur Anwendung gebracht werden soll, noch ist ersichtlich, wie der objektivierte Maßstab zu begreifen ist. Vor allem aber wird außer Acht gelassen, dass die Rechtsfigur des ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesses nur dazu dient, anhand objektiver Maßstäbe den finalen Charakter einer Vorteilsgewähr nachzuvollziehen.324 Durch ein objektiviertes Verständnis betriebsfunktionaler Zielsetzungen darf die Bedeutung tatsächlicher Umstände nicht „hinwegtypisiert“ werden. Zuletzt ist auch die Ausgestaltung des objektivierten Interesses im Anlassfall widersprüchlich und daher abzulehnen (dazu später § 4 C. III. 1. a) aa)). (3) Wechselwirkungsgedanke Der Wechselwirkungsgedanke erscheint in der Tat problematisch zu sein. Zu kritisieren ist vor allem, dass die Anlage des Gedankens strukturell zugleich eine erhebliche Komplexität und mangelnde Verbindlichkeit aufweist, es an verbindlichen Maßstäben fehlt, um die nebeneinanderstehenden „Interessensbeträge“ in direkt vergleichbare Einheiten zu übersetzen und sie diskriminierende Wirkungen hervorrufen kann. Die strukturelle Komplexität beruht auf der gleichzeitigen Verwendung eines vergleichenden Maßstabes und der möglichen Integration einer (unsichtbaren) absoluten Schwelle, ab der das Arbeitnehmerinteresse als so erheblich angesehen werden soll, dass es nicht mehr vernachlässigt werden kann. Ohne die Benennung einer betragsmäßigen Schwelle ist ein solches Merkmal vollkommen belie322 

Ebd., juris Rn. 11. BFH v. 28. 11. 1980 – VI R 193/77, BStBl. II 1981, 368, juris Rn. 11. 324  Das wird deutlich durch die regelmäßig verwendete Formulierung, wonach solche Vorteile kein Arbeitslohn sind, die „sich bei objektiver Würdigung aller Umstände nicht als Entlohnung, sondern lediglich als notwendige Begleiterscheinung betriebsfunktionaler Zielsetzung erweisen“, vgl. zuletzt etwa BFH v. 10. 3. 2016 – VI R 58/14, BStBl. II 2016, 621, juris Rn. 17; FG Düsseldorf v. 26. 1. 2017 – 9 K 3682/15 L, EFG 2017, 732, juris Rn. 19 – nrkr. 323 

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§ 4  Übernahme strafrechtlicher Geldsanktionen durch Dritte

big einsetzbar und trägt zur Verunsicherung von Rechtsanwendern und Steuerpflichtigen bei. Versucht man deshalb denkbare Maßstäbe zur Einordnung eines Interessenvergleichs zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer einzuführen, so fällt als Vergleichsmaßstab das jeweilige finanzielle Interesse von Arbeitnehmer und Arbeitgeber in den Blick. Hiervon geht schließlich auch die Rechtsprechung aus.325 Auf der Arbeitnehmerseite ließe sich jenes dadurch konkretisieren, dass die betragsmäßige Höhe oder der Geldeswert des jeweiligen Vorteils in Relation entweder zum regulären Arbeitslohn, dem gesamten Einkommen des Steuerpflichtigen und/oder seinem Vermögen gesetzt wird. Abgesehen von der Höhe des regulären Arbeitslohnes aus demselben Dienstverhältnis müssen die anderen Vergleichspunkte aber sogleich wieder als untauglich beschrieben werden. Das ist deshalb der Fall, weil das Merkmal nur ein Indiz für den Entlohnungscharakter eines Vorteils sein kann. Dementsprechend erschiene es sinnwidrig den Entlohnungscharakter des gleichen Vorteils, der einer ganzen Reihe von Mitarbeitern entsteht, unter Umständen deswegen unterschiedlich zu behandeln, weil Einzelne über weitere Einkünfte oder umfangreiches Vermögen verfügen. Zudem erscheint die Einbeziehung des Vermögens des Steuerpflichtigen praktisch kaum handhabbar. Der hierfür erforderliche Aufwand wird in der überwiegenden Zahl der Fälle nicht in vertretbarem Verhältnis zur Höhe des potenziellen Steuersubstrates stehen, das dem Fiskus bei einer Bejahung von Arbeitslohn zugeht. Die Beurteilung am Maßstab des regulären Arbeitslohnes erschiene hier als die einzig praktikable Alternative. Die entsprechenden Bezugsdaten gelangen über das Lohnsteuerverfahren ohnehin schon zur Kenntnis der Finanzverwaltung, eventuell im Wege des Erhebungsverfahrens nachgeholte Erklärungen des Steuerpflichtigen ebenso. Zu klären wäre diesbezüglich jedoch noch, ob der Jahresarbeitslohn als Bezugswert angesetzt werden müsste oder der in regelmäßigen Abständen (meist monatlich) ausgezahlte Arbeitslohn. Während sich noch einigermaßen gut nachvollziehbare Anhaltspunkte zur quantifizierten Darstellung des Arbeitnehmerinteresses an der Vorteilsgewährung finden lassen, sieht dies auf der Seite des Arbeitgeberinteresses schon ganz anders aus. Die Schwierigkeiten, die sich hier ergeben, sind bereits im Zusammenhang mit dem Vorschlag zur Orientierung des Arbeitgeberinteresses am Geschäfts- oder Firmenwert seines Unternehmens dargestellt worden und bedürfen keiner Wiederholung (§ 4 B. III. 3. b) aa) (2)).

325  FG Bremen v. 6. 10. 2005 – 1 K 55/03 (3), juris Rn. 65 – best. Vgl. auch BFH v. 11. 4. 2006 – VI R 60/02, BStBl. II 2006, 691, juris Rn. 11 ff., wo ausdrücklich auch der qualitativ und preislich hohe Wert der den Arbeitnehmern überlassenen Kleidungsstücke hervorgehoben wird; BFH v. 11. 3. 1988 – VI R 106/84, BStBl. II 1988, 726, juris Rn. 35.

B.  Grundsätzliches zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit

315

Im Ergebnis bedeutet das aber, dass zwar die Darstellung eines bezifferbaren und verhältnismäßigen (Vorteilshöhe/Arbeitslohnhöhe) Arbeitnehmerinteresses wohl grundsätzlich möglich ist, dasjenige des Arbeitgebers jedoch nur in einem sachlichen Zusammenhang illustriert werden kann. Hierdurch wird man vielfach aber der Bedeutung der arbeitgeberseitigen Maßnahmen nicht gerecht werden können. Zum Beispiel steht dann das Interesse eines Arbeitnehmers an der Übernahme von Bußgeldern in Höhe von 2000 € dem abstrakten und kaum bezifferbaren Interesse eines Logistikunternehmens der Aufrechterhaltung des Kundenvertrauens in die Zusicherung einer „just-in-time“-Lieferpolitik gegenüber.326 Infolgedessen kann es dann leicht zu Verzerrungen in der Darstellung des Interessenvergleichs und zu einer schnelleren Überschreitung der (unsichtbaren) Erheblichkeitsschwelle kommen. Ein schwerwiegender Nachteil, der mit der strukturellen Anlage des Wechselwirkungsgedankens verbunden ist, liegt auch in der strukturell möglichen Diskriminierung von Arbeitnehmern mit niedrigeren Einkünften. Man stelle sich nur ein Team von Mitarbeitern vor, dem geschlossen ein der betragsmäßigen Höhe nach gleich wertvoller Vorteil gewährt wird, die aber regulären Arbeitslohn in erheblich voneinander divergierender Höhe beziehen. Je niedriger der reguläre Arbeitslohn des jeweiligen Mitarbeiters anzusetzen ist, desto höher wäre das individuelle Interesse an der Leistung anzusehen. Für der Höhe nach gering entlohnte Mitarbeiter wäre die Schwelle eines erheblichen Interesses unter Umständen schnell überwunden, während jene Schwelle im Fall der großzügig entlohnten leitenden Angestellten kaum tangiert wäre. Ad absurdum geführt, begegnete ggf. eine relativ geringere Leistungsfähigkeit einer höheren einkommensteuerlichen Belastung, während die erhöhte Leistungsfähigkeit bei Anwendung des Wechselwirkungsgedankens wohl gar nicht belastet würde. Dieses Ergebnis erscheint sinnwidrig und ist abzulehnen.327 Der Wechselwirkungsgedanke ist unter der Bedingung des gleichzeitigen Einsatzes eines statischen sowie eines komparativen Maßstabs und des Erfordernisses eines mit dem Arbeitnehmerinteresse progressiv zunehmenden Arbeitgeberinteresses nicht geeignet, um den Entlohnungscharakter einer Leistung sachgerecht zu beurteilen. Auf seinen Einsatz sollte daher verzichtet werden. (4) Zur Ersetzung des eigenbetrieblichen Interesses als Bezugspunkt Gleichzeitig mit der Unterbreitung seines Vorschlages, das eigenbetriebliche Interesse terminologisch durch ein „übergeordnetes Unternehmensinteresse“ zu ersetzen, regt Drüen an, die Bedeutung der Weisungsgebundenheit und die Eingliederung des Arbeitnehmers in den betrieblichen Organismus fruchtbar zu ma326  327 

Vgl. § 4 C. I. 3. So auch Eisgruber, Kirchhof/EStG, § 19 Rz. 66.

316

§ 4  Übernahme strafrechtlicher Geldsanktionen durch Dritte

chen, um dem zu weiten Arbeitslohnbegriff Grenzen zu ziehen.328 Auch Heger arbeitet mit diesem Gedanken, wenn sie auf die Sonderstellung der Einkunftsquelle nichtselbständige Arbeit hinweist. So schlügen die Besonderheiten bei der Erfassung des Erwerbsbildes (dem Grunde nach) auf die Qualifizierung seiner Einnahmen (der Höhe nach) durch:329 „In aller Regel kommt jedoch bei gegenseitigen Verträgen, die zu anderen Einkunftsarten führen, niemand auf die Idee, beim Empfänger einer Zuwendung eine steuerpflichtige Einnahme deshalb zu verneinen, weil der Leistende den Vorteil im ganz überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse gewährt.“330

Die hiervon abweichende Behandlung der Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit ergebe sich aber gerade aus der Bedeutung des Arbeitsverhältnisses als Dauerrechtsverhältnis, das Fürsorgepflichten des Arbeitgebers begründet, den Arbeitnehmer organisatorisch einbindet und den Weisungen des Arbeitgebers unterwirft.331 (a) Änderung der Terminologie Der terminologische Wechsel vom „ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers“ zu einem „übergeordneten Unternehmensinteresse“ erscheint nicht unbedingt erforderlich. Zuzugeben ist, dass es bei der Prüfung der Rechtsfigur vom ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse tatsächlich nicht allein um die Interessen geht, die sich in der sozialen Rolle des Arbeitgebers vereinigen. Ein Arbeitgeber verfolgt wohl in erster Linie das Interesse an der Arbeitsleistung seiner Arbeitnehmer, die er jedoch gerade mittels einer Entlohnung „erkauft“. Die soziale Rolle des Unternehmers ist dabei weiter und kann neben dem Motiv zur Gewinnung von Arbeitskraft auch andere Motive einfangen. Andererseits besteht der Vorschlag gerade darin, auf das Unternehmensinteresse abzustellen. Hierdurch kann aber leicht der Eindruck erweckt werden, dass es auf ein objektiviertes Interesse ankommt, was vom hiesigen Standpunkt aus jedoch abgelehnt wird (s. o.). Zudem wird durch die Einflussnahme auf (eigen-)­ betriebliche Vorgänge die Beförderung des unternehmerischen Interesses bewirkt. Das unternehmerische Interesse ist daher bereits in der bisher angewendeten Formel der Rechtsfigur verwirklicht. Gleichzeitig ist auch nicht erkennbar, dass durch die Anwendung dieser Formel der Unterschied zwischen den sozialen 328 

Drüen, JbdBvdStb 2013, 71 (107 ff.). verweist dabei zwar auf die Ausführungen bei Strohner, DStR 2014, 731, vgl. K. Heger, DB 2014, 1277 (1278 mit Fn. 6). Strohner hat sich im Wesentlichen jedoch auf die Ausführungen bei Drüen, JbdBvdStb 2013, 71 (107 ff.) gestützt, vgl. Strohner, DStR 2014, 731 (732 Fn. 8 ff.). 330  K. Heger, DB 2014, 1277 (1277 f.). 331 Ebd. 329  Sie

B.  Grundsätzliches zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit

317

Rollen von Arbeitnehmer und Unternehmer in einer Weise missinterpretiert wird, der gerade deswegen defizitäre Ergebnisse hervorruft. Ein terminologischer Umschwung auf ein übergeordnetes Unternehmensinteresse erbringt demnach keinen erkennbaren Mehrwert. (b) Geringere Möglichkeiten zur Beeinflussung des „Erwerbsrahmens“ Im Übrigen ist dem dargestellten Ansatz jedoch zuzustimmen. Im Grundsatz unterscheiden vor allem die organisatorische Eingliederung des Arbeitnehmers und seine durch die Weisungsgebundenheit fehlende Selbständigkeit – das ist sogar kennzeichnend für ihre Benennung – die Einkunftsart nach § 2 Abs. 1 S. 1 Nr. 4 EStG von den sechs anderen Einkunftsarten. Dieser Unterschied wirkt sich auch auf die Charakterisierung der Einkünfte aus. Der Arbeitnehmer hat hier nämlich im Grundsatz weitaus geringere Möglichkeiten, um Einfluss darauf zu nehmen, ob, wann, wo und in welcher Form ihm Vorteile im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis entstehen. Diese Umstände sind vielmehr Folge der Ausgestaltung des „Erwerbsrahmens“332 durch den Arbeitgeber. Den Unterschied zwischen dieser unselbständigen Form und den selbständigen Formen des Einkommenserwerbs und seine Auswirkungen auf den Entlohnungscharakter haben auch der BFH und die Finanzgerichte in ihre Rechtsprechung integriert. Ersichtlich wird dies durch den Verweis auf die Bedeutung von „Freiwilligkeit oder Zwang zur Annahme“333 eines bestimmten Vorteils im Rahmen der Untersuchung eines ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesses sowie durch den gelegentlichen Verweis auf den fehlenden Entlohnungscharakter eines „aufgedrängten Vorteils“334. (c) Kombination mit anderen kritischen Denkansätzen Es stellt sich nunmehr die Frage, welche Schlussfolgerungen sich aus dieser Einsicht über die Besonderheiten der nichtselbständigen Arbeit und ihrer Auswirkungen auf die Einkünfte aus dieser Einkommensquelle ziehen lassen. 332 

Begriff nach Drüen, JbdBvdStb 2013, 71 (108). Dazu § 4 B. III. 2. b) aa). 334  BFH v. 17. 9. 1982 – VI R 75/79, BStBl. II 1983, 39, juris Rn. 22 f. Die Aufdrängung einer Mitgliedschaft in einem Golfclub wurde im Urteil des BFH v. 21. 3. 2013 – VI R 31/10, BStBl. II 2013, 700, juris Rn. 33 prinzipiell für möglich erachtet, dort jedoch als nicht gegeben abgesehen; ähnlich auch BFH v. 15. 5. 1992 – VI R 106/88, BStBl. II 1993, 840, juris Rn. 20. Im Urteil des BFH v. 11. 4. 2006 – VI R 60/02, BStBl. II 2006, 691, juris Rn. 13 ist einem entsprechenden Einwand der Klägerin und Revisionsbeklagten nicht weiter nachgegangen worden, da das eigene Interesse der Arbeitnehmer an dem Vorteil nicht in den Hintergrund trete. Dem Ausschluss von Arbeitslohn zustimmend, wenn es sich um einen aufgedrängten Vorteil handelt, Offerhaus, DStJG 9 (1986), 117 (121). Vgl. auch Hermann, Einkommensteuerrechtliche Relevanz von Sachzuwendungen, S 212 ff. 333 

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§ 4  Übernahme strafrechtlicher Geldsanktionen durch Dritte

Zunächst liegt es nahe, sie mit den kritischen Gedanken von Roland Krüger und Gregor Kirchhof zu kombinieren. Einerseits bieten diese Überlegungen nämlich einen Anhaltspunkt dafür, wie die berufliche Sphäre umschrieben werden könnte. Andererseits deuten sie darauf hin, dass die Begleitumstände, die zur Ermittlung des überwiegend eigenbetrieblichen bzw. des übergeordneten Unternehmensinteresses herangezogen werden, keine gleichwertige Aussagekraft besitzen und in einer strukturierten Untersuchung gleichsam rechtsklarer angewendet werden und zweckgerechter funktionieren könnten. So drängt sich nämlich insbesondere der Gedanke auf, dass der Entlohnungscharakter einer Leistung und folglich Arbeitslohn nicht angenommen werden kann, wenn die Vorteilsentstehung nur die arbeitnehmerseitig nicht beeinflussbare Folge der Ausübung der Weisungsmacht und der Organisationsgewalt des Arbeitgebers ist. Die Frage nach diesen Umständen könnte der Prüfung des übergeordneten Unternehmensinteresses vorangestellt werden. Wäre hiernach ein „Zwang“ zur Annahme des Vorteils zu bejahen, erübrigte sich die Betrachtung der weiteren Begleitumstände; in die Gedankengänge von Krüger integriert, läge dann ein Verbrauch des Vorteils in der betrieblichen Sphäre vor. Hierdurch ließe sich zum Beispiel auch der Fall der unentgeltlichen oder verbilligten Mahlzeitengestellung erfassen. Geschieht dies nämlich im Rahmen eines angeordneten außerordentlichen Arbeitseinsatzes unter organisatorischer Kontrolle des Ablaufs durch „das Unternehmen“ bzw. die für dieses handelnden Personen oder im Rahmen eines mehrwöchigen Arbeitseinsatzes auf einer Offshore-Plattform, auf welche die Arbeitnehmer keine eigenen Lebensmittel mitbringen dürfen, so wäre sofort klar, dass es sich hierbei nicht um Arbeitslohn handeln kann. Hierdurch könnte zum Beispiel auch die auf genaue Weisung des Arbeitgebers erfolgende Teilnahme der Arbeitnehmer an einer Regattabegleitfahrt erfasst werden, während der die Arbeitnehmer Kunden des Arbeitgebers betreuen mussten.335 (d) Mittelbarer Zwang Da es einen echten Zwang in Form einer vis absoluta im Arbeitsrecht nicht gibt, kann es für die Frage, wann ein Vorteilsempfang durch einen Arbeitnehmer so durch den arbeitgeberseitig geschaffenen Erwerbsrahmen bestimmt ist, dass der Arbeitnehmer sich ihm nicht entziehen kann, nur auf die Gestaltungsmacht ankommen, die dem Arbeitgeber durch das Direktionsrecht verliehen wird.336

335 

BFH v. 16. 10. 203 – VI R 78/12, BStBl. II 2015, 495. FG Köln hat diesen Gedanken mit dem Begriff des „arbeitsrechtlichen Instrumentariums“ eingefangen, vgl. FG Köln v. 27. 4. 2006 – 15 K 3887/04, EFG 2007, 923, juris Rn. 24. 336  Das

B.  Grundsätzliches zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit

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An dieser Stelle entsteht ein Bereich, der auch von der Rechtsprechung wahrgenommen wurde, der jedoch in der Abgrenzung schwieriger zu beurteilen ist. Gemeint sind die Fälle, in denen dem Arbeitgeber ein Weisungsrecht zur Ausgestaltung des Erwerbsrahmens rechtlich nicht zusteht, er jedoch von der ihm zustehenden Gestaltungsmacht an anderer Stelle in einer Form Gebrauch machen kann, die den Arbeitnehmer die Entstehung von Nachteilen im Betriebsleben befürchten lässt. Da im Steuerrecht, anders als im Arbeitsrecht, Fragen der Schutzbedürftigkeit der Arbeitnehmer kaum eine Rolle spielen (s. o. § 4 B. II. 2.), kann dieser Bereich nicht ignoriert werden. Andererseits muss die Befürchtung der Entstehung entsprechender Nachteile einer realistischen Erwartung entsprechen und von einer gewissen Erheblichkeit sein. Einen Anhaltspunkt dafür, was als Nachteil im angesprochenen Sinne aufgefasst werden kann, hat der BFH mit dem Urteil des VI. Senats vom 17. 9. 1982 geboten: Dort ging es um die Frage, ob die Zuwendung medizinischer Vorsorge­ untersuchungen für die leitenden Angestellten eines Unternehmens zur Entstehung von Arbeitslohn führt.337 Im Ergebnis wurde dies aufgrund der engen Vorgaben des Unternehmens für die Durchführung der Untersuchungen und aufgrund des „mittelbaren Zwangs“, den der Arbeitgeber auf die Mitarbeiter ausgeübt hatte, abgelehnt.338 Jenen wurde nämlich zu verstehen gegeben, dass sie den über die zwingenden gesetzlichen Vorgaben hinausgehenden Anspruch auf Fortzahlung der Bezüge im Krankheitsfall verlieren und sich ihre Beförderungschancen eintrüben würden, wenn sie nicht an den Vorsorgeuntersuchungen teilnähmen.339 Mithin sollte nach Ansicht des BFH für die Annahme einer Zwangswirkung also die Androhung finanzieller und beruflicher Nachteile ausreichen. Das leuchtet grundsätzlich ein, provoziert jedoch die Frage, ob für die Annahme eines die weitere Prüfung ausschließenden beachtlichen mittelbaren Zwangs allein die realistische Erwartung zukünftiger beruflicher Nachteile (Beförderungschancen) genügen kann, wenn umgekehrt der Status quo des Arbeitnehmers unverändert bleibt. Tatsächlich dürfte es insoweit um die Perspektive zukünftiger Vorteile gehen und damit um die potenzielle Erweiterung eines Handlungsspielraumes des Arbeitnehmers. Für die Annahme eines echten Zwangs erscheint dies nicht ausreichend. Entscheidend ist hingegen die Befürchtung finanzieller Nachteile.340

337 

BFH v. 17. 9. 1982 – VI R 75/79, BStBl. II 1983, 39. juris Rn. 22 f. 339  Vgl. die Darstellung des Sachverhalts zu BFH v. 17. 9. 1982 – VI R 75/79, BStBl. II 1983, 39, juris Rn. 11. 340 Ähnlich Hermann, Einkommensteuerrechtliche Relevanz von Sachzuwendungen, S. 214. 338 Ebd.,

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§ 4  Übernahme strafrechtlicher Geldsanktionen durch Dritte

Zuletzt muss die Bedeutung der Folgen einer tatsächlichen organisatorischen Eingliederung und der Weisungsgebundenheit des Arbeitnehmers dort abnehmen, wo eine Interessenkonfusion stattfindet.341 Gemeint sind damit Fälle, in denen die jeweiligen (steuerrechtlichen) Arbeitnehmer zugleich beherrschende Mitglieder eines Leitungsorgans des Unternehmens sind und tatsächlich über ihre eigene organisatorische Eingliederung befinden. (e) Nicht erfasste Fälle Nicht abgedeckt werden von den vorangestellten Überlegungen die Fälle, in denen die Prüfung im ersten Schritt ergibt, dass der Vorteilsempfang nicht durch den Erwerbsrahmen bestimmt wird. Es stellt sich daher die Frage, wie mit solchen Fällen umzugehen ist. Einerseits erscheint es möglich, hierauf zu reagieren, indem man jegliche Form der „freiwilligen“ Entgegennahme des Vorteils im zuvor erläuterten Sinne als Arbeitslohn ansähe. Das hätte den Vorteil, dass die Prüfung des Entlohnungscharakters einer Leistung des Arbeitgebers deutlich verkürzt werden könnte, und es brächte aufgrund des verschlankten Erfordernisses der Ermittlung, Bewertung und Abwägung der Begleitumstände auch einen gewissen Zugewinn an Rechtssicherheit. Durch die Befürwortung dieses Ergebnisses würde allerdings die heute bestehende weitgehende Zustimmung, die der Rechtsfigur vom ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse jedenfalls grundsätzlich entgegengebracht wird, vollkommen ignoriert. Diese Zustimmung deutet aber auf die auf breiter Basis bestehende Annahme hin, dass die Rechtsfigur befähigt ist, zur Ermittlung des Entlohnungscharakters arbeitgeberseitiger Vorteilsgewährungen beizutragen.342 Das zeigt sich unter anderem auch daran, dass die Rechtsfigur es ermöglicht, Einflüsse des zeitlichen Wandels hinsichtlich der sozialen Vorstellungen vom Entlohnungscharakter aufgrund veränderlicher Gestaltungsumfelder und -bedingungen für Unternehmen und Arbeitgeber in die Prüfung des Arbeitslohnbegriffs zu integrieren. Ein Beispiel hierfür sind die derzeit wachsenden Anforderungen, die an eine Unternehmens- und Unternehmerverantwortlichkeit („Corporate Social Responsibility“) gestellt werden und die sich auch auf das Verständnis des Entlohnungscharakters einzelner Vorteilsgewährungen und damit auf das Verständnis von Arbeitslohn auswirken können.343 341 

Vgl. § 4 B. III. 3. b) bb) (2) m. w. N. unter § 4 Fn. 321 f. Hermann, Einkommensteuerrechtliche Relevanz von Sachzuwendungen, S. 177 f. 343 Zur modernen „Corporate Social Responsibility“ gehören auch die Belange des Arbeitsschutzes, vgl. Spindler, MüKo/AktG, § 76 Rn. 78 ff. m. w. N. So sieht z. B. Ziffer 4. 1. 1 DCGK vor, dass der Vorstand bei der Leitung des Unternehmens auch Rücksicht auf die Belange der Arbeitnehmer nehmen soll. Zur gewandelten Anschauung bezüglich Kontoführungsgebühren des Arbeitnehmers, die durch den Arbeitgeber getragen werden Offerhaus, BB 1990, 2017 (2022). 342 

B.  Grundsätzliches zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit

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Was hiermit gemeint ist, lässt sich anhand eines Beispiels aus der Rechtsprechung demonstrieren: Im Fall, über den das FG Köln im Urteil vom 27. 4. 2006344 zu entscheiden hatte, bot ein Unternehmen seinen Mitarbeitern auf freiwilliger Basis die finanziell geförderte Teilnahme (Übernahme von 2/3 der Kosten) an einem speziellen Rückentraining an. Die hieran teilnehmenden Arbeitnehmer arbeiteten allesamt an Arbeitsplätzen im Sinne der (ehemaligen) Bildschirmarbeitsverordnung345 und waren infolge ihrer Arbeitsbedingungen von dem erhöhten Risiko der Ausbildung typischer Schäden an der Wirbelsäule betroffen. Die Teilnahme an Rückentrainingseinheiten wurde von dem Unternehmen unterstützt, um das unternehmensinterne Aufkommen von Fehlzeiten wegen besagter Schäden zu reduzieren und arbeitsbedingte Gesundheitsschäden der Arbeitnehmer zu bekämpfen. Dabei hat der Arbeitgeber, unter entsprechender Beratung, ein gestuftes Konzept entwickelt, nach dem von solchen Schäden gefährdete Arbeitnehmer auf Wunsch identifiziert werden konnten, und ein „Korsett“ an Regelungen geschnürt, das die Wahrnehmung des Angebotes in einer zweckdienlichen Form sicherstellen sollte. Die Kostenübernahme war von der Einhaltung dieser Bedingungen abhängig. Das FG Köln hat sich – auch aufgrund der zielgerichteten Umsetzung – davon überzeugen lassen, dass die objektive Bereicherung der Arbeitnehmer bei einer Teilnahme an den geförderten Trainingseinheiten im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse erfolgt ist und demnach nicht zu Arbeitslohn führt.346 Die Argumente der Finanzverwaltung lehnte es hingegen unter Verweis auf ein „zeitgemäßes“ Verständnis des Arbeitnehmerschutzes ab. Dieser zeichne sich auch im Erlass diverser einschlägiger Verordnungen sowie der „starken Rationalisierungsmaßnahmen in allen Arbeitsbereichen“ ab.347 Unter diesen Bedingungen wird die Begründung der Entscheidung, die ja letztlich erklärt, weshalb es der fi-

344  FG Köln v. 27. 4. 2006 – 15 K 3887/04, EFG 2007, 923 – best. durch BFH v. 4. 7. 2007 – VI B 78/06, BFH/NV 2007, 1874. 345  Verordnung über Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit an Bildschirmgeräten, erlassen als Art. 3 der ArbSchEGRLUmsV v. 4. 12. 1996 (BGBl. I 1996, 1841, 1843). Nunmehr geregelt in Abschnitt 6 des Anhangs zur Arbeitsstättenverordnung. 346  Im Gegensatz hierzu ist der Sachverhalt zum Urteil des FG Düsseldorf v. 26. 1. 2017 – 9 K 3682/15 L – EFG 2017, 732 – nrkr. zu sehen: Ohne die Darlegung eines nachvollziehbaren Bezugs der Inhalte einer Sensibilisierungswoche zu den Interessen des Arbeit gebenden Unternehmens und ohne Darstellung, wie die angegebenen Ziele durch die Ausgestaltung der Maßnahme hätten verfolgt werden sollen, wird sich auch bei den Arbeitnehmern nicht der Eindruck einstellen können, dass durch die Teilnahme ein Interesse des Arbeitgebers verfolgt wird. Dann erscheint jedoch die Annahme eines Entlohnungs­ charakters und der Zuwendung von Arbeitslohn gerechtfertigt. 347  FG Köln v. 27. 4. 2006 – 15 K 3887/04, EFG 2007, 923, juris Rn. 27.

