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German Pages 943 [955] Year 1881
Das
Strafgesetzbuch für
das Deutsche Reich nebst dem Einführungs-Gesetze vom 31. Mai 1870, — dem Einführungs - Gesetze und den Einführnngs - Verordnungen zum
Preußischen
Strafgesetzbuche
und
dem Einführungs-Gesetze
für Elsaß-Lothringen vom 30. Anglist 1871, erläutert durch
Dr. F. C. Oppenhoff, Ober-Staatsanwalt beim Kbnigl. Preuß. Ober-Tribunal in Berlin.
Achte verbesserte und bereicherte Ausgabe, kerausgegeben von
Th F. Oppenhoff, Erstem Staatsanwalt beim Känigl. Landgericht ;u Aachen
Berlin, Druck und Verlag von . 6; Bind. Grundr. I, 150. Hier hat der Richter, sofern sich die Entscheidung über den zweiten Fall nicht füglich hinausschieben läßt, die Strafe für diesen selbstständig auszusprechen, gleichzeitig aber Verfügung zu treffen, wie eventuell die Gesammtbestrafung eintrelen solle, wenn jene frühere Verurtheilung rechtskräftig werden möchte: gelangt dann der erste Fall demnächst erst zur Aburtheilung in der höheren Instanz, so muß der mit dieser befaßte Richter, wenn er die Entscheidung der früheren theilweise abändert, wiederum das den anderen Fall betreffende Er kenntniß in ganz gleicher Weise berücksichtigen, und eventuell in Betreff der Gesammtbestrasung Verfügung treffen u. s. w.; vgl. VI. 8. Nov. 71, ZU. 7. Sept. 75, Antr. d. GStA.'S z. VII. 21. Sept. 76 (RdO. XII, 569; XVI, 557; XVII, 581; doch hielt das zweiterwäbnte Erkenntniß das obige Verfahren da für nicht unerläßlich, wo § 79 noch bei der Aburtheilung (zweiter Instanz^ über die zweite That Berück sichtigung finden könne); contra: Schwarze u. DreSd. 15. Juni 74 (SGZ. XVIII, 70. 342); citt. VII. 21. Sept. 76, ZI. 5. Sept. 77 (welche annahmen, der Richter müsse, wenn die frühere Verurtheilung noch nicht rechtskräftig sei, sich auf die Ver hängung einer Einzelstrafe beschränken und die Festsetzung der Gesammtstrafe für den Fall deö Eintritts der Rechtskraft jenes früheren Erkenntnisses einem besonderen Nachtragsverfahren — vgl. n. 23, — überlassen), citt. Münch. 9. April 77, 26. April 78 (hielten in einem solchen Falle eine Vertagung für geboten). 6. Der hiernach (n. 5) mit der zweiten Aburtheilung befaßte Richter muß zu nächst für jeden der jetzt abzuurtheilenden Fälle die Einzelstrafe bestimmen (VI. 6. Sept. 72: RdO. XIII, 438, vgl. §74 n. 23; diese Bestimmung wird dadurch nicht erübrigt, daß die Strafe ausdrücklich als Zusatzstrafe bezeichnet ist: VI. 4. Okt. 76, RdO. XVII, 641), und dann unter Berücksichtigung der früher bereits er gangenen Verurtheilungen die Gesammtbestrafung nach Anleitung des zu § 74 n. 23ff. AuSgesührten in der Weise aussprechen, als wenn ihm jetzt alle Fälle zur Aburtheilung vorlägen: DreSd. 20. Dez. 72 (StZ. II, 265); DI. 5. Juli 78 (RdO. XIX, 360). Dabei ist er aber an die wegen der früher erledigten Fälle getroffenen Entscheidungen in der Weise gebunden, daß er weder in Betreff der thatsächlichen Feststellung noch rücksichtlich deS angewendeten Gesetzes, noch endlich hinsichtlich deS arbitrirten Einzel-Strafmaßes eine Abänderung vornehmen darf, dieses Strafmaß vielmehr der Gesammtbestrafung so zum Grunde legen muß, als hätte er es selbst für diesen Fall als angemessen erkannt; vgl. § 74 n. 28. — In Betreff der Art und Weise, wie jene Gesammtbestrafung zu bestimmen sei, sind folgende Unterschei dungen zu machen.
7. Findet der Richter, daß durch den seiner Entscheidung unterliegenden neuen Straffall eine Strafe verwirkt ist, auf welche neben der früher verhängten geson dert zu erkennen ist (z. B. Geldstrafe, Verweis, Festungshaft neben Gefängniß, Haft neben einer anderen Freiheitsstrafe: §§ 75. 77. 78), so spricht er diese als Zusatzstrafe zur früher verhängten (unter Innehaltung der in jenen §§ für die Kumulation der Freiheitsstrafen bestimmten Höchstbeträge) aus; die durch diese Inne haltung nöthig werdende Reduktion ist dann bei der gelinderen Strafart vorzuneh-
Thl. I. Abschn. V. Zusammentreffen mehrerer strafb. Handlungen. — § 79.
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men; ist dieses die früher verhängte Freiheitsstrafe, so wird das unter n. 9 Gesagte anwendbar. 8. Ist durch den neuen Strafsall dieselbe Art der Freiheitsstrafe ver wirkt, auf welche wegen des früheren bereits erkannt war, so spricht er die als er forderlich erkannte Straferhöhung in der Form einer Zus atz st rase (unter Inne haltung des statthaften Höchstbetrages) aus. Ebenso verfährt er, wenn wegen des früheren Falles auf Zuchthaus erkannt ist, die nunmehr zu verhängende Strafe aber in Gefängniß oder Festungshaft bestehen würde: arg. § 74 Abs. 2; das gilt selbst dann, wenn er an und für sich nicht zuständig wäre, selbstständig auf Zucht haus zu erkennen; auch ist er bei Abmessung der an Stelle der Gefängnißstrafe rc. tretenden zusätzlichenZuchthauSstrafe nicht an den Mindestbetrag von einem Monategebunden; vgl. § 19 n. 3; Löwe s. 919. — Uebrigens ist in einem solchen Falle die Straf erhöhung nur insoweit unerläßlich, als nach § 74 das Maß der Einsatzstrase noth wendig überschritten werden muß; ist dagegen schon in der früheren Verurtheilung wegen einer obwaltenden Real-Konkurrenz die erhöhte Gesammtstrafe erkannt wor den, so kann der einen ferneren Konkurrenzfall aburtheilende nene Richter dieses Straf maß beibehalten, wenn er dasselbe unter Berücksichtigung aller konkurrirenden Fälle für angemessen erachtet. 9. Ist dagegen wegen des zuletzt zur Aburtheilung gelangenden Falles aus eine schwerere Art der Freiheitsstrafe zu erkennen, als früher verhängt war, so muß der Richter diese in dem für die Gesammtbestrafung al« angemeffen erach teten Maße und zugleich dabei aussprechen, daß durch dieselbe und ihre Vollstreckung die früher verhängte gelindere Freiheitsstrafe in Wegfall komme: Z. 15. Juni 72, VII. 23. Sept. 73 (RdO. XIII, 361; XIV, 568). Dem steht der Umstand, daß das die frühere Verurtheilung aussprechende Erkenntniß bereits rechtskräftig geworden war, in keiner Weise entgegen: ZU. 10. Juli 73 (RdO. XIV. 495). — ES versteht sich dann von selbst, daß die ganze Verurtheilung und damit auch die Beseitigung der früheren erst mit dem Augenblicke wirksam werden kann, wo jene die Rechts kraft beschritten hat. Der Richter muß sonach bei der Strafabmessung auch dieses, sowie nicht minder eine etwaige in der Zwischenzeit bereits erfolgte theilweise Ver büßung der zuerst verhängten Strafe berücksichtigen, damit die Gesammtstrafe (unter Einrechnung des bereits verbüßten Theils) dem Willen des Gesetzgebers entspreche: Dresd. 20. Dez. 72 (StZ. II, 265); Münch. 29. Ian. 74 (BEntsch. IV, 29). — Löwe s. 919 glaubt, daß obiges Verfahren jedenfalls gegenwärtig nicht mehr zulässig sei, daß in solchen Fällen vielmehr jetzt das s. g. Nachtragsverfahren (n. 23) ein treten müsse, weil die RStPO. durch keine Bestimmung den erkennenden Richter ermächtige, ein in einer anderen Sache erlassenes Urtheil zu ändern. ES bedurfte aber einer solchen, in den früheren Prozeßgesetzen ebensowenig vorfindlichen Bestim mung nicht, da die betreffende Befugniß des erkennenden Richters schon aus dem durch die RStPO. in dieser Hinsicht nicht abgeänderten § 79 herzuleiten ist; ebenso: ZRII. 22. Juni 80 (Entsch. II, 198); Olsh. n. 10. 10. Das unter n. 8. 9 Gesagte findet auch in Betreff der Umwandlung der verhängten Geld- in Freiheitsstrafen Anwendung. Cs ist daher bei der neuen Aburtheilung von der Umwandlung abzusehen, insoweit dadurch der durch § 78 Abs. 2 bestimmte Höchstbetrag der Gesammtdauer überschritten werden würde. 11. In Betreff der „Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte oder der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter", so wie der „Zulässigkeit von Polizeiaufsicht" ist das zu § 76 n. 4 Bemerkte zu berücksichtigen. War eine jener Strafen bereits wegen des ersten Falls verhängt, so kann der den zweiten Fall abur theilende Richter, wenn er auch hierbei die Verhängung derselben Strafe für gerecht fertigt erachtet (: Münch. 30. Nov. 74: StZ. IV, 250), unbedenklich das Maß der selben innerhalb der in den §§ 32. 35. 38 bestimmten Grenzen erhöhen: ZI. 24. Mai 72 (RdO. XIII, 312), was auch in Form der Verhängung einer zusätzlichen Strafe geschehen kann: BI. 5. Juli 78 (RdO. XIX, 360; dieses Erk. erachtete die Ver längerung der Zeitdauer unter Umständen, — vgl. § 76 n. 4, — sogar für geboten); die Berechnung der Zeitdauer beginnt dann selbstverständlich erst mit der Abbüßung rc. aller durch beide Urtheile verhängten Freiheitsstrafen. Beläßt er es dagegen bei der bereits im vorhergegangenen Urtheil verhängten Strafe, so muß er ausdrücklich auSfprechen, daß die Berechnung der Zeitdauer derselben erst mit der Verbüßung rc.
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aller durch beide Urtheile erkannten Freiheitsstrafen beginne, und zwar selbst dann, wenn zur Zeit bereits die zuerst erkannte Freiheitsstrafe vollständig verbüßt (die gleich zeitig verhängte Geldstrafe aber noch nicht vollstreckt, vgl. n. 19) war, der Lauf der im ersten Urtheil für die Ehreustrase rc. bestimmten Frist somit bereits begonnen hatte (§ 36); diese theilweise Erduldung der Ehrenstrafe rc. ist dann als uicht geschehen anzusehen: der Angeschuldigte, welchem die strafmildernden Vorschriften der §§ 74—76 zu Statten kommen, muß diese davon unzertrennliche ungünstige Folge hinnehmen. — Hätte der über den zweiten Fall aburtheilende Richter die bereit« früher verhängte Ehren- rc. Strafe zum zweiten Male erkannt, ohne sich über das Verhältniß der selben zur ersten Verurteilung auszusprechen, so würde das zu § 36 n. 5 Gesagte im vollen Maße anwendbar. 12. War die Berurtheilung wegen der zuerst abgeurtheilten Mißthat unter der Herrschaft eines ältern, jetzt durch ein neues ersetzten Strafgesetzes erfolgt, so sind die unter n. 5—11 entwickelten Grundsätze in gleicher Weise anzuwenden. War auf eine dem StGB, unbekannte Strafart erkannt, so muß der Richter der zweiten That (arg. EG. § 6) in der unter n. 9 angegebenen Weise verfahren, indem er eine Gesammtstrafe in einer vom StGB, genehmigten Strafart (unter Berücksichtigung der in Gemäßheit des § 7 des EG.'S ergangenen UebergangSbestimmungen) verhängt. Vgl. § 74 n. 32. 13. Die vorstehend (n. 5—12) entwickelten Grundsätze sind auch da zur An wendung zu bringen, wo eine Verurtheiluug wegen mehrerer Konkurrenzsälle, oder mehrere (Konkurrenzfälle betreffende) Verurtheilungen vorhergegangeu siud, und zwar selbst dann, wenn bei der zweiten Vorbeftrafung übersehen worden war, daß eine Real-Konkurrenz mit dem vorher abgeurtheilten Falle obwalte; der die dritte Berurtheilung aussprechende Richter kann dann wegen aller die Gesammtbestrasung vornehmen, insofern nicht die eine oder die andere der vorher erkannten Strafen ver büßt, verjährt oder erlassen ist; vgl. Mot. s. 80; § 74 n. 26a. Hierbei wird voraus gesetzt, daß der zuletzt zur Aburtheilung gelangende Fall mit allen früheren und nicht blos mit einzelnen derselben konkurrire. Konkurrirt dagegen z. B. der erste (abgeurtheilte) Fall zwar mit dem zweiten (abgeurtheilten), und ebenso dieser zweite mit dem dritten (noch abzuurtheilenden), der letztere aber nicht mit dem ersten, so kann der dritte Fall als für die Gesammtstrafe konkurrirend nicht beigezogen werden, viel mehr ist die durch ihn verwirkte Strafe gesondert zu verhängen, so: Münch. 11. Sept. 75 (BEntsch. V, 439: unter der „früheren Berurtheilung" verstehe der § 79 beim Borliegen mehrerer Verurtheilungen nur die erste derselben; iu dieser Allgemeinheit schwerlich richtig; vgl. das oben Gesagte). Sollte gleichwohl in dem eben mitgetheilten Beispiele wegen aller drei Fälle auf eine Gesammtstrafe zu erkennen sein, so würde dieselbe jedenfalls die Summe der durch den ersten und dritten Fall ver wirkten Strafen übersteigen und demgemäß diese letztere Summe zur Ermittelung der Einsatzstrafe als eine einzige Einzelstrase behandelt werden müssen. 14. In allen oben gedachten Fällen (n. 5—13) ist die Sache so aufzufassen und zu behandeln, als wenn die Berurtheilung in der vom Gesetzgeber zunächst ge wollten regelrechten Weise in einem Verfahren und sonach durch ein Erkenntniß ihre Erledigung gefunden hätte, d. h. also, als wenn nur eine, alle verhängten Strafen aussprechende Berurtheilung vorläge, und somit also auch nur eine einheitliche Strafvollstreckung Platz griffe. Die Verjährung der Vollstreckung und ihre Unterbrechung werden daher nach der Gesammtbestrasung beurtheilt. Vgl. § 70 n. 6. — Derselbe Gesichtspunkt liegt dem § 60 des R.-GerichtSkosten-Ges.'s v. 18. Juni 1878 zu Grunde, insofern eS dort heißt, daß im Falle des § 79 die Gerichtsgebühr für das neue Verfahren sich durch den Betrag bestimme, um welchen die Gesammt strafe die früher erkannte Strafe übersteige. 15. Der Jnstanzrichter, welcher bei der Aburtheilung eines mit einem früher abgeurtheilten Straffalle realiter konkurrirenden Falles die im Vorstehenden entwickelten Grundsätze verkennt, verletzt den § 79; sein Urtheil kann deshalb durch die Nichtig keitsbeschwerde bzw. jetzt durch das Rechtsmittel der Revision angefochten werden: V. 14. Sept. 72 (RdO. XIII, 455). — Wären aber jene Grundsätze deshalb unbe rücksichtigt geblieben, weil der Richter von der ersten Berurtheilung keine Kennt niß erlangt hatte, so läßt sich dieses Versehen (vorbehaltlich des unter n. 4a Ge sagten) im Wege der Nichtigkeitsbeschwerde bzw. der Revision nicht heilen, weil
Thl. I. Abschn. V. Zusammentreffen mehrerer strasb. Handlungen. — ß 79. 221 auf den allein festgestellten Thatbestand der zweiten That daS Strafgesetz nicht un richtig angewendet ist, und die verabsäumte Feststellung, daß beide Fälle in RealKonkurrenz verübt seien, nicht durch den Nichtigkeit«- bzw. RevistonSrichter nachge holt werden kann: ZU. 10. Mai u. 16. Sept. 75, ZI. 8. Juni 77 (RdO. XVI, 364. 582; XVIII, 371). In einem solchen Falle sind daher die Grundsätze von der Realkonkurrenz lediglich durch das s. g. Nachtragsverfahren (n. 23) zur Geltung zu bringen.
16. DaS bisher Ausgeführte (n. 5—15) trifft nur da zu, wo die frühere Berurtheilung wegen des ersten Falles im Inlande erfolgt ist. Eine im Auslande ergangene Verurtheilung und die Real-Konkurrenz der damals abgeurtheilten That mit der jetzt dem inländischen Richter vorliegenden, kann der letztere nur innerhalb der Grenzen der ihm im Allgemeinen anheimgestellten Strafzumessung berücksich tigen; die Grundsätze von der Real-Konkurrenz finden dabei keine Anwendung; vgl. § 74 n. 33. Das gilt selbst dann, wenn inzwischen der ausländische Staat mit dem Bundesstaate, in welchem die zweite Vernrtheilung erfolgt, vereinigt worden ist: ZU. 3. Ian. 67 (RdO. VIII, 4). 17. Anders gestaltet sich die Sache, wenn die erste Verurtheilung in einem anderen Bundesstaate erfolgt ist. Es müssen dann unzweifelhaft die für das ganze Bundesgebiet gleichmäßig geltenden §§ 74—78 Anwendung finden; die Verurtheilung wegen deS zweiten Falles unterliegt daher derselben Begrenzung in Beziehung auf Art und Maß der Strafe: DreSd. 9. Dez. 72 .StZ. II, 265), Münch. 28. Mai 74 (BEntsch. IV, 223). Mit Rücksicht auf die Selbstständigkeit der Strafgewalt jedes einzelnen Bundesstaates konnte jedoch früher eine Abänderung der von der einen auSgegangenen Entscheidung in dem andern Bundesstaate nicht erfolgen. Demgemäß kam zwar das oben unter n. 6—8, nicht aber das unter n. 9 Ausgeführte zur An wendung: fand der zweite Richter, daß er mit Rücksicht auf den seiner Entscheidung unterliegenden Fall auf Zuchthaus erkennen müsse, so konnte er die von dem Ge richte des anderen Bundesstaates früher verhängte Gefängnißstrafe nicht in Wegfall bringen; er mußte daher zunächst daS Maß der Zuchthausstrafe als Gesammtstrafe für beide Fälle arbitriren und zu dem Behufe jene Gefängniß- als Einzelstrafe vor her, nach dem Maßstabe des § 21, auf Zuchthaus zurückführen, sodann auf obiges Maß letztere (so zurückgeführte) Strafe in Abrechnung bringen, und demgemäß die Verurtheilung zur Zuchthausstrafe in dem so geminderten Maße (event, in geringe rer als einjähriger Dauer: § 14 n. 2; § 19 n. 3) aussprechen: Darmst. 18. Sept. 71, 13. Sept. 75 (HEntsch. 71. 2. s. 23; 75. 2. s. 32); Münch. 24. Ian. 74 (StZ. III, 266); ZU. 26. April 77, Vl. 11. Juli 77 (RdO. XVIII, 285. 521); contra: Rüd. n. 5. Im Uebrigen kamen die in den verschiedenen Bundesstaaten verhängten Strafen znr getrennten Vollstreckung: die Dauer der in jedem verhängten Ehren strafen begann mit der Verbüßung rc. der gleichzeitig verhängten Freiheitsstrafe. Vgl. in Betreff dieser Fragen Ortloff i. StRZ. XIV, 199; id. i. SGZ. XVII, 129; Schw. i. GA. 22 s. 14; Württ. IMVf. v. 21. Juli 1873 (WGbl. VII, 239). — Gegenwärtig dürfte jedoch das oben Gesagte nicht mehr zutreffen, § 79 vielmehr für das ganze deutsche Reich gleichmäßig und uneingeschränkt zur Geltung kommen. 18. Alles bisher Ausgeführte (n. 5—17) bleibt außer Anwendung, wenn eS zur Verurtheilung wegen des zweiten Falles erst dann kommt, nachdem die wegen des ersten erkannte Strafe „verbüßt, verjährt oder erlassen" ist. In einem solchen Falle ist sonach wegen deö neuen Falles die verwirkte Strafe lediglich aus dem für ihn maßgebenden Gesetze zu bestimmen und zu vollstrecken. Da es nach dieser (nur aus praktischen Gründen getroffenen: Motive s. 79) Bestimmung ge schehen kann, daß eine vom Gesetzgeber prinzipiell nicht gewollte Strafkumulation eintreten muß, so wird es die Ausgabe der Instanzrichter sein, dieseu Nachtheil bei der Strafzumessung möglichst auszugleichen. 18a. Die Worte „bevor eine erkannte Strafe verbüßt rc. ist" beziehen sich selbst redend nur auf solche Fälle, wo § 79 überhaupt in Frage kommt (n. 1. 4), mithin nicht auch auf den Fall, wo über zwei realiter konkurrirende Mißthaten von Haus aus in demselben Strafverfahren verhandelt, und eine Gesammtstrafe in erster Instanz nur um deswillen nicht erkannt wurde, weil bezüglich einer von ihnen eine Frei sprechung erfolgte; vgl. § 74 n. 28a.
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Thl. I. Abschn. V. Zusammentreffen mehrerer strafb. Handlungen. — § 79.
19. Nur die vollständige Verbüßung rc. aller durch die frühere Verurtei lung verhängten Strafen schließt für die Zukunft die Anwendbarkeit des § 79 aus; (die Fassung: „wenn eine erkannte Strafe verbüßt rc. ist" bezeichnet nicht den Ge gensatz gegen „mehrere gleichzeitig verhängte Strafen"): Z. 15. Juni 72 (RdO. XUI, 361). Demgemäß genügt es nicht, wenn die verhängte Freiheitsstrafe gänzlich verbüßt ist, insofern die Geldstrafe noch nicht vollständig vollstreckt ist. Dagegen schließt der Umstand, daß die Folgen einer Berurtheilung (§ 31) noch fortdauern, oder daß die Frist noch nicht abgelaufen ist, für welche die auf Zeit erkannten Ehren strafen, sowie die Zulässigkeit der Polizeiaufsicht erkannt waren, jene Wirkung nicht aus, weil die betr. Strafen von selbst und ohne den äußeren Vollstreckungsakt wirksam, also überhaupt nicht „verbüßt" werden, und eben deshalb auch nicht ver jähren; vgl. § 71 n. 3—5. — In Betreff des Zeitpunktes, wo eine bereits ange tretene Freiheitsstrafe als „erlassen" zu^ betrachten ist, vgl. § 36 n. 3a. 20. Durch die Berbüßuug rc. der Strafen wird die Anwendbarkeit der §§ 74 bis 78 auch dann ausgeschlossen, wenn die neue Strafverfolgung von dem Ver letzten und nicht von der Staatsanwaltschaft auSgeht. Die Möglichkeit, daß jener dies mißbrauchen könnte, um (durch Verzögerung der Verfolgung) dem Ver folgten die durch jene §§ gebotenen Strafmilderungen zu entziehen, muß in der Statthaftigkeit der Verfolgung Seitens der Staatsanwaltschaft und eventuell in der Strafzumessung des Richters ihre Ausgleichung finden. 21. Für die Anwendbarkeit des unter n. 18—20 Gesagten ist der Zeitpunkt entscheidend, wo die Berurtheilung wegen des zweiten Falles erfolgt; geschieht dies erst in zweiter Instanz, so kann der App.-Richter die Grundsätze der Realkon kurrenz nicht anwenden, sollte auch die (freifprechende) Entscheidung erster Instanz zu einer Zeit erfolgt sein, wo jene Anwendung noch statthaft gewesen wäre. Hatte dagegen schon der erste Richter verurtheilt, so ist dem Angeschuldigten die Anwend barkeit jener Grundsätze erworben, sollte auch in zweiter Instanz jene Berurtheilung eine Abänderung erfahren. 22. Aus der exzeptionellen Natur der dem § zugesügten Beschränkung (vgl. n. 18) folgt, daß die Anwendung der §§ 74—78 bei einer getrennten Strafverfol gung nicht durch die ausdiüclliche Feststellung bedingt sein kann, daß die früher erkannte Strafe noch nicht vollständig verbüßt, verjährt oder erlassen sei; contra: ARII. 28. Nov. 79 (RdR. I, 102); BI. 16. Olt. 72 (RdO. XIII, 532). 23. Schon früher bestand im größten Theile des Preußischen Staat«, nemlich im Geltungsbereiche des Gef.'S v. 3. Mai 1852 (Artt. 131. 133) und der NStPO. (§§ 434. 436) die Möglichkeit, die Grundsätze der Real-Konkurrenz (zum Theil) auch dann noch zur Geltung zu bringen, wenn dieses in den rechtskräftig gewordenen Entscheidungen deö Instanzrichters verabsäumt worden war. Das durch die eit. Ge setze zu dem Behufe nachgelassene s. g. Nachtragsverfahren gewährte jedoch nur inso weit eine Abhülfe, als durch die getrennte Aburtheilung dasjenige Maß der Gesammt-Bestrasung überschritten worden war, welches bei gleichzeitiger Aburthei lung hätte inne gehalten werden müssen, d. h. dasjenige Maß der Gesammmt-Freiheitsstrafen, welches im § 74 Abs. 3, § 75 Abs. 3, § 77 Abs. 2 und § 78 Abs. 2 für jede Art der Freiheitsstrafe vorgeschrieben ist. Eine Strafkumulation, welche dieses Maß nicht erreichte, konnte (obgleich auch sie im § 74 Abs. 3 untersagt ist) eine nachträgliche Abänderung nicht rechtfertigen, weil Art. 131 eit. und die dort sich findende Hinweisung auf § 57 des Pr. StGB.'s sich auf einen solchen Fall nicht mitbezogen; contra-. «II. 21. Sept. 76, Beschl. II. 10. Juni 79 (RdO. XVII, 581; XX, 291). Jetzt ist das f. g. Nachtragsverfahren im ganzen Reiche statthaft und zwar aus Grund sowie nach Maßgabe der §§ 492. 494 der RStPO., welche das selbe nicht blos für die Fälle einer Ueberschreitung des Maßes für die Gesammtbestrasung, sondern überall da zulassen bezw. vorschreiben, wo Jemand durch verschierechtskräftige Erkenntnisse verurtheilt ist, ohne daß dabei die Vorschriften über die Zuerkennung einer Gesammtstrase (§ 79 des StGB.'s) in Betracht gekommen find. Der im § 79 gleichfalls bezogenen Bestimmungen der §§ 75. 77. 78 über die höchste Gesammtdauer gesondert zu erkennender Strafen gedenkt der eit. § 492 zwar nicht, doch nimmt Löwe s. 920 mit Recht an, daß derselbe auch dann zur Anwendung ge lange, wenn eS sich um nachträgliche Zurücksührung solcher Strafen auf den gesetz lichen Höchpbetrag der Gesammtdauer handle.
Thl. I. Abschn. V. Zusammentreffen mehrerer strafb. Handlungen. — § 79.
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24. Die Statthaftigkeit des (n. 23) gedachten Verfahrens ist auf den Fall be schränkt, wo die Berücksichtigung der strafmildernden Vorschriften der §§ 74ff. des halb unterblieben ist, weil der später erkennende Richter keine Kenntniß von der vorliegenden Realkonkurrenz hatte (n. 15). Handelt letzterer dagegen mit dieser Kenntniß, machte er sich durch die Nichtberücksichtiguug der cit. Vorschriften einer Verletzung derselben schuldig, so kann der ihm zur Last fallende Fehler nur im Wege deS statthaften Rechtsmittels, nicht in dem mehrerwähnten Nachtragüverfahren geheilt werden, da diejeö nicht dazu bestimmt ist, Ersatz für die Verabsäumung der statthaften Rechtsmittel zu gewähren. — Dies galt nicht blos nach dem früheren Pr. Verfahren, sondern gilt auch, und zwar allgemein, gegenwärtig, vgl. Mot. z. RStPO. s. 232; contra: ZRII. 22. Juni 80 (Entsch. II, 198); Löwe s. 920, Olsh. d. 19 (diese beiden jedoch nur in Betreff des Falles, wo die frühere Strafe aus den Akten bekannt und nur in Folge eines Versehens, mithin nicht in Folge eines Rechtsirrthums unbeachtet geblieben ist). 25. Die (n. 23) citirten Pr. Gesetze gestatteten in ähnlicher Weife eine Straf umwandlung, wenn gegen die nämliche Person ungleichartige Freiheitsstrafen hintereinander zu vollstrecken waren, ungeachtet eine Real-Konkurrenz nicht vorlag: Beschl. I. 29. Okt. 62 (RdO. III, 95); contra: ZI. 27. Sept. 54 c. Robia. Dabei war von einer Herabsetzung im Maße keine Rede; es fand nur eine Umwandlung nach Anleitung des § 21 statt; auch diese fiel weg, insoweit die §tt 75. 77 vorschreiben, daß auf die verschiedenen Freiheitsstrafen gesondert zu erkennen sei. — Die RSlPO. kennt hier ein solches Verfahren überhaupt nicht. Jene Ausdehnung des Umwandlungsrechts besteht daher jetzt nicht mehr fort; ebenso: ARIII. 12. Mai 80 (RdR. I, 761). 26. DaS frühere Pr. Nachtragsverfahren (n. 23) fand nicht statt, wenn eines der betr. Urtheile im Gebiete der Rheinischen Gesetzgebung oder in einem anderen Bundesstaate erlassen war, indem jene Gesetzgebung ein solches Hülfs mittel nicht kannte, und die Gerichte eines Bundesstaats die von einem Gerichte des andern ausgegangenen Entscheidungen nicht ändern konnten. Für daS jetzige Nach tragsverfahren bestehen solche Beschränkungen nicht; vgl. RStPO. § 494 Abs. 3 und oben n. 17.
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Thl. II. Abschn. I.
Hochverrat u. Landesverrath. — (§ 80 ff.)
Zweiter Theil. Von den einzelnen Verbrechen, Vergehen und Uebertretungen und deren Bestrafung.
Erster Abschnitt*). Hochverrath und Landesverrath. *) Erster Abschnitt. 1. Für die gegen die Existenz, die Integrität, die Sicherheit oder die Ver fassung deS Deutschen Reichs gerichteten Unternehmungen, welche, wenn gegen einen der einzelnen Bundesstaaten verübt, als Hochverrath oder Landesverrath zu qualifiziren wären, bezeichnete die Reichs-Verfassung (Art. 75) daS Ober-AppellationSGericht zu Lübeck als die dereinstige zuständige Spruchbehörde in erster und letzter Instanz; einstweilen blieben jedoch in Betreff der Zuständigkeit der Gerichte die Landekgefetze in Kraft; gemäß § 136 des RGVG. ist jetzt „für die Untersuchung und Entscheidung (erster und letzter Instanz) in den Fällen deö Hoch- und LandeSverraths (StGB. §§ 80—92], insofern diese Verbrechen gegen den Kaiser oder daS Reich gerichtet sind, daS Reichsgericht zuständig". 2. Für Preußen waren durch Ges. v. 25. April 1853 die Untersuchung und Entscheidung wegen der in den §§ 61 bis 76. 78 des Pr. StGB.'S vorgesehenen Ver brechen (Hochverrath, Landesverrath, Thätlichkeiten gegen die Person deS Königs oder eines Mitgliedes des königlichen Hauses, gegen den Regenten, Hochverrath gegen einen deutschen oder befreundeten Staat) mit Einschluß deS Versuchs und der Theil nahme, für den ganzen Umfang der Monarchie dem Kgl. Kammergerichte nach den dort gegebenen das Verfahren betreffenden Bestimmungen übertragen worden. Diese Bestimmungen wurden durch die (Franks.) Vdn. v. 12. Dez. 1866 Art. I und durch die Vdn. v. 23. Mai 1867 auf bte neuerworbenen Landeötheile ausgedehnt; vgl. NEV. Art. XII. Sie erfuhren gemäß § 3 des EG.'S insofern eine Aenderung, als an Stelle der dort aufgeführten §§ des Pr. StGB.'S die entsprechenden des D. StGB.'S traten und hiermit als Angriffsobjekt nicht mehr ausschließlich Preußen (seine Verfaffung rc.), sondern auch da« Deutsche Reich und andere Bundesstaaten in Betracht kamen; vgl. EG. §3 n. 4; v. Kirchm. s. 64; Schütze s. 231 n. 6» contra: Meyer s. 12 n. 2; vgl. VII. 22. Juni 71 (RdO. XII, 340). — Hiernach trat für Preußen die ausschließliche Zuständigkeit des Kammergerichts ein bei allen in den §§ 80]— 92. 94. 96. 102 vorgesehenen Verbrechen; sie sand mit dem Jnkrasttreten der R.-Iustizgesetze und mit der gleichzeitig wirksam gewordenen Aushebung jenes Gerichts (Pr. Ges. v. 24. April 1878) ihre selbstverständliche Erledigung. 3. In Betreff deö Kriegszustandes vgl. R.-Verfaff. Art. 68 und das dort in Bezug genommene Pr. Ges. v. 4. Juni 1851 (GS. s. 451); EG. § 4. 4. Insoweit die Einzelbestimmungen in Abschn. I nicht etwas Abweichendes bestimmen, macht es für den Begriff des Hoch- oder Landesverrath« keinen Unter schied, ob die Handlung gegen das Reich oder gegen einen einzelnen Bundeöstaat bezw. gegen das Oberhaupt dieses oder jenes gerichtet war, ob der Ange schuldigte dem betr. Bundesstaate selbst angehörte oder die That im Gebiete des letzteren beging.
Thl. II. Abschn. I.
Hochverrath u. Landesverrath. — §§ 80. 81.
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§ SO. Der Mord und der Versuch des Mordes, welche an dem Kaiser, an dem eigenen Landesherrn, oder während des Aufenthalts in einem Bundesstaate an dem Landesherrn dieses Staats verübt worden sind, werden als Hochverrath mit dem Tode bestraft. |I. Entw.: § 67; II. Entw.: § 78; Pr. StGB.: § 61.] Dgl. §§ 81. 86. 4 Nr. 1. 2. 93. 94. 95. 98. 102. 139. 211; R.-Mil.-SlGB. § 56.
§ 81 Wer außer den Fällen des § 80 es unternimmt, 1) einen Bundes fürsten zu tödten, gefangen zu nehmen, in Feindes Gewalt zu liefern oder zur Regierung un fähig zu machen,
§ 80. 1. Ueber den Begriff des Mordes vgl. § 211. 2. Zn Betreff der Voraussetzungen des Versuchs ist §43 maßgebend, rück sichtlich der Bestrafung ist hier der Versuch dem vollendeten Verbrechen gleichgestellt. Immer aber bleibt die That „Versuch"; sie bleibt daher straflos, wenn die Voraus setzungen des § 46 zutreffen: Meyer f. 79; BL. s. 349; Schw. s. 289; contra; Puch. d. 1. 3. Abgesehen von dem Falle, wo die That an dem eignen Landeöherrn verübt ist, unterscheidet der § nicht zwischen Inländern und Ausländern. Ist die That im Auslande verübt, so wird § 4 Nr. 1 maßgebend. 4. Ein Regent steht nicht dem „Landesherrn gleich; vgl. §§ 96. 97, welche die Regenten neben den „Mitgliedern eines landesherrlichen Hauses" nennen. In sofern daher ein gegen einen Regenten verübter Mord rc. nicht unter § 81 Nr. 2 fällt, finden nur §§ 211 (44) Anwendung. 5. Die Inhaber der obersten Staatsgewalt in den Hansestädten: Bremen, Hamburg und Lübeck sind selbstverständlich nicht „Landesherren". 6. Da der Mord (Mordversuch) Vorsatz voraussetzt, so muß der Thäter bei der That Kenntniß davon haben, daß die Person, gegen welche sich seine Thätig, leit richtet, eine der im § aufgezählten Personen sei. 7. Der am Landesherrn eines (dem Thäter fremden) Bundesstaates verübte Mord fällt unter den §, wenn er „während des Aufenthalts" in jenem Staate verübt wird; eines zeitweiligen Unterthanenverhältnisses bedarf es dazu nicht; contra: Puch. n. 2. 8. Zn Betreff der Gehülfen ist die Strafe zufolge §49 Abs. 2 „nach den über die Bestrafung des Versuchs aufgestellten s allgemeinen) Grundsätzen zu ermäßi gen;" sie bemißt sich nach § 44 Abs. 2; contra: Olsh. n. 6. Dagegen tritt im Falle eines bloßen Mordversuchs eine doppelte Strafermäßigung (§ 49 n. 19) zu Gunsten des Gehülfen nicht ein. — Auf fremde Gehülfen beim Morde rc. des eigenen Landesherrn des Thäters findet ev. ß 50 Anwendung; vgl. Bind. Grundr. I, 86; contra: Olsh. n. 5, weil die im § 80 vorgesehene Mißthat kein qualifizirter Mord, sondern ein eigenartiges Verbrechen sei). 9. Ueber die Beschlagnahme des Vermögens des Angeschuldigten vgl. §93.
§82. 1. Ueber die Bedeutung des Wortes „Unternehmen" vgl. § 82. 2. In Betreff des Auslandes und der Ausländer vgl. § 80 n. 3. 3. Auch in den hier vorgesehenen Fällen tritt an die Stelle der lebensläng lichen Zuchthaus- die Todesstrafe, wenn sie in einem in Kriegszustand erklärten Theile des Bundesgebietes oder während eines gegen den Bund ausgebrochenen Krieges auf dem Kriegsschauplätze verübt werden; vgl. EG. § 4.
Zu Nr. 1. 4. ,,BundeSsürsten" sind hier nur die Landesherren der einzelnen Bundes staaten; vgl. § 80 n. 4—6.
Oppenhoff, D. Strafgesetzbuch.
8. Ausg.
15
226
Thl. II. Abschv. I.
Hochverrat- «. Landesverrat-. — § 81.
2) die Verfassung deS Deutschen Reichs oder eines Bun desstaates oder die in demselben bestehende Thronfolge gewaltsam zu ändern, 3) das Bundesgebiet ganz oder theilweise einem fremden Staate gewaltsam einzuverleiben oder einen Theil desselben vom Ganzen loSzureißen, oder 4) das Gebiet eines Bundesstaates ganz oder theilweise einem andern Bundesstaate gewaltsam einzuverleiben oder einen Theil desselben vom Ganzen loszureißen, wird wegen Hochverraths mit lebenslänglichem Zuchthaus oder lebenslänglicher Festungshaft bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Festungs haft nicht unter fünf Jahren ein. Neben der Festungshaft kann auf Verlust der bekleideten öffentlichen Aemter, sowie der aus öffentlichen Wahlen hervor gegangenen Rechte erkannt werden. tl. Entw.: K 68; II. Sntw.: § 79; Pr. StGB.: z 61.1 Vgl. §§ 80. 82—86; 4 Nr. 1. 2; 20. 90. Nr. 1. 2; 93. 94. 98. 102. 139; EG. § 4; Mil.-SlGB. § 56.
5. Diese Nummer umfaßt auch den Fall eines an einem Bundeöfürsten derübten Todts chlags (vgl. § 82); vgl. John i. HH. in, 18; Knitschky Hochverrath s. 139; contra: BL. s. 349. 6. Auf die Dauer der „Gefangennahme" kommt Nichts an, eine vorüber gehende (z. B. um den Fürsten an einem Regierungsakte zu hindern) genügt: Knitschky Hochv. s. 134. 7. Abgesehen von dem unter n. 6 Gesagten, fällt die Nöthignng deS Landes herrn zu einem Regierungöakte unter kein Gesetz, insofern nicht die Voraussetzungen deS § 240 zutreffen (§ 114 paßt nicht, da der Fürst kein Beamter ist): Knitschky s. 117; vgl. John i. HH. HI, 13 n. 4.
ZU Nr. 2. 8. „Verfassung" ist die Gesammtheit der in einem Staate geltenden RechtSgrundsätze, welche die Organisation der Staatsgewalt, die Rechte des Volkes und das gegenseitige Verhältniß beider regelt: Knitschky s. 106. — Eine „Aenderung der Verfassung" ist anzunehmen, sobald ein wesentlicher Bestandtheil derselben anders gestaltet wird: BL. s. 345; ML. s. 645; contra: John i. HH. III, 13. Daß die betr. Vorschrift im Staatsgrundgesetz ausgesprochen sei, wird nicht erfordert; ebenso: Schütze s. 234 n. 15; OlSh. n. 6; contra: Rubo s. 556. 9. Nur eine „gewaltsame"Aenderung fällt unter Nr. 2; eS muß stch also wenigstens um die eventuelle Anwendung einer phystschen Gewalt handeln; bloße Drohungen genügen noch nicht: ML. s. 645; BL. s. 346 hält das Erforderns der Gewaltsamkeit ev. auch durch Mißbrauch der Amtsgewalt erfüllt; ebenso ML. 1. c. contra (wohl mit Recht): Knitschky s. 152.
Zu Nr. 3. 4. 10. Diese Fälle können leicht mit den im § 90 Nr. 1. 2 vorgesehenen Fällen des LandeSverraths ideell Zusammentreffen. Ein Unternehmen, welches die Umwand lung eines ganzen Bundesstaats in Reichsland bezweckt, fällt nicht unter Nr. 4, son dern unter Nr. 2: Olsh. n. 7; contra: Knitschky s. 149. 11. In Betreff der Wahl zwischen Zuchthaus und Festungshaft (Abs. 2) vgl. §20; in Betreff der neben der ersteren Strasart statthaften Aberkennung der rc. Ehrenrechte vgl. § 32 n. 3. — Die Festungshaft kann in diesem Falle bis zu 15 Jahren steigen; vgl. § 17 n. 2; contra: Sont. s. 173.
Thl. n. Abschn. I.
Hochverrath u. LandeSverrath. — § 82.
227
§ 82. Als ein Unternehmen, durch welches das Ver brechen des HochverrathS vollendet wird, ist jede Handlung anzusehen, durch welche das Vorhaben unmittelbar zur Aus führung gebracht werden soll. ll. Entw.: § 69; II. Entw.: § 80; Pr. StGB.: § 62.] Vgl. §§ 80. 81. 83-86; 4 Nr. 1. 2; 43. 93. 94. 102. 139; R.-Mil.-StGB. § 56.
12. Der Verlust der öffentlichen Aemter ist nicht dadurch bedingt, daß eine mindestens dreimonatige Freiheitsstrafe verhängt werde (§ 32).
§ 82. 1. Dieser § enthält keine selbstständige Strasvorschrift, sondern erläutert zu nächst nur den § 81, bezw. den dort gebrauchten Ausdruck „unternehmen", ohne darum jedoch, wie au6 §§ 83, 85, 86 erhellt, von seiner Begriffsbestimmung die Fälle des § 80 gänzlich auszuschließen; vgl. § 83 n. 2; § 85 n. 21; § 86 n. 1. 2. Eine „Handlung, durch welche ein Vorhaben unmittelbar zur Aus führung gebracht werden soll", kann nur da angenommen werden, wo mit den Ausführungshandlungen der Anfang gemacht, wo also das Verbrechen versucht ist (§43). Demgemäß deutet das Wort „Unternehmen" an, daß der Versuch mit in den Begriff des vollendeten Verbrechens gezogen und gleich diesem zu bestrafen ist; vgl. unten n. 4. 7, § 49a n. 2, BL. s. 177. 348 u. >-811. 19. Febr. 78 (RdO. XIX, 75: in dessen Motiven daher bei Mißthaten im Sinne der §§ 81. 82. 114. 159 wie bei denen der §§ 85. 110—112. 130. 130a die objektive Möglichkeit eines rechts widrigen Erfolgs gefordert wird); contra: Rubo f. 557 (der § 43 habe objektive, § 82 subjektive Voraussetzungen, jener verlange einen Anfang der Ausführung, -dieser nur ein Handeln in der Absicht, das Vorhaben zur Ausführung zu bringen; dazu seien selbst untaugliche Mittel ausreichend). Dagegen ist jenes Wort hier insofern nicht gleichbedeutend mit „Versuch", als es gleichzeitig die Vollendung der ge wollten That mitumfaßt. 3.
„Vorhaben" ist der Wille, die That zu begehen.
4. Aus dem Gesagten (n. 2) folgt, daß von einem (geringer zu bestrafenden) Versuche des Verbrechens (§ 44) keine Rede sein kann: Rüd. n. 1, Meyer s. 80; contra: Schütze s. 236, Schw. s. 293; ML. s. 193; Rubo 1. c. Desgleichen wird in den Fällen des § 81 sowenig, wie in denen der §§ 83—86 die Strafbarkeit durch einen späteren Rücktritt (§ 46 Nr. 1. 2) ausgeschlossen: ZI. 7. Febr. 55 (GA. III, 230); § 83 n. 7; Meyer s. 80; contra*. BL. s. 348, Schütze 1. c. 5. Eine Theilnahme an einem „Unternehmen" ist unzweifelhaft möglich und strafbar. 6. Vorbereitungshandlungen zu einem Hochverrathe, bei welchem es noch nicht zu einem Anfänge der Ausführung gekommen ist, sind nach Maßgabe der §§ 83—86 zu bestrafen. 7. In der Reichstagsberathung ward eS gelegentlich ausgesprochen, daß die Begriffsbestimmung des § in allen Fällen maßgebend fei, wo das StGB, sich der Wendung: „wer es unternimmt, zu . . . ." bedient: Stenogr.-Ber. s. 431 (Abg. Bürgers); vgl. 102. 105. 114. 357. DaS gilt indessen nicht allgemein; vgl. § 159 n. 1; § 360 n. 26. — Da, wo ein besondere« Gesetz daS „Unternehmen" einer Handlung mit Strafe bedroht, ist jene Begriffsbestimmung zwar nicht unbedingt maßgebend, jedoch wesentlich zur Erläuterung zu benutzen; vgl. z. B. VZollges. v. 1. Juli 1869 §§ 134ff. Demgemäß ist daS Unternehmen einer verbotswidrigen Ein-, Aus- oder Durchfuhr (Kontrebande) vollendet, sobald eine Handlung verübt ist, durch welche das betr. Vorhaben unmittelbar zur Ausführung gebracht werden sollte, selbst wenn es noch nicht zur Ausfuhr rc. gekommen, die auSzusührende Sache daher noch nicht über die Grenze gebracht ist: DI. 6. Jan. 65, ZU. 14. Dez. 71 (RdO. V, 401; XII, 650); vgl. eit. VZollges. § 136 Nr. 5. Dagegen kann von dem „Unter nehmen, eine (zu entrichtende) Abgabe zu hinterziehen", niht eher die Rede sein, bis das die Verbindlichkiit zur Zahlung begründende Ereigniß (z. B. das Pafstren der
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Thl. II. Abschn. I.
Hochverrath ». LandeSverrath. — §§ 83 84.
§ 83 Haben Mehrere die Ausführung eines hochverrätherischen Unternehmens verabredet, ohne daß es zum Beginn einer nach § 82 strafbaren Handlung gekommen ist, so werden dieselben mit Zuchthaus nicht unter fünf Jahren oder mit Festungshaft von gleicher Dauer bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Festungs haft nicht unter zwei Jahren ein. Neben der Festungshaft kann auf Verlust der bekleideten öffentlichen Aemter, sowie der aus öffentlichen Wahlen hervor gegangenen Rechte erkannt werden. [I. Entw.: § 70; II. Enlw.: § 81; Pr. StGB.: § 63]. Bal. §§ 80. 81. 84—86; 4 Nr. 1. 2; 14.17. 20. 93. 94. 102. 139; R.-Ml.-StGB. § 56.
§ 84L Die Strafvorschriften des § 83 finden auch gegen denjenigen Anwendung, welcher zur Vorbereitung eines Hochverraths entweder sich mit einer auswärtigen Regierung Zollgrenze, der Chanffeegeldhebestelle rc.) stattgefunden hat; vgl. eit. VZollges. § 135 (welcher die Strafe nach der „vorenthaltenen" Abgabe bemißt): Antr. des GStA.'s zu VI. 10. Nov. 66 (RdO. VII, 620).
§83. 1. Zwei Personen find als „Mehrere" anzusehen (vgl. Pr. StGB. § 63: („zwei oder mehrere"). 2. HochverrätherischeS Unternehmen" umfaßt hier die durch die §§80. 81 vorgesehenen Handlungen. 3. Es wird ein bestimmtes (konkretes) Unternehmen der fraglichen Art (n. 2) vorausgesetzt; allgemeine hochverräterische Pläne und Bestrebungen gehören nicht hierher: Motive z. Pr. StGB. s. 24. 4. Ein „Verabreden" liegt nur dann vor, wenn die Einigung der Be rathenden, der Entschluß, das Unternehmen auszuführen, erfolgt ist: KBII. s. 46. Dagegen brauchen die Mittel, die Art und die Zeit der Ausführung noch nicht genau bestimmt zu fein. Eine solche Verabredung kann zwischen mehreren Mitthätern und ebenso zwischen Thäler und Gehülfen stattfinden; dagegen enthalten die Anstiftung und die Annahme einer solchen keine „Verabredung" zur Ausführung. 5. Der Anstifter der Verabredung mehrerer Anderer ist aus § 48, der Gehülfe zur Verabredung aus § 49 zu bestrafen. 6. Ist eS zum Beginn einer nach § 82 strafbaren Handlung gekommen, so scheidet § 83 aus; es kann dann nicht auch wegen der vorhergegangenen Verab redung gestraft werdeu. 7. Einen Versuch der in den §§ 83 —86 vorgesehenen Verbrechen giebt es nicht; demgemäß kann auch nicht von einem Straflofigkeit herbeisührenden Rücktritte die Rede sein; vgs. § 82 n. 4; contra (in Betreff deS letzteren Punkts): Schütze f. 237 n. 22, Schw. n. 2, Olöh. n. 1 und überhaupt Rubo f. 559. 8. In Betreff der Wahl zwischen Zuchthaus und Festungshaft vgl. §20; § 81 n. 11. Sind mildernde Umstände vorhanden, so ermäßigt stch der Mindestbe trag der Festungsbast auf zwei Jahre, während der Höchstbetrag bleibt; contra; Sont. s. 173.
§84. 1. Daö zu § 83 unter n. 3. 7 Bemerkte gilt auch für den Fall deö § 84. 2. Hier bedarf eö keiner Verabredung (§83), es genügt ein „Sich-Einlassen mit einer fremden Regierung", d. h. also ein Verhandeln mit derselben, welches dahin abzielt, ein gewolltes HochverrätherischeS Unternehmen (im Sinne deS § 80 oder § 81) herbeizusühren, zu erleichtern oder zu fördern; somit kommt es nicht
Thl. II. Abschn. I.
Hochverrath u. Landesverrath. — §§ 84. 85.
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einläßt oder die ihm von dem Reiche oder einem Bundes staate anvertraute Macht mißbraucht oder Mannschaften an wirbt oder in den Waffen einübt. [I. Entw.: $ 71; II. Entw.: § 82; Pr. StGB.: § 64.] Vgl. §§ 80—83. 85. 86; 4 Nr. 1. 2; 93. 102. 139. 141; R.-Mil.-StGB. § 56.
§ SS. Wer öffentlich vor einer Menschenmenge oder wer durch Verbreitung oder öffentlichen Anschlag oder öffent liche Ausstellung von Schriften oder anderen Darstellungen zur darauf an, ob die Ausführung des HochverrathS bereits beschlossen ist (§ 83 n. 4): ZPl. 28. Nov. 58 (GA. II, 256 ; teil.). Dabei ist eS gleichgültig, ob die Initiative vom Angeschuldiglen oder von der auswärtigen Regierung ausging. 3. Unter den Begriff einer auswärtigen Regierung Zm Gegensatze zu einer ausländischen, vgl. § 87) fällt auch eine andere Bundesregierung; ebenso BL. s. 349, Schütze s. 238, ML. s. 649 n. 2; contra: Rubo s. 559, OlSH. n. 3. 4. Als eine vom Reiche ro. „an vertraute Machs ist die von StaatSwegen übertragene Gewalt über andere Personen anzusehen; ebenso Schütze 1. c.; contra: v. Kirchm zu § 84, Olsh. n. 4; der Mißbrauch eines anderen vom Staate ge schenkten Vertrauens z. B. eines Amtsgeheimnisses gehört nicht hierher, fällt aber unter §92 Rr. 1. Jene Worte sind nicht auf militärische Verhältnisse zu beschränken; auch ein Civilbeamter gehört hierher, wenn er eine Anzahl Unterbeamte (z. B. Förster, Steuerbeamie) befehligt; contra: Rubo s. 560 5. „Mannschaften" deuiel auf eine Mehrheit (bewaffneter oder ;u be waffnender) Personal, welche ein diSeiplinirtes Ganze bilden, oder zu einem solchen eingeübt werden sollen. Den Gegensatz bilden „bewaffnete Haufen" (§ 127).
8 85. Abbildung: 16. Anpreiscn, anreizcn - 21. An schlag : 1 5 - i7. Auffordern: 20. 23. Ausstellung: 15. 17. Beschlagnahme: 28.
Inhalt: Darstellung: 16. 18. Dolus: 9 Menschenmenge: 11—13Oeffentlichkeit: 1 10. Ort, offentl : 2—7. Privatverein: 5.
Rücktritt 27. Schriften: 14 18. 28. Zahl: i4. 15. Strafe: 24. 25. 26. Verbreitung 14 17 Zugänglichkeit. 4—7.
1. Im StGB, ist der mehrfach gebrauchte Ausdruck „öffentlich'' absichtlich nicht näher besinnt, weil derselbe nicht überall betreiben Umfang hat, sich vielmehr nach dem Zwecke und den sonstigen Voraussetzungen der verschiedenen Strafbestim mungen verschieden gestalten kann. Das sprechen die Motive (i. 87) ausdrücklich aus und bemerken im Allgemeinen- „eine Handlung sei als „öffentlich" geschehen nur dann zu betrachten, wenn sie in einer Art und Weise vorgenommen sei, daß sie unbestimmt von welchen oder wie vielen Personen wahrgenommen werden konnte; dagegen liege keine Oeffentlichkeit vor, wenn eine Handlung nur für die Wahrnehmung gewisser Personen bestimmt war, und (von Zufälligkeiten ab gesehen) auch nur von diesen bemerkt werden konnte"; vgl. Art. 125 des früheren K. Sächs. StGB nach welchem „eine Mittheilung für eine öffentliche zu erachten ist, wenn sie nicht an einzelne durch geschäftliche, häusliche oder freundschaft liche Verhältnisse gebundene Personen gerichtet ist, und sich nicht mit Hinsicht auf diese Verhältnisse sowie auf Ort, Zeit und Art und Weise der Mittheilung als eine vertrauliche und private darstellt". — Hiernach läßt sich allgemein nur sagen, daß da« „Oefsentliche" den Gegensatz gegen das Abgeschlossene, individuell Be grenzte und Beschränkte bildet; eS bedarf einer gewissen Allgemeinheit der Wirk samkeit je nach den verschiedenen Richtungen, in welchen die „Oeffentlichkeit" von Bedeutung sein kann (z. B. der Wahrnehmbarkeit, der Zugänglichkeit deS Orts, der Ruhe, deS Friedens rc.). 2. Soll die Oeffentlichkeit einer Handlung auf ihrer Wahrnehmbarkeit für Andere beruhen, so genügt es nicht, wenn sie so vorgenommen wird, daß sie nur zur Kenntniß einer oder einzelner in einer näheren Beztehnng zum Handelnden stehenden Personen gelangen sollte oder konnte. Dies gilt unter Umständen selbst
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Thl. II. Abschn. I.
Hochverrat u. Landesverrath. — § 85.
Ausführung einer nach § 82 strafbaren Handlung auffordert, wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren oder Festungshaft von gleicher Dauer bestraft. dann, wenn diese Beziehung keine rechtlich oder seit längerer Zeit begründete, sondern ein blos vorübergehendes Verhältniß war, wie z. B. das Verhältniß einer in einem Gastzimmer, dem Wagen einer öffentlichen Verkehrsanstalt rc. sich zusammenfindenden Mehrheit, vorausgesetzt, daß sich zwischen Allen ein Vertraulichkeits-Verkehr ent wickelt hat. Im entgegengesetzten Falle kann auch eine in einem (im Fahren be griffenen) Eisenbahn- oder Postwagen vorgenommene Handlung als „öffentlich" ver übt angesehen werden: ZU. 8. Jan. 63 (RdO. III, 196). 3. Ist jene Wahrnehmbarkeit für Andere (n. 2) vorhanden, so kommt es nicht darauf an, ob die Oertlichkeit, wo die Handlung stattfand, oder von welcher sie auSging, öffentlich, d. h. allgemein zugänglich war: ZU. 30. Juli 70, ZI. 10. Nov. 71 (RdO. XI, 387; XII, 576); vgl. § 3 n. 8. 4. Die „Oeffentlichkeit" kann ihren Grund in der Allg em ein-Z ugän glichkeit des OrtS haben, an welchem eine Handlung verübt wird, bezw. in der Möglichkeit, daß sich andere Personen (in unbegrenzter Zahl) dem Handelnden an schließen (z. B. „öffentliche Zusammenrottung": § 115). Diese Allgemein-Zugänglichkeit braucht dem Orte nicht für immer beizuwohnen; ebensowenig wird erfordert, daß sie ihren Grund in einem begründeten Rechte habe; ein rein thatsächliches, lediglich auf einer Vergönnung, oder einem Nicht-Hindern Seitens des zur Aus schließung Berechtigten beruhendes Verhältniß kann genügen: ZU. 4. März 69 (RdO. X, 125). Sonach kann auch ein Privatraum durch eine zeitweilig ge währte allgemeine Zugänglichkeit für diese Zeit zum öffentlichen werden, sowie um gekehrt ein sonst öffentlicher Ort, z. B. ein öffentlicher Platz, das Gastzimmer eines Wirthshauses rc., durch eine zeitweise Absperrung jene Natur verlieren kaun. Ein offen liegender Privatraum, z. B. ein im freien Felde liegendes Grundstück, gehört an und für sich noch nicht hierher, obgleich er dem freien Zutritte eines jeden Vor übergehenden osten steht; ein solcher wird aber zum öffentlichen Orte, sobald sich auf ihn aus irgend einer Veranlassung eine unbegrenzte Mehrheit (berechtigter oder unberechtigter Weise) begeben hat, ohne daß es vom Eigenthümer gehindert wurde, oder gehindert werden konnte: VII. 29. Apr. 69 (RoO. X, 275). 5. Die allgemeine Zugänglichkeit (n. 4) braucht nicht eine durchaus unbegränzte, an keine Bedingung geknüpfte zu sein. Insbesondere fällt mit der Ausschließung einzelner Persönlichkeiten, oder einzelner Kategorien von Personen und ebenso mit der Aufstellung gewisser Bedingungen, von deren Erfüllung der Zutritt abhängig gemacht wird (z. B. Einladung, Eintrittsgeld, Lösen einer Eintrittskarte, Einführung durch einen Andern) der Begriff der Oeffentlichkeit noch nicht weg, so lange die Versammlung dadurch nicht den Charakter einer abgeschlossenen, individuell ausgewählten, durch spezielle wechselseitige Beziehungen miteinander verbundenen an nimmt; vgl. Art. 125 des Sächs. StGB.'S (n. 1). Es kann daher auch die Ver sammlung der zu einem Privatvereine gehörenden Mitglieder, zumal wenn der Zweck dieses Vereins gerade auf die Erörterung allgemeiner (öffentlicher) Angelegen heiten gerichtet ist, selbst dann für öffentlich erachtet merden, wenn Nichtmitglieder nicht zugelassen find. — Ebenso ist eS unbedenklich statthaft, einen allen Personen einer gewißen Kategorie, Richtung, Liebhaberei rc. (;. B. allen Spiellustigen) zugäng lichen Ort als öffentlich zu betrachten. 6. Die allgemeine Zugänglichkeit des Orts genügt für sich allein nicht, um eine dort vorgenommene Handlung zur öffentlichen zu machen, so lange sich dort nicht grade in Folge jener unbeschränkten Zugänglichkeit Personen befinden, welchen die Handlung in einer nicht individuell begränzten Weise wahrnehmbar wird; daher ist eine Handlung nicht „öffentlich", wenn sie zwar an einem öffentlichen Orte, aber so verübt wurde, daß sie nur von einem individuell begränzten Kreise (n. 1) und nicht auch von dritten Personen wahrgenommen werden sollte oder konnte: ZI. 29. Apr. 69, DI. 24. Jan. 77 (RdO. X, 275; XVIII, 67); vgl. VRIII. 13. Dez. 79 (RdR. I, 143). 7. Demgemäß genügt die Oeffentlichkeit des Orts nicht, um einer Handlung
THI. II. Abschn. I.
Hochverrath u. LandeSverrath. — § 85.
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Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Festungs haft von Einem bis zu fünf Jahren ein. [I. Entw.: § 72; II. Evtw.: § 83; Pr. StGB.: § 65]. Vgl. §§ 80—84. 86; 4 Nr. 1. 2; 14.17. 20. 93.102.110.111.139.184; R.-Mil.-StGB. § 56; R.-Preßges. v. 7. Mai 1874 §§ 3. 21-23. Pre ußen: Vgl. BereinSges. v. 11. März 1850 § 9 (GS. s. 279). den Charakter einer öffentlich verübten beizulegen, wenn sie dort nur von derjenigen Person wahrgenommen werden konnte oder sollte, gegen welche sie verübt wurde; so: DI. 4. Nov. 74, 24. Jan. 77 (RdO. XV, 743; XVIII, 67); contra: ZU. 2. März 71, 24. Okt. 72, Münch. 5. Juni 76 (RdO. XII, 129; XIII, 555; StZ. V, 51: bestrafen meist Anklagen aus § 183); vgl. § 183 n. 4. 8. Nach dem bisher Angeführten (n. 1—7) ist die Frage, ob im Einzelfalle Oesientlichkeit im Sinne des anzuwendenden Strafgesetzes vorliege, eine überwiegend thatsächliche, deren Lösung im schwurgerichtlichen Verfahren den Geschworenen zusteht. 9. Bei öffentlich begangenen Mißthaten wird der Dolus (in Betreff der Oeffentlichkeit) durch das Bewußtsein erfüllt, daß die betr. Handlung zur Oeffentlichkeit gelange; einer hierauf gerichteten Absicht bedarf es nicht.
10. In dem durch § 85 vorgesehenen Falle kommt für den Begriff der Oeffent lichkeit wesentlich in Betracht, daß die Aufforderung zu einem hochverrätherischen Unter nehmen, wenn sie öffentlich geschieht, nur dann Aussicht auf Erfolg haben wird, wenn sie in weiten Kreisen Verbreitung und Anklang findet; der Zusatz „vor einer Menschen menge" soll nicht das „öffentlich" erläutern, stellt vielmehr ein selbstständiges, weiter gehendes Merkmal dar. 11. Für den Begriff der „Menschenmenge" sind ähnliche Gesichtspunkte maßgebend, wie für den der Oeffentlichkeit. Auch hier ist das Ungemessene, nicht indtviduell (z. B. durch ausdrückliche Verabredung: Dresd. 27. Apr. 74, StZ. IV, 284) Begrenzte das Entscheidende; daher genügen zwei Personen nicht. Ebensowenig reicht es hin, die Anwesenheit „mehrerer" Personen oder einer bestimmten Mehrheit von Personen festzustellen: ZI. 2. Apr. 75 (RdO. XVI, 265); DreSd. 27. Juli 74 (StZ.'IV, 284). Vgl. Olsh. s. 403 (fordert eine durch einander gemengte, mithin ungeordnete Vielheit). 12. Die Aufforderung muß „vor" der (sich zusammen befindenden) Menschen menge gemacht sein; eine successive an eine Mehrheit getrennter Personen gerichtete Aufforderung gehört nicht hierher. Gleichgültig ist dagegen, auS welcher Veranlassung und zu welchem Zwecke sich die Menge zusammengefunden hat. 13. ES genügt, wenn die Aufforderung „vor einer Menschenmenge" ge schehen ist; sonach ist nicht erforderlich, daß sich dieselbe an die Menge in ihrer Gesammtheit richte, vielmehr ist es in dieser Beziehung ausreichend, wenn die Auf forderung dahin abzielte, bei Einzelnen (nicht individuell erkennbar Gemachten) aus jener Menge den Willen zur Begehung der betr. That hervorzurufen (n. 20), zumal wenn diese Einzelnen in irgend einer Weise zusammen gehörten.- DreSd. 4. Dez. 71 (StZ. I, 267); unter Umständen kann eS sogar genügen, wenn der Wille nur dahin ging, daß (irgend) ein Einzelner aus der Menge dadurch zur That (z. B. KönigSmord) bestimmt werde. — Dagegen muß die Aufforderung in einer der Menge im Allgemeinen verständlichen Weise (z. B. in einer ihr bekannten Sprache, mit vernehmbarer Stimme) gemacht sein, weil die Handlung gerade durch die weite Verbreitung und die dadurch hervvrgerufene größere Gefahr charakterisirt wird. Daß Jeder der Anwesenden die Aufforderung gehört und verstanden habe, ist nicht erforderlich; selbst des Nachweises, daß und wer der Anwesenden dieselbe verstanden habe, bedarf es nicht; vgl. n. 17. 14. „Verbreitung von Schriften rc." bezeichnet hier die Handlung, durch welche eine Schrift einer (unbestimmten: Münch. 13. Febr. 80, BEntsch. IX, 514) Mehrheit von Personen in der Weise und zu dem Zwecke zugänglich gemacht wird, daß sie von ihrem Inhalte Kenntniß nehmen können, mag dieses durch unmittelbare
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Thl. II. Abschn. I.
Hochverrath u. LaudeSverrath. — § 85.
Uebergabe (Bertheilung) oder anderweitig so geschehen, daß ihnen die Möglichkeit ge währt ist, sich unmittelbar in den (wenn auch nur vorübergehendes) Besitz derselben zu setzen. Daß die Verbreitung eine Mehrheit von Exemplaren zum Gegenstände haben müsse, kann nicht gefordert werden: genügt doch auch der „öffentliche An schlag" rc. eines Exemplars (n. 15); das Gegentheil folgt nicht aus der (im StGB, häufig gebrauchten) Mehrzahl: „Schriften": Schütze s. 236 n. 26; Dochow i. HH. III, 352; Schwarze Preßges. s. 10 (vgl- RPreßges. §§ 3. 21. 22). — Hiernach kann die Auflegung eines Exemplars in einem öffentlichen Lokale genügen; vgl. ZI. 26. Juni 68 (NdO. IX, 411), nicht aber die Anschaffung und Auflegung eines sol chen in einer geschlossenen Gesellschaft, noch die öffentliche Vorlesung der Schrift; vgl. § 200 n. 4; contra : Schwartze 1. c. s. 9. Ebensowenig gehört die Mittheilung des Manuscripts an den Drucker, oder die eines Druck-Exemplars an den Correktor, die Abgabe eines Pflicht-Exemplars oder die Versendung an die SortimentSbuchhändler hierher; vgl. ZU. 8. Okt. 74 (RdO. XV, 643), Schwarze 1. c.; ebenso erkannte ARII. 28. Sept. 80 (NdR. II, 269: betr. eine Anklage aus § 166) bezüglich der Abgabe eines blos vermeintlichen Pflichtexemplars, nahm jedoch das Gegen theil an bezüglich der Aushändigung einer Anzahl von Druckexemplaren an den Verfasier, gleichviel, ob sie auf Grund einer Vertragspflicht oder schenkungsweise erfolge. — Eine andere Bedeutung hat „Verbreitung" (einer Thatsache) in den §§ 131 (n. 6). 186. 187. Wie der Ausdruck im § 19 des RGes.'S v. 21. Okt. 1878 zu deuten sei, darüber vgl. ARIII. 17. März 80 (RdR. I, 485) und andererseits cit. Münch. 13. Febr. 80. 15. Ein „ö sfentlicher Anschlag" oder eine „öffentliche Ausstellung" ist auzunehmen, sobald ein Einzel-Exemplar einer Schrift räumlich in eine solche Lage gebracht ist, daß eine nicht individuell begrenzte Mehrheit von Personen von ihrem Inhalte Kenntniß nehmen kann. Ein AuSlegen steht dem „Ausstellen" gleich; vgl. R.-Preßges. § 3. 16. Der §85 hebt nur die Verbreitung rc. von „Schriften und anderen Darstellungen" hervor, während die §§ 186. 187. 200 außerdem auch noch der „Abbildungen" Erwähnung thun. Die Auslassung dieser in §85 hat offenbar nur darin ihren Grund, weil durch eine bloße Abbildung eine Aufforderung der fraglichen Art nicht leicht wird begangen werden; eventuell würde eS nicht bedenklich sein, eine solche unter den Begriff der „andern Darstellungen" zu bringen. 17. Bei der durch „Verbreitung oder öffentlichen Anschlag rc. von Schriften rc. bewirkten Aufforderung genügt es, wenn die letzteren in der angegebenen Weise der Allgemeinheit zugänglich gemacht sind; eS kommt dann weiter nicht daraus an, ob demzufolge wirklich Andere vom Inhalt Kenntniß genommen haben: ZI. 26. Juli 68, 6. Juni 74 (RdO. IX, 411; XV, 367); vgl. jetzt RPreßges. §§ 3. 21; contra: John u. Dochow i. HH. III, 99. 347. — Demgemäß kann auch die Aufgäbe einer offenen Postkarte oder einer Sendung unter Streifband zur Post noch vor deren Eintreffen bei den Adreffaten für ausreichend erachtet werden, da dieselben dadurch den Postbeamten rc. zugänglich gemacht worden sind: VPl. 17. Juli 62, ZPl. 13. Juli 63, ZI. 23. Okt. 72 (RdO. II, 535; IV, 5; XIII, 548); vgl. § 186 n. 24; contra: Schütze s. 239 n. 26. 18. Unter „Schriften und Darstellungen" sind nicht blos mechanisch ver vielfältigte zu verstehen, sondern auch geschriebene (gezeichnete). 19. Der Verfasser einer (von einem Andern veröffentlichten) Schrift wird als solcher nicht von der Strafe des § 85 betroffen, insofern bei ihm nicht die Vor aussetzungen einer Beihülfe oder Anstiftung zutreffen. 20. „Aufsordern" bezeichnet eine an (einen oder mehrer) Andere sich rich tende Kundgebung, welche erkennbar dahin abzielt, in jenen den Willen zu einem Handeln hervorzurusen: Münch. 13. März 74 (BEntsch. IV, 137); vgl. n. 13. Dem gemäß kann auch der Verbreiter einer fremden Aufforderung strafbaren Inhalts nur dann als Selbstthäter bestraft werden, wenn er selbst eine solche Absicht verfolgte; contra: DII. 5. Okt. u. 9. Dez. 75, 12. Dez. 76, 14. Juni 77 (RdO. XVI, 631. 786; XVII, 815; XVIII, 426: betrafen Fälle des § 110, bzw. 111; schon daS Be wußtsein genüge, daß der Inhalt bzw. die Verbreitung des Schriftstücks geeignet sei, bei Anderen den Willen zum Handeln gegen die Gesetze rc. hervorzurufen: tu allen
Ths. II. Abschn. I
Hochverrath u. LandeSverrath. — § 85. 86.
233
§ 86. Jede andere, ein hochverräterisches Unternehmen vorbereitende Handlung wird mit Zuchthaus bis zu drei Jahren oder Festungshaft von gleicher Dauer bestraft. Fällen waren die Beschuldigten Zeitnngsredaeteure, hinsichtlich deren § 20 Abs. 2 des RPreßges.'s freilich eine Sonderbestimmung trifft, welche auch in den Erkenntnissen speziell bezogen wurde, aber nnr, um darzuthun, daß die Absicht, ein historisches Aktenstück dem Leserkreise der Zeitung nicht vorzuenthalten, kein StrafauöschließungSUmstand im Sinne jener GeseyeSsteüe sei; VII. 14. Juni 77 erwog sogar ausdrück lich, daß bezüglich der auf Seiten des Thäters erforderlichen subjektiven Thatbe standsmomente der eit. § 20 Abs. 2 keine Anwendung finde). 21. Daß das Aufsordern mit ausdrücklichen Worten geschehe, ist nicht un erläßlich; es genügt, wenn die Kundgebung in unzweideutiger Weise ihren Zweck erkennen läßt. Sonach wird die Strafbarkeit dadurch nicht ausgeschlossen, daß die Aufforderung an eine (leicht eintretende) Bedingung geknüpft war. Ein jenen Vor aussetzungen (n. 20^ entsprechendes Anpreiseu kann genügen (der im Entw. des gleichlautenden § 112 enthaltene Zusatz: ,,wer in gleicher Weise strafbare Handlungen durch Rechtfertigung anpreist'' — ist vom RT gestrichen worden: Stenogr. Ber. s. 412; ebenso sanden die Vorschläge, welche der Entwurf der Novelle nach derselben Richtung hin in Betreff des § 85 sowohl als des § 110 machte, im RT. keine Bil ligung; das schließt e« aber nicht aus, in einem solchen Anpreisen geeigneten Falles ein Auffordern zu finden). Nicht minder kann sogar in der Darstellung eines ge wissen Verhaltens als Pflicht ohne RechtSirrthnm ein Auffordern erblickt werden; so: ZU. 4. Mai 76 (GA. 24 s. 543). Dagegen reicht ein bloßes „Anreizen" nicht hin; vgl. § 112, welcher daS „Anreizen" neben dem „Auffordern" hervorhebt. — In Betreff der Form. bzw. des Mittels der Aufforderung ist zu bemerken, daß sie auch durch verständliche Handlungen geschehen kann; contra: Schw. i. SGZ. XV, 301. 22. Hier muß zu irgend einer der in § 82 (bezw. in den §§ 80. 81) ausgezählten Handlungen aufgefordert sein, d. h. zn einer bestimmten in ihrer konkreten Gestaltung erkennbaren, unmittelbar (: § 82) znr Ausführung zu bringenden hochverrätherischen Handlung: Beschl. Pl. 9. Dez. 61 (RdO. II, 140); Stenogr. Ber. s. 1165 .die Aufnahme des Wortes ..bestimmten" hinter „einer" war im Reichstage beschlossen; eS blieb bei der dritten Lesung in Folge eine« Versehens weg). Eine Aufforderung, welche nur die Voruahme von Vorbereitungshandlungen (§§ 83. 84. 86) zum Gegenstand hat, gehört nicht hierher. Dasselbe gilt von der Verbreitung allgemeiner revolutionärer Grundsätze, insofern darin keine Aufforderung der ge dachten konkreten Art zu erkennen ist. 23. Daß die Aufforderung daS betr. hochverrätherische Unternehmen zur Folge gehabt habe, ist nicht erforderlich, im Gegentheil wird dieselbe alSdann nicht nach § 85, sondern gleich der Anstiftung bestraft: § 111 Abs. 1, welcher auch in dem hier vorgesehenen Falle Anwendung findet; vgl. dort n. 8. Doch muß mindestens die ob jektive Möglichkeit eines solchen Erfolges vorhanden gewesen sein: VII. 19. Febr. 78 (RdO. XIX, 75). 24. In Betreff der Strafe (Zuchthaus oder Festungshaft) re. vgl. § 20, § 32 n. 3. 25. Da der Mindestbetrag der Zuchthausstrafe ein Jahr beträgt (§ 14), so kann auch die Festungshaft, insofern nicht mildernde Umstände vorhanden sind, nur im Betrage von einem bis zu zehn Jahren verhängt werden; vgl. Abs. 2. 26. Sind mildernde Umstände vorhanden, so ermäßigt sich der Höchstbetrag der Festungshaft auf fünf Jahre, während der Mindestbetrag bleibt. 27. Auch bei diesem (vollendeten) Verbrechen kann von einer durch freiwilligen Rücktritt zu erzielenden Straflosigkeit keine Rede sein; vgl. § 82 n. 2. 4. 28. Die (vorläufige) Beschlagnahme von Druckschriften, deren Inhalt nach §§ 85. 95 oder 184 strafbar ist, kann ohne richterliche Anordnung (auch außer den Fällen des § 98 Abs. 1 der RStPO.) stattfinden: RPreßges. § 23; vgl. OlSh. n. 5.
8 86. 1. Auch hier wird die Vorbereitung eines bestimmten hochverrätherischen Unternehmens im Sinne der §§ 80. 81 vorausgesetzt (vgl. § 85 n. 22): DreSd.
234
Thl. II. Abschn. I.
Hochverrath u. Landesverrat-. — §§ 86. 87.
Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Festungs haft von sechs Monaten bis zu drei Jahren ein. [I. Eatw.: § 73; II. Eutw.: §84; Pr. SlGB.; § 66]. Vgl. §§ 80- 85 ; 4 Nr. 1. 2; 14. 17. 20. 93. 102. 139; Mil.-StGB. § 56; RGBG. § 73 Nr. 2.
§ 87. Ein Deutscher, welcher sich mit einer ausländischen Regierung einläßt, um dieselbe zu einem Kriege gegen das Deutsche Reich zu veranlassen, wird wegen LandeSverraths mit Zuchthaus nicht unter fünf Jahren und, wenn der Krieg auSgebrochen ist, mit lebenslänglichem Zuchthaus bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Festungs haft von sechs Monaten bis zu fünf Jahren und, wenn der Krieg ausgebrochen ist, Festungshaft nicht unter fünf Jahren ein. Neben der Festungshaft kann auf Verlust der bekleideten öffentlichen Aemter, sowie der aus öffentlichen Wahlen hervor gegangenen Rechte erkannt werden. [1. Eniw.: § 74; II Entw.: § 85: Pr. StGB.: §67], Vgl. §§ 88—93; 4 Nr. 2; 139; R -Mil.-SlGB. §§ 56—61. 160.
6. Mai 72 (GA. XX, 442); Knitschky Hochv. s. 167. Verbreitung gefährlicher Lehren und Grundsätze genügt nicht: Befehl. Pl. 9. Dez. 61 (RdO. II, 140). Gleich wohl ist nicht erforderlich, daß alle Modalitäten dieses Unternehmens in Beziehung auf Zeit und Ort der Ausführung, sowie auf die mitwirken sollenden Kräfte und anzuwendenden Mittel feststehen, da eine Vorbereitung erst in der Gewinnung der Mittel nnd der Gelegenheit der Ausführung besteht; auch braucht die Verabredung noch nicht zur Beschießung der unmittelbaren Ausführung gelangt zu sein: ZPl. 28. Nov. 53, 9. Okt. 65 (GA. II, 256; RdO. VI, 374); ebenso fällt die An wendbarkeit des § dadurch nicht weg, daß der Thäter nicht unter allen Um ständen, sondern nur bei einer passenden Gelegenheit die Ausführung des beab sichtigten Unternehmens wollte: ZI. 7. Febr. 55 (GA. III, 530). Contra: John i. HH- HI, 37; Knitschky Hochv. s. 166. 2. Auch die hier vorgesehenen vorbereitenden Handlungen werden durch einen freiwilligen Rücktritt nicht straflos: ZI. 7. Febr. 55 (cit. n. 1); ML. s. 648; vgl. 8 83 n. 7. 3. Der § bedroht „jede andere ein hochverrätherisches Uuternehmen vorbe reitende Handlung"; hat der Angeschuldigte das vorbereitete Unternehmen im Sinne des § 82 begonnen, oder eine der in den §§ 83. 84 vorgesehenen Handlungen (Ver abredung, Elnlassnng, Anwerbung) verübt, so greifen die in diesen §§ angedrohten schwereren Strafen Platz. 4. In Betreff der Strafe vgl. § 20; § 85 n. 24. 25; in Betreff der Zustän digkeit der Schwurgerichte, bzw. des Reichsgerichts vgl. RGVG. §§ 73. 80. 136. § 87. 1 Der in den §§ 87—90 behandelte militärische LandeSverrath kaun nur von einem Deutschen, von einem Ausländer nur ausnahmsweise in dem durch § 91 Abs. 2 vorgesehenen Falle begangen werden; im Uedrigen wird gegen Ausländer nach dem Kriegsgebrauch verfahren: § 91 Abs. 1. 2. Der § 87 setzt ein Einlässen mit einer „ausländischen", also nicht zum Reiche gehörigen Regierung voraus; vgl. § 84 n. 3, und in Betreff des Begriffs des „sich EinlaffenS" § 84 n. 2. 3. Die Handlung muß vor dem Ausbruche des Kriegs stattgefunden haben; entgegengesetzten Falles kann nur § 88 oder § 89 zutrefsen. 4. Der § ist anwendbar, auch wenn die Handlung im Auslande verübt wurde: § 4 Nr. 2.
Thl. II. Abschu. I. Hochverrath u. LandeSverrath. — §§ 87. 88.
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§ 88. Ein Deutscher, welcher während eines gegen das Deutsche Reich ausgebrochenen Krieges in der feindlichen Kriegsmacht Dienste nimmt oder die Waffen gegen das Deutsche Reich oder deffen Bundesgenossen trägt, wird wegen Landesverraths mit lebenslänglichem Zuchthaus oder lebenslänglicher Festungshaft bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Festungs haft nicht unter fünf Jahren ein. Ein Deutscher, welcher schon früher in fremden Kriegs diensten stand, wird, wenn er nach AuSbruch des Krieges in der feindlichen Kriegsmacht verbleibt oder die Waffen gegen daS Deutsche Reich oder dessen Bundesgenossen trägt, wegen Landesverraths mit Zuchthaus von zwei bis zu zehn Jahren oder mit Festungshaft von gleicher Dauer bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Festungshaft bis zu zehn Jahren ein. Neben der Festungshaft kann auf Verlust der bekleideten öffentlichen Aemter, sowie der aus öffentlichen Wahlen hervor gegangenen Rechte erkannt werden. 11. Entw.: § 75; II. Cntw.: § 86; — Nov. v. 26. Febr. 1876 Art. I; — Pr. StGB.: 8 68]. Vgl. 87. 89—93; 4 Nr. 2; 17. 20. 139; EG. 8 4 ; B.-Ges. v. 1. Juni 1870 §§ 22. 23; R.-Mil.-StGB. §§ 56—61. 160. 5. Freiwilliger Rücktritt hebt die Strafbarkeit nicht aus; vgl. John i. HH. III, 50. 6. Ist der (vom Landesverräther gewollte) Krieg ausgebrochen, so ist die Verhängung der strengeren Strafe nicht durch den Nachweis bedingt, daß dieses aus Veranlassung der Thätigkeit des Angeschuldigten geschehen, oder daß letztere rnindefienti eine der mitwirkenden Ursachen gewesen sei; ebenso: Rüd. n. 3, ML. s. 649; Olsh. u. 5 (verlangt jedoch mit Recht einen zeitlichen Zusammenhang); contra: Schw. s. 300; John i. HH. III, 50, Schütze s. 241 n. 36; Rubo s. 566. — Im Uebrigen vgl. § 88 n. 2. 8 aal 27 s. 233. — Hier nach ist „Gefährdung des öffentlichen Friedens" nicht gleichbedeutend mit „Gefähr dung der öffentlichen Ordnung" (vgl. Ueberschr. deS Abschn. 7), da eine solche auch da vorliegt, wo nur Thätlichkeiten zwischen Einzelpersonen zu besorgen siud. 2. Die Anreizung geschieht „in einer den öffentlichen Frieden gefährdenden Weise", wenn durch dieselbe eine Gefahr, d. h. zum Mindesten die naheliegende Möglichkeit einer gewalttätigen Störung des allgemeinen Friedens eingetreten ist; dieses Begriffsmerkmal ist wesentlich, es darf nicht aus der öffentlichen Anreizung :c. als selbstverständlich gefolgert werden: Wolfenb. 18. Okt. 72 (StZ. II, 156); Münch. 17. Mai 73 (BEntsch. III, 252); contra: Wolfenb. 8. Ian. 75 (StZ. IV, 289); ZI. 17. Mai 76 (RdO. XVII, 353: hielt es für gleichgültig, ob der Eintritt einer Friedensstörung in der nächsten und unmittelbarsten, oder in einer mehr entfernten Zukunft gedacht sei), Münch. 24. März 76 (BEntsch. VI, 126: erachtete nicht ein mal den Eintritt einer reellen Gefahr für erforderlich). Einer wirklich stattgehabten Störung des Friedens bedarf es jedenfalls nicht: ZI. 19. Mai 73 (RdO. XIV, 210). Ebensowenig setzt der § nothwendig die Gefahr der Verwirklichung grade derjenigen Gewaltthätigkeiten voraus, zu welchen angereizt worden: Manh. 10. Juni 75 (StZ. VI, 201). 3. Mit Rücksicht auf das unter n. 1 Gesagte sind unter den „verschiedenen Klassen der Bev ölker ung" solche Mehrheiten von Personen zu verstehen, welche wegen gleicher Lebensstellung oder wegen einer Uebereinstimmung der Ansichten, Zwecke oder Interessen als verbunden betrachtet und deshalb unter einer gemeinschaftlichen Bezeichnung zusammengefaßt werden; eS genügt, wenn durch die Kollektivbezeichnung die unter jener Mehrheit begriffenen einzelnen Personen bestimmt er kennbar und äußerlich unterscheidbar gemacht sind: Mot. s. 90. — Hiernach wird keineswegs erfordert, daß die zur „Klasse^ gehörenden Personen eine besondere Rechts stellung im Staate einnehmen, vielmehr genügt jeder Kollektivbegriff, nach welchem sich eine Mehrheit in irgend einer Weise z. B. nach Abstammung, Sprache, Religion (: ZI. 21. Mai 73; RdO. XIV, 386), Beschäftigung, Ansichten so von Andern unterscheidet, daß danach die Zugehörigkeit des Einzelnen erkannt werden kann. Die
302
Thl. II. Abschn. VII. Verbr. u. Vergeh, w. d. öffentL Ordnung. —
130.130a.
§ 130 a. Ein Geistlicher oder anderer Religionsdiener, welcher in Ausübung oder in Veranlassung der Ausübung seines Berufes öffentlich vor einer Menschenmenge, oder welcher Bezeichnung nach einem Parteinamen, z. B. die Reaktion, die Junker, die Bourgeoisie (, ZI- 19. März 73; RdO. XIV, 210), die Social-Demokraten, die Infallibilisten (ZI. 20. Juni 73, GA. 21 s. 519) — kann unbedenklich für ausreichend erachtet werden, ebenso: die „besitzenden Klassen", die „Ungebildeten" rc., sobald der Instanz richter findet, daß dabei die obigen Voraussetzungen zutreffen: ZI. 12. Juni 74 (RdO. XV, 398); Schütze s. 287; Puch n. 1; contra: Schw. s. 369; Rüd. n. 3. Die für den Begriff wesentliche Erkennbarkeit der Zugehörigkeit der Einzelnen wird durch den Zusatz: „eS seien nicht alle unter die Kollektivbezeichnung fallenden Per sonen gemeint" nicht ausgeschlossen (dann wären die zugehörenden Personen erkenn bar gemacht, nicht aber die davon wieder ausgenommenen). 4. Ueber den Begriff des „Anreizens" vgl. § 112 n. 2; es bedarf dazu nicht eines ausdrücklichen Aufforderns, (§ 112 hebt dieses neben dem Anreizen hervor). 5. Das Anreizen muß „öffentlich" geschehen sein; vgl. über diesen Begriff § 85 n. 1 ff. Hier ist zu berücksichtigen, daß eS sich um eine durch die Anreizung herbeigeführte Gefährdung des öffentlichen Friedens handelt. — Zur Annahme einer „öffentlichen Anreizung" genügt eS, wenn die betr. Kundgebung (z. B. ein Preßerzeugniß) der Allgemeinheit zugänglich gemacht worden ist; es bedarf dann nicht mehr des Nachweises, daß dieselbe zur Kenntniß Einzelner (der den betr. „Klassen" ange hörigen Personen) gelangt sei; das Gegentheil ist nicht daraus zu folgern, daß § 130 der „Verbreitung rc. von Schriften rc." nicht ausdrückliche Erwähnung thut, § 85 stellt diese der Kundmachung „vor einer Menschenmenge" gleich, deren es hier nicht bedarf; ebenso: Wolfenb. 11. April 76 (DrZ. 23 s. 145). 6. Es muß „zu Gewaltthätigkeiten" angereizt sein. Daß diese konkrete, als solche sofort bei der Anreizung erkennbare Gewalthandlungen seien, wird nicht erfordert: Wolfenb. 18. Okt. 72 (StZ. II, 156). Ebenso ist es gleichgültig, ob diese Gewaltthätigkeiten den Personen oder den Sachen der Angefeindeten drohen. 7. Die Worte „zu Gewaltthätigkeiten gegeneinander anreizt" sind nicht dahin zu deuten, als müsse die Anreiznng wechselseitige Gewaltthätigkeiten in Aus sicht stellen; es reicht hin, wenn die zu einer Klaffe der Bevölkerung gehörenden „einzelnen Personen zum Gegenstände öffentlicher Anfeindung gemacht werden"; Mot. s. 90, — wenn also die Anreizuug geeignet ist, eine Mißstimmung hervor zurufen, welche zu Gewaltthätigkeiten gegen die Mitglieder jener einzelnen Klaffe führen kann. 8. Selbst die an den Eintritt einer Bedingung (eines Zeitpunkts) geknüpfte Anreizung kann ausreichen, so: Wolfenb. 11. April 76 (cit. n. 5); vgl. übrigens n. 2. 9. Als Dolus genügt das Bewußtsein, daß die Handlung zu Gewaltthätig keiten führen und daß durch diese der Friede gefährdet werden könne; daß das Eine oder Andere beabsichtigt sei, kann nicht gefordert werden; ebenso: Münch 24. März 76 (cit d. 2). Im Falle der Verbreitung aufreizender Schriftstücke ist der DoluS nicht nothwendig als ausgeschloffen zu erachten, wenn Polizeiorgane den Inhalt jener Schriftstücke vorher kannten und gleichwohl nicht einschritten: DreSd. 7. Juni 75 (StZ. V, 295). 10 Beschlagnahme von Druckschriften; vgl. § 111 n. 11.
8 130a. 1. Dieser § war ursprünglich im StGB, nicht enthalten. Abs. 1, der sog. Kanzelparagraph, ist in dasselbe durch Ges. v. 10. Dez. 1871 eingeschoben und in Elsaß-Lothringeu durch Ges. v. 15. Juli 1872 eingesührt worden, Abs. 2 ist eine neue Bestimmung der Novelle. 2. Der Begriff eines „ReligionödienerS" ist weiter als der eines „Geist lichen" und umsaßt den letzteren mit; vgl. § 337 (:„ein Geistlicher oder anderer Religionsdiener—") 196.338; er bezeichnet Jeden, welcher berufsmäßig (nicht blos mechanische) Handlungen vornimmt, auf die der Zweck des betr. Religionsbekennt nisses wesentlich gerichtet ist, insbesondere die Besorgung deS Gottesdienstes, die Der-
Thl. II. Abschn. VII. Verbr. n. Vergeh, w. d. öffentl. Ordnung. — § 130a.
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in einer Kirche oder an einem anderen zu religiösen Versamm^ langen bestimmten Orte vor Mehreren Angelegenheiten des Staats in einer den öffentlichen Frieden gefährdenden Weise zum Gegenstände einer Verkündigung oder Erörterung macht, wird mit Gefängniß oder Festungshaft bis zu zwei Jahreu bestraft. Wallung der Sakramente und die Unterweisung der versammelten Gemeinde in den Satzungen der Religion (vgl. § 59, II, 11 Pr. ALR). Beisp.: der Regulare eines geistlichen Ordens: ZI. 12. April 60 c. Schäfer; ein Menonitenprediger: ZI. 9. Febr. 59 (Emsch. 40. 2. 11). Dagegen gehören Küster, Organisten und ähnliche Kirchen(oder Synagogen-) Beamten nicht hierher; contra: VoituS f. 32 (zu § 34 Nr. 7 des RGBG). Sind nach den Satzungen einer Religionsgemeinschaft einzelnen Gemeindemitgliedern Handlungen der gedachten Art übertragen, so ist jedes derselben, sobald es sich in Funktion befindet, ein „Religionsdiener", ohne daß es auf seine sonstige Stellung (Besoldung rc.) ankäme: eit. ZI. 9. Febr. 59. 3. Geschehen die Handlungen „in Ausübung des Berufs", so kommt eö nicht darauf an, ob diese Ausübung eine recht mäßige war. — DaS Vergehen kann auch durch Verkündung von Erlassen der geistlichen Oberen begangen werden; als Dolus genügt dann das Bewußtsein von dem den öffentlichen Frieden gesährdenden Inhalt des Erlasses; so: ZII. 10. Juni 75 (RdO. XVI, 433 ; vgl. n. 14. 4. Die Worte „in Veranlassung der Ausübung des Berufs" find nicht gleichbedeutend mit „in Veranlassung des Berufs", oder mit „in Beziehung aus den Beruf" (§ 196): eS wird vielmehr hier (und in den entsprechend gefaßten §§ 340. 342) vorausgesetzt, daß die Handlung ihre Veranlassung in einer konkreten (vorhergegangenen oder noch vorzunehmenden, berechtigten oder mißbräuchlichen) Berufsthätigkeit deS Thäters habe, dnrch diese herbeigeführt worden sei: ZII. 14. Juli 73 .RdO. XIV, 502). Demgemäß genügt es nicht, wenn der Geistliche in Aus übung seines Berufs, z. B. in einer Predigt, die demnächst (außerhalb der Berufs thätigkeit) vorzunehmende Handlung ankündigt und seine Zuhörer auffordert, sich dabei einzufinden (dann wäre jene Handlung nicht durch die Ankündigung rc. „veranlaßt", sondern umgekehrt die beabsichtigte Handlung war die Veranlassung der Ankündigung rc.). 5. Ueber den Begriff des „öffentlich" vgl. § 85 n. Iff.; § 130 n. 5. 6. In Betreff der „Menschenmenge" vgl. § 85 n. 11—13. 7. Durch die Wiederholung des Wortes: „welcher" vor: „in einer Kirche. .." ist angedeutet, daß in dem hier hervorgehobenen Falle von den vorhergegangenen Erfordernissen („in Ausübung re. seines Berufs, öffentlich vor einer Menschenmenge"( abzusehen ist, daß also die nunmehr folgenden Voraussetzungen genügen: ZII. 28. Jan. 75 (RdO. XVI, 89). 8. Rücksichtlich der den „Kirchen" gleichgestellten „anderen zu religiösen Versammlungen bestimmten Orte" vgl. daS zu § 166 n. 18 und zu § 167 n. 8 Bemerkte; die Abweichung m der Fassung: „in" und „an anderen re. Orten" ist nicht wesentlich; sie besteht auch zwischen H 166 und § 167. 9. Wenn auch daS StGB, (nach den obwaltenden Umständen) zwei Personen als „Mehrere" gelten läßt, so wird ein nur vor wenigen Personen gehaltener Vor trag schwerlich geeignet sein, den „öffentlichen Frieden" zu gefährden: Schw. n. 5. 10. Der Reichstag hat einen Abändeningsantrag abgelehnt, welcher dahin ging, die Worte „Angelegenheiten des Staats" durch „Staats-Einrichtungen oder Anordnungen der Obrigkeit" zu ersetzen; aus diese ist daher jener Ausdruck nicht zu beschränken; andererseits wurde hervorgehoben, daß unter demselben nicht die Angelegenheiten „der jeweiligen Regierung" zu verstehen seien: Stenogr. Ber. s. 535b» ES wird daher eine Angelegenheit erheischt, welche wesentlich in den Be reich der Staatsverwaltung fällt: es genügt nicht, wenn ein Gegenstand möglicher Weise unter gewissen Voraussetzungen der Regierung Veranlassung geben könnte, sich dereinst einmal mit demselben zu beschäftigen und in Beziehung auf ihn Maßnahmen zu treffen, da Nichts existirt, was nicht in dieser Weise eine StaatS-Angelegenheit werden könnte. Der Gegensatz wird hier namentlich in rein „kirchlichen Angelegen-
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Verbr. u. Vergeh, w. d. öffentl. Ordnung. — § 130a.
Gleiche Strafe trifft denjenigen Geistlichen oder anderen Religionsdiener, welcher in Ausübung oder in Veranlassung der Ausübung seines Berufes Schriftstücke ausgiebt oder ver breitet, in welchen Angelegenheiten des Staats in einer den öffentlichen Frieden gefährdenden Weise zum Gegenstände einer Verkündigung oder Erörterung gemacht find. |I„ II. Eatw. (fehlte). — Ges. v. 10. Dez. 1871 (RGbl. (.442); Els.-Lothr. Ges. v. 15. Juli 1872 (Els.-Lothr. Gbl. Nr. 19); Nvv. v. 26. Febr. 1876 Art. I. — Pr. StGB, (fehlte)). Vgl. §§ 130. 131.
heilen" zu finden sein. — Erörterungen über erlassene, zu erlassende oder nicht zu erlassende Gesetze gehören unzweifelhaft hierher: Z. 26. Okt. 72, ZU. 20. Febr. 73 (RdO. XIII, 558; XIV, 150). Desgleichen Erörterungen über die Maßregeln, welche das Verhalten des Staats der Kirche gegenüber betreffen: ZU. 22. Juni 75 (RdO. XVI, 478). — Manh. 10. Juni 75 (StZ. VI, 201) rechnete dazu auch die durch ein Staatsgesetz geregelten Rechtsverhältnisse der Altkatholiken; allein die staat liche, bezw. gesetzliche Regelung eines RechtSverhältniffes macht letzteres selbst noch nicht zu einer Angelegenheit des Staats. 11. Die Worte: „in einer den öffentlichen Frieden gefährdenden Weise" hat der RT. statt der ursprünglich vorgeschlagenen: „in einer Weise, welche den öffentlichen Frieden zu stören geeignet erscheint", — gewählt; es ist daher das zu § 130 n. 1. 2. Gesagte auch hier maßgebend; vgl. übrigens ZU. 22. Juni 75 (cit. n. 10: nahm an, Gefährdung rc. könne schon darin gefunden werden, daß die Erörterungen geeignet seien, den öffentlichen Frieden zu gefährden, das Bewußtsein einer Gefährdung des öffentlichen Friedens enthalte den erforderlichen DoluS). Daß die zu besorgende Friedensgefährdung in Gewaltthätigkeiten bestehen müsse, ist hier nicht gesagt, eine Störung des Friedens wird aber nicht füglich denkbar fein ohne ein gewisses gewaltthätigeS Vorgehen; jedenfalls genügt eine „Störung der Ord nung" nicht. 12. Im Uebrigen ist § 130a nicht aus den §§ 130 oder 131 zu erläutern; eS bedarf also nicht der Behauptung rc. erdichteter rc. Thatsachen, und eben sowenig eines Berächtlichmachens von Staatseinrichtungen oder Anordnungen der Obrigkeit: Motive f. 3. 13. Die im Abs. 2 vorgesehenen Handlungen setzen im Wesentlichen denselben Thatbestand voraus, wie diejenigen deS Abs. 1, wenn davon abgesehen wird, daß im Abs. 1 daS Mittel der Begehung die mündliche Rede, dort die „Ausgabe, bezw. Verbreitung von Schriftstücken" ist, und daß in Fällen deS Abs. 2 der Geist liche rc. stets „in Ausübung oder in Veranlassung der Ausübung seines Berufs" handeln muß (n. 7). Unter „Schriftstücken" sind Preßerzeugnisse mit verstanden. Vgl. Stenogr. Ber. s. 1340. Ueber den Begriff „Verbreitung von Schriftstücken" vgl. § 85 n. 14. Hiernach ist das bloße Vorlesen eines Schriftstücks keine Verbrei tung deffelben (sondern nur seines Inhalts; hier kommt ev. Abs. 1 zur Anwendung); das Gegentheil gilt vom Vertheilen von Abschriften oder Abdrücken, vgl. Mevrs s. 147, 148. Vom „Verbreiten" unterscheidet Meveö 1. o. das „Ausgeben" dadurch, daß letzteres vom Verfasser selbst auSgehe; es liege schon in der Abgabe eines Schrift stücks an die Redaktion (Druckerei) eines öffentlichen Blatts zum Zwecke der Inser tion; vgl. jedoch: Rubo s. 622, Anh. z. Sch. s. 15. 14. Auf den Endzweck des Thäters kommt es bei Handhabung des § nicht an: Anh. z. Sch. s. 15, Olsh. I, 482; diese fordern aber ein vorsätzliches Handeln in dem Sinne daß der ganze Thatbestand auf dem Wissen und Willen deö Thäters beruhen müsse, ev. reiche dolus eventualis auS; vgl. jedoch die oben n. 3. 11 citt. Erkk., Schw. n. 9 (als Dolus genüge das Bewußtsein von der Friedensgefährdung) u. v. Buri i. GSaal 27 s. 237 (hält sogar bloße Culpa für strafbar). 15. Die Strafe ist Gefängniß bis zu zwei Jahren oder Festungshaft von gleicher Dauer; der Entwurf enthielt nur die erstere dieser Strafen; der RT. wollte eine mildernde Beurtheilung zulassen und schob deshalb die Worte: „oder Festungs haft" ein; sonach darf auch die Gefängnißstrase zwei Jahre nicht übersteigen.
Thl. II. Abschn. VII. Berbr. u. Vergeh, w. b. vffeMl. Ordnung. — § 131.
305
§131. Wer erdichtete oder entstellte Thatsachen, wissend, daß sie erdichtet oder entstellt sind, öffentlich behauptet oder 16. Durch § 130a sind alle landesgesetzlichen Strafbestimmungen, welche ein „durch den Mißbrauch eines geistlichen Amtes verübtes Vergehen gegen die öffentliche Ordnung" zum Gegenstand haben, ersetzt und unwirksam geworden, sollte auch der Thatbestand der betreffenden Bestimmungen von denen dieses § abweichen und über denselben hinausgehen; vgl. EG. § 2 n. 4.
8 131. 1. Nach den Motiven (s. 90) sollte durch die Faffung des § der Thatbestand des § 101 des Pr. StGB.'s „auf das Erheblichste beschränkt werden"; insbesondere wollte man da, wo es sich blos um „Kritik und Urtheil" handelt, „der gesunden Meinung deS Volks überlassen, die Grenzen zulässiger und unzulässiger Kritik zu ziehen"; nur das Behaupten von „Thatsachen" sollte eine Strasbarkeil be gründen. 2. Daraus (n. 1) ergiebt sich, daß das Wort „Thatsache" hier den Gegen satz gegen „Kritik und Urtheil" bildet. Demgemäß bezeichnet dasselbe hier etwas (angeblich) konkret Geschehenes, objektiv so in die äußere Wirklichkeit Getretenes, daß man sich über sein Existentwerden eine Ueberzeugung verschaffen kann: ZU. 17. April 73 (RdO. XlV, 285); contra: VII 13. Juli 75 (vgl. unten a. E.). Dagegen sind Meinungsäußerungen über den inneren Werth oder die (dereinstigen) Folgen einer „Thatsache" nicht selbst als „Thatsache" anzusehen: DII. 30. Juni 73, 5 März 74 (RdO. XIV, 476; XV, 127), und noch weniger allgemeine Urtheile, Raisonnements, sowie allgemeine Verdächtigungen in Beziehung auf vorgebliche Ansichten und Lendenzen der Regierungsorgane: Wolsenb. 16. Febr. 72 (GSaal XXIV, 298). — Be steht die Thatsache in eiuer menschlichen Handlung, so bildet der Wille, welcher bei ihrer Vornahme leitend war, einen wesentlichen Bestandtheil derselben: durch ihn wird die That wesentlich charakterisirt. Dagegen dürfen die Motive, Absichten nnd Zwecke, welche für die Fassung jenes Willens maßgebend waren, nicht als eine be sondere Thatsache aufgefaßt werden; ihre Besprechung fällt wesentlich in den Bereich der unbeschränkt sreigegebenen Kritik: ZRIII. 14. Juli 80 (RdR. II, 197), Darmst. 9. April 77 (GA. 25 s. 463), John i. HH. III, 175; vgl. Motive s. 91, welche die „Verdächtigung einer Maßregel der Regierung in ihren Motiven und Zwecken" aus drücklich nur dann für strafbar erklären, wenn sie „durch Behauptung bestimm ter verwerflicher Thatsachen" erfolgt, diese „verwerflichen Thatsachen", also von der Verdächtigung der Motive und Zwecke unterscheiden; contra: ZII. 17. April 73, DU. 24. Mai 73, 5. März 74, ZII. 16. Mai 74, ZI. 4. Febr. 76 (RdO. XIV, 285. 395; XV, 127. 313; XVII, 88); Manh. 8. Mai 73, 4. Juli 74 (StZ. II, 370; VI, 212); ebenso: ZI. 10. März 75 (RdO. XVI, 214: sofern sich die Behauptung auf einen in seiner Individualität erkennbaren Einzelvorgang beziehe), ZII. 20. Okt. 74 (RdO. XV, 692: vorausgesetzt, daß sich die Behauptung nicht als die Darlegung einer blos subjektiven Ansicht kundgebe); VII. 13. Juli 75 (RdO. XVI, 544: bei dem Ziehen von Schlußfolgerungen aus einem bestimmten Verhalten der Staatsgewalt sei zu unterscheiden, ob jene als subjektive Meinung über die mög lichen Folgen jenes Verhaltens erscheinen oder ob als Resultat etwas angeblich Ge schehenes, bereits Vorhandenes, z. B. der in der Vergangenheit liegende Beweggrund des Gesetzgebers, der mit einer bestimmten Maßnahme gewollte Zweck der Regierung hingestellt werde; „Thatsache" bilde hier den Gegensatz zu allgemeinen Raisonnementö, subjektiven Meinungsäußerungen und Schlußfolgerungen, beschränke sich aber nicht auf das äußerlich erkennbar in die Erscheinung Getretene). In der Besprechung von Zuständen kann die Behauptung von Thatsachen gesunden werden, wenn diese Zustände als die Resultate einer gleichmäßigen, sich stetig wiederholenden Thätigkeit hingestellt sind; so: ZII. 4. Jan. 79 (RdO. XX, 7). — Ob eine Behauptung sich blos als straflose Knut, bezw. als straflose Verdächtigung von Motiven, Zwecken uud Absichten der Obrigkeit oder aber als Entstellung rc. der Thatsachen kund gebe, ist eine thatsächliche, der Prüfung des RevistonSrichterS nicht unterworfene Frage: cit. ZRIII. 14. Juli 80, eit. ZU. 20. Okt. 74. 3. Die behauptete Thatsache muß „erdichtet" oder „entstellt", d. h. sie
Oppenhoff, D. Strafgesetzbuch,
s. »JluSg.
20
306
Thl. It. Abschn. Vit. VerVr. u. Vergeh, w. b. öffentl. Ordnung. — § 131.
verbreitet, um dadurch Staatseinrichtungen oder Anordnungen der Obrigkeit verächtlich zu machen, wird mit Geldstrafe bis muß absichtlich in einer Weise dargestellt sein, daß sie entweder in allen Theilen der Wahrheit entbehrt oder in wesentlichen Punkten vom wahren Sachverhalt abweicht. 4. Außerdem muß die mitgetheilte Thatsache objektiv geeignet sein, die Folge: eine Staatseinrichtung rc. verächtlich zu machen, herbeizusühren; die irrige Meinung des Thäters, daß dem so sei, und seine dem entsprechende Absicht würden dieses Ersorderniß nicht ersetzen (vgl. §§ 186. 187). 5. „Behaupten" bezeichnet hier die Mittheilung einer angeblich stattgehabten Thatsache an einen Anderen, welche sich als die freiwillige (zum Zweck der Kenntniß gabe gemachte) Aeußerung de« eignen Wissens oder der eigenen Anschanung und nicht alö das Weiter-Erzählen des von Andern Gehörten darstellt: Dochow i. HH. III, 450; vgl. ZII. 21. Ian. 75 (RdO. XVI, 69: erblickte den Unterschied zwischen einer [erlaubten] Kritik und der Behauptung von Thatsachen wesentlich darin, daß bei ersterer eine subjektive Ansicht als solche zum Ausdruck gebracht werde, während die letztere sich als die Darstellung eines angeblich existent gewordenen Hergangs charakterisire). In welcher Form diese Mittheilung erfolgte, ist gleichgültig, ob sie z. B. eine vertrauliche oder unüberlegte war, ob sie als positive Lersicherung, oder bedingungsweise oder in der Fassung einer Schlußfolgerung, einer Vermuthung oder eines Verdachts gemacht wurde: Dresd. 28. Febr. 73 (SGZ XVII, 84); VII. 14. Mai 73 (RdO. XIV, 395). Demgemäß gehört der Wiederabdruck eines Zeitungs artikel« ohne Angabe der Quelle hierher. Dagegen reicht die bloße „Erwähnung" einer Thatsache, welche nicht als der Ausdruck de« eignen Wissens oder Willen« sich darstellt, nicht hin, um ein Behaupten anzunehmen, z. B. die auf Befragen ertheilte Antwort: ein Aktenhest enthalte die Verhandlungen über die ... . That sache: ZII. 28. Okt. 69 (GA. XVIII, 59). — Das „Behaupten" braucht nicht noth wendig durch Worte zu geschehen; auch Zeichen rc. können genügen.
6. Dagegen bezeichnet „Verbreiten" eine freiwillige Mittheilung oder Be kräftigung, welche eS erkennen läßt, daß man Etwas weiter bringe, was man vor her durch Andere erfahren hatte; vgl. § 192 (: „Form der Behauptung oder Verbreitung rc.); DreSd. 25. Jan. 71 (StZ. I, 76); ZI. 4. Apr. 73, VII. 30. Juni 73 (RdO. XIV, 254. 476); Stuttg. 12. Juli 73 (WGbl. VII, 268); BL. s.448; Meyer s. 151 n. 4; Schütze s. 285. Dabei ist eS gleichgültig, ob der Verbreitende sich die „Behauptungen" hat aneignen, ob er sie zu den seinigen hat machen wollen: VII. 17. Juni 65 c. Saalfeld. Daher genügt die Uebergabe oder das Verlesen einer fremden Schrift, oder die Mittheilung eines angeblich bestehenden Gerüchts; ebenso die Veröffentlichung einer fremden Aeußerung (der Wiederabdruck eines Zei tungsartikel« rc.), mit oder ohne Angabe der Quelle: ZI. 23. Febr. 70, 15. Jan. 73, ZII. 24. Mai 73, 17. Dez. 74 (RdO. XIV, 49. 397; XV, 882).
7. Aus dem Gesagten (n. 6) folgt, daß ein wiederholtes Mittheilen der selben Thatsache an verschiedene Personen nicht als ein einmaliges „Verbreiten" an gesehen werden kann, daß vielmehr jede einzelne selbstständige Mittheilung den That bestand des vollendeten Vergehens (als „Behaupten" oder „Verbreiten") darftellt, daß somit die Wiederholung eine Real-Konkurrenz begründet: VI. 9. Juli 62 (GA. V, 712); Z. 15. Dez. 69 (RdO. X, 786). 8. Sowohl da« „Behaupten" als das „Verbreiten" ist durch die Freiwil ligkeit der Handlung bedingt: wer bei seiner obrigkeitlichen Vernehmung als Zeuge ein gehörtes Gerücht rc. mittheilt, kann sich dadurch nicht des im 8 131 vorgesehenen Vergehens schuldig machen. 9. Für den Thatbestand ist eS gleichgültig, ob der Hörer die ihm mitgetheilte Thatsache bereits kannte oder ob der Mittheilende diese Kenntniß des Hörers voraussetzte: ZI. 4. April 73 (RdO. XIV, 254); contra: John i. HH. III, 176. Sonach fällt auch da« Weitererzählen einer bereits allgemein verbreiteten Thatsache unter das Strafverbot, nicht aber die bloße Besprechung über eine allseitig bekannte Thatsache, solange sie nicht den Charakter einer Bekrästtgung annimmt. 10. Ueber den Begriff de« „öffentlich" vgl. § 85 n. 1 ff.; § 130 n. 5. Das
Thl. II. Abschn. Vit. Berbr. u. Vergeh, w. d. öffentl. Ordnung. — § 131.
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zu sechshundert Mark oder mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft. [I. Entw.: § 113; II, Entw.: § 129; Pr. StGB.: § 101.]
Dgl. 88 186.187.
an der zuletzt cit. Stelle (in Betreff verbreiteter rc. Schriften) Ausgeführte findet hier ebenfalls Anwendung; Dreöd. 18. Okt. 75 (SGZ. XX, 176) bezieht übrigens das Wort „öffentlich" nur auf „behauptet", nicht auch auf „verbreitet" (?]. 11. Als Dolus wird zunächst das „Wissen" vorausgesetzt, daß die bekun dete Thatsache unwahr (erdichtet oder entstellt) sei; der Mangel der Ueberzeugung von der Wahrheit genügt nicht: Z. 17. Jan. 73 (RdO. XIV, 60); durch bloße Fahrlässigkeit kann daö Vergehen nicht begangen werden. Jene Kenntniß von der Unwahrheit genügt, sollte auch dabei insoweit ein Irrthum obwalten, als der Eczählende die entstellte Thatsache für erdichtet, oder die erdichtete nur für entstellt hält. 12. Sodann wird die Absicht erheischt, durch die Mittheilung eine StaatSeinrichtung rc. verächtlich zu machen („um . . . zu . . ."): Dreöd. 3. Sept. 75 (SGZ. XX, 124); BL. s. 383; Schütze s. 285; OlSh. n. 4; contra: Schw. n. 11 (läßt auch hier das Bewußtsein genügen [?]). Diese Absicht wird jedoch uicht noth wendig dadurch allein ausgeschlossen, daß der letzte Zweck des Thäters ein anderer, (an sich erlaubter) war, und daß dessen Aeußerung nur als Mittel zur Erreichung dieses anderen Zweckes diente: Bll. 9. Okt. 77, Münch. 26. Mai 77 (RdO. XVIII, 623; BEntsch. VII, 207). — Das beabsichtigte „Verächtlichmachen" ist hier ob jektiv aufzufaffen: durch die behauptete Thatsache muß die Staatseinrichtung in den Augen eine« Unbefangenen herabgesetzt werden, eS reicht nicht hin, wenn diese An schauung nur individuell bei Demjenigen hervorgerufen werden soll, an den sich die Mittheilung richtete; ebenso: ZRII. 23. Jan. 80 (Entsch. I, 161); cit. Münch. 26. Mai 77. Ob der behaupteten Thatsache jene erstere Eigenschaft zukomme, hat ev. auch der Nichtigkeitsrichter zu prüfen; so: cit. Münch. 26. Mai 77. — Ein be absichtigtes Gehässigmachen genügt nicht (daS Wort: Haß, welches im § 101 des Pr. StGB.'S stand, ist bezeichnender Weife nicht wiederholt worden): Schw. n. 10; ZRII 23. Jan. 80 (Entsch. I, 161: daher genüge eS nicht, wenn eine Einrichtung^, als hart oder grausam dargestellt werde). 13. Das hier vorgesehene Vergehen gehört zu den „wider die öffentliche Ord nung" verstoßenden (Abschn. VII); demgemäß sind unter den (verächtlich zu machen den), „StaatSeinrichtungen und Anordnungen rc." nur solche zu verstehen, welche entweder dem gesammten Deutschen Reiche oder demjenigen Staate ange hören, in deffen Bereich die Handlung verübt wird; vgl. Abschn. VI n. 2 (s. 256); Münch. 4. Mai 74 (BEntsch. IV, 197); contra: Wolfenb. 28. Nov. 71 (StZ.I, 148).
14. „Staatseinrichtung" ist jeder konkrete, wesentliche und dauernde Be standtheil der Staatsverfassung oder des VerwaltungS-OrganiSmuS; eS müssen »Staatseinrichtungen" d. h. eine einzelne als solche erkennbar gemachte Staatsein richtung verächtlich gemacht fein; es kann nicht genügen, festzustellen, daß der Staat selbst (oder das Deutsche Reich) oder feine (Gefammt-) Einrichtung habe verächtlich gemacht werden sollen; contra: ZU. 5. März 74 (RdO. XV, 127); Olöh. I, 486. Dagegen ist eine Staatseinrichtung unzweifelhaft die StaatSverfaffung (sowohl im Ganzen als in ihren wesentlichen Bestandtheilen: Münch. 15. Juni 78, BEntsch. VIII, 322); desgleichen jede dauernde gesetzgeberische Maßnahme, welche die Errei chung de« Staatszwecks überhaupt zum Gegenstände hat, wie z. B. die Anordnung des § 130a des StGB.'s: ZU. 20. Okt. 74 (RdO. XV, 692); ferner die Organifation eines BerwaltungSzweigS, z. B. des MilitärwesenS: Wolfenb. 28. Nov. 71 (StZ. I, 148); die StaatSlehranstalten: Münch. 26. März 77 (BEntsch. VII, 207); der Bundesrath und der Reichstag; daß letztere auch „politische Körperschaften'' sind, und als solche beleidigt werden können (§§ 196. 197), schließt die Anwendbarkeit des § 131 nicht aus, wenn die Einrichtung als solche d. h. als Bestandtheil der Reichs- bzw. StaatSverfaffung und z. B. nicht etwa blos der grade tagende Reichs tag (die Gesammtheit oder Majorität feiner dermaligen Mitglieder) in Beziehung auf einen konkreten Beschluß verächtlich gemacht wird: ZU. 30. Jan. 73 (RdO. XIV, 102).
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Thl. II. Abschn. VII. Verbr. u. Vergeh, w. d. öffentf. Ordnung. — § 131.
15. Allgemeine (vom Staate gesetzlich anerkannte) Rechtsverhältnisse, aus welchen die staatliche Ordnung weseniltch mit beruht, z. B. Ehe, Familie, Eigenthum sind nur insoweit als „Staatseinrichtungen" anzusehen, als eS die staatliche Aner kennung ist, welche durch die Handlung verächtlich gemacht werden soll. Beisp.: die gesetzlich eingeführte Civilehe: Münch. 6. März 75, 29. Sept. 76 (StZ. V, 38; VI, 49).
16. Als „Obrigkeit" ist jede Behörde und jeder Beamte anzusehen, welcher berufen ist, auf dem ihm anvertrauten Gebiete der Staatsverwaltung selbstständig Anordnungen zu treffen, und sie zur Ausführung bringen zu lasten; es wird also wesentlich vorausgesetzt, daß demselben ein im peri um beiwohne; vgl. § 110 n. 4. 5. Den Gegensatz bilden diejenigen Beamten, welche nur den Beruf haben, die Anord nungen rc. Anderer zur Ausführung zu bringen.
17. „Anordnungen der Obrigkeit" hat hier nicht ganz dieselbe Bedeutung, wie im § 110 (vgl. dort n. 4), da eS sich hier nicht, wie dort, um einen „Unge horsam" handelt, die Vorschrift des § 131 also nicht auf solche Anordnungen be schränkt werden darf, welchen (allgemein) Gehorsam zu leisten wäre- Beschl. I. 22. Apr. 64, ZI. 12. Sept. 66 (RdO. IV, 474; VII, 449). — Dagegen ist anch hier auS der Wahl dieses Ausdrucks und aus seiner Gleichstellung mit „Staatsein richtungen" zu folgern, daß die Vorschrift nur auf solche Anordnungen bezogen werden darf, welchen in dauernder Weise eine Allgemein-Geltung beigelegt ist, und deren fernere Wirksamkeit durch daS Verächtlichmacheü gefährdet wirt); vgl. Mot. s. 91 (: „werden Maßregeln der Regierung, welche daS Wohl und Wehe Aller betreffen, durch Behauptung bestimmter verwerflicher Thatsachen in ihren Motiven und Zwecken verdächtigt, so wird die Gefährdung der Rechtsordnung größer sein rc."); Meyer n. 6; contra: ML. s. 678. — Demgemäß gehören Instruktionen der Central-Organe, nach welchen die Behörden die Gesetze handhaben sollen, un zweifelhaft hierher, nicht aber einzelne, eine abgeschlossene Thatsache bildende Maß nahmen, Verwaltungsakte, Entscheidungen, Urtheile, welche keine auch künftig in all gemein verbindlicher Weise anzuwendende Regel in sich schließen: Dresd. 5. Febr. 72, 1. Febr. 75 (StZ. I, 315; V, 297); Schw. n. 8; Ottendorf i. BAnn. 41 s. 295; contra: ZU. 22. Juni 75, 16. Mai n. 3. Nov. 74 (RdO. XVI, 474; XV, 313. 735; die beiden letzten Erkenntnisse betrafen eine Kriegserklärung, welche erst nach Beendigung de« Krieges verächtlich gemacht war); vgl. auch Manh. 4. Juli 74 (BAnn. 41 f. 293(; RdO. III, 340; IV, 361; V, 163; VII, 449. Noch weniger kann davon die Rede fein, eine von der Staatsregierung der Landesvertretung vor gelegte Gesetzesvorlage als „Anordnung rc." anzusehen: ZU. 16. Jan. 73, ZI. 17. März 75 (RdO. XIV, 55; XVI, 231). Alle derartigen Thätigkeiten der Be hörden finden ihren Schutz lediglich in den Vorschriften über „Beleidigungen." 18. Daß auch hier nur die von einer Obrigkeit zuständ iger Weise erlassenen (und somit verbindlichen) Anordnungen gemeint sein können, ist selbstverständ lich; vgl. § 110 n. 6. 19. Dagegen ist es gleichgültig, ob der Angriff sich gegen die obrigkeitlichen Erlasse selbst oder gegen die Art richtet, wie jene zu Stande gekommen und durch, geführt sind, da die Form, in welcher dieselben zu promulgiren, nicht weniger als ihr Inhalt aus einer Anordnung der Obrigkeit beruht; so: ZI. 21. Juni 76 (RdO. XVII, 448).
20. Unterlassungen der Obrigkeit sind an sich selbstredend keine „Anord nungen". Insofern. sie sich jedoch als nothwendige Konsequenz und als der zuge hörige Gegensatz bestimmter obrigkeitlicher Anordnungen in der Art darstellen, daß ihre Besprechung nothwendig diese ihnen gegenüberstehenden Anordnungen treffen muß, kann letztere (Besprechung) sehr wohl unter den Thatbestand deö § fallen, so: DII. 11. Juni 74 (RdO. XV, 385); vgl. n. 17.
21. Die Behauptung rc. einer einem Staatsorgane zur Last gelegten unwahren Thatsache, welche, wenn wahr, geeignet wäre, jenes Organ verächtlich zu machen, gehört nicht hierher (fällt vielmehr nur unter § 186 oder 187), wenn durch dieselbe nicht eine konkrete StaatS-Einrichtung oder obrigkeitliche Anordnung ver ächtlich gemacht werden soll; vgl. n. 4. 14.
Thl. II. Abschn. VII. Verbr. u. Vergeh, w. d. öffenll. Ordnung. - § 132.
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§ 132. Wer unbefugt sich mit Ausübung eines öffent lichen Amtes befaßt oder eine Handlung vornimmt, welche nur kraft eines öffentlichen Amtes vorgenommen werden darf, wird 1. Ueber den Begriff des „öffentlichen Amtes" (weiter greifend als der eines „Beamten") vgl. § 31 Abs. 2 und dort n. 6 ff. — Hiernach ist auch die Stellung eines Advokaten, Anwalts, Notars, Geschwornen und Schöffen unbedingt hierher zu zählen: ZRIII. 21. Febr. 80 (RdR. I, 460); Dreöd. 23. Aug. 72 (StA. II, 86), BII. 17. Nov. 74 (RdO. XV, 780); Schütze f. 287; BL. s. 384; ML. s. 674; OlSh. I, 488; contra: John i. HH. III, 179; Rüd. n. 2. VII. 9. Nov. 76 (RdO. XVII, 729) rechnete hierher auch diejenige eines Kirchenvorstands; vgl. jedoch § 359 n. 29 und im Uebrigen unten n. 2. 3. 2. Auf die unbefugte Verrichtung geistlicher Amtshandlungen ist der § nicht anwendbar: Mot. z. Pr. StGB. s. 33, ZII. 28. Mai u. 12. Nov. 74 (RdO. XV, 335. 768); das gilt auch für das vormalige Kurheffen: ZI. 4. Febr. 76 (RdO. XVII, 89); contra (für Baden): Puch. n. 2. Vgl. Pr. AKO. v. 9. Mürz 1834; Pr. Ges. v. 11. Mai 1873 §§ 23. 24; RGes., betr. die Verhinderung der unbefugten Ausübung von Kirchenämtern, v. 4. Mai 1874. — Dies erleidet jedoch eine Ausnahme bei solchen geistlichen Amtshandlungen, welche gleichzeitig staatliche Funk tionen darstellen, wie z. B. die Führung der Kirchenbücher, insoweit letztere gesetzlich zugleich als CivilstandSregister dienten: VI. 10. Juni 74, ZU. 12. Nov. 74 (RdO. XV, 375. 768: § 132 schließe alsdann, wenn der Thäter entgegen den §§ 15ff. des cit. Ges.'S v. 11. Mai 1873, mithin für den Staat wirkungslos, zum Pfarrer rc. bestellt sei, den tz 23 des letzteren Gesetzes auS) und noch gegenwärtig die Ertheilung von Zeugnissen auS solchen (älteren) Kirchenbüchern: Personenst.-Ges. v. 6. Febr. 1875 § 73 (doch gehört im Gebiete der Pr. AGO. die Ausstellung eines Tauf zeugnisses rc. dann nicht hierher, wenn letzteres nicht ausdrücklich besagt, daß es auS einem gehörig geführten Kirchenbuche entlehnt sei: VI. 7. Juli 1871, RdO. XII, 379). ZPl. 12. Oft. 74 (RdO- XV, 655) erkannte dasselbe für das Gebiet deS ALR.'S bezüglich der Ertheilung des Religionsunterrichts an einer öffentlichen Volks schule im Gegensatz zu dem rein kirchlichen Religionsunterricht, wie z. B. dem Beicht unterrichte; ebenso: ZU. 6. Jan. 76 (RdO. XVII, 10: selbst der in der Kirche ab gehaltene Religionsunterricht könne unter besonderen Umständen als Religionsunterricht an einer öffentlichen Volksschule angesehen werden). Vgl. ZII. 12. Okt. 76 (RdO. XVII, 650: erachtete es für eine nach den Umständen des einzelnen Falls zu be» urtheilende, thatsächliche Frage, ob der von einem Geistlichen den Schulkindern er theilte Religionsunterricht sich als schulplanmäßiger oder als kirchlicher Religions unterricht darstelle; letzteres könne ohne Rechtsirrthum selbst dann angenommen werden, wenn der Unterricht sich nicht auf den Beicht- und Communionunterrricht beschränke, sondern auch Materien umfasse, welche zugleich den Gegenstand des schul» planmäßigen Unterrichts bilden, und wenn zu demselben auch Kinder zugelassen würden, welche voraussichtlich erst im folgenden Jahre zur Beichte gehen). 3. Ebensowenig findet der § auf die unbefugte Ausübung einer Berechti gung Anwendung, sollte diese auch nur durch Verleihung Seitens der StaatSgewalt zu erwerben sein; das gilt namentlich von der unbefugten Ausübung solcher Gewerbe, für welche es einer Konzession rc. bedarf, sie kann nur auS der Gew.-O. § 147 Nr. 1 strafbar; vgl. § 359 n. 45. Beisp.: Ausstellung eines Impfscheins Seitens eines Nicht-ArzteS (sie fällt auch nicht unter § 16 de« Impfges.'S v. 8. April 1874): OlSh. I, 488; contra: Zimmermann i. GSaal 30 s. 280. 4. Der § unterscheidet alternativ zwei verschiedene Fälle. DaS zuerst er wähnte „unbefugte Befassen mit der Ausübung eines öffentlichen Amtes" liegt vor, wenn Jemand eine Handlung vornimmt, welche sich als der Ausfluß eines ihm nicht zustehenden Amtes kennzeichnet, wenn er also seinem Thun (ausdrücklich oder indirekt) den amtlichen Eharakter beilegt.- ZII. 22. Febr. 55 (IMbl. s. 111). Trifft dieses zu, so ist nicht erforderlich, daß die Handlung zu denjenigen gehöre, welche „nur kraft eines rc. Amtes vorgenommen werden dürfen" (v. 11); ebenso: ZRIII. 7. Juli 80 (RdO. II, 167); noch daß die betr. Handlung gerade innerhalb
310
Thl. n. Abschn. VII. Verbr. u. Vergeh, w. d öffentl. Ordnung. — § 132.
mit Gefängniß bis zu Einem Jahre oder mit Geldstrafe bis zu dreihundert Mark bestraft. [I. Entw.: § 116; II. Evtw.: § 130; Pr. StGB.: § 104.]
Bgl. § 31 Abs. 2.
der Zuständigkeit desjenigen Amts liege, welches der Thäter sich beilegte: cit. ZRIII. 7. Juli 80; noch auch, daß der Thäter Alles, was zur Gültigkeit einer AmtsHandlung gehören würde, gethan, namentlich alle von wirklichen Beamten zu er. füllenden Förmlichkeiten, beobachtet habe; vgl. Münch. 18. Juli 74 (StZ. IV, 119). Demgemäß gehört eS nicht nothwendig zum Thatbestände, daß der Thäter den Namen und die Art des Amte-, welches er sich beilegte, überhaupt genannt habe; ebenso verschlägt eS nichts, wenn derselbe dem Amte einen zur Handlung nicht paffenden, vielleicht gar nicht existirenden Namen gegeben hat, vorausgesetzt, daß hier die Handlung selbst zu solchen gehört, wozu in dem Lande ein wirkliche- öffentliches Amt die Vefugniß giebt: cit. ZRIII. 7. Juli 80. 5. Ein Beamter, dessen Berus es mit sich bringt, gewisse in sein Amt einschlagende Handlungen in den dazu geeigneten Fällen vorzunehmen (z. B. der für gewisse Fälle berufene Vertreter eines Beamten), „besaßt" sich nicht unbefugt mit der Ausübung des Amtes, wenn er (bewußter) Weise zu einer (sonach im Allge meinen in seinen AmtSbesuqniffen liegenden) Handlung übergeht, obgleich die dazu erforderlichen Voraussetzungen nicht vorliegen; er kann wegen Amtsmißbrauchs, nicht aber wegen unbefugter Amtsausübung strafbar sein: ZI. 15. Juni 66 (RdO. VII, 363). 6. Der § trifft zu, wenn ein Beamter während seiner zeitweisen Suspension eine AmtSfunklion als solche auSübt.- BI. 23. Sept. 68 (RdO. IX, 504). 7 ebenso, wenn ein Beamter bewußter Weise über die Grenzen seineBeruf- hinausgehend in ein anderes Amt übergreift: ZI. 11. Sept. 63 (RdO. IV, 35), oder außerhalb seines Amtsbezirks unbefugt fungirt: OStA. Wolfenb. 7. Juni 77 (Br. Z. 24 f. 132). 8. Dasselbe gilt, wenn Jemand unter seinem richtigen Namen mit Beile gung eine- ihm nicht beiwohnenden amtlichen Charakter- eine (in das betr. Amt einschlagende) Bescheinigung ausstellt; ein Beisp.: Beschl. I. 23. Nov. 59 (GA. VHI, 119). 9. Dagegen trifft die erste Alternative nicht zu, wenn Jemand eine Verfügung ergehen läßt, und ihr den Schein beilegt, alö rühre sie von einem zuständigen Be amten her, z. B. durch Unterzeichnung mit dem Namen eine- fingirten Beamten: dann ist nicht für da- eigne Thun der Aunscharakter beansprucht worden (dagegen kann die zweite Alternative Anwendung finden). 10. Ebensowenig genügt eS, wenn Jemand unter fälschlicher Beilegung eines Amtscharakters nur künftig vorzunehmende Amtshandlungen in Aussicht stellt; contra: ZI. 11. Dez. 68 (RdO. IX, 728). 10a. Die durch mehrere Handlungen sich bethätigende AmtöauSübung stellt immer nur einen Straffall dar; so: Zimmermann 1. c.; Olsh. n. 1. 11. Die zweite Alternative des § sieht den Fall vor, wo Jemand, ohne feine Eigenschaft als Privatperson zu verleugnen, „eine Handlung vornimmt, welche nur kraft eine-öffentlichen AmteS vorgenommen werden darf"; es muß dann aber der Handlung Alle- beiwohnen, was sie als Amtshandlung charakterisier das Einschreiten bei einer vorkommenden (vermeintlichen) UngebÜhrlichkeit stellt sich daher noch nicht als die Vornahme einer nur der Polizeibehörde zustehenden Maßnahme dar, wenn dabei nicht auch der polizeiliche Zwang in- Werk gesetzt wird: DreSd. 30. Nov. 72 (StZ. III, 91). 12. Nach der Pr. AGO. gehörte die Vertretung einer Partei vor Gericht zu den Handlungen, welche nur kraft des Amte- eines Rechtsanwalts vorgenommen werden dürfen: ZU. 10. Febr. 70, ZI. 19. Oft. 70 (RdO. XI, 89. 515); ebenso (im Wesentlichen) im Königr. Sachsen: DreSd. 24. April 74 (StZ. IV, 293). Gleich, wohl war Derjenige, welcher auf Grund einer fingirten Cefsion al- (vorgeblicher) Selbstbetheiligter persönlich vor Gericht auftrat, nicht aus § 132 zu bestrafen, denn er fungirte prozessualisch immerhin nicht als Vertreter, so daß seine Prozeßhandlungen auch ganz ander- wirksam wurden, als wenn sie von einem solchen ausgegangen wären; contra: ZRII. 28. Nov. 79 (RdR. I, 100); ZPl. 28. Nov. 70, ZU. 3. Juli
Thl. II. Abschn. VII. Verbr. u. Vergeh, w. d. öfsentl. Ordnung. — §§ 132.183. ZU
§ 133. Wer eine Urkunde, ein Register, Akten oder einen sonstigen Gegenstand, welche sich zur amtlichen Aufbe wahrung an einem dazu bestimmten Orte befinden, oder welche einem Beamten oder einem Dritten amtlich übergeben worden find, vorsätzlich vernichtet, bei Seite schafft oder beschädigt, wird mit Gefängniß bestraft. 73, ZI. 26. Nov. 73, ZU. 19. Sept. 76 (RdO. XI, 575; XIV, 484. 754; XVII, 569). Gegenwärtig findet jedoch in allen Prozeßsachen, welche vor einem Landgerichte oder einem Gerichte höherer Instanz verhandelt werden, Anwaltszwang statt, wogegen in den übrigen Prozeßsachen die Parteien den Prozeß selbst oder durch jede Prozeßfähige Person als Bevollmächtigten führen können: RCPO. §§ 74. 75; Rechtöanw.Ordn. §§ 26. 27; vgl. auch RStPO. §§ 170. 430 Abs. 2. Demgemäß können in der Folge fingirte Sessionen zur Umgehung des Gesetzes (nach dieser Richtung hin) nicht mehr vorkommen, da ja auch der Cessionar ev. von einem RechtSanwalte vertreten sein müßte. — Waö außerhalb der durch die sog. Reichsjustizgesetze beherrschten Rechtsgebiete zum ausschließlichen Geschäftskreise der Sachwalterschaft (Anwaltschaft) und Advakatur gehört, beurtheilt sich auch jetzt noch nach der Landesgesetzgebung: ZRIII. 21. Febr. 80 (RdR. I, 406). Die Anfertigung von Schriften in Rechts sachen ist im Bereiche der Pr. AGO. und im Bezirke des vormaligen AG.'S Greifswald kein den Rechtsanwälten ausschließlich übertragenes Geschäft: BI. 8. Febr. 65, 23. Sept. 68, BH. 17. Nov. 74 (RdO. V, 469 ; IX, 504; XV, 780). Für daKgr. Sachsen vgl. dagegen die sächs. Advokaten-Ordn. v. 3. Juni 1859 §§ 1. 9 und das cit. ZRIII. 21. Febr. 80. 13. Die Beglaubigung einer Urkunde (Unterschrift) kann nur unter öffentlicher Autoriät von einem dazu berufenen Beamten ausgestellt werden; so: Z. 22. Dez. 73 (RdO. XIV, 813). 14. Die Erhebung von Chauffeegeld ist keine „Handlung, welche nur krast eines öffentlichen Amtes vorgenommen werden darf"; vgl. § 359 n. 48. 15. Als Dolus genügt in beiden Fällen die Vorsätzlichkeit der Handlung an sich, verbunden mit dem Bewußtsein der mangelnden Besugniß: BI. 15. April 53 c. Tafelski. Wird jenes Bewußtsein bestritten, so bedarf eS der ausdrücklichen Fest stellung nach Anleitung des § 59: BI. 28. Jan. 70 (RdO. XI, 63). — Ein fahr lässiges Hinauögehen über die Grenzen der AmtSbesugniß fällt nie unter diesen §: VII. 11. Febr. 69 (RdO. X, 87).
8 133. 1.
Die erste Alternative setzt voraus, daß sich ein Gegenstand an einem „zur amtlichen Aufbewahrung deffelben bestimmten Orte befinde", d. h. zu dem Zwecke ihn dauernd zu erhalten; eS gehören also solche Sachen nicht hierher, welche sich am betr. Orte befinden, lediglich um dort von den Beamten benutzt zu werden, z. B. die Mobilien. Dagegen ist eS gleichgültig, aus welchem besonderen Grunde die „Aufbewahrung" stattfindet (contra: John i HH. III, 182: rechnet nur die im Jntereffe der Rechtsordnung aufbewahrten hierher); nicht minder, wem die betr. Gegenstände gehören: ZI. 11. Jan. 67 (RdO. VIII, 28). Demgemäß ist die That an der eignen Sache z. B. an einem UeberführungSstücke möglich; vgl. n. 10, OlSh. u. 1. 2. Der Ausdruck „amtlich" ist nicht ausschließlich aus § 359 zu erläutern (vgl. § 31 n. 6), sondern hat auch im § 133 eine weitere Bedeutung, indem er namentlich den durch die Gesetze bestimmten Wirkungskreis öffentlicher Körperschaften, insbesondere gesetzgebender und Stadtverordneten-Versammlungen mitumfaßt; demzufolge ist die Aufbewahrung der zum Gebrauche solcher Körperschaften dienenden Urkunden rc. an einem dazu bestimmten Orte eine „amtliche" im Sinne des §; so: ZI. 5. Jan. 77 (RdO. XVIII, 13). — Zu den der „amtlichen Aufbewahrung" unterliegenden Gegenständen zählen ferner die als Standesregister dienenden Kirchen bücher nebst dem dazu gehörigen Kirchenstegel: ZII. 12. Nov. 74, ZU. 18. März 75 (RdO. XV, 768; XVI, 243). Ebenso befinden sich, wenigstens im Gebiete des
312
Thl. n. Abschn. VII. Berbr. u. Vergeh. ». d. öfseutl. Ordnung. - § 134.
Ist die Handlung in gewinnsüchtiger Absicht begangen, so tritt Gefängnißstrafe nicht unter drei Monaten ein; auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. (I. Entw.: § 118; II. Entw.: § 131; Pr. StGB.: § 106.] Vgl. §§ 274. 303. 304. 348. 349. Pr. ALR.'s, die zum Kirchenvermögen gehörenden Urkunden bei dem mit der Verwaltung dieses Vermögens (von seinem geistlichen Vorgesetzten) betrauten Geist lichen ,,zur amtlichen Aufbewahrung"; so: VII. 16. Nov. 76 (RdO. XVII, 743); vgl. jedoch § 359 n. 28. 29. — Hat ein Pr. Oberpräsident auf Grund der An nahme, daß eine Pfarrstelle dem zeitigen Pfarrverwalter den s. g. Maigesetzeu zu wider übertragen sei, die Beschlagnahme des Pfarrvermögens verfügt und der von ihm ernannte Commisiar die Vermögens-Verwaltung übernommen, so befinden sich von da ab die zum Pfarrvermögen gehörigen Papiere, selbst wenn sie der Commissar nicht in Beschlag genommen hat, im Pfarrhause „zur amtlichen Aufbe wahrung" durch den Kommissar: ZU. 19. Okt. 76 (RdO. XVII, 678). — Ob die „amtliche Aufbewahrung" eine materiell gerechtfertigte war, ist gleichgültig; § 133 ahndet die Beeinträchtigung der amtlichen Autorität als solcher, sollte von letzterer auch sachlich ein zu weit gehender Gebrauch gemacht sein; so: cit. ZU. 19. Okt. 76. 3. Zur Anwendbarkeit des § (1. Alternative) wird nicht erfordert, daß für die „amtliche Aufbewahrung" ein einziger Ort ausschließlich, noch daß ein solcher ausdrücklich (durch Gesetz oder höhere Anweisung) zu diesem Zwecke bestimmt sei; eS genügt, wenn nach Zweck und Wesen der Urkunden re. von dem zur Aufbe wahrung Verpflichteten irgend ein Ort ausersehen sein muß: ZU. 12. Nov. 74 (cit. n. 2. — DaS Gerichtslokal ist für die gerichtlichen Akten Aufbewahrungsort: die Beiseiteschaffung jener aus diesem Lokal fällt unter § 133: Z. 10. Mai 52 c. Behrends. Im Uebrigen vgl. n. 6. 4. Die „Beamten", von welchen der § bei der zweiten Alternative spricht, brauchen nicht nothwendig Registratur- oder Archiv.Beamte zu sein. „Dritter" bezeichnet hier den Gegensatz zum „Beamten". Dahin gehören z. B. Schreiber, Boten, Aktenträger: Schw. s. 378. Im Uebrigen vgl. n. 5. 5. Eine Sache ist „amtlich übergeben", wenn die Uebergabe zu einem an dauernden amtlichen Zwecke geschah, damit die Sache auch später noch Gegenstand amtlicher Maßnahmen sein könne; z. B. wenn einem Rechtsanwalt Gerichtsakten zur Einsicht anvertraut werden, oder wenn er sie einem Boten zur Rückbeförderung in'S Gerichtslokal übergiebt; vgl. ZI. 3. Okt. 62 (RdO. III, 45). Dasselbe gilt von dem einem Exekutor übergebenen ExekutionSbefehl selbst in dem Augenblicke, wo jener ihn zu seiner Legitimation dem Exequendus vorzeigt: ZI. 10. Dez. 73 (RdO. XIV, 788), nicht aber von dem (noch nicht unterzeichneten) Entwürfe einer ZustellungSurkunde, indem dieser erst durch die Unterzeichnung die Bedeutung einer Urkunde, bzw. die Eigenschaft eines der amtlichen Aufbewahrung unterliegenden Gegenstandes erlangt: Stuttg. 21. Jan. 74 (StZ. IV, 24). — Der Begriff der „amtlichen Uebergabe" wird nicht nothwendig dadurch ausgeschloffen, daß weder der Uebergebende noch der Empfänger ein Beamter im Sinne des § 359 ist (n. 2); beispielsweise sind Urkunden, welche einem Stadtverordneten-Vorsteher als solchem in dem durch die Gesetze und reglementarischen Bestimmungen geordneten Geschäfts gänge übergeben werden, „amtlich übergeben": ZI. 5. Jan. 77 (cit. n. 2). 6. War der Gegenstand einem Beamten zur (amtlichen) Aufbewahrung über geben, so kommt auf den Ort, wo er sich befindet, sowie daraus, ob er in vor schriftsmäßiger Weise behandelt worden ist, Nichts an: ZI. 3. Nov. 69 c. Schramm; ZI. 15. Dez. 71 (RdO. XII, 656). 6a. „Beschädigen" begreift bei einer Schrift das Verfälschen nicht in sich; vgl. § 348 Abs. 2, welcher beide Wörter neben einander aufführt. Eine Rasur, durch welche der Inhalt einer fremden Schrift alterirt wird, stellt keine Beschädigung des Schriftstücks, sondern eine Verfälschung dar; so: Stuttg. 22. Dez. 75 (WGbl. XI, 326). 7. „Bei Seite schaffen" bezeichnet hier die vorsätzliche rechtswidrige Ent fernung einer Sache aus der zeitweiligen Verwahrung, um sie dieser (wenn auch
Thl. II. Abschn. VII. Berbr. u. Vergeh, w. d. äffen«. Ordnung. - § 133. 134. 313
§ 1341. Wer öffentlich angeschlagene Bekanntmachungen, Verordnungen, Befehle oder Anzeigen von Behörden oder Be amten böswillig abreißt, beschädigt oder verunstaltet, wird mit Geldstrafe bis zu dreihundert Mark oder mit Gefängniß bis zu sechs Monaten bestraft. [I. Entw.: § 119; II. Entw.: § 132; Pr. StGB.: § 107.]
Vgl. § 135.
nicht für immer) zu entziehen; eine lediglich zum Zwecke eines vorübergehenden un befugten Gebrauchs bewirkte Wegnahme gehört nicht hierher: BI. 21. Sept. 60, ZU. 12. Nov. 74 (RdO. I, 28; XV, 768); dagegen kann ein zeitweiliges Verstecken genügen; vgl. § 348 n. 16; überhaupt genügt jede zeitweilige Beseitigung, welche geschieht, um den Berechtigten die Zugänglichkeit zu der Urkunde rc. zu entziehen: eit- ZU. 12. Nov. 74; contra: eit. VI. 21. Sept. 60 (forderte die Absicht der dauernden Entziehung). 8. Das Vergehen kann auch von dem aufbewahrenden Beamten oder „Dritten" selbst begangen werden: ZIl. 18. März 75, ZI. 5. Jan. 77 (eit. n. 2); Schw. s. 377; contra: DreSd. 9. April 75 (StZ. V, 297); vgl. n. 10. Da gegen macht sich derjenige, welchem der Beamte oder Dritte die Urkunde rc. frei willig und ohne Vorbehalt übergeben hat, durch deren Vorenthaltung nicht aus § 133 strafbar: VI. 23. April 75 (RdO. XVI, 311: erwog, daß die Urkunde sich dann nicht mehr in der Obhut des Beamten rc. befunden habe), und zwar selbst dann nicht, wenn der Beamte rc. zur Abgabe der Urkunde re. nur durch Täuschung bewogen wurde: VI. 4. Sept. 57 (GA. V, 852). 9. Als DoluS genügt die „Vorsätzlichkeit" der Handlung; einer Absicht „die öffentliche Ordnung zu verletzen" ^Ueberschr. des 7. Abschn ), bedarf eS nicht: ZI. 15. Dez. 71 (eit. n. 6); Stuttg. 22. Dez. 75 (WGbl. XI, 326: selbst daS Bewußt sein von einer solchen Verletzung sei nicht erforderlich). 10. Die im Abs. 2 verlangte „gewinnsüchtige Absicht" braucht nicht noth wendig auf Erzielung eines Bermögens-GewinneS gerichtet zu sein (anders im Falle des § 349); ZI. 9. Febr. 77 (RdO. XVIII, 122); Schütze f. 286 n. 30; Puch, f. 176; contra: Meyer s. 109 n. 5; John i. HH. III, 185; ML. s. 679 n. 5. Eine solche kann daher angenommen werden, wenn die Handlung geschah, um in einer Untersuchung ein Beweisstück zu beseitigen: VI. 1 April 59 (GA. VH. 387); vgl. jedoch VI. 11. Jan. 78 (GA. 26 s. 57: rechnete die bloße Hinhaltung einer DiSciplinarentscheidung nicht hierher). Immerhin muß sie aber den eigenen Gewinn des Thäters, nicht (ausschließlich) den eines Anderen im Auge haben; vgl. Rubo f. 625. — Die Absicht, einen Schaden zuzufügen, ist hier der Gewinnsucht nicht gleichgestellt (vgl. § 349). 11. Der Thatbestand dieses § kann leicht mit einer andern Mißthat (z. B. Diebstahl, Vernichtung rc. einer Urkunde rc.) ideell konkurriren. Wenn ein Beamter eine ihm anvertraute Urkunde vorsätzlich vernichtet rc., so wird § 348 Abs. 2 oder § 349 anwendbar. 12. Ist ein in einer öffentlichen Sammlung ausbewahrter Gegenstand „der Kunst, der Wissenschaft oder des Gewerbes" zerstört oder beschädigt worden, so schließt der konkreter gefaßte § 304 den § 133 aus; vgl. § 73 n. 6. Die Beiseite-Schaffung eines solchen Gegenstandes fällt dagegen lediglich unter § 113; contra: John i. HH. HI, 183; vgl. n. 1.
8 134. 1. Daß die „Bekanntmachung" rc. der Behörde rc. innerhalb der AmrSbefugniffe erlassen fei, ist nicht erforderlich; ein hierauf bezüglicher Antrag ward im RT. abgelehnt: Stenogr. Ber. f. 645. 2. Es genügt nicht, wenn die von einer Behörde rc. ausgegangene Bekannt machung rc. privatim „angeschlagen', ist; es muß vielmehr auch dieses Anschlägen amtlich d. h. aus einer amtlichen Veranlassung und in der Weife sowie zu dem Zwecke bewirkt sein, daß jene dadurch der Kenntnißnahme der Allgemeinheit zu gänglich gemacht werde („öffentlich"): ein amtliches Anhesten in einer Privat-
314 Thl. II. Abschn. VII. Berbr. u. Vergeh, w. d. öfseutl. Ordnung. — §§ 134-136;
§ 135, Wer ein öffentliches Zeichen der Autorität des Reichs oder eines Bundesfürsten oder ein Hoheitszeichen eines Bundesstaats böswillig wegnimmt, zerstört oder beschädigt oder beschimpfenden Unfug daran verübt, wird mit Geldstrafe bis zu sechshundert Mark oder mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft. (I. Entw.: 8 97; II. Entw.: § 133. — Nov. v. 26. Febr. 1876 Art. I; — Dr. StGB.: § 93 Nr. 3.) Vgl. §§ 103a. 134.
§ 136. Wer unbefugt ein amtliches Siegel, welches von einer Behörde oder einem Beamten angelegt ist, um Sachen wobnung x- B. zum Zwecke der Zustellung an den abwesenden Bewohner genügt nicht: DreSd. 21. Juni 71 (StZ. I, 73). 3. Entspricht das Anheften der Bekanntmachung rc. den obigen Voraussetzungen (n. 2\ so kommt auf die Art, wie sie befestigt worden ist, Nichts an: DreSd. 17. März 73 (StZ. III, 5; SGZ. XVII, 111); contra: Münch. 25. Apr. 73 (StZ. II, 312: erheischte eine mechanische Verbindung, und hielt deßhalb ein bloßes Aushängen für nicht genügend, weil dann ein „Abreißen" nicht möglich sei). 4. „Böswillig" ist die Handlung, wenn sie geschah, um den Zweck deS Anschlags (die Veröffentlichung) zu verhindern oder um die Behörde zu verhöhnen, bezw. die Wirksamkeit ihrer Amtsthätigkeit zu beeinträchtigen; somit gehört ein Abreißen rc. aus Muthwillen rc. nicht hierher, sollte dabei auch das Bewußtsein der Unrechtmäßigkeit obwalten. — Vgl. auch John. i. HH. III, 186 u. OlSh. n. 2 (fordert, daß die Handlung aus einer bösen oder schlechten Gesinnung hervorge gangen sei). 5. In Betreff der bedingten Zuständigkeit der Schöffengerichte vgl. RGBG. § 75 Nr. 14. § 135. 1. „Zeichen der Autorität rc. sind diejenigen bildlichen oder schriftlichen Darstellungen, welche dazu dienen, die Ausdehnung oder die Handhabung der Staats gewalt, oder eines ihrer Organe äußerlich erkennbar zu machen; insbesondere die jenigen, welche angebracht oder aufgestellt sind, um eine Grenze oder ein Amtslokal zu bezeichnen. Gleichgültig ist es dabei, ob die Grenze die Landesgrenze oder die einer inneren LanbeSeintheilung (z. B. der Provinzial-, Bezirks-, KreiS-Eintheilung, des Grenz- oder Steuer-BezirkS) bezeichne. Auch die in Preußen herkömmliche Be zeichnung der Provinz, deö Regierung«-, Kreis- und Landwehrbezirks ist hierher zu zählen; nicht aber ein Meilenzeiger oder ein Schlagbaum. — Im Auslande ange brachte Zeichen, wie z. B. die Wappen von GesandfchaftShotelS und Konsulaten, sind nicht ausgeschlossen; vgl. Olöh. n. 1. 2. Ein solches Zeichen ist ein „öffentliches", wenn es aus amtlicher Veranlaffung in einer der Allgemeinheit zugänglichen (sichtbaren) Weife angebracht ist, nm dem unter n. 1 erwähnten Zwecke zu dienen. Daher gehört die auf einer höheren Gestattung beruhende Bezeichnung eines Privat -GeschäftS-LokalS mit dem landesherrlichen Wappen nicht hierher. 3. Ueber den Begriff des „böswillig" vgl. § 134 n. 4. 4. Die Worte „oder beschimpfenden Unfug daran verübt" hat die No velle eingeschaltet, um auch solche Handlungen zu treffen, welche, ohne sich in einem „Wegnehmen rc." eines öffentlichen Zeichens der staatlichen Autorität zu äußern, eine Beschimpfung solcher Zeichen enthalten: Mot. s. 49. DaS Wort „böswillig" ist auf diese Worte nicht mitzubeziehen; mithin sind Handlungen bloßen MuthwillenS nicht ausgeschlossen. Im Uebrigen vgl. §§ 166, 168 und die Bemerkungen zu denselben. § 136. 1. Da« strafbare Moment der in diesem § bezeichneten Handlungen bildet da» Zuwiderhandeln gegen die behördlichen Anordnungen, di« aktive Mißachtung der amtlichen Sperre: VII. 26. Nov. 74, ZI. 29. März 76 (RdO. XV, 813; XVII, 224).
Thl. II. Abschn. VII. Verbr. u. Vergeh, w. d. »ffentl. Ordnung. — §§136.137. 315
zu verschließenzu bezeichnen oder in Beschlag zu nehmen, vorsätzlich erbricht, ablöst oder beschädigt oder den durch ein solches Siegel bewirkten amtlichen Verschluß aufhebt, wird mit Gefängniß bis zu sechs Monaten bestraft. [I. (Sntto.: § 120; H. Entw.: § 134; Pr. SiGB.: § 108] Vgl. §§ 299. 354 B.-Zollges. v. 1. Juli 1869 §§ 42 43. 94—96. 151. 159. Preußen: Vgl. Steuer-Ordn. v. 8. Febr. 1819 §87.
§ 137. Wer Sachen, welche durch die zuständigen Be hörden oder Beamten gepfändet oder in Beschlag genommen 2. „Siegel" umfaßt auch die von einer Steuer-Behörde angelegten Vleiverschlüfse (Plomben). Dagegen wird bei der Verletzung eine« zollamtlichen WaarenverschlusseS § 136 durch BZollges. v. 1. Juli 1869 § 151 ausgeschlossen; vgl. § 159 ib. — Aus anderweite Verschlüsse z. B. auf Kunstschlosser ist § 136 nicht auSzudehnen. 3. Eine Siegel-Anlage ist eine „amtliche", sobald sie durch einen dafür an sich zuständigen Beamten zu einem amtlichen Zwecke oder in seinem Auftrage durch einen Dritten angelegt ist; trifft dieses zu, so kommt auf die Natur jenes Zwecks weiter Nichts an: DI. 14. März 62 (RdO. II, 305). Die eigenmächtige Erbrechung eines Amtssiegels, welches ein Beamter unter Ueberschreitung seiner Zu ständigkeit behufs Eingriffs tn ein Privatrecht angelegt hatte, fällt nicht unter § 136: Z. 23. Apr. 69 (RdO. X, 261). 4. Für den Thatbestand ist es gleichgültig, ob die Siegelanloge oder der da durch bewirkte Verschluß in einer ihrem Zwecke vollständig entsprechenden Weise bewirkt war; vgl. Zll. 13. Mai 61 (RdO. I, 397) und unten n. 5. 5. Ein ..amtlicher Verschluß" kann durch Beschädigung derjenigen ander weitigen Vorrichtungen „auf geh ob en" werden, welche in Verbindung mit dem Siegel den Verschluß vermitteln (z. B. eine Bindfadenverschnürung, Papierstreifen rc.). Ja es bedarf zur strafbaren „Aufhebung des VerschluffeS" nicht nothwendig einer auf Beseitigung rc. des Siegels gerichteten Handlung, vielmehr genügt jede Hand lung, welche dahin abzielt, die durch die Siegelanlage bezweckte amtliche Sperre zu beseitigen; vgl. n. 1 und die dortigen Citate; das cit. Erk. 26. Nov. 74 erachtete daher den § in einem Falle für anwendbar, wo durch die Siegelanlage das Verbot des Zutritts zu einem Raum erkennbar gemacht und diesem Verbote lediglich durch Benutzung eines von der Versiegelung thatsächlich nicht berührten, weil geheimen Zugangs entgegengehandelt war. 6. Als Dolus wird Vorsätzlichkeit der Handlung und das Bewußtsein erfor dert, zur Siegelabnahme nicht berechtigt zu sein: ZU. 15. Sept. 64 (RdO. V, 108); contra (in Betreff des letzteren Punktes und vorbehaltlich des unter Umständen an wendbaren §59): John i. HH III, 189. Als selbstverständliches Thatbestandsmerk mal bedarf die Vorsätzlichkeit nur tm Falle des Bestreitens einer ausdrücklichen Fest stellung; das gilt namentlich auch bei der unbefugten Aufhebung des Verschlusses; so: ZI. 29. März 76 (cit. n. 1); OlSh. n. 5. Vgl. RStPO. § 266. 7. Im Uebrigen sind Motiv und Erfolg der Handlung gleichgültig.
8 137. Absicht. 38. Beamter: 16. 17. Bet-Sette-Schaffen: 30—35. Benachthetltgung. 36. Benutzen: 32. Beschlagnahme: 2 ff. - Aufhebung: 23. 24. - Ausdehnung 14. - Beginn: 1.8. 9. - Dauer: 23. 24. - Erneuerung: 24. - Formvorschr.. 21. - Interesse, wessen: 1. 2. • - poltzetltche: 7. 16.
Inhalt: Beschlagnahme, rechtmäßig: 18. - strafgertchtl. : 7. 16. - thetlwetse: 5. - Verhinderung: 22. « Wiederaufhebung: 23. 24. - Wirksamkeit: 23. 24. Charakter deö Berg.: 1. DoluS: 37. 38. Dritter: 10. 18. 25-28. Eigenthümer, fremd.: 25. 26. Entziehen: 30 ff. Ermessen - 18. Forderung: 4. 13. 35. Cession: 35.
Forderung, Gültigkeit: 19. * Zahlung: 23. 25. Formvorschrift. 21. 8. Gebäude, Grundst. s 4. 9 ff. 14 Gepfändeter: 25. Gewahrsam: 17. Handlung, posit.: 30. 31. Irrthum: 18. Kaffenbeamter: lö. Klostergut: 12. Konkurs; 3. Landschaft 17. Observation: 10 35. Pertinenz - 14. 37.
316 Thl. II. Abschn. VII. Verbr. u. Vergeh, w. b. öffcntl. Ordnung. — § 137.
worden sind, vorsätzlich bei Seite schafft, zerstört oder in an derer Weise der Verstrickung ganz oder theilweise entzieht, wird mit Gefängniß bis zu Einem Jahre bestraft. II. Entw.: § 272; II. Elltw.: § 135; Pr. StGB.: § 272]. Vgl. § 288. Preußen: Vgl. Subh.-Ordn. v. 15. März 1869 § 8ff., FFP.-Ges. § 17. Pfändung vgl. Beschlagnahme. Privat-: 2. Pfandrecht: 31. Platzveränderung: 33. Pol.-Beamter: 16. Retentionsrecht: 31. Sache: 4 14. Sache, konkrete: 5. unpfändb. - 20. Sequestration: 10.
Sicherheitsarrest: 11. Strafantrag: 38. Subhastation: 4. 9. 10. Thäter 25-28. Theilung: 9. Umzug, Mitnahme: 33. Veräußerung 31. Verbot zu verfügen: 5. 8. 9. Verbringen: 3l. Verheimlichen: 31.
Verhinderung: 22. Verschwender: 3. Verwaltungs-Behörde: 17. 21. Verwarnung: 29. Vieh - 5. 20 30. 32. Vollendung: 36. Werthverminderung: 34. Zerstörung: 34. Zuständigkeit: 15. 16. 17. 39. Zwangsvollstreckung: 8-13.
1. Der § hat seine Stelle in dem von den „Vergehen gegen die öffentliche Ordnung" handelnden VII. Abschnitte gefunden; da« Wesen dieses StraffalleS, des s. g. Arrestbruchs, liegt sonach in der Nichtachtung des amtlichen Akts und in dem Eingriffe in die durch denselben begründete Verfügungsgewalt der Be hörde; ebenso: ZRIII. 1. Mai 80 (RdR. I, 705); mithin nicht in der Verletzung der Rechte des Gläubigers rc.: ZI. 4. Juli 77 (RdO. XVIII, 499). — Demgemäß ist unter einer „gepfändeten (in Beschlag genommenen) Sache" eine solche zu verstehen, welche durch eine Amtshandlung „verstrickt", d. h. der Verfügung der sonst berechtigten Privatperson entzogen und der Verfügung der amtlich thätigen Behörde rc. unterworfen worden ist, mag dieses zur Sicherung eine« öffentlichen oder eines Privat. Interesses geschehen sein: Z. 29. März 73 (RdO. XIV, 240); DreSd. 1. Aug. 73 (SGZ. XVII, 273). Ob eine solche Verstrickung stattgefunden habe, und von welchem Augenblicke an sie ihre Wirkungen thue, ist — unter Zu grundelegung der obigen Begriffsbestimmung — nach den maßgebenden Prozeß gesetzen zu beurtheilen. 2. Es scheiden daher diejenigen Pfändungen auö, zu welchen ein Privater (wäre es auch der Fiskus als Bermögenssubjekt) aus eignem Rechte übergeben kann (vgl. § 413 ff. I, 14 Pr. ALR.; Pr. FPO. v. 1. Nov. 1847 §§ 4 ff. 53 ff.; bezw. jetzt FFP.-Gef. § 77): Befchl. I. 6. Mai 70, ZI. 2. Okt. 78 (RdO. XI, 290; XIX, 444). Doch ist die Wegnahme der nach § 77 des Pr. FFP.-Gef.'S gepfän deten Sachen durch § 17 ib. unter gewissen Voraussetzungen mit einer UebertretungSstrafe bedroht. 3. Ebenso gehören solche Maßnahmen nicht hierher, durch welche die Verfügungs gewalt über gewisse Gegenstände (zumal über ganze DermögenSmassen) zwar dem zur Zeit Berechtigten entzogen, aber nicht auf eine Behörde, sondern auf einen Dritten Übertragen wird, welcher dieselbe im Interesse von Privatpersonen selbstständig (wenn auch unter Aufsicht der Behörde) auöüben soll; z. B. wenn das Verwaltungöund DerfügungSreckt über das zu einer Konkursmasse gehörige Vermögen auf die Gläubigerschaft bezw. auf einen Maffenverwalter übergeht (vgl. Rh. HGB. Art. 442; Pr. Konk.-Ordn. v. 8. Mai 1855 §4; RKO. §5): ZU. 3. Dez. 68 (RdO. IX, 692); contra: Z. 9. Nov. 72 (RdO. XIII, 584: strafte die durch einen Dritten bewirkte Bei-Seite-Schaffung aus § 137). Ebenso verhält eS sich, wenn einem Verschwender ein Curator bestellt und diesem aufgegeben ist, abkömmliche Sachen zu verkanfen: Z. 29. März 73 (RdO. XIV, 240). 4 Aus die Natur der „Sache" kommt Nichts an; es gehört jedes Vermögens objekt hierher, welches gepfändet (in Beschlag genommen: d. 1) und der Verstrickung entzogen werden kann. — DaS gilt namentlich auch von Grundstücken; sie lassen sich zwar nicht als Ganzes „bei Seite schaffen" und werden auch durch eine unbe fugte Wiederbesttznahme der vorhergegangenen Beschlagnahme nicht entzogen (Z. 22. Dez. 51, (Entsch. 22 s. 75) ; dagegen trifft der § zu, insoweit trennbare Bestand theile eines solchen z. B. bewegbare Pertinenzstücke, hängende Früchte rc. davon ge trennt, Holz gefällt, Steine gebrochen, Torf gestochen oder die Materialien eines Ge bäudes abgebrochen und bei Seite geschafft werden: VI. 1. März 67, ZI. 15. Sept. 69 (RdO. VIII, 145; X, 563); DreSd. 1. Aug. 73 (StZ. III, 99); vgl. n. 9. 11.
Lhl. II. AbschN. VII. Verbr. u. Vergeh, w. d. öffentl. Ordnung. — § 137. 317
14. — Ebenso sind Forderungen nicht ausgenommen, insoweit die obigen Voraus setzungen bei ihnen zutreften: VPl. 31. März 56 (IMbl. s. 146); VPl. 3. Juli 71 (RdO. LH, 360); Schütze f. 503 n. 7; contra: Antr. d. GStA'S zu cit. VPl. 3. Juli 71 (1. c.); Puch. s. 177; Schw. s. 381; vgl. in Betreff deö Näheren n. 5. 13. 35. 5. Wesentlich für den Thatbestand ist, daß die konkrete Sache von der Be schlagnahme k. betroffen („verstrickt") sei. Eine nur in genere verschuldete Sache kann der angelegten Beschlagnahme nicht entzogen werden; vgl. VI. 21. Febr. 72 (RdO. XIII, 163); dasselbe ist da anzunehmen, wo aus einer größeren Mehrheit (;. B. einer Heerde) nur eine Anzahl nicht individuell bezeichneter Stücke ,,in Be schlag genommen" ist; contra: 5I. 2. März 64 (RdO. I V, 396). — Ferner reicht eine, lediglich an die Person erlassene und diese verpflichtende Verfügung (DispositionSverbot rc.) nicht aus, falls nicht auch (nach Maßgabe der geltenden Ge setze) eine sachliche Vinkulirung damit verbunden ist; vgl. jedoch Darmst. 3. Juli 76 (HEntsch. 76, II, 92). Ein solches an einen Einzelnen erlassenes und nur diesen verpflichtendes Dispositionsverbot würde jedenfalls nicht genügen, die Handlnng Dritter strafbar erscheinen zu lassen: BI. 30. März 70 (RdO. XI, 208). Dasselbe galt, wenn die im Besitze eines Dritten befindliche Sache eines ExeqnenduS auf Gruud des Pr. Ges.'S v. 20. März 1854 § 18 insofern in Beschlag genommen war, als jenem Dritten untersagt wurde, sie an den Exequenduö herauszugeben, und jener trotzdem kraft (vermeintlichen) eignen Rechts über die Sache verfügte: ZU. 13. Juli 75 (RdO. XVI, 538); eine solche Untersagung war sogar dem ExequenbuS gegenüber wirkungslos, wenn die diesem nach dem cit. § 18 (Abs. 1 a. E.) zu machende, zur Perfektion der Beschlagnahme erforderliche Weisung unterblieb: ZI. 30. Nov. 77 (RdO. XVIII, 760). — Endlich ist eine Arrestoerfügung in Betreff solcher Sachen, über welche der Arrestat zur Zeit der Behändigung der Verfügung jede (thatsächliche und rechtliche) Disposition verloren hatte, keine Beschlagnahme: ARII. 18. Nov. 79 (RdR. I, 81). 6. Dagegen ist eS für den Thatbestand unwesentlich, ob die in Beschlag ge nommene Sache eine amtliche Verwahrung (vgl. ALR. I, 14 §§ 92ff., REPO. 8 712) zur Folge hat: ZI. 16. März 77 (GA. 25 s. 125) und ob sie überhaupt dem Gew ahrsam des bisherigen Inhabers entzogen, oder in demselben, belassen worden ist (damit er sie im amtlichen Auftrage aufbewahre re.): Jena 25. Jan. 72 (StZ. 1,273); DreSd. 9. April 77 (SGZ. 22 s. 42). Selbst die Gestattung des zeitwei ligen persönlichen Gebrauchs ändert daran Nichts: DreSd. 21. Aug. 74 (SGZ. XIX, 53).
7. Es gehört hierher die Beschlagnahme, welche im polizeilichen oder ge richtlichen Wege zur Vorbereitung eines StrasversahrenS (zur Sicherung der Be weiserhebung oder einer künstigen Einziehung rc.) vorgenommen wird, z. B. die eines UeberführungSstückS, oder eines Schriftstücks strafbaren Inhalts; contra: John i. HH. III, 191. — Eine solche Beschlagnahme war in der Pr. Gesetzgebung an keine besondere Form gebunden; eS genügte die amtliche Besitznahme, nicht aber, in Er mangelung besonderer dieses aussprechender Gesetzesvorschriften, ein bloßes Verbot: die Sache zu verbringen oder dgl., zumal wenn dasselbe nur von einem untergeord neten Polizei-Beamten (n. 16) anSging; contra: ZU. 4. Febr. 69 (RdO. X, 74). Dgl. auch ZU. 1. Juni 75 u. 31. Oft. 76 (ib. XVI, 401; XVII, 701). — § 94 der RStPO. unterscheidet zwischen dem einfachen „Jnverwahrungnehmen" oder son stigen „Sicherstellen" und der „Beschlagnahme", indem er unter letzterer, den Mot. s. 153 zufolge, die ausdrückliche (regelmäßig nur dem Richter zustehende) Anordnung des Jnverwahrnehmens versteht. In diesem engen Sinn ist der Ausdruck „Beschlag nahme" hier (n. 7) nicht zu deuten, vielmehr schon daS einfache Jnverwahrnehmen unter demselben mitzuverstehen, wie denn auch die RStPO. selbst (vgl. Löwes. 377) an jener Terminologie ntcht strenge festhält, sondern den Ausdruck bald für die that sächliche Besitznahme, bald für die ausdrückliche Anordnung derselben gebraucht. Be sondere Formen für die Beschlagnahme schreibt im Uebrigen die RStPO. gleichfalls nicht vor. 8. Nicht minder gehören hierher die zum Zwecke einer Zwangsvollstreckung, vorgenommenen Pfändungen bezw. Beschlagnahmen beweglicher oder unbeweglicher
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Thl. n. Abschn. VII. Verbr. u. Vergeh, w. d. öffentl. Ordnung. - § 137.
Gegenstände des Schuldners. Wann eine Pfändung beweglicher Sachen als bewirkt anzusehen sei, beurtheilt sich nach der Prozeßgesetzgebung; vgl. jetzt REPO. §§ 712. 713. Dies schließt jedoch nicht aus, daß schon bevor eine Pfändung (nach Maß gabe der zutreffenden Prozeßgesetze) vollendet ist, die fraglichen Sachen, wenn auch nicht als „gepfändet", doch als „in Beschlag genommen" (im Sinne des § 137) zu betrachten seien, sofern der Exekutor mit den betr. Maßnahmen schon begonnen und bereits Hand auf jene Sachen gelegt hat; so: BI. 13. Nov. 67 (RdO. VIII, 705); vgl. Dresd. 9. April 75, 9. April 77 (SGZ. XIX, 364; XXII, 42); ZI. 9. Okt. 78 (RdO. XIX, 446) und unten n. 21. — Dabei ist es für die Wirksamkeit der Be schlagnahme gleichgültig, ob jene Maßnahme in Gegenwart des Exequenduö statt gesunden hat, bezw. ihm später amtlich mitgetheilt worden ist oder nicht: ZI. 18. Dez. 72 (RdO. XIII, 572). 9. Eine zum Zwecke der Zwangsvollstreckung (n. 8) eingeleitete S ubhastation (Immobiliarversteigerung) wird nach der (gemäß § 757 der REPO, auch hinfüro geltenden) Pr. Subh.-Ordn. v. 15. März 1869 § 9 als Beschlagnahme wirk sam, sobald die sie anordnende genchtliche Verfügung dem Schuldner mitgetheilt ist, sollte auch die Eintragung in das Hypotheken- bzw. Grundbuch noch nicht stattgefun den haben: Bll. 12. Mai 70, DI. 11. Jan. 71, ZI. 5. März 73 u. 20. Nov. 78 (RdO. XI, 293; XII, 22; XIV, 188; XIX, 542). — Dieselbe Wirkung hat eS, wenn dem Besitzer eines verhypothezirten Grundstücks, „in seinen [bem Rechte des Gläubigers nachtheiligens Dispositionen durch richterliche Verfügung Schranken ge setzt sind" (§§ 441. 442. I, 20 AW.); so: VI. 18. Dez. 67, 1. Febr. 71, ZI. 19. Juli 71 (RdO. VIII, 796; XII, 66. 422). — Dagegen ist da« Gesagte aus eine zum Zwecke einer Theilung eingeleitete Subhastation nicht auszudehnen: BI. 8. Febr. 71 (RdO. XII, 81). 10. In gleicher Weise (n. 8. 9) ist die zum Zwecke einer Zwangsvollstreckung ins Werk gesetzte gerichtliche Sequestration („Zwangsverwaltung") eines Immobile's (Gutes rc.) eine Beschlagnahme: DI. 2. Okt. 61 (RdO. I, 559); DreSd. 1. Aug. 73, 21. Febr. i?9 (SGZ. XVII, 273; XXIII, 281). Auch diese ist im (Geltungsbereiche der Pr. AGO) als bewirkt anzusehen, sobald die sie anordnende gerichtliche Verfügung dem davon Betroffenen amtlich mitgetheilt worden ist, sollte auch die Uebergabe an den Sequester noch nicht stattgefunden haben: ZI. 26. Nov. 73, VI. 10. Nov. 76 (RdO. XIV, 758; XVII, 733). In einem solchen Falle erstreckt sich aber die Wirksamkeit der Beschlagnahme nur auf die im Besitze des Gedachten, nicht auf die im Besitze eines Dritten befindlichen Gegenstände: VII. 6. Febr. 73 (RdO. XIV, 115). — Das oben Gesagte gilt auch von der im Subhastationsverfahren nach dem Zuschlagsurtheil bis zur Berichtigung des KaufgeldeS auf Rechnung des ErsteherS eintretenden oder fortgesetzten Sequestration (nach der Pr. Subh.-Ordn. 15. März 1869 § 57): ZI. 13. Dez. 72 (RdO. XIII, 66); —nicht aber von einer s. g. „Observation" (nach der AGO. I, 24 §§ 114. 115), eine solche ist vielmehr nach den für die Beschlagnahme von Forderungen geltenden Grundsätzen (n. 13 35) zu beurtheilen; vgl. jedoch ZI. 20. Nov. 78 (RdO. XIX, 542); ARII. 2. April 80 (Entsch. I, 287). Eine bestellte Observation steht der demnächstigen zum Zwecke der Exekution stattfindenden Beschlagnahme des betr. Gutes nicht entgegen: ZI. 25. Apr. 73 (RdO. XIV, 309). 11. Das Gleiche (n. 8) gilt von einem auf eine konkrete Sache angelegten Sicherheitsarreste. 12. Nicht minder stellt bei einem Klostergute das Nehmen in einstweilige Verwahrung und Verwaltung, welches auf Grund des Pr. Ges.'S v. 31. Mai 1875 im Auftrage einer Bezirksregierung erfolgt, eine Beschlagnahme dar; so: ZU. 3. Okt. 76 (RdO. XVII, 637). 13. Die Beschlagnahme einer Forderung erfolgte nach § 101, I, 24 der Pr. AGO. durch daS an den Drittschuldner ergangene Arrestatorinm in Verbin dung mit dem an den ExequenduS gerichteten Inhibitorium. DaS Pr. OT. hat die letztere dieser beiden Maßnahmen für genügend erachtet, um in Betreff des ExequenduS eine wirksam angelegte Beschlagnahme anzunehmen: ZI. 16. Sept. 64, 11. Okt. 71 (RdO. V, 119; XII, 507); contra: Antr. d. GStA. z. VPl. 3. Juli 71 (RdO. XII, 360); Koch z. Pr. StGB. § 272 n. 8. — Unter der Herrschaft der NLPO. ist die Pfändung jedenfalls erst mit der Zustellung des betr. Beschlusses an den Dritt-
Tht. II. Abschn. VN. Berbr. u. Vergeh, w. d. öffentl. Ordnung. — § 137. 319
fchuldner als bewirkt anzusehen; vgl. § 730 Abs. 3 ib. — Inwiefern Entziehung einer in Beschlag genommenen Forderung aus der Verstrickung möglich sei, darüber vgl. unten n. 35. 14. Die auf eine Sache angelegte Beschlagnahme umfaßt nach Pr. Recht alle Pertinenzstücke derselben mit, selbst solche, welche im Augenblicke, wo jene Maß nahme erfolgte, zeitweise davon entfernt waren;-ihre Nichterwähnung im Beschlag nahme-Protokolle ist gleichgültig: ZI. 11. Febr. 74, 10. März 75 (RdO. XV, 67; XVI, 223), eS sei denn, daß durch die Erwähnung einzelner Pertinenzstücke der Schluß gerechtfertigt wird, daß die übrigen von der Verstrickung frei bleiben sollten: ZRI. 24. Nov. 79 (RdR. I, 92). Nur solche beweglichen Sachen, welche erst nach der Beschlagnahme eines Grundstücks auf dasselbe gebracht und dessen Pertinenzien geworden stnd, gehören dahin nicht: so: VII. 15. Okt. 74 (RdO. XV, 677; auf die Grundsätze des CivilrechtS komme eö in dieser Hinsicht nicht an). Von den Früchten werden durch die Beschlagnahme eines Grundstücks die noch stehenden ergriffen: ARH. 16. April 80 (RdR. I, 610), ZI. 14. Sept. 77 (RdO. XVIII, 565); auch die erst seitdem erzeugten, sowie nach § 49, I, 2 deS Pr. ALR.'S die bereit« abgesonderten, aber zur Fortsetzung der Wirthschaft nöthigen und bestimmten Früchte, ja nach § 30 de« Pr. Ges.'S v. 5. Mai 1872 (GS. s. 433), falls Realgläubiger konkurriren, alle noch vorhandenen abgesonderten, dem Exequendus gehörigen Früchte: cit. ARII. 16. April 80; ZI. 16. Mai 1870, Bll. 15. Okt. 74, ZU. 29. April 1875 (RdO. XI, 175; XV, 677; XVI, 326). Nach eben diesem § 30 behalten zu Gunsten der Realgläubiger die zum Betriebe der Landwirthschaft bestimmten Gegenstände, selbst, wenn sie alS hierzu nicht mehr tauglich außer Gebrauch gesetzt sind, die Pertinenzeigenschaft bis zu ihrer räumlichen Trennung vom Grundstücke; dasselbe gilt sogar von solchen dem Real- oder Hypothekenrechte mit unterworfenen Pertinenzien, welche vom Grundbesitzer veräußert worden sind: ZI. 29. Sept. u. 19. Mai 76; ZU. 9. Jan. 79 (RdO. XVII, 623. 371; XX, 24); vgl. jedoch Bll. 31. Jan. 78 (RdO. XIX , 46: nahm an, daß die zum Betriebe einer Dampfschneidemühle bestimmten Geräthschasten, auch ohne von der Mühle räumlich getrennt zu werden, ihre Pertinenzqualität verlören, sobald ihnen jene Bestimmung entzogen, sie z. B. als ab genutzt durch neue ersetzt würden). — Inwiefern die Beschlagnahme eines Grund stücks nach Bayer. Rechte gleichzeitig den Fruchlgenuß entziehe, darüber vgl. Münch. 29. Mai 76 (StZ. VI, 225). — Zu den Pertinenzftücken eines Gebäudes gehören nach dem Pr. ALR. § 89, I, 2 die Materialien, welche von dem eingefallenen oder eingerissenen Gebäude noch vorhanden sind; vgl. ZI. 28. April 76 (RdO. XVII, 290) und oben n. 4. — In Betreff der Wirkung eines Irrthums über die Pertinenzeigenfchast vgl. unten n. 37. 15. Die Beschlagnahme rc. muß von einem (sachlich und örtlich für den kon kreten Fall) „zuständigen" Beamten (Behörde) vorgenommen sein: eS reicht also nicht hin, wenn dem betr. Beamten im Allgemeinen (für gewisse hier nicht vorlie gende Fälle) eine Zuständigkeit beiwohnte; ebenso: Dresd. 21. Febr. 79 (SGZ. 23 s. 281). Im Geltungsbereiche der Pr. AGO. handelte eine Polizeibehörde, welche auf Grund einer gerichtlichen, an alle Gerichts- und Polizeibehörden gerichteten, dem Exekutionöfucher offen behändigten Exekutionsordre die Beschlagnahme vornahm, in zuständiger Weise: BI. 13. Mai 74 (RdO. XV, 304). Wenn zum Kommissar behuf« Ausführung einer Beschlagnahme nach Maßgabe des Art. 3 des Pr. Ges.'S v. 21. Mai 1874 ein Beamter ernannt ist, so gilt dessen Stellvertreter im Amte nicht ohne Wei tere« al« ihm für die Ausführung jenes Kommissoriums fubstituirt: ZU. 6. April 76 (RdO. XVII, 263). 16. Zur Vornahme einer Beschlagnahme behufs Vorbereitung eine« Straf verfahren« (n. 7) sind unter Umständen auch untergeordnete Polizeibeamte, z. B. Gendarmen, Polizeidrener (ein Scharfrichter, welcher einen einem Polizeiverbot zu wider frei umherlaufenden Hund einfängt: BI. 24. Sept. 62, RdO. III, 25), be rufen ; vgl. jetzt: RStPO. §§ 94. 98. 100; BI. 6. März 67 (RdO. VIII, 152) dehnte dlefe« (arg. Pr. Ges v. 8. April 1823 § 6. 7) auf einen Kassenbeamten au«, welcher instruktionSmäßig falsche«, bei seiner Amtsführung in seine Hände ge langte« Geld anbält (bedenklich). Dagegen gehört ein Gemeindediener, welcher nicht gleichzeitig Polizeidiener ist, nicht hierher: ZU 19. April 60 c. Wegener. — In jedem einzelnen Falle ist festzustellen, daß ein solcher Anlaß zur Beschlagnahme vor-
320 Thl. II. Abschn. VII.
Verbr. u. Vergeh, w. d. öffenll. Ordnung. — § 137.
lag, da den Polizeidienern, Forst, und Iagdhütern- ein ganz allgemeine- PfändungSrecht nicht zusteht: OTr. 21. Apr. 76 (GA. 24 s. 343). 17. Zur Anordnung einer Exekution sind in Preußen auch mehrfach Ver waltungsbehörden zuständig, z. B. die Regierung in dem durch die Vdn. v. 26. Dez. 1808 § 42 Nr. 2 vorgesehenen Falle: ZU. 7. Mai 68 (RdO. IX, 312); ebenso eine Landschafts-Direktion (AGO. I, 24 § 128; Anh. § 172): ZI. 26. Okt. 66 (RdO. VII, 583). Vgl. Oppenh. Ressortgess. s. 130 ff. 18. Obgleich § 137 nicht (wie § 113) die „R echt Mäßigkeit" der Be schlagnahme als eine wesentliche Voraussetzung seiner Anwendbarkeit hervorhebt, so muß derselbe doch ausgeschlossen bleiben, wenn es an den formellen Voraussetzungen fehlte, welche die Vornahme der Maßnahme durch den betr. Beamten wesentlich be dingten, z. B. wenn dieselbe gesetzlich unzulässig war; contra: VI. 28. Nov. 73 (RdO. XIV, 763: Beschlagnahme eines künftigen Arbeitslohns, verboten durch B.Ges. v. 21. Juni 1869), oder wenn ein Exekutor ohne den erforderlichen (gerade diese Art der Vollstreckung anordnendeu) gerichtlichen Befehl, oder ein (Rheinischer) Gerichtsvollzieher ohne einen vollstreckbaren Titel dazu überging: BI. 9. Juli 69 (RdO. X, 496); vgl. übrigens OlSH. I, 499 (erachtet das Nichtvorliegen einer vollstreckbaren Urtheilsausfertigung — RCPO. § 662 — für nicht ausreichend, um den Thatbestand des tz 137 auszuschließen). Von solchen Fällen abgesehen ist jede for mell angelegte Beschlagnahme zu respektiren und Abhülfe gegen angeblich dabei vor gekommene Beeinträchtigungen im geregelten Verfahren zu suchen. Das gilt na mentlich, insoweit die Beschlagnahme dem Ermessen deß sie anordnenden oder ausführenden (znständigen) Beamten unterlag; Irrthümer, in die er dabei ver fiel, berechtigen nicht dazu, die Beschlagnahme nunmehr als nicht bewirkt anzusehen, und derselben die verstrickten Sachen zu entziehen: ZI. 5. März 73 (RdO. XIV, 188). Ebenso macht der Umstand, daß die zum Zwecke der Zwangsvollstreckung in Beschlag genommene Sache nicht dem Exequendus gehörte, ihre Beiseiteschaffung selbst dann nicht straflos, wenn sie sich nickt einmal im Besitze des Exequendus (sondern z. B. in dem eines Mitbewohners desielben Hauses k.) befunden hatte, da auch diese Frage der Prüfung de« Beamten unterlag; so: ZU. 18. Febr. 70, 7. Mai 75 (RdO. XI, 87; XVI, 358). Das dürfte aber nicht auf die Fälle auSzudehnen sein, wo der pfändende Beamte sich in Betreff des Besitzers nicht im Irr thum befand, er mithin (unzuständiger Weise n. 15) gerade gegen den Dritten pfän den wollte; vgl. John i. HH. III, 194; Olsh. n. 6 (beide halten übrigens die Pfän dung bei einem Dritten stets, mithin selbst im Falle der bona fides des Pfänden den, für ungeeignet, um einer Verurteilung aus § 137 zur Grundlage zu dienen). Auch verschlägt eS Nichts, wenn die Beschlagnahme in einem Rechtsstreite angeordnet ist, welcher mit Unrecht blos gegen eine Frau, und nicht gleichzeitig gegen deren Mann anhängig gemacht wurde: Dresd. 6. Nov. 74 (SGZ. XIX, 149). Vgl. fer ner DreSd. 21. Febr. 79 (cit. n. 15: betr. eine ohne Antrag der Betheiligten äugeordnete Sequestration). 19. Demgemäß ist der Angeschuldigte nicht mit dem Einwande zu hören, daß die Forderung, wegen welcher die ExekutionS-Beschlagnahme erfolgte, nicht be gründet (getilgt) sei; die formell bestehende Beschlagnahme ward dadurch nicht un gültig, eS konnte nur im gesetzlichen Wege die Wiederaushebung nachgesucht werden. 20. AuS demselben Grunde (n. 18) wird die Anwendbarkeit des § dadurch nicht ausgeschlossen, daß besondere Rechtsgründe obwalteten, auS welchen die betr. Sache nicht hätte in Beschlag genommen werden sollen; z. B. wenn „zuviel", oder wenn einem gesetzlichen Verbote zuwider daS unentbehrliche Handwerksgeräth, der letzte Anzug, die letzte Kuh rc. in Beschlag genommen ist; auch diese Thatsachen unterliegen der Prüfung der betr. Beamten; Abhülfe gegen vorgekommene Irr thümer ist im Wege des geregelten Verfahrens zu suchen: ZI. 28. Nov. 73, ZII. 16. Juni 74 (RdO. XIV, 763; XV, 406); contra (in Betreff der nach § 715 der RCPO. der Pfändung nicht unterworfenen Gegenstände): Olsh. I, 499. 21. Noch weniger kann davon die Rede sein, daß die Verabsäumung irgend einer formellen Vorschrift bei Vornahme der Beschlagnahme einen Bruch derselben straflos machte, sollte jener formelle Verstoß auch so erheblich sein, daß demnächst im geregelten Verfahren die Vernichtung der Maßnahme auszusprechen wäre. Insofern der Amtshandlung nicht überhaupt der Charakter einer Beschlag-
Thl- II. Abschn. VII. Verbr. u. Vergeh, w. d. öffentl. Ordnung.
§ 137.
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nähme abgeht, ist sie als solche zu respektiren. Wann jenes anzunehmen sei, beur theilt sich nach den das Verfahren regelnden Gesetzen. Für den Geltungsbereich der Pr. AGO. ward selbst die Aufnahme eines PsändungSprotokollS durch den Exekutor nicht für eine wesentliche Förmlichkeit, sondern nur als ein Beweismittel angesehen, welches durch andere Beweismittel ersetzt werden könne: BI. 15. Mai 61, ZI. 2. März 64 (RdO. I, 404; IV, 396). Gleiches dürfte nach den Grundsätzen der RCPO. trotz der Vorschrift des § 682 ib. anzunehmen sein; vgl. OlSh. n. 6. Da gegen erachtete BII. 13. Juli 74 (RdO. XV, 490) eine auf Grund der Pr. Bdn. über Steuerexekutionen v. 30. Juli 1853 bewirkte Pfändung wegen Verabsäumung jener Förmlichkeit als nicht geschehen, weil § 18 dieser (jetzt durch die Vdn. v. 7. Sept. 1879 ersetzten) Vdn. jene Förmlichkeit ausdrücklich vorschrieb. Jedenfalls verstrickte jedoch auch nach letzterem Verfahren der Akt der Pfändung wenigstens da, wo er der Aufnahme der Verhandlung vorhergehen mußte, die betr. Sache mit der Wirkung, daß Derjenige, welcher dieselbe schon vor dem Eintritte des für jene Auf nahme geeigneten Zeitpunktes bei Seite schaffte, aus § 137 strafbar war: BII. 16. Okt. 75 (RdO. XVI, 660); vgl. n. 8. — BI. 2. Sept. 59 (GA. VII, 717) erachtete die Anwendbarkeit des § nicht deshalb für ausgeschlossen, weil im Pfän dungs-Protokolle die Gründe nicht angegeben waren, aus welchen der Exekutor von der Wegnahme der gepsändeten Sachen aus dem Gewahrsam des Gepfändeten ab gesehen, oder weil er unterlassen hatte, diese Sachen mit dem Dienstsiegel zu belegen. Aehnlich erkannte ZRI. 16. Sept. 80 (RdR. II, 213) in Betreff der Verabsäumung der im § 712 Abs. 2 der RCPO. vorgeschriebenen Formen; diese möge der Erwerb des im § 709 ib. erwähnten Pfandrechts hindern; die Pfändung an sich sei gemäß § 712 Abs. 1 ib. schon durch die amtliche Besitzergreifung bewirkt. — Dasselbe gilt überhaupt von der Vernachlässigung solcher Formvorschriften, welche nicht die Pfändung selbst, sondern nur die Sicherung der (bereits) gepfändeten Sachen betreffen: DreSd. 21. Aug. 74 (StZ. V, 40). 22. Nur die Beiseiteschaffung rc. wirklich in Beschlag genommener Sachen fällt unter den §; vgl. n. 5. Derjenige, welcher bei einer ihm drohenden Zwangsvoll streckung VermögenStheile (noch ehe sie in Beschlag genommen sind) bei Seite schafft, nm die Befriedigung des Gläubigers zu vereiteln, verwirkt die Strafe des § 288, Derjenige aber, welcher die Vornahme der Beschlagnahme durch den Beamten verhindert, kann nur aus § 113 strafbar sein: VI. 15. Jan. 59 o. Silber.
23. Die Dauer der Wirksamkeit einer erfolgten Beschlagnahme ist ebenfalls nach den maßgebenden Prozeßgesetzen zu beurtheilen; fehlt es an bezüglichen Vorschrif ten, so ist anzunehmen, daß die amtliche Maßnahme auch nur durch einen amtlichen Akt außer Kraft trete; insbesondere wird durch eine nach der Vollstreckungs-Beschlag nahme bewirkte Zahlung oder durch die Zustimmung des Exekutionssuchers das Pfand stück nicht ohne Weiteres frei: ZI. 13. Febr. 61, VI. 9. Mai 66, ZU. 19. März 74 (RdO. I, 260; VII, 284; XV, 163). Vgl. unten n 27a. Dagegen würde selbstverständ lich Straflosigkeit eintreten, wenn der Angeschuldigte in einem solchen Falle in dem guten Glauben handelte, er sei jetzt in seinen Verfügungen über die Sache nicht weiter beschränkt: ZI. 4. Juli 60 (GA. VIII, 706). — Ebenso wird die zum Zwecke der Zwangsvollstreckung bewirkte Beschlagnahme noch nicht durch demnächstigen ge richtlichen Verkauf und den hierbei ertheilten Zuschlag ausgehoben: sie dauert fort, bis die Sache dem Adjudikatar übergeben worden ist; eine frühere Beiseiteschaffung durch einen Dritten fällt unter § 137: ZI. 22. Jan. 73 (RdO. XIV, 73). Vgl. n. 24. 24. Dagegen verliert der § 137 seine Anwendbarkeit mit dem Augenblicke, wo die Sache thatsächlich der angelegten Beschlagnahme vollständig entzogen worden ist, und somit aufgehört hat: eine „gepfändete rc." Sache zu sein. Ist das gescheheu, so kann an derselben Sache das Vergehen demnächst nur dann verübt werden, wenn sie inzwischen neuerdings gepfändet, oder durch eine neue Thatsache der früheren Beschlagnahme wieder unterworfen worden war. Demgemäß verstößt Derjenige, welcher seine eigene, bei einem Andern (aus Irrthum) mit Beschlag belegte Sache ohne Kenntniß von dieser Maßnahme wieder in seinen Gewahrsam bekommen hat, und fie nun verbringt, nicht gegen § 137, sollte ihm auch inzwischen von der früheren Beschlagnahme Nachricht geworden sei: DI. 22. Juni 70 (RdO. XI, 371).
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8. Ausg.
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Thl. II. Abschn. VII. Berbr. u. Vergeh, w. d. öffentl. Ordnung. — § 137.
25. Abgesehen von dem unter n. 5 i. M. vorgesehenen Falle unterscheidet da« Gesetz nicht in Betreff der Person des Thäters; die Strafe trifft Jeden, welcher sich der vorgesehenen Handlung schuldig macht. Das gilt zunächst von Demjenigen, bei welchem die Beschlagnahme erfolgt war (dem Gepfändeten), mochte die Sache aus seinem Gewahrsam in einen amtlichen oder in den eines bestellten Hüters gelangt, oder ihm zur Aufbewahrung belassen sein (n. 6), — und zwar selbst dann, wenn bei ihm (irrthümlich) eine fremde Sache mit Beschlag belegt war; er darf dieselbe in einem solchen Falle nicht dem (an sich zur Rückforderung berechtigten) Eigen thümer zurückgeben, muß vielmehr diesen zum gerichtlichen Weg verweisen: ZI. 14. Juni 72 (RdO. XIII, 360). Auch ein Drittbesitzer, in dessen Händen Sachen des Schuldners zum Zwecke der Exekutionsvollstreckung in Beschlag genommen sind, ist nicht ausgeschlossen: ZI. 17. Juli 74 (RdO. XV, 512). 26. Nicht minder trifft die Strafe den Eigenthümer, welcher seine (mit Unrecht) bei einem Dritten in Beschlag genommene Sache wegnimmt, sollte auch an ihn ein Arrestatorium nicht ergangen sein; er muß sein Recht bei Gericht geltend machen: ZI. 26. Okt. 66, ZU. 10. Febr. 70, ZI. 22. Juni 77 (RdO. VII, 583; XI, 87; XVIII, 466). 27. Dasselbe gilt von dem bestellten Hüter, wenn er die Sache verbringt. 27a. Desgleichen von dem Gläubiger, welcher die Pfändung rc. erwirkte, sollte er auch im Einverständnisse mit dem Gepfändeten gehandelt haben; so: ZRIII. 1. Mai 80 (eit. n. 1); vgl. jedoch Puch. s. 177. 28. Endlich findet der § auch auf jeden Dritten Anwendung, welcher die betr. Handlung vornimmt, gleichviel, ob er dabei im Inderesse des Gepfändeten thätig war oder nicht: (2) ZI. 20. Dez. 71 (RdO. XII. 667. 669). Seine Hand lung kann in Ideal-Konkurrenz auch ein anderes Strafgesetz verletzen (Diebstahl rc.). 29. Die Strafbarkeit des Thäters ist nicht durch eine vorherige Verwarnung bedingt: SU. 4. Apr. 72 (RdO. XIII, 228), DreSd. 3. Mai 75 (SGZ. XX, 15).
30. Als ein „Entziehen aus der Verstrickung" ist jede freiwillige Handlung anzusehen, durch welche die erfolgte Beschlagnahme als solche ganz oder theilweise, dauernd oder vorübergehend unwirksam gemacht wird. ES gehört dazu ein positives Handeln: ein bloßes Unterlassen, z. B. die bloße Fortsetzung des in gutem Glauben d. h. ohne Kenntniß von der Pfändung erlangten Besitzes bzw. die unterlassene Rück gabe nach erlangter Kenntniß (Dresd. 4. Juni 77, SGZ. 22 s. 147; vgl. übrigens n. 24), oder die Nichtbefolgung der amtlichen Aufforderung, den Ort anzugeben, wo sich die in Beschlag genommene Sache zur Zeit befinde, reicht für sich allein nicht hin; wenn dagegen Derjenige, in dessen Gewahrsam die Sache belassen war, sich weigert, den Ver bleib derselben anzugebcn, nachdem er sie (befugter Weise) in eine andere Räumlichkeit gebracht (z. B. das gepfändete Vieh zur Weide geschickt) hat, so kann in der Verbindung beider Handlungen ein Bei-Seite-Schaffen re. gefunden werden: ZI. 22. Jan. 64 (RdO. IV, 316). Dasselbe gilt, wenn Jemand, mit dem Transport der gepfände ten Sachen zum Versteigerungslokale beauftragt, einzelne derselben unter der Vor spiegelung, sie seien zerbrochen, zurückläßt: Bad. OLG. 15. Sept. 80 (BAnn. 46 s. 310); vgl. n. 31. 34. 31. Im Uebrigen kommt aus die Natur der Handlung (n. 30) Nichts an; es bedarf nicht nothwendig eines Verbringens (Verheimlichen«) der Sache, und ebensowenig einer Ortsveränderung; Beispiel: wenn die Sache mit dem Gebäude, in welchem sie sich befindet, einem Dritten gänzlich überlassen, oder wenn der die gepfändeten Sachen abholende Beamte dnrch Täuschung veranlaßt wird, statt einer in Beschlag genommenen befferen eine nicht gepfändete schlechtere Sache mitzunehmen: VI. 14. Mai 58, ZU. 11. Ian. 72 (GA. VI, 715; RdO. XIII, 34). Dasselbe ist anzunehmen, wenn über die Sache eine sie dem Pfand- oder Retentionsrechte eines Dritten unterwerfende Verfügung getroffen wird: VI. 10. Dez. 60 (RdO. I, 111). — Dagegen gehören andere Verfügungen (Verkauf re.) nicht hierher, so lange die Sache nicht gleichzeitig der amtlichen Maßnahme (z. B. durch Uebergabe an den Käufer) entzogen wird: ZI. 12. Mai 69, VI. 3. Juli 78, Dresd. 9. April 77 (RdO. X, 314; XIX, 353; SGZ. XXII, 42). 32. Auch ein nur vorübergehendes, zeitweiliges Entziehen aus der Ver strickung ist strafbar (n. 30); dazu genügt es, wenn die Sache in einem Augenblicke,
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wo die Beschlagnahme sich als wirksam erweisen soll, in eine Lage gebracht ist, daß jene Wirksamkeit nicht eintreten kann (sollte die Sache sich auch noch in der Woh nung des Gepfändeten befinden: ZI. 20. Dez. 76, RdO. XVII, 833). Der Exequendus darf zwar die in seinem Gewahrsam belassene gepfändete Sache ferner (un beschadet der Substanz) benutzen; dagegen steht es in der Regel ebensowenig ihm als einem zum Hüter bestellten Dritten zu, sie vom Orte der Verwahrung zeitweise zu entfernen, es sei denn, daß dieses bei der Beschlagnahme ausdrücklich gestattet, oder aus der Natur der Sache als selbstverständlich zu folgern wäre; z. B. wenn das gepfändete Vieh regelmäßig zur Weide ausgetrieben wird, oder wenn es sich um Geräthe (Thiere) handelt, mit welchen ein Fuhr- oder Schisiereigeschäft betrieben wird. In solchen Fällen bleibt die herkömmliche BehandlungS- oder BenutzungSart auch ferner mit der Maßgabe statthaft, daß der Zweck der Beschlagnahme dadurch nicht beeinträchtigt werden darf; Strafbarkeit würde sonach eintreten, wenn die (an sich dem Herkommen entsprechende) OrtSverändernng bewußter Weise zu einer Zeit ins Werk gesetzt wurde, wo der Verkauf rc. der Sache bewirkt werden sollte: ZI. 17. Mai 71 (RdO. XII, 274). 33. Tritt für den Verwahrer der Sache die Nothwendigkeit einer Platz v eränderung ein, z. B. beim Wechsel einer Miethwohnung rc., so hat er die Pflicht, hiervon der Behörde rc., von welcher die Beschlagnahme ausgegangen war, Anzeige zu machen, und wenn die OrlSveränderung die Sache aus dem unmittel baren Bereiche jener Behörde bringen würde (Verziehen an einen andern Ort rc.), die Erlaubniß derselben nachzusuchen. Unterläßt er dieö, so tritt Strafbarkeit ein, wenn die Handlung thatsächlich die (zeitweilige) Unwirksamkeit deS amtlichen Ver fahrens zur Folge gehabt hat und der Handelnde sich dieser (möglichen) Folge be wußt gewesen war; die Notorietät der Handlung kann die Anzeige ersetzen: BI. 28. Febr. 73, VII. 5. Juni 73 (RdO. XIV, 181. 410); vgl. VI. 14. Juni 79 (ib. XX, 296); DreSd. 22. Juli 72 (StZ. II, 87; SGZ. XVI, 341); VKH. 19. Mai 42 (RA. 33. II. 34). 34. Auch ein theilweises Zerstören der Sache erfüllt den Thatbestand; ebenso kann in der Veränderung der Sache durch Beseitigung einzelner Theile eine „theilweise" Entziehung gefunden werden: ZI. 3. Mai 77 (RdO. XVIII, 319: an scheinend gestohlene Stangen waren zugespitzt und so deren Vergleichung mit den Stubben unmöglich gemacht worden); dem steht aber eine die Substanz nicht ver. ändernde Werthverminderung nicht gleich. Bad. OLG. 15. Sept. 80 (cit. n. 30) erblickte ein „theilweiseS" Entziehen darin, daß Jemand (durch falsche An gaben) es dahin brachte, daß eine gepfändete Sache bei der Versteigerung nicht vor lag und deshalb unter dem Preise losgeschlagen wurde. 35. Eine in Beschlag genommene Forderung kann der Verstrickung nur in der Weise entzogen werden, daß da« Forderungsrecht entweder aufgehoben („zer stört"), oder aber so auf einen Dritten übertragen wird, daß es zu den Zwecken der Beschlagnahme nicht mehr geltend gemacht werden kann. Ein solcher Fall würde eintreten, wenn das individuelle (nicht blos in genere bestimmte) Objekt der For derung in einer Weise zerstört oder bei Seite geschafft ist, daß der Verpflichtete seiner Verbindlichkeit dadurch enthoben wird. Dasselbe ist da anzunehmen, wo Jemand seine gültig wider ihn in Beschlag genommene Forderung durch Session des in seinem Besitze verbliebenen Schulddokuments nach der maßgebenden Gesetzgebung wirksam aus einen gutgläubigen Dritten überträgt und es so herbeisührt, daß die Zahlungen des Schuldners an diesen und nicht an den Exekutionssucher zu be wirken find (vgl. Pr. ALR. I, 10 §§ 23—25; I, 11 §§ 395—397 ; Pr. Hhp.-O. v. 20. Dez. 1783 § 234; ZI. 8. Nov. 71: RdO. XII, 572; contra: Antr. d. GStA.'S zu BPl. 3. Juli 71: RdO. XII, 367). Dagegen ist ein Entziehen der Forderung ans der Verstrickung undenkbar, wenn dem Drittarrestaten durch das ihm behändigte Arrestatorium die Auszahlung an den ExequenduS bezw. an einen Rechtsnachfolger desselben wirksam untersagt worden ist. Da eine deffenungeachtet bewirkte Zahlung den Drittarrestaten dem Exekutionssucher gegenüber nicht entlasten würde, somit die Forderung für den letzteren soribestehen bliebe, so kann dieselbe weder für den sie leistenden Drittarrestaten noch für den sie annehmenden ExequenduS eine Straf barkeit begründen, sollte auch jener aus der bereits einmal geleisteten Zahlung (un begründete) Einwände gegen die nochmalige Zahlung herleiten oder thatsächlich zu
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einer solchen nicht mehr im Stande sein (beides läßt das Bestehen der „Forderung" unberührt): VII. 2. Febr. 71, VPl. 3. Juli 71 (RdO. XU, 68. 360); contraJohn i. HH. III, 192. Dasselbe muß von einer durch den Exequendus vor genommenen Session gelten, insofern nicht durch dieselbe für den Drittarrestaten die Verpflichtung begründet wird, trotz der Beschlagnahme an den Cessionar zu zahlen (siehe oben): Antr. d. GStA.'s zu eit. VPl. 3. Juli 71 (1. c.); contra: Vl. 27. Oft. 71, ZI. 8. Nov. 71 (RdO. XII, 542. 572); vgl. n. 13. — Wäre dagegen die Arrestanlage unvollständig erfolgt, z. B. nur das Inhibitorium an den Erequendus und nicht auch das Arrestatorium an den Drittschuldner ergangen, so daß sie also für den letzteren nicht wirksam werden könnte, so läge gar keine gültige Arrest anlage vor und würde aus diesem Grunde der trotz des Inhibitoriums Zahlung annehcklende EpequenduS nicht strafbar sein; vgl. n. 4. 36. Das Vergehen wird durch das „Entziehen aus der Beschlagnahme rc." vollendet; die Benachtheiligung eines Andern ist kein wesentliches Ersorderniß des Thatbestandes: ZI. 22. Jan. u. 6. Juni 73 (RdO. XIV, 73. 413); Dresd. 2. Sept. 72 (SGZ. XVI, 366). Daher ist es gleichgültig, ob die Sache später zur Beschlag nahme wieder zurückgebracht, oder ob der betr. Gläubiger nachträglich befriedigt wird. Dgl. n. 23. Doch kann der so vollendete Arrestbruch nicht durch ein weiteres Fortbringen an einen dritten Ort noch einmal begangen werden, sofern nicht in zwischen eine neue Beschlagnahme stattgesunden hat: VII. 19. Sept. 78 (RdO. XIX, 423); vgl. n. 24. 37. Als DoluS wird — abgesehen von der Vorsätzlichkeit der Handlung selbst — das Bewußtsein vorausgesetzt, daß die Sache von der (zuständigen) Behörde in Beschlag genommen sei und daß durch die Handlung die Verstrickung (wenn auch nur zeitweise) unwirksam gemacht werde: ZRUI. 1. Mai 80 (RdR. I, 705); ZU. 4. Apr. 72, VI. 28. Febr. 73, ZU. 16. Juni 74 (RdO. XIII, 228; XIV, 181; XV, 406). Wie jene Kenntniß erlangt worden, ist gleichgültig: ZI. 26. Apr. 72 u. 22. Jan. 79 (RdO. XIII, 282; XX, 45: demnach genüge schon private Kenntniß); ist sie vorhanden, so ist die irrige Meinung: die vorliegende Beschlagnahme gehöre nicht zu den durch den § geschützten, oder sie sei als materiell ungegründet (n. 19) nicht zu beachten, oder dieselbe hindere den Eigenthümer der mit Unrecht bei einem Dritten gepfändeten Sache nicht, diese wegzunehmen, oder man sei aus anderen Gründen zur Handlung gesetzlich berechtigt, — eine die Bedeutung des Strafgesetzes betreffende, somit nicht geeignet, die Strafbarkeit auszuschließen: ZU. 24. Nov. 70, ZI. 18. Juli 70, VII. 6. April 76, ZI. 4. Juli 77 (RdO. XI, 565. 427; XVII, 268; XVIII, 499); ARI. 11. März 80, ZRIII. 1. Mai 80 (RdR. I, 448. 705); contra (in Betreff eines Falles der letzterwähnten Art): BI. 5. Febr. 79 (RdO. XX, 71). ZU. 26. Juni 73 (ib. XIV, 465) nahm dasselbe an von der irrigen Meinung, daß die Beschlagnahme keine rechtmäßige (n. 18) gewesen sei; vgl. § 113 n. 24. Dagegen schließt der Mangel jener Kenntniß den Dolus selbst dann aus, wenn er aus einem Rechtsirrthum (civilrechtlicher Art) beruhte, z. B. auf der Meinung, durch die Be schlagnahme eines Grundstücks würden die Pertinenzien nicht mit verstrickt: ARII. 16. April 80 (RdR. I, 610) und oben s. 126 n. 7. 38. Eine über das erwähnte (n. 37) Bewußtsein hinausgehende Absicht wird nicht erfordert; ist der gedachte Dolus vorhanden, so kommt auf den Grund oder Zweck der Handlung Nicht« an: DreSd. 2. Sept. 72 (SGZ. XVI, 366). Insbe sondere bedarf es es nicht der Absicht, die Sache der Beschlagnahme zu entziehen: DI. 1. Okt. 68, VII. 7. März 76, ZI. 28. April 76 (RdO. IX, 530; XVII, 174. 290); ebensowenig einer gewinnsüchtigen (: ZU. 4. Apr. 72; RdO. XIII, 228; DreSd. 22. Juli 72: StZ. II, 87), noch der Absicht, einen Andern (z. B. den ExekutionSsucher) zu benachtheiligen: cit. Z. 4. Apr. 72, ZI. 26. März 79 (RdO. XX, 160). Ja selbst die Verwendung des PfandobjektS zum Zwecke der Erhaltung eine« anderen (z. B. das Verfüttern gepfändeter Kartoffeln an eine gleichfalls gepfändete Ziege) fällt unter den §: DreSd. 12. März 77 (SGZ. 22 f. 34). — Durch eine über jenen DoluS hinausgehende Absicht kann die That in Ideal-Konkurrenz den Charakter einer andern Mißthat, z. B. des Diebstahls annehmen. Vgl. ZRI. 11. Okt. 80 (RdR. II, 312) und oben u. 28. 39. Die Strafverfolgung ist nicht (wie im Falle des § 288) durch einen An-
Thl. II. Abschn. VII. V-rbr. u. B-rgeh. w. d. cffentL Ordnung. — § 138.
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§ 13S. Wer als Zeuge, Geschworener oder Schöffe berufen, eine unwahre Thatsache als Entschuldigung vorschützt, wird mit Gefängniß bis zu zwei Monaten bestraft. Dasselbe gilt von einem Sachverständigen, welcher zum Erscheinen gesetzlich verpflichtet ist. Die auf das Nichterscheinen gesetzten Ordnungsstrafen wer den durch vorstehende Strafbestimmung nicht ausgeschlossen. [I. @ntn>.: § 121; II.Entw.- § 136; Pr. SlGB.: § 109.] Vgl. § 279; RCPO. 88 345. 355. 372-374; RStPO. §§ 50. 69. 75—77; RGVG. § 27. Preußen: Vgl. Vdn. v. 3. Jan. 1849 § 20; Krim.-Ordn. §§310. 311.315. 337. 352; Rh. StPO. Arit. 81. 82; RStPO. §§ 157. 158.
trag des Verletzten bedingt: ZI. 27. Okt. 71 (RdO. XII, 542). — Ueber die be dingte Zuständigkeit der Schöffengerichte vgl. RGVG. § 75 Nr. 2.
§138. 1. Unter den „Zeugen" sind hier die in Civilprozeßsachen „berufenen Zeugen" mit verstanden; vgl. n. 6. Dasselbe gilt von den Zeugen, welche in einem sonstigen reichs- oder landesgesetzlich geregelten Verfahren, z. B. in einem ehrengerichtlichen, DiSciplinar-LerwaltungSgerichtsverfahren berufen werden: OlSh. n. 3. 2. Jemand ist „als Geschworner berufen", sobald er als solcher ausgeloost und hiervon amtlich in Kenntniß gesetzt ist; vgl. Jena 76 (Voll. 24 s. 275). Vgl. RGVG. § 93. Eine wahrheitswidrige Einsprache gegen die Aufnahme in die Vor schlagsliste — ib. § 89 — fällt nicht unter den §; contra: Schw. n. 3. 3. Es wird ein wissentliches Handeln vorausgesetzt („vorschützt"); ein Ver sehen, selbst ein verschuldetes, genügt nicht. Daß ersteres den gewollten Erfolg ge habt habe, ist kein Erforderniß, die Erfolglosigkeit vielmehr nur bei der Strafzu messung zu berücksichtigen: Mot. s. 91. 4. Ueber den Begriff „unwahre Thatsache" vgl. § 263 n. 39 ff. — Es be gründet keinen Unterschied, ob durch die unwahre Angabe das Nichterscheinen (eine Verspätung: Rubo s. 628) oder ein Gesuch um Entbindung oder endlich die Weige rung der Vernehmlaflung entschuldigt werden soll. Aus dem Ausdrucke „Ent schuldigung" ist nicht zu folgern, daß der § die Fälle der Weigerung wegen an geblich mangelnder Verpflichtung (Qualifikation) unberührt lasse: Jena 76 (cit. n. 2); contra: Olsh. n. 1 („Entschuldigung" enthalte eine Anerkenntniß der Verpflichtung, bilde daher einen Gegensatz zur Weigerung). 5. Eine nachträgliche (zur Abwendung bzw. Beseitigung der Ordnungs strafe le.) vorgebrachte Entschuldigung fällt nach dem Zwecke deö Gesetzes und nach der Fassung der Motive s. 91 nicht unter den §; contra: OlSh. n. 4; John i. HH. III, 197 (letzterer bezieht den § sogar nur aus solche Entschuldigungen). — Aus die Form der Entschuldigung kommt nichts an. 6. Das wirkliche Bestehen eines (nicht geltend gemachten) AblehnungSgrundeS re. schließt die Anwendung des § nicht auS- Vgl. n. 7. 7. Von den „Sa chverständigen" (Abs. 2) gilt dasselbe, was unter o. 1 von den Zeugen gesagt wurde; vgl. Mot. z. RCPO. s. 497. In Betreff der Verpflichtung, den gerichtlichen Aufforderungen zur Abgabe eines Gutachtens nachzukommen, sind die Prozeßgesetze entscheidend; vgl. Oppenh. Pr. Slrafvers. § 20 n. 26. Nach fran zösisch-rechtlichem Verfahren (C. d. Proc. art. 316, C. d’instr. art. 43. 43) liegt jene Pflicht wenigstens denjenigen Sachverständigeu ob, welche die betr. Kunst rc. zu Er werbszwecken ausüben. Gegenwärtig bilden § 372 der RCPO. und § 75 derRStPO. die Norm. DaS Bestehen eines gesetzlichen WeigerungögrundeS — RCPO- § 373, RStPO. § 76 — schließt die „Verpflichtung zum Erscheinen" nicht auS (n. 6); vgl. jedoch Löwe s. 358. 8. Die im Abs. 3 aufrecht erhaltenen Vorschriften haben einen vorwiegend diSciplinarischen Charakter; vgl. jetzt: RStPO. §§ 50. 77; RCPO. §§ 345. 374; RGVG. §§ 56. 96. Ev. tritt Strafkumulation ein (§ 73 findet hier keine Anwendung): Olsh. n. 7 ; contra (anscheinend): Mot. s. 91.
326 Thl. II. Abschn. VII.
Verbr. u. Vergeh, w. d. öffentl. Ordnung. — § 139.
§ 139. Wer von dem Vorhaben eines Hochverrats, Landesverraths, Münzverbrechens, Mordes, Raubes, Menschen raubes oder eines gemeingefährlichen Verbrechens zu einer Zeit, in welcher die Verhütung des Verbrechens möglich ist, glaub hafte Kenntniß erhält und es unterläßt, hiervon der Behörde oder der durch das Verbrechen bedrohten Person zur rechten 9. Durch den § werden die in den Prozeßgesetzen gestatteten Zwangsmaß nahmen, um einen Zeugen rc. zum Erscheinen und zur Vernehmlassung anzuhalten, nicht berührt. Vgl. RCPO. §§ 345. 355. 374; RStPO. §§ 50. 69. 77. 10. Zuständigkeit der Schöffengerichte: RGVG. §27. §139.
1. Die Anzeigepflicht ist auf die im § aufgezählten Verbrechen beschränkt, also auf andere Mißthaten, z. B. auf eine räuberische Erpressung (§ 255 stellt sie nur in Betreff der Bestrafung dem Raube gleich), auf Münzvergehen, gemeinge fährliche Vergehen und Fahnenflucht nicht auszudehnen, (in Betreff des § 112 ves Pr. StGB.'S vgl. EG. § 2 n. 22). Die Vorschriften des Mil-StGB.'S § 77. 104. 105 finden nur auf „Personen des Soldatenstandes" Anwendung: Th. 2 Tit. 1 1. c. (Überschrift). — Weitergehende eine Anzeige bei Strafe gebietende Landesvor schriften sind durch den § außer Kraft gesetzt; vgl. EG- § 2 n. 42. Doch nimmt Wolff i. GA. 27 s. 315 an, daß solche Vorschriften, zumal für die Beamten, in der Folge erlassen werden könnten; contra (theilweise): ML. s. 684. 2. Die Anzeigepflicht erstreckt sich auch aus die im Auslande zu begehenden Mißthaten, falls sie nach dem StGB. (§ 4) zu bestrafen sein würden. 3. Glaubhaft ist dasjenige, was nach den Umständen bei Verständigen Glauben finden konnte; es kommt nicht darauf an, ob der Angeschuldigte es selbst geglaubt, sondern nur, ob er eS für glaubhaft gehalten hat; ähnlich: ML. s. 648, Schütze s. 287; contra: John i. HH. III, 199; Wolff 1. c. s. 302; Schw. s. 386. Doch muß das Vorhaben wirklich vorhanden sein: Schütze 1. c. 4. Nur von dem „Vorhaben" eines der gedachten Verbrechen muß Anzeige gemacht werden, und auch nur so lange, als dadurch die Verübung verhütet werden kann. Die Pflicht, eine vollendete Mißthat anzuzeigen, kann nur durch eine amtliche Stellung begründet werden; vgl. § 346. — Dagegen wird die Anzeigepflicht dadurch, daß zur Zeit der Kenntnißnahme die Ausführung des Vorhabens bereits begonnen hatte, nicht ausgeschlossen, wenn damals die Vollendung noch verhütet wer den konnte: Schw. s. 386; contra: Schütze 287 n. 34; John 1. c. s. 198. 5. Die im § 83 und im § 86 vorgesehenen Verabredungen und Vorbereitungen zum Hochverrathe stellen für sich allein schon einen vollendeten Hochverrath dar; die Nichtanzeige eines derartigen „Vorhabens" würde also von jenem Gesichtspunkte aus nicht strafbar sein (n. 4). Insoweit aber jene Verabredungen (Vorbereitungen) darauf gerichtet sind, demnächst einen schwerer (aus §§ 80 — 82) zn bestrafenden Hochverrath zu begehen, handelt es sich allerdings auch jetzt noch um ein erst noch zu verübendes Verbrechen; die Nichtanzeige eines solchen Vorhabens fällt sonach unter § 139: Schütze s. 288 n. 34; contra: ZI. 28. Nov. 55 (GA. VI, 63). 6. Die Anzeige muß „der Behörde" gemacht werden, welche den Beruf hat, Verbrechen rc. zu verhindern, also der zunächst berufenen Polizeibehörde; inwiefern eine Auzeige bei einer andern Behörde genüge, hängt davon ab, ob dadurch vas Nöthige geschehen sei, um der Verübung des Verbrechens rechtzeitig zuvorzukommeu. Doch glaubt Wolff 1. c. f. 311, daß Unkenntniß des richtigen Wegs dem Anzeige pflichtigen nie schade. 7. Insoweit nur eine individuelle Person durch das beabsichtigte Verbrechen bedroht wird, genügt auch eine dieser gemachte Anzeige; ist dieselbe handlungs unfähig, so muß die Anzeige an ihren gesetzlichen Vertreter gerichtet werden; contra: Wolff 1. c. s. 312. Sind mehrere Personen bedroht, so muß die Anzeige an jede erfolgen, damit jede gewarnt sei. Ist das uicht ausführbar, so kann nur eine an die Behörde gerichtete Anzeige vor der Strafe des § 139 schützen.
Thl. II Abschn. VII. Berbr. n. Vergeh, w. d. öffentl. Ordnung. — §§ 139. 140. 327
Zeit Anzeige zu machen, ist, wenn das Verbrechen oder ein strafbarer Versuch desselben begangen worden ist, mit Gefäng niß zu bestrafen. [I. Entw.: § 45; n. Entw.: § 137; Pr. StGB.: § 93], Vgl. §§ 209. 300; R-. Mil.-StGB. §§ 60. 61. 77. 104. 105. Preußen: Vgl. Cr.-Ordn. §§ 9. 10. 11; Rh. StPO. Art. 30.
§ lZiO. Wegen Verletzung der Wehrpflicht wird bestraft: 1) ein Wehrpflichtiger, welcher in der Absicht, sich dem Eintritte in den Dienst des stehenden Heeres oder der Flotte zu entziehen, ohne Erlaubniß entweder das 8. Der § schreibt nur die Anzeige „von dem Vorbaben" vor. Demgemäß ist Bezeichnung des die That Borhabenden nicht unerläßlich, insofern auch ohne diese die Ausführung verhindert werden kann. 9. Die Anzeigepflicht trifft nur dritte Personen, nicht den Bedrohten selbst (n. 7): Wolfs 1. c. f. 312, noch Denjenigen welcher selbst eine Theilnahme an der That vor hat: DreSd. 19. März 73 (SGZ. XVIII, 56). Dagegen wird die einem Dritten zur Last fallende Nichtanzeige dadurch nicht straflos, daß er sich später einer Begünstigung des Thäters schuldig macht: V. 25. März 68 (RdO. IX, 218). Aehnlich verhält eS sich mit Demjenigen, welcher ein beabsichtigtes Münzverbrechen nicht anzeigt, wenn er demnächst das nachgemachte Geld sich verschafft und in Verkehr bringt rc. (§ 147). In beiden Fällen war daS Vergehen der Nichtanzeige vor Be gehung der zweiten Mißthat vollendet. 10. Die Befreiung vom Zeugnisse zieht die Befreiung von der durch § 139 anferlegteu Anzeigepflicht als nothwendige Konsequenz nach sich; ebenso: Puch. n. 2; contra: ZRIII. 15. Mai 80 (RdR. I, 784); Schw. n. 4, BL. s. 385, ML. s. 685. Von diesem Falle abgesehen, sind auch nahe Angehörige von der Vorschrift deS § nicht ausgenommen. 11. Eines besonderen DoluS bedarf eS bei diesem Unterlassungs-Vergehen nicht: HS. II, 567; OlSh. I, 509; contra: Binding II, 499; Wolff 1. c. n. 304. Die Meinung, daß das Vorhaben doch nicht zur Ausführung kommen werde, befreit nicht von der Strafe; contra: Schw. f. 386; ebensowenig der bloße Glaube, daß die Behörde rc. anderweitig Kenntniß erlangt habe, oder erlangen werde, wohl aber das Wissen, daß jene Kenntniß habe; contra (in Betreff des letzteren Punkts): Wolff 1. c. f. 313. § 140.
Vgl. die Bemerkungen zu ß 360 Nr. 3.
Inhalt: Absicht: 8. 20. Freiwillige: 6. Aenderungen der Nov.: 1. 17 ff. Gestellung: 4. 5. 12. Anordnung (kaif.). 18. Marine: 5. 17. Militärpflicht: 2. Aufenth. im AuSl.: 5. 9. AuSwandern: 18—21. Minderjähriger: 7. Bekanntm. (öff.): 18. Nordamerika: 2. 11. 21. Beschlagbelegung- 24ff. 17. Offiziere: 17. Dolus: 8. 20. Reichsangehörigk.: 2. 3. 10. Erlaubniß: 9. 11. 21. Erobertes Land: 3. Rekruten: 6.
Reservisten: 6. Däterl. Gewalt r 7. Verfahren: 13 ff. 22. Verjährung - 10. 21. Verlassen d. B.-Geb. - 5. 23. Versuch: 13. 17. 23. Vollendung: 5. 10. 21. 23. Wehrmann: 6, Wehrpflicht: 2. 18. Zuständigkeit: 12. 22.
1. Die jetzige Fassung des § entspricht in Abs. 1 Nr. 1 dem Abs. 1 der ursprünglichen Fassung, in Abs. 3 dem früheren Abs. 2. Neu eingefügt durch die Novelle sind daher Nr. 2, 3 deS Abs. 1 und der Abs. 2; vgl. im Uebrigen n. 17ff. 2. Nach Art. 57 der Reichsverfassung sowie nach § 1 ff. des BGes.'s v. 9. Nov. 1867 (vgl. R.-Verfaff.'S-Ges. v. 16. Apr. 1871 § 2) ist jeder Deutsche „wehrpflichtig" und zwar vom vollendeten 17. bis zum vollendeten 42. Lebens jahre. Die Verpflichtung zum Dienst im stehenden Heere bezw. bei der Flotte beginnt mit dem 1. Januar und zwar in der Regel desjenigen Kalenderjahres, in welchem der Wehrpflichtige daS 20. Lebensjahr vollendet, und dauert sieben Jahre: cit. Gef. v. 9. Nov. 1867 § 6. Jeder Wehrpflichtige, welcher nicht freiwillig in den Heeres-
328 Thl. II. Abschn. VII
Berbr. u. Vergeh, w. d. öffentL Ordnung. — § 140.
Bundesgebiet verläßt oder nach erreichtem militärpflich tigen Alter sich außerhalb des Bundesgebietes aufhält: dienst eintritt, ist vom 1. Januar desjenigen Kalenderjahres an, in welchem er das 20. Lebensjahr vollendet, der Aushebung unterworfen („militärpflichtig"): R.Mil.-Gef. v. 2. Mai 1874 § 10ff. Außerdem unterwirft § 11 des eit. Mil -Ges.'S unter gewissen Voraussetzungen auch solche Personen (bzw. deren Söhne) der Aus hebung („Militärpflicht^), welche das Reichsgebiet verlassen und die Reichsangehörig, teil verloren, eine andere Staatsangehörigkeit aber nicht erworben haben, wenn sie ihren Aufenthalt in Deutschland nehmen, bezw. wenn sie vor vollendetem 31. Lebens jahre wieder Reichsangehörige werden. — Von diesem Falle abgesehen, lebt die Militärpflicht nicht wieder auf, wenn derjenige, welcher seine ReichSangehörigkeit verloren hat, nach Deutschland zurückkehrt, so lange er jene Eigenschaft nicht wieder erlangt hat, sollte er auch der inzwischen erworbenen fremden Nationalität wieder verlustig geworden sein; vgl. Staatövertrag mit Nordamerika v. 22. Febr. 1868 Art. 4 und Dresd. 30. Jan. 74 (SGZ. XVIII, 204). 3. In Betreff der Bundes- und Staatsangehörigkeit (ihres Erwerbes und ihres Verlustes) ist jetzt das BGes. v. 1. Juni 1870 maßgebend; vgl. inSbesondere auch § 18 ib. und (zu dessen Erläuterung): ZU. 4. Sept. 79 (RdO. XX, 340). — Ist ein erobertes Land mit dem Reiche vereinigt worden, so sind da durch (in Ermangelung ausdrücklicher Bestimmungen) alle Angehörige jenes Landes „Deutsche" geworden, selbst wenn sie sich zur Zeit jener Vereinigung nicht in den betr. Gebietstheilen aufhielten und später nicht dahin zurückgekehrt sind: V. 1. März 71 (RdO. XII, 111).
Zu Absatz 1 Nr. 1. 4. Zur Sicherung der Erfüllung der Wehrpflicht muß jeder „Militärpflichtige" sich zum Zwecke der Aushebung vor den Ersatzbehörden gestellen, bis über seine Dienstverpflichtung den gesetzlichen Bestimmungen gemäß endgültig entschieden ist: Mil.-Ges. § 10. DaS Nichterscheinen in den von den Ersatzbehörden abzuhaltenden Terminen ist, „insofern nicht dadurch zugleich eine härtere Strafe verwirkt ist", im § 33 ib. mit einer Geldstrafe bis zu 30 Mark oder mit Haft bis zu drei Tagen bedroht. Außerdem können den Nicht-Erscheinenden in Betreff der Aushebung selbst Nachtheile treffen. 5. Die eventuell eintretende härtere Strafe (n. 4) ist durch § 140 Nr. 1 für den Fall angedroht, wo Jemand durch das V-erlassen des Bundesgebiets ohne Erlaubniß, oder durch den nicht erlaubten Aufenthalt außerhalb des Bundes gebiets nach erreichtem militärpflichtigen Alter (n. 2) sich dem Eintritte in den Dienst des stehenden Heeres (der Flotte) zu entziehen sucht. Aus dem Zu sammenhänge dieser Vorschrift mit den §§ 1—6 des BGes.'S v. 9. Nov. 1867 und den §§ 10, 33 des Mil.-Ges.'S, sowie aus den Motiven (f. 91), nach welchen auch sie „zur Sicherung der Erfüllung der Wehrpflicht" gegeben ist, — erhellt, daß sich nur ein „Militärpflichtiger" und nur in der Weise dieses Vergehens schuldig machen kann, daß er den ihm in dieser Beziehung obliegenden Verpflichtungen nicht genügt; contra: Rüd. n. 2. Demgemäß wird das Vergehen erst durch die Nichtgestel lung vor der Ersatzbehörde zu der Zeit uud an dem Orte vollendet, wo die Gestellung zu bewirken war; vgl. Pr. Ges. v. 10. März 1856 § 2; Pr. NStPO. 8 468 („—, welche sich nicht gestellen —"). Diese Nichtgestellung muß mit dem Verlaffen deS Bundesgebiets (dem Aufenthalte außerhalb desselben) Zusammentreffen: wer rechtzeitig in'S Inland zurückgekehrt ist, verwirkt, selbst wenn er dasselbe in strafbarer Absicht verlaffen k. hatte, durch seine Nichtgestellung die Strafe des § 140 ebensowenig, wie der im Jnlande Verbliebene, welcher die Gestellung verab säumt (n. 4). 6. Rekruten, welche nach ihrer Aushebung, sowie Freiwillige, welche nach definitiver Annahme bei einem Truppentheile, vorläufig in die Heimath beurlaubt werden, verwirken durch unerlaubte Entfernung und Fahnenflucht die Strafen des Mil.-StGB.'S ebenso, wie die Personen des aktiven Dienstes. Auf sie findet sonach § 140 keine Anwendung: Mil.-Ges. §§ 34. 56 Nr. 2. 60 Nr. 3. In Betreff der beurlaubten Reservisten und Wehrmänner vgl. StGB. § 360 Nr. 3 und die Bemerkungen zu demselben.
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Verbr. u. Vergeh, w. b. öffentl. Ordnung.
§ 140. 329
mit Geldstrafe von einhundertfunfzig bis zu dreitausend Mark oder mit Gefängniß von Einem Monat bis zu Einem Jahre; 7. Die Strafbarkeit wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß der Militärpflichtige zur Zeit, wo seine Verpflichtung begann, minderjährig war oder unter Väter» licher Gewalt stand; diese Abhängigkeit entband ihn nicht von der Erfüllung seiner Pflichten gegen den Staat: DII. 21. Nov. 61 (NdO. II, 87). 8. Vorausgesetzt wird, daß der Militärpflichtige durch das Verlassen des Bundesgebiets (den Aufenthalt außerhalb desselben) sich „dem Eintritte in den Dienst zu entziehen gesucht" habe; er muß also im betr. Augenblicke diese Absicht und umsomehr auch das Bewußtsein seiner Verpflichtung zum Eintritte in den Dienst gehabt haben; dieser DoluS bedarf daher auch der thatsächlichen Feststellung: DreSd. 15. Juni u. 6 Juli 74, 25. Mai 77; Münch. 22. Juli 76 (SGZ. XVIII, 348; XIX, 22; XXH, 51; BEntsch. VI, 394); Schw. n. 1. Dgl. übrigens Stnttg. 15. Juni 77 (WGbl. XIII, 239) und unten n. 14. 9. Die Worte „ohne Erlaubniß" sind auch auf den Fall des „Aufhaltens außerhalb des Bundesgebiets nach erreichtem militärpflichtigen Alter" zu beziehen; diesem Erfordernisse ist genügt, sobald die früher (sei eS vor, sei es nach Erreichung deS militärpflichtigen Alters) auf Zeit ertheilte Erlaubniß (z. B. ein Urlaubspaß) abgelaufen ist: VI. 13. Nov. 61, 23. Okt. 67 (RdO. II, 47; VIII, 626). 10. Die Verübung deS Vergehens setzt sich so lange fort, als das den That bestand darstellende Verhalten andauert, d. h. als der Dienstpflichtige sich durch sein Verweilen im Auslande seiner Dienstpflicht entzieht. Somit endigt die Verübung mit der Rückkehr in daS Inland oder mit dem Aufhören jener Pflicht, mag letzteres erfolgen durch den gänzlichen Ablauf der für dieselbe bestimmten siebenjährigen Frist (n. 2; vgl. jedoch OlSh. n. 10: will diese Frist ev. bis zur endgültigen Entscheidung über die Dienstpflicht, — R.-Mil.-Ges. § 10, — ausgedehnt wissen), oder dadurch, daß der Dienstpflichtige die Eigenschaft eines Deutschen verliert. (Ein früheres Dienstuntauglichwerden kommt hier nicht in Betracht, so lange dasselbe nicht amtlich anerkannt ist.) — Erst mit Beendigung deS Vergehens beginnt der Lauf der Verjährung. 11. Dagegen wird die verwirkte Strafbarkeit dadurch nicht aufgehoben, daß der Militärpflichtige nach Verübung des Vergehens die Eigenschaft als Deut scher durch ausdrückliche Entlassung oder durch fortgesetzten Aufenthalt im AuSlande (BGes. v. 1. Juni 1870 § 21) verliert: ZI. 28. Febr. 55, DII. 27. März 56 (GA. III, 423; IV, 558). Dieses soll eine Ausnahme erleiden, wenn ein nach Nord amerika Ausgewanderter dort das Heimathsrecht erworben hat und nach mindestens fünfjähriger Abwesenheit in daS Bundesgebiet zurückkehrt; dann ist von der Verfol gung abzusehen und selbst eine inzwischen rechtskräftig erkannte Strafe uuvollstreckt zu lassen: Jnn.-MVf. v. 6. Juli 1868 (VMbl. s. 200: „diese Absicht habe beim Abschlusse des zwischen dem Norddeutschen Bunde und den Vereinigten Staaten von Nordamerika zu Stande gekommenen Vertrages v. 22. Febr. 1868 vorgewaltet"); ähnlich: Münch. 4. Juni 77 (BEntsch. VII, 221). Zur Erläuterung jenes Staats vertrags vgl. außerdem DreSd. 30. Juni 74, Stuttg. 2. Dez. 74 (StZ. IV, 123; WGbl. IX, 163). 11a. Für die Strafabmessung soll die Vermögenslage deS Angeschuldigten den nächsten Anhalt abgeben; Pr. JMVf. v. 4. Juni 1853 (JMbl s. 214); vgl. Jnn.-MDf. v. 4. Aug. 1851 (VMbl. s. 215). 12. Jeder Militärpflichtige ist in dem Au Sh ebungs bezirke, in welchem er seinen dauernden Aufenthaltsort oder, in Ermangelung eines solchen, seinen Wohn sitz hat, gestellungspflichtig. Wer innerhalb eines Bundesgebiets weder einen dauernden Aufenthaltsort noch einen Wohnsitz hat, ist in dem Aushebungsbezirke seines GeburtstsortS gestellungspflichtig, und wenn der Geburtsort im Auslande liegt, in demjenigen AnShebungSbezirke des Inlandes, in welchem die Eltern oder Familien häupter ihren letzten Wohnsitz hatten: Mil..Ges. § 12. Demgemäß wird das Ver gehen durch die Nichtgestellnng an dem so zu bestimmenden Orte vollendet (n. 5) und das Gericht dieses OrtS ist für die Strafverfolgung zuständig; vgl. Pr. Ges.
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Verbr. u. Vergeh, w. d. öffentl. Ordnung. — § 140.
2) ein Offizier oder im Offizierrange stehender Arzt des Beurlaubtenstandes, welcher ohne Erlaubniß auswandert: mit Geldstrafe bis zu dreitausend Mark oder mit Haft oder mit Gefängniß bis zu sechs Monaten; 3) ein jeder Wehrpflichtige, welcher nach öffentlicher Be kanntmachung einer vom Kaiser für die Zeit eines Krieges oder einer Kriegsgefahr erlassenen besonderen Anordnung in Widerspruch mit derselben auswandert: v. 10. März 1856 § 4; Pr. RStPO. § 470. Jetzt bestimmt § 471 der RStPO. die örtliche Zuständigkeit. Da dieser § jedoch ebensowenig, wie daö cit. Ges. v. 1856, die letzterwähnten Fälle besonders vorsieht, so wird derselbe in ähnlicher Weise, wie oben gesagt ist, zu ergänzen sein. 13. Das Verfahren war für Preußen geregelt durch das Ges. v. 10. März 1856 bzw. NStPO. §§ 468—476, welche jedoch für die Fälle eines bloßen Versuchs (Abs. 2) nicht paßten; vgl. Meveö s. 157. Diese Vorschriften erlangten jedoch in den übrigen Bundesstaaten keine Geltung (DreSd. 28. Febr. 73, StZ. III, 6), und sind jetzt durch die ihnen nachgebildeten, für ganz Deutschland erlassenen, auf den Versuch gleichfalls nicht anwendbaren §§ 470—476 der RStPO. ersetzt. 14. Durch die in diesen Gesetzen (n. 13) vorgeschriebene Erklärung wurde, bzw. wird sowohl die Thatsache des Verlassens des Bundesgebiets (des Aufenthalts außerhalb desselben) als der unter n. 8 erwähnte DoluS für erwiesen erachtet: cit. Ges. v. 10. März 1856 § 6; NStPO. §§ 473. 476; RStPO. § 475 („wenn sich nicht Umstände ergeben, welche dieser Erklärung entgegenstehen"); jene Erklärung ist sonach als ein Beweismittel anzusehen, welches aber widerlegt werden kann: ZU. 21. Nov. 61 (cit. n. 7). Diesen Gegenbeweis kann das Gericht von AmtSwegen und selbst beim Ausbleiben des Angeschuldigten erheben; auch ist eS unbe hindert, einen solchen aus denselben Aktenstücken herzuleiten, auf Grund deren die betreffende Behörde ihre Erklärung abgegeben hatte: VII. 22. Sept. 59 (IMbl. s 422). — Die Erkärung muß (für die Fälle der Nr. 1) in Preußen gegenwärtig von dem Civilvorsttzenden der Ersatzkommisston ausgestellt werden: Inn. MBs. v. 21. März 1880 (IMtl. s. 73). 15. Entspricht die von der zuständigen Behörde abgegebene Erklärung nicht den betreffenden Vorschriften, so kann dieserhalb nicht auf Freisprechung erkannt, vielmehr muß das eingeleitete Verfahren „als zur Zeit unstatthaft" ausgehoben wer den, damit jener Behörde die Möglichkeit verbleibe, den Mangel zu verbessern: VI. 17. März 58 (GA. VI, 417); dasselbe gilt, wenn bei der öffentlichen Vorladung die gesetzliche Frist nicht gewahrt, oder wenn die Erklärung von einer unzuständigen Behörde ausgegangen ist: VII. 22. Sept. 59 (cit. n. 14). 16. Die RStPO. gewährt dem Verurtheilten nach deu Motiven (s. 230) keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 234 Abs. 1 1. c); sei ein Unschuldiger auf Grund der Präsumtion des § 475 ib. verurtheilt worden, so werde derselbe stets in der Lage sein, die Wiederaufhebung deS Urtheils auf Grund des § 399 Nr. 5 ib. herbeizuführen; contra: Löwe s. 900, VoituS s. 464.
Zn Abs. 1 Nr. 2. 3.
17. Die durch die Novelle eingeschaltete Nr. 2 deS Abs. 1 wiederholt lediglich die bereits in § 60 Nr. 2 des R.-Mil.-Ges.'S v. 2. Mai 1874 enthaltene Bestim mung. Die praktische Bedeutung dieser Einschaltung beschränkt sich daher darauf, daß nunmehr gemäß Abs. 2 schon der Versuch deS dort vorgesehenen Ver gehens strafbar ist, daß nach Abs. 3 auch hier die Vermögensbeschlagnahme statt finden kann, und daß die Nr. 2 auch die dem Beurlaubtenstande angehörigen Marine-Offiziere re. trifit, auf welche daS R.-Mil.-Ges. sich nicht mit erstreckt; vgl. Meves s. 154. — „Im Osstzierrange stehend" find die „Aerzte des Beurlaubten stande«" (d. h. der Reserve, Land- und Seewehr) vom Assistenzärzte 2. Klasse an aufwärts: SanitätS-O. v. 6. Febr. 1873 § 14; OlSh. n. 5. 18. Der durch die Novelle gleichfalls eingeschaltete Abs. 1 Nr. 3 füllt eine
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Verbr. u. Vergeh, w. d. öfsentl. Ordnung. — § 140.
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mit Gefängniß bis zu zwei Jahren, neben welchem auf Geldstrafe bis zu dreitausend Mark erkannt werden kann. Der Versuch ist strafbar. Das Vermögen des Angeschuldigten kann, insoweit als es nach dem Ermessen des Richters zur Deckung der den An geschuldigten möglicherweise treffenden höchsten Geldstrafe und Lücke der bisherigen Gesetzgebung aus, indem zwar gemäß § 17 des B.-(IndigenatS-)Ges.'S v. 1. Juni 1870 für die Zeit eines Krieges oder einer Kriegsgefahr die Freiheit der Auswanderung durch besondere Kais. Anordnung beschränkt werden kann, die Verletzung eines solchen Auswanderungs-Verbots aber bisher nicht besonders unter Strafe gestellt war, und daher theils gar keine Strafe nach sich ziehen konnte, nämlich bei den Ersatzreserviflen, sofern sie nur die durch § 69 Nr. 8 des R.-Mil.Ges.'S v. 2. Mai 1874 vorgeschriebene Anzeige machten, theils nur die in Friedens zeiten eintretenden, für den vorausgesetzten Fall unzureichenden Strafen der §§ 140 Nr. 1. 360 Nr. 3. — Die gleichzeitige Verletzung der allgemeinen, auch für Friedens zeiten bestehenden Strafbestimmungen ist gegenwärtig nach den Grundsätzen über die Idealkonkurrenz (§ 73) zu beurtheilen. Vgl. Mot. s. 40. — Die Worte „jeder Wehrpflichtige" umfassen Alle, welche außer den aktiven Militärpersonen dem Staate noch in irgend einer Weise Wehrpflichten zu leisten haben, mit Einschluß der Landsturmpflichtigen (RGes. v. 12. Febr. 1875); so: Meves s. 156. — Wie die „öffentliche Bekanntmachung" der kais. „Anordnung" zu erfolgen habe, schreibt der § nicht vor; daher reicht jede Art derselben aus und es genügt, wenn der Zuwiderhandelnde von ihr Kenntniß erlangt hat; erfolgt sie nach Art der Beröffentllchnng von Gesetzen, so liegt dem Beschuldigten der Beweis der von ihm be haupteten Unkenntniß ob; so: Meves 1. c. 19. „Aus wandern" (Nr. 2. 3.) bezeichnet das Verlassen deS Reichs- (nicht des Landes») Gebiet« in der Absicht, seine Angehörigkeit zu demselben (bezw. zum Heimathstaate) aufzugeben; contra: Meves s. 155, Rubo s. 632 (eS genüge die Ab sicht, im Reichsgebiete einen ständigen Wohnsitz aufzugeben und im Auslande einen solcheu zu nehmen). Hat das Verlaßen des Reichsgebiets ohne jene Absicht stattgefunden, so liegt ein Auswandern vor, sobald nachträglich der Entschluß gefaßt wird, die Angehörigkeit aufzugebeu. 20. Zum Dolus gehört hier (Nr. 2. 3) nicht die Absicht, sich der Erfüllung der Wehrpflicht rc. zu entziehen; vgl. § 360 n. 16, Meves s. 155. 21. DaS Vergehen ist hier (Nr. 2. 3) schon durch die Thatsache der AuSWanderung vollendet. Demgemäß beginnt auch von da ab der Lauf der Ver jährung; contra: Meves s. 158; vgl. oben n. 10, § 360 n. 17. — Im Uebrigen vgl. oben n. 11. 22. Bei Vergehen im Sinne der Nr. 2. 3 hatte in Preußen daS gewöhn liche Strafverfahren, nicht das durch das Ges. v. 10. März 1856 (n. 13) gere gelte einzutreten; in Betreff der örtlichen Zuständigkeit der Gerichte galten die all gemeinen Regeln der Strafpozeßgesetze; vgl. Meves s 158. — DaS Gegentheil ist jetzt Rechtens, indem die §§ 470—476 der RStPO. (vgl. oben n. 12—16) sich so wohl in Betreff des Verfahrens als in Betreff der Zuständigkeit auf die Fälle der Nr. 2. 3 miterstrecken. Die im § 472 ib. vorgeschriebenen Erklärungen müssen in Preußen für die Fälle der Nr. 2 vom Landwehr-Bezirks-Kommando, für die Fälle der Nr. 3 vom Civilvorsitzenden der Ersatzkommission ausgestellt werden: Kr.»MVf. v. 23. Febr. 1880, Inn.-MVs. v. 21. März 1880 (JMbl. s. 73).
Zu Abs. 2. 3. 23. Da zur Vollendung der in Abs. 1 Nr. 1—3 vorgesehenen Vergehen die Ueberschreitung bzw. Beschreitung der Grenze erforderlich ist (n. 15, 19), so würde § 140 nie zur Anwendung kommen, so lange sich Jemand erst auf dem Wege dort hin befand. Die Novelle erklärt deshalb im Abs. 2 schon den Versuch für straf bar, und zwar bezüglich sämmtlicher Fälle des Abs. 1. — Im Uebr. vgl. n. 13.
332 rhl. II. Abschtt. VII. Verbr. u. Vergeh, w. v. offen«. Ordnung. — §§ 140.141.
der Kosten des Verfahrens legt werden.
erforderlich ist, mit Beschlag be
II. Entw.: § 122; II. Entw.: § 138; — Nov. v. 26. gebt. 1876 Art. I; — Pr. StGB.: § 110]. Vgl. §§ 93. 141—144. 360 Nr. 3; R-Versass. Arlt. 3; 57. 59; BGes. v. 9. Nov. 1867 §§ 1.3.6, 15; (Mil.-Ers.-Jnstr. v. 26. Mär; 1868, abgeschafft durch die D. Wehr-Ordn. v. 28. Sept. 1875 (BMbl. 1876 Nr. 1 Beil.) mit deren durch Kais. Ordre v. 31. Aug. 1880 genehmigten Ergänzungen und Aenderungen (BMbl. s. 283); Mil.StG. §§ 64ff; 81—83; Mil.-Ges. v. 2. Mai 1874 §§ 10—12 34. 56. 60 (Nov. v. 6. Mai 1880); Ges. üb. d. Landsturm v. 12. Febr. 1875; Bertr. mit Nordamerika v. 22. Febr. 1868; B.-Indigenats-Ges. v. I.Iuni 1870; — RStPO. §§ 470-476. 480. Preußen: Vgl. Ges. v. 10. März 1856 (GS. s. 133); NStPO. §§ 468—476.
§ 141. Wer einen Deutschen zum Militärdienste einer ausländischen Macht anwirbt oder den Werbern der letzteren zuführt, ingleichen wer einen Deutschen Soldaten vorsätzlich 24. Die im Abs. 3 gestattete „Beschlagbele gung" des Bermögens ist fakultativ, unterliegt also dem richterlichen Ermessen; vgl. die Bemerkungen zu § 93. Sie kann nicht eher stattfinden, als bis die Untersuchung eröffnet, der Ver folgte mithin ein „Angeschuldigter" ist; vgl. §95. 25. In Preußen erfolgte diese Beschlagnahme aus den Antrag der Staats anwaltschaft; vgl. (in Betreff der Fälle der Nr. 1) Ges. v. 10. März 1856 § 4; NStPO § 470 und für das Gebiet des Rh. Rechts: IMBf. v. 18. Febr. 1859 (IMbl. s. 66; RS. XII, 71); ohne Antrag waren die Gerichte dazu nicht befugt. Ueber einen solchen Antrag mußte da« Gericht durch Beschluß entscheiden; es durfte denselben nicht aus dem Grunde ablehnen, weil die StA.-schäft nicht nachgewiesen habe, wo sich das Vermögen des Angeschuldigten befinde, vielmehr war die Ermittelung deS in Beschlag zu nehmenden Vermögens hier ebenso Sache des Gerichts, als wenn eS sich um Einziehung einer durch rechtskräftiges Erkenntniß auferlegten Geldstrafe handelte: Beschl. I. 24. April 57 (IMbl. s. 215); jenes galt auch nach Rheinischem und nach dem durch die NStPO. geregelten Verfahren, weil in den betr. LandeStheilen die Strafgerichte sich mit der Vollstreckung ihrer Verfügungen rc. nicht be sassen, also auch nicht untersuchen durften, inwiefern eine demnächstige Vollstreckung thatsächlich ausführbar sei oder nicht. — Jetzt ist das Verfahren durch den § 480 bzw. die §§ 325. 326 der RStPO. geregelt. 26. Ueber Einziehung und Verrechnung der gegen Militärpflichtige er kannten Geldstrafen vgl. IMDf. v. 31. Ian. 1853 (IMbl. s. 54).
