Das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich: Nebst dem Einführungsgesetze vom 31. Mai 1870 und dem Einführungsgesetze für Elsaß-Lothringen vom 30. August 1871 [14., verb. und bereicherte Ausg. Reprint 2018 ed.] 9783111644844, 9783111261850


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German Pages 1037 [1040] Year 1901

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Vorrede Zursünsten Ausgabe
Inhaltsverzeichniß
Erklärung der Hauptsächlichsten Abkürzungen
I. Einführungs-Gesetz zum Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund vom 31. Mai 1870
II. Gesetz, betreffend die Redaktion des Stgb, für den Norddeutschen Bund als STGB, für das deutsche Reich vom 13. Mai 1871 (RGBL. S. 127, in der am 14. Juni 1871 Ausgegebenen Nr. 24)
III. Gesetz, betr. Die Einführung des STGB, Für Das Deutsche Reich In Elsaß-Lothringen v. 30. August 1871. (Gesetzbl. für Elsaß.Lothringen S. 255 in der am 4. Ausg. Nr. 14.)
IV–XV. Gesetz, betr. Ergänzung des STGB, für das Deutsche Reich vom 10. Dezember 1871. (RGBL. S. 442, in der am 14. Dezember 1871 Ausgeg. Nr. 49)
XVI. Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich
Erster Theil. Von der Bestrafung der Verbrechen Vergehen und Uebertretungen im Allgemeinen
Erster Abschnitt. Strafen
Zweiter Abschnitt. Versuch
Dritter Abschnitt. Theilnahme
Vierter Abschnitt. Gründe, Welche die Strafe ausschließen oder Mildern
Fünfter Abschnitt. Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen
Zweiter Theil. Von den Einzelnen Verbrechen, Vergehen und Ubertretungen und deren Bestrafung
Erster Abschnitt. Hochverrath und Landesverrath
Zweiter Abschnitt. Beleidigung des Landesherrn
Dritter Abschnitt. Beleidigungen von Bundesfürsten
Vierter Abschnitt. Feindliche Handlungen gegen Befreundete Staaten
Fünfter Abschnitt. Verbrechen und Vergehen in Beziehung auf die Ausübung Staatsbürgerlicher Rechte
Sechster Abschnitt. Widerstand gegen die Staatsgewalt
Siebenter Abschnitt. Verbrechen und Vergehen wider die öffentliche Ordnung
Achter Abschnitt. Münzverbrechen und Münzvergehen
Neunter Abschnitt. Meineid
Zehnter Abschnitt. Falsche Anschuldigung
Elfter Abschnitt. Vergehen, welche sich auf die Religion beziehen
Zwölfter Abschnitt. Verbrechen und Vergehen in Beziehung auf den Personenstand
Dreizehnter Abschnitt. Verbrechen und Vergehen wider die Sittlichkeit
Vierzehnter Abschnitt. Beleidigung
Fünfzehnter Abschnitt. Zweikampf
Sechszehnter Abschnitt. Verbrechen und Vergehen wider das Leben
Siebenzehnter Abschnitt. Körperverletzung
Achtzehnter Abschnitt. Verbrechen und Vergehen wider die persönliche Freiheit
Neunzehnter Abschnitt. Diebstahl und Unterschlagung
Zwanzigster Abschnitt. Raub und Erpressung
Einundzwanzigster Abschnitt. Begünstigung und Hehlerei
Zweiundzwanzigster Abschnitt. Betrug und Untreue
Dreiundzwanzigster Abschnitt. Urkundenfälschung
Vierundzwanzigster Abschnitt. Bankerutt
Fünfundzwanzigster Abschnitt. Strafbarer Eigennutz und Verletzung fremder Geheimnisse
Sechsundzwanzigster Abschnitt. Sachbeschädigung
Siebenundzwanzigster Abschnitt. Gemeingefährliche Verbrechen und Vergehen
Achtundzwanzigster Abschnitt. Verbrechen und Vergehen im Amte
Neunundzwanzigster Abschnitt. Uebertretungen
XVII. Zusätze
XVIII. Register
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Das Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich: Nebst dem Einführungsgesetze vom 31. Mai 1870 und dem Einführungsgesetze für Elsaß-Lothringen vom 30. August 1871 [14., verb. und bereicherte Ausg. Reprint 2018 ed.]
 9783111644844, 9783111261850

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Das

Strafgesetzbuch für

das Deutsche Reich nebst dem Einführungs-Gesetze vom 31. Mai 1870 und dem Einführungs-Gesetze für Elsaß-Lothringen vom 30. August 1871 erläutert durch

Dr. Friedrich Oppenhoff, fortgeführt von Dr. Theodor Oppenhoff.

Vierzehnte verbesserte und bereicherte Ausgabe, herausgegeben von

Br. iur. Hans Delins, Landgerichtsrath.

Berlin, Druck und Verlag von Georg Reimer.

1901.

Vorrede z«r fünften Ausgabe Es war dem Verfasser nicht vergönnt, das Erscheinen dieser Aus­ gabe zu erleben.

Nur wenige Tage vor seinem am 14. Dezember v. I.

erfolgten Hinscheiden wandte er sich an mich, seinen Bruder, mit der Bitte, die von ihm bereits begonnene Bearbeitung derselben fortzusetzen und

zu vollenden.

Benutzung des

Indem ich mich der Erfüllung dieser Bitte, unter

von ihm gesammelten reichhaltigen Materials bereit­

willigst unterzog,

war mein Streben stets dahin gerichtet, das Werk

ganz in dem Geiste zu fördern, welcher dasselbe von seinem ersten Er­ scheinen an beseelte. Wenn die gegenwärtige Ausgabe gleichwohl verhältnißmäßig zahl­ reiche Abweichungen und Zusätze aufweist,

so ist dies in Erster Linie

den mannigfachen, tiefeingreifenden Aenderungen beizumessen, welche der Text des erläuterten Gesetzbuchs durch die Novelle vom 26. Februar d. I. erfahren hat.

Außerdem fällt in die seit dem Beginne -es Drucks

-er vierten Ausgabe verflossene Zeit der Erlaß des R.-Preß-Gesetzes, des R.-Militär-Gesetzes, des Personenstands- und Eheschließungs-Gesetzes, der Preußischen Vormundschafts-Ordnung und mehrerer anderer wichtiger Gesetze, deren Vorschriften wegen ihrer engen Beziehungen zu gewissen Materien des Strafgesetzbuchs in den Kreis der Erörterung gezogen werden mußten und in jener früheren Ausgabe theils nur gegen das Ende, theils gar nicht mehr Berücksichtigung finden konnten. anderen Seite war,

Auf der

wie bisher, die Doktrin und die Rechtsprechung

gewiffenhast zu benutzen, insbesondere die namhafte Bereicherung, welche der Strafrechtsliteratur in den letzten beiden Jahren durch das Lehrbuch von H. Meyer und eine Reihe sonstiger verdienstvoller Schriften zu Theil geworden ist, auf geeignete Weise zu verwerthen. Aachen, den 1. Oktober 1876.

m Hppenhoff.

Zur dreizehnten Ausgabe An den bisher befolgten Grundsätzen ist auch in der gegenwärtigen Ausgabe festgehalten worden. Dagegen machte -er Umstand, daß seit dem Erscheinen -er letzten Ausgabe mehr als vier Jahre verflossen sind, und daß in diesen Zeitraum mehrere Gesetzesänderungen fallen, außer­ dem aber die neueste Rechtsprechung und Doktrin zu berücksichtigen waren, gar manche Zusätze bezw. Umarbeitungen erforderlich. Damit gleichwohl dem Buche die Handlichkeit gewahrt bleibe, ist — abgesehen von einer kleinen Vermehrung der Sylbenzahl auf jeder Seite, — eine Kürzung insofern vorgenommen, als die unter -er Herrschaft des Straf­ gesetzbuchs ergangenen Erkenntnisse (mit Ausnahme der reichsgerichtlichen) regelmäßig nicht mehr datirt -worden sind, während die vor dem Inkraft­ treten des Strafgesetzbuchs ergangenen sich stets mit dem Jahre ihrer Verkündung aufgeführt finden. Der Druck dieser Ausgabe wurde bereits im Jahre 1894 begonnen, demnächst jedoch, mit Rücksicht auf die Be­ rathung der wider die Umsturzbestrebungen gerichteten Gesetzesvorlage im Reichstage, für längere Zeit unterbrochen. Aachen, Ansang Februar 1896.

Dr. M. Appenhoff. Zur vierzehnten Ausgabe. Der Aufforderung, eine neue Ausgabe des bekannten Oppenhofsschcn Kommentars zum Strafgesetzbuch zu veranstalten, bin ich um so bereitwilliger nachgekommen, als ja das Strafrecht zu meinem Spezial­ gebiet gehört. Seit der letzten Ausgabe sind drei Ergänzungsgesetze zum StGB, erlassen, überdies ist insbesondere zur Jahrhundertwende eine Reihe von Gesetzen ergangen, die, wenn auch vorzugsweise civil­ rechtlichen Inhalts, doch aus das Straftecht wesentlichen Einfluß aus­ üben. Durch Streichung veralteter Bestimmungen ist es gleichwohl möglich geworden, daß die neue Ausgabe gegen die vorgehende nur wenig an Umfang zugenommen hat. Der Kommentar ist im Sinne der früheren Herausgeber weiterbearbeitet und ihre von der meinigen ab­ weichende Ansicht überall kenntlich gemacht. Der von „Uebertretungen" handelnde Abschnitt ist besonders bereichert worden. Cottbus, November 1901.

Dr. Kans Pesius.

Jnhaltsverzeichniß. I

Seite

EinführungS-Gesetz vom 31. Mai 1870

1

II. Gesetz betr. die Redaktion des StGB, für den nordd. Bund als StGB. f. das Deutsche Reich.................................................................

15

III. Gesetz vetr. die Einführung des StGB. f. d. Deutsche Reich in ElsaßLothringen......................................................................................................

15

IV.—XV. Ergänzung-- bezw. AbänderuugSgesetze zum StGB.................................

18

XVI.

Strafgesetzbuch.................... Einleitende Bestimmungen.......................................

§§

1—12.

u 25

Erster Theil. Don der Bestrafung der Verbrechen, Vergehen und Uebertretungen im Allgemeinen. Erster Abschnitt. Strafen........................................... §§ Zweiter Abschnitt. Versuch........................................... §§ Dritter Abschnitt. Theilnahme................................... §§ Vierter Abschnitt. Gründe, welche die Strafe ausschließen oder mildern ......................................................................... §§ Fünfter Abschnitt. Zusammentreffen mehrerer strafbarer Handlungen............................................................... §§

13— 42. 43— 46. 47— 50.

53 97 108

51— 72.

138

73— 79.

218

Zweiter Theil. Don den einzelnen Verbrechen, Vergehen und Uebertretungen und deren Bestrafung. Erster Abschnitt. Hochverrath und Landesverrath ... §§ 80— 93. Zweiter Abschnitt. Beleidigung des Landesherrn ... §§ 94— 97. Dritter Abschnitt. Beleidigung von Bundesfürsten... §§ 98—101. Vierter Abschnitt. Feindliche Handlungen gegen befreundete Staaten....................................................... §§ 102—104.

244 263 267 269

VI

Inhaltsverzeichnis Seite

Fünfter Abschnitt. Verbrechen und Vergehen in BeZiehung auf die Ausübung staatsbürgerlicher Rechte . §§ 105—109. Sechster Abschnitt. Widerstand gegen die Staatsgewalt §§ 110—122. Siebenter Abschnitt. Verbrechen und Vergehen wider die öffentliche Ordnung........................................................ §§ 123—145. Achter Abschnitt. Münzverbrechen und Münzvergehen §§ 146—152. Neunter Abschnitt. Meineid............................................ §§ 153—163. Zehnter Abschnitt. Falsche Anschuldigung.................... §§ 164—165. Elfter Abschnitt. Vergehen, welche sich auf die Religion beziehen............................................................................. §§ 166—168. Zwölfter Abschnitt. Verbrechen und Vergehen in Beziehung auf den Personenstand.................................... §§ 169—170. Dreizehnter Abschnitt. Verbrechen und Vergehen wider die Sittlichkeit................................................................. §§ 171—184b. Vierzehnter Abschnitt. Beleidigung................................ §§ 165—200. Fünfzehnter Abschnitt. Zweikampf................................ §§ 201—210. Techszehnter Abschnitt. Verbrechen und Vergehen wider das Lehen . .................................................................. §§ 211—222. Tiebenzehnter Abschnitt. Körperverletzung.................... §§ 223—233. Achtzehnter Abschnitt. Verbrechen und Vergehen wider die persönliche Freiheit.................................................... §§ 234—241. Neunzehnter Abschnitt. Diebstahl und Unterschlagung . §§ 242—248. Zwanzigster Abschnitt. Raub und Erpressung................ §§ 249—256. Einundzwanzigster Abschnitt. Begünstigung und Hehlerei §§ 257—262. Zweiundzwanzigster Abschnitt. Betrug und Untreue. . §§ 263—266. Dreiundzwanzigster Abschnitt. Urkundenfälschung ... §§ 267—280. Vierundzwanzigster Abschnitt. Bankerutt.................... §§ 281—283. Fünfundzwanzigster Abschnitt. Strafbarer Eigennutz und Verletzung fremder Geheimnisse . . -................ §§ 284—302 d. Sechsundzwanzigster Abschnitt. Sachbeschädigung... §§ 303—305. Tiebenundzwanzigster Abschnitt. Gemeingefährliche Derbrechen und Vergehen.......................................................... §§ 306—330. Achtundzwanzigster Abschnitt. Verbrechen und Vergehen im Amte............................................................................. §§ 331-359. Neunundzwanzigster Abschnitt. Uebertretuugen.... §§ 360—370.

272 278 316 371 379 403 408 418 422 453 500 507 527 551 565 623 634 653 684 738 762 811 821 855 913

XVII. Zusätze.....................................................................................................................

1004

XVIII. Register..................................................................................................................

1005

Erklärung -er hauptsächlichsten Abkürzungen. a. M.

bezeichnet: anderer Meinung. Braun und Blum, Annalen des Reichsgerichts. Annalen der Großh. Badenschen Gerichte: Manh. Sammlung der Entscheidungen des obersten Gerichts­ hofs für Bayern. BE. Sammlung der Entscheidungen des OLG. München. Bürgert. Gesetzbuch für d. Deutsche Reich. BGB. BGr. Berner: Grundsätze des Pr. Strafrechts: 1868. Binding: Die Normen und ihre Uebertretung. Bind. B.: Grundriß z. Vorlesungen rc., 3. Aust. Bind. GR. Bind. HB. I. B.: Handbuch des Strafrechts, Bd. I, 1885. Berner: Lehrb. des D. Strafrechts, 17. Aufl. 1895. BL. Blum: Das Strafgesetzbuch rc. 1870. Blum Bödiker Bödiker: Magazin f. d. Deutsche Recht. B.: Zur Lehre v. d. Fahrlässigkeit rc.: 1885. Bruck Zeitschrift für Rechtspflege im Herz. Braunschweig. Br. Z. Civilprozeßordnung (RGBl. 1898 S. 410). CPO. Deutsches Auslieferungsrecht 1899. Delius Preuß. Vereinsrecht (2. Aufl.) 1696. Reichspreßrecht 1895. Gericht!. Praxis in Strafsachen 1900. Haftpflicht der Beamten 1901. Deutsche Juristenzeitung, Berlin. O. Liebmann. D.JZ. E. Entscheidungen des Reichsgerichts in Straff, rc. Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich. Frank Franz Franz: Rechtsprechung des OLG. Colmar in Straffachen: 1886. Fuchs Fuchs: Anklage und Antragsdelikte, 1873. GA. Goltdammer rc.: Archiv f. Pr. Strafrecht: 1853ff. GM. Goltdammer: Materialien z. Pr. StGB. Groschuff-Eichhorn-Delius, Preuß. Strafg. 1894. Groschuff GSaal Gerichtssaal, Zeitschrift rc.: Stuttgart, 1849ff. HGB. Handelsgesetzbuch v. 10. Mai 1897 (RGBl. S. 219). HH. v. Holtzendorff: Handbuch des D. Strafrechts: 1871 ff. HS. Hälschner: System des Pr. Strafrechts: 1858 ff. Hälschner: Das gemeine d. Strafrecht: 1881 ff. HStR. Heinze Heinze: Derhältn. des Reichsstrafrechts z. Landesstrafrecht: 1871. Hecker, Mil-StR. Hecker: Lehrbuch des D. Militärstrafrechts: 1887. HE. Entscheidungen d. Großh. Hessischen Kassationshofs, Ja^rb. (v.K. Jahrb.) v. Kamptz: Jahrbücher f. d. Pr. Gesetzgebung. Pr. Justiz-Ministerial-Blatt. Johow Johow u. Küntzel: Jahrbuch der Entscheidungen des Kammergerichts in Strafsachen rc.

A. BA. BE.

Jur. Wochenschr.

Juristische Wochenschrift.

VIII v. K. Ann. KG. KBI. KBII.

Erklärungen.

bezeichnet: v. Kamptz: Annalen der Pr. innern Staatsverwaltung. Kammergericht. Bericht der Kommission der ersten (zweiten) Kammer zum Pr. Strafgesetzbuch, v. Kirchmann: Das Strafgesetzbuch rc., 1870. v. Kirchm. v. Liszt v. Liszt: D. D. Reichsstrafrecht, 9. Aust., 1898. Löning: Grundriß zu Vorlesungen rc.: 1885. Löning Löwe: D. Strafprozeßordn, rc., 8. Ausl., 1894. Löwe Meves Meves: Die Strafgesetz-Novelle rc., 1876. F. Meyer: Das Strafgesetzbuch rc.: Berl., 1870. Meyer H. Meyer: Lehrb. d. D. Strafrechts, 4. Aufl., 1888. ML. Ressel: Die Antragsberechtigung rc., 1873. Nestel Oppenhoff, Rechtsprechung des Kgl. Obertribunals in O. Strafsachen, 1861 ff. Archiv für die Praxis des im Großherzogth. OldenOld. Arch. bürg geltenden Rechts, 1843 ff. Olsh. Olshausen, Kommentar z. StGB., 6. Ausl., 1901. Oppenh. Bergges. Th. Oppenhoff: Das allgemeine Pr. Berggesetz rc. Oppenh. Reflortgeff. Th^ Oppenhoff: Die preußischen Gesetze über die Resfortverhältniffe rc.: Berlin 1863. Oppenh. Strafverf. Oppenhoff: Die Preuß. Gesetze ü. d. öffentliche und mündliche Verfahren in Strafsachen, 1860. Otto Otto: Aphorismen z. d. Allg. Th. des StGB.: 1873. Puchelt: Das Strafgesetzbuch rc.: 1872. Puch. R. Rechtsprechung des Reichsgerichts in Strass, rc.(Rheinisches) Archiv rc.: Köln, 1820ff. RA. (Rh. A.) Reber Reber: Die Antrags-Delikte: München 1873. Rotering Rotering, Polizei-Uebertretungen und Polizei-Verordnungsrecht, 1888. Lottner rc.: Sammlung der f. d. Pr. Rheinprovinz RS. erganaenen Gesetze rc.: Berlin, 1834ff. Rubo: Kommentar üb. d. Strafgesetzbuch: 1879. Rubo Rüdorff Rüdorff: Das Strafgesetzbuch rc. mit Kommentar; 3. Aufl., herausgeg. v. Stenglein, 1881. SGZ. v. Schwarze: Gerichtszeitung f. d. Kar. Sachsen. Schütze: Lehrb. des D. Strafrechts; 2. Aufl., 1874. Schütze (Anh. z. Sch.) (Anhang von Wanieck u. Villnow: 1877). v. Schwarze: Kommentar z. D. StGB. 5. Aufl. Schw. Schw. StPO. v. Schwarze: Kommentar z. D. Strafprozeßordnung. Sontag Sontag: Die Festungshaft, 1872. Staudinger Staudinger: Das Strafgesetzbuch rc., 2. Aufl. Strafprozeßordnung. StPO. StRZ. v. Holtzendorff: Allgem. deutsche Strafrechts-Zeitg. StA. Striethorst: Archiv f. Rechtsfälle rc., 1851 ff. StB. Stenograph. Berichte des Reichstages. (Die beigefügten Zahlen bedeuten die Session, fehlen die Zahlen, so ist die Session 1870 gemeint). StZ. M. Stenglein: Zeitschrift für Gerichtspraxis rc. TL. Temme: Lehrb. des Pr. Strafrechts, 1853. Tr. (Trierer) Ann. Annalen f. Rechtspflege rc. in den Pr. Rheinprovinzen. VMbl. Pr. Ministerialblatt für die innere Verwaltung. Voitus Voitus: Kommentar z. D. Strafprozeßordnung. Volkmar Volkmar: Die Jurisprudenz des Rhein. CasfationsHofs, 1848. Voll. Bollert: Blätter f. Rechtspflege in Thüringen rc. WGbl. v. Kübel, Württemb. Gerichtsblatt. Zeitschrift f. d. gesammte Strafrechtswissenschaft rc. Z. f. StR. Außerdem bezeichnet R. (I, II, III, IV, F., Pl.): Erkenntniß des Reichsgerichts (des ersten, zweiten, dritten, vierten Senats, des Feriensenats oder der vereinigten Senate für Strafsachen); — OHG.: Erk. des (früheren) Reichs-Oberhandelsgerichts; OT.: Erk. des (früheren) Pr. Ober-Tribunals; OA.: Erk. des (früheren) Pr. OberAppellations-Gerichts; KH.: Erk. des (früheren Rheinischen) Rev.- u. Kassations-

IX

Erklärungen.

Gerichtshofs; OVG.: Erk. des Pr. Oberverwaltungsgerichts; — AG.: AusführungsGesetz; EG.: Einführungs-Gesetz; GVG.: Gerichtsverfassungs-Ges.; Gew.-O.: B.Gewerbe - Ordn. v. 21. Juni 1869 (Fassung v. 1. Juli 1883); Jndigenats - Ges.: Ges. rc. v. 1. Juni 1870; KO.: R.-Konkurs-Ordn.; Mil.-Ges.: RGes. rc. v. 2. Mai 1874; Mil.-StGB.: RMilitär-Strafges.-Buch v. 20. Juni 1872; RMil-StGO.: Reichsmilitärstrafgerichtsordnung v. 1. Januar 1898; Nachdrucks-Ges.: Ges. rc. v. 11. Juni 1870; Nahrungsm.-Ges.: Gesetz rc. v. 14. Mai 1879; Personenstands-Ges.: Ges. rc. v. 6. Febr. 1875; RPost-Ges.: Ges. üb. d. Postwesen v. 28. Okt. 1871; Rechtshülfe-Ges.: Ges. rc. v. 21. Juni 1869; RPreßges.: Ges. rc. v. 7. Mai 1874; Seem.-O.: Seemanns-Ordn. v. 27. Dez. 1872; Sprengstoff- (Dyn.-) Ges.: Ges. rc. v. 9. Juni 1884; DZollges.: Vereins-Zollges. v. 1. Juli 1869; WO.: WechselOrdnung; — AKO.: Preußische Allerh. Kabinets-Ordre: ALR., AGO: Pr. Allge­ meines Landrecht, Pr. Allgenteine Gerichts-Ordn.; Pr. Bergges.: Ges. rc. v. 24. Juni 1865; Pr. FFP.-Ges.: Feld- u. Forstpol.- Ges. v. 1. April 1880; Pr. Forstdieb st.Ges.: Ges. rc. v. 15. Apr. 1878; NED. u. NStPO.: Einf.-Ddn. z. Pr. Strafgesetzb. f. d. neuen Prov., bezw. Strafprozeß - Ordn. für dieselben, v. 25. Juni 1867; Steuer-O.: Steuer-Ordn. v. 8. Febr. 1819; — MVf. (F. H. I. Inn. K. Kr.-): Verfügung des Pr. (Finanz-, Handels-, Justiz-, Innern-, Kultus-, Kriegs-) Ministers.

Oppenhoff, D. Strafgesetzbuch. 14. Stuft

b

L

Einführungs-Gesetz zum

Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund vom 31. Mai 1870. Bunbes-Gesetz-Blatt 1870 in der am 8. Juni 1870 ausgegebenen Nr. 16. S. 195 ff.)

§ 1. Das Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund [für das Deutsche Reich] tritt im ganzen Umfange des Bundes­ gebietes mit dem 1. Januar 1871 [1872] in Kraft. [I. Entw.: Art. I; 11. Entw.: § 1; EG. z. Pr. StGB.: Art. I; StB. II 1177.]

§ 1. 1. Auf Grund des Art. 80 der mit Baden und Hessen vereinbarten Bundes. Verfassung sowie der mit Württemberg und Bayern abgeschlossenen Beitrittsver. träge v. 25. und 23. November 1870 sind u. a. das „Strafgesetzbuch für den Nord, deutschen Bund", sowie das Einführungsgesetz zu demselben v. 31. Mai 1870 durch § 2 Abs. 2 des die Reichsverfassung verkündenden Gesetzes v. 16. April 1871 zu Reichsgesetzen erklärt worden. Der dt. §2 Abs. 2 bestimmt gleich, zeitig: „Wo in denselben fGesetzen^ von dem Norddeutschen Bunde, dessen Verfassung, Gebiet, Mitgliedern oder Staaten, Jndigenat, verfassungs. mäßigen Organen, Angehörigen, Beamten, Flagge u. s. w. die Rede ist, sind das Deutsche Reich und dessen entsprechende Organe zu ver. stehen." Demzufolge hat das StGB, selbst durch das RG. v. 15. Mai 1871 unter der Bezeichnung „Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich" vom 1. Januar 1872 an eine berichtigte Fassung erhalten. Gleiches geschah in Betreff des Eins.. Gesetzes nicht. Dieses ist daher oben in seiner ursprünglichen Fassung abgedruckt, es sind aber in Klammern diejenigen Bezeichnungen eingeschaltet, welche an Stelle der (zum Theil) nicht mehr passenden treten. 2. Das StGB, und das EG. hatten durch das letztere im Gebiete des Norddeutschen Bundes vom 1. Jan. 1871 an Wirksamkeit erlangt. Sodann wurden dieselben durch Art. 80II der Bundesverfassung (cit. n. 1) von demselben 1. Jan. 1871 an in Hessen südlich des Mains, vom 1. Jan. 1872 an in Baden eingeführt (vgl. Staatsvertr. v. 15. Nov. 1870: BGbl. s. 651). Ebenso erfolgte die Einführung für Württemberg vom 1. Jan. 1872 an durch den Staatsvertr. v. 25. Nov. 1870; vgl. NG. v. 16. April 1871 § 2. — Für Bayern wurde durch den Beitrittsvertr. v. 23. Nov. 1870 I § 26, III § 8 die Geltung des Oppeuh off, D. Strafgesetzbuch. 14. Aufl.

J

2

Einführungs-Gesetz. § 2.

§ 2. Mit diesem Tage tritt das Bundes- [Reichs-] und Landesstrafrecht, insoweit dasselbe Materien betrifft, welche Gegen­ stand des Strafgesetzbuchs für den Norddeutschen Bund [für das Deutsche Reich] sind, außer Kraft. cit. Art. 80 der Bundesverfassung (n. 1) vorläufig außer Anwendung gelassen. Dagegen erfolgte dort die Einführung des StGB, und des EG. v. 1. Jan. 1872 ab, durch das RG. v. 22. April 1871 § 7, mit einer den § 4 des EG. betreffenden Abänderung; vgl. dort n. 10. — In Elfaß-Lothringen ist das StGB, (ohne das EG.) durch Gesetz v. 30. Aug. 1871 vom 1. Oft. ej., vgl. unten III, in Helgo. land (mit dem EG.) durch Kaiserl. Vdn. v. 22. März 1891 vom 1. April ej. ab eingeführt. 3. Auf die im Condominat eines Bundesstaats mit einem fremden Staate stehenden Gebiete erstreckt sich der Geltungsbereich des D. StGB, nicht. Dies trifft zu bei dem zwischen Preußen und Belgien gemeinschaftlichen NeutralMoresnet (bei Aachen), vgl. Vertrag v. 26. Juni 1816 (GS. 1818 Anh. S. 77) Art. 17; dort gilt noch der alte frz. Code penal: JMVf. 31. Dez. 1852 (RS. X, 532); vgl. Köln 83 (RA. 74. II, 35), Bind. HB. I, 407. RF. 10. Aug. 1898 (E. 31, 259). Der Bewohner dieses Gebiets ist als Ausländer im Sinne des §4 Nr. 1 des StGB, nicht zu behandeln: OT. (D. XVI, 728), Olsh. s. 74, R. (E. 31, 259), a. M.: Köln 58 (Tr. A. X, 7) und Ausl. 13. Auch gilt das Gebiet nicht als „Ausland" int Sinne des § 8 StGB. Die dort wohnenden Preußen und Belgier werden von den Gerichten des Staates, dem sie angehören; die übrigen Eingewanderten und die neutralen Einwohner, d. h. die bereits 1815 dort wohnenden nebst deren Frauen und Deszendenten, je nach Lage der Sache in dem Staate abgeurtheilt, dessen Gerichte dazu vorzugsweise geeignet erscheinen; vgl. Müller, Arch. f. Landeskunde der preuß. Monarchie 5, 319.

§2 . 1. Art. II des EG. z. Pr. StGB, hob die in den verschiedenen Theilen des Staats geltenden kodifizirten Strafgesetzbücher int Ganzen auf. Eine ähnliche Bestimmung traf Art. VI der NED. für die neuen Provinzen. Dagegen beschränkt sich der obige § 2 darauf, das Bundes- und Landesstrafrecht insoweit außer Kraft zu setzen, als es „Materien betrifft, welche Gegenstand des neuen GB. sind". Enthielten daher die früheren Landesstrafgesetzbücher Vorschriften, welche andere vom StGB, nicht berührte Materien betrafen, so sind diese in Geltung geblieben, es sei denn, daß deren Beseitigung anderweitig zu begründen wäre, z. B. wenn aus der Entstehungsgeschichte des StGB, hervorgeht, daß sie in dieses gerade deshalb nicht aufgenommen wurden, um sie für die Zukunft unwirksam zu machen. Indessen hat ein großer Theil der Bundesstaaten die älteren Strafgesetzbücher ausdrücklich aufgehoben; so Bayern, Hessen, Mecklenburg, Olden­ burg, Braunschweig, Bremen rc. In Preußen geschah ein Gleiches nicht; vgl. übet n. 22. 2. Zu den „Materien, welche Gegenstand des StGB, sind", gehören zunächst die in den „Einleitenden Bestimmungen" und in Thl. I aufgestellten „all­ gemeinen Grundsätze über die Bestrafung der Verbrechen, Vergehen und Uebertretungen". Allgemeine Vorschriften der ältern Landes-Süafgesetzgebungen, auch solche, welche Gesichtspunkte betreffen, die Thl. I nicht berührt, sind für be­ seitigt zu erachten, weil sonst die Einzelbestimmungen des StGB, in dem einen Bundesstaate anders aufzufassen und anzuwenden wären, als in den andern: Darmst. 71 (HE. s. 30), OHG. (StZ. II, 17), BL. s. 41 (nimmt nur den im StGB, nicht erschöpfend geregelten Strafvollzug aus). — Jene allgemeinen Grund­ sätze beherrschen das ganze Strafrecht; sie kommen sonach auch bei den in be­ sonderen (Reichs, oder Landes-)Gesetzen enthaltenen Strafvorschriften zur An­ wendung, selbst bei solchen Straffällen, für welche die Vorschriften eines früheren Landesstrafgesetzbuches in Kraft verblieben sind (n. 1) R. I 28. Mai 91. (E. 21, 22) u. 91111 1. Dez. 98. (E. 31. 362), OT. (O. XV, 718), Manh. (BA. 40 s. 225); vgl. § 57 n. 17; Mil.-StGB, h 2; — es sei denn, daß aus der eigen­ thümlichen Natur der behandelten besonderen Materie die Unanwendbarkeit

Einführungs-Gesetz. § 2.

3

In Kraft bleiben die besonderen Vorschriften des Bundes[Reichs-] und Landesstrafrechts, namentlich über strafbare Ver­

letzungen der Preßpolizei-, Post-, Steuer-, Zoll-, Fischerei-, eines im allgemeinen Theile aufgestellten Grundsatzes nachzuweisen wäre. Ent­ hält dagegen ein in Geltung verbliebenes besonderes Gesetz lediglich für die in ihm geregelten (im StGB, nicht berührten) Straffälle spezielle Borschriften über die in Th. I behandelten allgemeinen Grundsätze, so sind sie mit jenem Gesetze in Kraft geblieben, da hierdurch die Anwendung des StGB, selbst nicht berührt wird; vgl. n. 12, Einl. Best. n. 1, 2, Bayer. EG. v. 26. Dez. 1871, «III. 1. Mai 80 (E. II, 33) Rüd. n. 7, Olsh. n. 12; a. M. Bind. HB. I, 306 ff., und (theilweise) Reber n. 92. 3. Für den „von den einzelnen Verbrechen rc." handelnden Theil II des StGB, deutet der Ausdruck „Materien" auf die mit Strafe bedrohten Handlungen, somit weder auf die Gegenstände, in Beziehung auf welche ein Strafthat begangen wird, noch auf die durch dieselbe beeinträchtigten Rechte, noch auf die durch sie verfolgten Zwecke; OT. 61 (RA. 56, II. 111); vgl. Abs. 3 a. E.: „Handlungen, über welche das StGB, nichts bestimmt". Ebensowenig hat derselbe auf die Strafgattungen (z. B. die Polizeiaufsicht) Bezug: OT. 10. Nov. «53 (JMbl. 54 s. 136). Als Materien sind daher hier die (hergebrachten) Derbrechens- rc. Begriffeanzusehen, welche in das System des StGB, aufge­ nommen, in demselben definirt und geregelt sind; OA. 69. 70 (O. X, 636; XI, 378). In dieser Beziehung bieten zwar nicht die Uebe^chriften (vgl. Abschn. 7 n. 1, Abschn. 25 n. 1, Abschn. 28 n. 4), wohl aber die in den einzelnen Para­ graphen gebrauchten allgemeinen technischen Bezeichnungen des betr. Straf­ falls (:wer------- , wird „wegen Hochverraths rc." — bestraft) einen AnhaltsPunkt. In Ermangelung solcher Bezeichnung fragt sich, ob die Begriffsbestimmung einen in der älteren Strafrechtslehre hergebrachten, in der früheren Gesetzgebung berücksichtigten Straffall hat präzisiren wollen. Wo das eine oder andere zutrifft, sind alle früheren Strafgesetze aufgehoben, welche sich auf denselben bezogen, und zwar selbst, wenn das StGB, jenen Derbrechensbegriff anders destnirt: HS. I, 24, a. M. Zena (StZ. I, 161; macht die Entscheidung der Frage davon abhängig, ob die Materien „ihres allgemeinen kriminalrechtlichen Charakters wegen über­ haupt in die Strafgesetzbücher aufgenommen zu werden Pflegen, oder nicht"; für eine solche Unterscheidung fehlt es jedoch an jedem Anhalte; auch kommt es nach -§ 2 nur darauf an, ob die betr. Materie „Gegenstand des StGB." sei). 4. Nach dem unter n. 3 aufgestellten Grundsätze trifft die Regel des § 2 auch da zu, wo eine besondere landesgesetzliche Vorschrift einen speziellen Thatbestand, welcher an sich der allgemeinen Begriffsbestimmung eines im damals geltenden Strafrechte vorgesehenen Straffalles entsprach, und also (in Ermangelung besonderer Bestimmungen) nach diesem zu bestrafen gewesen wäre, ausgesondert und unter Berücksichtigung der ihm beiwohnenden Eigenthümlich, keiten mit anderen Strafen bedroht hatte. Mochte damals der Gesetzgeber diesen besonderen Thatbestand als eine für sich bestehende, aus dem allgemeinen Begriffe ausgeschiedene „Materie" aufgefaßt und behandelt haben, so kann diese Rücksicht jetzt nicht mehr zutreffen, da das StGB, für die in ihm behandelten Materien rin einheitliches Recht schaffen wollte, welches eben deshalb mit abweichenden Sonderbestimmungen der einzelnen Bundesstaaten nicht mehr verträglich ist; Beisp.: n. 35—37. 41. 47. Das Gesagte erleidet eine Ausnahme bei den in den Absätzen 2, 3 ausdrücklich aufgezählten bundes- und landesrechtlichen Vorschriften; vgl. hierüber n. 7, 12. 5. Mit Rücksicht auf das unter n. 3 Gesagte ist daraus, daß das StGB, (besonders im Abschn. 29) eine Reihe von Polizeivorschriften enthält, welche in das Gebiet irgend eines speciellen Zweiges der Polizeiverwaltung, z. B. der Feuer-, Straßen-, Eisenbahn-, Maß-, Gewichts-Polizei rc., fallen, nicht zu folgern daß diese Zweige polizeilicher Thätigkeit als „Materien" anzusehen seien, auf welche sich das StGB, beziehe, und daß deshalb alle sonstigen älteren Strafbestimmungen, welche auf jene Zweige der Polizeiverwaltung zurückzuführen sind, als aufgehoben betrachtet werden müßten. Beispiele vgl. bei §§ 364, 365, 368,369.

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Einführungs-Gesetz § 2.

Jagd-, Forst-und Feldpolizei-Gesetze, über Mißbrauch des Bereinsund Versammlungsrechts und über den Holz- (Forst-) Diebstahl. 6. Im Abs. 2 bezeichnet der Ausdruck: „besondereVorschriften rc." (nicht, wie im Art. II des EG. z. Pr. StGB., den Gegensatz gegen das kodifizirte LandesStrafgesetzbuch, sondern) den Gegensatz gegen das in Abs. 1 erwähnte „Strafrecht, insoweit es Materien betrifft, welche Gegenstand des D. StGB. sind". Es gehören sonach diejenigen Strafvorschriften hierher, welche nicht nach dem Grundsätze des Abs. 1 durch die Bestimmungen des StGB, ersetzt sind; vgl. HH. II, 11. — Dabei macht es keinen Unterschied, ob sich jene Vorschriften in kodifizirten Landes­ strafgesetzbüch em oder in Spezialgefetzen finden. 7. Anders verhält es sich mit den Zuwiderhandlungen gegen die im Abs. 2 unter „namentlich . . . ." hervorgehobenen Gesetze. Sie sind dadurch von Gesetzes­ wegen als „besondere Vorschriften" hingestellt, welche unbedingt in Kraft verbleiben, selbst wenn sie eine Handlung zum Gegenstände haben, welche (in einer konkreteren Gestaltung) unter den allgemeinen Thatbestand eines im StGB, vorgesehenen Straffalles zu bringen wäre, z. B. Forstweidefrevel: OT. (O. XVI, 352), Widersetzlichkeit gegen Steuer- rc. Beamte, Bestechung eines solchen rc., insoweit diese Handlungen in den betr. Spezialgesetzen mit besonderen Strafen bedroht sind: OT. (O. XIV, 717), Merkel, HH. IIl! 672; vgl. wegen „Defraude" § 263 n. 66. Das erleidet nur da eine Ausnahme, wo das StGB, genau denselben Thatbestand (in derselben konkreten Gestaltung, wie ihn früher eines der erwähnten Gesetze vorsah) nunmehr zum Gegenstände einer neuen Strafandrohung gemacht hat, oder wenn eine spezielle Bestimmung des StGB, mit einer jener älteren Gesetze unvereinbar sein würde; hier ginge selbstverständlich die Vorschrift des StGB. vor. Vgl. § 275 n. 7. Diese Ausnahme würde z. B. zutreffen, wenn genau der Thatbestand der §§ 117, 292—296 oder einer der im § 368 n. 1. 2. 9—11 oder im § 370 n. 2 aufgezählten Uebertretungen auch in irgend einem der aufrecht erhaltenen Jagd-, Forst­ oder Feldpolizeigesetze mit Strafe bedroht wäre. — Don solchen Fällen abgesehen, kann es bei den in Abs. 2 aufgezählten Materien allerdings geschehen, daß dieselbe Handlung in dem einen Bundesstaate nach StGB., in dem anderen nach einem dort in Ktaft verbliebenen Landesgesetze zu bestrafen ist. Vgl. n. 8, § 242 n. 50, § 303 n. 14 und Otto f. 4. 8. Demgemäß (n. 7) sind die Landes-Fel dpolizeigesetzt selbst, insoweit sie den Diebstahl (die Entwendung) von Bodenerzeugnissen betreffen, in Geltung ver­ blieben; vgl. Pr. Ges. v. 22. Mai 1852 Art. III, RED. Art. III, VI Nr. 1, welche dies (den Vorschriften des Pr. StGB, gegenüber) ausdrücklich aussprechen; sie haben unzweifelhaft als Muster für die Abfassung des Abs. 2 gedient. Das Gegentheil folgt nicht daraus, daß die Gesetze „über den Holzdiebstahl" neben den Forstpolizeigesetzen ausdrücklich aufgezählt werden; letzteres erklärt sich dadurch, daß in Preußen der Holzdiebstahl zum Gegenstand eines besonderen Gesetzes gemacht ist. Vgl. RI. 3. Juli 84 (R. VI, 497: die Reichsgesetzgebung habe der Landesgesetz­ gebung die Abgrenzung des Feldfrevels von der Sachbeschädigung wie vom Diebstähle überlassen), Münch. (BE. V, 17) ML. s. 627, Staudinger zu § 242; a. M. Schw., GSaal 22 s. 394, Meves, StRZ. XI, 545. Andererseits sind unter den „Feldpolizeigesetzen" die Gesetze zum Schuhe der Gärten, selbst solcher, welche keine feldähnliche Anlage darstellen, einbegriffen: dt. RI. 9. DaS Nähere über die aufrechterhaltenen Fischerei- und Jagdpolizeigesetze findet sich zu den §§ 292. 296. 368 Nr 10, 370 Nr. 4 bemerkt. 10. Die Landes-Preßpolizeigesetze sind durch das RPreßges. v. 7. Mai 1874 außer Kraft gesetzt mit Ausnahme der älteren Landesvorschriften über das öffentliche Anschlagen, Anheften, Ausstellen, sowie die öffentliche unentgeltliche Dertheilung von Bekanntmachungen, Plakaten und Aufrufen: arg. RPreßges. § 30 Abs. 2. 11. Abs. 3 ist mit dem Inkrafttreten der KO., d. h. seit dem 1. Okt. 1879 gegenstandslos geworden. 12. Insoweit § 2 (Abs. 2. 3) zutrifft, bleiben die betreffenden Vorschriften in ihrem ganzen Umfange einschließlich der Strafandrohung (mit der im § 6 ausgesprochenen Maßgabe) wirksam; die Beschränkung, welche § 5 für künftige landesgesetzliche Vorschriften enthält, ist auf unsern Fall nicht auszudehnen: Rüd.

Einführungs-Gesetz. § 2.

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Bis zum Erlasse eines Bundesgesetzes [Reicksgeselses] über beit Konkurs bleiben ferner diejenigen Strafvorschriften s. 84, Schn», s. 163, Schütze, AG. 20 s. 358; a. M.: Heinze s. 91. Ebendeshalb haben die besonderen „Vorschriften" der Feldpolizeigesetze rc. (Abs. 2), selbst insoweit sie Abweichungen von Theil I des StGB, enthalten, ihre Geltung bewahrt: OT. (O.XV1I, 476); vgl. n. 2, § 5 n. 2, StGB. § 1 n. 9, § 28 n. 20, § 68 n. 41. 13. § 2 entzieht die dort aufrecht erhaltenen landesgesetzlichen Bestimmungen nicht der Abänderung durch die Landesgesetzgebung, vielmehr ist aus § 2 gerade zu folgern, daß letztere in den betreffenden Materien (vorbehaltlich der Vorschrift des § 5) ihre Zuständigkeit bewahrt habe; vgl. § 5 n. 2; ebenso: RlH. 1. Mai 80, 13. Juli 91 (E. II, 33: XXII, 121), Schw. s. 160. OT. (O. XVIII; 504). Dies wurde bezüglich des Erlasses neuer Bestimmungen über die Feld- und ForstPolizei sowie den Holz- (Forst.) Diebstahl im Bundesrathsbeschlusse v. 13. Febr. 1875 (RAnz. Nr. 48) ausdrücklich ausgesprochen und durch den Erlaß des Pr. Forstdiebst.'G. sowie des Pr. FFP.-G. praktisch gehandhabt. 13a. 5)o § 2 sich nur auf Bestimmungen des materiellen Strafrechts bezieht, so läßt er das Verhältniß der Landesgesetzgebung zur Reichsgesetzgebung, was das Verfahren angeht, unberührt; vgl. in letzterer Hinsicht EG. z. StPO. §§ 6. 3 Abs. 3, welchem letzteren (Abs. 3) von der Rechtsprechung des Reichsgerichts für Forst- und Feldrügesachen eine ähnliche Tragweite, der StPO, gegenüber, beigelegt wird, wie sie § 2 h. 1. in dergleichen Sachen dem StGB, gegenüber besitzt; vgl. StGB. § 117 n. 11. 14. Nach den oben entwickelten Grundsätzen sind solche Bestimmungen, welche Vorbereitungshandlungen zu einer im StGB, vorgesehenen Strafthat mit Strafe bedrohen, für aufgehoben zu erachten; ebenso Rill. 7. Febr. 89 (E. XIX, 13: Mot.). Dagegen sind Polizeivorschriften, welche bezwecken, einer Strafthat vorzubeugen, (z. B. Strafandrohungen gegen die Verheimlichung der Schwangerschaft oder Niederkunft), in Kraft verblieben: Heinze s. 35; a. M.: Schwarze, GSaal 22 s. 400, Puch. s. 217 n. 2. 15. Vorschriften, welche die Theilnahme an einer straflosen Handlung (z. B. einem Selbstmorde) als selbständige Handlung mit Strafe bedrohen, haben ihre Wirksamkeit verloren: Heinze s. 36, Schw. GSaal 22 s. 391, Bind. HB. I, 312, a. M. Ausl. 13. 16. Daraus, daß das StGB, den Rückfall nicht mehr allgemein als Strafschärfungsgrund hingestellt hat, folgt nicht, daß besondere, den Rückfall betr. Vorschriften eines in Geltung verbliebenen Spezialgesetzes unwirksam geworden feien; vgl. n. 8, Pr. FFP.-G. §§ 2. 3, Bind. HB. I, 314. Auf derartige Vorfchriften finden die Grundsätze der §§ 244. 245 keine Anwendung: OT. (O. XIV, 93); a. M.: Bind. 1. c. — In anderen Fällen kann der Rückfall als Strafzumessungsgrund Berücksichtigung finden: OA. (O. XIII, 521). 17. Besondere landesgesetzliche Bestimmungen, welche den Ungehorsam gegen eine amtliche Weisung mit Strafe bedrohen, sind (trotz der §§ 113 ff.) nicht außer Kraft gesetzt: Schw., SGZ. XV, 257; vgl. OT. 61 (O. I, 556) und HStR. I, 115 (auch in Betreff des passiven Ungehorsams gegen das Gesetz). 18. Vorschriften, welche eine wahrheitswidrige nichteidlich vor einer öffent­ lichen Behörde abgegebene Aussage für strafbar erklären, sind beseitigt: Dresd. (StZ. II, 33), Heinze f. 117; id. HH. II, 7, Bind. JB. I, 317; vgl. StZ. III, 307, ML. f. 958. a. M. Ausl. 13, weil das StGB, nur die Materie der falschen Eidesleistung vorsehe. 19—21. Aufrecht erhalten sind: die Strafvorschriften wider das Konkubinat: ^ B. §72 des badischen Polizeistrafgesetzbuchs vom 31. Oktober 1863. RI, 7. Mai 1900 (E 33, 273). Carlsr. (BA. 54 s. 308) und wider das Wahrsagen: so: Dresd. (GA. 37 s. 61); vgl. übrigens StGB. § 360 n. 83a; — wider un­ gebührliche Aeußerungen in Eingaben an Behörden, z. B. § 72 des Hannöv. PStGB. v. 25. Mai 1847: Rill. 17 /24. Sept. 88, Berl. 15. Juni 93 (E. X, 490: GA. 41 s. 153: in den diesem Paragraphen unterliegenden Fällen komme daher § 193 StGB, nicht zur Anwendung); — die die widerrechtliche Be-

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EinführungS-Gesetz. § 2.

in Kraft, welche rücksichtlich des Konkurses in Landesgesetzen enthalten sind, insoweit dieselben sich auf Handlungen beziehen. Nutzung fremden Eigenthums betr. Strafvorschriften, z. B. K. Sachs. StGB. Art. 330 Abs. 3; a. M. Bind 1. c., Dresd. (SGZ. XV, 86: weil § 290 eine solche Handlung des Pfandgläubigers bestrafe; dieser Paragraph beruht aber auf der besonderen Stellung des Pfandgläubigers zum Pfande; deshalb ist nicht jene ganze Materie zum Gegenstand des StGB, gemacht); die Vorschriften, welche eine unerlaubte Eigenmacht (z. B. unerlaubte Selbsthülfe) bestrafen; die möglicherweise hier in Betracht kommenden §§ 113. 123. 124. 137. 201. 246. 303 des StGB, finden das Strafbare nicht in der Eigenmacht, sondern in der Ver* letzung des fremden Rechtes; ebenso: Bind. HB. I, 318; a. M. Rill. Eivilsen. 22. Febr. 84 (Civil-E. XI, 239: speziell in Betreff der gemeinrechtlichen Privat* strafe des Eigenthumsverlusts), Rll. 3. Okt. 82 (E. VII, 63: Motive, unter beispielsweiser Hervorhebung des Sächs. StGB, von 1868, Art. 247 und des Württemb. StGB.. Art. 200), Dresden, Jena (SGZ. XV, 111; StZ. I, 162), Heinze s. 36, Olsh. n. 6; ein Antrag: die Selbsthülfe zu bestrafen, ward in der Reichstags-Commission abgelehnt; vgl. Schw., GSaal 22 s. 392; — die Vor­ schriften , welche (ausnahmsweise) die fahrlässige Beschädigung fremder Sachen unter Strafe stellen, da das StGB, im Wesentlichen nur die vorsätzliche Beschädigung vorsieht; vgl. n. 3, OT. (O. XVI, 352) a. M.: v. Wächter Bei­ lagen rc. s. 237, Bind. HB. I, 316 (sofern, sie keine der im Abs. 2 namentlich aufgeführten Materien beträfen). 22. Aus dem Preußischen StGB, ist nur der § 270 (Verbot des Abhaltens vom Bieten und Weiterbieten bei Versteigerungen) in Kraft geblieben. Die all­ gemeinen Grundsätze desselben wurden durch die des D. StGB, ersetzt (vgl. n. 2), Groschuff, S. 376: Rüd. s. 477; RI. 27. März 84, 10. Dez. 88, «IV. 6. März 88 (E. X, 220; XVII, 202; R. X, 713), vgl. auch StGB. § 367 n. 54. a. M.r Aukl. 13, OT. (O. XV, 448. 555. 801; XVI, 568), Schütze s. 494 n. 8, Meves, GA. 23 s. 25, Ziebarth, Forstrecht s. 385; Merkel, HH. IV, 77 hält auch den tz 262 für noch geltend. Von den älteren Preußischen Gesetzen sind folgende weder durch das Pr. noch durch das D. StGB, aufgehoben: (Vgl. wegen der Einzel­ heiten Groschuff, Preuß. Strafgesetze, u. Delius in DJZ. 1899 S. 494.) 23. AGO. III, 1 §§ 14 u. 15 nebst Anhangs-Paragraphen 440—442. Vgl. Groschuff, S. 118. 24. 25. AGO. III, 1 §§ 30.31, betr. das Queruliren: OT. (O. XII, 268; XV, 578); ebensowenig wurden diese Paragraphen durch das GVG. außer Kraft gesetzt: Rll. 28. Dez. 83 (E. IX, 357), Berl. (Johow II, 288). Sie finden auch auf Beschwerden bei Staatsanwälten, General-Kommissionen und überhaupt solchen Behörden, welchen durch neuere Gesetze gewisse bis dahin den Gerichten obliegende Functionen übertragen wurden, selbst denjenigen der unteren Instanzen, nicht aber auf Beschwerden bei reinen Verwaltungsbehörden Anwendung; vgl. cit. Rll. 28. Dez. 83, RIV. 15. Dez. 99 (E. XXXIII, 14), OT. (O. XIV, 482; XVIII, 672; XIX, 129). Die Strafbarkeit ist durch eine zweckentsprechende, vom Angeklagten unbeachtet gelassene Vorbescheidung bedingt: OT. (O. XVI, 52), nicht aber durch die Kenntniß von der Unbegründetheit des Verlangten: OT. (O. XIV, 482). Auch ist ein wiederholtes, also mindestens zweimaliges Suppliziren erforderlich. (RIV. 28. Juni 99; E. 32, 243). 26. 27. Trauerreglement v. 7. Oct. 1797 (Mylius u. Rabe, Samml. preuß. Gesetze Bd. 4, S. 291). 28. Verletzungen der Dienstpflichten des Gesindes usw. 29. .... Vorfluths-Edikt v. 15. Nov. 1811 §§ 8. 9, betr. das Aufstauen des Mühlen Wassers über die durch den Merkpfahl festgesetzte Höhe: OT. 55 (JMbl. 243. 355), Berl. (Johow. II, 282; III, 361; IX, 258). 30.............. Ges. v. 8. Mai 1837 § 20 Abs. 1, betr. Ueberversicherung von Mobilien gegen Brandschaden: RIV. 17. April 85, Rill. 7. Febr. 89 (E. XII, 150; XIX, 13); in Betr. des § 20 Abs. 2 ib. vgl. jedoch «III. 10. März 90 (E. XX, 321), in Betreff des § 28 ib.: unten n. 48.

Einführungs-Gesetz. §§ 2. 3.

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über welche das Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund [für das Deutsche Reich] nichts bestimmt. [I. Entw.: Art. II; II. Gntro.: § 2; EG. z. Pr. StGB.: Art. II; StB. II 1177/78.]

§ 3. Wenn in Landesgesetzen auf strafrechtliche Vor­ schriften, welche durch das Strafgesetzbuch für den Norddeutschen Bund [für das Deutsche Reich] außer Kraft gesetzt sind, ver31.............. die Strafvorschrift der AKO. v. 15. Apr. 1822, betr. unbefugte Namensänderungen: 9tlV. 5. Mai 1896 (E. 27, 344) Berl. (GA. 37 s. 306: das Gegentheil gelte bez. der AKO. v. 30. Oktober 1816); vgl. § 360 n. 65. 32.............. alle Disciplinargesetze; vgl. Thl. II Abschn. 28 n. 5. Dagegen sind in Preußen (theilweise bereits durch das EG. v. 14. Apr. 1851) aufgehoben: 33, 34—46.............. ALN. Einl. § 13, betr. die Entschuldigung mit der Unkenntniß des Strafgesetzes; ebenso: Rl. 17. Jan. 87, RH. 12. März 89 (E. XV, 198; XIX, 87). OT. 63 (JMbl. s. 254). 47.............. § 45 des sanitätspoliz. Regul. v. 8. August 1835, wenigstens soweit die dortige Strafandrohung die wissentliche Verletzung der angeordneten Jsolirungsmaßregel betrifft: RH. 13. Nov. 83 (E. IX, 366); vgl. StGB. § 327. 48.............. § 28 des G. v. 8. Mai 1837, insoweit derselbe die Aufstellung einer zu hohen Brandschadens.Liquidation in böswiliger Absicht betrifft; vgl. StGB. § 263 n. 73. 49. Das die Stellung unter Polizeiaufsicht betr. Gesetz v. 12. Febr. 1850 ist schon durch das Pr. StGB, und, soweit es sich auf Kontrebanden u. Zolldefraudationen bezog, durch das DZollges. außer Kraft getreten. Die in den §§ 149 u. 150 ib. erwähnten Landesgesetze sind durch die entsp. Bestimmungen des StGB, ersetzt. RIV. 12. Oft. 88 (E. 18, 191). 50. Ob § 2 Nr. 2 des Freizügigkeits-G. v. 31. Dez. 1842 durch § 39 D. StGB, ersetzt und außer Kraft getreten sei, ist streitig; es bejahen: Oppenhoff, Comm. z. Pr. StGB. (6. Ausg.), § 27 n. 10; v. Nonne, Staatsrecht (4. Aust.) II f. 65; a. M.: MVf. v. 14. Dez. 1860 (VMBl. 83 f. 59; 61 f. 11 ff.), u. OVG. IX, 430.

§ 3. 1. Der Grundsatz dieses Paragraphen gilt auch für ältere Bundes-Gesetze; ebenso: Rüd. n. 1, Heinze s. 87, Olsh. n. 5 RIV. 12. Oft. 1888 (E. 18, 191); a. M.: Rubo n. 4. 2. Der Ausdruck „Landesgesetze" ist nicht auf Strafgesetze zu beschränkener umfaßt auch Prozeß- und Civilgesetze; ebenso (in Betreff des Pr. G. v22. Mai 1852): OT. 76 (O. XVII, 585 643). 3. Die „Verweisung" braucht keine ausdrückliche zu sein, sie kann auch still­ schweigend geschehen: RI. 13. Oft. 83 (E. IX, 137); der Gebrauch eines technischen Ausdrucks (z. B. „Verbrechen, Vergehen" int EG. z. Pr. StGB. Artt. XIII, XIV) genügt; st. M.: Rubo n. 3. 4. Unter den „entsprechenden Vorschriften" sind diejenigen zu verstehen, welche nunmehr im StGB, die Materie regeln; keineswegs wird also vorausgesetzt, daß die einen bestimmten Straffall betreffenden neuen Vorschriften genau denselben Thatbestand wiedergeben; es genügt, wenn die neue Vorschrift an Stelle der älteren tritt und diese dadurch ersetzt. Insbesondere gehören dahin auch alle Erweiterungen, welche in Folge der geänderten Gesetzgebung die bisherige landesgesetzliche Vorschrift erfahren hat: OT. (O. XX, 291). 5. Fehlt es an entsprechenden Vorschriften des D. StGB., so ist die betr. Verweisung gegenstandslos geworden; es darf deshalb nicht etwa auf die außer Kraft gesetzten älteren Vorschriften zurückgegangen werden.

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Einführungs-Gesetz. §§ 3. 4.

wiesen wird, so treten die entsprechenden Vorschriften des letzteren an die Stelle der ersteren. 1. Entw.: (fehlt); II. Entw. § 3; EG. z. Pr.St.GB.: Art. III].

§ 4 Bis zum Erlasse der in den Artikeln 61 und 68 der Verfassung des Norddeutschen Bundes [des Deutschen Reichs] vorbehaltenen Bundesgesetze [Reichsgesetze] sind die in den §§ 81. 88. 90. 307. 311. 312. 315. 322. 323 und 324 des Strafgesetzbuchs für den Norddeutschen Bund [für das Deutsche Reich] mit lebenslänglichem Zuchthaus bedrohten Verbrechen mit dem Tode zu bestrafen, wenn sie in einem Theile des Bundesgebietes, welchen der Bundesfeldherr [der 6.

Im Uebrigen vgl. §2n. 2 und in Betreff des Rückfalls ib. n. 16.

§4. 1. Das im § 61 der Verfassung vorbehaltene R.-Mil.-Gesetz ist unter dem 2. Mai 1874 erlassen worden. Da aber dem § 68 ib. noch nicht genügt ist, so ist, abgesehen von der Beschränkung in n. 9, § 4 zur Zeit noch in Kraft: Rubo n. 2; a. M. (in Betreff der zweiten Alternative des §): Olsh. n. 3, Hecker, Mil.-StR. s. 44. 2. Der cit. Art. 68 lautet: „Der Kaiser kann, wenn die öffentliche Sicherheit in dem Bundes­ gebiete bedroht ist, einen jeden Theil deffelben in Kriegszustand erklären. Bis zum Erlasse eines die Vorallssetzungen, die Form der Verkündigung und die Wirkungen einer solchen Erklärung regelnden Reichsgesetzes gelten dafür die Vorschriften des Preuß. Gesetzes v. 4. Juni 1851 (GS. S. 451 ff.)." Der obige § 4 ist als eine der durch diesen Art. 68 vorbehaltenen bundes­ gesetzlichen Bestimmungen aufzufassen; die dadurch herbeigeführte Modification des gedachten Artikels konnte eben deshalb erfolgen, ohne daß es dazu der „Veränderung der Verfassung" nach Anleitung des Art. 78 derselben bedurft hätte. Vgl. auch Gesetz über die Vorbereitung des Kriegszustandes in Elsaß. Lothringen vom 30. Mai 1892 (RGBl. S. 667). 3. Die Erklärung des Kriegszustandes in einem Theile des Bundesgebiets kann nur durch den Kaiser erfolgen. Das Staatsministerium und die Militärbefehlshaber (vgl. cit. Ges. v. 4. Juni 1851 §§ 1. 2) sind dazu nicht befugt, a. M.: die Praxis in den Fällen Bielefeld u. Spremberg. Ebensowenig kann die „Erklärung in Kriegszustand" durch eine „Erklärung in Belagerungszustand" nach Anleitung des cit. G. ersetzt werden; a. M.: eine Aeußerung des Bundes-Kommissars im RT.: Sten. Ber. s. 776 b. 4. Der Kriegszustand kann nur im Falle eines Krieges oder im Falle eines Aufruhrs bei dringender Gefahr für die öffentliche Sicherheit erklärt werden: G. v. 4. Juni 1851 §§ 1. 2, auf welches Art. 68 beiN Reichsverfassung in Betreff der Voraussetzungen der Maßregel verweist; eine anderweitige „Bedrohung der öffentlichen Sicherheit im Bundesgebiet" reicht nicht dazu hin. Ebenso Olsh. n. 6; a. M.: Rubo n. 4. Rach § 5 können zugleich verschiedene Artt. der preuß. Verfassung außer Kraft gesetzt werden. 5. Hinsichtlich der Verkündung des oen Kriegszustand verhängenden Erlaffes vgl. G. v. 4. Juni 1851 § 3. Diese besondere Verkündungsart (bei Trommelschlag rc.) wurde mit Rücksicht auf die eintretende außerordentliche Strafschärfung für nöthig erachtet, um die Maßregel sofort zur allgemeinen Kunde zu bringen. Die Verkündung in jeder Einzelgemeinde, weil sonst die Abweichung von der gewöhnlichen Derkündungsform eines Gesetzes keinen Sinn hätte, ist nicht nothwendig: OT. (O. XII, 215), Olsh. n. 7, Rubo s. 203 (welcher bei erwiesener Unkenntniß den § 59 anwenden will); a. M.: Ausl. 13. Es genügt die Derkünoung am Aufenthaltsorte des Kaisers. 6. Ob der „Kriegsschauplatz" im In- oder Auslande liegt, macht keinen Unterschied, sobald nur nach allgemeinen Grundsätzen die ritt. §§ des StGB. An-

Einführungs-Gesetz. §§ 4. 5.

9

Kaiser] in Kriegszustand (Art. 68 der Verfassung) erklärt hat, oder während eines gegen den Norddeutschen Bund [gegen das Deutsche Reich] ausgebrochenen Krieges auf dem Kriegsschau­

plätze begangen werden. [I. ent».: (fehlte); II. Entw.: § 4; EG. z. Pr. StGB, (fehlte).)

§ 5. In landesgesetzlichen Vorschriften über Materien, welche nicht Gegenstand des Strafgesetzbuchs für den Norddeutschen Bund Wendung finden; doch find die Worte „auf betn Kriegsschauplätze oder „im Felde" nicht gleichbedeutend; vgl. R.-Mil.StGB §§ 9. 160. 161. 7. Die Todesstrafe greift nur da Platz, wo sonst auf lebenslängliches ZuchtHaus zu erkennen wäre. Insoweit daher die citt. §§ des StGB, die Verhängung anderer Strafen gestatten, behält es dabei auch in dem durch den § 4 vorgesehenen Falle sein Bewenden; jene anderen Strafen konkurriren dann elektiv mit der Todesstrafe; ebenso John in HH. III, 58; a. M.: Otto s. 6, Rubo n. 9, während letztere beim Vorhandensein „mildernder Umstände" ganz ausgeschlossen bleibt, wenn einer der im § 4 ritt. §§ des StGB, für diesen Fall an Stelle der lebendlänglichen Zuchthausstrafe eine mildere Strafe setzt. Hiernach ist § 8 des Pr. G. v. 4. Juni 1851 durch den vorliegenden § 4 ersetzt und beseitigt; ebenso Olsh. n. 8, Meyer n. 1; a. M.: OT. (O. XII, 89), Otto f. 7. 8. Dagegen bleibt § 9 des eit. Ges. für die dort vorgesehenen Fälle nach wie vor in Wirksamkeit. Auch hat das Staatsministerium in Preußen die im § 16 erwähnten Befugnisse. 9. In Betreff des „während eines gegen das Deutsche Reich ausgebrochenen Krieges auf dem Kriegsschauplätze begangenen" Landesverraths (Kriegsverraths) find die Vorschriften des § 4 des EG. sowie diejenigen der §§ 88—92 des StGB, durch die auf Ausländer und auf Deutsche bezüglichen §§ 160. 57—59 des R.-Mil.-StGB. ersetzt. Dasselbe gilt für Militärpersonen auch im Falle des „erklärten Kriegszustandes", sofern die That in einem davon betroffenen Gebiete verübt wird: ib. § 9 Nr. 2. 10. Mit dieser Einschränkung (n. 9) gilt §4 auch für Militärpersonen; vgl. Mil.-StGB.tztz 3. 56; a. M.: Rubo s. 206, in Betreff der Fälle des §81, weil der rit. § 56 neben § 81 nicht auch des § 4 h. 1. gedenke; ebenso: Olsh. n. 4. 11. Der §4 hat (gleich den Artt. 61. 68 der Verfassung) für Bayern keine Geltung; vgl. Schlußprotok. zum Staatsvertr. v. 23. Nov. 1870, III § 5 VI; der tz 7 Abs. 2 des RG. v. 22. April 1871 bestimmt in dieser Beziehung: „An Stelle der Vorschriften des tz 4 des Einführungsgesetzes hat es für Bayern bis auf Weiteres bei den einschlägigen Bestimmungen des Militärstrafrechts, sowie bei den sonstigen gesetzlichen Vorschriften über das Standrecht sein Bewenden." Die letzteren sind enthalten in den durch Art. 312 des Bayr. G. z. Ausführ, der StPO, vom 18. Aug. 1879 modifizirten Artt. 441—456 des StGB. f. d. Kgr. Bayern v. 1813 Th. II.

§ 5. 1. Das Verbot dieses Paragraphen bezieht sich nur auf zukünftige (d. h. nach dem Inkrafttreten des EG. zu erlassende) landesgesetzliche Strafvorschriften; in Betreff der neben dem StGB, in Kraft verbliebenen älteren Gesetze enthält tz 6 die maßgebende Bestimmung: BL. s. 42, Schütze GA. XX, 359, Olsh. n. 2. 3; st. M.: HStR. I, 103, Heinze f. 87. 91 ff. 2. Die Landesgesetzgebung darf in Zukunft neue Strafvorschriften nur noch in Betreff solcher Materien erlassen, welche nicht Gegenstand des D. StGB, sind: sie darf also nicht einen in dem letzteren vorgesehenen Thatbestand in irgend einer besonderen Gestaltung zum Gegenstände abweichender (dem StGB, derogirender) Vorschriften machen; diese würden unverbindlich sein: Dresd.; vgl. Münch. (StZ. II, 33. 354). Letzteres erleidet (vorbehaltlich der Vorschrift des h 5) bezüglich der im tz 2 Abs. 2 aufgezählten besonderen Materien eine Ausnahme; ebenso: OT. (O. XVIII, 504. 510); vgl. § 2 n. 7. 9. 13; Einl. Best. n. 3; Heinze, HH. II, 15; Schütze, GA. XX., 358.

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Einführungs-Gesetz. §§ 5. 6.

[für das Deutsche Reich] sind, darf nur Gefängniß bis zu zwei Jahren, Haft, Geldstrafe, Einziehung einzelner Gegen­ stände und die Entziehung öffentlicher Aemter angedroht werden. [I. Entw.: Art. IV; II. Entw. § 5; EG. z. Pr. StGB.: (fehlte.)

§ 6. Vom 1. Januar 1871 [1872] ab darf nur auf die im Strafgesetzbuchs für den Norddeutschen Bund [für das Deutsche Reich] enthaltenen Strafarten erkannt werden. 3. „Haft" und „Geldstrafe" können nach den Maßbestimmungen des StGB., jene nur im Höchstbetrage von sechs Wochen, diese aber ohne Begrenzung angedroht werden; ebenso: Schw. s. 162, Rubo s. 220; a. M.: Staudinger s. 9 n. 3, Olsh. n. 4. Verweis ist unstatthaft. 4. In Betreff der „Einziehung einzelner Gegenstände" vgl. StGB. § 40 n. 5. 6. Die Verfallen-Erklärung des Aequivalents für Einziehungsobjekte (StGB. § 335) ist hier darunter nicht inbegriffen; vgl. übrigens Rl. 7. Dez. 82 (E. VII, 311: Motive). Bezüglich des Werthersatzes im Sinne des Pr. Forstdiebst.» und FFP.-G. vgl. §6n. 11. 5. Die Androhung der „Entziehung öffentlicher Aemter" darf sich nur auf solche Berufs-Stellungen beziehen, welche ein öffentliches Amt im Sinne des StGB, darstellen; vgl. § 6 n. 6, StGB. § 31 n. 6ff. Diese „Entziehung öffentlicher Aemter" ist gleichbedeutend mit dem in den §§ 81. 83. 87—90 erwähnten, neben der Festungsstrase fakultativ angedrohten „Verluste" der bekleideten öffentlichen Aemter", welcher dort mit dem Verluste „der aus öffentlichen Wahlen hervorge» gangenen Rechte" verbunden ist. Auf diesen wird auch die oben erwähnte „Ent» ziehung" auszudehnen sein, weil sonst (dem Grundsätze des § 6 des EG. zuwider) das Landesstrafgesetz eine Strafart (Entziehung des Amtes ohne gleichzeitige Ent» ziehung der aus öffentlichen Wahlen hervorgegangenen Rechte) androhen würde, welche das StGB, in dieser Weise nicht kennt. 6. Den Verlust anderer Ehrenrechte kann ein Landesstrafgesetz nicht mehr androhen, insbesondere nicht die Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter; — wohl aber die Suspension der Ausübung der bürgerlichen Ehrenrechte während einer Untersuchung (sie ist keine Strafe): Heinze s. 106, Bind. HB. I, 326. 327. 7. Ebensowenig kann ein Landesstrafgesetz eine Arbeitsstrafe androhen: dies erleidet nach Rüd. s. 88, Heinze s. 106 in Betreff der Forst» und Gemeinde»Arbeit (§ 6 Abs. 2) eine Ausnahme. Vgl. Pr. Forstdiebst.°Ges. §§ 14, 34. 8. Das Gegentheil gilt von der Buße und dem Werthersahe: Olsh. u. 7, Bind. 1. c.; vgl. auch § 6 n. 11 und Pr. FFP.»G. §§ 68. 69; a. M. (bez. der Buße): Rubo n. 7. 9. Die Androhung einer nach § 5 unstatthaften Strafe würde unverbind­ lich sein: Reichsverf. Art. 2; Motive v. 1870 s. 156. Inwiefern dann auf eine andere nach § 5 statthafte Strafe erkannt werden könne, ist nach dem zu § 8 n. 7 entwickel­ ten Grundsätze zu beurtheilen; vgl. Heinze s. 134 ff. 10. Ans Landes-Disciplinargesetze findet § 5 keine Anwendung; vgl. § 2 n. 32, Rüd. s. 85, Staudinger s. 9 n. 6, Schw. s. 163; a. M.: Rubo n. 4. 11. Dgl. § 61 des Schutzgebietsgesetzes vom 25. Juli 1900 (RGBl. S. 812).

§ 6. 1. Der § 6 nimmt Stellung, nicht blos, wie § 5, der Landes», sondern auch der Bundes», nicht blos der künftigen, sondern auch der bestehenden Gesetz­ gebung gegenüber, wenn davon abgesehen wird, daß er die künftige Bundes- bezw. Reichsgesetzgebung selbstredend nicht beschränkt. Dgl. Gew.-Ord. § 143, Rahrungs» Mittelgesetz § 16, Viehseuchengesetz § 63. 2. Auf Disciplinarstrafen findet der § keine Anwendung; a. M.: Rubo s. 149. 227. 3. Derselbe bezweckt eine Gleichförmigkeit in Betreff der zu verhängenden Strafarten für solche Straffälle herbeizuführen, welche nicht nach dem StGB.,

Einführungs-Gesetz. § 6.

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Wenn in Landesgesetzen anstatt der Gefängniß oder Geld­ strafe Forst- oder Gemeinde-Arbeit angedroht oder nachgelassen ist, so behält es hierbei sein Bewenden. [I. Entw.: Art: V.; II. Entw.: § 6; EG. z. Pr. StGB.: Art. VIII—X.] sondern nach anderen Gesetzen zu bestimmen sind. An den schon vor dem 1. Januar 1871 (1372) ergangenen, demnächst rechtskräftig gewordenen Straferrenntnissen wurde Nichts geändert. Ebenso ist es bei den mit solchen Verurtheilungen verknüpften Folgen verblieben, soweit nicht gesetzlich oder im Gnadenwege anders be­ stimmt ist; vgl. OT. (O. XIII, 457; XII, 669). 4. Der Landesgesehgebung ist vorbehalten, die neben dem StGB, in Kraft verbleibenden Landesstrafgesetze mit den Vorschriften des letzteren in Uebereinstimmung zu bringen (§ 8). Darüber, wie zu verfahren sei, wenn es an einer bezüglichen gesetzlichen Vorschrift fehlt, vgl. § 8 n. 7. 8. 5. Bloße Abweichungen in der Terminologie sind bedeutungslos. Dem­ gemäß sind z. B. die als Ordnungsstrafen bezeichneten, für gewisse leichtere ©traffälle angedrohten Geldstrafen nicht um deswillen beseitigt, weil das StGB, jenen Ausdruck nicht kennt. Wohl aber verpflichtet der § den Richter, selbst bei Anwendüng älterer landesgesetzlicher Strafvorlchriften, an der Terminologie des StGB, festzuhalten, mithin nicht mehr auf „polizeiliches Gefängniß" (Pr. StGB. § 33), sondern auf „Haft", nicht mehr auf „Konfiskation" oder „Vernichtung", sondern auf „Einziehung" (§ 40), bezw. „Unbrauchbarmachung einer Schrift" (§ 41), nicht mehr auf „Untersagung der Ausübung der bürgerlichen Ehrenrechte" (Pr. StGB. § 20), sondern auf den „Verlust" (die „Aberkennung") dieser Rechte (§§ 32. 33) zu erkennen: OT., Münch. (O. XII, 200; BE. VII, 65). Vgl. übrigens die RG. v. 20. Juli 1881 (§ 5) und 16. Juli 1884 (§ 9). 6. Unter den im StGB, enthaltenen „Strafarten" sind nicht blos die in den §§ 13—42 des StGB, näher behandelten, sondern alle Strafarten zu ver­ stehen, welche das StGB, überhaupt kennt, mithin auch die in Einzelfällen an­ gedrohten; vgl. StGB. Thl. I Abschn. 1 n. 2. Ebenso: HStR. 1, 105; vgl. jedoch RI. 7. Dez. 82 (E. VII, 311: Motive). — Demgemäß gehört auch der Verlust der bekleideten öffentlichen Aemter dahin; vgl. StGB. §§ 81 ff. und EG. § 5; geistliche Aemter sind jedoch keine öffentlichen Aemter, weshalb auf Entziehung eines solchen nicht mehr erkannt werden darf; ein diese Strafe androhendes Landes­ gesetz würde unverbindlich sein: OT. (O. XV, 422); vgl. § 31 n. 8. — Ob die öffentliche Bekanntmachung einer Verurtheilung (StGB. §§ 165. 200) als (Neben-) Strafe oder als bloße Privatgenugthuung aufzufassen sei, ist streitig; vgl. § 200 n. 2. 7. Die „im StGB, enthaltenen Strafarten" dürfen nur in dem Sinne verhängt werden, wie sie das StGB, kennt, mit dem Vorbehalte jedoch, daß ältere Sondergesetze, welche in Betreff des zulässigen Höchst, und Mindestbetrags der Strafe oder in Betreff der Strafumwandlung abweichende, den Charakter der Strafart nicht ändernde Bestimmungen treffen, zu Recht bestehen; vgl. Olsh. § 2 n. 12, Schw. n. 3; a. M.: Rubo s. 146. 8. Auf Vorschriften, welche nicht die Strasart selbst betreffen, sondern nur ihre Anwendung begrenzen, ist § 6 nicht auszudehnen. Demgemäß kann auf Grund eines anzuwendenden besonderen oder älteren Gesetzes die Einziehung einzelner Gegenstände verhängt werden, selbst wenn sie nicht durch ein vorsätzliches Verbrechen oder Vergehen hervorgebracht, oder zur Begehung eines solchen gebraucht oder bestimmt waren und wenn sie weder dem Thäter noch auch einem Theilnehmer gehören (§ 40); auch das StGB, droht bei einzelnen Uebertretungen ohne jene Beschränkungen eine Einziehung an; vgl. ferner § 5. — Ebendeshalb kann aus einem zur Anwendung kommenden älteren'Gesetze sogar wider Strasmündige ein Verweis erkannt werden: John, StRZ. XI, 344; a. M.: Rüd. s. 87, BL. s. 43. 9. Bloße Straffolgen, welche sich nicht selbst wieder als (öffentliche) Strafen charakterisiren, werden durch den § nicht ausgeschlossen. Demgemäß sind nicht etwa alle partikularrechtlichen Vorschriften (mögen sie dem Civil- oder dem öffentlichen Recht angehören), welche an eine erkannte Criminalstrafe den Verlust von Rechten z. B. der väterlichen Gewalt, der Lehnsfolge, des Adels, eines Wahlrechts, eines

12

Einführungs-Gesetz. § 8.

Pensionsanspruchs knüpfen, als aufgehoben zu erachten: RHI. Civilsen. 28. Mai 80 (Civil-E. II, 66); vgl. Colmar (Franz s. 30), ML. s. 443; a. M.: Mandry, der civilrechtl. Inhalt der RG. s. 86 ff. Es ist vielmehr bei jeder einzelnen Vorschrift, welche eine solche, dem StGB, fremde Straffolge anordnet, zu prüfen, ob letztere vom Gesetzgeber gerade als Strafe gewollt sei. Einen Anhaltspunkt für die Beantwortung dieser Frage bietet der Umstand, ob auf jene Folge eben vom Strafrichter zu er­ lernten ist, oder ob dieselbe sei es von Nechtswegen eintreten, sei es vom Civilrichter oder von einer nichtrichterlichen Behörde angeordnet werden soll. Inzwischen ist dieser Umstand nach beiden Seiten hin nicht allein entscheidend und es geht namentlich OHG. (Entsch. dess. 24 s. 118) zu weit, insofern es allgemein ausspricht, daß jede Rechtsverwirkung, wenn sie als Folge einer Strafthat im Wege des strafgerichtlichen Verfahrens und durch das Strafurtheil selbst auszusprechen sei, als Strafübel erscheine; vielmehr kommen außerdem der Zweck und Anlaß der Vorschrift, insbesondere ob derselben strafrechtliche oder aber civilrechtliche bezw. Polizeiliche Motive zu Grunde liegen, ihr Zusammenhang mit sonstigen Vorschriften des Gesetzes, die Stelle, welche sie in letzterem einnimmt, ob sie namentlich den Straf­ bestimmungen desselben eingereiht ist rc., in Betracht; vgl. n. 13, OT. (O. XIII, 172), Olsh. n. 4, Bind. HB. I, 327. 10. Die Frage, ob die in einzelnen älteren Bundes- und in Landesgesehen (z. B. im Brausteuerges. v. 4. Juli 1868 § 25, BBranntw.-St.-Ges. v. 8. Juli 1868 h 53; — Pr. Steuer-O. v. 8. Febr. 1819 § 62) angedrohte Entziehung des Rechts zum Betriebe eines bestimmten Gewerbes, welche durch § 143 Abs. 2 der Gew.O. ausdrücklich für Steuervergehen beibehalten war, durch den § 6 beseitigt sei, ist zu verneinen. — Dagegen dürfte der Verlust des Anspruchs auf freien Salzbezug (BGes. v. 12. Okt. 1867 § 11) dem § 6 zufolge nicht mehr eintreten; a. M.: Bind. HB. I, 328. 11. Civil-Entschädigungen, auf welche der Strafrichter zu erkennen hat, werden durch den § nicht berührt; vgl. n. 9. 12, z. B. der Werthersatz nach dem Pr. Forstdiebst.°G. § 9; vgl. Pr. FFP.-G. § 68, Berl. (Johow V, 331). Freilich kann die Erlegung des Werthersatzes unter Umständen den Charakter einer Entschädigung verleugnen, vielmehr eine Bereicherung des Eigenthümers zur Folge haben; gleich­ wohl erkannte RH. 24. April 85 (E. XII, 158) die Verbindlichkeit des Forstdiebst-G. auch für solche Fälle an. — Dasselbe dürfte von Privatgenugthuungen (z. B. Abbitte, Ehrenerklärung, Widerruf, Schmerzensgeld rc.) gelten, welche in einem in Kraft verbliebenen Landesgesetze angedroht sind: Franke, GA. XX, 68; a. M.: John, StRZ. XI, 347, ML. s. 599 und (speziell bez. der Abbitte und Ehrenerklärung) Bind. HB. I, 305; vgl. § 188 n. 23. 12. 13. Die gesetzlich begründete Befugniß der Polizeibehörden, Polizeiwidrige Anstalten (Zustände) zu beseitigen und die Herstellung des gesetzlichen Zu­ standes herbeizuführen, ist selbstverständlich durch das StGB, nicht aufgehoben; Beisp.: Gew.-O. § 147 Abs. 3. Unter denselben Gesichtspunkt fällt die Befugniß der Polizeibehörde, die Fortsetzung eines ohne die erforderliche Genehmigung be­ gonnenen Gewerbebetriebs zu hindern (ib. § 15), einem Unqualificirten einen Gewerbebetrieb zu untersagen (ib. § 35) oder eine ertheilte Approbation rc. zurückzunehmen (ib. §§ 51. 54. 151), nicht minder die auf § 8 der Pr. Vdn. v. 11. Mürz 1850 beruhende Befugniß der Polizeibehörde, einen politischen Verein, welcher die ihnl gezogenen Beschränkungen überschreitet, vorläufig zu schließen. Das Gleiche hat das Pr. OTr. wiederholt in Betreff der durch Straferkenntniß auszusprechenden definitiven Schließung solcher Vereine angenommen (§ 16 1. c.); ebenso RH. 18. Febr. 87 (E. XV, 305: die Schließung der Vereine sei lediglich eine polizeiliche Schutzmaßregel und die definitive Entscheidung über dieselbe nur aus Zweckmäßigkeitsgründen mit einem Strafverfahren in Verbindung gebracht). Vgl. RI. 25. Rov. 95 (E. 28, 45) FFP.-Gef. h 51. — Dagegen haben sich die Polizeibehörden bezüglich solcher Handlungen (Unterlassungen), welche durch ein Strafgesetz mit Strafe bedroht sind, der Festsetzung von sog. Exekutivstrafen zu enthalten: Jnn.-MDf. 25. Rov. 1884 (BMbl. s. 262); vgl. auch ODG. (Entsch. dess. V, 278; IX, 275). 14. Abs. 2 behält die in Landesgesetzen statt der Gefängniß- oder Geldstrafe als Strafe angedrohte (nachgelasiene) Forst- oder Gemeindearbeit bei. Unter „Gefängniß" ist hier die in den Einzelstaaten bisher bestehende einfachere Form der

Einführungs-Gesetz. § 7.

13

§ 7. Vom 1. Januar 1871 [1872] ab verjähren Zuwider­ handlungen gegen die Vorschriften über die Entrichtung der Branntweinsteuer, der Biersteuer und der Postgefälle in drei Jahren. [I. II. Entw. (fehlte).

StB. S. 777.]

Freiheitsstrafe, im Gegensatz zur geschärften, zu verstehen: es gehören daher „Ge­ fängniß" und „Polizeigefängniß" im Sinne des Pr. StGB. („Haft": StGB, tz 18) hierher. — Außerdem dürfte die Forst- und Gemeindearbeit auch da, wo sie als Prinzipal.Strafe angedroht ist, beizubehalten sein. Dgl. § 5 n. 7: StGB. § 18 n. 4. 3. 15. Die sog. „Handarbeitsstrafe" (Kgl. Sächs. StGB. Art. 23) ist künftig nur noch als Forst- oder Gemeinde-Arbeit statthaft: Otto s. 9.

§ 7. 1. Die dreijährige Frist gilt für die Strafverfolgung der betr. ZuwiderHandlungen. Für die Vollstreckung der erkannten Strafen ist nur § 70 maßgebend. 2. Abgesehen von der hier bestimmten Dauer der Verjährungszeit, kommen die allgemeinen Grundsätze, welche das StGB, in Betreff der Verjährung der Strafverfolgung (z. B. in Betreff der Unterbrechung derselben) aufstellt, auch bei den im § vorgesehenen Zuwiderhandlungen zur Anwendung; vgl. Einl. Bestst. u. 2. 3. Der § gilt für Zuwiderhandlungen jeder Art, einschließlich der ZuwiderHandlungen wider die die „Entrichtung" der Steuer sichernden Vorschriften: OA. (O. XIV, 144) und aller nur mit einer s. g. Ordnungsstrafe bedrohten: (Ges., betr. Besteuerung des Branntweins v. 24. Juni 1887 (Fassung der Novelle v. 16. Juli 1895 (RGBl. S. 276); Rill. 19. Sept. 95; GA. 43, 373 u. Rill. 12. 2. 00; E. 33, 151; OT. (O. XVI, 504); letzteres ist jedoch in Betreff der Brausteuer durch R.-G. v. 31. Mai 1872 insofern geändert worden, als die Verfolgung der dort mit bloßen Ordnungsstrafen verpönten Fälle in Einem Jahre verjährt; vgl. Rill. 4. März 86 (E. XIV, 15). 4. Die Postgefälle (das Postgesetz v. 28. Oct. 1871 hat keine Vorschrift über Verjährung) und die übrigen der Reichsgesetzgebung unterliegenden Abgaben (zu welchen mit Ausschluß von Bayern, Württemberg und Baden auch die Branntweinund Biersteuer gehören) fließen in die Reichs kaffe; vgl. RD. Artt. 35. 38. 49. Dasselbe gilt von dem Ertrage der Zölle, der Salz-, Tabaks- und Rüben­ zuckersteuer, des Wechsel, und Spielkartenstempels (RV. Art. 35. 38; Ges. v. 10. Juni 1869 u. 3. Juli 1878). Gleichwohl ist § 7 auf die Zuwiderhandlungen gegen die diese Abgaben betreffenden Vorschriften nicht auszudehnen. Kontrebanden und Zolldefraudationen (mit Einschluß derjenigen, welche wegen der unter 150 Mark bleibenden Höhe der verwirkten Geldstrafe nur Uebertretungen darstellen: Rl. 7. Jan. 86, E. XIII, 223) verjähren nach dem VZollges. § 164 ebenfalls in drei Jahren, bloße Ordnungswidrigkeiten in Zollangelegenheiten dagegen in Einem Jahre; in ähnlicher Weise und unter Nornlirung gleicher Verjährungsfristen unterscheiden die Tabaksst.- und Zuckerst.-G. v. 16. Juli 1879 und 31. Mai 1891 zwischen Defraudationen rc. einer- und zwischen bloß mit Ordnungsstrafen bedrohten ZuwiderHandlungen andererseits; Wechselstempelsteuerhinterziehungen rc. verjähren nach § 17 des G. v. 10. Juni 1869 in fünf Jahren und es gilt dasselbe von den ZuwiderHandlungen gegen das RStempel-Ges. v. 27. April 1894, und zwar ohne Unterschied, ob dieselben mit einer besonderen Strafe oder mit bloßen Ordnungsstrafen bedroht find: ib. § 36; vgl. auch RF. 26. Aug. 85 (E. XII, 345). Das Salzst.-Ges. v. 12. Okt. 1867 enthält in Betreff der Verjährung keine besonderen Bestimmungen, hier kommen daher die Vorschriften des StGB, zur Anwendung; Rill. 1. Dez. 1898 (E 31, 362). Ein Gleiches ist der Fall in Betreff der Gemeinde-Abgaben von Bier und Branntwein; so: Jena 9. Dez. 75 (StZ. VI, 90: weil der Gesetzgeber beim Erlasse des EG. nur solche Verbrauchssteuern dieser Art im Auge gehabt habe, welche nach Art. 38 der RVerf. in die Bundeskasse fließen sollten). 5. Dagegen findet die Bestimmung des § 7 gemäß § 4 des RG., betr. die Steuerfreiheit des Branntweins zu gewerblichen Zwecken, v. 19. Juli 1879 auf strafbare Handlungen im Sinne der §§ 2. 3. ib. Anwendung.

14

Einführungs-Gesetz. § 8.

§ 8. Der Landesgesetzgebung bleibt vorbehalten, Über­ gangsbestimmungen zu treffen, um die in Kraft bleibenden Lan­ desstrafgesetze mit den Vorschriften des Strafgesetzbuches für den 6. In Preußen verjähren nach dem Ges. v. 22. Mai 1852 (GS. S. 252) Art. V und der NEV. Art. XI „Vergehungen und Übertretungen, welche durch Zuwiderhandlung gegen die Vorschriften über die Entrichtung der Steuern, Zölle, Postgefalle, Kommunikationsabgaben und aller übrigen öffentlichen Abgaben und Gefälle begangen werden, in fünf Jahren"; diese Vorschriften sind gemäß § 2 h. 1., soweit nicht ein neueres Gesetz (insbesondere § 7) zutrifft, in Kraft verblieben: Rl. 4. Juni 83 (E. VIII, 390), Rl. 25. März 97 (E. 30, 31). OA., OT. (O. XII, 313; XX, 268).

§

8.

1. Da in Zukunft nach § 6 auf andere als die im StGB, enthaltenen Straf, arten nicht mehr erkannt werden darf, so wird in allen Fällen, wo aus einem älteren Landesgesetze auf eine im StGB, nicht enthaltene Strafart zu erkennen wäre, die gesetzliche Regelung nöthig, welche Strafart jetzt an die Stelle der unzulässig gewordenen treten soll. Diese Regelung ist der Landesgesehgebung überlassen worden; dagegen versteht es sich von selbst, daß die etwa erforderliche Abänderung eines Bundes-Gesetzes nur im Wege der Reichsgesetzgebung ergehen kann. 2. Die Landesgesetzgebung hat diese Ausgabe (n. 1) nicht bloß in Betreff der „in Kraft bleibenden Landesstrafgesetze", sondern auch in Betreff der durch das StGB, außer Kraft gesetzten, insoweit letztere noch auf ältere Straffälle Anwendung finden; es bedurfte indessen keines desfallsigen Vorbehalts, da die Reichsgesetzgebung durch eine derartige Aenderung nicht berührt wird. 3. Bei Erörterung der Frage, ob ein älteres Gesetz eine im StGB, nicht enthaltene Strafart androhe, ist die in jenem Gesetze der Strafe beigelegte Bezeichnung (der Name) nicht entscheidend; es kommt vielmehr lediglich darauf an, ob sie ihrem Wesen nach einer Strafart des StGB, entspricht; vgl. § 6 n. 5. 4. Bei der vorzunehmenden Abänderung der in besonderen Gesetzen angedrohten Strafarten ist § 5 als maßgebend anzusehen; es dürfen also für die Zukunft nur die dort aufgezählten Strafen bestimmt werden; a. M.: Olsh. u. 1. Dies ist aber nicht auf solche Vorschriften auszudehnen, welche die wegen älterer Straffälle nach einem jetzt durch das StGB, außer Kraft gesetzten Gesetze zu verhängenden Strafen regeln, da es sich hierbei um solche Materien handelt, welche Gegenstand des StGB, geworden sind; vgl. Heinze s. 92. 5. Die Landesgesetzgebung darf ein Reichsgesetz, z. B. das StGB, selbst, ebensowenig erläutern, wie abändern (eine solche Erläuterung führte dahin, daß das Reichsgesetz in den verschiedenen Bundesstaaten verschieden anzuwenden wäre); derartige Vorschriften würden unverbindlich sein. — Dies gilt selbst da, wo das StGB, durch die fakultative Fassung einer Strafvorschrift dem Richter-Amte ein Ermessen übertragen hat; auch dieses kann durch landesgesetzliche Vorschriften nicht beschränkt werden. Das Gegentheil dürfte da anzunehmen sein, wo einzelne Maß­ nahmen in das Ermessen einer verwaltenden Behörde (z. B. der Staatsanwaltschaft) gestellt sind; Beisp.: §§ 15. 16. 22; vgl. Heinze s. 49; id. HH. II, 9. 6. Eine Uebersicht der auf Grund des § in den einzelnen Bundesstaaten ergangenen Ausführungsgesetze (Verordnungen rc.) geben Rüd. s. 67ff. und Kaiser, HH. IV, 3ff.; eine Kritik derselben giebt Heinze's Schrift. (Für Elsaß-Lothringen sind die bezüglichen Bestimmungen unmittelbar im EG. v. 30. August 1871 Art. V getroffen worden.) 7. Fehlt es an maßgebenden Übergangsbestimmungen, so sind solche Strafandrohungen, welche eine im StGB, gänzlich beseitigte Strafart betreffen, als auf­ gehoben anzusehen; vgl. § 6 n. 7 ff. In Betreff solcher Strafarten aber, welche in veränderter Art in das StGB, übergegangen sind, ist nach dem unter n. 2 aufgestellten Grundsätze zu verfahren. Ergiebt sich hierbei, daß eine Strafart zwar nicht in derselben, wohl aber in einer milderen Form im StGB, vorkommt, so ist anzunehmen, daß diese jetzt an Stelle der früher angedrohten strengeren Fonn ge­ treten sei: Darmst. 71 (HE. s. 18).

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Elsaß-Lothringisches Einführungsgesetz. Art. I.

Norddeutschen Bund [für das Deutsche Reich] in Ueberein­ stimmung zu bringen. [I. Entw. (fehlte); II. Entw.: § 7; EG. z. Pr. StGB, (fehlte).) 8. Der unter n. 7 (in.) gedachte Fall trifft nur noch für Preußen nebst Lauenburg und Waldeck zu. Hier ist es also Aufgabe der Rechtsprechung, nach Maßgabe des dort Gesagten obige „Uebereinstimmung" herbeizuführen. Zu dem Behufe muß speziell in Preußen zwischen den Gesetzen, welche vor, und denen, welche nach Verkündung des Pr. StGB, erlassen wurden, unterschieden werden. Letztere beruhen sämmtlich auf dem Strafensystem des Pr. StGB., welches mit demjenigen des D. StGB, im Wesentlichen übereinstimmt. Demgemäß ist anzunehmen, daß an Stelle der dort angedrohten Strafen die gleichnamigen, bezw. entsprechenden des D. StGB., so an Stelle der Einschließung: zeitige Festungshaft, an Stelle der Gefängnißstrafe bis zur gesetzlichen Maximaldauer von sechs Wochen: Haft rc. (§ 6 n. 18) getreten sind, und zwar durchweg mit allen in den §§ 14 ff. angegebenen Besonderheiten. Dgl. JMDf. v. 28. Dez. 1870 (JMbl. s. 380), 9UV. 27. Nov. 85 (E. XIII, 93). Bei den vor Verkündung des Pr. StGB, er­ lassenen Gesetzen muß dagegen zunächst, mit Hülfe der einschlägigen Vorschriften der Einführungsgesetze (EG. v. 14. April 1851 Art. VIII—X, EVdn. v. 12. Dez. 1866 Art. VI, RED. Art. VIII—X), untersucht werden, welche Strafen unter der Herrschaft des Pr. StGB, zu verhängen gewesen wären; diese sind alsdann in die entsprechenden des D. StGB, umzuwandeln. Im Uebr. vgl. StGB. § 1 n. 10.

ii.

Gesetz, betreffend die Redaktion des StGB, für den norddeutschen Bund als StGB, für das deutsche Reich vom 13. Mai 1871 (RGBl. S. 127, in der am 14. Juni 1871 ausgegebenen Nr. 24). Einziger Paragraph: Das StGB, für den Norddeutschen Bund vom 31. Mai 1870 erhält unter der Bezeichnung als „StGB, für das deutsche Reich" vom 1. Januar 1872 an die beiliegende Fassung.

in. Gesetz, betr. die Einführung des StGB, für das Deutsche Reich in Elsaß-Lothringen v. 30. August 1871. (Gesetzbl. für Elsaß.Lothringen s. 255 in der am 4.

ausg. Nr. 14.)

Art. I. Das anliegende Strafgesetzbuch für das Deutsche Reich tritt in Elsaß-Lothringen mit dem 1. Oktober 1871 in Kraft. Art. I. 1—5. Bezüglich der Geltung und Wirksamkeit des StGB, in EL. sind die allgemeinen, zu XV gemachten Bemerkungen zu berücksichtigen.

16

Elsaß-Lothringisches Einführungs-Gesetz.

Art. II. III.

Die Bestimmungen dieses Gesetzbuches, in welchen von Bundesstaaten oder deren Beziehungen die Rede ist, finden auch auf Elsaß-Lothringen und dessen entsprechende Beziehungen An­ wendung. Art. II. Mit dem 1. Oktober 1871 treten alle Straf­ bestimmungen, insoweit sie Materien betreffen, welche Gegen­ stand des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich sind, außer Kraft. In Kraft bleiben die besonderen Vorschriften über die durch das Strafgesetzbuch nicht berührten Materien, namentlich über strafbare Verletzungen der Preßpolizei-, Post-, Steuer-, Zoll-, Fischerei-, Jagd-, Forst- und Feldpolizei-Gesetze, über Mißbrauch des Vereins- und Versammlungsrechts, über den Holz- (Forst-) Diebstahl und über Schulversäumnisse. Art. III. (stimmt wörtlich mit § 3 des EG. von 1870 überein.) 6. In Folge der Vereinigung mit dem Reiche und mit Rücksicht auf § 8 StGB, ist EL. im Sinne dieses Gesetzbuchs als Inland („Bundesgebiet"; vgl. StGB. §§ 39. 81. 284. 361. 362), der Angehörige dieser Landestheile als Inländer („Deutscher") anzusehen; vgl. Art. 3 der Verfassung. 7. Dagegen ist EL. kein „Bundesstaat" geworden, da es, außer seiner Zugehörigkeit zum Reiche keine selbständige staatliche Existenz hat, und die Gesetz, gebung im vollsten Umfange nur durch die höchsten Reichs-Organe ausgeübt wird. Demgemäß bedurfte es der ausdrücklichen Vorschrift des Abs. 2.

Art. II. 8. Abs. 1 stimmt mit § 2 Abs. 1 des B.-EG. v. 1870 überein; es finden daher die n. 2—5 zu diesem § Anwendung. — Demgemäß ist z. B. Art. 5 des franz. G. v. 25. März 1822, betr. die Bestrafung öffentlicher Beleidigungen der Behörden, für EL. außer Kraft gesetzt; so: OHG. 18. Juni 75 (Entsch. beff. XVIII, 123), RI. 20. Febr. 88 (E. XVII, 134: Mot.). Dagegen fallen nicht unter die in Abs. 1 er­ wähnten Strafbestimmungen, sondern gehören zu den besonderen Vorschriften, welche durch Abs. 2 in Kraft erhalten sind, Art. 8 desselben G. von 1822 sowie Art. 6 Nr. 2. 3 des franz. Dekrets v. 11. Aug. 1848; dies deklarirt authentisch das RGes. v. 29. März 1888 (RGbl. s. 127), in Folge einer in der Rechtsprechung hervorgetretenen Meinungsverschiedenheit. 9. Abs. 2 steht, dem Sinne nach, zu Abs. 2 des B.-EG. in demselben Derhältnisse, wie Abs. 1 zu Abs. 1 jenes EG. Demgemäß sind auch hier unter den „besonderen Vorschriften" alle Vorschriften zu verstehen, welche nicht zufolge Abs. 1 außer Kraft traten, mögen sie sich im C. p. oder in Einzelgesetzen finden; vgl. cit. EG. § 2 n. 6. — Bezüglich der neben dem StGB, in Kraft verbliebenen Vorschriften des C. p. vgl. Samml. der in EL. geltenden Gesetze, v. Althoff rc., 1880.1881, Bd. I, Gu. Coermann, Strafges. Elsaß-Lothringens, 1897.

Art. III. 10. Dgl. die Bemerkk. zu h 3 B.'EG. Hiernach werden die allgemeinen in den §§ 1—79 StGB, enthaltenen Vorschriften auch bei allen durch „besondere" Landesgesetze (den C. p. oder ein Spezialgesetz) vorgesehenen Strasfällen anwendbar, insoweit letztere nicht ausdrücklich etwas Abweichendes anordnen; vgl. n. 9, B.-EG. § 2 n. 2, Rl. 13. Oft 83 (E. IX, 137). - Jenes gilt selbst dann, wenn das Spezialgesetz ausdrücklich auf eine allgemeine Vorschrift des C. p. verweist. — Die von der frz. Rechtsprechung angeregte Frage, ob bei Zuwiderhandlungen gegen die frz. Gesetze über indirekte Steuern und bei Oktroivergehen die Geldstrafe im Falle des Vorhandenseins mehrerer Theilnehmer doch nur einmal zu entrichten sei oder ob hier

Elsaß-Lothringisches Einführungs-Gesetz.

Art. IV. V. VI.

17

Art. IV. Die in den §§ 81, 88, 90, 307, 311, 312, 315, 322, 323 und 324 des Strafgesetzbuchs für das Deutsche Reich mit lebenslänglichem Zuchthause bedrohten Verbrechen sind mit dem Tode zu bestrafen, wenn sie in einem Theile des Reichs, welcher in Kriegszustand erklärt ist, oder während eines gegen das Reich ausgebrochenen Krieges auf dem Kriegsschauplätze begangen werden. Art. V. Vom 1. Oktober 1871 ab.darf nur auf die im Strafgesetzbnche für das Deutsche Reich enthaltenen Strafarten erkannt werden. Wenn in den Landesgesetzen Todesstrafe, travaux forcds, ddportation oder reclusion angedroht sind, ist auf Zuchthaus, wenn ddtention angedroht ist, auf Festungshaft, wenn ddgradation civique angedroht ist, auf Gefängniß mit oder ohne Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte, wenn emprisonuement oder prison angedroht ist, auf Gefängniß, falls aber die angedrohte Strafe die Dauer von sechs Wochen nicht übersteigt, auf Haft zu erkennen. Wenn in den Landesgesetzen u. s. w. wörtlich wie § 6 Abs. 2 des EG. von 1870).

Art. VI. Die Verjährung der Civilklagen aus strafbaren Handlungen tritt in den nämlichen Zeiträumen ein, welche für die Verjährung der Strafverfolgung von solchen Handlungen in deni Strafgesetzbuche für das Deutsche Reich bestimmt sind. lediglich die allgemeinen Grundsätze über Theilnahme (jetzt also die §§ 47—49 StGB.) zur Anwendung kommen, entscheidet Colmar, Jur. Zeitschr. f. EL. XII, 118, in letzterem Sinne; vgl. jedoch ib. X, 412. 11. Demgemäß kommen, wenn ein durch ein besonderes Gesetz (den C. p.) vorgesehener Straffall mit einem unter das StGB, fallenden ideell oder reell ausammentrifft, lediglich die Vorschriften der §§ 73. 74ff. des letzteren zur An. Wendung; vgl. Ges. v. 5. Jnli 1872 § 1 (EL. Gbl. s. 465). 12. Inwiefern die im Art. III für die Einwirkung des StGB, auf das Landesrecht erhaltene Jnterpretationsregel auch bei Beurtheilung der Einwirkung eines anderen RGesetzes zutreffe, darüber vgl. RI. 16. Juni 90 (E. 21,3).

Art. IV. 13. Art. IV stimmt inhaltlich mit § 4 B.-EG. überein: die Fassungsänderungen beruhen lediglich darauf, daß die B.-(N.-)Verfassung in EL. zur Zeit noch keine Geltung erlangt hatte. Vgl. daher die Bemerk, zum cit. § 4. Namentlich gilt das dort n. 9 bez. des cit. § 4 Gesagte auch von Art. IV. 14. Die Vorschriften des Pr. G. v. 4. Juni 1851 über die Verkündung des „Kriegszustands" find seit dem Inkrafttreten der RVerfass. in EL. auch dort maßgebend; so: Förtsch u. Leoni bei Nüd. (2. Ausl.) s. 581.

Art. V. 15. diesem.

Abs. 1 stimmt mit § 6 Abs. 1 B.-EG. überein.

Oppenhoff, D. Strafgesetzbuch. 14. Aust.

Vgl. die Bemerkk. zu

lg

Elsaß-Lothringisches Einführungs-Gesetz.

Art. VII. VIII. IX.

Art. VII. VIII. ersetzt bezw. aufgehoben durch § 7 des EL. EG. z. HGB. v. 19. Juni 1872 u. EG. z. KO. z. § 4 Abs. 2, § 5 Nr. 2). Art. IX. (ersetzt durch Personenst.-Ges. v. 6. Febr. 1875 § 69 i. der Fassung des Art. 46 IV EG. z. BGB.) Art. X.

(ersetzt durch Personenst.-Ges. v. 6. Febr. 1875 § 68).

Art. XI. Die in § 1 des Strafgesetzbuchs aufgestellte Eintheilung der strafbaren Handlungen in Verbrechen, Vergehen, Uebertretungen greift auch Platz für diejenigen strafbaren Hand­ lungen, auf welche andere Strafgesetze als das gegenwärtige Strafgesetzbuch anzuwenden sind. Ist die Strafe in diesen Ge­ setzen als eine willkürliche bezeichnet, so ist die Handlung eine Uebertretung. Art. XII. Abs. 1—3 ersetzt durch die Zuständigkeitsvorschriften des GVG.).

Ob ein Verweis mündlich oder schriftlich zu ertheilen, bleibt dem richterlichen Ermessen überlassen. Art. XIII.

(seit Einführung der RJustizgesetze außer Kraft).

Art. XIV. Hinsichtlich der Bestrafung der Schulversäum­ nisse bleibt es bei dem bestehenden Verfahren. Art. XV.

(aufgehoben wie Art. XIII).

Art. XVI. (mit Aufhebung des Kriegsgerichts zu Straßburg durch Ges. v. 24. Jan. 1881, Gbl. f. EL. s. 1, außer Kraft getreten).

IV.

Gesetz, betr. Ergänzung des StGB, für das Deutsche Reich vom 10. Dezember 1871. (RGBl. S. 442, in der am 14. Dezember 1871 ausgeg. Nr. 49). Einziger Artikel.

Hinter § 130 des StGB, für das Deutsche Reich wird folgender neue § 130 a eingestellt:.... 1. In Elsaß. Lothringen erlangte § 130 a, der sog. Kanzel, tz erst durch Derordnung v. 15. Juni 1872 Geltung. 2. Die neuen Bestimmungen sind an entsprechender Stelle im StGB, abgedruckt.

V.

Gesetz, betr. die Abänderung von Bestimmungen des StGB, für das Deutsche Reich vom 15. Mai 1871 und die Ergänzung desselben. vom 26. Febr. 1876 (RGBl. S. 35 in der am 6. März 1876 ausg. Nr. 6)*).

Artikel I. Die §§ 4, 55, 64, 70 Nr. 2 und 3, 88, 95, 102, 103, 104, 113, 114, 117, 130a, 135, 140, 144, 145, 176, 177, 178, 183, 194, 200, 208, 223. 228, 232, 240, 241, 247, 263, 275 Nr. 2, 292, 296, 303, 319, 321, 360 Nr. 3, 4, 7 und 12,. 361 Nr. 6, 363, 366 Nr. 3, 8, 9 und 10, 367 Nr. 5, 8 und 10, 369 und 370 des Strafgesetzbuchs in der durch die Gesetze vom 15. Mai 1871 und 10. Dezember 1871 festgestellten Fassung werden durch nachstehende, den bisherigen Zifferzahlen entsprechende Bestimmungen ersetzt:........... Artikel II. Hinter die §§ 49, 103, 223, 296, 353 und 366 des Strafgesetzbuchs werden die folgenden neuen §§ 49a, 103a, 223a, 296a, 353a und 366a, hinter die Nr. 8 des § 361 wird die neue Nr. 9 eingestellt: .... Artikel III. Bei den Handlungen, welche vor dem In­ krafttreten dieses Gesetzes begangen sind, wird das Erforderniß -es Antrages auf Verfolgung, sowie die Zulässigkeit der Zurück­ nahme nach den bisherigen Gesetzen beurtheilt. Artikel IV. Wo in dem Strafgesetzbuchs der Betrag einer Geldstrafe oder einer Buße in der Thalerwährung aus­ gedrückt ist. tritt der entsprechende Betrag in Reichswährung an die Stelle. *) 1. Das Gesetz, gemeinhin die Strafrechtsnovelle oder schlechtweg die Novelle genannt, brachte folgende Aenderungen: a) Es wurden verschiedene Redactionsversehen beseitigt, b) In den Fällen der §§ 176, 177, 240, 241, 296, 370 wurde das Antragserforderniß beseitigt, in den §§ 263, 292 beschränkt und im Allgemeinen die Unwiderruflichkeit des Antrages als Regel aufgestellt (§ 64). c) Die Mindest, maße der Strafe wurden erhöht in den §§ 113, 114 und 117; der Umfang der Verantwortlichkeit erweitert in § 4 Nr. 1. d) Neu eingefügt wurden §§ 48a zuzusprechenden Buße (§§ 188.231) gehört dagegen wesentlich dem StrafProzeßrechte an (vgl. § 188 n. 1); auf solche kann daher auch wegen einer unter dem früheren Rechte zugefügten Beleidigung rc. erkannt werden, ohne Unterschied, ob im Uebrigen das ältere oder neuere Strafgesetz das mildere ist; ebenso: Bind. HB. I, 244; a. M. OT. (O. XIII, 73), Olsh. n. 21.

§ 3. 1. Das StGB, erklärt sich int § 3 für das Territorialitäts-Prinzip, demzufolge der Ausländer, solange er sich im Jnlande befindet, vollständig unter Oppenhoff, D. Strafgesetzbuch. 14. Aufl. 3

34

Einleitende Bestimmungen.