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nanziellen Förderung des Rückentrainings an einem Entlohnungscharakter fehlt, gut nachvollziehbar. Dieses Ergebnis hat auch der BFH bestätigt.348 Alles in allem erscheint es daher überzeugend zur Bewertung von Fällen, in denen der Vorteilsempfang nicht schon „zwingend“ durch die arbeitgeberseitigen Vorgaben für den Erwerbsrahmen bestimmt ist, an der Prüfung der Rechtsfigur vom ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse festzuhalten. (5) Weitere Ableitungen Aus der bislang unternommenen Betrachtung lassen sich zudem noch weitere Vorschläge für eine verbesserte Anwendung des ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesses einbringen. Diese betreffen insbesondere den Umgang mit der Einbeziehung und Bewertung einzelner Begleitumstände. (a) Stringente Umsetzung eines eigenbetrieblichen Interesses So wird regelmäßig zunächst der Anlass der Leistungsgewährung in den Blick zu nehmen sein. Kann hier nicht die Verfolgung eines eigenbetrieblichen Interesses zur Erreichung eines unternehmerischen Zieles festgestellt werden, so ist in aller Regel zu vermuten, dass allein die Entlohnung des Mitarbeiters bezweckt wird. Eine weitere Prüfung erübrigt sich sodann. Bei der Untersuchung des eigenbetrieblichen Interesses zur Erreichung des unternehmerischen Zieles müssen die Beweggründe des Arbeitgebers entscheidend sein. Diese sind unter Berücksichtigung seiner Erläuterungen hinsichtlich seines Geschäftsmodells bzw. seiner Betriebsabläufe zu bewerten. Als unternehmerische Zielsetzung, die durch die Beeinflussung betrieblicher Abläufe befördert werden soll, geraten in erster Linie die Verwirklichung und Optimierung des Unternehmensgegenstands sowie das Ziel der Erwirtschaftung von Erträgen in den Blick. Daneben können jedoch auch weitere Ziele Berücksichtigung finden, soweit sie jedenfalls erkennbar der mittelbaren Verfolgung der genannten Primärziele dienen: so zum Beispiel die Wahrnehmung der unternehmerischen Sozialverantwortung über die Ergänzung des Arbeitsschutzes im zuvor dargestellten Sinne. Zugleich darf der Anlass der Leistungsgewährung nicht in einer bestimmten erbrachten Leistung der begünstigten Arbeitnehmer bestehen. Ein überwiegendes eigenbetriebliches Interesse kann dabei nur angenommen werden, wenn der Weg auch zur Verfolgung des unternehmerischen Ziels geeignet erscheint.349 Das setzt in aller Regel ein Konzept voraus, das der stringenten 348 

BFH v. 4. 7. 2007 – VI B 78/06, BFH/NV 2007, 1874, juris Rn. 4. Hermann geht dabei noch einen Schritt weiter und verlangt – in Anlehnung an die Rspr. –, dass keine Maßnahme ersichtlich sein darf, die ebenso zur Erreichung des vorgebrachten Zieles geeignet gewesen wäre, die Arbeitnehmer jedoch weniger bevorteilt hätte, dies., Einkommensteuerrechtliche Relevanz von Sachzuwendungen, S. 217. 349 

B.  Grundsätzliches zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit

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Umsetzung des verfolgten Zieles dient. Je enger hierbei die Vorgaben des Arbeitgebers gestaltet sind, desto eher gibt dies den Arbeitnehmern zu verstehen, dass es nicht um die Entlohnung spezieller Leistungen oder allgemeiner Dienstbereitschaft geht, sondern lediglich um das Erreichen eines unternehmerischen Ziels. Je lockerer hingegen die Vorgaben gestaltet sind, desto weniger wird den Arbeitnehmern verdeutlicht, dass es um die Verfolgung eines unternehmerischen Zieles geht und desto eher werden jene sich entlohnt fühlen. Zur Verdeutlichung: Wer einem Mitarbeiter den Mitgliedschaftsbeitrag für einen Tennisverein bezahlt, damit jener versucht dort Akquise zu betreiben, ihm jedoch keine Vorgaben macht, wann und wie dieses Ziel zu erreichen ist, der belässt es letztlich in der Hand des Mitarbeiters, ob er dieses Ziel überhaupt verfolgt oder die gebotene Gelegenheit zum eigenen Vergnügen nutzt. Obwohl das unternehmerische Ziel hier nachvollziehbar ist, zeigt die Umsetzung des Zieles nicht die notwendige Stringenz und ist eher als Vorteilsgewähr mit Entlohnungscharakter zu verstehen. Wer hingegen einen bestimmten Tennisplatz zu einem bestimmten Zeitpunkt anmietet, weil zu dieser Zeit auf dem Nachbarplatz ein potenzieller Kunde spielt, von dem Mitarbeiter den Nachweis und Bericht verlangt, wie oft jener von der Spielmöglichkeit Gebrauch gemacht hat und ob sich Fortschritte beim Versuch der Akquise ergeben haben und sodann auch in Aussicht stellt, den Vorteil nach einer gewissen Zeit wieder zu entziehen, wenn sich die Bemühungen als fruchtlos erweisen, der zeigt deutlich, dass die Vorteilsgewähr nur der Nebeneffekt der Verfolgung von Unternehmensbelangen ist. Ob der Mitarbeiter gerne Tennis spielt oder sonst wie Vergnügen mit der Situation verbindet, ist dann unerheblich. Zur Darlegung einer konsequenten Zielverfolgung gehört wiederum auch die Darstellung, weshalb gerade die getroffene Auswahl der Begünstigten die Zielverfolgung ermöglicht. (b) Einbeziehung der Höhe des Vorteils erst ab Einsetzen des Lohninteresses Weiterhin sollte die Berücksichtigung der Höhe des gewährten Vorteils mangels vorhandener objektiver Maßstäbe neu interpretiert werden. Ähnlich wie bei den Ausführungen zur Wechselwirkungsthese ist auch hier kaum erkennbar, wie von einer bestimmten Höhe eines Vorteils auf ein bestimmtes Interesse geschlossen werden kann.350 Sinnvoll erscheint hingegen, dass ein Interesse des Arbeitnehmers erst als relevant anerkannt wird, soweit es einem „Lohninteresse“ entspricht.351 Dieses kann 350 Ähnlich Hermann, Einkommensteuerrechtliche Relevanz von Sachzuwendungen, S. 220. 351 Ähnlich Krüger, DStR 2013, 2029 (2032). Der hiesige Ansatz geht jedoch über das von ihm Vorgeschlagene hinaus, da er nicht nur auf die Sphäre abstellt, innerhalb derer der entsprechende Vorteil konsumiert werden kann, sondern auf die Sphäre der das

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aber erst positiv entstehen, sobald unternehmerische Kostenrisiken ausgeschaltet sind, die mit der nichtselbständigen Arbeit verbunden sein können, es aber typischerweise nicht sein sollen.352 Wenn er auch bislang kaum beachtet worden ist, so gehört auch dieser Faktor zur typischen Ausgestaltung des Erwerbsrahmens, der durch den Arbeitgeber gestaltet wird und die nichtselbständige Arbeit prägt.353 Das ist folgendermaßen zu verstehen: Gewissermaßen kann der Arbeitgeber nicht nur beeinflussen, wann dem Arbeitnehmer reflexiv Vorteile zukommen, er könnte auch beeinflussen, welche „Werbungskosten“ dem Arbeitnehmer entstehen müssten. Stellt man sich vor, dass ein Mitarbeiter in einem Büro die Ausstattung seines Arbeitsraumes und seiner Arbeitsmittel selbst beschaffen müsste, so wäre ihm die Geltendmachung entstehender Werbungskosten nicht zu versagen. Nur gehört zum regelmäßig impliziten Teil der gegenseitigen Vereinbarung zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer, dass eben diese Kosten dem Arbeitnehmer nicht entstehen werden, weil der Arbeitgeber für die Beschaffung und Bereitstellung sorgt.354 Abgesehen von Fehlbewertungen, Informationsasymmetrien etc. bildet gerade dieser Aspekt auch einen Teil der Lohnvereinbarung. Schließlich verzichtet der Arbeitnehmer auch deswegen auf die im weitesten Sinne „wirtschaftlichen“ Chancen, die mit der unternehmerischen Initiative verbunden sind, weil ihm hierfür relative Sicherheit vor den unternehmerischen Risiken und Kosten geboten Kostenrisiko zuzuordnen ist. Auf diesem Weg lässt sich z. B. der Vorteil der unentgeltlichen Mahlzeitengestellung (Nahrungsaufnahme = privater Konsum) aus dem Bereich der Lohnzahlung ausscheiden. 352 Dieser Aspekt wird in Rspr. und Schrifttum v. a. auf die Partizipation am (potenziell negativen) Betriebsergebnis bezogen, vgl. Krüger, Schmidt/EStG, § 19 Rn. 24 m. w. N. Ein negatives Betriebsergebnis ergibt sich aber gerade erst, wenn die einzelnen Kosten die Umsätze des Unternehmens übersteigen. 353 Ähnlich Fellmeth, die die Bedeutung von Unternehmerinitiative und -risiko aber einerseits nach allgemeinen Maßstäben zur Qualifizierung nichtselbständiger Arbeit darstellt und andererseits erläutert, weshalb es in den Übernahmekonstellationen zu einem Auseinanderfallen von unternehmerischer Initiative und unternehmerischem Risiko komme, daraus jedoch ein weiteres Argument dafür gewinnt, dass die (ggf. vom Arbeitgeber angewiesene) Delinquenz nicht Bestandteil des steuerrechtlichen Dienstverhältnisses sein könne, dies., Das lohnsteuerrechtliche Abgrenzungsmerkmal, S. 118 ff., insb. 122. Sie vernachlässigt dabei jedoch, dass gerade in den Fällen, in denen der Arbeitgeber anfallende Geldsanktionen übernimmt, jener finanziell auch das unternehmerische Risiko trägt. 354  Das entspricht im Ergebnis der allgemeinen Ansicht, wonach die Ausstattung von Büroräumen, die Einrichtung von Sozialräumen innerhalb des Betriebs oder das Zurverfügungstellen von Schutzkleidung innerhalb des Betriebes nicht zur Gewährung steuerpflichtiger Vorteile führt, Fellmeth, Das lohnsteuerrechtliche Abgrenzungsmerkmal, S. 13 m. umfgr. w. N.; Offerhaus, DStJG 9 (1986), 117 (128 ff.); Breinersdorfer, K/S/M-EStG, § 19 Rn. B 223.

B.  Grundsätzliches zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit

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wird.355 Mit anderen Worten begibt der Arbeitnehmer sich der Möglichkeit eines „freieren“ Erwerbs zu einer bestimmten Gegenleistung. Wo die Entstehung eigener Kosten auch im Rahmen des Dienstverhältnisses zu erwarten ist, wird der Arbeitnehmer auf den Ersatz der im Einzelfall anfallenden Kosten oder die Zahlung eines relativ erhöhten Lohnes bestehen. Einsichtig wird dies insbesondere dann, wenn der Nutzen aus dem kostenverursachenden Sachverhalt allein vom Arbeitgeber gezogen werden kann.356 Eine Entlohnung kann in diesem Sinne erst ansetzen, soweit der Arbeitgeber diese Erwartung erfüllt hat. Über diesen Gedanken kann zum Beispiel auch die Erfassung der arbeitgeberseitigen Übernahme von berufsspezifisch zwingend zu tätigenden Aufwendungen erfasst werden. Ein typisches Beispiel aus dieser Fallgruppe ist die Übernahme der Berufshaftpflichtversicherung eines Anwalts. Nach § 51 BRAO sind Rechtsanwälte verpflichtet, eine entsprechende Versicherung abzuschließen. Schließt er eine solche Versicherung nicht ab oder unterhält er sie nicht, so darf ihm die Zulassungsurkunde nicht ausgehändigt werden (§ 12 Abs. 2 Nr. 2 BRAO) oder wird die Zulassung widerrufen (§ 14 Abs. 2 Nr. 9 BRAO). Unter derartigen Bedingungen könnte jedes Unternehmen und jeder Arbeitgeber den Anwalt darauf verweisen, dass er zunächst die Bedingungen schaffen muss, um praktizieren zu dürfen. Unternehmen zahlen jedoch in der Regel nicht ohne besonderen Grund für etwas, das sie auch ohne Aufwand bekommen können. Unter diesem Blickwinkel gehören aber die Aufwendungen für den Abschluss einer Berufshaftpflichtversicherung zu einem typischerweise mit dem entsprechenden Berufsbild verbundenen, arbeitnehmerseitigen Restrisiko. An dieser Stelle scheitert also die grundsätzliche Erwartung, dass Arbeitgeber derartige Kosten tragen werden. Das Interesse an der Übernahme der Kosten bedeutet deswegen ein „Lohninteresse“ im beschriebenen Sinne.357 Bestehen keine derartigen Vorgaben, die schon die Verhandlungsmacht des Arbeitnehmers bei der Lohnverhandlung partiell beschränken, so kann im Übri355  Im umgekehrten Fall erfolgt die Tätigkeit gerade „auf eigene Rechnung und Gefahr“, BFH v. 29. 11. 1978 – I R 159/76, BStBl. II 1979, 182, juris Rn. 11 m. w. N. 356  Dieser Gedanke ist prägend für den lohnsteuerrechtlichen Umgang mit dem Auslagenersatz, vgl. BFH v. 21. 8. 1995 – VI R 30/95, BStBl. II 1995, 906, juris Rn. 10 f.; Geserich, Blümich/EStG, § 19 Rn. 175 m. w. N. 357  BFH v. 26. 7. 2007 – VI R 64/06, BStBl. II 2007, 892, Ls., juris Rn. 9 f. Anders hingegen, wenn es nicht allein um die Berufshaftpflichtversicherung eines Anwalts geht, sondern um die eigene Berufshaftpflichtversicherung einer Rechtsanwalts-GbR, vgl. BFH v. 10. 3. 2016 – VI R 58/14, BStBl. II 2016, 621, Ls., juris Rn. 14 ff. Arbeitslohn wurde auch angenommen im Urteil des BFH v. 17. 1. 2008 – VI R 26/06, BStBl. II 2008, 378, juris Rn. 10 ff. zur Übernahme der (zur Berufsausübung erforderlichen) Kammerbeitrage für den Geschäftsführer einer Doppelgesellschaft (Wirtschaftsprüfer/Steuerberater). Für die Erfassung als Arbeitslohn auch Fellmeth, Das lohnsteuerrechtliche Abgrenzungsmerkmal, S. 176 f. m. w. N. A. A. Krüger, DStR 2013, 2029 (2036 f.).

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gen bei der Betrachtung, ob eine Vorteilsgewähr durch den Arbeitgeber nur der Eliminierung des unternehmerischen Risikos dient oder schon einem Lohninteresse entsprechen kann, auch die Frage indiziell Berücksichtigung finden, ob die Aufwendungen zur Ermöglichung des Vorteils beruflich veranlasst wären, wenn der Arbeitnehmer sie selbst tragen müsste. Ist erst einmal ein Lohninteresse festgestellt – und das ist, weil es nicht an eine absolute Betragshöhe gekoppelt ist, auch bei Kleinstbeträgen möglich –, so genügt eine abstrakte Abwägung des entsprechenden Interesses mit dem eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers. Dabei begründet ein aktiviertes Lohninteresse des Arbeitnehmers ein Indiz für das Bestehen eines Entlohnungscharakters. c)  Zwischenfazit Der terminologische Wechsel von der Prüfung eines ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesses zu einem „übergeordneten Unternehmensinteresse“ erscheint insofern sinnvoll, als dieser klarer herausstellt, dass es nicht um die Interessen der sozialen Rolle eines Arbeitgebers geht, sondern um die weiterreichenden Interessen innerhalb der sozialen Rolle als Unternehmer. Andererseits ist nicht erkennbar, dass dieser Unterschied durch die bisherige Anwendung der Rechtsfigur vom ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse vernachlässigt worden wäre. Insofern besteht kein Bedürfnis danach, durch einen Wechsel der Terminologie womöglich Verunsicherung bei den Rechtsanwendern hervorzurufen. Der Vorschlag, die Untersuchung des ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesses an den Einflüssen des arbeitgeberseitigen Direktionsrechtes und des dem Arbeitgeber zur Verfügung stehenden Instrumentariums zur organisatorischen Eingliederung des Arbeitnehmers auszurichten, erscheint sinnvoll. Er überträgt die eigentliche Besonderheit nichtselbständiger Arbeit gegenüber dem Erwerb innerhalb anderer Einkunftsarten in die Prüfung des Veranlassungs­ zusammenhangs und kann eine überzeugende Leitlinie dafür bieten, wann ein Vorteil Entlohnungscharakter aufweist und wann er nur ein Reflex der Umsetzung von Unternehmenszielen ist, der den Arbeitnehmer ohne die Möglichkeit der Einflussnahme trifft. Dieser Zusammenhang sollte daher jeder Prüfung des ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesses in einem ersten Schritt voran gestellt werden. Empfängt der Arbeitnehmer den Vorteil hierbei im vorgegebenen Erwerbsrahmen, kann nicht vom Vorliegen von Arbeitslohn ausgegangen werden. Empfängt er ihn außerhalb dieses durch das Direktionsrecht und die Gestaltungsmacht des Arbeitgebers gezeichneten Rahmens, sollte die Untersuchung mittels Anwendung der Rechtsfigur fortgesetzt werden. Erhält der Arbeitnehmer den Vorteil unter Umständen, in denen er sich dem Empfang nicht entziehen könnte, ohne zumindest finanzielle Nachteile gegen-

B.  Grundsätzliches zu Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit

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über seinem derzeitigen Status quo hinnehmen zu müssen, so liegt die Annahme mittelbaren Zwangs nahe. Bestätigt sich diese, dann ist die Gewährung des Vorteils ebenfalls nicht mit der Bezahlung von Arbeitslohn gleichzusetzen. Allein die subjektive Befürchtung einer Eintrübung zukünftiger finanzieller oder beruflicher Chancen rechtfertigt jedoch nicht die Annahme eines mittelbaren Zwangs. Ergibt die Prüfung, dass die Entstehung eines Vorteils nicht durch die Ausübung des Direktionsrechts durch den Arbeitgeber bestimmt oder nicht Folge eines mittelbaren Zwangs ist, erscheint es sachgerecht die Prüfung unter Verwendung des ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesses fortzusetzen. Dabei sollte ein besonderes Augenmerk darauf gerichtet werden, welches unternehmerische Ziel der Arbeitgeber mit der Maßnahme verfolgt, die zur Entstehung des Vorteils geführt hat. Nur hierdurch kann ein ggf. zu berücksichtigendes eigenbetriebliches Interesse erkennbar werden. Wird es nicht erkennbar, kann die weitere Prüfung eingestellt und ein Entlohnungscharakter angenommen werden. Wird es grundsätzlich erkennbar, muss dargelegt werden, dass dieses Interesse durch ein Konzept verfolgt wird, das zur Erreichung des Zieles tatsächlich geeignet erscheint, und dass dieses auch stringent beachtet wird. Sodann ist bei der Betrachtung des Begleitumstandes der Vorteilshöhe darauf abzustellen, ob dieser ein „Lohninteresse“ des Arbeitnehmers begründen kann oder ob der Vorteil nur dazu dient, Kosten für den Arbeitnehmer zu neutralisieren, deren Übernahme durch den Arbeitgeber er infolge der Entscheidung zur nichtselbständigen Arbeit zu einem festgesetzten Lohn normalerweise „erwarten darf“. In diesem Sinne schaltet die Übernahme derartiger Kosten lediglich das für Arbeitnehmer untypische Unternehmerrisiko aus. Bei der Beurteilung dieses Faktors kann sodann der Gedanke des fiktiven Werbungskostenersatzes indizielle Bedeutung erlangen. Zuletzt ist auf die Verwendung des Wechselwirkungsgedankens zu verzichten, da nicht ersichtlich ist, wie die hierfür kommunizierten Maßstäbe funktionieren sollen und sich bei der Ermittlung dieser Maßstäbe zeigt, dass sie geeignet sind diskriminierende Wirkungen hervorzurufen. Entsprechende Überlegungen gelten auch für eine Einschätzung des Arbeitnehmerinteresses an dem Erhalt des Vorteils allein anhand seiner absoluten Höhe. Gegebenenfalls ist auch eine abstrakte Abwägung zwischen dem Arbeitnehmerinteresse und dem Arbeitgeberinteresse an dem erhaltenen Vorteil nicht minder überzeugend. Sie kann aber auf die umständlichen Bemühungen zur Herleitung nicht greifbarer, nicht verallgemeinerbarer und deshalb nicht überzeugender Maßstäbe verzichten. Solche Maßstäbe sind ohne abstrakt- oder konkret-generelle Vorgaben nicht zu erlangen.

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§ 4  Übernahme strafrechtlicher Geldsanktionen durch Dritte

C.  Steuerrechtlicher Umgang mit Übernahmekonstellationen Zuvor ist behandelt worden, dass auch rechtswidriges Verhalten durchaus Bestandteil eines Dienstverhältnisses im steuerrechtlichen Sinne sein kann, und sind die Maßstäbe erörtert worden, nach denen bestimmt wird, wann eine Leistung des Arbeitgebers gegenüber dem Arbeitnehmer zu Arbeitslohn führt und wann dies nicht der Fall ist. Im Folgenden wird nun besprochen, wie die arbeitgeberseitige Übernahme von Geldsanktionen, die gegen Arbeitnehmer verhängt worden sind, bzw. die Übernahme von Verfahrens- und Verteidigungsaufwendungen der Arbeitnehmer in Bußgeld- und Strafverfahren aus einkommensteuerlicher Sichtweise zu behandeln ist. Dabei werden zunächst relevante Entscheidungen der Rechtsprechung (§ 4 C. I.) und Ansichten aus dem Schrifttum (§ 4 C. II.) dargestellt, um sodann zu einer Stellungnahme (§ 4 C. III.) zu gelangen, die sowohl die aufgeführten Ansichten wie auch die zuvor im Rahmen dieser Arbeit unterbreiteten Vorschläge zur Behandlung des Veranlassungszusammenhangs im Rahmen von § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG aufgreift.

I.  Rechtsprechung Bis zum Jahre 2004 finden sich kaum Entscheidungen, die sich mit der Frage auseinandersetzen, ob der Ersatz von Geldsanktionen durch das Unternehmen beim Arbeitnehmer zum Zufluss von Arbeitslohn führt.358 Seit 2004 hat sich der BFH zu diesem Thema in drei Entscheidungen geäußert. In allen drei Fällen wurde die Überprüfung dieser Frage jeweils unter Anwendung der Rechtsfigur vom ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse vorgenommen. 1.  Urteil des BFH vom 7. 7. 2004 Im Sachverhalt zum Urteil vom 7. 7. 2004359 ging es um die Bewertung von Geldzahlungen, die der Unternehmer eines 24-Stunden-Paketzustelldienstes 358  Vgl. RFH v. 6. 11. 1929 – VI A 1635/28, RFHE 26, 171. Nur entfernte Verwandtschaft zur Thematik weist der Fall zum Urteil des FG Nürnberg v. 13. 5. 1986 – VI 239/84, EFG 1986, 493 auf, in dem ein Arbeitgeber sich an der Bezahlung einer Kaution beteiligt hat, um die Freilassung eines Arbeitnehmers zu bewirken, der bei einer Geschäftsreise durch die DDR einen Verkehrsunfall verursacht hat. Die Kaution ist anschließend wegen des Nichtantritts der gegen den Arbeitnehmer verhängten Freiheitsstrafe verfallen. Ebenso ist auch zum Fall im Urteil des BFH v. 7. 2. 1956 – IV 547/56 U, BStBl. III 1957, 160 nur eine entfernte Verwandtschaft zu konstatieren. Dort ging es um den Ersatz einer Geldstrafe wegen Zollhinterziehung durch die Hintermänner einer internationalen Schmugglerbande. Die Übernahme der Strafe führte hier allerdings zu gewerblichen Einkünften der Bestraften. 359  BFH v. 7. 7. 2004 – VI R 29/00, BStBl. II 2005, 367.