§141. 1. Das Anwerben von Mannschaften zur Vorbereitung eines Hochverrath« ist aus § 84, die Verleitung eines Deutschen, im Kriege gegen daS Deutsche Reich die Waffen zu tragen rc., aus §§ 88. 48, die Verleitung eines deutschen Sol daten, während eines Krieges zum Feinde überzugehen, aus § 90 Nr. 3 zu bestrafen. 2. Vom Falle deS § 88 abgesehen, ist der Eintritt in fremden Militärdienst nicht strafbar. Demgemäß ist der Thatbestand deS § 141 nicht dadurch bedingt, daß der Angeworbene sich strafbar gemacht habe, oder daß er im Inlande dienst pflichtig gewesen sei. 3. „Anwerben" bezeichnet die Handlung Desjenigen (deS „Werbers"), welcher sich ein Geschäft daraus macht (vgl. § 144 n. 1), Andere zum Eintritt in einen fremden Militärdienst zu bestimmen. Eine einmalige Handlung, für sich allein betrachtet, wäre nur als Anstiftung zum (straflosen: n. 2) Eintritte rc. anzusehen. Ebenso: John i. HH. III, 206, OlSh. n. 2; contra: Schw. n. 1. 4. Das „Zuführen" zu den Werbern (oder zu einem Werber) ist strafbar, wenn es geschah, um dem letzteren Gelegenheit zu geben, die Anwerbung zu ver suchen. Mehr wird zum Thatbestände nicht erheischt. 5. Wer einem zum Eintritte in fremden Militärdienst Entschlossenen Rath-
Thl. II. Abschn. VII. Verbr. u. Vergeh, w. d. öffentl. Ordnung. — §§ 141.142. ZZZ
zum Desertiren verleitet oder die Desertion desselben vorsätz lich befördert, wird mit Gefängniß von drei Monaten bis zu drei Jahren bestraft. Der Versuch ist strafbar. [I. Entw.: 8 123; II. Entw.: § 139; Pr. SlGB.: § 111], Vgl. §§ 84. 88. 90 Nr. 3; Mil.-StGB. v. 20. Juni 1872 §§ 64 ff. 78 ff. schlage und Hülfsmittel zur Ausführung dieses Entschlusses giebt, macht sich dadurch weder der Anwerbung noch der Zuführung zu fremden Werbern schuldig: Beschl. II 9. Dez. 69 (RdO. X, 776). 5a. Der Ausdruck „Militärdienst einer auswärtigen Macht" ist nicht aus der ausländischen, sondern aus der inländischen Militärgesetzgebung zu erläutern, mithin eine Militärbeamtenstellung darunter mitversianden; so: Olsh. n. 2. 6. Der „Desertion" („Fahnenflucht") macht sich eine Person des Soldaten standes schuldig, wenn sie sich „in der Absicht, sich der gesetzlichen oder übernommenen Verpflichtung zum Dienste dauernd zu entziehen, unerlaubt entfernt": Mil.-StGB. § 69. Demgemäß sind als „deutsche Soldaten" alle Personen des SoldatenstandeS nach der am Schlüsse deö Mil.-StGB.'S gegebenen Aufzählung zu verstehen (nicht aber Militär-Beamte), und zwar mit Einschlnß der im § 56 Nr. 2—4 des Mil.-Ges.'S v. 2. Mai 1874 genannten Mannschaften; vgl. § 60 ib. Ueber die Voraussetzungen der „unerlaubten Entfernung" vgl. Mil.-StGB. § 65—68. Hiernach kann sich auch eine Person der Reserve, der Land- oder Seewehr (BGes. v. 9. Nov. 1867 r 5) in den durch § 68 cit. erwähnten Fällen einer „unerlaubten Entfernung" und einer Desertion schuldig machen, und zu diesem Vergehen durch einen Andern verleitet werden; vgl. § 360 Nr. 3 und die Bemerkungen zu demselben. 7. Die Verleitung zum Desertiren muß „vorsätzlich" geschehen: der Ver leitende muß den Willen hegen, den Anderen zum Desertiren zu bestimmen; waltet dieser Wille ob, so ist eS gleichgültig, welcher Zweck durch die Handlung erreicht werden sollte: Darmst. 8. Mai 71 (HEntsch. 71. 2. s. 14). Nach Manh. 24. Okt. 74 (StZ. IV, 299) soll dagegen schon das Bewußtsein des Thäters über die noth wendigen Folgen seiner Handlung daö Erforderniß der Vorsätzlichkeit erfüllen. Vgl. Schw. s. 17. 8. Die Verleitung muß die Desertion deS Verleiteten zur Folge gehabt haben, damit Strafbarkeit eintrete; vgl. Mil.-StGB. § 78. 9. Von einer „Beförderung" der Desertion kann nur so lange die Rede sein, als nicht die letztere ihre Vollendung und Endschaft erreicht hat. Die durch „eigenmächtige Entfernung" (Mil.-StGB. § 64) bewirkte Desertion schließt mit dieser Entfernung ab, sobald der Deserteur an einen Ort gelangt ist, wo er wenigstens augenblicklich gegen die Verfolgung gesichert ist; vgl. Pr. Allerh. Erl. v. 29. Okt. 1859 (BGbl. 1867 s. 207); ZRIII. 31. März 80 (RdR. I, 511: wie weit der Flüch tige sich entfernt haben müsse, damit die Fahnenflucht vollendet sei, hange von den konkreten Umständen und namentlich auch davon ab, welche Größe der Entfernung jener selbst als das Mittel der Ausführung des Vergehens sich gedacht und vorge setzt habe); contra: Olsh. n. 3; eS kann somit als ein „Befördern der Desertion" angesehen werden, wenn Jemand einem Soldaten, welcher sich heimlich von seinem Truppentheile entfernt hat, behülflich ist, die Garnisonstadt zu verlassen: DII. 20. Mai 69 (RdO. X, 332). Insoweit dagegen die Dersertion durch „vorsätzliches Fern bleiben von der Dienststellung" oder durch eigenmächtige Überschreitung de« Ur laubs oder durch Unterlassung einer auferlegten Pflicht (Mil.-StGB. §§ 64. 65. 68) verübt wird, und sonach ein dauerndes Vergehen darstellt, kann die Beförderung während der ganzen Dauer begangen werden. Die die Verjährung der Desertion regelnde Vorschrift des § 76 des Mil.-StGB.'S ist für die Frage, wie lange die Desertion angedauert habe, nicht entscheidend; John. i. HH. III, 207. 10. Personen des Soldat en standeS, welche sich der Verleitung zum De sertiren oder der Beförderung einer Desertion schuldig machen, verwirken die Strafe des § 78 des Mil.-StGB.s. Dieser bestraft auch den Versuch des Vergehens. 11. Die von einem Deutschen im Auslande vorgenommene Beförderung
334 Thl. n.
Abschn. VII. Verbr. u. Vergeh, w. b. öffentl. Ordnung. — § 142.
§ 1U2. Wer sich vorsätzlich durch Selbstverstümmelung oder auf andere Weise zur Erfüllung der Wehrpflicht untaug lich macht oder durch einen Anderen untauglich machen läßt, wird mit Gefängniß nicht unter Einem Jahre bestraft; auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. Dieselbe Strafe trifft denjenigen, welcher einen Anderen auf dessen Verlangen zur Erfüllung der Wehrpflicht untauglich macht. (I. Entw.: § 125; II. Enlw.: § 141; Pr. S,GB.: § 113]. Vgl. § 143; Ges. v. 9. Nov. 1867 (BGbl. f. 131); Mil..StGB. §§81—83 (RGbl. 1872 s. 188); Mil.'Ges. v. 2. Mai 1874 § 60 Nr. 3 (RGbl. s. 61). der Desertion eines Deutschen Soldaten rc. ist nur nach Maßgabe des § 4 Nr. 3 strafbar: Bll. 18. Okt. 66 (RdO. VII, 550). 12. Die Nichtanzeige einer beabsichtigten Desertion ist an Personen des Soldatenstandes aus § 77 des Mil.« StGB.'S zu bestrafen. Für andere Personen besteht eine solche Pflicht nicht; vgl. § 139 n. 1 ; EG. § 2 n. 42. Eine Nichtanzeige ist noch keine „Beförderung der Desertion"; diese setzt ein positive« Handeln voraus.
§ 142. 1. Ueber den Begriff der „Wehrpflicht" vgl. § 140 n. 2. Derselbe be schränkt sich nicht auf den Waffendienst, sondern bezieht sich auch auf die sonstigen militärische» Dienstleistungen, zu welchen die zu jenem Untauglichen nach § 1 Abs. 2 deS BGes.'S v. 9. Nov. 1867 unter Umständen herangezogen werden können. 2. Der § erheischt ein „Untauglichmachen"; er bleibt also ausgeschlossen, wenn der Betreffende untauglich war. Dagegen genügt es, wenn ein Wehrpflichtiger zur Erfüllung derjenigen Art der Dienstleistung untauglich gemacht wird, zu welcher er nach seiner natürlichen Beschaffenheit, ohne vorsätzliche Veränderung, befähigt war: dadurch, daß der Angeschuldigte zu militärischen Nebendienstleistungen (n. 1) befähigt geblieben ist, wird die Strafbarkeit nicht ausgeschlossen: VI. 3. Juli 67, DreSd. 5. Okt. 75 (RdO. VIII, 433; StZ. V, 42). 2a. Ein „Untauglichmachen" liegt nicht vor, wenn Jemand durch Verübung eine« Verbrechens seine Unfähigkeit zum Dienst (§ 31) absichtlich herbeisührt: OlSh. n. 2; contra: Schw. n. 5. 3. Jede zeitweilig herbeigeführte, wirklich vorhandene Untauglichkeit genügt, sollte sie auch vorübergehend oder heilbar sein: ZU. 22. März 55 (GA. III, 424). Gleichgültig ist, ob die Behörde insofern getäuscht worden ist, als sie die zur Zeit der Geltendmachung wirklich Vorgefundene Untauglichkeit nicht für eine blos tem poräre, zu hebende, sondern für eine bleibende erachtet hat. Die Vorspiegelung gar nicht vorhandener Untauglichkeit fällt unter § 143. 4. Die Strafe ist verwirkt, sobald die Untauglichkeit zu Stande gebracht wor den ist; eS bedarf dann nicht auch noch einer Geltendmachung dieser Untaug lichkeit vor der zur Entscheidung über die Wehrpflicht berufenen Behörde. 5. Ist daS beabsichtigte Untauglichmachen nicht gelungen, so ist die Handlung als Versuch deS Vergehen« nicht strafbar. 6. Für den Thatbestand ist es gleichgültig, ob sich Jemand die Verstümmelung selbst zugefügt, oder ob er sich dazu eines Andern (mit oder ohne DoluS Handeln den) bedient hat: ZU. 14. Juni 60 c. Halemeyer. 7. Auf den Verlust der rc. Ehrenrechte rc. kann nur erkannt werden, wenn die verhängte Gefängnißstrafe drei Monate erreicht: § 32. 35. 8. Abf. 2 betrachtet das „Untauglichmachen eines Andern (Wehrpflichtigen) auf dessen Verlangen" al« ein selbstständiges Vergehen, nicht als Beihülfe zum Vergehen des letzteren. Daffelbe trifft auch da zu, wo eine Person deS Soldaten standes zur Erfüllung „ihrer gesetzlichen oder von ihr übernommenen Verpflich tung rc." untauglich gemacht ist (n. 12): ZU. 22. März 55 (GA. III, 424). 9. Die Worte „auf dessen Verlangen" sind nicht zu wörtlich zu nehmen, es genügt, wenn die Handlung mit Zustimmung des davon Betroffenen geschah.
Thl.N. Abschn. VII.
Verbr. u. Vergeh, w. d. öfsentl. Ordnung. - §§ 142.143.
335
§ 143. Wer in der Absicht, sich der Erfüllung der Wehrpflicht ganz oder theilweise zu entziehen, auf Täuschung berechnete Mittel anwendet, wird mit Gefängniß bestraft; auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. Dieselbe Strafvorschrift findet auf den Theilnehmer An wendung. |I. @ntto.: § 126; II. Entw.: § 142; Pr. StGB.: § 113.] die Citate zu § 142.
Vgl. §§ 32. 49 und
Fehlt es an dieser, so finden nur die Vorschriften über Körperverletzung Anwendung, sollte auch der Zweck der Handlung auf Unbrauchbarmachung zur Erfüllung der Wehrpflicht gerichtet gewesen sein; contra: John i. HH. III, 209. — Im Uebrigen kann auch mit dem Thatbestände des Abs. 2 (trotz der Zustimmung des Verletzten) eine Körperverletzung (ideell) konkurriren; eS wird eventuell (wenn z. B. die Körper. Verletzung eine schwere ist), § 73 anwendbar; vgl. John 1. c. 10. Im Falle des Abs. 2 genügt als Dolus Vorsätzlichkeit der Handlung, ver bunden mit dem Bewußtsein, daß dadurch ein „Untauglichmachen" bewirkt werde.
11. Durch Abs. 2 wird die Strafbarkeit einer anderweitigen Theilnahme an dem Vergehen deS Abs. 1 nicht ausgeschlossen: KBII, 1855— 56 IV, 1 Nr. 111 s. 5 (GA. IV, 113). 12. Personen des Soldaten standes uud die im RMil.-Ges. v. 2. Mai 1874 § 56 Nr. 2—4 aufgezählten Personen des BeurlanbtenstandeS verfallen, wenn sie ein Vergehen im Sinne des § 142 Abf. 1 oder Abs. 2 verüben, den Strafen des Mil.-StGB.'S; vgl. dort §8 81, 82 und das cit. Ges. v. 2. Mai 1874 § 60.
§143. 1. Nur die Anwendung aus Täuschung berechneter Mittel, um sich selbst der Erfüllung der Wehrpflicht (§ 142 n. 1) zu entziehen, sowie die Theilnahme an diesem Vergehen, ist mit Strafe bedroht, nicht eine selbstständige Handlung, welche lediglich dahin abzielt, einen Andern der Erfüllung seiner Wehrpflicht zu entziehen. 2. Die Anwendbarkeit des § ist nicht dadurch bedingt, daß der Thäter zur Zeit diensttauglich war: ging die Absicht dahin, sich der Erfüllung der Wehrpflicht durch Täuschung zu entziehen, so wird die Strafbarkeit durch den Nachweis eines anderen wirklich vorhandenen Befreiungsgrundes nicht ausgeschlossen. 3. Die Worte „theilweise entziehen" sind nach Rüd. n. 1, Schütze s. 289 und OlSh. n. 1 ebensowohl auf die Art des Dienstes als auf die zu Zeit beziehen; vgl. § 142 n. 2. 4. Die auf Täuschung berechneten „Mittel" sind keineswegs auf solche zu beschränken, durch welche eine körperliche Untauglichkeit (§ 142) geltend gemacht wer den soll; alles Andere, was zur Befreiung von der Wehrpflicht dienen kann, steht damit auf gleicher Linie. Zu den ersteren Mitteln gehören auch solche, die auf den Körper der betreffenden Person applizirt werden: Rubo n. 4; contra: OlSh. n. 3 („anwenden" bedeute hier soviel wie „Gebrauch machen" im § 267). — Dagegen genügt das lügenhafte Vorbringen von Untauglichkeitsgründen für sich allein nicht, weil demselben kein Glauben beigemeffen wird: KBI, KBII, 1855 — 56 Nr. 65 s. 5 (GA. IV, 112. 130). 5. Die „Anwendung der aus Täuschung berechneten Mittel" muß einer solchen Behörde gegenüber stattgesunden haben, welche irgendwie Über die Wehrpflicht deS Einzelnen eine (wenn auch nur vorläufige) Entscheidung zu treffen berufen war. 6. Ob die Täuschung gelungen ist und den beabsichtigten Erfolg herbeigeführt hat, ist gleichgültig; dagegen ist der bloße Versuch, die rc. Mittel anzu wenden, nicht strafbar. 7. Auf den Verlust der rc. Ehreurechte kann nur dann erkannt werden, wenn die verhängte Gefängnißstrafe drei Monate erreicht: § 32. 8. Die gleiche Strafbarkeit des TheilnehmerS (also auch des Gehülfen) bildet eine Ausnahme von dem Grundsätze des § 49; vgl. Mil.-StGB. § 83.
336 Thl. II Abschn. VII. Verbr. u. Vergeh, w. d Bffetitl. Ordnung. - §. 144.
§ 1 ikH. Wer es sich zum Geschäfte macht, Deutsche unter Vorspiegelung falscher Thatsachen oder wissentlich mit unbegründeten Angaben oder durch andere auf Täuschung be rechnete Mittel zur Auswanderung zu verleiten, wird mit Gefängniß von Einem Monat bis zu zwei Jahren bestraft. [I. Eniw.: § 127; II. Enlw.: § 143; Rov. v. 26. Febr. 1876 Art. I; Pr. StGB.: § 114.] Vgl. § 263; R.-Verfass. Art. 4 Nr. 1. 59; B.-Ges. v. 9. Nov. 1867 § 15; B.-Gew.-Ordn. v. 31. Juni 1869 § 6. Preußen: Vgl. Versass, v. 31. Jan. 1850 Art. 11; Ges. v. 7. Mai 1853.
9. Personen des Soldatenstandes und die in n. 12 zu § 142 erwähnten Personen des Beurlaubtenstandes, welche dieses Vergehen verüben, verwirken die Strafe des § 83 des Mil.-StGB'S; vgl. Mil.-Ges. v. 2. Mai 1874 § 60.
§ 144.
1. Die Worte „Wer es sich zum Geschäfte macht —" sind nicht gleichbe deutend mit „gewerbS- oder gewohnheitsmäßig (vgl. § 150 n. 4; § 260 n. 2), da dabei weder der Hang zu der betr. Thätigkeit noch eine auf Erwerb gerichtete Absicht wesentliche Voraussetzung ist; es genügt eine mit der Absicht einer regelmäßigen Fortsetzung oder Wiederholung betriebene Handlungsweise derselben Art. Eine mit jener Absicht tot genommene Einzelhandlung kann als der Beginn de« „Geschäft machens" angesehen werden und somit strafbar sein. 2. Das „Vorspiegeln falscher Thatsachen" umfaßt auch den Fall, wo eine thatsächliche Mittheilung gerade dadurch unrichtig wird, daß dabei absichtlich wesentliche Umstände verschwiegen sind; vgl. übrigens n. 4. 3. „Unbegründete Angaben" im Gegensatze gegen „Vorspiegeln falscher Thatsachen" bezeichnet wahrheitswidrige allgemeine (nicht auf konkrete Thatsachen zurückzustthrende) Versicherungen und Anpreisungen, Eröffnung gehaltloser Aus sichten für die Zukunft u. dgl., und unrichtige Darstellung der Verhältnisse im All gemeinen. 4. Die Worte „oder durch andere aus Täuschung berechnete Mittel" hat die Novelle eingeschaltet, um es noch mehr zum Ausdrucke zu bringen, daß der § auch da eintrete, wo keine einzelne der vorgebrachten Thatsachen nachweisbar falsch ist, die ganze Darstellung aber geeignet und darauf berechnet ist, ein falsches Bild vom Kolonisationsleben hervorzurufen, namentlich also auch in solchen Fällen, wo zu dem Behufe wahre Thatsachen entstellt oder nnterdrückt sind (vgl. § 263): Stenogr. Ber. v. 1875/76 s. 992; vgl-, übrigens n. 2. 5. Ob die Bemühnngen, Andere „zum AuSwandern zu verleiten" von Erfolg gewesen sind, ist für den Thatbestand gleichgültig; ebendeshalb ist es nicht ent scheidend, ob Diejenigen, aus welche sich jene Bemühungen bezogen, bereits vorher zum Auswandern entschlossen waren oder nicht; contra: v. Kirchm. s. 198. Im merhin muß aber der Wille auf Verleitung zum AuSwandern gerichtet sein; daher gehören Bekanntmachungen über Beförderungsgelegenheiten, Reisebedingungen, Ber tragsvermittelungen rc. in der Regel nicht hierher; vgl. Mot. zur Nov. s. 42. 6. § 144 und der § 2 deS EG.'S stehen der fortdauernden Geltung, bezw. dem späteren Erlasse landesgesetzlicher Bestimmungen, welche, wie z. B. das Pr. Ges. v. 7. Mai 1853, znm Gewerbebetriebe der A nSw anderungsagen ten eine Kon zession fordern und den Gewerbebetrieb unkonzessionirter Agenten mit Strafe bedrohen, keineswegs entgegen (die Gew.-O. hat diesen Gewerbebetrieb gleichfalls nicht in ihren Bereich gezogen; vgl. dort § 6): ZU. 6. Juni 74 (RdO. XV, 368). Unter Bezug nahme auf § 10 des eit. Ges.'S v. 7. Mai 1853 weist eine Inn.- u. HMDf. v. 15. Apr. 1873 (VMbl. s. 241) die Regierungen an, alle AuSwanderungö-Agenten und Werbe-Emissäre, welche die deutsche Reichöangehörigkeit nicht darthun, aus dem Lande zu weisen.
Thl. II. Abschn. VII. Verbr. u. Vergeh, w. d. öffentl. Ordnung. — § 145.
§ 145.
337
Wer die vom Kaiser
zur Verhütung deS ZusammenstoßenS der Schiffe auf See, über das Verhalten der Schiffer nach einem Zusam menstöße von Schiffen auf See, oder in Betreff der Noth- und Lootsensignale für Schiffe auf See und auf den Küstengewäffern erlassenen Verordnungeu übertritt, wird mit Geldstrafe bis zu eintausendfünfhundert Mark bestraft. [I. Entw.: (fehlte); II. Entw.: § 144; Nov. v. 26. F-br. 1876 Art. I; Pr. StGB: (fehlte).] Vgl. Kais. Vdn. v. 7. Jan. 1880; Kais. Vdn. v. 15. Aug. 1876; Noth- und Lootsen-Signalordn. für Schiffe auf See rc. v. 14. ej. Preußen: Bgl. Ges. v. 22. Febr. 1864 (GS. f. 97).
§ 145. 1. „Zur Verhütung des ZusammenstoßenS der Schiffe auf See" hat die Großbrit. Regierung Vorschriften und demnächst eine Deklaration v. 30. Juni 1869 erlassen, welche zum Theil, aber nicht vollständig auch in den einzelnen Küsten staaten des Reiches Geltung erlangt haben; vgl. daö Pr. Ges. v. 22. Febr. 1864. Da die vollständige Uebereinstimmung der in den einzelnen Bundesseestaaten in dieser Materie geltenden Vorschriften im Interesse der deutschen Schifffahrt liegt, eine mög lichst rasche und gleichmäßige (im Einklänge mit etwaigen neuen Großbrit. Anord nungen ergehende) Regelung derselben also dringend geboren erscheint, ist durch § 145 dem Kaiser der Erlaß solcher Verordnungen übertragen und die Strafandrohung im Voraus für alle Zuwiderhandlungen getroffen worden: Mot. f. 92. 2. Derartige Anordnungen find ergangen durch die Kais. Vdn. v. 23. Dez. 1871 und später, unter Aufhebung der letzteren, durch bte Kais. Vdn. v. 7. Ian. 1880 (RGbl. s. 1). Diese bezieht sich, gleich jener früheren, auch auf alle mit der See in Zusammenhang stehenden, von Seeschiffen befahrenen Gewässer; im gleichem Umfange findet § 145 Anwendung.
3. Die Vorschriften der Abs. 2. 3. find durch die Novelle eingeschaltet worden; sie beruhen aus ganz gleichen, bezw. analogen Rücksichten (n. 1), insbesondere sollen sie den Anschluß der über die hier fraglichen Gegenstände noch zu erlassenden Ver ordnungen an neuere englische Verordnungen über dieselben Gegenstände erleichtern; vgl. Mot. zur Nov. s. 42. Solche Verordnungen find mittlerweile ergangen in der kais. Vdn. v. 15. Aug. 1876 sowie in der Noth« und Lootsen-Signalordn. rc. v. 14. ej. 4. Behufs Handhabung des § 145 hat der Richter zu prüfen, ob die betref fende Vorschrift jener Vdn. (n. 2. 3) in den Kreis der im § 145 erwähnten Materie» falle; so: Meves i. HH. IV, 338, ML. f. 568. 5. Von dem Begriffe eines „Schiffs" sollen nach Meves s. 165 ausgeschlossen sein Boote und Kähne, welche zwar aus der See fahren, sich jedoch von den Küsten nicht zu entfernen pflegen. Inzwischen enthalten die Vdn. v. 23. Dez. 1871 und v. 7. Ian. 1880 (n. 2) auch Vorschriften für offene Fischerfahrzeuge sowie andere offene Boote, und es finden die Vorschriften der Noth- und Lootsen-Signalordn. (n. 3) gemäß § 1 ib. Anwendung auf alle Schiffe, Fahrzeuge und Boote, welche auf See oder den mit der See in Zusammenhang stehenden, von Seeschiffen befahrenen Gewäffern verkehren. Im Uebrigen vgl. § 305 n. 3.
6. Ein nach § 145 strafbares „Uebertreten" liegt auch dann vor, wenn gegen die dort gedachten Verordnnngen nicht vorsätzlich, sondern nur aus Fahrlässig keit gefehlt ist: MeveS s. 165. 7. In Betreff der Handlungen rc., welche außerhalb der Grenzen einer deut schen Landeshoheit stattfinden, beurtheilt sich die Zulässigkeit einer Strafverfolgung aus § 145 nach § 4 Nr. 3: MeveS s. 165; vgl. übrigens § 8 d. 3.
Oppenhoff, D. Strafgesetzbuch
'Ausg.
22
338
Thl. II. Abschn. VIII.
Münzverbrechen u. Münzvergehen. — § 146.
Achter Abschnitt.
Münzverbrechen und Münzvergehen.
§ 146. Wer inländisches oder ausländisches Metall geld oder Papiergeld nachmacht, um das nachgemachte Geld als echtes zu gebrauchen oder sonst in Verkehr zu bringen, oder wer in gleicher Absicht echtem Gelde durch Veränderung an demselben den Schein eines höheren Werths oder verrufenem Gelde durch Veränderung an demselben das Ansehen eines §146. 1. ..Geld" ist das unter öffentlicher Autorität zu einem bestimmten Gehalte ausgegebene, zum allgemeinen Umlaufe bestimmte, als solches zur Zeit Geltung habende Tauschmittel (vgl. § 150). Vgl. v. Savigny Oblig.-Recht I §§ 40ff. 2. Für den Thatbestand ist eö gleichgültig, ob die That an in- oder aus ländischem Gelde, im In- oder Auslande, von einem In- oder Aus länder verübt worden ist; vgl. § 4 Nr. 1. 3. Auch das Nachmachen verrufenen Geldes (n. 7), so lange es noch faktischen Umlauf und Geltung hat (also noch „Geld" ist), fällt unter den §: Rüd. n. 3; Merkel i. HH. III, 220; contra: TL. s. 772; Schütze s. 307 n. 9. Dagegen kann blos fingirteS, in Wirklichkeit nicht existirendeö Geld kein Gegenstand strafbarer Nach machung rc. sein: Münch. 21. März 79 (BEntsch. IX, 159: betraf nicht existirende Zehndollarnoten einer Amerik. Bank). 4. Im Begriffe deS „Nachmachens" liegt, daß die falsche Münze der echten in dem Maße ähnlich werde, daß dadurch ein Anderer getäuscht werden kann; trifft diese« zu, so schließen einzelne Abweichungen den Begriff des Nachmachens nicht aus. ML. f. 576 nimmt an, daß die Herstellung so unähnlicher Stücke, daß mit ihnen zwar unter ganz besonderen Umständen ein Betrug begangen werden könne, daß aber jede Gefahr einer Cirkulation hinwegfalle, wenigstens keine vollendete Münz fälschung darstelle; vgl. auch Merkel i. HH. III, 220. Dagegen steht Schw. s. 395 von jeder Aehnlichkeit ab. 5. Gleichgültig ist eö, ob daö nachgemachte Geld von geringerem oder gar von höherem Gehalte ist, als das echte. 6. Derjenige, welcher unechten, bereits in Umlauf befindlichen Münzen durch Veränderung den Schein eines höheren Werthes, oder durch Vervollkommnung den täuschenden Schein der echten giebt, macht eben dadurch selbstständig Geld nach, und ist als Thäter (nicht als Theilnehmer an der Handlung des ersten Fälschers) aus § 146 strafbar. 7. Die „Veränderung des Geldes" ist dem Nachmachen gleichgestellt, wenn dem echten Gelde „der Schein eines höheren Werthes", oder verrufenem (d. h. nicht mehr gesetzlichen Cours habendem) Gelde „das Ansehen eines noch geltenden" ge geben ist; eö muß also in beiden Fällen eine zur Täuschung geeignete Aehnlichkeit hervorgebracht sein; dazu kann eö genügen, wenn einer Münze auö schlechterem Metall durch Quecksilber rc. die Silberfarbe gegeben ist: Beschl. II. 19. Sept. 72 (RdO. XIII, 463). — Ist einem echten Stücke der Schein eines höheren Werths gegeben worden, so ist es gleichgültig, ob es auch echte Stücke giebt, welche über den jetzt angegebenen Werth sprechen: ZU. 10. Juni 69 (RdO. X, 411). 8. Verringern des Metallgehalts echter Münzen und Verausgaben derselben fällt nicht unter § 146, sondern unter § 150. 9. Als Dolus erheischt der § bei allen aufgezählten Einzelhandlungen die Absicht, „daö nachgemachte Geld als echtes zu gebrauchen oder sonst in den Ver kehr zu bringen". Daö rc. Geld wird „als echtes gebraucht", wenn eS als Zahlmittel einem Anderen gegeben oder auch nur an gebot en wird, damit dieser es als wirklich geltendes in Empfang nehme; contra: Thomsen i. GSaal 30 s. 423 (hält „gebrauchen" hier für gleichbedeutend mit „verausgaben"). DaS gilt auch von
Thl. II. Abschn. VIII. Münzverbrechen u- Münzvergehen. — §§ 146. 147.
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noch geltenden giebt, wird mit Zuchthaus nicht unter zwei Jahren bestraft; auch ist Polizei-Aufsicht zulässig. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängniß strafe ein. (I. Entw.: § 130; II. Entw.: § 145; Pr. StGB.: § 121.] 152. 4 Nr. 1. 2. 139. 360 Nr. 5. 6.
Vgl.
§§ 146 — 150.
§ 147. Dieselben Strafbestimmungen finden auf den jenigen Anwendung, welcher das von ihm auch ohne die vor bezeichnete Absicht nachgemachte oder verfälschte Geld als echtes in Verkehr bringt, sowie auf denjenigen, welcher nachgemachtes einer Cautionsstellung und von dem Verschenken. Dagegen scheidet der § ans, wenn der Andere das Stück nur als seltenes Stück für eine Münzsammlung er werben wollte, selbst wenn hierbei eine Täuschung stattsand. Ebenso genügt ein bloßes Vorzeigen (um stch Credit zu verschaffen oder um einen Caffendefekt zu ver decken) nicht. 10. Die Absicht, das nachgemachte Geld „sonst in den Verkehr zu brin gen", liegt auch da vor, wo das Geld nachgemacht wird, nicht um eS selbst als echtes zu gebrauchen (n. 9), sondern um eS einem Dritten zum Zwecke der Veraus gabung auszuhändigen. 11. Der Fälscher, welcher das (mit der Absicht der Verausgabung) selbst gefertigte falsche Geld in den Verkehr bringt, verwirkt nicht neben der Strafe des § 146 auch noch die des § 147. Daö Nähere siehe zu § 147 n. 3. 12. Verausgabung des falschen Geldes im Einverständnisse mit dem Fälscher ist, da das Verbrechen des letzteren mit der Anfertigung vollendet ist, nicht Theilnahme an diesem, sondern nur aus § 147 zu bestrafen. 13. Ueber die Einholung eines Gutachtens der General-Münz-Direktion be hufs Feststellung des Thatbestandes und die den Verwaltungsbehörden (der Reichs schuldenverwaltung bezüglich nachgemachter rc. Reichskassenscheine) zu machenden Mittheilungen vgl. Pr. IMVf. v. 22. Sept. 1855 (IMbl. s. 310) und die dort citt. älteren Verfügungen; IMVf. v. 31. Ian. 1868 Nr. 3. 13. 14 (für die neuen Landestheile: IMbl. s. 48); IMVf. v. 11. Ian. 1869 (IMbl. s. 15); BundeSrathsBeschl. v. 24. März 1876 u. IMVf. 6. Juni 1876 (IMbl. s. 119; WGbl. XI, 354). 14. Die (nur in diesem § gebrauchte) Ausdrucksweise: „auch ist Polizei aufsicht zulässig" ermächtigt den Instanzrichter, auf die Zulässigkeit der Poli zeiaufsicht zu erkennen; vgl. § 38 n. 2. DaS fällt weg, wenn mildernde Umstände vorhanden sind. 15. In Betreff der Einziehung des nachgemachten rc. Geldes vgl. § 152.
§ 147. 1. Die Worte: „verfälschtes Geld" finden ihre Erläuterung in dem § 146: „wer echtem Gelde durch Veränderung an demselben den Schein eines höheren Werthes oder verrufenem Gelde durch Veränderung an demselben das Ansehen eines noch geltenden giebt"; vgl. § 146 n. 3—7. 2. Die Worte: „als echtes in Verkehr bringt" bezeichnen dasselbe, waS § 146 durch „als echtes gebrauchen oder sonst in Verkehr bringen" ausdrückt; vgl. dort n. 9. 10 u. Schütze s. 302 n. 13; contra: Merkel i. HH. III, 222. — Da nach bedarf es nicht der Annahme des Stücks Seitens desjenigen, dem es ange boren wird; contra: Stuttg. 18. Dez. 73 (StZ. IV, 25: in Betreff der gleichlau tenden Worte des § 148) und ML. f. 576; das vergebliche Anbieten stelle nur einen Versuch där. 3. In der zweiten Zeile des ersten Satzes ist das Wörtchen „auch" über flüssig und sinnstörend; eS darf daraus nicht gefolgert werden, als ob der Fälscher, welcher mit der Absicht, das Geld als echt zu gebrauchen, gehandelt und dadurch die Strafe des § 146 verwirkt hat, auch noch aus § 147 zu bestrafen sei, wenn er später in Ausführung jener Absicht das Geld als echtes in Verkehr bringt: VII. 22*
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Thl. II. Abschn. VIII.
Münzverbrechen u. Mttnzvergehen. — § 147.
oder verfälschtes Geld sich verschafft und solches entweder in Verkehr bringt oder zum Zwecke der Verbreitung aus dem Auslande einsührt. [I. Entw.: § 146; II, Entw.: § 146; Pr. StGB.: § 122). 152. 4 Nr. 1. 2. 139.
Vgl. §§ 146.148.149.
LI. April 53 (GA- 1, 366. 389); vgl. Motive s. 93 ff. Das Gegentheil tritt ein, wenn der Fälscher nach erfolgter Bestrafung aus § 146 Falsifikate, welche von dem früheren Berbrechen herrühren, als echt in den Verkehr bringt: SGZ. IV, 285. — Außerdem kann eine solche Verausgabung in allen Fällen als selbstständiger Betrug strafbar sein. 4. Im zweiten Satze bezeichnen die Worte: „sich verschaffen" (im Gegensahe gegen „als echt empfangen": § 148) die gewollte Erlangung des Gewahrsams, das Ansichbringen mit der Kenntniß von der Unechtheit: ZU. 13. Sept. 66, 30. Mai 76 (RdO. VII, 455; XVII, 392). Einem Anträge: diese Kenntniß von der Unechtheit in die schwurgerichtliche Frage mit aufzunehmen, mußte der Pr. Richter früher entsprechen; vgl. Oppenh. Pr. Strasvers. Art. 81 n. 21 ff.; cit. ZII. 30. Mai 76; dagegen war es unstatthaft, dieselbe zum Gegenstände einer besonderen Nebenfrage zu machen: ZI. 22. Dez. 69 (RdO. X, 806). Jetzt ist die Fassung des Ge setzes beizubehalten, mithin jenem Anträge, welcher aus Umschreibung bzw. Auflösung eines RechtSbegrifiS hinauSläuft, nicht stattzugeben; vgl. RStPO. §§ 293 ff. 5. Der Fälscher, welcher selbst das Geld nachgemacht rc. hat, „verschafft sich" nicht daS (bereits) nachgemachte rc. Geld; demgemäß kann sich nur ein Dritter des im zweiten Satze vorgesehenen Verbrechens schuldig machen. — Wohl aber können Diejenigen, welche zum Verbrechen des Thäters angestiftet oder Hülse geleistet haben, sich nach beendigter Theilnahme durch eine neue, selbstständige Handlung auch noch das nachgemachte Geld „verschaffen" und durch Verausgabung rc. deffelben neben der Strafe des § 146 auch noch die deö § 147 verwirken: Z. 25. März 68 (RdO. IX, 218). 6. Für den Thatbestand des im zweiten Satze vorgesehenen Verbrechens ist es gleichgültig, ob der Urheber der Fälschung mit der im § 146 (n. 9. 10) vorausge setzten Absicht gehandelt, sowie überhaupt, ob derselbe sich durch seine Handlung strafbar gemacht hat: ZI. 7. Febr. 57 c. Heinke. 7. Ebenso ist eS gleichgültig, ob der Dritte (n. 5) daS Geld unmittelbar vom Fälscher oder von einem (gutgläubigen oder nicht gutgläubigen) Dritten erlangt hat, ob es sich dabei um einen Eigenthumserwerb handelte oder nicht: ZII. 10. Nov. 55 c. Veronelli; daher ist selbst der unredliche Erwerber (z. B. der Dieb) wegen der demnächstigen Verausgabung aus § 147 zu bestrafen, wenn er bei jenem Er werbe schon Kenntniß von der Falschheit hatte: Beschl. II. 28. Febr. 70 (RdO. XI, 131). 8. Der § erheischt nicht, daß bei dem Sich-Verschaffen des falschen Gelde« bereits die Absicht obwaltete, daffelbe „in Verkehr zu bringen"; cS genügt, wenn letzteres demnächst geschehen, oder wenn die Einführung aus dem Auslande „;um Zwecke der Verbreitung" erfolgt ist: Schütze s. 303 n. 15; Schw. n. 7. — Ebenso wenig bedarf eS bei dem späteren „in Verkehr bringen rc." einer betrügerischen Absicht: ZI. 15. Sept. 54 c. WieSner; vgl. n. 11. 9. DaS „Sich-Verschaffen" des Geldes, um eS in den Verkehr zu bringen, stellt (als Thatbestandshandlung: § 43 n. 6) einen Anfang der Ausführung des gewollten Verbrechens, also einen strafbaren Versuch dar: Beschl. I. 31. Mai 65 (RdO. VI, 163); contra: Schütze s. 303 n. 15, Merkel t. HH. HI, 224. 10. Dagegen kann da« „Sich-Verschaffen" des gefälschten Geldes nicht als Hehlerei aufgefaßt werden, weil der Fälscher daS Geld nicht durch eine strafbare Handlung „erlangt", sondern hervorgebracht hat; vgl. § 259 n. 6; contra: Schütze s. 303 n. 15; s. 461 n. 13. 11. Wie im ersten Falle deS §, so wird auch bei dem Inverkehrbringen deS zweiten Falles als Doluö die Absicht vorausgesetzt, daß das nachgemachte rc. Geld als echtes in Verkehr gelange. Gleichwohl find die im zweiten Satze fehlenden Worte „als echtes" nicht zu sudintelligiren (und schon deshalb nicht bei der Frage-
Thl. II. Abschn. VIII. Münzverbrechen u. Münzvergehen. — §§ 147. 148.
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§ 148. Wer nachgemachtes oder verfälschtes Geld als echtes empfängt und nach erkannter Unechtheit als echtes in Verkehr bringt, wird mit Gefängniß bis zu drei Monaten oder mit Geldstrafe bis zu Dreihundert Mark bestraft. Der Versuch ist strafbar. [I. Entw.: § 132; II. Entw.: § 147; Pr. StGB.: § 123.] Vgl. §§ 146. 147.149. 152; RGBG. § 27 Nr. 2; RStPO. § 447.
stellung zu suppliren), weil jener Satz auch den Fall umfaßt, wo beim Inverkehr bringen dem Abnehmer die Unechtheit des Geldes kund gemacht wurde; so: ZRIl. 30. April 80 (NdR. I, 703); contra: Dreöd. 20. Jan. 79 (SGZ. 23 f. 237); vgl. übrigens oben n. 2; § 146 n. 10. Jedenfalls sind die Worte: „zum Zwecke der Verbreitung rc." gleichbedeutend mit „zum Zwecke der Verausgabung als echtes Geld rc.". Auch hier ist es gleichgültig, ob der Einführende diese VerauSgabung selbst bewirken, oder ob er das Geld an einen Andern gelangen lassen will, damit dieser eS verausgabe. 12. Mit Rücksicht auf § 4 Nr. 1. 2 ist es für den Thatbestand bedeutungs los, ob die That von einem In- oder Ausländer, im In- oder Auslande, mit inländischem oder mit ausländischem Gelde verübt ist; nur die „Einführung" ge fälschten Geldes aus dem Auslande fetzt mit Nothwendigkeit voraus, daß das „SichVerschaffen" im Auslande stattgefunden habe; dagegen kommt auch in diesem Falle weiter Nichts darauf an, ob die Fälschung selbst im In- oder im Auslande vorge nommen war, und ob die Verbreitung im In- oder Auslande stattfinden sollte; Demgemäß gehört auch der Fall hierher, wo das Geld bestimmt war, das Inland blos zu Yassiren. 13. Ein einmaliges „Sich-Verschaffen" falschen Geldes stellt, selbst wenn die demnächstige Verausgabung rc. durch verschiedene selbstständige Handlungen er folgt, doch immer nur einen einzigen Straffall dar; ebenso: VRI. 4,'^Dez. 79 (RdR. I, 114). 14. Ueber den Fall der Konkurrenz dieses Verbrechens mit der durch § 139 mit Strafe bedrohten Unterlassung der Anzeige vgl. § 139 n. 9. 15. Einziehung deö nachgemachten rc. Geldes; vgl. § 152.
§148. 1 In Betreff der Begriffe des „nachgemachten" und deö „verfälschten" Geldes vgl. § 146 n. 3—7; § 147 n. 1. Auch hier genügt es, wenn das Geld ob jektiv nachgemacht oder verfälscht war; welche Absicht der Fälscher dabei hatte, ist gleichgültig; vgl. § 147 n. 6. Die Verausgabung eines Stückes, welches keine Nachahmung echter Münzen darstellt, z. B. die einer Spielmarke gehört nicht hier her: Münch. 8. Okt. 75 (BEntsch. V, 469), 2. Die Worte: „als echt empfängt" bezeichnen nur den Gegensatz gegen den im § 147 vorgesehenen Fall des „Sich-Derschaffens" (mit der Kenntniß der Un echtheit). Demgemäß trifft § 148 überall zu, wo unechtes Geld als echt in den Verkehr gebracht ist, insofern nicht erwiesen werden kann, daß der Thäter sich dasselbe in der erwähnten Weise „verschafft" habe: ZU. 6. Dez. 55 (GA. IV, 248); auch Derjenige verwirkt die Strafe, welcher das Geld nicht von einem Andern erworben hat, sondern durch Zufall oder gar durch eine strafbare Handlung in den Besitz deöselben gekommen ist (z. B. Finden, Diebstahl rc.), wenn er dasselbe demnächst, nach erkannter Unechtheit in den Verkehr bringt: Schw. n. 2; Schütze s. 303 n. 16; Puch, s. 183; contra: Merkel i. HH. III, 224. 3. Zum „Erkennen der Unechtheil" gehört nicht nothwendig die voll ständige Gewißheit (Ueberzeugung) von der Unechtheit; auch ein erheblicher Zweifel an der Echtheit kann unter Umständen vom Instanzrichter als ein Erkennen der Un echtheit angesehen werden: DreSd. 3. Febr. 73 (SGZ. XVII, 83), Schütze s. 304. 4. „Als echtes in Verkehr bringen" ist gleichbedeutend mit Demjenigen, waS § 146 durch „als echtes gebrauchen oder sonst in Verkehr bringen" ausdrückt; vgl. in dieser Beziehung dort n. 9. 10; § 147 n. 2. Diesem In.Verkehr-Bringen
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Thl. II. Abschn. VIII. Münzverbrechen u. Münzvergehen. — §§ 148. 149.
§ 1Ü9. Dem Papiergelde werden gleich geachtet die auf den Inhaber lautenden Schuldverschreibungen, Banknoten, Aktien oder deren Stelle vertretende Jnterimsscheine oder Quit tungen, sowie die zu diesen Papieren gehörenden Zins-, Ge winnantheils- oder Erneuerungsscheine, welche von dem Reich, dem Norddeutschen Bunde, einem Bundesstaate oder fremden ist hier daS „Ein führ en aus dem Auslande zum Zwecke der Verbreitung" (§147) nicht gleich gestellt. 5. In dem vorgesehenen Falle wird regelmäßig auch der Thatbestand des Betruges vorliegen; gleichwohl ist derselbe dann nicht nach den Grundsätzen von der Ideal-Konkurrenz (§ 73) zu behandeln, weil soust stets die strengere Strafe des § 263, nie die des § 148 Platz greifen würde: vielmehr ist die Sache dahin aufzu fassen, daß die Spezialvorschrift des § 148 die allgemeinen, den Betrug betreffenden Bestimmungen gänzlich auSschließe; vgl. § 73 n. 6; Schütze s. 304 n. 17; contra: Thomsen i. GSaal 30 s. 413. 6. Einziehung des nachgemachten rc. Geldes; vgl. § 152. 7. Da es sich hier nur um ein MUnzvergehen handelt, § 4 Nr. 1. 2 also nicht zutrefsen, so kann, wenn die That im Auslande verübt ist, ein Inländer wegen derselben nur nach Maßgabe des § 4 Nr. 3, ein Ausländer aber gar nicht bestraft werden. 8. In Betreff der Zuständigkeit der Schöffengerichte vgl. RGVG. § 27 Nr. 2, in Betreff der Zulässigkeit amtsrichterlicher Strafbefehle RStPO. § 447.
§ 149. 1. Wesentliche Voraussetzung ist, daß die im § aufgezählten Werthpapiere unmittelbar „aus den Inhaber" lauten; es genügt nicht, wenn einem zunächst auf den Namen eines Individuums lautenden Papiere (z. B. einem Wechsel, einer Anweisung rc.) durch Blankogiro die Bedeutung beigelegt ist, daß jeder Inhaber desselben civilrechtlich befugt erscheint, dasselbe für sich gelteud zu machen: an Werth papieren dieser Art kann nur eine Urkundenfälschung, nicht ein Münzverbrechen ver übt werden: Z. 22. Sept. 52 (GA. I, 79: betraf eine Bank-Obligation, keine Banknote); Schütze s. 300; Puch. s. 187: contra: v. Kirchm. s. 101. 2. Dagegen verliert ein wirkliches Inhaberpapier diese seine Eigenschaft nicht durch einen darauf gesetzten Außer-CourS-SetzungS-Vermerk; der nur auf die Artt. 306. 307 des D. HGB.'S bezügliche Art. 15 des Pr. EG.'S zu dem letzteren findet hier keine Anwendung. Gleichwohl ist die unbefugte Beseitigung eines solchen Vermerks, durch welche das Papier wieder courSfähig wird, nicht als eine „Ver fälschung" desselben anzusehen, da ihm dadurch nicht der Schein eines „höheren Werthes" (§ 146) beigelegt wird; diese That kann daher nur als Fälschung oder Beschädigung einer Urkunde (§§ 267. 274 Nr. 1) strafbar sein; vgl. n. 3. 3. Ein solches Inhaberpapier wird regelmäßig eine „Urkunde" sein, somit die Fälschung desselben unter den Begriff der Urkundenfälschung fallen. Handelt es sich dann um einen der in den §§ 146. 147 vorgesehenen Thatbestände, so ist es selbstverständlich, daß diese als die strengeren und den Thatbestand der §§ 267. 268 ausdehnenden (§ 146 erheischt nicht einen gemachten Gebrauch, § 147 nicht die Selbstfälschung) nach § 73 die citt. §§ 267. 268 auSschließen; contra: Thomsen i. GSaal 30 s. 413. Das Gleiche muß aber auch von dem § 148 gelten, obgleich die even tuell ebenfalls zutreffende Vorschrift des § 270 die strengere ist, indem hier das zu § 73 n. 6 Gesagte Platz greift: Rüd. n. 6; contra: Thomsen 1. c. — Dagegen werden die die Urkundenfälschung betreffenden Strafbestimmungen anwendbar, sobald aus irgend einem anderen Grunde die §§ 146—148 ausscheiden, z. B. in dem unter n. 2 a. E. erwähnten Falle, oder wenn Jemand, ohne dazu berechtigt zu sein, ein Inhaberpapier ausgestellt hat. 4. Bei den von Gemeinden rc. oder Privatpersonen ausgestellten Inhaber papieren genügt es, wenn diese (nach den maßgebenden Gesetzen) dazu berechtigt waren; eS wird dann weiter nicht erfordert, daß die Ausstellung unter der Autorität
Thl. II. Abschn. VIII. Mülijverbrechen u. Miinzvergehen. — § 149. 150. 343
Staate oder von einer zur Ausgabe solcher Papiere berech tigten Gemeinde, Korporation, Gesellschaft oder Privatperson ausgestellt sind. [I. Entw.: § 133; II. Evtw.: § 148; Pr. StTB.: § 124.] Vgl. §§ 32. 146-148. 151.152. 275. 360 Nr. 4-6; Bankges. v. 14. März 1875 (RGbl. f. 177). Preußen:
Vgl. Ges. v. 17. Juni 1833; Vdn. v. 17. Sept. 1867.
§ 150. Wer echte, zum Umlauf bestimmte Metall geldstücke durch Beschneiden, Abfeilen oder auf andere Art ver ringert und als vollgültig in Verkehr bringt, oder wer solche verringerte Münzen gewohnheitsmäßig oder im Einverständ nisse mit dem, welcher sie verringert hat, als vollgültig in Verkehr bringt, wird mit Gefängniß bestraft, neben welchem des Staates erfolgt sei. In Preußen bedarf es zu einer amtlichen Ausgabe der König, lichen Genehmigung: Ges. v. 17. Juni 1833; Vdn. v. 17. Sept. 1867. Diese kann in der Form der Bestätigung eines Vereinsstatuts ertheilt werden. Ueber die Aus gabe von Banknoten vgl. R.-Bankgefetz v. 14. März 1875. 5. Ob ein Werthpapier zu den im § erwähnten zu zählen sei, hatte nach Pr. Verfahren in schwurgerichtlichen Sachen der Schwurgerichtshof nach den von den Geschwornen festzustellenden thatsächlichen Voraussetzungen zu prüfen; insoweit eS sich hierbei um die Anwendung eines auswärtigen Rechts handelte, unterlag die er gehende Entscheidung nicht der Nichtigkeitsbeschwerde: BII. 10. Ian. 56 (IMbl. s. 46: erachtete eS für genügend, daß der Geschwornenspruch die Nachmachung von ,,Leip ziger Banknoten" feststelle, und den Gerichtshof für befugt, hiernach die Qualität der betr. Papiere nach dem in Leipzig geltenden Rechte zu beurtheilen). Das Gegen theil gilt gegenwärtig bezüglich der ersteren (der Zuständigkeils-) Frage; in Betreff der Frage der etwaigen Zulässigkeit der Revision vgl. § 4 n. 27. 6. Auf Stempelpapier, Brief- und Stempel marken u. dgl. ist der § nicht auszudehnen; ihre Fälschung ist im 23. Abschnitte (als Urkundenfälschung) zum Gegenstände besonderer Strafbestimmungen (§§ 275. 276) gemacht worden.
§ 150. 1. Die ,,Metallgeldstücke" müssen zur Zeit den Charakter des wirklichen ,,GeldeS" haben; vgl. § 146 n. 1. 2. Ueber den Begriff des „In-Verkehr-Bringen" vgl. '§ 147 n. 2. 3. Die Worte: „als vollgültig" bezeichnen hier so viel als: „zu dem ihnen vor der Verringerung beiwohnenden Werthe"; der § scheidet also auS, wenn Jemand ein solches Stück als „zu leicht" verausgabt und sich bereit erklärt, daran den geeigneten Abzug zu erleiden (: al marco). 4. Die „GewohnheitSmäßigkeit" einer Handlung ist bedingt durch die aus einer allgemeinen Geneigtheit (einem Hange) hervorgegangene mehrmalige Vor nahme derselben; sie unterscheidet sich von der Gewerbsmäßigkeit wesentlich dadurch, daß bei dieser die Absicht, einen Erwerb zu erzielen, obwalten muß: DreSd. 7. Juli 73 (SGZ. XVII, 317); vgl. § 260 n. 2. Eine einmalige Vornahme kann die Annahme der GewohnheitSmäßigkeit nie rechtfertigen; wie viele Fälle dazu gehören, fällt dem Ermessen deS Richters der Thatsrage anheim; er kann zwei Fälle für ge nügend erachten und darf dabei auch bereits abgeurtheilte und solche Fälle berück sichtigen, welche als Einzelhandlung außerhalb der Verjährungsfrist liegen: ZI. 26. Sept. 66 (RdO. VII, 494). Auch ist eS nicht unerläßlich, daß der Instanzrichter mehrere konkrete Einzelhandlungen als verübt feststelle, e« genügt, wenn er bei Feststellung des einzelnen der Anschuldigung zum Grunde liegenden Falles seine Ueberzeugung dahin ausspricht, daß der Angeschnldigte sich außerdem auch anderer gleichartiger (wenn auch nicht mehr konkret festzustellender) Handlungen schuldig gemacht habe, auS wel chen die Geneigtheit deffelben zu einer Thätigkeit dieser Art hervorgehe: ZU. 8. Sept. 70 (RdO. XI, 440); contra: Merkel i. HH. III, 225. Dagegen genügt die Fest-
344 Thl. II. Abschn. VIII. Münzverbrechen u. Münzvergehen — §§ 150.151.
auf Geldstrafe bis zu dreitausend Mark, sowie auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden kann. Der Versuch ist strafbar. [I. Entw.: § 239 Nr. 3; II. Entw.: § 149; Pr. StGB.: § 243 Nr. 3. 4]. §§ 32. 146. 147.
Vgl.
§ 151. Wer Stempel, Siegel, Stiche, Platten oder andere zur Anfertigung von Metallgeld, Papiergeld oder dem letzteren gleich geachteten Papieren dienliche Formen zum Zwecke eines Münzverbrechens angeschafft oder angefertigt hat, wird mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft. [I. Entw.: (fehlte); n. Entw.: § 150; Pr. StGB, (fehlte)). Vgl. § 360 Nr. 4.5.6. Rettung wiederholter Fälle für sich allein nicht, wenn nicht auch der Hang zu diesen Wiederholungen für erwiesen erklärt wird. 5. Die Gesammtheit der mehreren gewohnheitsmäßig verübten Handlungen stellt nur einen Straf fall dar; vgl. § 74 n. 10. 11. 6. Auf den Verlust der rc. Ehrenrechte darf nur dann erkannt werden, wenn die verhängte Gefängnißstrafe drei Monate erreicht: § 32. 7. In Betreff der im Auslande verübten Vergehen dieser Art gilt das zu § 148 n. 7 Gesagte. 8. Eine Einziehung des verringerten rc. Geldes (§152) findet nicht Statt. § 151. 1. Die Worte „dem Papiergelde gleichgeachtete Papiere" erläutern sich aus § 149. Vgl. § 149 n. 1 ff. 2. Es genügt, wenn die Anschaffung rc. der Stempel rc. „zum Zwecke eines Münzverbrechens" erfolgte; ob der Anschaffende (Anfertigende) selbst die Ver übung des MünzverbrechenS beabsichtigte, oder damit einem Andern das Werkzeug zu einem solchen verschaffen wollte, ist gleichgültig. 3. „Zur Anfertigung dienlich" sind die Stempel rc., sobald sie zur Nach machung (§ 146 n. 4) benutzt werden können; kleine leicht zu übersehende Abwei chungen von den zur Anfertigung deö echten Geldes dienenden schließen die Strafe nicht ans. Die Anfertigung von Münzverringerungs-Werkzeugen gehört nicht hierher; so: Schütze s. 304 n. 18. 4. „Ans ch affen" bezeichnet hier die absichtliche Erlangung des Besitzes der Stempel rc. mit der Kenntniß, daß sie zur Anfertigung von Geld rc. dienlich sind. Daß die angeschafften Stempel unberechtigter Weise angefertigt seien (§ 360 Nr. 4), wird nicht erheischt. 5. Hat der Anschaffende die Stempel re. demnächst selbst zur Verübung eines MünzverbrechenS benutzt, so wird nur dieses, nicht die vorherige Anschaffung bestraft. Aehnlich verhält es sich, wenn den Anfertiger der Stempel rc. die Strafe der Bei hülfe an dem mit jenen verübten Münzverbrechen trifft. 6. Der § steht nicht entgegen, in der Handlung Desjenigen, welcher die Stem pel angeschafft oder angefertigt hat, um selbst mit denselben eine Münzfälschung zu begehen, einen Versuch dieses Verbrechens zu finden: Puch. f. 185; John i. StRZ. XII, 71. 7. Geschah die Anfertigung solcher Stempel rc. nicht zum Zwecke eines MünzverbrechenS, aber ohne den schriftlichen Auftrag einer Behörde, so wird § 360 Nr. 4 anwendbar; die abweichende Fassung beider §§: „angefertigt hat" — und „anfertigt" — ist unerheblich; contra: Schütze f. 304 n. 18 (folgert aus dieser Abweichung, daß der Versuch des im § 151 vorgesehenen Vergehens aus § 360 Nr. 4 strafbar fei). 8. Ist das Vergehen im Auslande verübt, so trifft das zu § 148 d. 7 Gesagte zu. 9. Einziehung der Stempel rc. vgl. § 152.
Thl. II. Abschn- IX.
Meineid. — §§ 152. 153.
345
§ 152. Auf die Einziehung des nachgemachten oder verfälschten Geldes, sowie der im § 151 bezeichneten Gegen stände ist zu erkennen, auch wenn die Verfolgung oder Verurtheilung einer bestimmten Person nicht stattfindet. 11, II. Entw.: (fehlte); Pr. StGB.: (fehlte).)!
Vgl. §§ 146—151. 40. 42.
Neunter Abschnitt. Meineid.
§ 153.
Wer einem ihm zugeschobenen, zurückgeschobenen
§ 152. 1. Dieser § ist erst bei der dritten Lesung des SlGB-'S im Reichstage zuge. setzt worden. Derselbe enthält in mehrfacher Beziehung eine Ausdehnung der all gemeinen Vorschriften der §§ 40. 42. Zunächst gebietet er die Einziehung, wäh rend die citt. §§ sie nur nach dem Ermessen des Instanzrichters gestatten. 2. Sodann ist die Einziehung der gedachten Gegenstände nicht dadurch bedingt, daß sie „dem Thäter oder einem Theilnehmer gehören" (§40). 3. Ferner genügt der Umstand, daß Etwas „nachgemachtes oder verfälschtes Geld" oder einer der im § 151 aufgezählten Gegenstände sei, um seine Einziehung zu rechtfertigen. ES wird daher nicht erfordert, daß dieser Gegenstand durch ein Verbrechen rc. hervorgebracht oder zur Begehung eines solchen gebraucht oder bestimmt gewesen sei, da hier lediglich die Gemeingefährlichkeit desselben entscheidet. Aus den Worten: „auch wenn die Verfolgung oder Verurtheilung einer bestimmten Person nicht stattfindet" ist nicht zu folgern, daß wenigstens der objektive Thatbestand eines der in den §§ 146—151 vorgesehenen Strafsälle vorliegen müsse; man wollte viel mehr hier dieselben Grundsätze zur Anwendung bringen, welche maßgebend sind, wenn es sich um die Unbrauchbarmachung einer Schrift rc. strafbaren Inhalts handelt (§ 42 n. 4): Schütze s. 303 n. 19; Puch. s. 185 (z. Theil); contra,: Beschl. I. 6. Sept. 76 (RdO. XVII, 535); Rüd. s. 288 n. 2; Merkel i. HH. III, 226; vgl. John i. StRZ. XII, 60. 4. Endlich schreibt § 152 die Einziehung unbedingt vor, selbst für den Fall, wo „die Verfolgung rc. einer bestimmten Person nicht stattsind et", mag eine solche „ausführbar" (§42) sein oder nicht; vgl. jedoch: Beschl. I. 6. Sept. 76 (cit. n. 3: „stattfindet" sei hier gleichbedeutend mit „ausführbar ist"). 5. Auf „verringerte" Münzen (§ 150) ist der § nicht anzuwenden. 6. In Betreff des zu beobachtenden Verfahrens gelten die zu §42 unter n. Uff. entwickelten Grundsätze; vgl. Beschl. I. 6. Sept. 76 (cit. n. 3: entschied, zunächst für das Gebiet der Pr. NStPO., daß im Falle des Schlußsatzes des § 152 dasjenige Gericht zu befassen sei, welches bei Verfolgung einer bestimmten Person inständig sein würde, und daß, wenn dieses Gericht nicht zu ermitteln, die sachliche Competenz desjenigen Gerichts begründet sei, welchem die höhere Zuständigkeit bei» wohne). Hiermit stimmt das jetzige Prozeßrecht überein: Löwe s. 904. Dgl. Münch. 21. Nov. 79, OStA. München 26. Juni 80 (BEntsch. X, 78. 79).
§ 153. Auffassung, relig.: 24. Ausschwörung i. Person: 11. Behörde, zuständ.: 2. 3. 10. Beihülfe: 28. Brandabschätzung: 3. Diffessionseid: 6. Ehrenstrafen: 26. Eid, Art ? 1-10. - auferlegter- 9. - erheblich? 10. -- Privat-: 1. - statthaft? 4. 10. Eidesunfähiger: 4.
Inhalt: Eidesunmündiger: 4. Falschheit. 17—19. Förmlichkeiten: 12—15. Fragstellung: I. 5. 20. Fristbelaffung: 13. Glaubenseid: 7. Jgnoranzetd: 7. Manifestationseid: 5. Mehrheit v. Thats.: 25. Nachtheile: 16. Partei, falsche: 9. ReinigungSeid: 4. Restitutionsklage: 29.
Schätzungseid: 8. Schiedsrichter: 3. Selbstbelastung: 4. Stellvertreter: 11. Verfahren, welches? 2. 3. Versuch: 23. Verwarnung: 14. Vollendung: 22. Vorlegung v. Akten: 15. Widerruf: 22. Wiederholung: 25. Wissentlichkeit: 21. Zuständigkeit - 2. 3. 10.
Thl. II. Abschn- IX.
Meineid. — §§ 152. 153.
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§ 152. Auf die Einziehung des nachgemachten oder verfälschten Geldes, sowie der im § 151 bezeichneten Gegen stände ist zu erkennen, auch wenn die Verfolgung oder Verurtheilung einer bestimmten Person nicht stattfindet. 11, II. Entw.: (fehlte); Pr. StGB.: (fehlte).)!
Vgl. §§ 146—151. 40. 42.
Neunter Abschnitt. Meineid.
§ 153.
Wer einem ihm zugeschobenen, zurückgeschobenen
§ 152. 1. Dieser § ist erst bei der dritten Lesung des SlGB-'S im Reichstage zuge. setzt worden. Derselbe enthält in mehrfacher Beziehung eine Ausdehnung der all gemeinen Vorschriften der §§ 40. 42. Zunächst gebietet er die Einziehung, wäh rend die citt. §§ sie nur nach dem Ermessen des Instanzrichters gestatten. 2. Sodann ist die Einziehung der gedachten Gegenstände nicht dadurch bedingt, daß sie „dem Thäter oder einem Theilnehmer gehören" (§40). 3. Ferner genügt der Umstand, daß Etwas „nachgemachtes oder verfälschtes Geld" oder einer der im § 151 aufgezählten Gegenstände sei, um seine Einziehung zu rechtfertigen. ES wird daher nicht erfordert, daß dieser Gegenstand durch ein Verbrechen rc. hervorgebracht oder zur Begehung eines solchen gebraucht oder bestimmt gewesen sei, da hier lediglich die Gemeingefährlichkeit desselben entscheidet. Aus den Worten: „auch wenn die Verfolgung oder Verurtheilung einer bestimmten Person nicht stattfindet" ist nicht zu folgern, daß wenigstens der objektive Thatbestand eines der in den §§ 146—151 vorgesehenen Strafsälle vorliegen müsse; man wollte viel mehr hier dieselben Grundsätze zur Anwendung bringen, welche maßgebend sind, wenn es sich um die Unbrauchbarmachung einer Schrift rc. strafbaren Inhalts handelt (§ 42 n. 4): Schütze s. 303 n. 19; Puch. s. 185 (z. Theil); contra,: Beschl. I. 6. Sept. 76 (RdO. XVII, 535); Rüd. s. 288 n. 2; Merkel i. HH. III, 226; vgl. John i. StRZ. XII, 60. 4. Endlich schreibt § 152 die Einziehung unbedingt vor, selbst für den Fall, wo „die Verfolgung rc. einer bestimmten Person nicht stattsind et", mag eine solche „ausführbar" (§42) sein oder nicht; vgl. jedoch: Beschl. I. 6. Sept. 76 (cit. n. 3: „stattfindet" sei hier gleichbedeutend mit „ausführbar ist"). 5. Auf „verringerte" Münzen (§ 150) ist der § nicht anzuwenden. 6. In Betreff des zu beobachtenden Verfahrens gelten die zu §42 unter n. Uff. entwickelten Grundsätze; vgl. Beschl. I. 6. Sept. 76 (cit. n. 3: entschied, zunächst für das Gebiet der Pr. NStPO., daß im Falle des Schlußsatzes des § 152 dasjenige Gericht zu befassen sei, welches bei Verfolgung einer bestimmten Person inständig sein würde, und daß, wenn dieses Gericht nicht zu ermitteln, die sachliche Competenz desjenigen Gerichts begründet sei, welchem die höhere Zuständigkeit bei» wohne). Hiermit stimmt das jetzige Prozeßrecht überein: Löwe s. 904. Dgl. Münch. 21. Nov. 79, OStA. München 26. Juni 80 (BEntsch. X, 78. 79).
§ 153. Auffassung, relig.: 24. Ausschwörung i. Person: 11. Behörde, zuständ.: 2. 3. 10. Beihülfe: 28. Brandabschätzung: 3. Diffessionseid: 6. Ehrenstrafen: 26. Eid, Art ? 1-10. - auferlegter- 9. - erheblich? 10. -- Privat-: 1. - statthaft? 4. 10. Eidesunfähiger: 4.
Inhalt: Eidesunmündiger: 4. Falschheit. 17—19. Förmlichkeiten: 12—15. Fragstellung: I. 5. 20. Fristbelaffung: 13. Glaubenseid: 7. Jgnoranzetd: 7. Manifestationseid: 5. Mehrheit v. Thats.: 25. Nachtheile: 16. Partei, falsche: 9. ReinigungSeid: 4. Restitutionsklage: 29.
Schätzungseid: 8. Schiedsrichter: 3. Selbstbelastung: 4. Stellvertreter: 11. Verfahren, welches? 2. 3. Versuch: 23. Verwarnung: 14. Vollendung: 22. Vorlegung v. Akten: 15. Widerruf: 22. Wiederholung: 25. Wissentlichkeit: 21. Zuständigkeit - 2. 3. 10.
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Thl. II. Abschn. IX.
Meineid. — § 153.
oder auferlegten Eid wissentlich falsch schwört, wird mit Zucht haus bis zu zehn Jahren bestraft. [I.entro.: § 134; DL Entw.: § 151; Pr. StGB.: 8 125.] Vgl. §§155.156.158. 163.
1. Nur die Falschschwörung eines „zugeschobenen, zurückgeschobenen oder auferlegten Eides" ist strafbar; es wird sonach ein in gesetzlichen Formen sich bewegendes Verfahren vorausgesetzt, in welchem die Zu- oder Zurückschiebung oder die Auflegung eines Eides erfolgen kann; ein lediglich auf Grund eines PrivatÜbereinkommens geleisteter Eid gehört nicht hierher. Demgemäß bedarf es der ausdrücklichen Feststellung einer der erwähnten Voraussetzungen: VI. 9. Febr. 72 (RdO. XIII, 138); vgl. RStPO. § 293. 2. Dagegen ist die Strafvorschrift nicht auf solche Eide zu beschränken, welche in einem gerichtlichen Prozeßverfahren oder in einem solchen Verfahren geleistet sind, bei welchem mehrere Parteien mit widersprechendem Interesse konkurriren: Mo tive s. 94 (: eS genüge, wenn „der Eid vor einer zur Abnahme von Eiden zu ständig en Behörde geleistet worden" sei); daS Gegentheil ist nicht ans § 155 Nr. 2 („als Partei") zu folgern. Sonach gehört unzweifelhaft ein Eid hierher, welchen die mit einer Steuereinschätzung betraute Behörde auferlegt und abgenommen hat; vgl. § 156 n. 1. — Ebenso ist die Beschränkung des § auf s. g. feierliche (gelehrte) Eide unstatthaft: Jena (Voll. 23 s. 176; 24 s. 368); vgl. n. 12. 3. Die Motive (n. 2) dürften noch zu weit gehen, wenn sie einen „von einer zu ständigen Behörde" abgenommenen Eid verlangen, da der § 153 davon Nichts enthält und es als unstatthaft erscheint, dieses Erforderniß aus § 154 zu ergänzen. Insoweit eS in einem gesetzlich geregelten Verfahren (z. B- vor einem Schieds richter oder vor einer Brand-Entschädigungs-Abschätzungs-Kommission: VPl. 9. Juli 55, Entsch. 29 s. 256; vgl. jedoch REPO. § 861) geschehen kann, daß ein Eld mit rechtlicher Wirkung zugeschoben re. oder auserlegt werde, ist seine Falschschwörung straf bar; contra: Heinze i. GA. XVII, 620; Schütze s. 310 n. 11. Das Gegentheil tritt nur dann ein, wenn die Eideszuschiebung (Auflegung) oder Abnahme nicht auf Grund einer gesetzlichen Regelung des Verfahrens, oder vor einem zur Abnahme eines Eides der fraglichen Art überhaupt nicht zuständigen Beamten erfolgt ist; die Unzuständig keit des Beamten für den Einzelsall schließt den Thatbestand nicht aus. 4. War der falschgeschworene Eid ein „zngeschobener, znrückgeschobener oder auferlegter", so macht im Uebrigen seine Natur keinen Unterschied, sofern er nur nicht ein grundsätzlich unzulässiger Eid war, z. B. ein Reinigungseid im Straf verfahren oder der Eid eines EideS-Unmündigen; contra (in Betreff des letzteren): ML. s. 581; vgl. n. 10, § 154 n. 12 u. v. Iagemann i. GSaal 29 s. 346 (fordert, als zum Thatbestände aller Eidesdelikte gehörig, eine in abstracto rechtswirksame Betheuerung, deren Verletzung mit der Verletzung einer Rechtspflicht einhergehe). Daß dem Schwörenden die Fähigkeit, eidlich vernommen zu werden, durch ein Straf uriheil abgesprochen worden war, macht seinen Eid nicht zu einem gesetzlich unzu lässigen: Dresd. 17. Juni 71 (SGZ. XVI, 240); Dochow i. HH. III, 235; contra: Schütze s. 310 n. 11; vgl. § 154 n. 12. Ebenso verhält eS sich, wenn der Schwö rende sich durch Bekundung der Wahrheit einer Strafverfolgung ausgesetzt haben würde (vgl. § 157 Nr. 1): AG. Oberfranken 14. Nov. 72 (StZ. III, 89). 5. ES gehören hierher alle assertorischen Offenbarungseide, z. B. die in einer NachlaßregulirungSsache oder in einem Exekutionsverfahren geleisteten: ZI. 30. Sept. 57 c. Schneider. Im Geltungsbereiche der Pr. AGO. ist der den ManifestationSeid ableistende Exequendus verpflichtet, auch die der Exekution nicht unter liegenden Gegenstände, sowie bedingte und betagte Forderungen anzugeben: ZU. 8. Mai 73, ZI. 2. Febr. 76 (RdO. XIV, 350; XVII, 80). Nach gemeinem Recht ist der Erbe (Miterbe) bezüglich seiner Schulden an die Masse von der eidlichen Manifestation nicht befreit: Darmst. 20. Sept. 75 (HEntsch. s. 38). Gegenwärtig sind prozessuale Offenbarungseide nur noch nach §§ 711. 769 der REPO, und nach § 115 der RKO. zulässig, wogegen die eigentlichen civilrechtlichen OffenbarungSeide, gleichviel, ob sie sich in einem Civil- oder in einem Prozeßgesetze vorgeschrieben finden, beibehalten sind; vgl. EG. z. RCPO. § 16 Nr. 3, Puch. REPO. s. 798. — Die Ausschwörung des promissorischen Theiles eines Offenbarungseides mit der
Thl. II. Abschn. IX.
Meineid. - § 153.
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Absicht, ihn nicht zu hatten, ist nicht strafbar: ZI. 27. April 66 (RdO. VII, 252), während die spätere Zuwiderhandlung gegen das gegebene Versprechen (Eidesbruch) unter § 162 fällt. 6 ebenso Diffess ionSeide (Pr. AGO. I, 10 § 134ff.): ZI. 4. Jan. 56 c. Schmidt; ZU. 5. Juni 58 c. Bochröder. 7 ebenso ein Glaubens- oder Ignoranzeid; die Strafbarkeit der Falschschwörung eines solchen ist nicht dadurch bedingt, daß der Schwörende aus eigner Wahrnehmung Kenntniß von der Wahrheit des Gegentheils gehabt habe: Beschl. II. 2. April 64, ZU. 7. Sept. 74 (RdO. IV, 444; XV, 535). 8 ebenso ein Schätzung-- (WürderungS-) Eid, wenn nachweislich der Schwörende eine seiner eigenen Ueberzeugung nach übertriebene Schätzung vor genommen hat: Schw. s. 407, Schütze s. 312 n. 16, Puch. n. 2; contra: Meyer n. 4; landesprozeßrechtliche Vorschriften (z. B. Pr. AGO. I, 22 § 26), welche jede weitere Ermittelung über die Richtigkeit der Schätzung untersagen, haben nur für das Civilrecht Geltung. Vgl. übrigens jetzt RCPO. § 260 Abs. 2. 9. „Auferlegier Eid" ist gleichbedeutend mit „geforderter Eid": VI. 10. Mai 61 (RdO. I, 386). Daher gehört hierhin der in einer Rechtssache unter Geneh migung des Gerichts vergleichsweise vereinbarte und vom Gerichte abgenommene Eid: Dresd. 24. April 74, 1. Febr. 75 (SGZ. XVIII, 282; XIX, 241); contra: Breitling u. Stuttg. 27. Sept. 76 (WGbl. XI, 356ff.; XII, 286); nicht aber ein (auf das eigne Ansuchen des Schwörenden) blos gestatteter, im Falle der Nichtleistung mit keinerlei Rechtsnachtheilen verbundener Eid: DreSd. 19. Juli 75 (StZ. V, 299). Ebendeshalb trifft der § auch Denjenigen, welcher den einem Andern auferlegten Eid ausschwört, indem er sich für diesen auSgiebt; so: eit. BI. 10. Mai 61; Schw. s. 412; Puch. n. 6, und zwar selbst bei sonst wahrhafter Betheuerung des EideSthema's: v. Iagemann i. GSaal 29 s. 354. 10. Ist der zugeschobene rc. Eid vor einer zur Abnahme von Eiden der frag lichen Art (im Allgemeinen) zuständigen Behörde falsch ausgeschworen worden, so hat der Strafrichter (vom Fall der grundsätzlichen Unzulässigkeit des Eides abgesehen: n. 4) nicht mehr zu untersuchen, ob jene Behörde mit Recht oder mit Unrecht den Eid nach den maßgebenden Prozeßgesetzen für statthaft und für die zu fällende Entscheidung erheblich erachtet habe: Motive s. 94; Münch. 24. Ian. 73 (StZ. II, 161). Vgl. § 154 n. 2. 3. Demgemäß steht der Bestrafung der Umstand nicht entgegen, daß ein Eid über einen den Klageanspruch nicht deckenden Gegenstand, oder vor Rechtskraft des betr. Urtheils (RCPO. §§ 293. 425. 781) oder in einem nichtigen Prozesse auögeschworen worden ist; vgl. v. Iagemann 1. c. s. 348. 11. Ob der Eid in Person, oder, — soweit dies nach den Prozeßgesetzen zulässig (Pr. AGO. I, 10 § 314; vgl. jedoch RCPO. § 440), — durch einen Be vollmächtigten geleistet wurde, ist gleichgültig. Der Bevollmächtigte, welcher mit Kenntniß der Unwahrheit den Meineid geleistet hat, kann dann Gehülfe sein; vgl. § 154 n. 23. 12. Ein wirklicher „Eid" liegt nur dann vor, weun die vorgeschriebenen wesentlichen Förmlichkeiten der Eidesleistung beobachtet sind; wo es an diesen fehlt, bleibt der § ausgeschlossen. Wesentliche Förmlichkeit ist die Bekräftigung, ver bunden mit der Anrufung GotteS (vgl. RCPO. § 443): Beschl. II. 11. Mai 65 (RdO. VI, 112); Münch. 11. Juli 79 (BEntsch. IX, 368: unterbleibe die Anrufung Gottes, so liege nicht einmal ein strafbarer Versuch vor); nicht aber die Beobachtung der äußeren Formen, welche nach dem religiösen Bekenntniffe des Einzelnen ver schieden sein können, noch diejenige der Vorschriften, welche nur das körperliche Ver halten betreffen: cit. Beschl. II. 11. Mai 65; Rüd. n. 4; contra: ZI. 2. Mai 56 (Entsch. 34 s. 311); jedenfalls genügt eine in Gemäßheit der eigenen Konfessionsan. gäbe erfolgte Eidesleistung; so: cit. Z. 2. Mai 56; BL. s. 393; contra: Abh. i. GA. IV, 317, Schw. s. 405. Ist der Thatbestand des § sestgestellt, so ist anzu nehmen, daß alle wesentlichen Förmlichkeiten der Eidesleistung beobachtet seien: ZU. 11. April 67 (RdO. VIII, 253). 13. Die in Prozeßgesetzen vorgeschriebene Belassung einer Frist zwischen der Auferlegung und Ausschwörung des Eides ist keine wesentliche Förmlichkeit des Ver fahrens; der Meineid ist auch dann strafbar, wenn jene Frist nicht beobachtet wurde: ZU. 25. Sept. 56 (GA. IV, 836).
348
Thl. II
Abschn. IX.
Meineid. — § 153.
14. Daffelbe gilt von einer vorgängigen Verwarnung: ZI. 24. Sept. 56 c. Mattner, ZI. 17. Juni 53 (GA. I, 567); vgl. Pr. AGO. Anh. § 82; RCPO. § 442. 15 ebenso von der Beobachtung des § 32, I, 22 der Pr. AGO. in Betreff der Vorlegung eines durch Manifestationseid zu bekräftigenden VerzeichniffeS rc. an den Gegner: ZU. 8. Mai 73 (RdO. XIV, 350\ und von der (durch die Waldeckfche Unt.-GO. v. 4. Juli 1836 § 190 vorgeschriebenen) vorgängigen Vorlegung des vom Kridar zu manifestirenden Konkurö-Jnventarö: Z. 10. Febr. 69 (RdO. X, 81). 16. Durch den Eintritt irgend eines Rechtsnachtheils für einen Dritten ist die Strafbarkeit in keiner Weife bedingt; das Gegentheil folgt nicht aus § 158. 17. Der Eid muß (wissentlich) „falsch" geschworen sein; er muß also eine objektive Unwahrheit zum Gegenstände haben, ein irrthümlicheS Für-falsch-halten deS Schwörenden genügt nicht; vgl. übrigens § 154 n. 10. Diese Falschheit muß in Betreff einer der in der EideSzuschiebnng rc. (-Auflegung) enthaltenen Thatsachen obwalten; eS würde nicht ausreichen, wenn das Falsche lediglich in einem vom Schwö renden über jene Zuschiebung rc. hinaus gemachten Zusatze zu finden wäre (: Beschl. I. 30. Okt. 72: RdO. XIII, 558), insofern nicht der den Eid abnehmende Beamte durch die Aufnahme des vom Schwörenddn gemachten Zusatzes in die Eidesformel auch diesen zum Gegenstände der Eidesauflegung gemacht hat, oder der Zusatz in einer der Eideönorm zulässiger Weise beigesügten Qualifikation besteht; vgl. ZII. 22. Apr. 75 (RdO. XVI, 304). 18. Bei Beurtheilung der Frage, ob ein Eid „falsch geschworen" sei, kommt eS wesentlich auf den Wortlaut der EideSnorm an; eine in diese Äkorm eingeschlichene irrige Bezeichnung der Namen, der Zeil rc. schließt die Meineidsstrafe aus, wenn in Folge derselben die verneinende Ausschwörnng nicht mehr eine Unwahrheit zum Gegenstände hat, sollte sie auch zu einer unrichtigen Entscheidung führen; contra: Beschl. I. 10. Febr. 69, ZI. 24. Nov. 75 (RdO. X, 85; XVI, 750), Manh. 9. Okt. 75, 8. Jan. u. 30. Dez. 76 (BAnn 42 s. 20 ff.; 43 s. 42: sofern der Angeklagte das Bewußtsein von der Unerheblichkeit des Umstandes gehabt habe, welcher der Un wahrheit den Schein der Wahrheit verlieh; die Feststellung, daß er dieses Bewußt sein gehabt haben könne oder müffe, genüge nicht). Im Uebr. vgl. § 163 n. 4. 19. Dagegen ist ein affirmativ ausgeschworener Eid nicht lediglich deshalb als falsch anzusehen, weil er einen unrichtigen nebensächlichen und von allen Be theiligten als durchaus unwesentlich betrachteten Punkt umfaßte, z. B. eine (ein flußlose) unrichtige Zeit- oder Ortsangabe. 19a. In welchem Sinne eine Eidesformel aufzufaffen sei, und ob der Eid richtig oder falsch geleistet wurde, ist thatsächlicher Natur, mithin der Nach prüfung des Revisionsrichters entzogen: ZRIII. 30. Juni 80 (RdR. II, 141). 20. Die Aufnahme der einzelnen falsch beschwornen Thatsachen in die schwur gerichtliche Fragestellung war in Preußen statthaft, aber (selbst wenn beantragt) in Ermangelung besonderer im Lauf des Verfahrens vorgekommener Umstände nicht geboten: ZI. 15. Okt. 75 (RdO. XVI, 659); sie unterlag dem richterlichen Ermessen; ebendesbalb trat Nichtigkeit ein, wenn der Gerichtshof, ohne jenes Ermeffen walten zu lassen, einen derartigen Antrag als „unstatthaft" ablehnte: BI. 11. Sept. 68 (RdO. IX, 487). Geboten war jene Aufnahme namentlich dann, wenn sie erforder lich erschien, um die That zu individualisiren, d. h. sie von anderen zu unterscheiden; vgl. ZI. 15. Jan. 73 (RdO. XIV, 46). — Gegenwärtig bildet § 293 der RStPO. die maßgebende Norm. 21. Die Falschschwörung muß „wissentlich" geschehen sein; ist dieses der Fall, so wird die Strafbarkeit dadurch, daß der Schwörende die beschworene That sache für die betr. Sache als unerheblich oder nicht entscheidend ansah, nicht beseitigt; ZII. 23. Sept. 70 (RdO. XI, 480); vgl. übrigens n. 18. 19. 22. Vollendet wird das Verbrechen, wenn die zu beschwörende Erklärung der Eidesleistung vorhergegangen oder in die Eidesformel mit ausgenommen war, mit der Beendigung der Eidesleistung; ging dagegen die Eidesleistung der Erklärung über die Thatsache vorher, mit dem Schluffe dieser Erklärung; bis zu diesem ist dann eine Berichtigung grundsätzlich nicht ausgeschlossen; vgl. n. 23. 23. Ein Versuch des Meineids (der Anfang der Ausführung) kann nur da
Thl. II. Abschn. IX.
Meineid. - §§ 153. 154.
349
§ 154. Gleiche Strafe trifft denjenigen, welcher vor einer zur Abnahme von Eiden zuständigen Behörde wissentlich ein falsches Zeugniß oder ein falsches Gutachten mit einem angenommen werden, wo mit der Thatbestandshandlung d. h. mit der Eidesleistung (wäre es auch nur durch Erhebung der Finger, oder durch Aussprechen des ersten Wortes: „Ich": Z. 18. Febr. 52, Entsch. 23 s. 213), oder — wenn die Erklärung über die Thatsache der Eidesleistung vorherging — mit dieser der Anfang gemacht ist; das Erbieten zum Beschwören der Unwahrheit genügt nicht: DreSd. 30. Juli 75 (SGZ. XX, 261): Schütze f. 310; Meyer s. 119 n. 6; contra: Rüd. s. 289; ZU. 6. Ott. 53 (GA. I, 702). - Dgl. n. 12. 24. Die eigene religiöse Auffassung des Schwörenden über die Bedeu tung des Eides ist für den Thatbestand gleichgültig. 25. Die Falschschwörung eines Eides ist auch dann, wenn dieser eine Mehr heit verschiedener selbstständiger Thatsachen zum Gegenstände hatte, nur als ein Verbrechen anzusehen; das Gegentheil würde eiutreten, wenn Jemand zwei ver schiedene, getrennt auserlegte re. Eide hinter einander auögeschworen hätte, sollte er auch die Eidesformel für beide nur einmal ausgesprochen haben: ZI. 16. Febr. 72 (RdO. XIII, 155). Die Wiederholung der Falschschwörung in derselben oder in einer andern Sache begründet Realkonkurrenz; vgl. § 154 n. 22. 26. Neben der Zuchthausstrafe sind die im § 161 erwähnten Ehrenstrafen zu verhängen; in Betreff des Näheren vgl. die Bemerkt, zu diesem §♦ 27. In den durch die §§ 157. 158 vorgesehenen Fällen erfährt die Strafe eine bedeutende Ermäßigung. 28. Ueber die Möglichkeit einer Beihülfe zum Meineide vgl. § 154 n. 23. 29. Nach französisch rechtlichem Verfahren konnte der Deferent eines falsch aus geschworenen Eides im Strafverfahren ,'nicht als Civilpartei auftreten (arg. C. Civ. art. 1363: Gilb. C. pdn. art. 366 n. 6. Vgl. jetzt RStPO. § 435. 30. Ist ein Parteieid falsch ausgeschworen worden, so findet gegen daS aus denselben gegründete Urtheil unter Umständen die Restitutionsklage statt: REPO. §§ 543 (Nr. 1). 544.
§ 154. Behörde: 1 — 5. Beihülfe: 23. Bekräftigung: 17. DoluS: 8. 29. Ehrenstrafen: 25. Eid, vorher geleistet: 17. Einkommensteuer: 5. Erbbescheinigung: 5. Erheblichkeit: 8. 9. Falschheit: 8. 9. 11. 12. Förmlichkeiten: 14. 15. Fragstellung: 24. Generalfragen: 9.
Inhalt: Gutachten: 7 — 9. 13. Kausal Zusammenhang: 27. Mehrheit v. Bekundd.: 21. Nachtheil: 19. 27-29. Notar: 4. NotorietätS-Akt: 5. Protokollirung: 16. Selbstbelastung: 12. Strafermäßigung: 26. Verhältniß, persönl.: 8. 9. Verjährung: 32. Verschweigen: 11. Versuch. 20. 31.
Derurthetlung: 28. 30. Verwarnung: 14. Vollendung: 18. 19. Vollstreckung: 28. Voruntersuchung: 6. Widerruf: 18. 20. Wiederholung: 21. 22. Zeugniß: 7—12. . einheitlich: 21. . erheblich: 8. 9. . falsches- 8-11. Zuständigkeit: 2—5.
1. „Behörde" umfaßt hier auch einen Einzel-Beamten. 2. Unter der „zur Abnahme von Eiden zuständigen Behörde" ist hier eine solche zu verstehen, welcher im Allgemeinen die Befugniß zusteht, Zeugen oder Sach verständige eidlich zu vernehmen; aus die Zuständigkeit der Behörde für die konkrete Angelegenheit, sowie darauf, ob sie genügende Veranlassung hatte, die Vereidung (oder Vernehmung) vorzunehmen, kommt eS nicht an: ZU. 27. Juni 72, Darmst. 31. Mai 75, Dresd. 19. Juli 75 (RdO. XIH, 378; HEntfch. 75. II. s. 19; StZ. V, 299). Jene Zuständigkeit bedarf der ausdrücklichen instanzrichterlichen Feststellung; vgl. ZI. 26. Ian. 72 (RdO. XIII, 89). Die Feststellung erfolgt nach § 293 der RStPO. durch die Geschwornen. 3. Hier genügt es, wenn die That „vor einer rc. zuständigen Behörde" (n. 2) geschah; ein Mehr ist dann nicht zu fordern, und nicht auS § 153 zu ergänzen. Insbesondere kommt es weiter auf die Natur der amtlich en Stellun g nicht an. Ebensowenig braucht der Zeuge rc. von der Behörde zum Zeugnisse rc. berufen zu
350
Thl. II. Abschn. IX.
Meineid. — § 154.
Eide bekräftigt oder den vor seiner Vernehmung geleisteten Eid wissentlich durch ein falsches Zeugniß oder ein falsches Gut
achten verletzt. sein; eS genügt, wenn dieselbe das Zeugniß befugter Weise zu einem amtlichen Zwecke entgegengenommen hat; contra: ZI. 19. Nov. 73 (RdO. XIV, 732). 4. Hiernach findet der § Anwendung, wenn ein Notar in Gemäßheit der AGO. III, 7 § 83 oder deS C de proc. art. 914 Nr. 9 oder 943 Nr. 8 bei Aus nahme eines Inventars einen Eid abnimmt. 5 ebenso, wenn bei Ausnahme einrs NotorietätS-AkteS oder bei Ausstellung einer gerichtlichen Erbbescheinigung (C. civ. art. 72, Pr. Ges. v. 13. März 1869 § 3) ein falsches Zeugniß mit einem Eide bekräftigt, oder wenn ein Gleiches bei der durch das Pr. Ges. v. 1. Mai 1851 § 26 gestatteten, aus Veranlassung der Bezirks-Kommissionen zu bewirkenden gerichtlichen Zeugenvernehmung über die VermögenS-Verhältnisse eines Einkommensteuerpslichtigen geschehen ist. 5a ebenso, wenn das beeidigte salsche Zeugniß vor einem Hesi. Kreis amte in einer zu dessen Kompetenz gehörigen Disciplinaruntersuchung abgelegt ist: Darmst. 4. Sept. 76 (HEntsch. 76 s. 107). 6. DaS in einer strasgerichtlichen Loruntersuchung (Ermittelungsverfahren) abgelegte salsche eidliche Zeugniß unterliegt der Strafe, ohne Unterschied, ob die Vor untersuchung gegen eine bestimmte Person gerichtet war, oder ob eS sich nur darum handelte, zu ermitteln, ob Überhaupt eine Mißthat vorliege: ZI. 6. April 53 (GA. I, 393); contra: Meyer s. 120 n. 2. DaS galt auch nach dem früheren Rh. Versahren. Die in Frankreich herrschende und vom Pr. Obertribunal selbst nach Einführung deS Pr. StGB.'S aufrecht erhaltene Ansicht, daß nur ein im Haupt verfahren abgelegtes falsches Zeugniß strafbar sei, war unter der Herrschaft des D. StGB.'S, der Fassung deS § 154 und den Materialien zufolge, nicht mehr halt bar : ZU. 14. Jan. 75 (RdO. XVI, 49). Jenes Zeugniß bleibt selbst dann strabar, wenn der Zeuge in der Hauptverhandlung seine frühere Aussage berichtigt; die bei Berathung der RSlPO. § 66 in der IKomm. (vgl. Protok. s. 73) zum Ausdruck gelangte Ansicht, daß diese zweite Aussage als Fortsetzung der ersteren anzusehen sei, kann nicht gebilligt werden; vgl. n. 18. 22. Gemäß § 65 der RStPO. findet übrigens die Vereidung von Zeugen in der Voruntersuchung nur ausnahmsweise statt. 7. Wesentlich ist, daß die Aussage als „Zeugniß" („Gutachten") oder vom Angeschuldigten als „Zeuge" („Sachverständiger") abgegeben sei; die betr. Feststellung wird dadurch nicht ersetzt, daß deS abgeleisteten „Zeugeneides" Er wähnung geschieht: VH. 21. Sept. 54 c. Huwer. — Die nach Maßgabe des § 55 der RStPO. abgegebene „eidliche Versicherung" ist ein „Zeugniß"; vgl. § 156 n. 1, Löwe s. 321. — Unter dem Ausdrucke „Sachverständiger" sind Dolmetscher einbe griffen; vgl. Mot. zur REPO. s. 529. 8. Ein „Zeugniß" ist „falsch", wenn eine demselben wesentlich angehörende d. h. eine solche Angabe unrichtig ist, welche für die Beweiserhebung irgend welche Bedeutung hat; Unrichtigkeiten in durchaus unwesentlichen Nebenpunkten gehören somit nicht hierher; vgl. Abs. 2 „zum Nachtheil"; contra: Münch. 28. Dez. 76, 13. April 78 (BEntsch. VI, 615; VIII, 163: das letztere Erk. betraf einen Fall des § 156); vgl. VII 11. April 67 (RdO. VIII, 253). Freilich wird der Zeuge Alles, worüber er ausdrücklich befragt wird, als wesentlich und beweiserheblich an zusehen haben, zumal da er nicht aus dem Standpunkte steht, selbst diese Erheblich keit vollständig zu beurtheilen: Beschl. II. 29. Febr. 72 (RdO. XIII, 187). Hätte er aber nichtsdestoweniger bei einer unrichtigen Angabe die betr. Thatsache für eine in jeder Beziehung unwesentliche gehalten, so würde es ihm an dem erforderlichen DoluS (dem Willen, ein falsches „Zeugniß" abzulegen,) fehlen. 9. Das Gesagte (n. 8) gilt namentlich von allen Erklärungen, welche der Zeuge aus die an ihn gestellten s. g. Generalfragen in Betreff seiner eigenen persön lichen Verhältnisse abgiebt, nach welchen wesentlich seine Glaubwürdigkeit be messen werden soll, und zwar nicht blos von den gesetzlich vorgeschriebenen, sondern von allen durch den vernehmenden Beamten für angemessen erachteten Fragen jener Art: Beschl. I. 5. Juli 61 (RdO. I, 504); contra: John i. GA. IV, 471; z. B.
Thl. II. Abschn. IX.
Meineid. — § 154.
351
Ist das falsche Zeugniß oder Gutachten in einer Straf sache zum Nachtheile eines Angeschuldigten. abgegeben und dieser zum Tode, zu Zuchthaus oder zu einer anderen mehr als fünf von allen Fragen, welche sich auf frühere Bestrafungen des Zeugen beziehen, auch wenn durch dieselben seine Zeugnißfähigkeit nicht beeinträchtigt würde: ZRI. 23. Febr. 80, ARIII. 5. Mai 80 (Entsch. 1, 217; RdR. I, 732); ZI. 27. Mai 53, 11. Nov. 59 (GA. I, 393; VIII, 126). Die Strafbarkeit einer falschen Angabe wird auch dadurch nicht beseitigt, daß seit der erlittenen Bestrafung die volle Verjährungsfrist abgelausen ist: cit. ZI. 27. Mai 53. 10. Ein Zeugniß ist auch dann falsch, wenn der Zeuge wahrheitswidrig seine Kenntniß von der Thatsache versichert, sollte die Thatsache selbst auch wahr sein: ZI. 7. Sept. 60 (GA. VIII, 605); Schütze s. 310 n. 12. 11. DaS Verschweigen einer erheblichen Thatsache stellt nur dann ein fal sches Zeugniß dar, wenn es absichtlich und gegen besseres Wissen Statt sand; es kommt daher wesentlich darauf an, daß die Vernehmung in einer Weise bewirkt worden sei, aus welcher der Zeuge erkennen konnte, daß man in Betreff seineWissens über jene Thatsache AnSkunft verlange, oder aber daß er selbst die Erheb lichkeit der Thatsache erkannt habe: VI. 30. März 55 (Entsch. 30 s. 336). Die Feststellung des Thatbestandes nach den Worten des § genügt, wenn der Ange schuldigte es versäumt hat, eine speziellere Fassung der Frage zu beantragen: ZI. 11. Mai 61 (GA. IX, 519). 12. Das falsche eidliche Zeugniß eines Eides unmündigen ist straflos, v. Jagemann i. GSaal 29 s. 340 ff. nimmt dasselbe vom Zeugniß eines EideSunfähigen an, gleichviel ob dieser zur Ablegung eines eidlichen Zeugnisses allge mein (StGB. § 161) oder nur für den betreffenden Prozeß (wegen seiner Beziehung zum Prozeßgegenstand, zu den Prozeßparteien rc.) unfähig sei; ebenso (in Betreff des letzteren): Stuttg. 15. Jan. 79 (WGbl. XV, 311); contra: jedoch: ZRI. 23. Febr. 80 (Enisch. 1, 217: speziell für den Fall der richterlichen Aberkennung der EideSfähigkeit); vgl. auch § 153 n. 4. Der Umstand, daß der Zeuge nach dem Gesetze die Vernehmlassung hätte verweigern können, oder daß er sich durch Bekundung der Wahrheit selbst einer Strafverfolgung ausgesetzt haben würde, schließt jedenfalls die Bestrafung nicht aus, ist vielmehr nur ein StrafermäßigungSgrund: § 157. 13. Das unter n. 8. 9 Gesagte gilt in analoger Weise auch von dem als Sachverständiger Vernommenen; Meyer s. 131 n.6; Antr. deö GStA. z. ZII. 21. Juni 77 (RdO. XVIII, 460); contra: ZI. 4. Mai 53, cit. ZII. 21. Juni 77 (der nach der Pr. Vdn. v. 28. Juni 1844 vom Sachverständigen zu leistende Eid beziehe sich nur auf das erforderte Gutachten, nicht aus die Beantwortung von Generalsragen über Thatsachen rc.); Rüd. n. 4. Aehnlich würde eö sich eventuell mit dem (nach der Pr. NStPO. § 172 Abs. 4) nach § 79 der RStPO. oder nach § 375 der RCPO. zu leistenden Eide verhalten. 14. Durch eine (in den Prozeßgesetzen vorgeschriebene) vorherige Verwar nung ist die Strafbarkeit des falschen Zeugnisses rc. nicht bedingt: Beschl. I. 5. Juli 61 (RdO. I, 504). 15. In Betreff der^F ör mlich keiten der Eidesleistung vgl. § 153 n. 12—15. 16. Die Verfolgung eines im Hauptverfahren abgelegten falschen Zeugnisses rc. ist nicht durch eine Protokollirung der gemachten Bekundungen bedingt, sobald der Thatbestand anderweitig nachgewiefen werden kann: Bll. 22. Nov. 60 (RdO. I, 37; int).). Dasselbe muß auch von einem in der Voruntersuchung (Ermittlungs verfahren) abgelegten Zeugnisse, z. B. von einem einen wesentlichen Punkt betreffenden absichtlichen Verschweigen gelten; contra; Z. 31. März 52 c. Wagner. 17. Die Alternative: „wer ein falsches Zeugniß rc. mit einem Eide be kräftigt", oder „wer den vor seiner Vernehmung geleisteten Eid wissentlich durch ein falsches rc. Zeugniß verletzt" — berücksichtigt die Verschiedenheit des prozessua lischen Verfahrens, je nachdem die Zeugen rc. die bereits abgegebene Aussage schließlich assertorisch eidlich bekräftigen oder aber beim Beginne ihrer Vernehmung durch pro missorischen Eid die Bekundung der Wahrheit angeloben. Die RStPO. (§§ 61. 79) und die RCPO. (§§ 357. 375) lassen bei Zeugenvernehmungen Eide beiderlei
352
Thl. II. Adschn. IX.
Meiueid. — § 154.
Jahre betragenden Freiheitsstrafe verurtheilt worden, Zuchthausstrafe nicht unter drei Jahren ein. [I. (Sntto.: §§ 135. 136; II. Entw.: § 152; §§ 155-157.161.
so tritt
Pr. SlGB.: §§ 126. 127.]
Vgl.
Preußen: Vgl. NEB. z. Pr. StGB. v. 25. Juni 1867 Art. XII Nr. 3. Art, bei Vernehmung von Sachverständigen nur den promissorischen Eid zu; vgl. übrigens § 155 n. 6. Der promissorische Eid kann auf die (unmittelbar) vor dessen Ableistung gemachten Angaben nicht bezogen werden; ZRIII. 9. Okt. 80 (RdR. II, 307). 18. Vollendet wird das Verbrechen da, wo die eidliche Bekräftigung nach der Vernehmung erfolgt, durch erstere. Geht die (promissorische) Eidesleistuug der Vernehmung vorher, so ist nicht eher Vollendung anzunehmen, bis die Abhör des Zeugen rc. ihr Ende erreicht hat; Münch. 17. Aug. 78, 15. März 80 (BEntsch. VIII, 444; IX, 531); Schütze s. 311; Haager i. GSaal 25 s. 219; id. i. BAnn. 39 s. 313; 40 s. 119; 42 s. 375; eine andere Ansicht geht noch weiter und zwar dahin, daß das Verbrechen erst mit dem Schlüsse der Gesammtverhandlung vollendet sei; vgl. Manh. 15. März 73 (BAnn. 39 s. 98: ließ daher eine Berichtigung noch zu, obgleich der Zeuge nach beendigter Abhör bereits zurückgelreten war). Jeden falls ist Vollendung anzunehmen, wenn die Berichtigung erst erfolgt, nachdem die StA.-schäft die Einleitung einer Untersuchung wegen falschen Zeugnisses rc. bean tragt oder der vernehmende Beamte von Amtswegen Maßnahmen zu diesem Ende getroffen hatte, (diese stehen dann einer „Anzeige" gleich: § 158). 19. Des Eintritts eines Rechtsnachtheils für einen Dritten oder für ein staatliches Interesse (z. V. für das der Strafverfolgung) bedarf es zum Thatbestände des Abf. 1 nicht; das Gegentheil ist weder aus Abs. 2 noch aus § 158 zu folgern. 20. In Betreff des Vers uchs eines falschen Zeugnisses rc. vgl. § 153 n. 23. Ein rechtzeitiger (n. 18) Widerruf ist als ein die Strafbarkeit aufhebender frei williger Rücktritt (§ 46 Nr. 1) anzusehen, selbst wenn er nur in Folge gemachter Vorhaltungen stattgefunden hat; vgl. n. 18. 31. 21. Auch wenn ein Zeugniß rc. mehrere unwahre Bekundungen enthält, stellen doch alle zusammen nur ein Verbrechen dar. Ebendeshalb umfaßt eine er hobene Anklage daS ganze Zeugniß rc., sollten auch in derselben nur einzelne Be kundungen als unwahr hervorgehoben sein; eS kann sonach in einem solchen Falle daS Verfahren demnächst auf andere nicht speziell hervorgehobene Bekundungen aus gedehnt werden; VII. 22. Nov. 60 (RdO. I, 36). Aus demselben Grunde schließt die einmalige Aburtheilung über eine solche Anklage die Erhebung einer neuen An klage wegen desselben Zeugnisses rc. aus, selbst wenn dieses Mal andere Bekundungen als falsch bezeichnet werden: Z. 23. Ian. 52 c. Falkenberg. 22. Dagegen ist die spätere Wiederholung eines falschen Zeugnisses rc. in derselben Untersuchungssache, unter Berufung auf den früher geleisteten Eid (vgl. RStPO. § 66) eine neue selbstständige Mißthat; contra: Vl. 9. Ian. 67 (RdO. VIII, 11); vgl. oben n. 6, Antr. d. GStA. zu VPl. 26. Okt. 65 (RdO. VI, 405). 23. Beihülfe züm falschen Zeugniß rc. ist möglich: ZI. 29. Ian. 68 (RdO. IX, 63). Eine solche kann in der Berufung aus die Vernehmung eines durch einen Andern bestochenen Zeugen, bei vorhandener Wissenschaft, daß derselbe falsch zu schwören beabsichtigte, gefunden werden: Zl. 28. Mai 62 c. Schröder; Münch. 12. März 72 (BEntsch. II, 83); contra: GA. VII, 668; Meyer s. 121 n. 10. — Aehnlich verhält eS sich, wenn ein Angeschuldigter sich mit einem Zeugen über die gegenseitig abzugebenden Aussagen bespricht und die eigene Aussage hiernach einrichtet. 24. Die schwurgerichtliche Fragstellung braucht nicht nothwendig die That sachen zu enthalten, welche unwahr und mit einem Eide bekräftigt worden sind; es genügt eine den Worten des § 154 entsprechende Fassung: ZI. 28. März 73 (RdO. XIV, 234); vgl. Pr. IMVf. v. 14. Mai 1856 VII (GA. IV, 541). 25. In Betreff der zu verhängenden Ehrenstrafen vgl. § 161. 26. In gewissen Fällen tritt Strafermäßigung ein; §§ 157. 158. 27. Znm Thatbestände des Abs. 2 genügt es, wenn das falsche Zeugniß „zum Nachtheile eines Angeschuldigten" abgegeben ist, d. h. wenn die unwahre Bekun-
Al. II. Abschn. IX.
Meineid. — §§ 154. 155.
353
§ 135. Der Ableistung eines Eides wird gleich ge achtet, wenn 1) ein Mitglied einer Religionsgesellschaft, welcher daS Gesetz den Gebrauch gewisser Betheuerungsformeln an Stelle des Eides gestattet, eine Erklärung unter der Betheuerungsformel seiner Religionsgesellschaft abgiebt; düng eine diesen belastende war, so daß sie einen ihm nachtheiligen Schuldspruch herbeiführen konnte, — und wenn die Verurtheilung auf eine der erwähnten Strafen lautete. Der Feststellung eines Kausalzusammenhanges zwischen der falschen Bekundung und der ergangenen Verurtheilung bedarf es dann nicht. 28. Daß die Verurtheilung rechtskräftig geworden oder daß gar eine Vollstreckung erfolgt sei, ist in keiner Weise erforderlich; durch eine in der höheren Instanz erfolgende Abänderung oder durch eine Begnadigung wird die Strafbarkeit nicht beseitigt: Schütze s. 313 n. 17; Puch. s. 187; contra: Rüd. n. 8. 29. Der DoluS braucht nicht auf Herbeiführung einer ungerechten Verurtheilung gerichtet zu sein; in dieser Beziehung genügt das Bewußtsein, daß daS (wissentlich falsch) Bekundete zum Nachtheile des Angeschuldigten gereicht. 30. Abs. 2 wird auch dann anwendbar, wenn wegen mehrerer realiter konkurrir enden Strasiälle auf eine fünf Jahre übersteigende Freiheitsstrafe erkannt ist, sollte sich daS falsche Zeugniß auch nur aus einen jener Fälle bezogen haben: Schütze s. 313 n. 17. 31. Ein Versuch deS im Abs. 2 vorgesehenen Verbrechens ist auö den zu § 224 n. 16 entwickelten Gründen nicht denkbar; vgl. aber n. 20. 32. Die Verjährung beginnt mit der Vollendung deö Verbrechens (n. 18); daS gilt (arg. § 69) auch im Falle des Abs. 2. Die Verjährung wird durch die Vollziehung der dort erwähnten Verurtheilung nicht unterbrochen. 33. Ist aus vorliegenden Thatsachen zu schließen, daß ein Angeschuldigter Zeugen zu falschen Aussagen verleiten werde, so kann wider ihn UntersuchnngShaft verhängt werden: RStPO. § 112; eine solche Thatsache bildet, für sich allein, noch nicht der Umstand, daß jener gerade des Meineids oder deS Unternehmens der Verleitung zum Meineide angeschuldigt ist: Münch. 16. April 80, 24. Nov. 79 (BEutsch. NF. I, 83. 82). 34. Ueber die ev. zulässige Restitutionsklage der RCPO. vgl. dort § 543 Nr. 3, über die ev. zulässige Wiederaufnahme eines geschlossenen Strafverfahrens vgl. RStPO. §§ 399 Nr. 2. 402 Nr. 2.
§ 155. 1. Dieser § schreibt nur vor, wann die Abgabe von Erklärungen rc., wie sie in den Nrn. 1 — 3 näher bezeichnet sind, der Ableistung eine« Eides gleichgeachtet werde. Unter welchen Voraussetzungen die Ableistung eines Eides als Meineid straf bar sei, bestimmen die §§ 153. 154; es versteht sich daher von selbst, daß auch nur unter denselben Voraussetzungen die Abgabe einer Erklärung rc. als Meineid zu be strafen ist: ZI. 19. Nov. 73 (RdO. XIV, 732). Vgl. unten n. 5. 7.
Zu Nr 2. Unter „Gesetz" ist hier, wie in den entsprechenden Vorschriften der RCPO. (§ 446) und der RStPO. (§ 64) ein Reichs- oder Landesgesetz (z. B. für Preußen Ddn. v. 11. März 1827 u. AKO. v. 19. Nov. 1836, Ibb. 49 s. 175 in Betreff der Mennoniten und Philipponen), nicht die Satzung der betr. ReligionSgesellschast zu verstehen; vgl. Mot. z. RCPO. s. 510, Löwe s. 332. Immerhin wird aber eine Betheuerung vorausgesetzt, welche die Stelle eines Eides zu vertreten bestimmt ist; daher findet die Nr. 1 keine Anwendung, wenn in einem Rechtsstreite zwischen Juden ein jüdischer Zeuge (nach der Pr. AGO. I, 10 § 343). eine falsche Aussage ohne eine solche Betheuerung lediglich nach einer vorgängigen Verwarnung durch den Oppenhoff, D. Strafgesetzbuch. 8. Au»g. 23
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Lhl. II. Abschu. IX.
Meineid. — § 155.
2) derjenige, welcher als Partei, Zeuge oder Sachverstän diger einen Eid geleistet hat, in gleicher Eigenschaft eine Versicherung unter Berufung auf den bereits früher in derselben Angelegenheit geleisteten Eid abgiebt, oder ein Sachverständiger, welcher als solcher ein- für alle mal vereidet ist, eine Versicherung auf den von ihm geleisteten Eid abgiebt; 3) ein Beamter eine amtliche Versicherung unter Berufung auf seinen Diensteid abgiebt. [I. Entw.: § 137; II. Entw.: § 153; Pr. StGB.: § 128.) Dgl. §§ 153. 154. 157; 158. 163; RLPO. §§ 363. 375. 446; RStPO. §§ 64. 66. 79. Preußen: Vgl. AGO. I, 10 §§ 203. 210. 211; I, 13 § 10b; Cr.-Ord». § 335; Vdn. v. 3. Jan. 1849 § 55; NEB. Arl. XII Nr. 3; NSlPO. § 165; Forfldiebst.-Ges. § 25.
Rabbiner abgegeben hat: Beschl. I, 5. Jan. 70 (RdO. XI, 5); hier liegt auch keine „Versicherung an Eideöstatt" (§ 156) vor. 2a. Wenn Jemand sich fälschlich für ein Mitglied einer der hier fraglichen Religionsgesellschaften auSgiebt und unter der BetheuerungSformel derselben Falsches erklärt, so soll nach v. Iagemann i. GSaal 29 s. 355 die Nr. 1 gleichfalls AnWendung finden [?]; vgl. § 153 n. 12.
Zu Nr. 2. 3. Diese Nr. 2 setzt nicht als nothwendig voraus, daß das Gesetz für den kon kreten Fall eine solche „Versicherung" an Stelle einer förmlichen Eidesleistung ausdrücklich vorschreibe resp, zulasse, wie eö in der RStPO. §§ 66. 79 und in der REPO. §§ 363. 375 geschieht; eö genügt vielmehr schon ein bloßes Nichtver bot; vgl. Schütze s. 310. 4. Dagegen ist es unerläßlich, daß die Versicherung unter Berufung auf den früher „in derselben Angelegenheit" geleisteten Eid abgegeben sei; es genügt nicht, wenn eö sich um verschiedene aber in einer Anzeige (z. B. einem Holz frevelverzeichnisse) zusammengesaßte Straffälle handelte: ZI. 7. Febr. 72 (RdO. XIII, 120). 5. Die Worte „Partei, Zeuge oder Sachverständiger" weisen zurück auf die Fälle der §§ 153. 154 (vgl. n. 1). Demgemäß ist hier unter „Partei" jeder zu verstehen, welcher an Stelle eines „zugeschobenen, zurückgeschobenen oder auferlegten Eides" (§ 153) eine Versicherung auf einen früher in der angegebenen Weise ausgeschwornen assertorischen Eid abgiebt, nicht also z. B. ein Vormund als solcher und mit Rücksicht auf den von ihm bei Uebernahme der Vormundschaft geleisteten allgemeinen Versprechungseid: Z. 3. Mai 73 (RdO. XIV, 335). AuS gleichem Grunde ist „Zeuge hier nur derjenige, welcher in einem schwebenden Verfahren zur Bekundung von Thatsachen berufen bzw. vernommen wird; so: ZU. 13. Juli 72 (RdO. XIII, 427). 6. ES begründet nicht allein bei den Zeugen, sondern auch bei den für Gut achten der betreffenden Art „ein- für allemal vereideten" Sachverständigen keinen Unterschied, ob die Versicherung rc. der Vernehmung vorhergegangen oder nachgefolgt ist; nur muß in letzterem Falle, wenn der Zeuge rc. von Neuem vorgerusen und befragt wird, die Versicherung wiederholt werden; dies gilt selbst dann, wenn der ursprünglich vom Zeugen geleistete Eid ein promissorischer war: ZRH. 6. April 80, ARIII, 25. Febr. 80 (Entsch. I, 349; RdR. I, 398); vgl. Löwe s. 335. 6a. Der „Berufung auf den Eid" steht die bloße Hinweisung auf den selben (seitens der Behörde) nicht gleich: ARIII. 18. Sept. 80 (RdR. II, 216); 2. 3. Mai 72 (eit. n. 5).
Zu Nr.3. 7.
Die Nr. 3 enthält, gleich den Nrn. 1. 2, keine selbstständige Strafvorschrift,
Thl. II. Abschn. IX.
Meineid. — § 155.
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sondern ist aus den §§ 153.154 zn ergänzen, bzw. zu erläutern; vgl. n. 1. 5. Sie hat daher regelmäßig ein richterliches oder administratives Verfahren, welches durch eidliche Erklärungen der Betheiligten (Parteien) oder der Zeugen die Wahrheit als Grundlage einer künftigen Entscheidung zu ermitteln bezweckt, zur Voraussetzung, und trifft z. B. dann nicht zu, wenn durch eine falsche diensteidliche Versicherung nur eine dem dienstlichen Verkehre mit dem Vorgesetzten entsprungene Erklärung über die Erfüllung einer amtlichen Obliegenheit bestärkt wird, z. B. wenn ein Exekutor, ohne als Zeuge in einem schwebenden Verfahren berufen zu sein, die Richtigkeit eines falschen Exekutionsberichts (vgl. § 348 n. 7) auf seinen Diensteid versichert; so: LI. 30. Mai 77, ZU. 13. Juli 72, Beschl. II. 27. März 73 (RdO. XVIII, 229; XIII, 427; XIV, 229); contra: ZU. 10 Sept. 57 (JMbl. s. 380: entschied, daß ein Beamter, welcher eine wahrheitswidrige Anzeige in Betreff einer angeblich begangenen Mißthat mache, und die Wahrheit auf seinen Diensteid ver sichere, dadurch ein „falsches Zeugniß" ablege, sollte er auch einen Thäter nicht nam haft gemacht haben); vgl. außerdem § 153 n. 2. 5; § 154 n. 3ff. — Aus gleichem Grunde bleibt die Nr. 3 außer Anwendung, wenn eine falsche diensteidliche Zeugen bekundung vor einer Behörde abgegeben wird, welche zwar zur Führung von (ad ministrativen) Untersuchungen und zur Entgegennahme diensteidlicher Erklärungen, nicht aber zur Abnahme von Eiden zuständig ist; so: Beschl. I. 14. April 75 (RdO. XVI, 282). 8. Der Begriff des „Beamten" ist hier nicht in dem engeren Sinne des § 359 (vgl. dort n. 1) aufzusassen, umfaßt vielmehr Jeden, welchem ein „öffentliches Amt" (vgl. § 31 n. 6) übertragen ist, und welcher mit Rücksicht auf diese ihm über tragene Berufsthätigkeit einen Verpflichtungseid („Diensteid") geleistet hat; es ge hören daher auch Advokaten und Anwälte hierher: v. Kirchm. f. 104; contra: Puch. n. 4; — nicht aber Vormünder, Kuratoren, Konkursverwalter, Bedienstete von Privatgesellschaften rc. — Daß sich Jemand fälschlich für einen Beamten aus gegeben hat, kann die Anwendung der Nr. 3 nicht begründen; vgl. n. 2 u. v. Jage mann I. c. 9. Daß der geleistete Diensteid sich auf solche Versicherungen mit erstreckt habe, kann nicht gefordert werden; contra: Schw. n. 4, Schütze s. 310 n. 10. 10. Auf die Form der „Versicherung" (mündlich, schriftlich rc.) kommt Nichts an, ebenso wenig ist der Gebrauch des Wortes „Versicherung" fakramentell; andere gleichbedeutende Worte haben dieselbe Wirkung. Doch genügt auch hier nicht die bloße Hinweisung auf den Eid (seitens der Behörde); vgl. n. 6a und das dort eit. ARIII. 18. Sept. 80. 11. Die Versicherung muß eine „amtliche" fein, d. h. sie muß einen Gegen stand der Amtsthätigkeit betreffen. Dagegen ist eS gleichgültig, ob die „Versicherung auf den Diensteid" den maßgebenden Prozeßgesetzen entsprach und ob es nicht vielmehr im Einzelfalle einer förmlichen Eidesleistung bedurft hätte; hielt die be faßte Behörde eine solche Versicherung für ausreichend, um darauf hin die Bekun dung als ibrem Zwecke entsprechend anzusehen, so hatte sie die Wirkung der vorge schriebenen Eidesleistung, und muß derselben auch für die Bestrafung gleichgeachtet werden; so: VII. 21. April 53 (GA. 1,394); Antr. d. GStA.'S zu VPl. 24. Sept. 60 (RdO- I, 81); Meyer s. 122; Rüd. n. 4; contra: ZVPl. 13. Nov. 54 (Entsch. 30 s. 340); vgl. ZI. 19. Dez. 60 (RdO. I, 188); § 156 n. 3 und oben n. 1. 3. — Einer Umschreibung, bezw. Auflösung deS Begriffs „amtliche Versicherung" in der schwurgerichtlichen Fragestellung bedurfte es (in Preußen) nur, wenn sie beantragt war: ZI. 26. Juni 72 (RdO. XIII, 89). Gegenwärtig muß sie (beantragt oder nicht) unterbleiben; vgl. RStPO. § 293. 12. Zu den „amtlichen Versicherungen" im Sinne des § dürste auch die von einem Beamten nach Maßgabe der RCPO. § 351 Abs. 2 abgegebene gehören, ob schon sie nicht gerade die Stelle einer eidlichen Versicherung vertritt. — Die RStPO. läßt eine Versicherung auf den Diensteid an Stelle des Zeugeneides nicht zu, in dem eine in diesem Sinne lautende Bestimmung des Entwurfs gestrichen, gleich zeitig aber anerkannt wunde, daß in Forstrügesachen die Landesgesetzgebung ge mäß § 3 des EG. z. RStPO. nach jener Richtung hin freie Hand behalte (Komm.Protok. f. 59ff., 857ff.). Hieraus beruht § 25 Abs. 1 des Pr. Forstdiebst.-Ges.'s.
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Tbl. II. Bbschn. IX.
Meineid. — 8 156.
§ 156. Wer vor einer zur Abnahme einer Versicherung an Eidesstatt zuständigen Behörde eine solche Versicherung wiffentlich falsch abgiebt oder unter Berufung auf eine solche Versicherung wissentlich falsch aussagt, wird mit Gefängniß von Einem Monat bis zu drei Jahren bestraft. [I. @ntn>.: §138; ll.Entw.: §154; Pr. SlGB.: § 129.]
Vgl. §§157—161.163.
Preußen: Vgl. AM. I, 9 § 486; II, 18 §§ 220. 403; AGO. III, 7 § 86.
§ 156. 1 Dieser § setzt eine „zur Abnahme einer Versicherung an Eidesstatt" (im Allgemeinen) zuständige Behörde vorauS; vgl. § 154 n. 2ff.; contra.- ZRII. 25. Juni 80 (RdR. II, 110: fordert die sachliche Zuständigkeit für den konkreten Fall). Eine Zusammenstellung der Fälle, tu welchen die Pr. Gesetzgebung eine solche Versicherung zuläßt, enthält GA. VIII, 764. Als eine zuständige Behörde ist die Pr. Bezirks-Kommission für die Einschätzung zur Einkommensteuer (Ges. v. 1. Mai 1851 £ 26) anzusehen, wenn sie von einem Reklamanten eine eidesstatt liche Erklärung über seiu Einkommen entgegennimmt: ZU. 9. März 54 (GA. II, 689); desgleichen ein Pr. Erbschschastösteueramt (Ges. v. 30. Mai 1873): ZRI 13. Nov. 79 (RdR. I, 61). — Die RStPO. kennt eidesstattliche Versicherungen, s. g. Handgelübde nicht, selbst nicht im § 55. 2. Von andern Bedingungen als der „Zuständigkeit der Behörde" ist die Strafbarkeit nicht abhängig gemacht; die Vorschrift ist somit nicht ans die in den §§ 153. 154 vorgesehenen Fälle zu beschränken: Puch. n. 1. Insbesondere ist es nicht erforderlich, daß die rc. Versicherung (durch eine den konkreten Fall betreffende amtliche Verfügung rc.) „auferlegt" oder gefordert worden sei: KBII. s. 75. Ebenso ist eS gleichgültig, inwiefern die (zuständige) Behörde, welche die Versicherung gefordert hat, dazu im Fragefalle Veranlassung, und welche Bedeutung die versicherte Thatsache für die behandelte Angelegenheit hatte. 3. Nur dann scheidet der § aus, wenn die Abnahme der Versicherung (bezw. die Vernehmung, auf welche sie sich bezog) gesetzlich unstatthaft war; vgl. BI. 18. Juli 70 (RdO. XI, 425); § 153 n. 4. Zur Annahme einer solchen Unstatt. Hastigkeit genügt es aber nicht, wenn das maßgebende Prozeßgesetz für den Einzel sall eine förmliche Eidesabnahme vorschreibt (ohne eine eidesstattliche Versicherung ausdrücklich auszuschließen); so: Antr. d. GStA.'S zu VPl. 24. Sept. 60 (RdO. 1, 81); ÄMVf. v. 25. Juni 1857; contra: ZRII. 25. Juni 80 (cit. n. 1); cit. VPl. 24. Sept. 60; Vl. 3. April 68 (RdO. IX, 256); Schw. n. 4; Rüd. n. 2; Dochow i. HH. III, 239. Vgl. § 155 n. 3. 11. 4. Vorausgesetzt wird im ersten Falle des § eine (assertorische) „Versiche rung", bei deren Abgabe bereits die Wissenschaft von der objektiven Unwahrheit des Versicherten obwaltet; der Bruch einer promifforischen Angelobung gehört nicht hier her, insofern es sich nicht um eine „Aussage", d. h. um den zweiten Fall des § handelt; vgl. Puch. n. 1. — Im Uebrigen vgl. § 153 n. 18; die dort cit. Erk. v. 9. Okt. und 24. Nov. 75 betrafen Fälle des § 156. 5. Gleichgültig ist es, ob die Versicherung mündlich (persönlich oder durch einen Spezial-Bevollmächtigten) abgegeben oder schriftlich eingereicht worden ist. Um diese« klar zu machen, war in § 129 des Pr. StGB.'s die Fassung deS Entwurfs: „vor einer rc. Behörde" durch Streichung des Wörtchens „vor" ge ändert worden; ebenso fehlte das „vor" in den Entwürfen zum B.-StGB.; der Reichstag wollte die Zuständigkeit der Behörde zur Abnahme einer solchen Versiche rung im § hervorheben, und adoptirte die von Schwarze vorgeschlagene jetzige Fassung, in welche das „vor" wieder ausgenommen war, offenbar nur zur stylistischen Ver mittlung des eingeschobenen Satze«, nicht um schriftliche Versicherungen von der Be strafung auszuschließen: ZI. 19. April 71, ZI. 19. März 73, ZII. 11. Juni 74, ZI. 18. Febr. 76 (RdO. XU, 217; XIV, 213; XV, 384; XVII, 128); Schw. n. 7; Rüd. u. 2; contra: Meyer s. 122 n. 1. Es genügt selbst die Einreichung einer solchen schriftlichen Versicherung durch einen Dritten, wenn sie mit dem Willen
Thl. II. Abschn. IX.
Meineid. - §§ 156. 157.
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§ 157. Hat ein Zeuge oder Sachverständiger sich eines Meineides (§§ 154, 155) oder einer falschen Versicherung an Eidesstatt schuldig gemacht, so ist die an sich verwirkte Strafe auf die Hälfte bis ein Viertheil zu ermäßigen, wenn 1) die Angabe der Wahrheit gegen ihn selbst eine Ver folgung wegen eines Verbrechens oder Vergehens nach sich ziehen konnte, oder des Versichernden erfolgte: VII. 12. Sept- 78, ZI. 8. Jan. 79 (RdO. XIX, 402; XX, 16). 6. Wesentlich ist, daß die Versicherung „an Eidesstatt" abgegeben rc. sei, eine andere Art der Versicherung oder Bekräftigung genügt nicht. Insbesondere ist eine Versicherung auf einen früher geleisteten Partei-, Zeugen-, Sachverständigen-, oder Diensteid, sowie auf einen früher geleisteten promissorischen Eid nicht (als ein maius) der Versicherung „an Eidesstatt" gleich zu Kellen; insoweit in einem solchen Falle § 155 Nr. 2. 3 nicht zutrifft, bleibt die That straflos: ZU. 30. März 65 (ind.), Z. 3. Mai 73, ZI. 19. Nov. 73 (RdO. VI, 35; XIV, 335. 732). 7. Die „Bernfung" aus eine solche Versicherung kann auch stillschweigend geschehen. 8. Zum Thatbestände gehört nicht die Benachtheiligung eines Andern. ZU. 10. Okt. 61 c. Schwenecke. In Betreff der Frage, ob die einen ganz uner heblichen Nebenpunkt betreffende, falsche Versicherung strafbar sei, vgl. § 154 n. 8. 9. Der Zeitpunkt der Vollendung einer „falschen Aussage" (des zweiten Falles des §) bemißt sich nach dem zu § 154 n. 18 Gesagten. 10. Neben einer drei Monate erreichenden Gefängnißstrafe kann auf den Ver lust der rc. Ehrenrechte erkannt werden: § 161 Abs. 2. 32. 11. Auch bei einer falschen eidesstattlichen Versicherung ist eine Beihülfe mög lich; ein Beispiel: ZI. 19. Nov. 56 (IMbl. 57 s. 51); vgl. § 154 n. 23.
§ 157. 1. Dieser § findet auf den Meineid einer Partei (§ 153) keine Anwendung; (sie kann die Eidesleistung unbedingt ablehnen); Schw. n. 4; contra: Rlld. n. 1. 2. In den vorgesehenen beiden Fällen tritt die Strafermäßigung ein, mag der Zeuge (Sachverständige) seine Aussage beeidet (§ 154) oder in einer der durch die §§ 155. 156 vorgesehenen Weisen bekräftigt haben. 3. Der § kommt nur demjenigen zu Statten, bei welchem dessen Voraussetzungen zutreffen, nicht auch dem THeilnehmer (8 50): VI. 20. März 74, ZI. 15. Sept. 75 (RdO. XV, 167; XVI, 578). 4. Das falsche Zeugriß rc. wird dadurch nicht straflos, daß die Vernehmung unstatthafter Weise erfolgt oder trotz eines berechtigten Widerspruchs vom Be amten erzwungen worden ist. Auch in solchen Fällen greift nur eine Strafer mäßigung nach § 157 Platz. 5. Ermäßigt wird die „an sich verwirkte" (also eventuell die Versuchs-) Strafe; diese ist zunächst vom Instanzrichter zu arbitriren. In Betreff der auch hier neben der Gefängnißstrafe statthaften Ehrenstrafe vgl. § 161 Abs. 2. 32. 6. Die Vorschrift der Nr. 1 ist nicht auf den Fall auSzudehnen, wo sich der Zeuge rc. durch Angabe der Wahrheit einer Verfolgung wegen einer Uebertretung ausgesetzt hätte; ebenso: Münch. 3. April 76 (BEntsch. VI, 173). Dies gilt selbst dann, wenn der Zeuge auch in solchem Falle das Recht hatte, das Zeugniß zu verwei gern, wie es jetzt, gemäß § 54 der RStPO. und § 349 der RCPO., stets zutrifft. 7. Nur eine dem Zeugen rc. selbst drohende Strafverfolgung rechtfertigt die Anwendung der Nr. 1; handelt es sich um die einem „Angehörigen" drohende Ge fahr, so kann nur Nr. 2 in Betracht kommen. 8. Die Gefahr einer Strafverfolgung muß für den Zeugen rc. objectiv vorhanden gewesen sein; in dieser Beziehung genügt sein Vermeinen nicht. Dagegen bleibt die Nr. 1 auch dann anwendbar, wenn die Angabe der Wahrheit nicht für sich allein, sondern nur in Verbindung mit andern Thatsachen, auf welche das ab-
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Thl. II. Abschn. IX.
Meineid. — § 158.
2) der AuSsagende die falsche Aussage zu Gunsten einer Person, rücksichtlich welcher er die Aussage ablehnen durfte, erstattet hat, ohne über sein Recht, die Aussage ablehnen zu dürfen, belehrt worden zu sein. Ist hiernach Zuchthausstrafe unter Einem Jahre verwirkt, so ist dieselbe nach Maßgabe des § 21 in Gefängnißstrafe zu verwandeln. [I. Enlw.: (fehlte); II. Evtw.: § 155; Pr. StGB.: (fehlte).) Vgl. §§ 154—156; RCPO- §§ 348. 349. 367. 373; RStPO. §§ 51. 52. 54. 57. 72. 76.
zulegende Zeugniß sich nicht zu beziehen hatte, eine Strafverfolgung rc. nach sich ziehen konnte: V. 13. Juli 72 (NdO. XIII, 422). — Ob die zu befürchtende Ver folgung mit der Sache, in welcher der Eid geleistet wurde, in Verbindung steht, ist einflußlos: Schw. n. 8. 9. Der Umstand, daß der Zeuge rc. nach den Prozeßgesetzen befugt war, seiner Vernehmlassung die Verwahrung hinzuzusügen, daß er über Alles, was ihn selbst einer strafrechtlichen Verfolgung aussetzen könnte, Stillschweigen beobachten werde, und daß er über diese Befugniß nicht belehrt worden war, schließt weder die Bestrafung des Meineids rc. noch die Strafermäßigung aus Nr. 1 aus. 10. § 57 Nr. 1 ist ebensowenig dann ausgeschlossen, wenn Jemand sich durch eignes Verschulden in die Lage gebracht hat, durch Angabe der Wahrheit sich einer Verfolgung auszusetzen, noch wenn er durch Zurücknahme des von ihm gestellten Antrags die Einstellung des Verfahrens, in welchem er als Zeuge vernommen wurde, hätte herbeiführen können: Münch. 31. Jan. u. 24. Aug. 74 (BEntsch. IV, 75. 355). 11. Die Strafermäßigung aus Nr. 2 greift nur insoweit Platz, als die falsche Aussage zu Gunsten der betr. Person erstattet ist und eine Ablehnung der Ver nehmlassung nach den maßgebenden Prozeßvorschriften zulässig war. Letztere sind jetzt in den §§ 51. 54. 76 der RStPO., und in den §§ 348 Nr. 1—3. 349 Nr. 1, 2. 373 der RCPO. enthalten, nicht auch in § 52 der RStPO., noch in den §§ 348 Nr. 4, 5. 349 Nr. 3 der RCPO., da in den dort vorgesehenen Fällen die Ablehnungsbefugniß, obschon deren Ausübung regelmäßig auch hier nur gewissen anderen Personen zu Statten kommen wird, dennoch nicht „rücksichtlich" dieser, son dern schlechthin verliehen ist. Der Ablehnungsbefugniß steht das Verbot, gewisse zu dem Angeschuldigten in naher Beziehung stehende Personen als Zeugen zu verneh men, gleich: Rüd. n. 5; Puch. n. 2; contra: Schw. n. 12. Die R.-Iustizgesetze kennen jedoch ein solche« Verbot nicht; vgl. RStPO. Z 57. 12. Unter „einer Person, rücksichtlich welcher rc." ist, wenn die falsche Aussage in einer Strafsache erstattet wird, nicht nothwendig ein Angeschulbigter zu verstehen: AG. Nürub. 14. Febr. 74 (StZ. III, 305), noch, wenn die Erstattung in einem Civilprozesse stattstndet, eine der Prozeßparteien; vgl. RCPO. § 349 Nr. 1. 2. Stets ist hier aber eine andere „Person", als der Aussagende selbst gemeint. Demgemäß kommt die Nr. 2 trotz des ctt. § 349 Nr. 1. 2 dann nicht zur Sprache, wenn die falsche Aussage eine Frage betraf, deren (richtige) Beantwortung dem Zeugen selbst einen unmittelbaren vermögensrechtlichen Schaden verursacht oder ihm zur Unehre gereicht haben würde. 13. Ist die „Belehrung" unterblieben, so findet die Nr. 2 Anwendung, selbst wenn jene nicht gesetzlich vorgeschrieben, oder wenn für den vernehmenden Be amten im Fragefalle keine Veranlassung erkennbar war, eine solche zu ertheilen. — §§ 348. 367. 373 der RCPO. und §§ 51. 52. 57. 72. 76 der RSlPO. schreiben dieselbe ausdrücklich vor; vgl. auch Pr. IMVf. v. 14. Okt. 1878 (IMbl. s. 155), welcher zufolge die Ertheilung der Belehrung und die auf dieselbe abgegebene Er klärung in dem über die Verhandlung aufzunehmenden Protokolle sestzustellen ist. 14. Die Voraussetzungen des § mußten nach dem früheren Pr. Verfahren durch die Geschwornen sestgestellt werden; dem Anträge, eine hierauf bezügliche
Thl. II. Abschn. IX.
Meineid. - §§ 157. 158.
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§ 158. Gleiche Strafermäßigung tritt ein, wenn der jenige, welcher sich eines Meineides oder einer falschen Ver sicherung an Eidesstatt schuldig gemacht hat, bevor eine An zeige gegen ihn erfolgt oder eine Untersuchung gegen ihn ein geleitet und bevor ein Rechtönachtheil für einen Anderen aus der falschen Aussage entstanden ist, diese bei derjenigen Be hörde, bei welcher er sie abgegeben hat, widerruft. [I. Entw.: (fehlte); II. Entw.: § 156; Pr. StGL.: (fehlte)-! 161. 163.
Vgl. §§ 153—157.
Zusatzsrage (Nebenfrage) zu stellen, mußte nothwendig entsprochen werden: VH. 20. März 74, DI 29. Nov. 78 (RdO. XV, 167; XIX, 561); alsdann war jedoch die Beibehaltung der Worte des § insofern nicht nöthig, als statt der Worte „wegen eines Berbrechens rc." (Nr. 1) die thatsächlichen Momente der Handlung, wegen deren der Angeklagte sich einer Verfolgung auösetzen konnte, in die Frage ausgenommen werden durften: ZU. 13. Febr. 73 (RdO. XIV, 133). In Betreff des Bayerischen Verfahrens vgl. Münch. 11. Ian. u. 21. Febr. 73 (BEntsch. III, 8, 68). — Mit dem Pr. Verfahren stimmt daS durch die RStPO. geregelte im Wesentlichen überein; nur müssen stets die Worte des § beibehalten werden; vgl. dort §§ 295. 296; ARI. 27. April 80 (RdR. I, 674); Löwe f. 690 n. 6. Zur Verneinung der auf § 157 (oder § 158) gegründeten Fragen ist eine Mehrheit von zwei Drittheilen der Stim men nöthig; vgl. RStPO. §§ 262. 307 Abs. 2. 15. Trifft der § zu, so besteht da« statthafte Strafmaß in Zuchthaus von drei Monaten bis zu fünf Jahren; an Stelle einer Zuchthausstrafe unter Einem Jahre tritt Gefängniß in einer um die Hälfte verlängerten Dauer; neben dieser kann auf den Verlust der rc. Ehrenrechte erkannt werden: § 161 Abs. 2.
§ 158. 1. Dieser § bezieht sich aus alle in den vorhergegangenen §§ 153—156 be handelten Fälle, mag es sich um eine im eigenen Interesse abgegebene Erklä rung rc. oder um ein Zeugniß (Gutachten) handeln. 2. Von einem strafermäßigenden Widerrufe kann selbstverständlich erst dann die Rede sein, wenn die Mißthat vollendet oder in strafbarer Weise versucht worden ist; vgl. in dieser Beziehung § 153 n. 22. 23; § 154 n. 18. 20. 3. Die Strafermäßigung ist durch die Rechtzeitigkeit des Widerrufs be dingt; dazu gehört das Zusammentreffen beider Voraussetzungen: daß er geschehen sei vor einer erfolgten Anzeige (oder der Einleitung einer Untersuchung) und bevor ein Rechtsnachtheil rc. eingetreten ist: ZI. 9. Ian. 67 (RdO. VIII, 13). 4. Die Anzeige (die Einleitung der Untersuchung) macht einen spätern Wider ruf selbst dann wirkungslos, wenn der Thäter zur Zeit noch keine Kenntniß davon erlangt hatte: ZI. 9. Ian. 67 (cit. n. 3); Münch. 12. Juli 79 (BEntsch. IX, 379). 5. Die „Anzeige" muß „gegen den Meineidigen" rc. erfolgt sein; eS ist somit erforderlich, daß er in einer an eine zuständige Behörde gerichteten Mit theilung als des Meineides rc. verdächtig bezeichnet fei; von wem die Anzeige auSging, ist gleichgültig. Zuständig ist hier jede Behörde, welche den Beruf hat, für die Verfolgung begangener Mißthaten thätig zu sein. Vgl. RStPO. §§ 156 ff. 6. Die „eingeleitete Untersuchung" braucht keine gerichtliche zu sein, eS ge nügt, wenn eine dazu gesetzlich berufene Behörde (;. B. ein Staatsanwalt oder ein Polizei-Beamter) Maßnahmen ergriffen hat, um den Thatbestand aufzuklären, oder die Verfolgung herbeizusühren. Vgl. RStPO. §§ 159 ff. Jedenfalls bedarf es nicht der Eröffnung des Hauptverfahrens. — Die Frage, in welchem Zeitpunkte eine Untersuchung gegen eine bestimmte Person eingeleitet sei, ist keine rein thatsäch liche: Münch. 12. Juli 79 (cit. n. 4). 7. Der den Widerruf ausschließende „Rechtsnachtheil" muß „für einen Andern", also für ein anderes Rechtssubjekt entstanden sein; die durch den Meineid bewirkte Störung der öffentlichen Ordnnng genügt dazu nicht.
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Thl. II. Abschn. IX.
Meineid. — §§ 158. 159.
§ 159. Wer eS unternimmt, einen Anderen zur Be gehung eines Meineides zu verleiten, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren, und wer es unternimmt, einen Anderen zur 8. „RechtSna chtheil" ist jede Beeinträchtigung, welche der Andere in einem ihm zustehenden Rechte oder in seiner Rechtsstellung erfährt; der Ausdruck ist somit nicht auf VermögenSnachtheile beschränkt; die Verlängerung einer Haft, der Erlaß eines nachtheiligen (noch nicht rechtskräftigen) Erkenntnisses können hierher gerechnet werden. 9. Auf daS Motiv des Widerrufs kommt Nichts an. 10. Der Widerruf muß rechtzeitig bei derjenigen Behörde erfolgt sein, bei welcher die Aussage abgegeben war; eS genügt nicht, wenn er an eine andere Behörde znr Weiterbeförderung an jene gerichtet worden ist, falls ihn diese nicht rechtzeitig an die zuständige hat gelangen lasten: Schütze s. 313. Doch ist ein auf der GerichtSkanzlei erklärter Widerruf als ein bei dem Gerichte selbst erfolgter anzu sehen; so: Münch. 28. Ian. 76 (BEntsch. VI, 19); Löwe s. 207. 208. — Nach den Grundsätzen der franz. StPO, über die Stellung des Untersuchungsrichters war der Widerruf einer vor diesem erstatteten falschen Aussage wirksam, wenn er in der öffentlichen Sitzung desjenigen Gerichts erfolgte, welchem der Untersuchungsrichter angebörte: Münch- 29. März 78 (BEntsch. VIII, 118). 11. Daß der Widerruf in demselben Rechtsverfahren, bezw. in derselben Untersuchung erfolge, in welcher die falsche Aussage gemacht war, ist nicht unbedingt erforderlich: Münch. 29. Mär; 78 (cit. n. 10). 12. Eine bestimmte Form ist für den Widerruf nicht vorgeschrieben; es kommt daher darauf nicht an, ob der Meineidige rc. ausdrücklich erklärt, er wider rufe oder nehme seine Aussage zurück: Münch. 29. März 78 (cit. n. 10). 13. Da der Widerruf einen Strafmilderungsgrund darstellt, so bedarf die Rechtzeitigkeit der positiven Feststellung; eS genügt nicht, wenn es heißt: „es sei nicht erwiesen, daß die Anzeige re. vor dem Widerrufe Statt gefunden habe". Jene Feststellung steht in schwurgerichtlichen Sachen den Geschworenen zu: BI. 18. April 55 (GA. III, 564; inb.), und (jetzt): RStPO. § 295. Vgl. im Uebr. § 157 n. 14. 14 Ueber die auch in dem hier vorgesehenen Falle fakultativ neben der Gesängnißstrafe eintretende Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte vgl. §§ 161 Abs. 2. 32. In Betreff des Strafmaßes vgl. § 157 n. 15. 15. Treffen die Voraussetzungen der §§ 157. 158 zusammen, so findet doch nur eine einmalige Strafermäßigung statt. 16. Der Widerruf des Meineivigen kommt seinen Th eil nehmern nicht zu statten. Dagegen ist auch die Strafe des Theilnehmers zu ermäßigen, wenn er durch einen rechtzeitigen Widerruf dem Eintritt eines RechtSnachtheilS für einen Andern zuvorkommt; vgl. Schütze i. GA. XXI, 168.
§ 159. 1. Hier ist das erfolglose Unternehmen der Verleitung eines Anderen zu einem Meineide als ein selbstständiges (vollendetes) Verbrechen aufgefaßt. Hat die Verleitung die Ausschwörung des Meineides durch den Andern zur Folge gehabt, so werden die Grundsätze der Anstiftung (§ 48) anwendbar. Demgemäß weicht die Bedeutung der Worte; „Wer eS unternimmt .. ." von der im § 82 gegebenen Begriffsbestimmung insoweit ab, als sie hier nicht auch die gelungene Verleitung umfassen: BL. s. 176; im Uebrigen ist jene Begriffsbestimmung auch hier zu berück sichtigen; vgl. 3II. 6. Juli 71 (RdO. XII, 375). 2. Sonach findet § 159 bei jedem „Unternehmen zu verleiten" Anwendung, bei welchem auS irgend einem Grunde § 48 nicht zutrifft, sei eS, daß es an einer der Voraussetzungen einer strafbaren Anstiftung fehlte, oder daß der zu Verleitende das ihm angesonnene Verbrechen nicht verübt hat, (z. B. weil er unzurechnungsfähig war oder aus prozessualischen Gründen zum Eide gar nicht zugelassen wurde), oder endlich daß er den Meineid zwar verübt hat, aber nicht in Folge der Anstiftung, sondern auS einer anderweiten Entschließung (z. B. weil er vorher schon entschlossen war): ZI. 9. Dez. 63, ZU. 1. Dez. 64, Münch. 31. März 76 (RdO- IV, 248;
Thl. II. Abschn. IX.
Meineid. - §§ 159. 160.
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wissentlichen Abgabe einer falschen Versicherung an Eidesstatt zu verleiten, mit Gefängniß bis zu Einem Jahre bestraft. [I. ßitttv.: § 139; II. Entw.: § 157; Pr. StGB.: § 130.) Vgl. §§ 49a. 153—156.
§ 160. Wer einen Anderen zur Ableistung eines fal schen Eides verleitet, wird mit Gefängniß bis zu zwei Jahren V, 326; BEntlch. VI, 150); contra: GM. II, 252; GA. I, 391; V, 420; VIII, 330; XI, 110; TL- s. 764; vgl. auch Mannh. (BAnn. 43 s. 264). — Wie nach dem früheren Pr. Verfahren, so ist eS auch nach Z 294 der RStPO. unbedenklich, bei einer „auf Anstiftung zum Meineide" gerichteten Anklage eine Eventualfrage (Httlfsfrage) aus § 159 den Geschwornen vorzulegen. 3. Unter „Meineid" sind hier die in den §§ 153—155 vorgesehenen Ver brechen zu verstehen. 4. Im Begriffe der „Verleitung" liegt eS, daß der Verleitende das Verbrechen des Andern wolle, daß er also von der Unrichtigkeit der von dem Anderen zu beschwörenden rc. Thatsache Kenntniß habe. 5- Die „Verleitung" muß sich auf den vollständigen Thatbestand deS zu verübenden Verbrechens rc. beziehen; handelt eS sich daher um die Verleitung zum falschen Zeugnisse, so muß die Verleitung auf die Ablegung eines eidlich zu bekräftigenden ZeugniffeS abzielen. — ES ist unerläßlich, daß die instanzrichterliche Feststellung den Thatbestand der Mißthat, zu welcher verleitet werden sollte, in objektiver wie subjektiver Hinsicht genau enthalte. Daffelbe gilt von der schwur gerichtlichen Fragestellung, sowohl nach § 317 der Pr. NStPO. als auch nach § 293 der RStPO.: ARIII. 12. Nov. 79 (RdR. I, 58). Dagegen braucht die Frage die einzelnen Thatsachen, auf deren wahrheitSwidrige Bekundung der BerleitungSversuch sich bezog, sticht zu enthalten; so schon srüher: ZU. 8. Okt. 57, 25. Nov. 75 (GB. VI, 395; RdO. XVI, 756). 6. Der erfolglose Versuch, Jemanden zu bestimmen, daß er einen Dritten zum Meineide verleite, fällt nicht unter § 159; so: Münch. 15. Mai 74 (BEntsch. IV, 210); contra: ARII. 9. Nov. 80 (RdR. II, 481); vgl. übrigens § 49a. 7. Auf die Zu lässigkeit und Erheblichkeit der Eidesleistung, zu welcher verleitet werden soll, kommt eS nicht an; ebenso ist eS gleichgültig, ob der Rechts streit, in welchem die Eidesleistung erfolgen soll, schon anhängig ist, ob der Richter den Eid zulaffen würde und ob der Zeuge bereits zum Zeugnisse aufgerusen ist: VI. 26. Okt. 59 (GA. VII, 827); Münch. 15. Mai 76 (BEntsch. VI, 223; eS ge nüge, wenn auf Seite des zu Verleitenden die Begehung eines Meineids überhaupt und im Allgemeinen, — abgesehen von dem konkreten Falle, — nicht außer der Möglichkeit gewesen sei). 8. Auf den Fall deS EidesbruchS (§ 162) ist § 159 nicht zu beziehen. 9. Da hier recht eigentlich der Versuch der Anstiftung für eine selbstständige Mißthat erklärt ist (n. 1), so kann von einem „Versuche" deS Verbrechens weiter keine Rede sein; damit fällt auch die Möglichkeit eines Straflosigkeit bewirkenden Rücktritts weg: Puch. n. 1; Dochow i. HH. III, 241; contra: Schütze s. 314. 10. Eine Strafermäßigung nach Analogie der §§ 157. 158 greift hier nicht Platz. 11. In Betreff der neben der Freiheitsstrafe zu verhängenden Ehrenstrafe vgl. §§ 161 (n. 2—5) und Abs. 2. 32. 12. Theilnahme an diesem Verbrechen ist möglich und nach Maßgabe der allgemeinen Gesetze zu bestrafen; ebenso: Manh. 17. Mai 79 (BAnn. 45 s. 195: speziell in Betreff der Anstiftung). 13. Zuständigkeit der Strafkammern: RGVG. § 73.
§ 160. 1 Unter „Ableistung eines falschen Eides" ist hier der Thatbestand eines der in den §§ 153 — 155 vorgesehenen Verbrechen unter Ausscheidung der dort er heischten Wissentlichkeit zu verstehen; der § will Denjenigen bestrafen, welcher einen Andern in irgend einer Weise induzirt, unabsichtlich einen zugeschobenen rc. Eid unrichtig auSzuschwören, oder als Zeuge (Sachverständiger) eine Unwahrheit zu
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Thl. II. Abschn. IX.
Meineid. — §§ 160. 161.
bestraft, neben welchem auf Verlust der bürgerlichen Ehren rechte erkannt werden kann, und. wer einen Anderen zur Ab leistung einer falschen Versicherung an Eideöstatt verleitet, wird mit Gefängniß bis zu sechs Monaten bestraft. Der Versuch ist strafbar. [L, II. Entw., Pr. StGB.: (fehlte) ]
Vgl. §§ 153-156. 159. 32. 43—46.
§ 161. Bei jeder Verurtheilung wegen Meineides, mit Ausnahme der Fälle in den §§ 157 und 158, ist auf Ver lust der bürgerlichen Ehrenrechte und außerdem auf die dauernde Unfähigkeit des Verurtheilten, als Zeuge oder Sachverständiger eidlich vernommen zu werden, zu erkennen. bekunden, und zwar ohne zu unterscheiden, ob der Verleitete sich dabei einer Fahr lässigkeit schuldig und hierdurch strafbar macht, oder nicht; ebenso: ZI. 14. März 77, Münch. 27. April 77 (RdO. XVIII, 205; BEntsch. VII, 165). Daß der Verleitende selbst die Falschheit des Beschwornen kennen muß, liegt schon im Worte „ver leiten". — Aehnlich verhält eS sich mit der Verleitung zur Versicherung an Eides statt (§ 156). 2. Auf den Verlust der Ehrenrechte kann fakultativ) erkannt werden, sobald die gleichzeitig verhängte Gesängnißstrafe drei Monate erreicht: § 32.
§ 161. 1. Dieser § enthält insofern eine Ausnahme von dem Grundsätze deS § 32, als er für die vorgesehenen Fälle die Aberkennung der rc. Ehrenrechte (in der nach § 32 Abs. 2 zu bestimmenden Dauer) unbedingt gebietet. Von Rechtswegen d. h. ohne ausdrücklichen Ausspruch des Gerichts tritt Eidesunsähigkeit in Folge einer Verurtheilung wegen Meineids nicht ein: ZRIII. 24. Jan. 80 (RdR. I, 269). 2. Als „Meineid" sind in den einzelnen Gesetzesvorschriften nur die in den §§ 153—155 vorgesehenen Fälle bezeichnet (vgl. 157—159). Demgemäß ist auch § 161 aus die aus einem der §§ 153 — 155 erfolgenden Verurteilungen zu be schränken, und namentlich aus den Fall der (erfolglosen) „Verleitung zum Mein eide" (§ 159) nicht auSzudehnen; das ergiebt sich in überzeugender Weise aus der Entstehungsgeschichte des § (vgl. RdO. XII, 229 Note); daS Gegentheil ist nicht aus der — keineswegs auf die einzelnen Straffälle paffenden — Ueberschrift deS Abschn. IX zu folgern: ARI. 10. Juni 80 .RdR. II, 49); ZPl. 4. Dez. 71, 8. April 72 (RdO. XII, 612; XIII, 224); Darmst. 30. Sept. 72 (LtZ. II, 92); Nüd. n. 1. 3; Schütze s. 316; Puch. n. 2; contra: Meyer n. 1; vgl. n. 3. 3. Die Anwendbarkeit deS § 161 Abs. 1 auf den Versuch des Meineides und auf die The ilnähme an dem Meineide richtet sich nach den allgemeinen Vorschriften deS ersten Theils des StGB'S 45, 48, 49). Demgemäß ist beim Versuche und bei der bloßen Beihülfe zwar auf den Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte, nicht aber auf die (im § 45 unerwähnt gebliebene) Eidesunsähigkeit zu erkennen, während den Anstifter (d. h. den wirklichen Anstifter, nicht auch denjenigen, welcher die Verleitung bloS erfolglos unternommen hat (n. 2): BI. 3. Dez. 75, RdO. XVI, 770) stets beide genannten Nebenstrasen treffen müssen: VII. 12. Dez. 72, VI. 25. April 73, 14. Jan. 74, ZVI. 2. Juli 75, ZI. 14. Juli 75, VI. 7. Juli u. 15. Sept. 75 (RdO. XIII, 656; XIV, 313; XV, 27; XVI, 515, 546, 518, 578); vgl. § 45 n. 4; contra: Dochow i. HH. III, 249 (hinsichtlich deS Versuchs). 4. Liegt einer der in den §§ 157. 158 vorgesehenen Strafermäßigungsgründe vor, so ist die (fakultative) Aberkennung der Ehrenrechte statthaft, sobald eine Verurtheilung zu Zuchthaus erfolgt: § 32. Dasselbe gilt im Falle deS § 159. 5. Dagegen kann in den durch die §§ 156—159 vorgesehenen Fällen neben einer verhängten Gefängnißstrafe (Abs. 2) nur dann, wenn diese drei Monate er reicht, auf den Verlust der Ehrenrechte erkannt werden: § 32.
Thl. II. Abschn. IX.
Meineid. — § 161.
363
In den Fällen der §§ 156 bis 159 kann neben der Gefängnißstrafe auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte er kannt werden. [I. Enlw.: (fehltet; II. Entw.: § 158; Pr. StGB-: (fehlte).) 159. 32. 45.
Vgl. §§ 153-156.
6. Die im Abs. 1 angedrohte „dauernde (d. i. lebenslängliche) Unfähig keit, als Zeuge oder Sachverständiger eidlich vernommen zu werden" ist unbedingt vorgeschrieben, also nothwendig zu verhängen, sogar (trotz § 57 Nr. 5) wider Personen unter 18 Jahren. Diese Unfähigkeit umfaßt auch die eidesstattliche Versicherung. Sie ist im Uebrigen (abgesehen von der inhaltlichen Verschiedenheit) nach denjenigen allgemeinen Grundsätzen zu handhaben, welche für die Aber kennung der Ehrenrechte maßgebend sind. Ihre Wirkung beginnt daher mit der Rechtskraft des Urtheils (§36); sie ist beim Zusammentreffen mehrerer Straf fälle auszusprechen, selbst wenn sie nur durch einen dieser Fälle verwirkt war (§ 76); auch kann sie in einem neuen Strafverfahren gegen einen Deutschen verhängt werden, welcher wegen derselben That im Auslande bestraft worden ist (§ 37). 7. Abs. 1 a. E. spricht nur von Zeugenvernehmungen re-, nicht auch von Par teieiden in eigner Angelegenheit. Nach der Pr. AGO. I, 13 § 25; I, 10 § 227 Nr. 7 konnte jedoch ein zum Zeugnisse Unfähiger auch nicht zur Ableistung eines ErfttllungS- oder ReinigungSeides verstattet werden: OTr. Pl. 4. Juli 64 (Entsch. 51 s. 15). Die RCPO. trifft keine derartige Bestimmuug; doch ertheilt sie, wenn einer wegen öffentlicher Verletzung der Eidespflicht rechtskräftig verurtheilten Partei ein „richterlicher Eid" auserlegt wird, dem Prozeßgegner das Recht, die Zurücknahme dieses EideS zu beantragen, während sie in dem Falle, wo einer so verurtheilten Partei ein Eid vom Gegner zu- oder zurückgeschoben worden ist, den Widerruf der Zuschiebung, bzw. Zurückschiebung mindestens dann gestattet, wenn die Verurtheilung erst nach der Zuschiebung bzw. Zurückschiebung erging oder erst nach derselben dem Gegner bekannt wurde; vgl. §§ 439. 422. 432 ib. 8. Auch ein Eidesunfähiger verwirkt durch einen demnächst geschwornen Meineid die im StGB, angedrohten Strafen; vgl. § 153 n. 4; § 154 n. 12. 9. Die eidliche Vernehmung eines hierzu unfähig Erklärten als Zeuge rc. würde nach Pr. Verfahren als Verstoß gegen einen wesentlichen Grundsatz des Derfahrens die Nichtigkeit der Procedur nur dann zur Folge haben, wenn jene UnFähigkeit dem Instanzgerichte bekannt oder vom Angeklagten ausdrücklich und so be stimmt behauptet worden war, daß daö Gericht dadurch in den Stand gesetzt wurde, die Thatsache zu ermitteln: ZI. 10. Apr. 72, ZII. 21. Nov. 72, ZI. 12. Juni 74 (RdO. XIII, 248. 615; XV, 399). Nach Rh. Verfahren trat keine Nichtigkeit ein, wenn die Vernehmung ohne Widerspruch von irgend einer Seite stattgefunden hatte: ThdCp. 1. p. 85 (ed. Beige); Rej. 18 nov. 19, 22 janv. 25 (Sir. Coll. nonv. 6. I. p. 133; Sir. 25 I. p. 313). — Unter der Herrschaft der RStPO. kann das Rechtsmittel der Revision auf die eidliche Vernehmung eines Eidesunfähigen in der Hauptverhandlnng stets gestützt werden, sollte jene auch mit Zustimmung oder gar auf den Antrag aller Betheiligten erfolgt, oder die die Eidesunfähigkeit bedingende Verurtheilung in der Vorinstanz gar nicht zur Sprache gekommen sein: Löwe s. 323. 784. Dagegen begründet eine solche Vernehmung im Vorverfahren keine Revision (da die Thatsache der Beeidigung später nicht wieder aufgehoben werden kann): ARIII. 24. April 80 (RdR. I, 655). 10. Inwiefern ein zum eidlichen Zeugnisse rc. Unfähiger uneidlich zur Auf klärung der Sache vernommen werden könne, ist nach den maßgebenden Strasprozeßgesetzen zu beurtheilen. Die Pr. Crim.-Ordn. (§ 356. 357) gestattete es. Dasselbe gilt nach französisch-rechtlichem Verfahren, da die Vorschrift des C. d’instr. er. art. 317 die Statthaftigkeit der eidlichen Vernehmung zur Voraussetzung hat; die uneidliche Vernehmung konnte daher nicht blos vom Schwurgerichtspräsidenten vermöge der ihm übertragenen diskretionären Gewalt, sondern (durch motivirteö Zwischenurtheil) auch vom Gerichtshöfe angeordnet werden: ZII. 22. März 55 c. Heinzmann. Aehnlich verhält es sich nach der Pr. NStPO. §§ 160—162. 243. — Die RStPO. § 56 und die RCPO. § 358 bestimmen ausdrücklich, daß „Personen, welche nach den
364
Thl. II. Abschn. IX.
Meineid. — §§ 162. 163.
§ 162 Wer vorsätzlich einer durch eidliches Angelöbniß vor Gericht bestellten Sicherheit oder dem in einem Offen barungseide gegebenen Versprechen zuwiderhandelt, wird mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft. [I. Entw.: § 140; II Entw.: § 159; Pr. StGB.: § 131].
§ 163. Wenn eine der in den §§ 153 bis 156 be zeichneten Handlungen aus Fahrlässigkeit begangen worden ist, so tritt Gefängnißstrafe bis zu Einem Jahre ein. Straflosigkeit tritt ein, wenn der Thäter, bevor eine An zeige gegen ihn erfolgt oder eine Untersuchung gegen ihn einStrafgesetzen unfähig sind, als Zeugen eidlich vernommen zu werden, unbeeidigt zu vernehmen seien."
§ 162. 1. Ein Angelöbniß mittels eidesstattlicher Lerficherung genügt nicht, um eventuell die Strafbarteil zu begründen. Dagegen steht auch hier die in dem § 155 Nr. 1 und 2 erwähnte Erklärung resp. Versicherung unter Berusung auf den früher geleisteten Eid dem Eide gleich. 2. Die Falschschwörung des asserto rischen Theiles eines OffenbarungSeideS fällt unter § 153 (vgl. dort n. 5). Macht Jemand nach Verübung dieses Ver brechens sich auch noch einer Zuwiderhandlnng gegen den promissorischen Theil jenes Eides schuldig, so liegt Real-Konkurrenz vor, da eS sich um ein neues selbstständiges Thun handelt: ZI. 26. März 62 (RdO. II, 314). Demgemäß ist eS unstatthaft, bei einer aus § 153 erhobenen Anklage eine Zuwiderhandlung gegen das gegebene Versprechen auö § 162 zum Gegenstände einer besonderen Frage an die Geschwornen zu machen: VII. 22. Nov. 67; contraVI. 29. Jan. 68 (RdO. VIII, 748; IX, 67); ähnlich: ZI. 2. Febr. 76 (RdO. XVII, 80: bei einer auf Zuwiderhandlung gegen den promisiorischen Theil des Eides gerichteten Anklage könne ohne neue An klage und neuen Anklagebeschluß wegen fahrlässiger falscher Ableistung deS assertorischen Theils jenes Eides (§ 163 n. 2) gestraft werden). 3. Auf die Zuwiderhandlung gegen andere Versprechungseide, als die im § genannten, z. B. gegen allgemeine eidliche Angelöbnisse (als Vormund, Be amter rc.) ist der § nicht auszudehnen: Z. 3. Mai 73 (RdO. XIV, 335).
§ 163. 1. ES wird hier vorausgesetzt, daß der vollständige Thatbestand eines der in den cit. §§ 153—156 vorgesehenen Verbrechen rc. mit der Modifikation vorliege, daß statt der dort erheischten „Wissentlichkeit" der Falschheit eine „Fahrlässigkeit" bei der Bekundung von etwas objektiv Unwahrem obwalte. ES muß daher die instanzrichterliche Feststellung jenen Thatbestand mit umfassen. 2. Sonach findet der § auch auf einen aus Fahrlässigkeit unrichtig ausge« schwornen Glaubens- oder Ignoranzeid Anwendung: Dresd. 5. Ian. 72, ZU. 7. Sept. 74 (StZ. I, 275; RdO. XV, 535); ebenso auf einen (afiertorischen) OffenbarungS- (Manifestation«.) Eid: ZI. 3. Febr. 64 (RdO. IV, 338: betr. einen Fall aus dem Gebiete des gemeinen Rechts); dasselbe gilt auch im Geltungsbereiche der Pr. AGO. (der entgegenstehende § 33, I, 22 1. c. ist durch § 163 außer Kraft getreten): Beschl. I. 29. Sept. 71, ZU. 8. Mai 73, ZI. 5. Jan. 77 (RdO. XII, 485; XIV, 350; XVIII, 15); vgl. § 162 n. 2 (a. E.). 3. Da der fahrlässige und wissentliche Eid verschiedene, selbstständige Thatbestände haben (n. 1), so kann, wenn objektiv ein Meineid vorliegt, „Fahrlässigkeit" nicht lediglich daraus gefolgert werden, daß die „Wissentlichkeit" nicht bewiesen sei: ARI. 24. Juni 80 (RdR. II, 104); VII. 21. Sept. 75 (RdO. XVI, 590); Dresd. 18. Okt. 75 (SGZ. XX, 175). 4. Auf den „Grad" der Fahrlässigkeit kommt Nichts an. — Eine solche kann sowohl bei einem Rechts- als bei einem faktischen Irrthume obwalten, z. B.
Lhl. II. Abschn. X.
Falsche Anschuldigung. - §§ 163. 164.
365
geleitet und bevor ein Rechtsnachtheil für einen Anderen auS der falschen Aussage entstanden ist, diese bei derjenigen Be hörde, bei welcher er sie abgegeben hat, widerruft. |I. Entw.: § 141; II. Entw.: § 160; Pr. StGB.: § 132.]
Vgl. §§ 153—156.
Zehnter Abschnitt.
Falsche Anschuldigung. § 16U. Wer bei einer Behörde eine Anzeige macht, durch welche er Jemand wider besseres Wissen der Begehung einer strafbaren Handlung oder der Verletzung einer Amtswenn es sich darum handelt, ob der Eid den Schwörenden zur Angabe einer be stimmten Thatsache verpflichte: ZI. 4. März 53 c. v. Maltzahn; ZI. 18. Sept. 78 (RdO. XIX, 422); ähnlich: ZI. 19. Mai 58 o. Schumann. RechtSunkenntniß ist regelmäßig nur dann als Fahrlässigkeit anzunehmen, wenn der Schwörende nach Maßgabe des konkreten Falls die Pflicht hatte, sich die richtige Kenntniß zu ver schaffen; eine allgemeine derartige Pflicht besteht nicht: ARI. 21. Juni 80 (RdR. II. 89). — Daffelbe gilt überhaupt von dem Falle, wo der Eid, resp, dessen Inhalt fahrlässiger Weise mißverstanden ist; contra: Meckl. OG. (GSaal 26 s. 468: hielt den § nur da für anwendbar, wo eine Thatsache in gutem Glauben eidlich bekräftigt worden, die objektiv unwahr sei und von deren Unrichtigkeit der Schwö rende sich bei schuldiger Sorgfalt hätte Ueberzeugung verschaffen können); vgl. auch VII. 21. Sept. 75 (cit. n. 3). Als fahrlässiger Meineid kann e« angesehen werden, wenn die Bekundung zwar ihrem buchstäblichen Wort sinne nach wahr, aber un wahr in dem Sinne ist, auf den eö nach der Sachlage ankam; so: ZI. 13. Mai 68 (RdO. IX, 330); vgl. § 153 n. 18. 5. In Betreff des die Straflosigkeit herbeisührenden Widerrufs gilt hier das zu § 158 n. 2 ff. Gesagte; die Wortfassung des Abs. 2 stimmt genau mit der des cit. § 158. (Auch hier ist zu einer dem Angeklagten nachtheiligen Entschei dung gemäß § 262 der RStPO. eine Mehrheit von zwei Drittheilen der Stimmen nöthig.) Dagegen findet § 157 hier keine Anwendung 6. Beim Eidesbruche (§ 161) bleibt § 163 ausgeschloffen. 7. Inwiefern die fahrlässige Verletzung der Eidespflicht in einem Straf- bezw. Civilprozeßverfahren die Wiederaufnahme jenes Strafverfahrens, bezw. die Restitutionsklage begründe, darüber vergl. RStPO. §§ 399 (Nr. 2). 402 (Nr. 2); RCPO. § 543 (Nr. 1. 3).
§164. Amtspflicht: 10. Anzeige: 5. 6. 8. sonst.: 6. 8. Beamter: 16. Behörde, welche? 1 — 4. Beleidigung: 20. Beschuldigung: 6—11. falsche: 11. 12.
Inhalt: Buße: 19. Dienstvergehen: 10. Dolus: 13-15. Handlung, strafbare: 8. 9 Jnnehalten. 22-25. Konkurrenz: 20. 21. Landesherr: 4.
Privatklage: 5. Selbstanklage: 6. Strafantrag: 18. Verjährung: 9. 25. Vertheidigung: 13. 17. Vor-Entscheidung, bind.: 26. 27. Zeugniß, falsches • 13. 21.
1. „Behörde" bezeichnet ein Organ der Staatsgewalt, welches zu einer selbst thätigen Wirksamkeit und nicht blos zur Vollziehung fremder Anordnungen berufen ist; es gehört sonach auch ein Einzelbeamter hierher (sollte er auch nicht vereidet sein; vgl. § 359): ZI. 10. Dez. 73 (RdO. XIV, 788). Im Uebrigen vgl. in be treff des Begriffs „Behörde" § 114 n. 7 ff. Dem dort Gesagten zufolge ist z. B. die Direktion einer nicht unter Staatsverwaltung stehenden Privateisenbahn keine Behörde: VII. 12. April 77 (RdO. XVIII, 271). 2. Die Anzeige muß „bei einer Behörde" gemacht sein. Daß die ange gangene Behörde die zur Verfolgung berufene sei, wird nicht erheischt; eS genügt,
Lhl. II. Abschn. X.
Falsche Anschuldigung. - §§ 163. 164.
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geleitet und bevor ein Rechtsnachtheil für einen Anderen auS der falschen Aussage entstanden ist, diese bei derjenigen Be hörde, bei welcher er sie abgegeben hat, widerruft. |I. Entw.: § 141; II. Entw.: § 160; Pr. StGB.: § 132.]
Vgl. §§ 153—156.
Zehnter Abschnitt.
Falsche Anschuldigung. § 16U. Wer bei einer Behörde eine Anzeige macht, durch welche er Jemand wider besseres Wissen der Begehung einer strafbaren Handlung oder der Verletzung einer Amtswenn es sich darum handelt, ob der Eid den Schwörenden zur Angabe einer be stimmten Thatsache verpflichte: ZI. 4. März 53 c. v. Maltzahn; ZI. 18. Sept. 78 (RdO. XIX, 422); ähnlich: ZI. 19. Mai 58 o. Schumann. RechtSunkenntniß ist regelmäßig nur dann als Fahrlässigkeit anzunehmen, wenn der Schwörende nach Maßgabe des konkreten Falls die Pflicht hatte, sich die richtige Kenntniß zu ver schaffen; eine allgemeine derartige Pflicht besteht nicht: ARI. 21. Juni 80 (RdR. II. 89). — Daffelbe gilt überhaupt von dem Falle, wo der Eid, resp, dessen Inhalt fahrlässiger Weise mißverstanden ist; contra: Meckl. OG. (GSaal 26 s. 468: hielt den § nur da für anwendbar, wo eine Thatsache in gutem Glauben eidlich bekräftigt worden, die objektiv unwahr sei und von deren Unrichtigkeit der Schwö rende sich bei schuldiger Sorgfalt hätte Ueberzeugung verschaffen können); vgl. auch VII. 21. Sept. 75 (cit. n. 3). Als fahrlässiger Meineid kann e« angesehen werden, wenn die Bekundung zwar ihrem buchstäblichen Wort sinne nach wahr, aber un wahr in dem Sinne ist, auf den eö nach der Sachlage ankam; so: ZI. 13. Mai 68 (RdO. IX, 330); vgl. § 153 n. 18. 5. In Betreff des die Straflosigkeit herbeisührenden Widerrufs gilt hier das zu § 158 n. 2 ff. Gesagte; die Wortfassung des Abs. 2 stimmt genau mit der des cit. § 158. (Auch hier ist zu einer dem Angeklagten nachtheiligen Entschei dung gemäß § 262 der RStPO. eine Mehrheit von zwei Drittheilen der Stimmen nöthig.) Dagegen findet § 157 hier keine Anwendung 6. Beim Eidesbruche (§ 161) bleibt § 163 ausgeschloffen. 7. Inwiefern die fahrlässige Verletzung der Eidespflicht in einem Straf- bezw. Civilprozeßverfahren die Wiederaufnahme jenes Strafverfahrens, bezw. die Restitutionsklage begründe, darüber vergl. RStPO. §§ 399 (Nr. 2). 402 (Nr. 2); RCPO. § 543 (Nr. 1. 3).
§164. Amtspflicht: 10. Anzeige: 5. 6. 8. sonst.: 6. 8. Beamter: 16. Behörde, welche? 1 — 4. Beleidigung: 20. Beschuldigung: 6—11. falsche: 11. 12.
Inhalt: Buße: 19. Dienstvergehen: 10. Dolus: 13-15. Handlung, strafbare: 8. 9 Jnnehalten. 22-25. Konkurrenz: 20. 21. Landesherr: 4.
Privatklage: 5. Selbstanklage: 6. Strafantrag: 18. Verjährung: 9. 25. Vertheidigung: 13. 17. Vor-Entscheidung, bind.: 26. 27. Zeugniß, falsches • 13. 21.
1. „Behörde" bezeichnet ein Organ der Staatsgewalt, welches zu einer selbst thätigen Wirksamkeit und nicht blos zur Vollziehung fremder Anordnungen berufen ist; es gehört sonach auch ein Einzelbeamter hierher (sollte er auch nicht vereidet sein; vgl. § 359): ZI. 10. Dez. 73 (RdO. XIV, 788). Im Uebrigen vgl. in be treff des Begriffs „Behörde" § 114 n. 7 ff. Dem dort Gesagten zufolge ist z. B. die Direktion einer nicht unter Staatsverwaltung stehenden Privateisenbahn keine Behörde: VII. 12. April 77 (RdO. XVIII, 271). 2. Die Anzeige muß „bei einer Behörde" gemacht sein. Daß die ange gangene Behörde die zur Verfolgung berufene sei, wird nicht erheischt; eS genügt,
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Thl. II. Abschn. X.
Falsche Anschuldigung. — § 164.
pflicht beschuldigt, wird mit Gefängniß nicht unter Einem Monat bestraft; auch kann gegen denselben auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. wenn sie die Berusspflicht hatte, die ihr gemachte Anzeige an die zur Verfolgung zuständige gelangen zu lassen: ZI. 23. Okt. 63, ZU. 13. Apr. 68, 23. Apr. 74 (RdO. IV, 132; IX, 291; XV, 257); Miinch. 9. Nov. 77 (BEntsch. VII, 473; fprach gleichzeitig aus, daß jene Berufepflicht eine allen Staatsbehörden gemeinsame sei); vgl. ZRII. 23. Dez. 79 (RdR. I, 170: betr. die Pr. Amtsvorsteher). 3. Damit die Anzeige „bei einer Behörde gemacht" sei, wird nicht erfordert, daß dieselbe unmittelbar an die Behörde gerichtet und in ihre Hände gelangt sei, vielmehr reicht eS hin, wenn sie bei einem untergeordneten Organe derselben (wel ches selbst keine Behörde ist, aber den Beruf hat, derartige Anzeigen weiter zu be fördern) z. B. bei einem Gendarm angebracht ist: Z. 2. Nov. 70 (RdO. XI, 358 Puch n. 2; Schw. n. 1; contra: Jena 1. Febr. 72 (StZ. I, 276); vgl. Herzog i. StRZ. XII, 609. 4. Auch eine an den Landesherrn gerichtete Anzeige ist geeigneten Falles aus § 164 strafbar; so: BI. 12. Sept. 60, ZU. 23. Apr. 74 (GA. VIII, 829; RdO. XV, 257). In Betreff solcher Anzeigen vgl. § 185 n. 35. 5. „Anzeige" ist eine (aus eigner Entschließung vgl. n. 13) zum Zwecke der amtlichen Kenntnißnahme gemachte Mittheilung. Bgl. n. 15. In welcher Weise dieselbe bewirkt wird, ist gleichgültig; eine Privatklage (Injurienklage) genügt, vor ausgesetzt, daß sie bezweckt, eine strafrechtliche oder diSciplinarische Verfolgung deS Betreffenden herbeizuführen: ZRII. 7. Nov. 79 (RdR. I, 44); Vl. 1. Mai 74, ZI. 6. Okt. 74 (RdO. XV, 270. 612); vgl. Stuttg. 13. März 78 (WGbl. XIV, 272; contra: Schütze s. 318 n. 2; desgleichen ein (demnächst zurückgenommener) Antrag aus Verfolgung; vgl. ZRI. 19. Jan. 80 (RdR. I, 245). Auch bloße Handlungen können genügen, nicht aber da« heimliche Zustecken eines gestohlenen Gegenstandes (es liegt darin noch keine Mittheilung an eine Behörde). 6. Durch die Anzeige muß „Jemand", also eine andere individuell erkenn bar gemachte Person (§ 165. „der Verletzte") „beschuldigt" sein; auch hier kommt auf daS wie? Nichts an; insbesondere bedarf eS keiner namentlichen Bezeichnung. Die Anzeige gegen eine erdichtete Person gehört nicht hierher: Münch. 17. Okt. 74 (StZ. IV, 306); desgleichen nicht eine falsche Selbstanklage. 7. Die Form der „Beschuldigung" ist gleichgültig; eS bedarf nicht noth wendig der direkten Behauptung der zur Anzeige gebrachten Thatsache; eine aus anderen behaupteten (wahren) Thatsachen gezogene oder zu ziehende (falsche) Schluß folgerung genügt: ZI. 1. Nov. 61, 2. Juni 75 (RdO. II, 33; XVI, 410); ja unter Umständen schon die bloße Bezugnahme auf die Mittheilungen Anderer, die Anzeige eines „Verdachtes" oder eines „Gerüchts": ZU. 18. Okt. 60 c. Lehmann; ZI. 17. März 58 c. Brecht; ctt. Vl. 2. Juni 75. 8. Gegenstand der beschuldigenden Anzeige muß eine konkrete, als solche er kennbare „strafbare Handlung" (Dienstvergehen) sein: ZI. 1. Okt. 62 (RdO. III, 37); eS reicht hin, wenn dieselbe den Charakter einer Uebertretung hat. DaS verurtheilende Erkenntniß muß ausdrücklich seststellen, welcher Mißthat rc. der Andere beschuldigt worden ( :BI. 2. Mai 66, RdO. VII, 258); Feststellung der einzelnen Begriffsmerkmale ist nothwendig, insoweit in dieser Beziehung ein Bestreiten statt gefunden hat: VII. 20. Okt. 64 (RdO. V, 182); sonst genügt die Bezeichnung deS Gattungsbegriffs: ZI. 3. Dez. 73 (RdO. XIV, 769). 9. Ist die angezeigte Handlung nach dem Inhalte der Anzeige eine strafbare, so kommt weiter Nichts darauf an, ob dieselbe vom Anzeigenden richtig (rechtlich) qualifizirt, ferner ob ihre Verfolgung zur Zeit statthaft oder irgendwie (z. B. durch Verjährung) ausgeschlossen war: ZRIII. 25. Febr. 80 (RdR. I, 393), Vl. 14. Juni 65 (RdO. VI, 180); Schütze s. 318 n. 2 schließt den Fall der Verjährung aus, wenn der Beschuldigte diese kannte; vgl. unten n. 15; endlich, ob sie geeignet war, den Betroffenen verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herab zuwürdigen (§§ 186. 187): Münch. 15. April 76 (BEntsch. VI, 186). 10. Der Vorwurf der „Verletzung einer Amtspflicht" (in abstracto)
Thl. II. Abschn. X.
Falsche Anschuldigung. — § 164.
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So lange ein in Folge der gemachten Anzeige eingeleitetes Verfahren anhängig ist, soll mit dem Verfahren und mit der Entscheidung über die falsche Anschuldigung inne gehalten werden. [I. Enlw.: § 142; II. Entw.: § 161; Pr. SlG«.: § 133). Vgl. §§ 165. 186. 187. 191.32; RStPO. § 501; R.-Gerichtskosten-Ges. §69 Abs. 2. genügt nicht: Manh. 30. Sept. 76 (BAnn. 42 s. 338); vgl. n. 8. Zu den „Amts pflichten gehört auch die, daß der Beamte in und außer dem Amte Nicht« thue, wodurch er sich der Achtung, des Ansehens oder des Vertrauens, welche sein Beruf erfordert, unwürdig zeigen würde: VII. 4. Febr. 58 (IMbl. s. 143). 11. Die Beschuldigung muß objektiv falsch sein; eine theilweise Falschheit genügt: Münch. 28. Sept. 73 (BEntsch. III, 378); ebenso das Entstellen, oder Ver schweigen eines wesentlichen Umstandes: ZU. 18. Mai 65, Z. 22. Dez. 73 (RdOVI, 136; XIV, 811), z. B. das Verschweigen eines Strafausschließungsgrundes; contra: VI. 19. Nov. 73 (RdO. XIV, 729); desgleichen die falsche Angabe, daß man den einer strafbaren Handlung im Allgemeinen Verdächtigen bei der Verübung einer speziellen Handlung dieser Art selbst betroffen habe: ZI. 31. Okt. 77 (RdOXVIII, 686). — Dagegen reicht ein irrthümlicheS Für-falsch-Halten nicht hin. — Ist die Thatsache wahr, so schadet eS nicht, wenn ihr eine unrichtige rechtliche Qualifizirung hinzugefügt ist, insofern dadurch nicht die Handlung selbst als eine anders gestaltete dargestellt wurde; vgl. n. 6, 8 186 n. 16. 12. Daß die Anzeige die Einleitung einer Untersuchung zur Folge ge habt, und daß sich hierbei die Falschheit derselben herausgestellt habe, ist nicht er forderlich: ZU. 9. März 54 c. v. d. Schulenburg. Auch verschlägt es nichts, wenn die Anzeige ein Antragsdelikt betraf, ob der gestellte Antrag später zurückgenommen wird: Stuttg. 13. März 78 (eit. n. 5). 13. Als Dolus werden zunächst die Vorsätzlichkeit und Freiwilligkeit der Handlung erheischt; wer, amtlich zum Zeugnisse oder zur Verantwortung ausgerufen, lügenhafte Aufschlüsse über Thatsachen giebt, macht keine „falsche Anzeige", er kann nur geeigneten Falles wegen falschen Zeugnisses strafbar sein: V. 24. Mai 52 (GA. I, 84). — Ebenso gehören wechselseitige Bezüchtigungen mehrerer (sich vertheidigenden) Mitbeschuldigt-eu nicht hierher; vgl. aber n. 17. 14. Sodann muß der Anschuldigende „wider besseres Wissen" d. h. mit der Kenntniß gehandelt haben, daß die angezeigte Thatsache unwahr sei; vgl. ZRII. 16. Jan. 80 (Entsch. I, 80: selbst eine frivole, ohne den Glauben an ihre Begrün detheit erhobene Anzeige sei darum noch nicht eine wider besseres Wisien gemachte); contra: Herzog i. GSaal 32 s. 108; H. t. SGZ. XIX, 161 (schon die mangelnde Ueberzeugung von der Wahrheit genüge); vgl. hiergegen jedoch M. S. ib. (. 348 ff. inöbes. s. 354, 355. Jenes bessere Wissen muß nachgewiesen werden; es folgt nicht mit Nothwendigkeit aus dem Mißlingen des versuchten Beweises des guten Glaubens. 15. Endlich bedarf eS auch des Bewußtseins (§ 59), daß die gemachte An zeige geeignet sei, gegen den Denuntiirten ein Strafverfahren, oder ein disciplinarischeS Einschreiten herbeizuführen; daß letzteres beabsichtigt wurde, ist nicht erforder lich: ZU. 11. Juli 72, 9. Nov. 76, 9. Jan. 77 (RdO. XIII, 404; XVII, 726; XVIII, 19); Schütze s. 318; contra: VI. 1. Mai 74 (RdO. XV, 270); ML. s. 544; Schw. n. 8; Meyer s. 128 n. 7; noch weniger, daß die Absicht auf Herbeiführung einer Bestrafung oder einer sonstigen Benachteiligung gerichtet war: OTr. 3. Nov. 76 (GA. 23 s. 515); vgl. Schw. und ML. 1. c. 16. Ein Beamter kann durch eine amtliche Anzeige das Vergehen der falschen Anschuldigung begehen; vgl. § 344. 17. Die falsche Anschuldigung wird dadurch nicht straflos, daß sie zum Zweck einer Vertheidigung (;. B. zur demnächstigen Begründung eines RestitutionSge* fuchs) angebracht wurde; § 193 findet hier keine Anwendung; so: ZU. 11. Juli 72 (RdO. XIII, 404); vgl. aber n. 13. 18. Die Verfolgung ist nicht durch einen Antrag des Denuntiirten bedingt. 19. Auf eine an den Verletzten zu erlegende „Buße" (§ 188) kann wegen fal scher Anschuldigung nicht erkannt werden; vgl. dagegen § 165.
368
Thl. II. Abschn. X. Falsche Anschuldigung. — §§ 164. 165
§ 165. Wird wegen falscher Anschuldigung auf Strafe erkannt, so ist zugleich dem Verletzten die Befugniß zuzusprechen, die Verurtheilung auf Kosten des Schuldigen öffentlich bekannt zu machen. Die Art der Bekanntmachung, sowie die Frist zu derselben, ist in dem Urtheile zu bestimmen. Dem Verletzten ist auf Kosten des Schuldigen eine Aus fertigung des Urtheils zu ertheilen. [I. Enlw.': § 143; II. Entw.: § 162; Pr. StGB.: § 134.]
Vgl. §§ 164. 200.
20. Mit einer falschen Anschuldigung kann eine (verleumderische) B eleidigung (§ 187) ideell konkurriren; ebenso: ZU. 9. Nov. 76 (eit. n. 15), Münch. 15. Apr. 76 (eit. n. 9); contra: Herzog i. GSaal 32 s. 102; ferner kann eine (objektiv) falsche Anschuldigung, welche vom Anzeigenden für wahr gehalten und deshalb aus § 164 nicht zu bestrafen ist, als „Beleidigung" aus § 186 strafbar bleiben: ZRI. 8. Dez. 79 (RdR. I, 121); VI. 25. Juni 62, Z. 21. Dez. 70 (RdO. II, 490; XI, 608); contra: Herzog i. GSaal 25 s. 379; 32 s. 81. 21. Wird eine falsche Anschuldigung später als Zeugniß beschworen, so liegt Real-Konkurrenz vor; beide Handlungen sind selbstständig; contra: Münch. 25. Okt. 75 (StZ. V, 268: wenn beide Handlungen aus demselben Entschlüsse hervorgegangen seien und denselben Zweck verfolgten; vgl. § 74 n. 3). — Die bloße Ergänzung der ursprünglichen Anzeige ist wohl nicht als neue selbstständige Anschuldigung anzusehen. Dagegen begründen mehrere selbstständige Wiederholungen Real-Konkurrenz. — Münch. 13. Juni 74 (BEntsch. IV, 248) nahm letztere ferner in einem Falle an, wo die falsche Beschuldigung in demselben Schriftstücke, aber gegen zwei Personen und wegen getrennter Handlungen erhoben war; vgl. jedoch § 74 n. 14. 22. Im Abs. 2 ist unter dem „in Folge der Anzeige eingeleiteten Ver fahren^ nicht blos eine förmliche Untersuchung, sondern jedes zur Aufklärung ver anlaßte amtliche Vorverfahren zu verstehen. So lange es zu einem solchen nicht gekommen ist, kann von einem gebotenen Iunehalten keine Rede sein; § 191 findet hier nicht analoge Anwendung: ZI. 20. Mai 70 (RdO. XI, 328). 23. DaS eingeleitete Verfahren ist so lange „anhängig", bis eS in der dem maßgebenden Prozeßgesetze entsprechenden Weise zum Abschluß gekommen ist; dagegen braucht der jene Wirkung herbeisührende Entscheidungsakt noch nicht rechtskräftig (vgl. § 30 v. 4) geworden zu sein, um die „Anhängigkeit" des Verfahrens anfzuheben. 24. Im Uebrigen sind in Betreff des Innehaltens re. die Bemerkungen zu § 191 zu vergleichen. 25. Das durch Abs. 2 gebotene Innehalten mit dem Verfahren hemmt den Fortlauf der Verjährung; vgl. § 69 n. 3. 7. 26. Führt das in Folge der Anzeige eingeleitete Verfahren zu einer rechtskräftigen Verurtheilung des Denuntiirten, so wird dadurch die Verfolgung aus § 164 insoweit erledigt, als auf diese Weise festgestellt worden ist, daß die Anschul digung keine falsche war; vgl. § 190; contra: Stilb. n. 7. 27. Dagegen ist jede andere in jenem Verfahren ergehende Entscheidung, ins besondere die Freisprechung oder die Einstellung deS Verfahrens für den über die „falsche Anschuldigung" erkennenden Strafrichter in keiner Weise bindend; dieser muß die Frage der „Falschheit" selbstständig prüfen, und darf namentlich den vom Angeschuldigten angetretenen Wahrheitsbeweis nicht deshalb ablehnen, weil der Denuntiirte von der betr. Anschuldigung bereits rechtskräftig freigesprochen sei (in dieser Beziehung findet § 190 keine analoge Anwendung); contra : GA. XIII, 880. Dies gilt selbst dann, wenn dem Anzeigenden, weil er die Anzeige wider bessere« Wiffen gemacht habe, aus Grund der RStPO. § 501 (vgl. RGerichtökostengesetz v. 18. Juni 1878 § 69 Abs. 2) die Kosten des früheren Verfahrens zur Last gelegt wurden.
8 165. 1. Der „Verletzte" ist hier der Deuuntiirte; vgl. § 164 n. 6. 2. Die im § angeordnete Maßnahme ist vom Strafrichter von Amtswegen (ohne Antrag des Verletzten) im entscheidenden Theile des Erkenntnisses ausdrücklich
Thl. II. Abschn. XI.
Vergeh-, welche sich a. b. Religion bezieh- - § 166-
369
Elkter Abschnitt.
Berzehen, welche sich auf die Religion beziehen. § 166. Wer dadurch, daß er öffentlich in beschimpfen den Aeußerungen Gott lästert, ein Aergerniß giebt, oder wer öffentlich eine der christlichen Kirchen oder eine andere mit Kor porationsrechten innerhalb des Bundesgebietes bestehende Reauszusprechen. Ob der Verletzte in Betreff dieser Anordnung Rechtsmittel ergreifen könne, richtet sich nach dem maßgebenden Strasprozeßgesetze. In Preußen stand diese Besugniß nur dem im Rh. Verfahren als Civilpartei Aufgetretenen zu, da die Bdn. v. 3. Ian. 1849 und die NStPO. (§ 487) eine Privatklage wegen der (kein An tragsvergehen darstellenden) falschen Anschuldigung nicht gestatteten. Die RStPO. läßt hier gleichfalls keine Privatklage noch auch eine Nebenklage zu. 3. Die Bestimmung der „Art der Bekanntmachung" muß sich darüber aussprechen, ob sie durch Anheftung an einzelnen (genau zu bezeichnenden) Stellen oder durch Abdruck in einem oder mehreren (genau zu bezeichnenden) Blättern er folgen, ob dieselbe das ganze Urtheil mit den Gründen oder nur den entscheidenden Theil umfassen soll; vgl. § 200. 4. Da die Bekanntmachung „auf Kosten" des Schuldigen erfolgen soll, so fallen dem letzteren auch die Kosten der Ausfertigung (Abschrift) deS Urtheils zur Last, welche der Bekanntmachung zu Grunde zu legen ist. 5. Dgl. im Uebrigen die Bemerkungen zu § 200.
§ 166. 1. Ueber den Begriff des „öffentlich" vgl. § 85 u. 1 ff. Einer Menschen menge bedarf es hier nicht: DreSd. 21. April 73 (StZ. III, 7). 2. „Lästerung Gottes" ist jede Herabwürdigung des Begriffs der Gottheit: ZU. 21. Okt. 69 (RdO. X, 651); eine solche liegt in einer Lästerung Christi: BRIII. 13. Dez. 79 (RdR. I, 143); DI. 13. Mai 68, Z. 15. Febr. 73, DI. 27. Sept. 76 (RdO. IX. 423 ; XIV, 143; XVII, 604); Münch. 12. Okt. 77 (BEntsch. VII, 452); contra: Schw. n. 4a; — ebenso in einer Lästerung deS Heiligen Geistes: ZI. 20. Jan. 75, ZII. 16. Nov. 76 (RdO. XVI, 60; XVII, 745). 3. Die Gotteslästerung muß (nach einer durch den Reichstag beschlossenen Fassungsänderung) „in beschimpfenden Aeußerungen" geschehen sein. Man wollte dadurch philosophische Erörterungen von dem Thatbestände auSscheidcn, und ebenso leichtfertige Redensarten, bei welchen sich der Sprecher nichts Arges denkt, und ein kränkender Wille nicht zur Erscheinung kommt: Stenogr. Ber. s. 639. 640. Hiernach gehört zum Begriffe des (im § an drei verschiedenen Stellen hervorgehobenen) „Beschimpfens", daß eine Aeußerung, bildliche Darstellung oder Handlung in bewußter nach außen erkennbar gemachter Weise etwas Herabwürdigendes in sich schließe; ebenso: Münch. 4. April 79 (BEntsch. XI, 203); vgl. auch VRIII. 13. Dez. 79 (eit. n. 2: in Beziehung auf Wesen oder Verhältnisse, welche Verehrung, Heilig haltung rc. forderten, bekunde eine „beschimpfende Aeußerung" die Verachtung des Heiligen, dessen, was Achtung und Verehrung fordere; die Bethätigung eines bloßen Mangels an Achtung genüge nicht). — Dagegen gehen DreSd. 15. Dez. 71, 5. April 72 (StZ. I, 276; SGZ. XVI, 280) zu weit, wenn sie verlangen, daß jenes Herabwür digende sich durch die äußere Form kundgebe; vgl. n. 8. Daß unter „Aeuße rungen" hier auch bildliche Darstellungen rc. zu verstehen sind, darüber vgl. Schütze f. 346; Meves i. GSaal 27 f. 337 und unten n. 8. 4. Außerdem muß (nach derselben vom Reichstag beschlossenen Fassungsände rung) durch die Gotteslästerung ein „Aergerniß" gegeben sein, d. h. sie muß eine Verletzung des religiösen Gefühls Anderer herbeisühren; vgl. Motive f. 96. Es ist sonach unerläßlich, daß die Aeußerung von Andern gehört, und daß durch die selbe eine derartige Verletzung des religiösen Gefühls bei einem Andern hervorgerufen sei: BL. s. 399; MeveS I. c. s. 339; contra: Jena 76 (Doll. 24 s. 280: eS genüge, wenn die Aeußerung geeignet gewesen sei, Aergerniß bei den Anwesenden zu er regen); Rüd. n. 2; vgl. § 183 n. 4.
Oppenhoff, D. Strafgesetzbuch,
s. Sluög.
24
370
Thl. II. Abschu. XI. Vergeb., welctc sich o. d. Religion bezieh. — § 166.
ligionsgesellschaft oder ihre Einrichtungen oder Gebräuche be schimpft, ingleichen wer in einer Kirche oder in einem anderen 4a. Hiernach gehören bloße Flüche nnd dgl. nicht hierher. 5. Unter „den christlichen Kirchen" sind in Preußen die „römisch-katholische, die lutherische, die reformirte und die unirte (evangelische)" zu verstehen; vgl. Pr. Patent v. 30. März 1847 (GS. s. 121); Verfass. v. 31. Ian. 1850 Art. 15; contra: Villn. i. GSaal 31 s. 513 (rechnet auch die griechisch-katholische und die anglikalujche Kirche hierhin). Ein gegen die „christliche Kirche" oder gegen das „Christenthum" gerichteter Angriff trifft jede der verschiedenen christlichen Kirchen: VI. 20. Febr. 56 e. Gräben, Stuttg. 29. Ian. 79 (WGbl. XV, 337). Werden die Angehörigen einer christlichen Kirche im Allgemeinen angegriffen, so kann hierin ein Angriff ans die betreffende Kirche selbst gefunden werden: Mannh. 5. Mai 77 (BAnn. 43 s. 298). 6. Der Angriff muß gegen eine „christliche Kirche" als solche, als Ganzes gerichtet sein; die Herabwürdigung eines Druchthells (Mehrheit, Minderheit) genügt nicht.- Dresd. 18. Dez. 74 (StZ. V, 43). Demgemäß ist die Beschimpsung der s. g. „Altkatholiken" (ihrer Kirche, ihrer Einrichtungen k.) selbst, wenn man sie noch als Angehörige der „römisch-katholischen" Kirche betrachtet, keine Beschimpfung der letzteren oder ihrer (entsprechenden) Einrichtungen, zumal wenn die betr. Aeuße rungen gerade den Gegensatz der „altkatholischen" ;ur „römisch-katholischen" Kirche rc. hervorhebeu sollen: Münch. 15. Sept. 73 (StZ. III, 101); ML. s. 635; v. Wauker i. BAnn. 40 s. 168; ähnlich: AH. Köln 21. März 73, HG. Konstanz (Bering: Arch. f. KRecht 30 s. 329. 341); Abh. ib. s. 332. 343 (diese betrachteten die „Altkatholiken" als aus der Kirche ausgeschieden); Billn. 1. c. s. 533 (zur katholischen Kirche gehörig sei für den Richter, was die staatlich anerkannten Organe der Kirche darunter verstäuden); contra: Nil. 24. Mai 73, 20. Okt. 74, ZI. 27. Sept. 76 (RdO. XIV, 399; XV, 687; XVII, 604: so lange die Altkatholiken selbst ihre Zugehörigkeit zur katho lischen Kirche behaupteten, und nicht staatsgesetzlich das Gegentheil festgestellt sei); ZU. 25. Sept. 77, ZI. 17. Okt. 77 (RdO. XVIII, 587. 653; daö letztere Erk. fand im Pr. Ges. v. 4. Juli 1875 eine besondere gesetzliche Anerkennung jener Zu gehörigkeit); ähnlich Manh. 16. Juni 73 (Bering 1. c. 30 (. 336); MeveS 1. c. s. 345. Im Uebrigen vgl. n. 7. 11. 7. Alle übrigen „Religionsgesellsch aften" bedürfen, um desselben Schutzes theilhaftig zu werden, der „Korporationsrechte"; da derartige ReligionSgefellschäften nicht als Ganzes (als Konfession) Korporationsrechte erlangen, so genügt eS, wenn eine Gemeinde derselben diese Rechte in irgend einem Bundesstaate er halten hat. Demgemäß ist das Iudenthum eine Religionsgesellschast im Sinne deS § 166: ZU. 11. Okt. 77 (RdO. XVIII, 644). Unter den christlichen Religionsgesellschaften gehören dazu nach Billn. 1. c. die Herrenhuter und Altkatholiken (vgl. n. 6), nicht aber die Deutschkatholiken und Wiedertäufer. — Religionsgesellschaften, welche keine Korporationsrechte haben, finden in den Vorschriften über Beleidigungen ihren Schutz: Motive z. Pr. StGB. s. 39; vgl. Zimmermann i. GA. 25 s. 103 und andererseits § 185 n. 7. 8. Die „Beschimpfung" einer Kirche rc. setzt nicht nothwendig eine an sich beleidigende Form voraus: es genügt, wenn der Inhalt der Rede :c. beschimpfen der Natur ist: n. 3, Darmst. 22. April 73, 13. Dez. 75 (StZ. II, 315; HEntsch. s. 43: das erstere Erk. verstattete den Beschuldigten jedoch, wie in den Fällen des § 186, zum Wahrheitsbeweise); contra: DreSd. 21. Aug. u. 18. Dez. 74 (StZ. V, 44. 43), MeveS 1. c. f. 340. Jedenfalls ist eine grobe Schmähung stets eine „Be schimpfung" im Sinne des §: Befchl. I. 29. Okt. 75 (RdO. XVI, 705). Dagegen ist in einer Verspottung nicht nothwendig eine Beschimpfung zu finden; so: ZI. 27. Sept. 76 (RdO. XVII, 603: betraf eine Verspottung kirchlicher Einrichtungen). Das Travestiren einer Glaubensformel, welches seinen Angriff gar nicht gegen die betreffende Kirche rc., sondern gegen gau; andere Personen und Verhältnisse richtet, fällt schon um deswillen nicht unter den §; so: Wolfenb. 31. März 74 (StZ. III, 311). — Die Beschimpfung kann auch durch bildliche Darstellungen und symbolische Handlungen verübt werden: Darmst. 4. Mai 74 (HEntsch. s. 17); vgl. n. 3. — Die Be stimmung der Grenze zwischen Beschimpfung und strafloser Kritik ist thatsächlicher Natur: ZRIII. 31. März 80 (RdN. I, 521).
Thl. II. SIbschn. XI.
Sergeb., welche sich a. d. Religion bezieh. — § 166.
371
zu religiösen Versammlungen bestimmten Orte beschimpfenden Unfug verübt, wird mit Gefängniß bis zu drei Jahren bestraft. [I. Enlw.: § 144; II. Enlw.: § 163; Pr. StGB.: 8 135.]
Vgl. § 304.
9. Die Beschimpfung einer „Einrichtung (eines Gebrauchs)" einer Kirche rc. ist unbedingt strafbar, selbst wenn dieselben nicht zum Wesen der Kirche rc. gehören: Z. 15. April 68 (RdO. IX, 271). 10. Der Reichstag hat die im Entwürfe neben den Einrichtungen und Ge bräuchen aufgezählten Lehren einer Kirche und die Gegenstände ihrer Ver ehrung gestrichen: Stenogr. Ber. f. 640 ff. Dagegen wird die Beschimpfung einer wesentlichen Lehre einer Kirche oder der Gegenstände ihrer Verehrung sehr leicht eine Beschimpfung der Kirche selbst bezw. einer Einrichtung (eines Gebrauchs) derselben in sich schließen. Letzteres gilt namentlich von Beschimpfung der Bibel und der zehn Gebote, sie involviren Beschimpfungen der christlichen Kirche: Dresd. 21. Aug. 74, 4. Sept. 74, 4. Dez. 74 (StZ. V, 44. 45), ZU. 25. Sept. 77 (RdO. XVIII, 584); nicht aber von Beschimpfungen de« Lehramts der Apostel: Dresd. 19. Mai 76 (SGZ. 21 s. 881); vgl. übrigens n. 12. 11. Die Messe, der Cölibat, die Heiligsprechung, die Marien- und Heiligenverehrung, die Ertheilung des Ablasses gehören zu den Ein richtungen der katholischen Kirche; vgl. ZRI. 8. Nov. 80 (RdR. II, 477), VII. 24. Mai 73, ZI. 23. Okt. 72, 29. Mai 68, ZU. 30. Juni 74 (RdO. XIV, 399; XIII, 548; IX, 352; XV, 463); desgleichen die Concile: ZRIII. 31. März 80 (RdR. I, 521); die Beichte und das geistliche Ordenswesen: Münch. 4. April 79 (BEntsch. IX, 203). Doch fällt ein Angriff, welcher nicht gegen die Messe an sich, sondern gegen die altkatholischen Priester gerichtet ist, und dahin lautet, daß diese durch Celebrirung der Meffe ein Sakrileg verübten, nicht unter die Strasvorschrift deS §: ZI. 3. Jan. 77 (RdO. XVIII, 7). 12. Das christliche bezw. apostolische Glaubensbekenntniß ist gleichfalls eine Einrichtung der christlichen Kirche: Wolfenb. 31. Mär; 74 (cit. n. 8); ZU. 6. März 79 (RdO. XX, 129); ebenso die Christusverehrung: ZRI. 8. Nov. 80 (cit. n. 11). 13. Aehnlich verhält eS sich mit der Union der evangelischen Kirche: Z. 15. April 68 (cit. n. 9). Selbst die den evangelischen Geistlichen gestattete Ehe kann, im Gegensatze zum Cölibate der katholischen Geistlichen, als eine Einrichtnng der evangelischen Kirche angesehen werden: ZU. 27. April 76 (RdO. XVII, 286); contra : Villn. i. GSaal 31 s. 535. 14. Der Ausdruck: „Gebräuche" ist auf kirchliche, nicht aber auf Ritual handlungen zu beschränken; daß dieselben wesentlich seien, ist nicht erforderlich (n. 9); es kann daher auch das Einsammeln freiwilliger Opsergaben während des Gottesdienstes hierher gezählt werden; vgl. ZI. 14. Juli 69 (RdO. X, 507: fand hierin eine „Einrichtung" der Kirche, falls es auf kirchenobrigkeitlicher Anordnung oder auf Her kommen beruhe); contra : MeveS 1. c. s. 348. Die vorgeschriebene oder herkömm liche AmtStracht der Geistlichen stellt einen Gebrauch dar: DreSd. 21. Aug. 74 (cit. n. 10); desgleichen die Tonsur der katholischen Geistlichen: Darmst. 4. Mai 74 (cit. n. 8). Dagegen gehört daS Verpachten der Kirchenstühle nicht hierher. 15. Die Einrichtung rc. muß als solche beschimpft sein; daher genügt keine Kundgebung, welche sich lediglich aus eine Besonderheit deS Einzelaktes und der Art seiner Vornahme bezieht, z. B. auf den Inhalt einer Predigt.- ZRIII. 31. März 80 (cit. n. 11); VII. 13. Jan. 70 (RdO. XI, 31). Dagegen kann auch in einer sich zunächst aus einen einzelnen gottesdienstlichen Akt beziehenden Kundgebung sehr wohl ein Beschimpfen der ganzen Einrichtung, nach welcher jener Akt vorgenommen wor den, liegen; ebenso: cit. ZRIII. 31. März 80, Münch. 4. April 79 (cit. n. 11). 16. Daß durch die „Beschimpfung der Kirche" ein Aergerniß gegeben sei (n. 4) oder daß ein zu der betr. Religionsgesellschaft Gehörender dieselbe wahrge nommen habe, wird nicht gefordert: ZI. 23. Okt. 72 (cit. n. 11). 17. Dasselbe gilt in Betreff deS „beschimpfenden Unfugs", von welchem der Schlußsatz redet. ES genügt daher, wenn der Unfug objektiv ein beschimpfender ist; daß daö religiöse Gefühl irgend Jemandes auch wirklich verletzt worden sei, wird nicht erfordert. Ja eS ist hier, wo nicht, wie in den beiden anderen Fällen des § 166, die Oeffentlichkeit der Handlung zum Thatbestände gehört, vielmehr nur
§ 167. Wer durch eine Thätlichkeit oder Drohung Je mand hindert, den Gottesdienst einer im Staate bestehenden die Verübung derselben in einer Kirche rc. verlangt wird, keineswegs nöthig, daß sie gegenüber der Allgemeinheit oder einem größeren Kreise von Personen stattfinde, sie kann auch einzelnen Freunden des Thäters gegenüber, nach Umständen sogar ohne Anwesenheit irgend einer anderen Person als des Thäters selbst erfolgen; ein Herüberziehen der Voraussetzungen de« § 360 Nr. 11 ist unzulässig, da ein innerer Zusammenhang zwischen beiden §§ nicht besteht; so: Manh. 10. Juli 75 (StZ. V, 307). Immerhin muß aber das Beleidigende gerade die kirchliche, resp, religiöse Seite betreffen. Mithin gehören z. B. Thätlichkeiten oder Injurien, welche unter den in einer Kirche Anwesenden vorfallen und an sich nicht geeignet sind, daS religiöse Gefühl der Mitglieder der betr. ReligionSgeseüschaft zu verletzen, nicht hier her. Vgl. Münch. 2. Okt. 74 (StZ. IV, 309), MeveS 1. c. s. 351 u. § 168 n. 5. Ob der Unfug an Gegenständen, die dem Gottesdienste gewidmet sind (vgl. Pr. StGB. § 135), oder in anderer Weise verübt wird, ist gleichgültig; er kann auch in bloßen Aeußerungen, z. B. in beschimpfenden, an den dienstthuenden Geistlichen gerichteten Zurufen bestehen: Manh. 10. Juli 75 (StZ. V, 309). 18. Im Schlußsätze sind den Kirchen ,,andere zu religiösen Versamm lungen (Mehrzahl) bestimmte Orte" gleich gestellt, d. h. solche, an welchen be» flimmungsmäßig wiederholt religiöse Handlungen stattzufinden pflegen; dagegen brauchen die Orte jenem Zwecke nicht ausschließlich zu dienen; ebensowenig wird erheischt, daß die betr. Religionsgesellschaft Korporationsrechte habe, oder daß ihre Versammlungen öffentlich seien; eS gehören sonach auch Privatkapellen, ebenso Leichen häuser und Kirchhöfe hierher, auf welchen ortsgebräuchlich durch Versammlungen religiöse Handlungen vorgenommen werden: Puch. n. 4 und unten § 167 n. 6; vgl. jedoch Vtlln. i. GSaal 31 s. 536. 19. Auf da- religiöse Bekenntniß und auf die religiösen Ueberzeugungen de« Thäters kommt es in den Fällen des § nie an: DI. 13. Mai 68, ZI. 17. Mai 78 (RdO. IX, 323 ; XIX, 269). 20. Als Dolus genügt der Wille der Kundgebung verbunden mit dem Be wußtsein von der betr. Eigenschaft der Aeußerung (Handlung): DI. 13. Mai 68, ZU. 21. Okt. 69 (RdO. IX, 323; X, 651); Münch. 4. April 79 (BEntsch. IX, 203). Das gilt namentlich auch von der „Beschimpfung"; es bedarf dazu in keiner Weise der Absicht, eine Kirche rc. zu beschimpfen oder herabzuwürdigen, oder das reli giöse Gefühl Anderer zu verletzen: ZU. 31. Mai 60 c. Müller, ZI. 13. Juni 60 c. Kluth, ZI. 27. Sept. 76 (RdO. XVII, 604), Manh. 10. Juli 75 (n. 17). 8 193 kommt daher hier nicht zur Anwendung: ZU. 28. Sept. 76 (RdO. XVII, 617). Dagegen schließt der Mangel des Bewußtseins, daß der Gegenstand der Be schimpfung eine Einrichtung der christlichen Kirche rc. sei, die Strafbarkeit aus (§ 59): ZPl. 9. Okt. 76 (RdO. XVII, 645). 21. Die vorsätzliche öffentliche Wiederholung einer strafbaren Aeußerung rc. pellt ein neues (in Real-Konkurrenz) begangenes Vergehen dar: ZI. 4. Okt. 65 (RdO. VI, 349). 22. Wird durch die Handlung eine gottesdienstliche Verrichtung gestört, so kann auch der Thatbestand des im § 167 vorgesehenen Vergehens, und wenn eine dem Gottesdienste gewidmete Sache zerstört oder beschädigt wird, der des § 304 in Idealkonkurrenz (§ 73) vorliegen.
§ 167. 1. Ueber den Begriff der „Thätlichkeit" vgl. § 94 n. 1, über den der Drohung: § 48 n. 30. Namentlich wird hier keine Bedrohung mit einer verbotenen, bzw. strafbaren Handlung erfordert; contra*, Binding II, 527. 2. Es reicht hin, wenn irgend „Jemand" (Geistlicher oder Laie) an der Ausübung des Gottesdienstes rc. gehindert wird. Als „Ausübung des Gottes dienstes" ist nicht nur eine der Gottesverehrung gewidmete Ritualhandlung einer kirchlichen Allgemeinheit (z. B. der Gesang der versammelten Gemeinde: ZI. 11. Sept. 67, 28. Apr. 69, RdO. VIII, 498; X, 273), sondern auch eine (nach der Lehre der betr. Religionsgesellschaft) sacramcntale Handlung Einzelner anzusehen, nicht aber
Thl. II. Abschn XI
Vergeh., welche sich a. d. Religion bezieh — § 167.
373
Religionsgesellschaft auszuüben, ingleichen wer in einer Kirche oder in einem anderen zu religiösen Versammlungen bestimmten Orte durch Erregung von Lärm oder Unordnung den Gottes dienst oder einzelne gottesdienstliche Verrichtungen einer im Staate bestehenden Religionsgesellschaft vorsätzlich verhindert oder stört, wird mit Gefängniß bis zu drei Jahren bestraft. [I. Entw.: § 145; II. Entw.: § 164; Pr. StGB.: § 136.]
Bgl. §§ 166. 339.
die Andacht eines Einzelnen (in einer Kirche), noch auch die Hausandacht, so lange sie, wie zur Zeit sowohl bei der katholischen wie evangelischen Kirche der Fall, nicht zu den allgemein gültigen Einrichtungen der betr. ReligionSgefellschaft gehört; so (in Betreff der Hausandachl): Meves i. GSaal 27 s. 358; Schütze s. 347 n. 8. 3. Ob die „im Staate bestehende Religionsgesellschaft" Korporations rechte habe, ist hier gleichgültig: Z. 3. Sept. 52 c. Wolf. — Unter „Staat" ist hier der Bundesstaat, in welchem die Handlung vorfällt, im Gegensatz zum „Bundes gebiet" (§ 166) zu verstehen: Villn. i. GSaal 31 s. 582. 4. Der Andere muß „gehindert" fein, den Gottesdienst auSznüben (nicht „verhindert", vgl. unten „verhindert oder stört"); ob diese „Hinderung" den Er folg gehabt habe, den Anderen von der Ausübung rc. abzuhalten, ist unwesentlich; eine wesentliche Erschwerung genügt; eine erfolglose Hinderung ist nicht als ein (strafloser) Versuch anzusehen: Puch. s. 195.
5. Der „Verhinderung rc. des Gottesdienstes in einer Kirche rc." ist die einer „einzelnen gottesdienstlichen Verrichtung" gleichgestellt; als solche ist jede Ritualhandlung Einzelner anzusehen, selbst wenn ihr ein sakramentaler Charakter nicht beiwohnt; die Mitwirkung eines Religionsdieners ist nicht unerläßlich. Somit gehört auch eine unter Zuziehung eines Geistlichen vorgenommene EideSabnahme hierher, nicht aber die nur durch einen Richter bewirkte: Beschl. I. 2. März 60 (GA. VIII, 412). Ein kirchliches Begräbniß ist eine gottesdienstliche Verrichtung: ZI. 5. Juli 76 (RdO. XVII, 489); ebenso die kirchliche Einsegnung einer Ehe, sollte der betr. Geistliche hierbei auch wider gesetzliche Vorschriften verstoßen haben: ZI. 18. Febr. 76 (GA. 24 s. 226). — Eine Ritualwidrigkeit nimmt dem Gottes dienste oder einer gottesdienstlichen Verrichtung noch nicht diesen ihren Charakter: ZI. 18. April 55 c. Lax (eine jüdische Todtenfeier hatte am Nachmittag statt am Vormittag stattgefunden). — Ob die gottesdienstliche Verrichtung rc. eine regel mäßige oder eine nur gelegentliche, durch eine ungewöhnliche Veranlassung herbei geführte gewesen, ist gleichgültig, sobald nur in Betreff des Ortes die Voraussetzungen des § zutreffen; vgl. n. 6. 6. In Betreff der „Kirche" oder des „anderen zu religiösen Versamm lungen bestimmten Ortes" vgl. § 166 n. 18. Auch hier wird nicht erfordert, daß der Ort einen rein kirchlichen Charakter an sich trage, ausschließlich zu kirch lichen Feierlichkeiten benutzt werde, z. B. daß ein Friedhof nicht gleichzeitig zu welt lichen Geschäften bestimmt sei: ZI. 5. Juli 76 (eit. n. 5). Mit Rücksicht ans den Umstand, daß hier (abweichend von § 166) die gottesdienstliche Handlung (n. 5) ge schützt werden soll, sind selbst die s. g. Stationen der katholischen Kirche, der Weg, welchen öffentliche Prozessionen regelmäßig zu nehmen pflegen, insbesondere die bei dieser Gelegenheit errichteten Altäre rc. hierher zu zählen, nicht aber solche Orte, an welchen nur zufällig eine einzige gottesdienstliche Handlung vorgenommen wird, z. B. bei einer vorzunehmenden Beerdigung das Sterbehaus oder der Weg, den der Leichen zug nimmt; vgl. Schütze f. 347; contra* Meyer n. 4. 7. Der Gottesdienst rc. „in einer Kirche rc." kann auch durch einen außer halb derselben Befindlichen (durch lauten Lärm rc.) gestört werden: ZI. 5. Juli 76 (eit n. 5); Darmst. 7. Okt. 72 (StZ. II, 92); m. a. W. für die Anwendbarkeit des § ist nicht der Ort, wo die störende Handlung stattfindet, sondern derjenige Ort entscheidend, wo sie ihre Wirkung äußert: ZU. 8. Jan. 78 (RdO. XIX, 8); Villn. i. GSaal 31 s. 582. — Die „Unordnung" braucht keine geräuschvolle zu sein: Manh. 10. Juli 75 (StZ. V, 309). Es genügt, wenn der Angeklagte „Lärm oder
374
Thl. II. Abschn. XL
Vergeh., welche sich a- d. Religion bezieh. — § 168.
§ 16S. Wer unbefugt eine Leiche aus dem Gewahr sam der dazu berechtigten Person wegnimmt, ingleichen wer unbefugt ein Grab zerstört oder beschädigt, oder wer an einem Grabe beschimpfenden Unfug verübt, wird mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft; auch kann auf Verlust der bürger lichen Ehrenrechte erkannt werden. [I. Entw.: § 146; II. Entw.: § 166; Nr. 1. 32. 35.
Pr. StGB.: § 137.]
Vgl. §§ 304. 367.
Unordnung erregt" hat, sollte er selbst auch nur in seinem gewöhnlichen Redeton gesprochen haben.- ZI. 18. Febr. 76 (cit. n. 5). 8. Die „Störung" braucht sich nicht nothwendig auf alle bei der gottesdienst lichen Verrichtung Betheiligten oder auf den fungirenden Geistlichen zu erstrecken; es genügt die Störung einzelner am Gottesdienste rc. Theil nehmender Personen-. ZI. 9. Dez. 64, 25. März 68 (RdO. V, 348; IX, 217); Meyer n. 6; contra: Beschl. 14. Jan. 52 c. Dorn; Schütze s. 347 n. 8. Auch genügt schon eine Störung von kürzerer Dauer: Manh. 10. Juli 75 (cit. n. 7). 9. Als D o lus genügt die Vorsätzlichkeit der äußern Handlung, verbunden mit dem Bewußtsein ihres störenden Charakters: ZI. 1. Mai 72, ZI. 17. März 75 (RdO. XIII, 286, XVI, 230). 10. Ein Beamter kann sich dieses Vergehens auch (ohne Thätlichkeit) durch Mißbrauch seiner Amtsgewalt oder durch Androhung eines bestimmten Mißbrauchs derselben schuldig machen: § 339 Abs. 3. 11. Der Zwang zur Ausübung eines Gottesdienstes gehört nicht (wie nach § 136 des Pr. StGB.'s) hierher, kann vielmehr nur unter §§ 240. 241 fallen.
§ 168. 1. Nur die Wegnahme einer ganzen Leiche fällt unter § 168; die Weg nahme einzelner Theile einer Leiche aus dem Gewahrsam der dazu berechtigten Person ist im § 367 Nr. 1 mit einer UebertretungSstrafe bedroht (man wollte Aerzte und Studirende, welche leichtsinniger Weise zu wissenschaftlichen Zwecken derartige Hand» lungen vornehmen, nicht mit Gefängniß strafen: Motive Anl. 3 s. 47). 2. Die Leiche muß aus dem Gewahrsam eines „dazu Berechtigten" wegge» nommen sein; der Gewahrsam der Polizeibehörde (z. B. bei einer gefundenen fremden Leiche) genügt; contra : Puch. n. 1. Ebenso gehört die Wegnahme vom Kirchhofe hierher: der Gewahrsam befindet sich dann bei der betr. Gemeinde; dort kann sich auch der Todtengrüber des Vergehens schuldig machen: ZU. 10. Dez. 63 (RdOIV, 249); Schütze s. 348; desgleichen ein früher zum Gewahrsam (;. B. als nächster Verwandter oder Erbe) Berechtigter: Villn. i. GSaal 31 s. 584. — Ein „Weg nehmen" liegt nach Villn. 1. c. auch dann vor, wenn Jemand sich der Leiche, ohne sie wegzutragen, bemächtigt und so den Berechtigten an Ausübung des Gewahrsams hindert oder wenn er sie zerstört. — Werden die mit der Leiche beerdigten sonstigen Sachen in der Absicht der re. Zueignung weggenommen, so liegt ein (ideell konkurrirender) Diebstahl vor: cit. ZU. 10. Dez. 63. 3. Dagegen folgt aus der Stellung des § im Abschn. XI, daß er keine An wendung mehr finden kann, wenn die weggenommene Leiche von einem Arzte re. zu wissenschaftlichen rc. Zwecken erworben und dadurch Gegenstand deS Privateigenthums geworden war; eS werden dann ev. die Vorschriften Über Diebstahl re. maß gebend. 4. „Grab" ist die Stelle, an welcher die Leiche eines Menschen zur dauernden Ruhe niedergelegt worden ist: ZU. 15. Nov. 77 (RdO. XVIII, 717); contra: Villn. i. GSaal 31 s. 585: rechnet auch eine provisorische Ruhestätte hierher. Zu einem „Grabe" wird daher ein Ort erst durch die darin niedergelegte Leiche: BL. s. 402; bloße Monumente, sowie noch nicht in Benutzung genommene Erbbegräb nisse gehören nicht hierher. Daffelbe gilt von Hünengräbern u. dgl., bei welchen eine Verletzung deö religiösen Gefühls Anderer nicht denkbar ist. 5. Die „Zerftörung (Beschädigung)" eines Grabes ist nicht nothwendig
Thl. II. Abschn. XII.
Verbr. rc. in Bezieh, a. d. Personenstand. — § 169.
375
Zwölfter Abschnitt.
Verbrechen und Vergehen in Beziehung auf den Personenstand. § 169. Wer ein Kind unterschiebt oder vorsätzlich ver wechselt, oder wer auf andere Weise den Personenstand eines Anderen vorsätzlich verändert oder unterdrückt, wird mit Ge fängniß bis zu drei Jahren und, wenn die Handlung in gedurch die Berührung der darin befindlichen Leiche oder Gebeine bedingt; noch weniger bedarf es einer solchen beim ,,beschimpfenden Unfuge"; eutscheidend ist, ob durch die Handlung die Ruhestätte des Todten in einer die Pietät oder das religiöse Gefühl Anderer verletzenden Weise eine Aenderung erfahren habe. Inzwischen erkannte ZU. 15. Nov. 77 (eit. n. 4), daß daS Wiedereröffnen eines Grabes, die Herausnahme und Wegschaffuug der Leiche, indem hierdurch das Grab als solches beseitigt werde (n. 4), stets eine Zerstörung desselben in sich schließe. Zur „Beschädigung" fordert Villn 1. c., daß der Todte weniger gewahrt sei. Das bloße Ausreißen der auf dem Grabhügel stehenden Blumen und Sträucher stellt keine Beschädigung deS Grabes dar, da jene keinen Theil desselben bilden; so: MeveS i. GSaal 27 s. 370; vgl. ZI. 20. März 67 (RdO. VIII, 189: sprach dies jedoch nicht so allgemein anS, und hielt die Frage für eine wesentlich thatsächliche). Ob darin ein „beschimpfender Unfug" zu erblicken sei, hängt von den oben angedeuteten Gesichtspunkten ab; entrüstete Aeußerungen, welche die Handlung begleiten und nicht das Andenken des Todten beschimpfen, sondern blos gegen die Personen gerichtet sind, die die Blumen re. ge setzt haben, kommen hierbei nicht in Betracht: Dresden 11. Sept. 74 (StZ. V, 49). Bgl. § 166 n. 17. — Wird durch dieselbe Handlung mit dem Grabe das Grabmal vorsählich und rechtswidrig zerstört re., so liegt Idealkonkurrenz mit dem im § 304 vorgesehenen Vergehen vor. 6. Als Dolus genügt das Bewußtsein, daß die (vorsätzlich vorgenommene) Handlung eine unbefugte sei, und daß durch sie Gräber zerstört re. werden, bezw. daß dieselbe einen „beschimpfenden Unfug" darstelle: BI. 8. Febr. 71, ZI. 15. Mai 72 (RdO. XII, 78; XIII, 310). Auf eine Absicht des Thäters (z. B. der Zueignnng) kommt Nichts an. Namentlich wird der Dolus nicht dadurch ausgeschlossen, daß keine Verletzung des religiösen Gefühls Anderer re. beabsichtigt war, noch da durch, daß d.ie Handlung lediglich zum Zwecke anderweitiger Beerdigung geschah; so: ZU. 15. Nov. 77 (eit. n. 4). 7. Der Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte re. kann nur verhängt werden, wenn die Gesangnißstrafe drei Monate erreicht: § 32. 35.
§ 169. 1. Die „Unterschiebung" oder „Verwechslung" muß ein Kind (infans) zum Gegenstände haben, welches wegen seines zarten Alters selbst über seine Ab stammung keine Auskunft geben kann; vgl. BL. s. 403; Schütze s. 321 n. 4; contra: Schw. i. HH. III, 282. Auf ältere Personen kann sich nur die anderweitige „Ver änderung re. des Personenstandes" beziehen. 2. Ein todtes Kind kann nicht untergeschoben noch mit einem anderen todten Kinde verwechselt werden. Wohl aber ist die Verwechselung eines solchen mit einem lebenden Kinde möglich: VI. 8. März 76 (RdO. XVII, 181: beil.); Schwarze i. HH. III, 281. 3. „Personenstand" ist hier der auf Abstammung beruhende Familien stand. ML. s. 540 rechnet auch die Familienzugehörigkeit durch Adoption bezw. Arrogation hierher. 4. Nur die Veränderung des Personenstandes eines „Anderen", zur Zeit Lebenden, nicht die des eigenen Standes fällt unter das Strafverbot; contra: BI 8. März 76 (eit. n. 2, insofern dasselbe auch die „Veränderung" des Personen standes eines Todten, z. B. eines Kindes durch dessen erst nach seinem Tode aus-
376
Thl. II. Abschn. XII. Verbr. rc. in Bezieh, a. d. Personenstand. — § 169.
winnsüchtiger Absicht begangen wurde, mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft. Der Versuch ist strafbar. [I. Entw.: § 147; II. Entw.: § 167; Pr. StGB.: § 138.]
Preußen:
Dgl. RStPO. 435.
Vgl. Rh. BGB. Art. 327.
genommene Geburtsurkunde für möglich hält; es genüge, daß das Kind überhaupt gelebt, mithin einen Personenstand einmal gehabt habe).
5. Der Personenstand eines Menschen ist „verändert", sobald ein Zustand herbeigesührt ist, in welchem er einen andern Personenstand auSübt oder genießt, als bis dahin gesetzlich der Fall war. Somit genügt ein gelegentliches Ausgeben für einen Dritten nicht. Trifft jenes zu, so macht eS keinen Unterschied, ob die Hand lung mit der Kenntniß oder Zustimmung Desjenigen geschah, dessen Personenstand geändert ist; contra: Schw. i. HH. III, 280.
6. Demgemäß (n. 5) ist der Thatbestand z. B. erfüllt, wenn Jemand ein Kind einer fremden Person in der Absicht und mit dem Erfolge übergiebt, daß daffelbe nunmehr als deren Kind gilt und daß selbst der staatlichen Behörde die Erforschung seines jetzigen Verbleibs unmöglich gemacht ist: DreSd. 9. Juli 77 (SGZ. 22 s. 166). 7. Nicht minder liegt der Thatbestand da vor, wo die Urkunde, auf welcher der Beweis des Abstammungsverhältnisses eines Menschen wesentlich beruht, wahr heitswidrig hergestellt oder abgeändert ist; z. B. wenn ein Standesbeamter (Geist licher) durch Täuschung veranlaßt wird, ein Kind als von einer anderen Mutter geboren rc. in die Geburts- (Tauf-) Register einzutragen, vorausgesetzt, daß die so aufgenommene Urkunde in Betreff der Mutterschaft beweisende Kraft habe (eine nach franz, rc. Rechte bestrittene Frage; vgl. Gilb. C. civ. a. 341 n. 8ff.): dabei macht es keinen Unterschied, ob vorher schon eine andere richtige Eintragung desselben Kindes bewirkt worden war oder nicht: Beschl. I. 8. Juli 57, ZI. 2. Nov. 60 (GA. V, 695; VIII, 830). 8. Daffelbe (n. 6. 7) gilt von der wahrheitswidrigen Anerkennung der Vaterschaft eines außerehelichen Kindes (vor dem Standesbeamten), sofern die Landesgesetze der Anerkennung rechtliche Wirkungen für die Abstammung des Kin des zuerkennen, wie eS z. B. bei der Pr. Gesetzgebung der Fall ist: ZRI. 10. Nov. 79 (RdR. I, 55). 9. Dagegen bleibt der § ausgeschlossen, wenn die Eintragung eine« neugebornen Kindes in die GeburtS- (Tauf.) Register unter richtiger Angabe der Eltern, aber mit der unrichtigen Bezeichnung derselben als Eheleute veranlaßt wird, weil dann in Betreff der AbstammungSsrage (n* 3) nur Richtiges beurkundet, das Bestehen der Ehe aber durch den GebnrtSakt nicht bewiesen wird: VII. 4. Dez. 73 (RdO. XIV, 778); vgl. ZU. 9. Juli 57 (GA. V, 705); contra: ZRIII. 8. Mai 80, ARII. 1. Okt. 80 (RdR. I, 746; II, 291); DreSd. 31. Mai 72 (StZ. II, 92), VI. 11. Febr. u. 8. März 76 RdO. XVII, 108. 181: unter spezieller Bezugnahme auf daS Personenstands-Gesetz v. 6. Febr. 1875); vgl. § 271 n. 16. 10. „Unterdrückt" wird der Personenstand, wenn einem Menschen der ihm zustehende Stand entzogen wird, ohne ihm einen andern beizulegen; Beisp.: heimlicheS Unterbringen eines infans in einem Findelhause rc. ohne Nennung der Mutter rc.; Angabe einer fingirten Person als Mutter im GeburtSakte: ZI. 14. Juni 76 (RdO. XVII, 421); vgl. n. 15. 11. Daß die Personenstandsveränderung für den davon Betroffenen nachtheilig sei, wird nicht erfordert: Mot. s. 99. Auch kommt eS auf die Dauer der durch die Handlung verursachten Täuschung nicht an: ZI. 14. Juni 76 (cit. n. 10). 12. Die Strafbarkeit wird durch den Tod deS „Andern" nicht aufgehoben. 13. Als Dolus reicht das Bewußtsein hin, daß durch die Handlung der Per sonenstand verändert rc. werde, verbunden mit einer aus Rechtsverletzung gerichteten Absicht; daß letztere gerade dahin gegangen sei, jene Folge herbeizuführen, ist nicht erforderlich; vgl. Beschl. I. 27. März 67 (RdO. VIII, 201). Um so weniger ist eS für den Thatbestand von Bedeutung, ob der Thäter den Personenstand für längere
Thl. II. Abschn. XII. $et6r. ,c. in Bezieh, a. d. Personenstand. — § 170.
377
§ 170. Wer bei Eingebung einer Ehe dem anderen Theile ein gesetzliches Ehehinderniß arglistig verschweigt, oder wer den anderen Theil zur Eheschließung arglistig mittels einer solchen Täuschung verleitet, welche den Getäuschten berechtigt, oder nur für kürzere Zeit zu unterdrücken beabsichtigte: Münch. 24. März 80 (BEntsch. X, 113). 14. Die straserschwerende ,,gewinns üchtige Absicht" braucht nicht auf einen Vermögensgewinn gerichtet zu sein: Rüd. n. 4; contra: Meyer n. 4, ML. s. 542. 15. Häufig trifft mit dieser Mißthat eine andere zusammen, z. B. Aussetzung eines Kindes (§ 221), oder Bewirkung der Aufnahme einer falschen Personen standsurkunde (§ 271. 272); in der Regel liegt hier Idealkonkurrenz vor. Vgl. ZR1II. 8. Mai 80 (RdR. I. 746), DI. 8. März 76 (RdO. XVII, 181). 16. Im Gebiete des französischen Rechts konnte früher eine Strafverfolgung wegen Unterschiebung rc. eines Kindes nicht eintreten, bevor im Civilverfahren endgültig über die Kindschaftsfrage (filiation) entschieden war: C. civ. art. 327. Die StA.-schast war befugt, (unter Zuziehung der Betheiligten: C. de proc. art. 856 ff.) die Rektifikation einer CivilstandSurkunde zu betreiben, um mittels dieses Verfahrens die Entscheidung der Standesfrage im Civilwege zu erwirken: AH. Köln 2. Dez. 46 (RA. 41. I. 116); contra: Chauveau-Carrd qu. 2896 note 4; vgl. Gilb. C. civ. art. 99 n. 1 ff. Vgl. jetzt § 69 n. 6. 17. Die Verjährung beginnt mit dem Abschlüsse der betr. Handlung, sollte auch demnächst die Verdunkelung des Personenstandes fortdauern: Schütze s. 322; John i. GA. IX, 510; contra: Schw. n. 15; id. i. HH. III, 383; ML. s. 542. Vgl. jedoch n. 16 und § 69 n. 6. 18. Bedingte Zulässigkeit der Nebenklage: RStPO. § 435.
§ 170. 1. Dieses Vergehen kann nur von einem der Eheschließenden verübt werden (: „dem anderen" rc ). 2. Als „gesetzliches Ehehinderniß" ist nur ein solches anzusehen, welches die abgeschlossene Ebe als nichtig oder ungültig erscheinen läßt (impedimentum dirimens); welche dazu gehören, ist nach den maßgebenden Ehegesetzen zu beurtheilen. — Ein Scheidungsgrund, welcher die Gültigkeit der abgeschlossenen Ehe nicht beeinträchtigt (z. B. das Unvermögen: ALR. II, 1 § 696. 697, eine verheimlichte Schwangerschaft u. dgl.) reicht nicht hin; vgl. n. 5; contra: v. Kirchm. s. 113. 3. Das „Verschweigen (Verleiten rc.)" muß ein „arglistiges" sein; dazu bedarf es außer der Kenntniß von dem Vorhandensein des verschwiegenen Ehehin dernisses und von der Unrichtigkeit der vorgespiegelten Thatsachen („Täuschung") auch des Bewußtseins, daß der Andere durch eine irrige Auffassung zum Abschluffe einer Ehe veranlaßt werde, welche er sonst nicht eingegangen sein würde. — Wer blos auS Lässigkeit oder, um den andern Theil nicht unglücklich zu machen, verschweigt, ist nicht aus § 170 strafbar; so: Binding II, 605. 4. Die Worte: „mittels einer solchen Täuschung" .... beziehen sich nicht auf das vorhergegangene „Verschweigen eines Ehehindernisses", finden vielmehr ihre Erläuterung in den folgenden Worten: „welche .... berechtigt rc.". Es wird so nach vorausgesetzt, daß die stattgehabte Täuschung eS sei, welche den getäuschten Ehegatten berechtigt, die Gültigkeit der Ehe anzufechten. Die Täuschung eines Dritten und seine Besugniß, die Gültigkeit der Ehe anzufechten, genügen nicht. 5. Bedingung der „Bestrafung" (d. h. der Strafverfolgung) ist, daß die Ehe vorher „aufgelöst", d. h. für „nichtig" oder „ungültig" erklärt worden sei (§ 171); dem steht eine Scheidung nicht gleich: Puch. n. 2; vgl. n. 2; contra: Schütze s. 323 n. 8; Schw. n. 3. Diese Auflösung muß auf den Antrag des andern Ehegatten (vgl. n. 4) und gerade aus dem Grunde erfolgt fein, in Betreff dessen dem Angeschuldigten ein Verschweigen ober eine Täuschung zur Last fällt. Daß daS die Auflösung der Ehe aussprechende Civilurtheil die Handlungsweise des Angeschuldigten als eine „arglistige" qualifizire, ist nicht erforderlich. 6. Die Auflösung muß von dem zuständigen Gerichte mit civilrechtlicher
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Thl. II. Abschn. XIII. Verbr. u. Vergeh, w. d. Sittlichkeit. — §§ 170.171.
die Gültigkeit der Ehe anzufechten, wird, wenn aus einem dieser Gründe die Ehe aufgelöst worden ist, mit Gefängniß nicht unter drei Monaten bestraft. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag des getäuschten Theils ein. II. Entw.: (fehlte); II. Eritw.: tz 168; Pr. StGB.: (fehlte); Braunschw. StGB. K 182; Kgl. Sächs. StGB. § 205; Bayr. StGB. Art. 268.]
Dreizehnter Abschnitt. Verbrechen und Vergehen wider die Sittlichkeit.
§ 1*71. Ein Ehegatte, welcher eine neue Ehe eingeht, bevor seine Ehe aufgelöst, für ungültig oder nichtig erklärt Wirkung ausgesprochen sein. Von dieser Zuständigkeit sind die geistlichen Ge richte jetzt allgemein ausgeschlossen; vgl. RGes. v. 6. Febr. 1875 § 76. Hat das Erkenntniß civilrechtliche Wirksamkeit, so kommt eS weiter nicht darauf an, ob kirch lich die Ehe als fortbestehend angesehen wird: ZI. 30. Jan. 61 c. Rausch (Ehe bruch betr.). 7. Das die Auflösung aussprechende Urtheil muß rechtskräftig geworden sein, ehe eine Verfolgung eintreten kann. Ob die Bestrafung wegfalle, wenn vor dem Eintritte der Rechtskraft der andere Ehegatte stirbt, hängt davon ab, ob nach den maßgebenden Civilgesetzen, dieses Todes ungeachtet, jenes Urtheil noch rechts kräftig und wirksam werden kann. 8. Die vom zuständigen Gerichte ausgesprochene Auflösung der Ehe ist demnächst für den Strafrichter insoweit bindend, als dieser nicht mehr prüfen darf, ob jene Entscheidung mit Recht getroffen worden sei, oder nicht: ZI. 6. Juni 55 (GA. III, 702: Ehebruch betr.). Dagegen hat der Strafrichter seinerseits den That bestand de« Straffalles selbstständig zu prüfen, er kann daher das „Verschweigen eines Ehehindernisses" oder eine „arglistige Verleitung zur Eheschließung durch Täu schung" für nicht erwiesen erachten, selbst wenn diese Thatsachen vom Civilrichter festgestellt und der ausgesprochenen Auflösung der Ehe zu Grunde gelegt waren: ZU. 24. Okt. 61 (RdO. II, 20: Ehebruch betr.). Vgl. RStPO. § 261. 9. Da die Auflösung der Ehe nur eine Bedingung der Strafverfolgung (n. 5) und kein Thatbestandsmerkmal (im Sinne des Pr. Ges.'S v. 3. Mai 1852 Art. 31 und jetzt der RStPO. § 266) bildet, so ist die ausdrückliche Feststellung der selben im vernrtheilenden Erkenntnisse nicht unbedingt nothwendig: BI. 7. Mai 63 (RdO. III, 431); eS bedarf dieser ausdrücklichen Feststellung vielmehr nur dann, wenn das Gegentheil behauptet war. In schwurgerichtlichen Sachen steht dieselbe nie den Geschwornen, sondern stets dem Gerichtshöfe zu. 10. Außer dem Getäuschten haben auch die im § 65 Abs. 2. 3 genannten Personen ein selbstständiges Antrags recht: Schw. n. 6; contra: Meyer n. 5. 11. Der Lauf der Ant rage fr ist beginnt mit der (nach dem Abschlüsse der Ehe erfolgten) Kenntnißnahme von der stattgehabten Täuschung (§ 61), nicht erst mit der Rechtskraft des die Ehe auflösenden Urtheils: Meyer n. 4, Reber n. 470, Doch. i. HH. IV, 273; contra: Schw. n. 4, Rüd. n. 4, Puch. n. 2. Vgl. § 172 n. 15. 12. In Betreff der Verjährung vgl. § 69 n. 8. 13. Bedingte Zulässigkeit der Nebenkläger RStPO. § 435.
§ 171. 1. Das Gesetz spricht allgemein, trifft also den im Jnlande eine Doppelehe eingehenden Ausländer auch dann, wenn die Gesetze seiner Heimath Polygamie gestatten; contra: Puch. n. 2; vgl. Villnow i GSaal 30 s. 125. 2. Vorausgesetzt wird „ein Ehegatte", somit eine wenigstens formell (in einer von der Civilgesetzgebuug anerkannten Weise) abgeschlossene erste „Ehe". Auf
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Thl. II. Abschn. XIII. Verbr. u. Vergeh, w. d. Sittlichkeit. — §§ 170.171.
die Gültigkeit der Ehe anzufechten, wird, wenn aus einem dieser Gründe die Ehe aufgelöst worden ist, mit Gefängniß nicht unter drei Monaten bestraft. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag des getäuschten Theils ein. II. Entw.: (fehlte); II. Eritw.: tz 168; Pr. StGB.: (fehlte); Braunschw. StGB. K 182; Kgl. Sächs. StGB. § 205; Bayr. StGB. Art. 268.]
Dreizehnter Abschnitt. Verbrechen und Vergehen wider die Sittlichkeit.
§ 1*71. Ein Ehegatte, welcher eine neue Ehe eingeht, bevor seine Ehe aufgelöst, für ungültig oder nichtig erklärt Wirkung ausgesprochen sein. Von dieser Zuständigkeit sind die geistlichen Ge richte jetzt allgemein ausgeschlossen; vgl. RGes. v. 6. Febr. 1875 § 76. Hat das Erkenntniß civilrechtliche Wirksamkeit, so kommt eS weiter nicht darauf an, ob kirch lich die Ehe als fortbestehend angesehen wird: ZI. 30. Jan. 61 c. Rausch (Ehe bruch betr.). 7. Das die Auflösung aussprechende Urtheil muß rechtskräftig geworden sein, ehe eine Verfolgung eintreten kann. Ob die Bestrafung wegfalle, wenn vor dem Eintritte der Rechtskraft der andere Ehegatte stirbt, hängt davon ab, ob nach den maßgebenden Civilgesetzen, dieses Todes ungeachtet, jenes Urtheil noch rechts kräftig und wirksam werden kann. 8. Die vom zuständigen Gerichte ausgesprochene Auflösung der Ehe ist demnächst für den Strafrichter insoweit bindend, als dieser nicht mehr prüfen darf, ob jene Entscheidung mit Recht getroffen worden sei, oder nicht: ZI. 6. Juni 55 (GA. III, 702: Ehebruch betr.). Dagegen hat der Strafrichter seinerseits den That bestand de« Straffalles selbstständig zu prüfen, er kann daher das „Verschweigen eines Ehehindernisses" oder eine „arglistige Verleitung zur Eheschließung durch Täu schung" für nicht erwiesen erachten, selbst wenn diese Thatsachen vom Civilrichter festgestellt und der ausgesprochenen Auflösung der Ehe zu Grunde gelegt waren: ZU. 24. Okt. 61 (RdO. II, 20: Ehebruch betr.). Vgl. RStPO. § 261. 9. Da die Auflösung der Ehe nur eine Bedingung der Strafverfolgung (n. 5) und kein Thatbestandsmerkmal (im Sinne des Pr. Ges.'S v. 3. Mai 1852 Art. 31 und jetzt der RStPO. § 266) bildet, so ist die ausdrückliche Feststellung der selben im vernrtheilenden Erkenntnisse nicht unbedingt nothwendig: BI. 7. Mai 63 (RdO. III, 431); eS bedarf dieser ausdrücklichen Feststellung vielmehr nur dann, wenn das Gegentheil behauptet war. In schwurgerichtlichen Sachen steht dieselbe nie den Geschwornen, sondern stets dem Gerichtshöfe zu. 10. Außer dem Getäuschten haben auch die im § 65 Abs. 2. 3 genannten Personen ein selbstständiges Antrags recht: Schw. n. 6; contra: Meyer n. 5. 11. Der Lauf der Ant rage fr ist beginnt mit der (nach dem Abschlüsse der Ehe erfolgten) Kenntnißnahme von der stattgehabten Täuschung (§ 61), nicht erst mit der Rechtskraft des die Ehe auflösenden Urtheils: Meyer n. 4, Reber n. 470, Doch. i. HH. IV, 273; contra: Schw. n. 4, Rüd. n. 4, Puch. n. 2. Vgl. § 172 n. 15. 12. In Betreff der Verjährung vgl. § 69 n. 8. 13. Bedingte Zulässigkeit der Nebenkläger RStPO. § 435.
§ 171. 1. Das Gesetz spricht allgemein, trifft also den im Jnlande eine Doppelehe eingehenden Ausländer auch dann, wenn die Gesetze seiner Heimath Polygamie gestatten; contra: Puch. n. 2; vgl. Villnow i GSaal 30 s. 125. 2. Vorausgesetzt wird „ein Ehegatte", somit eine wenigstens formell (in einer von der Civilgesetzgebuug anerkannten Weise) abgeschlossene erste „Ehe". Auf
Thl. II. Abschn. XIII.
Berbr. u. Vergeh, w. d. Sitllicheit. — § 171.
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worden ist, ingleichen eine unverheirathete Person, welche mit einem Ehegatten, wissend, daß er verheirathet ist, eine Ehe eingeht, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängniß strafe nicht unter sechs Monaten ein. Die Verjährung der Strafverfolgung beginnt mit dem Tage,- an welchem eine der beiden Ehen aufgelöst, für ungültig oder nichtig erklärt worden ist. [I. @nt».: § 148; II. Entw-: § 169; Pr. StGB.: § 139-1 Dgl. § 338; Personenstand«. :c. Ges. v. 6. Febr. 1875 §§ 34, 41, 42; RGVG. § 73.
die Rechtsbeständigkeit derselben kommt es nicht an; so lange sie nicht „aufgelöst, für ungültig oder nichtig erklärt ist" (Abs. 3), beseitigt daS Vorhandensein eines NichligkeitSgrundeS die Anwendbarkeit des § nicht: VI. 7. Mai 69 (RdO. X, 296). Eine „Ehe" ist anzunehmen, sollte sie auch nur in der für einen der beiden Ehe gatten vorgeschriebenen Form abgeschlossen sein; ein Beisp.: ZI. 2. Juli 63 (RdO. III, 540). 3. Damit eine neue Ehe statthaft sei, muß die erste in einer civilrechtlich wirksamen Weise „aufgelöst, für ungültig oder für nichtig erklärt sein". Auch hier würde eS genügen, wenn diese Auflösung rc. in der für einen der beiden Ehegatten vorgeschriebenen Form erfolgt, z. B. wenn eine sog. gemischte Ehe durch das nur für den einen der Ehegatten zuständige Ehegericht geschieden worden ist; contra: Schw. i. HH. III, 292. — Inwiefern eine Ehe durch eine Todes- oder durch eine Verschollen-Erklärung aufgelöst werde, beurtheilt sich nach der Landesgesetzgebung. DaS Nähere darüber findet sich bei HinschiuS Personenst.'SGes. s. 119 ff. — DaS eine Scheidung (Nichtig-Erklärung rc.) aussprechende Urtheil muß rechtskräftig geworden sein, ehe eS wirksam werden kann; vgl. 8 170 n. 7. 8. Ueber den Beginn der Rechtskraft deS ScheidungSurtheilS nach Pr. Recht vgl. Villnow i. EA. 23 f. 171. Im Gebiete des franz. Rechts war eine Ehe nicht als geschieden zu betrachten, bevor der Standesbeamte die Scheidung auf Grund deS dieselbe gestattenden Erkenntnisses ausgesprochen hatte (C. civ. art. 264, 266; RGes. v. 6. Febr. 1875 § 55 Abs. 2): ZU. 6. Nov. 73 (RdO. XIV, 696); seit dem In krafttreten der REPO, hat jedoch auch dort daS erkennende Gericht die Trennung der Ehe selbst auszusprechen (und sind hiermit die bezogenen Sonderbestimmungen ui Wegfall gekommen): OLG. Cöln 1. Sept. 80 (RA. 71, II, 44); vgl. EL. AuSs.Ges. v. 2. Juli 1879 § 11.
4. Zum Thatbestände genügt die „Eingehung" der (zweiten) Ehe d. h. die Vornahme desjenigen formellen Aktes, welcher nach der maßgebenden Civilgesetzgebung zur Abschließung einer Ehe erfordert wird. ES wird somit nicht erheischt, daß die so abgeschlossene Ehe eine gültige sei, sie wird vielmehr regelmäßig schon wegen deS Bestehens der ersten Ehe nichtig sein. — Einer hinzutretenden fleischlichen Vermischung bedarf eS zur Herstellung deS Thatbestandes nicht. 5. Als DoluS wird bei dem sich wieder verheirathenden Ehegatten voraus gesetzt daS Bewußtsein von der wirklichen oder möglichen Fortdauer seiner früheren Ehe: BL. s. 407; Schütze s. 327, ML- s. 613; vgl. BI. 24. Juni 64 (RdO. V, 20) u. Dillnow i. GSaal 30 s. 122. — Dagegen muß der mit einem Verheiratheten eine neue Ehe abschließende Dritte „wissen", daß jener verheirathet sei.