§ 3.

der Herrschaft des inländischen Straf, und Polizeirechts steht. Der § adoptirt dieses Prinzip ausdrücklich zwar nur für „die Strafgesetze des Deutschen Reichs", dasselbe muß aber ebensowohl für die Landes-Strafgesetze und Polizeiverordnungen gelten, da es dem Willen des Gesetzgebers und der Natur der Verhältnisse offenbar widersprechen würde, wenn in den einzelnen Bundesstaaten bezüglich -er Handhabung der neben einander wirksamen Reichs- und Landes-Strafgesetze ein so durch­ greifender Unterschied bestände, wie er zwischen dem Territorialitäts- und dem Nationalitätsprinzrpe bekanntlich besteht; die Beschränkung der Bestimmung auf die Strafgesetze des Deutschen Reichs hat vielmehr praktisch nur die Bedeutung, daß der § einzelnen vom ersteren Prinzipe ausnahmsweise abweichenden Landesgesetzen nicht derogirt, noch auch dem ferneren Erlasse solcher landesgesetzlichen Ausnahmebestimmungen entgegentritt. Ebenso: OT. (O. XX, 345); vgl. HStR. I, 110, Harburger, Inland s. 93. 2. Ueber den Begriff „Ausländer" vgl. § 8 n. 4ff. 3. Soweit die Reichsstrafgesetzgebung reicht, ist das ganze Reichsgebiet als Einheit zu behandeln; es findet daher in dem Verhältniß der einzelnen Bundesstaaten zu einander die Unterscheidung zwischen Inland und Ausland (Inländer und Ausländer) keine Anwendung: § 8; Mot. z. II. Entw. s. 17. Vgl. in Betreff des Näheren oben s. 24 n. 4. 5. 4. Ein Straferlaß im Gnadenwege steht nur dem Landesherrn (bei Freien Städten: Senate) desjenigen Bundesstaates zu, von dessen Gerichten in erster In­ stanz (zur Sache) erkannt war: § 5 Nr. 2, Löwe s. 25, auch dann, wenn die Strafe in einem anderen Bundesstaate zu vollziehen ist (GVG. §§ 157ff.); a. M. Heinze s. 48, id., HH. III, 18. In Elsaß-Lothringen übt gemäß § 3 des RG. v. 9. Juni 1871 der Kaiser das Begnadigungsrecht aus. Anderwärts steht dem Kaiser als solchem jenes Recht nicht zu, ausgenommen da, wo das Reichsgericht oder ein Konsul, bezw. Konsulargericht oder ein Gericht der Schutzgebiete in erster Instanz erkannt hat: StPO. § 484, RG. v. 7. April 00 § 72 u. v. 25. Juli 00 (RGBl. S. 812) § 3. Das Recht der Abolition, welches in mehreren deutschen Staaten der Landesherr hat, wird durch jenen § 484 nicht berührt: Schw. StPO. s. 604. Die Abolition ist auch bindend für das Reichsgericht (Rill. 12. März 1900; E. 33, 204; a. M. Rill. 6. Juni 1896, E. 28, 419). Im Uebrigen vgl. Bind. HB. 1, 871 ff. 5. „Thäter" int Sinne dieses § ist Jeder, welcher eine strafbare Handlung begangen hat; er umfaßt also auch alle Theilnehmer; vgl. §47 n. 1. 6. Eine Strafthat wird da „begangen", wo das strafbare Handeln stattfindet; sie dauert so lange an, als der Handelnde dabei (körperlich) thätig ist. Alle Veränderungen, welche nach Beendigung jener Thätigkeit sich aus dem durch dieselbe unmittelbar und sofort hervorgebrachten Zustande einer anderen Person oder einer Sache entwickeln, sind nicht als Theil der Thätigkeit (Handlung), sondern als Erfolg derselben anzusehen, mag der Zeitraum zwischen beiden groß oder klein sein. Der Ort, wo ein solcher Erfolg eintritt, ist für den „Ort der Begehung" nicht entscheidend, sollte jener auch als wesentliches Begriffsmerkmal zum Thatbestände der vollendeten Strafthat gehören: RI. 25. Sept. 84 (E. XI, 245), OT. 65 (GA. XIII, 645), Motive z. StPO. § 1; vgl. § 2 n. 22, § 67 Abs. 4; § 171 n. 6, Beisp.: Kuppelei durch Anwerbung von Frauenzimmern für ein auswärtiges Bordell: OT. (O. XIV, 722); Münch. (BE. III, 65); Betrug durch Abschließung eines Versicherungsvertrags mit einer im Auslande domizilirten Gesellschaft: OT. 55 (GA. IV, 831). Vgl. jedoch Rill. 18. März 89 (E: XIX, 147: Mot.), Hälschn., GSaal 30 s. 50, Bind. HB. 1, 417. —- Bei Unterlass ungsvergehen ist Ort der Begehung derjenige Ort, wo die gebotene Handlung vorzunehmen war; ebenso Glaser Abh. 1 s. 293, Schwalbach, GSaal 31 s. 615; als solcher gilt, wenn kein bestimmter Ort hierfür durch das Gesetz oder die Natur der Sache gegeben ist, der Wohn- bezw. Aufenthaltsort des Thäters; a. M. Bind. HB. I, 423, insofern er als Begehungsort stets sowohl den Aufenthalts- wie auch denjenigen Ort betrachtet, wo der bestimmte rechtsförderliche Erfolg in Folge der Unthätigkeit des Derpflichteten ausblieb (wo gehandelt werden oder der Erfolg des Handelns eintreten sollte). — Nach Liszt S. 132 ist beim sog. unechten Unterlassungsdelikt die That dort begangen, wo der Erfolg eingetreten ist. 7. Das unter n. 6 Gesagte erfährt insofern eine Ausdehnung, als der eigenen Thätigkeit des Thäters alles Dasjenige gleich steht was er durch eine fremde, von

Einleitende Bestimmungen.

§ 3.

35

ihm als Werkzeug benutzte (menschliche, thierische oder mechanische) bewegende Kraft zu Wege bringt, insoweit er eben wegen dieser Benutzung seinerseits doch als „Thäter" (und nicht als Anstifter) anzusehen ist; vgl. § 47 n. 2—4. Daher dauert auch in diesem Falle die „Handlung" des Thäters so lange, als die von ihm in Bewegung gesetzte Kraft wirksam ist; das gilt z. B., wenn Jemand eine Schrift (einen Brief, ein Lotterieloos, die Beurkundung eines Vertragsabschlusses rc.) durch einen Boten (durch die Post rc.) überbringen läßt, ein Thier auf einen Andern hetzt oder durch einen Wurf (Schuß rc.) einen Andern verletzt; in allen diesen Fällen ist die Sache so anzusehen, als ob er seine Thätigkeit (persönlich) an dem ersten Orte begonnen und an dem zweiten Orte (wohin jene Kraft reichte) fortgesetzt bezw. dort zum Abschlüsse gebracht hätte; man darf also diese (an einem andern Ort als bem augenblicklichen Aufenthalt des Thäters) hervorgebrachte Wir­ kung nicht als einen von der Handlung selbst zu trennenden Erfolg (n. 6) betrachten: Rlll. 13. März 80, 15./16. Nov. 83, RI. 3. Feb. 81, RIV. 15. Mai 88 (E. I, 274; III, 316; R. V, 704; GA. 36 s. 191), OA., OT. (O. XIII, 75; XV, 825; XVI, 507), Haager, BA. 43 s. 359; Häberlin, GA. 25 s. 432; a. M. v. Bar, Inter­ nat. Recht s. 555, id., GA. XVIII, 449, v. Wächter ib. s. 524, Schw. s. 43, Otto n. 1, Franke, GA. XX, 38, HStR. I, 153. Dgl. HS.I, 73; id., GSaal 30 s. 50, ML. s. 174. 8. Aehnlich verhält es sich mit denjenigen Strafthaten, deren Thatbestand darin besteht, daß irgend eine Handlung, z. B. eine Kundgebung, Andern wahrnehmbar gemacht wird. Als Ort der Handlung sind dann alle Räumlichkeiten anzusehen, wo die Handlung von einem Andern wahrgenommen, z. B. wo eine beleidigende oder aufrührerische Aeußerung gehört, eine schamverletzende Handlung gesehen worden ist; vgl. § 85 n. 3, RI. 22. Dez. 89 (E. XX, 146), Münch. (BE. III, 480), Jena (Doll. 24 s. 176). 9. In allen Fällen, wo das Gesetz die „Verbreitung" oder „Veröffentlichung" von Schriften rc. („öffentlichen Anschlag", „öffentliche Ausstellung", vgl. §§ 186. 200. 85) für strafbar erklärt, ist die Strasthat vollendet, sobald eine solche „Verbreitung rc." stattgefunden hat, ohne daß es darauf ankommt, ob und wo ein Dritter Kenntniß vom Inhalte des Schriftstücks genommen habe. — Das gilt namentlich von der Veröffentlichung eines Preßerzeugnisses strafbaren Inhalts; so: OT. (Pl.) 62 (£). II, 535), Münch. 78 (BE. VIII, 425); vgl. § 185 n. 3; a. M.: das dort cit. RII. 17. Juni 92. Die betr. Strasthat ist daher überall verübt, wo Jemand eine solche Veröffentlichung bewirkt hat; geschah dies an mehreren Orten, so ist die That (selbst wenn die Veröffentlichung eine einheitliche war und somit die Gesammtthätigkeit nur einen Straffall darstellte) an jedem jener Orte begangen; vgl. RPreßges. §§ 3. 20. 22. 28, OT. 63 (O. IV, 28), Darmst. (StZ. II, 13; GA. 21 s. 202. 300), Manh. (BA. 44 s. 173), cit. Münch. 78; a. M.: OT. 66 (O. VII, 431), Münch. 72 (StZ. II, 12), Otto n. 2, Abh., GA., XIV, 347, Schwarze Preßges. s. 96 (hält nur den Ausgabeort für den Ort der Strasthat): ebenso: Häberlin GA. 25 s. 439; vergl. den Antrag der GStA.schaft (O. VII, 432). — Demgemäß und mit Rücksicht auf das unter n. 7 Gesagte ist denn auch das vom Auslande her bewerkstelligte Verbreiten einer Schrift im Jnlande als von dem Absender im Jnlande verübt anzusehen: RI. 3. Febr. 81, RIV. 5. Juli 87 (E. III, 316; R. IX, 410). — Wer eine Druckschrift an einem andern Orte durch einen Dritten, ohne Dolus Handelnden, veröffentlichen läßt, ist so anzusehen, als habe er die Deröffentlichung selbst bewirkt; dagegen kann freilich der Umstand, daß demnächst die Schrift in Folge jener Versendung auch an anderen Orten vorgefunden wird, für sich allein keine durch den Herausgeber rc. dort bewirkte Veröffentlichung beweisen: TP. 55. 57 (GA. III, 259; Entsch. 31 s. 431; RA. 53. II, 55). 10. Gehören dagegen (von den bisher erörterten Fällen abgesehen) mehrere getrennte Handlungen zu einem Thatbestände, so ist als Ort der Gesammtthat derjenige Ort anzusehen, wo die die Strasthat vollendende Handlung begangen wird: OT. (O. XIV, 291), Darmst. 74 (HE. s. 9), Hälschn., GSaal 30 s. 70, Nessel, GA. 25 f. 16; val. § 2 n. 22, Rll. 20. Sept. 87, E. XVI, 188: erkannte, daß ein Bankerutt im Jnlande verübt sei, wenn die Zahlungseinstellung bezw. Konkurseröffnung als Element der Handlung [?] im Jnlande stattfand und hiermit jene Strasthat zur Vollendung gelangte); a. M.: RII. III. 12./19. Mai 84, 11. Febr. 86 (E. X, 420; XIII, 337: die Begehung der strafbaren Handlung um-

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Einleitende Bestimmungen.

§ 3.

fasse die gesammte Thätigkeit des Handelnden, und zwar auch insoweit, als er zu deren Verwirklichung fremde Kräfte in Bewegung setzte; demgemäß sei im Jnlande jedes Verbrechen begangen, welches, wenn auch nur zum Theile, im Jnlande sich entwickelt habe); ebenso: Bind. HB. I, 414ff., Olsh. n. 3. Hiernach bestimmt sich denn auch der Gerichtsstand; vgl. RlV. 25. Jan. 87 (E. XV, 232: entschied dem. gemäß, ausgehend von der den citt. Rll. III. 12./19. Mai 84, 11. Febr. 86 zu Grunde liegenden Anschauung, daß, falls die mehreren zum Thatbestände einer Strafthat gehörigen Handlungen in den Bezirken verschiedener Gerichte vorgenommen würden, jedes der letzteren zuständig sei). 10a. Eine fortgesetzte Strafthat (§ 74) ist überall dort begangen, wo eine einzelne der die juristische Einheit bildenden Handlungen vorgenommen wurde. Olsh. n. 4b u. Liszt S. 133. 11. Für Versuchshandlungen ist gleichfalls der Ort der Begehung, in den unter n. 10 besprochenen Fällen derjenige Ort maßgebend, an welchem die letzte der Handlungen begangen wurde (nach Liszt S. 133, wo die Gefahr eingetreten ist). — Ist nach dem (unter n. 10) Gesagten eine im Jnlande begonnene, im Auslande vollendete Strafthat rc. als im letztem begangen anzusehen, so steht dennoch nichts im Wege, die im Jnlande verübten Handlungen geeigneten Falles als einen hier begangenen Versuch zu bestrafen, sollte auch die vollendete That im Auslande nicht strafbar sein: Puch. s. 11 n. 1; a. M.: Olsh. n. 2 (hält hier die Strafe der vollendeten That für verwirkt), HStR. I, 154; id., GSaal 30 s. 72: „der Versuch könne nicht strafbar sein, wenn die vollendete That eine erlaubte sei"; der im Inlande strafbar begangene Versuch kann aber dadurch nicht straflos werden, daß er im Auslande fortgesetzt und dort (straflos) vollendet wird; es liegt sonach nicht der Versuch einer, wenn (im Jnlande) vollendet, straflosen That vor; vgl. OA. 69 (O. X, 342), Bind. HB. I, 422. Vgl. ferner RI. 6. Mai 97 (E. 30, 98). Wenn zum Zwecke der Erpressung briefliche Drohungen im Jnlande an einen im AuSlande Wohnenden gerichtet werden, so ist der Erpressungsversuch im Jnlande begangen. RF. 10. Sept. 97 (GA. 45, 368). 12. Ist die Strafbarkeit einer Handlung durch ihre Gewohnheits- oder Gewerbsmäßigkeit bedingt, so muß die im Jnlande verübte That diesen Cha. rakter an sich tragen, um hier strafbar zu sein; der Richter kann aber, um diesen Charakter festzustellen, wie auf sonstige der Persönlichkeit des Angeklagten anklebende Umstünde, so auch auf die im Auslande von demselben begangenen Handlungen Rücksicht nehmen; vgl. § 150 n. 4, § 260 n. 2 ff., Löwe, StPO. § 7 n. 1. 13. Jeder Mitthäter ist so anzusehen, als sei er an allen Orten thätig gewesen, wo seine Mitthäter gehandelt haben; ebenso: Bind. HB. I, 424. Demgemäß sind alle Mitthäter nach inländischen Gesetzen zu beurtheilen, wenn auä) nur durch die Thätigkeit eines derselben die strafbare Handlung im Jnlande zur Vollendung gebracht ist: RlV. 24. Juni 84 (E. XI, 20: Mot.); vgl. ferner RIV. 30. Juni 85 (R. VII, 445). — In Betreff der Frage, welches Strafgesetz auf den Anstifter oder Gehülfen Anwendung finde, wenn am Orte der Hauptthat ein anderes Gesetz gilt, vgl. § 48 n. 10. 14. Der Grundsatz des § 3 erleidet Ausnahmen: a) nach staatsrechtl. Grundsätzen bei den Trägern der Souveränetät, also beim Kaiser, den Bundesfürsten (nicht auch den Mitgliedern der landesherrlichen Familien) bezw. den Regenten (hinsichtlich der letzteren a. M. Merkel S. 282), aber nicht bei den Mitgliedern des Senats der Freien Städte. Es liegt aber hier nur ein höchstpersönlicher subjektiver Strafausschließungsgrund vor, bei dem die Möglichkeit einer strafbaren Theilnahme bestehen bleibt. Olsh. n. 19 ba. Dgl. ferner die §§ 10, 11 u. 12 StGB.; b) bei den Exterritorialen; a. M.: Bind. HB. I, 685 (nimmt an, die Exterritorialität begründe nur Freiheit vom Gerichtszwange, wirke nur prozessualisch; nach Beendigung jenes Verhältnisses sei daher strafrechtliche Verfolgung wegen aller früher begangenen Verbrechen statthaft). Zu diesen gehören fremde LandesHerren sowie ihre Familie, die Regenten und Präsidenten fremder Freistaaten, auch der Papst, nebst Gefolge; die Chefs und Mitglieder der bei dem Deutschen Reich oder einem Bundesstaate beglaubigten Missionen mit ihren Familien, ihrem Geschüftspersonal und ihren nichtdeutschen Bediensteten (einschließlich der Lehrer, HausHofmeister rc.), die fremden Zollvereinskommiffarien, überhaupt Agenten während

Einleitende Bestimmungen.

§ 3.

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ihres amtlichen Aufenthalts und die kraft eines Staatsvertrags oder mit diesseitiger Genehmigung im Bundesgebiet 'sich aufhaltenden ausländischen Truppenkörper, nicht aber einzelne fremde Militärpersonen, auch nicht Kriegsgefangene (§ 158 MStGB.); vgl. Pr. Crim.-O. § 251 ff., GDG. §§ 18. 19, Heffter, Völkerrecht f. 370 ff., Berner, Wirkungskreis rc. s. 206 ff., v. Bar, Intern. Privat- und Strafrecht s. 572 ff. Beling, Exterritorialität. S. 169. Strafbare Theilnahme ist auch an Handlungen der Exterritorialien möglich (O. XVIII, 415), auch Nothwehr gegen dieselben. — Die beantragte Vernehmung eines Exterritorialen als Zeugen darf nicht lediglich deshalb abgelehnt werden, weil er dem diesseitigen Gerichtszwange nicht unterworfen ist (sie kann, wenn er sich nicht freiwillig dazu bereit finden läßt, durch Requisition veranlaßt werden): OA. 68 (O. IX, 735). 15. Fremde Konsuln (gleichviel, ob Berufs- oder Wahlkonsuln: Löwe s. 40) stehen dagegen unter den inländischen Strafgesetzen und Gerichten: OT. 55 (JMbl. s. 320), sofern nicht in Staatsverträgen das Gegentheil vereinbart ist: GDG. § 21. Die durch Staatsverträge den Consularbeamten zugesicherte persönliche Immunität schließt nicht die Verfolgung, sondern nur die Verhaftung, und auch diese nur. während des Bestehens jener Eigenschaft (in dem betr. Staat) aus: RII. 27. Jan. 88 (R. X, 83 u. E. 17. 51). Vgl. auch Delius, Praxis (5. 9 ff. 16. Auslieferungsverträge (vgl. tz 9) begründen eine gewisse Exemtion vor der inländ. Gerichtsbarkeit. Der Ausgelieferte darf nur wegen solcher Strafthaten verfolgt und bestraft werden, rücksichtlich deren die Auslieferung Seitens des fremden Staats bewilligt, oder spätere Zustimmung erwirkt ist. Dieses sog. Spezialitätsprinzip ist jetzt fast überall anerkannt, und zwar nicht allein zu Gunsten der Angehörigen dritter Staaten, sondern auch zu Gunsten der Angehörigen desjenigen Staates, an welchen ausgeliefert wird; die bezügliche Vorschrift eines solchen in den Formen des deutschen Rechts zum Gesetz erhobenen Staatsvertrags stellt eine „Rechtsnorm" dar, deren Verletzung die Revision begründet (StPO. $ 376): RIV. 22. Sept. 85, 10. Febr. 91 (E. XII, 381; GA. 39 f. 65: doch stehe oie nachträgliche Zustimmung der ausländischen Regierung zur Verfolgung einer anderen That der Auslieferung wegen letzterer gleich), OT. (O. XX, 207). Eine solche Verletzung liegt nicht vor, wenn die juristische Qualifikation sich ändert, so­ fern die Strafthat nur ein Auslieferungsdelict, d. h. ein im Auslief.-Vertrage aufgezähltes Delict bleibt. Er kann z. B. wegen bloßer Beihülfe verurtheilt werden, während die Auslieferung nur wegen der Hauptthat erfolgte: RF. 29. Äug. 68 (GA. 36 s. 404). Auch wegen einer Strafthat, die an sich Auslieferungsdelict ist, wegen welcher aber die Auslieferung nicht erfolgte, kann nach den meisten Ausl. Vertr. des Deutschen Reichs Bestrafung erfolgen. Rl. 7. Juli 98 (E. 31, 234). Vgl. über die Materie Delius, GA. 39 s. 112 ff. u. Auslieferungsrecht s. 64 ff. 17. Andererseits steht der mit einem anderen Staate abgeschlossene Staats­ vertrag, nach welchem Angehörige desselben, wenn sie auf diesseitigem Gebiete eine Strafthat begangen haben, hierher nicht ausgeliefert, wohl aber in jenem Staate nach dortigen Gesetzen bestraft werden, einer Verfolgung bei einem diesseitigen Gerichte und einer Bestrafung nach diesseitigen Gesetzen, selbst einem Kontumazialverfahren, nicht entgegen; ein Beispiel: OT. 69 (O. X, 690). — In Betreff des Einflusses, welchen eine im Auslande.vollzogene Strafe auf die diesseitige Be­ strafung wegen derselben Strafthat hat, vgl. § 7. 18. Der Grundsatz der Territorialität der Strafgesetze (n. 1. 2) ist auch da maßgebend, wo in den verschiedenen Theilen eines einzelnen Bundesstaats verschiedene Sondergebiete gelten; hier bleiben sonach die Vorschriften des § 4 außer Anwendung: OT. 67 (O. VIII, 511. 785). 19. Mit Rücksicht auf die Vorschrift der §§ 3. 4 muß die Bestimmung des Orts, wo eine That, oder wenigstens, ob sie im Aus-oder Jnlande rc. begangen ist, in die Anklage, und in die thatsächliche Fest-(Frage-)stellung aufgenommen werden; es genügt indessen, wenn die Ortsangabe sich aus dem Zusammenhange ergiebt. Im Falle der Verabsäumung dieser Feststellung würde die Anwendung des inländischen Gesetzes nicht gerechtfertigt, dasselbe also verletzt sein; a. M. OT. (O. XVI, 3: für den Fall, wo in dieser'Beziehung in den Instanzen ein Zweifel weder- angeregt sei noch obgewaltet habe). — Vgl. in Betreff der Zeitangabe § 2 n. 23.

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Einleitende Bestimmungen.

§ 4.

§ 4. Wegen der im Auslande begangenen Verbrechen und Vergehen findet in der Regel keine Verfolgung statt. § 4. Inhalt: AmtSverbrechen: 1. 20. Antrag: 31. 32. Ausländer: 2. 21. 28. 2?. 34. Ausland: 1-4. ll. Beleidtaung (Fürst): 22. BeweiSlast: 23. Deutscher: 3.11. 21. 28. 29. 34. 35. Feststellung: 14. 16. 26. 27. Gerichtsstand: 13. Geschworner: 16. 27. Hochverrath: 17. 23.

Konsular-GerichtSbarkeit: 5. LandeSgesetz: 15, 34. 35. LandeSverrath: 19. Militär'Person: 6. Münzverbrechen: 18. Nachoruck: 8. Privatklage 12. Prüfung von AmtSwegen: 25. SeemannS-Ordnung: 7. s. Sprengstoffe: 20 a. Staat, befreundeter: 23.

Staatövertrag: 4. Strafantrag: 31. 32. Strafbarkeit iut AuSl.: 23-27. Strafmaß: 24. Strafverfolgung: 9—12. 25. Territorialität: 1. Thäter: 30. Thatbestand: 24. 26. 27. Theilnehmer: 29. 30. Dergleiwung der ©eff.: 25. 33. Zuständigkeit: 13.

1. Der im § 3 aufgestellte Grundsatz der Territorialität der (inländischen) Strafgesetze erfährt für die im Auslande begangenen Strafthaten durch § 4 eine Modifikation. 2. In Betreff des Begriffs „Ausland" (Ausländer) vgl. § 8. 3. Der Umstand, daß der deutsche Thäter fich in das Ausland begeben hat, um dort die beabsichtigte Strafthat (z. B. ein Duell) straflos zu begehen, genügt nicht, um die Anwendbarkeit des inländischen Gesetzes zu begründen. 4. Durch § 4 find Bestimmungen älterer S t a a ts (sog. Jurisdiktions.) vertrüge, die Verfolgung der im Auslande begangenen Strafthaten betreffend, beseitigt, sie gelten nur noch für das Gebiet des Landesstrafrechts: Rubo s. 269. Harburger Inland s. 95 und Olsh. n. 2; a. M. Bind. HB. I. 405 u. Ausl. 13. Dgl. n. 7. 5. Der Grundsatz des § erleidet in den Konsulargerichtsbezirken und Schutzgebieten eine Ausnahme: die in diesen Gebieten begangenen Strafthaten Deutscher bezw. deutscher Schutzgenossen gelten als im Znlande verübt. Vgl. § 8 n. 3 a. E. 6. Sodann erleidet der Grundsatz des § nach dem R..Mil.-StGD. folg. Aus. nahmen: a) Strafbare Handlungen, welche von Militärpersonen im Auslande, während sie dort bei den Truppen oder sonst in dienstlicher Stellung sich befinden, begangen werden, sind ebenso zu bestrafen, als wenn diese Hand. hingen von ihnen im Bundesgebiete begangen wären: 1. c. § 7; b) ein Ausländer oder Deutscher, welcher während eines gegen das Deutsche Reich ausgebrochenen Kriegs auf dem Kriegsschauplätze sich eines Kriegsverraths oder einer Plünderung schuldig macht, ist nach den §§ 57—59. 134 1. c. zu bestrafen; ib. § 160; c) ein Ausländer oder Deutscher, welcher in einem von deutschen Truppen besetzten ausländischen Gebiete gegen deutsche Truppen oder Angehörige derselben oder gegen eine auf Anordnung des Kaisers eingesetzte Behörde eine nach den Gesetzen des Deutschen Reichs strafbare Handlung begeht, ist ebenso zu bestrafen, als wenn diese Handlung von ihm im Bundes­ gebiete begangen wäre: ib. § 161. Im cit. § 7 sind übrigens unter den „strafbaren Handlungen" bloße Uebertretungen nicht mitverstanden: Hecker Mil.-StGB. s. 23, Koppmann, Mil.-StGB. s. 57; a. M. Rüd. (Solms) Mil.-StGB. s. 11; dagegen unterscheidet §7 nicht zwischen mili. tärischen und bürgerlichen Delikten, zu welchen letzteren auch die nach § 55 ib. mit geschärfter Strafe bedrohten gehören; vgl. Hecker, GA. 30 s. 197. 116. 7. Ferner sind die Strafbestimmungen der §§ 81—99 der Seemanns-O. v. 27. Dez. 1872 durch den § 100 ib. auch dann für anwendbar erklärt, wenn die strafbaren Handlungen außerhalb des Bundesgebiets begangen sind. Es gehören hierher sodann: das Gesetz, betr. die Schonzeit für den Robbenfang, v. 4. Dez. 1876 (RGBl. s. 233); der Vertrag, betr. poliz. Regelung der Fischerei in der Nordsee, v. 6. Mai 82 (RGBl. 84 S. 25) nebst Gesetz z. Ausführung v. 30. April 84 (RGBl. S. 48); Vertrag zur Unterdrückung des Branntweinhandels unter den Nordseefischern auf hoher See, v. 16. Nov. 87 (RGBl. 94 S. 427) nebst

Einleitende Bestimmungen.

§ 4.

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Jedoch kann nach den Strafgesetzen des Deutschen Reichs verfolgt werden: Strafbestimmung gegen Zuwiderhandlungen, Gesetz v. 4. März 94 (NGBl. S. 151); Vertrag zum Schutze der unterseeischen Telegraphenkabel, v. 14. Mürz 84 nebst Gesetz z. Ausf. dess. v. 21. Nov. 87 (RGBl. 88 S. 169); Ges., betr. das Flaggenrecht der Kauffahrteischiffe v. 22. Juni 99 (RGBl. S. 319): Vertrag des Deutschen Reichs mit Belgien u. 29. April 85 (NGBl. S. 251) u. Preußens mit Luxemburg (GS. 49 S. 131) u. Oesterreich (GS. 42 S. 112 u. 48 S. 29), betr. die Bestrafung von Forst-, Feld-, Fischerei- u. Jagdfreveln; Handelsu. Zollvertrag mit Oesterreich (RGBl. 92 S. 3 u. 63) u. Gef. v. 9. Juni 95 (RGBl. 253); Äuslieferungsvertrag mit Brasilien (RGBl. 76 S. 293 Art. 2); Auswanderungsgesetz vom 9. Juni 97 (RGBl. S. 463) § 43 Abs. 3. 8. Fernere Ausnahmen begründen die §§ 22. 25 des Nachdrucks-G. und § 16 bezw. § 9 bezw. § 14 der sog. Urheber-G. v. 9., 10. u. 11. Jan. 1876 (RGBl. s. 4 ff.). 9. Diese Ausnahmefälle (n. 6—8) unterscheiden sich ebenso wie diejenigen der §§ 102. 140'. 298 h. 1. von denen des § 4 Abs. 2 Nr. 1—3 dadurch, daß bei ihnen die Verfolgung nicht fakultativ ist. 10. Abs. 2 gestattet die Strafverfolgung (nach betn Ermessen der verfolgenden Behörde; vgl. Heinze, GA. 24 s. 294 ff.), gebietet sie also nicht. Es ist Sache der Partikulargesetzgebung, das zu beobachtende Verfahren zu ordnen. — In Preußen hat, wenn im Auslande begangene (im Jnlande verfolgbare) Vergehen oder Uebertretungen (§ 6) zur Kenntniß des Amtsanwalts gelangen, dieser an den Ersten Staatsanwalt beim Landgericht zu berichten und dessen Anweisung abzuwarten: Geschäftsanw. v. 28. Aug. 1879 Art. 19 (JMBl. s. 267). Wegen Verfolgung von Deutschen, welche in der Schweiz ein Verbrechen oder Vergehen begangen haben, vgl. JMVf. v. 2. Nov. 97 (JMBl. S. 278). — Ist die Strafverfolgung von der hierzu berufenen Behörde rc. angehoben worden, so muß das befaßte Gericht in der Sache entscheiden; ihm steht nicht zu, auf Grund des § 4 von der Bestrafung abzusehen: Mot. 1. c. Dgl. § 102 n. 4 und §37, welcher das neue Strafverfahren nur gestattet, eventuell aber Verhängung der betr. Strafe ge­ bietet. 11. Die Statthaftigkeit einer Strafverfolgung im Jnlande wird durch eine vorhergegangene Verfolgung im Auslande nur insoweit ausgeschlossen, als dieses durch §5 vorgeschrieben ist, somit in den Fällen der Nr. 1.2 garnicht; dagegen wird in allen solchen Fällen § 7 anwendbar. 12. Soweit die Gesetze eine Strafverfolgung im Wege der Privatklage überhaupt zulassen, ist dieselbe auch hier statthaft: OT. 31. Mai 67 (GA. XV, 549). 13. Die örtliche Zuständigkeit (der Gerichtsstand) für die im Auslande begangenen Strafthaten richtet sich nach den §§ 9 ff. StPO. Insofern demgemäß der Ergreifungsort entscheiden soll, komtttt es auf den Grund der Ergreifung nicht an; diese kann daher auch wegen einer anderen That erfolgt sein: Rl. 2. Jan. 82 (R. IV, 7), Löwe, StPO. § 9 n. 4. 14. Ueber das Erforderniß, bei der thatsächlichen Feststellung den Ort der That anzugeben, vgl. § 3 n. 19. 15. Die Worte „nach den Strafgesetzen des Deutschen Reichs" umfassen nicht auch (ältere) Landesgesetze: Heinze s. 42, Meves s. 91, Olsh. n. 2; a. M. Ausl. 13 u. Schw. S. 173, 46. 16. Bei den in Nr. 1 aufgezählten Verbrechen macht es keinen Unterschied, ob der Thäter Ausländer oder Inländer ist. Dagegen bedarf es bei den unter Nr. 2. 3 vorgesehenen Straffällen der ausdrücklichen Feststellung, daß die That von einem „Deutschen" verübt sei; ob der Thäter diese Eigenschaft noch zur Zeit der Verfolgung besitze, ist gleichgültig: OT. (O. XVIII, 577), Hamm, GA. 26 s. 422, Olsh. n. 8; a. M.: HStR. 1, 171; id., GSaal 30 s. 161. In Ermangelung besonderer Vorschriften hat der Strafrichter über die Frage der Staatsangehörigkeit selbstständig zu entscheiden, ohne dabei an eine Mitwirkung der Verwaltungsbehörden gebunden zu sein. Die Entscheidung steht nicht den Geschwornen, sondern dem Schwurgerichte zu, da erstere nur über den Thatbestand der strafbaren Handlung selbst nebst ihren

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Einleitende Bestiminungen.

§ 4.

1) ein Deutscher oder ein Ausländer, welcher im Auslande eine hochverrätherische Handlung gegen das Deutsche Reich oder einen Bundesstaat, oder ein Münzverbrechen, oder als Beamter des Deutschen Reichs oder eines Bundesstaats eine Handlung begangen hat, die nach den Gesetzen des Deutschen Reichs als Verbrechen oder Vergehen im Amte anzusehen ist; Modalitäten zu entscheiden haben: StPO. §§ 292 ff., GVG. §81; vgl. OT. 65, 67 (O. VI, 236s VIII, 472); a. M.: Olsh. n. 22. — Ueber die Begriffe „Deutscher" und „Ausländer" vgl. die Bemerkungen zu § 8. 16a. §4 gehört nicht zu den „Strafgesetzen", welche im Eröffnungsbeschlusse (StPO. § 205) zu bezeichnen sind: RI. 31. März 81 (E. IV, 40).

Zu Nr. 1. 17. Als „hochverrätherische Handlungen gegen das Reich oder einen Bundesstaat" sind alle in den §§ 80—86 vorgesehenen Strafthaten zu betrachten; ebenso: RH. III. 13./18. Juni 87 (E. XVI, 165), Meves s. 86, Olsh. n. 10, Bind. HB. I, 428; a. M.: Rubo n. 6 (rechnet nur die Fälle der §§ 80—82 hierher). Vgl. John, HH. III, 15. 18. Bei den „Münzverbrechen" macht Nr. 1 keinen Unterschied, ob sie gegen das Reich, gegen einen einzelnen Bundesstaat, oder gegen einen fremden Staat gerichtet waren. Münzverbrechen sind die in den §§ 146.147 vorgesehenen Handlungen (einschließlich des Versuchs einer solchen; vgl. § 1 n. 7). Münzvergehen gehören nicht hierher. Vgl. aber § 4 Nr. 3. 19. Der „Landesverrath" ist hier nicht mit aufgezählt worden, weil ein solcher von einem Ausländer im Auslande gar nicht, sondern nur dann begangen werden kann, wenn derselbe stck innerhalb des Bundesgebiets unter dem Schutze des Reiches oder eines Bundesstaates aufhält; im Falle eines Krieges wird nach Kriegsgebrauch verfahren (§ 91); vgl. Motive s. 19, Mil.-StGB. §§ 160.57—59. 20. Der Schlußsatz der Nr. 1 trifft diejenigen Handlungen, „die nach den Gesetzen des Deutschen Reichs als Verbrechen oder Vergehen im Amte anzu­ sehen sind". Hierhin gehören zunächst die in den §§ 331—357 aufgeführten Straf, thaten. Werden durch spätere Reichsgesetze Handlungen als Amtsverbrechen rc. qualifizirt, so kommt Nr. 1 gleichfalls zur Anwendung; ebenso: Rüd. n. 7; a. M.: Meves s. 88, Olsh. n. 10 und Bind. HB. I, 432 rechnen dabin überhaupt alle Straf, thaten, bei denen die Strafgesetze die Beamteneigenschaft im Thatbestände (vgl. §§ 174. 300. 316 Abs. 2, 318 Abs. 2, 322 Abs. 1) oder hinsichtlich der Bestrafung (§§ 128 Abs. 2, 129 Abs. 2) hervorheben. — Doch kann auf Grund der Nr. 1 immer nur der Beamte selbst verfolgt werden, nicht auch der Anstifter oder Gehülfe desselben. Ueber den Begriff „Beamter" tm Allgemeinen vgl. § 359, über den Begriff „Reichs, beamter" insbesondere: § 1 des RG. v. 31. März 1873 (RGbl. s. 61) und anderer, seits Anh. z. Sch. s. 5. Daß der Beamte im Auslande angestellt sei, wie z. B. ein diplomatischer Agent oder Gonsul, oder daß er dort einen amtlichen Auftrag auszurichten habe, wird nicht erfordert: Beisp.: eine im Auslande verübte Bestechung, betreffend die Verletzung einer im Jnlande zu erfüllenden Amtspflicht. 20 a. Die Bestimmungen der Nr. 1 finden gemäß § 12 des Dyn..G. v. 9 Juni 1884 auch auf die dort §§5—8. 10 vorgesehenen Verbrechen Anwendung, ohne Unterschied, ob letztere gegen Deutsche (deren Eigenthum oder Leben) oder gegen Ausländer gerichtet waren. Dasselbe gilt nach § 5 des Ges. betr. Bestrafung des Sklavenhandels und -Raubes v. 28. Juli 95 (RGBl. S. 425) bezüglich aller dort vorgesehenen Strafthaten.

Zu Nr. 2. 21. „Landesverräth. Handlungen u. s. w." (vgl. §§ 87—92 StGB. Die Nr. 2 ist auf den Ausländer, welcher nach Begehung der Strafthat „Deutscher" wird, nicht auszudehnen; vgl. n. 16. 28.

Einleitende Bestimmungen.

§ 4.

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2) ein Deutscher, welcher im Auslande eine landesverrätherische Handlung gegen das Deutsche Reich oder einen Bundesstaat, oder eine Beleidigung gegen einen Dundes­ fürsten begangen hat; 3) ein Deutscher, welcher im Auslande eine Handlung be­ gangen hat, die nach den Gesetzen des Deutschen Reichs als Verbrechen oder Vergehen anzusehen und durch die Gesetze des Orts, an welchem sie begangen wurde, mit Strafe bedroht ist. 22. Als „Beleidigung gegen einen Bundesfürsten" ist jede der in den §§ 94. 93. 98 u. 99 vorgesehenen Handlungen zu betrachten: Olsh. n. 11; Beleidigungen der Mitglieder eines bundesfürstlichen Hauses gehören nicht hierher; a. M. Ausl. 13. 23. Die Nr. 2 hat durch § 102 theilweise eine Ausdehnung auf die von einem Deutschen im Auslande gegen einen befreundeten Staat bezw. gegen dessen Fürsten verübten hochverrätherischen Handlungen erfahren. Das Nähere siehe dort. 23 a. Die Bestimmungen in Nr. 2 finden auch auf die in den §§ 1. 3. 5 des G. gegen den Verrath militärischer Geheimnisse, v. 3. Juli 1893 vorgesehenen Verbrechen und Vergehen Anwendung: § 10 ib.

Zu Nr. 3. 24. Hier wird vorausgesetzt, daß die konkrete „Handlung" am Ort ihrer Begehung strafbar sei, daß sie also alle Begriffsmerkmale eines Straffalles nach den dortigen Gesetzen in sich vereinige. Ist die Strafbarkeit der That, z. B. der Unterschlagung von der Beurtheilung eines civilrechtlichen Verhältnisses abhängig, so ist das Civilrecht des Auslandes maßgebend. Rl 1. Apr. 95 (E. 27,135). Dagegen ist es nicht erforderlich, daß das ausländische Gesetz die Handlung unter denselben strafrechtlichen Gesichtspunkt stelle, mithin denselben Thatbestand vorsehe oder die That rechtlich ebenso qualifizire, wie das zutreffende inländische: RG. 13. Okt. 80 (dt. bei Rüd. n. 9), SRI. 9. Jan. 82 (E. V, 424), OT. 66 (O. VII, 160), Münch. (StZ. IV, 99), HStR. I, 167. Ebensowenig kommt es auf die Art oder das Maß der dort angedrohten Strafe an, ob diese der im diesseitigen Gesetze angedrohten gleich oder geringer sei: eit. RI. 9. Jan. 82. Das gilt selbst dann, wenn die Strafe des ausländischen Gesetzes sechswöchige Haft und Geldstrafe von 150 Mark nicht übersteigt, so daß sie also nach dem Systeme des StGB, nur eine Uebertretung darstellen würde, sobald die That nur nach dem diesseitigen Gesetze ein Verbrechen (Vergehen) ist: OT. 61 (O. II, 71); vgl. jedoch Temme, Arch. f. strafrechtl. Entsch. III, 2; v. Bar, Internat. Recht s. 554. — In Betreff des Falles, wo die Handlung am Orte ihrer Begehung den strafbaren Charakter durch ein späteres Gesetz verliert, vgl. § 5 n. 17. 24a. Von dieser Bedingung (n. 24) kann selbst dann nicht abgesehen werden, wenn die That in einem uncivilisirten oder in'einem staatenlosen bezw. gefetzlosen Lande verübt ist; a. M. (in Betreff des letzteren Falles): Meves s. 92, Bind. HB. I, 436. 24b. Unter „Handlung" sind Theilnahmehandlungen (§§ 47ff.) mitverstanden; vgl. n. 30. Bei der Theilnahmehandlung zu einer im Jnlande verübten (versuchten) Strafthat muß, damit dem § 4 Nr. 3 genügt werde, sowohl die Straf, that selbst, als auch die Theilnahme an einer solchen nach den Gesetzen des Orts, wo der Theilnehmer handelte, strafbar sein; so: Meves s. 93, Bmd 1. c.; vgl. § 48 n. 10. 25. Die Strafbarkeit der That nach dem ausländischen Gesetze bildet einen Theil der Schuldfrage, so daß § 266 Abs. 1 StPO. Anwendung findet (RI. 30. Apr. 98, E 31, 122); sie muß vom Jnstanzrichter von Amtswegen erörtert werden (§ 293 der CPO. gestattet keine analoge Anwendung auf Strafsachen). Dasselbe gilt im Falle des Schlußabsatzes der Nr. 3 in Betreff der Frage, ob das aus-

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Einleitende Bestimmungen.

§ 4.

Die Verfolgung ist auch zulässig, wenn der Thäter bei Be­ gehung der Handlung noch nicht Deutscher war. In diesem Falle bedarf es jedoch eines Antrages der zuständigen Behörde ländische Strafgesetz milder sei. Es kann daher hier von einer Beweislast des Angeklagten keine Rede fein; vgl. unten n. 27. Schütze f. 59 n. 16, Olsh. n. 13; a. M.: Schw. s. 57. 26. Demgemäß bedarf die Strafbarkeit der (konkreten: n. 24) Handlung nach dem Gesetze des ausländischen Orts der Begehung einer ausdrücklichen Fest­ stellung: OT. 66 (£). VII, 77); es genügt nicht, auszusprechen, daß z. B. der „Betrug" nach dem ausländischen Gesetze strafbar sei, vielmehr bedarf es auch der Feststellung, daß die That nach jenem Gesetze unter den Begriff des Betrugs falle: OT. 61. 63. 65 (O. II, 75; IV, 214; VI, 16) «IV. 14. Jan. 87 (E. 15, 221); a. M.: Dresd. StZ. V, 3; SGZ. XIX, 209; XXI, 348: weil die Voraussetzung der Nr. 3 kein Thatbestandsmerkmal, sondern lediglich Bedingung der Strafverfolgung, die Frage mithin materiell prozessualischer Natur sei, deren selbstständige Prüfnng auch den Nichtigkeitsrichter zustehe; vgl. 61 n. 35). Daraus folgt, daß, wenn in dem betr. ausländischen Gesetze ein anderer Thatbestand vorausgesetzt wird, als in dem anzuwendenden inländischen (n. 24), beide der Feststellung bedürfen; im schwur­ gerichtlichen Verfahren muß daher auch der Thatbestand des ausländischen Gesetzes in die Fragstellung aufgenommen werden; ebenso RI. 14. Jan. 66 (E. XIII, 229), Schw. StPO. s. 458; vgl. § 2 n. 13, OT. 67 (O. VIII, 505; Rh. Sache); Waag i. GSaal37 s. 644 ff. hält für das schwurgerichtliche Verfahren selbst dies für unge­ nügend; es sei vielmehr und zwar stets das „Merkmal" der Handlung als einer durch die Gesetze des Begehungsorts mit Strafe bedrohten geradezu in die Frage aufzunehmen. Vgl. jedoch n. 27. 27. Wie und auf welcher Grundlage (auf Grund welches Nachweises) in den Instanzen der Inhalt des betr. ausländischen Gesetzes festzustellen sei, beurtheilt sich nach prozessualischen Grundsätzen. Nach der StPO, hat diese Feststellung nicht durch die Geschworenen, sondern durch das Schwurgericht zu geschehen. Letzteres kann die betr. Entscheidung unbedenklich auf Grund der Notorietät oder seiner persönlichen Kenntniß (: OT. 58, 29. Nov. 60), oder auf Grund einer amtlichen Auskunft eines ausl. Gerichts bezw. eines Gutachtens aus­ ländischer Rechtsgelehrten (:OT. 55, StA. 30 s. 138) treffen; vgl. Dresd., Manh. (StZ. V, 3. 5). Wegen unrichtiger Anwendung des ausl. Rechts ist Revision zu­ lässig: Rill. 21. Febr. 84 (E. X, 285), Schw. StPO. s. 525, Löwe, StPO. § 376 n. 3 und Olsh. n. 15. 28. Der letzte Absatz bezieht sich nur auf den Fall der Nr. 3, nicht auch auf den der Nr. 2. Hat daher ein Ausländer nach Verübung einer der in Nr. 2 aufgezählten Strafthaten die Eigenschaft eines Deutschen erlangt, so ist eine Verfolgung desselben im Bundesgebiete nur dann statthaft, wenn die Voraussetzungen der Nr. 3 zutreffen; vgl. n. 21. 29. Der letzte Absatz hat nur den Fall tut Auge, wo der Thäter als Ein­ zelner nachträglich in einem Bundesstaate das Jndigenat erlangt hat und dadurch Deutscher geworden ist. Wird dagegen später ein bisher nicht zum Reiche gehöriges Gebiet diesem zugelegt und das StGB, auch dort eingeführt, so ist § 2 maßgebend: Puch. n. 8, Olsh. n. 17; a. M. Bind. HB. I, 439. Hat der Angehörige eines solchen Gebiets vor der Vereinigung des letzteren mit dem Reiche eine Strafthat in einem ihm fremden, auch jetzt nicht zum Reiche gehörigen Lande verübt, so ist die Frage, ob er zu verfolgen und wie er eventuell zu bestrafen sei, nach den­ jenigen Gesetzen zu lösen, welche zur Zeit der Begehung in seinem Heimathlande galten (unbeschadet der Vorschrift des § 2 Abs. 2). 30. Als „Thäter" sind auch der Anstifter und Gehülfe anzusehen; vgl. oben n. 24a, § 47 n. 1, § 3 n. 5. 31. Der Antrag „der zuständigen Behörde" des Landes der Begehung muß von der Centralstelle (Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten rc.) ausgehen, welche im völkerrechtlichen Verkehr nach außen hin das Land vertritt; ebenso: RIV. 30. Sept. 87 (R. IX, 481). Dgl. auch wegen der Schweiz n. 10. — Ein Antrag der in jenem Lande die für Strafvollstreckung „zuständigen" Behörde würde nicht genügen; vgl. B.-Rechtsh.-G. § 27; ebenso: Bind. HB. I, 438; a. M. Reber n. 383 (hält nur diese für berechtigt).

Einleitende Bestimmungen.

§§ 4. 5.

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des Landes, in welchem die strafbare Handlung begangen wor­ den, und das ausländische Strafgesetz ist anzuwenden, so weit dieses milder ist. [I. u. II. Entw.: § 4. — Novelle Art. I. — Pr. StGB. § 4.]

§ 5. Im Falle des § 4 Nr. 3 bleibt die Verfolgung aus­ geschlossen, wenn 1. von den Gerichten des Auslandes über die Handlung rechtskräftig erkannt und entweder eine Freisprechung er­ folgt oder die ausgesprochene Strafe vollzogen, 32. Für den hier erforderten Antrag sind die Vorschriften der §§61 ff. nicht maßgebend; RIV. 30. Sept. 87 (cit. n. 31), Schütze s. 170 n. 12, Olsh. n. 16, Bind. HB. I, 439. — Eine Strafpflicht wird durch denselben nicht begründet. 33. Soweit es in den vorgesehenen Fällen auf eine Prüfung und Anwendung des ausländischen Strafgesetzes ankommt, gilt das oben n. 25—27 Bemerkte auch hier. Bei der Vergleichung, ob das inländische oder ausländische Gesetz das mildere sei, ist nach Anleitung des § 2 n. 12—21 Gesagten zu verfahren. 34. Inwiefern für die Anwendung der Nr. 3 Raum sei bei Handlungen, welche sich als Akte des Widerstands rc. wider eine ausländische Staatsgewalt kennzeichnen, darüber vgl. Abschn. VI n. 1, 2. 35. Der Grundsatz der Nr. 3 findet auch dann Anwendung, wenn ein Deutscher im Auslande sich gegen ein besonderes Strafgesetz seines Heimathstaates ver­ geht (n. 15). Gelten in verschiedenen Theilen des Heimathstaates für die betr. That verschiedene Spezialgesetze, so wird das am Wohnort des Thäters geltende anwendbar; hat derselbe im Heimathstaate keinen Wohnort, so ist in dem gedachten Falle von den verschiedenen geltenden Landesgesetzen das mildeste anzuwenden: er bleibt also straflos, wenn es in irgend einem Theile des Staates, welchem er angehört, an einer passenden Strafbestimmung fehlt. 36. Das Gesetz läßt den Fall ungeregelt, wo der Angehöeige eines Bundesstaates in einem anderen Bundesstaate eine That begeht, welche in beiden durch verschiedene besondere Landesgesetze mit Strafe bedroht ist. Es unterliegt indessen keinem Bedenken, auch hier den Grundsatz der Nr.. 3 analog an­ zuwenden; vgl. n. 15; ebenso: Harburger, Inland s. 94: a. M.: HStR. I, 181 (will die Frage der Verfolgbarkeit nach den einschlägigen Landesgesetzen beurtheilt wissen). Es kann daher in einem solchen Falle eine Strafverfolgung bei den Gerichten und nach den Gesetzen des Heimathstaates des Thäters stattfinden, insofern nicht die Voraussetzungen des § 5 zutreffen, noch auch in dem anderen Bundesstaate eine Untersuchung bereits anhängig ist; vgl. s. 17 n. 4; a. M.: Heinze f. 43. 37. Auf das Novum, daß der Derurtheilte zur Zeit der That Ausländer gewesen sei, läßt sich die Wiederaufnahme des Verfahrens nicht stützen (StGO. §399 Nr. 5): Celle (GA. 37 s. 80).

§ 5. 1. „Ausland" ist hier durchweg derjenige ausländische Staat, in welchem die That begangen wurde („des Auslandes"); a. M.: Rubo s. 280; vgl. n. 7, 13a. 2. Die in § 5 aufgezählten Gründe der Nichtverfolgung können, wenn sie vor den befaßten Jnstanzrichtern nicht zur Sprache gebracht und deshalb von ihnen un­ berücksichtigt gelassen find, in der Revisions-Jnstanz noch Berücksichtigung finden, nicht aber für die Wiederaufnahme des rechtskräftig geschloffenen Verfahrens. Wohl aber sind jene, wenn die Wiederaufnahme (aus einem anderen Grunde) angeordnet worden ist, bei der erneuten Hauptverhandlung (StPO. § 410) zur Geltung zu bringen. 3. In den Fällen, in welchen nach §5 der inländische Richter die Gesetze eines fremden Staates berücksichtigen muß, ist das zu § 4 n. 25—27 Gesagte auch hier maßgebend.

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Einleitende Bestimmungen.

§ 5.

2) die Strafverfolgung oder die Strafvollstreckung nach den Gesetzen des Auslandes verjährt oder die Strafe erlassen, oder 3) der nach den Gesetzen des Auslandes zur Verfolgbarkeit der Handlung erforderliche Antrag des Verletzten nicht gestellt worden ist. [I. Entw.: § 4 Abs. 3; II. Entw.: § 5; Pr. StGB.: § 4 Abs. 3. StB. S. 176.

4i Insoweit § 5 die Strafverfolgung im Jnlande mit Rücksicht auf gewisse im ausländischen Staate der Begehung obwaltende Voraussetzungen ausschließt, muß dasselbe auch im Verhältnisse einzelner Bundesstaaten zu einander gelten, wenn es sich um Fälle handelt, welche in den verschiedenen Bundesstaaten durch verschiedene Landesstrafgesetze vorgesehen sind; vgl. §4 n. 36. Außerdem ergiebt sich aus dem dort Gesagten, daß nicht allein der Vollzug der erkannten Strafen, sondern schon die Einleitung der Untersuchung in dem einen Bundesstaate die Derfolgung wegen derselben That in dem andern ausschließt.

Zu Nr. 1. 5. Die Strafverfolgung im Jnlande bleibt ausgeschlossen, sobald im aus. ländischen Staate der Begehung über die Handlung (d. h. über dasselbe konkrete Thun des Angeschuldigten) „rechtskräftig erkannt rc." ist. Ein in jenem Staate noch schwebendes Strafverfahren genügt dazu nicht; dagegen muß das im Jnlande angehobene Strafverfahren eingestellt werden, sobald im Auslande jene Bedingung zutrifft. Wäre inzwischen im Jnlande bereits in erster Instanz ein verurteilendes Erkenntniß ergangen, so müßte der mit der Sache befaßte höhere Jnstanzrichter dasselbe aufheben und die weitere Verfolgung für unstatthaft erklären. 6. Das betr. „Erkenntniß" muß von einem Gerichte ausgegangen sein; es genügt also nicht, wenn von einer Verwaltungsbehörde eine vorläufige Entscheidung ergangen ist, sollte diese demnächst auch vollstreckbar geworden sein. Steht dagegen die Entscheidung über einen Straffall ausschließlich einer Verwaltungsbehörde zu, so ist diese als das zuständige „Gericht" anzusehen; a. M.: Rubo s. 280, Bind. HB. I, 445. Olsh. u. 3d. 7. Im Uebrigen ist es gleichgültig, ob der ausländische Richter nach den diesfettigen oder nach den Gesetzen seines Landes zuständig war, wenn er nur ein Strafrichter desjenigen Landes war, in welchem die That begangen worden ist; ebenso: Olsh. n. 2. 8. Ein Erkenntniß ist „rechtskräftig", sobald es nach den maßgebenden Strafprozeßgesetzen nicht mehr durch ein ordentliches Rechtsmittel angefochten werden kann; vgl. § 30 n. 4. 9. Es muß über die Handlung freisprechend oder auf Strafe „ersannt tc." sein. Aus welchem Grunde die Freisprechung erfolgte und ob dieser Grund auch im Jnlande zur Freisprechung führen konnte, ist gleichgültig. Dagegen steht es einer Freisprechung nicht gleich, wenn ein eingeleitetes Vorverfahren eingestellt oder die Strafverfolgung für unstatthaft erklärt ist sollte dies auch in Form eines Urtheils erfolgen; dasselbe würde von einer die Wiederaufnahme des Verfahrens nicht ausschließenden „vorläufigen Freisprechung" gelten; vgl. OT. 8. März 54 (GA. II, 250); a. M.: Rubo s. 282. Im Falle der Bestrafung genügt eine sog. außerordentliche Strafe: HStR. I, 168. 10. Hat der ausländische Richter in der angegebenen Weise (n. 5—9) über die Handlung erkannt, so ist es gleichgültig, wie er sie qualifizirt, insbesondere ob er sie unter denselben strafrechtlichen Begriff gebracht hat, welcher jetzt im Jnlande der Strafverfolgung zum Grunde gelegt werden soll; nicht minder, ob alle für die Beurtheilung (nach inländischem oder ausländischem Recht) erheblichen thatsächlichen Momente dem ausländischen Richter vorgelegen haben oder erst später ermittelt worden sind; vgl. Oppenhoff, Pr. Strafvers. § 1 n. 47 ff.

Einleitende Bestimmungen. § 6.

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§ 6. Im Auslande begangene Uebertretungen sind nur dann zu bestrafen, wenn dies durch besondere Gesetze oder durch Verträge angeordnet ist. [I. Entw.: § 4; II. Entw.: § 6; Pr. StGB.: § 4 (Schlußs.).) 11. Eine Verurtheilung im Auslande, welche nicht den Vollzug oder Erlaß der ganzen Strafe zur Folge gehabt hat. schließt die Verfolgung im Bundesgebiete nicht aus. Ein unvollständiger Strafvollzug kann nur die Anwendung des § 7 rechtfertigen. RH. 15. Nov. 87 (E. 16, 319). 12. Von dem unter Nr. 1 (und 2) erwähnten Grundsätze macht § 37 eine Ausnahme; vgl. die Bemerkungen zu diesem.

Zu Nr. 2. 13. Die Frage nach der „Verjährung der Strafverfolgung oder Strafvoll­ streckung" ist selbstverständlich mit Rücksicht auf denjenigen strafrechtlichen Charakter zu lösen, den die Handlung nach dem zutreffenden ausländischen Gesetze hat. 13a. War die That in mehreren ausländischen Staaten verfolgbar, so soll es nach Rubo n. 15 genügen, wenn die Verjährung nur nach der Gesetzgebung eines dieser Staaten eingetreten ist; vgl. jedoch oben n. 1. 14. Die Verjährung der Strafverfolgung ist nur dann zu berücksichtigen, wenn sie im Auslande abgelaufen war, ehe im Anlande eine Verfolgung stattfand; a. M.: Rubo s. 284. War eine solche vor dem Ablaufe jener Verjährung ange­ hoben worden, so schließt der Umstand, daß später im Auslande die Verjährung ablief, die Fortsetzung des Verfahrens nicht aus; ebenso: RHI. 8. Febr. 92 (E XXII, 341). In dieser Beziehung kommt es lediglich auf oen Akt der Strafverfolgung, d. h. also auf den Zeitpunkt an, in welchem der Staatsanwalt die Strafklage (Anklage, Anschuldigung) erhoben hat; insbesondere bleibt § 68 (nach welchem die Derjührung nur durch Handlungen des Richters unterbrochen wird) außer Anwendung da es sich hier nicht darum handelt, den Lauf der (ausländischen) Verjährung zu unterbrechen, sondern eine für die inländische Strafverfolgung vorgeschriebene Frist zu wahren. 15. Ein Straferlaß (eine Amnestie, Abolition) steht der Vollziehung gleich; vgl. n. 11. Erfolgt ein solcher, nachdem im Jnlande bereits die Strafverfolgung angehoben war, so ist nach n. 5 zu verfahren; ebenso: HStS. I, 168; a. M.: Bind. HB. I, 445. 16. Als „Straferlaß" ist nur ein Gnadenakt des betr. Landesherrn (§ 3 n. 4) anzusehen, nicht also ein wirksamer Verzicht des Verletzten auf die Bestrafung oder auf den Strafvollzug; ein solcher Fall ist lediglich nach Nr. 3 zu beurtheilen; a. M.: Puch. n. 5, Schw. n. 6, Rubo s. 284, Olsh. n. 6. 17. Den in Nr. 2 aufgeführten ist der Fall gleichzustellen, wo die Handlung zwar zur Zeit ihrer Begehung am Orte der letzteren strafbar war, diesen Charakter aber durch ein neues Gesetz verliert; so: Bind. HB. I, 437; vgl. § 2.

Zu Nr. 3. 18. Die Fragen, ob ein „Antrag" nothwendig, ob er rechtzeitig gestellt, bezw. ob überhaupt eine Antragsfrist erforderlich, endlich wer als Verletzter anzusehen ist, sind selbstverständlich nach dem betr. ausländischen Gesetze zu beurtheilen. Der Antrag muß an eine deutsche Behörde (nicht an die ausl.) gerichtet werden und zwar in den Formen, die das deutsche Recht voraussetzt; ob die durch das aus­ ländische Recht vorgeschriebenen Formen beobachtet sind, ist gleichgültig. RII. 9 Apr. 95 (E. XXVII, 161). 19. Der Nichtstellung des Antrags steht der Fall gleich, wo der Antrag zu spät gestellt oder rechtsgültig zurückgenommen worden ist.

§ 6. 1. Die Worte .„sind nicht zu bestrafen" sind nicht korrekt. Auch hier ist nur von der Statthaftigkeit der Strafverfolgung die Rede. 2. Ueber den Begriff des „Auslandes" vgl. § 8, § 5 n. 4, HStR. I, 180.

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Einleitende Bestimmungen. § 7.

§ 7. Eine im Auslande vollzogene Strafe ist, wenn wegen derselben Handlung im Gebiete des Deutschen Reichs abermals eine Verurtheilung erfolgt, auf die zu erkennende Strafe in An­ rechnung zu bringen. [I. Entw. (fehlte); II. Entw.: § 7; Pr. StGB, (fehlte).) 3. Die Frage: ob eine That eine „Uebertretung" darstelle, ist lediglich nach dem inländischen Gesetze zu beurtheilen; ebenso: DStR. I, 166. 4. Die Verfolgung im Auslande begangener Uebertretungen, d. h. der in einem Reichsgesetze (z. B. dem StGB.) vorgesehenen, kann nur auf Grund eines Reichsgesetzes oder eines vom Reich abgeschlossenen „Vertrags" erfolgen. Die Gesetze und Verträge der Einzelstaaten sind nur noch wirksam in Betreff der durch Landesgesetze vorgesehenen Uebertretungen, weil die Landesgesetzgebung ein Reichs, gesetz nicht modifiziren kann. Olsh. n. 2 und Puchelt n. 4; a. M.: Ausl. 13, weil der § 6 allgemein gefaßt sei, es sich auch nicht um die Bedeutung des Straf, gesetzes, sondern um die Bedingungen der Verfolgbarkeit handele. Rüd. n. 4 er. achtet nur solche Landesgesetze für aufgehoben, welche einen von § 6 abweichenden Grundsatz allgemein für sämmtliche Uebertretungen aufstellen möchten. Vgl. die Verträge des Reichs und Preußens § 4 n. 7; auch n. 6. 5. Die Strafverfolgung wegen einer im Auslande begangenen Uebertretung ist nur dann statthaft, wenn die zulassenden „Gesetze" oder „Verträge" vor Verübung der That verkündet oder abgeschlossen waren. Außerdem finden die Regeln des § 5 bei solchen Uebertretungen analoge Anwendung; so: Bind. HB. I, 443. 6. Der Pr. Amtsanwalt muß über eine solche zu seiner Kenntniß gelangte Handlung dem Ersten Staatsanwalt berichten und dessen Anweisung abwarten; vgl. § 4 n. 10.

§ 7. 1. In Ermangelung positiver Ausnahmebestimmungen (z. 39. § 5 Nr. 1) wird die statthafte Verfolgung im Jnlande durch eine Aburtheilung im Auslande und durch den Vollzug der dort verhängten Strafe nicht ausgeschlossen; das aus. ländische Urtheil bildet keine res iudicata. Gleichwohl soll auch hier die frühere im Auslande verhängte und vollzogene Strafe auf die demnächst im Jnlande zu verhängende Strafe in Anrechnung gebracht werden. Es ist hierbei sowohl an solche Fälle zu denken, wo die That im Jnlande begangen ist, als auch an die int § 4 Nr. 1—3 vorgesehenen Fälle (z. B. wenn bei einem Falle des § 4 Nr. 3 die im Auslande verhängte Strafe nur theilweise vollzogen worden ist, so daß tz 5 Nr. 1 nicht zur Anwendung kommt: § 5 n. 11); vgl. OT. 66 (O. VII, 462). 2. Die Anwendnng des hier ausgesprochenen Grundsatzes ist nicht bedingt durch die Zuständigkeit des ausländischen Gerichts; ebensowenig wird hier erfordert, daß das Urtheil von einem Gerichte desjenigen Staats ausgegangen sei, in dessen Gebiet die. That begangen war; vgl. § 5 n. 1. 7. 3. Nicht minder ist es gleichgültig, in welcher Weise das ausländische Urtheil die Handlung qualifizirt hatte; es genügt, daß es sich um dieselbe That (um dasselbe konkrete Thun) handelte; a. M.: Bind. HB. I, 440, insofern er die An. wendbarkeit des § auf die Fälle beschränkt, wo das Delikt im Auslande als derselbe Angriff wider dasselbe Rechtsgut aufgefaßt werde wie im Jnlande, und dieselbe z. B. dann ausschließt, wenn eine Majestätsbeleidigung im Auslande als Verletzung guter völkerrechtlicher Beziehungen bestraft worden wäre. 4. Nur die „vollzogene", nicht die verjährte oder erlassene Strafe ist in dieser Weise anzurechnen, obgleich bei einer (tnt Jnlande zu bewirkenden) Strafvollstreckung der Straferlaß der Vollziehung gleichgeachtet wird. — Ist der Strafvollzug int Auslande theilweise erfolgt, so kann, selbst wenn er äugenblicklich noch fortdauert, doch nur der bereits verbüßte Theil der Strafe angerechnet werden. 5. Die Anrechnung soll auf die „zu erkennende" Strafe erfolgen; sie ist also im verurtheilenden Erkenntnisse in der Weise auszusprechen, daß zunächst das

Einleitende Bestimmungen.

§ 8.

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§ 8. Ausland im Sinne dieses Strafgesetzes ist jedes nicht zum Deutschen Reiche gehörige Gebiet. [I. Entw.: §5 Abs. 1; II. Entw.: § 8; Pr. StGB, (fehlte); StB. S. 163.] volle Maß der zugemessenen Strafe verhängt und dann bestimmt wird, um welchen Betrag sie mit Rücksicht auf.die im Auslande erlittene herabzusetzen sei. — Unter­ bleibt die Anrechnung im Erkenntnisse, weil das Gericht von jenem Strafvoll­ züge keine Kunde besitzt, so kann sie vom Nevisionsrichter nachgeholt werden; vgl. § 5 n. 2. 6. Eine erst nach der inländischen Verurtheilung im Auslande erfolgte Bestrafung (Straf-Vollstreckung) kann keine Berücksichtigung mehr finden; eine Nachholung der Anrechnung in der Voüstreckungsinstanz ist unstatthast; vgl. § 2n. 20. 7. Entspricht die im Auslande vollzogene Strafe ihrer Art nach nicht den Strafen des StGB., so muß der erkennende Richter nach billigem Ermessen und unter Berücksichtigung der §§ 21. 29 eine Strafumwandlungsberechnung zu Grunde legen. Die im Auslande verhängten Ehrenstrafen gestatten keine Anrechnung, da sie im Jnlande keine Wirksamkeit haben; vgl. § 37. 8. Die „Anrechnung der im Auslande vollzogenen Strafe" kann eine Abänderung der im diesseitigen Gesetze angedrohten Strafart nicht herbeiführen; sonach ist es unstatthaft, eine verhängte Zuchthausstrafe deshalb, weil ihre Dauer durch jene Anrechnung unter das Mindestmaß des tz 12 (ein Jahr) herabsinkt, in Gefängniß oder Festungshaft umzuwandeln; vgl. § 19 n. 3. 4; ebenso: HStR. I, 168, Bind. HB. 1, 443; a. M.: Rüd. n. 1. 9. Wird auf Todes- oder lebenslängliche Zuchthausstrafe oder Festungshaft erkannt, so fällt die Anrechnung fort. 10. Der § 7 muß unbedenklich a potiori auch int Verhältnisse zwischen verschiedenen Bundesstaaten Anwendung finden; vgl. oben s. 18 n. 4 a. E. und HStR. I, 179. 180; a. M.: Olsh. n. 4. 11. Die Vorschrift des § 7 ist auf den Fall zu beschränken, wo wegen „der­ selben" im Auslande bereits bestraften Handlung noch eine Verfolgung im Inlande stattfindet (n. 1). Sie bleibt außer Anwendung, wenn im Auslande eine Bestrafung wegen einer anderen von derselben Person in Realkonkurrenz begangenen Strafthat erfolgt ist. In einem solchen Falle kommen betn Angeklagten auch die milderen Vorschriften der §§ 74 p. nicht zu Gute; vgl. § 79 n. 16.

§ 8. 1. Die Worte „dieses Strafgesetzes" sind, wie aus den Motiven s. 20 erhellt, auf das ganze Strafgesetzbuch zu beziehen. In ähnlichem Sinne sind jene Worte mehrfach gebraucht; vgl. §§ 31. 52. 359 und oben s. 24 n. 4. 2. Nach der Begriffsbestimmung des § ist auch das zu keinem Staate ge­ hörende Gebiet „Ausland"; vgl. n. 4. 3. Zum Jnlande werden völkerrechtlich gerechnet die Küstengewässer sowie die Luftsäule über dem Staatsgebiet, beide soweit sie thatsächlich, insbesondere durch Waffengewalt („Kanonenschußweite") beherrscht werden. (In den Staatsvertrügen wird die Grenze der Küstengewässer meist auf 3 Seemeilen vom niedrigsten Wasserstande bestimmt). Ein Seeschiff auf hoher See wird als Theil des Heimathstaates angesehen: RIV. 21. Okt. 92, RII. 18. Juni 89, OT. 55 (E. XXIII, 266: GA. 37 s. 288; 3 s. 658); vgl. Heffter, Völkerrecht § 78, Harburger, Inland f. 106 ff. Dasselbe gilt von s. g. Staatsschiffen (d. h. Schiffen, auf welchen sich der Landesherr oder dessen Gesandte befinden) und von Kriegsschiffen (einschl. der Schaluppen, Boote u. s. w.) auch dann, wenn sie sich im Eigenthumsgewässer eines fremden Staats befinden; dagegen gelten Handlungen, welche auf fremden Handelsschiffen in den Häfen und Küstengewässern des Deutschen Reiches begangen werden, als int Gebiete desselben begangen; dies trifft auch zu bei den ausländischen Bodensee-Dampfschiffen; vgl. § 3 n. 14, § 286 a n. 4, RI. 22. April 80 (E. II, 17; Mot.), OT. 59 (Entsch. 42. 2. 7), BL. s. 255, Olsh. s. 56. Rücksichtlich des Gerichtsstandes vgl. StPO. § 10. — Die inländische Wohnung eines Exterri­ torialen, z. B. eines bei einer inländischen Regierung beglaubigten Gesandten, ist Inland: RII. 26. Nov. 60 (E. III, 70), Harb. f. 193. Wegen der Zollhäuser

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Einleitende Bestimmungen.

§ 8.

s. n. 9; Neutral.Moresnet EG. § 1 u. 3. Bei Grenzflüssen bildet im Zweifel die Mitte, bei schiffbaren der Thalweg d. h. die Fahrstraße der abwärts fahrenden Schiffe die Staatsgrenze; bei darüberführenden Brücken deren Mitte. Ist der Waflerlauf ganz oder theilweise (Thalweg) gemeinschaftlich, so ist er nicht als Ausland anzusehen. Vgl. auch R I, 3. Jan. 84 (E. IX, 370). Die Deutschen Con. sulargerichtsbezirke und Schutzgebiete (nicht auch die sog. Interessensphären) sind als Inland zu betrachten, soweit es sich um Reichsangehörige und Schutz, genossen handelt (Ges. v. 7. April 1900; RGBl. S. 213, §§ 192 u. 79; Ges. v. 25. Juli 1900, RF. 25. Juli 1894 (E. 26, 97); a. M. DJZ. 1896 S. 180. Dgl. wegen der Schutzgenossen die Anordnung des Reichskanzlers v. 27. Okt. 1900; RCBl. S. 574. 4. Der Begriffsbestimmung des Wortes „Ausland" entsprechend ist als Ausländer im Sinne des StGB. Jeder anzusehen, welcher nicht „Deutscher", d. h. Angehöriger eines Bundesstaates oder des Reichslandes Elsaß-Lothringen ist: RDerfass. v. 16. April 1871 Art. 3, BGes. v. 1. Juni 1870 § 1, RGes. v. 9. Juni 1871. Demgemäß sind „Ausländer" auch diejenigen, welche keinem Staate an­ gehören, z. B. solche, welche aus dem Unterthanenverbande, dem sie früher an. gehörten, entlassen worden sind, ohne eine andere Staatsangehörigkeit erlangt zu haben; vgl. n. 2. — Der Erwerb und Verlust der Reichs- und Staatsangehörigkeit ist nach dem cit. BGes. vom 1. Juni 1870 (eingeführt in Elsaß-Lothringen durch Ges. v. 8. Jan. 1873: EL. Gbl. s. 1) zu beurtheilen. Diesem Gesetze zufolge geht die Reichs, bezw. Staatsangehörigkeit durch den Erwerb einer ausländischen Staats, angehörigkeit für sich allein noch nicht verloren, sondern nur durch mindestens fünf, jährigen Aufenthalt in dem betreffenden Staate in Zusammenhang mit jenem Er. werbe, welcher Zusammenhang nicht vorhanden ist, wenn zwischen dem fünfjährigen Aufenthalte und jenem Erwerbe ein mehrjähriger Aufenthalt in einem anderen Gebiete liegt: RI. 2. Juni 81 (E. IV, 271). Wegen Auslegung des § 211 S. 2 des Ges. v. 1. Juni 1870 vgl. RH. 13. März 00 (E. 33, 212) und über die Frage, ob ein in Preußen zum Reserveoffizier ernannter Ausländer Reichsangehöriger wird, vgl. RH. 22. März 92 (E. 23, 17). 5. In gleichem Sinne sind die Ausdrücke „Ausland", „Ausländer" aufzufassen, wenn es sich um Auslegung oder Anwendung eines besonderen Reichs st ras. gesetzes handelt, es sei denn, daß aus diesem selbst die Absicht des Gesetzgebers hervorginge, jenen hier eine andere Bedeutung beizulegen. Ebenso: HStR. I, 165. Dgl. n. 8. 6. So lange das StGB, nur für den Norddeutschen Bund Geltung hatte, richtete sich auch die Bedeutung der in demselben gebrauchten Ausdrücke „In. und Ausland" nach der Zugehörigkeit des betr. Gebietes zum gedachten Bunde. Mit der Wirksamkeit des das StGB, zum „Neichsgesehe" erklärenden G. v. 16. April 1871, insbesondere des die Ausdrucksweise des StGB, erläuternden § 2 Abs. 2 das. wurden jene Begriffe dahin abgeändert, daß als „Inland" im Sinne (und im Geltungsbereiche) des StGB, das ganze Reichsgebiet anzusehen ist, also auch die. jenigen Bundesstaaten, in welchen zur Zeit das StGB, noch nicht zur Geltung gelangt war: OA. (O. XIII, 141), Fuchs StRZ. XII, 431; a. M.: Jena (Voll. XIX, 47: erachtete eine in Bayern erfolgte Vorbestrafung nicht für geeignet, um für einen im Juli 1871 in Norddeutschland verübten Diebstahl den Rückfall zu begründen; vgl. § 244 n. 1); ähnlich: OT. Dresd. (O. XIII, 126); SGZ. XVI, 257) u. OT. (O. XVIII, 784: in Betreff Elsaß-Lothringen's). — Dagegen versteht sich von selbst, daß die Anwendbarkeit des StGB, auf die Strafthaten, welche der Angehörige eines süddeutschen Staats im Auslande verübt hat, erst mit der Einführung des GB. in dem Heimathsstaate desselben beginnen konnte. 7. Handelt es sich um die Anwendung eines Landes-Strasgesetzes, so findet die nur zur Erläuterung des StGB, gegebene Begriffsbestimmung des § keine Anwendung. Dann ist als „Ausland" jedes nicht jenem Einzelstaate angehörende Gebiet, und als „Ausländer" auch jeder Deutsche anzusehen, welcher kein Angehöriger jenes Staates ist: Rll. 24. Febr. 80 (R. I, 380), OA. (O. XIII, 521); daß jedem solchen Staatsangehörigen nach Art. 3 der RDerfass. das „Reichs. Jndigenat" zusteht, bleibt hier außer Betracht, weil dieser Grundsatz nur dann und nur insoweit wirksam wird, als sich der Angehörige eines Bundesstaates in einem andern Bundesstaate befindet und hier die in jenem Artikel erwähnten Rechte in

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Einleitende Bestimmungen. §§ 9. 10.

§ 9. Ein Deutscher darf einer ausländischen Regierung zur Verfolgung oder Bestrafung nicht überliefert werden. [I. Entw.: § 6; II. Entw.: § 9.] Vgl. BVertr. mit Nordamerika v. 22. Febr. 1868 (Pr. Dertr. v. 16. Juni 1852; BGBl. 1868 s. 229); RDertr. m. Italien v. 31. Okt. 1871 (RGBl. s. 446. 458); m. Großbritannien rc. v. 14. Mai 1872 (vgl. JMVf. v. 2. April 74, JMBl. s. 111 und v. 16. Aug. 75, ib. f. 194); m. d. Schweiz, m. Belgien, Luxemburg, Brasilien, Schweden (Norwegen) und Spanien v. 24. Jan. bezw. 24. Dez. 1874, 9. März 1876, 17. Sept. 1877, 19. Jan. bezw. 2. Mai 1878. Uruguay v. 12. Febr. 1880, Niederlande v. 31. Dez. 1896, Serbien v. 6. Januar 1883, Trans, vaal v. 22. Januar 1885; vgl. ferner Verträge Preußens mit Frankreich v. 21. Juni 1845 u. 23. Sept. 1899, Oesterreich-Ungarn vom 26. Januar 1854 u. Rußland v.13. Januar 1885.]

§ 10. Auf deutsche Militärpersonen finden die allgemeinen Strafgesetze des Reichs insoweit Anwendung, als nicht die Militär­ gesetze ein Anderes bestimmen. [I. Entw.: § 7; II. Entw.: § 10; Pr. StGB.: § 5.] Anspruch nimmt, also nicht da, wo Strafthaten in Frage stehen, welche inner, halb eines anderen Bundesstaates verübt worden sind: OT., OA. (O. XII, 355; XIII, 75), Berl. (Joh. II, 213), HStR. I, 180; a. M.: Heinze s. 42. Dgl. für Bayern Staudinger s. 52. 75. 8. Das unter n. 7 Gesagte gilt in entsprechender Weise auch da, wo es sich um andere Landesgesetze, z. B. ein (ausnahmsweise noch geltendes) Landes. Prozeßgesetz handelt: Dresd., OT. (SGZ. XVI, 350; O. XVII, 425); vgl. oben s. 17 n. 4, § 4 n. 5, GSaal 24 s. 566, WGbl. VI, 202. 214, Schütze s. 55 n. 1, oder um Reichs-Strafgesetze, insofern sie ihre materiellen Voraussetzungen erst durch landesgesetzliche Vorschriften erhalten, die sog. Blankettgesetze; so: Harburger s. 95. 9. Eine vertragsmäßig im Auslande errichtete Zollabfertigungsstelle ist bezüglich der Verzollung der vom Auslande nach Deutschland gehenden Waaren rechtlich so anzusehen, als läge sie auf deutschem Zollgebiete: RII. 19. März 86, RI. 19. Nov. 88 (E. XIII, 410; XVIII, 241), und zwar, ohne daß darum der Der. trag in Ausführung eines für das ganze Reich erlassenen Gesetzes geschlossen und vom Bundesrath sowie Reichstag sanktionirt zu sein braucht: cit. RI. 19. Nov. 88.

§

9.

1. Der hier ausgesprochene Grundsatz des Staats, und Völkerrechts gilt allgemein; die Auslieferung ist daher auch dann nicht statthaft, wenn der betreffende Deutsche sich im Auslande einer gegen ihn bereits ins Werk gesetzten Haft entzogen haben sollte, nicht minder auch dann, wenn er selbst die Auslieferung wünscht. Vgl. § 43 StGB. 2. Das Verhältniß zwischen den Bundesstaaten regeln die §§ 157ff. GVG. Gemäß § 163 sind Freiheitsstrafen bis zu 6 Wochen in demjenigen Bundesstaate zu vollstrecken, in welchem der Verurtheilte sich befindet. 3. Die oben mitgetheilten Auslieferungsverträge gestatten die Auslieferung der eigenen Nationalen nicht. Vgl. Delius, Auslieferungsrecht. 4. § 9 berührt die Wirksamkeit der von einzelnen Bundesstaaten mit ausländischen Regierungen abgeschlossenen Verträge im Uebrigen nicht. Vgl. auch § 3 n. 16.

§ io. 1. Das R.-Mil..StGB. hat eine Reihe von Handlungen als „militärische Verbrechen und Vergehen" mit besonderen Strafen bedroht (vgl. §11. c.) und sodann im § 3 bestimmt, daß „strafbare Handlungen der Militärpersonen, welche nicht militärische Verbrechen und Vergehen sind, nach den allgemeinen Strafgesetzen beurtheilt werden". Zu letzteren gehören auch die Landesstrafgefetze. 2. Unter „Militärpersonen" sind nach § 4 Mil.-StGB. die „Personen des Soldatenstandes und die Militärbeamten zu verstehen, welche zum Deutschen Heere Oppenhoff, D. Strafgesetzbuch. 14. Aust.

4

50

Einleitende Bestimmungen.

§ 11.

§ 11. Kein Mitglied eines Landtags oder einer Kammer eines zum Reich gehörigen Staats darf außerhalb der Versamm­ lung, zu welcher das Mitglied gehört, wegen seiner Abstimmung oder wegen der in Ausübung seines Berufes gethanen Aeußerung zur Verantwortung gezogen werden. [I. 11. II. Entw. (fehlte); Pr. StGB, (desgl.) StB. S. 223ff.; 1128 u. 1141.] oder zur Kaiserlichen Marine gehören"; eine Aufzählung derselben enthält das int RGBl. v. 1872 (s. 204) abgedruckte „Verzeichniß"; vgl. Mil.-StGB. tz 5. Im Uebrigen vgl. über den Begriff „Militärperson" Hecker i. GA. 31 s. 81 ff., Lessing i. GA. 46, 300. — Die Pr. Landgendarmen gehören zu den „Militärpersonen"; EG. z. Mil.-StGO. §2 Abs. 3. 3. Personen des Beurlaubtenstandes (der Reserve, der Land- oder der Seewehr) unterliegen den Strafvorschriften des Mil.-StGB. in der Zeit, in welcher sie sich int Dienst befinden, d. h. von dem Tage, zu dem sie einberufen sind (nicht erst von der Gestellung ab RI. 21. April 1892, E 23, 81) bis zum Tage ihrer Wiederentlaffung; dies gilt auch für Kontrollversammlungen; außerhalb dieser Zeit finden auf sie nur diejenigen Vorschriften des eit. GB. Anwendung, welche dasselbe oder das R.-Mil.-G. v. 2. Mai 1874 (vgl. dort § 60 Nr. 3) ausdrücklich auf sie für anwendbar erklärt hat: Mil.-StGB. § 6; vgl. das. §§ 113. 126. — Die einzelnen Kategorien der Personen des Beurlaubtenstandes finden sich im § 56 des eit. R.-Mil.-G. aufgeführt; vgl. ferner §§11 u. 20 des Gesetzes vom 11. Febr. 1888 (betr. die Ersatzreservisten) u. §§ 26 u. 33 (betr. die durch den Aufruf getroffenen Landsturmpflichtigen). — Hinsichtlich der eine Person des Beurlaubtenstandes in Folge eivilgertchtlicher Derurtheilung treffenden militärischen Ehrenstrafen, sowie hinsichtlich des in einem solchen Falle eventuell eintretenden militärgerichtlichen Nachtragsverfahrens vgl. Mil.-StGB. §§ 42. 37 Abs. 2 Nr. 2. 4. 5. In Betreff der von Militärperfonen int Auslande, während sie dort in dienstlicher Stellung sich befinden, verübten strafbaren Handlungen vgl. § 4 n. 6.

§ li. 1. Was der Art. 30 der Reichsverfassung dem Reichstage gewährt, das soll § 11 den gesetzgebenden Versammlungen der einzelnen „zum Reiche gehörigen Staaten" gewähren. Zu denselben ist auch der durch kais. Erlaß v. 29. Okt. 1874 eingesetzte Landesausschuß für Elsaß-Lothringen zu zählen. Olsh. n. 2, Bind. HB. I, 673 ff., ferner die Bürgerschaften der Freien Hansestädte: Frank n. 1, aber nicht die Senate derselben. 2. Die Vorschrift ist auf Minister (Mitglieder des Bundesraths) und Regierungs-Kommissarien, welche in den Landtagen re. in dieser ihrer Eigenschaft das Wort nehmen, nicht auszudehnen, da sie nicht der Disziplinargewalt des Vorsitzenden der Versammlung re. unterliegen, also nicht „innerhalb der Versammlung" zur Verantwortung gezogen werden können; diese Personen finden ihren Schutz int § 193 StGB.: Puch. n. 3, Schw. s. 177. 3. Auf Provinzial.Landtage findet der § 11 keine Anwendung, da die Worte „Landtag oder Kammer" auf die allgemeine Landesvertretung zu beschränken sind; der Umstand, daß in einzelnen Bundesstaaten, z. B. in Preußen, die ProvinzialVertretungen „Landtag" genannt werden, kommt hier nicht in Betracht. Auch dort kann nur § 193 Schutz gewähren. 4. Straflos sind die „Abstimmungen und Aeußerungen", welche in Ausübung des Berufs des Abgeordneten, fei es int Plenum des Landtags re., sei es in den Abtheilungs- oder Kommissionsversammlungen oder.in Kommissionsberichten zum Zwecke der gemeinsamen Berathung oder Beschlußfassung, zur (Er­ füllung der verfassungsmäßigen Aufgabe gemacht werden. Dabei ist es gleichgültig, ob die Landesverfassungen oder Geschäftsordnungen darüber Vorschriften enthalten, wie etwaige Ausschreitungen „innerhalb der Versammlung" (z. B. in den Abtheilungs. oder Kommissionssitzungen) zu rügen seien. — Unter „Aeußerungen" sind nicht bloß mündliche Aeußerungen zu verstehen; auch schriftliche Referate gehören dahin, selbst Pantomimen sind nicht grundsätzlich ausgeschlossen: Olsh. n. 3; a. M. (bezüglich symbolischer Injurien): Bind. 1. c. — Dagegen fällt die Anstiftung oder Beihülfe

Einleitende Bestimmungen.

§ 12.

51

§ 12. Wahrheitsgetreue Berichte über Verhandlungen eines Landtags oder einer Kammer eines zum Reich gehörigen Staats bleiben von jeder Verantwortlichkeit frei. [I. II. Entw. (fehlte); Pr. StGB, (fehlte); StB. S. 1147.] durch das int Hause gesprochene Wort zu einer außerhalb des Hauses begangenen Strafthat nicht unter den §; so: Bind. 1. c., Hubrich, Redefreiheit S. 365; a. M.: Schwedler, Parlamentarische Rechtsverletzungen S. 41. 5. Der § ist nicht auszudehnen auf den gelegentlichen individuellen Gedanken­ austausch, welcher während einer Versammlung zwischen einzelnen Mitgliedern stattfindet. Noch weniger bezieht sich derselbe auf Aeußerungen, welche in willkürlich zusammentretenden Versammlungen eines Theiles der Mitglieder (Rumpfparlament) oder in vorbereitenden Fraktionsversammlungen einzelner Gesinnungsgenossen oder in Wahlversammlungen, sog. Rechenschaftsberichten und dgl. vorkommen: Puch. n. 5. In Betreff der letzteren kann eventuell § 12 oder § 193 wirksam werden: Manh. 31. Dez. 72 (StZ. III, 154). — Eine außerhalb der Berufsthätigkeit geschehene Kundgebung eines Abgeordneten wird selbst dann nicht durch § 11 oder Art. 30 der R.-Verfass. (n. 1) berührt, wenn sie die bloße Wiederholung einer Berufsäußerung ist, z. B. in einer Zeitungserklärung besteht, daß jene Aeußerung aufrecht erhalten werde: RlH. 20. Okt. 80 (E. II, 365). 6. Als Theil der Strafgesetzgebung bezieht sich § 11 zunächst nur auf die Ausschließung der Strafverfolgung (aus einem etwa zutreffenden Strafgesetze). Er ist aber seinem Geiste nach auf disciplinarische Verfolgungen und andere Aufsichts-Maßnahmen („Stellen zur Disposition" u. dgl.) auszudehnen; vgl. cit. Art. 30; Olöh. n. 4. Dagegen werden Civilklagen auf Ersatz eines verursachten Schadens durch § 11 oder Art. 30 nicht ausgeschlossen; eine solche Klage ist weder als „gerichtliche Verfolgung" (cit. Art. 30) noch als ein „Ziehen zur Verantwortung" anzusehen; a. M.: Puch. n. 6, Bind. 1. c. Ebenso kann die Rede eines Abgeordneten zur Uebersührung desselben bezüglich einer später verübten Strafthat, mithin als Beweismittel wider ihn in einer anderen Sache benutzt werden: MH. 20. Okt. 80, 11. Okt. 86 (E. II, 365; R. VIII, 611); auch bei Würdigung des Einwandes der Nothwehr. Ferner bilden jene Gesetzesstellen kein Hinderniß, daß Berufsäußerungen von Abgeordneten in Strafprozeduren wider Dritte als thatsächliche Ereignisse der richterlichen Prüfung unterzogen und daß namentlich beleidigende Erwiderungen auf solche Aeußenmgen als durch § 193 gedeckt erachtet werden: Rill. 5. Mürz 81, 22. Febr. 82 (E. IV, 14; R. III, 107; IV, 183); das Gegentheil nahm, derartigen Erwiderungen gegenüber, ersteres Erk. in Betreff des § 199 an, indem dasselbe in solchen Fällen gleichzeitig den Beweis der Wahrheit nach Maßgabe der §§ 186. 192 für unzulässig hielt, insofern es auf die rechtliche Qualificirung der erwiderten Berufsäußerung als einer Beleidigung rc. ankomme. Eine Kompensation der Be­ rufsäußerung mit einer anderen Beleidigung gemäß § 199 StGB, hält für unzulässig Olsh. n. 5; a. M.: Bind. 1. c. u. Schwedler S. 28, weil nicht die Person des Abgeordneten zur Verantwortung gezogen, sondern nur seine Handlung einer rechtlichen Beurtheilung unterworfen werde. Endlich steht den Abgeordneten nicht das Recht der Zeugnißverweigerung zu und ist daher wider sie das ZeugnißzwangsVerfahren statthaft: Lewald i. GSaal 39 s. 54, Hubrich S. 372; a. M.: Fuld, GSaal 35, 533. Der § 11 bildet einen höchst persönlichen Strafausschließungsgrund, welcher eine strafbare Theilnahme Anderer als möglich erscheinen läßt: Hubrich S. 349; Frank N. V meint, das Privileg steigere sich zum objektiven Strafaus­ schließungsgrund, wenn in concreto die Abgeordnetenpflicht die betreffende Aeußerung gebiete.

§ 12. 1. Der Art. 22 der Reichsverfassung, welche die entsprechende Vorschrift in Betreff der Reichstagssitzungen enthält, beschränkt dieselbe auf öffentliche Sitzungen, das ist int § 12 nicht wiederholt; die Oeffentlichkeit der Sitzung ist daher hier keine wesentliche Bedingung der Straflosigkeit: Otto s. 24, Schw. s. 178, Puch, n. 7; a. M.: Meyer n. 1, Bind. HB. I, 681 ff. 2. Es dürfte unbedenklich sein, die umfassendere Vorschrift des § (n. 1) auch auf Berichte über die Reichstagssitzungen, die auch nichtöffentliche sein können, anzuwenden.

52

Einleitende Bestimmungen.

§ 12.

3. 4. Dagegen ist § 12 auf die Verhandlungen deutscher Landesvertretungen (vgl. § 11 StGB. n. 1) beschränkt, also auf diejenigen eines Provinziallandtages oder der Landesvertretungen auswärtiger Staaten nicht Auszudehnen; vgl. § 11 n. 3. 5. Nur die „Verhandlungen" des Landtags rc. als solchen, d. h. also die in dessen Plenarsitzungen stattgehabten Erörterungen, können straffrei mitgetheilt werden, nicht aber die in den einzelnen Abtheilungs- oder Kommissionssitzungen gemachten Aeußerungen, welche nur für die Mitglieder dieser Abtheilung rc. be­ rechnet sind: Schw. s. 178; a. M.: Puch. n. 7; noch auch die unter die Mitglieder des Landtags vertheilten Kommissionsberichte; vgl. OT. 68 (O. IX, 203: arg. § 38 des Pr. Preßges., welcher ausdrücklich die Befreiung nur „den Berichten von den öffentlichen Sitzungen der Kammern" gewährte). 6. Ein „Bericht" ist die erzählende Darstellung eines historischen Vorgangs in seinem wesentlichen Verlauf, hier also die (mündliche, schriftliche oder gedruckte) Mittheilung des Verhandelten (Reden, Vorlesung von Schriftstücken, Zeichen des Beifalls, Abstimmungen); derselbe muß „wahrheitsgetreu", braucht aber nicht wortgetreu zu sein; es genügt, wenn der wesentliche Inhalt richtig und vollständig wiedergegeben wird. Dazu gehört, daß er ein Gesammtbild des Verhandelten gewähre; daher trifft der § nicht zu, wenn nur einzelne Reden, ohne die Antworten anderer denselben Gegenstand behandelnder Redner, oder wenn gar nur einzelne herausgeriffene Sähe aus Einzelreden wiederholt werden: RlV. 6. Nov. 88 (E. XVIII, 208), OT. 65. 66. 76 (O. VI, 177; VII, 236; XVII, 469); a. M.: Rubo s. 311. Dagegen ist es nicht geboten, immer eine zusammenhängende Darstellung aller in einer Sitzung vorgekommenen verschiedenen Verhandlungen zu geben, sofern nur das über einen speziellen Gegenstand der Tagesordnung rc. Verhandelte erschöpfend mitgetheilt wird. Der Begriff „Verhandlungen" deckt sich nicht mit der einzelnen „Sitzung" eines Hauses, die einerseits eine gemischte Tagesordnung enthalten, andererseits vor Erschöpfung eines Gegenstandes ihr Ende erreichen kann: cit. RIV. 6. Nov. 88, OT. 67 (O. VIII, 232). Auch wird die Anwendbarkeit des § 8 dadurch nicht ausgeschlossen, daß in einer Zeitung die begonnene Mittheilung abgebrochen und die Fortsetzung erst in einer folgenden Nummer geliefert wird, sobald dieses lediglich aus Rücksichten auf die Zeit des Erscheinens der Nummer oder deshalb geschah, weil dort für die vollständige Mittheilung kein genügender Raum sich fand: OT. 65 (O. VI, 273). — Aus dem Gesagten folgt, daß selbständige, reflektirende Artikel einer Zeitung nicht deshalb als „Berichte über eine Landtagsverhandlung" anzusehen und straflos sind, weil sie einzelne darin vorkommende Stellen oder Aeußerungen einer Landtagsverhandlung entlehnt und diese als solche unter Namhaftmachung des betreffenden Abgeordneten rc. referirend mitgetheilt haben: cit. RlV. 6. Nov. 88, RH. 5. Nov. 1886 (E. XV, 32), OT. 64. 66. 75 (O. IV, 429; VII, 171: XVI, 147), Manh. (GSaal 25 s. 268), Münch. (StZ. III, 186). Noch weniger ist der § auf Kritiken einer Landtagsverhandlung auszudehnen. Ueberhaupt ist einer Veröffentlichung rc. rc. der Charakter eines „Berichts" unbedenklich zu versagen, sobald jene nicht gemacht ist, um dem Leser rc. ein Bild von der Landtags­ verhandlung als solcher zu geben, es vielmehr dem Urheber derselben lediglich darum zu thun war, die im Landtage vorgekommenen Gedankenausdrücke seinerseits zu verbreiten; dann bringt er diesen Gedankenausdruck als seinen eigenen weiter; er muß also auch für denselben verantwortlich sein. 7. Die Vorschrift des § bezieht sich auf alle „Berichte", ist also nicht auf die durch die Presse veröffentlichten zu beschränken. 8. Die wahrheitsgetreue Berichterstattung ist vom Strafgesetz eximirt, sie mag ausgehen, von wem sie will. (Manh. 31. Dez. 1872; StZ. 111, 154). Eine straf­ bare Theilnahme an derselben ist daher nicht denkbar; a. M.: Binding I, 684, welcher lediglich ein persönliches Privileg der Berichterstatter annimmt. Ist die Strafverfolgung des Urhebers eines „wahrheitsgetreuen Berichts" ausgeschlossen, so findet in Betreff der Exemplare der Schrift ein Verfahren auf Unbrauchbarmachung (§§ 41. 42) nicht statt: OT. (O. XVI,, 297).

Erster Theil»).

Von der Bestrafung der Verbrechen Vergehen und Uebertretungen im Allgemeinen. Erster Abschnitt**). Strafen. *) Erster Theil. 1. Ueber die Allgemeingültigkeit der in diesem Theile enthaltenen Bestimmungen für alle durch besondere Reichs- oder Landesgesetze mit Strafen bedrohten Handlungen vgl. Einl. Bestst. (s. 18) n. 1 ff. 2. Die in Beziehung auf Verbrechen und Vergehen allgemein geltenden Bestimmungen des StGB, finden auf militärische Verbrechen oder Vergehen ent» sprechende Anwendung: R.-Mil.-StGB. § 2.

**) Erster Abschnitt. 1. Das StGB, unterscheidet Haupt- und Nebenstrafen. Nebenstrafen find solche, welche nicht selbstständig für fich allein, sondern nur in Verbindung mit einer Hauptstrafe verhängt werden können: Mot. s. 22. 2. Als Haupt st rasen für Verbrechen und Vergehen hat das StGB, die Todesstrafe, Zuchthaus, Festungshaft, Gefängniß, Haft und Geldstrafe, für Uebertretungen: Haft und Geldstrafe, sowie für Vergehen und Uebertretungen Strafunmündiger den Verweis aufgenommen. Als Nebenstrafen kommen vor: Einziehung bezw. Verfallen-Erklärung (§ 335) einzelner Gegenstände, Unbrauchbarmachung von Schriften rc., Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte, Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter bezw. zur Beschäftigung im Eisenbahn- und Telegraphendienst (§ 319), Verlust der bekleideten öffentlichen Aemter sowie der aus den öffentlichen Wahlen hervorgegangenen Rechte (§§ 81.83. 87—90. 94. 95), Zulässigkeit von Polizeiaufsicht, Ueberweisung an die Landespolizeibehörde und die dauernde Unfähigkeit, als Zeuge oder Sachverständiger eidlich vernommen zu werden (§ 161). Nicht alle diese Nebenstrafen sind in dem von „den Strafen" handelnden Ersten Abschnitte des Ersten Theils aufgezählt und speziell geregelt worden. Geldstrafen find nie Nebenstrafen, selbst wenn sie, wie z. B. im § 263, blos fakultativ neben einer anderen Strafe angedroht werden: RU. 14. Mai 89 (E. XIX, 234. 3. Dagegen ist die Unterbringung eines Strafmündigen in eine Erziehungsoder Besserungsanstalt, welche die Mot. s. 22 ebenfalls als Nebenstrafe aufzählen, als eine „Strafe" nicht anzusehen, weil sie eben gegen nichtstrafbare Personen bezw. neben einer „Freisprechung" angeordnet wird (§§ 55. 56). Ebenso ist die Buße (§§ 188. 231) keine (öffentliche) Strafe; vgl. § 188 n. 1. Im Uebrigen vgl. § 200 n. 2.

54

Thl. I.

Abschn. I.

Strafen. — §§ 13.14.

§ 13. Die Todesstrafe ist durch Enthauptung zu vollstrecken. I. Entw.: § 9; II. Entw.: Pr. StGB.: § 7; 1119—1140, 1142.]

StB.

S. 95-136, 177, 1092,

§ 14. Die Zuchthausstrafe ist eine lebenslängliche oder eine zeitige. Der Höchstbetrag der zeitigen Zuchthausstrafe ist fünfzehn Jahre, ihr Mindestbetrag Ein Jahr. Wo das Gesetz die Zuchthausstrafe nicht ausdrücklich als eine lebenslängliche androht, ist dieselbe eine zeitige. [I. Entw.: § 11; II. Entw.: § 12; Pr. StGB.: § 10.] 4. In Betreff der Strafarten, welche aus einem neben dem StGB, in Kraft verbliebenen älteren (Bundes, oder Landes-) Gesetze verhängt, sowie in Betreff derjenigen, welche künftig durch ein Landesstrafgesetz angedroht werden können, vgl. EG. §§ 5. 6 und die Bemerkungen zu denselben. 5. Ueber die Abweichungen des Strafensystems des Mil.-StGB. von dem. jenigen des gemeinen Strafrechts vgl. § 48 n. 4, Hecker, GA. 30 s. 115 ff. 5a. Der Strafvollzug ist reichsgesetzlich noch nicht vollständig geregelt (vgl. § 19 n. 11). Der Beschluß des Bundesraths v. 28. Oct. 1897 (Reichscentr.-Bl. S. 308) giebt die Grundsätze an, welche bei dem Vollzüge gerichtlich erkannter Freiheitsstrafen bis zu weiterer gemeinsamer Regelung zur Anwendung kommen sollen.

§ 13. 1. Die Todesstrafe ist angedroht im §§ 80. 211 (vgl. auch § 4 EG. z. StGB.); im Mil.-StGD., im Sprengstoffgesetz § 53 und im Gesetz betr. Bestrafung des Sklavenraubes u. s. w. v. 28. Juli 1895 § V. Die „Enthauptung" erfolgt in den alten Provinzen Preußens nach der AKO. v. 19. Juni 1811 (GS. S. 119) durch das Beil, im Sprengel des OLG. Köln nach der AKO. v. 17. August 1818 (RS. I, 520) durch das Fallbeil. Nach Mil.-StGB. § 14 wird die Todesstrafe durch Erschießen vollstreckt. Dgl. wegen der Schutzgebiete: G. v. 25. Juli 1900 § 6. 2. § 485 der StPO, verbietet die Vollstreckung .an schwangeren und geistes. kranken Personen. 3. Todesurtheile bedurften in Preußen früher der K ö n i g l i ch e n B e st ä t i g u n g. Gemäß § 485 der StPO, ist jene nicht mehr nöthig, die Vollstreckung jedoch erst zulässig, wenn die Entschließung des Staatsoberhauptes, und in Sachen, in denen das Reichsgericht in erster Instanz erkannt hat, diejenige des Kaisers ergangen ist, von dem Begnadigungsrechte keinen Gebrauch machen zu wollen. In Betreff der zu dem Behufe erforderlichen Berichterstattung vgl. JMin.-Vf. v. 14. Aug. 1879, III, Nr. 4 (JMbl. s. 238) u. Delius, Gericht!. Praxis S. 356. 4. Die Hinrichtung ist in einem umschlossenen Raume zu bewirken. Inwieweit unbeteiligten Personen die Anwesenheit zu gestatten und in welcher Weise mit dem Leichnam des Hingerichteten zu verfahren sei, bestimmen die §§ 485 u. 486 StPO. Nicht entgegenstehende Vorschriften der Landesgesetze sind im übrigen in Kraft geblieben z. B. die §§ 538—549 preuß. Crim.-Ord. 5. Die Verurteilung zur Todesstrafe ändert an und für sich die Rechtsund Handlungsfähigkeit des davon Betroffenen nicht; vgl. § 15 n. 6.

§ 14. 1. Die Vorschrift des Abs. 2 über den Höchstbetrag der zeitigen Zuchthausstrafe bezieht sich nur auf die wegen eines einzelnen Straffalls zu treffende Strafabmessung; im § 74 ist aber auch für die im Falle einer Real-Konkurrenz eintretende Gesammtstrafe 15 jähriges Zuchthaus als der Höchstbetrag des Strafmaßes bestimmt worden. — Die Dauer einer principaliter verhängten Zuchthausstrafe kann durch Hinzurechnung derjenigen, welche einer zusätzlichen Geldstrafe substituirt wird, über das Maß von fünfzehn Jahren steigen; vgl. § 78 n. 6.

Thl. I.

Abschn. I.

Strafen. — § 15.

55

§ 15» Die zur Zuchthausstrafe Verurtheilten sind in der Strafanstalt zu den eingeführten Arbeiten anzuhalten. Sie können auch zu Arbeiten außerhalb der Anstalt, ins­ besondere zu öffentlichen oder von einer Staatsbehörde beauf2. Der Mindestbetrag von einem Jahre kann durch Anrechnung der Unter­ suchungshaft oder einer im Auölaude erlittenen Strafe (§ 7) eine Minderung er­ fahren; vgl. in Betreff des Näheren § 7 n. 8, § 19 n. 3. 4, § 60 n. 13. 3. In den älteren Provinzen Preußens bedurften Urtheile, welche eine lebendlängliche Zuchthausstrafe verhängten, der Königlichen Bestätigung: AM. II» 13 § 8, Crim.-O. § 530, AKO. v. 15. Juli 1809, 20. Juni u. 9. Aug. 1816. Diese Vorschrift dürfte jetzt arg. §§ 485. 487 ff. der StPO, nicht mehr gelten. 4. Vollstreckung und Berechnung der Zuchthaussttafe vgl. § 15 n. 2 und das (Schwangere bett.) Min.-Cirk. v. 3. Juni 1884 (VMbl. s. 264) s. Delius, Praxis S. 358.

§ 15. 1. Der Zwang zu einer in der Strafanstalt eingeführten (durch die Verhältnisse der Verurtheilten weiter nicht bedingten) Arbeit ist das charakteristische Merkmal der Zuchthausstrafe. 2. Da das StGB, über die Berechnung der Dauer der Freiheitsstrafen bei der Vollstreckung Nichts bestimmt, so kamen anfangs noch die betreffenden (sttafprozeßrechtlichen) Vorschriften der Landesgesehe zur Anwendung. Jetzt ist die Materie reichsgesetzlich insofern geregelt, als § 481 der StPO, den Grundsatz aufstellt, daß Strafurtheile nicht vollstreckbar sind, bevor sie rechtskräftig geworden, wogegen § 482 ib. bestimmt, daß auf die zu vollstteckende ^Zuchthaus- oder sonstige] Freiheitsstrafe unverkürzt ^mithin auch ohne Redaction nach dem Maßstabe des § 21] diejenige Untersuchungshaft anzurechnen sei, welche der Angeklagte erlitt, seit er auf Einlegung eines Rechtsmittels verzichtete oder das eingelegte Rechtsmittel zurücknahm oder seitdem die Einlegungsfrist ablief, ohne daß er eine Erklärung ab­ gegeben hatte. Dies wird gelten, gleichviel, ob sich die Dollstteckung wegen Einlegung eines Rechtsmittels seitens der Staatsanwaltschaft oder aus anderen sach­ lichen oder in der Person des Verurtheilten liegenden Gründen verzögert: Doitus s. 468. Namentlich kommen den Untersuchungsgefangenen auch die Transporttage zu Gute; vgl. Löwe, StPO. § 482 n. 2. Den nicht in Untersuchungshaft gewesenen Verurtheilten gegenüber dürfte aus § 24 Abs. 2 („Wiedereinlieferung") gefolgert werden, daß die Berechnung der Strafzeit erst mit der Einlieferung in der Sttafanstatt beginne. Doch will Schw., SGZ. 23 s. 354 denselben zwar nicht die Transporttage, wohl aber die Haftzeit von der Festnahme (StPO. § 489) bis zum Transport angerechnet wissen; a. M.: Münch. BE. III, 595); vgl. auch JMVf. v. 21. April 1885 (JMbl. s. 152), welcher zufolge bei Ausführung des GVG. § 165 Abs. 1 als Beginn des Sttafvollstreckungsverfahrens bte Ergreifung des Verur­ theilten angesehen werden soll, und andererseits Münch. (BE. III, 446), welches die Strafzeit desjenigen, der sich an einem anderen Orte freiwillig stellt und einstweilen in das Ortsgefüngniß aufgenommen wird, erst vom Eintritt in die (Strafanstalt zählt. Daß da, wo Jemand unmittelbar nach Verbüßung einer Freiheitssttafe auf Grund staatsanwaltlichen Haftbefehls abgeführt wird, um in einer andern Sttafanstatt eine fernere Freiheitssttafe abzubüßen, auf letztere die Transporttage nicht anzurechnen seien, entschied Münch. (BE. IV, 280. 463); a. M.: Münch, (ib. III, 431) und es erkannte Münch. (BE. IV, 464) bezüglich der Zeit des Transports aus einem Arbeitshause zur (Strafanstalt in gleichem Sinne. Vgl. auch Delius, Praxis S. 373. 3. Ueber die Berechnung der Strafdauer im Falle einer Unterbrechung des Vollzugs vgl. § 19 n. 7—9, §§ 22 ff. 4. Die Wahl der sogen. Außenarbeit (Abs. 2) ist nicht bedingt durch eine Zustimmung des Sträflings; vgl. § 16 Abs. 3. 5. Die Behandlung der Sträflinge bei der Außenarbeit kann durch Landesgesetz geregelt werden. Vgl. für Preußen Ges. v. II. April 1854, welches durch die NEB. Art. II. K. auch in den neuen Landestheilen eingeführt ist.

56

Thl. I.

Abschn. I.

Strafen. — §§ 15. 16.

sichtiglen Arbeiten verwendet werden. Diese Art der Beschäftigung ist nur dann zulässig, wenn die Gefangenen dabei von anderen freien Arbeitern getrennt gehalten werden. I. Entw.: § 12; II. Bittre.: § 13; Pr. StGB.: § 11.]

§ 16. Der Höchstbetrag der Gefängnißstrafe ist fünf Jahre, ihr Mindestbetrag Ein Tag. 6. Die Zuchthausstrafe hat nicht die rechtliche Unfähigleit des Sträflings, das eigene Vermögen zu verwalten und darüber unter Lebenden zu verfügen, zur Folge. Daraus folgt indessen keineswegs, daß jener beanspruchen könnte Zeit und Kraft dieser Verwaltung zuzuwenden und das Vermögen thatsächlich zu genießen; derselbe bleibt vielmehr der Hauszucht und Disziplin unterworfen und muß, insoweit diese hindernd entgegenstehen, seine Vermögensgeschäfte durch einen Vertreter wahr­ nehmen lassen: Mot. s. 42. 7. § 255, II. 2 Pr. AM. und § 568 Pr. Crim.-O., nach welchen „die Verurtheilung zu harter und schmählicher Zuchthausstrafe" den Verlust der väterlichen Gewalt nach sich zieht, sind aufgehoben. Verwirkt wird die elterliche Gewalt nur dann, wenn der Vater (bezw. die Mutter) wegen eines an dem Kinde verübten Verbrechens oder vorsüHlich verübten Vergehens zu Zuchthaus oder mindestens 6 Monaten Gefängniß (bei Gesammtstrafen entscheidet die Einzelstrase) rechtskräftig verurtheilt ist (§ 1680 BGB.).

§

16.

1. Die Vorschrift des Abs. 1 über den Höchstbetrag der Gefängnißstrafe erleidet eine Ausnahme bei einem Strafunmündigen, indem § 57 Nr. 1, 3 unter Umständen die Verhängung einer höheren als fünfjährigen Gefängnißstrafe gestattet, welche dann aber in besonderen Räumen vollstreckt werden muß. — Der gesetzt. Mindestbetrag der militärstrafgesetzl. Gefängnißstrafe beträgt 6 Wochen und 1 Tag: #11. 12, Art. 97 (E. 30, 277.) 2. Im Falle der Real-Konkurrenz kann Gefängnißstrafe bis zu zehn Jahren verhängt werden: § 74. In Betreff der Verlängerung durch die einer zasätzlichen Geldstrafe substituirte Freiheitsstrafe vgl. § 14 n. 1. 3. In Betreff der Anrechnung der Untersuchungshaft vgl. § 60. 4. Ueber die Vollstreckung der Gefängnißstrafe und die Berechnung ihrer Dauer vgl. § 15 n. 2 und für Preußen JMVf. v. 24. Juni sowie Inn.MJnstr. v. 1. Nov. 1851 (JMbl. f. 237, 367) und MVf. v. 19. Febr. 1876 (ib. f. 38). In Preußen können Freiheitsstrafen (mithin auch Gefängnißstrafen) bis zu zwei Wochen von Studirenden auf Antrag der gerichtlichen Behörde auf dem akademischm Karzer verbüßt werden: Ges. v. 29. Mai 1879 § 6. 5. Ueber die Berechnung der Strafdauer im Falle einer Unterbrechung des Vollzugs vgl. § 19 n. 7—9, §§ 22 ff. 6. In Betreff der Außenarbeit vgl. § 15 n. 4, 5. 7. Auch die Gefängnißstrafe bringt einen Arbeitszwang nach dem Ermessm der Behörde („können") mit sich; der Unterschied von der Zuchthausstrafe (§ 15) besteht darin, daß bei jener die Beschäftigung in einer „den Fähigkeiten und Verhältnissen des Sträflings angemessenen Weise" geschehen soll, und deß der letztere berechtigt ist, solche zu fordern; vgl. v. Buri, GSaal XIII, 98, Sont. j. 147. Fehlt es hierzu an Gelegenheit, so ist die Freilassung des Sträflings von Arbeit anderer Art nicht davon abhängig zu machen, daß jener sich in der Lage befindet, die Derpflegungskosten zu zahlen; so: Jnn.-MVf. v. 27. Mai 1875 (VMbl. s. 163). — Unter der „den Fähigkeiten des Sträflings angemessenen Beschäftigung" sind nicht blos solche Arbeiten zu verstehen, welche derselbe früher erlernt hatte oder zu verrichten gewohnt war; die Wahl der passenden Arbeit steht der Behörde zi, welche die Anstalt leitet; der Derurtheilte kann nicht beanspruchen, daß ihm nah feiner Wahl eine den Voraussetzungen des § entsprechende Beschäftigung zugetheilt werde; vgl. JMVf. v. 10. April 1854 (JMbl. s. 158): Df. v. 19. Febr. 1876 (dt. n. 4). Dagegen kann eine Entscheidung im Rechtswege verlangen, wenn er geltend machen will, daß die ihm zugetheilte Arbeit seinen Verhältnissen rc. nicht entspreche; diese

Thl. I.

Abschn. I.

Strafen. - §§ 16. 17. 18.

57

Die zur Gefängnißstrafe Verurtheilten können in einer Ge­ fangenanstalt auf eine ihren Fähigkeiten und Verhältnissen an­ gemessene Weise beschäftigt werden; auf ihr Verlangen sind sie in dieser Weise zu beschäftigen. Eine Beschäftigung außerhalb der Anstalt (§ 15) ist nur mit ihrer Zustimmung zulässig. [I. Entw.: § 14; II. Entw.: § 14; Pr. StGB.: § 14; StB. S. 1142.]

§ 17. Die Festungshaft ist eine lebenslängliche oder eine zeitige. Der Höchstbetrag der zeitigen Festungshaft ist fünfzehn Jahre, ihr Mindestbetrag Ein Tag. Wo das Gesetz die Festungshaft nicht ausdrücklich als eine lebenslängliche androht, ist dieselbe eine zeitige. Die Strafe der Festungshaft besteht in Freiheitsentziehung mit Beaufsichtigung der Beschäftigung und Lebensweise der Ge­ fangenen; sie wird in Festungen oder in anderen dazu bestimmten Räumen vollzogen. [I. Entw.: § 13; II. Entw.: § 15; Pr. StGB.: § 13; StB. S. 771 u. 1142.]