C.  Steuerrechtlicher Umgang mit Übernahmekonstellationen

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seinen Arbeitnehmern zuwendete, um sie von den finanziellen Wirkungen der Verwarnungsgelder freizustellen, die wegen Verletzungen von Halteverboten gegen sie verhängt wurden. Im Gegensatz zu seinem Konkurrenten verfügte der Arbeitgeber für bestimmte Liefergebiete nicht über Ausnahmegenehmigungen nach § 46 StVO. Die Zusage gegenüber den Kunden, bei Nichteinhaltung der Zustellzeiten die Entgelte für die Lieferung zu übernehmen, gehörte zum Geschäftsmodell des Unternehmens. Unter diesen Bedingungen argumentierte der Arbeitgeber, dass er nur konkurrenzfähig bleiben könne, wenn die Fahrer mit den Lieferfahrzeugen in unmittelbarer Nähe zum Kunden hielten. Um dies durchzusetzen, wies er die Fahrer an, notfalls auch unter Verletzung von Halteverboten zu halten und stellte ihnen in Aussicht, die deswegen entstehenden Sanktionen ggf. zu ersetzen. Im diesem Zuge ersetzte er je betroffenem Fahrer und Jahr durchschnittlich unter 100 DM an Kosten für die Bezahlung von Verwarnungsgeldern. Der BFH ist der Argumentation des Arbeitgebers gefolgt und entschied, dass die Kostenübernahme keinen Arbeitslohn darstelle, da sie im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers erfolgt sei. Bei der Würdigung der Begleitumstände sah der Senat den Anlass der Erstattungszahlungen in der konkreten betrieblichen Entscheidung und Weisung des Arbeitgebers, an der die Lieferwagenfahrer ihr Verhalten ausrichteten. Die ihnen dadurch entstehenden Nachteile nähmen sie lediglich im Interesse des Arbeitgebers in Kauf. Im Vergleich zu Fahrern, die an anderen Standorten die gleiche Arbeitsleistung unter Vorliegen einer Ausnahmegenehmigung erbracht hätten, wäre eine wirtschaftlich Gleichstellung der verwarnten Fahrer erst erreicht worden, nachdem die Belastungen durch die Verwarnungsgelder ausgeglichen worden seien. Insgesamt, so der BFH, dienten die Zahlungen des Arbeitgebers dem gleichen Zweck wie Zahlungen zur Erlangung von Ausnahmegenehmigungen und sollten lediglich eine zügige Paketzustellung ermöglichen, nicht jedoch die sanktionierten Fahrer für die Zurverfügungstellung der individuellen Arbeitskraft entlohnen. Abgesehen davon, dass nur die Sanktionen für bestimmte Gesetzesverstöße (z. B. keine Geschwindigkeitsübertretungen) übernommen wurden, fände keine weitere Individualisierung der Zahlungen statt. Zudem sei im Rahmen der Abwägung das betragshöhenorientierte Interesse der Fahrer an den Erstattungszahlungen im Vergleich zum Interesse an der Durchsetzung einer pünktlichen Lieferung durch die Fahrer („unternehmerischer Kernbereich“) nur von geringer Bedeutung. Der BFH berücksichtigte zudem denkbar nachteilige Effekte, die sich für das Betriebsklima ergäben, wenn der Arbeitgeber die Verwarnungsgelder nicht ersetzte und die Arbeitnehmer auf die Zuteilung günstigerer Strecken drängen würden. Bei alldem sei nach Ansicht des BFH für die Beurteilung der streiterheblichen Frage, „ob das Fehlverhalten des einzelnen Fahrers von der Rechtsordnung missbilligt wird, […] ebenso wenig von Belang wie die Frage, ob das Weisungsrecht

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§ 4  Übernahme strafrechtlicher Geldsanktionen durch Dritte

des Arbeitgebers derartige Handlungen umfasst […]“.360 Auch sei das Abzugsverbot in § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 EStG (i. V. m. § 9 Abs. 5 S. 1 EStG) ohne Aussagekraft, da es dort nur um die Behandlung von Erwerbsaufwendungen gehe, in der Entscheidung jedoch eine Frage auf Einnahmenseite zu beantworten sei. Offen gelassen wurden vom BFH zuletzt vor allem die Fragen, ob anders zu entscheiden wäre, wenn es um Erstattungszahlungen für gewichtigere Sanktionen ginge und ob die Aufwendungen des Arbeitgebers vom Betriebsausgabenabzug ausgeschlossen seien.361 2.  Urteil des BFH vom 22. 7. 2008 In dem Sachverhalt, über den der BFH mit Urteil vom 22. 7. 2008362 entschied, wurden eine Geldbuße und eine Geldauflage (§ 153a StPO) in Höhe von insgesamt etwa 79.000 DM, die gegen einen Geschäftsführer einer GmbH verhängt wurden, durch die GmbH bezahlt. Die Sanktionen beruhten auf dem Vorwurf, dass der Betroffene Produkte entgegen lebensmittelrechtlichen Vorschriften in den Verkehr gebracht hatte. Das FG Bremen hatte zuvor unter anderem festgestellt, dass keine Weisung der anderen Geschäftsführer oder Mehrheitsgesellschafter der GmbH zum Inverkehrbringen der Produkte erteilt wurde und dass die Sanktionen zusammen etwa 75 % des Jahresverdienstes des Klägers entsprachen.363 Im Revisionsverfahren berief sich der Kläger auch darauf, dass die Übernahme der Sanktionen seitens der GmbH ihn dazu veranlassen sollte, auch in Zukunft aus Gründen der Gewinnmaximierung mit der großzügigen Handhabung lebensmittelrechtlicher Vorschriften fortzufahren. Der BFH bestätigte in der Revision zunächst, dass die Übernahme von Geldbußen und -auflagen grundsätzlich im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers erfolgen könne und es deswegen auch am Vorliegen von Arbeitslohn fehlen könne. Sodann schloss er sich aber der Würdigung der Vorinstanz an, dass im gegebenen Fall insgesamt von Arbeitslohn auszugehen sei. Maßgeblich wurde dabei auf die Wechselwirkungsthese abgestellt, wobei aus dem Vergleich zwischen der Höhe der übernommenen Belastung und dem Verdienst des Klägers abgeleitet wurde, dass jener ein so erhebliches Interesse an der Übernahme der Sanktionen habe, dass selbst ein zugunsten des Klägers unterstelltes eigenbetriebliches Interesse der GmbH nachrangig erscheine. Entgegen dem Einwand, dass der Zweck der Übernahme in der auch zukünftig erfolgenden großzügigen Handhabung lebensmittelrechtlicher Vorschriften liege, schloss sich 360 

BFH v. 7. 7. 2004 – VI R 29/00, BStBl. II 2005, 367, juris Rn. 19. Frage des Betriebsausgabenabzugs auf der Ebene des Arbeitgebers s. § 4 C. III. 2. b) bb). 362  BFH v. 22. 7. 2008 – VI R 47/06, BStBl. II 2009, 151. 363  FG Bremen v. 6. 10. 2005 – 1 K 55/03, EFG 2006, 202, juris Rn. 62 ff. 361 Zur

C.  Steuerrechtlicher Umgang mit Übernahmekonstellationen

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der BFH den Erwägungen des FG an, dass es im Interesse der GmbH liege, dass der Kläger bei der Geschäftsführung die gesetzlichen Vorgaben wahre. Zuletzt hat der BFH sich mit dem Einwand des Klägers auseinandergesetzt, dass das FG keinen (fiktiven) Werbungskostenabzug geprüft habe, entschied jedoch, dass dieser aufgrund der Wirkungen der Abzugsverbote in § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 EStG hinsichtlich der Geldbuße und in § 12 Nr. 4 EStG hinsichtlich der Geldauflage ohnehin nicht zu gewähren wäre. In Anbetracht der Geldauflage sah sich der BFH zu der eigenständigen Würdigung befähigt, dass es sich hierbei nicht lediglich um eine schadenswiedergutmachende Auflage handele. 3.  Urteil des FG Köln vom 22. 9. 2011 und des BFH vom 14. 11. 2013 Mit dem Urteil des BFH vom 14. 11. 2013364 wurde die vorherige Rechtsprechung aufgegeben. Im Ausgangsfall der Entscheidung ging es um die lohnsteuer­ rechtliche Behandlung der arbeitgeberseitigen Übernahme von Bußgeldern wegen Verletzung von Lenk- und Ruhezeiten durch einen Speditionsunternehmer. Dieser hatte vor dem FG vorgetragen, dass zu seiner Kundschaft vor allem auch Lebensmittelhersteller und Zulieferer der Automobilindustrie gehören, denen – sollten ihre Waren Lebensmitteldiscounter und Automobilproduzenten nicht rechtzeitig erreichen – erhebliche Konventionalstrafen drohen. Schäden, die durch die Überschreitung von Lieferterminen entstünden, gingen dabei letztlich zu Lasten des Speditionsunternehmens und dementsprechend auch zu seinen eigenen Lasten. Um die Einhaltung des vereinbarten Liefertermins zu ermöglichen, sei deshalb die betriebliche Entscheidung getroffen worden, die Terminverpflichtung notfalls auch unter Verletzung der gesetzlich vorgeschriebenen Lenk- und Ruhezeiten einzuhalten. Die finanzielle Übernahme der Geldsanktionen diene lediglich dem Ausgleich der finanziellen Nachteile, welche die Fahrer erlitten, wenn sie ihr Verhalten an jener betrieblichen Entscheidung ausrichteten.365 In der Tatsacheninstanz hatte das FG Köln entschieden, dass die verhängten Bußgelder den einzelnen Lkw-Fahrer wegen seiner Verletzung der Lenk- und Ruhezeiten beträfen. Darauf, dass die Rechtsverstöße im betrieblichen Interesse und in Befolgung der Weisung des Arbeitgebers begangen werden, könne der Kläger sich nicht berufen. Das „wohlverstandene eigenbetriebliche Interesse der Klägerin [müsse] darauf gerichtet sein, ihre betrieblichen Abläufe so auszurichten, dass sie ihre vertraglichen Verpflichtungen im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen erfüllen kann.“366 Diesen Bedingungen zuwiderlaufende Weisungen seien 364 

BFH v. 14. 11. 2013 – VI R 36/12, BStBl. II 2014, 278. FG Köln v. 22. 9. 2011 – 3 K 955/10, EFG 2012, 518, juris Rn. 1 ff. – best. 366 Ebd., juris Rn. 16. 365 

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§ 4  Übernahme strafrechtlicher Geldsanktionen durch Dritte

unbeachtlich. Das gelte insbesondere deshalb, weil es sich im zu beurteilenden Fall um erhebliche Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung handele, die – anders als der Verstoß gegen ein Parkverbot – im fließenden Verkehr stattfinden und deshalb erheblichen Einfluss auf die Sicherheit der Verkehrsteilnehmer haben.367 Zuletzt gab das FG Köln hinzu, dass es sich wegen der absoluten Höhe einzelner Geldbußen (bis zu 3.642 €) und der relativ hohen Zahl verhängter Sanktionen innerhalb eines kurzen Zeitraumes auch nicht lediglich um gelegentliche und geringfügige Verstöße handele. Der BFH schloss sich diesen Erwägungen „als naheliegend“ an und gab seine Auffassung, „dass die Übernahme von Verwarnungsgeldern wegen Verletzung des Halteverbots im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers liegen kann“, ausdrücklich auf.368 Dabei stützte sich der Senat auch auf die Kritik, die im Schrifttum an seiner vorherigen Auffassung geübt wurde. Für den Senat war „insbesondere entscheidend, dass ungeachtet der Frage, ob der Arbeitgeber ein solches rechtswidriges Verhalten angewiesen hat und anweisen darf, jedenfalls auf einem solchen rechtswidrigen Tun der Betrieb auch nicht teilweise gründen kann und daher insoweit keine beachtlichen betriebsfunktionalen Gründe vorliegen können.“369

Schließlich bestätigte der BFH auch die Einbeziehung von Höhe und Häufigkeit der verhängten und übernommenen Bußgelder in die Gesamtwürdigung. 4.  Urteil des FG Düsseldorf vom 4. 11. 2016 Mit dem Urteil des FG Düsseldorf vom 4. 11. 2016370 ist zuletzt ein Fall mit ähnlicher Thematik – den lohnsteuerrechtlichen Auswirkungen der Übernahme von Geldsanktionen – entschieden worden. Bei der Klägerin in diesem Verfahren handelte es sich um dieselbe Klägerin, die bereits das zuvor dargestellte Urteil des BFH vom 7. 7. 2004 erstritten hatte (s. o.), sodass sich das Bedürfnis ihrer angestellten Fahrer ggf. unter Verletzung von Parkverboten zu halten, aus denselben Gründen erklärt. Betont wurden dabei ähnliche Faktoren, wie sie schon zuvor zur Sprache gekommen waren: so zunächst das Bedürfnis eine finanzielle Gleichstellung von Fahrern zu erreichen, deren Routen durch Gebiete führen, für die der Klägerin Ausnahmegenehmigungen erteilt wurden und solchen, auf deren Routen dies nicht der Fall ist und für die somit ein höheres Risiko besteht, wegen einzelner gesetzeswidriger Halte- oder Parkvorgänge mit Verwarnungsgeldern oder Geldbußen belegt zu werden. Insbesondere bestehe auch kein Interesse da367 Ebd. 368 

BFH v. 14. 11. 2013 – VI R 36/12, BStBl. II 2014, 278, juris Rn. 12. juris Rn. 13. 370  FG Düsseldorf v. 4. 11. 2016 – 1 K 2470/14 L, EFG 2017, 315 – nrkr. 369 Ebd.,

C.  Steuerrechtlicher Umgang mit Übernahmekonstellationen

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ran, dass die angestellten Fahrer Gesetzesverstöße begingen, und die Klägerin habe sich bemüht – wo möglich – eine Erteilung der besagten Ausnahmegenehmigungen zu erreichen. Das Entstehen der betrieblichen Notwendigkeit, Liefervorgänge ggf. auch unter Verstoß gegen Ordnungsgesetze zu ermöglichen, sei dementsprechend auch von objektiven äußeren Gegebenheiten abhängig. Weiterhin wurde betont, dass nur die Geldsanktionen der Lieferwagenfahrer übernommen werden und auch von jenen nur solche, die wegen Parkverstößen verhängt wurden. Die Signifikanz dieses Sachverhaltes besteht darin, dass die jeweiligen Verwaltungsträger die Verwarnungsgelder entweder direkt gegen das Unternehmen als Halterin der Fahrzeuge festgesetzt oder ihm einen Zeugenfragebogen mit der Aufforderung zugesandt hatten, entweder Angaben zu den Personalien des jeweiligen Fahrers zu machen und somit weitere Ermittlungen zu vermeiden oder das jeweilige Verwarnungsgeld innerhalb von einer Woche zu bezahlen. In beiden Fällen bezahlte die Klägerin die festgesetzte Sanktion.371 Das FG berücksichtigte den soeben genannten Umstand als wesentlichen Unterschied zu dem Sachverhalt, über den im Urteil vom 7. 7. 2004 entschieden wurde; dort wurden die Verwarnungs- und Bußgelder nicht gegen das Unternehmen selbst festgesetzt, sondern gegen die einzelnen Fahrer.372 Im weiteren Verlauf der ausführlich begründeten Entscheidung sah es dann folgende Erwägungen als tragend an: Zunächst lehnte das FG die Annahme ab, dass den Arbeitnehmern schon durch die Zahlung der Sanktionen ein geldwerter Vorteil zufließt.373 Hierbei bestätigte das FG, dass es sich bei der Festsetzung eines Verwarnungsgeldes zwar um einen mitwirkungspflichtigen Verwaltungsakt handele und die Zahlung freiwillig erfolge. Auch unter diesen Umständen handele es sich jedoch um die Begleichung einer „eigenen Schuld“ des Unternehmens. Selbst wenn die Festsetzung eines Verwarnungsgeldes (§ 56 OWiG) oder die Geltendmachung einer subsidiären Kostentragungspflicht (§ 25a StVG) gegen eine Personengesellschaft deswegen rechtswidrig sein kann, weil als Führer des Fahrzeugs und damit Täter eines Verkehrsverstoßes nur eine natürliche Person in Betracht komme, so hindere dies nicht die Wirksamkeit der Festsetzung und den möglichen Eintritt der Bestandskraft.374 Weiterhin sei ein geldwerter Zufluss bei den Arbeitnehmern auch deswegen nicht anzunehmen, weil eine Nichtbezahlung der Sanktionen nicht unmittelbar zu einer Festsetzung gegenüber einem bestimmten Arbeitnehmer, sondern nur zur Fortsetzung der Ermittlungen im Bußgeldverfahren führen würde. Jene würden wiederum bei Erfolglosigkeit letztlich mit der Festsetzung einer dann 371 Ebd.,

juris Rn. 6. FG Düsseldorf v. 4. 11. 2016 – 1 K 2470/14 L, EFG 2017, 315, juris Rn. 40 – nrkr. 373 Ebd., juris Rn. 39 ff. 374 Vgl. Schütze, EFG 2017, 319 (320). 372 

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§ 4  Übernahme strafrechtlicher Geldsanktionen durch Dritte

zwangsweise durchsetzbaren Kostentragungspflicht gegenüber der Klägerin enden. Im nächsten Schritt setzte sich das FG mit der Frage auseinander, ob der Verzicht der Klägerin auf die Geltendmachung eines Rückgriffs- oder Schadensersatzanspruches gegen die Arbeitnehmer zum Zufluss eines geldwerten Vorteils führt.375 Das verneinte das FG unter Darlegung aller möglicherweise in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen, die vor allem an den Bedingungen des Bußgeldverfahrens oder dem maßgeblichen Interesse der Klägerin an der Ermöglichung optimaler Lieferbedingungen und damit auch der Übernahme der Geldsanktionen scheiterten. Zuletzt erörterte das FG den Fall auch unter dem alternativen Gesichtspunkt, der bei einer Annahme eines geldwerten Zuflusses bei den Arbeitnehmern zu berücksichtigen wäre: der Abgrenzung von Arbeitslohn und Nichtarbeitslohn im Rahmen der Untersuchung des ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesses des Arbeitgebers.376 Dabei ist das FG der Entscheidung des BFH im Urteil vom 14. 11. 2013 bewusst nicht gefolgt. So leitete es aus dem Vortrag der Klägerin das Vorliegen beachtlicher betriebsfunktionaler Gründe für die Sanktionsübernahme ab und verweigerte sich dem Gedanken, dass der Betrieb der Klägerin unter Anerkennung dieser Gründe auf einem rechtswidrigen Verhalten seiner Arbeitnehmer „gründet“. Unterstützung für diese Auffassung leitete das FG auch daraus ab, dass die Klägerin die Sanktionen nur in denjenigen Fällen bezahlt hat, in denen dies zur Umsetzung ihrer betriebsfunktionalen Motive unerlässlich war. Weiterhin bezog es auch die Überlegung mit ein, dass es sich bei Park- und Halteverstößen selbst nach Ansicht des BVerfG um solche mit Bagatellcharakter handelt377 und die subsidiäre Kostentragungspflicht des Halters (§ 25a StVG) eine Regelung sei, die vom Prinzip der grundsätzlichen Haftung des Täters abweiche. Unter diesem Aspekt finde eine Abgrenzung zu den Verstößen statt, die in der Vorgeschichte zum Urteil vom 14. 11. 2013 geahndet wurden. Schließlich war das FG auch der Ansicht, dass die Höhe der ersetzten Verwarnungsgelder so gering sei (zwischen 30 € und 55 €), dass im Vergleich zum Interesse des Arbeitgebers kein erhebliches Interesse der Arbeitnehmer vorliege. Alles in allem ist das FG Düsseldorf somit dem Vortrag des Klägers gefolgt und hat die Bezahlung der angefallenen Verwarnungsgelder sowohl unter dem Gesichtspunkt des fehlenden Zuflusses eines geldwerten Vorteils als auch unter dem alternativen Gesichtspunkt des Bestehens eines ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesses des Arbeitgebers nicht als Zahlung von Arbeitslohn angesehen. 375 

FG Düsseldorf v. 4. 11. 2016 – 1 K 2470/14 L, EFG 2017, 315, juris Rn. 51 ff. – nrkr. juris Rn. 68 ff. 377  BVerfG v. 1. 6. 1989 – 2 BvR 239/88, 1205, 1533, 1095/87, BVerfGE 80, 109, juris Rn. 28; v. 4. 7. 1967 – 2 BvL 10/62, BVerfGE 22, 125, juris Rn. 28. 376 Ebd.,

C.  Steuerrechtlicher Umgang mit Übernahmekonstellationen

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Zu der Frage, ob die Bezahlung der Verwarnungsgelder für die Arbeitgeberin zu abziehbaren Betriebsausgaben führt oder insofern § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 S. 1 EStG einem Betriebsausgabenabzug entgegensteht, hat das FG sich nicht geäußert. Die Revision der Entscheidung ist durch das FG zugelassen worden und beim BFH anhängig.378

II.  Meinungsbild im Schrifttum Im Schrifttum hat eine Auseinandersetzung mit unterschiedlichen Aspekten der dargestellten Rechtsprechung stattgefunden, ohne dass zu all jenen eine vertiefende Diskussion angestoßen worden ist. Die jeweiligen Ansichten weisen dabei vielfach zugleich Gemeinsamkeiten und Unterschiede auf. 1.  Jüngeres Schrifttum a)  Tendenzielle Befürwortung der Möglichkeit einer Sanktionsübernahme im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse Breuninger lehnt den Gedanken eines wohlverstandenen eigenbetrieblichen Interesses ab, da das Veranlassungsprinzip wertneutral zu interpretieren sei und auch § 40 AO „gegen die ohne weitere Subsumtion und Wertung erfolgende Ablehnung der betrieblichen Veranlassung aufgrund ‚der rechtswidrigen Weisungen‘ spricht“.379 Da bei der Übernahme sehr wohl grundsätzlich betriebsfunktionale Gründe vorliegen könnten, komme es entscheidend darauf an, ob auch ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers angenommen werden kann. Im Rahmen der von ihm gezeichneten Fallstudie nennt er den Wunsch des Arbeitgebers zur Vermeidung eines langwierigen öffentlichkeitswirksamen Verfahrens gegen seinen Mitarbeiter als Beispiel für eine Situation, in der ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse an der Übernahme einer Geldauflage nach § 153a StPO bestehen kann. Der Gedanke, dass sich aus § 40 AO auch Einflüsse auf die Bewertung von Sanktionserstattungszahlungen des Arbeitgebers herleiten lassen könnten, wird auch an anderer Stelle hervorgehoben.380 So hat Fellmeth nach der Veröffentlichung des Urteils des FG Köln vom 22. 9. 2011, aber vor der Rechtsprechungsänderung durch den BFH vertreten, dass der Gewichtigkeit des Rechtsverstoßes 378 

Dort unter dem Az. VI R 1/17. Breuninger, JbdFfSt 2014/2015, 303 (313). 380  Drüen, JbdBvdStb 2013, 71 (109). Stärker auf die Frage bezogen, ob die Übernahme von Strafverfahrenskosten und Strafverteidigungsaufwendungen zur Annahme von Arbeitslohn führt, Englert, DStR 2008, 1010 (1014). Ohne tiefergehende Auseinandersetzung Hilbert, BB 2014, 350 (352). 379 

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aufgrund des Gedankens der Wertneutralität kein Einfluss auf die Frage zukomme, ob die Übernahme der Sanktion zu einem Zufluss steuerbarer Einnahmen beim Arbeitnehmer führt.381 Im Übrigen ist sie auch der Ansicht, dass den Sanktionsabzugsverboten keine Bedeutung hinsichtlich der einkommensteuerrechtlichen Qualifizierung der Erstattungszahlungen zukommt.382 Alles in allem sei im Rahmen einer Abwägung anhand des Kriteriums des ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesses allein auf die Interessen der Parteien abzustellen. Indem der Arbeitgeber sich bereiterkläre eine Geldsanktion des Arbeitnehmers zu tragen, zeige er jedoch gerade sein erhebliches Interesse an der Übernahme der Sanktion.383 Der Arbeitnehmer werde die Erstattungszahlung hingegen nicht als Bereicherung, sondern als Ausgleich ihm entstandener Schäden verstehen, wenn er die sanktionierte Tat auf Weisung des Arbeitgebers unternommen hat.384 Inzwischen vertritt Fellmeth allerdings, dass Sanktionsübernahmen durch Arbeitgeber schon im Ansatz nicht zum Zufluss von Arbeitslohn führen können, da sich der Täter als Privatperson (d. h. nicht als Arbeitnehmer) rechtswidrig verhalte und die Erstattungszahlungen des Arbeitgebers demnach nicht durch das steuerrechtliche Dienstverhältnis veranlasst seien.385 Die auf § 40 AO bezogenen Gedanken verallgemeinert Schütze, indem sie darauf verweist, dass unter der Wirkung dieser Vorschrift auch ansonsten im Ertragsteuerrecht anerkannt sei, dass ein ganzes Unternehmen auf rechtswidrigem bzw. sogar strafbarem Verhalten gründen könne.386 Sie bringt den Gedanken ein, ob es gerecht sei, den Arbeitnehmer steuerrechtlich zu sanktionieren, wenn er eine rechtswidrige Tat im Interesse des Arbeitgebers begangen habe bzw. sein eigenes Interesse lediglich auf den Erhalt des Arbeitsplatzes gerichtet sei. Das gesetzlich vorgegebene, wertungsmäßige Korrektiv für die einkommensteuerrechtliche Behandlung von Sanktionen liege in den Abzugsverboten und ermögliche ggf. die Erstattungszahlungen nicht als Arbeitslohn zu behandeln, dem Arbeitgeber aber zugleich den Betriebsausgabenabzug für die Zahlungen zu versagen.387 Mit einem stärker auf die Verzahnung von Straf- und Steuerrecht ausgerichteten Blickwinkel weist Drüen darauf hin, dass die Behandlung der Übernahmezahlungen Spannungen hervorrufe, die eigentlich im Auseinanderfallen der 381 

Fellmeth, FR 2012, 1064 (1070). Fellmeth, FR 2012, 1064 (1071). So auch Pfützenreuter, jurisPR-SteuerR 10/2017 Anm. 2; Barein, L/B/P-EStG, § 19 Rn. 379b. A. A. Breinersdorfer, K/S/M-EStG, § 19 Rn. B 361. 383 Ähnlich Englert, DStR 2008, 1010 (1014), der von der Kostenübernahme sogar auf das erhebliche Interesse an der Tat schließt. 384  Fellmeth, FR 2012, 1064 (1069). 385  Dazu § 4 B. II. 3. b). 386  Schütze, EFG 2017, 319 (320). 387 Ebd. 382 

C.  Steuerrechtlicher Umgang mit Übernahmekonstellationen

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Weisungs- und Sanktionszuständigkeit innerhalb des Arbeitsverhältnisses angelegt seien.388 So werde vernachlässigt, dass der Arbeitnehmer in vielen Fällen aus der Befolgung einer Weisung zu rechtswidrigem Verhalten keinen weiteren Nutzen ziehe, als die Hoffnung den eigenen Arbeitsplatz hierdurch zu sichern. Das eigentliche Interesse an der Weisungsbefolgung liege daher auf der Unternehmensseite, für den Arbeitnehmer bedeuteten die Erstattungszahlungen lediglich einen Nachteilsausgleich.389 Zudem mahnt er, dass die Ableitung von Fernwirkungen aus den Abzugsverboten oder eine Einbringung des Postulats von der Einheit der Rechtsordnung in die Arbeitslohnqualifikation abzulehnen sei.390 b)  Ergebnisoffene Kritik an der Rechtsprechungsänderung des BFH Der (inzwischen) ehemalige BFH-Richter Bergkemper hat eine Anmerkung zur Rechtsprechungsänderung des BFH im Jahr 2013 hinsichtlich der arbeitgeberseitigen Sanktionsübernahme verfasst und stellt fest, dass dies unter Verzicht auf eine Gesamtabwägung unter moralisierenden Erwägungen und der Negierung des Veranlassungsprinzips im Zusammenhang mit Arbeitslohn geschehen sei.391 Die getroffene Entscheidung des BFH sei deswegen aus systematischen Gesichtspunkten zweifelhaft. Im Falle einer solchen Gesamtabwägung sehe er das Ergebnis als keineswegs vorgezeichnet an.392 Mit ähnlichen Gedanken äußert sich auch Geserich zur Übernahme von Verwarnungsgeldern in seiner Stellungnahme zum Urteil des BFH vom 14. 11. 2013. Dabei scheint er die tragenden Erwägungen der Entscheidung abzulehnen und sich für ein Festhalten an dem bislang vertretenen Begründungsschema auszusprechen, also für die Überprüfung von Übernahmekonstellationen in Arbeitsverhältnissen anhand der Rechtsfigur vom ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse. Hinsichtlich des Ergebnisses einer solchen Untersuchung zeigt er sich ohne Präferenz. So hätte seiner Ansicht nach eine Gesamtwürdigung wegen der Schwere der dort betrachteten Verstöße (Lenk- und Ruhezeiten) zu einer Ablehnung des ganz überwiegenden Arbeitgeberinteresses an der Übernahme der Bußgelder führen können oder unter Verweis auf die Anforderungen einer „just in 388  Indirekt deutet auch eine Anmerkung von Geuenich in die Richtung einer solchen Problemerkenntnis. Er schlägt der Praxis vor, dem Abschluss von Bußgeldverfahren gegen Mitarbeiter des Unternehmens in geeigneten Fällen dadurch zuvorzukommen, dass den zuständigen Behörden frühzeitig der Erlass der Geldbuße gegenüber dem Unternehmen (§ 30 OWiG) angeregt wird, Geuenich, BB 2009, 203 (204). 389  Drüen, JbdBvdStb 2013, 71 (108). 390 Ebd., (109). 391  So auch Körper, SteuK 2014, 331 (334). 392  Bergkemper, FR 2014, 281 (283).

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§ 4  Übernahme strafrechtlicher Geldsanktionen durch Dritte

time“-Logistik auch bejaht werden können.393 Im Hinblick auf die Übernahme von Geldstrafen und -auflagen vertritt er hingegen – ohne weitere Begründung – eine klar restriktive Linie und sieht durch ihre Übernahme stets die Zahlung von Arbeitslohn bewirkt.394 c)  Tendenzielle Ablehnung der Möglichkeit einer Sanktionsübernahme im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers Mit seiner Kommentierung hat Geserich sich von der Ansicht Thürmers gelöst, dessen Autorenschaft er übernommen hat.395 Thürmer hatte zuvor vertreten: „Selbst wenn der Arb[eitgeber] […] Verwarnungsgelder aus betriebsfunktionalen Gründen […] erstattet, kann dies nicht höher zu bewerten sein, als die Respektierung der Rechtsordnung durch den Arb[eitnehmer] u. (letztl. auch) den Arb[eitgeber]; die (geringe) Bedeutung des Verstoßes ist kein Argument […]; denn der Verstoß wird – deshalb das Verwarnungsgeld – von der Rechtsordnung missbilligt. Der Arb[eitgeber] hat insoweit kein Weisungsrecht […]. Der Arb[eitnehmer] soll darüber hinaus – dies besagen die einschlägigen Abzugsverbote im EStG – die Folgen seines Verstoßes nicht stl. geltend machen können; kann er sie auf den Arb[eitgeber] abwälzen, wird der Gedanke der Einheit der Rechtsordnung ausgehöhlt.“396

Auch Paul Kirchhof ist der Ansicht, dass es bei einem rechtswidrigen Verhalten des Arbeitnehmers nicht an einem notwendigen betriebsfunktionalen Zusammenhang fehlen muss.397 Er ist aber im Übrigen der Ansicht, dass die arbeitgeberseitige Übernahme von „Geldstrafen, Geldbußen oder Geldauflagen nach § 153a StPO […]“ zur Erzielung von Einnahmen des Arbeitnehmers führe, „weil diese höchstpersönlichen Sanktionen den Täter in seinem Vermögen – seinem versteuerten Einkommen – treffen sollen.“ So seien alle diese „Sanktionszahlungen […] Kosten der privaten Lebensführung (§ 12 Nr. 4).“398 Weiterhin betreffe die 393  Geserich, Blümich/EStG, § 19 Rn. 206. Das wirkt schwer vereinbar mit der Stichwortkommentierung „Verwarnungsgelder“ unter derselben Rn., in der vertreten wird, dass Verkehrsdelikte bei der Arbeit immer privat veranlasst seien. Dieser Widerspruch erklärt sich aber vermutlich aus der unbesehenen Übernahme der Kommentierung von Thürmer, der auch i. Ü. eine restriktivere Linie zum Umgang mit der Sanktionsübernahme vertreten hat, vgl. Thürmer, Blümich/EStG, 127. EL., 2015, § 19 Rn. 280 „Verwarnungsgelder“. 394  Geserich, Blümich/EStG, § 19 Rn. 280 „Geldstrafen“. 395  Geschehen mit dem Wechsel von der 127. Auflage zur 128. Auflage im Jahre 2015. 396  Thürmer, Blümich/EStG, 127. EL., 2015, § 19 Rn. 280 „Verwarnungsgelder“. Ebenso Braun, EFG 2005,759 (760), der direkt auf die Durchsetzung des Rechtsgedankens der Sanktionsabzugsverbote abstellt, allerdings betont, dass es sich „letztlich eher um ein rechtspolitisches Problem handelt.“ A. A. Fellmeth, FR 2012, 1064 (1071). 397  P. Kirchhof, Kirchhof/EStG, § 8 Rz. 19. 398  P. Kirchhof, Kirchhof/EStG, § 8 Rz. 10; zum Zusammenhang zwischen der Zahlung von Bußgeldern und den Kosten der privaten Lebensführung ausdrücklich auch ebd., Rz. 19.