6. DaS Verbrechen ist mit dem „Eingehen" der Ehe vollendet, und wird durch das demnächstige Bestehen deS BerhältnisieS nicht fortgesetzt; hat jenes unter der älteren Strafgesetzgebung stattgefunden, so ist trotz der Dauer der Ehe unter der neuen Gesetzgebung doch nur jene anwendbar, insoweit nicht § 2 zutrifst; Abs. 3 steht dem nicht entgegen; vgl. jedoch ZU. 25. Jan. 77 (RdO. XVIII, 75: führte die Bestimmung deS Abs. 3 darauf zurück, daß bis zu dem dort erwähnten Zeit punkte das Verbrechen fortdauere). Ebendeshalb ist Ort der That, gleichviel, wo die zweite Ehe fortgesetzt wird, stets nur derjenige Ort, wo dieselbe abgeschlossen wurde,
380 Thl. II. Abschn. XIII. Verbr. u. Vergeh, w. d. Sittlichkeit. — §§ 171. 172.
§ 172. Der Ehebruch wird, wenn wegen desselben die Ehe geschieden ist, an dem schuldigen Ehegatten, sowie dessen Mitschuldigen mit Gefängniß bis zu sechs Monaten bestraft. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein. [I. Entw.: § 149; II. Entw. § 170; Pr. StGB.: § 140.)
Preußen:
Vgl. Rh. BGB. Artt. 298. 308. 309.
hiernach also auch der Gerichtsstand zu bemessen; vgl. Dresd. 21. Juli 76 (SGZ. 21 s. 120). 7. Der Versuch der Eingehung einer Doppelehe kann nur da vorliegen, wo mit der Vornahme der die Eheschließung dokumenlirenden Förmlichkeiten der Anfang gemacht ist (vgl. § 43 n. 6), darf also nicht in einem Verlöbnisse, im Abschlüsse eines Ehevertrags, in der Veranlassung eines Aufgebots gefunden werden: AH. Köln 24. Sept. 60, DreSd. 30. Juli 75, ZU. 6. Okt. 76 (GA. VIII, 695; SGZ. XX, 261; RdO. XVII, 644); Schütze s. 329 u. 21; contra: Puch. n. 2; vgl. ZI. 20. Febr. 67 (RdO. VIII, 134: betrachtete die Frage als eine thatsächliche), Beschl. I. 30. Jan. 78 (ib. XIX, 45: erblickte in dem Erscheinen der Brautleute vor dem Standesbeamten in Verbindung mit dem an diesen gestellten Verlangen der sofortigen Trauung den Beginn des Aktes der Eheschließung selbst). 8. Die Verjährung der Strafverfolgung beginnt „mit dem Tage, an welchem eine der beiden Ehen aufgelöst rc. ist". Auch hier muß das eine solche Auflösung rc. aussprechende Urtheil rechtskräftig geworden und mußte nach französisch, rechtlichem Verfahren die durch Urtheil für statthaft erklärte Ehescheidung durch den Civilstandsbeamten ausgesprochen sein; vgl. n. 3. 9. Die Verjährung einer unter der älteren Gesetzgebnng eingegangenen Doppelehe ist nach den damals geltenden Grundsätzen (unter Berücksichtigung des § 2) zu beurtheilen: Beschl. Pl. 19. Dez. 59 (JMbl. 60 s. 26); v. Wächter i. GA. VIII, 5; contra: Abh. ib. VII, 313; Hälschn. ib. VIII, 441; vgl. n. 6; John i. GA. IX, 305. 361.
10. Ein Personenstandsbeamter, welcher wissentlich einen bereits Verheiratheten traut, ist nicht als dessen Gehülfe, sondern aus § 338 zu bestrafen. Für andere Personen kommen dagegen die Grundsätze von der Anstiftung oder Bei hülse zur Anwendung; vgl. § 48 n. 4.
11.
Zuständigkeit der Strafkammern: RGVG. § 73 Nr. 2.
8 172. 1. Als „Ehebruch" ist nur ein Beischlaf, nicht eine naturwidrige Befriedi gung deS Geschlechtstriebes anzusehen: BL. s. 412; Schw. n. 9. — Zu jenem genügt die Geschlechtsvereinigung.
2. Der Ehebruch setzt nicht eine unbedingt gültige Ehe vorauS; es genügt, wenn die bürgerliche Gesetzgebung das Verhältniß in dem Maße als ein zu Recht bestehendes auffaßt, daß es nur durch eine gerichtliche Auflösung oder Nichtigerklä rung beseitigt werden kanu; nur dann, wenn die bürgerliche Gesetzgebung selbst das Verhältniß von vorne herein als ein rechtlich gar nicht existirendeS betrachtet, bleibt die Möglichkeit eines Ehebruchs ausgeschlossen: Antr. deS GStA.'S zu ZI. 9. Dez. 59 (GA. VIII, 267); vgl. § 171 n. 2; Schw. n. 1; Schütze s. 325; contra: BL. s. 412, welcher eine gültige Ehe erheischt, r 3. Eine die Ehe nicht auflösende Trennung von Tisch und Bett schließt die Möglichkeit und Strafbarkeit eines Ehebruchs nicht aus; vgl. n. 12. 4. Als Dolus genügt das Bewußtsein, daß der Ehegatte zur Zeit im Sinne der n. 2. 3 verheirathet sei. Das gilt auch von dem andern Konkumbenten. Schütze s. 326 läßt schon das Wissen von dem möglichen Fortbestände der Ehe genügen. 5. Der mit dem Ehegatten konkumbirende Dritte ist strafbar, auch wenn es bei jenem an einem Begriffsmerkmale (}. B. an dem erforderlichen Dolus) fehlt; das Gegentheil ist nicht aus der Bezeichnung: „Mitschuldiger" zu folgern. Dem-
Thl II. Abschn.'XIII.
Verbr. n. Vergeh, w. d. Sittlichkeit. — § 172.
381
gemäß macht sich der eine fremde Ehefrau Nothzüchtigende in Ideal-Konkurrenz auch des Ehebruchs schuldig, wenn er Kenntniß von der Ehe derselben hatte. 6. Ebenso ist die Verfolgung des Ehebrechers selbst (trotz § 63) statthaft, wenn die Verfolgung des Mitschuldigen wegen unzureichender Beweise nicht stattfinden kann: OTr. 28. Sept. 75 (GA. 23 s. 515); vgl. 8 63 n. 5. 7. Setzen die Personen, welche eine Doppelehe in gutem Glauben einge gangen sind, nach erlangter Kenntniß von der früheren Ehe des Einen, das geschlecht liche Verhältniß fort, so machen sie sich deS Ehebruchs schuldig. 8. Jeder einzelne ehebrecherische Akt stellt daS vollendete Vergehen dar; jede Wiederholung begründet Neal-Konkurrenz: Puck. n. 1; contra: ZI. 20. Ian. 69, Dresd. 15. Juli 74 (RdO. X, 34; SGZ. XVIII, 367), welche bei einem von denselben Personen wiederholt verübten Ehebruch ein „fortgesetztes Vergehen" an nehmen. Vgl. § 74 n. 13. 9. Die „Bestrafung" (richtiger: Strafverfolgung) ist dadurch bedingt, daß die Ehe geschieden sei; vgl. in dieser Beziehung § 170 n. 5 — 9. Die Scheidung muß wegen „desselben Ehebrnchs" (o. h. wegen derjenigen konkreten Handlung) erfolgt sein, welcher zum Gegenstände der Strafverfolgung gemacht wird; es genügt nicht, wenn ans andern Gründen geschieden ist, sollte auch jener Ehebruch festgestellt, aber auS irgend einem Grunde der Scheidung nicht zu Grunde gelegt sein: Beschl. I. 25. Okt. 65 (RdO- VI, 403); contra: ZU. 22. Olt. 74 (RdO. XV, 708: fordert blos, daß die Ehe wegen Ehebruchs unter den Beschuldigten geschieden, nicht also auch, daß die« wegen des konkreten, dem Strafrichter vorliegenden Falles ge schehen sei). Wird daher z. B. nur in einem späteren, die VermögeuSverhältnisse der Geschiedenen betreffenden Urtheile der Ehebruch als erwiesen angenommen, so kommt der § nicht zur Anwendung: Münch. 11. März 80 (BEntsch. X, 109). Dagegen hindert eS nicht, wenn außer dem Ehebrüche auch noch andere Thatfachen zur Rechtfertigung der Scheidung sestgestellt sind: ZI. 4. Mat 64 (RdO. IV, 490). 10. Eine Ehe ist auch dann „wegeu desselben Ehebruchs" geschieden, wenn das Scheidungsurtheil sich auf einen, „die dringende Vermuthung der verletzten ehelichen Treue begründenden unerlaubten Umgang" (ALR. II, 1 § 673) stützt; (der cit. § 673 soll nur den Beweis des Ehebruchs erleichtern; unter der „verletzten ehelichen Treue" ist nichts anders als der wirkliche Ehebruch zu verstehen: OTr. I. Civ.-Sen. 29. Juni 68: Entsch. des Pr. OTr.'s 60 f. 164; id. 19. Dez. 73: 244. I); eS genügt, wenn daS ScheidungSurtheil dieselbe konkrete Handlung zur Grund lage nimmt; dagegen muß selbstverständlich der Strafrichter den begangenen Ehe bruch feststellen: ZU. 24. Okt. 61, VI. 30. Juni 65, ZI. 9. Sept. 71 (RdO. II, 20; VI, 226; XII, 321); Schw. n. 4; contra: Rubo s. 159. 11 Das die Ehescheidung aussprechende Urtheil muß rechtskräftig gewor den sein; vgl. § 171 n. 3; daher bleibt die Strafverfolgung ausgeschlossen, wenn vor eingetretener Rechtskraft der andere Ehegatte stirbt: ZI. 18. Dez. 68 (RdO. IX, 755). In Betreff des französisch-rechtlichen Verfahrens vgl. § 171 n. 3. 12. Eine, das Band der Ehe bestehen lassende Trennung von Tisch und Bett steht einer Scheidung nicht gleich; vgl. n. 3; Schw. n. 3; contra: Rüd. s. 306. 13. Im Falle eines doppelten Ehebruchs (wenn beide Konkumbenten verheirathet waren) genügt die Scheidung der einen Ehe, um den betr. Ehegatten als Ehebrecher und den andern als Mitschuldigen zu bestrafen. Vgl. n. 14. 14. Der Antrag auf Verfolgung (Abs. 2) steht dem andern Ehegatten zu, selbst wenn er in den Ehebruch eingewilligt hatte, oder wenn er sich auch seinerseits eines (im ScheidungSurtheil festgestellten) Ehebruchs schuldig gemacht haben sollte; eine analoge Anwendung deS § 198 (betr. die Antragstellung bei wechselseitigen Be leidigungen) greift hier nicht Platz; vgl. n. 5. — Waren beide Konkumbenten verheirathet, so genügt der Antrag eines der andern Ehegatten. 15. Die Antragsfrist beginnt ihren Laus ganz nach Maßgabe des § 61, nicht erst von der Rechtskraft des ScheidungSurtheilS (noch früher im Gebiete des franz. Rechts von der Trennung der Ehe durch den Standesbeamten, C. civ. Art. 258): Antr. der RAnwaltsch. z. ARIII. 3. Jan. 80, Meyer n. 13, ML. s. 313, Villnow
382 Thl. II. Abschn. XIII. Verbr. n. Vergeh, w. d. Sittlichkeit. — §§ 172.173.
§ 173. Der Beischlaf zwischen Verwandten auf- und absteigender Linie wird an den ersteren mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren, an den letzteren mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft. Der Beischlaf zwischen Verschwägerten auf- und abstei gender Linie, sowie zwischen Geschwistern wird mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft. i. (5'21. 23 s. 171, Dochow i. HH. IV, 273, Fischer i. GSaal 31 s. 54; contra : ARIII. 3. Jan. 80 bis (RdR. I, 180, 182); ZII. 6. Nov. 73, 22. Okt. 74, 23. Sept. 75, DreSd. 29. Aug. 73, Jena 74, Manh. 26. Juni 77 (RdO. XIV, 697; XV, 708; XVI, 611; StZ. III, 313, Doll. 22 s. 188; BAnn. 43 s. 207); ANI. 23. März 80, Münch. 7. Jult 76 (RdR. I, 505; BEntsch. VI, 366: datirten die Frist sogar erst von dem Tage, wo der Antragsberechtigte von der Rechtskraft des Urtheils Kenntniß erlangte); Schütze s. 327; Schw. n. 7; Meves i. StRZ. XIII, 262; vgl. § 170 n. 11. Ein vor Verkündung des Scheidungsurtheils gestellter Antrag genügt: ZI. 19. Febr. 73 (RdO. XIV, 145) ; contra: cit. ARIII. 3. Jan. 80 (bis), Schütze s. 327; vgl. § 61 n. 24. 16. Ueber den Beginn der Verjährung vgl. n. 11; § 69 n. 8. 17. Die Zuständigkeit des Gerichts beurtheilt sich nach den allgemeinen prozessualischen Vorschriften. — Die Vorschrift der artt. 298. 308 des C. civil, nach welchen die dort gegen die ehebrechende Frau angedrohte „Einsperrung in einem Besserungshause" durch das die Ehescheidung aussprechende Civilgericht verhängt werden sollte, ist durch die Beseitigung jener Strafe unwirksam geworden.
§ 173. 1. Auch hier genügt als „Beischlaf" die erwiesene Geschlechtsvereinigung: DI. 31. März 65 (RdO. VI, 46). Andere unzüchtige Handlungen (vgl. § 174 n. 1) fallen nicht unter den §. 2. Das Strafverbot gilt für die leiblichen (Bluts-) Verwandten; aus Adoptiv- und Pflegeeltern findet nur § 174 Abs. 1 Anwendung; vgl. § 52 Abs. 2. In Betreff der Frage der BlutSverwandtjchaft ist für den Strafrichter lediglich die Thatsache der natürlichen Abstammung entscheidend; hierauf bezügliche civilrechtliche Vermuthungen find für ihn ebensowenig maßgebend, als ergangene civilgerichtliche Entscheidungen: ZPl. 27. Febr. 54 (JMbl. s. 193; ind.); vgl. Oppenh. Pr. Strafvers. § 22 n. 73—76. Da« galt auch nach französischrechtlichem Verfahren (art. 327 deS C. civ. sand hier keine Anwendung); vgl. § 217 n. 2; und gilt noch unbedenk licher nach der RStPO.; vgl. dort § 261. 3. „Verschwägerte aus- und absteigender Linie" umsaßt Stief-und Schwie gereltern und Kinder: Mot. s. 100. Für dieses Verhältniß ist es gleichgültig, ob die dasselbe begründende Ehe zur Zeit noch besteht, oder vorher durch Tod, Schei dung rc. wieder aufgelöst ist (das Ehehinderniß dauert fort: RGes. v. 6. Febr. 1875, § 33; L. 14 pr. D. 23, 2): ZRIII. 7. April 80 (RdR. I, 548); Beschl. I. 18. Jan. 54 (JMbl. s. 127); ZI. 31. März 65 (RdO. VI, 45); Münch. 1. Juni 72, 6. Juni 74, 3. März 76 (BEntsch. II, 167; StZ. IV, 135; VI, 249). 4. In Betreff der Verwandtschaft (Verschwägerung) macht eS keinen Unter schied, ob das Verhältniß aus einer ehelichen oder unehelichen Zeugung beruht; ebenso (speziell in Betreff der Verwandtschaft): ARII. 21. Sept. 80 (RdR. II, 223); das gilt auch im Geltungsbereiche des Pr. ALR.'S; die dort (§44,1, 1) gegebene Begriffsbestimmung der „Stiefverbindung" steht nicht entgegen, einen zwischen dem einen Ehegatten und dem unehelichen Kinde deö andern gepflogenen Beischlaf aus Abs. 2 zu bestrafen: ZPl. 27. Febr. 54 (cit. n. 2); DI. 24. Sept. 62, ZI. 27. Jan. 69, ZII. 21. Jan. 79 (RdO. III, 28; X, 59; XX, 42). Vgl. RGes. v. 6. Febr. 1875 § 33. Ebenso hindert art. 340 des C. civ. den Strafrichter nicht, die unehe liche Vaterschaft zu ermitteln und sestzustellen. Auch kommt eS nicht in Betracht, daß uneheliche Kinder nach dem C. civ. durch ihre Eltern (außer diesen selbst) keine Blutsverwandten im civilrechtlichen Sinne haben.
Thl. II. Abschn. XIII Sertr. u. Vergcb. iv. b. S:tllichkeil. - §§ 173.174.
383
Neben der Gefängnißstrafe kann auf Verlust der bürger lichen Ehrenrechte erkannt werden. Verwandte und Verschwägerte absteigender Linie bleiben straflos, wenn sie das achtzehnte Lebensjahr nicht vollendet haben. [I. Entw.:
§ 150; II. Entw.; § 171; Pr. StGB.: § 141.] Vgl. §§ 17§. 32. 35. 55; Personenst.'S.Ges. v. 6. Febr. 1875 § 33; RGVG. § 73.
§ 1741.
Mit Zuchthaus bis
zu
fünf Jahren
werden
bestraft: 4a. Demgemäß (n. 3. 4) bezeichnet der in der Feststellung gebrauchte Ausdruck „Stieftochter" zur Genüge das Verhältniß einer „Verschwägerten absteigender Vtnie": ZRI. 19. Jan. 80 (RdR. I, 246). 5. Für die Bestrafung der Ascendenten ist es gleichgültig, ob der betr. Descendent in die Handlung eingewiüigt und überhaupt sich strafbar gemacht bat; BI. 31. März 65, Zl. 18. Juni 69 (RdO. VI, 45; X, 429); vgl. Abf. 4. 6. „Geschwister" umfaßt die Halbgeschwister; auch hier macht die uneheliche Abstammung keinen Unterschied: Dreöd. 1. Dez. 71 (SGZ. XVI, 127). Dagegen ist Abs. 2 auf die Verschwägerten der Geschwister nicht auSzndehnen. 7. Jeder einzelne Beischlaf stellt daS vollendete Verbrechen rc., wiederholte Verübung selbst dann eine Realkonkurrenz dar, wenn die verschiedenen Einzel» Handlungen zwischen denselben Personen vorgekommen sind: ZI. 27. Jan. 69, ZU. 17. Mai 73 (RdO. X, 59; XIV, 369); vgl. § 172 n. 8; § 174 n. 3. 8. Der Glaube der Thäter, nach den eivilrechtlichen Bestimmungen der Landes gesetze (mit oder selbst ohne Dispens) einander heirathen zu können, schließt den DoluS nicht aus: ZU. 21. Jan. 79 (cit. n. 4). 9. Neben der Gesängnißftrafe kann auf den Verlust der Ehrenrechte rc. nur dann erkannt werden, wenn jene drei Monate erreicht: § 32. 35. 10. Die Vorschrift deS Abs. 4 (Straflosigkeit des noch nicht achtzehnjährigen Descendenten) bezieht sich auf Geschwister nicht mir. 11. Ueber Die Vollendung deS achtzehnten Lebensjahre« vgl. § 55 n. 3. 12. Wenn auch der nicht achtzehn Jahre alte Descendent (für seine Person) „straflos" bleibt, so ist doch seine Handlung ein Vergehen; ein Dritter kann sich also durch Theilnahme an demselben strafbar machen; vgl. § 55 n. 1. 2. 13. Zuständigkeit der Strafkammern: RGVG. § 73 Nr. 2.
§ 174. 1. „Unzüchtig" ist jede daS Scham- und SittlichkeitSgesühl in geschlechtlicher Beziehung (objektiv) gröblich verletzende Handlung: OHG. 16 Febr. 72 (StZ. I, 230); Münch. 27. April 78 (BEntsch. VIII, 205); vgl. § 176 n. 20, Bad. OLG. 3. Okt. 79 (BAnn. 45 s. 339; betr. eine Anklage aus § 176 Nr. 3: hierher gehöre schon daS Anblicken der Geschlechtstheile eines Kindes durch einenMann, falls dieser den Anblick in unzüchtiger Weise durch äußere Handlungen t z. B. durch Aufheben der Röcke oder durch Verleitung des Kindes, den Körper seinen Blicken freiwillig auszusetzen, sich verschafft habe), Stuttg. 26 Nov. 77 (WGbl. XIV, 55: rechnete nicht hierhin daS Betasten einer weiblichen, durch die Kleider verhüllten Brust). Ob dadurch auch das Schamgefühl deS von der Handlung Betroffenen (subjektiv) ver letzt werde, ist nicht entscheidend: ZU. 24. Nov. 64 (RdO. V, 295). Ebensowenig wird erfordert, daß die Handlung auf Befriedigung deS GeschlechtStriebeS oder auf Vollziehung des Beischlafes gerichtet sei: ARIH. 28. Febr. 80 (RdR. I, 404), Z. 19. Mai 52 c. DüSberg. Das Geschlecht beider Personen ist gleichgültig. 2. Durch die Zu st im mung der mißbrauchten Person werden die vorgesehenen Handlungen nicht straflos. 3. Jede Einzelhaudlung der erwähnten Art (Nr. 1—3) erfüllt den That bestand; jede selbstständige Wiederholung begründet, selbst wenn sie mit demselben JndiviDuum stattfand, Realkonkurrenz: «ZU. 26. Nov. 68, ZI. 19. März 69 (RdO.
384
Tbl. II. Abschn. XIII.
Berbr. u. Vergeh, w. d. Sittli»keit. -
§ 174.
1) Vormünder, welche mit ihren Pflegebefohlenen, Adoptivund Pflegeeltern, welche mit ihren Kindern, Geistliche, Lehrer und Erzieher, welche mit ihren minderjährigen Schülern oder Zöglingen unzüchtige Handlungen vor nehmen; IX. 677; X, 173: Falle de« § 173); BGr. § 142; vgl. § 74 n. 3, 13; § 172 n. 8. § 173 n. 7. Es ist nicht mehr, wie nach dem früheren Pr. Verfahren (ZI. 30. Jan. 61, GA. IX, 185; Oppenh. Pr. Strafverf. Art. 80 n. 11), statthaft, mehrere der artige Fälle in einer schwurgerichtlichen Frage zusammenzusassen: RStPO. § 292 Abs. 3; Löwe s. 680. 4. Wird die unzüchtige Handlung (Nr. 1—3) an einem Kinde unter vier zehn Jahren vorgenommen, so wird in Idealkonkurrenz § 176 (als der strengere) anwendbar: Manh. 26. Okt. 72 (StZ. II, 372); contra: Schneider i BAnn. 41 f. 145 insofern, als er den § 174 auf die mit Kindern unter 14 Jahren verübte Unzucht nicht bezieht, daher keine Idealkonkurrenz annimmt. 4a. Zuständigkeit der Strafkammern: RGVG. § 73.
Zu Nr. 1. 5. Blutsverwandte und Verschwägerte, selbst solche der aufsteigenden Linie, werden durch den § ebenfalls betroffen, wenn sie zugleich Vormünder rc. sind; vgl. Beschl. I. 15. Sept. 69 (RdO. X, 557: scheint dies in Bezug auf den mütter lichen Großvater und Vormund eines unehelichen KindeS indirekt anzuerkennen); ZI. 18. Juni 75 (RdO. XVI, 467: erachtete, entgegen der zu § 52 n. 14 gegebenen Begriffsbestimmung, die Vaterschaft über ein uneheliches Kind sogar für vereinbar mit der „Pflegevaterschaft", mindestens dann, wenn dem Vater das erstere Verhältniß unbekannt blieb). Eine Ausnahme ist jedoch zu Gunsten der leiblichen Eltern eines ehelichen, und der Mutter eines unehelichen KindeS zu machen, indem bei ihnen das Elternverhältniß entschieden vorwaltet, für sie das Kind stets „Kind" und nicht „Pflegebefohlener rc." ist. Schwarze i. HH. III, 307 und i. GSaal 23 f. 428 nimmt daffelbe von allen Afcendenten (eines ehelichen oder unehelichen Kindes) und arg. der milderen Strafbestimmung des § 173 Abf. 2 auch von den Stiefeltern an; ähnlich: Sengler i. BAnn. 42 f. 134, Manh. 12. Mai 77, Jena 77 (BAnn. 43 f. 155; Voll. 25 f. 273: erachteten bei Stiefeltern das pflegeelterliche Verhältniß für ausgeschloffen); contra (in Betreff des letzteren Punkts): ZU. 77 c. Bausch, Münch. 30. März 78 (BCntfch. VIII, 130). 6. Als „Vormund" ist Jeder anzusehen, welcher, zur Vormundschaft berufen, die Gewalt über die Person deS Mündels erlangt hat, die daö Gesetz mit jener Stellung verbindet. Ist dieses der Fall, so bleibt es unerheblich, ob die Bestellung genau allen formellen civilrechtlichen Vorschriften entsprach: BI. 20. Jan. 65, 1. März 67 (RdO. V, 434; VIII, 141), desgleichen, ob dieselbe materiell gerecht fertigt, ob z. B. im Falle einer gerichtlichen Entmündigung wegen Geisteskrankheit der Entmündigte wirklich geisteskrank war: Manh. 9. Febr. 78 (BAnn. 44 s. 44).— Der Gegenvormund der Pr. Vormundschaftsordnung v. 5. Juli 1875 gehört nicht hierher; er hat nur für das Vermögen, nicht auch für die Person des Mündels zu sorgen (HülfSorgan in letzterer Hinsicht ist der Waisenrath); der Mündel ist daher nicht sein „Pflegebefohlener"; contra: Villnow i. GSaal 30 s. 132. DaS Gegen theil gilt vom Bei-Dormund deS C. civ. Art. 396. 7. In Betreff der „Pflegeeltern" vgl. § 52 n. 14 und oben n. 5. Ein Pflegschaftöverhältniß, bei welchem die ältere Person der verpflegte Theil ist, kommt hier nicht in Betracht: Dreöd. 21. Febr. 79 (SGZ. 23 s. 283). 8. „Geistliche" werden von der Strafe dieses § nur dann betroffen, wenn sie die Handlungen mit „Schülern oder Zöglingen" (z. B. Confirmanden) verüben; somit gehören Beichtväter nicht hierher: Schw. n. 9; vgl. § 181 Nr. 2. 9. Die Strafbarkeit des „Lehrers" beruht nicht auf seiner amtlichen An stellung, sondern aus dem Mißbrauche der Stellung als Lehrer; daher ist Nr. 1 auch aus solche Lehrer andwendbar, welche nur in einer einzelnen Kunst (z. B. Musik) unterrichten: Z. 19. Mai 52 c. DüSberg.
Thl. n. Abschn. xin. Brrbr. u. vergeh, w. b. Silttichkeit. — §§ 174.175. 385
2) Beamte, die mit Personen, gegen welchen sie eine Unter suchung zu führen haben oder welche ihrer Obhut an vertraut sind, unzüchtige Handlungen vornehmen; 3) Beamte, Aerzte oder andere Medizinalpersonen, welche in Gefängnissen oder in öffentlichen, zur Pflege von Kranken, Armen oder anderen Hülflosen bestimmten Anstalten beschäftigt oder angestellt sind, wenn sie mit den in das Gefängniß oder in die Anstalt aufgenom menen Personen unzüchtige Handlungen vornehmen. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängniß strafe nicht unter sechs Monaten ein. [I. Entw.: .§ 151; II. Entw.: § 172; Pr. StGB.: § 142.] Gew.-O. § 153; RGBG. § 73 Nr. 2.
Vgl. § 176. 177;
§ 175. Die widernatürliche Unzucht, welche zwischen Personen männlichen Geschlechts oder von Menschen mit Thieren 10. „Erzieher" sind nur solche Personen, welchen die geistige und körperliche Pflege von Kindern, als ihrem (gewerbsmäßigen) Berufe entsprechend, aus beson derem Vertrauen übertragen worden ist (daher: „Zögling"), nicht solche Personen, welche durch eine verwandtschaftliche Beziehung als nächste Angehörige dazu berufen waren: Beschl. I. 15. Sept. 69 (cit. n. 5), und noch viel weniger solche, welche Kinder in geistiger und sittlicher Hinsicht überhaupt nicht zu überwachen, sondern nur gegen Zahlung von Kost- und Lehrgeld (z. B. als Oekonomie-Eleven) in die Lehre sowie in's Haus genommen haben: BI. 1. März 76 (RdO. XVII, 149); na mentlich ist ein Lehrherr nicht ohne Weiteres als „Erzieher" anzusehen: DreSd. 3. Dez. 77 (SGZ. 22 f. 213). 11. Die Ausdrücke „Lehrer", „Erzieher" und „Schüler" umfassen auch Lehrerinnen, Erzieherinnen und Schülerinnen; vgl. n. 1.
Zn Nr. 2—3. 12. Ueber den Begriff eines „Beamten" im Allgemeinen vgl. § 359 und die Bemerkungen zu demselben. Danach findet die Nr. 2 auch auf Gemeindemitglieder Anwendung, welche im Gemeindedienste Gefangene bewachen oder tranSportiren: HS. II, 327; contra: ZPl. 24. April 54 (Entsch. 28 s. 164). — In der Nr. 3 find unter Beamten nicht blos die förmlich „angestellten" (§ 359) Bediensteten der erwähnten Anstalten, sondern auch die nur in denselben „beschäftigten" zu verstehen: ZI. 21. Mai 62 (RdO. II, 420); eS genügt sonach, wenn sie sich dabei in einer dauernden (nicht blos vorübergehenden) Beschäftigung finden. 13. „Untersuchung" ist nicht auf gerichtliche Untersuchungen zu beschränken. 14. „Obhut" setzt ein AutoritätS- oder ein AufstchtSverhältniß voraus; contra: Beschl. I. 13. Nov. 63 (RdO. IV, 202: hielt dafür, daß die Passagiere eines Postwagens der Obhut des diesen allein führenden Postillons anvertraut seien). — Die „Obhut" muß eine amtlich übertragene, die Ausübung einer amt» lichen Pflicht sein; dies trifft nicht zu bei dem Verhältnisse eines Bürgermeisters zu dem von ihm ohne amtliche Verpflichtung angenommenen, auf seinem AmtSbüreau als Privatgehülfen beschäftigten Schreiber: Beschl. I. 9. Nov. 75 (RdO. XVI, 715). 15. Unter „ Gefängniß " . sind (wie unter „Gesangenanstalt": § 120 n. 5) alle in bleibender Weise zur Aufnahme von Gefangenen bestimmten Räumlichkeiten mit Einschluß der polizeilichen Arrestlokale zu verstehen: DreSd. 16. Juni 76 (SGZ. 21 f. 146: erachtete daher in der thatsächlichen Feststellung, daß eine kgl. Sächsische WeibercorrektionS-Anstalt ein „Gefängniß" darstelle, keinen Nichtigkeitsgrund).
8 175. 1. »Widernatürliche Unzucht" bezeichnet hier die eigentliche Sodomie in ihren beiden Formen (als Päderastie und Sodomie i. e. S.), nicht andere unzüchtige Oppenhoff, D. Strafgesetzbuch. 8. yluög. 25
386 Thl. II. Abschn. XIII. B-rbr. u. Vergeh, w. b. Sittlichkeit. - §§. 175.176.
begangen wird, ist mit Gefängniß zu bestrafen; auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. [I. Entw.: § 152; II. Entw.: § 173; Pr. StGB.: § 143.]
§ 176. straft, wer
Mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren wird be
Handlungen, namentlich nicht gegenseitige Onanie zwischen Personen männlichen Geschlechts: Beschl. Pl. 13. April 63, ZU. 6. Nov. 73 (RdO. III, 385; XIV, 707); Stuttg. 29. Nov. 76 (WGbl. XII, 412: selbst wenn die durch Benutzung Dritter getriebene Onanie mit Umarmungen verbunden gewesen sei^; BL. s. 424; vgl. Villnow t. GSaal 30 s. 134; contra: Schw. n. 2; Schütze s. 339 n. 17; Antr. d. GStA. z. cit. Pl. 13. April 63; ZI. 31. Mai 67, 28. Nov. 73 (RdO. VIII, 356; XIV, 766); diese hielten eS für ausreichend, wenu die Handlung dahin obzielte, einen Samenerguß in den Körper einer andern Person männlichen Geschlechts z. B. in den Mund herbeizuführen; Dresd. 22. März u. 7. Juni 75, 27. März 76 (SGZ. XIX, 304; XX, 21; XXI, 43: § 175 fordere keinen beischlasSartigen Akt, sondern finde überall Anwendung, wo Personen männlichen Geschlechts an einander unzüchtige Handlungen vornehmen, um dadurch den Geschlechtstrieb zu erregen oder zu befrie digen, gleichviel, ob dabei die mehreren Personen beiderseits oder nur die eine von ihnen jenen Zweck verfolge; demgemäß sei eS z. B. von keinem entscheidenden Ge wicht, wenn der Körper deS passiv Betheiligten bekleidet gewesen); ZRII. 23. April 80 ARIII. 24. Aprrl 80 ZI. 15. März 76, DI. 24. Ott. 77, Jena 77, Manh. 15. Dez. u. 17. Febr. 77 (RdR. I, 652. 662; RdO. XVII, 200; XVIII, 662; Voll. XXV, 275; BAnn. XLIII, 371; XLIV, 42: Eindringen in den Körper sei nicht erforderlich; an dem Körper verübte beischlafsähnliche Akte genügten); vgl. auch ZRI. 20. Sept. 80 (RdR. II, 220: zum Thatbestände deS § werde eine Berührung des männlichen Gliedes mit dem Körper eines Anderen erfordert; ob im Einzelfalle, z. B. bei nicht entblößtem Gliede, eine solche Berührung anzunehmen, sei Sache der thatsächlichen Beurtheilung). — Ob der beabsichtigte Erfolg erreicht worden, ist für den Thatbestand unwesentlich: ZI. 21. Febr. u. 10. Sept. 62, Münch. 19. Juni 74 (RdO. II, 271, 551; StZ. IV, 135). — Unzucht, an einer Leiche verübt, fällt nicht unter den §. 2. Die widernatürliche Unzucht ist auch an dem sie (freiwillig) Duldenden strafbar, selbst wenn er eine Befriedigung des eigenen GeschlechtStriebö nicht gesucht hat: ZI. 2. Ott. 61, 5. Juni 74 (RdO. I, 561; XV, 363), Manh. 15. Dez. 77 (cit. n. 1), es sei denn, daß er die Bedeutung der Handlung deS Andern gar nicht begriff, da auch diese That „Vorsätzlichkeit" d. h. den Willen der Verübung vorauSsetzt. 3. Zum (vollendeten) Vergehen der Unzucht mit einem Thiere lst mindestens eine Berührung des letzteren in wollüstiger Absicht erforderlich: Dresd. 17. Juli 74 (StZ. IV, 314); vgl. DreSd. 7. Juni 75 (cit. n. 1).
§ 176. 1. „Unzüchtige Handlung" (Nr. 1. 3), vgl. § 174 n. 1. — Die Worte: „Wer an Personen re." in Nr. 1 sind gleichbedeutend mit den Worten: „Wer mit Personen rc." in Nr. 3 (man wollte offenbar in Nr. 1 nur die Wiederholung deö Wortes „mit" vermeiden). In beiden Fällen wird eine Mitbeiheiligung deö Kör pers der betreffenden „Person" erfordert, eS muß letzterer mit dem Angeschuldigten in geschlechtliche Beziehung getreten sein: Mannh. 28. Juni 79, Münch. 3. April 80 (BAnn. 45 s. 171; BEntsch. X, 114). Vgl. n. 19. 2. Jede Einzelhandlung erfüllt den Thatbestand, jede selbstständige Wieder holung begründet Real-Konkurrenz; vgl. § 174 n. 3. Contra: DreSd. 6. Okt. 73, 5. Juni 74 (StZ. III, 313; IV, 274: betrafen Verbrechen nach Nr. 3, verübt an demselben Kinde). — Im Falle der Nöthigung zum außerehelichen Beischlaf wird in Ideal-Konkurrenz neben der Nr. 1 auch § 177 anwendbar; contra: Manh. 17. Febr. 77 (BAnn. 43 s. 97). 3. Object der unter Nr. 1. 2 vorgesehenen Verbrechen kann nur eine „Frauensperson" (auch eine solche Übeln Leumundes: Z. 16. Juni 52 c. Stein) sein. Der Ausdruck begreift hier wie im § 177 jede weibliche Person, mithin auch
Thl. II. Abschn. XIII.
Derbr. u. Vergeh, w. b. Sittlichkeit. — § 176.
387
1) mit Gewalt unzüchtige Handlungen an einer Frauens person vornimmt oder dieselbe durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben zur Duldung unzüchtiger Handlungen nöthigt; Mädchen unter 14 Jahren (§ 176 Nr. 3): Manh. 7. Nov. 74, 11. Sept. 75 (BAnn. 40 s. 366; 41 f. 321; StZ. V, 313), ZI. 23. Febr. 76 (RdO. XVII, 136); contra: (in Betreff der Nr. 1): Schw. n. 4. Aehnliche an einer männlichen Person verübte Handlungen können nur unter § 175 oder § 240 fallen.
4. Die unter Nr. 1. 3 aufgezählten Frauensperson begangen werden.
Verbrechen
können
auch
von
einer
5. In den Worten der Nr. 1. 3 „durch Drohung rc. zur Duldung un züchtiger Handlungen nöthigt, resp, verleitet" unterscheidet der § nicht zwischen unzüchtigen Handlungen, welche der Nöthigende, resp. Verleitende selbst, und zwischen solchen, die ein (von ihm begünstigter) Dritter vornimmt. Eine „Nöthigung" resp. „Verleitung" im Sinne des § kann daher auch von einem Anderen als dem Verüber der unzüchtigen Handlungen ausgehen; so: HS. II, 316. 320; Puch. n. 3; Münch. 23. Juni 76 (BEntsch. VI, 297: bezog die in Nr. 3 verpönte Verleitung zur Duldung unzüchtiger Handlungen sogar vorzugsweise auf Fälle der letzteren Art, indem Fälle der entgegengesetzten Art regelmäßig schon in der ersten Alternative der Nr. 3 begriffen seien); contra: Vl. 26. Okt. 59, Beschl. I. 17.Okt. 61 (GA. VII, 833; VIII, 828). Hinsichtlich des Falles, wo Gewalt (erste Alternative der Nr. 1) für einen Anderen auSgeübt wird, vgl. § 47 n. 18. 25.
6. In Betreff der Kenntniß des Angeschuldigten von dem bewußtlosen rc. Zustande oder von dem KindeSalter des Verletzten (Nr. 2. 3) wird § 59 anwend bar; vgl. dort n. 7. 11, und rüctsichtlich der Fragstellung ib. n. 6. 7. Ein Versuch der unter Nr. 1—3 vorgesehenen Verbrechen ist möglich: ZI. 9. Sept. 70 (RdO. XI, 445: ein Fall der Nr. 3); Beisp.: wenn die zum Zwecke der Vornahme angewendete Gewalt (Nr. 1) nicht zum Ziele geführt hat.
8. Ist durch eine der betr. Handlungen der Tod deS Verletzten herbeigesührt worden, so wird § 178 anwendbar. 9. Die Berücksichtigung mildernder Umstände ist nachgelaffen worden, weil „erfahrungsmäßig die angewendete Gewalt oft einer s. g. vis baud ingrata sich nähere, oder die Verletzte vorher den Thäter zur That gereizt habe, oder auch die That nicht als eine ihr angethane empfindliche Schmach ansehe": Motive s. 101. Obgleich diese Gründe nur auf den Fall der Nr. 1 paffen, gilt Abs. 2 allgemein. 10. § 176 enthielt, gleich dem § 177, ursprünglich eine Schlußbestimmung, welche die Verfolgung vom Anträge des Verletzten abhängig machte, gleichzeitig aber entgegen der Regel (§ 64) verfügte, daß die Zurücknahme des Antrages nicht mehr stattfinde, nachdem die förmliche Anklage bei Gericht erhoben worden. Indem die Novelle in beiden §§ diese Bestimmung beseitigt hat, sind die hier fr. Verbrechen aus der Reihe der Antragsverbrechen geschieden. Vgl. jedoch in Betreff früherer Fälle Art. III der Novelle.
Zu Nr. 1. 11. Die „Gewalt", als Mittel des Zwanges, muß in der Ueberwindung eines (ernstlich) geleisteten Widerstandes bestehen; fehlt eS an dem letzteren, so bleibt der § ausgeschlossen; ein bloßes Widerstreben oder Sich-Sträuben (welches oft nicht ernstlich gemeint ist), genügt nicht. Dagegen braucht die Gewalt nicht durchaus unwiderstehlich zu sein. 12. Die gewaltsame rc. Handlung muß „an der Frauensperson", also an ihrem Körper vorgenommen sein: OHG. 16. Febr. 72 (StZ. I, 230). 13. Ueber den Begriff der „Drohung" (als Zwangsmittel) vgl. § 48 n. 30. 31; § 106 n. 2 ff.; in Betreff der „Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben" vgl. § 52 n. 6—10. Zu bemerken ist, daß die Nr. 1 nicht (wie § 52) die Gefahr als eine „auf andere Weise nicht abwendbare" charakterisirt. Die durch die Drohung begründete Gefahr muß hier für das betr. Frauenzimmer selbst be-
388
Thl. n. AW«, xm. Verbr. u. Vergeh, w. d. Sittlichkeit. — § 176.
2) eine in einem wiüenlosen oder bewußtlosen Zustande befindliche oder eine geisteskranke Frauensperson zum außerehelichen Beischlafe mißbraucht, oder 3) mit Personen unter vierzehn Jahren unzüchtige Hand lungen vornimmt oder dieselben zur Verübung oder Duldung unzüchtiger Handlungen verleitet. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängniß strafe nicht unter sechs Monaten ein. [I. Entw.: § 153. 154; II Entw.: § 174; — Nov. v. 26. Febr. 1876 Art. I. NI. — Pr. StGB.: § 144], Vgl- §§ 64.174.177.178. 240; Mil.-StGB. § 127; RGVG. § 73 Nr. 4.
gründet sein: HS. II, 314; Rüd. n. 2; contra: Schw. n. 6; vgl. die abweichende Fassung des § 52 („seiner selbst oder eines Angehörigen") und § 177 n. 2. 14. Die allgemeine Fassung schließt die eigene Ehefrau als Objekt der That nicht aus; vgl. Nr. 2 und § 177, welche ausdrücklich auf „außerehelichen Beischlaf" beschränkt sind; Schütze s. 340 n. 20; contra: v. Kirchm. s. 117; MeveS s. 167 (arg. § 177 und weil dem Manne das Bewußtsein der Rechtswidrigkeit seiner Handlung fehle; dies paßt jedoch nicht auf Handlungen, welche selbst unter Ehe leuten „unzüchtige" sind, und nur solche kommen in dem hier vorausgesetzten Falle zur Sprache).
Zu Nr. 2. 15. Die Ausdrücke „willenloser oder bewußtloser Zustand" und „Gei steskrankheit" sind nicht als nothwendige Gegensätze aufzufaflen; die Voraus setzungen beider können sehr wohl bei einem Zustande zusammentreffen. 16. Der Zustand ist „willenlos", wenn die Mißbrauchte nicht die Gewalt Über ihren Körper hatte, so daß sie nicht im Stande war, sich gegen die mit ihr vorgenommene Handlung zu vertheidigen; (Beisp.: Lähmung, Trunkenheit, Fesselung). — Hatte der Thäter vorher die Frauensperson in den willen- oder bewußtlosen Zustand versetzt, um sie re. zu mißbrauchen, so wird § 177 anwendbar. 17. Unter Geisteskrankheit sind hier auch Schwachsinn (WGbl. XV, 274) sowie überhaupt alle Formen ungesunder Geistesbeschaffenheit begriffen, in welcher die Willensfreiheit zwar nicht gänzlich aufgehoben, aber doch derart beschränkt ist, daß die Einwilligung zum Beischlaf sich nicht als rein frei gewollt darstellt: Münch. 12. März 80 (BEntsch. IX, 534); Jessen i. GSaal 31 s. 221. — Bei einer „Gei steskranken" macht es daher keinen Unterschied, ob sie ein Verständniß für die Be deutung der Handlung hatte (contra: MeveS f. 169), und ob sie dieselbe duldete.
Zu Nr. 3. 18. Diese Nr. 3 trifft selbstredend auch widernatürliche unzüchtige Handlungen: Jena 77 (Doll. 25 s. 155), und ist auch aus Eltern anwendbar, welche mit ihrem noch nicht 14 Jahre alten Kinde eine unzüchtige Handlung vornehmen re.: ZI. 21. Mai 62 (RdO. II, 418); vgl. § 174 n. 5. 19. Hinsichtlich der in der ersten Alternative der Nr. 3 begriffenen Fälle vgl. n. 1. Dem dort Gesagten gemäß gehört die bloße Verübung unzüchtiger Handlungen unter den Augen von Kindern nicht hierher: Manh. 28. Juni 79 (BAnn. 45 s. 170). Dagegen nahm Jena 77 (Doll. 25 s. 155) ein vollendetes Verbrechen im Sinne der Nr. 3 in einem Falle an, wo Jemand sein Glied einem Mädchen gezeigt und das selbe erfolglos aufgefordert hatte, daran zu greifen; es genüge, daß daö Kind jwenn auch nicht mit seinem Körper) zum Thäter tu eine unzüchtige Beziehung gesetzt sei [?]; vgl. n. 20. — Jedenfalls ist auö den Worten „Wer mit Personen rc." nicht zu folgern, daß die Handlung mit dem Willen des mißbrauchten Kindes erfolgt sein müsse: VII. 23. März 54 (GA. II, 425). Andererseits wird der Thatbestand nicht ausgeschlossen, wenn das Kind bereits verdorben gewesen ist und sich sofort preisgegeben hat: DreSd. 17. Okt. 73, Münch. 23. Juni 76 (StZ. III, 314; BEntsch. VI, 297).
Thl. n. Abschn. Xin. Verbi, u. Vergeh, w. b. Sittlichkeit. — §§ 176. 177. 389
§ 177. Mit Zuchthaus wird bestraft, wer durch Ge walt oder durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben eine Frauensperson zur Duldung des außerehelichen Beischlafs nöthigt, oder wer eine Frauensperson zum außer ehelichen Beischlafe mißbraucht, nachdem er sie zu diesem Zwecke in einen willenlosen oder bewußtlosen Zustand ver setzt hat. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängniß strafe nicht unter Einem Jahre ein. [I. Entw.: (fehlte); II. Entw.: § 175; — Nov. v. 26. Febr. 1876 Art. I. III; — Pr. StGB.: (fehlte).] Vgl. § 176. 178. 240. Preußen: Vgl. Ges. v. 24. April 1854 § 1 Nr. 1. 2 (GS. s. 193).
20. Das in der zweiten Alternative der Nr. 3 gegriffene „Verleiten zur Verübung unzüchtiger Handlungen" umfaßt nicht blos den Fall, wo das verleitete Kind unzüchtige Handlungen an dem Körper eines Andern, sondern auch den, wo es solche Handlungen am eignen Körper verübt: Münch. 23. Juni 76 (cit. n. 19). Letzteres kaun schon dann angenommen werden, wenn ein Kind (Mädchen) verleitet wird, seinen Körper in unzüchtiger Weise den Blicken des Verleiters preiSzugebeu; vgl. Jena 75 (Boll. 24 s. 172: erblickte hierin sogar einen Fall der ersten Alternative der Nr. 3). DaS Gegentheil gilt von der Verleitung zum Anschauen einer unzüchtigen Handlung Dritter; so: Mannh. 28. Juni 79 (cit. n. 19). — In Betreff deS „Verleitens zur Duldung rc." vgl. n. 5. 21. Der Feststellung des Mittels, wodurch die „Verleitung rc." bewirkt wurde, bedarf es nicht (es handelt sich nicht um eine „Anstiftung": § 48). 22. DaS Alter des Kindes muß im Fall einer schwurgerichtlichen Verhand lung durch die Geschworenen festgestellt, und kann selbst da, wo kein Streit darüber obwaltet, nicht durch den Schw.-GH. ergänzt werden.- VI. 18. Aug. 56 (GA. IV, 810). 23. Begeht ein Mensch unter achtzehn Jahren Handlungen der im § erwähnten Art gegen ein anderes Kind, so ist er nach Maßgabe der 88 55—57 strasbar; dies gilt selbst von Kindern im Alter von 12 bis 14 Jahren; so: LG. Aachen 7. Aug. 63 c. Lihrmacher, MeveS s. 169; contra: Schw. n. 21, Villn. i. GSaal 30 s. 133. 24. DaS in dieser Nr. vorgesehene Verbrechen kann leicht mit einem der durch § 174 verpönten ideell konkurriren; vgl. § 174 n. 4. 25. Zuständigkeit der Strafkammern in Fällen der Nr. 3: RGBG. § 73 Nr. 4.
§ 177. 1. Ueber den Begriff der im ersten Satze erheischten „Nöthigung" durch Gewalt oder durch Drohung rc. vgl. § 114 n. 3. 4. Zu bemerken ist aber, daß hier nicht von einer „unternommenen" sondern von einer ins Werk gesetzten (ev. von einer versuchten) Nöthigung und nicht zu einem Thun (Unterlassen), sondern zu einem Dulden die Rede ist. Daraus ist zu folgern, daß hier als „Nöthigung" auch eine solche Gewalthandlung anzusehen ist, welche der Frauensperson jeden Widerstand unmöglich macht, und somit von jeder Einwirkung auf den Willen derselben absieht. — In Betreff der „Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib und Leben" Vgl. § 48 n. 30; § 106 n. 2ff.; § 52 n. 6ff.; § 176 n. 13. 2. Eine Nöthigung kann durch eine gegen einen Dritten angedrohte Gewalt (Drohung rc.) nicht verübt werden, eS sei denn, daß die unmittelbar einem Ange hörigen gedrohte Gefahr mittelbar als eigene erschiene, so: Schütze s. 336. Vgl. § 176 n. 11. 3. Die Strafe trifft auch Denjenigen, welcher eine Frauensperson zur Erduldung des rc. Beischlafs mit einem Dritten nöthigt; vgl. § 176 n. 5. Sonach kann auch ein Frauenzimmer Thäter sein; contra: Schütze s. 336; Meveö s. 173 (weil Mitthäterschaft die Möglichkeit alleiniger Thäterschaft vorauSsetze).
390
Thl. II. Abschn. Xffl. Berbr. u. Vergeh, w. b. Sittlichkeit. — §§ 178.179.
§ 178. Ist durch eine der in den §§ 176 und 177 bezeichneten Handlungen der Tod der verletzten Person ver ursacht worden, so tritt Zuchthausstrafe nicht unter zehn Jahren oder lebenslängliche Zuchthausstrafe ein. [I. Entw.: §§ 153. 154; II. Entw.: § 176; — Nvv. v. 26. Febr. 1876 Art. I; — Pr. StGB.: § 144.] Vgl. §§ 176.177.
§ 179. Wer eine Frauensperson zur Gestattung des Beischlafs dadurch verleitet, daß er eine Trauung vorspiegelt, oder einen anderen Irrthum in ihr erregt oder benutzt, in welchem fie den Beischlaf für einen ehelichen hielt, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft. 4. Dagegen setzt der zweite vorgesehene Fall voraus, daß der Thäter selbst die Frauensperson in den willenlosen rc. Zustand zum Zwecke des Mißbrauchs rc. versetzt habe; vgl. übrigens § 176 n. 14. 5. In Betreff des Begriffs „Frauensperson" vgl. § 176 n. 3. Auch an einer Geisteskranken kann das Verbrechen begangen werden: Villn. i. GSaal 30 f. 147. In Betreff des durch die Novelle beseitigten Erfordernisses eines Antrags vgl. § 176 n. 10.
§178. 1. Es kommt hier lediglich auf den durch die That verursachten Erfolg an; daß der Thäter den Tod gewollt habe, wird nicht erfordert; durch einen solchen „Vorsatz" würde die That den Charakter des Todtschlages (§ 212) annehmen. Der verursachte Tod stellt einen den Thatbestand der §§ 176. 177 erschwerenden Umstand dar und ist auch strafprozeßlich als solcher zu behandeln; vgl. Pr. Ges. v. 3. Mai 1852 Art. 91; Pr. NStPO. §321 und jetzt RStPO. §§ 295. 296.
2. ES genügt, wenn der Tod durch die „Handlung" verursacht worden ist. Der § unterstellt dabei nicht nothwendig spezielle Beischlafshandlungen als Todes ursache, er findet vielmehr auch dann Anwendung, wenn der Tod durch andere zur Ausführung des Verbrechens angewandte Gewalt oder sonstigen gleichgeachteten Miß brauch verursacht ist: DreSd. 25. Ian. 75 (SGZ. XIX, 256). Im Uebrigen vgl. § 224 n. 9. Darnach genügt es nicht, wenn fich die Verletzte aus Veranlassung der Handlung selbst den Tod gab; contra: Schütze s. 342 n. 23. 3. Verletzte Person ist hier immer nur die Genothzüchtigte. Wurde die Gewalt mit tödtlichem Erfolge gegen einen Dritten ausgeübt (§ 177 n. 2), so liegt kein Fall des § vor: Villn. i. GSaal 30 s. 148. 4. Auch für die Bestrafung des TheilnehmerS (§§ 47—50) bildet die Strafandrohung des § 178 die Grundlage, selbst wenn ihn in Betreff des einge tretenen Todes weder ein Verschulden traf, noch eine Kenntniß ihm beiwohnte; vgl. §§ 224. 226. 5. Tritt der Tod durch einen bloßen Nothzuchtsversuch ein, so findet § 178 in Verbindung mit den §§43ff. Anwendung: DreSd. 25. Ian. 75 (SGZ. XIX, 254). 6. Eine durch die That verursachte Beschädigung der Gesundheit kann, abgesehen vom Falle der Realkonkurrenz, nur bei Bemessung der nach § 176 oder § 177 zu verhängenden Strafe in Betracht kommen. 7. Die Novelle hat die Bestimmung des früheren Abs. 2, daß es eines An trags auf Verfolgung nicht bedürfe, als nunmehr selbstverständlich gestrichen; vgl. § 176 n. 10.
§179. 1. Unbescholtenheit der verleiteten Frauensperson wird auch hier nicht er fordert. 2. Unter, einer „Trauung" ist hier nur eine bürgerlich gültige Trauung, unter „ehelichem Beischlaf" nur ein in bürgerlich gültiger Che erfolgter Bei-
Thl. n. Abschn. xm. Berbr. u. vergeh, w. d. Sittlichkeit. — §§ 179.180. 391
Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängniß strafe nicht unter sechs Monaten ein. Die Verfolgung tritt nur auf Anrag ein. [I. Entw.: § 155; II. Entw.: § 177; Pr. StGB.: § 145.] vgl. RGVG. § 73. Preußen: vgl. Ges. v. 24. April 1854 § 1 9k. 3 (GS. f. 193).
§ 180. Wer gewohnheitsmäßig oder aus Eigennutz durch seine Vermittelung oder durch Gewährung oder Ver schaffung von Gelegenheiten der Unzucht Vorschub leistet, wird wegen Kuppelei mit Gefängniß bestraft; auch kann auf Verlust schlaf, unter „Irrthum" jeder thatsächliche und jeder RechtSirrthum zu verstehen. 3. Die Strafe trifft auch den Dritten, welcher zur Gestattung eine« durch einen Andern zu vollziehenden Beischlafs verleitet: Puch. n. 2; vgl. § 176 n. 5. 4. Das Verbrechen wird durch die Vollziehung des Beischlafs (d. h. die Geschlechtsvereinigung) vollendet; wo diese fehlt, kann nur ein Versuch vorliegen. 5. Zuständigkeit der Strafkammern: RGVG. § 73 Nr. 2.
§ 180. 1. „Unzucht" ist hier jedes gegen Zucht und Sitte verstoßende Handeln im Bereiche des geschlechtlichen Umgangs zwischen einer Mehrheit von Personen, ist also auf die BeischlasSvollziehung nicht zu beschränken: ZI. 19. Juli 72, ZU. 10. Mai 75 (RdO. XIII, 437; XVI, 362). Daß sie selbst strafbar sei (§ 361 Nr. 6), wird nicht erfordert, wie denn überhaupt die Kuppelei ein selbstständiges Vergehen, nicht Theilnahme an einem fremden, noch Begünstigung eines solchen ist. Deshalb schließt der Umstand, daß die Polizeibehörde den Personen, deren Unzucht Vorschub geleistet wurde, die Ausübung der letzteren gestaltet hat, die Anwendung des § nicht aus: Mannh. 1. März 73, 19. April 77, 11. Mai 78 (StZ. II, 273; BAnn. 43 s. 208; 44 s. 150), ZI. 9. April 79 (RdO. XX, 199). 2. Es genügt, wenn auch nur einer Person zum Betriebe der Unzucht mit Anderen Vorschub geleistet ist; gleichgültig ist, ob jene Person bescholten war (: ZI. 27. Okt. 65 RdO. VI, 434), und ob sie zum Unzuchtsbetriebe eines Vorschubs be durfte: ZI. 4. Juni 58 c. Iügle. 3. ES genügt, wenn einer erst demnächst zu betreibenden Unzucht Vor schub geleistet ist; daß es zu letzterer bereits gekommen sei, wird nicht erfordert; daS Gegentheil folgt nicht aus § 181 Nr. 2 (: „mit welcher die Unzucht getrieben worden ist", vgl. dort n. 3): ARIII 15. Mai 80, ZRI. 23. Sept. 80 (NdR. I, 782; II, 247); ZU. 9. Mai 69, ZI. 9. März 70, ZU. 3. April 79 (RdO. X, 541; XI, 165; XX, 103); Lübeck 7. Mai 72 (StNZ. XII, 504); contra : Schütze s. 343 n. 26. Vgl. n. 4. 4. Der Unzucht ist „Vorschub geleistet", sobald Zustände oder Verhältuisie geschaffen sind, welche für den Betrieb derselben (objectiv) günstigere Voraussetzungen darbieten als vorher vorhanden waren: ZRI. 23. Sept. 80 (RdR. II, 247), Lübeck 7. Mai 72 (StRZ. XII, 540). Dieser Vorschub braucht nicht den Merkmalen einer Beihülfe zu entsprechen; insbesondere braucht der Thäter zu den Personen, deren Unzuchtsbetrieb Vorschub geleistet worden, nicht in unmittelbare Beziehung getreten zu sein, vielmehr genügt jede mittelbare Förderung, z. B. die Vermittlung der An werbung von Frauenzimmern für ein Bordell, sollte dieses auch im Auslande belegen und dort (für den Wirth und die darin gehaltenen Frauenzimmer) erlaubt fein: ZI. 14. Nov. 73 (RdO. XIV, 722); Dresd. 18. Jan. 72 (SGZ. XV, 248); Münch. 18. Febr. 73, Manh. 1. März 73 (StZ. II, 234. 273); vgl. § 3 n. 6. Doch erblickte eit. ZRI. 23. Sept. 80 in dem vergeblichen Anbieten von Mädchen zur Ausnahme in ein Bordell nur einen (straflosen) Versuch; ähnlich: eit. Lübeck 7. Mai 72; contra: eit. ZI. 14. Nov. 73 (erachtete schon das einem Mädchen ge machte Anerbieten, in das Bordell eines Dritten einzutreten, als vollendete Kuppelei), ARIII. 15. Mai 80 (eit. n. 3: forderte zur Strafbarkeit des letzteren Anerbietens, daß dasselbe angenommen worden sei; alsdann bedürfe es nicht noch einer weiteren
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Thl. II. Abschn. XIII.
Berbr. u. Vergeh, w. d. Sittlichkeit. — § 180.
der bürgerlichen Ehrenrechte, sowie auf Zulässigkeit von PolizeiAufsicht erkannt werden. 11. Entw.: § 157; II. Entw.: §178; Pr. StGB.: § 147.] Vgl. §§ 181.182.32.35. Handlung, z. B. einer Vereinbarung mit dem Bordellwirthe oder gar des wirklichen Eintritts in das Bordell), Münch. 5. März 80 (BEntsch. X, 105); vgl. DreSd. 1b. Juli 74 (SGZ. XIX, 20: nahm vollendete Kuppelei in einem Falle an, wo die vom Bordellwirthe selbst angeworbenen Frauenzimmer gar nicht bis zum Orte des Bordells gelangt, sondern auf der Reise dorthin umgekehrt waren). Daö SelbstHalten eines Bordells fällt unter den § sogar dann, wenn jenes von der Polizei behörde geduldet oder gar konzessionirt war: ZRI. 29. Jan. 80 (RdR. I, 291), ZI. 7. Juni 61 (RdO. I, 427); cit. Manh. 1. März 73; die durch eine solche Konzesflonirnng rc. hervorgerufene Meinung deS Angeschuldigten: seine Handlungsweise sei erlaubt, würde ihn vor der Bestrafung nicht schützen: ZI. 21. Nov. 66 (RdO. VII, 647); Puch. n. 2 u. unten n. 6; contra: Schütze s. 344 n. 27; vgl. GSaal 30 s. 389. 399. Ebenso gehört der Fall hierher, wo Jemand einem Andern (be wußter Weise) eine Räumlichkeit zu dem Zwecke überläßt, damit er dort ein Bor dell halte: ZII. 13. Oft. 70 (RdO. XI, 510); vgl. n. 5. — Dasselbe gilt, wenn Jemand, z?B. ein Dienstmann, Männer auf deren Ansuchen zu Freudenmädchen führt: Manh. 3. Febr. 77 (BAnn. 43 s. 98), oder wenn der Hauswirth einer Lust dirne die nach ihr fragenden Männer absprachSgemäß dorthin weist, wo sie jene finden würden: ARIll. 20. Okt. 80 (RdR. II, 362). 5. Das Vorschubleisten muß „durch Vermittlung oder durch Gewährung oder Verschaffung von Gelegenheit" bewirkt sein. Daß dieses der Fall, be darf der ausdrücklichen instanzrichterlichen Feststellung; dagegen ist eine speziellere Charakterisirung der Einzelhandlung in der schwurgerichtlichen Fragstellung nicht er forderlich: ZII. 10. Dez. 57 c. Zaun, unter der Herrschaft der RStPO. sogar nicht statthaft. — Jene Thätigkeiten setzen wesentlich ein positives Handeln voraus; ein rein negatives Verhalten, ein bloßes Nichthindern genügt nicht: Z. 4. Jan. 73 (StZ. II, 162); contra: ZRIII. 12. Nov. 79 (RdR. I, 61: sofern eS ein bewußtes Darbieten der Gelegenheit zur Unzucht in sich schließe); VI. 9. Febr. 79 (RdO. XX, 89: Mot); das dürfte selbst da gelten, wo durch daS Nichthindern (Dulden) eine andere Pflicht verletzt wird (z. B. der Mutter); contra: Beschl. I. 13. Okt. 56 (GA. VI, 843); ähnlich: Schütze s. 343 n. 25. Doch kann darin, daß eine Frau die zur Unzucht Gelegenheit gewährenden Handlungen mit Vorwiffen und Zustimmung ihres Mannes vornahm, ein selbstthätiges Handeln des letzteren, mithin eine Theilnahme desselben am Vergehen der Frau ohne Rechtsirrthum gefunden werden; so: DreSd. 12. Nov. 75 (SGZ. XX, 212); Manh. 10. März 77 (BAnn. 43 s. 270); vgl. n. 13. Jedenfalls liegt ein positives Gewähren von Gelegenheit vor, wenn Jemand Frauen zimmern Stuben mit dem Bewußtsein einräumt, daß dieselben dort Gewerbsunzucht für eigene Rechnung treiben werden; vgl. VI. 26. Juni 61, ZU. 29. Jan. 65, ZI. 22. Nov. 72 (RdO. I, 466; V, 425; XIII, 626); Manh. 1. März 73, 20. Dez. 73, 17. Okt. 74 (StZ. II, 273; BAnn. 40 s. 13. 319); Wolfenb. 8. Juni 77, Stuttg. 12. Juni 78 (Br. Z. 24 s. 129; WGbl. XV, 22); contra: ML. s. 629. Diesem Falle steht der andere gleich, wo der Dermiether erst nachträglich von der Benutzung der Wohnung zum Unzuchtsbetrieb oder gar zur Bordellwirthschast Kenntniß erhält und trotzdem den MiethSverirag stillschweigend oder ausdrücklich erneuert: ARIII. 28. Febr. 80, ARII. 27. April 80 (RdR. I, 402; 680). — Dagegen wird der That bestand der Kuppelei durch die Feststellung, der Vermieter habe nach erlangter Kennt niß von dem Unznchttreiben der Miether keine Maßregeln getroffen, demselben sofort, nöthigensallS mit der Exmissionsklage, Einhalt zu thun, nicht erschöpft: ARI. 4. Nov. 80 (RdR. II, 447). Ebenso stellt das bloße Vermiethen einer Wohnung an Lust dirnen, ohne daß dort Unzucht getrieben wurde, bzw. getrieben werden sollte, noch keine Kuppelei dar: ARIII. 20. Okt. u. 10. Nov. 80 (RdR. II, 362. 488). 6. Der DoluS besteht hier, abgesehen von der Vorsätzlichkeit der Handlung an sich, in dem Bewußtsein, daß dadurch der Unzucht Anderer Vorschub geleistet werde; einer dahin gerichteten Absicht bedarf eS nicht; ebenso: Stuttg. 12. Juni 78 (WGBl. XV, 24), noch auch des Bewußtseins der Rechtswidrigkeit deS Handelns: ZRI. 29. Jan. 80 (cit. n. 4). Vgl. n. 4.
Thl. II. Abschn. XIII. Verbr. u. Vergeh, w. d. Sittlichkeit. — §§ 180.181. 393
§ 181 Die Kuppelei ist, selbst wenn sie weder ge wohnheitsmäßig noch aus Eigennutz betrieben wird, mit Zucht haus bis zu fünf Jahren zu bestrafen, wenn 7. In Betreff der „GewohnheitSmäßigkeit" vgl. § 150 n. 4. — Der einer einzigen Person zum wiederholten Unzuchtsbetriebe geleistete Vorschub kann ge nügen; vgl. n. 2. 8. Der (sonst nur noch in der Ueberschrist deS 25. Abschnitts vorkommende) Ausdruck „Eigennutz" begreift ein auf eignen Nutzen gerichtetes Streben, welches, Geboten der Moral entgegen, nicht die gebührende Rücksicht auf die Interessen An derer nimmt; dieses Moment ist daher bei jeder des eigenen Nutzens wegen ver übten Kuppelei von selbst vorhanden, sollte hierbei auch kein besonderer Gewinn, sondern z. B. bloß die Realisirung einer rechtmäßigen Forderung erstrebt sein; so: Wolfenb. 22. Febr. 76 (Br. Z. 23 s. 113). Beim Vermiethen von Zimmern an Lust dirnen (n. 5) ist eS daher, damit Eigennutz angenommen werden könne, nicht nöthig, daß mit Rücksicht auf die-Art der Benutzung ein übermäßiger Miethspreis ftipulirt sei; so: ZRII. 28. Mai 80 (RdR. I, 828); contra (anscheinend): ZI. 22. Nov. 72, Manh. 20. Dez. 73, Stuttg. 12. Juni 78 (citt. n. 5). — Dem Erfordernisse deS Eigennutzes ist genügt, wenn auch nur mittelbar ein eigener Erwerb bezweckt wurde, z. B. durch erhöhten Absatz im WirthschaftSbetriebe (zu angemessenen Preisen): ZU. 8. Sept. 70, ZI. 27. Jan. 71, 4. Febr. 74, Manh. 1. Aug. 76 (RdO- XI, 440; XII, 154; XV, 53; BAnn. 42 s. 258). Vgl. n. 5. Die nachträgliche Annahme eines (nicht von vorne herein in Aussicht genommenen) Geschenks genügt nicht: Villn. i. GSaal 30 s. 153. 9. Ist die Kuppelei iu mehreren Fällen gewohnheitsmäßig und aus Eigen nutz verübt, so liegt Realkonkurrenz des letzteren Vergehens (in Idealkonkurrenz mit Gewohnheitskuppelei) vor: § 74 n. 10. 11; ebenso: OlSh. I, 322; contra: VII. 16. Mai 78 (RdO- XIX, 267); vgl. auch Münch. 5. Juni 75 (StZ. V, 50: entschied, daß eine Verurtheilung wegen gewohnheitsmäßiger Kuppelei die Verfolgung eines nachträglich ermittelten, älteren Falles der Kuppelei aus Eigennutz nicht nothwendig ausschließe). Realkonkurrenz ist ferner vorhanden, wenn mit der Kuppelei eigne Ge werbsunzucht zusammentrifft: ZU. 16. Mai 63 o. Zschabig. Im Falle deS ideellen Zusammentreffens des Thatbestandes der Kuppelei aus Eigennutz mit dem einer schwerer zu ahndenden Mißthat bestimmt sich die Strafe selbstredend aus dem die letztere betreffenden Gesetze (§73); konkurriren dann aber mit diesem Falle noch andere Kuppeleifälle, welche mit ihm zusammen eine GewohnheitSmäßigkeit begründen, so liegt in Realkonkurrenz auch Gewohnheitskuppelei vor. 10. Auf den Verlust der re. Ehrenrechte re. darf nur erkannt werden, wenn die gleichzeitig verhängte Gefängnißstrafe drei Monate erreicht: § 32. 35. Anders in Betreff der Zulässigkeit der Polizeiaufsicht: ZRI. 28. Juni 80 (RdR..II, 132); vgl. § 38 n. 5. 11. Theilnahme an der Kuppelei ist möglich und nach den allgemeinen Grundsätzen zu beurtheilen: Z. 18. Jan. 71 (RdO. XII, 37); DreSd. 12. Nov. 75 (cit. n. 5); Stuttg. 22. März 76 (WGbl. XI, 393: betraf Beihülse, geleistet von den Dienstboten deö Kupplers durch Anweisung der Zimmer und durch Empfang nahme sowie Ablieferung deS Geldes). Dagegen erkannte Manh. 1. Aug. 76 (cit. n. 8), daß in der bloßen Vereinnahmung und Verwendung des (übermäßigen) MiethgeldeS (n. 5. 8) zu Gunsten des Kupplers weder eine Mitthäterschaft, noch eine Beihülfe noch selbst eine Begünstigung (§ 257) enthalten sei; vgl. übrigens § 257 n. 15. — Das oben Gesagte erleidet eine Ausnahme, wenn Jemand lediglich behufs Befriedigung der eignen Geschlechtslust einen Anderen zur Kuppelei bestimmt, oder ihm hierbei Hülfe leistet; so: Manh. 12. Mai 79 (BAnn. 45 s. 97), Schw. i. HH. III, 318, Rubo s. 698.
§ 181. 1. In Betreff deS Begriffs der »Kuppelei" vgl. § 180 n. 1—6. 2. Unter „hinterlistigen Kunstgriffen" (Nr. 1) sind alle listigen Vor kehrungen zu verstehen, durch welche Jemand geneigt gemacht wird, an Orte zu kommen, wo Unzucht getrieben werden soll, oder sich Anderen zur Unzucht Preis zu
394 Thl. II. Abschn. XIII. Berbr. u. Vergeh, w. d. Sittlichkeit. — §§ 181.182.
1) um der Unzucht Vorschub zu leisten, hinterlistige Kunstgriffe angewendet worden find, oder 2) der Schuldige zu den Personen, mit welchen die Un zucht getrieben worden ist, in dem Verhältniß von El tern zu Kindern, von Vormündern zu Pflegebefohlenen, von Geistlichen, Lehrern oder Erziehern zu den von ihnen zu unterrichtenden oder zu erziehenden Per sonen steht. Neben der Zuchthausstrafe ist der Verlust der bürger lichen Ehrenrechte auszusprechen; auch kann auf Zulässigkeit von Polizei-Aufsicht erkannt werden. [I.
§ 158; n. (Sntto.: §179; Pr.StGB.: § 148.] Vgl. §z 180.174 Nr. 1; RGBG. § 73 Nr. 2.
§ 182. Wer ein unbescholtenes Mädchen, welches daS sechszehnte Lebensjahr nicht vollendet hat, zum Beischlafe ver führt, wird mit Gefängniß bis zu Einem Jahre bestraft. geben, z. B. Verlockungen an einsame Orte, Vorspiegelung glänzender Zukunft, Mißbrauch angesehener Namen, Beibringung aufregender Getränke rc.: DreSd. 17. Sept. 77 (SGZ. 22 s. 176). Daß durch die rc. Kunstgriffe eine Täuschung hervorgebracht fei, wird nicht erfordert. 3. Nach der ausdrücklichen Fassung der Nr. 2 ist das hier vorgesehene Ver brechen erst dann vollendet, wenn die begünstigte „Unzucht getrieben worden ist", obgleich dieses zum Begriff der Kuppelei an sich nicht wesentlich gehört (§ 180 n. 4). — Da indessen die hier vorgesehene That ein Verbrechen, somit auch der Versuch strafbar ist, so kann Strafbarkeit im Siune des § vorliegen, ungeachtet es noch nicht zum Unzuchtsbetriebe gekommen ist; contra : Rubo n. 4. 4. ES macht keinen Unterschied, zu welcher der Unzucht treibenden Personen der Kuppler in einem der aufgezählten Verhältnisse stand; insbesondere ist auS den Worten: „Personen (Mehrzahl), mit welchen die Unzucht getrieben ist" nicht zu folgern, daß jenes Verhältniß mit beiden Unzucht treibenden Personen oder mit der betr. Person weiblichen Geschlechts obwalten müsse. 5. „Eltern" bezeichnet (im Gegensatze gegen „Verwandte aufsteigender Linie", vgl. §§ 52. 173. 189 ff.) nur Vater und Mutter, also weder Groß- noch Stief eltern; contra: Schw. n. 3 (zählt selbst Adoptiv- und Pflegeeltern hierher), ebenso (nur nicht in Betreff der Großeltern): Schütze s. 344 n. 27 und (in Betreff der Stiefeltern): VH. 8. März 77, VI. 4. Juli 79 (RdO. XVIII, 200; XX, 325); Rüd. d. 4. DaS Gegentheil folgt nicht aus der Fassung: „wenn der Schuldige im Ver hältnisse von Eltern rc. steht"; diese ist nur gewählt, um die verschiedenen in der Nr. 2 hervorgehobenen Beziehungen zusammen zu fassen. 6. Ueber die Begriffe der „Vormünder, Geistlichen, Lehrer und Er zieher" vgl. § 174 n. 6. 8—11. Hier ist von dem Erforderniffe, daß die unter richteten rc. Personen minderjährig gewesen, abzusehen. 7. Abweichend vom Grundsätze des § 32 ist hier die Aberkennung der rc. Ehrenrechte unbedingt geboten; vgl. in Betreff des Nähern § 161 n. 1 ff. 8. Zuständigkeit der Straskammern: RGVG. §73.
§ 182. 1. 2. sittlicher auf die gründen
Der § setzt ein „Mädchen" voraus, Frauen gehören also nicht hierher. Der Begriff der „Unbescholtenheil" kommt hier nur in geschlechtlich Beziehung in Betracht. Bei Beurtheilung des Einzelsalls ist nothwendig Sitte des Landes und der Stände Rücksicht zu nehmen; insbesondere be einzelne Unsittlichkeiten, wie sie unter den geringeren Ständen nicht selten
Thl. II. Abschn. XIII, Verbr. u. Vergeh, w. d. Sittlichkeit. — §§ 182.183. 395
Die Verfolgung tritt nur auf Antrag der Eltern oder des Vormundes der Verführten ein. [I. Entw.: § 159; II. Entw.: § 180; Pr. StGB.: 149.] Vgl. §§ 180. 181. Preußen: Vgl. Ges. v. 24. April 1854 §§ 6-,9 Nr. 2 (GS. f. 194).
§ 183. Wer durch eine unzüchtige Handlung öffent lich ein Aergerniß gibt, wird mit Gefängniß bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bis zu fünfhundert Mark bestraft, vorkommen, und welche mehr auf Rohheit als auf Sinnlichkeit deuten, noch nicht eine „Bescholtenheit": ZU. 6. Nov. 62 (RdO. III, 112); auf der anderen Seite läßt sich auch nicht ausstellen, daß nur Diejenige beschälten sei, welche stch früher einem außerehelichen Beischlaf freiwillig hingegeben habe: ZI. 20. März 68 (RdO. IX, 208); contra: HS. II, 325; Rüd. n. 1. Schon ein einziger Fall der letztgedachten Art schließt die Unbescholtenheit aus; vgl. ML. s. 625; Billnow i. GSaal 30 s. 155. Das Pr. Ges. v. 24. April 1854, welches im § 9 Nr. 2 verschiedene Fälle der „Bescholtenheit" auszählt, hat für die Auslegung des StGB.'S keine entscheidende Be deutung. 3. Ueber die „Vollendung" des sechszehnten Lebensjahres vgl. § 55 n. 3. 4. Behauptet der Angeschuldigte, das jugendliche Alter des Mädchens nicht gekannt zu haben, so wird § 59 anwendbar: ZU. 21. Febr. 66 (RdO. VII, 114). 5. Beischlaf ist jede Geschlechtsvereinigung: ZI. 3. März 69 (RdO. X, 123). 6. Das Wort „verführt" umfaßt jede Verleitung zur Duldung des Bei schlafs; es bedarf daher weder einer Täuschung, noch der Erregung von Begierden bei dem Mädchen, noch der Anwendung von Kunstgriffen rc.: ZU. 21. Febr. 66, ZI. 20. März 68 (cit. d. 4. 2), ZU. 12. Sept. 78 (RdO. XIX, 411: betraf Miß brauch des Abhängigkeitöverhältniffes durch den Dienstherrn). Doch fordert DreSd. 17. Okt. 73 (StZ. III, 314), daß außer dem Beischlafe selbst etwas geschehen sein müsse, wodurch auf den Willen deö Mädchens, unter Benutzung seiner Unerfahren heit und geringen Widerstandsfähigkeit, eingewirkt worden sei; habe das Mädchen sich ohne alles Zaudern und Widerstreben hingegeben, so bleibe der § außer An wendung; vgl. auch DreSd. 13. Mai 78 (SGZ. 22 s. 313). — Keinesfalls läßt stch aus dem Ausdrucke „verführen" folgern, daß daö Mädchen im Augenblicke des Bei schlafs für deffen Bedeutung Verständniß gehabt haben müsse. 7. Der ,,Verführung zum Beischlafe" (nicht: zur Gestattung des Beischlafs": § 179) kann sich nur der den Beischlaf vollziehende Mann schuldig machen: HS. II, 325, Schütze s. 338 n, 15; coutra: Villnow i. GSaal 30 s. 154. 8. Der Antrag steht den „Eltern", d. h. Vater und Mutter (vgl. § 181 n. 5) und zwar demjenigen von ihnen zu, welcher zur Zeit die elterliche Gewalt aus zuüben hat, also in der Regel dem Vater; ist dieser thatsächlich verhindert, so ist auch die Mutter dazu berufen: ZU. 6. Nov. 62 (cit. n. 2), Beschl. I. 21. Apr. 65 (RdO. VI, 64). Reber n. 358 will stets jedem von beiden das Recht einräumen. 9. Der Vormund kann den Antrag auch nach dem inzwischen erfolgten Tode des Mädchens stellen; so: BI. 9. Nov. 59 (IMbl. 60 s. 54); contra : Schw. i. HH. HI, .316. 10. Das verführte Mädchen kann den Antrag weder stellen noch zurücknehmen. § 183. 1. Der § erheischt eine „unzüchtige Handlung"; die Motive (s. 101) heben unter Hinverweisung aus die abweichende Fassung de« früheren Pr. StGB.'s § 150 das Wort „Handlung" durch gesperrten Druck hervor. Hieraus, sowie aus der Bedeutung, welche jenen Worten in den §§ 174. 176 beiwohnt, und auö der posi tiven Vorschrift des § 184 ist zu folgern, daß man schamverletzende mündliche Aeußerungen, Lieder rc. hat auöscheiden wollen; diese können nur als grober Unfug (§ 360 Nr. 11) oder als Beleidigung strafbar fein: VI. 17. Mai 71, ZU. 1. Mai 77, Stuttg. 29. Ian. 77 (RdO. XII, 273; XVIII, 303; WGbl. XIII, 244); Rüd. n. 1; ML. f. 625; Schütze f. 341; Puch. f. 205; Herzog i. StRZ. XII, 451; MeveS f. 174; contra: Jena 29. Mai 72, DreSd. 27. Sept. 72, 22. März 75,
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Thl. n. Abschn. XIII. Verbr. u. Vergeh, w. d. Sittlichkeit. — § 183.
Neben der Gefängnißstrafe kann auf Verlust der bürger lichen Ehrenrechte erkannt werden. [I. Entw.: § 160; II. Entw.: § 181; — Nov. v. 26. Febr. 1876 Art. I. — Pr. StGB.: § 150.] Vgl. §§ 184. 32. 35; RGVG. § 75 Nr. 3. 14. Aug. 76, Jena 75 (StZ. H, 163, SGZ. XIX, 361; XXI, 209; Voll. 23 s. 83; 24 s. 173); v. Kirchm. f. 119; Meyer n. 2; Schw. n. 2; id. i. GA. XXI, 57. Der Entwurf der Nov. wollte diese Streitfrage dadurch beseitigen, daß er nach den Wor ten „unzüchtige Handlung" die Worte: „oder Aeußerung" einschaltete, indem er gleichzeitig mit Rücksicht darauf, daß das Vergehen, zumal wenn es blos in Aeuße rungen bestehe, in sehr leichten Gestaltungen vorkommen könne, neben der im § ursprünglich allein angedrohten Gefängnißstrafe Geldstrafe 'zuließ. Letztere Aenderung wnrde im RT. angenommen, erstere dagegen abgelehnt, obwohl die Majorität die zweite der obigen Ansichten getheilt zu haben scheint; vgl. Schwarze und LaSker, Stenogr. Ber. s. 1002. — Dagegen schließt auch hier der Ausdruck „Handlung" Unterlassungen nicht auS; wer daher unzüchtige Handlungen am eignen Körper durch Dritte absichtlich und im Einverständnisse mit denselben geschehen läßt, macht sich gleichfalls aus § 183 strafbar: Wolfenb. 18. Juni 78 (Br. Z. 26 f. 42). 2. In Betreff des Begriffs „unzüchtig" vgl. § 174 n. 1 (es wird eine ge schlechtliche Beziehung vorausgesetzt); DreSd. 22. März 75, 20. Juni 76 (SGZ. 19 s. 361; 21 s. 149), ARHI. 28. Febr. 80 (RdR. I, 404: auch bezüglich der Frage, inwiefern bei der Begriffsbestimmung die lokale Anschauung im konkreten Falle Be achtung finden könne). — Selbst geschlechtliche Handlungen gegen den Ehegatten gehören hierher, wenn sie öffentlich vorgenommen werden: Villnow i. GSaal 30 s. 156. 3. Durch die Handlung muß ein „Aergerniß gegeben", d. h. es muß da« Sittlichkeitsgefühl Anderer, die That Wahrnehmender verletzt sein; somit genügt e« nicht, daß die Handlung objektiv geeignet war, Aergerniß zu erregen, vielmehr fällt die Strafbarkeit weg, wenn keine der wahrnehmenden Personen an der Handlung ein Aergerniß nahm, etwa weil der Zweck der Vornahme (wissenschaftliche Erörterung rc.) ein solches ausschloß, oder weil jene Personen weniger feinfühlend waren; ebenso: ZRI. 12. Juli 80, ARIII. 29. Sept. 80 (RdR. II, 183. 273); contra: ZI. 13. März 61, 19. Nov. 62, ZII. 22. Juni 76 (RdO. I, 303; III, 127; XVII, 453); Wolfenb. (GSaal 24 s. 463); Jena 75 (Voll. 24 s. 173): Schw. i. HH. III, 322; Rüd. n. 3; vgl. n. 4. Dagegen ist der objektive Thatbestand erfüllt, sobald irgend Je mandem (einer einzigen Person) ein Aergerniß gegeben ist, gleichviel, ob dieser ein unbetheiligter Dritter oder diejenige Person war, wider welche sich die Handlung gerade richtete; ebenso: cit. ZRI. 12. Juli 80, Münch. 21. März 79 (BEntsch. IX, 175); vgl. übrigens n. 4. 4. Das Aergerniß muß „öffentlich" gegeben sein; vgl. über diesen Begriff 8 85 n. 1 ff. Daraus, daß eine Handlung in einem Privathause im Beisein der Kinder des Hausbesitzers stattfand, folgt nicht nothwendig, daß jenes Erforderniß erfüllt sei, zumal wenn das Alter der Kinder nicht festgestellt ist: DreSd. 26. Juli 71 (StZ. II, 97). Objektiv liegt z. B. Oeffentlichkeit der Verübung vor, wenn die Handlung in einem von Außen übersehbaren Eisenbahncoupd vorfiel: Münch. 15. Sept. 73 (StZ. III, 316). Nach ZI. 10. März 76 (RdO. XVII, 196) genügt e«, wenn eine an einem Jedermann zugänglichen Orte befindliche dritte Person die Handlung wahrnehmen konnte, sollte sie dieselbe auch nicht wahrgenommen haben; Beisp.: ein schlafender Postwagenpaffagier; ähnlich: ARIII. 29. Sept. 80 (cit. n. 3); contra: MeveS s. 176. Dagegen genügt es nicht, wenn ein auf öffentlicher Straße unzüchtig Angegriffener die einzige Person war, welche diese Handlung wahrnahm und wahrnehmen konnte, e« ist vielmehr die Gegenwart eines unbetheiligten Dritten erforderlich; vgl. § 85 n. 17, ZRII. 10. Febr. 80, ARI. 4. Nov. 80 (RdR. I, 327; II, 449), VI. 4. Nov. 74 (RdO. XV, 743), Schw. i. HH. III, 323, MeveS 1. c.; contra: ZII. 2. März 71 (RdO. XII, 129), Münch. 21. Mai 75 (StZ. V, 51). — Wird das Aergerniß nicht durch die öffentliche Verübung der Handlung hervor gerufen, sondern dadurch, daß sie später bekannt wird, so bleibt § 183 ausgeschlossen: V. 17. Jan. 73 (RdO. XIV, 68). Sonach gehört ein notorisches, aber nicht selbst in die Oeffentlichkeit tretendes unsittliches Verhältniß nicht hierher.
Lhl. II. Abschn. xm. Verbr. u. Vergeh, w. d. Sittlichkeit. — § 184.
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§ 1S4. Wer unzüchtige Schriften, Abbildungen oder Darstellungen verkauft, vertheilt oder sonst verbreitet, oder an Orten, welche dem Publikum zugänglich sind, ausstellt oder anschlägt, wird mit Geldstrafe bis zu dreihundert Mark oder mit Gefängniß bis zu sechs Monaten bestraft. [I. Entw.: § 161; II. Entw.: § 182; Pr. StGB.: § 151.] Vgl. §§ 85. 41. 42; RPreßges. v. 7. Mai 1874 §§ 23 ff; RGBG. § 75 Nr. 14. 5. Der Dolus besteht hier — abgesehen von der Vorsätzlichkeit der Hand lung an stch — in dem Bewußtsein der Oeffentlichkeit der Verübung, verbunden mit dem ferneren Bewußtsein, daß sie unzüchtig und so geartet sei, unter den ob waltenden Umständen ein Aergerniß zu geben: ZU. 4. Nov. 69, ZI. 22. Nov. 72 (RdO. X, 695; XIII, 625); Münch. 1. Febr. 73 (BEntsch. III, 35). Einer auf daS Eine oder das Andere gerichteten Absicht bedarf es nicht: BI. I. Mai 61 (RdO. I, 342); auch schließt eine anderweite Absicht, z. B. die Absicht zu beleidigen, den § nicht aus. — Demgemäß ist die That straflos, wenn der Angeschuldigre ge heim zu handeln glaubte und Dritte nur zufällig sein Thun wahrnahmen: BII. 7. Dez. 65, PI. 30. Juni 69 (RdO. VI, 531; X, 456). — Der ausdrücklichen Feststellung jenes DoluS bedarf eö dann (aber auch nur bann), wenn derselbe be stritten worden ist: ZU. 16. Okt. 62 (RdO. III, 81); vgl. Münch. 27. Jan. 74 (cit. n. 4). 6. Auf den Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte rc. darf nur erkannt werden, wenn die Gefängnißstrafe drei Monate erreicht: § 32, 35. 7. Bedingte Zuständigkeit der Schöffengerichte: RGBG. § 75 Nr. 3. § 184. 1. Ueber den Begriff des „Unzüchtigen" vgl. § 174 n. 1 und andererseits: ZRI. 15. Dez. 79 (RdR. I, 149: evwog, daß § 184 einen besonderen Grad der Verletzung des Schamhaftigkeitö- und SittlichkeitSgefühlS nicht erfordere). Ob eine „Schrift rc." geeignet sei, einen geschlechtlichen Reiz zu üben, und ob diese ihre Eigenschaft sie als eine unzüchtige erscheinen laste, ist eine thatsächliche Frage; so: cit. ZRI. 15. Dez. 79. — Hier kommt in Betracht, daß daS Geschlechtliche vielfach zum Gegenstände wissenschaftlicher Erörterungen und künstlerischer Darstellungen ge macht werden muß, welche wegen dieses ihres Zweckes nicht „unzüchtig" genannt werden dürfen. Insbesondere ist das Nackte darum noch nicht unzüchtig. Es kommt sonach wesentlich auf den (aus der Schrift rc. selbst erkennbaren) Zweck der Her stellung und Veröstentlichung, insbesondere auch darauf an, auf welches Publikum dieselben berechnet, und welche Wirkungen sie auf dieseö Publikum hervorzubringen geeignet sind. Vgl. ZI. 19. Juni 74 (RdO. XV, 430); ZI. 8. Nov. 76 (ib. XVII, 720: betraf auö Gummi verfertigte s. g. Selbstbefriediger). Dagegen darf die Un züchtigkeit einer Darstellung rc. nicht lediglich deshalb verneint werden, weil sie eine künstlerische oder wissenschaftliche sei: ZU. 7. Jan. 58 c. Lehmann. — Der Cha rakter einer gewerblichen Anzeige schließt den Thatbestand nicht auö: cit. ZRI. 15. Dez. 79. 2. Es ist gleichgültig, ob die unzüchtige Bedeutung eines Schriftstücks stch un mittelbar aus besten Inhalt ergiebt, oder ob sie durch einen anderweiten, seinem Leserkreis bekannten Thatumstand vermittelt wird ZII. 22. Mai 75, ZI. 2. Okt. 78 (RdO. XVI, 374; XIX, 440). Ebenso gehören zu den „unzüchtigen Abbildungen und Darstellungen" auch s. g. latente, d. h. solche Bilder, deren obscöner Inhalt erst durch Anwendung weiterer Mittel, z. B. durch Erwärmung des Substrats erkennbar wird: ZI. 15. Febr. 78 (RdO. XIX, 74). 3. Ob die Schriften rc. in Einzel-Exemplaren hergestellt oder mechanisch vervielfältigt sind, ist für den Thatbestand nicht entscheidend. Dagegen wird vor ausgesetzt, daß dieselben durch die betreffende Handlung der Oeffentlichkeit (§85 n. 1) zugänglich gemacht seien; eö wird daher beim Verkaufen, Vertheilen, Verbreiten (zwar nicht ein gewerbsmäßiges Handeln, wohl aber) der Vertrieb einer Mehrheit von Exemplaren („Schriften rc.") vorausgesetzt; contra: ZI. 8. Nov. 76 (cit. n. 1; in Betreff deö Verkaufs); jedenfalls ist das bloße Vorzeigen eines Einzel-
398
Thl. II. Abschn. XIV. Beleidigung. — § 185.
Vierzehnter Abschnitt. Beleidigung. § 185. Die Beleidigung wird mit Geldstrafe bis zu sechshundert Mark oder mit Haft oder mit Gefängniß bis Exemplars an einzelne Bekannte nicht als ein „Verbreiten" anzusehen; vgl. ZU. 10. März 64 (RdO. IV, 421). Der Ausdruck „verbreiten" ist hier also in engerem Sinne zu deuten, als in den §§ 131. 186; vgl. auch § 85 n. 14. Ein wieder holter Verkauf re. stellt stets nur einen Straffall dar. 4. Mit dem Verkaufen rc. (einer Mehrheit von Exemplaren: n. 3) ist das Vergehen vollendet; es bedarf dazu nicht auch der Kenntnißnahme vom Inhalte Seitens des Käufers rc. 5. Ein bloßes Feilhalten steht dem Verkaufe nicht gleich, insofern damit nicht ein „Ausstellen rc." verbunden ist: ZI. 16. Sept. 70 (RdO. XI, 459). 6. Nach dem unter n. 3 Gesagten gehört auch das „Ausstellen" („An schlägen") an dem Publikum zugänglichen Orten nur dann hierher, wenn dadurch der unzüchtige Inhalt (öffentlich) wahrnehmbar gemacht ist; es genügt daher nicht, wenn die Ausstellung nur das Titelblatt einer Schrift sichtbar macht, während sich das Unzüchtige in anderen Theilen derselben findet. Ebenso genügt der Umstand, daß sich ein verkäuflicher Gegenstand der fraglichen Art in einem BerkaufSlvkale befindet, noch nicht, um ein „AuSstellen rc." desselben anzunehmen, wenn er sich an einer Stelle befindet, wo er dem den Laden Besuchenden nicht sichtbar ist: ZI. 16. Sept. 70, (eit. n. 5). — Dagegen fällt das Ausstellen rc. auch nur eines Exemplars unter daö Strafverbot, weil es dadurch der Oeffentlichkeit zugänglich gemacht ist. 7. Kenntniß des Inhalts ist Bedingung der Strafbarkeit; eine grobe Fahr lässigkeit ersetzt diese Kenntniß nicht: BI. 25. Nov. 57 (GA. VI, 112). 8. Der Käufer rc. solcher Schriften rc. ist nicht als Gehülfe des Verkäufers (: ZI. 16. Sept. 70: eit. n. 5), die Aufforderung zum Verkaufe nicht als eine An stiftung zu demselben anzusehen. 9. Die verkauften rc. Exemplare der Schrift rc. sind „zu dem verübten Ver gehen" ^gebraucht, andere noch nicht verkaufte konnten zum Verkaufe „bestimmt" sein; ihre Einziehung ist somit nach § 40 statthat: Rüd. o. 4, Meyer s. 144 n. 3; contra: Schw. n. 5. Da indessen der Inhalt der Schriften „strafbar" im Sinne des §41 ist (vgl. dort n. 4), so greift auch die gebietende Vorschrift dieses § Platz; es ist daher die Unbrauchbarmachung aller Exemplare sowie der Platten rc. anzuordnen: Schütze s. 344 n. 28; contra: Rüd. 1. c. — Ebenso wird § 42 anwendbar, sobald die Verurtheilung einer bestimmten Person nicht ausführbar ist, sollte es auch noch gar nicht zu einem Verkaufe rc. gekommen sein; vgl. §42 n. 4; contra: v. Kirchm. s. 119. 10. DaS Vergehen verjährt in sechs Monaten, wenn es durch Verbreitung unzüchtiger Erzeugnisse im Sinne deS Preßges.'S § 2 begangen wird; vgl. ib. § 22; Münch. 4. Juni 80 (BEntsch. NF. I, 129). 11. Bedingte Zuständigkeit der Schöffengerichte: RGVG. § 75 Nr. 14. 12. Beschlagnahme von Druckschriften rc.; vgl. § 85 n. 28.
§ 185. Absicht zu beleidigen: 2 27. Auftrag, fremder: 20. Beamte: 6. 7. 21. 33. 34. Behörde: 7. 33. 34. Bekanntschaft: 9. Beleidigter: 4—10. Bezeichnung: 10. Dritter: 11. mehrere: 6. 7. 29. Mehrht. kollekt: 7. 29. unbekannt: 9.
Inhalt: Beleidigter, verstorbener: 5. 1 1 Zustimmung. 23. Beleidigung: 1. 2. bedingte: 18. fahrlässige - 14. 2^ 1. Darstellung, bildliche: 15. Dienstbote, Dienstherr: 8. Dolus - 24-27. 3. Ehegatte: 8. Ehrverlust: 1. Erfolg: 28.
Familie. 7. Freiwilligkeit: 24. 25 Geistesschwacher: 4. Gesellschaft: 7. Haft: 35. Individuum: 4. Kind: 4. Körperverletzung - 16. 17. Konkurrenz - 17. Kunde, wem? 12. 13. . Kundgebung: 1. 12. 15. 24.
Thl. II. Abschn. XIV.
Beleidigung. — § 185.
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zu Einem Jahre und, wenn die Beleidigung mittels einer Thätlichkeit begangen wird, mit Geldstrafe bis zu eintausendanittd: 2. 15-17. 31. Mittelsperson: 20. 25. Oeffentlichkeit: 13 25. 32. Offizier: 31. Ort- 12. Privatklage: 30. Real-Injurie: 16. «7. Rechtsanwalt: 20. 22. 24.
Rechtswidrigkeit: 1. 23. Schrift: 15. 19. Stand: 7. Telegramm: 25. Thätlichkeit: 16. Theilnehmer: 22. Dermögenssubjekt: 1. 7. Vernehmung: 26.
Veröffentlichung: 13. 25. 32. Vertraulichkeit: 14. Vollendung: 12. 13. 28. Vorsätzlichkeit: 24—26. Wahrheit? 3. Wiederholung 19. Zeit: 12. Zuständigkeit: 30. 31.
1. „B eleidigung" ist eine vorsätzliche rechtswidrige Kundgebung, welche eine Geringschätzung (Mißachtung) eine« Anderen als Mensch oder Bürger (Beamter) zum Ausdrucke bringt, mag diese Kundgebung in dem Vorwurfe einer konkreten Thatsache, oder in einem allgemeinen Urtheile über den inneren Werth deS Andern oder endlich in wegwerfenden Bezeichnungen (Schimpfwörtern rc.) bestehen. Gegen stand derselben ist daher nicht blos die s. g. gemeine bürgerliche oder allgemeine Menschenehre, sondern auch die nach der Individualität und Stellung des Ange griffenen zu bemessende besondere Ehre, z. B. die Ehre Jemandes als Geschäfts mannes: Münch. 13. Aug. 75 (BEntsch. V, 395); vgl. n. 2. Demgemäß braucht der sittliche Werth einer Person nicht angetastet zu sein: ZU. 16. Dez. 75 (RdO. XVI, 802); contra: Stuttg. 23. Mai 77 (WGbl. XIII, 246). Der Spott über ein geistiges oder köiperlicheS Gebrechen kann genügen: HS. II, 252; vgl. Wolfenb. (GSaal 25 s. 68); ebenso ein Lächerlich-Machen: ZI. 9. Ian. 63. — Dagegen ge hört ein ungünstiges Urtheil über solche Eigenschaften, welche nicht bei jedem normal ausgestatteten Menschen vorausgesetzt werden, z. B. die Herabsetzung der Ge schicklichkeit, des Talents oder der Stiftungen auf einem konkreten Gebiete nicht hier her, sofern nicht damit ein Ausdruck der Mißachtung der Person im Allgemeinen verbunden ist: Darmst. 25. Sept. 72, Manh. 24. Aug. 78 (HEntsch. s. 311; BAnn. 44 s. 294); vgl. § 193 n. 3; contra: ZI. 10. Nov. 76 (GA. 24 s. 574: betraf einen Angriff auf die gewerblichen Leistungen eines Fabrikanten); vgl. ARII. 1. Noo. 79 (RdR. I, 28: erklärte die Annahme, daß durch Vergleichung geistiger Leistungen mit solchen des Trägers eines ehrbaren Gewerbes grundsätzlich keine Beleidigung begangen werden könne, sür rechisirrthümlich). Ebenso verhält es sich mit bloßen Unhöflichkeiten und Verletzungen der Regeln deS herkömmlichen gesellschaftlichen Anstands. Dasselbe gilt (in erhöhtem Maße) von ungünstigen Urtheilen über die Vermögenslage eines Andern, sollte auch dadurch sein Kredit gefährdet werden: DreSd. 2. Dez. 72 (SGZ. XVII, 53), Münch. 10. Mai 79 (BEntsch. IX, 277), BL. s. 440; vgl. n. 7; § 186 n. 19; § 187 n. 4; contra: Stuttg. 14. Okt. 74 (StZ. IV, 145). — Die Bezeichnung der Merkmale einer Beleidigung wird durch den Ausdruck: (in den Augen des Publikums) „bloöstellen" nicht gedeckt: Dreöd. 6. Mai 78 (SGZ. 22 f. 333). 2. Bei Beurtheilung der Frage, ob eine Kundgebung die Geringschätzung eines Anderen zum Ausdruck bringe (n. 1), kommt es wesentlich auf die Belegenheit des konkreten Falles an; selbst Schimpfwörter werden gelegentlich als Scherze oder Liebkosungen gebraucht: Z. 3. Febr. 69, ZI. 9. Juni 69, 12. Jan. 70 (RdO. X, 68, 496; XI, 20); Münch. 24. Jan. 79 (BEntsch. IX, 40). Der Richter hat dabei die Individualität der Persönlichkeiten, ihre Stellung, ihren Bildungsgrad, ihre Anschauungsweise und Gewöhnung sowie das zwischen beiden bestehende Ver hältniß (vgl. § 95 d. 4), endlich die Veranlassung und den Zweck der Kundgebung ins Auge zu fassen; vgl. ZU. 21. April 74 (RdO. XV, 247). In allen diesen Be ziehungen ist die von ihm zu treffende Entscheidung eine wesentlich thatsächliche, welche nach Pr. Verfahren vom zweiten Richter ohne neue Beweisaufnahme nickt geändert und durch die Nichtigkeitsbeschwerde nicht angefochten werden konnte: ZPl. 27. Juni 62 ^IMbl. s. 380), Z. 12. Mai 69, ZII. 13. Juni 76 (RdO. X, 322; XVII, 414), wogegen die Frage, ob eine Aeußerung objektiv geeignet sei, zu belei digen, der Prüfung deS Nichtigkeitsrichters allerdings unterlag: Stuttg. 6. Nov. 78 (WGbl. XV, 247); vgl. (in Betreff der RevisionSinstanz> Löwe s. 782. — Dem Dorgesagten zufolge braucht z. B. der Vorwurf der Lüge nicht nothwendig eine Beleidigung zu enthalten: DreSd. 25. Sept. 74 (StZ. V, 58), wogegen eine solche
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Thl. II. Abschn. XIV.
Belridigung. — § 185.
fünfhundert Mark oder mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft. [I. Enlw.: §§ 162. 163; II. Enlw.: § 183; Pr. StGB.: 88 152. 343. 102. 103.] Vgl. §§ 192-200. 94—104; Mil.-StGB- §§91. 121; RGBG. §§27. 75; RSIPO. §§ 414 ff. 435. Preußen: Vgl. EG. z. Pr. StGB. Art. XVI—XVIII; Ges. v. 11. März 1850 §§ 5ff. (GS. (. 174); NSlPO. §§ 487 ff. 448 ff.; SchiedSmannS-Ordn. v. 29. März 1879 §§ 33 ff. unter Umständen selbst in einer an sich nicht ehrverletzenden Aeußerung oder Hand lung zu finden ist, wenn letztere unverkennbar in beleidigender Absicht, bzw. zu Dem Zwecke geschieht, um die Geringschätzung oder die Verachtung eines Andern zu er kennen zu geben: ZRI. 22. April 80 (Entsch. I, 390); DreSd. 8. Mai 74 (SGZ. XVIII, 286: betr. die Anrede mit „Du"); contra-. Stuttg. 3. Febr. 75, Münch, (bis) 23. Dez. 75 (WGbl. IX, 254; BEntsch. V, 566. 569). Ebenso kann eine an sich berechiigte Kundgebung durch die Wahl des Mittels derselben (Beisp. Mahnung durch eine Postkarte) den Charakter einer Beleidigung annehmen: ZI. 28. Mai 74, DreSd. 24. Febr. 76 (GA. 22 s. 423; SGZ. XX, 345); vgl. § 240 n. 5. — In Betreff einer Verwünschung vgl. Stuttg. 30. Mai 77 (WGbl. XIII, 248.) 2a. Der Thatbestand der Beleidigung wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß die betreffende Aeußerung in Bezug ans eine erst bevorstehende Handlung er folgt, zumal wenn seststeht, daß letztere werde vorgenommen werden: ZR1II. 15. Nov. 79 (RdR. I, 76). 3. An und für sich ist der Thatbestand einer Beleidigung nicht durch die Unwahrheit des kund Gegebenen bedingt. Das gilt namentlich, wenn eine Aeußerung nicht in der Behauptung einer Thatsache (Handlung) besteht oder in er kennbarer Weise aus bestimmten Thatsachen (Handlungen) beruht (Beisp. „Trunken bold"), sondern ein allgemeines ungünstiges Urtheil über die Eigenschaften oder den inneren Werth des Anderen enthält (d. 1); alsdann ist sonach ein erbotener Wahr heitsbeweis nie zuznlaffen: ZI. 13. Juli 63, 8. Okt. 73, ZII. 2. Juli 74 (RdO. IV, 5; XIV, 614; XV, 466). Dagegen wird in den durch die §§ 186. 187 vor gesehenen Spezialsällen vorausgesetzt, daß die „behauptete rc. Thatsache unrpahr" oder doch „nicht nachweislich wahr" sei; im entgegengesetzten Falle scheiden die eit. §§ aus, und eine Bestrafung (aus § 185) findet nur dann Statt, wenn „das Vor handensein einer Beleidigung" (d. h. die beleidigende Absicht: § 192 d. 2, § 193 n. 6) aus den Umständen re. hervorgeht. Gilt das bei solchen Behauptungen, wel chen die in den §§ 186. 187 vorausgesetzte Schwere beiwohnt, so muß derselbe Grundsatz auch in den minder schweren Fällen maßgebend sein, wo (einem „Dritten gegenüber: § 186 n. 4) eine Thatsache (d. h. eine angebliche Handlung eines An dern: § 186 n. 7) behauptet rc. wird, welche zwar nicht geeignet ist, diesen „ver ächtlich zu machen rc.", wohl aber den Ausdruck einer Geringschätzung (Mißachtung) in sich trägt (z. B. wenn er durch jene Handlung kompromittirt würde, lächerlich erschiene rc.); es ist daher auch in solchen Fällen die Strafbarkeit (aus § 185) da durch bedingt, daß jene Thatsache entweder „nicht erweislich wahr" oder, wenn er wiesen, in beleidigender Absicht behauptet rc. lei ($ 192); vgl. Motive s. 105; VPl. 9. März 63 (RdO. III, 341); HS. II, 255. 264; Rüd. n. 5; contra: Puch. s. 211 n. 1. — Dieses ist aber aus andere Fälle, insbesondere ans die dem Beleidigten selbst gegenüber gemachten Behauptungen rc. nicht auszudehnen; contra: cit. ZII. 2. Juli 74 (läßt den Wahrheitsbeweis bei Anschuldigungen aus § 185 anscheinend immer zu, wenn die betreffende Aeußerung in der Behauptung einer Thatsache be steht, oder erkennbar auf bestimmten konkreten Thatsachen beruht). — Gegenüber einer auf § 186 gegründeten Anklage darf der Richter den Beweisantrag nicht etwa arg. § 192 um deswillen ablehnen, weil jedenfalls eine nach § 185 strafbare Beleidigung vorliege und die Bestrafung ev. nach letzterem § stattfinde; vgl. § 192 n. 3. 4. Jedes Individuum kann beleidigt werden; auch Derjenige, welchem die bürgerlichen Ehrenrechte zur Zeit aberkannt find. Solche, welche die ihnen zugefügte Kränkung nicht empfinden (Kinder, Geistesschwache, welchen das betr. Ver-
Thl. II. Abschn. XIV.
Beleidigung. — § 185.
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ständniß abgeht k.), können durch die einem Dritten gemachte Kundgebung eine Be leidigung erleiden. Hat der Geistesschwache rc. das Verständniß für die Kränkung, so kann auch eine ihm Persönlich gegenüber gemachte Kundgebung jenen Charakter haben.
5. Gegen einen Verstorbenen kann, weil er seine RechtSsubjectivität ver loren hat, eine Beleidigung nicht begangen werden. Dagegen ist die „Beschimpfung t)e8 Andenkens eines Verstorbenen" im § 189 zum Gegenstände einer besonderen Strafandrohung gemacht worden. 6. Die einer Mehrheit von Personen unter einer Gesammt-Bezeichnung (z. B. den Beamten einer gewissen Kategorie) zugesügte Beleidigung trifft Jeden, welcher unter diese Gesammtbezeichnung fällt, und zwar selbst dann, wenn erkennbar gemacht ist, daß nicht alle jener Gesammtheit angehörenden Personen gemeint seien (sind die ausgenommenen Personen nicht erkennbar gemacht, so bleibt jeder Einzelne betroffen); vgl. ZRI. 29. Ian. 80 (RdR. I, 292'!; ZU. 22. Febr. 66, ZI. 10. Febr. u. 19. März 69 (RdO. VII, 121; X, 47. 173); Dresd. 11. Dez. 71 (StZ. I, 278: die Beleidigung richtete sich gegen „Offiziere des rc. Korps"); vgl. n. 31. — Anders gestaltet sich die Sache, wenn die Beleidigung sich gegen eine poli tische Partei in Beziehung aus ihre Bestrebungen rc. richtet; darin liegt nicht noth wendig eine Beleidigung aller jener Partei angehörenden Einzelpersonen: DreSd. 27. Ian. 73 (SGZ. XVIII, 54). Ueberhaupt wird (in der Regel) gefordert werden müssen, daß der Kreis, innerhalb dessen die Person deö Beleidigten nach der Art der Bezeichnung gesucht werden muß, ein eng begrenzter sei; vgl. Beschl. I. 17. März 75 (RdO. XVI, 229); Münch. 17. März 77 (BEntsch. VII, 91: betraf beleidigende gegen die Gesammtheit der Bewohner eines Orts gerichtete Aeußerungen; hier fehle es an der nöthigen Bestimmtheit des Objekts der Beleidigung). Inzwischen nahm ZI. 31. Ian. 77 (RdO. XVIII, 88) an, daß Vie Herabwürdigung des Berufs des D. Heeres als Beleidigung der Mitglieder desselben bestraft werden könne; ähnlich entschied cit. ZRI. 29. Jan. 80, in einer gegen den Pr. Richterfland ausgesprochenen Beleidigung könne eine strafbare Beleidigung jedes einzelnen Pr. Richters erblickt werden. 7. Eine kollektive Mehrheit von Personen als Ganzes und juriftische Personen können in der Regel nicht beleidigt werden, da der dem Abschn. XIV zu Grunde liegende Begriff der „Beleidigung" (n. 1) als Objekt derselben einen Menschen voraussetzt; contra: Zimmermann i. GA. 25 s. 97 (nimmt das Gegentheil als Regel an, welche jedoch insofern beschränkt sei, als eine juristische Person nicht in der Richtung beleidigt werden könne, in welcher ihr keine Persönlichkeit beigelegt sei oder welche ihren Zweck nicht berühre); vgl. RStPO. § 414 Abs. 3. Diese Regel erleidet jedoch, von dem zu § 187 unter n. 4 Gesagten abgesehen, eine Ausnahme in Betreff der Behörden und politischen Körperschaften; vgl. §§ 196. 197; BII. 19. Okt. 75 (RdO. XVI, 665: sprach dies sogar von allen öffentlich-rechtlichen, mit staatlich anerkannter Autorität ausgestatteten Personen aus); contra: ZU. 21. April 74, ZI. 15. Dez. 74 (RdO. XV, 246. 866: die Beleidigung einer BeHörde sei nur insoweit strafbar, bzw. möglich, als dadurch eine Geringschätzung der jene Behörde bildenden Personen zum Ausdruck gebracht werde), Dresd. 9. Febr. 74 (StZ. IV, 148). DaS gilt auch von ausländischen Behörden rc.: ZU. 18. Apr. 72 (RdO. XIII, 263: betr. die Behörde eines andern Bundesstaates). Dagegen gehören Stände, Familien nicht hierher; desgleichen nicht Gesellschaften, welche nur Vermögensrechte auöüben, sollte ihnen auch in dieser Beziehung die Eigenschaft eines Rechtssubjekts zustehen: HS. II, 247 ff. Eben darum kann z. B. eine offene Handels gesellschaft unter ihrer Geschäftsfirma ober eine Aktiengesellschaft wegen Beleidigung im Sinne der §§ 185. 186 keinen Antrag auf strasgerichtliche Verfolgung (§§ 61 ff.) stellen noch eine Privatklage erheben: ARIII. 31. Jan. 80 (RdR. I, 302), ZU. 30. Sept. 75 (GA. 23 s. 493), OTr. 2. Dez. 75, 7. Jan. 76 (GA. 24 s. 29).' In Betreff der Fälle des § 187 vgl. jedoch dort n. 4. — UebrigenS versteht eö sich von selbst, daß durch eine ostensibel gegen eine kollektive Mehrheit sich richtende Kundge bung einzelne oder auch sämmtliche Mitglieder derselben als Individuen beleidigt werden können; ebenso: ARI. 25. Okt. 80 (RdR. II, 388); Münch. 14. Mai 77 (BEntsch. VII, 190) nahm dies sogar als stets zutreffend an.
Oppenhoff, D. Strafgesetzbuch.
8. AuSg.
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Thl. II. Abschn. XIV.
Beleidigung. — § 185.
8. Es läßt sich nicht grundsätzlich ausstellen, daß eine Beleidigung, deren sich ein Ehegatte gegen den andern schuldig macht, nothwendig straflos bleiben müsse; vgl. DreSd. 15. Sept. 73 (StZ. III, 316: erblickte jedoch in der öffentlichen Warnung des Mannes, der Frau Nichts auf seinen Namen zu borgen, keine an sich beleidigende Aeußerung); für Preußen ist das Gegentheil weder aus §§ 699—703, II, 1 AM., noch aus § 70 der Vdn. v. 28. Juni 1844 zu folgern: ZU. 6. März 56 (GA. IV, 393); LI. 10. Febr. 60 (StA. 37 s. 42); ZU. 31. Okt. 78 (RdO. XIX, 502) ; contra: Förster III, 496; vgl. aber n. 2. — Ebenso verhält es sich mit den Belei digungen des Dienstboten durch den Dienstherrn und der Vorschrift des § 77, II, 5 AM., bezw. des gleichlautenden £ 77 der Pr. Gesinde-Ordn. v. 8. Nov. 1810: Münch. 3. Mai 73, LII. 8. März 77 (BEntsch. III, 323; GA. 25 s. 216); vgl. § 193 n. 19. 5; § 223 n. 11. — Dagegen sind in Preußen gemäß der AKO. v. 14. Mai 1825 die bei Handhabung der Schulzucht vorgekommenen Verbalinjurien stets nur diSciplinarisch zu ahnden, sofern sie gegen daS Kind selbst und nicht etwa wider andere Personen z. B. dessen Angehörige gerichtet waren; vgl. Oppenhofs Ress. Gess. s. 531. 9. Die Möglichkeit einer Beleidigung ist nicht durch die persönliche Bekannt schaft mit dem Verletzten bedingt: Z. 19. Okt. 70 (RdO. XI, 515), DreSd. 13. Dez. 78 (SGZ. 23 s. 144); vgl. n. 27. 10. Der Beleidigte mnß in einer erkennbaren Weise bezeichnet sei; Nennung deS Namens ist nicht erforderlich; bei einfachen Beleidigungen (§ 185) genügt e«, wenn die Bezeichnung auch nur dem Beleidigten selbst verständlich ist, z. B. dem Verfasser einer anonymen Schrift: ZI. 4. Nov. 70, Münch. 22. Mai 74, DreSd. 9. Okt. 74 (RdO. XI, 546; BEntsch. IV, 216; SGZ. XIX, 130); anders in den Fällen der §§ 186. 187, weil eS hier auf die Anschauung dritter Personen ankommt. — ES ist nicht unerläßlich, in der richterlichen Feststellung des Thatbestandes den Beleidigten namentlich zu bezeichnen: ZI. 18. Febr. 74 (RdO. XV, 91). 11. Die Ehre ist ein höchst-persönliches Recht des Einzelnen: dritte Perfönen werden von einer Beleidigung nur insoweit betroffen, als gleichzeitig (in direkt) eine Kränkung ihrer Ehre erfolgt; ob dieses der Fall, ist Gegenstand der thatsächlichen Beurtheilung, z. B. ob ein der Frau gemachter Borwurf des Ehebruchs auch den Mann beleidige: Münch. 21. Marz u. 10. August 72 (StZ. I, 372 ; BEntsch. II, 90). Aus § 195 ist nicht zu folgern, daß die dort benannten nahen Angehöri gen stets als mit beleidigt anzusehen seien; ebenso: BI. 5. Mai 76 (GA. 24 s. 353); vgl. § 195 n. 7. 12. Nicht der innere Gedanke, sondern die Kundmachung desselben ist straf bar (n. 1); daS kund Gegebene muß daher zur Kunde eines Andern gelangt sein. Zum Thatbestände des § 185 genügt es, wenn der Beleidigte selbst die Kunde erhalten hat, während die §§ 186. 187 eine Kenntnißgabe an Dritte erheischen; eine solche reicht auch für § 185 aus, wenn der Beleidigte Nichts davon vernommen hat: Z. 12. Mai 69, ZI. 18. Sept. 74, ZU. 20. Okt. 74 (RdO. X, 322; XV, 575. 703). Nach ZI. 8. Mai 74 (RdO. XV, 299) kann bei einem zum Druck bestimmten Manuscripte sogar schon dessen Abgabe an den Setzer, verbunden mit der Kenntniß nahme des Inhalts seitens des letzteren, eine solche Kundmachung enthalten. Im Uebrigen vgl. in Betreff der Fälle, wo ein Anderer die Kundgebung wahrnimmt, als derjenige, an welchen sich dieselbe richtete, und des hierbei erforderlichen Dolus, unten n. 24. 25. — Aus dem Gesagten folgt, daß daS Vergehen erst zu der Zeit und an dem Orte vollendet wird, wo die Kenntnißnahme erfolgte; vgl. ZI. 17. Dez. 75 (RdO. XVI, 807); n. 28; § 3 n. 10 (dort auch über den Gerichtsstand). Dieser Ort ist bei einer mittelst einer Postkarte begangenen Beleidigung der EmpfangSort, sofern nicht bewiesen werden kann, daß jene Karte schon früher gelesen wurde (n. 25): Münch. 15. Mai 75 (StZ. V, 57). 13. Der unter n. 12 aufgestellte Grundsatz erleidet eine Ausnahme bei den durch verbreitete Schriften, Darstellungen und Abbildungen verübten Beleidi gungen. Hier genügt die Veröffentlichung zur Herstellung de« Thatbestandes, sollte auch nicht erwiesen sein, daß irgend Jemand von dem Inhalte Kenntniß genommen habe; vgl. §3 n. 9; § 85 n. 17; § 200 („durch Verbreitung von Schriften begangene Beleidigung"); RPreßges. v. 7. Mai 1874 §§ 3. 21; ZI- 6. Juni
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Beleidigung - § 185.
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74 (RdO. XV, 367: erblickte schon in der Versendung von Zeitungsblättern durch die Post eine Veröffentlichung ihres Inhalts); contra: Dochow i. HH. III, 347. 14. Durch die B er trau lichte i t der beleidigenden Mittheilung wird die Straf barkeit nicht cusgeschlossen; Dochow i. HH. III, 344; contra: Stuttg. 5. März 73 (StZ. II, 316: bei Mittheilungen unter Nahestehenden sei die Slrasbarkeit entweder durch die Abfcht einer Weiterverbreitung oder durch eine in dieser Beziehung ob waltende Fahrlässigkeit bedingt; vgl. n. 24). Nach ML. s. 428 soll es darauf an kommen, ob ter Aeußerung trotz ihres vertraulichen Charakters noch Bedeutung ge nug beigemesstn werden könne, um als Ehrenkränkung zu gelten. 15. Dir Kundgebung setzt ein Mitt'el voraus, durch welches der innere Ge danke nach außen hin erkennbar wird. Dieses Mittel kann in Rede, Schrift, bildlicher Tarstel lung (8 200), in Handl ung, Unterlassung, und in jedem einen Ausdruck des Gedankens enthaltenden Zeichen (z. B. in Gebehrden: ZI. 5. Dez. 77, RdO. XVIII, 771) bestehen. Eine ironische Miene (Darmst. 15. Jan 72: StRZ. XII, 152), ein einem Frauenzimmer aufgedruugener Kuß, eine durch strichene, aber absichtlich lesbar gelassene Schrift können genügen: Z. 23. Nov. 70 (RdO. XI, 564). 16. Bestand das benutzte Mittel (n. 15) in einer „Thätlichkeit", also in einer nnberech.igten Einwirkung auf den Körper eines Andern (vgl. § 94 n. 1), so läßt § 185 eine Strafschärsung eintreten; andere Rechtsverletzungen z. B. Sachbe schädigungen find keine „Thätlichkeiten"; contra; Rüd. n. 6. 17. Wird die Beleidigung durch eine den Thatbestand einer andern Mißthat ersüllende Handlung bewirkt (entspricht z. B. bei einer Realinjurie (n. 16) die „Thätlichkeit" den Voraussetzungen einer „Körperverletzung"), so liegt Ideal-Kon kurrenz vor; vgl. Mot. s. 102; Geyer i. HH. III, 529. Es läßt sich nicht aus stellen, daß die Beleidigung einen andern Dolus erheische, als die andere Mißthat, da der auf Beleidigung gerichtete Wille den der Körperverletzung rc. mit Noth wendigkeit in sich schließt, wenn diese als Mittel zur Verübung der ersteren dienen sollte: ZU. 8. Mai 59 Bohr c. Hesse; Dresd. 20. Okt. 71 (StZ. I, 117); Rüd. n. 7; contra: HS. II, 138 ff., Wolfenb. 21. Nov. 76 (Br. Z. 24 s. 4: wegen einer Ohrfeige komme bald § 185, bald § 223 bzw. § 340 zur Anwendung, je nachdem die Absicht auf Beleidigung oder auf Zufügung körperlichen Mißbehagens gerichtet sei); ebenso: DreSd. 9. Juni 76 (SGZ. 21 s. 116), Stuttg. 14. Nov. 77 (WGBl. XIV, 57). — Dieser Grundsatz erlangt da eine große Bedeutung, wo die Körper verletzung eine der in den §§ 224. 226 aufgezählten (vom Thäter nicht gewollten) Folgen gehabt hat: wäre nur der Gesichtspunkt der Beleidigung maßgebend, so müßten die cit. §§ 224. 226 auSfcheiden. — Dagegen ist Idealkonknrrenz einer wört lichen Beleidigung mit gewaltsamem Widerstand gegen die Staatsgewalt (§ 113) nicht möglich; so: Stuttg. 17. Nov. 75 (StZ. VI, 179); vgl. jedoch § 73 n. 2. 3. 18. Eine Beleidigung kann auch in einer bedingten Form zugefllgt werden, wenn die an sich ehrenkränkende Aeußerung einen bei der betr. Person vorausgesetzten Fall betrifft, oder auch nur die Andeutung der Möglichkeit enthält, daß die Bedin gung bei jener eintrete: ZI. 21. Okt. 74, VII. 10. Juli 73 (RdO-XV, 703; XIV, 499), Dochow i. HH. III, 344; vgl. jedoch Stuttg. 13. Febr. 78 (WGbl. XIV, 211). ML. s. 428 läßt es davon abhängen, ob die bedingte Aeußerung nur die Form für die Beleidigung selbst ist, oder ob etwa eine gegründete Veranlassung zu der Auf stellung des betreffenden Falles vorliegt. — Eine Resolutivbedingung („— so lange er nicht . . . .") schließt die Beleidigung, resp, deren Strafbarkeit nie auS: Münch. 22. April 74 (BEntsch. IV, 216). 19. Die Wiederholung einer (eigenen oder fremdens Kundgebung ist als eine neue selbstständige Beleidigung aufzufassen, (insofern dabei die Voraussetzungen der n. 2 zutreffen), und zwar selbst dann, wenn die erste Kundgebung straflos war: Z. 15. Sept. 69, Z. 3. Jan. 72 (RdO. X, 786; XIII, 3); vgl. §§ 186. 187 (: „be hauptet oder verbreitet") und dort n. 3; § 193 n. 29. Es kann daher in einem solchen Falle nicht von einer Theilnahme an der durch die frühere Kundgebung etwa verübten ^bereits vollendeten) Beleidigung die Rede sein: ZPl. 22. Febr. 64 (RdO. IV, 371). DaS gilt namentlich von dem Wiederabdrucke eines beleidigenden Zeitungsartikels rc.: VI. 8. März 61, Beschl. II. 12. Febr. 63, VI. 20. Nov.
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Beleidigung. — § 185.
63 (RdO. I, 250; III, 280; IV, 212); desgleichen von Preßberichten über Gerichts verhandlungen , z. B. von der Mittheilung einer in öffentlicher Gerichtssitzung ge haltenen Vertheidigung beleidigenden Inhalts (die Straflosigkeit kann hier nicht aus der Oeffentlichkeit jener Verhandlungen bezw. aus § 17 des RPreßges.'S v. 7. Mai 1874 gefolgert werden): ZRI. 20. Nov. 79 (RdR. I, 89), ZU. 12. Juli 75 (RdO. XVI, 537); vgl. § 193 n. 23; ja unter Umständen sogar von der öffentlichen Bekanntmachung eines in öffentlicher Sitzung verkündeten Urtheils: OTr. 1. März 77 (GA. 25 f. 220). — Aus demselben Grunde kann wegen der wiederholten Beleidi gung noch ein Strafantrag gestellt werden, wenn die Antragsfrist rücksichtlich der früheren unbenutzt verstrichen ist: ZU. 4 Febr. 75 (RdO. XVI, 106). — Geschah die Wiederholung zu dem Zwecke, um die frühere Kundgebung zu widerlegen, oder um dem durch sie hervorgerufenen Unwillen Ausdruck zu geben, so kann ev. § 193 Anwendung finden; vgl. dort n. 20. 20. Derjenige, welcher im fremden Namen und Auftrage eine Beleidigung übermittelt, ist, wenn er mit dem zum Thatbestände erforderlichen Dolus handelt, als Thäter strafbar: ZU. 8. Sept. 73 (RdO. XIV, 520). Dasselbe gilt von demjenigen, welcher eine von einem Andern verfaßte Schrift rc. mit Kennt niß ihres beleidigenden Inhalts unterzeichnet (z. B. als Rechtsanwalt legalisirt), übersendet oder in die Oeffentlichkeit bringt: Bll. 19. Mai 55 c. Frank, ZI. 4. Nov. 57 c Wuschack, Dresd. 3. Nov. 71 (StRZ. XII, 462); vgl. n. 22. 24. Dagegen ist ein Kommissionär rc., welcher im Auftrage und nach Anleitung eines Andern eine solche Schrift verfaßte und niederschrieb, nicht als Thäter (Mitthäter), sondern höchstens als Gehülfe strafbar, wenn nur jener Andere dieselbe weitergegeben, z. B. an die Behörde befördert hat (n. 12); so: Münch. 20. März 76 (Entsch. VI, 237). DaS Gegentheil nahm ZI. 12. Dez. 77 (RdO. XVIII, 780) von dem Verfasser eine beleidigenden Zeitungsartikels an, wenn die Veröffentlichung des letzteren mit seinem Wissen und Willen erfolgt sei. 21. Ein Beamter kann sich durch eine in Ausübung oder Veranlassung der Ausübung seines Amtes bewirkte Kundgebung einer Beleidigung schuldig machen; vgl. Pr. MR. II, 10 § 87. 22. In Betreff der Theilnahme Mehrerer an einer Beleidigung gelten die allgemeinen Grundsätze. Es wird daher zur Mitthäterschaft bei einem beleidigenden Gespräche Mehrerer nicht erfordert, daß jeder Einzelne eine Aeußerung gethan habe, welche, für sich allein betrachtet, eine Beleidigung enthält: ZI. 5. Dez. 77 (RdO. XVIII, 770). Eine Prozeßpartei haftet für die Beleidigungen, welche in einer von ihrem Rechtsanwalt in ihrem Namen ausgegangenen Schrift enthalten sind, nur insoweit, als ihr eine Betheiligung an derselben nachzuweisen ist: ZI. 19. Sept. 67 (GA. XV, 667). Vgl. n. 19 u. Münch. 25. Mai 78 (BEntsch. VIII, 291).
23. Nur eine rechtswidrige Kundgebung (n. 1) kann eine Beleidigung sein; wo das Gesetz das Recht zu einer solchen anerkennt, oder gar eine Pflicht begründet, fällt jede Strafbarkeit weg; vgl. § 193 n. 4. 5. — Durch die Zustimmung des Beleidigten wird die Rechtswidrigkeit und der Thatbestand der Beleidigung nicht aufgehoben, da eine freie Dispositionsbefugniß über die eigene Ehre nicht an zuerkennen ist; das Gegentheil folgt nicht aus dem die Strafverfolgung vom An träge des Verletzten abhängig machenden § 194: HS. II, 247; contra: Schütze s. 371. Dagegen kann eine solche Zustimmung bei Beurtheilung der Frage: ob im konkreten Falle die Kundgebung beleidigend sei, in Betracht kommen, zumal wenn diese nur dem davon Betroffenen gegenüber erfolgte. — Die Rechtswidrigkeit bedarf nur, wenn sie bestritten worden, besonderer Feststellung: Stuttg. 5. Febr. 79 (WGbl. XV, 381). 24. Eine Beleidigung kann nur durch eine vorsätzliche Handlung verübt werden: die Kundgebung an einen Andern muß gewollt sein; fahrlässige Beleidi gungen giebt es nicht: ZI. 26. Okt. 77 (RdO. XVIII, 675); Dochow t. HH. III. 341. Wer daher beleidigende Worte für sich und ohne zu ahnen, daß sie von Anderen gehört werden, spricht, ist nicht aus § 185 strafbar: Münch. 12. April 78 (BEntsch. VIII, 151); contra: Wolfenb. 12. Nov. 78 (Br. Z. 26 s. 38: znr Straf barkeit genüge hier schon daS Bewußtsein von der Möglichkeit der Kenntnißnahme Dritter); ebenso nicht Derjenige, welcher eine fremde Schrift unterzeichnet rc. (n. 20),
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Beleidigung. — § 185.
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ohne ihren beleidigenden Inhalt zu kennen. DaS gilt auch von einem Rechts anwalt; das Gegentheil folgt nicht aus der Pr. AGO. I, 12 § 12, der Instr. v. 7. Apr. 1839 Nr. 29 (GS. |. 145) und der Ddn. v. 21. Juli 1846 § 33: diese Vor schriften (welche übrigens auch für die in Strafsachen eingereichten Schriftsätze gelten: OTr. I. Civ.-Sen. 7. Sept. 66: RdO. VH, 417), haben zunächst für die Disciplin Bedeutung; im Uebrigen ist aus ihnen nur zu folgern, daß ein der Unterschrift hin zugefügter Vorbehalt: für den Inhalt nicht einstehen zu wollen, die Verantwortlichkeit nicht beseitige: VI. 11. März 64 (GA. XII, 357). 25. Dem Erfordernisse der Vorsätzlichkeit der Kundgebung (n. 24) ist ge nügt, wenn der Wille dahin gerichtet war, die Kundgebung irgend einem Andern wahrnehmbar zu machen: waltete dieser Wille ob, so ist der Thatbestand erfüllt, wenn auch nicht dieser'Andere, sondern irgend ein Dritter, z. B. die benutzte Mittels person, der Telegraphenbeamte, der Setzer einer Druckerei rc. Kenntniß erlangt hat, insofern fich der Thäter bei seiner Handlung der Möglichkeit einer solchen Kenntniß nahme bewußt war: Wolfenb. 4. Juli 71, ZI. 8. Mai 74 (StZ. I, 131; RdO. XV, 299); Dambach t. GSaal 23 s. 295; contra: Schütze s. 362 (in Betreff des Tele graphenbeamten wie des Postbeamten, welcher eine Postkarte beleidigenden Inhalts gelesen; diese fungirten nur als Maschine). Vgl. n. 12. 13; § 85 n. 17. Doch ist obiger Wille in dem Uebergeben (Weitergeben) einer beleidigenden Schrift mit Kennt niß ihres Inhalts nicht nothwendig ausgesprochen; vgl. § 95 n. 5. 26. Wegen des Erfordernisse« der Vorsätzlichkeit macht Derjenige, welcher bei einer amtlichen Vernehmung Auskunft z. B. über ein ihm zu Ohren gekom menes Gerücht oder über einen in ihm aufgestiegenen Verdacht giebt, sich keiner Beleidigung schuldig: VI. 4. Mai 55 c. Meyer; Dresd. 11. Aug. 71, 28. Febr. 73 (SGZ. XV, 280; StZ. III, 8); — es sei denn, daß geflissentlich eine Mittheilung gemacht wird, welche nicht Gegenstand der Vernehmung war: Z. 25. Jan. 73 (RdO. XIV, 87); vgl. § 193 n. 15a. — Dagegen kann eine freiwillige Anzeige bei einer Behörde nicht blos als falsche Anschuldigung, sondern geeigneten Falles (vgl. § 193) auch als Beleidigung (§§ 186. 187) strafbar fein: ZI. 4. Febr. 74 (RdO. XV, 53). 27. Abgesehen von der Vorsätzlichkeit (dem Wollen) der Kundgebung (n. 24ff.), gehört zum Thatbestände der Beleidigung als DoluS das Bewußtsein des der selben beiwohnenden ehrkränkenden Charakters, sowie ihrer Rechtswidrigkeit (animus injuriandi: „qui seit, sc iniuriam facere*: L. 2 § 3 D. de iniuriis: 47, 10): ZI. 31. Jan. 73, ZU. 26. Juni 73 (RdO. XIV, 106. 470); Münch. 18. Juni u. 1. Juli 72, 15. Febr. 78 (BEntsch. II, 89. 216; VIII, 71); Jena 76 (Voll. 24 s. 178); BL. s. 445. In jener Beziehung genügt das Bewußtsein, daß die Kund gebung nach den Umständen des konkreten Falles (n. 2) geeignet sei, als Ausdruck der Geringschätzung des Anderen aufgefaßt zu werden: Münch. 15. Juni 72 (StZ. I, 346), nicht aber schon die (festgestellte) Absicht, dem Anderen etwas Unangenehmes zu sagen: VI. 19. Nov. 75 (RdO. XVI, 739). Ob der Thäter diesen Anderen kannte, ist auch für die Frage des DoluS gleichgültig: ZI. 15. Jan. 73 (RdO. XIV, 49); vgl. n. 9. — Sonach bedarf es (vorbehaltlich gewisser Ausnahmen, wie sie sich aus dem oben n. 3, § 192 n. 2, § 193 n. 6. 15a, § 95 n. 5 Gesagten ergeben), nicht der Absicht (der Willensrichtung), zu beleidigen: auch Derjenige macht sich einer Beleidigung schuldig, welcher sich zu einem anderen Zwecke (z. B. um einen Mißstand durch die Preffe zu rügen) bewußter Weise einer ehrkränkenden Kundgebung als Mittel bedient: ARII. 5. Dez. 79 (RdR. I, 115); VI. 20. Nov. 63, Z. 25. Jan. 73, BI. 19. Sept. 73 (RdO. IV, 211; XIV, 87. 561); Münch. 19. Sept. 79 (BEntsch. IX, 432); contra: Darmst. 4. Dez. 76 (HEntsch. s. 144); vgl. auch Schw. i. SGZ. XX, 161 ff. — Jener DoluS bedarf der ausdrücklichen Feststellung (§ 59), sobald er bestritten wird: cit. ZI. 17. Nov. 75; daS bloße Bestreiten des Willens, zu beleidigen, reicht in dieser Hinsicht nicht aus: ZI. 23. Sept. 74 (RdO. XV, 583); contra: Stuttg. 17. Nov. 75 (WGbl. XI, 53). 28. Die Beleidigung ist durch die Kundgebung vollendet; es wird nicht erfordert, daß der Andere dadurch an seiner Ehre einen Schaden erlitten, oder daß er sich selbst beleidigt gefühlt habe; vgl. n. 12. 29. Wird durch eine Kundgebung eine Mehrheit von Personen beleidigt (n. 6. 7), so ist zwar jeder von ihnen verletzt, die Handlung ist aber darum doch
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Beleidigung. - § 185.
nur „eine und dieselbe" (: § 73) und nur eine Bestrafung ist statthaft: ZI. 7. Ott. 74 (RdO. XV, 627); Hoffmann i. SGZ. 23 s. 1; contra: John fortges. Verbr. f. 138ff.; Merkel fortges. Verbr.; DreSd. 9. Juni 73 (SGZ. XVII, 183); vgl. 8 73 n. 3. In diesem Falle wird da« zu § 62 n. 3. 4 AuSgesührte anwendbar. 30. Die Pr. Gesetzgebung gestattete wegen Beleidigung (und leichter Miß handlung) dem Verletzten die Verfolgung im Wege des CivilprozefseS; vgl. EG. z. Pr. StGB. Art. XVI, Ges. v. 22. Mai 1852; NStPO. § 387. 497. — Die RStPO. §§ 414. 435 läßt bei den nur auf Antrag verfolgbaren Beleidigungen und Körperverletzungen (StGB. §§ 185—187. 189. 223. 230) sowohl die Privat-, als auch die Nebenklage, aber stets nur vor dem Strafrichter zu, während die öffentliche Klage wegen solcher Fälle nach § 416 ib. nur dann erhoben werden soll, wenn dies im öffentlichen Interesse liegt, (wie es selbst bei bloßen Privatbe leidigungen, z. B. wegen der besonderen Verwerflichkeit der Handlungsweise des Thäters oder wegen fortgesetzter Begehung gleichartiger Vergehen, vorkommen kann: Mot. s. 224). Lehnt die Staatsanwaltschaft wegen Mangels eines solchen Interesses die Erhebung der öffentlichen Klage ab, so steht dem Verletzten nicht der im § 170 ib. vorgesehene Antrag auf gerichtliche Entscheidung zu, sondern nur der Weg der Beschwerde bei der vorgesetzten Behörde der Staatsanwaltschaft offen: Löwe s. 840. Zuständig sind in den Fällen der Privatklage die Schöffengerichte; in allen Übrigen Fällen können die Strafkammern die Verhandlung den Schöffengerichten überweisen, wenn anzunehmeu ist, daß auf keine höhere Strafe, als dreimonatiges Gefängniß oder Geldstrafe von 600 Mark und auf keine höhere Buße als 600 Mark zu er kennen sein werde: RGVG. §§ 27. 75. Die beim Inkrafttreten der R.-Iustizgesetze schwebenden Eivilprozesse wegen Beleidigung rc. waren, zufolge § 11 des EG. z. RStPO., nach den Vorschriften des EG. z. RCPO. zu erledigen; vgl. dort § 18, Pr. Ges. v. 31. März 1879 § 42. — In Betreff der Zulässigkeit von Privatklagen der Dienstboten gegen die Herrschaft vgl. § 223 n. 11. — Das Fahrlässigkeitsver gehen im Sinne des RPreßges.'S § 21 stellt eine selbstständige Mißthat dar, welche nicht im Wege der Privatklage, sondern nur von der Staatsanwaltschaft verfolgt werden kann, sollte auch der Inhalt des Blatts den Thatbestand einer Beleidigung erfüllen: Schw. RPreßges. s. 74. 86 ff. 107; vgl. ZU. 17. Sept. 57 (IMbl. s. 362). Im Uebrigen vgl. § 61 n. 43. 31. Beleidigungen zwischen Offizieren (einschließlich der Landwehrofstziere) ge hören in Preußen zur ausschließlichen Zuständigkeit der Ehrengerichte: Pr. Vdn. v. 20. Juli 1853 § 2 Nr. 3 (GS. s. 299); VI. 31. Okt. 68 (RdO. IX, 570). 32. Der § 185 unterscheidet, abgesehen von dem Falle einer Thätlichkeit (n. 16), bei der Bestrafung der Beleidigung nicht, durch welches Mittel (n. 13) sie zugefügt ist. Die Oeffeutlichkei 1 der Handlung kommt nur insofern in Be tracht, als wegen derselben dem Beleidigten eine Ausfertigung des verurtheilenden Erkenntnisses auf Kosten des Schuldigen zu ertheilen und die Bekanntmachung des selben zu gestatten ist: § 200. In den Fällen der §§ 186. 187 bildet die Oeffentlichkeit einen erschwerenden Umstand. 33. Ebenso macht eS (von den in den §§ 94 — 104 behandelten Fällen abge sehen) keinen Unterschied, welcher Person die Beleidigung zugefügt ist; insbesondere trifft das StGB, bezüglich der wider Beamte während der Ausübung ihres Be rufs oder in Bezug auf denselben begangenen Beleivigungen, vorbehaltlich der we sentlich prozessualischen Vorschrift deS § 196, keine Sonderbestimmungen; daher bildet der Umstand, daß ein Beamter in seinem Beruf rc. beleidigt worden, kein Thatbe standsmerkmal: ZU. 22. April 75 (RdO. XVI, 301). — Wohl aber ist jener Umstand geeignet, bei der Strafzumessung berücksichtigt zu werden. 34. Die Beleidigung eines amtlich thätigen Beamten darf nicht deshalb für straflos erachtet werden, weil der letztere nicht in gesetzlicher Weise zu Werke ge gangen war: ZI. 13. Sept. 72 (RdO. XIII, 449). 35. Nach zwei nicht publicirten, aber den Gerichten zur Nachachtung mitge theilten Pr. AKO. v. 20. Aug. 1831 und 18. Dez. 1841 (IMbl. 42 f. 53; RS. VIII, 10) sollen die in Immediat-Bittschriften und Beschwerden gegen Beamte rc. vorkommenden Beleidigungen nicht amtlich verfolgt werden, wenn der
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§ 1S6. Wer in Beziehung auf einen Anderen eine Thatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächt lich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwür digen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Thatsache erweislich König nicht selbst die betr. Ausdrücke al- strafbar gerügt und zur Untersuchung verwiesen oder nachträglich, auf Antrag, die Genehmigung znr Verfolgung ertheilt hat. Diese den Sinn und die Geltung des Strafgesetzes nicht berührende Anord nung ist al« instruktionelle Anweisung noch maßgebend; ihre Nichtbeachtung stellt aber keine Gesetzesverletzung dar: ZU. 23. April 74 (RdO. XV, 257); vgl. FMBf. v. 13. Dez. 1878 (VMbl- 1879 s. 25.) — Sie ist auf die an einen fremden LandesHerrn oder an eine Behörde, z. B. an ein Ministerium gerichteten Eingaben nicht auszudehnen; bei letzteren ist die Verfolgung unbeschränkt, insoweit nicht § 193 den Thatbestand ausschließt: ZI. 13. £)h. 58 c. Lewin; VII. 11. Sept. 62 (RdO. II, 556). 36. In Betreff der „Haft" und ihrer Dauer vgl. §§ 18. 77.
§ 186. Absicht: 20. 24. Anderer: 4. 6. Anschlag: 26. Ausstellung: 26. Behaupten: 4—6. Beleidigung: l. 2 22. Bestrafung aus $ 185 : 16. Beweggrund: 7. Beweis: 9—16. 21. Mittel: 13. statthaft: 11. . vovständ.: 14. Beweislast: 9. Beziehung a. e And.: 4-6. Verwechslung: 6.
Inhalt: Dolus: 20. 21. 24. Dritter, Kenntniß: 4. Erfolg: 18. Fahrlässigkeit: 2. 21. Gegenwart d. Beleidigten: 5. Dritter: 4. 20 Glaube, guter: 21. Herabwü'rdigen: 17. 18. Irrthum, entschuldb.: 21. Kredit.- 19. Meinung, öffentl. : 17. 18. Qeffentlichkeit: 23-26. Qualifikation, unricht.: 16. Quelle, Nachweis: 21.
Schrift: 25. 26. Thatsache: 7. 8. möglich? 8. strafb. ? 17. Uebertretung: 17. Urtheil: 7. Verächtltch-machen: 17. 18. Verbreiten: 3. 20. 25. 26. Verletzter, Kenntniß: 4. Verleumdung? 2. Verwechslung: 6. Wahrheit: 9-12. 14. 15. Beweis - 9 16. Kenntniß: 21.
1. In den §§ 186. 187 hat der Gesetzgeber aus dem allgemeinen Thatbestände der „Beleidigung" zwei konkreter gestaltete Spezialfälle hervorgehoben. Es finden daher hier die allgemeinen Bemerkungen zu § 185 Anwendung, insofern nicht die Besonderheiten des hier vorausgesetzten Thatbestandes eine Abweichung rechtfertigen. 2. Dav in § 186 vorgesehene Vergehen (die s. g. ehrenrührige Nachrede) ist nur durch die allgemeine Bezeichnung „Beleidigung" charakterisirt; man darf daher hier nicht etwa von einer ,.fahrlässigen Verleumdung" sprechen, zumal eS einer Fahrlässigkeit zum Thatbestände gar nicht bedarf; vgl. n. 21; Mot. f. 103. 104.— Auch daS Strafmaß ist beibehalten, eine Schärfung tritt nur im Falle der öffent lichen rc. Begehung ein; außerdem gestattet § 188 in diesem sowie im Falle des § 187, dem Verletzten eine Buße zuzuerkennen. 3. In Betreff der Begriffe des „Behauptens" oder „Verbreitens" vgl. § 131 n. 5—9. In anderem Sinne als dort auSgeführt worden, faßten den Be griff des „Behauptens" auf: Stuttg. 5. März 73 (WGbl. VII, 54; vgl. § 185 n. 14), und Münch. 19. Juli 73 (StZ. II, 374: die Aeußerung eines ehrenrührigen Verdachts falle nicht unter § 186, sondern nur unter § 185). Dagegen erkannte Jena 76 (Voll. 23 s. 367), entsprechend dem dort (§ 131 n. 6) Gesagten, als gesetz lich mögliche Form des „Verbreitens" diejenige an, bei welcher der Borwurf der ehrenrührigen Handlung als der Ausdruck der Anficht eines Anderen mitgetheilt wird. 4. Die Behauptung rc. muß „in Beziehung auf einen Andern" gemacht und geeignet sein, die im § erwähnte Wirkung (bei dritten Personen) hervorzu bringen; wesentliche Voraussetzung ist es daher, daß sie zur Kenntniß eines Dritten gebracht sei; eine nur dem Verletzten selbst gegenüber (z. B. brieflich) ge machte Aeußerung kann nur unter § 185 fallen, sollte auch (gegen den Willen des Sprechenden) ein Dritter fie vernommen haben: ZI. 16. Dez. 64, VI. 7. Febr. 77, Jena 76 (StA. 58 s. 41; RdO. XVIII, 106; Voll. 24 f. 178); HS. II, 271; vgl. ARII. 24. Okt. 79 (RdR. I, 14); contra: ML. s. 432. Hierdurch wird aber Das jenige nicht berührt, wa« zu § 185 n. 13 in Betreff solcher Beleidigungen gesagt ist, welche durch verbreitete Schriften rc. verübt werden.
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Beleidigung. - § 186.
wahr ist, wegen Beleidigung mit Geldstrafe bis zu sechshun^ dert Mark oder mit Haft oder mit Gefängniß bis zu Einem Jahre und, wenn die Beleidigung öffentlich oder durch Ver5. Unwesentlich ist es, ob außer dem Dritten auch der Verletzte die Aeuße rung anhörte; dieselbe braucht nicht hinter seinem Rücken gemacht zu sein: BI. 31, Ott. 62 Schülski c. Lange; HS. II, 271. Ebenso ist eö gleichgültig, ob die Aeußerung an den sie vernehmenden Dritten oder an den mitanwesenden Verletzten selbst gerichtet war: Vl. 27. Juni 60 (GA. VIII, 696); vgl. § 185 n. 25. 6. Ist die Behauptung rc. in Beziehung auf einen Andern gemacht worden, so ist eö gleichgültig, ob in Folge einer Verwechslung eine dritte Person davon be troffen wird, welche zu treffen der Sprechende nicht bezweckt hatte: ZI. 4. Dez. 72 (RdO. XIII, 645); vgl. n. 20; § 59 n. 2. 6a. Desgleichen ist es ohne Einfluß, wenn die Handlung in der Form einer Anzeige bei der kompetenten Behörde vorgenommen wurde; auch hier findet daher § 186, vorbehaltlich der Bestimmung des § 193, Anwendung; § 164 trifft nur die wissentlich falschen Anschuldigungen: ZRI. 8. Dez. 79 (RdR. I, 121). 7. „Thatsache" ist hier gleichbedeutend mit einer dem Andern beigemessenen konkreten Handlung, einschließlich der dabei obwaltenden sie charakterisirenden Willenörichtung; einer speziellen Bezeichnung z. B. nach Zeit und Ort bedarf eS nicht. Demgemäß gehören Handlungen, hinsichtlich welcher den Anderen keine sitt liche Verantwortung trifft, nicht hierher: ZU. 8. April 75 (GA. 23 s. 329). Eö kann genügen, wenn einer wirklich vorgenommenen Handlung wahrheilswidrig niedrige Beweggründe untergelegt werden: VI. 31. Mai 67 (GA. XV, 554); gtuttg. 17. Okt. 77 (WGbl. XIV, 56: Fall des § 187); HS. II, 272. Die An wendbarkeit des § wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß die Behauptung der That sache daö Ergebniß eines Urtheils des Behauptenden ist: ARII. 9. Jan. 80 (Enlsch. I, 52); ZI. 6. Dez. 76 (RdO. XVII, 797). Dagegen können allgemeine ehrenrührige Urtheile, Ansichten und Meinungen nur auS § 185 strafbar fein; ob dahin auch der Vorwurf schlechter Charaktereigenschaften gehöre, ist eine nach den Umständen deö konkreten Falles zu beurtheilende (der Nachprüfung deö Nichtigkeitö- bzw. Revisionsrichters entzogene) Frage, welche namentlich dann regel mäßig zu verneinen ist, wenn jener Vorwurf sich auf frühere äußere Vorgänge stützt, welche dadurch selbst als mit behauptet angesehen werden: ZI. 8/Jan. 79 (RdO. XX, 11). Vgl. § 131 n. 2. 8. Ob die behauptete Handlung möglich war (z. B. Hexerei), ist für den Thatbestand nicht wesentlich, sobald derselben nur der im § vorausgesetzte Charakter beiwohnt; contra*. ZI. 3. März 54, «II. 18. Febr. 75 (StA. XII, 205; GA. 23 s. 201: weil sie nicht den Wahrheitsbeweis zulasse); Dochow i. HH. III, 343 (ver neint sogar die Strafbarkeit aus § 185). 9. Vorausgesetzt ist, daß die behauptete Thatsache „nicht erweislich wahr" sei, d. h. daß die Wahrheit nicht nachgewiesen werde: Motive s. 103; vgl. § 192. Sonach bildet der erbrachte Wahrheitsbeweis einen Strafausschließungsgrund: HS. II, 275. Der Umstand, daß die vom Beschuldigten sistirten Zeugen ihr Zeugniß auf Grund einer gesetzlichen Berechtigung verweigern, macht jenen nicht straflos: ZU. 1. Juni 76 (RdO. XVII, 402). — Aus der (nicht ganz korrekten) Fassung der obigen Bestimmung sowie der Motive (1. c.) ist aber nicht zu folgern, es liege jener Nachweis dem Angeschuldigten ob; vielmehr gehört es unzweifelhaft zu den Pflichten des Strafrichters, die Frage der Wahrheit oder Unwahrheit, ebenso wie alle andern Thatbestandsmerkmale von Amtswegen zum Gegenstände seiner Prüfung zu machen: Darmst. 22. Apr. 73, ZII. 14. Juli 74, VII. 1. Febr. 77 (StZ. II, 315; RdO. XV, 500; XVIII, 90); contra: Ortmann i. SGZ. 21 s. 103. Ebenso darf er einen erbotenen Wahrheitsbeweis nicht lediglich aus dem Grunde ablehnen, weil der Antrag auf Innehaltung mit dem Verfahren bis zum Beschlusse darüber, ob wegen der behaupteten Thatsache gegen den Beleidigten eine Untersuchung einzu leiten sei (§ 19V, zurückgewiesen worden: V. 12. Sept. 73 (RdO. XIV, 529), oder weil gemäß § 192 aus § 185 zu strafen sei; vgl. § 192 n. 3. — Dagegen ist (in Ermangelung eines hierauf bezüglichen Antrages des Augefchuldigten) eine förmliche
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Beleidigung. — § 186.
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breitung von Schriften, Abbildungen oder Darstellungen be gangen ist, mit Geldstrafe bis zu eintausendfünfhundert Mark oder mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft. II. (Sntto.; § 166; II. Entw.: § 184: Pr. StGB.: § 156.] Vgl. §§ 187—200; Mil.-StGB. §§ 89. 121; RPreßges. v. 7. Mai 1874 §§ 3. 20. 21.
Preußen: Vgl. EG. z. Pr. StGB. Art. XVI-XVIII. Beweiserhebung in Betreff der Wahrheit nicht unerläßlich; findet der Richter für eine solche keinen genügenden Anhalt, so thut er genug, wenn er dies in seinem Erkenntnisse ausspricht: ZII. 3. Dez. 68 (RdO- IX, 695); das gilt selbst dann, wenn der Angeschuldigte geltend macht, er sei selbst Zeuge der betr. Handlung ge wesen: ZU. 12. Jan. 65 (RdO. V, 414). Vgl. oben s. 127 n. 8. 9a. Der Nachweis der Wahrheit ist dem Strafrichter gegenüber zu liefern; ob die Person, gegen welche die Aeußerung gemacht wurde, wußte, daß die behauptete Thatsache wahr oder daß sie unwahr fei, ist daher gleichgültig: Dresd. 22. Jan. 75 (StZ. V, 325); contra: Schw. i. SGZ. 21 s. 306. 10. Der Wahrheitsbeweis muß die behauptete (verbreitete) Thatsache zum Gegenstände haben; es genügt nicht, wenn Derjenige, welcher ein herabwürdigendeö Gerücht als solches weiter verbreitet hat, nachweisen will, daß ein solches Gerücht umgegangen sei: VI. 20. Febr. 63 (GA. XI, 362). Beim Dorwurfe strafbarer Handlungen (n. 11) begreift derselbe auch die innere Thatsache der für die Straf barkeit erforderlichen Absicht: ZI. 31. Jan. 79 (RdO. XX, 59). Demgemäß ist sein Gegenstand bei einer Bezüchtigung deS Meineids die wissentlicher oder fahrlässiger Weise erfolgte Beschwörung einer objektiven Unwahrheit.- ZI. 2. Dez. 63 (RdO. IV, 227). — Besteht die behauptete Thatsache in einer angeblichen Aeußerung deS An dern, so genügt zur StrafauSschließung der Nachweis, daß das Gesagte seinem Sinne nach richtig wiedergegeben ist, Worttreue ist nicht erforderlich: ZII. 19. Sept. 72 (RdO. XIII, 464). Vgl. n. 14. 11. Der Wahrheitsbeweis ist (unbeschadet der Bestimmungen der §§ 190. 191) auch dann, wenn eine strafbare Handlung in Frage steht, statthaft; ein darauf be züglicher Beweisantrag kann daher nicht aus dem Grunde abgelehnt werden, weil eine derartige Beweiserhebung nur in einem gegen den angeblichen Urheber jener Mißthat eingeleiteten Strafverfahren erfolgen könne: VI. 16. Nov. 66 (RdO- VII, 642). Ebensowenig wird ein solcher Beweis durch die Unstatthaftigkeit einer Straf verfolgung (z. B. durch Verjährung: § 190 n. 6) ausgeschlossen. 12. Der Beweis der objektiven Wahrheit genügt, sollte auch der Ange schuldigte selbst die Thatsache für unwahr gehalten haben: ZI. 6. Dez. 72 (RdO. XIII, 649); ein Beweisantrag kann daher nicht deshalb abgelehnt werden, weil der Angeschuldigte von der unter Beweis gestellten Thatsache zur Zeit der That keine Kenntniß gehabt habe: VI. 5. Mai 70 (GA. XVIII, 572). 13. Ueber die Form der Beweiserhebung und die Beweismittel vgl. § 190. 14. Nur der vollständige Beweis der Wahrheit schließt die Strafbarkeit auS; daher genügt es nicht, festzustellen: die Thatsache sei im Wesentlichen erwiesen: VI. 15. Okt. 65 (RdO. VI, 549), oder: sie sei wahrscheinlich: ZI. 9. Juli 69 (RdO. X, 494). Dagegeu nahm ARHI. 7. April 80 (RdR. I, 551) an, daß der Richter sich bei Prüfung deS Wahrheitsbeweises weniger an die Einzelnheiten der Behaup tungen als an deren Gesammtcharakter zu halten haben. Vgl. Kronecker i. GSaal 32 s. 62 und oben n. 10. 15. Als „nicht wahr" kann die Erzählung von Thatsachen auch dann betrachtet werden, wenn sie dadurch, daß sie Wesentliches verschweigt, eine unwahre geworden ist: ZII. 8. März 55 c. Jäger. 16. Ist die Wahrheit der behaupteten rc. Thatsache bewiesen, so bleibt der § außer Anwendung, sollte auch der Angeschuldigte der Handlung eine falsche recht liche Qualifikation beigefügt haben, sobald nur jene durch die Qualifikation nicht als eine anders gestaltete dargestellt wurde; vgl. ZII. 7. Juli 70 (RdO. XI, 401); § 164 n. 11. Dagegen schließt der Wahrheitsbeweis eine Bestrafung aus § 185 nicht ans, wenn die Voraussetzung des § 192 zutrifft.
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Thl. II. Abschn. XIV.
Beleidigung. — § 186.
17. Ob eine behauptete rc. Thatsache (Handlung) geeignet fei, einen Andern „verächtlich zu machen", ist nach der allgemeinen bei unbefangenen Urteilsfähigen obwaltenden Auffassung zu prüfen: BII. 3. Nov. 70 (RdO. XI, 543). Dagegen kommt eö bei der Frage, ob die Thatsache geeignet sei, „in der öffentlichen Meinung herabzuwür digen", auf diejenige Auffassung an, welche in den Kreisen, in denen der Betreffende lebt und welchen er angehört, sowie in denjenigen, in welchen seine Person und sein Thun beachtet und beurtheilt wird, die überwiegend vertretene ist; in dieser Beziehung würde eine Beschränkung auf die Anschauung unbefangener UrtheilSfähiger nicht gerechtfertigt sein; vgl. n. 8. — Im Uebrigen ist die ganze Frage eine wesentlich thatsächliche. Eine Strafbarkeit der Handlung wird nicht erheischt: ZI. 26. Jan. 76 (RdO. XVII, 61); umgekehrt kann eine Handlung strafbar sein, ohne deshalb schon den obigen Voraussetzungen zu entsprechen; der Borwurf einer Uebertretung kann genügen: ZU. 19. Okt. 68 (RdO. IX, 599); Manh. 2. Juni 77 (BAun. 43 s. 209: betr. den Vorwurf des Eingriffs in durch Patent geschützte Erfinderrechte). Grundsätzlich auszuscheiden sind nur solche Thatfachen, welche vom Gesetz geboten sind, sollten sie auch nach der verbreiteten Meinung Vieler Mißbilligung finden, z. B. Ausschlagen eines Zweikampfes, Anzeige eines Verbrechens (§ 139): HS. II, 272. 18. War die Thatsache zur Herbeiführung des gedachten (n. 17) Erfolges „geeignet", so ist eS unerheblich, ob der letztere eingetreten ist, oder nicht; ebenso: Dresd. 11. Aug. 76 (SGZ. 21 s. 216); vgl. unten n. 21a. 19. Nachtheilige Aeußerungen über die Vermögenslage eines Anderen und eine bloße „Gefährdung des Kredits" d. h. des Glaubens an die Zahlungsfähigkeit (§187; vgl. dort n. 4) genügen hier nicht: DreSd. 19. Apr. 72 u. 3. Nov. 76, Stuttg. 25. Okt. 76, Münch. 28. Febr. u. 10. Mai 79 (StZ. I, 373; SGZ. 21 f. 272; WGbl. XII, 407; BEntsch. IX, 128. 277); ZU. 8. Apr. 75, eit. n. 7; ZI. 17. Jan. 79 (GA. 27 s. 205: betraf die Behauptung, Kaufmann N. habe seine Zahlungen eingestellt und den Konkurs angemeldet); anders in Betreff de- letzteren Falles: Darmst. 19. Jan. 74 (HEntsch. s. 3: weil nach Hess. Gesetzen schon die bloße Zahlungsunfähigkeit den Verlust gewisser Ehrenrechte zur Folge habe re). Contra überhaupt: Stuttg. 14. Okt. 74 ^StZ. IV, 145). 20. Abgesehen von dem zu jeder Beleidigung erforderlichen DoluS (vgl. § 185 d. 24—27), wird zum Thatbestände des § 186 noch daS Bewußtsein vor ausgesetzt, daß die Thatsache (zur Zeit) unbewiesen (: Münch. 15. Juni 72: StZ. I, 346; vgl. n. 21) und geeignet sei, (bei Dritten) die im § hervorgehobene Wirkung in Betreff eines Andern (selbst eines zur Zeit dem Thäter Unbekannten: ZI. 15. Jan. 73: RdO. XIV, 49) hervorzubringen: VII. 17. Juni 65, ZU. 23. Okt. 73 (RdO. VI, 195; XIV, 660); BL. s. 446. Der Feststellung dieses Erfordernisses bedarf es nur dann, wenn dasselbe bestritten worden ist: eit. ZU. 23. Okt. 73, VI. 26. Juni 78 (RdO. XIX, 340); vgl. § 59. Eine weitergehende Absicht wird nicht erfordert, also weder die Absicht zu beleidigen (: Z. 21. Dez. 70, RdO. XI, 609; Jena, Voll. 25 s. 156) noch die Absicht zu verbreiten: ZI. 12. Nov. 56 c. Forsberg; selbst ein Irrthum in der Person des Beleidigten schließt den Thatbestand nicht ohne Weiteres auS: Dresd. 7. Juni 75 (SGZ. XX, 24); vgl. n. 6. 21. Der § erheischt nicht, daß die behauptete Thatsache „unwahr" sei; eS genügt, wenn sie nicht erwiesen wird (n. 9). Demgemäß bedarf es auch nicht der Kenntniß von einer solchen Unwahrheit; selbst der Nachweis der Unkenntniß (§59) kann die Bestrafung nicht abwenden: ZI. 27. Nov. 72 (RdO. XIII, 631). Dasselbe gilt von dem guten Glauben an die Wahrheit, ein in dieser Beziehung oder in Betreff der Entschuldbarkeit des Irrthums erbotener oder geführter Beweis ist uner heblich, da der Thatbestand in dieser Beziehung auch nicht durch eine Fahr lässigkeit bedingt ist: ZRI. 1. Dez. 79 (RdR. I, 110); V. 28. Mai 51 (Entsch. 22 s. 72); HS. II, 279; ebenso verhält eS sich mit dem Nachweise der Quelle, aus welcher man seine Kenntniß geschöpft hat (: ZI. 4. Mai 53 c. Holdheim, ZU. 9. Apr. 63 c. Münchner), — sowie mit dem guten Glauben, daß man im Stande fei, den Beweis der Wahrheit zu führen, bzw. daß man den urkundlichen Beweis in Händen habe: ZI. 9. Juli 69, 3. April 78, ZU. 18. Febr. 79 (RdO. X, 494; XIX, 187; GA. 27 s. 206); v. Buri i. GSaal 29 Beil. s. 191; contra: Binding II, 611; Ort mann i. SGZ. 21 s. 106. Nur die (irrige) Ueberzeugung, die Wahrheit der That-
Thl. II. Abschn. XIV. Beleidigung. - §§ 186. 187.
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§ IST. Wer wider besseres Wissen in Beziehung auf einen Anderen eine unwahre Thatsache behauptet oder ver breitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen oder dessen Kredit zu ge fährden geeignet ist, wird wegen verleumderischer Beleidigung mit Gefängniß bis zu zwei Jahren und, wenn die Verleum dung öffentlich oder durch Verbreitung von Schriften, Abbil dungen oder Darstellungen begangen ist, mit Gefängniß nicht unter Einem Monat bestraft. fache sei bereit- durch ein rechtskräftige- Urtheil festgestellt (8 190), könnte vor der Bestrafung schützen; vgl. Münch. 15. Juni 72 (cit. n. 20); contra: Hoffmann i. SGZ. 21 s. 296. 21a. Dessenunerachtet (n. 21) ist die Mißthat kein bloßes Fahrlässigkeitsver gehen (§ 59 n. 19), und daher auch die Möglichkeit einer Mitthäterschaft bei derselben nicht ausgeschloffen: DreSd. 11. Aug. 76 (SGZ. 21 s. 216); vgl. n. 18. 20. 22. In dem mit: „und, wenn . . ." beginnenden Schlußsätze bezeichnet „Be leidigung" denjenigen Thatbestand, welcher im ersten Satze des § näher hervor» gehoben ist; die hier angedrohte Strafschärfung tritt nur im Falle des § 186, nicht in dem des § 185 ein: Stuttg. 26. Febr. 73 (StZ. III, 8). 23. Ueber den Begriff der „Oefsentlichkei t" vgl. tz 85 n. lff.; § 200 n. 4. Auch hier ist der Gegensatz in dem engen vertrauten Kreise (und nicht etwa in einer häuslichen Gemeinschaft: Münch. 4. März 72, BEntsch. II, 62) zu suchen. 24. Die Absicht braucht auch in diesem Falle nicht dahin gerichtet zu sein, daß die Kundgebung in die Oeffentlichkeit bringe; es genügt das Bewußtsein, daß dieselbe öffentlich wahrgenommen werden könne: ZI. 20. Jan. 70, 3. Febr. 71, ZU. 15. Febr. 77 (RdO. XI. 20; XII, 77; XVIII, 136). 25. In Betreff der „Verbreitung von Schriften rc." vgl. § 85 n. 14—19; § 185 n. 13; § 200 n. 4. 26. Der § 186 (187. 200) zählt nicht, wie § 85 neben der „Verbreitung von Schriften" auch den „öffentlichen Anschlag und die öffentliche Ausstel lung" solcher Schriften rc. als Mittel der Begehung auf. Eine derartige Handlung ist daher der Verbreitung rc. nur dann gleichzustellen, wenn durch dieselbe eine Ver öffentlichung des Inhalts stattgesunden hat, d. h. wenn der letztere durch sie zur Kenntniß Anderer gelangt ist.
§ 187. 1. In Betreff des DerhältniffeS der hier behandelten „verleumderischen Beleidigung" („Verleumdung") zum allgemeinen Begriffe der Beleidigung (§ 185) vgl. § 186 n. 1. Von dem Thatbestände des letzteren $ unterscheidet sich der hier aufgestellte zunächst durch den DoluS („wider besseres Wiffen"), ferner durch den Umstand, daß die behauptete re. Thatsache „unwahr" sein muß, endlich dadurch, daß es auch genügt, wenn jene Thatsache „geeignet ist, den Kredit eines Andern zu gefährden". Die Strafandrohung ist geschärft; beim Vorhandensein mildernder Um stände ist eine Ermäßigung statthaft. — Insoweit die ThatbestandSmerkmaU denen des § 186 entsprechen, treffen die dort gemachten Bemerkungen auch hier zu. 2. Das „wider besseres Wissen" ist selbstverständlich auf die Kenntniß von der Unwahrheit der Thatsache zu beziehen; der Mangel der Ueberzeugung von der Wahrheit genügt nicht: Z. 17. Ian. 73 (RdO. XIV, 60); vgl. § 164 n. 14; $ 190 n. 7. Im Uebrigen wird derselbe DoluS vorausgesetzt, wie int § 186; vgl. dort n. 20; auch hier bedarf eS keiner böswilligen Absicht. — Selbst ein Zeuge kann sich aus § 187 strafbar machen, wenn er bei seiner Vernehmung wiffentlich Falsches bekundet: VH. 10. Ian. 78 (RdO. XIX, 20). 3. Die behauptete rc. Thatsache muß „unwahr" sein; dieses Begriffsmerkmal ist als erwiesen ausdrücklich festzustellen; es wird durch den Mangel des Beweises der Wahrheit nicht ersetzt; selbst die Wahrscheinlichkeit der Unwahrheit genügt nicht.
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Thl- II. Abschn. XIV.
Beleidigung. - §§ 187. 188.
Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann die Strafe bis auf Einen Tag Gefängniß ermäßigt, oder auf Geldstrafe bis zu neunhundert Mark erkannt werden. [I.
II. Entw.; Pr. StGB.: (fehlte)-! Dgl. §§ 186. 188—200; Mil.-StGB. §§ 89.121; RStPO. § 433.
§ ISS. In den Fällen der §§ 186 und 187 kann auf Verlangen des Beleidigten, wenn die Beleidigung nachDagegen wird hier nicht (wie im § 131) eine (absichtliches Erdichtung oder Entstel lung erheischt. Im Uebrigen trifft da« zu § 186 n. 9 Gesagte auch hier zu. — Rückfichtlich des Beweises der Unwahrheit vgl. § 190 n. 1. 4. Den im § 186 hervorgehobenen Thatsachen sind hier diejenigen gleichgestellt, welche „geeignet stnd, den Kredit eines Andern zu gefährden". Unter „Kredit" ist hier der Glaube an die Zahlungsfähigkeit des Andern zu verstehen. Angriffe, welche die GefchäftSehrlichkeit (Reellität) betreffen, fallen ev. unter die §§ 185. 186: ZI. 29. Nov. 72 (Entfch. 69, II, 93); § 185 n. 1; contra: VH. 5. April 77 (GA. 25 s. 218), Münch. 28. Febr. u. 10. Mai 79 (BEntsch.IX, 128. 277), Schütze s. 360 n. 7 (begreifen die Geschäftsehrlichkeit unter dem Ausdrucke „Kredit" mit). Keines falls gehören solche Thatsachen hierher, welche nur die Geschicklichkeit eines Arbeiters in seinem Fache, daö Talent oder die Leistungen eines Künstlers re. in Frage stellen (vgl. § 185 n. 1; § 193), wenn sie auch indirekt auf den Erwerb des Betreffenden von Einfluß sein können. — Da die Kreditgefährdung in keiner Weise durch eine die Person des Andern treffende Geringschätzung bedingt ist und die Ehrenhaftigkeit deffelben nicht nothwendig berührt, so scheidet hierbei der Begriff der „Beleidigung" und somit alles zu § 185 unter n. 1. 2 Gesagte aus. Demzufolge findet dieser Theil deS § 187 auch auf solche kollektive Rechtssubjekte Anwendung, welche Vermögens rechte auszuüben befugt sind, und deshalb „Kredit" haben und gebrauchen, selbst wenn ste nicht „beleidigt" werden können (§ 185 n. 7), z. B. auf Handels- (Aktien-) Gesellschaften, Bergwerksgewerkschaften, Mitrheder rc.; ebenso: PII. 5. April 77 (GA. 25 s. 218); vgl. ARIII. 31. Jan. 80 (RdR. I, 302). Darmst. 29. Dez. 75 (HEntsch. s. 75) sprach dasselbe in Betreff aller jnristischen Personen aus, welche Subjekt von Vermögensrechten sein können, wie z. B. Sparkassen. Vgl. RStPO. § 414 Abs. 3. AuS dem Worte „Kredit" darf eine Beschränkung auf Kaufleute (kaufmännischen Kredit) nicht gefolgert werden. 5. Auch in Fällen des § 187 findet § 193 geeigneten Falles Anwendung; vgl. in Betreff des Näheren dort n. 1. 13. 6. Der hier aufgestellte Begriff der „verleumderischen Beleidigung ist kein dem gemeinen Leben geläufiger; es bedarf daher bei der instanzrichterlichen Aburtheilung der genauen Feststellung aller im § erheischten Begriffsmerkmale: VII. 7. Juni 66 (RdO. VII, 334). Vgl. RStPO. § 266. 7. Bei einer Anklage aus § 187 kann der Richter, wenn er statt dieses § den § 186 für anwendbar erachtet, nach letzterem verurtheilen, ohne den Angeklagten zu vor auf die veränderte Beurtheilung hingewiesen zu haben (RStPO. § 264 Abs. 1): ZRIII. 14. Juli 80 (RdR. II, 191); vgl. n. 1 u. Löwe s. 643. 8. Abs. 2 gilt, insoweit er von Geldstrafe spricht, für beide Fälle des §, im Betreff der Ermäßigung der Gefängnißstrase aber nur für den zweiten Fall, da in dem ersten schon nach Abs. 1 auf Einen Tag erkannt werden kann: Schütze s. 363.
§188. Ablehnung: 23. Angeschuldtgtc, Mehrheit. 29. Antragsberechtiater: 4. Begnadigung r 27. Beleidigter: 4—8. Anträge: 10. 16. Mehrheit- 4. Partei: 10. 16. Rechtsmittel: 16. Zeuger 16.
Inhalt: Beleidigung, eins.: 2. Bevollmächtigter: 10. Buße, Betrag: 1L 18. - Charakter 1. Ctvtlverf., Suspension - 13. Verweisung: 23. Entschädigungsanspr.: 5. 13. 16. 17a. 23. 26. 31. 3 Ausschließung: 31. Vorbehalt: 23.
Ermessen: 3. Theilung: 3. Form: 10. Freisprechung: 9. 16. 19. 25. Körperverletzung: 28. Konkurrenz: 20. Nachtheil. Folgen: 17. 18. Nebenklage: 16. Partei: 10. 16. Prtvatklage: 14. 16.
Thl. II. Abschn. XIV.
Beleidigung. — § 188.
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theilige Folgm für die Vermögensverhältnisse, den Erwerb oder das Fortkommen des Beleidigten mit sich bringt, neben Rechtsmittel: 16. Rechtskraft: 26. Recht z. verlangen: 4—8. - Dispositionsfähig:eit: 5. - Erbe: 6. - persönlich. 6. - Uebertragbarkeit: 6. - Verzicht 8. 15. - wer - 4—8. Schmerzensgeld: 32. StaatSanw., Rechtsmittel: 16. Strafantrag: 4. Thetlnehmer: 29.
Theilung: 3. 8. Tod: 6. 26. Uebergang: 6. Uebertragung - 6. Umwandlung 'i 22. Urtheil: 12. 14. . Beweiskraft: 31. Verfügung: 12. Verjährung: 30. Verlangen 9—16. . Ablehnnng: 23. . Betrag: 11. Frist- 12.
Verlangen, Partei? 16. Suspension: 13. Theilung - 8. . Vorbehalt: 23. wie? 10. 16. wo? 9. Zurücknahme: 14. 15. Verurteilung: 19. Verzicht: 8. 15. Vollstreckung; 30. Wahlrecht - 13. i6. Zeuge r 16.
1. Die dem Beleidigten auf Verlangen zuzusprechende „Buße" charakterisirt sich als eine (Civil-) Strafe, ist aber gleichzeitig und hauptsächlich als Ersatz für den zugefügten BermögenSschaden anzusehen; vgl. Abs. 2; RStPO. 88 444 Abs. 4. 445; Münch. 15. Dez. 76 (BEntsch. VI, 600); DreSd. 9. Aug 78 (SGZ. 23 s. 42: speziell hinsichtlich der Buße des § 231); v. Wächter, die Buße, Lpz. 1874, § 5; Herzog i. GSaal 29 s. 419; contra: ZU. 5. März 78 (RdO. XIX, 108: blos Scha densersatz); ebenso: Dochow, die Buße, Jena 1875 u. Löwe s. 468; Münch. 5. Juli 78 (BEnisch. VIII, 375: blos Privat- bezw. Nebenstrafe); ebenso: Flesch i. GSaal 28 s. 278. Danach hätte die ganze Bestimmung nicht tm StGB, ihre Stelle finden sollen, da sie in materieller Beziehung dem Civilrechte angehört, die Ueberweisung der Entscheidung an den Strafrichter aber eine prozeffualische Regelung der Sache nothwendig machte, für welche es früherin in dem größten Theile des Bundesgebiets an allen Anhaltspunkten fehlte. Deshalb hat die Handhabung dieser und der ent sprechenden Vorschrift deS §231 (sowie deS B.-Nachdr.-Ges.'S v. 11. Juni 1870 §§ 18. 19) in der Praxis vielfach Schwierigkeiten hervorgerufen, welche ihre Lösung erst durch die RStPO. S§ 443—446. 495 gesunden haben. Vgl. Stengl. i. GSaal 24 s. 325; Baur i. WGbl. VI, 339; Dochow i. HH. III, 375. 2. Die Vorschrift des § ist auf die Fälle der §§ 186. 187 beschränkt, somit auf solche nicht auszudehnen, wo wegen einfacher Beleidigung aus § 185 (192) ge straft wird: Mot. s. 204, BH. 20. März 73 (RdO. XIV, 214), Münch. 7. März 73 (SrZ. II, 274). 3. Durch die fakultative Fassung des § („kann rc.", vgl. Mot. s. 104) ist dem Richter eine nach seinem Ermessen zu handhabende Befugniß beigelegt; er kann daS „Verlangen" ablehnen, wenn er keine Veranlassung findet, von jener Besugniß Gebrauch zu machen; ebenso steht Nichts entgegen, das Verlangen eines von mehreren zugleich Beleidigten zu berücksichtigen, und das eines andern zurückzuweisen; vgl. jedoch n. 17 und VII. 12. Juni 79 (GA. 27 s. 535: nahm an, daß selbst einer ablehnenden Entscheidung bei Nichtigkeitsstrase die Prüfung des ganzen Sachverhalts und insbesondre der vom Beleidigten zur Begründung seines Verlangens gemachten thatsächlichen Anführungen vorausgehen und daß die Entscheidungsgründe diese Prü fung ergeben müßten). Dies ist durch die RStPO. nicht geändert worden; vgl. Löwe s. 868. 4. Das Recht, eine Buße zu „verlangen", ist dem „Beleidigten" bei gelegt: dieselbe soll an ihn „erlegt" werden. Andern Personen steht ein gleiches Recht nicht zu, sollte ihnen auch eine selbstständige Besugnist, auf Strafverfolgung anzutragen (§§ 65 Abs. 2. 195. 196. 232), beigelegt sein; ebenso: ZU. 5. März 78 (RdO. XIX, 108). — Sind mehrere Personen durch eine und dieselbe Kundge bung beleidigt, so kann jede die Zuerkennung der Buße (zum vollen Betrag) für sich und unabhängig von den Andern verlangen; ebenso: Dochow s. 33; contra: Klostermann, daS Urheberrecht an Schriftw. rc., Anhang s. 41; vgl. übrigens RStPO. § 415. 5. Der Beleidigte kann jenes Recht (n. 4) nur insoweit ausüben, als er nach den Civilgesetzen dispositionsfähig ist, zumal da durch die Zuerkennung der Buße die Geltendmachung eines weiteren^(höheren) Entschädigungsanspruchs ausgeschlossen wird (Abs. 2); § 65 findet hier keine analoge Anwendung. Im entgegen gesetzten Falle übt sein nach Maßgabe des Civilrechts berufener Vertreter das Recht
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Tbl. II. Abschn. VII.
Beleidigung. — § 188.
der Strafe auf eine an den Beleidigten zu erlegende Buße bis zum Betrage von sechstausend Mark erkannt werden. auS: v. W. s. 55; Dochow s. 34; Herzog i. GSaal 27 s. 194; contra: Schütze s. 364 n. 5; Münch. 5. Juli 78 (eit. n. 1: hielt den gesetzlichen Vertreter in Straf sachen für legitimirt). Demgemäß kann im Gebiete des Pr. ALR. (vgl. dort § 188. II, 1) der Ehemann in Vertretung seiner Frau die Buße verlangen: ZU. 5. März 78 (eit, n. 4). Die RStPO- hat hieran im Prinzip Nichts geändert, vgl. dort § 443; doch setzt die Geltendmachung des Anspruchs auf Buße im Wege der Privatklage (n. 16) selbstredend voraus, daß Kläger auch strafprozeßrechtlich — vgl. § 414 ib. — zur Anstellung dieser Klage legitimirt sei. 6. Wegen seiner eigenthümlichen Natur und Wirkung ist daö Recht des Be leidigten (n. 4) als ein höchst persönliches auzusehen, welches eben deshalb auf die Erben nicht übergeht noch auf Andere übertragen werden kann; so schon früher: Baur 1. c. s. 342, Dochow i. HH. III, 376; contra: Fuchs s. 61. Hatte dagegen der Beleidigte da« Verlangen gestellt, so konnte letzterem nach seinem Tode zu Gunsten seiner Erben entsprochen werden; auch war eine Uebertragung des dadurch erworbenen Anspruchs statthaft; contra: Stengl. 1. c. s. 332. Jetzt kann der An spruch von den Erben weder erhoben noch fortgesetzt werden: RStPO. §§ 414. 446. 7. Auf das Recht, die Buße zu verlangen, kann gültig und wirksam Verzicht geleistet werden, selbst wenn der Entschädigungsanspruch nicht aufgegeben wird. Das Stellen des Strafantrags ohne sofortiges Verlangen einer Buße ist jedoch noch nicht als stillschweigender Verzicht zu deuten. 8. Es ist statthaft, das Verlangen der Buße auf einzelne von mehreren bei der That Betheiligten zu beschränken; ebenso: v. W. s. 55, Dochow. s. 34; contra: Herzog i. GSaal 27 f. 194; 29 s. 421 (nimmt an, daß, wenn jenes Verlangen Überhaupt gestellt werde, lediglich der Strafrichter über die zur Buße zu verurtheilenden Personen zu befinden habe; die« bestätige mittelbar § 445 der RStPO ). 9. Da« „Verlangen der Buße" muß bei dem mit der Sache befaßten Richter angebracht werden; ist dies geschehen, so gilt der deöfallsige Antrag, wenn der Angeklagte freigesprochen oder daS Verfahren eingestellt oder die Sache ohne Urtheil erledigt wird, ohne weitere Entscheidung für erledigt: RStPO. § 444 Abs 3. Jener Antrag muß daher im Falle der Wiederaufnahme des Verfahrens förmlich er neuert werden. (Früher war das Gegentheil Rechtens). Im Uebr. vgl. n. 16. 10. In Betreff der Form der Anbringung vgl. n. 16. 11. Während früher die Wirksamkeit des Verlangens nicht dadurch bedingt war, daß eine bestimmte Summe gefordert wurde, verordnet die RStPO. in den §§ 445. 446 ausdrücklich, daß der Betrag angegeben und auf einen höheren nicht erkannt werde, ohne daß jedoch eine Verletzung der letzteren Vorschrift in der Be rufungsinstanz die Revision begründet; vgl. ib. § 380, Löwe s. 871. 12. An eine Frist ist das Verlangen der Buße nicht gebunden; § 61 findet hier keine Anwendung. Insofern daher der Entschädigungsanspruch nicht verjährt ist, kann das Verlangen so lange wirksam ausgesprochen werden, als nicht das Ur theil erster Instanz ergangen ist (eine spätere Anbringung würde dem Ange schuldigten eine Instanz entziehen). Dies ist jetzt sogar gesetzlich ausgesprochen; vgl. RStPO. § 444 Abs. 1. Ja selbst nach Erlaß des Urtheils kann die Anbringung jenes Verlangens noch stattfinden, wenn das Urtheil vom höheren Richter vernichtet und die Sache in die erste Instanz zurückgewiesen wird; erfolgt dies auf die Be rufung des Angeschuldigten, so bildet die zu dessen Gunsten eingetretene relative Rechtskraft des ersten Urtheils in dieser Hinsicht kein Hinderniß, da die Buße eben keine eigentliche Strafe ist: BII. 8. April 75 (RdO. XVI, 276). 13. So lange eine wegen derselben That angehobene Entschädigungsklage beim Civil-Richter anhängig ist, kann das Verlangen einer Buße nicht beim Straf richter angebracht werden; er müßte dasselbe als unannehmbar zurückweisen; vgl. aber C. d’instr. er. art. 3; contra (namentlich auch im Hinblicke auf die Vor schriften der RStPO.): Herzog i. GSaal 29 s. 425. In Ermangelung entgegen stehender Prozeßvorschriften kann die EntschädiguugSklage zurückgenommen werden, um im Strafverfahren die Buße zu verlangen; vgl. n. 14. Eine im Civilverfahren über den Entschädigungsanspruch (wenn auch nicht rechtskräftig) ergangene Entschei-
Thl. II. Abschn. XIV.
Beleidigung. — § 188.
Eine erkannte Buße schließt die Geltendmachung weiteren Entschädigungsanspruches aus.
415 eines
[I. @ntto.: (fehlte); II Entw.: § 184; Pr. StGB.: (fehlte)]. Vgl. §§ 186. 187. 231. Nachdk-Ges. v. 11. Juni 1870 §§ 18. 19; Markenfchutz-Gef. v. 30. Nov. 1874 §§ 15. 16; Gess. v. 9., 10., 11. Jan. 1876 (eit. zu §61); Patentges. v. 25. Mai 1877 § 36; RStPO. §§ 443—446. 495; RGBG. §75. Preußen:
Vgl. FFP.-Ges. §§ 67ff.
düng schließt das Verlangen einer Buße im Strafverfahren endgültig aus, und zwar selbst dann, wenn dieselbe die Klage abgewiesen hat; ebenso (in Betreff einer rechtskräftigen Entscheidung): Herzog 1. c. s. 424; contra: v. W. s. 71; vgl. auch GSaal 26 s. 631. 14. Früher konnte man das Verlangen der Buße, so lange darüber noch nicht er kannt worden, jederzeit zurücknehmen, um demnächst den Entschädigungsanspruch im Wege der Ctvilklage zu verfolgen. Dagegen fiel dieses Zurücknahme-Recht mit der Verkündung des ersten, die „Buße" zusprechenden Erkenntnisses weg, weil die „erkannte Buße" einen weitern (im Civilwege zu verfolgenden) Entschädigungsan spruch ausschließt (Abs. 2) und diese Wirkung nicht durch die Zurücknahme deS früher ausgesprochenen Verlangens aufgehoben werden konnte, vgl. die analoge Vorschrift deS § 64. — § 444 der RStPO. geht insofern noch weiter, als er die Zurücknahme nur „bis zur Verkündung des Urtheils" gestattet, ohne zu unterscheiden, ob durch dasselbe die Buße zugesprochen oder versagt wurde. Doch nimmt Löwe s. 870 an, daß hier unter „Urtheil" nicht gerade daS erste Urtheil zu verstehen, die Zurück nahme vielmehr gemäß § 444 noch in der BerusungS- bzw. Revisionsinstanz statt haft sei, und zwar selbst dann, wenn dem Verletzten in der Vorinstanz eine Buße zugesprochen war; durch die Zurücknahme lebe in letzterem Falle die Besugniß, die Entschädigungsklage beim Civilrichter anzustellen, wieder auf. 15. Nichts stand früher entgegen, ein zurückgenommenes Verlangen demnächst rechtzeitig zu wiederholen, sofern nicht etwa die Zurücknahme einen Verzicht (n. 7) aus daS Recht in sich schloß: Baur 1. c. s. 343; contra: Stengl. 1. c. s. 340; v. Buri i. GSaal 28 s. 312. — § 444 der RStPO. schließt gegenwärtig die Er neuerung deS zurückgenommenen Antrags unbedingt aus, — vorausgesetzt, daß der ursprüngliche Antrag ein an sich wirksamer, daß z. B. die Anschlußerklärung (n. 16) gemäß § 436 ib. schriftlich eingereicht und nicht blos zu Protokoll erklärt war: ZRII. 31. März 80 (RdR. I, 520). 16. Durch das „Verlangen einer Buße" erlangte der Beleidigte früher eben sowenig wie durch den Strasantrag die Stellung einer Partei im Verfahren; er konnte sonach in demselben als Zeuge eidlich vernommen werden und weder An träge stellen noch Rechtsmittel ergreifen (vgl. Beschl. I. 2. Mai 77, RdO. XVIII, 311). Dagegen hatten Staatsanwalt und Richter rücksichtlich der zuzusprechenden Buße (der sie betreffenden Beweiserhebungen und Feststellungen) ganz dieselbe Auf gabe, wie rückstchtlich der zu verhängenden Strafe. Insbesondere war der Staats anwalt auch in Beziehung auf die Buße als Partei anzusehen, konnte in Betreff ihrer Beweisanträge stellen und Rechtsmittel ergreifen: VH. 8. April 75 (cit. n. 12). Das eben Gesagte schloß jedoch nicht aus, daß der Verletzte da, wo ihm die 2 cmdeöprozeßgesetze daS Recht der Strafverfolgung im Wege einer (beim Civil- oder Strafrichter anzuhebenden) Privatklage ertheilten, die ihm in dieser Hinsicht einge räumten Parteibesugnisse auch zur Begründung des Verlangens einer Buße ausüben und dann Beweisanträge stellen, Rechtsmittel ergreifen rc. konnte; im Gebiete deS Rh. Rechts hatte derselbe sogar, falls er sich vor dem Strafrichter als Civilpartei konstituirte, die Wahl, seinen Antrag entweder auf Entschädigung (ohne irgend welche Beschränkung) oder nach § 188 (231) auf Zuerkennung einer Buße zu rich ten. — Dieser Rechtszustand erlitt mit dem Inkrafttreten der RStPO. hauptsächlich darin eine Aenderung, daß der ClvilentschädigungSanspruch seitdem nirgends mehr vor dem Strafrichter, der Anspruch aus Buße nirgends mehr vor dem Civilrichter geltend gemacht werden kann, daß es ferner dem Verletzten nicht mehr überlassen ist, ob er einfach nach Maßgabe deS § 188 (231) eine Buße verlangen oder aber als Partei austreten will, daß vielmehr stets der letztere Weg eingeschlagen werden muß.
416
Thl. II. Abschn. XIV.
Beleidigung. — § 188.
Dies kann in allen Fällen (der Beleidigung und Körperverletzung) durch eine Neben klage, und bei bloßen Antragsvergehen auch durch eine Privatklage geschehen. Der Verletzte ist alsdann nicht zur eidlichen Zeugenaussage zuzulassen (: ARI. 8. Juli 80, RdR. II. 174), dagegen befugt, Rechtsmittel zu ergreifen, selbst im Falle der Freisprechung oder der Einstellung des Verfahrens (ccntra: Keller StPO, s. 480 mit Rücksicht auf den unter n. 9 referirten § 444 Abs. 3), während die Staatsanwaltschaft den Anspruch auf Buße nicht zu vertreten hat, noch auch legi* timirt ist, den diesen Anspruch betreffenden Theil deö Urtheils anzufechten. Vgl. RStPO. §§ 443. 446, Löwe f. 869. 870, und, was die fachliche Zuständigkeit der Gerichte betrifft, RGVG. §§ 27. 75 Nr. 15. In schwurgerichtlichen Sachen wirken die Geschworenen bei der Entscheidung über die Buße nicht mit: Schw. StPO. s. 579.
17. Die Zusprechung der Buße ist durch den Nachweis bedingt, daß die „Be leidigung" nachtheilige Folgen für die VermögenSverhältnisse, für den Erwerb oder für das Fortkommen des Beleidigten mit sich bringe"- Es genügt daher nicht der Nachweis, daß jene geeignet sei, solche Folgen mit sich zu bringen; vgl. n. 1; contra: Jena 76 (Voll. 24 s. 180). — Als eine „nachtheilige Folge für die VermögenSverhältnisse rc." kann unter Umständen schon eine bloße Gefährdung der selben, insbesondere eine Gefährdung bezw. Erschwerung des künftigen Fortkommens oder Erwerbs (z. B. im Falle einer Kreditgefährdung) angesehen werden; vgl. ZI. 28. Ott. 73 (GA. 21 s. 532); Schütze s. 364 ; v. W. s. 19, 20, 47; Herzog 1. c. s. 193. 197. Immer ist aber, selbst insoweit der § von nachtheiligen Folgen für das „Fortkommen" redet, nach den zur Zeit in Deutschland herrschenden An sichten über die Entschädigungsansprüche bei Beleidsgungen (s. n. 32), nur an (bereits eingetretene oder noch bevorstehende) vermögensrechtliche Nachtheile zu denken; so: Dochow s. 25. Keinesfalls genügt das Gefühl der erlittenen Kränkung; ein f. g. Schmerzensgeld kann in diesem Verfahren nicht zugesprochen werden (anders in dem Falle des § 231; vgl. dort n. 3). — Der Jnstanzrichter muß jene Frage von AmtSwegen zum Gegenstände seiner Prüfung machen und darüber eine ausdrückliche (posi tive oder negative) Feststellung treffen; vgl. n. 3. 17a. Dagegen ist eS ohne Einfluß, ob die LandeSgefetze in dem gegebenen Falle einen CivilentfchädigungSanfpruch gewähren, indem die Statthafligkeit der Zuerkennung einer Buße sich lediglich nach den Vorschriften des StGB.'S rich tet: ZRI. 10. Nov. 79 (RdR. I, 57: demgemäß kämen z. B. die §§ 22. 23, I, 6 des Pr. ALR., insofern sie dem in dolo befindlichen Damnificaten einen Entschä digungsanspruch absprächen, bezüglich der Buße nicht in Betracht). Vgl. n. 18. 18. Wird der Betrag des Schadens vom Strafrichter als festgestellt erachtet, so muß die Buße (innerhalb der im § gezogenen Grenze) arg. Abs. 2 auf mindestens ebensoviel lauten; v. W. s. 33 nimmt sogar an, sie müsse, um dem Charakter der Buße als Privatstrafe gerecht zu fein, den vollen Schadenersatz überschreiten; vgl. n. 1. 17a; contra: Kronecker i. GA. 27 s. 101. Im Uebrigen ist der Strafrichter an bell Betrag des Schadens nicht gebunden. Doch nahm Mannh. (BAnn. 44 s. 171) an, daß, weil die Buße nach §§ 188. 231 vorzugsweise den Charakter einer Entschädigung an sich trage, in Baden die Grundsätze des Ges.'s v. 6. März 1845 (über die privatrechtlichen Folgen der Verbrechen) mit in Betracht zu ziehen seien. Die Frage, ob der Strafrichter das Strafverfahren aufhalten könne, um die Höhe des Schadens richtiger zu ermessen, wird von v. W. s. 45 verneint; ebenso unter Bezug nähme auf § 438 Abs. 1 der RStPO. von Löwe s. 870. 18a. Die nach § 188 (oder § 231) auszusprechende Buße kann nur in einer bestimmten, ein- für allemal zu leistenden Geldsumme, nicht in Form einer jährlich wiederkehrenden Geldleistung auf Lebensdauer des Verletzten zuerkannt werden, so: Münch. 15. Dez. 76 (BEntsch. VI, 600). 19. Dec Strafrichter kann auf die Buße nur „neben der Strafe erken nen", also nur im Falle einer Verurtheilung und nur in dem diese aussprechenden Erkenntnifle, nicht durch bloße „Verfügung", z. B. durch einen Strafbefehl (RStPO. § 447). Ebensowenig ist es gestattet, die Buße nach der Verurtheilung in einem Nachtragserkenntnisse, etwa auf Grund einer zwischenzeitlich veranlaßten Beweiser hebung, zu- oder abzusprechen.
Thl. II. Abschn. XIV.
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Beleidigung. — § 188.
20. Trifft eine Beleidigung mit einer andern Mißthat (ideell oder realiter) zusammen, so ist die Zuerkennung einer Buße wegen jener selbst dann statthaft, wenn die Strafverhängung unter Zugrundelegung deö den andern Fall betreffenden Strafgesetzes erfolgt; contra (mindestens bei der ideellen Konkurrenz): Merkel i. HH. IV, 229. 21. Bei „wechselseitigen Beleidigungen" (§ 198) ist eine Aufrechnung der Bußen statthaft; vgl. Schütze s. 370 n. 18 (will sie nicht blos bei wechselseitigen Beleidigungen zulaffen). Wird so erkannt, so kann gemäß Abs. 2 auch nicht mehr beim Civilrichter auf Entschädigung geklagt werden. 22. Eine Umwandlung der Buße in Freiheitsstrafe findet nicht Statt. 23. Findet der Instanzrichter keine Veranlassung, die Buße zuzusprechen, sei eS, weil er einen erlittenen Vermögensnachtheil nicht für erwiesen erachtet, sei es, weil er keine genügenden Anhaltspunkte für die Abmessung der Buße findet, so muß er sich darauf beschränken: „daS Verlangen des Beleidigten ab zu lehn en"; ins besondere darf er den erhobenen Anspruch nicht „zum Civilverfahren verweisen", weil die eventuelle Klage vor dem Civilrichter auf etwas Anderes (: Entschädigung und nicht „Buße") zu richten wäre. — Daraus (sowie aus Abs. 2) folgt ferner, daß er die Buße stets nur im Ganzen zu- oder absprechen kann; eS steht ihm nicht zu, dieselbe für eine Seite des erlittenen Nachtheils zu gewähren und einen weitergehen den Entschädigungsanspruch dem Civilverfahren vorzubehalten; ein solcher Zusatz würde (arg. Abs. 2) unwirksam sein. 24. Ergreift der Derurtheilte ein Rechtsmittel, so richtet sich dieses selbst verständlich auch gegen die auferlegte Buße. 25. Wird ein verurtheilendes Erkenntniß in einer höheren Instanz reformirt und auf Freisprechung erkannt, so fällt damit auch die in erster Instanz zuge sprochene Buße fort (n. 19); der höhere Richter kann sie nicht aufrechterhalten, sollte er auch annehmen, daß durch die (nicht strafbare) Handlung deö Angeschuldigten dem Andern ein Vermögensschaden zugefügt sei. 26. Stirbt der verurteilte Angeschuldigte vor dem Eintritte der Rechtskraft des Erkenntnisses, so verliert dadurch auch der die Buße zusprechende Theil desselben seine Wirksamkeit; den Erben bleibt dann nur übrig den Entschädigungsanspruch im Civilverfahren geltend zu machen; contra: Fuchs s. 61. Dies gilt noch jetzt, unter der Herrschaft der RStPO.: Löwe s. 870. 27. Begnadigung beseitigt die Buße nicht. 28. Eine dem § 188 entsprechende Vorschrift ist im § 231 auch für alle Fälle der Körperverletzung gegeben; dagegen ist dieselbe auf andere Mißthaten, z. B. auf falsche Anschuldigung (§164) nicht auSzudehnen.
29. Der (n. 28) eit. § 231 enthält im Abs. 3 noch die Bestimmung, daß „für die Buße die zu derselben Verurtheilten als Gemeinschuldner haften." Von einer ähnlichen Vorschrift hat man im § 188 abgesehen, weil, „wenn Mehrere an einer Beleidigung sich betheiligen, Jeder derselben eine Beleidigung begehe". Dieser Auf fassung huldigte mindestens die Bundeskommission: Schw. n. 10. Ihr zufolge kann daher jeder Mitthäter einer Beleidigung selbstständig in die „Buße" verurtheilt werden (ohne, daß darum dem Richter verwehrt wäre, die Buße in Betreff der verschiedenen Mitthäter verschieden abzumessen, oder auch die Zuerkennung auf ein zelne derselben zu beschränken: n. 8.18); vgl. Schütze s. 364 n. 5; contra: v. W. s. 66, Dochow s. 33, Herzog i. GSaal 27 s. 195. 204 (nehmen an, daß nur auf eine einzige, einheitliche Buße, aber mit solidarischer Wirkung zu erkennen sei). — Dagegen läßt sich von den Anstiftern und Gehülfen nicht sagen, daß Jeder von ihnen eine Beleidigung begehe; diese wird nur vom Thäter verübt; es kann daher gegen den Thäter einer Beleidigung, den Anstifter und gegen die Gehülfen zu sammen die Verurtheilung zur Buße nur im einmaligen Betrage ausgesprochen werden; doch dürften in einem solchen Falle arg. § 231 alle solidarisch haften; contra: Schütze 1. c. (unterscheidet nicht zwischen Mitthätern und bloßen Theilnehmern) und v. W. s. 48 (hält die Verurtheilung des Gehülfen für bedenklich). 30. Für die Vollstreckung der rechtskräftig zuerkannten an den Beleidigten „zu erlegenden" Buße (ihre Verjährung rc.) sind lediglich die civilrechtlichen Grund sätze maßgebend. Dies bestätigt § 495 der RStPO., indem er ausdrücklich bestimmt,
Oppenhoff, D. Strafgesetzbuch.
8. AuSg.
27
418
Thl. II. Abschn. XIV.
Beleidigung. — § 188. 189.
§ 1S9. Wer das Andenken eines Verstorbenen dadurch beschimpft, daß er wider besseres Wissen eine unwahre That sache behauptet oder verbreitet, welche denselben bei seinen Lebdaß jene nach den Vorschriften über die Vollstreckung der Urtheile der Civilgerichte erfolge. 31. Durch Zuerkennung einer (auch noch so kleinen) Buße wird die Geltend machung „weiterer Entschädigungsansprüche" ausgeschlossen (Abs. 2); vgl. § 231 n. 9; nicht aber durch die Ablehnung des ausgesprochenen „Verlangens", sollte diese auch erfolgt sein, weil der Strafrichter den Eintritt einer nachtheiligen Folge für unerwiesen oder widerlegt erachtete. Hieran ist durch die RStPO. trotz des unter n. 16 Gesagten Nichts geändert worden; es steht daher auch jetzt noch die Rechtskraft der die Zuerkennung einer Buße ablehnenden Entscheidung der späteren Civilklage auf Zuerkennung einer (von der Buße verschiedenen) Entschädigung nicht entgegen; ebenso: Löwe s. 868. — Ob dasselbe auch dann gelte, wenn der Strafrichter von der Strafverfolgung freigesprochen hat, weil die Beleidigung nicht erwiesen worden, hängt von der prozeßrechtlichen Frage ab, ob eine solche Entschei dung des Strafrichters demnächst den Civilrichter binde; sie war schon früher in Er mangelung positiver, sie lösender Vorschriften zu verneinen; vgl. OTr. v. 15. Dez. 56 (IMbl. 57 s. 59); BI. 14. April 69 (RdO. X, 507). Jetzt gilt die« unbedingt, da § 14 des EG.'s z. RCPO. die Vorschriften über die bindende Kraft strafgericht licher Urtheile für den Civilrichter ausdrücklich aushebt. — Inwiefern jedoch dem im Strafverfahren ergangenen Schuldspruche im späteren Civilverfahren eine beweisende bezw. überzeugende Kraft (bis zum Gegenbeweise) beiwohne, darüber vgl. § 190, wel cher aber keine unbedingte analoge Anwendung auf unsern Fall gestattet, NStPO. $ 10, sowie jetzt RCPO. §§ 259. 264. 543 Nr. 6, Mot. z. RCPO. s. 210 ff. 475. 530. 32. Durch die §§ 188. 231 wird in keiner Weise der Frage präjudizirt, in welchem Umfange der Beleidigtere., welcher nicht „die Buße verlangt", mittels der Civilklage eine „Entschädigung" beanspruchen könne. Insbesondere ist aus jenen §§ nicht zu folgern, daß dieser Anspruch nothwendig auf den Betrag des nachweis lich erlittenen Vermögensschadens beschränkt bleiben müsse, und daß namentlich nicht auch ein Schmerzensgeld (n. 17) gefordert werden könne. Jene Frage beantwortet sich vielmehr lediglich nach der Civilgesetzgebung; vgl. für Preußen ALR. I, 6 §§ 131. 112ff.; Förster I, 550; für das Gebiet des gemeinen Rechts v. W. f. 72, 85; West bei Voll. 22 f. 22; § 231 n. 3. Nach französischem rc. Rechte (C. civ. artt. 1142. 1382. 1383) ist ein Anspruch auf Geldentschädigung wegen Ehrverletzung, selbst wenn diese keinen nachweisbaren Vermögensschaden zur Folge hatte, statthaft; vgl. ThdCp. ch. 7 § 3 (I. p. 122) und die franz. Jurisprudenz; ebenso: VKH. 27. März 22 (RA. 4. II. 1); vgl. auch ZU. 26. Nov. 76 (RdO. XVII, 761: sprach eS geradezu aus, daß die Civilklage, wenn sie auch allen Schaden umfasse, welcher dem Verletzten an seiner Person, seinem Vermögen und seiner Ehre entstanden sei, doch nur auf eine Geldentschädigung gerichtet fein könne, da daS Rh. Recht keine Verurtheilung zu einer Ehrengenugthuunq kenne); contra; Perrot: Verfahren rc. I, 543, und die überwiegende Praxis der Rh. Instanzgerichte. — Die R-IustizGesetze enthalten über den Umfang de« Entschädigungsanspruchs gleichfalls keine ausdrückliche Bestimmung; doch soll nach den Komm.-Protok. s. 767 ff. durch die Vorschrift des § 11 Abs. 1 des EG. z. RStPO., daß die Verfolgung von Beleidi gungen und Körperverletzungen nur nach den Vorschriften der RStPO. statthaft sei, gleichzeitig die Unzulässigkeit jeder auf Privatstrase, Abbitte, Widerruf und dergl. gerichteten Klage ausgesprochen sein.
§189. 1. Der zweite Entwurf hatte diese Vorschrift im elften Abschnitte unter den Vergehen, welche sich auf die Religion beziehen, gebracht; der Reichstag wies ihr ihre jetzige Stelle an. — Als Grund derselben führen die Motive (s. 97) an, daß die verleumderische Beschimpfung des Andenkens eines Todten den Nachgebliebenen viel leicht tiefer verletze, als eine persönliche Beleidigung. 2. Die Begriffsbestimmung umfaßt zunächst den vollen Thatbestand der „ver leumderischen Beleidigung" (§ 187) unter Ausscheidung der „Gefährdung des
Thl. II. Abschn. XIV.
Beleidigung. - § 189.
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zeiten verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet gewesen wäre, wird mit Gefängniß bis zu sechs Monaten bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann auf Geldstrafe bis zu neunhundert Mark erkannt werden.
Die Verfolgung tritt nur auf Antrag der Eltern, der Kinder oder des Ehegatten des Verstorbenen ein. [I. Entw.: (fehlte); II. Entw.: § 165; Pr. StGB.: (fehlte); Kgl. Sachs. StGB.: Art. 246 2C.] Vgl. §§ 187. 190. 193. 200; RStPO. § 433.
Kredits"; es sind daher die Bemerkungen zu dem cit. § zu vergleichen. Sodann hob der Referent im Reichstage ausdrücklich hervor, daß im Interesse der freien Geschichts forschung auch § 193 hier Anwendung finde: Stenogr. Ber. s. 653.
3. Außerdem erheischt der §, daß „durch" die Behauptung rc. das „An denken des Verstorbenen beschimpft" werde; sonach stellt dieses ein neues zum Thatbestände der Verleumdung hinzutretendes Begriffsmerkmal dar, welches nicht mit dem „Berächtlichmachen rc." zusammenfällt; contra: Schütze s. 362 n. 8. Man darf annehmen, daß demgemäß nur schwere, das Gefühl der nachgebliebenen An gehörigen tief verletzende Vorwürfe hierher zu zählen sind; contra: Dochow i. HH. III, 360. 4. Beleidigung eines verstorbenen Beamten in Beziehung auf seinen Beruf, vgl. § 196 n. 3.
5. Der § findet keine (analoge) Anwendung, wenn Jemand bald nach einer erlittenen Beleidigung stirbt, ohne einen Strafantrag gestellt zu haben. Hier fällt, vorbehaltlich des § 196 n. 3 Gesagten, jede Strafverfolgung weg. Vgl. § 65 n. 7. Dagegen räumt § 433 der RStPO. den in Abs. 3 genannten Personen das Recht ein, die vom Verstorbenen wegen verleumderischer Beleidigungen (mit Ausnahme des Falles der bloßen Kreditgefährdung: n. 2) angestellte Privatklage fortzusetzen; vgl. § 64 n. 7.
6. Abs. 2 gestattet beim Vorhandensein mildernder Umstände die Ver hängung einer Geldstrafe, gebietet sie aber nicht; eS kann daher trotz der mildernden Umstände auch auf Gefängniß erkannt werden. 7. Unter den zum Anträge auf Verfolgung berechtigten „Eltern und Kin dern" (Abs. 3) sind nur die leiblichen As- und Descendenten des ersten Grades zu verstehen; also nicht: Adoptiv-, Stief- und Schwieger-Kinder rc., wohl aber (aner kannte) uneheliche Kinder; contra: Puch. n. 1. Der Antrag einer jener Personen (z. B. eines einzelnen Kindes) genügt; vgl. § 62. In Betreff der Zurücknahme des Antrags vgl. § 194. 8. Da die im § vorgesehene Handlung jetzt unter den „Beleidigungen" auf gezählt ist, so kann die Verfolgung derselben, wie früher nach dem EG. z. Pr. StGB. Art. XVI im Wege der Privatklage (bzw. der Rh. Civilklage), so jetzt nach der RStPO. §§ 414. 435 im Wege der Privat- und Nebenklage erfolgen. Klagebe rechtigt sind die im Abs. 3 aufgezählten Personen (als „Verletzte" vgl. n. 1); vgl. Pr. IMVs. v. 28. Dez. 1870 Nr. 7 (IMbl. s. 381). 9. Aus demselben Grunde findet auch § 200 hier Anwendung. Ebenso: Schw. s. 509; contra: Dochow i. HH. III, 368. „Beleidigter" im Sinne dieses § 200 sind hier die Hinterbliebenen (Abs. 3); vgl. n. 1. 10. Durch § 189 ist das zivilrechtliche Gebiet der ästimatorischen Injurien klage in der Weise modificirt, daß diese Klage wegen Beleidigungen gegen Ver storbene nur beim Vorliegen der Merkmale des § 189 statthaft ist; so: Ulm 11. Dez. 77 (WGbl. XIV, 273). Vgl. § 188 n. 32.
420
Thl. II. Abschn. XIV.
Beleidigung. — § 190.
§ 190. Ist die behauptete oder verbreitete Thatsache eine strafbare Handlung, so ist der Beweis der Wahrheit als erbracht anzusehen, wenn der Beleidigte wegen dieser Handlung rechtskräftig verurtheilt worden ist. Der Beweis der Wahr heit ist dagegen ausgeschlossen, wenn der Beleidigte wegen dieser Handlung vor der Behauptung oder Verbreitung rechts kräftig freigesprochen worden ist. [I. @ntro.: §171; II. Enlw.: § 185; 191. 192. 164.
Pr. SlBB.: § 157.]
Vgl.
§§ 186. 187.
§ 190. 1. Dieser § bezieht sich auf alle Beleidigungen, welche durch die Behauptung rc. einer (zur Zeit der Begehung) strafbaren Handlung verübt werden, insoweit eS dabei auf ihre Wahrheit oder deren Erweislichkeit ankommt (vgl. § 192), somit vorzugs weise aus die §§ 186. 187. 189, sowie auf den § 185 in dem dort unter n. 3 vor gesehenen Falle; contra: Meyer s. 154; Rüd. n. 2; Dochow t. HH. III, 361 (halten den § im Falle deS § 187 für ausgeschlossen, weil dieser eine „unwahre" Thatsache erheische, somit eine formale Unwahrheit nicht genüge). 2. „Strafbare Handlung" umfaßt nicht blos Verbrechen, Vergehen und Uebertretungen, sondern auch die nur der diSciplinarischen Ahndung unterliegenden Dienstvergehen, insofern sie im förmlichen Untersuchungsverfahren durch eine (disciplinar-) gerichtliche (verurtheilende oder freisprechende) Entscheidung ihre Erledigung gefunden haben: V. 5. Nov. 52 c. Göcke. 3. Ob das verurtheilende Erkenntniß vor oder nach der betr. Behaup tung rc. ergangen oder rechtskräftig geworden, ist für die Anwendbarkeit des § ohne Einfluß. Dasselbe schließt jeden Gegenbeweis aus. 4. Dagegen schließt eine Freisprechung des Beleidigten den nachträglich zu führenden Wahrheitsbeweis (nach einem vom Reichstage gemachten Zusatze) nur dann aus, wenn das betr. Erkenntniß zur Zeit der Behauptung bereits rechtskräftig (§ 30 n. 4 ff.) war, dann aber auch ohne Unterschied, ob der Thäter von der Frei sprechung Kenntniß besaß oder nicht: ZI. 25. Juni 75 (GA. 23 s. 436); im ent gegengesetzten Falle bleibt jener Beweis statthaft. 5. Gleichgültig ist eS, aus welchem Grunde die „Freisprechung" erfolgt ist: DI. 20. April 60 Moser c. Mai; vgl. §§52—55. 56. 58. Dagegen steht ein die Strafverfolgung aus irgend welchem Grunde (z. B. wegen Verjährung, Verabsäumung deS Strafantrags rc.) für unstatthaft erklärendes Urtheil (§ 66 n. 9) der „Freisprechung" nicht gleich. Dasselbe gilt von einem Beschlusse Im Sinne des § 191: ARI. 22. Dez. 79, ARIII. 11. Febr. 80, (Entsch. I, 40 RdR. I, 338). 6. Dasselbe gilt von einer die Erneuerung der Untersuchung wegen neu ausgesundener Beweismittel nicht ausschließenden Einstellung des Untersuchungs verfahrens: ZI. 8. Sept. 59 Fischkow c. Hartwich. Vgl. RStPO. §§ 202. 210. 7. Aus dem Umstande, daß der Beleidiger bei seiner Behauptung rc. von der rc. Freisprechung des Andern Kenntniß hatte, folgt nicht mit Nothwendigkeit, daß er „wider besseres Wissen" (§§ 187. 189) gehandelt habe: ZI. 25. Juni 75 (eit. d. 4); Rüd. n. 1; contra: Schw. n. 7. 8. Abgesehen von der formellen Vorschrift deS § 190 (insbesondere also in Betress aller „nicht strafbaren Handlungen": n. 2) ist der Wahrheitsbeweis durch den Strafrichter nach Maßgabe der Strafgesetze zu erheben; es ist daher der Beweis durch Eideödelation ausgeschlossen, dagegen der Zeugenbeweis im ausgedehntesten Maße zugelassen, z. B. in Betreff einer behaupteten Trunkenheit: VI. 4. Dez. 67 (RdO. VIII, 757). Civilrechtliche Vermuthungen (z. B. in Betreff der Ehelichkeit einer Geburt) sind hier nicht maßgebend: V. 6. Sept. 73 (RdO. XIV, 514). 9. Ueber das Resultat eines angetretenen Wahrheitsbeweises hat das befaßte Gericht selbst dann zu entscheiden, wenn die betreffenden Thatsachen an sich zur Kognition einer andern Behörde gehören sollten, z. B. wenn es sich um Dienstvergehen eines Verwaltungsbeamten handelt.
Thl. II. Abschn. XIV.
Beleidigung. — § 191.
421
§ 191. Ist wegen der strafbaren Handlung zum Zwecke der Herbeiführung eines Strafverfahrens bei der Behörde An zeige gemacht, so ist bis zu dem Beschluffe, daß die Eröffnung der Untersuchung nicht stattfinde, oder bis zur Beendigung der eingeleiteten Untersuchung mit dem Verfahren und der Ent scheidung über die Beleidigung inne zu halten. [I. @ntro.:
§ 169; II. Entw.: § 186; 187. 190. 192. 69.
Pr. StGB.: § 159.)
Vgl.
§§ 164.186.
8 191. 1. In Betreff der Tragweite und Anwendbarkeit des § 191 gilt das zu § 190 n. 1. 2 Gesagte. Danach scheidet derselbe aus, insoweit trotz deS Beweises der Wahrheit eine Bestrafung auS den §§ 185. 192 Platz greift; so: ZU. 30. März 65 (RdO. VI, 34); vgl. aber § 192 n. 3. 2. Handelt eS sich um ein Dienstvergehen (§ 190 n. 2), so ist die Einleitung eines Disciplinarverfahrens als Untersuchung anzusehen. 3. Abweichend von § 164 Abs. 2 (falsche Anschuldigung betr.) erheischt § 191 nur eine „Anzeig e bei der Behörde", um das Innehalten nöthig zu machen, sollte eS auch noch nicht zur Einleitung eines Berfahrens gekommen sein. Als eine solche Anzeige ist auch daS thatsächlich begründete Verlangen der Wiederaufnahme einer zwar eingeleiteten, aber wieder eingestellten Untersuchung zu betrachten; so: Jena 77 (Voll. 25 s. 158). 4. Gleichgültig ist, von wem die Anzeige ausgegangen ist; sie braucht also nicht durch den Behauptenden re: selbst bewirkt zu fehl; auch eine amtliche Anzeige genügt; eine solche ist stets so anzusehen, als bezwecke sie die Herbeiführung eines Strafverfahrens" (n. 4a). 4a. Die Anzeige muß „zum Zwecke der Herbeiführung eines Strafverfahrens" gemacht sein; eine zu anderen Zwecken (z. B. blos zur Vertheidigung) gemachte An zeige genügt selbst dann nicht, wenn sie kraft Gesetzes die Wirkung hat, das Straf verfahren zu veranlassen; contra: Darmst. 13. März 76 (HEntsch. s. 51). 5. Sie muß „bei der Behörde", d. h. bei der zur Verfolgung zuständigen Behörde gemacht sein; jedoch genügt es, wenn eine irriger Weise an eine unzu ständige Behörde gerichtete Anzeige von dieser an die zuständige abgegeben wird; desgleichen, wenn sie einer richterlichen Behörde gemacht wird, welche zwar zur Ent scheidung nicht kompetent, aber verpflichtet ist, Anzeigen anzunehmen und an die Staatsanwaltschaft abzugeben (vgl. RStPO- § 156); die Anzeige gilt dann als bei der Staatsanwaltschaft selbst angebracht, sollte jene auch nicht getrennt und un abhängig von dem Injurienprozesse, sondern in dem letzteren selbst gemacht sein: Jena 77 (cit. n. 3). 6. Die Erklärung des Angeschuldigten: er wolle die Anzeige machen, steht selbstverständlich einer wirklichen Anzeige nicht gleich: ZI. 12. Nov. 56 c. Forsberg. 7. Hat der befaßte Richter von der „gemachten Anzeige" keine Kenntniß erlangt, so begründet die Fortsetzung deS Verfahrens keine Nichtigkeit. Dagegen muß derselbe den Einwand: „die Anzeige sei gemacht" prüfen; in Ermangelung eines ausreichenden Beweises für diese Behauptung ist die Fortsetzung des Verfahrens statthaft. 8. Der gedachte Einwand (n. 7) betrifft die Statthaftigkeit des Verfahrens, ist also prozessualischer Natur; daher kann, wie früher der Pr. Nichtigkeits richter, so jetzt der Revisionsrichter (RStPO. §§ 376ff.) prüfen, ob der Instanz richter denselben mit Recht oder mit Unrecht für unbegründet erachtet habe: V. 24. März 69, ZII. 24. März 66 (RdO. X, 186; VII, 196), ZI. 31. Ian. 79 (ib, XX, 59); vgl. Löwe s. 782. 9. Als „Beschluß, daß die Eröffnung der Untersuchung nicht stattsinde" ist die betr. Entscheidung derjenigen Behörde anzusehen, welche darüber zu befinden hat, ob der gemachten Anzeige, oder dem in Folge derselben angehobenen Verfahren weitere Folge zu geben sei oder nicht. ES gehört daher vor Allem die Erklärung
422
Thl. II. Abschn. XIV.
Beleidigung. — §§ 191. 192.
§ 192. Der Beweis der Wahrheit der behaupteten oder verbreiteten Thatsache schließt die Bestrafung nach Vorder Staatsanwaltschaft hierher, daß sie eine Verfolgung gegen den Denuntiirten nicht eintreten lassen werde: ZU. 21. Febr. 61, 24. März 66, Z. 12. Mai 69 (RdO. 1, 260; VII, 196; X, 319); vgl. RStPO. § 169. Eines förmlichen ge richtlichen Beschlusses bedarf es nicht. — Ist die Anzeige bei der dem angeblich be leidigten Beamten vorgesetzten Behörde eingereicht worden, so genügt ihre Er klärung, daß sie zu einem disziplinarischen Einschreiten keine Veranlassung finde, um dem Strafverfahren wegen der Beleidigung Fortgang zu geben, sollte die An zeige auch eine Mißthat zum Gegenstände gehabt haben; es läßt sich nicht aufstellen, daß in einem solchen Falle jene Dienstbehörde die Anzeige nothwendig vorher dem StA. mittheilen und daß dieser noch darüber befinden müsse, ob gegen den Beamten die Strafklage zu erheben sei: ZI. 19. Dez. 66 (RdO. VII, 742). — Der Beschluß erfordert keine bestimmte Form noch die ausdrückliche Erklärung, daß die Unter suchung nicht stattfinde: ZI. 31. Januar 79 (cit. n. 8). 10. Der Beschluß, daß die Untersuchung nicht stattfinde, braucht nicht rechts kräftig geworden zu sein, damit das Strafverfahren fortgesetzt werden könne (vgl. aber n. 13). Ist aber gegen denselben ein Rechtsmittel eingewendet worden, so muß auch die Entscheidung über dieses abgewartet werden. Dasselbe gilt dann, wenn der Denuntiant gegen den ablehnenden Bescheid des zur Verfolgung berufenen Be amten rc. (n. 9) bei der diesem vorgesetzten Behörde eine Beschwerde oder Gegen vorstellung erhoben hat; diese ist dann als neue „Anzeige" bei der nunmehr zu ständigen Behörde anzusehen. DaS ist aber auf Gegenvorstellungen, welche an die ablehnende Behörde selbst gerichtet werden, nicht auszudehnen. 11. Der § schreibt ein „Innehalten" mit dem Verfahren vor; eS läßt sich daher nicht aufstellen, daß bis zu dem betr. Beschlusse die Einleitnng eines Straf verfahrens (;. B. nach früherem Rhein. Verfahren die Vorladung durch den Civilkläger) unstatthaft sei; contra: ZKH. 12. März 50 (Tr. Ann. VII, 124). 12. Ebendeshalb wird auch durch die Bestimmung des § 191 der Lauf der Antragsfrist nicht gehemmt: ZI. 16. Febr. 59 (StA- 32 s. 363). Dagegen ruht die Verjährung, so lange mit dem Verfahren über die Verleumdung inne ge halten werden muß; vgl. § 69. 13. Unter der „ eingeleiteten Untersuchung" ist das eröffnete Haupt verfahren zu verstehen. Ist es hierzu gekommen, so muß dasselbe „beendet" sein, ehe das sistirte Verfahren fortgesetzt werden kann. Erfolgt die Erledigung durch eine förmliche Entscheidung über die erhobene Anschuldigung, so muß dieselbe rechts kräftig geworden sein, ehe dem die Beleidigung betreffenden Verfahren Fortgang gegeben werden darf; vgl. § 190, § 30 n. 4ff. und oben n. 10. 14. In dem gegen den Beleidigten anhängig gemachten Verfahren konnte (nach Pr. Prozeßrecht) der angebliche Beleidiger selbst dann als Zeuge eidlich vernommen werden, wenn gegen ihn vorher schon Privatklage erhoben worden war: ZI. 17. Febr. 69 (RdO. X, 93); ebenso jetzt nach der RStPO. 15. Der der Beleidigung Angeschuldigte hat, — iu Ermangelung positiver strafprozeßrechtlicher Vorschriften, — nicht das Recht, seinerseits die Einsicht der Akten zu fordern, welche in dem wider den Beleidigten anhängig gemachten Ver fahren geführt worden sind: ZU. 10. Mai 55 c. Weber. Vgl. RStPO. §§ 147 425; nach ersterem § steht jenes Recht jedoch dem Vertheidiger zu, falls die erwähn ten Akten als Beiakten zu den „dem Gerichte vorliegenden Akten" gehören; vgl. Löwe f. 461. — Ebensowenig konnte früher der Angeschuldigte Mittheilung der Gründe verlangen, aus welchen die Einleitung eines Verfahrens abgelehnt worden war; ZI. 23. Febr. 70 (RdO. XI, 110). Anders nach § 169 der RStPO-, wenn der An geschuldigte selbst der Antragsteller war.
§ 192. 1. Die Vorschrift dieses § bezieht sich auf alle Fälle, in welchen es auf die Wahrheit und Unwahrheit einer behaupteten rc. Thatsache ankommen kann, also auf alle in den §§ 186. 187. 189 und auf die zu § 185 n. 3 erwähnten Fälle; in Be treff der Beweisführung vgl. § 190 n. 8. 9.
Thl. II. Mschn. XIV.
Brleidigung.
- §§ 192. 193.
423
schrift des §185 nicht aus, wenn das Vorhandensein einer Beleidigung aus der Form der Behauptung oder Verbreitung oder aus den Umständen, unter welchen sie geschah, hervorgeht. [I. Entw.: § 168; II. Evtw.: § 187; Pr. StGB.: § 158.]
Vgl. § 193.
§ 193. lerische
Tadelnde Urtheile über wissenschaftliche, künst oder gewerbliche Leistungen, ingleichen Aeußerungen,
2. Ueber die Bedeutung der Worte: „wenn das Vorhandensein einer Belei digung auö der Form der Behauptung rc. oder auö den Umständen rc. hervorgcht" vgl. § 193 n. 6 27. Die Feststellung dieses Begriffsmerkmals wird durch diejenige der Rechtswidrigkeit nicht ersetzt: Stuttg. 7. Okt. 74 (StZ. IV, 145). 3. Eine auö § 186 erhobene Anschuldigung muß erschöpft, es darf sonach der erhobene Wahrheitsbeweis nicht deshalb abgelehnt werden, weil die Voraussetzung des § 192 zutreffe, somit eine Bestrafung aus § 185 gerechtfertigt sei: ARIII. 11. Febr. 80 (RdR. I, 338), ZU. 24. März 66, BI. 1. Nov. 67 (RdO VII, 196; VIII, 645); contra: Darmst. 5. Juni 71 (HEntsch. s. 34), Z. 4. Okt. 73, ZI. 16. Febr. 76 (RdO. XIV, 604; XVII, 117). Ebenso ist umgekehrt eine solche Anschuldigung nicht erschöpft, wenn der Instanzrichter wegen der erwiesenen Wahrheit freispricht, ohne zu untersuchen, ob nicht eine Bestrafung auö den §§ 192. 185 gerechtfertigt sei: BI. 19. Apr. 72 (GA. XX, 286); contra: OTr. 3. Dez. 75 (GA. 23 s. 516: im Falle eines InjurienprozeffeS sei die weitere Prüfung, ob aus der Form re. das Vorhandensein einer Beleidigung hervorgehe, nur dann geboten, wenn dies vom Kläger behauptet worden). 4. Auch dann, wenn die Thatsache wahr, und die (ohne beleidigende Absicht erfolgte) Behauptung derselben straflos ist, kann unzweifelhaft eine Bestrafung (aus § 185) erfolgen, wenn jener Behauptung beleidigende Urtheile hinzugesügt waren.
§ 193. Absicht, beleidig.: 2ff. 26. 27. - Feststellung: 26. 27. Allgemeingeltung: 1. AmtSbefugniß: 4. Angriff, Vertheidigung: 1'2. 13. Anschuldigung, falsche: 19. Anzeige: 4. 5. 14. 19. Aussichtsrecht: 5. Autoritätsrecht: 5. Beamter: 4. Behörde, Gesuch bet: 14. 19. Beleidigg., Dorhandens.: 2. 26.27 Bestrafung, wie? 28. Beweislast: 24. Dienstherrschaft5. 15. Doluö: 2 ff. 18. 19. 26. 27. Einwand, Prüfg.: 25. Erziehungsrecht: 5. Feststellung: 26. 27. Geistlicher: 5. Glaube, guter : 9. 15. 17 — 19, Interesse, berecht.: 15 ff. Irrthum: 9. 17. 22.
Inhalt: Klage: 13. 14. 19. Lehrer: 5. Ocffentlichkeit: 16. Pflicht: 15. - amtl. : 4. Presse: H. 15. 16. 23. 23a. Pr. StGB. §§ 154. 158: 2. 6. Prüfung v. Amtsw.: 24. Oualifiziruny, irrige: 21. Recht, Ausführung: 6 ff. • Ausübung : 11. - d. Allgemeinheit: 8. 14. 15. - Dritter: 8. - Fakultät»-: 11. - formelles: 11. - guter Glaube: 9. 15. 17ff. - Handhabung: 11. - individuelles: 8. 11. . Preßfreiheit: 11. - Redefreiheit: 11. - Vertheidigung- 12 ff. - Wahrheit zu sagen: 11. - wer? 8.
Rechtfertigung: 12. Rechteanwalt: 8. Rechtsmittel: 10. Rechtswidrigkeit: 4. Referenz: 15. Rüge, dienstl.: 4. Schiffer: 5. Sinn des § : 2ff. Umstände: 24. 27. Urtheil, tadelndes: 3. 4. Verleumdung: 1. Vertheidigung v. Rechten- 6 ff. dienlich, nothw.: 20. g. Angriff: 12 ff. 9 . 20. Ueberlegung : 22. Haare: 18. Umstand, mild.: 29. Unfug: 14. Hausrecht: 13. Unterlassung: 24. Leibesfrucht: 16. Vorsätzlichkeit: 21 — 23. Mißhandlung: 17 18. 23. Widerrechtlichkeit: 1 — 14. Privatklage: 31.
ZüchtigungS-Recht: 3 12. -Dienstbote - 11. Ehemann: 7. • Exceß: 1. 5. 6. Lehrling: 10. Irrthum: 4. Rinderzucht: 8. * Maß: 5. 6. Schulzucht 9 Schwachsinniger: 12. Zustimmung des Verletzten: 2.
1. Abgesehen davon, daß das Maximum der Geldstrafe von 300 Thalern auf 1000 Mark erhöht wurde, hat die Fassung des § durch die Novelle keine Aenderung erfahren. Dagegen ist die Tragweite desselben durch den eingeschobenen § 223a be deutend beschränkt worden. la. Selbstverständliche Voraussetzung einer „Körperverletzung" ist ihre Widerrechtlichkeit; ebenso: ARIII. 14. April 80 (RdR. I, 592); contra: Rubo s. 769; eine in den Grenzen einer gesetzlich anerkannten Berechtigung verbleibende Einwir kung aus den Körper eines Andern (;. B. eine nöthige ärztliche Operation) kann nicht strafbar sein. Die Strafvorschriften werden anwendbar, sobald jene Grenzen überschritten werden: ZI. 9. Apr. 69 (RdO. X, 216); vgl. n. 6. 2. Durch die Zustimmung des Verletzten werden die Widerrechtlichkeit und Strafbarkeit einer Körperverletzung nicht beseitigt (eine dem § 216 entsprechende strafmildernde Vorschrift ist für diesen Fall nicht gegeben): ARI. 15. Nov. 80 (RdR. II, 521); ZU. 16. Juli 68 (RdO. IX, 454); HS. I, 232. 237; ML. s. 385; Geyer i. GSaal 26 s. 280; contra: Puch. s. 229 c.; v. Wächter i. GSaal XX, 1; Schw. s. 155; vgl. § 142. 3. Derjenige, welchem das Gesetz ein ZUchtigungSrecht zuerkennt, ist da durch gleichzeitig zu der Prüfung berufen, ob Veranlassung zur Handhabung des selben vorliege und welches von mehreren erlaubten Züchtigungsmitteln anzuwenden sei; der Strafrichter darf sich daher auf eine Erörterung dieser Fragen nicht ein lassen: ARIII. 14. April 80 (RdR. I, 592), VI. 7. Apr. 64 (RdO. IV, 441); vgl. jedoch ^hwarze i. GSaal 29 s. 605. 612. Dagegen versteht eS sich von selbst, daß dem Richter die Entscheidung darüber zusteht, ob die Handlung als „Züchtigung" d. h. zu den Zwecken derselben verübt sei; wo dieses nicht zutrifft, liegt eine Körper verletzung vor: DII. 5. Okt. 65 (RdO. VI, 361). 4. Eine „Züchtigung" ist auch dann straflos, wenn der sie Vornehmende in der (wenn auch irrigen) Ueberzeugung handelte, daß bei ihm die Voraus setzungen eines gesetzlich anerkannten Züchtigungsrechtes vorhanden seien: ZU. 5. Juli 66 (RdO. VII, 414); vgl. n. 6. 5. Das statthafte Maß einer berechtigten Züchtigung ist nach dem Zwecke des Rechtes zu bemessen: VII. 5. Okt. 65 (RdO. VI, 361); in Betreff der Schulzncht vgl. n. 9. — Es kann übrigens eine Handlung, welche an sich in den Bereich der erlaubten Züchtigung fällt, durch die Art und Weise ihrer Ausführung den Charakter einer nach § 223 strafbaren Ausschreitung annehmen; alsdann muß jedoch der Strafrichter die Umstände feststellen, aus denen Solches erkennbar wird: Stuttg. 7. Okt. 74 (StZ. IV, 151).
Thl. II. Abschll. XVII.
Körperverletzung. — § 223.
469
Verletzung mit Gefängniß bis zu drei Jahren oder mit Geld strafe bis zu eintausend Mark bestraft. 6. Eine Ueberschreitung deS Züchtigungsrechts ist nur dann als vorsätz liche Körperverletzung zu bestrafen, wenn der Züchtigende sich der Ueberschreitung bewußt war: ARIII. 14. April 80 (eil. n. 3), DreSd. 22. März 75, 3. Nov. 73., Stuttg. 7. Oft. 74 (SGZ. XIX, 357; StZ. III, 330; IV, 151). Eine kulpose Ausschreitung kann nur als fahrlässige Körperverletzung strafbar sein: ZI. 30. Nov. 70 (RdO. XI, 579), Schütze s. 399; vgl. 8 222 n. 5. 6. Der Rechtöirrthnm über die gesetzliche Grenze des Züchtigungsrechts schließt die Bestrafung nicht aus. 7. In Bayern steht dem Ehemanne ein Züchtignngsrecht gegen seine Ehe frau zu ^Bayer. LR. I K. VI § 12): Münch. 17. April 75 (StZ. V, 68). An ders in Preußen: die Unstatthaftigkeit der Scheidung wegen geringer Thätlichkeiten zwischen Eheleuten gemeinen Standes (Pr. ALR. II, 1 § 701) hebt die Strasbarkeit einer Elchen Handlung nicht auf: ZI. 23. Sept. 53, 19. Mai 54 (GA. I, 710; II, 553); contra : Abh. i. GA. VII, 388. 8. Ueber das Züchtigungsrecht bei der Kinder-Erziehung vgl. Pr. ALR. II, 2 §§ 86—91, Bayer. LR.'l, 2 § 3; 7 § 11 unb Meves s. 193 (spricht dasselbe grundsätzlich als unübertragbares Recht den leiblichen Eltern, den Stief-, Adoptivund Pflegeeltern, desgleichen dem die Stelle des Vaters vertretenden Vormunde, nicht aber dem einem Minderjährigen zu irgend einem Zwecke bestellten Curator zu). 9. In Betreff der Schulzucht und des Züchtigungsrechtes der Pr. Lehrer vgl. ALR. II, 12 §§ 50—53; AKO. v. 14. Mai 1825 Nr. 4-6; und in Betreff der neuen Provinzen: Vdn. v. 16. Sept. 1867 Art. 1. 4; Komp.-GH. 19. Oft. 72 (IMbl. s. 338). Jenes Recht steht nicht blos den öffentlich angestellten, sondern auch den konzessivnirten Privatlehrern zu; vgl. AKO. v. 10. Juni 1834; St.Min.-Instr. v. 30. Dez. 1839 (VMbl. 40 s. 94); ALR. II, 12 tz§ 2-5; Verfass, v. 31. Ian. 1850 Artt. 22. 23; ebenso dem Vorsitzenden des Schulvorstandes: Erk. Komp.-GH. (IMbl. 58 s. 282); vgl. Oppenh. Ress-Ges. s. 530 n. 25; dasselbe ist, wenn auch nicht auf die Räume der Schule und die Zeit des Unterrichts, so doch auf die Schüler der eigenen Schule beschränkt: ZU. 15. März 77 (RdO. XVIII, 230). — Hier kann (arg. der eit. AKO. v. 14. Mai 1825 Nr. 6) selbst eine Ue berschreitung deS Züchtigungsrechts, durch welche dem Kinde keine wirkliche Ver letzung zugefügt wird, weder im Civil- noch im Criminalwege verfolgt werden, sie unterliegt vielmehr nur der disziplinarischen Ahndung: VKH. 28. Sept. 42 (RA. 33. II. 15); vgl. Erkk. Komp.-GH. (IMbl. 57 s. 67. 75); VII. 8. Nov. 60 (GA. IV, 136). Der Richter hat daher in einem solchen Falle nicht freizusprechen, sondern das gerichtliche Strafverfahren für unzulässig zu erklären: ZI. 3. Jan. 77 (RdO. XVIII, 9). Dagegen begründet eine Ueberschreitung des Züchtigungsrechtes, durch welche dem Kinde eine wirkliche Verletzung (d. h. eine die Gesundheit gesährdende bezw. beeinträchtigende Beschädigung: ALR. II, 12 §50; Erk. Komp.-GH., IMbl. 58 s. 77; ZI. 16. Febr. 76, RdO. XVII, 113) zugefügt wird, die Anwendbarkeit des Strafgesetzes und die gerichtliche Zuständigkeit: eit. AKO. Nr. 6. Die Frage, ob ein solcher Fall vorliege, fällt der Prüfung deS befaßten Gerichts anheim; der vorgesetzten Verwaltungsbehörde steht dann nur eventuell die Erhebung des Kon flikts nach Anleitung deS Ges.'S v. 13. Febr. 1854 zu; vgl. das Nähere bei Oppen hoff 1. c. 10. Gewerbs-Lehrlinge unterliegen gemäß § 119 (bzw. jetzt § 127: Gef. v. 17. Juli 1878) der Gew. -O. dem Züchtigungsrechte („der väterlichen Zucht") veS Lehr Herrn; dieser ist, wenn der Geschäftsinhaber sich im Betriebe deS Ge schäfts dauernd durch einen Faktor (Disponenten) vertreten läßt, der letztere: DI. 15. Dez. 75 (RdO. XVI, 799); dagegen steht arg. § 119 (bzw. § 127) eit. den den Lehrherrn (vorübergehend) vertretenden Gesellen oder Gehülfen ein solches Recht nicht zu. Die ganje Vorschrift ist auf Wirthschaftslehrlinge nicht auszudehnen: BI. 11. Mai 61 c. Warnecke; vgl. n. 11; noch auf HandlungS- und Apothekerlehrlinge anwendbar; in Betreff dieser letzteren beläßt die Gew.-O. § 126 (bzw. jetzt § 154: Ges. v. 17. Juli 1878) eS bei den bisherigen Vorschriften; vgl. MeveS s. 196, wel cher mit Rücksicht auf Art. 57, 63 des DHGB.'s den Kaufleuten und Apothekern daS Züchtignngsrecht abspricht.
470
Thl. II. Abschn. XVII.
Körperverletzung. — § 223.
Ist die Handlung gegen Verwandte aufsteigender Linie begangen, so ist auf Gefängniß nicht unter Einem Monat zu erkennen. [I. Entw.: §§ 195. 196; II. Entw.: § 218; — Nov. v. 26. Febr. 1876 Art. I. — Pr. StGB.: §§ 187.191.] Vgl. §§ 223a. 228. 231. 232. 195—199. 233. 340. 366 Nr. 7; Mil..SlGB. §§ 97.98. 122ff.; RGBG. §§ 27 (Nr. 3). 75 (Nr. 4); RStPO. §§ 414. 416. 435. Preußen: Vgl. EG. ,. Pr. StGB. Art. XVI—XVIII; Ges. v. 22. Mai 1852 Art. II; NStPO. §§ 44. 450. 497. 11. Die Dienstherrschast hat in Preußen nicht das Recht, gemiethetes Gesinde zu züchtigen; der § 227. II, 7 des Pr. ALR. bezog sich nur auf das UnterthänigkeitSverhältniß und hat mit diesem seine Geltung verloren; der § 77 der Pr. Gesinde-Ordn. v. 8. Nov. 1810, welcher dem Gesinde das Recht auf eine ge richtliche Genugthuung versagt, wenn eS die Herrschaft durch ungebührliches Betragen zum Zorn reizt und nun von dieser mit Scheltworten oder geringen Thätlichkeiten behandelt wird, — schließt zwar eine Privatklage des Gesindes gegen die Herrschaft aus, nicht aber daS Recht desselben auf Strafverfolgung anzutragen; die Strafver folgung des Staatsanwalts wird durch jene Vorschrift nicht berührt; vgl. Beschl. I. 5. Juni 61, ZI. 13. Dez. 67 (RdO. I, 415; VIII, 794); Jnn.-MVf. v. 7. Nov. 1833 Mn. XVII, 1000); contra: ZRI. 12. April 80 MR. I, 573'. Im Uebrigen stellt letztere eine nicht auszudehnende Ausnahme dar, welche einerseits auf die Herrschaft selbst (mit Ausschließung anderer Familienglieder rc.) und deren Ver treter: ZI. 7. Okt. 74 (RdO. XV, 625; hier war der Sohn der Vertreter), anderer seits auf die im Miethverhältnisse stehenden Personen („Gesinde") zu beschränken ist: VI. 3. Juni 53 (GA. I, 573). Sie findet sonach aktiv nicht ans Hausosfiziauten, z. B. einen Gnts-Jnspektor Anwendung LI. 3. März 54, GA. II, 543), eS sei denn, daß der Hausosfiziant die Verwaltung selbstständig führte, also im Verhältnisse zum Gesinde die Stelle der Herrschaft einnähme, z. B. den Dienstvertrag im eignen Namen abschlösse, das Gesinde entließe rc. (vgl. cit. Gesinde-Ordn. §§ 1. 177 ff. 171 ff.): BI. 3. Febr. 60 (GA. VIII, 278). Passiv ist § 77 nicht auf WirthschaftSlehrlinge anzuwenden: VI. 11. Mai 61 c. Warnecke; vgl. n. 10. — Ebenso läßt sich nicht ausstellen, daß der § dem Dienstherrn auch ohne Weiteres ein Recht gegen das Gesinde des Gesindes beilege: VI. 3. Mai 65 (GA. XIII, 510). — Nicht jede „leichte Körperverletzung" fällt unter den Begriff einer „geringen Thätlichkeit" im Sinne deS § 77. ZI. 11. Juli 56 c. Borngräber. 12. Der Pfleger eines Schwachsinnigen hat gegen diesen zwar kein Züch tigungsrecht, wohl aber die Befnguiß zur Anwendung von Zwangsmitteln, um einem Unfuge desselben vorzubeugen, oder nm ihn zur Folgsamkeit anzuhalten; Maßnahmen, welche über die Grenzen dieser Besugniß nicht hinausgehen, sind nicht als Mißhandlungen rc. zu bestrafen: VI. 27. März 67; vgl. VI. 28. Nov. 66 (RdO. VIII, 208; VII, 674). 13. Die Ausübung deS HauSrechtS ist nicht als Körperverletzung anzusehen: VI. 31. Mai 54 Lesser c. Amman. 14. 15. Dasselbe gilt von der durch die Umstände gebotenen Abwehr eines „groben Unfugs" (§ 360 Nr. 11), sofern demselben aus anderen Wegen nicht be gegnet werden sann, z. B. im Falle grober Ungezogenheiten fremder Kinder; ebenso: Münch. 5. Febr. 76 (BEntsch. VI, 39: vorausgesetzt, daß die betr. Handlung sofort auf der Stelle vorgenommen werde); vgl. v. Schwarze i. SGZ. 21 s. 23. Im Falle des vermutheten EiuverständniffeS der Eltern kann man das Recht, ein fremdes Kind zu züchtigen, unter Umständen sogar aus dem elterlichen Erziehungsrechte ab leiten; so: Schw. s. 546, WGbl. XV, 96; vgl. jedoch n. 8.
16. Gegenstand einer „Körperverletzung" kann nur „ein Anderer (Mensch)" sein, also nicht eine ungeborene Leibesfrucht. Dgl. § 211 n. 8. — Verletzt Jemand während desselben ununterbrochen verlaufenden Streits (mehrfach) mehrere seiner Gegner, so liegt Realkonkurrenz vor; so: Manh. 3. Febr. 77 (BAun. 43 s. 127); vgl. übrigens § 73 n. 2. 3.
Thl. II. Abschn. XVII.
Körperverletzung. — § 223.
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17. „Körperliche Mißhandlung" ist jede vorsätzliche unberechtigte Einwirkung auf den Körper eines Andern, durch welche in diesem eine Störung des körperlichen Wohlbefindens hervorgerufen wird: ZU. 5. Dez. 61, VH. 9. Nov. 65, ZI. 13. Juni 73 (RdO. II, 120; VI, 449; XIV, 422). Die Einwirkung auf den Körper deS Andern braucht weder eine unmittelbare, noch eine mechanische zu sein; ebensowenig wird erfordert, daß die Störung deS körperlichen Wohlbefindens in einem körperlichen Schmerze bestehe (: ZI. 3. Juli 63, RdO. III, 548); es genügt die Hervorrufung eines körperlichen Mißbehagens; demgemäß gehört auch eine psychische Einwirkung hierher, sobald sie störend auf das körperliche Befinden wirkt: HS. II, 145; contra: Geyer i. HH. III, 535 (zählt diesen Fall lediglich zu den Gesundheits beschädigungen^. Andere Beispiele: die Entziehung genügender Kost, die Versetzung in ein härteres Gefängniß (contra: Schw. s. 541), ein Erschrecken, eine unzüchtige Betastung (: ZU. 16. Apr. 66, 14. gebt. 67, RdO. VII, 232; VIII, 124); die Erregung von Ekel durch Beschütten mit Unrath oder durch Anspncken (: ZI. 1. Mai 63, RdO- III, 423, contra: Schw; 1. c.); vgl. eilt. VII 9. Nov. 65, ZI. 13. Juni 73. In Betreff des Unterschiedes einer „Mißhandlung" vou einer „Thätlichkeit" bzw. einer Realinjurie vgl. § 94 n. 1; § 185 n. 17. 18. Eine das Wohlbefinden nicht störende Beeinträchtigung der körperlichen Integrität, z. B. das Abschneiden der Haare ist weder eine „Mißhandlung" noch eine „Beschädigung an der Gesundheit"; vgl. Dresd. 25. März 72 (SGZ. XVI, 247); contra: ML- s. 384; Herbst i. GA. 26 s. 34. 19. „Gesundheit" ist nach der Stellung deS § im Abschn. XVII auf die Ge sundheit deö Körpers zu beschränken; eine verursachte Geisteskrankheit gehört nur dann hierher, wenn sie die Folge einer Einwirkung auf den Körper war (§ 224); contra: Schw. s. 542; Schütze s. 395; Herbst i. GA. 26 s. 23. 20. Die Gesundheitsbeschädigung braucht nicht nothwendig eine dauernde zu sein; vgl. § 224, welcher mehrere dieser Falle als schwere Körperverletzung qualifizirt. Selbst eine vorübergehende Uebelkeit ist hierhin zu rechnen; so: ML. s. 384. 21. Ueber das Erfordernis; der „Vorsätzlichkeit" vgl. § 59 n. 1—4 und in Betreff der Personenverwechslung und Aberration § 211 n. 9. 10. — Danach ist jene (abgesehen von dem auf die Verübung der äußeren Handlung gerichteten Willen) durch das Bewußtsein bedingt, daß dieselbe das Wohlbefinden des Anderen stören oder seine Gesundheit beschädigen werde: ZI. 8. Sept. 71, ZII. 6. Mai 74, ZI. 20. Okt. u. 20. Nov. 74 (RdO. XII, 436; XV, 280. 694. 806); dagegen ge nügt das Bewußtsein der Möglichkeit einer solchen Folge nicht; ein solches kann nur eine Fahrlässigkeit (Frevelhaftigkeit) begründen. Hiernach ist zu entscheiden, ob die Ansteckung der Syphilis beim Beischlaf als vorsätzliche Körperverletzung anzusehen sei; contra: ML. s. 385 (bejaht die Frage unbedingt); vgl. Schw. s. 542. — Einer über jenen Willen und jenes Bewußtsein hiuausgehenden Absicht bedarf es in keiner Weife, insbesondere nicht der Absicht zu verletzen, zu beschädigen, Schmerz oder kör perliches Unbehagen Hervorzurusen oder zu beleidigen: ZII. 5. Dez. 61 (RdO. II, 120), ZI. 20. Nov. 74 eit, Münch. 15. Juli 76 (BEntsch. VI, 382); contra: Schw. s. 542. Ebenso wird die Anwendbarkeit des § dadurch nicht ausgeschlossen, daß neben jenem Willen eine anderweitige Absicht obwaltete, z. B. die zu beleidigen (vgl. § 185 n. 17), oder die eines Scherzes oder der Befriedigung des GeschlechtStriebes: VI. 21. Okt. 64, ZI. 2. Nov. 66, ZU. 14. Febr. 67 (RdO. V, 184; VII, 604; VIII, 124), ZI. 20. Okt. 74 eit. — Der Vorsatz zu tobten schließt den Vorsatz zu beschädigen als das Geringere in sich: Z. 28. April 52 c. Kirsch; vgl. VII. 22. Juni 75 (RdO. XVI, 481); ZI. 24 Jan. 77 (ib. XVIII, 70: ließ diese Frage zwar unentschieden, erkannte aber mindestens die Möglichkeit eine6 auf Beides gerichteten Vorsatzes und diejenige der Idealkonturrenz eines TödlungSversuchS mit einer Körperverletzung an); contra: VII. 14. Dez. 76 (ib. XVII, 824: entschied, daß der Vorsatz, zu tobten, und derjenige, eine Körperverletzung zuzufügen, sich auSschlössen); vgl. BL. s. 188 n. 3. Dagegen folgt daraus, daß ein thätlicher Angriff (§ 118) immer ein vorsätzlicher ist, noch keineswegs, daß auch die bei diesem Angriffe oder durch denselben verursachte Körperverletzung eine vorsätzliche sei: ZI. 10. Dez. 75 (RdO. XVI, 792); vgl. § 118 n. 3. 22. Ob die That mit Ueberlegung verübt war, ist nur StrafznmessungSgründ. In Betreff des Auflauerns vgl. § 223a n. 4,
472
Thl. II
Abjchn. XVII.