§ 18. Der Höchstbetrag der Haft ist sechs Wochen, ihr Mindestbetrag Ein Tag. Entscheidung erfolgt dann in demjenigen Verfahren, welches bei Streitigkeiten über die Strafvollstreckung maßgebend ist (StPO. §§ 490. 494); a. M.: Keller StPO. § 490 n. 7, Olsh. n. 9. 8. Wegen Verwirkung der elterlichen Gewalt vgl. § 15 n. 7.

§ 17. 1. Der „Festungshaft" soll nach den Motiven (s. 44) der Charakter einer custodia honesta beiwohnen. Hieraus ist nicht zu folgern, daß sie int Vergleiche mit der „Haft" die mildere Strafart sei, da ihre Dauer bis zu fünfzehn Jahren steigen un6 dadurch die That zum Verbrechen werden kann; vgl. § 18 n. 1. 2. Wegen des Verhältnisses der Festungsh. z. Zuchth. u. Gef. vgl. § 21. 3. Die Dauer der zeitigen Festungshaft darf auch im Falle der RealKonkurrenz fünfzehn Jahre nicht übersteigen: § 74. 4. Die „Beaufsichtigung der Beschäftigung" schließt keinen Arbeitszwang in sich; dagegen kann eine vom Verurtheilten gewählte Beschäftigung als ungeeignet ausgeschlossen werden. Einzelhaft ist unzulässig, dagegen zeitweilige Jsolirung z. B. zur Nacht statthaft. 5. Die Festungshaft wird in Preußen in den Festungsstuben-Gefangenanstalten zu Weichselmünde, Ehrenbreitstein und Magdeburg vollstreckt. Dgl. Militärstra^vollstr.-Vorschr. v. 9. Febr. 88 §§ 106 ff. u. Delius, Praxis S. 377; — in Betreff der Verbüßung einer kürzeren Festungshaft durch Studirende vgl. § 16 n. 4. 6. In Betreff der Berechnung der Strafdauer ist das zu § 15 n. 2. 3 Gesagte auch hier anwendbar; vgl. OT. (Pl.) 64 (O. IV, 350). 7. Berechnung der Strafzeit im Falle einer Unterbrechung des StrafVollzugs vgl. § 19 n. 9.

§ 18. 1. „Haft" ist im StGB, nur für Uebertretungen, für Vergehen im Sinne des § 140 n. 2 und für „Beleidigungen" (§§ 185. 186) angedroht; sie soll eine „leichtere Art" der Freiheitsentziehung als die Gefängnißstrafe sein, und nament­ lich den Leumund des Verurtheilten in keiner Weise berühren: Mot. s. 157. Dem­ gemäß darf sie nicht in denjenigen Räumen vollstreckt werden, welche zur Aufnahme

58

THI. I.

Abschn. I.

Strafen. — §§ 18. 19.

Die Strafe der Haft besteht in einfacher Freiheitsentziehung. [I. Entw.: § 339; II. Entw.: § 16; Pr. StGB.: § 334; StB. S. 177 u. 771.]

§ 19. Bei Freiheitsstrafen wird der Tag zn vierundzwanzig Stunden, die Woche zu sieben Tagen, der Monat und das Jahr nach der Kalenderzeit gerechnet. der Gefängnißsträflinge bestimmt sind. Ebenso unstatthast ist es, sie in der eigenen Wohnung des Verurtheilten (als „Stubenarrest") zu vollstrecken; schon die Unmöglichkeit einer genügenden Beaufsichtigung schließt diese Vollziehungsart aus. Die Vollstreckung der Haft ist in Preußen näher geregelt durch MVf. v. 19. Febr. 1876 (JMBl. s. 38) §§ 8 ff. In Betreff der Verbüßung einer kürzeren Haft durch Studirende vgl. § 16 n. 4, in Betreff der Frage, inwiefern der militärische „Arrest" der Haftstrafe gleichzustellen und ev. auf letztere an Stelle des ersteren vom Civilrichter zu erkennen sei, vgl. RI. 4. Apr. 87, RH. 1. Apr. 67, Still. 5. Dez. 87 (E. XV, 382. 396; XVI, 433) und andererseits unten § 48 n. 4. 2. Jeder Zwang zur Arbeit fällt hier fort, insoweit nicht § 362 in dieser Beziehung eine Ausnahme macht (vgl. Pr. Ges. v. 11. April 1854 § 3). Dagegen kann dem Verurtheilten eine von ihm selbst gewählte Beschäftigung gestattet werden, wenn die räumliche Einrichtung und die Hausordnung eine soiche zulassen. Wegen Einzelhaft vgl. § 22 n. 7. 3. Eine Beschäftigung der Haftsträflinge außerhalb der Anstalt ist (abgesehen von § 362 StGB.) unzulässig (arg. § 15). Der § 7 des Pr. G. v. 11. April 1854 ist aufgehoben. Rüd. n. 2, HStR. I, 600, Olsh. 5; a. M. Aufl. 13. 4. Dagegen behält es bei den besonderen Landesgesetzen sein Bewenden, welche in Betreff der im StGB, nicht geregelten Materien statt der Gefängniß. [£öft.] oder Geldstrafe Forst- oder Gemeinde-Arbeit androhen bezw. nachlaffen: EG.'§6. Dgl. auch EG. §5n. 7. 5. Im Falle der Real-Konkurrenz kann die Gesammtdauer mehrerer verwirkter Haftstrafen bis zu 3 Monaten steigen: §77. 6. In Betreff der Berechnung der Strafdauer vgl. § 15 n. 2. 3.

§ 19. 1. § 19 bezieht sich auch auf die an Stelle von Geldstrafen tretenden Frei, heitsstrafen: RI. 27. Nov. 84 (E. XI, 272); vgl. jedoch unten n. 3, § 29 n. 5. la. Ist die Dauer der Freiheitsstrafe nach der Kalenderzeit zu berechnen, so kommt der Umstand, daß einzelne Jahre oder Monate mehr Tage zählen als andere, bei der Strafvollstreckung nicht in Betracht; vgl. Jnn.-MVf. v. 1. April 1871 (VMBl. s. 119) und unten n. 7. 2. Nach Abs. 2 ist die zeitige Zuchthausstrafe, insoweit sie nicht auf volle Jahre verhängt wird, stets auf eine bestimmte Anzahl von Monaten (nicht auf Bruchtheile eines Jahres) auszusprechen: Stil. 15. Apr. 98 (E. 31, 106) OT. (O. XIII, 190; XVI, 405; XVII, 40). Aehnlich ist auch bei den übrigen Freiheitsstrafen zu verfahren, hier also nicht auf Bruchtheile eines Monats, sondern nur auf eine Anzahl von Wochen oder Tagen zu erkennen: RI. 21. Dez. 83, Rill. 18. Juni 81 (E. X, 22; R. III, 415), OT. (O. XVI, 515). 2 a. Abs. 2 kommt (vorbehaltlich des unter n. 3 Gesagten) auch bei Festsetzung einer Gesammtstrafe (§74) zur Geltung; demgemäß darf, wenn zwei mit Zucht, hausstrafe zu bestrafende Strafthaten realiter konkurriren, bei Erhöhung der Einsatz, strafe nicht unter einen vollen Monat herabgegangen werden: RI. 29. Jan. 83 (E. VIII, 26). 3. Der im Abs. 2 in Betreff der Dauer der Zuchthausstrafe aufgestellte Grund, satz ist auf den Fall zu beschränken, wo der Richter die Dauer der zu verhängen­ den Strafe zu „bemessen," d. h. wo er nach freiem Ermessen das Strafmaß inner, halb der durch das Gesetz vorgeschriebenen Grenzen zu bestimmen hat. Dagegen bleibt er ausgeschlossen, wenn eine verwirkte Zuchthausstrafe eine Erhöhung oder Minderung erführt, deren Maß anderweitig gesetzlich in bindender Weise geregelt ist. — Das gilt zunächst von dem Falle, wo wegen der Real-Konkurrenz eines

Thl. I.

Abschn. I.

Strafen. - § 19.

59

Die Dauer einer Zuchthausstrafe darf nur nach vollen Monaten, die Dauer einer anderen Freiheitsstrafe nur nach vollen Tagen bemessen werden [I. Entw.: § 15; II. Entw.: § 17; Pr. StGB.: § 15.] Verbrechens mit einem Vergehen, die durch das erstere verwirkte Zuchthausstrafe „erhöht" werden muß (§74): fände der Richter, daß das Vergehen, für sich allein betrachtet, mit einer 6 Wochen nicht erreichenden Gefängnißstrafe zu bestrafen wäre, so dürfte (nach dem Grundsätze des § 21 in Verbindung mit § 74 Abs. 3) die vom Gesetze gebotene Erhöhung der durch das Verbrechen verwirkten Zuchthausstrafe keinen vollen Monat betragen; es muß daher statthaft sein, dieselbe zwar nicht nach Bruchtheilen eines Monats, — dies verbietet Abs. 1 (Schl): Rlll. 18. Juni 81 (R. III, 415) —, wohl aber nach Tagen zu bestimmen: Rill. 13. April 81, RI. 29. Jan. 83 (E. IV, 161; R. III, 232; V, 63), OT. (O. XIII, 61. 157. 183; XVI, 767), Münch., Wolfenb. (StZ. IV, 130; V, 249), Ruhstrat, GSaal 23 f. 81, Otto n. 5, Wolf, SGZ. XVI, 322, WGBl. VI, 254: a. M.: Dresd. (StZ. I, 370; III, 51), Manh. (BA. 41 s. 129), Jena (Voll. 26 s. 164); diese sehen, ebenso wie Puch. n. 4, Schw. s. 182. 279, Rüd. n. 3, im gedachten Falle von der „Straferhöhung" ab. Dasselbe gilt da, wo nachträglich eine Strafumwandlung der gegen eine Person durch verschiedene Strafurtheile verhängten Freiheitsstrafen verschiedener Art er­ folgen muß, sobald der umzuwandelnden Strafe keine nach Monaten bemessene Zuchthausstrafe genau entspricht (vgl. StGO. § 492: OT. (O. XIII, 61), cit. München; a. M.: Schw. s. 182; endlich auch da, wo eine neben einer Zuchthausstrafe verhängte, nicht beizutreibene Geldstrafe (z. B. im Falle des § 268) in Zuchthaus umzuwandeln ist (§ 28), oder wo der Verurtheilte auf die (neben einer Zuchthausstrafe verhängte) Geldstrafe einen Theil bezahlt und es sich nun um die Vollstreckung der substituirten Zuchthausstrafe für den Rest handelt; es würde nicht statthaft sein, von dieser Umwandlung rc. deshalb abzusehen, weil der Betrag jener Geldstrafe nicht zu hoch ist, daß die Umwandlung in einen vollen Monat erfolgen könnte: cit. München; ebenso: Schw. s. 182; vgl. § 29 n. 5. Für diese Auffassung spricht, daß § 16 Abs. 2 des I. Entwurfs die in den II. Entw. nicht übernommene Vorschrift enthielt, daß die bei der Umwandlung sich ergebenden Bruchtheile eines Tages (nicht auch die eines Monats) unberücksichtigt bleiben sollen. Die im entgegengesetzten Sinne sich aussprechende Bemerkung der Motive (s. 45. 48) kann, soweit sie sich auf die Bruchtheile eines Monats (Zuchthausstrafe) bezieht, nicht für gerechtfertigt erachtet werden. — Muß hiernach ein Monats-Bruchtheil in Tage umgewandelt werden, so ist als Dauer des Monats der Durchschnittssatz von 30 Tagen zu Grunde zu legen: OT. (O. XIII, 72). Ebenso, wenn jene Umwandlung nöthig ist zur Ermittelung des Minimums der Versuchsstrafe (§44 Abs. 4): RI. 13. Febr. 62 (E. V, 442). . 4. Ferner ist von dem erwähnten Grundsätze (n. 2) da abzusehen, wo eine im Auslande erlittene Bestrafung (§7) oder eine erlittene Untersuchungs­ haft (§60) ganz oder theilweise auf die erkannte Strafe angerechnet wird; vgl. §60 n. 13. In Folge einer solchen Anrechnung kann der noch zu vollstreckende Rest der Zuchthausstrafe nach überschießenden Tagen bestimmt werden. 5. Dasselbe gilt, wenn die einem Zuchthaus- oder Gefängnißsträfling bewilligte vorläufige Entlassung später widerrufen (§§20..21), oder wenn ein Sträfling aus einem anderen Grunde, z. B. wegen Erkrankung, Schwangerschaft rc., zeitweise entlassen wird; vgl. aber n. 8. 9. 6. Dagegen ist in allen diesen Fällen (n. 3—5) an der Einheit des vollen Tages festzuhalten; überschießende Theile eines Tages kommen nicht in Anrechnung; vgl. Motive s. 48; so: RIV. 4. Juni 97 (E. 30, 141) OT. (O. XIII, 61. 157. 192); vgl. jedoch RI. 13. Febr. 82 (E. V, 442: will behufs Anwendung des § 44 Abs. 4 den überschießenden Theil als ganzen Tag angerechnet wissen). 7. Bei der Vollstreckung der Freiheitsstrafen ist der angefangene Tag nicht als vollendet in Anrechnung zu bringen, da jeder Einzeltag 24 Stunden betragen muß. Demgemäß endet eine am 3. eines Monats begonnene einwöchige Freiheit sstrafe am 10. dess. Monats zu derselben Stunde. Vgl. jedoch Ges.-Ordnung v. 21. Dez. 98 (JMBl. S. 293) § 87 und Jnn.-MVff. v. 4. Jan. 1881 (DMbl. s. 54)

60

Thl. I.

Abschn. I.

Strafen. — § 20.

§ 20 Wo das Gesetz die Wahl zwischen Zuchthaus und Festungshaft gestattet, darf auf Zuchthaus nur dann erkannt werden, wenn festgestellt wird, daß die strafbar befundene Hand­ lung aus einer ehrlosen Gesinnung entsprungen ist. [I. II. Entw., Pr. StGB, (fehlte).) bezüglich der Fälle, wo die Ablaufsstunde in die Nacht fällt. — Die nach Monaten berechneten Strafen erreichen ihr Ende an dem dem Antrittstage entsprechenden Datum, also die am 3. begonnene einmonatige Strafe am 3. des folgenden Monats; hat der letzte Monat der Strafverbüßung nicht soviel Tage, als der erste, so entspricht der letzte Tag jenes Monats den letzten Tagen dieses, d. h. des ersten Monats, der Strafverfügung, also der 28. (29.) Febr. dem 28. 29. 30. (31.) der übrigen Monate. Diese Berechnungsweise, zufolge welcher der Tag des (ersten) Straf, antritts immer den Ausgangspunkt bildet, ist selbst dann festzuhalten, und demgemäß die Dauer der Strafe nach Tagen zu bemessen, wenn die Strafvollstreckung Unterbrechungen erleidet; vgl. Münch. (BE. II, 561), Keyßner, GSaal 27 s. 558 u. Marienwerder 22. 10. 97 (GA. 45, 290). 8. In Betreff des Strafantritts vgl. § 15 n. 2. — Die Vollstreckung bezw. Berechnung einer angetretenen Freiheitsstrafe erleidet keine Unterbrechung, wenn die Freiheitsentziehung fortdauert, der Sträfling aber aus zufälligen, von ihm nicht verschuldeten Umständen (z. B. wegen Ueberfüllung des Gefängniffes: Münch., BE. IV, 450) zeitweise in eine andere Anstalt gebracht oder in einer der verhängten Strafart nicht entsprechenden Weise behandelt, z. B. wenn er, um als Zeuge vernommen zu werden, anderswohin transportirt, oder wegen Erkrankung in eine Krankenanstalt gebracht wird, wo ihm die Selbstbestimmung über seinen Aufenthalt nicht zusteht: OT. 59 (GA. VII, 231). — Die StPO, sieht unter diesen Fällen nur den vor, wo der Derurtheilte nach Beginn der Vollstreckung wegen Krankheit in eine von der Strafanstalt getrennte Krankenanstalt gebracht wird: hier soll gemäß § 493 1. c. die Dauer des dortigen Aufenthaltes in die Strafzeit eingerechnet werden, wenn nicht der Derurtheilte mit der Absicht, die Vollstreckung zu unterbrechen, die Krankheit herbeigeführt hat. Letztere Bestimmung trifft auch dann zu, wenn die Krankheit, z. B. eine Geisteskrankheit, (unentdeckt) schon früher (vor dem Beginn der Vollstreckung) bestand; ebenso: Voitus s. 475; a. M.: Schw. StPO. s. 609, weil die Vollstreckung einer Freiheitsstrafe an einem Geisteskranken unzulässig sei; darum ist jedoch, wenn dieselbe trotzdem thatsächlich begonnen hat, die Folge des § nicht ausgeschlossen. Daß die Krankheit eine selbstverschuldete war, genügt nicht, um den Verurtheilten der Wohlthat des Gesetzes zu berauben: Schw. 1. c. Vgl. § 51 n. 12 und bez. des Kostenpunktes die JMVf. v. 21. Dez. 1881 (VMbl. 82 s. 254). 9. Wird dagegen der Sträfling wegen einer anderen ihm zur Last gelegten Strafthat zur Untersuchung gezogen und demzufolge aus der Strafanstalt in das Untersuchungsgefängnlß gebracht, so ist ihm die außerhalb jener Anstalt zugebrachte Zeit auf die Strafe nicht anzurechnen, es sei denn, daß der übereinstimmende Wille der betheiligten Behörden (Untersuchungsrichtern, s. w. einer­ seits und Strafvollstreckungsbehörde andererseits) festgestellt wird, den Strafvollzug fortdauern zu lassen. Rill. 6. Nov. 60 (R. II, 456) u. OLG. München (GA. 41, 305); a. M.: Aufl. 13, nach welcher es genügt, wenn dem Sträfling auch im Untersuchungsgefängnisse diejenige Behandlung (z. B. Arbeitszwang) zu Theil geworden ist, welche der gegen ihn verhängten Strafart entspricht: ML. (2. Ausg.) s. 272 (will nach Analogie des § 493 der StPO, die Untersuchungshaft stets eingerechnet wiffen). Dgl. Delius, Praxis S. 387. — Verbleibt der Sträfling in demselben Gefängniß, so wird die Strafthat nur bei Widerspruch einer der betheiligten BeHörden unterbrochen. 10. Abgesehen von diesen Fällen (n. 9), kann die Vollstreckung eine Unterbrechung auch durch einstweilige Freilassung des Sträflings erleiden; vgl. StPO. § 490 Abs. 3 und, was die s. g. Beurlaubungen betrifft, vgl. Delius, Praxis S. 384 ff.

§ 20. 1. Der Ausdruck „ehrlose Gesinnung" beurtheilt sich nach den über Ehre im Allgemeinen herrschenden Anschauungen, nicht nach solchen über die sog. Standesehre; vgl. Fuld, GA. 31 s. 323.

Thl. I. Absch. I.

Strafen. — §§. 21. 22.

61

§ 21. Achtmonatliche Zuchthausstrafe ist einer einjährigen Gefängnißstrafe, achtmonatliche Gefängnißstrafe einer einjährigen Festungshaft gleich zu achten. [L Entw.: § 16; II. Entw.: § 18; Pr. StGB.: § 16.]

§ 22. Die Zuchthaus- und Gefängnißstrafe können sowohl für die ganze Dauer, wie für einen Theil der erkannten Straf­ zeit in der Weise in Einzelhaft vollzogen werden, daß der Gefangene unausgesetzt von anderen Gefangenen gesondert gehalten wird. 2. Ob die Handlung „aus einer ehrlosen Gesinnung entsprang", ist eine wesentlich thatsächliche, mithin im schwurgerichtlichen Verfahren durch die Ge­ schwornen zu lösende Frage. Die Stellung derselben ist unerläßlich und nicht durch einen Antrag des StA. bedingt, da die vom Richter zu treffende Wahl der Strafe von ihrer Entscheidung abhängt. Der gedachte Charakter der. That ist als ein „besonderer, straferhöhender Umstand" anzusehen, die Beantwortung der Frage muß daher in der für solche Umstände vorgeschriebenen Weise erfolgen. Vgl. StPO. § 295 und Komm.-Prot. s. 459, Löwe s. 681. 3. Die Fassung („dark nur dann erkannt werden rc.") schließt es nicht aus, daß der Jnstanzrichter trotz der festgestellten „ehrlosen Gesinnung rc." auf Festungshaft erkenne, wenn er annimmt, daß die That dennoch eine mildere Beurtheilung zulasse: Stenogr. Ber. s. 290. 1144. 1145. 4. Das StGB, enthält keine Vorschriften darüber, nach welchen Grundsätzen zu verfahren sei, wenn das Gesetz zwischen Zuchthaus und Gefängniß (Beisp.: §§ 224. 226), zwischen Gefängniß und Festungshaft (Beisp.: § 95) oder zwischen Gefängniß und Haft (Beisp.: §§ 185. 186) die Wahl läßt. Hier ist daher Alles dem Ermessen des Jnstanzrichters überlassen, welcher dabei nicht blos die „Gesinnung", aus welcher die Handlung entsprang, sondern alle konkurrirenden Umstände und die persönlichen Eigenschaften des Thäters zu berücksichtigen hat; eben­ so: OT. (O. XV, 301. 598).

§ 21. 1. Dieser § bestimmt den Maßstab, nach welchem eine an sich nach dem zutreffenden Gesetze verwirkte Strafe in eine andere umzuwandeln ist; vgl. § 28, § 19 n. 3—6. Dagegen ist er nicht maßgebend, wenn es sich darum handelt, welche Strafart an die Stelle einer anderen, in einem Landesgesetz angedrohten, setzt nicht mehr statthaften tritt; vgl. EG. §§ 7. 8, EG. z. Pr. StGB. Art. VIII. 2. Das Verhältniß der Festungshaft zur Zuchthausstrafe ist hiernach wie neun zu vier. In Gefängniß wird Festungshaft nie verwandelt: § 75. 3. Haft wird nie in eine strengere Strafart verwandelt: § 77. 4. Auch im Falle einer Strafumwandlung ist an der Einheit des vollen Tages festzuhalten: vgl. § 19 n. 6. 5. Der Maßstabs des § 21 wird auch da maßgebend, wo nach gesetzlicher Vorschrift eine strengere Strafe, z. B. Zuchthaus, in eine mildere (Gefängniß) umzuwandeln ist; vgl. z. B. § 44 Abs. 4 a. E. 6. Nach dem § 21 beurtheilt sich ferner die Frage, inwieweit der zweite Richter auf die alleinige Berufung des Angeklagten, ohne den Grundsatz der relativen Rechtskraft zu verletzen, die in erster Instanz verhängte Freiheitsstrafe in eine ihrer Art nach mildere von längerer Dauer abändern könne. Demgemäß ist es in einem solchen Falle, beim Mangel eines Maßstabs für das Verhältniß zwischen Gefängniß und Haft, unstatthaft, an Stelle einer (Prinzipalen oder subsidiären) Gefängnißstrafe Haft von längerer Dauer festzusetzen: Münch. (BE. VI, 587).

§

22.

1. Das StGB, betrachtet die Vollstreckung „in Einzelhaft" nicht als eine Verschärfung der Strafe: Mot. s. 45. Es bedarf daher zur Regelung derselben keiner ergänzenden gesetzlichen Vorschriften, vielmehr können die erforderlichen An-

62

Thl. I.

Abschn. I. Strafen. - §§ 22. 23.

Die Einzelhaft darf ohne Zustinlmung des Gefangenen die Dauer von drei Jahren nicht übersteigen. [I. Entw.: § 17; II. Entw.: § 19; Pr. StGB, (fehlte).]

§ 23. Die zu einer längeren Zuchthaus- oder Gefängniß­ strafe Verurtheilten können, wenn sie drei Viertheile, mindestens aber Ein Jahr der ihnen auferlegten Strafe verbüßt, sich auch während dieser Zeit gut geführt haben, mit ihrer Zustimmung vorläufig entlassen werden. [I. Entw.: § 19; II. Entw.: § 20; Pr. StGB, (fehlte); StB. S. 189-192.] Ordnungen im Verwaltungswege ergehen, so lange in dieser Beziehung nicht durch die Reichsgesetzgebung binde Bestimmungen getroffen sind. — Die bloße Zulassung zu den Morgen- und Abendandachten schließt den Begriff der Einzelhaft nicht aus: Jnn.-Vf. v. 9. Aug. 1884 (VMbl. s. 252); vgl. jedoch Olsh. n. 2. 2. Die Entscheidung, ob und wie lange im Einzelfalle eine Zuchthausoder Gefängnißstrafe in Einzelhaft zu vollziehen sei, steht der die Strafanstalt leitenden Behörde zu; im vernrtheilenden Erkenntnisse ist darüber Nichts zu bestimmen: Rüd. s. 133, Darmst. 71 (HE. s. 13). Dagegen ist dem Verurtheilten der Rechtsweg nicht verschlossen, wenn er behauptet, jene Vollstreckung finde in ungesetzlicher Weise Statt; die Entscheidung erfolgt dann im demjenigen Verfahren, welches bei Streitigkeiten über die Strafvollstreckung Platz greift (StPO. § 490); ebenso: Münch. (BE. I, 425: dahin gehöre aber nicht die Behauptung, die Behörde habe ohne gegründete Veranlassung von jenem Rechte Gebrauch gemacht); a. M.: Olsh. n. 4, ML. S. 421. 3. Der Derurtheilte hat nie das Recht, die Vollziehung der Strafe in Einzelhaft zu fordern. 4. Die betr. Maßnahme ändert im Uebrigen Nichts an der Natur der Strafe; es verbleibt daher auch in Betreff der Beschäftigung der Sträflinge bei den Bestimmungen der §§ 15. 16. 5. Abs. 2 erheischt die „Zustimmung des Gefangenen"; sonach genügt der Mangel eines Widerspruchs nicht. 6. Dieser Abs. 2 unterscheidet nicht, ob die Strafe wegen eines oder wegen mehrerer konkurrirender Straffälle verhängt ist, noch, ob die Vollstreckung der Einzelhaft in ununterbrochener Folge oder mit Unterbrechungen stattfinde; ein Antrag, das Gegentheil auszusprechen, ward im RT. abgelehnt: Sten. Ber. s. 189. 7. Die Festungshaft und die Haft können nicht als Einzelhaft (durch unausgesetzte Trennung von anderen Gefangenen) vollstreckt werden. Vgl. § 17 n. 4 u. § 18 n. 2.

§ 23. 1. Das hier gestattete „Beurlaubungs - System (Mot. s. 46) ist dem König!. Sächsischen Rechte entlehnt, wo es als eine auf dem landesherrlichen Begnadigungsrechte beruhende Verwaltungs-Maßregel gehandhabt wurde. 2. Die Beurlaubung ist nur bei Zuchthaus- oder Gefängnißstrafe statthaft, also nicht in Betreff der zu Festungshaft oder zu Haft Verurtheilten. 3. Als „längere" Zuchthaus- rc. Strafe ist hier jede die Dauer eines Jahres übersteigende anzusehen; ebenso: JMVf. v. 26. Juli 1871 bei Wulff, Gefängnisse der Justizverw. S. 222, Rubo s. 326; a. M.: Ortloff, GSaal 26 s. 58, Schw., SGZ. 21 f. 202 (halten 16 Monate für das geringste Maß). 4. Es ist zulässig, mehrere in einer Folge zu vollstreckende kürzere Strafen zusammenzurechnen: Jnn.-MVf. v. 11. Sept. 1871 (VMbl. s. 311); s. Wulff S. 223; a. M.: 13. Ausl. 5. Die Maßnahme ist nicht eher statthaft, bis drei Viertheile, mindestens aber ein Jahr der auferlegten Strafe verbüßt ist. Hat die Anrechnung einer er­ littenen Untersuchungshaft stattgefunden (§ 60 StGB. u. § 482 StPO.), so ist nur noch der zu verbüßende Rest als die „auferlegte" Strafe anzusehen, welche bei obiger Berech­ nung zu Grunde zu legen ist: Olsh. n. 2; Schw. (eit. n. 3); a. M.: StZ. III, 97, Rubo

Thl. I.

Abschn. I.

63

Strafen. - § 24.

§ 24. Die vorläufige Entlassung kann bei schlechter Füh­ rung des Entlassenen oder, wenn derselbe den ihm bei der Ent­ lassung auferlegten Verpflichtungen zuwiderhandelt, jederzeit widerrufen werden. Der Widerruf hat die Wirkung, daß die seit der vorläufigen Entlassung bis zur Wiedereinlieferung verflossene Zeit auf die festgesetzte Strafdauer nicht angerechnet wird. [I. Entw.: § 20; II. Entw.: § 21; Pr. StGB, (fehlte); StB. S. 192.] n. 4, ML. s. 422. OQ

^>»4.

Dasselbe dürfte für die Fälle des § 7 gelten.

Nach JMVf. v.

1 ÖQO

2l"Nov 1884

S. 223) ist maßgebend die Zeit, welche der Derurtheilte in

der zur eigentlichen Strafverbüßung bestimmten Anstalt zuzubringen hat. Durch Verkürzung der Strafzeit im Wege der Gnade wird die Anwendung des § 23 nicht ausgeschlossen: JMVf. v. 2. März 1871 bei Wulff S. 223. 6. Den „Beweis dar Besserung", welchen der II. Entwurf neben der guten Führung erheischte, hat der RT. beseitigt: ein solcher ist also nicht erforderlich. Nach der Jnn..MVf. v. 29. Juni 1875 (Wulff S. 224) sind neben der guten Führung, die Natur des Verbrechens, der frühere Lebenswandel, überhaupt alle Umstände, die über den Charakter des Sträflings Licht verbreiten, zu berücksichtigen. 7. Ueber die Formen imt> Bedingungen der Entlassung, über die Beaus, sichtigung der Entlassenen, den Widerruf des Urlaubs und den vollen Gnadenerlaß im Falle guter Führung verhält sich in Preußen die Min..Jnstr. v. 21. Jan. 1871 (JMBl. f. 35; VMM. s. 47); vgl. auch die Nachträge bei Müller, Justizverw. S. 1560 ff. 8. Den Beurlaubten können bei der Entlassung „Verpflichtungen" auf. erlegt werden; vgl. § 24 n. 1. Sie sollen nicht ins Ausland beurlaubt werden: Pr. Jnn.'MVf. v. 17. Jan. 1872 (VMM. s. 58). In Betreff der Frage, ob sie zur Erfüllung der Wehrpflicht herangezogen werden können, vgl. GSaal 32 s. 507. 9. Die Beurlaubten unterliegen während der Entlassungszeit der Polizeilichen Ueberwachung nach dem Ermessen der betr. Behörden, ohne daß sie sich auf die „zum Schutze der persönlichen Freiheit" erlassenen Gesetze, z. B. auf das Pr. Ges. v. 12. Febr. 1850, berufen dürfen (sie befinden sich nicht im Vollgenuß der persönlichen Freiheit): Mot. s. 46. Dagegen sind die für die „Polizeiaufsicht" geltenden Grundsätze (vgl. § 38 n. 14) hier nicht maßgebend. 10. Die Beurlaubung ist auch bei verurtheilten Ausländern statthaft.

§ 24. 1. Die „vorläufige Entlassung" gewährt dem Verurtheilten nicht die völlige Freiheit seines Thuns und Lassens, vielmehr können ihm dabei „Verpflichtungen" mit der Wirkung auferlegt werden, daß ein „Zuwiderhandeln" gegen dieselben den Widerruf der Entlassung motivirt. Insbesondere kann der Entlassene gewissen Be­ schränkungen in der Wahl seines Aufenthaltsortes unterworfen werden; vgl. § 23 n. 8. Die näheren Maßnahmen sind dem Ermessen der Behörden überlassen. 2. Behufs Erläuterung der Worte „bei schlechter Führung" vgl. Pr. Jnstr. v. 21. Jan. 1871 (eit. § 23 n. 7). Sobald wegen neuerdings begangener Strafthaten gegen den Entlassenen ein Vorbereitungsverfahren rc. eingeleitet wird, muß in Preußen dem zuständigen Oberstaatsanwälte svgl. JMVf. v. 14. Aug. 1879, eit. § 23 n. 7] Anzeige gemacht werden, damit dieser gutachtlich an den Justizminister berichte: JMVf. v. 25. Aug. 1879 (JMBl. s. 251). 3. Im Falle eines „Widerrufs" beginnt die Anrechnung auf die festgesetzte Strafdauer erst mit der „Wiedereinlieferung" in die Strafanstalt; das gilt auch von einstweilen Festgenommenen (§ 25); vgl. § 25 n. 4; a. M.: Pr. Min.-Jnstr. vom 21. Jan. 1871 § 16 (sie will in allen Füllen die Transporttage auf die Straf­ zeit anrechnen), Schw., SGZ. 23 s. 355 (nimmt dasselbe arg. § 482 der StPO, sogar von der ganzen Zeit an, während welcher der Sträfling seit dem Widerrufe sich behufs Sicherung der Wiedereinlieferung in Gewahrsam befinde).

64

Thl. I.

Abschn. I.

Strafen. - § 25.

§ 25. Der Beschluß über die vorläufige Entlassung, so­ wie über einen Widerruf ergeht von der obersten Justiz-Aufsichts­ behörde. Vor dem Beschluß über die Entlassung ist die Ge­ fängnißverwaltung zu hören. Die einstweilige Festnahme vorläufig Entlassener kann aus dringenden Gründen des öffentlichen Wohls von der PolizeiBehörde des Orts, an welchem der Entlassene sich aufhält, ver­ fügt werden. Der Beschluß über den endgültigen Widerruf ist sofort nachzusuchen. Führt die einstweilige Festnahme zu einem Widerrufe, so gilt dieser als am Tage der Festnahme erfolgt. [I. Entw.: § 21; II. (Sitte.: §22; Pr. StGB, (fehlte); StB. S. 192. 193. 1145.]

§. 25. 1. Anträge auf „vorläufige Entlassung" eines Strafgefangenen sind bei der Verwaltungsbehörde anzubringen, und zwar zunächst dem Vorstande der Straf­ anstalt einzureichen: Min.-Jnstr. v. 21. Jan. 1871 (eil. § 23 n. 7), OT. (O. XVI, 601). — Die oberste Justiz-Aufstchtsbehörde, d. h. diejenige des Bundesstaates, dessen Gericht das Urtheil gefällt hat, mag auch die Vollstreckung in einem anderen er­ folgen, hat die ihr hier übertragenen Entscheidungen in der Form eines „Beschlusses" zu erlassen. — Die vorherige Anhörung der Gefängnißverwaltung bedingt nicht die Gültigkeit der vorläufigen Entlassung: Olsh. n. 2. 2. Die „einstweilige Festnahme" (Abs. 2) kann aus dringenden Gründen des öffentlichen Wohles nach dem Ermessen der Polizeibehörde erfolgen. Diese ist dabei nicht auf solche Fülle beschränkt, in welchen ein fich im Vollgenusse der Freiheit Befindender ohne richterlichen Befehl „vorläufig ergriffen oder festge­ nommen" werden könnte; vgl. Pr. G. z. Schutz der pers. Freih. v. 12. Febr. 1850 §§ 2. 3. 3. Zuständig zur einstweiligen Festnahme ist zunächst die Polizeibehörde deS Orts, wo der Betreffende seinen regelmäßigen Aufenthalt hat, z. B. des Orts, wohin er bei seiner Beurlaubung entlassen war. Diese Behörde kann zu diesem Zwecke auch an andere Behörden Requisitionen richten, z. B. Steckbriefe erlassen, welchen dann in allen Bundesstaaten entsprochen werden muß. — Läßt sich der Entlassene an einem anderen als seinem gewöhnlichen Aufenthaltsorte betreffen, so ist auch die dort fungirende Polizeibehörde zur einstweiligen Festnahme befugt, sie muß aber der Ortsbehörde des gewöhnlichen Aufenthaltsorts davon sofort Kunde geben und ihr die weiteren Maßnahmen überlassen. 4. Der einstweilig Festgenommene kann bis zur Erwirkung des Beschlusses über den endgültigen Widerruf auf Grund der Anordnung der Örtspolizeibehörde im Zustande der Untersuchungshaft festgehalten werden, ohne daß es dazu der Zustimmung einer andern Behörde bedürfte. Ist die Festnahme an einem andern als dem gewöhnlichen Aufenthaltsorte des Beurlaubten erfolgt, so muß jene Anordnung dennoch von der Polizeibehörde des letzteren Orts ausgehen (n. 3). — Diese Freiheitsentziehung wird auf die noch zu verbüßende Strafzeit nicht einge­ rechnet (vergl. § 24 n. 3). 5. Der „Widerruf" der vorläufigen Entlassung ist nur bis zum Ablaufe der festgesetzten Strafzeit statthaft (§ 26); ein später beschlossener Widerruf würde unwirksam sein. Das erleidet dann eine Ausnahme, wenn eine vor dem Ablaufe der Strafzeit bewirkte einstweilige Festnahme „zum Widerrufe führt" (Abs. 3), insofern die Wirksamkeit jener Festnahme im Augenblicke des Widerrufs noch fort» dauert; dieses ist auch dann anzunehmen, wenn der Festgenommene in der Zwischen» zeit entsprungen, nicht aber, wenn er inzwischen wieder entlassen ist. 6. Gegen die die vorläufige Entlassung und ihren Widerruf betreffenden Be­ schlüsse steht weder dem Sträflinge selbst, noch der zur Vollstreckung der Strafe berufenen Behörde ein Rechtsmittel zu. Beschwerden über eine verfügte einst»

Thl. I.

Absch. I.

Strafen - §§ 26. 27.

65

§ 26. Ist die festgesetzte Strafzeit abgelaufen, ohne daß ein Widerruf der vorläufigen Entlassung erfolgt ist, so gilt die Freiheitsstrafe als verbüßt. [I. Entw.: § 22; II. Entw.: § 24; Pr. StGB, (fehlte); StB. S. 193. 194. 1145.]

§ 27. Der Mindestbetrag der Geldstrafe ist bei Verbrechen und Vergehen drei Mark, bei Uebertretungen Eine Mark. [I. Entw.: § 23; II. Entw.: § 24; Nov. Art. IV; Pr. StGB. § 17.] weilige Festnahme sind an die vorgesetzte Dienstbehörde der verfügenden Behörde, in letzter Stelle aber nicht an die dieser letzteren vorgesetzte administrative Ministerial-/ sondern an die Justiz-Aufstchtsbehörde zu richten, weil die ganze Angelegenheit ihrem Ressort zugewiesen ist. Vgl. aber § 26 n. 2.

§ 26. 1. Der Widerruf ist „erfolgt", sobald der betr. Beschluß von der Behörde gefaßt und in schriftlicher Form vollzogen ist, sollte es auch noch nicht zu einer Bekanntmachung desselben gekommen sein; ebenso: Olsh. n. 1; a. M.: Rubo n. 2. 2. Behauptet der Sträfling, daß seine Straftzeit vor dem Erlasse des Widerrufsbeschlusses abgelaufen sei (§ 25 n. 5), so kann er dieserhalb auf Entscheidung desjenigen Gerichts antragen, welches über die bei der Strafvollstreckung sich erhebenden Streitpunkte zu befinden hat. StPO. § 490. 494. 3. Der Grundsatz des § erleidet auch dann keine Ausnahme, wenn der vorläufig Entlassene vor oem Ablaufe der festgesetzten Strafzeit eine That begangen hat, welche den Widerruf der Entlassung oder seine einstweilige Festnahme hätte herbeiführen können oder müssen, sobald die Maßnahmen nicht rechtzeitig ins Werk gesetzt worden sind: Stenogr. Ber. s. 193 ff.

§ 27. 1. Die Vorschrift dieses § ist auch bei allen neben dem StGB, wirksamen Strafbestimmungen anzuwenden, insoweit dieselben keinen anderen (geringeren oder größeren) Mindestbetrag ausdrücklich vorschreiben (EG. § 2 n. 2); ebenso: SRIIL 9. Juni 87 (E. XVI, 159: speziell bezüglich der Vorschriften über die im EG. § 2 Abs. 2 besonders vorbehaltenen Materien), KG. 7. März 1889, Jahrb. 9, 163, Eolmar (Franz s. 90), Olsh. n. 5; vgl. Pr. Min.-Vf. v. 24. Mai 1854 (JMbl. s. 286), OT. 61 (O. I, 401); a. M.: Meyer s. 37, Rüd. n. 2, HStN. I, 601, Rubo s. 219 n. 5 (sie halten den Mindestbetrag des § 27 unbedingt auch bei allen besonderen Gesetzen maßgebend). — Demgemäß kann eine nach dem DZollgesetze bemessene Geldstrafe unter das Maß von 1 Mark hinabgehen: eit. MH. 9. Juni 87, OT. (O. XV) 382). — In Betreff des Mindestbetrags beim Versuche vgl. § 44 n. 4. 2. Einen Höchstbetrag der statthaften Geldstrafe hat das StGB, im Allgemeinen nicht bestimmt; in seinen Einzelbestimmungen geht es bis zu einer Summe von 15000 Mark, die im Falle einer Real-Konkurrenz in Folge der durch § 78 vorgeschriebenen Summirung sogar noch überschritten werden kann. Demnach hat die Höhe der in besonderen Strafgesetzen (z. B. in den Zoll- und Steuergesetzen) angedrohten Geldstrafen durch das GB. keine Aenderung erfahren. Ebenso ist die Landesgesetzgebung nicht beschränkt, künftig in solchen Materien, welche nicht Gegenstand des StGB, sind, Geldstrafen bis zu beliebiger Höhe anzudrohen; vgl. EG. § 5. 3. Geldstrafen können nur nach bestimmten Summen verhängt werden, nicht nach einer Quote des Vermögens, da die Vermögens-Konfiskation unstatthaft ist: Motive f. 47. — Diese gegenwärtig (vgl. n. 4) in Mark auszudrückenden Summen brauchen, wenn es sich um Verbrechen oder Vergehen handelt, nicht noth. wendig durch die Zahl Drei theilbar zu sein: Stuttg. (WGBl. X, 395); vgl. §§ 113. 223. Ebenso kann bei Uebertretungen auf Geldstrafen erkannt werden, bei denen Bruchtheile einer Mark vorkommen. 4. Da gemäß Art. 14 § 4 des RMünz-G. v. 9. Juli 1873 von dem Zeitpunkte, mit welchem die Reichswährung in Kraft trat, d. h. also vom 1. Jan. 1876 Oppenhoff, D. Strafgesetzbuch. 14. Aufl. 5

Thl. I.

66

Abschn. I.

Strafen. - § 23.

§ 28. Eine nicht beizutreibende Geldstrafe ist in Gefängniß und, wenn sie wegen einer Uebertretung erkannt worden ist, in Haft umzuwandeln. ab (vgl. Kais. Ddn. v. 22. Sept. 1875) alle zu einem Geldbeträge verurtheilenden Erkenntnisse diesen • Betrag, wenn für denselben ein bestimmtes Verhältniß zur Reichswährung gesetzlich feststeht, in Reichswährung ausdrücken müssen, so sind hinfüro auch die durch Straferkenntnisse zu verhängenden Geldstrafen stets auf solche Weise auszudrücken. 5. Wo das Gesetz alternativ Freiheits. oder Geldstrafe androht, muß der Richter die Wahl zwischen beiden selbst treffen; er darf diese nicht dem Angeklagten überlassen: OT. 8. Oft. 57. — Dem Richter steht bei jener Wahl ein freies Er­ messen zu: es ist ihm unverwehrt, dabei auf die Vermögensverhältnisse des Angeklagten zu rücksichtigen und deshalb sofort auf Freiheitsstrafe zu erkennen, weil er voraussieht, daß eine Geldstrafe nicht beizutreiben sein werde: Merkel, HH. II, 554; vgl. § 28 n. 1: der Grundsatz des Pr. StGB. (§ 18), daß in den milderen Füllen auf Geldstrafe zu erkennen sei, gilt daher nicht mehr; ebenso: HStR. I, 601; a. M.: Rüd. n. 3. — Doch ist nach dem Mil.-StGB. § 29 die Wahl ausge­ schlossen und nur Freiheitsstrafe zu verhängen, wenn durch die nach den all­ gemeinen Strafgesetzen strafbare Handlung zugleich eine militärische Dienstpflicht verletzt wurde. Nach Hecker GA. 30 s. 116 soll diese Vorschrift, wenn der Thäter inzwischen aus dem aktiven Dienste entlassen oder gar gänzlich aus den MilitärVerhältnissen geschieden ist, auch der befaßte Civilstrafrichter zu beachten haben; a. M.: Koppmann Mil.-StGB. s. 104. 6. Ueber die Einziehung der Geldstrafen vgl. § 28 n. 12ff. — Verzugs­ zinsen sind von denselben nicht zu zahlen: ML. s. 426. 7. Ueber die Verwendung der Geldstrafen enthält das StGB, keine Vor­ schriften; diese ist daher der landesgesetzlichen Regelung überlassen. Regelmäßig fließen sie in die Staatskasse, wegen der übrigen empfangsberechtigten Kassen vgl. Delius, Praxis S. 398. — Die Bezeichnung der Kaffe, in welche die Geld­ strafe fließen soll, gehört in das Urtheil; a. M.: RIV. 14. Juni 87 (E. XVI, 142: die JMVf. v. 5. März 1851, JMbl. s. 74, sei blos instructioneller Natur, ihre Nichtbeachtung daher kein Nevisionsgrund). In amtsrichterlichen Strafbefehlen soll die Kasse nicht bezeichnet werden (Delius, a. a. O. S. 266 Anm. 3).

§

28.

Abgabe. Hinterziehung: 22. 20. Nachzahlung: 14. Anrechnung: 3. 14. Beitreibung: 3. 12—18. Eivilhaftbarkeit: 1 . DiSciplmar.Strafe: 21. Dritter: 15. 16. Einziehung, nachtr.: 3. Entlassung, zeitw.: 18. Exekutivstrafe: 21. Festungshaft: 4. Gefängniß: 4. 5. 9. 21.

Inhalt: Geldstrafe, DeitreiVg.: 3. 12—18. • -in erster Stelle": 6. 7. • Mehrveit: 14. Gesetz, des.: 20. 21. Gew.-Pol.-Derg.: 20. Haft: 10. 22. KonkurS: 12. 13. Kosten: 13. 14. Ordnungsstrafe: 21. Real-Konkurrenz: 8. 10. Strafe, altern.: 6. 7. Theilzahlung: 13. 14.

Uebertretung: 22. Umwandlung, Maßstab: 9. 10. Verfahren: 2. 3. 9. wiel 4. Unvermögensfall 12. Wahl, Ermessen: 1. Zahlung, Dntter: 15. 16. • nachträgt: 17. 18. Unfähigkeit: 1. 2. 1 . 16. Zuchtbau-: 9—11.

1. Wo das Gesetz lediglich eine Geldstrafe androht, darf der Richter auch nur diese verhängen und nicht wegen vorausgesetzter Zahlungsunfähigkeit des An­ geschuldigten unmittelbar auf die eventuell zu substituirende Freiheitsstrafe erkennen; vgl. n. 20, § 27 n. 5, OT. 61 (O. I, 219). 2. Die Umwandlung der nicht beizutreibenden Geldstrafe in Freiheitsstrafe kann sowohl sofort im Straferkenntnisse selbst, als auch nachträglich durch besondere Entscheidung geschehen: StPO. §§ 491. 494. Die Unterlassung derselben im Urtheil motivirt daher nicht die Aufhebung des letzteren, es sei denn, daß dort jene Maßnahme rechtsirriger Weise als unzulässig abgelehnt worden wäre: RI. 9. Oft. 84 (E. XI, 139). — Ueber die Umwandlung der in administrativen Straf, bescheiden festgesetzten Geldstrafen vgl. StPO. § 463, Löwe s. 889, Voitus, GA. 29 s. 95, Colmar (Franz s. 76). 3. Eine nachträglich vorgenommene Umwandlung (n. 2) schließt eine später ausführbar werdende Einziehung der Geldstrafe nicht aus. Das Gleiche gilt von

Thl. I.

Abschn. I.

Strafen. — § 28.

67

Ist bei einem Vergehen Geldstrafe allein oder an erster Stelle, oder wahlweise neben Haft angedroht, so kann die Geld­ strafe in Haft umgewandelt werden, wenn die erkannte Strafe der bereits begonnenen Vollstreckung der substituirten Freiheitsstrafe, insoweit nicht durch letztere die Tilgung der Strafe herbeigeführt ist; vgl. Abs. 4, aus welchem nicht gefolgert werden darf, daß nach dem Antritte der substituirten Freiheitsstrafe nur noch eine freiwillige Zahlung der Geldstrafe statthaft sei; a. M.: BL. s. 282, Rüd. n. 8, Otto n. 12, Schw. n. 10, Olsh. n. 11. 4. Eine Geldstrafe kann nur in Gefängniß oder Haft und im Falle des Abs. 3 in Zuchthaus, nie in Festungshaft umgewandelt werden. 5. Werden wegen eines Vergehens und einer realiter damit konkurrirenden Uebertretung in demselben Verfahren zwei Geldstrafen verhängt, so ist, da das Gesetz für diesen Fall keine Ausnahme zuläßt, erstere in Gefängniß, letztere in Haft zu verwandeln. Ueber die dann statthafte Gesammtdauer vgl. § 78 n. 3. 5 a. Wo die an einer Contraventionsstrafe Betheiligten die Strafe zunächst nur zu gleichen Theilen, wenn auch mit solidarischer Haftung zu tragen haben (Beisp.: Pr. AKO. v. 10. Jan. 1824 Nr. 5 in Verbindung mit dem Pr. Ges. v. 21. Sept. 1860 § 2), ist die subsidiäre Freiheitsstrafe nur nach der einem Jeden zunächst zur Last liegenden Quote, nicht nach dem Gesammtbetrage der Eontraventionsstrafe zu bemessen: RH. 11. März 81 (E. III, 430), Berl. (Joh. VII, 251); vgl. n. 17 a. E. 6. Im Abs. 2 sind die Worte: „Ist die Geldstrafe an erster Stelle angedroht" auf den Fall zu beziehen, wo die betr. Gesetzesstelle die Geldstrafe vor der alternativ angedrohten Gefängnißstrafe androht; dies trifft z. B. zu bei den §§ 110. 111. 130. 257. Wo bei einem Vergehen beide Strafen kumulativ angedroht sind, findet Abs. 2 keine Anwendung; hier muß die Umwandlung nothwendig in Ge­ fängniß erfolgen, sollte auch die Prinzipale Gesängnißstrafe bereits verbüßt und der Verurtheilte wieder in Freiheit gesetzt sein; a. M.: Rubo n. 7. — „Wahlweise ueben Haft" droht daS StGB, die Geldstrafe wegen eines Vergehens nur in den §§ 185.' 186. 140 Nr. 2 an. 7. Wird im Falle der Realkonkurrenz auf mehrere Geldstrafen erkannt, so hängt die Anwendbarkeit des Abs. 2 von der Höhe der Einzelbetrüge als solcher, nicht von der Höhe der Summe dieser Beträge ab; letztere kann daher 600 Mark übersteigen: RI. 2 Jan. 83 (E. VII, 368). 7 a. Hat der Richter erster Instanz, der Vorschrift des Abs. 2 zuwider, eine Geldstrafe in Haft von mehr als 6 Wochen statt in Gefängniß umgewandelt, ohne daß von der Staatsanwaltschaft gegen das Urtheil die Berufung eingelegt ist, so verletzt es nicht den § noch den Grundsatz der relativen Rechtskraft, wenn der zweite Richter die Dauer der Haft aufrecht erhält, mithin nicht auf die Zeit von sechs Wochen ermäßigt: OT. (O. XVIII, 238). 8. In Betreff des bei der Strafumwandlung zu beobachtenden Maßstabs vgl. § 29, § 19 n. 3 und für den Fall einer Realkonkurrenz § 78 Abs. 2. Jede Einzelstrafe ist besonders umzuwandeln; vgl. § 78 n. 2. 9. Genräß Abs. 1.3 ist es unstatthaft, die Geldstrafe unmittelbar in Zuchthausstrafe umzuwandeln; vielmehr muß erstere zunächst nach dem Maßstabe des § 29 in Gefängniß und dieses alsdann in Zuchthaus umgewandelt werden. Diese Zuchthausstrafe darf weniger als einen vollen Monat betragen, Tagesbruchtheise kommen in Wegfall. Aus dem Urtheil muß erkennbar sein, daß in dieser Weise bei der Umwandlung verfahren ist: Rll. 2. Apr. 94 (E. XXV, 233). Wenn die Umwandlung in Gefängißstrafe schon früher rechtskräftig erfolgt war und erst nachträglich (§ 79) eine Umwandlung in Zuchthaus nöthig wird, ist der Richter bei dieser an jene erste Umwandlung gebunden: vgl. OT. (O. XIV, 131), Olsh. n. 10. 10. Abs. 3 bezieht sich nicht nur auf den Fall, wo wegen derselben Strafthat (Beisp.: § 264), sondern auch auf den Fall, wo wegen zwei realiter konkurrirender Strafthaten Zuchthaus und neben demselben Geldstrafe verhängt wird (§ 78). Dann ist das der Geldstrafe substituirte Gefängniß (§ 28 Nr. 1), nicht aber die substituirte Hast in Zuchthaus umzuwandeln, zumal es an jedem gesetzlichen Maßstabe für eine solche Umwandlung fehlen würde; vgl. §§ 77. 78. Dieses

68

Thl. I.

Abschn. I.

Strafen. - § 28.

nicht den Betrag von sechshundert Mark und die an ihre Stelle tretende Freiheitsstrafe nicht die Dauer von sechs Wochen übersteigt. War neben der Geldstrafe auf Zuchthaus erkannt, so ist die an deren Stelle tretende Gefängnißstrafe nach Maßgabe des § 21 in Zuchthausstrafe umzuwandeln. würde auch dann gelten, wenn der Jnstanzrichter im Falle des Zusammentreffens einer Zuchthausstrafe mit einer wegen eines konkurrirenden Vergehens verhängten Geldstrafe die letztere (nach Abs. 2) zunächst in Haft umgewandelt hätte (a. M.: Rubo s. 340); er wird daher in einem solchen Falle vorziehen, von der ihm durch Abs. 2 ertheilten Befugniß keinen Gebrauch zu machen. 11. Abs. 3 bleibt auch da maßgebend,, wo die Prinzipale Zuchthausstrafe bereits verbüßt war, ehe es zur Umwandlung kam; a. M.: Schw. s. 185; vgl. n. 7. 12. Der Ausdruck: „im Unvermögensfalle" z. B. § 146 Gew. Ord. besagt dasselbe, was § 28 mit den Worten: „eine nicht beizutreibende Geldstrafe" ausdrückt. Maßgebend ist also die Solvenz zur Zeit der Strafvollstreckung RHI. 16. Sun. 84 (R. IV, 436). Die Beitreibung der Geldstrafen ist unerläßlich; die substituirte Freiheitsstrafe darf nicht vollstreckt werden, bevor die Uneinziehbarkeit der Geldstrafe feststeht. Jene Beitreibung erfolgt nach den Vorschriften der Urtheile der Civilgerichte: StPO. § 495. Die Zwangsvollstreckung ist in alle derselben unterliegende Vermögensstücke zu betreiben, auch kann die Ableistung des Offenbarungseides gefordert werden. Nach § 439 der Kassenordnung v. 31. März 00 (ZMBl. S. 134) hat jedoch bei fruchtloser Zwangsvollstreckung in bewegliche körperliche Sachen die Strafvollstr.-Behörde die Wahl, ob eine andere Art der Zwangsvollstr. versucht oder die substituirte Freiheitsstrafe vollstreckt werden soll. Vgl. Delius, Praxis S. 396. — Nach der KO. §§ 1. 633 kann die vom Kridar verschuldete Geldstrafe im Konkurse nicht geltend gemacht werden. 13. Schuldet der Verurtheilte neben der Geldstrafe auch noch Unter» suchungskosten oder eine (umgangene und deshalb nachzuzahlende) Abgabe, so ist eine geleistete oder beigetriebene Theilzahlung, in Ermangelung einer aus­ drücklichen Vereinbarung oder einer (maßgebenden) Bestimmung des Zahlenden, zunächst auf die Geldstrafe als die (ev. in Freiheitsstrafe umzuwandelnde und deshalb) lästigere Schuld anzurechnen: § 425 der Kassenordnung v. 31. März 00 (JMBl. S. 134), EL. Ges. v. 30. Aug. 1871 Art. XV. — Die Gerichte haben bei Umwandlung der durch administrative Strafbescheide verhängten Geldstrafen (StPO. § 463) selbständig zu prüfen, inwieweit die Geldstrafe noch verschuldet werde, sind hierbei mithin an die von der Verwaltungsbehörde geschehene Art der Anrechnung nicht gebunden: eit. OT. 69. 14. Dieselben Grundsätze (n. 13) sind maßgebend, wenn es sich darmn handelt, auf welche von mehreren (theils in Zuchthaus oder Gefängniß und theils in Haft umgewandelten) Geldstrafen eine Theilzahlung anzurechnen sei. 15. Da auch die Geldstrafe eine den Verurtheilten treffende Strafe sein soll, so ist es nicht für statthaft zu erachten, wenn ein Dritter (Nichtbetheiligter) zur Entlastung jenes den Betrag entrichten will: OT. (O. XV, 514), ML. s. 426, Lehmann, GA. XIX, 784; a. M.: Schw. n. 8, v. Buri, GSaal 30 s. 243. Da­ gegen kann es einem Dritten nicht venvehrt werden, dem Verurtheilten die Miäel zur Entrichtung der Strafe zu schenken, oder ihm für die gezahlte Strafe Ersatz zu geben; vgl. § 257 n. 14. 16. Gegen einen für eine Geldstrafe haftbar erklärten Dritten findet keine Umwandlung derselben in Freiheitsstrafe statt; vgl. Pr. Forstdiebst.-Ges. § 13. Hier hat, wenn die Zahlung nicht freiwillig erfolgt noch vom Verurtheilten teigetrieben werden kann, die vollstreckende Behörde die Wahl, ob sie die substituirte Freiheitsstrafe vollstrecken oder die Geldstrafe vom Dritten einziehen will: der Ver­ urtheilte kann nicht verlangen, daß letzteres geschehe; so ausdrücklich für Steuerrergehen: Pr. Ges. v. 21. Sept. 1860 § 3; vgl. VZollges. § 153. Eine Ausnahne begründet der cit. § 13 des Pr. Forstdiebstahls-G. 17. Will der Verurtheilte von dem ihm durch Abs. 4 gewährten Rechte 8e» brauch machen, oder soll nach theilweiser Verbüßung der substituirten Freiheits-

THI. I. Abschn. I.

Strafthat. - § 28.

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Der Verurtheilte kann sich durch Erlegung des Strafbe­ trages, soweit dieser durch die erstandene Freiheitsstrafe noch nicht getilgt ist, von der letzteren freimachen. [I. Entw.: § 23; II. Entw.: § 25; Pr. StGB. § 17.] strafe in Betreff des Restes eine Einziehung der Geldstrafe stattfinden (n. 3) oder umgekehrt nach Einziehung eines Theils des Strafbetrags für den nicht beizutreibenden Rest derselben die fubstituirte Freiheitsstrafe vollstreckt werden, so ist die Berechnung des noch einzuziehenden Geldbetrags bezw. der noch zu verbüßenden Freiheitsstrafe genau nach dem Verhältniß vorzunehmen, in welchem die ganze ver. hängte Geldstrafe zu der ihr substituirten Freiheitsstrafe stand. Das gilt namentlich auch da, wo bei der Umwandlung der Maßstab des § 29 Abs. 1 nicht festgehalten werden konnte, weil sonst der in diesem § Abs. 2 bezw. im § 78 vorgeschriebene Höchstbetrag der Freiheitsstrafe überschritten worden wäre; hätte daher z. B. der Verurtheilte die Hälfte der substituirten Freihettsstrafe abgebüßt, so könnte er sich von der Verbüßung der andern Hälfte nur durch Zahlung der Hälfte der ganzen Geldstrafe befreien, und ebenso dürste auch nur diese Hälfte von ihm eingezogen werden; ebenso: RH. 3. Okt. 84, »III. 2. Jan. 88 (E. XI, 132; R. X, 3); a. M.: Otto §§ 28. 29 n. 13, OT. (O. XV, 723): der abgebüßte Theil der Freiheits. strafe sei nach dem in § 29 Abs. 1 bestimmten Maßstabe rückwärts in Geldstrafe umzuwandeln und der so gefundene Betrag als berichtigt anzurechnen: gewähre das verurtheilende Erkenntniß keinen Anhalt dafür, welcher im § 29 Abs. 1 für statthaft erklärte Maßstab angewendet sei, so muffe das Gericht nachträglich hierüber Entscheidung treffen); vgl. Pr. Forstdiebst.°Ges. § 13. — Wie in dem namentlich bei gewissen Steuervergehen (n. 20) vorkommenden Falle solidarischer Verur. theilung zu Geldstrafe die ohne vorherige Feststellung der Insolvenz sämmtlicher Verurteilten, mithin irrig, gegen einen derselben bewirkte Vollstreckung eines Theils der substituirten Freiheitsstrafe den übrigen gegenüber wirke, darüber vgl. OT. (O. XVII, 298; GA. 24 s. 337) und oben n. 5 a. 18. 19. Nur die wirkliche Erlegung des Restes der Geldstrafe befreit von der ferneren Vollstreckung der Freiheitsstrafe. Inwiefern die vollstreckende Behörde zwischenzeitlich eine Entlassung aus der Strafanstalt bewilligen könne, vorbehält, lich einer erst später zu bewirkenden Einzahlung der Geldstrafe, ist nach den den Sttafvollzug betreffenden Instruktionen zu beurtheilen. 20. Die Vorschriften des § 28 kommen aud) fcet den durch besondere Reichs, (oder Landes.)Strafgesetze geregelten Materien zur Anwendung, insoweit nicht r diese ausdrücklich abweichende Bestimmungen getroffen sind: Rill. 1. Mai 80, I. 2. Jan. 83 (E. II, 33; VII, 368), OT. (O. XIV, 438; XV, 313); vgl. EG. § 2 n. 2. Das B.-Wechselstempel-G. v. 10. Juni 1869 § 15, daö RStempel-G. v. 27. April 1894 § 37 und das B.-Nachdrucks-G. v. 11. Juli 1870 § 24 (letzteres aber nur für einen einzelnen Fall) schließen die Umwandlung der Geld, in Freiheits. strafen aus; ebenso das Pr. Stempelges. v. 31. Juli 95 § 22. Nach dem Pr. FDG. §13 sind Forst diebstahlsstrafen stets in Gefängniß (nicht in Haft) umzu. wandeln; vgl. OT. (O. XIII, 639; XIV, 15). Dagegen tritt bei allen Post- und Porto-Defraudationen ohne Ausnahme an Stelle der Geldstrafe im Unvermögens, falle nur Haft: Post-G. §31; das Gleiche gilt von den im § 147 der Gew.-O. vor. gesehenen Vergehen, während § 146 ib. für die dort vorgesehenen Fälle die Anwend­ barkeit des Abs. 2 h. 1. ausschließt: RII 3. Jan. 88 (E. XVII, 38), eine ähnliche, die Handhabung des Abs. 2 bei Steuervergehen ausschließende Vorschrift ist in der Pr. AKO. v. 23. Jan. 1838 nicht enthalten: eit. RI. 2. Jan. 83. 21. Die die Umwandlung einer Geld- in Freiheitsstrafe betreffenden gesetz­ lichen Vorschriften finden auf alle Arten wirklicher Geldstrafen Anwendung, mithin auch auf die durch die Abgabengesetzgebung angedrohten sog. Ordnungsstrafen: RI. 25. Juni 91 (E. XXII, 90), und auf die „Geldsumme", auf deren Zahlung nach § 16 des Bayer. Salzabgaben-G. v. 16. Nov. 1869 zu erkennen ist: RI. 9. Okt. 84 (E. XI, 139). Dasselbe gilt von den gegen ausbleibende Zeugen zu verhängenden Geldstrafen und den fitzungspolizeilichen Ungebührstrafen (§ 179 GVG.) Löwe § 179 u. Delius, Praxis S. 192; a. M.: KG. (Johow 8, 257). Dagegen findet eine Umwandlung der gegen ausbleibende Geschworne, Schöffen und Sachverständige zu verhängenden Geldstrafen nicht statt. Die in einem Disciplinar.

S

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Thl. I.

Abschn. I.

Strafen. — § 29.

§ 29. Bei Umwandlung einer wegen eines Verbrechens oder Vergehens erkannten Geldstrafe ist der Betrag von drei bis zu fünfzehn Mark, bei Umwandlung einer wegen einer Uebertretung erkannten Geldstrafe der Betrag von Einer bis zu fünf­ zehn Mark einer eintägigen Freiheitsstrafe gleich zu achten. gesetze angedrohten Geldstrafen sind keine „Strafen" im Sinne des StGB.: Münch. (BE. V, 461); ebenso die Exekutivstrafen, durch welche Jemand zur Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht angehalten werden soll, z. B. die Exekutiv-Ordnungsstrafen des § 128 FGG. (Handelsregister), des § 1837 BGB. (Vormund), jedoch vorbehaltlich der durch besondere Gesetze (z. B. der durch § 68 des Pr. G. v. 26. Juli 1880 bezw. durch § 132 des Pr. G. v. 30. Juli 1883 in Betreff polizeilicher Exekutivstrafen ausdrücklich statuirten Ausnahmen; vgl. Jnn..MVf. v. 24. Okt. 1875, 31. Okt. 1877 (VMbl. 75 s. 268; 78 s. 2)' ebenso die Werthersatzbeträge für zu confiscirende Gegenstände: cit. RI. 9. Okt. 84 (Mot.). 22. Stellt die in einem älteren Sondergesetze vorgesehene Strafthat eine Uebertretung dar, so ist die der Geldstrafe fubstituirte „Gefängnißstrafe" in Zukunft als Haft zu verhängen; das gilt auch bei Abgabenhinterziehungen, z. B. nach der Pr. Steuer-O. v. 8. Februar 1819 §64: RI. 2. Jan. 83 (E. VII, 368), OT. (O. XV, 589); vgl. § 1 n. 11, § 29 n. 4 und in Betreff der Ausnahmen oben n. 20.

§ 29. 1. Der Sinn des § geht dahin, daß der Richter bei der Umwandlung nach seinem Ermessen zu bestimmen hat, ob der Satz von drei bezw. einer Mark oder ein zwischen beiden Grenzen liegender Satz einer eintägigen Freiheitsstrafe gleich zu achten sei, ohne daß letztere einer nach Mark abgerundeten, keine Bruchtheile enthaltenden Summe Geldes zu entsprechen braucht (RI. 27. Nov. 84, E. XI, 272); er kann sonach eine Geldstrafe von fünfzehn Mark, wenn es sich um ein Vergehen handelt, sowohl in ein- als zwei-, drei-, vier- oder fünftägiges Gefängniß, und wenn die Derurtheilung wegen einer Uebertretung erfolgt, in Haft verwandeln, bei welcher er zwischen den Sätzen von einem bis zu fünfzehn Tagen die Wahl hat. Die durch den Reichstag vorgenommene Abänderung des § sollte nur verhindern, daß der Richter einen geringeren Satz als drei (eine) Mark einer eintägigen Freiheitsstrafe gleichstelle. 2. Es ist nicht unerläßlich, daß der Jnstanzrichter den der Umwandlung zu Grunde gelegten Maßstab im Erkenntniß genau angebe, sofern er nur ein stattHaftes Maß erkennt: RI. 27. Nov. 84, RIV. 29. Nov. 92 (E. XI, 272; AG. 40 < 326), Münch. 73 (BE. III, 146); a. M.: id. 75 (ib. V, 526); vgl. n. 5 u. Delius, Praxis S. 246. 2 a. Der Maßstab des § ist nur vorbehaltlich des Grundsatzes der relativen Rechtskraft (StPO §§372.398) zu handhaben; wird daher, auf die alleinige Benlfung des Angeklagten, an Stelle der in erster Instanz erkannten Freiheitsstrafe eine Geldstrafe verhängt, so darf die dieser zu substituirende Freiheitsstrafe jene in Wegfall gekommene, Prinzipale in keinem Falle übersteigen: RU. 12. Juli 80 (E. II, 205). 3. Der für Vergehen aufgestellte Maßstab ist auch da zu Grunde zu legen, wo eine Vergehens-Geldstrafe nach § 28 Abs. 2 in Haft verwandelt wird (Abs. 1 des § 29 unterscheidet nicht). 4. Die Verschiedenheit der im Abs. 1 aufgestellten Maßstäbe beruht lediglich auf der Bestimmung, daß bei Verbrechen und Vergehen der Mindestbetrag der Geldstrafe drei, bei Uebertretungen aber eine Mark beträgt (§ 27). Gleichwohl ist die Folge davon, daß bei gleicher Höhe der Geldstrafen die fubstituirte Freiheits­ strafe für eine Uebertretung erheblich länger sein kann, als die für ein Vergehen (vgl. n. 1) : ein Mißverhältniß, welches durch die Verschiedenheit der beiden Freiheits­ strafen keineswegs ausgeglichen wird; das tritt namentlich da grell hervor, wo bei sonst gleichartigen Straffällen sich die Höhe der zu verhängenden Geldstrafe nach dem Objekte der That im Einzelfalle richtet (wie bei vielen Steuer- und Zolldelikten), wo also derselbe Thatbestand bald die Natur eines Vergehens, bald die einer Ueber-

Thl. I.

Abschn. I.

Strafen. — § 29.

71

Der Mindestbetrag der an Stelle einer Geldstrafe tretenden Freiheitsstrafe ist Ein Tag, ihr Höchstbetrag bei Hast sechs Wochen, bei Gefängniß Ein Jahr. Wenn jedoch eine neben der Geldstrafe wahlweise angedrohte Freiheitsstrafe ihrer Dauer nach den vorgedachten Höchstbetrag nicht erreicht, so darf die an Stelle der Geldstrafe tretende Freiheitsstrafe den angedrohten Höchstbe­ trag jener Freiheitsstrafe nicht übersteigen. [I. Entw.: § 23; II. Entw.: § 26; Pr. StGB.: § 17; StB. S. 195.196.199-201.] tretung annimmt: eine Zollhinterziehung, durch welche eine Geldstrafe von 42 Mark verwirkt ist, stellt eine Uebertretung dar, die an die Stelle jener Geldstrafe tretende Haft kann somit im höchsten Maß 6 Wochen betragen: erreicht dagegen die verwirkte Geldstrafe die vierfache Höhe (168 Mark), so kann die zu substituirende Gefängnißstrafe 56 Tage nicht übersteigen. Ebenso darf es (nach dem unter n. 3 Gesagten) geschehen, daß eine wegen Vergehens verhängte Geldstrafe von 30 Mark in Haft von höchstens zehn Tagen verwandelt würde, während eine wegen einer Uebertretung verhängte Geldstrafe von gleichem Betrage in Haft bis zu dreißig Tagen umgewandelt werden könnte: Puch. n. 2. Die Rechtsprechung muß bemüht sein, durch das gewährte Ermessen (n. 1) dieses Mißverhältniß möglichst auszugleichen. 5. Bei der Strafumwandlung ist als Einheit der Dauer einer Freiheits­ strafe der volle Tag (auch für die Zuchthausstrafe) festzuhalten j vgl. § 19 n. 4—7. Demgemäß ist die Gesammtdauer einer substituirten Freiheitsstrafe stets nach Tagen (nicht nach Monaten rc.) zu bestimmen, weil es sonst bei stattfindender Theilzahlung der Geldstrafe für die Berechnung der zu vollstreckenden Freiheitsstrafe an einem entsprechenden Maßstabe fehlen würde: Münch. OT. (StZ. Il, 214; III, 2; BE. V, 525; O. XIV, 140; a. M. RI. 27. Nov. 84, OT. (E. XI, 272; O. XVI, 511), Stuttg. (WGBl. XIV, 305), Olsh. n. 3. Keinesfalls darf (schon mit Rücksicht darauf, daß einzelne Monate 31 Tage zählen) bei Vergehen einem Straf, betrage von je 90 Mark je einmonatliches Gefängniß substituirt werden: OT., Münch. (O. XIV, 140; StZ. II, 214). 6. Ueberschießende Bruchtheile des zum Maßstabe genommenen Geldbetrags sind bei der Umwandlung nicht in Anrechnung zu bringen: Rill. 9. Dez. 97 (GA. 46, 46) Münch. (BE. VH, 18), Olsh. n. 3. 5, vgl. übrigens unten n. 9 und § 19 n. 6. Geldstrafenreste unter 3 bezw. 1 Mark können in Freiheitsstrafen nicht umgewandelt werden. 6a. Tritt gemäß § 28 Abs. 3 Zuchthaus-an Stelle der zu substituirenden Gefängnißstrafe, so darf sie nach § 21 Abs. 2 acht Monate nicht übersteigen. 7. Die Bestimmung des Abs. 2 über den zulässigen Höchstbetrag der zu substituirenden Freiheitsstrafe bezieht sich nur auf den Fall, wo eine einzelne Geldstrafe umgewandelt wird: im Falle einer Real-Konkurrenz wird §78 maßgebend; vgl. dort n. 2 ff., Motive s. 26, Rill. 9. Juli 81 (E. IV, 367). 7a. Dagegen umfaßt diese Bestimmung (n. 7) auch den Fall, wo als ordentliche Strafe Gefängniß, und nur beim Vorbringen mildernder Umstände Geldstrafe angedroht ist: RH. 3. Okt. 84 (E. XI, 132). 8. Eine verhängte Freiheitsstrafe kann in Folge des Hinzutritts der für eine zusätzliche Geldstrafe substituirten Freiheitsstrafe das an sich für erstere bestimmte höchste Maß übersteigen; vgl. § 14 n. 1. 9. Auch dieser § findet bei den durch besondere (Reichs- oder Landes-) Strafgesetze geregelten Materien Anwendung, insofern für letztere nicht besondere (von den zur Zeit in Geltung gewesenen abweichende) Vorschriften ergangen sind: OT. 65, OA. 69 (O. V, 466; X, 338); vgl. § 28 n. 20, VZollges. § 162 (verweist in Betreff des Verhältnisses der Freiheits- zur Geldstrafe auf die Landesgesetze, an deren Stelle jetzt § 29 Abs. 1 StGB, getreten ist). Es darf daher auch hier — in Ermangelung von Sondergesetzen, welche, wie z. B. die Pr. AKO. v. 20. Juni 1835 (Schulversäumnisse betr.), ausdrücklich das Gegentheil bestimmen, — die subsidiäre Freiheitsstrafe nicht unter einem Tage bemeffen werden; vgl. indessen: 91111. 9. Juni 87, OA. (E. XVI, 159; O. X, 338: halten in Fällen, wo die Geldstrafe weniger

72

Thl. I.

Abschn. I. Strafen. — § 30.

§ 30. In den Nachlaß kann eine Geldstrafe nur dann vollstreckt werden, wenn das Urtheil bei Lebzeiten des Verurtheilten rechtskräftig geworden war. [I. Entw.: § 32; II. Entw.: § 27; Pr. StGB.: § 20; StB. S. 201-205.] Dgl. StPO. § 497. als eine Mark beträgt, die Umwandlung überhaupt für unstatthaft). Abweichende Sonderbestimnmngen über den Höchstbetrag der zu substituirenden Freiheitsstrafe treffen dercit. § 162desDZollg., R.-Braust.-G. v.31. Mai 1872 § 39, R.-Tabaksst.-G. v. 16. Juli 1879 § 44, Branntwein- und Zucker-Besteuerungs-G. v. 24. Juni 1887 und 31. Mai 1891 § 34 bezw. § 60 RI. 2. Jan. 83 (E. VII, 368). In Bayern kann gemäß Art. 5 des EG. v. 26. Dez. 1871, wenn ein fortbestehendes Landesgesetz eine das für Uebertretungen bestimmte Maß überschreitende Geldstrafe androht, die subsidiäre Haft bis zur Dauer von drei Monaten ausgesprochen werden; vgl. Münch. (BE. VII, 350.) 10. Die nach § 590 der Pr. Krim.O. dem Justizminister gestattete Befugniß, eine Freiheitsstrafe in Geldstrafe umzuwandeln, wenn die Vollstreckung der ersteren Strafe wegen des Gesundheitszustandes des Derurtheilten nicht ausführbar erscheint, besteht nicht mehr: Delius, Praxis S. 358; a. M.: OT. 73 (O. XIV, 718); vgl. OT. 53, 72 (GA. II, 107; O. XIII, 319) Oppenh. Pr. Strafverf. s. 617. Rill. 7. Febr. 80 (A. I, 338), das aus dem Inhalte der Vorschriften über das hierbei zn beobachtende Verfahren, — Jnstr. (AKO.) v. 26.—30. Juni 1834 (Jahrb. 43 s. 642), — insbesondere aus der Gewährung von Rechtsmitteln gegen die ministerielle Verfügung folgert, daß jedenfalls die angerufenen Gerichte bei Prüfung der getroffenen Festsetzung sich nach § 29 zu richten hätten. 11. Ueber die Fülle der Anrechnung vgl. § 7 n. 7, § 60 n. 8.

§ 30. 1. Die Vorschrift des § 30 beruht auf der Auffassung, daß die — lediglich Vermögensrechte betreffende — Verurteilung zu einer Geldstrafe, sobald sie rechtskräftig geworden, ein Forderungsrecht Desjenigen begründe, welchem nach den maßgebenden Gesetzen der betr. Betrag zufallen soll. Sie läßt strafprozeßrechtliche Vorschriften über die Art und Weise, wie eine verhängte Geldstrafe einzuziehen sei, unberührt. 2. Demgemäß darf aus der Fassung des §: „kann nur . . ." nicht gefolgert werden, als sei die Vollstreckung in den Nachlaß fakultativ; sie ist, wenn statt­ haft, auch geboten; ebenso: Schw. s. 186, Schütze s. 75, Bind. HB. I, 813; a. M.: 1| 531. Doch steht der Landesgesetzgebung das Recht zu, in den ihrer Regelung unterliegenden Materien die Vollstreckung in das Belieben der Behörde zu stellen oder ganz zu untersagen; vgl. unten n. 7. 2a. Gegen einen in Geisteskrankheit verfallenen rechtskräftig Derurtheilten ist eine Geldstrafe zu vollstrecken (§ 487 StPO.) 3. Wegen Gleichheit des Grundes (n. 1) findet die Vorschrift des § auch auf die Kosten des Strafverfahrens und auf die „Buße" Anwendung; a. M.: Rubo n. 2; hinsichtlich der Kosten trifft eine ausdrückliche Bestimmung desselben Sinnes § 497 der StPO.: — desgleichen auf alle Nebenstrafen und sonstigen Straffolgen, welche wie die Geldstrafe in den Nachlaß eines Derurtheilten vollstreckt werden können: Münch. (BE. VI, 101); vgl. § 367 n. 88, EG. § 6 n. 15, und in Betreff der Einziehung einzelner Gegenstände rc., § 40 n. 16. 4. Ein Urtheil ist „rechtskräftig", sobald es nicht mehr durch ein ordentliches Rechtsmittel angefochten werden kann. Ordentliche Rechtsmittel sind nach der StPO. §§357. 383: die Berufung und Revision. Gemäß § 450 ib. erlangt ein amtsrichterlicher Strafbefehl die Wirkung eines rechtskräftigen Urtheils, wenn wider denselben nicht rechtzeitig Einspruch erhoben worden ist. So lange eines jener Rechtsmittel überhaupt noch statthaft, oder (wenn rechtzeitig ergriffen) noch nicht endgültig erledigt ist, bleibt die Rechtskraft des Urtheils ausgesetzt; es macht dann keinen Unterschied, da im Uebrigen diejenigen thatsächlichen Voraussetzungen obwalten, unter welchen allein das Rechtsmittel von Erfolg sein könnte, desgleichen von

Thl. I.

Abschn. I.

Strafen. - § 31.

73

§ 3L Die Verurtheilung zur Zuchthausstrafe hat die dauernde Unfähigkeit zum Dienste in dem Deutschen Heere und der Kaiserlichen Marine, sowie die dauernde Unfähigkeit zur Be­ kleidung öffentlicher Aemter von Rechtswegen zur Folge. welcher Seite das Rechtsmittel eingelegt, und wie dasselbe begründet wurde, sofern es nur nicht auf indifferente Beschwerdepunkte, z. B. auf die vom Richter über, sehene Zuerkennung der Publikationsbefugniß (§ 200), beschränkt war (StPO. §§ 359. 383); vgl. Bind. HB. I, 813 (: läßt in letzterer Hinsicht nur die Kostenklage und die Bußklage gelten). — Ein verspätetes Rechtsmittel hemmt den Eintritt der Rechtskraft nicht; vgl. StPO. §§ 357. 360. 383. 386. Der Verspätung des Rechtsmittels stehen in dieser Hinsicht die Fälle gleich, wo letzteres nicht ordnungsmäßig (z. B. von einem Nichtberechtigten oder nicht in der gehörigen Form) eingelegt wird oder wo die Vorschriften über Anbringung der Revistonsanttäge unbeachtet bleiben; auch hier tritt also die Rechtskraft mit dem Ablauf der betr. Frist (ev. derjenigen für die Anbringung jener Anttäge) ein; dem steht nicht entgegen, daß in solchen Fällen, ebenso wie im Falle der Verspätung, das Rechtsmittel förmlich verworfen werden muß — §§ 360. 363. 386. 389 1. c. —, und daß die deöfallsige Entscheidung gleichfalls der Rechtskraft empfänglich ist; nur in dem umgekehrten Falle, d. h. da, wo das Rechtsmittel zeitig sowie ordnungsmäßig eingelegt, und lediglich irriger Weise als unzulässig verworfen wurde, wird das angefochtene Sttafurtheil erst in dem Augenblicke rechtskräftig, wo die auf Grund obiger §§ ergangene Entscheidung die Rechtskraft beschreitet; so: Haas, GSaal 33 s. 522; vgl. aber Meves i. Holtzend.'s Sttafprozeßrecht II, 476, Dalcke Strafvollstr. s. 8 und eine Pr. JMDf. v. 30. Juli 1883, welcher zufolge die Strafzeit eines bisherigen Untersuchungsgefangenen, der die Revisionsanträge rechtzeitig und formgerecht anzubringen unterläßt, erst mit dem Zeitpunkte des die Revision verwerfenden Gerichts­ beschlusses beginnen soll, indem bis dahin die Rechtskraft des Straferkenntnisses gehemmt sei. — Findet eine Sache durch Entscheidung' des Nichtigkeits- bezw. Revisionsrichters ihre endgültige Erledigung, so tritt die Rechtskraft sofort mit der Verkündung (nicht erst mit der Zustellung) dieses Urtheils ein: ebenso: Rill. 1. April 82 (R. IV, 300). Vgl. Delius, Praxis S. 337. 5. Die Wiederaufnahme des Verfahrens (StPO. §§ 399ff.) bezw. deren Statthaftigkeit steht dem vorherigen Eintritte der Rechtskraft nicht entgegen, hat denselben vielmehr zur Voraussetzung. 6. Vollstreckbar gewordene polizeiliche Strafverfügungen und Straf­ bescheide der Verwaltungsbehörden (StPO. §§ 453ff. 459ff.) sind im Sinne des § 30 rechtskräftigen Urtheilen gleich zu achten: Olsh. n. 2, 7. Durch §30 sind die Vorschriften eines besonderen Gesetzes, welches die Festsetzung und Vollstreckung einer Geldstrafe gegen den Nachlaß bezw. die Erben des Thäters gestattet, nicht außer Kraft gesetzt; so: OT. 20. Nov. 73 (O. XIV, 735); vgl. die Reichstags-Verhandl. (Stenogr. Bericht f. 201), das Großherz. Sachsen-Weim. Gef. v. 10. Sept. 1883, § 82, RI. 19. April 88 (E. XVIII, 14) Art. 11 des Württemb. G. v. 19. Sept. 1852.

§ 3i. 1. Die hier erwähnte „Unfähigkeit" ist die selbstverständliche, von Rechtswegen eintretende Folge der Verurtheilung zu Zuchthausstrafe; es bedarf daher eines richterlichen Ausspruches in dieser Beziehung nicht. 2. Weil Folge der Verurtheilung, tritt die Unfähigkeit auch da ein, wo es zur Vollziehung der verhängten Strafen nicht kommt, mag der Grund in einer Anrechnung der Untersuchungshaft, in der Verjährung des Sttafsvollzugs oder in einem Gnadenerlaß rc. liegen, es sei denn, daß auch jene Unfähigkeit im Gnadenwege beseitigt worden wäre; vgl. Motive s. 53, Pr. JMDf. v. 11. Sept. 1856 (RS. XI, 282). — Wird eine verhängte Todesstrafe im Gnadenwege in ZuchtHaus umgewandelt, so ist im Zweifel anzunehmen, daß die Zuchthausstrafe mit allen gesetzlichen Folgen derselben, also mit der Unfähigkeit des § 31 eintrete: HS. I, 453, Rüd. f. 149, Olsh. u. 3; a. M.: Puch. n. 7, Rubo n. 2. 3. Im Fall einer Real-Konkurrenz schließt die zu verhängende Todes.

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Thl. I.

Abschn. I.

Strafen. - § 31.

Unter öffentlichen Aemtern im Sinne dieses Strafgesetzes sind die Advokatur, die Anwaltschaft und das Notariat, sowie der Geschworenen- und Schöffendienst mitbegriffen. [I. Gntro.: § 25; II. Entw.: § 28; Pr. StGB.: § 11; StB. S. 205—213.] strafe eine neben derselben verwirkte Zuchthausstrafe und deren Folgen nicht aus; vgl. § 74 n. 20. 4. Die in diesem § erwähnte Unfähigkeit ist eine wirkliche Strafe, ihre Wirksamkeit beginnt mit der Rechtskraft der Derurtheilung (arg. § 36). 4 a. Wer, entgegen dem § 31, dennoch in das Heer eingereiht wird, erlangt hierdurch nicht die Eigenschaft einer Militärperson und kann daher dereinst nicht wegen Fahnenflucht oder sonstiger Militär-Vergehen bestraft werden; so: Münch. (BE. IX, 81). 5. Mit der Wirksamkeit des verurteilenden Erkenntnisses (n. 4) geht der Verurtheilte aller bis dahin bekleideten öffentlichen (inländischen) Aemter verlustig (arg. §§ 33. 35). Auch dieser Verlust ist dauernd; eine im Gnadenwege erfolgende Wiedergewährung der Fähigkeit zur Bekleidung eines Amtrs schließt die Wiederverleihung des früher bekleideten Amtes nicht in sich. 6. Der Begriff des „öffentlichen Amtes" ist aus § 359 zu erläutern. Er bezeichnet somit eine (dauernde) Stellung, vermöge welcher Jemand dazu berufen ist, im Dienste des Reichs oder im unmittel- oder mittelbaren Dienste eines Bundes­ staates als Organ der Staatsgewalt für die Herbeiführung der Zwecke des Staats thätig zu sein; ebenso: Rl. 13. März 84 (E. X, 199); a. M.: Olsh. n. 7 (insofern er unter „öffentlichem Amt" jeden durch das öffentliche Recht begrenzten Kreis von Geschäften öffentlichen Charakters versteht). — Dieser Begriff ist sodann im Abs. 2 des § 31 auf die Advokatur, die Anwaltschaft, das Notariat, den Geschwornen- und Schöffendienst ausgedehnt worden; vgl. GVG. §§ 31 ff. 84 ff. und in Betreff des Amts der Beisitzer eines Seeamts §§ 9ff. des RG. v. 27. Juli 1877; insoweit ist also der Begriff des „öffentlichen Amtes" umfassender als der eines „Beamten". — Jene Begriffsbestimmung gilt für das ganze Reich gleichmäßig und kann durch ein Landesgesetz keine Aenderung erfahren: vgl. EG. § 8 n. 5. Wohl aber kann es geschehen, daß mit Rücksicht auf die verschiedenen Organisationsgesetze eine Stellung (z. B. int Eisenbahndienste) in dem einen Bundesstaate sich als öffentliches Amt darstellt, in einem anderen dagegen nicht. In Betreff der Pr. Schiedsmänner vgl. die Schiedsmanns-O. v. 29. März 1879 §§ 2 (Nr. 3). 9; wegen des Gemeindewaisen, raths § 1849 BGB. 7. Hofämter sind keine „öffentlichen Aemter": Otto n. 3j vgl. §33 n. 7. 8. Dasselbe gilt von geistlichen Stellungen (falls mit ihnen eine staat­ liche Thätigkeit nicht verbunden ist) und vom Kirchenvatronate: Rl. 13. März 84, OT. (E. X, 199; O. XV, 335. 768: speziell in Betreff der geistlichen bezw. kirch­ lichen Aemter), § 359 n. 28, Otto n. 3; a. M. (theilweise) Bind. GR. s. 153, (bez. der Kirchenämter als solcher) Olsh. n. 7 und (bez. des ^evangelischen^ Pfarramts insbesondere): Wolfenb. (Br. Z. 23 s. 65). Dem entsprechend, bestimmt Art. 2 § 4 des Pr. G. v. 29. April 1887 (GS. s. 127), unter Abänderung des Pr. G. v. 11^ Mai 1873 § 21, daß die Derurtheilung eines Geistlichen zu Zuchthausstrafe rc. nicht von Rechtswegen die Erledigung der Stelle zur Folge habe. Vgl. jedoch Kirchenges. für Hannover v. 24. April 1894 § 4. 9. Die Begriffsbestimmung des „öffentlichen Amtes" (n. 6—8) gilt für das ganze StGB. (vgl. § 8 n. 1), also namentlich auch für die Vorschriften der §§ 33. 34 Nr. 3, 35—37; ebenso für die des § 5 des EG. 10. Die „Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter" ist auf Würden und Titel nicht auszudehnen, diese gehen nur durch die Aberkennung der bürger­ lichen Ehrenrechte verloren; vgl. §§ 33. 34. 11. Die „Unfähigkeit" ist eine „dauernde", d. h. auf Lebenszeit eintretende. 12. Mit dem Amte geht der Anspruch auf das damit verbundene Gehalt sowie der auf die spätere Beziehung eines Ruhe-oder Gnadengehalts (Pension) verloren; a. M.: Rubo n. 5 (arg. Mil.-StGB. § 32). Dagegen hat die Verur-

Thl. I.

Abschn. I.

Strafen. — § 32.

75

§ 32. Neben der Todesstrafe und der Zuchthausstrafe kann auf den Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden, neben der Gefängnißstrafe nur, wenn die Dauer der erkannten Strafe drei Monate erreicht und entweder das Gesetz den Ver­ lust der bürgerlichen Ehrenrechte ausdrücklich zuläßt oder die Ge­ fängnißstrafe wegen Annahme mildernder Umstände an Stelle von Zuchthausstrafe ausgesprochen wird. theilung eines ausgeschiedenen Beamten zu Zuchthausstrafe nicht ohne Weiteres den Verlust des bis dahin bezogenen Ruhe- oder Gnadengehaltes zur Folge. 13. Von dem eintretenden Verluste eines Gehalts (n. 12) ist der betr. Kassenbehörde Kenntniß zu geben: Pr. JMVf. v. 29. Juni 1851 Nr. 14 (JMbl. s. 232) und v. 25. Aug. 1879 Nr. 21 (ib. f. 251 ff.). 14. Wegen der Rechtsanwälte vgl. §§ 7 und 43 der R.-Rechtsanw.-O. v. 1. Juli 1878. Jnbetreff der Schöffen und Geschworenen vgl. GVG. §§ 32. 85. 15. Abgesehen von den auf Grund des § 31 eintretenden Beschränkungen, betrachtet das StGB, die Zuchthausstrafe an sich nicht als entehrend. Vgl. §35 n. 10. 11, § 33 n. 1 und Rubo s. 348.

§ 32. 1. Der „Verlust der rc. Ehrenrechte rc." tritt nicht von Rechtswegen, sondern nur dann ein, wenn ausdrücklich darauf „erkannt", oder wenn dieselben „aberkannt" (§§ 33—35) sind. Die Verhängung dieser Strafe ist für den Richter fakultativ (: „kann"); sie muß daher in jedem Einzelfalle durch Angabe von Gründen gerechtfertigt werden. Ausnahmsweise ist dieselbe geboten beim Meineid (§§ 153 bis 155.161), bei der qualifizirten Kuppelei (§ 181), wenn wegen dieser auf ZuchtHaus erkannt wird, und beim gewerbs- oder gewohnheitsmäßigen Wucher (§ 302 d, e); auch in solchen Fällen muß der Richter sie ausdrücklich verhängen. — Auf die praktischen Folgen dieser Nebenstrafe hat der Richter keine Rücksicht zu nehmen: OT. (O. XVII, 297); vgl. unten n. 8 und § 28 n. 2. 3. 2. Neben der Todes- oder Zuchthausstrafe kann jener Verlust stets ausgesprochen werden, ohne daß es einer besonderen gesetzlichen Androhung bedürfte, neben der Zuchthausstrafe selbst dann, wenn diese aus einem in Kraft verbliebenen Landesgesetze verhängt wird. 3. Auch da, wo das Gesetz die Wahl zwischen Zuchthaus- und Festungshaft läßt, erstere Strafe aber verhängt wird, weil die That „aus einer ehrlosen Gesinnung entsprungen ist" (§ 20), bleibt es dem Jnstanzrichter unbenommen, von Aberkennung der rc. Ehrenrechte abzusehen: Rüd. n. 2; a. M.: Sont. s. 181. Im Uebrigen ist die Aberkennung durch den Nachweis einer ehrlosen Gesinnung keineswegs bedingt. — Neben Festungshaft kann dieselbe nicht ausgesprochen werden, selbst, wenn jene Strafe wegen Vorliegens mildernder Umstünde an Stelle der Zuchthausstrafe tritt (vgl. § 90): Olsh. n. 6. 4. Neben einer Gefängnißstrafe kann auf den Verlust der rc. Ehrenrechte nur dann erkannt werden, wenn jene als Prinzipalstrafe in einer Dauer von wenigstens drei Monaten wirklich verhängt wird; es genügt nicht, daß das Gesetz ein solches Strafmaß für zulässig erklärt. Im Fall einer Real-Konkurrenz (§ 74) muß die wegen des betr. Einzelfalles arbitrirte Einzelstrafe drei Monate erreichen, damit jener Verlust ausgesprochen werden könne: RI. 5. Febr. 80, RF. 11. Aug. 83 (R. I, 321; A. VIII, 283); derselbe ist sonach stets ausgeschlossen, wenn die Gesammtstrafe drei Monate nicht übersteigt: OT. (O. XV, 265; XVI, 51). Dgl. n. 12. Dies gilt auch, wenn die Aberkennung der Ehrenrechte obligatorisch (n. 1) ist. RI. 6. Mai 89 (E. 19, 203). 5. Anlangend die fernere Bedingung für die Aberkennung der Ehrenrechte neben Gefängnißstrafe, so trifft die zweite Alternative derselben da nicht zu, wo das Gesetz, wie z. B. § 224, (alternativ) Zuchthaus oder Gefängniß und beim Vorliegen mildernder Umstände nur ein geringeres Mindestmaß der letzteren androht;

76

Thl. I.

Abschn. I.

Strafen. — § 32. 33.

Die Dauer dieses Verlustes beträgt bei zeitiger Zuchthaus­ strafe mindestens zwei und höchstens zehn Jahre, bei Gefängniß­ strafe mindestens Ein Jahr und höchstens fünf Jahre. [I. Entw.: § 25; II. Entw.: § 29; Pr. StGB.: §§ 11. 21; StB. S. 1146.]

§ BB, Die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte be­ wirkt den dauernden Verlust der aus öffentlichen Wahlen für hier ist daher die Aberkennung nur tut Falle ihrer „ausdrücklichen Zulassung" statthaft: RIV. 5. Juni 94 (E. 25, 408); Olsh. n. 6; a. M.: (theilweise) Rubo n. 3 b. 6. Der Jnstanzrichter kann sich darauf beschränken, neben der Gefängnißstrafe (n. 4) statt des fakultativ angedrohten Verlustes der rc. Ehrenrechte die Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter auf die Zeit zu verhängen: § 35 und n. 2 ebenda. 6a. Gegen relativ Strafunmündige ist nie auf den Verlust derrc. Ehrenrechte oder einzelner Ehrenrechte zu erkennen: § 57 n. 5. 7. Dagegen trifft diese Strafe den Ausländer ebensowohl wie den Deutschen: OT. 64 (O. IV, 317). 8. Der Umstand, daß dem Angeklagten bereits früher rechtskräftig die Ehrenrechte aberkannt sind, steht nicht entgegen, dieselbe Strafe gegen ihn zum zweiten Male auszusprechen, sollte auch die im ersten Urtheile bestimmte Frist noch nicht abgelaufen sein: OT. 12. Juni 56 (GA. IV, 690); vgl. § 36 n. 5, § 35 n. 2. 9. Wird die Aberkennung der rc. Ehrenrechte neben der Todes- oder neben lebenslänglicher Zuchthausstrafe ausgesprochen, so wird sie für die ganze Lebens­ dauer wirksam: der Justanzrichter braucht sich daher über ihre Dauer nicht zu erklären. Es ist ihm hier nicht gestattet, ausnahmsweise den Verlust der Ehrenrechte auf eine begrenzte Zeit zu beschränken: RI. 10. März 87 (R. IX, 175). 10. Dagegen ist in dem die Aberkennung neben zeitiger Zuchthaus- oder neben Gefängniß st rase aussprechenden Urtheile die Dauer derselben genau zu bestimmen. Das gilt auch in dem Falle, wo die Aberkennung der rc. Ehrenrechte obligatorisch ist (n. 1). Es braucht nicht auf volle Jahre erkannt zu werden. — Wäre die Bestimmung der Dauer verabsäumt und das Urtheil rechtskräftig ge­ worden, so müßte jene für die ganze Lebensdauer wirksam werden; a. M.: Olsh. n. 12 (schließt hier nur die Wirksamkeit des § 34, nicht diejenige des § 33 aus), Rubo n. 10 (will die Aberkennung für die gesetzlich kürzeste Dauer mithin für 2 bezw. 1 Jahr gelten lassen). 11. Ueber die Berechnung der Dauer einer auf Zeit ausgesprochenen Aberkennung vgl. § 36. 12. Im Falle einer Real-Konkurrenz (vgl. n. 4) ist die Aberkennung nur einmal auszusprechen. Die Dauer darf auch in diesem Falle das im Abs. 2 be­ stimmte höchste Maß nicht übersteigen. Das Nähere stehe § 76 n. 3. 4, § 79 n. 11. 13. Aberkennung der Ehrenrechte im Falle eines Versuchs; vgs. § 45. 14. Die Wirkungen der Aberkennung zerfallen in solche, welche dauernd (§ 33), und in solche, welche auf die im Urtheile bestimmte Zeit beschränkt sind (§ 34). 15. § 32 findet auf den in verschiedenen Einzelbestimmungen des StGB, angedrohten Verlust „der bekleideten öffentlichen Aemter" und der aus öffent­ lichen Wahlen hervorgegangenen Rechte", sowie auf die durch einige Einzelbestimmungen (§§ 128. 129. 358) angedrohte „Unfähigkeit zur Bekleidung össentlicher Aemter" keine Anwendung; diese können auch neben einer drei Monate nicht erreichenden Gefängnißstrafe und neben Festungshaft erkannt werden. 16. In Betreff der militärischen Ehrenstrafen, welche Platz greifen, wenn gegen eine Person des Beurlaubtenstandes auf Zuchthaus, auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte oder auf Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter erkannt wird, vgl. Mil.-StGB. §§ 42. 30—40.

§ 33. 1. Nicht die bürgerliche Ehre überhaupt, sondern nur die in den §§ 33.34 aufgezählten einzelnen bürgerlichen Ehrenrechte sind Gegenstand der Aberkennung; ein den „Verlust der bürgerlichen Ehre" aussprechendes Urtheil wäre nichtig. Vgl. OT. (O. XII, 221; XVII, 445).

Thl. I.

Abschn. I.

Strafen. — § 33.

77

bett Berurtheiltm hervorgegangenen Rechte, ingleichen den dauernden Verlust der öffentlichen Aemter, Würden, Titel, Orden und Ehrenzeichen. [I. Entw.: § 26; II. Entw.: § 30; Pr. StGB.: §§ 12. 21. 22.] 2.

Die Aufzählung in den §§ 33. 34 ist limitativ; der Vorschlag des

II. Entwurfs (§ 34) besondere zur Zeit bestehende Vorschriften, die den Verlust noch anderer Ehrenrechte an eine Verurtheilung knüpfen, bestehen zu lassen, ward im RT. gestrichen: Sten. Ber. s. 216; vgl. n. 15, §34 n. 11, §57 n. 22. Zu den dauernden Wirkungen der Aberkennung rc. (§33) tritt durch § 1032 der CPO. das Parteirecht hinzu, den Derurtheilten als Schiedsrichter abzulehnen. Im Uebrigen vgl. § 31 n. 8; § 82 n. 16; § 34 n. 6. 12ff.; Pr. Ges. v. 29. Mai 1879 § 15 (betr. Ausschluß von dem Universitätsstudium): Pr. Kirchenges. v. 26. Jan. 1880 § 9 (betr. Verlust des Anspruchs emeritirter Geistlichen auf Ruhegehalt). 3. 4. Durch die Aberkennung gehen die im §33 erwähnten Rechte „dauernd" verloren; sie leben also mit dem Ablaufe der bestimmten Frist nicht wieder auf; wohl aber können sie nach dieser Zeit wieder erworben werden: OT. (O. XV, 86). 5. Unter dem „aus öffentlichen Wahlen hervorgegangenen Rechten" sind (val. § 34 n. 4) diejenigen zu verstehen, welche hervorgegangen sind aus einer eine „öffentliche Angelegenheit" betreffenden Wahl; vgl. in Betreff dieser § 34 n. 5. 6. Ueber den Begriff „öffentliche Aemter" vgl. §31 und dort n. 6ff. In Betreff der Wirkungen des Verlusts eines Amtes auf das damit verbundene Gehalt vgl. ib. n. 12. 7. „Würden", d. h. solche, die vom Staat oder vou Korporationen des öffentl. Rechts — also unter staatlicher Autorität — verliehen oder bestätigt werden. Es gehören hierher die Hof-, Ehren- und Erbümter sowie die ständischen Ehrenrechte, Ehrenbürgerrechte: Otto n. 4. 8. Dasselbe gilt vom akademischen Doktorat; vgl. § 360 n. 51; a. M.: Rubo n. 5; derselbe versteht hier unter „Würden" überhaupt nur die von Staatswegen ohne Gewährung von Gehalt verliehenen Dienststellungen. 9. Das Kirchenpatronat gehört nicht hierher: Schw. n. 7. 10. „Titel" bezeichnet eine durch höhere Verleihung (von Staatswegen) zu erwerbende, mit Rangstellung verbundene Benennung (vgl. Pr. Vdn. v. 27. Okt. 1810 Nr. 6: GS. s. 9): er umfaßt die Bezeichnung aller amtlichen Stellungen, nicht aber auch die einer wissenschaftlichen oder gewerblichen Thätigkeit, sollte auch dazu eine amtliche Konzession, Approbation, ein Prüfungszeugniß oder dergl. erforderlich sein: OT. 55, Jena (StZ. IV, 213); vgl. jedoch Rubo s. 359; er versteht hier unter „Titel" die von Staatswegen ohne Beilegung einer Dienststellung geschehene Derleihung einer solchen Bezeichnung, wie sie dem Inhaber einer Amts- oder amtsähnlichen Stellung zukomme. Dgl. § 360 n. 47 ff. 11. Verloren gehen nur die vom Jnlande (Reich oder Einzelstaat) herrührenden „Würden, Titel, Orden und Ehrenzeichen — vgl. §360 n. 46—51 —; a. M. Ausl. 13, HS. I, 460, Rüd. n. 2. Die „ausländischen" gehen nicht verloren, jedoch gilt die inländische Genehmigung zur Führung u. s. w., soweit sie erforderlich ist, für aufgehoben. Olsh. n. 8. Vgl. § 360 n. 39 u. 51. 12. Was von „Ehrenzeichen", gilt auch von der durch den Allerh. Erlaß vom 20. Mai 1871 gestifteten Kriegsdenkmünze; vgl. 1. c. Nr. 5. 13. Ausstellungsmedaillen sind keine „Ehrenzeichen"; die Vorschrift des § bezieht sich auf sie nicht mit; a. M.: Rubo s. 359. 14. Ueber die Mittheilung der Formel aller Urtheile, welche den Verlust von Orden zur Folge haben, an die Peneral-Ordens-Kommission, vgl. Pr. JMVf. v. 25. Aug. 1879 Nr. 15 (JMBl. s. 251). — In Betreff der im Wege der StrafVollstreckung zu bewirkenden Abnahme der Orden, Ehrmzeichen und Denkmünzen nebst den darüber sprechenden Patenten und Besttzzeugnissen, und der Einsendung derselben an die General-Ordens-Kommission vgl. die cit. MVf. v. 25. Aug. 1879 Nr. 15. 15. Der „Adel" geht durch Aberkennung der Ehrenrechte nicht verloren. Olsh. n. 2. Die Motive (s. 57) sprechen aus, daß da, wo ein neben dem StGB.

78

Thl. I.

Abschn. I.

Strafen. § 34.

§ 34. Die Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte be­ wirkt ferner die Unfähigkeit, während der im Urtheile bestimm­ ten Zeit 1) die Landeskokarde zu tragen; 2) in das Deutsche Heer oder in die Kaiserliche Marine ein­ zutreten; 3) öffentliche Aemter, Würden, Titel. Orden und Ehren­ zeichen zu erlangen; in Kraft verbleibendes Landesgesetz mit einer strafrechtlichen Derurtheilung all­ gemeine nachtheilige Folgen in Betreff der Ausübung bürgerlicher Ehrenrechte verbinde, nunmehr die in den §§ 33. 34 aufgezählten Folgen an die Stelle träten. Dem ist indessen nicht in dieser Allgemeinheit zuzustimmen; insbesondere läßt sich nicht behaupten, daß da, wo ein solches Landesgesetz derartige Folgen in einem geringerem Umfange eintreten läßt, nunmehr die strengeren Vorschriften des StGB, ohne Weiteres maßgebend würden. Die Regelung dieser Frage ist durch § 8 des EG. der Landesgesetzgebung überlassen. Wo solche „Uebergangsbestimmungen" nicht getroffen worden sind, ist anzunehmen, daß die in besonderen Gesetzen ange­ drohten strengeren Folgen herabgesetzt seien. Vgl. Puch. s. 52 n. 3.

§ 34. Zu Nr. 1. 1. Die nur mit der Landes-Kokarde zu tragende Reichs.Kokarde (Allerh. Erlaß v. 22. März 97) ist als (Gesammt-)Landes-Kokarde anzusehen, und die Vorschrift der Nr. 1 auf sie auszudehnen; ebenso: Bind. GR. s. 153; a. M. Otto n. 3, Rüd. n. 4, Rubo s. 362. 2. Das Verbot bezieht sich auf diejenige Landes-Kokarde, welche der Derurtheilte sonst zu tragen berechtigt gewesen wäre; dasselbe erstreckt sich sonach auch auf die Kokarde eines andern Bundesstaats, dessen Angehöriger der Verurtheilte erst nach seiner Verurtheilung wird. Wegen der Bestrafung vgl. § 360 n. 46. Zu Rr. 2 und 3. 3. Wegen der Personen des Beurlaubtenstandes vgl. § 32 n. 16. Die Nr. 2, 3 sind, letztere jedoch nur soweit sie die Erlangung öffentlicher Aemter betrifft, gegenstandslos, sobald auf Zuchthausstrafe erkannt wird; vgl. § 31. 4. Begriff des öffentlichen Amtes vgl. § 31 n. 6ff.; in Betreff der-Würden, Titel, Orden und Ehrenzeichen vgl. § 33 n. 7—11. Zu Nr. 4. Vgl. BGes. v. 31. Mai 1869 §§ 3. 4 (BGbl. s. 145). Oeffentliche Angelegenheit ist gleichbedeutend mit Staatsangelegen, heit (vgl. „andere politische Rechte"); a. M.: Olsh. n. 5; hierher gehören auch die Angelegenheiten der Gemeinden oder anderer in den Staatsoraanismus eingreifender Gemeinheiten (Handels-, Gewerbekammern rc.), kirchliche Angelegenheiten aber nur insofern, als der Staat sie in den Bereich seiner Gesetzgebung gezogen hat: Schütze s. 76, 257 n. 11; Puch. n. 4; Otto n. 6; John, HH. III, 85; vgl. HS. 1, 460; Schw. f. 190; ML. s. 829. Die Angelegenheiten kaufmännischer Korporationen, Aktiengesellschaften gehören nicht hierher; vgl. n. 13—15 und Schw. s. 189; vgl. jedoch Olsh. § 33 n. 6.

5.

Zu Nr. 5. 6. Diese Vorschrift bezieht sich auf alle Urkunden (§ 267), zu deren Gültigkeit es bei der Aufnahme der Zuziehung von Jnstrumentszeugen bedarf, ohne Unterschied, welche Stellung der aufnehmende Beamte bekleidet. Es gehören nicht hierher Heiratsurkunden, weil hier die Zeugen bloße Solennitäts- und keine Be­ weiszeugen, vgl. auch § 1318 BGB. u. Art. 40 § 7a EG. z. BGB.; auch nicht kirchliche Akte, z. B. Taufen und Trauungen, selbst zur Zeit, wo die bei Vor­ nahme dieser Handlungen bewirkten Register-Eintragungen öffentliche Beweiskraft hatten (der Zeuge wirkt nur zum kirchlichen Akte, nicht zur Eintragung mit). — Die Nr. 5 ist z. Th. aufgehoben durch § 22372 BGB. u. 1732 FGG. Darnach

Thl. I.

Abschn. I.

Strafen. — § 34.

79

4) in öffentlichen Angelegenheit zu stimmen, zu wählen oder gewählt zu werden oder andere politische Rechte aus­ zuüben; 5) Zeuge bei Aufnahme von Urkunden zu sein; 6) Vormund, Gegenvormund, Pfleger, Beistand der Mutter, Mitglied eines Familienraths oder Kurator zu sein, es sei denn, daß es sich um Verwandte absteigender Linie handele und die obervormundschaftliche Behörde oder der Familienrath die Genehmigung ertheile. [I. Entw.: § 27; II. Entw.: § 31; Pr. StGB.: §§ 12. 21. 22.] „soll" bei Errichtung eines Testaments und bei Aufnahme einer gerichtlichen oder notariellen Urkunde als Zeuge nicht mitwirken, wer der bürgerlichen Ehrenrechte für verlustig erklärt ist, während der Zeit, für welche die Aberkennung der Ehrenrechte erfolgt ist. Die Zuziehung bewirkt also keine Ungültigkeit. 7. Die dauernde „Unfähigkeit, als Zeuge oder Sachverständiger eidlich vernommen zu werden", ist eine, jetzt nur wegen Meineids (nothwendig und ausdrücklich) zu verhängende Ehrenstrafe: § 161; vgl. n. 11. Zu Nr. 6. (Vgl. oben XIII.) 8. Vormund (vgl. tztz 1773, 1896 BGB.). Nach § 1781* bezw. 1897 BGB. soll zum Vormunde nicht bestellt werden, wer der bürgerl. Ehrenrechte für verlustig erklärt ist, soweit sich nicht aus den Vorschriften des StGB, ein Anderes ergiebt. Hierdurch ist die Nr. 6 insoweit abgeändert, als die Unfähigkeit beseitigt ist. — Gegenvormund (vgl. §§ 1792, 1897 BGB.) —- Mitglied eines Familienrathes (vgl. § 1858 BGB.) — Pfleger (vgl. §§ 1909—1914 BGB.). Erforderlich ist, daß Jemand auf Grund gesetzlicher Vorschrift einer in der AusÜbung ihrer Rechte beschränkten Person zugeordnet ist, um jenen Mangel zu ersetzen. Es gehören daher solche Personen nicht hierher, welche ein Dispositionsfähiger frei­ willig zu seiner Unterstützung zuzieht, z. B. ein Beistand im Sinne des § 90 der CPO. — Beistand der Mutter (vgl. § 1687 BGB.). 9. Auch der amtlich bestellte Verwalter einer Vermögensmasse, insbesondere der Konkursverwalter (KO. § 70) ist ein „Kurator"; a. M.: Schw. s. 190; nicht aber ein von Privaten frei gewählter Verwalter, z. B. ein Testamentsvollstrecker. Olsh. n. 7 meint, daß neben „Pfleger" der gleichbedeutende Ausdruck „Kurator" mit Rücksicht auf die Uebergangszeit beibehalten sei. 10. Weitere Folgen der Aberkennung der rc. Ehrenrechte s. in §§ 43. 57. 62. 83. 86 u. 106 Gew.Ord., §§ 5 u. 8 des Preßgesetzes, § 81 HGB. u. § 68 des Genossenschaftsgesetzes. — Außerdem kann Personen, die sich nicht im Besitze der bürgerlichen Ehrenrechte befinden, der Zutritt zu öffentlichen Gerichtsverhandlungen versagt werden: GVG. § 176. 11. Da die Aufzählung der Folgen der Aberkennung der rc. Ehrenrechte limitativ ist (§ 33 n. 2), so sind landesherrliche Bestimmungen, nach welchen ein strafrechtlich Verurtheilter dieserhalb eine Beschränkung seiner Rechts- oder Hand­ lungsfähigkeit erleidet, für beseitigt zu erachten, insoweit sie in einer durch die 33erurtheilung bewirkten Schmälerung seiner Ehre ihren Grund haben. 12. Dagegen sind solche nachtheilige Folgen einer Verurtheilung, welche nicht den unter n. 11 hervorgehobenen Charakter an sich tragen, in Kraft geblieben; z. B. Verbot des Tragens der Landes-Kokarde (vgl. § 360 n. 46), der Verlust des Rechts zur Führung eines Jagdscheins (§ 62 des G. v. 31. Juli 95; GS. S. 304) oder Verlust des Wahlrechts zur Handelskammer (§§ 5 u. 7 des G. v. 19. Aug. 97, GS. S. 355). Dgl. § 15 n. 7. 13. 14. Die Entfernung eines Mitgliedes aus der Handelskammer erfolgt jetzt gemäß § 18 des G. v. 19. Aug. 97, GS. S. 355. In Betreff des Verlusts der Mitgliedschaft des Pr. Volkswirthschaftsraths vgl. Ddn. v. 17. Nov. 1880 (GS. S. 367) § 8. 15. In die Autonomie der Korporationen, insbesondere in die Befug, niß derselben, die Bedingungen der Mitgliedschaft statutarisch zu bestimmen, sollte

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Thl. I.