C.  Steuerrechtlicher Umgang mit Übernahmekonstellationen

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„Frage, ob der Arb[eitgeber] eine Leistung nur aus eigenbetrieblichen Gründen anbietet oder daneben noch private Bedürfnisse seiner Arb[eitnehmer] befriedigt […], […] den Tatbestand des Arbeitslohns, nicht schuldausgleichend und edukatorisch zugemessene Individuallasten.“399

Im Ergebnis scheint Kirchhof daher der Ansicht zu sein, dass zwar die Rechtsfigur vom ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse an sich keine direkte Vorgabe dafür enthalte, wie selbst angewiesene rechtswidrige Handlungen des Arbeitnehmers zu bewerten seien. Zugleich soll aber wegen des besonderen Charakters der Sanktionen naturgemäß die Erstattungszahlung stets als Arbeitslohn zu bewerten sein. Obwohl er nur im Fall der Übernahme von Geldstrafen annimmt, dass jene in den „privaten Bereich“ fallen, vertritt Breinersdorfer, dass auch das Abzugsverbot für Geldbußen und ihnen gleichgestellte Sanktionen den Veranlassungszusammenhang mit dem Dienstverhältnis trenne. Erstaunlicherweise führt ihn genau dieser Gedankengang zu dem Schluss, dass deshalb die Erstattungszahlung zur Entstehung von Arbeitslohn führen müsse. Wegen der teleologischen Ausrichtung der Sanktion komme es nicht auf eine wertende Betrachtung aller Umstände des Einzelfalls an.400 In eine ähnliche Richtung geht schließlich auch die Ansicht von Heger. Sie nimmt zwar zur Kenntnis, dass Arbeitgeber und Unternehmer de facto ein Interesse daran haben können, dass ihre Arbeitnehmer es mit der Einhaltung gesetzlicher Vorschriften nicht so genau nehmen, dieses Interesse aber nicht zu berücksichtigen sei, da Unternehmen auch im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften betrieben werden könnten und Arbeitgeber die Begehung von Ordnungswidrigkeiten und Straftaten nicht wirksam anordnen könnten. Außerdem seien Sanktionen, trotz ihrer – unbeschadet der gesetzlichen Abzugsverbote – bestehenden betrieblichen oder beruflichen Veranlassung, aus dem Privatvermögen zu tragen.401 Diese Wirkung will Karin Heger wohl nicht durch die lohnsteuerfreie Möglichkeit des arbeitgeberseitigen Ausgleichs unterwandert sehen. Eisgruber vertritt hingegen, dass der BFH zum richtigen Ergebnis komme, wenn er die Übernahme von Bußgeldern als Zahlung von Arbeitslohn bewertet, und begründet dies damit, dass die Behandlung als Nicht-Arbeitslohn übersehen habe, dass „die Übernahme v[on] Verwarnungsgeldern auch dann Aufwendungen des Arb[eitnehmers] ersetzt, wenn dieser im Einverständnis des Arb[eitgebers] gehandelt hat, da dieses Einverständnis nicht die Rechtswidrigkeit des eigenen Handelns beseitigt“.402 Zugleich schließt er sich den Entscheidungsbegründungen 399 

P. Kirchhof, Kirchhof/EStG, § 8 Rz. 19. Breinersdorfer, K/S/M-EStG, § 19 Rn. B 361. 401  K. Heger, DB 2014, 1277 (1281). 402  Eisgruber, Kirchhof/EStG, § 19 Rz. 66. 400 

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§ 4  Übernahme strafrechtlicher Geldsanktionen durch Dritte

des BFH jedoch nicht vorbehaltlos an. So vertritt er auch, dass eine Abwägung zwischen dem eigenbetrieblichem Interesse des Arbeitgebers und dem Interesse des Arbeitnehmers notwendig sei und hierbei wiederum aus Gleichheitsgründen auf die Anwendung des Wechselwirkungsgedankens verzichtet werden sollte.403 d)  Unklare Differenzierung oder reine Ergebnisfeststellung Im Nachgang des Urteils des FG Düsseldorf vom 4. 11. 2016 hat Weber-Grellet vorgeschlagen, die Einzelfallbetrachtung der lohnsteuerrechtlichen Qualifizierung von Übernahmekonstellationen daran auszurichten, wessen Schutz die verletzte Rechtsvorschrift dient. So leitet er zum Beispiel ab, dass der Schutzzweck der gesetzlichen Anordnung von Lenk- und Ruhezeiten den Interessen des Arbeitnehmers diene. Bezahle nun der Arbeitgeber die gegen den Arbeitnehmer wegen der Nichteinhaltung jener Vorschriften festgesetzte Sanktion, so handele es sich um Aufwendungen zur Erhaltung der (ausgeruhten) Arbeitskraft.404 Dabei wird jedoch nicht ersichtlich, weshalb eine Zahlung, die im Ergebnis geleistet wird, weil der Arbeitnehmer – womöglich im faktischen Interesse des Arbeitgebers – seine Ruhezeiten nicht eingehalten hat, der Erhaltung der Arbeitskraft dient. Zu erklären wäre dies nur, wenn gemeint ist, dass die Qualifikation als Arbeitslohn und damit die Mehrbelastung des Steuerpflichtigen ihn mahnen soll, in Zukunft dem Norm­ appell zu folgen und Lenk- und Ruhezeiten einzuhalten. Darüber, ob dieses Ergebnis gemeint ist, kann nur spekuliert werden. Im Ergebnis bleibt damit unklar, wie die von Weber-Grellet vorgeschlagene Differenzierung funktionieren soll. Im Übrigen finden sich auch diverse Ansichten ohne tiefergehende Begründung405 bzw. reine Feststellungen, dass die Übernahme von Geldstrafen, Geldbußen, Geldauflagen und grundsätzlich auch von Verwarnungsgeldern zur Entstehung von Arbeitslohn führt406 oder die umgekehrt davon ausgehen, dass durch die Übernahme ggf. kein Arbeitslohn entsteht.407 403 

Eisgruber, Kirchhof/EStG, § 19 Rz. 66. Weber-Grellet, jurisPR-ArbR 10/2017 Anm. 5. 405  Buciek differenziert zum Beispiel bei geringfügigen Rechtsverstößen, die mit Verwarnungsgeldern geahndet werden, danach, ob diese vom Arbeitgeber angewiesen worden sind (dann ggf. im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse) oder nicht (dann Arbeitslohn). Im Hinblick auf das von ihm besprochene BFH-Urteil v. 7. 7. 2004 (§ 4 C. I. 1.) leitet er dieses Ergebnis daraus ab, dass das Unternehmen die Sanktionszuständigkeit über die subsidiäre Kostentragungspflicht auch an sich ziehen könnte. Eine tiefergehende Untersuchung, insbesondere der Grenzbereiche des aufgeworfenen Gedankens, hat er allerdings nicht unternommen, ders., DStZ 2005, 240. 406  Bruschke, StB 2016, 291 (295); Krüger, Schmidt/EStG, § 19 Rn. 100 „Geldbuße/-strafe/-auflage“ und „Verwarnungsgelder“; Meurer, Lademann/EStG, § 4 Anm. 752; Pflüger, H/H/R-EStG § 19 Rn. 186 und Rn. 600 „Geldstrafen“. Vgl. auch Hartz/Meeßen/ Wolf, ABC-Führer LSt, „Geldstrafen“ Tz. 11. 407 Vgl. Prinz, FR 2015, 785 (787 f.) m. w. N. Unklar Barein, L/B/P-EStG, § 19 Rn. 379b. 404 

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2.  Älteres Schrifttum Im älteren Schrifttum haben Wedemeyer/Hohlfeld vertreten, dass die Übernahme der Sanktionen grundsätzlich zur Entstehung von Arbeitslohn beim Arbeitnehmer führt, da entsprechende Zahlungen durch das Arbeitsverhältnis veranlasst seien und sie persönliche Aufwendungen des Arbeitnehmers zur Bestreitung seines Lebensunterhaltes abdeckten.408 Dieser Meinung und ihrer Begründung hat sich im Jahr 1996 auch Saller angeschlossen und dabei noch deutlicher als Wedemeyer/Hohlfeld herausgestellt, dass er das Veranlassungsprinzip im Zusammenhang mit der Prüfung von Arbeitslohn entlang der Äquivalenzformel (conditio sine qua non) interpretiert.409 Mit einer gegenteiligen Ansicht hat einst Günkel vertreten, dass zum Beispiel die Erstattung von Verwarnungsgeldern gegenüber Fahrern eines Kurierdienstes nicht zu Arbeitslohn führt. Wenn die Fahrer die Rechtsverstöße in Befolgung einer Weisung des Arbeitgebers begangen haben, so knüpfe der Arbeitgeber bei der Erstattung nur an das Aufkommen der Sanktion an sich an, nicht hingegen an besondere persönliche Merkmale der Arbeitnehmer. Letztere empfänden die Zahlungen daher lediglich als Erstattung von Betriebsausgaben, die sie zuvor für den Arbeitgeber verauslagt hätten.410

III.  Stellungnahme Die Darstellung der Rechtsprechung und des Meinungsbildes im Schrifttum zum Umgang mit der Übernahme von Geldsanktionen zeigt letztlich, dass sich die Diskussion und Problemlösung dieser Thematik auf zwei Ebenen bewegt. Auf der einen Seite geht es um die Behandlung der Sanktionserstattung durch den Arbeitgeber als lohnsteuerrechtliche Thematik. Abgesehen von den Schwierigkeiten, die die Trennung von Arbeitslohn und Nicht-Arbeitslohn aus der allgemeinen lohnsteuerrechtlichen Debatte mit sich bringt, geht es aus dieser Perspektive vor allem darum, ob und – bejahendenfalls – unter welchen Bedingungen die Übernahme von Geldsanktionen des Arbeitnehmers im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers erfolgen kann. Auf dieser Ebene bewegen sich Themen wie die Frage danach, welches die Motive für die Erstattungszahlungen sind, ob diese nachvollziehbaren eigenbetrieblichen Interessen

408  Wedemeyer/Hohlfeld, DStZ 1985, 79 (83). Dabei stützen sich die Autoren maßgeblich auch auf einen Befund aus dem Urteil des BFH v. 5. 11. 1964 – IV 199/62, HFR 1965, 161 (161 f.). Vgl. dazu auch OFD Münster v. 27. 8. 1998, EStG-Kartei NW § 4 (5) (7) EStG Nr. 3000. 409  Saller, DStR 1996, 534 (536). 410  Günkel, JbdFfSt 1994/95, 211 (215) m. w. N.

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des Unternehmens entsprechen oder welches Interesse der Steuerpflichtige an den rechtswidrigen Taten hegt. Auf einer zweiten Ebene geht es um die Frage, welche Wirkungen die Lösung nach lohnsteuerrechtlichen Maßstäben angesichts der besonderen Natur der erstatteten Aufwendungen haben kann und ob unerwünschte Folgen durch eine bestimmte Rechtsanwendung vermieden werden dürfen oder müssen. Auf dieser Ebene bewegen sich Themen wie die Frage danach, ob den Sanktionsabzugsverboten eine Aussagekraft dahingehend zukommt, dass ein steuerfreier Ersatz der Sanktionsaufwendungen nicht möglich sein darf. 1.  Erste Diskussionsebene: Lohnsteuerrechtliche Behandlung a)   „Wohlverstandenes“ eigenbetriebliches Interesse An der Stelle, an der sich die geschilderten Diskussionsebenen überschneiden, wurde der Gedanke geboren, dass das eigenbetriebliche Interesse sich nur im Rahmen eines gesetzestreuen Verhaltens bewegen kann. Das führt schließlich dazu, dass ein Arbeitgeber kein anerkennenswertes Interesse an der Übernahme der Sanktion eines Arbeitnehmers haben kann und damit als beachtliches Interesse einer vorgestellten Gesamtabwägung nur noch jenes des Arbeitnehmers verbleibt. Eine „Abwägung“ macht jedoch keinen Sinn, wenn nur eine Waagschale belastet wird. Das Ergebnis steht dann nämlich von vornherein fest: Die Erstattungszahlungen führen zur Entstehung von Arbeitslohn. aa)  Qualifizierung von Sanktionsübernahmezahlungen als Arbeitslohn unter der Geltung eines „wohlverstandenen“ eigenbetrieblichen Interesses Die Auseinandersetzung mit den Maßstäben des Veranlassungszusammenhangs im Zusammenhang mit der Arbeitslohnqualifizierung ermöglicht Rückschlüsse auf die innere Struktur des „eigenbetrieblichen Interesses“. Wie dargestellt, dient auch die Zahlung von Arbeitslohn der Verwirklichung einer betriebsfunktionalen Zielsetzung und entspricht solchermaßen einem eigenbetrieblichen Interesse. Betrachtet man dieses losgelöst von dem Ziel, die Qualifizierung eines bei einem Arbeitnehmer entstehenden Vorteils als Arbeitslohn oder Nicht-Arbeitslohn bewirken zu wollen, so könnte man beispielsweise auch den Einkauf anderer Produktionsfaktoren als Mittel zur Umsetzung einer betriebsfunktionalen Zielsetzung darstellen, die in einem eigenbetrieblichen Interesse stehen. Das bedeutet, dass letztlich das gedankliche Konzept eines „eigenbetrieblichen Interesses“ den Oberbegriff für konkretisierungsfähige Interessen bildet, unter denen das Interesse zur Zahlung von Arbeitslohn nur eines von vielen ist. Da dieses Konzept jedoch bei der Beantwortung einer rechtlichen Qualifikationsentscheidung im vorgenannten Sinne helfen soll, bedarf es nur der Entscheidung

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darüber, ob eine bestimmte Bereicherung eines Arbeitnehmers dadurch entstanden ist, dass „der Betrieb“ oder (lebendiger) „der Arbeitgeber“ das Interesse an der Zahlung von Arbeitslohn umgesetzt hat, oder ob irgendein nicht auf die Entlohnung von Arbeitnehmern gerichtetes Interesse realisiert wurde. Nun bedeutet die Argumentation des FG Köln und des BFH (vgl. § 4 C. I. 3.), dass das eigenbetriebliche Interesse einerseits nur über legales Verhalten verwirklicht werden kann und deswegen andererseits kein eigenbetriebliches Interesse an der Anweisung oder dem Erhalt von gesetzeswidrigen Verhaltensweisen der Arbeitnehmer bestehen kann. Wird aber auf diesem Weg der Oberbegriff vom eigenbetrieblichen Interesse bzw. von den betriebsfunktionalen Zielsetzungen normativ aufgeladen, so wirkt sich dies andererseits auch auf die ihm untergeordneten Teilbereiche aus, also auch auf das Interesse am Einkauf und der Entlohnung von Arbeitskraft. Zugleich bedeutet die Annahme, dass eine Sanktionsübernahme stets mit der Zahlung von Arbeitslohn gleichzusetzen ist, dass in solchen Fällen jeweils ein eigenbetriebliches Interesse an der Zahlung von Arbeitslohn umgesetzt wird. Die „entlohnte“ Leistung muss in diesem Sinne aber in der Befolgung der Weisung zu einem rechtswidrigen Tun oder in der Hinnahme einer hoheitlichen Geldsanktion wegen eines rechtswidrigen Verhaltens liegen. An beiden Umständen kann aber nach der geschilderten Logik kein wohlverstandenes eigenbetriebliches Interesse bestehen. Mit anderen Worten schließen sich ein wohlverstandenes eigenbetriebliches Interesse und die Qualifizierung einer Sanktionserstattungszahlung als Arbeitslohn gegenseitig aus. bb)  § 40 AO Nun ist zu überlegen, ob nicht der Gedanke eines wohlverstandenen eigenbetrieblichen Interesses im Ergebnis zutreffend ist, nur letztlich falsch angewendet wurde. Das ähnelte im Ergebnis der von Fellmeth vertretenen Meinung, dass die Ausgleichszahlungen nicht zur Entstehung von Arbeitslohn führen, wobei jener Gedanke jedoch nicht an das Verständnis des Dienstverhältnisses im steuerrechtlichen Sinne, sondern an das Verständnis des Veranlassungszusammenhangs bei der Arbeitslohnqualifikation anknüpfte (s. o. § 4 B. II. 3. b)). Diesem Gedanken steht jedoch die Wertung des § 40 AO entgegen. Wie dargestellt, besteht der Zweck dieser Vorschrift gerade auch darin, Leistungsfähigkeit einkommensteuerrechtlich belasten zu können, die durch delinquentes und sittenwidriges Verhalten generiert wurde, was wiederum die Erfassung dieses Verhaltens, sofern es sich in das Erwerbsbild einer der sieben Einkunftsarten einfügt, voraussetzt. Das – wenn auch in anderen Rechtsbereichen missbilligte – tatsächlich vorhandene Interesse an der Einkommensgenerierung durch Einsatz delinquenter und sittenwidriger Verhaltensweisen wird daher im (Ertrag-)Steuerrecht

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berücksichtigt.411 Dieser Faktor darf nicht ausgeblendet werden. Auch unter diesem Gesichtspunkt liegt die Bewertung und Interpretation des Veranlassungszusammenhangs im Rahmen der Arbeitslohnqualifikation unter Berücksichtigung eines allein wohlverstandenen eigenbetrieblichen Interesses neben der Sache.412 cc)  Zwischenfazit Der Gedanke des wohlverstandenen eigenbetrieblichen Interesses führt, wenn man ihn in die Bewertung des Veranlassungszusammenhangs bei der Qualifikation von Arbeitslohn einführt, zu einem Selbstwiderspruch. Verallgemeinert man ihn, so führt er zu einem Verstoß gegen die Wertentscheidung in § 40 AO. Es handelt sich daher um ein nicht tragfähiges Konzept. b)  Anwendung des ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesses Lässt man den Gedanken eines allein wohlverstandenen eigenbetrieblichen Interesses außer Betracht, so läuft dies darauf hinaus, die Prüfung der Übernahmekonstellationen in Arbeitsverhältnissen einer Betrachtung nach allgemeinen Maßstäben zu unterwerfen. Mit anderen Worten geht es dann wieder um die Frage, ob die Erstattungszahlung durch das Dienstverhältnis veranlasst ist, wofür wiederum der sachliche Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis sowie der Entlohnungscharakter der Erstattungszahlung relevant sind. Zur Untersuchung dieser Frage ist nach ganz überwiegender und hier unterstützter Ansicht wiederum die Rechtsfigur vom ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers heranzuziehen.413 Dabei wird nachfolgend auch auf die Ergebnisse der vorangegangenen Untersuchungen zurückgegriffen. aa)  Freiwilligkeit/Zwang zur Annahme des Vorteils Als erster Faktor der Untersuchung muss betrachtet werden, ob der Empfang des Vorteils durch die arbeitgeberseitige Bestimmung des Erwerbsrahmens vorgegeben ist oder nicht. Wenn die Geldsanktion gegen den Arbeitnehmer festgesetzt wurde, handelt es sich um eine von ihm zu tilgende Schuld. Zugleich gibt 411  Vgl. auch FG Rheinland-Pfalz v. 27. 6. 2008 – 4 K 1928/07, EFG 2009, 362, juris Rn. 20 zur Abzugsfähigkeit von Schadensersatzzahlungen aufgrund vorsätzlich begangener Straftaten: „Dem Betriebsausgaben- oder Werbungskostenabzug kann auch nicht entgegengehalten werden, dass es nicht zu den Aufgaben eines Unternehmers oder Arbeitnehmers gehöre, strafbare Handlungen zu begehen. Eine solche Auffassung verkennt die Bedeutung des Veranlassungsprinzips“. Ähnlich Englert, DStR 2009, 1010 (1014). 412  I. Erg. so auch Breuninger, JbFfSt 2014/2015, 303 (312 f.); Fellmeth, FR 2012, 1064 (1068). Vgl. auch Schütze, EFG 2017, 319 (320); Drüen, JbdBvdStb 2013, 71 (105 ff.). 413  Zu Ansichten aus der Literatur, die eine ergebnisoffene Anwendung der Rechtsfigur in Übernahmekonstellationen befürworten vgl. § 4 C. II. 1. a) und b) m. w. N.

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es kein Weisungsrecht des Arbeitgebers, das es ihm ermöglichte, die Annahme der Erstattungszahlung durch den Arbeitnehmer auf arbeitsrechtlichem Wege durchzusetzen. Ohne die Mitwirkung und letztlich den Willen des Arbeitnehmers kann der Arbeitgeber die Tilgung der mit der Sanktion einhergehenden öffentlich-rechtlichen Schuld „über den Kopf des Arbeitnehmers hinweg“ nur dann erreichen, wenn die Tilgungswirkung durch den Sanktionsgläubiger (Staatskasse) akzeptiert wird.414 Dass der Arbeitgeber innerhalb des Dienstverhältnisses mittelbar Druck aufbaut, um den Arbeitnehmer zur Annahme der Erstattungszahlung zu drängen, erscheint lediglich in den Fällen vorstellbar, in denen der Arbeitgeber die Kontrolle über die Öffentlichkeitswirkung delinquenter Sachverhalte innerhalb seines Unternehmens behalten oder interne Ermittlungen ermöglichen will. Im Übrigen wird der Empfang des Sanktionsausgleichs aber nicht durch den Einfluss des Arbeitgebers auf den Erwerbsrahmen bzw. den Einsatz von „mittelbarem Zwang“ vorbestimmt sein. bb)  Anlass der Zahlung Empfängt der Arbeitnehmer den mit der Erstattungszahlung verbundenen Vorteil in diesem Sinne „freiwillig“, so kommt es im nächsten Schritt darauf an, was der Anlass der Zahlung ist, also ob mit der Zahlung die Verfolgung eines eigenbetrieblichen Interesses verfolgt wird. Auszuschließen ist dies, wenn der Arbeitgeber bzw. die für das Unternehmen handelnden Personen keine „besondere“ Zahlung zur Entlastung des Arbeitnehmers von der finanziellen Wirkung der Geldsanktion leisten. Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn von vornherein ein Gehaltsvorschuss auf den regelmäßigen Arbeitslohn oder mehrere Monatslöhne gezahlt wird, damit der Arbeitnehmer unter Berücksichtigung der Sanktionszahlung besser in seinem privaten Haushalt wirtschaften kann. An der Verschiebung des Lohnzahlungszeitpunktes mag insofern ein besonderes Interesse des Arbeitgebers bestehen, als die hiermit verbundene „Geste“ den Arbeitnehmer vielleicht stärker an das Unternehmen bindet. Hinsichtlich der Zahlung an sich wird jedoch trotzdem nur das Interesse an der Zahlung von Arbeitslohn, also das Interesse am „Einkauf“ von Arbeitsleistung bedient. Dieses entspricht jedoch vollumfänglich einem Entlohnungscharakter. Abgesehen hiervon besteht die praktische Relevanz der Sanktionserstattung durch das Unternehmen vor allem in den eingangs geschilderten Fallkonstellationen. Diese Fälle sind jedoch auch dadurch gekennzeichnet, dass nicht nur der Zahlungszeitpunkt des zuvor vereinbarten Arbeitslohnes verändert wird, sondern ein „Mehrbetrag“ gegenüber dem „normalen“ Arbeitslohn gezahlt wird, der sich an der Höhe der Geldsanktion orientiert. 414  Zum Meinungsstreit hinsichtlich der Möglichkeit bzw. Tilgungswirkung der Drittzahlung s. o. unter § 3 Fn. 261.

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(1) Taten im (fremden) Unternehmensinteresse In den Fällen, die der eingangs zuerst beschriebenen Fallgruppe entsprechen, geht es darum, dass Arbeitnehmer vorsätzlich oder fahrlässig Rechtsverstöße begehen, um ihrem Arbeitgeber bzw. dem sie beschäftigenden Unternehmen einen Vorteil zu verschaffen. Ob ein Zusammenhang zwischen einer gewissen Begehung von Rechtsverstößen und dem Geschäftsmodell des Unternehmens besteht, lässt sich nur im Einzelfall beurteilen. Die Möglichkeit des Bestehens derartiger Zusammenhänge lässt sich schon anhand der in der Rechtsprechung entschiedenen Fälle aus der Logistikbranche zeigen. Weiterhin werden zum Beispiel Unternehmensleiter in Konzernen, die über eine Matrix-Struktur gelenkt werden, vielfach ein Interesse daran haben, den Geschäftsführern der Konzerngesellschaften die Angst vor dem Risiko einer strafrechtlichen Haftung für Pflichtverletzungen zu nehmen, bei denen die Pflichtenerfüllung durch eine andere Stelle in der Matrix wahrgenommen wird.415 Sofern in diesen Fällen der Arbeitgeber erklärt, dass er die Inkaufnahme entsprechender Taten angewiesen hat, dann besteht schon deswegen kein Zweifel am unternehmerischen Interesse an den Auswirkungen der Tat und der Übernahme der Sanktion, die wegen der Tat verhängt wurde. Auf die Art der Sanktion kann es für das faktische Bestehen und das Erkennen eines Interesses nicht ankommen. Ist unklar, ob solch eine Weisung bestanden hat oder besteht, so ist auch denkbar, dass der Arbeitnehmer „auf eigene Faust“ gehandelt hat. Unter diesen Umständen begründet jedoch schon die Übernahme der Sanktion durch das Unternehmen ein erhebliches Indiz für das Interesse des Unternehmens an den Auswirkungen der Tat oder der Sicherstellung betrieblicher Abläufe.416 Dieses Indiz verdichtet sich zusätzlich, wenn das Verhalten des Arbeitnehmers beruflich veranlasst ist und die Tatauswirkungen aus Sicht des Arbeitnehmers dem Unternehmensinteresse dienen sollten. Zur Untersuchung dieser Frage kann wiederum auf die Maßstäbe zurückgegriffen werden, die nach der in Rechtsprechung und Literatur vorherrschenden Ansicht an die berufliche Veranlassung von Strafverteidigungsaufwendungen des Arbeitnehmers angelegt werden (s. o. § 3 D. II. 2.). Ob die Übernahme der Sanktion schließlich geeignet erscheint, der Umsetzung des unternehmerischen Ziels zu dienen, kann nur im Einzelfall beurteilt werden. Entscheidend wird dabei sein, dass die Bedingungen der Sanktionsübernahme belegen, dass die Erstattungsleistung nur in Fällen erfolgt, in denen dies zur Verwirklichung des verfolgten eigenbetrieblichen Interesses unabdingbar erscheint. Die Regeln, die laut der Angaben im Tatbestand der unter § 4 C. I. 1. 415  Zu den typischen Interessenlagen in derartigen Fällen und entsprechenden Reaktionen in der Tax Compliance Praxis Eggert, DStR 2017, 266 ff. 416  Fellmeth, FR 2012, 1064 (1069).