Körperverletzung. —
223. 223a
§ 223 a. Ist die Körperverletzung mittels einer Waffe, insbesondere eines Messers oder eines anderen gefährlichen Werkzeuges, oder mittels eines hinterlistigen Ueberfallö, oder 23. Im Begriffe der „Mißhandlung" ist die Vorsätzlichkeit von selbst mit ent halten, eine „fahrlässige" Mißhandlung ist nicht denkbar: ZI. 7. Mai 69 (RdO. X, 295); da indessen der § die „Vorsätzlichkeit" ausdrücklich hervorhebt, so bedarf es nach Pr. Verfahren und nach der RStPO. ihrer ausdrücklichen Feststellung. Dasselbe gilt von der Bezeichnung der Mißhandlung als einer „körperlichen". 24. Das Vergehen kann durch eine Unterlassung (Verwahrlosung), durch Nichterfüllung einer gesetzlich begründeten Pslich t begangen werden: ZI. 5. Okt. 65 (RdO. VI, 361), DreSd. 25. März 78 (SGZ. 22 s. 267). 25. Ebenso kann eine Körperverletzung dadurch zugefügt werden, daß ein Anderer (vorsätzlich: n. 21) durch Täuschung veranlaßt wird, einen gesundheitsschädigenden Stoff zu sich zu nehmen, ohne diese Eigenschaft desselben zu kennen: ZI. 8. Sept. 71 (RdO. XII, 436); vgl. § 47 n. 3. 26. Die im § 223 vorgesehenen Fälle werden im § 232 als „leichte vor sätzliche Körperverletzungen" qualifizirt und bilden den Gegensatz zu den gefährlichen (§ 223a) und den schweren (§ 224). 27. Ueber die Statthaftigkeit einer Straf aufrechnung bei wechselseitigen leichten Körperverletzungen und Beleidigungen vgl. § 233. 28. Abs. 2 bezieht sich nur auf Blutsverwandte „der aussteigeuden Linie", also nicht auf Adoptiv- und Pflegeeltern; in Betreff des Näheren vgl. § 173 n. 2. 4; das dort Gesagte gilt auch hier^ZII. 25. Febr. 64, ZI. 26. April 65 (RdO. IV, 394; VI, 72: uneheliche Abstammung betr.). Kannte der Thäter den verwandten rc. als solchen nicht, so bleibt Abs. 2 außer Anwendung (§ 59). 29. „Mildern de Umstände" gestatten im Falle des Abs. 2 ein Hinabgehen bis zu eintägigem Gefängniß oder drei Mark Geldstrafe: § 228. 30. In Betreff der von einem Beamten in Ausübung seines Amtes begangenen vorsätzlichen Körperverletzungen vgl. § 340. 31. Eine (amtliche) Verfolgung leichter Körperverletzungen tritt nur auf An trag ein; vgl. §§ 232. 195. 196. Gemäß § 416 der RStPO- soll sie nur dann stattfinden, wenn dies im öffentlichen Interesse liegt; vgl. § 185 n. 30 (namentlich auch wegen der bedingten Zuständigkeit der Schöffengerichte). 32. Ueber die Verfolgung im Wege der Privatklage vgl. das unter § 185 n. 30 Gesagte. 33. Statthaftigkeit einer dem Verletzten zuzusprechenden Buße vgl. § 231.
§ 223a. 1. Wie im Pr. StGB, ursprünglich gleichfalls nur zwischen leichten und schweren (vorsätzlichen) Körperverletzungen unterschieden und erst später durch Ein schaltung des § 192a eine Mittelklasse, die der f. g. erheblichen Mißhandlungen, ge schaffen wurde, ebenso hat für das D. StGB, erst die Novelle, und zwar durch Einschaltung des § 223a eine solche Mittelklasse vorsätzlicher Körperverletzungen ge schaffen, deren charakteristische Eigenthümlichkeit jedoch nicht (nach Maßgabe des cit. § 192a) in der Erheblichkeit der Folgen der Mißhandlung, sondern in der gefähr lichen Art ihrer Begehung besteht; sie erhielten daher schon bei den Reichstagsver handlungen die technische Bezeichnung: gefährliche Mißhandlungen. Aus diesen Verhandlungen geht ferner unzweideutig hervor, daß jene Klaffe, von welcher alle schweren Mißhandlungen (§ 224) grundsätzlich ausgeschlossen sind, nicht etwa, wie eS die Absicht der Regierungsvorlage war, eine Unterabtheilung der leichten Miß handlungen, sondern eine besondere für sich bestehende Klasse bilden soll; eben darv' wurden die auf sie bezüglichen Bestimmungen nicht, der Regierungsvorlage gemäß, zusätzlich zu § 223, sondern in einem besonderen § getroffen; vgl. Stenogr. Ber. s. 801 u. Münch. 25. Nov. 76 (BEntsch. VI, 556: folgerte hieraus die Zuständig keit der Bayer. Bezirksgerichte). Die früheren „leichten" Mißhandlungen bilden daher jetzt zwei Klassen, die noch jetzt sogenannten leichten und die gesährtichen Miß-
Thl. II. Abschn. XVII.
Körperverletzung. — § 223a.
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von Mehreren gemeinschaftlich, oder mittels einer das Leben gefährdenden Behandlung begangen, so tritt Gefängnißstrafe nicht unter zwei Monaten ein. [I., II. Entw.: (fehlte). — Rov. v. 26. Febr. 1876 Art. II. - Pr. StGB, (fehlte).] Vgl. §§ 223. 224. 228; RGVG. § 75 Nr. 5; RStPO. §§ 255. 264. Handlungen. Beide find unter den „nicht schweren Körperverletzungen" im § 255 der RStPO.- begriffen: ZRI. 5. Febr. 80 (RdR. I, 320). 2. Demgemäß ist die Anwendung des § durch die größere oder geringere Erheblichkeit der Folgen der Mißhandlung in keiner Weise bedingt; vgl. n. 6. 3. Unter „Waffe" sind hier nach den RT.'S-Verhandlungen und nach dem nur zur besseren Verdeutlichung deS Begriffs hinzugefügten Worten: „insbesondere eines Messers oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs" nicht blos die eigentlichen Hieb-, Stich-, Stoß-, und Schußwaffen verstanden, es ist darunter vielmehr, wie der Berichterstatter v. Schwarze ausftthrte, jeder bewegliche Gegenstand begriffen, mittelst dessen eine (erhebliche] Körperverletzung durch mechanische Einwirkung her beigeführt werden kann (gleichviel, was seine eigentliche Bestimmung und gewöhnliche Verwendung ist: ZRIII. 10. März 80, RdR. I, 442]; contra: v. KrieS i. GA. 25 f. 22ff. (verlangt hier ein Werkzeug, bei dessen Anwendung regelmäßig erhebliche Verletzungen entstehen). Nach ZRIII. 15. Mai 80 (RdR. I, 781) genügt es sogar, wenn der Gegenstand nicht unbedingt, sondern nur bei der Art, wie von ihm im konkreten Falle Gebrauch gemacht war, jene Eigenschaft besaß; ähnlich: ZU. 5. Juni 79 (GA. 27 s. 535: die Berücksichtigung des Gebrauchs lasse sich nicht völlig ab weisen; nur dürfe sie nicht soweit führen, daß von allen objektiven Kriterien der Ge fährlichkeit abgesehen und letztere lediglich aus den Umständen des besonderen Falles abgeleitet werde). Dagegen fordert cit. ZRIII. 10. Mai 80 unbedingt die objektive Gefährlichkeit des im konkreten Falle gebrauchten Werkzeugs nach seiner besonderen Beschaffenheit; ebenso: ZRII. 12. Nov. 80 (RdR. II, 496: daher werde die An wendbarkeit deS § nicht ausgeschlossen, wenn ein so beschaffenes Werkzeug nur in un gefährlicher Weise gebraucht sei). ES wurden im RT. beispielsweise genannt: Stuhl beine, Knüppel, schwere Hausschlüssel, Schlagringe, Bierflaschen (Biergläser und Wein flaschen: Manh. 76, 16. Dez. 76, Stuttg. 24. Jan. 77, BAnn. 42 s. 359; 43 s. 44; WGbl. XII, 414). Selbst ein bloßer Stock oder ein aus einem Haage gerissenes Lattenstück (: Manh. 17. März 77, BAnn. 43 s. 101) kann unter Umständen als „Waffe" bezw. als „gefährliches Werkzeug" angesehen (und seine Gefährlichkeit aus der durch ihn herbeigesührten Wirkung entnommen: ZU. 14. Juni 77, GA. 25 s. 456) werden; desgleichen eine irdene Topsscherbe: DreSd. 11. Mai 77 (SGZ. 22 s. 49); desgleichen je nach seiner Beschaffenheit und der Art, wie es gebraucht worden, ein geschlossenes Taschenmesser, wenngleich dasselbe kein „Messer" im Sinne des § darstellt; so: cit. ZRIII. 15. Mai 80, Stuttg. 27. Sept. 76 (WGbl. XII, 311). Manh. 17. Febr. 77 (BAnn. 43 s. 99) schloß sogar Kleidungsstücke, welche der Thäter im Augenblicke der That am Leibe trug, nicht aus, und rechnete daher eine Körperverletzung, die durch Fußtritte mittels schwerer mit Nägeln beschlagener Stiesel zugefügt wurde, zu den hier vorgesehenen; ähnlich: cit. ZU. 5. Juni 79 (in Betreff eines Stiefelabsatzes). Das ist jedoch auf leichte Tanzstiefel nicht ohne Weiteres aus zudehnen: ZI. 27. Nov. 78 (RdO. XIX, 546: der gefährliche Charakter des benutzten Werkzeugs sei objektiv festzustellen). Auch nach der Richtung hin erleidet der Be griff tetwa durch daS Wort „Werkzeug") keine Einschränkung, daß der Gegenstand von Menschenhand verfertigt oder zugerichtet sein müßte; beispielsweise kann daher auch ein Stein eine „Waffe" darstellen; ebenso: ZI. 20. April 77 (RdO. XVIII, 283). Ueberhaupt ist die Frage, was „Waffe" sei, mehr oder weniger eine thatsäch liche, nach der Bemessenheit des EinzelfalleS zu beurtheilende; vgl. Stuttg. 10. Juli 77 lWGbl. XV, 27); contra: v. Kries 1. c. s. 38. Ob der Thäter den Gegeustand von Haus aus in der Absicht, ihn auf solche Weise zu gebrauchen, zu sich gesteckt, bezw. mitgenommen hat, ist für die Begriffsbestimmung gleichgültig. Vgl. Stenogr. Ber..s. 802, 812, 813. 4. Der Ausdruck „hinterlistiger Ueber fall" erfordert nicht die Aufwen dung einer besonderen List oder eine Täuschung Anderer: Mannh. 10. März 77
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Thl. II. Abschn. XVII.
Körperverletzung. — §§ 223 a.
(BAnn. 43 s. 102). Er wurde dem in der Regierungs-Vorlage gewählten: „heim tückischer Ueberfatt" substituirt, weil der Ausdruck „List" bereits in mehreren anderen §§ (§§ 170. 181. 234) vorkommt; es ist unter demselben namentlich das Auf lauern verstanden: Schwarze i. Stenogr. Ber. s. 802; desgleichen daS Nach- oder Boranschleichen und das Locken in einen Hinterhalt: cit. Mannh. 10. Mär; 77, ZI. 24. Oft. 77 (RdO. XVIII, 663). Immer wird aber, wie diese Beispiele zeigen, eine äußere Thätigkeit erfordert, welche darauf berechnet ist, dem Angegriffenen die Möglichkeit zu benehmen, sich von dem bevorstehenden Angriffe Kenntniß zu verschaffen und sich daraus vorzubereiten; daß ein Angriff unmittelbar und von hinten erfolgt, genügt daher nicht, eS wird vielmehr außer der objektiven Gefährlichkeit, wie sie schon durch den Ausdruck „Ueberfall" gekennzeichnet ist, auch die subjective Willensrichtung des Thäters erfordert, dem Angegriffenen die Abwehr unmöglich zu machen: ZRI. 31. Mai 80 (RdR. I, 844), cit. ZI. 24. Okt. 77; vgl. Wvlfenb. 5. Juli 78 (Br. Z. 26 s. 45). 5 „Bon Mehreren gemeinschaftlich" begangen ist im Sinne dieses § eine Mißhandlung, wenn sie durch daS (bewußte und gewollte: ZI. 27. März u. 27. Nov. 78, RdO. XIX, 174. 550) Znsammenwirken zweier (: ZI. 27. Nov. 78, ib. 551) oder mehrerer Personen verübt wird; die successive Mißhandlung derselben Person durch Mehrere fällt mithin nicht unter den §; vgl. Stenogr. Ber. s. 803fs. Wohl aber kann eine von einem Einzelnen begonnene Mißhandlung durch den Hin zutritt Anderer zu einer „gemeinschaftlich begangenen" werden. Ja selbst eine von Mehreren nach und nach verübte Mißhandlung gehört hierhin, wenn die einzelnen Akte derselben unmittelbar auf einander folgen und jeder Thäter wissentlich die That deS anderen fortsetzt und in ihren seitherigen Wirkungen in seine That gleichsam aufnimmt; so: Schw. Erg. I. s. 30; vgl. § 227 n. 5 a. Der vorherigen Verabre dung der Mehreren bedarf eS nicht (ein dahin zielender Antrag wurde im RT. ver worfen); ebenso: ZRIII. 8. Mai 80 (RdR. I, 742), cit. ZI. 27. März u. 27. Nov. 78, DreSd. 20. Okt. 77 (SGZ. 22 s. 209). — Wechselseitige Mißhandlungen zweier Personen sind selbstredend keine gemeinschaftlich begangenen. Im Uebr. vgl. § 47 n. 10ff. und die Bemerkk. zu §§ 119. 123, wo die Worte „von Mehreren gemein schaftlich" gleichfalls vorkommen. 6. Die Worte „mittels einer das Leben gefährdenden Behand lung" treffen solche Fälle, in denen der Thäter bei der Verletzung in einer Weise verfahren ist, daß nach dem Ausspruche des Arztes das Leben deS Verletzten snach dessen individueller Körperbeschaffeuheitj gefährdet war; eine an sich erhebliche Ver letzung wird dagegen auch hier nicht gefordert: Schwarze i. Stenogr. Ber. s. 803. Ob die Gefahr eine nahe oder entfernte war, und ob sie durch eine äußere oder innere Verletzung (z. B. Gehirnerschütterung) bedingt wurde, ist gleichgültig: Meves s. 346; desgleichen, ob der Thäter die Zufügung einer gefährlichen Verletzung beab sichtigte oder auch nnr die Möglichkeit einer schweren Körperverletzung voraussetzen konnte; so: Stuttg. 24. Ian. 77 (WGbl. XII, 414); vgl. n.8; Meves 1. c. Immer hin muß aber eine Gefahr (objektiv) vorgelegen haben; es genügt nicht, daß die Behandlung an sich geeignet war, das Leben zu gefährden; ebenso: Anh. z. Sch. s. 19; contra: Schw. Erg. s. 30; Manh. 22. u. 29. Dez. 77 (BAnn. 43 s. 369; 44 s. 7). 7. Der letzterwähnte (n. 6) Erschwerungsgrund und einer der anderen im § aufgeführten, namentlich auch derjenige der Begehung mittels einer Waffe rc. können sehr wohl neben einander bestehen; ihr beiderseitiges Vorhandensein motivirt eine Straferhöhung innerhalb des Strafrahmens des §: Manh. 22. Dez. 77 (cit. n. 6). 8. In subjektiver Hinsicht erfordert der § außer dem Vorsatze, wie er zum Thatbestand der leichten Mißhandlung (§ 223) gehört, nur daS Bewußtsein des Thäters von der objektiven Beschaffenheit seiner Handlung; eS ist nicht erforderlich, daß er sich auch bewußt war, das angewendete Werkzeug sei ein gefährliches oder die Behandlung eine das Leben gefährdende; so: Manh. 29. Sept. 77 (BAnn. 43 s. 299), OI. 14. Juni 80, ARIII. 29. Sept. 80 (RdR. II, 68. 271: speziell in Betreff des letzterwähnten Punkts). 9. Im Falle mildernder Umstände wird § 228 anwendbar. Hiernach besteht die praktische Bedeutung deö § 223 a weniger in der Straffchärsung, als da rin, daß die s. g. gefährlichen Mißhandlungen durch ihre Ausscheidung aus der Reihe
Thl. II. Abschn. XVII.
Körperverletzung. — § 224.
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§ 2241 Hat die Körperverletzung zur Folge, daß der Verletzte ein wichtiges Glied des Körpers, das Sehvermögen der leichten Körperverletzungen (n. 1) aufgehört haben, Antragsvergehen zu sein, (mithin auch arg. § 414 der RStPO. durch Privatklage nicht verfolgt werden können), und daß bei ihnen keine Strafaufrechnung mehr stattfindet; vgl. §§ 232, 233. — In Betreff der bedingten Zuständigkeit der Schöffengerichte vgl. RGVG. § 75. 10. Bei einer Anklage aus § 223 muß, wenn in der Verhandlung einer der im § 223a (oder § 224) vorgesehenen Umstände behauptet wird, der Angeklagte vor der Verurtheilung aus § 223a (oder § 224) aus diesen neuen Gesichtspunkt hin gewiesen werden: RStPO. § 264 Abs. 2; Löwe s. 643. — Im schwurgerichtlichen Verfahren ist die Trennung der Schuldfrage in Haupt- und Nebenfragen sowohl in dem obigen Falle als auch da statthaft, wo der straferhöhende Umstand bereits im EröffnungSbeschlusse vorgesehen war; vgl. ZRIII. 12. Mai 80 (RdR. I, 759).
§ 224. Anstifter: 15. Beamter: 21. Buße: 20. Dolus: II 13. 15. Entstellung - 5. Fahrlässigkeit: 13. Folge, alleinigeMl. • Nichteintritt: 15. - nothw ? 10. 15. * objektiv: 9.
Inhalt: Mitthäter - 11. 14. Folge, psychische - 9. Fest-, Fragstellung: 22. 23. 1 1. Schädlichkeit, andre: 11. Siechthum: 6. 8a. Gehör: 4. Sprache: 4a. Gehülfe: 1 5. Thäter, Mehrht.: 11. 14 Geisteskrankheit: 8 Theilnehmer 15. Glied, Verlust - 2. 3. Verfahren 22. 23. - wichtig: 2. Verfallen in rc. - 8a. Körperverletzung, schwere: 1. Versuch: 17. 18. Lähmung. 7. 8a. Mild. Umstände: 19.
1. Die hier vorgesehenen Fälle sind in den §§ 227. 229 als „schwere KörPerverletzungen" bezeichnet. Dgl. auch §§ 239. 251. 340. 2. Als ein „wichti ges Glied" des Körpers ist jedes anzusehen, ohne welches eine wesentliche Körperfunktion nicht in vollem Maße ausgeübt werden kann. Der Richter muß sich bei der Prüfung dieser Frage stets auf den allgemeinen Stand punkt stellen; er darf daher nicht auf die persönlichen Verhältnisse (den Beruf rc.) des Verletzten ein entscheidendes Gewicht legen. 3. Ein Glied ist „verloren", sobald es zu der Körperfunktion, für welche eS bestimmt ist, nicht mehr dienen kann; dazu ist nicht erforderlich, daß es vom Körper getrennt worden sei; eine Unbranchbarmachung rc. für immer genügt; vgl. ZPl. 24. Sept. 60 (JMbl. s. 421); Schw. n. 2; contra: ARI. 15. Nov. 80, Dresd. 2. Okt. 74 (RdR. II, 514; StZ. V, 69: fordern den physischen Verlust des Glie des; völlige Aufhebung oder erhebliche Verminderung der Gebrauchsfähigkeit, wie z. B. dauernde Steifheit der Finger, falle nicht darunter), Geyer i. HH. III, 541. Im Uebrigen vgl. n. 8a. 9. 4. Das „Sehvermögen " als die Fähigkeit, äußere Gegenstände durch das Organ der Augen wahrzunehmen, ist schon verloren, wenn nur eine Empfindung für Licht und Dunkelheit zurückgeblieben ist: ZU. 7. Mai 74 (RdO. XV, 228). — Aus dem Gegensatze „Sehvermögen auf einem oder beiden Augen" folgt, daß unter „Gehör" das Hörvermögen im Ganzen zu verstehen ist; der § bleibt somit ausgeschlossen, so lange dem Verletzten das Gehör aus einem Ohr verblieben ist. 4 a. „Sprache" ist die Fähigkeit, sich durch artikulirte Laute Anderen ver ständlich zu machen; dazu genügt noch nicht der Verlust der Stimme. 5. Als „Entstellung" sind nur bedeutende Verunstaltungen anzusehen; eS gehören daher minder erhebliche Gestaltverändernngen solcher Körpertheile, welche wenig in die Augen fallen, nicht hierher. 6. „Siechthum" ist ein chronischer KrankheilSzustand allgemeiner Natur, welcher ein Schwinden der Körperkräfte zur Folge hat; sonach genügt ein auf einen (wichtigen) Körpertheil beschränktes anhaltendes Leiden für sich allein nicht; dagegen braucht jener Zustand kein unheilbarer zu sein: Dresd. 25. März und 28. Mai 72 (SGZ. XV, 206. 251; StZ. I, 375); WGbl. VI, 699; vgl. v. Hölder ib. XI, 236. 7. „Lähmung" ist jede dauernde Unfähigkeit, einen bestimmten Bewegungs apparat des Körpers zu denjenigen Bewegungen zu gebrauchen, zu welchen er. von der Natur bestimmt ist: Gutacht. d. Pr. Deput. f. d. Med.-Wesen (Bierteljahrsschr.
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TH1- II. Abschn. XIV.
Körperverletzung. — § 224.
aus einem oder beiden Augen, das Gehör, die Sprache oder die Zeugungsfähigkeit verliert, oder in erheblicher Weise dauernd s. gerichtl. Med. XVI, Heft 1); vgl. Geyer i. HH. III, 542; contrn: Dresd. 25. M«rz 72 SGZ. XV, 206: rechnete auf Grund eines Gutachtens deö Sachs. Med.-Kolle giums nur die Bewegungsunvollkommenheiten hierher, welche in einer Funktionsstörung der Nerven oder Muskeln, nicht solche, welche in einer Erkrankung der Knochen, Bänder und Gelenke ihren Grund haben) und Liman (in KaSper's Hdb. 5. Ausl, s. 477: definirt die „Lähmung" als die aufgehobene Funktion der Bewegungs- und Empfindungsnerven). Der Begriff der Lähmung ist nicht (wie der des Siechthums) dadurch bedingt, daß die Bewegungsunfähigkeit den ganzen Körper betroffen habe; eS genügt ein derartiger Zustand, welcher auf einen einzelnen, für die Gesammtthätigkeit des Körpers wesentlichen Theil desselben beschränkt ist. Auch braucht die Unfähigkeit, diesen Körpertheil zu den bestimmungsmäßigen Bewegungen zu ge brauchen, weder unheilbar noch vollständig zu sein; in letzterer Hinsicht genügt viel mehr eine wesentliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit: Beschl. I. 15. Mai 74, Mecklenb. OG. (RdO. XV, 311; GSaal 28 s. 511); contra: (in beiderlei Hinsicht): Geyer i. GSaal 26 f. 290; vgl. auch John i. GA. 25 s. 411. — Im Uebrigen vgl. n. 8a. 8. „Geisteskrankheit" ist eine (von dem leidenden Zustande des Körpers unabhängige) Störung der Geistesthätigkeit: eine als Theilerscheinung eines vor übergehenden Körperleidens (z. B. einer Gehirnerschütterung) zeitweise vorwaltende Betäubung genügt nicht; Dauer und Heilbarkeit des Zustandes sind für den Begriff nicht wesentlich. 8a. „In Siechthum rc. verfallen" kennzeichnet diejenigen Verletzungen, deren Folgen so schwer auf den Körper oder Geist einwirken, daß dadurch gewissermaßen die Integrität deß ganzen Menschen aufgehoben wird, so: Dresd. 2. Okt. 74 (cit. n. 3 ; dasselbe erblickte daher in der völligen Steifheit eines Fingers zwar eine Läh mung, in dem Erleiden derselben aber kein „Verfallen in Lähmung"); vgl. n. 7. 9. Die schwerere Strafe des § tritt ein, wenn eine der aufgezählten Erschei nungen die mittel- oder unmittelbare „Folg^" der „Körperverletzung" war, wenn also in dieser der Grund des Eintritts jener Folge lag. Sonach trifft der § auch dann zu, wenn die Einwirkung auf den Körper zunächst eine andere Folge, und durch diese mittelbar jene Nachtheile herbeigesührt hat, z. B. wenn der Mißhandelte in Folge des erhaltenen Stoßes fiel und durch den Fall einen Knochenbruch erlitt: ZI. 23. Okt. 68 (RdO. IX, 583), oder wenn der durch die Einwirkung auf den Körper hervorgebrachte psychische Eindruck eine Geisteskrankheit herbeiführte, oder wenn die Mißhandlung eine Amputation, Trepanation rc. nöthig machte (vgl. Schw. s. 547 Note). Anders gestaltet sich die Sache, wenn durch die Handlung in einer vom Thäter nicht gewollten Weise noch eine andere fremde Kraft in Bewegung ge setzt wird, durch welche der Mißhandelte eine Verletzung erleidet, wenn sich z. B. das geladene Gewehr, womit Jemand einen Andern stößt, entladet und den letzteren, beschädigt; die bei dieser Handlung obwaltende Fahrlässigkeit (Frevelhaftigkeit) ge nügt nicht, um den Thäter wegen der Folgen der nicht gewollten Entladung aus § 224 verantwortlich zu machen; contra: ZI. 8. Jan. 69 (RdO. X, 18). 10. Gleichgiltig ist es, ob der eingetretene Erfolg nothwendig eintreten mußte, oder irgendwie abzuwenden gewesen wäre: VII. 9. Juli 63, ZI. 6. Dez. 66 (RdO. III, 559 VII, 693), Münch. 4. Febr. 73 (BEntsch. III, 107). 11. Dagegen hat der Angeschuldigte die eingetretene Folge nicht zu vertreten, wenn zu ihrer Herbeiführung andere, ihm in keiner Weise zur Last fallende Schädlichkeiten mit gewirkt haben, ohne deren Hinzutritt dieselbe nicht eingetreten sein würde: VII. 22. Okt. 74, 9. Febr. 75 (RdO. XV, 703; XVI, 110: dem nach sei eine aus § 224 bezw. § 226 gestellte Frage nicht erschöpft, wenn der Spruch der Geschworenen nur feststelle, die Mißhandlung habe den Erfolg in Verbindung mit anderen Umständen herbeigeführt, jener Spruch müsse auch feststellen, ob der Angeklagte die letzteren nicht zu vertreten habe, und ob der Erfolg ohne sie nicht eingetreten wäre). Dies gilt vor Allem da, wo eine solche Schädlichkeit erst später hinzutrat; z. B. wenn der Verletzte feinen Zustand durch ein späteres ungeeignetes Verhalten selbst so verschlimmert hat, daß erst dadurch jene Folge veranlaßt wurde.
Thl. II. Abschn. XVII.
Körpcrverlehimg. - § 224.
477
entstellt wird, oder in Siechthum, Lähmung oder Geisteskrank heit verfällt, so ist auf Zuchthaus bis zu fünf Jahren oder Gefängniß nicht unter Einem Jahre zu erkennen. [I. Eniw..- § 198; II. Entw.: § 219; Pr. StGB.: §§ 192a. 193.) 227-229. 231. 239. 251. 340; RGVG. § 73 Nr. 2.
Vgl. §§ 225.
Waren dagegen jene Schädlichkeiten schon früher vorhanden, so wird zu unterscheiden sein. Zunächst bleiben solche körperliche Zustände, welche an sich nicht nachtheilig sind und daher auch zur Herbeiführung der Folge selbst nicht mit gewirkt haben, durch die aber ihr Eintritt erleichtert worden ist, z. B. Alter, zarte Konstitution, dünne Beschaffenheit der Knochen, des Schädels re. ganz außer Betracht; sie können den Angeschuldigten von der Verantwortlichkeit nie entbinden: ZU. 6. Dez. 66 (RdO. VII, 693). Handelt eö sich aber um eine anderweitige spezielle Schäd lichkeit, z. B. um einen früher vorhandenen leidenden oder krankhaften Zustand, welcher zu der eingetretenen Folge so wesentlich mitgewirkt hat, daß diese ohne ihn durch die Körperverletzung nicht herbeigeführt werden konnte, so hastet der Urheber der letzteren für diese Folge nur dann, wenn er bei seiner That von jenem lei denden rc. Zustande Kenntniß hatte: die Annahme des Gegentheils würde dazu führen, daß selbst die geringfügigste Körperverletzung, welche einem Schwerver wundeten ohne Kenntniß von diesem Zustande zugefügt wird, aus § 224 oder 226 zu bestrafen wäre, sobald sie nur irgendwie zur eingetretenen Folge (z. B. zum Tode) mitgewirkt hat; vgl. § 227 Abs. 2; contra: ZI. 3. Juli 67, 21. Febr. 68 (RdOVIII, 437; IX, 149). Auf der andern Seite gehen Vl. 22. Mai 57, 27. Jan. 58 (GA. V, 390; VI, 242), ZU. 5. Febr. 63 (RdO. III, 253), Abh. i. GA. V, 385 zu weit, wenn sie jene Kenntniß vom Vorhandensein der anderen mitwirkenden Schäd lichkeit zur Begründung der Verantwortlichkeit für den Erfolg nicht für genügend erachten, sondern auch noch den Nachweis erheischen, daß der Angeschuldigte gewußt habe oder habe wissen müssen, wie seine That in Verbindung mit jener Schädlichkeit die nachtheilige Folge herbeiführen werde oder könne. Die diesen Fall vorsehenden, auf die Lex Aquilia bezüglichen, in der Auslegung sehr bestrittenen Stellen des Römischen Recht« bleiben hier selbstverständlich außer Anwendung. — Vgl. n. 13, § 47 n. 25. 26, Berner t. GSaal XIX, 5. 12. Abgesehen von dem unter n. 11 in Betreff des Bewußtseins von. dem Vorhandensein einer andern Schädlichkeit Gesagten, gehört zu dem Thatbestände der „schweren Körperverletzung" kein anderer Dolus als zu dem der leichten; es ge nügt also die Vorsätzlichkeit der Handlung (§ 223 n. 21). Insbesondere braucht der Dolus in keiner Weise mit auf die demnächst eingetretene Folge gerichtet zu sein; der Thäter soll alle (objektiven) Wirkungen seiner widerrechtlichen Handlung ver treten ; vgl. § 225, welcher eine Strafschärfung eintreten läßt, sobald die eingetretene Folge beabsichtigt war; vgl. ZU. 1. Juni 61, BI. 30. Apr. 62, 8. Sept. 71 (RdO. I, 414; II, 362; XII, 436); ML. s. 389. Dieserhalb bleibt der Grundsatz des § 59 in Betreff der (später eingetretenen) Folge der Handlung außer Anwendung; der selbe bezieht sich nur auf solche Thatumstände, welche „bei Begehung der strafbaren Handlung" bereits „vorhanden" sind, von deren Vorhandensein also der Thäter bei der That Kenntniß haben kann, also nicht aus solche Vorkommnisse, welche erst später zur Existenz gelangen; vgl. § 59 n. 12.
13. Ebensowenig bedarf eS einer Fahrlässigkeit in Betreff der eingetretenen Folge; selbst der Nachweis, daß eine solche nicht obwaltete, schließt die Anwendung des § nicht auS; es kommt sonach in keiner Weise daraus an, ob der Thäter jene Folge vorhergesehen habe oder hätte vorhersehen können; vgl. Stenogr. Ber. s. 666; VI. 8. Sept. 71, ZI. 1. Okt. 73 (RdO. XII, 436; XIV, 593). Schw. s. 543; contra: BL. s. 506; id. i. GSaal XIX, 5; Schütze s. 396 n. 9; vgl. aber n. 11.
14. Bei einer von Mehreren gemeinschaftlich verübten Körperverletzung ist jeder Mitthäter für die verursachte Folge verantwortlich, selbst wenn die von ihm persönlich zugesügte Verletzung weder für sich allein, noch in Verbindung mit andern zu jener Folge irgendwie mitgewirkt hat: Beschl. I. 5. Sept. 73, ZU.
478
Thl. II. Abschn. XVII.
Körperverletzung. — 8z 224. 225.
§ 223 War eine der vorbezeichneten Folgen beab sichtigt und eingetreten, so ist auf Zuchthaus von zwei bis zu zehn Jahren zu erkennen. [I. Entw.: (fehlte); II. Entw.: § 220; Pr. StGB.: (fehlte).) 231. 239.
Vgl. §§ 223. 224.
5. gebt. 74, Beschl. I. 22. Dez. 75 (RdO. XIV, 511; XV, 54; XVI, 812); vgl. § 47 n. 10. 15. Auch für die Bestrafung deS Anstifters oder Gehülfen zu einer den Voraussetzungen des § entsprechenden Körperverletzung kommt es auf Dolus oder Fahrlässigkeit in Betreff der eingetretenen Folge nicht an: sie sind als Betheiligte bei einer schweren Körperverletzung zu bestrafen, selbst wenn ihre Anstiftung nur auf eine leichte Körperverletzung gerichtet war, oder wenn ste bei ihrer Hülfeleistung nur von einer zu begehenden leichten Körperverletzung Kunde hatten (eS bleiben sonach die Grundsätze in Betreff des Excesse« deS Angestifteten außer Anwendung): DU. 17. Apr. 56 (JMbl. s. 159); HS. II, 155; Berner i. GSaal XVIII, 303; Rüd. n. 9; Schw. s. 543. — Anders im Falle des § 225; vgl. dort n. 3. 16. Da zum Thatbestände objektiv der Eintritt der im § gedachten Folge ge hört, so liegt das Verbrechen da nicht vor, wo zwar nach der Natur der Verletzung jene Folge hätte eintreten müssen, wo dieselbe aber dennoch nicht eintrat, weil der Verletzte vorher aus einem anderen Grunde starb: Beschl. II. 30. Juli 53 (GA. I, 572); vgl. Nil. 20. Febr. 73 (RdO. XIV, 151). 17. Aus der Natur des erforderten Dolus (n. 12—14) folgt, daß ein Versuch dieses Verbrechens nicht denkbar ist; zum Thatbestände desselben würde noth wendig ein aus Herbeiführung der im § gedachten Folge gerichteter Wille gehören; da aber dieser zum vollendeten Verbrechen nicht erforderlich ist, so kann er nicht Begriffsmerkmal des Versuchs sein: Beschl. II. 30. Juli 53 (eit. n. 16), BL. s. 506, id. i. GSaal XVIII, 301, Schw. s. 547, Rüd. n. 8; contra: TL. s. 853, HS. II, 153. — Handelte der Angeschuldigte mit dem oben erwähnten Vorsatze, so liegt ein Versuch des im § 225 vorgesehenen Verbrechens vor; vgl. dort n. 2. 18. Trotz der Verschiedenheit des Dolus (n. 12) kann das Verbrechen des § mit einem TödtungSversuche sehr wohl ideell konkurriren; vgl. § 223 n. 21. 19. Mildernde Umstände können nach § 228 Berücksichtigung finden. 20. Ueber die Statthaftigkeit einer dem Verletzten zuzusprechenden Buße vgl. § 231, welcher auch hier Anwendung findet. 21. In Betreff der von einem Beamten in Ausübung seines Amte- be gangenen schweren Körperverletzungen vgl. § 340. 22. Die Umstände, welche eine Körperverletzung zu einer „schweren" machen, sind prozessualisch als straferhöhende (Pr. Ges. v. 3. Mai 1852 Art. 91 Abs. 4, Pr. NStPO. § 321 u. jetzt RStPO. §§ 292 ff.) zu behandeln. Die schwurgericht liche Fragstellung muß so gefaßt werden, daß die Vorsätzlichkeit nur auf die Handlung, nicht auf den eingetretenen Erfolg zu beziehen ist. Da- geschieht am besten durch Stellung einer Nebenfrage (vgl. NStPO. 321, RStPO- § 295) oder durch Hervorhebung des erschwerenden Umstands am Schluffe der Hauptfrage vermittelst eines „und zwar so, daß rc."; vgl. JMVf. v. 29. März 1853 (JMbl. s- 134), die in GA. II, 534. 668 erwähnten JMVff. und Löwe s. 685. 23. Inwiefern es statthaft sei, die im § durch „oder" alternativ neben einandergestellten Folgen auch in der richterlichen Feststellung oder in den den Ge schworenen vorgelegten Fragen alternativ zusammenzufassen, darüber vgl. Oppenh. Pr. Strafverf. Art. 31 n. 6; Art. 80 n. 12, Mot. z. RStPO. s. 199, Löwe s. 679. Für den vorliegenden Fall erachteten VII. 13. Okt. u. 17. Nov. 53 (GA. II, 120. 94) eine Frage- oder Feststellung, die es zweifelhaft ließ, welche Alternative als er wiesen angenommen sei, für nicht genügend (?]. 24. Zuständigkeit der Strafkammern: RGVG. § 73 Nr. 2. — In Uebrigen vgl. § 223a n. 10.
§ 225. 1. Hier wird der vollständige Thatbestand des § 224 mit dem (ferneren) er schwerenden Umstande erheischt, daß die Folge von dem Thäter beabsichtigt war.
$61. II. Abschn. XVII.
KörpilVerletzung. — §8 226. 226.
479
§ 226 Ist durch die Körperverletzung der Tod des Verletzten verursacht worden, so ist auf Zuchthaus nicht unter drei Jahren oder Gefängniß nicht unter drei Jahren zu er kennen. >1. Cnlw.: § 199; II. Entw.: § 221; Pr. SlGB.: § 194.] 227. 228. 231. 239. 340.
Vgl. §§ 223.224.
§ 227. Ist durch eine Schlägerei oder durch einen von Mehreren gemachten Angriff der Tod eines Menschen oder eine schwere Körperverletzung (§ 224) verursacht worden, so ist jeder, welcher sich an der Schlägerei oder dem Angriffe 2. Der Versuch dieses Verbrechens ist möglich; das Gegentheil ist nicht anö den Worten: „war die Folge — eingetreten" zu folgern; vgl. § 224 n. 17. 3. Den Anstifter oder Gehülfen trifft die Strafe dieses § nur, insofern er Kenntniß von dem auf Herbeiführung jener Folge gerichteten Dolus des Thäters hatte: § 59; sonst wird § 224 anwendbar; vgl. § 224 n. 15; § 212 n. 6. 4. „Mildernde Umstände" können hier eine Ermäßigung der angedrohten Strafe nicht herbeiführen; § 228 bezieht sich auf diesen § nicht mit.
§ 226. 1. Die Worte: ,,Ist durch die Körperverletzung der Tod deS Verletzten ver ursacht worden . . ." (vgl. § 220) sind gleichbedeutend mit der Fassung des § 224: ,,Hat die Verletzung zur Folge, daß . . vgl. § 227 Abs. 3. ES treffen daher hier die zu jenem § unter n. 9—11. 16 gemachten Bemerkungen zu. 2. Ebenso gilt in Betreff des DoluS daS zu § 224 n. 12. 13 Bemerkte; so nach wird vorausgesetzt, daß der Wille nicht auf Verursachung des Todes gerichtet war, weil sonst § 212, und wenn der Vorsatz ein überlegter war, § 211 zutrefsen würde; deshalb bedurfte es hier einer dem § 225 entsprechenden Vorschrift nicht. — In Betreff der schwurgerichtlichen Fragstellung vgl. § 224 n. 21. 22, ZRIII. 12. Mai 80 (RdR. I, 759). Demgemäß müssen die Geschwornen über den tödtlichen Erfolg als einen die Körperverletzung qualifizirenden Umstand besonders abstimmen: VI. 23. Febr. 76 (RdO. XVII, 133), Löwe s. 685. 3. Auch hier ist der Versuch des Verbrechens undenkbar; vgl. § 224 n. 17. Handelte der Thäter mit dem Willen, durch die Körperverletzung den Tod herbei zuführen, so liegt Mord- oder TodtschlagSversuch vor; vgl. n. 2. 4. Ebenso gilt hier, waS zu 6 224 n. 14. 15 in Betreff mehrerer Mitthäter, des Anstifters oder Gehülfen gesagt ist. Demgemäß und dem unter n. 2 Gesagten zufolge liegt ein unlösbarer Widerspruch vor, wenn die Geschwornen zwei Augeklagte einer gemeinschaftlich verübten vorsätzlichen Körperverletzung für schuldig er klären, die Frage aber, ob durch diese Körperverletzung der Tod deS Verletzten ver ursacht sei, in Bezug auf einen der Angeklagten bejahen und in Bezug auf den andern verneinen: VI. 28. Jan. 76 (GA. 24 s. 30). — Vgl. auch § 212 n. 6. 5. Mildernde Umstände finden nach Maßgabe deS § 228 Berücksichtigung. Das erleidet nur dann eine Modifikation, wenn der Tod die Folge einer beabsich tigten schweren Körperverletzung (§ 225) war; vgl. § 73 n. 15. 6 a. E.; contra: John i. GA. 25 s. 404.
§ 227. Absicht: 6. 13. 14. Angriff- 5. 6 9. Anstifter- 2. Betheiligung: 9-12. Beweis: 14. 16. Doluö- 1. 6. 13. 14. 19. 20. Einheit, Ort, Zett: 5a. Fahrlässigkeit r 14. Fragstellung: 16 Gegner: 11.
Inhalt: Gehülfe: 2. Gemeinschaftlichkeit: 1. 19. Hineinztehen: 15—18. 22. Mild. Umstände: 23. Mitthäter: 1. 6. Nothwehr: 9. 18. Schlägerei: 4. 6. 9. Strafantrag: 3. Thetlnehmer: 2. 19. Tod, verursacht: 7.
Urheber: 14. 17. 19 ff. « Ermittelung: 14. 22. Mehrheit- 19. Verabredung: 6. Verletzter: 12. Verletzung: 20. Versuch: 21. Verursachung: 7. Vorsatz: vgl. DoluS. Waffe: 6.
480
Thl. II. Abschn. XVII.
Körperverletzung. — § 227.
beteiligt hat, schon wegen dieser Betheiligung mit Gefängniß bis zu drei Jahren zu bestrafen, falls er nicht ohne sein Ver schulden hineingezogen worden ist. 1. Die Vorschrift dieses § ist wesentlich polizeilicher Natur und bestraft die Betheiligung an einem Raufhandel rc., wenn durch dieselbe der Tod oder die schwere Körperverletzung eines Menschen verursacht worden ist, ohne Rücksicht darauf, ob und was dem Betreffenden außer jener Betheiligung noch zur Last fällt. Es bedarf hier nicht einer „Mitthäterschaft" (vgl. § 47 n. 10), also nicht einer Gemein schaft deS DoluS, vgl. n. 14. 15. — Mit dem hier vorgesehenen Vergehen kann eine vorsätzliche Tödtung (Körperverletzung rc.) ideell konkurriren, wenn ein Ein zelner der Betheiligten oder mehrere gemeinschaftlich sich in der Schlägerei rc. der betreffenden Mißthat schuldig machen; der dieses ausdrücklich vorschreibende Abs. 3 deS § 195 des Pr. StGB.'S ist als selbstverständlich gestrichen worden; vgl. n. 19; Münch. 12. Ian. 74 (StZ. III, 330). 2. Dritte, bei der Schlägerei selbst nicht Betheiligte, können sehr wohl zu einer solchen anst ist en oder Hülfe leisten; ebenso kann auch ein Selbstbelheiligter den übrigen (insbesondere den im Abs. 2 erwähnten) Hülfe rc. leisten: ZU. 18. März 69 (RdO. X, 162). 3. Die Verfolgung ist hier nicht durch einen Antrag des Verletzten bedingt.
Zum Absatz 1. 4. „Schlägerei" (Raufhandel), im Gegensatze zu einer wechselseitigen Miß handlung zweier Personen, ist ein in Thätlichkeiten auSgebrocheuer Streit unter mehreren (mindestens drei) Personen; daß auf jeder Seite mehrere Personen, und daß auch der Verletzte dabei „betheiligt" (n. 9) gewesen seien, wird nicht erfordert: ZU. 14. Apr. 64 (RdO. IV, 456); Manh. 21. Nov. 74, 23. Oft. 75 (BAnn. 41 s. 47; 42 s. 13). 5. Der „Angriff" muß von mindestens zwei Personen ausgegangen sein: BII. 31. Ian. 67 (RdO. VIII, 82). — Eine berechtigte Thätigkeit kann nie ein Angriff genannt werden; dagegen kann eine berechtigte (erlaubte) Thätigkeit rc. durch Überschreitung der Grenzen des Erlaubten zur unberechtigten werden: ZU. 16. Dez. 69 (RdO. X, 795); ging dann der Exceß nur von Einem aus, so bleibt der § außer Anwendung. 5a. Einheit des Orts uud der Zeit gehört nicht zum Begriffe einer Schlä gerei oder eines Angriffs. Vielmehr kann eine ununterbrochene Reihe fortgesetzter, an verschiedenen Orten verübter Mißhandlungen eine und dieselbe Schlägerei rc. darstellen: Münch. 16. Ian. 75 (BEntsch. V, 710). Ja VI. 3. Nov. 75 (RdO. XVI, 710) nahm sogar an, der Umstand, daß Jemand von verschiedenen Personen an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten angegriffen wurde, hindere nicht, das Ganze als einen einheitlichen Angriff aufzufassen, wenn die Kenntniß von der Absicht und dem Zwecke des Einen den Andern zur selbständigen Mitwirkung be stimmt habe. (In casu lag zwischen den einzelnen Vorfällen ein einstttndiger Zeit raum.) Vgl. § 223a n. 5. 6. Ob die Schlägerei (der Angriff) als solche verabredet war, ist für den Thatbestand des Abs. 1 gleichgültig. Haben sich mehrere verabredet, einer bestimm ten Person eine Körperverletzung zuzusügen, so werden sie in der Regel Mitthäter der letzteren sein. 7. Der Tod (die schwere Körperverletzung) muß „durch die Schlägerei (den Angriff) verursacht", eS muß also diese Folge durch bei der Schlägerei rc. ver übte Thätlichkeiten herbeigeführt sein; vgl. in Betreff deS Näheren § 226 n. 1; § 224 n. 9—15; demgemäß bleibt der § außer Anwendung, wenn jene Folge ledig lich einem andern, den bei der Schlägerei rc. Beseitigten vollständig fremden Er eignisse zuzuschreiben ist. — Daß jenes der Fall sei, muß den Angeschuldigten nach gewiesen werden; es liegt ihnen in dieser Beziehung kein Gegenbeweis ob: BII. 1. Juli 69 (RdO. X, 471). — Ob der eingetretene Erfolg vorauözusehen war, ist gleichgültig: Dreöd. 25. Okt. 75 (SGZ. XX, 179); vgl. n. 14. 8. Ist durch die Schlägerei rc. keine der unter n. 7 erwähnten Folgen ver ursacht worden, so bleibt der § außer Anwendung; dagegen werden Diejenigen,
Thl. IT. Abschn. XVII
Körperverletzung. - § 227.
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Ist eine der vorbezeichneten Folgen mehreren Verletzungen zuzaschreiben, welche dieselbe nicht einzeln, sondern nur durch ihr Zusammentreffen verursacht haben, so ist jeder, welchem welche sich bei einem solchen Vorfälle einer Waffe rc. bedient haben, von der Strafe des § 367 Nr. 10 betroffen. 9. Die Ausdrücke „sich beiheiligen" und „Betheilignng" sind hier nicht auf den technischen Begriff der Theilnahme (§§ 47ff.) zurückzuführen: DreSd. 2. Ott. 74 (StZ. V, 70). AlS „beth eiligt" an der Schlägerei ist vielmehr Jeder anzu sehen, welcher sich unter den Streitenden befunden hat und irgendwie dabei thätig war: ZU. 8. Mai 62 (RdO. II, 384); Geyer i. HH. III, 553; contra: ZI. 31. Okt. 62, 13. Sept. 67 (RdO. III, 98; VIII, 515: erachten die bloße Anwesenheit unter den Streitenden für genügend). IedeSfalls ist die Art und Weise, wie sich die streitende Thätigkeit kund gab, gleichgültig; anreizende Worte rc. können auSreichen; es bedarf daher nicht deS Nachweises, daß der Angeschuldigte selbst ge schlagen habe: Z. 22. Febr. 71 (RdO. XII, 105). Ebendeshalb kann aus § 227 bestraft werden, wer einen Andern im Zustande der Nothwehr tödtet, wenn die Tödtung bei einer Schlägerei vorfiel, welche er selbst durch herausfordernde Worte veranlaßt hatte: Manh. 23. Okt. 75 (ctt. n. 4); vgl. n. 18. Dagegen ist Derjenige, welcher aus der Entfernung Hülse leistete (z. B. die Thüre verschloß, die Lichter auslöschte, durch Ruf anreizte rc. rc.), nicht „Betheiligter". — Dieselben Grundsätze sind auch in Betrefi der Betheiligung an einem Angriffe maßgebend. 10. Die Betheiligung muß zu der Zeit stattgefunden haben, wo die Ver letzung zugesügt wurde; wer sich vorher entfernte oder erst später hinzukam, ist nicht strafbar: VII. 12. Dez. 63, 7. Juli 70 (RdO. IV, 228; XI, 401); vgl. übri gens n. 5a. 11. Die Strasvorschrist ist bei dem Falle einer „Schlägerei" (und keines „Angriffs") nicht aus diejenigen Beiheiligten zu beschränken, welche Gegner des Getödteten rc. gewesen sind, oder mit ihm gerauft haben; auch die Streitgenoffen des letzteren werden mit betroffen: ZU. 6. Okt. 74 (RdO. XV, 616); selbst wenn sie bei derselben Gelegenheit gleichfalls verwundet worden sind: Manh. 23. Okt. 75 (BAnn. 42 s. 13); vgl. n. 12. 12. Derjenige, welcher selb st die Körperverletzung erlitten hat, wird, auch wenn er bei der Schlägerei rc. mit „betheiligt" war (n. 9. 10), dieserh alb nicht von der durch Abs. 1 angedrohten Strafe betroffen: Vl. 13. Mai 59 (IMbl. s. 187); ML. s. 409; contra : Schw. n. 11; das Gegentheil tritt ein, wenn außer ihm noch ein Anderer eine schwere Körperverletzung rc. erlitten hat: ZU. 27. Okt. 70 (RdO. XI, 535); auch bleibt jener selbstverständlich für alle von ihm selbst verübten Hand lungen (Körperverletzung rc.) verantwortlich: ZI. 28. Apr. 69 (ib. X, 274). 13. Der DoluS besteht hier in der Vorsätzlichkeit der konkreten, von dem Einzelnen vorgenommenen Handlung, verbunden mit dem Bewußtsein einer Be theiligung an der Schlägerei rc.: ZI. 10. Febr. 54 (GA. II, 670), Manh. 21. Nov. 74, ctt. n. 4; daß der Vorsatz (Wille) auf die Betheiligung gerichtet gewesen sei, ist nicht erforderlich: ZU. 24. März 66 (RdO. VII, 99). 14. Ebensowenig wird erfordert, daß in Beziehung auf die durch die Schlägerei rc. verursachte Folge (Tod rc.) dem Angeschuldigten oder überhaupt einem der bei jener Betheiligten nachweislich irgend eine Vorsätzlichkeit oder auch nur eine Fahrlässigkeit zur Last falle: ZI. 27. Nov. 63 (RdO. IV, 221); viel mehr genügt es, wenn objektiv die Tödtung rc. durch die Schlägerei rc. verursacht ist damit Jeder, welcher sich an derselben mit dem unter n. 13 erwähnten DoluS betheiligt hat, der Bestrafung anheimfalle. Man darf somit hier nicht von einer vermutheten Verschuldung bei der Tödtung rc. sprechen; selbst der Nachweis des Gegentheils würde den Einzelnen nicht von der Strafe befreien. — Ebenso ist es für die Bestrafung aus Abs. 1 gleichgültig, ob ein Anderer als Urheber der Tödtung rc. ermittelt ist: VI. 31. Okt. 62, 3. Juli 63, ZI. 4. März 68 (RdO. III, 98. 543; IX, 174), und ob der Angeschuldigte von dessen Beiheiligung an der Schlägerei rc. Kenntniß besaß; das Gegentheil folgt nicht aus § 59: Manh. 21. Nov. 74 cit. n. 4.
Oppenhoff, D. Strafgesetzbuch.
8. AuSg.
31
482
THI. II. Abschn. XVII.
Körperverletzung. — § 227.
eine dieser Verletzungen zur Last fällt, mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren zu bestrafen. [I. Entw.: § 200; II. Entw.: § 222; Pr. StGB.: § 195. J 231. 367 Nr. 10; RGBG. § 73 Nr. 2.
Vgl. §§ 224. 226. 228.
Preußen: Vgl. NStPO. §§ 110.321.322.
15. Ein Hineinziehen ohne eigenes Verschulden ist bei einer Schlägerei, nicht aber bei einem Angriffe denkbar; vgl. § 367 Nr. 10; contra: Schütze s. 398 n. 13. Ein solche- unverschuldetes Hineinziehen ist vorzugsweise bei denjenigen Personen anzunehmen, welche entweder selbst angegriffen worden find, oder sich lediglich zu einem berechtigten Zwecke, z. B. um Frieden zu stiften, um Beschädigungen abzuwenden oder um Verletzte wegzuschafsen, unter die Streitenden begeben und sich dabei lediglich Vertheidigung-weise verhalten. Da« Gegentheil gilt von Denen, welche anfänglich ohne Verschulden hineingezogen, sich demnächst frei willig, also ohne Noth, an der Schlägerei beteiligten, m. a. W. unverschuldet in eine Schlägerei hineingezogen ist nur Derjenige, welchen rücksichtlich seiner gesummten Betheiligung, mithin nicht blos rücksichtlich des Beginns, sondern auch rücksichtlich de- Verlaufs derselben keine Schuld trifft; so: ZI. 28. April 75 (RdO. XVI, 312), 16. Da- unverschuldete Hineinziehen bildet einen Strafausschließungs grund; so lange ein solche- nicht erwiesen wird, ist Strafbarkeit anzunehmen; es bedarf daher auch nicht der Feststellung, daß ein solches nicht stattgefunden habe: ZU. 12. Nov. 73 (RdO. XIV, 711). — Ob ein solches Hineinziehen rc. anzunehmen sei, hat der Instanzrichter von Amtswegen zu prüfen; von einer Beweislast des Angeschnldigten kann keine Rede sein. Die Stellung einer hierauf bezüglichen schwur gerichtlichen Frage war früher, wenn beantragt, unerläßlich; sonst unterlag sie dem richterlichen Ermessen: cit. ZU. 12. Nov. 73; ZI. 28. Apr. 75 (cit. n. 15). Jetzt kommt dagegen da- s. 127 n. 8 a. E. Gesagte zur Anwendung. 17. Auch wenn ein unverschuldetes Hineinziehen festgestellt, und daher eine Bestrafung aus Abs. 1 ausgeschloffen ist, trifft Jeden die durch seine persönliche Hand lung verwirkte Strafe (§ 223 ff.), insofern ein solcher Fall nach dem unter n. 15 Ge sagten überhaupt vorkommen kann. 18. Denjenigen, welcher schuldbarer Weise in eine Schlägerei verwickelt worden ist, trifft die Strafe des Abs. 1 selbst dann, wenn er demnächst in derselben nur Nothwehr au-geübt hat: ZU. 17. Okt. 67 (RdO. VIII, 607); vgl. n. 9.
Zum Abs. 2. 19. Wird Derjenige unter den Betheiligten ermittelt, welcher die schwere rc. Körperverletzung zugefügt hat, so trifft ihn in (in Ideal-Konkurrenz) die hierdurch verwirkte Strafe: dasselbe gilt von mehreren „Mitthätern"; vgl. n. 1. Ist dagegen die im Abs. 1 bezeichnete Folge nicht durch eine einzelne, sondern durch das Zu sammenwirken mehrerer, von verschiedenen Betheiligten (ohne Gemeinschafts. Dolus) zugefügter Verletzungen verursacht worden, so wird Jeder der Urheber jener Verletzungen von der schwereren Strafe des Abs. 2 betroffen. Das gilt selbst dann, wenn nicht alle, sondern nur einer oder nur einzelne dieser Urheber ermittelt werden. — Die Urheber solcher Verletzungen, welche zur Herbeiführung jener Folge nicht (er. weislich) mitgewirkt haben, sind nur aus Abf. 1 bezw. wegen der ihnen persönlich zur Last fallenden Mißthat (leichter Körperverletzung rc.) zu bestrafen. Dasselbe tritt ein, wenn von verschiedenen Personen verschiedene Verletzungen zugelügt sind, und sich nicht feststellen läßt, durch welche derselben (im Einzelnen oder im Zusammen wirken) die eingetretene Folge verursacht worden ist. 20. „Ver letzungen" bezeichnet hier nicht blos äußere Wunden oder Be schädigungen im Innern des Körpers, sondern umfaßt alle thätlichen Einwtrkungen auf den Körper, welche nachweislich eine mitwirkende Ursache der eingetretenen Folge gewesen sind: Beschl. I. 2 Apr. 62 (RdO. II, 331). Dieselben müssen vor sä tzlt ch zugefügt sein; ein lediglich fahrlässige- Handeln genügt nicht. 21. Der Versuch de- im Abs. 2 vorgesehenen Verbrechen- ist au- den zu § 224 n. 17 entwickelten Gründen nicht denkbar; dagegen kann mit dem Vergehen de- Abf. 1 der Versuch de- im § 225 vorgesehenen Verbrechen- sowie der Versuch eine- Morde- oder TodtschlagS ideell konkurriren.
Tbl. II. Abschn. XVII.
Körperverletzung. — §§ 228. 229.
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§ 228 Sind mildernde Umstände vorhanden, so ist in den Fällen des § 223 Absatz 2 und des § 223 a auf Gefängniß bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bis zu ein tausend Mark, in den Fällen der §§ 224 und 227 Absatz 2 auf Gefängniß nicht unter Einem Monat, und im Falle des § 226 auf Gefängniß nicht unter drei Monaten zu erkennen. [I. Entw.:
§ 201; II. Entw.: § 223; — Nov. v. 26. Febr. 1876 Art. I. — Pr. StGB.: § 196-1 Vgl. §§ 223-227. 212. 367 Nr. 10. 370 Nr. 5.
Wer vorsätzlich einem Anderen, um dessen Gesundheit zu beschädigen, Gift oder andere Stoffe beibringt, welche die Gesundheit zu zerstören geeignet sind, wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft. § 229.
22. Das „Hineinziehen ohne eigenes Verschulden" (Abs. 1) schließt die Strafe ans Abs- 2 nicht aus; in Betreff der hier genannten Personen kann eS nur bei der Strafzumessung in Betracht kommen: ZI. 28. April 75 cit. n. 15. 23. Im Falle des Abs. 2 finden mildernde Umstände nach Maßgabe des § 228 Berücksichtigung. 24. Zuständigkeit der Strafkammern: RGDG. § 73 Nr. 2.
§ 228. 1. § 228 sprach in seiner ursprünglichen Fassung ausdrücklich nur von den Fällen der §§ 224. 227 Abs. 2. 226 und schloß die Ermäßigung der Strafe allgemein aus, wenn die Handlung gegen Berwandte aussteigender Linie begangen war. Da letztere Bestimmung bei erweislicher Provokation zu Härten führte, so hat die Novelle dieselbe gestrichen, — vgl. Mot. zu Nov. s. 53, — und demgemäß auch eine ge milderte Strafe für die Fälle des § 223 Abs. 2 normirt. Außerdem sind durch die Novelle die Fälle des neu eingeschalteten § 223a berücksichtigt. Dagegen ist der § auch jetzt noch unanwendbar auf die Fälle des § 225. 2. Ob mildernde Umstände anzunehmen seien, unterliegt dem thatsächlichen Ermessen deS Instanzrichters, welcher dabei die im § 213 speziell hervorgehobenen Thatsachen berücksichtigen kann.
§ 229. 1. Der Ausdruck „Gift" ist beibehalten, weil er der Auffassung des gemeinen Lebens entspricht und weil durch den Zusatz „oder andere Stoffe, welche die Gesund heit zu beschädigen ^zerstörenj geeignet sind", genugsam angedeutet wird, daß auch Gift objektiv dieselbe Eigenschaft haben müsse. Mag sich auch die Natur eines Stoffes als „Gift" nach den Grundsätzen chemischer und medizinischer Wiffenschast nicht allgemein bestimmen lassen, so handelt eö sich doch hier nicht um eine solche abstrakte Feststellung des Begriffs. Der § hat nicht durchweg Stoffe im Auge, welche unbedingt und unter allen Umständen gesundheitsschädlich sind; vielmehr ist im Einzelsalle mit Rücksicht auf die Qualität und Quantität des Stoffes, auf die körperliche Beschaffenheit desjenigen, welchem derselbe beigebracht worden, überhaupt auf die besonderen Umstände zu entscheiden, ob der Stoff jene Eigenschaft besitze. So: die Mot. s. 114. Vgl. HS. II, 168 und unten n. 3. 2. Im Allgemeinen bezeichnet „Gift" einen Stoff, welcher geeignet ist, auch in kleiner Dosis durch seine chemische Beschaffenheit die Gesundheit zu zerstören; vgl. Skrzeczka i. StRZ. VI, 258. 266; Lion i. GA. XIV, 797; Gutachten d. Pr. wiss. Dep. s. d. Med.-Wesen (Beil. z. I. Entw. d. StGB.'S s. 28). Ist die Qua lität eine« Stoffes als Gift festgestellt, so bedarf eS daneben nicht noch der ferneren Feststellung, daß derselbe jene Eigenschaft habe: ZI. 11. April 56 (Entsch. 33 s. 218); vergl. aber n. 3 3. Eine wegen ihrer Kleinheit durchaus unschädliche Quantität eine- im Allgemeinen zu den giftigen gerechneten Stoffes ist nicht als „Gift" im Sinne des § anzusehen; mit einem solchen kann weder eine Vergiftung noch ein VergiftungS-
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Thl. II. Abschn. XVII.
Körperverletzung. — § 229.
Ist durch die Handlung eine schwere Körperverletzung ver ursacht worden, so ist auf Zuchthaus nicht unter fünf Jahren und, wenn durch die Handlung der Tod verursacht worden, auf Zuchthaus nicht unter zehn Jahren oder auf lebensläng liches Zuchthaus zu erkennen. [I. @nlto.: § 202; II. Entw.: § 224; 231. 211 ff.
Pr. StGB.: §197.]
Vgl. §§ 224.225.
versuch begangen werden: ZU. 16. März 63 (RdO. III, 396). Ist dagegen die beigebrachte Quantität so groß, daß sie auf irgend einen Menschen gesnndheitbeschädigeud wirken kann, so ist sie ein „Gift" und geeignet als Mittel zur Begehung des Verbrechens zu dienen, sollte eS auch an anderen Bedingungen der Wirksamkeit im konkreten Falle fehlen: ZI. 11. Apr. 56 (eit. n. 2); VI 17. Jan. u. 21. Mai 62 (RdO. II, 207. 411); HS. II, 168. Daher reicht eS zur Annahme der Gisteigen schaft hin, wenn die einem Erwachsenen beigebrachte Menge auch nur bei einem Kinde hätte schaden können; so: ZI. 3. Nov. 75 (RdO. XVI, 706); vgl. jedoch n. 1.
4. Mit Rücksicht auf den schwer zu bestimmenden Begriff des Gistö führt der § neben demselben auch noch andere Stoffe auf, „welche geeignet sind, die Gesund heit zu zerstören"; vgl. n. 1. Daraus folgt, daß auch zu diesen Stoffen mir solche zu zählen sind, welche, wie das Gift, eine chemisch dynamische Wirkung auSüben, nicht also diejenigen, welche nur durch ihre Form oder Schwere auf mechanischem Wege den Körper beschädigen: HS. II, 167; contra: Puch. n. 1 (er zählt auch zerstoßenes Glas hierher). — Vorausgesetzt wird auch hier, daß der Stofs geeignet sei, die Gesundheit zu „zerstören"; eine bloße Schädlichkeit genügt nicht. 5. Die „Vorsätzlichkeit" bezieht sich zunächst auf die Handlung der Bei bringung, setzt aber sodann auch die Kenntniß (das Bewußtsein) voraus, daß der beigebrachte Stoff ein Gift oder sonst zur Zerstörung der Gesundheit geeignet sei. 6. Außer der Vorsätzlichkeit (n. 5) erheischt der § die Absicht, „die Gesundheit zu beschädigen" (Gift wird häufig als Arznei benutzt). Es genügt jede auf Störung des Gesundheitszustandes gerichtete Absicht, sollte jene auch nur in der Er regung vorübergehender Schmerzen bestehen: ZI. 21. Mai 62 (RdO. II, 411); HS. I. c. War der Vorsatz aus Tödtung gerichtet, so liegt Mord (Todtschlag) oder der Versuch dieser Verbrechen vor; das gilt selbst dann, wenn die Absicht dahin ging, den Andern nach und nach zu tobten. Jener Vorsatz schließt übrigen- die Absicht, die Gesundheit zu beschädigen, nicht aus, so daß Mord und die Mißthat des § 229 ideell konkurriren können: BH. 22. Juni 75 (RdO. XVI, 481). 7. Das Gift :c. muß „beigebracht", d. h. in irgend einer Weise in den Organismus eingeführt sein. Dahin gehört auch das Einathmenlassen narkotisch wirkenden Gifte«: ML. s. 401 n. 10. ES genügt, wenn der Andere veranlaßt wird, selbst den Stoff (ohne Kenntniß von seiner gesundheitzerstörenden Eigenschaft) zu sich zu nehmen: Geyer i. HH. III, 563; vgl. § 47 n. 3; § 220 n. 3; § 223 n. 25; in dieser Beziehung ist sonach der Begriff deS Beibringens hier ein anderer, als im § 218, welcher die Kenntniß der Schwangeren voraussetzt (vgl. § 218 n. 8). Um gekehrt setzt der § nicht nothwendig eine heimliche Beibringung voraus; sie könnte z. B. auch gewaltsam erfolgen. 8. DaS Verbrechen ist mit der Beibringung des Stoffs vollendet, sollte auch eine Gesundheitsbeschädigung nicht herbeigeführt sein: ZI. 11. Apr. 56, VI. 21. Mai 62 (eit. n. 2. 3); Schütze s. 404. Es kann dann von Anwendung der für den Der. such geltenden Grundsätze, z. B. von Straflosigkeit wegen thätiger Reue (§ 46 n. 2) keine Rede sein: Geyer i. HH- HI» 563; ML. s. 401; contra: Schw. n. 4. 9. Beim Abs. 2 ist in Betreff der V er u r s a ch u n g des Todes oder einer schweren Körperverletzung das zu § 224 n. 9—16, und zu § 226 n. 1. 2. Bemerkte anwendbar. 10. Ein Versuch des im Abs. 1 vorgesehenen Verbrechens ist möglich, und nach Maßgabe der 88 44. 46 strafbar: ZU. 16. Nov. 54 (JMbl. 55 s. 34), VI. 21. Mai 62 (eit. n. 3). Dagegen ist ein Versuch deS in Abs. 2 erwähnten Verbrechens aus den zu § 224 n. 17 entwickelten Gründen undenkbar; contra: HS. II, 171; Schütze j. 404 n. 10.
Thl. II. Abschn. XVII.
Körperverletzung — § 230
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§ 230. Wer durch Fahrlässigkeit die Körperverletzung eines Anderen verursacht, wird mit Geldstrafe bis zu neun hundert Mark oder mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft. War der Thäter zu der Aufmerksamkeit, welche er aus den Augen setzte, vermöge seines Amtes, Berufes ober Ge werbes besonders verpflichtet, so kann die Strafe auf drei Jahre Gefängniß erhöht werden. [I. Cnlw.: § 203; II. Enlw.: § 288; Pr. SlGB.: § 198.] Vgl. §§ 231. 232.195. 196. 198. 326. 327. 330; Gew.-O. §§ 18. 107. 143 ff.; RJmpfges. v. 8. April 1874; RSlPO. §§ 414. 416. Preußen: Vgl. RSlPO. 88 448—450. 487 Nr. 3.
§ 231.
In allen Fällen der Körperverletzung kann auf
§ 230. 1. Ueber den Begriff der „Fahrlässigkeit" und die „Verursachung" einer Körperverletzung durch dieselbe vgl. § 59 n. 19—27; § 222 n. 3. 2. „Körperverletzung" umfaßt auch hier jede Gesundheitsbeschädigung; ebenso: ZU. 17. April 79 (RdO- XX, 215); vgl. § 223 n. 19. 20. ES gehören daher hierhin alle nachtheiligen Einwirkungen auf den Körper, selbst die durch geistige Affektionen z. B. durch ein Erschrecken hervorgebrachten. 3. Der Strafe des § unterliegt auch Derjenige, welcher wissend, daß er an der Syphilis leidet, mit einer andern Person den Beischlaf vollzieht, und diese an steckt: ZI. 6. Sept. 61 c. Hofsmann. Vgl. § 223 n. 21. 4. In Betreff der Voraussetzungen des Abs. 2 vgl. § 222 n. 5ff.; in Betreff der Kunstfehler der Aerzte vgl. ib. n. 12 u. ZU. 17. April 79 (eil. n. 2). — Wer bei der Ausführung einer Impfung fahrlässig handelt, wird mit Geldstrafe bis zu 500 Mark oder mit Gefängnißstrafe bis zu drei Monaten bestraft, sofern nicht nach dem StGB, eine härtere Strafe eintritt: RJmpfges. v. 8. Apr. 1874 § 17. — Als Fahr lässigkeit im Sinne des Abs. 2 kann es unter Umständen angesehen werden, wenn ein Schlächter unterläßt, die von ihm geschlachteten Schweine vor dem Verkaufe deS Fleisches auf Trichinose untersuchen zu lassen, selbst wenn letzteres nicht Polizeilich vorgeschrieben ist: Zl. 3. Nov. 75 (RdO. XVI, 708). Doch ist im Falle der unter lassenen mikroskopischen Untersuchung nicht stets Fahrlässigkeit anzunehmen: ZI. 18. April 79 (RdO. XX, 217). 5. Wie früher nach der Pr. NStPO. § 487 Nr. 3, so kann jetzt nach § 414 der RStPO. eine nur aus Antrag (§ 232) verfolgbare fahrlässige Körperverletzung im Wege der Privat!läge verfolgt werden. Die öffentliche Klage ist gemäß § 416 ib. nur dann zu erheben, wenn dies im öffentlichen Interesse liegt. Im Uebrigen vgl. § 185 n. 30; § 188 n. 16. 6. Im 8 326 ist die Verübung einer gemeingefährlichen Handlung der in den §§ 321—324 bezeichneten Art aus Fahrlässigkeit, wenn durch dieselbe ein Schaden verursacht worden ist, mit einer (geringeren) Strafe bedroht; dagegen droht § 327 eine (schwerere) Strafe an, wenn die Verletzung der zur Abwehr einer ansteckenden Krankheit angeordneten Absperrungs-Maßregeln die Erkrankung eines Menschen zur Folge gehabt hat. Beide Thatbestände können leicht mit dem des § 230 ideell konknrriren; über die Verschiedenheit der im § 326 und der hier vor ausgesetzten Fahrlässigkeit vgl. § 222 n. 13. 7. Die Verletzung der allgemein anerkannten Regeln der Baukunst durch den Leiter eines Baues zieht nach § 330 Bestrafung nach sich, sobald dadurch eine Ge fahr für Andere entstanden ist; wird dadurch eine Körperverletzung herbeigeführt, so wird unbedenklich § 230 Abs. 2 anwendbar. Vgl. § 59 n. 30.
§231. 1. Dieser § findet „in allen Fällen" der Körperverletzung" (§§ 223— 230; vgl. § 207) Anwendung: Stenogr. Ber. s. 668; also auch beim Raushandel
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Thl. II. Abschn. XVII.
Körperverletzung. - § 231.
Verlangen des Verletzten neben der Strafe auf eine an den selben zu erlegende Buße bis zum Betrage von sechstausend Mark erkannt werden. Eine erkannte Buße schließt die Geltendmachung eines weiteren Entschädigungsanspruches aus. Für diese Buße haften die zu derselben Verurtheilten als Gesammtschuldner. [I. Entw.: (fehlte); II. Emw.: 8225; Pr. StGB.: (fehlte).) Vgl. §§ 188; RStPO. §§ 414 ff. 443 ff. 495.
(§ 227); ebenso im Falle der Beibringung von Gift (§ 229): Herzog i. GL>aal 27 s. 198ff., und bei der fahrlässigen Körperverletzung: Jena (Voll. XX, 271). Die Anwendbarkeit des § wird auch dadurch nicht ausgeschlossen, daß mit der Körper verletzung eine andere Mißthat ideell konkurrirte, sollte auch die Strafver hängung au« dem die letztere betreffenden Gesetze erfolgen; vgl. § 188 n. 20; Stengl. i. GSaal 24 s. 343; contra: Merkel i. HH. IV, 229. Dagegen scheidet der § aus, wenn die Bestrafung lediglich wegen einer andern Mißthat erfolgt, deren That bestand die Begriffsmerkmale'einer Körperverletzung mit umfaßt; Beisp.: §§ 118. 221. 239. 251. 315. 321. 340; vgl. § 340 n. 10; Stengl. 1. c.; Herzog 1. c. — Entgegen dem Eingangs Gesagten, erläutert eine andere Ansicht, welcher namentlich v. Wächter [bie Buße, Leipz. 1874] s. 49ff. huldigt, die Ausdrücke „Körperverletzung" und „Verletzter" nicht aus den §§ 223ff., sondern faßt sie gan; abstrakt auf, indem sie stets eine wirkliche, dem Angeschuldigten (als Urheber oder Theilnehmer) zur Last fallende Körperverletzung fordert; sie hält den § daher für unanweudbar aus die blos Betheiligten an einem Raufhandel und bei einer Vergiftung ohne Gesundheits beschädigung, wohl aber für anwendbar, wenn Jemand einen Anderen im Zwei kampf verwundet (§ 205), obgleich hier der Grundsatz der Jdealkonkurrenz (§73) ausgeschlossen ist, und ebenso bei denjenigen Mißthaten, deren Thatbestand die Be griffsmerkmale einer Körperverletzung mit umfaßt. Eine dritte Meinung, deren Hauptvertreter Schw. n. 1 ist, erläutert jene Ausdrücke zwar aus den §§ 223 ff., verlangt aber gleichfalls eine wirkliche Verletzung des Körpers; vgl. n. 3. 2. Nicht minder wird der § anwendbar, wenn wegen Versuchs einer Körper verletzung (z. B. im Falle des § 225) gestraft wird; vgl. Stengl. 1. c. f 345; Dochow [bie Buße, Jena 1875] s. 38; Rüd. n. 1; contra: Herzog 1. c., welcher hierbei je doch von der irrigen Voraussetzung ausgeht, daß bei einem solchen Versuche eine wirkliche Verletzung niemals vorliege. 3. Die Abss. 1. 2. dieses § stimmen im Wesentlichen mit § 188 überein; die dort gemachten Bemerkungen sind daher auch hier zu berücksichtigen; vgl. aber n. 5. — Abs. 1 weicht von dem Abs. 1 des § 188 nur insofern ab, als er von der Be dingung: „wenn die Beleidigung nachtheilige Folgen für die Vermögens verhältnisse, den Erwerb oder das Fortkommen des Beleidigten mit sich bringt" — gänzlich absteht, weil man von der Annahme ausging, daß „der Nachtheil schon in der (Körper-) Verletzuug nachgewiesen sei": Stenogr. Ber. s. 669; vgl. ZI. 27. Nov. 78 (RdO. XIX, 546). Dieser Grund trifft freilich thatsächlich bei den nur einen vorübergehenden Schmerz (Mißbehagen) veranlassenden Körperverletzungen nicht zu; gleichwohl muß der § nach seiner unbedingten Fassung auch bei solchen Anwendung finden, sollte auch der Nachweis geführt werden, daß eine nachtheilige Folge für die Vermögensverhältnifie rc. nicht eingetreten sei; die Buße nimmt sonach hier den Charakter eines Schmerzensgeldes an; vgl. § 188 n. 17. 32 u. West bei Voll. 22 s. 22 (folgert sogar aus § 231, daß nunmehr auch beim Civilrichter auf Schmerzens geld selbst da geklagt werden könne, wo daflelbe durch die Landesgesetzgebung beseitigt sei, ohne daß eine frühere Unterscheidung zwischen Realinjurie und Körperverletzung weiter Berücksichtigung finde). Contra: Dochow s. 36. 4. Der Umstand, daß der Verletzte selbst der Urheber deö Streits war, schließt die Anwendbarkeit des § nicht ans. 5. Die im Abs. 3 enthaltene Vorschrift fehlt im entsprechenden § 188; in Be-
Thl. II. Abschn. XVII.
Körperverletzung.
— §§ 231. 232.
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§ 232 Die Verfolgung leichter vorsätzlicher, sowie aller durch Fahrlässigkeit verursachter Körperverletzungen (§§223, 230) tritt nur auf Antrag ein, insofern nicht die Körperver letzung mit Uebertretung einer Amts-, Berufs- oder GewerbSpflicht begangen worden ist. treff des Grundes vgl. dort n. 29. Danach beruht die hier angeordnete „Haftung aller tur Buße Verurteilten als Gesammtschuldner" wesentlich aus der Einheit der dem Verletzten zugefügten Unbilde. Daraus folgt, daß die Buße hier nur im einmaligen Betrage zugesprochen und daß sie gegen die verschiedenen Be theiligten nicht verschieden bemessen werden darf; contra: Puch. n. 4. Dagegen ist es dem Verletzten auch hier nicht verwehrt, sein „Verlangen" einer Buße auf einzelne der Betheiligten zu beschränken (§ 188 n. 8); contra: Stengl. 1. c. s. 354. Nicht minder steht es dem Instanzrichter zu, die Verurtheilung zur Buße gegen einzelne der bestraften Betheiligten auSznsprechen, während er bei andern davon abfieht; ebenso: ZU. 28. Sept. 76 (RdO. XVII, 620). 6. Abs. 3 gilt für alle Fälle, wo wegen einer und derselben Körperverletzung gegen Mehrere auf Strafe erkannt wird, sollten diese Mehreren auch nicht „Theilnehmer" an einer und derselben Mißthat sein.» Er wird sonach auch da anwend bar, wo mehrere Personen als (selbstständige) Urheber einer durch Fahrlässtgkeit ver ursachten Körperverletzung (§ 230), oder wegen ihrer Betheiligung bei einer Schlä gerei 2C. (§ 227) bestraft werden. Demgemäß kann, wenn Jemand bei demselben Vorfälle durch mehrere Personen mißhandelt worden ist und von einer unter ihnen einen Schlag erhalten hat, an dessen Folgen er längere Zeit krank gewesen ist, gegen alle solidarisch auf eine nach jenen Folgen bemessene Buße erkannt werden: ZII. 28. Sept. 76 (eit. n. 5). 7. Die Gesammth aftung aller zur Buße Verurtheilten tritt, auch wenn sie im Urtheile nicht ausgesprochen ist, von Gesetzes wegen ein. Demgemäß ist sie nicht dadurch bedingt, daß die Verurtheilung Aller in demselben Verfahren und in demselben Erkenntnisse ausgesprochen werde, vielmehr greift sie auch dann Platz, wenn gegen die verschiedenen Betheiligten in verschiedenen Verfahren Verurteilungen ergehen, sobald nur feststeht, daß es sich bei allen um dieselbe Körperverletzung handle. ES empfiehlt sich, in einem solchen Falle im ergehenden zweiten Urtheil in dieser Beziehung eine ausdrückliche Entscheidung zu treffen, um spätern Zweifeln vorzubeugen. 8. DaS Gesammt-Schuld-Verhältniß ist eine Solidar- (nicht eine Korreal-) Schuld; der zahlende Solidarschuldner hat (in Ermangelnng positiver das Ge gentheil vorschreibender Landesgesetze: vgl. Pr. ALR. I, 6 § 34; C. civ. art. 1213ff.; Sächs. BGB. § 1036) gegen die übrigen keinen Rückgriff; vgl. Puch. n. 6. 9. Die Verurtheilung eines bei der Körperverletzung Betheiligten zur Buße schließt die Geltendmachung eines weiteren Entschädigungsanspruchs auch gegen alle übrigen Betheiligten aus und zwar selbst dann, wenn der Verurtheilte zahlungsunfähig ist; vgl. v. W. f. 71. — Unter einem „weiteren Entschädigungs ansprüche" ist Schmerzensgeld einbegriffen: Meckl. OG. i. GSaal 26 f. 544; vgl. n. 3.
§ 232. 1. Leichte vorsätzliche Körperverletzungen sind diejenigen, welche der Begriffs bestimmung des § 223 entsprechen und weder den Charakter einer gefährlichen (§ 223a: BII. 29. Mai 77, RdO. XVIII, 351; DreSd. 14. Aug. 76, SGZ. 21 f. 212; Jena, Voll. 25 f. 361) noch den einer schweren Verletzung (§ 224) an sich tragen, insbesondere gehören auch solche hierher, welche einem Verwandten der aus steigenden Linie zugesiigt sind: Mot. f. 115; Stenogr. Ber. s. 807ff.; Schw. n. 1 ff.; Geyer i. HH. III, 555; contra: Schimmelpfennig i. GA. XIX, 732 (will alle Ver letzungen hierher rechnen, welche keine erheblichen Nachtheile zur Folge haben). — Auf die in den §§ 94. 96. 98. 100. 118. 122 und 340 vorgesehenen Fälle ist § 232 nicht auzuwenden. 2 Ebenso gehören Fälle der „Vergiftung" (§ 229) nicht hierher, da eine solche keine Verletzung des Körpers vorauSsetzt; contra : Reber n. 21.
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Thl. II. Absch». XVII.
Körperverletzung. — §§ 232. 233.
Ist das Vergehen gegen einen Angehörigen verübt, so ist die Zurücknahme des Antrages zulässig. Die in den §§ 195, 196 und 198 enthaltenen Vor schriften finden auch hier Anwendung. [I. Entw.: § 203; II. Elitw.: § 226; — Nov. v. 26. F-br. 1876 Art. I. — Pr. StGB.: §§ 189. 198 Abs. 2; 203.] Vgl. §§ 61—65.195. 196. 199. 340; Mil.-StGB. §§ 51. 127; RStPO. §§ 414 ff. 428. 431. 435. Preußen:
Vgl. NStPO. §§ 448—450. 487 ff. 497. 508.
§ 233. Wenn leichte Körperverletzungen mit solchen, Beleidigungen mit leichten Körperverletzungen oder letztere mit 3. In Betreff der Stellung des Antrags vgl. §§ 61 ff. und die Bemerkungen zu denselben; und in Betreff der Bedeutung der Worte: „Amt, Beruf und Ge werbe" vgl. § 222 n. 5—12. — Wenn auch die Fassung des § 232 von der der §§ 222. 230 in soweit abweicht, als hier nicht von einer „vermöge des Amts rc. begründeten besonderen Verpflichtung" die Rede ist, so ist doch der Sinn der hier gemachten Voraussetzung derselbe, wie in jenen §§, da abgesehen von der im Abs. 1 überhaupt erheischten Fahrlässigkeit noch die UeVertretung einer weiter gehenden (also „besondern") Amts- :c. Pflicht erheischt wird: ZU. 8. Sept. 73 (RdO. XIV, 518). 4. Der durch du Nov. eingeschaltete Abs. 2 (in Verbindung mit dem jetzigen § 64) beschränkt das Recht der Zurücknahme des Antrags auf die Fälle, wo das Vergehen (vorsätzliche oder fahrlässige Körperverletzung) gegen eine Person begangen ist, welche zur Zeit der That ein „Angehöriger" (§ 52 Abs. 2) deS Thäters war; daß daS Angehörigkeits-Verhältniß zur Zeit der Zurücknahme deS Antrags noch fortdauere, wird nicht erfordert: ZI. 21. Nov. 77 (RdO. XVIII, 728); vgl. § 52 n. 16. Die Frist für die Ausübung dieses Rechtes normirt § 64. 5. In Betreff der in Abs. 3 in Bezug genommenen §§ 195. 196 und 198 vgl. die Bemerkungen zu diesen. Der Begriff der „Wechselseitigkeit" ist hier nicht ganz derselbe, wie im § 198 („wechselseitige Beleidigungen" vgl. dort n. 1), weil Körperverletzungen die Nähe des Thäters und des Verletzten voraussetzen, während Beleidigungen auch aus größerer Entfernung zugefügt werden können; eine Körperverletzung und die Erwiderung derselben durch den Verletzten sind daher nur dann als „wechselseitige" anzusehen, wenn beide sich als ein zusammenhängender ungetrennter Vorfall darstellen (vgl. Pr. NStPO. § 508: „wechselseitige Mißhand lungen rc., welche bei demselben Vorfall stattgefunden haben"). Von einer Wechselseitigkeit der Körperverletzungen kann nur bei vorsätzlichen Handlungen die Rede sein; die Erwiderung einer fahrlässigen durch eine vorsätzliche Verletzung gehört nicht hierher; contra: Reber n. 247 i, Schütze s. 400 n. 21; vgl. § 233 n. 2. 6 Die Vorschrift der §§ 198. 232 ist nicht arg. § 233 auf den Fall auszudehnen, wo von der einen Seite eine Beleidigung, von der andern eine Körperver letzung zugefügt wurde: Rüd. n. 4; Reder n. 247 i; contra: Schw. n. 6, Puch. n. 4.
§ 233. 1. Unter „leichten Körperverletzungen" sind selbstredend nur strafbare, d. h. also vorsätzliche oder fahrlässige leichte Körperverletzungen zu verstehen. Der Begriff einer leichten vorsätzlichen Körperverletzung ist hier derselbe, wie im § 232; vgl. dort n. 1. 2 und (speciell in Betreff der Frage, ob § 233 nicht wenigstens bei den in Ausübung des Amtes verübten Mißhandlungen Anwendung finde): § 340 n. 9. Demgemäß besitzt auch dieser § in Folge der Novelle eine beschränktere Tragweite, als früher, insofern gegenwärtig auch von seiner Anwendbarkeit alle s. g. gefähr. lichen Mißhandlungen (§ 223a) ausgeschlossen sind: ebenso: ZNII. 28. Okt. 79 (RdR. I, 23), ZI. (2) 2. Nov. 77, 27. Nov. 78, Wolsenb. 22. Nov. 78 (RdO. XVIII, 687; XIX, 546; Br. Z. 26 s. 46). Der Begriff der leichten fahrlässigen Körperverletzungen hat dagegen keine Aenderung erfahren, es gehören dahin viel-
Thl. II. Abschn. XVIII.
Verbrech, u. Vergeh, w. d. pers. Freiheit. — § 234.
489
ersteren auf der Stelle erwidert werden, so kann der Richter für beide Angeschuldigte, oder für einen derselben eine der Art oder dem Maße nach mildere oder überhaupt keine Strafe eintreten lassen. II. Enlw.: (sehlle); II. Entw.: § 227; RStPO. § 500.
Pr. StGB.: § 188.]
$p,t. §§ 199. 198!
Achtzehnter Abschnitt *). Verbrechen und Vergehen wider die persönliche Freiheit.
§ 23/4. Wer sich eines Menschen durch List, Drohung oder Gewalt bemächtigt, um ihn in hülfloser Lage auözusetzen mehr alle fahrlässigen Verletzungen, welche keine schweren (vgl. § 224) sind, nament lich auch die mittels einer „Waffe" (vgl. § 223a) zugefügten. 2. Eine fahrlässige Körperverletzung kann mit einer vorsätzlichen oder auch mit einer Beleidigung „erwidert" werden, nicht aber umgekehrt. 3. Ist eine leichte Körperverletzung mit einer schweren erwidert worden oder umgekehrt, so bleibt § 233 auch in Betreff der ersteren außer Anwendung: ZI. 11. Okt. 70 (GÄ. XIX, 59). 4. Bei einer contmuirlichen Reihenfolge gegenseitiger Angriffe lassen sich die einzelnen Thätlichkeiten nicht dergestalt trennen und gegen einander abwägen, daß jede derselben nur mit der erfolgten Erwiderung aufzurechnen, und daß demgemäß bei der letzten, unerwidert gebliebenen die Straflosigkeit nothwendig ausgeschlossen wäre: Dresd. 14. Mai 75 (SGZ. XX, 17). 5. Die hier dem Richter beigelegte Befugniß: „eine der Art oder dem Maße nach mildere Strafe eintreten zu lassen", ist nicht auf die dem Richter überall zu stehende Abmessung innerhalb der vom Gesetze bestimmten Grenzen zu beziehen, spricht vielmehr die Gestattung auö, an Stelle der im zutreffenden § angedrohten Strafe eine dem Maße oder der Art nach mildere zu verhängen. Sonach kann sowohl wegen der Körperverletzung, als wegen der Beleidigung (Verläumdung) bis auf Haft oder Geldstrafe im geringsten statthaften Maße hinabgegangen werden: Münch. 9. Sept. 74 (StZ. IV, 152). DaS gilt selbst bet der Mißhandlung eines Afcendenteu: ZU. 5. Okt. 71 aal 29 Beil s. 41. 61. „Wasserstraße" bezeichnet hier alle schiffbaren Binnenwässer (Flüsse, Kanäle, Landseen, Haff), im Gegensatz gegen die „offene See" (§ 250); so: MeveS i. StRZ. XIII, 422. 61a. Unter einer „Eisenbahn" ist hier nur eine öffentliche, mithin z. B. keine Zechenbahn zu verstehen. Doch unterscheidet der § nicht unter Lokomotiv- und Pferdebahnen; so: MeveS i. GSaal 26 f. 262 ff.; v. Buri 1. c.; contra: DreSd. 20. April 74 (StZ. V, 164); vgl. § 250 n. 4; § 315 n. 2. Der Ausdruck bezieht sich jedenfalls nur auf den Schienenweg in seiner bestimmungsmäßigen Benutzung, nicht also auch auf den Bahndamm oder das Bahnplanum: MeveS I. c. 62. „Postgebäude" umfaßt nicht nur die speciell zum Postdienste bestimmten Räumlichkeiten, sondern alle mit den letzteren in unmittelbarer Perbindung stehenden Räume desselben Gebäudes, z. B. den Flur, die Treppen. 63. Der „Eisenbahnhof" umfaßt die Eisenbahngebäude (einschießlich der Güterböden: DreSd. 22. Ian. 75, StZ. V, 359) mit, soweit sie nicht dem Privat gebrauche überlassen sind. Außer ihnen gehören dazu der Perron, daS Planum des Bahnhofes und in gewissem Betrachte die Nebengeleise, nicht aber der vor dem Stationsgebäude befindliche s. g. Vorplatz: MeveS I. c. 64. „Reisegepäck" ist alles, was ein Reisender mit oder bei (an) sich führt, um eS auf der Reise zu haben; aus den ferneren Zweck kommt Nichts an; eS gehört sonach auch Dasjenige hierher, was auf der Reise ge- oder verbraucht werden soll; contra: Merkel i. HH. III, 680. Ein Reisender ist Derjenige, welcher von seinem bisherigen AufenthaltS-Orte sich an einen andern begiebt, um dort eine Verrichtung vor- oder zeitweise Aufenthalt zu nehmen; ein bloßer Spaziergänger gehört nicht hierher; wohl aber ein Fuhrmann: VII. 25. Apr. 61 (RdO. I. 357). 65. „Gegenstand der Beförderung" ist eine Sache, sobald sie auf (in) eine der in der Nr. 4 aufgezählten Räumlichkeiten gebracht ist, um aus (aus) der selben weiter geschickt zu werden. Somit gehören solche Gegenstände, welche eine dort befindliche Person zufällig bei sich führt, nicht hierher; dasselbe gilt von Theilen des Transportmittels, sowie seiner Ausrüstung. — Daß die Sache einer Verkehrs anstalt (Post, Eisenbahngesellschaft rc.) zur Weiterschaffung übergeben sei, wird nicht erfordert; eS genügt, wenn sie irgendwie weiter geschafft wird oder werden soll, selbst wenn diese« durch ein einzelnes Transportmittel (z. B. einen Handwagen) geschieht: DreSd. 11. Nov. 72 (SGZ. XVII, 45; StZ. II, 184), oder wenn ein Einzelner die zu befördernde Sache selbst trägt. Contra: MeveS 1. c. in speziellem Bezug aus daS Eisenbahnwesen. (Er unterscheidet zwischen dem Reisegepäck und den anderen Gegenständen der Beförderung; letztere erhielten diese Eigenschaft erst im Augenblicke ihrer Uebernahme durch die Bahnverwaltung; beim Reisegepäck sei die Frage wesent lich thatsächlicher Natur; hier könne schon die Uebergabe an den Gepäckträger ge nügen.) Aus dem Gesagten folgt, daß eine Sache „Gegenstand der Beförderung"
Thl. n. Abschn. XIX.
Diebstahl und Unterschlagung. — § 243 Nr. 4.
527
lösens der Befestigungs- oder Verwahrungsmittel, oder durch Anwendung falscher Schlüssel oder anderer zur ordnungsmäßigen Eröffnung nicht bestimmter Werkzeuge gestohlen wird; sein kann, auch wenn ste augenblicklich nicht fortbewegt wird; z. D. wenn der Wagen, auf welchem sie befördert wird oder befördert werden soll, auf der Straße hält, oder wenn das Schiff vor Anker liegt: ZKH. 30. Sept. 51 (IMbl. f. 364); ZI. 19. Okt. 53 (GA. I, 714), oder wenn die zu transportirende bzw. transportirte Sache sich zum Zwecke der Aus-, Ein- oder Umladung an einem jener Orte be findet: Beschl. I. 26. Juni 65 (RdO. VI, 220). — Ein schwimmender Fischkasten, welcher an seinem Platze bleibt, ist selbstverständlich kein Gegenstand der Beförderung: Manh. 7. Sept. 72 (BAnn. 38 s. 305). 66. „Befestig ungmi ttel" sind diejenigen Vorkehrungen, welche dazu dienen, einen Beförderungsgegenstand jc. mit dem Beförderungsmittel oder auf dem selben mit andern Beförderungsgegenständen in eine feste Verbindung zu bringen, damit die Sicherheit des Transports erhöht werde: Münch. 30. Nov. 72 (StZ. II, 184: beil.). Dagegen scheidet Dasjenige aus, was nur den Zweck hat, die Reibung zweier Gegenstände zu verhindern; es kann daher nicht ohne Weiteres als ein Be festigungsmittel angesehen werden, wenn ein Beförderungsgegenstand auf eine Karre in der Art verpackt ist, daß er mit Säcken und dgl. umstopft war; vgl. Beschl. I. 13. Sept. 54 c. Bennin. 67. „Verwahrungsmittel" sind alle Einschließungen oder Umhüllungen, welche dazu dienen, den Gegenstand während des Transports (nicht blos vor den Einwirkungen der Witterung, sondern) vor Eingriffen von außen und vor dem Auseinanderfallen oder -Fließen zu verwahren: ZU. 7. Juni 66 (RdO. VII, 330). Daffelbe umfaßt daher alle Transportbehältnisse, z. B. Kisten, Säcke, Fässer und dgl.: BI. 25. März 63 (RdO. III, 367), Münch, (cit. n. 66). 68. Mit Rücksicht auf die Bedeutung der Worte „BesestigungS- oder Verwahrungsmittel" (n. 66. 67) sind auch die Worte „Abschneiden und Ablösen" dahin zu deuten, daß sie jede in gewaltthätiger Weise bewirkte Eröffnung oder Be seitigung jener Mittel umfassen: HS. II, 482; contra: Merkel i. HH. III, 680. ES gehört daher auch das Erbrechen einer Kiste, eines Koffers rc. hierher: Beschl. L 1. Juli 63 (RdR. III, 351), Münch, (cit. n. 66); ebenso das Anbohren eines Fasses: Beschl. I. 16. Mär; 55 (GA. III, 569); oder das Ausschneiden eines Sacks: VI. 25. März 63 (cit. n. 67); oder daS Durchschneiden eines Stricks, mit welchem die die gestohlenen Gegenstände enthaltende Kiste zugebunden war: ZI. 19. Okt. 53 (GA. I, 714). Dagegen dürfte daS bloße Ausbinden eines Sacks nicht genügen: VI. 18. Juli 55, Meckl. OG. (GA. III, 704; GSaal 26 s. 547); ebenso nicht ein Losknoten, weil sonst auch die Anwendung des echten Schlüssels ausreichen müßte; contra: DreSd. 10. Nov. 73 (StZ. III, 345); Schütze f. 438 n. 17; MeveS i. StRZ. XIII, 423; vgl. n. 40. 69. In Betreff der „Anwendung falscher Schlüssel" vgl. u. 46ff. AuS der Gleichstelluug derselben mit dem Abschneiden re. der Befestigungsmittel rc. er hellt, daß jener Ausdruck nur auf die mittels falscher Schlüssel bewirkte Eröffnung der Verwahrmittel, z. B. der verschloffenen Eisenbahnwagen, oder der verschloffenen Kisten zu beziehen ist, nicht also auf die Eröffnung verschlossener Räume auf Postund Eifenbahnhöfen rc.; liegt eine solche vor, so wird. Nr. 3 anwendbar. 70. Der Diebstahl muß „mittels des Abschneidens rc. der BefestignngSmittel rc." bewirkt sein: sonach gehört der Fall nicht hierher, wo daS ganze Be förderungsmittel, z. B. ein Wagen mit der Ladung von einer der gedachten Oertlichkeiten gestohlen, oder wo vom BeförderungSgegenstande selbst ein Theil ab geschnitten worden ist: Beschl. I. 22. Sept. 65 (RdO. VI, 327); DreSd. 28. März 73 (SGZ. XVH, 109 ; StZ. III, 12); vgl. n. 41. 71. Gleichgültig ist, ob der Diebstahl von einem Mitreisenden oder einem Dritten verübt wird: ZI. 19. Okt. 53 (cit. n. 68). Dagegen muß das „Ab schneiden" rc. durch einen am Diebstahl Betheiligten bewirkt sein: DI. 25. März 63 (RdO. LU, 367). In dieser Beziehung ist das oben n. 30 Gesagte analog anzuwenden.
528
Thl. II. Abschn. XIX.
Diebstahl und Unterschlagung. — § 243. Nr. 5. 6.
5) der Dieb oder einer der Theilnehmer am Diebstahle bei Begehung der That Waffen bei sich führt; 6) zu dem Diebstahle Mehrere mitwirken, welche sich zur fortgesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl ver bunden haben, oder
Z« Nr. 5. 72. ES ist gleichgültig, ob einer der Mitthäter oder ein Gehülfe die Waffe bei sich führt, vorausgesetzt, daß dieser „bei Begehung der That" (d. h. des Dieb stahls) anwesend und (als Gehülfe) mit thätig war; dagegen genügt es nicht, wenn ein Anstifter oder Gehülfe bei seiner nicht zur Zeit und am Orte deö Diebstahls auSgeübten Thätigkeit eine Waffe bei sich führte. 73. Die Strafe der Nr. 2 trifft auch die un bewaffn et en Betheiligten, welche von dem Waffenführen des Genossen Kenntniß hatten; vgl. § 57 n. 10. 25, OTr. 16. Mai 76 (GA. 24 s. 466). 74. Der Begriff „Waffe" ist auch hier in dem zu § 123 n. 23 und zu § 223a. n. 3 entwickelten Sinne zu verstehen: DreSd. 3. Mai 75 (SGZ. XX, 13); contra: v. KrieS i. GA. 25 f. 48 (beschränkt den Ausdruck hier wie in den §§ 123. 250. 362 auf seine technische Bedeutung). Die Worte: „wenn der rc. Waffen bei sich führt" sind gleichbedeutend mit den Worten: „eine mir Waffen versehene Person" im § 123 Abs. 3; das dort unter n. 23—25 Gesagte findet sonach auch hier Anwendung. Demgemäß ist es gleichgültig, zn welchem Zwecke die Waffen mitgenommen wurden: OTr. 16. Mai 76 (cit. n. 73) und wird namentlich die Ab sicht, die Waffe eventuell zu gebrauchen, nicht ersordert, noch auch, daß eine mitge brachte Schußwaffe geladen war; vgl. ZI. 18. Dez. 74, Münch. 29. Aug. 74, Jena 76 (RdO. XV, 885, StZ. IV, 169; Voll. 24 s. 270). Hier wie dort genügt der Besitz einer einzigen Waffe. Im Uebrigen vgl. § 250 n. 2. 75. Treffen die Voraussetzungen der Nr. 5 zu, so ist diese auch auf den mittels einer Waffe verübten Wilddiebstahl (vgl. § 242 n. 9) anzuwenden, sollte der Dieb auch zur Führung der Waffe berechtigt oder gar verpflichtet gewesen sein; «II. 10. Okt. 61, ZI. 21. u. 23. Okt. 68, 18. Dez. 74 (RdO. II, 2; IX, 573. 581; XV, 885); Puch. n. 5; Merkel i. HH. III, 682; contra: John Kritiken s. 95; HS. n, 479 Note 3; Schütze s. 435 n. 9; Schw. n. 36.
Zn Nr. 6 (Banden-Diebstahl). 76. Als „Mehrere" sind auch zwei anzusehen. 77. Die Mehreren müssen „zum Diebstahle mitgewirkt" d. h. sie müssen sich an der Ausführung desselben unmittelbar (durch „That") betheiligt haben; ist dieses der Fall, so macht es keinen Unterschied, ob jene Mitwirkung unter den Be griff der Mitthäterschaft oder der Beihülfe fiel; vgl. Münch. 19. Juni 74 (StZ. IV, 171); contra: Nillnow, Raub rc. 1875 s. 29. Demgemäß gehören zwar wachestehende Personen, nicht aber Anstifter und Diejenigen hierher, welche nur durch „Rath" oder durch Gewährung der Werkzeuge Hülfe geleistet haben. — Noch un zweifelhafter ist es, daß Derjenige, welcher zwar der Verbindung angehörte, zum Einzeldiebstahle aber nicht mitwirkte, von der durch diesen verwirkten Strafe nicht betroffen wird; vgl. n. 79. Ebensowenig kommt die Nr. 6 gegen Denjenigen zur Anwendung, welcher sich, ohne der Verbindung anzugehören, am Diebstahle betheiligte: DreSd. 16. April 75 (SGZ. XIX, 362); contra: Villn. 1. c. s. 30. 78. Eine „Verbindung zur fortgesetzten Begehung von Diebstahl rc." liegt vor, wo Mehrere ihren Willen dahin vereinigen, durch wechselseitige Mitwirkung (als Thäter oder Gehülfen) eine Mehrheit selbstständiger nicht vorher individuell bestimmter Diebstähle rc. zu verüben (Bande): VI. 14. Jan. 59 (GA. VII. 395). Eine Beschränkung aus eine bestimmte Art von Diebstählen (z. B. aus „Ladendieb stähle") schließt die Nr. 6 nicht aus: ZI. 29. Apr. 68 (RdO. IX, 295); dasselbe gilt von einer für eine begrenzte Zeit (;. B. während eines Jahrmarkts) eingegangenen Verbindung: Münch. 19. Juni 74 (cit. n. 77), Schütze s. 435 n* 10, Merkel i. HH. III, 686; contra: Dresd. 10. Juli 74 (SGZ. XIX, 19), Schw. s. 596, Geyer i. HH. H, 416;IV, 169. — Eine Gewerbsmäßigkeit des Handelns liegt nicht
Thl. II. Abschn. XIX.
Diebstahl und Unterschlagung. — § 243 Nr. 6.
7.
529
7) der Diebstahl zur Nachtzeit in einem bewohnten Ge bäude, in welches sich der Thäter in diebischer Absicht eingeschlichen, oder in welchem er sich in gleicher Absicht verborgen hatte, begangen wird, auch wenn zur Zeit in jenem Begrifft: DreSd. 16. April 75 (cit. n. 77); auch darf man hier nicht an das s. g. fortgesetzte Verbrechen (§ 74 n. 3 ff.) denken. Vgl. n. 79. 79. Die „Verbindung rc." an sich ist durch Nr. 6 nicht unter Strafe ge stellt, das Mitwirken mehrerer so Verbundener ist vielmehr nur ein erschwerender Umstand des Diebstahls. Eben darum wird zur Anwendung der Nr. 6 nicht noth wendig eine Mehrheit begangener Diebstähle erfordert und zieht jeder einzelne, ein schließlich des zuerst verübten, die Strafe der Nr. 6 nach sich; im Falle einer Mehr heit liegt Realkonkurrcn; vor: PI. 23. Okt. 72 (RdO. XIII, 539). Aus gleichem Grunde sind die mrtverbundenen Gehülfen trotz des unter n. 77 Gesagten auNr. 6 in Verbindung mit 49, und nicht ausschließlich aus Nr. 6 zu bestrafen; ebenso: Merkel i. HH. IV n. 409; contra: Münch. 19. Juni 73 (cit. n. 77).
Zu Nr. 7. 80. Der Grund der Strasschärfuug für den nächtlichen Diebstahl liegt in der größeren Gefahr, welcher der Bestohlene, in Folge seiner nächtlichen Ruhe und der größeren Sicherheit des Thäters beim Mangel bereiter Hülfe, ausgesetzt ist. Des halb hängt die Entscheidung der Frage, ob eine bestimmte Stunde im Sinne des § als „N achtzei t" zu betrachten sei, nicht von den zufälligen Umständen des Einzel falles und von den speziellen Lebensgewohnheiten der Bewohner deS Hauses ab, in welchem der Diebstahl begangen wird, ist vielmehr durch die Jahreszeit und die all gemeine Ortsgewohnheit bedingt; demgemäß ist Nachtzeit die NachtschlafenSzeit der betr. Gegend, also diejenige Zeit der Dunkelheit, welche die Bewohner jener Gegend in der Allgemeinheit der nächtlichen Ruhe zu widmen pflegen. Hiernach kann die Nachtzeit in einem Schanklokake, in welchem sich zur späten Stunde noch Gäste aufzubalten pflegen, nicht anders bestimmt werden, als in jedem anderen Hause. Dgl. ZII. 9. Juni 55 (Entsch. des Pr. OTr.'s 31 s. 250), VI. 10. Okt. 55, Mannh. 26. Jan. 78 (GA. 3 s. 842; 27 s. 229), Dresd. 15. Dez. 71 (StZ. I 283), Rüd. n. 12, Schütze s. 437, BL. s. 538 (Zusammentreffen von Dunkelheit und Schlafens zeit) ; contra: Schw. n. 41 (Schlafenszeit der Hausbewohner); ähnlich: Manh. 4. Apr. 76 (BAnn. 42 s. 123); Ortloff i. StRZ. XI, 531 (die Zeit zwischen Son nenunter- und Aufgang); ebenso: Merkel i. HH. III, 684; ARI. 23. Dez. 80 (RdR. II, 667: Zeit vom Eintritte der Dunkelheit nach Sonnenuntergang bis zum Beginn der Morgendämmerung); ähnlich: Haager i. BAnn. 39 s. 161 und 44 s. 308; v. Buri i. GSaal 29 Beil. s. 42. 81. Diese Nr. setzt „(zum Unterschiede von Rr. 1 und 2) voraus, daß der Diebstahl „in einem rc. Gebäude" verübt sei; sie findet keine Anwendung, wenn der Dieb sich während des Diebstahls nicht innerhalb des Gebäudes befunden, vielmehr jenen mittels Hineinlangens in das Gebäude von außen her auSgeführt hat: BI. 15. Juni 53 (Entsch. des Pr. OTr.'s 26 s. 150). 82. Ueber den Begriff des „Gebäudes" vgl. oben n. 13 ff. 83. Ein Gebäude ist „bewohnt", wenn es regelmäßig (nicht blos vorüber gehend) zum Aufenthalte eines Menschen, insbesondere zur Nachtruhe dient: VI. 1. Juli 53 (GA. I, 574); vgl. § 306 Nr. 2 („ein Gebäude, welches zur Wohnung von Menschen dient"); somit gehört auch ein Stall hierher, in welchem Jemand seine gewöhnliche Schlafstelle hat; ZPl. 23. Jan. 54, DreSd. 15. Dez. 71 (Entsch. deS Pr. OTr.'s 27 s. 102; StZ. I, 283); vgl. jedoch ML. s. 470 n. 33. Im Uebrigen kommt auf das Maß der dem Bewohner gebotenen Bequemlichkeit (auf das Vorhandensein eines Schornsteins u. dgl.) Nichts an: Beschl. I. 15. Apr. 53 (IMbl. s. 231). — ES genügt nicht, wenn daS Gebäude zum Bewohnen bestimmt ist: DII. 4. Dez. 56 c. Wahl. 84. Ein Gebäude gilt im Ganzen als bewohnt, auch wenn der Bewohner nur einzelne Räume desselben benutzt. Als Theile jenes Ganzen sind alle Räum lichkeiten im Innern anzusehen, welche unter sich in unmittelbarer Verbindung (der Zugänglichkeit) stehen, also auch ein der Voraussetzung entsprechender (selbst nicht
Oppenhoff, D. Strafgesetzbuch.
8. Au-g.
34
530
Thl. II. Abschn. XIX.
Diebstahl und Unterschlagung. — § 243 Nr. 7.
des Diebstahls Bewohner in dem Gebäude nicht an wesend sind. Einem bewohnten Gebäude werden der zu einem bewohnten Gebäude gehörige umschlossene Raum und die in einem solchen befindlichen Gebäude jeder Art, sowie Schiffe, welche bewohnt werden, gleich geachtet. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängniß strafe nicht unter drei Monaten ein. [I. Entw. s 218; II. Eniw.: § 238; Pr. StGB.: §§ 218. 217 Nr. 6; 220—224.] Vgl. §§ 242. 247. 248. 32; Mil.-StGB. §§ 138. 134. 136. 160. 161; RGVG. § 73 Nr. 5. Preußen: Vgl. Ges. v. 22. Mai 1852 Art. I. §§ 1. 2; NStPO. § 13. bewohnter: n. 83) Stall, (: ZI. 5. Okt. 53: GA. I, 710), unbeschadet der Vor schrift deö Schlußsatzes des Abs. 1. 85. Zn Betreff des Begriffs des „umschlossen en Ra um es" vgl. n. 18 ff. ein solcher ist nur dann zu einem rc. Gebäude „gehörig", wenn er mit demselben durch die Umschließung in eine unmittelbare räumliche Verbindung gesetzt ist. 86. Haben mehrere, Winterlage haltende Schiffe nur einen Wächter, so ist nur dasjenige Schiff bewohnt, auf welchem der letztere sich gewöhnlich aushält und namentlich seine Schlafstelle hat: KB. II, 120. — Auch bei bewohnten Schiffen wird nicht erfordert, daß gerade „zur Zeit des Diebstahls Bewohner anwesend seien": v. Buri (eit. n. 80). 87. „Einschleich en" bezeichnet ein heimliches (absichtlich der Wahrnehmung entzogenes) unberechtigtes Eingehen in ein Gebäude rc. Ein Verschaffen des offnen Eintritts unter listigem Vorwande gehört nicht hierher: Köstlin Abh. s. 266. Daß besondere Veranstaltungen und Vorsichtsmaßregeln getroffen seien, ist ,tm Begriffe des Einschleichens nicht enthalten: Haager i. GSaal 29 s. 368; contra: Manh. 2. Okt. 75 (BAnn. 42 s. 123: forderte eine planmäßige Heimlichkeit, mittels welcher der Thäter unter Benutzung einer günstigen Gelegenheit und unter Beobachtung von Vorsichtsmaßregeln sBeisp.: Festhalten der jeden Eintretenden ankündigenden Schelle: Ottendorf ib. s. 127] in ein Gebäude so zu gelangen verstand, daß dessen Betreten und Begehen den Bewohnern unbekannt blieb). 88. Ein Mitbewohner des Hauses kann sich in einen zu diesem gehörigen umschlossenen Raum „einschleichen", sobald ihm an diesem eine Mitbenutzung nicht zusteht. Ebenso kann der Mitbewohner eines Gebäudes sich in einem Theile desselben „verbergen", an welchem er kein Nutzungsrecht hat. 89. Der § setzt ausdrücklich voraus, daß „der Thäter" sich eingeschlichen habe. Als Thäter ist hier aber Jeder anzusehen, welcher an der Ausführung der That sich betheiligt (eine Thatbestandöhandlung vorgenommen hat; vgl. n. 77), sollte diese seine Thätigkeit auch, wegen der Natur seines Dolus (§ 47 n. 18), sich nur als „Beihülfe" charakterisiren, z. B. wenn ein Kind eingeschlichen ist, um einem Er wachsenen Sachen hinauszureichen, welche dieser sich zueignet (das StGB, umfaßt nicht selten unter dem generellen Ausdrucke „Thäter" auch den Urheber einer Bei hülfe, vgl. § 51 n. 2; § 52 rc.); contra: Schütze t. GA. XXI, 168. Jedenfalls ge nügt es, wenn einer von mehreren Mitthätern sich eingeschlichen hatte, um alle aus § 243 zu bestrafen; vgl. § 47 n. 10. 90. Der Diebstahl muß in einem rc. Gebäude re. begangen sein, in welches der Thäter sichre, „eingeschlichen (verborgen) hatte"; es muß also das Ein schleichen rc. der beabsichtigten Wegnahme vorher gegangen sein. Im Uebrigen aber bedarf es nicht eines zeitlichen Zwischenraums zwischen beiden: auch wenn die Weg nahme sich unmittelbar an daS vorhergegangene Einschleichen anschloß, trifft der § zu; daS Gegentheil kann weder aus der Fassung des §, noch aus einer vermeint lichen ratio legis, noch aus den (abweichend abgefahren) Bestimmungen älterer Landesgesetze nnd der diesen gewordenen Auslegung gefolgert werden. Insbesondere
Thl. II. Abschn. XIX.
Diebstahl und Unterschlagung. - §§ 243. 244.
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§ 2LÄ Wer im Jnlande als Dieb, Räuber oder gleich einem Räuber oder als Hehler bestraft worden ist, dar auf abermals eine dieser Handlungen begangen hat, und wegen derselben bestraft worden ist, wird, wenn er einen einfachen beweist das Plusquamperfektum („eingeschlichen rc. hatte") in dieser Beziehung gar Nichts: das ergiebt die entsprechende Fassung des §250 Nr. 4: die dort vorgesehene Eventualität „wenn sich der Räuber gewaltsam Eingang verschafft hatte" kann un möglich auf den Fall einer zeitlichen Trennung beider Handlungen beschränkt werden. Ebenso: ARF. 11. Aug. 80 (RdR. II, 198: in Betreff des Einschleichens, nicht auch in Betreff des SichverbergenS), Jena 27. Sept. 71, AG. Elsenach, Darmst. 5. Mai 73, Manh. 2. Okt. 75 (StZ. I, 178; II, 186. 324; BAnn. 42 s. 101), Puch. n. 7, Herzog i. StRZ. XI, 576, MeveS ib. XII, 156; XIII, 425, Haager i. GSaa! 29 s. 362, v. Buri ib. Beil. s. 43. Contra: ZPl. 22. Jan. 72 (RdO. XIII, 67); Stuttg. 10. Juli 72, Dresd. 6. Sept. 72 (StZ. I, 356; II, 107), Meckl. OG., OSlA. Wolfenb. 17. Okt. 74 (GSaal 24 s. 325; 27 s. 319), Sckw. n. 40, Schütze s. 438; Stöckel i. SGZ XV, 323 (sie fordern einen zeitlichen Zwischen raum, welcher genüge, die Gelegenheit zum Diebstahl zu erspähen). — Jedenfalls ist es nicht erforderlich, daß dies Einschleichen re. vor dem Beginne der Nachtzeit stattgefunden habe: DreSd. 14. Apr. u. 15. Dez. 71 (StZ. I, 15. 283); BL- s. 536; ML- s. 471; Merkel i. HH. III, 684; Haager 1. c.; contra: Schw. 1. c., Schütze 1. c. und, wie es scheint, eit. ZPl. 22. Jan. 72. 91. Das Einschleichen rc. muß „in diebischer Absicht", also um im Ge bäude zu stehlen, geschehen sein; dagegen bedarf es nicht einer auf den Diebstahl einer konkreten im Voraus ins Auge gefaßten Sache gerichteten Absicht. Ja Nr. 7 wird anwendbar, wenn der Thäter zwar ein bestimmtes Diebstahlsobjekt im Auge hatte, demnächst aber ein anderes wählte: Dresd. 28. Mai 75 (St. V, 360). 92. In Betreff des Versuchs vgl. oben n. 6.
§244. Anstiftung: 11. 16. Beihülfe - H 16. Bestrafung: 3—5. 13. 14. Diebstahl 9. 10. 20. Ehrenrechte: 18. Entwendung: 5. 10. 15. Feststellung: 14. 2t.
Inhalt: „gleich e. Räuber". 12. Inland: 1. 2. Konkurrenz, Real-: 19. Namen, falscher: 14. Pol.-Aufsicht: 18. Raub, Diebstahl: 10. 20. Rückfall, Verjährung: 7. 21.
Strafantrag: 17. Strafunmündigkeit 8. Uebersehen, Nachholung: 22. Verfahren: 22. 23. Versuch: 11. 16. Vorbestraft, Nachprüfg.: 5. Zuständigkeit: 23.
1. Die Worte „Wer im Jnlande bestraft worden ist" — sind dahin auf zufassen, daß die Vorbestrafung von einer inländischen Behörde auSgegangeu sein muß; vgl. § 5 und R.-Mil.-StGB. §§ 7. 13. Hat in der Zwischenzeit eine GebietS-Aenderung des Reichs stattgefunden, so genügt es, wenn die frühere Verurtheilung von einem Gerichte eines zur Zeit der Verübung des jetzt abzuurtheilenden neuen Falles dem Reiche angehörenden Gebiets ausgegangen ist; trifft dieses zu, so ist es gleichgültig, ob damals bereits daS Bundesverhältniß existirte, und ob auch damals schon das betr. Gebiet dem Reiche angehörte: BII. 2. März 71, VI. 4. Juli 73, ZI 15. Nov. 76 (RdO. XII, 130; XIV, 485; XVII, 740); Dresd. 24. Apr. u. 1. Dez. 71, 21. Juni 72 (SGZ. XV, 156. 245; StZ. II, 108); Jena 24. Mai 71 (StZ. I, 183); Puch. n. 2; StZ. I, 33; Merkel i. HH. III, 688; contra: Ortloff i. StZ. I, 7; v. Steman i. GSaal 23 s. 413. Demgemäß begründet auch ein während des Kriegs rc. von einem inländischen Militärgerichte gegen eine in ländische Militärperson im Auslande verhängte Bestrafung den Rückfall: ZI. 18. Sept. 73 (RdO. XIV, 523); vgl. Mil.-StGB. § 7. — In Betreff des VerhältnisieS des ehemaligeu Norddeutschen Bundes zu den demselben später zugetretenen süddeutschen Staaten vgl. § 8 n. 6. 2. Die Voraussetzungen der n. 1 müssen auch bei der zweiten Borbestrasung zutrefsen. 3. Erfordert wird eine (zweimalige) strafrechtliche „Bestrafung", mag diese von einer richterlichen oder von einer andern die Strafgerichtsbarkeit ausübenden Behörde z. B. von einer Polizei- oder Fiskal-Behörde ausgegangen sein: Stuttg.
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Thl. II. Abschn. XIX.
Diebstahl und Unterschlagung. — § 244.
Diebstahl (§ 242) begeht, mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren, wenn er einen schweren Diebstahl (§ 243) begeht, mit Zucht haus nicht unter zwei Jahren bestraft. 27. März. 3. Juli u. 18. Dez. 72 (StZ. I. 284; II. 54. 198); ZU. 9. Apr. 74 (RdO. XV, 211); Manh. 29. Sept. 77 (BAnn. 43 s. 291); contra: id. 26. Mr. 73 (ib.); Schw. n. 6; Ortlofs 1. c.; v. Steman 1. c. f. 411; vgl. § 68 n. 8. — Da gegen genügt eine disciplinarische Bestrafung nicht. 4. Trifft die Boraussetzung der n. 1 zu, so ist eS gleichgültig, ob die früheren Handlungen im In- oder im Auslande verübt, ob die Beurtheilungen ordentliche oder außerordentliche, ob sie vor oder nach Einführung des StGB.'S, auf den Grund des letzteren oder eines früher in Kraft gewesenen LandeögesetzeS ergangen waren: BII. 2. März 71 (RdO. XII, 130); nicht minder, ob jenes Landesgesetz eine Straf schärfung wegen Rückfalls kannte: Darmst. 27. Ian. 73 (HEntsch. s. 6). 5. ES bedarf zweier Borbestrafungen „als Dieb rc."; sonach kommt eS nur darauf an, ob durch die frühere Entscheidung eine Bestrafung wegen einer der auf gezählten Strafsälle erfolgt war, nicht darauf, ob dieses mit Recht geschehen, und ob die damals vorliegende That auch jetzt als „Diebstahl rc." zu qualifiziren sein würde: DreSd. 15. Nov. 72, Stuttg. 27. Aug. 73, Münch. 3. Mai 78 (SGZ. XVII, 51; StZ. III, 200; BEntsch. VIII, 220). Dabei entscheidet nicht die im Tenor enthaltene generelle Bezeichnung des Strafsalles, sondern welches Strafgesetz damals zur Anwendung gebracht ward. — Demgemäß begründen auch solche Berurtheilungen, welche wegen unbefugter Zueignung von Holz, Wild, Fischen, Lebensmitteln rc. die Strafe deö „Diebstahls" verhängten, für einen neuen „Diebstahl" die Rückfalls strafe, sollte auch die damals bestrafte That jetzt unter den Begriff eines weit geringer bestrasten Holz-, Forst-, Jagd-, Feld- und Fischereisrevelö oder einer sonstigen Uebertretung (z. B. des § 370 Nr. 2. 5 oder 6) fallen: BPl. 9. Jan. 54 (IMbl. s. 116); ZU. 14. März 72 (RdO. XIII, 217); contra: Wolfenb. 23. Juli 71 (StZ. I, 153; v. Steman 1. c. s. 421; Merkel t. HH. III, 688; ML. s. 322. Bgl. n. 9—11. 6. Der befaßte Richter muß die ihm nach n. 5 obliegende Prüfung in jedem Einzelsalle selbstständig vornehmen; der Umstand, daß der Angeschuldigte bereits ein mal wegen Raubes im ersten Rückfalle (§ 250 Nr. 5) verurtheilt ist, entbindet ihn nicht der Pflicht, demnächst selbstständig zu prüfen, ob die zweimalige Vorbestrafung in der Weise, wie § 244 eS voraussetzt, vorliege. 7. Daß die zweite Dorbestrasung nach einem früher geltenden Strafgesetze zu einer Zeit erfolgte, wo die auch damals in Betracht kommende Rückfälligkeit bereits verjährt war, steht der Anwendung deö § nicht entgegen: Stuttg. 28. Dez. 72 (WGbl. VI, 334), Mannh. 5. Juli 79 (BAnn. 45 f. 169). 8. Auch eine während der Strafunmündigkeit erfolgte Borbestrafung (selbst eine auf „Verweis" lautende: ZI. 14. März 72, RdO. XIII, 267) begründet für spätere Fälle den Rückfall: Z. 3. Dez. 51 (IMbl. 52 s. 7); Dochow i. GSaal 23 s. 471; Göz i. WGbl. V. 120; contra: Kaiser i. StRZ. XI, 177; Hartm. t. SGZ. XVI, 159. Das gilt sogar dann, wenn damals die That vor dem vollen deten zwölften Jahre begangen war, eine Strafverfolgung also nach dem jetzt gel tenden Gesetze (§ 55) ausgeschlossen sein würde: cit. ZI. 14. März 72. 9. Eine Vorbestrafung „als Dieb rc." liegt vor, wenn die Bestrafung aus dem den Thatbestand deö betr. Straffalls sowie die Strafe desselben bestimmenden Gesetze erfolgt ist. Dabei macht es keinen Unterschied, ob wegen eines dabei ob waltenden erschwerenden Umstandes (z. B. wegen schweren Diebstahls) eine geschärfte, oder wegen mildernder Umstände eine geminderte Strafe verhängt worden ist; nicht minder, ob die Strafverfolgung damals durch eine besondere Voraussetzung (z. B. durch das Vorhandensein eine« Strafantrags: § 247) bedingt gewesen war: DreSd. 29. Sept. 71 (SGZ. XV, 318); Stuttg. 27. März 72 (StZ. I. 284). Daö gilt selbst dann, wenn das maßgebende Strafgesetz beim Vorhandensein bestimmter Vor aussetzungen (z. B. wegen geringfügigen Objekts) eine Strafe eintreten ließ, welche das Maß der jetzigen Uebertretnngsstrafen nicht überstieg: Stuttg. 27. März, 3. Juli u. 28. Dez. 72, BII. 9. April 74 (StZ. I, 284; II, 54. 198; RdO. XV, 211:
Thl. II. Absch». XIX.
Diebstahl und Unterschlagung. — § 244.
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Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt beim ein fachen Diebstahl Gefängnißstrafe nicht unter drei Monaten, Fälle eines kleinen Diebstahls (kleinen Betrugs) nach dem frühern Württ. StGB. Art. 321 und dem Württ. Pol.-Strafges. Art. 57). 10. Das Gesagte (n. 9) erleidet eine Ausnahme da, wo das Gesetz eine an sich den allgemeinen Begriff des betr. Straffalles erfüllende Handlung unter Berück sichtigung bestimmter bei ihm obwaltender Voraussetzungen, in erkennbarer Weise aus dem allgemeinen Begriff ausgesondert, als einen besonderen Straffall („Ma terie" : EG. § 2) qualifizirt und für diesen eine ganz selbstständige Strafandrohung getroffen hat. Das würde vom Raube im Verhältnisse zum Diebstahle gelten, wenn er im § nicht ausdrücklich hervorgehoben wäre. — Insbesondere aber trifft jene Ausnahme zu, wenn sich die Strafandrohung in einem neben dem allgemeinen Strafgesetzbnche geltenden besonderen Gesetze (z. B. in einem Feld-, Forst-, Holz diebstahlsgesetze) findet: Jena 4. Juli 72, DreSd. 15. Nov. 72, Münch. 4. Febr. 73 (StZ. II, 186. 188, 282). Das gilt in Preußen selbst bann, wenn ein im dritten Rückfalle verübter Holzdiebstahl, nach dem früheren Holzdiebst.-Ges. § 16 mit der Strafe des einfachen Diebstahls belegt worden ist: ZI. 25. Okt. 61, 15. Juli 64 (RdO. II, 22; V, 85). Aehnlich verhält es sich mit einem Munddiebstahl, dem f. g. Futterdiebstahl und der unbefugten Aneignung fremder Erde, Steine rc. (§ 370 Nr. 5. 6. 2; Pr. StGB. § 349 Nr. 3. 7. 2): Lübeck (GA. XIX, 615); Wolfenb. 23. Juni 71 (StZ. I, 153). Dasselbe nahm Stuttg. 19. Juni 72 (StZ. II, 53) an in Betreff eines Familiendiebstahls (Württ. StGB. Art. 339; bedenkt.). Da gegen erkannte ARII. 19. Okt. 80 (RdR. II, 353), daß eine frühere Bestrafung nach Maßgabe der Pr. Feldpol.-Ordn. v. 1. Nov. 1847 §45 Abs. 2 eine Borbe strafung im Sinne des § 244 darstelle; vgl. unten n. 15, § 242 n. 14. 52. Das selbe muß um so unbedenklicher gelten, wenn an Stelle der betr. §§ des Pr. FFP.Ges.'s der § 242 der Bestrafung zu Grunde gelegt ist, weil der Werth des Ent wendeten zehn Mark überstieg, da für solche Fälle das erstere Gesetz eine Strafsanetion gar nicht enthält, hier also die Strafbestimmungen wegen Diebstahls un mittelbar zur Anwendung kommen. 11. Nach dem unter n. 9 Gesagten liegt eine Vorbestrafung „als Dieb rc." auch da vor, wo wegen des Versuchs der betr. Mißthat gestraft worden ist: ZU. 9. Apr. 74 (RdO. XV, 218), Jena 5. Apr. 71, DreSd. 16. Juni u. 3. Juli 71, Stuttg. 28. Mai 73 (StZ. I, 182. 92; III, 13; StRZ XIII, 183); Puch. n. 4; Göz i. WGbl. V, 112; contra: v. Stemann i. GSaal 23 s. 412; dabei kommt eS nicht in Betracht, ob die That, welche früher unter der Herrschaft eines anderen Gesetzes als Versuch bestraft war, auch jetzt den Bedingungen eines strafbaren Ver suchs entsprechen würde: eit. Jena 5. April 71; vgl. n. 5. — Ebenso verhält eS sich, wenn früher wegen Anstiftung oder Bei hülfe zu einem Diebstahl oder Diebstahlsversuche gestraft war: ZU. 19. Dez. 72 (RdO. XIII, 678), Schw. n. 8, Rüd. s. 376, Meyer n. 5, Puch. n. 4, Schütze s. 441 n. 17; contra: v. Stemann 1. c.; vgl. n. 14. — Dagegen wird durch eine Vorbestrasung wegen „Begünstigung" eines Diebs die Rückfallsstrafe nicht begründet, es sei denn, daß jene vorher zuge sagt war (§ 257 Abs. 3), oder daß der Begünstiger seines Vortheils wegen handelte (Hehlerei i. e. S.: § 258). Eine auf Grund des Hann. StGB.'S Art. 75 wegen Begünstigung eines Diebstahls aus Gewinnsucht erfolgte Bestrafung stellt gleichfalls eine Bestrafung „als Hehler" dar: ZI. 24. Jan. 77 (RdO. XVIII, 63). 12. Als eine Bestrafung „gleich einem Räuber" ist die wegen schwerer Erpressung (§ 255; Pr. StGB. § 236) und die aus § 252 erfolgte anzusehen.
13. „Bestrafung" ist nicht gleichbedeutend mit Derurtheilung; eS bedarf auch noch einer (gänzlichen oder theilweisen) Verbüßung der verhängten Strafe bzw. eines Erlasses derselben; vgl. in Betreff deS Näheren § 245 n. 1 ff. 14. Der Umstand, daß die frühere Verurtheilung gegen den Angeschuldigten unter einem falschen Namen ergangen war, steht der demnächstigen Verhängung der Rückfallsstrafe nicht entgegen, sobald feststeht, daß Verurtheilung und Vollstreckung ihn getroffen hatten: Beschl. I. 1. Febr. 61 (RdO. I, 237). 15. Der neue jetzt zur Aburtheilung gelangende Diebstahl muß an sich und
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Thl. II. Abschn. XIX.
beim schweren Jahre ein.
Diebstahl und Unterschlagung. — § 244.
Diebstahl Gefängnißstrafe nicht unter Einem
[I. Entw.: § 219; II. Entw.: § 239; Pr. StGB.: § 219; EG. z. dems. Art. VI.] Vgl. §§ 245. 250 Nr. 5; 255. 261. 264; 362 Abs. 3; RPostges. v. 28. Okt. 1871 § 28 (BGbl. f. 353); R..Mil.-StGB. §§ 7. 13. 138; RGBG. § 73; RStPO. §§ 262. 402. Preußen: Vgl. EG. ,. Pr. StGB. Art. XXVI; (Rh.) Ges. v. 4. Mai 1853; Ges. v. 22. Mai 1852 Art. I § 1 Nr. 1. 2. NSlPO. §§ 13. 325.
unmittelbar unter die §§ 242ff. fallen. Entwendungen der in n. 10 erwähnten Art gehören nicht hierher. Das gilt selbst von einem nach § 16 des Pr. HDGes.'s mit der DiebstahlSflrafe zu ahndenden Holzdiebstahle: DI. 12. Juni 74 (NdO. XV, 399). DaS Gegentheil nahm jedoch ZRI. 13. Mai 80 (RdR. I, 772) von einer unter § 45 Abs. 2 der Pr. Feldpol. - Ordn. v. 1. Nov. 1847 fallenden Entwendung an. Letzteres muß um so viel mehr von solchen Fällen gelten, in welchen die Diebstahls strafe an Stelle der Strafen des Pr. FFP -Ges.'s zu verhängen ist, weil der Werth des Entwendeten zehn Mark übersteigt; vgl. n. 10; § 242 n. 50 ff. 16. Auch dann, wenn der neue Straffall nur einen Versuch, die Anstif tung oder Beihülfe zu einem Diebstahle rc. darstellt, tritt die Rückfaüsstrafe (unter geeigneter Berücksichtigung der §§ 44. 49) ein, insofern in der Person dieses Angeschnldigten die Voraussetzungen des § zutreffen (§ 50 n. 5): ZRI. 23. Sept. 80 (RdR. II, 243), Dresd. 17. April u. 17. Juli 71, 20. Mai 78 (SGZ. XV, 153. 243; XXII, 314), ZI. 11. Dez. 72, 2. Juni u. 3. Dez. 73, ZU. 8. Jan. 74 (RdO. XIII, 654; XIV, 438. 768; XV, 9), Stuttg. 31. Dez. 73 (SlZ. IV, 51), Schw. n. 8, Rüd. n. 6, Schütze s. 439 n. 17; contra: v. Stemann 1. c. s. 412. 17. Die NückfallSstrafe wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß der neue Dieb stahl nur auf Antrag des Verletzten verfolgt werden kann (§ 247): Dresd. 29. Sept. 71, Stuttg. 27. März 72 (StZ. I, 92. 284); vgl. n. 9; noch dadurch, daß der Thäter ein Ausländer ist: Zll. 2. Mai 76 (RdO. XVII, 297). 18. Statthaftigkeit der Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte und der Polizeiaufsicht: vgl. § 248.
19. Liegen mehrere im wiederholten Rückfalle begangene Diebstähle re. vor, so tritt die Strafschärfung für jeden einzelnen nach den Grundsätzen von der RealKonkurrenz (§ 74) ein: Dreöd. 31. Juli 71 (SGZ. XV, 244). 20. Ein schwerer im zweiten Rückfalle verübter Diebstahl ist auch dann mit Zuchthaus nicht unter zwei Jahren zu bestrafen, wenn er gleichzeitig die Merkmale des Raubes (§ 249) an sich trägt; vgl. § 73 n. 6. 21. Wie früher der Pr. Nichtigkeitsrichter, so kann jetzt der Revisionsrichter die in der Vorinstanz unterbliebene Feststellung der Dorbeftrafungen nicht nachholen und ist an die in der Vorinstanz wirklich erfolgten Feststellungen gebunden; vgl. ZRIII. 2. Juni 80 (RdR. II, 17), Löwe s. 784. Demgemäß müssen die Voraus setzungen des § vom Jnstanzrichter ausdrücklich und so fest gestellt werden, daß darnach der NicktigkeitS- bzw. Revisionsrichter die Richtigkeit der Gesetzesanwendung vollständig zu beurtheilen im Stande ist: VI. 1. Mai 72, VII. 6. Juni 72, DI. 6. Sept. 72 (RdO. XIII, 287. 342. 438). Es muß sonach aus der Feststellung hervorgehen, daß jede der Borbestrasungen nicht allein verhängt, sondern auch (we nigstens theilweise) vollstreckt (erlassen) war, ehe die folgende That begangen wurde, und daß seit der Verbüßung rc. der letzten Strafe bis zur Begehung des jetzt vor liegenden Falles keine zehn Jahre verflossen sind: V. 23. Apr. 69 (RdO. X, 263). Stützt hierbei der Jnstanzrichter ferne Ueberzeugung nickt lediglich auf das Geständniß des Thäters, so muß das Protokoll (bei Strafe der Aufhebung des Urtheils) ergeben, daß in der Hauptverhandlnng von dem Inhalte der Vorakten Kenntniß ge nommen sei: ARIII. 17. Nov. 80 (RdR. II, 529). — Jene Feststellung lag früher in Preußen in' schwurgerichtlichen Sachen nicht den Geschworenen, sondern dem Gerichtshöfe ob: EG. z. Pr. StGB. Art. XXVI; NStPO. § 325. Daffelbe ist jetzt allgemein Rechtens, selbst insoweit die Identität streitig sein möchte: Schw. StPO. s. 462. Die Feststellung erfolgt stets nach einfacher Stimmenmehrheit, da
THI. II. Abschn. XIX.
Diebstahl mib Unterschlagung. — § 244. 245.
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§ 24t3 Die Bestimmungen des § 244 finden An wendung, auch wenn die früheren Strafen nur theilweise ver büßt oder ganz oder theilweise erlassen sind, bleiben jedoch § 262 der RStPO. die Voraussetzungen des Rückfalles aus dem Bereiche der Schuld frage ausdrücklich ausscheidet. 22. Inwiefern die bei der Aburtheilung unberücksichtigte Rückfälligkeit des Angeschuldigten zu einer nachträglichen abermaligen Verfolgung und Verschärfung der Strafe führen könne, ist eine prozessualische Frage. Dieselbe war nach den früher in Preußen geltenden Prozeßordnungen zu verneinen, sollte auch der Angeschuldigte (z. B. durch Beilegung eines falschen NanienS) jenes Uebersehen absichtlich veran laßt haben: ZPl. 16. April 55 (IMbl. s. 192). Die RStPO. gestattet dagegen zu dem Behufe (unter gewissen Voraussetzungen) die „Wiederaufnahme des Verfah rens"; vgl. dort § 402, Schw. StPO. s. 553, Löwe s. 820. Die Revision kann auf eine erst nachträglich ermittelte Rückfälligkeit nicht gegründet werden: ZRIII. 2. Juni 80 (RdR. II, 17); vgl. n. 21. 23. In Betreff der Zuständigkeit und des Verfahrens vgl. (früher) Pr. Ges. v. 22. Mai 1852 Art. I. § 1 Nr. 1. 2; Pr. NStPO. § 13;' (Rh.) Ges. v. 4. Mai 1853 und jetzt RGVG. § 73 Nr. 5. — Wird das Vorliegen eines wieder holten Rückfalls erst in der Hauptverhandlung behauptet, so kommt § 264 Abs. 2 der RStPO. zur Anwendung: Löwe s. 643.
§ 245. 1. Sowohl die erste als die zweite Rückfälligkeit ist durch die (gänzliche oder theilweise) „Verbüßung" der vorher verhängten Strafe bedingt, sollte auch die Vorbestrafung aus einem inzwischen außer Kraft getretenen Gesetze erfolgt sein, nach welchem die Rückfälligkeit schon durch eine vorhergegangene Derurtheilnng begründet wurde. Der Verbüßung ist ein (gänzlicher oder theilweiser) Erlaß gleich gestellt, nicht aber die Verjährung; vgl. § 70 n. 1. 2. Ist die ergangene Verurtheilung in legaler Weise z. B. durch Anrechnung einer Untersuchungshaft oder einer im Auslande wegen derselben That erlittenen Strafe (§§ 60. 7) vollstreckt worden, so ist es für die Rückfälligkeit unwesentlich, ob jene bei Begehung der nächstfolgenden That schon rechtskräftig war: VI. 20. März u. 26. April 72, DreSd. 12. Juni 71 (RdO. XIII, 217. 284; StRZ. XIII, 186); contra: Münch. 16. Okt. 74, ZI. 30. Juni 76 (BEntsch. IV, 461; RdO. XVII, 480). Dies gilt namentlich auch dann, wenn dem zur Untersuchungshaft gebrachten Angeschuldigten, welcher gegen die Verurtheilung kein Rechtsmittel eingewendet hat, trotz des vom StA. ergriffenen Rechtsmittels die Zwischenzeit auf die verhängte Strafe angerechnet wird (Pr. Vdn. 3. Jan. 1849 § 158; NStPO. § 429; RStPO. § 482). Werden einem im Auslande bestraften Deutschen nachträglich die Ehren rechte aberkannt (§ 37), so bedarf es gleichfalls keiner weiteren Vollstreckung; hier wird aber die Rechtskraft des betr. Urtheils erfordert; vgl. § 37 n. 13. 14. 3. Die Strafe ist „theilweise verbüßt", sobald mit ihrer Zufügung (der Vollstreckung) ein Anfang gemacht ist; sind verschiedene Strafarten verhängt, so reicht die theilweise Vollstreckung einer dieser Strafen hin, selbst wenn diese nur in einer Nebenstrafe (;. B. der Einziehung eines Gegenstandes oder der Einsperrung in ein Arbeitshaus) bestand. Bei Freiheitsstrafen muß die Einlieferung in die Strafanstalt bewirkt sein; eine Verbüßung hat nicht stattgefunden, wenn der Festgenommene auf dem Transport entspringt: Beschl. I. 4. Okt. 71 (RdO. XII, 494); vgl. in dieser Beziehung § 15 n. 2; § 16 n. 4. Bei Geldstrafen muß eine Einziehung (Einzah lung) erfolgt sein. — Dagegen genügt es (von dem unter n. 2 a. E. vorgesehenen Falle abgesehen) nicht, wenn eine verhängte Nebenstrafe oder die von Gesetzes wegen eintretende Folge einer Verurtheilung mit der Rechtskraft der letzteren ohne weitere Vollstreckungshandlung wirksam wird; vgl. §§ 31. 36. 38 Abs. 3; § 71 n. 3-5. 4. Ist die „im Inlande" (§ 244 n. 1) verhängte Strafe verbüßt, so schadet es nicht, wenn die Vollstreckung (auf Requisition der inländischen Behörde) im Aus lande bewirkt wurde; auch in diesem Falle ist die „Bestrafung" als „im Inlande" erfolgt anzusehen; contra: Ortlofs i. StZ. I, 10.
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Thl. II. Abschn. XIX.
Diebstahl und Unterschlagung. — §§ 245. 246.
ausgeschlossen, wenn seit der Verbüßung oder dem Erlasse der letzten Strafe bis zur Begehung des neuen Diebstahls zehn Jahre verflossen sind. [I. Entw.: § 219; II. Enlw.: § 240; Pr. StGB.: §§ 219. 60.] Vgl §§ 244. 250 Nr. 5; 261. 264: R..Postges. v. 28. Okt. 1871 § 28; R.-Bransteu-rg-s. v. 31. Mär, 1872 § 34; R.-Mil. StGB. § 13.
§ 2416 Wer eine fremde bewegliche Sache, die er in Besitz oder Gewahrsam hat, sich rechtswidrig zueignet, wird 5. Ist die Strafe theil weise verbüßt, der Rest aber verjährt, so beginnt die Verjährung deö Rückfalls mit der Beendigung der Theilvollstreckung. 6. Der Ablauf einer zehnjährigen Frist schließt die Rückfälligkeit nur dann aus, wenn er zwischen der Verbüßung rc. der zuletzt verhängten Vorstrafe und der Verübung des jetzt abzuurtheilenden Falles (des „neuen Diebstahls") liegt (die früheren Fälle brauchen keine „Diebstähle" zu sein). Dagegen ist es gleichgültig, wie viel Zeit zwischen den früheren Vorbestrafungen lag: ARI. 4. März 80, ARIII. 29. Mai 80 (RdR. I, 425. 833), Beschl. 11. Okt. 71, VI. 13. Sept. 72, HI. 23. April 75 (RdO. XII, 503; XIII, 447; XVI, 308), Wolfenb. 11. April >1 (StZ. I, 154\ DreSd. 22. April 72 (SGZ. XVI, 275), Manh. 7. Sept. 72, 15. März 73, Stuttg. 2. Okt. 72 ^StZ. II, 109. 54. 56; III, 201), Schw. n. 1, Rüd. n. 2, Schütze f. 439 n. 7, Puch. n. 6; contra: Jena 14. Nov. 72 ^StZ. III, 117), Meyer s. 197 n. 2, Prestinari i. BAnn. 39 s. 13; (nach der Entstehungsgeschichte de« § ist die Frage nicht unzweifelhaft). — DaS Gesagte gilt selbst dann, wenn die erste Vor bestrafung unter der Herrschaft eines auch die Verjährung des ersten Rückfalls zu lassenden älteren Gesetze« erfolgt, und zur Geltungszeit desselben die damals genttgende Verjährungsfrist abgelaufen ist: cit. Stuttg. 2. Okt. 72, ZI. 4. Dez. 72 (RdO. XIII, 646). 7. War die letzte Vorbestrafung wegen mehrerer realiter konkurrirender Straffälle erfolgt, von welchen nur einzelne zu den im § 244 hervorgehobenen ge hörten, so beginnt der Lauf der zehnjährigen Verjährungsfrist doch erst mit der Ver büßung der verhängten Gesammtstrafe: ZU. 20. Febr. 68 (RdO. IX, 146); ander« würde sich die Sache gestalten, wenn die Strafen gesondert erkannt waren; §§ 75. 77. 8. Der Ablauf der zehnjährigen Frist schließt auch dann die Verhängung der Rückfallsstrafe aus, wenn schon die letzte Vorbestrafung wegen eines Rück falldiebstahls (aus § 244) erfolgt war. 9. Die Vorschrift diese« § ist auf die nach einem in Kraft verbliebenen be sonderen Bundes- ober LandeSstrafgesetze zu verhängenden Rückfallsstrafen nicht an6» zudehnen: ZII. 5. Jan. 75 (RdO. XVI, 12), MeveS i. StRZ. XI, 565; vgl. z. B. Pr. Steuer-Ordn. v. 8. Febr. 1819 § 62. 63; VZollgef. v. 1. Juli 1869 § 140—142. Da« letztere enthält im § 142 eine besondere Vorschrift in Betreff der Verjährung des Rückfalls.
§ 246. Ableugnen: 36. 61. Anbieten z. Ankauf: 33. 61. Anstifter: 29. Anvertrauung- 8.10.26.27. Beamter: 59. Begriff: 1. 2. Behältniß- 27. Bet-Seite-Schaffen: 35. Benachtheiltgung - 48. 51. Benutzung - 39. Besitz/ vgl. Gewahrsam. Bevollmächtigter: 3. 7a ff. Dienstbote: 26. DoluS: 45—50. Dritter: 29. 40. 61. Eigenthümer, früh: 28. Zustimmung: 41. 47. Eigenthum, Erwerb: 7- 21. Uebertragung: 12. 33.
Inhalt: Ersatz: 41. 42. 43. 46. Erstattung in genere: 7. Fahrlässigkeit- 49. Faustpfandgläub.: 23. 24. Feststellg.: 1. 17a. 29a. 39a. 50. Finder: 6. 25. 37. 61. Forderung: 3 36. 44. Frachtführer: 18. Gegenforderung: 44. Geheimniß: 3. Gehülfe: 29. 40. 61. Gesellschafter: 21. Gewahrsam: 24—29. - Ableugnen: 36. 61. - Eigenthümer, früh: 28. Gewahrsam, Erlangq.: 24. 28. - d. Mißth.r 30. Gewerbsgehülfe: 16. Gewinnsucht - 45.
Gut-Verwalter: 7a. Hehlerei - 61. Holz, Fällung: 19. 7a. - geliefertes 17. Irrthum : 11. > 2. 25 . Kommissionär: 8 10. 10a. 41. Kompensation: 44. Konkurrenz: 8 10. 34 53—55. Mitbesitzer: 22. Mtteigenthümer - 21. Nichtschutd: 11 12. Okkupationsrecht: 4. Pfandschein: 8. 32. Recht: 3. - dringlich: 34. Rechtswidrigkeit: 41 — 44. Rückgabe, Absicht: 42. Sicherstellung: 42. • Verweigerung: 36
Thl. II. Abschn. XIX.
Diebstahl und Unterschlagung. — §246.
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wegen Unterschlagung mit Gefängniß bis zu drei Jahren und, wenn die Sache ihm anvertraut ist, mit Gefängniß bis zu fünf Jahren bestraft. Straflosigkeit: 62. Sache: 3 ff. ____ -- anvertraute 8.10. 26. 27.57. Strandguts 6. . bewegliche: 3. Theilnahme: 29. 40. 61. - fremde: 3. Trödelvertrag: 10a. - fungible: 7. Uebergabe - 14. Urkundenfälschung: 55. - gefundene: 6. - herrenlose 4. 5. Verbrauch: 32. - unkörperliche: 3. Verbringen: 35. Verfügg , auftragöwidr. : 8.10.4 1. - verlorene ; 6. Schatz: 5. Vcrh. z. Diebst.: 2. Simulation: 13 - z. Untreue: 10. Sparkassenbuch: 3. 32. Verheimlichung: 35. Spezifikation: 15. Verjährung: 52. Stellvertreter: 8—10. Verletzter 44 a. Strafantrag: 62. Verpfändung: 8. 23. 34. 41.
Verstecken: 35. 61. Versuch: 60. Veruntreuung: 57. Vollendung: 51. Wechsel: 8. 10. 32. Werthpapier: 3. 8. 10. 12. 32. Wtedererwerbung: 42. Wiederholung - 54. Zehnten: 21. Zerstörung: 38. Zeugenbeweis: 63. Zueignung: 30—39. 61. - rechtSwtdr.: 41—44. - wer 40. Zufall: 25. 37.
1. Der Begriff der „Unterschlagung" ist kein so allgemein bekannter, daß der Instanzrichter früher von der ausdrücklichen Feststellung der Merkmale deS § hätte abseheu und sich mit der einer erwiesenen „Unterschlagung" hätte begnügen dürfen, wenn das maßgebende Strafprozeßgesetz wie z. B. das französische) eine all gemeine Dorschrift jener Art nicht enthielt: BII 19. Mai 70 (RdO. XI, 320). Jetzt versteht sich die Nothwendigkeit jener Feststellung von selbst (RStPO. § 266). 2. Die Begriffsbestimmung des § entspricht wesentlich der des Diebstahls (§ 242), mit dem Unterschiede, daß hier eine rc. Sache vorausgesetzt wird, welche der Thäter bereits in seiner Verfügungsgewalt hat, und daß eben deshalb an die Stelle der „Wegnahme" die „rechtswidrige Zueignung" tritt. Es kann daher hier auf die zum § 242 gemachten Bemerkungen verwiesen werden. 3. Insbesondere gilt hier Alles, was § 242 n. 2—15 über die „fremde, bewegliche Sache" gesagt worden ist, jedoch mit der Maßgabe, daß die in der Rechtsprechung vorherrschende Ansicht bei Untersuchungen wegen Unterschlagung die Eigenthumsfrage nicht überall nach streng civilrechtlichen Grundsätzen beurtheilt wissen will, und daß namentlich, wenn es sich in solchen Prozeduren darum handelt, ob die aus Anlaß eines Auftrags- oder ähnlichen Rechtsverhältnisses vereinnahmten .gelösten) Gelder oder sonst erworbenen Sachen sofortiges Eigenthum deS Geschäfts herrn geworden, mithin in den Händen des Empfängers fremde seien, oder ob die selben bzw. ihr Betrag blos den Gegenstand einer persönlichen Schuld deS letzteren bilde, weniger die Grundsätze des Civilrechts als der beim Eingehen jenes Rechts verhältnisses kundgegebene Wille der Kontrahenten in Betracht kommen soll; vgl. n. 8ff., ZU 5. Dez. 67, VI. 13. März 78, Dresd. 3. u. 17. Ian. 79 (RdO. VIII, 763; XIX, 134; SGZ. 23 s. 145. 219); contra: ARI. 15. Nov. 80 (RdR. II, 515). 3a. Demgemäß kann eine unkörperliche Sache z. B. ein Recht, eine For derung nicht unterschlagen werden: Dresd. 8. Mai 71 (StZ. I, 120); die rechts widrige Verfügung über eine solche durch einen Bevollmächtigten ist aus § 266 zu bestrafen. Dagegen sind Werthpapiere körperliche Sachen. Das Gegentheil nahm ein Meckl. OG. (GSaal 28 s. 508) von einem auf eine bestimmte Person lautenden Sparkassenbuche an; daß die Sparkasse bei der Auszahlung die Legitima tion des Empfängers nicht zu prüfen braucht, mache jenes Buch nicht zum Inhaber papier; vielmehr erscheine die durch dessen Hingabe erwirkte Auszahlung des Betrags lediglich als eine Verfügung über eine fremde Forderung (§ 266); vgl. jedoch § 242 n. 4 und unten n. 32.--------- Die Unterschlagung einer Idee, z. B. eines technischen Geheimnisses ist nicht denkbar, eine solche kann nicht zurückgegeben noch zugeeignet werden. Dasselbe gilt vom literarischen Eigenthum, nicht aber von dem betr. Manuscripte; vgl. § 242 n. 2, Dresd. 1. April 78 (SGZ. 22 s. 274). 4. An herrenlosen Sachen ist eine Unterschlagung ebensowenig wie ein Diebstahl möglich, sollte auch einem Andern das ausschließliche Okkupationsrecht zu stehen; vgl. § 242 n. 8 ff. Wer unbefugter Weise eine herrenlose Sache mit der Absicht der Zueignung okkupirt (z. B. ein Jagdfrevler), begeht keine Unterschlagung, selbst wenn civilrechtlich anzunchmen ist, daß er das Eigentum nicht für sich, (ou.
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THI. II. Abschn. XIX.
Diebstahl und Unterschlagung. — § 246.
Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann auf Geld strafe bis zu neunhundert Mark erkannt werden. Der Versuch ist strafbar. [I. Entw.: «5 223. 224; II. Entw.: § 241; Pr. StGB.: §§ 225-227.1 Vgl. §§ 241. 247. 248. 266 Nr. 2; 350. 351; Mil.-StGB. §§ 127. 138; RGVG. §§ 26 (Nr. 5). 28. 75 (Nr. 7); RStPO. § 261. Preußen: Vgl. NStPO. §§ 448—450.
bern für einen Andern erwerbe; vgl. Über diese Frage Förster Pr. Privatrecht III, 182 n. 9; Koch zu ALR. I, 9 § 115. 5. Dasselbe (n. 4) gilt von einem Schatze, dessen Eigenthümer nicht zu er mitteln ist, mag jener in dem eigenen oder in einem fremden Grunde gefunden sein; auch in dem letzteren Falle beruht der (durch einzelne Gesetzgebungen gewährte) Anspruch des Grundeigenthümerö aus einen Theil des Gefundenen nur ans einem persönlichen Forderungsrechte: OTr. I. Civ.-Sen. 11. Mai 55 (Entsch. 30 f. 421); HS. II, 499; id. i. GA. XV, 6; contra: ZRI. 17. Nov. 79 (RdN. I, 79: in Bezug auf das Pr. ALR.), ZI. 14. Febr. 55 (Entsch. 30 s. 359); BI. 17. Febr. 69 (RdO. X, 69); Meyer n. 11; Förster 1. c. III, 190 n. 50; ebenso (in Bezug aus daö Gemein: Recht): Schütze s. 441 n. 5, und (in Bezug aus da« Pr. ALR. und das sranz. Recht): Puch. n. 3. Die Nichtanzeige eines im eigenen Grundstücke ge fundenen Schatzes ist in Preußen aus § 103, I, 9 ALR. strafbar: BI. 30. Juni 66 (RdO. VII, 396). Dgl. BI. 20. Sept. 69 (ib. X, 647). 6. Eine verlorene (vgl. über diesen Begriff § 242 n. 16—20) und dem nächst von einem Dritten gefundene Sache ist auch dann, wenn in dem vorge schriebenen Aufgebotsverfahren (vgl. z. B. Pr. ALR. I, 9 § 31 ff.) der Eigenthümer nicht ermittelt wird, darum noch nicht von Anfang an als eine herrenlose zu be trachten; sie erlangt diese Eigenschaft erst durch die im Zuschlagserkenntnisse ausge sprochene Präklusion und wird erst von diesem Augenblicke an für den redlichen Finder Gegenstand des Eigenthumserwerbes: VII. 17. März 59 (JMbl. s. 139). — Aehnlich verhält eS sich mit gefundenem Strandgute; auf dieses findet daher § 246 (unter Ausschluß der speciellen Strafbestimmungen älterer Strandordnungen) Anwendung; vgl. Z. 13. Okt. 69 (RdO. X, 636), Schütze s. 441 n. 5 und über dies § 43 der R.-StrandungS-Ordn. v. 17. Mai 1874 (RGbl. f. 73). 6a. Sachen, welche unter dem Vorbehalte des Eigenthums bis zur Zahlung deS Preises verkauft und tradirt sind, können vom Ankäufer unterschlagen werden: Münch. 22. April 80 (BEntsch. NF. I, 122). DaS Gegentheil gilt im Gebiete des Pr. ALR., da nach dessen Vorschriften ein solcher Vorbehalt den sofortigen Uebergang des Eigenthums auf den Käufer nicht hindert: ARIII. 10. März 80 (Entsch. II, 132). Vgl. n. 14. — Ein Wechsel, den ein Contrahent zur Sicherung einer für den Fall des Rücktritts verabredeten Conventionalstrafe dem anderen ausstellt, bleibt für letzteren bis zum wirklich erfolgten Rücktritt eine fremde Sache; demgemäß kann derselbe durch frühere Weiterbegebung unterschlagen werden: ZI. 22. Dez. 76 (RdR. XVII, 844). Aehnliches gilt von jedem unter einer Suspensivbedingung übertra genen Accepte bis zum Eintritte der Bedingung: ZRIII. 17. Jan. 80 (RdR. I, 244), nicht aber von einem bezahlten Wechsel, selbst wenn bei der Zahlung die Rückgabe ausdrücklich ausbedungen und zugesagt war: ARII. 2. April 80 (RdR. I, 530). 7. Eine Sache, welche Jemand mit der Verpflichtung der Erstattung in genere erhält, geht als Species in sein Eigenthum über. Dies gilt selbst dann, wenn die freie Verfügung über die Sache (z. B. Geld) zu einem bestimmten Zwecke gewährt wurde; die Verwendung zu einem anderen Zwecke hebt hier den Eigen thumsübergang nicht aus: VI. 3. Jau. 79 (RdO. XX, 6). Eine derartige, auf die Erstattung in genere beschränkte Pflicht ist aber nicht ohne Weiteres überall anzu nehmen, wo es sich um fungible Sachen (Geld rc.) handelt (vgl. § 350, welcher „Geld" besonders hervorhebt). Zwar wird es in solchen Fällen dem Berechtigten regelmäßig gleichgültig sein, ob er die Erstattung in denselben oder in anderen gleich werthen Spezies erhält, und er wird daher Nichts dagegen einwenden, wenu der
Thl. II. Abschn. XIX.
Diebstahl nnb Unterschlagung. — § 246.
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Erstattungspflichtige die empfangene Species gegen andere gleichwerthe auStaufcht oder umwechselt, ja er wird nicht selten eine solche Umwechslung wünschen und dazu Anweisung ertheilen. AuS allem dem folgt aber keineswegs, daß deshalb der Erstattungöpflichtige sofort mit dem Gewahrsam Eigenthum an der erhaltenen SpecieS erwerbe; seine Befugniß geht nur dahin, eine Umwechslung vorzunehmen, in Folge welcher die neuen Stücke an die Stelle der auögewechselten treten und statt der letz teren in das Eigenthum des Berechtigten übergehen; eine Verausgabung ohne gleich zeitige Ersetzung durch andere gleichwerthe liegt sonach nicht in seinen Befugnisien, insofern nicht der beiderseitige Wille gerade dahin gerichtet war, daß er ohne Wei teres Eigenthümer der erhaltenen' Gegenstände werden und daß der Berechtigte da für nur eine persönliche Forderung auf dereinstige Rückzahlung eine« künftig erst zu beschaffenden gleichen Betrages erlangen solle: ZRG. 26. Febr. 80 (BAnn. 46 s. 103), ZI. 27. Sept. 61, 8. Nov. 67, Z. 19. Juni 70 (RdO. I, 553; VIII, 692; XI, 383). Manh. 10. Mai 73, Dresd. 5. Juli 78 (StZ. III, 204; SSZ. 23 s. 43), OHG. 4. April 76 (Entsch. dess. XX, 65); ML. s. 486. Alles dieses gilt selbst dann, wenn der Erstattungspflichtige unter Zustimmung des Berechtigten die empfangenen Gelder mit seinen eigenen vermischt hat, so daß eine Scheidung nicht mehr möglich ist; der gesammte Geldvorrath steht dann in dem ratirlichen Miteigenthume Beider, so daß der Inhaber durch einseitige Verfügung über das Ganze sich in Betreff des Antheils des Andern sehr wohl einer Unterschlagung schuldig machen kann: VI. 9. Dez. 55 (GA. IV, 255). — Sonach ist in jedem Einzelfalle thatsächlich zu prüfen, ob nach der Absicht der Betheiligten daS Eigenthum an den Species ohne Weiteres über gehen, oder ob dasselbe so lange beim Berechtigten verbleiben sollte, bis andere gleichwerche SpecieS an ihre Stelle gesetzt und so zum Eigenthume des letzteren gemacht sind; vgl. Dresd. 10. März 73 (SGZ. XVII, 114), «II. 11. April 78 (RdO. XIX, 220: ein Fall der ersteren Art liege vor, wenn Jemand von einem Anderen Geld mit der Verpflichtung erhalte, dasselbe auf sein, des Empfängers, Lombard-Conto bei der Bank einzuzahlen und in seinen Büchern dem Anderen gutzuschreiben), DreSd. 30. Dez. 78 (SGZ. 23 s. 145: die Bewilligung eines Ziels für die Einzahlung ge löster Preise deute gleichfalls auf die ersterwähnte Absicht hin), Münch. 23. Jan. 80 (BEntsch. IX, 494). 7a. Demgemäß (n. 7) macht sich ein Vormund der Unterschlagung schuldig, wenn er Mündelgelder (ohne gleichzeitigen und gleichwerthigen Ersatz derselben) in eignen Nutzen verwendet: ZRI. 26. Jan. 80, (NdR. I, 273), vgl. § 266 n. 5; des gleichen der Gutsverwalter, welcher die für den Gutsherrn eingenommenen Gelder, der Verwalter eines fremden Forstes, welcher den Erlös aus den Waldprodukten sich zu eignet, da diese Gelder in ihren Händen fremde, bzw. Eigenthum deß Forstbesitzers sind (§ 140, I, 14 des Pr. ALR. steht dem nicht entgegen): ZI. 3. März 76, 14. Juli 75 (RdO. XVII, 170; XVI, 547); ZU. 31. Okt. 76 (GA. 24 s. 584: der Umstand, daß ein Verwalter über seine Verwaltung noch nicht Rechnung gelegt habe, schließe die Fest stellung nicht aus, daß er eine bestimmte, in seine Verwaltung überkommene Summe sich rechtswidrig augeeignet habe); vgl. n. 8. Dasselbe gilt von dem bei dem Eigen thümer einer Droschke in Tagelohn stehenden Kutscher, wenn er daS gelöste Fahr geld oder einen Theil desselben, z. B. den die Taxe überschreitenden Betrag sich zu eignet: ZI. 9. Febr. 76 (RdO. XVII, 102). Ebenso überträgt die Zahlung an einen durch Quittung legitimirten Bevollmächtigten daS Eigenthum des Geldes un mittelbar aus den Empfangsberechtigten; der Bevollmächtigte kann eS daher unter schlagen: ZI. 3. März 76 (RdO. XVII, 165). 8. Derjenige, welcher eine Sache einem Anderen anvertraut, damit dieser als sein Stellvertreter eine Verfügung darüber treffe z. B- sie veräußere, ver liert dadurch allein noch nicht daS Eigenthum. DaS gilt selbst dann, wenn nun mehr nach civilrechtlichen Grundsätzen der Stellvertreter nach außen hin als der ausschließlich zu wirksamen Verfügungen Qualifizirte erscheint, z. B. wenn ihm Haa res Geld oder ein auf den Inhaber lautendes Werthpapier (Staatspapier, Aktie, Lotterieloos rc.) oder ein auf seinen Namen resp, in blanco girirter Wechsel über geben worden ist. Ging die Verabredung zwischen den Parteien dahin, daß trotz dieses formellen UebertragS das Eigenthum ganz oder theilweise bei dem Uebertragenden verbleiben solle, so ist die Sache in der Hand deS Andern eine fremde; er macht sich durch ihre Zueignung einer Unterschlagung schuldig, z. B. wenn er das
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Thl. II. Abschn. XIX.
Diebstahl und Unterschlagung. - § 246.
empfangene Geld zu einer andern als der ausgetragenen Verwendung verausgabt: Z. 17. März 69, ZI. 12. April 72, ZU. 7. Sept. 76 (RdO. X, 158; XIII, 254; XVII, 545); vgl. auch ZI. 23. Febr. 76 (RdO. XVII, 138: entschied, daß der mit einer Verpfändung Beauftragte die über die Verpfändung ausgestellte Lombardbe scheinigung, selbst wenn sie aus seinen Namen laute, für den Mandanten besitze, die selbe daher unterschlagen könne). Mit der Unterschlagung kann das Vergehen des § 266 Nr. 2 ideell konkurriren; vgl. n. 10. 34. 40. 9. Erwirbt Jemand als Stellv er tret er eines Andern (mit dessen Mitteln) eine Sache, so geht das Eigenthum an derselben sofort und unmittelbar auf den Vertretenen über, wenn hierauf bei der Besitzübertragung die beiderseitige Absicht der betheiligten Personen (des den Besitz übertragenden Dritten und deS denselben übernehmenden Stellvertreters) gerichtet war. Handelten beide mit verschiedenen Absichten, wollte z. B. der mit dem Bertretungsverhältnisse vertraute Dritte den Vertretenen zum Eigenthümer der übertragenen Sache machen, während der Stell vertreter sofort für sich selbst zu erwerben beabsichtigte, so hat jedenfalls der Stell vertreter das Eigenthum, welches ihm der Dritte nicht übertragen wollte, nicht er worben; die Sache ist sonach für ihn eine fremde geblieben; vgl. übrigens n. 10. 10. Zweifelhafter erscheint dagegen der Fall, wo Jemand in Vertretung eines Andern (und mit dessen Mitteln), aber in eignem Namen (z. B. als Kom missionär, Wechselindossator, Vertreter eines Ladeninhabers, oder als der mit der Einziehung eines Lotteriegewinns Beauftragte) eine Sache sofort mit der Absicht erwirbt, selbst Eigenthümer derselben zu werden, und wo der auf ihn den Ge wahrsam übertragende Dritte ihn zum Eigenthümer der Sache machen will, weil er ihn für den ausschließlich Berechtigten hält. In solchen Fällen hat das Pr. OTr. angenommen, daß die Frage des Eigenthumserwerbs nicht nach den verschiedenen in den einzelnen Theilen des Staates geltenden Civilgesetzgebungeu zu beurtheilen, daß vielmehr für dieselbe das in Betreff der Vertretung getroffene Uebereinkommen maßgebend sei, weil die die Unterschlagung betreffende Strafbestimmung wesentlich dahin abziele, Treue und Glauben im geschäftlichen Verkehr zu sichern; es sei sonach da« Eigenthum sofort für den Vertretenen erworben (resp, ihm verblieben), wenn dieses bei der über die Vertretung getroffenen Uebereinkunft beabsichtigt war: dann komme es weiter nicht mehr darauf an, ob der Vertreter Vertragsbrüchiger Weise beim Erwerbe die Absicht hegte, für sich zu erwerben, und ob der mit dem VertretungSverhältnisse unbekannte Dritte bei Uebertragung des Gewahrsams den Ver treter zum Eigenthümer machen wollte: VI. 9. Nov. 66, ZU. 5. Dez. 67, Vl. 13. März 78 (RdO. VII, 612; VIII, 763; XIX, 134); vgl. ZRF. 7. Sept. 80 (RdR. II, 206). Gegen diese Auffassung spricht indessen, daß der Vertreter, welcher civilrechtlich Eigenthümer einer Sache geworden ist, durch Ausübung dieses er* wordenen Rechts nicht eine „widerrechtliche Zueignung" derselben Sache be gehen kann; vgl. Merkel i. HH. III, 694; ARII. 25. Juni 80 (Entsch. II, 186: nahm für den Geltungsbereich des Pr. ALR. einen auch strafrechtlich, i. c. bei einer Anklage aus § 266 Nr. 2, zu beachtenden Eigenthumsübergang zu Gunsten des Stellvertreters selbst dann an, wenn dieser den Vertretenen zum Eigenthümer machen wollte, sofern er im eignen Namen den Vertrag abschloß und in Folge dessen die Uebergabe an ihn erfolgte); deshalb ist es richtiger, das Strafbare seiner Handlungs weise in der auftragS- und somit rechtswidrigen Verwendung der ihm (zu einem andern Zweck) zur Verfügung gestellten Sache (deS zum Ankäufe zu verwendenden Geldes, deS zu verwerthenden Werthpapieres) zu suchen; er hat dann diese ihm an vertraute Sache unterschlagen: HS. II, 506 Nr. 2; ZI. 7. Juni 71, 31. Jan. u. 12. April 72 (RdO. XII, 311; XIII, 106. 254); Münch. 12. Juli 79 (BEntsch. IX, 385); vgl. cit. ARII. 25. Juni 80; n. 8. 10a. 34. 40. Anders verhält eö sich freilich, wenn der Kommissionär die angekaufte Sache für den Kommittenten in Depot nimmt und diesen davon benachrichtigt; hier ist das Eigenthum unzweifelhaft auf den Kommittenten übergegangen, mithin eine demnächstige rechtswidrige Ver fügung über jene Sache eine Unterschlagung der letzteren selbst: ZI. 9. April 75, BI. 3. Juli 78 (RdO. XVI, 280; XIX, 350). — Das StGB, hat übrigens Handlungen der obigen Art im § 266 Nr. 2 noch zum Gegenstände einer besonderen Strafandrohung gemacht; eventuell treffen beide Vergehen ideell zusammen; vgl. § 266 n. 5.
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Diebstahl und Unterschlagung. — § 246.
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10a. Bei dem Trödelvertrag geht nach §§ 511. 514 I, 11 des Pr. ALR. das Eigenthum der Vertragsobjekte aus den Trödler über; ZI. 12. Febr. 62 (RdO. 11, 247). DaS Gegentheil ist nach dem gemeinen Rechte und nach § 1291 des Sächs. BGB.'S der Fall. ES kommt daher hier das oben n. 8—10 Gesagte zur Anwendung, und kann sich namentlich der Trödler (außerhalb des Gebiets des Pr. ALR.) ebensowohl wie der kaufmännische Verkaufskommissionär einer Unterschlagung der Vertragöobjekte schuldig machen, insofern sie nemlich dieselben in der Absicht veräußern, den Erlös für sich zu behalten; vgl. Münch. 17. Aug. 74, 12. Juli 79 (BEntsch. IV, 338; IX, 385), DreSd. 3. u. 17. Jan. 79 (SGZ. 23 s. 145. 219). Waltete diese Absicht bei der Veräußerung noch nicht ob, so könnte im Falle der späteren rechtswidrigen Aneignung des Erlöses höchstens von einer Unterschlagung des letzteren die Rede sein. Citt. Münch, leugnen auch dies, da die Erstattung des Erlöses nur eine persönliche Schuld des Veräußerers darstelle, während citt. DreSd., anscheinend in Uebereinstimmung mit ARI. 30. Sept. 80 u. ZRG. 2. Jan. 80 (RdR. II, 281; GA. 28 s. 56), eine Unterschlagung mindestens dann annehmen, wenn beim Abschluffe deS Trödel- (oder Kommissions ) Vertrags der Wille erwiesener und festgestellter Maßen dahin ging, daß der Erlös sofort in das Eigenthum des GeschäflSherrn übergehen solle (vgl. oben n. 3), und Stuttg. 29. Okt. 74 (WGbl. IX, 153), mehr an den Grundsätzen deS Civilrechts festhaltend, jenen Eigenthumöübergang nur dann eintreten läßt, wenn bei der Veräußerung bzw. Zahlung deS Preises entweder der neue Erwerber oder der Trödler (Kommissionär) selbst den Geschäftsherrn zum (sofortigen) Eigenthümer deS Geldes machen wollte. Dagegen erachtete Münch. 9. März 76 (BEntsch. VI, 79), die Zueignung des über den festgesetzten Minimalpreis erzielten Erlöses, ohne zu unterscheiden, als Unter schlagung; die civilrecktlichen Grundsätze über den Erwerb deS Eigenthums an den Geldstücken seien hier ohne Einfluß; ebenso (anscheinend): ZI. 11. Febr. 76 (RdO. XVII, 112: sprach gleichzeitig auö, daß der Kommissionär gemäß Art. 376 deS HGB.'S nicht ohne Weiteres befugt sei, als Selbstkäufer des zum Verkaufe über gebenen Guts aufzntreten). Manh. 24. März 77 (BAnn. 43 f. 122) erblickte in der Zueignung des Erlöses sogar eine qualifizirte Unterschlagung (n. 57). 11. Durch Zahlung einer Nichtschuld geht das Eigenthum an den ge zahlten Geldstücken auf den Empfänger mit der Verpflichtung zur Erstattung in genere (§ 179. 180. I, 16 Pr. ALR.; C. civ. artt. 1376. 1380) über; der Em pfänger kann dieselben daher nicht unterschlagen, gleichviel, ob er bei dem Empfange in bona oder in mala fide war: ARI. 24. Mai 80 (RdR. I, 815), ZU. 3. Febr. 59, ZI. 30. März 59 (JMbl. s. 114; GA. VII, 399). Dgl. jedoch n. 12 a. E. 12. Anders gestaltet sich die Sache, wenn die gewollte Eigenthumsübertragung wegen eines wesentlichen, das Zustandekommen des betr. Rechtsgeschäfts hindernden Mangels (z. B. wegen einer Personen- oder Sachenverwechölung) nicht wirksam wird; z. B. wenn Jemand bei einer Zahlung ein höheres Werthpapier hingiebt, als er zu geben vermeint, oder wenn eine Sache (durch Verwechslung) der unrichtigen Person übergeben wird; es liegt dann nicht (wie in dem Fall der n. 11) ein bloßer Irr thum im Motive vor, vielmehr fehlt eö an dem zum Wesen des RechtSgeschäfteS gehörigen Einverständnisse; sonach kann das zu Unrecht Empfangene unterschlagen werden: ZRI. 23. Dez. 80 (RdR. II, 670), ZU. 23. Juni 64, 4. Mai 65, VI. 31. Okt. 73, ZU. 29. April 75 (RdO. V, 18; VI, 87; XIV, 679; XVI, 323). DreSd. 25. Jan. 75 (SGZ. XIX, 291) hielt eS, wenn beim Geldwechseln zuviel heraus gegeben wird, in gedachter Hinsicht für gleichgültig, ob der Wechselnde bezüglich der Höhe deS empfangenen oder des von ihm herauögegebenen Betrags irrte; auch in ersterem Falle habe der Andere den Mehrbetrag nach gemeinrechtlichen Grundsätzen nur als eine fremde Sache in Besitz nehmen können; vgl. jedoch n. 11. 13. Durch einen nur fimulirten Verkauf geht Eigenthum nicht Über; der Scheinkäufer kann die Sache unterschlagen: ZI. 30. Jan. 67, 10. Nov. 76 (RdO. VIII, 79; XVII, 731: für die entgegengesetzte Ansicht hatte man geltend gemacht, daß das äußerlich zu Stande gekommene Geschäft so lange bestehe, bis es durch die Parteien ober durch Richterspruch förmlich aufgehoben sei); nicht aber der Schein verkäufer: CarlSruhe (BAnn. 44 s. 208). 14. Wo bei Veräußerungen der EigenthumSÜbergang durch die Ueber* gäbe bedingt ist, kann der im Gewahrsam verbliebene Veräußerer sich keiner Unter-
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schlagung schuldig machen, so lange die Uebergabe nicht erfolgt ist: BI. 21. Juni 67, 4. Dez. 68 (RdO. VIII, 399; IX, 697). — Wird eine Waare vom Verkäufer in die Räume deS Käufers gebracht, und in der Erwartung sofortiger Zahlung dort niedergelegt, so fehlt eS an einer das Eigenthum übertragenden Uebergabe; die Waare bleibt daher (bis zur Zahlung) für den Käufer eine fremde Sache, an welcher er eine Unterschlagung begehen kann: ZI. 6. Juli 77 (RdO. XVIII, 509). Wer dagegen ein Thier, z. B. ein Pferd, zur Tödtung dem Abdecker überliefert, begiebt sich dadurch feines Eigenthums, falls kein deSfallsiger Vorbehalt gemacht ist oder aus den Umständen erhellt; so: Mannh. 23. Febr. 78 (BAnn. 44 f. 197). Vgl. n. 6a. 15. Das Eigenthum an einer Sache geht nicht durch die einem Andern auf getragene Verarbeitung verloren; die Grundsätze der Spezifikation bleiben bei einer vertragsmäßig vorgenommenen Verarbeitung ausgeschlossen: ZU. 25. Okt. 55 c. Däumchen. 16. Der Erwerb, welchen ein GewerbSgehülfe mit oder ohne Auftrag seines Meisters rc. durch Gewerbshandlungen macht, wird dadurch nicht von Rechts wegen Eigenthum deS Meisters, sollte auch der Gehülfe vertragsmäßig zur Abliefe rung verpflichtet fein: ZI. 2. Juni 58 c. Berndt. 17. DaS Holz, welches einem Beamten zur Befriedigung des eignen Bedarfs und mit dem Verbote, eS zu veräußern, geliefert wird, bleibt bis zum Verbrauche eine ihm fremde Sache; er macht sich durch anderweite Zueignung einer Unterschla gung schuldig; so: Bl. 3. März 69, 27. Juni 73 (RdO. X, 118; XIV, 474 [?]); ähnlich: ZRIII. 8. Mai 80 (RdR. I, 745), ARII. 16. Jan. 80 (ElUsch. I, 75: ob der Beamte Eigenthümer werde oder nicht, beurtheile sich in jedem einzelnen Falle nach den Modalitäten deS AnftellungSverhältnisseS, bzw. den Intentionen der dabei betheiligten Personen und Behörden); contra: MeveS i. StRZ. XIII, 453. 18. Für den Frachtführer ist das ganze ihm zum Transport anvertraute Frachtgut eine fremde Sache, selbst wenn in einem ausgestellten Ladescheine da« Quantum desselben zu geringe angegeben war; obgleich in einem solchen Falle durch die Annahme deS geringeren Quantums und die Zahlung der Fracht jedes weiter gehende Forderungs-Recht deS Adressaten gegen den Frachtführer erlischt (D. HGB. Art. 408 Abs. 1), bleibt die Zueignung deS UeberschusseS Seitens deS letzteren wider rechtlich und strafbar: BI. 3. Mai 65 (RdO. VI, 84). 19. Bäume auf dem Stamme gehen dadurch, daß sie zum Zwecke der Fäl lung an einen Andern verkauft werden, (auch nach franz, rc. Rechte) noch nicht in das Eigenthum des letzteren über; der verkaufende Grundeigenthümer macht sich durch einen nochmaligen Verkauf an einen Dritten nicht einer Unterschlagung (mög licher Weife aber eines Betruges, vgl. § 263 n. 60) schuldig: Beschl. I. 18. Jan. 54 c. Schiemang. 19a. Nach dem Pr. ALR. (I, 21) gehören die bei Beendigung der Pachtzeit hängenden, noch nicht reifen Früchte dem Verpächter, sind daher für diesen trotz der dem Pächter gemäß §§ 597ff. 1. c. etwa zustehenden Vergütung, keine fremden Sachen: VII. 31. Okt. 78 (RdO. XIX, 507). 20. Zehnten sind, so lange die Ablieferung nicht erfolgte, in der Hand des Zehntpflichtigen keine fremden Sachen; der Zehntberechtigte ist nicht Miteigenthümer der vom Boden getrennten Früchte: ZU. 26. Jan. 54 c. Maternus. 21. Ein Miteigenthümer, Miterbe oder Gesellschafter kann an den in feinem Gewahrsam befindlichen GemeinschaftSsachen in Betreff deS Antheils der Uebrigen eine Unterschlagung begehen: VI. 17. Juni 63, ZI. 18. Sept. 67, 5. März 69, 8. Nov. 76 (RdO. III, 499; VIII, 524; X, 135; XVII, 719); dies trifft trotz Art. 100. 102. 114 deS HGB.'S zu, wenn der Gesellschafter einer offenen Handels gesellschaft Waaren aus dem der Gesellschaft gehörigen Lager zu feinem Privatnutzen verwendet: ZI. 1. Nov. 76 (RdO. XVII, 706), oder wenn er so mit den für Rech nung der Gesellschaft vereinnahmten Geldern verfährt: ZU. 6. März 79 (GA. 27 s. 372: sollte er auch dieselben Vertragsbrüchiger Weise für sich haben erwerben wollen und der Absender sie für ihn allein bestimmt haben [?]; vgl. n. 3. 10. 30). Vgl. § 242 n. 6. 22. Ein Mitbesitzer kann sich selbst dann der Unterschlagung der betr. Sache schuldig machen, wenn sich der Eigenthümer derselben im Mitbesitze befand: SGZ. VII, 139; vgl. § 242 n. 37. Der Mitbesitzer einer fremden Sache wird jedoch da-
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durch, daß er der von einem anderen Mitbesitzer verübten Unterschlagung derselben nicht widerspricht, noch nicht Theilnehmer: DreSd. 14. Nov. 73 (SlZ. III, 347). 23. Der Faustpfandgläubiger, welcher von dem Rechte, das Pfandobjekt zu verkaufen, in gutem Glauben Gebrauch macht, den nach Abzug seiner Forderung verbleibenden Rest des Erlöse« aber sich rechtswidrig zueignet, begeht dadurch keine Unterschlagung; so: Münch. 9. Mai 73 (StZ. II, 325); vgl. n. 7 ff. Wohl aber liegt eine Unterschlagung (und zwar an der Sache, nicht am Erlöse verübt) vor, wenn der Faustpfandgläubiger die Sache widerrechtlich und heimlich zum Nachtheile des Psandbestellers veräußert: ZU. 1. Mai 62 (RdO. II, 375); vgl. n. 24. 24. Zur Unterscheidung vom Diebstahl wird bei der Unterschlagung voraus gesetzt, daß die Sache im „Besitz" oder „Gewahrsam" des Thäters gewesen sei; diese beiden Ausdrücke sind hier nur zur Erläuterung gehäuft; durch sie soll die thatsächliche Innehabung (Verfügungsgewalt) bezeichnet werden, vgl. in Betreff derselben § 242 n. 16ff. Demgemäß kommt es auf die rechtliche Natur jenes Gewahrsams :c. nicht an; unzweifelhaft gehört der „unvollständige Besitz" des Pr. ALR.'S (I, 7 § 6) hierher, z. B. der des Faustpfandgläubigers: ZU. 1. Mai 62 leit. n. 23). Wer den Gewahrsam eines fremden Gebäudes hat, kann an einzelnen beweglich gemachten Theilen deffelben eine Unterschlagung, nicht aber einen Diebstahl begehen: VIl. 20. Mai 73 (RdO. XIV, 384). — Auch Derjenige, für welchen ein Anderer den Gewahrsam auSübt, kann sich (durch eine über die Sache getroffene Verfügung) der Unterschlagung schuldig machen. 25. In welcher Weise der Thäter den Gewahrsam rc. erlangt hatte, ist gleichgültig, insofern nur die Sache in seiner Hand eine fremde blieb, mag dieses durch ein (die spätere Rückgabe bedingendes) Rechtsgeschäft, durch einen Zufall (z. B. durch Finden: ZU. 3. Nov. 74, RdO. XV, 739), durch Irrthum oder wie sonst geschehen sein; selbst die Anvertrauung zu einem unerlaubten Zwecke schließt die Möglichkeit einer demnächftigen Unterschlagung nicht aus. Demgemäß gehört auch der Fall hierher, wo Jemand eine Sache in der irrigen Meinung einer vorhandenen Berechtigung (z. B. als vermeintlich nächster Erbe) in Besitz ge nommen hatte: ZI. 19. Juni 68 (RdO. IX, 398); vgl. jedoch n. 30. 26. Inwiefern Sachen, welche Dienstboten, Arbeitern, Gefangenen, ein gekehrt en Gästen anvertraut werden, in deren Gewahrsam übergehen, oder in dem der Herrschaft rc. verbleiben, ob also jene daran einen Diebstahl oder eine Unterschlagung begehen können, darüber vgl. § 242 n. 21 ff. 27. Ueber den Gewahrsam solcher Sachen, welche tu einem einem Andern an vertrauten verschlossenen Behältnisse enthalten sind, vgl. § 242 n. 32. 28. Die Strafe trifft auch den früheren Eigenthümer der Sache, welcher trotz des UebergangS des Eigenthums den Gewahrsam zeitweilig behalten hat, z. B. den Wechselinhaber, welcher nach erlangter Zahlung den in feinen Händen verblie benen Wechsel weiter begiebt: Bll. 12. März 68 (RdO. IX, 195). 29. Ein Dritter, welcher den Gewahrsam der Sache nicht hat, kann sich an der Unterschlagung derselben nicht als Mitthäter, sondern nur als Anstifter oder Gehülfe betheiligen; vgl. n. 40; § 47 n. 17. 29a. In der richterlichen Feststellung, daß Jemand einem Anderen eine Sache anvertraut habe, ist die Feststellung des Gewahrsams des letzteren mitenthalten: ZI. 3. März 76 (RdO. XVII, 166).
30. Die Unterschlagung wird dadurch begangen, daß man sich eine fremde, bereits in dem eigenen Gewahrsam befindliche Sache demnächst (rechtswidrig) „zugeeignetSomit gehört der Fall nicht hierher, wo Jemand schon bei der Be sitznahme der fremden Sache mit der Absicht der Zueignung handelte (dann erfolgte die Zueignung schon durch die Besitznahme); vgl. jedoch DI. 19. Mai 76, DreSd. 13. März 76 (RdO. XVII, 373; SGZ. 21 s. 40). DaS gilt namentlich da, wo der Gewahrsam durch eine mit einer rechtswidrigen Zueignung verbundene Mißthat (z. B. ourch Diebsiahl, Jagdfrevel rc.) erlangt war: in einem solchen Falle kann nur wegen dieser Mißthat gestraft werden; spätere Verfügungen über die Sache sind keine Unterschlagung: Motive s. 123; ZI. 8. März 61 (GA. IX, 646); Merkel i.HH. III, 698. Ebenso sind solche Fälle auSzuscheiden, wo Jemand sich eine fremde
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Sache im guten Glauben einer vorhandenen Befugniß zugeeignet (z. B. eine ge stohlene Sache ohne Kenntniß vom Diebstahl angetauft) hat; auch hier fällt eine spätere (nach Erlangung jener Kenntniß) über die bereits früher zugeeignete Sache getroffene Verfügung nicht unter den Begriff der Unterschlagung; contra: Mectl. OG. (GSaal 24 f. 314); vgl. n. 25. — Dagegen schließt eine andere unrechtmäßige (nicht mit einer Zueignung verbundene) Erlangung des Gewahrsams eine demnächstige „Unterschlagung" nicht aus. 31. Weil der vorgängige Gewahrsam rc. des Thäters vorausgesetzt wird, kaun die „Zueignung" hier nicht durch eine Wegnahme der Sache bewirkt werden; eß wird vielmehr wesentlich eine andere positive Thätigkeit erfordert, welche erkennen läßt, daß der Besitzer jene dadurch in sein Vermögen bringen wolle, um die Rechte des Eigeuthümers über^sie ausüben zu fönneu; ebenso: VI. 3. Zuli 78 (RdO. XIX, 350: ein positiver KonkrektationSakt sei nöthig). 32. Hierher gehören zunächst alle Arten des Verbrauchs der Sache, sollte damit auch keine Verzehrung (Zerstörung) der Substanz der körperlichen Sache ver bunden sein: z. B. Verausgaben fremder Geldstücke, Verwerthung eines rc. Werth papiers, die unbefugte Ausfüllung und Weiterbewegung eines Wechselblanketts, die (gänzliche oder theilweife) Entwerthung eine« Sparkassenbuchs durch Einziehung des Guthabens (: DI. 21. Jan. 63, ZI. 30. Mai 66, ZU. 27. Jan. 76: RdO. III, 225: VII, 317; XVII, 68; vgl. jedoch oben n. 3 und ML. f. 488); die Realisirung eines fremden Pfandscheins durch Einlösung des Pfandes (darin liegt eine Aneignung des Pfandscheins: DI. 19. Dez. 55 GA. IV, 256); ja selbst der Fall, wo Gelder in die Kasse des EigenthümerS zwar wirklich abgeliefert werden, der Abliefernde sich dieselben jedoch fälschlich als eine persönliche Einlage gutschreiben läßt; so: Darmst. 29. Mai 76 (HEntsch. f. 72); vgl. übrigens § 263. 33. Dasselbe gilt von allen mit der Sache vorgenommenen Rechtsgeschäften, welche einen Eigenthumsübergang vermitteln sollen (Verkaufen, Verschenken rc.) und zwar selbst dann, wenn bei einer solchen EigenthumSttbertragnng das Recht der späteren Wiedererwerbung (Rückkauf) vorbehalten wird: ZI. 5. Nov. 73, 9. Sept. 74 (RdO. XIV, 682; XV, 550); n. 34; contra: Dresd. 7. März 73 MZ. III, 17); oder wenn die Verschenkung gerade an den zum Empfange Berechtigten geschieht: Zena 76 (Voll. 23 f. 374); ja schon von dem bloßen Anbieten zum Verkaufe rc.: ZU. 16. Juni 74, 6. Sept. 75, DreSd. 22. Juni 74, 7. März 79 (RdO. XV, 408; XVI, 555; SGZ. XVIII, 349; XXIII, 342); n. 61. 34. Nicht minder gilt das Gesagte (n. 31) von allen Rechtsgeschäften, durch welche ein dingliches Recht an der Sache begründet werden soll, insbesondere von einer Verpfändung. Eine solche stellt unzweifelhaft eine (theilweife) Veräußerung, somit recht eigentlich eine Rechtshandlung dar, welche nur als Ausfluß des EigenthumSrechtS auSgeübt werden kann; ohne Berechtigung vorgenommen, charakterisirt sie sich sonach mit Nothwendigkeit als Akt der Zueignung, selbst, wenn der Thäter mit der ernstlichen Absicht einer späteren rechtzeitigen Wiedereinlösung handelte, da hierdurch die rechtliche Natur feiner Handlung in keiner Weise geändert wird: ZI. 7. Juni 71, 17. Apr. 72, 5. Nov. 73 (RdO. XII, 311; XIII, 255; XIV, 683); Meyer n. 5. 6; das Gegentheil könnte nur in solchen Fällen angenommen werden, wo der Handelnde, im Bewußtsein jederzeit zur Wiedereinlöse im Stande zu sein, das Geschäft selbst gar nicht als eine ernstliche Verpfändung angesehen hatte: (Beisp.: der Verwahrer einer fremden Werthsache versetzt dieselbe in einem Öffent lichen Leihhause für einen unbedeutenden Betrag, um sie sicher unterzubringen, oder der vermögende Käufer einer Sache, deren er dringend bedarf, hat die Börse ver gessen und läßt eine fremde Werthfache zurück, um den Verkäufer wegen der unver weilt nachzuliefernden Bezahlung zu beruhigen, vgl. n. 46). Contra: ZRIII. u. ARIII. 24. April 80 (RdR. I, 659—664: sofern der Verpfänder nicht in der Ab sicht handelte, die weggegebene Sache dem Eigenthümer dauernd zu entziehen, noch der Ueberzeugung ermangelte, die Sache rechtzeitig wieder einlöfen zu können), ähn lich ZRIII. 27. Okt. 80 (ib. II, 402), Manh., id. 6. Dez. 73 (BAnn. 38 f.337; 40 s. 38), Münch. 22. Sept. 76 (BEntsch. VI, 457: forderte jedoch zur Exkulpirung de« Angeklagten eine gegründete Aussicht auf Erfüllbarkeit der Einlose-Absicht und die Abwesenheit eines dolus eventualis); Meckl. OG. (GSaal 27 s. 225; DreSd. 6. März, 13. Nov. u. 11. Aug 71, 23. März 77 (StZ. I, 23. 185; GA. XIX,
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814; SGZ. XXII, 37: die beiden letzteren Erkk. erachteten es sogar für unwesent lich, ob der Thäter mit dem Glauben, zur späteren Wiedereinlöse im Stande zu sein, bzw. mit der wohlbegründeten Aussicht auf die Mittel dazu, gehandelt habe); vgl. Motive s. 123 (: es sei nach der Willensrichtung des Thäters zu entscheiden, ob darin eine Unterschlagung oder nur ein unerlaubter Gebrauch der Sache zu finden sei); Hs. II, 510. 515; Schütze s. 443; Schw. n. 15; id. t. SGZ. XV, 87; id. i. GSaal 23 s. 446; Mertel i. HH. III, 699; ML. s. 454 n. 4. — Gleichgültig ist es, ob die Sache bet der Berpfändung als eigne, oder als fremde bezeichnet war; daß im letzteren Falle der Eigenthümer die unentgeltliche Herausgabe fordern kann (L 77 ff. I, 15 Pr. ALR.), schließt die „Zueignung" nicht auS: ZI. 5. Mai 65 c. Detzer (beil.); contra: Abh. i. GA. IX, 360 und XIII, 379: arg. § 89,1. 20 ALR., welcher aber keinen Schluß e contrario zuläßt, und unzweifelhaft schon durch § 225 des Pr. StGB.'s außer Kraft gesetzt war. — Verpfändet ein Bevollmächtigter die anvertraute Sache zum Nachtheil des Auftraggebers, so wird (in Jdeal-Konkurrenz) auch § 266 Nr. 2 anwendbar; vgl. n. 8. 10. 40. 35. Inwiefern andere mit der Sache vorgenommene Maßnahmen, z. B. ein B ei-Seil e-Schaf f en, Verbringen, Verstecken, Verheimlichen, als Akte der „Zueignung" anzusehen sind, ist nach der dabei obwaltenden Absicht des Thäters vom Richter der Thatfrage zu beurtheilen. Um solches anzunehmen, ist keineswegs unerläßlich, daß die Sache aus dem Gewahrsam des Angeschuldigten herausgebracht, oder daß sie örtlich den Nachforschungen entzogen oder verborgen worden; noch weniger bedarf es des Eintritts einer Unmöglichkeit der Rückgabe: ZU. 17. Okt. 57 (GA. VI, 121). DaS Hinschaffen der Sache an einen andern Ort kann genügen, (z. B. wenn ein Beamter amtlich empfangene Gelder aus dem Amtslokale in die eigene Wohnung mitnimmt): ZU. 22. Apr. 69, 24. Apr. 70, ZI. 15. März 71 (RvO. X, 250; XI, 122; XII, 161); ebenso ein Verstecken der Sache: ZU. 14. Okt. 58 (GA. VIII, 108), oder eine an derselben vorgenommene Veränderung, durch welche ihre Wiedererkenung erschwert wird: ZI. 4. Mai 70 (RdO. XI, 280); ein Vermischen mit den eignen Sachen: ZU. 12. Dez. 74 (RdO. XV, 876); oder eine (eine demnächstige Veräußerung vorbereitende) theilweise Zerstörung: ZI. 23. Sept. 68 (RdO. IX, 501); vgl. n. 38. 36. Ebenso verhält es sich mit dem Vorenthalten der Sache, mit der Ab leugnung des Besitze«, mit dem Vorgeben, die Sache bereits veräußert zu haben, mit der unwahren Versicherung der bestimmungsmäßigen Verwendung (von Geldern) und mit der Verweigerung der verschuldeten Rückgabe; vgl. ZRG. 26. Febr. 80 (BAnn. 46 s. 103), ZI. 6. Mai 64, BI. 16. Juni 65, ZI. 30. Apr. 69, ZU. 17. Dez. 74, ZI. 17. Juli 78 (RdO. IV, 491; VI, 186; X, 282; XV, 876; XIX, 377); Dresd. 8. Jan. 72 (StZ. I, 290); Merkel i. HH. III, 700; contra: VI. 28. Febr. 62 (RdO. II. 277); ferner mit der Zurückbehaltung eines Theils auszuzahlender Gelder bei der Auszahlung: ZI. 8. Nov. 76 (RdO. XVII, 719). Ja schon der (in äußerlich erkennbarer Weife) gefaßte Entschluß, die Sache von nun an als Eigenthümer zu besitzen, verbunden mit der Bethätigung dieses Entschlusses durch ferneres Be halten derselben kann genügen: ZI. 20. Nov. 74 (RdO. XV, 804). Dagegen ist die (einstweilige) Zurückbehaltung einer Geldsumme zur Sicherstellung einer Forderung noch keine Zueignung: ZI. 3. März 76 (RdO. XVII, 171); dasselbe gilt von der Nichterfüllung der vertragsmäßigen Verpflichtung, die betr. Sache aus dem Pfand besitze eines Dritten zu befreien: VI. 3. Juli 78 (cit. n. 31). 37. Der Finder einer Sache macht sich keiner Unterschlagung schuldig, wenn er schon bei der Besitzergreifung die Absicht der Zueignung hatte, weil der § vorauösetzt, daß der Thäter den Gewahrsam schon vor der Zueignung gehabt habe (n. 30); der § kann daher auf den Finder nur dann Anwendung finden, wenn letzterer die Absicht der Zueignung erst hinterdrein faßt und auSführt; contra: Mot. s. 124, denen zufolge der Thatbestand der Unterschlagung sich im Falle einer mit jener Absicht stattfindenden Besitzergreifung zwar nicht schon in letzterer, wohl aber in einer nachfolgenden dieselbe Absicht maniiestirenden Thatsache s Handlung) erfüllen soll; ebenso: DreSd. 12. März 75, 13. März 76, Münch. 16 Febr. 77 (SGZ. 19 s. 302; 21 s. 40; BEntsch. VII, 66). — Hielt der Finder zur Zeit der Zueignung die Sache für derelinquirt, so ist in keinem Falle von einer Unterschlagung die Rede; vgl. n. 4. 45. — Der Begriff des Findens wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß die Oppenhoff, D. Strafgesetzbuch. 8. AuSg. 35
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Diebstahl und Unterschlagung. — § 246.
verlorene Sache nicht zufällig angetroffen, sondern aufgesucht worden ist: cit. Dreöd. 13. März 76. 38. Eine lediglich aus Zerstörung der Sache abzielende Handlung schließt eine Zueignung nicht in sich, ist daher nur als Vermögensbeschädigung zu bestrafen; HS. II, 510; vgl. n. 35 a. E. und § 242 n. 41. 39. Ebensowenig kann die unbefugte Benutzung der Sache, welche nicht mit einem wenigstens theilweisen Verbrauche (n. 32) verbunden ist, al« „Zueignung" angesehen werden; vgl. § 242 n. 41. Dagegen erachtete Dresd. 28. Febr. 79 (SGZ. 23 s. 344) das Tragen eines (gefundenen) Rings (am Finger) nicht unter allen Um ständen für ungeeignet, um den Schluß auf die erfolgte Zueignung zu begründen. 39a. Da die Zueignung ein RechtSbegriff ist, so muß der Jnstanzrichter in den Entscheidungsgründen die Handlung bezeichnen, in welcher er die Zueignung gefunden hat; so: Stuttg. 24. Dez. 75 (WGbl. XI, 271). Vgl. RStPO. § 266. 40. Gleichgültig ist e«, ob der Inhaber der Sache die Zueignung selbst vor nimmt, oder in seinem Intereffe die betr. Handlung durch einen Dritten vor nehmen läßt. Dieser Dritte kann, selbst wenn er dolose handelt, nicht als Thäter, sondern nur als Gehülfe angesehen werden: ZI. 18. März 70, Münch. 22. Juli. 76 (RdO. XI, 182; BEntsch. VI, 391); vgl- n. 29. Schütze s. 442 n. 6 nimmt eine Unterschlagung auf Seiten des Inhabers sogar dann an, wenn ein Dritter die Sache mit seiner Zustimmung sich selbst zueignete; jener Dritte könne möglicher Weise Gehülfe oder Hehler sein [?] — Keinesfalls wird eine Unterschlagung dadurch ausgeschlossen, daß der Inhaber sich die Sache blos zueignete, nm sie einem Dritten zuzuwenden: Dresd. 11. Sept. 74 (StZ. V, 83); vgl. § 242 n. 42. — Stellt ein Dritter, im Einverständnisse mit dem Thäter und um diesem die rechtswidrige An eignung zu ermöglichen, unrichtige Berechnungen auf, so macht er sich als Gehülfe strafbar: ZI. 8. Nov. 76 (RdO. XVII, 719). 41. Die Zueignung muß „rechtswidrig" d. h. eine solche sein, auf welche man kein Recht hat: ZI. 19. Jan. 72, 20. Nov. 74 (RdO. XIII, 51; XV, 804). Somit schließt die (vorher oder gleichzeitig ertheilte) Zustimmung des EigenthümerS die Strafbarkeit selbst dann aus, wenn der Thäter keine Kenntniß von derselben hatte; dagegen hat die nachträgliche Genehmigung des EigenthümerS (z. B. die Be willigung einer Frist zur Erstattung der unterschlagenen Gelder: Münch. 9. Juli 75, BEntsch. V, 337) nicht die gleiche Wirkung. — Rechtswidrig ist die Handlung auch dann, wenn sie in einer über die Grenzen einer vorhandenen Berechtigung hinaus gehenden Weise erfolgt, z. B. wenn Derjenige, welcher befugt ist, ihm anvertraute fremde Sachen re. zu einem aufgetragenen Zwecke zu verwenden, dieselben für sich verbraucht; oder wenn Derjenige, welcher ermächtigt war, eine fremde Sache zu verpfänden, diese Verpfändung im eigenen Interesse unbefugter Weise oder für einen höheren als den ihm gestalteten Betrag bewirkt: ZI. 7. Juni 71, 12. u. 17. Apr. 72 (RdO. XII, 311; XIII, 254. 255); HS. II, 506 Note. (Nach Gemeinem Rechte ist der Pfandinhaber ohne Zustimmung des Verpfänders zu einer Afterver pfändung (seines Pfandrechts) befugt: V. 14. Okt. 68, RdO. IX, 553). Dagegen charakterisirt die bloße Vernachlässigung der vorgeschriebeneu Formalitäten eine an sich berechtigte Veräußerung, z. B. die Verwerthung von Kommissionsgut im Falle des Art. 375 des DHÄB.'S, noch nicht als Unterschlagung: hier ist eben die Absicht rechtswidriger Zueignung ausgeschlossen; so: BI. 3. Juli 78 (RdO. XIX, 350); vgl. n. 44. 42. Eine unbefugte Veräußerung der Sache hört deshalb nicht auf, rechts widrig und strafbar zu sein, weil der Thäter von vorne herein ihre spätere Wie dererwerbung und Rückgabe beabsichtigte; vgl. ZRI. 20. Mai 80 (RdR. I, 808) li. oben n. 34. Ebensowenig hebt die Möglichkeit oder Wahrscheinlichkeit eines (von Anfang an gewollten) demnächst zu leistenden Ersatzes die Strafbarkeit auf, sollte auch ein solcher späterer Ersatz in irgend einer Weise (z. B. durch eine vor her geleistete Kaution oder durch Hinlegen einer antezipirten GehaltSquittung in die spoliirte Kaffe) mehr oder weniger sicher gestellt sein: ZI. 8. Nov. 67 (RdO. VIII, 692) , Manh. 11. Okt. 73 (StZ. III, 205). Dasselbe gilt von einem später (nach Vollendung der Unterschlagung) wirklich geleisteten Ersätze: ZI. 27. März 63, 27. Okt. 71 (RdO. III, 379; XII, 540). Inwiefern dagegen die Ueberzeugung,
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zum sofortigen Ersätze im Stande zu sein, den DoluS ausschließe, darüber vgl. n. 46. 34. 43. Selbst ein gleichzeitiger vollständiger Ersatz würde der Handlung den Charakter der Rechtswidrigkeit nur dann nehmen, wenn es sich von durchaus fungiblen Sachen handelte, z. B. von dem Austausche der fremden Geldstücke gegen andere ganz gleich werthe; vgl. n. 7. Insbesondere kann es nicht genügen, eine individuelle Sache durch denjenigeu Werth zu ersetzen, welchen dieselbe für Dritte oder im Handelsverkehr hat, da sie für den Eigenthümer einen höheren AfsektionS k. - Werth haben kann, welcher ihm nicht widerrechtlich entzogen werden darf: ZI. 27. Juni 68 (RdO. IX, 412). Inwiefern in solchen Fällen die Strafbarkeit wegen Abwesenheit des Dolus wegfalle, darüber vgl. n. 45 ff. 44. Ebenso wird die Rechtswidrigkeit der Zueignung durch das Vorhanden, sein einer Gegenforderung oder eines Kompensationsanspruchs nicht beseitigt (nur Forderungsrechte können durch Kompensation aufgehoben werden, nicht das Eigentumsrecht): ZU. 26. Sept. 72, ZI. 13. Juni 73 (RdO. XIII, 477; XIV, 419). Demgemäß schließt der Umstand, daß der Inhaber sich für eine vermeintlich rechtmäßige Forderung bezahlt machen wollte, eine Unterschlagung an sich nicht aus; wohl aber kann hier in Frage kommen, ob jenem das Bewußtsein der Rechts widrigkeit der Zueignung (n. 45) beiwohnte: ZI. 19. Jan. 72, BI. 29. Mai 74 (RdO. XIII, 51; XV, 339). Vgl. n. 36. 41 a. E. u. ZRIII. 5. Mai 80 (Entsch. II, 49). 44a. Auf die Person deS Verletzten und die Natur seines Rechts kommt es nicht an; der § hat den Begriff „Unterschlagung" dem § 225 des Pr. StGB.'s gegenüber insofern erweitert, als letzterer nur die Rechte der Eigenthümer, Besitzer oder Inhaber schützen wollte; so: ZI. 20. Nov. 74 (RdO. XV, 804). Ebenso ist es gleichgültig, ob bei dem Verletzten die Ueberzeugung von dem Verluste seines Eigenthums entstanden sei: ZI. 17. Juli 78 (ib. XIX, 377). 45. Der DoluS besteht hier, ebenso wie beim Diebstahle, in der Absicht der Zueignung, mit dem Bewußtsein, daß die Sache eine fremde und daß die Zueignung rechtswidrig sei: ZU. 6. Okt. 74, ZI. 3. März 76 (RdO. XV, 624; XVII, 170). ES wird daher hier daS zu § 242 n. 41—45 Gesagte in vollem Maße anwendbar. Insbesondere bedarf es auch hier keiner über jene Absicht der Zueignung hinauSgehenden „Gewinnsucht": Motive s. 123; ZRI. 20. Mai 80 (RdR. I, 808), ZI. 1. Nov. 72 (RdO. XIII, 579). Der Mangel jenes Bewußtseins in dem einen oder andern Punkte schließt dagegen die Strafbarkeit selbst dann auS, wenn er die Folge eines Rechtsirrthums war; vgl. § 242 d. 40, Mcrnh. 8. Juli 76 (BAnn. 42 s. 261). 46. Demgemäß (n. 45) schließt auch die Absicht eines dereinstigen Ersatzes (n. 42) den DoluS nicht aus, sollte gleich der Thäter dabei die Ueberzeugung hegen, daß er zu einer späteren Zeit im Besitze der zu einem solchen Ersätze erforder lichen Mittel sein werde: ZU. 17. März 70, Z. 29. Juni 70 (RdO. XI, 176. 383), oder, daß er den Ersatz auf Grund der Anspannung seines Kredits werde leisten können: DI. 11. Juli 79 (GA. 27 s. 537). Straflosigkeit kann also nur dann ein treten, wenn der Thäter mit der Ueberzeugung handelte, daß er sofort und jederzeit zur vollständigen Ersetzung der betr. (fungiblen) Sache durch andere gleich werthe im Stande sei: ZI. 21. Okt. 68 (RdO. IX, 570); vgl. n. 34, Hälschn. i. GA. XV, 13; HS. II, 519; contra: Schw. s. 616; Dresd. 1. Nov. 72, Manh. 5. Febr. 76 (StZ. II, 189; BAnn. 43 s. 301: welche Erkk. die Veräußerung rc. einer fungiblen zu einer bestimmten späteren Zeit abzuliefernden fremden Sache nicht für eine Unterschlagung erachteten, wenn es in der Ueberzeugung geschehen sei, zu jener künftigen Zeit zum vollständigen Ersätze im Stande zu sein; die- soll nach cit. Manh. jedoch da eine Ausnahme erleiden, wo die besondere Art des Auftrag- oder eine besondere Verabredung jene Verwendung untersagt habe); vgl. auch BL. s. 542. 47. Da zum Dolus wesentlich auch daS Bewußtsein von der Recht-wi drigkeit gehört (n. 45), so trifft der § nicht zu, wenn der Thäter in der Ueber zeugung handelte, daß der Eigenthümer der Sache mit der vorgenommenen Hand lung sofort einverstanden sein werde: Mot. s. 124; DreSd. 6. Juni 73 (SGZ. XVII, 183). Dagegen genügt die bloße Hoffnung, der Andere werde sich zu einer demnächstigen Gutheißung bewegen lassen, noch nicht, um die Strafbarkeit zu be seitigen.
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Diebstahl und Unterschlagung. — §246.
48. Ein weiter gehender DoluS wird nicht erheischt, insbesondere also nicht die Absicht und selbst nicht einmal das Bewußtsein einer Benachtheiligung des fremden Rechts, und ebensowenig eine (weiter gehende) „Absicht zu unterschlagen": Beschl. II. 23. Mai 61, ZI. 17. März 70 (RdO. I, 406; XI, 176). 49. Eine bloße Fahrlässigkeit (Unachtsamkeit) genügt nie zum Thatbestände der Unterschlagung: ZI. 7. März 60 c. Schulz. 49a. Der DoluS muß zur Zeit der Zueignung vorhanden sein; eS genügt daher nicht, wenn der Thäter erst nach der Zueignung sich der Rechtswidrigkeit der. selben bewußt wird, und dennoch nicht den zugeeigneten Gegenstand herausgiebt noch Ersatz leistet: BI. 14. Juni 79 (RdO. XX, 298). 50. Eine den Worten des § entsprechende thatsächliche Feststelluug schließt an sich die deS erforderlichen Dolus in sich; nur dann, wenn der Angeschuldigte das Vorhandensein einzelner Merkmale diese- DoluS bestreitet, bedarf eS einer ausdrück lichen Feststellung derselben: ARIII. 21. Jan. 80 (RdR. I, 254), VII. 15. Juli 54, BI. 6. Sept. 65 (RA. 50. II. 10; RdO. VI, 277).
51. Vollendet wird die Unterschlagung durch die erste eine Zueignung dar stellende Handlung, sollte auch der Augenblick, wo die Sache dem Berechtigten aus zuhändigen war, noch nicht gekommen sein: BII. 9. Mai 67 (RdO. VIII, 33). Durch spätere über die Sache getroffene Verfügungen :c. wird dann das Vergehen ebensowenig fortgesetzt als erneuert. Vgl. n. 30. Des Eintritts einer Benachthei ligung des Berechtigten bedarf es zur Vollendung nicht, wie eine solche überhaupt nicht zu den Merkmalen des Thatbestandes einer Unterschlagung gehört: ZI. 26. Nov. 75 (RdO. XVI, 759). 52. Demgemäß (n. 51) beginnt auch der Lauf der Verjährung (nicht mit der Erlangung des Gewahrsams, sondern) mit dem Tage, an welchem die (erste) Zueignungshandlung zum Abschlüsse gekommen ist; sie wird durch spätere anderweitige Verfügungen über die Sache nicht unterbrochen. 53. Aus demselben Grunde (n. 51) begeht Derjenige, welcher den Gewahrsam mehrerer (demselben Dritten gehöriger) fremder Sachen gleichzeitig erlangt hat, meh rere Unterschlagungen in Real-Konkurrenz, wenn er sich jene durch verschiedene selbstständige Handlungen zueignet. 54. Dasselbe gilt da, wo Gelder rc. wiederholt unterschlagen und dann wieder gedeckt sind; contra: Schw- n. 28a, welcher nur in Betreff deS schließlich fehlenden Betrages eine (einmalige) Unterschlagung annimmt (dann würde der That bestand gänzlich wegsallen, wenn der unterschlagende Kassenbeamte schließlich alle« wieder, gedeckt hätte); vgl. n. 41. 42. — Die Annahme einer Realtonkurrenz ist nicht um deswillen unstatthaft, weil die Höhe der einzelnen, unterschlagenen Beträge und die Zeit der einzelnen Unterschlagungösälle sich nicht genau seststellen läßt: ZRIII. 14. Jan. 80 (RdR. I, 227). 55. Real-Konkurrenz liegt ferner vor, wenn Jemand zur Verdeckung einer verübten Unterschlagung eine Urkundenfälschung begeht. 56. Neben der Gefäugnißstrafe kann, wenn diese drei Monate erreicht (§ 32), auf den Verlust der Ehrenrechte rc. erkannt werden: §§ 248. 32. 35. 57. War die Sache dem Thäter „anvertraut", so kann eine Schärfung der Gesängnißstrase bis zu fünf Jahren eintreten; die Motive (s. 123) bezeichnen diesen Fall als „Veruntreuung". „Anvertraut" ist eine Sache, wenn der Gewahrsam derselben aus Grund eines vertragsmäßigen Rechtsverhältnisse- und mit der Ver pflichtung erlangt ist, sie später wieder abzuliesern: Merkel i. HH. III, 696; im Uebrigen sind die Natur, die Rechtsgültigkeit und der Zweck jenes Rechtsverhältnissesowie die Person desjenigen, an welchen die Ablieferung (Rückgabe rc.) erfolgen soll, gleichgültig; Beisp.: HinterlegungS-, Sachmiethe-, Berarbeitungs-, Leih-, Auftrags-, VerpfändungSvertrag, Precarium: Schütze f. 444 n. 11. Letzterer rechnet auch vertragSähnliche Rechtsverhältnisse, z. B. Vormundschaft hinzu. Manh. 24. März 77 (BAnn. 43 s. 123) schließt, mit Rücksicht auf die Vorgeschichte deS §, nur diejenigen Sachen aus, deren Besitz rc. durch Finden oder Zufall (Pr. StGB. § 226) erlangt wurde. Vgl. n. 8 a. E. und § 266.
Thl. II. Abschn. XIX. Diebstahl und Unterschlagung. — §§ 246. 247.
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§ 247. Wer einen Diebstahl oder eine Unterschlagung gegen Angehörige, Vormünder oder Erzieher begeht, oder wer 58. Abs. 2 gestattet beim Vorhandensein mildernder Umstände die Ver hängung einer bloßen Geldstrafe, schließt aber deshalb die Gefängnißstrafe nicht als unstatthaft auS. — Er bezieht sich auch auf den Fall der Veruntreuung. 59.
In Betreff der Unterschlagungen der Beamten vgl. die §§ 350. 351.
60. Ein Anfang der Ausführung einer Unterschlagung ist nicht denkbar, so lange die Sache noch nicht in den Gewahrsam des Angeschuldigten gekommen ist; der Versuch, eine fremde Sache in seinen Gewahrsam zu bekommen, um sie demnächst zu unterschlagen, ist nicht strafbar. ZPl. 28. März 59 (IMbl. s. 170): Merkel i. HH- HI, 708 ; contra: Schütze s. 445 n. 14. 61. Macht sich Jemand einer Unterschlagung dadurch schuldig, daß er eine fremde in seinem Gewahrsam befindliche Sache rechtswidrig auf einen Dritten über trägt, so ist die Betheiligung dieses Dritten bei der fraglichen Handlung nicht Hehlerei, weil diese eine vorher vollendete Mißthat voraussetzt, hier aber erst durch die Veräußerung die Unterschlagung verübt wird; jener Dritte kann sonach nur insoweit strafbar sein, als seine Handlung sich als Theilnahme am Vergeben des Thäters darstellt: ARH. 28. Mai 80 ,RdR. I, 831), VH. 24. Okt. 67, 26. März 68, ZI. 12. Ian. 72 (RdO. VIII, 636; IX, 236; XIII, 35), Merkel i. HH. III, 708. Daß Umgekehrte tritt ein, wenn der Inhaber sich die Sache vorher schon zu geeignet hatte und sie dann erst durch eine neue Handlung auf einen Andern über» trägt (n. 51); als einen vorhergegangenen Akt der Zueignung kann der Instanz richter das Wegstecken der Sache, das Anbieten zum Verkaufe, die Ableugnung eines Fundes rc. ansehen: cit. ZI. 12. Ian. 72; VII. 4. April 78, Münch. 19. Juli 73 (RdO. XIX, 194; StZ. II, 376); vgl. n. 33. In solchen Fällen ist die Bestrafung des Dritten als Hehler dadurch bedingt, daß er beim Erwerbe der Sache Kenntniß von der vorher vollendeten Unterschlagung hatte. 62. Unter gewisien Voraussetzungen bleibt der Urheber einer Unterschlagung straflos; bei anderen ist die Verfolgung durch einen Antrag des Verletzten be dingt. Das Nähere siehe bei § 247. 63. Die früher im Gebiete des französischen Rechts streitige Frage, ob, wenn der Thatbestand eines Vergehens rc. die Existenz eines vertragsmäßigen Verhältnisses voraussetzt, oder in sich schließt, der Beweis des letzteren selbst im Strafverfahren nur in derjenigen Weise statthaft sei, wie er vor dem Civilrichter geführt werden könnte, oder ob auch hier die allgemeinen Vorschriften über den Beweis in Straf sachen zur Anwendung kommen, ist jetzt im Sinne der letzteren Alternative durch § 261 Abs. 1 der RStPO. erledigt. Die im Abs. 2 ib. dem Strafrichter allgemein ertheilte Befugniß, da, wo die Strafbarkeit einer Handlung von der Beurtheilung eines bürgerlichen Rechtsverhältnisses abhängt, die Untersuchung auszusetzen und einem der Beiheiligten zur Erhebung der Civilklage eine Frist zu bestimmen oder das Urtheil des CivilgerichtS [über die civilrechtliche Vorfrage) abzuwarten, wird sich namentlich, gegenüber ganz unbegründeten, lediglich zur Umgehung einer Civil klage erhobenen Denunciationen wegen Unterschlagung oder Betrugs, wie sie in Fällen aufgelöster Sozietätsverträge, Geschäftsverbindungen, Auftragsverhältnisse re. öfter vorkommen, als praktisch erweisen: Mot. z. RStPO. s. 189, 64. — Ueber die Zuständigkeit vgl. RGVG. §8 27. 28. 75.
§ 247. Angehöriger: 3. Ascendent: 16. Begünstigung: 1. Diebstahl: 2. 10. 21. DoluS: 12. 20. Ehegatte: 17. 18. Entwendung: 2. Erzieher: 5. „gegen": 10. 11. 19.
Inhalt: Gesinde: 8. Häusliche Gemeinfch.: 8. Hehlerei: 1. 22. Jdealkonkurrenz: 21. Irrthum: 12. 20. Kenntniß: 12. 20. Kost oder Lohn: 6. 7. Lehrling. 7. Sachbeschädigung: 21.
Strafe: 13. Theilbarkeit: 15. Theilnahme: 1. 15. 22. Unbedeut. Werth: 9. Verletzter: 10. 15. Verschwägerter: 16. Versuch: 1. Verwandter: 16. Vormund: 4.
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einer Person, zu der er im Lehrlingsverhältnisse steht, oder in deren häuslicher Gemeinschaft er als Gesinde sich befindet, Sachen von unbedeutendem Werthe stiehlt oder unterschlägt, ist nur auf Antrag zu verfolgen. Die Zurücknahme des An trages ist zulässig. 1. In den Abff. 1. 2 umfassen die Ausdrücke „Diebstahl" nnd „Unter schlagung" auch den Versuch dieser Mißthaten (vgl. § 65 n. 4), alle Arten der Theilnahme an solchen und die Begünstigung (Abs. 3; § 61 n. 6); dagegen sind die Vorschriften auf die Hehlerei nicht auszudehnen. Vgl. n. 22. 2. „Diebstahl" ist auf alle Arten des Diebstahls (nicht aber auf Raub) zu beziehen, also auch auf die Fälle deS schweren Diebstahls und auf die nur als Ueber» trelung zu bestrafenden Entwendungen. (Feld-, Holz-, Eßwaaren-Diebstahl); vgl. § 370 Schlußsatz. Seine Anwendbarkeit bei Entwendungen im Sinne der §§ 18—21 des Pr. FFP.-Ges.'S spricht § 22 ib. ausdrücklich aus. 2a. Für die Anwendbarkeit des 8 ist lediglich entscheidend, daß daS betr. Ver hältniß zur Zeit der That bestanden habe; vgl. n. 17; contra: Schw. i. SGZ. 22 s. 163 (in Betreff deS Angehörigkeits-Verhältnisses, für dessen ganze Dauer die Wohlthat des § dem Thäter ex ratione legis zu Statten komme). 3. Ueber den Begriff deS „Angehörigen" vgl. § 52 Abs. 2. Demgemäß sind zwar Halb-, nicht aber Stiefgeschwister (s. g. zusammengebrachte Kinder) Ange hörige; ebenso: ZI. 12. März 79 (RdO. XX, 135). 4. „Vormund" ist hier Derjenige, welchem die Sorge für eine handlungs unfähige Person unmittelbar übertragen ist, nicht also ein nur für die VermögensVerwaltung bestellter Vormund oder Curator, der Gegenvormund des Preußischen, sowie der Nebenvormund des französischen Rechts, noch der die obervormundschaft lichen Funktionen ausübende Beamte; ebenso: Meves f. 215; contra: Merkel i. HH. III, 709 (zählt auch den Vormund eines Verschwenders hierher). 5. Unter „Erziehern" sind Lehrer (Lehrherren, Lehrmeister) nicht mitbegriffen, insofern ihnen nicht die ganze Leitung der körperlichen und sittlichen Aus bildung übertragen ist: DreSd. 17. Febr. 71 (GA. XIX, 815), Münch. 8. Apr. 72 (StZ. 1, 190); vgl. § 174 n. 10. 6. Die Worte „oder wer unterschlägt" fanden sich im Abs. 1 ur sprünglich nicht; vielmehr machte Absatz 1 nach seiner ursprünglichen Fassung die Strafverfolgung von einem Anträge in allen Fällen abhängig, wo ein Diebstahl re. gegen Personen begangen wird, in deren Lohn oder Kost der Thäter sich befindet, und zwar ohne Rücksicht auf den Werth deS -Objekts. Die Novelle hat dies durch obige Worte in beiderlei Hinsicht geändert. 7. Unter den zum Verletzten „im Lehrlingsverhältniß Stehenden" sind alle Lehrlinge, auch die nicht in häuslicher Gemeinschaft mit ihm sich befindenden, begriffen, nicht aber Gehülfen und Gesellen, selbst im Falle der häuslichen Gemein schaft mit dem Verletzten: Stenogr. Ber. s. 822 (Schwarze). — Lehrling ist jeder, welcher bei einem Lehrherrn zur Erlernung eines Gewerbes in Arbeit tritt, ohne Unterschied, ob die Erlernung gegen Lehrgeld oder unentgeltliche Hülfeleistung stattfindet, oder ob für die Arbeit Lohn gezahlt wird: Gew.-O. § 115 (alte Fassung). Da hiernach zum Wesen des „Lehrlingsverhältnisses" nicht gehört, daß der Lehrling von seinem Meister Lohn oder Kost erhalte, so ist der Umfang des § 247 durch die Novelle insofern sogar noch erweitert worden. — Meves s. 216 zählt auch die Handlungs- und Apothekerlehrlinge (Gew.-O. § 126 bzw. jetzt § 154; HGB. i, Tit. VI) und da, wo partikularrechtlich bei der Land- und Forstwirthschaft Lehrlinge Auftre ten, selbst diese hierher. 8. Der Ausdruck: „Gesinde" ist hier nur in engerem Sinne zu nehmen, mithin nur auf die eigentlichen Dienstboten, bzw. solche Personen zu beziehen, welche sich zur Verrichtung der niederen Dienste im Hauswesen, in der Wirthschaft rc. ver tragsmäßig für eine längere Zeitdauer verpflichtet haben; vgl. Stenogr. Ber. s. 815. Demgemäß gehören Taglöhner, Stückarbeiter sowie alle anderen nur vorübergehend beschäftigten Personen, und andererseits Hauslehrer, Privatsekretaire, HandlungSrei-
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Diebstahl und Unterschlagung. — § 247.
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Ein Diebstahl oder eine Unterschlagung, welche von Ver wandten aufsteigender Linie gegen Verwandte absteigender Linie oder von einem Ehegatten gegen den anderen begangen worden ist, bleibt straflos. sende, Gouvernanten, Gesellschafterinnen nicht hierher; desgleichen nicht s. g. Hausosfizianten, ungeachtet das Pr. ALR. (§ 177 ff. II. 5) die letzteren in gewissem Be trachte zum Gesinde zählt, noch die in Preußen gleichfalls der Gesindegesetzgebung in mehrfacher Hinsicht unterworfenen Schifssleute; vgl. Oppenhoff Ress.-Ges. s. 188, Meves s. 217. Zur Feststellung des Begriffs bleiben landesgesetzliche Bestimmungen hier überhaupt außer Frage. — DaS Gesinde muß sich in der „häuslichen Ge meinschaft" deS Verletzten befinden; dazu genügt es nicht, wenn der Thäter zu fällig oder in Folge deS Dienstverhältnisses in Gebäuden wohnt, welche mit dem Hause deS Verletzten in Verbindung stehen, oder wenn er zwar freie Wohnung in einem Raume deS Hauses hat, auch regelmäßig zu den Mahlzeiten der Dienstherr, fchaft zugezogen wird, im Uebrigen aber gänzlich getrennt von der Hausgemeinschaft lebt: es ist vielmehr erforderlich, daß er mit dem Verletzten so zusammenwohnt, wie dies unter den Angehörigen einer Familie zu geschehen pflegt; so: LaSker, Schwarze i. Stenogr. Ber. s. 820. 822; contra: Meves s. 218; vgl. auch BL. s. 527 (besinnt „häusliche Gemeinschaft" als eine solche Hausgenossenschaft, welche dem Thäter freien Zutritt zu den Gegenständen gewähre). — Das Zusammentreffen des Gesindeverhältnisses und der häuslichen Gemeinschaft genügt zur Anwendbarkeit des § nicht, vielmehr muß ersteres Verhältniß auch gerade zwischen dem Diebe und dem Bestohlenen bestehen; Diebstähle gegen Dritte, z. B. gegen die in der häuslichen Gemeinschaft befindlichen Angehörigen des Dienstherrn verübt, gehören nicht hierher: ZI. 25. Jan. 78 (RdO. XIX, 39); contra: Voitns i. GSaal 30 s. 317. 9. Der vage Ausdruck „von unbedeutendem Werthe" fand sich schon im § 370 Nr. 5, ist dort aber näher präzisirt durch die sonstigen Thatbestandsmerkmale („Nahrungsmittel re.", „zum alsbaldigen Verbrauche"). Eine Mehrheit gestohlener rc. Sachen, welche zwar, jede einzeln für sich betrachtet, von unbedeutendem, wegen ihrer Menge jedoch von nicht unbedeutendem Werthe sind, schließt die Anwendung deS § aus. Im Uebrigen ist die thatsächliche (mithin vom Nichtigkeitsrichter nicht nachzuprüfende: Stuttg. 31. Dez. 77, WGbl. XIV, 111) Frage, ob eine Sache von unbedeutendem Werthe sei, nach den Umständen jedes einzelnen Falles zn beurtheilen und hierbei auch die Vermögenslage des Verletzten (sowie des Thäters: WGbl. XVI, 394) mehr oder weniger in Betracht zu ziehen. Doch ist die Vermögenslage und die Schätzung des Verletzten nicht (unbedingt) maßgebend: ZI. 9. Mai 79 (GA. 27 f. 538). 10. In Betreff der Person, „gegen welche der Diebstahl rc. begangen wird" (,,deS Verletzten"), vgl. § 65 n. 1. 3. Hiernach ist der Eigenthümer der Sache selbst dann verletzt, wenn sie (beim Diebstahl) nicht aus seinem Gewahrsam weg genommen ist, oder wenn er für dieselbe einen Ersatzanspruch gegen Dritte hat: ARIII. 29. Mai 80 (RdR. I, 839), ZPl. 30. Apr. 77, Dresd. 12. Apr. u. 17. Juni 72, Stuttg. 19. Nov. 73 (RdO. XVIII, 297; StZ. I, 332; II, 113; III, 210); vgl. Stuttg. 1. Dez. 75 (WGbl. XI, 330). Dasselbe gilt aber auch vom Inhaber der Sache, sobald sein rechtlich geschützter Besitzstand beeinträchtigt oder wenn durch die That für ihn eine Ersatzpflicht begründet wird: BI. 19. Nov. 56 (GA. V, 101), — nicht aber vom unredlichen Besitzer: BI. 1. Juli 64 (RdO. V, 43); vgl. jedoch cit. ZPl. 30. April 77 (nahm einen civilrechtlich und darum auch strafrechtlich ge schützten Besitzstand zu Gunsten Jemandes an, welcher die später gestohlene Sache ge funden und sich demnächst rechtswidrig zugeeignet hatte, selbst freilich, weil diese Un terschlagung verjährt war, nicht mehr strafrechtlich verfolgt werden konnte; das NechtSverhältniß des Inhabers zum Eigenthümer komme hier nicht in Betracht) — Ein Dienstbote, welcher sich Geld zueignet, welches ihm ein Dritter zur Verabfolgung an seinen Herrn (ohne Auftrag deS letztern) übergeben hatte, begeht die Unterschla gung nur „gegen" jenen Dritten: ZI. 9. Febr. 72 (RdO. XIII, 135), Münch. 6. Mai 73 (StZ. II, 326). 11. Abs. 1 scheidet aus, wenn die Mißthat nicht allein „gegen" eine der aus-
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Thl. II. Abschn. XIX.
Diebstahl und Unterschlagung. - § 247.
Diese Bestimmungen finden auf Teilnehmer oder Be günstiger, welche nicht in einem der vorbezeichneten persönlichen Verhältnisse stehen, keine Anwendung. [I. Entw.: § 222; II. Entw.: § 242; — Nov. v. 26. Febr. 1876 Art. I. III. — Pr. StGB.: § 228.] Vgl. §§ 50. 52. 61—65. 289 Abs. 5; 370 Schluß, satz; Gew.,O. § 115; R-Mil..StGB. § 127. Preußen: Vgl. FFP.-Ges. § 22. gezählten Personen verübt war, sondern gleichzeitig auch die Rechte eines in keinem solchen Verhältnisse stehenden Dritten beeinträchtigte: ARIII. 29. Mai 80 (cit. n. 10), ZI. 27. März 74 (RdO. XV, 193), VIl. 9. Febr. 60 (RA. 55, II, 42). Das gilt z. B. da, wo eine zur Gütergemeinschaft gehörige Sache gestohlen wird; die Mit berechtigung der Frau läßt die Verfolgung ohne Strafantrag statthaft erscheinen, wenn nicht sie, sondern nur der Mann in einem der gedachten Verhältnisse sich be findet, sollte letzterem auch das DerwaltungS- und Veräußerungsrecht in Betreff jener Sache zustehen: ZI. 13. Nov. 72, VI. 20. Jan. 75 (RdO. XIII, 591; XVI, 62). 12. Die Anwendbarkeit des Abs. 1. ist lediglich durch das Gestehen eines der angedeuteten Verhältnisse bedingt, ohne daß es dabei auf die Kenntniß des Schul digen von diesem Verhältnisse, oder auf sein Vermeinen über ein solches ankäme: VI. 1. Juli 64 (RdO. V, 43); es bedarf daher des Antrags nicht, sobald das Ver gehen „gegen einen Dritten" begangen war, sollte der Schuldige seinerseits auch geglaubt haben, er verletze durch die That nur die Rechte eines Angehörigen rc.: VI. 20. Jan. 75, Stuttg. 22. Juni 75 (RdO. XVI, 62; StZ. V, 85); § 59 n. 18; HS. II, 453; Merkel i. HH. III, 711; Reber n. 118. 183; Schw. s. 622; contra: ZI. 17. Mai 58 (GA. VI, 710). 13. Ist der Antrag gestellt, so erfolgt die Bestrafung nach den allgemei nen Grundsätzen; eS findet daher event, auch § 244 (Rückfall) Anwendung; vgl. § 244 n. 17. 14. Die Vorschriften über die Un theilbarkeit eines Strafantrags und seiner Zurücknahme finden hier keine Anwendung: Abs. 3; vgl. § 61 n. 6; § 63 n. 4. 15. Die Bestimmung des Abs. 1 ist, soweit sie Vergehen wider Angehörige, Vormünder oder Erzieher betrifft, durch § 263 auf den Betrug ausgedehnt.
16. Abs. 2 spricht (im Gegensatze gegen § 52 Abs. 1) nur ,,von Verwand ten" der auf- und absteigenden Linie, ist also auf die Blutsverwandten zu beschränken und auf Verschwägerte nicht auszudehnen: Schütze s. 447 n. 19. 17. Zwischen Ehegatten wird der § wirksam, sobald die betreffende Hand lung zur Zeit des Bestehens der Ehe stattfand, sollte bte letztere auch seitdem auf gelöst worden sein; vgl. n. 2a. 18. Eine Ehescheidung beseitigt für die Zukunft die Anwendbarkeit des § 247. Das ist auf eine Trennung (von Tisch und Bett rc.), welche das Band der Ehe fortbestehen läßt, nicht auSzndehnen. 19. Ueber die Bedeutung der Worte: „gegen Verwandte rc." vgl. oben n. 10; in Betreff des Falles, wo durch die That außer dem Descendenten noch ein Dritter in seinen Rechten gekränkt wurde, gilt analog das unter n. 11 Gesagte.
20. Da der § die gegen einen Descendenten verübten Diebstähle für straflos erklärt, so muß der irrige Glaube des Schuldigen: er verletze durch seine Hand lung nur das Recht seine« Descendenten, die gleiche Wirkung ausüben: Merkel i. HH. III, 711; Schw. i. SGZ. 22 s. 162; v. Buri i. GSaal 29 Beil. s. 197; contra: Rüd. n. 3; HS. II, 452; Bind. II, 475; vgl. Abh. i. GA. V, 643.
21. Die Straflosigkeit des Diebs ist auf einen begleitenden und qualifizirenden Umstand (z. B. den Einbruch), wenn dieser für sich allein ein selbststän diges Vergehen z. B. das der Sachbeschädigung) darstellt, nicht auSzudehnen, zumal da, wo letzteres gegen eine dritte Person (z. B. den Eigenthümer des vom Be stohlenen bewohnten HauseS) verübt ist; vgl. § 73 n. 6. 12; contra: v. Bar i. GA. XIX, 651; Ruhstr. i. GSaal 24 s. 140. 149; Fuchs s. 82.
Thl. II. Abschn. XX.
Raub und Erpressung. — §§ 248. 249.
553
§ 2U8. Neben der wegen Diebstahls oder Unter schlagung erkannten Gefängnißstrafe kann auf Verlust der bür gerlichen Ehrenrechte, und neben der wegen Diebstahls er kannten Zuchthausstrafe auf Zulässigkeit von Polizei-Aufsicht erkannt werden. [I. Entw.: §§ 216. 223; II. Enlw.: § 243; Pr. StGB.: §§ 216. 218. 219. 227.] Bgl. §§ 32. 35. 38. 45. 48. 49. 242—244. 246. 256.
Zwanzigster Abschnitt.
Raub
und
Erpressung.
§ 2Ä8 Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem An22. Die im § vorgesehene Handlung ist an sich eine Mißthat, welche nur an der betr. Person nicht ohne Antrag (Abs. 1) oder gar nicht bestraft wird (Abs. 2); diese Ausnahmebestimmung ist daher auf die in keinem der erwähnten Verhältnisse stehenden Theilnehmer und Begünstiger nicht auSzudehnen: Abs. 3; vgl. übri gens Bind. II. 468 (bezieht den Abs. 3, waS die Begünstigung betrifft, nur auf die Fälle des bezweckten Sicherns der Vortheile; leiste Jemand einem Straflosen Bei stand, um ihn der vermeintlich verwirkten Strafe zu entziehen, so liege bei ihm blos Putativ-Dolus vor); dasselbe gilt vom Hehler: ZII. 15. Febr. 72, ZI. 2. Mai 73, ZU. 27. Juni 76, ZII. 9. Jan. 79 (RdO. XIII, 154; XIV, 332; XVII, 458; XX, 25); vgl. n. 1.
§ 248. 1. Die Vorschrift dieses § gilt auch für die Bestrafung des Versuchs oder der Theilnahme an einem der genannten Straffälle: 88 45. 48. 49. Es kann daher wegen eines versuchten schweren Diebstahls auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht nur neben Zuchthaus erkannt werden. 2. Die ganze Vorschrift ist für den Instanzrichter fakultativ. 3. Auf den Verlust der Ehrenrechte rc. kann nur dann erkannt werden, wenn die Gefängnißstrafe drei Monate erreicht: 88 32. 35.
§ 249. 1. Die Motive (s. 124) heben hervor, daß der „Raub" nicht als ein „durch Gewalt gegen die Person verübter Diebstahl" noch als eine „durch diebische Absicht ausgezeichnete Gewalt", sondern als ein besonderes gegen Person und Eigenthum zugleich begangenes Verbrechen betrachtet sei. Demgemäß bleiben alle die Be strafung des „Diebstahls" betreffenden Vorschriften (z. B. § 247) hier ausgeschlossen, insoweit sie nicht für den Raub ausdrücklich wiederholt sind. 2. Dagegen umfaßt die Begriffsbestimmung des § den vollständigen THatbestand des Diebstahls, wie er im § 242 ausgestellt worden ist; es ist daher Alles, was zu jenem § bemerkt ist, um jenen Begriff zu erläutern, hier zu berücksichtigen, es fei denn, daß sich aus den, den Raub unterscheidenden besonderen Merkmalen nachweisen ließe, daß jene Grundsätze hier außer Anwendung bleiben müssen: BL. s. 542; Merkel i. HH. III, 715 ff.; vgl. n. 13. 3. Demgemäß wird auch der Raub erst durch die Wegnahme der Sache vollendet: Motive s. 124. Hat eine „Wegnahme" gar nicht stattgefunden, ist vielmehr der andere durch Gewalt genöthigt worden, die Sache herauszugeben, so kann nur Erpressung (§ 253. 255), nicht Raub vorliegen. 4. Die gewaltsame Besitznahme unbeweglicher Sachen ist nicht Raub und nur insofern strafbar, als sie den Thatbestand eines anderen Sraffalles enthält.
Thl. II. Abschn. XX.
Raub und Erpressung. — §§ 248. 249.
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§ 2U8. Neben der wegen Diebstahls oder Unter schlagung erkannten Gefängnißstrafe kann auf Verlust der bür gerlichen Ehrenrechte, und neben der wegen Diebstahls er kannten Zuchthausstrafe auf Zulässigkeit von Polizei-Aufsicht erkannt werden. [I. Entw.: §§ 216. 223; II. Enlw.: § 243; Pr. StGB.: §§ 216. 218. 219. 227.] Bgl. §§ 32. 35. 38. 45. 48. 49. 242—244. 246. 256.
Zwanzigster Abschnitt.
Raub
und
Erpressung.
§ 2Ä8 Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem An22. Die im § vorgesehene Handlung ist an sich eine Mißthat, welche nur an der betr. Person nicht ohne Antrag (Abs. 1) oder gar nicht bestraft wird (Abs. 2); diese Ausnahmebestimmung ist daher auf die in keinem der erwähnten Verhältnisse stehenden Theilnehmer und Begünstiger nicht auSzudehnen: Abs. 3; vgl. übri gens Bind. II. 468 (bezieht den Abs. 3, waS die Begünstigung betrifft, nur auf die Fälle des bezweckten Sicherns der Vortheile; leiste Jemand einem Straflosen Bei stand, um ihn der vermeintlich verwirkten Strafe zu entziehen, so liege bei ihm blos Putativ-Dolus vor); dasselbe gilt vom Hehler: ZII. 15. Febr. 72, ZI. 2. Mai 73, ZU. 27. Juni 76, ZII. 9. Jan. 79 (RdO. XIII, 154; XIV, 332; XVII, 458; XX, 25); vgl. n. 1.
§ 248. 1. Die Vorschrift dieses § gilt auch für die Bestrafung des Versuchs oder der Theilnahme an einem der genannten Straffälle: 88 45. 48. 49. Es kann daher wegen eines versuchten schweren Diebstahls auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht nur neben Zuchthaus erkannt werden. 2. Die ganze Vorschrift ist für den Instanzrichter fakultativ. 3. Auf den Verlust der Ehrenrechte rc. kann nur dann erkannt werden, wenn die Gefängnißstrafe drei Monate erreicht: 88 32. 35.
§ 249. 1. Die Motive (s. 124) heben hervor, daß der „Raub" nicht als ein „durch Gewalt gegen die Person verübter Diebstahl" noch als eine „durch diebische Absicht ausgezeichnete Gewalt", sondern als ein besonderes gegen Person und Eigenthum zugleich begangenes Verbrechen betrachtet sei. Demgemäß bleiben alle die Be strafung des „Diebstahls" betreffenden Vorschriften (z. B. § 247) hier ausgeschlossen, insoweit sie nicht für den Raub ausdrücklich wiederholt sind. 2. Dagegen umfaßt die Begriffsbestimmung des § den vollständigen THatbestand des Diebstahls, wie er im § 242 ausgestellt worden ist; es ist daher Alles, was zu jenem § bemerkt ist, um jenen Begriff zu erläutern, hier zu berücksichtigen, es fei denn, daß sich aus den, den Raub unterscheidenden besonderen Merkmalen nachweisen ließe, daß jene Grundsätze hier außer Anwendung bleiben müssen: BL. s. 542; Merkel i. HH. III, 715 ff.; vgl. n. 13. 3. Demgemäß wird auch der Raub erst durch die Wegnahme der Sache vollendet: Motive s. 124. Hat eine „Wegnahme" gar nicht stattgefunden, ist vielmehr der andere durch Gewalt genöthigt worden, die Sache herauszugeben, so kann nur Erpressung (§ 253. 255), nicht Raub vorliegen. 4. Die gewaltsame Besitznahme unbeweglicher Sachen ist nicht Raub und nur insofern strafbar, als sie den Thatbestand eines anderen Sraffalles enthält.
554
THI. II. Abschn. XX.
Raub und Erpressung. - § 249.
deren in der Absicht wegnimmt, sich dieselbe rechtswidrig zu zueignen, wird wegen Raubes mit Zuchthaus bestraft. Sind milvernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängniß strafe nicht unter sechs Monaten ein. sl. Entw.: § 227; II. Enlw.; § 244; Pr. StGB.: 244. 250—252. 256. 139. 32.
§§ 230. 231.]
Val. §§ 242.
Preußen: Vgl. Ges. v. 4. Juni 1851 § 10 (GS. s. 453). 5. Mit Rücksicht auf da« unter n. 1 Gesagte trifft die Strafe des Raubes auch da zu, wo es sich um Gegenstände handelt, deren „Diebstahl" wegen besonderer dabei obwaltender Umstände mit geringeren (UebertretungS») Strafen bedroht ist, z. B. um Nahrungsmittel rc., Holz, Feldfrüchte von unbedeutendem Werthe rc. Insoweit die Voraussetzungen der §§ 249 ff. zutreffen, bleiben die besonderen, der artige „Entwendungen" rc. vorsehenden, Strafbestimmungen (z. B. des § 370 Nr. 5, eines Forstdiebst. - Ges.'S, einer Feldpolizeiordnung rc.) außer Anwendung: Beschl. I. 11. Febr. 70 (NdO. XI, 94); vgl. Pr. Ges. v. 22. Mai 1852 Art. III; Pr. NEB. Art. XIII, welche zwar die Strafen deS schweren Diebstahls, nicht aber die des Raubes ausschloßen, und § 252 n. 1. 6. Ueber den Begriff der „Gewalt" vgl. § 113 n. 29 ff.; die Gewaltanwen dung muß hier daS Mittel fein, welches die Wegnahme ermöglichte, sei es, daß da durch dem Andern die Hinderung der Wegnahme unmöglich gemacht oder daß er zu ihrer Duldung genöthigt wurde. Dieselbe braucht keine für den Angegriffenen unüberwindliche („unwiderstehliche": § 52) zu sein; contra: v. Buri i. GSaal 29 Beil. s. 22; es genügt eine Gewalt, welche dahin abzielt, diejenige Krastanstrengung zu überwinden, welche der Inhaber macht, um sich im Besitze der Sache zu erhalten, z. B. ein Wegreißen aus den festhaltenden Händen: ZI. 27. März 67, Beschl. I. 6. Jan. 69 (RdO. VIII, 204; X, 4); DreSd. 4. Juni 75 (SGZ. XX, 25: er achtete es sogar für gleichgültig, ob der Verletzte den Gegenstand gerade in der Vor aussicht der Wegnahmehandlung des Thäters festgehalteu habe). Ebensowenig wird erfordert, daß die Gewalt eine Gefahr für Leib oder Leben begründe. Dagegen ist es nicht als Gewalt anzusehen, wenn einer Person eine Sache entrissen wird, ehe sie dieselbe schützen kann; vgl. n. 9. Bestand die Gewalt in vorsätzlicher Tödtung, so liegt Ideal-Konkurrenz vor: Münch. 4. Ian. 73 (BEntsch. III, 1). 7. Ist die Wegnahme „mit Gewalt" bewirkt, war also die letztere das Mittel zur Ausführung jener, so gilt es gleich, ob die Gewalt zum Zwecke der Wegnahme angewendet, oder ob die zu einem andern unerlaubten Zwecke auSgeübte Vergewaltigung demnächst bewußter Weise zur Verübung der Wegnahme benutzt wird; (vgl. die abweichende Fassung des § 250 Nr. 4); contra: ZI. 20. Dez. 61 (RdO. II, 175); HS. II, 530; Schw. s. 624; Merkel i. HH. III, 719; Schütze s. 453 n. 16; ML. s. 480; Villnow, Raub rc. 1875, s. 23: v. Buri 1. c. 8. Die Gewalt muß „gegen eine Person" angewendet sein; dagegen ist es nicht nothwendig, daß diese Person der Inhaber der Sache sei, wenn nur der Kausalnexus feststeht: Motive s. 125; vgl. v. Buri 1. c.; contra: Villnow s. 8 (körperliche Gewalt gegen eine dritte Person falle unter den Begriff der Drohung). 9. Der Gewalt steht ein listiges einem Widerstände vorbeugendes Verhalten, z. B. Betäuben oder Einschließen des Inhabers, nicht gleich: Merkel t. HH. III, 718; Villnow f. 9; ebensowenig die Benutzung eines vorhandenen hülflosen Zustandes: Schütze f. 452. Contra: v. Buri 1. c. s. 17. 10. In Betreff der „Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben" vgl. § 48 n. 30; § 52 n. 7 ff.; § 106 n. 2ff. Auch hier muß die Drohung die unberechtigte Zufügung eines Uebels zum Gegenstände haben; somit genügt es nicht, wenn ein in Lebensgefahr Schwebender mit der Versagung der begehrten Hülfe bedroht wird. Daß die Gefahr „auf andere Weise nicht abgewendet werden konnte" (§ 52), wird hier nicht erheischt (vgl. § 176. 177). — Auch hier ist es nicht unerläßlich, daß die Drohuug sich gegen die Person deö Inhabers der Sache richte (vgl. n. 8). Dagegen versteht es sich von selbst, daß auch die Drohung daS Mittel gewesen sein muß, die Wegnahme zu bewirken (z. B. durch Hinderung eines Wider-
Thl. II. Abschn. XX.
Raub und Erpressung. —
249. 250.