Abschn. I.

Strafen. § 35.

§ 35. Neben einer Gefängnißstrafe, mit welcher die Ab­ erkennung der bürgerlichen Ehrenrechte überhaupt hätte ver­ bunden werden können, kann auf die Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter auf die Dauer von Einem bis zu fünf Jahren erkannt werden. Die Aberkennung der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter hat den dauernden Verlust der bekleideten Aemter von Rechtswegen zur Folge. [I. Entw.: § 30; II. Entw.: § 32; Pr. StGB.: §§ 21. 31-33.] durch das StGB, nicht eingegriffen werden: Motive s. 58. Knüpfen daher be­ stehende Statuten an irgend eine Derurtheilung den Verlust jener Mitgliedschaft, so wurden diese durch die Einführung des StGB, nicht außer Kraft gesetzt; vgl. Stenogr. Ber. f. 215.

§ 35. 1. In Betreff der „Unfähigkeit („Aberkennung der Fähigkeit", „Verlust der Fähigkeit") zur Bekleidung öffentlicher Aemter" und des damit verknüpften Derlustes der „bekleideten Aemter" vgl. die Bemerkungen zu §§ 31 ff.; in Betreff der Berechnung der Zeitdauer vgl. § 36; in Betreff eines geistlichen Amtes vgl. EG. § 6 n. 6, § 31 n. 8. 2. Die Vorschrift des § ist nicht auf Solche zu beschränken, welche zur Zeit ein Amt bekleiden: Mot. s. 56. Ihre Anwendung wird auch dadurch nicht ausgeschlossen, daß der Beklagte vorher in Folge einer Derurtheilung zu Zuchthausstrafe die betr. Fähigkeit dauernd verloren hatte: OT. 62 (O. III, 39) oder daß ihm schon früher die bürgerlichen Ehrenrechte aberkannt waren. Dagegen ist es unstatthaft, in demselben Urtheile die Nebenstrafen der §§ 32. 35 zu kumuliren: RIV. 12. Dez. 90 (E. XXI, 264), OT. (O. XV, 86). 3. Was § 35 von der „Aberkennung der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter" bestimmt, ist auf eine Unfähigkeit zum Dienste im Deutschen Heere und in der Kaiserlichen Marine (§31) nicht auszudehnen; vgl. aber Mil.-StGB. § 42. 4. Gegen relativ Strafunmündige ist nie auf die Unfähigkeit zur Bekleidüng öffentlicher Aemter zu erkennen: § 57 n. 5. 5. Alle Voraussetzungen des § 32, insbesondere der Mindestbetrag von 3 Monaten Gefängniß, müssen vorliegen. RI. 14. Juni 97 (E. 30, 159). Aus den Worten „hätte rc. werden können" folgt aber die Unanwendbarkeit des §, wenn die Aberkennung der Ehrenrechte nicht fakultativ, sondern geboten ist; vgl. § 32 n. 1. 6. Es ist statthaft, auf die alleinige Berufung des Angeklagten der in erster Instanz erkannten Strafe des § 32 die an sich mildere des § 35 zu substituiren, aber nur unter Beibehaltung (oder Kürzung) der Zeitdauer: OT. (O. XIII, 319). 7. Außer der generellen Vorschrift des § 35 enthält das StGB, noch einzelne spezielle Bestimmungen, nach welchen auch neben einer Gefängnißstrafe von kürzerer als dreimonatlicher Dauer oder neben der Festungshaft auf „Unfähig­ keit zur Bekleidung öffentlicher Aemter" erkannt werden kann; vgl. §§ 128.129. 358. Auch in diesen Fällen tritt mit der Aberkennung der dauernde Verlust der bekleideten Aemter von Rechtswegen ein; vgl. Motive s. 57. 8. Vgl. § 6 der R.-Rechtsanw.-O. v. 1. Juli 1878 und § 31 n. 14. 9. Außer der „Unfähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter" droht das StGB.' in einzelnen Fällen auch noch den (dauernden) „Verlust der bekleideten öffentlichen Aemter sowie der aus öffentlichen Wahlen hervorgegangenen Rechte" als Strafe an, welche (fakultativ) neben Festungshaft, im Falle des § 95 neben Gefängniß verhängt werden kann; vgl. §§ 81. 83. 84. 87—91. 94. 95, EG. § 5.

Thl. I. Abschn. I.

81

Strafen. — § 36.

§ 36. Die Wirkung der Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte überhaupt, sowie der Fähigkeit zur Bekleidung öffent­ licher Aemter insbesondere, tritt mit der Rechtskraft des Urtheils ein; die Zeitdauer wird von dem Tage berechnet, an dem die Freiheitsstrafe, neben welcher jene Aberkennung ausgesprochen wurde, verbüßt, verjährt oder erlassen ist. [I. Entw.: § 25; II. Entw.: § 33; Pr. StGB.: § 21.]

§36. 1. Ueber den Eintritt der Rechtskraft vgl. § 30 n. 4. 5. 2. Die „Freiheitsstrafe", von deren Verbüßung rc. der § die Berechnung der Zeitdauer beginnen läßt, ist stets nur die Prinzipale, nicht die an die Stelle einer nicht beizutreibenden Geldstrafe tretende subsidiäre Freiheitsstrafe (§ 28). 3. Die Berechnung der „Zeitdauer" beginnt „von dem Tage, an welchem die Freiheitsstrafe verbüßt rc. ist"; es wird sonach der Tag, an welchem die Abbüßung rc. ihr Ende erreicht, in jene Frist nicht eingerechnet; vgl. § 67 n. 9. 3a. Eine bereits angetretene Freiheitsstrafe ist „erlassen", nicht an dem Tage, von welchem der Gnadenakt datirt, sondern an dem Tage, wo der nicht er­ lassene Theil der Strafe verbüßt, bezw. wenn der ganze Strafrest erlassen wurde, an dem Tage, wo jener Akt vollstreckt, der Verurtheilte mithin in Freiheit gesetzt worden ist; so (in speziellem Bezug auf § 79): Darmst. (GA. 25 s. 464). 4. In Betreff der Art und Weise, wie im Falle einer Real-Konkurrenz. die Aberkennung der rc. Ehrenrechte auszusprechen, und — wenn ausgesprochen, — zu berechnen sei, vgl. § 76 n. 3. 4 und § 79 n. 11. 5. Wird gegen eine und dieselbe Person wegen verschiedener Straffälle der Verlust der rc. Ehrenrechte wiederholt ausgesprochen, so beginnt die Berechnung der Dauer für jeden Fall nach Anleitung des § 36, d. h. also von dem Tage, an welchem die wegen derselben That verhängte Freiheitsstrafe abgebüßt rc. ist. Demgemäß findet eine Summirung der Zeitdauer der wiederholten Aberkennung nicht statt, vielmehr beginnt die Berechnung in Betreff der zweiten Verurtheilung mit jenem Zeitpunkte sofort, sollte auch die Frist für die erste Verurtheilung noch nicht abgelaufen sein; die Vollstreckung läuft dann für beide gleichzeitig. 6. Die Berechnung der Zeitdauer einer verhängten Aberkennung der rc. Ehrenrechte wird auch durch eine anderweitige Untersuchungshaft oder durch den Vollzug eiuer wegen einer anderen Strafthat verhängten Freiheitsstrafe nicht unterbrochen; das erleidet eine Ausnahme, wenn bei der zweiten Aburtheilung dem Angeschuldigten die in Betreff der Real-Konkurrenz geltenden Vorschriften zu. statten kommen; vgl. § 79 n. 11. 7. Erfolgt in Gemäßheit der §§ 23—26 die vorläufige Entlassung eines Verurtheilten aus der wider ihn verhängten Freiheitsstrafe, so dauert die begonnene Wirkung des Verlustes der Ehrenrechte fort. Dagegen kann die Berechnung ihrer Zeitdauer erst mit dem Augenblicke beginnen, wo nach § 26 eit. die ganze Freiheits­ strafe als verbüßt gilt. Eine solche Maßnahme hat sonach eine Verlängerung des Verlustes der Ehrenrechte rc. mit Nothwendigkeit zur Folge, wenn die Entlassung später widerrufen wird. Dasselbe tritt ein, wenn die Vollstreckung der Freiheits­ strafe verzögert oder durch Verjährung ausgeschlossen wird. 8. Ist die Aberkennung der rc. Ehrenrechte gar nicht mit girier Freiheits­ strafe verbunden (möglich in den Fällen der §§ 7. 37), so beginnt die Berechnung der Zeitdauer sofort mit der Rechtskraft des Urtheils. 9. Die Strafe des Verlusts der rc. Ehrenrechte rc. (ihre Vollstreckung) verjährt nicht mit der der übrigen Strafen; vielmehr nimmt mit der Verjährung der Freiheitsstrafe die Berechnung der Dauer jener Nebenstrafe ihren Anfang. Man wollte in dieser Beziehung Denjenigen, welcher seine Strafe verbüßt hat, nicht ungünstiger stellen als Denjenigen, welcher sich der Vollstreckung so lange entzogen hat, daß diese verjährte; vgl. Motive s. 57; § 71 n. 3—5. Oppenhoff, D. Strafgesetzbuch. 14. Ausl.

6

82

Thl. I.

Absch». I.

Strafen. — § 37.

§ 37. Ist ein Deutscher im Auslande wegen eines Ver­ brechens oder Vergehens bestraft worden, welches nach den Ge­ setzen des Deutschen Reichs den Verlust der bürgerlichen Ehren­ rechte überhaupt oder einzelner bürgerlichen Ehrenrechte zur Folge hat oder zur Folge haben kann, so ist ein neues Straf­ verfahren zulässig, um gegen den in diesem Verfahren für schuldig Erklärten auf jene Folge zu erkennen. [I. Gntro.: § 29; II. Entw.: § 35; Pr. StGB.: § 24.] 10. Wegen der Folgen, welche die Wiederaufhebung eines rechtskräftigen, die Ehrenstrafen verhängenden Strafurtheils hat, vgl. RIV. CS. 3. Nov. 98 (E. CS. 42, 281). 11. Was § 35 in Betreff der „Wirkung" der Aberkennung der Ehrenrechte bezw. der Fähigkeit zur Bekleidung öffentlicher Aemter vorschreibt, ist auch da an­ zuwenden, wo auf den „Verlust der bekleideten öffentlichen Aemter sowie der aus öffentlichen Wahlen hervorgegangenen Rechte" erkannt wird (§ 35 n. 9).

§ 37. 1. Insoweit eine im Auslande ergangene Aburtheilung und Strafvollstreckung die abermalige Strafverfolgung int Jnlande nicht ausschließen (vgl. § 7 n. 1), bleibt § 37 selbstverständlich außer Anwendung, und greift nur § 7 Platz; ebenso: HStR. I, 169, Olsh. n. 1, Bind. HB. I; 446ff.; a. M.: Rubo n. 1. § 37 trifft vielmehr den Fall (und nur diesen), wo die Verfolgung einer von einem Deutschen im Auslande begangenen Strafthat nach tz 5 Nr. 1 deshalb im Jnlande ausgeschlossen bleibt, weil von den Gerichten des betr. Auslandes über die Handlung bereits rechtskräftig auf Strafe erkannt und letztere (vollständig) vollzogen, verjährt oder erlassen ist; ebenso: Olsh. n. 2; a. M. (bez. der Fälle der Verjährung und des Erlasses der Strafe): RIV. 9. April 86 (R. VIII, 275: Mot.), HStR. I, 170, (bez. derjenigen des Erlasses der Strafe): Bind. 1. c. 2. Nur wenn im Auslande auf Bestrafung erkannt ist, greift § 37 Platz; lautete das ausländische Urtheil auf Freisprechung, so hat es bei der Vorschrift des § 5 Abs. 1 sein Bewenden; a. M.: Schw. s. 88. 3. Der § setzt voraus, daß der int Auslande Bestrafte damals ein Deutscher warza. M.: Bind. 1. c. (: fordert die Eigenschaft eines Deutschen nur für die Zeit der That, nicht für diejenige der Bestrafung); er findet daher auf einen im Auslande bestraften, später nach Deutschland übergesiedelten Ausländer selbst dann keine Anwendung, wenn dieser nachträglich ein „Deutscher" geworden ist. — Bind. 1. c. rechnet zu den Deutschen im Sinne des § nicht naturalifirte deutsche Beamten und nichtdeutsche Angehörige einer deutschen Schiffmannschaft (?). 4. Da der § nur von dem Falle spricht, wo ein „Gesetz des Deutschen Reiches" den Ehrenrechtsverlust androht, so ist er da nicht anzuwenden, wo ein besonderes Landesgesetz jene Strafe androht; Olsh. n. 4, Bind. 1. c., a. M.: Ausl. 13. Die Landesgesetzgebung hat jedoch das Recht, die Bestimmungen des § ihrerseits aufzunehmen. 5. Gleichgültig ist es, ob auch das im Auslande angewendete ausländische Gesetz die That mit Ehrenstrafen bedrohte, oder denselben für die Nichtangehörigen des betr. Staates eine andere Strafe substituirte, sowie endlich, ob eine derartige Strafe gegen den Angeschuldigten dort zur Anwendung gebracht worden ist. 6. 7. Die neue Strafverfolgung hängt vom Ermessen der Staatsanwaltschaft ab; hat diese Anklage erhoben, so muß der Richter über letztere erkennen. 8. Zuständigkeit und Verfahren richten sich nach denjenigen Vorschriften, welche maßgebend wären, wenn im Auslande noch gar keine Verfolgung statt­ gefunden hätte: es tritt daher geeigneten Falles das sch würg eri ch tlich e Derfahren ein. 9. Ebenso ist die Frage, ob die Strafverfolgung durch Verjährung ausgeschlossen sei, nach Anleitung derjenigen Grundsätze zu lösen, welche anzuwenden wären, wenn im Auslande gar keine Aburtheilung stattgefunden hätte; durch das ausländische Verfahren wird die Verjährung im Zulande nicht unterbrochen.

Thl. I.

Abschn. I.

Strafen. — § 38.

83

§ 38. Neben einer Freiheitsstrafe kann in den durch das Gesetz vorgesehenen Fällen auf die Zulässigkeit von Polizei-Auf­ sicht erkannt werden. 10. Das befaßte inländische Gericht ist zu einer neuen Prüfung der Beweisfrage und zu einer neuen selbständigen Feststellung des Thatbestandes nach den diesseitigen Gesehen berufen, ohne dabei irgendwie an die Feststellung und Qualifizirung des ausländischen Richters (z. B. an die von diesem angenommenen „mildernden Umstände") gebunden zu sein; vgl. Mot. s. 58, Rill. 7. Juli 90 (E. XXI, 35), OT. 62, 63 (O. II, 218; V, 260). 11. Ist die Aberkennung der rc. Ehrenrechte durch die Verhängung der Zucht­ haus- oder einer drei Monate erreichenden Gefängnißstrafe bedingt, so muß der Richter, um jene zu rechtfertigen, aussprechen, daß er auf eine jener Strafen erkannt haben würde, wenn nicht bereits im Auslande Bestrafung erfolgt wäre. 12. Die Verurteilung ist auf den „Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte" oder „einzelner rc. Ehrenrechte" (z. B. der im § 35 erwähnten) nach Maßgabe der hier­ über Bestimmung treffenden Gesetze zu beschränken, obgleich diese Ehrenstrafen sonst nur als Neben st rasen vorkommen. Als Verlust einzelner Ehrenrechte ist auch die nach § 31 als Folge der Zuchthausstrafe eintretende Unfähigkeit rc. anzu­ sehen; auf sie ist sonach ausdrücklich zu erkennen, wenn der Richter findet, daß die That mit Zuchthaus zu bestrafen gewesen wäre. — Dagegen darf nicht auf andere Nebenstrafen, z. B. nicht auf „Zulässigkeit der Polizeiaufsicht" noch auf Unfähigkeit zur Beschäftigung im Eisenbahndienst (§ 319) oder zum eidlichen Zeug­ nisse (§ 161) erkannt werden; ebenso: Olsh. n. 5, 7; a. M. (bez. der letzterwähnten Strafe): Bind. 1. c. 13. Die Wirkung der Aberkennung tritt „mit der Rechtskraft des Urtheils" ein (§ 36). Von dem betr. Tage an ist auch die Zeitdauer zu berechnen, da außer den Ehrenstrafen eine andere zu verbüßende Strafe nicht verhängt werden kann, die im Auslande zuerkannten Strafen aber bereits vor der neuen Verbüßung vollständig verbüßt, verjährt oder erlaffen sein mußten (n. 1); ebenso: Olsh. u. 9; a. M. Schw. s. 89. 14. Auch ein in Gemäßheit dieses § ergangenes Erkenntniß enthält eine „Bestrafung"; solches genügt daher zur späteren Begründung der Rückfallsstrafe: Puch. n. 8, Merkel, HL>. IV, 411; a. M.: 9W1. 7. Juli 90 (E. XXI, 35), Rüd. n. 4, Otto s. 53, Schw. s, 90, Olsh. n. 10, Frank, Z. f. StrR. XIV, 391.

§ 38. Inhalt: Aufhebung 20. Ausländer: 3. 12. Begnadigung: 9. Berechtigung: 6. Beurlaubung: 14. Dauer: 6—8. 15—17. Ermessen: 2. 13. Fakultät: 2. Geldstrafe: 5. 7.

LandeSpolizei'Dehörde: 10—17. Nebenürafe: 1. 5. Real'Konkurrenz: 8. Rechtsweg: 19. Strafe: 1. 5. 20a. Straferlaß: 9. Strafunmündiger: 4. Übertretung: 5.

Unterbrechung: 14. 17. Verfahren: 12—17. 20. Venährung: 18. Vollstreckung: 19. Wann? 14. 15. Wiederholung: 17. 20. Zeitbestimmung: 6—8. 15—17. Zuständigkeit: 11. 12.

1. Die „Stellung unter Polizeiaufsicht" nach verbüßter Strafe soll als eine (fakultativ zu handhabende) Präventiv-Maßregel dienen: Motive s. 193. Nichtsdestoweniger ist die vom Richter auszusprechende „Zulässigkeit" der Polizeiaufsicht eine wirkliche Meben-^Strafe und als solche hier mit angeführt. 2. Die Verhängung dieser Strafe ist nur in den durch das Gesetz ausdrücklich bestimmten Fällen statthaft und für den Jnstanzrichter stets fakultativ; er spricht sie nach seinem thatsächlichen (durch Angabe der Gründe zu rechtfertigenden) Ermessen aus und ist befugt, unter einer Mehrheit wegen derselben That gleichzeitig Verfolgter Einzelne zu derselben zu verurtheilen, während er bei Anderen davon absieht. — Auf die praktischen Folgen derselben hat jener keine Rücksicht zu nehmen: OT. (O. XVII, 297); vgl. n. 3, § 32 n. 1. 3. Die Strafe kann auch gegen Ausländer ausgesprochen werden; vgl. §39 n. 2 und unten n. 12. 4. Dagegen ist sie bei relativ Strafunmündigen unstatthaft: § 57.

84

Thl. I.

Abschn. I.

Strafen. — § 38.

Die höhere Landespolizeibehörde erhält durch ein solches Erkenntniß die Befugniß, nach Anhörung der Gefängnißverwal­ tung den Verurtheilten auf die Zeit von höchstens fünf Jahren unter Polizei-Aufsicht zu stellen. 5. Auf Zulässigkeit der Polizeiaufsicht kann nur „neben einer Freiheits­ strafe" erkannt werden; sie bleibt also ausgeschlossen, wenn (wegen obwaltender mildernder Umstände) nur eine Geldstrafe verhängt wird. Dagegen ist sie statthaft, wenn die verhängte Freiheitsstrafe in Folge der Anrechnung einer Untersuchungs­ haft oder einer im Auslande vollzogenen Strafe (§§ 60. 7) nicht mehr zur Vollstreckung gelangt; vgl. aber § 37 n. 12. — Das StGB, droht die Zulässigkeit der Polizeiaufsicht nur neben Zuchthaus- oder Gefängnißstrafe, nie neben Festungshaft oder Haft, also nie wegen einer Uebertretung an. Doch ist dieselbe weder durch eine gewisse Dauer der Freiheitsstrafe noch durch gleichzeitige Aberkennung der bürgerlichen Ehrenrechte bedingt: RI. 28. Juni 80 (R. II, 142). 6. Die Gerichte sprechen die Zulässigkeit der Polizeiaufsicht ohne Hinzufügung einer Zeitbestimmung aus; die Frist, für welche die dadurch für statchaft erachtete Maßnahme erfolgen kann, ist dann stets eine fünfjährige. Eine vom erkennenden Richter beigefügte Zeitbeschränkung würde bedeutungslos und der Rechts­ kraft nicht fähig sein: OT. (O. XVII, 41). Aehnliches gilt bezüglich der Wir­ kungen der Polizeiaufsicht (§39). Daraus, daß es dem richterlichen Ermessen überlassen ist, auf Zulässigkeit der Polizeiaufsicht zu erkennen oder nicht (n. 2), ist keineswegs, arg. a maiore ad minus, zu folgern, daß der Richter auch eine in ihren Wirkungen beschränkte Polizeiaufsicht für zulässig erklären, oder z. B. geradezu auf bloße Zulässigkeit der Einschränkung des Aufenthalts (vgl. §39 Nr. 1. 2) erlernen könne. 7. In Betreff der Berechnung der Zeitdauer gilt das zu § 36 n. 3—8 Bemerkte. — Der Lauf dieser Frist wird nicht unterbrochen, wenn der Verurteilte sich zwischenzeitlich irgendwie der polizeilichen Beaufsichtigung entzogen hat: OT. 58 (GA. VI, 637). 8. Wie im Falle einer Real-Konkurrenz die Zulässigkeit der Polizeiaufsicht auszusprechen und deren Zeitdauer zu berechnen sei, darüber vgl. §76 n. S. 4, § 79 n. 11. 9. Wird im Wege der landesherrlichen Gnade eine schwerere Strafart in eine mildere verwandelt, so kann neben der substituirten Freiheits- (Zuchthaus, oder Gefüngniß-)Strafe die Zulässigkeit der Polizeiaufsicht nicht verhängt werden: Rubo n. 10, Rüd. n. 13, Olsh. n. 7; a. M.: Ausl. 13, falls die betreffende Strafthat gcsetzlich mit dieser Strafe bedroht ist. 10. Auf Grund der gerichtlich ausgesprochenen „Zulässigkeit" erfolgt die „Stellung unter Polizeiaufsicht" durch die höhere Landespolizei., d. h. durch die der Ortspolizei vorgesetzte höhere (Provinzial-) Behörde (in Preußen die BezirksRegierung); vgl. Motive s. 196. Diese kann die ihr beigelegte Befugniß totber generell noch für einen einzelnen Fall auf eine untergeordnete Behörde (z. B. auf den Landrath) übertragen; vgl. OT. 53 (Entsch. 26 s. 136), Rüd. n. 5; a. M.r Schw. s. 77. 11. Zuständig ist die Landespolizeibehörde des Orts, nach welchem der 8ernrtheilte entlassen wird, oder an welchem er später Aufenthalt nimmt, nicht die des Thatorts noch diejenige, in deren Bezirk die Strafanstalt liegt, in welcher jmer seine Freiheitsstrafe verbüßt hat. Vgl. n. 12. Verlegt ein Verurtheilter seinen Wohnsitz, so geht die Leitung seiner Beaufsichtigung auf die Landespolizeibehörde des neuen Wohnorts über; vgl. Pr. Znstr. (eit. n. 12) § 5. — Die von dem Gerichte eines andern Bundesstaates für zulässig erklärte Polizeiaufsicht kann nur in­ soweit zur Ausführung gebracht werden, als die Vollstreckung einer verhängen Strafe im betr. Bundesstaate statthaft ist; vgl. Bundesrathsbeschl. v. 16. Juni 1872, Inn. MDf. v. 31. August 1872 (VMBl. s. 193). Dgl. oben s. 17. 18 n. 4. 12. Das von den Landespolizeibehörden zu beobachtende Verfahren ist für Preußen durch eine Min.-Jnstr. v. 30. Juni 1900 (JMBl. S. 526) geregelt worden. Nach dieser (§ 3) ist für verurtheilte Ausländer ohne festen Wohnsitz

Thl. I.

Abschn. I.

Strafen. - § 38.

85

Diese Zeit wird von dem Tage berechnet, an welchem die Freiheitsstrafe verbüßt, verjährt oder erlassen ist. (I. Gntro.: § 33; II. Entw.; § 36; Pr. StGB.: § 26; StB. S. 217ff. u. 1147.] in Preußen die Behörde des Ortes, wo die Freiheitsstrafe verbüßt worden, zuständig. IS. Ob die Landespolizeibehörde zur Stellung unter Polizeiaufsicht übergehen soll, hat sie namentlich nach dem Verhalten und der Führung des Derurthrilten während der Verbüßung der Freiheitsstrafe zu ermessen. £$u diesem Ende hat die „Gefängnißverwaltung", d. h. der Vorstand derjenigen Strafanstalt, in welcher jene Verbüßung stattgefunden hat, ein Gutachten vor der Entlassung einzureichen. Dgl. Pr. Jnstr. (n. 12) § 4. Die Stellung unter Polizeiaufsicht soll nur stattfinden, wenn begründete Besorgniß besteht, daß der Verurtheilte die wiedererlangte Freiheit in gemeingefährlicher Weise mißbrauchen werde (§ 2). Gleichwohl ist diese Förmlich, feit nicht für eine wesentliche, die Legalität der ganzen Maßnahme bedingende zu erachten; a. M.: Rubo n. 11. 14. Die Stellung unter Polizeiaufsicht kann erst nach Verbüßung der Frei, heitsstrafe erfolgen: Motive s. 193. Unterbleibt die Vollstreckung der letzteren zeitweise oder wird sie unterbrochen, so unterliegt der Verurtheilte in der Zwischenzeit der Polizeiaufsicht nicht; das gilt auch für den gemäß §§ 23—26 vor. läufig Entlassenen; sonach beginnt für ihn die fünfjährige Frist des Abs. 2 nicht mit jener Entlassung; die hier selbstverständliche (und somit durch eine vorgängige Verfügung der Landespolizeibehörde nicht bedingte) „Ueberwachung" (vgl. § 23 n. 7. 8) ist nicht als „Polizeiaufsicht" zu qualifiziren. — Dagegen steht grundsätzlich Nichts tut Wege, die Stellung unter Polizeiaufsicht eintreten zu lassen, nachdem in Folge des Ablaufs der Strafzeit die Freiheitsstrafe des Entlassenen als vollständig verbüßt angesehen wird (§ 26). Vgl. Pr. Jnstr. (cit. n. 12) § 3. 15. Die Landespolizeibehörde braucht die Stellung unter Polizeiaufsicht nicht sofort nach der Verbüßung der Freiheitsstrafe eintreten zu lassen. Sie kann später dazu übergehen, wenn sie findet, daß das Verhalten des Verurtheilten nach Wider, erlangung der Freiheit dazu eine Veranlassung bietet. Das Recht erlischt, sobald seit der Verbüßung der Freiheitsstrafe fünf Jahre verstrichen sind. Eine nachträg. lich ausgesprochene Stellung unter Polizeiaufsicht kann ihre Wirksamkeit nicht über den zuletzt envähnten Zeitpunkt erstrecken. Dgl. Pr. Jnstr. (cit. n. 12) § 3. 16. Die die Stellung unter Polizeiaufsicht aussprechende Verfügung der Landes. Polizeibehörde braucht sich über die Dauer der Maßnahme nicht auszusprechen; Abs. 2 trifft nur darüber Bestimmung, auf welche Dauer sich die der Landespolizei­ behörde beigelegte Befugniß im Allgemeinen erstreckt. Die Pr. Jnstr. (cit. n. 12) § 6 schreibt eine Zeitbestimmung von mindestens 6 Monaten vor. 17. Hätte die Landespolizeibehörde die Stellung unter Polizeiaufsicht für eine kürzere als fünfjährige Frist ausgesprochen, oder hätte sie (wozu sie unbedenklich befugt ist, vgl. n. 14. 20; Pr. Jnstr. § 5) die angeordnete Polizeiaufsicht vor dem Ablaufe der fünf Jahre wieder aufgehoben, so bliebe es ihr unbenommen, später eine Verlängerung der Maßnahme eintreten zu lassen, bezw. sie nach ihrem Ab­ laufe zu erneuern, insoweit sie dabei nur nicht über den unter n. 15 erwähnten Zeitpunkt hinausgeht. 18. Die „Zulässigkeit der Polizeiaufsicht" ist unverjährbar; vgl. § 36 n. 9. 19. Die von der Polizeibehörde ausgesprochene Stellung unter Polizeiaufsicht ist als die Vollstreckung der im gerichtlichen Urtheil verhängten Strafe (n. 1) anzusehen. Glaubt daher der Verurtheilte, jene Maßnahme sei in einer mit dem Urtheile oder den Gesetzen nickt im Einklänge stehenden Weise, z. B. für eine zu lange Frist, ausgesprochen worden, so kann er den Rechtsweg beschreiten (StPO. §§ 490. 494); a. M.: Olsh. n. 14, Fuhr, Pol.-Aufs. s. 92. — Behauptet dagegen der Verurtheilte, daß bei Handhabung der gegen ihn von der Landespolizeibehörde (befugter Weise) verhängten Polizeiaufsicht in anderer Beziehung gesetzwidrig ver. fahren sei, so ist die Beschwerde bei der höheren Verwaltungsbehörde anzubringen und von dieser zu erledigen, insofern nicht die getroffene Maßnahme selbst den Charakter einer strafbaren Handlung angenommen hätte. Vgl. § 39 u. 2. 20. Ueber das bei Aufhebung einer verhängten Polizeiaufsicht zu beobachtende Verfahren vgl. Pr. Jnstr. v. 30. Juni 1900 (cit. n. 12) § 5. 20a. Dgl. die Strafbestimmung in § 3611.

86

Thl. I.

Abschn. I.

Strafen. — § 39.

§ 39. Die Polizei-Aufsicht hat folgende Wirkungen: 1) dem Verurtheilten kann der Aufenthalt an einzelnen beftimmten Orten von der höheren Landespolizeibehörde untersagt werden; § 39. 1. Bei Abfassung des § 39 ist im Wesentlichen der Standpunkt festgehalten worden, auf welchem die generelle Anweisung des Pr. Min. d. Inn. v. 22. Mai 1866 (VMBl. s. 140) beruht; diese (abgedruckt in den Mot. s. 197) kann daher zur Auslegung benutzt werden. 2. Andere Folgen, als die im §39 aufgezählten, können an die verhängte Polizeiaufsicht nicht geknüpft werden. Eine über Das Maß der letzteren Folgen hinausgehende Beschränkung ist unverbindlich, eine Ueberschreitung derselben nicht aus § 361 Nr. 1 zu bestrafen: OT. 54 (GA. II, 545); Oppenhoff Ressortgess. s. 364 n. 10. Doch sind (abgesehen von dem unter n. 14 Gesagten) als besondere Folgen noch die hinzugetreten, daß Untersuchungshaft gegen einen unter Polizeiaufsicht stehenden Angeschuldigten, welcher der Flucht verdächtig ist, selbst dann verhängt werden kann, wenn die ihm zur Last gelegte That nur mit Haft oder mit Geldstrafe bedroht ist: StPO. § 113, und daß den unter Polizeiaufsicht Stehenden Wander­ gewerbescheine zu versagen sind: Gew.-O. §57. Vgl. auch §§ 4 u. 5 des Preßgesetzes xi. §§ 6 u. 8 Pr. Jagdsch.G. v. 31. Juli 1895.

Zu Nr. 1. 3. Die im ersten Entwürfe vorgeschlagene Fassung „Aufenthalt an bestimmten Ortschaften" ist in „Aufenthalt an rc. bestimmten Orten" verändert worden, um anzudeuten, daß (namentlich in größeren Städten) auch der Besuch einzelner Stadttheile, Straßen, Plätze, Vergnüaungslokale, Eisenbahnhöfe rc. untert werden könne: Schw. s. 193, Rüd. n. 1, Otto n. 1; a. M.: Meyer n. 3; vgl. Freizügigk.-Ges. v. 1. Nov. 1867 § 3. Das ohne Jndividualisirung ausgesprochene Verbot: „Schanklokale zu besuchen", ist rechtsungültig. KG. 30. März 99 (D. I. Z. S. 486). — Dem Verurtheilten kann der Aufenthalt auch an seinem Heimathsorte verboten werden, Olsh. n. 2; a. M.: 13. Aufl., BL. f. 218, Rüd. n. 2. 4. 5. Es ist unstatthaft, dem Observaten einen bestimmten Bezirk zu bezeichnen, aus welchem er sich nicht entfernen dürfe (Confinirung); ebenso: Schw. n. 2, HStR. I, 627, Olsh. n. 2. 6. Die Untersagung kann mündlich erfolgen. 7. Die Untersagung kann auf bestimmte Zeiten (auch generell für die Nachtzeit) oder für einzelne Vorgänge ausgesprochen werden. 8. Sie kann (während der Frist des §38) mehrmals wiederholt werden.

S

Zu Nr. 2. 9. Auf Grund des § 39 kann die Landespolizeibehörde den Ausländer aus dem Reichsgebiete, nicht aber nur aus dem Einzelstaate ausweisen: Jnn.-MDf. v. 19. Febr. 1874 (VMBl. f. 69); vgl. jedoch n. 12. 13. Ist jenes geschehen, so sind die Polizeibehörden aller Bundesstaaten verpflichtet, auf Requisition der ausweisenden zur Ausführung jener Maßnahme hülfreiche Hand zu bieten: Mot. s. 58. 10. Die Verweisung aus dem Reichsgebiete darf nur unbedingt erfolgen (die Beschränkung auf eine bestimmte Frist wäre als mitgeschrieben zu behandeln); a. M.: Olsh. n. 4, Fuhr, Pol.-Aufs. s. 84. Dagegen ist es der Landespolizeibehörde nicht verwehrt, die getroffene Maßnahme später zurückzunehmen, zumal wenn es sich herausstellen sollte, daß der davon Betroffene gar kein Ausländer, sondern Deutscher war; vgl. OT. 65 (O. VI, 543), § 361 Nr. 2 („ohne Erlaubniß"). 11. Eine auf Grund der Nr. 2 ausgesprochene Verweisung aus dem Reichsgebiete verliert mit dem Ablaufe der im §38 bestimmten fünfjährigen Frist ihre Wirksamkeit: Schw. s. 193, Olsh. n. 4; a. M.: Erl. d. R.-Kanzl.-Amts v. 8. Okt. 1873 (JMBl. s. 282), Schütze s. 79; vgl. § 284 n. 12, § 362 n. 15. 12. Die Nr. 2 steht nicht entgegen, daß ein (nicht verurteilter) Ausländer aus polizeilichen Gründen aus dem Einzelstaate (nicht „aus dem Reiche": Inn.MDf. v. 31. Okt. 1873, VMBl. s. 335) ausgewiesen werde: Mot. s. 59.

Thl. I.

Abschn. I.

Strafen. — §§ 39. 40.

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2) die höhere Landespolizeibehörde ist befugt, den Ausländer aus dem Bundesgebiete zu verweisen; 3) Haussuchungen unterliegen keiner Beschränkung hinsicht­ lich der Zeit, zu welcher sie stattfinden dürfen. [I. Entw.: § 34; II. Entw.: § 37; Pr. StGB: § 27; StB. S. 1147.]

§ 40. Gegenstände, welche durch ein vorsätzliches Ver­ brechen oder Vergehen hervorgebracht, oder welche zur Begehung eines vorsätzlichen Verbrechens oder Vergehens gebraucht oder 13. Verweisungen aus dem Reichsgebiete müssen durch förmlichen dem Ausländer unter Hinweis auf § 361 Nr. 2 bekannt zu machenden Beschluß ausgesprachen werden; Abschrift dieses Beschlusses ist dem Reichskanzler-Amte zur Ver­ öffentlichung durch das R.-Centralblati einzureichen: Bundesrathsbeschl. v. 27. April 1873 (VMBl. 73 s. 221).

Zu Nr. 3. 14. Vgl. StPO. § 104. Andere (nicht die Zeit betreffende) Beschränkungen der Haussuchungen wurden durch die Polizeiaufsicht nicht berührt. Anders jetzt nach Maßgabe der §§ 103. 105 und 106 der StPO. An Uebr. vgl. n. 2.

§ 40. Anstiftung, Lohn: 8. Antrag: 3. 22. Berechtigung: 6. Begünstiger: 13. Beschlagnahme: 14. 0. Bestimmung: 10. Dntter, Recht-weg: 17. Erben: 16. Eigenthümer: 12. 13. Eigenth. Uebergcmg: 16. Einziehung, Charakter: 1. Verfäumniß: 15. Ermessen: 4. Falsifikat - 7.

Inhalt: Theilnehmer: 12. 13. Forderung: 16. Gebrauch: 5. 16. Tod: 16. Transportmittel: 9. Gegenstand: 8.-11. d. Verderben auSges.: 20. Uebertretung: 2. Unbrauchbarmachen: 1. 19. Geltung, allg.: 2. Uuschädlichmachen: 1. 19. 23. Hervorbringung: 7. Verbrechen re. rc.: 2. Jagd: 10. 12. Verfallen'Erklärung: 1. Nachdruck: 22. Nachlaß: 16. Versuch: 2. 10. Sache, körperli )t: 6. Vollstreckung: 16. 17. 18. 5. Waare: % anges /affte: 7. Werkzeug: 8. Schiff: 9. Strafe, Charakter: 1: Werthen atz: 1. 14. 16. That, Begehung: 2. 10. 11. Zubeyörstücke: 14 a.

1. Der Ausdruck „Einziehung" ist gleichbedeutend mit dem in der älteren Gesetzgebung üblichen Ausdruck „Konfiskation": Rill. 27. Febr. 90 (E. XX, 90). Das Gesetzbuch faßt die „Einziehung einzelner Gegenstände" (§40) und die „Unbrauchbarmachung aller Exemplare einer Schrift" (§41) nicht als Dermögens-, sondern als zur Sicherung des Strafzwecks, insbesondere zur Verhütung fernerer strafbarer Handlungen dienende Nebenstrafe auf: Motive s. 59. — Anders verhält es sich mit der „Verfallen-Erklärung" der einem Beamten sträflicher Weise zugewendeten Geschenke rc. (§ 335), welche ebendeshalb eventuell auf den Werth des Empfangenen auszudehnen ist. Vgl. n. 14. 22- § 335 n. 1 ff. — Für die Zuständigkeit der Strafgerichte ist die Strafe der Einziehung ohne Belang: GVG. §§ 27 (Nr. 2) 75 (Nr. 14). — Wegen Anwendung des Grundsatzes: ne bis in idem auf die Einziehung (§§ 40—42) vgl. Rill. 19. Sept. 95 (E. 27, 352). 2. Der § gilt allgemein für alle vorsätzlichen Verbrechen und Vergehen; es bedarf nicht außerdem noch einer besonderen Androhung der Einziehung in den die einzelnen Straffälle behandelnden Gesetzesstellen. Demgemäß findet er auch bei den durch besondere Reichs- oder Landesgesetze vorgesehenen Strafthaten der fraglichen Art Anwendung, z. B. bei Gewerbepolizeivergehen: OT. (O. XII, 160). Ob die Verbrechen rc. vollendet oder nur strafbar versucht sind, ist gleichgültig; vgl. §45 n. 5. — Bei Uebertretungen findet eine Einziehung nur insoweit Statt, als sie besonders gestattet, bezw. vorgeschrieben ist; vgl. §§360. 867. 369 (Schlußsätze). 3. Die Einziehung ist nicht durch einen dahin zielenden Antrag der Staats­ anwaltschaft bedingt: RH. 25. Mai 83 (E. VIII, 349), bei Antragsdelikten nicht durch einen solchen des Verletzten (sofern nur ein formeller Strafantrag vorliegt), — vgl. übrigens n. 22, — noch überhaupt durch die Anführung des § im Er-

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Thl. I.

Abschn. I.

Strafen. — § 40.

bestimmt sind, können, sofern sie dem Thäter oder einem Theilnehmer gehören, eingezogen werden. Die Einziehung ist im Urtheile auszusprechen. [I. Entw.: § 31; II. Entw.: § 38; Pr. StGB.: §§ 19. 20; StB. S. 218. 1147.] öffnungsbeschlusse bzw. durch eine vorherige Hinweisung im Sinne des § 264 der StPO.: RI. 20. Okt. 81, Rill. 7. Oft. 86 (E. V, 137; R. VIII, 600). 4. Der § gestattet die Einziehung nach dem Ermessen des Jnstanzrichters. Hierbei ist der Charakter dieser Strafe (n. 1) zu berücksichtigen. Sie wird Vorzugs, weise da auszusprechen sein, wo die gemeinschädliche Natur des Gegenstandes seine Fortexistenz überhaupt oder in der Hand des Verurtheilten bedenklich erscheinen läßt. Die Gründe, welche den Richter hierzu bestimmten, sind im Urtheile (n. 15) anzugeben; dagegen bedarf es, wenn er von der Einziehung absteht, einer des. fallsigen Erörterung dort nicht: RH. 25. Mai 83 (dt. n. 3). — Ausnahmen, wo die Einziehung obligatorisch ist, statuiren die §§ 152. 295. 296 a. 335. 369. 5. Nur die Einziehung einzelner „Gegenstände" (vgl. EG. § 5), nicht die des ganzen Vermögens ist statthaft (vgl. Pr. Verfass, v. 31. Jan. 1850); ein die Einziehung des letzteren vorschreibendes Landesgesetz würde durch § 6 des EG. außer Kraft gesetzt sein. — Der konkrete einzelne Gegenstand ist in dem die Einziehung aussprechenoen Urtheil genau zu bezeichnen; ein Ausspruch, welcher nur allgemein auf „Einziehung der durch die That hervorgebrachten Gegenstände" lautete, wäre unwirksam und nicht zu vollstrecken. 6. Als „einzelner Gegenstand (n. 5) ist nur eine körperliche Sache anzu. sehen; die Einziehung (Derülstigerklärung) einer mißbrauchten Berechtigung kann, auch da, wo sie durch Landesgeseh vorgeschrieben ist oder in der Folge vorgeschrieben werden möchte, nicht aus §40 gerechtfertigt werden, da die Berechtigung weder durch die Strafthat hervorgebracht noch zu ihrer Begehung „gebraucht oder be. stimmt" ist. 7. Bei den „Gegenständen, welche durch ein Verbrechen rc. hervorgebracht ib", ist vorzugsweise an Falsifikate (Münzen, Urkunden) gedacht. Die mit dem bjekte der Strafthat angeschafften Sachen gehören nicht hierher. Vgl. aber § 296 a. 8. „Zur Begehung eines Verbrechens rc. gebraucht" sind nur diejenigen Gegenstände, welche unmittelbar als Werkzeuge zur Verübung gedient haben; das wird vorzugsweise von beweglichen Sachen gelten. Dahin gehört der Lohn, durch welchen Jemand einen Andern zur Begehung einer Strafthat angestiftet hat; nicht aber das Objekt der begangenen Strafthat als solches, z. B. gestohlene Sachen RI. 8. März 94 (E. 25. 165) vgl. h 111 StPO., Loose auswärtiger Lotterien, welche strafbarer Weise (Pr. G. v. 29. Juli 85) in das Inland versandt werden: Pr. MVf. v. 28. Febr. 1880 (DMBl. s. 69), die Waare, mit welcher un. befugt Handel (ein Gewerbe) betrieben ist: OT. 68 (O. IX, 532); vgl. jedoch RII. 24. Mai 67 (E. XVI, 114: erachtete die versandten Exemplare einer verbotenen Druckschrift als Gegenstände, die zur Begehung des Vergehens der Verbreitung gebraucht seien). Ausnahmen treten ein, wo sie ausdrücklich vorgeschrieben sind, z. B. bei Steuer, und Zollvergehen; vgl. DZollg. § 154. 9. Nicht einziehbar sind diejenigen Gegenstände, welche nur zur Vorbereitung der Strafthat (z. B. die Form, in der die tödtliche Kugel gegossen) gedient haben, oder welche nach Begehung der That z. B. zur Flucht verwendet wurden, es sei denn, daß Begünstigung oder Hehlerei vorliegt. Gemäß RII. 19. Juni 85 (E. XII, 305) sollen aber zu den Gegenständen, welche „zur Begehung" gebraucht sind, auch die Transportmittel zum Fortschaffen des durch die Strafchat erlangten Gutes vom Orte der That gehören und die anders disponirenden Vorschriften des Pr. Forstdiebst.. und FFP.-G. (§ 15 Abs. 2 bezw. § 23) Ausnahmebestimmungen enthalten (?). Vgl. jedoch, speziell bez. der Mittel zum Fortschaffen gestohlener Sachen, OT. 54 (GA. II, 821) und bezüglich der Schiffsgefäße der Fischfreveler. OT. 66 H. II, 353, John ib. III, 119, Schw. n. 5, v. Kirchenheim I. c.; a. M.: RI. I. Nov/80, 1. Mai 82, Rll. 23. Nov. 80, »III. 7. Mai 85, RIV. 28. Jan. 87 (E. II, 411; R. IV, 418; II, 559; VII, 280, GA. 35 s. 55), OA., OT. (O. XIII, 203; XV, 227. 587; XVI, 388. 578), Dresd. (StZ. IV, 227), Meves s. 130; Bolze 1. c. s. 392; ebenso: OT. (O. XX. 36: ausgenommen, wenn der vollstreckende Beamte durch eignes Verschulden die vorgesetzte Behörde zu der Verfügung veranlaßt habe). In keinem Falle hat jene Wirkung ein Befehl, welcher etwas gesetzlich Verbotenes ent­ hält (diesen darf der Beamte nicht vollstrecken): OT. (O. XX, 274), Bolze 1. c.; vgl. n. 11 und, bezüglich der Fälle, wo der Befehl rc. in formeller Beziehung an einem wesentlichen Mangel leidet, unten n. 15. — Hat dagegen die anordnende BeHörde ein ihr zustehendes Ermessen walten lassen, so wird das unter n. 12 Gesagte auch hier anwendbar. 14. Das (n. 13) Gesagte erleidet da eine Ausnahme, wo die Behörde dazu be­ rufen ist, auf Grund einer ihr übertragenen Prüfung über einen Streitpunkt eine Entscheidung zu fällen, welche — wenn auch nur vorläufig — Recht machen und demgemäß zum Vollzüge gebracht werden soll, also vor Allem bei gerichtlichen Entscheidungen und Anordnungen. Das den Gerichten übertragene Entscheidungsrecht bringt es mit sich, daß sie das betr. Verhältniß in bindender Weise endgültig zu regeln, alle dabei in Betracht kommenden Fragen (insbesondere auch ihre eigene Zuständigkeit) selbständig zu prüfen und die zur Herbeiführung ihrer Entscheidung erforderlichen Anordnungen zu treffen haben. Ihre Entscheidungen rc. müssen daher ohne Weiteres im ganzen Lande — nach Maßgabe der Prozeßgesetze — vollstreckbar sein; eine Abänderung ist nur im geregelten Jnstanzenzuge herbeizuführen. Daraus folgt, daß eine derartige Vollstreckung nicht deshalb als eine nicht rechtmäßige Amtsausübung angesehen werden darf, weil nachträglich ermittelt wird, daß das Gericht unzuständig war, oder daß es an den für seine Anordnung rc. erforderlichen Voraus­ setzungen fehlte, oder daß die von ihm angeordnete Dollstreckungsweise den Gesetzen nicht entsprach rc. rc. Dies erleidet selbst dann keine Aenderung, wenn der Auftrag zur Vollstreckung, dem § 753 der CPO. zufolge, nicht unmittelbar vom Gericht, sonbem von einer Partei ausgeht; vgl. RI. 1. Mai 82 (eit. n. 13), vorausgesetzt natür­ lich, daß die richterliche Anordnung rc. ohne Weiteres vollstreckbar ist, was z. B. nicht zutrifft einem nicht gehörten Dritten gegenüber, falls diesem die Herausgabe einer ihm vom Schuldner überantworteten Sache auferlegt wurde: RI. 8. Rov. 86 (R. VIII, 688). Dgl. auch RI. 19. Nov. 94 (E. 26, 249). — Dasselbe gilt da, wo ausnahmsweise einer nichtrichterlichen Behörde ein solches Entscheidungsrecht übertragen worden ist; OT. (O. XIII, 332). 15. Außerdem ist die „rechtmäßige Ausübung des Amtes" dadurch bedingt, daß die Vollstreckung selbst in der vom Gesetz gewollten Weise stattfinde, daß also dabei alle wesentlichen Form- und Fristvorschriften gewahrt, kein gebietendes Gesetz unberückstchtigt gelassen und kein verbietendes übertreten werde. Vgl. n. 11. Dagegen hört die Amtsausübung durch Nichtbeachtung unwesentlicher Form- oder Fristvorschriften nicht auf, eine rechtmäßige zu sein; ebenso: RII. 27. Jan. 80, RI. 20. Sept. 86 (E. I, 165; R. VIII, 546). Ob eine Form- bezw. Fristvorschrift wesentlich, d. h. ob die Statthaftigkeit der Handlung durch ihre Beobachtung bedingt oder ob jene bloß instruktioneller (reglementärer) Natur sei, hängt nicht ausschließlich und unbedingt davon ab, ob dieselbe in einem Gesetze oder in einer Ausführungsverordnung bezw. Instruction enthalten ist, sondern läßt sich nur aus dem jedesmal zu erforschenden Willen des Gesetzgebers bzw. seines Delegirten beantworten: RI. 6. Febr.

Thl. II. Absch. VI. Widerstand gegen die Staatsgewalt. -- § 113.

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88 (E. XVII, 122). — Zu den wesentlichen Förmlichkeiten gehört die (bei Durch­ suchungen re.) vorgeschriebene Zuziehung eines Gerichts- oder Gemeindebeamten oder von Zeugen bezw. bestimmter Kategorien von Zeugen (StPO. § 105, CPO. § 759, Pr. Ges. v. 12. Febr. 1850 § 11): RI. 15. Juni 85, RII. 2. Jan. 83, 5. Dez. 79 (E. XII, 261; VII, 370); I, 26: ein für den Einzelfall ertheilter höherer Auftrag ersetze jene Zuziehung nicht), OT. (O. XII, 608; XIX, 198), Berlin Johow II, 290), Münch. (StZ. IV, 108; BE. VI, 501); a. M.: Dresd. (SGZ. XX, 116); es sei denn, daß das Erforderniß der Zuziehung auf keinem Gesetze, sondern auf einer bloß regle­ mentarischen Vorschrift beruhe: eit. RII. 27. Jan. 80; vgl. jedoch SRI. 16. Nov. 93 (E. XXIV, 389: verneinte die Rechtmäßigkeit der Amtsausübung selbst in einem Falle, wo bloß einer (anscheinend ministeriellen) Bekanntmachung entgegengehandelt war); und mit dem Vorbehalte, daß da, wo jene Zuziehung zwar vom Gesetze, aber nicht unbedingt, sondern nur unter gewissen Voraussetzungen vorgeschrieben ist, ein desfallstger thatsächlicher Irrthum bei gewissenhafter Erwägung der Umstände die Amtsausübung nicht zu einer unrechtmäßigen macht: RII. 9., 24. Mai 84, RIV. 29. Sept. 85 (R. VI, 359. 366; VII, 544), daß ferner, wenn jene Voraussetzungen erst nach dem Beginne der Amtsübung hervortreten, der Beamte zur Zuziehung überhaupt noch im Stande sein muß: RII. 24. Mai 87 (R. IX, 340). Der Beamte hat nach Lage der Umstände pflichtgemäß nt erwägen, ob die Zuziehung eines Ge­ meindebeamten int Falle des. § 105* StPO, möglich, d. h. ohne Gefährdung des Erfolges der Durchsuchung ausführbar sei. — Wegen Vornahme von Amtshand­ lungen auf fremden Handelsschiffen bezw. Konsulatsgebäuden vgl. Delius, Praxis S. 9ff. Für das Verwaltungsverfahren (Pr. Derord. v. 15. Nov. 99) Dgl. RII. 2. Jan. 83 (R. V, 4), I. 6. Febr. 88 u. IV. 18. Juni 95 (E. 17, 122 und 27, 297), II. 17. Sept. 92 u. I. 16. Nov. 93 (E. 23, 226 u. 24, 389). — Bei der Zwangsvollstreckung civilgerichtlicher Urtheile ist wesentlich die gemäß § 750 CPO. Dorher oder gleichzeitig mit dem Beginne der Vollstreckung zu bewirkende Zu­ stellung des Urtheils an den Schuldner bezw., wenn dieser einen Prozeßbevollmächtigten hat, an letzteren (:RI. 20., 24. Okt. 87, E. XVI, 275), was jedoch nicht hindert, daß ein Schuldner sich unter Umständen schon, bevor es zur Zustellung ge­ kommen ist, aus § 113 strafbar machen könne; vgl. n. 21, RII. 31. Jan. 82 (R. IV, 97). (Die Zustellung bezw. Vorzeigung des Haftbefehls des Untersuchungsrichters oder der Strafvollstreckungsbehörde bei der Verhaftung ist überhaupt nicht vorgeschrieben: RlV. 4. Juni 86, R. VIII, 424). — Dagegen ward es für unwesentlich erachtet, wenn der Beamte bei seiner amtlichen Thätigkeit betrunken war, oder sich *ine Ungehörigkeit (z. B. Schimpfen, Rauchen) zu schulden komnten ließ: OT. 70, 74, Dresd. (GA. 21 s. 303; 22 s. 243; StZ. VII, 38); wenn er nicht die vorschriftsmäßige Kleidung oder äußere Abzeichen, z. B. Dienstmütze, trug: eit. RI. 20. Sept. -86, RIV. 13. Febr. 94 (E. XXV, 112), OT. 70 (O. XI, 563 [Med dürfte bei Gendarmeit und Soldaten eine Ausnahme erleiden^. — Reklamationen, welche der Exequendus gegen die Richtigkeit des geltend gemachten Anspruchs erhebt, können den Vollstreckungsbeamten an Fortsetzung der Vollstreckung nicht hindern: OT. (O. XVI, 301); vgl. jedoch § 775 CPO. 16. Ist mit Rücksicht auf das unter n. 10—15 Ausgeführte eine Vollstreckungshandltmg nicht als „rechtmäßige Ausübung des Amtes" anzusehen, so ist der gegen dieselbe geleistete Widerstand nicht aus § 113 zu bestrafen: OT. (O. XV, 819). Daraus folgt indessen keineswegs, daß ein solcher Widerstand „durch Nothwehr geboten" gewesen und daher nicht etwa (unter Umständen) aus einem andern straf­ rechtlichen Gesichtspunkte, z. B. als Körperverletzung, Bedrohung oder Beleidigung strafbar sei; der Richter muß vielmehr in derartigen Fällen nach Maßgabe des § 53 n. 2. 3. 9 prüfen, ob die Vertheidigung gegen das amtliche Vorgehen den obwalten­ den Umständen gemäß „erforderlich" und ob das zur Abwehr Gethane „ge­ boten" war, insbesondere, ob der Betreffende mit einem unersetzlichen Nachtheile bedroht war, und ob nicht auf anderem Wege die begonnene Maßnahme oder ihre nachtheiligen Folgen abzuwenden gewesen wären: OT. (O. XIII, 4), Puch. n. 4, Schütze s. 265; vgl. HS. I, 264; a. M. Meyer s. 6, John, HH. III, 118, Hiller, Rechtm. d. Amtsausübung s. 45. — Das Gesagte gilt um so mehr, wenn es sich um einen thätlichen Angriff handelt. 17. Jedenfalls kann eine Ausschreitung des Beamten den Widerstand nur insoweit straflos machen, als er gegen diese Ausschreitung gerichtet war;

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Thl. II. Abschn. VI. Widerstand gegen die Staatsgewalt. — § 113.

eine Gesetzwidrigkeit, deren sich der Beamte bei Vornahme einer im Uebrigen durch, aus rechtmäßigen Amtshandlung schuldig macht (Beisp.: der Förster erschießt unbefugt den Hund des ertappten Jagdfrevlers), nimmt dem einer Amtshandlung entgegengesetzten Widerstande nicht die Strafbarkeit (der Beamte hört dadurch nicht auf, im Uebrigen in der rechtmäßigen Ausübung seines Amtes zu sein): OT. 69, 79 (O. X, 775; XX, 119), zumal dann, wenn der Beamte sich erst nach dem erfahrenen Widerstände eines Excesses schuldig macht. — Noch weniger kann eine von Beamten erst beabsichtigte Ausschreitung einen Widerstand wider die rechtmäßige Amtsausübung rechtfertigen: OT. (O. XIII, 249). 18. Die Forst- und Zollbeamten sind berechtigt, erstere bei Verfolgung der Spuren eines Holzdiebstahls, letztere zur Ausübung ihres Grenzschutzdienstes Privat­ wege zu betreten; der ihnen vom Eigenthümer geleistete Widerstand ist daher strafbar: OT. (O. XIX, 335; XVI, 769). RIV. 14. Okt. 87 (E. XVI, 248) erkannte, was die Grenzaufsichtsbeamten anlangt, dasselbe in Betreff ungeschlossener Privatgrund, stücke überhaupt. — Im Uebrigen vgl. bezüglich der Befugnisse der Forst- und Jagdbeamten § 117 n. 11a, und bezüglich des Haussuchungsrechts der Grenzaufseher: VZollges. § 126, RIV. 23. Juni 93 (E. XXIV, 218) u. wegen der Befugnis; der letzteren zu Revisionen an Ort u. Stelle Rill. 28. Okt. 95 (E. 28, 1). 19. Wegen einer vermeintlich ein Privatrecht verletzenden strafbaren Handlung einzuschreiten, bleibt die Polizeibehörde sachlich auch dann zuständig, wenn der Beschuldigte zu jener Handlung berechtigt zu sein behauptet: OT. (O. XVII, 627). — Dagegen befindet sich ein Polizeibeamter nicht in der rechtmäßigen AusÜbung seines Amtes, wenn er sich in einen privatrechtlichen Streit einmischt, nicht um die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten, sondern im Interesse eines der Streitenden: OT. (O. XV, 647). 20. Das dem Dermiether an gewissen Sachen des Miethers zustehmde Pfand- und Retentionsrecht giebt jenem nicht die Befugniß, diese Sachen auch Dem Exekutor gegenüber, welcher sie für eine fremde Forderung gepfändet hat, zurückzuhalten; der zu dem Behufe geleistete Widerstand fällt daher unter § 113, und kann nicht etwa als Akt der Nothwehr angesehen werden, da das Pfandrecht durch das Abholen der Sachen zum gerichtlichen Gewahrsam nicht verloren geht und mittels der Jnterventionsklage geltend zu machen ist; so: OT. (O. XVII, 550). 21. Der Widerstand muß dem Beamten „in der rc. Ausübung seines AnUeS" geleistet fein, der Angriff muß „während der rc. Ausübung" stattgefunden haben; es muß somit die Ausübung bereits begonnen haben; Gewaltthätigkeiten rc., welche auf der Reise nach dem Orte, wo die Amtshandlung vorgenommen werden 'oll, verübt werden, fallen nicht unter den §: SRI. 24. Juni 86 (E. XIV, 259). Die Ausübung hat begonnen, sobald der Beamte an Ort und Stelle seinen Witten zu erkennen gegeben hat, unverweilt die betr. Vollstreckungshandlung vorzunehmen; ogl. RH- 31. Jan. 82, RUI. 30. April 91, SRI. 16. Nov. 93 (R. IV, 97; E. XXII, 27; XXIV, 389), OT. 69 (O. X, 512); so genügt z. B. schon die Aufforderung, rine Waffe niederzulegen, damit der Gefahr eines Angriffs vorgebeugt und eine AerHaftung erleichtert werde: SRII. 12. Juli 81 (E. IV, 374); vgl. n. 8 und Rill. 23. Febr. 88 (R. X, 179: rechnet überhaupt jeden Fall hierhin, wo die Ausführung einer Amtshandlung als einer auf Beschluß oder Anordnung beruhenden Maßr'gel unmittelbar bevorstand). — Ferner darf die Vollstreckung noch nicht vollstärdig beendigt sein: RUI. 12. Juni 84 (A. X, 201), OT. 69 (O. X, 468). Doch erkarnte Dresd. (StZ. I, 269), daß ein unmittelbar auf die Amtshandlung folgender An­ griff (nicht aber eine Wiederstandleistung im engeren Sinne; erster Satz des § 113 Abs. 1) als „während der Amtsausübung" begangen angesehen werden könne; ebetfo: Münch. (BE. VI, 470: sofern er mit der Amtshandlung in ursächlichem Zusamnenhange stehe); vgl. dt. Rill. 12. Juni 84. 22. Eine nur in Beziehung auf eine Amtshandlung (also nicht in „Arsübung" derselben) gegen den Beamten verübte Gewalt füllt nicht unter § 113: LT. 63 (O. IV, 109); desgleichen nicht eine Drohung, welche einen Beamten von euer künftig etwa beabsichtigten Amtshandlung abzuhalten bezweckt: Münch. (BE. II, 174); vgl. n. 21. In Füllen letzterer Art kann vielmehr nur § 114 Platz greien, sollte auch die Drohung dem Beamten zu einer Zeit widerfahren sein, wo er sich (anderweitig) in Ausübung seines Amtes befand: SRIII. 22. Febr. 88 (R. X, V9); vgl. übrigens § 114 n. 17.

Lhl. IL Abschn. VI. Widerstand gegen die Staatsgewalt. — § 113.

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23. Als Dolus wird außer dem Willen, Widerstand zu leisten rc., die Kenntniß (das Bewußtsein) vorausgesetzt, daß der Andere ein Beamter und daß er in der Ausübung seines Amtes begriffen sei: RI. 22. April 80, RlV. 24. Juni, 27. Sept. 87 (R. I, 642; IX, 382. 473), OT., OA. (O. XII, 569. 622). Bestreitet der Angeklagte diese Kenntniß, so ist deren Feststellung zur Verurtheilung nöthig: Rill. 3. Mürz 84, Stuttg. (A. IX, 488; WGbl. XI, 235), Bind. II, 591; vgl. auch OT. (O. X, 137), Rüd. n. 3 und unten n. 47 a. 24. Anlangend dagegen die Rechtmäßigkeit der Amtsausübung, so schließt die irrige Annahme des Gegentheils auf Seiten des Angeklagten dessen Dolus nach der in der Rechtsprechung herrschenden Ansicht nicht aus; so insbesondere: Rill. 30. Oft. 80, RH. 5. Nov. 80 (E. 111, 14; II, 423), indem sie aus der Entstehungs­ geschichte des § folgern, daß jene Rechtmäßigkeit kein Thatbestandsmerkmal, vielmehr die Unrechtmäßigkeit nur ein Strafausschließungsgrund sein solle (§ 59 n. 16); ferner RH. 7. Febr. 82, RlV. 27. Juni 84, RI. 1. Dez. 92, Rill. 20. Juni 89 (R. IV, 132; R. VI, 478; E. XXIII, 334; GA. 37 s. 291), OT. (O. XIII, 180; XIV, 488. 708; XVII, 40), Schw. n. 16, Meyer, Ein!, s. XXVIII, Rüd. n. 10, Neumann, GA. 22 s. 224, Lucas, subj. Verschuldung s. 26; a. M.: ML. s. 818 (: doch genüge schon dolus eventualis), Bind. II, 587, Olsh. n. 28, HStR. II, 815 (ebenso), Hiller, GSaal 27 s. 9ff. (sofern der Irrthum kein Rechtsirrthum sei), vgl. auch § 110 n. 13, Schütze s. 265, Schwarze, Sten. Der. s. 409, OT. (O. XVII, 736, GA. 23 s. 508: letzteres Erk. betraf eine Anklage aus § 117 ; sei eine Reg.-Vdn., welche den Förstern das Recht beilege, die Vorzeigung der Jagdscheine zu fordern, nicht publicirt, so sei zu prüfen, ob der Angeklagte von jenem Rechte anderweitig Kenntniß erlangt habe) u. RII. 23. März 80 (E. I, 331: erwog, ob der Angeklagte das Bewußtsein von der Rechtmäßigkeit der Amtsausübung gehabt, könne schon deshalb dahingestellt bleiben, da jener sich in den Vorinstanzen aus eine Unkenntniß in Betreff dieses Umstandes nicht berufen habe und jedenfalls nur unter dieser Voraussetzung eine spezielle Feststellung jenes Bewußtseins nothwendig gewesen wäre). — Selbsthülfe oder Selb st Vertheidigung gegenüber einem in rechtmäßiger Amtsausübung befindlichen Beamten ist nicht gestattet. R. 26. Jan. 92 u. 27. Febr. 94 (E. 22, 300 it. 25, 150). 25. 26. Handelte der Angeklagte mit der im Gesetz vorausgesetzten Kenntniß (n. 23ff.), so ist es gleichgültig, wie er zu derselben gelangt ist; insbesondere bedarf es dazu nicht einer besonderen Belehrung Seitens des Beamten noch eines äußeren von diesem getragenen Erkennungszeichens, sollte solches auch instruktionsmüßig vorgeschrieben sein; vgl. n. 15. 27. Außerdem wird beim Widerstände (nicht auch beim Angriffe, vgl. n. 44) als Dolus noch die Absicht erfordert, die Ausführung der Amtshandlung zu hindern, bezw. den Beamten zu veranlassen, von derselben abzustehen; ebenso: Rill. 3. Mürz 84 (A. IX, 488), OT. (O. XVIII, 277). Jener muß also gegen die Thätigkeit des Beamten gerichtet sein, sein erkennbarer Zweck dahin abzielen, diese resp. ihre Fortsetzung abzuwehren. Demgemäß gehört ein gewaltsames Auf­ treten, welches die Amtshandlung weder beeinträchtigen noch hindern soll, nicht hier­ her; OT. (O. XV, 607: Jemand hatte den verhaftenden Gendarmen bei Seite ge­ schoben, bloß um vom Verhafteten Abschied zu nehmen). 28. Der Widerstand gegen den Gebrauch der Waffe, zu welchem ein Be­ amter rc. bei Vornahme einer rechtmäßigen Diensthandlung befugter Weise schreitet, ist gleichfalls aus § 113 strafbar, selbst rücksichtlich dessen, wider den sich die An­ wendung der Waffe richtet, mindestens dann, wenn derselbe die Widerstandshand­ lung vorgenommen hat, eben um der Dienstthätigkeit des Beamten Widerstand zu leisten und nicht bloß, um den ihm drohenden Hieb abzuwenden; so: OT. (O. XIX, 16). Vgl. 27. 39. 29. Endlich muß der Widerstand „durch Gewalt oder Bedrohung mit Ge­ walt" geleistet sein. Die bloße Bereitung rein sachlicher Schwierigkeiten oder Hindernisse, z. B. die Entfernung oder Zerstörung der Objekte der Amtshandlung, genügt nicht: OT. 55, 61, Dresd. (GA. III, 833; O. I, 526; StZ. II, 266). — Jene, die Gewalt, besteht in einer körperlichen Kraftäußerung, welche ^unmittelbar oder mittelbar] gegen die Person des Beamten gerichtet (: Rill. 5. Febr. 85, R. VII, 85), der Thätigkeit des letzteren hindernd entgegentritt und denselben nöthigt,

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Thl. II. Abschn. VI. Widerstand gegen die Staatsgewalt. — § 113.

auch seinerseits zur Beseitigung des Hindernisses eine erhöhte Kraftanstrengung an­ zuwenden, oder aber von der Amtshandlung abzustehen: RI. 1. Nov. 80 (R. II, 423), OT. (O. XVII, 51). Diese Gewalt braucht nicht nothwendig „an der Person'" des Beamten verübt zu sein; vgl. § 117 Abs. 2, welcher letzteres als Strafschärfungs ­ grund behandelt; ebenso: OT. (O. XX, 311). 30—37. Es entspricht dem Gesetze, Gewalt anzunehmen, wenn Jemand, welcher von einem Orte entfernt werden soll, Widerstand leistet durch Sich-An­ klammern, -Stemmen (gegen den Boden rc.) oder -Festhalten; vgl. NI. 1. Nov. 80, »III. 7. Mai 85 (E. II, 411; R. VII, 280), OT. (O. XVI, 93; XVII, 51; XX, 311), ML. s. 819; vgl. übrigens n. 39, wenn Jemand sich von dem ihn festhaltenden Beamten losreißt bzw. loszureißen sucht: RI. 2. Febr. 80 (R. I, 305), OT. 24. Juni 58, oder den Beamten hinausdrängt: OT. 11. Sept. 55, oder ihn, um die Amtshandlung zu hindern, ein sperrt: RIV. 5. Nov. 95 (E. 27, 405), OT. 62 (O. II, 391); a. M.: Dresd. (StZ. V, 33); vgl. § 239 n. 11, wenn Jemand die vom Beamten im Zügel ergriffenen Pferde eines Fuhrwerks zum Fortgehen antreibt: OT. 8. Sept. 52, oder mit Erfolg einen Hund auf ihn hetzt (der Hund ist hier Werkzeug): Münch. (BE. V, 316); vgl. »III. 21. Jan. 89 (GA. 37 f. 158). — Dasselbe gilt von dem (wenn auch nur versuchten) Entreißen einer amtlich in Besitz, z. B. in Beschlag genommenen Sache: OT. 57, Dresd. (SGZ. 23 s. 12); a. M.: Dresd. (eit. n. 29: es sei dieses zwar ein Gewaltakt, aber nicht nothwendig Widerstand); vom Festhalten der Sache, welche der Beamte wegnehmen will: Rill. 5. Febr. 85 (R. VII, 85: speziell Ringen um einen Gegenstand). OT. 14. Mai 52, Münch. (BE. V, 362: gewaltsames Festhalten), von der Beibringung eines die Handlungskraft des Beamten lähmenden Opiats; a. M.: Schw., SGZ. XVI, 45. 38. Dagegen ist Gewalt nicht anzunehmen, wenn Jemand dem Beamten die Thüre, durch welche dieser eintreten will, verschließt (: Rill. 11. Jan. 83, R. V, 24) oder vertritt; vgl. n 29. 39; nur dann, wenn der Beamte versuchte, den Vertretenden aus dieser Stellung zu entfernen, und wenn ihm hierbei direkt thätlicher Widerstand geleistet würde, läge Gewalt vor: OT. 52 (GA. I, 76). In Betreff des Zuhaltens der Thüre vgl. jedoch Berlin (Johow II, 290). 39. Bloßer Ungehorsam gegen die Anordnungen des Beamten kann nie als „Gewalt" angesehen werden, der sog. passive Widerstand genügt nicht: OT. (O. XII, 97), z. B. die Weigerung, eine verschlossene Thüre zu öffnen, ferner ein (die Ausführung der Amtshandlung erschwerendes) bloß passives körperliches Verhalten: »III. 5. Febr. 85 (R. VII, 85); z. B. ein Sich-Niederwerfen: OT. 51 (Entsch. dess. 22 s. 70), Stuttg. (WGbl. XII, 136); vgl. jedoch: OT. (O. XVII, 51: letzteres sei nicht nothwendig ein Widerstandsakt), ferner der Fall, wo Jemand seiner Fort­ führung nur die Schwere des Körpers entgegensetzt: OT. (O. XII, 551). Keines­ falls wird aber die Anwendbarkeit des § schon dadurch ausgeschlossen, daß das Verhalten ein bloß defensives war: Münch. (BE. V, 362: Fall des § 117). Vgl. n. 29. 40. Ueber den Begriff der „Bedrohung" vgl. § 48 n. 30. Hier muß die Drohung eine „Gewalt" zum Gegenstand haben, und das Mittel sein, durch welches dem Beamten Widerstand geleistet wird. Es muß daher dem Beamten eine gegen seine Person gerichtete Gewalthandlung in Aussicht gestellt sein, um ihn dadurch zu veranlassen, von seiner Amtshandlung abzustehen: OT. 68 (O. IX, 164). Daraus folgt, daß die Natur der „Gewalt", mit welcher gedroht wird, nicht durchaus gleichgeartet mit derjenigen ist, durch welche unmittelbar Widerstand geleistet wird; es kommt vielmehr bei jener darauf an, ob sie so geartet war, die Freiheit der Entschließung des Bedrohten hinsichtlich der ihm obliegenden Amtshandlung aufzuheben; a. M.: Schw., SGZ. XV, 271. Dazu kann schon die Bedrohung mit Hinauswerfen genügen: Münch. (BE. IX, 549). Trifft jenes zu, so kommt es nicht darauf an, ob die Drohung genau erkennen ließ, welche Art der GewaltanWendung in Aussicht gestellt war und ob dieselbe eine „gegenwärtige Gefahr" mit sich brachte. 41. Der Widerstand gegen einen Beamten ist auch dann strafbar, wenn er von einem Andern als. dem durch die Amtshandlung Betroffenen ausging: OT. 69, Dresd. (O. X, 508. 603; SGZ. 22 s. 13). 42. Ob durch den Widerstand der beabsichtigte Erfolg, die Ausführung der Amtshandlung zu hindern (n. 26), erreicht wird, ist für den Thatbestand gleichgültig;

Thl. II. Abschn. VI. Widerstand gegen die Staatsgewalt. — § 113.

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auch eine vergebliche Thätigkeit dieser Art enthält das vollendete Vergehen, wenn im Uebrigen die Begriffserfordernisse des § vorliegen: OT. (GA. 23 s. 506), Münch, (dt. n. 40); vgl. n. 44. 43. Der Widerstand gegen eine Amtshandlung wird dadurch nicht straflos, daß der Angeklagte selbst ein zur Zeit im Dienste sich befindender Beamter ist: OT. 61 (O. I, 465); wohl aber tritt Straflosigkeit ein, wenn der Beamte in der (irrigen) Ueberzeugung handelte, er sei amtlich dazu berufen, der Anitsthätigkeit des Andern Widerstand entgegenzusetzen: OT. 26. März 58. 44. Als „thätlicher Angriff" ist jede vorsätzliche, unberechtigte, gegen die Person des Beamten in feindseliger Richtung verübte Thätlichkeit zu betrachten; daß sie eine „gewaltthätige" oder zum Zwecke des Widerstandes (der Abwehr) vorgenommen sei, ist hier nicht erforderlich: RH. 11. Mai 80, Will. 3. März 84, RI. 2. Nov. 85 (A. II, 7; IX, 488; E. XIII, 105: in Betreff des letzteren Punkts), Dresd. StZ. II, 153), Münch. (BE. III, 202), Wolfenb. (Br. Z. 22 s. 23), ML. s. 820; vgl. n. 26, OT. (O. XX, 182); a. M.: Schütze s. 266, John s. 125, Neumann, GA. 22 s. 218. Der Anlaß oder Zweck des Angriffs ist vielmehr gleich­ gültig, letzterer daher z. B. auch dann nach § 113 strafbar, wenn er ledmlich auf Verschaffung der Genugthuung für eine Beleidigung abzielt: dt. Rill. 3. März 84, Dresd. (SGZ. 21 f. 206). — Eine bloße Drohung, z. B. das Erheben einer Waffe, genügt nicht: Meckl. OG. GSaal 24 s. 312; wohl aber, der herrschenden Meinung zufolge, ein fehlgeschlagener Angriff, z. B. wenn Jemand wider einen Beamten ein Meffer zückt oder mit dem Arm zum Schlage ausholt, aber an der Ausführung des Stoßes bezw. Schlages verhindert wird; so: Wolfenb. (Br. Z. 24 s. 1), Rl. 18. Nov. 82 (E. VII, 301), oder mit einem Steine gegen denselben wirft (Rl. 14. April 98; GA. 46, 214); oder seinen Hund, wiewohl vergeblich, auf ihn hetzt; so: Münch. (BE. VI, 470); vgl. Rill. 12. Juni 84 (A. X, 201: Angriff im Sinne des § 117 umfasse jede in feindseliger Willesrichtung auf den Körper eines Andern zielende Einwirkung), RII. 26. Sept. 90 (GA. 38 s. 359: der Begriff des „thätlichen Angriffs" im Sinne der §§ 113. 117 erheische daher keineswegs eine körperliche Berührung). Auch das Unternehmen der Einsperrung der Beamten genügt. RII. 29. Nov. 95 (E. 28, 32). Ob der Angriff den beabsichtigten Erfolg erreichte, ist gleichgültig: Wolfenb. (Br. Z. 22 s. 23); vgl. n. 42. 45. Der Widerstand rc. gegen eine Privatperson fällt nur dann unter den § (Abs. 3), wenn jene Person zur „Unterstützung des Beamten zugezogen" war, nicht also wenn die Privatperson, ohne „zugezogen" zu sein, dem Beamten Hülfe leistet: OT. (O. XIII, 402), und ebensowenig wenn eine Privatperson mit der ganzen Ausführung der Handlung beauftragt war; a. M. (in Betreff des letzteren Punktes): Stuttg. (WGbl. IX, 220). Gleichwohl ist die fortgesetzte umnittelbare Anwesenheit des zuziehenden Beamten nicht unerläßlich; es ist Gegenstand der thatsächlichen Beurtheilung des Einzelfalles, ob trotz der zeitweiligen Entfernung desselben die betreffenden Personen noch als von ihm zu gedachtem Zwecke zugezogen erscheinen. Jedenfalls darf sich die Thätigkeit des Zugezogenen nicht zu einer unabhängigen entwickeln. R1V. 23. März 99 (E. 32, 246). — „Zur Unterstützung" zugezogen sind nicht schon von Rechtswegen die kraft gesetzlicher Vorschrift bei gewissen Amtshandfangen zuzuziehenden Zeugen als solche; vgl. jedoch (bezüglich des § 759 der CPO.): Münch. (BE. II, 237). 46. Gleichgültig ist, ob die Zuziehung rc. durch den betreffenden Beamten selbst oder durch dessen Vorgesetzten erfolgt: OT. 5. Juni 61. Auch die Polizei­ behörde, ja selbst die zugezogene Person selbst, kann die Zuziehung vornehmen. Olsh. n. 8, v. Streit, Widersetzung S. 114. — Die Zuziehung kann auch schon vor der Widerstandsleistung u. s. w. stattgefunden haben. 47. Abs. 3 ist auf alle zur Unterstützung zugezogenen Privatpersonen anzuwenden, also nicht beschränkt auf zeitweise beschäftigte Hülfs-Beamte: OT. 17. Febr. 60; auch ist da, wo kraft Gesetzes, z. B. gemäß § 105 der StPO., bei gewissen Amts­ handlungen rc. Zeugen zuzuziehen find, zur Unterstützung die Zuziehung fernerer Personen nicht ausgeschlossen, vielmehr dem Ermessen des betr. Beamten überlassen: RI. 10. Juli 93 (E. XXV, 253). Ein Gefängnißbeamter kann selbst Gefangene zu­ ziehen: OT. 63 (O. IV, 236). Auch solche Personen, welche nicht von einem Dollstreckungsbeamten, sondern von den in Abs. 3 erwähnten Mannschaften zur Unter-

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Thl. II. Abschn. VI. Widerstand gegen die Staatsgewalt. — § 113.

stützung zugezogen find, stehen unter dem Schutze des § 113. SRI. 10. Juli 93 (dt.) u. III. 15. Febr. 00 (GA. 47, 160). 47 a. Dem Angeklagten muß die Eigenschaft der Privatperson als einer zuge­ zogenen (n. 45ff.) bekannt sein; dieses .Bekanntsein folgt nicht nothwendig schon daraus, daß jener wahrnahm, daß die Thätigkeit der Privatperson in Gegenwart und mit Wissen des Beamten erfolgte: Meves n. 10; vgl. n. 23. 45. 48. Im Schlußsätze des Abs. 3 wird bei den „Mannschaften rc." ebenso, wie im Abs. 1 eine rechtmäßige Ausübung der Dienstgewalt vorausgesetzt: RII. 24. Okt. 84 (E. XI, 175), OT. (O. XII, 587; XIII, 386), Jena (Doll. 25 s. 357). — Ueber die Befugniß der Pr. Wachmannschaften, Ruhestörer zu verhaften und zu dem Behufe den Hauseintritt mit Gewalt zu erzwingen, vgl. SRI. 2. Febr. 80 (R. I, 305). — Es genügt, wenn die betr. Handlung gegen ein einzelnes (im Dienst befindliches) Mitglied der bewaffneten Macht rc. verübt ist. 49. Zur „bewaffneten Macht" gehören das Heer, die Marine und der Landsturm: BGes. v. 9. Nov. 1867 § 2. Dom Heere kommen hier nur die „Personen des Soldatenstandes" (mit Einschluß der Spielleute: SRI. 2. Nov. 85, E. XIII, 105) in Betracht, sowohl Gemeine und Unteroffiziere wie Offiziere; nicht auch Militär­ beamte; vgl. das Verzeichniß in der Beil. z. Mil.-StGB. — In Preußen find die Gendarmen den Mitgliedern der bewaffneten Macht gleichgestellt durch DienstJnstr. v. 30. Dez. 1820 § 14; vgl. Ddn. v. 23. Mai 1867 § 15, unten § 359 n. 49 und (andererseits): Hecker i. GA. 31 s. 92ff. Deren örtliche Zuständigkeit ist nicht auf den Bezirk beschränkt, welchem fie speziell zugewiesen find; so: OT. (O. XVII, 627) unter Hinweis auf § 21 jener Jnstr., welcher dies jedoch nicht in solcher Allgemeinheit ausspricht. — In Betreff des Begriffs „Mannschaften der bewaffneten Macht" vgl. Mil.-StGB. § 12. — Dgl. auch n. 47 a. E. 49a. Freiwillige Feuerwehren fallen nicht unter Abs. 3: Olsh. n. 10; a. M.: Dresd. 19. Jan. 77, StZ. 7, 261. 50. Haben die gegen die Person des Beamten rc. zum Zwecke des Widerstandes vorgenommenen Gewalthandlungen oder der gegen ihn gerichtete Angriff den Charakter der vorsätzlichen Körperverletzung oder Mißhandlung, so werden die Grundsätze von der Ideal-Konkurrenz anwendbar; vgl. § 223 n. 21 und Münch. (BE. VI, 382). 51. Ueber das Verhältniß des § 113 zu den §§ 114ff. vgl. § 114 n. 17; § 115 n. 7. 8; § 116 n. 12. 13; § 117 n. 1. 14. Ideale Konkurrenz des § 240 mit § 113 ist für diejenigen Fälle ausgeschlossen, in welchen die besonderen Voraussetzungen des § 113 gegeben sind. RII. 18. Jan. 98 (E. 31, 3). 52. 53. Insoweit die Ab gab engesetze, z. B. DZollgesetz §§ 161 ff., Branntweinsteuergesetz § 27, besondere Vorschriften über den einem Auffichtsbeamten ge­ leisteten Widerstand enthalten, sind dieselben (nach EG. § 2; vgl. dort n. 7) neben §113 in Kraft verblieben. §113 wird dagegen anwendbar, insoweit jene besonderen Vorschriften nicht zutreffen: OT. (O. XIV, 717). 54. In Betreff des Widerstandes, welcher von Schiffsleuten gegen den Schiffer verübt wird, vgl. Seem.-O. §§ 89—92. Das Ges. v. 21. Nov. 1887 (RGBl. 1888 S. 169) über Telegraphenkabel erklärt im § 3 die §§ 113. 114 für anwendbar, wenn die dort vorgesehenen Handlungen wider die in Art. 10 des internat. Vertrags v. 14. März 1884 genannten Schiffsbefehlshaber während der Ausübung ihrer Befugnisse begangen werden. Bez. des Widerstandes (Angriffs) bei Pfändungen, welche auf Grund des Pr. FFP.-Ges. stattfinden, vgl. dort § 17 Nr. 2 und Rill. 13. Nov. 84 (R. VI, 731). 55. Im Uebr. vgl., was das Verhältniß der §§ 113ff. zur Landesgesetz, gebung betrifft, EG. § 2 n. 17, HStR. I, 115 (hält letztere für befugt, die ohne Gewalt oder Bedrohung verübte Behinderung eines Beamten zu verpönen). Vgl. ferner Pr. Jagdsch.-G. v. 31. Juli 1895 §§ 7. 8. 56. Inwiefern in einer schwurgerichtlichen Verhandlung über eine Anklage aus § 115, falls nicht aus diesem §, sondern aus § 113 verurtheilt werden soll, der Hinweis auf den veränderten Gesichtspunkt (§ 264 der StPO.) erforderlich ist, darüber vgl. Rill. 5. Mai 92 (GA. 40 s. 141). 57. Zuständig ist Strafkammer bezw. SchöffenG.: GVG. §§ 751. 731.

Thl. II.

Abschn. VI. Widerstand gegen die Staatsgewalt. — § 114.

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§ 114. Wer es unternimmt, durch Gewalt oder Drohung eine Behörde oder einen Beamten zur Vornahme oder Unter­ lassung einer Amtshandlung zu nöthigen, wird mit Gefängniß nicht unter drei Monaten bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängniß­ strafe bis zu zwei Jahren ein. [I. (Siitro.: § 95; II. Gntro.: § 112; StB. S. 431; Nov. Art. I § 114; StB. S. 647; Pr. StGB.: § 90.] § 114.

1. Der § ist bestimmt, die Autorität der Staatsgewalt sowie die Freiheit der Entschließung ihrer Organe unbedingt und umfassend zu schützen: RIV. 6. Mai 84, 8. Nov. 89 (R. VI, 358; E. XX, 35), OT. (O. XVII, 444). 2. 3. Ueber die Bedeutung der Worte: „Wer es untern immt . . ." vgl. § 82 und die Bemerkungen zu demselben, ferner unten n. 6. 4. Bez. des Begriffs der „Gewalt" vgl. § 52 n. 4. 5: diese braucht hier nicht wie dort eine „unwiderstehliche" zu sein. — Bez. der „Drohung" vgl. § 48 n. 30; auf die Natur des angedrohten Uebels kommt hier weiter nichts an; insbesondere braucht dasselbe nicht, wie in den Fällen der §§ 106. 107, eine strafbare (oder auch nur unberechtigte: cit. RIV. 6. Mai 84) Handlung darzustellen; a. M.: Bind. II, 527; noch als ein unmittelbar bevorstehendes angekündigt zu sein, noch auch eine „gegenwärtige Gefahr rc." zu begründen (anders in den Fällen der §§ 52. 176 Nr. 1. 177. 252. 255); eine bedingte Drohung kann genügen; ebenso die Bedrohung mit einer Herausforderung zum Zweikampfe: OT. 58 (GA. VII, 540), mit einer Veröffentlichung durch die Presse: OT. (cit. n. 1), nicht aber diejenige mit einer bloßen Unannehmlichkeit: RUI. 4. Dez. 82 (A. VII, 7). Das Jnausstchtstellen einer Beschwerde oder Klage ist nicht ohne Weiteres (zumal, wenn der Beamte korrekt gehandelt hat), als „Drohung" aufzufaffen: RIV. 23. Sept. 90 (GA. 38 s. 352), II. 7. Juni, 7. Dez. 94 (GA. 42, 239 u. 404). 5. „Gewalt" und „Drohung" kommen hier als Mittel zu einer „unter­ nommenen", also gewollten, „Nöthigung" in Betracht; durch sie soll auf den Witten deS Beamten rc., etwas zu thun rc., eingewirkt werden. Gewalthandlungen, welche selbst unmittelbar das Beabsichtigte (z. B. die Hinderung einer Amtshandlung durch Festhalten oder Einsperren des Beamten) bewirken, können nur aus § 113 oder § 239 strafbar sein: OT. (O. XIV, 797). Vgl. § 240 n. 1. — Die Drohung brauch nicht direkt gegen den zu Nöthigenden selbst oder einen seiner Angehörigen sich zu richten, sobald nur das dem Dritten in Aussicht gestellte Uebel zugleich als ein solches für den zu Nöthigenden erscheint: RUI. 21. Mai 81 (R. III, 317). 6. Ist der beabsichtigte Erfolg der unternommenen „Nöthigung" nicht er. reicht worden, steht sonach nur das „Unternehmen" (der Versuch) einer solchen in Frage, so muß die angewendete Gewalt (Drohung) — um als taugliches Mittel (§ 43 n. 9) zu gelten — geeignet gewesen sein, die Handlungsfreiheit des zu Nöthigenden (nach seiner Individualität) zu beeinträchtigen, ihn zu bestimmen, dem auf ihn ausgeübten Zwange nachzugeben: Geyer, HH. III, 576; a. M.: Rill. 21. Mai 81 (cit. n. 5: betr. eine Anklage aus § 240). Dazu genügt es aber auch hier, wenn das angewendete Mittel möglicherweise jene Wirkung hätte hervorbringen können, mithin nicht absolut untauglich war. Andererseits ist es nicht unerläßlich, daß die Drohung ernstlich gemeint war; es reicht aus, wenn sie auf den Anderen den Eindruck einer ernstlich gemeinten machen sollte; ebenso: cit. RUI. 21. Mai 81 (: der Angeklagte müsse daher auch die Drohung für geeignet zur Herbeiführung des Erfolges gehalten haben). — Dieselben Grundsätze finden überall Anwendung, wo es sich um das „Unternehmen" oder den Versuch einer Nöthigung handelt (§§ 106. 107. 122. 176 Nr. 1. 177. 240. 253—255; Gew.-O. § 153; Seem.-O. §§.89ff.). In allen solchen Fällen wird die Strafbarkeit dadurch nicht ausgeMossen, daß das Unternehmen lediglich deshalb ohne Erfolg blieb, weil der zu Nöthigende dem auf ihn ausgeübten Zwange widerstand: OT. (O. XIV, 378).

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Thl. II. Abschn. VI. Widerstand gegen die Staatsgewalt. — § 114.

7. „Behörde" ist jedes (unmittelbare oder mittelbare) Organ der Staats­ gewalt, welches dazu berufen ist, unter öffentlicher Autorität nach eigenem Ermessen (mithin selbständig und nicht lediglich in Vollziehung fremder Anordnungen) für dre Herbeiführung der Zwecke des Staats bezw. derjenigen Zwecke, deren Förderung zu den Aufgaben des Staats gehört, thätig zu sein; kollegialische Zusammensetzung wird nicht erheischt: Rl. 13. Mai 80, RU. 3. Oft 84 (R. I, 770; E. XI, 132), OT. (O. XVI, 665). Doch forderte Rlll. 8. Jan. 83, RPl. 14. Nov. 88 (E. VIII, 5; XVIII, 246) eine durch Recht und Verfassung dauernd geregelte Organisation des Amts; diese könne sich zwar auch in der büreaukratischen Form eines einzigen, nur von subordinirten Untergebenen unterstützten Beamten darstellen, immerhin müsse aber das Amt als solches in einer bestimmt geregelten Gliederung ein organischer, von dem Wechsel der Person unabhängiger Bestandtheil der Amts- und Behördenverfassung geworden sein. Ob die eingangs erwähnte Thätigkeit sich nach außen geltend macht oder nur im inneren Organisnms äußert, und ob dieselbe ununterbrochen oder nur unter bestimmten Voraussetzungen stattfindet, ist gleichgültig; vgl. OT. 67 (O. VIII, 8), Will. 20. Febr. 88 (R. X, 168); ebenso die Art der Berufung zum Amte: diese braucht daher nicht unmittelbar von der Staatsgewalt auszugehen: cit. RI. 13. Mai 80. Ebensowenig bedingt es der Begriff, daß der eine Behörde repräsentirende Beamte (bereits) vereidet fei: OT. (O. XIV, 788). Im Uebrigen vgl. § 196 n. 4. § 156 n. 1 und bezüglich des Gegensatzes gegen „politische Körperschaft" § 197 n. 2 Als Behörden (worunter auch militärische zu verstehen sind) sind anerkannt worden: 8. 9. 10. 11. Die Schöffengerichte: Will. 16. Mai 89 (E. XIX, 260), die Ehrengerichte der Anwaltskammern: Rill. 20. Febr. 88 (R. X, 168); OT. (O. XVI, 559), die Reichsdruckerei: RIV. 31. Mai 89 (E. XIX, 264) und die Sachverständigen-Dereine im Sinne des Urheberg. v. 11. Juni 1870 § 31 (BGbl. s. 339): WII. 23. Rov. 91 (E. XXII, 258); in Preußen: die Universitütsfakultäten (auch in Mecklenburg): WII. 9. März 88 (R. X, 227); die Gerichtsfasse: RII. 10. Jan. 88 (R. X, 23); die Inspektionen der fiskalischen Bergwerke OT. 75 (O. XVI, 721); der Magistrat einer Stadt: Will. 8. Febr. 82, RIV. 1. Rov. 89 (R. IV, 135; GA. 37 s. 425). Dasselbe gilt von städtischen Depu­ tationen und Kommissionen, welche zur dauernden Verwaltung einzelner Geschüftszweige des Gemeinwesens aus Mitgliedern des Magistrats und der Bürgerschaft gebildet werden: OT. (Pl.) 27. Mai 39 (Entsch. dess. IV, 273); von einer städtischen Schuldeputation (sofern statutarisch nichts Anderes bestimmt ist): WII. 28. Okt. 81 (R. III, 655: Fall des § 196; die Unterordnung unter den Magistrat ändere hieran nichts), OT. 61 (O. I, 470); vgl. jedoch unten n. 12a; von einerstädtischen Armenkommission: OT. 64 (O. IV, 489); von einem städtischen Hospitalvorstande: OT. 65 (O. V, 507); von einer Klaffensteuer-Einschätzungs-Kommisston: WII. 27. Mai 84 (R. VI, 379), OT. 67 (O. VIII, 108); vgl. n. 11; von einer städtischen auf Grund der Stüdte-O. v. 30. Mai 1853 § 59 oder einer anderen Städte°O. eingerichteten Sparkassenverwaltung und den Kreis-Sparkassenverwaltungen: Inn.MVf. v. 26. April 1880 (DMbl. s. 201), RI. 1. Mai 82 (E. VI, 247: speziell im Sinne des § 196); von den Aeltesten der Berliner Kaufmannschaft: RII. 3. Okt. 84 (E. XI, 132);— die Rentenkammer eines vormals unmittelbaren Reichsstandes: OT. 27. April 54; dagegen nicht ein Notar: W. 14. Nov. 88 (cit. n. 7); in Bayern: ein Kapitalrentensteuer, und Landgemeindeausfchuß: Münch. (BE. VII, 433; StZ. I, 162), ein Armenpflegschaftsrath: Münch. (BE. I, 417: speziell im Sinne des § 196), dagegen nicht ein Distrikts- oder Bezirkstechniker: RI. 5. März 94 (E. 25, 140); in Baden, Württemberg: ein Gemeinderath bezw. ein Gemeinderathskollegmm: RI. 13. Mai 80, 7. Nov. 92 (R. I, 770; E. XXIII, 293), WGbl. V, 253, aber nicht ein badischer Waisenrichter: RI. 13. Nov. 99 (E. 32,365); im Kgr. Sachsen eine Ortsabschätzungs-Kommission: Dresd. (SGZ. 22 s. 169). 12. Auf kirchliche Behörden trifft die unter n. 7 gegebene Begriffsbestimmung nicht zu; sie sind daher auch im § 114 nicht mitverstanden; vgl. WIV. 5. Juli 92 (E. XXIII, 202). Inzwischen gehören dieselben im weiteren Sinne des Worts, wie es im § 196 gebraucht ist, gleichfalls zu den „Behörden"; so im Geltungsgebiete der Pr. Synodal-O. v. 10. Sept. 1873 die Kreissynoden: cit. WIV. 5. Juli 92, und

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deren Vorstände; so: OT. (O. XIX, 35); auch der Gemeindekirchenrath. Vgl. auch Pr. JMVf. v. 21. März 1882 (JMbl. s. 56). 12a. Dagegen sind keine Behörden: die Direktionen nicht staatlich verwalteter Privateisenbahnen: OT. (£>. XVIII, 271), die rein exekutiven Organe des Polizeidienstes, wie Gendarmen, Polizeidiener und Schutzleute: Rill. 8. Jan. 83 (eit. n. 7), ein Pr. Schulvorstand (RI. 17. Nov. 83 (R. V, 709) scheint dies auch nach dein G. v. 11. März 1872 (GS. s. 715) anzunehmen; vgl. jedoch OT. (O. XIX, 475; XX, 51) und oben n. 9a.) 13. In Betreff der Voraussetzungen der Beamtenqualität vgl. § 359 und die Bemerkungen zu demselben; ferner § 113 n. 2. Auch Offiziere sind Beamte: RII. 16. Juni 96 (E. 29, 15). — Dieser § 114 ist nicht, wie § 113, auf Voll» strecküngs-Beamte zu beschränken, gilt vielmehr allgemein: OT. (O. XVIII, 141); vgl. übrigens n. 17. 14. Eine „Amtshandlung" ist nur diejenige Handlung eines Beamten, welche innerhalb seiner sachlichen und örtlichen Zuständigkeit gelegen und vermöge derselben vorzunehmen ist; ebenso: RI. 24. Sept. 88 (E. XVIII, 350: demgemäß gehöre dahin nicht die Zeugnißablegung über amtliche Wahrnehmungen vor der zuständigen Behörde, da zur Zeugnißablegung jeder Staatsbürger verpflichtet sei). Eine Handlung verliert den Charakter einer Amtshandlung nicht dadurch, daß sie im Einzelfalle nicht gerechtfertigt war; vgl. RI. 13. Mai 80 (R. I, 772: ob bei der Amtshandlung, deren Unterlassung den Gegenstand der damals unternommenen Nöthigung bildete, die Behörde das Gesetz richtig ausgelegt und angewendet habe, sei unerheblich), Jena (GA. 38 s. 70: im Gegensatz zu § 113 setze § 114 die RechtMäßigkeit der Amtshandlung nicht voraus), Münch. (BE. VI, 62), OT. (O. XVII, 444; XVIII, 141; XX, 145); doch ist nach Rill. 29. Okt. 79 (A. I, 30) das Gegentfyeil anzunehmen,, wenn es an den thatsächlichen Voraussetzungen gebricht, von denen das Gesetz die Vornahme der betr. Amtshandlung im Allgemeinen abhängig nracht, oder wenn der Beanlte bei ihrer Vornahme wider ein Verbotsgesetz verstößt. Liegt die betreffende Handlung außerhalb der Zuständigkeit des Beamten, so ist § 114 ausgeschlossen und eventuell § 240 anwendbar: OT. (eit. n. 13), Meves s. 136. Dies erleidet dann eine Ausnahme, wenn der Mangel der örtlichen Zu­ ständigkeit die Wirksamkeit der Handlung als einer Amtshandlung nicht beeinträchtigt, wie es z. B. bei der Aufnahme eines Testaments durch einen Pr. Richter außerhalb seines Gerichtssprengels der Fall ist; vgl. OT. (O. XIII, 472). Andererseits unter­ liegt dem §, gemäß seinem Zwecke (n. 1), sogar die Nöthigung zu einer Amts­ handlung, zu deren Vornahme der Beamte gesetzlich verpflichtet war: Meves I. c. 15. Gemäß OT. (eit. n. 1) kann sogar der Vorsatz, den Beamten durch die Drohung von einer vermeintlich ungerechten Handlung abzuhalten, für die An­ nahme des Dolus genügen. 16. Bei der Nöthigung zum Unterlassen einer Amtshandlung ist es gleich­ gültig, ob der Beamte die künftige Vornahme der letzteren beabsichtigt (: Münch. BE. II, 289) oder dem Thäter ausdrücklich in Aussicht gestellt hatte, sofern sie nur über­ haupt möglich war: OT. (GA. 25 s. 212). 17. Der einem vollstreckenden Beamten geleistete Widerstand (§ 113) stellt, — zumal wenn zu diesem Zwecke Drohungen angewendet sind, — gleichzeitig ein Unternehmen dar, den Beamten zur Unterlassung der Fortsetzung der begonnenen Amtshandlung zu nöthigen. Obgleich daher an sich auch § 114 zutreffen würde, muß doch hier von der Regel des § 73 abgesehen, und der (mildere) § 113 zur An­ wendung gebracht werden, weil beide Gesetze den Thatbestand vorsehen und in solchen Fällen dem enger gefaßten, spezielleren § stets der Vorzug gebührt (§ 73 n. 6): RII. 4. Febr. 81, RI. 12. Mai 81, RIV. 21. Okt. 87, Rill. 18. Nov. 89 (E. III, 334; IV, 143; R. IX, 525; GA. 37 s. 427), Schütze s. 266, Merkel, HH. IV, 226; a. M.: John, HH. III, 126; vgl. OT. (O. XX, 151: hielt den tz 114 um des­ willen für ausgeschlossen, weil er nicht, wie § 113, eine bereits begonnene, sondern immer nur eine erst in Aussicht stehende Amtshandlung voraussetze, wogegen der Antrag des GStA.'s zu diesem Erk. bald den § 113, bald den § 114 angewendet wissen wollte, je nachdem der Thäter im Affekt oder planmäßig gehandelt habe). Treffen dagegen die Voraussetzungen des § 113 nicht zu, so findet auch in den hier erwähnten Fällen § 114 unbedingt Anwendung, z. B. wenn es sich nicht um die

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§ 115. Wer an einer öffentlichen Zusammenrottung, bei welcher eine der in den §§ 113 und 114 bezeichneten Hand­ lungen mit vereinten Kräften begangen wird, Theil nimmt, wird wegen Aufruhrs mit Gefängniß nicht unter sechs Monaten bestraft. Die Rädelsführer, sowie diejenigen Aufrührer, welche eine der in den §§ 113 und 114 bezeichneten Handlungen begehen, werden mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft; auch kann auf Zulässigkeit von Polizei-Aufsicht erkannt werden. Sind mil­ dernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängnißstrafe nicht unter sechs Monaten ein. [I. Entw.: § 96; II. (Sntro.: § 113; Pr. StGB.: § 91; StB. S. 432.] Thätigkeit eines vollstreckenden Beamten handelt: OT. 70 (O. XI, 556); oder wenn die Gewalthandlungen vor dem Beginne der Amtshandlung verübt werden: dt. RII. 4. Febr. 81, OT. 52 (Entsch. dess. 22. s. 71); oder wenn zwar die Fortsetzung einer (früher) begonnenen Amtshandlung in Frage steht, diese Fortsetzung aber einen selbständigen Charakter an sich trägt: RIV. 8. Nov. 89 (E. XX, 35); oder endlich wenn die Thätigkeit des Angeklagten sich nicht als Widerstand gegen die Amts. Handlung charakterisirt. — Ideale Konkurrenz zwischen § 240 u. § 114 ist ausgeschlossen: RH. 18. Jan. 98 (E. 31, 3); ebenso zwischen § 117 u. § 114 Rill. 31. Jan. 01 (E. 34, 113). 18. In Betreff der Nüthigung eines Schiffers durch seine Schiffsleute vgl. Seem.-O. §§ 89—92. 19. Zuständig ist Strafk. bezw. Schöffeng.: GVG. §§ 75l. 2731. § 115. Anstifter: 3. 17. 18. Ansrührer: 8. 14. Ausland: 19. Belagerungszustand: 20. Drohung: 9. Fragstellung: 5. 14. Gefangener, Befreiung: 11.

I uhalt: Gehülfe: 17. 18. Handlungen: 7. 14. 17. Kräfte, vereinte: 8. Mehrheit: 2. Oeffentlichkelt: 2. 6. Rädelsführer: 12. 13. Selbstbegehung: 14.

Thellnehmer: 10. Untern, zu nöthigen: 15 Verabredung: i. 3. Versuch: 7. 15. 16. Vollendung: 7. 16. Zeitpunkt: 10. Zusammenrotten: 1—5.

1. Ueber Militär. Aufruhr vgl. §§ 106—110 Mil. StGB. — „Zufammenrotten" bezeichnet eine bewußte, äußerlich erkennbar gewordene, räumliche Verbindung Mehrerer zu einem sofortigen unerlaubten gewaltthätigen Handeln: OT. (Pl.) 20. April 57 (JMbl. s. 224), OT. (O. XIV, 647: XVIII, 258), BL. s. 384. Daß die Personen vorher räumlich getrennt gewesen, ist nicht erforderlich; es genügt, wenn Personen, welche vorher schon aus einem andern Grunde bei einander waren, sich (in äußerlich erkennbarer Weise) ausdrücklich oder stillschweigend zu einem gemeinsamen rc. Handeln verbinden: OT. 63, 65, 75 (O. III, 531; V, 431; XVI, 363), ML. s. 823 (: näheres Zusammenschaaren schon versammelter Personen rc.); ebenso: Jena (Voll. 23 s. 369). Auch braucht der Akt des Sich-Derbindens keinen tumultuarischen Charakter zu haben: OT. 30. Sept. 54, 2. Juni 61, Schw. a. 3. — Dagegen genügt bloße Verabredung nicht, vielmehr muß die Zusammenrottung sich auch nach außen erkennbar zeigen, weil gerade das maffenhafte Auf­ treten und der dadurch auf Andere hervorgebrachte Eindruck zur Erreichung des beabstchtigten Zwecks wesentlich mitwirken: OA. 68 (O. IX, 270); anders nach dem Mil.-StGB. § 103 und nach der Seem.-O. § 91. 2. Die Zusammenrottung setzt eine Mehrheit (nicht aber eine „Menschenmenge: §§ 116. 124. 125) voraus; wie groß die Zahl sein müsse, unterliegt dem instanzrichterlichen Ermessen; vgl. Mil.-StGB. § 103: „Mehrere". Mit Rücksicht auf das Erforderniß der „Oeffentlichkeit" und auf den ganzen Zweck des § 115 muß hier die Zahl eine größere und geeignet sein, gerade durch ihre Größe die Begehung

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Abschn. VI. Widerstand gegen die Staatsgewalt. — § 115.

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der Handlungen den betr. Beamten rc. gegenüber durchzusetzen; es wird dabei Vieles auf die örtlichen und zeitlichen Umstände des Einzelfalles ankommen. Vgl. OT. (O. XVII, 380). ML. s. 823. Schütze s. 267. 3. Der Begriff der Zusammenrottung ist nicht dadurch bedingt, daß der Einzelne die Selbstbegehung einer anderweiten unerlaubten Handlung beabsichtige; als Dolus genügt vielmehr das Bewußtsein, daß man sich in einer zusammenge­ rotteten Mehrheit befinde, welche irgend welche unerlaubte, gewalttätige Handlungen begeht oder zu begehen im Begriff steht, verbunden mit dem Willen, in dieser Mehr­ heit und als ein Theil derselben zu verbleiben: RI. 1. Juli 80 (R. II, 150), OT. (O. XVI, 364; XVII, 380) und unten n. 4. 8. 10, § 125 n. 7. Der Beweggrund der Neugierde entschuldigt nicht: RIV. 16. und 20. Mai 90 (E. 20, 403 u. 405). Keinenfalls kann von dem Erfordernisse einer vorhergegangenen Verabredung oder eines wechselseitigen Anreizens (Bestimmens) die Rede sein: Rill. 8. Febr. 83 (A. VII, 217: Fall des § 125), OT. 68 (O. IX, 385); vgl. n. 8; § 124 n. 2. 4. 5. Das (n. 3) erwähnte Bewußtsein braucht nicht von Anfang an (beim Entstehen der Verbindung) vorhanden gewesen zu sein; es genügt, wenn es später eintritt: ein Auflauf kann leicht in einen Aufruhr übergehen (vgl. § 116 Abs. 2). Ist dies der Fall, so verwirkt Jeder, welcher mit jenem Bewußtsein freiwillig in der Zusammenrottung bleibt, die Strafe des Abs. 1. 6. Ueber den Begriff der Oeffentlichkeit vgl. § 85 n. 1 ff. Dieselbe ist hier nicht schon durch die Oeffentlichkeit des Orts gegeben, andererseits aber auch nicht durch letztere, sondern durch die Möglichkeit, daß an der Zusammenrottung eine nach Wahl und Individualität der Einzelnen unbestimmte Mehrheit theilnehme, und durch die hierdurch erhöhte Gefährlichkeit der Zusammenrottung bedingt: Rill. 19. Febr. 91, RIV. 14. Mürz 90 (E. XXI, 370; XX, 298); vgl. RH. 23. Okt. 83, OT. 70, 75, Dresd. (ib. X, 381: Fall des § 125; O. XI, 381; XVI, 265; StZ. IV, 284). Demgemäß genügt nicht die abstrakte Möglichkeit einer be­ liebigen Erweiterung durch Anschluß Anderer, es wird vielmehr erfordert, daß die Zusammenrottung — den Theilnehmern bewußt — unter solchen besonderen Um­ ständen erfolgt, welche in concreto geeignet sind, den Anschluß beliebiger sonstiger, nicht zu dem Kreise der ursprünglich Betheiligten gehöriger Personen zuzulassen und herbeizuführen: RIV. 11. April 93 (GA. 41 s. 42: betraf eine Anklage aus § 125). — Eine anfänglich in sich abgeschlossene Verbindung kann zur öffentlichen Zusammenrottung werden, sobald Anderen der unbehinderte Zutritt möglich wird. — Für den Begriff einer „öffentlichen Zusammenrottung" ist es nicht unerläßlich, daß auch die Gewalt öffentlich verübt, oder daß dadurch der allgemeine Rechtsfriede gestört werde. 7. Die Zusanlmenrottung ist nicht strafbar, solange nicht durch die Zusammen­ gerotteten Handlungen geschehen sind, welche den Thatbestand des § 113 ober 114 erfüllen; sie könnte nur einen (straflosen; vgl. n. 16) Versuch des Vergehens darstellen. Dagegen genügt es, wenn auch nur der Thatbestand eines der beiden citt. §§ vor­ liegt, das Gegentheil ist nicht aus dem Bindeworte „und" zu folgern. Der That­ bestand des § 117 genügt nicht, insofern nicht auch § 113 zutrifft. Die Rechtmäßigkeit des Einschreitens (§ 113) ist nicht durch dreimalige Aufforderung im Sinne des § 116 bedingt; letztere ist nur eine Bedingung der Strafbarkeit aus § 116: OT. (O. XVI, 363). 8. Der § setzt ausdrücklich voraus, daß die in den §§ 113. 114 erwähnten Handlungen „mit vereinten Kräften" geschehen. Das ist aber, wie aus Abs. 2 (vgl. auch § 122 Abs. 3) hervorgeht, nicht dahin zu verstehen, als müsse der Ein­ zelne, um strafbar zu sein, außer seiner Betheiligung bei der Zusammenrottung auch noch anderweitig handelnd mitwirken: vielmehr genügt es, wenn dem Willen der zusammengerotteten Menge durch die Thätigkeit Einzelner aus ihrer Mitte Ausdruck gegeben wird; dann stellt die zufammengerottete Menge die vereinte Kraft dar, als deren Produkt jede aus ihrer Mitte hervorgegangene, mit dem Zwecke der Zusammenrottung übereinstimmende Thätigkeit insofern anzusehen ist» als der Einzelne unter dem Schutze der Menge handelt und durch ihre Anwesenheit unterstützt wird; alle sind dann „Ausrührer" (Abs. 2): Dresd. (StZ. V, 282), OT. 55 (JMbl. 56 s. 18); vgl. § 125, welcher ausdrücklich nur eine Theilnahme an der Zusammen­ rottung, nicht auch an den dort ebenfalls vorausgesetzten Gewaltthätigkeiten erheischt, und Jena (cit. n. 1).

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Thl. II. Abschn. VI. Widerstand gegen die Staatsgewalt. — § 115.