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und 4. dargestellten Urteile jeweils vom Kläger aufgestellt wurden (Übernahme von Sanktionen lediglich für Park- und Halteverbotsverstöße von Lieferwagenfahrern), erscheinen – soweit das nach Sichtung des geschilderten Tatbestands der Entscheidungen beurteilt werden kann – beispielsweise geeignet, um eine stringente Orientierung der Sanktionsübernahme an den Zielen und Interessen des Unternehmens zu bewirken. (2) Schutz des Ansehens des Unternehmens und Vermeidung des Bekanntwerdens von Unternehmensinterna Das Ziel, durch eine Übernahme von strafverfahrenseinstellenden Geldauflagen das Ansehen des Unternehmens zu schützen oder die öffentliche Wahrnehmung von Unternehmensinterna zu verhindern, kann aus steuerrechtlicher Sichtweise ebenso ein beachtliches eigenbetriebliches Interesse darstellen.417 Der Grad der Eignung der Erstattungszahlung zur Erreichung dieser Ziele hängt unter anderem wohl auch vom Stand des Verfahrens zu dem Zeitpunkt ab, in dem die Geldauflage übernommen wird. Unabhängig hiervon ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Abwendung einer andererseits möglichen strafrechtlichen Verurteilung regelmäßig schon für sich genommen dem unternehmerischen Interesse entsprechen wird. (3) Ermöglichung von Compliance-Untersuchungen Auch das Ziel, im Wege der Durchführung interner Compliance-Untersuchungen bestehende Missstände zu erkennen und unter Umständen verwirklichte Rechtsverstöße der Arbeitnehmer aufzuklären, stellt ein grundsätzlich beachtliches eigenbetriebliches Interesse dar.418 Kooperationsvereinbarungen, in deren Rahmen auch die unternehmensseitige Übernahme einer Sanktion für den Fall vereinbart wird, dass im Zuge der weiteren Aufklärung eine bereits begangene Tat aufgedeckt und mit einer Geldsanktion geahndet wird, sind dabei ein wichtiges Mittel, um die vielfach erforderliche Mitwirkung der Arbeitnehmer bei unter-

417 Vgl. Stetter, MAH Strafverteidigung, § 44 Rn. 126; Mack, AG 2009, 365 (367 f.). In der zivilrechtlichen Diskussion werden – im Zusammenhang mit anders gelagerten Fragen – für, aber auch gegen die Beachtlichkeit dieses Interesses weitere Argument vorgebracht: Bspw. wird auch im Urteil des BGH v. 8. 7. 2014 – II ZR 174/13, BGHZ 202, 26 das Interesse am Schutz des Rufs der Gesellschaft in der Öffentlichkeit zur Kenntnis genommen. Zugleich wird dieses Interesse aber als nicht so erheblich eingestuft, dass deswegen die Abstimmung über die Übernahme einer Sanktion für eine pflichtwidrige Tat des Vorstands dem Aufsichtsrat überlassen werden darf. Als wesentlicher Faktor wird im Zivilrecht auch berücksichtigt, dass nicht der Eindruck entsteht, es würden Straftaten durch das Unternehmen „vertuscht“, vgl. Scharf, MAH Strafverteidigung, § 43 Rn. 93 f. 418  Werder/Rudolf, BB 2015, 665 (672).

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nehmensinternen Ermittlungen sicherzustellen.419 Dies funktioniert längerfristig wiederum nur, wenn das Unternehmen entsprechende Absprachen auch einhält. Zugleich muss auch hier darauf geachtet werden, dass die Kooperationsvereinbarung unter Bedingungen abgeschlossen wird, die auch die Verwirklichung des verfolgten Compliance-Zieles ermöglichen. Ein wichtiger Bestandteil ist hier, dass die Sanktionsübernahme davon abhängig gemacht wird, ob relevante Vorkommnisse nach bestem Wissen und Gewissen vollständig offengelegt werden und nicht nur solche Sachverhalte aufgedeckt werden, die ohnehin schon bekannt waren bzw. kurz vor der Aufdeckung stehen.420 Ist dies nicht der Fall, wird hierdurch das Risiko begründet, dass dem Unternehmen trotz der Aufklärungsbemühungen weiterer Schaden entsteht und der unternehmerische Zweck verfehlt wird. Zudem wird hier auch aus strafrechtlichem Blickwinkel zu bedenken sein, dass das Eingehen einer Verpflichtung, die möglicherweise zur Übernahme von Sanktionen für Taten führt, die sich gegen das Unternehmen gerichtet haben, seinerseits unter Umständen als strafrechtliche Untreue (§ 266 StGB) bewertet werden könnte.421 Durch die Vereinbarung muss also abgesichert sein, dass dem finanziellen Nachteil, der mit einer möglichen Sanktionserstattung verbunden ist, auch ein Vorteil gegenübersteht, der die Inkaufnahme des möglichen Nachteils ausgleicht. Ist die Kooperationsvereinbarung nicht geeignet, um die Zweckverwirklichung sicherzustellen (z. B. wenn zugesichert wird, alle entstehenden Geldsanktionen unabhängig vom Grad der Mitwirkung bei der Aufklärung zu übernehmen), so zeigt dies, dass kein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse an der Erstattungsvereinbarung besteht. Der Arbeitnehmer muss eine solche Vereinbarung als in seinem Interesse abgeschlossen verstehen. In diesem Fall wäre die Annahme eines Entlohnungscharakters der Erstattungszahlung dann allerdings gerechtfertigt. Im Einzelfall mag trotz Verletzung der Kooperationsvereinbarung ein Interesse an der Sanktionsübernahme nach vorgenanntem Sinne (Öffentlichkeitswirkung) entstehen. Dieses Interesses kann jedoch unter Umständen nicht mehr als erheblich angesehen werden, wenn die transparente Darlegung der ComplianceBemühungen in der Öffentlichkeit schon geeignet erscheint, um eine negatives Ansehen wegen einer entstehenden Sanktion abzuwehren. Die Beurteilung dieser Frage kann jedoch nur im Einzelfall erfolgen. Die Darlegung der Motive für bestimmte Entscheidungen wird hier eine detaillierte Dokumentation voraussetzen.

419  Zur Bedeutung der Kooperationsvereinbarungen Kahlenberg/Schwinn, CCZ 2012, 81 (81 f.). 420  Leisner, K/R/T, Internal Investigations, Kap. 10 Rn. 64; Kahlenberg/Schwinn, CCZ 2012, 81 (82). 421  Leisner, K/R/T, Internal Investigations, Kap. 10 Rn. 60; Kahlenberg/Schwinn, CCZ 2012, 81 (82).

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cc)  Lohninteresse Sodann muss betrachtet werden, ob der Sanktionsersatz das Lohninteresse der Arbeitnehmer tangiert oder nicht. Dabei geraten vor allem die rechtswidrige Verhaltensweise und die Motive für ihre Verwirklichung in den Blick. Erweist sich hierbei, dass eine Tat auf (rechtswidrige) Weisung und im Interesse des Arbeitgebers erfolgt ist, dann verwirklicht sie in arbeitsteiliger Weise dessen unternehmerische Initiative und grundsätzlich auch dessen unternehmerisches Risiko. Zu diesem Risiko gehört in finanzieller Hinsicht allerdings auch das Tragen der sich hieran anschließenden Sanktion. Durch die Erstattung der Sanktion wird dann nicht das Lohninteresse tangiert, sondern lediglich der Ausgleich entstandener Nachteile.422 Wenn keine derartige Weisung vorgelegen hat oder nicht aufzuklären ist, ob eine solche Weisung vorgelegen hat, dann kommt es darauf an, ob die Tat und die Sanktion beruflich veranlasst gewesen sind. Wie im ersten Teil der Arbeit dargestellt, kann dies grundsätzlich auch bei kriminalstrafrechtlichen Sanktionen, insbesondere auch bei Geldstrafen der Fall sein; dass diese im Ergebnis nicht abziehbar sind, ändert hieran nichts. Entscheidend ist hier, dass der Täter aus seiner Sicht im – ggf. auch nur vermeintlichen – Unternehmensinteresse gehandelt hat. Hat er hingegen versucht, durch die Begehung der Tat einen anderweitigen finanziellen Vorteil zu erlangen, so hat er damit eine eigene Risikosphäre außerhalb des Arbeitsverhältnisses begründet. Ein Ausgleich von Nachteilen innerhalb dieser Sphäre dient dann allein dem Interesse des Arbeitnehmers. Durch die Beurteilung der Veranlassung nach den Kriterien, die im Zusammenhang mit den Strafverteidigungsaufwendungen entwickelt wurden, wird dieser Umstand jedoch bereits indirekt berücksichtigt. dd)  Abwägung Wurde aus der Betrachtung der geschilderten Umstände der Eindruck gewonnen, dass neben einem erheblichen eigenbetrieblichen Interesse auch ein beachtliches, d. h. auch einen Entlohnungscharakter begründendes, Interesse des Arbeitnehmers an der Sanktionsübernahme besteht, so muss in freier Abwägung erörtert werden, ob auch ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers an der Übernahme der Geldsanktion besteht oder nicht. c)  Zwischenfazit Bei einer lohnsteuerrechtlichen Betrachtung unter Ausschaltung eines wohlverstandenen eigenbetrieblichen Interesses ergibt sich für den Umgang mit typischen Übernahmekonstellationen folgendes Ergebnis: 422 

Drüen, JbdBvdStb 2013, 71 (108); Fellmeth, FR 2012, 1064 (1069).

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Unter konsequenter Anwendung der Rechtsfigur vom ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse und der Integration der im Rahmen dieser Arbeit unterbreiteten Vorschläge zur Vereinfachung der Prüfung erscheint es durchaus möglich, dass die Übernahme von Geldsanktionen beim betreffenden Arbeitnehmer nicht zur Entstehung von Arbeitslohn führt. Die Art der übernommenen Sanktion ist hierbei höchstens indirekt von Interesse. Letzteres kann der Fall sein, wenn die Art der Sanktion in einen Zusammenhang mit der öffentlichen Wahrnehmung des Unternehmens steht, zum Beispiel, wenn durch die Zustimmung des Arbeitnehmers zu einer Geldauflage nach § 153a StPO verhindert werden kann, dass es zu einer öffentlichen Hauptverhandlung kommt, im Zuge derer auch die Festsetzung einer Geldstrafe nicht ausgeschlossen werden kann. 2.  Zweite Diskussionsebene: Berücksichtigung von Sanktionszwecken Auf der zweiten Diskussionsebene sieht sich der Rechtsanwender mit der Frage konfrontiert, ob die rein lohnsteuerrechtliche Lösung in Fällen, in denen ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers an der Erstattungszahlung besteht, nicht zur Schaffung von Fehlanreizen führt. Sofern dies bejaht wird, stellt sich sodann die Frage, ob das Ziel der Beseitigung dieser Fehlanreize eine wertungsmäßige Korrektur des wertneutral gefundenen, rein einkommensteuerlich betrachteten Ergebnisses rechtfertigen kann. a)  Schaffung von Fehlanreizen? Wird eine Zahlung, die der Sanktionserstattung dient, nicht als Arbeitslohn beurteilt, drängt sich ein Konflikt mit dem Rechtsgefühl förmlich auf, bedeutet es doch, dass der sanktionierte Arbeitnehmer finanziell so gestellt wird, als wäre ihm gegenüber gar keine Sanktion festgesetzt worden. aa)  Erstattungszahlungen und Strafzwecke Das kann zwei Befürchtungen hervorrufen: Erstens entsteht der Eindruck, dass der Rechtsverstoß des Täters letztlich nicht „vergolten“ wird oder „ungesühnt“ bleibt, da jener nach der Erstattung der Sanktion zumindest deren finanzielle Wirkung nicht mehr spürt. Zweitens ist zu befürchten, dass die präventive Funktion der Sanktion leidet. Berücksichtigt man, dass Geldsanktionen lediglich negativ spezialpräventive Wirkung entfalten,423 so erscheint möglich, dass der Täter nicht davon abgeschreckt wird weitere Taten zu begehen, solange er die Hoffnung hegen kann, nur mit finanziellen Sanktionen belegt zu werden, die sein Arbeitgeber ihm schließlich steuerfrei ersetzt. 423 

s. o. § 3 Fn. 929.

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Unter dem Aspekt negativ wirkender Generalprävention wäre zu befürchten, dass auch Dritte nicht mehr von der Begehung ähnlicher Taten abgeschreckt werden. Unter dem Aspekt positiv wirkender Generalprävention könnten der Vertrauens-, Befriedigungs- und der Lerneffekt gefährdet werden (dazu § 2 C. I. 1. a)). Schließlich wird man auch zu dem Schluss kommen – das erscheint selbstverständlich, wenn schon die Sanktionszwecke selbst als gefährdet erscheinen –, dass der Arbeitnehmer von der Wirkung der Sanktionsabzugsverbote nicht mehr tangiert wird. Aus diesem Blickwinkel erklärt sich schließlich auch die teilweise vertretene Ansicht, dass die Bedeutung der Sanktionsabzugsverbote den Rechtsanwender dazu zwingt, bei der Überprüfung von arbeitgeberseitigen Erstattungszahlungen zur Annahme von Arbeitslohn zu gelangen. bb)  Einfluss des Betriebsausgabenabzugs beim Unternehmen Die zuvor geschilderten Befürchtungen werden gesteigert, wenn man davon ausgeht, dass die Erstattungszahlung grundsätzlich bei dem Arbeit gebenden Unternehmen zu einer abziehbaren Betriebsausgabe führt. (1) Rechtsprechung Der RFH vertrat zu einem Fall, in dem eine GmbH die gegen ihren angestellten Geschäftsführer verhängte Geldstrafe ersetzt hatte, dass insoweit für die Gesellschaft abziehbare Erwerbsaufwendungen vorlägen. In dem Urteil wurde besonders hervorgehoben, dass nicht abweichend unterstellt werden könne, die Geldstrafe sei nicht gegen den Geschäftsführer, sondern gegen die Gesellschaft ergangen.424 Der BFH hatte bislang noch keinen Anlass, um sich direkt zu der Frage zu äußern, ob Sanktionsausgleichszahlungen innerhalb von Dienstverhältnissen beim Arbeitgeber bzw. auf Ebene der Gesellschaft abziehbare Betriebs­ ausgaben darstellen.425 Im Urteil des BFH vom 31. 7. 1991 wurde entschieden, dass der Betriebsausgabenabzug einer KG nicht aufgrund von § 12 Nr. 4 EStG versagt werden kann, wenn Aufwendungen getätigt wurden, um eine ausländische Geldsanktion gegen einen Arbeitnehmer zu bezahlen. Der Fall weist jedoch einen signifikanten Unterschied zum Durchschnittsfall auf: Die dort übernommene Sanktion verstieß unter – vom FG noch zu prüfenden – Umständen gegen wesentliche Grundsätze der deutschen Rechtsordnung („ordre public“).426 Einen Anhaltspunkt dafür, wie die Rechtsprechung den Umgang mit dem Betriebsausgabenabzug von Erstat424  RFH v. 6. 11. 1929 – VI A 1635/28, RFHE 26, 171 (171 f.). Auf die Haltung des RFH hat auch BFH v. 7. 2. 1957 – IV 547/56 U, BStBl. III 1957, 160 Bezug genommen. 425  Offen gelassen in BFH v. 7. 7. 2004 – VI R 29/00, BStBl. II 2005, 367, juris Rn. 24. 426  BFH v. 31. 7. 1991 – VIII R 89/86, BStBl. II 1992, 85, Ls., juris Rn. 14 ff.

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tungszahlungen beurteilt, bietet diese Entscheidung lediglich insofern, als der Grund für die Zahlung der Geldstrafe dort in dem Motiv lag, die Freilassung des Arbeitnehmers aus einer polnischen Untersuchungshaft zu ermöglichen. Ein solches Motiv kann einen ähnlichen betrieblichen Bezug aufweisen wie die Freistellung eines Arbeitnehmers von einer Sanktion, die jener letztlich im Interesse des Unternehmens provoziert hat, das Interesse an der Vermeidung negativen Ansehens oder an der Ermöglichung interner Ermittlungen. Auf das Motiv und die betriebliche Veranlassung der Erstattung hat aber auch der mögliche Verstoß gegen den „ordre public“ keinen Einfluss. In diesem Sinne indiziert der Fall, dass die Rechtsprechung dem Betriebsausgabenabzug im Fall des Sanktionsausgleichs keine grundsätzlichen Bedenken gegenüber stellt. In diesem Zusammenhang kann das Urteil vom 16. 9. 2014 unberücksichtigt bleiben.427 Dort hat der BFH zwar entschieden, dass die Bezahlung einer nicht lediglich schadensrestituierenden Geldauflage nach § 153a StPO durch eine GbR auf Ebene der Gesellschaft aufgrund von § 12 Nr. 4 EStG nicht als Betriebsausgabe abgezogen werden darf. Zum einen wurde die Geldauflage im dort entschiedenen Fall allerdings gegen einen Gesellschafter (nicht gegen einen Arbeitnehmer) verhängt und direkt vom Konto der GbR bezahlt. Für die Behandlung des Betriebsausgabenabzugs von Erstattungszahlungen gegenüber Arbeitnehmern entwickelt die Entscheidung deshalb keine direkte Relevanz. Nach alldem ist also davon auszugehen, dass Sanktionsausgleichszahlungen gegenüber Arbeitnehmern – unabhängig von der Natur der erstatteten Geldsanktion – auf Seiten des Arbeitgebers auch nach Ansicht der Rechtsprechung grundsätzlich betrieblich veranlasst sein können.428 Eine diesem Schluss entgegenstehende Rechtsprechung ist jedenfalls nicht ersichtlich. (2) Schrifttum Im Schrifttum wird nach ganz h. M. davon ausgegangen, dass die Erstattung von Geldsanktionen der Arbeitnehmer für den Arbeitgeber oder die Gesellschaft zu abziehbaren Betriebsausgaben führt.429 Nicht berücksichtigt wird dabei zwar, 427 

BFH v. 16. 9. 2014 – VIII R 21/11, BFH/NV 2015, 191. Zur Frage des Betriebsausgabenabzugs bzw. der Anwendbarkeit der Sanktionsabzugsverbote s. § 4 C. III. 2. b) bb). 429  Breuninger, JbdFfSt 2014/2015, 303 (315); Gerard, NWB 1996, 863 (868); Günkel, JbdFfSt 1994/95, 211 (212 f.); Horrer/Patzschke, CCZ 2013, 94 (98); Saller, DStR 1996, 534, (536); Spatscheck/Ehnert, StraFo 2005, 265 (270); Spilker, K/S/M-EStG, § 4 Rn. N 35. Vgl. auch Loschelder, Schmidt/EStG, § 4 Rn. 520 „Strafen; Geldbußen“; Hilgers-Klautzsch, Kohlmann, § 408 AO Rn. 48 f. Wie die h. M. auch Wedemeyer/Hohlfeld, DStZ 1985, 79 (83) („Ausfluß arbeitsrechtlicher Fürsorge des Arbeitgebers“), die sich allerdings bei der Untermauerung ihrer Argumentation auf das falsche RFH-Urteil stützen: Gemeint sein dürfte RFH v. 6. 11. 1929 – VI A 1635/28, RFHE 26, 171 anstelle von 428 

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dass im Einzelfall auch denkbar ist, dass eine Sanktionserstattung aus rein privaten Gründen stattfindet, d. h. – z. B. nach einer vorherigen Entnahme aus dem Betriebsvermögen – letztlich aus dem Privatvermögen des Arbeitgebers gezahlt wird.430 Andererseits wird aber vor allem deutlich, dass keine grundsätzlichen Zweifel daran bestehen, dass die Erstattungszahlung betrieblich veranlasst sein kann. Betrachtet man zum Beispiel die zuvor dargestellten Gründe, die Arbeitgeber bzw. Gesellschaften in typischen Fallkonstellationen zur Sanktionserstattung bewegen können, wird daran auch vom hier vertretenen Standpunkt aus kein Zweifel gehegt. Hilgers-Klautzsch stellt insofern zutreffend heraus, dass gerade die Feststellung eines (ganz überwiegenden betrieblichen) „Eigeninteresse[s] unmittelbar den Betriebsausgabenabzug“ begründet.431 (3) Schlussfolgerung Insgesamt ist davon auszugehen, dass nach allgemeiner Ansicht die Sanktionserstattung durch den Arbeitgeber grundsätzlich betrieblich veranlasst sein kann. Dementsprechend erscheint auch ein Betriebsausgabenabzug beim Arbeitgeber grundsätzlich möglich. Dann ergibt sich aber folgendes Bild: Der Arbeitnehmer ist durch die Sanktion finanziell nicht mehr belastet, da der Arbeitgeber diese Belastung übernommen hat. Für ihn spielt damit auch die Wirkung der Sanktionsabzugsverbote keine Rolle mehr. Der Arbeitgeber kann sodann die Aufwendungen für die Erstattungszahlung als Betriebsausgaben gewinnmindernd berücksichtigen, sodass auch ihn die mit der Sanktion verbundene finanzielle Belastung nicht mehr in der vollen Höhe trifft. Im Ergebnis könnte man also zu dem Schluss kommen, dass das Sanktionsabzugsverbot gänzlich unterlaufen worden ist.432 RFHE 26, 173 ff. Das fehlerhafte Zitat übernimmt auch Saller, DStR 1996, 534 (536). Unklar Wied, Blümich/EStG, § 4 Rn. 886. Spatscheck/Ehnert und Horrer/Patzschke machen im Hinblick auf die Erstattung der in § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 EStG genannten Sanktionen insofern eine Einschränkung, als sie die Abziehbarkeit aufgrund des Abzugsverbotes ausschließen, wenn die Erstattungszahlung andererseits nicht zum Zufluss von Arbeitslohn beim Arbeitnehmer geführt hat, Spatscheck/Ehnert, StraFo 2005, 265 (270) sowie Horrer/ Patzschke, CCZ 2013, 94 (98). Dabei stützen sie sich indirekt auf ein Zitat aus der Begründung zum Gesetzesentwurf der Abzugsverbote. Dazu sogleich § 4 C. III. 2. b) bb) (1). A. A. Leisner, K/R/T, Internal Investigations, Kap. 10 Rn. 63. 430  In diesem Fall ist auf Seiten des Arbeitnehmers daran zu denken, dass es sich ggf. um eine steuerpflichtige Schenkung handelt. Ähnlich zur Übernahme von Lösegeldzahlungen für Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber/das Unternehmen Pflüger, H/H/R-EStG, § 19 Rn. 186. 431  Hilgers-Klautzsch, Kohlmann, § 408 AO Rn. 48 f. 432 Aus einem finanzwissenschaftlichen Blickwinkel Dickertmann/Gelbhaar, Verw 1995, 475 (508): „Erstens bewirkt – zumindest im gewerblichen Bereich – eine entsprechende Vereinbarung zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern eben doch eine steu-

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Unter diesen Bedingungen wird deutlich, welche Bedenken die Rechtsanwender geradezu quälen, wenn sich das Rechtsgefühl unter die Entscheidung mischt, wie hinsichtlich der einkommensteuerrechtlichen Bewertung von Sanktionserstattungszahlungen verfahren werden soll. Zudem wird auch klar, weswegen diese Problematik umso drängender wird, je schwerer der Verstoß wiegt, dessen Sanktionierung finanziell durch den Arbeitgeber aufgefangen wird und je häufiger die entsprechende Verhaltensweise an den Tag gelegt wurde. Gerade letzteres ließe sich nach der dargestellten Logik auch als Resultat des Funktionsfortfalls der negativ spezialpräventiven Wirkung von Geldsanktionen interpretieren. b)  Korrektur des Ergebnisses? Bei dieser Ausgangslage erscheint es nachvollziehbar, dass nach einem Lösungsweg gesucht wird, der die Unterwanderung der Sanktionszwecke und Sanktionsabzugsverbote verhindert oder zumindest abschwächt, etwa indem aus dem Rechtsgedanken der Sanktionsabzugsverbote abgeleitet wird, dass eine anderweitige finanzielle Belastung des Arbeitnehmers bzw. Arbeitgebers zu erhöhen ist.433 Über die ertragsteuerliche Rechtsanwendung ist dies jedoch nur möglich, indem Vermögensmehrungen als steuerpflichtige Erwerbseinnahmen behandelt werden oder bestimmten Vermögensminderungen die Abzugsfähigkeit verwehrt wird. Mit anderen Worten stellt sich die Frage, ob der Schutz der Sanktionszwecke entweder gebietet (aa)) die Erstattungszahlungen des Arbeitgebers beim Arbeitnehmer stets als Arbeitslohn zu erfassen oder ob (bb)) dem Arbeitgeber der Betriebsausgabenabzug für die Erstattungszahlung zu verwehren ist.

erliche Abzugsmöglichkeit monetärer Sanktionen. Die mit dem Geldbußengesetz beabsichtigte Reverenz an die Einheitlichkeit der Rechtsordnung ist damit zumindest für den gewerblichen Bereich mit bemerkenswerter Nonchalance unterlaufen worden“. 433  Einem solchen Gedanken scheint jedenfalls die Finanzverwaltung in ihrer Argumentation i.R.d. Verfahrens zu FG Düsseldorf v. 4. 11. 2016 – 1 K 2470/14 L, EFG 2017, 315, juris Rn. 25 verhaftet gewesen zu sein. Zur Entscheidung s. § 4 C. I. 4. Das FG zitiert den Vortrag der Finanzverwaltung wie folgt: „[…] Der Gesetzgeber habe jedoch in § 9 Abs. 5 i. V. m. § 4 Abs. 5 Nr. 8 EStG Verwarnungsgelder vom Werbungkostenabzug ausgeschlossen. Somit sollten Verwarnungsgelder, auch wenn sie aus betriebswirtschaftlichen Gründen billigend in Kauf genommen würden, keine steuerliche Vergünstigung herbeiführen.“ Damit wird eine Rechtsanwendung, die die Übernahme des Verwarnungsgeldes nicht als Anlass für die Entstehung von Arbeitslohn versteht, als „Vergünstigung“ verstanden. Ähnlich tw. auch die unter § 4 C. II. 1. c) dargestellten Ansichten.

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aa)  Erstattungszahlungen als Arbeitslohn (1) Andeutung im Schrifttum Die Autoren, deren Ansichten zuvor unter § 4 C. II. 1. c) dargestellt wurden, vertreten, dass die arbeitgeberseitige Übernahme von Geldsanktionen regelmäßig zu Arbeitslohn führen müsse. Die jeweiligen Begründungen unterscheiden sich nur geringfügig voneinander. Mal wird das Ergebnis in einen direkten Zusammenhang mit der Durchsetzung der Sanktionszwecke, des Rechtsgedankens hinter den Sanktionsabzugsverboten oder der Rechtsordnung an sich gesetzt.434 Mal wird zunächst der besondere Charakter der vom Arbeitgeber erstatteten Aufwendungen des Arbeitnehmers betont und dann mittelbar hieraus geschlossen, dass dieser es gebiete, die Erstattungszahlungen naturgemäß stets als Arbeitslohn zu behandeln.435 Letztlich zeigt sich jedoch bei allen Ansichten, dass das jeweilige Ergebnis die Durchsetzung des speziellen Charakters der Sanktionen bewirken soll. (2) Andeutung in der Rechtsprechung In diesem Sinne ist letztlich auch die Rechtsprechung des BFH zu verstehen. Das hat sich schon dort abgezeichnet, wo die Annahme von Arbeitslohn vor allem in Bezug zur Schwere und Häufigkeit der Rechtsverstöße gesetzt wurde.436 Zwar lässt sich regelmäßig ein erheblicher Unterschied zwischen der Schwere der Gefahren ausmachen, die Verstöße gegen Park- und Halteverbote und Verstöße gegen Lenk- und Ruhezeiten auslösen. Bei einer neutralen Betrachtung ist jedoch nicht zu erkennen, worin der Unterschied hinsichtlich des tatsächlichen unternehmerischen Interesses am fehlerhaften Parkvorgang oder der Überschreitung von Lenk- und Ruhezeiten durch einen Speditionsfahrer liegen soll. Gemessen am unternehmerischen Ziel einer pünktlichen Lieferung von Waren dienen beide Taten letztlich demselben Zweck. Für die tatsächliche Bewertung kann es auch nicht darauf ankommen, ob der Gesetzgeber eine bestimmte Tat als noch so geringfügig ansieht, dass er ihre Begehung nur als Ordnungswidrigkeit erfasst, oder als so schwerwiegend ansieht, dass er ihre Begehung schon mit einer Strafe bewehrt. Insofern kann lediglich auf das Urteil vom 22. 7. 2008 verwiesen werden: Unterstellt man, dass die zuvor dargestellte Aussage des Geschäftsführers wahr 434  I. d. S.  eher Braun, EFG 2005, 759 (760); Thürmer, Blümich/EStG, 127. EL., 2015, § 19 Rn. 280 „Verwarnungsgelder“. 435  So tendenziell K. Heger, DB 2014, 1277 (1281); P. Kirchhof, Kirchhof/EStG, § 8 Rz. 10, 19. 436  FG Köln v. 22. 9. 2011 – 3 K 955/10, EFG 2012, 518, juris Rn. 16 f. – best. durch BFH v. 14. 11. 2013 – VI R 36/12, BStBl. II 2014, 278, juris Rn. 14. Schon angedeutet in BFH v. 7. 7. 2004 – VI R 29/00, BStBl. II 2005, 367, juris Rn. 19.