555
§ 250. Auf Zuchthaus nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn 1) der Räuber oder einer der Theilnehmer am Raube bei Begehung der That Waffen bei sich fuhrt; 2) zu dem Raube Mehrere mitwirken, welche sich zur fort gesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden haben; 3) der Raub auf einem öffentlichen Wege, einer Straße, einer Eisenbahn, einem öffentlichen Platze, auf offener See oder einer Wasserstraße begangen wird; standes); die erzwungene Besitzübertragung Seilens des Inhabers fällt unter § 255; vgl. n. 3. 11. Ueber die Verübung eines Raubes durch mehrere gemeinschaftlich handelnde Theilnehmer vgl. § 47 n. 10. Beispiele: ZU. 19. März 63, ZI. 22. Mai 63, ZU. 18. Jan. 66, VI- 27. Apr. 66 ^RdO. III, 353. 468; VII, 36. 252). 12. Ein Diebstahl kann auch durch die, nicht vom Thäter, sondern von einem Gehülfen angewendete Gewalt rc. den Charakter deS Raubes annehmen, wenn jener bei seiner That Kenntniß vou dieser Gewaltanwendung hatte, und sie so zur Verübung deS Diebstahls benutzte: ZU. 18. Jan. 66 (cit. n. 11); vgl. § 47 n. 25; contra; v. Buri 1. c. f. 40. 13. In prozessualischer Hinsicht sind die den Thatbestand deS Diebstahls zum Raube stempelnden Umstände als vom Strafgesetze besonders vorgesehen, erschwerende bezw. die Strafbarkeit erhöhende (Pr. Ges. v. 3. Mai 1852 Art. 91 Abs. 4; Pr. NStPO. § 321 und jetzt RStPO. §§ 262. 295) zu behandeln: BI. 15. Juli 57 (GA. V, 633); Löwe s. 639 n. 2 d. 690. 183. Wird die einen Raub betreffende Frage von den Geschworenen unter Verneinung der Gewalt rc. bejaht, so ist die Diebstahlsstrafe zu verhängen: ZI. 2. Jan. 56 (GA. IV, 207); vgl. Löwe s. 643 n. 3. 14. Der Versuch eines (gewollten) Raubes kann angenommen werden, sollte auch nur erst mit einem Theile der Thatbestandöhandlungen, sei es mit der Gewalt anwendung rc. oder aber mit der Wegnahme begonnen sein: Motive s. 125; vgl. § 243 n. 6. 15. In Betreff der Zulässigkeit der Polizeiaufsicht vgl. § 256. 16. Liegen mildernde Umstände vor, so kann auf Verlust der rc. Ehren rechte erkannt werden: §§ 32. 35, nicht aber aus Zulässigkeit der Polizeiaufsicht (§ 256); DI. 6. Juni 73 ^RdO. XIV, 413).
§ 250. 1
Zulässigkeit der Polizeiaufsicht, vgl. § 256.
Zu Nr. 1. Vgl. § 243 Nr. 5. 2. Vgl. die Bemerkungen zum cit. § 243 Nr. 5. Auch hier wird nicht er fordert, daß der Thäter ev. von der Waffe Gebrauch zu machen beabsichtigte; doch fordert v. Buri i. GSaal 29 Beil. f. 28 ff., daß jener mit derselben mindesten« schrecken wollte. Nach v. Buri 1. c. soll aus Nr. 1 auch Derjenige strafbar sein, welcher den Anderen durch seinen Hund habe znsammenreißen lassen; die Zähne deö Hundes seien in diesem Falle die „Waffe" [?]. 3.
Zu Nr. 2. Vgl. § 243 Nr. 6. Vgl. die Bemerkungen zum cit. § 243 Nr. 6.
Zu Nr. 3. Dgl. § 243 Nr. 4. 4. Diese Nr. 3 stimmt in Betreff der ausgezählten Oertlichkeiten mit § 243 Nr. 4 insoweit überein, als sie (in veränderter Reihenfolge) auch öffentliche Wege, Straßen, Eisenbahnen, öffentliche Plätze und Wasserstraßen nennt. Da aber hier die anderweitige Begrenzung fehlt, welche § 243 Nr. 4 in Betreff der Objekte der
556
Thl. II. Abschn. XX.
Raub und Erpressung- — § 250.
4) der Raub zur Nachtzeit in einem bewohnten Gebäude (§ 243 Nr. 7) begangen wird, in welches sich der Thäter zur Begehung eines Raubes oder Diebstahls eingeschlichen oder sich gewaltsam Eingang verschafft oder in welchem er sich in gleicher Absicht verborgen hatte, oder 5) der Räuber bereits einmal als Räuber oder gleich einem Räuber im Jnlande bestraft worden ist. Die Wegnahme enthält, so ist hervorzuheben, daß der auf einer Eisenbahn (Locomotivoder Pferdebahn: vgl. § 243 n. 61a; Villn. s. 32) verübte Raub nur dann hierher gehört, wenn er mit Gewalt rc. gegen eine die Eisenbahn als „Weg" („Straße"), somit als Transportmittel benutzende Person, nicht also, wenn er gegen eine auf dem Bahndamme sich befindende Person verübt wird. Aehnlich verhält es sich mit der „Wasserstraße" (ein gegen einen Badenden verübter Raub gehört nicht hierher). Dagegen ist eS gleichgültig, ob der Eisenbahnzug in Bewegung ist oder ruht. Ein nicht auf der Eisenbahn, sondern auf dem Bahnhöfe oder einem Neben geleise verübter Raub gehört nicht hierher. Vgl. MeveS i. GSaal 26 s. 266 ff. 5. Sodann zählt die Nr. 3 noch die „offene See" auf: dieser Ausdruck be zieht sich nur auf daö Meer, und zwar auf denjenigen Theil desselben, welcher „offen" d. h. nicht von der Küste auö durch Kanonen zu beherrschen ist; vgl. § 8 n. 3; ebenso: v. Buri 1. c. s. 41; contra: Billn. s. 33 (erblickt in jenem Ausdrucke den Gegensatz zu dem Theile des Hafens oder der Mündung der Flüsse, in den das Seewaffer hineinspüle, weshalb derselbe den von der Küste aus beherrschten Theil des wirklichen Meeres nicht auöschließe); deSgl. MeveS i. StRZ. XIII, 421. Schiff bare Landseen gehören, gleich den Häfen, Flüssen und Canälen, zu den „Wasser straßen" und auch dies nur, wenn sie als Verkehrswege dienen; vgl. Villn. 1. c. (legt diese Eigenschaft auch den bloß flößbaren Landseen rc. bei). 5a. Ein Fall der Nr. 3 liegt nicht vor, wenn der zu Beraubende zwar auf offener Straße verfolgt worden, von dieser aber abgebogen war und nun erst ein geholt wird, wohl aber dann, wenn jener bereits auf der Straße überwältigt, dem nächst aber in ein Haus geschleppt und dort erst ausgeplündert würbe; so: v. Buri 1. c.; vgl. übrigens § 3 n. 10. Zu Nr. 4. Vgl. § 243 Nr. 7. 6. Insoweit diese Nr. 4 mit der cit. Nr. 7 des § 243 übereinstimmt, sind die Bemerkungen zu der letzteren zu vergleichen. Durch die hinter dem Worte „Ge bäude" eingeschaltete Anführung jener Nummer sollte angedeutet werden, daß die dort gegebenen Erläuterungen deS Begriffs „Gebäude", nach welchen demselben der dazu gehörige Raum rc., und ein bewohntes Schiff gleich geachtet werden, auch hier gelten. Dagegen scheidet hier die fernere Erläuterung, daß die Nr. 7 auch dann Anwendung finde, wenn zur Zeit des Diebstahls Bewohner im Gebäude nicht an wesend sind, aus, da der Raub Gewalt rc. gegen eine Person vorauösetzt. — Die Worte: „zur Begehung eines Raubes oder Diebstahls", deuten auf die Absicht; vgl. § 243 n. 91. 7. In Nr. 4 ist der Fall zugesetzt worden: „wenn sich der Thäter in das be wohnte Gebäude gewaltsam Eingang verschafft hat." Ob die Gewalt zur Ge winnung des Eingangs an Personen oder Sachen verübt worden sei, ist gleichgültig; auch braucht im letzteren Falle die Gewaltanwendung nicht den Voraussetzungen eines Einbruchs zu entsprechen. Dagegen steht dieser gewaltsamen Eingangs-Ver schaffung die durch Einsteigen oder Anwendung eines falschen Schlüssels gewonnene nicht gleich. — Im Hause selbst muß dann nochmals Gewalt, und zwar hier gegen eine Person angewendet werden: v. Buri 1. c. s. 43.
Zu Nr. 5. Vgl. § 244. 245. 32. 8. Hier genügt der erste Rückfall; vorausgesetzt wird aber eine Vorbestrasung als Räuber (aus §§ 249—251) oder gleich einem Räuber (aus §§ 252. 255). — Im Uebrigen find die Bemerkungen zu den §§ 244. 245 zu vergleichen.
Lhl. II. Abschn. XX.
Raub und Erpressung. — §§ 250—252.
557
im § 245 enthaltenen Vorschriften finden auch hier Anwendung. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängniß strafe nicht unter Einem Jahre ein. ll. Entw.: § 228; II. Entw.: 251. 252. 256. 32.
§ 245; Pr. StGB.: § 232.]
Vgl. §§ 245.
249.
§ 251. Mit Zuchthaus nicht unter zehn Jahren oder mit lebenslänglichem Zuchthaus wird der Räuber bestraft, wenn bei dem Raube ein Mensch gemartert, oder durch die gegen ihn verübte Gewalt eine schwere Körperverletzung oder der Tod deffelben verursacht worden ist. |I. Entw. .• § 229; II. Entw.: § 246; Pr. StGB.: § 233 Nr. 2. 3.)
Vgl. § 224. 256.
§ 252. Wer, bei einem Diebstahl auf frischer That betroffen, gegen eine Person Gewalt verübt oder Drohungen 9. Beim Vorhandensein mildernder Umstände kann auf den Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden: § 32.
§251. 1. „Martern" bezeichnet die Zufügung schmerzhafter Mißhandlungen, welche grade in der Absicht der Schmerzzufügung bewirkt wird; v. Buri i. GSaal 29 Beil. s. 45 rechnet auch Peinigungen der Seele hierher; contra: Villn. s. 38. 2. Ueber die „Verursachung einer schweren Körperverletzung" vgl. § 224 n. 1 ff.; ob die eingetretene Folge beabsichtigt war (§ 225), ist hier für den Thatbestand unwesentlich. Hatte dagegen der Räuber die Verursachung de- erfolgten Todes gewollt, so konkurrirt ideell Mord oder Todtschlag: Beseht. 22. Jan. 69, ZI. 4. Sept. 74 (RdO. X, 44; XV, 518); vgl. § 249 n. 6. 3. Für den Thatbestand ist es unwesentlich, welcher Mensch gemartert rc. wurde, und ob die Marter rc. ein Mittel zur Begehung des Raubes war. Vgl. § 249 n. 8; Villn. f. 38, welcher übrigens die Worte „bei dem Raube" für gleich bedeutend mit „bei Gelegenheit des Raubes" hält, und daher meint, das „Martern rc." könne auch nach Verübung des Raubes geschehen sein; vgl. § 252 n. 3. 4. Neben der Zuchthausstrafe kann Polizeiaufsicht für zulässig erkannt werden: § 256. 5. Ueber die Bestrafung mehrerer Mitthäter, wenn die betr. Gewalthand lungen nur Einzelnen derselben zur Last fallen, vgl. 8 47 n. 10 ff. und § 59. In einem solchen Falle ist es nicht unerläßlich, daß sestgestellt sei, von welchem der Mit thäter jene Gewalthandlungen ausgegangen sind, sobald nur erwiesen ist, daß die selben bei dem Raube und zu dem Zwecke desielben von irgend einem der Mitthäter zugefügt waren, und daß sie die betr. Folge gehabt haben. 6. Hat die bei einem (unvollendet gebliebenen) Raubversuche verübte Ge walt eine der im § vorgesehenen Folgen gehabt, so ist nach § 44 aus Zuchthaus von 2Va bis zu 15 Jahren zu erkennen; contra: v. Buri i. GSaal 29 Beil. f. 48 (hält die volle Strafe des § 251 für verwirkt, während bei dem blos versuchten Martern rc. der § ganz außer Anwendung bleibe).
§ 252. 1. Der Diebstahl bildet im Falle des § 252 ein bloßes Thatbestands merkmal des hier vorgesehenen Verbrechens, der Thäter ist daher nicht noch daneben (§ 74) wegen des Diebstahls zu bestrafen: VII. 22. Nov. 77 (RdO. XVIII, 730). 2. Der Ausdruck „Diebstahl" umfaßt hier alle Arten der Entwendung, namentlich auch solche, welche wegen der dabei obwaltenden besonderen Umstände für sich allein nicht mit der Diebstahls- sondern (aus einem besonderen Gesetze, z. B. dem Pr. Forstdiebst.-Ges.) nur mit einer UebertretungSstrase zu ahnden sein würden;
558
Thl. II. Abschn. XX. Raub und Erpressung. — §§ 252. 253.
mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben anwendet, um sich im Besitze des gestohlenen Gutes zu erhalten, ist gleich einem Räuber zu bestrafen. [1. Entw.: § 227; II. Entw.: § 247; Pr. StGB.: § 230 Abs. 2.] «gl. 256. 214. Preußen: Vgl. Ges. v. 4. Juni 1851 § 10 (GS. s. 453).
249—251.
§ 233 Wer, um sich oder einem Dritten einen rechts widrigen Vermögensvortheil zu verschaffen, einen Andern durch vgl. § 249 n. 5; contra: Beschl. II. 26. Sept. 72, Beschl. L 12. Jan. 76 (RdO. XIII, 478; XVII, 25); Meyer s. 208 n. 3; Puch n. 2. 3. Die Worte: „bei einem Diebstahl" sind nicht auf den Fall zu be schränken, wo der Diebstahl noch nicht vollendet war (vgl. „des gestohlenen Gutes"); es genügt, wenn der Dieb „auf frischer That" betroffen wurde, d. h. wenn zwischen dem Diebstahl und dem Betreffen eine solche sachliche Verbindung, eine solche Continuität obwaltet, daß das Ganze als ein zusammenhängender Vorfall erscheint: ZI. 27. März 67, Beschl. I 13. Nov. 68 (RdO- VIII, 204; IX, 633). Demgemäß gehört auch der Fall hierher, wo der Dieb bei einer unmittelbar nach der That eingetreteneu Verfolgung angehalten wird. Vgl. § 214 n. 5; Motive s. 125; Merk. i. HH. III, 723; v. Buri s. 51; contra: Vllln. s. 41. 4. In Betreff der Gewalt und der Drohungen rc. vgl. § 249 n. 6—10. 5. Der § trifft nur zu, wenn die Handlung geschah, „um sich im Besitze" des Gestohlenen zu erhalten, nicht da, wo der Dieb nur seine Person sichern wollte: Mot. s. 125. Verfolgte der Thäter beide Zwecke, so bleibt der § anwendbar. Das Gegentheil gilt, wenn er nur den letzterwähnten Zweck verfolgte, sich aber bewußt war, daß er mit seiner Person auch die gestohlene Sache, z. B. ein bereits angezogeneS Kleidungsstück in Sicherheit bringe; contra: v. Buri f. 52. Ob jener (im § vorgesehene) Zweck erreicht wurde, ist gleichgültig: Villn. s. 41. 6. Der Thäter soll „gleich einem Räuber" bestraft werden; eS werden sonach auch die §§ 250. 251 anwendbar, wenn ihre Voraussetzungen zutreffen: Mot. s. 125. Letzteres ist jedoch nur da der Fall, wo die betr. ErschwerungSgrüude bei der Anwendung der Gewalt oder der Drohungen und nicht blos bei dem Diebstahle vorliegen: BII. 22. Nov. 77 (cit. v. 1); Schw. t. SGZ. 21 s. 204; vgl. übrigens Jena 76 (Voll. 24 s. 274: erkannte, daß jene Erschwerungsgründe jedenfalls (auch) bei dem Diebstahle vorliegen müßten). Neben der Zuchthausstrafe kann die Zu lässigkeit der Polizeiaufsicht ausgesprochen werden: § 256.
§ 253. 1. Begriff der „Nöthigung", vgl. § 240 n. 1. 2. 2. In Betreff des Begriffs „Gewalt" vgl. § 52 n. 4; § 106 n. 1; § 113 n. 29—39; § 240 n. 4. Die Gewalt darf hier nicht gegen eine Person geübt sein, indem sonst § 255 anwendbar wird; contra: v. Wächter u. Katz L GSaal 27 f. 161; 31 s. 431. (Andere Gewalt, als eine gegen die Person geübte, wird freilich für letztere regelmäßig den Charakter einer im § neben der „Gewalt" aufgesührten Drohung annehmen; gleichwohl erscheint daö Auskunstömittel v. Wächter'-, im § 255 gegen die konstante Terminologie des StGB.'S, vgl. §§ 176, 177, 249, die Worte „mit gegenwärtiger Gefahr" auf „Gewalt" mitzubeziehen, hier also unter „Gewalt" nur eine höchst gefährliche, im § 253 aber eine minder gefährliche Gewalt gegen die Person zu verstehen, als sehr bedenklich). — Auch eine an sich berechtigte GewaltAnwendung (z. B. Seitens eines Beamten) ist strafbar, wenn dadurch ein wider rechtlicher BermögenSvortheil erpreßt werden soll. Vgl. n. 3a. 3. In Betreff der „Drohung" vgl. § 48 n. 30; § 106 n. 2ff. Daß dieselbe eine Mißthat zum Gegenstände habe (§ 240) oder eine gegenwärtige Gefahr oder gar eine solche für Leib oder Leben begründe (§§ 249. 252. 255), wird hier nicht erfordert: ARI. 9. Febr. 80 (RdR. I, 325), ZI. 30. Jan. 74 (RdO. XV, 46); es kann vielmehr die Bedrohung mit der Ausübung eines Rechts, der Stellung eines Strafantrags, der Anbringung einer (begründeten oder unbegründeten) Denun-
Tbl. II. Abschn. XX.
Raub und Erpressung. — § 253.
559
Gewalt oder Drohung zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nöthigt, ist wegen Erpressung mit Gefängniß nicht unter Einem Monat zu bestrafen. Der Versuch ist strafbar. sl. Entw.:
ZS 230. 231; II. Entw..- ß 248; Pr. StGB.: §§ 114. 126. 240. 241. 254—256. 339.
§§ 234.
235.]
Vgl.
Preußen: Vgl. Ges. v. 4. Juni 1851 § 10 (GS. s. 453). ciation, der Veröffentlichung eines Witz-Artikels, einer Thatsache durch die Presse ge nügen (daS Strafbare liegt im Zweck): Motive s. 126; ZRI. 12. Febr. 80 (RdR. I, 345), ZU. 13. Nov. 73, ZI. 30. Jan. 74, ZU. 8. Okt. 74, 4. April u. 27. Juni 76, ZI. 9. Febr. 77, 10. Jan. 79, DreSd. 26. Mär; 77, Mannh. 30. Dez. 78 (RdO. XIV, 714; XV, 46. 637; XVII, 248. 459; XVIII, 120; XX, 28; SGZ. 22 s. 36; BAnn. 45 s. 15); contra (in Betreff der angedrohten Geltendmachung eines bestehenden Rechts): Villnow s. 12; dasselbe gilt von dem In.Aussichtstellen einer (begründeten oder unbegründeten) Klage; contra: Münch. 26. Jan. 72 (BEntsch. II, 11). Dagegen ist überall festzuhalten, daß ein Uebel, also ein Nachtheil für Leben, Freiheit, Ehre, Vermögen rc. in Aussicht gestellt sei, dessen Bevorstehen die Willens, freiheit des Andern zu beschränken geeignet ist; daher ist die Erklärung des zudring, lichen Bettlers, er werde nicht weggehen, bis er etwa« erhalte, für sich allein noch kein Erpressungsversuch: Merkel i. HH. III, 727. -Andererseits genügt ein blos relatives Uebel, z. B. die gewaltsame Verhinderung einer Abreise: ZU. 16. Juli 75 (RdO. XVI, 549). Die Bezeichnung der Handlung, durch welche daS Uebel erreicht werden soll, ist nicht erforderlich: eit. ZU. 16. Juli 75. — Der § setzt zwar die Identität des Bedrohten mit Demjenigen, welcher den Vermögensvortheil ver schaffen soll, voraus; doch wird nicht erfordert, daß letzterer (Vortheil) gerade aus dem Vermögen des Gedrohten zu leisten fei, und daß die den Gegenstand der Nöthigung bildende „Handlung rc." denselben unmittelbar gewähre, der § umfaßt viel mehr auch den Fall, wo der Bedrohte zu einer „Handlungrc." genöthigt wird, um einen Dritten zur Gewährung jenes Vortheils zu bestimmen: ZI. 24. Mai 76 (RdO. XVII, 375). Ferner ist eS gleichgültig, ob das angedrohte Uebel den Bedrohten allein und unmittelbar, oder ob dasielbe zunächst einen Dritten treffen würde (Beisp.: Bedrohung eines Vaters mit einer Denunciation gegen den Sohn): DreSd. 18. Aug. 73, ZI. 10. Nov. 75, VII. 15. März 77 (SGZ. XVII, 305; RdO. XVI, 716; XVIII, 220). Dies gilt sogar dann, wenn jener Dritte mit dem Droher im Ein verständnisse handelte: DreSd. 27. Febr. 74 (StZ. IV, 181), oder wenn derselbe gar der Droher selbst wäre (Beisp.: der Sohn droht mit Selbstmord, falls der Vater kein Geld gebe; contra: Villnow s. 12). — Die Drohung braucht keine ernstlich gemeinte gewesen zu sein, sofern nur die Absicht dahin ging, bei dem Bedrohten die Besorgniß ihrer Verwirklichung zu erregen: ARI. 9. Febr. 80 (RdR. I, 325) und der Bedrohte diese Verwirklichung für möglich (bevorstehend) hielt: ZI. 20. Jan. 75, 30. Mai 77 (RdO. XVI, 58; XVIII, 355). — Ob das angedrohte Mittel in seinem Erfolge für den Bedrohten schädlich oder unschädlich war, ist gleichgültig: ZI. 9. Febr. 76 (RdO. XVII, 101). Ebensowenig wird der Thatbestand des Vergehens ausge schlossen, wenn der Thäter sich zur Erreichung seiner Absicht (n. 4) einer obrigkeit lichen Person als Mittelsperson bedient: Mannh. 21. Juni 79 (BAnn. 45 s. 193).
3a. Bei Beamten greift § 253 auch dann Platz, wenn statt der „Gewalt" oder „Drohung" als Mittel „Mißbrauch der Amtsgewalt" oder „Androhung eines bestimmten Mißbrauch- derselben" angewandt worden ist: § 339 Abs. 3. 4. Der Dolus muß dahin gerichtet sein, „sich oder eiuem Dritten einen (rechtswidrigen) DermögenSvortheil zu verschaffen". Wer dies nicht beabsichtigt, vielmehr nur in der Absicht handelt, einem Andern die Mittel zur Abwendung einer von ihm beschlossenen und von jenem befürchteten, mithin bereits drohenden Maß regel an die Hand zu geben, verfällt nicht der Strafbestimmung des §: ZI. 9. Febr. 76 (cit. n. 3). Welches Motiv den Thäter leitete, bzw. welche Befriedigung er in dem Erfolge der That erstrebte, ist gleichgültig: ZRII. 19. März 80 (RdR. I, 495: Angeklagter hatte Jemanden mit Anzeige eine- von diesem an seiner, des Angeklagten,
560
Tbl. II. Abschn. XX.
Raub und Erpressung. — § 253.
Ehefrau verübten Sittlichkeitsverbrechens bedroht, falls derselbe nicht als Sühne für sein Verbrechen eine bestimmte Summe an die Ortsarmenkasse zahle; ob jener sich hierbei der Rechtswidrigkeit des für einen Dritten erstrebten Vermögensvortheils be wußt gewesen (n. 5), blieb ungeprüft, da diese nicht unbedenkliche Frage zu seinen Ungunsten vom Instanzrichter thatsächlich ohne ersichtlichen Rechtsirrthum entschieden sei). — Ein BermögenSvortheil liegt vor, wenn die Vermögenslage in irgend einer Beziehung verbessert, z. B. wenn ein Forderungsrecht, ein Beweismittel, ein Besitz» stand (;. B. durch Abnöthigen der in fremdem Besitze befindlichen eigenen Sache) erworben oder ein Vermögensnachtheil abgewendet wird- Motive s. 126; vgl. § 263 n. 2—10. Auch eine s. g. reiche Heirath kann als BermögenSvortheil aufgefaßt werden; contra: Katz i. GSaal 31 s. 440. 5. Der gesuchte BermögenSvortheil muß ein (bewußter Weise: BI. 13. Febr. 74, RdO. XV, 84) „rechtswidriger", d. h. ein solcher sein, auf welchen man kein Recht hat: Mot. s. 126, und durch dessen (erzwungene) Gewährung daS Ver mögens-Recht de« Andern benachtheiligt wird; so: Merkel i. HH. III, 733; vgl. Schütze s. 456, Villnow s. 49; Waag u. Katz i. GSaal 31 s. 241. 443 und unten § 263 n. 6. Demgemäß scheidet der § in allen solchen Fällen aus, wo Jemand gegen Aufgabe eines wirklich begründeten Rechtsanspruchs von dem Verpflichteten die Leistung, z. B. die Erfüllung einer fälligen Forderung erzielen will: ARUl. 17. März 80 (RdR. I, 481), BI. 29. Jan. 75 (RdO. XVI, 95), sollten auch zu deren Realisirung unerlaubte und unlautere Mittel angewandt worden sein: ZU. 7. Dez. 76, BII. 14. März 78 (RdO. XVII, 797; XIX, 141); das Gegentheil tritt ein, wenn die Forderung gerichtlich mit Beschlag belegt war: ARII. 12. Okt. 80 (RdR. II, 325), oder wenn die Berichtigung (oder Uebernahme) von einem Dritten, Nichtverpflichteten (z. B. einem Angehörigen des Schuldners) erpreßt wird; vgl. Stenogr. Ber. s. 684; ZI. 17. Sept. 75, 19. Juni 78, Dresd. 16. April 77 (RdO. XVI, 585; XIX, 312; SGZ. 22 s. 48); contra: Meyer n.5; cit. ARIII. 17. März 80; vgl. § 263 n. 2. — Für den Begriff der Rechtswidrigkeit ist nur die juristische Rechtmäßigkeit oder Unrechtmäßigkeit entscheidend; das Bestehen einer blos mora lischen Verpflichtung zu dem begehrten Thun oder Unterlassen schließt die Rechts widrigkeit nicht aus: ZI. 24. Mai 76 (cit. n. 3); ZU. 13. Sept. 77 (RdO. XVIII, 564). Die Berichtigung einer verjährten Forderung stellt daher einen rechtswidrigen Bermögensvortheil dar, sofern der Schuldner bereits (sei es auch nur außergericht lich) erklärt hatte, von der Berjährungseinrede Gebrauch machen zu wollen: Dresd. April 75 (StZ. V, 365); desgleichen die Befreiung von einer judikatmäßigen Schuld, sollte die Berurtheilung auch auf einem Meineide beruht haben; so: ZU- 4. April 76 (cit. n. 3). Ist es dagegen noch nicht zu einer Beurtheilung gekommen, so kann das Bestreben des Beklagten, von einer nach seiner Ueberzeugung unbegrün deten Forderung befreit zu werden, als ein aus Erlangung eines rechtswidrigen Bermögensvortheils gerichtetes selbst dann nicht angesehen werden, wenn der Gegner bereits durch ein (noch nicht rechtskräftiges) Urtheil zum Ersüllungseide verstattet war; so: BII. 15. März 77 (RdO. XVIII, 220); vgl. übrigens § 263 n. 6. — Uebermäßige Entschädigung ist selbst dann ein rechtswidriger BermögenSvorthetl, wenn sie den Höchstbetrag der gesetzlich zulässigen Buße (§§ 188. 231) nicht erreicht: ZI. 9. Febr. 77 (RdO. XVIII, 120). In Preußen entspricht das Verbot der Berabfolgung von Loosen an Aufkäufer durch die Lotterie-Collekteure dem Gesetze; die trotzdem stattfindende Verabfolgung stellt daher für den Aufkäufer einen rechtswi drigen Bermögensvortheil dar: ZI. 6. Juli 77 (RdO. XVIII, 512). — Da den Angeschuldigten überall keine Beweislast trifft, so kann die Rechtswidrigkeit nicht le diglich damit begründet werden, daß jener die behauptete Rechtmäßigkeit nicht nachgewiesen habe; dies schließt jedoch nicht aus, daß der Jnstanzrichter einen Anspruch um deswillen, weil es an jedem Anhalte für dessen Begründung mangle, für einen rechtswidrigen erachte: VI. 9. Nov. 77 (RdO. XVIII, 703). Das Bewußtsein von der Rechtswidrigkeit des gesuchten Vermögensvortheils bedarf nur im Bestreitungs falle der ausdrücklichen Feststellung: ARIII. 17. März 80 (RdR. I, 481), »II. 9. Dez. 75 (RdO. XVI, 785), eilt. ZU. 4. April 76 u. VI. 9. Nov. 77. 6. Daß der Vortheil auch für einen „Dritten" gesucht sein könne, ist aus drücklich hervorgehoben worden, weil die Zuwendung an einen Andern hier unmittel bar bewirkt werden kann, während beim Diebstahl der Zuwendung an einen An-
Thl. II. Abschn. XX.
Raub und Erpressung. — §5 253—255.
561
§ 254. Wird die Erpressung durch Bedrohung mit Mord, mit Brandstiftung oder mit Verursachung einer Ueber» schwemmung begangen, so ist auf Zuchthaus bis zu fünf Jahren zu erkennen. [I. Enlw.: § 231; II. Entw.: § 249; Pr. StGB.: § 235 Abs. 2.] 255. 257. 126. 240. 241; RGVG. § 73 Nr. 2. Preußen: Bgl. Ges. v. 4. Juni 1851 § 10 (GS. s. 453).
Bgl. §§ 253.
§ 255 Wird die Erpressung durch Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegen wärtiger Gefahr für Leib oder Leben begangen, so ist der Thäter gleich einem Räuber zu bestrafen. II. Entw.: § 232; II. Entw.: § 250; Pr. StGB.: § 236.J 253. 254. 256. 126. 240. 241.
Vgl. §§ 249-251.
Preu ßen: Bgl. Ges. v. 4. Juni 1851 § 10 (GS. s. 453). deren die Zueignung (Wegnahme) des Diebes vorhergehen muß; vgl. § 242 n. 42. Dieser „Dritte" muß entweder ein physisches oder ein juristisches, zum Erwerbe des Vermögensvortheils befähigtes Rechtssubjekt sein; dazu gehört im Geltungsbereiche das Pr. ALR., auch ohne Rücksicht auf ihr spezielles Verhältniß zur Gemeinde und zum Gemeindevermögen, eine Ortsarmenkaffe: ZRII. 19. März 80 (cit. n. 4). 7. Eine successive, aber gleichlautende Bedrohung mehrerer Personen (z. B. die Bedrohung des Vaters und deS Sohns mit Verhaftung des letzterni zur Errei chung eines und desselben rechtswidrigen Vermögensvortheils stellt kein fortgesetztes Vergehen dar, sondern begründet Realkonkurrenz: ZRI. 1. Juli 80 (RdR. II, 148). 8. In Betreff der Vollendung deö Vergebens vgl. § 240 n. 8. Danach be darf eS nicht der Erlangung des gesuchten VermögenßvorthetlS: Motive s. 126. — In Betreff des Versuchs vgl. § 114 n. 5. Letzterer ist nicht dadurch bedingt, daß der Bedrohte rc. mit der verlangten Handlung schon den Anfang gemacht habe: ZU. 8. Okt. 74 (RdO. XV, 637). — Der Versuch der Nöthigung zu einer „Handlung" ist mit der zur Kenntniß des Bedrohten gebrachten Drohung beendigt, die Anwend barkeit des § 46 Nr. 1 (freiwilliger Rücktritt) daher hier ausgeschlossen; von § 46 Nr. 2 (thätiger Reue) kann ebensowenig die Rede sein, weil diese Nr. 2 auf solche Mißthaten, deren Kenntniß seitens des Verletzten zu ihrem Thatbestände gehört, und welche somit im Sinne der Nr. 2 nicht entdeckt werden können, überhaupt keine An wendung findet: ZRII. 12. März 80 (RdR. I, 453). 9. Neben der Gefängnißstrase kann, wenn diese drei Monate erreicht, aus den Verlust der Ehrenrechte rc. erkannt werden §§ 256. 32. 35. 10. Im Uebrigen sind die Bemerkungen zu § 240 (Nöthigung) zu berücksichtigen.
§ 254. 1. Auch hier braucht die in Aussicht gestellte Gefahr keine gegenwärtige zu sein: ARI. 9. Febr. 80 (RdR. I, 325). — Ob eine Bedrohung mit„Tödtung" als Bedrohung mit „Mord" anzusehen sei, ist nach der Belegenheit deS EinzelfalleS thatsächlich zu prüfen. Schütze s. 457 n. 26 nimmt an, daß „Mord" hier auch Todt schlag umfassen solle; contra: Villnow s. 51; v. Buri u. Katz i. GSaal 29 Beil, s. 68; 31 s. 438; vgl. cit. ARI. 9. Febr. 80. 2. Neben der Zuchthausstrafe kann auf Zulässigkeit vou Polizeiaufsicht erkannt werden: § 256. — Zuständigkeit der Strafkammern: RGVG. § 73 Nr. 2.
§ 255. 1. Die Motive (s. 127) nennen den hier vorgesehenen Fall: „räuberische Erpreflung". 2. In Betreff der „Gewalt gegen eine Person" und der „Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben" vgl. § 253 n. 2, § 249 n. 6. 9, § 48 n. 30, § 106 n. 2 ff. Das dort Gesagte gilt hier mit der Maßgabe, daß die Gewalt zum Zweck der Nöthigung angewendet sein muß. Die
Oppenhoff, D. Strafgesetzbuch.
8. AuSg.
36
562
Thl. II. Abschn. XXI.
Begünstigung und Hehlerei. — §§ 256. 257.
§ 256. Neben der wegen Erpressung erkannten Ge fängnißstrafe kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte und neben der wegen Raubes oder Erpressung erkannten Zuchthaus strafe auf Zulässigkeit von Polizei-Aufsicht erkannt werden. [I. @ntn>.: §231; II. Entw.: § 251; 249-255.
Pr. St®«.: §§ 235.231.]
Vgl. §§ 32.
Einundzwanzigster Abschnitt. Begünstigung
und
Hehlerei.
§ 257. Wer nach Begehung eines Verbrechens oder Vergehens dem Thäter oder Theilnehmer wissentlich Beistand leistet, um denselben der Bestrafung zu entziehen oder um ihm die Vortheile des Verbrechens oder Vergehens zu sichern, ist wegen Begünstigung mit Geldstrafe bis zu sechshundert Mark Beschränkung auf Drohungen mit einer schweren LeibeSgefahr wäre ungerechtfertigt; so: Villnow s. 51. 3. Der Thäter soll „gleich einem Räuber" bestraft werden; eS werden daher auch die §§ 250. 251 anwendbar, sobald ihre Voraussetzungen zutreffen: Mo tive s. 127. Vgl. § 252 n. 6. Neben der Zuchthausstrafe kann Polizeiaufsicht für zulässig erklärt werden: § 256.
§ 256. 1. Auf Verlust der rc. Ehrenrechte kann neben der Gefängnißstrafe nur dann erkannt werden, wenn diese drei Monate erreicht: § 32 aubes vgl. § 249 n. 16. 2. In Betreff deS
§257. Angehöriger: 24. 25. Anstiftung: 1. 2. 3. 29. Arbeitshaus: 12. Beamter: 20. Begünstigter: 3. - Bekanntschaft: 10. - Bestrafung: 17. Begünstigung: i. - d. Begünstigers: 3. Beihülfe: 1. 2. 3. 5. 6. 28. Bestrafung: 11—14, Dieb rc.: 23.
Inhalt. DoluS: 4. 8-10. Feststellung: 8. Geldstrafe: 14. Gnadengesuch: 13. Hauptthat Bollendg.: 5. 27. Hehlerei- 23. Holzdiebstahl: 30. Mineralien. 30. Polizeiaufsicht: 12. Strafantrag: 13. 18. Strafe: 19. 22. Theilnahme: 1.
Theilnehmer: 1. 2. Uebertretung: 4. 30. Unterlassung: 7. Untersuchungshaft: 12. Versuch: 5. 16. Vollstreckung; 12. 13. ,,vor" Begehung: 5. 6. 27. Vortheil, eigener: 21. 25. wann? 5. 6. 27. wissentlich: 9. Zeit: 5. 6. 27. Zweck, Errretchung: 16.
1. Das Gesetz betrachtet die „Begiinstigung" als ein selbstständiges Ver gehen, nicht als Betheiligung an der Mißthat des HauptthäterS; vgl. ML. f. 236 (derselbe qualifizirte in der ersten Ausgabe f. 681 die Begünstigung als einen straf baren Eingriff in die Rechtspflege deö Staats, kennzeichnete hiermit aber nur Eine Seite des Vergehens). — Demgemäß ist die Theilnahme an einer Begünstigung (Mitthäterschaft, Anstiftung, Beihülfe) unzweifelhaft möglich, und strafbar; contra: Villnow s. 73 (in Betreff der Beihülfe; diese sei nicht denkbar, ohne selbst zur Be günstigung zu werden). Ja sogar die Anstiftung zur eignen (deS Anstiftenden) Be günstigung ist (als weitere Mißthat) strafbar, sofern die Entschließung dazu nicht schon in der Entschließung zur Begehung der Hauptthat enthalten war; so: BI. 14. Nov. 77 (RdO. XVIII, 712); vgl. übrigens § 74 n. 4. 2. Aus demselben Grunde kann ein bei der Hauptthat Betheiligter sich demnächst durch Begünstigung eines andern TheilnehmerS (abermals) strafbar machen: VI. 27. Sept. 76 (RdO. XVII, 601: in Betreff des Gehülfen); Jena (Doll. XX, 316); Puch. n. 5; ML. f. 239; Merkel i. HH. III, 741; Abh. i. StZ. I, 65. 81; contra: Stuttg. 28. Dez. 76, Münch. 20. Apr. 77, DreSd. 2. Dez. 78 (WGbl. XII,
562
Thl. II. Abschn. XXI.
Begünstigung und Hehlerei. — §§ 256. 257.
§ 256. Neben der wegen Erpressung erkannten Ge fängnißstrafe kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte und neben der wegen Raubes oder Erpressung erkannten Zuchthaus strafe auf Zulässigkeit von Polizei-Aufsicht erkannt werden. [I. @ntn>.: §231; II. Entw.: § 251; 249-255.
Pr. St®«.: §§ 235.231.]
Vgl. §§ 32.
Einundzwanzigster Abschnitt. Begünstigung
und
Hehlerei.
§ 257. Wer nach Begehung eines Verbrechens oder Vergehens dem Thäter oder Theilnehmer wissentlich Beistand leistet, um denselben der Bestrafung zu entziehen oder um ihm die Vortheile des Verbrechens oder Vergehens zu sichern, ist wegen Begünstigung mit Geldstrafe bis zu sechshundert Mark Beschränkung auf Drohungen mit einer schweren LeibeSgefahr wäre ungerechtfertigt; so: Villnow s. 51. 3. Der Thäter soll „gleich einem Räuber" bestraft werden; eS werden daher auch die §§ 250. 251 anwendbar, sobald ihre Voraussetzungen zutreffen: Mo tive s. 127. Vgl. § 252 n. 6. Neben der Zuchthausstrafe kann Polizeiaufsicht für zulässig erklärt werden: § 256.
§ 256. 1. Auf Verlust der rc. Ehrenrechte kann neben der Gefängnißstrafe nur dann erkannt werden, wenn diese drei Monate erreicht: § 32 aubes vgl. § 249 n. 16. 2. In Betreff deS
§257. Angehöriger: 24. 25. Anstiftung: 1. 2. 3. 29. Arbeitshaus: 12. Beamter: 20. Begünstigter: 3. - Bekanntschaft: 10. - Bestrafung: 17. Begünstigung: i. - d. Begünstigers: 3. Beihülfe: 1. 2. 3. 5. 6. 28. Bestrafung: 11—14, Dieb rc.: 23.
Inhalt. DoluS: 4. 8-10. Feststellung: 8. Geldstrafe: 14. Gnadengesuch: 13. Hauptthat Bollendg.: 5. 27. Hehlerei- 23. Holzdiebstahl: 30. Mineralien. 30. Polizeiaufsicht: 12. Strafantrag: 13. 18. Strafe: 19. 22. Theilnahme: 1.
Theilnehmer: 1. 2. Uebertretung: 4. 30. Unterlassung: 7. Untersuchungshaft: 12. Versuch: 5. 16. Vollstreckung; 12. 13. ,,vor" Begehung: 5. 6. 27. Vortheil, eigener: 21. 25. wann? 5. 6. 27. wissentlich: 9. Zeit: 5. 6. 27. Zweck, Errretchung: 16.
1. Das Gesetz betrachtet die „Begiinstigung" als ein selbstständiges Ver gehen, nicht als Betheiligung an der Mißthat des HauptthäterS; vgl. ML. f. 236 (derselbe qualifizirte in der ersten Ausgabe f. 681 die Begünstigung als einen straf baren Eingriff in die Rechtspflege deö Staats, kennzeichnete hiermit aber nur Eine Seite des Vergehens). — Demgemäß ist die Theilnahme an einer Begünstigung (Mitthäterschaft, Anstiftung, Beihülfe) unzweifelhaft möglich, und strafbar; contra: Villnow s. 73 (in Betreff der Beihülfe; diese sei nicht denkbar, ohne selbst zur Be günstigung zu werden). Ja sogar die Anstiftung zur eignen (deS Anstiftenden) Be günstigung ist (als weitere Mißthat) strafbar, sofern die Entschließung dazu nicht schon in der Entschließung zur Begehung der Hauptthat enthalten war; so: BI. 14. Nov. 77 (RdO. XVIII, 712); vgl. übrigens § 74 n. 4. 2. Aus demselben Grunde kann ein bei der Hauptthat Betheiligter sich demnächst durch Begünstigung eines andern TheilnehmerS (abermals) strafbar machen: VI. 27. Sept. 76 (RdO. XVII, 601: in Betreff des Gehülfen); Jena (Doll. XX, 316); Puch. n. 5; ML. f. 239; Merkel i. HH. III, 741; Abh. i. StZ. I, 65. 81; contra: Stuttg. 28. Dez. 76, Münch. 20. Apr. 77, DreSd. 2. Dez. 78 (WGbl. XII,
Thl. II. Abschn. XXI.
Begünstigung und Hehlerei. — § 257.
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oder mit Gefängniß bis zu Einem Jahre und, wenn er diesen Beistand seines Vortheils wegen leistet, mit Gefängniß zu be strafen. Die Strafe darf jedoch, der Art oder dem Maße nach, keine schwerere sein, als die auf die Handlung selbst
angedrohte. 441; BEnisch. VII, 155; SGZ. 23 s. 140); Manh. 3. Febr. 77 (BAnn. 43 s. 120: sprach sich gleichzeitig gegen die Möglichkeit einer ideellen Konkurrenz aus); Schw. n. 26 u. i. GSaal 24 s. 376; v. Buri u. Herzog ib. 29 s. 34. 161; vgl. § 48 n. 14; § 258 n. 10 und MeveS i. StRZ. XIII, 492. 3. Ebenso kann der Begünstiger demnächst sowohl durch einen bei der Hauptthat Betheiligten als durch einen Dritten begünstigt werden; vgl. ML. s. 239; contra: Villnow s. 73. 4. Strafbare Begünstigung kann bei allen Verbrechen und Vergehen (einschließlich bloßer FahrlässigkeitSvergehen: Schütze s. 162) vorkommen, selbst bei den im StGB, nicht vorgesehenen; contra: Schw. n. 7; diesen steht ein militäri sches Verbrechen (Vergehen) gleich: Mil.-StGB. §§ 1. 2. In Beziehung auf Uebertretungen findet (in Ermangelung besonderer dies bestimmender Gesetze, vgl. n. 30) eine Begünstigung nicht statt. Demgemäß ist dieselbe in Beziehung auf solche Mißlhaten, bei welchen sich die Höhe der Strafe nach dem Objekte richtet, so daß nach Maßgabe deö letzteren derselbe Thatbestand sich bald als Vergehen, bald als Uebertretung charakterisirt (z. B. Abgabenhinterziehungen) bald möglich, bald nicht möglich: ZI. 8. Nov. 61, 7. Febr. 62 (RdO. II, 44. 238). Ebenso kann eine Be günstigung stattfanden, trenn eine — an sich als Uebertretung strafbare — That durch die Rückfälligkeit des Thäters zum Vergehen wrrd: BI. 25. Jan. 56, ZI. 5. Nov. 56 (GA. V, 88: damals unterlag die Richtigkeit dieses Satzes Bedenken, welche jetzt dadurch gehoben sind, daß die Begünstigung als selbstständiges Vergehen aufgefaßt ist); ebenso: Bind. II, 568; contra: Merkel i. HH. III, 739. In beiden Fällen ist die Strafbarkeit des Begünstigers durch seine Kenntniß von den die That als Vergehen charakterisirenden Umständen bedingt (n. 8). — Der obige Grundsatz findet auch im Falle des Abs. 3 Anwendung. 5. Auch der Versuch eines Verbrechens oder Vergehens ist selbst mindestens ein Vergehen; es fällt daher auch die Begünstigung des Urhebers rc. eines solchen Versuchs unter den §: Motive s. 128. Letztere verliert diese ihre rechtliche Bedeuiung nicht, wenn der Urheber des Versuchs demnächst seine Thätigkett wieder auf nimmt und die begonnene Mißthat vollendet. AlSdann kann jedoch die Begünstigung ideell mit der Beihülfe konkurriren. Vgl. n. 6. 6. „Beistandleisten" bildet den Gegensatz zum „Beihülse leisten", indem beide eine fremde Mißthat, aber in entgegengesetztem Sinne zur Voraussetzung haben. Wie der Gehülfe dem Urheber einer Mtßthat vor oder bei deren Verübung, so ist der Begünstiger ihm nach der Verübung, und in Bezug auf die Folgen derselben förderlich. Der Ausdruck „Beistand" ist demgemäß aus die bereits begangene Mißthal und nicht etwa auf ein späteres, anderweitiges Thun des Be günstigten zu beziehen, eine „Begünstigung" vielmehr sehr wohl möglich, ungeachtet der Begünstigte selbst sich vollkommen unthätig verhält, ja von dem ihm geleisteten Beistände gar keine Kenntniß besitzt; vgl. n. 11; contra: Villn. f. 83.
7. Folgeweise ist der Ausdruck „Beistandleisten" nicht aus § 49, sondern än lich selbst zu erklären; er umfaßt mindestens jede positive Thätigkeit, welche die in § 257 bezeichnete Richtung verfolgt: DreSd. 1. Juni 77 (SGZ. 22 s. 79); vgl. n. 16. Der Beistand kann aber auch durch ein pflichtwidriges Unterlassen, z. B. durch eine Nichtanzeige Seitens eines dazu Verpflichteten (vgl. tz 347) geleistet wer den : Münch. 10. Marz 76 (BEntsch. VI, 86: betraf die unterlassene Eintragung eines Geschäfts in die Handelsbücher); Puch. n. 7; contra: Merk. i. HH. III, 740. Dasselbe gilt von einem undeeidtgten falschen Zeugnisse (des Nichtwissens rc.): Dresd. 27. Sept. 72 (StZ I, 133); ebenso von der Ableugnung des Besitzes der in gutem Glauben erlangten vom Verbrechen rc. herrührenoen Gegenstände: Dreöd. 28. Juli 73 (StZ. III, 120; SGZ. XVII, 280); nicht minder von der an einen Dritten
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Die Begünstigung ist straflos, wenn dieselbe dem Thäter oder Theilnehmer von einem Angehörigen gewährt worden ist, um ihn der Bestrafung zu entziehen. gerichteten Aufforderung, den Thäter rc. nicht zu verrathen: Z. 1. Dez. 71 (RdO. XII, 553). 8. Der Beistand muß „wissentlich" geleistet sein: der Begünstiger muß wissen, daß der Andere ein Berbrechen rc. begangen hat; es wird somit insoweit eine Kenntniß von der Natur der That vorausgesetzt, daß danach der Charakter derselben als eines Verbrechens oder Vergehens erkannt werden konnte; contra: Bind. II, 567; trifft dieses zu, so ist es gleichgültig, ob der Begünstiger rechtsirrthümlich die That für eine Übertretung hielt. Auch bedarf es keiner weiteren Kenntniß von der speciellen Natur des begangenen Verbrechens rc.: HS. II, 257; Merkel i. HH. III, 741; vgl. v. Bun i. GSaal 29 s. 47 (verlangt, daß daS vom Begünstiger gemeinte nnd das wirklich verübte Vergehen derselben Gattung seien, wie z. B. Unterschlaguug — Diebstahl, Betrug). Dagegen muß (objektiv) der That bestand deS Verbrechens rc. des Hauptthäters nach Maßgabe der Prozeßgesetze (vgl. jetzt RStPO. §§ 266. 293) festgestellt werden: Wolfenb. 27. Sept. 72 (StZ. II, 194). 9. Das „Wissen" (n. 8) besteht in der Ueberzeugung des Begünstigers, daß der Begünstigte die That begangen habe; inwiefern diese Ueberzeugung durch vorhandnen Zweifel ausgeschloffen werde, unterliegt der thatsächlichen Beurtheilung deS EinzelfalleS; der dem Begünstiger bekannte Umstand, daß der Begünstigte bereits (rechtskräftig) verurtheilt sei (n. 12), schließt die Verneinung jenes Wissens nicht nothwendig aus. 10. Es wird keineswegs erfordert, daß der Begünstiger den Begünstigten persönlich gekannt oder mit ihm in unmittelbarer Verbindung gestanden habe; man kann durch Vermittelung eines Dritten auch einen Unbekannten begünstigen: ZU. 16. Juni 53 (GA. I, 578), v. Buri 1. c. f. 29; vgl. n. 6. 11. Ein Beistand, „um den Thäter der Bestrafung zu entziehen" (f. g. persön liche Begünstigung), kann geleistet werden, noch ehe von irgend einer Seite Schritte zur Herbeiführung einer Bestrafung geschehen sind, bei Antragsvergehen, bevor der Antrag gestellt ist; ebenso: Bind. II, 569, Samuely i. GSaal 32 s. 13. Demgemäß erkannte ZI. 28. Okt. 74 (RdO. XV, 719), daß eine Begünstigung des Urhebers einer Unterschlagung in der Beschaffung der Mittel zum Ersätze der unter schlagenen Summe gefunden werden könne, sofern dieselbe eben geschehe, um die Strafverfolgung abzuwenden. 12. Der Ausdruck „Bestrafung" umfaßt sowohl die Verhängung als die Vollstreckung der Strafe (vgl. § 244. 245). Demgemäß macht sich Derjenige deö Vergehens schuldig, welcher absichtlich dem gerichtlichen Verfahren Belastungsbeweis mittel entzieht; nicht minder Derjenige, welcher etwas thut, um die (verdiente: n. 9) Strafvollstreckung zu verhindern: DI. 29. Febr. 56 (IMbl. f. 110); z. B. wenn ein Anderer sich unter fälschlicher Annahme des Namens des Verurtheilten zur Verbüßung der verhängten Freiheitsstrafe gestellt. Vgl. übrigens § 271 n. 19. Die durch die Landespolizeibehörde zu handhabende „Stellung unter Polizeiaufsicht", oder „Unterbringung in ein Arbeitshaus" (§ 362 Abs. 2) bilden einen Theil der „Bestrafung": Beschl. I. 22. Juni 59 (GA. VII, 542). — Dagegen genügt die Ab sicht, den Thäter rc. von der Untersuchungshaft zu befreien, nicht; contra:: MeveS t. StRZ. XIII, 517; Schw. i. GSaal 24 s. 382. 13. Bemühungen, welche dahin abzielen, den Verletzten zu bestimmen, daß er den zur Strafverfolgung erforderlichen Strafantrag nicht stelle oder den gestellten zurücknehme, sind nicht als ein „der Bestrafung Entziehen" anzusehen: Schw. I. c. s. 384. Das Gegentheil soll von der gegen den Willen des Verletzten (durch Ge walt oder List) bewirkten Verhinderung der Antragsstellung gelten; so: Bind. II, 569; Merkel i. HH. IV, 428. Vgl. jedoch unten n. 16 in Verbindung mit dem oben § 61 n. 6 und § 63 n. 3 Gesagten. 13a. Ebenso scheidet hier Alles aus, was sich als Akt der statthaften Verthei digung in dem gesetzlich geregelten Verfahren charakterisirt; es kann daher die Thä-
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Begünstigung nnd Hehlerei.. — § 257.
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Die Begünstigung ist als Beihülfe zu bestrafen, wenn sie vor Begehung der That zugesagt worden ist. Diese Bestim mung leidet auch auf Angehörige Anwendung. [I. Entw..- §§ 43. 44; II. Entw.: § 252; Pr. StGB.: §§ 37. 38.] Vgl. §§ 247. 258. 260 261. 346. 52. 63; B.-Rechtsh.-Ges. v. 21. Juni 1869 §§ 22. 23; VZollges. v. 1. Juli 1869 § 149; BLertr. mit Hessen v. 18. März 1870 Arr. 22; RGBG. §§ 27. 75; RS,PO. §§ 3. 56. 97. 102.
Preußen: Vgl. Forstdiebst.-Ges. §§5ff.; FFP.-Ges. §§ 6.8; Ges. v. 26. März 1856 § 2 (die unbefugte Gewinnung v. Mineralien betr.: GS. s. 203); EG. z. Pr. StGB. Art. XXV; NStPO. § 323.
tigkeit des dem Angeschuldigten zur Seite stehenden Vertheidigers als solchen nie unter daö Strafverbot fallen. Dasselbe gilt von Demjenigen, welcher dem Verurtheilteu behülflich ist, im Wege der Begnadigung einen Straferlaß zu erzielen. Da das Gesetz den Gnaden-Erlaß als ein unbeschränktes Vorrecht der Krone betrachtet, so kann ein solcher nie als ein „der Strafe Entziehen" aufgefaßt werden; selbst das auf Täuschung berechnete Vorbringen unwahrer Thatsachen in einem Be gnadigungsgesuche gehört nicht hierher, zumal der § in Betreff der benutzten Mittel keine Unterscheidung macht; er setzt ein nicht im legalen Wege bewirktes „Entziehen" voraus, und das kann der Gnadenerlaß schon deshalb nicht sein, weil derselbe ledig lich auf der inneren Entschließung deS Landesherrn beruht, welche sich jeder NachPrüfung Seitens eines Richters entzieht: Schw. 1. c., Meyer f. 215, MeveS i. StRZ. XIU, 520; contra; ZI. 15. Sept. 67, 4. Mai 70 (RdO. VIII, 538; XI, 283); Abh. i. GA. XVIII, 394; Schütze f. 163; Rüd. n. 4; Merkel t. HH. III, 740; IV, 427; Villu. f. 83. 14. Ebenso verhält sich die Sache, wenn ein Dritter dem Verurtbeilten die Mittel gewährt, die ihm auferlegte Geldstrafe zu zahlen; ebenso: ZU. 7. März 78 (RdO. XIX, 122); vgl. § 28 n. 15; MeveS i. StRZ. XIII, 518; Villu.,s. 83; contra: Lehmann i. GA. XIX, 784. Doch sind öffentliche Austorderungen dazu mittels der Presse nnd dergleichen Bescheinigungen über den Empfang des zu solchem Zwecke Gezahlten durch §§ 16. 18 des RPreßges.'s unter Strafe gestellt. 15. Der zweite Fall der Begünstigung, das Beistandleisten, um dem Thäter „die Vortheile des Verbrechens zu sichern" (s. g. sachliche Begünstigung), setzt nicht nothwendigerweise voraus, daß jene Vortheile BermögenSvortheile seien; contra: Merkel t. HH. III, 742, Bind. II, 571, v. Buri i. GSaal 29 s. 47 (rech net deshalb z. B. bloße Liebhabereien, Neigungen und Afsektionen nicht hierher). — DaS lediglich im Interesse des Thäters geschehene Abkausen eines unterschlagenen (gestohlenen) Gegenstandes ist eine „Sicherung der Vortheile rc.", mithin als Begünstigung aus § 257 zu ahnden, so: Münch. 21. Aug. 74 (BEntsch. IV, 346). DaS Gegentheil nahm Manh. 1. Aug. 76 (BAnn. 42 s. 258) hinsichtlich des Ver einnahmens des Kupplerlohns an; die« stelle blos den Bezug der Vortheile dar; hier scheint jedoch der Ausdruck „sichern" zu buchstäblich genommen zu sein. 16. Der Beistand muß zu dem Zwecke geleistet werden, um die im § er wähnten Folgen herbeizuführen; daß dieser Zweck erreicht worden, ist nicht erforder lich: ZI. 15. Sept. 67, 5. Jan. 76 (RdO. VIII, 538; XVII, 3); wird letzterer verfehlt, so liegt nicht etwa bloS ein (strafloser) Versuch deS Vergehens vor. Immerhin muß aber der Beistand wirklich geleistet, mithin Etwas geschehen sein, was unmittelbar die Lage des Anderen in Betreff der bezweckten Folge verbessern sollte und dazu auch an sich, fei eS allein sei eS unter Hinzutritt anderer Umstände rc., geeignet war; die bloße Vorbereitung einer solchen Thätigkeit genügt nicht; ob die incriminirte Handlung einen blos vorbereitenden Akt oder eine wirkliche Beistands leistung darstelle und ob sie dazu an sich geeignet war, sind wesentlich thatsächliche Fragen: ZI. 28. Okt. 74 (RdO. XV, 719). 17. Die Bestrafung des Begünstigers ist nicht durch die Ermittelung und Bestrafung des Begünstigten bedingt: ZI. 12. Mai 69 (RdO. X, 313). Auch schließt der Umstand, daß das Verbrechen (Vergehen) des Begünstigten aus ihm in dividuellen Gründen straflos bleibt, die Bestrafung des Begünstigers nicht auS: § 247 Abs. 2. 3 ; Beisp.: wenn die Hauptthat von einem Ausländer im Ans-
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Begünstigung und Hehlerei. — § 257.
lande begangen und deshalb im Inlande nicht zu verfolgen ist: ZI. 7. Sept. 53 (GA. I, 579); vgl. § 48 n. 8. 18. Dagegen ist die Verfolgung Desjenigeu, welcher den Urheber eines An tragsvergehens begünstigt hat, ebenfalls durch die Stellung des Antrags Seitens des Verletzten bedingt; vgl. in Betreff des Näheren § 61 n. 6, wie in Betreff der Zurücknahme des Antrags § 64 Abf. 2 — Allgemein ausgeschlossen ist die Be günstigung, wenn der Beistand in Bezug auf eine bereits vorher verjährte Miß that geleistet wird; so: Bind. II, 368. 19. Die Strafe darf keine schwerere sein, als die (in abstracto) auf die Haupt that angedrobte; vgl. n. 22; mildernde Umstände, welche dem Hauptthäter zur Seite stehen, bleiben dabei außer Betracht. — Wird die obige Maßbestimmung inne gehalten, so steht Nichts im Wege, den Begünstiger strenger zu bestrafen, alö den Hauptthäler: ZI. 29. Jan. 73 (RdO. XIV, 92). 20. Macht sich ein Beamter der Begünstigung eines Mißthäters schuldig, zu dessen Verfolgung rc. er mitzuwirken hat, so wird in Ideal-Konkurrenz auch § 346 anwendbar.
21. Handelt der Begünstiger „seines Vortheils wegen", so tritt Gefängniß strafe (bis zu fünf Jahren: § 16). Ein Handeln zum Vortheil eines Dritten hat nicht dieselbe Wirkung: DreSd. 16. Juni 71 ^StZ. I. 122: ein Fall des § 259). — Der gesuchte eigene Vortheil braucht kein rechtswidriger und ebensowenig ein VermögenSvortheil zu fein; contra (in letzterer Hinsicht): Merkel i. HH. III, 742, v. Buri 1. c. s. 47. ES genügt, wenn die Absicht nur auf den gewöhnlichen vom Wiederverkäufer im kausmänniichen Verkehr gesuchten Gewinn gerichtet war: ZU. 1. Mai 73, ZI. 25. Sept. 73, ZU. 5. Jan. 75 (RdO. XIV, 324. 579 ; XVI, 14: Fälle deS § 259); contra: MeveS i. StRZ. XIII, 501; ebenso reicht cS hin, wenn nur ein vorübergehender Genuß (;. B. eine Bewirthung) gesucht wird; Be günstigung des eigenen Vortheils wegen kann ferner angenommen werden, wenn eine Ehefrau in der Absicht gehandelt hat, von ihrem Manne gestohlene Lebensmittel, z. B. das Fleisch gestohlener Schaafe, in der gemeinschaftlichen Wirthschaft zu verwenden (§ 258): ZU. 15. Juni 75 (RdO. XVI, 443); nicht minder liegt ein solcher Fall vor, wenn ein Handelsgehülfe durch billigen Ankauf für das Geschäft sich die Geneigtheit seines Prinzipals zu verschaffen sucht. — Auch darf nicht ge fordert werden, daß der gesuchte Vortheil in unmittelbarem Zusammenhänge mit der begünstigenden Handlung stehe, da der § Nichts davon enthält; contra: Schw. i. GSaal 24 s. 387. 392; MeveS i. StNZ. XIII, 456. — Daß der gesuchte Vor theil wirklich erlangt sei, wird in keiner Weise erheischt. 22. Der Schluß des Abs. 1, nach welchem die Strafe keine schwerere sein darf, als die auf die Handlung selbst angedrohte, bezieht sich nach seiner Stellung auch auf den Fall, wo der Begünstiger des eigenen Vortheils wegen handelte; ist daher die Handlung mit Geldbuße oder Festungshaft bis zu 5 Jahren bedroht, so cessirt die Vorschrift, daß eigennützige Begünstigung stets mit Gefängniß zu be strafen sei: Schw. n. 27 ; Villn. s. 94; contra: Meves i. StGZ. XIII, 485; v. Buri 1. c. s. 48. 23. Die einem Diebe (Unterschlager, Räuber) des „eignen Vortheils w egen" geleistete Begünstigung nimmt den Charakter der Hehlerei an; vgl. § 258. 24. Ueber den Begriff der „Angehörigen" (Abs. 2) vgl. §52 Abs. 2. 25. Abs. 2 findet auch dann Anwendung, wenn der Begünstiger seines Vortheils wegen handelte (anders im Fall des Abs. 3 oder des § 258), nicht aber wenn derselbe außer dem Zwecke, den Angehörigen der Bestrafung zu entziehen, auch den verfolgte, jenem die Vortheile der That zu sichern: Münch. 10. März 76 (BEnlsch. VI, 86); Villnow, Raub rc. s. 88. Letzterem Falle ist der Fall nicht gleichzustellen, wo Jemand nur zu erflgedachtem Zwecke handelte, dieser Zweck aber anders nicht erreicht werden konnte, als daß dem Thäter, wenn auch ohne des Begünstigers Willen, zugleich die Vortheile der That gesichert wurden: eil. Müuch.; vgl. übrigens Villn. 1. c. 26. Die Begünstigung eines fremden Thäters ist strafbar, auch wenn sie geschah, um einen mitschuldigen Verwandten der im Abs. 2 erwähnten Art der
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Begünflignng mit Hehlerei. - §§ 257. 258.
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§ 238 Wer seines Vortheils wegen sich einer Be günstigung schuldig macht, wird als Hehler bestraft, wenn der Begünstigte 1) einen einfachen Diebstahl oder eine Unterschlagung be gangen hat, mit Gefängniß, 2) einen schweren Diebstahl, einen Raub oder ein dem Raube gleich zu bestrafendes Verbrechen begangen hat, mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren. Strafe zu entziehen: VI. 1. Avr. 57 c. Eistel; ZI. 27. Jan. 58 c. Maaß; contra: Schw. i. GSaal 24 s. 390. 27. Im Abs. 3 beziehen sich die Worte „vor Begehung der That" auf das strafbare Thun des Begünstigten (Hauptthäters oder Theilnehmers). Es genügt, wenn die Zusage vor der Vollendung des Thuns des Begünstigten gemacht war; vgl. n. 7. 28. Trifft die Voraussetzung deS Abs. 3 zu, so ist die Begünstigung als Beihülfe zur Hauptthat selbst dann zu bestrafen, wenn nur ein Gehülfe begünstigt worden ist. Ueberhaupt ist ein solcher Fall ganz als Beihülse zu behandeln; die Bestrafung begründet daher auch für spätere Fälle den Rückfall (5 244). 29. Hatte der Begünstiger den Thäter vor Begehung der That zu derselben durch die Zusage der künftigen Begünstigung vorsätzlich bestimmt, so liegt Anstif» tun g vor, mit welcher dann die spätere Begünstigung realiter konkurrirt; vgl. n. 1; (dadurch erledigt sich Schütze's Frage i. GA. XX, 363); contra*. Stuttg. 4. Sept. 74 (WGbl. IX, 59). 30. Das Pr. Forstdiebst.-Ges. § 5, das Pr. FFP.-Ges. §§ 6. 8. und das Pr. Ges. v. 26. März 1856 (die unbefugte Gewinnung rc. von Mineralien betr.) § 2 sehen die Begünstigung der dort erwähnten Uebertretungen besonders vor. 31. Aus der engen Beziehung, welche zwischen Begünstigung und Hehlerei einer- und der Hauptthat andererseits, sowie aus der inneren Berwandtsch a ft, welche zwischen jenen Mißtbaten und der Theilnahme an der Hauptthat (§§ 48. 49) trotz deS unter n. 1 Gesagten immerhin besteht, sind die prozessualischen Vorschriften hervorgegangen, die daS RGVG. hinsichtlich der (unbedingten bzw. bedingten) Zu ständigkeit der Schöffengerichte in den §§ 27 (Nr. 8). 75 (Nr. 8. 9), und die RStPO. hinsichtlich des Zusammenhangs der Sachen tm § 3, hinsichtlich der uneidlichen Ver. nehmung der Begünstiger und Hehler, bzw. der als solchen Verdächtigen im § 56, hinsichtlich der Beschlagnahme (schriftlicher Mittheilungen) und der Durchsuchung bei jenen Personen in den §§ 97. 102 enthält. Vgl- auch §§ 104. 106 ib., betr. die Durchsuchung von Räumen, welche als Niederlagen mittels strafbarer Handlungen erlangter Sachen bekannt sind.
§ 258. 1. Dieser § behandelt die Hehlerei (i. e. S.), welche durch Begünstigung der Person deS bei einer Mißthat Betheiligten verübt wird, während § 259 diejenige Hehlerei (Partirerei) zum Gegenstände hat, welche sich nur aus die durch eine Miß that erlangten Sachen bezieht. 2. Der § 258 setzt den vollen Thatbestand der Begünstigung, sowie un bedingt ein Handeln „seines V ort heil s wegen" voraus; ebenso: DreSd. 17. Aug. 78 (SGZ. 22 f. 172); sonach treffen alle Bemerkungen zu § 257 Abs. 1 hier zu; der Schlußsatz des Abs. 1 desselben bleibt hier ausgeschlossen: Billn. s. 93; contra*. Merkel i. HH. III, 743; desgleichen Abs. 2 ib. Der Thatbestand des Abs. 3 ib. kann ideell mit der Hehlerei konkurriren; contra: Manh. 3. gebt. 77 (BAnn. 43 s. 120). In Betreff der Möglichkeit einer realen Konkurrenz vgl. n. 10. 3. Das zum Thatbestände der Begünstigung erforderliche Wissen („wissent lich"; vgl. § 257 n. 8) umfaßt hier die Kenntniß, daß sich der Begünstigte einer der unter Nr. 1 oder 2 ausgezählten Mißthaten schuldig gemacht habe (dem „Wissen" steht ein „Nicht.darum-sich-kümmern" nicht gleich: DreSd. 21. Sept. 74, SGZ. XIX,
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Begünstigung und Hehlerei. — 8 258.
Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnißrafe nicht unter drei Monaten ein. Diese Strafvorschriften finden auch dann Anwendung, wenn der Hehler ein Angehöriger ist. II. Entw.: § 234; II. Entw.: § 253; Pr. StGB.: §§ 237. 238.]. Vgl. §§ 257. 260ff. 244 ff. 32; RGVG. §§ 27. 73. 75; RStPO. §§ 3. 56. 97. 102. Preußen: Vgl. die zu § 257 bezogenen Gesetze.
57; noch auch ein „Den-Umständen-nach-annehmen-müssen": § 259). Gleichwohl bedarf es nicht der speziellen Kenntniß davon, welche der in jenen Nummern alter nativ zusammengefaßten Mißthaten begangen war; eö genügt, wenn der Hehler im Allgemeinen wußte, daß der Begünstigte eine jener Handlnngen verübt habe; ein Irrthum in Betreff dieser Alternativen schließt die Bestrafung nicht auS: 4. Juli 62, 3IL 1. Apr. 73 (RdO. II, 515; XIV, 243); DreSd. 28. Juli 73 (SGZ. XVII, 279). — Der Hehler macht sich nur insoweit strafbar, als der objektive That bestand mit seinem Wissen (Meinen) übereinstimmt; eS trifft ihn also nur die Strafe auS Nr. 1, wenn er den bei einem schweren Diebstahl Betheiligten in der irrigen Meinung begünstigte, derselbe habe sich nur eine« einfachen Diebstahls oder einer Unterschlagung schuldig gemacht, oder wenn er umgekehrt irriger Weise annahm, der vom Begünstigten verübte einfache Diebstahl sei ein schwerer gewesen. Ebenso ver wirkt in Preußen Derjenige, welcher den Urheber eines auö dem StGB, zu be strafenden Diebstahls an Holz in der Meinung begünstigt, jener habe einen bloßen „Forftdiebstahl" begangen, nur die Strafe des § 5 des Forstdiebst.-Gef.'S; vgl. ZI. 21. März 66 (RdO. VII, 183).
4. In der Nr. 1 sind unter „einfachem" Diebstahl nur die aus § 242 zu bestrafenden Handlungen zu verstehen, nicht solche Entwendungen, welche nach einem in Kraft gebliebenen besonderen Gesetze (z. B. § 370 Nr. 5, Feld-, Holzdiebstahl re.) lediglich als Uebertretungen zu ahnden sind; vgl. n. 3. 11. 5. In der Nr. 2 deuten die Worte: „oder ein dem Raube gleich zu be strafendes Verbrechen" auf die in den §§ 252. 255 vorgesehenen Fälle. 6. Wie nach der früheren Pr. Gesetzgebnng (Ges. v. 3. Mai 1852 Artt. 30. 86; NStPO. §§ 317. 353), ebenso muß nach der RStPO. § 266 die Feststellung des Instanzrichterö auch die Merkmale der vom Begünstigten begangenen Mißthat umfassen; vgl. § 257 n. 8; § 259 n. 5; Vl. 6. Sept. 67, contra: ZI. 9. Juli 69, 2. Mai 73 (RdO. VIII, 486; X, 495; XIV, 332). 7. Neben der Gefängnißstrafe (Nr. 1) sann, wenn diese drei Monate erreicht, auf den Verlust der Ehrenrechte rc. erkannt werden: § 262. 32. 35. 8. Neben der Zuchthausstrafe (Nr. 2) kanu auf Zulässigkeit der Polizeiaufsicht erkannt werden: § 262. 9. In Betreff deö Versuchs einer unter § 258 Nr. 1 fallenden Hehlerei vgl. § 257 n. 16. — Der Versnch deö unter Nr. 2 gedachten Verbrechens ist unbe denklich strafbar; contra: Villn. (. 75. 10 Da die Hehlerei eine selbstständige Mißthat ist, so ist auch hier nicht zu bestreiten, daß der Theilnehmer an einem Diebstahle sich durch demnächstige Be günstigung eines andern Theilnehmerö einer Hehlerei (i. e. S.) schuldig machen kann; vgl. § 48 n. 13. 14; § 257 n. 1 — 3; § 259 n. 2 und der dort cit. Antr. deö GStAnw.'S (nahm Realkonkurrenz an im'Falle der Anstiftung und demnächstiger Hehlerei); StZ. I, 68. 81; contra: VPl. 29. Okt. 55, VII. 7. April 64, Münch. 20. April 77 (Entsch. 31 s. 241; RdO. IV, 442; BEntsch. VII, 155); Meyer s. 215 n. 12; v. Bun i. GSaal 29 s. 35; wider die Anwendbarkeit der Grundsätze über die Realkonkurrenz bei Vergehen im Sinne der §§ 257 Abs. 3 und 258 sprach sich auS: Stuttg. 4. Sept. 74 (WGbl. IX, 59: weil § 257 Abs. 3 die Fälle de« § 258 mitumsasse). Manh. 3. Febr. 77 (cit. n. 2) erklärte sich sogar gegen die Möglichkeit einer ideellen Konkurrenz der Hehlerei mit der Theilnahme am Haupt verbrechen. 11. DaS Pr. Forstdiebft.-Ges. § 5, daS Pr. FFP.-Ges. §§ 6. 8 und daö Pr. Ges. v. 26. März 1856, die unbefugte Gewinnung rc. von Mineralien betr., § 2
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Begünstigung und Hehlerei. — § 259.
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§ 239 Wer seines Vortheils wegen Sachen, von denen er weiß oder den Umständen nach annehmen muß, daß bedrohen die in Beziehung auf die daselbst erwähnten Uebertretungen verübte Hehlerei mit besonderen Strafen. — Der dort gebrauchte Ausdruck „Hehlerei" ist jetzt im Sinne des StGB.'s (§§ 258. 259) aufzufafsen. 12. Zuständigkeit der Strafkammern in den Fällen des § 258 Nr. 2: RGVG. § 73 Nr. 2. Im Uebrigen vgl. (namentlich auch in Betreff der Zuständigkeit der Schöffengerichte) § 257 n. 31.
§ 259. Absatz, Mitwirken: 20- 23. 18. Angehöriger: 25. Ankauf: 16. 17. Annahme a. Zahlg. rc. : 18. Annehmcn müssen. 5. 10. An sich dringi-n: 18. 19. Ausland, Ausländer: 24a. 25. Beschlagn , Enrztehq.: 6. Dolus.- 10-12. 22. Ehrenrechte: 27. Eintauschen: 9. 18. Erlangung: 6—9. Feststellung: 5. Finden: 8. 11. 18. Gegenstand: 4.
Inhalt: Geld, falsches: 6. Geunß, Mttgenuß 3. 19. Geschenknahme: 18. Gewahrsam: 8. 13. 14. Glaube, guter: 8. 12. 18. Haurtthäter, strafb '< 2. 5. 25. Hauptthat, Vollendung: 7. Hehlerei, zweite: 8 22. Irrthum: 11. ,,mittels" e. Mtßthat: 5. Partirerei: 1. Pfandnahme: 16. 17. 3. Polizeiaufsicht: 27. Realkonkurrenz: 26.
Sicherung: 13. 24. Strafantrag: 25. Theilnahme: 11. 19. 29. Theilnahme an Dorthln.: 19. Theilnehmer: 2. Uebertretung: 5. Verheimlichen: l 4. 15. Beihülfe: 15. Verpfänden: 23. Versuch: 21. 28. Verwerthung: 13. Vortheil: 3. 19. 24. Wissen: 10-12. . Zeit: 12.
1. Dieser § behandelt den Fall der s. g. Partirerei. Ihr Thatbestand kann mit dem der Begünstigung oder der Hehlerei i. e. S. (§ 257 oder 258) zusammen treffen, wenn die Verheimlichung k. geschah sowohl des eignen Vortheils wegen als um dem Diebe die Vortheile seines Vergehens zu sichern. 2. Der Thäter einer Mißthat kann sich an der durch diese erlaugten Sache nicht demnächst einer Hehlerei schuldig machen: er ist daher nur wegen der Hand lung, durch welche er die Sache erlangte, zu bestrafen. Das gilt auch in Betreff derjenigen Sachen, welche ein anderer Mitthäter sich zugeeignet hat, weil jeder Mit. thäter als Urheber der ganzen That angesehen wird: § 47 n. 10; OHG. 20. Nov. 76 (GA. 25 s. 235). — Dagegen können Anstifter und Gehülfen unzweifelhaft thatsächlich die Sache, welche der Thäter durch die Mißthat erlangt hatte, später durch eine neue selbstständige Handlung an sich bringen rc. und somit in Realkonkurrenz auch noch die Strafe der Hehlerei verwirken, da diese als ein von der That des Thäters ganz verschiedenes Vergehen aufzufassen ist: BI- 27. Sept. 76 (RdO. XVII, 601); ZI. 15. Jan. 79 (ib. XX, 30: sofern beide Handlungen nicht der Ausfluß Eines verbrecherischen Willens seien; vgl. jedoch § 74 n. 1); Antr. d. GStAnw's z. VPl. 29. Okt. 55 (GA. III, 757: in Betreff des Anstifters); Schütze s. 462; StZ. I, 68, 327; Schw. i. GSaal 24 s. 368; Merkel i. HH. III, 745; contra: cit. VPl. (Entsch. des Pr. OTr.'s 31 s. 241), VII. 7. April 64, ZU. 5. Jan. 71 (RdO. IV, 442; XII, 10); vgl. § 48 n. 13. 14; § 258 n. 10. 3. Ueber den Sinn der Worte: „seines Vortheils wegen" vgl. § 257 n. 21. Danach kann ein sinnlicher Genuß genügen (: ZRIII. 22. Sept. 80 RdR. II, 240) nud braucht der gesuchte Vortheil kein besonderer, nur durch strafbare Er langung der Sache ermöglichter zu sein: ZRIL 28. Mai 80 (RdR. I, 830: eS ge nüge daher der gewöhnliche kaufmännische Vortheil), ZU. 1. Mai 73 (RdO. XIV, 324). Ebenso ist eS gleichgültig, ob der Thäter im Stande war, von der Sache den bezweckten Vortheil zu ziehen: ZI. 6. Juni 73 (RdO. XIV, 414). Dagegen schließt die Gleichwerthigkeit des gegebenen Aequivalents die Annahme des Handelns zum eignen Vortheile aus; so: BI. 13. Juni 77 (RdO- XVIII, 412); contra: ZRI. 6. Dez. 80 (RdR. II, 609: sofern die Absicht dahin gegangen sei, durch Zahlung eines angemessenen Preises den Haupthäter zu ferneren Lieferungen gestohlener rc. Sachen zu bestimmen und diese zu Preisen unter dem Werthe zu erstehen); ZU. 1. Febr. 77 GA. 25 s. 149: weil der Vortheil in der Erlangung eines Gegenstands der besonderen Vorliebe liegen könne). Wer eine Sache „zum Pfand nimmt", um für eine bestehende Forderung nachträglich Sicherheit zu erlangen, handelt offenbar seines Vortheils wegen; bei dem Leihen auf ein Pfand ist dasselbe jedoch nicht ohne
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Begünstigung und Hehlerei. — § 259.
sie mittels einer strafbaren Handlung erlangt sind, verheim licht, ankaust, zum Pfande nimmt oder sonst an sich bringt Weiteres anzunehmen; hier müssen vielmehr besondere Umstände hinzutreten und dargethan werden, z. B. daß es dem Darleiher überhaupt darum zu thun ge wesen sei, sein Geld nutzbar anzulegen, oder daß er sich bei der späteren Verwerthung des Pfands habe bereichern wollen rc.; so: Dresd. 23. April 77 (SGZ. 22 s. 47). 4. Gegenstand der Sachenhehlerei kann jede körperliche Sache sein z. B. eine Urkunde: ZI. 6 Juni 73 (RdO. XIV, 414); desgleichen ein Grundstück, z. B. wenn es durch Betrug erlangt war; ebenso: Bind. II, 576. 5. Der Hehler soll wisien rc., daß „die Sache mittels einer strafbaren Handlung erlangt fei"; somit muß objektiv diese Erlangung rc. feststehen; ein irriges Dafürhalten des Thäter« genügt nicht. Walten bei der betr. Handlung alle Begrifssmerkmale einer „strafbaren" ob, so ist es für den Thatbestand der Hehlerei unerheblich, wenn der Thäler aus einem ihm individuellen Grunde wegen derselben nicht zu bestrafen oder nicht zu verfolgen ist; vgl. Theil I Abschn. IV (s. 125) n. 2. 3; § 247 n. 1. 22; contra: Stuttg. 29. Dez. 75 (WGbl. XI, 305: bezüglich der Fälle des § 55); ebenso: Bind. II, 573. Ferner ist eS gleichgültig, ob die Handlung des HauptthäterS sich als Verbrechen, Vergehen oder Uebertretung charakteristrte.: Mot. f. 128, ob sie durch das StGB, oder durch ein Landesgesetz verpönt ist: DI. 24. Mai 76 (RdO. XVII, 378). Somit gehören auch die aus § 370 Nr. 5 zu be strafenden Entwendungen und ähnliche Fälle hierher, insoweit nicht ein in Kraft be findliches besonderes Gesetz (z. B. Pr. Forstdiebst.-Ges. § 5; Pr. FFP-Ges. § § 6. 8; Pr. Ges. v. 26. März 1856 § 2) für die Hehlerei eine spezielle Strafandrohung ent hält; vgl. ZI. 5. Juli 76 (RdO. XVII, 484). — In Betreff der Feststellung der Begrifssmerkmale der Mißthat vgl. § 258 n. 6, ARIII. 31. Ian. 80 (Tntsch. I, 180); contra: ZRI. 5. April 80 (RdR. I, 537: schien eine den Wortlaut deS § entsprechende Feststellung für genügend zu erachten, wenn daS objektive Vorliegen der Hauptthat nicht bestritten worden). Zu bemerken ist, daß die Feststellung: „der Angeschuldigte habe an ne hm en müssen, daß die Sache mittels rc. erlangt sei", das objektive Vorhandensein des Thatbestandes der Hauptthal nicht genügend zum Ausdrucke bringt. Ebensowenig genügt in dieser Hinsicht die Feststellung, die Sache sei entwendet worden: Stuttg. 27. März 78 (WGbl. XIV, 308). 6. Eine Sache ist mittels einer Mißthat „erlangt", wenn die letztere daMittel war, durch welche« einem Unberechtigten die Verfügungsgewalt über die ihm fremde Sache wurde, sei es daß diese durch die Mißthat erst in den Gewahrsam deS Unberechtigten überging, oder daß der letztere die bereits in seinem Gewahrsam befindliche fremde Sache durch die Mißthat sich zueignete. — Demgemäß kann eine Sache, welche durch Diebstahl, Unterschlagung, Betrug (ZII. 21. Febr. 54 e. Falke), Bettelei (unten n. 11), unberechtigte Okkupation (Jagdfrevel rc.) erlangt wurde, ver hehlt werden, nicht aber die (eigene) Sache, welche durch eine Mißthat hervorgebracht oder in strafbarer Weise verändert worden ist (;. B. falsches Geld), noch die Sache, welche in Ausübung eines Rechts, jedoch unter Vernachlässigung der für diese Aus übung bestehenden polizeilichen Borschristen erworben wurde, wie z. B. das vom Iagdberechtigten während der Schonzeit erlegte Wild: BI. 24. Mai 76, 25. Juni 79 (RdO. XVII, 378; XX, 314), noch die einer Beschlagnahme vorsätzlich entzogene Sache, weil das Wesen dieses Bergehens (§ 137) nicht in der widerrechtlichen Er langung einer fremden Sache, sondern in dem Eingriffe in die Amtshandlung liegt; contra: Meyer s. 217 n. 2, Schw. t. GSaal 24 s. 392, Bind. II, 576. Dagegen gehörten Sachen, welche der Gläubiger eines Gemeinschuldners unter der Herrschaft der Pr. Konk.-Ordn. durch einen „besonderen Vertrag" im Sinne des § 309 ib. er langt hatte, hierher: BI. 4. Juli 77 (RdO. XVIII, 493). — Gehört zum Thatbestände eines BergehenS die Gewerbsmäßigkeit, so kann Hehlerei selbst dann ange nommen werden, wenn nur solche Sachen in Frage stehen, welche bei einem einzigen der die Gewerbsmäßigkeit konstatirenden Fälle erlangt sind: ZRIII. 16. Juni 80 (RdR. II, 72); vgl. § 48 n. 5. v 7. Nur eine durch eine Mißthat „erlangte" Sache kann verhehlt werden; es mußte also jene Mißthat vorher vollendet fein. Die frühere Thätigkeit eines Dritten in Beziehung auf die Sache ist nur dann strafbar, wenn sie sich als Theil-
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oder zu deren Absätze bei Anderen mitwirkt, wird als Hehler mit Gefängniß bestraft. [I. @ntto.: 8 233; II. Entw-- 8 254; Pr. StGB.: §§ 237. 238.] Vgl. §§ 260-262; RGBG. §§ 27. 75; RSlPO. §8 3. 56. 97. 102. Preußen: Vgl. die zu § 257 bezogenen Gesetze.
nähme an der Hauptthat darstellt; Beisp.: Ankauf einer fremden Sache von dem zur Ablieferung rc. verpflichteten Inhaber (Unterschlagung, Fundunterschlagung, vgl. § 246 n. 61); ebenso: ARII. 28. Mai 80 (RdR. I, 831); contra: Schütze s. 462 n. 15. 8. Die Sache muß noch im Augenblicke der Verhehlung eine durch eine Miß that „erlangte" sein. Sie behält diese Eigenschaft, so lange sie sich im Gewahr sam Desjenigen befindet, welcher sie durch die Mißthat „erlangt" (n. 6) hatte; in der Hand eines Dritten aber nur, wenn fein Gewahrsam ein aus dem Gewahrsam des Ersten abgeleiteter und mit dessen Fehlern behafteter war, d. h. wenn er den Gewahrsam (mittel-oder unmittelbar) durch eine Uebertragung Seitens des Ersteren und mit der Kenntniß von der strafbaren Erlangung überkommen hatte; das gilt auch, wenn eine wiederholte Besitzübertragung (mit jedesmaliger Kenntniß von der fehlerhaften Erlangung) vorhergegangen war. Demgemäß kann auch eine bereits einmal verhehlte Sache demnächst von einem Andern nochmals verhehlt werden: ZI. 10. Dez. 69 (RdO. X, 780). — Dagegen hört eine Sache auf, eine durch eine Mißthat „erlangte" zu fein, sobald sie in die Hand eines (zur Zeit) gutgläubigen Dritten übergegangen ist: DreSd. 8. Febr. 75 (SGZ. XIX, 239); Rüd. n. 5; Schw. n. 9; contra: ZI. 6. Mai 56 c. Mader; ZI. 1. April 57 c. Beyer; Merkel i. HH. III, 746; Bind. II, 575; ebenso, wenn der Dritte den Gewahrsam selbst, ständig durch Uebertragung eines Andern) überkommen hat, wenn er also den (fehlerhaften) Gewahrsam des Andern nicht fortsetzt, z. B wenn Jemand die vom Diebe versteckte Sache findet und dann mit Kenntniß vom Diebstahle verheimlicht; contra: ZI. 8. Nov. 67 (RdO. VIII, 688); in solchen Fällen kann nur Unter schlagung (§ 246) angenommen werden: Meyer s. 218 n. 4. 9. Nur die Verhehlung solcher individuell bestimmter Sachen, welche un mittelbar durch die Mißthat erlangt sind, ist aus § 259 strafbar, nicht also z. B. die des dafür durch Tausch, Verkauf rc. erlangten Erlöses re.; ebenso: ARII. 6. Juli 80 (RdR. II, 164: nahm daher Partirerei in Bezug auf eine Geldunter schlagung nur dann an, wenn genau dieselben Geldstücke gehehlt seien und der Hehler diele Eigenschaft derselben gekannt rc. habe), ZRI. 15. Nov. 80 (Entsch. II, 443), Münch. 18. Jan. 78 (BEntsch. VIII, 23), VI. 18 Apr. 79 (RdO. XX, 217), Merkel i. HH. III, 745, Bind. II, 574; contra: ZRIII. 16. Juni 80 (RdR. II, 72: betr. Gelder, welche durch Verwerthung des Objekts der Hauptthat, eines Spar kassenbuchs, gelöst waren), DreSd. 5. März 75 (SGZ. XIX, 297; beil.), GSaal 24 f. 394, Dresd. Ann. III, 83; vgl. DreSd. 7. Juli 76 (SGZ. XXI, 109: Par. tirerei sei in Betreff einer Sache möglich, welche aus einer anderen, durch eine Miß that erlangten, mittels Spezifikation entstanden ist, z. B. in Betreff der aus unter schlagenem Stoffe verfertigten Leinewand) und Schütze s. 461 n. 13. 10. Dem „Wissen", daß die Sache durch eine Mißthat erlangt sei, ist („au« praktischen Gründen": Motive s. 128) gleichgestellt worden, wenn der Hehler „den Umständen nach annehmeu muß", daß dem so sei, d. h. wenn er auch ohne spe zielle Kenntniß nach Lage der Sache durch Schlußfolgerungen dahin gelangt ist, daß er an der Richtigkeit jener (objektiv wahren) Thatsache keinen Zweifel hegt. Ebenso: Binding II, 620. Dagegen würde es nicht hinreichen, wenn der Verheimlichende in leichtfertiger Weise, ohne an die Art der Erlangung zu denken, gehandelt hätte; vgl. Schütze s. 461 n. 14 'derselbe macht in dieser Hinsicht darauf aufmerksam, daß zur Statuirung einer fahrlässigen Hehlerei „hätte annehmen müssen" statt: „annehmen muß" zu sagen gewesen wäre; doch genüge nach letzteren Worten Muth maßung des unrechtmäßigen Erwerbs, erheblicher Zweifel am rechtmäßigen Erlangt fein); contra; ZRIII. 28. April 80 (RdR. I, 690: eventueller Dolus sei schon in den Worten „von denen er weiß rc." einbegriffen [?]; durch die andere Alternative solle zwar nicht die Fahrlässigkeit im gewöhnlichen Sinne, wohl aber eine culpa lata, der höchste, dem DoluS nahezu gleichstehende Grad der Fahrlässigkeit getroffen
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Begilnstlgung und Hehlerei. - § 259.
werden); ML. s. 535 n. 5; Merkel t. HH. III, 747; vgl. XVII, 720). — Die Bejahung einer beide Alternativen schwurgerichtlichen Fragestellung rechtfertigt die Anwendung I, 777), ZI. 12. Febr. 73 (RdO. XIV, 128).
Bl. 8. Nov. 76 (RdO. alö solche umfassenden deS §: ZRII. 14. Mai Vgl. Mot. z. RStPO.
11. Das Wissen rc. (n. 5. 10) braucht auch hier nicht in einer Kenntniß von der konkreten Mißthat (ihrem Charakter, ihrem Urheber und ihren einzelnen Umständen) zu bestehen, durch welche die Sache erlangt wurde; eS genügt die Kennt» niß, daß diese Erlangung überhaupt durch irgend eine Mißthat bewirkt worden sei: ZRI. 5. u. 8. April 80, ARII. 12. Okt. 80 (NdR. I, 537. 538; II, 315); ZI. 1. Dez. 70, ZU. 1. April 73 (RdO. XI, 583; XIV, 243); DreSd. 3. Nov. 71, Münch. 19. April 75 (StZ. I, 189; V, 98); vgl. § 258 n. 3, wenn auch diejenige Kenntniß nicht ausreicht, welche blos darin besteht, daß jene Erlangung auf unehr liche oder unredliche Weise stattgefunden habe: Dresd. 23. Aug. 78 (SGZ. 23 s. 50). Demgemäß ist es für den Thatbestand unwesentlich, wenn der Hehler sich über die Natur der Mißthat, durch welche die Sache erlangt war, im Irrthume befindet. Wissen und objektive Wahrheit müssen nur insoweit übereinftimmen, als es für den Thatbestand von Erheblichkeit ist, d. h. daß die Sache überhaupt durch eine Mißthat erlangt fei. Es liegt somit auch dann Hehlerei vor, wenn der Angeschuldigte glaubte, die gestohlene Sache sei erbettelt oder unterschlagen: VPl. 23. März 57, DreSd. 23. Okt. 74 (IMbl. s. 172; StZ. V, 97). Hiernach kann nur der Fall Bedenken erregen, wo Jemand eine gestohlene rc. Sache in der irrigen Meinung verhehlt, sie sei gesunden; dann würde er nach seiner Auffassung sich nicht der Hehlerei, sondern der Theilnahme an der Fundunterschlagung (§ 246 n. 61) schuldig machen. eS kann ihn daher weder die Strafe der einen noch der andern treffen, nicht die der Hehlerei, weil der dazu erforderliche Dolus (das Wiffen, daß die Sache durch eine zur Zeit bereits vollendete Mißthat erlangt war) fehlt, noch die der Unterschlagung, weil eine solche nicht stattgefunden hat: BI. 21. April 54 (GA. II, 559); contra: Schaper i. HH. II, 205. 12. Die Wissenschaft rc., daß die Sache durch eine Mißthat erlangt sei, muß in dem Augenblicke obwalten, wo der Angeschuldigte die im § vorgesehene Hand lung vornahm: BI. 17. Mai 76, 11. Juni 77 (RdO. XVII, 353; XVIII, 526). Hierbei ist das unter n. 8 AuSgeführte zu berücksichtigen. Daraus folgt, daß Der jenige, welcher erst nach dem redlichen Erwerbe der Sache erfährt, daß sie gestohlen rc. war, durch eine demnächst vorgenommene Verheimlichung, Berkaus rc. sich keiner Hehlerei schuldig macht (in seiner Hand war die Sache nicht mehr eine durch eine Mißthat erlangte): VII. 26. Nov. 57, BI. 21. Febr. 68 (IMbl. 58 s. 4; RdO. IX, 148); Schw. n. 7; Schütze s. 462 n. 15; contra: Stuttg. 23. Dez. 74, Meckl. OG. (StZ. IV, 379; GSaal 24 s. 314); cit. BI. 17. Mai 76 (beit). Dagegen ist nicht jede Erlangung des Gewahrsams schon als Erwerb der Sache anzusehen, da hierzu noch die Absicht gehört, über dieselbe aus eigner Macht Verfügung treffen zu können; demgemäß ist auch Derjenige Hehler, welcher eine Sache, in deren Besitz er ohne Kenntniß von der strafbaren Art ihrer Erlangung gekommen ist, demnächst mit jener Kenntniß „an sich bringt", d. h. in der Absicht, über sie Verfügungsge walt auszuüben, erwirbt: BI. 14. Okt. 59 c. Tautenhahn; vgl. n. 18.
13. Die im § aufgezählten auf die Sache bezüglichen Einzelhandlungen: „Ver heimlichen rc." haben das mit einander gemein, daß sie auf eine Sicherung oder Verwerthung der Sache abzielen. Dagegen setzen sie keineswegs mit Nothwen» digkeit voraus, daß der Hehler selbst den Gewahrsam erlangt habe, z. B. im Falle der Mitwirkung zum Absätze; vgl. n. 16. 14. „Verheimlichen" bezeichnet eine Handlung, welche dahin abzielt, die Existenz der durch eine Mißthat rc. erlangten Sache zu verbergen und die Rücker stattung derselben an den Eigenthümer oder die Beschlagnahme zu vereiteln: BI. 26. Jan. 53 (GA. I. 405), z. B. die Entfernung eines Wiedererkennungszeichens: ZI. 1. Dez. 70 (RdO. XI, 583). Es wird dabei ein positives Thun vorausgesetzt, eine bloße Unterlassung, z. B. ein Derschweigen, die Nichtanzeige de« Verbrechens rc., selbst die Weigerung, den Ort des gestohlenen Gutes anzugeben, genügen nicht: cit. VI. 26. Jan. 53. Dagegen bedarf es keiner Besttzhandlung; eine Verheimlichung
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Begünstigung und Hehlerei. — § 259.
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kann daher angenommen werden, wenn z. B. Derjenige, in dessen Wohnung der Dieb 20. die Sache verborgen hat, den Gewahrsam gegen besseres Wissen der die Herausgabe fordernden Behörde ableugnet: ZI. 21. Jan. 57 c. Seifsert; vgl. n. 13. 16. — Die Verheimlichung braucht nicht im Einverständnisse mit dem Dieb:c. geschehen zu sein: ZI. 27. Mai 53 (GA. I, 408). 15. Die Bei hülfe zu einer vom Diebe rc. selbst vorgenommenen Verheim lichung rechtfertigt die Anwendung deö § 259 nicht, es sei denn, daß zu einer vom Diebe vorgenommenen Veräußerung (also „zum Absätze") mitgewirkt wäre; jene Handlung kann daher nur als Begünstigung (§ 257 oder 258) strafbar sein; vgl. ZI. 17. Juni 63 (RdO. III, 502). 16. Die Ausdrücke „Ankäufen" und „zum Pfande Nehmen" sind als Beispiele des generellen Ausdrucks „Ansichbrlngen" (u. 18) aufgezählt. Es wird sonach auch bet jenen vorausgesetzt, daß die Sache durch das Kauf- rc. Geschäft in die Verfügungsgewalt des Hehlers gelangt sei; so lange dieses nicht geschehen, genügt der Abschluß eines Kauf- rc. Vertrags noch nicht: ZI. 9. Juli 58 (Entsch. 39. 2 s. 25). Contra: V'lln. s. 101. Doch ist die Erlangung der Verfügungsgewalt nicht nothwendig durch eine förmliche Besitzergreifung bedingt; vgl. ZI. 26. Febr. 68 (RdO. IX, 150, welches nur in seiner Begründung zu weit geht); der Umstand, daß Ankäufer ein Handelsgewerbe treibt, wozu die Anschaffung von Waaren derselben Gattung gehört, ist gleichgültig: Münch. 26. Okt. 78 (BEntsch. VIII, 519). 17. Hehlerei kann durch Ankauf oder Annahme der Sache zum Pfande nur dann verübt sein, wenn alle wesentlichen Merkmale eines solchen Rechtsgeschäfts (z. B. Einigung über den Kaufpreis) vorliegen: ZI. 5. Juli 67 (RdO. VIII, 448); DreSd. 17. Juli 71 (SGZ. XV, 241). Dagegen wird nicht erheischt, daß das Rechtsgeschäft im Uebrigen durchaus rechtsverbindlich sei und eine Klage begründe: Z. 12. Dez. 52 (GA. I, 408). 18. „An-sich - Bringen" bezeichnet (ebenso wie „Ankäufen" und „zum Pfande Nehmen": n. 16) eine abgeleitete Erwerbart, d. h. den Erwerb von einem Andern, durch welchen die Sache aus dem Gewahrsam des letzteren in die eigene Verfügungsgewalt gebracht wird, um über sie als die feinige zu verfügen: ARIII. 25. Sept. 80 (RdR.II, 259), VII. 26. Juni 73, Vl. 17. Mai 76, VII. 9. April 78 (RdO. XIV, 472; XVII, 353; XIX, 208); vgl. übrigens Villn. s. 101 (definirt den Ausdruck als das Erwerben eines persönlichen oder dinglichen Rechts auf die Sache, möge es nun rechtsverbindlich oder nur scheinbar fein). Sonach genügt ein bloßes An-sich oder In-Derwahr-Nehmen, wenn es auch zum beiderseitigen Vor theile geschieht, nicht: VII. 8. Okt. 74 (RdO. XV, 642); vgl. VII. 14. Sept. 76 (ib. XVII, 559); wer eine gestohlene (vom Diebe versteckte) Sache findet, oder wer sie dem Diebe wieder stiehlt, „bringt" sie nicht „an sich": Vl. 5. Febr. 68 (RdO. IX, 107); DreSd. 4. März 72 (StZ. I, 253); contra: ZI. 8. Nov. 67 (RdO. VIII, 688). Ebenso nicht Derjenige, welchem der Gewahrsam der Sache übertragen wird, um sie für einen Andern sei eS zu besitzen (Depositar, Kommodatar rc.), sei es zu verkaufen; er macht sich erst durch eine „Verheimlichung" bzw. durch ein „Mitwirken zum Absätze" der Hehlerei schuldig: eit. DU. 9. April 78. — DaS Gegentheil gilt unbedenklich von Demjenigen, welcher die Sache eintauscht, in Zahlung, zum Ge schenke oder als Darlehen annimmt: DreSd. 26. Juni 71, Jena 26. Juni 72 (StZ. I, 93; II, 195); ZRI. 27. Nov. 79 ^GA. 28 s. 31). — Von wem der Hehler die Sache an sich gebracht habe, bedarf nicht der Feststellung: ZI. 9. Juni 75 (RdO. XVI, 432). Wohl aber sind im Urtheile die Thatsachen anzuführen, aus welchen das Begriffsmerkmal des „AnsichbringenS" gefolgert wird: Vl. 3. Okt. 77 (RdO. XVIII, 616); vgl. RStPO. § 266. 19. Die bloße Theilnahme an den Vortheilen, z. B. das Mitgenießen ge stohlener Sachen ist noch nicht Hehlerei; ebenso: ZRIII. 22. u. 25. Sept. 80 (RdR. II, 240. 259); vgl. Bind. II, 574 (rechnet das Mitgenießen nicht dahin, weil eS ein Zerstören fei); contra: DreSd. 26. Juni 71, 3. Dez. 75 (StZ. I, 193; SGZ. XX, 251: betrachteten Denjenigen als Hehler, welcher mit dem Diebe vom Ertrage seiner strafbaren Thätigkeit lebe, oder den Aufwand für eine gemeinschaftlich unter nommene Reise vom Thäter aus dem durch die Mißthat z. B. eine Fälschung er langten Gelde bestreiten lasse). Vgl. n. 6. 9.
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Thl. II. Abschn- XXI.
Begünstigung und Hehlerei. — § 259.
20. Die „Mit Wirkung zum Absätze" der Sache bei Anderen ist deshalb in den § mit ausgenommen worden, weil eine solche helfende Thätigkeit nicht immer unter den Begriff einer (selbstständigen) Verheimlichung fällt, und auch nicht als Theilnahme bestraft werden kann, da die von Jenem über die gestohlene Sache ge troffene Verfügung nicht eine neue Mißthat desselben darstellt. Demgemäß ist die Anwendbarkeit des § überhaupt nicht dadurch bedingt, daß auch der (durch einen Anderen bewirkte) Absatz, zu welchem mitgewirkt worden, selbst strafbar sei. Auch hier ist aber daran festzuhalten, daß die Sache zur Zeit noch eine durch eine Miß that erlangte sein muß; vgl. n. 8. 12. 21. Eine (vollendete) Mitwirkung zum Absätze ist nur da anzunehmen, wo es wirklich zum Absätze gekommen ist; eine erfolglose Aufforderung zum Ankäufe gehört nicht hierher: Meyer s. 219 n. 8 c., Schw. n. 18, Meveö i. StRZ. XIII, 525, v. Buri i. GSaa! 29 s. 58; contra-. ZPl. 30. März 67, ZI. 1. März 72 (RdO. VIII, 218; XIII, 189), Geyer i. GSaal 27 s. 373, BH. 9. April 78 (cit. n. 18: doch bedinge der Begriff ein Handeln, durch welches die aus den Absatz ge richtete Absicht Demjenigen gegenüber erkennbar werde, an den man abzusetzen be absichtigte) ; vgl. n. 28. 22. Nur das „Mitwirken zum Absätze", nicht der selbstständige Absatz fällt unter die Strafbestimmung: BII. 26. Juni 73 (RdO. XIV, 472); contra: Schütze s. 462 n. 16. Ein solches Mitwirken liegt aber auch da vor, wo ein Dritter die gestohlene Sache im Auftrage des Diebes (im Uebrigen aber selbstständig) veräußert: ZU. 8. Dez. 70 (RdO. XI, 595). Dagegen macht Derjenige, welcher eine gestohlene Sache mit der Kenntniß von dieser Erlangung an sich gebracht und dadurch ver hehlt hat, sich durch eine demnächstige Veräußerung nicht abermals der Hehlerei schuldig; vgl. n. 2; wohl aber trifft einen Dritten, welcher zu einem solchen Weiter verkäufe (wissentlich) mitwirkt, als (zweiten) Hehler die Strafe des §. 23. Auch das Verpfänden ist ein „Absatz"; vgl. § 246 n. 34. 24. Der Thatbestand der Partirerei ist aus den §§ 257, 258 in keiner Weise zu ergänzen; es bedarf daher nicht der Absicht, dem Diebe rc. die Vortheile seiner Mißthat zu sichern: ZI. 27. Mai 53 (GA. I, 408). Ebensowenig wird die Strafbarkeit der Handlung dadurch beseitigt, daß sie geschah, um einen nahen An gehörigen der Bestrafung zu entziehen: ZII. 9. Apr. 74 (RdO. XV, 218). Um* gekekehrt tritt hier die strengere Strafe des § 258 Nr. 2 nicht ein, sollte auch die Sache von einem schweren Diebstähle rc. herrühren. 24a. Wer Sachen in einer nach § 259 strafbaren Weise „au sich bringt", macht sich durch ein demnächstiges „Mitwirken zum Absätze" derselben nicht einer neuen Hehlerei schuldig. Demgemäß kann ein Ausländer, sofern das An.sich.bringen im AuSlande stattgefunden hat, im Inlande wegen des hier geschehenen Mitwirkens zum Absätze nicht bestraft werden: ZRI. 15. März 80 (RdR. I, 471). 25. Die Hehlerei stellt eine selbstständige Mißthat dar (n. 2); für ihre Bestrafung ist es daher bedeutungslos, welche Strafe der Hauptthäter verwirkt hat; (der Schlußsatz des § 257 Abs. 1 findet hier keine Anwendung; es kann leicht ge schehen, daß dessen Handlung unter ein milderes Strafgesetz fällt (: ZI. 5. Jan. 64 c. Heider), oder gar nicht zu bestrafen ist, z. B. wegen eines persönlkchen Verhält nisses (§ 247 Abs. 2), oder weil § 56 die Bestrafung auSschließt, oder weil die That im AuSlande von einem Ausländer verübt, oder, bei Antragsvergehen, weil kein Antrag gestellt war: DreSd. 20. März 71, 23. Olt. 74, 3. Dez. 75, Münch. 19. April 75 (StZ. I, 27; V, 98, 99; SGZ. XX, 251); vgl. § 257 n. 17. Ebenso ist die Verfolgung des Hehlers nicht deshalb durch einen Antrag des Verletzten bedingt, weil es emeS solchen zur Verfolgung des HauptthäterS bedarf (§ 247); 61 n. 7. 26. AuS demselben Grunde (n. 25) genügt zur Annahme mehrerer realiter konkurrirender Hehlereien nicht die Feststellung, daß die gehehlten Sachen aus ver schiedenen Diebstählen herrührten: VII. 13. Juli 76 (RdO. XVII, 516). 26a. Ebendeshalb haften Hauptihäter und Hehler für die Gerichtskosteu nicht als Gesammtschuldner (RSlPO. § 498 Abs. 2): Münch. 18. Juli 79 (BEntsch. IX, 387). 27. Neben der (drei Monate erreichenden) Gefängnißstrafe kann auf den Ver lust der rc. Ehrenrechte, neben jeder Verurtheilung wegen Hehlerei aus die Zu lässigkeit der Polizeiaufsicht erkannt werden: § 262.
Thl. II. Abschn. XXI.
Begünstigung und Hehlerei. - § 260.
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§ 260. Wer die Hehlerei gewerbs- oder gewohn heitsmäßig betreibt, wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft. [I. Entw.: § 235; II. Entw.: § 255; Pr. StGB.: § 239 ] Vgl. RGBG. § 73. Preußen: Vgl. Ges. v. 22. Mai 1852 Art. I § 1 92r. 3; NSlPO. § 13; Forst. diebst.-Ges. § 6 Nr. 3.; FFP.-Ges. § 21 Nr. 2.
28. Der Versuch der Partirerei ist, abgesehen von den Fällen der §§ 260, 261 Abs. 1, 2 nicht strafbar. 29. Eine Theilnahme an derselben ist sehr wohl möglich. 30. Im Uebrigen vgl., namentlich auch in Betreff der Zuständigkeit der Schöffengerichte, § 257 n. 31.
§260. 1. Dieser § bezieht sich auf beide Arten der Hehlerei (§§ 258, 259). 2. Gewerbe bezeichnet eine fortgesetzte, auf Erzielung eines Erwerbes (b. h. eines Vermögensvortheils, der aber nicht in der Gestalt eines Geldbetrages zur Erscheinung zu kommen braucht) gerichtete Thätigkeit derselben Art: ZRII. 4. März 80, ZRIIl. 16. Oktober 80 (RdR. I, 726; II, 336), Z. 17. Mai 73 (RdO. XIV, 377); DreSd. 23. Febr., 7. u. 21. Juli 73 (SGZ. XVII, 188. 217. 281; StZ. III, 121); vgl. jedoch v. Buri i. GSaal 29 s. 53 (rechnet zum Wesen eines gewerbsmäßigen Betriebes, daß Andere sich darauf verlasien können). Sonach wird eine Handlungsweise (z. B. Hehlerei) „gewerbsmäßig betrieben", wenn Jemand aus der fortgesetzten Verübung derselben eine Erwerbsquelle zu machen sucht, ebenso: Münch. 26. Okt. 78, (BEntsch. VIII, 519), gleichviel, ob dieser Erwerb ganz oder theilweise zum Lebensunterhalte oder zu einem andern Zwecke dienen soll (contra: cit. DreSd. 21. Juli 73). Eine mit der Absicht der Fortletzung (Wie derholung) und zum Zwecke des Erwerbes vorgenommene Einzelhandlung kann als der Beginn der „gewerbsmäßigen" Thätigkeit angesehen werden, sollte eS auch noch nicht zu ferneren Handlungen gekommen sein: Z. 6. Okt. 72, ZI. 17. Sept. 75 (RdO. XIII, 507; XVI, 585); contra: ML. s. 339, HS. II, 564; ebenso kaun der Instanzrlchter aus einer festgestellten Einzelhaudlung einen thatsächlichen Schluß auf früher verübte oder aus später beabsichtigte Handlungen derselben Art und daraus auf einen „gewerbsmäßigen Betrieb" schließen (: ZI. 1. Dez. 71: RdO. XII, 601), oder die Gewerbsmäßigkeit einer festgestellten (im Jnlande verübten) Einzelhandlung aus solchen Fällen folgern, welche abgeuitheilt, oder im Auslande verübt oder als Einzelhandlungen verjährt sind: ZU. 12. Nov. 57 c. Schäfer; ZI. 11. Dez. 63 c. Lenzing; ZI. 11. Sept. 74, 15. Dez. 76 (RdO. XV, 556; XVII, 827). — Hiernach bedarf es zur Annahme der Gewerbsmäßigkeit nicht einer Vorbestrafung wegen Hehlerei: Motive f. 129. 3. In Betreff der „GewohnheitSmäßigkeit" vgl. § 150 n. 4. 4. Die GewerbS- (GewohnheitS.) Mäßigkeit ist nicht durch ein Sich-Einlaffen mit mehreren Personen bedingt: ZI. 2. Mai 73 (RdO- XIV, 332). Durch wiederholte Begünstigung eines und desselben Thäters, sowie durch mehrmalige 23erheimlichung rc. verschiedener durch eine und dieselbe Mißthat erlangter Sachen kann eine wiederholte, und also auch eine gewerbs- oder gewohnheitsmäßige Hehlerei be gangen werden: ZI. 24. Apr. 74 (RdO. XV, 260). 5. Wird auf das Vorliegen mehrerer Fälle die Beschuldigung der gewerbSoder gewohnheitsmäßigen Hehlerei gegründet, die Gewerbsmäßigkeit rc. vom Richter jedoch nicht als erwiesen angenommen, so mußte daS Urtheil nach früherem Pr. Rechte bei Nichtigkeitsstrafe näher motiviren, was zur Erfüllung jener Begriffe fehle: BII. 4. März 75 (RdO. XVI, 182). Dgl. jetzt RStPO. § 266 Abs. 2. 6. Da daS Wesen der GewerbS- (Gewohnheits-) Mäßigkeit in der gewollten Wiederholung der Handlungsweise liegt, so umfaßt dieselbe auch alle vorge kommenen Einzelfälle: eS kann daher eine gewerbs- oder gewohnheitsmäßige Hehlerei als solche nur die einmalige Strafverhängung aus § 260 rechtfertigen; vgl. § 74 n. 10, Münch. 14. Dez. 78 (BEntsch. VIII, 612.) Da aber auch jeder Einzelfall strafbar ist, die Wiederholung also in dieser Beziehung eine Realkonkurrenz darstellt,
576
Thl.
n.
Abschn. XXI.
Begünstigung und Hehlerei. — §§ 260—262.
§ 261. Wer im Jnlande wegen Hehlerei einmal und wegen darauf begangener Hehlerei zum zweiten Male bestraft worden ist, wird, wenn sich die abermals begangene Hehlerei auf einen schweren Diebstahl, einen Raub oder ein dem Raube gleich zu bestrafendes Verbrechen bezieht, mit Zuchthaus nicht unter zwei Jahren bestraft. Sind mildernde Umstände vor handen, so tritt Gefängnißstrafe nicht unter Einem Jahre ein. Bezieht sich die Hehlerei auf eine andere strafbare Hand lung, so ist auf Zuchthaus bis zu zehn Jahren zu erkennen. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnißstrafe nicht unter drei Monaten ein. Die in dem § 245 enthaltenen Vorschriften finden auch hier Anwendung. [I. Entw.: § 236; II. Entw.: Nr. 5. 257 ff. 262. Preußen: Dgl. Ges. v. 22. 4. Mai 1853 (GS.
§ 256; Pr. StGB.: § 240.] Vgl. §§ 244. 245. 250 32; EL. EG. Art. 12; RGVG. § 73. Mai 1852 Art. I §1 Nr. 4 (GS. f. 250); Ges. v. s. 176); NSiPO. § 13.
§ 262. Neben der wegen Hehlerei erkannten Gefäng nißstrafe kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte und so trifft hier das zu § 74 n. 11 Ausgeführte zu. Liegen daher mehrere Fälle schwerer Hehlerei (§ 258 Nr. 2) vor, so können sie nach §§ 258. 74 als Einzelfälle mit Zuchthaus bis zu fünfzehn Jahren bestraft werden, obgleich sie als Gewohnheits hehlerei nach § 260 nur die einmalige Verhängung einer zehnjährigen ZuchtShauSstrafe rechtfertigen würden; contra: HS. II, 564 d. 2; Rüd. n. 4; Merkel i. HH. III, 748; Bind. Grundr. I, 146; OlSh. 1, 322; vgl. Schütze f. 463 n. 17. 7. Im Uebrigen kommt es bei Anwendung des § 260 nur als StrafzumeffungSgrund in Betracht, ob Fälle der leichten oder schweren (§ 258 Nr. 1 oder 2) Hehlerei vorliegen. 8. Trifft die GewerbS- (GewohnheitS-) Mäßigkeit mit wiederholtem Rückfalle (§ 261) zusammen, so wird daS zu § 73 n. 4 Gesagte anwendbar. 9. Als Ort der Gesammtthätigkeit, bez. als BegehungSort ist jeder Ort anzusehen, an welchem eine der Einzelhandlungen stattgesunden hat; so: Löwes. 222; vgl. oben § 3 n. 12. — Zuständigkeit der Strafkammern: RGVG. § 73 Nr. 6. Im Uebrigen vgl. § 257 n. 31. 10. Die gewerbs- oder gewohnheitsmäßige Hehlerei gefrevelten Holzes ist im Pr. Forstdiebst.-Gef. § 6 besonders vorgesehen. Vgl. ferner FFP.-Ges. § 21.
§ 261. 1. Dieser § sieht die im zweiten Rückfalle verübte Hehlerei vor; die „abermals begangene Hehlerei" ist der zur Aburtheilung vorliegende dritte Fall. Es macht keinen Unterschied, ob die Borbestrafungen Fälle des § 258 oder 259 zum Gegenstände hatten. EbendieS gilt von dem neuen Falle. 2. Eine Borbestrafung wegen Hehlerei begründet den Rückfall für einen demnächstigen Diebstahl oder Raub, nicht aber umgekehrt. 3. Im Uebrigen vgl. die Bemerkt, zu §8 244. 245; § 257 n. 31; § 260 n. 8 und, in Betreff der Zuständigkeit der Strafkammern, RGVG. § 73 Nr. 6.
§ 262. 1. Auf den Verlust der Ehrenrechte kann neben der Gefängnißstrase nur dann erkannt werden, wenn diese drei Monate erreicht: § 32.
TH1. II.Abschn. XXII.
Betrug und Untreue. — §§ 262. 263.
577
neben jeder Verurtheilung wegen Hehlerei auf Zulässigkeit von Polizei-Aufsicht erkannt werden. ll. Emw.: §§ 233. 234; II. Entw.: § 257; Pr. StGB.: § 237—240.] §§ 257—261. 248. 32. 35. 38.
Vgl.
JtoeiiinbjtMnjiflfttr Abschnitt. Betrug und Untreue.
§ 263 einen
Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten rechtswidrigen VermögenSvortheil zu verschaffen, das
2. Die Zulässigkeit der Polizeiaufsicht kann wegen Hehlerei auch dann er kannt werden, wenn dieses wegen der Hauptthat nicht statthaft wäre; es ist nicht er forderlich, daß die dabei verhängte Gefängnißstrafe drei Monate erreiche. 3. Vgl. im Uebrigen die Bemerkungen zu § 248.
8 263. Abgabe, Hinterzichg : 66—68 • Nichtcrhebunq: 68. Absicht: 2—11. 4$». - Erreichung: 10. ° Schaben, Abwendg.: 3. 6 - ZahlungSausstand: 3. - zu bi schädigen : 11. - zu ersetzen 7. - zu täuschen: 49. Almosen-. 36. Angehörige: 78-80. Anpreisung - 47. Armcnunterstützung: 36. Begünstigung: 79. Beschädigtr, Getäuschtr. : 60-65. Betrug, Begriff: 1. Bettelet: 36. Beweismittel, Entziehung, Derschaffung: 2. 6. 26. Brandentschädigung: 73. Ehauffeegeld 68. Darlehn, Erlangung: 2. Dienstbote: 37. 74. DoluS. 2—11. 46. 49. Ehrenrechte, Verlust: 75. Eigenthumsabtretung: 20. Eisenbahnfahrt 51. 68. Entstellen; 49. 51—53. Ersatz: 6. 7. 16. 29. Exekuttonsaufschub; 3. 23. Feststellung: 1. 31. 32. 49. 59. Forderung, Erwerb: 2. Fragstellung: i. 31. Gerichtsvollzieher: 65. Geringfügigkeit: 71. Geschenk: 36. Grünberlohn: 14. Handlung, positive: 52—54. Irrthum 55—65. . Absicht: 49. - Arglist: 58. - bet wem? 60 - 65. . Benutzung: 56. • Glaubhaftigkeit: 58. - Mittel, tauglich? 58. - Motiv: 35. 57. - Notar r 64. - Prozeßgegner: 62. 63. - RechtS-: 41. - Richter: 61. 63. - Ueberzeugung: 57. . - Unterhaltung: 56. 54a.
Inhalt: Vermogensbeschädigung, Beweis Irrthum, vermeidlicher: 58. - Verpflichtung: 35. 36. mittel 6. 26. - Vorsätzlichkeit: 49. - Darlehen: 25. - Zweifel: 57. ’ Erwerb, Gelegenheit: 14. - Ersatz, gleichzeitig >6. Kausalzusammenhang . 32 ff. 61. 65. • - späterer - 7. 29. - Ersatzklage? 13. Klage 26. 61. - Exekuttonsaufschub: 23. K ollektircn: 36. - Gefährdung: 25. Kommissionär 69. - Gegenleistg. Zahlg. 15. 19. Konkurrenz: 50. 72. - Geschäft, gewagtes: 14. Konventionalstrafe: 57. - zweiseitig 15 — 17. Krcditiren: 2. 18. 25. 36. - Geschenk 36. 14. Meineid: 60. - Gewinn, Beziehung: 12. Mildthätigkeit- 36. Minderjähriger: 70. - Handlung, eigene: 33. - Hoffnung, Entziehung: 14. Mittel, taugliches: 58. • Hypothek: 21 22. Moralische Pflicht: 36. 52. - Kauf: 14. Namen, falscher - 32. 50. - Klagerecht: 13. 18. Nichtschuld, Annahme: 56. - Kompensation: 29. Notar: 64. - Kreditirung: 2. 18.25.36. Postsendung, falsche Deklarirg.: 3. - Kundschaft: 2. 14. Prozeß: 26. 61-64. Rechtsgeschäft, Etngehg.: 15. 34. - Luxus: 13. 16. - Mildthätigkeit: 36. Richter:' 61. 63. - Prozeß: 25. Sache, fremde, Verkauf r 60. » Quittung, Erlangung: 26. Scheingebot: 44b. Simulation: 31. 54. 67. - Recht, erworb. : 13-15. Stempelhinterziehung: 66. 67. •> - fruchttragend: 13. • gefährdetes: 18. 25. Thatsache: 39—54. • • Gefährdung 25. . Eigenschaft: 39. 47. - klagbar? 13. - falsche: 48-51. • Verletzung: 13. 14. - Kenntniß: 43- 49. - rechtswidrige: 31. - Möglichkeit: 39. - Schuld, Zahlung: 27. - Nichtkenntniß: 43. • Schuldner, zahlungsunfähi - Rechnung: 42. ger : 25. - Recht: 40. - Simulation: 31. 67. - RechtSregel: 41. - Schlußfolgerung: 42. » Staat: 66 — 68. . Derbdlchkt., Uebernahme: 24. - spezielle: 47. - Erfüllung: 27. - Versprechen: 37. 46. - Derkaufsgewinn: 16. • WillenSrtchtung: 37. 46. - vermeidlich? 28. Theilnahme: 79. - Vollendung r 10. 29. Umstände, mild.: 76. - Vorhand. Berm. 14. 66. Unterdrücken: 37. 49. 52-54. - Handlungen: 51. - Vortheile aus dem Geschäfte selbst: 15. - Untreue: 72. - vorübergehend: 22. - Verschweigen: 37. 52—54. - Wechsel: 24. 26. Urkundenfälschung: 72. - wechselseitige: 17. Urtheil: 61-63. Vermogensbeschädigung 13—31. - wessen? 6u. - Zahlung, verzögerte: 23. - Ausgabe, unnöth.: 16. - zeitweilige: 22. - Betrag: 31.
Oppenhoff, D. Strafgesetzbuch.
8. AuSg.
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TH1. II.Abschn. XXII.
Betrug und Untreue. — §§ 262. 263.
577
neben jeder Verurtheilung wegen Hehlerei auf Zulässigkeit von Polizei-Aufsicht erkannt werden. ll. Emw.: §§ 233. 234; II. Entw.: § 257; Pr. StGB.: § 237—240.] §§ 257—261. 248. 32. 35. 38.
Vgl.
JtoeiiinbjtMnjiflfttr Abschnitt. Betrug und Untreue.
§ 263 einen
Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten rechtswidrigen VermögenSvortheil zu verschaffen, das
2. Die Zulässigkeit der Polizeiaufsicht kann wegen Hehlerei auch dann er kannt werden, wenn dieses wegen der Hauptthat nicht statthaft wäre; es ist nicht er forderlich, daß die dabei verhängte Gefängnißstrafe drei Monate erreiche. 3. Vgl. im Uebrigen die Bemerkungen zu § 248.
8 263. Abgabe, Hinterzichg : 66—68 • Nichtcrhebunq: 68. Absicht: 2—11. 4$». - Erreichung: 10. ° Schaben, Abwendg.: 3. 6 - ZahlungSausstand: 3. - zu bi schädigen : 11. - zu ersetzen 7. - zu täuschen: 49. Almosen-. 36. Angehörige: 78-80. Anpreisung - 47. Armcnunterstützung: 36. Begünstigung: 79. Beschädigtr, Getäuschtr. : 60-65. Betrug, Begriff: 1. Bettelet: 36. Beweismittel, Entziehung, Derschaffung: 2. 6. 26. Brandentschädigung: 73. Ehauffeegeld 68. Darlehn, Erlangung: 2. Dienstbote: 37. 74. DoluS. 2—11. 46. 49. Ehrenrechte, Verlust: 75. Eigenthumsabtretung: 20. Eisenbahnfahrt 51. 68. Entstellen; 49. 51—53. Ersatz: 6. 7. 16. 29. Exekuttonsaufschub; 3. 23. Feststellung: 1. 31. 32. 49. 59. Forderung, Erwerb: 2. Fragstellung: i. 31. Gerichtsvollzieher: 65. Geringfügigkeit: 71. Geschenk: 36. Grünberlohn: 14. Handlung, positive: 52—54. Irrthum 55—65. . Absicht: 49. - Arglist: 58. - bet wem? 60 - 65. . Benutzung: 56. • Glaubhaftigkeit: 58. - Mittel, tauglich? 58. - Motiv: 35. 57. - Notar r 64. - Prozeßgegner: 62. 63. - RechtS-: 41. - Richter: 61. 63. - Ueberzeugung: 57. . - Unterhaltung: 56. 54a.
Inhalt: Vermogensbeschädigung, Beweis Irrthum, vermeidlicher: 58. - Verpflichtung: 35. 36. mittel 6. 26. - Vorsätzlichkeit: 49. - Darlehen: 25. - Zweifel: 57. ’ Erwerb, Gelegenheit: 14. - Ersatz, gleichzeitig >6. Kausalzusammenhang . 32 ff. 61. 65. • - späterer - 7. 29. - Ersatzklage? 13. Klage 26. 61. - Exekuttonsaufschub: 23. K ollektircn: 36. - Gefährdung: 25. Kommissionär 69. - Gegenleistg. Zahlg. 15. 19. Konkurrenz: 50. 72. - Geschäft, gewagtes: 14. Konventionalstrafe: 57. - zweiseitig 15 — 17. Krcditiren: 2. 18. 25. 36. - Geschenk 36. 14. Meineid: 60. - Gewinn, Beziehung: 12. Mildthätigkeit- 36. Minderjähriger: 70. - Handlung, eigene: 33. - Hoffnung, Entziehung: 14. Mittel, taugliches: 58. • Hypothek: 21 22. Moralische Pflicht: 36. 52. - Kauf: 14. Namen, falscher - 32. 50. - Klagerecht: 13. 18. Nichtschuld, Annahme: 56. - Kompensation: 29. Notar: 64. - Kreditirung: 2. 18.25.36. Postsendung, falsche Deklarirg.: 3. - Kundschaft: 2. 14. Prozeß: 26. 61-64. Rechtsgeschäft, Etngehg.: 15. 34. - Luxus: 13. 16. - Mildthätigkeit: 36. Richter:' 61. 63. - Prozeß: 25. Sache, fremde, Verkauf r 60. » Quittung, Erlangung: 26. Scheingebot: 44b. Simulation: 31. 54. 67. - Recht, erworb. : 13-15. Stempelhinterziehung: 66. 67. •> - fruchttragend: 13. • gefährdetes: 18. 25. Thatsache: 39—54. • • Gefährdung 25. . Eigenschaft: 39. 47. - klagbar? 13. - falsche: 48-51. • Verletzung: 13. 14. - Kenntniß: 43- 49. - rechtswidrige: 31. - Möglichkeit: 39. - Schuld, Zahlung: 27. - Nichtkenntniß: 43. • Schuldner, zahlungsunfähi - Rechnung: 42. ger : 25. - Recht: 40. - Simulation: 31. 67. - RechtSregel: 41. - Schlußfolgerung: 42. » Staat: 66 — 68. . Derbdlchkt., Uebernahme: 24. - spezielle: 47. - Erfüllung: 27. - Versprechen: 37. 46. - Derkaufsgewinn: 16. • WillenSrtchtung: 37. 46. - vermeidlich? 28. Theilnahme: 79. - Vollendung r 10. 29. Umstände, mild.: 76. - Vorhand. Berm. 14. 66. Unterdrücken: 37. 49. 52-54. - Handlungen: 51. - Vortheile aus dem Geschäfte selbst: 15. - Untreue: 72. - vorübergehend: 22. - Verschweigen: 37. 52—54. - Wechsel: 24. 26. Urkundenfälschung: 72. - wechselseitige: 17. Urtheil: 61-63. Vermogensbeschädigung 13—31. - wessen? 6u. - Zahlung, verzögerte: 23. - Ausgabe, unnöth.: 16. - zeitweilige: 22. - Betrag: 31.
Oppenhoff, D. Strafgesetzbuch.
8. AuSg.
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Thl. n. Abschn. XXH.
Betrug und Untreue. — § 263.
Vermögen eines Anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung Derm'ögenSvortheil: 2—10. - Arbeitsauftrag: 4. 14. - Beweismittel: 2; 6. 26. - Besitzstand: 2. - Darlehn: 2. - dauernd: 2. - Entgeld: 4. - Entziehung : l 4. - Erlangung? 9. i0. ° Ersatz. 7. 29. - Erekutionsaufschub 3. 23 « Forderung: 2. - Fortkommen: 2. - Klage: 2. 6.
Vermgsvrthl., für wen? 9. - Konkurs -. 6. = Kreditirung- 2. iS. 25. 36. - mittclb. : 8. - rechtswidr.: 6. 7. - Schaden, Beziehung: 12. - Schadensersatz: 6. * Schadsabwdg.: 3. 6. - unmittelbar: 8. - Verdeckung: 5. - Wechsel: 2. 6. ° Zahlung, verfrühte: 2. - zeitweilig: 2. Verschweigen: 52—54.
Versuch: 26. 32. 58. 77. Vertrag: 15. 17. 34. 37. 46. 47. 52- 55. - Nichterfüllung: 37. 46. Vollendung: 10. 24. 29. Vorspiegelung: 49. 51. 53. - Bewußtsein: 49. Handlungen: 51 ff. - Verschweigen: 52 -54. wechsel: 2. 6. 24. 26 50. 61 Zahlungsfähigkeit: 44a. 54. Zahlung, v erfrühte: 2. Zcchprellerii: 54.
1. Der strafrechtliche Begriff deö Betrugs weicht von der Bedeutung, welche jenem Ausdruck im gemeinen Leben beigelegt wird, wesentlich ab; er ist da^ her als ein positiv rechtlicher zu betrachten. Demgemäß bedurfte es schon früher sowohl bei den Anklagen (Beschuldigungen), als bei den thatsächlichen Feststellungen (Fragstellungen) der ausdrücklichen Hervorhebung aller wesentlichen Begriffs-Merk male selbst dann, wenn dies in den maßgebenden Strasprozeßgesetzen nicht allgemein vorgeschrieben war, wie z. B. nach französischrechtlichem Verfahren: VII. 5. Okt. 54, 9. Sept. 70 (GA. II. 807; RdO. XI, 537). Vgl. jetzt RStPO. §§ 198. 266. 2. Der § erheischt die „Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögenövortheil zu verschaffen". Vgl. § 253. Als Vermögenövortheil ist nicht blos jeder Erwerb eines Vermögensrechts (eine Vermögensvermehrung), sondern auch jede günstigere Gestaltuug der Vermögenslage anznsehen: Darmst. 26. Febr. 72, ZI. 14. Nov. 77 (HEntsch. s. 15; RdO. XVIII, 707), speziell eine solche in Bezug auf Sicherung und Realisirung von Rechten, besonders von bestrittenen: ZRIH. 10. Jan. 80, ZRII. 3. Dez. 80 (Entsch. I, 55; RdR. II, 599). Es ge nügt der Erwerb einer Forderung: ZII. 11. Okt. 60 c. Schramm; die Erlan gung der Befriedigung für ein unsicheres Guthaben, sollte diese auch nur theilweise und dennoch gegen Cession der ganzen Forderung erfolgen: ZI. 16. Mai 77 (RdO. XVIII, 341); die Zahlung einer Schuld durch einen Nichtverpflichteten, z. B. den Schuldner des eigenen Schuldners: Stuttg. 2. Dez. 74 (StZ. IV, 380); ZI. 26. Apr. 76 (RdO. XVII, 279: selbst wenn der wirkliche Schuldner zahlungsfähig war); contra: ZRIII. 17. März 80 (RdR. I, 481: sofern der gezahlte Betrag den wahren Werth der Forderung nicht aus irgend einem Grunde z. B. wegen Insolvenz des Schuldners, übersteige); die Befreiung von der Pflicht der Pfandbefiellung für eine Schuld: DI. 5. Mai 76 (RdO. XVII, 331); vgl. n. 21; die Realisirung und Sicherung eines bereits erworbenen (unrechtmäßigen) Vermögensvortheils, z. B. durch den Verkauf einer gestohlenen Sache; so: Manh. 21. März 74 BAnn. 40 s. 145); die Erlangung oder Beibehaltung eines Besitzstandes, oder der Möglichkeit, (zeitweise) über eine fremde Sache (z. B. über fremdes Geld) zu verfügen: cit. ZRIII. 10. Jan. 80, ZI. 2. April 73 (RdO. XIV, 247); contra: Wolfenb. 13. Okt. 71 (StZ. I, 189); desgleichen die Erlangung eines Beweismittels für ein Vermögensrecht (z. B. einer Schuldverschreibung, eines Wechsels); die Ver schaffung des Absatzes einer Waare, die Erzielung einer Kundschaft, die Beseitigung eines KonknrrenzgeschäftS: ZI. 28. Sept. 77, 29. Mai 74 (RdO. XVIII, 611; XV, 340); vgl. jedoch n. 14. Der gesuchte Vortheil braucht kein bleibender (dauernder) zu sein; eS stellt daher die Erlangung einer verfrühtenZahlung einen Vermögens vortheil dar; nicht minder die Erlangung eines DarlehnS oder die Erwerbung einer Sache auf Kredit, und zwar selbst dann, wenn eine spätere Zahlung beab sichtigt und nach der Vermögenslage für genügend gesichert gehalten wurde: DreSd. 1. Nov. 72, 6. Mai 73 (StZ. H, 202; SGZ. XVII, 47. 185), ZI. 27. Jan. 75, ZII. 8. Juli 75 (RdO. XVI, 86. 526); contra: Merkel i. HH. in, 762. — In Betreff des besseren Fortkommens vgl. § 268 n. 3. 3. In gleicher Weife ist auch die (gänzliche oder zeitweilige) Abwendung eines drohenden Vermögensnachtheils ein Vermögensvortheil, da durch dieselbe ein gefährdetes Recht zu einem gesicherten wird: BI. 24. März 71, ZII. 1. Juni 72
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Betrug und Untreue. — § 263.
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wahrer Thatsachen einen Irrthum erregt oder unterhält, wird wegen Betruges mit Gefängniß bestraft, neben welchem auf (RcO. XII, 771; XIII, 331); DreSd. 17. Mär; 73, 10. Febr. 79 (SGZ. 17 s. 115; 23 s. 218: das Sichern eines Dermögensvortheils stehe dem „Verschaffen" gleich). Dies gilt um so mehr, wenn man jenen VermögenSnachtheil zu erleiden verpflichtet, seine Abwendung oder Hinausschiebung also rechtswidrig war. Demgemäß genügt die Absicht, die Zahlung einer fälligen Schuld oder einer verwirkten Geldstrafe '.Untersuchungskosten) oder eine begonnene (drohende) Exekutionsvollstreckung abzuweuden oder hinanSzuschieben, vollständig zur Erfüllung des Doluö: Beschl. I. 10. Jan. 73, ZI. 14. Juni 79 (RdO. XIV, 41; XX, 296); Darmst. 26. Febr. 72 (HEntsch. s. 15); Rüd. n. 3. Hiernach kann in der durch Benutzung eineö PostschemS über eine falsch deklarirte Postsendung herbeigeführten Hinausschiebung einer Zwangsvollstreckung ein Betrug erblickt werden: ARII. 23. März 80 (RdR. I, 499: je nach Umständen), BI. 26. April 71, ZI. 31. Okt. 72, 8. Juli 74, ZU. 25. April 78 (RdO. XII, 235; XIII, 568; XV, 478; XIX, 230). Contra: Schw. n. 6; MeveS i. StRH. XII, 164; Zimmermann i. GSaal XIV, 307; vgl. Mot. s. 132 ; JMVf. v. 26. Jan. 1872 (JMbl. s. 23); § 268 n. 2. 4. Der Erwerb einer fremden Sache gegen gleichzeitigen vollständigen Ent gelt gewährt keinen BelmögenSvortheil; hierbei ist aber in Betreff des vollstän digen Entgelts das zn § 242 n. 45 und zu § 246 n. 43. 46 Gesagte zu berück sichtigen ; vgl. n. 16. — Demgemäß ist es kein Betrug, wenn ein Arbeiter sich durch Täuschung den einem Andern zugedachten Auftrag zur Verrichtung einer gegen ent sprechenden Entgelt zu leistenden Arbeit verschasit; so: ZU. 28. März 56 (GA. IV, 751), vgl. jedoch n. 2. 5. Die Verdeckung einer früher begangenen Mißthat oder eineö früher ver schafften unredlichen rechtswidrigen Vortheils, sowie die Abwendung einer Unter suchung stellen für sich allein keinen (Vermögens-) Vortheil dar: Z. 1. April 68, Beschl. 22. April 68, Beschl. I. 10. Jan. 73 (RdO. IX, 243. 287; XIV, 41), Münch. 2. Nov. 78 (BEntsch. VIII, 524; Fall des § 349). DaS Gegentheil tritt ein, wenn durch jene Verdeckung der früher gewonnene Vortheil gesichert werden soll: BI. 17. Dez. 62, Z. 14. Mai u. 6. Sept. 71 (RdO. III, 7; XII, 287. 426); vgl. n. 3; § 268 n. 2. 5. 5a. Es genügt die thatsächliche Verbesierung der Vermögenslage (n. 2); der erstrebte DermögenSvortheil wird daher dadurch nicht ausgeschlossen, daß recht lich mit der Erlangung des Vortheils lästige, seinen Geldwerth erreichende oder gar übersteigende Verpflichtungen verbunden sind (wie eS ja beim Betrüge schon wegen der aus demselben erwachsenden Ersatzpflicht durchweg der Fall ist): ZRIII. 10. Jan. 80 (Entsch. I, 55). Vgl. n. 13. 6. Der gesuchte Vermögensvortheil muß ein „rechtswidriger", d. h. ein solcher sein, welchen zu beanspruchen man nicht daS Recht hat: ARI. 10. Nov. 79 (RdR. I, 48\ ZI. 13. Dez. 71, ZU. 13. Mai 72, ZI. 14. März 73, Münch. 17. Juli 75 (RdO. XII, 644; XIII, 302; XIV, 204; BEntsch. V, 360). Die Definition Merkel'« i. HH. III, 772: ein Vermögensvortheil sei rechtswidrig, wenn daS Objekt, um welches es sich handle, dem Vermögen eines Anderen durch daS Mittel der Täuschung entzogen werde, ist wohl zu enge gefaßt, bzw. sie greift in andere That bestandsmerkmale deS Betrugs hinüber. Dgl. auch GSaal 31 f. 250. 443: rechts widrig sei der Vortheil, auf dessen Wegnahme das Civilrecht einen Anspruch gebe (i Waag), bzw. dessen Objekt nicht aus civilrechtlichem Wege durch Klage zu erlangen sei (: Katz). — Doch braucht der Vortheil kein objektiv (absolut) rechtswidriger zu sein, eS genügt vielmehr schon ein Vortheil, welcher, ohne an sich rechtswidrig zu sein, diese Eigenschaft nur dadurch erlangt, daß er durch unerlaubte Mittel erzielt wurde, tote z. B. der Gewinn, den ein Kaufmann durch Absatz seiner Waare sucht, oder der Gewinn aus einem Darlehne, falls der Verkäufer, bezw. DarlehnSempfLnger den Käufer bezw. Darleiher lediglich durch Täuschung (z. B. über die Beschaffenheit des Kaufobjekts) zum Ankäufe oder zur Hingabe des DarlehnS bestimmt hat: ZI. 22. Jan. 80 (RdR. I, 261), Z. 26. Apr. 71, ZI. 18. Nov. 74, 21. Jan. 75, Zll. 27. Mai 75, ZI. 21. März u. 28. Sept. 77 (RdO. XII, 227; XV, 793; XVI, 86. 390; XVIII, 240. 611); vgl. ZI. 27. Sept. 76 (RdO. XVII, 606: betraf die Er-
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Thl. II. Abschn. XXII.
Betrug und Untreue. — § 263.
Geldstrafe bis zu dreitausend Mark, sowie auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden kann. zielung eines höheren Kaufpreises durch baö vorgespiegelte Vorhandensein eines mehr bietenden Konkurrenten); vgl. ZRIII. 10. Ian. 80, ZRI. 3. Mai 80 (Entsch. I, 55; RdR. I, 715) und unten n. 16. Ebendeshalb schließt die Angemessenheit deS für eine Dienstleistung geforderten Lohns die Rechtswidrigkeit des in diesem Lohne ge suchten Vermögensvortheils nicht aus, wenn der Angefchuldigte den Anderen durch unwahre Angaben zu bestimmen gesucht hat, ihm jene Dienstleistung aufzutragen: ZU. 1. März 77 (RdO. XVIII, 175). — Um so viel unbedenklicher genügt die Absicht, die Zahlung einer Schuld oder den Ersatz eines (drohenden oder erlittenen) Schadens auf Kosten eines Nichtverpflichteten (z. B. einen zu hohen Prozentsatz im Konkurse zum Nachtheile der übrigen Gläubiger), oder in einer Über die Verpflich tung hinausgehenden lästigeren Weise (z. B. die Ausübung eines an sich begründeten Rechts, trotz des einem Andern zustehenden ZurückbehaltungS- rc. Rechts oder auf Kosten der dem Schuldner nach § 715 der REPO, zustehenden Kompetenz zu er langen: VII. 23. Nov. 65, ZI. 27. Ian. u. 20. Okt. 70, ZU. 13. Juli 74, 18. Febr. 75, ZI. 16. Mai 77 (RdO. VI, 485; XI, 60. 536; XV, 495; XVI, 137; XVIII, 341), DreSd. 2. Mai 73 (SGZ. XVII, 176), Bad. OLG. 2. Dez. 80 (BAnn. 47 f. 8); ebenso die Absicht, für ein an sich begründetes, aber bestrittenes oder urkund lich nicht nachweisbares Recht unbefugter Weise ein Beweismittel oder eine günstigere Klage (z. B. dnrch eine Wechselunterschrift) zu gewinnen: ZRII. 3. Dez. 80 (RdR. II, 599: betraf einen Fall deS § 253), ZI. 30. Nov. 66, 17. Jan. 68 (RdO. VII, 677; IX, 32); vgl. jedoch VI. 14. Juni 76, VII. 24. Okt. 78 (RdO. XVII, 424; XIX, 482: entschieden, eS fehle an einem erstrebten rechtswidrigen Vermögensvor theile, wenn durch die Täuschung, z. B. durch Vorspiegelung deS Besitzes von Be weismitteln, nur das erlangt werden solle, was man vom Getäuschten zu fordern berechtigt sei, oder wenn dadurch nur die Beibehaltung eines rechtmäßigen BesitzstandeS bezweckt werde. — Die Provision aus einem bewußt unerlaubten, auf rechts widrige Benachtheilignng Dritter zielenden Geschäfte ist ein rechtswidriger VermögenSvortheil: ZRII. 12. Nov. 80 (Entsch. II, 436); ebenso der bei Gründung einer Aktiengesellschaft durch Vorspiegelung eines höheren als deS bedungenen Kaufpreises erzielte Gründerlohn; beschädigt wird hier das Vermögen der Aktienkäufer: BI. 10. Okt. 77 (RdR. XVIII, 625); vgl. n. 14. 7. Die Absicht eines späteren Ersatzes schließt die Annahme einer auf einen rechtswidrigen Vermögensvortheil gerichteten Absicht nicht ans: ZU. 19. April 66 (RdO. VII, 233; beil.): DreSd. 1. Nov. 72 (StZ. II, 202); vgl. n. 4. 16. 29. Auch wird die Rechtswidrigkeit des Zustandes durch die bloße Nichtbeseitigung des selben (seitens des Verletzten) nicht aufgehoben: ZRIU. 10. Jan. 80 (Entsch. I, 55). 8. Ob der Vermögensvortheil unmittelbar oder nur mittelbar gesucht wird, ist gleichgültig: Beschl. I. 11. März 74 (RdO. XV, 143: Fall deS § 268), Bad. OLG. 2. Dez. 80 (BAnn. 47 s. 8). 9. Da es gleichgültig ist, ob der Betrüger „sich ober einem Dritten" einen Vortheil verschaffen wollte, so bedarf eS nicht nothwendig der namentlichen Bezeich nung Desjenigen, für welchen der Vortheil gesucht wurde: ZI. 25. Juni 62 c. Bar thold. Dagegen genügt nicht die Feststellung: der Angeklagte habe auf die Gefahr hin gehandelt, ein Dritter möge die obwaltenden Umstände zur Erzielung eines un rechtmäßigen Vortheils für sich benutzen: ZI. 3. Juli 68 (RdO. IX, 433). 10. Ob der gesuchte Vortheil erlangt worden, ist gleichgültig; das Vergehen wird durch die zugefügte Dermögensbefchädigung vollendet: ZI. 24. Juni 63 c. Klix; Münch. 13. März 76 (BEntsch. VI, 107). Deshalb kommt eS nicht darauf an, ob die Erreichung Jm Absicht auf dem eingeschlagenen Wege möglich war, oder ob der Vortheil auf einem andern erlaubten Wege hätte erreicht werden können: VII. 7. Dez. 54 c. Naumann. 10a. Da der § die „Absicht" der Verschaffung eines rechtswidrigen Ver mögensvortheils fordert, so genügt nicht schon das Bewußtsein, daß die That einen solchen Vortheil zur Folge haben werde, selbst nicht in Verbindung mit dem demnächstigen Eintritte dieser Folge, bzw. mit der Annahme jenes Vortheils; so:
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Betrug und Untreue. - § 263.
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Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann ausschließ lich auf die Geldstrafe erkannt werden. Der Versuch ist strafbar. ZU. 15. Juni 76 (RdO. XVII, 435: ein Reservist hatte sich, zu einer Schießübung einberufen, um sich eine ehrenvollere Stellung zu verschaffen, für einen Unteroffizier angegeben und in Folge dessen auch eine höhere Löhnung bezogen). — Durch die Feststellung, daß dem Beschuldigten jedes Bewußtsein der Rechtswidrigksit gefehlt habe, ist auch die auf Verschaffung eines rechtswiorigeu Vermögensvortheils gerichtete Absicht verneint: ZI. 28. Juni 76 (NdO. XVII, 469). 11. Dagegen braucht die Absicht nicht ans „Beschädigung des Vermögens eines Andern" gerichtet zu sein (contra: Merkel i. HH. III, 761), vielmehr genügt hier das Bewußtsein, daß eine solche die Folge sein werde: ZU. 25. Sept. 62, ZI. 9. Nov. 64, 25. Sept. 68 (RdO. III, 32; V, 248; IX, 518), Manh. 3. Nov. 77 (BAnn. 43 s. 343); contra: Z. 11. Jan. 71 (RdO. XII, 26: erachtete auch dieses Bewußtsein für unwesentlich); ZRI. 6. Dez. 80 (RdR. II, 610), ZU. 13. Juli 74, BH. 4. Jan. 77, BI. 27. Juni 77 (RdO. XV, 495; XVIII, 10. 473), Schw. d. 28 und Puch. n. 7 (halten das Bewußtsein der Möglichkeit einer herbeizuführenden Beschädigung für ausreichend). 12. Einer Wechselbeziehung zwischen dem gesuchten Vortheile und der dem Andern zugefügten VermögenSbeschävigung bedarf eS nicht; jener braucht also nicht nothwendig in der Erlangung desjenigen zu bestehen, was dem Vermögen des Andern entzogen wird: ZI. 8. Okt. 69, Beschl. I. 11. März 74 (ein Fall deS § 268: RdO. X, 628; XV, 143); contra: BI. 22. März 54 (GA. II, 694); HS. II, 373ff.; Schütze f. 471 n. 7; Merkel i. HH. III, 764ff.; ML. s. 507 (nehmen die Nothwendigkeit einer Wechselbeziehung, nicht aber die einer Gleichheit von Vor theil und Nachtheil an). - Demgemäß genügt die Absicht, den Lohn zu erlangen, welchen ein Dritter für die Täuschung in Aussicht gestellt hat. — In demselben Sinne erkannte VII. 4. Ian. 77 (cit. n. 11), daß, wenn Jemand behufs Umgehung des ausländischen Zolls seinen Spediteur über die Natur einer Waare täusche und jener nun wegen falscher Deklaration in Geldstrafe genommen werde, ein zum Nach theil des Spediteurs verübter Betrug vorliege, ungeachtet der gesuchte Vortheil nur im Falle des Gelingens der Zolldefraude zu erlangen, dann aber jede Beuachtheiligung des Spediteurs ausgeschlossen war; vgl. jedoch n. 11. 13. „Ver möge ns beschädig ung" ist jede ungünstigere Gestaltung der Ver mögenslage: VII. 3. Juni 75 (RdO. XVI, 425), insbesondere also jede Verringerung des vorhandenen Vermögens, jede Beeinträchtigung eines Vermögensrechts, mag dasselbe ein fruchttragendes sein oder nicht (auch Kosten veranlassende LuxuSgegenstände gehören hierher, nicht aber falsche Banknoten rc.: VII. 9. Dez. 75, RdO. XVI, 788). Gleichgültig ist, ob daS Recht durch eine Klage geschützt war, und ob durch die Beeinträchtigung eine Ersatzklage begründet wird: Z. 11. Jan. 71 (RdO. XII, 26), ob dem Benachteiligten Mittel zur Abwendung deS Verlustes zu Gebote standen, z. B. ob da, wo die Beschädigung in dem Eingehen eines nachtheiligen Ver trags bestand, letzterer auf civilrechtlichem Wege anfechtbar fei: cit. VII. 3. Juni 75, Manh. 22. Juni 78 (BAnn. 44 f. 268); endlich, wenn die Beschädigung in der Belastung des Vermögens mit einer Schuld bestand, für welche zur Zeit der That ein Rechtsgrund fehlte, ob später dem Thäter ein entsprechender Anspruch gegen den Beschädigten wirklich entstanden ist: ZI. 22. Dez. 76 (RdO. XVII, 844); vgl. n. 28 ff. Um so unbedenklicher hat die Verfolgung wegen Betrugs nicht zur Voraussetzung, daß der Betrogene zuvor die Verwirklichung feiner civilrechtlichen Ansprüche mittels einer Civilkage versucht habe: Wolfenb. 17. Dez. 78 (Br. Z. 26 s. 49). 14. Wesentlich ist, daß das vorhandene Vermögen beschädigt sei; ebenso: ARI. 7. Juni 80 (RdR. II, 37: demgemäß sei auch bei einem aleatorischen Geschäfte die Frage, ob in dessen Eingehung eine Vermögensbeschädigung vorliege, nur nach dem zur Zeit des Vertragsabschlusses gegebenen Vermögenöstande zu beurtheilen); dazu genügt ein entgangener Gewinn, auf welchen der Betreffende Anspruch hatte; vgl. übrigens n. 15a; nicht aber die Entziehung einer bloßen spes, z. B. die Nicht erlangung eines in Aussicht stehenden Geschenks: ZI. 8. Sept. 54 (GA. VII, 716),
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Thl II. Abschn. XXII.
Betrug und Untreue. — 8 263.
Wer einen Betrug gegen Angehörige, Vormünder oder Erzieher begeht, ist nur auf Antrag zu verfolgen. Die Zurück nahme des Antrages ist zulässig. ri. Entw.: t-8 237. 238; II. Entw.: § 258; — Nov. v. 26. Febr. 1876 Art. 1; — Pr. StGB.: «5 241—43.] Vgl. §§ 264. 265. 247. 52. 32. 35; RGVG. §§ 27 Nr. 6. 73 Nr. 7. 75 Nr. 10; RStPO. § 261.
Preußeu: Vgl. Oej. v. 8. Mai 1837 §§ 17. 28.; NStPO. §§ 448. 449. 450. oder die Entziehung der Gelegenheit, durch Ausübung einer Gewerbshandlung etwas zu verdienen, z. B. einer Kundschaft: ZU. 28. März 56 (eit. n. 4), Münch. 12. Febr. 74 (LEntsch. IV, 90): es sei denn, daß es sich um eine bereits bestehende, auf einen ausdrücklichen oder stillschweigenden Vertrag zurückzuführende Geschäftsverbindung handelte; so: Beschl. I. 23. April 79 (RdO. XX, 223); vgl. n. 2. 4. Dasselbe gilt, wenn Jemand einem Kaufliebhaber einen höheren Preis abverlangt, als er ev. selbst (ober sein Kommittent) für genügend erachtet: BI. 27. Nov. 68 (RdO. IX, 620); vgl. übrigens n. 6. 66. — Wohl aber liegt eine Vermögensverringerung, bzw. ein Betrug vor, wenn der zum Abschlüsse eines Kaufs Bevollmächtigte mit dem Verkäufer zum Schein einen höheren Kaufpreis, als dieser beansprucht, verein bart und den Ueberschuß sich aneignet, sollte auch jener höhere Preis dem Werthe des Kaufobjekts entsprechen; der Ueberschuß wäre alSdann eben ein Gewinn gewesen welcher kraft Gesetzes dem Machtgeber zu Statten kam: hier kann daher auch nicht von einer Ausgleichung des Gewinns und Schadens (n. 16) die Rede sein: ZI. 18. Febr. 74 (RdO. XV, 88; der Machtgeber war eine Aetiengesellschaft, deren Gründer sich auf obige Weise des s. g. Gründerlohns versicherten, nachdem sie schon vor der Gründung sich ein Berkaussversprechen hatten geben lassen). Als Verrin gerung des Vermögensbestandes ist auch die Beeinträchtigung eines bedingten oder eventuellen Rechts (z. B. eines Vorkaufsrechts) anzusehn: ZI. 12. Juli 71, 13. März 73 (RdO. XII, 387; XIV, 199). 15. Demgemäß (n. 14) ist die Nichterzielung desjenigen Gewinnes, welchen ein durch Täuschung zum Abschlüsse eines Rechtsgeschäfts Veranlaßter dem nächst aus diesem Rechtsgeschäfte zu ziehen hoffte, für sich allein noch keine „Ver mögensbeschädigung", weil dadurch die Vermögenslage nicht schlechter wird, als wenn die Täuschung und der dadurch veranlaßte Geschäftsabschluß nicht stattgefunden hätten: VII. 19. Mai 64, ZU. 10. Jan. 67 (RdO. IV, 512; VIII, 20); vgl. D1I. 28. Mai 68, ZU. 15. April 69 (RdO. IX, 347; X, 233). — Anders gestaltet sich die Sache, wenn durch die Täuschung nicht der Abschluß des Rechtsgeschäfts herbeigeführt worden ist, eine solche vielmehr bei einem fehlerlos zu Stande gekommenen Rechtsgeschäfte in Betreff der Beurkundung desselben oder der (gleichzeitigen oder künftigen) Realisirung der einzelnen Modalitäten Statt gesunden hat, wenn z. B. statt der verlangten echten Waare eine verfälschte, oder wenn ein auf eine nicht existirende Person gezogener Wechsel oder wenn ein Werthpapier zu einem seinen Courswerth übersteigenden Betrage in Zahlung gegeben wird; in diesem Falle war durch den Vertragsabschluß ein Recht erworben, welche« beschädigt werden konnte: ZI. 3. Juli u. 2. Okt. 68, 22. Jan. 69, ZU. 15. Apr. 69, Z. 11. Okt. 71 (RdO. IX, 431, 537; X, 46. 233; XII, 504). Ebenso verhält es sich, wenn beim Abschlüsse eines gewagten Geschäfts die Aussichten auf ein Ergebniß günstiger dargesteüt werden, als sie wirklich sind; die Vermögensbeschädigung liegt dann in der Erlangung eines, geringere Chancen darbietenden Anspruchs: ZI. 14. Febr. 68, 9. Dez. 68 (RdO. IX, 136. 707). Vgl. n. 16. 22. — Nicht minder liegt eine Vermögensbeschädigung vor, wenn zu einem bestimmten Zwecke anvertraute Gegenstände zu einem anderen Zwecke verwendet werden, welcher deren Wiedererlangung für den Eigenthümer schwerer und unsicherer macht: Manh. 15. Nov. 76 (BAnn 43 s. 46) — Der Verkauf einer gestohlenen (und daher vindizirbaren) Sache bewirkt gleichfalls eine Vermögensbeschädigung: Manh. 21. März 74 (eit. n. 2). Dagegen wird durch die vertragswidrige Begebung eines s. g. Sicherheit- oder Depotwechsels das Vermögen des Indossatars nicht be schädigt; wohl aber kann darin eine Beschädigung des Vermögens des Ausstellers enthalten sein: ARI. 15. Nov. 80 (RdR. I, 515); vgl. n. 52. 15a. Der geschädigte VermögenSanspruch braucht nicht nothwendig ein recht-
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lich erworbener zu sein; so: ZRIII. 14. Jan. 80 (Entsch. I, 68. der Werk meister eine» Fabrikanten hatte durch die Vorspiegelung, die Arbeiter verlangten höhere Löhne, solche erhalten, und die Lohndifserenz sich angeeignet; hier wurde Be schädigung de» Vermögen» der Arbeiter angenommen, da diese zwar kein kontrakt, liche» Recht aus die LohnSerhöhuug gehabt hätten, thatsächlich aber mehr erhalten haben würden, wenn sie nicht vom Angeklagten durch da» Verschweigen jener Be. willigung de» Fabrikanten darum gebracht wären); vgl. auch Z. 2. Apr. 71 (RdO. XII, 227).
16. Ein gleichzeitiger vollfta ndige r Ersatz beseitigt die Bermögen-beschädigung: Bll. 28. Mai 68, Vl. 18. Dez. 68 (RdO. IX, 347. 751); daher trifft der § im Falle de» Austausche» gleicher Werthe nicht zu; hierher gehört der Fall, wo Jemand durch Täuschung veranlaßt wird, Ausgaben sür unnöthige Anschaffungen oder Genüsse zu machen. — Bei Prüfung der Frage, ob für tin aufgegebenes Vermögensobjekt vollständiger Ersatz geleiset sei, ist zu berücksichtigen, wa» zu § 242 n. 45 und zu § 247 n. 43. 46 auSgesührt wurde. C» find daher bei einem zweiseitigen Gesch"fte die in der Vermögenslage herbeigeführten Veränderungen im Ganzen in» Auge zu fassen und Leistung und Gegenleistung (jenachdem sie bereit» gemacht oder nur sür die Zukunft versprochen find) nach demjenigen Werthe gegeneinander abzuwägen, den fie im konkreten Falle individuell gerade für die Person haben, welche sie zu gewähren oder zu erlangen hat. Sonach kommt e» nicht auf denjenigen Werth an, welchen die Gegenleistung nach einer (etwa durch Sachvers ändige zu bewirkenden) Wertschätzung in Verkehr haben würde, sondern
lediglich auf den Werth, den dieselbe individuell sür den Getäuschten hat, ob also die betr. Sache für thn augenblicklich und sür den Zweck, zu welchem er sie erwerben wollte, jenen Werth hatte und ob, — wenn diese» nicht der Fall, — für ihn die Möglichkeit vorhanden ist, dieselbe sofort ohne Prei»verlust wieder zu ver'nßeru. Dabei sind auch die beim Geschäfte vorgesehenen Eventualitäten möglicher Nachtheile zu berttcksichtlgen, welchen der Get "uschte sich nur in der Erwartung eine» in Aus sicht gestellten Gewinne» au-setzte, welche er aber abgewendet haben würde, wenn er nicht gerade in Betreff de» letzteren getäuscht worden w"re: ZII. 30. März 65 (RdO. VI, 32). — Demgemäß ist eine Bermögen»beschädigung anzunehmen, wenn Jemand bei einem zweiseitigen Geschäfte in Folge einer Täuschung der Disposition über ein Vermögensobjekt verlustig wird und dafür nicht die vertragsmäßige, sondern eine andere, ihm minder werthe Gegenleistung erhält: ZI. 2. Juni 69, ZII. 9. Febr. 71, ‘4. Okt. 72 (RdO. X, 758; XII, 87; XIII, 552), z. B. statt der Baarzahlung eine Quittung über eine bestrittene Gegenforderung: Münch. 20. Nov. 73 (BEntsch. III, 576', oder statt eine» fehlerfreien ein mit Fehlern behaftete» Pferd (sollte dreseS auch an sich nicht zu theuer gelaust sein): ZI. 28. Febr. 79 (RdO. XX, 116); vgl. n. 25, oder wenn er eine Sache zu einem höher» Preise an- oder zu einem geringeren Preise verkauft, al» er sonst gethan haben würde: ZI. 20. Okt. 70 c. Grodzky; contra: Oldenb. 17. Jan. 72 (SeZ. I, 202: „die Erzielung eine» geringeren Verkauf-gewinne» al» de» gewöhnlichen durch einen Kaufmann sei keine Vermögens beschädigung, insofern er nur nicht mit Schaden verkaufe"; die Beschädigung liegt aber hier nicht im entgangenen Gewinn (□. 14], sondern in der Hingabe der ver kauften Sache für einen ihm nicht genügenden Preis); vgl. n. 6. 15.21a. Noch weiter ging ZI. 27. März 74 (RdO. XV, 194), welche» sür genügend erachtete, wenn Jemand beim Abschlüsse eine» Versicherungs-Vertrag- patt der gewollten eine andere nicht gewollte Gegenleis ung erh'lt, ohne Rücksicht darauf, ob diese Gegen« leistung materiell für thu von gleichem Werthe war. Ein andere» Beispiel, in welchem der Fall einer Ausgleichung von Gewinn und Schaden nicht angenommen wurde, ist bereit» unter n. 14 erörtert. — Bei der Täuschung über die Herkunft einer angekauften Waare wird der Thatbestand be» Betrug» nicht schon dadurch ausgeschlossen, daß die innere Güte der Waare au» der einen Bezugsquelle der Güte derjenigen au» der andern gleich ist; e» muß vielmehr auch der gangbare Preis der beiderlei Waaren der gleiche fein: ARIII. 10. März 80 (RdR. I, 444); ähnlich entschied ZI. 15. Dez. 75 (RdO. XVI, 797) in einem Falle, wo statt der vertrag»m"ßig zu liefernden Waare eine von anderer Beschaffenheit geliefert worden war; vgl. oben. — Daß durch die Möglichkeit eine» Ersatzes oder durch da» Bor-
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handensein eines demnächst geltend zu machenden RegreßanspruchS die Vermögensbeschädigung nicht ausgeglichen werde, ist selbstverständlich; vgl. n. 13. 29; ZI. 26. April 76 (cit. n. 2).
17. Hiernach kann es beim Abschlüsse eines zweiseitigen Geschäfts geschehen, daß sich beide Kontrahenten wechselseitig beschädigen und betrügen; es ist dann nicht etwa nur Derjenige strafbar, welcher dem Anderen den größeren Schaden zu gefügt hat; eine Aufrechnung der Schadenszufügung findet nicht statt. 18. Eine durch Täuschung herbeigesührte Vermogensbeschädigung behält diesen ihren Charakter auch dann, wenn es sich um die Erwerbung eines Rechtsanspruchs handelte, welcher im Falle der Wahrheit der vorgespiegelten Thatsachen rechtlich nicht besser gesichert sein würde, sobald nur im gedachten Falle die Lage thatsäch lich eine günstigere gewesen wäre. Hat z. B. Jemand unter dem falschen Vorgeben eine- ihm mündlich von einem Dritten ertheilten Auftrags bei einem Kaufmann Waaren auf Kredit entnommen, so liegt ein Betrug vor, selbst wenn ein wirklich ertheilter mündlicher Auftrag nicht genügt hätte, eine Klage gegen den Macht geber zu begründen, sobald nur thatsächlich auf dessen Bereitwilligkeit zu zahlen ge rechnet werden konnte; vgl. ZI. 5. Mai 69 (RdO. X, 290). Davon abgesehen, liegt im gedachten Falle eine DermögenSbeschädigung auch darin, daß der Kaufmann (nach Pr. ALR. I, 9 § 13) von dem Bevollmächtigten die Abtretung seiner Klage gegen den Machtgeber fordern kann, während dieses Recht bei der simulirteu Voll macht gegenstandslos ist: ZU. 13. Juni 67 (RdO. VIII, 370). 19. Der Umstand, daß die in dem Vertrage übernommene Gegenleistung noch nicht gezahlt ist, steht der Annahme einer durch den Vertragsabschluß erlittenen Vermögensbeschädigung nicht entgegen: ZII. 1. Juni 61 c. Dange; vgl. n. 24. 20. Die Abtretung deS Eigenthums an einen Andern (ohne vollständigen Entgelt) ist auch dann eine Vermögensbeschädigung, wenn der letztere bereits vorher den Gewahrsam der Sache hatte: ZII. 19. Mai 70 (RdO. XI, 324). 21. Die Entziehung eines Hypothekenrechts oder einer Bürgschaft ist eine Vermögensbeschädigung, auch wenn nicht feststeht, daß sonst die persönliche Forderung nicht genügend gesichert sei: ZI. 22. Jan. 69, Z. 25. Oft. 73, ZI. 3. April 78 (RdO. X, 46; XIV, 670; XIX, 188), Manh. 17. Mai 76 (BAnn. 42 s. 273). 22. Zum Thatbestände deS vollendeten Betrugs genügt eine nur vorüber gehende Beeinträchtigung eines Vermögensrechts, z. B. die zeitweilige Entziehung der VerwaltungS- oder Verfügungsgewalt über eine Sache: VI. 30. Sept. 64, ZII. 24. Okt. 72 (RdO. V, 144; XIII, 552); die Verzögerung einer fälligen Zahlung: ZI. 6. Nov. 63 (RdO. IV, 161); die zeitweilige hypothekarische Belastung eines Grundstücks: ZI. 5. Juli 61 (RdO. I, 506); oder das zeitweilige Entbehren eines Aequivalents für ein hingegebenes Vermögensobjekt: ZII. 24. Ott. 72 (RdO. XIII, 552), Dresd. 31. Mai 75 '(SGZ. XX, 20); vgl." n. 2. 15. 16. In der Prolonga tion eines Wechsels kann eine Vermögensbeschädigung selbst dann erblickt werden, wenn der Schuldner zur Zeit derselben, resp, am ursprünglichen Verfalltage keine Zahlungsmittel besaß: ZRII. 21. Okt. 79 (RdR. I, 12). 23. Demgemäß ist auch die Verkümmerung deö Rechts eines Gläu bigers, aus dem Vermögen seines Schuldners Befriedigung zu erlangen, eine Vermögensbeschädigung, sollte diese Verkümmerung auch nur durch die Verzögerung seiner Befriedigung, z. B. durch Hinausschiebung der Exekution, oder durch Ent ziehung eines einzelnen ExekutionSobjektS aus der begonnenen Vollstreckung stattfinden: ZRI. 23. Okt. 79 (RdR. I, 13), ZI. 12. Jan. 72, ZII. 1. Juni u. 11. Juli 72, ZI. 21. Juni 76, 12. Febr. 79 (RdO. XIII, 40. 331. 413; XVII, 443; XX, 78), Manh. 29. Juli 73 (BAnn. 40 f. 93), Münch. 9. Juli 75 (BEutfch. V, 336), ZI. 8. Juli 74 (RdO. XV, 478); contra: Schw. n. 6. Der Notar, welcher einen simulirten Verkaufsakt aufnimmt, wissend, daß dadurch die Gläubiger des Verkäufers in der ihnen zustehenden Exekutionsvollstreckung behindert werden sollen, leistet da durch Hülfe zum Betrüge; so: ZI. 31. Jan. 68 (RdO. IX, 85). 24. Ebenso stellt die Uebernahme einer formell rechtSbeständigen Verbindlichkeit eine Vermögensbeschädigung dar, selbst wenn der Verpflichtete sich durch einen ihm obliegenden Gegenbeweis von der Erfüllung befreien kann: ZII. 9. Jan. 73, ZI. 26. Mai 76 (RdO. XIV, 34; XVII, 382), Dresd. 10. Jan 73 (SGZ.
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XVII, 83), Manh. 28. Nov. 74 (BAun. 41 s. 16), Merkel i. HH. III, 774; durch das Gelingen dieses Gegenbeweises wird der früher vollendete Betrug nicht beseitigt: ZI. 1. März 67 MdO. VIII, 150); vgl. n. 13. DaS gilt namentlich von der durch Täuschung herbeigefiihrten Ausstellung oder Aceeptation eines Wechsels für eine Nichtschuld, oder von der Ausstellung zweier Wechsel über den vollen Betrag einer nur einmal verschuldeten Summe: ZNIII. 7. Jan. 80 (RdR. I, 196); ZI. 5. April li. 22. Mai 67, ZU. 20. Febr. 73 (RdO. VIII, 238, 321; XIV, 151) ; Stuttg. 14. Febr. 72 (StZ. II 197); vgl. ZRI- 6. Dez. 80 (RdR. I, 610: nahm in einem ähnlichen Falle an, daß sogar die Absicht des Thäters, den Wechsel zur Verfall zeit einzulösen, den Thatbestand des § nicht ausschließe); contra.- Abh. i. GA. V, 751; HS. II, 357, welche erst im Falle der Geltendmachung eines so entstandenen Wechsels einen Betrug (Betrugsversuch) annahmen; vgl. BI. 10. Dez. 62, Münch. 27. Sept. 79 (RdO. III, 166; BEntsch. IX, 441), welche die Uebernahme einer (wegen Minderjährigkeit des Ausstellers) unverbindlichen Wechselschuld nicht als Bermögensbelchädigung betrachteten). — Ebenso verhält eö sich mit der Abtretung eines Forderungsrechts: Münch. 4. Okt. 73 (StZ. III, 123); desgl. mit der Be lastung in einer laufenden Rechnung: ZU. 20. Febr. 73 (RdO. XIV, 151). 25. Aus demselben Grunde (n. 23) ist auch die (den Dermögensstand zeitweise verschlimmernde) Gefährdung eines Vermögensrechts eine Vermögensbeschädigung: ZI. 10. Dez. 69 (RdO. X, 782); z. B. die Erlangung eines unsichern Forderungs rechts, oder die Annahme eines zweifelhaften Zahlungsmittels: ZU. 19. Juni 73, ZI. 6. März 74 (RdO. XIV, 448; XV, 132), insbesondere die Hingabe eines Darlehns an einen unsicheren Schuldner, sollte auch später die Rückzahlung erfolgen: ZI. 26. Okt. 70, 29. Nov. 71, 28. Mai 73 (RdO. XI, 529; XII, 598; XIV, 407); die Erlangung einer zweifelhaften Hypothek oder die Gewährung eines Kredits statt der zu beanspruchenden Baarzahlung: ZI. 6. Nov- 63, 18. Sept. 74 (RdO. IV, 161; XV, 576), Dresd. 12. Mai 71 (GA. XIX, 765); vgl. n. 16; die Verwicklung in einen Prozeß (oder in ein Gantverfahren): ZI. 5. Juli 65, 14. Febr. 71, 10. Iuui 74, Manh. 10. Nov. 77 (RdO. VI, 233; XII, 110; XV, 381; BAnn. 43 s. 345). Contra '. Schw. n. 6. 7; HS. II, 357; ML. L 508. 26. Dasselbe gilt von der (die Beweislast erschwerenden) Entziehung eines Beweismittels: ZI. 11. Dez. 67 (RdO. VIII, 786), sowie umgekehrt von dem Falle, wo der Gegner eine bevorzugte Klage oder ein Beweismittel für einen ein Vermögensrecht betreffenden Anspruch (z. B- eine Quittung Äber eine nicht geleistete Zahlung oder eine Bescheinigung über nicht bewilligte Zahlungsfristen) erlangt: ZI. 30. Nov. 66 (RdO. VII, 677); Münch. 13. März 76 (BEntsch. VI, 107: mithin liege in einem solchen Falle nicht etwa ein bloßer Versuch vor, wenn der Thäter seinen Endzweck doch nicht erreichte, wenn dem Verletzten vielmehr gelang, die ihm aus dem Mangel des Beweismittels drohenden Folgen abzuwenden). Ebenso verhält es sich mit der Weiterbegebung eines bereits bezahlten Wechsels: ZU. 25. Sept. 62 (RdO. III, 32); vgl. n. 24. 51. 27. Dagegen ist die Erfüllung einer Verbindlichkeit an und für sich keine Vermögensbeschädigung; es ist daher kein Betrug, wenn Jemand einen Andern durch Täuschung veranlaßt, dasjenige zu leisten, waS er rechtsverbindlich schuldet, sofern nur die Leistung in keiner Weise daS Maß der Verpflichtung übersteigt: Vl. 17. Febr. 70 (Entsch. 44. 2. 93); vgl. n. 16. DicS gilt selbst dann, wenn die Forderung durch Urtheilsspruch noch nicht festgestellt ist; so: Bll. 24. Okt. 78 (RdOXIX, 483); vgl. n. 6. DaS Gegentheil ist der Fall, wenn Jemand, um Sicherheit bzw. Deckung für eine Forderung zu erhalten, seinen Schuldner durch Täuschung veranlaßt, ihm Vermögensstücke zu überliefern: ZRIII. 10. Jan. 80 (RdR. I, 55). 28. Gleichgültig ist es, ob die herbeigeführte Dermögensbeschädigung un vermeidlich war: ZI. 19. Sept. 55 c. Baum; vgl. n. 13. 28a. Um so viel weniger schließt der Verkauf einer Aktie rc. zum Tages kurse die Möglichkeit eines Betrug« auö; ersetzt nur den Käufer in die Lage, durch sofortigen Weiterverkauf der Aktie rc. den etwaigen Dermögenöschaden auf Andere zu übertragen; ev. wären dann diese die „Beschädigten"; so: ZU. 21. Okt. 75 (GA. 23 s. 560); vgl. n. 28 b. 28b. Die Beschädigung des Vermögens einer Aktiengesellschaft ist mittelbar eine Beschädigung des Vermögens der Aklionäre. Ob dieselbe sofort oder erst später,
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ob sie zum Nachtheile der jetzigen oder zum Nachtheil der späteren Aktienbesitzer evident wird, ist gleichgültig: DreSd. 16. April 77 (SGZ. 22 s. 46); vgl. n. 28a. 29. Durch die Absicht und die Möglichkeit eines später zu leistenden Ersatzes wird die Vermögensbeschädigung nicht aufgehoben; die demnächstige Leistung eines solchen beseitigt dieselbe nur sür die Zukunft, macht also den früher vollendeten Be trug uicht straflos: ZU. 27. Jan. 70, 20. Febr. 73 (RdO. XI, 60; XIV, 151); vgl. ZRIII. 10. Jan. 80 (Entsch. I, 55). Dasselbe gilt von einer eine Kompen sation ermöglichenden Gegenforderung des Betrügers: ZI. 7. Febr. u. 13. Juni 73; contra: Dl. 20. Sept. 71 (RdO. XIV, 125.419; XII, 475). Noch unbe denklicher wird der durch einen Verkaufsabschluß verübte Betrug durch die spätere Annullirung deS Vertrags nicht wieder aufgehoben: ZI. 18. Sept. 74 cit. n. 25. Vgl. n. 4. 7. 13. 16. 25. 30. Auch die Vermogensbeschädigung muß eine rechtswidrige sein. Als eine solche ist die durch den Ehemann bewirkte Belastung der Gütergemeinschaft mit einer stmulirten Forderung zum Nachtheile der Fran auch dann auzuseheu, wenn jener unbeschränkt befugt war, ernstlich gemeinte Schulden zu machen: ZI. 30. Sept. 68 (RdO. IX, 518. 31. Die Feststellung des Betrags der zugefügten Vermögensbeschädigung ist nicht geboten: ZRI. 22. April 80 (RdR. I, 645), und ebensowenig diejenige des Betrags des erstrebten Vermögensvortheils: ZU. 22. April 79 (RdO. XX, 219). Jena 77 (Voll. 25 s. 163) erachtete mit der Feststellung der auf Erlangung eines rechtswidrigen Vermögensvortheils gerichteten Absicht auch das Bewußtsein des Thäters vom Eintritte der Beschädigung des Vermögens eines Anderen (n. 11) für festgestellt [?]; vgl. n. 12. 32. Die Vermögensbeschädigung muß „durch Erregung rc. eines Irrthums" zugefügt sein. Es ist kein Betrug, wenn Jemand durch Täuschung veranlaßt wird, etwas zu thun, was er anch ohnedies zu thun Willens und bereit war: ARI. 10 Nov. 79 (RdR. I, 48), VI. 31. Jan. 68 (RdO. IX, 77); doch schließt die bloße Mög lichkeit, daß der durch Täuschung zu einem Handeln Veranlaßte ebenso gehandelt hätte, wenn er nicht getäuscht worden wäre, die Anwendung der § nicht aus; so; Manh. 15. Nov. 76 (BAnn. 43 s. 46). Jedenfalls wird der Thatbestand des Be trugs Versuchs nicht durch die Möglichkeit ausgeschlossen, daß die im Falle deS Gelingens zugefügte Vermögensbeschädigung auch ohne die beabsichtigte Irrthums erregung eingetreten sein würde: ZI. 20. Dez. 76 (RoO. XVII, 832); vgl. n. 38. Ebendeshalb genügt nicht schon der Gebrauch eines falschen Namens beim Abschlüße
eines Vertrags, wenn nicht eben hierdurch die Beschädigung verursacht, z. B. eine Klageverfolgung erschwert ist; vgl. DreSd. 2. Sept. 73 (StZ. II, 116). Aus dem selben Grunde ist eS kein Betrug, wenn Jemand ein erschlichenes (echtes) Wechsel accept weiter begiebt, ohne der Erschleichung Erwähnung zu thun: DreSd. 20. Okt. 73 (SGZ. XVIII, 87), noch auch, wenn ein Käufer den Verkäufer durch Täuschung bestimmt, ihm die bereits gezahlte KauspreiSsumme wieder vorzuzeigen, letztere dann plötzlich einstreicht, um durch Verweigerung der Rückgabe einen Nachlaß am Kauf preise zu erzwingen, und seinen Zweck aus diesem Wege auch wirklich erreicht; so: Münch. 17. Aug. 77 (BEntsch. VII, 382); vgl. übrigens n. 33. Wohl aber kaun jener Zusammenhang darin gefunden werden, daß die DiSkontirung von Gefälligkeits wechseln durch das falsche Vorgehen, es seien reelle Geschästswechsel, herbeigeführt wurde: ZI. 25. Mai 77 (RdO. XVIII, 345). — Jener Kausalzusammenhang bedarf der ausdrücklichen Feststellung: BII. 10. Dez. 68, VI. 4. Febr. 70 (RdO. IX, 718; XI, 75), Münch. 16. Nov. 77 (BEntsch. VII, 475). 33. Da es kaum denkbar sein wird, daß die Irrthumserregung, also etwas rein Geistiges, unmittelbar eine Einwirkung auf das Vermögen als etwas Sach liches ausübe, so wird wesentlich vorausgesetzt, daß durch die Irrthumserregung der Getäuschte zu irgend einem Thun oder Unterlassen veranlaßt werde, welches die BermögenSbeschädigung zur Folge hat: ZI. 16. Febr. 72 (GA. XX, 111). Sonach genügt ein mittelbarer Kausalzusammenhang zwischen Täuschung und Beschädigung: VI. 17. Sept. 58 c. Taubenheim; Stuttg. 14. Jan. 74; DreSd. 16. Ian. 74 (WGbl. VIII, 233; StZ. IV, 184). Daß der Betrüger selbst, nach der Irrthums-
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erregung, noch eine weitere Thätigkeit zur Herbeiführung der Vermögensbeschädigung entwickele, gehört nicht zu den Merkmalen des Betrugs: ARIII. 3. Dez. 79 (RdR. I, Ul). 34. Welcher Natur dasjenige Thun (Unterlassen) gewesen, zu welchem der Ge täuschte veranlaßt worden, ist für den Thatbestand gleichgültig; dasselbe braucht so nach nicht in der Eingehung eines Rechtsgeschäfts zu bestehen: ein Betrug kann sehr wohl anch in Beziehung auf ein bereits bestehendes Rechtsverhältniß, na mentlich in Bezug auf die Erfüllung eines Vertrags verübt werden: VI. 26. Okt. 53, Darmst. 8. Mai 76 lGA- II, 832, HEntsch. 76 s. 64). Ebensowenig braucht die Handlung in einer Disposition über Vermögensrechte zu bestehen; selbst eine strafbare Handlung kann genügen; contra: Merkel t. HH. III, 763. 35. War der erregte Irrthum für den Getäuschten der BestimmungSgrund, welcher ihn zu dem beschädigenden Handeln oder Unterlassen veranlaßte, so ist eS unwesentlich, ob derselbe sich für rechtlich verpflichtet erachtet hatte, so zu han deln rc.; der § trifft auch da zu, wo er aus freier Entschließung und mit dem Be wußtsein seiner Handlungsfreiheit thätig war: ZI. 6. Nov. 63, 8. Juni 66, 26. April u. 27. Sept. 76 (RdO. IV, 161; VII, 388; XVII, 279. 606). 36. Demgemäß liegt ein Betrug auch da vor, wo Jemand durch Täuschung veranlaßt ist, eine vermeintliche moralische Pflicht zu erfüllen, ein Geschenk (eine Unterstützung) zu geben, oder eine Mildthätigkeit zu üben; z. B. wenn ein Bettler durch falsche Vorspiegelungen den Glauben erregt, daß er nur durch einen Unglücksfall momentan hülfsbedürftig geworden sei: ZU. 6. März 56, ZI. 6. Sept. 76 (IMbl. 56 s. 115; RdO. XVII, 545); DreSd. 30. Okt. 71, 17. März 73, 10. April 76 (SGZ. XVI, 56; XXI, 51; StZ. III, 24); Wolfenb. 9. Sept. 73 (StZ. III, 124); BL. s. 554, HS. II, 355; ML. s. 509; contra: ZI. 7. Okt. 62 (RdO- III, 82: beil.), und für den Fall einer gemeinen Bettelei unter lügen haften Vorspiegelungen: VII. 22. Sept. 53 (Entsch. 26 s. 155); eit. Wolfenb. — Jedenfalls trifft § 263 zu, wenn sich die Täuschung auf die Person bezog, welcher das Geschenk zufließen sollte, z. B. angebliches Kollektiven für milde Zwecke: Münch. 17. Juli 75 (BEntsch. V, 360); Rüd. n. 8; contra: Merkel Abh. s. 200 (nimmt hier Unterschlagung an); sowie da, wo eine Gemeinde-Armenverwaltung durch Täuschung zur Verabreichung einer Unterstützung veranlaßt ist (sie will keine Mild thätigkeit üben, sondern eine Pflicht erfüllen): ZI. 8. Juli 70 (RdO. XI, 394). — Vgl. WGbl. VII, 247. 37. Wegen des Mangels des Kausalzusammenhanges zwischen Täuschung und Vermögensbeschädigung stellt die Nichterfüllung einer Verbindlichkeit, oder der Mißbrauch einer vertragsmäßig erworbenen Befug ni ß (;. B. Ueberschreitung der vertragsmäßigen Anzahl der Exemplare eines verlegten Werks Seitens des Ver legers) keinen Betrug dar: Dresd. 4. Dez. 71 (StZ. I, 293). Dies trifft jedoch daun nicht zu, wenn schon beim Eingehen der Verbindlichkeit deren Nichterfüllung beabsichtigt, die betreffende Zusage daher (von vorne herein) nicht ernstlich gemeint, sondern nur die Form, bezw. das Mittel war, um von dem Mitkontrahenten die ausbedungene Gegenleistung zu erlangen; vgl. u. 46; DreSd. 11. Febr. 78 (StZ. VIII, 228: betraf das Erschwindeln von Miethpfenningen); contra: DreSd. 8. Mai, 17. Nov. u. 16. Dez. 71, 2. Sept. 72 (SGZ. XV, 157; XVI, 91. 235. 361; StZ. II, 116); Münch. 28. Febr. 73 StZ. II, 292); Schw. i. SGZ. XVI, 294. 38. Liegt der Kausalzusammenhang vor, so wird die Strafbarkeit nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Beschädigung auch ohne die Täuschung (in Folge eines andern Ereignisses) eingetreten sein würde; vgl. n. 32. noch dadurch, daß andere Umstände für den die Beschädigung herbeifübrenden Entschluß deö Beschädigten milbestimmend waren: VI. 10. Okt. 77 (RdO. XVIII, 625).
39. Der Irrthum muß „durch Vorspiegelung einer falschen oder durch Ent stellung einer wahren Thatsache" rc. erregt sein. In Betreff des Begriffs „That sache" vgl. § 131 n. 2; § 186 n. 7. 8. Die Rechtsprechung hat dem Begriffe hier mitunter eine engere Bedeutung beigemeffeu und von demselben namentlich innere Zustände des Menschen grundsätzlich ausgeschloffeu; contra (mit Recht): Haager i. GSaal 27 s. 575; vgl. d. 45. 46. Ob die Thatsache der Vergangenheit an gehören, oder zur Zeit noch bestehen soll, ist gleichgültig: Bl. 12. Okt. 60 c. Günther;
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ebenso ob dieselbe mit Sicherheit sestgestellt werden kann; es genügt, wenn auf ihre Existenz eine Schlußfolgerung zu ziehen ist: ZU. 2. Dez. 69 (RdO. X, 758). Dem gemäß gehören nicht allein alle Eigenschaften und Zustände eines Gegenstandes der Körperwelt, z. B. das Gewicht eines Gegenstandes bei Verkäufen nach Gewicht: ZU. 9. Jan. 77 (RdO. XVIII, 18): die Realisirbarkeit, bezw. Erweislichkeit einer Erbschaft: ZU. 4. Jan. 77 (GA. 25 s. 56); die amtliche Eigenschaft einer Person: ZI. 22. Dez. 76 (RdO. XVII, 846) hierher, sondern auch Dasjenige, was nur der Gedankenwelt angehört, sobald eS als Feststehendes, Anerkanntes, nach Außen er kennbar Gewordenes erscheint: ZU. 23. Okt. 73 (RdO. XIV, 659); z. B. der Cours eines Werthpapiers: ZU. 21. Apr. 74 (RdO. XV, 244), sowie überhaupt der Werth von Sachen und die Art und Weise seiner Ermittelung (selbst wenn letztere auf einer Selbstschätzung des Angeschuldigten, mithin auf dessen subjektiver Ansicht beruhen soll): ZI. 15. Nov. 76 (RdO. XVII, 740); vgl. DreSd. 30. Nov. 75 (SGZ. XX, 15: betraf die Versicherung, eine Bank sei gut, abgegeben bei einem Geschäfte in Papieren derselben). Ist dieses der Fall, so kommt Nichts darauf an, ob die vor gespiegelte Thatsache thatsächlich, juristisch oder moralisch möglich ist; es genügt, wenn der Glaube an ihre Existenz hervorgerufen werden sollte (Beisp.: der Besitz übernatürlicher^Kräfte K.): »II. 15. Dez. 65 (RdO. V, 365); eit. ZU. 23. Okt. 73, ZI. 16. Juli 75 (RdO. XVI, 550); contra: Zimmermann i. GSaal 29 s. 131. 40. Hiernach ist auch das Vorhandensein eines Rechts bezw. Rechtsan spruchs eine Thatsache: Dl. 21. Jan. 63, ZI. 12. Febr. 79 (RdO. III, 225; XX, 78: jeder RechtSerwerb setze eine Thatsache voraus; wer sich daher auf ein Recht berufe, behaupte damit gleichzeitig eine Thatsache, auö welcher dasselbe hervorgegangen sei); vgl. VI. 18. Jan. 78 (ib. XIX, 28: eine „Thatsache" sei freilich nicht die Vor nahme einer juristischen Interpretation als einer geistigen Thätigkeit; wohl aber könne im Vorhandensein einer bestimmten RechtSüberzeugung über den Inhalt und die Bedeutung einer Willenserklärung bei dem Erklärenden, bezw. die Erklärung Annehmenden eine innere „Thatsache" erblickt werden). 41 ebenso daS Bestehen einer Rechtsregel (einer feststehenden Ge richtspraxis oder eines Verwaltungsgrundsatzes); ein Betrug kann daher durch Er regung eines Rechtsirrthums verübt werden: ZNIH. 7. Ian. 80 (RdR. I, 196: betraf eine Täuschung über die rechtlichen Folgen der Unterzeichnung eines Wech sels), 311. 17. Okt. 67, ZI. 8. Juli 70 (RdO. VIII, 605; XI, 403). Daraus darf jedoch nicht gefolgert werden, daß die wissentliche Überschreitung einer ge setzlich (obrigkeitlich) festgesetzten Taxe, selbst ohne den Hinzutritt besonderer Um stände, einen Betrug darstelle; vgl. Dresd. 24. Nov. 73 (StZ. III, 357); § 352 n. 5. 42. Ebenso gehört hierher daS absichtliche Ziehen einer falschen (thatsächlichen) Schlußfolgerung aus richtigen Voraussetzungen, z. B. die Angabe eines falschen Ergebnisses einer in ihren einzelnen Ausstellungen richtigen Berechnung: ZI. 8. Febr. 67 (RdO. VIII, 107); vgl. n. 40. 43 ebenso die vorgegebene Nichtkenntniß eines dem Gebiete des Thatsächlichen angehörenden Umstandes: ZI. 12. April 61 c. Dahlström. 43a ebenso die Vorspiegelung des Besitzes eines sicheren Heilmittels und der Fähigkeit, die einzig sichere Belehrung über Heilung gewisser Krankheiten zu ertheilen: ZU. 13. März 79 (GA. 27 s. 373).
44 ebenso die voraussichtlich künftige Rentabilität eines Unter nehmens; contra: HS. II, 361 (sofern die Vorspiegelung sich nicht zugleich aus eine Wahrheitsentstellung rücksichtlich der Thatsachen gründe); vgl. n. 15. 39. 47. 44a ebenso die Vorspiegelung der eigenen (augenblicklichen) Solvenz: ZRIII. 3. li. 10. April 80 (RdR. I, 535. 563: seien auf Grund dessen Waaren geliefert worden, so könne Betrug angenommen werden, wenn auch die Absicht, daS Gekaufte nicht zahlen zu wollen, nicht feststehe). Doch ist jene Vorspiegelung nicht schon in einer Waarenbestellung auf Credit seitens eines zur Zeit insolventen Kaufmanns implicite enthalten: ARIII. 7. April 80 (RdR. I, 558). Vgl. n. 54. 44b. Ferner kann in der Abgabe und Annahme von Scheingeboten (bei einer Versteigerung) das Vorspiegeln einer falschen Thatsache erblickt werden: ZRII. 30. Nov. 79 (GA. 28 s. 35), ZI. 20. Sept. 78 (RdO. XIX, 425).
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45. Ebenso ist die unwahre Versicherung einer bei einem Dritten verwal tenden Absicht, z. B. daß ein Dritter bereit sei, eine sremde Verbindlichkeit zu erfüllen, zur Herstellung eines Betruges geeignet: ZI. 24. Mai 71, ZU. 23. Okt. 73 (RdO. XII, 284; XIV, 659). 46. Dasselbe gilt nicht minder von dem Vorspiegeln re. der eigenen Ab sicht, in irgend einer Weise zu handeln; ebenso: ZRI. 8. März u. 6. Dez. 80 (Entsch. I, 305; RdR. II, 610). Namentlich kann durch Uebernahme einer Ver bindlichkeit, welche nicht zu erfüllen man von Ansaug an entschlosien war, ein Be trug verübt werden, wenn jene lediglich als Mittel zur Erlangung einer ausbedun genen Gegenleistung diente, sollte letztere auch nur in einem Handgelde, z. B. in s. g. Miethpfennigen bestehen: Stuttg. 12. Nov. 73, Manuh. 6. Juli 72, 14. Juli 77, Wolfenb. 8. März 77 (StZ. III, 214; BAnn. 38 s. 241; 43 f. 216; Br. Z. 24 s. 65); Darmst. 25. Okt. 75 (HEntsch. s. 43: betraf ein Eheversprechen); Haager i. GSaal 27 s. 564; Zimmermann ib. 29 s. 138; vgl. n. 37. Dem entsprechend er blickten ZRI. 10. Juni 80 (RdR. II, 54), VII. 3. Juni 75, ZI. 10. Apr. 78 (RdO. XVI, 425; XIX, 208) in dem fälschlichen Vorgeben, eine Schuld (einen Wechsel) zur Stelle (mit aufgezähltem Gelde) zu bezahlen, bzw. ein Kaufgeschäft gegen Baar zahlung eingehen zu wollen, ZRIII. 24 Jan. u. 11. Dez. 80 (RdR. I, 272; II, 629), ZU. 19. Nov. 74 (RdO. XV, 795) in einer nicht ernstlich gemeinten Be stellung (einer Waare bei einem Kaufmanne) die Vorspiegelung einer falschen Thatsache. Contra: die frühere Rechtsprechung des Pr. OTr.'S, welche annahm, die angeblich vorhandene eigene Willensrichtung in Beziehung auf ein späteres Thun oder Unterlassen, insbesondere auf die künftige Erfüllung einer über nommenen Verbindlichkeit, sei zu sehr dem Wechsel der Entschließung ausgesetzt, um für eine „Thatsache", also für etwas Fertiges, zur Existenz Gelangtes gelten zu können; vgl. ZU. 24. Nov. 53, BI. 22. Sept. 65 (Entsch. 26 s. 418; RdO. VI, 326); ferner ZU. 3. Nov. 77 (RdO. XVIII, 689: betr. Verlassen des Dienstes nach Empfang eines unter Verschweigung der deSfallsigen Absicht begehrten Lohn vorschusses); ähnlich: DreSd. 2. Sept. 72, Münch. 28. Febr. 73, 13. Mai 75 StZ. II, 116. 292; BEntsch. V, 202); Meckl. OG. (GSaal 28 s. 506); Merkel i. HH. III, 753. 47. Die Thatsache muß konkreter, spezieller Natur sein; allgemeine Ur theile und Anpreisungen in Betreff gewisser, einer Person oder Sache angeblich beiwohnender, durchaus relativer und eben deshalb objektiv gar nicht sestzustellender Eigenschaften gehören nicht hierher. Dagegen kann unbedenklich in der Versicherung bestimmter angeblich vorhandener Eigenschaften, zumal solcher, welche, wenn sie Sachen betreffen, Gegenstand der Gewährleistung sein würden, das Vorbringen falscher Thatsachen gesunden werden; z. B. in Versicherungen über die Vermögeuölage oder die Zahlungsfähigkeit einer Person (§ 207, I, 14 Pr. ALR. steht dem nicht entgegen): ZI. 10. Okt. 66 ^RdO. VII, 523); oder über den Werth eines VermögensstückeS (i. c. eines Grubenfelds): Dresd. 19. Juli 78 (SGZ. 23 s. 43); oder über den Ursprung, den Einkaufspreis oder eine spezielle Qualität einer Waare, insbesondere über die Gesundheit eines verkauften Stückes Vieh oder über die „Güte" einer Forderung: ZRI. 22. Jan. 80 (RdR. I, 261), ZII. 27. Okt. 66, ZI. 8. März 71 (RdO. VII, 588; XII, 142), DreSd. 8. März 72, 14. Jan. 78, Münch. 27. Juli 77 (StZ. I, 361; SGZ. XXII, 243 (BEutfch. VII, 328), Dreöd.'9. Juli 75 (SGZ. XX, 74: ein Wirth hatte einheimisches Bier als bayerisches und zu dem höheren Preise des letzteren verzapft). Ob durch ein solches Vorbringen wirklich ein Irrthum erregt worden sei, ist selbstverständlich in jedem Einzelsalle Gegenstand der thatsächlichen Beurtheilung. Gerade hier ist zu berücksichtigen, daß im kaufmännischen Verkehr unzählige Reklamen, Anpreisungen und Empfehlungen unter Hervorhebung spezieller Eigenschaften und Thatsachen vorkommen, welche kaum auf Glauben An spruch machen und regelmäßig nicht geglaubt, durch die also auch eine Täuschnng und DermögenSbeschädigung nicht herbeigeführt werden. 48. Die „vorgespieg elte" Thatsache muß objektiv „falsch" sein; wer eine wahre Thatsache in der irrigen Meinung, sie sei falsch, vorbringt, begeht, selbst wenn er dadurch täuscht, keinen Betrug. Ebenso genügt es nicht, wenn der Andere durch die vorgebrachten wahren Thatsachen zu irrigen Schlüffen veranlaßt wird, insofern nicht mit jenem Vorbringen das Unterdrücken anderer damit im Zusammen-
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hange stehender wahrer Thatsachen zusammentrifft. — Die Falschheit muß dem An geschuldigten nachgewiesen werden; es liegt ihm nicht ein Wahrheitsbeweis ob: DU. 9. März 71 (RdO. XII, 149). Jene bedarf der ausdrücklichen Feststellung, obgleich sie schon im Begriffe des VorfpiegelnS enthalten ist; vgl. § 223 n. 23; contra: Wolfenb. 17. Dez. 78 (Br. Z. 26 f. 49). 49. Der Ausdruck „Dorspiegeln" hat die Anwendung arglistiger Veran staltungen oder Kunstgriffe (manocuvres frauduleuses des franz. C. pdn.) nicht zur nothwendigen Voraussetzung: n. 58; Manh. 5. Okt. 78 ^BAnn. 44 s. 248). Doch liegt im Begriffe des „VorfpiegelnS" wie in dem deS „Entstellens" und „Unter drückens", daß die Handlung vorsätzlich, also mit der Kenntniß von dem wahren Sachverhalte und mit dem Witten geschehe, den Andern in Irrthum zu versetzen: ZU. 16. Okt. 62 (RdO. III, 79); ein fahrlässiges Vorspiegeln (Entstellen, Unterdrücken) ist nicht denkbar: VII. 2. Dez. 69 (RdO. X, 763). Jene Kenntniß ist durch die Feststellung einer „Vorspiegelung" rc. genügend zum Ausdrucke ge bracht; eS bedarf daneben nicht der besonderen Hervorhebung: ZI. 26. Okt. 70 (RdO. XI, 529). 50. Besteht die vorgebrachte falsche Thatsache in der Annahme eines falschen NamenS (§ 360 Nr. 8), so liegt ein Fall der Ideal-Konkurrenz vor; vgl. n. 32. 51. Nicht allein durch Aeußerungen, sondern auch durch bloße Handlungen können unwahre Thatsachen vorgespiegelt, und wahre entstellt (unterdrückt) werden: ZI. 16. Febr. 66, 18. Juli 70 (RdO. VII, 107; XI, 428), z. B. durch den Ge brauch eines unrichtigen Maße« rc., oder durch die täuschende Herrichtung einer ver käuflichen oder zu liefernden Waare: Dresd. 15. Sept. 71 (StZ. I, 123), ZU. 30. April u. 5. Mai 74 (RdO. XV, 264. 272); durch die zu letzterem Zwecke be nutzte Wirkung chemischer Gesetze, indem z. B. s. g. Kunstwein statt des bestellten TranbenweinS geliefert wird: Manh. 5. Juni 75 (BAnn. 41 f. 225); durch das heimliche Besteigen eines zur Abfahrt fertigen Eisenbahnwaggons: ZI. 26. Mai 76 (RdO. XVII, 383; vgl. n. 68); durch Hingabe eines werthlosen (s. g. Keller-) Wechsels oder durch Werterbegebung eines bereits bezahlten Wechsels: ZII. 25. Sept. 62, 25. Sept. 77, ZI. 7. Sept. 77 (RdO. III, 32; XVIII, 589. 549); durch fal sches Spiel (falsche Würfel rc.): ZI. 12. Dez. 62 c. Bormann, ZI. 7. Juli 58 c. Studer; ja sogar durch den Gebrauch des eigenen Namens, wenn dadurch (gewollter Weise) ein Irrthum in Betreff der richtigen Person hervorgerufen wird: Münch. 28. Mai 74 (StZ. IV, 60). — Aehnlich verhält eS sich, wenn ein Apotheker statt der vom Arzte verschriebenen schlechtere und wohlfeilere Droguen diSpenstrt, diese sich aber nach dem Preise der echten bezahlen läßt. Vgl. n. 52. 47. 52. DaS Vorbringen falscher und daS Entstellen wahrer Thatsachen setzen eine positive Thätigkeit voraus: ein lediglich negatives Verhalten, ein Unterlassen, z. B. daS Verschweigen einer Thatsache genügt für sich allein dazu nicht. Dagegen kann ein „Unterdrücken wahrer Thatsachen" auch in einem pflichtwidrigen Verschweigen gefunden werden, sobald daffelbe geeignet ist, einen Irrthum zu erregen (vgl. § 170: „arglistig verschweigt"); nur darf man hier nicht von einem allgemeinen.Rechte auf Wahrheit sprechen, vielmehr wird eine besondere, anderweitig gegründete Pflicht, die Wahrheit zu sagen, vorausgesetzt: ZII. 24. Okt. u. 28. Nov. 72 (RdO. XIII, 552. 635), Mannh. 19. Juli 79 (BAnn. 45 s. 180: betraf daS pflichtwidrige Verschweigen von Vermögensansprüchen seitens des GantschuldnerS bei der notariellen Ausstellung der Gantmaffe), z. B. wenn die betr. Mittheilung eine amtlich gebotene ist: ZI. 8. Mai 78 (RdO. XIX , 248), oder wenn Jemand sich einem Andern gegenüber speziell verpflichtet hat, ihn von gewissen Vorkommnissen in Kenntniß zu setzens DreSd. 8. Dez. 71 (SGZ. XVI, 188). ES reicht aber auch aus, wenn der Angeschuldigte sich zwar nicht ausdrücklich zu einer solchen Mittheilung verpflichtet, aber Handlungen vorgenommen hat, welche für ihn die Verbindlichkeit begründeten, gewiffe dazu in Beziehung stehende, ihm bekannte Thatsachen zur Kennt niß des Andern zu bringen (Beisp.: ein Lotterie-Kollekteur verkauft ein LooS, wissend daß eS schon als Niete gezogen ist): ZI. 1. März 72, 30. Okt. 73 (RdO. XIII, 89; XIV, 679); DreSd. 8. Apr. 72 (StZ. I, 294). DaS Gegentheil gilt, wenn Jemand bei der Begebung eines Wechsels verschweigt, daß die Valuta noch nicht gezahlt ist (D. WO. Art. 23); so: ZU. 10. Juli 73 (RdO. XIV, 491); vgl. n. 15 a. E. — Jene Pflicht braucht auch nicht nothwendig eine rechtlich zwingende zu sein, eS ge-
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nügt, wenn sie (nach der allgemeinen RechtSanschauung) durch die Rücksichten der Redlichkeit im Verkehr oder der Moral geboten war: Beschl. L I. März 67, ZU. 30. Jan. 68, ZI. 2. Juli 69, 31. Okt. 73, 20. Jan. 75 (RdO. VIII, 142; IX, 77; X, 478; XIV, 679; XVI, 58), eit. ZI. 1. März 72; z. B. beim Abschlüsse eines Vertrages (auch beim Viehhandel): ZI. 19. Nov. 69 (RdO- X, 725), Manh. 2. April 78 (BAnn. 44 s. 168). Contra*. ÄRII. 4. Nov. 79, 9. Nov. 80 (RdR. I, 35; II, 484) und Haager i. GSaal 27 s. 588 (fordern die Verletzung einer Rechtspflicht, und zwar Haager eine solche, welche nach den Grundsätzen des Civilrechts eine NichtigkeitS- oder EnschädigungSklage begründe; das Erk. v. 9. Nov. 80 entschied ferner, daß der Verkäufer in Ermangelung besonderer daS Gegentheil vorschreibender Gesetze nicht die Rechtöpflicht habe, dem Käufer unaufgefordert latente Mängel des Kaufobjekts, selbst solche, welche eine Gewährleistung bedingen, aufzu decken); vgl. HS. II, 364; Merkel i. HH. III, 752. — Hierbei ist übrigens in Betracht zu ziehen, daß der Eintritt in ein bestimmtes Rechtsgeschäft regelmäßig die Behauptung gewisser Eigenschaften und Umstände stillschweigend in sich schließt (Beisp.: wer eine Sache verkauft, behauptet damit, daß er die Disposition über sie habe), daß daher das unredliche Verschweigen erheblicher Thatsachen bei VertragSabschlüffen in gar vielen Fällen schon mit Rücksicht auf daS unter n. 51 Gesagte als Täuschung im Sinne des § erscheint; vgl. ML. s. 504. — DaS (unredliche) Verschweigen einer Thatsache bei der Verabredung eines Rechtsgeschäfts kann als Unterdrückung derselben angesehen werden, wenngleich es für die rechtliche Wirksam keit jenes Geschäfts ohne Einfluß war: BI. 8. Nov. 76 (RdO. XVII, 721). 53. DaS unvollständige Vorbringen wahrer Thatsachen und das Verschweigen eines wesentlichen Theils derselben stellt nicht nur eine Unterdrückung, sondern auch eine Entstellung wahrer oder selbst die Vorspiegelung falscher (weil nicht wahr heitsgetreuer) Thatsachen dar; z. B. wenn Jemand beim Vorlesen einer Schrift ab sichtlich eine Stelle übergeht; vgl. ZI. 27. März 67 (RdO. VIII, 220). Ebenso ist bei einem von Mehreren geplanten Unternehmen das Stillschweigen des Einen zu den Vorspiegelungen der Anderen als eine positive Thätigkeit (□. 52), und zwar als eine zur Jrrthumserregung mitwirkende Bestätigung jener Vorspiegelungen zu be trachten: ZRIII. 15. März 80 (Entsch. I, 309), ZU. 13. Juni 76 (GA. 24 s. 587); § 47 n. 14. 54. Nach dem unter n. 51. 52 Gesagten ist daS Verschweigen der eigenen Zahlungsunfähigkeit beim Abschluffe eines Rechtsgeschäfts (z. B. beim Zehren in einem Wirthshause) als daS „Unterdrücken" jener Thatsache (oder als das „Vor spiegeln der Zahlungsfähigkeit) anzusehen, wenn der Thäter durch irgend ein Thun bei dem Andern den Glauben an seine Zahlungsfähigkeit hervorgerufen, oder die Verpflichtung begründet hatte, dem Andern seine Zahlungsunfähigkeit mitzutheilen: Dresd. 15. Sept. 71, 26. Febr. 72, 11. August 73 (SGZ. XV, 283; XVI, 235; XVII, 284); contra: ZU. 24. Nov. 53 (Entsch. 16 s. 418, welches in einem sol chen Falle den Thatbestand des Betruges unbedingt verneinte); Zäpe i. SGZ. XIX, 84 (nimmt bei der f. g. Zechprellerei stets Betrug an); vgl. n. 44a. — Nicht min der kann daö Unterdrücken einer wahren Thatsache in der Abgabe von Scheingeboten (bei einer Versteigerung) gefunden werden: ZI. 20. Sept. 78 (RdO. XIX, 425). Vgl. n. 44b. 54a. Endlich kann ein „Unterdrücken" von Thatsachen in Handlungen gefun den werden, welche bezwecken, die Aufklärung eines bei dem Andern vorwaltenden Irrthums durch einen Dritten zu verhüten: ZI. 7. Febr. 77 (RdO. XVIII, 99); vgl. n. 56. 55. Durch die Vorspiegelung (Entstellung, Unterdrückung) der re. Thatsache muß (gewollter Weise) ein „Irrthum erregt" sein; eö folgt dies nicht von selbst aus dem Vorbringen unwahrer Thatsachen re. Die Jrrthumserregung braucht im Uebrigen nicht für sich allein schon eine rechtsverletzende zu sein: Z. 26. Apr. 71 (RdO. XII, 227). 56. Der Erregung eines Irrthums ist die „Unterhaltung" eines solchen gleichgestellt; dazu genügt nicht die Benutzung eines schon bestehenden Irrthums, vielmehr muß der Andere durch die Vorspiegelung re. in seinem Irrthum bestärkt, in seinem irrigen Glauben erhalten sein: ZI. 23. März 70 (RdO. XI, 185); Manh. 29. Juli 73 (BAnn. 40 s. 93). Es kommt sonach wesentlich daraus an, daß da-
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Verhalten des Angeschuldigten für den im Irrthume Befangenen mit ein BestimmungSgrund war, die vermögenschädigende Handlung vorzunehmen; vgl. Mot. s. 129. Demgemäß ist die Annahme einer freiwillig angebotenen Nichtschuld oder einer falsch adressirten Sache für sich allein noch kein Betrug, insofern nicht anzunehmen ist, daß das bewußte Verschweigen des wahren Sachverhalts (n. 52) dazu mitgewirkt habe, den im Irrthum Befangenen zur Vornahme seiner Handlung zu veranlassen. Vgl. ZRI. 15. März 80 (Enlsch. I, 314: betr. Annahme des Betrags einer bereits ge tilgten Schuld). 57. Der erregte rc. Irrthum braucht nicht in einer festen, jeden Zweifel aus schließenden Ueberzeugung zu bestehen: es genügt eine irrige Anschauung, welche den Getäuschten zu irgend einem Thun oder Unterlassen bestimmt; deßhalb schließt der Umstand, daß bei einem Vertragsabschlüsse die Möglichkeit einer Täuschung vor gesehen und daß für einen solchen Fall eine Konventionalstrafe stipulirt worden ist, die Annahme eines durch eine solche Täuschung verübten Betruges nicht anS: VII. 28. Mai 68, ZII. 15. April 69 (RdO. IX, 347; X, 233). 58. Gleichgültig ist es, ob der erregte Irrthum ein leicht vermeidlicher war: ZI. 28. Febr. 73, ZII. 9. Jan. 77 (RdO. XIV, 181; XVIII, 18). Steht die Irrthumserregung fest, so kann der Thatbestand des (vollendeten) Betrugs nicht des halb verneint werden, weil das angewendete Mittel nicht geeignet gewesen sei, jenen Erfolg herbeizuführen (von der Untauglichkeit des Mittels kann nur bei einem er folglosen Versuche die Rede sein), oder weil der Getäuschte sich nicht hätte täuschen lassen sollen bezw. dürfen: Beschl. I. 31. Jan. 66, ZI. 21. Juni 76 (RdO. VII, 64; XVII, 443); vgl. jedoch n. 65. AuS demselben Grunde bedarf es auch keiner besonderen Arglist: ZI. 15. Okt. 56 c. Heinsius; vgl. n. 49. 59. Die Person des Getäuschten muß in der thatsächlichen Feststellung er kennbar gemacht werden; der namentlichen Bezeichnung bedarf eS nicht: ZI. 26. Febr. 69 (RdO. X, 111). Dagegen ist die Feststellung der Person des Beschädigten (n. 60) nicht nöthig: ZII. 12. März 74 (GA. 22 s. 265). 60. Der Getäuschte braucht nicht selbst der Beschädigte noch ein Vertreter desselben zu sein: VII. 4. Okt. 55 (IMbl. s. 269), ZI. 30. Sept. 73, 7. Febr. 77 (RdO. XIV, 540; XVIII, 99), Mamch. 29. Juli 73, Dresd. 7. Aug. 76 (BAnn. 40 s. 93; SGZ. 21 s. 211); vgl. Motive z. Pr. Entw. v. 1847 § 293 s. 77; HS. II, 375; contra: Köstlin, Abh., s. 154 ff., Ortloff, Lüge rc. II, 471. Auch ist eS nicht erforderlich, daß der Getäuschte rechtlich befugt war, über Vermögensstücke des Beschädigten zu verfügen; eS genügt, wenn er faktisch in der Lage dazu war: ML. s. 510; contra: Merkel i. HH. III, 764, Schütze s. 472 n. 10. — Hiernach ist eS Betrug, wenn Jemand eine fremde, nicht in seinem Gewahrsam befindliche Sache an einen Dritten verkauft und diesen so veranlaßt, in gutem Glauben die Sache wegzunehmen: DI. 14. Mai 58 (GA. VI, 567); es liegt dann kein vom Ersteren durch Benutzung des Anderen als Werkzeugs verübter Diebstahl vor, weil die Sache nicht ihm, sondern dem Wegnehmenden selbst zugeeignet wird; contra: Schütze I. c. Dasselbe gilt da, wo Jemand gegen Entgelt für einen Andern unter dessen Namen eine Freiheitsstrafe abbüßt; contra: Merkel 1. c. s. 772, ML. s. 507. 61. Demgemäß kann ein Betrug auch in der Weise verübt werden, daß im Prozesse durch eine Täuschung des Richters eine die Rechte der einen Partei beeinträchtigende Entscheidung oder Verfügung herbeigesührt wird. Zwar schenkt der Richter in der Regel dem einseitigen Vorbringen einer Partei keinen Glauben, sondern entscheidet nach den geführten Beweisen; die Einreichung einer Klage ist daher für sich allein noch kein BetrugSversuch: ZI. 9. März u. 19. Okt. 70 (RdO. XI, 153. 518). Wird aber grade dnrch ein Beweismittel die Täuschung des Richters herbei geführt, z. B. dnrch eine falsche, simulirte oder erschlichene Urkunde, durch eine Ur kunde über einen inzwischen befriedigten Anspruch, insbesondere durch einen bezahlten, jedoch nicht quittirten Wechsel, durch eine wahrheitswidrige Quittung oder durch ein unrichtiges, mittels Täuschung der gerichtlich ernannten Sachverständigen erlangtes Gutachten, so kann unbedenklich ein Betrug angenommen werden: ZRI. 1. Nov. 80 (RdR. II, 421), BI. 8. März 71, ZII. 6. April 75, ZI. 6. Okt. 75, 22. Nov. 76, ZII. 14. Dez. 76, 81. 12. Jan. 77, DreSd. 29. Sept. 73, 16. Jan. 74 (RdO. XII, 137; XVI, 271. 637; XVII, 752. 823; XVIII, 36; SGZ. XVIII, 44; StZ. IV, 184), Münch. 6. Juli 77 (BEntsch. VII, 288), OHG. 25. Sept. 76
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(Entsch. dess. 21 s. 120). Gleiches gilt, wenn der Richter auf Grund des einseitigen Vorbringens einer Partei eine für die andere nachtheilige Verfügung trifft, z. B. einen Arrest verhängt, oder eine verfügte Exekution einstweilen auSsetzt: ZRIII. 17. März li. 22. Mai 80, ZRII. 8. Juni 80 (RdR. I, 479. 808; Entsch. Il, 91). ZU. 9. April 63, ZI. 13. März 67, 12. Febr. 79 (RdO. III, 382; VIII, 171; XX, 78\ Eben darum stellt die erfolgreiche Geltendmachung einer erdichteten For derung in einem gerichtlichen VertheilungSverfahren einen Betrug dar: Münch. 19. Jan. 74, Dresd. 26. April 75 (BEntsch. IV, 41; StZ. V, 370). — In solchen Fällen wird die Strafbarkeit auch dadurch nicht ausgeschlossen, daß der Richter dem Anträge nicht hätte stattgeben sollen: ZU. 11. Juli 72 (RdO. XIII, 413); contra: Meves i. StRZ. XIII, 63; vgl. auch ARIII. 25. Febr. 80 (RdR. I, 387: Ange klagter hatte in einem Exekutionsgesuche unter den ihm zugesprochenen Kosten vor gespiegelte und daher nicht bescheinigte Auslagen mit Erfolg liquidirt; hier wurde kein Betrug angenommen, weil der Gegner nicht durch eine Täuschung deS Richters, sondern dadurch, daß dieser die ihm obliegende Prüfung jener Posten unterlassen habe, geschädigt worden sei). — Sind dagegen keine derartigen Täuschungsmittel angewendet, so kann die Aufstellung einer unwahren Behauptung im Prozesse nicht als Betrug aufgefaßt werden , sollte auch demnächst eine unrichtige richterliche Ent scheidung darauf erfolgt sein. DaS gilt namentlich dann, wenn der Richter aus prozessualischen Gründen gehalten ist, ohne Rücksicht aus seine eigene Ueberzeugung von der Wahrheit oder Unwahrheit des Vorbringens der Parteien, in einem be stimmten Sinne zu erkennen, indem hier von einer Täuschung, bzw. von einem Kausalnexus zwischen Täuschung und Vermogensbeschädigung keine Rede sein kann; vgl. Dresd. 28. Febr. u. 13. März 79 (SGZ. 23 s. 339. 357). AuS eben diesem Grunde ist Idealkonkurreu; von Betrug und Falschschwörung eines zugeschobenen Eides nicht möglich; vgl. Pfizer (WGbl. XV, 197); contra: Stuttg. 17. Sept. 78 (ib. 86). Das „frevelhafte Leugnen" und die „muthwilligen Chilanen" im Prozesse werden von den durch die Pr. AGO. I, 23 §§ 52. 53; I, 24 § 40 be drohten Civilstrafen betroffen: ZU. 23. Febr. 54 (GA. III, 611). — Die RCPO. § 543 Nr. 4 gewährt da, wo das Urtheil von einer Partei oder ihrem Vertreter durch wirklichen Betrug erwirkt worden ist, der Gegenpartei die Restitutionsklage. 62. Aehnlich verhält es sich mit der Täuschung deS Prozeßgegners; er wird betrogen, wenn er im Prozesse durch Irrthumserregung zu einem ihn beschädigenden Thun veranlaßt wird, sollte dabei auch eine Täuschung deS Richters nicht vorge kommen fein: DreSd. 12. Juli 71 (StZ. I, 58). 63. Ein Betrug zum Nachtheil eines Dritten kann in der Weife verübt werden, daß ein Rechtsstreit fingirt wird, indem die beiden (vermeintlichen) Prozeßgegner durch ihr Zusammenwirken den Richter täuschen und so ein materiell unrichtiges Urtheil erschleichen: ZRII. 12. Nov. 80 (Entsch. H, 436: hier hatte sich der formell Beklagte in contumaciam verurtheilen lassen), ZI. 5. Juli 61, 11. Okt. 78, DreSd. 14. Juli 76, 24. Jan. 79 (RdO. I, 506; XIX, 460; SGZ. 21 s. 169; 23 s. 243). 64. Ebenso kann die Täuschung deS einen Akt ausnehmenden Notars den Thatbestand des Betrugs Herstellen, vorausgesetzt, daß durch jene Täuschung die Vermögensbeschädigung (eines Dritten) herbeigeführt ist; dagegen genügt es nicht, wenn beide Parteien im Einverständnisse den Notar getäuscht haben, und es sich demnächst herausstellt, daß eine derselben durch den Vertragsabschluß einen Nachtheil erlitten hat: VI. 22. Mai 57 c. Sandler. Ist durch die Täuschung deS Notars die falsche Beurkundung einer für Rechte rc. erheblichen Thatsache zu Stande gekommen, so liegt außerdem der Thatbestand des § 271 (272) vor. 65. Dafielbe gilt von der Täuschung eines mit einer Vollstreckung beauftragten Exekutors (Gerichtsvollziehers): ZRI. 23. Okt. 79 (eit. n. 23: betr. Freigebung gepfändeter Sachen vom Pfande auf Grund falscher Vorspiegelungen). Doch nahmen ZRIII. 8. Mai 80, ZI. 2. Juli 79 (RdR. I, 744; RdO. XX, 319) keinen Betrug an, wenn Jemand den Besitz gewifier einzuziehender oder zu psändender Sachen fälschlich ableugne und der Exekutor, hierdurch getäuscht, von der Vollstreckung ab stehe, da ein Exekutor trotz solcher Ausflüchte vorgehen müffe, die BermögeuSbeOppenhoff, D. Strafgesetzbuch. 8. AuSg. 38
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schädigung daher in jenem Falle die Folge deS pflichtwidrigen Verhaltens des Be amten, nicht diejenige der Irrthumöerregung sei. Vgl. n. 32. 58. 61. 66. Auch die durch Täuschung herbeigeführte Beschädigung des StaatsvermögenS ist ein Betrug; dazu genügt aber in der Regel der Thatbestand einer Ab gaben- (Steuer-, Zoll- rc.) Hinterziehung nicht, da durch eine solche dem Staate nicht ein erworbenes Vermögensrecht entzogen, sondern ein erst zu erwerbendes vorenthalten wird, während das Forderungsrecht de« Staates unverletzt fortbesteht: HS. II, 359; Schütze s. 472 n. 9; Merkel i. HH. III, 762. Abgesehen davon, sind aber auch die Hinterziehungen von Steuer-, Zoll- und Postgefällen regelmäßig durch andere, theils ältere, im tz 2 Abs. 2 des EG. aufrechterhaltene, theils neuere Vorschriften besonders verpönt: ARI1I. 26. Juni 80, ZRI. 28 Okt. 80 (RdR. II. 113. 403), VI. 17. Jan. 73, VII. 20. Nov. 73, ZU. 12. Juni 77 (RdO. XIV, 63. 739; XVIII, 400); vgl. auch htz 275. 276. 280. 364; Telegr.-Ges. v. 16. Mai 1869 § 2, Wechselstempel-Ges. v. 10. Juni 1869 § 23; Postges. v. 28. Okt. 1871 § 27 Nr. 3, welche die Benutzung falschen oder entwertheten Stempelpapiers rc. mit besonderen Strafen bedrohen. — In solchen Fällen greift nur die Defraudenstrafe, die BetrugSstrase aber baun Platz, wenn durch die Desraude zugleich ein erworbenes Vermögensrecht deS Staats beeinträchtigt wird, z. B. wenn Jemand durch Täuschung des betr. Beamten die Herabsetzung der Einschätzung zu einer direkten Besteuerung herbeiführt, weil dadurch daö Forderungsrecht des Staates selbst eine Schmälerung erleidet. In Fällen der letzteren Art kommen die Grundsätze von der Ideal-Kon kurrenz zur Anwendung, es sei denn, daß die betr. Abgabeugesetze in dieser Beziehung eine abweichende Vorschrift enthielten; vgl. in Betreff des Näheren § 73 n. 8. 9. Dagegen erblickte VII. 28. Sept. 76 (RdO, XVII, 607) in dem Verhalten eines unter Vorbehalt der Nachversteuerung ftprten Brauers, welcher in das zur Ermit telung der Nachsteuer dienende Brauregister falsche Einträge gemacht hatte, keine Defraude, sondern nur Betrug, indem es sich eben um die (mit dem Ablaufe des Vertragsjahrs, bezw. mit Einziehung der so gekürzten Nachsteuer vollendete) Kränkung eines bereits erworbenen Vermögensrechts gehandelt habe, während cit. ARIII. 26. Juni 80 hier weder das Eine noch daö Andere annahm, vielmehr nur eine Ord nungsstrafe als verwirkt erachtete. 67. Die Simulation eines niedrigeren Preises, als verabredet war, in der über einen Vertrag aufgenommenen Urkunde ist in Preußen weder als Stempel steuerhinterziehung noch als ein znm Nachtheile deS Stempelfiskus verübter Betrug zu bestrafen, da die Stempelsteuer nicht von dem Rechtsgeschäfte, sondern von dem Akte (dem Beweismittel) erhoben, also auch nur insofern verschuldet wird, als die Urkunde einen Beweis liefert: ZPl. 9. März 57 (Entsch. 36 s. 430). 68. Die Nichterhebung einer verschuldeten Abgabe (z. B. des zu zahlen den Chausseegeldes) durch den mit der Empfangnahme Beauftragten, oder die Ge stattung der freien Eisenbahnsahrt durch einen Bahn-Bediensteten stellen für sich allein den Thatbestand deS Betruges nicht dar (es fehlt die Irrthumöerregung): ZI. 26. Okt. 53, VI. 15. Sept. 54 (GA. II, 126. 833). Dagegen fällt eine solche Handlung, wenn sie von einem Beamten gegen Entgelt vorgenommen wird, unter § 332. — Jenes gilt von der Benutzung eines Eisenbahnzugs ohne Fahrbillet: Wolfenb. 7. Nov. 71 (StZ. I, 158), es sei denn, daß sie heimlich stattfindet: ZI. 26. Mai 76 (RdO. XVII, 383: daß ein Schaffner den Thäter selbst in den Waggon, i. c. einen leeren Güterwaggon gebracht, schließe die Heimlichkeit und Irrthums erregung bezüglich der übrigen AufsichlSorgane dec Eisenbahngesellschaft nicht aus); demgemäß sind besondere, einen Fall der ersteren Art vorsehende, Gesetze nicht auf gehoben: cit. Wolfenb.; vgl. VI. 21. Dez. 70 (RdO. XI, 606). Betrügereien im Frachtverkehr mit Eisenbahnverwaltungen, verübt durch unrichtige Gewichtsangabe aus den Frachtbriefen, fallen unbedenklich unter den § 263; so: ZII. 12. Juni 77 (cit. n. 66). Daß nach dem Betriebsreglement v. 1874 die Eisenbahnverwaltungen im Falle solcher Angaben zur Festsetzung von Conventionalstrafen befugt sind, ändert hieran selbstredend Nichts: ZRIII. 2. Juni 80 (RdR. II, 11). 69. Ein Kommissionär, welcher unbefugter Weise (HGB. Art. 360ff. 376) die für den Kommittenten zu kaufende Waare selbst liefert, oder die zu ver kaufende selbst als Käufer behält, verübt einen Betrug, wenn er unter dem Bor geben, er habe von einem Dritten ge- oder an einen Dritten verkauft, sich die
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vorbedungene Provision c. Link.
oder
die
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Preisdifferenz
zahlen
läßt:
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ZI. 29. Okt.
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70. Ein Minderjähriger, welcher durch da« Vorgeben: er fei großjährig, einen Andern täuscht -und dadurch an seinem Vermögen beschädigt, verwirkt die Be trugsstrafe, selbst wenn nach dem Civilgesetze (z. B. nach dem Pr. ALR. I, 5 §§ 31—36; I, 4 §§ 21. 22; II, 2 §§ 131—133) ein solcher Vertrag dem Minder jährigen gegenüber unwirksam ist: ZI. 27. Nov. 63 (RdO. IV, 221). 71. Treffen die Merkmale des § 263 zu, so darf der durch die Strafklage der Staatsanwaltschaft mit der Sache befaßte Richter nicht wegen Unerheblichkeit ((Sertng* fügigkeit) der Täuschung, bzw. Schädigung von der Bestrafung absehen; contra: Schütze s. 470 n. 3, s. 474 n. 13.
72. Ist ein Betrug durch eine Urkundenfälschung bewirkt worden, so waltet Idealkonkurrenz ob; vgl. in Betreff des Näheren § 268 n. 11. Vgl. auch oben n. 64. Mit dem Thatbestände des Betrugs kann ferner der der Un treue (§ 266) ideell konkurriren: DreSd. 8. De;. 71 (StZ. I, 294); desgleichen der des Vergehens im Sinne des § 353: § 73 n. 15. Inwiefern dasselbe vom Meineide und von der Erpressung (§ 253) gelte, darüber vgl. n. 61 bzw. Katz i. GSaal 31 s. 425. — Die Bestrafung aus § 14 deö Markenschutz-Ges.'s v. 30. Nov. 1874 absorbirt nicht nothwendig die VetrugSstrafe: ZI. 21. März 77 (RdO. XVIII, 240). 73. Nach dem Pr. Ges. v. 8. Mai 1837 §§ 17. 28 (GS. s. 102) sollte die „in böslicher Absicht bewirkte Aufstellung einer den wirklich erlittenen Verlust übersteigenden Brandents chädigungSforderung bei der betr. MobiliarfenerversicherungSgesellschaft" die Strafe der (den Betrug betreffenden) §§ 1375. 1376. 1328, II. 20 ALR. nach sich ziehen. Das Pr. OTr. nahm an, daß diese Vorschriften in Kraft verblieben und daß nur die Strafandrohung deS Pr. StGB.'s § 242, bezw. jetzt des § 263 an die Stelle der obenerwähnten getreten sei: ZI. 15. April 61, 27. Jan. 64, BI. 17. Dez. 75 (RdO. I, 354; IV, 322; XVI, 810), daß mithin zur Verhän gung dieser Strasin die Feststellung des Thatbestandes des eit. § 28 genüge, und daß es daneben nicht auch noch der Feststellung der Begriffsmerkmale des Betrugs oder Betrugsversuchs bedürfe: VPl. 26. Nov. 55 (Entsch. 31 s. 344); ZI. 19. Dez. 66 (RdO. VII, 734); VI. 17. Dez. 75 cit.; als „Aufstellung" einer Entschädigungs forderung ward jede dem Vertreter der Gesellschaft gegenüber gemachte Angabe über den erlittenen Verlust angesehen, sollte auch noch keine bestimmte Summe gefordert oder die anfänglich geforderte später ermäßigt sein: cit. ZI. 5. Sept. 62; nicht min der ward die Verhängung der Strafe des Betruges für gerechtfertigt erachtet, wo der Thatbestand eines solchen (und nicht der des cit. § 28) festgestellt war: ZU. 30. Apr. 68 (RdO. IX, 301), z. B. in einem Falle, wo Jemand wider besseres Wissen für gar nicht verbrannte Sachen einen Ersatz in Anspruch genommen hatte: VI. 5. Mai 69 (RdO. X, 286), welches hier den cit. § 28 für unanwendbar hielt; vgl. aber ZI. 8. April 70 (RdO. XI, 239). — Nach dem Grundsätze deS § 2 des EG.'s dürste indessen der cit. § 28 als eine die „Materie" des Betrugs betreffende Strasvorschrift mit Einführung des StGB.'S außer Kraft gesetzt, also nunmehr nur dieses (§§ 263. 264) maßgebend sein; die entgegengesetzte Annahme würde dazu führen, daß dieselbe Handlung in Preußen mit der Strafe des vollendeten, außerhalb Preußens aber vielleicht nur mit der Strafe des versuchten Betrugs zu be legen wäre; ebenso: ARIII. 4. Dez. 80 (RdR. II, 605); contra: Meveö i. StRZ. XI, 561. 74. Die Vorschriften der Pr. Ges.-Ordn. v. 8. Nov. 1810 § 31, der Rhein. Ges.-Ordn. v. 19. Aug. 1844 § 12 und deS Hann.-Pol.-StGB.'S v. 25. Mai 1847 § 297, welche das gleichzeitige Bermiethen eines Dienstboten bei mehreren Herrschaften mit Strafe bedrohen, sind nicht aufgehoben; sie schließen indessen die Betrugsstrafen nicht aus (§73), wenn der Thatbestand diese« Vergehens festgestellt wird: ZI. 9. April 62 (RdO. II, 338); vgl. n. 37. 46. Dagegen ist § 8 der Nass. Ges.-Ördn. v. 15. Mai 1819, welcher eine solche Handlung im Falle einer gewinn süchtigen Absicht mit der Betrugsstrafe bedrohte, als gesetzliche Vorschrift außer Kraft getreten: ZI. 10 März 75 (RdO. XVI, 220)
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Betrug und Untreue. — § 263.
75. Auf den Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte kann nur neben einer die Dauer von drei Monaten erreichenden Gefängnißstrafe erkannt werden: § 32. 76. Der Sinn des Abs. 2 geht dahin, daß beim Vorhandensein mildernder Umstände der Instanzrichter nach seinem Ermessen stch aus die Verhängung der im Abs. 1 angedrohten Geldstrafe (bis zu 3000 Mark) beschränken kann; er ist aber auch nicht behindert, auf Gefängniß mit oder ohne Geldstrafe und (geeigneten Falle-) auf den Verlust der Ehrenrechte rc. zu erkennen. Vgl. n. 71.
77. Zum Thatbestände eines BetrugS-VersuchS wird stets eine Täuschungs handlung erfordert, welche bereits den Anfang der Ausführung der Hauptthat ent hält: Münch. 15. April 73 (StZ. II. 293). Dagegen bedarf es weder deS Gelin gens der unternommenen Täuschung noch des Anfangs des gewollten Erfolgs der Vermögensbeschädigung; der Instanzrichter kann in dem zum Zwecke der Vermo gensbeschädigung begonnenen Unternehmen der Täuschung, z. B. in dem Vorbringen einer falschen Thatsache, einen Versuch (den Anfang der Ausführung des ganzen Vergehens) finden: ZU. 24. Sept. 63, ZI. 9. Mai 66, Z. 17. Nov. 69, ZI. 18. Juli 70, Z. 11. Okt. 71, Münch. 12. Febr. 74 (RdO. IV, 78; VII, 281; X, 717; XI, 428; XII, 504; StZ. III, 360). Daß der Andere sich nicht täuschen ließ, z. B. weil er dafür zu vorsichtig, oder weil ihm die Unwahrheit der vorgespiegelten That sache bereits früher bekannt war, schließt den Thatbestand des Betrugsversuchs nicht aus: ARI1I. 17. März 80 (RdR. I, 479), ZI. 15. Nov. 71, Dreöd. 1. März 75, Münch. 17. Juli 75 (RdO. XII, 578; SGZ. XIX, 295; BEntsch. V, 360), sofern nur das angewendete Mittel an sich zur Herbeiführung einer Täuschung geeignet war: VII. 4. Mai 75, Münch. 8. Jan. 73 (RdO. XVI, 342; StRZ. XIII, 280). Dasselbe gilt da, wo die Vollendung des Betrugs daö Zusammenwirken Mehrerer voraussetzt, wenn einer derselben seine Mitwirkung nur zum Scheine zugesagt und schon vor jeder Ausführungshandlung der Anderen den zu Täuschenden benachrichtigt oder sonstige Schritte gethan hat, welche daö beabsichtigte Vergehen von vorneherein vereitelten; hier sowie Überall, wo das Mißlingen der Täuschung lediglich auö der individuellen Beschaffenheit der im einzelnen Falle gegebenen Verhältnisse resultirt, kann nur von einer relativen, nicht von einer absoluten (die Strafbarkeit auöschließenden) Unmöglichkeit der Ausführung des Betrugs (§ 43 n. 8) die Rede sein: VII. 12. Okt. 76, ZU. 1. März 77 (RdO. XVII, 651; XVIII, 175). Vgl. im. Uebr. n. 26. 32. 78. Die Fassung deö Abs. 4 stimmt wörtlich mit der deS § 247 Abs. 1 über ein, wenn davon abgesehen wird, daß die an beiden Stellen hinter dem Worte „Er zieher" ursprünglich vorfindlichen Worte „oder solche Personen, in deren Lohn oder Kost er sich befindet", durch die Novelle gelöscht und die im § 247 an deren Stelle getretenen Worte hier nicht wiederholt sind; eö sind daher die Bemerkungen zu die sem § sowie zu § 52 Abs. 2 zu berücksichtigen. — Auch hier ist der Betrug „gegen" den an seinem Vermögen Beschädigten verübt, sollte auch der Getäuschte ein Anderer gewesen sein (n. 60). — Die Vorschrift ist auf alle Arten des Betrugs, also auch auf den rückfälligen (§ 264) anzuwenden, nicht aber aus den Fall des § 265; vgl. dort n. 1.
79. Abs. 4 hat die Vorschrift des § 247 Abs. 3 (nach welchem die Bestimmung deS Abs. 1. auf Theilnehmer oder Begünstiger, die nicht im Verhältnisse eines Angehörigen rc. zum Beschädigten stehen, keine Anwendung findet), nicht wiederholt; gleichwohl ist dieser Grundsatz unbedenklich auch hier maßgebend, da der cit. Abs. 1 die Strafbarkeit der betr. Handlung ganz unberührt läßt und daS Erforderniß des Antrags lediglich auf dem persönlichen Verhältnisse beruht. 80. Abs. 2 deS § 247 gilt für den Betrug nicht; dieser bleibt daher strafbar, sollte er auch gegen einen Verwandten in absteigender Linie oder gegen den Ehe gatten verübt sein. 81. In Betreff der Zuständigkeit vgl. Pr. NStPO. § 448ff. und jetzt RGVG. §§ 27. 73. 75, in Betreff der Befugniß deö Gerichts, die Untersuchung auözusetzenrc., wenn die Strafbarkeit von der Beurtheilung eines bürgerlichen Rechts verhältnisses abhängt, vgl. RStPO. § 261, und oben § 246 n. 63.
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Betrug unb Untreue. - §§ 264. 265.
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§ 264l Wer im Inlands wegen Betruges einmal und wegen darauf begangenen Betruges zum zweiten Male bestraft worden ist, wird wegen abermals begangenen Betruges mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren und zugleich mit Geldstrafe von einhundertfunfzig bis zu sechstausend Mark bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängniß strafe nicht unter drei Monaten ein, neben welcher zugleich auf Geldstrafe bis zu dreitausend Mark erkannt werden kann. Die im § 245 enthaltenen Vorschriften finden auch hier Anwendung. fl. Emw.: (fehlte); II. Entw.: § 259; Pr. StGB.: (fehlte).) 245. 32; RGVG. § 73 Nr. 7.
Vgl. §§ 263. 244.
§ 265. Wer in betrügerischer Abficht eine gegen Feuers gefahr versicherte Sache in Brand setzt, oder ein Schiff, welches als solches oder in seiner Ladung oder in seinem Frachtlohn versichert ist, sinken oder stranden macht, wird mit Zuchthaus 8 -64. 1. Die Voraussetzungen dieses § stimmen (trotz der in etwas abweichenden Fassung: „einmal" rc.) mit denjenigen des § 244 überein; es sind daher hier die Bemerkungen zu dem letzteren zu berücksichtigen, namentlich auch das dort (n. 11. 16) in Betreff deS Versuchs und der Theilnahme Gesagte; vgl. ZRI. 3. Mai 80, ZRIII. 29. Sept. 80 (RdR. I, 715; II, 275). Der einzige Unterschied liegt darin, daß hier die Rückfälligkeit nur durch Vorbeftrafungen wegen Betrugs begründet wird. Die Bestrafung wegen einer ideell mit Betrug konkurrirenden Fälschung kommt gleich falls in Anrechnung, vorausgesetzt, daß daS Strafurtheil den Thatbestand beider Mißthaten festgestellt und danach verurtheilt hat; vgl. § 73 n. 6. 13; § 268 n. 11. Wenn Manh. 12. Juni 75 (BAnn. 41 s. 357) in Betreff einer unter der Herrschaft deS Badischen StGB.'s zum Zwecke des Betrugs verübten Fälschung das Gegentheil erkannte, so rührt dies daher, daß nach jenem StGB, hier keine Idealkonkurrenz vorlag; vgl. BAnn. 42 s. 88. 273. 2. Die Verhängung der Geld- neben der Zuchthausstrafe ist hier obligatorisch. 3. In Betreff des Verlustes der rc. Ehrenrechte vgl. § 32. 4. Zuständigkeit der Strafkammern: RGVG. § 73 Nr. 7.
§ 265. 1. Dieser § ist zwar (abweichend vom I. Entwürfe) in den vom „Betrüge" handelnden XXII. Abschnitt ausgenommen worden, er setzt aber einen besonderen Thatbestand voraus, welcher aus der allgemeinen Begriffsbestimmung des Be trugs (8 263) nicht zu ergänzen ist. Sonach bedarf es weder der Vorspiegelung rc. von Thatsachen, noch einer Irrthumserregung rc., noch endlich einer durch diese be wirkten Vermogensbeschädigung (n. 10). Demgemäß finden auch die den Rückfall betreffenden Vorschriften des § 264 hier keine Anwendung, insofern nicht festgestellter Maßen auch die Begriffömerkmale des Betrugs (§ 263) zutreffen. 2. Unter „betrügerischer Absicht" ist die Absicht zu verstehen, die VersicherungSsumme für sich oder für einen Anderen ganz oder theilweise rechtswidrig zu gewinnen: Motive s. 130. Somit bedarf es auch in dieser Beziehung nicht der Feststellung deS zum „Betrüge" erforderlichen Dolus: ZI. 26. Nov. 69 (RdO. X; 744). Ist die Brandstiftung rc. ans einer andern Ursache, z. B. zur Verdeckung eine« begangenen Vergehens, verübt, so bleibt der § ausgeschlossen. 3. Gleichgültig ist eS, von welcher Art die in Brand gesetzte rc. Sache, ob sie eine eigene oder eine fremde und ob sie geeignet war, daS Feuer einem Gebäude rc. mitzutheilen oder nicht.
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II. Abschn. XXII.
Betrug und Untreue. — §§ 265. 266.
bis zu zehn Jahren und zugleich mit Geldstrafe von einhundert fünfzig bis zu sechstausend Mark bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängniß strafe nicht unter sechs Monaten ein, neben welcher auf Geld strafe bis zu dreitausend Mark erkannt werden kann. jl. Entw.: § 288; II. Entw.: 306—308. 323. 32.
§ 260;
Pr. StGB.: § 244.]
®gl. §§ 303. 305.
§ 266. Wegen Untreue werden mit Gefängniß, neben welchem auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden kann, bestraft: 4. Die versicherte Sache muß selbst in Brand gesetzt rc. sein; nur da, wo es hierzu gekommen, liegt das vollendete Berbrechen vor; es reicht nicht hin, wenn nur das Gebäude rc. in Brand gesetzt ist, in welchem sich die versicherte Sache be fand; dagegen kann unzweifelhaft in einem Falle dieser Art ein strafbarer Bersuch vorltegen. War die versicherte Sache vor der Anzündung des Gebäudes rc. bereits in Sicherheit gebracht, so daß in Betreff ihrer von einem Versuche der In-BrandSetzung nicht die Rede sein kann, so scheidet § 265 ans; vgl. n. 11; § 263 n. 72. 5. Der ,,Jn- Brand- Setzung" steht eine Zerstörung durch Pulver oder andere explodirende Stoffe nicht gleich, insofern die letztere nicht einen Brand verursacht hat; § 311 findet hier keine Anwendung. 6. Das sofortige Wiederlöschen des bewirkten Brandes schließt die Bestrafung aus § 265 nicht aus; § 310 ist hier nicht anwendbar. 7. Ist der Brandstiftung rc eine Ueberversicherung vorhergegangen und ist die Aufstellung einer zu hohen Entschädigungssumme auf dieselbe ge folgt (Pr. Ges. v. 8. Mai 1837 §§ 17. 20. 28), so ist jede dieser drei Handlungen, wenn sie auch alle aus derselben Absicht hervorgingen, die Versicherungssumme rechts widrig zu gewinnen, — eine selbstständige; es liegt sonach Real-Konkurrenz (§ 74) und nicht ein s. g. fortgesetztes Verbrechen vor: Beschl. II. 15. (22.) Sept. 53 (GA. II, 560); contra: Beschl. II. 5. Jan. 57 (GA. V, 406 inb.); John fortges. Verbr. s. 97; Merkel i. HH. III, 781; Schw. n. 5. 8. Das Strandenmachen rc. eines Schiffs fällt nur dann unter das Straf verbot, wenn entweder das Schiff selbst, oder seine Ladung, oder sein Frachtlohn versichert war; zu dem letzteren gehören auch die Ueberfahrtsgelder; dagegen sind solche Fälle auszuscheiden, wo ein anderer der im § 783 des D. HGB.'s aufgezählten Gegenstände (Bodmerei-, Havereigelder rc.) versichert ist: Meyer n. 4. 9. Es genügt, wenn in Betreff der Sache ein Versicherungsvertrag ab geschlossen ist; ob derselbe in rechtsverbindlicher Weise zu Stande gekommen sei, und einen Ersatzanspruch begründe, ist dann nicht wesentlich. 10. Zum Thatbestände des § 265 gehört die Einforderung oder Empfang nahme der Versicherungssumme in keiner Weise. Vgl. n. 1. 11. Die im § vorgesehenen Handlungen werden häufig den Thatbestand einer andern Mißthat, z. B. der Beschädigung fremder Sachen (§§ 303. 305), oder der gemeingefährlichen Brandstiftung (§§ 306—308), oder des Betrugs in sich schließen; es kommen dann die Grundsätze von der Ideal-Konkurrenz (§73) zur An wendung: VII. 6. Febr. 68 (RdO. IX, 112; HS. II, 385; Schw. n. 7, contra: John i. GA. III, 58; id. fortges. Verbr. s. 96; Merkel i. HH. III, 780; vgl. auch v. 93utt i. GSaal 31 Beil. s. 45. 12. Ueber die Statthaftigkeit des Verlustes der rc. Ehrenrechte vgl. § 32.
8 266. 1. Die beiden ersten Nrn. dieses § erheischen ein „absichtliches Handeln (Verfügen) zum Nachtheil" eines Andern, während Nr. 3 von einem „absichtlichen Benachtheiligen" spricht. Der Sinn beider Ausdrucksweisen ist insofern derselbe, als in allen drei Fällen vorausgesetzt wird, daß der Wille des Thäters auf die Zufügung eines Nachtheils gerichtet gewesen sei: ZI. 24. März 71, ZU.
Thl. II. Abschn. XXII.
Betrug und Untreue. — § 266.
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1) Vormünder, Kuratoren, Güterpfleger, Sequester, Massen verwalter, Vollstrecker letztwilliger Verfügungen und 13. De,. 72, LI. 7. Mai 75, 2. April 79 (9ibO. XII, 177; XIII, 659; XVI, 357; XX, 176), Merkel i. HH. III, 783; IV, 441; contra-. ARIII. 28. Jan. 80, ARII. 2. Juli 80, ZM. 23. März 80 (RdR. I, 287; II, 154; Entich. I, 329: „absichtlich" sei hier gleichbedeutend mit „vorsätzlich", mithin schon baö bloße Bewußt sein des Erfolgs ausreichend ; ebenso: Z. 14. De;. 72 (RdO. XIII, 667: Fall der Nr. 2), Manh. 11. Okt. 73, 6. Juni 74, 18. Dez. 75, 1. Aug. 76, 9. März u. 2. April 78 (BAnn. 40 s. 41. 222; 42 s. 15. 262; 44 s. 99. 286), Darmst. 29. Mai 76, Dresd. 25. März 78 (HEntsch. s. 72; StZ. VIII, 233), Schw. n. 1, Rild. n. 2, Bind. II, 597; demgemäß schließe im Falle des Verbrauchs (der anstragSwidrigen Verwendung) von Geldern rc. des Mündels (Auftraggebers) selbst die Absicht des dereinstigen Ersatzes den Dolus nicht aus; entweder überhaupt, so: citt. ARII. 2. Juli 80 (Fall der Nr. 1) u. Darmst. 29. Mai 76 (Fall der Nr. 2), oder wenn der Thäler das Bewußtsein habe, daß die Deckung, bzw. der Ersatz nicht vollkommen sicher gestellt sei; so: citt. Z. 14. Dez. 72, Manh. 1. Aug. 76 u. 9. März 78 (Fälle der Nr. 2). — Dagegen wird nicht erfordert, daß der Nachtheil des Anderen zunächst oder unter allen Umständen beabsichtigt sei, eS liegt vielmehr eine auf Benachtheiligung gerichtete Absicht auch dann vor, wenn für den Fall, daß die betr. Handlung dereinst einen nachtheiligen Erfolg überhaupt haben möchte, dieser Nachtheil nach dem Willen des Handelnden seinen Auftraggeber treffen soll: ZI. 20. Dez. 76 (RdO. XVII, 830), eit. VI. 2. April 79. — Stets wird aber daS Bewußtsein der Rechts widrigkeit erfordert; wer in dem guten Glauben handelt, daß er so, wie ge schehen, zu verfahren befugt sei, verübt keine „Untreue": ZI. 14. April 75 (RdO. XVI, 287). 2. Die Benachtheiligung muß daS Vermögen zum Gegenstände haben; dafür spricht die Stelle deS Abschnitts unter den Vergehungen gegen das Vermögen und seine historische Bedeutung; andere Vergehen rc., z. B. Körperverletzung, Freiheits beraubung, Unzucht (sollten sie auch von Jemandem in der Eigenschaft als Vormund rc. verübt werden können), gehören nicht hierher. Vgl. Merkel i. HH. III, 783; contra: ML. s. 513. — In Betreff der Frage, waS als VermögenSbenachtheilignng anzusehen sei, gilt daS zu § 263 n. 13—31 Gesagte. Demgemäß wird ein dauernder Nachtheil nicht erfordert: ARII. 2. Juli 80 (eit. n. 1). — ES genügt, wenn durch die Handlung des Vormundes rc. die nutzenbringende Anlegung von Mündelgeldern rc. zeitweilig verhindert, oder wenn btr Mündel rc. einer Gefahr rücksichtlich der Wiedererlangung der Gelder ausgesetzt wird: Z. 23. März 70 (RdO. IX, 187); vgl. Manh. 24. März 77 (BAnn. 43 s. 122: die nicht rechtzeitige Ablie ferung stelle schon an sich einen Nachtheil dar). Die Vermögensbeschädigung wird durch das Vorhandensein einer Gegenforderung des Angeschuldigten nicht aus geschlossen. 3. Auch durch Unterlassungen kann daS Vergehen begangen werden, z. B. durch vorsätzliche Verabsäumung einer Hypothekeneintragung, eines Rechtsmittels rc. Ausgenommen sind die Fälle der Nr. 2, da der dort gebrauchte Ausdruck „verfügen" eine positive Thätigkeit voraussetzt; vgl. Schütze s. 478 n. 9; contra: VI. 27. Juni 77 (RdO. XVIII, 474). 4. Die gewollte Benachtheiligung muß wirklich eingetreten sein (der Versuch ist nicht strafbar). 5. Erfüllt die Handlung gleichzeitig die Begriffsmerkmale einer andern Miß that (z. B. der Unterschlagung, deS Betrugs), so werden die Grundsätze der IdealKonkurrenz (§ 73) anwendbar: ZRIII. 2. Okt. 80 (RdR. II, 293: speziell in Be treff der Unterschlagung); VI. 9. Apr. u. 30. Juni 69 (RdO. X, 216. 465); DreSd. 8. Dez. 71 (SGZ. XVI, 188); Manh. 24. März 77 (eit. n.*2), 15. Juni 78 (BAnn. 44 s. 173); Unterschlagung eines MündelgutS ist stets auch „Untreue" (Nr. 1): Manh. 11. Okt. 73 (eit. n. 1), 15. Dez. 77 (BAnn. 43 s. 372); vgl. n. 16; § 246 n. 10; ZRI. 26. Jan. 80 (RdR. I, 273); contra: Puch. n. 3.