9. Ebenso genügt es, wenn der zu Nöthigende (§ 114) die aus der zusammen­ gerotteten Menge laut gewordenen Drohungen vernommen hat; es bedarf nicht des Nachweises, daß derselbe die Drohung des einzelnen Angeschuldigten gehört habe: OT. 68 (O. IX, 316). — Die Drohung kann schon in dem massenhaften Auftreten der zusammengerotteten Menge gefunden werden. 10. Die Worte „Theil nimmt" sind nicht im technischen Sinne (§§47ff.) zu verstehen, beziehen sich vielmehr auf jede Art der Betheiligung. Sie treffen daher jeden, welcher sich vorsätzlich und mit Kenntniß von dem strafbaren Zwecke der Zu­ sammenrottung der zusammengerotteten Menge anschließt: RI. 1. Juli 80 (R. II, 150), Dresd. (eit. n. 8); vgl. n. 3. 4. 8. Diese für den Begriff der Theilnahme im Sinne des § wesentlichen, inneren Momente bedürfen der ausdrücklichen Feststellung (StPO. § 266); eit. RI. 1. Juli 80. 11. Hatte der Aufruhr den Zweck, einen Gefangenen zu befreien, so liegt der Fall einer Jdeal-Konkurrenz mit dem in § 121 vorgesehenen Vergehen vor: OT. 70 (O. XI, 329). 12. „Rädelsführer" ist, wer vorsätzlich die öffentliche Zusammenrottung zu Wege gebracht hat, damit bei derselben die in den §§ 113 oder 114 bezeichneten Handlungen mit vereinten Kräften begangen werden, sowie Derjenige, welcher die Zusammenrottung (die zusammengerottete Menge) zur gemeinschaftlichen Begehung jener Handlungen anleitet oder anführt. Hiernach ist die wechselseitige Aufreizung durch Geschrei und bergt, für sich allein noch nicht genügend, um jeden so Thätigen als „Rädelsführer" zu stempeln. 13. Der Rädelsführer verwirkt die Strafe des Abs. 2, auch wenn er sich per­ sönlich an den §§ 113. 114 vorgesehenen Handlungen nicht betheiligt. Doch wird bei ihm physische Betheiligung an der Zusammenrottung erfordert: Schütze s. 269. 14. In Betreff derjenigen Aufrührer (n. 8), welche eine der in den §§ 113. 114 bezeichneten Handlungen selbst (allein oder in Gemeinschaft mit Andern) begangen haben, nimmt diese Selbstbegehung den Charakter eines erschweren­ den Umstandes an, obgleich es dieser Begehung im Allgemeinen bedarf, um die Zusammenrottung überhaupt strafbar zu machen. Es finden daher hier die §§ 266. 295 der StPO. Anwendung; vgl. OT. 68, 76 (O. IX, 439; XVII, 380). 15. Während zum Thatbestände des § 113 ein wirklich geleisteter Wider­ stand re. erfordert wird, bestraft §114 jedes „Unternehmen zu nöthigen", also auch den Nöthigungsversuch; ein solcher genügt daher auch im Falle des § 115, und stellt dann einen vollendeten (nicht bloß versuchten) Aufruhr dar. 16. Der Versuch des Aufruhrs ist als solcher nicht strafbar; zwar ist die That der Rädelsführer und derjenigen Aufrührer, welche selbst eine der in den §§ 113. 114 bezeichneten Handlungen begehen, ein Verbrechen; es muß jedoch zu den gedachten Handlungen (z. B. zu dem „Unternehmen, eine Behörde re. zu nöthigen": § 114) gekommen sein, ehe überhaupt auch nur das Vergehen des Auf­ ruhrs vorliegt; alsdann ist aber sofort der ganze Aufruhr vollendet; vgl. § 122 n. 17; a. M.: Olsh. n. 7. 17. Aufrührer, welche selbst sich an den in den §§ 113. 114 bezeichneten Hand­ lungen nicht betheiligen, können als Anstifter oder Gehülfen der diese Hand­ lungen Vornehmenden die Strafe des Abs. 2 verwirken: a. M.: OT. (Pl.) 19. Febr. 66 (O. VII, 109); nur darf die bloße Betheiligung an der Zusammenrottung (Abs. 1) noch nicht als eine solche Beihülfe angesehen werden. 18. Dritte, am Aufruhr unbeteiligte Personen können sich sehr wohl der Anstiftung (Beihülfe) zu einem solchen schuldig machen (Beisp.: Mitlaufen, Mitschreien, Hinweisung dritter Personen zum Orte der Zusammenrottung, Darbieten -eines Messers als Mittel zum Angriff u. s. w.); sie sind dann aus Abs. 1 oder Abs. 2 zu bestrafen, je nachdem die That des Mitthäters, an welcher sie „Theil nehmen", den Voraussetzungen des einen oder anderen entspricht. Hiernach kann es geschehen, daß ein Dritter als Anstifter (Gehülfe) aus Abs. 2 bestraft wird, während der selbst keine Gewalthandlungen vornehmende Mit-Aufrührer nur die Strafe des Abs. 1 verwirkt. 19. Ein Deutscher, welcher sich im Auslande an einem Aufruhr betheiligt, wird von der Strafe des § betroffen; vgl. Abschn. VI n. 1. 2. 20. Zuständig ist für das Vergehen: Strafk., für das Verbrechen: Schwur-G, §§ 73. 27. 80 u. 136 GVG.

Thl. II. Abschn. VI. Widerstand gegen die Staatsgewalt. — § 116.

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§116. Wird eine auf öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen versammelte Menschenmenge von dem zuständigen Betintten oder Befehlshaber der bewaffneten Macht aufgefordert, sich zu entfernen, so wird jeder der Versammelten, welcher nach der dritten Aufforderung sich nicht entfernt, wegen Auflaufs mit Gefängniß bis zu drei Monaten oder mit Geldstrafe bis zu ein­ tausendfünfhundert Mark bestraft. Ist bei einem Auflaufe gegen die Beamten oder die be­ waffnete Macht mit vereinten Kräften thätlicher Widerstand ge­ leistet oder Gewalt verübt worden, so treten gegen Diejenigen, welche an diesen Handlungen Theil genommen haben, die Strafen des Aufruhrs ein. [I. (yntro.: § 97; II. Entw.: § 114, StB. S. 434; Pr. StGB.: § 92.]

4 116. 1. Ueber den Begriff der „Menschenmenge" vgl. § 85 n. 11 ff. 2. Daß die „Menschenmenge" sich zusammengerottet (§ 115) habe, wird nicht erheischt: OT. 9. Aug. 56. Doch wird der § dadurch nicht ausgeschlossen, daß die Menge sich auf Verabredung (Bestellung) zu einem bestimmten erlaubten Zweck versammelt hatte; selbst dann nimmt der Ungehorsam gegen das Gebot, sich zu entfernen, den Charakter eines „Auflaufs" an; ebenso: Olsh. n. 1; a. M.: Schw. n. 2 (die Menge müsse unberufen zusammengekommen sein). 3t Ebensowenig bedarf es zum Thatbestände des Auflaufs einer Ruhe­ störung durch die Menge; die Gefahr, eine solche könne erfolgen, genügt, um die Aufforderung zur Entfernung zu rechtfertigen. 4. Die Menschenmenge muß auf „öffentlichen Wegen, Straßen oder Plätzen", also auf für den allgemeinen Verkehr bestimmten Räumen unter freiem Fimmel versammelt sein; a. M.: RlV. 17. Juni 90, 91111. 19. Febr. 91 (E. XXI, 13. 370) u. Olsh. n. 2 (halten es für genügend, wenn die Wege rc. nur zur frag­ lichen Zeit dem öffentlichen Verkehr frei gegeben bezw. dem Publikum als solchem zum freien Zutritte und Gebrauche überlasten waren); gleichgültig ist es dagegen, ob diese Räume tut Innern eines bewohnten Ortes sich befinden oder außerhalb desselben. — Oeffentlichkeit der Handlung ist nicht nothwendig. 5. Die Aufforderung muß „von dem zuständigen Beamten oder Be­ fehlshaber der bewaffneten Macht" ausgehen; insbesondere ist auch das Ein­ schreiten des letzteren durch seine (örtl. u. sachl.) Zuständigkeit bedingt: Sten. Ber. s. 434. Zuständig sind der mit der Leitung der Polizei am betr. Orte bettaute und die diesem vorgesetzten höheren Civilbeamten, nicht aber untergeordnete Voll­ streckungsbeamte (Polizeidiener rc.: § 113); vgl. Rüd. n. 3, Schütze s. 262; a. M.: Rill. 15. März 82 u. I. 12. Okt. 85 (E. VI, 91, XII, 426), welche sogar Polizeiserganten, Gensdarmen und Schutzleute für zuständig halten, da diese unter eigner Verantwortlichkeit die zur Aufrechthaltung der Ruhe und Ordnung unmittelbar er­ forderlichen Anordnungen treffen dürfen. Ist Seitens des zuständigen Polizeibeamten militärische Hülfe requirirt worden, so muß der Befehlshaber der hierzu kommandirten Truppen für zuständig erachtet werden, die Aufforderung zu erlasten. Dasselbe gilt vom Befehlshaber einer militärisch aufgestellten Wache oder ausgesendeten Patrouille (Führer der letzteren kann auch ein Gemeiner sein); vgl. Pr. Ges. v. 20. März 1837; AKO. v. 29. Sept. 1846. — Rechtmäßigkeit des Einschreitens ist nicht erforderlich. 6. Die „Aufforderung" muß an die „versammelte Menschenmenge" ergangen sein, die Nichtbefolgung einer individuell an einen Einzelnen gerichteten Aufforderung fällt nicht unter diesen §: Rl. 12. Okt. 85, «IV. 21. Nov. 85 (E. XII, 426; XIII, 66), OA. (cit. n. 5), Schw. n. 5. Demgemäß ist dieselbe so zu be­ wirken, daß sie, soweit möglich, der versammelten Menge verständlich werde. Sie muß ferner dreimal geschehen, und zwar mit Zwischenpausen, welche ihre Befolgung

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Thl. II. Abschn. VI. Widerstand gegen die Staatsgewalt. — § 117.

§ 117. Wer einem Forst- oder Jagdbeamten, einem Wald­ eigenthümer, Forst- oder Jagdberechtigten, oder einem von diesen bestellten Aufseher in der rechtmäßigen Ausübung seines Amtes oder Rechtes durch Gewalt oder durch Bedrohung mit Gewalt ermöglichen; sonst gilt sie nur als einmalige Aufforderung; vgl. OT. (O. XVII, 501). Dagegen wird nach dem cit. RI. 12. Olt. 85 nicht erfordert, daß auch nach der dritten Aufforderung noch eine Menge zurückbleibe (: daher bewahre der § seine Anwendbarkeit selbst dann, wenn die sich allmühlig zerstreuende Menge mit der dritten Aufforderung bis auf einzelne, z. B. zwei Personen verschwunden sei); vgl. übrigens Olsh. n. 6. 7. In Betreff der Form der Aufforderung sind allgemeine Vorschriften (für das ganze Reich) nicht ergangen; landesgesetzliche Bestimmungen, welche diese Form regeln, sind in Kraft verblieben (sie sind nicht „strafrechtlicher" Natur: EG. § 2); vgl. jedoch Kayser, HH. IV, 697, Olsh. n. 5. Für Preußen sind maßgebend AKO. v. 17. Aug. 1835 tz 8 u. G. v. 20. März 37 (GSS. 60). 8. Unter dem „sich entfernen" ist ein Auseinandergehen zu verstehen: die bloße Platzveränderung der versammelt bleibenden Menge genügt nicht. 9. Da der Thatbestand wesentlich die Nichtbefolgung der obrigkeitlichen Auf­ forderung zum Gegenstände hat, so muß der Dolus grade hierauf gerichtet sein; daß der Angeklagte die drei Aufforderungen selbst gehört habe, wird nicht erfordert, wohl aber, daß er von ihnen Kenntniß erhalten habe; im Bestreitungsfalle ist daher diese Kenntniß ausdrücklich festzustellen: RIV. 2l. Nov. 85, RHI. 6. Nov. 90 (E. XIII, 66; XXI, 154); vgl. ML. s. 824, Bind. I, 127, John, HH. III, 136, Schw. n. 5. 10. Die Unmöglichkeit der Folgeleistung bewirkt Straflosigkeit: OA. (cit. n. 5); vgl. n. 6. 11. Abs. 2 setzt einen „Auflauf", also den vollständigen Thatbestand des Abs. 1 (insbesondere auch eine dreimalige Aufforderung) voraus, und sodann eilen gegen die „Beamten", d. h. gegen einen in Gemäßheit des Abs. 1 einschreiterden Beamten rc. „mit vereinten Kräften geleisteten thätlichen Widerstand (Gewalt)". Die „an diesen Handlungen Theil Nehmenden" werden dann von der Strafe des Aufruhrs (§ 115) betroffen, und zwar von der Strafe des Abs. 1 »der des Abs. 2 1. c., je nachdem die Voraussetzungen des einen oder des andern zu­ treffen. Demgemäß sind auch die Worte „mit vereinten Kräften" in einem )em § 115 entsprechenden Sinne aufzufassen; es genügt dazu, wenn die betr. Thätich. feiten durch eine äußerlich verbundene Mehrheit verübt worden sind; jeder, welher sich bewußter Weise (freiwillig) in dieser so thätigen Verbindung (Vereinigung) be­ funden hat, ist als „an diesen Handlungen Theil nehmend" anzusehen und vird von der Strafe des § 115 Abs. 1 betroffen, während Diejenigen, welche Nachweislich selbst die Widerstands, oder Gewalthandlung vorgenommen haben, die Strafe des § 115 Abs. 2 verwirken: OT. 57 (JMbl. s. 231); a. M.: Puch. n. 4. — Daglgen genügt die bloße Anwesenheit unter dem Auflaufe noch nicht, damit der § 116 Abs. 2 Anwendung finde; vgl. jedoch John s. 137. — Ideale Konkurrenz zwishen § 116 u. § 115 ist möglich: Rill. 19. Febr. 91 (cit. n. 4). 12. Hier wird ein „thätlicher Widerstand" erheischt; somit ist nicht unerläßlich, daß derselbe „durch Gewalt oder Bedrohung mit Gewalt" (§ 113) gelestet werde; das beweisen auch die folgenden Worte: „oder Gewalt verübt". 13. Ebenso braucht diese „verübte Gewalt" nicht den Charakter eines „llngriffs" (§ 113) zu haben. 14. Zuständig ist (Straff, bezw. Schöffen-G. im Fall des Abs. 1: §§ '31. 751 GVG.; vgl. wegen Abs. 2 § 115 n. 20. § 117. 1. Dieser §, welcher, gleich den §§ 118. 119, den Bestimmungen des Pr. G. über die Strafe der Widersetz!, bei Forst- und Jagdvergehen, v. 31. März 1337 nachgebildet worden ist (: Mot.), setzt denselben Thatbestand voraus, wie § 113; der Unterschied liegt nur in den Personen, gegen welche das Vergehen veübt

Thl. II. Abschn. VI. Widerstand gegen die Staatsgewalt. — § 117.

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Widerstand leistet, oder wer eine dieser Personen während der Ausübung ihres Amtes oder Rechtes thätlich angreift, wird mit Gefängniß von vierzehn Tagen bis zu drei Jahren bestraft. Ist der Widerstand oder der Angriff unter Drohung mit Schießgewehr, Aexten oder anderen gefährlichen Werkzeugen er­ folgt, oder mit Gewalt an der Person begangen worden, so tritt Gefängnißstrafe nicht unter drei Monaten ein. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt in den Fällen des Absatz 1 Gefängnißstrafe bis zu Einem Jahre, in den Fällen des Absatz 2 Gefängnißstrafe nicht unter Einem Monate ein. [I. Entw.: § 102: II. Gntro.: § 115 StB. S. 435, 1169; Nov. Art. 1, § 117; StB. 75/76 S. 647, 1325, 1369; Pr. StGB.: (fehlte).) wird, indem an Stelle der dort erwähnten Dollstreckungsbeamten die Forst- und Jagdbeamten, die Wald- rc. Berechtigten und die von diesen bestellten Aufseher getreten sind. Demgemäß ist der rechtmäßigen Ausübung des „Amtes" die des „Rechts" gleichgestellt. Es beruht nur auf einer Ungenauigkeit, wenn der § am Schlüsse des Abs. I (beim „Angriffe") des Erfordernisses der „Rechtmäßigkeit" der Ausübung des Amtes rc. keine Envähnung thut; sie ist auch hier unerläßlich: OT. (O. XIII, 461), Rüd. n. 2, Puch. n. 1; a. M.: Meves n. 9. Hiernach sind in Betreff des Thatbestandes die Bemerkungen zu h 113 zu vergleichen. 2. Wenngleich § 117 nicht bloß die Forst- und Jagdbeamten, sondern in gleicher Weise auch gewisse Private besonders schützen will (n. 9), so ist dennoch zwischen den einen und anderen insofern zu unterscheiden, als öffentlichen Beamten und den ihnen gleichzustellenden Personen, was die Frage der Rechtmüßigkeit ihrer Amtsausübung betrifft, unter Umständen ein Irrthum zugut gehalten wird (§ 113 n. 10ff.), wogegen der § zu Gunsten von Privaten stets nur im Falle der objek­ tiven Rechtmäßigkeit ihres Verhaltens bezw. Handelns Platz greifen kann; so: RII. 23. Juni 82, 23. Mai 83 (E. VI, 400; R. V, 377), ferner, nach #11. 7. Jan. 90 (E. XX, 156) insofern, als einem solchen Privaten gegenüber verübte Handlungen nicht aus § 117 strafbar sind, wenn dem Thäter das Bewußtsein fehlte, daß jener sich in der rechtmäßigen Ausübung seines Rechts befand, während bei dem Widerstand rc. wider Beamte, der freilich bestrittenen und keineswegs unbedenklichen Rechtsprechung zufolge (§ 113 n. 24), das Gegentheil gelten soll. 3. „Forst- und Jagdbeamte" (vgl. § 23 Pr. Forstdiebstahl-G.) sind nur solche Beamte, denen der Schutz eines Waldes oder Jagdreviers als besondere Pflicht obliegt, mithin z. B. nicht königliche Förster, insoweit diese angewiesen sind, die auf einem fremden Reviere vorkommenden Jagdkontraventionen zu überwachen, noch Polizeidiener, welchen der Auftrag ertheilt ist, bei Wahrnehmung ihrer all­ gemeinen Amtspflichten auch auf Jagdfrevel zu achten; der diesen geleistete Widerstand ist daher nur aus § 113 strafbar: OT. (O. XIII, 47; XVII, 292), Olsh. n. 2. Dagegen macht es keinen Unterschied, ob jene Beamten im Dienste des Staates oder einer unter der Aufsicht des Staates bestehenden, in den Organismus desselben eingefügten Gemeinheit, ob sie dauernd oder nur vorübergehend angestellt, ob sie vereidet oder nicht vereidet sind; vgl. § 359. Ja selbst Privatförster rc. gehören unter Umständen hierher; vgl. unten n. 7; § 359 n. 36. — Wegen der ForstAssessoren u. -Referendare in Preußen vgl. Df. des Landw.-Minist. v. 28. Sept. 86 (Pr.M.Bl. f. d. i. D. S. 213) und wegen Bayerns: RI. 15. Nov. 97 (E. 30, 343). 4. Don einem „Wald-Eigenthümer" kann nur da die Rede sein, wo das betr. Grundstück (wenigstens zum wesentl. Theile) ein „Wald" ist; dazu genügt es nicht, daß auf demselben Holz hauptsächlich zur Holznutzung gezogen werde OT. 68, O. IX, 198); Beispiel: Weidenpflanzungen an einem Flusse rc. (sie sind kein „Wald"), noch, daß das Grundstück selbst hauptsächlich zur Holznutzung bestimmt sei (Pr. Forstdiebst.-Ges. § 1). Oppenhoff, D. Strafgesetzbuch.

14. Aufl.

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Thl. II. Abschn. VI. Widerstand gegen die Staatsgewalt. —.§ 117.

5. Zu den „Forst-Berechtigten" gehören nicht bloß Servitutberechtigste, sondern auch Nutznießer, Pächter re.: ebenso der Eigenthümer der den Wald bildenden Bäume, sollte er auch nicht Eigenthümer des Bodens sein: OT. 60 (GA. VIII, 817: indir.), und zwar selbst, wenn die Bäume gefällt sind, aber noch im Walde lagern:; a. M.: Schütze s. 271, Olsh. n. 2da. 6. Jagdberechtigter ist jeder, welcher ein erworbenes (nicht bloß prekarisches) Recht zur Ausübung der Jagd hat, mag dasselbe ein dingliches oder reut persönliches sein; hier macht es keinen Unterschied, ob das betr. Revier einen Wald darstellt oder nicht. Jagdberechtigter ist also auch der Jagdpächter (nicht der Jagd, gast); doch wird ein rechtswirksamer Pachtvertrag vorausgesetzt: OT. (£). XVI, 447). Der jagdberechtigte Eigenthümer des Grundstücks ist selbstverständlich nicht ausge­ schlossen. 7. Die „Bestellung eines Aufsehers" kann nur „von diesen", b, h. von den unmittelbar vorher genannten Waldeigenthümern, Forst- oder Jagdberechtigten ausgehen: OT. (O. XIII, 461), Olsh. n. 2; vgl. auch AMI. 15. Jan. 97 (E. XXIX, 310) und Rill. 19. Nov. 00 (E. XXXIV, 10); a. M.: Dresd. (StZ. I, 116; SGZ. 23 s. 337: beziehen die Worte „von diesen" auch auf die „Forst- und Jagdbeamten"). Darum ist jedoch nicht ausgeschlossen, daß dieselbe durch einen hierzu vom Waldeigenthümer re. Beauftragten erfolge: RIl. 25. April 84 (E. X, 333), OT. 64, 72 (O. V, 48; XIII, 461), und daß z. B. eine Forstbehörde in Vertretung des Forstfiscus einen Eleven zum Ausseher bestelle: O.T. 64 (O. IV, 508). Auf die Form und Dauer der Bestellung kommt nichts an: eil. RIl. 25. April 84 (: sie könne daher auch mündlich und nur für einen konkreten Vorgang folgen), Rill. 22. Jan. 81 (R. II, 753: doch setze die Stellung als Aufseher immerhin eine gewisse selbständige Thätigkeit voratis), OT. (O. XIV, 480). Personen jedoch, die nur zur Unterstützung eines Beamten bei einer speziellen Vorrichtung zugezogen sind, gehören nicht hierher. Einer besonderen Verpflichtung, z. B. einer Pereidung bedarf es nicht; ebenso: eit. Will. 22. Jan. 81. Sind Privataufseher landesgesetzlichen Vorschriften getnäß unter staatlicher Autorität bestellt, in Eid und Pflicht genommen und dadurch befähigt, forstpolizeiliche Funktionen auch im staatlichen Interesse wahr­ zunehmen, so rangiren sie unter den oben n. 2 erwähnten Beamten; vgl. RH. 23. Juni 82 (eit. n. 2: Mot.), 3. Juni 81, RIV. 27. Juni 84 (E. IV, 214; R. VI, 478); dagegen gehören dieselben zu den Hülfsbeamten der Staatsanwaltschaft nur im Falle einer Solches ausdrücklich anordnenden ^Bestimmung der betr. Landesregierung (: GVG. § 153); dieser Fall trifft für Preußen nichtzu, in dem dort nur ge­ wissen königlichen Forstschutzbeamten jene Eigenschaft beigelegt ist; vgl. Min.-Verff. v. 9. Okt. 1882 u. 2. Febr. 1883 (JMbl. 312. 28). — Unkenntniß des Frevlers von der erfolgten Bestellung des Aufsehers für den betr. Bezirk, befreit von der Strafe des § 117. R. 27. Sept. 87 (R. IX, 473). 8. Der § findet nach Maßgabe des tz 4 Nr. 3 Anwendung, wenn ein Deutscher im Auslande einem dortigen Forst- re. Beamten re. Widerstand leistet; vgl. OT. rt ausschließlich, noch daß ein solcher ausdrücklich (durch Gesetz oder höhere Anweisung) zu diesem Zweck bestimmt sei; es genügt, wenn nach Zweck und Wesen der Urkunden rc. von dem zur AufbeWahrung Verpflichteten irgend ein Ort ausersehen sein muß: OT. (O. XV, 768). Dem cit. RH. 13. Nov. 91 gemäß sind überhaupt mit den Worten „zur amtlichen Aufbewahrung bestimmter Ort" Aufbewahrungsstellen bezeichnet, welche amtlich hergestellt find, mithin auch Briefkasten der Post oder anderer Behörden und amtliche Veranstaltungen ähnlicher Art, ja selbst bewegliche Aufbewahrungsstätten im amtlichen Verkehr, z. B. Aktenwagen, Eisenbahnwagen, unter Umständen sogar Mappen und dergleichen darin einbegriffen. — Das Gerichtslokal ist für die gerichtlichen Akten Aufbewahrungsort: die Beiseiteschaffung jener aus diesem Lokal fällt unter § 133: OT. 10. Mai 52. — Befindet sich die Urkunde rc. an dem zu ihrer Aufbe. Wahrung bestimmten Orte: so verschlägt es nichts, wenn im Uebrigen unvorschriftsmäßig mit ihr verfahren worden ist; vgl. OT. (O. XII> 656). 3. Die „Beamten", von welchen der § bei der zweiten Alternative spricht, brauchen nicht nothwendig Registratur, oder Archiv-Beamte zu sein. „Dritter" bezeichnet hier den Gegensatz zum „Beamten"; dahin gehören z. B. Schreiber, Boten, Aktenträger: Schw. n. 7. Im Uebrigen vgl. n. 5. 4. Daß die „amtlich übergebenen Gegenstände" solche seien, an deren Erhaltung ein öffentliches Interesse bestehe, und daß namentlich einem so übergebenen Schriftstücke eine Beweiskraft in amtlicher Beziehung beiwohne, ist nicht unbedingt erforderlich: RI. 15. Mai 84, »IV. 3. Okt. 84 (E. X, 387; R. VI, 593), Münch. (BE. VI, 133: letzteres brauche insbesondere nicht die Eigenschaft einer öffentlichen oder beweiserheblichen Privaturkunde — § 267 — zu besitzen). Abgesehen davon, ist die Untersuchung über die Bedeutung der Sache für das öffentliche Jntereffe im einzelnen Falle auch darum eine müßige, weil die Frage, welchen Gegenständen die amtliche Fürsorge zuzuwenden sei, dem Ermessen der hierfür zuständigen Behörde anheimfällt; so: cit. RI. 15. Mai 84; vgl. n. 2. 5. Immerhin müssen aber die Gegenstände so geartet sein, daß sie nach der Uebergabe weiterer amtlicher Verfügung unterworfen bleiben sollen, bezw. weiterer amtlicher Behandlung unterliegen können; dies trifft nicht zu bei unvollzogenen Postbehändigungsscheins. oder Zustellungsformularen: RH. 21. April 80 (R. I, 640), cit. »IV. 3. Okt. 84, Stuttg. (StZ. IV, 24), wohl aber bei einer zum ortsüblichen Umlauf amtlich übersandten Ankündigung eines Zwangsverkaufs: »II, 13. Febr. 65 (E. XII, 67). Auch Register, welche keine Urkunden sind, können Gegenstand des Delikts sein: RH. 25. Nov. 82 (E. 7, 253). 5. Der Begriff der amtlichen Uebergabe setzt nicht voraus, daß die Uebergäbe kraft eines Staats, oder öffentlichen Amtes geschehen sei, umfaßt viel, mehr auch den durch die Gesetze bestimmten Wtrkungskreis öffentlicher Korpo.

Thl.II. Abschn.VII. Derbr. u. Vergehen w. d. öffentl. Ordnung. —§133.

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rationen (Kirchenämter, Aemter der Organe der Selbstverwaltung u. s. w.): RIV12. Jan. 97 (E. 29, 321), OT. (O. XV, 768; XVI, 243 u. XVIII, 13). Es ist darunter auch nicht etwa nur ein mit besonderen Förmlichkeiten verknüpfter Akt oder die Uebermittelung der Gegenstände unmittelbar durch eine amtliche Person von Hand zu Hand zu verstehen: RI. 21. Dez. 82 (A. VII, 9), cit. 9111. 13. Nov. 91 (:'es genüge, wenn int geordneten Geschäftsgänge, z. B. durch Entleerung eines Briefkastens, der zur atntlichen Behandlung oder Verfügung hingegebene Gegenstand in die Hand eines zur Empfangnahme verpflichteten Beamten oder berechtigten Dritten gelange); nach RH. 13. Juni 84 (R. VI, 426) ist es ferner unerheblich, ob der amtliche Gewahrsam aus einem gesetzlich gerechtfertigten Grunde hervorgegangen ist (: der § stelle nicht, wie § 137, das Thatbestandmerkmal der Zuständigkeit auf). Auch wird der Begriff der amtlichen Uebergabe nicht nothwendig dadurch ausgeschlossen, daß weder der Uebergebende noch der Empfänger ein Beamter im Sinne des § 359 ist (n. 2); so: RI. 15. Mai 84, OT. (E. X, 387; O. XVIII, 13: sofern jene nur in dem durch die Gesetze oder reglementären Vorschriften geordneten Geschäftsgange erfolge). Endlich braucht die Urkunde nicht für längere Zeit anver­ traut, etwa zur Aufbewahrung übergeben zu sein, es genügt vielmehr jede amtliche Uebergabe, welche den Gegenstand in die Verfügungsgewalt eines „Dritten" bringt und erkennen läßt, daß die Eigenschaft dieses Gegenstandes als eines der Verfügung öffentlicher Organe vorbehaltenen fortdaure: cit. Rl. 15. Mai 84, RII. 20. Nov. 88, R. X 679 (: Angeklagte hatten ein ihnen zur Durchsicht, Unterzeichnung und demnächstigen Rückgabe zugestelltes Schriftstück sofort zerriffen). 6. Zur Anwendbarkeit des § wird erfordert, daß die Urkunden rc. zur Zeit der That sich noch an dem zu ihrer Aufbewahrung bestimmten Orte „befinden" (1. Alternative), oder noch in der Obhut dessen, dem sie amtlich übergeben wurden (2. Alternative); vgl. Schw. n. 6, Olsh. n. 3; a. M.: »III. 17. Nov. 80 (R. II, 531: die Eigenschaft einer amtlich aufbewahrten oder übergebenen Sache daure fort, bis sie durch Erfüllung der der Sache innewohnenden Zweckbestimmung oder durch eine anderweite amtliche Verfügung wieder beseitigt werde): RIV. 10. Jan. 96 (E. 28,107: die amtliche Aufbewahrung höre dadurch nicht aus, daß die amtliche Eigenschast des betr. Beamten erlösche, z. B. durch Amtsentsetzung); vgl. auch OT. 62 (O. III, 45: erwog, daß ein Beamter, welcher ihm auvertraute Akten mittels eines Privatboten zum Amtslokale zurücksende, die ihm obliegende Verwahrung durch eben jenen Boten fortsetze). Demgemäß macht sich derjenige, welchem der betr. Beamte oder Dritte die Urkunde rc. freiwillig und ohne Vorbehalt übergeben hat, durch deren Vorenthaltung nicht aus § 133 strafbar: OT. (O. XVI, 311); vgl. RII. 13. Febr. 85 (E. XII, 67). OT. 57 (GA. V, 852) nahm dasselbe sogar m einem Falle an, wo der Inhaber der Urkunde zu deren Abgabe nur durch Täuschung bewogen worden war, mithin nicht freiwillig gehandelt hatte; a. M. jedoch: cit. RII. 13. Febr. 85. — Ein Exekutionöbefehl ist noch in dem Augenblicke, wo der Exekutor ihn zu seiner Legitimation dem Exequendus vorzeigt, ein dem Exekutor „amtlich übergebener": OT. (O. XIV, 788). 7. Das Vergehen kann auch von dem betreffenden Beamten oder „Dritten" selbst begangen werden; so: RI. 8. Nov. 80, RII. 9. Juni 85, RII. 20. Nov. 88 (E. II, 425; XII, 247; R. X, 679), OT. (O. XVI, 243; XVIII, 13), John, s. 184, Olsh. n. 6; a. M.: Dresd. (StZ. V, 297), Schw. n. 3, Blum n. 2, Rubo n. 7; vgl. übri­ gens n. 12. 8. „Bei Seite schaffen" bezeichnet hier eine vorsätzliche Thätigkeit, durch welche eine Sache mittete Entfernung aus ihrer zeitweiligen Verwahrung der DisPosition des Berechtigten entzogen, diesem unzugänglich gemacht wird; die Definition oes Begriffs in RII. 13. Febr. 85 (E. XII, 67) sieht vom Erfordern^ der örtlichen Entfernung ab; vgl. jedoch RI. 8. Nov. 80, 28. Febr. 84 (E. II, 425; X, 189), Olsh. n. 5. Eine lediglich zum Zwecke eines augenblicklichen unbefugten Gebrauchs be­ wirkte Wegnahme gehört nicht hierher; vgl. OT. 60, 74 (O. I, 28; XV, 768); dagegen kann zeitweiliges Verstecken genügen; vgl. § 348 n. 16; überhaupt genügt jede Beseitigung, welche- die Sache der Disposition des Berechtigten, wenn auch nur vorübergehend, entzieht: citt. RI. 8. Nov. 80, OT. 74; vgl. RI. 21. Dez. 82 (cit. n. 5: Entziehung auf unbestimmte, nicht ganz kurze Zeit); a. M.: cit. OT. 60 (: fordert die Absicht dauernder Entziehung). — Selbst eine Unterlassung (z. B. Nichtübergeben der Urkunden u. s. w. an den Amtsnachfolger) kann nach Umständen

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Thl.II. Abschn.VII. Verbr. u. Vergehen w. d. öffentl. Ordnung. — § 134.

§ 134. Wer öffentlich angeschlagene Bekanntmachungen, Verordnungen, Befehle oder Anzeigen von Behörden oder Be­ amten böswillig abreißt, beschädigt oder verunstaltet, wird mit ein Beiseiteschaffen darstellen (Commissivdelikt durch Unterlassung; so: RIl. 9. Juni 85 (E. XII, 247), nicht aber ein bloßes Verheimlichen durch Nichteintraguna in die Registrande: Dresd. (StZ. IV, 203). — Daß durch die Beiseiteschaffung Jemandem ein Nachtheil zugefügt sei, setzt der § nicht voraus: dt. RI. 8. Nov. 80. Immerhin liegt aber im Begriffe des Beiseiteschaffens von Urkunden rc. die Beziehung auf den Berechtigten, dem sie unzugänglich gemacht werden sollen; demgemäß muß die Behörde, welcher sie entzogen werden sollten, bereits zur Zeit der Beiseiteschaffung als berechtigte Behörde bestanden haben; so: OT. (GA. 26 s. 437). 9. „Beschädigen" kann bei einer Schrift zugleich ein Verfälschen derselben (z. B. durch Rasuren, Durchstreichungen rc.) enthalten; beide Begriffe schließen sich nicht nothwendig aus; so: RI. 28. Juni 89 (E. XIX, 319), a. M.: arg. § 348 Abs. 2, welcher beide Wörter neben einander aufführt): Stuttg. (WGbl. XI, 326). — Eine Beschädigung kann in der bloßen Aenderung eines Wortes gefunden werden; vgl. § 274 n. 8, feil. 15. Juni 89 (GA. 37 s. 283). 10. Als Dolus genügt die „Vorsätzlichkeit" der Handlung, verbunden mit dem Bewußtsein des Thäters von der Rechtswidrigkeit derselben bezw. davon, daß er über die Sachen nicht, wie geschehen, verfügen durfte; so: RI. 21. Dez. 82 (eit. n. 5); einer Absicht, „die öffentliche Ordnung zu verletzen" (Ueberschr. des 7. Ab, bedarf es nicht: OT. (O. XIl, 656), Stuttg. (WGbl. XI, 326: selbst das _ sein von einer solchen Verletzung sei nicht erforderlich), nach eit. RI. 21. Dez. 82 auch nicht eines besonderen, gerade auf Beseitigung rc. gerichteten, diese als Zweck der Handlung verfolgenden Vorsatzes; vgl. jedoch OL. 60, 74 (citt. n. 8), § 348 n. 16. 17 bezw. das dort eit. RIV. 29. Apr. 92; noch, wie bei dem Vergehen aus. § 274, einer Schädigungsabstcht; vgl. n. 11, eit. Rill. 15. Juni 89. — Die irrige Annahme des Thäters, daß er vermöge öffentlichen Rechts die Befugniß gehabt habe, ihm amtlich übergebene Urkunden zu vernichten, kann die Anwendbarkeit des § 133 ausschließen: RII. 29. Okt. 95 (E. 27, 401). 11. Die im Abs. 2 verlangte „gewinnsüchtige Absicht" braucht nicht nothwendig auf Erzielung eines Vermögens-Gewinnes gerichtet zu sein (anders im Falle des § 349): OT. (O. XVIII, 122) ML. s. 839, Schütze s. 286 n. 30, Puch, s. 176; a. M.: John s. 185, HStR. II, 840. Eine solche kann daher angenommen werden, wenn die Handlung geschah, um in einer Untersuchung ein Beweisstück zu beseitigen: OT. 59 (GA. VII, 387); vgl. jedoch OT. (GA. 26 s. 57: rechnete die bloße Hinhaltung einer Diseiplinarentscheidung nicht hierher). Andererseits wird nach RIV. 12. Febr. 92 (E. XXII, 331) bei Akten nicht erfordert, daß der Gewinn jene als solche betraf, mit ihrem Inhalte in Zusammenhang stand, vielmehr gehöre dahin auch derjenige Gewinn, welcher aus der Verwerthung derselben als Maku­ latur erstrebt wurde; vgl. n. 1. Immerhin muß aber die Absicht den eigenen Gewinn, nicht (ausschließlich) den eines Anderen im Auge haben; vgl. Rnbo s. 625. — Die Absicht, einen Schaden zuzufügen, ist hier der Gewinnsucht nicht gleichgestellt (vgl. § 349). 12. Der Thatbestand dieses § kann leicht mit einer anderen Strafthat, z. B. Arrestbruch (: RII. 13. Juni 84, R. VI, 426), Diebstahl (: «II. III, 19. Dez. 87, E. XVII, 103), Vernichtung re. einer Urkunde re. ideell konkurriren. Wenn ein Beamter eine ihm anvertraute Urkunde vorsätzlich vernichtet re., so wird § 348 anwendbar; dann liegt jedoch keine Ideal-, sondern Gesetzeskonkurrenz (§ 73 n. 6) vor: RI. 8. Nov. 80 (E. II, 425); vgl. John s. 184, Olsh. § 348 n. 17; a. M.: Dresd. (StZ. VI, 219). 13. Zuständig ist (Straft. GVG. §§ 73\ 27.

B

§ 134.

1. Daß die „Bekanntmachung" re. der Behörde re. innerhalb der Amtsbefugnisse erlassen sei, ist nicht erforderlich; Stenogr. Ber. s. 645. 2. Es genügt nicht, wenn die von einer Behörde re. ausgegangene Bekannt­ machung re. privatim „angeschlagen" ist; es muß vielmehr auch dieses Anschlagen

Thl. U. Abschn.Vll. Verbr. u. Vergehen w.d.öffentl. Ordnung. — tztz134.135.

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Geldstrafe bis zu dreihundert Mark oder mit Gefängniß bis zu sechs Monaten bestraft. [I. Gntro.: § 119; II. Entw.: § 132; StB. S. 465; Pr. StGB.: § 107.]

§ 135, Wer ein öffentliches Zeichen der Autorität des Reichs oder eines Bundesfürsten oder ein Hoheitszeichen eines Bundesstaates böswillig wegnimmt, zerstört oder beschädigt oder beschimpfenden Unfug daran verübt, wird mit Geldstrafe bis zu sechshundert Mark oder mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft. [I. Entw.: § 97; II. Entw.: § 133. — Nov. Art. 1., § 153; StB. S. 985. — Pr. StGB.: § 93 Nr. 3.] amtlich, d. h. aus einer amtlichen Veranlassung und in der Weise sowie zu dem Zwecke bewirkt sein, daß jene dadurch der Kenntnißnahme der Allgemeinheit zugänglich gemacht werde („öffentlich"); ein amtliches Anheften in einer PrivatWohnung, z. B. zum Zwecke der Zustellung an den abwesenden Bewohner, genügt nicht: Dresd. (StZ. I, 73). 3. Entspricht das Anheften der Bekanntmachung rc. den obigen Voraussetzungen (n. 2), so kommt ans die Art, wie sie befestigt worden ist, Nichts an: Dresd. (StZ. III, 5); a. M.: Münch. (StZ. II. 312: erheischte eine mechanische Verbindung, und hielt deshalb ein bloßes Aushängen für nicht genügend, weil dann ein „Abreißen" nicht möglich sei), Schw. n. 2. — Nach OLG. Posen 4. Nov. 99 (G. A. 46, 454) soll das Vorsetzen einer Bretterwand ein „Verunstalten" sein (?). 4. „Böswillig" ist die Handlung, wenn sie geschah, um den Zweck des Anschlags (die Veröffentlichung) zu verhindern oder um die Behörde zu verhöhnen, bezw. die Wirksamkeit ihrer Amtsthätigkeit zu beeinträchtigen; somit gehört ein Abreißen rc. aus Muthwillen rc. nicht hierher, sollte dabei auch das Bewußtsein der Unrechtmäßigkeit obwalten. Vgl. auch John, HH. III, 186, HStR. II, 842 und Olsh. n. 3. 5. Das (gleichzeitige) Abreißen sämmtlicher Anschläge an derselben Stelle stellt ebenso wie dasjenige desselben Anschlags an verschiedenen Stellen immer nur Einen Straffall dar; so: Bind. HB. I, 556. 6. Zuständig ist Strafk. bezw. Schöffeng. GVG. §§ 75", 73».

§ 135. 1. „Zeichen der Autorität" rc. sind diejenigen bildlichen oder schriftlichen Darstellungen, welche dazu dienen, die Ausdehnung oder die Handhabung der Staatsgewalt oder eines ihrer Organe äußerlich erkennbar zu machen; insbesondere solche, welche angebracht oder aufgestellt sind, um eine Grenze oder ein AmtSlokal zu bezeichnen (Schilder, Fahnen, Wappen, Grenzpfähle). Gleichgültig ist es dabei, ob die Grenze die Landesgrenze oder die einer inneren Landeseintheilung (z. B. der Provinzial-, Bezirks-, Kreis-Eintheilung, des Grenz- oder Steuer-Bezirks) sei. Auch die in Preußen herkömmliche Bezeichnung der Provinz, des Regierungs-, Kreis- und Landwehr-Bezirks ist hierher zu zählen; nicht aber ein Meilenzeiger öder­ em Schlagbaum. — Ein behördlich gesetzter Stein, der lediglich dem Zwecke dient, Merkzeichen für den Wasserstand u. s. w. zu sein, fällt nicht unter § 135. 9HI. 10. Mai 98 (E. 31, 143). 2. Ein solches Zeichen ist ein „öffentliches", wenn es aus amtlicher 93 eranlassung in einer der Allgemeinheit zugänglichen (sichtbaren) Weise angebracht ist, um dem unter n. 1 erwähnten Zwecke zu dienen. Daher gehört die auf einer höheren Gestattung beruhende Bezeichnung eines Privat-Geschäfts-Lokals (Hoflieserant) mit dem landesherrlichen Wappen nicht hierher. 3. Ueber den Begriff des „böswillig" vgl. § 134 n. 4. 4. Die Worte „oder beschimpfenden Unfug daran verübt" hat die No­ velle eingeschaltet, um auch solche Handlungen zu treffen, welche, ohne sich in einem „Wegnehmen rc." eines jener Zeichen zu äußern, eine Beschimpfung solcher Zeichen

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Thl. II. Abschn.VlI. Verbr. u. Vergehen w. d. öffentl. Ordnung. — § 136.

§ 136. Wer unbefugt ein amtliches Siegel, welches von einer Behörde oder einem Beamten angelegt ist, um Sachen zu verschließen, zu bezeichnen oder in Beschlag zu nehmen, vorsätzlich erbricht, ablöst oder beschädigt oder den durch ein solches Siegel bewirkten amtlichen Verschluß aufhebt, wird mit Gefängniß bis zu sechs Monaten bestraft. [I. Gntro.: § 120; II. Entw.: § 134; Pr. StGB.: § 108.] enthalten: Mot. s. 49. Das Wort „böswillig" ist auf diese Worte nicht mitzube­ ziehen; mithin sind Handlungen bloßen Muthwillens nicht grundsätzlich ausgeschlossen. Doch muß sich der Handelnde des beschimpfenden Charakters seines Thuns bewußt sein; vgl. Olsh. n. 2. Im Uebr. vgl. §§ 166, 168 und die Bemerkungen zu denselben. 5. Zuständig ist Straft. GVG. §§ 73', 27. § 136. 1. Das strafbare Moment der in diesem § bezeichneten Handlungen (sog. Siegelbruch) bildet das Zuwiderhandeln gegen die behördlichen Anordnungen, die aktive Mißachtung der amtlichen Sperre oder Aussonderung: RH. 13. Febr. 83 (E. VIII, 35), OT. (O. XV, 813; XVII, 224). 2. „Siegel" umfaßt auch Siegelmarken: 91111. 22. Dez. 80 (E. III, 286); desgleichen die von einer Steuer-Behörde angelegten Bleiverschlüsse (Plomben); ebenso (bez. der von den Eisenbahnbehörden angelegten): Dresd. (GA. 39 s. 166). Doch wird bei Verletzung eines zollamtlichen Waarenverschlusses tz 136 durch VZollges. § 151 ausgeschlossen; vgl. § 159 ib. — Auf anderweite Verschlüsse, z. B. Kunstschlösser, ist § 136 nicht auszudehnen. — Ein Privatsiegel, dessen sich ein Beamter bedient, steht nicht unter dem Schuß des §: Lenz, Strafrechtl. Pfandrechtsschütz S. 225. 3. Eine Siegel-Anlage ist eine „amtliche", sobald sie durch einen dafür an sich zuständigen Beamten zu einem amtlichen Zwecke oder in seinem Aufträge durch einen Dritten angelegt ist; trifft dieses zu, so kommt auf die Natur jenes Zwecks weiter nichts an: OT. 62 (O. II, 305). Die eigenmächtige Erbrechung eines Amts­ siegels, welches ein Beamter unter Ueberschreitung seiner Zuständigkeit bezw. seiner Befugnisse (seines Auftrags) angelegt hatte, füllt nicht unter § 136; vgl. RH. 13. Febr. 83, Rill. 27. Apr. 91 (E. VIII, 35; XXII, 4), OA. 69 (O. X, 261), Berl. (GA. 39 s. 165), andererseits jedoch Posen (ib.: erkannte, daß Rechtmäßigkeit der Amtsausübung hier nicht, wie im § 113 gefordert werde; es genüge vielmehr, wenn der Beamte in Ausübung des Amtes gehandelt habe). — 4. Für den Thatbestand ist es gleichgültig, ob die Siegelanlage oder der dadurch bewirkte Verschluß in einer ihrem Zwecke vollständig entsprechenden Weise bewirkt war; vgl. OT. 61 (O. I, 397) und n. 5. 5. Ein „amtlicher Verschluß" kann durch Beschädigung derjenigen anderweitigen Vorrichtungen „aufgehoben" werden, welche in Verbindung mit dem Siegel den Verschluß vermitteln (z. B. eine Bindfadenverschnürung, Papierstreifen *c.j. Ja, es bedarf zur strafbaren „Aufhebung des Verschlusses" nicht nothwendig einer auf Beseitigung rc. des Siegels gerichteten Handlung, vielmehr genügt jede Hand­ lung, welche dahin abzielt, die durch die Siegelanlage bezweckte amtliche Sperre zu beseitigen; vgl. n. 1 und die dortigen Citate sowie Dresd. (dt. n. 2); OT. (O. XV, 813) erachtete den § sogar in einem Falle für anwendbar, wo durch die Siegel­ anlage das Verbot des Zutritts zu einem Raum erkennbar gemacht nnd diesem Verbote lediglich durch Benutzung eines von der Besiegelung thatsächlich nicht be­ rührten, weil geheimen Zugangs entgegengehandelt war. 6. Dagegen liegt kein Fall des § vor, wenn ein behufs der Beglaubigung mit einem amtlichen Siegel versehenes Schriftstück, z. B. die Abschrift eines Pfändungsprotokolls, von dem Platze seiner Anheftung rechtswidriger Weise entfernt wird: Münch. (BE. I, 435); a. M.: RI. 24. Jan. 89 (E. XVIII, 388). — Unter Sachen sind körperliche (auch unbewegliche) Gegenstände zu verstehen.

Thl.II. Abschn.VII. Verbr. u. Vergehen w. d. öffentl. Ordnung. — § 137.

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§ 137. Wer Sachen, welche durch die zuständigen Be­ hörden oder Beamten gepfändet oder in Beschlag genommen worden sind, vorsätzlich bei Seite schafft, zerstört oder in anderer Weise der Verstrickung ganz oder theilweise entzieht, wird mit Gefängniß bis zu Einem Jahre bestraft. [I. Entw.: § 272; II. Entw.: 6 135; StB. S. 467; Pr. StGB.: § 272.] 7. Als Dolus wird Vorsätzlichkeit der Handlung und das Bewußtsein erfordert, zur Siegelabnahme nicht berechtigt zu sein: RH. 11. Dez. 94 (E. XXVI, 308: daher sei nicht aus § 136 strafbar, wer das zur Erstchtlichmachung einer Pfändung angelegte Siegel in der Meinung erbreche, hierzu wegen der Befriedigung des Gläubigers befugt zu sein), OT. 64 (O. V, 108), HStR. II, 844; a. M. (in Betreff letzteren Punkts und vorbehaltlich des unter Umständen anwendbaren § 59): John, HH. III, 189. Der Vorsätzlichkeit der Handlung wird im § nur bezüglich der ersten Alternative desselben ausdrücklich gedacht. Bezüglich der zweiten Alternative (der unbefugten Aushebung des Verschlusses) bildet sie ein selbstverständliches Thatbestandsmerkmal und bedarf daher hier nur im Bestreitungsfalle ausdrücklicher Feststellung: OT. (O. XVII, 224), Olsh. n. 5. Vgl. StPO. 3 266. 8. Im Uebrigen sind Motiv und Erfolg der Handlung gleichgültig. 9. Zuständig ist Strafk. bezw. Schöffen-G.: GVG. §§ 73l, 7514.

§ 137. Absicht: 33. Beamter: 1*-*. 17. Bei-Seite-Schaffen: 30—35. Denachtheilizung: 36. Benutzen: 32. Beschlagnahme: 2 ff. . Aufhebung: 23. 24. • Ausdehnung: 14. • Beginn: 1. 8. 9. • Dauer: 23. 24. • Erneuerung: 24. • Formvorschr.: 21. • Interesse, wessen: 1. 2. • polizeiliche: 7. 7a. 16. • rechtmäßig: 18. - strafgerichtl.: 7. 16. • theilweise: 5. • Verhinderung: 22. • Wiederaufhebung: 23. 24. • Wirksamkeit: 23. 24. Charakter d. Verg.: 1. Dispositionsverbot: 5. 7. 9. 11 DoluS: 37. 38. Dritter: 10. 18. 25—28. Eigenthümer, fremd.: 25. 26.

Inhalt: Entziehen: 30 ff. Ermessen: 18. Forderung: 4 13. 14. 35. • Cefsion: 35. Gültigkeit: 19. • Zahlung: 23. 25. FonnvorfLrift: 21. 7. 8. Gebäude, Grundst.: 4. 9 ff. 14. Gepfändeter: 25. Gerichtsvollzieher: 27 c. Gewahrsam: 17. Handlung, posit..- 30. 31. Irrthum: 18. Kassenbeamter: 7 a. Konkurrenz: 38. 3 . Konkurs: 3. Landschaft: 17. Pfändung; vgl. Beschlagnahme. Pfändung. Privat-: 2. Pfandrecht: 31. Platzveränderung: 33. 24. Pol.-Beamte: 7. 7a. 15. 16. NetentionSrecht: 31. 8. Sache: 4. 14. • konkrete: 5.

Sache, unpfändb.: 20. Sequestration: 10. Sicherheitöarrest: 11. Strafantrag: 38. Subhastation: 4. 9. 10. Thäter: 25—28. Theilung: 9. Uui|ufl, Mitnahme: 33. Veräußerung: 31. Verbot zu verfügen: 5. 7—9. Verbringen: 31. Verheimlichen: 31. Verhinderung: 2J. Vermiether: 8. 27 b. Verschwender: 3. DerwaltungS-Behörde: 17. 21. 7a. Verwarnung: 29. Vieh: 5. 20. 30. 32. Vollendung: 36. Werthmlndei-ung: 34. Zerstörung: 34. Zubehör 4. 14, 37. Zuständigkeit: 15. 16. 17. 40. Zwangsvollstreckung: 3—13.

1. Der § hat seine Stelle in dem von den „Vergehen gegen die öffentliche Ordnung" handelnden VII. Abschnitte gefunden; das Wesen dieses Straffalles, des sog. Arrestbruchs, liegt sonach in der Nichtachtung des amtlichen Akts nnd in dem Eingriffe in die durch denselben begründete Verfügungsgewalt der Behörde; ebenso: Rill. 1. Mai 80 (R. I, 705); nicht in der Verletzung der Rechte des Gläu. bigers rc.; RI. 16. Sept. 80 (E. II, 230), OT. (O. XVIII. 499), wenngleich mit der Strafbestimmung gleichzeitig auch der Zweck verfolgt wird, dem durch die amt» liche Verfügung geschaffenen Rechtszustande strafrechtlichen Schutz zu gewähren: Rill. 12. April 83 (E. VIII, 256). — Demgemäß ist unter einer „gepfändeten (in Beschlag genommenen) Sache" eine solche zu verstehen, welche zur Sicherung eines öffentlichen oder Privat-Jnteresses durch eine Amtshandlung „verstrickt", d. h. der Verfügung der sonst berechtigten Privatperson entzogen und der Verfügung der amtlich thätigen Behörde rc. unterworfen worden ist: ÖA. (O. XIV, 240), Dresd. (SGZ. XVII, 273). Ob eine solche Verstrickung stattgefunden habe, und von welchem Augenblicke an sie ihre Wirkung thue, beurtheilt sich — unter Zugrundelegung obiger Begriffsbestimmung — nach den maßgebenden Prozeßgesetzen. 2. Es scheiden daher diejenigen Pfändungen aus, zu welchen ein Privater (wäre es auch der Fiskus als Vermögenssubjekt) aus eigenem Rechte übergehen

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Thl.II. Abschn.VII. Verbr. u. Vergehen w.

d. öffentl. Ordnung. — § 137.

kann (vgl. FFP.-Ges. §77; die §§ 413ff. I, 14 ALK. sind durch Art. 89 AG. zBGB. ausgehoben): OT. 70, 78 (£>. Xs, 290; XIX, 444). Doch ist die Wegnahme der nach § 77 Pr. FFP.-G. gepfändeten Sachen durch § 17 ib. unter gewissen Boraussetzungen mit einer Uebertretungsstrafe bedroht. 3. Ebenso gehören solche Maßnahmen nicht hierher, durch welche die Ver­ fügungsgewalt über gewisse Gegenstände (zumal über ganze Vermögensmassen) zwar dem zur Zeit Berechtigten entzogen, aber nicht auf eine Behörde, sondern auf einen Dritten übertragen wird, welcher dieselbe im Interesse von Privatpersonen selbstständig, — wenn auch unter Aufsicht der Behörde) ausüben soll;, z. B. eine Prodigalitätserklärung; ebenso: 9tll. 6. Juli 86 (E. XIV, 286), €21.(0. XIV, 240), oder eine Konkurseröffnung (KO. §5); vgl. OT. 68 (O. IX, 692); a. M.: eit. RII. 6. Juli 86 (: selbst in Betreff der vom Konkursverwalter dem Schuldner zum Gebrauch belassenen Sachen; die Konkurseröffnung enthalte eine Beschlagnahme des zur Masse gehörigen Vermögens, welches letztere der richterlichen Gewalt untermorsen werde und ihr auch nach der Besitznahme seitens des Konkursverwalters untenvorfen bleibe), OA. (O. XIII, 584). Keinesfalls bewirkt die Erklärung des Konkursverwalters, daß eine vermeintlich zur Masse gehörige Sache mit Beschlag belegt sei, eine rechtswirksame Beschlagnahme (n. 1): RII. 19. Mürz 89 (E. XIX, 85). Vgl. im Uebr. n. 11. 4. Auf die Natur der „Sache" kommt Nichts an; es gehört jedes Vermögensobjekt hierher, welches gepfändet (in Beschlag genommen: n. 1) und der Verstrickung entzogen werden kann. — Das gilt namentlich auch von Grundstrücken: sie lassen sich zwar nicht als Ganzes „bei Seite schaffen" und werden auch durch eine un­ befugte Wiederbesitznahme der vorhergegangenen Beschlagnahme nicht entzogen: OT. 51 (Entsch. dess. 22 s. 75); dagegen trifft der § zu, insoweit trennbare Bestandtheile eines solchen, z. B. bewegbare Pertinenzstücke, hängende Früchte rc., davon getrennt, Holz gefällt, Steine gebrochen, Torf gestochen oder die Materialien eines Gebäudes abgebrochen und bei Seite geschafft werden: RII. 18. Jan. 81 (E. III, 255), OT. 67, 69 (O. VIII, 145; X, 563), Dresd. 73 (StZ. III, 99); vgl. n. 9. 11. 14. (Wegen Zulässigkeit der Pfändung von Zubehörstücken von Grundstücken (§§ 97 ff. BGB.) vgl. § 865 CPO. u. RI. 26. Oft. 96; E. 29, 123). Desgleichen von Forderungen, insoweit obige Voraussetzungen bei ihnen zutreffen: 9111. 8. Nov. 81, 8. Mai 85 (R. III, 691; E. XII, 184), OT. (Pl.) 31. März 56, 71 (JMBl. s. 146; O. XII. 360), Schütze s. 503, Olsh. n. 1, v. Liszt S. 603; a. M.: RPl. 8. März 93, RI. 8. Dez. 81 (E. XXIV, 40; V, 204), BL. s. 403, Puch. s. 177, Schw. n. 3; vgl. n. 5. 13. 35. Durch Pfändung einer Geldforderung wird die über dieselbe ausgestellte Urkunde nicht mitbeschlagnahmt (vgl. §§ 829, 830, 836 CPO.), da das ÄGB. den Schuldschein, Hypothekenbrief u. s. w. nicht als Zubehör der Forderung betrachtet. Der Schuldschein it. s. w. kann aber als körperliche Sache beschlagnahm: werden. Dgl. Olsh. n. 8 u. Nil. 28. Apr. 93, E. XXIV, 161. 5. Wesentlich ist, daß die konkrete Sache von der Beschlagnahme rc. be­ troffen („verstrickt") sei. Eine nur in genere verschuldete Sache kann der angelegten Beschlagnahme nicht entzogen werden: OT. (O. XIII, 163); dasselbe ist da anzunehmen, wo aus einer größeren Mehrheit (z. B. einer Heerde) nur eine Anzahl nich: individuell bezeichneter Stücke „in Beschlag genommen" ist; a. M.: OT. 64 (O. IV, 396). — Ferner reicht eine, lediglich an die Person erlassene und diese verpflichtende Verfügung (Dispositionsverbot rc.) nicht auS, falls nicht auch eine sachliche Vinkulirung damit verbunden ist; vgl. n. 1. 11, andererseits jedoch RI. 16. Nov. Si (E. VII, 292), Rill. 5. Dez. 89 (E. XX, 244: ob ein richterliches Veräußerungsverbot die Wirkung einer Verstrickung im Sinne des § 137 habe, werde nach Lage der begleitenden konkreten Umstände zu beantworten sein), .Darmst. 76 (HE. s. 92; und unten n. 7. Ein solches an einen Einzelnen erlassenes und nur diesen ver pflichtendes Dispositionsverbot genügt jedenfalls nicht, die Handlung Dritter straf­ bar erscheinen zu lassen: OT. 70 (O. XI, 208). — Endlich ist eine Arrestverfügunx in Betreff solcher Sachen, über welche der Arrestat zur Zeit der Behändigung bei Verfügung jede (thatsächliche und rechtliche) Disposition verloren hatte, keine Beschlagnahme: RII. 18. Nov. 79 (R. I, 81); vgl. übr. n. 18. 6. Dagegen ist es unwesentlich, ob die in Beschlag genommene Sache eint amtliche Verwahrung (vgl. ALR. I, 14 §§ 92ff., CPÖ. § 808) zur Folge hat: OT. 77 (GA. 25 s. 125) und ob sie überhaupt dem Gewahrsam des bisheriger

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Inhabers entzogen, oder aber letzterem belassen wird, (damit er sie int amtlichen Aufträge aufbewahre rc.): Jena 72 (StZ. I, 273), Dresd. 77 (SGZ. 22 s. 42). Selbst die Gestattung des zeitweiligen persönlichen Gebrauchs ändert daran Nichts: Dresd. 74 (SGZ. XIX, 53). Vgl. n. 7. 7. Es gehören hierher die Beschlagnahmen, welche im polizeilichen oder gerichtlichen Wege zur Vorbereitung eines Strafverfahrens (zur Sicherung der Beweiserhebung, einer künftigen Einziehung rc.) vorgenommen werden, z. B. die eines Ueberführungsstücks oder eines Schrifstücks strafbaren Inhalts; a. M.: John, HH. III, 191, insbesondere auch diejenigen der Gegenstände einer Contrebande rc., obgleich hier das Eigenthum sofort auf den Staat übergeht (VZoll-G. § 156): Rill. 4. Mai 86 (E. XIV, 112); a. M.: Rll. 29. März 81, 2. Juli 80 (R. III, 174). — § 94 StPO, unterscheidet zwischen dem einfachen „Jnverwahrungnehmen" oder sonstigen „Sicherstellen" und der „Beschlagnahme", indem er unter letzterer, den Mot. s. 153 zufolge, die ausdrückliche (regelmäßig nur dem Richter zustehende) Anordnung des Jnverwahrungnehmens versteht. In diesem engen Sinne ist der Aus« druck „Beschlagnahme" hier (n. 7) nicht zu deuten, vielmehr schon das einfache Inverwahrungnehmen sowie das sonstige Sicherstellen unter demselben mitzuverstehen, wie denn auch die StPO, selbst (vgl. Löwe StPO. § 94 n. 1) an jener Terminologie nicht strenge festhält, sondern den Ausdruck bald für die thatsächliche Besitznahme, bald für die ausdrückliche Anordnung derselben gebraucht. Besondere Formen für die Beschlagnahme schreibt im Uebrigen die StPO, nicht vor, wenn von § 109 ib. abgesehen wird. Die Vernachlässigung der in letzterem § getroffenen Bestimmungen macht jedoch die Beschlagnahme nicht unwirksam (n. 21), ja es ist unter der Herrschaft der StPO, nicht einmal eine förmliche Besitzergreifung, geschweige denn ein Entziehen aus dem Gewahrsam für nothwendig zu erachten (n. 6); immerhin wird jedoch die Beschlagnahme nicht schon durch die bloße Anordnung derselben, d. h. durch den sie verhängenden Beschluß und die zu dessen Ausführung erlassene Verfügung von selbst realisirt; es bedarf vielmehr noch eines weiteren amtlichen Aus­ führungsakts, welcher jene Anordnung auch nach Außen hin bethätigt, unter Um­ ständen übrigens in einem bloßen Dispositionsverbote gefunden werden kann; so: Rill. 25. Juni 83, «IV. 19. Juni 88 (A. VIII, 192; E. XVIII, 71). 7 a. Ferner gehören hierher die Beschlagnahmen, welche in Angelegenheiten der administrativen Polizei, z. B. als sanitätspolizeiliche Präventivmaßregeln, zuständiger Weise angeordnet werden (Pr. ALR. II, 17 § 10); vgl. Rll. 23. Okt. 63 (E. IX, 121), Rll. 30. Mai 84 (A. X, 204: betr. das Verbot der Fortschaffung be­ anstandeten Fleisches). Das trifft jedoch nicht zu bei Beschlagnahmen, welche Beamte der administrativen Polizei anordnen, um Eigenthümer vor VermögensVerlusten als Folgen strafbarer Handlungen sicher zu stellen, oder ihnen dafür Ersatz zu verschaffen: Rll. 9. Dez. 81 (R. III, 786). Vgl. auch n. 16. — Das Anhalten eingezahlter falscher Münzen, welches instruktionsmäßig Kassen- und Postbeamten zur Pflicht gemacht ist, soll nach OT. 67 (O. VIII, 152) eine „Beschlagnahme" darstellen (?). 8. 9. 10. Nicht minder gehören hierher die zum Zwecke einer Zwangsvoll, streckung vorgenommenen Pfändungen bezw. Beschlagnahmen beweglicher oder unbeweglicher Gegenstände des Schuldners. Wann eine Pfändung beweglicher Sachen als bewirkt anzusehen sei, beurtheilt sich nach der Prozeßgesetzgebung; vgl. CPO. §§ 808 ff. und unten n. 21. Dies schließt jedoch nach OT. 67 (O. VIII, 705) nicht aus, daß schon, bevor eine Pfändung (nach Maßgabe der zutreffenden Prozeß, gesetze) vollendet ist, die fraglichen Sachen, wenn auch nicht als „gepfändet", doch als „in Beschlag genommen" (im Sinne des § 137) zu betrachten seien, sofern der Exekutor mit den betr. Maßnahmen schon begonnen und bereits Hand auf jene Sachen gelegt hat; vgl. n. 21, Dresd. 75, 77 (SGZ. XIX, 364; XXII, 42), OT. 78 (O. XIX, 446). — Inwiefern Sachen, welche dem Pfandrechte des Vermiethers unterworfen sind, einer anderweiten Zwangsvollstreckung unterliegen, und zwar mit der Wirkung, daß selbst der Vermiether sich bezüglich ihrer aus § 137 strafbar machen kann, darüber vgl. Rll. 16. März 83 (E. VIII, 117). — Die Zwangsvoll, streckung in das unbewegliche Vermögen richtet sich nach den §§ 864ff. CPOj die Zwangsversteigerung und Zwangsverwaltung nach dem RG. v. 17. Mar 1898 (RGBl. S. 713), dessen §§ 20 ff. bezw. 148 über die Beschlagnahme des Grundstücks und deren Umfang bestimmen. Wegen des Eigenthumserwerbs vgl. § 20 a. a. O. u. Rll. 8. Jan. 1901 (GA. 48, 113).

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Thl.II. Abschn.VII. Verbr. u. Vergehen w. d. öffentl. Ordnung. — § 137.

11. 12. Das Gleiche (n. 8) gilt von einem auf eine konkrete Sache angelegten Sicherheitsarreste: CPO. §§ 916ff. und (unter Umständen) von einst­ weiligen Verfügungen: ib. §§ 935ff.; vgl. Will. 5. Dez. 89 (E. XX, 244), Königsb. 90 (GA. 38 f. 71), nicht aber von einem bloßen Veräußerungsverbote int Sinne des § 106 KO.: eit. Will. 5. Dez. 89, noch von einem nach österreich. Civilprozeßrecht erlassenen „Verbote auf fahrende Güter": WlV. 17. Febr. 93 (E. XXIV, 10). 13. Die Pfändung von Geldforderungen ist mit der Zustellung des betr. Be­ schlusses an den Drittschuldner als bewirkt anzusehen; vgl. CPO. § 829: Will. 23. Dez. 81 (R. III, 833); die Zustellung des im eil. § 829 gedachten Gebots an den Exequendus ist dazu nicht erforderlich, letzterer, kann sich mithin des Vergehens aus § 137 schuldig machen, sofern er nur sonst von der Pfändung Kunde erhalten hat; so: WIL 8. Nov. 81 (R. II, 691). — Ueber die Möglichkeit der Entziehung einer Forderung aus der Verstrickung vgl. n. 35. — Ob die Pfändung bezw. zwangsweise Ueberweisung einer Forderung auf konkrete Sachen die Pfändung bezw. Beschlagnahme dieser Sachen selbst enthalten könne, darüber vgl. WI. 16. Nov. 82 (E. VII, 292), andererseits jedoch WIV. 2. Juni 93 (R. XXIV, 202). — Wegen des Arrests vgl. §§ 930ff. CPO. 14. Die auf eine Sache angelegte Beschlagnahme umfaßt die Zubehörstücke (§§ 97ff. BGB.) derselben mit, selbst solche, welche im Augenblicke, wo jene Maßnahme erfolgte, zeitweise davon entfernt waren; ihre Nichterwähnung im Beschlagnahme. Protokoll ist gleichgültig: OT. 74. 75 (O. XV, 67; XVI, 223), es sei denn, daß durch die Erwähnung einzelner Pertinenzstücke der Schluß gerechtfertigt wird, daß die übrigen von der Verstrickung frei bleiben sollten: WI. 24. Nov. 79 (R. I, 92). Bewegliche Sachen, welche erst nach der Beschlagnahme eines Grundstücks auf dasselbe gebracht und dessen Pertinenzien geworden sind, gehören dahin nicht; so: OT. 74 (O. XV, 675: auf die Grundsätze des Civilrechts komme es in dieser Hinsicht nicht an). Vgl. n. 4 und § 865 CPO. — In Betreff der Wirkung eines Irrthums über die Pertinenzeigenschaft vgl. n. 37. 15. Die Beschlagnahme rc. muß von einem (sachlich und örtlich für den kontreten Fall) „zuständigen" Beamten (Behörde) vorgenommen sein: es reicht also nicht hin, wenn dem betr. Beamten im Allgemeinen (für gewisse hier nicht vorliegende Fälle) eine Zuständigkeit beiwohnte; ebenso: Dresd. (SGZ. 23 s. 281), Schw. n. 4, ML. s. 840, HStR. II, 847; John, HH. III, 194; vgl. auch WIV. 25. Mai 86 (E. XIV, 151: Mot.), andererseits jedoch RI. 3. Jan. 84, WII. 13. Juni 84, WIV. 14. Dez. 94, 19. Mai 96 (E. IX, 403; X, 425; XXVI, 287, XXVIII, 379), Olsh. n. 5. — Daß ein Exekutionsauftrag dem Gerichtsvollzieher durch eine Mittelsperson ohne schriftliche Vollmacht ertheilt war, schließt die Befugniß jenes Beamten, die Zwangsvollstreckung vorzunehmen, nicht aus: WII. 17. Febr. 88 (R. X, 157). 16. Zur Anordnung von Beschlagnahmen und Durchsuchungen behufs Vor« bereitung eines Strafverfahrens (n. 7) sind nur der Richter, bei Gefahr im Verzüge auch die Staatsanwaltschaft und deren Hülfsbeamte beßugt: StPO. §§ 94. 98. 102. 105. 107. 108. In Betreff der Zuständigkeit zur Ausführung einer solchen Maßregel vgl. Will. 25. Juni 83, WII. 13. April 83 (A. VIII, 192; R. V, 244), Löwe StPO. § 98 n. 3. Ueber die Zuständigkeit der (zu jenen Hülfsbeamten nicht gehörenden) Pr. Zollbeamten und Gensdarmen, Gegenstände einer Zollgesetz, bezw. Einfuhrverbots. Uebertretung in Beschlag zu nehmen, vgl. WIV. 4. Juli 90, IV, 12. Febr. 92, 14. Dez. 94 (E. XXI, 47, XXII, 364, XXVI, 287). — In Angelegenheiten der administrativen Polizei (n. 7a) sind durchweg die Ortspolizeibe­ hörden und deren Organe berufen, Sachen mit Beschlag zu belegen; vgl. WII. 23. Okt. 83 (E. IX, 121); IV. 9. Jan. 85 (R. VII, 25); OT. 62 (Ü. III, 25: betraf einen auf Grund einer Polizei-Ddn. vom Abdecker eingefangenen Hund). 16a. In der Praxis sind ferner als zuständig erachtet: Die Königl. Bühnenmeister. WIV. 9. Jan. 85 (cit. n. 16); der mit Genehmigung der zu' ständigen Staatsbehörde angestellte Hundefänger. WII. 19. Mürz 97 (E. XXX, 29); der Untersuchungsrichter in ehrengerichtl. Untersuchungen gegen Rechts, anwälte. WII. 13. Juni 86 (R. VI, 426). Wegen des Zwangsvollstreckungsrechts oldenb. Verwaltungsbehörden; vgl. Will. 21. Jan. 87 (E. XV, 323).

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17. Zur Anordnung einer Exekution sind mehrfach Verwaltungsbehörden zuständig, z. B. in Preußen die Bezirksregierunaen in den durch die Ddn. v. 26. Dez. 1808 §42 Nr. 2 vorgesehenen Fällen: OT. 68 (O. IX, 312); ebenso eine Landschafts. Direktion: Pr. G. v. 3. Aug. 97 und 23. Sept. 99 (GS. 97, S. 388; 99, S. 291); OT. 66 (O. VII, 583). Vgl. auch Pr. Verordnung betr. das Derwaltungszwangsverfahren v. 15. Nov. 99 (GS. S. 545) und Rill. 24./3I. Zan. 87 (E. XV, 323). 18. Obgleich § 137 nicht (wie § 113) die „Rechtmäßrgkeit" der Beschlagnähme als eine wesentliche Voraussetzung seiner Anwendbarkeit hervorhebt, so folgt dennoch aus der dort geforderten Zuständigkeit der Behörde rc., daß jene Maßnähme an sich gesetzlich zulässig sein muß: RH. 13. Juni 84 (E. X, 425: dies treffe übrigens bei ehrengerichtlichen Untersuchungen wider Rechtsanwälte zu). Ebenso müssen bei Vornahme des Aktes die nothwendigen Voraussetzungen desselben gegeben sein: 911V. 25. Mai 86 (E. XIV, 151). Demgemäß entbehrt z. B. ein Zwangsvollstreckungsakt des Schutzes des §, wenu er sich nicht auf einen vollstreckbaren Titel gründet oder wenn dieser Titel nicht nach Vorschrift der CPO. § 750 zugestellt ist: R1V. 25. Mai 86, OT. 69 (O. X, 496); a. M. (in Betreff eines Verstoßes wider den eit. § 750 der CPO.): RH. 16. Sept. 84 (A. X, 457). Don solchen Fällen abgesehen, ist jede formell angelegte Beschlagnahme zu respekLiren und Abhülfe gegen angeblich dabei vorgekommene Beeinträchtigungen im ge­ regelten Verfahren zu suchen. Das gilt namentlich, insoweit die Beschlagnahme dem Ermessen des sie anordnenden oder ausführenden (zuständigen) Beamten unterlag; Irrthümer, in die er dabei verfiel, berechtigen nicht dazu, die Beschlag, nähme nunmehr als nicht bewirkt anzusehen, und derselben die verstrickten Sachen zu entziehen: Rl. 3. Jan. 84 (E. IX, 403), OT. 73 (O. XIV, 188). Ebenso macht der Umstand, daß die zum Zwecke der Zwangsvollstreckung in Beschlag genommene Sache nicht dem Exequendus gehörte, ihre Beiseiteschaffung selbst dann nicht straflos, wenn sie sich nicht einmal im Besitze des Exequendus, sondern in dem eines zur Herausgabe nicht bereiten Dritten (vgl. CPO. § 809), z. B. eines Mitbewohners desselben Hauses rc., oder doch nicht im Alleinbesitze jenes befunden hatte, da auch diese Fragen der Prüfung des Beamten unterlagen: RH. 6. Febr. 94 (E. XXV, 108: sofern er hierbei nicht fahrlässig verfuhr), OT. 70. 75 (O. XI, 87; XVI, 358); a. M.: Olsh. n. 7. Anders wenn der pfändende Beamte sich in Betreff des Besitzers nicht irrte, er mithin (unzuständiger Weise: n. 15) gerade gegen den Dritten pfänden wollte: cit. 9111. 6. Febr. 94. Auch verschlägt es nach Dresd. (SGZ. XIX, 149) Nichts, wenn die Beschlagnahme in einem Rechtsstreite angeordnet ist, welcher mit Unrecht bloß gegen eine Frau, und nicht gleichzeitig gegen deren Mann anhängig gemacht wurde. Vgl. ferner Dresd. (cit. n. 15: betr. eine ohne Antrag der Betheiligten angeordnete Sequestration), Rl. 16. Nov. 82 (E. VII, 292; erkannte, daß der Zweifel, ob eine richterliche, dem Drittschuldner gemachte Auflage nach der CPO. gerechtfertigt war, der Anwendung des § nicht entgegenstehe [?]). 19. Demgemäß ist der Angeklagte nicht mit dem Einwände zu hören, die Forderung, wegen welcher die Exekutions-Beschlagnahme erfolgte, sei unbegründet (getilgt); die formell bestehende Beschlagnahme ward dadurch nicht ungültig, es mußte im gesetzlichen Wege die Wiederaufhebung nachgesucht werden. 20. Aus demselben Grunde (n. 18) wird die Anwendbarkeit des § dadurch nicht ausgeschlossen, daß nach Lage der thatsächlichen Verhältnisse besondere Rechtsgründe obwalteten, aus welchen die Sache nicht hätte in Beschlag Ge­ nommen werden sollen; z. B. wenn „zuviel", oder wennn einem gesetzlichen Verbote (vgl. CPO. § 811, auch 812) zuwider das unentbehrliche Handwerksgeräth, die letzte Kuh rc. in Beschlag genommen ist; auch diese Thatsachen unterliegen der Prüfung der betr. Beamten; Abhülfe gegen vorgekommene Irrthümer ist im Wege des ge­ regelten Verfahrens zu suchen; vgl. RlV. 16. Apr. 89 (E. XIX, 164: spez. in Betreff eines Verstoßes wider den cit. § 811, OT. (O. XV, 406), Münch. (BE. III, 379); st. M.; Olsh. n. 7. OT. 73 (O. XIV, 763) nahm dasselbe an bezüglich einer entgegen dem BGes. v. 21. Juni 1869 erfolgten Beschlagnahme des künftigen Arbeitslohns; vgl. jedoch n. 18. 21. Ebensowenig schließt ein Verstoß wider formelle Vorschriften die An­ wendbarkeit des § aus, es sei denn, daß jener so erheblich wäre, daß er dem amt-

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lichen Akte den Charakter einer Beschlagnahme rc. entzöge; ebenso: RI. 3. Jan. 84 (E. IX, 403). Wann letzteres anzunehmen sei, beurtheilt sich nach den das Derfahren regelnden Gesetzen. Ob diesen zufolge der betr. Verstoß zur Aufhebung der amtlichen^ Maßnahmen führen könnte, ist in solcher Hinsicht nicht entscheidend: eit. RI. 3. Jan. 84, Münch. (BE. IV, 120: betr. einen Verstoß wider § 759 der CPO.) Zur Pfändung gehört eine förmliche, auf erkennbare Weise ersichtlich gemachte Besitzergreifung seitens des Gerichtsvollziehers. Die Aufnahme eines Pfändungsprotokolls durch den Exekutor, sowie die Mittheilung desselben an den Schuldner ist keine wesentl. Förmlichkeit (§§ 762ff. CPO.). Werden die gepfändeten Sachen vom Gerichtsvollzieher in Gewahrsam des Schuldners belassen (§ 808 CPO.), so ist nothwendig, daß durch Anlegung von Siegeln oder auf sonstige Weise die Pfändung ersichtlich gemacht ist; (z. B. bei Pfändung von Früchten auf den Halm, von lebendem Vieh. RI. 25. Okt. 88; IV. 1. Nov. 99 (E. XVIII, 163; XXXII, 316). Don einem „Ersichtlichmachen" kann nur die Rede sein, sofern die Pfändung nicht an den Pfandstücken selbst sichtbar gemacht, sondern in deren örtlicher Um. gebung kundgegeben ist, wenn die gepfändeten Gegenstände mit dem Raume, an oder in welchen die Psandanzeige angeheftet ist, in einer der Wahrnehmung Dritter zugänglichen Verbindung stehen, durch welche die gepfändeten, in der Anzeige oft nur generell bezeichneten und nicht selten vertretbaren Sachen, soweit nöthig, individualisirt und die Besitzergreifung gerade dieser Stücke durch den Gerichtsvollzieher für Jedermann erkennbar wird. Läßt sich eine solche Erkennbarmachung nicht er­ reichen, so dürfen die Sachen im Gewahrsam des Schuldners nicht belassen werden (eit. RIV. 1. Nov. 99). Die bloße Erklärung des Gerichtsvollziehers, daß gewisse vorhandene Sachen mit Beschlag belegt würden, selbst in Gegenwart der Interessenten und angesichts der zu pfändenden Sachen, sowie die Untersagung der Fortschaffung oder der Disposition über dieselben reicht nicht aus: RH. 21. April 82, 91111. 28. Sept. 81, 30. April, 12. Okt. 85, RIV. 22. Juni 86, 2. Juni 93 (E. VI, 227; E. V, 35; R. VII, 264. 572; VIII, 479, XXIV, 203). Jedoch fanden: Rill. 30. April 85 (R. VII, 264) und eit. RIV. 22. Juni 86 eine genügende Besitzergreifung in dem He ran treten des Gerichtsvollziehers an den zu pfändenden Gegenstand mit der Erklärung, derselbe sei gepfändet. — Das Eingangs Gesagte gilt nicht minder von der Vernachlässigung der das Verfahren vor oder nach der Pfändung re. betreffenden Formvorschriften; vgl. RII. 13. Nov. 88 (R. X, 648: betraf die unterbliebene Benachrichtigung des bei der Pfändung abwesenden Schuldners: CPO. § 808 Abs. 3), OT. (O. XIII, 672), Münch. (BE. I, 230); insbesondere derjenigen, welche nur die Sicherung der (bereits) gepfändeten Sachen betreffen: Dresd. StZ. V, 40). 22. Nur die Beiseiteschaffuna re. wirklich in Beschlag genommener Sachen fällt unter den §; vgl. n. 5. 21. Wer bei einer ihm drohenden Zwangsvollstreckung Vermögenstheile (noch ehe sie in Beschlag Genommen sind) bei Seite schafft, um die Befriedigung des Gläubigers zu vereiteln, verwirkt die Strafe des § 288, derjenige aber, welcher die Vornahme der Beschlagnahme durch den Beamten ver. hindert, kann nur aus § 113 strafbar sein: OT. 15. Jan. 59. 23. Die Dauer der -Wirksamkeit einer erfolgten Beschlagnahme ist ebenfalls nach den maßgebenden Prozeßgesetzen zu beurtheilen; fehlt es an bezüglichen Vor. schriften, so ist anzunehmen, daß die amtliche Maßnahme auch nur durch einen amtlichen Akt außer Kraft trete: insbesondere wird durch eine nach der Vollstreckungs. Beschlagnahme bewirkte Zahlung oder durch die Zustimmung des Exekutionssuchers das Pfandstück nicht ohne Weiteres frei; vgl. OT. 61. 66.74 (O. I, 260; VII, 284; XV, 163), Carlsr. (BA. 48 s. 9) und unten n. 27a. 37, Ebenso wird die zum Zwecke der Zwangsvollstreckung bewirkte Pfändung oder Beschlagnahme noch nicht durch den demnächstigen gerichtlichen Verkauf aufgehoben: sie dauert fort bis die Sachen dem Ersteher übergeben worden sind; eine frühere Beiseiteschaffung füllt unter § 137: 911. 10. Nov. 81 (R. III, 702: speziell für den Fall, wo erst im Augenblicke der Uebergabe das Eigenthum auf den Ersteher übergeht), RII. 9. März 83, IV. 18. März 98 (E. VIII, 113; XXXI, 80: wenn auch der Eigenthumsüber. gang schon mit Verkündung des Zuschlagsbescheid erfolge), OT. (O. XIV, 73). Dgl. n. 3 a. 24. — Hat dagegen ein Gerichtsvollzieher Sachen gepfändet und einem Dritten anvertraut, so hört, wenn er dieselben demnächst, ohne nachträgliche Beob. achtung der im § 808 Abs. 2 der CPO. vorgeschriebenen Maßregeln, in den Gewahrsam des Schuldners gelangen läßt, die Pfändung als eine rechtswirksame zu

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bestehen auf; so: RIV. 17. Okt. 88 (E. XVI, 273); vgl. n. 21. — Die Aufhebung einer präventivpolizeilichen Beschlagnahme ist so wenig, wie deren Anordnung, an die Beobachtung gewisser Formen gebunden und kann daher auch in der endgültigen Verfügung über den beschlagnahmten Gegenstand enthalten sein: RIV. 25. März 87 (E. XV, 388: betr. einen aus sanitätspolizeilichen Gründen beschlagnahmten und demnächst verscharrten Thierkadaver; die demnüchstige Beseitigung des letzteren wurde nicht als unter § 137 fallend erachtet). 24. Ferner verliert der § 137 seine Anwendbarkeit mit dem Augenblicke, wo die Sache thatsächlich der angelegten Beschlagnahme vollständig entzogen wird, sonach aufhört, eine „gepfändete rc." Sache zu sein. Ist das geschehen, so kann an derselben Sache das Vergehen demnächst nur dann verübt werden, wenn sie neuerdings gepfändet, oder durch eine neue Thatsache der früheren Beschlag­ nahme wieder unterworfen worden war. Demgemäß verstößt der Käufer einer im guten Glauben empfangenen, vom Verkäufer jedoch der Beschlagnahme entzogenen Sache oder Derjenige, welcher seine eigene, bei einem Andern (aus Irrthum) mit Beschlag belegte Sache ohne Kenntniß von dieser Maßnahme wieder in seinem Ge­ wahrsam bekommen hat, nicht gegen § 137, wenn er sie demnächst, trotz inzwischen erlangter Kenntniß, verbringt rc.: RI. 27. Mai 89 (E. XIX, 287), OT. 70 (O. XI, 371). — Der bloße Fortfall der Pfandzeichen — CPO. § 808 — hat die rechtliche Unwirksamkeit der Pfändung nicht zur Folge; so: RI. 25. Okt. 88, RH. 25. Okt. 87 (E. XVIII, 163; R. IX, 527: und unten n. 31. — Dasselbe gilt von der Translocirung der gepfändeten Sache, wenn letztere gleichwohl der Verfügung der zuständigen Behörde vorbehalten, bezw. in der Verwahrung des bestellten Hüters bleibt; um so viel weniger stellt in diesem Falle die Translocirung selbst ein aus § 137 strafbares „Beiseiteschaffen" dar: n. 31, «II. 23. März 88 (R. X, 264), Münch. (BE. II, 359). Dagegen schließt die rechtliche Fortdauer des durch die Pfändung erworbenen Pfandrechts den Thatbestand des § nicht nothwendig aus: «II. 12. Febr. 89 (E. XVIII, 410). 25. Abgesehen von dem unter n. 5 i. M. vorgesehenen Falle unterscheidet das Gesetz nicht in Betreff der Person des Thäters; die Strafe trifft Jeden, welcher sich der vorgesehenen Handlung schuldig macht. Das gilt zunächst von Demjenigen, bei welchem die Beschlagnahme erfolgt war (dem Gepfändeten), mochte die Sache aus seinem Gewahrsam in einen amtlichen oder in den eines bestellten Hüters ge­ langt, oder ihm zur Aufbewahrung belassen sein (n. 6), — und zwar selbst dann, wenn bei ihm (irrthümlich) eine fremde Sache mit Beschlag belegt war; er darf dieselbe in einem solchen Falle nicht dem (an sich zur Rückforderung berechtigten) Eigenthümer zurückgeben, muß vielmehr diesen zum gerichtlichen Weg verweisen: OT. (O. XIII, 360). 26. 27. Nicht minder trifft die Strafe den Eigenthümer, welcher seine (mit Unrecht) bei einem Dritten in Beschlag genommene Sache wegnimmt, sollte auch an ihn ein Arrestatorium nicht ergangen sein; er muß sein Recht bei Gericht geltend machen: RH. 28. Okt. 79 (A. I, 27), OT. (O. XVIII, 466), Münch. (BE. I, 230). Dasselbe gilt von dem bestellten Hüter, wenn er die Sache verbringt; von dem Gläubiger, welcher die Pfändung rc. erwirkte, sollte er auch im Einverständ­ nisse mit dem Gepfändeten gehandelt haben (n. 23); so: «III. 1. Mai 80 (cit. n. 1); vgl. jedoch Puch. s. 177; (unter Umständen) von dem pfandberechtigten Vermiether; vgl. n. 8 (a. E.); von dem Gerichtsvollzieher, welcher die von einem anderen Gerichtsvollzieher wirksam gepfändeten und in Besitz genommenen Sachen aus diesem Besitze entfernt und von Neuem für einen anderen Gläubiger pfändet: «UI. 12. April 83 (E. VIII, 256). 28. Endlich findet der § auch auf jeden Dritten Anwendung, welcher die betr. Handlung vornimmt, gleichviel, ob er dabei im Interesse des Gepfändeten thätig war oder nicht: (2) OT. (O. XII, 667. 669). 29. Die Strafbarkeit ist nicht durch eine vorherige Verwarnung bedingt: OT., Dresd. (O. XIII, 228; SGZ. XX, 15). 30. Als ein „Entziehen aus der Verstrickung" ist jede Handlung anzusehen, durch welche die Beschlagnahme als solche ganz oder theilweise, dauernd oder vorübergehend unwirksam gemacht wird. Es gehört dazu ein positives Handeln; ebenso: «I. 27. Mai 89 (E. XIX, 287); auch unter Benutzung der Thätigkeit eines Gehülfen («IV. 18. März 98, E. 31, 80); bloßes Unterlassen, z. B. die bloße Fortsetzung des in gutem Glauben, d. h. ohne Kenntniß von der Pfändung erlangten Oppenhoff, D. Strafgesetzbuch. 14. Hust 23

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Besitzes bezw. die unterlassene Rückgabe nach erlangter Kenntniß (: Dresd., SGZ22 s. 147; vgl. n. 24), das Verschweigen einer früheren, nicht mehr kenntlichen Pfändung bei einer neuen Pfändung derselben Mobilien (: RH. 9. Dez. 92, GA. 40 f. 334), oder die Nichtbefolgung der amtlichen Aufforderung, den Ort anzu­ geben, wo sich die in Beschlag genommene Sache zur Zeit befinde, reicht für sich allein nicht hin; wenn dagegen Derjenige, in dessen Gewahrsam die Sache war, sich weigert, den Verbleib derselben anzugeben, nachdem er sie (befugter Weise) in eine andere Räumlichkeit gebracht (z. B. das gepfändete Vieh zur Weide geschickt) hat, so kann in der Verbindung beider Handlungen ein Bei-Seite-Schaffen rc. ge­ funden werden: OT. 64 (O. IV, 316). Dasselbe gilt nach Carlsr. (BA. 46 s. 310), wenn Jemand, mit dem Transport der gepfändeten Sachen zum Versteigerungslokale beauftragt, einzelne derselben, unter der Vorspiegelung, sie seien zerbrochen, zurückläßt; vgl. n. 31. 34. Ebenso ist aus § 137 strafbar, wer, ohne Kenntniß von der Pfändung zu besitzen, den Auftrag zur Verwendung der gepfändeten Sache ge­ geben hat, wenn er nach erlangter Kenntniß den Auftrag aufrecht erhält, nicht zurücknimmt, und in Folge dessen die Verwendung stattfindet; so: 9111. 28. Okt. 79 (A. I, 27). 31. Im Uebrigen kommt auf die Natur der Handlung (n. 30) nichts an; es bedarf nicht nothwendig eines Derbringens (Verheimlichens) der Sache, und ebensowenig einer Ortsveränderung; Beispiel: wenn die Sache mit dem Gebäude, in welchem sie sich befindet, einem Dritten gänzlich überlassen, oder wenn der die gepfändeten Sachen abholende Beamte durch Täuschung veranlaßt wird, statt einer in Beschlag genommenen eine nicht gepfändete schlechtere Sache mitzunehmen: RIV. 14. Jan. 87 (E. XV, 205: ev. liege hier Jdealkonkurrenz mit Betrug vor), OT. 58, 72 (GA. VI, 715; O. XIII, 34); oder wenn eine Beschlagnahme durch Unkenntlich­ machung derselben, z. B. durch Ablösen der betr. Zettel, ihrer Wirksamkeit beraubt wird; so: RH. 30. Mai 84 (eit. n. 7a). Dasselbe gilt von einer Verfügung, welche die Sache dem Pfand- oder Retentionsrechte Dritter unterwirft: OT. 60 (O. I, 111). — Dagegen gehören andere Verfügungen (Verkauf rc.) nicht hierher, sofern die Sache nicht gleichzeitig der amtlichen Maßnahme (z. B. durch Uebergabe an den Käufer) entzogen wird: OT. 69,. 78, Dresd., Münch. (O. X, 314; XIX, 353; SGZ. XXII, 42; BE. I, 460); vgl. n. 24. 32. Auch ein nur vorübergehendes, zeitweiliges Entziehen aus der Derstrickung ist strafbar (n. 30, Münch., BE. II, 313); dazu genügt es, wenn die Sache in einem Augenblicke, wo die Beschlagnahme sich als wirksam erweisen soll, in eine Lage gebracht ist, daß jene Wirksamkeit nicht eintreten kann (sollte die Sache sich auch noch in der Wohnung des Gepfändeten befinden: OT. (O. XVII, 833). Der Exequendus darf zwar die in seinem Gewahrsam belassene gepfändete Sache ferner (unbeschadet der Substanz) benutzen; dagegen steht in der Regel weder ihm noch einem zum Hüter bestellten Dritten zu, sie vom Orte der Verwahrung zeitweise zu entfernen, es sei denn, daß dies bei der Beschlagnahme ausdrücklich gestattet, oder aus der Natur der Sache als selbstverständlich zu folgern wäre; z. B. wenn das gepfändete Vieh regelmäßig zur Weide ausgetrieben wird, oder wenn es sich um Geräthe (Thiere) handelt, mit welchen ein Fuhr- und Schiffereigeschäft betrieben wird. In solchen Fällen bleibt die herkömmliche Behandlungs- und Benutzungsart auch ferner mit der Maßgabe statthaft, daß .der Zweck der Beschlagnahme dadurch nicht beeinträchtigt werden darf; Strafbarkeit würde sonach eintreten, wenn die (an sich dem Herkommen entsprechende) Ortsveränderung bewußter Weise zu einer Zeit ins Werk gesetzt wurde, wo der Verkauf rc. der Sache bewirkt werden sollte: OT. (O. XII, 274). 33. Tritt für den Verwahrer der Sache die Nothwendigkeit einer PlatzVeränderung ein, z. B. beim Wechsel einer Miethwohnung rc., so hat er die Pflicht, hiervon der Behörde rc., von welcher die Beschlagnahme ausgegangen war, Anzeige zu machen, und wenn die Ortsveränderung die Sache aus dem unmittelbaren Bereiche jener Behörde bringen würde (Verziehen an einen andern Ort rc.), deren Erlaubniß nachzusuchen. Unterläßt er dies, so tritt Strafbarkeit ein, wenn die Handlung thatsächlich die (zeitweilige) Unwirksamkeit des amtlichen Verfahrens zur Folge gehabt hat und der Handelnde sich dieser (möglichen) Folge bewußt war; Notorietät der Handlung kann die Anzeige ersetzen: OT. (O. XIV, 181. 410; vgl. OT. (ib. XX, 296), Dresd. (StZ. II, 87; SGZ. XVI, 341), KH. 42 (RA. 33, II, 34).

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34. Auch ein theilweises „Zerstören" der Sache erfüllt den Thatbestand; ebenso kann in der Veränderung der Sache durch Beseitigung einzelner Theile eine „theilweise" Entziehung gesunden werden: OT. (O. XVIII, 319: anscheinend gestohlene Stangen waren zugespitzt und so deren Vergleichung mit den Stubben unmöglich gemacht worden); dem steht aber eine die Substanz nicht verändernde Werthverminderung (Beschädigung) nicht gleich; ebenso: Rill. 12. Okt. 85 (R, VII, 572). Carlsr. (dt. n. 30) erblickte ein „theilweises" Entziehen darin, daß Jemand (durch falsche Angaben) es dahin brachte, daß die Sache bei der Dersteigerung nicht vorlag und deshalb unter dem Preise losgeschlagen wurde. 35. Eine in Beschlag genommene Forderung (n. 4. 13) kann der 33 er» strickung nur in der Weise entzogen werden, daß das Forderungsrecht entweder aufgehoben („zerstört"), oder aber so auf einen Dritten übertragen wird, daß es zu den Zwecken der Beschlagnahme nicht mehr geltend gemacht werden kann. Ein solcher Fall würde eintreten, wenn das individuelle (nicht bloß in genere bestimmte) Objekt der Forderung in einer Weise zerstört oder bei Seite geschafft ist, daß der Verpflichtete seiner Verbindlichkeit dadurch enthoben wird; ebenso: RII. 8. Mai 85 (E. XII, 184); vgl. jedoch Münch. (RE. II, 377). Dasselbe ist da anzunehmen, wo Jemand seine gültig wider ihn in Beschlag genommene Forderung durch Session des in seinem Besitze verbliebenen Schulddokuments nach der maßgebenden Gesetz­ gebung wirksam auf einen gutgläubigen Dritten überträgt und es so herbeiführt, daß die Zahlungen des Schuldners an diesen und nicht an den Erekutionssucher zu bewirken sind; dt. RII. 8. Mai 85, OT. (O. XII, 572); a. M.: Antr. b. GStA. (O. XII, 367), ferner da, wo Jemand die Forderung von dem (gutgläubigen) Bürgen des Drittschuldners einzieht, vorausgesetzt, daß dadurch die Schuld des letzteren nach dem maßgebenden Civilrecht getilgt wird: Carlsr. 86 (BA. 52 s. 104). Da­ gegen ist ein Entziehen der Forderung aus der Verstrickung undenkbar, wenn dem Drittarrestaten durch das ihm behändigte Arrestatorium die Auszahlung an den Exequendus wirksam untersagt worden ist, da eine dessenungeachtet bewirkte Zahlung den Drittarrestaten dem Erekutionssucher gegenüber nicht entlasten würde, sollte auch jener aus der bereits einmal geleisteten Zahlung (unbegründete) Einwände gegen die nochmalige Zahlung herleiten oder thatsächlich zu einer solchen nicht mehr tut Stande fein (beides läßt das Bestehen der „Forderung" unberührt); vgl. cit. RII. 8. Mai 85, OT. (O. XII, 68. 360); a. M.: John, HH. III, 192. Dasselbe muß von einer dttrch den Exequendus vorgenommenen Session gelten, insofern nicht durch dieselbe für den Drittarrestaten die Verpflichtung begründet wird, trotz der Beschlagnahme an den Cessionar zu zahlen (siehe oben): cit. Antr. d. GStA.; a. M.: OT. (O. XII, 542. 572); vgl. auch RII. 8. Nov. 81 (R. III, 691). — Wäre dagegen die Arrestanlage unvollständig erfolgt, z. B. nur das Inhibitorium an den Exequen» dus und nicht auch das Arrestatorium an den Drittschuldner ergangen, so daß sie also für den letzteren nicht wirksam werden könnte, so läge gar keine gültige Arrest» anlage vor und würde aus diesem Grunde der trotz des Inhibitoriums Zahlung annehmende Exequendus nicht strafbar sein; vgl. n. 4. 36. Das Vergehen wird durch das „Entziehen aus der Verstrickung", d. h. dadurch vollendet, daß die durch die Pfändung rc. begründete Verfügungsgewalt der Behörde über die Sache dauernd oder zeitweise aufgehoben wird: RII. 18. Jan. 81 (E. III, 255: Fall, wo der Eigenthümer eines beschlagnahmten Hauses Bretter desselben losgebrochen und einem unterrichteten Dritten gemäß vorheriger Ueberein» tunst an Zahlungsstatt überliefert hatte; hier sei die That erst durch die Uebergabe an letzteren vollendet worden, dieser mithin als Gehülfe strafbar, sollte die Ueber» gäbe auch jenseits der Grenze des betr. Grundstücks, immerhin aber in dessen un­ mittelbarer Nähe erfolgt sein). — Die Benachteiligung eines Andern ist kein wesentliches Erforderniß des Thatbestandes: RII. 16. März 83 (E. VIII, 117), OT. (O. XIV, 73. 413), Dresd. (SGZ. XVI, 366). Daher ist es gleichgültig, ob die Sache später zur Beschlagnahme wieder zurückgebracht, oder ob der betr. Gläubiger nachträglich befriedigt wird; vgl. n. 23. Doch kann der so vollendete Arrestbruch nicht durch ein weiteres Fortbringen an einen dritten Ort noch einmal begangen werden, sofern nicht inzwischen eine neue Beschlagnahme stattgefunden hat: OT. (O. XIX, 423); vgl. n. 24. 37. Als Dolus wird — abgesehen von der Vorsätzlichkeit der Handlung selbst — die Kenntniß vorausgesetzt, daß die Sache von der (zuständigen) Behörde in Be» schlag genommen sei, verbunden mit dem Bewußtsein, daß durch die Handlung die

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Thl. II. Abschn.VII. Verbr. u. Vergehen w. d. öffentl. Ordnnng. — § 138.

§ 138. Wer als Zeuge, Geschworener oder Schöffe be­ rufen, eine unwahre Thatsache als Entschuldigung vorschützt, wird mit Gefängniß bis zu zwei Monaten bestraft. Verstrickung (wenn auch nur zeitweise) unwirksam gemacht werde: RHI. 1. Mai 80 (R. I, 705), OT. (O. XIII, 228; XIV, 181; XV, 406); vgl. n. 33, RII. 12. Febr. 89 (E. XVIII, 410). Namentlich muß sich das Bewußtsein des Handelnden auch auf die Zuständigkeit der betr. Behörde (des betr. Beamten) sowie überhaupt darauf erstrecken, daß die Beschlagnahme an sich gesetzlich zulässig gewesen sei: RII. 13. Juni 84 (E. X, 425: jedoch vorbehaltlich der Fälle des dolus eventualis); a. M.: OT. (O. XIV, 465). — Wie jene Kenntniß erlangt worden, ist gleichgültig: OT. (O. XIII, 282; XX, 45: demnach genüge schon private Kenntniß). Liegt sie vor. so ist die irrige Meinung: die Beschlagnahme gehöre nicht zu den durch den § geschützten, oder sie fei als materiell ungegründet (n. 19) nicht zu beachten, oder dieselbe hindere den Eigenthümer der mit Unrecht bei einem Dritten gepfändeten Sache nicht, diese wegzunehmen, oder man sei aus anderen Gründen trotz des Bestehens der Pfän­ dung rc. zur Handlung befugt, — eine die Bedeutung des Strafgesetzes betreffende, somit nicht geeignet, die Strafbarkeit auszuschließen: RII. 11. März 80, RHI. 1. Mai 80, RII. 6. Febr. 94 (E. I, 272; XXV, 108; R. I, 705), OT. 70, 76, 77 (O. XI, 565. 427; XVII, 268; XVIII, 499); a. M. (bez. eines Falles der letzterwähnten Art): OT. (O. XX, 71); vgl. auch Olsh. n. 15, Frank, Z. f. StR. XII, 298. Dagegen schließt der Mangel jener Kenntniß den Dolus selbst dann aus, wenn er auf einem Rechtsirrthum (civilrechtlicher Art) beruhte, z. B. auf einer Derkennung der Pertinenzqualität: Rill. 4. Juli 89 (GA. 37 s. 298), OT. (O. XV, 675), oder auf der Meinung, durch die Beschlagnahme eines Grundstücks würden die Pertinenzien nicht mit verstrickt: RII. 16. April 80, 25. Jan. 81 (E. I, 368; R. II, 755) oder die Pfändung rc. habe in Folge einer Einigung mit dem Gläubiger oder durch die Befriedigung des letzteren zu bestehen aufgehört (n. 23); vgl. eit. Rill. 1. Mai 80, RII. 11. Dez. 94 (E. XXVI, 308), GA. VIII, 706. 38. Eine über das erwähnte (n. 37) Bewußtsein hinausgehende Absicht wird nicht erfordert; auf den Grund oder Zweck der Handlung kommt nichts an: Dresd. (SGZ. XVI, 366). Insbesondere bedarf es nicht der Absicht, die Sache der Beschlagnahme zu entziehen: OT. 68, 76 (O. IX, 530; XVII, 174. 290): noch einer eigennützigen (gewinnsüchtigen) Absicht, noch der Absicht (bezw. des Bewußtseins), einen Andern (z. B. den Exekutionssucher) zu benachtheiligen: 91111. 1. Mai 80, RII. 16. März 83 (R. I, 705; E. VIII, 117), Dresd. (StZ. II, 87), OT. (O. XIII, 228; XX, 160), Münch. (BE. IV, 421). Dresd. (SGZ. XXII, 84) erachtet sogar als unter den § fallend die Verwendung des Pfandobjekts zum Zwecke der Erhaltung eines anderen (z. B. das Verfüttern gepfändeter Kartoffeln an eine gleichfalls gepfändete Ziege). — Durch eine über jenen Dolus hinausgehende Absicht kann die That iit Ideal-Konkurrenz den Charakter einer andern Strafthat, z. B. des Diebstahls, an­ nehmen; vgl. n. 28. 31, § 288 n. 3a. Doch liegt ein solcher Fall nicht nothwendig bezw. stets vor, wenn ein Dieb die beschlagnahmten Diebstahlsobjekte wiederum wegnimmt: RI. 11. Okt. 80 (E. II, 318). Wegen Jdealkonkurrenz mit § 133 vgl. diesen § n. 12 u. RIV. 19. Mai 96 (E. 28, 376). 39. Beihülfe ist denkbar: RII. 18. Jan. 81 (E. 3, 255). Im Falle einer Gesetz es konkurrenz (z. B. bei Materien im Sinne des § 2 Abs. 2 EG.) wir) § 137 durch die speziellere Vorschrift selbst dann ausgeschlossen, wenn diese eine geringere Strafe androht; vgl. § 73 n. 6, Münch. (BE. II, 397: speziell bez. des Bayer. Forstg. Art. 59 Nr. 8). 40. Die Strafverfolgung ist nicht (wie im Falle des § 288) durch einen Antrag des Verletzten bedingt: OT. (O. XII, 542). — Zuständig ist Straft, bezw. Schöffen-G.: GVG. §§ 73'. 752.

§ 138. 1. Unter den „Zeugen" sind hier die in Civilprozeßsachen „berufener Zeugen" mit verstanden; vgl. n. 6. Dasselbe gilt von den Zeugen, welche in einem sonstigen reichs- oder landesgesetzlich geregelten Verfahren, z. B. in einen ehrengericbtlichen, Disciplinar-, Verwaltungsgerichtsverfahren berufen werden: vgl. § 14 GVG. u. Art. 82 preuß. Verf., Olsh. n. 3. 2. „Berufen" ist ein Geschworener erst durch eine nach § 93 GVG. e>

Thl.il. Abschn.VIl. Derbr. u. Vergehen w. d. öffentl. Ordnung. — § 138.139.

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Dasselbe gilt von einem Sachverständigen, welcher zum Erscheinen gesetzlich verpflichtet ist. Die auf das Nichterscheinen gesetzten Ordnungsstrafen wer­ den durch vorstehende Strafbestimmung nicht ausgeschlossen. [I. Entw.: § 121; II. Entw.: § 136; StB. S. 467; Pr. StGB.: § 109.]

§ 139. Wer von dem Vorhaben eines Hochverraths, Landesverraths, Münzverbrechens, Mordes, Raubes, Menschenfolgte Ladung, ein Schöffe durch eine nach § 46 GDG. erfolgte Benachrichtigung. Eine wahrheitswidrige Einsprache gegen die Aufnahme in die Vorschlags-, Ur-, Jahres, u. s. w. Liste — ib. § 89 — füllt nicht unter den §; a. M.: Schw. n. 3. — Auf andere Laienrichter, z. B. Handelsrichter, oder gar die Vertrauensmänner (§ 40 GVG.) bezieht sich der § nicht. 3. Es wird ein wissentliches Handeln vorausgesetzt („vorschützt"); ein Ver­ sehen, selbst ein verschuldetes, genügt nicht. Daß ersteres den gewollten Erfolg gehabt habe, ist kein Erforderniß, die Erfolglosigkeit vielmehr nur bei der Strafzu­ messung zu ben"lcksichtigen: Mot. s. 91, NI. 14. Dez. 82 (A. VII, 111). 4. Ueber den Begriff „unwahre Thatsache" vgl. § 263 y. 39ff. — Es begründet keinen Unterschied, ob durch die unwahre Angabe das Nichterscheinen (eine Verspätung: Nubo s. 628) bezw. vorzeitiges Sichentfernen oder ein Gesuch um Entbindung oder endlich die Weigerung der Vernehmlassung entschuldigt werden soll. Aus dem Ausdrucke „Entschuldigung" ist nicht zu folgern, daß der § die Fülle der Weigerung wegen angeblich mangelnder Verpflichtung (Qualifikation) unberührt lasse: Jena 76 (cit. n. 2); a. M.: Olsh. n. 1 („Entschuldigung" enthalte ein Anerkenntniß der Verpflichtung, bilde daher einen Gegensatz zur Weigerung"), HStR. II, 853. 5. Eine nachträglich (zur Abwendung bezw. Beseitigung der Ordnungsstrafe rc.) vorgebrachte Entschuldigung fällt unter den §: RI. 21. Febr. 89, IV. 19. Jan. 97 (E. 18, 442 u. 29, 315), Olsh. n. 4; a. M.: Aufl. 13, Berner S. 414. — Auf die Form der Entschuldigung kommt nichts an. Ebensowenig berührt es den Thatbestand, wenn die betr. Eingabe nicht an das Gericht, sondern an die Staatsanwaltschaft gerichtet ist; vgl. RI. 14. Dez. 82 (A. VII, 111). 6. Die Anwendung des § wird durch das wirkliche Bestehen eines (nicht geltend gemachten) Ablehnungsgrundes rc. nicht ausgeschlossen, vgl. n. 7, noch auch durch die erklärte Bereitwilligkeit, zu anderer Zeit und vor einem anderen Gerichte das erforderte Zeugniß abzulegen: RI. 14. Dez. 82 (A. VII, 111). 7. Von den „Sachverständigen" (Abs. 2) gilt dasselbe, was unter n. 1 von den Zeugen gesagt wurde; vgl. Mot. z. CPO. s. 497. In Betreff der Verpflichtung, den gerichtlichen Anforderungen zur Abgabe eines Gutachtens nachzukommen, sind die Prozeßgesetze (CPO. § 407, StPO. § 75, Mil.-StGO. § 211) entscheidend. Das Bestehen eines gesetzlichen Weigerungsgrundes (CPO. § 408, StPO. § 76) schließt die „Verpflichtung zunr Erscheinen" nicht aus (n. 6); vgl. jedoch Löwe StPO. § 75 n. 9. 8. Die im Abs. 3 aufrecht erhaltenen Vorschriften haben einen vorliegend disciplinarischen Charakter; vgl. StPO. §§ 50. 77, CPO. §§ 380. 409, Mil.StGO. §§ 186. 213, GVG. §§ 56. 96. Ev. tritt Strafkumulation ein (die §§ 73ff. finden hier keine Anwendung): Olsh. n. 7; a. M. (anscheinend): Mot. s. 91. — Ueber die Frage einer etwaigen Konkurrenz (Ideal- oder Gesetzeskonkurrenz: § 73 n. 6) mit § 263 vgl. RI. 21. Febr. 89 (E. XVIII, 442). 9. Durch den § werden die in den Prozeßgesetzen gestatteten Zwangsmaß. nahmen, um einen Zeugen rc. zum Erscheinen und zur Vernehmlassung anzuhalten, nicht berührt. 10. Zuständig ist SchöffenG.: GVG. § 27-. § 139. 1. Die Anzeigepflicht ist auf die im § aufgezählten Verbrechen, denen das Sprengstoff-Ges. § 13 noch die in §§ 5—7 ib. und das Ges. v. 3. Juli 1893 § 9 die in den §§ 1. 3 ib. bezeichneten zugesellt, beschränkt, also auf räuberische Er-

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Thl.II. Abschn.VlI. Verbr. u. Vergehen w. d. öffentl. Ordnung. — § 139.

raubes oder eines gemeingefährlichen Verbrechens zu einer Zeit, in welcher die Verhütung des Verbrechens möglich ist, glaub­ hafte Kenntniß erhält und es unterläßt, hiervon der Behörde oder der durch das Verbrechen bedrohten Person zur rechten Zeit Anzeige zu machen, ist, wenn das Verbrechen oder ein strafbarer Versuch desselben begangen worden ist, mit Gefängniß zu bestrafen. [I. Entw.: § 45; II. Entw.: § 137; StB. S. 467; Pr. StGB.: § 93.] Pressung (§ 255 stellt sie nur in Betreff der Bestrafung dem Raube gleich), Münzvergehen, gemeingefährliche Vergehen und Fahnenflucht nicht auszudehnen. Die §§ 77. 104. 105 Mil.-StGB. finden nur auf „Personen des Soldatenstandes" Anwendung: Thl. 2 Tit. 1 1. c. (Überschrift). — Weitergehende eine Anzeige bei Strafe gebietende Landesvorschriften (abges. von der amtlichen Anzeigepflicht) sind durch den § außer Kraft gesetzt; vgl. EG. § 2 n. 42. — v. Liszt S. 636 meint, die geplante Handlung müsse subjektiv und objektiv als Verbrechen erscheinen. 2. Die Anzeigepflicht erstreckt sich auch auf die im Auslande zu begehenden Strafthaten, falls sie nach dem StGB. (§ 4) zu bestrafen sein würden. 3. Ob die Kenntniß eine glaubhafte, ist nicht objektiv, sondern subjektiv, d. h. vom Standpunkte des Unterlassenden zu beurtheilen: v. Liszt S. 636. Angekl. muß also mindestens selbst an die Wirklichkeit und Ernstlichkeit des Vorhabens geglaubt haben: RH. 13. Nov. 94 (G. A. 42, 394), Olsh. n. 3, Wolfs G. A. 27, 302; a. M.: ML. S. 847, Schütze S. 287 u. Aufl. 13 (es komme nicht darauf an, ob der An­ geklagte es selbst geglaubt, sondern nur, ob er es für glaubhaft gehalten hat). Doch muß das Vorhaben wirklich vorhanden sein: Schütze 1. c. 4. Nur von dem „Vorhaben" eines der gedachten Verbrechen muß Anzeige gemacht werden, und auch nur so lange, als dadurch die Verübung verhütet werden kann. Die Pflicht, eine vollendete Strafthat anzuzeigen, kann nur durch eine amtliche Stellung begründet werden; vgl. § 346. Dies erleidet gemäß RI. 7. Juni 86 (E. XIV, 214) eine (scheinbare) Ausnahme bei den „gemeingefährlichen Verbrechen" (§ 306 ff.), indem diese sog. Dauerdelikte (§ 67 n. 7) seien; hier erlösche daher die Anzeigepflicht erst dann, wenn die Gefahr wegfalle oder sich verwirkliche; (nicht mv bedenklich, zum mindesten in dieser Allgemeinheit). — Dagegen wird die AnzeigePflicht dadurch, daß zur Zeit der Kenntnißnahme die Ausführung des Vorhabens bereits begonnen hatte, nach der vorherrschenden Meinung (vgl. Schw. n. 8) nicht ausgeschlossen, wenn damals die Vollendung noch verhütet werden konnte; a M.: Schütze s. 287, John, HH. III, 198. 5. Die in §§ 83. 86 vorgesehenen Verabredungen und Vorbereitungen zum Hochverrathe stellen für sich allein schon einen vollendeten Hochverrath dar; a. M.: Olsh. n. 1 (: rechnet dahin nur die Verbrechen aus §§ 80—82); die Nichtanzeige eines derartigen „Vorhabens" würde also von jenem Gesichtspunkte aus nicht straf­ bar sein (n. 4). Insoweit aber jene Verabredungen (Vorbereitungen) daraus gerichtet sind, demnächst einen schwerer (aus §§ 80—82) zu bestrafenden Hochverrath zu be­ gehen, handelt es sich allerdings auch jetzt noch um ein erst noch zu verübendes Verbrechen; die Nichtanzeige eines solchen Vorhabens fällt sonach unter § 139; so: Schütze s. 288; a. M.: OT. 55 (GA. VI, 63). 6. Die Anzeige muß „der Behörde" gemacht werden, welche den Beruf hat, Verbrechen rc. zu verhindern, also der zunächst erreichbaren deutschen Polizeibehörde (ob dieselbe örtlich oder sachlich zuständig, erscheint gleichgültig); inwiefern eine An­ zeige bei einer anderen Behörde genüge, hängt davon ab, ob dadurch das Nöthige geschehen sei, um der Verübung des Verbrechens rechtzeitig zuvorzukommen. Doch glaubt Wolff s. 311, daß Unkenntniß des richtigen Wegs dem Anzeigepflichtigen nie schade; ebenso: HStR. II, 858. 7. Insoweit nur eine individuelle Person durch das beabsichtigte Verbrechen bedroht wird, genügt auch eine dieser gemachte Anzeige; ist dieselbe handlungs­ unfähig, so genügt die Anzeige an sie, falls sie die ihr drohende Gefahr zu erkennen vermag, sonst muß die Anzeige an ihren gesetzlichen Vertreter gerichtet werden. Sind mehrere Personen bedroht, so muß die Anzeige an jede erfolgen, damit jede gewarnt sei. — Ist daS nicht ausführbar, so kann nur eine an die Be-

Thl. II. Abschn.VII. Derbr. u. Vergehen w. d. öffentl. Ordnung. — §140.