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ist, dass die ihm auferlegte Geldauflage vor allem deswegen durch das Unternehmen erstattet wurde, um ihn auch zukünftig zu einer großzügigen Handhabung lebensmittelrechtlicher Vorschriften zu bewegen, so folgt auch hier die Erstattungszahlung klar einem unternehmerischen Interesse.437 Wenn der BFH nun bei der Untersuchung eines ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesses des Arbeitgebers an der Sanktionserstattung auch die Schwere der Ausgangstat miteinbezieht, so macht das nur unter der Annahme eines bereits normativ aufgeladenen eigenbetrieblichen Interesses Sinn. Dann ließe sich nämlich argumentieren, dass ein sich wohlverhaltender Unternehmer umso weniger ein (mittelbares) Interesse an einer Tat haben wird, je schwerer diese Tat wiegt. Einen Bezug zur Schwere der Verstöße hat mittelbar auch die Anwendung des Wechselwirkungsgedankens hergestellt: Gerade im Fall von Geldstrafen, deren Bemessung auch an die Höhe des Einkommens des Täters angelehnt wird, das wiederum maßgeblich durch die gegenständliche nichtselbständige Arbeit generiert wird, lässt sich schon bei einer geringen Tagessatzzahl ein Bezug zur Höhe des regelmäßigen Arbeitslohnes darstellen und argumentieren, dass im Sinne der Wechselwirkungsthese ein erhebliches Interesse des Arbeitnehmers an der Erstattungszahlung besteht.438 Wie zutreffend auch schon im Schrifttum aufgezeigt wurde, hat die Rechtsprechung dabei außer Betracht gelassen, dass vielfach der Arbeitgeber und nicht der Arbeitnehmer von den Auswirkungen der Tat profitiert und die Übernahme einer hohen Sanktion schon an sich ein großes Interesse an der Übernahme und mitunter auch an den „nützlichen Auswirkungen“ der begangenen Tat indizieren kann.439 Letztlich kann die Argumentation des „wohlverstandenen“ eigenbetrieblichen Interesses als konsequenter Abschluss der normativen Aufladung des Veranlassungszusammenhangs angesehen werden, da diese Interpretation nicht mehr zwischen der Schwere bestimmter Taten und der gegen sie verhängten Sanktionen differenziert. In diesem Sinne ist die Rechtsprechung dann aber als Versuch zu verstehen, über die Interpretation des Veranlassungszusammenhangs im Rahmen von § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG mittelbar einen Schutz der Sanktionszwecke herbeizuführen.440 437  Zum Urteil s. § 4 C. I. 2. Das potenzielle Unternehmensinteresse an der Erstattungszahlung haben auch das FG Bremen und der BFH anerkannt, vgl. BFH v. 22. 7. 2008 – VI R 47/06, BStBl. II 2009, 151, juris Rn. 17 f. 438  Dagegen i. Erg. zutreffend Fellmeth, FR 2012, 1064 (1069). 439 Überzeugend Fellmeth, FR 2012, 1064 (1069). Auf die fehlende Überzeugungskraft des Wechselwirkungsgedankens wurde zuvor schon eingegangen (§ 4 B. III. 3. b) bb) (3)). 440 Ähnlich Drüen, der eine Ableitung von „Ausstrahlungs- und Fernwirkungen“ der Wertungen aus den Sanktionsabzugsverboten als „gefährlich“ bezeichnet, Drüen, ­J bdBvdStb 2013, 71 (109).

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(3) Sanktionsabzugsverbote und Arbeitslohn Eine Durchsetzung der Sanktionszwecke über die Auslegung und Anwendung von § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG, insbesondere über das darin angelegte Veranlassungsprinzip, ist jedoch abzulehnen. (a) Wortlaut Zunächst bietet schon der Wortlaut keine Basis für eine solche Rechtsanwendung. Die zuvor dargestellten Ansichten überfordern die Interpretation der schlichten Wendung „für eine Beschäftigung im öffentlichen und privaten Dienst“. Diese stellt keinen direkten Bezug zum Umgang mit Delinquenz und ihren Folgen im steuerrechtlichen Dienstverhältnis her. Die Konstruktion eines indirekten Bezugs durch die alleinige Erfassung legaler nichtselbständiger Arbeit verbietet sich hingegen aufgrund von § 40 AO. (b) Systematik Systematisch steht die Norm dem Grunde nach im Zusammenhang mit der Erfassung der Einkunftsart „nichtselbständige Arbeit“. Zudem wirkt sie sich systematisch auch mittelbar auf die Erfassung von Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit aus. Andererseits besteht damit keinerlei Bezug zur Erfassung von Werbungskosten oder den Regelungen, die einem Abzug einzelner Aufwendungen trotz ihrer beruflichen Veranlassung entgegenstehen können. Mit anderen Worten: Die Sanktionsabzugsverbote in den §§ 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 und 12 Nr. 4 EStG sowie 10 Nr. 3 KStG spielen systematisch keine Rolle für die Anwendung von § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG.441 (c) Zweck Entscheidend erscheint aber vor allem, dass das Ziel einer Verwirklichung der Sanktionszwecke – oder der hiervon bestimmten Sanktionsabzugsverbote – über eine pauschale Qualifizierung von Sanktionserstattungszahlungen als Arbeitslohn nicht gelingen kann: Solange durch das Strafrecht selbst kein probates Mittel zur Verfügung gestellt wird, um auch die Fühlbarkeit von Geldsanktionen sicherzustellen, ist es rechtlich zulässig, dass Dritte die finanziellen Wirkungen von Geldsanktionen übernehmen. Die Akzeptanz dieses Befundes wird auch durch die Diskussion von Übernahmekonstellationen in anderen Teilbereichen der Rechtsordnung deutlich: Daran anknüpfend, dass die Erstattungsleistungen 441 Ähnlich Fellmeth, FR 2012, 1064 (1071); Pfützenreuter, jurisPR-SteuerR 10/2017 Anm. 2; Barein, L/B/P-EStG, § 19 Rn. 379b. A. A. Breinersdorfer, K/S/M-EStG, § 19 Rn. B 361.

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nach h. M. im Strafrecht nicht den Tatbestand der Strafvollstreckungsvereitelung (§ 258 Abs. 2 StGB) erfüllen und auch die Verwirklichung einer Untreue (§ 266 StGB) keine selbstverständliche Folge dieser Zuwendung ist, wird kaum diskutiert, ob eine Sanktionsübernahme überhaupt stattfinden darf, sondern nur darüber, welche Schritte bei der Erstattungsleistung zu beachten sind.442 Im Zuge dessen ließe sich nicht einmal formal argumentieren, dass es die Durchsetzung höherrangiger strafrechtlicher Interessen erfordert, die Sanktionserstattung durch den Arbeitgeber steuerrechtlich stets als Zahlung von Arbeitslohn zu behandeln. Selbst bei der Qualifizierung der Ausgleichszahlung als Arbeitslohn verbleibt den Parteien des Dienstverhältnisses nach alldem stets die rechtlich zulässige Möglichkeit eines Nettoausgleiches von Verwarnungsgeldern, Geldbußen, Geldstrafen usw.443 Die Qualifikation der Zahlung als Arbeitslohn bewirkt dann nicht, dass die finanzielle Übernahme der Sanktion für den Arbeitgeber unmöglich wird, sondern lediglich, dass der Ausgleich kostenintensiver für den Arbeitgeber wird.444 Der Arbeitnehmer stünde nach erfolgtem Nettoausgleich trotzdem so, als wäre er von der finanziellen Wirkung der Geldsanktion nicht betroffen. Insbesondere das Ziel der Verwirklichung präventiver Sanktionszwecke kann über die Behandlung der Ausgleichszahlungen als Arbeitslohn also nicht verwirklicht werden. Wenn das Hineinlesen der Rechtsgedanken hinter den Sanktionsabzugsverboten in § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG überhaupt eine Wirkung zeitigen kann, so handelt es sich demnach lediglich um eine relativ erhöhte Abschreckung des Arbeitgebers von der finanziellen Übernahme der Sanktion. So könnte man die Hoffnung hegen, dass dieser Effekt die Arbeitgeber davon abhält entsprechende Ausgleichszahlungen zu leisten, die Arbeitnehmer deswegen befürchten finanziell durch die Sanktionen belastet zu bleiben und sich die präventiven Sanktionszwecke auf diesem Wege mittelbar stärken lassen. Dabei darf allerdings nicht vergessen werden, dass die relativ erhöhte Ausgleichszahlung im Falle des Nettoausgleichs für den Arbeitgeber auch die Möglichkeit bietet, entsprechend erhöhte Betriebsausgaben geltend zu machen. Zudem hat es der Arbeitgeber – er muss sich zur Erstattung nicht verpflichten – auch in der Hand, den Zeitpunkt 442  Stellvertretend etwa Horrer/Patzschke, CCZ 2013, 94 (94 ff.); Talaska, AG 2015, 118 (118 ff.); Langheim, MüKo/HGB, § 110 Rn. 23; Scharf, MAH Strafverteidigung, § 43 jew. m. w. N. 443 Vgl. Körper, SteuK 2014, 331 (334). 444  Infolge des angenommenen Nettoausgleichs ist auch die übernommene Steuerbelastung als Arbeitslohn zu behandeln. Die hierdurch erfolgende Erhöhung des Arbeitslohnes zieht auch erhöhte Sozialversicherungsbeiträge nach sich. Leistet der Arbeitgeber auch einen sozialrechtlichen Nettoausgleich – übernimmt er also die erhöhten Arbeitnehmeranteile zur Sozialversicherung – so wird der Sanktionsausgleich auch hierdurch teurer, vgl. BFH v. 3. 9. 2015 – VI R 1/14, BStBl. II 2016, 31, juris Rn. 9 ff.

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der Ausgleichszahlung zu wählen. So gesehen, verbleibt ihm ein gewisser Gestaltungsspielraum, den er nutzen kann, um die (vermeintlich) relativ erhöhte Abschreckungswirkung sogleich wieder zu mindern.445 Schließlich kommt hier auch hinzu, dass die Entscheidung des Arbeitgebers zur Übernahme einer Sanktion letztlich das Ergebnis einer kalkulatorischen Abwägung sein wird. Zumindest solange „kalt“ gerechnet wird, erreicht den Arbeitgeber eine vermeintlich erhöhte Abschreckungswirkung nicht, solange er insgesamt der Ansicht ist, dass die Vorteile der Ausgleichszahlung ihre finanziellen Nachteile überwiegen. Bei alldem darf auch nicht vergessen werden, dass die mit dem delinquenten Arbeitnehmer geübte vermeintliche „Strenge“ bei der Qualifikation der Ausgleichszahlung als Arbeitslohn nicht die wirtschaftliche Übernahme der Sanktion durch den Arbeitgeber ersetzen kann. Die jeweilige Belastung durch eine Geldsanktion und durch eine relativ erhöhte steuerliche Abgabenverpflichtung ist nur dem entzogenen Gut (Geld) nach vergleichbar, im Übrigen jedoch nicht. Wird diese „Strenge“ sogar geübt, indem letztlich der Arbeitgeber für die Haftung der erhöhten Lohnsteuerschuld des Arbeitnehmers in Anspruch genommen wird, so verschwindet letztlich auch noch diese Wirkung.446 (4) Zwischenfazit Als Ergebnis ist festzuhalten: Durch die Auslegung des Veranlassungszusammenhangs („für“) in § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 EStG in dem Sinne, dass Sanktionserstattungszahlungen durch den Arbeitgeber der Anwendung der Rechtsfigur vom ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse nicht zugänglich und somit stets als Arbeitslohn zu qualifizieren sind, kann eine strukturelle Verbesserung der Durchsetzung von Sanktionsabzugsverboten nicht überzeugend erreicht werden. Eine solche Auslegung verfehlt, wo es sich tatsächlich um Leistungen im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse handelt, den Zweck der Vorschrift: die zutreffende Differenzierung von Leistungen, die beim Arbeitnehmer zu Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit führen und solchen Leistungen, bei denen im Ergebnis kein Arbeitslohn vorliegt. Daher sollte es bei der individuellen Einkommensermittlung des Arbeitnehmers bei einer wertungsneutralen Anwendung des Veranlassungsprinzips und der Rechtsfigur vom ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers verbleiben.

445  Ein weitergehendes „Gestaltungspotenzial“ deuten auch Spatschek/Ehnert, StaFo 2005, 265 (273) und Wedemeyer/Hohlfeld, DStZ 1985, 79 (83) an. Zweifelnd Braun, EFG 2005, 759 (760). 446  Das Interesse, den Arbeitgeber im Wege der Haftung zu „treffen“ deutet Kleine an in der Aussprache zu Günkel, JbdFfSt 1994/95, 211 (217 f.).

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bb)  Betriebsausgabenabzug des Arbeitgebers bzw. Unternehmens Zuletzt stellt sich damit die Frage, ob ein einkommensteuerrechtlich überzeugend vertretbares Ergebnis, das zugleich die beschriebenen Strafzwecke verwirklicht, auf anderem Wege herbeigeführt werden kann. Zu denken ist hier an eine Lösung, die den Betriebsausgabenabzug des Arbeitgebers für Zahlungen zur Erstattung von Geldsanktionen des Arbeitnehmers verweigert. Ein solcher Vorschlag wurde auch schon im Schrifttum zur Sprache gebracht.447 Hinter der Verfolgung eines solchen Weges steht der Gedanke, dass ein Sanktionsabzugsverbot auf diese Weise mindestens bei einer der Parteien des Dienstverhältnisses effektiv wirkt. Unter Berücksichtigung präventiver Zwecke wäre die Erstattung von Geldsanktionen dann nämlich erheblich „teurer“ für die Arbeitgeber bzw. die Arbeit gebenden Unternehmen. Ordnet man dies in die Betrachtung präventiver Zwecke ein, ist anzunehmen, dass Arbeitgeber und Unternehmen diese steigenden Kosten in ihre Überlegung miteinbeziehen und häufiger als bisher von der Sanktionserstattung Abstand nehmen. Setzt sich wiederum in den Belegschaften jener Unternehmen die Erkenntnis durch, dass nicht mit einer Freistellung von der Sanktionierung zu rechnen ist, könnte hierdurch die negativ spezialpräventive Wirkung der Sanktionen gestärkt werden. Einerseits könnte dieser Ansatz mittels einer grundsätzlichen Nichtabziehbarkeit von Zahlungen mit dem Zweck des finanziellen Sanktionsausgleichs verfolgt werden. Andererseits erscheint zumindest theoretisch denkbar eine Verknüpfung derart anzustreben, dass das Abzugsverbot davon abhängig gemacht wird, ob die Zahlung auf Seiten des Arbeitnehmers zu Arbeitslohn führt. (1) Wortlaut, Systematik und Entstehungsgeschichte der Abzugsverbote Dabei sprechen gegen das „Durchschlagen“ der Sanktionsabzugsverbote auf den Betriebsausgabenabzug der Arbeit gebenden Unternehmen zunächst der Wortlaut und die Entwicklungsgeschichte der Abzugsverbote. Im gesetzlichen Umfeld der Abzugsverbote unter § 4 Abs. 5 S. 1 EStG lässt sich die Vorschrift in Nr. 8 grammatisch von den Regelungen abgrenzen, die „Aufwendungen für“ einen bestimmten Zweck nicht abziehbar gestalten. Die Verbote bzw. Beschränkungen in Nr. 8 gestalten hingegen nur die Sanktionen selbst als nicht abziehbar. Auch der Wortlaut in § 12 Nr. 4 EStG und § 10 Nr. 3 KStG wurde solchermaßen formuliert. Eine Geldbuße, -strafe oder -auflage zahlt aber immer nur derjenige, gegen den sie festgesetzt bzw. dem sie auferlegt wurde. Nichtsanktionierte Dritte „erstatten“ hingegen lediglich den Geldverlust, der durch die Zahlung der öffentlichen Schuld beim Arbeitnehmer 447  Schütze, EFG 2017, 319 (320); Stetter, MAH Strafverteidigung, Rn. 129; Wied, Blümich/EStG, § 4 Rn. 886.

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eingetreten ist.448 Saller hat in diesem Zusammenhang auch noch hervorgehoben, dass auch die Systematik des EStG (und KStG) dafür spreche, dass die Sanktionsabzugsverbote sich immer nur an denjenigen Steuerpflichtigen wenden, dessen Aufwendungen gerade betrachtet werden.449 Auch die Entstehungsgeschichte bestätigt diesen Befund: Bei der Einführung der Abzugsverbote ging es lediglich darum zu verhindern, dass der Sanktionierte die finanzielle Einbuße durch die Bezahlung einer Geldstrafe etc. zum Anknüpfungspunkt für die Geltendmachung von Erwerbsaufwendungen machen kann. Zieht man die Begründungen zu den Gesetzesentwürfen zu Rate, so findet sich dort folgende Erwägung: „Staatliche Sanktionen können ihren Zweck […] nur dann erfüllen, wenn sie den Täter oder das Unternehmen, für das der Täter gehandelt hat, in der vollen Höhe, die von dem Gericht oder einer Behörde festgesetzt ist, treffen.“450 Zum einen gingen die Verfasser dort von einem alternativen Verhältnis bei der Durchsetzung der Sanktionswirkung aus („oder“). Zum anderen ergibt sich aus dem Kontext in der Entwurfsbegründung, dass dieser Hinweis allein auf die Behandlung von Geldbußen und Ordnungsgeldern bezogen war. Dort wird nämlich zunächst nur von Geldbußen und Ordnungsgeldern gesprochen. Wenn man berücksichtigt, dass § 30 OWiG ausdrücklich die Verhängung von Geldbußen gegen nahezu alle gesellschaftsrechtlichen Formen unternehmerischer Betätigung („Unternehmen“ i. w. S.) ermöglicht, so erscheint es naheliegend, dass in der Gesetzesbegründung mit dem Verweis auf die Sanktionierung von „Unternehmen“ nur eine Referenz zu § 30 OWiG gemacht worden ist.451 Zumindest im Hinblick auf Geldbußen und Ordnungsgelder findet sich in den gleichlautenden Begründungen der Gesetzesentwürfe zu den Sanktionsabzugsverboten auch ein Anhaltspunkt dafür, dass eine alternative Geltung des Abzugsverbotes von Täter oder Unternehmen beabsichtigt wurde, nicht hingegen eine kumulative Belastung. Wurde aber nur der Arbeitnehmer sanktioniert, so gilt für 448  I. Erg. ebenso Wedemeyer/Hohlfeld, DStZ 1985, 79 (83); Loschelder, Schmidt/EStG, § 4 Rn. 520 „Strafen; Geldbußen“; Spilker, K/S/M-EStG, § 4 Rn. N35. A. A. wohl Wied, Blümich/EStG, § 4 Rn. 886; ebenso für den Fall, dass die Erstattung im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers erfolgt und deshalb keinen Arbeitsohn darstellt Stetter, MAH Strafverteidigung, Rn. 129. 449  Unter Verweis auf § 1 EStG und §§ 1, 2 KStG Saller, DStR 1996, 534 (535). 450 Gleichlautend: Entwurf der Fraktionen v. 27. 3. 1984, BT-Drs. 10/1189, S. 4 und Entwurf der Bundesregierung v. 13. 4. 1984, BT-Drs. 10/1314, S. 5. 451  Den hier interessierenden Grundsätzen nach galt § 30 OWiG mit entsprechender Wirkung auch zu der Zeit der Einführung der Sanktionsabzugsverbote. Wenig überzeugend wäre eine Auslegung, die den Verweis auf das „Unternehmen“ als reine Substantivierung, also i. S. d. delinquenten Unternehmung versteht, da der Wortlaut insofern eine unnötige Doppelung aufwiese („für das der Täter gehandelt hat“) und im Übrigen der Bezug zur Sanktion nicht mehr stimmig erschiene. So werden nämlich nur natürliche Personen und bestimmte Rechtsträger von Sanktionen betroffen, nicht aber Unternehmungen.

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ihn schon das Abzugsverbot in § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 EStG. Auch dieser Aspekt spricht gegen eine Anwendung der Abzugsverbote auf die Geltendmachung der Erstattungszahlung seitens des Unternehmens. Alles in allem sprechen Wortlaut, Systematik und Entstehungsgeschichte der Abzugsverbote also gegen die Möglichkeit der direkten Anwendung von § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 EStG, § 12 Nr. 4 EStG und § 10 Nr. 3 KStG auf den Betriebs­ ausgabenabzug für Zahlungen, die lediglich der Übernahme der finanziellen Belastung des Arbeitnehmers dienen.452 (2) Analoge Anwendung der Abzugsverbote für Sanktionen? Sind die Sanktionsabzugsverbote also für den erstattenden Dritten nicht direkt anwendbar, so stellt sich nur noch die Frage, ob nicht ausnahmsweise eine analoge Anwendung dieser Regelungen auf den Betriebsausgabenabzug der Arbeitgeber bzw. der Arbeit gebenden Unternehmen in Betracht kommt. Dies setzte voraus, dass eine planwidrige Regelungslücke besteht, die durch die Übertragung der Wertungen aus einer vergleichbaren Regelung geschlossen werden kann.453 Hiergegen sprechen jedoch zahlreiche Bedenken. Zunächst fällt es schon schwer die Existenz einer planwidrigen Regelungslücke herzuleiten. So ist die Praxis des Geldsanktionsersatzes durch Unternehmen kein neues „Phänomen“. Aus strafrechtlicher Sicht war das Thema der wirtschaftlichen Übernahme der Sanktion durch Dritte auch unter dem Gesichtspunkt einer eventuellen Strafbarkeit aus § 258 Abs. 2 StGB Gegenstand einer hitzigen Debatte, die auch heute noch nicht vollständig beigelegt ist.454 Auch im steuerrechtlichen Schrifttum ist diese Thematik zu Wort gekommen, wobei durchaus der Eindruck erweckt wird, dass es sich bei der Sanktionenerstattung durch Unternehmen um eine bekannte Praxis handelt.455 Die Finanzrechtsprechung hat sich hiermit ebenfalls gelegentlich beschäftigt, wobei eine erste Auseinandersetzung mit den Folgen einer wirtschaftlichen Übernahme der Sanktion durch das Unternehmen schon in der Rechtsprechung des RFH erfolgt ist.456 Auch wenn sich Entscheidungen der Fi452  Überwiegend ohne weitergehende Auseinandersetzung Olgemüller, AG 2008, 495 (496); Saller, DStR 1996, 534 (535); Loschelder, Schmidt/EStG, § 4 Rn. 520 „Strafen; Geldbußen“; Meurer, Lademann/EStG, § 4 Anm. 752. A. A., wenn die Erstattungszahlung nicht zugleich Arbeitslohn des Arbeitnehmers darstellt Stetter, MAH Strafverteidigung, § 44 Rn. 129. 453 Vgl. Wernsmann, H/H/Sp-AO, § 4 Rn. 692. 454  s. o. § 3 B. III. 4. b) m. w. N. 455  So z. B. Felix/Streck, DStR 1979, 479 (483) m.  w. N.; Saller, DStR 1996, 534 (534 ff.); Wedemeyer/Hohlfeld, DStZ 1985, 79 (81 ff.). 456  BFH v. 5. 11. 1964 – IV 199/62, HFR 1965, 161 (161 ff.); RFH v. 6. 11. 1929 – VI A 1635/28, RFHE 26, 171 ff. Vgl. auch BFH v. 7. 2. 1957 – IV 547/56 U, BStBl. III 1957, 160, juris Rn. 7; RFH v. 7. 12. 1939 – IV 234/39, RFHE 48, 34 zur Übernahme Strafverteidi-

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nanzrechtsprechung zu den Folgen der Sanktionsübernahme erst seit Anfang des Jahrtausends häufen,457 so bestehen doch Anzeichen dafür, dass dem Gesetzgeber die Thematik grundsätzlich nicht unbekannt ist. Als entscheidend erscheint vor allem aber auch das Fehlen einer vergleichbaren Interessenlage: Die Sanktionsabzugsverbote wurden eingeführt, um die Durchsetzung der Strafzwecke gegen den Täter oder Beschuldigten (i.R.v. § 153a StPO) auch steuerrechtlich zu flankieren. Unter welchen Voraussetzungen Personen zu (sanktionierten) Tätern oder Beschuldigten werden können, wird jedoch grundsätzlich durch den Gesetzgeber festgelegt. Ob das Verhalten einer Person zu einer Sanktion führt, wird schließlich durch ein ebenso gesetzlich geregeltes Verfahren und die hierzu berufenen Amtsträger ermittelt und entschieden. Dem Steuerrecht als Rechtsmaterie, die der Natur nach mit vollkommen anderen Fragen befasst ist, ist die Durchsetzung von Sanktionszwecken grundsätzlich fremd, sie kann ihm lediglich durch eine gesetzliche Vorschrift vorgegeben werden. Die Koppelung der Sanktionsabzugsverbote an eine zuvor festgesetzte Sanktion bewirkt, dass der Bedarf zur Durchsetzung der Sanktionszwecke erst und nur nach Abschluss des strafrechtlichen Verfahrens oder des Bußgeldverfahrens mittels Festsetzung und Zahlung der finanziellen Sanktion erkennbar wird.458 Diese Erkennbarkeit bezieht sich insbesondere auch auf den Sanktionsschuldner. Wenn die Abzugsverbote nun in Bezug auf eine Person oder einen Personenverband angewendet werden, der nicht durch ein vorgelagertes staatliches Verfahren als Schuldner der Geldsanktion identifiziert wurde, dann wird die Trägerschaft der finanziellen Sanktionswirkung interpersonell verschoben.459 Das führt zu kuriosen Ergebnissen: Lässt man die Bezahlung der Geldsanktion aus den Händen des Täters zur Bewirkung der Retribution genügen, so würde zum Beispiel der Arbeitnehmer zum Träger der vergeltenden Strafanteile, das Untergungsaufwendungen; RFH v. 17. 4. 1935 – VI A 183/35, RStBl. 1935, 1206 mit einem obiter dictum zur Sanktionserstattung; FG Nürnberg v. 13. 5. 1986 – VI 239/84, EFG 1986, 493 f. 457  Hierzu § 4 C. I. 458 Vgl. Hey, H/H/R-EStG, Einf. EStG Rn. 950. Der Unterschied wird auch deutlich im Verhältnis zum Abzugsverbot nach § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 10 EStG, in dem nicht erst an eine festgesetzte bzw. gezahlte Sanktion angeknüpft wird, sondern lediglich an die Tatbestandsmäßigkeit und Rechtswidrigkeit des Verhaltens, die ggf. durch eine eigenständige Prüfung der Finanzbehörden und -gerichte ermittelt werden, BFH v. 14. 5. 2014 – X R 23/12, BStBl. II 2014, 684, juris Rn. 29 ff.; Bode, Kirchhof, § 4 Rn. 228 f.; Loschelder, Schmidt/EStG, § 4 Rn. 611; Kruschke, H/H/R-EStG, § 4 Rn. 1859 f. m. w. N. 459  Vgl. OFD Münster v. 27. 8. 1998, EStG-Kartei NW § 4 (5) - (7) EStG Nr. 3000: „Den Finanzbehörden obliegt es […] insbesondere nicht, festzustellen und zu entscheiden, ob tatsächlich der vom Gericht bzw. der Bußgeldstelle für schuldig befundene ArbN oder der ArbG als der eigentlich Schuldige mit einer Geldstrafe oder -buße zu belegen war. Insoweit ist die Entscheidung des Gerichts bzw. der Bußgeldstelle maßgebend“.