Zu Nr. 1. 6. Die Nr. 1 ist auf andere Personen als die genannten, insbesondere auf solche, welche in einem blos vertragsmäßigen, eine freie Wahl der Personen ge-
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Thl. II. Abschn. XXII.
Betrug und Untreue. — § 266.
Verwalter von Stiftungen, wenn sie absichtlich zum Nachtheile der ihrer Aufsicht anvertrauten Personen oder Sachen handeln; 3) Bevollmächtigte, welche über Forderungen oder andere Vermögensstücke des Auftraggebers absichtlich zum Nach theile desselben verfügen; stattenden PrivatverhLltniffe stehen, z. B. aus Haus- und WirthschaftS-Beamte, Be amte von Aktien-, Handels- und anderen Gesellschaften, Gewerbsgehülfen und Dienst boten nicht auSzudehnen; ebensowenig auf Rechtsbeistände; vgl. § 356. 7. Die in dieser Nr. genannten Personen werden nur dann von der Strafe getroffen, wenn sie die Handlung zu einer Zeit vornehmen, wo sie die belr. Funktion auSüben; es genügt nicht, wenn ein gewesener Bormund die nach Beendigung des betr. Verhältnisses in seinen Händen verbliebenen Gelder veruntreut. Dies gilt na mentlich auch da, wo die Vormundschaft rc. durch den Tod des Mündels rc. auf hört; daß der Vormund rc. alsdann noch die schwebenden Geschäfte erledigen muß, ändert hieran Nichts, da er alsdann immerhin nicht als Vormund des Verstorbenen bzw. zu dessen Nachtheil handelt; ARII. 10. Dez. 80 (RdR. II, 622). 8. Jeder bestellte Vormund verwirkt durch die belr. Handlung die Strafe, sollte auch die Bestellung irrthümlich erfolgt sein: ZI. 18. Sept. 67 (RdO. VIII, 525). Der Ausdruck „Vormund" umfaßt auch den Gegenvormund im Sinne der Pr. Bormundsch.-Ordn.: ZRII. 15. Okt. 80 (Entsch. II, 345); desgleichen den Neben vormund des franz, rc. Rechts. 9. Der Vater unterliegt der Vorschrift, wenn er (z. B. nach franz. Rechte) Vormund ist und als solcher handelt; § 247, welcher die von Verwandten der auf steigenden Linie rc. gegen Verwandte der absteigenden Linie rc. verübten Diebstähle rc. für straflos erklärt, ist auf den Fall der Untreue nicht auSzudehnen; trifft in einem solchen Falle die Untreue mit einem Diebstahle (Unterschlagung) ideell zusammen, so schließt § 247 nur die Verfolgung des letzteren, nicht auch die der ersteren aus: Rüd. n. 4; contra: VII. 23. Febr. 54 (Entsch. 27 s. 408); vgl. n. 5. 10. Die Untreue setzt die Verletzung einer Pflicht voraus, welche dem Vor munde rc. als solchem oblag; daher ist die kontraktwidrige Weigerung, eine Schuld zu zahlen, für welche jetzt der Mündel angegangen werden kann, noch keine Untreue: ZI. 6. Nov. 57 (GA. VI, 130. Vgl. n. 14a. 19. Dagegen erachtete ZRII. 15. Okt. 80 (cit. n. 8) es für gleichgültig, ob der Vormund rc. bei Verübung der Untreue den Kreis seiner gesetzlichen Befugnisse überschreite; es genüge, wenn derselbe sein Amt, welches ihn zur Treue gegen den Pflegebefohlenen nach allen Richtungen hin verpflichte, zum Gegentheil mißbrauche; (i. c. hatte der erkrankte Vormund dem Angeklagten mit Rücksicht aus deffen Eigenschaft als Gegenvormund die Verwaltung des MündelgutS anvertraut). 11. Der Vormund, welcher sich beim Verkaufe eines MündelgutS ein Proxenetikum versprechen läßt, macht sich der Untreue, der jenes Proxenetikum Zahlende der Theilnahme schuldig: ZI. 16. Febr. 70 (RdO. XI, 102). 12. Der Ausdruck: „zum Nachtheile der ihrer Aussicht anvertrauten Sachen" ist auf die zu beaufsichtigenden oder zu verwaltenden Vermögensmassen in ihrem Gesammtbestände zu beziehen (individuelle Sachen können nicht „benachtheiligt" werden). Gleichwohl begründen wiederholte Benachtheiligungen Realkonkurrenz: ZRI. 26. Jan. 80 (RdR. I, 273).
Zu Nr. 2. Dgl. K. Sächs. StGB. Art. 287 Abs. 2. 13. Die Nr. 2 gilt für „Bevollmächtigte" aller Art, selbst die bloßen Privatbeaustragten eingerechnet: Mavh. 30. Jan. 75 (BAnn. 41 s. 119: insbesondere werde eine Verfügungsgewalt über mehrere Bermögensstücke oder einen Inbegriff von solchen nicht gefordert), Schütze s. 478 n. 9; vorausgesetzt, daß der Auftrag eine Rechtshandlung zum Gegenstände hat: Mannh. 10. Mai 79 (BAnn. 45 s. 181: deshalb gehöre das Verhältniß eines Dienstboten oder Tagelöhners als sol ches nicht hierher). Doch geht DreSd. 18. Febr. 78 (SGZ. 22 f. 245) zu weit, wenn es dahin alle in Derhältuiffen des Privatrechts vorkowmenden Fälle der Der-
Thl. II. Abschn. XXII.
Betrug und Untreue. — § 266.
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tretung fremden Vermögens rechnet, sollten die Befugniffe der Vertreter auch nicht ans der BertragSform des AustragS entspringen. Daß die Vollmacht (der Auftrag) in einer civilrechtlich gültigen und verbindlichen Weise ertheilt sei, ist nicht erfor derlich; demgemäß findet der § Anwendung, wenn die Handlung zwar nicht der schriftlich übergebenen Vollmacht, wohl aber einer mündlichen Nebenabrede (§ 127 I, 5 Pr. ALR.) zuwiderlies: ZI. 11. Okt. 72, 12. Sept. 73 (RdO. XIII, 517; XIV, 529). Negotiorum gestio und vorgebliche Vollmacht genügen nicht. Ebenso wenig ein Faustpfandvertrag; demgemäß macht fich der Gläubiger durch Begebung eines s. g. SicherheitS- oder Depotwechsels nicht aus Nr. 2 strafbar: ARI. 15. Nov. 80 (RdR. II, 515). 14. Ein Handels-Gesellschafter ist nicht „Bevollmächtigter" im Sinne der Nr. 2; contra: DreSd. 18. Febr. 78 (cit. n. 13); vgl. § 242 n. 6; § 246 n. 22; wohl aber jeder Prokurist (D. HGB. Art. 41), sowie Derjenige, welcher Waaren als Kommissionsgut, d. h. nach den Grundsätzen des Kommissionsgeschäfts zu ver kaufen übernommen hat: Dresd. 12. Juli 75 (StZ. VI, 7: derselbe sei daher straf bar, wenn er über den Erlös absichtlich zum Nachtheile des Kommittenten verfüge), desgleichen (jedoch nur unter gewissen Voraussetzungen: D. HGB. Art. 58. 50) der HandlungSgehülfe (Handlungslehrling, HandlungSdtener): VI. 1. Mai 78 (RdO. XIX, 237), ferner der Vorstand (Generaldirektor) einer Aktiengesellschaft oder Erwerbö-Genossenschaft: ZU. 30. Nov. 75, ZI. 8. März u. 27. Nov. 78, DreSd. 23. Juni 75, 25. März 78 (RdO. XVI, 762; XIX, 130. 547; SGZ. XX, 68; StZ. VIII, 233). Inwiefern, wenn ein solcher Vorstand aus mehreren Mitgliedern besteht, da« einzelne Mitglied durch seine Mitwirkung beim Fassen nachtheiliger Ma joritätsbeschlüsse sich aus Nr. 2 strafbar machen könne, darüber vgl. cit. Dresd. 25. März 78. 14a. DaS Gesetz trifft nur solche Verfügungen, welche der Bevollmächtigte als solcher, d. h. auf Grund der ihm ertheilten Vollmacht, vornimmt, nicht auch Hand lungen, welche außerhalb des Vollmachtsverhältnisses liegen: VI. 11. Juli 79 (RdO. XX, 331); vgl. 10. 19. 14b. Dem Wesen des Vollmachtsverhältnisses entsprechend, sind hier unter „Forderungen" deS Auftraggebers nur solche gegen Dritte, nicht Forderungen gegen den Bevollmächtigten selbst zu verstehen: VI. 11. Juli 79 (RdO. XX, 331: Demgemäß sei in der Ausstellung fingirter Ausgabeposten zur Ausgleichung einer Schuld des Bevollmächtigten keine Untreue zu finden). 15. Wesentlich ist, daß der Angeschuldigte über eine zur Zeit im Vermögen deS Vollmachtgebers sich befindende „Forderung rc." verfügt habe; vgl. ARII. 25. Juni 80 (referirt zu § 246 unter n, 10); somit gehört der Fall nicht hierher, wo ein mit Aufsuchung von Bestellungen Beauftragter eine ermittelte Bestellung einem andern Gewerbtreibenden zur Realisirung überweist: Münch. 28. Sept. 72 (StZ. II, 118). Dasselbe gilt, wenn ein Prokurist fremde Wechsel zum Nachtheile seines Prinzipals acceptirt; er verfügt dann nicht über eine Forderung rc. des letzter«, sondern be gründet eine Schuld deffelben; ebenso (in Betreff des Vorstands einer Aktiengesell schaft): ZU. 14. Nov. 78 (RdO. XIX, 534). Unter einem „Vermögensstücke" ist überhaupt nur ein wirklicher Vermögensbestandtheil (activum), mithin keine Schuld, bezw. Schuldverschreibung, selbst nicht eine solche in Form eines Wechsels zu ver stehen, sollte letzterer auch mit einem fremden Accepte versehen sein; so: DreSd. 19. Okt. 74 (SGZ. XIX, 142); vgl. jedoch ZI. 13. Sept. 78 (RdO. XIX, 414: ein acceptirter Wechsel bilde vor der Begebung in der Hand deS Acceptanten ein „Vermögensstück" deffelben). 16. Die widerrechtliche Aneignung anvertrauter Sachen ist in dem Aus drucke „verfügen" einbegriffen, sowie denn Nr. 2 überhaupt zwischen den im Besitze des Bevollmächtigten befindlichen und anderen Sachen nicht unterscheidet; so: Manh. 6. Juni 74, 30. Jan. 75 (BAnn. 40 s. 222; 41 s. 119). Gleichwohl hielt Dresd. 18. Febr. 78 (SGZ. 22 s. 245) die Jdealkonkurrenz der Unterschlagung „anver trauter" Sachen (§ 246 a. E.) mit Untreue im Sinne der Nr. 2 für ausgeschlossen, weil letzteres Vergehen in dem ersteren aufgehe; contra (mit Recht): Darmst. 29. Mai 76 (HEntsch. s. 72); vgl. ». 5, § 246 n. 10. 16a. Ein „Verfügen zum Nachtheile rc." wird dadurch nicht nothwendig aus geschlossen, daß der Werth des betreffenden „Vermögenstücks" des Auftraggebers
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Thl. II. Abfchn. XXII.
Betrug und Untreue. — § 266.
3) Feldmesser, Versteigerer, Mäkler, Güterbestätiger, Schaffner, Wäger, Messer, Bracker, Schauer, Stauer und andere zur Betreibung ihres Gewerbes von der Obrigkeit verpflichtete Personen, wenn sie bei den ihnen übertragenen Geschäften absichtlich diejenigen benach^ theiligen, deren Geschäfte sie besorgen. Wird die Untreue begangen, um sich oder einem Anderen einen Vermögensvortheil zu verschaffen, so kann neben der Gefängnißstrafe auf Geldstrafe bis zu dreitausend Mark erkannt werden. [I. Eutw.: § 240; II. Entw.: § 261; Pr. StGB.: § 246.] Vgl. §§ 32. 336; D. HGB. Art. 66 ff.; B.-Gew.-Ordn. v. 21. Juni 1869 § 36
Preußen: Vgl. EG. z. D. HGB. Art. 9 §§ 1. 4; Crim.-Ordn. § 357 Nr. 11. B. des Geldes desselben) dem Verkehrs wert he deö Gegenstandes gleich ist, welchen jener dafür empfängt: ZRII. 6. Juli 80 (Entsch. II, 215: der Bevollmäch tigte eines Hotelbesitzers hatte die vollen Ladenpreise für gelieferte Backwaaren aus der Hotelkasse entnommen und den vom Bäcker vertragsmäßig gewährten Rabatt in eignen Vortheil verwandt).
Zu Nr. 3. 17. Ueber die Anstellung (und Beeidigung) der Feldmesser, Versteigerer (Auktionatoren), Güterbestätiger, Schaffner, Wäger, Messer, Bracker, Schauer, Stauer rc. vgl. Gew.-O. § 36; über die der Mäkler: D. HGB. Art. 66ff., Pr. EG. z. dems. v. 24. Juni 1861 Art. 9; insoweit jetzt § 266 Nr. 2 zutrifft, ist durch denselben § 5 des eit. Art. 9 ersetzt. 18. Bei den in der Nr. 3 aufgezählten Personen wird eine obrigkeitliche Verpflichtung vorausgesetzt; diese muß sonach von einer (Staats- oder Gemeinde-) Behörde erfolgt sein; die durch eine Korporation bewirkte (eit. Gew.-O. § 36) genügt nicht; bei Mäklern ist es ausreichend, wenn die von der Handelskammer (Korpora tion) ausgegangene Ernennung von einer Behörde genehmigt und eine amtliche Ver eidung erfolgt ist; vgl. Pr. EG. z. HGB. Art. 9 §§ 1. 4. — Eine amtliche An stellung ohne demnächstige Verpflichtung rechtfertigt die Anwendung der Nr. 3 nicht: VII. 24. Mai 56 c. Buhl. — Dagegen gehört ein amtlich verpflichteter Arzt (Thierarzt re.) hierher: Dresd. 8. Dez. 71 (SGZ. XVI, 188). 19. Die Worte: „bei den ihnen übertragenen Geschäften" sind nicht gleich bedeutend mit: „durch die re. Geschäfte"; es ist daher nicht erforderlich, daß die Benachtheiligung durch die Art der Ausführung des Geschäfts herbeigeführt werde; e« genügt, wenn sie in anderer Weise bei der aufgetragenen Handlung und in Betreff deS Gegenstandes erfolgte, auf welchen sich die Thätigkeit bezog; eS kann dann ge schehen, daß daS Vergehen ideell mit einem anderen, z. B. mit Diebstahl konkurrirt: VI. 22. Juni 59 ^GA. VII, 557: der Ängeschuldigte, ein verpflichteter Kornmesser, hatte einen Theil deS zu vermessenden Getreides gestohlen). 20. Die unbefugte Disposition über erhobene Gelder kann eine Benachtheiligung deS Auftraggebers in sich schließen: ZI. 25. März 59 c. Stonner. 21. Aus den Verlust der re. Ehrenrechte kann neben der Gesängnißstrase nur erkannt werden, wenn diese drei Monate erreicht: § 32.
22. Ueber die Absicht: „sich oder Andern einen Vermögensvortheil zu verschaffen", vgl. § 263 n. 2—12. Daß der gesuchte Vermögensvortheil ein „rechtswidriger" sei, kann hier nicht gefordert werden; ebenso: ZII. 27. März 79 (GA. 27 s. 375). 23. Die im Pr. Regl. v. 15. April 1848 enthaltenen Strafandrohungen gegen Auktionatoren kommen nach wie vor zur Anwendung, insoweit der betr. Thatbe stand nicht jetzt unter die Nr. 2 oder 3 deS § 266 fällt.
Thl. II. Abschu. XXIII. Urknndensälschung. — § 267.
603
Dreiun-zwanzigster Abschnitt.
Urkundenfälschung.
§ 267. Wer in rechtswidriger Absicht eine inländische oder ausländische öffentliche Urkunde oder eine solche Privat§257. Inhalt: Täuschung, Beschädigter: 17. 26. Absicht: 1-7. 23. 25. 27. 29. Gebrauch: 22-30. 123. - Betrug: 30. 33. 35. - b. Gebrauch: 5. - Absicht: 5. 23. - Gehülfe: 30. - Beweismittel, Erlangg. : 3. < Besitz der Urkunde: 24. - Gelingen: 29. - des Fortkommens: 1. - Beziehung z. RechtSgesch.: ° Mittel 27. 28. - Erreichung: 6 29. 2. 27. - RechtSverhältniß: 27. 50ff. * Fest- (Frag-? steyung.- 7. ‘ durch Andere: 24. 30. - wessen ? 25. 26. 52. - Rechtsvcrh. Geltendmchg. 2. - Fragstellung: 24. 26. - Zweck, Erreichung: 29. Mißthat, Verheiml.: 3. 33. -> Hergabe Gebrauch: 30. Testament: 27. - Bermögcnsvortheil rc.: 1. - Recht, Begründung: 27. Thäter : 16-18. 22. 30. iii fälschen: 4. Täuschung: 25. 30. Unterschrift: 18-21.44. 58 63. zu gebrauchen: 23. vgl. d. W. - Analphabet - 20. - zu schaden: 1. - Testament: 27. - Einwilligung des Inhabers: zu täuschen: 25. 27. 29. - Berdecken e. and. That: 33. 18. 19. Analphabet: 20. 62. Gebrauch, wer? 22. Schein der Echtheit: 20.21. Anfertigg., fälschl.: 15-21.48.49. - wie? 24. 30. - womit? 42. - Beamter, Beurkdg: 44. 49. - Wiederholung: 32. vgl. d. W. unt. Urkunde. Berechtigung: 15. 18. ‘ Wirkung. Civtlrecht: 27. Untersiegelung: 19. 44. - Dritter, Werkzeug: 17. - Zweck vgl. Täuschung. Urkunde; 9. 37ff. - Ermächtigung: 18. Gehülfe- 16. 22. 30. Verdeckung e. and. Th.: 11. 33. - Feststellung: 18. Getäuschter: 17. 21. Verfälschen: 9-14. - Mitthäter: 1 6. Grenzaufseher: 27. - Aenderung: 10—14. - 9k am en, falsch. . 18 — 21. Handzeichen: 62. - Auöloschen: 14. offentl. Uri.: 49 44. Konkurrenz: 32—34. - Berechtigung: 11. - Qualifizirung, falsche: 19. Kontrebande: 34. ° Beschädigung: 14. Lcheln d. Echtheit: 20. Namen, falscher: 18—21. ’ Selbstvcrpflichtung: 17. - Datum: 12. - Getäuscht. Mitwrkg.: 16.21. - Echtheit? 9. - Thäter- 16-18. 48. • nicht existirend: 19. - Erheblichkeit: 12. Unterschrift: 18—21. - Unterschrift: vgl. unten. - Existenz, vorherige: 9. vgl. unt. Urkunde. - Dornamen 19. - erkennbar: 10. 12. . wer? 16-18. 44. 49. Qualifikation, falsche: 19. AuSl'ösiben: 14. - Hinzufügen: 10. Rechtsanwalt: 24. 30. Beschädigter: 17. Rechtsverhältniß: Beziehung: 27. - Papier rc.: 14. Beschädigung d. Urk. : 14. - Pers., Charakter: 12. 50-52. - Identität: 12. 18. Betrug: 28. 33. 35. Rechtswidrigkeit: 1-7. 11. 15 18. Beurkundung, falsch. : 49. 44. - Ziffern. 12. Reise-Leaitimation: i. 102. Vernichtung der Urkunde: 14. Datum: 11. 12. 64. Schein der Echtheit: 20. Dolus: 1-7. 16. 23. 27. 29. Siegel: 19. 44. Versuch: 22. 29. 30. 36 Ehrenrechte: 31. Vollendung: 6. 13. 22. 29. Simulation11. 18. 27. Existenz der Person: 19. 132. Wechsel: 12. 2b. 37. 126ff. Stempel FiskuS: 11. 26. - der Schrift: 10. 38. Werkzeug, Dritter: 17. 30. Steuerdefr. - 34. FiskuS. Betheiligung: 11. 26. Täuschung: 25—30. Zolldefraude: 34. Fest Fragstellung: 7^ 12.18.24. - and. Mittel: 28. Zweck vgl. Täuschung. 26. 37. 60. 123. Abdruck: 46a. Abrechnung: 121. Abschrift 143. Advokat, Akten: 118a. Aktie: 107. Almosengesuch 114. Analphabet: 62. Anweisung: 71. 127. Anzeige: 75 76. Auftrag an eigne Ordre: 109. Aufzählung : 65 ff. Auktionsverhandlung: 75. 79. ausländische: 147. AuSstandsbewilltgung: 120. Avisbrief: 117. 133. Banknote: 107. Beglaubigung: 46. 80.84- 89. Begriff? 37. 39 ff. Benachrichtigg, amtl.: 74. 46a.
U r k u n d e: 37 ff. Bericht: 75. Bescheinigung: 80. 102. 142. Beschluß, gertchtl.: 68. Bestellbrief: 27. 110. Beurkundung - 45. 49. Beurtheilung, obj : 50.53.141. - Etvil.Entschdg.: 39. 50. - Civil-Gesetz: 39. 42. 50. Beweis: 39. 40. 43. 47. - Erheblichkeit s. d. W. • vollständig? 53. Bitte um Geldsendung: 113. . - Mildthätigkeit: 114. Brauanzeige- 84a. BrennereibetriebS-Plan: 85. Brief, Absender: 40. 53a. 98. Buch, amtl.: 104. Bürgschaft: 115. 137. Causa debendi : 134.
Civil-Entscheidung: 49.42.50. Civil-Recht: 39. 42. 50. Darlehnsgesuch: 112. Datum: 11. 12. 64. Deposital-Annahme-Befehl: 73. Dienst-Entlassung: 122. - Führungsattest: 103. 142. Dispositionsfäh.: 54.136. 137. Druckschrift. 42. Ehefrau.- 137. Einrede: 54. 134-137. EintrittS-Marke: 57. 58. Eisenbahnbillet: 57. 58 106a. Erheblichkeit, obj.: 50. 53. 141. - Beweis, and. Richtung: 54. 56. 119. 127. - vollständig: 53. - Standpkt. Ctvilrcht.: 42. 50. Erlaß, landesherrl.: 65.
604
Thl. II. Abschn. XXIII. Urkundenfälschung. - § 267.
urkunde, welche zum Beweise von Rechten oder Rechtsverhält nissen von Erheblichkeit ist, verfälscht oder fälschlich anfertigt Erscheinungsbefehl r 67. öffentliche, ausländische: 146. Erwähnung, beiläufige: 14 L - Beamter. Bezeichngg.: 44. Erekutionsgesuch 118. Existenz: 48. Existenz der Person: iS. Titel: 48. * • Schrift: 10. 38. - Beglaubigung: 46. Faktura: 111. ° Beurkundung: 49. Fest. (Frag-) stellung: .37. - Feststellung: 46. Formfehler: 54—56. 127. - Privat-Jnt. Vertretung - 45. Frachtbrief: 124. - Unterschrift: 44. - Avisbrief: 117. 133. * Untersiegelung: 44. Freimarke: 108. - Zuständigkt.r 43. 48. Führungsattest: 103. 144. Papier a. d. Inh.: 107. 109. Garantie: 56 119. Passirschein: 102. Gebührenfeststellung: 72. Personenstand: 27. 80. 3. Gebührennote: 70. Pers. Fähigkeit: 54—56. 136. Geburtöakt: 27. 137. Gegenbuch: 139. - Existenz: 19. Geldpacket. JnhaltS-Anz.: 105. - haftbare Erkennbarkeit - 58. Gemeinde Vertretung: 45. 79a. - Verschiedenheit - 19. Gerichtsbeschluß: 68. Pfändungsverhandlung. 75. Geschäftsverkehr, innerer 73. Pfandschein: 81. Grenzstein: 41. 57. Pferde-LegitimationS-Attest: 102. Haftbefehl: 67. Polizeiliche Legitimation: 102. Handelsbuch: 138. Polizei-Verordnung: 66. Holzabzählungstabelle: 100. Postalts.leS: 44. 93-98. 104. Holztranöportattest: 102. 105. 108 Holzverabfolgeschein: 100. Präsentatum, amtl. : 82. Jagdschein - 102. Privat.Urkunde: 50 ff. Jnyaberpapter: 107. - Aufzählung: 109 ff. Insinuation: 77. Preiökourant: 144. Kataster: 83. 104. Provtantverzeichniß: 88. Kerbholz- 4l. 57. Prüfungszeugniß: 101. Kirchenbuch: 80. Quittung: 37 110 90a. Klageschrift: 118. Rath, amtl.- 74. Kontrollbuch, amtl.: 104. Rechnung: 116. 124. Kosten. Feststellung: 69. 72. Rechnungsbeleg - 39. 70. • Liquidation: 70. Recht. Natur - 51. - Vorschuß. Auffordcr.: 113. - wessen? 52. LegittmationSschetn: 90. 102. Rechtsbegriff 37. Liquidation 70. - objektiv: 50. 53. 143. Lohnslbretberbogen: 106. Rechtsfähigkeit: 54 >36. 137. Mahnbrief: 11 6. Rechtsgeschäft. Gültigkeit - 42. Maischbottich, Vermess.: 84. >34- 137. Mandat: 69. 71. - Mängel, 54. 134-137. Mangel: 54-56. 127. - Werth: 54. 135. Meßbrief: 89. * zweiseitig: 112. 122. Marke: 41. 57. 58. Rechtsverhältnis 50—52. Milde Zwecke: 66a. 109. - Natur. Erkennbarkeit: 50. Miltt.-Absch. 102. - privatrechtl. ? 51. Minderjähriger r 136. - wessen? 52. Mittel: 42. Register, amtl. . 104. Muthung. Präsentatum: 82. Reise-Legitimation: 1. 102. Mutterrolle: 83. Restttutionspflicht: 56. 1 19. Nichtiakeit: 54. 134-137. Revis..Buch (Mehlbestand): 87. Nothschlachtzeugniß: 86a. Rezept- 145. Notorietät: 57. Nollkarte: 125. Objektive Beurth.: 50. 53. 143. Rückgabe - 119. öffentliche: 43—49 146. Schrift ? 41. - Amtscharakt. : 44. . Existenz 10. 38. - Amtssiegel: 44. * Nothwendigkeit: 41. 57. - Anzeige-Protok.: 66. - Derifizirung - 42. - Aufzählung : 65 ff.
Schriftenbeweis. Anfang: 140. Schuldverschreibung: 134. . a. d. Inhaber: 107. 109. Siegel: 19. 41. 44. 57. Sinn, conventioneller: 50. 57. - zweifelhaft - 37. 50. 57. Sitzung-protokoll: 68. Soll Einnahme-Beleg - 70. Staat. Vertretung: 45. Stempel: 41. 57. 95. 108. . FiSkuö: 11. 18. 27. Stempel-Papier rc. 109. Steuerliches: 51. 83—90a. Strafabbüßung. Anzeige: 78. Taxe: 53. Telegramm: 63. 99. 123 Thatsache: 40. 47. Theaterbillct: 57. 58. Unterschrift- 18 -21.44.58-63. . einseitig: >12. >22. - eigene: 63. * Firma: 59. - gedruckte. 42. - ,,gcz." : 63. -
Handzeichen: 62.
- MüNgel 54-56. - Namensschrift: 19. 59. 90. - ,.pro": 63. - Prokurist: 63. - Stempel: 57 - Unterkrcuzunq: 62. 44. - unerläßlich? 58. - unvollständig: 61. - Vertreter: 63. - Vornamen: 19. - wo: 60. Untersiegelung: 19. 44. Untersuchung-Verhandlung: 68. Unvoüständigkcit: 50 53. 127.
Urtheil: 68. DerpflichtungSgrund: 134. DersendungS-Legit.-Schein: 90. Versicherungs-Antrag: 92. Verständlichkeit: 50. 57. Vertrag, Auflösung: 112. 122. Dcrwahrbefehl: 67. Vollmacht: 109. HO. 137. - zu milden Beitragen: 109. Dorladungöbefehl: 67. Wahlzelle!: 146. Waldhammer 41. 57. Wanderbuch: 102. Wechsel rc.: 12. 27. 28. 37. 126-133. Wildpassirschein: 102. Zahlungsanweisung: 71. 127. Zahlungsaufforderung: 69. Zahlungsversprechen a. Inh.: 107. Zeugniß. Prüfung: 101. Zoll.Versendung- Schein: 90.
1. Der § erheischt eine „rechtswidrige Absicht" d. h. den Willen, eine Folge herbeizuführen, welche einem begründeten Rechtszustande zuwiderläuft, diesen verletzt; ähnlich: ZRIII. 4. Febr. 80, ZU. 4. Jan. 79 (Entsch. I, 293; GA. 27 s. 112: „die Absicht, eine widerrechtliche Aenderung des bestehenden Rechtszustandes herbeizuführen"). ZU. 6 Sept. 75 (RdO. XVI, 555) erläutert erstere Definition dahin, daß hier „Rechtszustand" in subjektivem, nicht in objektivem Sinne gleichbe deutend mit „gesetzlicher Zustand" zu nehmen sei, die Absicht müsse daher auf Be nutzung des Falsifikats wider die Rechte Dritter gerichtet sein. Dagegen erblickt ARII. 22. Okt. 80 (Entsch. II, 376) in jenem Thatbestandsmerkmal im Wesentlichen nur das Erforderniß des vorsätzlichen Handelns, da „Absicht" hier gleichbedeutend mit
Thl. II. Abschn. XXIli.
Urkundenfälschung. — § 267.
605
und von derselben zum Zwecke einer Täuschung Gebrauch macht, wird wegen Urkundenfälschung mit Gefängniß bestraft, fl. Entw.: §§241.244.245; II. (Sntro.: § 262; Pr. StGB.: §§ 247. 250.] Vgl. §§268—270. 363; DZollges. v. 1. Juli 1869 § 159 (BEbl. f. 363). Preußen: Vgl. Sleuer-Ordn. v. 8. Febr. 1819 §§ 86. 87.
„Vorsatz" sei, und die Rechtswidrigkeit des Vorsatzes nur gefordert werde, um durch Hervorhebung dieses allgemeinen Erfordernisses des strafrechtlichen DoluS dem Mißverständniffe vorzubeugen, als ob auch ein nicht rechtswidriges Gebrauchmachen, z. B. zum Zwecke einer Neckerei, unter den § falle. Vgl. ferner ARI. 12. Febr. 80, VII. 14. Sept. 76 (GA. 28 s. 155; 24 s. 589) und unten n. 3. — Somit genügt die Absicht einer Neckerei nicht. War die beabsichtigte Folge eine rechtswidrige, so kommt auf ihre sonstige Natur Nichts an; insbesondere braucht die Absicht nicht auf Verschaffung eines Dermögensvortheils oder auf Zufügung eines Schadens ge richtet zu sein (eine solche hat nach § 268 eine Strafschärfung zur Folge). — Ist ein Legitimationspapier ic. lediglich zum Zwecke des bessern Fortkommens gefälscht worden, so schließt § 363 den § 267 auS; vgl. ZI. 24. März 76 (RdO. XVII, 215). 2. Demgemäß ist es keineswegs unerläßlich, daß die Absicht dahin gehe, das jenige Rechtsverhältniß, für dessen Beweis die „Urkunde" von Erheblichkeit ist, zur Geltung zu bringen; vgl. unten n. 26. 27. 3. Die Absicht ist selbst dann eine „rechtswidrige", wenn sie gerichtet ist auf Beschaffung eines falschen Beweismittels für eine an sich wahre Thatsache: ARI. 12. Febr. 80 (GA. 28 s. 155), ZI. 15. Okt. 75, Manh. 11. Mai 78 (RdO. XVI, 657; BAnn. 44 s. 152), oder zu einem an sich erlaubten Zwecke, z. B. zur Erlan gung eines mit Unrecht zurückbehaltenen Arbeitslohns: Stuttg. 11. März 74 (StZ. IV, 60), oder zu einer gesetzlich statthaften Eheschließung: ZU. 6. Sept. 75 (eit. n. 1 Jemand hatte eine falsche Sterbeurkunde seiner von ihm geschiedenen Frau einem katholischen Pfarrer vorgelegt, um so zur Trauung mit einer anderen Person zu gelangen; hierin sei eine Verletzung der Rechte des Pfarrers enthalten); oder end lich zum Zwecke der Verheimlichung einer Mißthat, bezw. zur Führung des Ent lastungsbeweises: Münch. 19. Juni 75 (BEntsch. V, 277), ZI. 26. Sept. 77 (RdO. XVIII, 592); vgl. jedoch ZRIII. 1. Mai 80 (RdR. I, 712). — Im Uebrigen vgl. ARI. 3. Juni 80 (RdR. II, 25), Bad. OLG. 3. Okt. 79 und Schneider (BAnn. 45 s. 369 ff.) 4. War die Absicht eine rechtswidrige, so bedarf eS nicht außerdem noch der Absicht: „eine (falsche) Urkunde anzufertigen rc.", in dieser Beziehung genügt ein bewußtes Handeln. 5. Die rechtswidrige Absicht muß nicht nur bei der Fälschung, sondern auch bei dem demnächstigen Gebrauche vorwalten: VII. 14. Nov. 72 (RdO. XIII, 597); Vgl. n. 22; § 268 n. 6. 6. Die Vollendung des Vergehens ist nicht dadurch bedingt, daß die Ab sicht erreicht wurde oder möglicherweise erreicht werden konnte (nur bei einem Versuche kommt die Tauglichkeit des Mittels in Betracht). Vgl. n. 23. 29. 7. Die „rechtswidrige Absicht" ist ein Begrifssmerkmal deS (einfachen) That« bestandeS, also nicht ein erschwerender Umstand. — Nach Pr. Verfahren bedurfte eS beim Mangel ausdrücklichen Bestreitens (bezw. eines ausdrücklichen Antrags) in der thatsächlichen Fest- (Frag.) stellung nicht der näheren Hervorhebung, worin die Rechtswidrigkeit der Absicht bestanden habe; doch war eine solche Auflösung deS Be griffs in der schwurgerichtlichen Fragestellung statthaft, und, wenn beantragt, sogar geboten; vgl. Oppenh. Pr. Strafvers. Art. 82 n. 8; RdO. V, 211. Jetzt kommen für die instanzrichterliche Feststellung die Vorschriften der RStPO. § 266 und für die Fragestellung die unter n. 37 a. E. besprochenen Grundsätze zur Anwendung. 8. Ueber den Begriff der „Urkunde" und der „öffentlichen Urkunde" vgl. n. 36 ff.
9. Die „Versälschung" einer Urkunde setzt voraus, daß eine solche vorher exiflirt habe. Daß dieselbe echt gewesen, wird nicht erfordert; auch eine fälschlich
606
Thl. II. Abschn. XXIII.
Urkundenfälschung. - § 267.
angefertigte oder verfälschte Urkunde ist nach ihrer objektiven Erscheinung eine „Ur kunde" und kann weiter verfälscht werden; contra: Merkel i. HH. III, 465. 10. „Verfälschung" einer Urkunde ist eine unberechtigte Abänderung der selben in einem für den Beweis erheblichen Punkte, durch welche ihr Charakter als Urkunde nicht aufgehoben wird. Ist eine „Abänderung" festgestellt, so ist eö un wesentlich, ob der frühere Inhalt der Urkunde ermittelt worden oder nicht: ZI. 8. April 70 (RdO. XI, 244). 11. Die Abänderung muß eine unberechtigte (n. 10) sein; eine im Einver ständnisse aller Betheiligten vorgenommene, den wahren Sachverhalt entstellende Veränderung gehört daher nicht hierher, sollte auch die Absicht aus Täuschung eines Dritten gerichtet gewesen sein: Beschl. I. 1. März 67 (RdO. VIII, 142); vgl. n. 15. 18. Dies gilt sogar dann, wenn die Urkunde (in ihrem ursprünglichen Zustande) zu Gunsten eines Dritten, Nichtbetheiligten, beweisfähig war; so: Manh. 15. Juli c. -
321. 322.
Ist durch eine dieser Handlungen eine schwere Körper verletzung verursacht worden, so tritt Zuchthausstrafe bis zu fünf Jahren und, wenn der Tod eines Menschen verursacht worden ist, Zuchthausstrafe nicht unter fünf Jahren ein. [I. Enttv.: § 302; II. Emw.: § 318; — Nov. v. 26. gebt. 1876 Art. I. — Pr. StGB.: § 301.] Vgl. §§ 91 Nr. 2. 284. 325. 326. 305. 312-314. 366a. 222. 224. 370 Nr. 1. 2; R -Mil -StGB.: §§ 58 Nr. 2. 160.
Preußen: FFP.-Ges. § 31.
§ 322 Wer vorsätzlich ein zur Sicherung der Schiff fahrt bestimmtes Feuerzeichen oder ein anderes zu diesem Zwecke aufgestelltes Zeichen zerstört, wegschafft oder unbrauchbar macht, oder ein solches Feuerzeichen auslöscht oder seiner Dienstpflicht zuwider nicht aufstellt, oder ein falsches Zeichen, welches ge eignet ist, die Schifffahrt unsicher zu machen, aufstellt, insbe sondere zur Nachtzeit auf der Strandhöhe Feuer anzündet, welches die Schifffahrt zu gefährden geeignet ist, wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft. 8. Durch die Beschädigung rc. ist nur dann „Gefahr rc. herb eigeführt", wenn die Beschädigung eine solche Gefahr nach dem gewöhnlichen Sauf: ber Dinge, also überhaupt mit Wahrscheinlichkeit voraussehen läßt, nicht also, wenn lediglich die Möglichkeit gegeben erscheint, daß unter außerordentlichen Verhältnissen Gefahr eintrete; ob ersteres der Fall sei, ist eine Thatfrage, mithin in dieser Hinsicht die Auffassung deö Instanzrichters entscheidend, insofern die von ihm festgestellten fak tischen Momente und die daraus gezogenen Folgerungen nicht selbst in einem innern Widerspruche stehen: Münch. 23. Aug. 75 (BEntsch. V, 420, 423). Vgl. § 315 n. 8. 9. Eine Gemeingefährlichkeit gehört nicht zu den Begriffsmerkmalen des Vergehens (vgl. Abschn. 27 n. 1: s. 712); eS genügt, wenn durch die Handlung das Leben rc. auch nur eines Anderen als des Thäters gefährdet wird (vgl. die Fassung deS § 323); dabei ist eö gleichgültig, ob dieser Andere ein Recht zur Be nutzung der Anlage (z. B. deö Privatwegs) hatte, sobald nur nach den thatsächlich obwaltenden Verhältnissen für denselben eine Gefahr rc. herbeigeführt wurde. — Wer abgesehen von den Fällen der §§ 324. 326, also namentlich, ohne daß eine Ge fahr für das Leben rc. Anderer und ohne daß ein Schaden entsteht, unbefugt daS zur Bewässerung von Grundstücken dienende Wasser ableitet, oder Gräben, Wälle, Rinnen oder sonstige WasserleitungS-Anlagen herstellt, verändert, beschädigt oder beseitigt, wird durch § 31 des Pr. FFP.-Ges.'s mit einer Uebertretungsstrafe bedroht. 10. „Berursachung" einer schweren Körperverletzung rc. vgl. § 307 n. 6ff. 11. Zulässigkeit der Polizei aussicht, vgl. § 325. § 322.
1. Abgesehen von dem am Schluffe des Abs. 1 erwähnten Falle des FeuerAnzündenS auf der Strandhöhe erheischt dieser § nicht die Herbeiführung einer Ge fahr, geschweige denn einer Gemeingefährlichkeit. Demgemäß genügt als Dolus die Vorsätzlichkeit der Handlung an sich, verbunden mit dem Bewußtsein, daß daS Zeichen ein zur Sicherheit der Schifffahrt bestimmtes, oder daß das falsche Zeichen geeignet sei, die Schifffahrt unsicher zu machen; beim erwähnten Feueranzünden muß das Bewußtsein hinzutreten, daß dasselbe geeignet sei, die Schifffahrt zu gefährden; vgl. Abschn. 27 (s. 713) n. 2. 3. 2. Der § ist nicht aus die Seeschifffahrt zu beschränken, findet vielmehr auch aus die daö Fahrwasser in andern Gewässern kuudmacheuden Zeichen rc. An wendung.
Thl. II. Abschn. XXVII.
Gemeingesährliche Berbrechen rc. — §§ 322—324.
731
Ist durch die Handlung die Strandung eines Schiffes verursacht worden, so tritt Zuchthausstrafe nicht unter fünf Jahren und, wenn der Tod eines Menschen verursacht worden ist, Zuchthausstrafe nicht unter zehn Jahren oder lebensläng liche Zuchthausstrafe ein. [I. Entw.: § 303; II. Enlw.: § 319; Pr. StGB.: § 302.] Vgl. §§ 323. 325. 326. 265. 305; EG. § 4; Mil..StGB.: § 160; RGes. v. 3. M-irz 1873 (RGbl. s. 47); R.-Strand.-Ordn. v. 17. Mai 1874.
§ 323. Wer vorsätzlich die Strandung oder das Sin ken eines Schiffes bewirkt und dadurch Gefahr für das Leben eines Andern herbeiführt, wird mit Zuchthaus nicht unter fünf Jahren und, wenn durch die Handlung der Tod eines Men schen verursacht worden ist, mit Zuchthaus nicht unter zehn Jahren oder mit lebenslänglichem Zuchthaus bestraft. II. Entw.: 6 304; II. Entw.! 6 320; Pr. StGB.: 6 303.1 Vgl. §§ 322. 325. 326. 265. 305; EG. § 4; R. Mil.-StGB.: § 160; D. HGB. Artt. 702. 708 Nr. 3.; R.-Slrand-Ordn. v. 17. Mai 1874 (RGbl. s. 73'.
§ 324.
Wer vorsätzlich Brunnen - oder Wasserbehäl-
3. „Feuerzeichen" ist hier gleichbedeutend mit „Lichtzeichen"; das Verdunkeln (Blenden rc.) des Lichts steht dem Auslöschen gleich: Meves i. StGZ. XIII. 381, Schaper i. HH. III, 903. 4. Daö „Verrücken" eines SchifsfahrtszeicheuS ist als ein „Wegschaffen" oder „Unbrauchbarmachen" desselben anzusehen. 5. „Nachtzeit" bedeutet hier dasselbe, wie im § 293; vgl. dort n. 4. 6. Ueber die „Verursachung" einer Strandung rc. vgl. § 307 n. 6—8. 7. Zulässigkeit der Polizei. Auf sicht: § 325. 8. Fall eines Kriegszustandes rc.; vgl. EG. § 4 und dort n. 7—10.
8 323. 1. Ueber den Begriff der „Vorsätzlichkeit" vgl. Abschn. 27 (f. 713) n. 2. 3. 2. Auch hier wird eine Rechtswidrigkeit der Handlung (in Betreff des Schiffes) nicht erfordert; vgl. § 321 n. 2. 3. „Schisf" bezeichnet hier jedes Fahrzeug sei es auf dem Meere, sei es auf einem Binnengewässer. 4. Zum „Sinken eines Schiffs" wird erfordert, daß letzteres entweder ganz oder theilweife und zwar in dem Maße, daß es seine Operationsfähigkeit verliert, unter der Oberfläche des Wassers verschwindet; ein Schiff, welches, wenngleich durch künstliche Vorrichtungen, über Wasser gehalten wird, ist nicht versunken: ARII. 4. Juni 80 (Entsch. II, 85). 5. Wird die Strandung in höchster Noth zur Rettung der Mannschaft rc. bewirkt, so trifft der § nicht zu, weil dann die Lebensgefahr nicht durch sie herbei geführt wird; vgl. D. HGB. Arlt. 702. 708 Nr. 3. 6. War Schiff oder Ladung versichert, so kann in Ideal-Konkurrenz auch § 265 anwendbar sein; derselbe wird dann aber durch § 323 als den strengeren ausgeschlossen: § 73. 7. Ueber die „Verursachung" des Todes vgl. § 307 n. 6—8. 8. Zulässigkeit der Polizeiaufsicht: 8 325. 9. Fall eines Kriegszustandes; vgl. EG. § 4 und dort n. 7—10.
§ 324. 1. In Betreff des „Borfätzlichkeit" vgl. Abschn. 27 (s. 713) n. 2. 3. 2. Unter „Brunnen- oder Wasserbehältern, welche zum Gebrauche Anderer dienen", sind hier solche Vorrichtungen zum Sammeln des Wassers zu ver-
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Thl. II. Abschn. XXVII.
Gemeingefährliche Verbrechen -c. — § 324.
ter, welche zum Gebrauche Anderer dienen, oder Gegenstände, welche zum öffentlichen Verkaufe oder Verbrauche bestimmt sind, vergiftet oder denselben Stoffe beimischt, von denen ihm bekannt ist, daß sie die menschliche Gesundheit zu zerstören ge eignet find, ingleichen wer solche vergiftete oder mit gefähr lichen Stoffen vermischte Sachen wissentlich und mit Ver schweigung dieser Eigenschaft verkauft, feilhält oder sonst in Verkehr bringt, wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren und, wenn durch die Handlung der Tod eines Menschen verursacht worden ist, mit Zuchthaus nicht unter zehn Jahren oder mit lebenslänglichem Zuchthaus bestraft. [I. Entw.: § 306; II. Entw.: § 321; Pr. StGB.: § 304.1 Vgl. §§ 325. 326. 229. 367 Nr. 7; SG. § 4; Mil.-StGB. § 160; RGes. v. 14. Mai 1879 §§ 10 ff. stehen, bei denen die Benutzung des Wassers zum (unmittelbaren oder mittelbaren) Genusse durch Menschen oder doch zu einer eine Einwirkung auf den menschlichen Organismus ermöglichenden Verwendung den Hauptzweck bildet; deiügettläß gehören Teiche, welche zur Fischzucht dienen, sowie überhaupt Fischbehälter nicht hierher; so: DreSd. 12 April 78 (SGZ. 22 s. 279). 3. Insofern der § 324 außer der Vergiftung von Brunnen- oder Wasserbehältern auch die Vergiftnng der zum öffentlichen Verkauf rc. bestimmten Gegen stände und deren Verkauf rc. verpönt, sind seine Vorschriften bezüglich der als Nahrung«- oder Genußmittel für Andere bestimmten sowie gewisser Ge brauchsgegenstände (nemlich BekleidnngSgegenstände, Spielwaaren, Tapeten, Eß-, Trink-, Kochgeschirr, Petroleum) für nicht ausreichend erachtet worden. Dem gemäß trifft das RGes. v. 14. Mai 1879 weitergeheude Bestimmungen, indem eS im § 13, unter Beibehaltung der Strafen des § 324 (und 325), Jeden für strafbar erklärt, welcher vorsätzlich Gegenstände der letzterwähnten Art so herstellt, daß ihr Genuß, bezw. ihr bestimmungsmäßiger (vgl. n. 6) oder auch nur vorauszusehender Gebrauch die menschliche Gesundheit zu zerstören geeignet ist, sowie Jeden, welcher wissentlich solche Gegenstände verkauft rc., während § 12 ib. geringere Strafen normirt, wenn der Genuß, bezw. Gebrauch jener Gegenstände die Gesundheit min destens zu beschädigen geeignet ist. — Bei den oben aufgezählten Gegenständen ist es daher nicht mehr erforderlich, daß sie „zum öffentlichen Verkauf rc. bestimmt fmb"; ebenso ist es gleichgültig, ob die Gesnndheitsgefährlichkeit derselben durch „Beimischung" anderer Stosse oder durch die Art der Herstellung oder (was den Verkauf rc. betrifft) durch inneren Verderb des Gegenstandes entstanden ist, ferner ob der Verkauf rc. „mit Verschweigung dieser Eigenschaft" stattgefunden hat; vgl. Mot. zum Gesetz v. 14. Mai 1879 s. 24. — Für die übrigen (d. h. in letzterem Gesetze nicht aufgesührten) „Gegenstände" Hal der § 324 seine volle praktische Be deutung bewahrt.
4. Auf die Natur des „Gegenstandes" kommt Nichts an; es genügt, wenn er geeignet ist, die menschliche Gesundheit zu zerstören. 5. Ein Gegenstand ist zum „öffentlichen Verkaufe oder Verbrauche be stimmt", wenn er dem Erwerbe der Konsumenten in einer nicht individuell begränzten Weise zugänglich gemacht ist; eS genügt nicht, wenn erst die Absicht bestand, ihn später in den Verkehr zu bringen; alsdann beginnt die Strafbarkeit erst mit dem Verkaufen, Feilhalten rc. Demgemäß ist die Vergiftung eines fremden Thieres (um es zu tödten) nicht deshalb aus § 324 zu bestrafen, weil dasselbe vom Eigen thümer dazu bestimmt war, geschlachtet und als Fleisch in den Verkehr gebracht zu werden: DreSd. 3. Aug. 71 (StZ. I, 43). Nach den Mot. z. Ges. v. 14. Mai 1879 s. 24 ist der Verkauf im Wege des HausirenS kein „öffentlicher Verkauf". 6. Ueber den Begriff des „Gif tS" oder eines „zur Zerstörung der menschlichen
Thl. II. Abschn. XXVII.
Gemeingefährliche Verbrechen ic. — §§ 325. 326.
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§ 323 Neben der nach den Vorschriften der §§ 306 bis 308. 311 bis 313. 315. 321 bis 324 erkannten Zucht hausstrafe kann auf Zulässigkeit von Polizei-Aufsicht erkannt werden. [I. Enlw.: § 307; II. Entw.: § 322; Pr. StGB.: § 305.]
Vgl. 88 38. 39.
§ 326. Ist eine der in den §§ 321 bis 324 be zeichneten Handlungen aus Fahrlässigkeit begangen worden, so ist, wenn durch die Handlung ein Schaden verursacht worden ist, auf Gefängniß bis zu Einem Jahre und, wenn der Tod eines Menschen verursacht worden ist, auf Gefängniß von Einem Monat bis zu drei Jahren zu erkennen. fl. Entw.: §§ 302 — 306; ll. Entw.: § 323; Pr. StGB. §§ 301—304.] Vgl. §§ 321-324. 145. 222.230. 367 97t. 7; RGes. v. 14. M-i 1879 § 14. Preußen: FFP.-Ges. § 31.
Gesundheit geeigneten Stoffs" vgl. § 229 n. 1—4. Ein Gegenstand ist „ver giftet rc.", wenn ihm durch Beimischung von Glst rc. die Eigenschaft beigelegt ist, die Gesundheit desjenigen Menschen, welcher ihn in bestimmungsmäßiger Weise gebraucht, zu beschädigen; sonach gehört der Gebrauch giftiger Farben bei Kinder spielzeug nicht hierher: Schw. d. 3; contra: Schaper i. HH. III, 906 n. 7. Fälle der letzteren Art werden ev. durch die §§ 12 ff. des R.-Ges.'S v. 14. Mai 1879 ge troffen; vgl. n. 3. 7. Tr ichinenhaltigeS Fleisch ist eine mit „gefährlichen Stoffen ver mischte Sache". Die Mot. z. Ges. v. 14. Mai 1879 s. 24 scheinen das Gegentheil anzunehmen, heben jedoch hervor, daß der wissentliche Berkaus solchen Fleisches ev. unter die Bestimmungen des letzterwähnten Gesetzes falle. Bgl. auch § 326 n. 3. 8. Durch den Eintritt einer Gefahr für bestimmte Personen ist der That bestand nicht bedingt; selbst der Nachweis, daß eine solche im Fragefalle nicht ein getreten sei, schließt Srasbarkeit nicht aus. 9. Aus der Kumulirung der Ausdrücke: „verkauft, seilhält oder sonst in den Verkehr bringt" ergiebt sich, daß der zuletzt erwähnte hier eine weiter gehende Bedeutung hat als in dem (außer Kraft gesetzten) § 287; ZRI. 13. Dez. 80 (RdR. II, 633) erachtete denselben (anscheinend nicht blos in § 12 des RGes.'S v. 14. Mai 1879 sondern auch im § 324) für synonym mit: „an Andre überlassen" (§ 367 Nr. 3) und rechnet dahin auch das schenkweise Ueberlassen, sowie das einmalige Ueberlassen an eine Einzelperson; vgl. jedoch in Betreff des letzteren Punkts: Münch. 14. Febr. 80 (BEntsch. NF. I, 97). Es genügt, wenn die Sache Anderen zum Er werbe zugänglich gemacht ist; vgl. n. 5. 10. Ueber die „Verursachn»g" deS Todes vgl. § 307 n. 6—8. 11. Zulässigkeit der Polizeiaufsicht: § 325. 12. In Betreff deS Falles eines Kriegszustandes rc. vgl. EG. § 4 n. 7—10.
§ 325.-------------------------------------------------------------------------------------§ 326. 1. „Fahrlässigkeit", vgl. § 59 u. 19ff.; § 222 n. 3 ES genügt, wenn die Fahrlässigkeit in Betreff der in den §§ 321—324 bezeichneten Handlungen und nicht auch in Beziehung aus den verursachten Tod obwaltete; tritt eine Fahrlässigkeit der letzteren Art hinzu, so wird daS zu § 309 n. 4 Gesagte anwendbar. 2. Zn Betreff der „Verursachung eines Schadens" vgl. § 307 n. 6—8. In den Fällen der §§ 321 und 324 muß der verursachte Schaden das Leben oder die Gesundheit eines Andern zum Gegenstand haben. Rüd. n. 1 und Schaper i. HH. III, 904 nehmen dasselbe auch für die Fälle des § 323 an; MeveS t. StRZ. XIII, 414 beschränkt hier die Anwendbarkeit des § 326 sogar auf den Verlust von Menschenleben, wogegen Belmonte i. GSaal 28 s. 499 die fahrlässige Ausführung
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Thl II. Abschn. XXVII.
Gemeingefährliche Verbrechen rc. — § 327.
§ 327 Wer die AbsperrungS- oder Aufsichts-Maß regeln oder Einfuhrverbote, welche von der zuständigen Besämmtlicher in den §§ 321—324 erwähnten Handlungen stet« für strafbar hält, wenn neben dem objektiven Thatbestände der dolofen Mißthat, also in den Fällen des § 323 namentlich auch neben der Gefährdung von Menschenleben, noch das für die Strafbarkeit einer culpa überhaupt erforderliche Requisit einer materiellen Rechts verletzung |§ 59 n. 19] vorhanden sei, sollte letztere auch nur in einer bloßen Be schädigung von Sachen bestanden haben; ebenso entschied in Betress eines Falles des § 323 das von ihm cit. OG. Hamburg u. ARII. 4. Juni 80 (Entsch. II, 85). 3. Ist eine der in den §§ 12. 13 des RGes.'S v. 14. Mai 1879 bezeichneten Handlungen (§ 324 n. 3), z. B. der Berkaus trichinenhaltigen Fleisches (Mot. z. cit. Ges- s. 26), aus Fahrlässigkeit begangen worden, so kommt § 14 ib. zur Anwendung; dieser verpönt auch den Fall, wo kein Schaden verursacht worden ist, und beläßt es für die übrigen Fällen bei den Strafen des § 326. 4. Im Uebrigen sind die Bemerkungen zu den §§ 321—324 zu vergleichen. § 327. 1. Nur die Verletzung der von der „zuständigen Behörde" angeordneten Maßregeln rc. ist hier wie im § 328 mit Strafe bedroht. Welche Behörde als zu ständig anzusehen sei, ist nach den Landesgesetzen zu beurtheilen. In Preußen sind hierzu (vorbehaltlich des unter § 328 n. 3 Gesagten) nur die Provinzial-Behörden (Regierung, Drostei) oder das vorgesetzte Ministerium berufen (vgl. Bdn. v. 26. Dez. 1808 § 3; Reg.-Instr. v. 23. Okt. 1817 § 2 Nr. 3; AKO. v. 8. Aug. sRegul. v. 28. Okt.] 1835 § 10; Vdn. v. 27. März 1836 §§ 2—4. 6. 7; Pr. StGB. §ü 306. 307; Ges. v. 25. Juni 1875 § 2): ZU. 5. Mai 74 (RdO. XV, 273). Doch gilt dasselbe auch von einem in Vertretung der Regierung rc. handelnden Kommissar, z. B. dem Landrath, sofern er in dieser Eigenschaft handelt: ZU. 13. Juli 74 (RdO. XV, 487). Ja selbst eine vom Landrathe als solchen getroffene Anordnung genügt, falls die Regierung sie genehmigt und dies öffentlich bekannt gemacht hat: ZI. 21. Mai 75 (RdO. XVI, 370); vgl. ZRII. 4. Mai 80 (RdR. I, 724). Die Ortspolizeibehörden (bezw. der Amtsvorsteher oder, vorbehaltlich des eben Gesagten, der Landrath, vgl. Abschn. 29 n. 28. 29) können die Befolgung sanitätspolizeilicher Anordnungen nur nach Anleitung des Pol.-Ges.'S v. 11. März 1850 § 6 (bezw. der Vdn. v. 12. Sept. 1867 § 6 ff. und der KreiS-Ordn. v. 13. Dez. 1872 §§ 62. 59 Nr. 1. 78) sicher stellen; vgl. auch cit. Kreis-Ordn. § 135 XI. Außerdem kommen in Betracht für das ehemalige Kurheffen: Vdn. v. 13. Dez. 1828, für die Provinz Haunover: Bdn. v. 6. Juni 1833; Amtö-Ordn. v. 10. Mai 1859 § 15 (Hann. GS. f. 487). 2. Die §§ 327. 328 haben nur besondere Polizeimaßregeln der Behörden im Auge, nicht also ältere die SanitätSpolizei betreffende Landesgesetze; sie lasten daher auch die mit den daselbst getroffenen Anordnungen verbundenen Strasvorschriften (;. B. die im Pr. Regul. v. 28. Okt. 1835 enthaltenen) unberührt: ZPl. 26. Febr. 55 (IMbl. s. 128), ZI. 13. Jan. 64, BI 11. Nov. 74 (RdO. IV, 284; XV, 760), Schaper i. HH. III, 907; contra: Z. 1. Juni 72, ZI. 15. Juli 74 (RdO. XIII, 329; XV, 505). Der § 23 deS cit. Pr. Regulativs v. 1835, nach welchem die „Polizeibehörden" die Bestimmungen desselben unter Androhung ange messener Ordnungsstrafen einschärfen sollen, ist jetzt dahin abgeändert, daß die §§ 327. 328 Platz greifen, insofern ihr Thatbestand vorliegt, während die Verbindlichkeit anderer sanitätöpolizeilicher Vorschriften und Strafandrohungen nach den unter n. 1 citt. Pol.-Gess. zu beurtheilen ist. 3. Ebensowenig begreifen die in den §§ 327. 328 gedachten Anordnungen all gemeine Polizeistrafverordnungen der Regierungen rc. im Sinne des Pr. Ges.'ö v. 11. März 1850 (n. 1), deren Wesen eben in der Ergänzung fehlender gesetzlicher Strafbestimmungen besteht und welche daher in mehrfachem Betrachte legislativen Akten gleichstehen; demgemäß bedürfen jene Anordnungen auch nicht der Publikation in der für solche Strasverordnungen vorgeschriebenen Weise; eS fragt sich vielmehr nur, ob der Angeschuldigte, gleichviel wie, von ihnen Kenntniß erlangt hatte (n. 7): ZI. 13. April 731 Z. 14. Juni 73, ZU. 13. Juli 74, 81. 11. Nov. 74, ZU. 10. Dez. 74 (RdO. XIV, 302. 531; XV, 486. 760. 856). Vgl. n. 7.
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Gemeingefährliche Verbrechen re. — § 327.
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Hörde zur Verhütung des EinführenS oder Verbreitens einer ansteckenden Krankheit angeordnet worden sind, wissentlich ver letzt, wird mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft. 4. Die hier fraglichen Anordnungen werden in der Regel aus Anlaß spezieller Vorkommnisse als außerordentliche Maßregeln und in einer nach Zeit wie Ort be grenzten Weise getroffen. Dies ist jedoch keineswegs nothwendig, sie können viel mehr auch allgemein, für künftige Fälle und für alle Orte, wo die Krankheit (Seuche) ausbrechen möchte, sowie für einen nicht begrenzten Zeitraum erlassen werden: ZI. 12. Juni 68, DI. 15. Juli u. 11. Nov. 74 (RoO- IX, 370; XV, 505. 760), Jena 78 lVoll. 25 s. 362: die Worte „einer Krankheit" seien gleichbedeutend mit „von Krankheiten"; vgl. § 328 verbis „von Viehseuchen" . 5. Nur auf die „Verletzung einer Absperrungs- oder Aufsichts-Maß. regel ic." finden die §§ 327. 328 Anwendung. Vgl. § 328 n. 5. Andere Polizeiliche Anordnungen gehören nicht hierher. — Dagegen sind die §§ nicht auf allge meine, alle Personen rc. treffende, Maßnahmen zu beschränken, vielmehr finden dieselben auch auf solche Anordnungen (der fraglichen Art) Anwendung, welche ledig lich für einen Einzelsall getroffen find: Z. 8. Nov- 71 (RdO. XII, 570), oder nur gewissen Personen bezw. Kategorien von Personen für konkrete Fälle gewisse Hand lungen (z. B. die sofortige Anzeige eines ErkraukungSfalleS oder das Aushängen einer Warnungstafel) zur Pflicht machen: ZI. 13. Jan. 64, Vl. 10. Juli 68, ZU. 7. Nov. 72, VI. 15.;3iili 74; contra: ZI. 18. Mai 70, Z. 1. Juni 72 (RdO. IV, 284; IX, 449; XIII, 582; XV, 505; XI, 316; XIII, 499). — Damit eine von der zuständigen Behörde erlassene Anordnung als AufsichtSmaßregel zur Verhü tung des Einsührens rc. von Krankheiten (Viehseuchen) anzusehen sei, genügt es, daß sie sich selbst als zu diesem Zwecke erlassen bezeichnet: ZU. 7. Nov. 78 lRdO. XIX, 513).
6. Der § 327 bezieht sich nur ans Krankheiten der Menschen (vgl. Abs. 2 und § 328); contra: Rubo s. 980 (schließt selbst Krankheiten der Pflanzen, z. B. die Kartofselkrankheit nicht aus). Gleichgültig ist eS, ob nur die Menschen ihnen aus gesetzt, oder ob sie diesen und Thieren gemeinsam sind; VI. 14. Juli 54 u. Stuttg. 26. Febr. 79 (GA. II, 837; WGbl. XVI, 44) nahmen dasselbe sogar von solchen Krankheiten an, welche nur bei Thieren entstehen, sich aber sei eS in derselben, sei es in einer andern Form aus Menschen übertragen (Beisp.: Milzbrand, schwarze Blatter, Tollwuth, Rotz); contra jedoch: ZU. 17. Sept. 78 (cit. n. 5; speziell in Betreff des RotzeS, weil das Pr. Gef. v. 25. Juni 1875 diesen als Viehseuche be zeichne; vgl. jetzt das RGes. v. 23 Juni 1880 § 10). 7. Abweichend von § 306 des Pr. StGB.'s, erheischt § 327 (328) eine „wissentliche Verletzung"; es bedarf somit der Kenntniß und deS Verständnifies der ergangenen Anordnung sowie der Kenntniß des ZutrefsenS ihrer thatsächlichen Voraussetzungen im Fragefalle: ARII. 21. Okt. 79 (RdR. I, 5: betraf speziell einen Irrthum Uber das Verhältniß ver Anordnung zu den civilrechtlichen Rechten und Pflichten deS Angeklagten; ob der Irrthum an sich unentschuldbar sei, verschlage Nichts), V. 24. Mai 71, BI. 12; Juli 71 (RdO- XII, 290. 305), ZU. 7. Nov. 72, PI. 15. Juli 74, ZU. 17. Sept. 78 (cit. n. 5). Ein Irrthum über den Sinn der Anordnung schließt die Anwendung der §§ 327. 328 selbst dann aus, wenn jene in einer allgemeinen Polizeiverordnung (n. 3) enthalten ist, da letztere hier nicht als solche, sondern als Absperrung«- rc. Maßregel in Betracht kommt: ZRII. 9. Dez. 79 (RdR. I, 132), VII. 29. Nov. 77 (RdO. XVIII, 749). 8. Eine zuständiger Weise getroffene Anordnung verliert ihre Wirksamkeit nicht dadurch, daß sie statt der im § bestimmten eine andere Strafe androht; dagegen ist nur die gesetzliche Strafandrohung maßgebend: Z. 10. Jan. 74 (RdO- XV, 21). 9. Abs. 2 wird anwendbar, sobald objektiv feststeht, daß die dem Angeschul digten zur Last fallende Verletzung der Anordnung die Folge gehabt hat, daß ein Mensch von der rc. Krankheit befallen worden ist; es kommt dann aus eine Fahr lässigkeit in Beziehung auf den konkreten ErkrankungSsall nicht weiter an; vgl. § 59 n. 12; § 224 n. 12. 13. 10. DaS „Unternehmen einer verbotswidrigen Einfuhr" ist durch das
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Gemeingefährliche Verbrechen k. — §§ 327. 328.
Ist in Folge dieser Verletzung ein Mensch von der an steckenden Krankheit ergriffen worden, so tritt Gefängnißstrafe von drei Monaten bis zu drei Jahren ein. [I. Enlw.: § 308; II. Enlm.: § 324; Pr. SlGB.: § 306.] Vgl. §§ 328. 222. 230; Vereins-Zoll- sc. Berirag v. 8. Juli 1867 Art. 4 Abs. 2. 5; VZollges. v. 1. Juli 1869 §§ 2. 134; N.-Versass. Art. 4 Nr. 15. Preußens Vgl. Patent v. 2. April 1803 (v. Rabe 7 f. 360. 398 ff.); AKO. v. 8. Aug. 1835 nebst Regul. v. 28. Okt. ej.; MVs. v. 3. Juli 1863 (VMbl. f. 163); Kreis-Ordn. v. 13. Dez. 1872 §§59 (Nr. 1). 135 (XI).
§ 328 Wer die Absperrungs- oder Aufstchts - Maß regeln oder Einfuhrverbote, welche von der zuständigen Be hörde zur Verhütung des Einführens oder Verbreitens von Viehseuchen angeordnet worden sind, wissentlich verletzt, wird mit Gefängniß biö zu Einem Jahre bestraft. BZollges. v. 1. Juli 1869 § 134 selbst dann, wenn das Verbot auf polizeilichen Rücksichten beruhte, z. B. wenn es zur Abwehr ansteckender Krankheiten erlassen war (vgl. 1. c. § 2; VZollvertr. v. 8. Juli 1867 Art. 4 Abs. 2—5), als „Kontrebande" charakteristrl und mit der (unbedingt gebotenen) „Konfiskation der Ge genstände, in Beziehung auf welche das Vergehen verübt worden ist", und außer dem, „insofern nicht in besonderen Gesetzen eine höhere Strafe festgesetzt ist", mit Geldstrafe bedroht. Der (aus § 1 des Pr. Zoll-Strafges.'S v. 23. Jan. 1838 ent lehnte) Ausdruck „in besonderen Gesetzen" ist im Gegensatze gegen das Zollgesetz auszusassen; demgemäß sind auch die speziellen Vorschriften der §2 327. 328 des StGB.'s als solche „besondere Gesetze" zu erachten. Sie sehen denselben Thatbestand vor, wie das Zollgesetz und drohen statt jener Geld- eine Gefängnißstrase an. Sonach liegt hier keine Ideal-Konkurrenz verschiedener Thatbestände (§ 73, cit. VZollges. § 158) vor, vielmehr ergänzen sich beide Strafbestimmungen wechselseitig, so daß neben der Gesängnißstrafe auf Einziehung der eingesührten Gegenstände zu er kennen ist: ZI. 8. Juli 63, VI. 10. Febr. 64, ZI. 23. Okt. 67, ZU. 10. Dez. 74, 7. Nov. 78 (RdO. III, 549; IV, 358; VIII, 631; XV, 856; XIX, 514), Münch. 1. Febr. 79 (BEutsch. IX, 63). Dagegen bleibt §40 deS StGB.'s hier ausge schlossen, weil daö Objekt der Einfuhr nicht zur Begehung des (davon getrennt ge dachten) Vergehens „gebraucht" ist. — Geschah die verbotswidrige Einfuhr ohne die im § 327 (328) vorausgesetzte Wissentlichkeit (n. 7), so werden die §§ 134 (144. 146ff.) des VZollges.'S ihrem ganzen Inhalte nach anwendbar, es ist also auf die dort angedrohte Geldstrafe zu erkennen, da der cit. § (wegen seiner theils fiskalischen, theils rein polizeilichen Bedeutung) einen besonderen Dolus nicht erheischt; vgl. ib. § 163. Für diesen Thatbestand ist es gleichgültig, ob der Thäter sich der Entrichtung der Zollabgabe entziehen, bzw. die Zollstelle umgehen wollte oder nicht: VI. 10. Febr. 64 (RdO. IV, 358). — Ein zeitweiliges Einfuhrverbot hebt die (durch den Zoll tarif begründete) allgemeine Zollpslichtigkeit des Gegenstandes nicht aus; sonach bleibt das Unternehmen der unverzollten Einfuhr als solches strafbar; die Zoll hinterziehung konkurrirt dann ideell mit der Kontrebande (VZollges. §§ 158. 159); contra: VI. 10. Febr. 64, ZI. 13. Sept. 64 (RdO. IV, 358; V, 135).
§ 328. 1.
Vgl. die Bemerkungen zu § 327. Hier erübrigt namentlich, den Bereich des § 328 gegenüber den Bestimmungen über die Abwehr der Rinderpest (n. 2), und denjenigen über die Abwehr anderer Viehseuchen (n. 3) näher abzugrenzen. 2. Bezüglich der Maßregeln, welche zur Verhütung des Einführens re. der Rinderpest angeordnet werden, kommen neben dem § 328 das BGef. v. 7. April 1869, die auf Grund des § 8 desselben ergangene Instruction v. 9. Juni 1873 und das RGes. v. 21. Mai 1871 in Betracht. Während die §§ 1 ff. des ersterwähnten Ges.'S die zu jenen Zwecken dienlichen Maßregeln im Allgemeinen fixtren, überläßt § 7 ib. den Einzelstaaten, die näheren AusfÜhrungS- und Strafbestimmungen
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Gemeingefährliche Verbrechen ic. — § 328.
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Ist in Folge dieser Verletzung Nieh von der Seuche er griffen worden, so tritt Gefängnißstrafe von Einem Monat bis zu zwei Jahren ein. [I. Entw.: 8 309; II. Entw.: § 325; Pr. StGB.: § 307-1 Vgl. § 327 und die Citate zu dems.; BGes. v. 7. April 1869 (die Rinderpest betr.), eingeführt in Süddeutschland durch Gess. v. 2. Nov. u. 11. Dez. 1871 u. BBerf. Art. 80; Revid. Instr. zu dems. v. 9. Juni 1873 (RGbl. s. 147)'; RGes. v. 21. Mai 1878 (Rinderpest, Zuwiderh. gegen Einfuhrverbote betr.); RGes. v. 25. Febr. 1876, betr. die Beseitigung v. Ansteckungsstoffen bei Biehbesörd. aus Eisenb.; RGes. v. 23. Juni 1880 (betr. die Abwehr und Unterdrückung von Viehseuchen mit AuSn. der Rinderpest).
Preußen: Dgl. (Rh.) Rural-Ges. v. 28. Sept. 1791 Tit. 2 Art. 25; AKO. v. 28. Juni 1825; Vdn. v. 27. März 1836; AKO. v. 15. Nov. 1844; (Hannov.) Vdn. v. 3. Ian. 1867; Ges. v. 25. Juni 1875, betr. die Ab wehr rc. von Viehseuchen rc., aufgehoben durch § 29 des Ges.'S v. 12. März 1881, betr. die Ausführung des cit. RGes.'S v. 23. Juni 1880. zu treffen. Mit dem Erlasse des D. StGB.'S erlitt dies insofern eine Aenderung, als die wissentlichen Zuwiderhandlungen wider die ersteren Bestimmungen, falls sie von den im § 328 gedachten Behörden ausgegangen waren, nicht mehr unter das Landesstrafrecht, sondern unter die Strafvorschrist des 8 328 fielen. Die Anwend barkeit des § 328 erfuhr jedoch eine wesentliche Einschränkung durch daS cit. Ges. v. 1878, indem dieses die vorsätzlichen Zuwiderhandlungen gegen die auf Grund des Ges.'S v. 1869 erlassenen Verbote oder Beschränkungen der Einfuhr lebender Wiederkäuer (zu welchen Beschränkungen selbst die erst nach der Ein fuhr zu beachtenden, z. B. die Beschränkungen des Weitertransports und des Handels, gehören: Münch. 10. Mai u. 18. Aug. 79, 22. Mai 80, BEntsch. IX, 235. 419. 564) mit anderen, und zwar schwereren Strafen bedroht. Auch tritt nicht etwa an Stelle der letzteren Bestimmung diejenige des § 328, weun in der Anordnung, wel cher zuwidergehandelt wurde, irriger Weise statt jener Strafvorschrist der § 328 be zogen ist: Münch. 19. Febr. u. 22. Mai 80 (BEntsch. IX, 519. 564). Umgekehrt wird die Anwendbarkeit der betreffenden Strafvorschrist des Ges.'s v. 1878 nicht dadurch begründet, noch diejenige des § 328 dadurch ausgeschlossen, daß die Anord nung der zuständigen Behörde, ungeachtet sie keine Beschränkung, bzw. kein Verbot der Einführung lebender Wiederkäuer, sondern eine andere der im Ges. v. 1869 er wähnten Maßregeln zum Gegenstände hat, auf die Zuwiderhandelnden die erster wähnte Strafbestimmung für anwendbar erklärt: ZRII. 24. Febr. 80 (RdR. I, 383). Vgl. § 327 n. 8. — An den betreffenden Kompetenzverhältnissen der Ver waltungsbehörden der Einzelstaaten hat das Ges. v. 1869 (in den §§ 1 ff.) nichts geändert; demgemäß sind in Preußen diejenigen Behörden, welche die (in jenen §§ Iss. vorgesehenen) Maßregeln wioer die Rinderpest anzuordnen haben, die Regie rungen und die von ihnen in gehöriger Form dazu ermächtigten Landräthe rc. (§ 327 n. 1), nicht aber die lediglich mit Überwachung der Ausführung der Sperrmaßregeln
betrauten Ortö-Kommissare: AR1I. 14. Nov. 79, ZRII. 4. Mai 80 (RdR. I, 71. 724), ZII. 17. Sept. 78 (RdO. XIX, 417). 3 Die Abwehr und Unterdrückung anderer Viehseuchen, als der Rinder pest war früher lediglich durch Landesgesetze vorgesehen, in Preußen durch daS um fassende Ges. v. 25. Juni 1875. Jetzt ist die Materie allgemein geregelt durch daS RGes. v. 23. Juni 1880, welchem daS cit. Ges. v. 1875 zum Vorbilde gedient hat. Dieses Gesetz verpönt (in den mit den §§ 73. 74 des cit. Pr. Ges.'S v. 1875 im Wesentlichen übereinstimmenden 88 65 — 67) nicht blos die Uebertretung der aus Grund desselben von den zuständigen Behörden erlassenen Anordnungen, sondern auch die Uebertretung direkter Vorschriften des Gesetzes selbst, und sieht außerdem von dem Erfordernisse der Wissentlichkeit ab, so daß die Unkenntniß der ergangenen Anordnungen dem Thäter nicht mehr Straflosigkeit gewährt, sofern nur diese Un kenntniß selbst durch Fahrlässigkeit verschuldet ist (8 59 Abs. 2): Mot. z. Ges. v. 1880. Der Bereich des § 328 hat durch jene Strafbestimmungen keine Einschränkung er* jähren, indem die „wissentliche Verletzung" der betreffenden Maßregeln, wenn sie
Oppenhoff, D. Strafgesetzbuch.
8. Au-g.
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738
Thl. II. Abschn. XXVII.
Gemeingefährliche Verbrechen re. — § 328.
von einer der im Sinne des § 328 zuständigen Behörden angeordnet sind, nach wie vor unter letzteren § fällt. Welche Behörden dahin gehören, war unter der Herr schaft des Pr. Ges.'S v. 25. Juni 1875 streitig. ZU. 17. Sept. 78 (RdO. XIX, 417) hielt daran fest, daß als solche, dem unter § 327 n. 1 Gesagten zufolge, nur die Regierungen betrachtet werden könnten, daß also die Verletzung der von den Ort-polizei- oder Militairbehörden auf Grund des eit. Ges.'s v. 1875 (vgl. dort §§ 13. 20. 8) angeordneten Maßregeln lediglich aus den besonderen Strafvorschristen dieses Gesetzes selbst strafbar sei, wogegen ARII. 21. Okt. 79 (RdR. I, 5) annahm, daß, weil das Ges. v. 1875 in dieser Materie die bisher nur den Regierungen zu stehenden Befugnisse aus die Ortspolizeibehörden übertragen bzw. ausgedehnt habe, letztere auch im Sinne des § 328 als zuständige Behörden erschienen. Das Argu ment des Pr. OTr.'S, daß ein LandeSgesetz dem § 328 keinen anderen, bzw. um fassenderen Inhalt geben könne, ist jedenfalls, dem RGes. v. 1880 gegenüber, in Wegfall gekommen. Demgemäß unterliegt eS gegenwärtig wohl keinem Bedenken, daß die Behörden, welche in den einzelnen Bundesstaaten berufen sind oder berufen werden, die im Gesetz von 1880 vorgesehenen AbsperrungS-Maßregeln re. zu treffen, die Eigenschaft zuständiger Behörden auch im Sinne des § 328 unterschiedslos be sitzen. — Bedenklicher erscheint eö, ob § 328 auch auf die wissentliche Verletzung der auf Grund deS RGes.'S v. 25. Febr. 1876 angeordneten Maßregeln der Elsenbahnverwaltungen anwendbar sei. Die Mot. zu letzterem Gesetze regen selbst in dieser Hinsicht einen Zweifel an. 4. „Viehseuche" bezeichnet die ansteckenden (leicht übertragbaren) Krankheiten der HauSthiere. Zum Begriffe der ,.Viehseuche" im Sinne des § 1 gehört es keines wegs, daß die Krankheit epidemisch und nicht blos sporadisch aufzutreten Pflege: Vl. 11. Nov. 74 (RdO. XV, 760). — Dahin gehören die Rinderpest, die Tollmulh iinb der Rotz (bei Pferden, Maulthieren und Eseln): ZU. 13. Juli 74, VI 15. Juli u. 11. Nov. 74 (RdO. XV, 486. 505. 760); § 10 deS RGes.'S v. 23. Juni 1880 nennt außer den beiden letzterwähnten noch: Milzbrand, Maul- und Klauenseuche deS Rindviehes, der Schafe, Schweine und Ziegen, Lungenseuche des Rindviehs, Pockenseuche der Schafe, Beschälseuche der Pferde, BläSchenauöschlag der Pferde und deS Rindviehs, Räude der Pferde, Esel, Maulthiere und Schafe. Hiermit ist jedoch die Reihe in Betracht kommender Seuchen nicht abgeschloffen; vgl. eit. § 10 Abs. 2. 5. Zu den „Absperrungs-Maßregeln" gehören unbedenklich auch die zu dem angegebenen Zwecke erfolgte Untersagung der Abhaltung öffentlicher Viehverkäufe. Vgl. RGes. v. 23. Juni 1880 § 28. Unter „AufsichtS-Maß reg el n" sind hier alle Anordnungen zu verstehen, welche sich auf die Feststellung und Sicherung des Gesundheitszustandes der gefährdeten Thiere sowie aus die Unterdrückung der Seuche beziehen, mithin nicht blos Anordnungen bezüglich der Aufsicht über die gesperrten Reviere und die darin befindlichen kranken oder krankheitsverdächtigen Thiere: ZII. 17. Dez. 78 (RdO. XIX, 417). Eine Aufsichts-Maßregel ist die Anordnung, be treffend das Tödten der von einem tollen Hunde gebissenen Thiere: VI. 15. Juli 74 (RdO. XV, 505), oder die Verpflichtung gewisser Personen, ihnen vorgekommene, auf eine bestimmte Viehseuche hinweisende Erscheinungen anzuzeigen: DreSd. 3. Aug. 77 (SGZ. 22 f. 155); desgleichen die zur Verhütung deS EinführenS re. einer Viehseuche getroffene Anordnung von Revisionen der Viehbestände, weshalb die ernst liche Weigerung, den mit Vornahme der Revision Beauftragten den Zutritt zu.ben Ställen zu gestatten, unter den § fällt: VH. 31. Jan. u. 19. März 78 (RdO. XIX, 48. 146); ebenso kann als eine solche, bzw. als Absperrungsmaßregel angesehen werden die Verfügung einer Regierung über die Lage des OrtS der Tödtuug rotz kranker Pferde: ZI. 10. Dez. 75 (RdO. XVI, 789); vgl. jetzt das eit. RGes. v. 1880 §§40 ff. 6. Eine angeordnete Vieh sperre wird wirksam, sollten auch die zum Zwecke derselben vorgeschriebenen Kontrollmaßregeln noch nicht zur Ausführung gebracht sein; ZI. 23. Juni 71 (RdO. XII, 344), z. B. wenn die zur Abwehr der Rinderpest an geordnete „absolute OrtSsperre" (BGes. v. 7. Apr. 1869 § 14; Instr. v. 26. Mai 1869 § 23, jetzt Revid. Instr. v. 9. Juni 1873 § 23) nicht vorgeschriebener Maßen durch militärische Wachen, sondern in anderer Weise ins Werk gesetzt ist: BII. 23. März 71 (RdO. XII, 174). - An den durch daS Ges. v. 7. Apr. 1869 und die Instr. v. 9. Juni 1873 den dort genannten Polizeibehörden in Betreff der Au-
Thl. II. Abschn. XXVII.
Gemeingefährliche Verbrechen rc. — §§ 329. 330.
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§ 329. Wer die mit einer Behörde geschlossenen Lie ferungsverträge über Bedürfnisse des Heeres oder der Marine zur Zeit des Krieges, oder über Lebensmittel zur Abwendung oder Beseitigung eines Nothstandes, vorsätzlich entweder nicht zur bestimmten Zeit oder nicht in der vorbedungenen Weise erfüllt, wird mit Gefängniß nicht unter sechs Monaten be straft; auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte er kannt werden. . Liegt der Nichterfüllung des Vertrages Fahrlässigkeit zum Grunde, so ist, wenn durch die Handlung ein Schaden ver ursacht worden ist, auf Gefängniß bis zu zwei Jahren zu erkennen. Dieselben Strafen finden auch gegen die Unterlieferanten, Vermittler und Bevollmächtigten des Lieferanten Anwendung, welche mit Kenntniß des Zweckes der Lieferung die Nicht erfüllung derselben vorsätzlich oder aus Fahrlässigkeit verur sachen. [I. Entw.: § 310; II. Entw.: § 326; Pr. StGB.: § 308.]
Vgl. § 230.
Preußen: Vgl. Bdn. v. 26. Dez. 1808 Art. 42 Nr. 5 (Oppenhoff, Ressortgesetze s. 141 n. 383 ff ).
§ 330. Wer bei der Leitung oder Ausführung eines Baues wider die allgemein anerkannten Regeln der Baukunst ordnung von Grenzsperrmaßregeln rc. eingeräumten Befugnissen hat § 82 des Pr. Kompetenz-Ges'S. v. 26. Juli 1876 nichts geändert, da dieser § sich nur aus dauernde Einrichtungen bezieht: Inn.-MVf. 6. Febr. 1877 (BMbl. s. 94). 7. Eine angeordnete Viehsperre dauert so lange fort, bis sie von der an ordnenden Behörde wieder aufgehoben worden ist, sollte auch die Krankheit früher erloschen sein: ZI. 23. Juni 71 (cit n. 6).
§ 329. 1. Bei den über Bedürfnisse des Heeres rc. zur Zeit eines Krieges abgeschlossenen Verträgen braucht nur die Lieferung der Vereinbarung gemäß in die Kriegs zeit zu fallen; daß auch die Abschließung des Vertrages in derselben Zeit erfolgt sei, ist nicht erforderlich. 2. „Nothstand" ist hier gleichbedeutend mit Hungerönoth. 3. Vorausgesetzt wird, daß der Lieferant Kenntniß vom Zwecke der Lieferung habe: Motive z. Pr. StGB. s. 76. 4. Die Lieferung vertragswidriger Waaren ist eine nicht in der vorbedungenen Weise bewirkte Erfüllung.
§ 330. 1. Vorausgesetzt wird ein „Bau", d. h. die Errichtung eine« Bauwerks (§ 305 n. 8). Der Ausdruck ist daher nicht auf den s. g. Hochbau einzuschränken, er um faßt vielmehr auch die einen solchen vorbereitenden Erdarbeiten sowie überhaupt den Wasser-, Brücken-, Straßen- und Grubenbau: Stuttg. 29. Sept. 75 (WGbl. X, 361). Demgemäß sind Fehler „bei der Ausführung eines Baues" auch die bei Ausschachtung der Baugrube begangenen: ZI. 7. März 77 (RdO. XVIII, 189). Zu einem Baue gehört ferner die Aufstellung des Baugerüstes; ist ein solche- in kunst widriger, gefahrdrohender Weise errichtet, so wird der § anwendbar: VI. 26. Mai 65 (RdO. VI, 148). Dasselbe gilt, wenn bei Errichtung eines Neubaues an Stelle
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Thl. II. Abschn. XXVII.
Gemeingefährliche Verbrechen -c. — § 330.
dergestalt handelt, daß hieraus für Andere Gefahr entsteht, wird mit Geldstrafe bis zu neunhundert Mark oder mit Ge fängniß bis zu Einem Jahre bestraft. [I. Entw.:
§ 204; II. Emw.: § 327; Pr. SlGS.: § 202]. Vgl. § 367 Nr. 14. 15; Gew.-O. §§ 120. 147 Nr. 4. 2; RGcs. v. 17. Juli 1878.
eines alten, in Beziehung auf einen stehengelassenen, demnächst in den Neubau auf zunehmenden Theil des alten die nöthigen SicherungSmaßregeln verabsäumt werden; ZU. 17. Dez. 68 (RdO. IX, 747). Dagegen ist eine bloße Ausbesserung, bei welcher nichts Neues errichtet wird, kein Bau; contra: Schaper i. HH. III, 911: Schm. n. Z. 2. Der (allgemein gefaßte) § trifft nicht bloß Baumeister und Bauhandwerker, sondern Jeden (;. B. den Bauherrn), welcher sich mit der Leitung oder Ausführung eines Baues besaßt. Der Betrieb derartiger Gewerbe ist nach der B.-Gew.-Ordn. nicht mehr durch eine vorgängige Prüfung oder Konzesstonirung bedingt. 3. Der den Bau Leitende verwirkt die Strafe des §, wenn er es an der erforderlichen Überwachung der beschäftigten Arbeiter fehlen läßt, und in Folge dessen die Voraussetzungen deS § zutreffen: ZU. 17. Dez. 68 (RdO. IX, 747). — Civil rechtliche Verpflichtungen eines Anderen, die nöthigen Sicherungsmaßregeln zu treffen, befreien den Leiter des Baues nicht von der Strafe, wenn er zu dessen Ausführung schreitet, ehe jene Maßregeln getroffen sind: ZI. 7. März 77 (cit. n. 1). 4. Als „Ausführung deS Baues" ist auch die Thätigkeit des eittzellien unter der Leitung eines Baumeisters oder Meisters beschäftigten Arbeiters anzusehen; auch er ist strafbar, wenn er gegen diejenigen Regeln verstößt, deren Kenntniß bei ihm vorauSzusetzen ist. 4«. Ob „wider die allgemein anerkannten Regeln der Baukunst" gehandelt sei, ist eine thatsächliche Frage, deren Bejahung dadurch nicht ausgeschlossen wird, daß die Gutachten der Sachverständigen zu verschiedenen Resultaten gelangen: OTr. 19. Sept. 76 (GA. 24 s. 605). 5 Die Gefahr muß „für Andere" d. h. für ihre Person (Leben, Gesund heit, vgl. § 321) entstanden fein, eine Gefahr für das Eigenthum genügt nicht: Berner i. GSaal XIX, 35. — ES macht keinen Unterschied, welchen Personen die Gefahr drohe: die Gefährdung der beim Baue beschäftigten Arbeiter rechtfertigt die Anwendung des § ebenso wie die der künftigen Bewohner rc.: ZI. 9. Sept. 59 c. Laudien. 6. Ebensowenig unterscheidet der §, ob die Gefahr eine unmittelbar bevor stehende oder durch künftige, aber naheliegende Eventualitäten bedingte fei. Es unterließt dem thatsächlichen Ermessen, inwiefern im letzteren Falle die „Gefahr" durch andere Umstände (z. B. durch die Nothwendigkeit einer der Benutzung des Gebäudes vorhergehenden polizeilichen Prüfung durch Bauverständige) abgewendet werde: ZI. 9. Jan. 56 (GA. IV, 252). Namentlich kann die Gefahr auch darin gefunden werden, daß durch die Bauausführung ein benachbartes Gebäude in einen gefahrdrohenden Zustand versetzt ist: ZI. 7. März 77 (cit. n. 1). 7. Daß der Bauherr die Ausführung des Baues in stattgehabter Weise verlangt habe, schließt die Strafbarkeit des Baumeisters rc. nicht aus. 8. Ob Dolus oder Fahrlässigkeit vorliege, ist für den Thatbestand un wesentlich. 9. Handelt ein Bau-Gewerbe-Unternehmer der Auflorderung der Behörde ungeachtet den im § 120 der Gew.-O. erwähnten Bestimmungen über die zur Sicherheit gegen Gefahr für Leben und Gesundheit nothwendigen Ein richtungen zuwider, so macht er sich, selbst wenn dabei nicht gegen die allgemein anerkannten Regeln der Baukunst gehandelt ist, aus § 147 Nr. 4 I. c. strafbar.
10. Bei denjenigen gewerblichen Anlagen, zu deren Errichtung nach der Gew.-O. §§ 16. 24 eine „Genehmigung" erforderlich ist, können in die letztere Anordnungen zum Schutze der Arbeiter ausgenommen werden, deren Nichtbefolgung die Strafe des § 147 Nr. 2 1. c. nach sich zieht; außerdem sind auch die im Schlußabs. dieses § gestatteten Zwangsmaßnahmen „statthaft" (vgl. 1. c. § 18 Nr. 1): HMBf. v. 27. Apr. 1872 (VMbl. f. 227).
Thl. II. Abschn. XXVIII.
Verbrechen u. Vergehen im Amte. — §§ 331 ff.
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Achtundzwanzigster Abschnitt *). Verbrechen und Vergehen im Amte. *) Achtuudzwanzigster Abschnitt. Vgl. R.-Mii.-StGB. § 145. L Der Begriff des „öffentlichen Amts" ist im StGB, weiter greifend, als der eines „Beamten", da er die Advokatur, die Anwaltschaft, das Notariat, den Geschwornen- und Schöffendienst mitumfaßt; vgl. § 31 Abs. 2 und dort n. 6ff. Aber auch auf diese beschränkt sich Abschn. 28 nicht, er enthält vielmehr sogar einzelne Strafandrohungen gegen solche Personen, welche kein öffentliches Amt wahrnehmen; vgl. § 333 (aktive Bestechung), §§ 337. 338 (Vergehen der Geistlichen und anderer Religionsdiener), § 355 (Telegraphenbedienstete). — Andererseits enthält das StGB, auch an einzelnen anderen Stellen Vorschriften, welche gegen Beamte besondere Strafen androhen; vgl. §§ 128. 129. 174 Nr. 1—3. 300. 316. 318. 2. Die Amtsverbrechen rc. sind entweder (s. g.) eigentliche oder (s. g.) uneigentliche Amtsverbrechen rc. je nachdem nemlich die Beamtenqualität ein Thatbestandsmerkmal für die Strafbarkeit der Handlung überhaupt bildet, oder nur die auch sonst begründete Strafbarkeit erhöht (Beisp.: §§ 350. 351 im Ver hältniß zu § 246). Der ersteren kann sich selbstredend nur ein Beamter schuldig machen, bei letzteren ist zwar Mitthäterschaft von Nichtbeamten möglich; doch trifft diese ev. nur die einfache Strafe: § 50; vgl. dort n. 3. 5, Manh. 5. Okt. 78 (BAnn. 44 s. 250). — Dagegen kann sich ein Nichtbeamter auch an einem eigentlichen AmtSverbrechen rc. als Anstifter oder Gehülfe betheiligen; dem widerspricht es nicht, daß die §§ 333. 334. 357 spezielle Fälle der Betheiligung eines Dritten an der Mißthat eines Beamten vorsehen, da sie von den Voraussetzungen einer strafbaren „Theilnahme" absehen; vgl. § 48 n. 4, Münch. 28. Juni 79 (BEntsch. IX, 339); contra: Schw. s. 135 ff. 143. Bei den uneigentlichen Amtsverbrechen greift zu Gunsten derjenigen Anstifter und Gehülfen, welche nicht Beamte sind, wiederum § 50 Platz: cit. Münch. 28. Juni 79. 3. Eine Person des Soldat en standes, welche bei einem ihr übertragenen Geschäfte der Heeres- oder Marineverwaltung eine Handlung begeht, welche im Sinne der allgemeinen Strafgesetze ein Verbrechen oder Vergehen im Amte darstellt, ist nach den in jenen Gesetzen für Beamte gegebenen Bestimmungen zu bestrafen: StGB. § 145. 4. Durch die Vorschriften dieses Abschnitts sind solche LandeS-Stras-Gesetze, welche für Beamte andere als die in den §§ 331 ff. vorgesehenen Thatbestände mit Strafen bedrohen, nicht aufgehoben; vgl. EG. § 2 n. 3ff.; contra: v. Kirchm. s. 197; Schütze s. 524 n. 10; MeveS i. HH. III, 929. 5. Ebenso sind durch Abschn. 28 die besonderen LandeS-DiSciplinarGesetze (insoweit sie nur Disciplinar- und nicht die Strafen des allgemeinen Strafrechts androhen) nicht außer Kraft gesetzt: MeveS i. HH. III, 930; contra: Rubo s. 985. In Preußen ist daS DiSciplinarverfahren (gegen richterliche und nicht richterliche Beamte) geregelt durch die Gesetze v. 7. Mai 1851, 26. März 1856 und 21. Juli 1852, in die neuen Landestheile (mit einzelnen Abänderungen) eingeführt durch Vdn. v. 23. Sept. 1867. Dgl. Pr. Ges. v. 9. April 1879, betr. die Abänderung von Bestimmungen jener Disciplinargesetze. 6. Ueber die Statthaftigkeit eines DiSciplinarverfahrenS wegen solcher Handlungen, welche bereits Gegenstand eines strafrechtlichen Verfahrens sind oder waren, und umgekehrt, vgl. RGes. v. 31. März 1873 §§ 77. 78; Pr. Ges. v. 7. Mai 1851 §§ 3. 4; Pr. Ges. v. 21. Juli 1852 §§ 4. 5; Oppenh. Pr. Strafverf. Art. 1 n. 68. 7. Die diSciplinarische Verfolgung wird durch Verjährung nicht ausge schlossen: OTr. V. Civ.-Sen. 29. Mai 55; I. Civ.-Sen. 2. Nov. 57, 18. Febr. 61, 27. Apr. 74 (RdO. I, 285; XV, 260); vgl. KH. 16. März 52 (JMbl. s. 164). 8. In Betreff der Konflikte bei gerichtlichen Verfolgungen wegen Amts und Dieusthandlungen vgl. Pr. Ges. v. 13. Febr. 1854, eingesührt in die neuen
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Thl. II. Abschn. XXVIII,
Verbrechen u. Vergehen im Amte. — § 331.
§ 331. Ein Beamter, welcher für eine in sein Amt einschlagende an sich nicht pflichtwidrige Handlung Geschenke oder andere Vortheile annimmt, fordert oder sich versprechen läßt, wird mit Geldstrafe bis zu dreihundert Mark oder mit Gefängniß bis zu sechs Monaten bestraft. [[. (Sitte.: $311; II Entw.: (fehlte; Pr. StGB.: § 309.] Vgl. §§ 332-335. 352. 357. 359. 32. 35; Salzst.-Gef. v. 12. Ott. 1867 S 17, Br-nnteeinst. Ges. v. 8. Juli 1868 $ 68 ; Braust.-Gel v. 31. Mai 1872 § 36; TadackSst.. Ges. v. 16. Juli 1879 § 41; BZollges. v. 1. Juli 1869 § 160; Mil.. StGB. § 114. Preußen: Vgl. Sleuer-Orbn. v. 8. Febr. 1819 § 88; Branntweinst. -Vdn. (f. d. neuen Landestheile) v. 11. Mai 1867 § 68 (GS. s. 649). Landestheile durch Bdn. v. 16. Sept. 1867 Art. IV; JMDf v. 12. Mai 1854 (RS. XI. 440); Oppenh. Resfartges. f. 526 ff. und EG. z. RGBG. § 11.
§331. 1. Begriff eines „Beamten", vgl. 359. Auch in Betreff de« § 331 ist eS gleichgültig, ob der Beamte ein festes Gehalt bezieht oder auf Gebühren (selbst solche, welche für jede Einzelleistung von Privaten zu entrichten sind) angewiesen ist: ZRI. 24. Juni 80 (RdR. II, 108); vgl. n. 7. 2. Der Vortheil rc. muß „für" die Amtshandlung angenommen re. d. h. von beiden Seiten als eine Gegenleistung für jene aufgefaßt fein; Geber und Neh mer müssen das Bewußtsein und den Willen dieser Beziehung haben: VII. 4. Apr. 76 (RdO. XVII, 246). 3. „Handlung" umfaßt auch Unterlassungen; vgl. § 1 n. 8. — Vor ausgesetzt wird eine konkrete Handlung, welche dabei übereinstimmend von beiden Personen ins Auge gefaßt ist; es genügt nicht, wenn Gewährung und Annahme stattfanden, um bei dem Beamten nur im Allgemeinen eine geneigte Stimmung hervorzurnfen. Besondere Gesetze, welche (für gewisse Beamtenklassen) auch in einem solchen Falle das Anbieten, Gewähren oder Annehmen eines Geschenks mit Strafe bedrohen, sind in Kraft verblieben; vgl. BZollges. v. 1. Juli 1869 § 160; B.-Salzsteuerges. v. 12. Okt. 1867 § 17; B.-Branntw. - St..Ges. v. 8. Juli 1868 § 68; R.-Brau-St.-Ges. v. 31. Mai 1872 § 36 Nr. 1; - Pr. Steuer-Ordn. v. 8. Febr. 1819 § 88; Pr. Branntw.-St.-Bdn. v. 11. Mai 1867 § 68. 4. Gleichgültig ist es, ob der Vortheil rc. für eine bereits stattgehabte oder für eine künftig erst vorzunehmende Handlung gewährt rc. wurde: ZI. 8. Juli 59, 3. Nov. 76, ZU. 3. Apr. 79 (GA. VII, 564; RdO. XVII, 713; XX, 195); in ersterem Falle wird zur Erfüllung des Thatbestands nicht erfordert, daß die Handlung in Erwartung eines Geschenks vorgenommen worden: ARIII. 8. Nov. 79 (RdR. I, 83), in letzterem nicht, daß es zur Ausführung jener Amtshandlung gekommen sei. 5. Vorausgesetzt wird eine (konkrete, vgl. § 333 n. 4) „in das Amt ein* schlagende Handlung", d. h. eine solche, welche in den Bereich der dem Beamten durch daS Amt (nach den bestehenden Gesetzen und AmtSinflruktionen: Pr. ALR. II, 10 § 85; ZI. 21. Juni 78, RdO. XIX, 323) zu Theil gewordenen Thätigkeit fiel; eS genügt die Uebertragung durch einen (hierzu zuständigen: BI. 24. Jan. 72, RdO. XIII, 78) Vorgesetzten; vgl. § 359 n. 5 ff. Hatte die Handlung jenen Charakter, so wird die Anwendbarkeit des § dadurch nicht ausgeschlossen, daß eS an den ihre Vornahme bedingenden Voraussetzungen fehlte, sofern sie dadurch nur nicht zur „pflichtwidrigen" wurde. Dagegen genügt nicht die irrige Meinung deS Gebenden oder Annehmenden, daß die Handlung in das Amt einschlage. — Geschenke (s. g. Trink gelder), welche für bei Gelegenheit einer Amtshandlung oder aus Veranlassung der selben geleistete, selbst in das Amt nicht einschlagende Gefälligkeiten gegeben werden, gehören nicht hierher; ebenso: VII. 3. Apr. 79 (RdO. XX, 195). — Das Eingangs der Note Gesagte schließt die Fälle nicht aus, wo das Geschenk für eine Mehrheit von Handlungen oder für ein aus einer Mehrheit einzelner Akte sich zusammen-
Thl. II. Abschn. XXVIII. Verbrechen u. Vergehen im Amte. — §§ 331. 332.
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§ 332 Ein Beamter, welcher für eine Handlung, die eine Verletzung einer Amts- oder Dienstpflicht enthält, Gesetzendes Handeln angenommen wlrd, sofern dasselbe sich eben als Aequivalent, bzw. Gegenleistung für solche Handlungen darstellt; dagegen liegt der Thatbestand nicht vor, wenn das Geschenk blos in Anerkennung persönlicher Eigenschaften oder als Bethätigung der Pietät bzw. Dankbarkeit gegeben wurde: ARIII. 8. Nov. 79 (cit. u. 4). 6. War die Handlung eine „pflichtwidrige", so scheidet § 331 aus und § 332 wild anwendbar. Die Worte: „an sich" vor „pflichtwidrige" sind überflüssig und bedeutungslos. 7. „Geschenke oder andere Vortheile" umfaßt nicht blos Vermögens- und bleibende Vortheile, sondern auch vorübergehende Genüsse (;. B. Bewirthungen): Stuttg. 12. Juli 73 (StZ. III, 37); contra: Schw. s. 775. — Doch liegt in jenen Begriffen, daß das Gegebene nicht geschuldet und da« Gewähren desselben ein frei williges gewesen fein muß: die Erhebung zuständiger Gebühren gehört selbstver ständlich nicht hierher; eine Gebührenüberhebung fällt unter § 352, eine Ueberhebung bei der Einziehung von Abgaben rc. unter § 353. — Dagegen trifft § 331 zu, wenn der Beamte für eine Amtshandlung einen das Maß der ihm zustehenden Gebühren überschreitenden Vortheil annimmt rc., insofern beiden mitwirkenden Personen diese Ueberschreitung bekannt war; vgl. Stenogr. Ber. d. RT. s. 1175 (der RT. lehnte einen Antrag: nach dem Vorbilde des § 309 des StGB.'s in den § die Worte ein zuschalten: ,,— Vortheile, m denen er gesetzlich nicht berechtigt ist" — [als überflüssig] ab); ebenso: ZRI 24. Juni 80 (cit. n. 1). — Zu solchen „Vortheilen" kann ferner der Rabatt gerechnet werden, welcher für amtliche Bekanntmachungen durch die Zeitungen nach Prozenten der Jnsertionskosten dem betr. Beamten, z. B. einem Gerichtsschreiber (vgl. Pr. JMVf. v. 13. Mai 1880, JMbl. s. 120) bewilligt wird. 8. Die vorgesehene Handlung wird dadurch, daß sie mit Zustimmung des Amtsvorgesetzten verübt wurde, mir insoweit straflos, als die Annahme unter den gedachten Voraussetzungen gesetzlich statthaft war; jene Zustimmung kann dann auch stillschweigend erfolgen (z. B. bei observanzmäßig hergebiachten Vergü tungen). In derartigen Fällen würde die Annahme sich als eine statthafte Gebüh renerhebung (n. 7) charakterisiren. Eine erst nachträglich erfolgende Genehmigung des Vorgesetzlen beseitigt die Strafbarkeit nie: ZI. 6. Sept. 61 (GA. IX, 788). 9. In welcher Weise die „Annahme" erfolgt, ist gleichgültig; eine solche liegt auch da vor, wo der Beamte es bewußter Weise geschehen läßt, daß ein An gehöriger den Gegenstand annimmt. Eine „Annahme" kann darin gesunden werden, wenn der Beamte das ohne sein Wissen ihm Zugewendete nach erlangter Kenntniß nicht sofort zurückgiebt, oder für das bereits vorher Verzehrte nicht sogleich den in seinen Kräften stehenden Ersatz leistet: ZI. 2. März 53 c. Deutsch. 10. Eine nachträgliche Zurückgabe des Angenommenen schließt die Strafe nicht auS. 11. Neben der Gefängnißstrafe kann auf den Verlust der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter aus die Dauer von Einem bis zu fünf Jahren er kannt werden: § 358. 12. Im verurteilenden Erkenntnisse ist „daS Empfangene oder der Werth desselben für dem Staate verfallen zn erklären"; vgl. §§ 335. 40. 13. In Betreff der Anstiftung und Beihülfe vgl. s. 741 n. 2. Der daS Geschenk rc. Gebende oder Versprechende macht sich hierdurch nicht der Beihülfe und ebensowenig der Anstiftung zum Vergehen deS annehmenden rc. Beamten schuldig, weil das letztere eben in der Annahme rc. selbst besteht, der Beamte mithin nicht erst durch das Geschenk (d. h. durch die seinerseits erfolgende Annahme desselben) sich be stimmen läßt (§ 47), ein (davon verschiedenes) Vergehen zu verüben: Stuttg. 12. Juli 73 (StZ. II, 37); vgl. § 332 n. 11. 14. Die Verhandlung rc. wegen der hier fraglichen Vergehen kann den Schöffengerichten nicht überwiesen werden: RGVG. § 75 Nr. 14.
1.
Begriff eines „Beamten" vgl. § 359.
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Verbreche» u. Vergehen im Amte. — §§ 332. 333.
schenke oder andere Vortheile annimmt, fordert oder sich ver sprechen läßt, wird wegen Bestechung mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängniß strafe ein. [I. Entw.: § 312; II. Entw.: § 328; Pr. StGB.-. § 310.1 Vgl. §§ 331. 333-336. 359. 31. 32. 35; R-.Mil.-StGB. § 140; RGBG. § 73 Nr. 2.
§ 333. Wer einem Beamten oder einem Mitgliede der bewaffneten Macht Geschenke oder andere Vortheile an2. Begriff der „Handlung'^ vgl. § 331 n. 3. 4. — Auch dieser § unterscheidet nicht, ob die „Handlung" bereits geschehen ist, oder erst künftig vorgenommen werden soll; das Gegentheil kann nicht aus dem den aktiven Bestechungsversuch be treffenden § 333 (n. 4) gefolgert werden. Erfolgt die Annahme rc. des Geschenks nach der Amtshandlung, so ist die Strafbarkeit nicht dadurch bedingt, daß die letztere in Erwartung des Geschenks geschehen sei (der § spricht allgemein): Meves i. HH. III, 967; contra: Schw. s. 757. 3. Daß die Handlung die „Verletzung einer Amts rc. -Pflicht" ent halte, gehört zum Thatbestände des Verbrechens und bildet nicht etwa (der Mißthat des § 331 gegenüber) einen erschwerenden Umstand, ist mithin auch prozessualisch nicht als solcher zu behandeln: BI. 21. Juni 76 (RdO. XVII, 445). 4. Das Verbrechen ist durch die Annahme rc. vollendet, sollte es sich auch um eine noch zu begehende Pflichtwldrigkeit handeln; es bedarf nicht auch noch der Verübung der letzteren; vgl. n_ 5. 6. — Im Uebrigen vgl. in Betreff der „An nahme rc. von Geschenken oder anderen Vortheilen" § 331 n. 7—10. 5. Der Dolus besteht hier in dem Bewußtsein der Annahme rc. eines Vor theils für eine Handlung, welche, wenn verübt, eine Pflichtwidrigkeit enthält; daß auch der Dritte die betr. Handlung als eine pflichtwidrige erkannt und sich durch die Gewährung des Vortheils strafbar gemacht habe, ist nicht erforderlich: ZI. 5. Nov. 69 (RdO. X, 699). Ebensowenig wird erheischt, daß der Beamte die Be gehung der Pflichtwldrigkeit beabsichtige Dagegen fällt es offenbar nicht unter die Slrafvorschrist, wenn der Beamte das Gebotene nur hiunimmt, nm sich ein Beweis mittel gegen den Bestechenden zu sichern (dann „nimmt" er eS nicht „an"). 6. Macht sich der Beamte der Pflichtwidrigkeit, für welche er das Geschenk annahm rc., (vor oder nach dieser Annahme) schuldig, so liegt, wenn diese Pflicht widrigkeit einen durch ein Strafgesetz vorgesehenen Thatbestand erfüllt, Realkonkurrenz vor. Die Selbstständigkeit der beiden Handlungen wird dadurch nicht aufge hoben, daß die eine durch die andere bezweckt bzw. herbeigeführt wurde; vgl. § 74 n. 4. 5; contra; Meyer s. 270. 7. Der § ist anwendbar, wenn ein zur Erhebung von Gefällen für den Staat rc. berufener Beamter einen ihm persönlich gewährten Vortheil dafür annimmt, daß er die Erhebung geschuldeter Gefälle unterläßt. 8. Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann neben der Gefängnißstrafe, wenn diese drei Monate erreicht, auf den Verlust der Ehrenrechte rc. erkannt werden: §§ 32. 35. 9. Verfallen-Erklär ung des Empfangenen rc., vgl. § 335. 10. Macht sich ein Richter rc. der im § vorgesehenen Handlung schuldig, so wird § 334 anwendbar. 11. Von der Anstiftung und Beihülfe gilt das zu § 331 n. 13 Gesagte. Wer einem Beamten Geschenke anbietet, um ihn zu einer künftigen Pflichtwidrigkeit zu bestimmen, wird aus § 333, bezw. aus § 334 Abs. 2 bestraft. 12. Zuständigkeit der Strafkammern: RGVG. §73 Nr. 2.
§ 333. 1. Begriff des Beamten, vgl. § 359. — Begriff eines „Mitgliedes der bewaffneten Macht", vgl. § 113 n. 49; § 359 n. 49. — Begriff der „Ge schenke oder Vortheile" vgl. § 331 n. 7—10.
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bietet, verspricht oder gewährt, um ihn zu einer Handlung, die eine Verletzung einer Amts- oder Dienstpflicht enthält, zu bestimmen, wird wegen Bestechung mit Gefängniß bestraft; auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann auf Geld strafe bis zu eintausendfünfhundert Mark erkannt werden. [I. Enlw.: § 313; II. Entw.: § 329; Pr. StGB.: § 311.] Vgl. §§ 331. 332. 334. 335. 359. 32. 35. 48 u. die zu § 331 eilt. B.< und Pr. Gess.
2. DaS „Anbieten oder Versprechen" eines Geschenks rc. erfüllt den Thatbestand auch dann, wenn das Angebotene rc. nicht genau bezeichnet (z. B. unr „eine gute Belohnung" in Aussicht gestellt) war: ZI. 30. Nov. 70 (RdO. XI, 579). 3. Gleichgültig ist es, ob das Geschenk rc. dem Beamten unmittelbar (seiner Person) oder mittelbar für ihn einem Angehörigen rc. (als Mittelsperson) angeboten wird; vgl. n. 8; § 331 n. 9; LZollges. v. 1. Juli 1869 § 160. 4. Die Handlung (Unterlassung: § 331 d. 3; Dresd. 5. Jan. 77, SGZ. 21 s. 273) rc.. zu welcher bestimmt werden soll, kann hier nur eine künftige sein; wer einem Beamten für eine bereits begangene Pflichtwidrigkeit etwas anbietet oder gewährt, ist, sofern nicht besondere Strafgesetze zutreffen, straflos. 5. Auch hier muß es sich um eine konkrete Pflichtwidrigkeit handeln, zu welcher der Beamte bestimmt werden sollte; dagegen ist nicht erforderlich, daß die selbe speziell und ausdrücklich bezeichnet werde; eS genügt, wenn die Natur der zugemutheten Pflichtwidrigkeit aus den Umständen zu ersehen war (z. B. wenn einem einschreitenden Polizeibeamten Geld in die Hand gedrückt wird): ZI. 26. Okt. 66, Manh. 16. Dez. 76 (RdO. VII, 581; BAnn. 43 s. 51); vgl. ZI. 9. März 77 (RdO- XVIII, 202: hielt sogar die Feststellung für genügend, daß daS Geschenk für ein pflichtwidriges Verhalten im Allgemeinen habe gewährt werden sollen [?]); auch wird der § dadurch nicht unanwendbar, daß die Art der Ausführung dem Beamten überlassen war; vgl. § 331 n. 3. — Die zugemuthete Handlung braucht keine unter allen Umständen pflichtwidrige zu sein; es reicht hin, wenn sie diesen Cha rakter im konkreten Falle gehabt haben würde, insbesondere also, wenn die Bestechung geschah, um den Beamten zu veranlassen, etwas zu thun, waS er selbst im betr. Augenblicke für pflichtwidrig erachtete, sollte es auch objektiv diesen Charakter nicht gehabt haben: ZI. 22. Jan. u. 18. Juni 68, I. Juni 71 (RdO. IX, 35. 394; XII, 297); z. B. wenn jener veranlaßt werden sollte, die ihm obliegende Anzeige einer vermutheten Mißthat zu unterlassen, oder wenn er überhaupt eine Amtshand lung (z. B. die Verleihung einer Stelle) nicht nach dem ihm zustehenden pflichtmä ßigen Ermessen, sondern in einer davon abweichenden Weise oder auS anderweiten, zumal unlauteren Beweggründen vornehmen sollte: ARI. 29. April 80 (RdR. I, 699), Beschl. I 8. Okt. 73, ZI. 15. Mär; 78 (RdO. XIV, 615; XIX, 143) MeveS i. HH. III, 969, Schw. n. 2; contra: Meyer s. 270. Nicht minder genügt eS, wenn ein Unterbeamter bestimmt werden soll, den Weisungen seines Vorgesetzten nicht Folge zu leisten: ZI. 25. Jan. 61 (RdO. XII, 48). 6. Zu den amtlichen Pflichten eines Beamten gehört eö, über Gegenstände und Wahrnehmungen seines Amtes vor Gericht bte Wahrheit zu sagen; das gilt namentlich von solchen Beamten, welchen daS Gesetz die Pflicht auserlegt, entdeckte Gesetzesübertretungen zur Anzeige zu bringen; daS Unternehmen, einen Beamten durch Geschenke zu einer derartig unwahren — wenn auch unbeeidigten — Aussage vor Gericht zu bestimmen, fällt unter den tz: ZU. 4. Febr. 58 c. Dörfler. — Ein Rheinischer Bürgermeister verletzt eine Amtspflicht, wenn er eine ihm für einen Ab wesenden zugesteüte Schrift diesem nicht ausanlwortet: Münch. 7. März 73 (BEntsch. III, 104). 7. In einer den Geschworenen vorgelegten Frage bedarf eS nicht nothwendig einer weiteren Spezialisirung: welcher Beamte, und zu welcher Pflichtwidrigkeit er habe bestimmt werden sollen: ZI. 25. Febr. 57 c. Friedländer.
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Verbrechen u. Vergehen im Amte. —
333. 334.
§ 334L Ein Richter, Schiedsrichter, Geschworener oder Schöffe, welcher Geschenke oder andere Vortheile fordert, an7 a. Als Dolus wird, außer der Vorsätzlichkeit der Handlung an sich, das Bewnßsein von der Pflichtwidrigkeit der zugemutheten Handlung erfordert: DreSd. 23. Nov. 74, VI. 5. März 79 (SGZ. XIX, 154; RdO. XX, 123). 8. DaS Vergehen ist mit dem Aubieten rc. des Geschenks rc. an den Beamten vollendet, selbst wenn dieser eS ausschlägt; die That ist auch dann „Bestechung", nicht ein erfolgloser Bestechungsversuch; daher bleiben die $§ 44. 46 ausgeschlossen: Z. 20. Dez. 73 (RdO. XIV, 809). — Erfolgte daS Anbieten mittelbar an einen Angehörigen (n. 3), so tritt die Vollendung erst mit dem Augenblicke ein, wo der Beamte selbst davon Kenntniß erlangt: Manh. 18. Okt. 73 (StZ. II, 232), welches aber zu weit geht , wenn es außerdem erheischt, daß in dem betr. Augenblicke für den Beamten die ihm zugemuthete Handlung noch möglich war; der Thatbe stand ist erfüllt, sofern die Handlung, wenn in der gewünschten Weise vorgenommen, eine Verletzung der Amtspflicht enthielt. 9. Nimmt der Beamte das Angebotene rc. an, so macht er sich des im § 332 vorgesehenen Verbrechens schuldig; auch hier ist der Bestechende nicht als Anstifter aufzufassen; vgl. § 331 n. 13; ZI. 20. Febr. 56 (GA. IV, 469). 10. Begeht der Beamte in Folge der von ihm angenommenen Bestechung die ihm zugemuthete Pflichtwidrigkeit, so nimmt, wenn die letztere den Thatbestand eines StrafsalleS erfüllt, die Handlung des Bestechenden den Charakter der Anstiftung (§48) an, mit welcher die Bestechung ideell zusammentrtfft (§ 73): BI. 21. Febr. 72 (RdO. XIII, 159); contra: Schw. n. 7. 11 Auf den Verlust der rc. Ehrenrechte (oder auf Amtsunfähigkeit) kann nur erkannt werden, wenn die Gefängnißstrafe drei Monate erreicht: §§ 32. 35. 12. „Verfallen-Erklärung" deS Empfangenen, vgl. § 335. 13. Durch § 333 sind solche besondere Strafg esetze, welche das Anbieten eines Geschenks an einen Beamten auch dann mit Strafe bedrohen, wenn dadurch der Beamte nickt (erweislich) zu einer pflichtwidrigen Handlung bestimmt werden sollte, nicht aufgehoben; vgl. § 331 n. 3. Dagegen wird § 333 anwendbar, sobald fein Thatbestand zutrifst, durch ihn wird dann z. B. § 88 der Pr. Steuer-Ordn, v. 8. Febr. 1819 ausgeschlossen: VPl. 9. Dez. 61 (RdO. II, 137); vgl. R.-TabackSst.Ges. v. 16. Juli 1879 § 41 Nr. 1.
§ 334. 1. Dieser § bedroht den Richter rc., welcher sich bestechen läßt, mit einer (im Vergleiche mit § 332) geschärften Strafe; er weicht von der Fassung jenes § in sofern ab, als er die dort vorausgesetzte pflichtwidrige Handlung näher präztsirt. Sodann ist die Vorschrift aus (Nicht-Beamte) „Schiedsrichter, Geschworene und Schöffen" ausgedehnt. 2. „Richter" ist derjenige Beamte, welcher, zur Handhabung der richterlichen Gewalt des Staates berufen, die damit verbundenen Prärogative genießt; vgl. Pr. Verfass, v. 31. Jan. 1850 Art. 86 ff. Es gehören daher (Verwaltung-') Beamte nicht hierher, welche in einzelnen Rechtssachen eine vorläufig maßgebende, die Be schreitung des Rechtsweges nicht ausschließende Entscheidung treffen können; Bei spiele: das Setzen eines Merkpfahles in VorfluthSangelegenheiten, die Regulirung eines Interimistikums in Kirchenbausachen, die Kognition der Polizeibehörden in Gesindesachen, die Untersuchungen und die Strasresolute der Verwaltungsbehörden bei Abgaben-Hinterziehungen u. dgl. — Dagegen gehören die Handelsrichter (vgl. RGVG. § 116) und die Mitglieder eines Di Sc ipli n arge richt S zu den Richtern; ebenso die Mitglieder einer Pr. General-Kommission, insoweit diese berufen ist, über streitige Rechtsverhältnisse eine Entscheidung zu treffen. — Die Pr. SchtedS männer sind Beamte (Motive s. 147), aber nicht Richter (sie entscheiden nicht). Vgl. RStPO. § 420. 3. „Schössen" sind nur solche Privatpersonen, welche wie die Geschworenen, zur Entscheidung von Srafsachen berufen werden; vgl. Pr. NStPO. § 12, An hang; Kgl. Sächs. GerichtSschöfienges. v. 1. Okt 1868; RGVG. § 26. 4. Der § seht voraus, daß der das Geschenk rc. Annehmende rc. zur Zeit
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Verbrechen u. Vergehen im Amte. — § 334.
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nimmt oder sich versprechen läßt, um eine Rechtssache, deren Leitung oder Entscheidung ihm obliegt, zu Gunsten oder zum Nachtheile eines Betheiligten zu leiten oder zu entscheiden, wird mit Zuchthaus bestraft. Derjenige, welcher einem Richter, Schiedsrichter, Ge schworenen oder Schöffen zu dem vorbezeichneten Zwecke Ge schenke oder andere Vortheile anbietct, verspricht oder gewährt, wird mit Zuchthaus bestraft. Sind mildernde Umstände vor handen, so tritt Gefängnißstrafe ein. [I. Elitw.: §§ 314. 315; II. Enlw.: §§ 330. 331; Pr. SlGB.: §§ 312. 313.) Vgl. §§ 331—333. 335. 336. 344—346. 359. 31. 32. 35.
dieser That Schiedsrichter, Geschworner oder Schöffe war; es genügt nicht, wenn die Handlung durch einen nickt mit diesen Funktionen Betrauten in der Er wartung geschieht, er werde zum Dienste in der betr. Sache herangezogen werden. Dagegen wird der § anwendbar, sobald Jemand die Eigenschaft eines Geschwornen rc. durch Einberufung erlangt hat, sollte er sich auch noch nicht an den Ort des Ge richts begeben haben; noch weniger ist erforderlich, daß derselbe bereits zur Dienst leistung in der betr. Sache herangezogen oder als solcher vereidet sei; contra: Schw. n. 5, Mev. i. HH. III, 970, Schütze s. 529 n. 8. 5. Ueber das ,,Fordern, Annehmen oder Versprechen-lassen von Geschenken und anderen Vortheilen" vgl. § 331 n. 7ff. 6. Der § ist auf solche Fälle beschränkt, in welchen eS sich um eine „Rechtsfache" handelt, welche „geleitet" und demnächst „entschieden" werden soll, bei welcher also die eigentliche richterliche Thätigkeit: die Entscheidung eines Streit punkts oder die Handhabung der richterlichen Strafgewalt in Frage steht, und wo eben deshalb auch von der „Begünstigung" oder „Benachtheiligung" eines (von mehreren) „Betheiligten" (§ 336: „Partei") die Rede sein kann; vgl. die Rede des Abg. Bähr im RT., auf dessen Antrag § 334 seine jetzige Fassung erhielt: Stenogr. Ber. s. 745. Demgemäß bleibt der tz ausgeschlossen, wo es sich um Akte der frei willigen Gerichtsbarkeit handelt: Mev. i. HH. III, 971; contra: Schw. n. 2; ebenso da, wo die Thätigkeit deS Richters einen rein verwaltenden Charakter an sich trägt, sollte damit auch eine pflichtgemäße Prüfung der Sachlage verbunden sein. Zu letzteren Angelegenheiten gehören Vormundschasts- oder Hypothekensachen, ErbschastSregulirungen (insoweit eS sich nickt um die Lösung eines BerechtigungSstreitS handelt). Dagegen sind Zwangsvollstreckungen wirkliche Rechtssachen. 7. Als zur „Leitung" einer Rechtssache gehörig ist jede Maßnahme anzu sehen, welche ein Richter vorzunehmen oder anzuordnen hat, um eine demnächst zu erlassende richterliche Entscheidung vorzubereiten oder um die Elemente für eine solche herbeizuschafsen. Ob derselbe Richter demnächst selbst die Entscheidung treffen soll, oder ob diese Aufgabe Andern zu Theil wird, ist gleichgültig. 8. Das Geschenk 2C. muß „dafü r" gefordert rc. sein, „um (künftig) die betr. Rechtssache zu Gunsten oder zum Nachtheile eines Betheiligten zu leiten oder zu entscheiden". Diese Fassung wurde gewählt, weil bei der Thätigkeit des wesent lich nach seiner individuellen Ueberzeugung anordnenden und entscheidenden Richters der Nachweis, daß die zugemuthete Handlung eine pflichtwidrige sei, nur schwer ge führt werden könne; man erachtete eS deshalb für genügend, wenn der Richter ein Geschenk re. angenommen rc. habe und diese Annahme in einem Kausalzusammen hänge mit einer zu Gunsten oder zum Nachtheile eines Betheiligten zu treffenden Maßnahme rc. stehe; wo dieses vorliegt, kommt eS nicht darauf an, ob die Maß nahme selbst eine gerechtfertigte war oder nicht: Stenogr. Ber. s. 745. — Immerhin muß aber die Maßnahme „zu Gunsten oder zum Nachtheile eines Bethei ligten gereichen": durch die bezweckte Handlung muß die Rechtsstellung des Einen oder des Anderen der (irgendwie bei dem AuSgange) Betheiligten in erkennbarer Weise in irgend einem Punkte eine günstigere oder ungünstigere werden. Demge-
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Berbrechen u. Vergehen im Amte. — § 335.
§ 335. In den Fällen der §§ 331 bis 334 ist im Urtheile das Empfangene oder der Werth desselben für dem Staate verfallen zu erklären. [I. @ntn>.: §311-315; II. Entw.: § 332; Pr. StGB.: § 309-313.]
Vgl. § 40.
maß ist der § unanwendbar, sobald es sich lediglich um solche Maßnahmen handelt, welche die Rechtsstellung der Betheiligten gegen einander nicht berühren, z. B. die Beschleunigung einer Sache oder dgl. zum Zwecke hoben; contra; v. Kirchm. s. 199, welcher hier zu weit geht. 9.
V erfallen-Erklärung des Empfangenen, vgl. § 335.
10. Macht sich der Richter in Folge der Annahme des Geschenks re. einer Beugung des Rechts schuldig, so verwirkt er die Strafe des § 336; es wird dann daS zu § 332 n. 6 und das zu § 333 n. 10 Bemerkte anwendbar. 11.
Anstiftung und Beihülfe zu diesem Verbrechen, vgl. § 331 n. 13.
12. Ueber die Zulässigkeit der Wiederaufnahme eines durch rechtskräftiges Urtheil geschloffenen Straf- oder Civilverfahrens in Fällen des § 334 Abs. 1 und deS § 336 vgl. RStPO. §§ 399 (Nr. 3). 402 (Nr. 3); RCPO. §§ 543 (Nr. 5 . 544. 13. Zu Abs. 2 vgl. die Bemerkungen zu § 333. — Ob der „Anbietende" rc. bei der Rechtssache selbst „betheiligt" war, ist gleichgültig: Schütze s. 528. — In Betreff der ev. Zulässigkeit der Restitutionsklage vgl. RCPO. § 543 Nr. 4. 14. Beim Vorhandensein mildernder Umstände kann neben einer drei Monate erreichenden Gefängnißstrafe auf den Verlust der rc. Ehrenrechte oder auf Amts unfähigkeit rc. erkannt werden: §§ 32. 35.
§ 335. 1. Die Geschenke rc., welche ein Beamter für eine Amtshandlung fordert oder sich versprechen läßt, oder welche ein Dritter einem Beamten anbietet oder verspricht, sind, so lange sie nicht wirklich gegeben und angenommen sind, nicht zur Begehung der in den §§ 331—334 vorgesehenen Mißthaten „gebraucht oder bestimmt" (§ 40). Insbesondere ist auch der geforderte (angebotene, versprochene) konkrete Gegenstand nicht zur (künftigen) Begehung des Verbrechens rc. „bestimmt'', weil durch das For dern rc. die Mißthat schon vollendet ist. Eine „Einziehung" dieser Gegenstände würde daher auf Grund des § 40 nicht erfolgen können. Dem entsprechend hat § 335, wenngleich er im Uebrigen den § 40 zum Theil abändert, nur die Verfallen erklärung des wirklich „Empfangenen" vorgeschrieben. Das nur „Geforderte, Angebotene und Versprochene" wird von der Maßnahme nicht betroffen: Schw. n. 2, ML. s. 674; contra: Schütze s. 529 n. 9 (in Betreff des „Versprochenen"). ZR1II. 29. Sept. 80 (RdR. II, 275) beschränkt die Anwendbarkeit des § gleichfalls auf das „Empfangene", weicht aber von dem Obigen insofern ab, als es in dem Anbieten unter Umständen einen „Gebrauch" im Sinne des § 40 (n. 8) erblickt. 2. Entscheidend für die Anwendbarkeit des § 335 ist das Empfangen seitens des Beamten, gleichviel in welcher Absicht dies geschah; es genügt daher, wenn der Beamte die Sache nur zum Scheine annahm, oder sie empfing, um sie für den Geber zu verwahren: ZRIII. 29. Sept. 80 (cit. n. 1), Schw. n. 2. 3. Im Uebrigen ist die hier angeordnete „Verfallen-Erklärung" eine Einziehung im Sinne des § 40 mit der Besonderheit, daß sie nicht blos gestattet, sondern geboten ist, und daß für den Fall, wo das Empfangene nicht zu erlangen ist (z. B. weil es zurückgegeben worden), der Werth an die Stelle tritt. Mit dieser Maßgabe ist das zu § 40 Bemerkte zu berücksichtigen. 4. Es ist statthaft, im Urtheil die Verfallen-Erklärung alternativ in Be treff deS Empfangenen ober seines Werthes auszusprechen. 5. Wird die Maßnahme in Betreff des Werthes ausgesprochen, so ist dieser im Strafurtheile selbst genau zu bestimmen, diese Bestimmung darf nicht einem späteren Civilverfahren Vorbehalten werden. Sie fällt in den Bereich der Straf zumessung, ist also durch das Gericht selbst, nicht durch den Geschwornenspruch zu bewirken: ZII. 15. März 60 c. EmoneS. 6. Sie ist eine Strafe, und als solche nur gegen den Verurtheilten, nicht gegen einen Dritten, welcher zwischenzeitlich die Sache erworben hat, zu vollstrecken.
Thl. II. Abschn. XXVIII. Verbrechen u. Vergehen im Amte. — §§ 336.-338.
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§ 336. Ein Beamter oder Schiedsrichter, welcher sich bei der Leitung oder Entscheivung einer Rechtssache vorsätzlich zu Gunsten oder zum Nachtheile einer Partei einer Beugung veS Rechts schuldig macht, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft. [I. ffintre.: §316; II. Enlw.: §333; Pr. StGB.: §314.] Vgl. §§ 339. 341—346. 359. 31. 32; RGVG. § 73 Nr. 2.
§ 337 S). — — — — — — — — — § 338 Ein Religionsdiener oder Personenstandsbe amter, welcher wissend, daß eine Person verheirathet ist, eine 7. Als selbstständige Maßnahme (§42) kann die Berfallen-Erklärung nicht ausgesprochen werden, zumal hier kein polizeilicher (präventiver) Gesichtspunkt in Betracht kommt; vgl. § 40 n. 1^3; § 42 n. 1. 8. Durch § 335 wird die Statthaftigkeit der Einziehung solcher Gegenstände, welche zur Begehung der vorgesehenen Mißthaten gebraucht oder bestimmt waren, nach Maßgabe des § 40 nicht ausgeschlossen; ebenso: ZRHI. 29. Sept. 80 (cit. n. 1).
§ 336. 1. In Unterscheidung von § 334, gilt § 336 nicht blos für Richter, sondern für alle Beamten, welche gesetzlich zur Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache berufen sind. Es gehören daher auch die zu § 334 unter n. 2 gedachten Funktionen hierher, nicht aber diejenigen der Geschworenen oder Schöffen. 2. In Betreff des Begriffs einer „Rechtssache", der „Leitung und Ent scheidung" einer solchen und deS Handelns „zu Gunsten oder zum Nachtheile einer Partei" vgl. § 334 n. 6—8. 3. Der § spricht von der „zu Gunsten oder zum Nachtbeile einer Partei" verübten „Beugung des Rechts", während der § 334 einen „Betheiligten " er wähnt. Eine Unterscheidung ist dabei nicht beabsichtigt. Jedenfalls ist der Begriff der „Partei" nicht zn foimell prozessualisch auszufassen; auch dritte Personen ge hören hierher, für welche die ergehende Entscheidung insoweit maßgebend wird, als davon die Entscheidung in einem anderen sie betreffenden Rechtsstreite abhängig ist: Besohl. 28. Okt. 68 (RdO. IX, 587). 4. „Beugung deS Rechts" ist eine Handlung des mit der Leitung oder Entscheidung einer Rechtssache befaßten Beamten rc., durch welche daS (formelle) Recht eines Betheiligten zu Gunsten eines Andern bewußter (v. i. in einer mit der eigenen Ueberzeugung nicht im Einklänge stehenden) Weise verletzt wird; trifft dieses zu, so kommt es auf die objektive Nichtigkeit nicht an: Mev. i. HH. III, 989; contra: v. Kirchm. s. 201; Puch, n 3; noch aus daS Motiv: Schütze s. 530. 5. Geschah die Rechtsbeugung in Folge einer vorhergegangenen Bestechung, so liegt Real-, und nicht Ideal-Konkurrenz vor; contra: Schütze s. 530 n. 9. 6. Wiederaufnahme deS Verfahrens in Fällen des §; vgl. § 334 n. 12. 7. Zuständigkeit der Straf kam mern: RGVG. § 73 Nr. 2.
§ 337*). 8 337 ist ersetzt durch § 67 des Ges.'s über die Beurkundung des Personen standes und die Eheschließung v. 6. Febr. 1875 (RGbl. s. 23); vgl. Art. V der Novelle.
§ 338. 1. Der § trifft nur solche Religionsdiener, welche eine (bürgerlich gültige) Ehe zu schließen im Stande sind; wo die bürgerlich gültige Ehe nur durch die AktsAufnahme eines (bürgerlichen) Personenstandsbeamten geschloffen werden kann, trifft auch nur diesen die hier angedrohte Strafe: KBII. s. 88. Letzteres gilt daher ge genwärtig für das ganze Reich; vgl. RGes. v. 6. Febr. 1875. 2. Unter den „Personenstandsbeamten" sind deren Stellvertreter, einschließlich des im § 8 der Kais. Bdn. v. 20. Ian. 1879 (RGbl. s. 5) näher bezeichneten oberen Militärbeamten, einbegriffen.
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Thl. II. Abschn. XXVIII.
Verbrechen u. Vergehen im Anne. — §§ 338. 339.
neue Ehe derselben schließt, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft. [I. Emw.! § 318; II. Enlw.: § 335; Pr. StGB.: § 139 Abs. 2.) 171. 31. 32; RGVG. § 73 Nr. 2.
Vgl. §§ 337.
§ 339. Ein Beamter, welcher durch Mißbrauch seiner Amtsgewalt oder durch Androhung eines bestimmten Miß brauchs derselben Jemand zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung widerrechtlich nöthigt, wird mit Gefängniß bestraft. Der Versuch ist strafbar. In den Fällen der §§ 106, 107, 167 und 253 tritt die daselbst angedrohte Strafe ein, wenn die Handlung von einem Beamten, wenn auch ohne Gewalt oder Drohung, aber durch Mißbrauch seiner Amtsgewalt oder Androhung eines bestimmten Mißbrauchs derselben begangen ist. [I. Entw.! § 319; II. Entw.: §336; Pr. StGB.: § 315 ]. 167. 240. 252. 336. 343. 358. 31. 35. 359.
Vgl. § 106. 107. 114.
3. In Betreff der Frage, inwiefern hier im Uebrigen die Gültigkeit der früheren oder der jetzt abgeschlossenen Ehe für den Thatbestand wesentlich sei, gilt daS zu §171 n. 2—4 Gesagte. 4. Die Handlung des Personenstandsbeamten ist hier ein selbstständiges Ver brechen, nicht Beihülfe zum Verbrechen des die Doppelehe eingehenden Ehegatten; „mildernde Umstände" (§ 181) finden hier keine Berücksichtigung. 5. Ebenso bleibt der die Verjährung (der Doppelehe) betr. Schlußsatz des § 171 außer Anwendung. 6. Zuständigkeit der Strafkammern: RGBG. §73 Nr. 2
8 339. 1. Begriff des „Beamten", vgl. § 359. 2. In Betreff der „Nöthignng" vgl. § 240 und die Bemerkungen zu dem selben. An die Stelle der dort erheischten „Gewalt oder Bedrohung mit einem Verbrechen oder Vergehen" ist hier der Mißbrauch der Amtsgewalt oder die An drohung eines bestimmten Mißbrauchs derselben getreten. Zu welcher Handlung rc. genöthigt werden soll, ist gleichgültig. — Handelt der Thäter in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvortheil zu verschaffen, so wird § 253 („Erpressung") anwendbar. 3. „Amtsgewalt" ist die einem Beamten zustehende („seine") Befugniß, unter gewiffen Voraussetzungen zu Zwangsmaßnahmen überzugehen. Ein Mißbrauch der selben liegt vor, sobald sie angewendet wird, obgleich es an den gesetzlichen Voraus setzungen derselben fehlt, oder wenn dabei daö Maß des Statthaften (z. B. in Betreff des angewendeten Mittels) überschritten wird. — Demgemäß trifft dieser § (sowie § 353) nicht zu, wenn ein Beamter nichtgeschuldete Zahlungen nicht selbst beitreibt, sondern die Beitreibung, ebenso wie jeder Privatgläubiger durch Anrufen der hierfür zuständigen Behörde einziehen läßt: Manh. 30. Juli 73 (StZ. HI, 233). 4. Die „Androhung" eines Mißbrauch- der Amtsgewalt muß einen be stimmten (als solchen erkennbaren) „Mißbrauch" zum Gegenstände haben; eine ganz allgemein gehaltene Drohung in Betreff einer künftigen amtlichen Thätigkeit genügt nicht. Noch weniger genügt eö, wenn nur indirekt die Besorgniß eines künftigen Amtsmißbrauchs erregt ist: VI. 28. Mai 75 (RdO. XVI, 393). Dagegen bedarf es nicht der Hindeutung auf einen konkreten bereits in Aussicht stehenden Einzelfall; der § wird anwendbar, wenn ein Richter eine ungerechte Entscheidung eines möglicher Weise künftig entstehenden Rechtsstreit- androht. 5. Die Nöthigüng muß eine „widerrechtliche" fein; als solche ist nicht jeder „Mißbrauch der Amtsgewalt" anzusehen; der § bleibt ausgeschlossen, wenn der
Th». II. Abschn. XXVIII. Verbrechen u. Vergehen im'Amte. — §§ 339. 340.
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§ 340. Ein Beamter, welcher in Ausübung oder in Veranlassung der Ausübung seines Amtes vorsätzlich eine Körperverletzung begeht oder begehen läßt, wird mit Gefäng niß nicht unter drei Monaten bestraft. Sind mildernde Um stände vorhanden, so kann die Strafe bis auf Einen Tag Gefängniß ermäßigt oder auf Gelvstrafe bis zu neunhundert Mark erkannt werden. Beamte zur Ausführung einer an sich befugten Nöthigung sich eines ungesetzlichen Mittels bediente (n. 3). — Dagegen trifft der § zu, wenn ein Polizeibeamter die Bescheinigung über die Anzeige einer beabsichtigten Versammlung widerrechtlich ver weigert und demnächst wegen Mangels der Bescheinigung die Versammlung auflösen läßt, mithin die Anwesenden zu sofortiger Entfernung nöthigt: ZU. 22. Juni 78 (RdO. XIX, 326). 6. Als Doluö wird außer der Vorsätzlichkeit der Handlung an sich und dem Willen den Anderen rc. zu nöthigen, das Bewußtsein des Thäters erheischt, daß er einen Mißbrauch der Amtsgewalt begehe oder androhe, und daß er zu der gewollten Nöthigung (im vorliegenden Falle) nicht das Recht habe: Komp.-GH. 12. Jan. 56 (IMbl. s. 90). Eine Fahrlässigkeit bei Ueberschreitung der Amtsbefugnisse genügt in keiner Weise: Mev. i. HH. III, 976; contra: Meyer n. 3. 7. Die Strafbarkeit des Versuchs (Abs. 2) ist auf die im Abs. 3 vorgesehenen Fälle nicht mitzubeziehen; demgemäß kann der Versuch der in den §§ 107 und 167 vorgesehenen Vergehen nur insoweit bestraft werden, als dabei die Voraussetzungen des Abs. 1 de« § 339 zutreffen; contra: Mev. i. HH. III, 978.
8. In allen durch diesen § (insbesondere auch durch Abs. 3) vorgesehenen Fällen kann der Strafrichter neben der Gefängnißstrafe (fakultativ) den zeitlicheu Verlust der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter verhängen: § 358. 35. 31 Abs. 2.
§ 340. 1. Begriff des „Beamten", vgl. § 359. Ob der Beamte zu denjenigen gehöre, welche unter gewissen Voraussetzungen berufen sind, Gewalt gegen Personen anzuwenden, oder nicht, ist gleichgültig. 2. In Betreff der „Ausübung und der Veranlassung zur Ausübung" des Amtes vgl.8 130a. n. 3. 4. 3 „Vorsätzliche Körperverletzung" ist hier jede körperliche Mißhandlung oder Gesundheitsbeschädigung (§223); ebenso: Dreöd. 21. Aug. 76 (SGZ. 21 s. 242). 4. Die Strafbarkeit ist durch die Wider rech tlichkeit der Handlung bedingt; eine in den Grenzen einer gesetzlichen Befugniß bleibende Gewaltandrohung gehört nicht hierher ; vgl. § 223 n. 1 ff. In Betreff des Züchtigungsrechts der Lehrer vgl. ib. n. 9. In Betreff des einzelnen Beamten-Klaffen unter gewissen Voraussetzungen ge statteten WasfengebrauchS vgl. für Preußen, rücksichtlich der Militärpersonen: Ges. v. 20. März 1837; Instr. v. 14. Juni 1844 (IMbl. s. 98): Instr. für die Wachen v. 27. Juni 1850, genehmigt durch AKO. v. 8. Aug. 1850 (IMbl. s. 350); RED. Art. II. G; R.-Mil.StGB. §§ 122. 123. 149; rücksichtlich der GrenzaufflchtSbeamten: Ges. v. 28. Juni 1834 (GS. s. 83); Instr. v. 6. Juli 1835 (RS. V, 159); BZollges. v. 1. Juli 1869 § 19; rücksichtlich der Forst- und Iagdbeamten: Ges. v. 31. März 1837, Instr. v. 17. Apr. u. 21. Nov. 1837 (RS. VI, 168. 334); NEB. Art. II. F und rücksichtlich der Qualifikation der Beamten: AKO. v. 6. Okt. 1837, 19. Apr. 1838, 21. Mai 1840, 19. Febr. 1842 u. 21. Aug. 1855; Hartm. Strafgeff. s. 262 n. 1. rücksichtlich der GefängnißaufsichtSbeamten: Jnstr. v. 11. März 1839 (IMbl. s. 114); Ges. v. 11. Apr. 1854 § 6 (GS. s. 143).
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Thl. II. Abschn. XXVIII.
Verbrechen u. Vergehen im Amte. — §§ 340. 341.
Ist die Körperverletzung eine schwere, so ist auf Zucht haus nicht unter zwei Jahren zu erkennen. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnißstrafe nicht unter drei Monaten ein. [I. @iiltv.: § 320; II. Entw.: § 337; Pr. StGB.: § 316.] Vgl. §§ 223 — 225228. 358. 359. 31. 32. 35; R.-Mil.-SiGB.: §§ 122. 123. 149.
§ 3^1. Ein Beamter, welcher vorsätzlich, ohne hierzu berechtigt zu sein, eine Verhaftung oder vorläufige Ergreifung 5. Ein Beamter „läßt vorsätzlich eine Körperverletzung begehen", wenn er es herbeiführt, daß ein Anderer die Körperverletzung zufügt, gleichviel, ob letzterer sich dadurch selbst strafbar macht oder nicht. Dagegen trifft jener Ausdruck nicht zu, wenu der Beamte eine von einem Andern zugefügte Körperverletzung wissentlich ge schehen läßt, obgleich er zur Hinderung derselben amtlich berufen und im Stande ist: (eS lag kein Grund vor, den letzteren Fall der Selbstverübung gleich zu stellen; vgl. §§ 354. 355. 357: „wenn der Beamte einem Andern wissentlich eine solche Handlung gestattet" oder „eine solche wissentlich g es chehen läßt"; vgl. Schütze s. 534, Mev. i. HH. III, 852; contra: Meyer n. 2, Puch. s. 382, Geyer i. GSaal 26 s. 333. Ebensowenig ist der Fall gleichzustcllen, wo der Beamte zu einer von Anderen verübten Körperverletzung wissentlich Hülfe leistet; vgl. die citt. §§ 354. 355. 6. In allen vorgesehenen Fällen kann neben der Gefängnißstrase (fakultativ) auf den zeitlichen Verlust der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter ertonnt werden: § 358. 35. 31 Abs. 2. 7. Abs. 2 sieht den Fall der tödtlichen Körperv erletz ung nicht besonders vor; in diesem Falle greifen die §§ 226. 228 Platz. War bei einer schweren Körper verletzung die Absicht auf die Folgen derselben gerichtet, so schließt § 225 den Schluß satz des Abs. 2 aus; vgl. § 73 n. 6 (a. E.), 15; ebenso (im Resultat): Thomsen i. GSaal 30 s. 96; contra: MevcS i. HH. III, 953 n. 8, Geyer cit. n. 5, John i. GA. 25 s. 409. 8. Durch einen Antrag deS Verletzten ist die Verfolgung ans § 340 nicht bedingt; vgl. § 232. 9. Bei den im Amte rc. zugesügten (leichten) Körperverletzungen findet eine Aufrechnung (§ 233) nickt statt (ein sie zulassendes Amendement ward in der RT.Kommission abgelehnt: Meyer n. 4); contra: ZI. 15. Juni 77 (RdO. XVIII, 433). DaS gilt, mögen beide Thäter oder nur einer sich in Amtsausübung befunden haben: auch in Betreff deS Nicht. Beamten kann von der Verhängung der vollen Strafe nicht abgesehen werden; contra: Puch. § 233. 10. Ebenso findet bei einer im Amte zugefügten Körperverletzung die Zuer kennung einer Buße für den Verletzten auS § 231 nicht Statt: der in dem letzteren gebrauchte Ausdruck: „in allen Fällen der Körperverletzung" bezieht sich unverkenn bar auf die in den vorhergehenden §§ behandelten Fälle der „Körperverletzung" (Abschn. 17), während die im § 340 mit Strafe bedrohte Handlung als „Ver brechen rc. im Amte" qualifizirt ist und insoweit auch weiter greift, als sie das „Begehenlassen" mit umfaßt; die Reichstags-Kommission hat auch hier ein die An wendbarkeit des § 231 aussprechendes Amendement abgelehnt. Nur dann, wenn auch für den Beamten die Bestrafung auS einem der §§ 223—230 erfolgt (z. B. im Falle einer tödtlichen oder fahrlässigen Körperverletzung: §§ 226. 230), wird auch in Betreff seiner § 231 anwendbar: Schw. i. GSaal XXIV, 287; contra: Meyer n. 4, Puch. § 231 n. 2. 11. Wie in Preußen schon früher, so findet jetzt allgemein wegen der hier vorgesehenen (leichten) Körperverletzungen eine Verfolgung im Wege der Privat klage nicht statt; vgl. EG. ). Pr. StGB. Art. XVI; Pr. NStPO. § 487; RStPO. § 414.
§341. 1. Begriff des „Beamten", vgl. § 359. Hier wird vorausgesetzt, daß der Beamte bei seiner Handlung in erkennbarer Weise amtlich thätig war, daß er sie also in (einer mißbräuchlichen) Ausübung seiner Amtsgewalt vornahm.
Thl. II. Abschn. XXVIII.
Verbrechen u. Vergehen im Amte. — § 341.
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und Festnahme oder Zwangsgestellung vornimmt oder vor nehmen läßt, oder die Dauer einer Freiheitsentziehung ver längert, wird nach Vorschrift des § 239, jedoch mindestens mit Gefängniß von drei Monaten bestraft. [I. Emw.: § 321; II. Entw.: § 338; Pr. StGB.: § 317.) 31. 32. 359. 229.
Dgl. §§ 345. 358. 35.
Preußen: Vgl. Versass, v. 31. Jan. 1850 Art. 5; Ges. v. 12. Febr. 1850.
2. Die Ausdrücke: „Verhaftung oder vorläufige Ergreifung und Festnahme" sind dem § 317 des Pr. StGB.'s und mittelbar dem Pr. Ges. v. 12. Febr. 1850 §§ 1. 2 entlehnt (vgl. auch Pr. Versass, v. 31. Jan. 1850 Art. 5 und RStPO. §§ 112ff.). Danach ist unter „vorläufiger Ergreifung und Festnahme" eine amtliche Maßnahme zu verstehen, durch welche Jemand „des Gebrauchs der persönlichen Freiheit beraubt wird" (§ 239), welche aber gleichzeitig erkennen läßt, daß sie unter dem Vorbehalte einer sofort zu veranlassenden Nach prüfung durch einen berufenen (höheren) Beamten inö Werk gesetzt werde. In welcher Weise diese Freiheitsberaubung bewirkt und welche Benennung derselben bei gelegt wird, ist gleichgültig; insbesondere ist aus dem Worte „Ergreifung" nicht zu folgern, daß eö dazu nothwendig eines körperlcheu AnfasienS ( : ZI. 7. Mär^ 60 c. GeseviuS), oder der Einsperrung in einen umschlossenen Raum bedürfe, vielmehr kann auch die an eine individuelle Person gerichtete Erklärung: „sie sei arretirt" und die Anordnung einer Bewachung genügen: ZI. 5. März 58 c. Rohrmoser. Um diese Bedeutung der cit. Ausdrücke klar zu stellen, sind im Reichstage die Worte: „oder Zwangsgestellung" hinzugefügt worden. Es gehören sonach jetzt auch alle s. g. Sistirungen hierher, d. h. alle zwangsweise erfolgendeu Vorführungen vor einen Beamten oder in ein Amtslokal. Während eine „vorläufige Festnahme" smindestens nach Maßgabe des cit. Ges.'S v. 12. Febr. 1850] nur wegen Verdachts rc. einer strafbaren Handlung stattfinden darf, ist das Recht der „Zwangsgestellung" ein Ausfluß der den Behörden allgemein (Pr. Reg.-Jnstr. v. 23. Okt. 1817 § 11) oder in beschränktem Umsange (vgl. z. B. RStPO. § 50) beigelegier Exekutivgewalt; unter welchen Voraussetzungen die ZwangSgestellung in Preußen zulässig ist, bildet keinen Gegenstand deS cit. Ges.'s v. 12. Febr. 1850, doch muß sie unter Beobachtung der in letzterem vorgeschriebenen Formen ausgesührt werden; so: ZRII. 23. März 80 (RdR. I, 502); vgl. n. 6. — Die Fassung: „Ergreifung und Festnahme oder ZwangSgestellung" ergiebt, daß ein durchaus momentanes Anhalten nicht genügt, daß vielmehr der Maßnahme ein gewisser dauernder Charakter beiwohnen muß, ver möge desien sie sich als Freiheitsberaubung charakterisirt. Diese Dauer braucht aber, wie die Worte „oder Zwangsgestellung" beweisen, keineswegs eine lange zu sein; eS reicht aus, wenn ein Zwang in Betrefi der freien Wahl des Aufenthaltsorts stattgefunden hat. Vgl. § 239 n. 2. 3. 3. Jede amtliche Freiheitsberaubung, welche sich nicht in der (n. 2) angegebenen Weise als eine nur vorläufig bewirkte kennzeichnet, ist eine „Verhaftung" im Sinne dieses §. Eine anfänglich als „vorläufige Ergreifung rc." qualifizirte Maß nahme nimmt den Charakter der „Verhaftung" an, wenn die vorbehaltene Nach prüfung durch den zuständigen höheren Beamten nicht sofort in der gesetzlich vorge schriebenen Art veranlaßt wird. — Auch die unbefugte Einsperrung in ein Kranken oder Irrenhaus gehört hierher; contra: Puch. n. 2. 4. Stellt sich die „ungesetzliche Verhaftung" als eine Strafvollstreckung dar, d. h. ist sie von einem zur Mitwirkung bei der Vollstreckung der rechtskräftig verhängten Strafen berufenen Beamten als solche ins Werk gesetzt, so trifft diesen die Strafe des § 345; vgl. die Bemerkungen zu dem letzteren. 5. Ueber den Sinn der Worte: „vornehmen läßt" vgl. § 340 n. 5. 6. Wesentliche Bedingung der Strafbarkeit ist, daß der Beamte zur Verhaf tung rc. „nicht berechtigt", daß diese also, „widerrechtlich" (§ 239) gewesen sei. Das ist sie auch dann, wenn sie durch einen an sich zu Haftnahmen qnalifizirten Beamten vorgenommen wird, sobald die vom Gesetz gemachten Voraussetzungen nicht vorliegen, also in allen Fällen, wo die Freiheitsberaubung in Ueberschreitung einer
Oppenhoff, D. Strafgesetzbuch.
8. Ausg.
48
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Thl. II. Abschn. XXVIII.
Verbrechen u. Vergehen im Amte. — §§ 341. 342.
§ 342. Ein Beamter, der in Ausübung oder in Ver anlassung der Ausübung seines Amtes einen Hausfriedensbruch (§ 123) begeht, wird mit Gefängniß bis zu Einem Jahre oder mit Geldstrafe bis zu neunhundert Mark bestraft. [I. @nttt>.: § 322; II. Enlw.: (fehlte); Pr. StGB.: § 318.] Vgl. §§ 123. 359; VZollges. v. 1. Juli 1869 § 126; RStPO. §§ 102 ff.; RCPO. § 678. Preußen: Vgl. Ges. v. 12. Febr. 1850 §§7-12; Pr. NSlPO. § 93 ff. vorhandenen Amtsgewalt erfolgt: DI. 17. Jan. 59, ZI. 17. Mai 76 (GA. VII, 355; RdO. XVII, 356), Manh. 29. Febr. 72 (StZ. I, 310). — Mit Rücksicht aus die „die persönliche Freiheit gewährleistenden" BerfassungSvorschriften (vgl. Pr. Versass, v. 31. Jan. 1850 Art. 5) ist eine Freiheitsberaubung nur insoweit statthaft, als sie vom Gesetze ausdrücklich zugelassen wird. In Betreff der Befugniß der Pr. Ver waltungsbehörden, „die durch ihre gesetzlichen Befugniffe gerechtfertigten Anordnungen durch Anwendung der gesetzlichen Zwangsmittel (geeigneten Falles durch Hastnahme) durchzusetzen", vgl. Vdn. v. 26. Dez. 1808 § 48; Reg-Jnstr. v. 23. Oft. 1817 § 11; AKO. v. 31. Dez. 1825; Vdn. v. 2. Ian. 1849 § 38; Pol.-Ges. v. 11. März 1850 § 20; Ddn. (f. d. neuen Prov.) v. 20. Sept. 1867 § 18; KreiS-Ordn. f. d. sechs östl. Prov. v. 13. Dez. 1872 8 79 und für die Folge Ges. über die Organis. der allg. LandeSverwalt., v. 26. Juli 1880 § 68. Ob, was insbesondere die Anordnung der Zwangsgestellung betrifft, hierzu auch die Ortspolizeibehörden befugt seien, unterlag mindestens früherhin erheblichen Zweifeln; inzwischen sprachen sich ZI. 25 März 70, 15. April 74 (RdO. XI, 198; XVI, 227) bejahend aus; vgl. auch ZRII. 23. März 80 (cit. n. 2). Einem bloßen Vollstreckungsbeamten (z. B. einem Gendarmen) steht jeder falls eine derartige Befugniß (aus eignem Rechte) nicht zu: VII. 4. Ian. 72 (RdO. XIII, 4); vgl. § 113 n. 11. 7. Der DoluS besteht hier, abgesehen von der Vorsätzlichkeit der Handlung selbst, in dem Bewußtsein der (im konkreten Falle) fehlenden Berechtigung; der Mangel dieses Bewußtseins hat selbst dann, wenn derselbe auf einem Rechtsirrthum beruhte, Straflosigkeit zur Folge: Manh. 29. Febr. 72 (StZ. I, 310); vgl. Thl. I. Abschn. 4 (s. 126) n. 7; § 239 n. 9. Eine fahrlässige Freiheitsberaubung ist nur diSctpllnarisch zu ahnden; ein im entgegengesetzten Sinue gestelltes Amendement ward im Reichstage abgelehnt: Stenogr. Ber. f. 754; eine Ausnahme greift im Falle des § 345 Abf. 2 Platz. 8. DaS Mindestmaß der ans § 239 — nach den dort gemachten Unterscheidüngen — zu bemessenden Strafe ist selbst dann, wenn mildernde Umstände vor handen stnd, drei Monate. — Reben der Gefängnißstiase kann fakultativ aus den zeitlichen „Verlust der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter" erkannt werden: 8 358; vgl. §§ 35. 31 Abs. 2. 9. Vgl. im Uebrigen die Bemerkungen zu §§ 239. 35.
§ 342. 1. Begriff des „Beamten", vgl. § 359. Die Strafandrohung bezieht sich auf alle Arten von Beamten, nicht blos auf solche, welche unter gewissen Voraus setzungen befugt sind, in Privatwohnungen einzudringen. 2. „Ausübung (Veranlassung der Ausübung) des Amtes", vgl. § 130a. d. 3. 4. 3 Begriff des „Hausfriedensbruchs", vgl. § 123 und die Bemerkungen zu diesem. Die dort erheischte „Widerrechtlichkeit" liegt auch dann vor, wenn ein Beamter in Ueberschreitung einer ihm im Allgemeinen zustehenden Befugniß handelt. Diese Befugniß richtet sich nach den zutreffenden Reichs- oder Landesgefetzen; vgl. Pr. Ges. v 12. Febr. 1850 §8 7ff, RStPO. §8 102ff., RCPO. § 678; (für Zollbeamte) VZollges. v. 1. Juli 1869 § 126; (in Angelegenheiten der GesundheitSpolizei) RGef. v. 14. Mai 1879 §8 2. 3. Gemäß § 11 deS Pr. Gef.'S v. 12. Febr. 1850 steht dieselbe auch den Gemeindevorstehern (Ortsfchnlzen) zu: OVG. 6. Rov. 78, 6. März 80 putsch, de ff.'IV, 121; VMbl. 80 f. 171); dies ist für die östlichen Provinzen nicht etwa dutch die KreiSordn. v. 13. Dez. 1872 geändert worden: Jnn.-MBf. v. 19. Okt. 75 (VMbl. f. 281); dagegen sind untergeordnete Organe
Thl. II. Abschn. XXVIII.
Verbrechen n. Vergehen im Amte. — §§ 342. 343.
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§ 343. Ein Beamter, welcher in einer Untersuchung Zwangsmittel anwendet oder anwenden läßt, um Geständnisse der Polizeibehörden (z. B. Gendarmen oder Polizeisergeanten) nach dem eit. § 11 zur selbstständigen Bornahme einer Haussuchung nicht befugt; vgl. § 113 n. 11. Als solche ist auch die Durchsuchung einer Wohnung zum Zwecke der aufgetragenen Verhaftung einer angeblich dort befindlichen Person zu erachten: ZI. 30. März 76 (RdO. XVII, 232; das Erk. legte Gewicht darauf, daß der Angeklagte nicht in un mittelbarer Verfolgung einer bestimmten Person dieser in die Wohnung gefolgt sei, sondern den Eintritt erzwungen habe, um sich von der Anwesenheit jener zu über zeugen: eit. Ges. v. 12. Febr. 1850 § 10). Vgl. jetzt RStPO. § 103. 105. — Der Vorgesetzte eines Beamten darf selbst gegen den ausgesprochenen Willen des letzteren in dessen Wohnung dringen, um eine amtliche Mittheilung zu machen: VII. 28. Mai 63 (RdO. IV, 437). — Ans daS Ersuchen einer dritten, in einer fremden Wohnung sich mit Genehmigung des Inhabers derselben anfhaltenden Person kann der zur Aufnahme eines Testaments berufene Richter re. sich auch gegen den Willen jenes Inhaber- in die Wohnung begeben: ZI. 25. Sept. 72 (RdO. XIII, 472). — Das Eindringen bei Nachtzeit (zum Zwecke einer Haussuchung, Zwangsvollstreckung re.) ist regelmäßig verboten; vgl. RStPO. § 104, REPO. § 681, Pr. Ges. v. 12. Febr. 1850 §§ 8ff. Die im § 9 ib. u. A. für den Fall „eines aus dem Innern der Wohnung hervorgegangenen Ansuchens" gemachte Ausnahme trifft zu, so oft Je mand, der sich im Innern der Wohnung befand fmithin nicht etwa blos der Haus herr), daö Hülfegesnch, gleichviel durch welches Mittel, nach Außen gelangen läßt, mithin auch da, wo Jemand, um sich in der Wohnung den nöthigen Rechtsschutz zu verschaffen, die Hülfe selbst herbeiholt, sei es daß er jene Wohnung zu dem Behufe freiwtllig verlassen hat, sei cs daß er hierzu eben durch die das Hülfegesuch mott* virende, rechtswidrige Handlung gezwungen worden ist: ARH. 3. Febr. 80 (RdR. I, 312). 4. Durch die Berabsäumung einer unwesentlichen Formvorschrift wird ein an sich berechtigtes Eindringen nicht ztim unberechtigten. 5. Ist der Beamte zu einem amtlichen Zwecke und somit berechtigter Weise in eine fremde Wohnung re. eingetreten, so kann sein Verweilen daselbst zn einem unbefugten („ohne Befugniß": § 123) werden, wenn seine Amtshandlung be endigt ist, oder wenn er vor deren Beendigung zu einer nichtamtlichen Thätig keit übergeht: Z. 21. Sept. 72, ZI. 20. Nov. 72 (RdO. XIII, 470. 611); vgl. § 123 n. 13. 6. Rücksichtlich des Dolus vgl. § 123 n. 19; eine fahrlässige Überschreitung der AmtSbefugniß genügt nicht: v. Kirchm. s. 203. Doch schließt die irrige An nahme der Berechtigung zum Eindringen rc. den Doluö nur dann auS, wenn diese Berechtigung auS besonderen als thatsächlich vorhanden angenommenen Gründen hergeleitet wurde, nicht aber, wenn der Irrthum die Existenz oder den Sinn deS Gesetzes betraf; so: ZI. 30. März 76 (eit. n. 3); vgl. Abschn. IV ((. 126) n. 7; § 113 n. 11; § 341 n. 7. 7. Die Strafverfolgung ist nicht durch einen Antrag des Verletzten bedingt; vgl. § 123 Abs. 2.
8. Die Strafandrohung des § 123 bleibt hier außer Anwendung; auch dann, wenn die Handlung von mehreren Beamten gemeinschaftlich oder von einem be waffneten Beamten verübt wurde (§ 123 Abs. 3), kann (fakultativ) auf Geldstrafe erkannt werden; vgl. § 73 n. 6; ebenso- Schw. n. 4; contra: Olsh. I, 469 (§342 sei nur dem Abs. 1, nicht auch dem Abs. 3 des § 123 gegenüber ein spezielleres Gesetz).
§ 343. 1. Der § gilt für alle Beamten (§ 359), welche in einem Untersuchungs verfahren thätig sind; er ist nicht auf solche beschränkt, welche die Untersuchung leiten, sondern erstreckt sich auch auf Unter- oder Gefängnißbeamte, sobald ihre amtliche Thätigkeit in einem solchen Verfahren wirksam wird; vgl. die abweichende Faffuug de« § 346. 2. „Untersuchung" ist hier jedes amtliche Verfahren, welches dahin abzielt,
756 Thl. II. Abschn. XXVIII. Verbrechen u. Vergehen im Amte. — §6 343. 344.
oder Aussagen zu erpressen, Jahren bestraft.
wird mit Zuchthaus bis zu fünf
II. Enlw.: § 323; II Entw.: § 329; Pr. StGB.: § 319.) Vgl. §§ 339. 240 359. 31. 32; RSiPO. § 136; RGBG. § 73 Nr. 2. Preußen: Vgl. Crim..Ordn. §§ 285 — 297. 311; Vdn. v. 3. Jan. 1849 § 18; NSlPO. §§ 155. 158.
§ 34U. Ein Beamter, welcher vorsätzlich zum Nach theile einer Person, deren Unschuld ihm bekannt ist, die Er öffnung oder Fortsetzung einer Untersuchung beantragt oder be schließt, wird mit Zuchthaus bestraft. [I. Enlw.: § 324; II. Eniw.: §340; Pr.StGB.: § 320.)
Vgl. §§ 164. 31. 32. 359.
wegen einer als begangen unterstellten Handlung die gesetzliche Ahndung herbeizu führen. Jener Ausdruck ist daher nicht auf gerichtliche Untersuchungen zu be schränken, umfaßt vielmehr auch administrative und Disziplinar-Untersuchungen. 3. „Erpressen" ist hier nicht im technischen Sinne des § 254 gebraucht, be zeichnet vielmehr die Nöthigung zur Abgabe eines GeständnisteS oder einer (bestimm ten) Aussage durch irgend ein Zwangsmittel, ohne in Betreff der Natur dieses Zwangsmittels zu unterscheiden (der Beamte soll überhaupt nicht zu einer Aussage zwingen). Es gehören daher auch solche Maßnahmen hierher, welche dem Beamten zu anderen Zwecken gestattet sein können, z. B. eine strengere Behandlung des Ver hafteten im Arrestlokale; ebenso genügen psychische Einwirkungen z. B. Drohungen, wenn sie so geartet sind, daß sie auf den Bedrohten und die Freiheit seiner Ent schließung eine Wirkung ausüben können, — nicht aber Versprechungen oder in Aussicht gestellte Vortherle. 4. Der § bezieht sich nicht blos aus die Erpressung von Geständnissen des Angeichuldigten, sondern überhaupt auf die Erpressung von „Aussagen" eines Vernommenen, z. B. eines Zeugen oder Sachverständigen: Beschl. I. 18. Ott. 54 (GA. II, 838). 5. Dagegen verbietet der § nur die (widerrechtliche) Erpressung bestimmter vom Beamten bezweckter und dem Vernommenen unlergelegter Aussagen, nicht die Anwendung der gesetzlichen Zwangsmittel, um einen Zeugen zum Erscheinen, sowie dazu anzuhalten, daß er sich überhaupt in Gemäßheit der bestehenden gesetzlichen Vorschriften vernehmen lasse und auf die vorgelegten Fragen Rede stehe und Ant wort gebe: Bei'chl. I. 18. Okt. 54 (eit. n. 4). In letzterer Hinsicht galten früher die §$ 312. 337 der Pr. Crim.-Ordn. und gilt jetzt RStPO. §69; vgl. auch REPO. § 355, RGes. v. 27. Juli 1877 § 19. 6. Zuständigkeit der Strafkammern: RGVG. §73 Nr. 2.
§344. 1. Begriff einer „Untersuchung" vgl. § 343 n. 2. Dem entsprechend sind auch unter „Beamten" alle solche zu verstehen, welche in einer der gedachten Un tersuchungen antragend oder beschließend thätig sein können. 2. £te Worte „Eröffnung oder Fortsetzung einer Untersuchung" sind nicht im technischen Sinne der verschiedenen Strafprozeßgesetze (vgl. z. B. Pr. Vdn. v. 3. Ian. 1849 §§ 11. 39. 48) aufzufaffen; vielmehr ist darunter die Einleitung des Untersuchungsverfahrens (n. 1) Seitens der dafür zuständigen Behörde zu ver stehen; insbesondere also auch die Einleitung einer Voruntersuchung, nicht aber die eines die eigentliche Untersuchung nur vorbereitenden polizeilichen oder SkrutinialVerfahrenS. 3. Wesentlich ist, daß die Untersuchung „zum Nachtheile" eines Unschul digen, also in der Absicht, ihn dadurch irgendwie zu benachtheiligen (z. B. ihn zu beunruhigen rc.) beantragt sei; somit scheiden solche Fälle an8, wo eine Untersuchung gegen einen Unschuldigen in seinem eigenen Interesse herbeigeführt wird, z. B. um seine Unschuld zur Herstellung seines Rufes ins Klare zu stellen, oder um die Ver folgung eines Anderen wegen falscher Anschuldigung oder Verleumdung (§§ 164 Abs. 2. 191) zu begründen.
Thl. n.
Abschn. XXVIII..
Verbrechen u. Vergehen im Amte. — § 345.
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§ 3^5. . Gleiche Strafe trifft den Beamten, welcher vorsätzlich eine Strafe vollstrecken läßt, von der er weiß, daß sie überhaupt nicht oder nicht der Art oder dem Maße nach vollstreckt werden darf. Ist die Handlung aus Fahrlässigkeit begangen, so tritt Gefängnißstrafe oder Festungshaft bis zu Einem Jahre oder Geldstrafe bis zu neunhundert Mark ein. [I. Entw.: § 324; II. Enlw.: § 341; Pr. StGB.; § 320 Abs. 2. 3.] Bgl. §§ 341. 246. 31. 32. 35. 359; RSlPO. S 481. Preußen: Vgl. Crim.-Ordn. §§ 312. 534 ff.; Vdn. v. 3. Jan. 1849 §§ 158. 159; RSlPO. § 428 ff.
4. Um eine Person als unschuldig anzusehen, genügt es, wenn sie sich der Mißthat, wegen welcher sie verfolgt wird, nicht schuldig gemacht hat, sollte sie auch ein anderes Verschulden treffen. 5. Der § bleibt selbstverständlich da ausgeschlossen, wo ein Beamter nach den bestehenden Prozeßgesetzen einem eingeleiteten Verfahren Fortgang geben muß, selbst wenn er sich inzwischen von der Schuldlosigkeit des Verfolgten überzeugt hat.
§ 345. 1. Die Vorschrift dieses § richtet sich gegen jeden „Beamten" (§ 359), ist also nicht auf den zur Strafvollstreckung zuständigen zu beschränken; zu einer Straf vollstreckung wirken regelmäßig mehrere Beamte mit (§ 346), welchen deshalb nicht immer eine besondere Zuständigkeit für den konkreten Fall beizuwohnen braucht: StaatSanwalte, Richter, Sekretäre, Gefängniß», Kaffen-, Polizei-Beamte rc.; contra: v. Kirchm. s. 204. Hiernach genügt es, wenn der Beamte bei der Strafvollstreckung irgend eine in den Kreis feines Amtsberufs fallende Thätigkeit zu entwickeln hatte, und wenn er durch dieselbe den im § vorausgesetzten Erfolg herbeiführt; vgl. die Fassung des § 341; § 346 n. 1. 2. 2. Ein Beamter „läßt eine Strafe vollstrecken", wenn er es durch eine Berufshandlung herbeiführt, daß ein Strafübel als solches zugefügt wird; sonach gehört auch der Fall hierher, wo der Beamte die Handlung selbst vornimmt, z. B. wenn der Vorsteher eines Gefängnisses selbst die Einschließung bewirkt; vgl. Münch. 21. Juni 80 (BEntsch. NF. I, 134: ein Gefängnißwärter hatte einen Verurteilten um 1 V2 Stunden zu spät aus der Strafhaft entlassen); contra: MeveS i. HH. III, 987. Dagegen fällt das „Nichlhindern" nicht unter dieses Strasverbot; contra: Puch. s. 334; vgl. § 340 n. 5. 3. Hiernach (n. 1. 2) ist auch derjenige Beamte aus § 345 zu bestrafen, wel cher durch eine Berufsausübung bei dem zur Strafvollstreckung zunächst berufenen Be amten eine Täuschung hervorbringt und ihn dadurch veranlaßt, in gutem Glauben zu einer unrichtigen Vollstreckung übermgehen: ZI. 7. Jan. 68 (RdO. IX, 28); z. B. wenn ein Sekretär (vorsätzlich oder fahrlässig) einen unrichtigen Urtheilsauszug abliefert und es dadurch herbeiführt, daß die Staatsanwaltschaft eine nicht verhängte Strafe vollstreckt; contra: v. Kirchm. s. 204, MeveS i. HH. III, 987. Außerdem kann die gedachte Handlung in Idealkonkurrenz unter § 348 fallen. 4. Der § bezieht sich auf alle Arten von Strafen, mögen sie im gericht lichen, im Verwaltung-- oder im Disciplinarverfahren verhängt oder als solche (un richtig) qualificirt sein: ZI. 7. Jan. 68 (RdO. IX, 28). Es gehören sonach auch ein Verweis (§ 57 Nr. 4), sowie die s. g. Ordnung«- und die (in den Landesgesetzen im Allgemeinen für statthaft erklärten) Exekutiv strafen hierher, d. h. solche, durch welche Jemand zu irgend einem Thun rc. angehalten werden soll (vgl. § 341 n. 6); contra: Meyer s. 275; nicht aber die an den Verletzten zu erlegende „Buße" (§ 188. 231): sie nimmt für die Vollstreckung ausschließlich den Charakter einer Civilfchuld an. 5. So lange eine Strafe nicht „rechtskräftig" verhängt ist, darf sie (von ausdrücklich gemachten Ausnahmen abgesehen) „überhaupt nicht" vollstreckt werden. Vgl. RStPO. 8 481.
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Thl. II. Abschn. XXVIII.
Verbrechen u. Vergehen im Amte. — §§ 345. 346
§ 3L6 Ein Beamter, welcher vermöge seines Amtes bei Ausübung der Strafgewalt oder bei Vollstreckung der Strafe mitzuwirken hat, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft, wenn er in der Absicht, Jemand der gesetz lichen Strafe rechtswidrig zu entziehen, die Verfolgung einer strafbaren Handlung unterläßt, oder eine Handlung begeht, welche geeignet ist, eine Freisprechung oder eine dem Gesetze nicht entsprechende Bestrafung zu bewirken, oder die Voll streckung der ausgesprochenen Strafe nicht betreibt, oder eine gelindere als die erkannte Strafe zur Vollstreckung bringt. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängniß strafe nicht unter Einem Monat ein. [I. @ntro.: § 325; II. Entw.: § 342; Pr. StGB.: § 321.] Vgl. §§ 326. 357. 31. 32. 35. 359; Mil.-SlGB.: §§ 118. 119; RGVG. § 73 Nr. 2. 6. Daß die Strafe materiell ungerechtfertigt fei, wird nicht erfordert, sondern daß deren Vollstreckung unstatthaft sei; daher macht der Umstand, daß eiue Strafe, welche von einer mit keinerlei Strafgewalt bekleideten Person ver hängt und nm deswillen nicht vollstreckbar ist, auch dann verhängt sein würde, wenn der zuständige Beamte eingeschritten wäre, nicht straflos: VII. 26. Juni 79 (GA. 27 s. 549: der Angeklagte hatte die ihm als Polizeiverwalter nach dem Pr. Ges. v. 14. Mai 1852 zustehende Straffestsetzung und Vollstreckung einem Sekretair überlassen). Vgl. ZRIII. 13. Okt. 80 (RdR. II, 329). 7. Begriff der „Fahrlässigkeit", vgl. § 59 n. 19ff. Liegt solche vor, so kommt eS nicht darauf an, ob der Beamte „weiß" (Abs. 1), daß die Strafe nicht vollstreckt werden darf: ZRIII. 13. Okt. 80 (eit. n. 6), VII. 19. Febr. 74 (RdO- XV, 93); contra: Bind. II, 493 (Abs. 2 habe das Nichtwissen zur nothwendigen Vor aussetzung). Die Fahrlässigkeit kann darin gefunden werden, daß der Beamte versäumt hat, sich mit den gesetzlichen Bestimmungen, aus welchen die Ungesetzlichkeit der Straf. Vollstreckung hervorging, bekannt zu machen: ZI. 4. Febr. 76 (RdO. XVII, 87). 8. Der § wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß die Vollstreckung auf Grund eines formell ergangenen verurtheilenden Erkenntnisses erfolgte, insofern eines solchen ungeachtet jene Vollstreckung nicht erfolgen durfte; war die Entscheidung von dem selben Beamten auSgegangen, so kann das Vergehen des § 345 realiter mit dem des § 336 oder 344 Zusammentreffen; contra: Thon i. GSaal 25 s. 109.
§346. 1. „Bei Ausübung der Strafgewalt (des Staates) wirken alle Beamten mit", welche dazu berufen sind, durch eine Amtsthätigkeit darauf hinzuwirken, daß die bei einer Mißthat Belheiligten verfolgt und bestraft werden, also auch diejenigen (selbst mittelbare Staatsbeamte), denen eS obliegt, vorgekommene Straffälle re. zur Anzeige zu bringen; vgl. WGbl. VIII, 62; contra.- Meves i. HH. III. 983. Aehnlich verhält eö sich in Betreff der Mitwirkung zur Strafvollstreckung; vgl. § 345 n. 1 ff. Hierzu sind namentlich auch jetzt noch (trotz § 19 der GerichtSvollz.-Ordn. v. 14. Juli 1879 und § 8 der Dienstordn. s. d. GerichtSdiener v. 21. Okt. 1879), auf gerichtliche Requisition, die Polizeibehörden berufen: Pr. MVf. v. 24. April 1880 (BMbl. s. 136). Dagegen ist nach der Pr. Kreisordn. v. 13. Dez. 1872 der OrtSvorsteher, bei mangelndem Auftrage des Amtsvorstehers, kein zur Mitwirkung bei einer Strafvollstreckung berufener Beamter, selbst im Falle einer von zuständiger Seite deshalb an ihn gerichteten Requisition; so: ZI. 22. Jan. 79 (RdO. XX, 43: eS handelte sich i. c. um die falsche Bescheinigung einer Strafverbüßung). 2. Nach der verschiedenen Art der „Mitwirkung", zu welcher die Beamten je nach ihrer Stellung berufen sind, gestaltet sich auch ihre Thätigkeit bei Verübung dieses Verbrechens verschieden; demgemäß sind die Worte „die Der so lgung unter-
Thl. II. Abschn. XXVIII. Verbrechen u> Vergehen im Amte. - §§ 346. 347.
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§ 3£7. Ein Beamter, welcher einen Gefangenen, dessen Beaufsichtigung, Begleitung oder Bewachung ihm anvertraut ist, vorsätzlich entweichen läßt oder dessen Befreiung vorsätzlich bewirkt oder befördert, wird mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Ge fängnißstrafe nicht unter Einem Monat ein. Ist die Entweichung durch Fahrlässigkeit befördert oder erleichtert worden, so tritt Gefängnißstrafe bis zu sechs Mo naten oder Geldstrafe bis zu sechshundert Mark ein. [I. Entw.: § 326; II. Entw.: § 343; Pr. StGB.: § 322.] Vgl. §§ 120. 121. 31. 32. 35. 359; Mil.-StGB- § 144; RGVG. §§ 73. 75 Nr. 14.
läßt" auf dasjenige amtliche Einschreiten zu beziehen, zu welchem der Einzelne (z. B. der Richter) berufen ist. Namentlich beschränkt sich der Ausdruck „Verfolgung" nicht auf die Strafverfolgung vor Gericht, er umfaßt vielmehr auch die die Strafverfol gung vorbereitenden Amtshandlungen der Polizeibehörden: DI. 22. Mai 78 (RdO. XIX, 273). 3. Zu den „strafbaren H andlungen" gehören hier auch die im Disciplinar verfahren zu ahndenden Dienstvergehen; contra: Riid. n, 1. Dagegen scheidet hier die Exekutivstrafgewalt aus. 4. Auch durch ein zeitweiliges „Nichtverfolgen oder Nichtbetreiben der Voll streckung" kann die Strafe verwirkt werden. 5. „Handlung, welche geeignet ist rc." umfaßt auch Unterlassungen; z. B. die Nichtvorladung von Belastungszeugen. 6 Eine „dem Gesetze nicht entsprechende Strafe" ist hier eine solche, welche derjenigen nicht entspricht, mit welcher die Mißthat bei objektiver Beurtheilung zu ahnden gewesen wäre. 7. Im Falle des Abs. 2 kann neben der drei Monate erreichenden Gefängniß, strafe auf den Verlust der rc. Ehrenrechte oder auf Unfähigkeit zur Beklei dung öffentlicher Aemter für die Dauer von 1—5 Jahren erkannt werden: § 32. 35. 8. Zuständigkeit der Strafkammern: RGVG. § 73 Nr. 2.
§ 347. 1. Trotz der etwas abweichenden Fassung wird hier derselbe Thatbestand er heischt, wie im § 121; als erschwerender Umstand tritt hinzu, daß die That durch einen Beamten verübt wurde, welchem die Beaufsichtigung rc. des Gefangenen (amtlich) anvertraut war. Ist dieses der Fall, so macht die Stellung des Be amten (ob die Beaufsichtigung rc. von Gefangenen zu seinem regelmäßigen Berufe gehört) keinen Unterschied: ZI. 18. April 73 (RdO. XIV, 289). 2. Die Beaufsichtigung rc. des Gefangenen ist dem Beamten „anvertraut", sobald derselbe amtlich (d. h. in Folge seiner amtlichen Stellung von Gesetzeswegen, oder durch einen höhern Befehl, Auftrag oder Anweisung) dazu berufen ist, die Be aufsichtigung re. zu bewirken. Es bedarf sonach keiner speziellen Uebergabe der Person des Gefangenen durch einen Dritten: der § trifft auch da zu, wo ein Be amter befugter Weise selbst zur Hastnahme geschritten und nun berufen ist, den Ver hafteten aufzubewahren oder abzuliefern: ZI. 27. Sept. 61 (GA. IX, 789); Puch, s. 335; ebenso findet derselbe auf Unterbeamte in größeren Haftanstalten Anwendung, obgleich eine Uebergabe der Person nicht an sie, sondern nur an den vorgesetzten Oberbeamten zu erfolgen pflegt, desgleichen auf solche Beamte, zu deren regelmäßigen Amtsgeschäften die Beaufsichtigung rc. der Gefangenen nicht gehört, sofern sie ihnen im konkreten Falle mit oblag: Münch. 22. Febr. 78 (BEntsch. VIII, 93). Dem gemäß verwirkt auch derjenige Beamte die Strafe, welcher, zur Uebernahme und Aufbewahrung eine« ihm zugeführten Gefangenen verpflichtet, diese mit Unrecht ab lehnt, und dadurch die Entweichung desselben erleichtert rc.; contra: Besckl. I. 3. Nov. 65 (RdO. VI, 436, welcher zwar nicht eine Uebergabe von Person zu Person, aber doch eine Uebernahme der Person des Gefangenen für unerläßlich erachtete);
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Thl. II. Abschn. XXVIII.
Verbrechen u. Vergehen im Amte. - §§ 347. 348.
§ 348. Ein Beamter, welcher, zur Aufnahme öffent licher Urkunden befugt, innerhalb seiner Zuständigkeit Vorsatzvgl. Antr. d. GStAnw.'S 1. c. — Dagegen gehört der einen Verhafteten verneh mende Gerichtsbeamte nicht hierher. 3. Im Uebrigen sind hier die Bemerkungen zu § 121 zu vergleichen. 4. Beim Vorhandensein mildernder Umstände kann im Falle des Abf. 1 neben einer drei Monate erreichenden Gefängnißstrafe auf den Verlust der rc. Ehrenrechte oder auf die Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter (auf Zeit) erkannt werden: §§ 32. 35. 5. Ein Nichtbe amter, welcher an der That des Beamten sich betheiligt, kann nach dem Grundsätze des § 50 nur aus § 120, und wenn er auch selbst mit der Be aufsichtigung rc. beauftragt war, aus § 121 bestraft werden; vgl. § 50 n. 2. 3. 6. Ueber den Begriff der „Fahrlässigkeit" (Abs. 2) vgl. § 59 n. 19 ff. Eine solche kann aus Seiten eines GesängnißinspektorS in der Nichtbeachtung der Instruktion für den Gefangenentransport gesunden werden, wenngleich die Anord nung nnd Ausführung des Transports nicht zu seinen unmittelbaren Funktionen, sondern zu denen anderer Behörden und Beamten gehört: ZI. 7. Febr. 77 (RdO. XVIII, 97). — Hier ist nicht auf die Ehrenstrafen zu erkennen. 7. Zuständigkeit der Strafkammern in den Fällen des Abs. 1: RGBG. § 73 Nr. 2. In den Fällen des Abs. 2 ist die Ueberweisung an die Schöffengerichte ausgeschlossen: ib. § 75 Nr. 14.
§ 348. 1. Nur ein „Beamter" kann sich deS Vergehens schuldig machen: Abs. 2 trifft sonach nicht zu, wenn ein gewesener Beamter unter Annahme dieser früheren Eigen schaft eine falsche Beurkundung vornimmt und ihr ein in die Zeit seiner AmtSsührnng fallendes Datum giebt. In solchen Fällen finden nur die §§ 267. 268 Nr. 2. 271 oder 272 Anwendung. 2. Abs. 1 setzt einen „zur Aufnahme öffentlicher Urkunden befugten Be amten" voraus, d. h. einen solchen, welcher amtlich dazu berufen ist, in Betreff einer existent gewordenen (rechtlich erheblichen) Thatsache (oder auch in Betreff der Negative, daß eine Thatsache der fraglichen Art nicht stattgesunden habe) eine mit voller Be weiskraft ausgestattete Urkunde herzustellen; vgl. n. 5. ZRIII. 13. März 80 (RdO. I, 458) dürfte den Ausdruck „Aufnahme" einer Urkunde wohl zu enge begrenzen, wenn eS unter denselben, im Gegensatze zur „Ausstellung" einer Urkunde, welche im § 323 des Pr. StGB, alternativ neben der „Aufnahme rc." erwähnt war, nur denjenigen Akt versteht, durch welchen der Beamte eine von ihm selbst als solchem gemachte Wahrnehmung oder eine von ihm abgegebene Erklärung eines Anderen zum Zwecke des Beweises feststelle. Jedenfalls wird zum Begriff der „Aufnahme einer Urkunde" nicht nothwendig eine Verhandlung mit Parteien vorausgesetzt: VI. 31. Mai 76 (RdO. XVII, 396). — Auf den Charakter der Amtsstellung des Beamten kommt Nichts an; ebenso: ob er die Urkunde ihrem ganzen Umfange nach selbst ansertigt, oder ob er einer von Andern auSgegangenen Aufzeichnung durch seine Mitwirkung den amtlichen mit voller Beweiskraft ausgestatteten Charakter beilegt. 3. Dem Beamten (n. 2) muß die „Zuständigkeit" beiwohnen, für den Fra gefall die betr. Thatsache in der angegebenen Art zu beurkunden. — Das gilt tu Preußen von einem Provinzial-FeuerversicherungS-Beamten (Ortsbürgermeister rc.), wenn er den Betrag eines erlittenen Brandschadens durch eine Verhandlung seststellt: ZU. 26. Febr. 73 (RdO. XIV, 168). Im ehemaligen Herzogtum Nassau hat der Bürgermeister den Beruf, den VermögenSstaud eine- Konkursschuldners urkundlich festzustellen: Z. 9. Nov. 72 (RdO- XIII, 584); vgl. n. 5 a. E. Dagegen ist der Bürgermeister einer Bayer. Landgemeinde nicht berufen, zu beurkunden, daß die Armenrechnung der Gemeinde offen gelegen habe, daß sie öffentlich vorgelesen und daß keine Erinnerung eingekommen sei: Münch. 21. April 76 (BEntsch. Y1, 197); noch unter der Herrschaft der Pr. KreiSordy. v. 13. Dez. 1872 ein Ortsvorsteher, eine Strafvollstreckung zu beurkunden, falls ihm solche vom Amtsvorsteher nicht auf getragen war: ZI. 22. Ian. 79 (RdO- XX, 43); vgl. § 346 n. 1. — Beurkundungen in eigner Sache gehören nicht zur Zuständigkeit des Beamten: Stuttg. 29. Nov.
Thl. II. Abschn. XXVIII.
Verbrechen u. Vergehen im Amte. — § 348.
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lich eine rechtlich erhebliche Thatsache falsch beurkundet oder in öffentliche Register oder Bücher falsch einträgt, wird mit Ge fängniß nicht unter Einem Monat bestraft. 76 (WGbl. XII, 410). Die« erleidet jedoch Ausnahmen, z. B. wenn ein Post beamter einen ^den Namen des Absenders gar nicht enthaltenden, mithin zu Gunsten des Inhabers lautenden) PosteinliefernngSschein für sich selbst, bzw. zu seinem Vor theile ausstellt: Manh. 22. Mai 75 (BAnn. 41 s. 358); vgl. § 267 n. 93. 4. Die zu beurkundende Thatsache muß „rechtlich" d. h. sie muß für ein konkretes, als solches und seiner rechtlichen Natur nach erkennbares Recht oder Rechts verhältniß, insbesondere für den Beweis desselben, „erhebliche sein; vgl. § 271, § 267 v. 50 ff. und Münch. 12. Ian. 80 (BEntsch. NF. I, 87: hierher gehöre auch der Fall, wo die beurkundete Thatsache in öffentlich-rechtlicher Beziehung, insbesondere in Hinsicht aus Medizinalpolizei und Strafrechtspflege erheblich sei, wie z. B. die von einem Bayer. Leichenbeschauer bekundete Zeit und Zahl der von ihm vorgeuommenen Leichenbesichtigungen). Trifft dies zu, so ist es gleichgültig, ob die That sache für den Zweck der Urkunde wesentliche Bedeutung besitze; so: ZI. 11. Okt. 78 (RdO. XIX, 456: demgemäß gehöre hierher bei Personenstandsurkunden jede That sache, deren Konstatirung durch dieselben nöthig sei, und ebenso daS Datum einer späteren, nachträglichen Ergänzung). Noch weniger wird erfordert, daß die That sache besondere rechtliche Konsequenzen nach sich gezogen Habe, und in ihrem recht lichen Einflüsse auf ein bekundetes Rechtsgeschäft auch in die äußere Erscheinung getreten sei, eS genügt vielmehr, wenn durch sie auch nur die Möglichkeit eines solchen Einflusses gegeben war: Münch. 21. Dez. 77 (BEntsch. VII, 524; betraf den Fall, wo ein Notar in einem Hypothekenbestellungsakte als Mitbesteller eine Person aufgeführt hatte, welche gar nicht anwesend gewesen war und den Akt erst am folgenden Tage unterschrieb). — War die beurkundete Thatsache rechtlich uner heblich, oder wurde sie vom Angeschuldigten für unerheblich gehalten, so bleibt § 348 außer Anwendung: Münch. 8. Apr. u. 26. Mai 73 (StZ. II, 299; BEntsch. III, 154. 262). Die Urkunde über die (gesetzlich nicht vorgeschriebene) Zustellung eines gerichtlichen Befehls, eine Freiheitsstrafe binnen bestimmter Frist bei Vermeidung der Zwangseinlieferung anzutreten, betrifft wegen der in jenem Befehle enthaltenen Frist bewilligung eine rechtserhebliche Thatsache: Münch. 10. Okt. 74 (BEntsch. IV, 423). 5. Begriff der „Urkunde" überhaupt und einer „öffentlichen" insbeson dere, vgl. § 267 n. 43 ff. — Bei dem Abs. 1 kommen nur solche Urkunden in Be tracht, durch welche eine rc. Thatsache als geschehen oder nicht geschehen „beur kundet" oder „in ein öffentliches Register rc. eingetragen", d. h. durch welche ein mit amtlichem Glauben ausgestattetes Beweismittel für jene Thatsache geschaffen wird; vgl. § 271 n. 5. 6. 16. Im Uebrigen macht die Natur der Ur kunde keinen Unterschied: Mot. s. 148 (welche nur zu allgemein sprechen). Nicht minder ist eS gleichgültig, ob der Beamte eine von ihm selbst oder eine von einer dritten Person ausgegangene Thatsache beurkundet. — Demgemäß gehören hierher: der Zustellungsakt eines Gerichtsvollziehers: Münch. 1. Mai 72 (BEntsch. II, 130), z. B. wenn er darin wahrheitswidrig einen Requirenten anführt; contra; Münch. 7. Mai 72 (ib. II, 136), die Bescheinigung deS AuShangö eines Aufgebots (sollte darin auch ein unrichtiger AushangSort angegeben sein): 5311. 7. Dez. 76 (RdO. XVII, 798); die als Rechnungsbeleg dienende, von einem zuständigen Be amten ausgegangene Bescheinigung über die Richtigkeit einer Ausgabe, gelieferter Arbeiten rc.: ZRI. 11. Dez. 79 (RdR. I, 142), Münch. 18. Febr. 80 (BEntsch. NF. I, 99), die Bescheinigung eines bayer. Bürgermeisters über die Verlesung und Auflegung der dem Bezirksamts zur Revision eingesandten Gemeinderechnungen: Münch. 16. Mai 79 (BEntsch. IX, 281), der amtliche Vermerk aus einer Postan weisung über den geschehenen Eintrag im Annahmebuche, indem durch denselben die Einzahlung der angewiesenen Summe mittelbar bezeugt wird: Münch. 5. Sept. 79 (BEntsch. IX, 427), ferner alle zum Zwecke einer amtlichen Beaufsichtigung vorge schriebenen oder eingeführten, von einem zuständigen Beamten ausgehenden thatsäch lichen Bescheinigungen; z. B. Reisepässe, Legitimationsscheine, LeumundSzeugniffe u. dgl.: ZI. 24. Febr. 54, Manh. (Entsch. 27 s. 128; BAnn. 44 s. 205); —
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Thl. II. Abschu. XXVIII.
Verbrechen u. Vergehen im Amte. — § 348.
Dieselbe Strafe trifft einen Beamten, welcher eine ihm. amtlich anvertraute oder zugängliche Urkunde vorsätzlich ver nichtet, bei Seite schafft, beschädigt oder verfälscht. [I. @nlro.: §327; II. Emw.; §344; Pr. StGB.: § 323.] 267. 271. 272.274 Nr. 1.
Vgl. §§ 349.133. 351.
die mildere Bestimmung des § 363 kommt dem mit der Ausstellung solcher Urkun den betrauten Beamten nicht zu Gute: ZU. 9. Jan. 77 (RdO. XVIII, 17), — nicht aber die Bescheinigung eines Pr. Dorfschulzen, daß eine Person aus der Ge meinde verzogen, oder daß die Unterschrift unter einem LegitimationSscheiu echt sei (es fehlt ihm dazu die Zuständigkeit): Beschl. I. 5. Nov. 62, ZU. 6. Nov. 73 (RdO. III, 111; XIV, 688). 6. Dagegen scheiden für Abs. 1 solche Urkunden auS, welche uicht eine ander weitig stattgehabte Thatsache beweisen, sondern nur einen auS der Verfügungs gewalt des betr. Beamten fließenden Akt oder eine sonstige eigene Willenserklärung destelben zum Ausdrucke bringen (Beispp. siehe § 267 n. 65 — 71); ebenso: ZRI. 11. Dez. 79 (RdR. I, 142: speziell in Betreff einer amtlichen Zahlungsanweisung). DaS gilt namentlich da, wo der Beamte als Vertreter eines Andern, insbesondere als Vertreter einer juristischen Person (deS Staats, einer Gemeinde rc.) eine für diese rechtserhebliche Erklärung abgiebt, sollte auch nach den maßgebenden Civilgesetzen einer so ausgestellten Urkunde eine stärkere Beweiskraft beiwohnen, als einer entsprechenden von einer Privatperson ausgegangenen schriftlichen Erklärung. 7. Ebenso scheiden hier Berichte auS, welchen keine Beweiskraft beiwohnt. Ein solcher ist jedoch nicht der dem Oberamte erstattete Berichte eines Schultheißen über einen bei dem Gemeindepfleger vorgenommenen Kassensturz und den hierbei angeblich Vorgefundenen Kassenbestand sowie der gleichlautende Eintrag in daS Tage buch, eben weil hierin die Beurkundung einer für das Verhältniß des Gemeinde rechners zur Kaffe erheblichen Thatsache enthalten ist: Stuttg. 19. Jan. 76 (WGbl. XI, 331). Inwiefern dasselbe gelte von dem Berichte eines Exekutors über eine ihm aufgetragene Exekution, darüber vgl. § 267 n. 75. — Aehnlich, wie mit den Eingangs erwähnten Berichten, verhält es sich mit solchen Bescheinigungen, welche ein Beamter lediglich im eigenen Interesse, als reglementarischen Belag für eine aufgestellte Kostenliquidation (z. B. in Betreff einer Dienstreise) auöstellt; eine solche hat keine urkundliche Beweiskraft, enthält vielmehr nur eine amtliche Versicherung, welcher auf Grund reglementarischer Anordnung ein Glaube bei gemessen wird: BI. 8. Dez. 65 (RdO. VI, 532); vgl. n. 3. 8. Auch die „Register oder Bücher", in welche die rc. Thatsache „einge tragen" worden, müssen von einem „zur Aufnahme öffentlicher Urkunden befugten" Beamten geführt sein: ZRIII. 13. März 80 (RdR. I, 458). Außerdem muß ihnen selbst die Urkundenqualität, d. h. die authentische Beweiskraft für jene Thatsachen beiwohnen. Somit gehören solche Register nicht hierher, welche von einem Beamten nur für den inneren Dienst, z. B. zur Kontrolirung der eigenen Einnahmen und Ausgaben geführt werden (sie sind deshalb noch keine „Urkunden"; vgl. § 351 n. 8): ARII. 23. Dez. 79, ZRIII. 13. März-80 (RdR. I, 167. 458), ZI. 4. Dez. 61, Beschl. I. 26. März 62, 10. Jan. 72 (RdO. II, 115. 316; XIII, 24), DreSd. 4. Aug. 75 (StZ. VI, 49), Münch. 18. April 79 (BEntsch. IX, 226: betr. die Bücher der Gerichtsvollzieher); contra: ZI. 21. Febr. 72 (RdO. XIII, 159: rechnete das Erhebungs-Journal eines Steuerbeamten über die eingesührten schlacht- rc. steuerpflichtigen Gegenstände hierher). 9. Die Register rc. müssen „öffentliche" d. h. dem Dienste der Allgemein heit gewidmet sein, sei es, daß sie dazu bestimmt sind, jedem, der sich darauf be rufen möchte, als Beweismittel zu dienen (z. B. Personenstands- und WechselprotestRegister, vgl. § 267 n. 75a), sei eS, daß sie eine für das öffentliche (staatliche) Interesse rechtlich erhebliche Thatsache festftellen (Beisp.: daß der Besteuerung zum Grunde zu legende Notirbuch eines Steuerbeamten Über die Verwiegung der zur Zuckerbereitung bestimmten Rüben: ZU. 26. April 60, JMbl. s. 362; die Liste der GestellungSpfllchtigen, deren Führung auch einem Stadtsekretair amtlich übertragen
Thl. II. Abschn. XXVIII.
Verbrechen u. Vergehen im Amte. — § 348.
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sein kann: ZU. 9. Ian. 77, GA. 25 s. 149). Ebenso: ARII. 23. Dez. 79 (RdR. I, 167). 10. Für die Anwendbarkeit deö § ist es unwesentlich, ob die Beurkundung oder Eintragung von dem rc. Beamten unterschrieben sei, wenn hiervon ihre Beweiskraft nicht abhängt: ZU. 26. April 60 (IMbl. s. 362). 11. Eine Beurkundung (Eintragung) ist „falsch", wenn sie die konstatirte „Thatsache" in einem für ihre rechtliche Bedeutung erheblichen Punkte anders dar stellt, als sie wirklich stattgehabt hat; vgl. § 271 n. 11: dazu kann eine unrichtige Datir ung genügen, sollte sie auch nur zur Beeinträchtigung eines fiskalischen Rechts (z. B. znr Abwendung einer Stempelstrafe) erfolgt sein. Manh. 2. Mai 74 (BAnn. 40 s. 197) betrachtete als „falsche Eintragung" sogar die nachträgliche Herstellung und Unterzeichnung einer Personenstandsurkunde durch einen bei der Anmeldung nicht zugegen gewesenen Beamten, obgleich die durch die Urkunde zu beweisende That sache (Sterbefall) richtig angegeben war. Vgl. n. 4. Dagegen liegt kein Fall des § vor, wenn die Erklärung Jemandes zwar richtig beurkundet, aber unwahr ist, sollte auch der beurkundende Beamte selbst jene Person zu der unwahren Erklärung be stimmt haben: ZII 19. Juni 79 (RdO. XX, 305). 12. Als eine Falsch-Eintragung in ein öffentliches Register rc. ist die Unter lassung einer zu bewirkenden Eintragung anzusehen, sobald diese Unterlassung zur Folge hat, daß nun die geschehene Thatsache als nicht geschehen anzusehen und dem Register, im Ganzen betrachtet, in Betreff der dadurch zn beweisenden Thatsachen ein unrichtiger Inhalt gegeben ist: ZU. 26. April 60 (cit n. 9 : in Betr. eine« Rübensteuer - NotirbuchS), Z. 9. Nov. 72 (RdO. XIII, 584), v. Kirchm. s. 206; contra'. Meyer n. 6. 12a. Nach Pr. Strafverfahren brauchten in einer aus § 348 (oder § 349) an die Geschworenen zu stellende Frage die Begriffe „öffentliche Urkunde" und „beur kunden" Mangels eines darauf gerichteten Antrags nicht in ihre thatsächlichen Mo mente aufgelöst zu werden: ZII. 16. Dez. 75 (RdO. XVI, 804). Dagegen bedurfte es der ausdrücklichen Feststellung, daß „eine rechtlich erhebliche Thatsache" falsch beurkundet sei; es genügte nicht, wenn thatsächlich blos festgestellt wurde, daß die falsche Urkunde selbst rechtlich erheblich war; sogar die wörtliche Wiedergabe der letzteren in der Feststellung würde diesen Mangel nach Pr. Verfahren nicht gedeckt haben: VI. 10. Nov. 76 (RdO. XVII, 729). Letzteres gilt gegenwärtig allgemein; dagegen hat jetzt eine Umschreibung, bzw. Auflösung obiger Begriffe in jener Frage, auch wenn sie beantragt worden, zu unterbleiben; vgl. § 267 n. 37, ZRIII. 7. April 80 (RdR. I, 556). 12b. Die §§ 399 (Nr. 1). 402 (Nr. 1) der RStPO. und § 543 (Nr. 2) der REPO, kommen auch bei falschen Beurkundungen im Sinne der §§ 348. 349 zur Anwendung; vgl. § 267 n. 49. 13. Abs. 2 ist nicht, wie Abs. 1, auf gewisse Arten von Urkunden zu be schränken, bezieht sich vielmehr auf Urkunden aller Art, also auch auf Privaturkuuden: ZII. 24. Okt. 64 (RdO. V, 215), z. B. ein bei Gericht eingereichtes Zwangs vollstreckungsgesuch: ZI. 25. März 74 (RdO. XV, 185); nicht minder auf die ur kundlichen Eintragungen in Register und Bücher (Abs. 1); vgl. Mot. s. 148. Auch fordert Abs. 2 nicht, daß die Urkunde für den Beweis eines Rechts oder Rechtsver hältnisses erheblich sei (§ 267); es genügt vielmehr, wenn sie eine erhebliche That sache feststellt: ZRII. 23. Jan. 80, ARI. 8. Nov. 80 (RdR. I, 263; H, 474), Manh. (BAnn. 42 s. 141), cit. ZI. 25. März 74, noch daß sie zum Gebrauche nach Außen hin bestimmt sei, bezw. diese Bestimmung schon bei ihrer Abfassung gehabt habe: ZI. 20. Okt. 75 (RdO. XVI, 667). Selbst solche Schriften, welche direct an den Beamten gerichtet und für ihn bestimmt sind, sowie Konzepte, die sich von Hause aus in seinen Händen befinden, sind nicht grundsätzlich ausgeschlossen (vgl. n. 14); daher kann auch die dienstliche Correspondenz eines Beamten mit seiner vorgesetzten Dienstbehörde, welche nicht lediglich den innern Dienst betrifft, als Urkunde im Sinne des Abs. 2 angesehen werden, sofern sie Überhaupt dazu geeignet ist, als Beweisstück zu dienen: cit. ZI. 20. Okt. 75. — Schüler- (Prüfungs.) Arbeiten sind keine Ur kunden; so: Stuttg. 22. Dez. 75 (WGbl. XI, 326), wohl aber SchulvisitationSprotokolle: cit. ZRII. 23. Jan. 80. 14. „Amtlich anvertraut" ist eine Urkunde, sobald sie amtlich in den
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Thl. II. Abschn. XXVIII.
Verbrechen u. Vergehen im Amte. — §§ 348. 349.
§ 3^9. Wird eine der im § 348 bezeichneten Hand lungen in der Absicht begangen, sich oder einem Anderen einen Gewahrsam des Beamten gelangt ist; daß dieses in Folge eines besonderen in ihn gesetzten Vertrauens geschehen sei, ist nicht erforderlich; vgl. § 133, § 300 n. 3. Auch die von dem Beamten selbst aufgenommenen und in seinem Gewahrsam verbliebenen Urkunden (z. B. die im Besitz eines Notars verbliebenen Urschriften, die im Ge wahrsam eines Gerichtsbeamten befindlichen Originalurtheile rc.), find ihm „amtlich anvertraut"; vgl. n. 13. 15. 15. Eine Urkunde ist dem Beamten „amtlich zugänglich", sobald ihm seine amtliche Stellung oder seine amtliche Thätigkeit die Möglichkeit gewährt, zur Ur kunde zu gelangen. „Anvertraut" und „zugänglich" schließen sich nicht nothwendig auS; Beides kann Zusammentreffen: ZI. 20. Okt. 75 (RdO. XVI, 667). 16. In Betreff des vorsätzlichen „Vernichtens, Bei-Seite-Schaffens, oder Beschädigens" vgl. § 133 (n. 7). Wie dort, so braucht auch hier die Bei seiteschaffung nicht als eine dauernde beabsichtigt zu sein; eS genügt vielmehr, wenn die Urkunde durch ihre Entfernung von dem seitherigen Aufbewahrungsorte der Dis position des Berechtigten nur vorübergehend entzogen worden ist; so: ARI. 8. Nov. 80 (RdR. II, 474). Es braucht ferner, damit ein Verstecken ein „Beiseiteschaffen" darstelle, die Urkunde nicht auS dem Amtslokale, in welchem sie aufbewahrt wird, entfernt zu seiu: DreSd. 13. März 76, ZI. 21. Nov. 77 (StZ. VI, 219; RdO. XVIII, 725). § 276 Nr. 1 nennt neben dem „Vernichten und Beschädigen" statt des „Beiseileschaffens" daS „Unterdrücken". Vgl. jedoch dort n. 9. 10 und rückstchtlich des „Verfälschens" § 267 n. 9ff. — Bei diesen Handlungen wird die Wi derrechtlichkeit als selbstverständlich vorausgesetzt. Daß durch dieselben Jemandem ein Nachtheil zugefügt sei, ist keine Bedingung für die Anwendbarkeit deS § 348: cit. ARI. 8. Nov. 80. 17. Als Dolus erheischt der § in beiden Absätzen nur die „Vorsätzlichkeit der Handlung d. h. den Willen, sie zu begehen, verbunden mit dem Bewußtsein, daß daS Beurkundete (Abs. 1) sich nicht zugetragen habe (DreSd. 3. Juni 72: SGZ. XVII, 27), bezw. daß die Handlung (Abs. 2) widerrechtlich (n. 16) sei; vgl. übri gens ZI. 6. Sept. 78 (RdO. XIX, 391: entschied, daß in Bezug aus den Thatbe stand des Abs. 1 die (festgestellte) Wissentlichkeit den Begriff der Vorsätzlichkeit in sich schließe). Demgemäß liegt kein Dolus vor, wenn der Beamte die falsche Beur kundung nur als einen Entwurf betrachtete, welchen er nöthigenfallS zu berichtigen in der Lage und Willens war: Manh. 5. Febr. 76 (BAnn. 43 f. 307: Angeklagter hatte in der Erwartung des sofortigen Eingangs von Strafgeldern diesen zum Voraus in den betr. Registern bescheinigt, demnächst aber die Einziehung jener Gelder auS Vergeßlichkeit nicht veranlaßt). Einer rechtswidrigen Absicht (vgl. § 267. 274 Nr. 1) oder eines sonstigen weiter gehenden Zweckes bedarf es hier nicht: Manh. 2. Mai 74 (cit. n. 11); tritt eine auf Verschaffung eines BermögensvortheilS oder aus Zufügung eines Schadens gerichtete Absicht hinzu, so wird § 349 anwendbar. 18. Die Strafbarkeit der falschen Beurkundung (Eintragung) sowie der Ver fälschung re. ist nicht durch einen hinzutretenden Gebrauch (§ 267ff.) bedingt. 19. Ueber die Konkurrenz der hier (und im § 349) vorgesehenen Mißthat mit der qualifizirten Beamten-Unterschlagung (§ 351) vgl. dort n. 9. — Bei Handhabung des § 348 Abs. kann nicht etwa, wegen Idealkonkurrenz, § 133 mit in Betracht gezogen werden: ARI. 8. Nov. 80 (RdR. II, 474); vgl. § 73 n. 6. 20. Die Theilnahme an diesem Vergehen ist nach den allgemeinen Grundsätzen zu beurtheilen; das gilt auch von der Anstiftung; ebenso: Münch. 28. Juni 79 (BEntsch. IX, 339: § 50 greise hier nicht Platz, da die Beamtenqualität hier kein bloßes Straferhöhungsmoment bilde); contra: Rüd. n. 6 (er hält dafür, daß der Dritte, welcher den Beamten zu dem Vergehen des § 348 bestimmt, aus den §§ 271—273 zu bestrafen sei, übersieht aber, daß diese §§ eine Täuschung des Be amten, also seine Straflosigkeit, voraussetzen; vgl. § 271 n. 2). § 349. 1. Dieser § erheischt den Thatbestand des § 348 unter dem Hinzutritt des erschwerenden Umstandes der gewinnsüchtigen oder ans Schadenznfügung ge richteten Absicht; es sind daher die Bemerkungen zu jenem § zu vergleichen.
Thl. n. Abschn. XXVIII.
Verbrechen u. Vergehen im Amte. — §§ 349. 350.
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Vermögenövortheil zu verschaffen oder einem Anderen Schaden zuzufügen, so ist auf Zuchthaus bis zu zehn Jahren und zu gleich auf Geldstrafe von einhundertfunfzig bis zu dreitausend Mark zu erkennen. [I. Entw.: § 327; H. Entw.: § 345; Pr. StGB.: § 323.] Vgl. §§ 348. 133. 351. 267. 271. 272.
§ 350. Ein Beamter, welcher Gelder oder andere Sachen, die er in amtlicher Eigenschaft empfangen oder in 2. In Betreff der „Absicht, einen Vermögens Vortheil zu verschaffen" vgl. § 263 n. 2 — 12, § 268 n. 2. 3, in Betreff der „Absicht, einem Andern Schaden zuzufügen", vgl. § 268 n. 4. 5, § 274 n. 1—3. 7. 21. 3. Die Verhängung einer Geldstrafe neben der Zuchthausstrafe ist für den Richter nicht fakultativ, sondern geboten.
§ 350. 1. Begriff des „Beamten" vgl. § 359. Die Strafandrohung bezieht sich auf alle Beamten ohne Unterschied, ist somit nicht auf Kassen-Beamte beschränkt: ZI. 27. Juni 60 c. Bulwien; Manh. 13. Febr. 75 (BAnn. 40 s. 81); Beisp.: ein Lehrer, welcher die in dieser Eigenschaft erhobenen Schulgelder unterschlägt: ZI. 12. Juli 65, 1. Mai 74 (RdO. VI, 260; XV, 269); vgl. § 246 n. 17. 2. Begriff der „Unterschlagung" vgl. 8 246 und die Bemerkungen zu dem selben; die ausdrückliche und erschöpfende Feststellung aller Merkmale jenes Vergehens ist auch hier unerläßlich; vgl. § 246 n. 1; BI. 31. Okt. 63 (RdO. IV, 144). 3. Abweichend von § 246 hebt § 350 neben den „(anderen) Sachen" die „Gelder" besonders hervor, um es zum Ausdrucke zu bringen, daß fremde Gelder (und sonstige fungible Gegenstände), welche ein Beamter in amtlicher Eigen schaft und mit der Verpflichtung der Verwahrung rc empfängt, nie in sein Eigen thum übergehen, daß er sie in specie auszuheben und abzuliefern hat und daß jede Verwendung der erhaltenen Spezies zu anderen Zwecken eine Pflichtwidrigkeit dar stellt; ebenso: ZRIII. 20. Okt. 80 (RdR. II, 359). Ueber die Statthaftigkeit der Umwechslung empfangener Gelder gegen andere glerchwerthe vgl. § 246 n. 7. 4. Gleichgültig ist eö, ob es sich um öffentliche Gelder und Sachen handelte, oder ob die Gelder rc. einer Privatperson zustanden und für diese aufzubewahren waren: ZI. 14 Febr. 55 c. Scharfs; ferner ob der Beamte allein oder mit Anderen sie amtlich in Gewahrsam hatte: ZU. 21. Sept. 76 (GA. 24 s. 609). Inwiefern bei staatlichen Betriebsverwaltungen außer dem Beamten, welchem die Verwahrung der Sache rc. unmittelbar obliegt, auch der Vorstandsbeamte, unter dessen Aufsicht jene Verwahrung rc. instructionsmäßig stattfindet, den Gewahrsam habe uno daher et), aus § 350 bestraft werden könne, darüber vgl. Hall 16. Juli 77 u. Bucher lWGbl. XIII, 317; XIV, 7). 4a. DaS Verbrechen ist auch in Betreff solcher Gegenstände möglich, welche durch den Vorgesetzten des Beamten in den amtlichen Gewahrsam deS letzteren nur jur Prüfung seiner Ehrlichkeit gelangt sind; daS Geschehenlassen bzw. För dern der That durch Darbietung der Gelegenheit enthält keine Einwilligung swie in dem zu § 242 n. 34 erörterten Falles; so: ZRI. 12. Ian. 80 (RdR. I, 218); vgl. § 354 n. 5. 5. Die in den Gewahrsam eines Beamten gelangten Gelder hören dadurch nicht aus, für ihn fremde zu fein, daß er beauftragt worden ist, sie in einer be stimmten Weise zu verwenden, z. B. der einem Rechtsanwalt (Notar) zur Deckung baarer Auslagen (Stempel rc.) gegebene Vorschuß (Pr. Ges. v. 12. Mai 1851 § 17): ZI. 3. Juli 63, ZU. 8. Febr. u. 25. Okt. 66 (RdO. III, 544; VII, 92. 576); daS Gegentheil gilt von den, einem RechtSauwalte als Vorschuß auf künftig zu verdie nende Gebühren gezahlten Geldern; sie gehen sofort in daS Eigenthum desselben über, vorausgesetzt, daß hierauf die Absicht des Zahlenden gerichtet war; vgl. Pb Ges. v. 12. Mai 1851 § 6, IMVf. v. 14. Juni 1839 (IMbl. s. 210).
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Thl. II. Mchn. XXVIII.
Berbrechen u. Vergehen im Amte. — § 350.
Gewahrsam hat, unterschlägt, wird mit Gefängniß nicht unter drei Monaten bestraft; auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. Der Versuch ist strafbar. [I. Entw.: § 327; II. Entw.: § 346; Pr. StGB.: § 324.] Vgl. §§ 346. 351. 359. 32. 35; RGes. v. 31. März 1873, betr. die Rechtsverhältn. der Reichs beamten. Preußen: Vgl. Vdn. v. 24. Jan. 1844 (GS. f. 52).
6. Legt ein Kassenbeamter Gelder, welche er zur Vervollständigung der Kasse leihweise von Dritten herbeigeschafst hat, dem Revisor als Kafsengelder vor, so werden sie dadurch Kassengelder; er ist nicht befugt, sie später wieder herauszunehmen, sollte er dieses auch von Anfang an beabsichtigt und dem Darleiher zugesagt habens ZU. 28. April 64 (RdO. IV, 478); SGZ. XI, 107. 7. Der Beamte muß die Gelder rc. „in amtlicher Eigenschaft empfangen haben". DaS trifft zunächst da zu, wo sich die Empfangnahme oder der Gewahrsam selbst als Ausübung einer Amtsthätigkeit des Beamten darstellt; z. B. wenn ein Ge richtsvollzieher bei Ausführung einer ihm aufgetragenen Zwangsvollstreckung rc. die vom Schuldner geleistete Zahlung in Empfang nimmt, oder wenn ein Bürgermeister aus dem Gemeinde.Vermögen Gelder zur Vertheilung unter die Gemeindeglieder rc. erhält: Münch. 22. Jan. 75 (StZ. V, 171), oder wenn einem Landbriefiräger Brief marken als eiserner Bestand übergeben werden, gleichviel, ob dies unmittelbar durch dte Abrechnungspostanstalt oder durch den Postagenten geschieht: ZII. 8. Juli 79 (GA. 27 s. 550). Ob ein in amtlicher Eigenschaft zur Empfangnahme berechtigter Kassen beamter dazu auch verpflichtet war, ist gleichgültig, selbst dann, wenn durch die Zahlung an ihn die betr. Schuld nicht ohne Weiteres getilgt wurde, und der Zah lende dies wußte: ZI. 25. Sept. 78 (RdO. XIX, 428). — Um die Ausübung einer Amtssuuktion auzunehmen, genügt es, wenn die betr. Thätigkeit dem Beamten durch eine befugte Anordnung eines Vorgesetzten übertragen ist: ZII. 4. April 72, ZI. 1. Mai 74 (RdO. XIII, 288; XV, 269), Manh. 13. Febr. 75 (cit. n. 1); Beisp.: wenn ein Steuer-Amts-Assistent beauftragt ist, statt de« zunächst dazu berufenen Rendanten, an die Kasse geleistete Zahlungen zu vereinnahmen; vgl. § 331 n. 5 und ZRIII. 14. April 80 (RdR. I, 591). — Durch Berabsänmung einer behufs besserer Kontrole gegebenen Formvorschrift verliert ein Empfang nicht die ihm sonst bei wohnende „amtliche Eigenschaft": Münch. 19. Apr. 73 (StZ. II, 331). 8. Em Empfang rc. in „amtlicher Eigenschaft" liegt aber auch dann vor, wenn derselbe aus „Veranlassung der Ausübung des Amtes" (vgl. §§ 340. 342) stattgesunden hat, bzw. wenn der Beamte die Sache in unmittelbarem Zu sammenhänge mit einer Amtshandlung entgegeunahm; ebenso: ZRIII. 17. Dez. 79 (RdR. I, 159); vgl. auch ZRI. 19. Jan. 80 (ib. I, 247); insbesondere also dann, wenn eine befugte Amtshandlung des Beamten dahin abzielte, es herbeizuführen, daß eine Sache (z. B. Geld) einer Behörde auSgeanlwortet (übergeben, eingezahlt) werde und wenn demzufolge jene AuSantwortung an ihn als den (vermeintlich) dazu berufenen Beamten bewirkt wird. Dann hat der zwischen beiden Thatsachen be stehende ursächliche Zusammenhang die Folge, daß auch jene Empfangnahme die der rc. Amtshandlung beiwohnende „amtliche Eigenschaft" annimmt, sollte sie auch nicht zu den Obllegenheiten deS Beamten gehört haben. DaS trifft zu, wenn ein Beamter (z. B. ein Richter) an einen Privaten die Aufforderung erlassen hat, an eine Kasse rc. (z. B. zum gerichtlichen Depositum) Gelder einznzahlen, oder wenn ein Unterbeamter einen ihm aufgetragenen Berkaus oder ein Exekutor rc. eine ihm aus getragene Zwangsvollstreckung vorgenommen oder eine amtliche Aufforderung zur Zahlung überbracht hat; ist dann in Folge dieser amtlichen Maßnahme die Ein zahlung der zu leistenden Beträge zu Händen des betr. Beamten bewirkt worden, so empfängt er sie in „amtlicher Eigenschaft", selbst wenn er nach seiner amtlichen Stellung gar nicht zur wirksamen Empfangnahme berufen, oder gar eine solche ihm ausdrücklich untersagt war: Beschl. II. 23. Mai 61, ZII. 10. Okt. 67, ZI. 9. Febr. 70, 20. Febr. u. 3. Juni 74, ZII. 10. Dez. 74 (RdO. I, 406; VIII, 587; XI, 86;
Thl. II. Abschn. XXVIII» Verbrechen u. Vergehen im Amte. — § 350.
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XV, 109. 357. 852), Münch. 28. Dez. 77 (BSntsch. VII, 541); dabei macht es feinen Unterschied, ob der Zahlende dadurch seine Verbindlichkeiten erfüllte, oder ob er den znr Empfangnahme berechtigten Behörden rc. gegenüber nach wie vor ver haftet blieb: BI. 22. Dez. 58 (GA. VII, 121). Vorausgesetzt wird nur, daß die Aushändigung des Geldes an den gedachten Beamten sich als die an die Behörde rc. zu bewirkende Zahlung charakterisirte, d. h. daß der sie Leistende dabei von der Un terstellung ausging: er zahle an einen qualifizirten Beamten und erfülle dadurch die ihm obliegende Verbindlichkeit und daß andererseits der Beamte bei der Empfang nahme sich dieser Unterstellung des Anderen bewußt war; der § bleibt sonach aus geschlossen, sobald der Einzahlende wußte, daß der Beamte nicht der zur Empfang nahme berufene sei, daß er sich also durch die Auszahlung an diesen nicht befreie, daß es vielmehr hierzu auch noch der Ablieferung des Geldes rc. an den wirklich berufenen Beamten bedürfe; dann stellte die Uebergabe des Geldes gar keine „Zah lung" dar, vielmehr bediente sich der dasselbe Hingebende des Beamten nur als eines Vermittlers ^Werkzeugs), um demnächst durch diesen die Zahlung bewirken zu lassen; da« Geschäft beruhte sonach (wie beiden bewußt) lediglich auf einem Privatüberein kommen, und hat keinen amtlichen Charakter, sollte auch der das Geld Hmgebende den Empfänger grade wegen seiner amtlichen Stellung für zuverlässiger erachtet und ihm deshalb Vertrauen geschenkt haben: ZRI. 3. Juni 80 (RdR. II, 22), VI. 22. Mai 67, 5. Mai 71 (RdO. VIII, 322; XII, 249); vgl- Münch. 7. Juni 72 (StZ. I, 358: betr. einen Rh. Gerichtsvollzieher), Dresd. 4. Apr. 73 (SGZ. XVII, 118). Dagegen dürfte das Pr. OTr. zu weit gegangen sein, wenn es einen „Em, pfang in amtlicher Eigenschaft" überall da angenommen hat, wo eine an eine Be hörde zu leistende Zahlung aus Irrthum an einen unqualifizirten Beamten bewirkt wurde, sobald nur der letztere sich jenes Irrthums des Einzahlenden bewußt war und denselben benutzte; z. B. wenn Derjenige, welcher eine Einzahlung an die GerichtSkasse zu leisten hat, diese an einen bei dem Gerichte angestellten zur wirksamen Empfangnahme unqualifizirten Subaltern-Beamten in der irrigen Meinung bewirkt, er erfülle dadurch seine Verpflichtung; so: ZI. 10. Nov. 65, 5. Okt. u. 2. Nov. 66, 7. Sept. 70, 12. Mär; 75 (RdO. VI, 451; VII, 515. 662; XI, 438; XVI, 226); oder wenn Jemand einem Briefträger einen mit der Post zu versendenden Geldbrief in der irrigen Unterstellung übergiebt, derselbe sei zur Annahme von solchen Post sendungen bestellt: VI. 22. Mai 67 (RdO. VIII, 322); oder wenn ein Postillon daS Passagiergeld in Empfang nimmt: VI. 15. April 59 c. Klein. Hatte der Beamte in Beziehung auf die betr. Angelegenheit keine amtliche Thätigkeit ausgeübt, so konnte die irrige Meinung des Zahlenden den Empfang nicht zu einem „in amt licher Eigenschaft" vorgenommenen machen; ebenso: Münch. 15. Nov. 78 (BEutsch. VIII, 565: selbst wenn der Empfänger diese Meinung getheilt habe); gleichwenig genügte dazu der Umstand, daß die Zahlung vielleicht bei Gelegenheit einer ander weitigen mit jener in gar keiner Beziehung stehenden Amtshandlung des Beamten erfolgte (contra: cit. VI. 22. Mai 67). In solchen Fällen kann eine Bestrafung nur wegen einfacher Unterschlagung erfolgen, insofern nicht der Thatbestand deS Betrugs (durch Unterdrückung der Thatsache, daß er nicht der zur Empfangnahme berufene Beamte sei) vorliegt. — Zu bemerken ist, daß das OTr. jene Ansicht nur in solchen Fällen zur Anwendung gebracht hat, wo der Beamte der zur Empfang nahme berechtigten Behörde angehörte oder wenigstens ihr untergeordnet, nicht aber da, wo die Zahlung an einen, einem ganz fremden Ressort angehörenden, Beamten erfolgt war. — Vgl. über diese Frage: v. Kirchm. s. 207, Meyer n. 4; Schw. n. 4. 5, Rüd. n 5, Mev. i. StRZ. XII, 463. 9. DaS Vorhandensein eines Kassendefekts beweist noch nicht die „rechtswidrige Zueignung"; vgl. n. 18. Dagegen ist die Vorausentnahme eines noch nicht fälligen Gehalts aus der verwalteten Kaffe Unterschlagung. 10. In Betreff des Dolus vgl. § 246 n. 45 — 50. Hier tritt hinzu, daß der Angeschuldigte sich bewußt sein muß, daß er die Gegenstände „in amtlicher Eigen schaft" (n. 7. 8) empfangen habe: VI. 6. Sept. 65 (RdO. VI, 277). Weder die Fähigkeit, Ersatz zu leisten, und die (spätere) Leistung desselben, noch auch die Ab sicht des künftigen Ersatzes schließen das strafrechtliche Bewußtsein des Thäters zur Zeit der Verwendung aus: ZRIII. 20. Okt. 80 (RdR. II, 359). Dasselbe gilt von der Meinung des Beamten, sich nur einer diSciplinarisch zu ahndenden Dienstver-
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Verbrechen n. Vergehen im Amte. — §§ 350. 351.
§ 351. Hat der Beamte in Beziehung auf die Unter schlagung die zur Eintragung oder Kontrole der Einnahmen oder Ausgaben bestimmten Rechnungen, Register oder Bücher letzung jchuldig zu machen, z. B. durch die rechts- bzw. vorschriftswidrige Veräuße rung des f. g. Besoldungsholzes (vgl. § 246 n. 17): ARII. 11. Ian. 81 (Entsch. UI, 184); vgl. oben s. 126 n. 7. 11. An Stelle des fakultativ gestatteten Verlustes der rc. Ehrenrechte kann auch die Aberkennung der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter auf Zeit erfolgen: § 35. 12. Nicht-Beamte, welche an der Unterschlagung eines Beamten Theil nehmen (Abschn. 28 s. 741 n. 2), verwirken die Strafe des § 246; vgl. § 50 n. 5. Dasselbe gilt von dem Beamten selbst, wenn er daS von ihm in amtlicher Eigen schaft Empfangene rc. erst nach seinem Ausscheiden aus dem Amte unterschlägt: ARII. 9. Juli 80 (RdR. II, 181). 13. In prozessualischer Hinsicht bilden die Beamteneigenschast deS Thäters und der Empfang rc. in amtlicher Eigenschaft straferhöhende Umstände der auch ohne sie strafbaren Unterschlagung. ES werden daher bei der schwurgerichtlichen Fragstellung und Beantwortung (wie früher Art. 91 Abs. 4 deS Pr. Ges.'S v. 3. Mai 1852 .bzw. § 321 der Pr. NStPO.: VI. 8. Sept. 65, 7. Febr. 66, RdO. VI, 291; VII, 86, so jetzt) die §§ 293. 295. 305. 307 der RStPO. anwendbar. — Auch der Thatbestand des § 350 erfährt eine Erschwerung, wenn die Voraussetzungen deS § 351 zutrefsen. 14. Der Beamte, welcher zur Kasse eingezogene Gelder unterschlägt und dann zur Deckung des Ausfalles von den Zahlungspflichtigen zu viel einzieht, begeht in Real-Konkurrenz die beiden in den §§ 350. 353 vorgesehenen Vergehen: ZII. 3. Mai 56 c. Brüggemann. 15. Ein Beamter, welcher wider besseres Wissen die Erstattung eines von ihm in einer Amtsangelegenheit angeblich gemachten Vorschusses erwirkt, macht sich nicht der Unterschlagung, sondern (geeigneten Falles) eines Betrugs schuldig: Beschl. I. 30. Jan. 61 (RdO. I, 232). 16. Es ist keine Unterschlagung, wenn ein Forstaufseher Bäume in dem seiner Obhut anvertrauten Walde frevelt, oder Bäume, welche andere Personen ohne seine Mitwirkung gefrevelt haben, sich zueignet, sondern Holzdiebstahl bezw. Dieb stahl: VH. 12. April 55 (Entsch. 30 s. 354); desgleichen, wenn ein Zollbeamter Gegen stände wegnimmt, welche behufs zollamtlicher Revision in die Diensträume deS Zollamts gebracht sind, und von ihm dort gesunden werden: ARII. 18. Jan. 81 (RdR. II, 743: die Sachen waren auS einem Waarenballen gefallen); vgl. § 242 u. 21. 17. Ebensowenig ist es Unterschlagung, wenn der Erheber indirekter Abgaben eS unterläßt, von einzelnen Personen den geschuldeten Betrag zu erheben, und als Entgelt dafür sich von diesen Personen Dienste in seinem Privat-Interesse leisten läßt: ZI. 26. Okt. 53 c. Benzmann; vgl. § 263 n. 68; § 332 d. 7. 18. Die gemäß der Pr. Vdn. v. 24. Jan. 1844 oder des RGes.'S v. 31. März 1873 im Verwaltungswege erfolgte Festsetzung des bei einer Kasse entstandenen Defekts bindet den Strafrichter nicht (§ 199 der Pr. Crim.-Ordn, ist in dieser Hinficht nicht (mehr) maßgebend); vgl. RStPO. §§ 260. 261. AuS §16 Abs. 3 jener Vdn. und § 144 deö cit. RGes.'S ist nicht zu folgern, daß dem Beamten der Gegenbeweis gegen die administrative Festsetzung obliege: Oppenhoff Ressortges. s. 438.
§ 351.
Aufzeichnung, wie? 4. 7. Auktionsprotokoll- 17. Ausgaben: 5. Auszug: 22. Beamter: 3. 4. Belag 23. 24. Beziehung 6. 25. Briefträger: 23. Bücher: 4. 7. 8. Ehrenrechte: 28. Einnahme: 5. Erbfch -Stemp.-Tab. r 12. Exekutorltste: 13.
Inhalt: Falschbezetchnung: 25. 26. Feststellung: 6. Führung : 4. 7. 18. 24 a. Ger.-Dollz.-Rcpert. r 14. Handlung, wer? 3. Konkurrenz: 9. 23. 27. Postannahmebuch: 11. Postauslieferungsschein: 23. Postgeldkarte, Postvorsch.: 14.22. Postpersonenzettel: 16 Quittung, unrichtige: 24. Rechnung - 4. 7. 8. Register: 4. 7. 8.
Register, Nichtführung: 21. - Steuererheber: 10. Thäter, wer: 3. 4. 24 a. Umstand, erschw : 1. Unfähigkeit (Amt): 28. Unrichtig: 18. 24. 24 a. Unterdrückung: 20. 21. 24 a. Unterschrift ....... : 8. Urkunde: 8. 9. Urkundenfälschung: 9. 23. 27. Verfälschung: 19. 24 a. Versuch: 2. Verwaltung: 4.
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unrichtig geführt, verfälscht oder unterdrückt, oder unrichtige Abschlüsse oder Auszüge aus diesen Rechnungen, Registern oder Büchern, oder unrichtige Beläge zu denselben vorgelegt, oder 1. Die hier hervorgehobenen Handlungen bilden erschwerende Umstände deS im § 350 vorgesehenen Vergehens, welches dadurch den Charakter eines Ver brechens annimmt; es wird daher das zu § 350 n. 2. 13 Bemerkte anwendbar. Dem gemäß muß auch hier der volle Thatbestand der einfachen Unterschlagung (§ 246), insbesondre die rechtswidrige Zueignung ausdrücklich festgestellt, bzw. in die schwurgerichtliche Frage ausgenommen werden: ARI. 30. Sept. 80 (RdR. II, 283). — Ebendeshalb ist ideelle Konkurrenz der hier vorgesehenen Mißthat mit derjenigen deS § 350 ausgeschlossen: eit. ARI. 30. Sept. 80; vgl. § 73 n. 6. 2. Demgemäß ist auch der Versuch der Unterschlagung aus § 351 zu be strafen, wenn der Thäter in Beziehung auf einen solchen eine der ausgezählten Hand lungen vorgenommen hat. 3. ES ist nicht unerläßlich, haß der Beamte die im Eingänge deS Abs. 1 („Hat.............. Vorgelege) vorausgesetzte Handlung selbst vor genommen habe; es genügt, wenn er einen Anderen zur Verübung derselben veranlaßt hat, ohne Unterschied, ob der letztere in gutem Glauben handelte oder nicht (da der nicht selbst unterschlagende Andere nicht „Thäter" sein kann, so trifft das zu § 47 n. 3 Gesagte zu); vgl. Schlußsatz des Abs. 1 und n. 25; contra: Schütze s. 533 n. 4. 4. Auch dieser § ist nicht auf Kassenbeamte beschränkt (§ 350 n. 1); da gegen wird ein Beamter vorausgesetzt, welcher selbst eine ihm anvertraute Ver waltung von Geldern oder sonsttgen Sachen und zur Kontrole dieser Verwaltung Register rc. zu führen hat: ZPl. 11. Dez. 54, Befehl. I 10. Jan. 72, Münch. 26. Jan. 77 (IMbl. 55 s. 335; RdO. XIII, 24; BEntsch. VII, 47), id. 15. Nov. 78 (BEntsch. VIII, 565: insofern es sich nicht „um die fälschliche Bezeichnung deS Geldinhalts auf Fässern rc." handle); vgl. n. 7. 5. Derselbe bezieht sich nicht ausschließlich auf Gelder ; demgemäß sind die AuSdrücke: „Einnahme und Ausgabe" nicht zu enge, sondern als gleichbedeutend mit „Em pfang und Wiederablieferung" aufzufassen: DreSd. 20. April 74 (SGZ. XVIII, 281). 6. Die vorgesehenen Handlungen sind „in Beziehung auf die Unterschla gung" verübt, wenn diese durch jene vorbereitet, erleichtert, vollendet oder verdeckt werden sollte: ZU. 18. Febr. 64 c. Müller; vgl. DreSd. 15. Jan. 72 (SGZ. XVI, 214); sie können der Unterschlagung vorhergehenoder auch auf diese folgen. Es bedarf der ausdrücklichen Feststellung dieses Merkmals, um die Anwendung des § zu rechtfertigen: VI. 26. Nov. 69 (RdO. X, 747). — Trifft jenes zu, so ist es gleich gültig, ob die unrichtige Buchführung rc. sich gerade auf die unterschlagenen Posten bezog: DreSd. 27. Febr. 74 (StZ. V, 172). 7. „Die zur Eintragung rc. der Einnahme oder Ausgabe bestimmten Rechnungen rc. müssen unrichtig geführt rc." sein; die Führung solcher Bücher ist somit für den Thatbestand wesentlich (n. 4). Hierzu genügt eS nicht, wenn ein Beamter über die Ausführung der ihm gewordenen Aufträge rc. Aufzeichnungen machen oder Rechnungen, Quittungen rc. vorlegen muß, um durch dieselben in jedem Einzelfalle seiner vorgesetzten Behörde gegenüber die Erledigung des Geschäfts nach zuweisen; vielmehr ist erforderlich, daß jene Aufzeichnungen dazu bestimmt sind, die fortlaufende Thätigkeit deS mit der Verwaltung betrauten Beamten im Zu sammenhänge zu kontroliren, so daß sie nicht blos augenblicklich, sondern bleibend und auch für die spätere Zukunft ein Mittel darbieten, den früheren Geschäftsbetrieb und seine Resultate im Einzelnen wie im Ganzen zu konstatireu und zu prüfen; vgl. Manh. 28. Nov. 74 (StZ. V, 169). — Dagegen ist eS nicht wesentlich, ob die Pflicht zur Buchführung auf einer gesetzlichen Vorschrift oder auf der Anordnung eines Vorgesetzten beruhte: ZI. 4. Sept. 61 (RdO. I, 522). 8. Die Rechnungen rc. brauchen nicht den Charakter einer Urkunde an sich zu tragen: ZU. 27. März 62, ZI. 3. Dez. 62 (RdO. II, 318; III. 147), Manh. 28. Nov. 74, eit. n. 7; vgl. § 348 n. 8; ist dieses der Fall, so liegt Ideal-Kon kurrenz mit dem Thatbestände deS § 348 vor. — Ebenso ist eS unerheblich, ob die Bücher rc. von den sie führenden Beamten unterzeichnet sind, oder ob sie hätten unterzeichnet werden sollen: ZI. 4. Sept. 61 (RdO. I, 522).
Oppenhoff, D. Strafgesetzbuch.
8. AuSg.
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Verbrechen u. Vergehen im Amte. — § 351.
ist in Beziehung auf die Unterschlagung auf Fässern, Beuteln oder Pasteten der Geldinhalt fälschlich bezeichnet, so ist auf Zuchthaus bis zu zehn Jahren zu erkennen. 9. Ist zur Verdeckung einer Unterschlagung eine andere Urkunde gefälscht, so liegt Real-Konkurrenz vor; die Selbstständigkeit beider Handlungen wird dadurch nicht beseitigt, daß die Fälschung geschah, um die unterschlagene Summe zu behalten: Beschl. I. 23. Okt. 63 (RdO. IV, 138); contra: Schütze s. 533; Schmoller i. WGbl. XIII, 387; vgl. n. 23; § 74 n. 5. 6; Meves i. HH. III, 997.
10. Zu den im § erwähnten Registern gehören die zur Kontrole der Ein nahmen eines S teuer.Er Hebers bestimmten: ZI. 11. März 59 c. Hennig. 11 ebenso das durch die Postbeamten über die Einlieferung von Geld briefen zu führende Annahmebuch: ZI. 24. Mai 63 (RdO. III, 470) und daS von den Reichspostämtern über den Eingang und die Bestellung von Geldbriesen zu haltende, s. g. Bestellungsnotizbuch: Dresd. 20. April 74 (eit. n. 5); dagegen zählte Münch. 26. Jan. 77 (eit. n. 4) das Postbestellbuch nicht zu den Registern rc.; dasselbe stelle nur eine Sammlung von Quittungen der Adressaten über empfangene Werthsendungen dar, weln-e Quittungen jede für sich selbst beständen und je ein abgeschlossenes Ganzes bildeten; vgl. n. 7. 13. 23. 12 ebenso die instruktionSmäßig von den Pr. Gerichten zu führende Erbschaftsstempel.Tabelle: ZU. 23. März 75 (RdO. XVI, 257). 13. Dagegen gehört die tabellarische Liste, welche einem Exekutor über eine Mehrheit ihm gleichzeitig ertheilter Aufträge zur demnächstigen Ausfüllung iinb Wiederablieferung eingehändigt wird, nicht hierher (es fehlt der bleibende zusammen hängende Charakter der eine ganze Verwaltung (n. 7) umfassenden Buchführung): ZPl 11. Dez. 54 icü. n. 4). 14. Dasselbe gilt von den (früheren) Repertorien der Rheinischen GerichtSvollzteher (das Gegentheil wurde in Betreff des GeschäftSjournalS der Bayerischen Ge richtsvollzieher erkannt: Münch. 21. Mai 75, BEntsch. V, 220). 15 ebenso von der (zur Kontrole einer einzelnen Postversendung die nenden) Postgeldkarte: ZI. 19. Dez. 56 (GA. V, 277); contra: ZI. 30. März 59 c. Gewiß. 16 ebenso von dem durch den Schirrmeister oder Postillon zu führen den Personenzettel, und von der unrichtigen Eintragung deS erhobenen Passagier fahrgeldes in denselben: ZU. 16. Juli 68, Beichl. I. 17 Febr. 69 (RdO. IX, 455; X, 98); contra; Beschl. II. 30. Juni 64 (RdO. V, 35). 17 ebenso von dem Auktionsprotokolle eines amtlich angestellten AuktionS-KommissarS (Gerichtsvollziehers rc.); contra: BI. 26. April 61, Beschl. I. 25. Mai 64 (RdO I, 360; IV, 542); der letztere erkennt aber an, daß die gänzliche Unterlassung der Aufnahme eines solchen Protokolls nicht als unrichtige Führung desselben ^vgl. n. 18) anzusehen sei. 18. Die Rechnungen rc. sind „unrichtig geführt", wenn die Eintraguugen in denselben bewußter Weise so bewirkt sind, daß daS durch sie zu erzielende Ergebntß dem wahren Sachverhalte nicht entspricht: trifft dieses zu, so gehört auch die abfiebhete Unterlassung einer durch das Amt gebotenen Eintragung hierher: ZII. 27. März 62, ZI. 22. Mai 63 (RdO. II, 318; III, 470); vgl. § 348 n. 12. 19. „Verfälscht" sind die Rechnungen rc., wenn die ursprünglich richtigen Eintragungen später absichtlich so verändert worden sind, daß daS durch dieselben gewährte Ergebniß jetzt nicht mehr dem wahren Sachverhalte entspricht. 20. In Betreff des Begriffs des „Unterdrückens" vgl. § 274 n. 9. 21. Die Nichtführun g eines vorgeschriebenen Registers rc. ist weder als „unrichtige Führung" noch als „Unterdrückung" desselben anzusehen.
22. „Auszüge" aus den Rechnungen rc. sind nur solche Schriftstücke, welche in der abgekürzten Wiedergabe der Rechnungen rc. bestehen, sich daher auch ihrer äußeren Form nach als solche kürzer gefaßte Rechnungen re. oder Theile derselben kundgeben; demgemäß stellen z. B. Postvermerke über Postvorschußanweisungen unter Beifügung von Buchstaben und Nummern, welche aus eine Buchung im Postan-
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Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängniß strafe nicht unter sechs Monaten ein. II. Entw.: § 329; II. Entw.: § 347; Pr. StGB.: § 325.] 267 ff. 274 Nr. 1. 348. 359.
§ 352.
Dgl. §§ 350. 32. 35.
Ein Beamter, Advokat, Anwalt oder sonstiger
nahmebuche hindeuteu, keinen Auszug aus letzterem dar: DreSd. 12. Febr. 75 (SGZ. XIX, 242). 23. „Belag" ist nur dasjenige, was zur Rechtfertigung der Eintragungen in die Bücher rc. dienen soll; es genügt nicht, wenn sich der Beamte dadurch in Betreff der Ausführung eines aufgetragenen Einzelgeschäfts ausweisen, oder wenn das Schriftstück erst demnächst für einen anderen Beamten zum Ausweise bei einer Buchführung dienen soll. Demgemäß trifft der § nicht zu (es liegt vielmehr eine mit der Unterschlagung realiter konkurrirende Urkundenfälschung vor: n. 9), wenn ein Briefträger, welcher einen Geldbrief unterschlägt, einen gefälschten Aus lieferungsschein vorlegt: BI. 3. Dez. 62 (RdO. III, 147), Manh. 28. Nov. 74 (eit. n. 7); das Gleiche nahm Münch. 26. Jan. 77 (eit. n. 4. 11) in einem Falle an, wo der Briefträger statt dessen die Auslieferung aus den Namen deS angeblichen Empfängers im Postbestellbuche bescheinigt hatte; vgl. n. 11. 24. Ein Belag ist „unrichtig", wenn er inhaltlich in einem wesentlichen Punkte etwas Anderes besagt, als der (angebliche) Aussteller in demselben zum Aus drucke gebracht hat; eö genügt nicht, wenn das vom Aussteller darin als geschehen Bekundete, z. B. wenn die Zahlung, über welche, quittirt ist, in Wahrheit nicht ge schehen war: auch in einem solchen Falle beweist die Quittung, sie erfüllt also ihren Zweck; hatte der Beamte dem Aussteller der Quittung die ihm geschuldete Zahlung nicht (vollständig) geleistet, so findet eventuell nur § 353 Abs. 2 Anwendung; contra: v. Kirchm. s. 208. 24a. Die unrichtige Führung, Verfälschung oder Unterdrückung der Register rc., bezw. die Vorlegung unrichtiger Beläge re. muß von demjenigen Beamten aus gehen, dem die Führung der Register re. obliegt, bezw. welcher die Richtigkeit der selben den Kontrolbeamten gegenüber zu belegen hat: ZI. 4. Sept. 61, VI. 3. Dez. 62, Dresd. 20. Apr. 74, 12. Febr. 75 (NvO. I, 522; III, 147; SGZ. XVIII, 281; XIX, 242). Trifit dies zu, so ist jener selbst dann strafbar, wenn er die Führung der Register einem Andern (Untergebenen) aufgetragen hatte: ZI. 8. Febr. 61 (RdO. I, 247), oder wenn die Verfälschung die von seinem Amisvorgänger geführten Stellen deö Registers re. betraf. 25. Die (dem § 325 des Pr. StGB.'S entlehnte, nicht ganz korrekte) passive Fassung deS Schlusses des Abf. 1: („ist in Beziehung auf die Unterschlagung rc. der Geldinhalt fälschlich bezeichnet") deutet an, daß die Falschbezeichnung nicht nothwendig vom unterschlagenden Beamten selbst ausgegangen zu sein braucht; eS reicht hin, wenn derselbe eine (von ihm ober von einem Anderen, absichtlich oder unabsichtlich) vorgenommene Falschbezeichnung zu der Unterschlagung „in Beziehung" gebracht, d. h. wenn er sie dazu benutzt hat, die Unterschlagnng vorzubereiten, zu er leichtern, zu vollenden oder zu verdecken; vgl. n. 3. 6. 26. Eine „sä lschliche Bezeichnung" liegt auch da vor, wo aus einem richtig bezeichneten Beutel rc. Geld herausgenommen, dennoch aber die nunmehr un richtige Bezeichnung bewußter Weise beibehalten und benutzt worden ist. 27. Wiederholte Fälschungen rc. der Bücher rc. zur Verdeckung einer einmaligen Unterschlagung begründen keine Real-Konkurrenz; daS Ganze bleibt stets nur ein einziges, unter mehreren erschwerenden Umständen verübtes Verbrechen.
28. Beim Vorhandensein mildernder Umstände kann neben der Gesängnißstrase auf den Verlust der rc. Ehrenrechte oder auf die Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter rc. auf Zeit erkannt werden: §§ 32. 35.