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§ 140. Wegen Verletzung der Wehrpflicht wird bestraft: 1) ein Wehrpflichtiger, welcher in der Absicht, sich dem Ein­ tritte in den Dienst des stehenden Heeres oder der Flotte bürde gerichtete Anzeige vor der Strafe des § 139 schützen. Das Letztere gilt nach RH. 4. Jan. 84 (E. IX, 384) stets von dem Vorhaben solcher Verbrechen, welche, wie diejenigen tut Sinne der §§ 81 (Nr. 2—4). 87 ff. 146. 147. 306 Nr. 1, vom Standpunkt des Gesetzgebers aus beurtheilt, nicht ausschließlich gegen bestimmte Personen gerichtet sind, sollte dabei auch in concreto speziell die Schädigung be­ stimmter Personen bezweckt werden. Vgl. Heß, Anzeigepfl. S. 37. 8. Der § schreibt nur die Anzeige „von dem Vorhaben" vor. Demgemäß ist Bezeichnung des die That Vorhabenden nicht unerläßlich, insofern auch ohne diese die Ausführung verhindert werden kann; a. M-: Wolff S. 309. 9. Die Anzeigepflicht betrifft nur dritte Personen, nicht den Bedrohten selbst (n. 7): Wolff s. 312, noch den Mitthäter bezw. Denjenigen, welcher selbst eine Theilnähme an der That vorhat: Rill. 25. Sept. 80 (E. III, 1), Dresd. (SGZ. XVIII, 56), Bind. HB. I, 539, v. Kries, Z. f. StR. VII, 864 (hält den Theilnehmer auch nicht wegen Anstiftung zum Vergehen aus § 139 strafbar). Dgl. n. 14. Dagegen wird die einem Dritten zur Last fallende Nichtanzeige dadurch nicht straflos, daß er sich später einer Begünstigung des Thäters schuldig macht: OA. 68 (O. IX, 218) Aehnlich verhält es sich mit Demjenigen, welcher ein beabsichtigtes Münzverbrechen nicht anzeigt, wenn er demnächst das nachgemachte Geld sich verschafft und in Ver­ kehr bringt rc. (§ 147). In beiden Fällen war das Vergehen der Nichtanzeige vor Begehung der zweiten Strafthat vollendet. 10. Die Befreiung vom Zeugnisse (§§ 51 ff. StPO., §§ 187ff. Mil.-StGO.) zieht die Befreiung von der durch § 139 auferlegten Anzeigepflicht als nothwendige Konsequenz nach sich; ebenso: Puch. n. 2, GA. II, 654; a. M.: Rill. 15. Mai 80 (E. II, 57), Schw. n. 4, BL. s. 405, ML. s. 848, HStR. II, 857, v. Liszt s. 637. Don diesem Falle abgesehen, sind auch nahe Angehörige von der Vorschrift des § nicht ausgenommen. 11. Die Worte „strafbarer Versuch" deuten darauf hin, daß ein gemäß § 46 strafloser Versuch die Bedingung der Bestrafung nicht erfüllt; ebenso: ML. s. 847; a. M.: Olsh. n. 11, HStR. II, 859. 12. Eines besonderen Dolus bedarf es bei diesem Unterlassungs-Dergehen nicht: HS. II, 567, Olsh. n. 12, Bruck s. 49; a. M.: Bind. II, 499, Wolff s. 304 it. v. Liszt S. 637. Die Meinung, das Vorhaben werde doch nicht zur Ausführung kommen, befreit nicht von der Strafe; a. M.: Schw. n. 8; ebensowenig das bloße Glauben, daß die Behörde rc. anderweitig Kenntniß erlangt habe oder erlangen werde, wohl aber das Wissen, daß jene Kenntniß habe; a. M. (in Betreff des letzteren Punkts): Wolff s. 313. 13. Bez. der Verjährung vgl. § 67 n. 8, RI. 4. Juni 83 (E. VIII, 390). — Zuständig ist Straft. §§ 73', 27 GVG. 14. In der Verhandlung über eine auf Mitthäterschaft am „Verbrechen" selbst gerichtete Anklage kann die Stellung einer Hülfsfrage aus § 139 nicht abgelehnt werden, wenn es sich um denselben Vorgang handelt (StPO. §§ 263. 294. 296): Rill. 5. April 86 (E. XIV, 78). Unter derselben Voraussetzung steht dem von der Anklage aus § 139 rechtskräftig Freigesprochenen, gegenüber einer Anklage wegen Theilnahme an dem beb. Verbrechen selbst, der Grundsatz „ne bis in idem“ zur Seite: Rll. 30. Sept. 90 (E. XXI, 78); vgl. jedoch Frank, Z. f. StR. XIV, 427.

§ 140.

Dgl. die Bemerkungen zu § 360 Nr. 3.

Absicht: 8. 20. Aenderungen der Nov. 1. 17 ff. Anordnung (fatf.): 18. Aufenthalt im Ausländer 5. 9. Auswandern: 18—21. Bekanntmachung (öff.): 18. Beschlagbelegung: 24 ff. 17. DoluS: 8. 2u. Erlaubniß: 9. Eroberte- Land: 3.

Inhalt: Freiwillige: 6. Gestellung: 4. 5. 12. Marine: 5. 17. Militärpflicht: 2. Minderjähriger: 7. Nordamerika: 2. 11. 21. Offiziere: 17. ReichSangehörigkeit: 2. 3.10.11. Rekruten: 6.

Reservisten: 6. Verlassen d. B.»Geb.: 5. 23. Versuch: 13. 1 . 23. Vollendung: 5. 10. 21. 23. Wehrmann: 6. Wehrpflicht: 2. 18. Zuständigkeit: 12. 22.

360

Thl. II. Abschn. VII. Verbr. u. Vergehen w. d. öffentl. Ordnung. — §140.

zu entziehen, ohne Erlaubniß entweder das Bundesgebiet verläßt oder nach erreichtem militärpflichtigen Alter sich außerhalb des Bundesgebietes aufhält: mit Geldstrafe von einhundertfunfzig bis zu dreitausend Mark oder mit Gefängniß von Einem Monat bis zu Einem Jahre; 2) ein Offizier oder im Offizierrange stehender Arzt des Beurlaubtenstandes, welcher ohne Erlaubniß auswandert: mit Geldstrafe bis zu dreitausend Mark oder mit Haft oder mit Gefängniß bis zu sechs Monaten; 1. 2. Nach Art. 57 RBerf-, nach §§ lff. BG. v. 9. Nov. 1867 (vgl. NG. v. 16. April 1871 § 2) und RG. v. 11. Febr. 1888 ist jeder Deutsche „wehrpflichtig" vom vollendeten 17. bis zum vollendeten 45. Lebensjahre. Die Verpflichtung zum Dienst im stehenden Heere (bei der Flotte) beginnt mit dem 1. Januar und zwar regelmäßig desjenigen Kalenderjahres, in welchem der Wehrpflichtige das 20. Lebens­ jahr vollendet, und dauert sieben Jahre: cit. Ges. v. 9. Nov. 1867 § 6. Jeder Wehrpflichtige, welcher nicht freiwillig in den Heeresdienst eintritt, ist vom 1. Januar desjenigen Kalenderjahres an, in welchem er das 20. Lebensjahr vollendet, der Aus. Hebung unterworfen („militärpflichtig"): §§ 10ff. RMilG. (in der Fassung des G. v. 6. Mai 1880: RGBl. S. 105); vgl. auch n. 10. Außerdem unterwirft § 11 ib. unter gewissen Voraussetzungen auch solche Personen (bzw. deren Söhne) der Aushebung („Militärpflicht"), welche das Reichsgebiet verlassen und die Reichsangehörigkeit verloren, eine andere Staatsangehörigkeit aber nicht erworben haben, wenn sie ihren dauernden Aufenthalt in Deutschland nehmen, bezw. vor vollendetenr 31. Lebensjahre wieder Reichsangehörige werden. — Abgesehen von letzterem Falle (zu dessen Erläuterung auf Rill. 4. Febr. 89, E. XVIII, 384, verwiesen wird), lebt die Militärpflicht nicht wieder auf, wenn Derjenige, welcher seine Reichsangehörigkeit verloren hat, nach Deutschland zurückkehrt, so lange er jene Eigenschaft nicht wieder­ erlangt, sollte er auch der inzwischen erworbenen fremden Nationalität wieder verlustig geworden sein; vgl. Staatsvertrag mit Nordamerika v. 22. Febr. 1868 Art. 4 und Dresd. 74 (SGZ. XVIII, 204). — Befreit von der Wehrpflicht sind Mit. glieder regierender sowie der mediatistrten vormals reichsständischen und derjenigen Häuser, welchen die Befreiung von der Wehrpflicht durch Verträge zugesichert ist oder auf Grund besonderer Rechtstitel zusteht. Wegen der Helgoländer vgl. RG. v. 15. Dez. 1890. 3. In Betreff der Bundes- und Staatsangehörigkeit (ihres Erwerbes, ihres Derlusts) ist das BG. v. 1. Juni 1870 maßgebend; vgl. insbesondere auch § 18 ib. und (zu dessen Erläuterung): OT. (O. XX, 340). Der gemäß § 21 jenes BG. durch zehnjährigen Aufenthalt im Auslande begründete Verlust der Reichsund Staatsangehörigkeit tritt ohne Rücksicht auf das Lebensalter des Betroffenen, mithin auch gegen Minderjährige ein: so: Rill. 4. Febr. 95 (E. XXVI, 427); a. M.: Antrag des ORA. und die dort refenrten Min.-Erlasfe (ib.). — Wird ein erobertes Land mit dem Reiche vereinigt, so werden (in Ermangelung ausdrücklicher Bestim­ mungen) alle Angehörige jenes Landes „Deutsche", selbst wenn sie sich zur Zeit jener Vereinigung nicht in den betr. Gebietstheilen aufhalten noch später dahin zurückkehren: OA. (O. XII, 111).

Zu Abs. 1 Nr. 1. 4. Zur Sicherung der Erfüllung der Wehrpflicht muß jeder „Militärpflichtige" sich zum Zwecke der Aushebung vor den Ersatzbehörden gestellen, bis über seine Dienstverpflichtung den gesetzlichen Bestimmungen gemäß endgültig entschieden ist: Mil.-Ges. § 10. Das Nichterscheinen in den von den Ersahbehörden abzuhaltenden Terminen wird, „insofern nicht dadurch zugleich eine härtere Strafe verwirkt ist", im § 33 ib. mit einer Geldstrafe bis zu 30 Mark oder mit Haft bis zu drei Tagen bedroht. Außerdem können den Nicht-Erscheinenden in Betreff der Aushebung selbst Nachtheile treffen. 5. Die eventuell eintretende „härtere Strafe" (n. 4) ist durch § 140 Nr. 1 für den Fall angedroht, wo Jemand durch das Verlassen des Bundesgebietes

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3) ein jeder Wehrpflichtige, welcher nach öffentlicher Bekanntmachung einer vom Kaiser für die Zeit eines Krieges oder einer Kriegsgefahr erlassenen besonderen Anordnnng in Widersprach mit derselben auswandert: mit Gefängniß bis zu zwei Jahren, neben welchem auf Geldstrafe bis zu dreitausend Mark erkannt werden kann. Der Versuch ist strafbar. Das Vermögen des Angeschuldigten kann, insoweit als es nach dem Ermessen des Richters zur Deckung der den Ange­ schuldigten möglicherweise treffenden höchsten Geldstrafe und der Kosten des Verfahrens erforderlich ist, mit Beschlag belegt werden. [I. Entw.: § 122; II. Entw.: § 138; StB. S. 468; — Nov. Art. I; § 140; StB. 986, 1346; — Pr. StGB.: § 110.] ohne Erlaubniß oder durch den nicht erlaubten Aufenthalt außerhalb des Bundesgebietes nach erreichtem militärpflichtigen Alter (n. 2) sich dem Eintritte in den Dienst des stehenden Heeres (der Flotte) zu entziehen sucht. Es kann sich also nur ein „Militärpflichtiger" und nur in der Weise dieses Vergehens schuldig machen, daß er den ihm in jener Beziehung obliegenden Verpflichtungen nicht genügt; a. M.: Rüd. n. 2. Demgemäß wird das Vergehen erst durch Nichtgestellung vor der Ersatzbehörde zu der Zeit und an dem Orte vollendet, wo die Ge­ stellung zu bewirken war. Die Nichtgestellung muß mit dem Verlassen des Bundesgebietes (dem Aufenthalte außerhalb desselben) zusammentreffen: wer rechtzeitig ins Inland zurückgekehrt ist, verwirkt, selbst wenn er dasselbe in strafbarer Absicht ver­ lassen rc. hatte, durch seine Nichtgestellung die Strafe des § 140 ebensowenig, wie der im Jnlande Verbliebene, welcher die Gestellung verabsäumt (n. 4). — Nach Olsh. n. 6 ist schon die unterlassene Rückkehr in das Bundesgebiet nach erreichtem militärpflichtigen Alter strafbar, trotzdem die Meldepflicht zur Aufnahme in die Rekrutirungs-Stammrolle erst in der Zeit vom 15. Januar bis 1. Februar erfüllt werden muß und die Gestellungspflicht zur Musterung u. s. w. noch später eintritt. 6. Rekruten, welche nach ihrer Aushebung, sowie Freiwillige, welche, nach definitiver Annahme bei einem Truppentheile, vorläufig in die Heimath be­ urlaubt werden, verwirken durch unerlaubte Entfernung und Fahnenflucht die Strafen des Mil.-StGB. ebenso, wie die Personen des aktiven Dienstes. Auf sie findet sonach § 140 keine Anwendung: Mil.-Ges. §§ 34. 56 Nr. 2, 60 Nr. 3. In Betreff der beurlaubten Reservisten und Wehrmänner vgl. StGB. § 360 Nr. 3 und die Bemerkungen zu demselben. 7. Die Strafbarkeit wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß der Militärpflichtige zur Zeit, wo seine Verpflichtung begann, minderjährig war (dies entband ihn nicht von der Erfüllung seiner Pflichten gegen den Staat): OT. 61 (O. II, 87), noch dadurch, daß Jemand erst im kindlichen Alter stand, als er das Reichsgebiet verließ (ev. trifft hier die zweite der im § gedachten Alternativen zu): Münch. (BE. I, 413). Vgl. Rill. 4. Febr., I. 28. Nov. 95, II. 5. Nov., IV. 16. Nov. 97 (E. 26, 427; 28, 24; 30, 297. 326). Keinesfalls kann aus diesem Grunde die Eröffnung des HauptVerfahrens abgelehnt werden (StPO. §§ 260. 472. 475): Münch. (BE. VII, 316), Löwe, StPO. § 272 n. 1. 8. Vorausgesetzt wird, daß der Militärpflichtige durch das Verlassen des Bundesgebietes (den Aufenthalt außerhalb desselben) sich „dem Eintritte in den Dienst zu entziehen gesucht" habe; er muß also im betr. Augenblicke diese Ab­ sicht und umsomehr auch das Bewußtsein seiner Verpflichtung zum Eintritte in den Dienst gehabt haben; dieser Dolus bedarf der thatsächlichen Feststellung: Dresd., Münch. (SGZ. XVIII, 348; XIX, 22; XXII, 51; BE. VI, 394; BE. I, 414), Schw. n. 1. Daß das Sichentziehen der einzige Endzweck gewesen, wird nicht erfordert, es können auch mehrere Erfolge bezweckt sein, z. B. um sich einer verhängten Strafe zu entziehen: RIV. 1. Nov. 84 (E. XI, 380). Dgl. übrigens n. 14 und Stuttg.

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(WGbl. XIII, 239). — Absicht ist nicht gleichbedeutend mit Vorsatz: RI. 15. Okt. 00 (E. 33, 399). 9. Die Worte „ohne Erlaubniß" sind auch auf den Fall des „Aushaltens außerhalb des Bundesgebietes nach erreichtem militärpflichtigen Alter" zu beziehen; diesem Erfordernisse ist genügt, sobald die früher (vor oder nach Erreichung des militärpflichtigen Alters) auf Zeit ertheilte Erlaubniß (z. B. ein Urlaubspaß) abgelaufen ist: OT. 61, 67 (O. II, 47; VIII, 626). Die jetzige Gesetzgebung kennt aber für Wehrpflichtige der hier gedachten Art eine Erlaubniß zum Aufenthalte außerhalb des Bundesgebietes u. s. w. (ähnlich der in § 59 Mil.-G. erwähnten Beurlaubung von Mannschaften der Reserve und Landwehr) nicht: Olsh. n. 5. Vgl. auch § 15 des Jndigenats-G. 9 a. Aus § 49 Nr. 7 Wehr-O. v. 22. Nov. 1888 ist, insofern er den CivilVorsitzenden der Ersatzkommission verpflichtet, gegen Militärpflichtige, welche bis zur Beendigung ihres dritten Militärdienstjahres unermittelt bleiben, das Strafverfahren aus § 140 h. 1. zu veranlassen, nicht zu folgern, daß vor Ablauf jenes dritten Jahres die Einleitung des Strafverfahrens unstatthaft sei: RI. 28. Sept. 91 (E. XXII, 161). 10. Die Verübung des Vergehens setzt sich so lange fort, als das den That­ bestand darstellende Verhalten andauert, d. h. als der Dienstpflichtige sich durch sein Derweilen im Auslande seiner Dienstpflicht entzieht. Somit endigt die Verübung mit der Rückkehr in das Inland (eit. RI. 28. Sept. 91, RI. 18. Febr. 97 E. 29, 391; Münch., BE. II, 143; gleichviel, in welcher Absicht und für welche Dauer diese Rückkehr erfolgt: 91111. 21. Juni 82, R. IV, 595) oder mit dem Aufhören seiner Pflicht, mag Letzteres erfolgen durch den gänzlichen Ablauf der für dieselbe bestimmten siebenjährigen Frist (n. 2; vgl. jedoch Olsh. n. 13, HStR. II, 993, ML. f. 854: wollen diese Frist ev. bis zur endgültigen Entscheidung über die Dienstpflicht, — Mil.-Ges. § 10, — ausgedehnt wissen), oder dadurch, daß der Dienstpflichtige die Eigenschaft eines Deutschen verliert. (Ein früheres Dienstuntauglichwerden kommt hier nicht in Betracht, so lange dasselbe nicht amtlich anerkannt ist.) — Erst mit Beendigung des Vergehens beginnt der Lauf der Verjährung. Letztere wird, im Falle des Verlustes der Eigenschaft eines Deutschen, durch die Möglichkeit einer Wiederauflebung der Dienstpflicht (Mil.-Ges. § 11, eit. n. 2) nicht gehindert: 91111. 6. Febr. 93 (E. XXIII, 407). 11. Die Anwendbarkeit des § ist selbstredend ausgeschlossen, wenn Jemand vor erreichtem militärpflichtigen Alter, z. B. gemäß §§ 21 (Abs. 1). 1 BG. v. 1. Juni 1870, die Reichsangehörigkeit verloren hat; alsdann ist jedoch im freisprechenden Urtheile der zehnjährige ununterbrochene Aufenthalt im Auslande ausdrücklich fest­ zustellen: 911V. 22. Nov. 87 (R. IX, 628). Beim Mangel einer besonderen Anregung bedarf es daneben nicht noch der ausdrücklichen Feststellung, daß der Ange. klagte sich nicht in die Matrikel eines deutschen Konsuls hat eintragen lassen: Rill. 27. Okt. 98 (GA. 46, 437). 11a. Dagegen wird die einmal begründete Strafbarkeit durch den später, z. B. in Folge Entlassung, eintretenden Verlust der Staats- bezw. Reichsangehörigkeit nicht wieder aufgehoben: OT. 55, 56 (GA. III, 423; IV, 558). Dies erleidet nach den sog. Bankroftverträgen eine Ausnahme, wenn ein nach Nordamerika Ausgewanderter dort das Heimathsrecht erworben hat (sollte dies auch erst in der Zwischenzeit zwischen der Fällung des erst, und des zweitinstanzlichen Urtheils er­ folgt sein) und nach mindestens fünfjähriger Abwesenheit in das Bundesgebiet zurückkehrt; dann kann er nur wegen der vor seiner Auswanderung verübten Delikte, nicht aber wegen der durch die Auswanderung selbst begangenen Strafthaten zur Verantwortung gezogen werden, mag auch die Verletzung der Wehrpflicht schon vor erfolgter Naturalisation vollendet sein; eine inzwischen rechtskräftig erkannte Strafe ist unvollstreckt zu lassen: Jnn.-MVf. v. 6. Juli 1868 (VMbl. s. 200), Rill. 20. Jan. 96, I. 18. Febr. 97 (E. 28, 127; 29, 391), vgl. auch Münch. (BE. VII, 221), Dresd. 74, Stuttg. 74 (St. IV, 123; WGbl. IX, 163). 12. Jeder Militärpflichtige ist in dem Aushebungsbezirke, in welchem er seinen dauernden Aufenthaltsort oder, in Ermangelung eines solchen, seinen Wohnsitz hat, gestellungspflichtig. Wer innerhalb eines Bundesgebiets weder einen dauernden Aufenthaltsort noch einen Wohnsitz hat, ist in dem Aushebungsbezirke seines Geburtsorts gestellungspflichtig, und wenn der Geburtsort im Auslande liegt

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in demjenigen Aushebuugsbezirke des Inlandes, in welchem die Eltern oder Familien­ häupter ihren letzten Wohnsitz hatten: Mil.-Ges. § 12. Demgemäß wird das Ver­ geben durch die Nichtgestellung an dem so zu bestimmenden Orte vollendet (n. 5) und das Gericht dieses Orts ist für die Strafverfolgung zuständig; vgl. StPO. § 471; a. M.: «III. 8. Nov. 83 (A. IX, 237: insofern für den Fall, daß der An­ geklagte im D. Reiche nie Wohnsitz noch Aufenthalt gehabt habe, das RG. arg. § 9 Abs. 1 StPO, zur Bestimmung des zuständigen Gerichts für berufen erachtet ward, da die Benutzung des cit. § 12 zur Begründung der Zuständigkeit mindestens bedenklich und das Vergehen int Auslande verübt sei; inzwischen ist das. Letztere trotz der positiven Fassung des § 140, dem Wesen nach, ein Omissivdelikt und wird daher da verübt, wo die gebotene Handlung vorzunehmen war: § 3 n. 6). Nach Eröffnung des Hauptverfahrens kann übrigens die Unzuständigkeit zufolge § 18 ib. nur auf Einwand des Angeklagten ausgesprochen werden: RI. 19. Mai 81 (E. IV, 232). 13. Das Verfahren ist durch §§ 470—476. 480 StPO, geregelt, die jedoch auf den Versuch nicht anwendbar sind. 14. Durch die in diesen Gesetzen (n. 13) vorgeschriebene Erklärung wurde, bezw. wird sowohl die Thatsache des Verlassens des Bundesgebiets (des AufentHalts außerhalb desselben) als der unter n. 8 erwähnte Dolus für erwiesen erachtet: StPO. § 475 („wenn sich nicht Umstände ergeben, welche dieser Erklärung ent­ gegenstehen"); jene Erklärung ist sonach als ein Beweismittel anzusehen, welches aber widerlegt werden kann: OT. 61 (cit. n. 7). Diesen Gegenbeweis kann das Gericht von Amtswegen und selbst beim Ausbleiben des Angeklagten erheben; es ist unbehindert, einen solchen aus denselben Aktenstücken herzuleiten, auf Grund deren die betreffende Behörde ihre Erklärung abgegeben hatte, speziell aus den bei den Belägen niedergelegten, ev. in der Hauptverhandlung zu verlesenden Wahr­ nehmungen von Bürgermeistern, Gendarmen re. oder solchen Personen, auf deren Mittheilungen die Gendarmen re. ihre Meldungen stützen, z. B. aus dem dort ver­ merkten jugendlichen Alter, für den konkreten Fall, den Mangel der im § erforderten Absicht (n. 8) zu folgern, überhaupt aber auch solche Thatsachen zu verwerthen, welche in das Gebiet bloßer Möglichkeiten fallen; vgl. Rl. 18. Okt. 80, 25. Febr., 8. Dez. 84, «IV. 24. April 85, 22. Nov. 87 (E. II, 351; X, 152; U. VI, 786; VII, 254; IX, 628: insofern gelte auch hier das Prinzip der freien Beweiswürdigung: StPO. § 260), OT. 59 (JMbl. s. 422); andererseits jedoch RI. 30. Jan. 90 (E. XX, 200: erachtet das Aufstellen von Möglichkeiten, welche, wenn wahr, der Er­ klärung entgegenstehen würden, für nicht genügend). — Die Erklärung muß (für die Fälle der Nr. 1) in Preußen gegenwärtig von dem Eivilvorsitzenden der Ersatz­ kommission ausgestellt werden: Jnn.-MVf. v. 21. März 1880 (JMbl. s. 73). 15. Entspricht die von der zuständigen Behörde abgegebene Erklärung nicht den betreffenden Vorschriften, so kann dieserhalb nicht auf Freisprechung erkannt, vielmehr muß das eingeleitete Verfahren eingestellt werden, damit jener Behörde die Möglichkeit verbleibe, den Mangel zu verbessern: OT. 58 (GA. VI, 417), Olsh. n. 15; a. M.: v. Kries, Lehrbuch rc. s. 723, Löwe s. 899 (: falls die Behörde er­ kläre, die dem § 472 entsprechenden Thatsachen nicht bezeugen zu können); dasselbe gilt, wenn bei der öffentlichen Vorladung die gesetzliche Frist nicht gewahrt, oder wenn die Erklärung von einer unzuständigen Behörde ausgegangen ist: OT. 59 (cit. n. 14). 16. Die StPO, gewährt dem Derurtheilten nach den Motiven (s. 230) keine Wiedereinsetzung.in den vorigen Stand (§ 234 Abs. 1 1. c.); sei ein Un­ schuldiger auf Grund der Präsumtion des § 475 ib. verurtheilt worden, so werde derselbe stets in der Lage sein, die Wiederaufhebung des Urtheils auf Grund des § 399 Nr. 5 ib. herbeizuführen; a. M.: Löwe 1. c., Voitus s. 464.

Zu Abs. 1 Nr. 2.3. 17. Die Nr. 2 erstreckt sich auch auf die dem Beurlaubtenstande angehörenden Marine-Offiziere rc. — „Im Ofsizierrange stehend" sind die „Aerzte des Beur­ laubtenstandes" (d. h. der Reserve, Land- und Seewehr) vom Assistenzärzte an auf­ wärts: Sanitäts-O. v. 6. Febr. 1873 § 14, Olsh. n. 7. — Nicht anwendbar ist § 140 Nr. 2 auf im Offizierrange stehende Beamte (obere Militärbeamte).

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Thl. II. Abschn. VII. Verbr. u. Vergehen w. d. öffentl. Ordnung. — § 140.

18. Nach § 17 des B.-(Jndigenats-)G. v. 1. Juni 1870 kann für die Zeit eines Krieges oder einer Kriegsgefahr die Freiheit der Auswanderung durch desondere Kais. Anordnung beschränkt werden. Die Verletzung eines solchen Auswanderungs-Verbots ist in Nr. 2 unter Strafe gestellt. — Die gleichzeitige Verletzung der allgemeinen, auch für Friedenszeiten bestehenden Strafbestimmungen ist gegenwärtig nach den Grundsätzen über die Jdealkonkurrenz (§ 73) zu beurtheilen. Vgl. Mot. s. 40. — Die Worte „jeder Wehrpflichtige" umfassen Alle, welche außer den aktiven Militärpersonen dem Staate noch in irgend einer Weife Wehrpflichten zu leisten haben, mit Einschluß der Landsturmpflichtigen (RGes. v. 12. Febr. 1875); so: Meves s. 156. — Wie die „öffentliche Bekanntmachung" der Kais. „Anordnung" zu erfolgen habe, schreibt der § nicht vor; daher reicht jede Art derselben aus und es genügt, wenn der Zuwiderhandelnde von ihr Kenntniß erlangt hat; erfolgt sie nach Art der Veröffentlichung von Gesetzen, so liegt nach Meves 1. c. dem Beschuldigten der Beweis der von ihm behaupteten Unkenntniß ob. — Das bloße Verlassen (vgl. n. 19) des Bundesgebietes nach einer solchen Anordnung ist noch nicht strafbar. 19. „Auswandern" (Nr. 2. 3) bezeichnet das Verlassen des Reichs- (nicht des Landes-) Gebiets in der Absicht, seine Angehörigkeit zu demselben (bezw. zum Heimatbstaate) aufzugeben; ebenso: Olsh. n. 8, Herbst, GA. 22 s. 96; a. M.: Meves s. 155, Nubo s. 632 (es genüge die Absicht, im Reichsgebiete einen ständigen Wohn­ sitz auszugeben und im Auslande einen solchen zu nehmen). Hat das Verlassen des Reichsgebiets ohne jene Absicht stattgefunden, so liegt ein Auswandern vor, sobald nachträglich der Entschluß gefaßt wird, die Angehörigkeit aufzugeben. 20. Zum Dolus gehört hier (Nr. 2. 3) nicht die Absicht, sich der Erfüllung der Wehrpflicht rc. zu entziehen; vgl. § 360 n. 16, Meves s. 155. 21. DaS Vergehen ist hier (Nr. 2. 3) schon durch die Thatsache der Aus­ wanderung vollendet. Demgemäß beginnt auch von da ab der Lauf der Verjährung; a. M.: RII. 25. März 81 (E. III, 437: das Vergehen sei ein delictun continuatum), Meves s. 158; vgl. u. 10, § 360 n. 17. — Im Uebr. vgl. n. 11. 21a. Ein von der Anklage aus § 140 Nr. 2 freigesprochener Landwehrofsizier kann wegen fortgesetzten Ausbleibens nicht von neuem wegen unerlaubter AueWanderung verfolgt werden, wenn ihm nicht nachzuweisen ist, daß eine solche nach der früheren Entscheidung stattgefunden habe: RII. 25. März 81 (cit. n. 21). 22. In prozessualischer Hinsicht bilden die §§ 470—476 der StPO. (vgl. oben n. 12—16) die Norm, indem dieselben sich sowohl in Betreff des Verfahrens als in Betreff der Zuständigkeit aus die Fälle der Nr. 2. 3 miterstrecken. Die in § 472 ib. vorgeschriebenen Erklärungen müssen in Preußen für die Fälle der Nr. 2 vom Landwehr-Bezirks-Kommando, für die Fälle der Nr. 3 vom Civilvorsitzenden der Ersatzkommisston ausgestellt werden: Kr.-MVs. v. 23. Febr. 1880, Jnn.-MVs. v. 21. März 1880 (JMbl. s. 73).

Zu Abs. 2. 3. 23. Da zur Vollendung der in Abs. 1 Nr. 1—3 vorgesehenen Vergehen di» Ueberschreitung bezw. Beschreitung der Grenze erforderlich ist (n. 15. 19), so würd» § 140 nie zur Anwendung kommen, so lange sich Jemand erst aus dem Wege dort­ hin befand. Die Novelle erklärt deshalb im Abs. 2 schon den Versuch für straf­ bar, und zwar bezüglich sämmtlicher Fälle des Abs. 1. Ein solcher liegt schor vor im Verlassen des Wohnorts und im Antritte der (ununterbrochen fortzusetzenden) Reise zu gedachtem Zwecke: Rill. 20. Nov. 80 (E. III, 186). — Im Uebriger vgl. n. 13. 24. Die int Abs. 3 gestattete „Beschlagbelegung" des Vermögens ist fakultativ, unterliegt also dem richterlichen Ermessen; vgl. die Bemerkungen zr § 93. Sie kann nicht stattfinden, bevor die Untersuchung eröffnet, der Verfolgt: mithin ein „Angeschuldigter" ist; vgl. § 95. — Das desfallsige Verfahren ist durch die StPO. § 480 bezw. §§ 325.326 geregelt; dasselbe umfaßt auch den Fall, toi zwar kein Vermögen vorhanden ist, wohl aber die Möglichkeit späteren Erwerbs eines solchen besteht: Colmar (Franz s. 25); vgl. Löwe s. 713. 25. Zuständig ist Strafkammer: VGV. §§ 73'. 27. Vgl. auch §47 StPO.

Thl. II. Abschn. VII. Derbr. it. Vergehen w. d. öffentl. Ordnung. — § 141.

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§ 141. Wer einen Deutschen zum Militärdienste einer aus­ ländischen Macht anwirbt oder den Werbern der letzteren zuführt, ingleichen wer einen Deutschen Soldaten vorsätzlich zumDesertiren verleitet oder die Dersertion desselben vorsätzlich befördert, wird mit Gefängniß von drei Monaten bis zu drei Jahren bestraft. Der Versuch ist strafbar. [I.

Entw.: §

123; II.

Entw.: §

139; Pr.

StGB.: §

111.]

§ 141. 1. Das Anwerben von Mannschaften zur Vorbereitung eines Hochver. raths ist aus § 84, die Verleitung eines Deutschen, im Kriege gegen das Deutsche Reich die Waffen zu tragen rc., aus §§ 88. 48, die Verleitung eines deutschen Soldaten, während eines Krieges zum Feinde überzugehen,- aus § 90 Nr. 3 zu bestrafen. 2. Vom Falle des § 88 abgesehen, ist der Eintritt in fremden Militärdienst nicht strafbar. Demgemäß ist der Thatbestand des § 141 nicht dadurch bedingt, daß der Angeworbene sich strafbar gemacht habe, oder daß er im Jnlande dienstpflichtig gewesen sei. 3. „Anwerben" bezeichnet die Handlung Desjenigen (des „Werbers"), welcher sich ein Geschäft daraus macht (vgl. § 144 n. 1), Andere zum Eintritt in einen fremden Militärdienst zu bestimmen. Eine einmalige Handlung, für sich allein betrachtet, wäre nur als Anstiftung zum (straflosen: n. 2) Eintritte rc. anzusehen. Ebenso: John, HH. III, 206, Olsh. n. 2; a. M.: Schw. n. 1. 4. Das „Zuführen" zu den Werbern (oder zu einem Werber) ist strafbar, wenn es geschah, um letzteren Gelegenheit zu geben, die Anwerbung zu versuchen. Mehr wird zum Thatbestände nicht erheischt. 5. Wer einem zum Eintritte in fremden Militärdienst Entschlossenen Rath. schlüge und Hülfsmittel zur Ausführung dieses Entschlusses giebt, macht sich dadurch weder der Anwerbung noch der Zuführung zu fremden Werbern schuldig: OT. (O. X, 776). 6. Der Ausdruck „Militärdienst einer auswärtigen Macht" ist nicht aus der ausländischen, sondern aus der inländischen Militärgesetzgebung zu erläutern, mithin eine Militärbeamtenstellung darunter mitverstanden; so: Olsh. n. 2. 7. Der zweite Satz des § erhebt die „Verleitung" (Anstiftung) zur Deser. tion und deren „Beförderung" (Beihülfe) zu selbstständigen Vergehen; so: RI. 10. Nov. 81, 13. April 82 (E. V, 126; VI, 167); vgl. jedoch § 48 n. 4. 8. „Desertion" („Fahnenflucht") begeht eine Person des Soldatenstandes (im Felde: auch ein Militärbeamter, §153 Mil.-StGB.), welche sich einer „unerlaubten Entfernung" (der wirklichen „eigemnächtigen Entfernung", oder des „Fernbleibens von der Dienststellung", oder der „Ueberschreitung des Urlaubs rc.") schuldig nlacht, wenn sie dies in der Absicht thut, „sich der gesetzlichen oder über, nommenen Verpflichtung zum Dienst dauernd zu entziehen": Mil.-StGB. § 69. Demgemäß sind als „Deutsche Soldaten" alle Personen des Soldatenstandes nach der am Schluffe des Mil..StGB. gegebenen Aufzählung zu verstehen (nicht aber Militär-Beamte) und zwar mit Einschluß der im § 56 Nr. 2—4 Mil.-G. ge. nannten Mannschaften; vgl. § 60 ib., insbesondere die vor erfüllter aktiver Dienst. Pflicht zur Disposition der Truppentheile beurlaubten Mannschaften, desgl. die zu einer militärischen Uebung einberufenen Reservisten, auch wenn ihre persönliche Wiedereinstellung in den Truppentheil nicht erfolgt ist. RI. 15. Dez. 94, RII. 9. Juni 82 (E. XXVI, 314; R. IV, 533). Ein Irrthum hierüber soll nach cit. RI. 15. Dez. 94 nicht straflos machen. Ueber die Voraussetzungen der „un. erlaubten Entfernung" vgl. Mil.-StGB. §§ 64—68. Hiernach kann sich auch eine Person der Reserve, der Land- oder Seewehr (BGes. v. 9. Nov. 1867 § 5) in den durch § 68 cit. erwähnten Fällen einer „unerlaubten Entfernung" und einer Desertion schuldig machen, und zu diesem Vergehen durch einen Anderen verleitet werden; vgl. § 360 Nr. 3 und die Bemerkungen zu demselben. 9. Die Verleitung zum Desertiren muß (gleich der Beförderung der De. sertion) „vorsätzlich" geschehen: der Verleitende muß den Willen hegen, den An-

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Thl. II. Abschn.VII. Verbr. u. Vergehen w. d. öffentl. Ordnung. — § 142.

§ 142. Wer sich vorsätzlich durch Selbstverstümmelung oder auf andere Weise zur Erfüllung der Wehrpflicht untauglich macht oder durch einen Anderen untauglich machen läßt, wird deren zum Desertiren zu bestimmen; waltet dieser Wille ob, so ist es gleichgültig, welcher Zweck durch die Handlung erreicht werden sollte: Darmst. 71 (HE. 71. 2. s- 14). 10. Eine Beförderung der Desertion kann in Handlungen enthalten sein, welche sich erst nach Ausführung der Desertion als wirksam erweisen sollen, z. B. in der Belehrung über Schritte, welche dereinst durch den Deserteur vorzunehmen sind: RI. 20. Jan. 81 (E. III, 280), oder in dem Abschlüsse eines Auswanderungs­ vertrags: RI. 13. April 82 (eit n. 7). Stets aber ist sie selbst nur so lange mög­ lich, als die Desertion noch nicht vollendet ist; später kann nur von einer Begünstigung (h 257) die Rede sein; ebenso: Rill. 1. Febr. 82 (E. VI, 7). Die durch „eigenmächtige Entfernung" (Mil.-StGB. § 64) bewirkte Desertion schließt mit dieser Entfernung ab. Letztere ist noch nicht nothwendig mit dem Verlassen der Kaserne oder des Garnisonortes gegeben, der Deserteur muß vielmehr erst an einen Ort gelangt sein, wo er wenigstens augenblicklich gegen die Verfolgung gesichert ist; ebenso: eit «III. 1. Febr. 82; vgl. Pr. Allerh. Erl. v. 29. Oft 1859 (BGBl. 1867 f. 207), «III. 31. Mürz 80 (R. I, 511: wie weit der Flüchtige sich entfernt haben müsse, damit die Fahnenflucht vollendet sei, hänge von den konkreten Umständen und namentlich auch davon ab, welche Größe der Entfernung jener selbst als das Mittel der Ausführung des Vergehens sich gedacht und vorgesetzt habe), RI. 3. Febr. 81 (E. III, 375: ob eine eigenmächtige Entfernung re. int konkreten Falle vorliege, sei wesentlich Thatfrage), v. Liszt s. 638; a. M.: OA. 69, O. X, 159, Hecker, Mil.Strafr. s. 135, Olsh. n. 3 (betrachten die Desertion stets als Dauerverbrechen); es kann somit als ein „Befördern der Desertion" angesehen werden, wenn Jemand einem Soldaten, welcher sich heimlich von seinem Truppentheil entfernt hat, behülflief) ist, die Garnisonstadt zu verlassen: OT. 69 (O. X, 332). Insoweit dagegen die Desertion durch „vorsätzliches Fernbleiben von der Dienststellung" oder durch „eigenmächtige Ueberschreitung des Urlaubs" oder durch „Unterlassung einer auferlegten Pflicht" (Mil.-StGB. §§ 64. 65. 68) verübt wird, und sonach ein dauerndes Verbrechen darstellt, kann die Beförderung während der ganzen Dauer begangen werden. Der die Verjährung der Desertion regelnde § 76 Mil.-StGB. ist für die Frage, wie lange die Desertion angedauert habe, nicht entscheidend; ebenso: eit «III. 1. Febr. 82, John s. 207. 11. Zum vollendeten Vergehen der Verleitung, bezw. Beförderung wird erfordert, daß die Desertion wirklich erfolgt fei; wird letztere bloß versucht, so kann auch nur ein Versuch jenes Vergehens (Abs. 2) vorliegen: RI. 10. Nov. 81 (eit n. 7.). Dagegen nimmt RI. 13. April 82 (eit ib.) die Möglichkeit eines Versuchs der Beförderung sogar da an, wo die Desertion nicht einmal versucht worden ist [?]. Vgl. n. 12. 12. Personen des Soldatenstandes, welche sich der Verleitung zum Desertiren oder der Beförderung einer Desertion schuldig machen, verwirken die Strafe des § 78 Mil.-StGB. Dieser bestraft gleichfalls den Versuch, jedoch nur dann, wenn die Desertion selbst bis zum strafbaren Versuch gediehen ist; vgl. Weiffenbach, Mil.-StGB. s. 60; a. M.: Koppmann, Mil.-StGB. § 78 n. 11. 12. 13. Die von einem Deutschen int Auslande vorgenommene Beförderung der Desertion eines Deutschen Soldaten re. ist nur nach Maßgabe des § 4 Nr. 3 straf­ bar: OT. 66 (O. VII, 550). 14. Nichtanzeige einer beabsichtigten Desertion ist an Personen des Soldatenstandes aus § 77 Mil.-StGB. zu bestrafen. Für Andere besteht eine solche Pflicht nicht; vgl. § 139 n. 1, EG. § 2 n. 42. Nichtanzeige ist noch keine „Beförderung der Desertion"; diese setzt ein positives Handeln voraus. 15. Zuständig ist Strafk. GDG. §§ 731, 27. §

142.

1. Ueber den Begriff der „Wehrpflicht" vgl. § 140 n. 2. Derselbe be­ schränkt sich nicht auf den Waffendienst, sondern bezieht sich auch auf die sonstigen militärischen Dienstleistungen, zu welchen die zu jenem Untauglichen nach § 1 Abs. 2

Thl. II. Abschn.VII. Verbr. u. Vergehen w. d. öffentl. Ordnung. — § 142.

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mit Gefängniß nicht unter Einem Jahre bestraft; auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. Dieselbe Strafe trifft denjenigen, welcher einen Anderen auf dessen Verlangen zur Erfüllung der Wehrpflicht untauglich macht. [I. Entw.: § 125; II. Entw.: § 141; StB. S. 471ff.; Pr. StGB.: § 113.] BG. v. 9. Nov. 1867 unter Umständen herangezogen werden können. Das Vergehen kann begangen werden, so lange die Wehrpflicht noch nicht völlig erfüllt ist, also von Demjenigen, der einen Theil derselben, z. B. die aktive Dienstpflicht, bei der Fahne, nicht aber die Reserve- und Landwehrpflicht erfüllt hat, RlV. 15. Mai 1900 (E. 33, 280). 2. Der § erheischt ein „Untauglichmachen"; er bleibt also ausgeschlossen, wenn der Betreffende untauglich war. Dagegen genügt es, wenn ein Wehrpflichtiger zur Erfüllung derjenigen Art der Dienstleistung untauglich gemacht wird, zu welcher er nach seiner natürlichen Beschaffenheit, ohne vorsätzliche Veränderung, befähigt war: dadurch, daß der Angeschuldigte zu militärischen Nebendienstleistungen (n. 1) befähigt geblieben ist, wird die Strafbarkeit nicht ausgeschlossen: vgl. Rill. 5. April 83 (E. VIII, 214: es genüge, wenn Jemand nicht mehr in derselben Art und in demselben Umfange, wie früher, diensttauglich sei), OT. 67, Dresd. (D. VIII, 433; StZ. V, 42). 2a. Ein „Untauglichmachen" liegt nicht vor, wenn Jemand durch Verübung eines Verbrechens feine Unfähigkeit zum Dienst (§ 31) absichtlich herbeiführt: Olsh. n. 2; a. M.: Schw. n. 5. 3. Jede zeitweilig herbeigeführte, wirklich vorhandene Untauglichkeit genügt, sollte sie auch vorübergehend oder heilbar sein: OT. 55 (GA. III, 424). Gleichgültig ist, ob die Behörde insofern getäuscht worden ist, als sie die zur Zeit der Geltendmachung wirklich vorgefundene Untauglichkeit nicht für eine bloß temporäre, zu hebende, sondern für eine bleibende erachtet hat. Die Vorspiegelung gar nicht vorhandener Untauglichkeit fällt unter § 143. 3 a. Nach RIV. 15. Mai 1900 (eit. n. 1) begreift der § ein Untauglichmachen zur Erfüllung der Wehrpflicht schlechthin, nicht aber ein vorübergehendes „Untauglich­ machen", z. B. durch Herbeiführung einer Verletzung, die für eine Reserveübung „dienstunfähig" macht. 4. Die Strafe ist verwirkt, sobald die Untauglichkeit zu Stande gebracht worden ist; es bedarf dann nicht auch noch einer Geltendmachung dieser Untauglichkeit vor der zur Entscheidung über die Wehrpflicht berufenen Behörde. 5. Ist das beabsichtigte Untauglichmachen nicht gelungen, so ist die Handlung als Versuch des Vergehens nicht strafbar. 6. Für den Thatbestand ist es gleichgültig, ob sich Jemand die Verstümmelung selbst zugefügt, oder ob er sich dazu eines Anderen (mit oder ohne Dolus Handelnden) bedient hat: OT. 14. Juni 60. 7. Bez. des Verlusts der Ehrenrechte rc. vgl. §§ 32. 35. 8. Abs. 2 betrachtet das „Untauglichmachen eines Anderen (Wehrpflichtigen) aus dessen Verlangen" als ein selbständiges Vergehen, nicht als Beihülfe zum Vergehen des letzteren. Dasselbe trifft auch da zu, wo eine Person des Soldatenstand es zur Erfüllung „ihrer gesetzlichen oder von ihr übernommenen Ver­ pflichtung rc." untauglich gemacht ist (n. 12): OT. 45 (GA. 111, 424). 9. Die Worte „auf dessen Verlangen" sind nicht zu wörtlich zu nehmen; es genügt, wenn die Handlung mit Zustimmung des davon Betroffenen geschah. Fehlt es an dieser, so finden nur die Vorschriften über Körperverletzung Anwendung, sollte auch der Zweck der Handlung auf Unbrauchbarmachung zur Erfüllung der Wehrpflicht gerichtet gewesen sein; a. M.: John, HH. 111, 209. — Im Uebrigen kann auch mit dem Thatbestände des Abs. 2 (trotz der Zustimmung des Verletzten) eine Körperverletzung (ideell) konkurriren; es wird eventuell (wenn z. B. die KörperVerletzung eine schwere ist), § 73 anwendbar; vgl. John 1. c. 10. Im Falle des Abs. 2 genügt als Dolus Vorsätzlichkeit der Handlung, verbunden mit dem Bewußtsein, daß dadurch ein „Untauglichmachen" bewirkt werde.

368

Thl. II. Abschn. VII. Derbr. u. Vergehen w. d. öffentl. Ordnung. — § 143.

§ 143. Wer in der Absicht, sich der Erfüllung der Wehr­ pflicht ganz oder theilweise zu entziehen, auf Täuschung berech­ nete Mittel anwendet, wird mit Gefängniß bestraft; auch kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. Dieselbe Strafvorschrist findet auf den Theilnehmer An­ wendung. [I. Entw.: § 126; II. Entw.: § 142; StB. S. 473; Pr. StGB.: § 113.] 11. Abs. 2 schließt die Strafbarkeit anderweitiger Theilnahme an dem Ver­ gehen des Abs. 1 nicht ans: KB. II, 1855-56 IV, 1. Nr. 111 s. 5 (GA. IV, 113). 12. Personen des Soldatenstandes und die im RMil.-G. v. 2. Mai 1874 § 56 Nr. 2—4 aufgezählten Personen des Beurlaubtenstandes verfallen, wenn sie ein Vergehen im Sinne des § 142 Abs. 1 oder Abs. 2 verüben, den Strafen des Mil.-StGB.; vgl. dort §§ 81. 82 und das cit. Ges. v. 2. Mai 1874 § 60, ferner Hecker, Mil.-StR. s. 179, id. Mil.-StGB. s. 137; Laband, Staatsr. II, 629; a. M.: (was jene Personen des Beurlaubtenstandes betrifft, bez. der Fälle im Sinne des § 142 Abs. 2 resp. des Mil.-StGB. § 82) Olsh. n. 6. 13. Zuständig ist Strafk. GVG. §§ 73\ 27.

§ 143. 1. Nur die Anwendung auf Täuschung berechneter Mittel, um sich selbst der Erfüllung der Wehrpflicht (§ 142 n. 1) zu entziehen, sowie die Theilnahme an diesem Vergehen, ist hier mit Strafe bedroht, nicht eine selbständige Handlung, welche lediglich dahin abzielt, einen Andern der Erfüllung seiner Wehrpflicht zu entziehen. 2. Die Anwendbarkeit des § ist nicht dadurch bedingt, daß der Thäter zur Zeit diensttauglich war; ging die Absicht dahin, sich der Erfüllung der WehrPflicht durch Täuschung zu entziehen, so wird die Strafbarkeit durch den Nachweis eines anderen wirklich vorhandenen Befreiungsgrundes nicht ausgeschlossen. 3. Die Worte „theilweise entziehen" sind ebensowohl auf die Art des Dienstes als auf die Zeit zu beziehen: RF. 26. Juli 83 (E. IX, 88), Nüd. n. 1, Schütze s. 289, Olsh. n. 1; vgl. § 142 n. 2. 4. Die auf Täuschung berechneten „Mittel" sind keineswegs auf solche zu beschränken, durch welche eine körperliche Untauglichkeit (§ 142) geltend gemacht werden soll; alles Andere, was zur Befreiung von der Wehrpflicht dienen kann, steht damit auf gleicher Linie; ebenso: RF. 26. Juli 83 (E. IX, 88). Zu den ersteren Mitteln gehören auch solche, die auf den Körper der betreffenden Person applizirt werden: Rubo n. 4; a. M.: Olsh. n. 3 („anwenden" bedeute hier soviel wie „Gebrauch machen" im § 267). — Dagegen genügt das lügenhafte Vorbringen von Untauglichkeitsgründen für sich allein nicht: KBI, KBII, 1855—56 Nr. 65 s. 5 (GA. IV, 112. 130), cit. RF. 26. Juli 83; a. M.: Olsh. n. 2, HStR. II, 996. Der § ist aber anwendbar, wenn ein Wehrpflichtiger seine Behauptung schlechen Seh. Vermögens durch Vorspiegelung des Vorhandenseins von Symptomen hochgradiger Kurzsichtigkeit unterstützt. RIV. 4. Dez. 96; E. 29, 218. 5. Die Mittel müssen nicht allein auf Täuschung „berechnet", sondern dazu auch irgendwie geeignet sein: cit. RF. 26. Juli 83; a. M.: Olsh. n. 2, HStR. II, 996; doch ist es gleichgültig, ob die Behörde durch die Mittel gerade in der beabsichtigten und behaupteten, oder aber in einer anderen Richtung irre­ geleitet werden konnte: RI. 3. Nov. 84 (R. VI, 682). 6. Die „Anwendung der auf Täuschung berechneten Mittel" muß einer solchen Behörde gegenüber stattgefunden haben, welche irgendwie über die Wehr'Pflicht des Einzelnen eine (wenn auch nur vorläufige) Entscheidung zu treffen be­ rufen war; dieses Thatbestandsmerkmal wird nicht dadurch ausgeschlossen, daß ein Mitglied jener Behörde mit dem Wehrpflichtigen im Einverständnisse steht unb handelt; vgl. RF. 26. Juli 83, 10. Sept. 66 (E. IX, 88; R. VIII, 538). 6. Ob die Täuschung gelungen ist und den beabsichtigten Erfolg herbtigeführt hat, ist gleichgültig; dagegen ist der bloße Versuch, die rc. Mittel anzu­ wenden, nicht strafbar.

Thl. II. Abschn. VII. Verbr. u. Vergehen w. d. öffentl. Ordnung. — §144.

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§ 144. Wer es sich zum Geschäfte macht, Deutsche unter Vorspiegelung falscher Thatsachen oder wiffentlich mit unbe­ gründeten Angaben oder durch andere auf Täuschung berechnete Mittel zur Auswanderung zu verleiten, wird mit Gefängniß von Einem Monat bis zu zwei Jahren bestraft. [I. Entw.: § 127; II. Entw.: § 143; StB. S. 474; Nov. Art. I; § 144; StB. S. 991, 1346; Pr. StGB.: § 114.] 7. Bez. des Derlusts der rc. Ehrenrechte vgl. §§32. 35. 8. Die gleiche Strafbarkeit des Theilnehmers (also auch des Gehülfen) bildet eine Ausnahme von dem Grundsätze des §49; vgl. Mil.-StGB. §83. 9. Personen des Soldaten st andes und die in n. 12 zu § 142 erwähnten Personen des Beurlaubtenstandes, welche dieses Vergehen verüben, verwirken die Strafe des Mil.-StGB. § 83; vgl.- Mil.-Ges. v. 2. Mai 1874 § 60. 10. Zuständig ist Strafk. GVG. §§ 731, 27.

§ 144. 1. Die Worte „Wer es sich zum Geschäfte macht —" sind nicht gleich­ bedeutend mit „gewerbs- oder gewohnheitsmäßig" (vgl. § 150 n. 4; § 260 n. 2), da d-bei weder der Hang zu der betr. Thätigkeit noch eine auf Erwerb gerichtete Absicht wesentliche Voraussetzung ist; es genügt eine mit der Absicht einer regelmäßigen Fortsetzung oder Wiederholung betriebene Handlungsweise derselben Art. Eine mit jener Absicht vorgenommene Einzelhandlung kann als der Beginn des.„Geschäftmachens" angesehen werden und somit strafbar sein. la. Den Schutz in Deutschland lebender Ausländer hat § 144 nicht im Auge. KG. 25. Juni 85 (Joh. 6, 300). 2. Das Vorspiegeln falscher Thatsachen" umfaßt auch den Fall, wo eine thatsächliche Mittheilung gerade dadurch unrichtig wird, daß dabei absichtlich wesentliche Umstände verschwiegen sind; vgl. übrigens n. 4. 3. „Unbegründete Angaben" im Gegensatz zum „Vorspiegeln falscher Thatsachen" bezeichnet wahrheitswidriqe allgemeine (nicht auf konkrete Thatsachen zurückzuführende) Versicherungen und Anpreisungen, Eröffnung gehaltloser Aus­ sichten für die Zukunft u. dgl., und unrichtige Darstellung der Verhältnisse im Allgemeinen. 4. Die Worte „oder durch andere auf „Täuschung berechnete Mittel" hat die Novelle eingeschaltet, um es noch mehr zum Ausdrucke zu bringen, daß der § auch da eintrete, wo keine einzelne der vorgebrachten Thatsachen nachweisbar falsch ist, die ganze Darstellung aber geeignet und darauf berechnet ist, ein falsches Bild vom Kolonisationsleben hervorzurufen, namentlich also auch in solchen Fällen, wo zu dem Behufe wahre Thatsachen entstellt oder unterdrückt sind (vgl. § 263): Sten. Ber. v. 1875/76 s. 992; vgl. übrigens n. 2. Frank N. zu § 144 meint, daß die Anwendung solcher Mittel im einzelnen Falle nicht geschäftsmäßig, nicht strafbar sei. 5. Ob die Bemühungen, Andere „zum Auswandern zu verleiten", von Erfolg gewesen sind, ist für den Thatbestand gleichgültig; ebendeshalb ist es nicht entscheidend, ob Diejenigen, auf welche sich jene Bemühungen bezogen, bereits vorher zum Auswandern entschlossen waren oder nicht; a. M.: v. Kirchm. s. 198. Immerhin muß aber der Wille auf eine solche Verleitung gerichtet sein, daher gehören Bekanntmachungen über Beförderungsgelegenheiten, Reisebedingungen, Vertragsver­ mittelungen rc. in der Regel nicht hierher: vgl. Mot. zur Nov. s. 42. 6. Eine Regelung der Materie des Auswanderungswesens ist im § 144 nicht erfolgt. Vgl. das RG. über das Auswanderungswesen v. 9. Juni 1897, insbes. §§ 43—48. 7. Zuständig ist Strafk. GVG. §§ 73\ 27. Oppenhoff, D. Strafgesetzbuch. 14. Auft. 24

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Thl.II. Abschn.VII. Verbr.n. Vergehen w. d.öffentl. Ordnung. —

§ 145.145a.

§ 145.

Wer die vom Kaiser zur Verhütung des Zusammenstoßens der Schiffe auf See, über das Verhalten der Schiffer nach einem Zusammen­ stoße von Schiffen auf See, oder in Betreff der Noth- und Lootsensignale für Schiffe auf See und auf den Küstengewässern erlassenen Verordnungen übertritt, wird mit Geldstrafe bis zu eintausendfünfhundert Mark bestraft. [I. Entw.: (fehlte): II. Entw.: § 144; Nov. Art. I; § 145; StB. S. 996; Pr. StGB.: (fehlte).)

§ 145 st. Wer im Anlande Schuldverschreibungen auf den Inhaber, in denen die Zahlung einer bestimmten Geldsumme versprochen wird, ohne die erforderliche staatliche Genehmigung § 145. 1. Der § ist ein sog. Blankettstrafgesetz. Wegen Anwendung des § 2 StGB. vgl. dort n. 5. 2. Es sind ergangen folg. Kaiserl. Verordnungen: 1. V. zur Verhütung deS Zusammenstoßens der Schiffe auf See vom 9. Mai 1897 (RGBl. S. 203), 2. D. betr. die Lichter- und Signalführung der Fischerfahrzeuge und der Lootsendampffahrzeuge' vom 10. Mai 1897 (RGBl. S. 215), 3. V. über das Verhalten der Schiffer nach einem Zusammenstoß von Schiffen auf See v. 15. Aug. 1876 (RGBl. S. 189) nebst der Ergänz.-D. v. 29. Juli 1889 (RGBl. S. 171), 4. Noth- u. Lootsenordnung für Schiffe auf See und auf den Küstengewässern v. 14. Aug. 1876 (RGBl. S. 187), deren §§ 1—3 aber aufgehoben sind durch Art. 34 der Verordn, zu 1, 5. D. über die Abblendung der Seitenlichter u. s. w. v. 16. Okt. 1900 (RGBl. S. 1003). 2a. Ueber das Verhältniß der reichsrechtl. Normen bezügl. des sog. Straßenrechts auf den mit der See im Zusammenhang stehenden, von Seeschiffen befahrenen Gewässern zu den landesrechtl. Normen vgl. R1V. 28. Juni 98 (E. 31, 226). 3. 4. Die Verordnungen können sowohl Verbote wie Gebote enthalteil. — Behufs Handhabung des § 145 hat der Richter zu prüfen, ob die betreffende Vorfchrift jener Vdn. (n. 2. 3) in den Kreis der im § 145 erwähnten Materien falle; so: Meves, HH. IV, 338. 5. Unter „Schiff" sind alle Fahrzeuge (auch Boote), welche auf See oder den mit der See in Zusammenhang stehenden, von Seeschiffen befahrenen Gewässern verkehren, zu verstehen. Dgl. I der V. v. 9. Mai 96 (cit. n. 2) u. RH. 21. Sept. 88 (E. XVIII, 89) u. Rill. 24. Apr. 90 (E. XX, 372). Im Uebrigen vgl. § 305 n. 3. 6. Ein nach § 145 strafbares „Uebertreten" liegt auch dann vor, wenn gegen die dort gedachten Verordnungen nicht vorsätzlich, sondern nur aus Fahrlüssigkeit gefehlt ist, sofern nicht aus der Verordnung selbst etwas anderes zu ent­ nehmen ist: Meves s. 165, Bruck s. 50, Olsh. n. 3. 7. Der § 145 bezieht sich auch auf Ausländer. Handlungen rc., welche außerhalb der Grenzen einer deutschen Landeshoheit stattfinden, also auf fremdem Schiff außerhalb der deutschen Gewässer, sind bei einem Deutschen nur nach § 4 Nr. 3 strafbar (bei einem Ausländer straflos, sofern nicht ausländ. Recht eingreift): Meves s. 165; vgl. auch § 8 n. 3, Bind. SB. I, 434. 8. Zuständig ist Strafk. bezw. Schöffen-G. §§ 73'. 75" GVG.

§ 145a. 1. Dieser § ist durch Art. 34. IV. EG. z. BGB. in das StGB, gekommen. Es soll durch die Strafbestimmung das im § 795 BGB. enthaltene Verbot der nicht genehmigten Ausgabe von Jnhaberpapieren verstärkt werden, was „wegen der für die geschäftsunkundigen Kreise bestehenden großen Gefährlichkeit der Ausgabe

Thl.II. Abschn.VIIl. Münzverbrechenu. Münzvergehen. — §Z145a. 146.

371

ausstellt und in den Verkehr bringt, wird mit einer Geldstrafe bestraft, die dem fünften Theile des Nennwerths der ausgegebenen Schuldverschreibungen gleichkommen kann, mindestens aber drei­ hundert Mark beträgt. [Gntro. z. EG. BGB. (fehlt); Bundesrathsvorl. Art. 8 IV; R.T.-Vorl. Art. 33 IV.]

Achter Abschnitt. Münzverbrechen und Münzvergehen.

§ 146. Wer inländisches oder ausländisches Metallgeld oder Papiergeld nachmacht, um das nachgemachte Geld als echtes solcher wichtigen Papiere im öffentl. Interesse dringend geboten" erschien (Prot. 6, 585). — Nach tz 795 BGB. dürfen „im Inland ausgestellte Schuldverschreibungen auf den Inhaber, in denen die Zahlung einer bestimmten Geldsumme versprachen wird, nur mit staatlicher Genehmigung in Verkehr gebracht werden". Zu. ständig für die Ertheilung der Genehmigung ist die Centralbehörde des Bundesstaates, in dessen Gebiet der Aussteller seinen Wohnsitz oder seine gewerbliche Niederlassung hat (§ 795 Abs. 2). — Landesstrafgesetze, z. B. das PrG. v. 17. Juni 1833) GS. S. 75), sind aufgehoben. 2. Das Verbot des § 145a bezieht sich nicht auf im Auslande (vgl. § 8 n. 3) ausgestellten Jnhaberpapiere, auch nicht auf solche, die auf andere Leistungen, wie Geld oder auf unbestimmte Geldbeträge gehen, z. B. Gewinnantheilscheine. — Ein Sparkassenbuch ist kein Jnhaberpapier (D. II, 281); dasselbe gilt von einer Schuldurkunde, worin die Zahlung einer bestimmten Geldsumme an jeden rechtmäßigen Inhaber zugesichert wird (KG. 26. Sept. 95; Johow 17, 462). — Nicht erforderlich ist, daß die Urkunde sich ausdrücklich als Jnhaberpapier bezeichnet, es genügt, daß aus dem sonstigen Inhalt derselben sich ergiebt, daß die darin versprochene Zahlung an jeden Inhaber geleistet werde (cit. KG. 26. Sept. 95). 3. Nur das Ausstellen und das Inverkehrbringen in Verbindung mit einander ist strafbar. Ein Dritter, der solche Schuldverschreibungen ohne Wissen und Willen des Ausstellers in Verkehr bringt, fällt nicht unter § 145 a. — Ein Inverkehrbringen setzt nicht eine Circulation im Publikum voraus, sondern ist schon vorhanden, wenn das Papier einem Anderen ausgehändigt ist, vorausgesetzt, daß dieser nicht etwa als Verwahrer für das emittirende Institut erscheint, und daß er über das Papier frei verfügen kann O. I, 443 u. R1V. 29. Juni 00 (E. 33, 329); o. M.: Oloh. (2)b. 4. Subjekt be£ Vergehens kann Jeder sein. Ist Ausstellerin u. s. w. eine juristische Person, so muß die strafrechtl. Verantwortlichkeit ihrer Vertreter nach den allgemeinen Grundsätzen beurtheilt werden. — Die Handlungen des Ausstellers u. s. w. sind vorsätzliche. Hat Jemand z. B. auf Grund einer unbeglaubigten Mittheilung angenommen, die Genehmigung sei ertheilt, so ist er, da dieser Irrthum auf Fahrlässigkeit beruht, strafbar: Olsh. n. 5. Vgl. die entgegenstehende Praxis des preuß. Obertrib. bei Delius in Groschuff, Strafg. S. 125. 5. Handelt es sich um unverzinsliche Schuldverschreibungen, so kommt die Strasbest. des § 55 des Bankgesetzes v. 14. März 1875 (RGBl. S. 177) zur AnWendung. Wegen Jnhaberpapiere mit Prämien vgl. RG. v. 8. Juni 1871 (RGBl. S. 210). Aktiengesellschaften und Kommanditgesellschaften auf Aktien dürfen nach §§ 179. 320 HGB. Inhaberaktien ohne Genehmigung ausgeben. Dgl. auch § 314 Nr. 4 u. 5 HGB. 6. Das Delikt ist ein Vergehen. Die Verjährung läuft von der letzten Handlung, durch welche die Schuldverschreibung in Verkehr gebracht wurde. — Zuständig ist Strafk. GVG. § 74'. § 146.

(Falschmünzerei und Münzverfälschung.)

1. „Geld" ist das unter öffentlicher Autorität zu einem bestimmten Gehalte ausgegebene, zum allgemeinen Umlaufe bestimmte, als solches zur Zeit Geltung habende Tauschmittel (vgl. § 150). Vgl. v. Savigny, Obl.-Recht I §§ 40 ff.

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Thl. II. Abschn.VIII. Münzverbrechen u. Münzvergehen. — § 146.

zu gebrauchen oder sonst in Verkehr zu bringen, oder wer in gleicher Absicht echtem Gelde durch Veränderung an demselben den Schein eines höheren Werths oder verrufenem Gelde durch Veränderung an demselben das Ansehen eines noch geltenden giebt, wird mit Zuchthaus nicht unter zwei Jahren bestraft; auch ist Polizei-Aufsicht zulässig. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängniß­ strafe ein. [I. (Sntro.: § 130; II. Entw.: § 145; StB. S. 631; Pr. StGB.: § 121.] 2. Für den Thatbestand ist es gleichgültig, ob die That cm in» oder ausländischem Gelde, im In- oder Auslande, von einem In- oder Ausländer verübt worden ist; vgl. § 4 Nr. 1. 3. Auch das Nachmachen verrufenen Geldes (n. 7), so lange es faktisch noch Umlauf und Geltung hat (also noch „Geld" ist), fällt unter den §: Rüd. n. 3; Merkel, HH. III, 220; a. M.: TL. s. 772, SchüKe s. 301, BL. s. 411, Olsh. n. 2, HStR. II, 573; ebenso das Nachmachen ausländischen Geldes, dessen Umlauf im Jnlande verboten ist (Münz-Ges. v. 9. Juli 1873 Art. 13): Rüd. n. 4, Olsh. n. 2. Dagegen kann bloß fingirtes, in Wirklichkeit nicht existirendes Geld kein Gegenstand strafbarer Nachahmung rc. sein; so: Münch. BE. IX, 159): betraf noch nicht emittirte Zehndollarnoten einer Amerik. Bank). 4. Im Begriffe des „Nachmachens" liegt, daß die falsche Münze der echten in dem Maße ähnlich werde, daß dadurch ein Anderer getäuscht werden kann; trifft dieses zu, so schließen einzelne Abweichungen den Begriff des Nachmachens nicht aus. Vgl. RI. 27. März 82 (E. VI, 142: es reiche zur Erfüllung des Thatbestandes des § 146 hin, wenn die Beschaffenheit der Münze im gewöhnlichen Verkehre den Arglosen täuschen könne); ebenso: Merkel, HH. III, 220. ML. s. 952 nimmt an, daß die Herstellung so unähnlicher Stücke, daß mit ihnen zwar unter ganz besonderen Umständen ein Betrug begangen werden könne, daß aber jede Gefahr einer Cirkulation hinwegfalle, wenigstens keine vollendete Münzfälschung darstelle; desgleichen: BL. s. 414, Olsh. n. 3. Dagegen steht Schw. s. 447 von jeder Aehnlichkeit ab; vgl. auch HStR. II, 574. Absichtliche Abweichungen schließen den Begriff des Nachmachens nicht nothwendig aus: HStR. 1. c.; vgl. übrigens § 360 Nr. 6. 5. Gleichgültig ist es, ob das nachgemachte Geld von geringerem, gleichem oder gar von höherem Gehalte ist, als das echte. Diese Frage hat durch die steigende Silberentwerthung erhöhte Bedeutung gewonnen, v. Liszt S. 542 erklärt es für gleichgültig, ob ein thatsächlich vorhandenes Gepräge nachgemacht ist oder nicht (z. B. ein Vierzigmarkstück). 6. Wer unechten, bereits im Umlauf befindlichen Münzen durch Derände» rung den Schein eines höheren Werthes, oder durch Vervollkommnung den täuschen» den Schein der echten giebt, macht eben dadurch selbständig Geld nach, und ist als Thäter (nicht als Teilnehmer an der Handlung des ersten Fälschers) aus § 146 strafbar. 7. Die „Veränderung des Geldes" ist dem Nachmachen gleichgestellt, wenn dem echten Gelde „der Schein eines höheren Werthes", oder verrufenem (d. h. nicht mehr'gesetzlichen Kurs habendem) Gelde „das Ansehen eines noch geltenden" ge­ geben ist; in beiden Fällen muß also eine zur Täuschung geeignete Aehnlichkeit her­ vorgebracht sein; dazu kann es genügen, wenn einer Münze aus schlechterem Metall durch Quecksilber rc. die Silberfarbe gegeben ist: OT. (O. XIII, 463), Olsh. n. 8; a. M.: BL. f. 413. — Wird einem echten Stücke der Schein eines höheren Werths gegeben, so ist es gleichgültig, ob es auch echte Stücke giebt, welche über den jetzt angegebenen Werth sprechen: OT. (O. X, 411). 8. Verringern des Metallgehalts echter Münzen und Verausgaben derselben füllt nicht unter § 146, sondern unter § 150. Doch erblickt BL. s. 413 in dem sog. Ausschälen der Goldmünzen keinen Fall des § 150, sondern einen solchen des § 146, weil die geprägten Flächen nach Wegfeilung des dazwischen liegenden Goldes auf anderes Metall aufgesetzt, mithin der Stoff gefälscht werdet-

Thl. II. Abschn. VIII. Münzverbrechen u. Münzvergehen. — § 147.

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§ 147. Dieselben Strafbestimmungen finden auf denjenigen Anwendung, welcher das von ihm auch ohne die vorbezeichnete Absicht nachgemachte oder verfälschte Geld als echtes in Verkehr bringt, sowie auf denjenigen, welcher nachgemachtes oder ver­ fälschtes Geld sich verschafft und solches entweder in Verkehr bringt oder zum Zwecke der Verbreitung aus dem Auslande einführt. [I. Entw.: § 146; II. Entw.: § 146; Pr. StGB.: § 122.] 9. Als Dolus erheischt der § bei allen aufgezählten Einzelhandlungen die Absicht, „das nachgemachte Geld als echtes zu gebrauchen oder sonst in den Derkehr zu bringen". Das rc. Geld wird „als echtes gebraucht", wenn es als Zahlmittel einem Anderen gegeben oder auch nur angeboten wird, damit dieser es als wirklich geltendes in Empfang nehme; a. M.: Thomsen, GSaal 30 s. 423 (hält „gebrauchen" hier für gleichbedeutend mit „verausgaben"). Das gilt auch von einer Cautionsstellung; a. M. (sofern die Caution in specie zu restituiren sei): Olsh. n. 6, und von dem Verschenken. Dagegen scheidet der § aus, falls der Andere das Stück nur als seltenes Stück für eine Münzsammlung erwerben wollte, selbst wenn hierbei eine Täuschung stattfand; a. M.: Olsh. 1. c.; ebensowenig genügt ein bloßes Vorzeigen (um sich Credit zu verschaffen oder um einen Kassendefekt zu verdecken); a. M.: Rll. 28. Mai 86 (E. XIV, 161). 10. Die Absicht, das nachgemachte Geld „sonst in den Verkehr zu bringen", liegt auch da vor, wo das Geld nachgemacht wird, nicht um es selbst als echtes zu gebrauchen (n. 9), sondern um es einem Dritten, von der Fälschung Unterrichteten zum Zwecke der. Verausgabung auszuhändigen. 11. Der Fälscher, welcher das (mit der Absicht der Verausgabung) selbstge­ fertigte falsche Geld in den Verkehr bringt, verwirkt nicht neben der Strafe deS § 146 auch noch die des § 147. Das Nähere stehe zu § 147 n. 3. 12. Verausgabung des falschen Geldes im Einverständnisse mit dem Fälscher ist, da das Verbrechen des letzteren mit der Anfertigung vollendet ist, nicht Theilnahme an diesem, sondern nur aus § 147 zu bestrafen. 13. Ueber die Einholung von Gutachten bei Münzdelikten vgl. § 92 StPO, u. die bei Delius, Praxis S. 128, mitgetheilten Minist.-Verfügungen. 14. Die Ausdrucksweise: „auch ist Polizeiaufsicht zulässig" ermächtigt den Jnstanzrichter, auf die Zulässigkeit der Polizeiaufstcht zu erkennen; vgl. § 38 n. 2. Das fällt weg, wenn mildernde Umstände vorhanden sind. 15. In Betreff der Einziehung des nachgemachten rc. Geldes vgl. § 152. 16. Das Delikt ist vollendet nicht erst mit dem Verbreiten, sondern schon mit dem Nachmachen bezw. Verfälschen. Olsh. n. 10. — Wegen der Anzeigepflicht vgl. § 139. 17. Zuständig ist Schwur-G. §§ 80. 73. 136 GDG. § 147. (Münzbetrug.) 1. Ueber den Begriff des „nachgemachten Geldes" vgl. § 146 n. 3—6 und das dort eit. RI. 27. März 82 (betr. ein nur auf einer Seite geprägtes, ur­ sprünglich zu einem Knopf bestimmtes Metallstück). Die Worte „verfälschtes Geld" finden ihre Erläuterung in dem § 146: wer echtem Gelde durch Deründerung an demselben den Schein eines höheren Werthes oder verrufenem Gelde durch Veränderungen an demselben das Ansehen eines noch geltenden giebt"; vgl. § 146 n. 7. 2. Die Worte: „als echtes in Verkehr bringt" bezeichnen dasselbe, was § 146 durch „als echtes gebrauchen oder sonst in Verkehr bringen" ausdrückt; vgl. dort n. 9. 10 u. Schütze s. 302; a. M.r Merkel, HH. III, 222. — Danach bedarf es nicht der Annahme des Stücks Seitens Desjenigen, dem es angeboten wird; ebenso: Merkel 1. c. s. 223, Puch. n. 3; a. M.: Stuttg. (StZ. IV, 25: in Betreff der gleich­ lautenden Worte des § 148), ML. s. 953, HStR. II, 577, Meyer § 150 n. 4, Olsh. n. 1: das vergebliche Anbieten stelle nur einen Versuch dar.

374

Thl. II.

Abschn. VIII.

Münzverbrechen u. Münzvergehen. — § 147.

3. In der zweiten Zeile des ersten Satzes ist das Wörtchen „auch" über­ flüssig und stnnstörend; es darf daraus nicht gefolgert werden, als ob der Fälscher, welcher mit der Absicht, das Geld als echt zu gebrauchen, gehandelt und dadurch die Strafe des § 146 verwirkt hat, auch noch aus § 147 zu bestrafen sei, wenn er später in Ausführung jener Absicht das Geld als echtes in Verkehr bringt: OT. 53 (GA. I, 366. 389); vgl. Motive s. 93 ff. Das Gegentheil tritt ein, wenn der Fälscher nach erfolgter Bestrafung aus § 146 Falsifikate, welche von dem früheren Verbrechen herrühren, als echt in den Verkehr bringt: SGZ. IV, 285. — Außerdem kann eine solche Vorausgabung in allen Fällen als Betrug strafbar sein. 4. Im zweiten Satze bezeichnen die Worte: „sich verschaffen" (im Gegen­ satze zum „als echt empfangen"; § 148) die gewollte Erlangung des Gewahrsams, das Anstchbringen mit der Kenntniß von der Unechtheit: OT. 66, 76 (O. VII, 455; XVII, 392). Einem Antrage: diese Kenntniß von der Unechtheit in die schwurgerichtliche Frage mit aufzunehmen, darf nicht stattgegeben werden, da er auf Umschreibung bezw. Auflösung eines Rechtsbegriffs hinausläuft; vgl. StPO. §§ 293 ff. 5. Wer selbst das Geld nachgemacht rc. hat, „verschafft sich" nicht das (bereits) nachgemachte rc. Geld; demgemäß kann sich nur ein Dritter des im zweiten Satze vorgesehenen Verbrechens schuldig machen. — Wohl aber können Diejenigen, welche zum Verbrechen des Fälschers angestiftet oder Hülfe geleistet haben, sich nach beendigter Theilnahme durch eine neue, selbständige Handlung auch noch das nach­ gemachte Geld „verschaffen" und durch Verausgabung rc. desselben neben der Strafe des § 146 noch die des § 147 verwirken: OA. 68 (O. IX, 218). 6. Für den Thatbestand des im zweiten Satze vorgesehenen Verbrechens ist es gleichgültig, ob der Urheber der Fälschung mit der im § 146 (n. 9. 10) vorausgesetzten Absicht gehandelt, sowie überhaupt, ob derselbe sich durch seine Handlung strafbar gemacht hat: OT. 7. Febr. 57. 7. Ebenso ist es gleichgültig, ob der Dritte (n. 5) das Geld unmittelbar vom Fälscher oder von einem (gutgläubigen oder nicht gutgläubigen) Dritten erlangt hat, ob es sich dabei um einen Eiaenthumserwerb handelte oder nicht: OT. 10. Nov. 55; daher ist selbst der unredliche Erwerber (z. B. der Dieb) wegen der demnächstigen Verausgabung aus § 147 strafbar, wenn er bei jenem Erwerbe schon Kenntniß von der Falschheit hatte: OT. 70 (O. XI, 131). 8. Der § erheischt nicht, daß bei dem Sich-Verschaffen des falschen Geldes bereits die Absicht obwaltete, dasselbe „in Verkehr zu bringen"; es genügt, wenn letzteres demnächst geschehen, oder wenn die Einführung aus dem Auslande „zum Zwecke der Verbreitung" erfolgt ist: Schütze s. 303, Schw. n. 7. — Ebensowenig bedarf es bei dem späteren „in Verkehr bringen rc." einer betrügerischen Absicht: OT. 15. Sept. 54; vgl. n. 11. 9. Das „Sich-Verschaffen" des Geldes, um es in den Verkehr zu bringen, stellt (als Thatbestandshandlung: § 43 n. 6) einen Anfang der Ausführung des gewollten Verbrechens, also einen strafbaren Versuch dar: OT. 65 (O. VI, 163) Olsh. n. 2; a. M.: Schütze s. 303, Merkel, HH. III, 224. 10. Dagegen kann das „Sich-Verschaffen" des gefälschten Geldes nicht als Hehlerei aufgefaßt werden, weil der Fälscher das Geld nicht durch eine strafbare Handlung „erlangt", sondern hervorgebracht hat; vgl. § 259 n. 6; a. M.: Schütze s. 303 n. 15; s. 461 n. 13. 11. Wie im ersten Falle des §, so wird auch bei dem Inverkehrbringen des zweiten Falles als Dolus die Absicht vorausgesetzt, daß das nachgemachte rc. Geld als echtes in Verkehr gelange; gleichwohl sind die im zweiten Satze fehlenden Worte „als echtes" nicht zu subintelligiren (und schon deshalb nicht bei der Fragestellung zu suppliren), weil jener Satz auch den Fall umfaßt, wo beim Znverkehrbringen dem Abnehmer die Unechtheu des Geldes kundgemacht wurde; so: RH. 30. April 80 (E. I, 408); a. M.: Dresd. (SGZ. 23 s. 237); vgl. übrigens oben n. 2; § 146 n. 10. Jedenfalls sind die Worte: „zum Zwecke der Verbreitung rc." gleichbedeutend mit „zum Zwecke der Verausgabung als echtes Geld rc."; vgl. jedoch Olsh. n. 3: das Verbreiten setze voraus, daß der Thäter sich eine größere Ouantität unechten Geldes verschafft habe, während zum Inverkehrbringen die Verausgabung eines einzelnen Stücks genüge. Auch hier ist es gleichgültig, ob

Thl. II. Abschn. VIII. Münzverbrechen u. Münzvergehen. — § 148.

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§ 148. Wer nachgemachtes oder verfälschtes Geld als echtes empfängt und nach erkannter Unechtheit als echtes in Verkehr bringt, wird mit Gefängniß bis zu drei Monaten oder mit Geldstrafe bis zu dreihundert Mark bestraft. Der Versuch ist strafbar. [I. Gntro.: § 132; II. Entw.: § 147; Pr.. StGB.: § 123.] der Einführende diese Verausgabung selbst bewirken, oder ob er das Geld an einen Andern (von der Fälschung Unterrichteten) gelangen lassen will, damit dieser es verausgabe. 12. Mit Rücksicht auf § 4 Nr. 1. 2 ist es für den Thatbestand bedeutungslos, ob die That von In- oder Ausländern, im In- oder Auslande, mit inländischem oder ausländischem Gelde verübt ist; nur die „Einführung" gefälschten Geldes aus dem Auslande setzt mit Nothwendigkeit voraus, daß das „Sich-Verschaffen" im Auslande stattgefunden habe; dagegen kommt auch in diesem Falle weiter nichts darauf an, ob die Fälschung selbst im In- oder Auslande vorge­ nommen war, und ob die Verbreitung im In-'oder Auslande stattfinden sollte. Demgemäß gehört auch der Fall hierher, wo das Geld bestimmt war, das Inland bloß zu passiren; so: RH. 11. Juli 82 (E. VI, 441), Olsh. n. 3. 15. Ein einmaliges „Sich-Verschaffen" falschen Geldes stellt, selbst wenn die demnächstige Verausgabung rc. durch verschiedene selbständige Handlungen er­ folgt, doch immer nur einen' einzigen Straffall dar; ebenso RI. 4. Dez. 79 (E. I, 25); vgl. Bind. HB. I, 557. 14. Ueber den Fall der Konkurrenz dieses Verbrechens mit der durch § 139 mit Strafe bedrohten Unterlassung der Anzeige vgl. § 139 n. 9. 14 a. Vollendet ist das Delikt theils mit dem Inverkehrbringen, theils mit der Einfuhr: v. Liszt S. 543. 15. Einziehung des nachgemachten rc. Geldes; vgl. § 152. Zuständig ist Schwur-G.

§

148.

1. In Betreff der Begriffe des „nachgemachten" und des „verfälschten" Geldes vgl. § 146 n. 3—7, § 147 n. 1. Auch hier genügt es, wenn das Geld objektiv nachgemacht oder verfälscht war; welche Absicht der Fälscher dabei hatte, ist gleichgültig; vgl. § 147 n. 6. Die Verausgabung eines Stückes, welches keine Nachahmung echter Münzen darstellt, z. B. die einer Spielmarke, gehört nicht hierher: Münch. (BE. V, 469). 2. Die Worte „als echt empfängt" bezeichnen nur den Gegensatz gegen den im § 147 vorgesehenen Fall des „Sich-Verschaffens" (mit der Kenntniß der Unechtheit). Demgemäß trifft § 148 überall zu, wo unechtes Geld als echt in den Verkehr gebracht ist, insofern nicht erwiesen werden kann, daß der Thäter sich dasselbe in der erwähnten Weise „verschafft" habe: OT. 55 (GA. IV, 248); auch der­ jenige verwirkt die Strafe, welcher das Geld nicht von einem Andern erworben hat, sondern durch Zufall oder gar durch eine strafbare Handlung in den Besitz des­ selben gekommen ist (z. B. Finden, Diebstahl rc.), wenn er dasselbe demnächst, nach erkannter Unechtheit in den Verkehr bringt: Schw. n. 2, Schütze s. 303, Puch. s. 183; vgl. BL. s. 415; a. M.: Merkel, HH. III, 224. 3. Zum „Erkennen der Unechtheit" gehört die vollständige Gewißheit (Ueberzeugung) von der Unechtheit; bloße Zweifel an der Echtheit können unter keinen Umständen als Erkennen der Unechtheit angesehen werden: Olsh. n. 2, Rüd. n. 2, Schw. n. 3, Rubo n. 4; a. M.: Schütze s. 304, ML. s. 954, v. Kirchm. n. 1; vgl. auch Dresd. (SGZ. XVII, 83). 4. „Als echtes in Verkehr bringen" ist gleichbedeutend mit Demjenigen, was § 146 durch „als echtes gebrauchen oder sonst in Verkehr bringen" ausdrückt; vgl. dort n. 9. 10; § 147 n. 2. Diesem Jn-Verkehr-Bringen ist hier das „Einführen rc. zum Zwecke der Verbreitung" (§ 147) nicht gleichgestellt. 5. In dem vorgesehenen Falle wird regelmäßig auch der Thatbestand des Betruges vorliegen; gleichwohl ist derselbe dann nicht nach den Grundsätzen von

376

Thl. II. Abschn. VIII. Münzverbrechen u. Münzvergehen. — § 149.

§ 149» Dem Papiergelde werden gleich geachtet die auf den Inhaber lautenden Schuldverschreibungen, Banknoten, Aktien oder deren Stelle vertretende Jnterimsscheine oder Quittungen, sowie die zu diesen Papieren gehörenden Zins-, Gewinnantheils­ oder Erneuerungsscheine, welche von dem Reich, dem Nord­ deutschen Bunde, einem Bundesstaate oder fremden Staate oder von einer zur Ausgabe solcher Papiere berechtigten Gemeinde, Korporation, Gesellschaft oder Privatperson ausgestellt sind. [I. Entw.: § 133: II. Entw.r § 148; StB. S. 631, 1169; Pr. StGB.: § 124.] der Jdeal-Konkurrenz (§ 73) zu behandeln, weil sonst die strengere Strafe des § 263, nie die des § 148 Platz greifen würde: vielmehr ist die Sache dahin aufzufassen, daß die Spezialvorschrift des § 148 die allgemeinen, den Betrug betreffenden Bestimmungen gänzlich ausschließe; vgl. § 73 n. 6, Schütze s. 304; a. M.: Thomsen, GSaal 30 s. 413. 6. Einziehung des nachgemachten rc. Geldes; vgl. § 152. 7. Da es sich hier nur um ein Münzvergehen handelt, § 4 Nr. 1. 2 also nicht zutreffen, so kann, wenn die That int Auslande verübt ist, ein Inländer wegen derselben nur nach Maßgabe des § 4 Nr. 3, ein Ausländer aber gar nicht bestraft werden. 8. Zuständig ist Schöffen-G.: GVG. § 27 Nr. 2. § 149. 1. Wesentliche Voraussetzung ist, daß die im § aufgezählten Werthpapiere unmittelbar „auf den Inhaber" lauten; es genügt nicht, wenn einem zunächst auf den Namen eines Individuums lautenden Papiere (einem Wechsel, einer An­ weisung rc.) durch Blankogiro die Bedeutung beigelegt ist, daß jeder Inhaber civilrechtlich befugt erscheint, dasselbe für sich geltend zu machen; an Werthpapieren dieser Art kann nur eine Urkundenfälschung, nicht ein Münzverbrechen verübt werden: OT. 52 (GA. I, 79: betraf eine Bank-Obligation, keine Banknote), Schütze s. 300, Puch. s. 187; a. M.: v. Ktrchm. s. 101. Unter § 149 fallen auch die ausländischen Jnhaberpapiere auf Prämien: Rl. 11. Apr. 92 (E. 23, 58). 2. Die Streitfrage, die früher bezüglich der Außerkurssetzung bestand, hat nach Art. 176 EG. z. BGB. ihre Bedeutung verloren. — Wenn einem ausländischen Prämienpapier, welches dem RGes. v. 8. Zuni 1871 gemäß nur durch Abstempelung im D. Reiche Kursfähigkeit erlangt, durch Nachbildung (Veränderung) des Stempels oder durch nochmalige Benutzung eines bereits verwendeten Stempels der Schein eines kursfähigen Papiers verliehen wird, so kommen die §§ 275. 276 (s. unten n. 5) zur Anwendung: Rl. 11. Apr. 92 (cit. n. 1). 3. Ein solches Jnhaberpapier wird stets eine „Urkunde" sein, seine Fälschung daher unter den Begriff der Urkundenfälschung fallen. Handelt es sich dann um einen der in den §§ 146. 147 vorgesehenen Thatbestände, so schließen diese §§ schon als die strengeren und den Thatbestand der §§ 267. 268 ausdehnenden (§ 146 erheischt nicht einen gemachten Gebrauch, § 147 nicht die Selbstfälschung) die citt. §§ 267. 268 aus. Das Gleiche muß aber auch von § 148 gelten, obgleich die even­ tuell ebenfalls zutreffende Vorschrift des § 270 die strengere ist, indem hier das zu § 73 n. 6 Gesagte Platz greift: Rüd. n. 6; a. M.: Thomsen, GSaal 30 s. 413. — Dagegen werden die Strafvorschriften über Urkundenfälschung anwendbar, sobald aus irgend einem anderen Grunde die §§ 146—148 ausscheiden, z. B. in dem unter n. 2 i. m. erwähnten Falle, oder wenn Jemand, ohne dazu berechtigt zu sein, ein Jnhaberpapier ausgestellt hat. 4. Bei den von Gemeinden rc. oder Privatpersonen ausgestellten Jnhaberpapieren genügt es wenn jene (nach den maßgebenden Gesetzen) dazu berechtigt waren; es wird dann weiter nicht erfordert, daß die Ausstellung unter der Autorität des Staates erfolgt sei. Vgl. § 795 BGB. u. die § 145 a n. 5 cit. Gefetze. Ueber die Ausgabe von Banknoten vgl. RBankgesetz v. 14. März 1875.

Thl. II.

Abschn. VIII.

Münzverbrechen u. Münzvergehen. — § 150.

37 7

§ 150. Wer echte, zum Umlauf bestimmte Metallgeldstücke durch Beschneiden, Abfeilen oder auf andere Art verringert und als vollgültig in Verkehr bringt, oder wer solche verringerte Münzen gewohnheitsmäßig oder im Einverständnisse mit dem, welcher sie verringert hat, als vollgültig in Verkehr bringt, wird mit Gefängniß bestraft, neben welchem auf Geldstrafe bis zu dreitausend Mark, sowie auf Verlust der bürgerlichen Ehren­ rechte erkannt werden kann. Der Versuch ist strafbar. [I. Entw.: § 239 Nr. 3; II. Entw.: § 149; StB. S. 631; Pr. StGB.: § 243, 3. u. 4.] 5. Auf Stempelpapier, Brief- und Stempelmarken u. dgl. ist der § nicht auszudehnen: ihre Fälschung ist im 23. Abschnitte (als Urkundenfälschung) zum Gegenstände besonderer Strafbestimmungen (§§ 275. 276) gemacht worden. 6. Ob ein Werthpapier zu den im § erwähnten zu zählen sei, haben in Schwurgerichtssachen die Geschworenen zu prüfen.

§

150.

1. Die „Metallgeldstücke" müssen zur Zeit den Charakter des wirklichen „Geldes" haben; vgl. § 146 n. 1. Ueber den Begriff des „Verringerns" derselben, des Kippens (so genannt im Gegensatz zum Wippen, d. h. dem Inverkehrbringen solcher durch den Kipper verringerter Münzen als vollgültiger) vgl. § 146 ii. 8. 2. Ueber den Begriff des „Jn-Derkehr-Bringen" vgl. § 147 n. 2. 3. Die Worte: „als vollgültig" bezeichnen hier soviel als: zu dem ihnen vor der Verringerung beiwohnenden Werthe"; der § scheidet also aus, wenn Jemand ein solches Stück „als zu leicht" verausgabt und sich bereit erklärt, daran den ge­ eigneten Abzug zu erleiden (: al marco). 4. Die „Gewohnheitsmäßigkeit" einer Handlung ist bedingt durch die aus einer allgemeinen Geneigtheit (einem Hange) hervorgegangene mehrmalige Vornähme derselben, sie unterscheidet sich von der Gewerbsmäßigkeit wesentlich dadurch, daß bei dieser die Absicht, einen Erwerb zu erzielen, obwalten muß: Dresd. (SGZ. XVII, 317); vgl. § 260 n. 2. Einmalige Vornahme rechtfertigt nie die Annahme der Gewohnheitsmäßigkeit; wie viele Fälle dazu gehören, fällt dem Ermessen des Richters der Thatfrage anheim; er kann zwei Fälle für genügend erachten und darf dabei schon abgeurtheilte und solche Fälle berücksichtigen, welche als Einzelhandlung außerhalb der Verjährungsfrist liegen: OT. 66 (O. VII, 494) oder vor dem Inkraft­ treten des betr. Strafgesetzes vorgekommen sind; vgl. § 302 d n. 1. Auch ist es Nicht unerläßlich, daß der Jnstanzrichter mehrere konkrete Einzelhandlungen als ver­ übt feststelle, es genügt, wenn er bei Feststellung des einzelnen der Anklage zu Grunde liegenden Falles seine Ueberzeugung dahin ausspricht, daß der Angeklagte sich noch anderer gleichartiger (wenn auch nicht mehr konkret festzustellender) Hand­ lungen schuldig gemacht habe, aus welchen dessen Geneigtheit zu einer Thätigkeit dieser Art hervorgehe: OT. 70 (O. XI, 440); a. M.: HH. III, 225. Dagegen genügt die Feststellung wiederholter Fälle für sich allein nicht, wenn nicht außerdem der Hang zu diesen Wiederholungen für erwiesen erklärt wird. Im Uebrigen vgl. § 74 n. 10. 5. Die Gesammtheit der mehreren gewohnheitsmäßig verübten Handlungen stellt nur einen Straffall dar; vgl. § 74 n. 10. 11. 6. Bezüglich des Derlusts der rc. Ehrenrechte vgl. § 32. 7. In Betreff der im Auslande verübten Vergehen dieser Art gilt das zu § 148 n. 7 Gesagte. 8. Eine Einziehung des verringerten rc. Geldes (§ 152) findet nicht statt. 9. Zuständig ist Strafk.: GVG. §§ 73'. 27.

378

Thl. II. Abschn. VIII. Münzverbrechen u. Münzvergehen. — § 151.152.

§ 151. Wer Stempel, Siegel, Stiche, Platten oder andere zur Anfertigung von Metallgeld, Papiergeld oder dem letzteren gleich geachteten Papieren dienliche Formen zum Zwecke eines Münzverbrechens angeschafft oder angefertigt hat, wird mit Ge­ fängniß bis zwei Jahren bestraft. [I. Entw.: (fehlte); IL Entw.: § 150; Pr. StGB.: (fehlte).) Dgl. § 360 Nr. 4.5.6.

§ 152 Auf die Einziehung des nachgemachten oder ver­ fälschten Geldes, sowie der im § 151 bezeichneten Gegenstände ist zu erkennen, auch wenn die Verfolgung oder Verurtheilung einer bestimmten Person nicht stattfindet. [L, II. Entw.; Pr. StGB.: (fehlte); StB. S. 1170.] § 151.

1. Die Worte „dem Papiergelde gleichgeachtete Papiere" erläutern sich aus § 149. Vgl. § 149 n. 1 ff. 2. Es genügt, wenn die Anschaffung rc. der Stempel rc. „zum Zwecke eines Münzverbrechens" erfolgte; ob der Anschaffende (Anfertigende) selbst die DerÜbung des Münzverbrechens beabsichtigte, oder damit einem Andern das Werkzeug zu einem solchen verschaffen wollte, ist gleichgültig. 3. „Zur Anfertigung dienlich sind die Stempel rc., sobald sie zur Nachahmung (§ 146 n. 4) benutzt werden können; kleine leicht zu übersehende Abweichungen von den zur Anfertigung des echten Geldes dienenden schließen die Strafe nicht aus. Die Anfertigung von Münzverringerungs-Werkzeugen gehört nicht hierher; so: Schütze f. 304. 4. „Anschaffen" bezeichnet hier die absichtliche Erlangung des Besitzes der Stempel rc. mit der Kenntniß, daß sie zur Anfertigung von Geld rc. dienlich sind. Daß die angeschafften Stempel unberechtigter Weise angefertigt seien (§ 360 Nr. 4), wird nicht erheischt. 5. Hat der Anschaffende die Stempel rc. demnächst selbst zur Verübung eines Münzverbrechens benutzt, so wird nur dieses, nicht die vorherige Anschaffung bestraft. Ebenso kann der Münzfälscher nicht gleichzeitig wegen Anstiftuna zum Vergehen aus § 151 bestraft werden; so: v. Kries, Z. f. StR. VII, 570. Aehnlich verhält es sich, wenn den Anfertiaer der Stempel rc. die Strafe der Beihülfe an dem mit jenen verübten Münzverbrechen trifft. 6. Der § hindert nicht, in der Handlung Desjenigen, welcher die Stempel an» geschafft (angefertigt) hat, um selbst eine Münzfälschung zu begehen, einen Versuch dieses Verbrechens zu finden: Puch. s. 185, John, StRZ. XII, 71. 7. Geschah die Anfertigung solcher Stempel rc. nicht zum Zwecke eines Münzverbrechens, aber ohne den schriftlichen Auftrag einer Behörde, so wird § 360 Nr. 4 anwendbar; die abweichende Fassung beider §§: „angefertigt hat" — und „anfertigt" — ist unerheblich; a. M.: Schütze s. 304 (folgert aus dieser Abweichung, daß der Versuch des im § 151 vorgesehenen Vergehens au$ § 360 Nr. 4 strafbar sei). 8. Ist das Vergehen im Auslande verübt, so trifft das zu § 148 n. 7 Ge» sagte zu. 9. Einziehung der Stempel rc. vgl. § 152. — Zuständig ist Strafk. GVG. §§ 73 V 27. § 152.

1. Dieser § enthält in mehrfacher Beziehung eine Ausdehnung der allgemeinen Vorschriften der §§ 40/42. Zunächst gebietet er die Einziehung, während die cit. §§ sie nur nach dem Ermessen des Jnstanzrichters gestatten. 2. Sodann ist die Einziehung der gedachten Gegenstände nicht dadurch bedingt, daß sie „dem Thäter oder einem Theilnehmer gehören" (§ 40). Sie ist auch zulässig beim Versuche: Olsh. n. 3.

33)1.11. Abschn. IX. Meineid. — § 153.

379

Neunter Abschnitt.

Meineid.

§ 153. Wer einen ihm geschobenen, zurückgeschobenen oder auferlegten Eid wissentlich falsch schwört, wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft. [I. Entw.: § 134; II. Entw.: § 151; StB. S. 632ff. Pr. StGB.: § 125.] 3. Ferner genügt der Umstand, daß Etwas „nachgemachtes (verfälschtes) Geld" oder einer der im § 151 aufgezählten Gegenstände sei, um seine Einziehung zu rechtfertigen. Dieser Gegenstand braucht daher nicht durch ein Verbrechen rc. hervorgebracht oder zu dessen Begehung benutzt (bestimmt) gewesen zu sein, da hier lediglich seine Gemeinaefährlichkeit entscheidet. Aus dem Schlußsätze des § ist nicht zu folgern, daß wenigstens der objektive Thatbestand eines der in den §§ 146—151 vorgesehenen Straffülle vorliegen müsse; man wollte vielmehr die Grundsätze zur Anwendung bringen, welche maßgebend sind, wenn es sich um die Unbrauchbarmachung einer Schrift rc. strafbaren Inhalts handelt (§ 42 n. 4): RH. 28. Mai 86 (E. XIV, 161), BL. s. 412, Schütze s. 303; a. M.: OT. (O. XVII, 535), Rüd. n. 2, HStR. II, 585, Olsh. n. 2; vgl. John, StRZ. XII, 60. 4. Endlich schreibt § 152 die Einziehung unbedingt vor, selbst für den Fall, wo „die Verfolgung rc. einer bestimmten Person nicht stattfindet", mag eine solche „ausführbar" (tz 42) sein oder nicht; vgl. jedoch: OT. (eit n. 3: „stattfindet" sei hier gleichbedeutend mit „ausführbar ist"). 5. Ans „verringerte" Münzen (§ 150) ist der § nicht anzuwenden; a. M.: v. Liszt S. 544; desgleichen nicht auf ausländische Prämienpapiere, beiten in der unter u. 2 zu § 149 beschriebenen Weise der Schein der Kursfähiakeit verliehen ist: RI. 1. Avril 92 (eit ib.). 6. In Betreff des zu beobachtenden Verfahrens und der Zuständigkeit gelten die zu § 42 n. 11 ff. entwickelten Grundsätze; vgl. Löwe, StPO. § 477 n. 1, Münch., OStA. Münch. (BE. I, 78. 79).

§ 153. Auffassung, relig. 22. Ausschwörung in Person: 11. Behörde zuständige: 2. 3. 10. Bethülfe: 28 Ebrenstrafen: 26. Eid, Art? 1—10. • auferlegter: 9. • erheblich? 10. • Privat-: 1. - statthaft? 4. 10. Eideöunfähiaer: 4. Eidesumnünoiger: 4.

Inhalt: Falschheit: 17—19. Fest.(Fraae-)stellung: 29. Förmlichkeiten: 12—15. Fristbelastung: 13. (Älaubenöeid: 7. Jqnoranzeid: 7. Mehrheit o. Thatf. 25. Nachtbeile: 16. OffenvarungSeid: 5. 18. 21. Partei, falsche: 9. Reinigungseid: 4. Schätzungseid: 8.

Seldstbelastung: 4. Stellvertreter: 11. Verfahren, welches: 2. 3. Versuch: 24. Verwarnung: 14. Vollendung: 23. Wiverruf: 23. Wiederholung: 25. Wissentlichkeit: 21. Zuständigkeit: 2. 3. 10.

1. 2. Nur die Falschschwörung eines „zugeschobenen, zurückgeschobenen oder auferlegten Eides" ist strafbar; es wird sonach ein in gesetzlichen Formen sich bewegendes (nicht bloß gerichtliches) Verfahren vorausgesetzt, in welchem die Zu- oder Zurückschiebung oder die Auflegung eines Eides erfolgen kann; ein lediglich auf Grund eines Privatübereinkommens geleisteter Eid gehört nicht hierher. 3. Es genügt, wenn „der Eid vor einer zur Abnahme von Eiden im Allge­ meinen (in abstracto) zuständigen Behörde geleistet worden" ist. Rll. 26. Nov. 80, RF. 9. Sept. 87 (E. III, 70; XVI, 186). Liszt S. 621, Olsh. n. 11; a. M. Ausl. 13 (da das in § 153 nicht aufgestellte Erforderniß der Zuständigkeit nicht aus § 154 ergänzt werden dürfe). Dagegen braucht die konkrete Zuständigkeit nicht vorzuliegen. RII. 19. Jan. 97 (E. XXIX, 337). — Keinesfalls ist die Anwendbarkeit der §§ 153 ff. auf Eide rc. beschränkt, welche von Gerichten oder von inländischen Behörden abgenommen werden: eit RII. 26. Nov. 80 (betraf eine eidliche Versicherung,

380

Thl. II. Abschn. IX. Meineid. — § 153,

abgegeben vor der im Inlands befindlichen nordamerikanischen, nach dortigen Ge­ setzen zuständigen Gesandtschaft). 4. War der falschgeschworene Eid ein „zugeschobener, zurückgeschobener oder auferlegter", so macht im Uebrigen seine Natur keinen Unterschied, sofern er nur nicht ein grundsätzlich unzulässiger Eid war, z. B. ein Reinigungseid im Straf­ verfahren oder der Eid eines Eides-Unmündigen; vgl. n. 10, § 154 n. 12, SRI. 30. Jan. 82 (R. IV, 95; Mot.): a. M.: ML. s. 691, Olsh. n. 3 (insofern sie die DerÜbung des Meineides seitens Eidesunmündiger für möglich halten). Daß dem Schwörenden die Fähigkeit, eidlich vernommen zu werden, durch ein Strafurtheil abgesprochen worden war, macht seinen Eid nicht zu einem gründsätzlich unzulässigen: RF. 14. Sept. 82 (A. VI, 279), #11. 14. Nov. 93 (E. XXV, 30), Dresd. (SGZ. XVI, 240), Dochow, HH. III, 235; vgl. § 154 n. 12; a. M.: Schütze s. 310, HStR. II, 911, Merkel s. 406. Ebenso verhält es sich, wenn der Schwörende sich durch Bekundung der Wahrheit einer Strafverfolgung sich ausgesetzt haben würde (vgl. § 157 Nr. 1): Rl. 1. Nov. 81 (E. V, 124), AG. Oberfranken (StZ. III, 89); -ja, es 6cgründet dieser Umstand nicht einmal, wie in den Fällen der §§ 154. 155 (vgl. § 157), einen Anspruch auf Strafermäßigung. — Der Schwörende muß eine genügende Vorstellung von dem Wesen und der Bedeutung des Eides haben. Wem diese wegen jugendlichen Alters oder wegen mangelnder Verstandesreife u. s. w. fehlt, der ist nicht strafbar. Niedriger Bildungsgrad, unentwickelte Rechtsvorstellungen, religiöse Verwahrlosung sind dagegen bedeutungslos. Rill. 18. Nov. 95 (E. XXVIII, 88). 5—8. Es gehören hierher alle assertorischen Offenbarungseide (n. 18 u. 21), z. B. die in einer Nachlaßregulirungssache oder in einem Exekutionsverfahren geleisteten: OT. 30. Sept. 57. Der den Manifestationseid leistende Exequendus ist verpflichtet, auch die der Exekution nicht unterliegenden Gegenstände, sowie be­ dingte und betagte Forderungen anzugeben: OT. (O. XIV, 350; XVII, 80). Vgl. §§ 607, 683 CPO. und § 125 KO. — Die Ausschwörung des promissorischen Theils eines Offenbarungseides mit der Absicht, ihn nicht zu halten, ist straflos: OT. 66 (O. VII, 252), während die spätere Zuwiderhandlung gegen das gegebene Ver­ sprechen (Eidesbruch) unter § 162 fällt. — Ferner gehört hierher ein Editionseid (§ 426 CPO.), ein Glaubens-, Ueberzeugungs- (CPO. § 459) oder Jgnoranzeid; die Strafbarkeit der Falschschwörung eines solchen ist nicht dadurch be­ dingt, daß der Schwörende aus eigener Wahrnehmung Kenntniß von der Wahrheit des Gegentheils gehabt habe: OT. 64. 74 (O. IV, 144; XV, 535). Vgl. § 163 n. 2; ebenso ein Schätzungs- (Würderungseid.) Eid (CPO. § 287), wenn nach­ weislich der Schwörende eine seiner eigenen Ueberzeugung nach übertriebene Schätzung vorgenommen hat: RIV. 11. Dez. 96 (E. XXIX, 247); Schw. s. 461, Schütze s. 312, Puch. n. 2; a. M.: Meyer n. 4. 9. Ein „auferlegter Eid" setzt kein kontradiktorisches Verfahren voraus, sondern ist überhaupt jeder Eid, welchen eine Behörde kraft Gesetzes fordert oder abschwören läßt, sofern er sich nicht als zugeschobener (zurückgeschobener) Parteioder als Zeugen, bezw. Sachverständigen-Eid darstellt: Rill. 29. April 89 (E. XIX, 218): vgl. Rill. 8. Okt. 81 (ib. V, 94). Der § trifft daher auch Denjenigen, welcher sich für eine andere Person ausgiebt und den dieser auferlegten Eid ausschwört; so: OT. (O. I, 386), Schw. n. 1, Jagemann, GSaal 29 f. 354 (: selbst bei sonst wahrhafter Betheuerung des Eidesthemas); a. M.: Olsh. n. 12, v. Liszt, Falsche Auss. S. 83. — Dresd. 74. 75 (SGZ. XVIII, 282; XIX, 241) und Schw., GSaal 34 f. 52 rechnen zu den auferlegten Eiden den vom Gericht abgenommenen Vergleichs- und Kompromißeid: a. M.: cit. Rill. 8. Okt. 81, Münch. 85 (BE. III, 445), Breitling u. Stuttg. 76 (WGbl. XI, 356ff.; XII, 286), Olsh. n. 10; jedenfalls gilt das Gegentheil von einem (auf das eigene Ansuchen des Schwörenden) bloß gestatteten, int Falle der Nichtleistung mit keinerlei Rechtsnachtheilen verbundenen Eide; so: Dresd. 75 (StZ. V, 299). In Betreff des Verklarungseides vgl. § 154 n. 5c. 10. Ist der zugeschobene rc. Eid vor einer zur Abnahme von Eiden der fraglichen Art (im Allgemeinen) zuständigen Behörde falsch ausgeschworen worden, so hat der Strafrichter (vom Fall der grundsätzlichen Unzulässigkeit des Eides abgesehen: n. 4) nicht mehr zu untersuchen, ob jene Behörde mit Recht oder mit Unrecht den Eid nach den maßgebenden Prozeßgesetzen für statthaft und für

Thl. II. Abschn. IX. Meineid. — § 153.