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nehmen zum Betroffenen der negativ spezialpräventiven Wirkung und sämtliche Unternehmen in vergleichbaren Risikolagen zu Adressaten der Generalprävention. Rein formal käme es damit auch zu einer Trennung der Trägerschaft von Registereinträgen und der Trägerschaft der finanziellen Wirkung der Geldstrafe, -buße etc. Das alles geschähe dann im Rahmen eines anderweitigen (nicht strafoder bußgeldrechtlichen) staatlichen Verfahrens. Ein solches Ergebnis steht den Entscheidungen, die der Gesetzgeber mit den Straf- und Ordnungsgesetzen sowie den jeweiligen Verfahrensordnungen getroffen hat, diametral entgegen und löst Bedenken hinsichtlich der Verfassungsmäßigkeit einer solchen Gesetzesanwendung im Hinblick auf Art. 103 Abs. 2 GG aus. Grundsätzlich wird zwar nach allgemeiner Ansicht angenommen, dass das strafrechtliche Analogieverbot im Steuerrecht keine Anwendung findet.460 Besteht der Zweck einer rechtfertigungsbedürftigen Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips jedoch allein in der Verwirklichung hoheitlicher Sanktionszwecke, so könnte man argumentieren, dass eine steuerrechtliche Verweigerung des Abzugs selbst den Charakter einer Sanktion annimmt. Damit scheint die Anwendung des Analogieverbotes nicht mehr so fernliegend. Alles in allem lässt sich daher festhalten, dass eine vergleichbare Interessenlage, wie jene im Rahmen der Sanktionsabzugsverbote, weit entfernt erscheint. Ein Analogieschluss im besprochenen Sinne ist daher nicht zulässig. Ohne die Möglichkeit zur Bildung eines rechtlich zulässigen Analogieschlusses gibt es jedoch keine Regelung, die es ermöglichte den Arbeitgebern für Sanktionserstattungszahlungen den Betriebsausgabenabzug zu verweigern, wenn sie betrieblich veranlasst sind. Dass sie es sind, liegt sowohl auf der Hand, wenn sie zugleich eine Lohnzahlung auslösen (eigenbetriebliches Interesse an der Zahlung von Arbeitslohn) als auch dann, wenn sie nur eine steuerfreie Vorteilszuwendung begründen (ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse des Arbeitgebers).461 In der Folge bedingt das objektive Nettoprinzip, dass ein Abzug der entsprechenden Aufwendungen de lege lata nicht versagt werden darf und kann. c)  Zwischenfazit Nach der Betrachtung der „zweiten“ Diskussionsebene wird deutlich, dass auch der Wille zur Umsetzung strafrechtlicher Zwecke durch Ausnutzung einkommensteuerrechtlicher Bewertungsspielräume nicht geeignet ist, um strafzweckorientiert sinnvolle oder legitime Ergebnisse herbeizuführen. Ein etwaig 460  Das gilt allein schon wegen des Wortlautes von Art. 103 Abs. 2 GG, der ausdrücklich von „Strafbarkeit“ spricht. Der hoheitliche Abgabenanspruch ist jedoch keine Sanktion, vgl. BVerfG v. 24. 7. 1957 – 1 BvL 23/52, BVerfGE 7, 89, juris Rn. 23; Wernsmann, Verhaltenslenkung, S. 400 f. m. w. N. 461  So auch Hilgers-Klautzsch, Kohlmann, § 408 AO Rn. 48 f.

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vorhandenes Bedürfnis nach einer solchen Handhabung kann – das ist die Lehre aus den Entwicklungen, die zur Einführung der ertragsteuerrechtlichen Sanktionsabzugsverbote geführt haben – nur mittels Schaffung entsprechender Regelungen durch den Gesetzgeber bedient werden.

IV.  Übernahme von Verfahrens- und Verteidigungsaufwendungen eines Arbeitnehmers 1.  Arbeitnehmer Fragen der Übernahme von Verfahrens- und Verteidigungsaufwendungen des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber sind bislang kaum von der Rechtsprechung entschieden worden.462 Das lässt sich vor allem dadurch erklären, dass in der Praxis Verteidigungs- und Verfahrensaufwendungen oft in Fällen erstattet werden, in denen diese Aufwendungen für den Arbeitnehmer selbst beruflich veranlasste Aufwendungen darstellen. Selbst wenn die Erstattungszahlung als Zufluss von Arbeitslohn bewertet wird, können jenen Einnahmen dann Werbungskosten in entsprechender Höhe entgegenhalten werden. Hier wirkt es sich für den Arbeitnehmer dann gar nicht aus, wenn die Erstattungszahlungen bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit versteuert werden.463 Auch an diesem Thema besteht jedoch ein gewisses praktisches Interesse. Einerseits ist aus Sicht des Arbeitnehmers nämlich auch nicht auszuschließen, dass seine Verfahrens- und Verteidigungsaufwendungen im Einzelfall dennoch nicht als Werbungskosten anerkannt werden, andererseits ist für den Arbeitgeber auch bedeutsam, ob und wann er seine Erstattungszahlungen im Lohnsteuerverfahren als Arbeitslohn behandeln muss. Gegebenenfalls können dann auch höhere Sozialabgaben entstehen und schließlich ist wiederum auch an die mögliche (lohnsteuerrechtliche) Haftung des Arbeitgebers zu denken. Auch das steuerrechtliche Schrifttum nimmt diese Thematik dementsprechend zur Kenntnis: Teilweise wird dort angenommen, dass die Übernahme dieser Aufwendungen durch den Arbeitgeber stets zur Entstehung von Arbeitslohn führen müsse,464 teilweise wird davon ausgegangen, dass in typischen Konstellationen 462  RFH v. 7. 12. 1939 – IV 234/39, RFHE 48, 34. Auch im Urteil des BFH v. 5. 11. 1964 – IV 199/62, HFR 1965, 161 hat eine Auseinandersetzung mit der Übernahme von Strafverfahrenskosten Dritter stattgefunden. In jenem Fall bestand jedoch die Besonderheit, dass der Dritte der Sohn des Unternehmers war und unentgeltlich im Unternehmen des Vaters arbeitete. 463 Vgl. Werder/Rudolf, BB 2015, 665 (672). 464  Hartz/Meeßen/Wolf, ABC-Führer LSt, „Geldstrafen“ Tz. 16; Pflüger, H/H/R-EStG, § 19 Rn. 600 „Prozesskosten“. So auch Spatscheck, AG 2012, 452 (453), der zusammen mit Ehnert zuvor noch vertreten hatte, dass der Ersatz der Kosten nicht zum Vorliegen von Arbeitslohn führen muss, Spatscheck/Ehnert, StraFo 2005, 265 (271).

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gerade kein Arbeitslohn entsteht, d. h. letztlich vertreten, dass die Übernahme im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers erfolgen kann.465 Vom theoretischen Standpunkt aus ist nicht ersichtlich, weshalb die Erstattung von Verfahrens- und Verteidigungsaufwendungen grundsätzlich nach anderen Maßstäben zu beurteilen sein sollte als andere Vorteilszuwendungen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer. Das bedeutet, dass im Rahmen des Veranlassungszusammenhangs auch eine Differenzierung von Arbeitslohn und Nicht-Arbeitslohn am Maßstab des ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesses stattfindet. Dabei spricht mit hier vertretener Ansicht wiederum nichts dagegen, dass diese Differenzierung grundsätzlich ergebnisoffen betrieben wird. Die Gegner dieses Gedankens begründen ihre Haltung mit dem (vermeintlich) grundsätzlich fehlenden Interesse von Arbeitgebern an rechtswidrigem Verhalten ihrer Arbeitnehmer oder mit der Zuordnung von Strafverteidigungsaufwendungen zur Privatsphäre.466 Wie bereits gezeigt, können diese Argumente schon nicht im Hinblick auf die Beurteilung der Sanktionsübernahmen überzeugen. Im Hinblick auf die Übernahme von Verfahrens- und Verteidigungsaufwendungen gilt nichts anderes. Im Wesentlichen können sich die zuvor schon dargestellten Interessen an der Übernahme der Sanktionen selbst auch entsprechend auf das Interesse an der Übernahme von Verfahrens- und Verteidigungsaufwendungen auswirken. So ist zum Beispiel auch hier denkbar, dass die betriebliche Veranlassung einer Kostenübernahme darin gründet, dass die Kooperation der Mitarbeiter während einer internen Ermittlung gesichert werden soll oder die Ausgaben mittelbar dazu dienen, um einen Einfluss auf die Außendarstellung des Unternehmens während des laufenden Bußgeld- oder Strafverfahrens erst zu ermöglichen oder zu behalten.467 Ein besonders starkes Eigeninteresse des Arbeitgebers bzw. Unternehmens an der erfolgreichen Verteidigung des Arbeitnehmers ergibt sich vor allem, wenn die Bestätigung eines Tatvorwurfes zum Anknüpfungspunkt für eine Sanktion gegen den Arbeitgeber bzw. das Unternehmen selbst (z. B. nach §§ 30 oder 130 OWiG) werden kann.468 In dieser Lage dient die Unterstützung und Ver465  Breuninger, JbdFfSt 2014/2015, 303 (314); Olgemüller, AG 2008, 495 (496); Spatscheck/Ehnert, StraFo 2005, 265 (271); Werder/Rudolf, BB 2015, 665 (667); Breinersdorfer, K/S/M-EStG, § 19 Rn. B 361. Geserich geht sogar davon aus, dass die Übernahme ohne weiteres nicht zu Arbeitslohn führt, wenn der strafrechtliche Vorwurf, gegen den sich der Arbeitnehmer zur Wehr setzt, beruflich veranlasst ist, Geserich, Blümich/EStG, § 19 Rn. 280 „Strafverfahrenskosten“. Differenzierend Wedemeyer/Hohlfeld, DStZ 1985, 79 (83). 466 Vgl. Saller, DStR 1996, 534 (536); Wedemeyer/Hohlfeld, DStZ 1985, 79 (83); Hartz/ Meeßen/Wolf, ABC-Führer LSt, „Geldstrafen“ Tz. 16. Im Anschluss an Entscheidungen des RFH Barein, L/B/P-EStG, § 19 Rn. 169. 467 Vgl. Biesgen, SAM 2014, 158 (163); Stetter, MAH Strafverteidigung, § 44 Rn. 126. 468  Werder/Rudolf, BB 2015, 665 (672).

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teidigung des Arbeitnehmers in ganz besonderem Maße eigenen Interessen des Unternehmens. Andererseits ist auch hier daran zu denken, dass sich im Zuge des Bußgeldoder Strafverfahrens zeigen kann, dass der Arbeitnehmer eine Tat zu Lasten des Arbeitgebers oder Unternehmens begangen hat, etwa um sich auf dessen Kosten selbst zu bereichern. An den Auswirkungen einer solchen Tat wird regelmäßig kein Interesse bestehen und die Bestätigung des Tatvorwurfs wird sich unter Umständen nicht negativ auf die öffentliche Wahrnehmung des Unternehmens auswirken. Eine zielorientierte Ausgestaltung der Übernahme von Verfahrens- und Verteidigungsaufwendungen sollte diesen Faktor durch die Vereinbarung eines Vorbehaltes der Rückforderung der Erstattungszahlungen berücksichtigen.469 Für die Beteiligten des Lohnsteuerverfahrens besteht die Möglichkeit eine Anrufungsauskunft (§ 42e EStG) hinsichtlich der Behandlung der Erstattungszahlungen (Arbeitslohn/Nicht-Arbeitslohn) bei dem jeweiligen Betriebsstätten-Finanzamt einzuholen. Gegenüber dem denkbaren Antrag auf Erteilung einer verbindlichen Auskunft i. S. d. § 89 Abs. 2 AO hat dies für den Arbeitgeber den Vorteil, dass das Verfahren für ihn kostenfrei ist470 und er im Rahmen der Anrufungsauskunft sogar einen Rechtsanspruch auf eine inhaltlich richtige Auskunft hat471.472 Bestehende Unsicherheiten können jedoch auch durch die Anrufungsauskunft unter Umständen nicht vollkommen ausgeräumt werden, da keine Auskunft zu der Frage erteilt wird, ob die erstatteten Aufwendungen des Arbeitnehmers zugleich als Werbungskosten anerkannt werden473 und die Auskunft keine Bindungswirkung gegenüber dem Finanzamt entfaltet, bei dem ggf. die Einkommensteuerveranlagung des Arbeitnehmers durchgeführt wird.474

469  Spatscheck, AG 2012, 452 (453). Zum Zusammenhang mit strafrechtlichen Fragen im Hinblick auf eine Untreue zu Lasten des Unternehmens vgl. Leisner, K/R/T, Internal Investigations, Kap. 10 Rn. 60 ff. Mit weiteren Hinweisen zur praktischen Umsetzung eines Amnestieprogramms Kahlenberg/Schwinn, CCZ 2012, 81 (81 ff.). 470  Vgl. § 89 Abs. 3 - 7 AO. Zur Gebührenerhebung für die Erteilung der verbindlichen Auskunft Söhn, H/H/Sp-AO, § 89 Rn. 314 ff. Zur Verfassungsmäßigkeit der Gebühren­ erhebung, auch im Verhältnis zur kostenfreien Anrufungsauskunft, Wernsmann, H/H/SPAO, § 3 Rn. 484. 471 Nach BFH v. 29. 2. 2012 – IX R 11/11, BStBl. II 2012, 651, juris Rn. 12 „regelt die verbindliche Auskunft lediglich, wie die Finanzbehörde eine ihr zur Prüfung gestellte hypothetische Gestaltung gegenwärtig beurteilt, nicht aber trifft sie die – dem Steuerbescheid vorbehaltene – endgültige Aussage über die materielle Rechtmäßigkeit einer Steuerfestsetzung“. 472 Vgl. Werder/Rudolf, BB 2015, 665 (672). 473  Eisgruber, Kirchhof/EStG, § 42e Rz. 4; Krüger, Schmidt/EStG, § 42e Rn. 6. 474  Krüger, Schmidt/EStG, § 42e Rn. 11 m. w. N.

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2.  Arbeitgeber Bei der Übernahme von Verfahrens- und Verteidigungskosten des Arbeitnehmers im Bußgeld- oder Strafverfahren kommt es für die Abziehbarkeit der Erstattungszahlungen als Betriebsausgaben des Arbeitgebers/Unternehmens nur darauf an, ob die finanzielle Entlastung von der Kostentragung betrieblich veranlasst ist oder nicht; eine Anwendung der Abzugsverbote in § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 8 EStG, § 12 Nr. 4 EStG oder § 10 Nr. 3 KStG scheidet hier direkt und analog schon im Ansatz aus. Ob die finanzielle Übernahme der Verfahrens- und Verteidigungsaufwendungen betrieblich veranlasst ist, hängt wiederum von den Umständen des Einzelfalls ab. Einer möglichen betrieblichen Veranlassung steht aber grundsätzlich nichts im Wege. Bei Körperschaften stellt sich die steuerrechtliche Frage der betrieblichen Veranlassung der Kostenübernahme nicht, da sie nach ganz herrschender Meinung nicht über eine außerbetriebliche Sphäre verfügen.475 Hier ist allenfalls bei der Übernahme von Aufwendungen für einen angestellten Gesellschafter-Geschäftsführer daran zu denken, ob nicht die Grundsätze der verdeckten Gewinnausschüttung greifen und die Aufwendungen deswegen bei der Körperschaft steuerneutral zu behandeln sind.476 Bei Einzelpersonen und Mitunternehmerschaften kommt es wiederum nur auf den sachlichen Zusammenhang der Zahlung mit der Einkunftsart und die subjektive Zweckrichtung an. Hier gilt, was schon zuvor gesagt worden ist: Besteht kein wesentliches Interesse des Arbeitgebers/Unternehmens an der Zahlung, so kann es sich um die Zahlung von Arbeitslohn handeln. Für das Unternehmen liegen mit der Zahlung dann abziehbare Erwerbsaufwendungen vor. Besteht ein ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse an der Erstattungszahlung, so wird ebenso an der betrieblichen Veranlassung kein Zweifel bestehen. Etwas anderes mag sich hier lediglich ergeben, wenn eine Erstattungszahlung gegenüber einem Arbeitnehmer aus rein privaten Motiven des Arbeitgebers stattgefunden hat. In diesem Fall kann zum Beispiel auch eine Entnahme vorliegen, die das Betriebsvermögen nicht mindern darf. Auf Seiten des Arbeitnehmers ist daran zu denken, dass die Zahlung ggf. als steuerpflichtige Schenkung zu erfassen sein kann.477 475  BFH v. 28. 10. 2015 – I R 10/13, BStBl. II 2016, 298, juris Rn. 11 m. w. N. Vgl. auch BFH v. 15. 2. 2012 – I B 97/11, BStBl. II 2012, 697, juris Rn. 6; v. 22. 8. 2007 – I R 32/06, BStBl. II 2007, 961, juris Rn. 12; v. 4. 12. 1996 – BFH/NV 1997, 190, juris Rn. 19 ff. A. A. Hey, Tipke/Lang, § 11 Rn. 37, 45. 476  FG Niedersachsen v. 7. 12. 1989 – VI 322/85, juris Rn. 19 ff. – rkr. Spatscheck/ Ehnert, StraFo 2005, 265 (273). 477  Ähnlich zur Übernahme von Lösegeldzahlungen für Arbeitnehmer durch den Arbeitgeber/das Unternehmen Pflüger, H/H/R-EStG, § 19 Rn. 186.

§ 5  Zusammenfassung § 5  Zusammenfassung

Im Rahmen der einkommensteuerlichen Einkünfteermittlung (§ 2 Abs. 2 EStG) dient das Veranlassungsprinzip der Umsetzung von Vorgaben des objektiven Nettoprinzips und damit letztlich auch des allgemeinen Gleichheitssatzes (Art. 3 Abs. 1 GG). Mit § 40 AO hat der Gesetzgeber geregelt, dass es für die Besteuerung unerheblich ist, ob ein Verhalten, das den Tatbestand eines Steuergesetzes erfüllt, gegen ein gesetzliches Gebot oder Verbot oder gegen die guten Sitten verstößt. Aus der Betrachtung der Rechtsentwicklung zeigt sich, dass diese Regelung für die Ertragsbesteuerung vor allem die Vorgabe enthält, dass auch Leistungsfähigkeit, die durch delinquentes oder sittenwidriges Verhalten generiert worden ist, als Einkommen erfasst werden kann. Solange als Einkommen nicht allein der Reinvermögenszuwachs erfasst wird, sondern nur Veränderungen der Leistungsfähigkeit innerhalb vorgegebener Einkünftequellen, ist diese Vorgabe für das Einkommensteuerrecht nicht selbstverständlich. Ohne sie könnte auch argumentiert werden, dass sich ein delinquentes oder sittenwidriges Verhalten zum Beispiel schon nicht als Verwirklichung einer Einkunftsart darstellt: Dann könnte etwa der Qualifizierung eines Verhaltenskomplexes als „Gewerbebetrieb“ entgegengehalten werden, dass jener legale und sittenkonforme Verhaltensweisen voraussetzt. Indirekt verlangt § 40 AO deshalb auch eine wertneutrale Auslegung derjenigen Tatbestände, die zur Erfassung des Einkommens dienen, mithin also auch der Tatbestände zur Erfassung positiver Einkünfte und der Erwerbsaufwendungen, die ihrerseits von der Anwendung des Veranlassungsprinzips bestimmt werden. Es zeigt sich jedoch, dass diese Vorgabe im latenten Konflikt mit dem Rechtsgefühl steht, was sich vor allem an der Einbeziehung außersteuerrechtlicher Wertungen in die Auslegung der Steuergesetze über das Postulat einer einheitlichen Rechtsordnung abzeichnet. In diesem Zusammenhang besteht die Tendenz, eine Wertneutralität des Steuerrechts durchzusetzen, wo dies auch zu relativ belastenden Folgen für den Steuerpflichtigen führt. Zugleich erfährt die Umsetzung einer wertneutralen Rechtsanwendung dort eine restriktive Handhabung, wo sie zu – relativ betrachtet – vorteilhafteren Ergebnissen für den Steuerpflichtigen führte. Die Frage, ob Aufwendungen, die den Steuerpflichtigen im Zusammenhang mit Bußgeld- und Strafverfahren entstehen (v. a. die Geldsanktionen selbst), steuerlich abzugsfähige Erwerbsaufwendungen darstellen können, bewegt sich seit jeher in einem Spannungsfeld zwischen der Verwirklichung von binnen- und

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außersteuerlichen Zielsetzungen. Rechtsfolgen des Ordnungswidrigkeitenrechts sind bei entsprechendem Zusammenhang mit der Erwerbssphäre zunächst als abziehbare Erwerbsaufwendungen behandelt worden. Rechtsfolgen des Kriminalstrafrechts galten als grundsätzlich privat veranlasste Aufwendungen, sind im Ausnahmefall aber dennoch als abzugsfähige Erwerbsaufwendungen behandelt worden. Ausschlaggebend für den Zusammenhang mit der steuerlichen Privatsphäre sollte nach der Rechtsprechung ab den 1920er Jahren die Zusammengehörigkeit von Geldstrafen und Ähnlichem mit der persönlichen Schuld des Steuerpflichtigen sein. Im Ausgangsfall, in dem dieser Zusammenhang hergestellt worden ist, wird eine Anlehnung an das – schon damals im Umbruch befindliche – psychologische Schuldverständnis offenbart. Im Anschluss an diese Entscheidung hat kaum noch eine Auseinandersetzung der Finanzrechtsprechung mit dem Schuldverständnis nach strafrechtlicher Dogmatik stattgefunden. Vor allem in der Rechtsprechung des VI. Senats des RFH hat sich das Bestreben offenbart, Ausnahmefälle typisierend zu erfassen, in denen auch Geldstrafen und mit ihnen vergleichbare Sanktionen dennoch zum Abzug zugelassen werden sollten. Dabei wurde Ausschau nach Sanktionen gehalten, bei denen die zugrundeliegenden Taten allein aus typischem Erwerbsverhalten heraus zu erklären sind und mit deren Verwirklichung nur ein geringer Schuldvorwurf verbunden wird. Spätestens ab 1938 fand diese differenzierende Sichtweise ein jähes Ende. Ausgerichtet an den Zielen des totalitären Regimes im Dritten Reich, insbesondere auch der Kriegsvorbereitung, wurden von nun an auch Ordnungsstrafen in einem neuen Licht betrachtet und im Anschluss an einen Reinhardtschen Erlass von der Rechtsprechung als nicht mehr abzugsfähige Erwerbsaufwendungen behandelt. Steuerrechtlich ist dieses Ergebnis vor allem aus der Gesetzesauslegung unter Berücksichtigung der nationalsozialistischen Weltanschauung hergeleitet worden. Obwohl weiterhin keine gesetzlichen Abzugsverbote für Geldsanktionen bestanden, wurde das Ergebnis – die Nichtabzugsfähigkeit sowohl von Geldbußen als auch von Geldstrafen und vergleichbaren Sanktionen – bis zum Jahr 1983 durch die Rechtsprechung aufrechterhalten. Vorangetrieben durch einen lebhaften steuerrechtlichen Dialog, wurde die Begründung der Nichtabziehbarkeit mehrfach ausgetauscht. Nach und nach wurde anerkannt, dass auch Sanktionen des Kriminalstrafrechts betrieblich oder beruflich veranlasste Aufwendungen sein können. Wie auch hinsichtlich der Geldbußen wurde ein Abzug jedoch unter Betonung von teils kaum näher bezeichneten Sanktionszwecken, teils der Unverträglichkeit einer Abwälzung von Sanktionsaufwendungen auf die Allgemeinheit oder schlicht durch einen Verweis auf den Gedanken der Einheit der Rechtsordnung abgelehnt. All diese Begründungen sind im Hinblick auf die Abziehbarkeit von Sanktionen des Ordnungswidrigkeitenrechts im Zuge der Geldbußenbeschlüsse des Gro-

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ßen Senats beim BFH verworfen worden und es ist in die Hände des Gesetzgebers zurückgelegt worden, ggf. eine Rechtsgrundlage für die Nichtabziehbarkeit dieser Sanktionen zu schaffen. Im Zuge der öffentlichen Empörung, die diese Entscheidung ausgelöst hat, schuf der Gesetzgeber umgehend Abzugsverbote für die Rechtsfolgen beider strafrechtlicher Regime. Die systematische Verortung dieser Sanktionsabzugsverbote legt dabei nahe, dass der Gesetzgeber den Rechtsfolgen des Ordnungswidrigkeitenrechts grundsätzlich das Potenzial erwerbsbedingten, nur im Ergebnis nicht abziehbaren Aufwands einräumt, andererseits aber Geldstrafen und vergleichbare Sanktionen als Kosten der Privatsphäre einordnet. Nach anfänglicher Skepsis hat auch die Rechtsprechung diese Einschätzung übernommen und versucht nunmehr wieder sie durch entsprechende Begründungen plausibel zu machen, die sie aus einer direkten Verweisungskette zu den Entscheidungen des RFH vor 1938 gewinnt. Hierdurch wird wiederum von der Verwirklichung strafrechtlicher Schuld auf das Metakriterium der Täterbezogenheit geschlossen, die eine Verortung der in § 12 Nr. 4 EStG erfassten Sanktionen in der einkommensteuerlichen Privatsphäre gebiete. Das Schrifttum folgt dieser Einschätzung überwiegend. Wie sich demgegenüber zeigen lässt, gebieten weder die Feststellung, dass ein Verhalten mit der Verwirklichung strafbegründender Schuld einhergeht noch die im Strafausspruch zugemessene Schuld, noch die Schuldidee an sich eine solch zwingende oder regelmäßig anzunehmende Verortung in der steuerlichen Privatsphäre. Einzig die Bemessung des individuellen Tagessatzes birgt einen regelmäßig anzunehmenden Bezug zur steuerlichen Privatsphäre in sich. Dieser Faktor ist aber allein für die Zumessung von Geldstrafen verbindlich, zugleich aber für ihren Charakter nicht so bestimmend, dass sich hieraus eine stets anzunehmende Zuordnung der Geldstrafe zur steuerlichen Privatsphäre herleiten ließe. Folgt man dieser Annahme, so wirkt das Abzugsverbot in § 12 Nr. 4 EStG konstitutiv und führt dort, wo es den Abzug von dem Grunde nach betrieblich oder beruflich veranlassten Sanktionen verhindert, zu einer rechtfertigungsbedürftigen Durchbrechung des objektiven Nettoprinzips und damit auch des allgemeinen Gleichheitssatzes. Setzt man diese Erkenntnis in Relation zu den Anforderungen, die seitens des BVerfG an eine derartige Rechtfertigung gestellt werden, dann lässt sich eine Legitimation der durch § 12 Nr. 4 EStG entstehenden Ungleichbehandlung mit anderem Erwerbsaufwand zwar nicht überzeugend mit der Verwirklichung eines Vereinfachungszweckes erklären. Allerdings bietet das Ziel der Durchsetzung derjenigen straf- und ordnungswidrigkeitenrechtlichen Zwecke, die auch in der Höhe einer Geldsanktion zum Ausdruck kommen (Vergeltung, General- und Spezialprävention) einen zur Rechtfertigung geeigneten Lenkungszweck; einzig eine Verwirklichung positiv spezialpräventiver Zwecke durch das Sanktionsabzugsverbot erscheint dabei nicht überzeugend. Allein dieses Verständnis der

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Sanktionsabzugsverbote stellt sich als geeignet dar, widersprüchliche Begründungen zu vermeiden, wenn im Einzelfall zum Beispiel ausländische Strafen, deren Verhängung dem nationalen ordre public nicht entspräche, ausnahmsweise doch zum Abzug zugelassen werden sollen, oder um zu erklären, weshalb Aufwendungen für das Strafverfahren oder die Strafverteidigung abziehbare Werbungskosten oder Betriebsausgaben sein können. Für die Praxis ist heute von erheblicher Bedeutung, welche einkommensteuerlichen Konsequenzen es nach sich zieht, wenn Arbeitgeber oder Unternehmen ihren Arbeitnehmern Geld zuwenden, um sie von der finanziellen Belastung einer hoheitlichen Geldsanktion freizustellen. Typischerweise kommt es zu solchen Übernahmekonstellationen, wenn Arbeitnehmer eine Tat im tatsächlichen oder vermeintlichen Interesse des Unternehmens begangen haben, wenn durch die Übernahme bestimmter Sanktionen die Fortsetzung eines strafrechtlichen Verfahrens und der hiermit einhergehenden Öffentlichkeitswirkungen verhindert werden sollen oder wenn eine Verpflichtung erfüllt werden soll, die im Rahmen einer Kooperationsvereinbarung mit dem Arbeitnehmer eingegangen worden ist und seine Mitarbeit im Rahmen einer internen Ermittlung sichern soll. Von maßgeblichem Interesse ist dabei, ob der Zufluss der Erstattungszahlung beim Arbeitnehmer zur Entstehung (steuerpflichtigen) Arbeitslohnes führt. Für diese Frage ist zunächst entscheidend, ob delinquentes Verhalten von Arbeitnehmern überhaupt im Rahmen der steuerrechtlich beachtlichen Verhaltensweisen stattfinden kann, die im Verhaltenskomplex „nichtselbständiger Arbeit“ aufgehen. Gegebenenfalls kommt es dann darauf an, ob eine solche Erstattungsleistung als durch das Arbeitsverhältnis veranlasst angesehen werden kann. Hierbei kommt nach allgemeinen lohnsteuerrechtlichen Grundsätzen der Rechtsfigur vom ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse des Arbeitgebers besondere Bedeutung zu. Die Frage, ob Delinquenz ein Bestandteil nichtselbständiger Arbeit sein kann, hat bislang in Rechtsprechung und Schrifttum kaum Beachtung gefunden, ist zuletzt aber von einer Ansicht aus der jüngeren Literatur mit dem Argument verneint worden, dass der Arbeitgeber delinquentes Verhalten des Arbeitnehmers nicht rechtswirksam anordnen kann. Dieser Ansicht kann aber entgegengehalten werden, dass das Verständnis des steuerrechtlichen Dienstverhältnisses losgelöst von zivilrechtlichen Vorgaben interpretiert werden kann. Dementsprechend führt es nicht zu einer Aussonderung delinquenter Verhaltensweisen aus dem Bereich nichtselbständiger Arbeit, wenn eine fehlende rechtliche Weisungsbindung durch eine tatsächliche Weisungsbefolgung überwunden wird. Argumente zur Unterstützung der Bedeutung des tatsächlichen Erwerbsbildes lassen sich unter anderem auch aus dem Umgang mit Einkünften aus rechtswidrig geleisteter Mehrarbeit, der Qualifizierung des Erwerbsbildes von ebenfalls nicht weisungsgebundenen, organisatorisch jedoch eingegliederten Prostituierten oder auch aus