§ 352. 1. Begriff deS „Beamten", vgl. § 359. Mit Rücksicht auf die Fassung deS letzteren sind „Advokaten und Anwälte", welche nicht „Beamte" im Sinne deStGB.'S sind, besonders ausgezählt worden. Die „sonstigen Rechtsbeistände" sind
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Rechtsbeistand, welcher Gebühren oder andere Vergütungen für amtliche Verrichtungen zu seinem Vortheile zu erheben hat, wird, wenn er Gebühren oder Vergütungen erhebt, von denen er weiß, daß der Zahlende sie überhaupt nicht oder nur in geringerem Betrage verschuldet, mit Geldstrafe bis zu drei hundert Mark oder mit Gefängniß bis zu Einem Jahre bestraft. Der Versuch ist strafbar. [I. Enlw.: § 330; II. Entw.: § 348; Pr. StGB.: § 326 ] Vgl. §§353. 331. 358. 359; Gew.-O. §§ 72—80. 148 Nr. 8; RGei. v. 7. Juli 1879 § 93.
erwähnt, um alle staatlich bestellten Personen, welche dazu berufen sind, Andern in Rechtssachen gegen Gebühren Beistand zu leisten, zu umfassen, selbst wenn sie nicht zu den Advokaten oder Anwälten zählen (Beisp.: ein einen Rechtsanwalt vertretender Referendar, der Syndikus einer Stadtgemeinde, falls er Gebühren bezieht). Dagegen wird auch in Betreff ihrer eine staatliche Bestellung vorausgesetzt (: „amtliche Ver richtungen" , „amtliche Eigenschaft": § 356); auf die Form dieser Bestellung und auf die Stellung der zur Ertheilung derselben berufenen Behörde kommt es weiter nicht an. 1 a. Das „Erheben " von Gebühren rc. kann sowohl durch Empfangnahme des baaren Betrags aus den Händen des Zahlenden, als auch dadurch stattfinden, daß jene laut Abrechnung von deponirten Geldern in Abzug gebracht werden: Münch. 30. Juli 75 (BEntsch. V, 379). 2. Zum Unterschiede von dem Falle deS (ein freiwilliges Geschenk vorauSsetzenden) s 331 erheischt § 352 eine Zahlung, welche in der Meinung einer bestehenden Verpflichtung geleistet wird; ebenso: ZRI. 24. Juni 80 (RdR. II, 108). Er bleibt sonach ausgeschlossen, wenn eine Partei ihrem RechtSanwalt freiwillig ein den Betrag seiner Gebühren übersteigendes Honorar zahlt. 3. Der § trifit zu, wenn ein RechtSanwalt, welchem die Praxis bei einem andern Gerichte als dem seines Wohnorts unter der Bedingung gestattet ist, den Parteien dafür keine Reiseunkosten in Rechnung zu bringen, dieser Beschränkung zu wider handelt: ZI. 6. Nov. 67 (RdO. VIII, 673); vgl. Gebührenordn. v. 7. Juli 1879 § 83. Dagegen schied der § bei den Honorarforderungen der Rheinischen rc. Advokaten aus, da diese nach Art. 43 deS Dekrets v. 14. Dez. 1810 ihre Honorarien, vorbehaltlich einer dem DiSzipliuarrathe und eventuell dem Gerichte zustehenden Er mäßigung selbst taxiren durften. DaS war aber aus Rheinische rc. Anwälte nicht auszudehnen. Vgl. jetzt cit. Gebührenordn. § 93. 4. Die Beschaffung von Kapitalien für Andere gehört (im Geltungsbereiche der Pr. AGO.) nicht zu den „amtlichen Verrichtungen" eines Notar-; die Er hebung einer übermäßigen Gebühr für ein solches Geschäft fällt daher nicht unter den §; so: ZU. 27. Febr. 68 (RdO. IX, 160; bedenklich). Ander- verhält eS stch mit den Rheinischen Notarien; vgl. Taxordn. z. Rh. Not.-Ordn. v. 25. April 1822 s. v. „Negoziation eines Kapitals". 5. Ein Notar kann den objektiven Thatbestand einer ihm zur Last gelegten Gebührenüberhebung selbst dann noch bestreiten, wenn er hierdurch mit seiner im betr. Akte vorgenommenen Schätzung deS Objekts in Widerspruch tritt: $11. 21. Dez. 76 (RdO. XVII, 837). 6. Die Ueberschreitung der Taxen, welche für Gewerbtreibende von der Obrig keit in zuständiger Weise vorgeschrieben oder genehmigt sind (vgl. Gew. - O. §§ 73 bis 80), werden, da Gewerbtreibende keine Beamten sind, nicht aus § 352, sondern nur aus § 148 Nr. 8 1. c. bestraft. DaS gilt auch von Mäklern ^vgl. § 266 Nr. 3), es sei denn, daß dieselben eine amtliche Stellung bekleiden; letztere- trifft zn bei amtlich angestellten Handelsmäklern (8 359 n. 45); in Betreff dieser wird § 352 anwendbar. 7. Die Vornahme unnöthiger amtlicher Verrichtungen gegen Erhebung der tarifmäßigen Gebühren kann unter da- Strafverbot fallen, wenn jene Vornahme
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Verbrechen u. Vergehen im Amte- — § 353.
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§ 353. Ein Beamter, welcher Steuern, Gebühren, oder andere Abgaben für eine öffentliche Kasse zu erheben hat, wird, wenn er Abgaben, von denen er weiß, daß der Zahlende sie überhaupt nicht oder nur in geringerem Betrage verschuldet, erhebt, und das rechtswidrig Erhobene ganz oder zum Theil nicht zur Kasse bringt, mit Gefängniß nicht unter drei Mo naten bestraft. Gleiche Strafe trifft den Beamten, welcher bei amtlichen Ausgaben an Geld oder Naturalien dem Empfänger vorsätzlich und rechtswidrig Abzüge macht und die Ausgaben als voll ständig geleistet in Rechnung stellt. [I. Emw.: §331; II. Enlw.: § 349; Pr. StGB.: § 327.] 35. 31. 359. Preußen: Vgl. Ges. v. 20. März 1837 (GS. s. 57).
Vgl. §§ 350. 352. 358.
nicht geeignet war, einen Anspruch auf Zahlung der Gebühren gegen den Zahlenden zu begründen; contra: Mev« i. HH. IH, 1001. 8. Als Dolus genügt das Bewußtsein, daß die betr. Gebühren nicht ver schuldet werden; ob sich der Beamte bereichern, oder vor sonstigen Verlusten bewahren will, ist gleichgültig. Jener Dolus liegt nicht vor, wenn der Beamte eine zur Zeit noch nicht verdiente Gebühr in der Ueberzeugung erhebt, daß die betr. Amtshandlung binnen Kurzem vorzunehmen sei und er ihre Vornahme beabsichtigt: ZU. 7. Okt. 73 (RdO. XIV, 605). 9. Ob die Zahlung gefordert, oder freiwillig (als eine verschuldete: n. 1) ge leistet wurde, ist unwesentlich; daS Absorbern ist als Versuch der Erhebung anzusehen. 10. Neben der Gefängnißstrafe kann aus den Verlust der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter auf Zeit erkannt werden: § 358 u. 2.
§ 353. 1. Dieser § findet aus alle Beamten Anwendung, welche Abgaben rc. für eine öffentliche Kaffe zu erheben haben, ohne Unterschied, ob sie im mittel- oder im unmittelbaren Staatsdienste stehen (§ 359), ob der Kaffe die Gelder für den Staat oder für eine dem Staate untergeordnete Gemeinheit zufließen, ob der Beamte selbst die Kaffe verwaltet, oder ob er nur als untergeordnetes Organ die Beitreibung für die letztere bewirkt, sobald er nur selbst die beigetriebenen Gelder einzuziehen und demnächst zur Kaffe zu bringen hat. 2. Nur die Ueberhebung von „Steuern, Gebühren und anderen Ab gaben" fällt unter das Strafverbot, und selbst die der „Gebühren" nur dann, wenn diese sich eben als Abgaben, d. h. als solche Leistungen darstellen, welche einen pu blizistischen Charakter an sich tragen, sei es gemäß ihrem EntftehungSgrunde, sei eS, daß wenigstens die Höhe der Leistung sich nach publizistischen Grundsätzen bemißt, welches letztere z. B. bei Briefportobeträgen (einschließlich deS Nachtragporto'S) zu trifft: ZRH. 3. Dez. 80 (RdR. II, 616). Demgemäß kommen Renten (Zehnten rc.) und alle auf reinen Privatrechtsverträgen beruhende Leistungen hier nicht in Betracht, selbst wenn solche Verträge mit dem Staate, einer Gemeinde rc. geschloffen sein sollten; vgl. cit. ZRII. 3. Dez. 80. 3. Wer sich an Stelle einer geschuldeten Geldabgabe eine Waare von hö herem Preise geben läßt und nur einen jener Abgabe gleichkommenden Betrag zur Kaffe abliesert, ist nicht aus § 353 strafbar, da eS sich hier nur um eine persönliche Leistung an den Empfänger [n. 2] handelt, außerdem aber das andere Thatbestands merkmal, die Nichtablieferung an die Kaffe, einen zur Ablieferung überhaupt geeig neten Gegenstand voraussetzt; so: ARIII. 9. Okt. 80 (RdR. II, 306: bedenklich; sollte hier nicht der dem Kaufpreise der Waare entsprechende Betrag die überhobene Abgabe repräjentiren, gegen welche jener Kaufpreis ausgerechnet worden?).
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THI. II. Abschn. XXVIII. Verbrechen u. Vergehen im Amte. — §§ 353. 353a.
§ 353 a. Ein Beamter im Dienste des Auswärtigen Amtes des Deutschen Reichs, welcher die Amtsverschwiegenheit dadurch verletzt, daß er ihm amtlich anvertraute oder zugäng liche Schriftstücke oder eine ihm von seinem Vorgesetzten er theilte Anweisung oder deren Inhalt Anderen widerrechtlich mittheilt, wird, sofern nicht nach anderen Bestimmungen eine schwerere Strafe verwirkt ist, mit Gefängniß oder mit Geld strafe bis zu fünftausend Mark bestraft. Gleiche Strafe trifft einen mit einer auswärtigen Mission betrauten oder bei einer solchen beschäftigten Beamten, welcher 4. Als DoluS genügt die Vorsätzlichkeit der Handlung, verbunden mit dem Bewußtsein ihrer „Rechtswidrigkeit" (: „von denen er weiß re."); einer gewinn, süchtigen Absicht bedarf eS nicht; n. 4. 5. Waltet eine solche gewinnsüchtige Absicht ob, so kann die That leicht den Charakter eines ideell konkurrirenden Betrugs annehmen; eS läßt sich nicht auf stellen, daß § 353 nur einen konkreter gestalteten Betrug vorsehe und deshalb die Anwendung des § 263 ausschließe (§ 73 n. 6); contra: Z. 29. Juni 70 (RdO. XI, 379); eventuell ist die Strafe aus § 263 zu verhängen, weil er die Aberkennung der re. Ehrenrechte zuläßt, also (trotz des höheren Mindestbetrags der im § 353 angedrohten Freiheitsstrafe) als der strengere anzusehen ist; ebenso: ZU. 30. Mai 76 (RdO. XVII, 388); vgl. § 73 n. 15. 6. Der Thatbestand ist nicht dadurch bedingt, daß sich der Beamte das zu viel erhobene zu eigne; thut er es, so macht er sich (in Ideal- oder Real-Kon kurrenz) auch der Beamten-Unterschlagung (§ 350) schuldig, da er auch daS nicht Verschuldete in amtlicher Eigenschaft erhoben hat; contra; Mev. i. HH. III, 1000; Schütze s. 531 n. 14. 7. Konkurrirt eine Urkundenfälschung, so wird § 74 anwendbar. 8. Bringt der Thäter das wissentlich zuviel Erhobene zur Kasse, so kann eine Bestrafung nur im DiSciplinarwege erfolgen. 9. Ein Nichtbeamter, welcher bei Erhebung von Chaussee-, Wege-, Brücken-, Führ- und Schleusengeldern und anderen dergleichen Kommunikationsabgaben von einem Zahlungspflichtigen mehr einfordert und erhebt, als die vorgeschriebenen Tarife, Taxen oder Reglements gestatten, wird in den älteren Pr. Provinzen aus dem Ges. v. 20. März 1837 bestraft. Dieses Gesetz erleidet auf Ueberhebungen bei Erhebung des Fahrgeldes für Eisenbahn- und ähnliche Fahrten keine Anwendung, weil Fahrgelder nicht den Charakter einer „Abgabe" haben. 10. Bei den „amtlichen Ausgaben" (Abs. 2) macht eS keinen Unterschied, auf welchem Rechtstitel dieselben beruhen, ob sie aus einer „öffentlichen Kasse" (Abs. 1) zu leisten sind, oder nicht. 11. Neben der Gefängnißstrafe kann aus den Verlust der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter rc. auf Zeit erkannt werden: §§ 358. 31.
§ 353 a. 1. Der § gehört zu den durch die Novelle eingeschobenen §§. Derselbe be zieht sich im Abs. 1 aus alle Beamten deS Auswärtigen Amts des Deutschen Reichs, im Abs. 2 dagegen nur aus diejenigen dieses Amtes, welche mit einer auswärtigen Mission betraut oder bei einer solchen beschäftigt sind. Denn eS versteht sich von selbst, daß auch der Abs. 2 nur Beamte des Deutschen Reichs im Auge hat, obgleich dies dort nicht ausdrücklich gesagt ist. Auf Beamte der einzelnen Bundesstaaten findet der § mithin in beiden Absätzen keine Anwendung. Dagegen ist eS gleich gültig, ob der Beamte Inländer oder Ausländer ist, ob er die That im In- oder Auslande verübt; vgl. § 4 Nr. 1. 2. Unter „seinem Vorgesetzten" (Abs. 1. 2) ist nur der Chef deS Aus wärtigen Amtes (resp, dessen Stellvertreter) zu verstehen, selbst insofern es sich um einen nicht mit einer auswärtigen Mission „betrauten", sondern bei einer solchen
Thl. II. Abschn. XXVIII.
Verbrech en u. Vergehen im Amte. — §§ 353 a. 354.
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den ihm durch seinen Vorgesetzten amtlich ertheilten Anwei sungen vorsätzlich zuwider handelt, oder welcher in der Absicht, seinen Vorgesetzten in dessen amtlichen Handlungen irrezuleiten, demselben erdichtete oder entstellte Thatsachen berichtet. lE»«w. I., II. (fehlte); — Nov. v. 26. Febr. 1876 Art. II — Pr. StGB, (fehlte).) Vgl. §§ 4 Nr. 1. 92. 133; RGes. v. 31. März 1873 § 11 (RGbl. f. 61.)
§ 35tt. Ein Postbeamter, welcher die der Post an vertrauten Briefe oder Packete in anderen, als den im Gesetze vorgesehenen Fällen eröffnet oder unterdrückt, oder einem Anblos „beschäftigten" Beamten handelt; doch wird die Anwendbarkeit des § nicht da durch ausgeschlossen, daß dem Beamten die „Anweisung" (Abs. 1. 2> durch Ver mittelung seines unmittelbaren Vorgesetzten zugegangen ist; contra: MeveS s. 362, 364 („Vorgesetzter" sei jede Person oder Behörde, welche die Befugniß habe, dem bett. Beamten Anweisungen zu ertheilen, für die bei einer Mission beschäftigten Be amten daher zunächst der Vertreter der Misston: ebendeshalb sei z. B. den Consuln gegenüber, wenn ihnen ein Auftrag von der Regierung eines einzelnen Bundesstaats in den besonderen Angelegenheiten des letzteren zugehe, diese Regierung als „Vor gesetzter" anzusehen). 3. Da« Gebot der „Amtsverschwiegenheit" betrifft nur die eigentlichen Amtsgeheimnisse (vgl. Pr. ALR. § 357, II. 20), d. h. solche Gegenstände, deren Bekanntwerden dem allgemeinen Wohle zum Nachtheile gereichen, oder die Aus führung amtlicher Handlungen bzw. Pläne gefährden, oder endlich dem Amte sei eS des Thäters selbst sei eS seiner Vorgesetzten schaden kann: MeveS s. 357. — Zu den „S chrif t stücken" zählt MeveS s. 358 auch ^gedruckte :c.) Zeichnungen, Karten, Pläne, Risse, Abbildungen und dergl.
4. Die Worte „sofern nicht nach anderen Bestimmungen eine schwerere Strafe verwirkt ist", deuten namentlich auf § 92 Nr. 1. Mit dem im tz 92 Nr. 3 vorge sehenen Verbrechen kann leicht ein Fall deS Abs. 2 ideell konkurriren. 5. Der erste Satz des Abs. 2 erfordert ein „vorsätzliches Zuwiderhandeln", der Beamte muß also den amtlichen Anweisungen seines Vorgesetzten mit Bewußt sein und mit Willen zuwidergebandelt haben (was übrigens auch durch eine Unter lassung geschehen kann: MeveS s. 362). Nach den Verhandlungen im RT., vgl. Stenogr. Ber. s. 1018, scheint jedoch mit dem Worte „vorsätzlich" noch mehr gefordert werden zu sollen, nemlich die Absicht, jenen Weisungen entgegenzuwirken. 6. Der Ausdruck „irreleit en" im Schlußsätze des Abs. 2 ist gewählt, um auszudrücken, daß nicht jede beliebige Unwahrheit, jedes unbedachte Wort, welches im Leichtsinne oder selbst noch in anderer Richtung als Absicht erscheinende Tendenz gesprochen wird, unter die Strafbestimmung falle: Stenogr. Ber. s. 1018 (Abg. Marquardsen). 7. „Erdichtete oder entstellte Thatsache"; vgl. § 131 n. 2. 3; § 263 n. 39 ff.
§ 354. 1. Die Unverletzlichkeit des Briefgeheimnisses ist in dem R.-Postges. v. 28. Okt. 1871 § 5 und in der Pr. Verfassung v. 31. Jan. 1850 Art. 33 anerkannt Beide bestimmen, daß die „nothwendigen AuSnahmen" durch ein Gesetz (Reichs gesetz) festgestellt werden sollen; die Pr. Verfassung bezeichnet die Ausnahmen näher durch den Zusatz: „bei strafgerichtlichen Untersuchungen und in Kriegsfällen", das R.-Postgesetz (§ 5) durch die Aufzählung: „bei strafgerichtlichen Untersuchungen und in Konkurs- und in civilprozessualischen Fällen". DaS letztere fügt hinzu: „Bis zu dem Erlaß eines Bundesgesetzes werden jene Ausnahmen durch die Landesgesetze bestimmt". Hiernach können Ausnahmen nur durch ein Gesetz, nicht durch ein Reglement bestimmt werden. Dagegen ist die amtliche Eröffnung eines unbestellbaren Briefes zur Ermittelung des Absender« (als in den Zwecken der Versendung begrün det) nicht als Ausnahme anzusehen; sie ist auf Grund des eit. R.-Postges.'s § 50
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Thl. II. Abschn. XXVIII.
Berbrechen u. Vergehen im Amte. — § 354.
deren wissentlich eine solche Handlung gestattet, oder ihm dabei wissentlich Hülfe leistet, wird mit Gefängniß nicht unter drei Monaten bestraft. [I. Entw.: § 322; II. Entw.: § 350; Pr. StGB.: § 328.] Vgl. §§ 358. 31. 355. 299; RPostges. v. 28. Olt. 1871 §§ 5. 32. 50; RStPO. §§ 99 ff.
Preußen: Vgl. Versass, v. 31. Jan. 1850 Art. 33; RStPO. § 104.
Crim.-Ordn. § 123 ff.;
Pr.
Nr. 3 durch das Reglement des Reichskanzlers v. 30. Nov. 1871 (VMbl. f. 68) § 41 III (vgl. auch § 32) geregelt worden. Ebenso verhält es sich mit der even tuellen Vernichtung des Briefes, wenn der Absender nicht zu ermitteln ist (cit. Regl. § 41 Nr. 6), sowie mit der Vernichtung einer unbestellbaren telegraphischen Depesche: R.-Telegr.-Ordn. v. 21. Juni 1872 § 25 (RGbl. s. 225). 2. Ueber die im Strafverfahren statthaften Beschlagnahmen rc. von Briefen vgl. Oppenh. Pr. Strafverf. §4 n. 7; § 43 n. 35; Pr. NStPO. § 104, und jetzt RStPO. §§ 99—101, Pr. Gesch.-Anw. f. d. AmtSanw. § 26; über die Aushändigung von Briefen :c. an den Konkursverwalter vgl. RKO. § 111; in Betreff der Postdefraudationen vgl. RPostges. v. 28. Okt. 1871 § 32. 2a. Die Worte „in anderen als den im Gesetze vorgesehenen Fällen" stellen kein Requisit deS Vergehens auf, sondern enthalten nur einen Vorbehalt in Betreff möglicher Exkulpationsgründe; es bedarf daher keiner ausdrücklichen Feststellung des Nichtvorhandenseins eines solchen Ausnahmefalles, wenn der Beschuldigte nicht das Gegentheil behauptet und eine deSfallsige Feststellung beantragt hat; so: ZU. 6. Okt. 74 (RdO. XV, 618). 3. Das Strafverbot trifft alle Postbeamten; es unterscheidet nicht, ob der Thäter bei dem Post. Briefverkehr überhaupt und speziell bei der Versendung deö fraglichen Briefes mit thätig war, oder nicht; contra: Mev. i. HH. III, 1003. Insbesondere ist nicht erforderlich, daß der Brief dem betr. Postbeamten selbst „anvertraut" sei. 4. „Brief" im Sinne des § ist jede statt deö mündlichen Verkehrs an eine bestimmte Person gerichtete schriftliche Mittheilung, mag dieselbe in geschloffener oder offner Form geschehen, mag sie die Unterschrift deö Absenders tragen oder nicht; demgemäß gehören auch Postanweisungen hierher; so: ARI. 6. Dez. 79 (RdR. I, 123). 5. Der Brief oder das Packet muß der Post an vertraut, es muß also eine Verpflichtung der Post zur Beförderung bezw. Herausgabe begründet fein; die Ueber lieferung an einen zur Vertretung der Postanstalt im konkreten Falle nicht befugten Postbeamten, z. B. an einen Landbriefträger, wenn der Brief ein Geldbries mit sol chem Betrage war, daß jener nach den bestehenden Vorschriften die Annahme ver weigern mußte, genügt daher nicht: Manh. 14. April 77 (BAnn. 43 s. 230). Da gegen entfällt jenes Thatbestandsmoment nicht etwa da, wo dem Vertreter der Post auf der betr. Strecke, lediglich um dessen Redlichkeit zu prüfen, ein mit einer fingirten Privatadresse versehene«, nur von Post zu Post bestimmtes Packet auf höhere Anordnung zur Weiterbeförderung übergeben wird; so: ZRI. 12. Jan. 80 (RdR. I, 218); vgl. § 350 n. 4a. — Der vorschriftsgemäß überlieferte Brief rc. ist so lange „der Post anvertraut", als er nicht bestimmungsgemäß befördert und ab gegeben ist; er hat sonach auch noch in der Hand deö austragenden Briefträgers die gedachte Eigenschaft. 6. Das „Eröffnen" setzt einen Verschluß voraus; sonach kann von einem strafbaren „Eröffnen" bei Streif- oder Kreuzbandsevdungen keine Rede sein. Die Unvollkommenheit deö Verschlusses schließt jedoch die Bestrafung nicht auS: ZU. 28. Jan. 64 (RdO. IV, 332). Mit der Eröffnung ist das Vergehen vollendet: einer Kenntuißnahme vom Inhalt bedarf eS nicht: ZU. 16. Juli 73 (RdO. XIV, 490); vgl. n. 9. 7. „Unterdrücken" ist jede widerrechtliche Entziehung eines (wenn auch un verschlossenen) Briefes auö dem Postverkehr (z. B. die bewußte AuSantwortung an einen nicht berechtigten Dritten): ZU. 15. Sept. 70 (RdO. XI, 453); dieses Ent ziehen braucht nicht ein bleibendes zu sein; ein zeitweiliges Vorenthalten genügt,
Thl. II. Abschn. XXVIII.
Verbrechen u. Vergehen im Amte. — §§ 354. 355.
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§ 355. Telegraphenbeamte oder andere mit der Be aufsichtigung und Bedienung einer zu öffentlichen Zwecken die nenden Telegraphen-Anstalt betraute Personen, welche die einer Telegraphen-Anstalt anvertrauten Depeschen verfälschen oder in anderen, als in den im Gesetze vorgesehenen Fällen eröffnen oder unterdrücken, oder von ihrem Inhalte Dritte rechtswidrig benachrichtigen oder einem Anderen wissentlich eine solche Hand lung gestatten oder ihm dabei wissentlich Hülfe leisten, werden mit Gefängniß nicht unter drei Monaten bestraft. [I. @ntro.: § 333; II. Entw.: § 351; Pr. StGB.: (fehlte).I Dgl. 88 358. 354; Ttlegr.-Ordn. v. 21. Juni 1872 8 3 (Erl. d. R-Kanzl.; RGdl. f. 213). selbst wenn eS nicht geschah, um den rechtzeitigen Eingang deS Briefe- beim Adressaten zu verhindern: ARI. 6. Dez. 79 (cit. n. 4); um so viel mehr also in letztgedachtem Falle; vgl. VH. 3. März 64 (RdO. IV, 406), § 274 n. 9. Dem gemäß schließt die Möglichkeit der Wiedererlangung den Thatbestand nicht auS: BI. 15. Febr. 65 (RdO. V, 504). — Ein Post-Beamter kann an einem an ihn selbst adressirten Briefe eine Unterdrückung begehen, wenn ein postalicheS Interesse ob waltet, daß derselbe im geregelten Wege abgegeben werde: LI. 25. Nov. 64 (RdO. V, 304). Nicht minder kann ein Postbeamter einen von ihm selbst aufgegebenen Brief unterdrücken; eS ist zwar dem Uebergeber eines Briefes gestattet, sich denselben von der Post zurückgeben zu lasten, aber nur gegen Erfüllung der im Postreglement v. 18. Dez. 1874 § 19 festgesetzten Bedingungen: Manh. 29. April 76 (BAnn. 42 s. 153). 8. DaS bloße Dorzeigen des verschlossenen Briefes an einen unberechtigten Dritten fällt nicht unter das Strafverbot. 9. Als Doluß genügt der Wille zu eröffnen rc., verbunden mit dem Be wußtsein der mangelnden Befugniß; ebenso: ARI. 6. Dez. 79 (cit. n. 4), Stuttg. 21. Mai 79 (WGbl. XVI, 156); derselbe braucht nicht aus Kenntnißuahme vom Inhalte gerichtet zu sein; vgl. n. 6. Ebensowenig bedarf es einer auf Erlangung eines Gewinns oder auf Zufügung eines Schadens abzielenden Absicht: ZI. 15. Febr. 65 (RdO. V, 504). Ueberhaupt kommt es nicht daraus an, welchen Erfolg der Thäter zu erreichen beabsichtigte: cit. ARI. 6. Dez. 79. 10. Neben der Gefängnißstrafe kann auf den Verlust der Fähigkeit zur Be kleidung öffentlicher Aemter auf Zeit erkannt werden: §§ 358. 31. 11. Mit dem Vergehen kann ein Diebstahl des Briefs re. ideell konkurriren: ZU. 8. Okt. 70 (RdO. XI, 595); desgleichen eine Unterschlagung (8 350).
§ 355. 1.
Dieser § bezieht sich nicht nur auf „ Telegraphen-Be a m te", sondern auch auf alle, „mit der Beaufsichtigung und Bedienung einer zu öffentlichen Zwecken dienenden Telegraphenanstalt (wenn auch nur vorübergehend) betraute Personen". Die Faffung ist nicht ganz korrekt; eö hieße richtiger: „ . . . oder Bedienung rc."; jedenfalls ist das „und" nicht in dem Sinne kopulativ aufzufassen, daß beide VorauSsetzungen in derselben Person zutreffen müßten; eS gehört daher auch der zum AuStragen der Depeschen bestellte Bote hierher. Ueber den Begriff einer „zu öffent lichen Zwecken dienenden Telegraphenanstalt" vgl. § 317 n. 2. 2. „Anvertraute Depesche" bezeichnet hier den zum Telegraphiren über gebenen Gedankenausdruck (in wörtlicher Fassung); derselbe ist sonach nicht auf die übergebene Urschrift („Original") zu beschränken, umfaßt vielmehr auch die telegra phische Uebermittlung und die demnächftige Ausfertigung. 3. „Verfälschung" einer Depesche ist jede Aenderung ihre- Wort-InhaltS, sobald sie mit dem Bewußtsein geschieht, daß dadurch möglicher Weise der Sinn derselben für den Adressaten eine Alterirung erfahren könnte; der Begriff ist sonach (mit Rücksicht auf den die wortgetreue Uebermittlung bedingenden Zweck der Tele graphie) ein weiterer als bei der Urkundenfälschung (vgl. § 267 n. 9); hier wird die
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Thl. II. Abschn. XXVIII.
-Verbrechen n. Vergehen im Amte. — §§ 355. 356.
§ 356. Ein Advokat, Anwalt oder ein anderer Rechts beistand, welcher bei den ihm vermöge seiner amtlichen Eigen schaft anvertrauten Angelegenheiten in derselben Rechtssache beiden Parteien durch Rath oder Beistand pflichtwidrig dient, wird mit Gefängniß nicht unter drei Monaten bestraft. Handelt derselbe im Einverständnisse mit der Gegenpartei zum Nachtheile seiner Partei, so tritt Zuchthausstrafe bis zu fünf Jahren ein. [I. @ntro.: § 334; II. Enlw.: § 352; Pr. StNB.! § 329.] Vgl. §§ 358. 266. 300. 31—33; RGBG. § 73 Nr. 2; RCPO. § 543 Nr. 4.
Verfälschung dadurch nicht ausgeschloffen, daß der Sinn der Depesche, wie er sich objektiv darstellt, keine wesentliche Abänderung erfahren hat. 4. Zum „Inhalt" einer Depesche, welcher Dritten nicht mitgetheilt werden darf, gehören auch die Namen des Absenders und des Adressaten, der Ort der Ab sendung rc., ja selbst die Thatsache, daß eine Depesche eingegangen ist: VI. 19. Febr. 62 (RdO. II, 265). 5. Die Zurückweisung einer zur Beförderung aufgegebenen Depesche ist keine Unterdrückung derselben: vgl. R.-Tclegr.-Ordn. v. 21. Juni 1872 § 10. 6. Im Uebrigen stimmt § 355 mit § 354 überein; es sind daher die dort gemachten Bemerkungen auch hier zu berücksichtigen.
§ 356. 1. Begriff eines „anderen Rechtsbeistandes" vgl. § 352 n. 1. Die Iustiziarien der höheren Verwaltungsbehörden gehören nicht hierher; sie sind „Beamte", welche im § 352 den Rechtsbeiständen gegenübergestellt, im § 356 aber gar nicht erwähnt sind; deshalb kann ihre amtliche Thätigkeit, vermöge welcher sie bei den dem Geschäftskreise der betr. Behörden angehörenden Angelegenheiten mitwirken und namentlich den rechtskundigen Standpunkt vertreten, nicht als ein „Dienen durch Rath oder Beistand" angesehen werden. 2. „Rechtssache" ist hier jede Rechts-Angelegenheit, bei welcher mehrere Personen mit widerstreitenden Intereffen betheiligt sind; Strafsachen, bei welchen letzteres zutrifft, sind nicht ausgeschlossen. Daß die Sache bereits an ein Gericht gebracht worden sei, oder gebracht werden könne, ist nicht erforderlich: DreSd. 6. Sept. 72 (SGZ. XVII, 12; StZ. II, 132). 3. Eine Rechtssache ist „anv er traut", sobald die Uebertragung ihrer Be sorgung dem Rechtsbeistand angeboten und ihm zu diesem Zwecke über den Sach verhalt Mittheilungen gemacht sind; contra: Schw. s. 796; vgl. aber n. 5. 4. „Rath und Beistand" umfaßt hier Alles, was für die Betreibung der Rechtssache der Partei förderlich sein kann; eS darf also nicht zwischen Freundschastsund anderen Diensten unterschieden werden: DreSd. (cit. n. 2). — Demgemäß liegt ein „Dienen durch Beistand" schon dann vor, wenn ein Rechtsanwalt die Prozeß schrift einer Partei legalisirt; vgl. OTr. (I. Civ.-Sen.) 8. Jan. 75 (RdO. XVI, 36). — Der einen Partei kann auch durch Unterlaffung einer für die andere zu be wirkenden Prozeßhandlung Beistand geleistet werden. — Erfolgt die Leistung des Beistands durch die Offenbarung eines anvertrauten Geheimnisses, so wird in Ideal konkurrenz auch § 300 anwendbar. 5. Die Strafbarkeit tritt nur ein, wenn „beiden Parteien rc. gedient" worden ist; sie fällt weg, wenn ein Anwalt bei dem nur der einen Partei geleisteten Beistände Dinge benutzt, welche ihm von der andern anvertraut worden waren, als diese ihn (vergeblich) um Beistand anging; in einem solchen Falle greift nur daS Disziplinarverfahren Platz, insofern nicht § 300 zutrifft. 6. Nur das „pflichtwidrige" Dienen für beide Parteien ist strafbar: d. h. ein solches, bei welchem der Anwalt, das von der einen Partei in ihn gesetzte Bertrauen mißbrauchend, zu ihrem Nachtheile für die andere thätig ist: Beschl. I. 14. Dez. 66 (RdO. VII, 718). Ein im gemeinsamen Intereffe, z. B. zur Herbeiführung eines Vergleichs, ertheilter Rath rc. gehört nicht hierher.
Thl. II. Abschn. XXVHI.
Berbrechen u. Vergehen im Amte. — §§ 357. 358.
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§ 357. Ein Amtsvorgesetzter, welcher seine Untergebe nen zu einer strafbaren Handlung im Amte vorsätzlich verleitet oder zu verleiten unternimmt, oder eine solche strafbare Hand lung seiner Untergebenen wissentlich geschehen läßt, hat die auf diese strafbare Handlung angedrohte Strafe verwirkt. Dieselbe Bestimmung findet auf einen Beamten Anwen dung, welchem eine Aufsicht oder Kontrole über die Amtsgeschäfte eines anderen Beamten übertragen ist, sofern die von diesem letzteren Beamten begangene strafbare Handlung die zur Aufsicht oder Kontrole gehörenden Geschäfte betrifft. [I. @ntn>.: § 335; II. (Sntro.: § 353; Pr. StGB.: § 330.] StGB. §§ 47. 115. 116.
Vgl. §48; R.-Mil.
§ 358. bis 341,
Neben der nach Vorschrift der §§ 331, 339 352 bis 355 und 357 erkannten Gefängnißstrafe
7. Ob daS pflichtwidrige Dienen gleichzeitig oder successiv stattsand, macht keinen Unterschied: ZU. 8. Febr. 66 (RdO. VII, 94), Dresd. (eit. n. 2); vgl. RechtSanw.'Ordn. § 31 Nr. 2. 8. Als D oluS wird da« Bewußtsein des VertrauensbruchS, und im Falle des Abs. 2 außerdem das Bewußtsein des dem Andern drohenden Nachtheils erheischt: Beschl. I. 14. Dez. 66 (eit. n. 6). Beschl. I. 12. März 75 (RdO. XVI, 224) ver langt selbst für den Fall des Abs. 1 daö Bewußtsein, daß die Interessen der ver tretenen Partei mittels Mißbrauch- des von ihr gewährten Vertrauens pflichtwidrig verletzt seien. 9. Auch im Falle deS Abs. 2 bedarf eS nicht des Eintritts eines Nach theils für den Andern; § 266 findet hier keine Anwendung): Puch. n. 6, Mev. i. HH. III, 1018; contra: Schw. f. 796. 10. Hier kann nicht neben der Gefängnißstrafe Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter (§ 358) verhängt werden. 11. Zuständigkeit der Strafkammer (Abf. 2): RGVG. § 73 Nr. 2. 12. Event. Zulässigkeit der Restitutionsklage: REPO. § 543 Nr. 4.
§ 357. 1. „St rafbare Handlung im Amte" ist hier nur eine solche, welche nach Maßgabe des Abschn. 28 als „Verbrechen oder Vergehen im Amte" sich darstellt : Motive s. 149. Die Verleitung zu einem nur disziplinarisch zu ahndenden Dienst vergehen ist nur disziplinarisch zu verfolgen. 2. Die „Verleitung" zu einer strafbaren Handlung :c. ist hier als selbst ständige Mißthat aufgefaßt, und nicht als „Anstiftung" (§ 48); es bedarf sonach nicht der Feststellung des dabei benutzten Mittels; vgl. § 48 n. 48. 3. Im Betreff des „Unternehmens" zu verleiten, gilt hier das zu § 159 n. 1. 2 Gesagte; auch dieses „Unternehmen" ist eine selbstständige Mißthat. 4. DaS „wiffentlich geschehen läßt" bezeichnet ein Nichthindern; vgl. § 340 n. 5. 5. Im Falle deS Abs. 2 braucht die Uebertragung der Aufsicht oder Kontrole keine bleibende zu sein; ein vorübergebender Auftrag der fraglichen Art genügt, z. B. der Auftrag zur Vornahme einer Visttation. 6. Neben einer auf Grund dieses § verhängten Gefängnißstrafe kann auf den Verlust der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter auf Zeit selbst dann erkannt werden, wenn diese Strafe gegen den verleiteten Untergebenen nicht zur An wendung kommen könnte: §§ 358. 31.
§ 358. 1. Die Verurteilung zu einer Zuchthausstrafe hat die dauernde Unfähig keit zur Bekleidung öffentlicher Aemter zur Folge (§ 31); die Aberkennung der
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Thl. II. Abschn. XXVIII.
Verbrechen u. Vergehen, im Amte. — §§ 358. 359
kann auf Verlust der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter auf die Dauer von Einem bis zu fünf Jahren erkannt werden. [I. Entw.: §§ 311. 319-321. 329-333; II. Sntw.: § 354; Pr. StGB.: §§ 309. 315—317. 326—328. 330.] Vgl. §§ 31-35.
§ 359. Unter Beamten im Sinne dieses Strafgesetzes sind zu verstehen alle im Dienste des Reiches oder in unmittelrc. Ehrenrechte bewirkt den dauernden Verlust der bekleideten öffentlichen Aemter und die Unfähigkeit, während der bestimmten Zeit ein öffentliches Amt zu erlangen (§§ 33. 34 Nr. 3); außerdem gestaltet § 35, neben einer Gefängnißstrafe, mit welcher die Aberkennung der Ehrenrechte verbunden werden konnte (§ 32), statt dieser die Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter aus Zeit zu erkennen; da« trifft zu in den Fällen der §§ 332 Abs. 2. 333. 334 Abs. 2. 346 Abs. 2. 347 Abs. I. 350. 351 Abs. 2, sofern die verhängte Gefängnißstrafe drei Monate erreicht. 2. Dagegen gestattet § 358 für die in ihm bezeichneten Fälle (fakultativ) auf den „Verlust der Fähigkeit" („die Unfähigkeit"; § 35) zur Bekleidung öffentlicher Aemter" auf Zeit neben einer Gefängnißstrafe auch dann zu erkennen, wenn diese nicht drei Monate erreicht (§ 32); ebenso: ZU. 15. Febr. 77 (RdO. XVIII, 130); contra: Puch. s. 55 n. 8. — AuS dem unter n. 1 Gesagten folgt, daß diese Strafe niemals neben der Aberkennung der rc. Ehrenrechte ausgesprochen werden kann: VI. 18. Febr. 74 (RdO. XV, 86). 3. Wegen des Vers uchs der in den §§ 339 und 352 vorgesehenen Vergehen kann diese Unfähigkeit nicht verhängt werden; vgl. § 45 n. 4. 4. Daffelbe gilt von der Bei Hülse zu einem der im § aufgezählten Vergehen; das Gegentheil tritt beim Anstifter ein; vgl. Abschn. 28 (s. 741) n. 2.
§359. Advokat: 50. Amt: 2. Amtscharakter: 8. Anstellung 3—10. - Dauer: 7. 14. Applikant: 14. Armenkommisston: 39. Armenvater: 39. Arzt: 45. Auftrag, amtl. : 38. Auktionator: 45. Ausbildung, eigene: 14. Aushülfe: 7. 14. Authentizität - 6. Autorität: 6. 7. Baukondukteur: 8. 45. Beamter: 1 ff. - ausländischer: 1. - mittelbar: 4. Behörde, Mitglied: 16. 39. Beigeordneter: 32. Besoldung 8. Beschlagnahme, Hüter 38. Brückenpächter: 47. Bürgermeister 32. Bürgerwehr: 21. Chauffeegeldpächter: 48. Civilsupernumerarr 14. Deich.Sozietät: 31. Diätar 14. Diensteid: 12. Disciplin: 13. Ehrenrechte: 8. 10. Einzelgeschäft. 7. Eisenb.-Bediensteter: 40—43. Feldhüter: 32. 37.
Inhalt: Feldmesser: 8. 45. Fest-, Fragstellung: 15. Feuerbeschau rc.: 20. 2t. Feuer-Sozietät: 3i. Förster: 32. 37. Forstlehrling: 14. Gefangenen-Transport: 34. Geistlicher: 28. Gemeinde-Beamter: 32—34. -Dienst: 34. -Empfänger: 32. -Mitglied: 34. -Vertreter; 39. -Vorsteher: 32. 39. Gendarm: 49. GerichtSvollz.-Geh.: 21 a. Geschworener: 18. Gewerbtreibender: 45. Grenzsperre: 34. Grubenbeamte: 46. Handelsrichter: 16. Hofbeamter: 30. HülfsgerichtSschreiber: 14. Hüter r 38. Kirchen-Beamter: 29. Körperschaft, polit.: 39. Kommission: 39. Konkursverwalter: 38. Korporation: 35. KretSbeamte 31. Kreisstand. 39. Landschaft: 31. Lehrer: 27. Lotterie-Kollekteur: 26. Macht, bewaffnete: 49. Mäkler: 45.
Magistrat. Mital. : 32. Nachtwächter: 32. Oekonomie-Kommiss.: 8. Organ d. StaatSgew.: 3. 6. 39. Polizei, Unter-Organ; 20. Postbeamte: 22 ff. Prtvat-Beamter: 36. 37. 40. Probe: 7. 14. Qualifikation. 10. Rechte g d. Staat: 8. Rechtsanwalt: 50. Ritterschaft: 31. Sachverständige: 20. 21 b. Schauspiel: 30. Schiedsmann: 17. Schiedsrichter: 17. Schöffe: 18. Schreiber: 14. Schuldeputation: 39. Schulrath (Inspektor): 32. Sequester: 38. Sicherheitsvcrein: 21. Sparkasse: 32. Stadtverordneter: 39. Steuer-Etnschätz.-Komm.: 39. Steuer-Erheber: 33. Strafgesetz: 1. Transporteur: 34. Vereidung: 12. 36. 37. 40. Vergütung: 8. Vertreter, gewählt: 39. Volksvertreter: 39. Wahlvorstand. 19. Wege-Kommiffar: 31. Weib: 11.
1. Im Allgemeinen gilt die hier gegebene Begriffsbestimmung eines „Be amten" für „dieses Strafgesetz" d. h. für das ganze Strafgesetzbuch (vgl. § 8 n. 1),
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barem oder mittelbarem Dienste eines Bundesstaats, auf Le benszeit, auf Zeit oder nur vorläufig angestellte Personen, ohne sie findet somit nicht allein bei den im 28. Abschn. behandelten „Verbrechen rc. im Amte", sondern überall Anwendung, wo daS StGB, eines Beamten Erwähnung thut, insbesondere also auch bei denjenigen Vorschriften, welche auf den Schutz eineBeamten abzielen: Z. 1. Nov. 71 (RdO. XII, 555). Da« schließt nicht aus, daß bei einzelnen Vorschriften mit Rücksicht auf ihre konkrete Faffung jenem Ausdrucke eine weiter greifende Bedeutung beizulegen sei; Beisp.: § 174 Abf. 3 („Beamte rc., welche in öffentlichen zur Pflege von Kranken rc. bestimmten Anstalten beschäftigt oder angestellt sind; vgl. dort n. 12). In Betreff ausländischer Beamten vgl. § 113 n. 2. 2. Der Begriff eine- „öffentlichen Amtes" ist weitergreifend als der eines „Beamten"; vgl. § 31 Abf. 2 und dort n. 6 ff.; Abschn. 28 (s. 741) n. 1. 3. „Im Staatsdienste angestellt" und somit „Beamter" ist ein Jeder, welcher in gesetzlicher Weise dazu berufen ist, als Organ der Staatsgewalt unter öffentlicher Autorität für die Herbeiführung der Zwecke des Staats thätig zu sein: ZRI. 18. März u. 11. Okt. 80 (RdN. I, 494: II, 313), VI. 8. Febr. 67, ZI. 30. Okt. 68 (RdO. VIII, 108; IX, 604), Münch. 18. Jan. 73, 24. Dez. 75, DreSd. 22. Jan. 75 (StZ. II, 206; VI, 57. 55); vgl. Pr. AKO. v. 11. August 1832. Bei welchem Zweige der Staatsverwaltung diese Thätigkeit staltfindet, ist gleichgültig; eine auf die Vermögensverwaltung des Staats bezügliche genügt. 4. Im „mittelbaren Staatsdienste angestellt" ist Derjenige, welcher in der angegebenen Weise (n. 3) seine Thätigkeit nicht dem Staate selbst, sondern einer dem Staate untergeordneten, organisch in seine Verfassung eingreifenden Gemeinheit widmen soll. 5. Die Berufung zum Amte („Anstellung": n. 3) muß in gesetzlicher Weise d. h. durch die zuständige Gewalt (Behörde rc.) unter Beobachtung der vorge schriebenen wesentlichen Förmlichkeiten erfolgt, und vom Berufenen angenommen sein. In Betreff deö Näheren sind die geltenden OrganisationSgesetze (des Reich oder des Einzelstaateö) maßgebend; vgl. n. 22. Insoweit diese nicht entgegenstehen, kann eine mündliche Uebertragung der Geschäfte genügen. — Ist die Gültigkeit einer solchen Berufung durch die Genehmigung einer Oberbehörde bedingt, so kann eine solche stillschweigend (durch ein bewußtes Geschehenlassen der begonnenen Amts thätigkeit) ertheilt werden. — Ein von einer Privatperson bestellter Aufseher kann (nach Maßgabe bestehender Landesgesetze) durch eine amtliche Bestätigung oder Ver eidung die Eigenschaft eines Beamten erlangen; vgl. n. 36. 37. 40. 6. Die Berufung (n. 3—5) muß dahin gehen, daß der Berufene „als Organ der Staatsgewalt" thätig sei. DaS ist selbstverständlich, wenn die übertragenen Geschäfte sich als ein Ausfluß der Staatsgewalt darstellen, z. B. wenn ihnen eine besondere Autorität, oder wenn den von dem Berufenen abzufassenden oder aufzu nehmenden Schriften eine Authentizität beiwohnt. Haben dagegen die übertragenen Geschäfte die gedachte Eigenschaft nicht, sind sie vielmehr von der Art, daß sie in gleicher Weise und mit gleicher Wirkung auch im privatrechtlichen Verkehr vorkommen könnten (;. B. rein mechanische Dienstleistungen), so erlangt der Berufene die Stellung eines Beamten nur insoweit, al- ihm diese Eigenschaft durch die berufene Behörde in erkennbarer Weise beigelegt worden ist: Münch, (cit. n. 3). 7. Der § erklärt e- für gleichgültig, ob die Anstellung „aus Lebenszeit, auf Zeit oder vorläufig" erfolgt sei. Aus dieser Faffung ist nicht zu folgern, daß da- durch die „Anstellung" geschaffene Verhältniß nothwendig ein dauerndes fein müsse, vielmehr soll dadurch umgekehrt zum Ausdrücke gebracht werden, daß die Beamtenqualität durch eine Zeitdauer, für welche die „Anstellung" erfolge, nicht bedingt sei; somit genügt auch eine „auf Probe" „aus Widerruf (Kündigung) oder „vorübergehend", „zur AuShülfe" rc. oder nur für einen Einzelsall er folgte GeschäftSübertragung: BI. 6. Sept. 65, ZI. 26. Okt. 66, Z. 13. Juli 70, V. 5. Okt. 72 (RdO. VI, 277; VII, 581; XI, 408; XIII, 505). DaS gilt namentlich bei solchen Geschäften, welche in einer Funktion der Staatsgewalt bestehen, während bei der vorübergehenden Uebertragung einzelner rein mechanischer Arbeiten nicht leicht eine „Anstellung im Staatsdienste" anzunehmen sein wird; vgl. n. 6.
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Thl. II. Abschn. XXVIII.
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Unterschied, ob sie einen Diensteid geleistet haben oder nicht, ingleichen Notare, nicht aber Advokaten und Anwälte. [I. Entw.: § 336; II. Entw.: § 355; Pr. -StGB.: § 331.] SlGB. § 145.
Dgl. § 31; R.-Mil.»
Preußen: Vgl. AM. II, 10 § 1 ff.; AKO. v. 11. Aug. 1832 (GS. s. 204). 8. Die Form der Berufung ist unwesentlich, insbesondere eine förmliche Bestallung nicht erforderlich: Manh. (BAnn. 42 s. 141). Die Berufung kann im Wege eines Privatvertrags erfolgen, z. B. wenn ein Beamter befugt ist, Gehülfen oder Unterbeamte gegen eine von ihm zu leistende Bergütuug anzunehmen (vgl. n. 22); oder wenn einem Feldmesser, Baukondukteur, Oekonomie-Kommissar rc. die Vornahme gewisser Staatsgeschäste, z. B. die zeitweilige amtliche Leitung oder Beaufsichtigung einer für den Staat oder eine Staatsgemeinheit auszuführenden Arbeit rc. vertragsmäßig übertragen wird: BI. 8. Juli 57 (GA. V, 693); vgl. n. 45; § 266 Nr. 3; Pr. AKO. v. 19. Jan. 1833 (GS. s. 4). 9. Es macht keinen Unterschied, ob mit der Uebertragung einer amtlichen Funktion sonstige Rechte oder Vorzüge gewährt sind, z. B. ein Amischarakter, eine Besoldung, die Unabsetzbarkeit rc.: V. 12. Juli 71, 5. Okt. 72 (RdO. XII, 388; XIII, 505), Dresd. 29. Sept. 71 (SGZ. XV, 316; insbesondere, ob der Angestellte ein Gehalt bezieht oder blos auf den Bezug von Gebühren, selbst solchen, welche für jede Einzelleistung von Privaten zu entrichten sind, angewiesen ist: ZRI- 24. Juni 80 (RdR. II, 109); desgleichen, ob der mit einer Amtsfunktion Betraute auch die Verantwortlichkeit für dieselbe dem Staate gegenüber zu tragen hat; er kann Be amter sein, selbst wenn diese Verantwortlichkeit einem Andern, z. B. dem ihn An stellenden (n. 8) zur Last fällt: ARI. 1. Juli 80 (RdR. II, 144), Manh. 30. Juni 72; contra*. Münch. 22. Febr. 73, 13. Juni 79 (StZ. II, 133. 247: BEntsch. IX, 302); vgl. n. 22. 10. Nur die erfolgte „A nstellun g" ist für die Beamtenqualität entscheidend; nicht, ob bei dem Angestellten alle Voraussetzungen zutrefsen, durch welche die Quali fikation zur Erlangung des betr. Amtes bedingt war; ebenso: ARI. 3. Juni 80 (RdR. II, 24), Münch. 15. April 78 (BEntsch. VIII, 172) ; hat erstere stattgefunden, so schließt selbst der Umstand, daß der Betreffende zur Zeit nicht im Besitze der rc. Eh renr echte war, jene Eigenschaft nicht aus: BI. 6. Sept. 65 (RdO. VI, 277); contra (für den Fall einer auf § 31 beruhenden Unfähigkeit): Herbst i. GSaal 27 s. 401 ff. 11. Auch weibliche Personen können unter den geeigneten Voraussetzungen Beamte sein: ZI. 13. Mai 59 e. Groß; ebenso Ausländer: § 4 Nr. 1; Münch. 15. April 78 (cit. n. 10). 12. Die Ableistung eines Diensteide- ist für die Eigenschaft al- Beamter nicht entscheidend: die eine Funktion der Staatsgewalt ausübenden Personen sind „Beamte", selbst wenn sie keinen Diensteid geleistet haben, während den zu rein mechanischen Arbeiten Berufenen die gedachte Eigenschaft abgehen kann, selbst wenn sie eine treue Drenstführung eidlich angelobt haben; bei den zuletzt gedachten Per sonen wird indessen die Leistung eines Diensteides wesentlich in die Wagschale fallen, wenn eS sich darum handelt, ob sie als Beamte „angestellt" worden sind; vgl. n. 6. — Ausnahmsweise kann die Amtseigenschaft bei einzelnen mit amtlichen Funktionen betrauten Personen durch die Vereidung bedingt fein; vgl. n. 21a—22. 36. 40. Eine solche Ausnahme begründet jedoch nicht § 3 des RGef.'s v. 31. März 1873 be züglich der Reichsbeamten: ZU. 22. April 79 (RdO. XX, 220). 13. Ebensowenig ist es entscheidend, ob der Angeklagte den Disciplin ar ge setz en unterliegt: ZI. 4. Jan. 60 c. Köhn. 14. Nach dem unter n. 6—8 Gesagten kann eS leicht geschehen, daß eine bei einer Behörde zeitweise beschäftigte Person, je nach der ihr zugetheilten Beschäftigung, bald als Beamter thätig ist, bald nicht. Das gilt namentlich von den zur eignen Ausbildung, sowie von den zur Aushülfe auf den Sekretariaten (Kanzleien rc.) bei größeren Behörden (vertragsmäßig) angenommenen oder beschäftigten Personen, welchen der amtliche Charakter nicht in bleibender Weise beigelegt ist (n. 6); z. B. bei
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Diätarien, Schreibern, C ivilsupernumerarien, den Rheinischen Hüls», gerichisschreibern rc.; sie sind Beamte, sobald sie eine Funktion der Staats gewalt selbst ausüben, oder bei einer solchen in wesentlicher Weise selbst Mitwirken, z. B. wenn sie bei einer amtlichen Verhandlung das Protokoll führen und mit vollziehen. Dagegen geht ihnen jene Eigenschaft ab, so lange sie nur die mechanische Arbeit des Schreibens (Abschreibens) vornehmen, während die Vollziehung der ge fertigten Schrift Anderen obliegt; (vgl. Pr. AKO. v. 19. Nov. 1849, Min.-Verf. v. 26. Nov. 1849): Z. 18. Nov. 68, 23. Febr. 70, ZU. 8. Jan. 74 (RdO. IX, 653; XI, 114; XV, 7), Dresd. 17. März 73 (SlZ. II, 41). — Ebenso verhält es sich mit Applikanten, Dolmetschern, Forstlehrlingen rc.; vgl. GeschästS-Regl. d. Pr. JMin.'S v. 3. April 1841 § 3 Nr. 4. 7 (JMbl. s. 172).
15. Nach dem bisher Ausgeführten bietet die Frage: ob Jemand „Beamter" und als solcher thätig gewesen sei, nicht allein eine thatsächliche, sondern auch eine wesentlich rechtliche Seite dar. Wird dieselbe zweifelhaft oder bestritten, so bedarf eS einer genauen Feststellung aller thatsächlichen Momente, welche für die Lösung jener rechtlichen Frage in Betracht kommen. Letzteres galt nach Pr. Verfahren auch in schwurgerichtlichen Sachen und eS war daher in der Frage an die Geschworenen ev. der Begriff „Beamter" durch Angabe der speziellen dienstlichen Beziehungen deS Angeklagten rc. aufzulösen; vgl. VII 19. Febr. 63, BI. 7. Febr. 66, ZII. 4. Okt. 77 (RdO. III, 296; VII, 86; XVIII, 620). Jetzt gilt in dieser Hinsicht jedoch daS Gegentheil; vgl. § 267 n. 37 a. E.
16. Jedes Mitglied einer ,,Behörde" (vgl. § 114 n. 7ff.) ist als solches Beamter: AI. 5. Mai 69 (RdO. X, 288). Dasselbe gilt von den ans dem Kauf mannsstande berufenen Mitgliedern eines Handelsgerichts. Vgl. RGVG. § 116, Pr. AuSführungs-Ges. z. dems. § 7; contra: Olsh. I, 115. 17. ... ebenso von einem Pr. Schiedsmanne: Mot. s. 147; vgl. RStPO. § 420, Pr. Schiedm.-Ordn. v. 29. März 1879 §§ 2. 5ff.; nicht aber von freige wählten Schiedsrichtern (ihre Thätigkeit ist kein Ausfluß der Staatsgewalt). 18. Geschworne und die bei der Strafrechtspflege zugezogenen Schöffen sind nicht Beamte: Mot. s. 55; vgl. Abschn. 28 (s. 741) n. 1; contra (in Betreff der Württemb Schöffen!: Stuttg. 5. Juni 78 (WGbl. XV, 27). — Die Geschwo renenbank als solche ist auch keine Behörde; sie verhandelt mcht kollegialisch: jeder Geschworene giebt nur seine Einzelstimme ab; das gilt selbst dann, wenn dem Spruche derselben eine Berathung vorhergeht; vgl. RStP_. § 304. 19. Die Mitglieder eines zu einer Abgeordnetenwahl berufenen Wahlvor standes sind Beamte: ZII. 18. Juni 68, BI. 30. Okt. 68 (RdO. IX, 394. 604). 20. Ebenso verhält es sich mit den von einer Polizeibehörde zur Hand habung polizeilicher Funktionen in zuständiger Weise angenommenen Unter-Organen: BI. 20. Jan. 64 (RdO. IV, 305); Beisp.: die für einen bestimmten Bezirk ange stellten Fleischbeschauer: ZRI. 24. Juni 80 (RdR. II, 108;, Münch. 12. Jan. u. 22. März 80 (BEntsch. NF. I, 87. 115), BII. 6. Fedr. 77 (RdO. XVIII, 95: ahn dete daher die unbefugte Ausübung dieses Berufs aus 8 132); contra: Pr. MV ff. v. 6. April u. 26. Juli 77 (VMbl. f. 166. 198: jene feien, selbst wenn sie vereidet und mit Anweisung eines Bezirks für ihre Wirksamkeit angestellt worden, nur Gewerbtreibende: Gew.-O. 8 36); ferner Derjenige, welchem die Ortspolizeibehörde auS polizeilichen Gründen irgend ein Geschäft (z. B. den öffentlichen Gassenruf) aus schließlich Übertragen hat, sollte derselbe auch im Einzelfalle nur im Auftrage eines Privaten handeln; so: ZII. 10. März 70 (RdO. XI, 166); nicht aber mit einem zu solchen Funktionen, z. B. in Angelegenheiten der Feuerbeschau, zugezogenen Sachver ständigen: Münch. 24. Dez. 75 (BEntsch. V, 571), selbst, wenn er vom Bezirksamte als ständiges Mitglied der Feuerbeschaukommisston in Pflicht genommen ist: Münch. 11. Mai 77 (BEntsch. VII, 184). 21. Ebenso sind Beamte die Mitglieder einer in gesetzlicher Weise gebildeten und zusammengesetzten Bürgerwehr (Pr. Ges. v. 17. Okt. 1848; Pr. Vers. v. 31. Jan. 1850 Art. 105 Nr. 3): ZI. 5. Nov. 56 c. Pieper; nicht minder die Mit glieder eines Sicherheitsvereins (Pr. Ges. v. 11. März 1850 § 7), (die Mit glieder und) Unterbediensteteu eines zur Erhaltung der öffentlichen Ordnung mit
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Genehmigung der höheren Behörde zusammengetretenen PrivatvereinS: DreSd. 23. Jan. 71 (SGZ. XV, 81), desgleichen die auf Grund der FenerlöschungS-Ordn. für die Prov. Brandenburg v. 11. Okt. 1847 bestellten Feuer-Distriktskommissarien (ihr Vorgesetzter im Sinne deS § 196 ist der Landrath): VI. 30. Apr. 75 (RdO. XVI, 332). 21a. Ein Bayrischer Gerichtövollzieher-GehÜlse ist Beamter, sofern seine Anstellung von der zuständigen Behörde genehmigt und seine Vereidung erfolgt ist: Münch. 14. Aug. 74, 2. Nov. 78 (BEntsch. IV, 334; VIII, 524). — Dasselbe gilt unbedingt von den Pr. Gerichtsvollziehern kraft Auftrags. 21b. . . . ebenso ein nach dem Bayr. Ges. v. 15. Aug. 1828 behufs Normirung der Häusersteuer gewählter und vereideter sachverständiger Taxator: Münch. 12. Jan. 77 (BEntsch. VII, 14). 21c. . .. ebenso ein Kgl. Bayer. Straßenwärter: Münch. 18. Febr. 80 (BEntsch. NF. I, 99). 22. Die Anstellung der Unterbeamten der Post ist Sache der einzelnen Bundesfloaten: D. Verfass. Art. 50; dies hindert jedoch nicht, daß, wenn die Regierung eines Bundesstaats die Ausübung dieses Anstellungsrechts dem Reiche überlasten hat, die von den kais. Oberpostdirektionen angestellten Unterbeamten Beamteneigenschaft besitzen: ZU. 22. April 79 (RdO. XX, 220). — Ein Pofteleve, welchem inten* mistisch die selbstständige Verrichtung des Post- (Schalter.) Dienstes übertragen wor den, ist Beamter: DreSd. 22. Jan. 75 (cit. n. 3); vgl. n. 14; desgleichen ein mit Genehmigung der vorgesetzten Dienstbehörde als Privatgehülfe deS Postexpedienten angenommener Post.Expedit ionsgehülfe, obschon jener ihn ohne Weiteres ent lassen kann, und für seine Dienstleistung unmittelbar verantwortlich ist: ARI. 1. Juli 80 (RdR. II, 144: mindestens im Falle dienstlicher Vereidung), VII. 5. Nov. 63, ZI. 15. Febr. 65, Beschl. II. 5. Apr. 66 (RdO. IV, 154; V, 504; VII, 205). (Dasselbe gilt von einem in ähnlicher Weise bei einer StaatSeisenbahn bestellten Privatgehülfen: Manh. 30. Juni 72, StZ. II, 133). 23. ... ebenso ein Postbriesträger, sollte er auch nur vom Post-Expe dienten angenommen sein: ZI. 14. Febr. 55 c. Scharff. 24. ... ebenso ein Postillon, so lange er Postdienste verrichtet: VPl. 19. Dez. 57 (IMbl. 58 s. 79). 25. Dagegen sind die Posthalter nicht mehr, wie nach der Pr. Postordnung v. 25. Nov. 1782, Beamte: VPl. 19. Dez. 57 (cit. n. 24; beil.). 26. Die Haupt-Kollekteure der Kgl. Sächsischen Staats-Lotterie sind Be amte: DreSd. 20. Juni 73 (SGZ. XVI, 188). DaS ist aber jedenfalls auf Unterkollekteure nicht auözudehnen. In Preußen sind Lotterie-Kollekteure keine Beamten: ZU. 7. Okt. 75 (RdO. XVI, 644). 27. Die Lehrer der öffentlichen Volksschulen und der höheren Unterrichts anstalten sind Beamte: Pr. Verfass, v. 31. Ian. 1850 Art. 23; Wolfenb. 9. Juni 76 (Br. Z. 23 f. 167: betraf den Gemeindeschullehrer); contra: DreSd. 1. Okt. 77, 5. Juli 78 (SGZ. 22 s. 183; 23 s. 45: in Betreff der Lehrer an Volksschulen, nicht auch in Betreff der Direktoren höherer Volksschulen im Sinne des Sächs. Schulges.'S v. 26. April 1873 § 13 Abs. 3). Daö gilt auch von den Lehrern (Leh rerinnen) einer unter Mitwirkung der zuständigen Verwaltungsbehörde gebildeten Handwerker- oder Arbeitsschule: Münch. 7. April 76 (BEntsch. VI, 179: betraf eine Schule für weibliche Arbeiten), sollten sie auch weder vereidet noch besoldet (ein: ZII. 13. Mai 61 (RdO. I, 396). 28. Geistliche sind als solche keine Beamten; vgl. § 196, welcher „Reli gionsdiener" neben „Beamten" aufzählt: ZII. 28. Mai 74, ZI. 17. Juni 74 (RdO. XV, 335. 422), Manh. 1. Juli 73 (StZ. III, 76), Mev. i. HH. III, 937; vgl. Abschn. 28 (s. 741) n. 1. Die Vorschriften des ALR. II, 11 §§ 19. 96 sind schon durch die Pr. Verfaff. v. 31. Jan. 1850 Art. 15 außer Wirksamkeit gesetzt (Oppenh. Reffortges. s. 169 n. 500) und durch die Aufhebung dieses Art.'S (Ges. v. 18. Juni 1875) nicht wieder aufgelebt. — Der obige Grundsatz erlitt eine Aus nahme, insoweit und so lange die Geistlichen die mit öffentlichem Glauben auSgestatteten Kirchenbücher führten; in dieser Eigenschaft waren sie „Beamte"; dasselbe gilt noch jetzt, wenn sie als staatlich bestellte Lehrer oder Schulinspektoren fungiren. Daffelbe nahmen, wenigstens für das Gebiet des Pr. ALR.'S, ZI. 30. April 73,
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VII. 16. Nov. 76 (NdO. XIV, 318; XVII, 743) in Betreff der Pfarrer als Ver walter des Kirchenvermögens an; sie seien in dieser Hinsicht mittelbare Staatsdiener; ebenso entschied ZRI. 11. Okt. 80 (RdR. II, 313) in Betreff der protestantischen Pfarrer in Bayern; vgl. n. 29. 29. Ebenso sind Kirchen-Beamte, z. B. Kirchenvorsteher, Kirchenrendanten re. nicht Beamte im Sinne des StGB.'S; contra: ARI. 20. Jan. 81 (Entsch. III, 258: speziell in Betreff der Rendanten katholischer Kirchengemeinden in der Rhein provinz, unter Bezugnahme auf das Pr. Ges. v. 20. Juni 1875) und (arg. Pr. ALR. II, 11 §§ 321 ft. 555. 619 ff.) | VI. 25. Mai 59, ZI. 7. Dez. 60 (GA. VII, 708; IX, 133) ZU. 10. Dez. 68 (RdO. IX, 728); VII. 4. Nov. 69 (RdO. X, 693: in Betr. der Mitglieder eines evangelischen PreSbyteriumS und ihrer Thätigkeit bei der Pfarrerwahl, vgl. Pr. AKO. v. 5. März 1835); ZI. 15. März 71 (RdOXII, 161); ZI. 5. Sept. 62 (RdO- II, 550: in Betreff des Vorstehers einer Synagogengemeinde); vgl. überdies n. 28. — Auch das erleidet eine Ausnahme, in soweit ein Kirchenbeamter berufen ist, in kirchlichen Gebäuden und bei kirchlichen Feierlichkeiten polizeiliche Funktionen auözuüben. 30. Hosbeamte sind als solche keine Beamten; contra: VI. 25. Sept. 58 (IMbl. s. 207) in Betreff der bei der Pr. General-Intendantur der König lichen Schauspiele Angestellten, weil das betr. Institut als öffentliche Anstalt für staatliche Zwecke anzusehen sei (bedenklich). 31. Die verwaltenden Organe der Gemeinden, Kreise und Provinzen sind Beamte: z. B. die Bediensteten der Deich-, der Provinzial-Feuer-Sozietäten, der Ritterschaften und Landschaften: ZU. 14. Okt. 61, ZI. 30. Nov. 70 (RdO. II, 14; XI, 580); ein KreiS-Wege-KommissariuS: ZI. 9. Mai 73 (NdO. XIV, 365), sowie überhaupt alle von einem Pr. Kreis-Ausschüsse — Kreis.Ordn. v. 13. Dez. 1872 § 134 Nr. 3 — ernannten Beamten, sollte der be treffenden Stellung auch in der KreiS-Ordn. selbst nicht gedacht sein (auch hier kommt auf die Vereidung Nichts an): VI. 12. Nov. 75 (RdO. XVI, 724). 32. Demgemäß gehören hierher alle Beamten der Gemeinden, insbesondere (in Preußen) die Bürgermeister, Beigeordneten, Gemeindevorsteher und Magiftratömitglieder: ZI. 5. Mai 69, Z. 15. Dez. 69 (RdO. X, 288. 787): ein Sächsischer Gemeinde-Vorstand: Dresd- 1. Aug. 73; contra: Dresd. 12. Nov. 11. 8. Dez. 71 (SGZ. XVI, 123. 234; XVIII, 80); ein Braunschweigischer Gemeindevorsteher: Wolfenb. 8. Febr. 77 (Br. Z. 25 s. 179); ein B ezirksvorsteher: ZI. 10. Febr. 69 (RdO. X, 77); ein Schulze: ZU. 30. Apr. 68 (RdO. IX, 303); der Vorsteher einer städtischen Armen-Kommission (nach der Pr. Städte-Ordn. v. 30. Mai 1853): DI. 4. Mai 64 (RdO. IV, 489), vgl. v. 39; der GemeindeEmpfänger: ZU. 13. Juni 57 c. Fink; Wolfenb. 5. Sept. 73 (StZ. III, 107, welches aber das Gegentheil in Betreff des Rechnungsführers einer gemeinheitlichen Genossenschaft annahm); (in Preußen) der Gemeinde-Exekutor: VI. 23. April 79 (RdO. XX, 225); der Stadtschulrath (Inspektor): ZI. 28. Juni 61 (RdO. I, 470); der Gemeindediener: ZI. 9. Mai 60 c. Röpke, der GemeindeNachtwächter: ZI. 12. Juli 67 (RdO. VIII, 471), BI. 11. Sept. 74 (RdOXV, 554: nicht aber ein Privatnachtw ächter); der Gemeinde-Förster: ZPl. 12. Jan. 57 (Entsch. 35 s. 240); der Gemeinde- (und der Ehren-) Feldhüter (ALR. II, 7 § 68; II, 10 § 69; FPO. v. 1847 §§50. 51; FFP.-Ges. §§ 62ff.): DI. 29. Sept. 58 (GA. VI, 841), V. 3. Nov. 69 (RdO. X, 687: betr. die Pro vinz Hannover); durch das Zutreffen der Voraussetzungen des § 51 der FPO. v. 1847 wurde nicht die Amtsqualität der Gemeindefeldhüter, sondern nur der dort gewährte „volle Glauben" ihrer Bekundungen bedingt: ZI. 9. Juli 69, 27. Jan. 75; contra: VII. 28. Sept. 65 (RdO. X, 498; XVI, 87; VI, 346); — ein auf Grund gesetzlicher Vorschrift für gewisse Angelegenheiten, z. B. Versicherungen, von der Ge meinde bleibend angefiellter und vereideter Taxator: ZI. 7. April 75 (RdO. XVI, 273). Ferner ein Gemeinde-W age meisterr Münch. 13. Sept. 73 (StZ. III, 38); der Stadt- oder Marktschreiber einer Bayer. Gemeinde und ein von einem Bayer. Bezirksamte angestellter Inspektor des gemeindlichen Feuerlöschwesens: Münch. 18. Juni 77, 15. April 78 (BEntsch. VII, 245; VIII, 172); desgleichen (in Bayern) die Mitglieder eines Gemeinde-Ausschusses, selbst in Ansehung ihres das vermögensrechtO))penhofs, D. Strafgesetzbuch.
8. Ausg.
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liche Interesse der Gemeinde betreffenden Wirkungskreises sowie ein einzelner Gemeindebevollmächtigter , so: Münch. 20. April u. 22. Jan. 75 (BEntsch. V, 151; StZ. V, 171); vgl. jedoch n. 34, 39. Endlich gehören hierher auch die Angestellten bei sonstigen Gemeinde-Anstalten z. B. bei einer Gasanstalt: ZN. 18. Apr. 61 (GA. IX, 647); der Revisor der städtischen Wasserwerke, indem er als Organ der Gemeindebehörde zur Beaufsichtigung einer gemeinnützigen Anlage, mithin zur För derung öffentlicher Zwecke angestellt ist: ZI. 2. März 77 (RdO. XVIII, 178); der Rendant einer unter der Verwaltung der Stadt stehenden Sparkasse, sollte diese im Uebrigen auch ein von der Stadt getrenntes Rechtssubjekt sein: ZU. 10. Dez. 68, Z. 13. Juli 70 (RdO. IX, 528; XI, 408), Manh. 3. Mai u. 29. Juli 73 (BAnn. 40 s. 85); vgl. OTr. 7. Dez. 76 (GA. 24 s. 609). Dgl. n. 45. 33. Dasselbe gilt von den durch die Gemeinden mit Genehmigung der vor gesetzten Behörden bestellten Steuer-Erhebern; dem steht es nicht entgegen, daß nach ALR II, 7 § 54 die Steuererhebung dem Schulzen obliegt, und daß die Ge meinde eventuell für die Unterschlagungen ihres Erhebers einsteht: ZU. 18. Sept. 72 (RdO. XIII, 461). Dagegen sind die Steuervertheiler (im Großherz. Sachsen) keine Beamten: Jena 78 (Voll. 25 s. 363). 34. Ferner sind Beamte solche Gemeindemitglieder, welche in Folge eines ihnen im Gemeindedienste ertheilten Auftrags einen Akt der Staatsgewalt ausüben, z. B. einen Gefangenen transportiren oder eine Grenzsperre handhabe;!: StZ. II, 246; contra: ZPl. 24. Apr. 54 (Entsch. 28 s. 164), VI. 7. Mai 75 (RdO. XVI, 356: weil es einer Anstellung bedürfe). 35. WaS von den Gemeinde rc. -Beamten gesagt ist, gilt auch von den Be amten solcher Korporationen, welche die Bestimmung haben, Zwecke des Staats zu erfüllen und Rechte des Staats auszuüben: BII. 30. Juni 53 (Entsch. 26 s. 163); z. B von den Vorständen (Vorstandsmitgliedern) und den Redanten der (ländlichen) Schulgemeinden: DI. 23. Okt. 78, ZI. 29. Jan. 79 (RdO. XIX, 475; XX, 51); von den Angestellten in einem Sächs. Bezirksarmenarbeitshause: DreSd. 28. Jan. 71 (StRZ. XII, 168). Schmoller i. WGbl. XIII, 103 nimmt dasselbe für Würt temberg in Betreff aller Personen an, welche bei den unter öffentlicher Aufsicht und Leitung stehenden Stiftungen angestellt sind. 36. Die durch einen Privat-Waldbesitzer gemäß § 32 des Pr. HDGes.'S v. 1852 oder § 62 des Pr. FFP.-Ges.'S mit dem Forst schütze betrauten Personen sind Beamte, wenn sie mit der vorschriftsmäßigen Genehmigung angestellt bzw. vor schriftsmäßig bestätigt sind (sie üben polizeil. Funktionen auS): ARII. 1. Okt. 80, DI. 23. Juni 69, ZI. 21. Mai 73 (RdR. II, 288; RdO. X, 445; XIV, 390: diese Erkk. forderten zur Beamtenqualität eines Privatförsters dessen Vereidung; daS FFP.-Ges. stellt diese Bedingung nicht); ähnlich für Baden in Betreff verpflichteter Jagdaufseher: Mannh. 8. März 73 (StZ. II, 250). Vgl. n. 12. 37. Dasselbe gilt von den in Gemäßheit bestehender Gesetze bestellten Pri vatfeldhütern (vgl. für daS linke Rheinuser Code 3 drum. IV art. 40; Ges. v. 28. pluv. VIII, art. 9): Pr. JMVf. v. 30. Juni 1838, VI. 29. Sept. 58 (RS. VI, 548; GA. VI, 841). Nach tz 52 der Pr. FPO. v. 1847 war der von einem Gutsbesitzer bestellte, vereidete oder nicht vereidete Feldhüter nur dann Beamter, wenn das Gut einen selbstständigen Gutsbezirk bildete: VI. 29. Nov. 76 (RdO. XVII, 767: inwiefern die Kreis-Ordn. v. 13. Dez. 1872 bezüglich der seitdem an gestellten Feldhüter hieran Etwas geändert habe, ließ das Erk. unentschieden). DaS FFP.-Gef. (§ 62) hat diese Beschränkung mit Absicht fallen gelaffen, vgl. Mot. zu dems. s. 43, und macht die Amtsqualität ebensowenig von einer Vereidung abhängig; vgl. n. 36. 38. Anders verhält es sich mit solchen Personen, welchen von einer Behörde (einem Beamten) ein Auftrag lediglich im Interesse einzelner Privaten ertheilt ist; demgemäß ist ein bei einer Zwangsvollstreckung bestellter Hüter in Beschlag ge nommener Sachen oder ein gerichtlich gestellter Sequester kein Beamter: VI. 22. Dez. 58 (Entsch. 40. 2 s. 17), ebenso ein Konkursverwalter. 39. Diejenigen Personen, ^welche als Vertreter des Volts oder der Be wohner eines Theiles des Staates gewählt sind, um bei einzelnen Zweigen der Staatsverwaltung mitzuwirken, sind nicht vou einer als solcher bestehenden Gewalt berufen, und ebendeshalb auch keine Organe der Staatsgewalt (n. 3. 6), sondern
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neben den letzteren thätig. Demgemäß sind die Reichstags- und Landtags kammer-) Mitglieder, Kreisstände, Stadtverordneten (selbst die Vor steher derselben: ZI. 8. Juli 72, RdO- XIII, 431), die Gemeindeschössen rc. keine Beamten; contra (in Betreff der Mitglieder eines Gemeinderathskollegiums): Stuttg. 10. Mai 76 (WGbl. XI, 371). — Dagegen bildet die Gesammtheit solcher Vertreter eine „politische Körperschaft"; vgl. § 197 (n. 2). — Die Volksvertreter erlangen die Beamtenqualität auch nicht dadurch, daß ihnen in der gedachten Eigen schaft die Ausführung einzelner Geschäfte oder die Beaufsichtigung einzelner Geschäfts zweige ausgetragen wird. Eine Ausnahme tritt nur da ein, wo aus einzelnen Mitgliedern der gedachten Körperschaften eine für sich bestehende Behörde gebildet wird, welche ihrerseits auf einem gewissen Gebiete der Staatsverwaltung als Staatsgewalt thätig ist, z. B. eine aus Ständemitgliedern gebildete Kommission, welche das Staats schuldenwesen verwaltet; ihre Mitglieder sind (im Sinne deö StGB.'s) „Beamte" (n. 16); weitere Beispiele siehe bei § 114 n. 7ff.; das Gegentheil ward angenommen in Betreff der Mitglieder einer städtischen Armen-Kom Mission und der s. g. „Armenväter" (nach der Rhein. Städte-Ordn. v. 15. Mai 1856) durch ZII. 13. Juni 57 c. Fink; Komp.-GH. 25. Okt. 56 Bux c. Köppchen; vgl. v. 32. 40. Eine Privat-Eisenbahngesellschaft ist, soweit sie.Erwerbözwecke ver folgt, keine Staatsanstalt; die bei der Verwaltung oder Kontrolirung von Ein nahmen und Ausgaben derselben thätigen Bediensteten sind daher keine Beamten: ZII. 4. Dez. 73 (RdO. XIV, 775: betr. einen die Zahlung des Fahrgeldes kontrolirenden Schaffner); ebenso die durch die Gesellschaft beschäftigten und angestellten Arbeiter: Dresd. 5. Mai 76 (SGZ. 21 s. 54); das Gegentheil gilt von den BahnBeamten, welche die der Gesellschaft überlassene Bahnpolizei handhaben, sobald sie den vorschriftsmäßigen Eid geleistet haben;, vgl. n. 12, § 113 n. 6a, Pr. EB. - Ges. v. 3. Nov. 1838 § 23; St.-Min.-Beschl. v. 26. Nov. 1853 (VMbl. 54 s. 2); Pr. Dise.-Ges. v. 21. Juli 1852 §§ 5. 19. 24; Oppenh. Ress. - Ges. s. 328 n. 49. 50; sie haben alsdann gemäß §§ 68. 70 des R.-Bahnpolizei. Regl.'S v. 4. Jan. 1875 (REentralbl. s. 57) wie früher nach §§ 75. 77 des Regl.'S v. 3. Juni 1870 (BGbl. s. 477) ihre Thätigkeit aus die ganze Bahn und die dazu gehörigen Anlagen (ein schließlich der Warte- und Restaurationszimmer: ZI. 17. Jan. 77, RdO. XVIII, 39) zu erstrecken und besitzen in Bezug aus die ihnen in dieser Hinsicht übertragenen Dienstverrichtungen, dem Publikum gegenüber, die Rechte öffentlicher Polizeibeamten. Vgl. (speziell in Betreff der Bahnwärter): ZRIII. 10. April 80 (RdR. I, 565). 41. Die Personen, welche von den Privat-Eisenbahngesellschaften zur Beauf sichtigung der beim Eisenbahnbau beschäftigten Handarbeiter angestellt worden sind, haben, insoweit ihnen polizeiliche Funktionen zustehen, den Beamten charakter; vgl. Pr. Ges. v. 21. Dez. 1846 § 1 9h—k. 25. 42. Daraus, daß der Staat die Leitung eines Privat -EisenbahnUnternehmens für die Aktionäre übernommen und den Mitgliedern der bestellten Direktion den AmtScharakter beigelegt hat, folgt nicht, daß dieselbe Eigenschaft auch den von dieser Direktion angenommenen oder von der früheren Privat-Direktion übernommenen Unter-Angestellten beiwohne, wenn nicht auch diese in den Staats dienst übernommen sind; contra: ZI. 3. Nov. 75 (RdO. XVI, 707), ZII. 5. Juli 77 (RdO. XVIII, 505); vgl. Beschl. I. 16. Febr. 59 (JMbl. s. 106). 43. Die bei einer Staatöbahn Angestellten sind Beamte; dies gilt selbst von einem auf dem technischen Büreau der Gen.-Direktion, wenngleich nur versuchs weise angestellten und nur handgelttbdlich verpflichteten Zeichner: Manh. 15. Jan. 76 (BAnn. 42 s. 43), desgleichen von einem Weichenwärter: Stuttg. 15. Sept. 75 (WGbl. XI, 80); nicht aber von dem Fuhrknechte eines seitens der Bahnverwaltung angestellten Güterbeförderers: Stuttg. 13. Mai 74 (WGbl. VIII, 239). 44. Die mit der Verwaltung einer Kaufmanns-Korporation, einer Zunft oder Innung betrauten Personen (Gew.-O. §§4. 97ff.) sind keine Beamten: Beschl. I. 11. Jan. 61 (RdO. I, 204). 45. Ebenso sind Gew erbtreibende, selbst wenn sie zu ihrem Gewerbs betriebe eine vorschriftsmäßige „Approbation", „Erlaubniß", „Genehmigung" rc. er langt haben oder von einer Behörde „öffentlich angestellt und beeidigt rc." sind, darum noch keine Beamten. Das gilt z. B. von Aerzten, Apothekern, Feld messern, Markscheidern, Taxatoren, Auktionatoren; vgl. § 266 Nr. 3;
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Thl. II. Absch». XXIX.
Uebertretunflen.. — §§ 359. (360 ff.)
Aeunuilhwanzigster Abschnitt *).
Uebertretungen. Gew.-O. § 29 ff.; Oppenh. Ress.-Ges. s. 169, 454. DaS Gegentheil tritt ein, sobald einem solchen Gewerbtreibenden durch die Bestallung eine amtliche Wirksamkeit, z. B. seinen Akten eine bevorzugte Glaubwürdigkeit beigelegt ist; vgl. n. 8; dem gemäß ist ein amtlich angestellter Handels Mäkler Beamter: HGB. Art. 66. 68. 75. 84; Pr. EG. z. HGB. Art. 9. 70. Dasselbe nehmen Constanz 29. Dez. 77 u. Ottendorf (BAnn. 44 s. 197) von einem (Badischen) Gemeindewasenmeister an. In Betreff der Fleischbeschauer vgl. n. 20. 46. Ebenso sind die s. g. Grubenbeamten (Pr. Bergges. v. 24. Juni 1865 § 74) keine Beamten im Sinne des § 359; vgl. Oppenh. Ressortgess. s. 535. Dies gilt selbst von den Steigern aus fiskalischen Bergwerken: VII. 19. Okt. 77 (RdO. XVIII, 629). 47. Ein Brückenpächter und der von ihm mit dem Empfange des Brücken geldes Beauftragte sind nicht Beamte, sollte ihnen auch im Pachtverträge die Befugniß zur Vornahme von Pfändungen wegen Nichtzahlung des Brückengeldes bei gelegt sein: ZU. 18. Febr. 55 (RA. 50. II, 67). 48. Das Gegentheil gilt nach dem Pr. Chauss.-Geld-Tarif v. 29. Febr. 1840 Zusatzbem. Nr. 22 (GS. s. 100) von Chauffeegeldpächtern; vgl. § 113 n. 7; ZI. 28. Sept. 77 (RdO. XVIII, 615). Darum ist jedoch die Erhebung von Chauffeegeld nicht etwa eine „Handlung, welche nur kraft eines öffentlichen Amtes vorgenommen werden darf" (§ 132): ZI. 5. Mai 76 (GA. 24 j. 350). 49. „Mitglieder der bewaffneten Macht" sind als solche noch nicht Beamte; vgl. § 113. 133, wo sie den Beamten gegenübergestellt werden. Pr. Gensbarmen sind dagegen „Beamte", obgleich sie den Mitgliedern der bewaffneten Macht gleich gestellt sind: V. 4. Okt. 73 (RdO. XIV, 600); vgl. Sten. Ber. s. 746; EG. z. R.-Mil.-StGB. § 2; § 113 n. 49; contra: ZI. 5. Juli 72, ZU. 10. Jan. 78 (RdO. XIII, 386; XIX, 17: betrafen Widersetzlichkeiten gegen Gendarmen, hier sei daher nicht Abs. 1 sondern Abs. 3 des § 113 anzuwenden), Herbst i. GA. 23 f. 88 ff. (hält die Anwendbarkeit der §§ 331 — 359 auf Gendarmen für unbedingt ausgeschlossen). Zn Betreff der Personen des Soldatenstands, denen Geschäfte der Heeres- oder Marineverwaltung übertragen sind, bestimmt § 145 des R.-Mil.-StGB.'s ausdrücklich, daß, falls dieselben hierbei eine Handlung begehen, welche im Sinne der allgemeinen Strafgesetze ein Verbrechen oder Vergehen im Amte darstelle, sie nach den dort für Beamte gegebenen Bestimmungen zu bestrafen seien. 50. Zu den Advokaten (Anwälten), welche § 359 ausdrücklich als NichtBeamte hervorhebt, gehören die Pr. Rechtsanwälte (als solche): Sten. Ber. s. 759.
*) Neunundzwanzigster Abschnitt. Inhalt: Anstiftung: 6. 12. Polizet-Derordnung. Polizei-Verordnung. Ausland; 3. - Aufhebung? 38. 39. 80. - Funktion. Behörde: 46. Begünstigung: 15. - Ausnahme, Gestattung: 38. - Gastwirth: 53. Beihülfe: 7. 12. 42. - Bauplan: 60. - Gebot: 4. 40. Dolus: 8-12. 41. - Beihülfe: 42. - Gegenstände: 40 - 68. Einziehung: 2. 72. - Berathung: 29. 31. - Spez.-Gesetze: 41. Gemeinschaft: 5. - Bergpoltzet: 26. 54a. 69. - Geldstrafe. Umwandlg.: 71. Gesetz, Abänderung 18. - Beschränkung, örtl.: 24. - Gem.-Behörde: 30. 31. 47. - besonderes: 1. 19. 20. ° Beschränkung, persönl.: 36. - Dienste- 65. Holzdtebstahl: 4. 7. 15. 39 48. - Interesse: 40. 78. Kenntniß: 8-10. • - zeitliche. 37. - Gemeinde-Rechte: 61. Konkurrenz: 14. - BezirkSrath: 23. - Vorstand: 31. Mineralien: 4. 7. 15. - Bürgermeister: 30. - General-Kommtssion: 23. Militär-Person: 17. 33. - Deichwesen: 63. - Gesetz. Ergänzung: 44. Mitthäter: 5. 12. - Delegtrung: 25. 28. - Strafandrohg.: 41. 73. Polizet-Derordnung: 21 ff. - Dienstherrschaft. Hftbkt.; 43. - Widerspruch: 44. 46. - Abschr., Einreichung: 32. - Einziehung: 72. - Gewerbe: 56. 57. - ältere 22. 26. 69. 73. 75. - Eisenbahn-Direktion: 27. - Gültigkeit. 36. 39. 76ff. - Alignement 60. - Etsenbahn-Regl. : 27. 68. -- Gutsbesitzer: 29. - Amtsvorsteher: 29. • Exekution, poliz.: 35. - Haftbarkeit Dritter: 43. - Ankündigg. Heilmittel: 51. - Feldpolizet r 23. 31. 62. - Heilmittel. Ankündigg. 51. - Anordng., polizeil.: 18. 41. - Fremdenpoltzet: 53. - Hohenzollern: 23. - Aufforderung z. Beitr.: 52. - Fiskal. Maßregel: 64. - Holzverkauf-Bedingung: 66.
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Uebertretungen. — (§ 360 ff.)
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Polizei-Verordnung. Polizet-Derorbnung. Polizei-Verordnung. - Jagd. Bracken: 55. - Prüfung: 77—82. - Weg, Benutzung 48 -50. - Kenntniß: 3. 12. 41. - Urtheil: 44. 45. 78ff. - Widerspr. m. Ges. rc.: - Korordnung: 67. -- Sammt-Gemeinde: 30. 44-57. - Kompetenz: 21—34. 77. 78. - Schürfverbot: 54a. . Wiederaufhebung: 39. - Konsul: 34. - Spez.-Anordnung: 35. . Windtriebwerk: 41. - Landrath: 28. . Stoppelweide: 62. Rechtsverletzung: 1. 8. . Landwirthschaft: 23.31.62. . Strafandrohung: 69 — 73. Sondergesetze 18. 19. - Maßregel, fiSkal. 64. - ältere: 73. Strafart: 20. . Militär. 33. Strafmaß: 69. 70. 73. Strafausschließung: 13. - Neu-Anziehende. Anfn.:54. Strafumwandlung: 71. Strafmaß - 69. 70. 73. - Nichtigkeits-Beschwerde: 77. Straße: 50. Strafmilderung: 13. * Ocrtl. Begrenzung 24. Strompolizei: 26a Theilnehmer: 5 -7. 12. - OrtSpoliiei: 30—33. Urtheil, richterl.: 44.45.78ff Umstände, erschw., mild.: 12. - Presse: 44. 51. Verbind!.: 36-39. 76. 77. Uebertretung: 1; - Privatrecht. Eingr.; 45. Verkündung: 22. 41. 74. Polizei!.: 1. 8—10. AQ 50 ff 75. 76. 79. Unterlassung: 1. 10. . Rechtsweg 78ff^ Dbn., höhere Inst.: 44 — 47. Verjährung 16. Versuch: 42. Versuch: 42. - Regierung: 24. 25. 28. -■ Richter, Kenntniß: 82. Waage, Benutzung: 58. Dorschr. allg.: 2 — 16. 1. Für den Begriff der „Uebertretung" ist nur die Höhe der angedrohten Strafe maßgebend ; vgl. § 1 und dort n. 8 ff. — Da« gilt auch für solche Hand lungen (Unterlassungen), welche durch ein besonderes Reichs- oder LandesGesetz oder durch eine (in gesetzlicher Weise ergangene, vgl. n. 21 ff.) Ver ordnn n g rc. einer Landesbehörde vorgesehen sind. — Demgemäß ist es für die Charakterisirung einer That als „Uebertretung" oder Vergehen nicht entscheidend, ob durch dieselbe das Recht eines Andern verletzt wird, oder ob das Strafverbot (Gebot) einen rein polizeilichen (vorbeugenden) Charakter hat; Fälle der ersteren Art sind in den §§ 360 Nr. 7. 8; 363. 364. 367 Nr. 10; 368 Nr. 9. 11; 370 Nr. 1. 2. 4. 6 als Uebertretungen qualifizirt, während umgekehrt Bestimmungen der zuletzt erwähnten Natur nicht allein in Abschn. 29 enthalten sind, sondern sich auch in den früheren Abschnitten finden, wo sie Vergehensstrafen androhen; Beispp.: §§ 284. 327. 328; vgl. auch § 139. — Dagegen ist die erwähnte Unterscheidung für die Frage des zum Thatbestände erforderlichen DoluS von erheblicher Be deutung ; vgl. n. 8 ff. 2. Die im Thl. I des StGB.'S enthaltenen „die Bestrafung rc. im All gemeinen" betreffenden Vorschriften beziehen sich nach der ausdrücklichen Andeutung in der Ueberschrift auch aus Uebertretungen (selbst die durch besondere Gesetze oder Verordnungen vorgesehenen: EG. § 2 n. 2), insoweit dieses nach der Natur der Einzelbestimmungen möglich und das Gegentheil nicht ausdrücklich ausgesprochen ist. Ausdrückliche Besonderheiten enthalten im Abschn. I: § 27 (über den Mindest betrag der Geldstrafe: eine Mark), § 28 (in Betreff des Maßstabes und des Maßes für die Umwandlung der Geld- in Freiheitsstrafe), § 37 (in Betreff der abermaligen Verfolgung eines im Auslande bestraften Deutschen wegen eines dort verübten Ver brechens oder Vergehens) und § 40 (42), welcher die „Einziehung" nur bei vorsätz lichen Verbrechen oder Vergehen gestattet: bei Uebertretungen findet Einziehung nur insoweit statt, als sie ausdrücklich für zulässig erklärt oder geboten ist; vgl. § 360 Nr. 1. 2. 4. 5. 6. 14 und Schlußsatz, § 367 Nr. 7-9 und Schlußsatz, § 369 Nr. 2 und Schlußsatz; in diesen Fällen findet auch § 42 Anwendung. 3. Ueber die Verfolgbarkeit der im Auslande begangenen Uebertretungen vgl. § 6 und die Bemerkungen zu demselben. 4. Der Versuch einer Uebertretung ist al« solcher straflos; die Vorschriften der §§ 43—46 sind ausdrücklich aus den Versuch eines Verbrechens oder Vergehens beschränkt. Ausnahmen von diesem Grundsätze können durch besondere neben dem StGB, geltende Gesetze sowie durch Pol-Verordnungen bestimmt werden; Beispp.: Pr. Forstdiebst.-Ges. §4; Pr. FFP.-Ges. §8; Pr. Ges. v. 26. März 1856 § 2 (die unbefugte Gewinnung rc. von Mineralien betr., GS. s. 203). 5. Die Grundsätze von der Mitthäterschaft (§47) finden bei Uebertre tungen Anwendung, insoweit bei diesen eine „gemeinschaftliche Ausführung in dem zu § 47 n. 10 ff. entwickelten Sinne denkbar ist; es wird daher auch hier erfordert, daß der einzelne Thäter außer dem auf die Selbstbegehung gerichteten Willen auch das Bewußtsein und den Willen hatte, seine Thätigkeit zugleich zur Verwirklichung des auf Verübung derselben That gerichteten Willens der Anderen dienen zu lassen, so daß die eine Mißthal durch das Zusammenwirken Aller vollbracht wurde.
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Thl. II. Abschn. XXIX.
Uebertretungen. — (§ 360 ff.)
6. Anstiftung zur Begehung einer Uebertretung ist nach § 48 auö dem auf die That des Angestifteten anwendbaren Gesetze zu bestrafen. Da aber die Anstif tung wesentlich in der Hervorrusung des Entschlusses (deS Willens) zur Begehung einer Mißthat besteht, so wird hier vorausgesetzt, daß die Uebertretung vom Thäter vorsätzlich verübt worden sei: dagegen ist eS gleichgültig, ob die Strasbarkeit des Thäters durch diese Vorsätzlichkeit bedingt war. 7. Die Beihülfe zu einer Uebertretung ist als solche straflos, da § 49 sich aus Verbrechen und Vergehen beschränkt. Auch hier können die neben dem StGB- geltenden besonderen Gesetze daS Gegentheil vorschreiben; vgl. die unter n. 4 citt. Pr. Gesetze. 8. Bei den eine Rechtsverletzung in sich schließenden Uebertretungen (n. 1) gelten rttckstchtlich des DoluS dieselben Grundsätze wie bei Vergehen rc.: insbe sondere findet auch § 59 hier unbedingte Anwendung (vgl. dort n. 9); sonach wird bei den ein „unbefugtes" (unberechtigtes) Handeln voraussetzenden Uebertretungen daS Bewußtsein von dem Mangel des Rechts vorausgesetzt. 9. Auch bei den einen rein polizeilichen Charakter an sich tragenden (vor beugenden) Straf verbot en muß die verpönte Han dlung aus der freien Willens* bestimmung des Thäters hervorgegangen sein (§§ 52—54): ZU. 17. Mai 73 (RdO. XIV, 381). Dagegen findet § 59 bei den Uebertretungen der gedachten Art mir mit der Maßgabe Anwendung, daß überall da, wo die Statthaftigkeit einer Hand* lung aus polizeilichen Gründen an die Beobachtung gewisser Förmlichkeiten oder Vorsichtsmaßregeln geknüpft, oder wo ihre Vornahme mit Strafe bedroht ist, inso fern sie „polizeilichen Anordnungen" zuwider geschieht, von dem Erfordernisse des DoluS (der Kenntniß, des Bewußtseins) in Betreff der Beobachtung jener Maß nahmen oder des Vorhandenseins einer solchen Anordnung abzusehen ist, daß also die irrige Meinung: jene Maßnahmen rc. seien erfüllt, oder die Nichtkenntniß der ergangenen polizeilichen Anordnung von der Strafe nicht befreien kann; vgl. BI. 13. Dez. 78 (RdO. XIX, 583: nahm sogar bei Gewerbepolizeivergehen an, daß der Nachweis des DoluS keineswegs Voraussetzung der Bestrafung sei), DreSd. 20. Nov. 76 (SGZ. 21 (.249: bei Contraventionen wider ein Strasverbot von lediglich vorbeugendem polizeilichen Charakter sei DoluS in der Regel nicht zu erfordern), eS sei denn, daß jene irrige Meinung weder auf einem Rechtsirrthum in Betreff der maßgebenden Strafbestimmung beruht noch durch Fahrlässigkeit ver schuldet ist (§ 59 Abs. 2); so: OHG. 20. Sept. 72 (StZ. II, 17); ähnlich: ARII. 12. Okt. 80 (RdR. II, 326). Im Uebrigen vgl. über diese höchst streitige Materie BII. 31. Mai 77, DreSd. 22. Mai 78 (GA. 25 s. 499, SGZ. 22 s. 270: Mot.), Bind. II, 607, Weingardt i. SGZ. 23 f. 161 ff. Ebensowenig bedarf es zur Begründung der Strafbarkeit in Beziehung auf einen bestimmten durch die Handlung herbeigesührten Erfolg oder seine Möglichkeit eines Dolus (Bewußtseins) noch selbst einer Fahrlässigkeit: Wolfenb. 18. Okt. 73 (StZ. III, 307); contra (in Betreff der Fahrlässigkeit): Münch. 3. Nov. 73 (StZ. III, 237); vgl. Hälschn. i. GSaal XVII, 342, ZI. 5. Okt. 70 (RdO. XI, 497). Von dem Erfordernisse des Bewußtseins der Rechtswidrigkeit kann bei diesen Uebertretungen nie die Rede sein.Z. 23. März 72 (RdO. XIII, 224); contra: Bind. II, 487 ff. 10. 11. Ebenso (n. 9) bedarf es bei solchen Polizei»Uebertretungen, deren Thatbestand in der Nichtbefolgung eines polizeilichen Gebots besteht, we» der des Willens der Nichtbefolgung (Unterlassung), noch der Kenntniß von dem Vorhandensein deS Gebots; vgl. Münch. 11. Juli 79 (BEntsch. IX, 371: Motive); contra: Weingardt i. SGZ. 23 s. 174; dagegen bewirkt auch hier eine durch höhere Gewalt herbeigeführte absolute Verhinderung der Befolgung Straflosigkeit. 12. Insoweit die „Theilnahme" an einer Uebertretung strafbar ist (n. 5—7), findet auch § 59 (in Betreff der Unkenniniß straferhöhender oder mildernder Um stande) Anwendung. 13. Die Gründe, welche die Strafe auöschließen oder mildern (Abschn. 4: §§ 51—72), gelten allgemein, also auch bei Uebertretungen; die letzteren haben eine besondere Berücksichtigung in den §§ 57 Nr. 4, 67 Abs. 3, 70 Nr. 6 gesunden. 14. Aehnlich verhält eS sich mit den Grundsätzen über daö Zusammen treffen mehrerer strafbarer Handlungen (Abschn. 5 §§ 73—79); Besonderheiten für Uebertretungen enthalten die §§ 77 Abs. 2, 78 Abs. 2. 15. Die Begünstigung deS Urhebers einer Uebertretung bleibt straflos, da
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§ 257 nur von Verbrechen und Vergehen spricht; auch hier enthalten die unter n. 4 eit. Pr. Gesetze Ausnahmebestimmungen. Anders die Partirerei (§ 259). 16. In Betreff der Verjährung vgl. §§ 66—72 und die Bemerkungen zu denselben, insbesondere, was die Fälle einer fortgesetzten strafbaren Thätigkeit (Unter lassung) anbelangt, § 67 n. 5 ff. 17. Die Pr. AKO. v. 18. Jan. 1859 (VMbl- s. 97), nach welcher die im dritten Theile deS Pr. StGB.'S angeführten alternativ mit Geld- oder Gefängniß strafe bedrohten Uebertretungen (mit einigen Ausnahmen) an Militärpersonen innerhalb der Grenzen der Disziplinargewalt im Disziplinarwege bestraft werden konnten, ist durch das R.-Mil.-StGB. § 3 und durch daS EG. zu demselben v. 20. Juni 1872 §§ 2. 3 außer Kraft gesetzt worden. 18. Die in den §§ 360—370 enthaltenen Vorschriften über die dort vorge sehenen „Uebertretungen" können (vorbehaltlich des zum EG. § 2 n. 7. 13, § 5 n. 2 Gesagten) eine Abänderung im Wege der Sondergesetzgebung der einzelnen Bundesstaaten nicht erfahren, insoweit nicht die Einzelbestimmungen des StGB.'S selbst für ihre Anwendbarkeit das Bestehen oder den Erlaß besonderer gesetzlicher oder polizeilicher Anordnungen voraussetzen; vgl. § 360 Nr. 9. 12. 14, § 361 Nr. 6, § 366 Nr. 1. 10, § 367 Nr. 2. 4. 5. 9. 14. 15, § 368 Nr. 1. 2. 8, § 369 Nr. 3; Motive s. 156; NEV. Art. VI Abs. 2 Nr. 2. Wo solche Anordnungen fehlen, bleiben die citt. Strafvorschriften außer Anwendung. 19. In Betreff der Materien, welche nicht Gegenstand des StGB.'S sind, gilt auch hier daS zum EG. § 2 n, 2ff. Gesagte; insbesondere ist daS dort unter n. 5 Bemerkte hier zu berücksichtigen. 20. Bei den in Kraft gebliebenen älteren und den demnächst zu erlaffenden neuen besonderen Strafgesetzen sind, waS die St ras art en anlangt, die Vorschriften der §§ 5. 6 des EG.'S maßgebend; vgl. EG. § 8 n. 7. Im Uebrigen sind in dieser Beziehung für Preußen daS EG. z. Pr. StGB. Art. VIII, die FEV. Art. VI § 2, die NEV. Art. VIII und die Bemerkungen zu denselben zu vergleichen. Für Clsaß-Lothringen siehe Ges. v. 30. Aug. 1871 Art. V.
21. Die Befugniß der Behörden, allgemeine Polizeiverordnungen zu erlassen und Zuwiderhandlungen mit Strafe zu bedrohen, war in Preußen früher geregelt durch ALR. II, 17 § 10ff.; Vdn. v. 26. Dez. 1808 § 45; Reg.-Instr. v. 23. Okt. 1817 § 11; vgl. St.-Min.-Beschl. v. 25. Febr. 1845 (IMbl. s. 34; RS. IX, 11) und Oppenhoff Ress.-Gess. s. 164 n. 487 ff. — Für das linke Rheinufer ent hielten die Gess. v. 16.—24. Aug. 1790 (Tit. 11 Art. 2. 3. 5) und v. 19.—22. Juli 1791 (Tit. 1 Art. 46), für daS ehemalige Großherzogthum Berg das Dekr. v. 18. Dez. 1808 Art. 28, und außerdem für den ganzen Bezirk des AH.'S Köln das Resf.Regl. v. 20. Juli 1818 §§ 32. 33 die maßgebenden Bestimmungen. — Ueber die Befugniß der Gräfl. Stollbergschen Regierung zu Wernigerode vgl. VII. 19. Okt. 65 c. Rohr. — In Betreff deS jetzigen Zustandes vgl. n. 23. 22. Ael tere, in vorschriftsmäßiger Weise ergangene und verkündete PolizeiVerordnungen sind, insofern sie nicht Materien betreffen, welche Gegenstand deö StGB.'S sind, in Kraft verblieben und durch daS Pol.-Ges. v. 11. März 1850 (vgl. n. 23) nicht aufgehoben: eit. Ges. § 19; VH 5. Dez. 61 c. Pfeill. Sie bedürfen auch nicht einer nochmaligen Verkündung in Gemäßheit der Vorschriften des eit. Ges.'s: VKH. 10. April 52 (NA. 47. II. 47). 23. Neu und umfassend wurde die gedachte (n. 21) Befugniß der Pr. Behörden geregelt durch daö (Polizei-) Ges. v. 11. März 1850 §§ 5 ff. (eingeführt im Iadegebiet durch Vdn. v. 24. Ian. 1859) und in den neuen Landestheilen durch die im Wesentlichen mit jenem übereinstimmende Vdn. v. 20. Sept. 1867 §§ 5—17, in Lauenburg durch Ges. v. 7. Ian. 1870. — Das eit. Ges. v. 1850 bildet noch gegen wärtig die gesetzliche Grundlage für die gesammte Materie. Doch sind mehrfach dasselbe theils ergänzende, theils modifizirende Bestimmungen in der Folgezeit ge troffen worden, und zwar durch die Kreisordn. für die sechs östlichen Provinzen v. 13. Dez. 1872 (§S 62. 78), durch die Prov.-Ordn. für dieselben Provinzen (mit Ausnahme von Posen) v. 29. Ium 1875 (§§ 76 ff. 85), endlich durch daS für das ganze Staatsgebiet erlassene und für jene fünf östlichen Provinzen schon seit dem 1. April 1881 geltende, in Posen und den fünf westlichen Provinzen jedoch erst nach
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Übertretungen. — (§ 360 ff.)
Erlaß neuer Kreis- sowie Prov.-Ordnungen in Kraft tretende Ges. über die Organis. der allg. Laudesverwaltung, v. 26. Juli 1880 (§§ 72—81), in Verbindung mit den Gefs. v. 19. u. 22. März 1881 (GS. s. 155. 176), durch welche mit dem 1. April 1881 der cit. § 78 jener Kreis- sowie die citt. §§ 76 ff. 85 jener Prov.-Ordn. wiederum in Wegfall gekommen sind und die Provinz Posen aus dem Geltungsbereiche jener Kreis-Ordn. ausgeschieden ist. — Obschon dos Pol.-Ges. v. 1850 in den Hohenzollernschen Landen nicht förmlich verkündet wurde, so gelten seine Bestimmungen dennoch auch dort, weil die für diese Lande ergangene OrganisationS-Vdn. v. 7. Jan. 1852 die Reg.-Jnstr. v. 23. Okt. 1817 mit den zu derselben ergangenen erläuternden, ergänzenden und ab ändernden Bestimmungen als Verwaltungsnorm ausstellt und zu diesem ergänzenden rc. Bestimmungen auch jenes Gesetz, insbesondere die §§ 11. 12 desselben gehören: Bll. 29. April 58 c. Schmidt. — Seine Vorschriften sind weder durch den König!. Erlaß v. 19. Juni 1852 (GS. s. 388), noch durch da- Ges. v. 14. April 1856 außer Kraft ge setzt worden: ZII. 7. Okt. 58 (JMbl. s. 366). Dagegen bedurfte es der nach § 13 des cit. Ges.'s erforderten Zustimmung des Bezirksraths zu den von der Bezirksregierung in Betreff der landwirthfchaftlichen Polizei zu erlassenden Vorschriften nicht mehr, seitdem das Ges. v. 24. Mai 1853 den Art. 105 der Verfassung aufge hoben hatte, daS Gesetz also BezirkSräthe nicht mehr kannte; damit ist auch die durch Min.-Vs. v. 13. März 1852 angeordnete Vertretung der BezirkSräthe durch die General-Kommission weggefallen: Beschl. I. 26. Sept. 60 (JMbl. s. 410). Inwie fern bisher bzw. in der Folge zu den von den Regierungs-Präsidenten zu erlassen den Polizei-Verordnungen die Zustimmung des BezirksrathS erfordert wird, dar über vgl. § 79 der cit. Prov.-Ordn. und § 75 des cit. Ges.'s v. 26. Juli 1880. 24. Die Regierungen, welche für mehrere Gemeinden ihres Bezirks ver bindliche Polizei-Verordnungen erlassen können, sind auch befugt, eine andere ört liche Begrenzung für die Wirksamkeit derselben anzuordnen, z. B. für einen be stimmten See oder für einen einzelnen Forst eine solche Verordnung zu erlassen: Beschl. I. 26. Sept. 60 (cit. n. 23). 25. Eine Regierungs-Polizei-Vdn., durch welche eine Handlung (Leistung) ge boten und die Nichtleistung mit Strafe bedroht wird, kann die Bestimmung des Maßes dieser Leistung einer untergeordneten Behörde (nach Maßgabe des zeitlichen oder örtlichen Bedürfnisses) überlassen: VII. 4. März 69 (RdO. X, 131); die er gänzenden Bestimmungen können dann ebenfalls nur im Wege einer „Polizei-Vdn." von einer dazu kompetenten Behörde erlassen werden; contra: cit. VII. 26. Bergpolizeiliche Verordnungen gehen von den Oberbergämtern aus; vgl. Pr. Bergges. v. 24. Juni 1865 §§ 196—202. 207. 208; und für die frühere Zeit: Gess. v. 21. Mai 1861 § 1 und v. 10. Juni 1861 §§ 8—11. Aeltere berg polizeiliche Verordnungen sind in Kraft verblieben; auch in Betreff ihrer werden aber jetzt nur die in §§ 207. 208 des Berggesetzes angedrohten Strafen wirksam. In Betreff des Näheren vgl. Th. Oppenhoff zu den citt. §§ des Berggesetzes. 26a. Die Besugniß, über Gegenstände der Strom-, Schifffahrtö - und Hasenpolizei Strafverordnungen zu erlassen, wurde für den Geltungsbereich der (n. 23) cit. Prov.-Ordn. v. 29. Juni 1875 durch § 85 ib. und durch § 115 des Ges.'s v. 26. Juli 1876 (GS. s. 295) näher geregelt. Dgl. jetzt das (n. 23 cit.) Ges. v. 1880 §§ 72. 74. 27. Die Königlichen Eisenbahn-Direktionen sind nicht befugt, PolizeiVerordnungen im Sinne des Pr. Pol.-Ges.'S v. 11. März 1850 §§ 5 ff. zu erlassen; vgl. Min.-Derf. v. 23. Juni 1858 (VMbl. s. 69). — In Betreff der Besugniß deö HMinisterS, gegen die Uebertretungen der Vorschriften der Eisenbahn-Polizeiregle ments Geldstrafen anzudrohen, vgl. Prov.-Ordn. v. 1875 § 85 u. Ges. v. 26. Juli 1880 § 72. — Die dem Bundesrathe gemäß §§ 7. 42. 43 der R.-Bersass. zustehende Besugniß, bahnpolizeiliche Verordnungen für daS ganze Reichsgebiet zu erlassen, umfaßt auch das Recht, die in Fällen der Zuwiderhandlung eintretende Strafe inner halb des für „Uebertretungen" bestehenden Strafmaßes zu bestimmen: OHG. 2. Juni 76 (StZ. VI, 140); vgl. R.-Bahnpolizeiregl. v. 4. Jan. 1875 §62. 28. Insoweit der Landrath nicht selbst unmittelbar die örtliche Polizei ver waltete (VII. 7. Nov. 67, RdO. VIII, 681), stand ihm die Besugniß zum Erlaß von Polizei-Verordnungen nicht zu; vgl. VI. 25. Apr. 73 (RdO. XIV, 307); eben sowenig konnte ihm von der Regierung eine solche Besugniß übertragen werden:
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Uebertretungen. — (§ 360 ff.)
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ZKH. 5. Oft. 52 (RA. 47. II. 132); ZU. 7. Oft. 58 (IMbl. s. 366); contra: V. 11. Oft. 71 (RdO. XII, 502: erachtete in den neuen Provinzen eine RegierungSVdn. für verbindlich, welche Zuwiderhandlungen gegen die von einer untergeord neten Behörde, z. B. dem Landrathe, für gewisse Fälle zu erlassende Anordnung mit Strafe bedrohte). Vgl. Min.-Verf. v. 1. Juli 1860 (VMbl. s. 146), und unten n. 46. — Inwiefern dies für einen Theil des Staatsgebiets geändert wurde, und für die übrigen Landestheile in der Folge geändert werden wird, darüber vgl. § 78 der KreiSordn. v. 1872 und des Ges.'S v. 1880 (citt. n. 23). Daß die mehreren Amts- bzw. Ortspolizeibezirke, für welche ein Landrath (wie für den ganzen Kreis) nach jenen Geff. Polizei-Verordnungen erlassen sann, an einander grenzen, wird nicht erfordert: vgl. MVs. v. 25. Aug. 1878 (VMbl. 79 s. 161). 29. In Betreff der Besugniß der Ortspolizeibehörden (einschließlich der Gutsherren als Inhaber der ortsobrigfeitlichen Gewalt: ZU. 7. Oft. 58, IMbl. s. 366), Polizei-Verordnungen zu erlassen, vgl. Pol.-Ges. v. 1850 §§ 5ff., KreiSOrdn. v. 1872 § 62, Prov.-Ordn. v. 1875 § 82 u. Ges. v. 26. Juli 1880 §§ 79—81. 30. Nach der Gem.-Ordn. v. 11. März 1850 handhabte der Bürgermeister einer Sammt-Gemeinde die örtliche Polizeiverwaltung in den zur letzteren ge hörenden Einzel-Gemeinden, insoweit ihm diese von der StaatS-Regierung (d. i. hier der Bezirfsregierung) übertragen worden war; er sonnte dann für den ganzen Um fang der Gesammt-Gemeinde Polizei-Verordnungen erlassen, die aber zu ihrer Gül tigkeit der Publikation in den Einzel-Gemeinden bedurften: VII. 28. April 53 (RA. 48. II. 55); ähnlich: VII. 30. Sept. 54 c. Ohligschläger, VII. 7. Jan. 58 (RA. 54. II. 3). Auch war er befugt, in Betreff desselben Gegenstandes für die ver schiedenen Einzelgemeinden verschiedene Polizei-Verordnungen zu erlassen: Min.-Verf. v. 1. Juli 1860 (VMbl. s. 146). — Vgl. KreiS-Ordn. v. 1872 § 62. 31. Die mit der örtlichen Polizeiverwaltung beauftragten Behörden müssen (mußten) eine zu erlassende Polizei-Ddn. vorher mit dem Gemeinde-Vor stande berathen (: cit. Pol.-Ges. § 5); einer Zustimmung deS letzteren bedarf (bedurfte) es nicht: VI. 3. Mai 54 (IMbl. f. 268). Jenem Erfordernisse ist genügt, wenn der Entwurf der Vdn. dem Vorstande mitgetheilt ist, sollte derselbe auch eine Erklärung darauf nicht abgegeben haben: ZU. 7. Oft. 58 (cit. n. 29). — Die ganze Vorschrift fällt weg, wenn neben dem die Ortspolizei handhabenden Gemeindevor steher ein besonderer Gemeindevorstand nicht existirt: VKH. (Int. d. Ges.) 1. Mai 52 (IMbl. s. 251; RA. 47 II. 97); VII. 30. Sept. 54, 7. Jan. 58 (citt. n. 30). — Die Zustimmung der Gemeindevertretung ist unerläßlich, wenn eS sich um Ortspolizei-Berordnungen über Gegenstände der landwirthschaftlichen Polizei handelt (Pol.-Ges. v. 11. März 1850 § 7); dazu genügt es, wenn eine solche Vdn. auch nur theilweise auf landwirthschastlich polizeilichen Rücksichten beruht: ZU. 15. Mai 56 c. Marquet; VII. 6. Juni 63 (RdO. III, 487). Den Gerichten steht die Prü fung zu, ob jene Voraussetzungen zutreffen: die cit. Erff. (ind.); contra: Beschl. I. 26. Sept. 60 (cit. n. 23). — Inwiefern das Vorgesagte unter der Herrschaft deS Ges.'S v. 26. Juli 1880 (cit. n. 23) eine Aenderung erleide, bestimmt § 79 ib. Vgl. auch KreiSordn. v. 13. Dez. 1872 § 62 u. BI. 16. Juni 76 (RdO. XVII, 440). 32. Von jeder ortspolizeilichen Vdn. ist eine Abschrift der zunächst vorge setzten Staatsbehörde einzureichen: cit. (n. 23) Pol -Ges. § 8. Die Gültigkeit der Vdn. ist durch diese Einreichung nicht bedingt: VI. 19. Sept. 66 (RdO. VII, 490). 33. Ueber den Erlaß solcher Polizeiverordnungen, bei welchen das Mi litär konfurrirt, vgl. Inn.-MCirk. v. 21. Aug. 1852 (VMbl. s. 218). 34. Für die der Konsulargerichtsbarkeit unterworfenen Personen kann jeder Konsul für seinen ganzen Iurisdiktionsbezirk oder einen Theil desselben polizei liche Vorschriften erlassen und deren Nichtbefolgung mit Geldstrafen bis zu 30 (jetzt 150) Mark bedrohen: Pr. Ges. v. 29. Juni 1865 § 17, BGef. v. 8. Nov. 1867 § 24, und jetzt RGes. v. 10. Juli 1879 § 4.
35. Die Vorschriften der §§ 5ff. des (n. 23) cit. Pol.-Ges.'S beziehen sich nur auf allgemeine Polizeiverordnungen. Polizeiliche Verfügungen, welche für einen speziellen Fall und einer einzelnen Person gegenüber Weisungen aussprechen, sind nach den für die Exekutivgewalt der betr. Behörden geltenden Vorschriften zu beur theilen; vgl. 1. c. § 20; Vdn. v. 20. Sept. 1867 § 18; Kreis-Ordn. v. 13. Dez.
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Übertretungen. - (§ 360 ff.)
1872 §§ 79ff.; Ges. v. 26. Juli 1880 §§ 68ff. Danach ist eS unzulässig, solche Handlungen, welche durch ein Gesetz unter Strafe gestellt sind, außerdem noch mit Exekutivflrafen zu bedrohen und gegen die Uebertreter die letzteren anstatt oder neben der gerichtlichen Bestrafung aus dem Gesetze zu verhängen: Jnn.-MVf. v. 15. März 1869 (BMbl. s. 74); ähnliches gilt von den durch eine Polizei-Vdn. unter Strafe gestellten Handlungen: Pr. Oberverw.-Ger. 12. Apr. 78 (BMbl. s. 125: speziell in Betreff der Exekutivstrafen der Ortspolizeibehörden); vgl. § 361 n. 37b. — Gegen die Androhung und Verhängung polizeilicher Exekutivstrafen findet der Rechtsweg nicht statt: Beschl. II. 21. Jan. 69 (RdO. X, 42); Oppenhoff Reffortgeff. s. 50 n. 26. 36. Polizei-Verordnungen sind für alle in ihrem Geltungsbereiche sich auf haltenden Personen, also auch für Fremde, verbindlich. 37. Die Wirksamkeit einer Pol.-Vdn. kann beim Erlasse auf eine bestimmte Frist beschränkt werden: VKH. 23. Dez. 51 (Tr. Ann. VII, 1 f. 133). 38. Pol.-Verordnungen können durch diejenige Behörde, von welcher sie er lassen worden, wieder aufgehoben werden: VKH. 27. Jan. u. 10. Juli 49 (RA. 44. II. 32. 34).— Dagegen kann eine Polizeibehörde einem Einzelnen nicht ge statten, einer bestehenden Polizei-Vdn. zuwider zu handeln: Casa. 12. jan. 46 (Sir. 47. I. 478). Wohl aber ist eS statthaft, in der Polizei-Vdn. selbst Ausnahmen zuzulassen und die Gestaltung einer solchen Ausnahme in jedem Einzelfalle von der polizeilichen Genehmigung abhängig zu machen; dadurch wird auch nicht etwa jener Ddn. der Charakter der Allgemeinheit (n. 35) benommen: DU. 23. Jan. 79 (GA. 27 f. 243). 39. Ueber die Befugniß der höheren Instanz, eine Pol.-Vdn. außer Kraft zu setzen, vgl. Pol.-Ges. v. 11. März 1850 §§ 9. 16; Vdn. v. 20. Sept. 1867 §§ 9. 14; Kreis-Ordn. v. 13. Dez. 1872 §78; Prov.-Ordn. v. 29. Juni 1875 §83; Ges. v. 26. Juli 1880 § 81. 40. Die Gegenstände, über welche polizeiliche Verordnungen nach Maßgabe deS Pol. -Ges.'S v. 11. März 1850 in verbindlicher Weife erlassen werden können, sind in den §§ 6. 12 ib. aufgezählt. Diese Aufzählung ist limitativ. In Beziehung auf die genannten Gegenstände können nicht allein Verbote, sondern auch Gebote (z. B. zu persönlichen Dienstleistungen behufs Abwendung einer Gemeingefahr) er lassen und die Nichtbesolgung derselben mit Strafe bedroht werden: VH. 4. März 69, ZU. 8. Apr. 69 (RdO. X, 131. 207). — DaS am Schluß der citt. §§ 6. 12 als Gegenstand polizeilicher Vorschriften genannte „alles Andere, waS im besonderen Interesse der Gemeinden und ihrer Angehörigen polizeilich geordnet werden muß", ist auf die im Jntereffe der Gemeinden und Gemeindemitglieder als solcher ge botenen Gegenstände, d. i. ans Gemeinde- (Bezirks- rc.) Angelegenheiten zu beschrän ken; so: Abh. i. d. D. Gerichts-Zeitung 1863 s. 2. 41. Der Aufzählung im § 6 cit. (n. 40) treten diejenigen Gegenstände hinzu, für welche ein Spezialgesetz den Erlaß von Polizei-Verordnungen gestattet; z. B. FPO. v. 1847 §§ 2. 25. 73 und jetzt FFP.-Ges. §§ 11. 13. 32. 34. 40. 41. 43. 94, Forstdiebst.-Ges. § 1 Abf. 2, Ges. v. 1. Juli 1861 § 13, Gew.-O. § 28: über die Entfernung der Wind trieb werke von fremden Grundstücken rc.; vgl. ferner oben n. 26. 26a; — sowie endlich diejenigen, für welche das StGB, selbst daö Vor handensein ergangener „Verordnungen, Anordnungen" („polizeilicher Anordnungen"), welchen zuwidergehandelt sei, vorauSsetzt; vgl. § 360 Nr. 12, §§ 361 Nr. 6, 366 Nr. 1 (AKO. v. 7. Febr. 1837) und 10, § 367 Nr. 2. 4. 5. 9. 14. 15, § 368 Nr. 1. 2.8, § 369 Nr. 3; ähnlich: Gew.-O. § 149 Nr. 6. — In allen diesen Fällen sind — in Ermangelung besonderer Borschristen (vgl. § 360 n. 85; § 366 n. 1) — beim Erlaß der Verordnungen („Anordnungen") die unter n. 23 erwähnten gesetz lichen Bestimmungen und die dort allgemein vorgeschriebenen Förmlichkeiten zu beob achten, insbesondere WaS die zum Erlasse berufenen Behörden, die Nothwendigkeit der Zuziehung der Gemeinde-, Amts- oder Kreisvertretung, die äußere Form und den BerkündungSmoduS anlangt; vgl. Min.-Jnstr. v. 1. Juli 1856 § 1 (JMbl. f. 198); das gilt namentlich auch, — mit Ausnahme der Maßregeln, deren wissent liche Verletzung nach §§ 327. 328 als Vergehen bestraft wird (vgl. § 327 n. 3), — von den im StGB, selbst vorausgesetzten („polizeilichen") Anordnungen; sie haben nur daS Besondere, daß die Strafandrohung bereits im Gesetze enthalten, daß also
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von einer solchen in der „Anordnung" selbst abzusehen [sowie daß ihre Statthastigfeit nach der betr. gesetzlichen Vorschrift zu beurtbeilen^ ist: Inn.-MBf. v. 8. Nov. 1872 (VMbl. s. 334); vgl. Prov.-Ordn. V. 29. Juni 1875 §§ 85 Abs. 3. 86; contra: VI. 21. Febr. 77, DII. 8. Febr. 77 (RdO. XVIII, 146. 112; ersteres Erk. entschied gleichzeitig, daß es für den Begriff einer „polizeilichen Anordnung" nicht darauf ankomme, ob die Anordnung sich der Form nach als eine selbstständige oder als die Ausführung der Weisung einer vorgesetzten Behörde darstelle). Ist jenen Vorschriften genügt, so ist die Strafbarkeit einer Zuwiderhandlung nicht durch die Kenntni ß des Angeschuldigten von der Anordnung bedingt; vgl. n. 9. 10. 42. Eine Pol.-Vdn. kann auch den Versuch oder die Bei Hülse zu einer durch sie untersagten Handlung mit Strafe bedrohen; vgl. n. 4. 43. Ebenso kann sie bei polizeilichen Verboten den Dienstherrn des Zuwider handelnden, welcher die Uebertretung zu verhindern verabsäumt, mit Strafe be drohen : DII. 6. Juni 63 (RdO. Ili, 487). Dagegen ist eS nicht statthaft, für die Zuwiderhandlungen des Gesindes den Dienstherrn als solchen ohne Weiteres strafrechtlich verantwortlich zu machen (eine Solches bestimmende Pol.-Vdn. würde mit den §§ 47ff. des StGB.'S in Widerspruch stehen: DreSd. 31. Mai 75, StZ. VI, 74), noch auch neben der Strafandrohung gegen den Urheber einer Uebertretung die Haftbarkeit dritter Personen (z. V. der Aeltern, Dlenstherren rc.) für die jenen treffende Verurtheilung zu Geldstrafe und Kosten anzuordnen: ZI. 30. Mai 56 (GA. IV, 688); contra: VH. 7. Nov. 67 (RdO. VIII, 678). 44. Die Pol.-Verordnungen dürfen keine Bestimmungen enthalten, welche mit den Gesetzen oder den Verordnungen einer höhern Instanz in Widerspruch stehen: eit. (n. 23) Pol.-Ges. § 15. Daraus folgt nicht, daß Gegenstände, welche an sich gesetzlich rc. geregelt sind, nicht mit Rücksicht auf örtliche Bedürfnisse noch eine ergänzende Regelung durch Polizei-Verordnungen erfahren könnten; es ist sonach nicht unstatthaft, daß eine OrtS-Pol.-Vdn. die „Verordnung der höheren Instanz" aus dehne oder verschärfe: ZU. 23. Okt. 62, VII. 28. Jan. 64, 14. Jan. 69 (RdO. III, 85; IV, 332; X, 27); vgl. § 367 n. 81. OHG. 7. Jan. 76 (Entsch. dess. XIX, 347) nahm dies sogar dem D. StGB, gegenüber an, wenn eS sich um eine bloße Ausdehnung seiner Vorschriften handle; vgl. jedoch ZRII. 24. Febr. 80 (RdR. I, 383: Mot.). — Die Freiheit derPresse unterliegt den Beschränkungen durch Pol.Vdn. nur insoweit, als dies durch das R.-Preßgesetz v. 7. Mai 1874 zugelassen ist: 1. c. §§ 1. 30; contra früher: VII. 18. Okt. 66 (RdO. VII, 565). — Eine zwischen prozeßsührenden Parteien über Privatverhältnisse ergangene Entscheidung ist selbst dann, wenn eine dieser Parteien der Fiskus und dieser der unterliegende Theil war, nicht als „Verordnung einer höheren Instanz" anzusehen: ZU. 7. Okt. 58 (JMbl. s. 366). 45. Eine Pol.-Verordnnng darf nicht der richterlich en Entscheidung über Pr ivat-R echt S-Verhältnisse vergreisen: VII. 1. Okt. 57 (RA. 53 II. 35: in einem Falle, wo Eigenthum und Besitz zwischen der Gemeinde und Privaten streitig waren, hatte der Bürgermeister als Ortspolizeibehörde ein allgemeines Strafverbot erlassen, das betr. Grundstück zu betreten); ähnlich: ZU. 15. Apr. 58 c. Hoppe; ZU. 12. März 68 (RdO. IX, 199). 46. Die durch das Gesetz einer bestimmten Behörde überwiesenen Funk tionen können nicht im Wege einer Pol.-Vdn. einer anderen Behörde übertragen werden: ZU. 1. Juli 61 (RdO. I, 433); vgl. n. 25. 28. 47. Hat eine Verfügung der höheren VerwaltuugS-Jnstanz den Erlaß einer Pol.-Vdn. über gewisse Gegenstände untersagt, so ist eine im Widerspruch hiermit ergangene Verordnung unverbindlich: ZU. 21. Okt. 58 c. Ackermann. Dasselbe gilt, wenn die höhere Instanz bei Erlaß einer Pol.-Vdn. sich die Ausdehnung derselben auf andere Gegenstände Vorbehalten hat: ZU. 5. März 57 c. MölderS. Ebenso darf eine Pol.-Vdn. nicht über solche Gegenstände ergehen, deren statutarische Ord nung und Handhabung durch die zuständige oberste Verwaltungsstelle den Ge meindebehörden als solchen übertragen ist: VII. 24. Sept. 57 c. Rapp (betr. den Zwang, einer Handwerkerunterstützungskasse beizutreten). 48. Eine Pol.-Vdn. kann daS Befahren eines öffentlichen Weges mit einer gewissen Gattung von Fuhrwerk (z. B. Lastfuhrwerk) unbedingt untersagen:
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(Int. d. Ges.) 1. Mai 52 (RA. 47. II. 97). Dagegen darf ein solches Verbot nicht mit Rücksicht auf die Persönlichkeit deö Eigentümers ergehen (z. B. für die der Ge meinde nicht angehörenden Personen): ZKH. 9. Okt. 49 (RA. 47. II. 98), VII. 16. Nov. 65 (RdO. VI, 465). 49. Einer „zur Aufrechterhaltung der Ordnung rc. deö Verkehrs aus öffent lichen Wegen" (Pol.-Ges. v. 11. Mai 1850 § 6b.) erlassenen Pol.-Vdn. darf keine Wirksamkeit auf Privateigenthum beigelegt werden, insofern das letztere nicht mit einer Servitut beschwert ist, vermöge deren es dem öffentlichen Gebrauche als Weg unterliegt: ZU. 9. Dez. 69 (RdO. X, 774). 50. Durch eine Pol.-Vdn. kann den Hausbesitzern untersagt werden, das Dachwasser aus die anstoßende Straße abfließen zu lasten (dem steht Art. 681 des Rh. BGB.'s nicht entgegen): VII. 7. Apr. 70 (RdO. XI, 236). 50a. Eine Pol.-Ddn., welche die Eltern für verpflichtet erklärt, in dem Impf termine die Entnahme des Impfstoffes von ihren Kindern zu gestatten, ist nicht im Einklang mit dem R.-Impf.-Ges. v. 8. April 1874 und daher ungültig: ZU. 12. Apr. 77 (RdO. XVIII, 261). 51. Früher war eö statthaft, durch eine Pol.-Vdn. die öffentliche Ankündi gung von Stoffen zu untersagen, welchen in der Ankündigung eine heilende Wirkung aus die Gesundheit beigelegt wurde: VII. 18. Nov. 66, ZI. 10. Juli 68 (RdO. VII. 555; IX, 448); vgl. jetzt § 367 Nr. 3 und dort n. 20. 26. 52. Oeffentliche Aufforderungen zu freiwillig zu leistenden Bei steuern für irgend einen Zweck können nicht durch Polizei-Vdn. verboten werden: ZPl. 8. Mai 65 (RdO. VI, 91); vgl. Inn.-MVf. v. 25. Nov. 1872 (VMbl. s. 334). Wohl aber gehört das Sammeln derartiger Gaben, selbst wenn nicht von Haus zu Haus kolleklirt wird, gemäß §§ 6. 11 des Pol.-Ges.'s zu den Gegenständen polizeilicher Verordnungen, und es liegt ein solches Sammeln schon dann vor, wenn Jemand eine Aufforderung jener Art erläßt und die in Folge dessen eingehenden Beträge in Empfang nimmt; so: ZU. 9. Nov. 76 (RdO. XVII, 722. 724). 53. Es ist statthaft, den Gastwirthen im Wege der Pol.-Vdn. Verpflichtun gen aufzuerlegen, welche ans die polizeiliche Kontrolirung des Fremdenverkehrs abzielen (z. B. ein Fremdenbuch zu führen, täglich ein Verzeichniß der angekommenen Fremden der Polizeibehörde einzureichen rc.); dem steht weder das BPaßges. v. 12. Okt. 1867 noch die Gew.-O. § 155. 75 entgegen: (2) VII. 24. Nov. 70 (RdO. XI, 567. 569). Vgl. V. 15. Nov. 73 (RdO. XIV, 725). Dagegen können jene durch eine Pol.-Vdn. nicht verpflichtet werden, Fremden auf Anweisung des Gemeinde vorstandes stets Obdach zu gewähren: ZI. 26. Juni 78 (RdO. XIX, 335); vgl. Inn.-MVs. v. 25. Okt. 1878 (VMbl. s. 248). 54. Der Umstand, daß die §§ 9. 11 des Pr. Heimaths-Ges.'s v. 31. Dez. 1842 Denjenigen, welche Neu-Anziehende aufnehmen, die Anmeldung derselben unter Androhung einer Polizeistrafe zur Pflicht machen, und dem Neu-Anziehenden im Falle der unterlassenen Meldung nur die Erwerbung eines Unterstützungs-Wohn sitzes versagen (vgl. B.-Freizügigk.-Ges. v. 1. Nov. 1867 § 10), steht dem Erlasse einer Polizei-Vdn. nicht entgegen, durch welche auch den Neu-Anziehenden selbst die Anmeldung zur Pflicht gemacht wird: VII. 25. Nov. 68 c. HeutgenS. Da gegen ist eine Pol.-Vdn. ungültig, welche die Beschaffung eines Besteuerungs ausweises seitens der Anziehenden bei Strafe vorschreibt: ZU. 11. Juli 78 (RdO. XIX, 365). 54a. Obschon daS Pr. Bergges. v. 24. Juni 1865 das Schürfen ohne Er laubniß des GrundeigenthümerS nicht mit Strafe bedroht, so kann dies dennoch durch eine Pol.-Vdn. vom forstpolizeilichen Standpunkte aus verpönt werden. Gleichwenig sind ältere Verordnungen dieser Art durch das Berggesetz außer Krast gesetzt: VII. 21. Sept. 75 (RdO. XVI, 587). 55. DaS Jag en mit Bracken kann durch eine Polizei-Vdn. nur insoweit untersagt werden, als dieses zum Schutze der Felder rc. geschieht (Pol.-Ges. v. 11. März 1850 § 6h): VII. 6. Sept. 55 (Entsch. 30 s. 475), VII. 5. Nov. 57 c. Strathmann; vgl. VII. 23. Juni 70 (RdO. XI, 374). 56. Nach § 37 der Gew.-O. unterliegt die Unterhaltung des öffentlichen Verkehrs innerhalb der Orte durch Transportmittel aller Art, sowie das Gewerbe derjenige» Personen, welche auf öffentlichen Straßen oder Plätzen ihre Dienste an-
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bieten, der Regelung durch die Ortspolizei-Behörde (im Wege allgemeiner PolizeiVerordnungen). Diesem § (sowie dem § 6 deS Ges.'s v. 11. März 1850) zufolge kann eine OrtSpolizei-Vdn. maßgebende Vorschriften selbst über die Einrichtnng solcher Fuhrwerke erlassen, durch welche der Verkehr aus dem Orte nach einem Nach barorte unterhalten werden soll: VI. 24. Juni 74 (NdO. XV, 436). — Ebenso er klärt § 38 ib. die Centralbehörden befugt, Vorschriften darüber zu erlassen, in welcher Weise Trödler, Pfandleiher rc. ihre Bücher zu führen, und welcher poli zeilichen Kontrole über den Umfang und die Art deS Gewerbebetriebes sie sich zu unterwerfen haben (StGB. § 360 Nr. 12). Vgl. übrigens jetzt RGes. v. 23. Juli 1879 Art. 4. Endlich enthält die Gew.-O. in den §§ 72 — 80 Vorschiffen über den Erlaß polizeilicher Taxen für gewiffe Gewerbtreibende und bedroht im § 148 Nr. 8 die Ueberschreitung einer solchen Taxe mit Strafe; vgl. Pr. Min.-Anweis. v. 4. Sept. 1869 Nr. 14 (IMbl. s. 205). 57. Von diesen Vorschriften (n. 56) abgesehen, kann die Betreibung eines Ge werbes nicht im Wege einer Pol.-Vdn. von einer polizeilichen Erlaubniß abhängig gemacht werden: ZI. 26. Okt. 60 c. Tarnowski; vgl. Gew.-O. § 1. Dagegen sind ältere Pol.-Verordnungen, welche nicht die Zulassung zum Gewerbe, sondern seine Ausübung zur Aufrechthaltnng der Ordnung rc. gewissen Beschränkungen unter werfen, durch die Gew.-O. nicht aufgehoben: VI. 11. Nov. 70, VI. 18. Jan. 71 (RdO. XI, 544; XII, 42), DreSd. 8. Jan. 77 (SGZ. 21 s. 287). 58. Nach den Grundsätzen der Gew.-O. §§ 64. 68. 36 ist eS uicht statthaft, im Wege einer Polizei-Vdn. anzuordnen, daß alle zum Markte gebrachten Gegen stände vorher auf einer öffentlichen Wage zu verwiegen seien. — Ebenso ist eine Pol.-Vdn., welche den Fluß-Schiffahrt-Spediteuren zur Pflicht macht, sich der ange stellten städtischen Messer zu bedienen, unverbindlich: ZU. 11. Jan. 55 c. Siedel (arg. Rh.-Schifss.-Ordn. v. 31. März 1831 Art. 70). 58a. Desgleichen eine Pol.-Vdn., welche die Lehrlinge rc. zum Besuche einer gewerblichen Fortbildungsschule für verpflichtet erklärt: ZU. 1. Juni 78 (RdO. XIX, 292: erkannte gleichzeitig, daß eine Verletzung der dem Lrhrherrn durch eine Pol.Vdn. auferlegten Pflicht, den Lehrlingen zu jenem Besuche Zeit zu gewähren, aus § 148 Nr. 9 der Gew.-O. strafbar sei). 58 b. Desgleichen, für den Bereich der Pr. Gesinde-Ordn. v. 8. Nov. 1810, vgl. dort § 8, eine Polizei-Vdn., nach welcher kein Dienstbote gemiethet werden darf, der nicht schon bei der Miethung selbst durch beglaubigte Bescheinigung der bisherigen Dienstherrschaft nachweist, daß wider die anderweitige Vermiethung keine gesetzlichen Gründe vorliegen: Inn.-MDf. v. 10. Mai 1875 (VMbl. s. 162). 59. Durch eine Pol.-Vdn. kann die Ausübung eines Privatrechis, z. B. des Eigenthums im Allgemein-Jntereffe Beschränkungen unterworfen werden, welche dann geeigneten Falles von Allen inne zu halten stnd: VII. 5. Febr. 63, 8. März 66, 14. Febr. 78 (RdO. III, 264; VII, 166; XIX, 69); vgl. C. civ. art. 544 („— pourvu, qu’on n’en fasse pas un usage prohibd par les lois ou par les rdglements“). Demgemäß findet eine Pol.-Vdn. auch auf denjenigen Eigen thümer Anwendung, welchem durch eine früher ertheilte polizeiliche Erlaubniß weiter gehende Befugnisse eingeräumt waren, so: VII. 18. März 75 (RdO. XVI, 239); vgl. übrigens Oppenhoff Refforiges, s. 510 n. 23 bis. 60. In Betreff der Statthaftigkeit solcher Pol.-Verordnungen, welche die Aus führung eines Baues von der vorherigen polizeilichen Genehmigung des Bau plans, insbesondere davon abhängig machen, daß vorher die Baulinie (das Alig nement) polizeilich gezogen werde, vgl. § 367 Nr. 15 und dort n. 80—82. 61. Es ist statthaft, zum Schutz zu Recht bestehender Schranken der Gerechtsame einzelner Gemeindemitglieder an den Gemeindeforsten, strafandrohende Verordnungen zuerlassen; dagegen darf die Dispositionsbesugniß der Gemeindemitglieder über das ihnen aus dem Gemeindeforst zugetheilte, durch sie bereits eigenthümlich erworbene Holz (z. B. durch ein Verbot: dieses Holz zu verkaufen) nicht beschränkt werden ZII. 22. Nov. 55 c. Mößer; ähnlich: ZKH. 28. Sept. 52 (RA. 47. II, 128). Dgl. übrigens FFP.-Ges. § 42. 62. DaS linksrheinische Rur.-Ges. v. 28. Sept. 1791 Tit. 1 Abschn. 4 Art. 12 und das Pr. Ges. v. 5. Juli 1844 § 9 gestatten die Ausübung der Stoppel- und Koppel-Weide durch Einzel hüt en des Viehs; demzufolge ist eine diese Befug-
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Uebertretungen. — (§ 360
niß beschränkende Pol.-Vdn. unverbindlich; so: ZU. 3. Nov. 59 c. Becker. Vgl. jedoch jetzt FFP.-Ges. §§ 13. 94. 63. Durch daö Pr. Gesetz über daS Deichwesen v. 28. Ian. 1848 § 15c. (GS. s. 57), nach welchem da« für jeden Deichverband abzufassende und landes herrlich zu vollziehende Statut unter Anderem auch die von den Grundbesitzern zu übernehmenden Beschränkungen deS Eigenthums näher bestimmen soll, wird die Befugniß, im polizeilichen Wege weiter gehende Beschränkungen anzuordnen, nicht aus geschlossen: 9311. 8. Ian. 5*7 c. Knorsch. — Eine Pol.-Vdn., welche den GrenzaufsichtSbeamten das Betreten (Bereiten) der Deiche nur unter gewissen Beschränkungen gestattet, steht mit dem Gesetze (vgl. VZollges. v. 1. Juli 1869) in Widerspruch und ist daher unwirksam: DI. 7. Febr. 77 (RdO. XVII, 101). 64. Fiskalische Maßregeln können nicht im Wege einer, Zuwiderhand lungen (z. B. daS Nichtzahlen einer für die Benutzung einer städtischen Anstalt zu entrichtenden Gebühr) mit Strafe bedrohenden, Pol.-Vdn. angeordnet werden: ZKH. I. Juli 37 (Volkm. s. 450); ZKH. 20. Nov. 49 c. Hirsch. 65. Nichtleistung der den Gemeinde-Angehörigen obliegenden Gemeindedienste kann nicht im Wege einer Pol.-Vdn. mit Strafe bedroht werden, wenn das Gesetz selbst (z. B. Rhein. Gem.-Ordn. v. 23. Juli 1845 § 23. 25) für einen solchen Fall nur Beitreibung des Geldwertheö im Exekutionswege angeordnet hat: ZU. 24. Juni 58 c. Wagner; ZU. 8. März 60 (RA. 55. II, 36); Art. 7 a. E. des Pr. Ges.'S v. 15. Mai 1856 erleidet auf Gemeindedienste keine Anwendung. 66. Die durch GG.-Bdn. f. d. N.- u. M.-Rhein v. 22. Nov. 1814 verkün deten allgemeinen Holz-DerkaufSbeding ungen für die herrschaftlichen und Gemeindeforstschläge tragen den Charakter einer Pol.-Vdn. an sich: Zuwiderhandlungen sind Uebertretungen; so: VII. 5. Sept. 61 (RdO. I, 580). 67. Dor Erlaß deS Pol.-Ges.'S v. 11. März 1850 konnte der Minister des Innern eine Hengstkörordnung erlassen: ZU. 28. Mai 64 (RdO. IV, 543). 68. Ein vom Handelöminister erlassenes Eisenbahnbetriebs-Reglement, welches der Eisenbahn-Verwaltung unter gewissen DorauSsetzungen Ansprüche auf erhöhte Fahrtaxen und gewisse damit in Verbindung stehende Befugnisse dem Pu blikum gegenüber einräumt, ist keine Pol.-Vdn.; Zuwiderhandlungen sind nicht als strafbare Handlungen zu betrachten: VII. 28. Okt. 58 c. Berckhölzer. Vgl. n. 27.
69. Nach dem Pol.-Ges. v. 11. März 1850 §§ 5. 11 genügt eS nicht mehr, wenn eine Pol.-Vdn. im allgemeinen ein Verbot ausspricht: Inn -MDf. v. 6. Juni 1850 Nr. 2 (VMbl. s. 176: „eö solle entweder ein bestimmtes Strafmaß oder ein Maximum und Minimum angedroht werden"); vgl. aber n. 41. Dasselbe gilt von bergpolizei lichen Verordnungen nach dem Ges. v. 19. Juni 1861 §§ 8—11: ZU. 11. Apr. 65 c. Held, nicht aber von den unter der Herrschaft deö Bergges.'s v. 24. Juni 1865 er lassenen : Oppenh. Bergges. n. 1096bis. Ferner sind ältere Pol.-Derordnungen, welche keine ausdrückliche Strafandrohung enthalten, wirksam geblieben: in Betreff des dann zulässigen Strafmaßes vgl. EG. z. Pr. StGB. Art. VIII n. 6. Für den Bezirk des AH.'S Köln hatte da« Reff.-Regl v. 20. Juli 1818 § 33 die Strafe für jede „nicht besonders perpönte Uebertretung eines Polizeigesetzes" auf 1—5 Thlr. bestimmt; daraus folgerte ZU. 6. Juni 63 (RdO. III, 485), daß auch hier ein bloßes Verbot nicht genüge, daß vielmehr wenigstens eine allgemeine Strafandrohung hinzugefügt fein müsse; ebenso: ZKH. 22. Sept. 24, ZU. 11. Juli 53, 18. März 75 (RA. 7. II. 49; 49. II. 31; RdO. XVI, 246), Oppenhoff Ressortges. s. 294 n. 297: contra: VKH. 7. Febr. 35, 9. Dez. 37, 29. Okt. 38 (RA. 22. II. 3; 26. II. 58 ; 27. II. 54). Vgl. ALR. II, 20 §§ 239. 240. 70. In einer Pol. - Vdn. darf (vorbehaltlich der im Ges. v. 26. Juli 1880 §§ 72. 73. 80 getroffenen Vorschriften) das in den §§ 5. 11 des Pol.-Ges.'S v. II. März 1850 bestimmte Maß der Strafandrohung nicht überschritten, wohl aber daö geringste Strafmaß höher als Eine Mark (§27) bestimmt werden: VII. 11. Juli 63 (RdO. III, 493). Ist nur der Höchstbetrag bestimmt, so gilt als Mindestbetrag der Satz von Einer Mark: DI. 23. April 57 c. Perlstein. 71. Nach §§ 5. 11 deö cit. Pol.-Ges.'S können Pol.-Verordnungen nur Geld strafe androhen, also nicht in Betreff der eventuellen Umw andlu ng der letzteren in Freiheitsstrafe eine von der gesetzlichen abweichende Bestimmung treffen; diese ist
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nut nach tztz 28. 29 deS StGB.'s auSzusprecheu. Für die neuen Provinzen bestimmt § 16 der Vdn. v. 20. Sept. 1867 ausdrücklich, daß an Stelle einer uneinziehbaren Geldstrafe auf „verhältnißmäßige Gesängnißstrafe" (jetzt auf Haft nach dem Maß stabe des StGB.'s) zu erkennen sei, deren höchstes Maß aber 4 Tage statt 3 Thlr-, 14 Tage statt 10 Thlr. nicht übersteigen solle. 72. Die Einziehung einzelner Gegenstände kann nicht durch eine Pol.-Vdn. als Strafe angedroht werden: Wahlberg i. HH. II, 531; contra: VII. 18. Apr. 53 c. Verheien. 73. Ueberschreitet eine Pol.-Vdn. bei der Strafandrohung das zulässige Strafmaß, so ist sie deshalb nicht ungültig, vielmehr ist die Strafe in dem ge ringeren vom Gesetze gestatteten Maße zu verhängen: BI. 14. Ott. 64 (RdO. V, 174). Das gilt auch von älteren (vor Verkündung des Pol.-Gef.'S v. 11. März 1850 erlassenen) Verordnungen: ihre Strafandrohungen sind aus das jetzt statthafte Maß zu beschränken: VI. 18. Jan. 71 (RdO. XII, 42). Im Uebrigen aber sind ältere, gültiger Weise ergangene, Polizeiverordnungen und ihre Strafandrohungen in Kraft verblieben, selbst, wenn die Strafandrohung nicht in der Vdn. selbst ent halten, sondern aus einem damals geltenden Gesetze zu ergänzen war (o. 69); an Stelle des letzteren ist jetzt nicht das neuere Gesetz getreten: VI. 23. Apr. 57 c. Perlstein: vgl. VKH. 21. Dez. 33; contra: DKH. 14. Sept. 52 (RA. 20. II. 3; 48. II. 22). — Da« Gegentheil tritt ein, wenn ein neues Gesetz, insbesondere da« StGB, selbst die Strafandrohung für die Zuwiderhandlung (Uebertretung) gegen eine polizeiliche Anordnung enthält: V. 8. Juli 68 (RdO. IX, 437).
74. In Betreff der Art der Verkündigung orts-, amts oder kreis, polizeilicher Verordnungen, und in Betreff der Formen, von deren Beobachtung die Gültigkeit derselben abhängt, vgl. Pol.-Ges. v. 11. März 1850 § 5; Vdn. v. 20. Sept. 1867 §5; KreiS-Ordn. v. 13. Dez. 1872 § 78; Prov.-Ordn. v. 29. Juni 1875 § 82, Ges. v. 26. Juli 1880 § 80 Abs. 2. Eine Inn.-MBf. v. 10. Juni 1850 (BMbl. s. 176) hatte den Erlaß allgemeiner Vorschriften nicht für angemessen er achtet, dagegen die fortdauernde Gültigkeit der zur Zeit bestehenden angenommen. Diese Auffassung wurde zufolge Inn.-MVf. v. 4. April 1874 (BMbl. s. 109), nach welcher die Regierungen jene Bestimmungen ohne Weiteres erlassen sollten, aufge geben. In Betreff der früheren Zeit vgl. AKO. v. 2. gebt. 1840 (GS. s. 32); noch früher richtete sich die Verkündigung lokalpolizeilicher Vorschriften nach dem Herkommen: VII. 2. Apr. 57 c. Althen; vgl. IMVf. v. 6. Dez. 1835 (RS. V, 284). 75. Für die Art der Verkündigung der Pol.-Verordnungen der BezirksRegierungen, sowie für die Formen, von deren Beobachtung die Gültigkeit der selben abhängt, waren die in Gemäßheit des Pol.-Ges.'S v. 11. März 1850 § 11 und der Vdn. v. 20. Sept. 1867 § 11 erlassenen und durch die Reg.-AmtSblätter brkannt gemachten Inn.-MInstr. v. 6. Juni 1850 und 16. Nov. 1867 (VMbl. 1850 s. 176; 1867 s. 364) maßgebend. Nach diesen war eS unerläßlich, daß die Lerordnung aus drücklich aus § 11 deS Pol.-Ges.'S v. 11. März 1850 rc. Bezug nehme, und (ebenso ausdrücklich) als „polizeiliche Vorschrift, Polizei-Verordnung oder Polizei-Reglement" bezeichnet sei: ZU. 14. Nov. 72 (RdO. XIII, 593); vgl. OTr. II. Civ.-Sen. 16. Mai 72 (StA. 89 s. 155). Früher hatte eine Vdn. v. 28. März 1811 § 2. 6 (GS. s. 166) für die Erlasse der Provinzialverwaltungsbehörden die Verkündung durch das Amtsblatt selbst für den Fall vorgeschrieben, wo die betr. Verordnung sich nur auf einzelne Orte rc. bezog: ZI. 2. Nov. 60 c. Post. Die Verkündigung (und der Beginn der Wirksamkeit) der von dem Oberpräsidenten, Regierungspräsidenten und Ministern nach Maßgabe der Prov.-Ordn. v. 29. Juni 1875 bzw. des Gef.'s v. 26. Juli 1880 zu erlassenden Pol.-Verordnungen ist durch die §§ 77. 78. 80. 86 der ersteren, bzw. durch § 76 deS letzteren geregelt. 76. Die Gültigkeit einer Polizei-Vdn. ist durch die Beobachtung der für ihre Verkündigung vorgeschriebenen Formen bedingt: ZKH. 23. Febr. 52 (RA. 46. II. 109), ZU. 14. Nov. 72 (cit. n. 75); vgl. n. 79. 77. Die in gesetzlicher Weise erlassenen Polizei-Verordnungen stehen rücksichtlich ihrer Wirksamkeit den Gesetzen gleich. Die Verletzung oder unrichtige Anwendung derselben konnte in Preußen ebenso wie die Verletzung einer materiellen Gesetzesvorschrift im Wege der Nichtigkeitsbeschwerde geltend gemacht werden; vgl.
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Ueber,retungen
- (§ 360 ff.)
§ 360. Mit Geldstrafe bis zu einhundertfunfzig Mark oder mit Haft wird bestraft: 1) wer ohne besondere Erlaubniß Riste von Festungen oder einzelnen Festungswerken aufnimmt oder veröffentlicht; [I. Eniw.: 8 348 Nr. 1; II. Enlw.: § 356 Nr. I; Vgl. §§ 90 (Nr. 4). 92 (Nr. 1). 42.
Pr. StGB.: § 340 Nr. 1.]
Oppenh. Pr. Strafverf. Art. 107 n. 20, Dasselbe gilt jetzt von der Revision; vgl. Löwe s. 783. Ebenso findet § 2 auf sie Anwendung; vgl. dort n. 2. — Im Uebrigen aber sind Pol.-Verordnungen nicht wie Gesetze zu behaudeln, vgl. Oppenh. Reff.-Ges. s. 343 n. 38. 39; s. 509 n. 23. 78. Die zur Entscheidung über die Zuwiderhandlungen gegen Pol.-Verord nungen berufenen Pr. Gerichte haben nicht die Nothwendigkeit oder Zweckmäßig keit der letzteren, sondern nur ihre gesetzliche Gültigkeit nach den §§ 5. 11. 15 deö Pol.-Ges.'S in Erwägung zu ziehen: § 17 ib. Zu den die gesetzliche Gültigkeit der Vdn. betreffenden Fragen gehören aber auch die, ob jene von einer zuständigen Be hörde erlassen und dem Gegenstände nach innerhalb der gesetzlichen Grenzen geblieben sei, ob z. B. eine ortspolizeiliche Vdn. sich auf einen der Gegenstände beziehe, über welche nach § 6 1. c. (oder einem anderweiten Spezialgesetze) solche Vorschriften er* lassen werden können, — weil ein Hinausgehen über jene Grenze mit dem cit. § 6 und den die gesetzgebende Gewalt im Staate regelnden Gesetzen im Widersprüche stehen würde: ZU. 8. Nov. 64, ZPl. 8. Mai 65, V. 8. Juli 68 (RdO. V, 237; VI, 91; IX, 437). Diese Prüfung wird den Gerichten dadurch nicht entzogen, daß in einer Pol.-Vdn. irgend einer der im cit. § 6 aufgezählten Gegenstände als Grund oder Zweck derselben bezeichnet wird; der Richter darf sonach nicht auf Strafe erkennen, wenn er findet, daß die Vdn. sich in Wahrheit auf einen der polizeilichen DerordnungSgewalt nicht unterliegenden Gegenstand beziehe. Das gilt auch für den Fall, wo es in Frage steht, ob die Vdn. einen Gegenstand betreffe, „welcher im be sonderen Interesse der Gemeinden und ihrer Angehörigen polizeilich geordnet werden muß" (cit. § 6 i): cit. ZPl. 8. Mai 65. 79. Ebenso haben die Gerichte zu prüfen, ob die Verkündung einer Pol.Vdn. vorschriftsmäßig erfolgt sei (n. 76); sie sind in dieser Beziehung durch eine allgemeine Bescheinignng der betr. Pol.-Behörde: „die Verkündung sei vorschrifts mäßig erfolgt" nicht gebunden: ZU. 6. Ian. 59 (RA. 54 II. 61). Das gilt auch vom Nichtigkeits- bzw. RevisionSrichler; contra: ZU. 23. Okt. 62 (RdO. III, 85: hielt die Feststellung des Instanzrichters in Betreff des stattgehabten Berkündungsmodus für bindend und das OTr. nur für berufen zu prüfen, ob diese so festge stellte VerkündungSart dem Gesetze entspreche). 80. Der Richter, welcher eine Pol.-Vdn. für nicht verbindlich erachtet, muß sich auf die Freisprechung von der aus ihr erhobenen Anschuldigung beschränken; er darf nicht gleichzeitig die Aufhebung der Vdn. oder dgl. aussprechen: VII. 1. Okt. 57 (RA. 53. II. 35). 81. Allgemeine polizeiliche Verbote können, insofern die betreffende Verordnung dieses nicht ausdrücklich gestattet, durch privatrechtliche Verträge nicht auf gehoben werden; daher darf der Iagdpächter einer allgemeinen Polizei-Vdn. zuwider nicht über die in seinem Jagdreviere liegende Eisenbahn gehen, sollte diese von der Iagdverpachtung auch nicht ausgeschloffen sein, und die Eisenbahn-Gesellschaft an den Pachtgeldern Theil nehmen: ZU. 15. Febr. 55 c. FrtngS. 82. Der Richter muß nicht nur die Gesetze, sondern auch die gesetzlich ver kündeten Polizei-Verordnungen kennen; er darf ihre Existenz und Anwendbarkeit nicht zum Gegenstände einer Beweisauflage für eine Partei machen, und ebensowenig in Ermangelung eines solchen Beweises freisprechen.' ZII. 5. Mai 59 c. Artz.
§ 360. 1. Die Haft ist im Betrage von einem Tage biö zu sechs Wochen, und im Fall einer Realkonkurrenz biö zu drei Monaten zu verhängen: §§ 18. 77.
Zu Nr. 1. 2. Nach dem inneren Grunde dieser Vorschrift ist dieselbe auf inländische Festungen re. zu beschränken.
Thl.
n.
Abschn. XXIX.
Uebertletungm. — § 360 Nr. 1—3.
801
2) wer außerhalb seines Gewerbebetriebes heimlich oder wider das Verbot der Behörde Vorräthe von Waffen oder Schießbedarf aufsammelt; [I. @ntn>.: § 348 Nr. 2; II. Eniw.: § 356 Nr. 2; Pr. StGB.: 8 340 Nr. 2.] Vgl. § 87.
3) wer als beurlaubter Reservist oder Wehrmann der Land- oder Seewehr ohne Erlaubniß auswandert, ebenso 2 a. Im Uebrigen ist die Vorschrift bei ihrer hohen polizeilichen Wichtigkeit und nach ihrem Zwecke möglichst allgemein zu nehmen und daher als „Riß" im Sinne derselben jede Zeichnung zu erachten, welche „Festungen oder einzelne Festungs werke" ihrer wirklichen Beschaffenheit nach in mehr oder weuiger ausführlicher Weise darstellt; so: OHG. 18. Okt. 78 (Entsch. deff. 24 s. 131: sprach sich gleichzeitig dahin aus, daß die Frage, ob solche Zeichnungen vom militairischen Standpunkte aus gefährlich oder ungefährlich seien, nach dem Willen des Gesetzes nur von der zu ständigen Militairbehörde, welche auch „die besondere Erlaubniß" zu ertheilen habe, entschieden werden solle). 3. Die Mittheilung eines Einzelexemplares an einen Anderen ist noch keine „Berösfentli chung". 4. In Betreff der Einziehung der ausgenommenen Riffe, vgl. den Schlußsatz.
Zu Nr. 2. 5. Die Worte „außerhalb seines Gewerbebetriebs" beziehen sich auch aus die zweite Alternative („wider das Verbot je."); ein innerhalb des Gewerbe betriebs stattfindendes Aufsammeln kann die Behörde nicht verbieten. Das Auf sammeln geschieht „innerhalb des Gewerbebetriebs", wenn es zu gewerblichen Zwecken stattfindet. 6. „Behörde" deutet auf die Polizeibehörde. 7. „Masse" ist hier im technischen Sinne aufzufassen. 8. Eln „Aufsammeln" kann auch durch eine einmalige Anschaffung bewirkt werden: Zll. 24. Nov. 65 (RdO. VI, 497). 9. In Betreff der Einziehung der Waffen rc. vgl. Schlußsatz. 10. Geschieht die Handlung zur Vorbereitung eines hochverräth er ischen Unternehmens, so wird § 86 anwendbar.
Zu Nr. 3. Vgl. die Bemerkungen zu § 140. 11. Nach dem zum Reichsgesetz gewordenen BGes. v. 9. Nov. 1867 § 15 (vgl. RGes. v. 16. April 1871 §2 und für Baiern: NGes. v. 24. Nov. 1871) „darf reserve-, land- und seewehrpflichtigen Mannschaften in der Zeit, in welcher sie nicht zum aktiven Dienst einberusen sind, die Erlaubniß zum Auswandern nicht versagt werden"; vgl. R.«Derfasi. Art. 59 Abs. 2; B -Indig.-Ges. v. 1. Juni 1870 § 15 Nr. 3. Ebendarum ist das Auswandern ohne die erforderliche Erlaubniß, welche durch eine von der höheren Verwaltungsbehörde des HeimalhSstaateS ausgefertigte Entlassung aus der Staatsangehörigkeit ertheilt wird (BGes. v. 1. Juni 1870 §§ 13. 14), nur als Uebenretuug verpönt. — Die Ersatzreservisten erster Klasse (welche zu den Mannschaften des Beurlaubtenstandes überhaupt nicht gehören: Kr.-MVf. v. 29. Juli 1876) bedürfen zur Auswanderung nicht einmal einer solchen Erlaubniß, sie sind jedoch gemäß § 69 Nr. 8 des N.-Mil.-Ges.'S v. 2. Mai 1874 verpflichtet, von ihrer bevorstehenden Auswanderung der Militärbehörde Anzeige zu machen und fielen schon nach diesem § 69 im Unterlassungsfälle der Strafe des § 360 anheim. Durch Ausnahme der hier fraglichen Strafbestimmung in den § 360 hat daher die Novelle an dem bestehenden Rechte Nichts geändert. Dagegen unterstehen gegeuwärtig, gemäß Art. I § 3 Nr. 8 des RGes.'S v. 6. Mai 1880, übungspflich tige Ersatzreservisten (ib. Nr. 1 ff.) in Bezug auf Auswanderungserlaubniß, Ent lassung aus der Staatsangehörigkeit, Befolgung des Einberufungsbefehls, sowie als Angehörige des aktiven Heeres während einer Uebung den für Reservisten und Wehrleute geltenden Vorschriften. Im Uebrigen vgl. unten n. 14. 12. Die Nr. 3 ist aus die sonstigen im R.-Mil.-Ges. v. 2. Mai 1874 § 56 Oppenhoff, D. Strafgesetzbuch.
8. AuSg.
51
802
Thl. II. Löschn. XXIX.
Uebertretuvgen
— § 360 Nr. 3.
wer als Ersatzreservist erster Klaffe auSwandert, ohne von seiner bevorstehenden Auswanderung der Militär behörde Anzeige erstattet zu haben; I. Entw.; § 122 Abs. 2; II. Eittw.: § 138 Abs. 2; — Nov. v. 26. F-br. 1876 Art. I. — Pr. StGB.: § 110.] Vgl. §§ 140. 144; Versass. Artt. 4 Nr. 1. 57. 59; BG-s. v. 9. Nov. 1867 §§ 1. 3. 6. 7. 15; (Jndigmat«-) Ges. v. 1. Juni 1870 § 15; BGes. v. 16. April 1871 § 2; (2) RG-s. v. 24. Nov. 1871 (RGbl. f. 398. 401); Mil.-StGB. §§ 6. 65-80; Mil.-Ges. v. 2. Mai 1874 §§ 56. 60 Nr. 1—3. 61. 69 Nr. 5. 8; er. gänzendeS rc. Ges. v. 6. Mai 1880 Art. I; RGes. üb. d. Landsturm v. 12. Febr. 1875 § 4; Kontrol-Ges. v. 15. Febr. 1875; Wehr -Ordn. v. 28. Sept. 1875 (VMbl. 1876 Nr. 1 Beil.); RStPO. §§ 470-476. Preußen: Vgl. Ges. v. 10. März 1856 §§ 1. 10. 11; NStPO. §§ 468 ff.
Nr. 1 — 4 ausgesührten Personen des Beurlaubtenstandes nicht anwendbar. — Den unter Nr. 1 des eit. § 56 neben den Reservisten und Wehrmännern ge nannten Offizieren und im OsfizierSrange stehenden Aerzten kann die Erlaubniß zur Auswanderung, bzw. die Entlassung auS der Reichsangehörigkeit versagt werden und ist jedenfalls nur mit Genehmigung der Militärbehörde zu ertheilen; vgl. BGes. v. 1. Juni 1870 § 15; R.-Mil.-Ges. v. 2. Mai 1874 § 60; sie unterliegen daher im Falle der unerlaubten Auswanderung nach der ausdrücklichen Vorschrift des § 140 der schwereren Strafe dieses §. — Die unter Nr. 2 -4 des eit. §56 ge nannten Personen, nemlich die vorläufig in die Heimath beurlaubten Rekruten und Freiwilligen, die bis zur Entscheidung über ihr ferneres Militärverhältniß zur Dispofltion der Ersatzbehörden entlassenen Mannschaften und die vor erfüllter aktiver Dienstpflicht zur DiSposttion der Truppentheile beurlaubten Mannschaften werden nach § 60 deS R.«Mil..Ges.'S bezüglich mtlitärischer Vergehen den Personen deS ak tiven Dienststandes gleich geachtet; bei ihnen charakterisirt sich daher die unerlaubte Auswanderung als unerlaubte Entfernung, bezw. Fahnenflucht im Sinne des Mil.StGB.'S v. 20. Juni 1872, weshalb sie diesen Strafbestlmmnngen und gleichzeitig der Militärgerichtsbarkeit unterworfen sind. Vgl. § 140 n. 6 und in Betreff Bayerns das Erk. des bayer. Gen. Audtt. v. 29. April 1874 (StZ. III, 266). 13. Dasselbe gilt im Falle einer angeordneten Mobilmachung oder Kriegs bereitschaft sogar bezüglich der im § 360 Nr. 3 ausdrücklich benannten Personen von dem Augenblicke an, wo sie in Folge dessen zum (aktiven) Dienste einberufen sind; vgl. Mil.-StGB. § 68. Dagegen ist der Reservist re., welcher vor diesem Zeitpunkte auSgewandert ist, selbst wenn solches geschah, nachdem er lediglich zu einer Uebung einberufen war, nie wegen Fahnenflucht, sondern nur aus § 360 Nr. 3 und zwar vor dem Civilgerichre zu verfolgen: Mot. z. Mil.-StGB. s. 92, Cwk. d. Pr. Gen.-Audit. v. 22. Nov. 1873 Fleck: Pc. Mil. SlGO. s. 282 I. 1). 14. Konkurrirt ideell der Fall deS 8 140 Nr. 3, so schließt die schwerere Strafe diese- § diejenige des § 360 Nr. 3 gemäß § 73 auS; vgl. § 140 n. 18. 15. Begriff deS „AuSwandernS", vgl. § 140 n. 19. 16. Als Dolus genügt der Wille auszuwandern, verbunden mit dem Be wußtsein, die Entlassung auS der Staatsangehörigkeit nicht erlangt, bezw. die er forderliche Anzeige nicht gemacht zu haben; eS beoarf nicht des Bewußtseins der Rechtswidrigkeit der Auswanderung; contra: ZU. 8. Sept. 64 (RdO. V, 91; kann jedenfalls jetzt nicht mehr maßgebend sein), noch der Absicht, sich der Erfüllung der Pflichten eines Reservisten re. zu entziehen. 17. Das Wesen der durch den ersten Satz der Nr. 3 vorgesehenen Ueber# tretung besteht nicht sowohl in der Nichterfüllung der zu leistenden Wehrpflicht, da der Reservist re. (von gewissen, mehrentheilS durch strengere Strafbestimmungen, — vgl. n. 12ff., — geschützten AuSnahmesällen abgesehen), daS Recht hat, die Ent lassung zu fordern, als vielmehr in der Lerabsäumung einer für die Handhabung der ordnungsmäßigen Verwaltung erforderlichen Kontrolmaßregel; deshalb wird die Ueber# tretung durch die „Auswanderung" ohne Erlaubniß vollendet, und setzt sich durch das demnächstige Fernbleiben außer Landes, bezw. durch die andauernde Nichterfüllung der Militärpflicht nicht fort; mit jener Vollendung beginnt die Verjährung: Herbst
Thl. n Abschn. XXIX.
Uebertretungen. — § 360 Nr. 3. 4.
803
4) wer ohne schriftlichen Auftrag einer Behörde Stempel, Siegel, Stiche, Platten oder andere Formen, welche zur Anfertigung von Metall- oder Papiergeld, oder von solchen Papieren, welche nach § 149 dem Papier gelde gleichgeachtet werden, oder von Stempelpapier, Stempelmarken, Stempelblanketten, Stempelabdrückcn, öffentlichen Bescheinigungen oder Beglaubigungen dienen können, anfertigt oder an einen Anderen als die Be hörde verabfolgt; [I. Entw.: § 348 Nr. 3; II. Enlw.: § 356 Nr. 3; Nov. v. 26. F-br. 1876 Art. I; Pr. StGB-: § 340 Nr. 3.J Vgl. Nr. 5; § 151. 275. 276. 364. Preußen: Vgl. Ges. v. 6. Juni 1835 (GS. f. 99; RS. V, 141).
5) wer ohne schriftlichen Auftrag einer Behörde den Abi. GA. XXII, 89; Rubo s. 1021; Jnn-MBs. v. 12. März 1872 (indir.); contra: BII. 1. Juni 72, Beschl. I 19. Juli 72, «II. 8. Apr. 73, Beseht 21. Juni 73, B-schl. I. 11. Sept. 74, BI. 17. Oft. 77 (RdO. XIII, 333. 436; XIV, 265. 455; XV, 552; XVIII, 656), Münch. 21. Mai 73 (BSnisch. III, 115). Noch unbetont« licher gilt dies von dem 2. Falle der Nr. 3; vgl. Mot. des eit. Beschl. I. 11. Sept. 74; contra: Meves s. 279. 17a. Für die Strafabmessung soll die Vermögenslage des Angeschuldigten den nächsten Anhalt abgeben; vgl. Pr. IMBf. v. 4. Juni 1853 (JMbl. s. 214). Außerdem dürfte hierbei in Betracht zu ziehen sein, ob zur Zeit der Auswanderung die Beendigung des Beurlaubtenverhältnisses in naher oder in ferner Zukunft stand. 18. In Betreff des Verfahrens kommen die §§ 470ff. der RStPO. zur Anwendung. Die gemäß § 472 eit. in den Fällen des § 360 Nr. 3 abzugebenden Erklärungen sollen in Preußen von den Landwehr-Bezirks-Kommandos ausgestellt werden: Kr.-MVf. 23. Febr. 1880 (JMbl. s. 73). Im Uebrigen vgl. § 140 n. 13ff. — Eine Beschlagnahme des Vermögens zur Deckung der eventuell zu verhän genden Geldstrafe (§ 140 Abs. 2) findet hier nicht Statt.
Zu Nr. 4. 19. Nr. 4 ist dem Pr. Ges. v. 6. Juni 1835 nachgebildet. Die durch die Novelle bewirkte Einschaltung der Worte: „Stempelmarken, Stempelblanketten, Stempelabdrücken" entspricht der Fassung der §§ 275. 276. 364: Mot. z. Nov. s. 58. 20. Geschieht daS Anfertigen solcher zur Anfertigung von Geld re. dienlicher Stempel „zum Zwecke eines Münzverbrechens", so wird § 151 anwendbar. 21. Zu den „öffentlichen Beglaubigungen" gehören auch die amtlichen Eichungen der Maße rc., so wie die amtlichen Verschlüsse gewisser Sachen oder Waaren (Verbleiungen re.); vgl. eit. Pr. Ges. v. 6. Juni 1835 § 1 Nr. 4, nicht aber die Stempel, welche eine Privateisenbahn-Gesellschaft gemäß § 50 des Betriebs reglements v. 1. Juli 1874 (Centralbl. Nr. 21) den Frachtbriefformulareu, zur Be glaubigung ihrer Uebereinstimmung mit den vorgeschriebenen Formularen, beizu drucken hat; contra: VH. 15. Okt. 78 (RdO. XIX, 464). 22. Kleine Abweichungen von den amtlich gebrauchten Stempeln re., welche leicht übersehen werden können, schließen die Strafe nicht aus. 23. Der „Auftrag" muß von der nach den Landesgesetzen zuständigen Be hörde ausgehen; in Preußen ist in dieser Beziehung das eit. Ges. v. 6. Juni 1835 § 3 maßgebend. Der Auftrag einer unzuständigen Behörde schließt die Strafe nicht aus, wenn dem Thäter diese Unzuständigkeit bekannt war. 24. Einziehung der angesertigten re. Stempel re., vgl. Schlußsatz.
Zu Nr. 5. 25. Vgl. die Bemerkungen zu Nr. 4. 26. Die im § 82 gegebene Begriffsbestimmung eines „Unternehmens" paßt für den vorliegenden Fall nicht ganz, da hier keine Handlung in Frage steht,
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Thl. II. Abschn. XXIX.
Uebertretungett. — § 360 Nr. 5—7.
druck der in Nr. 4 genannten Stempel, Siegel, Stiche, Platten, oder Formen, oder einen Druck von Formu laren zu den daselbst bezeichneten öffentlichen Papieren, Beglaubigungen oder Bescheinigungen unternimmt, oder Abdrücke an einen Anderen als die Behörde verabfolgt; [I. Entw.: § 348 Nr. 4; II. Entw.: § 356 Nr. 4; Pr. StGB.: § 340 Nr. 4.1 Vgl. Nr. 4.
6) wer Waaren-Empfehlungskarten, Ankündigungen oder andere Drucksachen oder Abbildungen, welche in der Form oder Verzierung dem Papiergelde oder den dem Papier gelde nach §149 gleich geachteten Papieren ähnlich sind, anfertigt oder verbreitet, oder wer Stempel, Stiche, Platten oder andere Formen, welche zur Anfertigung von solchen Drucksachen oder Abbildungen dienen können, anfertigt; [I. Entw.: § 348 Nr. 5; II. Entw.: § 356 Nr. 5; Pr. StGB.: § 340 Nr. 5.]
7) wer unbefugt die Abbildung des Kaiserlichen Wappens oder von Wappen eines Bunvesfürsten oder von Landeöwappen gebraucht; [I. Entw.: § 348 Nr. 6; II. Entw.: tz 356 Nr. 6 — N°v. v. 26. Febr. 1876 Art. I. — Pr. SlGB. (fehlte).] Vgl. Kais. Erl. v. 16. März 1872, Bekanntm. d. R.-Kanzl- v. 11. April 1872 (RGbl. f. 90. 93). Preußen. Vgl. früher: MO. v. 16. Okt. 1831 (GS. s. 247). durch welche ein demnächstiger Erfolg erzielt werden soll, dagegen ist aus jenem Ausdrucke zu folgern, daß auch hier die begonnene Ausführung des Abdrucks (Drucks) zum Thatbestände genügt; contra: Sontag (GA. XIX, 305). 27. Wer sich zur Anfertigung der Abdrücke solcher Platten ic. bedient, die im Auftrage der zuständigen Behörde angefertigt sind, ist gleichfalls ans Nr. 5 strafbar. 28. Zu den Formularen, deren Abdruck durch die Eriheilung eines vor gängigen schriftlichen amtlichen Auftrags bedingt ist, gehören auch die zu Zoll-, Steuer-, Post, und ähnlichen Quittungen, zu Pässen, sowie zur Ausnahme der PersonenstandSurklinden benutzten; der Auftrag zum Abdrucke der letzteren geht gemäß § 8 des RGes.'s v. 6. Febr. 1875 von der belr. Centralbehörde jedes einzelnen Bundesstaats Jn Preußen vom Min. des Innern) auS; vgl. Hinschius s. 54. 29. Einziehung der angesertigten Abdrücke re., vgl. Schlußsatz.
Zu Nr. 6. 30. „A bbildungen" umfaßt (hier und in Nr. 7) auch photographische Nachbildungen. Abbildungen in numismatischen Zeitschriften rc., welche nach ihrer Ausstattung rc. keine Benutzung statt des echten Werthzeichens und keine dadurch herbeizuführende Täuschung zulassen, gehören nicht hierher; sie sind (in ihrer Gesammtgestaltung) dem echten Papiergelde rc. nicht „ähnlich": Stenogr. Ber. s. 761 ff. 31. Daö „Verbreiten" der ausgezählten sachlichen Gegenstände ist hier nicht in demselben Sinne aufzufassen, wie in den §§ 131. 186. 187, wo dasselbe sich auf einen Gedankenausdruck bezieht. ZI. 20. Juni 73 RdO. XII, 317); es kommt dann weiter nicht darauf an, ob sie auch in jeder andern Beziehung lebenSfähi : war: ZI. 3. Mai 61, 21. Nov. 67, ZU. 19 Mai 70 (RdO. 1, 384; VIII, 740; XI, 326). Dagegen gehört eine unreife Leibesfrucht nicht hierher: Beschl. I. 4. Jan. 67 (RdO. VIII, 6). 6. „Bei-Seite-Schaffen" bezeichnet hier (wie die Gleichstellung mit „be erdigen" ergiebt, abweichend von § 137) solche Handlungen, durch welche sich der Thäter der Leiche ohne Beerdigung endgültig entledigt, insofern dieselbe dadurch gleichzeitig der Kenntniß der Behörde entzogen wird: ZI. 15. April 53, ZU. 28. Mai 53 (GA. I, 571); daher bleibt der § ausgeschlossen, wenn dabei eine weitere Verfügung Vorbehalten war: HS. II, 117; contra: Beschl. I. 9. Jan. 63 (RdO. III, 203). Der Absicht, die Leiche der Kenntniß der Behörde zu entziehen, bedarf es nicht: ZU. 21. Nov. 67 (eit. n. 5); es genügt das Bewußtsein, daß letzteres die Folge sein werde. 7. Hat eine Mutter ihr neugeborenes uneheliches Kind (vorsätzlich oder fahrlässig) getödtet (§§ 217. 222 n. 2), und demnächst den Leichnam bei Seite ge schafft k., so liegt unzweifelhaft Realkonkurrenz (§ 74) vor. Hat sie dagegen durch die tödtende Handlung gleichzeitig den Körper des Kindes beseitigt (;. B. durch Werfen in einen Fluß, in einen brennenden Backofen rc), so war nur das lebende Kind Gegensiand dieser Handlung, es konkurrirt also nicht etwa (ideell) neben dem Kindesmord auch noch die in Nr. 1 des § 367 vorgesehene Uebertretung; vgl. ZU. 26. Sept. 61, Beschl. I. 21. Okt. 63, Vl. 9. Febr. 64 (RdO. I, 588; IV, 126; V, 344); HS. II, 147. 8. Der bei einer „Beerdigung" assistirende Geistliche nimmt diese nicht selbst vor; somit verwirkt er nicht die Strafe der Nr. 1 (oder Nr. 2); ebenso: HinsckiuS s. 182; contra (mindestens für Bayern): Münch. 23. Sept. 76 (BEntsch. VI, 466: die Todtengräber und andere am Beerdigungsakte theilnehmende Personen erschienen hierbei als die Vollzugsorgane des Pfarrers, welchem die Anordnung und Leitung des ganzen kirchlichen Begräbnisses zustehe). Für die zur Zeit französischen s. g. vier Rh. Departements hatte ein Beschl. des Reg.-Kommissars v. 28. Fruct. IX jene Assistenz bei einer ohne Autorisation bewirkten Beerdigung unter namhafter Strafe verboten; ein gleiches Verbot (aber ohne Strafandrohung) erging für ganz Frankreich durch ein Dekr. v. 14. therm. XIII. Letztere Vorschrift erachtete Cass. 27. Jan. 32, 12. Okt. 50 (Sir. 32. I. 368) als noch gültig und die Strasvorschrift des Code 3. brum. IV artt. 605. 606 (später ersetzt durch C. pdn art. 471 Nr. 15) für anwendbar (vgl. Rh. Ress.-Regl. v. 20. Juli 1818 § 33). Dagegen sprachen sich eine ZMVs. v. 8. Dez. 1842 und eine CMVf. v. 28. Juli 1843 (Iahrb. 62 s. 247) für die Straflosigkeit einer solchen Handlungsweise aus: jene franz. Gesetze seien durch die Einführung des BGB.'s außer Kraft getreten. Vgl. n. 14.
9. In Betreff der „unbefugten Wegnahme eines Theiles einer Leiche" vgl. § 168 und die Bemerkungen zu demselben. DaS dort Gesagte gilt auch hier. — Als Theil einer Leiche sind auch die Haare anzusehen: v. Kirchm. s. 112.
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Thl. II. Abschn. XXIX.
Übertretungen. — § 367 Nr. 2. 3.
2) wer den polizeilichen Anordnungen über vorzeitige Be erdigungen entgegenhandelt; [I. Entw.: S 353 Nr. 2; n. Entw.: § 363 Nr. 2; Pr. StGB.: § 345 Nr. 1.] Dgl. Nr. I; § 168; R..Personenst.'«.Ges. v. 6. Febr. 1875 § 60.
Preußen: Vgl. Rh. BGB. Art. 77.
3) wer ohne polizeiliche Erlaubniß Gift oder Arzeneien, soweit der Handel mit denselben nicht freigegeben ist, 10. Auf die bei der Handlung obwaltende Absicht (Zweck) kommt Nichts an; auch der Arzt, welcher dieselbe zu wissentschastlichen Zwecken vornimmt, wird von der Strafe der Nr. 1 (und wenn er die ganze Leiche wegnimmt, von der des § 168) betroffen.
Zu Nr. 2. 11. In Betreff der „polizeilichen Anordnungen" vgl. Abschn. 29 (s. 794) n. 41. — Anordnungen, welche im Wege der Gesetzgebung ergangen sind, stehen den „polizeilichen" gleich; ebenso: Münch. 23. Sept. 76 (cit. n. 8), VII. 6. März 79 (RdO. XX, 127), welche dahin namentlich den § 60 des R.-Personenst.'s-Ges.'s v. 6. Febr. 1875 rechneten. 12. Abgesehen von § 60 deS RGes.'S v. 6. Febr. 1875 (vgl. n. 11) enthält für das Gebiet des franz, rc. Rechts C. civ. art. 77 die maßgebende Bestimmung; dieser gestattet die Beerdigung nur auf Grund einer schriftlichen Erlaubniß des Eivilstandsbeamten, welche, sofern nicht besondere durch Pol.-Verordnungen vorge sehene Falle vorliegen, nicht früher als 24 Stunden nach erfolgtem Tode ertheilt werden darf. Eine MVf. v. 15. Juni 1822 (RS. II, 304) hat angeordnet, daß jene Erlaubniß entweder nur auf das Zeugniß eines approbirten ArzteS über den wirklich eingetretenen Tod, oder mit der Beschränkung zu ertheilen sei, daß die Be erdigung erst nach Ablauf von 72 Stunden seit dem von den Zeugen bekundeten Momente des erfolgten Todes stattfinden dürfe. Für die übrigen älteren Provinzen deS Pr. Staats ordnet eine MVf. v. 2. März 1827 (Ann. XI, 168) an, daß die Beerdigung in der Regel nicht vor Ablauf von drei Tagen geschehen dürfe. — Diese und ähnliche Zeitbestimmungen sind durch daS cit. RGes. gemäß den Verhand lungen des RT.'S (Sten. Ber. s. 1075) nicht außer Kraft getreten. 13. Die betr. Vorschriften find auch für die Beerdigung todtgeborener Kinder maßgebend, nicht aber für die einer unreifen Leibesfrucht; vgl. oben n. 5. 14. 15. Der Personenstands- oder Ortspolizeibeamte, welcher die Er laubniß zu früh ertheilt, verfällt nicht der Strafe der Nr. 2, sondern nur der diSciplinarischen Ahndung. In Betreff des bei der Beerdigung asststirenden Geistlichen vgl. oben n. 8. Inzwischen erkannte VII. 6. März 79 (RdO. XX, 127), daß für die Beantwortung der Frage, wer im Einzelfalle für die vorzeitige Beerdigung (straf rechtlich) verantwortlich sei, nicht schon die Aufwendung der zu einer Beerdigung er forderlichen körperlichen Thätigkeit entscheide, daß es vielmehr darauf ankomme, wem die Verfügung über die Begräbnißsiätte zustehe, und wer im gegebenen Falle die Be erdigung auf derselben angeordnet oder gestaltet habe, wobei die Ortsverfaffung und die lokalen Einrichtungen in Betracht zu ziehen seien. 16. Die Nr. 2 will lediglich den „vorzeitigen Beerdigungen" Vorbeugen, d. h. solchen, welche erfolgen, ehe der Tod deS Menschen seststeht; daher bleibt sie außer Anwendung, wenn ein ähnliches Verbot andere Zwecke (z. B. die Ermittelung einer zweifelhaften Todesursache) verfolgt (Beisp.: Pr. Er.-Ordn. §§ 149. 150); contra: KBII. f. 179. Eine in diesem Sinne ergangene Pol. - Verordnung muß sonach eine besondere Strafandrohung enthalten.
Zu Nr. 3. 17. Begriff des „GiftS" vgl. § 229 n. 2 und unten n. 33. Andere „Stoffe, welche geeignet sind, die Gesundheit zu zerstören" (: cit. § 229 und dort n. 4), ge hören nicht hierher. Dagegen kommt eS auf die äußere Form re. des Gifts nicht an; Beisp.: arsenikhaltiges Fliegenpapier; vgl. KMVf. 11. Febr. 81 (VMbl. s. 23). 18. Die Gew.-O. hat es im §34 für statthaft erklärt, durch ein Landesgesetz (oder durch eine in gesetzlicher Weise erlassene Verordnung: § 155 ib.) vorzuschreiben,
Thl. II. Abschn. XXIX.
Uebettretungen. — § 367 Nr. 3.
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zubereitet, ferlhält, verkauft oder sonst an Andere überläßt; II. Entw.: § 353 Nr. 3; u. Entw.: § 363 Nr. 3; Pr. StGB.: § 345 Nr. 2.; Vgl. Nr. 5; § 229: G-w.-O. §§ 6. 29. 34. 53. 56 Nr. 5. 80. 144. 147; Bdn. v. 4. Jan. 1875 u. 9. gebt. 1880; RGes. v. 23. Juli 1879. Preußen: Vgl. Gew.-Ordn. v. 17. Jan. 1845 §§ 42. 49; Ges. v. 22. Juni 1861 Art. I. § 49 (GS. s. 442). daß zum Handel mit Giften eine besondere Genehmigung erforderlich sei. Die Nr. 3 des § 367 geht weiter: sie verbietet das „Zubereiten, Feilhallen rc." von Gift ohne Erlaubniß, insoweit nicht der Handel freigegeben ist; die Strafe trifft sonach auch da zu, wo eS an besonderen gesetzlichen Beschränkungen dieses Handels fehlt. 19. In Preußen ist die Erlaubniß zum Handeln mit Gift von der „Polizeiobrigkeit" (dem Landrath) zu ertheilen: Pr. Gew.-Ordn. v. 17. Jan. 1845 (Ges. v. 22. Juni 1861 Art. I) § 49, welche in dieser Beziehung noch maßgebend sind. ' 20. Arzeneien sind an und für sich nur solche Stoffe, welche nach dem Stande der Wissenschaft und der ärztlichen Praxis als zu Heilmitteln für Menschen geeignet gelten. Die B.-Gew.-O-, welche im Uebrigen „auf den Verkauf von Arzneimitteln keine Anwendung findet": § 6 L c., enthält am Schluffe desselben § 6 die Derfügnng: „Eine Verordnung des BundeS-Prästdiums wird bestimmen, welche Apotheker waaren dem freien Verkehr zu überlasten sind." Diese Bestimmung ist gegenwärtig in der Vdn. v. 4. Jan. 1875 (RGbl. s. 5) enthalten, welche eine früher Über den selben Gegenstand ergangene Vdn. v. 25. März 1872 (ib. s. 85) aufgehoben hat; in beiden wird unterschieden zwischen „Zubereitungen als Heilmittel" (Verzeichniß A) und „Droguen und chemischen Präparaten" (Verz. B), jedoch daS Feilhalten und der Detailverkauf sowohl der einen wie der anderen nur in Apotheken gestattet. Indem das Berz. A unter „Zubereitungen als Heilmittel" nur die Formen, in denen Heil mittel bereitet zu werden pflegen, versteht und daher nur solche Formen, (wie z. B. Elixire, Mixturen oder Mischungen, Pillen rc.) austührt, hat dasselbe zu der Streit frage Veranlassung gegeben, ob im § 367 Nr. 3 gleichwohl nur wirkliche Heilmittel, bezw. Arzneien, oder aber ebensowohl auch fälschlich als solche bezeichnete und in einer jener Formen feilgebotene Präparate unter dem Ausdrucke „Arzneien" zu ver stehen seien, m. a. W. ob der § blos gegen die Gefahren schützen solle, welche aus der Zubereitung und dem Vertriebe wirklicher Arzneimittel durch unfähige, unzuver lässige, nicht beaufsichtigte Personen dem Publikum drohen, oder ob er gleichzeitig dem Unfuge zu steuern bestimmt sei, der so vielfach mit dem marktschreierischen Feil halten sogenannter Geheimmittel rc. getrieben wird. Im Sinne der ersten Alternative, für welche außer der Beziehung der Nr. 3 zu dem eit, von „Apothekerwaaren" han delnden § 6 der Gew.-O. und außer dem sprachgebräuchlichen Begriff deS Ausdrucks „Arznei" die Zusammenstellung der „Arzneien" mit „Gift" spricht (vgl. auch § 367 Nr. 5), erkannten: Münch. 12. Juli 73, Pl. 28. Okt. 74, Jena 26. Nov. 73 (StZ. n, 378; V, 182; Voll. 21 s. 283); im Sinne der zweiten haben sich erklärt: V. 15. Nov. 73, VI. 7. Okt. 74, DU. 18. März 75 (RdO. XIV, 725; XV, 632; XVI, 231: selbst Zuckerwaffer gehöre hierher, wenn eS in einer dem Verz. A entsprechenden Form als Heilmittel dargeboten werde); Münch. 17. Juli 74, 7. Aug. 75, 14. Juli 76 (BEntsch. IV, 308; V, 386; VI, 374); id. 3. Mai 78 (BEntsch. VIII, 215: doch sei in jedem Falle ausdrücklich festzuftellen, daß die betr. Zubereitung gerade als Heilmittel feilgehalten rc. worden); KMVs. v. 4. Nov. 1872 (VMbl. s. 329); Brückner i. Voll. 22 s. 88; BlitterSdorf i. BAnn. 41 s. 174. Diese letztere Auf fassung liegt in der That der cit. Bdn. v. 4. Ian. 1875 zu Grunde, was dadurch zum Ausdrucke gebracht ist, daß nach § 1 ib. die dort hinsichtlich der „Zubereitungen als Heilmittel" (Berz. A) getroffene Vorschrift gelten soll ohne Unterschied, ob diese Zubereitungen auS arzneilich wirksamen oder aus solchen Stoffen bestehen, welche an und für sich zum medizinischen Gebrauch nicht geeignet sind. — Das bezüglich der „Droguen" rc. (Verz. B) erlassene Verbot trifft auch zusammengesetzte Stoffe, sobald sich unter diesen einzelne der unter B aufgezählten befinden, eS sei denn, daß sie durch die Zusammensetzung mit anderen Stoffen ihre spezifische Wirksamkeit ver loren hätten und in der Zusammensetzung nur als unwesentlich sowie nebensächlich
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Thl/II. Abschn. XXIX.
Uebertretungen. - § 367 Nr. 3.
erschienen: VII. 27. Febr. 68, 22. Juni 65 (RdO. IX, 159; VI, 211). — Ob der Verkauf gewerbsmäßig geschah oder nicht, ist gleichgültig: ZI. 29. Mai 68 (RdO. IX, 355'; desgleichen, ob der Angeschuldigte für eigne oder für fremde Rechnung (als Prokurist) verkauft (feilgehalten) hat: Münch. 6. Sept. 75 (BEntsch. V, 435). —^Auf den Großhandel mit Arzneimitteln finden die Vorschriften der Pdn. v. 4. Jan. 1875 keine Anwendung; dieser ist daher freigegeben; vgl. § 5 der cit. Vdn. und die cit. MVf. v. 4. Nov. 1872. Alle in jener Vdn. nicht aufgezählten Arzneistoffe sind „dem freien Verkehr überlassen"; vgl. cit. Gew.-O. § 6. — Die Vdn. v. 4. Jan. 1875 findet eine Ergänzung bzw. Erläuterung in der Vdn. v. 9. Febr. 1880, betr. den Verkehr mit Mineralwässern (RGbl. s. 13); vgl. auch KMVf. 21. Aug. 1879 (VMbl. s. 258). 21. Durch die erwähnten (n. 20) reichsgesetzlichen Bestimmungen ist die Ma terie des ,,Verkaufs von Arzneimitteln" erschöpfend geregelt. Demgemäß sind alle diesen Gegenstand betreffenden landesgesetzlichen Vorschriften außer Kraft getreten; z. B. das Pr. Regl. v. 16. Sept. 1836 (AKO. v. 17. Oft. 1836. GS. 37 s. 41) und die aus Grund des ersteren (Nr. 5' erlassenen Min.-Bekanntmachnngen (die letzte v. 29. Juli 1857 : GS. s. 654). Die Pharmakopoen sind hier ganz bedeutungslos; sie treffen nur darüber Vorschrift, welche Stoffe in den Apotheken vorräthig zu halten sind; vgl. Bekanntm. d. ReichS-Kanzl. v. 1. Juni 1872 (RGbl. s. 172). 22. Die Personen, welche mit Arzneien Handel treiben wollen (,,Apotheker"), bedürfen dazu einer Approbation (: Gew.-O. § 29), welche in Preußen vom Min. der Mediz.-Angel. ertheilt wird < : Pr. Gew.-Ordn. v. 17. Jan. 1845 § 42); die Erlaubniß einer Provinzialbehörde würde sonach die Strafbarkeit nicht ausschließen: DI. 15. Mär; 65 (RdO. V, 559'. — Auch Aerzte bedürfen zum Dispensiren von Arzneien der Approbation; das Gegentheil war auch früher nicht aus Pr. ALR. II, 8 § 460 noch ans § 14 der Pr. Apoth.-Ordn. v. 11. Okt. 1801 zu folgern: DI. 5. Mai 54 (JMbl. s. 278). Ueber die Befugniß approbirter Medizinalpersonen zum Selbstdispensiren der nach homöopathischen Grundsätzen bereiteten Arznei mittel vgl. Pr. Regl. v. 20. Juni 1843, AKO. v. 11. Juli 1843 (GS. s. 305); Cirk.-Bf v. 23. Sept. 1843 (JMbl. s. 290); und in Betreff der neuen Landestheile: Min.-Vf. v. 13. Apr. 1869 (VMbl. s. 89); vgl. Vdn. v. 13. Mai 1867 ,GS. s. 657), Min.-Df. v. 11. Dez. 1869 (VMbl. 1870 s. 50). Diese Vorschriften finden auf Nichtärzte keine Anwendung, wenngleich die B.-Gew.-O- den Betrieb der Heilkunde freigegeben hat: BI. 19. Apr. 72 (RdO. XIII, 269). — Unter dem im § 8 des cit. Regl. v. 20. Juni 1843 für strafbar erklärten „Selbstdispensiren" homöopathi scher Aerzte ist auch die bloße Verabreichnng der zwar in einer Apotheke, aber nicht für Den bestimmten Kranken, dem sie verabreicht wurde, bereiteten Arznei, ohne son stige Behandlung derselben zu versteheu; eine solche ist daher aus § 367 Nr. 3 zu bestrafen: cit. VII. 19. April 72. — Vgl. die wissensch. Gutachten v. 4. Nov. 1851 und 28. Jan. 1852 (JMbl. 52 s. 173 . 23. Soweit „der Handel mit Giften oder Arzneien nicht freigegeben" worden (n. 17—20), ist auch daS „Zubereiten" der betr. Stoffe ohne die Erlaubniß der betr. Behörden (n. 19. 22) strafbar. Aus der Gleichstellung mit „Feilhalten re." darf aber gefolgert werden, daß hier nur die Zubereitung zum Zwecke des Handels (zur Ueberlaffung an Andere) gemeint sei; vgl. übrigens n. 20. 23a. 23a. Nach Vl. 8- Okt. 75, Münch. 5. April 79 (RdO. XVI, 646; BEntsch. IX, 210) ist in den Worten „oder sonst an Andere überläßt" der Fall deS unentgeltlichen Ueberlassens einbegriffen; vgl. auch ZRI 13. Dez. 80, Münch. (Pl.) 28. Okt. 74 (RdR. II, 633; StZ. V, 182, wo dieselbe Ansicht in den Motiven ausgesprochen wird). Dagegen nahm OLG. Cöln 13. Mai 80 (RA. 71. II 9), kein „Ueberlassen" an, wenn der Verwalter eines Vereins zur Unterstützung in Krank heitsfällen die mit Vereinsmitteln angeschafften Heilmittel statutengemäß an die Mit glieder unentgeltlich verabreiche. 23b. Hat Jemand die „polizeiliche Erlaubniß" zum Verkaufe erlangt, und zwar ohne die Beschränkung, daß der Verkauf durch einen Dritten nicht erfolgen dürfe, so macht sich auch ein solcher Dritter, welcher für jenen verkauft, nicht strafbar; so (speziell in Betreff eines Geheimmittels): Münch. 10. Dez. 77 (BEntsch. VII, 513: nicht unbedenklich). — Ob die Uebertretung des Verbots, gewisse Arzneien ohne ärztliche Verordnung in den Apotheken zu verabreichen, gerade unter Nr. 3 falle,
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Uebertretungen. — § 367 Nr. 4. 5.
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4) wer ohne die vorgeschriebene Erlaubniß Schießpulver oder andere explodirende Stoffe oder Feuerwerke zu bereitet; [I. Entw.: $ 353 Nr. 4; II. Entw.: § 363 Nr. 3; Pr. StGB.: § 345 Nr. 3.] Vgl. Nr. 5; B.-Gew-Ordn. v. 21. Juni 1869 §§ 16. 147 Nr. 2.
5) wer bei der Aufbewahrung oder bei der Beförderung von Giftwaaren, Schießpulver oder Feuerwerken, oder erscheint als zweifelhaft; vgl. jedoch CMDf- v. 3. Juni 1878 (DMbl. s. 117), welche ein solches Verbot erläßt und hierbei nicht blos auf Nr. 5, sondern auch auf Nr. 3 Bezug nimmt. 24. Als Dolus genügt die Vorsätzlichkeit der Handlung an sich: ZI. 1. Juli 68 (RdO. IX, 423); vgl. Abschn. 29 (s. 790) n. 8ff.; contra: Münch. 11. Juli 79 (BEntsch. IX, 371). 25. In Betreff des Handels mit Arzneien ist die Strafandrohung der Nr. 3 an die Stelle des § 147 Nr. 1 der Gew.-O. getreten. — Die Einziehung der verbotswidrig zubereiteten re. Gifte rc. war in den Entwürfen als Nebenstrafe vor geschlagen, ist aber im Reichstage gestrichen worden; sie darf sonach nicht ausge sprochen werden, da § 40 sich auf Uebertretungen nicht mit bezieht. 26. Nr. 3 hat Bestimmungen, welche das Ankündigen von Geheim mitteln verbieten, z. B. Art. 36 des Ges.'S v. 21. germ. XI, sowie die Straf androhung des Ges.'S v. 29. pluv. XIII nicht beseitigt: ZU. 8. Mai 69 (RdO. X, 308); ähnlich: Darmst. 24. Febr. 73 (HEntsch. s. 3). Vgl. jedoch Schw. s. 816.
Zu Nr. 4. 27. Der § 16 der Gew.-O. zählt unter den „Anlagen, zu deren Errichtung die Genehmigung der nach den Landesgesetzen zuständigen Behörde erforderlich ist," auch „Schießpulverfabriken, Anlagen zur Feuerwerkerei und zur Be reitung von Zündstoffen aller Art" auf. Die Worte „Anlagen und Fabriken" lassen erkennen, daß man hier nur an die Veranstaltungen zn (andauernder) Zu bereitung größerer Quantitäten gedacht hat (die indessen nicht nothwendig für den Handel berechnet zu sein brauchen). Demgemäß würde die gelegentliche Zubereitung geringer Quantitäten noch nicht von der Einholung einer Genehmigung (Erlaubniß) abhängig sein. Dagegen ist es den zum Erlasse von Polizei-Verordnungen zustän digen Behörden unbenommen, zur Abwendung von Gefahr auch solche geringfügige Zubereitungen von der Erwirkung einer Erlaubniß abhängig zu machen. 28. In Preußen wird die „Genehmigung" (Erlaubniß) zur Errichtung neuer Anlagen der unter n. 27 gedachten Art von den Regierungen ertheilt: Pr. Gew.-Ordn. v. 17. Jan. 1845 §28; Ges. v. 1. Juli 1861 § 1 ff. (GS. s. 749). In Betreff des zu beobachtenden Verfahrens vgl. B.-Gew.-O. §§ 21. 22 und cit. Ges. v. 1. Juli 1861. 29. Für den in der Nr. 4 vorgesehenen Thatbestand ist die hier bestimmte Strafe an Stelle der in der Gew.-O. § 147 Nr. 2 angedrohten getreten; contra: Rüd. n. 4. Dagegen ist § 147 Nr. 2 cit. in Kraft verblieben, insoweit er die „Er richtung " einer der unter n. 27 erwähnten Anlagen ohne Genehmigung und das „Nichtinnehallen der wesentlichen Bedingungen, unter welchen die Genehmigung er theilt war", sowie die ohne neue Genehmigung erfolgende „wesentliche Veränderung der Betriebsstätte, Verlegung des Lokals oder wesentliche Veränderung im Betriebe der Anlage", — mit Strafe bedroht. 30. Eine Einziehung der unbefugter Weise bereiteten Stoffe rc. findet nicht statt; vgl. n. 25. 31. Der Handel mit Schießpulver ist freigegeben; vgl. Pr. Ges. v. 22. Juni 1861 Art. I. § 49, Art. III, dagegen der Hausirhandel mit demselben und anderen explodirenden Stoffen verboten: Gew.-O. § 56.
Zu Nr. 5. 32. In Betreff der hier vorausgesetzten (gesetzlichen oder polizeilichen) Verordnungen vgl. s. 794 n. 41. Zum. Erlasse derselben für die Pr. Prov.
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Uebertretiingen. — § 367 Nr. 5.
bei der Aufbewahrung, Beförderung, Verausgabung oder Verwendung von Sprengstoffen oder anderen erplodirenden Stoffen, oder bei Ausübung der Befugniß zur Zubereitung oder Feilhaltung dieser Gegenstände, sowie der Arzeneien, die deshalb ergangenen Verord nungen nicht befolgt; II. Entw.: § 353 Nr 5; II Entw.: § 363 Nr. 5; Nov. v. 26. Febr. 1876 Art. I; Pr. StGB.: § 345 Nr. 4] Vgl. Nr. 3. 4; §§ 324. 326; Gew -O. §§ 34. 56. 147 Nr. 2; Postregl. v. 30.9(0». 1871 § 12; (BMbl. 72 f. 16'; Eisend..Betr.-Regl. v. 11. Mai 1874 § 48 I Nr. 3. 50 Nr. 4 (Centralbl. s. 174). Preußen: Vgl. Ges. v. 10. Dez. 1800 (N. C. C.. X. f. 3249); Apoth.-Ordn. v. 11. Okt. 1801 (ib. XI s. 555; Rabe 6 s. 664); AKO. v. 5 Oft. 1846 Regul. v. 5. Jan. 1840 (BMbl. f. 88); Min.-Bf. v. 10. Aug. 1843 (ib. f. 261); Regl v. 27. Sept. 1846 (ib. f. 188); Regl. v. 12. April 1852 (ib. s. 223); Prov.-Ordn. v. 29. Juni 1875 § 85; Ges. über d. Organis. der allg. Landesverwaltung, v. 26. Juli 1880 § 72. Preußen, Brandenburg, Pommern, Schlesien, Sachsen erklärte bereits die Prov.Ordn. v. 29. Juni 1875 § 85 auch die zuständigen Minister für befugt. Dasselbe gilt unter der Herrschaft des Ges.'s v. 26. Juli 1880 (GS. s. 291), — vgl. dort § 72, — für den ganzen Pr. Staat. 33. Der Ausdruck „Giftwaaren" ist hier uicht aus dem Begriffe zu erläu tern, welchen § 229 mit dem Worte „©ist" verbindet, sondern nur auf solche Stoffe zu beziehen, welche in den einzelnen Landesgesetzen (z. B. für Bayern in § 1 bzw. Beil. I der k. Bdn. v. 15. März 1866) als Gift bezeichnet sind: Meves s. 299. Im Uebr. vgl. hinsichtlich der Gifte Gew.-O. §§ 34. 56 und für Preußen: Ges. v. 10. Dez. 1800; Apoth.-Ordn. v. 11. Oft. 1801; AKO- v. 5. Okt. 1846; Min.Verf. v. 31. Aug. 1850 und v. 21. Sept. 1872 (BMbl. 50 s. 242; 72 s. 251), so wie (was den Transport auf dem Rheine anlangt) das Regul. v. 5. Jan. 1840. — Zu den Giftwaaren gehört auch arsenikhaltiges Fliegenpapier: KMBf. 11. Febr. 1881 (BMbl. s. 23). 34. Rücksichtlich deS Pulvers vgl. Pr. Min.-Cirk. v. 14. Sept. 1846 (BMbl. f. 202); Min.-Bf. v. 10. Aug. 1843 (ib. f. 261); Regul. v. 12. April 1852 (ib. f. 223); Regl. v. 27. Sept. 1846 (ib. f. 188); Min.-Bdn. v. 23. Juli 1871 (ib. f. 205), die verschiedenen Flußschifffahrtsordnungen und unten n. 34 a. 34a. Da Nr. 5 in ihrer ursprünglichen Fassung zwischen „Schießpulver" rc. und „anderen explodirenden Stoffen" nicht unterschied, mithin auch in Be treff der letzteren nur wegen der „Aufbewahrung und Beförderung" Bestimmung traf, so nöthigte die Gefährlichkeit der Nitroglycerin-Sprengstoffe (Dynamit re ) viel fach dazu, über deren Verausgabung und Verwendung besondere Polizeiver ordnungen zu erlassen. Um die Verletzung der letzteren unter die erhöhte Strafe des § 367 zu stellen, hat die Novelle die Worte „oder anderen explodirenden Stoffen" hinter „Schießpulver" gestrichen und nach „Feuerwerk" die Worte „oder bei der Aufbewahrung explodirenden Stoffen" eingeschaltet: Mot. s. 59. Als Norm für die zu erlassenden Verordnungen gelten jetzt die Bestimmungen des BundeSraths über den Verkehr mit explosiven Stoffen (einschl. des Pulvers) v. 13. Juli 1879 (VMbl. f. 269), in Betreff der Versendung solcher Stoffe aus Eisenbahnen vgl. unten n. 36. 35. In Betreff der „Arzeneien" vgl. n. 20. 23 b. 36. Die Unkenntniß der ergangenen Verordnungen macht eine ZuwiderHandlung nicht straflos, wohl aber die unverschuldete Unkenntniß von denjenigen Eigenschaften der beförderten rc. Gegenstände, vermöge welcher die Verordnung an wendbar wurde (z. B. die Unkenntniß, daß das transportirte Collo Schießpulver rc. enthalte); vgl. n. 45; contra früher: VII. 16. Juni 68 (RdO. IX, 458), welches jetzt nicht mehr maßgebend sein kann. Auch bleiben hier die vom Bundes-Kanzler
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Uebertrelungen. — § 367 Nr. 6. 7.
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6) wer Waaren, Materialien oder andere Vorräche, welche sich leicht von selbst entzünden oder leicht Feuer fangen, an Orten oder in Behältnissen aufbewahrt, wo ihre Entzündung gefährlich werven kann, oder wer Stoffe, die nicht ohne Gefahr einer Entzündung bei einander liegen können, ohne Absonderung aufbewahrt; II. Entw.: § 354 Nr. 6; II. Eiilw.: Z 363 Nr. 6; Pr. SiGB.: § 347 Nr. 5.J
7) wer verfälschte oder verdorbene Getränke oder Eßwaaren, insbesondere trichinenhaltiges Fleisch feilhält oder ver kauft; [I. Entw.: § 353 Nr. 6; II. Entw.: ß 363 Nr. 7; Pr. StGB.: § 345 Nr. 5.] Vgl. §§ 324. 326; RGes. v. 14. M-i 1879 §§ 10 ff.
erlassenen -Eisenbahn-Betr.-Regll. v. 10. Juni 1870 B § 3 I, 3; § 5 Nr. 4) und v. 11. Mai 1874 x§ 48 I Nr. 3; §50 Nr. 4), nach welchen explodirbare Gegenstände rc. von der Beförderung aus Eisenbahnen gänzlich ausgeschlossen sind, der Versender für die Richtigkeit der Angabe des Frachtbriefs bürgt und alle Folgen einer unrichtigen rc. Angabe trägt, außer Betracht, da solche im Verwaltungswege ergangenen Anordnungen das Gesetz nicht ändern können; contra: VII. 11. Ian. 72 (RdO. XIII, 25). 37. Auch hier findet eine Einziehung der in vorschriftswidriger Weise auf bewahrten rc. Gegenstände nicht statt; n. 25. 38. Insofern die besonderen diese Materie betreffenden Verordnungen noch Strafandrohungen für Fälle enthalten, welche in der Nr. 5 nicht erwähnt sind, ist ihre fortdauernde Gültigkeit nicht zu bezwetfeln.
Zu Nr. 6. 39. Em „Borrath" ist hier jedes Quantum, welches eine Selbstentzündung möglich macht. 40. Ob ein konkreter Gegenstand „leicht Feuer fange", ist nicht allein mit Rücksicht auf feine Natur im Allgemeinen, sondern auch nach der durch die betr. Oerllichkeit gebotenen Möglichkeit der Mittheilung eines Feuers zu beurtheilen: Münch. 7. April 73 (StZ. II, 333\ 41. In Betreff des Dolus gilt hier das oben unter n. 36 Bemerkte.
Zu Nr. 7. 42. Wenngleich die Nr. 7 nicht förmlich außer Kraft gesetzt ist, so trifft den noch über den Gegenstand derselben daS RGes. v. 14. Mai 1879 so weilgreifende Bestimmungen, daß für die Anwendbarkeit der Nr. 7 nur ein höchst geringer Spiel raum übrig bleibt; vgl. n. 44. 45a. Die §§ 10 (Nr. 2). 11 jenes Gesetze« bedrohen nämlich allgemein den Verkauf und das Feilhalten verdorbener, nachgemachter oder verfälschter Nahrungs- oder Genußnnttel, sofern der Verkauf unter Verschweigung jenes Umstands und das Feilhalten unter einer zur Täuschung geeigneten Bezeich nung stattfand, und zwar bald mit höheren, bald mit den in obiger Nr. 7 normirten Strafen, je nachdem die betr. Handlnng wissentlich oder aus Fahrlässigkeit begangen wurde. Ist der Genuß obiger Gegenstände geeignet, die Getundheit zu beschädigen oder zu zerstören, so kommen sogar die ungleich strengeren Strafen der §§ 12—14 des eit. Ges.'S zur Anwendung, selbst, wenn der Umstand des Verdorben seins rc. nicht verschwiegen rc. wurde; vgl. n. 44 a. 42a. Auf die Art und Bestimmung eines „Getränkes" kommt eS hier nicht an; daher begreift Nr. 7 nicht blos die als eigentliche Lebensmittel dienenden Ge tränke, sondern auch solche, welche als Heilmittel verwendet werden, wie z. B. Ziegen molke; so: Münch. 14. Ian. 76 (BEntsch. VI, 12). 42b. Ob die Getränke rc., um genießbar zu sein, erst noch einer Zuberei tung bedürfen, ist gleichgültig: VI. 11. April 62 (RdO. II, 343). 43. Als „Verfälschung" ist eS anzusehen, wenn dem zum Genießen fertigen
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Thl- II. Abschn. XXIX.
Uebertretungen. - § 367 Nr. 7.
Gegenstände nachträglich ein fremdartiger Stofs beigemischt wird; daß die Bei mischung zum Schaden der Gesundheit gereiche, totrb nicht erfordert: KBII. s. 179. Beisp.Vermischung der Milch mit Wasser oder daö Benetzen deö Salzes: VH. 5. Juni 58 o. Beglich; ZII. 21. Febr. 78 (RdO. XIX, 89: ob ein bestimmter Wasserzusatz, z. B. 5 Proz. schon die Milch verfälsche, sei eine thatsächliche Frage). Der Emwurf zum RGes. v. 14. Mai 1879 (n. 42) wollte den Begriff der Ver fälschung, welche tn der Rechtsübung zu Schwierigkeiten Veranlassung gegeben habe (Mot. s. 20), gesetzlich und zwar in einem erweiterten Sinne fixlren, indem er dahin auch das Verschlechtern durch Entnehmen von Stoffen (z. B. das Abrahmen der Milch) und das Versehen der Nahrungsmittel mit dem Scheine einer besseren Beschaffenheit rechnete. — Das Nachmachen ist in Nr. 7 nicht, wie im § 10 des cit. RGes.'s, mit dem Verfälschen auf gleiche Linie gestellt. Doch liegt letzteres, d. h. ein Verfälschen, bei solchen Gegenständen, welche, um genießbar zu sein, erst einer Zubereitung oder Fabrikation bedürfen, auch dann vor, wenn bei jener Zubereitung andere Substanzen verwendet werden, als zur bestimmungsmäßigen Herstellung er forderlich ist; in dieser letzteren Beziehung entscheidet nicht der der Sache beigrlegte Name, sondern der allgemeine und bekannte Gebrauch; ebenso: ZRII 30. Okt. 79 (RdR. I, 26:; demgemäß ist die Benutzung von Zucker, Spiritus und Färbstofsen bei der Weinfabrikation (Chaptalisiren, Gallisiren) noch keine „Verfälschung", insofern nicht schädliche Substanzen beigemischt werden; vgl. Stenogr. Ber. s. 766; contra (in Betreff der Beimischung von Wasser und Spiritus): Münch. 26. Ian. 77 (BEnisch. VII, 53); vgl. Münch. 26. März 77 (Deutsch. VII, 105): erachtete eS als „Verfälschung" des BierS, wenn demselben aus gebranntem Zucker bestehende sog. Bier couleur gegen ausdrückliche gesetzliche Bestimmung beigemischt werde). Dasselbe gilt, wenn bei Bereitung der Ziegenmolke Kuhmilch zugesetzt wird, sofern dies zur schmack haften Herstellung dienlich erscheint und daher herkömmlich, auch von den Aufsichts beamten gestaltet ist: Münch. 17. Jan. 76 (cit. n. 42). 44. Ein zum Verzehren bestimmter Gegenstand ist „verdorben", sobald er sich in einem schlechten (mm Genüße nicht geeigneten) Zustand befindet, sollte er auch früher nie besser gewesen fein; das ergiebt das beispielsweise aufgeführte tri* chinenhaltige Fleisch. Daß der Genuß Ekel errege oder gar gesundheitsgefährlich sei, wird nicht erfordert: ZI. 5. Juli 76, Jena (RdO. XVII, 487; Voll. 25 s. 278). 44a. Wenngleich die Gesundheitsgefährlichkeit (»Schädlichkeit) deS betr. Gegenstandes kein Thatbestandsmerkmal der in Nr. 7 vorgesehenen Ueberlretung bildet (n. 43. 44), so schloß ihr Vorhandensein dennoch die Anwendbarkeit der Nr. 7 nicht aus. Gegenwärtig kommen jedoch in letzterem Falle an Stelle der Nr. 7 regelmäßig die §§ 12 ff. des RGes.'S v. 14. Mai 1879 zur Anwendung (n. 42). Dies gilt namentlich von dem in Nr. 7 besonders aufgeführten Verkaufen rc. trichinenhaltlgeu Fleisches; vgl. § 324 n. 7; § 326 n. 3. (Rücksichtlich deS Erlasses von Polizei-Verordnungen, betr. die mikroskopische Untersuchung deS Schweinefleisches, vgl. Pr. Inn.MVfs. v. 20. April 1866, 4. Ian. und 27. Febr. 1875, VMbl. 66 s. 77; 75 s. 49. 97). 45. In subjektiver Hinsicht gilt daS oben n. 36 Gesagte; die Strafbarkeit ist sonach durch die Kenntniß von dem betr. Zustande der erwähnten Gegenstände oder doch durch eine auf Fahrlässigkeit beruhende Unkenntniß bedingt (§ 59 Abs. 2): ZII. 15. Jan. 74, ZI. 15 Dez. 75 (RdO. XV, 30; XVI, 797), Münch. 3. Nov. 73, 26. Jan. 77, Darmst. 26. Okt. 74, Dreöd. 20. Nov. 76, Jena (StZ. III, 237; BEntsch. VII, 53; HEntsch. s. 81; SGZ. 21 s. 249: Voll. 26 f. 154), Rüd. n. 8, v. Krävel i. GSaal 26 s. 460. Hierbei ist zu beachten, daß, wer Lebensmittel seil hält, im Allgemeinen verpflichtet ist, sich über deren Beschaffenheit thunlichst zu unter richten und unterrichtet zu halten; die Verabsäumung dieser Pflicht, namentlich aber das Unbeachtetlassen einschlagender polizeilicher Anordnungen rc. charakterisirt daher die Unkenntniß als eine auf Fahrlässigkeit beruhende; vgl. Mot. z. RGes. v. 14. Mai 1879 s. 23. — Im Falle einer durch Fahrlässigkeit verursachten Tödtung oder Körper verletzung werden die §§ 222. 230 anwendbar; vgl. übrigens auch § 14 des cit. RGes.'s. 45a. Die Anwendung der Nr. 7 wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß der Käufer die Verfälschung oder den verdorbenen Zustand gekannt hat: ZU. 21. Febr. 78, ZI. 5. Juli 76 (cit. n. 43. 44); vgl. ZRIII. 13. Nov. 80, ZRI. 17. Jan. 80
Thl. II. Abschn. XXIX.
Uebertretungen. — § 367 Nr. 8. 9.
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8) wer ohne polizeiliche Erlaubniß an bewohnten oder von Menschen besuchten Orten Selbstgeschoffe, Schlag eisen oder Fußangeln legt, oder an solchen Orten mit Feuergewehr oder anderem Schießwerkzeuge schießt, oder Feuerwerkskörper abbrennt; [I. Entw.: § 353 Nr. 7; II. Entw.: § 363 Nr. 8; — Nov. v. 26. Febr. 1876 Art. I. — Pr. StGB.: § 345 Nr. 6.; Preuße»; Vgl. ALR. I, 9 §§ 52. 53; II, 16 §59.
9) wer einem gesetzlichen Verbot zuwider Stoß-, Hieb oder Schußwaffen, welche in Stöcken oder Röhren bis (RdR. II, 506. 735 737: betrafen Fälle de« Ges.'« v. 14. Mai 1879 § 10). Hierbei ist jedoch zu bemerken, daß dem Verkaufe ein Feilhallen rncht nothwendig vor herzugehen braucht: n. 46. 47. 46. Eine Sache ist „ seil geh alt en ", sobald sie dem Publikum zum Ankauf zugänglich gemacht ist. 47. Die Strafbarkeit ist nickt durch die Gewerbsmäßigkeit des Feilhaltens oder Verkaufs bedingt: VII. 9. Juli 57 (RA. 52. II 92). 47 a. Die Bestimmung der Nr. 7 schließt gleich den bezüglichen Bestimmungen des RGes.'S v. 14. Mai 1879: Mot. zu deins, s. 18 beim Zutreffen der Voraus setzungen des § 263 dessen Anwendung nicht aus (§ 73}: Manh. 6. Mai 76 (BAnn. 42 s. 342). — Ist das Verfälichen an sich mit besonderer Strafe bedroht, so liegt, wenn der Verfälscher selbst daS verfälschte Getränk re. verkauft, Realkonkurrenz vor: Münch. 26 März 77 (cit. n. 43). Dasselbe dürfte jedoch bei Handhabung der Straf bestimmungen deS § 10 Ni. 1 und 2 des cit. RGes.'S Nicht Platz gieifen. 48. Hinsichtlich Einziehung der rc. Gegenstände vgl. den Schlußsatz, und, waS die dem Ges. v. 14. Mai 1879 zu unterziehenden Fälle anbelangt, den § 15 ib.
Zu Nr. 8. 49. Unter den „bewohnten oder von Menschen besuchten Orten" sind nicht blos öffentliche Orte zu verstehen, sondern auch solche Privat-Räumltchkeiten, welche von Menschen besucht zu werden pflegen; die eigenen Räumlichkeiten des Handelnden sind nicht ausgeschlossen; vgl. § 366 n. 22. Dagegen genügt es nicht, wenn die Lage einer (nicht öffentlichen Oertlichkeit offen ist, so daß möglicher weise einmal ein Mensch hmkommen kann: ZU. 2. April 68 (RdO. IX, 255'. 50. Bei Prüfung der Frage, ob der betr. Ort bewohnt, oder von Menschen besucht sei, ist derselbe m der Ausdehnung aufzufassen, bis wohin sich die Wir kung der Selbstgeschosse rc. erstrecken kann. 51. „Schießen" bezeichnet Scharf-Schießen; contra: Puch. n. 8. 51a. Da nut dem „Schießen" das ,,Abbrennen von Feuerwerken oder Feuerwerkskörpern" tu Betreff der Gefährlichkeit und Belästigung des Publi kums auf gleicher Linie steht, so hat die Motette die Bestimmung der Nr. 8 aus Handlungen der leytgedachten Art ausgedehnt: Mot. s. 59. Die Worte „an solchen Orten" sind daher auf diese Bestimmung mit zu begehen. 52. Ist durch das ohne Erlaubniß gelegte Werkzeug ein Mensch verletzt worden, so kann der Instanzrichler eine vorsätzliche Körperverletzung annehmen, wenn auch nur ein eventueller Dolus auf eine solche gerichtet war, so: ZII. 21. Juni 55 c. Kühnast. 53. In Betreff der Einziehung der Selbstgeschosse vgl. den Schlußsatz.
Zu Nr. 9. 54. Das hier erheischte „gesetzliche Verbot" kann auch von einer nack den Landeßgesetzen dazu zuständigen Behörde ausgehen; nur muß da« Verbot ein attgemeines (kein individuelles) sein. Selbst ältere, d. h. vor Verkündigung des RSlGB.'s erlassene Verbote gehören hierher: BI. 28. Febr. 79 (RdO. XX, 110: erblickte ein solches, noch wirksames Verbot für Preußen im § 345 Nr. 7 des Pr. StGB.'S). — Rücksichtlich des DoluS vgl. n. 36.
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Thl. H. Abschn. XXIX.
U-bertretungen. - § 367 Nr. 9. 10.
oder in ähnlicher Weise verborgen sind, feilhält oder mit sich führt; [I. Entw.: § 353 Nr. 8; II. Entw.: § 363 Nr. 9; Pr. StGB.: § 345 Nr. 7.]
10) wer bei einer Schlägerei, in welche er nicht ohne sein Verschulden hineingezogen worden ist, oder bei einem Angriff sich einer Waffe, insbesondere eines Messers oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs bedient; [I., II. Entw.: (fehlte); — Nov. v. 26. gebt. 1876 Art. I. — Pr. StGB.: (fehlte.)) Vgl. §§ 223 a. 227.
55. In Betreff des „Feilhaltens" vgl. § 324 n. 9 und oben n. 46; ein einzelnes Verkaufen (vgl. Nr. 7) genügt nicht. 56. Eine Waffe ist „in ähnlicher Weise verborgen", wenn sie selbst in Folge einer bei ihr angebrachten Vorrichtung sich äußerlich als etwas Unverfängliches, Un gefährliches darftellt; das Tragen einer Waffe in der Tasche gehört nicht hierher. 57. Unter „Mit-sich-führen" ist das bloße Besitzen oder Beisichhaden einer Waffe, wenn solches ohne jede Gefährdung anderer Personell in offenkundiger Weise geschieht, nicht mit verstanden; vgl. SGZ. XIX, 186. 58. Auf die Unfertig ung von Waffen k. ist der § nicht auSzudehnen. 58a. Aeltere landesgesetzliche Bestimmungen, welche das heimliche Führen mörderischer Waffen verpönen, sind, soweit nicht die Voraussetzungen der Nr. 9 zu treffen, in Kraft geblieben: Dresd. 24. Ian. 79 (SGZ. 23 s. 253). 59. In Betreff der Einziehung der Waffen rc. vgl. den Schlußsatz.
Zu Nr. 10. 60. Diese Bestimmung war vom Reichstag als ein Zusatz zu § 227 beschlossen und ist dann (als Uebertretung) an die jetzige Stelle gesetzt worden. Daraus folgt, daß hier eine „Schl ägerei" (ein „Angriff") und eine Betheiligung an der selben in dem Sinne vorausgesetzt werden, wie in jenem § 227 näher bestimmt ist; vgl. dort die Bemerkungen, namentlich n. 4—6, 9—12. Insbesondere wird auch hier erheischt, daß bei der Schlägerei sich mindestens drei Personen betheiligt haben: Wolfenb. 1. Okt. 78 (Br. Z. 26 s. 33), Antr. d. GStAnw.'S z. DU. 22. Febr. 77; contra: VII. 22. Febr. 77 (NdO. XVIII, 159), und daß der „Angriff" von Mehreren (mindestens von Zweien) ausgegangen sei: Münch. 3. Juni 73 (StZ. II, 364); contra: OHG. 29. Nov. 72 (Entsch. dess. VIII, 121; StRZ. XIII, 355); Wolfenb. 1. Okt. 78 (cit.) u. 19. Nov. 73 (StZ. III. 294); cit. Antr. d. GStAnw.'S; cit. VII. 22. Febr. 77. Dagegen braucht durch die Schlägerei rc. nicht der Tod oder eine schwere Körperverletzung eines Menschen verursacht zu sein. 61. In Betreff des „Hrneinziehens ohne Verschulden" vgl. § 227 n. 15—18. 62. Nr. 10 ist zur Herbeiführung einer Konformität mit § 223 a durch die Novelle insofern abgeändert worden, als ehedem statt: einer Waffe, insbesondere rc." gesagt war: „einer Schuß- Stich- oder Hiebwaffe oder eines andern gefährlichen Instruments": Mot. s. 59. Die Begriffe „Waffe" und „gefährliches Werkzeug" sind daher hier in demselben Sinne aufzufassen, wie im § 223 a; vgl. dort n. 3. 63. Ein „sich Bedienen" liegt in jeder Benutzung des betr. Gegenstandes zu solchen Handlungen, durch welche eine „Betheiligung" bei der Schlägerei rc. ins Werk gesetzt wird; vgl. § 227 n. 9. Es bedarf sonach nicht deS Nachweises, daß mit dem Gegenstände eine Thätlichkeit gegen einen andern verübt fei; ebenso: ZI. 10. Nov. 76 (RdO. XVII, 733). Wo letzteres zutrifft, liegt in Idealkonkurrenz auch eine Körperverletzung vor. 64. Die Strafverfolgung ist hier nicht (wie im Falle deS § 232) durch einen Antrag des Verletzten bedingt; sie ist statthaft, selbst wenn die bei der Schlä gerei zugefügte leichte Körperverletzung Mangels eines Antrags unversolgt bleiben muß: VII. 6. Juni 72 (RdO. XIII, 339), Münch. 18. Okt. 73 (StZ. III, 247). Ebenso findet hier § 233 keine Anwendung: Wolfenb. 22. Nov. 78 (Br. Z. 26 s. 46).
Tbl. II. Abschn. XXIX.
Uebertretuvgen. — § 867 Nr. 10. 11.
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11) wer ohne polizeiliche Erlaubniß gefährliche wilde Thiere hält, oder wilde oder bösartige Thiere frei umherlaufen läßt, oder in Ansehung ihrer die erforderlichen Vor sichtsmaßregeln zur Verhütung von Beschädigungen unterläßt; [I. Entw.: § 353 Nr. 9II. Eviw.: § 363 Nr. 10; Pr. StGB.: § 345 Nr. 8.)
12) wer auf öffentlichen Straßen, Wegen oder Plätzen, auf Höfen, in Häusern und überhaupt an Orten, an welchen Menschen verkehren, Brunnen, Keller, Gruben, Oeffnungen oder Abhänge dergestalt unverdeckt oder unverwahrt läßt, daß daraus Gefahr für Andere ent stehen kann; [I. Entw.: § 353 Nr. 10; II. Entw.: § 363 Nr. 11; Pr. StGB.: § 345 Nr. 9.] 65. Den wegen „Deth'eiligung" an der Schlägerei (aus § 227) Bestraften kann nicht außerdem noch die Strafe des § 367 Nr. 11 treffen.
Zu Nr. 11. 66. „Bösartig" sind auch solche Thiere, welche ihrer Gattung nach zu den zahmen gehören, wenn sie geneigt sind, zu beißen, zu stoßen rc., z. B. Stiere, beißende Hunde rc.: Münch. 6. Sept. 71 (SlZ. II, 134). 67. „E rfor derliche Vorsichtsmaßregeln" sind nicht nur die ausdrücklich vorgeschriebenen, sondern alle, welche im Einzelsalle nothwendig sind, um der aus der Bösartigkeit des Thiers drohenden Gefahr vorzubeugen; vgl. Nr. 14. 67 a. Im Uebrigen vgl. § 366 n. 34.
Zu Nr. 12. 68. Die Verpflichtung liegt nicht dem Eigenthümer des Brunnens rc. als solchem, sondern dem zeitweiligen Inhaber ob: VII. 10. Okt. 67, ZI. 29. Sept. 71 (RdO. VIII, 584; XII, 480). Hat nachweislich ein Dritter die angebrachten Verwahrmittel beseitigt, so ist jener nur dann strafbar, wenn ihn in Betreff der Her stellung der Vorwurf einer Versäumniß trifft. 69. „Orte, wo Menschen verkehren", sind alle (auch nicht öffentlichen), welche im gewöhnlichen Laufe der Dinge von Menschen besucht werden, für die auS dem Ofsenlassen der Gruben rc. eine Gefahr entstehen kann, gleichviel, ob dort daS „Verkehren" der Menschen ein berechtigtes, geduldetes oder gar ein widerrechtliches ist; contra: Wolfenb. 16. Dez. 75 ^Br. Z. 24 s. 136: versteht unter Orten, wo Menschen verkehren, nur diejenigen Orte, zu denen nach dem gewöhnlichen Lause der Dinge Jedermann Zutritt habe, nicht also z. B. die Betriebsstätten der Fabriken, da Niemand solche einrichte, damit Jeder, dem eS beliebe, dort Zutritt nehme); eS läßt sich daher nicht mit OTr. (I. Civ.-Sen.) 23. Juni 71 (Entsch. 65 s. 45) grund sätzlich aufstellen, daß der § aus einen durch ein Warnungszeichen geschlossenen Pri vatweg (vgl. § 368 Nr. 9) keine Anwendung finde; vgl. Entsch. 60 s. 17; StA. .45 s. 210 s. 65 s. 242; OHG. 25. Nov. 73 (Calm Wochenschr. III, 384). 70. Die „Gefahr" muß den „andern" Personen drohen, welche die betr. Oertlichkeit besuchen; der Eintritt einer solchen Gesahr genügt; wird durch die Berabsäumung eine Körperverletzung verursacht, so wird in Idealkonkurrenz auch § 230 anwendbar. 71. Die Strafe trifit auch Denjenigen, welcher beim Schürfen die erforder liche Verwahrung der Gruben rc. verabsäumt; vgl. Oppenh. Bergges. n. 1044. Ebenso findet Nr. 12 auf Bergwerksgruben Anwendung; daß das Pr. Berggesetz v. 24. Juni 1865 den Bergbau auch in Betrefi des Schutzes der Oberfläche rc. unter die polizeiliche Aussicht der Bergbehörden stellt (§ 196ff. 1. c.), und die Betriebs führer rc. für die Innehaltung der Betriebspläne rc. verantwortlich erklärt (§ 76 1. c.), schließt die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Bergwerksbesitzers (RepräsenOppenhoff, D. Strafgesetzbuch. 8. Ausg. 54
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Thl. H. Abschn. XXIX. Übertretung^.. — § 367 Nr. 13. 14.
13) wer trotz der polizeilichen Aufforderung es unterläßt, Gebäude, welche den Einsturz drohen, auSzubeffern oder niederzureißen; [I. Entw.: § 353 Nr. 11; II. Entw.: § 363 Nr. 12; Pr. StGB.! 8 345 Nr. 10.] Vgl. § 360 Nr. 10.
14) wer Bauten oder Ausbesserungen von Gebäuden, Brun nen, Brücken, Schleusen oder anderen Bauwerken vor nimmt, ohne die von der Polizei angeordneten oder sonst erforderlichen Sicherungsmaßregeln zu treffen; [I. Entw.: § 353 Nr. 12; II. Entw.: § 363 Nr. 13; Pr. StGB.: § 345 Nr. 12.] Dgl. §§ 330. 367 Nr. 15; RGes. v. 17. Juli 1878 Art. 2 Nr. 2. Preußen: Vgl. ALR. I, 8 §§ 71. 72. tauten) aus Nr. 12 nicht au«: VII. 1. Juli 75 (RdO. XVI, 508); vgl. Oppenh. Bergges. n. 473. 474 und unten n. 72. 72. Durch die Nr. 12 haben ältere denselben Gegenstand betreffende Gesetze und Polizei-Verordnungen ihre Kraft verloren: ZU. 30. Sept. 60 c. Meyer. — Die Strafnorm der Nr. 12 hat für Preußen insofern eine Erweiterung erfahren, al« § 29 des FFP.-Ges.'S „zum Schutze der Menschen wie des Weideviehs" (Mot. z. d. Ges. s. 34) mit derselben Strafe Denjenigen bedroht, welcher, von den Fällen der Nr. 12 abgesehen, den Anordnungen der Behörden zuwider, es unterläßt, Stein brüche, Lehm-, Sand-, Kies-, Mergel-, Kalk- oder Thongruben, Bergwerksschachte, Schürflöcher oder die durch Stockroden enistandenen Löcher, zu deren Einfriedigung oder Zuwerfung er verpflichtet ist, einzufriedigen bzw. zuzuwerfen, oder von ihm in Eisflächen gemachte Oefsnungen durch deutliche Zeichen zur Warnung vor Annähe rung zu verwahren.
Zu Nr. 13. 73. Hier genügt eine individuelle Aufforderung, eine solche kann in verbind licher Weise von der Lokal-Polizei-Behörde ausgehen. Selbst der wider die selbe bei der höheren Verwaltungsinstanz eingelegte Rekurs schützt nicht vor der Strafe, wenn jene Verfügung nach der Landesgesetzgebung vorläufig vollstreckbar ist. Nach dem Bayer. Pol.-StGB. (Art. 14) ist sie dies so lange, als nicht die höhere Instanz die Einstellung de- Vollzugs angeordnet hat; vgl. Münch. 19. Febr. 76 (BEntsch. VI, 68). 74. „Gebäude" umfaßt hier jedes Bauwerk, z. B. eine Mauer. 75. Die Nichtbefolgung der Aufiorderung ist als solche strafbar; der Straf richter hat nicht zu untersuchen, ob die angeordnete Maßregel nach dem baulichen Zustande nothwendig war: VKH. (Int. d. Ges.) 27. Ian. 30 (RA. 14. II. 11), Münch. 7. Sept. 74 (BEntsch. IV, 377), Gilb. C. pdn. art. 471 Nr. 5 n. 55. 59; contra: Oppenh. Ress.-Ges. s. 32 n. 72.
Zu Nr. 14. 76. Die Vorschrift ist nicht nur auf Baumeister, sondern auch aus Bau herren anwendbar: ZI. Civ.-Sen. 13. Nov. 57 (Entsch. 37. 1. s. 35; beil.); vgl. Nr. 15. 77. Zu den ,, anderen Bauwerken" gehören auch die Ausschachtungen von Sand- und Lehmgruben: OTr. (I. Civ.-Sen.) 9. Juni 65 (StA. 60 s. 76). 77a. Unter den hier erwähnten „Sicherungsmaßregeln" sind nicht solche zu verstehen, welche in der tüchtigen und regelrechten Art der Ausführung des Baues selbst liegen, sondern im Allgemeinen nur solche, welche aus Anlaß eines Baues zu treffen sind, um das Publikum vor Unfällen zu schützen, wie z. B. da« Anbringen von Planken, Warnungszeichen rc.: Dresd. 26. Juli 75 (SGZ. XX, 92). 78. „Sicherungsmaßregeln" im Sinne der Nr. 14 können von der Po lizei nicht nur in allgemein verbindlicher Weise (vgl. Abschn. 29, s. 794, n. 41; Erkl. d. HMin. v. 12. Mai 1855 u. 4. Jan. 1856: VMbl. 55 s. 100; 56 s. 53), sondern
Thl. II. Abschn. XXIX.
Uebertretimgm. — § 367 Nr. 15.
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15) wer als Bauherr, Baumeister oder Bauhandwerker einen Bau oder eine Ausbefferung, wozu die polizeiliche Ge nehmigung erforderlich ist, ohne diese Genehmigung auch für den Einzelfall individuell „angeordnet" werden. In Betreff der „sonst erforderlichen" Maßregeln vgl. n. 67. 79. Die Uebertretung kann leicht mit der im RGes. v. 17. Juli 1878 Art. 2 Nr. 2 (4) vorgesehenen (ideell) Zusammentreffen. 80. Konkurrirt mit der Uebertretung fahrlässige Tödtung oder Körperverletzung, so schließt die schwerere Strafe wegen dieser Vergehen die Strafe der Nr. 14 aus (§ 73): Dresd. 26. Juli 75 (eit. n. 77a).
Zu Nr. 15. 81. Das Erforderniß einer „polizeilichen Genehmigung" zu einem anszuführenden Baue rc. kann nicht blos durch ein (Landes-) Gesetz, sondern auch durch eine in gesetzlicher Weise ergangene Polizei-Verordnung vorgeschrieben werden. In Preußen sind im Geltungsbereiche des ALR.'S die §§ 65—73. I, 8 1. c. maßgebend, deren Ausdehnung aus analoge Fälle durch Pol.-Verordnungen nicht ausgeschlossen ist: Bll. 15. März 77 (RdO. XVIII, 211); vgl. Abschn. 29 (s. 795) n. 44; an Stelle der Strafandrohung des § 70 cit. ist jetzt die Nr. 15 getreten. Anlangend insbesondere die Festsetzung der Straßen- und Baufluchtlinien für neu anzulegende oder zu verändernde Straßen und Plätze in Städten und ländlichen Ortschaften, so ist diese Materie gegenwärtig für den ganzen Staat durch das Ges. v. 2. Juli 1875 geregelt. An den bereits vor Erlaß des letzteren Gesetzes festgestellten Fluchtlinien hat unmittelbar durch das Gesetz selbst Nichts geändert werden sollen: ZU. 22. Nov. 77 (RdO. XVIII, 733: erblickte eine solche Feststellung schon in der Bestimmung eine« Pol.-Reglemenis, daß Neubauten bis zu einer gewissen Entfernung gegen Ge meindewege zurücktreten müssen). In Betreff des Erlasses von Polizei-Verordnungen (Bau-Ordnungen) vgl. Abschn. 29 (s. 794) n. 41. 82. Für daß Pr. linke Rheinufer fehlte eS bis zum Erlasse deS cit. Ges.'S v. 2. Juli 1875, — abgesehen von der AKO. v. 2. Juli 1836 (RS. V, 413: die Anlage oder Ausbesserung eines Dachs von Stroh, Rohr oder Holz betr.), — an allgemein geltenden gesetzlichen Vorschriften der gedachten Art (n. 81). Insbesondere sind dort die älteren französischen auf das „alignement* bezüglichen Vorschriften nie verkündet worden; ebensowenig ist ihre Einführung aus dem (verkündeten) Ges. v. 19. Juli 1791 herzuleiten: ZU. 10. März 53 (Tr. Ann. VII, 235). Von neueren französischen Gesetzen erlangten dort nur Art. 1 des Dekr.'S v. 7.—14. Okt. 1790 (v. Dan. I, 297), das Ges. v. 16. Sept. 1807 und das transitorische Dekr. v. 27. Juli 1808 (Gräff s. 664) Wirksamkeit. Nach dem ersteren umfaßt die den Corps administratifs (später den Präfekten) übertragene Verwaltung en matiere de grande voirie das Alignement der Staatsstraßen in den Sädten und Ortschaften; das Ges. v. 16. Sept. 1807 enthält in den Artt. 48 ff. Vorschriften in Betreff der Entschädi gung, welche für das zur Neu-Anlage oder zur Erbreiterung von Straßen rc. zu erwerbende Terrain geleistet werden muß, und regelt sodann das Verfahren, in welchem in den Städten die Bürgermeister dazn berufen sind, das Alignement nach einem vorher zu entwerfenden, der Feststellung durch den Staatsrath (später durch Königlichen Erlaß) bedürfenden Bauplan zu ziehen; eine eigenmächtige Ab weichung von einem solchen Bauplane stand dann der Gemeindeverwaltung nicht zu. Der genehmigte Plan bildet gleichzeitig die Grundlage, um die Enteignung deS zu Straßen-Anlagen (Erbreiterungen) erforderlichen Privatterrains herbeizuführen; da gegen begründete er keine Passiv-Servitut, vermöge welcher der Eigenthümer ver pflichtet wäre, daS zu einer solchen Anlage rc. erforderliche Terrain für eine erst später zu bewirkende Enteignung unbebaut [ober daS baufällige Gebäude unreparirt) zn lassen: ein polizeiliches Bauverbot dieser Art hätte die Stadt verpflichtet, sofort den Enteignungspreis zu zahlen: Z. OTr. 14. Sept. 62 Bonn c. Foy; vgl. RA. 54. I. 124; 56. I. 102, und im Allgemeinen Abh. i. RA. 32. II. 7, Oppenh. Ress.-Geff. f. 293 n. 293 a. E. — Abgesehen von den durch die eilt. Gesetze bzw. jetzt durch das Ges. v. 2. Juli 1875 geregelten Fällen kann das Erforderniß einer polizeilichen Bau-Genehmigung auf dem linken Rheinufer nur durch Polizei-Berord-
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Thl. n. Abschn. XXIX.
Uebertretungen. — § 367 Nr. 15.
oder mit eigenmächtiger Abweichung von dem durch die Behörde genehmigten Bauplane ausführt oder aus führen läßt. [I. Entw.: § 353 Nr. 13; II. Entw.: § 363 Nr. 14; Pr StGB-: § 345 Nr. 12.] Vgl. § 367 Nr. 14 und die dortigen Citate. Preußen: Vgl. ALR. I, 8 §§ 65—73; Ges. v. 2. Juli 1875 (GS. f. 561). nung (n. 81) begründet werden; die Zuwiderhandlungen gegen eine solche ziehen die Strafe der Nr. 15 nach sich; diese ist jetzt an die Stelle der in älteren Verord nungen enthaltenen Strafandrohungen getreten: VII. 6. Febr. 73 (RdO. XIV, 112). — In Betreff der zum Bezirk des AH.'S Cöln gehörigen rechtsrheinischen Lande vgl. Berg. Wege-Ordn. v. 18. Juni 1805 § 70 ff., Berg. Min.-Vdn. v. 16. Juli 1807, Berg. Dekr. v. 13. Okt. 1807 (Scotti 2 s. 916. 1079. 1116); Berg. GGBdn. v. 1. Apr. 1814 (RS. I, 55); ZU. 27. Nov. 62 c. Schmitz. 83. Unkenntniß der betr. Vorschrift, sowie Unkenntniß des genehmigten Plans entschuldigen nicht (weil es sich um die Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht hanoelt): Münch. 10. März 73 lStZ. II, 252). 84. Die „ eigenmächtige Abweichung" von dem genehmigten Plane ist selbst dann, wenn der letztere auf einem Irrthum beruht, strafbar: Münch. 10. März 73 (StZ. II, 252). 85. Als „eigenmächtige Abweichung" ist auch eine unvollständige Ausführung des Planes anzusehen, z. B. die Errichtung eines Schornsteins in zu geringer Höhe: BI. 13. Okt. 58 c. Krebs. Dasselbe nahm Darmst. 25. Nov. 72 (HEntsch. 72. 2 s. 47) in Betreff der Nichterfüllung einer der Genehmigung hinzugefügten Bedingung (i. c. der Erbreiterung des BürgerstiegS vor dem Haufe) an [?]. 86. Jede der im Eingänge der Nr. 15 genannten Personen haftet selbst ständig: die Uebernahme der Verantwortlichkeit durch einen derselben, sowie die Zu sage des Einzelnen, das Mangelnde nachzuholen, macht die andern nicht straffrei: VI. 13. Okt. 58 c. Krebs. — Dagegen trifft die Strafandrohung nur den den Bau rc. „ausführenden" (leitenden) Bauhandwerker, nicht den unter der Leitung eines Meisters arbeitenden Gesellen. 87. Die Uebertretung ist mit dem Abschlüße des Baues vollendet. Mit diesem Augenblicke beginnt die Verjährung, selbst, wenn die Uebertretung nur in Detail abweichungen vom Bauplane besteht und diese in eine frühere Zeit fallen, so: Münch. 24. Nov. 73, 7. Aug. 75 (StZ. III, 248 ; BEntfch. V, 390); id. 8. Juni 77 (BEntsch. VII, 224: nahm gleichwohl an, daß in letztgedachlen Fällen, sofern eS sich um positive planwidrige Bauausführungen handle, der Thatbestand der Uebertretung nicht erst mit der gänzlichen Vollendung des Baues, sondern sofort gegeben sei). Vgl. §67 n. 7. Im Falle einer strafbaren Unterlassung (o. 85) berechnete daS dort cit. KH. Darmst. den Lauf der Verjährung erst von einer ergangenen Aufforderung zur Her stellung an. — Die thachsächliche Feststellung, daß der Bau planwidrig ausgeführt (vollendet) sei, schließt den Einwand aus, daß eine fehlende Vorrichtung noch auSgeführt werden könne und deshalb feine strafbare Unterlassung vorliege: Münch. 4. Ian. 79 (BEntsch. IX, 8). 88. Im Gebiete des Rheinischen Rechts (n. 81. 82) war der Polizeirichter, welcher aus Nr. 15 strafte, befugt, gleichzeitig auf den Antrag deS Polizei-AnwaltS die Niederreißung des polizeiwidrig errichteten Baues als Civilschadenersatz (zur Herstellung deS gesetzlichen Zustandes: Rh. StPO. Artt. 50. 161. 189) anzuordnen: ZKH. 7. März 42, 30. Sept. 44 (RA. 32. II. 54; Tr. Ann. 4. 1. s. 79); vgl. EG. § 6 n. 15. — AehnlicheS galt nach den Artt. 18. 105 des Bayer. Pol.-StGB.'S v. 26. Dez. 1861, und zwar selbst dann, wenn das Gericht wegen in Mitte liegender Verjährung eine Strafe nicht verhängte; jene der Polizeibehörde zugesprochene Besugniß zerfiel jedoch arg. § 30 (vgl. dort n. 3), sofern der Angeschuldigte vor der Aburtheilung über die von ihm eingelegte Berufung starb, sollte auch die formelle Gül tigkeit der letzteren fraglich sein: Münch. 10. März 76 (BEntsch. VI, 99). — Hin sichtlich des etwaigen Einschreitens der zuständigen Polizeibehörde in solchen Fällen, wo es sich lediglich nm einen ohne die erforderliche Genehmigung errichteten Bau handelt, vgl. ALR. I, 8 § 71.
Thl. n. Abschn. XXIX. Uebertretungen. — § 367 Schlußsatz. § 368 Nr. 1. 2.
853
In den Fällen der Nummern 7 bis 9 kann neben der Geldstrafe oder der Haft auf die Einziehung der verfälschten oder verdorbenen Getränke oder Eßwaaren, ingleichen der Selbstgeschosse, Schlageisen oder Fußangeln, sowie der ver botenen Waffen erkannt werden, ohne Unterschied, ob sie dem Verurtheilten gehören oder nicht.
§ 368. Mit Geldstrafe bis zu sechszig mit Haft bis zu vierzehn Tagen wird bestraft:
Mark oder
1) wer den polizeilichen Anordnungen über die Schließung der Weinberge zuwiderhandelt; [I. Enlw.: § 354 Nr. 2; II. Enlw.: § 364 Nr. I; Pr. StGB.: § 347 Nr. 2.]
2) wer das durch gesetzliche oder polizeiliche Anordnungen gebotene Raupen unterläßt; [I. Gvtw.: § 354 Nr. I, II. Emw..- § 364 Nr. 2; Pr. StGB.; § 347 Nr. 1.] Preußen: Vgl. FFP.-Ges. § 34.