381

die zu fällende Entscheidung erheblich erachtet habe; vgl. Motive f. 94, § 154 n. 2. 3, RI. 1. Nov. 81 (E. V, 124), Münch. 73 (StZ. II, 161), v. Jagemann 1. c. s. 348. 11. Ob der Eid in Person (§ 478 CPO.), oder, — soweit dies nach den Landesgesetzen zulässig, — durch einen Bevollmächtigten geleistet wurde, ist gleich­ gültig. Der Bevollmächtigte, welcher mit Kenntniß der Unwahrheit den Meineid geleistet hat, kann dann Gehülfe sein; vgl. § 154 n. 23. 12. Ein wirklicher „Eid" liegt nur dann vor, wenn die vorgeschriebenen wesentlichen Förmlichkeiten der Eidesleistung beobachtet find: wo es an diesen fehlt, bleibt der § ausgeschlossen. Wesentliche Förmlichkeit ist die Bekräftigung, ver­ bunden mit der Anrufung Gottes: OT. 65 (O. VI, 112), Münch. 79 (BE. IX, 368: unterbleibe die Anrufung Gottes, so liege nicht einmal ein strafbarer Versuch vor), also der Gebrauch der Worte: „Ich schwöre bei Gott dem Allmächtigen und All­ wissenden" und „So wahr mir Gott helfe"; vgl. CPO. § 481, StPO. §§72 Mil.StGO. §§ 197; nicht aber die Beobachtung der äußeren Formen, welche nach dem religiösen Bekenntnisse des Einzelnen verschieden sein können, noch diejenige der Vorschriften, welche nur das körperliche Verhalten (Erheben der rechten Hand) be­ treffen: dt. OT. 65, Rüd. n. 4; a. M.: OT. 56 (Entsch. dess. 34 s. 311); jedenfalls genügt eine in Gemäßheit der eigenen Konfessionsangabe erfolgte Eidesleistung; so: dt. OT. 56; a. M.: Abh., GA. IV, 317. Andererseits wird die Wirksamkeit bzß Eides durch solche vom Schwörenden der gesetzlichen Eidesformel beigefügten Zu­ sätze, welche nur als eine weitere Verstärkung der Wahrheitsbetheuerung aufzufassen sind, nicht beeinträchtigt: RI. 24. Jan. 84 (E. X, 181: Fall des § 154). — Ist der Thatbestand des § festgestellt, so ist anzunehmen, daß alle wesentlichen Förmlichkeiten der Eidesleistung beobachtet seien: OT. 67 (O. VIII, 253). — Ob der Eid mittelst der Sprache oder der Schrift (§ 482 ff. CPO.) geleistet ist, erscheint gleichgültig. Olsh. n. 1. 13. 14. 15. Die in Prozeßgesetzen vorgeschriebene Belastung einer Frist (z. B. Abwarten der Rechtskraft, des bedingten Endurtheils) zwischen der Auferlegung und Ausschwörung des Eides ist keine wesentliche Förmlichkeit des Verfahrens; der Meineid ist auch dann strafbar, roenn jene Frist nicht beobachtet wurde: OT. 56 (GA. IV, 836). Vgl. n. 10. Dasselbe gilt von einer vorgängigen Verwarnung: OT. 56, 53 (GA. I, 567); vgl. CPO. § 480. StPO. § 59, Mil.StPO. § 196; von der Vorlegung eines durch Manifestationseid zu bekräftigenden Verzeichnisses rc. an den Gegner: OT. (O. XIV, 350); vgl. § 807 CPO. 16. Durch den Eintritt eines Rechtsnachtheils für Dritte ist die Strafbar­ keit in keiner Weise bedingt; das Gegentheil folgt nicht aus § 158. 17. Der Eid muß (wissentlich) „falsch" geschworen sein: er muß also eine ob­ jektive Unwahrheit zum Gegenstände haben, ein irrthümliches Für-falsch.halten des Schwörenden genügt nicht; vgl. übrigens § 154 n. 10. Diese Falschheit muß in Betreff einer der in der Eideszuschiebung rc. (-Auflegung) enthaltenen Thatsachen obwalten; es würde nicht ausreichen, wenn das Falsche lediglich in einem vom Schwörenden über jene Zuschiebung rc. hinaus gemachten Zusatze zu finden wäre (:OT. 72: O. XIII, 558), insofern nicht der den Eid abnehmende Beamte durch die Aufnahme des vom Schwörenden gemachten Zusatzes in die Eidesnorm auch diesen zum Gegenstände des Eidesauflegung gemacht hat (oder der Zusatz in einer vom Schwörenden der Eidesnorm zulässiger Weise beigefügten Qualifikation besteht: OT., O. XVI, 304). 18. Bei Beurtheilung der Frage, ob ein Eid „falsch geschworen" sei, kommt es wesentlich auf den Wortlaut der Eidesnorm an; eine in diese eingeschlichene irrige Bezeichnung der Namen, Zeit rc. schließt die Meineidsstrafe aus, wenn in Folge derselben die verneinende Ausschwörung nicht mehr eine Unwahrheit enthält, sollte sie auch zu einer unrichtigen Entscheidung führen; ebenso: Olsh. n. 4; vgl. Doch., HH. III, 263; a. M.: »OT. 69, 75 (O. X, 85; XVI, 750), Manh. 75, 76 (BA. 42 s. 20ff.; 43 s. 42: sofern der Angeklagte das Bewußtsein von der Unerheblichkeit des Umstandes gehabt habe, welcher der Unwahrheit den Schein der Wahrheit verlieh; die Feststellung, daß er dieses Bewußtsein gehabt haben könne oder müsse, genüge nicht). Ein Schuldner, welcher unter Vorlegung eines Dermögensverzeichnistes den Offenbarungseid nach § 807 CPO. geleistet, soll fich nach RIV. 15. Nov. 95 (E. 27, 417) nicht eines falschen Eides schuldig machen, wenn

382

Thl. II. Abschn. IX.

Meineid. — § 153.

er in dem Verzeichnisse auch ihm nicht gehörige Vermögensstücke aufgeführt hat; dagegen mit Recht Lindenberg (GA. 44, 133), weil der Schuldner beschwöre, er habe sein (also nicht fremdes) Vermögen angegeben. Im Uebr. vgl. § 163 n. 4. 19. Dagegen ist ein affirmativ ausgeschworener Eid nicht lediglich deshalb alls falsch anzusehen, weil er einen unrichtigen nebensächlichen und von allen B; a. M.: Rill. 7. Juni 82, 30. März 83 (R. IV, 543; E. VIII, 198), HStR. II, 67. Ueber den Rücktritt vgl. § 46 n. 5 a-7, Rill. 4. Juni 81 (R. III, 375), über die rechtliche Unmöglichkeit der Anstiftung (Beihülfe) zum Versuch als solchem: § 4S n. 9. 26, § 49 n. 17. — Das Jn-den-Mund-Nehmen eines Abortivmittels zum Zwecke des Verschluckens ist keine bloße Vorbereitungs-, sondern eine Ausführungs- Hand­ lung: Rill. 1. Dez. 87 (R. IX, 687). 16. Zuständig ist Straft.: GVG. § 732. § 219.

1. Dieser § legt zunächst dem Handeln „gegen Entgelt" eine straferhöhend>e Bedeutung für den im § 218 Abs. 3 vorgesehenen Thatbestand bei; seine hierauf bezügliche Fassung ist aber nicht korrekt: es genügt, wenn der Dritte bei der einwilligenden Schwangeren die betr. Mittel „anwendet oder ihr solche beibringt", ohne daß weiter erheischt wird, daß die Schwangere selbst „ihre Frucht abgetrieben oder getödtet" habe; ihr Einwilligen und Dulden genügt vollkommen; es treffen daher in diesem Falle die zu § 218 gemachten Bemerkungen zu. Ebenso: Rill. 10. April 80, RI. 13. Juli 87, 30. Mai 92, RH. 28. Juni 87 (E. I, 350; XVI, 184; XXIII, 147; R. IX, 387: deshalb sei die Strafbarkeit aus § 219 nicht ausgeschlossen, wenn die Schwangere selbst nur der Beihülfe oder aus besonderen Gründen, z. B. wegen mangelnder Zurechnungsfähigkeit gar nicht schuldig sei), Schützes. 391, Olsh. n. 2; a. M.: Rubo n. 2; vgl. v. Liszt s. 348 und unten n. 2. — Das Merkmal der „Einwilligung" braucht in die schwurgerichtliche Frage nicht aufgenommen zu werden: Rill. 7. Febr. 98 (GA. 46, 126); vgl. auch cit. RI. 30. Mai 92; a. M.: Olsh. n. 2. 2. Sodann ist der Thatbestand dahin erweitert, daß der Dritte auch dann von der schwereren Strafe betroffen wird, wenn er der Schwangeren, welche ihrerseits die Abtreibung rc. selbstthätig zu Wege gebracht hat, die dazu benutzten Mittel „verschafft" hatte, d. h. wenn diese durch seine Mitwirkung ihr zugänglich geworden sind. „Verschaffen" ist auch das Bereiten eines Abtreibungsinittels und die Aufforderung zum Trinken eines solchen: RI. 11. März 80 (E. 1, 270). Eine solche Handlungsweise, welche an sich nur unter den Begriff der Beihülfe (§ 49) fallen würde, ist hier zu einem selbständigen Thatbestände erhoben worden. Demgemäß läßt sie, wie jedes selbständige Verbrechen, wiederum die verschiedenen Arten der Theilnahme Anderer zu; Rill. 10. April 80 (cit. n. 1) nimmt dies auch bez. der Schwangeren an; a. M.: v. Kries, Z. f. StR. VII, 537, v. Liszt s. 348; vgl. oben s. 103 n. 2. — Auf andere Fälle der Beihülfe (durch Rath oder That") ist diese Vorschrift nicht auszudehnen. 3. In beiden Fällen (n. 1. 2) wird vorausgesetzt, daß die Abtreibung (Tödtung) durch die verschafften, angewendeten oder beigebrachten Mittel herbeigeführt worden sei: Motive s. 110. Liegt keine vollendete Abtreibung rc. vor, so kann den Dritten, selbst wenn er gegen Entgelt handelte, darum doch nicht die Versuchsstrafe aus § 219, sondern nur diejenige aus § 218 treffen; so: RI. 9. Febr. 80 (E. I, 194), Rill. 10. April, 1. Dez. 80, RII. 24. Juni 81 (citt. § 218 n. 15), OT. (O. XV, 826; XVI, 98; XIX, 424), Pfizer, GSaal 28 s. 36ff.: a. M.: Hälschn. 1. c.r HStR. II, 73, Olsh. n. 3; und zwar je nachdem er die Mittel der Schwangeren bloß verschafft, oder aber selbst ihr beigebracht rc. hat, entweder die Strafe wegen Theilnahme an einem Versuche des im § 218 Abs. 1 oder die Strafe wegen Ver­ suchs des im § 218 Abs. 3 vorgesehenen Verbrechens; a. M.: die citt. Erk. des RG. (: nur Dersuchsstrafe aus §§ 49. 218 Abs. 1; vgl. § 218 n. 15). Ein Versuch scheidet daher ganz aus, wenn (im Falle der n. 2) die Schwangere das ihr ver-

Thl. II. Abschn. XVI. Verbr. u. Vergeh, wider das Leben. — § 220.

519

§ 230. Wer die Leibesfrucht einer Schwangeren ohne deren Wissen oder Willen vorsätzlich abtreibt oder tobtet, wird mit Zuchthaus nicht unter zwei Jahren bestraft. Ist durch die Handlung der Tod der Schwangeren ver­ ursacht worden, so tritt Zuchthausstrafe nicht unter zehn Jahren oder lebenslängliche Zuchthausstrafe ein. [I. Entw.: § 192; II. (Sitte».: § 215; Pr. StGB.: § 182.] schaffte Mittel ihrerseits gar nicht gebraucht hat. — Wegen Anwendbarkeit des § 49 a gegenüber § 219 vgl. flJIV. 22. Nov. 95 (E. 28, 24). 4. Die Motive s. 110 erläutern die Worte: „gegen Entgelt" dahin: „gegen Gewährung irgend eines DermögenSvortheils". — Zuständig ist Schwur-G. (vgl. n. 1). §

220.

1. Die Worte: „ohne deren Wissen oder Willen" bezeichnen den Gegensatz gegen die im § 218 Abs. 3 vorausgesetzte „Einwilligung der Schwangeren"; sonst ist der Thatbestand ganz derselbe, wie der in jenem Abs. 3 erforderte. Demzufolge wird durch das bloße Wissen der nicht einwilligenden Schwangeren die Strafbar­ keit nicht ausgeschlossen (z. B. im Falle, wo der Widerstand der die Absicht des Dritten sofort erkennenden Schwangeren durch Gewalt überwältigt wird); es genügt, wenn die That „ohne den Willen der Schwangeren" geschah, damit den Dritten die Strafe des § 220 treffe: Schütze s. 391, HStR. II, 74, Keßler, GSaal 38 f. 569; a. M.: Rüd. n. 2. Selbst wer auf die Zustimmung der Schwangeren rechnete, soll nach Bind. II, 517 der Strafe des § unterliegen; vgl. jedoch v. Buri, GSaal 29 Beil. s. 201, Olsh. n. 3. — Die Voraussetzung des § trifft auch da zu, wo die Schwangere dem Dritten bloß erlaubte, die Frucht lebend abzutreiben; vgl. § 218 n. 3, Horch s. 43, Olsh. n. 2. — Die Unzurechnungsfähigkeit der Schwangeren bedingt nicht nothwendig die Anwendung des §; vgl. § 218 n. 10.11, Olsh. n. 2. 2. Hiernach stellt die „Einwilligung der Schwangeren" (für die prozessuale Behandlung) einen strafmindernden Umstand (StPO. § 262 Abs. 2. 307) dar (statt des § 220 wird § 218 anwendbar); deshalb bedarf es in der Anklage und in der Feststellung nicht der ausdrücklichen Hervorhebung, daß die That „ohne Wissen oder Willen der Schwangeren" geschehen sei; ebenso schließt die Beseitigung dieses Moments durch die Geschworenen die Anwendung des § 220 nicht aus; vielmehr trifft derselbe zu, falls die vorsätzliche Handlung selbst und nicht gleichzeitig'die Einwilligung der Schwangeren festgestellt wird, mag letztere in der Frage gänzlich mit Stillschweigen übergangen oder von den Geschworenen für „nicht erwiesen" erklärt sein; vgl. Antr. d. GStA. zu OT. 66 (O. VII, 687); a. M.: Olsh. n. 2. Inzwischen sprach RI. 13. Juli 87 (E. XVI, 184: Mot.) aus, daß, wer irrthümlicher Weise das Einverständniß der Schwangeren angenommen habe, aus § 218 Abs. 3 oder § 219 strafbar sei. 3. Die Abtreibung rc. kann von einem Dritten auch in der Weise bewirkt werden, daß er es veranlaßt, daß die Schwangere selbst das Abortivmittel zu sich nimmt, ohne seine Eigenschaft zu kennen; vgl. § 229 n. 6. 4. Die fahrlässige Abtreibung rc. der Leibesfrucht ist als solche nicht strafbar, auch nicht als fahrlässige Tödtung des Kindes, wenn letzteres in Folge derselben nach der Geburt stirbt: vgl. Horch s. 44. Sie kann aber als fahrlässige Verletzung der Mutter unter § 230 fallen. 5. In Betreff der „Verursachung" des Todes der Schwangeren (Abs. 2) gilt das zu § 226 n. 1. 2, § 224 n. 13 Gesagte. — Der Tod muß „durch die Handlung", also nicht durch eine zum Zwecke der Abtreibung rc. vorgenommene Handlung, sondern durch die Abtreibung rc. selbst, d. h. durch die vollendete That (Abs. 1) verursacht sein (vgl. §§ 49. 55. 221); bleibt die Frucht am Leben, so scheidet Abs. 2 aus und greift namentlich auch nicht die Versuchsstrafe aus Abs. 2 Platz (vgl. § 226 n. 3), alsdann liegt vielmehr ein Versuch des in Abs. 1 vorgesehenen

520

Thl. II. Abschn. XVI. Verbr. u. Vergeh rother das Leben. — § 221.

§ 221 Wer eine wegen jugendlichen Alters, Gebrechlich­ keit oder Krankheit hülflose Person aussetzt, oder wer eine solche Person, wenn dieselbe unter seiner Obhut steht oder wenn er für die Unterbringung, Fortschaffung oder Aufnahme derselben zu sorgen hat, in hülfloser Lage vorsätzlich verläßt, wird mit Gefängniß nicht unter drei Monaten bestraft. Wird die Handlung von leiblichen Eltern gegen ihr Kind begangen, so tritt Gefängnißstrafe nicht unter sechs Monaten ein. Ist durch die Handlung eine schwere Körperverletzung der ausgesetzten oder verlassenen Person verursacht worden, so tritt Zuchthausstrafe bis zu zehn Jahren und, wenn durch die Hand­ lung der Tod verursacht worden ist, Zuchthausstrafe nicht unter drei Jahren ein. [I. Entw.: § 193; II. Entw.: § 216; Pr. StGB.: § 183] Verbrechens in Jdealkonkurrenz mit fahrlässtger Tödtung vor; vgl. Pfizer, GSaal 28 s. 36ff.; a. M.: HStR. II, 75, Horch s. 54, Schrv. n. 2, Olsh. n. 5. Ebenso scheidet Abs. 2 aus, wenn der Tod der Schwangeren gewollt war; hier konkurrirt das Verbrechen des Abs. 1 mit vorsätzlicher Tödtung bzw. Mord. — Zuständig ist Schwur-G.

§

221.

1. 2. „Jugendliches Alter": Die feste Altersgrenze des Pr. StGB. § 183 (7 Jahr) ist beseitigt. Gebrechlichkeit kann auch durch Altersschwäche verursacht sein. — Als „Krankheit" ist hier jede Störung der körperlichen oder geistigen Gesundheit anzusehen; dahin kann ein hoher Grad der Trunkenheit gehören: RI. 9. Jan. 82 (E. V, 393), Dresd. 20. März 71 (GA. XIX, 812), HStR. I.

Thl. II. Abschn. XIX. Diebstahl u. Unterschlagung. - § 246.

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selbe gilt vom literarischen Eigenthum, nicht aber von dem betr. Manuskripte; vgl. § 242 n. 2, Dresd. (SGZ. 22 f. 274). 4. An herrenlosen Sachen ist eine Unterschlagung ebensowenig wie ein Diebstahl möglich, sollte auch einem Andern das ausschließliche Okkupationsrecht zustehen; vgl. § 242 n. 8 ff. Wer unbefugter Weise eine herrenlose Sache mit der Absicht der Zueignung okkupirt (z. B. ein Jagdfrevler), begeht keine Unterschlagung (vgl. § 242 n. 9 u. 12), wogegen z. B. Derjenige, welcher, verpflichtet, für einen Anderen die Fischerei auszuüben, um den Fang an jenen abzuliefern, erst, nachdem er das Eigenthum am Fange für letzteren erworben hat, die Zueignungsabsicht faßt und ausführt, sich der Unterschlagung allerdings schuldig macht: Rill. 10. Dez. 85 (E. XIII, 195). 5. Nach § 984 BGB. erwirbt der Entdecker durch die Inbesitznahme des Schatzes das Eigenthum an demselben zur Hülste, während bezüglich der anderen der Grundeigenthümer Eigenthümer wird. Der Finder kann also durch Zueignung des ganzen Schatzes eine Unterschlagung begehen. (Vgl. auch Rl. 17. Nov. 79, 12. Jan. 91, IV. 15. Nov. 98 (E. 1, 16; 21, 270; 31, 317); dagegen nicht, wenn er gleich bei der Entdeckung den Schatz in der Absicht, ihn für sich zu behalten, an sich nimmt: Nlll. 25. Nov. 97 (GA. 46, 34). 6. Ueber den Eigenthumserwerb am Funde bestimmen jetzt die §§ 965 ff. BGB. — Wegen Strandgut vgl. § 43 Strandungs-O. v. 17. Mai 1874. 6a. Eine unter dem Vorbehalte des Rückkaufsrechts verkaufte und tradirte Sache ist für den Ankäufer keine „fremde Sache", vorausgesetzt, daß. das Geschäft eben ein ernstlich gemeintes Kaufgeschäft und nicht etwa nur ein verschleiertes Pfandgeschäft war: RH. 4. Jan. 82 (R. IV, 14); vgl. n. 13. 24. 6b. Sachen, welche unter dem Vorbehalte des Eigenthums bis zur Zahlung des Preises verkauft und tradirt sind, können vom Ankäufer unterschlagen werden: Münch. (BE. I, 122); vgl. auch MH. 10. März, 10. Nov. 80, Rl. 20. Okt. 93 (E. II, 132; III, 114; XXIV, 274). 6c. Ein Indossament legitimirt den Jndossator nach Außen als Eigen­ thümer der Wechselforderung. Dagegen ist für den Uebergang des Eigenthums des Wechsels als Urkunde das Civilrecht maßgebend und daher die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß der Jndossator selbst den Wechsel (durch Weiterbegebung) unterschlage, wenn nämlich rechtsgültig vereinbart war, daß das Eigenthum nur unter einer Suspensivbedingung übergehen soll (Depot-, Sicherheitswechsel); vgl. 91111. 17. Jan. 80, RI. 15. Nov. 80, 11. Juli 81 (R. I, 244; E. III, 35; V, 4), OT. (O. XVII, 844); die bloße Abrede, daß der Wechsel nicht in Kurs gegeben werden solle, hindert den (unbedingten) Eigenthumsübergang nicht: 9UI. 13. Okt. 82 (E. VII, 93: erwog gleichzeitig, selbst durch die Eigenschaft eines Wechsels als Depotwechsels werde der Uebergang des Eigenthums auf den Empfänger nicht unbedingt ausgeschlossen). — Der Inhaber eines Wechsels macht sich dagegen keiner Unterschlagung schuldig, wenn er denselben nach erhaltener Zahlung weiter begiebt, sollte auch bei der Zahlung die Rückgabe versprochen sein: MI. 2. April 80 (E. I, 343) ; a. M. : OT. 68 (O. IX, 195). 7. Eine Sache, welche Jemand mit der Verpflichtung der Erstattung in gencre erhält, geht als Spezies in sein Eigenthum über. Dies gilt selbst dann, wenn die freie Verfügung über die Sache (z. B. Geld) zu einem bestimmten Zwecke gewährt wurde; die Verwendung zu einem anderen Zwecke hebt hier den Eigenthumsübergang nicht auf: OT. (O. XX, 6); hierhin gehört z. B. das Geld, welches ein Gläubiger auf Grund des § 887 CPO. zur Bestreitung der dort erwähnten Kosten empfängt: Rl. 17. Okt. 83 (E. IX, 276). Eine derartige, auf die Erstattung in genere beschränkte Pflicht ist aber nicht ohne Werteres überall anzunehmen, wo es sich um fungible Sachen (Geld rc.) handelt (vgl. tz 350, welcher „Geld" besonders hervorhebt). Zwar wird es in solchen Fällen dem Berechtigten regelmäßig gleich­ gültig sein, ob er die Erstattung in denselben oder in anderen gleichwerthen Spezies erhält, und er wird daher nichts dagegen einwenden, wenn der Erstattungspflichtige die empfangene Spezies gegen andere gleichwerthe austauscht oder umwechselt, ja er wird nicht selten eine solche Umwechslung wünschen und dazu Anweisung er­ theilen. Aus allem dem folgt aber keineswegs, daß deshalb der Erstattungspflichtige sofort mit dem Gewahrsam Eigenthum an der erhaltenen Spezies erwerbe; seine Befugniß geht mir dahin, eine Umwechslnng vorzunehmen, in Folge welcher die

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Thl. IL Abschn. XIX. Diebstahl u. Unterschlagung. — § 246.

neuen Stücke an die Stelle der ausgewechselten treten und statt der letzteren in btnd Eigenthum der Berechtigten übergehen; eine Verausgabung ohne gleichzeitige Er­ setzung durch eine andere gleichwerthe liegt sonach nicht in seinen Befugnissen, in­ sofern nicht der beiderseitige Wille gerade dahin gerichtet war, daß er ohne Weiteres Eigenthümer der erhaltenen Gegenstände werden und daß der Berechtigte dafür mir eine persönliche Forderung auf dereinstige Rückzahlung eines künftig erst zu be­ schaffenden gleichen Betrages erlangen solle: RG. 26. Febr. 80 (BA. 46 s. 103), RH. 7. Okt. 81 (E. V, 52), OT. 61, 67, OA. 70 (O. I, 553; VIII, 692; XI, 383), Manch., Dresd. (StZ. III, 204; SGZ. 23 s. 43), OHG. (Entsch. dess. XX, 65), ML. s. 507. Alles dieses gilt selbst dann, wenn der Erstattnngspflichtige unter Zustimmung des Berechtigten die empfangenen Gelder mit seinen eigenen vermischt hat, so daß eine Scheidung nicht mehr möglich ist; der gesammte Geldvorrath steht dann im ratirlichen Miteigenthume Beider, so daß der Inhaber durch einseitige Verfügung über das Ganze sich in Betreff des Antheils des Andern sehr wohl einer Unterschlagung schuldig machen kann: OT. 55 (GA. IV, 255). — Sonach ist in jedem Einzelfalle thatsächlich zu prüfen, ob nach der Absicht der Betheiligten das Eigenthum an ber» f schiedene selbständige Handlungen zueignet. 54. Dasselbe gilt da, wo Gelder rc. wiederholt unterschlagen und dann wieder gedeckt sind; a. M.: Schw. n. 28 a, welcher nur in Betreff des schließlich fehlenden Betrages eine (einmalige) Unterschlagung annimmt (dann würde der That­ bestand gänzlich wegfallen, wenn der unterschlagende Kassenbeamte schließlich alles wieder gedeckt hätte); vgl. n. 42. 43. — Die Annahme einer Realkonkurrenz ist nicht um deswillen unstatthaft, weil die Höhe der einzelnen, unterschlagenen Beträge und die Zeit der einzelnen Unterschlagungsfülle sich nicht genau feststellen läßt: Rill. 14. Jan. 80 (LI. I, 227). — Inwiefern im Falle mehrerer auf Grund eines einheitlichen Entschlusses vorgenommener Zueignungen ein einziges, fortgesetztes Delikt angenommen werden könne, darüber vgl. § 74 n. 3 ff., Rill. 3. März 84 (E. X, 203). Wegen Unterschlagung durch mehrfache Abhebung von Einlagen eines Sparkaffenbuchs: RH. 23. Febr. 97 (E. 29, 415). 55. Real-Konkurrenz liegt ferner vor, wenn Jemand zur Verdeckung einer verübten Unterschlagung und gleichzeitig zur Sicherung des durch letztere erlangten Vermögensvortheils eine Urkundenfälschung oder einen Betrug begeht: RII. 13. Mai 87, RIV. 3. Juni 90 (GA. 35 f. 211; 38 s. 202); nicht aber, wenn er die unterschlagene Sache nachträglich vernichtet (§ 303): RF. 12. Sept. 88 (R. X, 488). 56. Bezüglich des Derlusts der Ehrenrechte rc. vgl. §§ 248. 32. 35. 57. War die Sache dem Thäter „anvertraut", so kann eine Schärfung der Gefängnißstrafe bis zu fünf Jahren eintreten; die Mot. s. 123 bezeichnen diesen Fall als „Veruntreunng". Anvertraut ist eine Sache, wenn der Gewahrsam derselben kraft eines (vertragsmäßigen) Rechtsgeschäfts mit der Verpflichtung erlangt ist, sie zurückzugeben oder einem Dritten abzuliefern; vgl. RII. 12. Juli 81, RI. 7. Mai 83 (E. IV, 386; R. V, 323), Merkel, HH. III, 696; im Uebrigen sind Natur, Rechts, gültigkeit und Zweck des betr. Rechtsgeschäfts gleichgültig; Beisp.: Hinterlegungs-, Sachmiethe-, Derarbeitungs-, Leih., Auftrags-, Verpfändungsvertrag, Precarium: Schütze s. 444. Letzterer rechnet auch vertragsähnliche Rechtsverhältnisse, z. B. Vor.

Thl. II. Abschn. XIX. Diebstahl u. Unterschlagung. — § 246.

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mundschaft hinzu; ebenso: RI. 22. Nov. 83 (E. IX, 337: speziell die Vormundschaft): vgl. § 266 Nr. 1; Manh. (BA. 43 s. 123) schließt mit Rücksicht auf die Vorgeschichte des § nur diejenigen Sachen aus, deren Besitz rc. durch Finden oder Zufall (Pr. StGB. § 226) erlangt wurde. — Daß die Sache unmittelbar aus der Hand des Vertrauenden in die Hand des Angeklagten gelangt sei, ist nicht erforderlich; demgemäß gehört dahin auch Geld, welches ein zum Inkasso Bevollmächtigter von den Schuldnern seines Mandanten erhält: cit. RII. 12. Juli 81. — Dem Falle, wo der ursprüngliche Gewahrsam auf obige Weise erlangt ist, steht der Fall gleich, wo der in anderer Weise erlangte Gewahrsam auf Grund einer später getroffenen Ueber, einkunft fortgesetzt wird: Rill. 26. Okt. 81 (R. III, 642), cit. RI. 7. Mai 83, HStR. II, 349. — Der Umstand, daß ein verschlossenes Behältniß ohne den Schlüssel hinter, legt wird, benimmt den in diesem Behältnisse befindlichen Gegenständen nicht die Eigenschaft anvertrauter Sachen: cit. Rill. 26. Okt. 81, Rll. 13. Dez. 81 (E. V, 222). 58. Abs. 2 gestattet beim Vorhandensein mildernder Umstände die VerHängung einer bloßen Geldstrafe, schließt daher die Gefängnißstrafe nicht als un. statthaft aus. — Er bezieht sich auch auf den Fall der Veruntreuung (n. 57). 59. In Betreff der Unterschlagungen der Beamten vgl. §§ 350. 351. 60. Ein Anfang der Ausführung einer Unterschlagung ist nicht denkbar, so lange die Sache noch nicht in den Gewahrsam des Angeschuldigten gekommen ist: der Versuch, eine fremde Sache in feinen Gewahrsam zu bekommen, um sie demnächst zu unterschlagen, ist nicht strafbar: OT. (Pl.) 28. März 59 (JMbl. s. 170), Merkel s. 708; a. M.: Schütze s. 455. 61. Begeht Jemand eine Unterschlagung dadurch, daß er eine fremde in seinem Gewahrsam befindliche Sache rechtswidrig auf einen Dritten überträgt, so ist die Betheiligung dieses Dritten bei der fraglichen Handlung nicht Hehlerei, weil diese eine vorher vollendete Strafthat voraussetzt, hier aber erst durch die Veräußerung der Unterschlagung verübt wird; jener Dritter kann vielmehr nur als Teilnehmer an letzterem Vergehen strafbar sein; § 259 n. 7, § 266 n. 21, RU. 7. Dez. 81, 28. Mai 80 (E. V, 218; R. I, 831), OT. 67, 72, Münch. (O. VIII, 636; XIII, 35; BE. II, 180), Merkel s. 708. Das Umgekehrte tritt ein, wenn der InHaber sich die Sache vorher schon zugeeignet hatte und sie dann erst durch eine neue Handlung auf einen von der vorher vollendeten Unterschlagung Unterrichteten überträgt (n. 51), wenn er z. B.. nachdem die Unterschlagung durch den Akt der Veräußerung vollendet war, die Sache erst später an den Käufer überliefert: RIV. 13. Jan. 88 (E. XVII, 59); als vorhergegangenen Akt der Zueignung kann der Jnstanzrichter das Wegstecken der Sache, das Anbieten zum Verkaufe, die Ableugnung eines Fundes rc. ansehen: OT., Münch. (O. XIII, 35; XIX, 194; StZ. II, 376); vgl. n. 33. 62. Unter gewissen Voraussetzungen bleibt der Urheber einer Unterschlagung straflos; bei anderen ist die Verfolgung durch einen Antrag des Verletzten be. dingt. Das Nähere siehe bei § 247. 63. Die im § 261 StPO, dem Strafrichter ertheilte Befugniß, da, wo die Strafbarkeit einer Handlung von der Beurtheilung eines bürgerlichen Rechtsverhält, nisses abhängt, die Untersuchung auszusetzen und einem der Betheiligten zur ErHebung der Civilklage eine Frist zu bestimuren oder das Urtheil des Civilgerichts [über die civilrechtliche Vorfrage^ abzuwarten, wird sich namentlich, gegenüber ganz unbegründeten, lediglich zur Umgehung einer Civilklage erhobenen Denunciationen wegen Unterschlagung oder Betrugs, wie sie in Fällen aufgelöster Sozietätsverträge, Geschäftsverbindungen, Auftragsverhältniffe rc. öfter vorkommen, als praktisch erweisen: Mot. z. StPO. s. 189. 64. 64. Anläßlich desselben konkreten Vorgangs kann ein aus § 242 Angeklagter wegen Unterschlagung, ein aus § 246 Angeklagter wegen Betrugs verurtheilt werden, indem es sich hier nur um eine andere subjektive Betheiligung, eine andere Willens, richtung des Angeklagten bezüglich desselben Thuns, nicht um eine, andere als die in der Anklage bezeichnete That (StPO. §§ 153. 265) handelt: RI. 10. Jan. 84, RlV. 10. März 85 (E. IX, 420; XII, 88). 65. Zuständig ist, falls der Werth des Unterschlagenen 25 Mark nicht über, steigt, Schöffen.G.; sonst Strafk. bezw. Schöffen.G. Vgl. § 242 n. 61.

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Thl. ll. Abfchn. XIX. Diebstahl u. Unterschlagung. — § 247.

§ 247. Wer einen Diebstahl oder eine Unterschlagung gegen Angehörige, Vormünder oder Erzieher begeht, oder wer einer Person, zu der er im Lehrlingsverhältnisse steht, oder in deren häuslicher Gemeinschaft er als Gesinde sich befindet, Sachen von unbedeutendem Werthe stiehlt oder unterschlägt, ist nur auf Antrag zu verfolgen. Die Zurücknahme des Antrages ist zulässig. Ein Diebstahl oder eine Unterschlagung, welche von Ver­ wandten aufsteigender Linie gegen Verwandte absteigender Linie oder von einem Ehegatten gegen den anderen begangen worden ist, bleibt straflos. Diese Bestimmungen finden auf Theilnehmer oder Begün­ stiger, welche nicht in einem der vorbezeichneten persönlichen Ver­ hältnisse stehen, keine Anwendung. [I. Entw.: § 222; II. Entw.: § 242; — Nov. Art. I. III. - Pr. StGB.: § 228.] § 247. Angehöriger: 3. Ascendent: 16. Begünstigung: 1. Diebstahl: 2. 10. 21. DoluS: 12. 20. Ehegatte: 17. 18. Entwendung: 2. Erzieher: 5. .gegen": 10. 11. 19.

Inhalt: Gesinde: 8. Häusliche Gemeinschaft: 8. Hehlerei: 1. 22. Ädealkonkurrenz: 21. Irrthum: 12. 20. Kenntniß: 12. 20. Kost oder Lohn: 6. 7. Lehrling: 7. Sachbeschädigung: 21.

Strafe: 13. Theilbarkeit: 15. Theilnahme: 1. 15. 22. Unbedeut. Werth: 9. Verletzter: 10. 15. Verschwägerter: 16. Versuch: 1. Verwandter! 16. Vormund: 4.

1. In den Abss. 1. 2 umfassen die Ausdrücke „Diebstahl" und „Unter­ schlagung" auch den Versuch dieser Strafthaten (vgl. § 65 n. 4), alle Arten der Theilnahme an solchen und die Begünstigung (Abs. 3; § 61 n. 6); dagegen sind die Vorschriften auf die Hehlerei nicht auszudehnen. Vgl. n. 22. 2. „Diebstahl" ist auf alle Arten des Diebstahls (nicht aber auf Raub) zu beziehen, also auch auf die Fälle des schweren Diebstahls und auf die nur als Uebertretung zu bestrafenden Entwendungen (Feld-, Holz-, Eßwaaren-Diebstahl); vgl. § 370 Schlußsatz. Seine Anwendbarkeit bei Entwendungen im Sinne der §§ 18—21 des Pr. FFP.-G. spricht § 22 ib. ausdrücklich aus. 2 a. Für die Anwendbarkeit des § ist lediglich entscheidend, daß das betr. Derhältniß zur Zeit der That bestanden habe; vgl. § 61 n. 4; a. M.: Schw., SGZ. 22 s. 163 (in Betreff des Angehörigkeits-Verhältnisseö, für dessen ganze Dauer die Wohlthat des § dem Thäter ex ratione legis zu statten komme). 3. Ueber den Begriff des „Angehörigen" vgl. § 52 Abs. 2. Sind die Eltern (Stiefeltern) die Verletzten (n. 10), so hat nicht bloß der Vater, sondern auch die Mutter das Antragsrecht, sollte auch die Verwaltung des elterlichen Vermögens dem Vater (Ehemann) allein zustehen: RH. 12. Jan. 83 (A. VII, 224); vgl. n. 11; und es ist letztere, die Mutter, befugt, dieses Recht sogar gegen den Willen ihres Mannes auszuüben: RI. 20. März 84 (E. X, 210). 4. „Vormund" ist hier Derjenige, welchem die Sorge für eine handlungsunfähige Person unmittelbar übertragen ist, nicht also ein nur für die Vermögens. Verwaltung bestellter Vormund, der Gegenvormund, noch der die obervormundschaftlichen Funktionen ausübende Beamte; ebenso: Meves f. 215; a. M.: Merkel, HH. III, 709 (zählt auch den Vormund eines Verschwenders hierher). 5. Unter „Erziehern" sind Lehrer (Lehrherrn, Lehrmeister) nicht mitbegriffen, insofern ihnen nickt die ganze Leitung der körperlichen und sittlichen Ausbildung übertragen ist: Dresd. (GA. XIX, 815), Münch. (StZ. I, 190), HStR. II, 277; vgl. § 174 n. 10. RIV. 19. Okt. 94 (GA. 42 s. 388) wandte den Ausdruck „Erzieher"

Thl. II.

Abschn. XIX.

Diebstahl u. Unterschlagung. - § 247.

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im Sinne des § auf eine Frau an, welcher von der Stadtbehörde ein Kind dauernd in Pflege und Kost gegeben war. 6. 7. Unter den zum Verletzten „im Lehrlingsverhältniß Stehenden" sind alle Lehrlinge begriffen, auch die nicht in häuslicher Gemeinschaft mit ihm sich befinden, nicht aber Gehülfen und Gesellen, selbst im Falle der häuslichen Gemein, schaft mit dem Verletzten: Sten. Ber. s. 822 (Schwarze). — Lehrling ist jeder, welcher bei einem Lehrherrn zur Erlernung eines Gewerbes rc. in Arbeit tritt, ohne Unterschied, ob die Erlernung gegen Lehrgeld oder unentgeltliche Hülfeleistung statt, findet, oder ob für die Arbeit Lohn gezahlt wird. Der obige Ausdruck ist jedoch nicht lediglich aus Gewerbslehrlinge im Sinne der Gew.-Ord. zu beziehen, er um. faßt vielmehr hier auch Handlungslehrlinge (HGB. §§ 76ff.): RII. 27. Nov. 91 (E. XXII, 243), speziell Apothekerlehrlinge: Meves s. 216, Oekonomie. und Forstlehr, linge: Meves 1. c., Olsh. n. 6. 8. Der Ausdruck: „Gesinde" ist hier nur in engerem Sinne zu nehmen, mithin nur auf die eigentlichen Dienstboten, bezw. solche Personen zu beziehen, welche sich zur Verrichtung der niederen Dienste im Hauswesen, in der Wirth, schüft rc. vertragsmäßig für eine längere Zeitdauer verpflichtet haben (Sten. Ber. s. 815). Demgemäß gehören nicht hierher Gesellen und Gewerbegehülfen (ib. s. 822, RI. 19. Okt. 85, E. XIII, 14), Schiffsknechte, Tagelöhner, Stückarbeiter sowie alle anderen nur vorübergehend beschäftigten Personen, noch auch Hauslehrer, Privatfekretaire, Handlungsreisende, Gouvernanten, Gesellschafterinnen. Für den Begriff Gesinde ist das betr. Landesrecht (vgl. auch Art. 95 EG. z. BGB.) maßgebend: RIV. 19. Okt. 97 (GA. 45, 439); a. M.: Aufl. 13. — Das Gesinde muß sich in der „häuslichen Gemeinschaft" des Verletzten befinden; dazu genügt es nicht, wenn der Thäter zufällig oder in Folge des Dienstverhältniffes in Gebäuden wohnt, welche mit dem Hause des Verletzten in Verbindung stehen, oder wenn er zwar freie Wohnung in einem Raume des Hauses hat, auch regelmäßig zu den Mahlzeiten der Dienstherrschaft zugezogen wird, im Uebrigen aber gänzlich getrennt von der Hausgemeinschaft lebt: es ist vielmehr erforderlich, daß er mit dem Verletzten so zusammenwohnt, wie dies unter den Angehörigen einer Familie zu geschehen pflegt; so: Lasker, Schwarze, Sten. Ber. s. 620. 822; a. M.: Meves s. 218; vgl. auch BL. s. 548 (definirt „häusliche Gemeinschaft" als eine solche Hausgenossenschaft, welche dem Thäter freien Zutritt zu den Gegenständen gewähre). — Das Zusammentreffen des Gesindeverhältnisses und der häuslichen Gemeinschaft genügt zur Anwendbarkeit des § nicht, vielmehr muß ersteres Verhältniß auch gerade zwischen dem Diebe und dem Bestohlenen bestehen; Diebstähle gegen Dritte, z. B. gegen die in der häuslichen Gemeinschaft befindlichen Angehörigen des Dienstherrn verübt, gehören nicht hierher: RIV. 2. Febr. 86 (R. VIII, 109), OT., Münch. (O. XIX, 39; BE. II, 404); a. M.: Voitus, GSaal 30 s. 317. 9. Der vage Ausdruck „von unbedeutendem Werthe" fand sich schon im § 370 Nr. 5, ist dort aber näher präzisirt durch die sonstigen Thatbestandsmerkmale („Nahrungsmittel rc.", „zum alsbaldigen Verbrauche"). Er ist auf die entwendete rc. Sache selbst, nicht auf sie als etwaigen Theil einer anderen und im Verhältniffe zu dieser zu beziehen: RIV. 13. Nov. 88 (R. X, 649). Eine Mehrheit gestohlener rc. Sachen, welche zwar, jede einzeln für sich betrachtet, von unbedeutendem, wegen ihrer Menge jedoch von nicht unbedeutendem Werthe sind, schließt die Anwendung des § aus (selbst wenn die Sachen verschiedener Art sind: RIV. 13. Nov. 88 R. X, 649). Dagegen findet eine Zusammenrechnung der Werthe der in einer Reihe ganz gleichartigen Einzelakte gestohlenen rc. Sachen, vom Falle eines fortgesetzten Der. aehens abgesehen, nicht statt: Rill. 30. Juni 64 (A. X, 311); Rill. 16. März 96 (GA. 44, 47). — Im Uebrigen ist die Frage ob eine Sache von unbedeutendem Werthe sei, eine (wesentlich) thatsächliche und insofern vom Revisionsrichter nicht nachzuprüfen; vgl. cit. RIV. 13. Nov. 88. Nach OT. (GA. 27 s. 538) sind in dieser Hinsicht nicht die Vermögenslage und Schätzung des Bestohlenen maßgebend, sondern ist das durch die Umstände des konkreten Falles geleitete, richterliche Ermessen entscheidend; vgl. jedoch bez. der Vermögenslage der Betheiligten) RII. 27. Nov. 81 (E. XXII, 243: betr. Unterschlugungen eines Lehrlings; hier sei nicht einseitig die Vermögenslage des Lehrherrn oder diejenige des Lehrlings oder die Beschaffenheit des Gewerbebetriebs oder der gewerblichen Einrichtungen, sondern die Gesammtheit dieser und ähnlicher Umstünde, durch welche die Bedeutung des Lehrlingsverhalt, nisses für die zu entscheidende Frage beeinflußt werden könne, zu berücksichtigen),

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Thl. II. Abschn. XIX.

Diebstahl u. Unterschlagung. — § 247.

Merkel, HH. IV, 415, ML. s. 645, HStR. II, 309, WGbl. XVI, 394 und anderer, seits Meves n. 8, Rubo n. 12. 10. In Betreff der Person, „gegen welche der Diebstahl rc. begangen wird" („des Verletzten"), vgl. § 65 n. 1. 3; a. M.: Bind. HB. I, 622 (r antragsberechtigt im Sinne des Abs. 1 sei nicht jeder Verletzte, sondern stets nur der Eigenthümer). Hiernach ist der Eigenthümer der Sache selbst dann verletzt, wenn sie (beim Diebstahl) nicht aus seinem Gewahrsam weggenommen wurde, oder wenn er für dieselbe einen Ersatzanspruch gegen Dritte hat: «III. 29. Mai 80 (E. II, 73), OT. (Pl.) 30. Apr. 77, Dresd., Stuttg. 73 (O. XIII. 297; StZ. I, 332; II, 113; III, 210); vgl. Stuttg. 75 (WGbl. XI, 330. Dasselbe gilt vom Inhaber der Sache, sobald sein rechtlich geschützter Besitzstand beeinträchtigt oder wenn durch die That für ihn eine Ersatzpflicht begründet wird: OT. 64 (GA. V, 101); vgl. § 65 n. 3, «II. 1. Juli 81, Rl. 20. März 34 (E. IV, 346; X, 210); — nicht aber vom un­ redlichen Besitzer: OT. 64 (O. V, 43); vgl. jedoch cit. OT. 30. Apr. 77 (nahm einen auch strafrechtlich geschützten Besitzstand zu Gunsten Jemandes an, welcher die später gestohlene Sache gefunden und sich demnächst rechtswidrig zugeeignet hatte, selbst freilich, weil diese Unterschlagung verjährt war, nicht mehr strafrechtlich verfolgt werden konnte; das Rechtsverhältniß des Inhabers zum Eigenthümer bleibe hier außer Betracht); ferner cit. RII. 1. Juli 81 (scheint gleichfalls zwischen redlichen und unredlichen Besitzern nicht zu unterscheiden). — Ein Dienstbote, welcher sich Geld zueignet, welches ihm ein Dritter zur Verabfolgung an seinen Hern: (ohne Auftrag des letzteren) übergeben hatte, begeht die Unterschlagung nur „gegen" jenen Dritten: OT. (O. XIII, 135), Münch. (StZ. II, 326). 11. Abs. 1 scheidet aus, wenn die Strafthat nicht allein „gegen" eine der dort aufgezählten Personen, sondern gleichzeitig „gegen" einen Dritten begangen wird, sei es daß letzterer Miteigenthümer, sei es daß er sonst Verletzter (n. 10) ist: RF. 30. Juli 94 (E. 26, 43), «III. 29. Mai 80, RII. 1. Juli 81 (eilt n. 10), OT. 74, 60 (O. XV, 193; RA. 55, II, 42); vgl. jedoch Bind. (cit. n. 10) und v. Liszt S. 457. Das gilt z. B. da, wo eine zur Gütergemeinschaft gehörige Sache gestöhlen wird; die Mitberechtigung der Frau läßt die Verfolgung ohne Strafantrag statthaft erscheinen, wenn nicht sie, sondern nur der Mann in einem der gedachten Verhältnisse stch befindet, sollte letzterem auch das Verwaltungs- und Veräußerungsrecht in Betreff jener Sache zustehen: OT. (O. XIII, 591; XVI, 62); vgl. n. 3. — Ein Antragsdelikt liegt nicht vor, wenn nicht der Verletzte, sondern dessen gesetz. licher Vertreter zu dem Thäter in einem der im § 247 bezeichneten Verhältnisse steht. 12. Die Anwendbarkeit des Abs. 1 ist lediglich durch das Bestehen eines der angedeuteten Verhältnisse bedingt, ohne daß es dabei auf die Kenntniß des Schul­ digen von diesem Verhältnisse, oder auf sein Vermeinen über ein solches ankäme: OT. 64 (O. V, 43); es bedarf daher des Antrags nicht, wenn das Vergehen „gegen einen Dritten" (mit) begangen war, sollte der Schuldige seinerseits auch geglaubt haben, er verletze durch die That nur die Rechte eines Angehörigen rc.: § 59 n. 18, RII. 1. Juli 81 (E. IV, 346), OT., Stuttg. (O. XVI, 62; StZ. V, 85), HS. II, 453, Merkel, HH. III, 711, Reber n. 118. 183, Schw. s. 622; a. M.: OT. 58 (GA. VI, 710). Vgl. übrigens n. 20. 13. Ist der Antrag gestellt, so erfolgt die Bestrafung nach den allgemeinen Grundsätzen, event, daher auch nach § 244; vgl. dort n. 17. 14. Wegen Untheilbarkeit eines Strafantrags und seiner Zurücknahme vgl. § 61 n. 6, § 63 n. 4, § 64 n. 4. 15. Die Bestimmung des Abs. 1 ist auf andere Strafthaten, z. B. Untreue, Raub, Hehlerei nicht auszudehnen; für Betrug ist im § 263 Abs. 4 eine besondere Bestimmung getroffen. R. 24. Rov. 87 (E. 16, 343). 16. Abs. 2 spricht (im Gegensatze zu § 52 Abs. 1) nur „von Verwandten" der auf- und absteigenden Linie, ist also auf die Blutsverwandten zu beschränlen und auf Verschwägerte nicht auszudehnen: Schütze f. 447 n. 19. 17. 18. Eine Ehescheidung beseitigt für die Zukunft die Andwendbarkeit des § 247. Das ist auf eine Trennung (von Tisch und Bett rc.), welche das Band der Ehe fortbestehen läßt, nicht auszudehnen. Vgl. auch § 61 n. 4. 19. Ueber die Bedeutung der Worte „gegen Verwandte rc." vgl. oben n. 10; ist durch die That außer dem Descendenten noch ein Dritter in seinen Rechten gekränkt, so gilt analog das unter n. 11 Gesagte.

Thl. II. Abschn. XX. Raub und Erpressung. — § 248. 249.

623

§ 248. Neben der wegen Diebstahls oder Unterschlagung erkannten Gefängnißstrafe kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte, und neben der wegen Diebstahls erkannten Zucht­ hausstrafe auf Zulässigkeit von Polizei-Aufsicht erkannt werden. [I. Entw.: §§ 216. 223; II. Entw.: § 243; Pr. StGB.: §§ 216. 218. 219. 227.]

Zwanzigster Abschnitt.

Raub und Erpressung.

§ 249. Wer mit Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben eine fremde bewegliche Sache einem Anderen in der Absicht wegnimmt, sich dieselbe rechtswidrig zuzueignen, wird wegen Raubes mit Zuchthaus bestraft. 20. Da Abs. 2 die gegen einen Descendenten rc. verübten Diebstähle für straf, los erklärt, so muß der irrige Glaube des Schuldigen: er verletze durch seine Handlung nur das Recht seines Descendenten rc., die gleiche Wirkung ausüben: Merkel 1. c., Schw., SGZ. 22 s. 162, v. Buri, GSaal 29 Beil. s. 197; a. M.: Rüd. n. 3, HS. II, 452, HStR. II, 307, Bind. II, 475; vgl. Abh., GA. V, 643. 21. Abs. 2 kommt Ascendenten und Ehegatten nicht bloß als Thätern, fon« dern auch als Theilnehmern zu gute: HStR. II, 308, v. Kries. Z. f. StR. VII, 521, Olsh. n. 13; a. M.: Schmidt, Mitthätersch. s. 40; desgleichen als Begünstigern: HStR. 1. c. 22. Die Straflosigkeit des Diebes ist auf einen begleitenden und qualifizirenden Umstand (z. B. den Einbruch), wenn dieser für sich allein ein Vergehen fz. B. Sachbeschädigung) darstellt, nicht auszudehnen, zumal da, wo letzteres gegen Dritte (z. B. den Eigenthümer des vom Bestohlenen bewohnten Hauses) verübt ist; vgl. § 73 n. 6. 12; a. M.: v. Bar, GA. XIX, 651, Ruhstr., GSaal 24 s. 140. 149, Fuchs s. 82. Ebenso schließt Abs. 2 die Bestrafung wegen ideell konkurrirender Untreue (§ 266) nicht aus: RI. 24. Rov. 87 (E. XVI, 343); a. M.: Schw. § 266 n. 6. 23. Die im § vorgesehene Handlung ist an sich eine Strafthat, welche nur an der betr. Person nicht ohne Antrag (Abs. 1) oder gar nicht bestraft wird (Abs. 2); diese Ausnahmebestimmungen sind daher auf die in keinem der erwähnten Verhältnisse stehenden Theilnehmer und Begünstiger nicht auszudehnen: Abs. 3, RI. 19. Dez. 81 (E. V, 274). — Hinsichtlich der Hehler (Partirer) vgl. § 259 n. 25. 24. Ebendeshalb (n. 22) ist der gemäß § 247 Abs. 2 straflose Thäter in einer Prozedur wider den Theilnehmer oder Hehler als Zeuge nicht zu vereiden: RI. 9. Juli 91 (E. XXII, 99). § 248.

1. Die (rein fakultative) Vorschrift des § gilt auch für die Bestrafung des Versuchs oder der Theilnahme an einem der genannten Straffälle: §§ 45. 48. 49. Es kann daher wegen eines versuchten schweren Diebstahls auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht nur neben Zuchthaus erkannt werden. R. 30. Okt. 84 (E. 11, 159). In Betreff des Verlusts der Ehrenrechte vgl. §§ 32. 35. § 249.

1. Die Mot. s. 124 heben hervor, daß der „Raub" nicht als ein „durch Ge­ walt gegen die Person verübter Diebstahl" noch als eine „durch diebische Absicht ausgezeichnete Gewalt", sondern als ein besonderes gegen Person und Eigenthum zugleich begangenes Verbrechen betrachtet sei. Demgemäß bleiben alle die Be-

624

Thl. II.

Abschn. XX.

Raub und Erpressung. § 249.

Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängniß­ strafe nicht unter sechs Monaten ein. [I. Entw.: § 227; II. Entw.: § 244; Pr. StGB.: §§ 230. 231.] strafung des „Diebstahls" betreffenden Vorschriften (g. 93. § 247) hier ausge. schlossen, soweit sie nicht für den Raub ausdrücklich wiederholt sind. 2. Dagegen umfaßt die Begriffsbestimmung des § den vollständigen Thatbestand des Diebstahlls, wie er im § 242 aufgestellt wird; alles zu § 242 behufs Erläuterung jenes Begriffs Bemerkte ist daher hier zu berücksichtigen, es sei denn, das sich aus den, den Raub unterscheidenden besonderen Merkmalen nach, weisen ließe, daß jene Grundsätze hier außer Anwendung bleiben müssen: 911. 30. März 82 (R. IV, 288), BL. s. 561, Merkel, HH. III, 715 ff.; vgl. n. 13. 3. Demgemäß wird auch der Raub erst durch die „Wegnahme vollendet: Mot. s. 124. Fand eine solche gar nicht statt, wurde vielmehr der Andere durch Gewalt genöthigt, die Sache herauszugeben, so kann nur Erpressung (§§ 253. 255), nicht Raub vorliegen; ebenso RI. 30. März 82 (cit. n. 2). 4. Die gewaltsame Besitznahme unbeweglicher Sachen ist nicht Raub und nur insofern strafbar, als sie den Thatbestand eines anderen Straffalles enthält. 5. Mit Rücksicht auf das unter n. 1 Gesagte umfassen die §§ 249 ff. beim Zu­ treffen der Gewalt rc. nicht blos die sonst mit den ordentlichen Diebstahls-, sondern auch die mit geringeren Strafen bedrohten Entwendungen (§ 242 n. 47. 50ff.); die besonderen, derartige Entwendungen betr. Vorschriften bleiben daher als. dann außer Anwendung: § 252 n. 2, Rl. 8. Mai 82 (E. VI, 325: bez. des § 370 Nr. 5), OT. 70 (O. XI, 94), HStR. II, 366. Ueber das Verhältniß des § 249 zu § 244 vgl. § 73 n. 6. 6. Ueber den Begriff der „Gewalt" vgl. § 113 n. 29ff.; die Gewaltanwendung muß hier das Mittel sein, welches die Wegnahme ermöglichte, sei es, daß dadurch dem Andern die Hinderung der Wegnahme unmöglich gemacht oder daß er zu ihrer Duldung genöthigt wurde. Dieselbe braucht keine für den Angegriffenen unüber. windliche („unwiderstehliche": § 52) zu fein; a. M.: v. Buri, GSaal 29 Beil. s. 22; es genügt eine Gewalt, welche dahin abzielt, diejenige Kraftanstrengung zu über­ winden, welche der Inhaber macht, um sich im Besitze der Sache zu erhalten, z. B. ein Wegreißen aus den festhaltenden Händen: OT. 67, 69 (O. VIII, 204; X, 4), Dresd. (SGZ. XX, 25: erachtete es sogar für gleichgültig, ob der Verletzte den Gegenstand gerade in der Voraussicht der Wegnahmehandlung des Thäters fest­ gehalten habest). Ebensowenig wird erfordert, daß die Gewalt eine Gefahr für Leib oder Leben begründe. Dagegen ist es nicht als Gewalt anzusehen, wenn einer Person eine Sache entrissen wird, ehe sie dieselbe schützen kann; vgl. n. 9, HStR. II, 368. Gleiches gilt von der Drohung, wenn der Inhaber garnicht beabsichtigte, die Sache dem Drohenden u. s. w. vorzuenthalten. Vgl. Rill. 5. April 00 (GA. 47, 284). 7. In Betreff der Frage, ob die Gewalt zum Zwecke der beabsichtigten Weg. nähme angewendet sein müsse, oder ob es genüge, wenn die zu einem andern un­ erlaubten Zwecke ausgeübte Vergewaltigung demnächst bewußter Weise zur Der. Übung der Wegnahme benutzt worden ist, vgl. § 243 n. 30, OT. 61 (O. II, 175), HS. II, 530, HStR. II, 371, Schw. s. 624, Merkel 1. c. s. 719, Schütze s. 453, ML. s. 681, Villnow, Raub rc. s. 23, v. Buri 1. c. 8. Die Gewalt muß „gegen eine Person" angewendet sein; dagegen ist es nicht nothwendig, daß diese Person der Inhaber der Sache sei, wenn nur der Kausalnexus feststeht: Mot. s. 125; vgl. Rill. 21. Mai 81 (R. III, 317; Mot.), HStR. II, 370, v. Buri 1. c.; a. M.: Villnow 1. c. s. 8 (körperliche Gewalt gegen eine dritte Person falle unter den Begriff der Drohung). 9. Der Gewalt steht ein listiges, einem Widerstände vorbeugendes Ver­ halten, g. B. Betäuben oder Einschließen des Inhabers nicht gleich: HStR. II, 367ff., Merkel f. 718, Villnow s. 9; ebensowenig die Benutzung eines vorhandenen hülflosen Zustandes: Schütze s. 452: a. M.: v. Buri 1. c. s. 17. 10. In Betreff der „Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben" vgl. § 48 n. 30, § 52 n. 7 ff., § 106 n. 2 ff. Auch hier muß die Drohung die unberechtigte Zufügung eines Uebels zum Gegenstände haben, somit genügt es

Thl. II. Abschn. XX.

Raub und Erpressung. — § 250.

625

§ 250. Auf Zuchthaus nicht unter fünf Jahren ist zu erkennen, wenn 1) der Räuber oder einer der Theilnehmer am Raube bei Begehung der That Waffen bei sich führt; 2) zu dem Raube Mehrere mitwirken, welche sich zur fort­ gesetzten Begehung von Raub oder Diebstahl verbunden haben; 3) der Raub auf einem öffentlichen Wege, einer Straße, einer Eisenbahn, einem öffentlichen Platze, auf offener See oder einer Wasserstraße begangen wird; 4) der Raub zur Nachtzeit in einem bewohnten Gebäude (§ 243 Nr. 7) begangen wird, in welches sich der Thäter zur Begehung eines Raubes oder Diebstahls eingeschlichen oder sich gewaltsam Eingang verschafft, oder in welchem er sich in gleicher Absicht verborgen hatte, oder nicht, wenn ein in Lebensgefahr Schwebender mit Versagung der begehrten Hülfe bedroht wird. Daß die Gefahr „auf andere Weise nicht abwendbar war" (§ 52), wird nicht erheischt (vgl. §§ 176. 177). — Im Uebr. gilt hier von der „Drohung" dasselbe, was unter n. 8 von der „Gewalt" gesagt ist. Doch versteht es sich von selbst, daß auch die Drohung das Mittel gewesen sein muß, die Wegnahme zu be* wirken (z. B. durch Hinderung eines Widerstandes); die erzwungene Besitzüber. tragung Seitens des Inhabers fällt unter § 255; vgl. n. 3. 11. Ueber die Verübung eines Raubes durch mehrere gemeinschaftlich Handelnde vgl. § 47 n. 10. Beispiele: OT. 63, 66 (O. III, 353. 468; VII, 36. 252). 12. Ein Diebstahl kann auch durch die von einem Gehülfen angewendete Gewalt re. den Charakter des Raubes annehmen, wenn der Hauptthäter Kenntniß von dieser Gewaltanwendung hatte, und sie zur Verübung des Diebstahls benutzte: OT. 66 (O. VII, 36); vgl. § 47 n. 25; a. M.: v. Buri 1 c. s. 40. 13. In prozessualer Hinsicht sind die den Thatbestand des Diebstahls zum Raube stempelnden Umstände als besonders vorgesehene, die Strafbarkeit erhöhende (StPO. §§ 262. 295) zu behandeln; ebenso: Löwe, StPO. § 262 n. 2, § 295 n. 1, GVG. § 196 n. 3d; a. M.: (insofern als die Feststellung der That auf Grund Einer Frage, der Hauptfrage, erfolgen müsse): RF. 12. Aug. 90 (GA. 38 s. 347). Wird die Frage aus § 249 unter Verneinung der Gewalt rc. bejaht, so ist die Dieb, stahlsstrafe zu verhängen; vgl. OT. 56 (GA. IV. 207). — Aus der schwurgerichtlichen Fragestellung muß erhellen, daß der Entschluß des Angeklagten die Gewaltverübung gegen eine Person als Mittel der Wegnahme umfaßte; Rill. 5. April 00 (dt. n. 6). 14. Der Versuch eines (gewollten) Raubes kann angenommen werden, sollte auch nur erst mit einem Theile der Thatbestandshandlungen, sei es mit der Gewalt, anwendung rc. oder aber mit der Wegnahme begonnen sein: Mot. s. 125; vgl. § 243 n. 6. 15. In Betreff der Zulässigkeit der Polizeiaufsicht vgl. § 256. Beim Vor. liegen mildernder Umstände kann auf jene nicht erkannt werden: OT. (O. XIV, 413), wohl aber auf den Verlust der rc. Ehrenrechte re.: §§ 32. 35. — Dgl. § 253 n. 9. — Zuständig ist Schwur.G.

§ 250. 1. Zulässigkeit der Polizeiaufsicht; vgl. § 256. — Wegen Fragestellung beim versuchten Straßenraube; Rill. 5. April 00 (GA. 47, 284). — Zuständig ist Schwur. G. Zu Nr. 1. Dgl. § 243 Nr. 5. 2. Dgl. die Bemerkungen zu § 243 Nr. 5. Auch hier wird nicht erfordert, Oppenheff,

D. Strafgesetzbuch. 14. «ufl.

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626

Thl. II. Abschn. XX.

Raub und Erpressung. - § 250.

5) der Räuber bereits einmal als Räuber oder gleich einem Räuber im Jnlande bestraft worden ist. Die im § 245 enthaltenen Vorschriften finden auch hier Anwendung. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängniß­ strafe nicht unter Einem Jahre ein. [I. Entw. § 228; II. Entw.: § 245 StB. S. 682, 1173; Pr. StGB.: § 232.] daß der Thäter ev. von der Waffe Gebrauch zu machen beabsichtigte; doch fordert v. Buri, GSaal 29 Beil. s. 28ff., daß jener mit derselben mindestens schrecken wollte. Nach v. Buri 1. c. soll aus Nr. 1 auch Derjenige strafbar sein, welcher den Anderen durch seinen Hund habe zusammenreißen lassen; die Zähne des Hundes seien in diesem Falle die „Waffe" [?]; vgl. jedoch RH. 1. Juni 83 (R. V, 393). 3.

Zu Nr. 2. Vgl. § 243 Nr. 6. Vgl. die Bemerkungen zum cit. § 243 Nr. 6.

Zu Nr. 3. Vgl. § 243 Nr. 4. (Straßenraub, Seeraub u. s. w.). 4. Diese Nr. 3 stimmt in Betreff der aufgezählten Oertlichkeiten mit § 243 Nr. 4 insoweit überein, als sie (in veränderter Reihenfolge) auch öffentliche Wege, Straßen, Eisenbahnen, öffentliche Plätze und Wasserstraßen nennt. Da aber hier die anderweitige Begrenzung fehlt, welche § 243 Nr. 4 in Betreff der Objekte der Wegnahme enthält, so ist hervorzuheben, daß der auf einer Eisenbahn (§ 243 n. 61a) verübte Raub nur dann hierher gehört, wenn er mit Gewalt rc. gegen eine die Eisenbahn als „Weg" („Straße"), somit als Transportmittel benutzende Person, nicht also, wenn er gegen eine aus dem Bahndamme sich befindende Person verübt wird. Aehnlich verhält es sich mit der „Wasserstraße" (ein gegen einen Badenden oder Fischenden verübter Raub gehört nicht hierher; a. M.: v. Liszt S. 463). Dagegen ist es gleichgültig, ob der Eisenbahnzug in Bewegung ist oder ruht. Ein nicht auf der Eisenbahn, sondern auf dem Bahnhöfe oder einem Nebengeleise verübter Raub gehört nicht hierher. Dgl. Meves, GSaal 26 s. 266 ff. 5. Sodann zählt die Nr. 3 noch die „offene See" auf: dieser Ausdruck bezieht sich nur auf das Meer, und zwar aus denjenigen Theil desselben, welcher „offen", d. h. nicht von der Küste aus durch Kanonen zu beherrschen ist; vgl. § 8 n. 3; ebenso: v. Buri L c. s. 41, Merkel HH. III, 720, Olsh. n. 3; a. M.; Villn., Raub rc. ju33 (erblickt in jenem Ausdrucke den Gegensatz zu dem Theile des Hafens oder der Mündung der Flüsse, in denen das Seewasser hineinspüle, weshalb derselbe den von der Küste aus beherrschten Theil des wirklichen Meeres nicht ausschließe); ähnlich: Meves, StRZ. XIII, 421. Schiffbare Landseen gehören, gleich den Häsen, Flüssen und Canälen, zu den „Wasserstraßen" und auch dies nur, wenn sie alsVerkehrswege dienen; vgl. Villn. 1. c. (legt diese Eigenschaft auch denbloß flößbaren Landseen rc. bei). Dgl. auch 91111. 8. Jan. 00 (E. 33, 57). 5 a. Ein Fall der Nr. 3 liegt nicht vor, wenn der zu Beraubende zwar aus offener Straße verfolgt worden, von dieser aber abgebogen war und nun erst eingeholt wird; das Gegentheil soll nach v. Buri 1. c. dann gelten, wenn jener bereits auf der Straße überwältigt, demnächst aber in ein Haus geschleppt und dort erst ausgeplündert wurde: vgl. übrigens § 3 n. 10. Stt Nr. 4. Dgl. § 243 Nr. 7. 6. Insoweit diese Nr. 4 mit der cit. Nr. 7 des § 243 übereinstimmt, sind die Bemerkungen zu der letzteren zu vergleichen. Durch die hinter dem Worte „Ge. büude" eingeschaltete Anführung jener Nummer sollte angedeutet werden, daß die dort gegebenen Erläuterungen des Begriffs „Gebäude", nach welchen demselben der dazu gehörige Raum rc. und ein bewohntes Schiff gleich geachtet werden, auch hier gelten. — Die Worte: „zur Begehung eines Raubes oder Diebstahls" deuten auf die Absicht; vgl. § 243 n. 91. 7. In Nr. 4 ist der Fall zugesetzt worden: „wenn sich der Thäter in das be­ wohnte Gebäude gewaltsam Eingang verschafft hat". 06 die Gewalt zur Ge. winnung des Eingangs an Personen oder an Sachen verübt worden, ist gleichgültig;

Thl. II. Abschn. XX.

Raub und Erpressung. — §§ 251. 252.

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§ 251. Mit Zuchthaus nicht unter zehn Jahren oder mit lebenslänglichem Zuchthaus wird der Räuber bestraft, wenn bei dem Raube ein Mensch gemartert oder durch die gegen ihn verübte Gewalt eine schwere Körperverletzung oder der Tod desselben verursacht worden ist. [1. Entw.: § 229; II. Entw.: § 246; Pr. StGB.: § 233 Nr. 2. 3.]

§ 252 Wer, bei einem Diebstahle auf frischer That Be­ troffen, gegen eine Person Gewalt verübt oder Drohungen mit auch braucht im letzteren Falle die Gewaltanwendung nicht den Voraussetzungen eines Einbruchs zu entsprechen. Dagegen steht dieser gewaltsamen Eingangs-Ver. schaffung die durch Einsteigen oder Anwendung eines falschen Schlüssels gewonnene nicht gleich. — Im Hause selbst muß dann nochmals Gewalt, und zwar hier gegen eine Person angewendet werden: v. Buri s. 43. Daß letztere gerade ein Bewohner des Gebäudes sei, wird nicht erfordert. Zu Nr. 5. Dgl. §§ 244. 245. 32. 8. Hier genügt der erste Rückfall; vorausgesetzt wird aber eine Vorbestrafung als Räuber (aus §§ 249—251) oder gleich einem Räuber (aus §§ 252. 255). — Im Uebrigen vgl. die Bemerkungen zu den §§ 244. 245. 9. In Bettest des Abs. 2 vgl. §§ 32. 35.

§ 251. 1. „Martern" bedeutet die absichtliche körperliche Peinigung, d. h. die Zufügung heftiger Schmerzen: Olsh. n. 3; v. Buri, GSaal 29 Beil. f. 45 rechnet auch Peinigungen der Seele hierher; a. M.: Villn., Raub rc. s. 38. Daß der Gepeinigte mittels besonderer Vorrichtungen oder erneuter Handlungen eine längere Zeit hindurch in der Empfindung heftiger Körperschmerzen erhalten worden sei, ist nicht erforderlich; a. M.: Merkel S. 324 u. Rubo n. 3. 2. Ueber die „Verursachung einer schweren Körperverletzung" vgl. § 224 n. Ist.; ob die eingetretene Folge beabsichtigt war (§ 225), oder auch nur vorhergesehen werden konnte, ist hier für den Thatbestand unwesentlich; vgl. § 59 n. 19. — Hatte der Räuber die Verursachung gewollt, so liegt ideale Konkurrenz mit § 225 bezw. 211. 212 (214) vor: Rl. 10. Dez. 96 (GA. 44, 386), RII. 17. Juni 81, 17. Febr. 85 (E. IV, 287; R. VII, 127). Vgl. wegen der schwurg. Fragestellung: RI. 22. Juni 00 (E. 33, 317) u. ferner § 211 n. 18. — Bei Konkurrenz mit Mordversuch oder mit Todtschlag ist aus § 251 zu strafen. Dgl. § 73 n. 14. — Wegen realer Konkurrenz zwischen § 251 und 211 vgl. RIV. 5. Apris 95 (GA. 43, 56). 3. Für den Thatbestand ist es unwesentlich, welcher Mensch gemartert rc. wurde, und ob die Marter rc. ein Mittel zur Begehung des Raubes war. Dgl. § 249 n. 8, Villn. s. 38, welcher übrigens die Worte „bei dem Raube" für gleich, bedeutend mit „bei Gelegenheit des Raubes" hält, und daher meint, das „Martern rc." könne auch nach Verübung des Raubes geschehen sein; vgl. § 252 n. 3. 4. Bez. der Zulässigkeit der Polizeiaufsicht vgl. § 256. 5. Ueber die Bestrafung mehrerer Mitthäter, wenn die bett. Gewalthand, lungen nur Einzelnen derselben zur Last fallen, vgl. § 47 n. 10 ff., § 59 und HStR. II, 376. Alsdann ist es nicht unerläßlich, daß festgestellt sei, von wem gerade jene Gewalthandlungen ausgegangen sind, sobald nur erwiesen ist, daß dieselben bei dem Raube und zum Zwecke desselben von irgend einem der Mitthäter zugefügt waren, und daß sie die bett. Folge gehabt haben. 6. Hat die bei einem (unvollendet gebliebenen) Raubversuche verübte Ge. walt eine der im § vorgesehenen Folgen gehabt, so ist nach § 44 auf Zuchthaus von 2 7a bis zu 15 Jahren zu erkennen; ebenso: HStR. II, 376; a. M.: v. Buri s. 48 (hält die volle Strafe des § 251 für verwirkt, während bei dem bloß versuchten Martern rc. der § ganz außer Anwendung bleibe). 7. Zuständig ist Schwur-G. 1. Der Diebstahl bildet im Falle des § 252 ein bloßes Thatbestandsmerk.

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Thl. II. Abschn. XX. Raub und Erpressung. — § 252.

gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben anwendet, um sich im Besitze des gestohlenen Gutes zu erhalten, ist gleich einem Räuber zu bestrafen. [I. Entw.: § 227; II. Entw.: § 247; Pr. StGB.: § 230 Abs. 2.] mal des hier vorgesehenen Verbrechens, des s. g. uneigentlichen Raubs oder räuberischen Diebstahls; der Thäter ist daher nicht noch daneben (§ 74) wegen Diebstahls zu strafen: OT. (O. XVIII, 730). Ueber das Verhältniß des § 252 zu § 244 vgl. § 73 n. 6. 2. Der Ausdruck „Diebstahl" umfaßt hier alle Arten der Entwendung, namentlich auch solche, welche wegen der dabei obwaltenden besonderen Umstände für sich allein nicht mit der Diebstahls-, sondern (aus einem besonderen Gesetze) nur mit einer Uebertretungsstrafe zu ahnden sein würden; ebenso: RI. 8. Mai 82, RIV. 5. Mai 86 (E. VI, 325; XIII, 391: bez. der Fälle des § 370 Nr. 5 resp. des Pr. FFP.-G. § 18), Münch. (BE. VII, 534h a. M.: OT. (O. XIII, 478; XVII, 25), Meyer n. 3, Puch. n. 2, Schw. n. 1, Olsh. n. 2. 3. Die Worte: „bei einem Diebstahl" sind nicht auf den Fall zu beschränken, wo der Diebstahl noch nicht vollendet war (vgl. „des gestohlenen Gutes"); es genügt, wenn der Dieb „auf frischer That" betroffen wurde, d. h. wenn zwischen dem Diebstahl und dem Betreffen eine solche sachliche Verbindung, eine solche Continuität obwaltet, daß das Ganze als ein zusammenhängender Vor­ fall erscheint: OT. 67, 68 (O. VIII, 204; IX, 633); nach HStR. II, 377, Rüd. n. 4, v. Schw. n. 1. 2, Olsh. n. 3 ist die Vollendung des Diebstahls sogar nothwendige Voraussetzung des § 252. Demgemäß gehört auch der Fall hierher, wo der Dieb bei einer unmittelbar nach der That eingetretenen Verfolgung (Nacheile) angehalten wird. Vgl. § 214 n. 5, Mot. s. 125, Merkel, HH. III, 723, v. Buri, GSaal 29 Beil. f. 51; a. M.: Villn., Raub rc. s. 41. — Thäter aus § 252 kann nur der Thäter oder Mitthäter des Diebstahls, nicht auch der Diebstahlsgehülfe sein: Olsh. n. 7. 4. In Betreff der Gewalt und Drohungen rc. vgl. § 249 n. 6ff. — Ge­ walt u. s. w. gegen einen Theilnehmer am Raube, der sich in Alleinbesitz des ge­ stohlenen Gutes setzen will, fällt nicht unter § 252: Olsh. n. 7. 5. Der § trifft nur zu, wenn die Handlung geschah, „um sich im Besitze" des Gestohlenen zu erhalten, nicht da, wo der Dieb nur seine Person sichern wollte (Mot. s. 125), selbst wenn er sich bewußt war, daß er mit seiner Person auch die gestohlene Sache, z. B. ein bereits angezogenes Kleidungsstück, in Sicherheit bringe; a. M. (für letzteren Fall): v. Buri s. 52. Verfolgte der Thäter beide Zwecke, so bleibt der § anwendbar. Ob jener (im § vorgesehene) Zweck erreicht wurde, ist gleichgültig: HStR. II, 378, Villn. s. 41. 6. Der Thäter soll „gleich einem Räuber" bestraft werden. Es werden sonach auch die §§ 250. 251 anwendbar, wenn ihre Voraussetzungen zutreffen: Mot. s. 125, RH. 14. März 82 (R. IV, 242); zu dem Behufe ist jedoch festzustellen, daß der betr. Erschwerungsgrund nicht bloß bei dem Diebstahle, sondern bei der That im Ganzen, also auch bei der Anwendung der Gewalt (der Drohungen) vorgelegen habe: OT. (cit. n. 1), Schw., SGZ. 21 s. 204; vgl. Jena (Voll. 24 s. 274). — Neben Zuchthaus kann die Zulässigkeit der Polizeiaufsicht ausgesprochen werden: § 256. 7. Mit Rücksicht auf das n. 6 Gesagte liegt keine Veränderung des rechtlichen Gesichtspunkts im Sinne des § 264 Abs. 1 StPO, vor, wenn bei einer Anklage aus § 252 im Eröffnungsbeschlusse weder der § 250 oder § 251 noch der die Anwendung des einen oder anderen bedingende, erschwerende Umstand erwähnt ist, während der Vorschrift des § 264 Abs. 2 StPO, schon durch die jenen Umstand umfassende Fragestellung genügt wird: RII. 14. März 82 (R. IV, 242). 8. Bei der Fragestellung ist die Zusammenziehung des Thatbestandes der §§ 251. 252 zulässig: Rill. 20. Dez. 88 (E. XIX, 141). Dgl. im Uebrigen RIV. 5, März 86 (cit. n. 2).

Thl. II. Abschn. XX.

Raub und Erpressung. — § 253.

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§ 258. Wer, um sich oder einem Dritten einen rechts­ widrigen Vermögensvortheil zu verschaffen, einen Anderen durch Gewalt oder Drohung zu einer Handlung, Duldung oder Unter­ lassung nöthigt, ist wegen Erpressung mit Gefängniß nicht unter Einem Monat zu bestrafen. Der Versuch ist strafbar. [I. (Sntre.: §§ 230. 231; II. Entw.: § 248; StB. S. 684; Pr. StGB.: §§ 234. 235.] § 253.

1. Begriff der „Nöthigung"; vgl. § 240 n. 1. 2. 2. In Betreff des Begriffs „Gewalt" vgl. § 52 n. 4, § 106 n. 1, § 113 n. 29-39, § 240 n. 4, RH. 23. Sept. 81, IV. 29. Sept. 85 (E. 4, 429; R. VIT, 545). Die Gewalt darf hier nicht gegen eine Person geübt sein, indem sonst § 255 anwendbar wird; a. M.: v. Wächter u. Katz, GSaal 27 s. 161; 31 s. 431. — Auch eine an sich berechtigte Gewalt-Anwendung (z. B. Seitens eines Beamten) ist straf­ bar, wenn dadurch ein widerrechtlicher Vermögensvortheil erpreßt werden soll. Vgl. n. 3 a. 3. In Betreff der „Drohung" vgl. § 48 n. 30, § 106 n. 2ff., RH. 14. Mai 95 (GA. 48, 125) und Rl. 29. Nov. 00 (E. 34, 15). Daß dieselbe eine Strafthat zum Gegenstände habe (§ 240) oder eine gegenwärtige Gefahr oder gar eine solche für Leib und Leben begründe (§§ 249. 252. 255), wird hier nicht erfordert: Rl. 9. Febr. 80 (R. 1, 325), OT. (O. XV, 46); es kann vielmehr die Bedrohung mit einer pflichtwidrigen Unterlassung, z. B. der Nichterfüllung einer Verbindlichkeit (unter besonderen Umständen) oder mit der Nichtbeseitiguug eines schon vorhandenen Uebels, ja mit der Ausübung eines Rechts, der Stellung oder Nichtzurücknahme eines Strafantrags (mit letzterer, gemäß RIV. 29. April 92, GA. 40 s. 54, selbst dann, wenn die Zurücknahme rechtlich unstatthaft wäre), ferner mit der Anbringung einer (be­ gründeten oder unbegründeten) Denunziation, der Veröffentlichung eines Witz-Artikels, einer Tbatsache durch die Presse genügen (das Strafbare liegt im Zweck): Mot. s. 126, Rl. 12. Febr. 80, Rill. 26. Febr. 81, 25. Jan. 83, 3. Juli 84, «IV. 25. Juni 86 (E. I, 205; III, 426; XIV, 264; R. VI, 508; GA. 38 s. 353, Mot.), OT. (O. XIV, 714; XV, 46. 637; XVII, 248. 459; XVIII, 120; XX, 28): a. M. (in Betreff der angedrohten Geltendmachung eines bestehenden Rechts): Villn., Raub s. 12; dies gilt namentlich von dem Jnaussichtstellen einer (begründeten oder unbegründeten) Klage; ebenso: Rl. 18. Dez. 82, «II. 7. April 93 (BA. 49 s. 282; GA. 41 s. 39), Münch. 87 (BE. IV, 448); a. M.: Münch. 72 (BE. II, 11), desgleichen von der Androhung einer Zwangsvollstreckung; vgl. «II. 11. Dez. 94 (E. XXVI, 305: Fall, wo die Schuld getilgt und der Vollstreckungstitel erschlichen war), von dem Jnaussichtstellen einer Kapitalkündigung (Rill. 5. März 98; GA. 46, 318), des Boykotts der Fabrikate eines Fabrikanten («IV. 22. Jan. 97; GA. 45, 39); nicht aber, genläß «III. 19. Okt. 88 (R. X, 582), von dem Ankündigen einer nicht Pflichtwidrigen Unterlassung. Unter welchen Umständen das Drohen mit einer sog. Platzsperre, bzw. mit deren Fortdauer, selbst, wenn in dem Streiken kein Vertragsbruch enthalten ist und unbeschadet der §§ 105. 152 Gew.-O. als Drohung im Sinne des § gelten könne, darüber vgl. Rill. 6. Okt. 90 (E. XXI, 114). Vgl. auch weitere Fälle bei Rl. 17. Jan. 01 (GA. 48, 115) und «III. 27. Nov. 99 (E. 32, 421). — Stets muß jedoch ein Uebel (also ein Nachtheil für Leben, Freiheit, Ehre, Ver­ mögen rc.), dessen Bevorstehen die Willensfreiheit des Andern zu beschränken geeignet ist, in Aussicht gestellt und vom Angeklagten dafür gehalten sein; vgl. «II. 22. Nov. 81, Rill. 31. Jan. 89 (E. V, 171; XIX, 41: z. B. die Fortdauer eines Nothstandes als Folge der Nichterfüllung einer kontraktlichen Verpflichtung), «III. 9. März 81 (E. III, 429: betr. die Nichterlangung eines erwarteten Gewinns); daher ist die Erklärung des zudringlichen Bettlers, er werde nicht weggehen, bis er etwas erhalte, für sich allein noch kein Erpressungsversuch: Merkel, HH. III, 727; ygl. § 43 n. 9, andererseits jedoch «II. 3. April 94 (E. XXV, 254: erkannte, daß bei einem bloßen Versuche es lediglich darauf ankomme, ob nach der Vorstellung des Thäters die betr. Maßregel geeignet sei, auf die Willensbethätigung des Bedrohten einzuwirken, nicht also auch, ob sie diese Eigenschaft wirklich besitze). Ev.

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Thl. II. Abschn. XX.

Raub und Erpressung. - § 253.

genügt schon die Androhung eines bloß relativen Uebels, z. B. der gewaltsamem Verhinderung einer Abreise: OT. (O. XVI, 549). Die Bezeichnung der Handlung, durch welche das Uebel erreicht werden soll, ist nicht erforderlich : letztcit. OT. Auch reicht für die Kundgebung der Macht und des Willens zur Herbeiführung des Uebels unter Umständen schon die indirekte Hinweisung auf dessen event. Eintritt hin: R-l. 24. März 84 (K. X, 216). Immerhin muß aber der Vorsatz auf Beugung des Willens eines Andern gerichtet sein. Ob die Redewendung dahin zielte oder auf eine bloße Darstellung der Sachlage, ist Thatfrage: Rill. 14. Jan. 86 (R. VIII, 55)); vgl. n. 4. -n- Der bloße Hinweis auf bevorstehende Uebel, die eine zwar nothwendige, aber von dem Willen des LHäters unabhängige Folge eines an sich er­ laubten Handelns sind, ist eine Warnung, aber noch keine Drohung: RI. 1. ZuLi 97 (GA. 45, 356), RI. 29. Rov. 00 (cit. n. 2). Dgl. auch Rill. 23. Sept. 97 (GA. 45, 363, wo in dem Ansinnen nur eine Vertragsproposition zu finden roar). 3 a. Die Verwirklichung des angedrohten Uebels muß irgendwie von der Macht oder dem Willen des Drohenden abhängen; so: dt. Still. 14. Jan. 86. Doch wird es genügen, wenn solches mindestens nach der (vom Thäter gewollten) Meinung des Andern der Fall war; ebenso: Rill. 27. Febr. 90 (GA. 38 s. 54). Alödann kann selbst die Androhung eines von einem Dritten zuzufügenden Uebels den Thatbestand erfüllen: vgl. RIV. 25. Febr. 87 (E. XV, 333). Auch ist es un­ wesentlich, ob das angedrohte Uebel den Bedrohten allein und unmittelbar, oder ob dasselbe zunächst einen Dritten treffen würde (Beisp.: Bedrohung eines Vaters mit einer Denunziation gegen den Sohn): Rill. 9. Juni 80 (A. II, 130), Dresd., OT. (SGZ. XVII, 305; XVI, 716; XVIII, 220). Dies gilt sogar dann, wenn jener Dritte mit dem Droher im Einverständnisse handelte: Dresd. (StZ. IV, 181), oder wenn derselbe gar der Droher selbst wäre (Beisp.: der Sohn droht mit Selbst, mord, falls der Vater kein Geld gebe; a. M.: Villn. s. 12). — Die Drohung braucht nicht ernstlich gemeint zu sein, sofern nur die Absicht dahin geht, bei dem Bedrohten die Besorgniß ihrer Verwirklichung zu erregen: RI. 9. Febr. 80 (R. I, 325) und der Bedrohte die Verwirklichung für möglich (bevorstehend) hält (bezw. was den Versuch betrifft, für möglich halten konnte); vgl. OT. (O. XVI, 58; XVIII, 355); »II. 21. Jan. 81 (E. III, 262) erkannte ein Gleiches bez. einer nicht ausführbaren Drohung. — Ob das angedrohte Mittel in seinem Erfolge für den Bedrohten schädlich oder unschädlich war, ist gleichgültig: OT. (O. XVII, 101). Ebensowenig wird der Thatbestand des Vergehens ausgeschloffen, wenn der Thäter sich zur Erreichung seiner Abffcht (n. 4) einer obrigkeitlichen Person als Mittelsperson bedient: Manh. (BA. 45 s. 193). ' 3b. Bei Beamten greift § 253 auch dann Platz, wenn statt der „Gewalt" oder „Drohung" als Mittel „Mißbrauch der Amtsgewalt" oder „Androhung eines bestimmten Mißbrauchs derselben" angewandt worden ist: § 339 Abs. 3. , 4. Der Dolus muß dahin gerichtet sein, „sich oder einem Dritten einen (rechtswidrigen) Dermögensvortheil zu verschaffen". Wer dies nicht beabsichtigt, vielmehr nur in der Absicht handelt, einem Andern die Mittel zur Abwendung einer von ihm beschlossenen und von jenem befürchteten, mithin bereits drohenden Maßregel an die Hand zu geben, verfällt nicht der Strafbestimmung des §; so: OT. (O. XVII, 101); vgl. jedoch RI. 24. März 84 (E. X, 216); noch, wer nur eine Sühne für ein ihm zugefügtes Unrecht zu Gunsten der Armen sucht; so: RI. 12. Okt. 91 (E. XXII, 170); a. M.: Rll. 19. März 80 (R. I, 495). Ein VermögensVortheil liegt vor, wenn die Vermögenslage in irgend einer Beziehung verbessert, z. B. wenn ein Forderungsrecht (vgl. auch R. 12. Okt. 80; R. II, 325), ein Beweismittel (R. 3. Dez. 80, R. 2, 599; 14. Dez. 96, GA. 44, 396: Schuldschein), ein Besitzstand (z. B. durch Abnöthigen der in fremdem Besitze befindlichen eigenen Sache) erworben wird; vgl. Mot. s. 126, § 263 n. 2—10. Ja, schon die Erlangung der Adresse eines latitirenden Schuldners kann unter Umständen einen solchen Vortheil darstellen: so: Rill. 20. April 81 (A. III, 470), desgleichen die Erlangung einer Beamtenstelle: Rill. 8. Febr. 83 (R. V, 94); Beseitigung einer gewerblichen Konkurrenz (R. 23. Okt. 96; GA. 44, 274). In Betreff einer sog. reichen Heirath vgl. § 263 n. 34. Ein Zwangsvergleich im Konkurse enthält nicht nothwendig einen Vermögensvortheil für den Gemeinschuldner: Rll. 23. Febr. 86 (R. VIII, 136). Rill. 17. März 80 (E. I, 318) erkannte dasselbe bez. der Zahlung einer Schuld Seitens eines Richtverpflichteten (ev. sei daher der Vortheil, z. B. der auf Insolvenz des wirklichen Schuldners beruhende, besonders festzustellen). — Die Erlangung eines

Thl. II. Abschn. XX.

Raub und Erpressung. — § 253.

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geringwertigen Verzehrungsgegenstandes ohne Gegenleistung stellt einen „Ver­ mögensvortheil auch dann dar, wenn die Absicht von vornherein auf augenblicklichen Verzehr gerichtet war: Rill. 26. Mai 00 (GA. 47, 376). 5. Der gesuchte Dennögensvortheil muß ein (bewußter Weise:. OT., O. XV, 84) „rechtswidriger", d. h. ein solcher sein, auf welchen kein Rechtsanspruch besteht: Mot. s. 126, 91111. 17. Dez. 81, RI. 5. Jan. 82, RIV. 29. April 92 (E. V, 352; R. IV, 18; GA. 40 s. 54), RI. 7. Jan. 95 (E. XXVI, 354: betr. Leistungen an eine Armenkasse); Merkel s. 733 fordert überdies, daß durch dessen (erzwungene) Gewährung das Vermögen des Andern benachteiligt werde, Frank (Z. f. StR. XIV, 399), daß der Vortheil vom Gewährenden im Wege des Rechts zurückverlangt werden könne; vgl. auch Villnow s. 49, Waag und Katz, GSaal 31 s. 241. 443 und im Uebrigen § 263 n. 6. 5 a. Demgemäß scheidet der § in allen solchen Fällen aus, wo Jemand gegen Aufgabe eines wirklich begründeten Rechtsanspruchs von dem Verpflichteten tue Leistung, z. B. die Erfüllung einer fälligen Forderung erzielen will: Rill. 17. März 80 (E. I, 318), OT. (O. XVI, 95), sollte letztere auch bestritten und schwer beweisbar sein: Rill. 11. Dez. 82 (E. VII, 378), OT. (O. XVII, 797; XIX, 141) oder gar der Beweise ganz entbehren: RI. 5. Jan. 82 (R. IV, 18); a. M.: Münch. (BE. II, 274); das Gegentheil tritt ein, wenn die Forderung anderweit mit Beschlag belegt war: RH. 12. Okt. 80 (R. II, 325), oder wenn die Berichtigung (Uebernahme) von einem Dritten, Nichtverpflichteten (z. B. einem Angehörigen des Schuldners) erpreßt wird; vgl. Sten. 93er. s. 684, dt. Will. 20. April 81 (: sollte die Absicht hierauf auch nur an zweiter Stelle, nur eventuell gerichtet sein), OT., Dresd. (O. XVI, 585; XIX, 312; SGZ. 22 s. 48); a. M.: Meyer n. 5; vgl. oben n. 4, § 263 n. 2. — Für den Begriff der Rechtswidrigkeit ist nur die juristische Unrechtmäßigkeit entscheidend; das Bestehen einer bloß moralischen Verpflichtung zu dem begehrten Thun oder Unterlassen schließt die Rechtswidrigkeit nicht aus: OT. (O. XVII, 375; XVIII, 564). Wer das in einem Glücksspiele verlorene Geld zurückfordert, erstrebt einen rechts­ widrigen Vermögensvortheil: RIV. 23. Rov. 97 (E. 30, 337). Die Berichtigung einer verjährten Forderung stellt daher einen rechtwidrigen Vermögensvortheil dar, sofern der Schuldner bereits (sei es auch nur außergerichtlich) erklärt hatte, von der Verjährungseinrede Gebrauch machen zu wollen; so: Dresd. (StZ. V, 365); OT. 4. Apr. 76 (O. XVII, 248) nahm dasselbe bez. der Befreiung von einer judikatmäßigen Schuld sogar für den Fall an, daß die Verurtheilung auf einem Meineide beruht haben sollte; a. M. jedoch: RII. 12. Rov. 89 (E. XX, 56: unter gleichzeitiger Bezugnahme auf § 580 CPO.), Bind. II, 561, Rüd. n. 3 a. Ist es noch nicht zu einer Verurtheilung gekommen, so ist nach Rill. 11. Juni 81 (E. IV, 279) das Bestreben des Beklagten, von einer nach seiner Ueberzeugung unbegründeten Forderung befreit zu werden, als ein auf Erlangung eines rechtswidrigen Dermögensvortheils gerichtetes selbst dann nicht anzusehen, wenn der Gegner bereits zum Erfüllungseide verstattet war; vgl. OT. (O. XVIII, 220). Rill. 30. April 81 (E. IV, 167) erkannte, daß die Absicht, den Gegner durch Drohungen zur Unterlassung eines (un­ gerechten) Prozesses zu bestimmen, zwar in der Regel den subjektiven Thatbestand der Erpressung nicht erfülle, daß dies aber eine Ausnahme erleide, wenn der Droher sein Recht für schwer nachweisbar, den Ausgang des Prozesses daher für unsicher anzusehen Grund hatte, RII. 23. Dez. 87 (R. IX, 748), daß ein rechtswidriger Vortheil in der Zurücknahme einer Klage nur dann gefunden werden könne, wenn der eingeklagte Anspruch begründet oder doch mindestens zweifelhaft sei. — Uebermäßige Entschädigung ist selbst dann ein rechtswidriger Vermögensvortheil, wenn sie den Höchstbetrag der gesetzlich zulässigen Buße (§§ 188. 231) nicht erreicht: OT. 77 (O. XVIII, 120). In Preußen entspricht das Verbot der Verabfolgung von Loosen an Aufkäufer durch die Lotterie-Collekteure dem Gesetze; die trotzdem stattfindende Verabfolgung stellt nach OT. (O. XVIII, 512) für den Aufkäufer einen rechtswidrigen Vermögensvortheil dar. Das Gegentheil gilt von der Erstattung des durch falsches Spiel verlorenen Geldes: RII. 10. Rov. 85 (R. VII, 635). 5 b. Besteht ein Recht auf den Vortheil (oder glaubt der Thäter, daß es bestehe), so kann die Rechtswidrigkeit des zum Zwecke seiner Erlangung angewandten Mittels zwar die Subsumtion der That unter ein anderes Strafgesetz (z. B. § 240), nicht aber diejenige unter § 253 begründen: Rill. 11. Juni 81, 11. Dez. 82, RII. 12. Rov. 89 (E. IV, 279; VII, 378; XX, 56).

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Thl. II. Abschn. XX.

Raub und Erpressung. — § 253.

5c. Da den Angeklagten überall keine Beweislast trifft, so kann die Rechts­ widrigkeit nicht lediglich damit begründet werden, daß jener die behauptete Rechtmäßigkeit nicht nachgewiesen habe; dies schließt jedoch nicht aus, daß der Instanzrichter einen Anspruch um deswillen, weil er an jedem Anhalte für dessen Begrün­ dung mangle, für einen rechtswidrigen erachte: OT. (O. XVIII, 703). Das Bewußtsein von der Rechtswidrigkeit des gesuchten Vermögensvortheils bedarf nur im Bestreitungsfalle der ausdrücklichen Feststellung: Rill. 17. März 80 (E. I, 318), OT. (O. XVI, 785). 6. Daß der Vortheil auch für einen „Dritten" gesucht sein könne, ist ausdrücklich hervorgehoben worden, weil die Zuwendung an einen Andern hier un­ mittelbar bewirkt werden kann, während beim Diebstahl der Zuwendung an einen Andern die Zueignung (Wegnahme) des Diebes vorhergehen muß; vgl. § 242 n. 42. Dieser „Dritte" muß entweder ein physisches oder ein juristisches, zmn Erwerbe des Vermögensvortheils befähigtes Rechtssubjekt sein: RII. 19. März 80 (cit. n. 4). Doch wird gemäß RI. 12. Okt. 91 (cit. ib.) die in § 253 verlangte Ab­ sicht nicht mit Nothwendigkeit dadurch ausgeschlossen, daß der Dritte den betr. Vortheil rechtlich nicht erwarten kann, oder daß derselbe eine zur Zeit der Nöthigung noch ganz unbestimmte Person (z. B. die Armen) war. Eine solche Absicht kann auch angenommen werden bei Einforderung von Beittägen zur Ansammlung eines Strikesonds, wobei es gleichgültig ist, ob der Drohende wie der Bedrohte zu den künftigen Empfängern gehören können: RH. 20. Okt. 99 (E. 32, 335). Vgl. aber auch Rll. 2. März 00 (GA. 47, 165: bett. eine Sttikekasse). Keinesfalls fordert der §, daß der Thäter durch die einem Dritten zugedachte Zuwendung sich mittelbar auch einen eignen Vortheil verschaffen wollte, mithin immerhin in eigen­ nütziger Absicht handele: cit. RI. 12. Okt. 91. 7. Die (successive) Bedrohung mehrerer Personen zur Erreichung eines und desselben Vermögensvortheils schließt die Annahme einer Realkonkurrenz an sich nicht aus; so: RI. 1. Juli 80 (R. II, 148). Dagegen liegt stets nur ein Strass all vor, wenn durch einen einmaligen Gewalt- oder Drohungsakt Jemand zu einer Mehrheit von Handlungen genöthigt wird, sollten diese auch zn verschiedenen Zeiten vorgenommen werden. 7 a. Es wird nicht erfordert, daß der Vortheil gerade aus dem Vermögen des Bedrohten zu leisten sei und daß die den Gegenstand' der Nöthigung bildende Handlung denselben unmittelbar gewähre, der § umfaßt vielmehr auch den Fall, wo der Bedrohte zu einer „Handlung" genöthigt wird, um einen Dritten zur Ge­ währung jenes Vortheils zu bestimmen: OT. (O. XVII, 375), es sei denn, daß es sich nicht um eine für den Dritten maßgebende Anordnung, sondern um eine bloße Verwendung, eine bloße Bitte handelte, bereit Gewährung lediglich Sache der Gefälligkeit jenes Dritten wäre; so: RIV. 23. Okt. 00 (E. 33, 407), Rill. 26. Febr. 81, 8. Febr. 83 (E. III, 426; R. V, 94). 8. In Betreff der Vollendung des Vergehens vgl. § 240 n. 8. Danach bedarf es nicht der Erlangung des gesuchten Vermögensvortheils: Mot. s. 126. Vollendete Erpressung liegt auch vor, wenn der Bedrohte einen geringeren Betrag als den geforderten bezahlt: RII. 16. Jan. 00 (E. 33, 78). Ja es ist da, wo die erzwungene Handlung in der Ertheilung einer Zusage bestand, gleichgültig, wenn hierbei auf Seiten des Bedrohten von vorn herein die Absicht der Nichterfüllung obwaltete: Rill. 9. März 81 (cit. n. 3). Immerhin muß aber die erzwungene Handlung zur Vermittelung von Vermögensvortheilen an sich geeignet, das bewußte Mittel sein, durch welches mindestens indirekt der Genöthigte dem Thäter den von diesem gewollten Vortheil zuwendet: sonst kann nur ein Fall des § 240 oder ein bloßer Erpressungsversuch vorliegen; so: cit. RII. 16. Jan. 00, RI. 1. Juli 97 (cit. u. 3), Rill. 8. Jan. 63 (E. VIII, 5). Im Uebrigen vgl. bezüglich des Versuchs oben n. 3 und § 114 n. 6. »III. 23. Apr. 85 (R. VII, 248) betrachtet als solchen auch den Fall, wo der Thäter den erstrebten Vermögensvortheil nur irriger Weise für einen rechtswidrigen hält [?] ; vgl. § 43 n. 9. 10. Zum Versuche wird nicht erfordert, daß der Bedrohte rc. mit der verlangten Handlung schon den Ansang gemacht habe: OT. (O. XV, 637). Ja, es ist, wenn brieflich gedroht wurde, nach »III. 20. Sept. 83 (A. VIII, 296) nicht einmal nöthig, daß die Drohung schon zur Kenntniß des Bedrohten gelangt sei; vielmehr stelle hier bereits das Aufgeben des Briefs auf die Post einen Versuch dar. — Der Versuch der Nöthigung zu einer

Thl. II. Abschn. XX.

Raub und Erpressung. — §§ 254. 255.

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§ 354. Wer die Erpressung durch Bedrohung mit Mord, mit Brandstiftung oder mit Verursachung einer Ueberschwemmung begangen, so ist auf Zuchthaus bis zu fünf Jahren zu erkennen. [I. Entw.: § 231; II. Entw.: § 249; Pr. StGB.: § 235 Abs. 2.]

§ 255. Wird die Erpressung durch Gewalt gegen eine Person oder unter Anwendung von Drohungen mit gegen­ wärtiger Gefahr für Leib oder Leben begangen, so ist der Thäter gleich einem Räuber zu bestrafen. [I. Entw.: § 232; II. Entw.: § 250; Pr. StGB.: § 236.] „Handlung" ist mit der zur Kenntniß der Bedrohten gebrachten Drohung beendigt, alsdann daher die Anwendbarkeit des § 46 Nr. 1 (freiwilliger Rücktritt) ausgeschlossen, und ebensowenig von § 46 Nr. 2 (thätiger Reue) die Rede: RH. 12. März 80, RI. 27. Sept. 94 (R. I, 453; E. XXVI, 77), SRI. 6. Mai 97 (E. 30, 98), OT. (O. XIV, 714: in Betreff des § 46 Nr. 1); vgl. § 46 n. 14. 15. 9. Zwischen der Erpressung und der Anstiftung zum Vergehen aus § 270 Pr. StG.B. findet keine Gesetzeskonkurrenz statt; so: RIV. 6. März 88 (E. XVII, 202; vgl. EG. § 2 n. 22; ebensowenig zwischen § 253 (255) und § 362 Abs. 2 (Betteln unter Drohungen): Rill.16. Febr. 99 (E. 32. 46); dagegen wohl zwischen §§ 249 u. 253: Rll. 23. Septbr. 81 (E. 4, 429). Jdealkonkurrenz der ErPressung mit Betrug ist möglich und event. § 263 als das strengere Gesetz zur An­ wendung zu bringen; doch liegt ein solcher Fall nicht vor, wenn die Täuschung lediglich die Drohung betraf, den Eindruck der letzteren verstärken, diese zu einer wirksamen machen sollte, iudem jene alsdann keine selbständige strafrechtliche Be­ deutung hat, sondern im Begriff der Drohung aufgeht: Rill. 17. März, 27. Febr. 90 (E. XX, 326; GA. 38 s. 54). Wegen Jdealkonkurrenz von Erpressung mit dem Vergehen auS § 289 vgl. dort n.11. Jdealkonkurrenz ist möglich mit § 302 a (Wucher): Rill. 5. Mai 98 (GA. 46, 318); dagegen ausgeschlossen mit § 240. Olsh. n. 13. 10. 11. In Betreff der Nebenstrafen vgl. §§ 256. 32. 55. — Im Uebr. vgl. die Bemerkungen zu § 240. Für die Verjährung der Erpressung ist, wenn die Drohung in einer Druckschrift enthalten war, nicht § 22 Preß-G., sondern § 67 StGB, maßgebend Rll. 3. April 00. (E. 33, 230). Wegen des Ortes der That vgl. § 3 n. 11 a. E. 12. Zllständig ist Strafk. § 254. 1. Auch hier braucht die in Aussicht gestellte Gefahr keine gegenwärtige zu sein: RI. 9. Febr. 80 (R. I, 325). — Ob eine Bedrohung mit „Tödtung" als Drohung mit „Mord" anzusehen sei, ist nach der Belegenheit des Einzelfalles thatsächlich zu prüfen. Schütze s. 457 nimmt an, daß „Mord" hier auch Todtschlag umfassen solle; a. M.: Villnow, Raub s. 51, v. Buri und Katz, GSaal 29 Beil, s. 68; 31 f. 438; vgl. cit. SRI. 9. Febr. 80. 2. Neben Zuchthausstrafe kann auf Zulässigkeit von Polizeiaufsicht erkannt werden: § 256. — Zuständig ist Strafk. GVG. § 722. § 255.

(Räuberische Erpressung.)

1. 2. In Betreff der „Gewalt gegen eine Person" und der Anwendung von Drohungen mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben" vgl. § 253 n. 2, § 249 n. 6. 9, § 48 n. 30, § 52 n. 9, § 106 n. 2 ff. Das dort Gesagte gilt hier mit der Maßgabe, daß die Gewalt zum Zweck der Nöthigung angewendet sein muß. Die Beschränkung auf Drohungen mit einer schweren Leibesgefahr wäre ungerechtfertigt; so: Villnow, Raub j. 51. 3. Gegenüber einem Geschworenenspruch, welcher es ungewiß läßt, ob ein Fall des § 253 oder des § 255 vorliege, welcher z. B. die nach der Fassung des § 255 (zulässiger Weise) alternativ gestellte Frage bezüglich der „gegenwärtigen Ge-

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Thl. II. Abschn. XXL Begünstigung und Hehlerei. — §§ 256.257.

§ 256» Neben der wegen Erpressung erkannten Gefängniß­ strafe kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte und neben der wegen Raubes oder Erpressung erkannten Zuchthausstrafe auf Zulässigkeit von Polizei-Aufsicht erkannt werden. [I. Entw.: 231; II. Entw.: § 251; Pr. StGB.: §§ 235. 231.]

Einun-rwanxigster Abschnitt. Begünstigung und Hehlerei.

§ 257. Wer nach Begehung eines Verbrechens oder Ver­ gehens dem Thäter oder Theilnehmer wissentlich Beistand leistet, um denselben der Bestrafung zu entziehen oder um ihm die Vor­ theile des Verbrechens oder Vergehens zu sichern, ist wegen Begünstigung mit Geldstrafe bis zu sechshundert Mark oder mit Gefängniß bis zu Einem Jahre und, wenn er diesen Beistand seines Vortheils wegen leistet, mit Gefängniß zu bestrafen. Die Strafe darf jedoch, der Art oder dem Maße nach, keine schwerere sein, als die auf die Handlung selbst angedrohte. Die Begünstigung ist straflos, wenn dieselbe dem Thäter oder Theilnehmer von einem Angehörigen gewährt worden ist, um ihn der Bestrafung zu entziehen. Die Begünstigung ist als Beihülfe zu bestrafen, wenn sie vor Begehung der That zugesagt worden ist. Diese Bestimmung leidet auch auf Angehörige Anwendung. [I. Entw.: §§ 43. 44; II. Entw.: § 252; StB. S. II73ff.; Pr. StGB.: §§ 37. 38.] fahr rc." verneint, im Uebrigen aber bejaht, ist gemäß § 309 StPO, zu verfahren; so: Rl. 29. Sept. 84 (E. XI, 103). 4. Der Thäter soll „gleich einem Räuber" bestraft werden; es werden daher auch die §§ 250. 251 anwendbar, sobald ihre Voraussetzungen zutreffen: Mot. s. 127. Vgl. § 252 n. 6 und (bez. der Polizeiaufsicht) § 256. § 256. 1. Zu § 256 vgl. §§ 32. 35. 249 n. 15. § 257. Inhalt: Angehöriger: 24. 25. Anstiftung: 1. 2. 3. 29. Arbeitshaus: 12. Beamter: 11 14b. Begünstigter: 3. • Bekanntschaft: 9a. • Bestrafung: 18. Begünstigung; 1. ■ d. Begünstiger-: 3. Beihülfe: 1. 2. 3. 6. 6. 28. Bestrafung: 11—14. Dieb re.: 23. DoluS: 4. 8—10. geststellung: 8.

Geldstrafe 14 a. Gnadengesuch: 14. Hauptthat, Vollendung: S. 27. Hehlerei: 23. Holzdiebstahl: 30. Milttärdelict 4. Mineralten: 30. Persönliche Begünstigung: 10 ff. Douzeiaufsicht: 12. Sachliche Begünstigung: 10. 15 ff. Sicherung der Vortheile: 15 ff. Strafantrag: 11. 19. Strafe: 22. Theilnahme: 1.

Theilnehmer: 1. 2. Uebertretung: 4. 30. Unterlassung: 7. Untersuchungshaft: 11. Versuch: 5. 16. Vollstreckung: 13—15. ,vor' Begehung: 5. 6. 27. Vortheil, eigener: 21. 25. 10. wann: 5. 6. 27. wissentlich: 8. 9. 22. Zeit: 5. 6. 27. Zweck: 10 11 ff. 16. 17.

Thl. II. Abschn. XXL Begünstigung und Hehlerei. — § 257.