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den Grundsätzen zur Unterscheidung von Haupt- und Nebentätigkeiten gewinnen. Die Zuordnung von Leistungen des Arbeitgebers zur Einkunftsart nichtselbständiger Arbeit wird durch die Anwendung des Veranlassungsprinzips vorgenommen. Dabei wird jedoch maßgeblich darauf abgestellt, ob eine arbeitgeberseitige Vorteilsgewährung mit dem Zweck einer Entlohnung des Arbeitnehmers geleistet worden ist („Entlohnungscharakter“). Ein solcher Entlohnungscharakter wird auch dann ausgeschlossen, wenn eine Zuwendung des Arbeitgebers in seinem ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse erfolgt. Obwohl diese Rechtsfigur latent den Forderungen punktueller Optimierung ausgesetzt ist, erfreut sie sich im Übrigen einer grundsätzlichen Anerkennung. Als wenig überzeugend stellen sich die erwähnten Forderungen nach Optimierung dort dar, wo letztlich nur erklärt wird, durch welche Umschreibungen sich das Ergebnis der Qualifikation einer Leistung als Arbeitslohn oder Zuwendung im überwiegend eigenbetrieblichen Interesse rhetorisch erfassen lässt, wenn nicht auch erläutert wird, nach welchen Maßstäben eine trennschärfere Qualifizierung in diesem Sinne möglich werden soll. Grundsätzlich überzeugend erscheint jedoch der Vorschlag, nach dem in die Qualifizierung von Lohn und Nicht-Lohn miteinzubeziehen ist, ob ein Vorteilsempfang im Rahmen des „Erwerbsrahmens“ stattfindet, den der Arbeitgeber durch sein Direktionsrecht und seine Organisationsmacht ausgestalten kann. Denkt man diesen Gedanken weiter, so muss auch berücksichtigt werden, ob Zuwendungen des Arbeitgebers zur Verwirklichung seiner unternehmerischen Initiative und seines Risikos dienen oder nicht. Erst wenn sich eine Leistung außerhalb dieses Bereiches bewegt, kann ein „Lohninteresse“ des Arbeitnehmers entstehen und erscheint ein Entgeltcharakter der Zuwendung denkbar. Hierdurch lässt sich ein Ersatz für den maßstabslosen und potenziell diskriminierenden Einsatz des Gedankens der „Wechselwirkung“ finden. Nach hier vertretener Ansicht kann eine rechtssicherere Handhabung der Rechtsfigur vom ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse im Rahmen einer dreistufigen Prüfung erfolgen: Erstens ist zu untersuchen, ob der Arbeitnehmer innerhalb der Vorgaben des Erwerbsrahmens „gezwungen“ ist, den entsprechenden Vorteil anzunehmen. Dies ist auch der Fall, wenn der Arbeitgeber durch den Einsatz des arbeitsrechtlichen Instrumentariums die Anwendung „mittelbaren Zwangs“, also vor allem eine Verschlechterung des finanziellen Status quo, in Aussicht stellt, wenn der Arbeitnehmer den Vorteil nicht annimmt. Erfolgt eine Vorteilsnahme in diesem Sinne freiwillig, so ist zweitens zu überprüfen, ob der Arbeitgeber durch die Zuwendung ein nachvollziehbares unternehmerisches Interesse verfolgt. Das lässt sich grundsätzlich nur aus dem Zusammenhang der individuellen Vorteilsgewährung mit dem Geschäftsmodell des Unternehmens entnehmen, wobei es dem Arbeitgeber obliegt diesen Zusammenhang darzustel-

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len. Hierbei bedarf es auch einer Darlegung, inwiefern die Bedingungen der Vorteilsgewährung eine konsequente Verfolgung des gesetzten Zieles ermöglichen. Auf der zweiten Ebene ist sodann auch zu ermitteln, ob die Vorteilsgewährung überhaupt geeignet erscheint, ein Lohninteresse des Arbeitnehmers im zuvor erwähnten Sinne zu wecken. Ergibt sich hierdurch nicht schon eine klare Entscheidung in Richtung einer Leistung im ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesse oder in Richtung einer Leistung mit Entlohnungscharakter, so sollen die Interessen drittens in eine wertende Abwägung einbezogen werden. Dabei begründet ein vorgefundenes Lohninteresse des Arbeitnehmers ein erhebliches Indiz für den Entgeltcharakter einer Zuwendung. Bei der Beurteilung der Sanktionserstattung negiert die Rechtsprechung derzeit ein eigenbetriebliches Interesse an delinquentem Verhalten von Arbeitnehmern und der Übernahme der hierauf erfolgenden Sanktionen. Diese Interpretation des eigenbetrieblichen Interesses schließt, konsequent zu Ende gedacht, allerdings auch die Annahme eines Entlohnungscharakters der Sanktionserstattung aus und ist unvereinbar mit den Vorgaben des § 40 AO. Lässt man diese Rechtsprechung deshalb außer Betracht, so ist auch bei der einkommensteuerlichen Qualifizierung der Erstattungszahlungen wiederum die Rechtsfigur des ganz überwiegend eigenbetrieblichen Interesses zu berücksichtigen. Wird die Rechtsfigur nach hier vorgestelltem Verständnis angewendet, kann der Entgeltcharakter einer Sanktionserstattungszahlung im Einzelfall durchaus auszuschließen sein. Dieses Ergebnis ist geeignet einen Konflikt mit dem Rechtsgefühl hervorzurufen und weckt den Gedanken, dass durch eine solche Rechtsanwendung im Einzelfall die Wirkung der Sanktionszwecke und (dem folgend) der Sanktionsabzugsverbote unterlaufen wird. Da eine finanzielle Übernahme von Geldsanktionen durch den Arbeitgeber allerdings im Übrigen rechtlich zulässig ist, ist nicht ersichtlich, wie eine pauschale Qualifizierung der Erstattungszahlungen als Arbeitslohn eine Stärkung der Sanktionszwecke herbeiführen sollte. Grundsätzlich denkbar erscheint die Erreichung dieses Zieles durch eine Verweigerung des Betriebsausgaben- oder Werbungskostenabzugs für die Erstattungsleistungen beim Arbeitgeber oder Arbeit gebenden Unternehmen. Für eine solche Handhabung fehlt es allerdings an einer einschlägigen Rechtsgrundlage. Ein zulässiger Analogieschluss kann nicht gebildet werden, da die steuerrechtlichen Rechtsanwender keine eigenständige interpersonelle Verschiebung der Sanktionswirkung herbeiführen dürfen. Nur der Gesetzgeber kann hier ein entsprechendes Abzugsverbot schaffen.

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Sachwortverzeichnis Sachwortverzeichnis

Abwälzungsgedanke siehe Sanktionsabzugsverbote

Außergewöhnliche Belastungen

Abziehbarkeit von Geldsanktionen

– Kosten künstlicher Befruchtung siehe Eizellspende

– Ausländische Geldstrafen  158

– Strafverteidigungskosten siehe dort

– Fühlbarkeit der Sanktion  166, 235, 357

Begleitumstände der Arbeitgeberleistung

– strafrechtliche Lösung  134, 232 Abzugsverbot – Personensteuern  175, 192, 195, 198 – Sanktionsabzugsverbote siehe dort Amnestie- und Kooperationsvereinbarungen  243, 347 f. Analogieschluss – Abziehbarkeit von Geldsanktionen  147 f. – Betriebsausgabenabzug bei Sank­ tionsübernahme  362 ff. – Einheit der Rechtsordnung  – steuerschärfender 

161, 163

129

– strafrechtliches Analogieverbot  364 Arbeitslohn 

246

– Arbeitgeberdarlehen 

249

– Entlohnungscharakter  345, 348

280 ff., 283,

– ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse siehe dort – objektive Bereicherung 

247 ff., 310

Aufteilungs- und Abzugsverbot  218, 266

37, 211,

Auftragsmord siehe Kriminelle Unternehmen Außerbetriebliche Sphäre von Körperschaften  121, 223, 368

– Anlass  286, 322, 345 – Art des Vorteils 

286 f.

– Auswahl der Begünstigten 

286

– besondere Geeignetheit für verfolgten betrieblichen Zweck  288, 322 f., 346 f. – freie oder gebundene Verfügbarkeit  287 – Höhe des Vorteils  288 f., 323 ff. – Lohninteresse  323 ff., 349 – Überblick 

284 ff.

– Wechselwirkungsgedanke  300 f., 327, 330, 340, 356

289 f.,

– Zwang der Annahme­  287, 318 ff., 344 f. Benennungsverlangen 

61, 66

Betäubungsmittel siehe Kriminelle Unternehmen Beteiligung am allgemeinen wirtschaft­ lichen Verkehr  71, 170, 273 Betriebsausgaben – Übernahme von Geldsanktionen siehe dort – Übernahme von Strafverteidigungskosten siehe Strafverteidigungskosten Darlehen – Finanzierung von Geldsanktionen Dritter siehe Übernahme von Geldsanktionen

Sachwortverzeichnis

392

Delinquenz und Dienstverhältnis

– Veranlassungsprinzip siehe dort

– arbeitgeberfeindliche Tat 

– Wertneutralität des Steuerrechts (§ 40 AO) siehe dort

281

– Strafverteidigungskosten siehe dort – tatsächliche Weisungsbefolgung  259, 268, 349 – Übernahmekonstellationen 

262 ff.

– Wertungsvorrang 

135, 161

Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit siehe Arbeitslohn

– Unzulässigkeit arbeitsrechtlicher Weisungen  257, 264

Eizellspende

– Verkehrsauffassung 

– Kosten als außergewöhnliche Belastungen  72. f., 86 ff.

– Heilbehandlung  73, 87

272 ff.

Dienstverhältnis

Erstattung

– Delinquenz siehe Delinquenz und Dienstverhältnis – Einheit der Rechtsordnung  – Erwerbsrahmen  344

– Geldsanktionen siehe Übernahme von Geldsanktionen

257

317 ff., 324, 326,

– Gesamtbild der Verhältnisse  251 – Haupt- und Nebentätigkeiten  259, 265, 275 f. – normatives Verständnis  257, 270, 279 – organisatorische Eingliederung  317

252,

– Prostitution siehe dort 250 ff.

– Unternehmerrisiko und -initiative  252, 261, 324 f., 349 – Weisungsrecht  345

Falschgeld siehe Zoll Fehlanreize siehe Übernahme von Geldsanktionen Fiskalzwecknormen – Abgrenzung zu Sozialzwecknormen  82 – Begriff 

– steuerrechtlicher Begriff 

– unzulässige Mehrarbeit 

Fahrlässigkeit  101, 111, 115, 118, 125, 129, 141, 145, 182

269

252, 256, 262, 271,

59

– Wertneutralität des Steuerrechts (§ 40 AO) siehe dort Freiheitsstrafen 

91

– Gleichbehandlung von Freiheits- und Geldstrafen siehe Sanktionsabzugsverbote

Doping  76

– Kaution  207, 328

Drogenhandel siehe Kriminelle Unternehmen

– Veranlassung  214

Einfuhr- und Verkehrsverbot 

44 f., 67

– Ausnahmen von der Interessenabwägung  292

Einheit der Rechtsordnung – allgemein 

159 ff.

– Barablösung 

– Dienstverhältnis siehe dort – lex specialis und lex posterior 

160

– Sanktionsabzugsverbote siehe dort – Strafverteidigungskosten siehe dort – Unfallkosten siehe dort

Ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse

287, 299

– Begleitumstände der Arbeitgeberleistung siehe dort – Betriebsveranstaltungen  292

286, 288,

Sachwortverzeichnis

– Corporate Social Responsibility  320, 322 – Einheit der Rechtsordnung 

337 f.

– Geschäfts- bzw. Firmenwertorientierung  296, 302, 306 – Gestellung von Kleidung 

287

– Gestellung von Mahlzeiten  310, 318

288,

– Interessenabwägung  284 ff. – Konfusion von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerinteresse  312, 320 – Kosten-Nutzen-Erwägungen  – Kritik 

284

295

– Leistungsfähigkeitsprinzip  297 ff., 308 ff.

393

Geldbußenbeschlüsse 

130 f., 164 f., 370

– Reaktionen der Literatur  148 ff. Geldstrafen – Kosten privater Lebensführung  109 ff., 126, 132 ff. – Täterbezogenheit siehe dort – unfreiwillige Aufwendungen siehe dort – Verstoß gegen den nationalen ordre public siehe Ordre Public Generalprävention  94 f. Gerechtigkeit – Sanktionsabzugsverbote siehe dort – Steuergerechtigkeit 

33, 145

– Zusammenhang mit Strafe  93, 95, 230

– Marktgängigkeit gewährter Vorteile  Geschäfts- bzw. Firmenwert 309 f. – Bestimmung  304 ff. – normativiertes Unternehmensinte– ganz überwiegend eigenbetriebliches resse  112, 259, 278 f., 312 f., 331, Interesse siehe dort 342 ff., 356 Gewerbebetrieb – objektive Aufwendungsersparnis  309 f.

– Rechtsfigur allgemein  – Teilbarkeit 

282

283

– Veranlassung durch nichtselbständige Arbeit  282

– Beteiligung am allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr siehe dort

– gesetzeswidrige Zwecke bzw. Verhaltensweisen  55, 71, 84, 181, 273, 369 – gewerbsmäßiges Handeln i.S.d. StGB  170

– Wechselwirkungsgedanke siehe Begleitumstände der Arbeitgeberleistung

– Prostitution 

Geldauflagen

– Bereichsspezifische Konkretisierung  84

– Bemessung 

198, 204

– Parallelen zu Strafverteidigungskosten siehe Strafverteidigungskosten – Sanktionsabzugsverbote siehe dort – Täterbezogenheit siehe dort – Übernahme durch Dritte siehe Übernahme von Geldsanktionen Geldbußen – Schuldprinzip  111

72

Gleichheitssatz

– Leistungsfähigkeitsprinzip siehe dort – Nettoprinzip siehe dort Hauptversammlung – Beschluss über die Übernahme von Geldsanktionen  245, 248 Internal Investigations siehe Übernahmekonstellationen Körperverletzung  115, 119, 145, 148, 181

Sachwortverzeichnis

394

– Steuerrechtliche Gleichbehandlung strafrechtlich Sanktionierter  165

Korruption – Bestechlichkeit  – Bestechung 

213, 273

– Veranlassungsprinzip 

274

– Herausgabe des Schmiergeldes an den Arbeitgeber  267 – Nationalsozialismus  – Schmiergeld  274

65

64 f., 90, 157, 188, 247,

Kosten-Nutzen-Erwägungen  89, 233, 359 Kriminelle Unternehmen – Auftragsmord 

61

– Drogenhandel  66, 84, 107, 111, 255, 273 – Menschenhandel 

61, 111

– Umsatzsteuerhinterziehung siehe dort – Waffenhandel  75, 111 Künstliche Befruchtung – Differenzierung homo- bzw. heterolog  86 – Eizellspende siehe dort

Logistikbranche siehe Übernahmekonstellationen Lohnsteuerrechtliche Haftung 

246

– Übernahme von Geldsanktionen siehe dort – Übernahme von Strafverteidigungskosten siehe Strafverteidigungskosten Lösegeld 

215, 353, 368

Matrix-Strukturen siehe Übernahmekonstellationen Menschenhandel siehe Kriminelle Unternehmen Nationalsozialismus – Ordnungsstrafen siehe dort – Preisrecht siehe dort

– Begriff  33

– Reinhardtscher Erlass siehe dort

134

– Durchbrechung durch Abzugsverbote  91, 128, 145 – Finanzwissenschaft 

Lenkungsnormen siehe Sozialzwecknormen

– Korruption siehe dort

Leistungsfähigkeitsprinzip – Bruttoabschöpfung 

149

– Wertneutralität des Steuerrechts siehe dort

154

– Spinnstoffgesetz  123 – Steueranpassungsgesetz siehe dort – Vierjahresplan  65, 123 f.

– ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse siehe dort

Nichtselbständige Arbeit siehe Dienstverhältnis

– Gleichheitssatz 

Objektives Nettoprinzip

60, 84

– Konkretisierung durch Subprinzipien  34 – Kriminelle Unternehmen 

272

– Normativierung des Veranlassungszusammenhangs  150 – objektives Nettoprinzip siehe dort – progressiver Einkommensteuertarif siehe dort

– Aussage und Herleitung 

34 f.

– Rechtfertigung von Durchbrechungen  217 Ordnungsstrafen – Abzugsfähigkeit  82, 117, 119, 139 – Nationalsozialismus 

64, 122, 126 ff.

– Rechtsprechungswechsel siehe dort

Sachwortverzeichnis

395

Ordre Public

– Resozialisierung  237

– Eizellspende  73

– Sozialzwecknormen 

– Verstoß durch ausländische Geldstrafe  137, 199, 207, 351

– Spezialprävention  235 ff.

Preisrecht 

– Übernahme von Geldsanktionen  339

122 ff.

Progressiver Einkommensteuertarif  165, 228 Prostitution – gewerbliche Tätigkeit siehe Gewerbebetrieb

228 ff.

– Strafverteidigungskosten siehe dort – Unwerturteil siehe Strafe (allgemein) – Vereinfachungszwecknormen  219 ff. – Vergeltung  230 ff. 60, 142, 144,

– nichtselbständige Arbeit  260 ff., 276

Schadensersatzzahlung  224, 344

– sonstige Einkünfte  72

– Verzicht des Arbeitgebers 

– tatsächliche Weisungsbefolgung  262

Schadensersatzzahlungen 

334

162

Schuld

– Weisungsrecht im Arbeitsverhältnis  260, 269

– funktionaler Schuldbegriff 

Rechtsprechungswechsel

– Mehrdeutigkeit des Begriffs  98 ff.

– Abziehbarkeit von Geldbußen  130

– normativer Begriff  101 f., 118, 139, 201

– Nichtabziehbarkeit von Ordnungsstrafen  119 ff. Reinhardtscher Erlass  Rückstellung 

– Abwälzung auf die Allgemeinheit  69, 130 f., 145, 152 ff., 232 – Analogieschluss siehe dort 109 ff.

– Einheit der Rechtsordnung  127 ff., 145, 150, 162 ff. – Geldauflagen 

81,

226 136, 140, 202 ff.

– Geldstrafen  91 f., 109 ff., 132 ff., 137, 202, 207, 219 ff. – Generalprävention 

100 f. 100 f., 114,

– Schuldidee siehe dort

Sanktionsabzugsverbote

– Fiskalzweck 

– Persönlichkeitsschuld 

102 f.

179

– psychologischer Begriff  117 f., 144

121

60

– Begründung 

– Lebensführungsschuld 

234 f.

– Gerechtigkeit  231 – Gleichbehandlung von Freiheits- und Geldstrafen  128, 143, 164 – materielle Typisierung  133, 202, 219 ff., 225

– Strafbegründungsschuld siehe dort – Strafzumessungsschuld siehe dort – Tatschuld 

100, 179, 198, 200

Schuldausgleich  231

94, 97, 100, 102, 230,

Schuldgrundsatz 

99

Schuldidee 

99 ff., 201

Schwarze Kassen  188, 213 Schwerkriminalität siehe Kriminelle Unternehmen Sittenwidrigkeit – Übernahme von Geldsanktionen siehe dort Sonstige Einkünfte  261, 274

72, 170, 213, 247,

Sozialer Frieden  155 ff.

Sachwortverzeichnis

396

Sozialzwecknormen

– Einheit der Rechtsordnung 

– Baurecht  78, 85

– Gelegenheitstat  211, 266

– Begriff 

– gemischte Veranlassung  266

73

– Gemeinwohl 

74, 227, 229

– Sanktionsabzugsverbote siehe dort – Steuerbegriff siehe dort

199

211, 217,

– Honorarvereinbarung  214 – Lohnsteuerrechtliche Haftung 

365

– Maßstäbe der Veranlassung  210 ff.

– Straßenverkehrsrecht  77 f. – Verfassungsrechtliche Vorgaben  227 f.

– Parallelen zu Geldauflagen nach § 153a StPO  207

– Wertneutralität des Steuerrechts (§ 40 AO) siehe dort

– Sanktionsabzugsverbote  216

Spezialprävention  94 f.

– Tatvorwurf 

Spinnstoffgesetz siehe Nationalsozialismus

– Übernahme durch Arbeitgeber gegenüber Arbeitnehmern  365 ff.

– Strafcharakter 

Steueranpassungsgesetz – Entwicklung der Verhältnisse  126 –

84,

nationalsozialistische Weltanschauung  84, 120 ff., 370

Steuerbegriff 

227

40, 210, 223

– Übernahme durch Verwandte  – Veranlassung  198 f.

– Werbungskosten nichtselbständiger Arbeit  266 f.

176 ff., 258, 262,

Strafzumessung

Steuervergünstigung 

75

– Schuldrahmen  185, 186 f. 104, 116, 171

Strafe (allgemein)  91 – Begriff und Wesen 

90 ff.

– Spielraumtheorie  96, 104 ff., 230 Strafzumessungsschuld  104, 116, 200

Straftheorien – relative 

105 f., 173, 178, 179,

– Strafzumessungsumstände siehe dort

– Unwerturteil  88, 91, 98, 118, 132, 134, 151, 230, 231 – absolute 

240

– Unternehmensgeldbuße  366

Steuerhinterziehung  277

Strafbegründungsschuld 

199, 209

Subjektives Nettoprinzip

93 ff.

– Begriff  34

94 ff.

– Vereinigungstheorien 

Strafzumessungsumstände  176 ff. – Steuerhinterziehung siehe dort

96 ff.

Strafvereitelung siehe Übernahme von Geldsanktionen Strafverteidigungskosten – arbeitgeberfeindliche Tat  349

212, 267,

– außergewöhnliche Belastung 

209

– Betriebsausgaben und Werbungskosten  208 ff.

– Kosten einer Eizellspende als außergewöhnliche Belastung siehe Eizellspende Subventionscharakter 

68, 73, 75, 85, 89

Tagessatzsystem – Anzahl der Tagessätze  189 f. – höchstpersönlicher Charakter der Geldstrafe  167 – Höhe des Tagessatzes  190 ff.

Sachwortverzeichnis

– Kritische Nutzenerwägungen  – Nettoeinkommen 

194

190 ff.

Täterbezogenheit  110, 135 ff., 197 ff. Treu und Glauben 

157 ff.

Typisierende Betrachtungsweise  125, 139, 225

116,

– Anforderungen  221 f. – Bedeutung und Vorteile  219 ff. – Sanktionsabzugsverbote siehe dort – Strafgesetze 

105, 219

81, 251, 265, 279, 286

Übernahme der Berufshaftpflichtversicherung  325 Übernahme von Geldsanktionen  239 – Aktiengesellschaft  – Antizipation  – Arbeitslohn 

245, 248

357 ff.

– Betriebsausgabenabzug des Arbeitgebers  336, 351 ff., 360 ff. 328 247,

– Darlehensgewährung  249 – durch Verwandte 

240, 365

– ganz überwiegend eigenbetriebliches Interesse siehe dort 135, 242 f., 335, 347

– Logistikbranche  328 ff., 331 ff. – Lohnsteuerrecht 

342 ff.

– Lohnsteuerrechtliche Haftung 

– Strafbar- bzw. Sittenwidrigkeit  115, 243 ff., 358 – Strafvereitelung  143 166,

– Strafzwecke  355, 358 ff., 363 f. – Tilgungswirkung der Direktzahlung  167, 248, 345 – typische Interessenlagen 

240 ff.

– Übernahmekonstellationen siehe dort – Untreue  245, 348, 358, 367 – Wertneutralität des Steuerrechts  70 ff., 335 ff., 343 f.

– Ansehen des Unternehmens  335, 347 – Begriff 

242,

112, 239 242 f., 347 f.

– Logistikbranche  346, 355

240 f., 256, 341,

– Matrix-Struktur 

346

– Taten im Unternehmensinteresse  240 ff., 346 f.

– Fehlanreize  350 ff.

– Geldauflagen 

– Sanktionszwecke  354

– Internal Investigations 

– Betriebsvereinbarung  263 – Brutto- bzw. Nettoausgleich  248, 358

357 f.,

Übernahmekonstellationen siehe auch Übernahme von Geldsanktionen

243 ff.

– Betriebseinnahme 

– Sanktionsabzugsverbote  siehe dort

– Strafvollstreckungsvereitelung  167, 245, 358

Typisierung

Typusbegriff 

397

359

Umsatzsteuer – Abgrenzung zur Einkommensteuer  35, 64 – Hinterziehung  114 – Kriminelle Lieferungen bzw. sonstige Leistungen  43, 45 – Vorsteuerabzug und betriebliche Veranlassung  159, 175

– nachgelagerte Zusage bzw. Übernahme  245 f.

– Waffenhandel 

– normativ verstandenes Dienstverhältnis siehe Dienstverhältnis

– Alkoholeinfluss 

– objektive Bereicherung des Arbeitnehmers  247

Unfallkosten 

75

69, 111, 128 70

– Einheit der Rechtsordnung 

62, 128

Sachwortverzeichnis

398

Unfreiwillige Aufwendungen  39, 41, 148, 169, 174

Verdeckte Gewinnausschüttung  121, 368

Ungleichbehandlung

Vereinfachungszwecknormen siehe Sanktionsabzugsverbote

– Abziehbarkeit von Geldsanktionen  127 f., 144, 164 ff.

Verlustausgleich

– progressiver Einkommensteuertarif siehe dort

– horizontal  62, 64

Unternehmensinterne Untersuchungen siehe Übernahmekonstellationen

Verlustvor- bzw. -rücktrag 

Unternehmerrisiko

– intertemporal 

62 62, 196

Vierjahresplan siehe Nationalsozialismus Waffenhandel siehe Kriminelle Unternehmen

– Delinquenz  144, 349 – Dienstverhältnis siehe dort

Werbungskosten

Untersuchungshaft  112, 215, 352

– Begriff  113

Veranlassungsprinzip – Einheit der Rechtsordnung 

72,

149 f.

Wertneutralität des Steuerrechts (§ 40 AO)

– Leistungsfähigkeitsprinzip  106

– Anwendung auf Erwerbskostentat­ bestände  59 ff.

– nichtselbständige Arbeit siehe Arbeitslohn

– Anwendung auf Fiskalzwecknormen  59 ff., 83 f., 90

– Normativierung 

– Anwendung auf Sozialzwecknormen  73 ff.

– Schuld 

150, 356

112, 116

– strafprozessuales 

– Auslegungsregel 

162

– wertneutrale Interpretation  359

335,

Veranlassungszusammenhang – Anknüpfung an die Strafzumessung  172 ff. – Anknüpfung an die Tat  134 – Geldauflagen 

202 ff.

– Höhe des Tagessatzes  195 – nicht ausgeschöpfter Schuldrahmen  180 – Strafverteidigungskosten 

210 ff.

– Strazumessungsumstände siehe dort – Tat  170 – Verlust von Wirtschaftsgütern  174 – Verschulden  148

63,

111, 117, 128, 135, 145,

83 f., 172, 257, 270

– Durchbrechung der Anwendung auf Fiskalzwecknormen  67 – Einheit der Rechtsordnung  78, 84 f.

74, 77 f.,

– Investitionszulage  78 – Leistungsfähigkeitsprinzip  172

85, 107,

– Übernahme von Geldsanktionen siehe dort Wertungsvorrang siehe Einheit der Rechtsordnung Wirtschaftliche Betrachtungsweise  59, 84, 160 Zoll – Hinterziehung  44, 328 – illegale Waren  67 Zwangsläufigkeit siehe Eizellspende

48,