Zum Schlußsätze. 89. In Betreff der hier für statthaft erklärten Einziehung vgl. § 360 n. 96 ; § 295 n. 1 a. E. und die Bemerkungen zu §§ 40. 42. Die Einziehung ist selbst dann auszusprechen, wenn die Gegenstände erst nach Verübung der That in das Eigenthum nicht strafbarer Dritter übergegangen sind; auch ist es in dieser Hin sicht gleichgültig, ob der Thäter ermittelt worden ist: Münch. 6. Febr. 74 (DEntsch. IV, 79); vgl. § 42 n. 2. 90. Die Vorschrift dieses Schlußsatzes ist auf die Schießwerkzeuge, mit welchen an bewohnten rc. Orten geschossen worden (Nr. 8), nicht auSzudehnen. 91. Nach einer Inn.-MBf. v. 15. März 1837 (Iahrb. 49 s. 290) und einer IMVf. v. 22. Dez. 1852 (IMbl. 1853 s. 48) sollen die confiscirten Waffen nicht verkauft, sondern vernichtet werden.
§ 368.
Zu Nr. 1. 1. In Betreff der hier vorausgesetzten „polizeilichen Anordnungen", ihres Erlasses, der Verkündung und der Kenntniß des Angeschuldigten von ihrem Vorhandensein vgl. Abschn. 29 (s. 794) n. 41. Auö dem Umstande, daß in der Nr. 2 deö § 368 neben den „polizeilichen" auch „gesetzliche Anordnungen" erwähnt werden, ist nicht zu folgern, daß hier (bei Nr. 1) die Berücksichtigung gesetzlicher An ordnungen ausgeschlossen sei; vgl. n. 2. 2. Für daö linke Rheinufer gestattete das Rur.-Ges. v. 28. Sept. 1791 Tit. 1 Abschn. 5 Art. 1 die Erlassung einer den Anfang der Weinlese bestimmenden Pol.-Derordnung, jedoch nur in den Gegenden, wo eine solche Bestimmung gebräuch lich ist, und auch nur für nicht geschlossene Weinberge. Diese Beschränkung gilt noch jetzt (vgl. Pr. Pol-Ges. v. 11. März 1850 § 15).
Zu Nr. 2. 3. In Betreff der „gesetzlichen oder polizeilichen Anordnungen" vgl. oben n. 1, bzw. s. 794 n. 41. DaS dort cit. DI. 21. Febr. 77 betraf gerade eine poliz. Anordnung über das Abraupen. 4. Für das linke Rheinufer schreibt ein noch geltendes Ges. v. 26. vent. IV (v. Dan. 3 s. 333) allgemein vor, daß das Abraupen alljährlich vor dem 1. ventose (20. Febr.) stattfinden soll; eine Abänderung dieser Zeitbestimmung durch ört liche Polizei-Verordnungen ist nicht unstatthaft; vgl. Gilb. C. pdn. art. 472 § 8 n. 12. DaS cit. Gesetz gilt auch für Waldbäume (: VII. 28. Okt. 69, RdO. X, 675), Sträuche und Hecken. — Für das Herzogthum Berg ordnete eine LandeSDdn. v. 23. Jan. 1732 das Abraupen „während der Winterzeit" an; eine Vdn. v.
854
Thl. II ASschn. XXIX.
Uebertretungen. — § 368 Nr. 3. 4.
3) wer ohne polizeiliche Erlaubniß eine neue Feuerstätte errichtet oder eine bereits vorhandene an einen anderen Ort verlegt; [I. Entw.: § 354 Nr. 3; II. Entw.: § 364 Nr. 3; Pr. StGB.. § 347 Nr. 3.J
4) wer es unterläßt, dafür zu sorgen, daß die Feuerstätten in seinem Hause in baulichem und brandsicherem Zu stande unterhalten, oder daß die Schornsteine zur rechten Zeit gereinigt werden; [I. Entw.: § 354 Nr. 4; EL Entw.: § 364 Nr. 4; Pr. StGB.: § 347 Nr. 4.]
1. März 1763 bestimmte die Zeit näher: „bis zum 1. Apr."; eine Dekl. v. 27. März 1783 verlängerte diese Frist bis „Ende April"; auch hier ward eine Abänderung dieser Zeitbestimmung durch Pol.-Verordnung für statthaft erachtet: VII. 13. Juli 71 (RdO. XII, 397). 4a. In Preußen verfällt, wer, abgesehen von den Fällen der Nr. 2, den zum Schutze nützlicher oder zur Vernichtung schädlicher Thiere oder Pflanzen erlasse nen Polizeiverordnungen zuwiderhandelt, in die schwereren Strafen des § 34 des FFP.-Ges.'s.
Zu Nr. 3-8. 5. Durch diese Bestimmungen (und durch die im § 367 Nr. 4—7 gegebenen) sind anderweitige feuerpolizeiliche Bors chriften, welche bereits früher galten, sowie die (einen anderen Thatbestand vorsehenden) Strafandrohungen, nicht besei tigt; ebensowenig ist eS durch dieselben ausgeschlossen, im Wege der LandeSgesetzgebung (der Pol.-Berordnung) in Beziehung auf die Errichtung und Veränderung von Feuerstätten rc. anderweitige und selbst weitergehende Stras-Vorschriften zu er lassen: VII. 13. Dez. 66 (RdO. VII, 711); vgl. Nr. 8 („andere feuerpolizeiliche Anordnungen") und unten n. 6a. 14. 15. 17; EG. § 2 n. 6.
Zu Nr. 3. 6. „Feuerstätte" umfaßt auch den Schornstein. Vgl. n. 7. Dies erläutert Münch. 15. Juni 77 (BEntsch. VII, 240) dahin, daß ein Schornstein oder Kamin alö Zubehör einer Feuerstätte zu betrachten sei, weshalb eine bloße Kaminveränderung, z. B. die Errichtung eines russischen Kamins an Stelle eines deutschen keine „Neu errichtung" oder „Verlegung" einer Feuerstätte darstelle. 6a. Durch Nr. 3 sind ältere Pol.-Verordnungen, welche auch die Errichtung einer besonderen Art mit Feuerung verbundener Anlagen von einer polizeilichen Er laubniß abhängig machen, nicht ausgehoben: VII. 26. Okt. 75 (RdO. XVI, 690); vgl. n. 5.
Zu Nr. 4. 7. Unter „Feuerstätte" ist hier nicht blos die Feuerstelle im engsten Sinne, d. h. die zur Aufnahme des Feuers dienende Vorrichtung, sondern Alles begriffen, was vorschriftsgemäß zur baulichen und brandsicheren Konstruktion der Heerde sowie Oefen gehört, und worüber für Bayern die Bau-Ordn. v. 30. Juni 1864 unter A. VII, §§ 16ff. Maß und Ziel giebt; so: Münch. 3. Febr. 77 (BEntsch. VII, 55); vgl. jetzt Kgl. Bayer. Bauordn. v. 30. Aug. 1877 und unten n. 22. Ebenso umfaßt jener Ausdruck den Schornstein mit; vgl. n. 6. 8. Die Vorschrift der Nr. 4 trifft Denjenigen, welcher zur Zeit die Ver fügungsgewalt über das HauS hat. Dies ist der Eigenthümer selbst dann, wenn er den Besitz durch einen Anderen, z. B. einen Miether ausüben läßt, oder wenn die betreffenden Räume kraft eines Nutzungsrechts von einem Dritten besessen werden, sollte letzterer auch (ihm gegenüber) civilrechtlich verpflichtet sein, jene Räume in brandsicherem Zustande zu erhalten; vgl. Münch. 15. Okt. 75 (BEntsch. V, 481). Die Pflicht des Eigenthümers cessirt nur da, wo ihm deren Erfüllung thatsächlich unmöglich ist; ein solcher Fall liegt jedoch nicht schon dann vor, wenn ein unrecht mäßiger Besitzer daS HauS bewohnt, indem er denselben durch rechtliche Mittel deS Besitzes zu entsetzen vermag: VII. 24. Okt. 61 (RdO. II, 17).
Thl. n. Abschn. XXIX.
U-bertretungen. — § 368 Nr. 5. 6.
855
5) wer Scheunen, Ställe, Böden oder andere Räume, welche zur Aufbewahrung feuerfangender Sachen dienen, mit unverwahrtem Feuer oder Licht betritt, oder sich denselben mit unverwahrtem Feuer oder Licht nähert; [I. Entw.: § 345 Nr. 4; II. Entw.: § 364 Nr. 5; Pr. StGB.: § 347 Nr. 7.] Preußen: Vgl. FFP.-Ges. §44 Nr. 1. 2.
6) wer an gefährlichen Stellen in Wäldern oder Haiden, oder in gefährlicher Nähe von Gebäuden oder feuer fangenden Sachen Feuer anzündet; [I. @ntn>.: § 354 Nr. 7; II. Entw.: § 364 Nr. 6; Pr. StGB.: § 347 Nr. 7.] Preußen: FFP.-Ges. §§ 32. 44 Nr. 3. 9. Insoweit der Vertreter des EigenthümerS (n. 8) eine Verfügungsgewalt über das HauS rc. hat, wird auch er von der Vorschrift betroffen. 10. Die vors chriftSwidrige bauliche Einrichtung eines Schornstein hat der Hausbesitzer als solcher nicht zu vertreten: ZI. 1. Febr. 56 c. Lohr. 11. Das Maß der oufzuwendenden „Sorge" ist nach dem Begriffe eines „guten Hausvaters" zu bemessen; da« objektive Nichtvorhandensein eines brand sicheren Zustandes rc. genügt für sich allein nicht, um eine Bestrafung zu recht fertigen: ZI. 1. Febr. 56 c. Lohr.
Zu Nr. 5. 12. Ob im Einzelfalle daö hingebrachte Feuer rc. (;. B. eine brennende aber gedeckelte Pfeife) ein verwahrtes, d. h. gegen die Mittheilung und Verbreitung nach Außen sicher gestelltes oder ein „unverwahrteS" fei, und ob man sich mit demselben den erwähnten Räumen rc. „genähert" habe, ist nach dem Maße der daraus entspringenden Feuersgefahr vom Richter der Thatfrage zu beurtheilen: ZKH. 21. Oft. 51, 22. Dez. 52, ZU. 27. Sept. 77 (RA. ;46. II. 103; 48. II. 16; RdO. XVIII, 603). 13. In Betreff deS DoluS vgl. Abschn. 29 (s. 790) n. 9. 10. 14. Durch die Nrn. 5 (6. 7) sind alle denselben Thatbestand (wenn auch in einer konkreteren Gestaltung) vorsehenden älteren Vorschriften, z. B. solche, welche daS Betreten einer Scheune mit Feuer rc. oder das Tabakrauchen an den erwähnten Orten unbedingt untersagen, außer Kraft gesetzt: ZKH. 21. Okt. 51, 22. Dez. 52 (cit. n. 12), ZU. 26. Febr. 57 c. Picke, BII. 21. Sept. 76 (RdO. XVII, 584). — Dagegen ist es nicht unstatthaft, mit Rücksicht auf örtliche Verhältnisse rc. im Wege der Pol.-Verordnung weitergehende Verbote zu erlassen: diese stehen dann nicht mit der Nr. 5 im Widerspruche. Demgemäß ist eine neue Pol.-Verordnung, welche (im Hinblicke auf lokale Verhältniffe) allgemeiu bestimmt, daß der Verschluß einer brennenden Pfeife durch einen Deckel nicht als genügende „Verwahrung" anzusehen und deshalb das Betreten jener Räume mit einer solchen unbedingt verboten sei, rechtsverbindlich: V. 9. Sept. 52 (IMbl. s. 439); contra: ZII. 27. Sept. 77 (cit. n. 12: weil sie die durch Nr. 5 der richterlichen Beurtheilung überlaffene Frage, ob da- Feuer ein verwahrtes sei, — n. 18 — jener entziehe). 15. Aeltere gesetzliche oder polizeiliche Strafvorschriften, welche die Abwendung einer Feuersgefahr bezwecken, aber einen andern Thatbestand vorsehen, sind durch die Nrn. 5 (6. 7) nicht außer Kraft gesetzt; vgl. n. 6. Dasselbe gilt noch unbedenk licher von solchen Vorschriften, welche auf andern Rücksichten als der der Abwendung einer Feuersgesahr beruhen, z. B. von einem Verbote des Rauchens auf der Straße: KH. 29. Juni 52 (GA. I, 267); vgl. Pr. AKO. v. 9. Dez. 1832 (GS. 33 f. 1). Eine der Nr. 5 entsprechende Bestimmung trifft, zum Schutz des Walde-, § 44 Nr 1 des Pr. FFP.-Gef.'S; vgl. auch Nr. 2 ib.
Zu Nr. 6. 16. Nach dem Grundsätze des § 59 ist die Anwendbarkeit der Nr. 6 durch die Kenntniß von der Feuergefährlichkeit bedingt. 17. Ueber ältere Vorschriften ähnlichen Inhalts vgl. n. 14. 15. Von neueren
856
Thl. n. Abschn. XXIX.
7) wer
Übertretungen. — § 368 Nr. 7. 8.
in gefährlicher Nahe von Gebäuden oder
feuer
fangenden Sachen mit Feuergewehr schießt oder Feuer werke abbrennt; [I. Entw.:
§ 354 Nr. 8; II. @ntto.: § 364 Nr. 7 ; Pr. StGB.: § 347 Nr. 8.] Vgl. § 367 Nr. 8.
8) wer die polizeilich vorgeschriebenen Feuerlöschgeräthschaften überhaupt nicht oder nicht in brauchbarem Zu stande hält oder andere feuerpolizeiliche Anordnungen nicht befolgt; [I. Entw.: § 354 Nr. 9; II. Entw.: § 364 Nr. 8; Pr. StGB.: § 347 Nr. 9.]
9) wer unbefugt über Gärten oder Weinberge, oder vor beendeter Ernte über Wiesen, oder bestellte Aecker, oder Vorschriften ist insbesondere §44 Nr. 3 des Pr. FFP. -Ges.'s zu nennen, welcher unter Aufrechterhaltung der Bestimmung der Nr. 6, diese insofern ergänzt, als er jedes ohne Erlaubniß stattfindende Anzünden von Feuer im Walde oder in gefähr licher Nähe desselben verpönt. (Bei Beurtheilung der Frage, was hier unter „gefährlicher Nähe des Waldes" zu verstehen sei, kommt es im Einzelfalle auf die Terrainverhältniffe, die Bodenbeschaffenheit, die Bedeckung des Bodens, die Witterung, Wind richtung rc. an: Mot. z. FFP.-Gef. s. 38). Vgl. auch § 32 ib.
Zu Nr. 7. 18. Vgl. oben n. 5. 14—17. 19. Da hier nur die Feuergefährlichkeit den so macht eS keinen Unterschied, ob scharf oder nur 20. DaS Abbrennen von „Feuerwerken" gnügen, sondern auch die zu bestimmten technischen lungen dieser Art, z. B. Sprengungen rc.
Grund des Strafverbots bildet, mit Pulver geschossen wird. umfaßt nicht nur die zum Ver Zwecken vorgenommenen Hand
Zu Nr. 8. 21. Vgl. oben n. 5. 14-17. 22. Unter den als statthaft vorausgesetzten „anderen feuerpolizeilichen An ordnungen" sind auch hier nur allgemeine (für Alle geltende) Verordnungen, nicht also individuelle Weisungen zu verstehen; sie umfassen, ihrem Gegenstände nach, nicht blos die unmittelbar auf Löschung des Feuers gerichteten Maßregeln, sondern auch alle «diejenigen Vorkehrungen, welche bezüglich der Organisation der Dienstlei stung der Feuerlöschpflichtigen rc. zu treffen sind; dahin gehört sonach z. B. daS Ge bot des Eintritts in die Feuerwehr, die Theilnahme an ihren Exercier-Uebungen und an der Wahl ihrer Führer, so: Münch. 14. Nov. 73, 21. Aug. 74, 17. Sept. 75, 19. April 76 (StZ. III, 249; IV, 219; BEntsch. V, 442; VI, 189); id. 16. Febr. 78 (BEntsch. VIII, 83: erkannte gleichzeitig, daß die Prüfung der Frage, ob der Angeschuldigte der Pflichtfeuerwehr mit Recht einverleibt wurde, nicht dem Strafrichter sondern nur der Verwaltung zustehe). Dagegen sind die in der Bayer. Bauordn. v. 30. Juni 1864 unter A, VII. §§ 16 ff. enthaltenen Vorschriften keine feuerpolizeilichen Anordnungen, sondern baupolizeiliche Bestimmungen, deren Uebertretung aus Nr. 4 zu ahnden ist: Münch. 3. Febr. 77 (cit. n. 7). Vgl. jedoch in Betreff des § 76 der Bauordn. v. 30. Aug. 1877: Münch. 27. Aug. 79 (BEntsch. IX, 332). 23. Solche anderweitige „Anordnungen" können keine andere Strafan drohung enthalten; die Zuwiderhandlung gegen eine gebietende oder verbietende Vorschrift der fraglichen Art zieht stets die Strafe des § 368 nach sich.
Zu Nr. 9. 24. Erheischt wird ein (bewußt: § 59) „unbefugtes" Handeln; somit fällt die Strafbarkeit weg, wenn die schlechte Beschaffenheit eines zum gemeinen Gebrauche bestimmten Weges zum Uebertreten auf ein benachbartes Grundstück nöthigt: franz, rc. Rnr.-Ges. v. 28. Sept. 1791 Tit. 2 Art. 41 Nr. 2; Pr. FFP.-Ges. § 10 Nr. 2;
Thl. II. Abschn. XXIX.
Uebertretungev. - § 368 Nr. S.
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über solche Aecker, Wiesen, Weiden oder Schonungen, welche mit einer Einfriedigung versehen sind, oder deren Betreten durch Warnungszeichen untersagt ist, oder auf einem durch Warnungszeichen geschlossenen Privatwego geht, fährt, reitet oder Vieh treibt; [I. Entw.: § 354 Nr. 10: II. Eutw.: § 364 Nr. 9; Pr. StGB-: § 347 Nr: 10.1 Vgl. Nr. 1; R.-Postges. v. 28. Okt. 1871 § 17 lRGbl. s. 351). Preußen: Vgl. ALR. I, 22 §§ 63. 64; FFP.-Ges. §§ 10ff. 36. 69. 77 ff. vgl. RPostges. v. 28. Okt. 1871 § 17. Dagegen schließt der Anspruch auf Einräu mung eines Nothwegs (C. civ. art. 682) die Anwendbarkeit der Nr. 9 nicht auS; der Eigenthümer des ringsum eingeschlossenen Grundstücks hat die tun Erwerbung der Servitut erforderlichen Schritte zu thun: ZU. 5. Jan. 65 (RdO. V, 395); contra: OHG. 12. Sept. 73 (Entsch. dess. XI, 28) und die IuriSpr. des franz. KH.'S— DaS (ortsgebräuchliche) keinen Schaden anrichiende Pflugwenden auf dem Nachbargrundstücke ist nicht „unbefugt"; so: Darmst. 24. Juni 72 (HEntsch. s. 17); vgl. übrigens n. 35. Dem Mangel der Befugniß ist eine Ueberschreitung derselben (in Bezug auf die Modalitäten ihrer Ausübung) nicht ohne Weiteres gleichzustellen: Dreöd. 17. Okt. 73 (StZ. IV, 75). 24a. „Ueber Gärten rc. gehen rc." bezeichnet jedes Eindringen in dieselben, mithin nicht lediglich das Durchschreiten derselben nach Art der Benutzung eines WegS; es genügt vielmehr schon das bloße Hinschreiten auf einem Theile des Grund stücks: Jena 17. Dez. 73 (St. IV, 220). 25. Der Jagdberechtigte (z. B. der Jagdpächter) ist befugt, die zu seinem Jagdreviere gehörenden fremden Grundstücke zu betreten, soweit dieses zur Ausübung der Jagd oder der sonstigen im Jagdrecht einbegriflenen Befugnisse erforderlich ist: der von ihm angerichtete Schaden kann alsdann nur zu einer Civil-Ersatz-Klage Anlaß geben: ZKG. 14. Dez. u. 19. Okt. 40, DreSd. 1. Okt. 77 (RA. 20. H. 95; Volkm. s. 388; SGZ. 22 s. 179. 26. DaS einseitige Betreten einer gemeinschaftlichen Grenzfurche (vgl. C. civ. Art. 666) durch einen der Grenz-Nachbarn ist, selbst wenn jene von dem andern bestellt war, nicht aus Nr. 10 strafbar: ZU. 11. Nov. 56 c. Paulen. 27. Die Ernte ist nicht eher „beendet", bis die vom Boden getrennten Früchte von demselben entfernt sind. Bei Wiesen ist die Beendigung der Ernte erst nach dem zweiten (Grummet-) Schnitte rc. anzunehmen. 28. Ein Acker ist „bestellt", sobald er besäet oder bepflanzt ist; das bloße Pflügen genügt nicht: ZI. 19. Febr. 68 (RdO. IX, 142). 29. Durch die Anrichtung eines Schadens ist die Strafbarkeit nicht bedingt. Hat solche vorsätzlich stattgefunden, so greift § 303 Platz; vgl. jedoch Pr. FFP.-Ges. § 6. 30. Was als „Warnung«Zeichen" anzusehen sei, ist mit Rücksicht auf den OrtSgebrauch Gegenstand der thatsächlichen Beurtheilung; vgl. Pr. ALR. I, 22 § 64 und den früheren § 41 Nr. 1 der Pr. FPO. v. 1847 (erwähnten Gräben, Kreuze, Schlagbäume — Tafeln, Strohwische rc.). Daß dasselbe alö solches von einer Be hörde anerkannt oder bekannt gemacht sei, ist nicht erforderlich: VII. 30. Nov. 54 c. Knellesen. Ebensowenig bedarf es einer amtlichen Aufstellung. Immerhin muß die Aufstellung aber von einer hierzu berechtigten Person auSgehen: OTr. 27. Apr. 76 (GA. 24 s. 470); jeder Private kann in der ortsgebräuchlichen Weise seine Grund stücke schließen: eit. ALR. I, 22 § 64. Ist die Maßnahme von einer Polizeibehörde ausgegangen, so ist eine anderweitige amtliche Bekanntmachung derselben unnöthig: BI. 18. Jan. 56 c. Haßlinger. 31. DaS Uebertreten des Viehs ist kein „Viehtreiben": ZI. 18. Juni 69 (RdO. X, 436). 32. In Betreff der bei solchen Übertretungen statthaften Pfändungen und in Betreff deS Anspruchs auf Ersatzgeld vgl. Pr. FFP.-Ges. §§ 77. 69. 33. Neben der Vorschrift der Nr. 9 sind die (im Thatbestände mit derselben nicht zusammentreffenden) Vorschristen der Forst- und Polizei-Gesetze in Kraft verblieben: EG. § 2, vgl. unten n. 35. DaS gilt namentlich von allen die Weide-
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Thl. II. Abschn. XXIX.
U-bertretungen. - § 368 Nr. 9.10.
10) wer ohne Genehmigung des Jagdberechtigten oder ohne sonstige Befugniß auf einem fremden Jagdgebiete außerfrevel betreffenden Bestimmungen; (der dies ausdrücklich aussprechende Schlußsatz des § 347 Nr. 10 des Pr. StGB.'S ward als selbstverständlich gestrichen). — Trifft ein Fall der Nr. 9 mit einem Weidefrevel (ideell) zusammen, so wird § 73 anwend bar. — DaS Treiben und Weidenlassen einer Schaafheerde auf offenem Gemeinde wege fällt nicht unter Nr. 9: OHG. 27. Febr. 74 (Puch. GZtg. s. EL.). 34. Eine Zuwiderhandlung gegen die Nr. 9 stellt einen „Feldfrevel" im Sinne des Pr. Ges.'s v. 31. Ian. 1845 (GS. s. 95; Ges. v. 14. Apr. 1856 Art. H: GS. s. 95 und der Pr. NStPO. § 486) dar; es ist daher nach den in den citt. Gesetzen gegebenen Vorschriften zu verfahren, wenn der Angeschuldigte einwendet, er sei zur betr. Handlung berechtigt gewesen: BII. 8. Dez. 59 c. Fessel; VII. 3. Mai 77 (RdO. XVIII, 314: Rh. Sache). Vgl. § 69 n. 6. 35. Diese Nr. 9 bildet kein Hinderniß, im Wege einer Polizei-Verord nung weiter gehende Verbote zu erlassen, und auch das Viehtreiben über nicht be stellte Aecker rc. und solche, welche nicht mit Warnungszeichen versehen sind, zu untersagen: VII. 18. Juni 57 c. Esser; vgl. EG. § 2 n. 5. Solche weiter gehende Verbote sind in Preußen sogar gesetzlich ausgesprochen und zwar im § 10 des FFP.Ges.'s, indem dieser § Denjenigen mit Strafe bedroht, welcher, abgesehen von den Fällen der Nr. 9, unbefugt über Grundstücke reitet, karrt, fährt, Vieh treibt, Holz schleift, den Pflug wendet oder über Aecker geht, deren Bestellung vorbereitet oder in Angriff genommen ist. Vgl. auch K 36 Nr. 4 ib., betr. das unbefugte Betreten von Forstkulturen.
Zu Nr. 10. 36. Auch diese Nummer setzt ein (bewußt: § 59) unbefugtes Betreten des fremden Jagdgebiets rc. vorauö; sie ist sonach unanwendbar, so oft ein Beamter in Ausübung seiner Dienstfunktion berufen ist, eine Handlung der gedachten Art vorzunehmen, z. B. wenn eine Militärperson (ein Gendarm rc.) dienstlich mit Waffen das fremde Revier betritt. Dasselbe gilt von einem Förster, welcher bei einer Dienstverrichtung (z. B. bei der Verfolgung eines Frevlers) bewaffnet ein fremdes Jagdgebiet berühren muß: Komp.-GH. 12. Juni 75 (VMbl. f. 240). Das ist aber nicht auf den Fall auszudehnen, wo ein Förster oder Jagdberechtigter auf dem Wege zu seinem Gebiete fremdes Jagdrevier betritt; sie üben dort weder eine Dienstverrichtung noch das Jagdrecht aus, müssen sonach die unentbehrliche Waffe in einem Zustande mit sich führen, welcher den Begriff der Ausrüstung (n. 40) ausschließt: ZU. 25. Okt. 55 c. Kindt; Komp.-GH. 24. Nov. 55 (JMbl. 56 s. 59). 37. DaS Verbot trifft auch den Eigenthümer deS Grundstücks, sobald die Jagdberechtigung einem Andern zusteht, oder zeitweise einem Andern eingeräumt ist, nicht aber den jagdberechtigten Eigenthümer, welcher die Jagd ruhen zu lassen ver pflichtet ist; vgl. Jagdpol.-Ges. v. 7. März 1850 § 17 Abs. 2; vgl. n. 38. 38. In Betreff dritter Personen wird da« Verbot auch dann wirksam, wenn die Jagd auf den (zu einem gemeinschaftlichen Jagdreviere vereinigten) Grund stücken gänzlich ruhen soll (Pr. Jagdpol.-Ges. v. 7. Mär; 1850 §§ 4. 10a), obgleich eS hier an einem Jagdberechtigten, welcher die Genehmigung ertheilen könnte, gänz lich fehlt; der einzelne Grundbesitzer kann dann für sein Grundstück eine solche Ge nehmigung nicht ertheilen: ZI. 17. Mär; 54 c. Radeloff. 39. Insoweit Jemand die Grenzen einer ihm ertheilten Genehmigung über schreitet, handelt er „unbefugt"; dagegen reicht die Nichterfüllung anderweitiger der Genehmigung hinzugefügter Bedingungen (z. B. die Nichtbezahlung eines dafür zu entrichtenden Preises) nicht hin, um das Strafverbot wirksam zu machen: ZII. 22. März 60 (GA. VII, 708). 40. „Zur Jagd ausgerüstet" ist, wer ein zur Ausübung der Jagd geeig netes Werkzeug (z. B. Schießgewehr, Schlinge, Windhund: Pr. StGB.: § 347 Nr. 11) in einem solchen Zustande mit sich führt, daß von demselben bei sich bie tender Gelegenheit sofort zum gedachten Zwecke Gebrauch gemacht werden kann; daher bleibt Nr. 10 ausgeschlossen, wenn der Angeschuldigte zwar mit einem Ge wehre, nicht aber mit dem dazu gehörigen Schießmateriale versehen (ZRI. 26. April 80, RdR. I, 670), oder wenn das Gewehr verpackt oder gehörig verbunden (vgl.
Thl. II. Abschn. XXIX.
Uebertretungen. — § 368 Nr. 10. 11.
859
halb des öffentlichen, zum gemeinen Gebrauche bestimm ten WegeS, wenn auch nicht jagend, doch zur Jagd ausgerüstet, betroffen wird; [I. Elltw.: § 354 Nr. 11; II. Eotw.: § 364 Nr. 10; Pr. StGB.: § 347 Nr. 11.] Vgl. Nr. 11; § 292-295. Preußen: Vgl. Jagd-Pol.-Ges. v. 7. März 1850 (GS. f. 165).
11) wer unbefugt Eier oder Junge von jagdbarem Feder wild oder von Singvögeln ausnimmt. [I. EMW.: § 354 Nr. 13; II. Eniw.: § 364 Nr. 11; Pr. StGB.: § 347 Nr. 12.] Vgl. Nr. 10: §§ 292—295. Preirßtn: Dgl. ALR. II, 16 § 57; Ges. v. 26. Febr. 1870 § 6; FFP.-Ges. § 33.
jedoch ZI. 2. Mai 66, RdO. VII, 265), nicht aber wenn es ungeladen war. Jena 77 (Boll. 25 s. 167) hält die Frage, ob Jemand zur Jagd ausgerüstet sei, für eine rein thatsächliche, in der Nichtigkeitsinstanz nie zn erörternde [?]. 41. Die Anwendbarkeit der Nr. 10 ist nicht durch die Absicht zu jagen, sondern lediglich durch das Bewußtsein bedingt, daß man, zur Jagd ausgerüstet, ohne die Genehmigung des Iagdberechtigten re. ein fremdes Jagdgebiet betrete: ZI. 2. Mai 66 (RdO. VII, 265); wer aus Irrthum über die Grenzen seines Gebiets hinausgeht, bleibt straflos; ebenso wer irriger Weise mit „Genehmigung deS Jagd« berechtigten" oder aus Grund einer „sonstigen Besugniß" zu handeln glaubt; contra: Jena 77 (eil. n. 40: Nr. 10 erfordere nur die Thatsache, daß ein fremdes Gebiet ohne jene Genehmigung:c. betreten werde). 42. Die Worte „betroffen wird" sind nicht korrekt; es genügt daS erwie sene Betreten deS fremden Reviers, sollte auch ein „Betreffen" auf demselben nicht stattgefunden haben; vgl. Motive s. 151 (:,,geht"). 43. Die Strafverfolgung ist hier nie durch einen Antrag des Verletzten (§ 292) bedingt: Dresd. 1. Nov. 71 (StZ. II, 103), Jena 77 (Boll. 25 s. 167); Reber n. 269 d; contra: Lehmann i. GA. XX, 737. 44. Trifft mit der hier vorgesehenen Uebertretung eine unberechtigte Aus übung der Jagd zusammen, so sind nach dem Grundsätze des § 73 nur die ver wirkten Strafen der §§ 292—295 zu verhängen. 44a. Eine Bestrafung auf Grund der Nr. 10 zieht die Anwendbarkeit des § 15 des Pr. Jagdpol.-Ges.'s v. 7. März 1850 nach sich, da dort unter „Jagdfreveln" nicht blos Jagdvergehen im Sinne der §§ 292, 295 zu verstehen sind; so: Jnn.MBf. 18. Sept. 1875 (BMbl. s. 247). 45. Besondere Vorschriften, welche das Mitnehmen oder Laufenlaffen von Hunden in fremden Jagdrevieren mit Strafe bedrohen, sind durch Nr. 10 sowenig, wie durch das Pr. Ges. v. 31. Okt. 1848 § 8 oder das Pr. StGB, aufgehoben; z. B. GGBdn. f. d. N.- und M.-Rhein v. 18. Aug. 1814 § 9 Nr. 3: Bll. 19. Mai 53 (RA. 48. II. 58. 60); Wormser Jagd-Vdn. v. 21. Sept. 1815 § 15; Berg. Jagdund Forst-Satzung v. 8. Mai 1761, I § 11, II. § 21, Dekl. Nr. 13 14 und Berg.Brüchten.Ordn. 2. Nov. 1802 B. Nr. 14: BH. 16. Febr. 54 (RA. 49. II. 95); daS Strasverbot der eit. Jagd- und Forst-Satzung ist nicht auf die landesherrliche „Wild bahn" beschränkt, findet vielmehr auch auf Privat-Jagden Anwendung: BII. 24. Febr. 58 c. Gladbach; contra: BKH. 7. März 52 (Volkm. s. 389). — Vgl. § 292 n. 30; § 303 n. 4; OTr. I. Civ.-Sen. 5. Sept. 54 (Entsch. 30 s. 190).
Zu Nr. 11. 46. DaS (im Pr. StGB. § 347 Nr. 12, sowie in den beiden Entwürfen zum B.-StGB. fehlende) Wort „unbefugt", ist vom Reichstage zugefügt worden mit Rücksicht auf § 6 des Pr. Ges.'s v. 26. Febr. 1870, welcher zwar daS (im eit. ALR. H, 16 § 57 ausgesprochene) Verbot des AuSnehmens der Eier von jagdbarem Federwilde für den Jagdberechtigten wiederholt und auf die Jungen dieses Wildes ausdehnt, gleichzeitig aber hinzufügt: „doch sind dieselben (die Jagdberechtigten), na mentlich die Besitzer von Fasanerien, befugt, die Eier, welche im Freien gelegt sind, in Besitz zu nehmen, um sie ausbrüten zu lassen." In Folge dieser Aenderung ist
860
Thl. II Abschn. XXIX.
Uebertretungen. - § 369 Nr. 1. 2.
§ 369. Mit Geldstrafe bis zu einhundert Mark oder mit Haft bis zu vier Wochen werden bestraft: 1) Schlosser, welche ohne obrigkeitliche Anweisung oder ohne Genehmigung des Inhabers einer Wohnung Schlüssel zu Zimmern oder Behältnissen in der letzte ren anfertigen oder Schlösser an denselben öffnen, ohne Genehmigung hes Hausbesitzers oder seines Stellver treters einen Hausschlüssel anfertigen, oder ohne Er laubniß der Polizeibehörde Nachschlüssel oder Dietriche verabfolgen; 2) Gewerbtreibende, bei denen zum Gebrauche in ihrem Gewerbe geeignete, mit dem gesetzlichen Eichungsstempel jetzt in Betreff der Iagdberechtigten das Ausnehmen der Eier oder Jungen von jagdbarem Federwild nur insofern strafbar, als dasselbe von ihrer Berechtigung aus drücklich ausgeschloffen ist; dazu genügt bei Iagdpächtern eine Klausel des Iagdver» tragS. Der Grundeigenthümer als solcher hat keine Befugniß zur betr. Handlung. 47. Der Nichtjagdberechtigte, welcher Junge von jagdbarem Federwilde ausnimmt, „übt unbefugt die Jagd aus" (§ 292); gleichwohl werden hier die §§ 292ff. durch die konkretere und mildere Nr. 11 ausgeschlossen; vgl. § 73 n. 6. 48. DaS Ausnehmen der Eier rc. der (nicht jagdbaren) Singvögel ist unbe dingt strafbar; vgl. Rüd. n. 6. 49. Von einem „Au-nehmen" der Jungen kann nur so lange die Rede sein, als sie sich noch im Neste befinden. 50. In Betreff des unbefugten Fangens nicht jagdbarer Vögel, des Zer störens der Vogelnester rc. vgl. Pr. FFP.-Ges. § 33.
§ 369.
Zu Nr. 1. 1. Auf andere Gewerbetreibende als Schlosser, z. B. auf Schmiede, Mechaniker rc., ist die Vorschrift nicht auszudehnen. 2. Zur Anfertigung eines Hausschlüssels genügt nicht die Genehmigung des Inhabers eines Einzelraumes, z. B. die eines Theil-MietherS; der Besitzer des ganzen Hauses hat zu bestimmen, ob der Theil-Miether in den Besitz eines Haus schlüssels gelangen, sowie ob ein verlorener Hausschlüssel durch einen neuen ersetzt werden soll, oder ob die Veränderung des Schlosses nothwendig ist. 3. Diese, die Hausschlüssel betreffende Bestimmung ist auf Hauptschlüssel auszudehnen, sobald ein solcher auch das Schloß der Hausthüre schließt. 4. DaS Verbot trifft auch da zu, wo für einen Miether ein Hauptschlüffel angefertigt werden soll, welcher, außer den Schlössern seines Quartiers, auch die anderer Gelasse in demselben Gebäude schließt.
Zn Nr. 2. 5. Die B.-Maß- und GewichtS-Ordn. v. 17. Aug. 1868 ist durch BGes. v. 16. Apr. 1871 § 2 zum Reichsgesetze erhoben und durch RGes. v. 26. Nov. 1871 (mit Ausnahme der Artt. 15—20) auch in Baiern eingeführt, wo im Uebrigen die Art. 11. 12 des bairischen Ges.'S v. 29. Apr. 1869 (mit einer Maßgabe) in Kraft bleiben. Ihre Wirksamkeit hat mit dem 1. Ian. 1872 begonnen. Sonach dürfen jetzt im öffentlichen Verkehr zum Zuwägen und Zumeffen nur in Gemäßheit dieser B.- Ordnung von einer deutschen Eichungöstelle gestempelte Maße, Gewichte und Waagen angewendet werden, 1. c. Art. 10. Nur die in Baiern noch bestehenden Feldmaße konnten bis zum 1. Jan. 1878 noch in Geltung bleiben: cit. Ges. v. 26. Nov. 1871 § 2. Außerdem gestattet daS Ergänz.»Ges. v. 10. März 1870 dem Bundesrathe, zu bestimmen, daß Maße, Gewichte und Meßwerkzeuge, geeicht rc. von der Eichungsstelle eines nicht zum Norddeutschen Bunde gehörenden deutschen Staates,
Thl. II. Abschn. XXIX.
Uebertretungen. — § 369 Nr. 2.
861
nicht versehene oder unrichtige Maße, Gewichte oder Waqgen vorgefunden werden, oder welche sich einer dessen Maß- re. Wesen in Uebereinstimmung mit dem des Bundes geordnet ist, im Bundesgebiete im öffentlichen Verkehr angewendet werden dürfen. 6. In Gemäßheit des Art. 18 der B.-Maß rc. -Ordn. v. 17. Aug. 1868 ist eine Normal-EichungSkommission in Berlin bestellt worden, deren Aufgabe und Befugnisse in den Abss. 2. 3 des cit. Art. 18 näher angegeben sind. Sie hat zunächst am 16. Juli 1869 eine „Eichordnung" (BGbl. 1869 Beil, zu Nr. 32), sowie Nachträge zu derselben unter dem 30. Juni 1870, 6. Mai 1871, 31. Ian. 1872, 25. Juni 1872 und 28. Juni 1873 (RGbl. 70 Beil, zu Nr. 29, 71 Beil, zu Nr. 23, 72 Beil, zu Nr. 12 u. Beil. z. Nr. 26 s. VI, RCentralbl. 1873 s. 215), ferner eine Gebührentaxe v. 12. Dez. 1869 mit Nachträgen v. 30. Juni 1870 und 6. Mai 1871 (RGbl. 69 Beil. u. Nr. 40, 70 und 71 11. cc.), demnächst in Betreff der Herstellung der einzelnen Maaß- und Waage-Borrichtungen und der statthaften Abweichungen von den Normalmaßen eine Instruktion am 10. Dez. 1869 und end lich eine Reihe von Zusätzen, Anweisungen, Vorschriften rc. erlassen, vgl. Bekanntm. v. 23. Febr. 1870 (BGbl. Beil, zu Nr. 29) u. v. 15. Febr. 1871 (RGbl. Beil, zu Nr. 11); Anweis. v. 6. Mai 1871 (RGbl. Beil, zu Nr. 23), v. 31. Ian., 19. März u. 25. Juni 1872 (RGbl. Beil, zu Nr. 12, 26); Zuss. z. Instr. v. 10. Dez. 1869 v. 30. Juni 1873 (REentralbl. s. 218). — Bestimmungen der Eichordnung, welche die Befugnisse jener Kommission überschreiten, sind ungültig und daher nicht geeignet, den ihnen gemäß Handelnden vor der Strafe der Nr. 2 zu schützen: BII. 21. Juni 77 (RdO. XVIII, 453: speziell in Betreff der §§ 89. 91 1. c.). 7. Als nicht geeichtes Maß ist eine Elle auch dann zu betrachten, wenn sie, außer der gehörig geeichten Längenangabe des gesetzlichen Maßes, ein die Länge eines ^fremden Maßes bezeichnendes Merkzeichen enthält; letzteres stellt dann für sich ein der Eichung ermangelndes besonderes Maß dar. 8. Zu den der Eichung bedürfenden Meßwerkzeugen gehören auch Gasmesser und die zur Ermittelung des Alkoholgehalts weingeistiger Flüssigkeiten dienenden Alkoholometer u. Thermometer; ebenso Weinfässer: B. rc. -Ordn. v. 17. Aug. 1868 Artt. 11—13, nicht aber andere Fässer: Münch. 28. L>ept. 72 (StZ. II, 134). Vgl. n. 13. 22. 25. 9. Insoweit die BundeS-Ordn. v. 17. August 1868 nicht neue Vorschriften ge troffen hat, sind die landesgesetzlichen Bestimmungen (;. B. die der Pr. Maßrc. Ordn. v. 16. Mai 1816 rc.) in Kraft verblieben; vgl. n. 27. 10. Der erste Satz der Nr. 2 will der Vorschrift des Art. 10 der cit. B.Ordn. den strafrechtlichen Nachdruck gewähren. Dieser Art. 10 lautet: „Zum Zumessen und Zuwägen im öffentlichen Verkehre dürfen nur in Gemäßheit dieser Maß- und Gewichtsordnung gehörig gestempelte Maße, Gewichte und Waagen angewendet werden. Der Gebrauch unrichtiger Maße, Gewichte und Waagen ist untersagt, auch wenn dieselben im Uebrigen den Bestimmungen dieser Maß- und Gewichtsordnung entsprechen. Die näheren Bestimmungen über die äußer sten Grenzen der im öffentlichen Verkehr noch zu duldenden Abweichungen von der absoluten Richtigkeit erfolgen nach Vernehmung der in Art. 18 [n. 2] bezeichneten technischen Behörde durch den BundeSrath." Obgleich hier zwischen Maßen und Gewichten einer- und Waagen andererseits nicht unterschieden wird, ließ die Nr. 2 h. 1. nach ihrer ursprünglichen Fassung den Waagen dennoch eine abweichende Behandlung insofern zu Theil werden, als die durch die Worte „ein zum Gebrauche in ihrem Gewerbe geeignetes" ausgedrückte Bedingung der Strafbarkeit nur für Maße re., nicht auch für Waagen aufgestellt, außerdem aber das Kriterium der Strafbarkeit bei Maßen und Gewichten in den Mangel des gesetzlichen Stempels, bei Waagen in deren Unrichtigkeit gesetzt war. Die Novelle hat dies dahin geändert, daß nunmehr auch Nr. 2 nicht mehr zwischen Maßen re. und Waagen unterscheidet, daß vielmehr jene ersterwähnte Bedingung der Strafbarkeit jetzt bezüglich der Waagen gleichfalls gilt, und daß der Besitz ungestempelter Waagen ebensowohl wie derjenige ungestempelter Maße re., der Besitz unrichtiger Maße rc. ebenso wie derjenige unrichtiger Waagen unter die Nr. 2 fällt: Mot. s. 59.
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Thl. n. Abschn. XXIX.
Uebntretungen. — § 369 Nr. 2.
anderen Verletzung der Vorschriften über die Maßund Gewichtspolizei schuldig machen; [I. Entw.: § 355 Nr. 2; II. Entw.: § 365 Nr. 2; Nov. v. 26. Febr. 1876 Art. I; Pr. StGB.: § 348 Nr. 2.) Bgl. §§ 40. 42; B.-Maß- u. GewichtS-Ordn. v. 17. Aug. 1868; Ergänz.-Gess. v. 10. März 1870 u. 7. Dez. 1873; Vertr. mit Baiern v. 23. Nov. 1870 Art. 79 I Nr. 11; Ges. v. 16. Apr. 1871 § 2; Bekanntm. des B.-Kanzlcr-AmtS v. 6. Dez. 1869 (BGbl. s. 698: betr. b. äußersten Grenzen der statth. Abweichungen); Bekanntm. deös. v. 16. Aug. 1871: betr. d. statth. Abweichungen bei Brenn-Mat.-Maßen u. Hökerwaagen (RGbl. s. 328); R.-Ges. v. 26. Nov. 1871 (betr. Einführung der Maß- rc. Ordn, in Baiern). Preußen: Maß. u. Gewichts-Ordn. v. 16. Mai 1816 (GS. s. 141); Vdn. v. 13. Mai 1840 (GS. s. 127); Ges. v. 24. Mai 1853 (GS. s. 589). 11. Demgemäß gilt die Nr. 2 nur für „Gewerbtr eibende" (bezw. für ihren öffentlichen Verkehr), also weder für Privatpersonen noch für Beamte. Zu ersteren (Den Gewerbtreibenden) gehören auch Gast- und Schenkwirthe, sowie Penstonshalter, deren Geschäftsbetrieb die Merkmale einer Gast- und Schenkwirthschaft nach § 2 der Bayer. WirthschaftSordnung v. 25. April 1868 an sich trägt: Münch. 15. Febr. 76 (BEntsch. VI, 64). 12. Sodann ergiebt sich aus dem cit. Art. 10 (n. 10), daß auch in der Nr. 2 als ,,ein zum Gebrauche im betr. Gewerbe geeignetes Maß rc." nur ein solches angesehen werden darf, welches zu dem in Ausübung jenes Gewerbes statt findenden Zumessen oder Zuwägen geeignet ist: eS genügt nicht, wenn der Ge werbetreibende sich des Maßes rc. nicht zu dem seinem Gewerbe entsprechenden Zu messen eines Gegenstandes an Abnehmer, sondern lediglich bei der Anfertigung der demnächst in Bausch und Bogen zu verkaufenden Waaren bedienen konnte (z. B. ein Tischler): ZU. 17. Mai 73, VII. 31. Okt. 78 (RdO. XIV, 370; XIX, 496); vgl. HMVf. v. 18. Febr. 1860, IMDf. v. 25. Febr. 1860; wohl aber gehört dahin in einer Fabrik der Gebrauch beim Zuwägen der anzukaufenden Rohmaterialien: cit. BII. 31. Okt. 78. — Ist daS Maß rc. „zum Gebrauche im Gewerbe des betr. Ge werbetreibenden geeignet", so kommt nichts darauf an, ob der letztere sich eines solchen Werkzeugs zu bedienen pflegt: VII. 9. März 54 c. Mühlenbruch. 13. Endlich folgt aus der Beziehung des cit. Art. 10 zu Nr. 2 h. 1., noch unzweideutiger aber aus den Motiven zur Nov. (n. 22. 25), daß Nr. 2 unter „Maßen rc " die in den Artt. 11—13 der BundeS-Ordn. erwähnten Meßwerkzeuge (n. 8) nicht mit begreift, daß daher auf letztere der erste Satz der Nr. 2 keine An wendung findet; contra: MeveS s. 312. 14. In Betreff der äußersten Grenzen der im öffentlichen Verkehr zu dulden den Abweichungen von der absoluten Richtigkeit (n. 10) vgl. die Bekanntm. deö BKanzlers v. 6. Dez. 1869 u. 16. Aug. 1871. 15. Unter einem „unrichtigen" Maße rc. ist nur ein solches Maß rc. zu verstehen, welches das, waS eS seiner Bezeichnung nach angeben soll, nicht richtig angiebt, nicht also auch ein Maß rc., welches zwar dem Gehalt nach richtig ist, aber nicht die vorschriftsmäßige Form besitzt: ZU 7. Ian. 75 (RdO. XVI, 33); vgl. unten n. 23. Unrichtig ist daher z. B. eine Waage, wenn sie nach ihrer Nalnr und Beschaffenheit (objektiv) daö Gewicht nicht richtig und zuverlässig anzeigt, mag dieser Mangel aus einem Fehler des Waagebalkens, auf der Ungleichheit der Schalen, oder auf einem sonstigen Grunde beruhen, z. B. wenn der einen Schale ein verborgenes Nebengewicht angehängt ist. Ist die Waage unrichtig, so wird ihr Besitz nicht da durch straflos, daß der Gewerbtreibende bei ihrem Gebrauche die Ungleichheit durch ein Anhängsel auszugleichen pflegt: V. 21. März 74, VI. 15. Juli 74 (RdO. XV, 177. 509). — Woher die Ungleichheit rührt, ist gleichgültig. Demgemäß gehört auch der Fall hierhin, wo ein Maß rc. erst durch den Gebrauch unrichtig geworden ist; vgl. Pr. Maß- rc. Ordn. v. 16. Mai 1816, VII. 14. Nov. 67 (RdO. VIII, 674). 16. Der Thatbestand ist erfüllt, wenn „bei einem Gewerbtreibenden" ein Maß rc. der gedachten Art „vorgefunden wird". Nr. 2 geht daher noch über das Ver bot des mehr cit. Art. 10 hinaus, da dieses nicht schon den Besitz, sondern nur die
Thl. n. Abschn. XXIX.
Uebertretuugen. — § 369 Nr. 2
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Anwendung, bezw. den Gebrauch trifft. Der Grund hierfür ist wohl weniger prä ventiver Natur, als vielmehr darin zu suchen, daß aus dem (leicht nachweisbaren) Besitze auf den (schwer nachweisbaren) Gebrauch geschloffen wird, daß also in dem Besitze der vermuthete Gebrauch bestraft werden soll. Hieraus ist jedoch nicht zu folgern, daß der Beweis des Nichtgebrauchs die Strafbarkeit des Besitzes ausschließe. 17. Daß das betreffende Maß rc. sich in den dem gewerblichen Geschäftsbe triebe bestimmten Räumen befunden habe, ist nicht erforderlich; es genügt, wenn es sich in den mit jenen ein zusammenhängendes Ganze bildenden Wohnräumen vor fand (contra: ZII. 8. Apr. 73, RdO. XIV, 267: erforderte ein „Vorsinden im öffentlichen Verkehr"), nicht aber, wenn diese Wohnräume von dem Geschästslokale vollständig getrennt sind. 18. Da das „Vorfinden bei dem Gewerbtreibenden" genügt (n. 15\ so kommt eS auf den guten oder schlechten Glauben des letzteren nicht an; § 59, welcher die „Begehung einer strafbaren Handlung" voraussetzt, bleibt sonach hier ausgeschlossen: Münch. 3. Dez. 72 (StZ. II, 133). Vgl. jedoch Weingardt t. SGZ. 23 s. 173. 19. Dem Erfordernisse des „Vorfindens bei .. rc." ist genügt, wenn irgend wie dargethan wird, daß ein solches Maß rc. in den (n. 17 erwähnten) Räumen sich befunden habe; daß jenes „Borfinden" amtlich konstatirt worden set, ist nicht erforderlich. BII. 19 März 57 c. Krempel; Münch. 3. Dez. 72 (ctt. n. 18). 20. Der Schlußsatz der Nr. 2 bedroht den Gewerbtreibenden, welcher sich einer andern Verletzung der Vorschriften über die Maß- und Gewichtspolizei schuldig macht", mit derselben Strafe. Das gilt von allen Zuwiderhandlungen gegen Art. 10 der B.- rc. Ordn. in. 10), also vor Allem von dem Gebrauche emeS nicht gestempelten oder unrichtigen Maße« rc. im öffentlichen Verkehr: Münch. 28. Sept. 72 (StZ. II, 134); Mot. zur Nov., s. 60. Doch kann nicht neben dem Besitze der Gebrauch noch besonders bestraft werden; vgl. n. 16. Konkurrirt mit dem Gebrauche eines unrichtigen Maßes rc. ideell ein (vollendeter oder versuchter) Betrug, so wird § 73 anwendbar. 21. Der Schlußsatz der Nr. 2 trifft ferner zn im Falle des Nicht besitze S gestempelter, richtiger Maße rc., sofern deren Besitz durch gültige landesgesetzliche Polizeivorschriften geboten ist (vgl. Art. 21 der mehrcit. B.-Ordn., wonach die Lan desregierungen alle Anordnungen zu treffen haben, welche, außer den nach Art. 18 vorbehaltenen Vorschriften svgl. n. 23], zur Sicherheit der Ein- bezw. Durchführung der Bestimmungen der B.-Ordn. erforderlich find): Münch. 26. April 75, 23. Sept. 76 (BEntsch. V, 168; VI, 471). 22. Dasselbe gilt von dem Gebrauche ungestempelter Meßwerkzeuge im Sinne der Artt. 11 — 13 der B -Ordn. (n. 8, 13): Mot. s. 60. — Dagegen ist der bloße Besitz solcher Meßwerkzeuge sowie der Gebrauch gestempelter, aber unrich tiger Werkzeuge dieser Art nicht strafbar aus dem Schlußiatze der Nr. 2. contra (in Betreff des letzteren Punkts): HMCtrk. v. 13. Mai 1876 (VMbl. s. 135); vgl. Meve« f. 312. 23. Ferner sind strafbar aus dem Schlußsätze der Nr. 2 die Zuwiderhand lungen gegen eine von der Normal-Eichungs-Kommission aus Grund des Art. 18 Abs. 3 der B.- rc. Ordn, zuständiger Weise erlassene Anordnung in Betreff der Einrichtung rc. der Maße rc. und ihrer Statthaftigkeit: ZII 8. Apr. 73 (RdO. XIV, 267: betr. die Unstatthaftigkeit eines gehörig gestempelten Drei-Pfund-Gewichts; dem steht Art. 20 der B.- rc. Ordn, nicht entgegen, er bringt nur zum Ausdruck, daß die Beglaubigung einet Eichungsstelle im Bundesgebiet für daS ganze Bundesgebiet Geltung hat); contra: ZII. 7. Jan. 75 (RdO- XVI, 33; betraf ein gestempeltes Gewichtstück, deffen Form den Vorschriften jener Kommission, — vgl. EichungS-Ordn. v. 16. Ium 1869 § 25 — nicht entsprach: daS Verfahren des Be schuldigten sei durch die Handlung des Eichmeisters gedeckt; die Handhabung der Eichordnung liege zunächst den Eichungsbehörden ob; ein Gewerbtreibender mache sich nur insoweit einer Verletzung ihrer Vorschriften schuldig, als die Eichordnung selbst Bestimmungen enthalte, für deren Beachtung — vgl. z. B. §§ 89, 90 — die Gewerbtreibenden verantwortlich gemacht würden). Demgemäß verfallen Apotheker, in deren Offizinen, entgegen der Bekanntm. jener Kommission v. 17. Ium 1875, andere Waagen als Präzisionswaagen vorhanden sind, der Strafe der Nr. 2: HMBf. v. 31. Juli 1875 (VMbl. (. 181).
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Thl. II. Abschn. XXIX Übertretungen. — § 369 Nr. 2. 3. § 370 Nr. 1.
3) Gewerbtreibende, welche in Feuer arbeiten, wenn sie die Vorschriften nicht befolgen, welche von der Polizei behörde wegen Anlegung und Verwahrung ihrer Feuer stätten, sowie wegen der Art und der Zeit, sich deS Feuers zu bedienen, erlassen sind. Im Falle der Nr. 2 ist neben der Geldstrafe oder der Haft auf die Einziehung der vorschriftswidrigen Maße, Ge wichte, Waagen oder sonstigen Meßwerkzeuge zu erkennen. [I. Entw.; § 355; II. Emw.: § 356; StG«.: § 348.]
— Nov. v. 26. gebt. 1876 Art. I. — Pr.
§ 370. Mit Geldstrafe bis zu einhundertundfunfzig Mark oder mit Hast wird bestraft: 1) wer unbefugt ein fremdes Grundstück, einen öffentlichen 24. Bei den unter n. 20—23 erwähnten Zuwiderhandlungen findet § 59 An wendung; vgl. n. 18. 25. Mit Rücksicht auf die veränderte Fassung der Nr. 2 mußte auch der ur sprünglich nur von der „Einziehung" des ungeeichten Maßes und Gewichts sowie der unrichtigen Wage sprechende Abs. 2 des § einer Aenderung unterliegen. Außer dem hat aber die Novelle diesem Abs. 2, welcher jenen Worten zufolge sich nur auf die Fälle des ersten Satzes der Nr. 2 bezog, eine erweiterte Bedeutung insofern bei gelegt, als er nach seiner gegenwärtigen Fassung die Fälle des Schlußsatzes der Nr. 2 (n. 20—23) mit umfaßt; dem entsprechend wurden unter den der Einziehung unterliegenden Gegenständen neben den Maßen rc. „sonstige Meßwerkzeuge" (n. 22) mitaufgesührt: Mot. s. 60.
26. Neben der Geldstrafe oder der Haft ist obligatorisch aus die „Ein ziehung" zu erkennen; dabei wird aber vorausgesetzt, daß die betreffenden Stücke dem Angeschuldigten gehören: arg. § 40 und §§ 295. 360. 367, welche daS Gegentherl ausdrücklich vorschreiben. Die Einziehung muß selbst dann ausgesprochen wer den, wenn die Eichung rc. im Laufe des Untersuchungsverfahrens nachgeholt worden ist: BI. 4. Dez. 57 (JMbl. 1858 s. 60). 27. Die Vorschrift der Pr. Vdn. v. 13. Mai 1840 § 1, nach welcher in allen Fällen, wo etwas nach Maß oder Gewicht verkauft wird, die im Jnlande erfolgende Ueberlieferung nur nach (inländischem) gehörig gestempeltem Maße oder Gewichte geschehen darf, bei Vermeidung einer Geldstrafe von Einem bis zu fünf Thalern, sowie der Einziehung der ungestempelten Maße rc." — ist für Nichtgewerbtreibende (n. 11) weder durch § 348 Nr. 2 deS Pr. noch durch § 369 Nr. 2 der DStGB.'s außer Kraft gesetzt worden: BI. 15. April 59 iJMbl. s. 179). Jene Vor schrift ist aber aus den Gebrauch ungestempelter Waagen durch Nichtgewerbtreibende nicht anzuwenden, obgleich § 1 des Ges.'S v. 24. Mai 1853 die Verbotbestimmung der cit. Vdn. 13. Mai 1840 § 1 aus solche Waagen ausdehnte, weil die Straf androhung des cit. Ges.'S (§ 10) die Gewerbtreibendeu hervorhebt, und somit die Straflosigkeit der Nichtgewerbtreibenden anerkennt: ZU. 27. Mai 58 (GA. VI, 557).
Zu Nr. 3. 28. In Betreff der hier vorausgesetzten „Vorschriften der Polizeibehörde" vgl. Abschn. 29 (s. 794) n. 41. Dagegen zählt Meves s. 314 auch spezielle, an den einzelnen Gewerbtreibenden gerichtete Vorschriften hierher.
§ 370. Zu Nr. 1. 1. Im Gegensatze zu Nr. 2 sieht Nr. 1 die bewußter Weise unbefugte Zu eignung eitles fremden Grundstücks (Weges) vor, welche durch eine (nicht unter § 274 Nr. 2 fallende) Grenzverrückung in der Weise bewirkt wird, daß die zuge-
Thl. II. Abschn. XXIX.
Uebertrelnngen. — K 370 Nr. 1. 2.
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oder Privatweg oder einen Grenzrain durch Abgraben oder Abpflügen verringert; II. Entw.: § 356 Nr. 1; II. Entw.: § 366 Nr. 1; Pr. StGB.: § 349 Nr. l.J § 274 Nr. 2.
Vgl.
2) wer unbefugt von öffentlichen oder Privatwcgen Erde, Steine oder Rasen oder aus Grundstücken, welche einem Anderen gehören, Erde, Lehm, Sand, Grand oder Mergel gräbt, Plaggen oder Bülten haut, Rasen, Steine, Mineralien, zu deren Gewinnung es einer Vereignete Bodenfläche nicht die Eigenschaft einer unbeweglichen Sache verliert: Münch. 3. Okt. u. 2. Nov. 74 (BEntsch. IV, 416. 508). Auch das Bett eines fremden (z. B. im Eigenthum des Staates stehenden) Flusses rc. gehört hierher: VII. 23. Sept. 58 c. Schwenk. 2. Das bloße Verderb en eines Weges fällt nicht unter Nr. 1; vgl. in die ser Hinsicht Art. 40 Tit. 2 des franz, rc. Rur-Ges.'s v. 28. Sept. 1791, Pr. FFP.Ges. § 30 Nr. 3. 4 und oben § 303 n. 15. 3. Ebensowenig trifft die Strafvorschrift zu, wenn Jemand einem über sein Grundstück führenden Privatwege eigenmächtig eine andere Richtung giebt: ZI. 5. Juni 61 (RdO. I, 435). 4. Behauptet der Angeschuldigte, daß die angeblich abgebaute Fläche sein Eigen thum sei, so ist nach den allgemeinen Grundsätzen und etwaigen landesgesetzlichen Bestimmungen zu verfahren. Gemäß ZU. 14. Nov. 61 (RdO. II, 65) kommt tu Preußen alsdann das Ges. v. 31. Jan. 1845 sPr. NStPO. § 486] zur Anwendung, da eine Uebertretung der hier fraglichen Art unter den allgemeinen Begriff von Feld freveln falle (n. 9a), sollte es sich auch um die Verringerung eines Gemeindewegs handeln; vgl. § 69 n. 6. Dem stehen für das Gebiet des Rh. Rechts ältere fran zösische Gesetze und § 2 Nr. 2 des Ressort-Regl.'s v. 20. Juli 1818 nicht entgegen; sie legen den Regierungen die Befugniß bei, die bestehenden Gemeinde- und Vicinalwege (zu welchen übrigens bloße Fußsteige, Feld- und Knlturwege, Viehtriften, Wasserläufe nicht gehören: Oppenhoff Ressortges. s. 223) zu deklariren, ihre Richtung sowie Breiet zu bestimmen und zwar mit der Wirkung, daß derjenige, welcher durch diese Dekla ration rc. in seinen Eigenthumsrechten gekränkt zu sein behauptet, den Rechtsweg nur behnsS Erlangung einer Entschädigung beschreiten kann. Hieraus folgt allerdings, daß, wer der Verringerung eines für vicinal erklärten Wegs beschuldigt ist, die Eigen thumseinrede vor Gericht nicht vorschützen kann. Dagegen ist, wenn eine solche De klaration noch nicht ergangen war, die richterliche Zuständigkeit, waS die strasrechtliche Seite der Sache betrifft, unbeschränkt; vgl. cit. ZU. 14. Nov. 61, VKH. 4. April 42 (RA. 33. II. 32); SN. 6 I. 47; Sir. 36.1. 150; Oppenhoff Ressortges. s. 226; contra: VKH. 21. Mai 49, 11. Nov. 51, ZKH. 25. Jan. 51 (RA. 45. II. 8; 46. II. 95. 21); VII. 13. Nov. 55 c. Schurz; DII. 9. Dez. 58 c. Wilms; BII. 27. Okt. 59 c. Meunier. Ebenso steht den Gerichten die Prüfung zu, ob ein von der Regierung für „öffentlich" erklärter Weg mit dem den Gegenstand der Beschuldigung bildenden identisch sei; die hierüber ergehende (thatsächliche) Entscheidung kann nicht im Wege des Kassativusrekurses (bzw. der Revision) angefochten werden: ZU. 4. Juli 67 (RdO. VIII, 445). — Vgl. jetzt, bezüglich der Befugniß der Regierungen, für Geradelegung oder Erweiterung öffentlicher Wege rc. die Zulässigkeit der Enteignung auSzufprechen, Pr. Ges. v. 11. Juni 1874 § 3.
Au Nr. 2. 5. Vorausgesetzt wird eine „unbefugte Wegnahme" in der Absicht rechts widriger Zueignung: ZI. 9. Sept. 63, 16. Okt. 78 (RdO. IV, 25; XIX, 467). Daher genügt nicht die Feststellung, daß die (behauptete) Befugniß, bezw. Gerecht same (n. 9a) nicht nachgewiesen, noch daß die Erde rc. abgesührt (statt: „gegraben, bezw. weggenommen") sei: Münch. 27. Okt. 76 (BEntsch. VI, 503). 6. Objekt dieser Uebertretung können nur solche Gegenstände sein, welche zur Zeit einen Best and theil deS Grundstücks (Wegs rc.) bildeu und nicht eine für sich bestehende bewegliche Sache sind (deshalb: aus Grundstücken"). Es gehören soOppenhoff, D. Strafgesetzbuch. b. Wu»g. 55
866
Thl. II. Abschn. XXIX.
Uebenretungen. — § 370 Nr. 2. 3.
leihung, einer Konzession oder einer Erlaubniß der Be hörde nicht bedarf, oder ähnliche Gegenstände wegnimmt; II. Entw.: § 356 Nr. 2; II. Entw.: § 366 Nr. 2; Pr. StGB.: § 349 Nr. 2.) Preußen: Vgl. Ges. betr. die unbef. Gewinnung rc. von Mineralien v. 26. März 1856; Ges. betr. die und. Aneignung v. Bernstein v. 22. Febr. 1867.
3) wer von einem zum Dienststande gehörenden Unter offizier oder Gemeinen des Heeres oder der Marine ohne die schriftliche Erlaubniß des vorgesetzten Kom mandeurs Montirungs- oder Armaturstücke kauft oder zum Pfande nimmt; [I. Entw.: § 356 Nr. 4; II. Entw.: S 366 Nr. 4; Pr. StGB.: § 349 Nr. 4.]
mit der Koth auf den Straßen oder in den Chausseegräben hierher; ebenso der auf fremden Aeckern ausgebreitete Dünger, insofern die Wegnahme desselben nicht durch eine in Kraft befindliche feldpolizeiliche Vorschrift (z. B. Pr. FFP.-Ges. § 25) mit Strafe bedroht ist; vgl. § 242 n. 11. 57; contra: Schw. s. 823. 7. Dagegen findet die Nr. 2 keine Anwendung auf den ausgefahrenen noch in Haufen stehenden Dünger und auf die zur Auöbefferung einer Landstraße an gefahrenen dort aufgeschichteten Steine; so lange sie nicht ausgebreitet und so zu einem Bestandtheile des Grundstücks selbst gemacht sind, ist ihre Wegnahme rc. Dieb stahl: vgl. § 242 n. 57, Stuttg. 31. Mai 76 (WGbl. XI, 398). 8. Ebenso scheidet die Nr. 2 aus, wenn einer der unter n. 7 erwähnten Ge genstände durch einen Anderen, zumal durch den Berechtigten oder mit seiner Zustimmung, aufgesammelt oder in anderer Weise als selbstständige bewegliche Sache in Besitz genommen ist; der Dritte, welcher mit Kenntniß von dieser Thatsache einen solchen Gegenstand in der Absicht rechtswidriger Zueignung wegnimmt, begeht einen Diebstahl: ZI. 31. Mai 67, VI. 26. Febr. 68, ZI. 16. Oft. 68, BI. 10. März 75 (RdO. VIII, 357; IX, 152. 560; XVI, 698); ebenso: ZI. 4. Dez. 61, ZU. 12. Dez. 61 (RdO. II, 116. 147: gestochenen Tors betr ); vgl. n. 11; § 242 n. 12. 9. Die Nr. 2 bleibt auch da außer Anwendung, wo eS sich lediglich um ein Produkt der Vegetation handelt, z. B. um ausstehende Heide, das auf einem Wege wachsende GraS, Blumen re.; hier können die besonderen Feldpolizeigesetze maßgebend sein; vgl. Pr. FFP.-Ges. § 24; Dresd. 3. Aug. 74 (SGZ. XIX, 49); contra: Oldenb. 18. Jan. 59 u. Präj. Oldenb. (Old. Arch. VI, 127; IX, 53). In Betreff deS Torfs vgl. jedoch n. 11. 9a. Die hier vorgesehene, unbefugte'Wegnahme von Erde rc. ist im Sinne der Pr. Gesetzgebung ein Feldfrevel; schützt daher der Angeklagte eine Civilberechtigungs-Einrede vor, so wird daS Ges. v. 31. Jan. 1845 (Ges. v. 14. April 1856 Art. II.) anwendbar: DI. 28. Okt. 75 (RdO. XVI, 703). In Bayern hat dagegen über eine solche Einrede der Strafrichter selbst zu entscheiden: Münch. 27. Okt. 76 (eit. n. 5). Vgl. § 69 n. 6. 10. In Betreff der „Mineralien", zu deren Gewinnung eS einer Ver leihung rc. bedarf, ist für Preußen das (in den neuen Provinzen durch Vdn. v. 22. Febr., 12. März, 6. u. 8. Mai, 1. Juni 1867 eingeführte) Gef. v. 26. März 1856 (vgl. Oppenh. z. Pr. Berggef. v. 24. Juni 1865 n. 1947) und in Betreff des Bernsteins das Gesetz v. 22. Febr. 1867 maßgebend. — Wo das Bergbaurecht auf Steinkohlen ein Ausfluß des Grundeigenthums ist, — vgl. z. B. Sächf. Berggef. v. 16. Juni 1868 § 4, — fällt die unbefugte Wegnahme unabgebauter Steinkohlen unter die Nr. 2, da Steinkohlen entweder als Mineralien oder doch als „ähnliche Gegen stände" im Sinne der Nr. 2 zu erachten sind: Dreßd. 29. Aug. 79 (SGZ. 23 f. 318). 11. Zu den am Ende der Nr. erwähnten „ähnlichen Gegenständen" ge hört auch (ungestochener) Torf; vgl. n. 8, § 242 n. 55, ZI. 16. Okt. 78 (cit. n. 5); desgleichen Eis aus Privatwässern, sofern dasselbe noch nicht gewonnen und an’6 Ufer gebracht ist; so: WGbl. XIII, 121; vgl. § 242 n. 3.
Zu Nr. 3. 12. Diese Strafvorschrift wird dadurch nicht unanwendbar, daß die angekausten rc. Gegenstände dem Verkäufer eigenthümlich gehören.
Thl. II. Abschn. XXIX.
Uebertreumgen. - § 370 Nr. 4. 5.
867
4) wer unberechtigt fischt oder krebst; [I. Entw.: § 354 Nr. 12; II. Entw.: § 292; — Nvv. v. 26. Febr. 1876 Art. I. Pr. StGB.: § 273.] Bgl. 6§ 296. 296a. Preußen: Dgl. Fischerei-Ges. v. 30. Mai 1874 und die zu £ 296 citt. Gesetze.
5) wer Nahrungs- oder Genußmittel von unbedeutendem Werthe oder in geringer Menge zum alsbaldigen Ver brauche entwendet. Zu Nr. 4. 13. Bgl. die Bemerkungen zu §§ 296. 296a. Hiernach erfüllt das unberech tigte Herausnehmen von Perlmuscheln bzw. von Perlmnschelthieren aus einem Bache den Thatbestand der Nr. 4 nicht; contra: Münch. 12. Febr. 75, 6. Juli 77 (StZ. V, 187: BEntsch. VII, 281). 14. Die Strafverfolgung fand früher nur auf den Antrag des Verletzten statt. Dies hat die Novelle durch Löschung der Nr. 4 im Schlußsätze geändert. 15. Eine Einziehung der Fischereigeräthschaften greift hier nicht Platz, da 8 40 auf Uebertretungen keine Anwendung findet. 16. Anderweitige fischereipolizeiliche Vorschriften und die darauf bezüg lichen Strafbestimmungen (auch solche, welche eine Einziehung vorschreiben) sind durch die Nr. 4 nicht aufgehoben; vgl. EG. § 2 Abs. 2 und das Pr. Fischerei-Ges. v. 30. Mai 1874 §§ 49—52.
Zu Nr. 5. 17. Zweck der Nr. 5 ist, den s. g. Mundraub, d. h. die durch ein äugenblicklicheS Bedürfniß oder Gelüste hervorgernfenen geringfügigen Diebstähle milder zu bestrafen: Mot. s. 151. „Entwendung" ist sonach gleichbedeutend mit „Diebstahl", der vollständige Thatbestand eines solchen wird vorausgesetzt. Somit findet die Nr. 5 aus Unterschlagungen keine Anwendung: ZI. 15. März 72 (NdO. XIII, 209); Stuttg. 27. Febr. 78 (WGbl. XIV, 248). 18. Aus dem Gesagten (n. 17) folgt, daß unter „NahrungS- und Genuß mitteln" nur solche für Menschen zu verstehen sind. Demgemäß gehört z. B. Viehfutter nicht hierher: ARIII. 2. Okt. 80 (RdR. II, 294). — Daß sie ohne vor herige Zubereitung genießbar seien, kann nicht gefordert werden: ZR1I. 24. Febr. 80 (RdR. I, 385), Münch. 3. Juni 73, DreSd. 1. März 75 (StZ. II, 239; VI, 88), Meyer s. 293; Rüd. n. 4, Puch. n. 5, contra: Schw. s. 824, Meves s. 322, Wolfenb. i. GSaal 25 s. 72. Auch vermag die Art und Weise, wie der Eigen thümer über ein Produkt verfügt, diesem den Charakter als Nahrungsmittel nicht zu rauben, sofern dasselbe dadurch nicht etwa objektiv zur Ernährung des Menschen untauglich geworden ist; Beisp.: Saatkartofieln; vgl. eit. ZRII. 24. Febr. 80. — Zu den „Gen ußmitteln" gehören Tabak, Parfüms re., nicht aber Brenn-Ma terial (es wird nicht genossen): Dresd. 8. Nov. 72, Münch. 17., 26. April u. 3. Dez. 75 (StZ. II, 207; V, 187. 188; BEntsch. V, 538); ZU. 3. Jan. 78 (RdO. XIX, 5). 19. Der Sinn der Worte „zum alsbaldigen Verbrauche" ist mit Rück sicht auf den Zweck der Vorschrift (n. 17) zu bemessen; das „alsbaldig" ist nicht gleichbedeutend mit „sofort" oder „aus der Stelle"; den Gegensatz bildet die Auf bewahrung für späteren Gebrauch, ein Ansammeln von Vorräthen für spätere Zeiten: ZRII. 24. Febr. 80 (eit. n. 18), Münch. 3. Juni 73 (StZ. II, 239). Jene Worte schließen daher den Fall nicht aus, wo der Verbrauch binnen einiger weniger Tage fortgesetzt stattfindet: Münch. 27. Aug. 74 (BEntsch. IV, 369); contra: Meveö s. 323; noch den Fall, wo daS Nahrungsmittel an einen anderen, nahegelegenen Ort gebracht ist, um dort (zubereitet und) verzehrt zu werden: eit. ZRII. 24. Febr. 80, Münch. 27. April 74 (StZ. IV, 78). Aus dem Grunde der Vorschrift ergiebt sich auch, daß jene Worte nur auf den eigenen Verbrauch (des Thäters oder des Anstifters oder deS Hausstandes, welchem sie angehören) zu beziehen sind; vgl. Münch. 27. April 74 eit.; contra: Schw. f. 824, Rüd. n. 4, Meveö f. 324. — Waltet die Absicht des alsbaldigen Verbrauchs ob, so ist es gleichgültig, ob sie später zur Ausführung gebracht wird.
8siS
Thl. II. Abschn XXIX.
Uebertretungm. — § 370 Nr. 5.
Eine Entwendung, welche von Verwandten aufstei gender Linie gegen Verwandte absteigender Linie oder von einem Ehegatten gegen den anderen begangen worden ist, bleibt straflos; [I. Enlw.: § 356 Nr. 3; II. Enlw.: § 366 Nr. 3; Pr. StGB.: § 349 Nr. 3.] Vgl. §§ 242. 243. 247. Preußen: Vgl. FFP.-Ges. § 18.
20. Es genügt, wenn die betr. Gegenstände entweder „von unbedeutendem Werthe" oder „in geringer Menge" waren; vgl. ZPl. 13. Nov. 65 (RdO. VI, 456). Bei Beurtheilung der Frage, was eine „geringe Menge" sei, ist dasjenige Maß zu berücksichtigen, welches „alsbald verbraucht" werden kann. 21. Tressen die Voraussetzungen der Nr. 5 zu, so bleibt die Diebstahlsstrafe ausgeschlossen, selbst wenn einer der erschwerenden Umstände des § 243 obwaltete: Motive s. 151, Münch. 7. Mai 80 (BEntsch. NF. I, 126). Dagegen ist die Strafe des Raubes zu verhängen, sobald sein Thatbestand feststeht. 22. Eine Mehrheit selbstständiger Entwendungen der fraglichen Art ist, selbst wenn sie aus einem einheitlichen Entschlüsse hervorgingen, nicht als ein „fortgesetztes" Vergehen anzusehen; die entgegengesetzte Auffassung könnte leicht dahin führen, daß der sonst für die Einzelsälle zutreffende § 370 Nr. 5 (nebst Schlußsatz) ausgeschlossen und § 242 anwendbar würde: Stuttg. 3. Apr. 72 (WGbl. VI, 21); vgl. § 74 n. 3; contra: Münch. 17. Jan. 79 (BEntsch. IX, 27). 23. In prozessualer Hinsicht wird auf § 242 n. 59 verwiesen. Dem dort Gesagten zufolge ist wegen einer „Entwendung von Nahrung«, rc. Mitteln" die Diebstahlsstrafe zu verhängen, sofern nicht das Vorhandensein aller die Anwendung der Nr. 5 bedingenden Momente vom Instanzrichter ausdrücklich festgestellt wird: VI. 10. Apr. 72, Z. 6. Sept. 73, ZU. 7. Mai 74, VI. 3. Ian. 77 (RdO. XIII, 247; XIV, 515; XV, 886; XVIII, 3) Stuttg. 10. Ian. 77, Wolfenb. 15. Febr. 78, Münch. 20 März 80 (WGbl. XII, 409; Br. Z. XXV, 68; BEntsch. IX, 537: daher genüge zur Anwendbarkeit der Nr. 5 nicht der Ausspruch, es sei unerwiesen, daß der Beschuldigte mehr als Genußmittel rc. zu entwenden beabsichtigt habe: ctt. Wolfenb.); contra; VIl. 18. Nov. 69, 7. Dez. 71 (RdO. X, 721; XII, 628), Meves s. 324. 24. Rückstchtlich der Straflosigkeit der von Ascendenten gegen Descen denten oder von einem Ehegatten gegen den andern begangenen Entwendungen der hier fraglichen Art vgl. § 247 n. 16 ff. Daß diese Straflosigkeit auf andere Theilnehmer an der Uebertretung, welche nicht in den gedachten persönlichen Derhältnissen stehen, nicht auSzudehnen sei, ergiebt § 50; deshalb ist eS unwesentlich, daß die Nr. 5 jene Bestimmung nicht (wie § 247 Abs. 3) ausdrücklich trifft; contra: Puch. n. 5. 25. Insoweit ein in Krast verbliebenes LandeS-F eldpolizeigesetz (EG. § 2) den Diebstahl von Früchten und sonstigen Bodenerzeugnissen mit einer be sonderen Strafe bedroht, bleibt Nr. 5 (wie die allgemeine DiebstahlSstrase: § 242 n. 50) ausgeschlossen; ebenso: Münch. 24. März 77 BEntsch. VII, 109); vgl. Pr. FFP.-Ges. § 18 Abs. 2, wo dies ausdrücklich anerkannt wird. Die hier in Be tracht kommenden Bestimmungen des letzteren Gef.'S sind in den §§ 6. 18 Abs. 1 enthalten. 26. 27. Die Strafverfolgung aus Nr. 5 tritt nur auf den Antrag des Verletzten ein; vgl. Abs. 2. — DaS ist aber auf die unter ein besonderes Gesetz (n. 25) fallenden Uebenretungen nicht auszudehnen, sofern nicht das letztere Gesetz, wie z. B. das Pr. FFP.-Ges. (im § 18 Abs. 2), ausdrücklich daS Gegen theil vorschreibt. 28. Die Hehlerei (Partirerei) der in der Nr. 5 erwähnten Gegenstände ist aus § 259 zu bestrafen. Anders, wenn auf die Entwendung selbst statt der Nr. 5 der § 18 des Pr. FFP.-Ges.'S anwendbar ist; vgl. § 8 ib.
Thl. II. Abschn. XXIX Uebertrelungen — § 370 Nr. 6. Schlußs.
86!)
6) wer Getreide oder andere zur Fütterung des Viehes bestimmte oder geeignete Gegenstände wider Willen des Eigenthümers wegnimmt, um dessen Vieh damit zu füttern. [I. Eutw.: § 365 Nr. 5; II. Entw.: § 366 Nr. 5; Pr. StGB.: § 349 Nr. 7 ]
In den Fällen der Nr. 5 und 6 tritt die Verfolgung nur auf Antrag ein. Die Zurücknahme deS Antrages ist zulässig. lNov. v. ‘26. Febr. 1876 Art. I.]
Z» Nr. 6. ‘29. Der hier vorgesehene s. g. Futterdiebstahl ist kein Diebstahl, weil eS dabei an der Absicht der Zueignung fehlt; vgl. § 242 u. 45. Die (bewußt un nötiger Weise) vorgenommene Bersütterung der Sache an das Lieh des Eigen thümers ist Sachbeschädigung. 30. Die Nr. 6 spricht allgemein, ist also nicht auf die mit der Pflege des betr. LieheS betrauten Personen (Dienstboten rc.) zu beschränken. 31. Zum „Vieh" gehört auch das Federvieh: MeveS s. 327. 32. Ob die Absicht der Bersütterung später zur Ausführung gekommen, ist für den Thatbestand an sich gleichgültig. Dagegen ist zu berücksichtigen, daß die Versicherung: „die Wegnahme sei mit der (unausgeführt gebliebenen) Absicht der Bersütterung rc. bewirkt", meist nur eine leere Ausrede sein wird; der Instanzrichter hat daher alle Ursache, ihre Richtigkeit sorgfältig zu prüfen und dabei namentlich zu berücksichtigen, inwiefern der Angeschuldigte Anlaß hatte, für die Fütterung deö Biehes zu sorgen, und ob er mit Grund annehmen konnte, daß daS vom Eigenthümer den Thieren gewährte oder bestimmte Fntterquantum nicht genüge. 33. Geschah die Wegnahme des FutterS in der Absicht der Bersütterung an das Bieh eines Dritten, so bleibt Nr. 6 ausgeschlossen, und die Diebstahlsstrafe tritt ein, insofern die That nicht unter eine Feldpolizeivorschrist (;. B. Pr. FFP.Ges. § 18) fällt; vgl. Beschl. I. 19. Sept. 55 c. Tietze. 34. Die Strafverfolgung tritt nur aus Antrag ein: Abs. 2. 35. In Betreff der prozessualischen Behandlung vgl. n. 23; § 242 n. 59.
Zum Schlußsätze. 36.
Bgl. §§ 61—65 und die Bemerkungen zu denselben.
Gesetz, betreffend die Abänderung von Bestimmungen des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich vom 15. Mai 1871 und die Ergänzung desselben vom 26. Februar 1876 (RGbl. s. 35)*).
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen rc. verordnen im Namen des Deutschen Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesrathö und des Reichstags, was folgt: Artikel I. Die §§ 4, 55, 64, 70 Nr. 2 und 3, 88, 95, 102, 103, 104, 113, 114, 117, 130 a, 135, 140, 144, 145, 176, 177, 178, 183, 194, 200, 208, 223, 228, 232, 240, 241, 247, 263, 275 Nr. 2, 292, 296, 303, 319, 321, 360 Nr. 3, 4, 7 und 12, 361 Nr. 6, 363, 366 Nr. 3, 8, 9 und 10, 367 Nr. 5, 8 und 10, 369 und 370 des Strafgesetzbuchs in der durch die Gesetze vom 15. Mai 1871 und 10. Dezember 1871 festgestellten Fassung werden durch nachstehende, den bisherigen Zifferzahlen ent sprechende Bestimmungen ersetzt: *) 1. Das Gesetz, gemeinhin die Strafrechtsnovelle oder schlechtweg die Novelle genannt, wurde am 6. März 1876 ausgegeben, ist mithin seit dem 20. März 1876 in Kraft.
Art. I. 2. In Betreff der hier bezogenen Gesetze v. 15. Mai und 10. Dez. 1871 vgl. EG. § 1 n. 1 und § 130 a des StGB.'s n. 1. 3. Die gemäß Art. I. abgeänderten §§ des StGB.'s sind dort in der ihnen durch die Novelle gegebene« Fassung abgedruckt, und (mit Einschluß dieser Aenderungen) erläutert; vgl. insbesondere StGB. § 4 n. 1. 20; § 55 n. 8 — 17; §64 n. 1—4; § 70 n. 7; § 88 n. 1. 3. 6. 9; § 95 n. 1. 12; § 102 n. 1. 6. 7; § 103 n. 3; § 104 n. 5; § 113 n. 1; § 114 n. 1; § 117 n. 21 ; § 130a n. 1. 13; § 135 n. 4; § 140 n. 1. 17 ff.; § 144 n. 4; §145 n. 3; § 176 n. 23; § 177 n. 5; § 178 n. 6; § 183
Novelle vom 26. Februar 1876.
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Artikel II. Hinter die §§ 49, 103, 223, 296, 353 und 366 des Strafgesetzbuchs werden die folgenden neuen §§ 49a., 103a., 223a., 296a., 353a. und 366a., hinter die Nr. 8 des § 361 wird die neue Nr. 9 eingestellt: Artikeln!. Bei den Handlungen, welche vor dem In krafttreten dieses Gesetzes begangen sind, wird das Erforderniß des Antrages auf Verfolgung, sowie die Zulässigkeit der Zu rücknahme nach den bisherigen Gesetzen beurtheilt.
Artikel IV. Wo in dem Strafgesetzbuche der Betrag einer Geldstrafe oder einer Buße in der Thalerwährung aus gedrückt ist, tritt der entsprechende Betrag in Reichswährung an die Stelle. Artikel V. Der Reichskanzler wird ermächtigt, den Tert des Strafgesetzbuchs, wie er sich aus den in den Artikeln I. II. und IV. festgestellten Aenderungen der Fassung ergibt, unter Weglassung der §§ 287 und 337 durch das Ncichsgesetzblatt bekannt zu machen. n. 1; § 194 n. 7; § 200 n. 14; § 208 n. 3: § 223 n. 1. 26; § 228 n. 1; § 232 n. 1. 4; § 240 n. 10; § 241 n. 6; § 247 n. 6—9; § 263 n. 78; § 275 n. 15; § 292 n. 29; 296 n. 9; § 303 n. 16; § 319 n. 2; § 321 n. 4; § 360 n. 11 ff. 19. 33. 33a. 84; § 361 n. 37 ff.; § 363 n. 2; § 366 n. 8a; § 367 n. 35. 51a. 62; § 369 n. 10-25; § 370 n. 14.
Art. II. 4. Die gemäß Art. II. in das StGB, neu eingeschalteten §§ finden sich im StGB, selbst an gehöriger Stelle abgedruckt und erläutert.
Art. III. 5. Die Bestimmung des Art. III. fand sich in der Regierungsvorlage nicht, sondern wurde im RT. auf den Vorschlag der Kommission, deren stellvertretender Vorsitzender Schwarze war, ohne Diskussion angenommen. Im Uebrigen vgl. § 2 des StGB.'s n. 18 und oben n. 1.
Art. IV. 6.
Vgl. § 27 des StGB.'s n. 4.
Art. V. 7. Die §§ 287. 337 des StGB.'s sind, ersterer durch § 14 des R.-Markenschutz-Ges. v. 30. Nov. 1874, letzterer durch § 67 des R.-Personenstands rc. -Ges.'s v. 6. Febr. 1875 ersetzt. 8. Die Bekanntmachung des neuen Textes ist mittels Erlasses des Reichs kanzlers v. 26. Febr. 1876 (RGbl. s. 39) bewirkt worden.
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Gesetz voui 21. SDfai 1880
Gesetz, betreffend den Wucher, vom 24. Mai 1880 (RGbl. s. 109).*)
Wir Wilhelm, von Gottes Gnaden Deutscher Kaiser, König von Preußen w. verordnen im Namen des Reichs, nach erfolgter Zustimmung des Bundesraths und dcS Reichs tags, was folgt:
Artikel 1. Hinter den § 302 des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich werden die folgenden neuen §§ 302a, 302 b, 302 c, 302 d eingestellt: Artikel 2. Der § 360 Nr. 12 des Strafgesetzbuchs in der durch das Gesetz vom 26. Februar 1876 festgestellten Fassung wird durch nachstehende Bestimmung ersetzt: Artikel 3. Verträge, welche gegen die Vorschriften der §§ 302 a, 302 b des Strafgesetzbuchs verstoßen, sind ungültig. *1. Ueber die Entstehung des Gesetzes vgl. § 302a n. 1. Dasselbe wurde am 31. Mai 1880 auögegeben, ist daher seit dem 14. Juni 1880 in Kraft. Seine sämmtlichen Bestimmungen, mithin auch die civilrechtlichen, finden nur auf die seit dem zur Existenz gelangten wucherlichen Geschäfte Anwendung. Bgl. Mot. s. 16.
Zu Art. 1. 2.
Vgl. die Bemerkungen zu den §§ 302a—d (oben s. 699 ff.).
3.
Bgl. die Bemerkungen zu § 360 Nr. 12.
Zu Art. 2.
Zu Art. 3. 4. Während die Art. 1. 2 die Strafbestimmungen wegen Wuchers enthalten, regelt Art. 3 die civilrechtlichen Folgen dieser Strafbestimmungen. Die Regelung ist jedoch keine erschöpfende. Wo Art. 3 nicht auöreicht, ist theils auf die einschlägige sonstige Reichsgesetzgebung, z. B. auf die Bestimmungen des Handels rechts (vgl. unten n. 11), theils auf das bürgerliche Recht der einzelnen Bundes staaten zurückzugehen. Nur mit dem Vorbehalte der au8 letzterem sich ergebenden Abweichungen ist daher auch dasjenige zu verstehen, was die Motive des Entwurfs in Betreff der civilrechtlichen Folgen wucherlicher Geschäfte, über den Inhalt und die Konsequenzen des Art. 3 hinaus, bemerken. 5. Der Grundsatz der beiderseitigen Unabhängigkeit des Civil- und des Strafrichters gilt auch hier. Demgemäß ist die Wirksamkeit der Bestimmungen des Art. 3 im Einzelsalle nicht durch eine vorgängige Bestrafung des Wucherers bedingt,
Gesetz vom 24. Mai 1880.
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Sämmtliche von dem Schuldner oder für ihn geleisteten Vermögensvortheile (§ 302 a) müssen zurückgewährt und vom Tage deS Empfanges an verzinst werden. Hierfür sind die jenigen, welche sich des Wuchers schuldig gemacht haben, soli darisch verhaftet, der nach § 302 c des Strafgesetzbuchs Schul dige jedoch nur in Höhe des von ihm oder einem Rechtsnach folger Empfangenen. Die Verpflichtung eines Dritten, welcher sich des Wuchers nicht schuldig gemacht hat, bestimmt sich nach den Vorschriften des bürgerlichen Rechts. noch ein etwa bereits ergangenes Straferkenntniß für den Civilrichter bindend; vgl. Mot. f. 15. (Der Vorschlag gegenteiliger Bestimmungen nach dem Vorbilde anderer Gesetzgebungen sand keinen Beifall). 6. Gemäß Abs. 1 sind die wider bte §§ 302a. b verstoßenden Geschäfte kraft Gese^eS ungültig, mithin nicht etwa blos anfechtbar und ev. vom Richter aufzu heben. Abf. 1 läßt daher eine Theilung des einheitlichen Rechtsgeschäfts nach dem die Zinsen und nach dem das Kapital betreffenden Inhalte nicht zu. Damit wird jedoch nicht der Bestand eines anderen, etwa gleichzeitig und in derselben Vertrags urkunde abgeschloffenen oder dem Abschlüsse des wucherlichen vorausgegangenen, die Kapitalsforderung betreffenden Geschäfts in Frage gestellt. Vgl. Mot. f. 15. 7. Hiernach ergiebt sich die Unverbindlichkeit des Versprechens der Vortheile sowie die Befugniß zur Aufrechnung des Geleisteten von selbst, und ist nicht allein wider die gerichtliche Geltendmachung jenes Versprechens die (zerstörliche) Einrede des Wuchers gegeben, sondern auch das Recht der sofortigen Rückforderung des auf Grund deS wucherlichen Geschäfts vom Schuldner oder für ihn vom Bürgen und sonstigen Dritten etwa bereits Geleisteten begründet. Die dem RückforderungSrechte gegenüber stehende Verpflichtung deS Gläubigers ist eine Deliktsobligation. Sie bleibt bestehen, sollte auch die individuell bestimmte Sache untergegangen sein, der Gläubiger das Empfangene verbraucht, veräußert rc. oder die Forderung aus dem wucherlichen Geschäfte übertragen haben. Ev. muß derselbe nach Umständen (n. 11) auf Grund seiner Rückgewährspflicht die Befreiung von der seitens deS dritten Erwerbers drohenden Forderung bewirken, und das an den Dritten bereits Geleistete erstatten. Vgl. Mot. s. 16. — Ein beim Abschlüsse des wucherlichen Ge schäfts vom Schuldner aus jene Rechte geleisteter Verzicht ist unwirksam; vgl. Schw. Wucherges. s. 94. 8. In Uebereinstimmung mit dem Grundsätze des Abs. 1, umfaßt die Rückge währspflicht des Gläubigers (n. 7) sämmtliche vom Schuldner oder für ihn gezahlten Zinsen und etwa sonst geleisteten Vermögensvortheile, mithin nicht blos die übermäßigen. Außerdem sind dieselben vom Tage des Empfangs zu verzinsen, und zwar nach dem für die Erstattungspflicht aus einer unerlaubten Handlung maßgebenden Zinsfüße. In welchem Umfange Erstattung von Früchten und Ent schädigung für Verschlechterungen gefordert werden kann, wenn die geleisteten Ver mögensvortheile nicht in Geld bestanden haben, beurtheilt sich nach den Grundsätzen des bürgerlichen Rechts. Vgl. Mot. s. 16. 9. Die Rückgewährspflicht liegt in diesem Umfange (n. 8) auch den P sandleihern und Rückkaufshändlern ob, wenn letztere sich beim Betriebe ihres Gewerbes des Wuchers schuldig machen. Vgl. § 302 a n. 4. 9; § 360 n. 85. DieS erleidet für Preußen keine Ausnahme durch § 3 des Ges.'S, bett, das Pfandleihgewerbe v. 17. März 1881 (GS. f. 265), weil abgesehen davon, daß Reichsgesetze durch Landeögesetze nicht abgeändert werden können, der cit. § 3 wohl nur solche Ueberschreitungen der ZinStaxe im Auge hat, welche dem Wuchergesetze überhaupt nicht anheimfallen, bei denen z. B. keine Ausbeutung der Nothlage rc. stattsand. 10. Haben sich Mehrere deS Wuchers schuldig gemacht, so haften sie (n. 8) solidarisch. DieS gilt auch (unter der in Abs. 2 erwähnten Beschränkung) von den nack § 302c Schuldigen, nicht aber von dem Anstifter und Gehülfen; vgl. Schw. 1. c. s. 91.
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Gesetz ». 24. Mai 1880.
Das Recht der Rückforderung verjährt in fünf Jahren seit dem Tage, an welchem die Leistung erfolgt ist. Der Gläubiger ist berechtigt, das aus dem ungültigen Vertrage Geleistete zurückzufordern; für diesen Anspruch haftet die für die vertragsmäßige Forderung bestellte Sicherheit. Die weiter gehenden Rechte eines Gläubigers, welchem nach den Bestimmungen des bürgerlichen Rechts die Ungültigkeit des Vertrages nicht entgegengesetzt werden kann, werden hierdurch nicht berührt. 11. Inwieweit ein Erwerber der Wucherforderung, welcher sich nicht nach § 302 c. strafbar gemacht hat, in die Rechte und Pflichten des wuchernden Gläubigers eintrete, und inwieweit ein vom Wucherer Vertretener oder sonst ein gutgläubiger Dritter Rechte und Pflichten gegen den Bewucherten erlange, beurtheilt sich nach dem bürgerlichen Rechte. Vgl. Mot. s. 17 und unten n. 15. 12. Die Verjährung des Rückforderungsrechts (n. 7. 8) wird durch Abs. 3 (einen Zusatz aus den Reichstagsverhandlungen) besonders geregelt. Die Verjäh rungsfrist beginnt mit dem Tage, welcher auf den Tag der Leistung folgt. Ist zu verschiedenen Zeiten geleistet worden, so läuft für jede Leistung die Verjährungsfrist besonders; das zu § 302a unter n. 16 über die Verjährung der Strafverfolgung Gesagte findet hier keine analoge Anwendung. — Die Einrede des Wuchers wird durch die Verjährung des Rückforderungsrechts nicht berührt; ebenso kann der Schuldner das Recht der Aufrechnung noch später handhaben, — Alles jedoch vor behaltlich etwaiger abweichender Bestimmungen oder Grundsätze der Landesgesetz gebung. 13. Auf das dem Gläubiger zustehende Recht der Rückforderung (Abs. 4) findet die Bestimmung des Abs. 3 keine Anwendung. Die Verjährung des letzteren bemißt sich vielmehr nach den allgemeinen, für die Exstinctivverjährung geltenden Grundsätzen. — Dasselbe umfaßt daS vom Gläubiger oder für ihn aus dem un gültigen Vertrage G eleistete; auf die gesetzlichen Zinsen für das entbehrte Kapital hat jener, als der unredliche Theil, keinen Anspruch. Vgl. Mot. s. 17. 14. Der Rechtsgrund für die Forderung deS Gläubigers (□. 13) ist nicht eine kontraktliche Verpflichtung des Schuldners, sondern die aus Grund eines un gültigen Vertrags geschehene Leistung des Gläubigers. Die zur Geltendmachung jener Forderung anzusteüende Klage ist daher auch nicht die actio mutui rc, sondern eine condictio sine causa. Eben deshalb bedurfte es einer ausdrücklichen Bestimmung, damit die für Erfüllung der kontraktlichen Verpflichtungen des Schuldners bestellte Sicherheit, — Hypothek, Pfand, Bürgschaft, — (statt dessen) für obigen Anspruch gelte. Nach Rheinischem Rechte wird übrigens der Schuldner berechtigt sein, auf Reduktion einer etwaigen Hypothekeneintragung zu klagen, schon allein, damit fest gestellt und durch die Eintragung ersichtlich werde, daß die Forderung keine zins tragende sei (n. 13). 15. Dem Rechtsnachfolger des Gläubigers stehen jedenfalls dieselben Rechte zu, wie dem Gläubiger selbst. Inwiefern ihm und sonstigen Dritten noch weiter gehende Rechte zustehen, bemißt sich nach den Grundsätzen der bürgerlichen Gesetz gebung (n. 11). Als Regel darf jedoch festgehalten werden, daß dem Schuldner die Einreden wider die Forderung durch Cession der letzteren, selbst einem gutgläubigen Cesstonar gegenüber, nicht verloren gehen. Ausnahmsweise kann sich das RechtsVerhältniß anders gestalten, z. B. wenn der Schuldner den Cessiouar als seinen Gläubiger angenommen hat. Desgleichen können die Vorschriften des Handelsrechts über Anweisungen und Derpflichtungsscheine rc., sowie diejenigen des Wechsel-, Hy potheken- und Grundschuldrechts Ausnahmen begründen. Dgl. Mot. s. 17.
EinsühcuugS.Gesetz zum Pr. StGB. v. 14. April 1851.
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Gesetz über die Einführung des Strafgesetzbuchs für die Preußischen Staaten v. 14. Apr. 1851.
Erster Abschnitt. Allgemeine Bestimmungen"). *) Zum ersten Abschnitte. 1. Da nach § 6 des EG.'s z. B.-StGB. vom 1. Ian. 1871 ab nur aus die im D. StGB, enthaltenen Strasarten erkannt werden darf, so wurde im § 8 ib. der Landesgesetzgebung Vorbehalten, „Uebergangsbestimmungen zu treffen, um die in Kraft bleibenden Landesstrafgesetze mit den Vorschriften des B.-StGB.'s in Uebereinstimmung zu bringen". Derartige Bestimmungen sind für Preußen nicht erlassen; dagegen hat eine IMVf. v. 28. Dez. 1870 (IMbl. s. 380) für die Hand habung der Kompetenzvorschriften eine instruktionelle Anleitung gegeben. Es ist so nach nunmehr Aufgabe der Rechtsprechung, bei Anwendung der in Kraft verbliebenen besonderen Strafgesetze jene Uebereinstimmung herbeizuführen. 2. Diese Aufgabe ('n. 1) bietet bei denjenigen Strafgesetzen, welche erst nach Verkündung des Pr. StGB.'s ergangen sind, keine Schwierigkeit, weil sich dieselben dem Systeme des Pr. StGB.'s anschlossen^ und nur solche Strafarten enthielten, wie sie dem letzteren entsprachen, das D. OtGB. aber auf demselben Strafensysteme wie das Preußische beruht, indem eö dessen Strafarten in ihrer wesentlichen Be deutung beibehalten und (von der lebenslänglichen Festungshaft abgesehen) sich darauf beschränkt hat, einzelne derselben zu mildern oder Nebenstrafen auszuscheiden; vgl. Mot. s. 22. Unter diesen Umständen mag angenommen werden, daß für alle seit Verkündung des Pr. StGB.'s ergangenen, neben dem D. StGB, in Kraft ver bliebenen Strafbestimmungen an Stelle der dort angedrohten die entsprechenden Straf arten des D. StGB's getreten sind; vgl. IMVf. v. 28. Dez. 1870 (IMbl. s. 380). Die „Todesstrafe" ist in beiden gleichbedeutend; statt der „Zuchthausstrafe" des Pr. StGB.'s ist jetzt auf die gleichnamige des D. StGB.'s zu erkennen; das selbe gilt jetzt in Betreff der „Gesängnißstrafe", sobald dieselbe das Maß von sechs Wochen übersteigen kann (vgl. n. 4); an Stelle der „Einschließung" des Pr. StGB.'s tritt zeitige Festungshaft, an Stelle der „polizeilichen Gefängniß strafe" die „Haft" und zwar jedesmal mit allen Besonderheiten, wie sie in den §§ 14—26 des D. StGB.'s angegeben sind. 3. Droht ein besonderes Gesetz eine Freiheitsstrafe ohne Angabe ihrer Dauer an, so sind jetzt in dieser Beziehung die im D. StGB, für die Dauer der einzelnen
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Einf.-Ges. z. Pr. StGB. v. 14. April 1851.
Strafarten gegebenen Vorschriften maßgebend mit der Beschränkung, nie lebenslängliche Festungshaft ein treten kann. Enthält dagegen Betreff der Dauer der Freiheitsstrafe eine Vorschrift, so bleibt diese sie nicht über das jetzt zulässige Maß der betr. Strafart hinauSgeht; Falle ist sie auf dieses Maß zu beschränken.
daß nur zeitige, jenes Gesetz in in Kraft, sofern im umgekehrten
4. Droht ein (seit Verkündung des Pr. StGB.'S ergangenes) Strafgesetz im Höchstbetrage sechs Wochen nicht übersteigende „Gesängnißstrafe" an, war die That nach § 1 des Pr. StGB.'S eine Uebertretun g, so war (nach § ibid.) diese Gefängnißstrafe als eine „polizeiliche" anzusehen, eö ist somit „Hast" von gleicher Dauer an die Stelle getreten.
eine also 333 jetzt
5. Die in früheren Strafgesetzen angedrohten „Geldbußen" sind jetzt als „Geldstrafen" zu bezeichnen. Für deren „Umwandlung" sind jetzt die §§ 28—30 des D. StGB.'S maßgebend, sofern daö betr. Gesetz in dieser Beziehung keine be sonderen Vorschriften enthält; sonst werden die oben in. 2 — 4) für Prinzipale Frei heitsstrafen aufgestellten Grundsätze anwendbar. 6. Die Berurtheilung zur „Zuchthausstrafe" auß einem in Kraft gebliebenen besonderen Strafgesetze hat die im § 31 deö D. StGB.'S angeordnete „Unfähig keit" von Rechtswegen zur Folge; außerdem kann der Richter (fakultativ) mit der selben die „Aberkenn un g der bürgerlichen Ehrenrechte" auf zwei bis zehn Jahre verbinden: § 32. 7. An Stelle der in besonderen Gesetzen angedrohten „Untersagung der Ausübung der bürgerlichen Ehrenrechte auf Zeit" tritt „die Aberkennung (der Verlust) dieser Ehrenrechte nach Anleitung der §§ 32—36; sie kann nur neben einer drei Monate erreichenden Gefängnißstrafe und nur auf die Dauer von 1—5 Jahren ausgesprochen, auch kann statt ihrer auf zeitige „Unfähigkeit zur Bekleidung öffent licher Aemter" (§ 35) erkannt werden. — Ist jene Androhung obligatorisch ausge sprochen, so verbleibt eö hierbei, da auch das D. StGB. Fälle kennt, wo aus den Verlust der Ehrenrechte erkannt werden muß 100 ist der n. 14 zuzusetzen: vgl. ARIII. 8. Dez. 80 (RdR. II, 618: die Hand lung fei schon dann „entdeckt", wenn die Wirkungen, welche fie Hervor rufe, zur Kenntniß eines unbetheiligten Dritten gekommen seien, so daß aus diesen aus jene zurückgeschloffen werden könne). - 102 ist in n. 4 Z. 12 nach „schuldig zu erachten." einzuschalten: So macht fich der eignen Verübung der schweren Urkundenfälschung (§ 268) schuldig, wer in der Absicht, sich einen Vermögensvortheil zu verschaffen, sich eines in seine Intentionen nicht eingeweihten Dritten in der Weise bedient, daß letzterer (mit dem im § 267 vorgesehenen Dolus) eine einfache Urkunden fälschung verübt: ARIII. 8. Dez. 80 (Entsch. III, 95). - 104 ist in n. 13 Z. 15 v. o. nach „(RdR. I, 764)" einzuschalten: ZRIII26. Jan. 81 (ib. II, 757), ferner in n. 14 Z. 4 v. n. nach „(RdO. XV 36)," einzuschalten: vgl. ZRI. 13. u. 17 (bis) Jan. 81 (Entsch. HI, 268 ff.)'
908
Berichtigungen und Zusätze.
Seite 105 ist in n. 18 Z. 6 v. u. nach „sondern Gehülfe;" einzuschalten: ebenso ZRI. 7. Ian. 81 (Entsch. III, 181). - 117 ist zu n. 6 zuzusetzen: Inwiefern Beihülfe auch dann angenommen werden könne, wenn der Thäter sich statt des gewährten eines anderen Mittels be diente, darüber vgl. GSaal 32 s. 548. 117 ist in n. 12, 1. Z. nach „Kenntniß hatte:" einzuschalten: ZRI. 23. Sept. 80 (RdR. II, 243). - 122 ist in n. 12 Z. 11 v. o. nach „bilden soll;" einznschalten: ebenso: ARII. 12. Nov. 80 (RdR. II, 499: selbst wenn eine solche Handlung, z. B. die Verabreichung der Mittel zur Ausführung des Verbrechens der mündlichen Aufforderung hinzutrete); 122 ist in n. 13 Z. 5 v. u. nach „vermögensrechtliche Vortheile." einzu schalten: Es kann dahin (unter Umständen) eine Heirath gezählt werden ZRI. 25. Nov. 80 (RdR. II, 504). - 127 ist in n. 9 statt „das Urtheil soll jetzt jedoch nicht bei Strafe der Nichtig keit: Löwe s. 649) rc." zu lesen: das Urtheil soll jetzt (jedoch nicht bei Strafe der Nichtigkeit: Löwe s. 649) rc. - 131 ist in n. 14 Z. 3 v. u. statt „vgl. jedoch" zu lesen: contra: ZRII. 17. Dez. 80 (RdR. II, 646: hält daher für den Geltungsbereich bes Pr. ALR. die in den §§ 753 ff. II, 2 ib. enthaltenen Begriffsbestimmungen für maßgebend); vgl. auch rc. 138 ist in n. 17 Z. 5 v. o. nach „geschehen ist" zuzusetzen: welcher § 7 durch Gesetz v. 27. März 1881 Art. I (GS. s. 275) eine Ergänzung gefunden hat. 138 ist in n. 18 Z. 2 v. u. nach ,^SGZ. 22 s. 350)." eiuzuschalten: Vgl. übrigens Pr. Ges. v. 27. März 1881 Art. II. 142 ist n. 1 Z. 3 v. o. nach „besessen hat;" einzuschalten: ebenso: ARIII. 12. Jan. 81 (RdR. II, 714). - 153 ist der n. 2 zuzusetzen: Ebenso: ZRII. 21. Jan. 81 (RdR. II, 751: sofern die Untersuchungshaft in derselben Untersuchung verhängt sei). - 155 ist hinter n. 14 einzuschalten: 15. Der Grundsatz der relativen Rechtskraft (RStPO. §§ 372. 398) gilt auch bezüglich der urtheilsmäßig ausgesprochenen Anrechnung der Untersuchungshaft: ARIII. 4. Dez. 80 (RdR. II, 602). — Die An rechnung, welche auf einem thatsächlichen Irrthum des Richters über die Dauer jener Hast beruht, kann nicht mittels der Revision angefochten werden (RStPO. § 376): ZRII. 9. Nov. 80 (RdR. II, 479). . 165 ist in n. 35 Z. 8 v. u. statt „X, 60" zu lesen: NF. I, 60. - 167 ist in Z. 12 v. o. nach „eintritt." einzuschalten: Vgl. ARII. 25. Febr. 81 (RdR. III, 74). - 170 ist in n. 9 Z. 8 v. u. nach „in erster Instanz kommen" einzuschalten: ebenso: ARII. 12. Nov. 80 (RdR. II, 503). - 175 ist in n. 9 Z. 2 v. u. nach „cit. ARII. 19. Dez. 79" einznschalten: ARII. 10. Dez. 80 (RdR. II, 625; hier hatte der Mandatar gar mit dem Namen des Mandanten unterzeichnet). * 176 ist in Z. 3 v. o. nach „Puch. n. 5" zuzusetzen: DaS Gegentheil gilt von einer im Gebiete des Gemeinen Rechts wegen (bloßer) Geistesschwäche an geordneten Curatel; so: ZRIII. 26. Febr. 81 (RdR. III, 84). - 206 ist in o. 3 Z. 3 v. u. nach „Vgl. ferner" einzuschalten: ARIII. 29. Jan. 81 (RdR. II, 770). - 208 ist in n. 11 Z. 4 v. u. nach „contra:" einzuschalten: ARIII. 18. Dez. 80 (RdR. II, 651: speziell in Betreff gewohnheitsmäßiger, aus Eigennutz betriebener Kuppelei; hier liege nur Ein Vergehen vor, dessen Strafbarkeit durch das Motiv des Eigennutzes erhöht werde). - 209 ist in n. 19 Z. 7 v. o. nach „Realkonkurrenz nicht:" einzuschalten: ARI. 10. Jan. 81, ARIII. 12. Jan. 81 (RdR. II, 709). - 225 ist in Z. 10 v. u. statt „§ 82" zu lesen: § 81. - 228 Z. 19 v. o. ist hinzuzufügen: Ebenso: ARIII. 6. Nov. 80 (RdR. 11. 470). - 259 ist nach n. 4 einzuschalten: 4 a. Ebendeshalb (n. 4) ist, wenn in Folge der Aufforderung Mehrere,
Berichtigungen und Zusätze.
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unabhängig von einander, die betr. Handlung vornehmen, wider den Aufforderer nicht, wie im Falle der Anstiftung (§ 48 n. 12), Realkonkurrenz begründet, die auf die Handlung gesetzte Strafe vielmehr von jenem nur einmal verwirkt: ARII. 21. Dez. 80 (RdR. II, 656). ist in der letzten Z. nach „(RdO. XII, 587'," einzuschalten; vgl. ZRII. 23. Nov. 80, ZRII. 23. Nov. 80 (RdR. II, 559: Mot) ist in n. 13 Z. 10 v. u. nach „contra:“ einzuschalten: ZRI. 1. Nov. 80 (RdR. II, 423. 559). ist in n. 24 Z. 9 v. o. nach „ARII. 1. C ft. 80 (RdR. II, 288)" einzm schalten: ZRIII. 30. Ost. 80, ZRII. 5. Nov. 80 Jb. 409. 453). ist in n."17 Z. 7 v. u. nach: „gehandelt habe)." einzuschalten: ähnlich: ARII 4. Febr. 81 ^RoR. III, 10). ist in n. 7 Z. 3 v. u. nach „bedarf es mcht". einzuschalten: Ebenso: ARIII. 22. Jan. 81 (RdR. II, 753). Immerhin setzt aber die Stellung als Ausseher eine gewisse selbstständige Thätigkeit voraus; vgl. cit. ARIII. 22. Ian. 81 n. unten n. 15. ist der n. 10 zuzusetzen: Wohl aber macht sich ein Gefangener, welcher zu seiner Befreiung einen Anderen an stift et, aus §§ 120. 48 strafbar: ARI. 29. Nov. 80 (RdR. II, 280). ist in n. 2 zu § 130 Z. 5 v. n. nach „für erforderlich)" einzuschalten: vgl. ZRIII. 10. Nov. 80 (Entsch. II, 431: es genüge, wenn die Anreizung geeignet fei, den öffentlichen Frieden zu gefährden, bzw. den Ausbruch von Gewaltthätigkeiten der BevölkerungSklassen gegen einander herbeizuführen). ist in n. 9 Z. 4 v. o. nach „76 (n 2 " einzuschalten: contra: ZRIII. 10. Nov. 80 .cit. n. 2). ist in n. 2, Z. 2 v. o. nach „ Plomben)" einzuschalten: desgleichen Siegel marken: ZRIII. 22. Dez. SO ,RdR. II, 663). letzte Z. ist nach „Fälle des Abs. 1" einzuschalten: Ein solcher (Versuch) liegt schon vor im Verlassen des Wohnorts und tm Antritt der unun terbrochen fortznsetzenden) Reise zu gedachtem Zwecke: ARIII. 20. Nov. 81 (RdR. II, 539). ist nach n. 9 einzuschalten: 9a. Dagegen kann eine „ Beförderung" in Handlungen enthalten sein, welche, vor Vollendung der Desertion begangen, gleichwohl erst nach dieser Vollendung wirksam (förderlich) werden sollen; so: ARI. 20. Jan. 81 (RdR. II, 745). ist der n. 2 zuzusetzen: Vgl. auch Kais. Bdn. v. 16. Febr. 1881 (RGbl. f. 27), betr. die Suspension des Art. 10 der letztgedachten Vdn. ist der n. 13 zuzusetzeu: und Pr. IMVf. v. 11. April 1881 (IMbl. s. 69). ist in n. 3, Z. 8 v. o. nach „contra:" emzu'chalten: ARII. 26 Nov. 80 (RdR. II, 571). — Ferner ist an den Schluß der n. 3 zu fetzen: Keines falls ist die Anwendbarkeit der 153ff. auf Eide re. beschränkt, welche vor inländischen Behörden geleistet werden: cit. ARII. 26. Nov. 80 (be traf einen Eid, welcher vor der im Inlande befindlichen nordamenkanischen, nach dortigen Gesetzen zuständigerl Gesandtschaft geleistet war). ist in n. 14 Z. 6 v. o. nach „ Meves I. c. f. 348;" einzuschalten: des gleichen eine zu kirchlichen Zwecken angeorbnete Hauskollekte: ZRII. 30. Nov. 80 (RdR. II, 581). ist in n. 5 Z. 5 v. u. nach „auch von den Stiefeltern an;" einzu schalten: ebenso: ARI. 25. Nov. 80 (RdR. II, 565). ist der n. 8 zuzusetzen: Ist der Vater todt oder das Mädchen ein unehe liches Kind, so hat die Mutter das Antragsrecht selbst dann, wenn sie nicht Vormund ist: ZRII. 7. Dez. 80 (RdR. III, 614). ist der n. 14 zuzusetzen: z. B. wenn die Aeußerung inhaltlich dahin ge richtet ist, daß der Beamte wegen außeramtllcher Handlungen als seines Amtes nicht würdig zu erachten sei: ARIII. 8. Dez. 80 (Entsch. III, 244). ist in n. 18 Z. 11 nach „I, 278)" einzuschalten: der Commandant einer Festung derjenige aller dort garntsonirenden Offiziere: ZRII. 7. Jan. 81 (RdR. II, 701: daß er dies nicht in allen Beziehungen fei, schließe das AutragSrecht nicht ans).
910
Berichtigungen und Zusätze.
Seite 437 ist in n. 23, Z. 2 v. u. nach „XVII, 336)" einzuschalten: Carlsr. 5. Febr. 81 (BAnn. 47 s. 68). * 452 ist in n. 10 Z. 4 v. o. nach „(Aberration)"; einzuschalten: ebenso: ARII. 28. Sept. 80 (Entsch. II, 235). - 453 ist in n. 17 Z. 5 v. u. nach „Löwe f. 682" einzuschalten: ZRIII. 22. Jan. 81 (Entsch. III, 295) hält obige Fassung noch jetzt für statthaft, bzw. ausreichend. - 465 ist in Z. 5 v. u. nach „ZRIII. 11. Febr. 80 (RdR. I, 341)" einzuschal ten. und ARII. 1. März 81 (ib. III, 89). - 482 ist in n. 19 Z. 8 nach „ermittelt werden" einzuschalten: Dagegen ist die schwerere Strafe des Abs. 2 zu Gunsten desjenigen ausgeschlossen, welcher zwar schuldhafter Weise in die Schlägerei verwickelt und daher immerhin aus Abs. 1 strafbar ist (n. 9. 18), die betreffende Verletzung jedoch nur im Falle der Nothwehr zugesügt hat: ZRIII. 27. Nov. 80 (Entsch. III, 236). - 496 ist in n. 4 Z. 3 v. o. nach „Schütze s. 409" einzuschalten: ZRIII. 5. Jan. 81 (RdR. II, 698: läßt aber eine nur mittelbar gegen die Person gerich tete Gewalt genügen, vorausgesetzt, daß sie das wesentliche Kennzeichen der Nöthiguug, die Ueberwindung oder Verhinderung eines persönlichen Widerstandes, an sich trage). - 498 ist nach n. 1 einzuschatten: la. Die Bedrohung muß gegen „einen Anderen", d. h. also gegen individuell bestimmte Personen gerichtet sein; demgemäß fällt z. B. die Bedrohung der gesammten Einwohnerschaft eines Ortes nicht unter den § 241, sondern (je nach Umständen) unter den § 126: Münch. 6. Dez. 80 (BEntsch. NF. I, 262). - 498 ist in v. 1 Z. 5 v. o. nach „III, 583);" einzuschalten: contra ARI. 24. Febr. 81 (RdR. III, 73, insofern dort verneint wird, daß die Be drohung auch nach den Umständen des konkreten Falls geeignet fein müsse, jene Wirkung zu äußern: das Gesetz gehe davon aus, daß Bedrohung mit der Begehung eines Verbrechens hierzu an sich schon geeignet sei); und in n. 6 Z. 4 v. o. nach ncontra:H einzuschalten: ARI. 24. Febr. 81 (cit. n. 1: fordert als znm Begriff der „Bedrohung" gehörig den Willen, bei dem Bedrohten Furcht vor der Verwirklichung der Drohung Hervor zurufen). - 508 ist in der Z. 1 nach „ein vollendeter Diebstahl vor": einzuschalten: ARIII. 22. Dez. 80 (RdR. II, 660: betraf Getreide, welches die Thäter schon in Säcke gefüllt hatten). - 513 ist in n. 15 Z. 3 v. u. statt „1. April ej." zu lesen: „1. Juli ej." - 514 ist in n. 57 Z. 5 v. u. statt „(NdO. V, 567)" zu lesen: „(RdO. I, 567)". - 519 ist in n. 21 Z. 6 v. u. statt: „(RdO. VIII, 64)" zu lesen: „(RdO. VIII, 464)". - 531 ist in Z. 1 v. u. nach „ausgegangen fein": einzuschalten: ARIII. 12. Jan. 81 (RdR. II, 718). - 537 ist der n. 3 zuzusetzen: ARII. 28. Dez. 80 (Entsch. III, 150). - 538 ist in n. 6a Z. 3 v. o. nach „Das Gegentheil gilt" einzuschalten: als Regel", — und in Z. 4 v. o. nach „ein solcher Vorbehalt" einzuschalten: von besonderen Verabredungen abgesehen, welche ev. näher zu prüfen sind: ARIII. 10. Nov. 80 (Entsch. III, 114). — * 540 ist in n. 10 Z. 9 nach „cit. ARII. 25. Juni 80;" einznschalten: ARII. 28. Dez. 80 (Entsch. III, 150). - 541 ist in n. 10a Z. 8 v. o. nach „zu behalten; vgl." einzuschalten: ARII. 28. Dez. 80 (cit. n. 10). - 542 ist der n. 17 zuzusetzen: Dgl. § 350 n. 10. - 559 ist in n. 3 Z. 5 nach „(RdO. XVI, 58; XVIII, 355)" einzuschalten: Ebensowenig ist (unter den gedachten Voraussetzungen) erforderlich, daß die Drohung überhaupt ausführbar war: ARII. 21. Jan. 81 (Entsch. III, 262). « 559 ist in n. 3 Z. 16 v. u. nach „XVII, 375)" einznschalten: vorausgesetzt, daß zwischen der Drohung und der Gewährung des Vermögensvortheils durch den Dritten immerhin ein Kausalzusammenhang besteht; so: ARIII. 26. Febr. 81 (RdR. III, 78).
Berichtigungen und Zusätze.
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Seite 569 ist in u. 3 Z. 14 v. o. nach „liegen könne;" einzuschalten: vgl. ferner: ZR1. 31. Ian. 81 (RdR. II, 772). - 587 ist in Z. 3 v. u. nach „contra (mit Recht)": einzuschalten: AM. 3. Ian. 81 (RdR. II, 690). - 591 ist in n. 54 Z. 4 v. u. vor „vgl. n. 44a" einzuschalten: AM. 3. Ian. 81 (RdR. II, 690: macht die Strafbarkeit der s. g. Zechprellerei von der, auch durch Handlungen zu bewerkstelligenden Vorspiegelung der Absicht, zahlen zu wollen — n. 46, — abhängig). - 609 ist in n. 24 Z. 5 v. u. nach „bei sich führte. —" einzuschalten: Durch die mit dem Willen, zu täuschen, stattfindende Vorlage einer verfälschten Urkunde vor Gericht wird das Thatbestandsmerkmal des Gebrauchs selbst dann erfüllt, wenn der Thäter die Urkunde nicht freiwillig, sondern auf Antrag de« Prozeßgegners und um der Editionspflicht zu genügen, vor legt: ARIII. 18. Dez. 80 (Entsch. III, 169). — - 609 ist der n. 25 zuzusetzen: Ob der Thäter über eigne oder fremde Rechte und Rechtsverhältnisse mit der hierfür beweisenden und gefälschten Urkunde täuschen will, ist an sich gleichgültig: ARIII. 18. Dez. 80 (Entsch. III, 169). - 612 ist in n. 32 zu Anfang der Z 6 v. u. einzuschallen: ebenso ZRIII. 2. Febr. 81 (Entsch. III, 311: sofern nicht besondere Umstände festgestellt würden, aus denen sich die thatsächliche Einheit der mehreren Gebrauchsakte ergebe), - 628 sind in n. 38 Z. 1 die Worte „und auf D. HGB. Art. 34" zu löschen. und ist in Z. 3 nach „contra:" einzuschalten: ARIII. 9. Febr. 81 (RdR. III, 16). - 628 ist den n. 139. 140 zuzusetzen: Vgl. jetzt EG. z. REPO. § 14. - 629 ist in n. 145 Z. 1 v. o. nach „ärztlichen Rezepte" einzuschallen: ebenso Carlsr. 14. Febr. 81 (BAnn. 47 s. 68). - 638 ist der n. 24 zuzusetzen: vgl. auch ARII. 21. Jan. 81 (RdR. II, 747). - 666 ist zu n. 4 zuzusetzen - Ebenso ARII. 11. Jan. 81 (Entsch. III, 190). - 667 ist in u. 9 Z. 7 v. o. nach „die §§ 39ff. der RKO." einzuschalten: und bezüglich nicht fälliger Wechsel die Artt. 29 Nr. 1. 98 Nr. 4 der D. WO. (: ARII. 11. Jan. 81, cit. n. 4). - 667 ist zu n. 11 znzusetzen; Vgl. AM. 27. Jan. 81 (RdR. II, 762). - 681 ist in n. 10 Z. 4 v. u. nach „(RdO. XVII, 674; GA. 27 s. 379)" ein. zuschallen: Dagegen nahm ARIII. 26. Febr. 81 (RdR. III, 82) keine ,»Wegnahme" in einem Falle an, wo der Rückstand, welchen der in ein anderes Haus des Gläubigers verzogene Angeklagte schuldete, auS dem früheren Miethvertrage herrührte, obschon vereinbart war, daß die Mo bilien auch für diesen Rückstand als Pfand dienen sollten; diese Pfandbe stellung habe nur durch Besitzübergabe wirksam und der Besitz dem Gläufeiger nicht schon durch dessen spätere Erklärung der Ausübung seines Rechts erworben werden können. - 725 ist in u. 7 Z. 9 v. u. nach „Lokomotive an": einzuschalten: ebenso: ARI. 24. Febr. 81 (RdR. III, 71: mindestens, wenn dieselbe sich in Bewegung befinde und von einem Lokomotivführer geleitet werde). - 768 ist in n. 16 Z. 2 v. u. statt „gesunden" zn lesen: aufgefunden.
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R e g i st e r. Abbildung,
strafbare, Unbrauchbarmachung: § 41. 42; unzüchtige, Verkauf rc.: § 184; beleidigende: §§ 186. 187. 200; Papiergeld, Ähnlichkeit: § 360 Nr. 6; Wappen eines BundeSsürsten: § 360 Nr. 7. Abdruck v. Stempeln rc.: § 360 Nr. 4. 5. Schl.; Stempelabdruck, Fälschung, Ge brauch: § 275; zweimalige Verwendung: § 276. Aberkennung der b. Ehrenrechte: §§ 32ff.; einer Berechtigung? § 40 n. 6; EG. §6 n. 9 ff. Aberration: § 59 n. 3; § 211 n. 10. Abfeilen von echtem Metallgeld: § 150. Abgabe, widerrechtliche Erhebung: §§ 353. 358; besondere Bestimmungen: Pr. EG. Art. II. NEV. Art. VI Nr. 1. XI, EL. EG. Art II; Verjährung.- EG. § 7. Abgeordneter, vgl. Reichstag. Abaraben (Abpflügen): § 370 Nr. 1. Abyalten (unterlassenes) v. Mißthaten: § 361 Nr. 4. 9; § 48 n. 28. Abhang, Verwahrung: § 367 Nr. 12. Ablösung amtlicher Siegel: § 136. Abreihen öffentlicher Bekanntmachungen rc.: § 134; amtlicher Siegel: § 138. Absatz, Mitwirkung z. A. gestohlener rc. S-, Partirerei: § 259. Absicht: §§ 124. 140. 143. 146. 147. 202. 235. 242. 249. 250. 263. 268. 272 bis 275. 281. 288. 307. 313. 346. 347. 353a.; betrügerische A.: § 265; diebische A.: § 243 Nr. 7; gewinnsüchtige A.: §§ 133. 169. 301. 302; rechtswidrige A-: §§ 267. 289: A., zu beleidigen: §§ 185 n. 27. Absichtlich: §§ 48. 210. 266. Absperrnngsmaßregel (ansteckende Krankheit): §§ 327. 328. Abtreibung der Leibesfrucht: §§ 218—220. Abtretenlassen v. Forderungen g. Minderj.: § 302. Acker, unbefugtes Gehen rc. über fremde Aecker: § 368 Nr. 9. Adel, unbefugte Annahme: § 360 Nr» 8. Adoptiveltern, Unzucht: § 174 Nr. 1; „Angehörige": § 52. Advokat, Advokatur; Beamter, Amt? £§ 359. 31; Geheimnißbruch: § 300; Gebührenexceß: §§ 352. 358; Prävarikation: § 356; vgl. Anwalt. Aergerniß, Gottesläst.: § 166; unzücht. Handl-: § 183; Thierquäl.: § 360 Nr. 13. Affekt, Tödtung: § 212 n. 14; § 213. Akten, Verrath: § 92 Nr. 1; Beschädigung rc.: § 133. Vgl. Schriftstücke. Aktie, Nachmachung, Verfälschung: 149. 360 Nr. 6. Schl. Aktiengesellschaft, Vorstand, Bankerutt: RKO. § 314. Alignement: § 367 n. 81 -88. Alter, Strafbarkeit: §§ 55-57. 173 Abs. 4. Amt, Begriff: § 31 Schl.: § 132 n. 1 ff.; § 359. — Unfähigkeit, dauernde: §§ 31. 36; zeitige: §§ 35. 36, angedroht in §§ 128. 129. 331. 339—341. 352 bis 355. 357. 358; U. z. Erlangung eines AmteS: § 34 Nr. 3; U. z. Eisenbahnund Telegraphendienst: §§ 319. 320. — Verlust: §§ 33. 35 (81. 83. 84. 87 biS 91. 94. 95); besondere Strafgesetze: EG. § 5, Pr. EG. Art. VIII. XX, FEV. Art. V § 2, NED. Art. VIII. — Unbefugte Au sübuvg: § 132; — Verbrechen rc. im Amte: §§ 331 ff.; Ausland: § 4 Nr. 1. Amtsgewalt, Mißbrauch: § 339. Amtshandlung, Nöthigung: 114. 115; Geschenke rc.: § 331.
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Register.
Amtskleidnng (Amtszeichen), unbefugtes Tragen: § 360 Nr. 8. Amtspflicht, Verletzung: §§ 232. 332ff.; falsche Anzeige: § 164. Amtsverschwiegenheit (Verletzung der), Auswärt. Amt: § 353a. Analogie, Gesetzesauslegung: § 2 n. 3; Ausdehnung auf analoge Fälle durch e. Pol." Ddn.: Äbfch. 29 n. 44, § 367 n. 81.
Angehöriger, Begriff: § 52; Nothstand: § 54; Reizung b. Todtschlag: § 213; Begünstigung: § 257; Hehlerei: § 258; Strafantrag: §§ 247. 263. 289; Antrag, Zurücknahme: §§ 232. 247. 263. 289. 292. 303. Angelegenheiten (öffentliche), Stimmen rc. in dens. § 34; Verfälsch, d. Wahlhandl., Stimmenkauf rc.: §§ 108. 109; A. des Staats, Erörter., Geist!.: § 130a. Angelöbniß (eidliches), Zuwiderhandeln: § 162. Angriff, Widerstand im Amte: § 113; A. g. Forst, rc. Beamte rc.: §§ 117. 118; Körperverletzung: § 118; A. d. Gefangenen: 122; A. Mehrerer: § 227; Waffengebrauch dabei: § 367 Nr. 10. — Abwehr d. A.'s (Nothwehr): § 53. Ankauf gestohlener Sachen: § 259; A. v. Armaturstücken: § 370 Nr. 3. Ankündigung, d. Papiergelde ähnlich: § 360 Nr. 6 Schl. Anlage, Beschädigung von Anlagen: §§ 304. 366a. Annahme der Aufsord. (des Erbietens) zu Verbr.: § 49a; einer Herausford. : § 201. 204; v. Geschenken rc. durch Beamte: §§ 331—335; von Titeln rc.: § 360 Nr. 8. Anordnung, der Obrigkeit, Aufford. z. Ungehorsam: § 110; Verächtlichmachung: § 131; Auswanderung trotz Kais. Anordn.: § 140 Nr. 3; Blankett-Ausfüllung g. D. Anordn, rc.: § 269; poliz. Anordn., Uebertretung: Abschn. 29 n. 41; § 360 Nr. 12; § 366 Nr. 1; § 367 Nr. 2. 14; § 368 Nr. 1. 2. 8. Anpflanzungen rc. auf Dünen rc. : Pol.-Vdn.: § 366a. Anrechnung, Unlers.-Haft: § 60; im Ausl, vollzogene Strafe: §7; vorläufige Ent lassung: § 24. Anreizung, d. Soldaten z. Ungehorsam: § 112; A. z. Gewaltthätigkeiten: § 130; z. Zweckamps: § 210; Anstiftung: § 48. 50. 111; vgl. § 85 n. 21. Anschlag: Aufforderung z. Hochverrath durch Anschlag: § 85; desgl. z. Ungehorsam: § 110; dgl. z. strafb. Handlungen: § 111; A. unzüchtiger Abbildungen: § 184. Abreißen rc. angeschlagener Bekanntmachungen: § 134. Anschuldigung, falsche: §§ 164. 165. An-sich-bringen, Partirerei: § 259. Anstalt; Unzucht, Beamter rc.: § 174; Renten-A. rc., Errichtung: § 360 Nr. 9.
Anstifter: §§ 48. 50. 111. Antrag auf Bestrafung: §§ 61—65; Ausland: § 4 Schl., § 5 Nr. 3. — Antrags vergehen rc.: §§ 101-104. 123. 170. 172. 179. 182. 189. 194—196. 232.236. 237. 247. 263. 288. 289. 292. 299. 300-302. 303. 370 Nr. 5. 6 Schl.
Anvertrante: Macht, Hochverrath: § 84; Person, Unzucht, Untreue: §§ 174. 266 Nr. 1; Sachen, Veruntreuung, Untreue: §§ 246. 266; Geheimnisse, Schriftstücke: §§ 300. 348. 353a; Briefe, Pakete, Depeschen: §§ 354. 355; Angelegenh. in Rechtssachen: § 356; Beaufsichtigung v. Gefangenen: § 347. Anwalt, Anwaltschaft; Beamter, Amt? §§ 359.31; Geheimnißbruch: § 300; Gebührenexceß: §§ 352. 358; Prävarikation: § 356. Anwerben zum Militärdienste einer ausländischen Macht: § 141. Anzeige, Abreißen rc. off. A.: § 134; unterlassene A.: § 139; § 141 n. 12; § 257 n. 7; § 259 n. 14; § 333 n. 5. 6; EG. § 2 n. 42; falsche A.: § 164; dienstl. A-, Belegung: § 193. Apotheker, Geheimnißbruch: § 300; vgl. Arzenei, Gift. Arbeit, Zwang in Strafanst.; §§ 15—17; Landstreicher rc.: § 362; Forstarbeit rc.: CG. § 6; Pr. EG. Art. X, NEV. Art. X, EL. EG. Art. V. Arbeitsbuch, falsches: § 363. Arbeitshaus, Landstreicher rc.: § 362; Verjährung: §71 n. 6. Arbeitsscheu, § 361 Nr. 7; Arbeitshaus: § 362. Arglistiges Verschweigen v. Ehehindernissen rc.: §170. Armaturstück, Ankauf rc.: § 370 Nr. 3. Armenanstalt, vgl. Anstalt.
Arrestbruch: § 137. Artillerie, vgl. Munition (§ 291). Arzenei, Zubereitung, Verkauf, Feilhalten: § 367 Nr. 3. 5. £) r r cn b r f f. D. Slnifqcsctzbuch.
Ausg.
58
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Register.
Arzt, Unzucht: § 174 Nr. 3; Zweikampf: § 209; sahrl. Tödi.: § 222 n. 12. Zeugniß: §§ 277—280; Geheimnißbruch: § 300; Beurl.-Stand, AuSwand.: § 140. Ascendent, Beischlaf: § 173; Kuppelei: § 181 Nr. 2; KindeöauSsetzung: § 221; Diebstahl, Unterschlagung, Betrug rc.: §§ 247. 263. 289. 370 Nr. 5. Aufbewahrung, amtliche A. v. Urkunden rc., Vernichtung rc.: § 133; A. v. Gift, Pulver rc.: § 367 Nr. 5; A. feuerfangender S.: §§ 367 Nr. 6. 368 Nr. 5. Aufenthalt, Untersagg, Pol.-Aufsicht: § 39; Militärpfl., Ausland: § 140. Aufforderung z. Verbrechen: § 49a; öff. A. z. Hochverrath u. anderen Mißth.: §§ 85. 111; z. Ungehorsam: §§ 110. 112; vergebt. A., Auflaus: § 116; vergebt. A. z. Hülfe: § 360 Nr. 10; A. z. Fortgehen, Polizeistunde: § 365. Austebung eines amtlichen Verschlusses: § 136.
Anflanf: § 116. Anfnahme feindlicher Spione: § 90 Nr. 5, v. Festungsrissen: § 360 Nr. 1. Aufruhr, §§ 115. 116; Brandstiftung: § 307 Nr. 2, § 315; Kriegszustand: EG. § 4, EL- EG. Art. IV.
Aufsicht, Untreue: § 266; Amtsvergehen: § 357; Strafanstalt: NEV. Art. XIV; vgl. Beaufsichtigung.
Aufstand unter den Truppen: § 90 Nr. 6, EG. § 4, EL. EG. Art. IV. Ausstellen von Sachen, gefährliche«: § 366 Nr. 8. 9. Ausbesserung, Einsturz: § 367 Nr. 13; SicherungSmaßregeln: § 367 Nr. 14. Ausbeutung der Nothlage, Wucher: §§ 302 aff. Ansbrnch der Gefangenen: § 122. Auseinandersprengnng gesetzgebender Versamml.: § 105. Ausgeben v. rc. Schriftstücken durch Geistliche: § 130a. Ausgießen aus die Straße hinaus: § 366 Nr. 8. 9. Ausland, Begriff: § 8; Bestrafung v. Verbrechen rc.: §§ 4—7. 298; Abschn. VI (s. 255 ff.); abermalige Strafverfolgung: § 37; falsches Geld: § 147 ; falsche Urkunde: § 267. Ausländer: §§ 3. 4; Landeöverrath: § 91; feindl. Handl, g. befreundete Staaten: § 102; Verweisung a. d. Bundesgebiete: § 39 Nr. 2; §§ 362. 361 Nr. 2; Glücks spiel: § 284; Fischen: § 296a.; Bettelei rc.: § 362; Rückkehr: § 361 Nr. 2.
Auslieferung: § 9. Aussetzung: §221; Entführung: § 234. Ausspielung: § 286. Ausstellung, Aufforderung z. Hochverrath: § 85; z. Ungehorsam: § 110; z. Miß thaten: § 111; A. unzüchtiger Schriften rc.: § 184.
Aussteuerkaffe, Errichtung: 8 360 Nr. 9. Auswanderung: § 140; Reservist rc.: § 360 Nr. 3; Verleitung: § 144. Auswärtiges Amt; Verletzung der Amtsverschwiegenheit rc.: § 353a. Auswerfen von Sachen auf die Straße: § 366 Nr. 8. Autoritäts-Zeichen; Beschädigung rc. §§ 135. 103a.
Bande, Diebstahl: § 243 Nr. 6; Raub: § 250 Nr. 2. Bankerntt: (§§ 281—283) RKO. §§ 209ff.; vgl. Konkurs. Bankhalten: §8 284. 285. 360 Nr. 14. Schl. Banknote, Fälschung: § 149; Abbildungen rc.: § 360 Nr. 6. Schl. Baumaterialien, Anzünden: §§ 308—310. 325. Baute, ordnungswidrige: § 330; Baupolizei: § 367 Nr. 13—15. Bauwerk, Zerstörung: § 305; Ausbesserung, unvorsichtige: § 367 Nr. 14. Beamter, wer? § 359; Verbrechen rc.: §§ 331—358; strafbare Verbindung: §8 128. 129; Unzucht: § 174; fahrlässige Tödtung: § 222; fahrlässige Körperverletzung: §§ 230. 232; Beleidigung: § 193; Versicherung auf Diensteid: § 155 Nr. 3; Widerstand: § 123; Nöthigung: § 114; Beleidigung e. B.: §§ 196. 197; vgl. Amt, Eisenbahn-, Kassen-, Post-, Telegraphenbeamter, Richter. Beaufsichtigung, Maßr. g. Kinder: § 55; Gefangene, Befreiung: §§ 121. 122. 347; Eisenb., Telegr., Vernachläss.: §§ 316. 318. 355; vgl. Aufsicht. Beerdigung, heimliche, vorzeitige: § 367 Nr. 1. 2. Beförderung eines Irrthums, Anstiftung: § 48; Desertion: § 141; Gefangene, Befreiung: §§ 121. 347; B.'S-Gegenst., Diebst.: § 243 Nr. 4; B. v. Gift, Pulver, Sprengstoffen: § 367 Nr. 5.
Register.
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Befreiung v. Gefangenen: §§ 120ff. 347. Befreundete Staaten (feinbl. Handlungen g.): §§ 102—104. Befriedetes Besitzthum; Eindringen: §§ 123—125. Begnadigung s. Straferlaß. Begiinstignng: § 257; B. v. Diebstahl rc. g. Angehörige: §§
247. 289; Antrag: § 63; Ersatz. Hannover: NEB. Art. XV § 3. — Brandstist.: § 307 Nr. 2; Begünst. eines Gläubigers, Konkurs: RKO. § 211; id. bei der Spezial-Exekution: § 288 n. 8. 10. Behältniß: § 243 Nr. 2. 3 n. 18. 38-42. Behauptung, verächtlich machende g. Anordnungen d. Obrigkeit rc.: § 131; g. Andere:
§§ 186-191. Behörde, Begriff:
§ 114 D. 7ff.; § 164 n. 1; § 196 n. 4 u. (negativ) § 197 n. 2; Stralvollstr.: § 72; Ncthigung: § 114; falsche Anschuld.: § 164; Beleidigung: § 196; Täuschung: §§ 277-280. 363. Beihiilfe, §§ 49. 50. 257 Abs. 3; Uebertrett.: Abschn. 29 n. 7. 12. 42. Vgl. Hülfe. Beischlaf, Blutschande: § 173; B. m. Bewußtlosen; § 176 Nr. 2; Nöthigung: § 176 Nr. 1; Verleitung: § 178; Verführung; § 182. Beiseiteschaffuug v. Urkunden rc.: §§ 133.348; gepfändeter S.: § 137; v. Leichen: § 367 Nr. 1; b. Bankerutt: §§ 281. 282; b. drohender Exek.: § 288. Beistand; gerichtlicher, Unfähigkeit: § 34 Nr. 6; Beistand leisten Mißthätern (Begünstigg): §§ 257. 258, feindlichen Spionen; § 90 Nr. 5; beiden Prozeßparteien. Rechtsdeistände rc.: § 356. Bekanntmachung v. Staatsgeheimnissen: §92 Nr. 1; öffentliche, Abreißen rc.: § 134; B. d. Strafurtheils: §§ 165. 200; EG. § 6 n. 8. Belagerungszustand, Gesetz: EG. §4; NEV. Art. II H; EL. EG. Art. IV. Beleidignug: §§ 185—200; B. eines Fürsten: §§ 95. 97. 99. 101. 103. 4 Nr. 2; B. eine« Gesandten rc.: § 104; B. v. Beamten rc.: §§ 196. 197; B. der An gehörigen: § 195; B. v. Verstorbenen: § 189; thätliche B.: § 185; öffentliche: § 186; verleumderische: § 187; wechselseitige: § 198; Erwiderung: §§ 199. 233; Antrag: §§ 189. 194—198; Betanntm.: § 200; Buße: § 188; Privatklage: § 185 n.30; § 188 n. 16. Bemächtigen, sich, eines Menschen: § 234. Bergwerk, Brandstiftung: §§308—310. 325; Vorrichtungen, Zerstörg: §§321. 326; bergpol. Vdn.: Abschn. 29 n. 26. 54a. 69; Gedingstuse: § 267 n. 41. Bericht, LandtagSverhdl.: § 12; falsche B.: § 267 n. 75; § 348 n. 7. Beruf, fahrt. Tödtung rc.: §§ 222. 230; Antrag: §§ 196. 232; B/S'Mißbrauch, Geist!.: § 130a; Landtagsmitglied rc. § 11. Beschädigung (Zerstörung) v. Bekanntmachungen rc.: § 134; v. Hoheitszeichen: § 135; amtlicher Siegel: § 136; amtlicher Urkunden rc.: § 133; anderer Urkunden: § 274 Nr. 1; durch Beamte: §§ 348. 349. 351; B. eines Grabes r § 168; eines Grabmals: § 304; der Gesundheit: § 223; deS Vermögens: § 263 n. 13 ff ; fremder Sachen: § 303; B. v. Denkmälern rc.: § 304; v. Gebäuden rc.: § 305; v. Brücken: § 90 Nr. 2. 305. 321; B. durch Pulver rc.: §§ 311. 325; B. v. Wasserleitungen rc.: §§ 321. 325. 326; vgl. Zer störung. Bescheinigung (Beglaubigung), Stempel, Formular: § 360 Nr. 4. 5. Schl. Beschimpfung Verstorbener: § 189; vgl. Beleidigung, Kirche, Unfug. Vermögens: §---------93.140; ~ Bei-Seite-Schaffen B.: §-----137. Be Magnahme d. ~ " ~ " a. 1d. ~ Bes chneiden v. Metallgeld: § 150. Bef.serungsanstalt f. jugendliche Verbrecher: §§ 55. 56; Besserungsnachhast.' § 362. Bestechung: §§ 332—335; Wahlbestechung: § 109. Bestimmen z. e. Mißthat: §§ 48. 216; z. e. Amtspflichtverletzung: § 333. Betrug: §§ 263—265; Bankerutt, betrüg!.: (§ 281) RKO. § 209. Bettelei: § 361 Nr. 4; 362; Entführung z. B.: § 235.
Beurkundung: § 271 n. 5—7; §§ 348. 349. Beurlaubter (Militärperson); Aufforderung z.
Ungehorsam: § 112; Auswanderung: § 140 Nr. 2; § 360 Nr. 3. Beurlaubung Beurtheilter: §§ 23—26. Bevollmächtigter, Untreue: § 266 Nr. 2. Bewaffnete Haufen, Bildung: § 127; bewaffnete Macht, Widerstand: § 113; Beleidigg: § 196; Bestechung: §§ 333. 335; Beamte: § 359 n. 49.
916
Register.
Beweismittel,
Vernichtung re.: § 274; deSgl. z. Nachtheil des Bundes rc.: § 92 Nr. 2; Betrug: § 263 n. 2. 6. 26; Fälschung: $ 267 n. 40fs. Bewußtlosigkeit: §51; Beischlaf: § 176 Nr. 2. § 177; Bemächtigg: § 234 n. 6.
Bigamie: § 171. Bilanzziehung (unterlassene),
Baukerutt: (§§ 283. 281) RKO. §§ 210. 209 n. 55.
64 ff.
Blankett, Mißbrauch: § 269; Stempelblankett; vgl. St empelpapier. Blutschande: § 173. Böswilliges Beschädigen rc.: §§ 103 a. 134. 135. Bracker, Untreue: § 266 Nr. 3. Brandstiftnng, vorsätzliche: §§ 306-308. 310. 325; Kriegszustand: EG.
§ 4. EL. EG. Art. IV; fahrlässige B.: §§ 309. 310; Anzündung versicherter Sachen: § 265; Bedrohung mit B.: § 254; gemeingefährliche: §§ 308—310. 325. Brief, Eröfsng: § 299; Postbeamte: §§ 354. 358; Urkunde? § 267 n. 40. Briefkuvert, Fälschung: § 275. Brücke, Zerstörung: § 90 Nr. 2. 305; gemeingefährl.: §§ 321. 325; Baute, SicherungSmaßr.: § 367 Nr. 14. Brunnen, Vergiftung: §§324—326; Bedeckung: § 367 Nr. 12; Baute, Sicherungs maßregeln : § 367 Nr. 14. Bücher, Fälschung öffentlicher B.: §§ 271-273; Beamter: §§ 348. 349. 351. Bülte, Hauen: § 370 Nr. 2. Bundesfürst, Hochverrath: §§ 80. 81 Nr. 1, EG. § 4, EL. EG. Art. IV; Beleid.: §§95. 99; Thätliche: §§ 94. 98; BundeSfürstl. HauS: §§96. 07. 100; Beschä digung d. Wappens: § 135; Wappen, Waarenbezeichn.: § 360 Nr. 7. Bundesgebiet, Hochverrath: § 81 Nr. 3. 4, EG. §4, EL. EG. Art. IV; Verwei sung: § 39 Nr. 2; 284. 362; Rückkehr: § 361 Nr. 2. Bundesstaat (einzelner) Hochverrath: § 81 Nr. 2. 4, EG. §4, EL. EG. Art. IV; Gesetzgebende Versammlung: §§ 92. 97; Hoheitszeichen, Beschädigung: § 135; Gebiet: §§ 81 Nr. 4. 361 Nr. 2. Bürgerwehr, Widerstand: §113. Buße, Beleidigung: § 188; Körperverletzg: § 231; Nachlaß: § 30 n. 3.
Cession; Schuldscheine Minderjähriger: §301; wucherl. Forderungen: § 302 c. Civileinreden: § 292 n. 6; § 296 n. 6; § 366 n. 24; 368 n. 34; 370 n. 4. 9a; Ruhen d. Verjährg.: § 69 n. 6.
Civilhaftbarkeit, vgl. Haftbarkeit. Civilklage (Rh. Recht), Verjährung: Civilprozeß: Pr. EG. Art. xvi. Coupon, vgl. ZinSschein.
Pr. EG. Art.
XII
§ 1, EL. EG. Art.
VI.
Damm, (Deich, Beschädigung rc.: Darstellungen (strafbare), Platten
§§ 305. 321. 325. 326. rc. Unbrauchbarmachg.: §§41. 42; Aufsord. z. Hochverrath u. auderen Mißthaten: §§ 85. 111; z. Ungehorsam: § 110; unzüchtige D.: § 184; beleidigende D.: §§ 186. 187. 200. Dauerdelikte: §74 n. 9a; Strafunmündige: §57 n. 4; Verjährg: §67 u. 7; Beisp.: § 140 Nr. 1 (n. 10); Auswanderg, Bigamie? § 140 n. 21; § 360 n. 17; § 171 n. 6. Degradation civique: EL. EG. Art. V. Denkmal, Beschädigung rc.: § 304. Depesche, telegraphische, Fälschung rc.: §§ 355. 358; Urkunde? § 267 n. 63. Desertion, Verleitung: §§ 141. 90 Nr. 3.
Detention: EL. EG. Art. V. Deutsche Staaten, seindl. Handlungen Diebstahl: §§ 242—245. 247. 248;
g. dieselben: § 102. einfacher: § 242; schwerer: §§ 243. 244; in Bauden: § 243 Nr. 6; § 250 Nr. 2; Funddiebstahl: § 246 n. 37; D. mit Ge walt rc. (Raub): § 252; g. Verwandte rc.: §§ 247. 370 Nr. 5; v. Nahrungs mitteln: § 370 Nr. 5. Schl.; Futterdiebstahl: § 370 Nr. 6. Schl.; Holz-D.: EG. §2; Munition: § 290; Rückfall: §§ 244. 245; Begünstigung .Hehlerei): §§ 258.261; Ankauf gestohlener Sachen: § 259; Gebrauchs rc. -D.: § 289; unter lass. Abhaltung v. D.: § 361 Nr. 9.
Register.
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Dienst, in feindl. Kriegsmacht: § 88; als Spion: § 90; Schiffsdienst, sich entziehen; § 298; vgl. Amt.
Dienstbote, Diebstahl. Unterschlagung: § 247; Futterdiebstahl: § 370 Nr. 6; unter lass. Abhallen v. Diebst.: § 361 Nr. 9; Züchtigg's-Recht? § 223 n. 11; Beleid. durch d. Herrschaft: § 185 n. 8; Miethpfennig, Betrug: § 263 n. 37. 74. Dienstbuch, Fälschung: § 363. Diensteid, Beamter: § 359; Versicherung aus D. (Meineid): § 155 Nr. 3. Diensträume, Eindringen: §§ 123. 124. Dietrich, Verabfolgung: § 369 Nr. 1; Diebstahl: § 243 Nr. 3. 4. Differenzhandel, Bankernit: (§§ 283. 281) RKO. § 210. 209 n. 6.
Diplomatischer Landesverrat!): § 92. Disciplinarsachen, Geldbuße, Umwandlg? § 28 n. 21; Lerjährg: §67 n. 24: §70 n. 21; Dlsc. - Untersuchungen, Strafvollstreckg: § 334 n. 2; § 343 n. 2; § 344 n. 1; § 345 n. 4; § 346 n. 3; Landesgess.: EG. §2 n. 31; § 5 n. 9; § 6 n. 2; Rh. Personenstands-Beamte: Pr. EG. Art. XII n. 14. 17. Dividendenschein, Fälschung rc.: §§ 149. 360 Nr. 6. Schl. Dolus (strafrechtlicher): §59 n. 1 ff. 16; Theilnahme: § 47 n. 3-5. 10. 11. 18. 26; § 48 n. 1. 2. 7. 20. 45; §49 n. 2. 14-16; Übertretungen: Abschn. 29 n. 8ff.; dolus eventualis? § 59 n. 7; § 110 n. 13; § 113 n. 24; § 241 n. 6; § 367 n. 52. Drohung (Androhung, Bedrohung), Anstiftung: § 48; Anreizung z. Zweikampf: § 210. D- g. Reichstagsmitglieder rc.: §§ 106. 339; g. Beamte: §§113. 114; Hinderung z. wählen: §§ 107. 339; Hinderung d. Gottesdienstes: § 167; Be drohung mit Gefahr für Leib und (oder) Leben: §§ 52. 176. 177. 249 re.; B. mit Berbrechen (bzw. Vergehen): tz§ 240. 241; Androhung e. gemeingesährl. Ver brechens: § 126; Entführung durch D.: §§ 234—236; Diebstahl (Raub) mit D.: § 249ff.; Erpressung: §§ 253 — 255; Bettelei: § 362; Nöthigung: § 240; Nöthigung z. e. Mißthat: § 52; z. Unzucht: § 176 Nr. 1; z. Beischlaf: § 177; Beamter: §§ 339. 358. Drucksachen; vgl. Schriften. Duell; vgl. Zwei kam pf. Studentenduelle: s. 446 n. 4; 897 n. 27; Amerikan. D.: Abschn. 15 n. 1; § 211 n. 7. Dünen, Schutz, Pol.-Bdn.: § 366 a. Dünger, Aufsammeln: Diebstahl: § 242 n. 11. 57; § 370 n. 7. Duldung, Nöthigung z. D. unzüchtiger u. anderer Handl.: §§ 176—178. 240. 253 ff. 339.
Ehe, Doppelehe: §§ 171. 338; Verleitg: § 170; Ehehinderniß, Verschweigg: § 170; Entführg: §§ 236—238; Beamter (Geistlicher): § 338; vgl. Trauung.
Ehebruch: § 172. Ehefrau, Strafantrag: § 195; Unzucht: § 176 n. 14; Bankerutt: § 281 n. 11. Ehegatte, Angehöriger: §52; Beleid.: § 185 n. 8. 11; Strafantrag: §§ 195. 189; Drebstahl rc : §§ 247. 370 Nr. 5. Schl.; d. eigenen Sache: § 289; vgl. Ange höriger. Ehrenrechte, Verlust: §§32—37; Versuch: §45; Strafunmündiger: §57 Nr. 5; Konkurrenz: § 76; fakultative Verhängung: §§ 32. 108. 109. 133. 142. 143. 150. 160. 161. 164. 168. 173. 175. 180. 183. 248. 262. 263. 266. 280. 284. 289. 294. 302 ff. 304. 333. 350; nothw. Verhängung: § 161. 181. 302 d. Ehrenwort, Minderjähriger, Kredit: § 302; Wucher § 302 b; Fälschung: § 267 n. 12. Ehrenzeichen, Verlust: § 33; Unfähigkeit: §34; unbefugtes Tragen: § 360 Nr. 8. Ehrlose Gesinnung, Zuchthaus, Festungshaft: §20. Eichung, Maße rc'.: § 369 Nr. 2. Eid, Minderj., eidl. Versicherg: § 302; Wucher: § 302 b; vgl. Mein eid, Diensteid. Eidesbrnch: §§ 162. 153 n. 5. Eier, Ausnehmen: § 368 Nr. 11. Eigennutz: Abschn. 25 (Überschrift); Kuppelei: § 180. Eigenthümer, Wegnahme der eigenen Sache b. Pfandgläubiger rc.: § 289. Einbruch, Diebstahl: § 243 Nr. 2. Eindringen in fremde Wohnungen rc.: §§ 123. 124. Einfahren v. Pferden, Gefahr: § 366 Nr. 2.
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Register.
Einfuhrverbot, Krankheiten: §§ 327. 328. Einlaffen (sich) mit einer ausländ. Regierung rc.: §§ 84. 87. Einsatzstrafe, Realkonkurrenz: § 74 n. 23 ff. Einschleichen, Diebstahl: § 243 Nr. 7; Raub: § 250 Nr. 4. Einsicht, Strafunmündige: § 56. Einsperrung, widerrechtl.: §239; Arbeitshaus: § 362; Besserungöanst.: §§ 55. 56. Einsteigen, Diebstahl: § 243 Nr. 2. Einsturzdrohende Gebäude, Ausbesserung rc.: § 367 Nr. 13. Einverleibung (gewalts.), Bundesgebiet, Bundesstaat: § 81 Nr. 3. 4. Einzelhaft, Vollstreckung: §22. Einziehung: §§ 40. 42; besondere Strafgesetze: EG. § 5; Pol.-Vdn.? Abschn. 29 n. 72; Schadensersatz, Vorzug: Pr. EG. Art. XXVII § 3; EL. EG. Art. XV; E. wird angedroht in den §§ 152. 295. 296a. 360 Schl.; 367 Schl.; 369 Schl.; Verfallenerklärung: § 335; E. eines Schiff's rc.: § 297. Eisenbahn, Zerstörung, Gefährdung rc.: §§90 Nr. 2. 305. 315. 316. 325; EG. § 4, EL. EG. Art. IV; Diebstahll: § 243 Nr. 4; Raub: § 250 Nr. 3. Eisenbahnbeamter, Transport, Gefährdung rc.: §316; Unfähigkeit: §§ 319. 320; Eisendahnbeamte, Vorgesetzter: § 359 n. 40; § 196 n. 18. Eisenstrase: NEV. Art. ix. Eltern, Beischlaf mit Kindern: § 173; Kuppelei: § 181 Nr. 2; Aussetzung rc.: § 221; Diebstahl rc.: §§ 247. 361 Nr. 9. 370 Nr. 5. Schl.; Besihdiebstahl: § 289; Betrug: § 263; Todtschlag: §215; Körperverletzung: § 223. 228; Entziehung der Kinder: § 235; Verführg, Beleidgg, Antrag: §§ 182. 189. 195. Empfehlungskarte, Papiergeld: § 360 Nr. 6. Schl. Emprisoimement: EL. EG. Art. V. Entführung: §§ 236—238: Menschenraub: §§ 234. 235. 139; Minderjähriger: §235. Entlassung a. e. Freiheitsstrafe, vorläufige: §§ 23—26. Entlaufen mit der Heuer: § 298. Entschädigung, vgl. Schadensersatz. Entstellung v. Thatsachen: §§ 131. 263. 353a. 358. Entweichenlafsen, Gefangene: §§ 121. 347. Entwendung, NahrungSm. rc.: § 370 Nr. 5: Feldfrüchte: § 242 n. 50 ff. Entziehen der Verstrickung: §137; dem Milit.-Dienste rc.: §§ 140. 143; den Eltern rc.: § 235; der Bestrafung rc.: §§ 257. 258. 346; dem Schifisdienste: § 298. — Entziehung öffentlicher Aemter, Landesgesetze: EG. §5. Entzündliche Waaren rc., Aufbewahrung: § 367 Nr. 6. Erbieten (sich) zu Verbrechen: § 49 a. Erbrechen, Behältniß, Diebstahl: § 243 Nr. 2; E. amtlicher Siegel: § 136. Erdegraben auf fremden Wegen rc.: § 370 Nr. 2. Erdichtete Thatsachen: §§ 131. 353 a (271); Forderungen rc., Bankerutt: (§§281. 282) RKO. §§ 209. 212; Betrug: § 263 n. 61. Ermächtigung z. Verfolgs §§ 99. 101. 197; Zurücknahme: Pr. EG. Art. XVII. Eröffnung v. Briefen, Packeten, Depeschen: §§ 299. 354. 355. Erpressung: §§ 253—255; räuberische E: § 255; Beamter: §§ 339. 358; E. von Geständnissen: § 343. Ersatzreservist, Auswanderung: § 360 Nr. 3. Erschwerende Umstände, vgl. Umstände. Erwerb rc. wucherlicher Forderungen: § 302c. Erwiderung einer Beleidigung, Körperverletzung: §§ 199. 233. Erzieher, Unzucht: § 174 Nr. 1; Kuppelei: § 181 Nr. 2; Diebstahl rc.: § 247; Betrug: § 263. Erziehungsanstalt, Einsperrung: §§ 55. 56. Eßwaaren, Verkauf verdorbener rc. E.: § 367 Nr. 7. Schl.; Entwendung: § 370 Nr 5. Schl. Exceß des TheilnehrnerS: § 47 n. 15; § 48 n. 43—45; § 49 n. 16; Nothwehr: § 53 (n. 3. 9. 16—18); Nothstand: §54 n. 8; Widerst, g. d. Exceß eines Be amten: § 113 n. 17; Gebührenexceß: §§ 352. 358; Feldexceß: § 303 n. 14. Exekutivstrafen: § 28 n. 21; § 288 n. 2a; § 341 n. 6; § 345 n. 4; § 346 n. 1; Abschn. 29 n. 35. Explodirende Stoffe: §§ 311. 367 Nr. 4. 5; Fischen: § 296.
Register.
Fähre, Beschädigung Fahren, schnelles: §
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rc.: §§ 321. 325. 326. 366 Nr. 2; Vorbeifahren, Hinderung: § 366 Nr. 3; F. mit Schlitten ohne Deichsel rc.: § 366 Nr. 4; über fremde Gärten rc.: § 368 Nr. 9. Fahrlässigkeit: § 59 n. 19ff.; kommt vor in §§ 121. 163. 222. 230. 232. 309. 314. 318. 319. 326. 329. 345. 347. Theilnahme? § 47 n. 21; § 48 n. 20. 22. Fahrwasser, Störung: §§ 321. 325. 326. Falscher Eid rc.: § 153ff. Falscher Namen; vgl. Namen. Fälschung, Urkunde: § 92 Nr. 2. 267—280; intellektuelle: §§ 271—273; F. des Wahlresultats: § 108; v. Geld: §§ 146—150; v. Stempelpapier rc.: § 275; v. Attesten: §§ 277. 363; v. Telegrammen: §§ 355. 358. Familie, Strafunmündiger: § 56; Unterbringg b. Familien: §55 n. 9. Familienrath, Unfähigkeit: §34 Nr. 6. Federwild, Ausnehmen der Eier rc.: § 368 Nr. 11. Feilhalten; vergiftete rc. Sachen: § 324; Arzneien, Gift, Pulver rc.: § 367 Nr. 3. 5; verfälschte rc. Getränke rc.: § 367 Nr. 7; Stockdegen rc.: § 367 Nr. 9; ver wendete rc. Stempelmarken rc.: § 364. Feind, Dienst im Heere: § 88; EG. § 4; Vorschubleisten: §§ 89—91, EG. §4; EL. EG. Art. IV. Feindliche Handlungen g. befreundete Staaten: §§ 102—104. Feldsruchte, Diebstahl: § 242 n. 51 ff.; Anzünden: §§ 308-311. Feldmesser, Untreue: § 266 Nr. 3. Feldpolizeigesehe, EG. § 2, EL. EG. Art. II; §361 Nr. 9; Preußische: §242 n. 44. 50—60, § 370 n. 25; unterlass. Abhalteu v. Feldfreveln: § 361 Nr. 9. Festnahme, rechtswidrige: § 341. 358; Strafvollstr., Verjährung: §72; F. vor läufig Entlassener: § 25. Festtag, Störung: § 366 Nr. 1. Festung, Zerstörung rc.: § 90 Nr. 1. 2, EG. § 4, EL. EG. Art. IV. Festungshaft: §§ 17. 19, EL. EG. Art. V; Wahl zw. F. und Zuchthaus: § 20; Verhältniß der F. z. Gefängnißstrafe: §21; Zusammentrefien mit Gefängniß: §75; Strasunmündige: §57 Nr. 2; Versuch: §44; Beihülse: § 49; Verjährung: § 70 Nr. 1. 3—5; F. wird angedroht in den §§ 81. 83—86. 87—92. 94—107. 201—206. 209. 345. Schl. Festungspläne, Mittheilung rc.: §§ 90 Nr. 4, 92 Nr. 1, EG. §4, EL. EG. Art. IV; Aufnahme: § 360 Nr. 1. Schl. Feuer, Unvorsichtigkeit: § 368 Nr. 5; Anzündung von Wäldern rc.: § 368 Nr. 6; Uebertretung feuerpolizeilicher Anordnungen: § 368 Nr. 8. 369 Nr. 3. Vgl. Auf bewahrung. Fenerlöschgeräthschasten, Unterhaltung: § 368 Nr. 8; Unbrauchbarmachung rc., Brandstiftung: § 307 Nr. 3. Feuerstätte, Errichtung rc.: § 368 Nr. 3; Unterhaltung: § 368 Nr. 4; Polfieivorschristen: § 369 Nr. 3. Feuerversicherung, Anzündung einer versicherten Sache rc.: § 265. Feuerwerke, Zubereitung rc.: § 367 Nr. 4; Aufbewahrung re.: § 367 Nr. 5; Ab brennen: § 368 Nr. 7; 367 Nr. 8. Feuerzeichen 's. d. Schifffahrt), Zerstörung rc.: §§ 322. 325. 326; Krieg rc.: EG. § 4, EL- EG. Art. IV. Fischen, unberechtigtes: §§ 296. 370 Nr. 4. Schl.; in Küstengewässern: § 296a; Polizei-Gesetze: EG. §2, Pr. EG. Art. II, NEB. Art. VI Nr. 1, EL. EG. Art. II; unterlass. Abhalten der Kinder: § 361 Nr. 9. Fleisch, trichinenhaltigeS: § 367 Nr. 7; § 324 n. 7; § 326 n. 3; § 230 n. 4. Flottendienst, Entziehen: § 140. Fluß, Fahrwasser: §§ 321. 325. 326. Formen, vgl. Platten. Formular z. Papiergeld, öffentlichen Attesten rc.: § 360 Nr. 5. Schl. Forstarbeit, statt der Gefängniß- oder Geldstrafe: EG. § 6, Pr. EG. Art. X, NEB. Art. X, EL. EG. Art. V. Forstbeamter rc., Widerstand: § 117.118. Forstdiebstahl, EL. EG. Art. II; § 242 n. 50 ff.
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Forstpolizei, besondere Gesetze: CG. § 2, Pr. EG. Art. II, NEV. Art. VI Nr. 1, EL. EG. Art. V; § 361 Nr. 9; § 242 n. 50. 58. 60.
Fortgesetzte Verbrechen rc ? § 74 n. 3ff.; § 67 n. 5; § 57 n. 4.
Fortgesetzte Be gebung v. Raub rc.: § 243 Nr. 6. Fortkommen, Nachtheil, Buße: § 188; Fälschung rc.: §§ 363. 268 n. 3. Freiheit, Verbr. rc. g. d. Pers. F.: §§ 234—241; durch Beamte: §§ 341. 358. Freiheitsstrafen, Arten: § 14 ff.; Dauer: § 19; Umwandlung: §§ 28. 29; Straf unmündiger: §§ 56. 57; Konkurrenz: §§ 74—77. Freimarke, falid)«*, Gebrauch. Anfertigung, Verfälschung: § 275. Frieden, äff., Störung: § 126; Gefährdung: § 130. 130a. Früchte, Anzündung: §§ 308—310. 325; Entwendung: § 370 Nr. 5. Schl. Führuttgszengnih, falsches: § 363. Fund, Unterschlagg: § 246 n. 6. 25. 37. 61; § 259 n. 8. 11. 18. Furtum possessionis: §§ 289. 290. Fußangel, unbefugtes Legen: § 367 Nr. 8 Schl. Futterdiebstahl, § 370 Nr. 6 Schl.
Garten, Steinwerfen rc.: § 366 Nr. 7; unbefugtes Betreten: § 368 Nr. 9; Gar« tensrüchte, Enwendung: § 242 n. 51 ff.
Gebäude, gottesdienstl., Diebstahl; § 243 Nr. 1; bewohntes, Diebst.: § 243 Nr. 7; Raub: § 250 Nr. 4; Zerstörung: § 305; Brandstiftung: §§ 306 — 310. 325; Steinwerfen: § 366 Nr. 7; Ausbesserung, Sicherungsmaßregeln: § 367 Nr. 13.14. Gebrauchen z- Betteln rc., Entführg.: § 235; Gebrauch der Pers. Freiheit, Beraubg: § 239; G. falschen Geldes: §§ 146 ff.; falscher Urkunden, Stempelmarken rc: §§ 267—270. 273. 275—280. 363; v. Wappen: § 360 Nr. 7; v. Pfandobjekten, Pfandleiher: § 290; v. Pulver, Zerstörung: §311; Gebrauchsrecht, Verletzung: tz 289; vgl. M ißbrauch. Gebühren, widerrechtl. Erhebung: §§ 352. 353. 358. Gefahr, Nothstand: § 54; verweigerte Hülfe: § 360 Nr. 10; Zureiten rc. m. ge meiner G.: § 366 Nr. 2; gemeingefährl. Verbr. rc.: §§ 306 — 330; gesährl. Werkzeuge: §§ 117. 223a. 367 Nr. IO; vgl. Drohung, Gefährdung. Gefährdung des off. Friedens: ߧ 130. 130a; des Kredits: §§ 187. 186 n. 19. 188 n. 17; eines Vermögensrechts: § 263 n. 25; eines Schiffs rc. durch Contrebande: § 297; des Lebens (Mißh.): § 223a; von Leben u. Eigenthum: §§ 306—330. Gefangenanstalt, Strafverbüßung: § 16; Befreiung aus der G.: § 120. Gefangenaufseher, Befreien (Entweichenlassen) eines Gefangenen: §§ 121. 347; Widerstand rc. der Gefangenen g. d. Anstaltsbeamten: § 122; Unzucht: § 174. Gefangener, Beschäftig, rc.: §§ 15—17; Strasunmündige: § 57; Befreiung: §§ 120. 121; durch Beamte: § 347; Zusammenrottg: 122; Unzucht: § 174. Gesängnißstrafe: § 16; EL. EG. Art. V; Berechnung: § 19; Verhältniß zu Zucht haus und Festungshaft: §21; Zusammentreffen: §75; Einzelhaft: §22; Ent lassung: §§ 23 — 26; Umwandlung: §§ 28.29: Verjährung: § 70 Nr. 3— 5; besondere Gesetze: EG. §§ 5. 6, Pr. EG. Art. IX, FEV. Art. VI § 3, NEG. Art. IX, EL. EG. Art. V. Gesängnihverwaltung: NEV. Art. XIII; vorläufige Entlassung: §25. Gegenseitigkeit mit anderen Staaten: §§ 102. 103. Geheime Verbindung: §§ 128. 129. Geheimniß, Verrath: § 92 Nr. 1; v. Privatgeheimn.: § 300; v. Telegrammen: § 355. Gehülfe, vgl. Beihülfe. G. v. Notaren rc., Gebeimnißbruch: § 300. Geisteskranker: § 51; Strafantrag: § 65; Beischlaf: § 176 Nr. 2; Körperverletzung, Geisteskrankheit: §§ 224. 225. Geistlicher, Gefährdung b. öff. Frieden«: § 130a; Unzucht: § 174 Nr/1; Kuppelei: § 181 Nr. 2; Beleidigung!: § 196; Bigamie: § 338; Beamter? § 359 n. 28. Geld, Nachahmung, Verfälschung, Verausgabung: §§ 146 — 152; Stempel rc.: § 360 Nr. 4 Schl.; Unterschlagung amtlicher Gelder: § 350. Geldstrafe: §27; Umwandlung: §§28. 29. 78; Vollstreckung in den Nachlaß: § 30; Konkurrenz: § 78; Verjährung: §§70 Nr. 4—6. 71; bes. Ges.: EG. § 5. Gemeindearbeit: EG. § 6, Pr. EG. Art. X, NEV. Art. X, EL. EG. Art. V. Gemeingefährliche Verbrechen re.: §§ 306-330; Androhung: § 126; Anzeigepflicht § 139.
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Gemeinschaft: §§ 47. 119. 123. 223a. 293; vgl. Mehrheit. Genossenschaft, Vorstand, Bankerutt: RKO. § 214. Gesandter, Geschäftsträger, Beleidigung: § 104; Amtsverschwiegenheit: Geschäft; sich zum Geschäft machen, Verleitg z. Auswanderg: § 144. Geschäftsräume, Eindringen: §§ 123. 124. Geschenk, Anstiftung: § 48; Annahme durch Beamte: §§ 331. 332. 354.
§ 353a.
358 ; Verleitung dazu: § 333; Einziehung: § 335. Geschwister, „Angehörige" (vgl. d. W.): § 52; Blutschande: § 173; Diebstahl rc.: § 247; Begünstigung: § 257; Hehlerei: § 258; Betrug: § 263. Geschworener, Amt: § 31; falsche Entschuldigung: § 138; Bestechung: §§ 334. 335. Gesetze (Vorschriften), besondere: EG. §ß 2. 3. 5. 6. 8; Pr. EG. Art. II. VIII—X, FEV. Art. VI, NEV. Art. VIII—X, EL. EG. Art. II. Gesetzesunkenntniß, vgl. Rechtsirrthum. Gesetzgebende Versammlung vgl. Reichstag. Gesinde, vgl. Dienstbote. Poliz.-Strafgewalt- Pr. EG. Art. XIV n. 2. Geständniß, Erpressung: § 343. Gesundheit, Körperverletzg: § 223; Mißhandlg: § 223; Gift: §§ 229. 324—326; unrichtige G.'s-Atteste: §§ 277—280; Poliz.-Vdn., Unzucht: § 361 Nr. 6. Getränke, verdorbene re.: 8 367 Nr. 7 Schl.; Einwendung: tz 370 Nr. 5. Schl. Gewahrsam, Begriff: § 242 n. 16 ff.; Unterschlagg: §§ 246. 350; Leiche: §367 Nr. 1. Gewalt, Anstiftung: §48; Feindes-G., Bundesfürst: §81; Anreizg zu Gewaltthätigkeit: § 130; Nöthigg: § 52. 240; Zusammenrottg: §§ 124. 125; AuSübg g. Reichstagsmitgl. rc.: § 106; Hinderg: §107; Widerstand: §§113. 114. 117; Auflauf: § 116; Gefangenen-Meuterei: § 122. Unzucht: §§ 176 Nr. 1. 177; EnUührg: §§ 234—236; Diebstahl (Raub): § 252; Erpreffg: §§ 253—255. Gewehr, Jagd, Einziehung: §§ 295; Jagdrevier: § 368 Nr. 10; unbefugte« Schießen: § 367 Nr. 8 Schl.; § 368 Nr. 7. Gewerbe; bes. Pflicht, fahrläss. Tödtg, Körperverletzg: §§ 222. 230. 232; Untreue: § 266 Nr. 3; Geheimnißbruch: § 300; Gewerbepolizei- und Steuervergehen, Konkurrenz: § 73 n. 10; § 74 n. 10 ff.; Verjährg: § 67 n. 6; Gewerbtreibende, Maß-, Gewicht- und Feuerpolizei: § 369 Nr. 2. 3; Erlaß v. PoUz.-Vdngen: Absckn. 29 n. 56 ff. Gewerbsmäßigkeit: § 74 n. 10ff.; § 67 n. 6; § 260 n. 2 ff.; Hehlerei: § 260; Jagdfrevel: § 294; Glücksspiele: § 284; Wucher: § 302d; Unzucht: § 361 Nr. 6, NEV. Art. XV § 1; vgl. § 144. Gewicht, ungestempeltes: § 369 Nr. 2 Schl. Gewinnantheils-Schein, Fälschung: § 149. Gewinnsüchtige Absicht: §§ 133. 169. 301. 302; Dtebstahl, Bankerutt? § 242 n. 44. 45; (§ 281) RKO. § 209 n. 25. Gewohnheitsmäßigkeit,» Begriff, Allgemeines: §74 n. 10 ff., §67 n. 6, § 150 n. 4 ff.; Münzverg.: § 150; Kuppelei: § 180; Hehlerei: § 260; Wucher: § 302d. Gift, Vergiftung: §§ 229. 324—326; Zubereitung rc.: § 367 Nr. 3; Aufbewahrung und Beförderung: § 367 Nr. 5. Gläubiger, Fallit, Vertrag: RKO. §§ 211. 213. Glücksspiel: §§ 284. 285. 360 Nr. 14. Schl. — Glücksbude: § 286 n. 6. Gottesdienst, Beschimpfung: §166; Störung rc.; §167; durch Beamte: § 339; Diebstahl: § 243 Nr. 1; Beschädigung rc.: § 304; Brandstiftung: §§ 306. 325.
Gotteslästerung: §§ 166. 167. Grab, Beschädigung rc.: § 168. Grabmal, Beschädigung rc.: § 304. Grandgraben auf fremden Grundst: § 370 Nr. 2. Grenze, Verrückung rc. eines Grenzsteins rc.: §§ 274 Nr. Grenzrain, Abgraben rc.: § 370 Nr. 1 Grube, unterlassene Bedeckung.' § 367 Nr. 12. Grundstück, Abpflügen rc.: § 370 Nr. 1; Wegnahme von Gutachten, falsches: § 154 ff. Güterbestätiger (Güterpfleger), Untreue: § 266 Nr. 3.
Haft:
2. 280; vgl. § 370 Nr. 1. Erde rc.: § 370 Nr. 2.
§§18. 19; Geldstrafe, Umwandlg: §§ 28. 29; Konkurrenz: §77; Verjährg:
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§ 70 Nr. 6; bes. Strafgesetze: EG. § 5, EL. EG. Art. V. Haft (ausnahmsweise) als Strafe für Bergehen: §§ 185. 186. 140 Nr. 2. — Bollstreckg durch persönliche Haft: Pr. EG. Art. XXVII § 2, EL. EG. Art. V n. 35. Haftbarkeit, Civilhastbarkeit (Dritter) für Strafe, Kosten rc.: § 2 n* 25; § 47 n. 8; Umwandlg? § 28 n. 16; Berjährg, Solidarität (b. Rh. Sachen): Pr. EG. Art. XII n. 2; H. in Steuer-, Holzdiebst.'S Sachen rc.: § 57 n. 8; § 361 Nr. 9; Poliz.Vdn.: Abschn. 29 n. 43. Haide, Feuer anzünden: §§ 368 Nr. 6 308 n. 10a. Handelsbücher, unterlassene Führung: (§§ 281. 283) RKO. §§ 209. 210; Urkunde? § 267 n. 138. Hansestädte, strafbaren Handlungen gegen den Senat rc.: §§ 105. 106. 339. Haufen, unbefugte Bildung bewaffneter Hausen: § 127. Hausfriedensbruch (Hausrecht): §§ 123. 124; Beamter: § 342. Haussuchung, Polizei-Aufsicht: § 39 Nr. 3. Hebamme, Privatgeheimniß: § 300. Heer deutsches (Marine), Unfähigkeit: §§ 31. 34 Nr. 2; Landesverrats) rc.: §§ 89. 90 Nr. 1. 2. 3. 6; Sold. d. H. rc., Lerleitung: §§90 Nr. 3. 112; Heeresdienst rc., Entziehung: § 140. Hehlerei: §§ 258-262; Rückfall: §§ 261. 244.
Herabwürdigung: §§ 186. 187. 189. Herausforderung: §§ 201—204; Nöthigg: § 114 n. 4. Heuer (Entlaufen m. d.): § 298. Hinterlist: §§ 181. 223a; vgl. List. Hochverrath: §§ 80-86. 93, EG. § 4, EL. EG. Art. IV; Ausland: § 4 Nr. 1. 2, Anzeigepflicht: § 139.
Hoheitszeichen, Zerstörung rc.: §§ 135. 103a. Holzdiebstahl, besondere Gesetze: EG. §2, Pr. EG. Art. II, EL. EG. Art. II. Hülfe, vgl. Beihülse; Hülfe leisten b. Eröffnung rc. v. Briesen rc.: §§ 354. 355; Verweigerung der H.: § 360 Nr. 10; Müßiggang rc., fremde H.: § 361 Nr. 5. 7; Aussetzen rc. Htttfloser: §221; Anstalten f. Hülflose, Unzucht: § 174. Bunde, Jagd, Einziehung: § 295; Hetzen: § 366 Nr. 6; Tödtung: § 303 u. 4. Litte, Brandstiftung: §§ 296—310. 325; vgl. Gebäude.
Jagd, unbefugte: §§ 292—295; Betreten fremder Jagdreviere: § 368 Nr. 10; AuSnehmen der Eier re: § 368 Nr. 11; unterlassene Abhaltung v. Jagdfreveln rc.: § 361 Nr. 9.; I. m. Bracken: Abschn. 29 n. 55; SonntagSfeier: § 366 n. 6; Po lizei-Gesetze: EG, § 2, Pr. EG. Art. II, NEB. Art. VI, EL. EG. Art. II. Jaadbeamter (Jagdberechti.tter), Widerstand: §§ 117. 118. Jnhaberpapier, Fälschung rc.: §§ 449. 360 Nr. 6 Schl. Intellektueller Urheber: §48; intellektuelle Urkundenfälschung: § 271. Jnterimsschein, Fälschung rc.: §§ 149. 360 Nr. 6 Schl. Irrthum, Ansnstung: §48; Unkenntniß: §59; Beischlaf: § 179; Betrug: § 263; Amtshandlung: § 113 n. 12; § 137 n. 18. Jrreleiten, AuSwärt. Amt: § 353a. Vgl. Aberration u. Rechtsirrthum. Jugendliche Person (zw. 12 und 18 Jahren): §§ 56. 57; Strafantrag: § 65; Blut schande: § 173; Aussetzung rc. jugendlicher Personen: § 221. Vgl. Kind. Junge, Ausnehmen: § 368 Nr. 11.
Kaiser, Mord: § 80; Thätlichkeit § 94; Beleidigung: § 95. Kammer, vgl. Reichstag. Kanal, Störung des Fahrwassers: §§321. 325. 326; vgl. Wasserstraße. Karrenstrafe: NEB. Art. ix. Kartellträger beim Zweikampf: §§ 202. 204. 209. Kasse, Bringen in feindliche Gewalt: § 90 Nr. 2, EG. § 4, EL. EG. Art. IV. Kassenbeamter: §§ 353. 358. Kauf, vgl. Ankauf. Wahlstimmeu N.mf: § 109; Konkurs: RKO. § 213. Kaufmann, Bankerutt: (§§ 281 — 283), RKO. §§ 209 ff.; Formvorschristen: (Rh.) Pr. EG. Art. XII § 2; EL. EG. Art. VII.
Kaution, vgl. Sicherheit (§ 162). Keller, unterlassene Bedeckung: § 367 Nr. 12.
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Kettenstrafe: NEB. Art. iv. Kind, strasunmündigeS: §§ 55—57; Unzucht: § 176 V-ir. 3; Entführung: § 235; Unterschiebung: §169; AuSsetzen: § 221; KindeSmord: § 217; Blutschande: § 173; Diebst. rc.: §§ 247. 370 Nr. 5. Schl.: Betrug: § 263; Begünstigung: § 257; Be leidigung: § 189; Anleitung z. Betteln, unterlass. Abhalten v. Betteln, Stehlen rc.: § 361 Nr. 4. 9.
Kindestödtung: § 217. Kirche, Beschimpfung: § 166; Störung: § 167; Diebstahl: § 243 Nr. 1; vgl« Gott eSdienst.
Kirchendiebstahl: § 243 Nr. 1. Klassifizirung der Mißthaten: § 1. Knochen-Sammeln: § 242 n. 57. Kolliston der Gesetze: §§ 2. 4; Konkurrenz: § 73. Komplott: § 47 n. 12; vgl. Zus ammenrottun g. Konfiskation; vgl. Einziehung.
Konkurrenz: §§ 73—79. Konkurs, Bankerutt: RKO. §§ 209 ff.; besondere Strafvvrschriften: EG. § 2; Pr. EG- Art. XII §2. EL. EG. Art. VII; vgl. Bankerutt.
Konkussion: § 353. Körperverletzung: §§ 223-233; schwere: §§ 224. 225; tödtliche: §§ 226—229; fahrläsfige: §§ 230. 232; Erwiderung: § 233; Strafantrag: §§ 232. 65; Zwei kampf: § 207; Aussetzung: § 221; Schlägerei rc.: § 227; Freiheitsentziehung: § 239; Raub: §251; Eisenbahntransport: §§ 315. 316. 325; Beschädigungen v. Wegen rc.: § 321; Beamter: §§ 118. 340. 358. Korporation (Körperschaft), Schuldverschreibung, Fälschung: § 149; kirchliche, Beschimpfung: § 166; Beleidigung: § 197; amtl. Aufbewahrung, Beamter: § 133 n. 2; § 359 n. 35. Korrectionshaus: NEB. Art. ix. Kosten: (Rh.^ Pr. EG. Art. XXVII Nr. 1, EL. EG. Art. XV. Krankenanstalt, Arzt, Unzucht: § 174 Nr. 3. Krankheit, Kranker, Aussetzen rc.: § 221; ansteckende Kr.: §§ 327. 328. Krebsen, unbefugtes: §§ 296. 370 Nr. 4. Kredit, vgl. Gefährdung; Kreditgeben an Minderj.: §§ 300. 301. Krieg, Landesverrat: §§ 87—90, EG. § 4, EL. EG. Art. IV; Lieferungsverträge, Nichterfüllung: § 329; Todesstrafe: EG. §4, EL. EG. Art. IV. Kriegsbedürfnisse, Zerstörg rc.: §90 Nr. 2, EG. §4, EL. EG. Art. IV; Ver sorg. gesammelter Mannsch.: § 127; Lieferungsverträge, Nichterfüllg: § 329. Kriegsdienst, feindlicher: §88; fremder, Entführung: § 234; Anwerben: § 141; Wehrpflicht, Ungehorsam: § 112; Auswanderung: § 140; Verstümmelung: § 142; Entziehung: §§ 140. 142. 143. Kriegsgericht: EL. EG. Art. xvi. Kriegszustand, Todesstrafe: EG. § 4; EL. EG. Art. IV. Kugeln, Zueignung: § 291. Knnstsache, Beschädigung rc..- § 304.
Knppelei: §§ 180. 181. Kurator, Unfähigkeit: § 34 Nr. 6; Untreue: § 266 Nr. 1; vgl. Vormund. Küstengewässer, Nothsignale: § 145; unbefugtes Fischen: § 296a. Landesgesetzgebung, Zuständigkeit: EG. §§ 2. 3. 5. 8. Landesherr, Mord rc.: §80; Thätlichkeit: §94; Beleidigung: § 95; Handlungen g. fremde Landesherren: §§ 102. 103.
Vgl. Bundesfürst, Kaiser.
Landesherrliches Haus, Thätlichkeit: § 96; Beleidigung: § 97. Landeskokarde, Unfähigkeit: § 35 Nr. 1; vgl. Nationalkokarde. Landesverrath: §§ 87-93, EG. §4, EL. EG. Art. IV; Ausland: §4 Nr. 2; Anzeigepflicht: § 139.
Landesverweisung: §§ 39 Nr. 2. 284. 361 Nr. 2. 362. Landfriedensbruch: § 125. Landstreicher: §§ 361 Nr. 3.362. Landtag, vgl. Reichstag-
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Register.
Landwehr,
Auswanderung: §360 Nr 3; Aufforderung z. Ungehorsam: § 112; vgl. Militärperson. Landwirtschaftliche Erzeugnisse, Anzündung: §§ 308—310. 325. Landzwang, öffentliche Friedensstörung: § 126; Erpressung: § 254. Lärm, ruhestörender: § 360 Nr. 11; in der Kirche: § 167. Leben, Verbr. rc. g. d. L-: §§ 211—222; vgl. Drohung, Gefährdung. Lebensmittel, verdorbene: § 367 Nr. 7. Schl.; Entwendung: § 370 Nr. 5. Schl. Legitimationspapier, falsches: § 363. Lehmgraben auf fremden Grundstücken: § 370 Nr. 2. Lehrer, Unzucht: § 174 Nr. 1; Kuppelei: § 181 Nr. 2; Beamter: § 359 n. 27; Titel? § 360 n. 48a; Züchtigungsrecht: § 223 n. 9; § 222 n. 7. Lehrling, Diebstahl rc.: § 247: Zttchtiggsrecht: § 223 n. 10; Verlust des Rechts, Lehrlinge zu halten? EG. § 6 n. 12. Leibeigenschaft, Bringen in L.: § 234. Leibesfrucht, Abtreibung rc.: §§ 218—220. Leiche (Leichnam). Wegnahme: §§ 168. 367 Nr. 1; Beerdigung rc.: § 367 Nr. 1.2. Licht, Unvorsichtigkeit: § 368 Nr. 1. Liefernngsvertrag, Nichterfüllung: § 329. Liquidator einer Handelsgesellschaft rc., Bankerutt: RKO. § 214. List, Verbr. g. d. Freiheit: §§ 234—236; vgl. §§ 170. 181. 223a. Lovtsen, L.-Signale: § 145; L.-Patent, Verlust? EG. §6 n. 12. Losreißung, Bundesgebiet rc.: § 81 Nr. 3. 4; Widerstand: § 113 n. 31. Lotterie, Beranstaltg'.: §286; Spielen in fremden L.: § 286 n. 12; NEV. Art. IV Nr. 1; L.-Kollekteure, Beamte? § 359 n. 26; Loosebücher, Urkunde, Fälschung? § 267 n. 18; §271 v.6.
Mäkler,
Untreue: § 266 Nr. 3; Taxüberschreitung? § 352 n. 6; Handelsmäkler: § 359 n. 45, Kaufmann? Bankerutt? (§281) RKO. § 209 n. 8. 17. Magazin, Zerstörung rc.: § 90 Nr. 2; EG. § 4, EL. EG. Art. IV; Anzündung: §§ 308-310. 325.
Majestätsbeleidigung: §§ 94—97. 4. Manifestationseid, Zuwiderhandlung: § 162; Einziehg: § 40 n. 18; § 295 n. 5. Mannschaften, Anwerbung, Hochverrath; ß 84; Landesverrath: § 90 Nr. 3, EG. § 4, EL. EG. Art. IV; Versorgung mit Waffen rc.: § 127; Widerstand: § 113.
Marine, vgl. Heer. Mark, Reichswährung: § 27 n. 3. 4; Nov. Martern, Raub: § 251. Massenverwalter, Untreue: § 266 Nr. 1.
Art. IV. V.
Maß-Polizei: § 369 Nr. 2. Schl.
Medizinalperson, vgl. Arzt. Meer, Meeresufer: §§ 145. 250. 366a; vgl. § 8 Mehrheit der Teilnehmer: §§ 47. 50; § 83 n. 1;
n. 3. der Antragsberechtigten: §§62ff.; Hochverrath: § 83; Widerstand: § 119; Hausfriedensbruch: § 123; Diebft., Raub: § 243 Nr. 6; § 250 Nr. 2: Jagdfrevel: § 293: Mißhandl.: § 223a. Meineid: §§ 153—163; Verleitg: § 159; Fahrlässigkeit: § 163.
Menschenmenge: §§ 85. 124. 125. 130a. Menschenraub: §§ 234. 235; Anzeigepflicht: § 139. Mergelgraben auf fremden Grundstücken: § 370 Nr. 2. Merkpfahl, Merkzeichen, Wafferstand: § 274 Nr. 2. Messer, geführt. Werkzeug, Mißh., Schlägerei: §§ 223a. 367 Nr. 10. Messer, (Beamter), Untreue: § 266 Nr. 3; Pol.-Berordn.: Abschn. 29 n. 58. Meuterei d. Gefangenen: § 122; Aufruhr: § 115. Milderes, mildestes Strafgesetz — schwerste Strafe: §§ 2. 4. 73. Mildernde Umstände, vgl. Umstände. Militairabschied, falscher: § 363. Militairdienst, vgl. Kriegsdienst. Militairischer Landesverrath: §§ 87—90. Militairperson, Strafgesetzbuch: § 10; Abschn. 28 (s. 741) n. 3; Widerstand: § Beleidigung: § 196; Bestechung: §§ 333. 335.
113;
Register.
925
Minderjähriger, Strafantrag: § 65; Entführung: §§ 235. 237; Kreditgeben rc.: §§ 301. 302.
Mineralien, unbefugte Gewinnung: § 370 Nr. 2. Mißbrauch des Ansehens: § 48; anvertrauter Macht, Hochverrath: § 84; der Amts gewalt: § 339; z. anßerehel. Beischlaf: §§ 176 Nr. 3. 177.
Mißhandlung: §§ 223—228; M. v. Thieren: § 360 Nr. 13; vgl. Körperverletzung.
Mittel, untaugliches M., Versuch: § 43 n. 9; vollendete That: § 267 n. 6; Anstiftg., Beihülfe: §§ 48. 49 n. 6; Leibesfrucht, Abtreibg: §§ 218. 219; Armen mittel, Unterstützung, Arbeitsscheu: § 361 Nr. 7.
Mitthäter: §§ 47. 50; Abschn. 29 n. 5. Monat, Berechnung: § 19. Montirungsstück, Ankauf rc.: § 370 Nr. 3. Mord: § 211; des Landesherrn rc.: § 80; Bedrohung mit M.: § 254; Brand stiftung: §§ 307 Nr. 2. 325, EG. § 4, EL. EG. Art. IV; Anzeigepflicht: § 139.
Munition, verschossene, Zueignung: § 291; Aufsammlung: § 360 Nr. 2. Münzverbrechen rc.: §§ 146—152 Nr. 1. 2; Anzeigepfltcht: § 139; Ausland: § 4. Müßiggang: § 361 Nr. 5. 6. 7; § 362. Muthwilliges Handeln: § 366 Nr. 3; vgl. § 134 n. 4. Mutter, KindeSlödlung: § 217; Abtreibung: § 218; Aussetzung: § 221.
Nachlaß, Geldflr., Vollstreckung: §30; Diebstahl: § 242 n. 7. 31. Nachlese: § 242 n. 57. Nachrichten, geheime, Verrath: 8 92 Nr. 1. Nachtzeit, Diebstahl: §243 Nr. 7; Raub: § 250 Nr. 4; Jagen: § 293; Fischen rc..§ 296; Strandhöhe, Feuer: §§ 322. 325. 326, EG. § 4, EL. EG. Art. IV.
Nahrungsmittel, Entwendung: 8 370 Nr. 5 Schl. Namen, falscher: § 360 Nr. 8; § 263 n. 32 50; § 267 n. 18—21. Nationalkokarde, Verlust: § 34 Nr. 1; Aberkennung? Pr. EG. Art. IX n. 8; unbe fugtes Tragen: § 360 n. 46, EG. § 2 n. 32.
Nebenstrafen: §§ 32ff. 188 (?). 200 (?); § 1 n. 4; § 2 n. 15; §30 n. 3; Verjährung: § 70 n. 5; § 71 n. 2; § 72 n. 2; Konkurrenz: § 73 n. 14; § 74 n. 21. 24; § 76. Netze, Jagdfrevel: § 293; Einziehung: § 295; vgl. 296s. Notar, Amt: § 31; Beamter : § 359; Geheimhaltung: § 300. NÜthigNNg z. e. Mißthat: § 52; z. Beschlüssen rc.: § 105; z. e. AmtShandl.: § 114; z. e. anderen Handl.: §§ 240. 253—256. 339; z. Unzucht: §§ 176—178. Nothstand: § 54; Ueberschwemmung: § 313 n. 4; Noth, Lieferungsvertrag, Nichtersüllg: § 329; Verweigerg d. Hülfe: § 360 Nr. 10; Nothsignale: § 145; BerMögensbeschädigg: § 303 n. 3; Betteln: § 361 n. 27. Nothwehr: §53. Nothzucht: §§ 177. 176 Nr. 1. Nutznießer, (Besitz rc.) Diebstahl: § 289.
Obrigkeit, Aufforderung z. Ungehorsam: §110; Verdächtigung: § 131. Oeffentlichkeit: § 85 n. 1—9. — Oefs. Amt. § 31. 33; EG. § 5; off. Wahl § 33; Verdächtigg v. StaatSeinricht. rc.: § 131; unzücht. Handll.: § 183; Beleidigg: §§ 186. 200; Verleumdg: §187; vgl. Angelegenheiten, Auffor derung, Frieden, Ordnung, Ort, Zusammenrottung, Urkunde. Oeffnung, Bedeckung: § 367 Nr. 12. Offenbarung v. Geheimnissen: § 300; OfsenbarungSeid: § 162. 153 n. 5. Operationsplan, Verrath: § 90 Nr. 4, EG. §4, EL. EG. Art. IV. Orden, Verlust: § 33; Unfähigkeit: § 34 Nr. 3; unbefugtes Tragen: § 360 Nr. 8. Ordnung (öffentliche), Verbrechen rc. g. d. öff. O.: §§ 123—145: Poliz.-Vdn., gewerbSm. Unzucht: § 361 Nr. 6. Ordnungsstrafe, Umwandlg: § 28 n. 21; Zeuge rc., Nichterscheinen: § 138; widerrechtl. Strasvollstreckg: § 345 n. 4; Landesgess.: § 6 n. 2; § 7 n. 3. Ort der That: § 3 u. 6ff.; Gesetze deS OrtS: §§ 4. 48 n. 10; öff. Ort: § 85 n. 1 ff.
Packete, Eröffnung, Unterdrückung rc.: § 354. Papiergeld, Fälschung: §§ 146—149. 151. 152; Anfertigung v. Stempeln rc.
926
Register.
zu PG.: § 360 Nr. 4. 5. Schl.; Abbildungen, d. Papiergelde ähnlich: § 360 Nr. 6. Schl.
Partirerei: §§ 259—262. Paß (Reisepaß), falscher: §§ 363. 275 Nr. 2; 348 n. 5; 271 n. 23a. Püffe, Bringen in feindliche Gewalt: § 90 Nr. 1, EG. § 4, EL. EG. Art. IV. Personenstand, Verbrechen rc. in Bez. a. d. PSt.: § 169. 170; Doppelehe: § 338. Andere Pflichtwidrigkeiten: (Rh.) Pr. EG. Art. XII § 4, EL. EG. Art. IX.
Pfandgläubiger, Pfandleiher, (Besitz) Diebstahl: § 289; Gebrauch der verpfändeten Sache: § 290; Wucher: § 302a n. 4. 9; Anordnungen, Zuwiderhandeln: § 360 Nr. 12. Pfandnahme, Hehlerei: § 259; Waffen rc.: § 370 Nr. 3. Pfändung, Beseitigung gepfändeter Sachen: § 137. Pferd, Znreiten auf Straßen rc.: § 366 Nr. 2; Steinewerfen: § 366 Nr. 7; Futter Futter, diebstahl: § 370 Nr. 6. Pflegeeltern; Angehörige: §52; Unzucht: §174. Plaggenhauen auf fremden Grundstücken: § 370 Nr. 2. PlagtUM, vgl. Menschenraub. Plakat, vgl. Anschlag. Pläne, vgl. Festungspläne, Operationspläne. Platten, Unbrauchbarmachung: §§41. 42; Münzverbrechen: §141; unbefugte An fertigung rc.: § 360 Nr. 4—6. Schl. Platz, Bringen in feindliche Gewalt: § 90 Nr. 1, EG. §4, EL. EG. Art. IV; öffentlicher Pl., Transportsache, Diebstahl: § 243 Nr. 4; Raub: § 250 Nr. 3; Beschädigung: § 304; Reinlichkeit rc.: § 366 Nr. 2. 3. 8-10; § 367 Nr. 12. 14. Pliindernng, Zusammenrottung: §125. Politische Rechte, Unfähigkeit: § 34 Nr. 4. — Politische Körperschaft: § 197. Polizei-Aufsicht: §§ 38. 39, Pr. EG. Artt. VIII. XX, FEV. Art. VI § 2, NEV. Art. VIII; Versuch: §45; Strasunmündiger: §57 Nr. 5; Konkurrenz: §76. Zuwiderhandlung: § 361 Nr. 1. PA. ist angedroht in den §§44. 45. 115. 122. 125. 146. 180. 181. 248. 256. 262. 294. 325. Polizeistrafgesetz, Frankfurter: NEV. Art. VI, hannöversches v. 25. Mai 1847: NEV. Art. XV § 1. Polizeistunde, Uebertretung: § 365. Polizeiverordnung (Anordnung): Abschn. 29 n. 21 ff.; Zuwiderhandlung: §361 Nr. 6, 366 Nr. 1. 10, 367 Nr. 2. 5. 14, 368 Nr. 1. 2. 8, NEV. Art. VI § 2. Postbeamter, Eröffnung rc. v. Briefen rc.: §§ 354. 358; wer? 8 359 n. 22ff.
Postfreimarle, Fälschung: § 275. Postgebäude, Diebstahl: § 243 Nr. 4. Postlontravention, besondere Bestimmungen: EG. §2, EL. EG. Art. II; Verjäh rung: EG. § 7.
Prävarikation: § 356. Preßpolizeigesetze: EG. §2, EL. EG. Art. II. Preßerzeugnisse: §41. Prison: EL. EG. Art. V. Privatgeheimniß, Offenbarung: § 300. Privatklage, Beleidigung, Körperverletzung: § 185 n. 30; § 188 n. 16. Privatweg, Wegnahme von Erde rc.: § 370 Nr. 2; geschlossene, Begehung rc.: § 368 Nr. 9. Promessenhandel: § 286 n. 3—5; NEV. Art. IV Nr. 2. Prozeßordnung, bürgerl. (Hannover): NEV. Art. XV §6. Pulver, Zerstörung: rc. §§ 311. 325; Kriegszustand: EG. § 4, EL. EG. Art. IV; Zubereitung: § 367 Nr. 4; Aufbewahrung rc.: § 367 Nr. 5.
Quittungsbogen, Fälschung: §§ 149. 360 Nr. 6. Schl. Rädelsführer, Aufruhr: § 115; Landfriedensbruch: § 125; Meuterei: § 122 n. 16. Rath, Gehülfe: §49; durch Rath dienen beiden Prozeßpart., Prävarikation: § 356. Rasen, Wegnahme: § 370 Nr. 2. Ranb: §§ 249—252. 255. 256; R. in Banden: § 250 Nr. 2; § 243 Nr. 6; Straßen raub: § 250 Nr. 3; Rückfall:
244. 245. 250 Nr. 5; Hehlerei: §§ 258. 261;
Register.
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Ankauf geraubter Sachen: § 259; Brandstiftung: §§ 307 Nr. 2. 325, EG. § 4, EL. EG. Art. IV; Anzeigepflicht: § 139.
Raufhandel: §§ 227. 367 Nr. 10. Raum, besonderer für jugendl. Verbrecher:
§ 57; abgeschlossener R, Hausfriedens bruch: §§ 123.124; umschlossener R., Diebst.: § 243; eingeschlossener R.: § 366 Nr. 7. — Räumlichkeit, Brandstistg: §§ 306-310. Raupen, Unterlassung: § 368 Nr. 2.
Real-Injurie: § 185 n. 17. Rechnung, Fälschung: §§ 351. 353. 358. Rechtsanwalt, Nechtsbeistand, Beamter?:
§359; Geheimnißbruch: § 300; Ge bührenüberhebung: § 352. 358; Prävarikation: § 356.
Rechtsbeugung: § 336. Rechtsirrthnm: s. 126 n.
7; § 59 n. 15. 25; - § 137 ii. 37; § 193 n. 8; § 223 n. 6; § 239 n. 9; § 242 n. 40; § 246 n. 45; § 257 n. 8; § 263 n. 41; § 283 n. 2. 10; § 292 n. 14; § 293 n. 3; § 303 n. 2; § 341 n. 7; § 342 n. 6. ‘ Rechtssache, Bestechung: §§ 334—336; Prävarikation: § 356. Rechtewahn: Thl. I Abschn. 4 n. 7; § 59 n. 15; vgl. § 54 n. 5.
Rechtswidrig: §§ 242 ff. 246. 249ff. 253ff. 263. 267 ff.'289. 303 ff. 346. 353. 355; vgl. Widerrechtlich.
Reciprocität: §§ 102. 103. Reclusion: EL. EG. Art. V. Regent, Thätlichkeit: §§90. 100; Beleidigung: §§ 97. 101. 103. Register, amtliches, Vernichtung rc.: § 133; Fälschung: §§ 271—273; Beamter: §§ 348. 349. 351. Reich, Hochverrath: §81 Nr. 2. 3, §84, EG. § 4, EL. EG. Art. IV; Landesverrath: §§ 87—93, EG. § 4, EL. EG. Art. IV; Mißthat g. e. gesetzgebende Versammlung rc.: §§ 105. 106. 339; Beleidigung: § 197. Reichstag, strafb. Handlungen g. dens. rc.: §§ 105. 106. 339; Beleidigung: § 197; Abgeordneter, Verantwortlichkeit: EG. § 11; Bericht: EG. § 12. Reinlichkeit, Polizeiverordnung: § 366 Nr. 7. 8. 10. Reisegepäck, Diebstahl: § 243 Nr. 4. Reisender auf Schiffen, Mitnahme verbotener Gegenstände: § 297. Reisepaß, vgl. Paß (§§ 275 Nr. 2. 348 n. 5. 363). Reiten, schnelles: § 366 Nr. 2; über fremde Gärten rc.: § 368 Nr. 9. Reu: § 213; vgl. §§ 199. 233. Religion, Vergehen m Bez. auf diese: §§ 160—168; R.-Unterricht: § 132 n. 2. Neligionsdiener: §§ 130a. 196. 338; vgl. Geistlicher. Religionsgesellschast, Beschimpfung: § 166; Gottesdienst, Störung: §§ 167. 339; Beschädigung rc.: § 304. Rentenanstalt, unbefugte Errichtung: § 360 Nr. 9. Reparatur, vgl. Ausbesserung (§ 367 Nr. 13. 14). Reservist, Auswanderung: § 360 Nr. 3. Retentionsrecht, Verletzung: § 289. Reue (thätige), Versuch: § 46 Nr. 2; Rücktritt, Theilnahme: § 47 n. 12. 16; § 48 n. 51; §49 n. 17 (§ 49 a n. 15); Hochverrath? § 80 n. 2; §82 n. 4; §83 n. 7; Meineid, Widerruf: §§ 158. 163; Brandstistg: § 310. Rheinprovinz (Pr.), besondere Bestimmungen: Pr. EG. Art. XII; Kosten, Schadens ersatz: Pr. EG. Art. XXVII. Richter, Geschenknahme, Bestechung: §§ 334. 335; Beugung de« Rechts.- § 336. Riffe von Festungen, s. Festungöpläne. Rückfall: § 1 D. 2; § 37 n. 14; § 70 n. 1; § 73 n. 13; § 74 n. 10. 22; Lande«, gesetze.- EG- § 2 n. 16: Strafabmessung: s. 127 n. 9; Diebst.: §§ 244. 245; Raub: § 250 Nr. 5; Hehlerei: § 261; Betrug: § 264; Schwurgericht: $ 244 n. 13. Nückkaufshändler, Zuwiderhandl. ders.: § 360 Nr. 12; Wucher: § 302a n. 4. 9. Rücktritt (freiwilliger), vgl. thätige Reue. Rügen der Vorgesetzten: § 193. Ruhe, Straße:c., Polizeiverordnung: § 266 Nr. 10; Lärm: § 360 Nr. 11.
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e fl i ft e r.
Sachbeschädigung: Sachverständiger,
§§ 303—305. falsches Gutachten: §§ 154. 155 Nr. 2. 157. 161; falsche Entschuldigung: § 138. Sammlung, öffentliche, Beschädigung: § 304.
Sandgraben auf fremden Grundstücken: § 370 Schadensersatz: EG. § 6 n. 14ff.; (Rh.) Pr.
Nr. 2.
EG. Art. XXVII, NEB. Art. XV § 3, EL. EG. Art. XV; Strafmaß: § 1 n. 12; maßgebendes Ges., Zeit: § 2 n. 26; Buße: §§ 188. 231; Brandentschädigg, Ueberforderung: § 263 n. 73. Schaffner, Untreue: §266 Nr. 3. Schankstube, Polizeistunde: § 365. Schauer, Untreue: § 266 Nr. 3. Schiedsmann, Sühneversuch: § 61 u. 19; § 68 n. 4. Schiedsrichter, Bestechung: §§ 334. 335; Beugung de« Rechts: § 336. Schießen, verbotenes: § 367 Nr. 8. Schl.; § 368 Nr. 7. Schießgewehr, vgl. Gewehr (§§ 295. 367 Nr. 8 u. 9). Schießpulver (Schießbedarf), Landesverrath: § 90 Nr. 2, EG. § 4, EL. EG. Art. IV; Aufsammeln: § 360 Nr. 2. Schl.; Zubereitung: § 367 Nr. 4; Aufbe wahrung 2C.: § 367 Nr. 5. Schießstand, Zueignung von Kugeln: § 291. Schiff, Inland: § 8 n. 3; Landesverrath: § 90 Nr. 2, EG. § 4, EL. EG. Art. IV; Berhütg. d. Zusammenstoßes.- § 145; Giebst.: § 243 Nr. 7; Stranden: §§ 323. 325. 326; Gefährdg d. Schiffes rc., Conlrebaude: § 297; Versicherg, Betrug: § 265; Feuerzeichen re.: §§ 322. 325. 326, EG. § 4, EL. EG. Art. IV; Zerstörg: § 305; Brandstiftg: §§ 306-310. 325. Bringen in ausl. Schiffsdienste: § 234. Schiffer (Schiffsmann), verbotene Gegenstände: § 294; Heuer, Entlaufen: § 298. Schifffahrt, Feuerzeichen rc.: §§ 322.325.326; Kriegszustand: EG. § 4, EL. EG. Art. IV; Pol.-Berordngen: Abschn. 29 n. 26a; vgl. Schiff. Schlageisen, unbefugtes Legen: § 367 Nr. 8 Schl. Schlägerei: §§ 227. 228; Waffengebrauch: § 367 Nr. 10. Schleuse, Beschädigung rc.: §§ 321.325.326; Ausbesserung, Sicherungsmaßregeln:
§ 367 Nr. 14. Schlingen, Jagdfrevel: §§ 293. 295. Schlitten, Fahreen, Deichsel, Geläute: § 366 Nr. 4. Schlosser, Schlüssel, Anfertigung rc.: § 369 Nr. 1. Schlüssel, Anfertigung: § 369 Nr. 1; Diebstahl: § 243 Nr. 3. 4. Schmerzensgeld: § 188 n. 17. 32; § 231 n. 3. 9; EG. § 6 n. 14. Schöffe, Amt: § 31; falsche Entschuldigung: § 138; Bestechung: §§ 334. Schonung, unbefugtes Gehen rc.: § 368 Nr. 9. Schonzeit, Jagen: § 293. Schornstein, Reinigung: § 368 Nr. 4; vgl. § 368 n. 6. 7. Schrist, Aufforderung zu strasb. Handl.: §§85. 110. 111; unzüchtige: §
335.
184; be leidigende: §§ 186. 187. 200; Platten, Formen: §§ 41. 42; unechte Stempel abdrücke: § 275 Nr. 2; diplomatische Schriftstücke, Mittheilung rc.: § 353a. Schuldverschreibung auf den Inhaber, Fälschung: §§ 149. 360 Nr. 6 Schl. Schulversäumniß: EL. EG. Art. ii. xiv. Schutzwehr, Widerstand: § 113; — Beschädigung rc. einer Sch.: §§321.325.326. Schwangere, Abtreibg rc. der Leibesfrucht: §§ 218—220; Verheimlichg: EG. § 2 n. 14. Schwere Körperverletzung: §§ 224. 225. 227-229. 239. 251. 315. 321. 340; schwerer Diebst.: § 243—245; minder schwerer Fall: §§ 94. 96; schwerste Straf art, schwerste Strafe: §§ 73. 74. Schwiegereltern, Beischlaf mit Schwiegerkindern: § 173; vgl. An gehörige. See, Raub: § 250 Nr. 3; Zusammenstößen von Schiffen: § 145 ; vgl. Meer. Sekundant, Zweikampf: §§ 208. 209. Selbstgeschoß, unbefugtes Legen derselben: § 367 Nr. 8 Schl.
Selbsthülfe: § 59 n. 1; § 123 n. 8; § 240 n. 4; § 242 n. 45; § 289 n. 7; § 303 n. 3. 4; EG. § 2 n. 20. Wehrpflicht: § 142. 266 Nr. 1.
Selbstverstümmelung, Sequester, Untreue: §
929
Register.
Sicherheit, eidliche, Zuwiderhaudeln: § 162; öffentliche, Gefährdung: § 366 Nr. 2-5. 7—10. Siegel, Beschädigg rc.: § 136; unbef. Ansertigg: §§ 151. 360 Nr. 4—6 Schl. Signale, Noth rc. 'S.: § 145; falsche S., Eisenb.: §§315. 316.319; vgl. Feuer zeichen.
Singvögel, Eier, Junge: § 368 Nr. 11. Sittlichkeit, Berbrechen rc.: §§ 171—184;
Entführung: § 235ff.; vgl. Unzucht, Beischlaf. Sklaverei, Entführung: § 234. Sodomie, vgl. Unzucht (§ 175). Soldat, Landesverrats § 90 Nr. 1. 3. 6, EG. § 4, EL. EG. Art. IV; Montirung rc., Kauf: § 370 Nr. 3; Anreizung rc. z. Ungehorsam: § 112; Desertion, Verleitung: § 141; Beleidigung: § 196; vgl. Militärperson, Heer. Sonntagsfeier, Störung: § 366 Nr. 1. Spiel, Bankerutt: (§ 283 Nr. 1) RKO. § 210 Nr. 1; Hülfsbedürstigkeit: § 361 Nr. 5. 362; vgl. Glücksspiel. Spielkarten, unechte Stempelabdrücke: § 275 Nr. 2.
Spion: § 90 Nr. 5, EG. § 4, EL. EG. Art. IV. Spielbank: NEB. artt. IV. v. Vgl. Glücksspiel, Lotterie. Sprengstoffe, Aufbewahrung: § 367 Nr. 5. Staat, befreundeter, feindliche Handlung: §§ 102—104; vgl. Bundesstaat. Staatsbürgerliche Rechte, Verlust: § 34 Nr. 4; Verbrechen rc. in Beziehung
auf dieselben: §§ 105—109. 339. Staatseinrichtnng, Verächtlichmachung: § 131. Staatsgeheimnis Verrath: § 92 Nr. 1. Staatsgeschäft, Führung zum Nachtheil des Reichs: § 92 Nr. 3. Staatsgewalt, Widerstand: §§ 110—122. Stauer, Untreue: § 266 Nr. 3. Steine, Wersen: § 366 Nr. 7; Wegnahme: § 370 Nr. 2. Stempel, unbefugte Anfertigung rc.: §§ 151. 360 Nr. 4—6. Schl. Stempelpapier (Stempelmarke, Stempetblankett, Stempelabdruck), falsches, Gebrauch: §§ 275 Nr. 1, 276; Verkauf: § 364 ; Fälschung: § 275 Nr. 3.; Anfertigung von Platten rc.: § 360 Nr. 4 Schl. Sterbekaffe, Errichtung: § 360 Nr. 9. Steuer, widerrechtliche Erhebung rc.: § 353. Steuervergehen, besondere Gesetze: EG. § 2, EL. EG. Art. II; Verjährung: EG. § 7; unterlassene Abhaltung der Kinder rc. v. StV.: § 361 Nr. 9. Stiche, vgl. Stempel, Siegel. Stiefeltern, Beischlaf: §§ 173. 174 n. 5; vgl. Angehörige. Stifter geheimer rc. Verbindungen: §§ 128. 129. Stimmrecht, Unfähigkeit: § 34; Verhinderung: §§ 106. 107. 339. Stimmen kauf rc.: § 109, RKO. § 213; Stimmzettel, Verfälschung rc.: § 108. Störung, öff. Frieden: § 126; Gottesdienst: § 167; Telegr.-Anst., Benutzg: §§ 317. 318; Fahrwasser: §§ 321. 325. 326; Sonntagsfeier: § 366 Nr. 1; Ruhe: § 360 Nr. 11. — Krankhafte St. der Geistesthäligkeit: § 51.
Strafanstalt, Aufsicht: NEV. Art. XIV. Strafarbeit: NEV. Art. x. Strafausschließungs-, Strafaufbebungs-Gründe: vgl. Straflosigkeit. Strafe, Gesetz: § 2; Arten: §§ 13-42; EG. § 5. 6, Pr. EG. Art. IX. X, FEV. Art. VI, NEB, Art. IX, X, EL. EG. Art. V. XI; Strafausschließung rc.: § 51 ff. § 186 n. 9; Untersuchungshaft, Anrechnung: § 60; Zusammentreffen: §§ 73—79; Verjährung: §§ 70—72; widerrechtliche Vollstreckung: §§ 345. 346; vgl. Todes strafe, Freiheitsstrafe, Geldstrafe. Straferlaß: § 3 n. 4; Ausland: § 5 Nr. 2; Zuchthausstr., Unsähigk. z. Dienst rc.: § 31 n. 2; Ehrenrechte, Poliz.-Aufsicht, Zeitberechnung: §§ 36. 38; Konkurrenz: § 79; Rückfall, Diebst. rc.: §§ 245. 250 Nr. 5. 261. 264. Straffolgen: §§ 31. 35 Abs. 2. Strafgefangener, Beschädigung: §§15. 16. 362, NEB. Art. IIL, Art. X. Strafgesetz, allg. Anwenduug: §§ 3. 10; milderes: §2; besonderes: EG. §§2.3, Oppenboff, D. Strafgesetzbuch.
8. AuSg.
59
R e g i st e r.
930
EL. EG. Art. II. III; Irrthum über Existenz oder Sinn des StGB.'S: Thl I Abschn. 4 n. 7.
Straflosigkeit: f. 122 ff., §§51 ff. 46. 163. 204. 209. 247 (Abs. 2). 310. Strafsache, Meineid: §§ 153. 154. Strafunmündiger: §§ 55—57; vgl. Kind. Strafurtheil, Bekanntmachung: §§ 165. 200. EG. § 6 n. 8. Strafvollstreckung, pflichtwidrige: §§ 345. 346. Strandung, vorsätzliche: §§ 323. 325. 326, EG. § 4, EL. EG. Art. IV; Versicherung, Betrug: § 265; Feuerzeichen rc.: §§ 322. 325. 326. Diebstahl: § 243 Nr. 4; Raub: § 250 Nr. 3; Zerstörung einer Straße: § 305; Sicherheit rc., Uebertretung: § 366 Nr. 2—5. 8—10, § 367 Nr. 12. 14. Strom, Störg d. Fahrwassers.- §§ 321. 325. 326; Pol.-Vdn : Abschn. 29 n. 26a.
Straße,
Tag, Berechnung: § 19. Taubstummer, Straflosigkeit:
§58; Strafantrag: §65. Täuschung: §§ 170. 263. 267 ff. Telegraphenanstalt, Beschädigung rc.: §§ 317—320. Tclegraphenbeamter, Vernachlässigung: §§ 318—320; Fälschung rc.: §§355. 358. Telegraphen-Freimarke, vgl. Freimarke (§ 275). Testaments-Exekutor, Untreue: § 266 Nr. 1. Thäter (Mitthäter): § 47. Thätlichkeit, g. fürstl. Personen: §§ 94. 96. 98. 100; Beleidigung: § 185; Hinderung d. Gottesdienste«: §§ 167. 339. Thatsache, Verdächtigung, amtl. Anordnung: § 131; Beleidigung rc.: § 186—191; Betrug: § 263; Zeuge rc., Entschädigg: § 138; Auswanderg: § 144. Theilnahme: §§ 47 — 50; s. g. nothwendige Th.: s. 100 n. 2; § 50 n. 4; Wehr pflicht, Entziehung: § 143; Diebstahl gegen Angehörige: §§ 247. 289; Strafan trag: § 63; Th. an e. Zusammenrottung: § 115; an geheimen rc. Verbindungen: §§ 128. 129: vgl. Anstifter, BeihüÜe. Thier, Unwucht: § 175; Aufsicht: § 366 Nr. 5; Wersen auf Th.: § 366 Nr. 7; gefährliche rc.: § 367 Nr. 11. Thierquälerei: § 360 Nr. 13. Thronfolge, Aenderung: § 81 Nr. 2, § 102, EG. § 4, EL. EG. Art. IV. Titel, Verlust: §32; Unfähigkeit: §34 Nr. 3; unbefugte Annahme: § 360 Nr. 8. Todesstrafe, Vollstreckung: § 13; Ehrenrechte: § 32; Versuch: § 44; Beihülfe: § 49; Strafunmündiger: § 57 Nr. 1; Verjährung: §§ 67. 70 Nr. 1; Todeßstrafe ist angedroht in den §§ 80. 211, EG. §4, EL. EG. Art IV. Todtschlag, §§ 212-215; Schlägerei: §§ 227. 228. TödtNttg, vorsätzliche: § 211 ff., fahrlässige: § 222; BundeSfürst: § 81 Nr. 1, EG. § 4, EL. EG. Art. IV; Nothzucht: § 178; Zweikampf: §§ 206. 207; T. im Zorn: § 213; T. b. Begehung einer strafbaren Handlung: § 214; T. aus Verlangen: § 216; Kindestödtung: § 217; T. d. Leibesfrucht: § 218—220; tödtliche Körper verletzung: § 226; Schlägerei: §§ 227. 228; Freiheitsentziehung: § 239; Raub: § 251; Brandstiftung: §§ 307 Nr. 1. 309. 325; EG. § 4, EL- EG. Art. IV; Ueberschwemmung: §§ 312. 314, EG. §4, EL. EG. Art. IV; Eisenbahntrans port: §§315. 316. 325; EG. § 4. EL. EG. Art. IV; T. d. Gift: § 229; Ver giftung von Brunnen rc.: § 324 — 326, EG. § 4, EL. EG. Art. IV.; T. durch Beschädigung rr. von Wasserleitungen rc.: §321; T. d. Stranden rc.: §§ 322. 323. 325. 326 ; EG. § 4, EL- EG. Art. IV. Torfmoor, Anzündung: §§ 308—310. 325. Transport. Eisenbahn, Gefährdung: §§ 315. 316. 325; Gefangene vgl. d. W. Transportsache, Diebstahl: § 243 Nr. 4. Trauung, Vorspiegelung, Beischlaf: § 179; vgl. Ehe. Travaux forces: EL. EG. Art. V. Trichinen, Fleisch: §§ 367 Nr. 7. 324 n. 7; 230 n. 4; Abschn. 29 n. 20. Trunk, HülsSbedürstigkeit: §§ 361 Nr. 4. 362. Truppen, vgl. Soldaten, Heer. Tumult, vgl. Ausstand, Aufruhr.
Ueberfall
(hinterlistiger): § 223a.
Register.
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Übergangsbestimmungen: EG. § 8, Pr. EG. Art. VIII—X, FEB. Art. VI, NEB. Art. VIII—X, EL. EG. Art. III. V.
Uebergehen z. Feind. Verleitung: § 90 Nr. 3. Ueberlegung, Mord: § 211. Ueberlieferung v. Verbrechern: § 9; v. Festungenre.: § 90 Nr. 1. 2. Überschreitung der Nothwehr: §53. Ueberschwemmung, vorsätzliche: §§ 312. 313. 325., EG. § 4, EL. EG. Art. IV;
fahrlässige: § 314; Bedrohung mit Ü.: § 254. 126. Übertretung, Begriff: § 1, Pr. EG. Art. VIII, FEB. Art. VI § 2, NEB. Art. VIII, EL. GG. Art. XI; im Allg.: Abschn. 29 n. 1 ff.; Bestrafung: §§ 350—370; Ausland: §6; Versuch: §43; Beihülfe: § 49 n. 3; Strafunmiindiger: §57 Nr. 4; Zusammentreffen: § 78; Verjährung: §§ 67. 70. — Uebertr. einer Amts- rc. Pflicht, Körperverletzung: § 232. Ueberweisnng an die Landes-Polizeibehörde: § 362.
Ufer, Schutz: § 366a. Umstünde, erschwerende, mildernde: Thl. I Abschn. 4 (s. 127) n, 8; Klassifizirung der That: § 1 n. 2. 3; mildestes Ges.: § 2 n. 12; Verjähr.: § 67 n. 1; Zurechnung v. Thatumständen: § 50. 59. Umwandlung v. Geldstrafen: §§ 28. 29. 78; v. Freiheitsstrafen: § 19 n. 3; §21 n. 1; § 44; §§57 Nr. 3; 74 ff. Unbrauchbarmachung v. Schriften, Platten rc.: §§ 41. 42. 68 n. 37; v. Feflungö» werken, Schiffen, Drücken, Eisenbahnen rc.: § 90 Nr. 2; v. Löschgeräthschaften : § 307 Nr. 3; v. Feuerzeichen rc.: § 322. Unfähigkeit (z. öff. Amt); vgl. Amt. Unfug: § 360 Nr. 11; beichimpfender Unfug: §§ 103a. 135. 166. 168. Ungehorsam, Aufforderg: §§ 110. 112; u. g. amtl. Weisungen: § 113 n. 39; § 360 Nr. 10; EG. § 2 n. 17. Unglncksfall, Verweigerung der Hülfe: § 360 Nr. 10. Uniform, unbefugtes Tragen: § 360 Nr. 8. Unkenntnis), Strafbarkeit: §59; vgl. RechtSirrthnm. U «rath, Werfen: § 366 Nr. 7. Unterbrechung, Berjährg: §§ 68. 72; Arbeitshaus, Frist? § 362 n. 6a.; u. der Strafvollstreckung? § 19 n. 8. Unterbringung, in eine Erziehung«- (BefferungS.) Anstalt: §§ 55. 56; in ein Arbeishaus: § 362. Unterdrückung, Personenstand: § 169; Urkunden rc.: § 92 Nr. 2, § 274; Rech nungen rc.: § 351; Briefe, Depeschen: 354. 355; Thatsachen: § 263. Unterhalt, Unterkommen, Beschaffung: §§361 Nr. 5. 8, 362. Unterlassung, Unterlassnngsdelikte: § I n. 8; Versuch: § 43 n. 15; Thäterschaft: § 47 n. 7. 20; Anstlftg? § 48 n. 28; Beihülfe: § 49 n. 8. 9; B-rjäbrg: § 67 n. 8; Übertretungen: Abschn. 29 n. 1. 10; unterlassene Anzeige, vgl. Anzeige; unterlass. Buchführg, Bankerutt: (§§ 281. 283) RKO. §§ 209.210; unterlass. Aufstellg vou Feuerzeichen rc.: § 322; unterl. Versolgg v. Mißthaten: § 346; unter!. Abhaltg v. Mißth.: § 361 Nr. 4. 9; Körperverletzg, Sachbeschädigg rc. durch Unterlassg: §§ 211 n. 4; 223 n. 24; 303 n. 13; 360 n. 89a’; Nöthigg z. U.: §§ 114. 240. 253 ff. 339. Unternehmen, Begriff: § 49a. n. 2; § 82 n. 2. 7; Hochverrath: § 81 — 83; gesetz gebende Bersamml. rc., Sprengg: § 105; Nöthigg, Beamter: § 114; Meuterei, Ausbruch der Gefangenen: § 122; Meineid, Verleitg: § 159; Untergebener, Ver leitung: § 357; Stempelabdruck rc.: § 360 Nr. 5. Unterschiebung eines Kindes: § 169. Unterschlagung: §§ 246—248; Beamter: §§ 350. 351; Hehlerei: § 258; Ankauf: § 259. Untersuchung, Erpressung v. Geständnissen rc.: § 343; widerrcchtl. Eröffnung rc.: § 344; widerrcchtl. Unterlassg: § 346; Unzucht: § 174 Nr. 2; Zeugniß, falsches: § 154. Untersuchungshaft, Anrechng: § 60; § 2 n. 20; § 15 n. 2; § 16 n. 4. Untreue: § 266. Vgl. Veruntreuung. Unzucht, Vormund rc.: § 174 Nr. 1; Beamter rc.: § 174 Nr. 2. 3; U. mit Be wußtlosen rc.: § 176 Nr. 2; § 178; m. Kindern: §§ 176 Nr. 3. 178: m. Ge walt rc.: §§ 176 Nr. 1. 178; widernatürliche U.: § 175; gewerbsmäßige U.:
59*
932
Register.
§§361 Nr. 6. 362; NEV. Art. XV §1; Kuppelei: §§180. 181; Entführung: §§ 236. 237; Aergerniß: § 183; Schriften k.: § 184; Vgl. Sittlichkeit, Beischlaf. Unzurechnungsfähigkeit: §§ 51—55; Strafunmündigkeit: §§ 56. 57. Urkunde, Begriff: § 267 n* 37ff., off. U.: ib. n. 65ff., Privat-U.: ib. n. 109ff.; Landeöverrath: § 92 Nr. 1. 2; Beschädigung rc.: §§ 133. 274. 348; uubefugte Eröffng: § 299.
Urkundenfälschung, §§ 267—280; intellektuelle: §§ 271—273; Beamter: §§ 348. 349. 351; Landeöverrath: § 92 Nr. 2; Wahl- und Stimmzettel: § 108; Gesund heits-Attest : § 277; andere Atteste, Pässe: § 363.
Urtheile, Bekanntm.: §§ 165. 200; tadelnde u. rc.: § 193.
Vater, Strafantrag: §§ 189. 195; väterl. Gewalt: § 15 n. 7; vgl. Eltern. Verabredung, Hochverrath: § 83; Mitthäter: §47 n. 10. Verachtung, Verächtlichmachung, StaatSeinricht. rc.: § 131, Beleidigg rc.: §§ 186ff. Anreizg z. Zweikampf: § 210.
Verbergen, Spione: § 90 Nr. 5; Verbindung, geheime rc.: §§ 128. Verbleiben in feindl. Kriegsmacht, Verbrechen, Begriff: § 1, Pr. EG.
sich v., Diebstahl rc.: § 243. 250. 129. Krieg: §88. Art. VIII. IX, FEV. Art. VI, NEV. Art. VIII, IX, EL. EG. Art. XI; Versuch: § 43; Verjährung: §§ 67. 70. Verbreiten v. Thals.: §§ 131. 186-192; v. Schristeu rc.: §§ 85. 110. 111. 130a 184. 186. 187. 200; papiergeldähnlicher Drucks, rc.: § 360 Nr. 6.
Vereinsrecht, besondere Bestimmungen: EG. § 2, Pr. EG. Art. III, NEV. Art. IIA. EL. EG. Art. II.
Vereinte Kräfte, Zusammenrottg: §§ 115. 116. 124. 125; Meuterei: § 122. Verfälschung, vgl. Fälschung, Urkundenfälschung. Verfassung, Hochverrath: § 81 Nr. 2, EG. § 4, EL. EG. Art. IV. Verführung eines jungen Mädchens: § 182. Vergehen, Begriff, § 1, Pr. EG. Am. VIII. IX, FEV. Art. VI, NEV. Am. VIII. IX, EL. EG. Art. XI; Ausland: §§ 4. 5; Versuch: §43; Strafunmündiger § 57 Nr. 4; Verjährung: §§ 67. 70.
Vergiftung eines Menschen: § 229; v. Brunnen, Waaren rc.: §§ 324—326. Verhaftung, rechtswidrige: §§ 341. 358; vgl. Festnahme. Verheimlichen, Hehlerei: §§ 259ff.; Handelsbücher,,Vermögensstücke, Banketuit rc.: §§ 281. 282. 288 n. 7; Glücksspiele: § 285; vgl. Verschweigung.
Verjährung der Strafverfolgung: §§ 66—69; Strafantrag: § 61; Doppelehe: § 171; Beleidigung: § 198; Körperverletzung: § 232; D. der Strafvollstreckung: §§ 66. 70—72; Abgabenhinterziehung rc.: EG. § 7, NEV. Art. XI; Civilklage: Pr. EG. Art. XII § 1, EL- EG. Art. VI. Verkauf, Wahlstimmen.- § 109; unzüchtige Schriften rc.: § 184; Gift, Arzeneien: § 367 Nr. 3; vergiftete rc. Sachen: §§ 324—326; Stempelpapier rc.: § 364; verdorbene rc. Getränke rc.: § 367 Nr. 7; verbotene Waffen: § 367 Nr. 9 Schl. Verkehr, in D. bringen falsches rc. Geld, vergiftete rc. Sachen: §§ 116si. 324; Verkehrhinderung: § 366 Nr. 9; Pol.-Vdn.: Abschn. 29 n. 49. 53. 56. Verkündigung (Verkündung), Urtheil, Antrag, Zurück».: §64; V. v. Pol-Vdu.: Abschn. 29 n. 22. 41. 74-76. 79; Schriftst., Geist!.: § 130a. Verlangen, Untauglichmachg eines Wehrpflichtigen, Tödtg. auf D.: §§142. 216; Zuerkennung einer Buße auf V.: §§ 188. 231; Sträfling, Beschäftige §16. Verlassen des Bundesgebiets, Wehrpfl.: § 140; eines Hülflosen: §221. Verleitung, Anstiftung: § 48; Desertion rc.: §§ 141. 90 Nr. 3; z. Auswanderung: § 144; z. Meineid rc.: §§ 159. 160; z. Dulduug unzüchtiger Handlungen, z. Beischlaf: §§176 (Nr. 3). 179. 182; Vorgesetzter: § 357. Verletzung der Wehrpflicht: § 140; der Amtspflicht: §§ 332. 333; v. AbsperrungsMaßregeln re.: §§ 327. 328; vgl. Körperverletzung. Verleumdung: § 187; verleumderische Denunciation: § 164. Verlobte, Angehörige: §52. Vermögen, Beschlagnahme: §§ 93. 140; V.'s-Vortheil rc.: § 263 n. 2ff.
Register.
933
Vernichtung v. Urkunden: §§ 92 Nr. 2. 133. 348. 274 Nr. 1. 280; eines Grenz steins rc.: §§ 274 Nr. 2. 280; der Handelsbücher: § 281; v. Sachen b. e. Zusammenrottg.: § 125; als Strafe? EG. § 6 n. 13; vgl. Zerstörung. Verringerung v. Geld: § 150; v. fremden Grundstücken rc.: § 370 Nr. 1. Verrücknng v. Grenzsteinen rc.: § 274. Versammlung, gesetzgebende: §§ 105. 106.197; religiöse, Ort: §§ 130a. 166; gottesdienstliche V., Brandstiftung: § 306; V.'6-Recht, bes. Best.: EG. § 2, Pr. EG. Art. II, NEV. Art. HA, EL. EG. Art. II. Verschaffen, sich; falsches Geld: § 147; Vermögens-Bortheile, Betrug: § 263. Verschleiern, Vermögens-Vortheile, Wucher: § 302b. Verschwägerte auf., absteigender Linie: §§ 52. 173. 174 n. 5; vgl. Angehörige. Verschweigung, vergiftete S.: § 324; Betrug: § 263 n. 52ff.; Meineid: § 154 n. 11; V. v. Ehehindernissen: § 170. Versicherung, Betrug: § 265. — Vgl. Diensteid, Eidesstatt. Versicherungsanstalt, unbefugte Errichtung: § 360 Nr. 9. Versicherungsgesellschaft, Täuschung durch falsche Atteste: 277—280. Versteigerer, Untreue: § 266 Nr. 3. Verstorbener, Beschimpfung: §§ 189. 190. Verstümmelung, Wehrpflicht: § 142. Versuch: §§ 43—46; Mord, Landesherr: §§ 80. 102; Vergehen: §§ 43. 107. 120. 141. 148. 150. 160. 169. 240. 242. 246. 253. 263. 289. 303—305. 339. 350. 352. Vertheidigung, Nothwehr.' §53; Beleidigung: § 193; Vertheidiger, Geheimnißbruch: § 300. Vertheidignngsposten, feindl. Gewalt: § 90 Nr. 1, EG. § 4, EL. EG. Art. IV. Veruntreuung: § 246 n. 57. Verursachen: §§ 118. 178. 220-222. 226. 227. 229. 239. 251. 309. 312. 314 bis 316. 321-324. 326; vgl. §§ 224. 225. Verwalter v. Stiftungen, Untreue: § 266 Nr. 1. Verwandte auf-, absteigender L.: § 52; Beischlaf: § 173; Unzucht: § 174 n. 5; Todtschlag: § 215; Mißhdl.: §§ 223. 228; Diebst. rc.: §§ 247. 370 Nr. 5. Verwechselung e. Kindes: § 169; Personen-V., Irrthum: § 48 n. 44; § 49 n. 16; 6 59 n. 2; § 211 n. 9. Verweis: § 57 Nr. 4, EL. EG. Art. XII; NEV. Art. X; EG. § 6 n. 6. Berweisung aus dem Bundesgebiete rc.: § 39 Nr. 2; §§ 362. 361 Nr. 2. Verzicht auf Bestrafung: § 61 n. 11. 12; Pr. EG. Artt. XVI. XVIII. Viehfutter, Futterdiebstahl: § 370 Nr. 6. Schl. Viehseuche, Verhütung: § 328. Viehtreiben über fremde Aecker rc.: § 368 Nr. 9. Vögel, vgl. Singvögel, Federwild. Vollstreckung, Strafunmündiger: § 57; Verjährung: §§ 70—72; widerrechtliche: §8 345. 346; Vollstreckungs-Beamte, Widerstand: § 113; vgl. Haft, Nachlaß. Vorbeifahren, Hindern: § 366 Nr. 3. Vorbereitungs-Handlungen; Versuch? § 43 o. 6; Beihülse: § 49 n. 4; Hochverrath rc.: §§ 83ff.; bes. Gess.? EG. § 2 n. 14. Vorgesetzter, Vorhaltungen: § 193; Strafantrag: §§ 196. 232; Verleitg z. Mißth.: §8 357. 358; Auswärtige- Amt, Amtsverschwiegenheit rc.: § 353a.
Vorhaben.- §§ 82. 139. Vormund, Unfähigkeit: § 34 Nr. 6; Strafantrag: § 65; Unzucht: § 174; Kuppelei: § 181; Untreue: § 266; Diebst. rc..- § 247; Betrug: § 263.
Vorrathe, Landesverrat-: § 90 Nr. 2, EG. § 4, EL. EG. Art. IV; Brandstiftung: 88 308-310.
Vorsatz, Vorsätzlichkeit: 8 59 n. lff.; Versuch: §43 n. 2. 4; Anstiftung: §48 vorsätzliche Verbr. rc., Einziehg: § 40; vorsätzlich: §§ 92. 108. 120ff. 133. 141 ff. 162. 167. 169. 211 ff. 217 ff. 220ff. 229. 239. 271. 299. 303ff. 317. 321 ff. 340. 344. 353; vgl. Dolus. leisten der feindl. Macht: § 89; der Unzucht: §§ 180. 181. Vorspiegelung falscher Thats.: §§ 144. 263; einer Trauung: § 179. Vorsteher geheimer rc. Verbindungen: §§ 128. 129; v. Eisenb.-Ges. rc.: § 320.
n. 20; 136 ff. 312ff. Vorschub
Waage, unrichtige, Besitz, Gebrauch: § 369 Nr. 2 Schl.
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Register.
Waare,
Bezeichng mit fürstl. Wappen: § 360 Nr. 7; Waarenvorräthe, Arzündg: §§ 308—310. 325; Vergiftg: 324—326; entzündliche Waaren, Ausbevahrg: § 367 Nr. 6. Wäger, Untreue: § 266 Nr. 3. Waffen, Einübg, Hochverrath: § 84; Waffentragen g. d. Reich rc.: § 88, ES. §4, EL. EG. Art. IV; Bringen in feindliche Gewalt: § 90 Nr. 2, EG. § 4, EG. Art. IV, Dersorgg gesammelter Mannschaften: § 127; Aufsammlg: § 360 Nr. 2 Schl.; Hausfriedensbruch: § 123; Körperverletzg: § 223a; Diebstahl: § 243 Nr. 5; Raub: § 250 Nr. 1; Bettelei: § 262; Schlägerei: § 367 Nr. 1C; ver botene W.: § 367 Nr. 9. Schl.; tödtliche W.. Zweikampf: § 201. Wahlhandlung (Wahlgeschäfft, Fälschung: § 108. Wahl, Wahlrecht, Verhinderung: §§ 107. 339; Unfähigkeit: § 34 Nr. 4; Verlust der daraus hervorgegangenen Rechte: § 33; vgl. die §§ 81. 83. 84. 87 — 91. 94. 95; EG. § 5; W. zw. Zuchthaus und FestuugSh.: § 20. Wahlstimme, Kauf, Verkauf: § 109; vgl. Stimmrecht, Stimmzettel.
Wahnsinn, s. Geisteskranker. Wahrheit, Beweis b. Beleidigung re.: Wald (Waldung) Anzünden: §§ 308—10.
185. 186. 190. 192. 193. 325; An zünden v. Feuer in Wäldem rc.:
§ 368 Nr. 6.
Waldeigenthiimer, Widerstand: § 117. Wanderbuch, falsches: § 363. Wappen, Waarenbezeichn.: § 360 Nr. 7; Fam.-W., unbef. Gebr.? § 360 n.55. Wasserbehälter, Vergiftung: 324—326. Wafferleitung, , (Wasserbaute), --------- ,, Beschädigung n....3 rc.: 321. 325. 326. Wasserstand, Merkmal, Vernichtung: ^274 Wr. 2. Wasserstraße, Diebstahl: § 243 Nr. 4; Raub: § 250 Nr. 3; Vorbeifahren Ver hinderung, Gefährdung, Polizei-Vdn.: § 366 Nr. 3. 8. 9. 10.
Wechsel, Minderjähriger, Wucher: §§ 301. 302. 302b; Urkunde: § Wechselseitige Beleidigg u. Körperverletzg: §§ 198. 232. Weg, Diebstahl: §§ 243 Nr. 4; Raub: § 250 Nr. 3; Beschädigung:
267 n. 126 ff.
§§ 304 321. 325. 326; Sicherheit rc., Polizei-Verordnung: Abschn. 29 n. 48. 49; 366 Nr. 3. 5. 9. 10; 367 Nr. 12. 14; unbesugtes Gehen rc.: § 368 Nr. 9; Ver ringerung: § 370 Nr. 1; Wegnahme v. Erde rc.: § 370 Nr. 2. Wegnahme v. Autoritätszeichen rc.: §§ 103a. 135; v. Grenzsteinen rc.: § 2'4; v. Leichen rc.: §§ 168. 367 Nr. 1; v. Nasen rc.: § 370 Nr. 2; vgl. Diebsicht. Wehr, Beschädigung: §§ 321. 325. 326. 366a. Wehrpflicht, vgl. Kriegsdienst. Weiden, unbefugtes Gehen rc.: § 368 Nr. 9. Weinberg, Schließung: § 368 Nr. 1; unbefugtes Betreten: § 368 Nr. 9; EltweN' düng: § 242 n. 53. Werbung zum Militärdienst einer ausländischen Macht: § 141. Werfen von Steinen rc.: § 366 Nr. 7. Werkzeuge (gefährliche): §§ 117. 223a. 367 Nr. 10. Widernatürliche Unzucht: § 175. Widerrechtlich: §§ 123. 124. 239. 240. 291. 339. 353a; vgl. Rechtswidr g. Widerruf der vorläuf. Entlassg: §§ 25. 26; des Meineids: §§ 158. 163 W., Privatgenugthuung: EG. § 6 n. 14. Widerstand gegen die Staatsgewalt: §§ 110—122; g. Beamte: § 113; b. Anlauf: § 116; b. d. Meuterei: § 122; W. gegen Forst- rc. Beamte: § 117. Wiese, unbefugtes Gehen rc.: § 368 Nr. 9; Entwendg: § 242 n. 53. Wildes Thier, Halten: § 367 Nr. 11. Willensbestimmung freie, Ausschließung: §§ 51. 52; vgl. Unzurechnungs fähigkeit. Wirth, Glücksspiel, Gestalten: § 285; Polizeistunde: § 365. Wissentlich: §§ 49. 153ff. 257 ff. 270. 273. 275. 276. 324. 327. 328. 354.355. 357. 363. 364; wissend rc.: §§ 171. 338; wider besseres Wissen: §§ 164. 187. 189. 278; ohne Wissen oder Willen: § 220; ohne Vorwissen: § 297. Wittwenkasse, unbefugte Errichtung: § 360 Nr. 9. Woche, Berechnung: § 19; Freiheitsberaubung: § 239. Wohnung, widerrechtliches Eindringen: §§ 123. 124; Beamter: § 342.
R e g i st e r.
Wucher: §§ 302aff. Wundarzt, vgl. Arzt. Würde, Verlust: §33;
Zahlungseinstellung,
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Unfähigk.: § 34; unbefugte Annahme: § 360 Nr. 8.
Kaufmann: (§§ 281—283) RKO. §§ 209 ff.; Konkurs, Ehe vertrag, Uebersendg: Pr. EG. Art. XII § 2, EL. EG. Art. VII. Zeichen, Zerstörung d. Z. d. Autorität: §§ 103a. 135; Schiffahrtszeichen: §§ 322. 325. 326, EG. § 4, EL. EG. Art. IV. Zeit der Begehung der That rc.: § 2 Nr. 2; § 48 n. 10; §§ 56. 66 n. 5. Zerstörung v. Festungswerken rc.: § 90 Nr. 2; v. Autoritätszeichen: §§ 103a. 135; b. e. Zusammenrottg: § 125; v. gepfändeten S.: § 137; eines Grabes: § 168; v. fremden S., Gegenst. d. Verehrung rc., Gebäuden rc.: §§ 303 305; v. Wasserleitungen rc., v. Feuerzeichen rc.: §§321.322; vgl. Beschädigung, Ver nichtung. Zeuge, Unfähigkeit: §§ 34 Nr. 5. 161; falsche Entschuldigung: § 138; falsches Zeug nis: §§ 154. 155 Nr. 2. 157. 161; Zweikampf: § 209. Zeughaus, Zerstörung rc.: § 90 Nr. 2, EG. § 4, EL. EG. Art. IV. Zeugniß, ärztliches, falsches: §§ 277—280; andere Z.: § 363; vgl. Meineid. Zinsschein, Fälschung: §§ 149. 360 Nr. 6. Schl. Zollvergehen: besondere Bestimmungen: EG. § 2, Pr. EG. Art. II, NEV. Art. VI Nr. 1; XI; Verjährung: NEV. Art. XL EL. EG. Art. II. Züchtigungsrecht, Ueberschreilnng: § 223 n. 3—12. Zuchthausstrafe, Pr. EG. An. IX, FEV. Art. VI § 3, NEV. Art. IX, EL. EG. Art. V; Dauer: §Z 14. 19; Beschäftigung: § 15; Wahl zwischen Zuchthaus und Festungshaft: § 20; Verhältniß z. Gefängnisstrafe: §21; Umwandlung: § 28; Einzelhaft: § 22; Entlassung: §§ 23—26; Folgen: § 31; Verlust der bürgert Ehrenrechte: § 32; Strafunmündiger: § 57 Nr 1. 3; Versuch: § 44; Hülfe leistung : § 49; Meineid: § 157. Schl., § 158; Verjährung: § 70 Nr. 1—3. Zueignung (rechtswidrige, widerrechtliche), Diebst., Raub: §§ 242. 249; Unterschlagg: §§ 246. 350; Z. v. Munition rc.: § 291. Zurechnung v. Thatumständen rc.: §§ 50. 59; vgl. Unzurechnungsfähigkeit. Zureiten mit gemeiner Gefahr: § 366 Nr. 2. Zurückbehaltungsrecht, Wegnahme: § 289. Zusammenrottung, Aufruhr: § 115: Gefangenen-Meuterei: § 122; Haus- und Landfriedensbruch: §§ 124. 125. Zusammenstößen der Schiffe auf der See: § 145. Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen: §§ 73-79; mehrerer KörperVerletzungen: § 227. Zwangsarbeit: EL. EG. Art. v. Zwangsgestellnng, rechtswidrige: § 341. 358; Widerstand: § 113 n. 11. Zwangsmittel, Untersuchung: § 343. Zwangsvollstreckung, Vereitelung: § 288; vgl. Vollstreckung. Zweig, Abbrechen: § 242 n. 57. Zweikampf: §§ 201—210; Anreizung: §210; vgl. Duell. Zweck: §§ 128. 129. 147. 151. 177.'191. 235. 267. 270. 273. 334. 363; öffentl. Zw.: §§ 317. 318. 320. 322. 329. 355.