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1. Das Gesetz betrachtet die „Begünstigung" nicht als Betheiligung an der Strafthat des Hauptthäters, sondern als ein selbständiges Vergehen, welches man gemeinhin als strafbaren Eingriff in die Rechtspflege des Staats qualifizirt, obgleich hiermit nur Eine Seite des Vergehens gekennzeichnet wird. — Demgemäß ist die Theilnahme an einer Begünstigung (Mitthäterschaft, Anstiftung, Beihülfe) unzweifelhaft möglich und strafbar; a. M.: Villnow, Raub s. 73 (in Betreff der Beihülse; diese sei nicht denkbar, ohne selbst zur Begünstigung zu werden). Ja, sogar die Anstiftung (Beihülfe) zur eignen (des Anstiftenden, bezw. Gehülfen) Begünstigung ist (als weitere Strafthat) strafbar: RL 7. April 81, 11. Juni 83 (E. IV, 60; li. V, 421), OT. (O. XVIII, 712: nahm jedoch bloße Jdealkonkurrenz an, wenn die Ent­ schließung zur Anstiftung schon in der Entschließung zum Begehen der Hauptthat enthalten war); a. M.: Mb. s. 308, Olsh. n. 8, Geyer, Z. f. StR. II, 315, Herzog, GSaal 34 f. 81. 2. Selbstbegünstigung ist straflos, selbst wenn sie gleichzeitig einem Mitschuldigen zu Gute kommt: «II. 28. Febr. 91 (E. XXI, 375). Wohl aber kann mit Rücksicht auf das unter n. 1 Gesagte ein bei der Hauptthat Betheiligter sich demnächst durch Begünstigung eines andern Theilnehmers (abermals) strafbar machen: «HL 3. Rov. 87 (E. XVI, 374: Mot.), cit. «II. 28. Febr. 91 (: betraf Begünstigung eines Thäters durch einen Mitthäter), OT. (O. XVII, 596. 601: ob Real­ oder bloß Jdealkonkurrenz anzunehmen, sei eine thatsächliche, nach den Umständen des konkreten Falls zu entscheidende Frage), Jena (Voll. XX, 316), Puch. n. 5, ML. s. 308. Merkel. HH. III, 741, Olsh. n. 27, Abh., StZ. I, 65.81; a. M.: Stuttg., Münch., Dresd. (WGbl. XII, 441; BE. VII, 155; SGZ. 23 s. 140), Manh. (BA. 43 s. 120: sprach sich gleichzeitig gegen die Möglichkeit ideeller Konkurrenz aus), HStR. II, 882, Schw. n. 26. icl. GSaal 24 s. 376, v. Buri u. Herzog ib. 29 s. 34. 161, v. Kries, Z. f. StR. VII, 565; vgl. n. 29, § 48 n. 14, §'258 n. 10, Meves, StRZ. XIII, 492. 3. Ebenso kann der Begünstiger demnächst sowohl durch einen bei der Hauptthat Betheiligten als durch einen Dritten begünstigt werden; vgl. ML. s. 308; a. M.: Villnow, Raub rc. s. 73. 3 a. Strafbare Begünstigung ist auch bei solchen Strafthaten möglich, welche der Begünstiger selbst nicht hätte begehen können: «II. 10. Mai 81 (E. IV, 158). 4. Sie kann bei allen Verbrechen und Vergehen (einschließlich bloßer Fahrlässigkeitsvergehen: Schütze s. 162, sowie Antrags- Ermächtigungsdelikte: v. Liszt S. 631; vgl. auch n. 11) vorkommen, selbst bei den im StGB, nicht vorgesehenen (Disciplinarvergehen gehören nicht hierher, vgl. aber § 3 EG. z. Mil. StGB.); a. M.: Schw. n. 7; diesen steht ein militärisches Verbrechen (Vergehen) gleich: Mil.-StGB. §§ 1. 2, «II. 1. April 87 (E. XV, 396); vgl. jedoch §48 n. 4. Ebendeshalb ist auch Begünstigung der Anstiftung zu einem Vergehen rc., bzw. des Anstifters möglich, ohne daß gleichzeitig der Hauptthäter begünstigt wird: § 48 n. 6; vgl. RI. 8. Juli 86 (E. XIV, 318: Fall des Abs. 3). Bei Übertretungen findet (in Ermangelung besonderer dies bestimmender Gesetze, vgl. n. 30) eine Begünstigung nicht statt. Demgemäß ist dieselbe in Beziehung auf solche Strafthaten, deren Bestrafung sich nach dem Objekte richtet, so daß nach Maßgabe des letzteren derselbe Thatbestand sich bald als Vergehen, bald als Uebertretung charakteristrt (z. B. Abgabenhinterziehungen), bald möglich, bald nicht möglich: «1. 26. Sept. 81, 7. Jan. 86 (E. V, 23; XIII, 223), OT. 61, 62 (O. II, 44. 238). Ebenso kann eine Begünstigung stattfinden, wenn eine — an sich als Uebertretung strafbare — That durch die Rückfälligkeit des Thäters zum Vergehen wird: OT. 56 (GA. V, 88: damals unterlag die Richtigkeit dieses Satzes Bedenken, welche jetzt dadurch gehoben sind, daß die Begünstigung als selbständiges Vergehen aufgefaßt ist); ebenso: Bind. II, 568; a. M.: Merkel 1. c. f. 739. In beiden Fällen ist die Strafbarkeit des Begünstigers durch seine Kenntniß von den die That als Vergehen charakteriflrenden Umständen bedingt (n. 8). — Der obige Grundsatz findet auch im Falle des Abs. 3 Anwendung. 5. Der Versuch eines Verbrechens oder Vergehens ist selbst mindestens ein Vergehen; es fällt daher auch die Begünstigung des Urhebers rc. eines solchen Versuchs unter den §: Mot. s. 128. Letztere verliert diese rechtliche Bedeutung nicht, wenn der Urheber des Versuchs demnächst seine Thätigkeit wieder aufnimmt und

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Thl.

II. Abschn. XXL Begünstigung und Hehlerei. — § 257.

die begonnene Strafthat vollendet. In einem solchen Ausnahmefalle kann sogar, trotz des unter n. 6 Gesagten, Begünstigung mit der Beihülfe konkurriren. 6. „Beistandleisten" bildet den Gegensatz zum „Beihülfe leisten", indem beide eine fremde Strafthat, aber in entgegengesetztem Sinne zur Voraussetzung haben. Wie der Gehülfe dem Urheber einer strafthat vor oder bei deren Verübung, so ist der Begünstiger ihm nach der Verübung und in Bezug auf die Folgen derselben förderlich. Der Ausdruck „Beistand" ist demgemäß auf die bereits begangene Strafthat und nicht etwa auf ein späteres, anderweitiges Thun des Begünstigten zu beziehen, eine „Begünstigung" überhaupt sehr wohl möglich, ungeachtet der Begünstigte selbst demnächst sich vollkommen unthätig verhält, ja von dem ihm geleisteten Beistand gar keine Kenntniß besitzt; vgl. n. 11; a. M.: Villn. s. 83. 7. Folgeweise ist der Ausdruck „Beistandleisten" nicht aus § 49, sondern aus sich selbst zu erklären. Der Beistand kann nicht allein durch ein positives Handeln, sondern auch durch ein pflichtwidriges Unterlassen, z. B. durch eine Nichtanzeige Seitens eines zur Anzeige Verpflichteten (vgl. § 347) geleistet werden: Münch. (BE. VI, 86: betraf die unterlassene Eintragung eines Geschäfts in die Handelsbücher), Puch. n. 7; a. M.: Merkel s. 740. Dasselbe gilt von einem unbeeidigten falschen Zeugnisse (des Nichtwissens rc.): Dresd. (StZ. I, 133); ebenso von der Ableugnung des Besitzes der in gutem Glauben erlangten, vom Verbrechen rc. herrührenden Gegenstände: Dresd. (StZ. III, 120); nicht minder von der an einen Dritten gerichteten Aufforderung, den Thäter rc. nicht zu verrathen: OA. (O. XII, 553). Dgl. n. 12. 8. Der Beistand muß „wissentlich" geleistet sein: der Begünstiger muß wissen, daß der Andere ein Verbrechen rc. begangen hat; es wird somit insoweit eine Kenntniß von der Natur der That vorausgesetzt, daß danach der Charakter derselben als eines Verbrechens oder Vergehens erkannt werden konnte; ebenso: RI. 26. Sept. 81 (dt. n. 4); a. M.: Bind. II, 567, Stenglein, Z. f. StR. IV, 490; trifft dies zu, so ist es gleichgültig, ob der Begünstiger rechtsirrthümlich die That für eine Uebertretung hielt. Auch bedarf es keiner weiteren Kenntniß von der speziellen Natur des begangenen Verbrechens rc.: eit. RI. 26. Sept. 81, RII. 27. Nov. 85, 15. Okt. 86, RIV. 29. Okt. 86 (E. XIII, 81; R. VIII, 621. 650), HS. II, 257, Merkel s. 741; vgl. jedoch v. Buri s. 47 (verlangt, daß das vom Begünstiger gemeinte und das wirklich verübte Vergehen derselben Gattung seien, wie z. B. Unterschlagung — Diebstahl, Betrug) und unten n. 22. Dagegen muß (objektiv) der Thatbestand des Verbrechens rc. des Hauptthäters nach Maßgabe der Prozeßgesetze (StPO. §§ 266. 293) festgestellt werden: Wolfenb. (StZ. II, 194). — Vgl. auch RI. 7. Mai 00 (GA. 47, 294: Begünstigung einer Kontrebande aus § 136 Zoll-VG.). 9. Das „Wissen" (n. 8) besteht in der Ueberzeugung, daß der Begünstigte die That begangen habe; doch ist nach RIV. 17. Okt. 84 (R. VI, 633) dolus eventualis genügend. Die Kenntniß von der rechtskräftigen Derurtheilung des Begünstigten (n. 12) schließt die Verneinung jenes Wissens nicht nothwendig aus; ebenso: cit. RIV. 17. Okt. 84. 9a. Es wird keineswegs erfordert, daß der Begünstiger den Begünstigten persönlich gekannt oder mit ihm in unmittelbarer Verbindung gestanden habe; man kann durch Vermittelung eines Dritten auch einen Unbekannten begünstigen: OT. 53 (GA. I, 578), v. Buri f. 29; vgl. n. 6. 10. Die Beistandleistung muß stattfinden, „um den Thäter rc. der Bestrafung zu entziehen oder um ihm die Vortheile des Verbrechens rc- zu sichern", d. h. also zum Zwecke der Vereitelung der Bestrafung oder zum Zwecke der Ausnutzung der Strafthat; das bloße Bewußtsein, daß die (gewollte) Handlung eine jener Folgen (nothwendig) haben werde, genügt nicht: n. 25, RIV. 21. Sept. 97, 1. Febr. 99 (E. 30, 232; 32, 24), RI. 15. Mai 82, RIV. 10. Mai 92 (R. IV, 487; E. XXIII, 105), GA. 38 s. 66 (Anm.); vgl. jedoch RI. 8. Dez. 81 (R. III, 778). Sowohl mit dem einen wie mit dem anderen Zweck ist das Handeln „des eigenen Vortheils" wegen (n. 21) vereinbar, durch Feststellung des letzteren Umstandes daher eine Anklage aus § 257 nicht ausgeräumt: cit. RI. 8. Dez., 18. Jan. 81 (E. III, 255). 11. Ein Beistand „um den Thäter der Bestrafung zu entziehen" (sog. persönliche Begünstigung) setzt, wie sich schon aus dem Begriff „entziehen" ergiebt,

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Abschn. XXL

Begünstigung und Hehlerei. — § 257.

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ein rechtswidriges Handeln voraus; vgl. n. 14, RI. 9. Juni 87 (E. XVI, 204: das Wesen der Begünstigung bestehe in einem rechtswidrigen Eingriffe in die staatliche Rechtspflege), Olsh. n. 15. Er kann geleistet werden, noch ehe von irgend einer Seite Schritte zur Herbeiführung einer Bestrafung gethan sind, bei Antragsvergehen, bevor der Antrag gestellt ist; ebenso: Bind. II, 569, Samuely, GSaal 32 s. 13. Dies kann unter Umständen schon durch die Beschaffung der Mittel zur Schadloshaltung des durch die Strafthat Verletzten geschehen; so: OT. (O. XV, 719); vgl. RH. 7. Dez. 83 (E. IX, 242: nahm dasselbe in einem Falle an, wo mit der Schadloshaltung des Bestohlenen die Bitte an den haussuchenden Beamten, die diesem obliegende Anzeige zu unterlassen, verbunden worden war, erblickte hier freilich den Schwerpunkt der Verschuldung in der letzterwähnten Thatsache), RII. 6. April 86 (E. XIV, 88: Begünstigung könne schon darin gefunden werden, daß man den zur Anzeige eines Offizialdelikts entschlossenen Verletzten bestimme, von dieser Anzeige abzustehen). Bei Antragsvergehen sind jedenfalls Bemühungen zu dem Zwecke, daß der Verletzte keinen Antrag stelle oder den gestellten zurücknehme, keine Begünstigung: Schw., GSaal 24 s. 384, Waldthausen, GA. 29 s. 397. Das Gegentheil soll von dem gegen den Willen des Verletzten (durch Gewalt oder List) bewirkten Verhindern der Antragsstellung gelten; so: Bind. II, 569, Merkel, HH. IV, 428; a. M.: Olsh. n. 3. In Betreff der Beförderung der Flucht eines Ver­ brechers ins Ausland (seitens eines Auswanderungs-Agenten) vgl. R. 8. Dez. 81 (R. III, 778), Münch. (BE. IV, 107). — Die Absicht, Jemanden von der Untersuchungshaft zu befreien, genügt nicht; ebenso: Stenglein, Z. f. StR. IV, 491, Merkel 1. c., ML. s. 305; a. M.: Meves, StRZ. XIII, 517, Olsh. n. 17. 12. Der persönlichen Begünstigung macht sich ferner schuldig, wer dem gericht' lichen Verfahren mit der im § geforderten Absicht belastende Beweismittel ent' zieht (z. B. Zeugnißverweigerung), unter Umständen auch, wer im Ermittelungsverfahren Unwahres aussagt: RIV. 13. Dez. 95 (E. 28, 111); II. 21. März 84 (R: VI, 214), oder Andere bestimmt, dies zu thun: RI. 13. Febr. 90 (E. XX, 233 nimmt dasselbe sogar vom bloßen Versuch einer solchen Bestimmung an; vgl. unten n. 17), nicht aber, wer sich weigert, der Polizeibehörde Auskunft über den Aufenthalt einer strafbaren Person (z. B. eines Deserteurs) zu geben, da ein Zeugnißzwang den Polizeibehörden nicht zusteht: Rill. 22. Nov. 83 (E. IX, 433). 13. Der Ausdruck „Bestrafung" umfaßt nicht allein die Verhängung, son­ dern auch die Vollstreckung der Strafe (oder eines einzelnen Theils derselben; vgl. § 245): Kill. 20. Nov. 82, RI. 11. Juni 83 (E. VII, 244; VIII, 366), RIV. 17. Okt. 84 (eit. n. 9). Demgemäß macht sich des Vergehens schuldig, wer etwas thut, um die (verdiente: n. 9) Strafvollstreckung zu verhindern: OT. 56 (JMbl. s. 110), z. B. sich unter fälschlicher Annahme des Namens des Verurtheilten zur Verbüßung der verhängten Freiheitsstrafe gestellt (vgl. § 271 n. 19), nach RI. 9. Juni 87 (E. XVI, 204) sogar, wer trügerische Mittel anwendet, um einen unmotivierten Strafaufschub zu Gunsten des Verurtheilten zu erwirken. Ob der Thäter dauernd oder nur vorübergehend der Strafe entzogen werden sollte, ist gleichgültig. — Die durch die Landespolizeibehörde zu handhabende „Stellung unter Polizeiaufsicht" und „Unterbringung in ein Arbeitshaus" (§ 362 Abs. 2) bilden einen Theil der „Bestrafung": OT. 59 (GA. VII, 542). 14. Dagegen scheidet hier Alles aus, was sich als Akt der statthaften Dertheidigung in dem gesetzlich geregelten Verfahren charakterisiert; es kann daher die Thätigkeit des dem Angeklagten zur Seite stehenden Vertheidigers als solchen nie unter das Strafverbot fallen. Dasselbe gilt von Demjenigen, welcher dem Derurtheilten behülflich ist, im Wege der Begnadigung einen Straferlaß zu erzielen. Da das Gesetz den Gnaden-Erlaß als unbeschränktes Vorrecht der Krone betrachtet, so kann solcher nie als ein „der Strafe Entziehen" aufgefaßt werden; selbst das auf Täuschung berechnete Vorbringen unwahrer Thatsachen in einem Gnadengesuche ge­ hört nicht hierher, zumal der § in Betreff der benutzten Mittel keine Unterscheidung macht: er setzt ein nicht im legalen Wege bewirktes „Entziehen" voraus, und das kann der Gnadenerlaß schon deshalb nicht sein, weil er lediglich auf der inneren, jeder richterlichen Nachprüfung entzogenen Entschließung des Landesherrn beruht: Schw. L c., Meyer s. 215, Meves, StRZ. XIII, 520; a. M.: OT. 67, 70 (O. VIII, 538; XI, 283), Abh. GA. XVIII, 394, Schütze s. 163, Rüd. n. 4, Merkel, HH. III,

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Begünstigung und Hehlerei. — § 257.

14a. Ebenso verhält sich die Sache, wenn ein Dritter dem Verurtheilten die Mittel, z. B. durch ein ernstgemeintes Darlehen, Schenkung, gewährt, die ihm auf­ erlegte Geldstrafe zu zahlen oder ihm die bezahlte Geldstrafe erstattet: Rill. 5. Oft. 96 (GA. 44, 253), OT. (O. XIX, 122); vgl. § 28 n. 15, Meves 1. c. s. 518, Dilln. s. 83; a. M.: Lehmann, GA. XIX, 784. Es kann aber Begünstigung vorliegen, wenn durch die Bezahlung weder ein vermögensrechtl. Anspruch des Derurtheilten getilgt wird, noch ein solcher gegen denselben zur Entstehung gelangt und die Vereitelung der Strafvollstreckung (unter Täuschung der Behörde; § 271 StGB.) das gewollte Ziel der Bezahlung der Geldstrafe gewesen ist: 911V. 21. Sept. 97 (E. 30, 232). Oesfentliche Aufforderungen zur Bezahlung von Geldstrafen Dritter mittels der Presse und dergleichen Bescheinigungen über den Empfang des zu solchem Zwecke Gezahlten sind durch §§ 16. 18 Preßg. unter Strafe gestellt. 14b. Macht sich ein Beamter der persönlichen Begünstigung eines Mißthäters schuldig, zu dessen Verfolgung rc. er mitzuwirken hat, so wird (unter gewissen Voraussetzungen) statt des § 257 der § 346 anwendbar. 15. Der zweite Fall der Begünstigung, das Beistandleisten, um dem Thäter „die Vortheile des Verbrechens zu sichern" (sog. sachliche Begünstigung), setzt nicht nothwendiger Weise voraus, daß jene Vortheile Dermögensvortheile seien; vgl. RI. 16. Apr. 94 (E. XXV, 265: Genuß der durch Verbrennen des gestohlenen Holzes erzeugten Wärme), RI. 16. Dez. 95 (GA. 43, 401); a. M.: Celle (GA. 39 s. 170: sachliche Begünstigung sei daher nur bei solchen Delikten denkbar, durch welche unmittelbar oder mittelbar eine widerrechtliche Vermögenslage geschaffen werde), Olsh. n. 30. 31 (: ebenso), Merkel s. 742, Bind. II, 571, v. Buri s. 47 (rechnet deshalb z. B. bloße Liebhabereien, Neigungen, Affektionen nicht hierher). Das im Interesse des Thäters geschehene Abkaufen unterschlagener (gestohlener) Gegenstände ist eine „Sicherung der Vortheile rc."; so: Münch. (BE. IV, 346). Das Gegentheil nahm Manh. (BA. 42 s. 258) hinsichtlich der Vereinnahmung des Kupvlerlohns an; diese stelle bloß den Bezug der Vortheile dar; hier scheint jedoch der Ausdruck „sichern" zu buchstäblich genommen zu sein. Sachliche Begünstigung kann ferner in unwahren, einem Beamten gegenüber gemachten Angaben über den Erwerb einer vom Hauptthäter strafbar erlangten, diesem zu sichernden Sache ge­ funden werden: 911V. 9. Juni 85 (R. VII, 364). Ebendahin gehört das Verarbeiten gestohlener Sachen (Stoffe rc.) z. B. durch die Ehefrau des Diebs, wenn es ge­ schieht zu dem Zwecke und mit der Wirkung, daß deren Wiedererlangung dem Eigenthümer erschwert und das Behaltenkönnen auf Seiten des Diebs gefördert, nicht aber nothwendig schon dann, wenn dadurch nur die Verwendung und der Verbrauch der Sachen jenem erleichtert wird; so: RII. 5. Oft. 94 (E. XXVI, 119). — Ausbessern der unterschlagenen Uhr, Heilung des gestohlenen Pferdes rc. gehören nicht hierher: v. Liszt S. 633. 16. Der an sich berechtigte Widerstand gegen eine ungesetzliche Haussuchung fällt, wenn er zugleich stattfand, um Jemandem die Vortheile einer Strafthat zu sichern, nicht etwa deshalb unter den tz; so: RII. 10. Nov. 82 (R. IV, 804). 17. Der Beistand muß zu dem Zwecke geleistet werden, um eine der beiden im § erwähnten Folgen herbeizuführen (n. 10); daß dieser Zweck erreicht worden, ist nicht erforderlich: 911V. 21. Sept. 97 (eit. n. 14 a), RII. 7. Dez. 83, RI. 13. Febr. 90, 911V. 1. April 90 (E. IX, 242; XX, 233; GA. 38 s. 65); OT. 67, 76 (O. VIII, 538; XVII, 3); wird er verfehlt, so liegt nicht etwa bloß ein (strafloser) Versuch vor. Immerhin muß aber Etwas geschehen sein, was unmittelbar oie Lage des Anderen bez. der bezweckten Folge verbessern sollte und dazu auch an sich, sei es allein, sei es unter Hinzutritt anderer Umstände rc., geeignet war; ebenso: OT. (D. XV, 716), Olsh. n. 10: a. M. (bez. des Geeignetseins): HStR. II, 876, GA 38 s. 66 (Anm.). Nach v. Liszt S. 632, ML. s. 307 und Frank (Z. f. StR. XII, 318) muß ferner durch die Handlung die Lage oes Begünstigten thatsächlich irgend» wie günstiger gestaltet werden; vgL jedoch: RI. 13. Febr. 90, RII. 28. Febr. 91 (E. XX, 233; XXI, 375). — Daß gerade die Rücksichtnahme auf das Wohl des Begünstigten das bestimmende Motiv gewesen ist, erscheint nicht erforderlich; auch Rücksichtnahme auf eigene Interessen, z. B. das Motiv, durch das Strafverfahreu gegen jenen nicht selbst kompromittirt zu werden, genügt: 91IV. 1. Febr. 99 (E. 32, 24). 18. Die bloße Vorbereitung einer solchen Thätigkeit (n. 17) genügt nicht; ob die inkriminirte Handlung einen bloß vorbereitenden Akt oder wirkliche Bei»

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standsleistung darstelle und ob ste dazu an sich geeignet war, sind wesentlich thatsächliche Fragen: RL 9. Juni 87 (E. XVI, 157: hier hatte der Jnstanzrichter im Durchsuchen eines Terrains nach Schmuggelwaaren, welche vom Manne der Angeklagten abgeworfen worden, eine bloße Borbereitungshandlung erblickt), cit. OT. (O. XV, 718). 19. Die Bestrafung des Begünstigers ist nicht durch die Ermittelung und Bestrafung des Begünstigten bedingt: OT. 69 (O. X, 313). Auch schließt der Umstand, daß die Hauptthat gemäß § 4 int Anlande nicht verfolgbar ist (: OT. 53, GA. I, 579), oder daß der Hauptthäter aus ihm individuellen Gründen straflos bleibt, die Bestrafung des Begünstigers nicht aus: § 247 Abs. 2. 3; vgl. § 48 n. 8. Freilich kann da, wo der Hauptthäter unbedingt straflos bleiben muß, wie im Falle des § 247 Abs. 2, von einem „der Bestrafung Entziehen" keine Rede sein und ist daher die Möglichkeit persönlicher Begünstigung (n. 11) hier von vornherein thatsächlich ausgeschlossen; vgl. n. 16, Bind. II, 468, Olsh. n. 2, Gretener, Begünst. s. 139; a. M.: Schw., GSaal 24 s. 376, Herzog, GA. 29 s. 112ff.; ebendeshalb kann eine solche nicht mehr stattfinden, nachdem die Strafe für die Hauptthat vollständig verbüßt (erlassen) oder die Verjährung (der That, der Strafe) eingetreten ist; vgl. Olsh. u. Bind. 1. c.; wohl aber ist in allen solchen Fällen sachliche Begünstigung sowohl rechtlich wie thatsächlich möglich. 20. Dagegen ist die Verfolgung Desjenigen, welcher den Urheber eines Antragsvergehens begünstigt hat, ebenfalls durch die Stellung des Antrags Seitens des Verletzten bedingt; vgl. in Betreff des Näheren § 61 n. 6, wie in Betreff der Zurücknahme des Antrags § 64 Abs. 2. 21. Handelt der Begünstiger „seines Vortheils wegen", so tritt (vorbehältlich des unter n. 22 Gesagten) Gefängnißstrafe (bis zu fünf Jahren: § 16) ein. Der eigene Vortheil muß den Beweggrund für die Beistandleistung bilden (ob auch andere Rücksichten, z. B. Mitleid, bestimmend mitwirkten, ist gleichgültig: RU. 12. April 81 (E. 4, 83). Ein Handeln znm Vortheile Dritter hat nicht diese Wirkung: Rill. 10. Juli 95 (E. 27, 342), MV. 5. Juni 96 (GA. 44, 147), Dresd. (StZ. 1, 122: ein Fall des § 259). Jener Fall kann nicht allein bei der persönlichen, sondern auch bei der sachlichen Begünstigung vorkommen; auch hier können beide Absichten neben einander bestehen: RL 8. Dez. 81 (R. III, 778), RII. 18. Jan. 81 (E. III, 255). Der Thatbestand der Begünstigung erfordert nicht, daß mit der Beistandleistung unmittelbar und in erster Linie der Zweck der Strafentziehung oder der Dortheilssuchung verfolgt werde: RI. 23. Mai 98 (GA. 46, 326). — Der gesuchte eigene Vortheil (auch ein indirekter oder in der Zukunft eintretender; cit. Rill. 10. Juli 95) braucht kein an sich rechtswidriger zu sein: cit. RII. 18. Jan. 81, RIV. 21. Sept. 68 (R. X, 512: hier erfolgte die Begünstigung, um den Begün­ stigten zum Ersätze des durch sein Vergehen dem Begünstiger verursachten Schadens geneigter zu machen), und ebensowenig ein Dermögensvortheil; a. M.: Merkel s. 742, v. Buri s. 47. Es genügt, wenn die Absicht nur auf den gewöhnlichen vom WiederVerkäufer int kaufmännischen Verkehr gesuchten Gewinn gerichtet war: OT. (O. XIV, 324. 579; XVI, 14: Fülle des § 259); a. M.: Meves 1. c. s. 501; oder wenn ein Handelsgehülfe durch billigen Ankauf für das Geschäft sich die Geneigtheit seines Prinzipals zu verschaffen sucht; oder wenn nur ein vorübergehender Genuß (z. B. eine Bewirthung, Beischlaf) gesucht wird; dasselbe kann ferner nach OT. (O. XVI, 443) vorgenommen werden, wenn eine Ehefrau in der Absicht handelt, das Fleisch von Thieren, welche ihr Mann gestohlen hat, in der gemeinschaftlichen Wirthschaft zu verwenden (§ 258); vgl. übrigens RII. 5. Okt. 94, cit. n. 15. — Auch darf nicht gefordert werden, daß der gesuchte Vortheil in unmittelbarem Zusammenhange mit der begünstigenden Handlung stehe, da der § nichts davon enthält; a. M.: Olsh. n. 38, Schw., GSaal 24 s. 387. 392, Meves 1. c. s. 456; noch daß jener Vortheil wirklich erlangt sei. 22. Die Strafe darf keine schwerere sein, als die (in abstracto) „auf die Handlung selbst angedrohte": Abs. 1 Schlußs.; mildernde Umstände, welche dem Hauptthäter zur Seite stehen, bleiben hier außer Betracht. — Wird obige Maßbe­ stimmung innegehalten, so steht Nichts int Wege, den Begünstiger strenger zu bestrafen, als den Hauptthäter: OT. (O. XIV, 92. — Jener Schlußsatz begreift nach seiner Stellung auch den Fall, wo der Begünstiger des eigenen Vortheils wegen handelte; ist daher die Handlung mit Geldstrafe oder Festungshaft bis zu 5 Jahren

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bedroht, so cessirt die Vorschrift, daß eigennützige Begünstigung stets mit Gefängniß zu bestrafen sei: Schw. n. 27, Viün. s. 94; a. M.: Meves 1. c. s. 485, v. Buri s. 48. — Mit Rücksicht auf die Vorschrift jenes Schlußsatzes ist es allerdings in manchen Fällen für die Strafzumessung von Erheblichkeit, ob der Begünstiger diejenigen Thatumstünde gekannt hat, welche für den strafrechtlichen Charakter der That des Begünstigten von Bedeutung sind; so: Rll. 15. Okt. 86 (eit. n. 8) u. 9UV. 21. Okt. 98 (E. 31, 285: Forstdiebstahl). 23. Die einem Diebe (Unterschlager, Räuber) des „eigenen Vortheils wegen" geleistete Begünstigung nimmt den Charakter der Hehlerei an; vgl. § 258. 24. Ueber den Begriff „Angehöriger" (Abff. 2. 3) vgl. §52 Abs. 2. 25. Abs. 2 findet auch dann Anwendung, wenn der Begünstiger (außer den Fällen des Abs. 3 und des § 258) seines Vortheils wegen handelte; ebenso: Rlll. 21. Dez. 81 (E. V, 277), nicht aber wenn derselbe neben dem Zwecke, den Angehörigen der Bestrafung zu entziehen, auch den verfolgte, jenem die Vortheile der That zu sichern: Münch. (BE. VI, 86), Villn. s. 88. Letzterem Falle ist der Fall nicht gleichzustellen, wo Jemand nur zu erstgedachtem Zwecke handelte, dieser aber anders nicht erreicht werden konnte, als daß dem Thäter, wenn auch ohne des Begünstigers Willen, zugleich die Vortheile der That gesichert wurden: eit. München; vgl. n. 10. 26. Die Strafausschließung des Abs. 2 umfaßt nicht lediglich die eigene (persönliche) Begünstigung eines Angehörigen, sondern auch die Theilnahme an der von einem Dritten verübten z. B. die Anstiftung eines Dritten zu solcher That: RI. 29. April 66 (A. XIV, 102), nicht aber die Begünstigung eines Dritten als Hauptthäters, selbst wenn sie gleichzeitig geschah, um einen mitschuldigen „Angehörigen" der Strafe zu entziehen: OT. 1. April 57, 27. Jan. 58; a. M.: Schw. GSaal 24 s. 390. 27. Im Abs. 3 beziehen sich die Worte „vor Begehung der That" auf das strafbare Thun des Begünstigten (Hauptthäters oder Theilnehmers). Es genügt, wenn die Zusage vor der Vollendung des Thuns des Begünstigten gemacht war; vgl. n. 7, RI. 23. Sept. 86 (R. VIII, 551: betr. den zugesagten Ankauf von Gegenständen einer dereinstigen Contrebande). 28. Trifft die Voraussetzung des Abs. 3 zu, so ist die Begünstigung als Bei. hülfe zur Hauptthat selbst dannlzu bestrafen, wenn nur ein Gehülfe begünstigt wurde. 29. Hatte der Begünstiger den Thäter vor Begehung der That zu derselben durch die Zusage der künftigen Begünstigung vorsätzlich bestimmt, so liegt Anstif. tung vor, mit welcher dann die spätere Begünstigung realiter konkurrirt; vgl. u. 1; a. M.: »III. 3. Rov. 67 (E. XVI, 374), Stuttg. (WGbl. IX, 59). — Ebenso kann die vorherige Zusage eine Förderung der Hauptthat (z. B. durch Bestärkung des Vorsatzes des Thäters) enthalten und sich daher als eigentliche Beihülfe charakteri. streit; vgl. RI. 23. Sept. 86 (eit. n. 27: Mot.); a. M.: RH. 8. Juni 83, RI. 8. Juli 86 (E. VIII, 317; XIV, 318), insofern dort aus der Geschichte und Faffung des § gefolgert wird, daß dies immer zutreffe, der int Abs. 3 vorgesehene Fall mithin nicht etwa nur eine mit der Strafe der Beihülfe belegte Art der Begünstigung darstelle. Freilich ergiebt die Fassung des Abs. 3, daß der Fall hier stets nur ein. mal und zwar „als Beihülfe" bestraft werden soll. Dagegen kann bei einem vollendeten Vergehen in der vorher zugesagten Begünstigung, selbst wenn der Be­ günstiger die Hauptthat als seine eigene wollte, niemals Mitthäterschaft liegen, es sei denn, daß zu der Verabredung des auf die Hauptthat gerichteten Complotts, abgesehen von der Begünstigungshandlung, noch eine Mitwirkung bei Ausführung der That hinzutrete: RIII. 10. Jan. 87 (E. XV, 295). 30. Das RGes. v. 24. Juni 1887, betr. die Branntw.-Besteuerung, § 22, das Pr. Forstdiebst.G. §5, das Pr. FFP.-G. §§ 5. 7 ff. und das Pr. G. v. 26. März 1856 (die unbefugte Gewinnung re. von Mineralien betr.) § 2 sehen die Begünsti­ gung der dort erwähnten Uebertretungen besonders vor. 31. Zuständig ist SchöffenG., wenn die Handlung, auf welche die Be. günstigung sich bezieht, zu dessen Zuständigkeit gehört (§ 27 Nr. 6 GVG.), sonst Strafk. bezw. SchöffenG. (§ 75 Nr. 8 GVG). Bezüglich der Frage, inwiefern, falls der Begünstigte aus einem anderen strafrechtlichen Gesichtspunkte, als dem der

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§ 258. Wer seines Vortheils wegen sich einer Begünsti­ gung schuldig macht, wird als Hehler bestraft, wenn der Be­ günstigte

1) einen einfachen Diebstahl oder eine Unterschlagung be­ gangen hat, mit Gefängniß, 2) einen schweren Diebstahl, einen Raub oder ein dem Raube gleich zu bestrafendes Verbrechen begangen hat, mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Ge­ fängnißstrafe nicht unter drei Monaten ein. Diese Strafvorschriften finden auch dann Anwendung, wenn der Hehler ein Angehöriger ist. [I. Entw: § 234; II. Entw.: § 253; Pr. StGB.: §§ 237. 238.] Anklage, verurtheilt wird, auch der Begünstiger auf diese Veränderung zuvor hingewiesen werden müsse, vgl. RH. 27. Nov. 85 (E. XIII, 134) und im Uebrigen Lhl. I, Abschn. III. n. 9, § 40 n. 13, § 120 n. 12, § 244 n. 11, KO. § 242 n. 14. Inwiefern es statthaft sei, die Stellung einer Hülfsfrage auf Begünstigung zu der in der Hauptfrage bezeichneten That aus dem Grunde abzulehnen, weil Begünstigung eine andere That als die unter Anklage gestellt sei, darüber vgl. RI. 5. Mai 94 (E. XXV, 334). Vgl. ferner Rl. 22. Febr. 00 (GA. 47, 164).

§ 258. 1. Dieser § behandelt die Hehlerei im engeren Sinne, d. h. eine besondere Art der Begünstigung" anderer Mißthäter, während § 259 die Partirerei, d. h. diejenige Hehlerei znm Gegenstände hat, welche sich nur auf die durch eine Strafthat erlangten Sachen bezieht. 2. -Der §258 setzt den vollen Thatbestand der Begünstigung, sowie unbe­ dingt ein Handeln „seines Vortheils wegen" voraus; ebenso: Dresd. (SGZ. 22 s. 172); sonach treffen alle Bemerkungen zu § 257 Abs. 1 hier zu; der Schlußsatz des Abs. 1 desselben bleibt hier ausgeschlossen: Villn., Raub s. 93; a. M.: Merkel, HH. III, 743; desgleichen Abs. 2 ib. Der Thatbestand des Abs. 3 id. kann ideell mit der Hehlerei konkurriren; a. M.: Manh. (BA. 43 s. 140). In Betreff der Möglichkeit einer realen Konkurrenz vgl. n. 9. 3. Das zum Thatbestände der Begünstigung erforderliche Wissen („wissentlich"; vgl. § 257 n. 8) umfaßt hier die Kenntniß, daß sich der Begünstigte einer der unter Nr. 1 oder 2 ausgezählten Strafthaten schuldig gemacht habe (dem „Wissen" steht ein „Nicht-darum-sich-kümmern" nicht gleich: Dresd., SGZ. XIX, 57; noch auch ein „Den-Umständen-nach-annehmen-müssen": vgl. § 259). Gleichwohl bedarf es nicht der speziellen Kenntniß davon, welche der dort alternativ zusammengefaßten Strafthaten begangen war; es genügt, wenn der Hehler im Allgemeinen wußte, daß der Begünstigte eine jener Handlungen verübt habe: ein Irrthum in Betreff der Alternativen schließt die Bestrafung nicht aus: OT. 62, 73 (O. II, 515: XIV, 243), Dresd. (SGZ. XVII, 279). — Der Hehler macht sich nur insoweit strafbar» als der objektive Thatbestand mit seinem Wissen (Meinen) übereinstimmt; es trifft ihn also nur die Strafe aus Nr. 1. wenn er den bei einem schweren Diebstahl Betheiligten in der irrigen Meinung begünstigte, derselbe habe sich nur eines einfachen Diebstahls oder einer Unterschlagung schuldig gemacht, oder wenn er umgekehrt irriger Weise annahm, der vom Begünstigten verübte einfache Diebstahl sei ein schwerer gewesen; ebenso: RlV. 15. März 87 (E. XV, 364). Ebendeshalb bleibt der § ganz außer Anwendung, wenn Derjenige, welcher den Urheber eines aus § 242 strafbaren Diebstahls an Holz in der Meinung begünstigt, jener habe einen bloßen „Forstdiebstahl" (als Uebertretung) begangen: OT. 66 (O. VII, 183); vgl. aber n. 10. 4. In der Nr. 1 sind unter „einfachem" Diebstahl nur die aus § 242 zu bestrafenden Handlungen zu verstehen, nicht solche Entwendungen, welche nach beOppenhoff, D. Strafgesetzbuch. 14. Aufl. 41

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Begünstigung und Hehlerei. - § 259.

§ 359. Wer seines Vortheils wegen Sachen, von denen er weiß oder den Umständen nach annehmen nmß, daß sie sonderen Gesetzen (z. B. § 370 Nr. 5, Feld-, Holzdiebstahl rc.) lediglich als Ueber, tretnngen zu ahnden sind; vgl. n. 3. 11. In der Nr. 2 deuten die Worte: „oder ein dem Raube gleich zu bestrafendes Verbrechen" auf die in den §§ 252. 255 vorgesehenen Fälle. — Diebstahl und Unterschlagung brauchen nicht vollendet zu sein (auch nicht im Falle der Nr. 2.) RI. 28. Febrnar 98 (E. 31, 40). 5. Die Feststellung des Jnstanzrichters muß die Merkmale der vom Begün­ stigten begangenen Strafthat mit umfassen (StEO. § 266); es genügt nicht, wenn dieselbe blos nach ihrem Gattungsbegriffe festgestellt wird; vgl. § 57 n. 8, § 259 n. 5. — War wegen letzterer bereits früher auf Strafe erkannt, aber aus einem anderen strafrechtlichen Gesichtspunkte, z. B. wegen Jagdfrevels, und wollte der Begünstigte den Thäter lediglich dieser Strafe entziehen, so kann die Feststellung, daß jene That in Wirklichkeit einen Diebstahl rc. dargestellt habe, die Anwendung des § 258 nicht rechtfertigen: 91111. 21. Dez. 81 (E. V, 277). 6. In Betreff der Nebenstrafen vgl. §§ 262. 32. 35. 7. Besteht der Beistand im Aufbewahren der gestohlenen Sachen (z. B. während der Strafverbüßung des Diebes), so setzt sich das Vergehen so lange fort, als jenes dauert, bezw. bis die Sache dem Dieb zurückgegeben wird; erst von da ab läuft daher die Verjährung; RI. 19. Juni 82 (E. VI, 412); vgl. § 67 n. 5. 7. 8. In Betreff des Versuchs einer unter Nr. 1 fallendenHehlerei vgl. -§ 257 n. 17. — Der Versuch des unter Nr. 2 gedachten Verbrechens istmöglich und daher strafbar; so: ML. s. 307, Schütze s. 462, v. Buri, GSaal 29 s. 38, v. Liszt S. 634, a. M.: Dresd. (StZ. VII, 322), Villn. s. 75, Olsh. n. 4, Rüd. n. 8. 9. Da die Hehlerei eine selbständige Strafthat ist, so kann der Th eilnehmer an einem Diebstahle sich durch demnächstige Begünstigung eines anderen Theil, nehmer einer Hehlerei (i. e. S.) schuldig machen; vgl. § 48 n. 13. 14, § 257 n. Iss., § 259 n. 2 und den dort dt. Antr. des GStAnw. (nahm Realkonkurrenz an im Falle der Anstiftung und demnächstiger Hehlerei), StZ. I, 68. 81; a. M.: OT. (Pl.) 29. Okt. 55 (Entsch. 31 s. 241), OT. 64, Münch. (O. IV, 442; BE. VII, 155), Meyer n. 12, v. Buri, GSaal 29 s. 35; wider die Anwendbarkeit der Grundsätze über die Realkonkurrenz bei Vergehen im Sinne der §§ 257 Abs. 3 und 258 sprach sich aus: Stuttg. (WGbl. IX, 59: weil § 257 Abs. 3 die Fälle des § 258 luilum» fasse). Manh. (cit. n. 2) erklärte sich sogar gegen die Möglichkeit einer ideellen Konkurrenz der Hehlerei mit der Theilnahme am Hauptverbrechen. — Begriff „Angehöriger" (Abs. 3): vgl. § 52 Abs. 2. 10. Das Pr. Forstdiebst.-G. § 5, das Pr. FFP.-G. §§ 6. 8 und das Pr. Ges. v. 26. März 1856, die unbefugte Gewinnung rc. von Mineralien betr., § 2 be. drohen die in Beziehung auf die daselbst erwähnten Uebertretungen verübte Heh. lerei mit besonderen Strafen. — Der dort gebrauchte Ausdruck „Hehlerei" ist jetzt im Sinne des StGB. (§§ 258. 259) aufzufassen. 11. Zuständigkeit wegen des Vergehens, wie bei § 257 n. 31; wegen des Verbrechens (Nr. 2) ist Strafk. zuständig. Eine Verurtheilung auf Grund der Nr. 2 darf, gegenüber einer Anklage aus § 257, § 258 Nr. 1 oder § 259, ohne vorherige Hinweisung auf den veränderten Gesichtspunkt (StPO. § 264) nicht erfolgen; desgleichen nicht gegenüber einer Anklage aus § 243; hier würde mithin ein allge. mein gehaltener Hinweis auf die Möglichkeit einer Verurtheilung wegen Hehlerei oder Begünstigung nicht genügen: Rill. 15. Okt. 86 (R. VIII, 623). Im Uefa vgl. oben s. 109 n. 9. § 259. Absatz., Mitwirken: 20—23. 18. Angehöriger: 25. Ankauf: 16. 17. Annahme a. Zahlung rc. 18. Annehmen müssen: 6. 10. An sich bringen: 18. 19.

Inhalt: Ausland, Ausländer: 23. 25. Beschlagnahme, Entziehung: 6. Diebstahl, mutatio 11 belli: 30. DoluS: 10—12. 22. Ehrenrechte: 27. Eintauschen: 9. 18.

Erlangung: 6—9. Feststellung: 3. 5- 10. 13. II. 26. Finden: 8. 11. 18. Gegenstand: 4. Geld, falsches: 6. Genuß, Mitgenuß: 3. 19.

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Begünstigung und Hehlerei. — § 259.

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mittels einer strafbaren Handlung erlangt sind, verheimlicht, ankauft, zum Pfande nimmt oder sonst an sich bringt oder zu deren Absätze bei Anderen mitwirkt, wird als Hehler mit Ge­ fängniß bestraft. [I. (intro.: § 233; II. Entw.: § 234; Pr. StGB.: §§ 237. 238.] Geschenknahme: 18. Gewahrsam: 8. 13. 14. Glaube, yuicr: guter: o. 8. 12. tyitiuvi:, iz. 18. io. Hauptthäter strafb.: 2. 5. 25. Hauptthat, Vollendung: 7. Hehlerei, zweite: 8. 23. Irrthum: 11. „mittels" e. Strafthat: 5. Partirerek: 1.

Pfandnahme: 16. 17. 3. Polizeiaufsicht: 27. Reinkonkurrenz: 26. Sicherung: 13. 24. Strafanrrag: 23. Theilnahme: 11. 19. 29. Theilnahme an Vortheilen: 19. Theilnehmer: 2. Uebertretung: 5.

Verheimlichen: 14. 15. Verheimlichen, Beihülfe: 15. Verpfänden: 22. Versuch: 21. 28. Verwerthung: 13. Vollendung: 7. 16. 21. Vortheil: 3. 19. 24. Wissen: 10-12. . Zeit: 13.

1. Dieser § behandelt den Fall der sog. Partirerei oder Sachhehlerei. Ihr Thatbestand kann mit dem der Begünstigung oder der Hehlerei i. e. S. (§ 257 oder 258) zusammentreffen, wenn die Verheimlichung rc. geschah sowohl des eigenen Vortheils wegen als um dem Diebe die Vortheile feines Vergehens zu sichern. RII. 25. Sept. 97 (E. 30, 268). 2. Der Thäter einer Strafthat kann sich an der durch diese erlangten Sache nicht demnächst einer Hehlerei schuldig machen; er ist daher nur wegen der Hand­ lung, durch welche er die Sache erlangte, zu bestrafen. Das gilt auch in Betreff derjenigen Sachen, welche ein anderer Mitthäter sich zugeeignet hat, weil jeder Mit­ thäter als Urheber der ganzen That angesehen wird: § 47 n. 10, OHG. (GA. 25 f. 235). — Dagegen können Anstifter und Gehilfen unzweifelhaft thatsächlich die Sache, welche der Thäter durch die Strafthat erlangt hatte, später durch eine neue selbständige Handlung an sich bringen rc. und somit in Realkonkurrenz auch noch die Strafe der Hehlerei verwirken, da diese als ein von der That des Thäters ganz verschiedenes Vergehen aufzufassen ist: RII. 30. Dez. 81, 19. Juni 83, 25. März 84 (E. V' 282; VIII, 371; R. VI, 219), OT. O. XVII, 601), 79 (ib. XX, 30: sofern beide Handlungen nicht der Ausfluß Eines verbrecherischen Willens seien), Schütze s. 462, StZ. I, 68, 327, Schw., GSaal 24 s. 368, Merkel, HH. III, 745; a. M.: OT. 64, 71 (O. IV, 442; XII, 10); vgl. § 48 n. 13 und das dort cit. Rill. 24. März 87, § 258 n. 9. — Rach RIV. 1. Dez. 99 (E. 32, 394) ist, falls der Hehler den Dieb durch die Zusage der Abnahme der zu stehlenden Sachen angestiftet hat, Real« konkurrenz ausnahmsweise möglich. 3. Ueber den Sinn der Worte: „seines Vortheils wegen" vgl. § 257 n. 21. Auch hier ist nur der eigene Vortheil gemeint; 91111. 10. Juli 95 (E. 27, 342). Danach kann ein sinnlicher Genuß genügen: RII. 1. April 81, Rill. 22. Sept. 80 (E. IV, 48; R. II, 240); auch braucht der gesuchte Vortheil kein besonderer, nur durch strafbare Erlangung der Sache ermöglichter zu sein: RII. 28. Mai 80, RI. 31. Jan. 81 (E. II, 69; R. II, 772: es genüge daher der gewöhnliche kaufmännische Gewinn, welcher beim Ankauf zum Marktpreise rc. durch den Weiterverkauf der Sache in demselben oder in verarbeitetem Zustande gesucht werde), OT. (O. XIV, 324). Ebenso ist es gleichgültig, ob der Thäter im Stande war, von der Sache den bezweckten Vortheil zu ziehen: OT. (O. XI V, 414) und ob letzterer wirklich erlangt wird: cit. RI. 31. Jan. 81. Wenn dagegen OT. (O. XVIII, 412) im Falle völliger Gleichwerthigkeit der Gegenleistung die Annahme des Handelns zum eigenen Vortheile für ausgeschlossen erachtet, so trifft dies abgesehen von dem Vorgesagten, mindestens da nicht zu, wo die Absicht auf Sicherung einer Kundschaft (: RII. 11. Rov. 79, A. I, 141), insbesondere dahin ging, den Hauptthäter zu fer­ nerem Liefern gestohlener rc. Sachen zu bestimmen, und diese zu Preisen unter dem Werthe zu erstehen: RI. 6. Dez. 80 (E. III, 169), noch da, wo es sich um die Er­ langung eines Gegenstandes der besonderen Vorliebe handelte; vgl. OT. (GA. 25 149). Andererseits genügt zur Feststellung jenes Thatbestandsmerkmals nicht der nsspruch, daß Angeklagter die Sache weit unter ihrem wirklichen Werthe gekauft habe, da der Ankauf gleichwohl aus anderen Gründen und Zwecken erfolgt sein kann: RI. 21. Febr. 81 (R. III, 61), oder daß Jemand eine gestohlene Sache vom Diebe für ein Darlehn wissentlich als Pfand genommen habe: RI. 6. Juni 98 (GA. 46, 334). Seitens einer Ehefrau kann ein eigner Vortheil in der Weise er­ strebt werden, daß sie ihrem Manne eine für den gemeinsamen Haushalt erforder-

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Begünstigung und Hehlerei. — § 259.

liche Ausgabe zu ersparen sucht: Münch. (BE. VI, 182). — Wer eine Sache „zunr Pfande nimmt", um für eine bestehende Forderung nachträglich Sicherheit zu erlangen, handelt offenbar seines Vortheils wegen; bei dem Leihen auf ein Pfand ist dasselbe jedoch nicht ohne Weiteres anzunehmen; hier müssen vielmehr besondere Umstände hinzutreten und dargethan werden, z. B. daß es dem Darleiher überharrpt darum zu thun gewesen sei, sein Geld nutzbar anzulegen, oder daß er sich bei der späteren Verwerthung des Pfands habe bereichern wollen rc.; so: Dresd. (SGZ. 22 s. 47). 4. Gegenstand der Sachenhehlerei kann jede körperliche (auch herrenlose. Olsh. n. 2; nach v. Liszt S. 511 sogar werthlose) Sache sein, z. B. eine Urkunde: OT. (O. XIV, 414); desgleichen ein Grundstück, z. B. wenn es durch Betrug er­ langt war; ebenso: Bind. II, 576. — Die Sachen brauchen keine fremden zu sein; vgl. n. 6. Durch Erwerb eines Pfandscheins über eine gestohlene Sache kann das Pfand selbst Gegenstand der Hehlerei werden, wenn durch Einlösung die Zn» besitznahme der Sache nachfolgt. RlH. 24. April 90 (E. 20, 399). Dgl. n. 9. 5. Der Hehler soll wissen rc., daß „die Sache mittels einer strafbaren Handlung erlangt sei"; somit muß objektiv diese Erlangung rc. feststehen; ein irriges Dafürhalten des Thäters genügt nicht. Walten jedoch bei der betr. Hand­ lung alle Begriffsmerkmale einer „strafbaren" ob, so ist es für den Thatbestand der Hehlerei unerheblich, wenn der Thäter aus einem ihm individuellen Grunde nicht zu bestrafen (verfolgen) ist; vgl. Thl. I, Abschn. IV n. 3, § 247 n. 1. 22, RH. 6. Juni 82 (E. VI, 336), Colmar (Franz s. 56); a. M. (bezüglich der Fälle des § 55): Stuttg. (WGbl. XI, 305), Bind. II, 573. Ferner ist es gleichgültig, ob die Handlung sich als Verbrechen, Vergehen oder Uebertretung charakterisirt: Mot. s. 128; ob sie durch das StGB, oder durch ein Landesgesetz verpönt ist: OT. (O. XVII, 378). Somit gehören auch Mundraub (§ 370 Nr. 5) und ähnliche Fälle hierher, insoweit nicht ein in Kraft befindliches besonderes Gesetz (z. B. Pr. Forstdiebst.-G. § 5, Pr. FFP.-G. §§ 6. 8, Pr. G. v. 26. März 1856 § 2) für Hehlerei eine specielle Strafandrohung enthält; vgl. RIV. 24. Jan. 90 (E. XX, 209), OT. (O. XVII, 484). — In Betreff der Feststellung der Begriffsmerkmale der „strafbaren Handlung" vgl. § 258 n. 5, Rill. 31. Jan. 80, 17. März 84 (E. I, 180; X, 257); a. M.: RI. 5. April 80 (R. I, 537: schien eine dem Wortlaut des § entsprechende Feststellung für genügend zu erachten, wenn das objektive Vorliegen der Hauptthat nicht bestritten worden); vgl auch Rl. 28. Febr. 84 (E. X, 155). Einer Feststellung der Person des durch die Hauptthat Verletzten bedarf es nicht; RIL 12. Oft. 80 (E. 2, 323). Die Feststellung: „Angeklagter habe annehmen müssen, daß die Sache mittels rc. erlangt sei", bringt das objektive Vorhandensein des Thatbestandes der Hauptthat nicht genügend zum Ausdruck. Ebensowenig genügt in dieser Hinsicht die Feststellung, die Sache sei entwendet worden: Stuttg. (WGbl. XIV, 308); vgl. jedoch Münch. (BE. II, 194). 6. Eine Sache ist mittels einer Strafthat „erlangt", wenn letztere das Mittel war, durch welches einem Unberechtigten die Verfügungsgewalt über die ihm fremde Sache wurde, sei es, daß diese durch die Strafthat erst in den Gewahrsam bedUnberechtigten überging, oder daß der letztere die bereits in seinem Gewahrsam befindliche fremde Sache durch die Strafthat sich zueignete. Die Sache muß, gleich, viel, ob die Hauptthat sich als ein Delikt wider das Vermögen oder als eine andere Strafthat darstellt, mit Verlegung der Vermögensrechte eines Andern erlangt sein und die so geschaffene rechtswidrige Vermögenslage durch die Handlung des Hehlers perpetuirt, dem in seinem Vermögen Verletzten die Wiedererlangung der Sache, auf welche er ein Recht hat, erschwert oder unmöglich gemacht werden: Rill. 11. Dez. 84 (E. XI, 342). — Demgemäß kann eine Sache, welche durch Diebstahls Unterschlagung, Betrug (OT. 21. Febr. 54), Beihülfe zum betrüglichen Bankerutt (: Rill. 15. Jan. 94, E. XXV, 43), unberechtigte Okkupation (Jagdfrevel rc.) er­ langt wurde, verhehlt werden, nicht aber die Sache, welche durch eine Strafthathervorgebracht oder in strafbarer Weise verändert worden ist (z. B. falsches Geld); desgleichen nicht die Sache, welche in Ausübung eines Rechts, jedoch unter Vernachlässigung der für diese Ausübung bestehenden polizeilichen Vorschriften erworben wurde, wie z. B. das vom Jagdberechtigten während der Schonzeit erlegte Wild: RI. 9. Okt., 22. Juni 82 (E. VII, 91; R. IV, 600), OT. (O. XVII, 378; XX, 314); a. M.: RII. 27. Sept. 81 (E. IV, 440: Mot.), noch das eigne, Verbots-

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widrig eingeführte Vieh: RI. 15. Mai 82 (R. IV, 487), noch das durch GewerbsUnzucht (§ 361 Nr. 6) erworbene Geld: dt. 91111. 11. Dez. 84, noch die in Folge (nicht betrügerischen) Bettelns erlangte Gabe: RPl. 17. April 82 (E. VI, 218: weil die Erlangung nicht auf der strafbaren Handlung des Bettelns, sondern auf der freiwilligen Besitzübertragung seitens des Eigenthümers beruhe); a. M.: eit. RII. 27. Sept. 81. Das Gegentheil soll nach RIV. 11. Dez. 88, RII. 31. Jan. 90 (E. XVIII, 303; XX, 222) von den eigenen Sachen des Hauptthäters gelten, falls letzterer sich die Verfügungsgewalt über dieselben durch ein Vergehen int Sinne des § 289 verschaffte, nach Meyer n. 2, Schw., GSaal 24 s. 392, Bind. II, 576, Olsh. n. 5 von Sachen, welche einer Beschlagnahme vorsätzlich entzogen sind. Ueber mittelst betrügerischen Bankerutts bzw. Beihülfe hierzu erlangte Sachen: vgl. Rill. 15. Jan. 94 (E. 25, 43), OT. (O. XVIII, 493). — Gehört znm Thatbestände eines Vergehens die Gewerbsmäßigkeit, so kann Hehlerei selbst dann angenommen werden, wenn nur solche Sachen in Frage stehen, welche bei einem einzigen der die Gewerbsmäßigkeit konstatirenden Fälle erlangt sind: Rill. 16. Juni 80 (R. II, 72); vgl. § 48 n. 5. 7. Nur eine durch eine Strafthat „erlangte" Sache kann verhehlt werden; die Strafthat muß daher dem Akte des Verheimlichens rc. zeitlich vorhergehen, vorher vollendet sein und nicht etwa erst durch letzteren ihre Vollendung erhalten; die frühere Thätigkeit eines Dritten in Beziehung auf die Sache ist nur dann straf­ bar, wenn sie sich als Theilnahme an der Hauptthat darstellt; vgl. § 246 n. 61; ebenso: RII. 28. Mai 80, RF. 12. Sept. 81, RIV. 19. Juni 85 (E. II, 69; XII, 314; R. III, 496); a. M.: Schütze s. 462. Bei einer fortgesetzten Handlung kann, wenn sie auch noch nicht abgeschlossen war, an den durch die That erlangten „Theilquantitäten" dagegen Hehlerei begangen worden. RIV. 22. Juni 97 (E. 30, 163). 8. Die Sache muß noch im Augenblicke der Verheimlichung eine durch eine Strafthat „erlangte" sein. Sie behält diese Eigenschaft, so lange sie sich im Gewahrsam desjenigen befindet, welcher sie durch die Strafthat „erlangt" (n. 6) hatte; in der Hand eines Dritten aber nur, wenn sein Gewahrsam ein aus dem Gewahrsam des Ersten abgeleiteter und mit dessen Fehlern behafteter war, d. h. wenn er den Gewahrsam (mittel- oder unmittelbar) durch eine Uebertragung Seitens des Ersteren und mit der Kenntniß von der strafbaren Erlangung überkommen hatte; das gilt auch, wenn eine wiederholte Besitzübertragung (mit jedesmaliger Kenntniß von der fehlerhaften Erlangung) vorhergegangen war. Demgemäß kann auch eine bereits einmal verhehlte Sache demnächst von einem Andern nochmals verhehlt werden: OT. 69 (O. X, 780). — Dagegen hört eine Sache auf, eine durch eine Strafthat „erlangte" zu sein, sobald sie in die Hand eines (zur Zeit) gutgläubigen Dritten übergegangen ist: Dresd. (SGZ. XIX, 239), Rüd. n. 5, Schw. n. 9; a. M.: RI. 13. Oft. 81, RII. 20. Juni 84 (E. V, 58: R. VI, 451: es sei denn, daß jener Dritte Eigenthümer der Sache, z. B. durch Ersitzung, geworden wäre), OT. 6. Mai 56, 1. April 57, Merkel s. 746, Bind. II, 575 und Olsh. n. 18; ebenso, wenn der Dritte den Gewahrsam selbständig (nicht durch Uebertragung eines Andern) überkommen hat, wenn er also den (fehlerhaften) Gewahrsam des Andern nicht fortsetzt, z. B. wenn Jemand die vom Diebe versteckte Sache findet und dann mit Kenntniß vom Dieb stähle verheimlicht; a. M.: OT. 67 (O. VIII, 688); in solchen Fällen kann nur Unterschlagung (§ 246) angenommen werden. 9. Nur die Verheimlichung rc. solcher individuell bestimmter (vertretbarer oder unvertretbarer) Sachen, welche unmittelbar durch die Strafthat erlangt sind, ist aus § 259 strafbar, nicht also z. B. die des dafür durch Tausch (Umwechselung), Verkauf rc. erlangten Erlöses oder sonstigen Entgelts (der mit gestohlenem Gelde gekauften Sachen rc.); ebenso: RII. 6. Juli 80 (R. II, 164: nahm daher Partirerei in Bezug auf eine Geldunterschlagung nur dann an, wenn genau dieselben Geld­ stücke gehehlt seien und der Hehler diese Eigenschaft derselben gekannt rc. habe), RI. 15. Nov. 80, 26. Juni 82, RII. 29. Juni 83 (E. II, 443; VIII, 433; R. IV, 622), Münch. (BE. VIII, 23). OT. (O. XX, 217), Merkel s. 745, Bind. II, 574, speziell nicht die Verheimlichung rc. eines Pfandscheins über eine gestohlene Sache (vgl. n. 4), des Erlöses eines gestohlnen Bankscheins, von Geldern, herrührend aus dem Jncasso eines gestohlnen oder durch gewerbsmäßiges Glückspiel erlangten Spar­ kassenbuchs: RI. 11. Apr. 93, Rill. 17. Dez. 94 (E. XXIII, 27. 53; XXVI, 317);

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Thl. II. Abschn. XXL Begünstigung und Hehlerei. — § 259.

RIV. 10. Nov. 96 (E. 29, 155: Vermischung eigenen mit unterschlagenem Gelde), RH. 4. Juni 97 (GA. 45, 270: Sparkassenbuch) ; vgl. n. 17; a. M.: RHI. 16. Zum 80 (R. II, 72), Dresd. (SGZ. XIX, 297: Keil.), Dresd. Ann. III, 83, GSäal 24 s. 394. In einem Falle, wo der Zeuge eines Diebstahls sofort nach der That die Einräumung eines Antheils am Objekte desselben, einem Hundertmarkschein, begehrt und zugesagt erhalten, demnächst auch die Hälfte des eingewechselten Geldes em­ pfangen hatte, nahm NHL 15. Juni 81 (E. IV, 321) zwar Hehlerei an, aber nicht des Geldes, sondern der ideellen Hälfte des Scheins, welche jener auf obige Weise „an sich gebracht" habe; vgl. jedoch n. 18. — Dagegen ist Partirerei nicht gründsätzlich ausgeschlossen, wenn die gestohlene rc. Sache selbst zuvor eine solche sachliche Veränderung erfahren hat, daß sie sich im Sinne des Civilrechts als eine andere Sache darstellt; vgl. RIV. 5. Juni 94. (E. XXV, 402) betr. den Ankauf eines Kleides, welches aus gestohlenem Stoffe vom Diebe gefertigt war), Dresd. (SGZ. XXI, 109) betr. aus unterschlagenem Stoffe verfertigte Leinewand), Schütze s. 461. Dgl. übrigens § 950 BGB. 10. Dem „Wissen", daß die Sache durch eine Strafthat erlangt sei, ist („aus praktischen Gründen": Mot. s. 128) gleichgestellt worden, wenn der Hehler „den Umständen nach annehmen muß" (nicht: „............. hätte annehmen müssen"), daß dem so sei, d. h. wenn er auch ohne spezielle Kenntniß nach Lage der Sache durch Schlußfolgerungen dahin gelangt ist, daß er an der Richtigkeit jener (objektiv wahren) Thatsache keinen Zweifel hegt. Ebenso: Bind. II, 620; vgl. »II. 29. Sept. 82, 22. Dez. 85 (E. VII, 85; R. VII, 752: in jenen Worten handle es sich um eine bloße Beweisregel, Sachhehlerei sei kein Fahrlüssigkeitsdelikt), Bruck s. 45 ff., Lucas, subj. Verschuldung s. 115. Daher reicht es nicht hin, wenn der Derheimlicher in leichtfertiger Weise, ohne an die Art der Erlangung zu denken, handelt; vgl. cit. RII. 29. Sept. 82 (: dagegen gehöre der Fall, wo der Angeklagte sich der Erwägung jener Umstünde absichtlich entzogen habe, in das Gebiet des indirekten dolus); a. M.: Rill. 28. April 80, RII. 30. Sept. 81 (E. II, 140; R. 111, 567: eventueller Dolus sei schon in den Worten „von denen er weiß rc." einbegriffen; durch die andere Alternative solle zwar nicht die Fahrlässigkeit im gewöhnlichen Sinne, wohl aber eine culpa lata, der höchste, dem Dolus nahezu gleichstehende Grad der Fahrlässigkeit getroffen werden), ML. s. 781, Merkel f. 747; vgl. »III. 23. Okt. 80 (A. II, 521: fordert überwiegende Gründe für die Voraussetzung strafbaren Erwerbs, solche Gründe, denen sich nur der Uebelwollende verschließen könne; bloßes Vermuthen oder Dermuthenmüssen reiche nicht auS), »IV. 10. Apr. 94 (E. XXV, 221: erachtete durch die Feststellung, Angeklagter habe die von selbst sich aufdrängende Vermuthung, die Sachen seien aller Wahrscheinlichkeit nach gestohlen, gehegt, gleichwohl aber letztere gekauft, weil es ihm gleichgültig gewesen, ob er gestohlenes oder redlich erworbenes Gut kaufe, den Eventualdolus für ausreichend festgestellt), OT. (O. XVII, 720). Keinesfalls genügt es, daß der Erwerber einer Sache unterlassen hat, sich zu überzeugen, daß dieselbe nicht durch eine strafbare Handlung erlangt sei: cit. »II. 30. Sept. 81. — Die Bejahung einer beide Alternativen als solche umfassenden schwurgerichtlichen Frage rechtfertigt die Anwendung des §: »II. 14. Mai 80 (R. I, 777), OT. (O. XIV, 128). 11. Das Wissen rc. (n. 5. 10) braucht auch hier nicht in einer Kenntniß von der konkreten Strafthat (ihrem Charakter, ihrem Urheber und ihren einzelnen Umständen) zu bestehen, durch welche die Sache erlangt wurde; es genügt die Kenntniß, daß diese Erlangung überhaupt durch irgend eine Strafthat bewirkt worden sei: RI. 5., 8. April 80, »II. 12. Okt. 80, 4. Okt. 81 (E. II, 324; R. I, 537. 533; III, 589), OT. 70, 73 (O. XI, 583; XIV, 243), Dresd., Münch. (StZ. I, 183; V, 98); vgl. § 258 n. 3, wenn auch diejenige Kenntniß nicht ausreicht, welche bloß darin besteht, daß jene Erlangung auf unrechtmäßige oder unredliche Weise stattgefunden habe: »UL 22. Sept. 84 (A. X, 460), Dresd. (SGZ. 23 s. 50). Dengemäß ist es für den Thatbestand unwesentlich, wenn der Hehler sich über die Natur der Strafthat, durch welche die Sache erlangt war, im Irrthume befindet. Wisftn und objektive Wahrheit müssen nur insoweit übereinstimmen, als es für den Thatbestand von Erheblichkeit ist, d. h. daß die Sache überhaupt durch eine Straftat erlangt sei. Es liegt somit auch dann Hehlerei vor, wenn der Angeklagte z. 9. glaubte, die gestohlene Sache sei unterschlagen: OT. (Pl.) 23. März 57, Dresd. (JMbl. s. 172; StZ. V, 97). Verheimlicht rc. dagegen Jemand eine gestohlene :c. Sache in der irrigen Meinung, sie sei gefunden, so kann ihn, da er sich nach seiner

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Auffassung nicht der Hehlerei, sondern der Theilnahme an einer Fundunterschlagung schuldig macht (n. 7), weder die Strafe der einen noch der anderen treffen, nicht die der Hehlerei, weil der dazu erforderliche Dolus (das Wissen, daß die Sache durch eine zur Zeit bereits vollendete Strafthat erlangt war), fehlt, noch die der Unterschlagung, weil eine solche nicht vorliegt: OT. 54 (GA. II, 559); a. M.: Schaper, HH. II, 205. 12. Die Wissenschaft rc., daß die Sache durch eine Strafthat erlangt sei, muß in dem Augenblicke obwalten, wo der Angeklagte die im § vorgesehene Handlung vornahm: RH. 19. Oft. 83 (R. V. 616), OT. (O. XVII, 353; XVIII, 526), Münch. (BE. II, 194: dieser Umstand bedürfe daher auch ausdrücklicher Feststellung). Hierbei ist das unter n. 8 Ausgeführte zu berücksichtigen. Daraus folgt, daß, wer erst nach dem redlichen Erwerbe der Sache erführt, daß sie gestohlen rc. war, durch dem« nächstige Verheimlichung, Verkauf rc. sich keiner Hehlerei schuldig macht (in seiner Hand war die Sache nicht mehr eine durch eine Strafthat erlangte): OT. 57, 68 (JMbl. 58 s. 4; O. IX, 148), Schw. n. 7, Schütze s. 462; a. M.: Stuttg., Meckl. OG. (StZ. IV, 379; GSaal 24 s. 314), OT. (O. XVII, 353: beil.). »III. 22. Jan. 00 (E. 33, 120) nimmt an: „Ist Eigenthum nicht übergegangen, so macht sich der gutgläubige Besitzer, wenn er den der Sache anhaftenden Mangel erfährt, der Hehlerei nicht schuldig, wenn er nur im Besitz verbleibt, wohl aber, wenn er nunmehr zur Verheimlichung schreitet." Nicht jede Erlangung des Gewahrsams ist schon als Enverb der Sache anzusehen, da hierzu noch die Absicht gehört, über dieselbe aus eigener Macht Verfügung treffen zu können; demgemäß ist auch Derjenige Hehler, welcher eine Sache, in deren Besitz er ohne Kenntniß von der strafbaren Art ihrer Erlangung gekommen ist, demnächst mit jener Kenntniß „an sich bringt", d. h. in der Absicht, über sie Verfügungsgewalt auszuüben, erwirbt: OT. 14. Okt. 59; vgl. n. 18. 13. Die im § aufgezählten auf die Sache bezüglichen Einzelhandlungen „Ver­ heimlichen rc." haben das mit einander gemein, daß sie auf eine Sicherung oder Verwerthung der Sache abzielen. Dagegen fetzen sie keineswegs mit Nothwendigfett voraus, daß der Hehler selbst den Gewahrsam erlangt habe, z. B. im Falle der Mitwirkung zum Absätze; vgl. n. 16. — Alternative Feststellung z. B. „an sich bringen oder zum Absätze mitwirken", ist statthaft: »II. 20. Dez. 81 (R. III, 813). 14. 15. „Verheimlichen" bezeichnet eine Handlung, welche dahin abzielt, die Auffindung der durch eine Strafthat rc. erlangten Sache dem Berechtigten zu erschweren oder unmöglich zu machen. »II. 18. Jan 01 (GA. 48, 116); OT. 53 (GA. I, 405), z. B. die Entfernung eines Wiedererkennungszeichens; OT. 70 (O. XI, 583). Es wird dabei ein positives Thun vorausgesetzt, eine bloße Unterlassung, z. B. ein Verschweigen, die Nichtanzeige des Verbrechens rc., selbst die Weigerung, den Ort des gestohlenen Gutes anzugeben, genügen nicht: cit. OT. 53. Dagegen bedarf es keiner Besitzhandlung; eine Verheimlichung kann daher angenommen werden, wenn z. B. Derjenige, in dessen Wohnung der Dieb rc. die Sache ver­ borgen hat, den Gewahrsam gegen besseres Wissen der die Herausgabe fordernden Behörde ableugnet: OT. 21. Jan. 57; vgl. n. 13. 16. — Die Verheimlichung braucht nicht im Einverständnisse mit dem Dieb rc. geschehen zu sein: OT. 53 (GA. I, 408). Die Beihülfe zu einer vom Diebe rc. selbst vorgenommenen Verheimlichung rechtfertigt die Anwendung des § 259 nicht, sie kann nur als Begünstigung (§ 257 oder 258) strafbar sein; vgl. oben n. 2, OT. 63 (O. III, 502). 16. Die Ausdrücke „Ankäufen" und „zum Pfande nehmen" sind als Beispiele des generellen Ausdrucks „Ansichbringen" (§18) aufgezählt. Es wird sonach auch bei jenen vorausgesetzt, daß die Sache durch das Kauf- rc. Geschäft in die Verfügungsgewalt des Hehlers gelangt sei; so lange dies nicht geschehen, genügt der Abschluß eines Kauf- rc. Vertrags nocht nicht: »II. 20. Mai 81, 29. Sept. 82, »IV. 13. Jan. 88, »III. 31. Mai 92 (E. IV, 184; VII, 85; XVII, 59; XXIII, 27), OT. 58 (Entsch. dess. 39. 2. s. 25). a. M.: Villn. s. 101. Doch ist die Erlangung der Verfügungsgewalt nicht nothwendig durch eine förmliche Befitzergreifung bedingt; vgl. OT. 68 (O. IX, 150, welches nur in seiner Begründung zu weit geht). Der Umstand, daß Ankäufer ein Handelsgewerbe treibt, wozu die Anschaffung von Waaren derselben Gattung gehört, ist gleichgültig: Münch. (BE. VIII, 519). 17. Hehlerei kann durch Ankauf oder Annahme der Sache zum Pfande nur dann verübt sein, wenn alle wesentlichen Merkmale eines solchen Rechtsgeschäfts

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Thl. II. Abschn. XXL Begünstigung und Hehlerei. — § 259.

(z. B. Einigung über den Kaufpreis) vorliegen: OT. 67 (O. VIII, 448), Dresd. 17. Juli 71 (SGZ. XV, 241). Dagegen wird nicht erheischt, daß das Rechtsgeschäft im fiebrigen durchaus rechtsverbindlich sei und eine Klage begründe: OT. 52 (GA. I, 408). Wegen Ankauf eines Pfandscheins über gestohlene Aachen: vgl. n. 4 u. 9. 18. „An.sich.bringen" bezeichnet (ebenso wie „Ankäufen" und „zum Pfande Nehmen": n. 16) eine abgeleitete Erwerbsart, d. h. einen Erwerb, durch welchen Jemand die Sache aus dem Gewahrsam eines Andern mit dessen Einverständniß in die eigne Verfügungsgewalt bringt, um über fle als die feinige (oder doch für seine Zwecke) zu verfügen: Rill. 25. Sept. 80, 9. Juli 85, 8. Dez. 87, RH. 20. Nov. 83, »IV. 11. Dez. 88, 24. Jan. 90 (E. II, 401; IX, 199; XVIII, 303; XX, 209; R. VII, 484; IX, 711), OT. (O. XIV, 472; XVII, 353; XIX, 208). Demgemäß genügt eine Vereinbarung, durch welche Jemandem ein Anspruch auf die Sache oder ein Antheil an derselben eingeräumt wird, für sich allein noch nicht; ebenso: RIV. 13. Jan. 88, Rill. 31. Mai 92 (cit. n. 16); vgl. jedoch »III. 15. Juni 81 (cit. n. 9), Dilln. s. 101 (deutet jenen Ausdruck als das Erwerben eines persönlichen oder dinglichen Rechts auf die Sache, möge es nun rechtsverbindlich oder nur scheinbar sein), und ebensowenig ein bloßes Anstch. oder Jnverwahrnehmen, wenn es auch zum beiderseitigen Vortheile geschieht: OT. (O. XV, 642); vgl. OT. (ib. XVII, 559), noch das bloße Gutheißen der Annahme einer Schenkung seitens des Ehemannes der Beschenkten: »II. 19. Okt. 83 (R. V, 616). Wer eine gestohlene (vom Diebe versteckte) Sache findet, oder wer sie dem Diebe wieder stiehlt, „bringt" sie nicht „an sich": OT. 68, Dresd. (O. IX, 107; StZ. 1, 253); a. M.: OT. 67 (O. VIII, 688), noch derjenige, welchem der Gewahrsam der Sache übertragen wird, um sie für einen Andern sei es zu besitzen (Depositar, Kommodatar rc.), sei es zu verkaufen; er macht sich erst durch eine „Verheimlichung" bzw. durch ein „Mitwirken zum Absätze" der Hehlerei schuldig: OT. (O. XIX, 208). Das Gegentheil gilt unbedenklich von Demjenigen, welcher die Sache eintauscht, in Zahlung, zum Geschenke oder als Darlehen annimmt: Dresd. (StZ. I, 93; II, 195), »1. 27. Nov. 79 (GA. 28 s. 31). — Das Ansichbringen setzt nicht nothwendig ein persönliches Zugreifen voraus, ein solches kann vielmehr auch in concludenten Handlungen, welche der Thätigkeit Anderer hinzutreten, enthalten sein: »II. 18. Jan. 87 (R. IX, 62: Verfutternlassen des gestohlenen Heus an die eigenen KÄhe), Münch. (BE. VII. 531). — Der Hehler braucht die Sache nicht unmittelbar vom Hauptthäter an sich bringen. »I. 13. Okt. 81 (E. 5, 58). Von wem der Hehler die Sache an sich gebracht habe, bedarf nicht der Feststellung: OT. (O. XIV, 432). Wohl aber sind im Urtheile die Thatsachen anzuführen, aus welchen das Begriffsmerkmal des „An. sichbringens" gefolgert wird (StPO. § 266): »III. 9. Juni 60 (A. II, 131), OT. (O. XVIII, 616). — Ein Hinweis auf den veränderten Gesichtspunkt ist nöthig, wenn die Anklage auf Hehlerei wegen Ansichbringens der Sache lautet, jedoch wegen Hehlerei durch Mitwirken zu dem Absätze verurtheilt werden soll: »I. 17. Nov. 94 (GA. 42 s. 395). 19. Bloße Theilnahme an den Vortheilen, z. B. das Mitgenießen ge. stohlener Sachen, speziell gestohlener Eßwaaren, ist (selbst in Verbindung mit dem Herrichten derselben) noch nicht Hehlerei; ebenso: »III. 25., 22. Sept. 80, 9. Juli 85 (E. II, 401; R. II, 240; VII, 484), »I. 13. Okt. 83, »II. 20. Nov. 83 (ib. V, 609; E. IX, 199: nur, wenn zuvor ein Wechsel in der Verfügungsgewalt und im Gewahrsam eingetreten, dem Genusse mithin eine Schenkung, eine Theilung oder ein sonstiger Akt vorhergegangen sei, aus welchem erhelle, daß der Angeklagte irgend welche Verfügungsgewalt über die gestohlenen Gegenstände oder einen Theil derselben erworben, m. a. W. jene „an sich gebracht" habe, könne von Hehlerei die Rede sein); vgl. Bind. II, 574 (rechnet das Mitgenießen nicht dahin, weil es ein Zerstören sei), Münch. (BE. IV, 301); a. M.: Dresd. (StZ. I, 193; SGZ. XX, 251: betrachteten Denjenigen als Hehler, welcher mit dem Diebe vom Ertrage seiner strafbaren Thätigkeit lebe, oder den Aufwand für eine gemeinschaftlich unternommene Reise vom Thäter aus dem durch die Strafthat, z. B. eine Fälschung erlangten Gelde bestreiten lasse). Das gilt namentlich von einer Ehefrau, wenn sie von ihrem Manne den Unterhalt annimmt, welchen dieser aus den durch strafbare Handlungen erlangten Mitteln schöpft, wogegen auch fle strafbar ist, wenn sie das von ihrem Manne so Erlangte ihres Vortheils wegen „an sich bringt, verheimlich: oder zu dessen Absatz mitwirkt"; so: »III. 15. Jan. 81 (R. II, 728: Ersteres könne

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freilich nach Lage des konkreten Falles eine Ausnahme erleiden, sei es wegen der Beschaffenheit und des Umfangs der vom Mann beschafften Mittel in dem Ver­ hältniß zum wirklich Erforderlichen, sei es wegen der Art der Verwendung durch die Frau), Münch. (BE. II, 385). 20. Absatz ist die wirthschaftliche Verwerthung (Umsatz gegen einen Gegenwerth) der durch eine Strafthat erlangten Sache, insbesondere auch die DerPfändung (Versetzen): RH. 15. Mai 88 I, 8. Oct. 88 (E. 17, 392; R. X, 547), nicht aber unter allen Umständen das Verschenken: RIV. 6. Juni 99 (E. 32, 214). — Die „Mitwirkung zum Absätze" der Sache bei Anderen (dies kann auch der Bestohlene u. s. w. selbst sein: 91111. 29. Nov. 97 (E. 30, 401) ward deshalb in den § mit aufgenommen, weil eine solche helfende Thätigkeit nicht immer unter den Begriff einer (selbständigen) Verheimlichung fällt, und auch nicht als Theilnahme bestraft werden kann, da die vom Diebe rc. über die gestohlene rc. Sache getroffene Verfügung keine neue Strafthat desselben darstellt. Demgemäß ist die Anwend­ barkeit des § überhaupt nicht dadurch bedingt, daß der (durch einen Anderen be­ wirkte) Absatz, zu welchem mitgewirkt worden, selbst strafbar sei. Auch hier ist aber daran festzuhalten, daß die Sache zur Zeit noch eine durch eine Strafthat erlangte sein muß; vgl. n. 8. 12. — Eine Mitwirkung zum Absätze ist selbst bei ge­ stohlenen Geldstücken möglich; doch ist in der bloßen Einwilligung, daß aus solchen Geldern Zahlungen für den Einwilligenden erfolgen, von besonderen Umständen abgesehen, kein solches Mitwirken enthalten: 9111. 8. Mai 83 (E. VIII, 265). 21. Eine (vollendete) Mitwirkung zum Absätze ist nur da anzunehmen, wo es wirklich zum Absätze gekommen ist: die erfolglose Aufforderung zum Ankäufe gehört nicht hierher; ebenso: Meyer n. 8c, Schw. n. 18, Meves, StNZ. XIII, 524, v. Buri, GSaal 29 f. 58; a. M.: 9111. 20. Dez. 81, RIV. 29. Sept. 84, 9. Juli 86 (E. V, 241; R. VI, 570; VIII, 531: auch brauche die Handlung des Hehlers nicht unmittelbar auf den Absatz gerichtet zu sein; jener Ausdruck umfasse vielmehr jede Thätigkeit, welche dahin ziele, den Absatz zu ermöglichen, zu erleichtern oder für ihn vortheilhaftere Bedingungen zu schaffen; ein Mitwirken könne daher schon in dem behufs der Veräußerung unternommenen Transport der Sachen nach einem anderen Orte gefunden werden, desgleichen in Schritten, welche die Werthsermittelung zum Zwecke des Verkaufs betreffen), OT. (Pl.) 30. März 67, OT. 72 (O. VIII, 218; XIII, 189), OT. 78 (O. XIX, 208: doch bedinge der Begriff ein Handeln, durch welches die auf den Absatz gerichtete Absicht demjenigen gegenüber erkennbar werde, an den man abzusetzen beabsichtige), Geyer, GSaal 27 s. 373; vgl. n. 28 und 9111. 8. Mai 83 (cit n. 20: Mitwirkung zum Absätze sei die Mitthätigkeit zum Zwecke des Absatzes). 22. Nur das „Mitwirken zum Absätze", nicht der selbständige Absatz fällt unter die Strafbestimmung: £)&. (O. XIV, 472); a. M.: Schütze s. 462. Eine solche Mitwirkung liegt aber auch da vor, wo ein Dritter die gestohlene Sache im Aufträge des Diebes (im Uebrigen aber selbständig) veräußert: 9111. 15. Mai 88 (E. XVII, 392), OT. 70 (O. XI, 594). 9111. 17. Okt. 93 (E. XXIV, 352) erachtet schon das Einverständniß des Diebes oder eines derselben für ausreichend. 23. Wer Sachen in einer nach § 259 strafbaren Weise „an sich bringt", macht sich durch ein demnächstiges „Mitwirken zum Absätze" derselben nicht einer neuen Hehlerei schuldig; vgl. n. 2. 22. (Demgemäß kann ein Ausländer, welcher die Sachen so im Auslande an sich gebracht hat und demnächst im Jnlande 311 deren Absatz mitwirkt, hier nicht verfolgt werden; vgl. RI. 15. März 80 (E. 1, 279); a. SDK: Bind. HB. I, 422.). Dagegen trifft einen Dritten, welcher zum Weiter­ verkäufe (wissentlich) mitwirkt, als (zweiten) Hehler die Strafe des §. 24. Der Thatbestand der Partirerei ist aus den §§ 257. 258 in keiner Weise zu ergänzen; es bedarf daher nicht der Absicht, dem Diebe rc. die Vortheile seiner Strafthat zu sichern: OT. 53 (GA. I, 408), Münch. (BE. III, 541), noch wird die Strafbarkeit der Handlung dadurch beseitigt, daß sie geschah, um einen Angehörigen der Bestrafung zu entziehen: OT. (O. XV, 218). Umgekehrt tritt hier die strengere Strafe des § 258 Nr. 2 nicht ein, sollte auch die Sache von einem schweren Diebstahle rc. herrühren. 25. Die Hehlerei stellt eine selbständige Strafthat dar (n. 2); für ihre Bestrafung ist es daher bedeutungslos, welche Strafe der Hauptthäter verwirkt hat; der Schlußsatz des § 257 Abs. 1 findet hier keine Anwendung; es kann leicht ge-

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Begünstigung und Hehlerei. — § 260.

§ 260. Wer die Hehlerei gewerbs- oder gewohnheitsnläßig betreibt, wird mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft. [I. Entw.: § 235; II. Gntro.: § 255; Pr. StGB.: § 239.] schehen, daß dessen Handlung unter ein milderes Strafgesetz fällt (: OT. 5. Jan. 64), oder gar nicht zu bestrafen ist, z. B. wegen eines persönlichen Verhältnisses (§ 247 Abs. 2), weil § 55 oder § 56 die Bestrafung ausschließt, oder weil die That im Auslande von einem Ausländer verübt, bei Antragsvergehen, weil kein Antrag gestellt war; vgl. RH. 12. April 81, 6. Juni 82, RL 17. Dez. 88 (E. IV, 83; VJ, 336; XVIII, 298), OT., Dresd., Münch. (O. XIV, 332; XVII, 458; XX, 25; StZ. I, 27; V, 98. 99; XX, 251), Colmar (Franz s. 56); vgl. § 257 n. 22. Ebenso ist die Verfolgung des Hehlers nicht deshalb durch einen Antrag des Verletzten bedingt, weil es eines solchen zur Verfolgung des Hauptthäters bedarf (§ 247): § 61 n. 7. — Im Uebr. vgl. unten n. 26. 27. 26. Aus demselben Grunde (n. 25) genügt zur Annahme mehrerer realiter konkurrirender Hehlereien nicht die Feststellung, daß die gehehlten Sachen aus ver­ schiedenen Diebstählen herrührten: OT. (O. XVII, 516). 27—30. Ebenso ist Theilnahme an der Hehlerei und Hehlerei an einer durch Hehlerei erlangten Sache (durch einen Dritten) sehr wohl möglich; vgl. RI. 17. Nov. 94 (GA. 42 s. 395) und oben n. 23. — In Betreff der Nebenstrafen vgl. §§ 262. 32. 35. — Der Versuch der Partirerei ist, abgesehen von den Fällen der §§ 260, 261 Abs. 1. 2, nicht strafbar. — Bez. der neben § 259 geltenden SonderVorschriften über Partirerei vgl. oben n. 5, § 258 n. 10. 31. Zuständigkeit wie bei § 257 n. 31. — Freisprechung von der Anklage der Hauptthat bildet kein Hinderniß, daß der Freigesprochene als Zeuge int Ver­ fahren wegen der Hehlerei nach Maßgabe des § 56 Nr. 3 StPO, uneidlich Dernommen werde: RH. 4. Okt. 81 (R. III, 589). § 111 ib., betr. Rückgabe der durch die Strafthat dem Verletzten entzogenen Sachen, ist auch auf den Fall der Hehlerei als einer mittelbaren Entziehung anwendbar: RI. 25. März 89 (E. XIX, 98). — Im Uebr. vgl. oben s. 109 f. n. 9.

§

260.

1. Dieser § bezieht sich auf beide Artchn der Hehlerei (§§ 258. 259). 2. Gewerbe bezeichnet eine fortgesetzte, auf Erzielung eines Erwerbes (d. h. eines Vermögensvortheils, der aber nicht in der Gestalt eines Geldbetrages zur Erscheinung zu kommen braucht) gerichtete Thätigkeit derselben Art: RII. 4. März 80, Rill. 16. Okt. 80 (R. I, 726; II, 336), OA. (O. XIV, 377), Dresd. (SGZ. XVII, 188. 217. 281; StZ. III, 121); vgl. jedoch v. Buri, GSaal 29 s. 53 (rechnet zum Wesen eines gewerbsmäßigen Betriebes, daß Andere sich darauf verlassen können). Sonach wird eine Handlungsweise (z. B. Hehlerei) „gewerbsmäßig betrieben", wenn Jemand aus der fortgesetzten Verübung derselben eine Erwerbsquelle zu machen sucht; ebenso: Münch. (BE. VIII, 519), gleichviel, ob dieser Erwerb ganz oder theilweise zum Lebensunterhalte oder zu anderen Zwecken dienen soll (a. M.: Dresd. 21. Juli 73, StZ. III, 121). Doch muß die Absicht von Anfang an auf fortgesetzte Hehlerei des Erwerbes wegen gerichtet sein: Rill. 2. Febr. 81 (R. III, 4). Eine mit solcher Absicht vorgenommene Einzelhandlung kann als Beginn der „gewerbsmäßigen" Thätigkeit angesehen werden, sollte es auch noch nicht zu ferneren Handlungen gekommen sein: RII. 1. Nov. 81, Rill. 25. Jan. 83 (R. III, 669; V, 59), OA., OT. (O. XIII, 507; XVI, 585); a. M.: HS. II, 564; ebenso kann der Jnstanzrichter aus einer festgestellten Einzelhandlung einen thatsächlichen Schluß auf früher verübte oder später beabsichtigte Handlungen derselben Art und daraus aus einen „gewerbsmäßigen Betrieb" schließen (: OT., O. XII, 601), oder die GewerbsMäßigkeit einer festgestellten (im Jnlande verübten) Einzelhandlung aus solchen Fällen folgern, welche abgeurtheilt (auch im freisprechenden Sinn, sofern jetzt eine abweichende Beurtheilung stattfindet: RV. 1. Juni 00 (E. 33, 303), oder tut Aus­ lande verübt oder als Einzelhandlungen verjährt sind: OT. 63, 74, 76 (O. XV, 556; XVII, 827). Hiernach bedarf es zur Annahme der Gewerbsmäßigkeit keiner Vorbestrafung wegen Hehlerei: Mot. s. 129. Ein gewerbsmäßiger Betrieb miß jedenfalls nach Absicht des Betreibenden über einen individuell abgeschlossenen Per-

Thl. II.

Abschn. XXL

Begünstigung und Hehlerei. — § 260.

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sonenkreis hinaus gehen sollen. RUI. 29. Okt. 00 (GA. 47, 441). Im Uebr. vergl. bez. der Feststellung der Gewerbsmäßigkeit: eit. RUI. 2. Febr. 81, RH. 1. Nov. 81. 3. In Betreff der „Gewohnheitsmäßigkeit" vgl. § 150 n. 4, § 180 n. 7 und 9UV 22. Mai 00 (GA. 47, 373). Hier wird daher (im Gegensatz zur GewerbsMäßigkeit: n. 2) stets eine Mehrheit von Fällen gleichartigen Handelns sowie ein durch Uebung ausgebildeter, selbstthätig fortwirkender Hang zur Hehlerei, dessen Befriedigung dem Thäter bewußt oder unbewußt zur Gewohnheit geworden ist (im Gegensatz zum Gelegenheitsverbrecher), nicht aber ein Vermögensvortheil er­ fordert: R1V. 1. Dez. 99 (E. 32, 394), RI. 14. März 95 (E. XXVII, 138). Fälle, wo der Angeklagte bloß die Erlöse aus gehehlten Sachen an sich brachte, zählen nicht mit: RI. 26. Juni 82 (R. IV, 622): vgl. § 259 n. 9. 3a. Eine fortgesetzt auf Erzielung eines Vermögensvortheils gerichtete Absicht erfüllt weder den Begriff der Gewerbs- noch den der Gewohnheitsmäßigkeit: RIV. 9. Dez. 87 (R. IX, 714); vgl. n. 2. 3. 4. Die Gewerbs-(Gewohnheits-)mäßigkeit ist nicht durch ein Sich-Einlassen mit mehreren Personen bedingt: OT. (O. XIV, 332). Durch wiederholte Begünstigung desselben Thäters, sowie durch mehrmalige Verheimlichung rc. verschiedener durch dieselbe Strafthat erlangter Sachen kann eine gewerbs- bzw. gewohnheitsmäßige Hehlerei begangen werden; vgl. OT. (O. XV, 260). 5. Wird auf das Vorliegen mehrerer Fälle die Anklage gewerbs- oder gewohnheitsmäßiger Hehlerei gegründet, die Gewerbsmäßigkeit rc. vom Richter jedoch als unerwiesen angenommen, so muß das Urtheil näher motiviren, was zur Erfüllung jener Begriffe fehle: StPO. § 266 Nr. 2, OT. (O. XVI, 182). 6. Da das Wesen der Gewerbs-(Gewohnheits-)mäßigkeit in der gewollten Wiederholung der Handlungsweise liegt, so umfaßt dieselbe auch alle vor­ gekommenen Einzelfälle: es kann daher gewerbs- oder gewohnheitsmäßige Hehlerei als solche nur einmalige Strafverhängung aus § 260 rechtfertigen; vgl. § 74 n. 10, Münch. (BE. VIII, 612); a. M.: OT. (O. XVI, 307: sofern die Gewerbsmäßigkeit re. nicht eben in der Konkurrenz der gerade vorliegenden Fälle gefunden werde, jeder der letzteren vielmehr für sich allein und selbständig den Charakter der Gewerbs- und Gewohnheitsmüßigkeit an sich trage). Da aber auch jeder Einzelfall strafbar ist, die Wiederholung also in dieser Beziehung Realkonkurrenz darstellt, so trifft hier das zu § 74 n. 11 Gesagte zu. Liegen daher mehrere Fälle schwerer Hehlerei (§ 258 Nr. 2) vor, so können sie nach § 258. 74 als Einzelfälle mit Zuchthaus bis zu fünfzehn Jahren bestraft werden, obgleich sie als Gewohnheitshehlerei nach § 260 nur die einmalige Verhängung einer zehnjährigen Zuchthausstrafe recht­ fertigen würden; vgl. § 74 n. 11, § 180 n. 9; a. M.: HS. II, 564 n. 2, Nüd. n. 4, Merkel, HH. III, 748, Bind. GR. I, 146, Schütze s. 463. 7. Im Uebrigen kommt es bei Anwendung des § 260 nur als Strafzumessungsgrund in Betracht, ob Fälle der leichten oder schweren (§ 258 n. 1 oder 2) Hehlerei vorliegen. 8. Trifft die Gewerbs-(Gewohnheits-)müßigkeit mit wiederholtem Rückfalle (§ 261) zusammen, so wird das zu § 73 n. 4 Gesagte anwendbar. 9. In Betreff der Bestrafung der Theilnehmer vgl. § 50 n. 5. Demgemäß trifft den Gehülfen eines gewerbsmäßigen Hehlers die Strafe aus § 260 nur dann, wenn er selbst gewerbsmäßig, also mit der Absicht handelt, aus seiner Thätigkeit fortgesetzt für sich einen dauernden Erwerb zu erzielen: RH. 22. Juni 94 (E. XXVI, 3). Ebendeshalb erseht die bloße Kenntniß von dem gewohnheitsmäßigen Handeln des Hauptthäters die beim Gehülfen, mangelnde Gewohnheitsmäßigkeit nicht: RIV. 6. Dez. 87 (R. IX, 798). Den Mot. von RH. 20. Mai 81 (E. IV, 184), zufolge ist sogar die Möglichkeit begründet, daß der Gehülfe aus § 260 (und § 49) bestraft werde, während den Hauptthäter nur die Strafe aus § 258 oder § 259 trifft. 10. Als Ort der Gesammtthütigkeit, bez. als Begehungsort ist jeder Ort anzusehen, wo eine der Einzelhandlungen stattgefunden hat; so: Löwe, StPO. § 7 n. lc; vgl. oben § 3 n. 12. — Zuständig ist Strafk.: GVG § 736. Im schwurgerichtlichen Verfahren kann wegen der Gewerbs- bezw. Gewohnheitsmäßigkeit als

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Thl. II. Abschn. XXI. Begünstigung und Hehlerei. — tztz 261. 262.

§ 261. Wer im Jnlande wegen Hehlerei einmal und wegen darauf begangener Hehlerei zum zweiten Male bestraft worden ist, wird, wenn sich die abermals begangene Hehlerei auf einen schweren Diebstahl, einen Raub oder ein dem Raube gleich zu bestrafendes Verbrechen bezieht, mit Zuchthaus nicht unter zwei Jahren bestraft. Sind mildernde Umstände vor­ handen, so tritt Gefängnißstrafe nicht unter Einem Jahre ein. Bezieht sich die Hehlerei auf eine andere strafbare Hand­ lung, so ist auf Zuchthaus bis zu zehn Jahren zu erkennen. Sind milderne Umstände vorhanden, so tritt Gefängnißstrafe nicht unter drei Monaten ein. Die in dem § 245 enthaltenen Vorschriften finden auch hier Anwendung. [I. Entw.: § 236; II. Entw.: § 256; Pr. StGB. § 240.]

§ 262. Neben der wegen Hehlerei erkannten Gefängniß­ strafe kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte und neben jeder Verurtheilung wegen Hehlerei auf Zulässigkeit von PolizeiAufsicht erkannt werden. [I. Entw.: §§ 233. 234; II. Entw.: § 257; Pr. StGB.: §§ 237-240.] eines „die Strafbarkeit erhöhenden Umstands" (StPO. § 295) eine Nebenfrage gestellt werden: RlV. 8. Oft. 86 (E. XIV, 356). 11. Gewerbs- oder gewohnheitsmäßige Hehlerei gefrevelten Holzes ist im Pr. Forstdiebst.'G. § 6 besonders vorgesehen. Vgl. ferner Pr. FFP.-G. § 21. 12. Soll, gegenüber einer auf gewohnheitsmäßige Hehlerei gerichteten Anklage, wegen gewerbsmäßiger Hehlerei verurtheilt werden (oder umgekehrt), so ist zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunkts hinzuweisen (StPO. § 264): RI. 14. März 95 (eit. n. 3). Dies ist nicht nöthig, wenn bei einer aus §§ 260, 250 StGB, erhobenen Anklage wegen einfacher Hehlerei verurtheilt wird. RH. 2. Jar. 00 (GA. 47, 156).

§ 261. 1. Dieser § sieht die im zweiten Rückfalle verübte Hehlerei vor; die „aber, mals begangene Hehlerei" ist der zur Aburtheilung vorliegende dritte Fall. Es macht keinen Unterschied, ob die Vorbestrafungen Fälle des § 258 oder 259 zum Gegenstände hatten. 2. Eine Vorbestrafung wegen Hehlerei begründet den Rückfall für einem demnächstigen Diebstahl oder Raub (§ 244), nicht aber umgekehrt.' 3. Die Strafe des Abs. 1 tritt nur dann ein, wenn der Hehler wußte, da^ die Hauptthat zu den dort erwähnten Verbrechen gehöre; vgl. RlV. 15. März 87 (E. XV, 364). 4. Im Uebrigen vgl. die Bemerkk. zu §§ 244. 245, § 257 n. 31, § 260 n. 5. Zuständig ist Strafk., GVG. § 736.

§

262.

1. Im Allgemeinen vgl. § 248 n. 1. 2. Auf Zulässigkeit der Polizeiaufsicht kann auch dann erkannt roerber, wenn dies wegen der Hauptthat nicht statthaft wäre: daß die verhängte Gefängnis strafe drei Monate erreiche, ist bez. dieser Nebenstrafe nicht erforderlich.

Thl.

II.

Abschn.

XXII.

Betrug und Untreue.

— § 263.

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Zweiundzwamigster Abschnitt. Betrug und Untreue.

§ 263. Wer in der Absicht, sich oder einem Dritten einen rechtswidrigen Vermögensvortheil zu verschaffen, das Vermögen eines Anderen dadurch beschädigt, daß er durch Vorspiegelung falscher oder durch Entstellung oder Unterdrückung wahrer That­ sachen einen Irrthum erregt oder unterhält, wird wegen Be­ truges mit Gefängniß bestraft, neben welchem auf Geldstrafe bis zu dreitausend Mark, sowie auf Verlust der bürgerlichen Ehren­ rechte erkannt werden kann. Sind mildernde Umstände vorhanden, so kann ausschließlich auf die Geldstrafe erkannt werden. Der Versuch ist strafbar. Wer einen Betrug gegen Angehörige, Vormünder oder Er­ zieher begeht, ist nur auf Antrag zu verfolgen. Die Zurück­ nahme des Antrags ist zulässig. [I. Gntro.: § 237. 238; II. Gntro.: § 258; No». Art. I; StB. 75/76 S. 825; Pr. StGB.: §§ 241-242.] § 263. Abgabe. Hinterziehung: 66—68. • Nichterhebung: 68. Absicht: 2—11. 49. . Erreichung: 10. . Schaden, Abwendung: 3. 6. . ZahlungSauSstand: 3. . zu beschädigen: 11. • zu ersetzen: 7. . zu täuschen: 49. Aktionär rc.: 6. 14. 28a. b. Almosen: 36. Angehörige: 78—80. Anpreisung: 47. Armenunterftutzung: 36. Begünstigung: 79. Beschädigter, Getauschter: 60—65. Betrug, Begriff: 1. Bettelei: 36. Beweismittel, Entziehung, Der» schaffung: 2. 6. 26. Drandentschädigung: 73. 47. Chauffeegeld: 68. Darlehn, Erlangung: 2. Dienstbote: 37. 74. DoluS: 2-11. 46. 49. Dritter: 9. Ehrenrechte, Verlust: 75. EigenthumSabtretung: 20. Eisenbahnfahrt: 51. 68. Entstellen: 49. 51—53. Ersatz: 6. 7. 16. 29. Exekutionöaufschub: 3. 23. Feststellung r 10. 31. 32. 49. 59. Forderung, Erwerb: 2. Gerichtsvollzieher: 65. Geringfügigkeit: 71. Gegenleistung: 4. 16. 19a. 46. Geichenk: 36. Gewinn (entgangener): 14. 15. Gründerlohn: 6. 14.

Inhalt: Handlung, positive: 52—54. Rechtsgeschäft, Eingehung: 15. 34. Jnvaliden-Ders. 66a. 72. Reklame: 47. Irrthum: 55—65. Richter: 61. 63. Absicht: 49. Sache, fremde, Verkauf: 60. Arglist: 58. Scheingebot: 44b. bei wem! 60- 65. Simulation: 31. 54. 67. Benutzung: 56. Stempel Hinterziehung: 66. 67. Glaubhaftigkeit: 58. Thatsache: 39—54. Mittel, tauglich 58. - Eigenschaft: 39. 47. Motiv: 35. 37. • falsche: 48—51. Notar: 64. • Kenntniß: 43. 49. Drozeßgegner: 62. 63. - Möglichkeit: 39. Rechts-: 41. • Nichtkenntniß: 43. • Rechnung: 42. Richter: 61. 63. Ueberzeugung: 57. . Recht: 40. Unterhaltung: 56. 54a. • Rechtöregel: 41. vermeidlicher: 58. • Schlußfolgerung: 42. Verpflichtung : 35. 36. • spezielle: 47. Vorsätzlichkeit: 49. - Versprechen: 3\ 46. Zweifel: 57. • WillenZrichtung: 37. 46. Kausalzusammenhang: 32ff. 61. 65. Theilnahme: 75. 79. Klage: 26. 61. Umstände, mildernde: 76. Kollektiren: 36. Unterdrücken: 37. 49. 52—54. Kommissionär: 69. • Handlungen: 51. Konkurrenz: 40. 72. • Untreue: 72. Konventionalstrafe: 57. • Verschweigen: 37. 52—54. Krankenvers.: 72. Urkundenfälschung: 72. Kreditiven: 2. 18. 25. 36. Urtheil: 61—63. Vermögen-beschädigung: 13—31. Meineid: 60. Mildthätigkeit: 36. • Ausgabe, unuöth.: 16. Minderjähriger: 70. • Betrag: 31. Mittel, taugliches: 58. • Beweismittel: 6. 26. Moralische Pflicht: 36. 52. . Darlehen: 25. Nahrungsmittel: 52. • Erwerb, Gelegenheit: 14. Namen, falscher: 32. 50. • Ersatz, gleichzeitig: 16. • ■ späterer: 7. 29. Nichtschuld, Annahme: 56. Notar: 64. • Ersatzklage: 13. > ErekutionSaufschub: 23. Postsendung, falsche Deklarirg.: 3. Prämie: 28c. • Gefährdung: 25. • Gegenleistg., Zahlg: 15. 19. Prozeß: 26. 61-64.

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Vermogensbeschädigung, Geschäft, gewagte-: 14. • Geschäft, zweiseitig: 15—17. • Geichen!: 36. 14. • Gewinn, Beziehung: 12. • Handlung, eigene: 33. • Hoffnung. Entziehung: 14. - Hypothek: 21. 22. 25. • Kauf: 14. • Klagerecht: 13. 18. • Kompensation: 29. • Kreditirung: 2. 18. 25. 36. • Kundschaft: 2. 14. • LuxuS: 13. 16. • Mildthätigkeit: 36. • Prozeß: 25. • Quittung, Erlangung: 26. - Recht, erworbene-: 13—15. • - fruchttragend: 13. • » gefährdetes: 18. 25. • • Gefährdung: 25. • * klagbar: 13. • • Verletzung: 13. 14. - rechtswidrige: 31. • Schuld, Zahlung: 27. - Schuldner,zahlungsunfäh..'25. • Simulation: 31. 67. • Staat: 66—68.

Betrug und Untreue. - § 263.

Vermögensbeschädigung, Verbindlichkeir, Uebernahme: 24. • Erfüllung: 27.

• Verkaufsgewinn: 16. • vermeidlich: 28. ■ Vollendung: 9a. 29. - Vorhand. Perm.: 14. 66. - Vortheile aus dem Geschäfte selbst: 15. » vorübergehend: 22. . Wechsel: 24. 26. • wechselseitige: 17. • wessen? 60. • Zahluna, verzögerte: 23. • zeitweilige: 22. DermögenSvorrheil: 2—io. - «rbeitSauftrag: 4. 14. • Beweismittel: 2. 6. 26. - Besitzstand: 2. • • Darlehn: 2. • dauernd: 2. • Entgelt: 4. • Entziehung: 14. • Erlangung: 9. 9a. - Ersatz: 7. 29. • Exekutionsaufschub: 3. 23. • Forderung: 2. • Fortkommen: 2.

VermögenSvortheil, Klage: 2. 6. - für wen? 9. • Konkurs: 6. • Kreditirung: 2. 18. 25. 36. • mittelb.: 8. • rechtSwidr.: 6. 7. • Schaden, Beziehung: 12. • Schadensersatz: 6. » SchadenSabwendung: 3. 6. - unmittelbar: 8. • Verdeckung: 5. - Wechsel: 2. 6. • Zahlung, verfrühte: 2. VermögenSvortheil, zeitweilig: 2. Verschweigen: 52—54. Versuch: 26. 32. 58. 77. Vertrag: 15. 17. 34. 37. 46. 47. 52-55. Vertrag. Nichterfüllung: 37. 46. Vollendung: 10. 24. 29. Vorspiegelung: 49. 51. 53. • Dewußlieiu: 49. - Handlungen: 51 ff. • Verschweigen: 52—54. Wechsel: 2. 6. 24. 26. 50. 61. Zahlungsfähigkeit: 44a. 54. Zahlung, verfrühte: 2. Zechprellerei: 54.

1. 2. Der § erheischt die „Absicht, sich oder einem Dritten einen rechts, widrigen VermögenSvortheil zn verschaffen". Vgl. § 253 n. 4ff. „VermögensVortheil" ist hier das reine Gegentheil von „Vermögensbeschädigung", er besteht in der Vennehrung des Gesammtvermögenswerths: Rill. 5. März 88 (E. XVII, 233). Als solcher ist daher nicht lediglich der Erwerb eines Vermögensrechts, sondern überhaupt jede (thatsächlich) günstigere Gestaltung der Vermögenslage anzusehen: Darmst. 72, OT. (HE. s. 15; O. XVIII, 707), speziell eine solche in Bezug auf Sicherung und Realisirung vo» Rechten, besonders von bestrittenen: Rill. 10. Jan. 80, «II. 3. Dez. 80 (E. I, 55; R. II, 599); «III. 14. Dez. 96 (GA. 44, 396), RI. 20. Dez. 97 (GA. 46, 49: durch Arrestanlage). Es genügt der geschäftsübliche Gewinn: RI. 6. Juli 62 (R. IV, 675); der Erwerb einer Forderung: OT. 11. Oft. 60; die Erlangung der Befriedigung für ein unsicheres Guthaben, event, selbst, wenn diese nur theilweise und dennoch gegen Cession der ganzen Forderung erfolgt: OT. (O. XVIII, 341); die Zahlung einer Schuld durch einen Nichtverpflichteten (minbestens unter Umständen) «III. 17. März 80 (E. I, 318: sofern der gezahlte Betrag den wahren Werth der Forderung aus irgend einem Grunde, z. B. wegen Insol­ venz des Schuldners, übersteige), OT. (O. XVII, 279: läßt letztere Beschränkung nicht gelten), Stutta. (StZ. IV, 380), die Befreiung von der Pflicht der Pfandbestellung für eine Schuld: OT. (O. XVII, 331); vgl. n. 21; die Realisirung und Sichenmg eines bereits erworbenen (unrechtmäßigen) Vermögensvortheils, z. B. durch den Verkauf einer gestohlenen Sache; so: Manh. (BA. 40 s. 145); die Erlangung oder Beibehaltung eines Besitzstandes oder der Möglichkeit, (zeitweise) über eine fremde Sache (z. B. fremdes Geld) zu verfügen: cit. «III. 10. Jan. 80, OT. (O. XIV, 247); a. M.: Wolfenb. (StZ. I, 189); desgleichen die Erlangung eines Beweismittels für ein Vermögensrecht (z. B. einer Schuldverschreibung, eines Wechsels); die Verschaffung des Absatzes einer Waare, die Erzielung (Erhaltung) einer Kundschaft, die Beseitigung eines Konkurrenzgeschäfts: «I. 7. April 81 (lt. III, 202), «IV. 23. Okt. 96 (GA. 44, 274), OT. (O. XVIII, 611; XV, 340); vgl. jedoch n. 14. Der gesuchte Vortheil braucht kein bleibender (dauernder) zu sein; es stellt daher die Erlangung einer verfrühten Zahlung einen Vermögensvortheil dar; nicht minder die Erlangung eines Darlehns oder die Erwerbung einer Sache auf Kredit, und zwar selbst dann, wenn eine spätere Zahlung beabsichtigt und nach der Vermögenslage für genügend gesichert gehalten wurde: «III. 25. Juni 85 (E. XII, 395), Dresd. (StZ. II, 202; SGZ. XVII, 47. 185), OT. (O. XVI, 86. 526); a. M.: Merkel, HH. III, 762. — In Betreff des besseren Fortkommens vgl. § 268 n. 3. 3. In gleicher Weise ist auch die (gänzliche oder zeitweilige) Abwendung eines drohenden Vermögensnachtheils ein VermögenSvortheil, da durch dieselbe ein gefährdetes Recht zu einem gesicherten wird: OT. (O. XII, 771; XIII, 331), Dresd. (SGZ. 17 s. 115; 23 s. 218: das Sichern eines Vermögensvortheils stehe

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betn „Verschaffen" gleich). Dies gilt um so mehr, wenn man jenen Vermögens, nachtheil zu erleiden verpflichtet, seine Abwendung oder Hinausschiebung also rechtswidrig war. Demgemäß genügt die Absicht, die Zahlung einer fälligen Schuld oder einer verwirkten Geldstrafe (Untersuchungskosten) oder eine begonnene (drohende) lLxekutionsvollstreckung abzuwenden oder hinauszuschieben, vollständig zur Er­ füllung des Dolus: Rl. 3. Juli 82 (R. IV, 669), III. 5. Juli 00 (E. 33, 333: unter ausdrücklicher Aufgabe der abweichenden Absicht in E. 2, 33), OT. (O. XIV, 41; XX, 296), Darmst. 72 (HE. s. 15), Rüd. n. 3. Hiernach kann in der durch Benutzung eines Postscheins über eine falsch deklarirte Postsendung herbeigeführten Hinausschiebung einer Zwangsvollstreckung ein Betrug erblickt werden: RII. 23. März SO (R. 1,499: je nach Umständen), OT. (O. XII, 235; XIII, 568; XV, 478; XIX, 230); a. M.: Schw. n. 6, Meves, StRZ. XII, 164, Zimmermann, GSaal XIV, 307; vgl. Mot. s. 132, JMDf. v. 26. Jan. 1872 (JMbl. s. 23), § 268 n. 2. »III. 9. Febr. 81 (R. III, 16) erachtete nicht als Vermögensvortheil die Abwendung einer strafgerichtl. Verfolgung. 4. Der Erwerb einer fremden Sache gegen gleichzeitigen vollständigen Entgelt gewährt keinen Vermögensvortheil; hierbei ist aber in Betreff des vollständigen Entgelts das zu § 242 n. 45 und zu § 246 n. 43. 46 Gesagte zu berücksichtigen; vgl. n. 16. 17. — Demgemäß ist es kein Betrug, wenn ein Arbeiter sich durch Täuschung den einem Andern zugedachten Auftrag zur Verrichtung einer gegen entsprechenden Entgelt zu leistenden Arbeit verschafft; so: OT. 56 (GA. IV, 751), vgl. jedoch n. 1. 2. 6. 5. Die Verdeckung einer früher begangenen Strafthat oder eines früher verschafften rechtswidrigen Vortheils sowie die Abwendung einer Untersuchung stellen für sich allein keinen (Vermögens-)Vortheil dar: OA. 68, OT. 73 (O. IX, 243. 287; XIV, 41), Münch. (BE. VIII, 524: Fall des § 349). Das Gegentheil tritt ein, wenn durch jene Verdeckung der gewonnene Vortheil gesichert werden soll: »IV. 3. Juni 90 (GA. 38 s. 202), OT. 62, OA. (O. III, 7; XII, 287. 426); vgl. n. 3, § 268 n. 2. 5. 5a. Es genügt die thatsächliche Verbesserung der Vermögenslage (n. 2); der erstrebte Vermögensvortheil wird daher dadurch nicht ausgeschlossen, daß rechtlich mit der Erlangung des Vortheils lästige, seinen Geldwerth erreichende odergar übersteigende Verpflichtungen verbunden sind (wie es ja beim Betrüge schon wegen der aus demselben erwachsenden Ersatzpflicht durchweg der Fall ist); so: »111. 10. Jan. 80 (E. I, 55). Vgl. n. 13. 34, § 253 n. 4. 6. Der gesuchte Vermögenövortheil muß ein „rechtswidriger", d. h. ein solcher sein, welchen zu beanspruchen man nicht das Recht hat; so: Rl. 10. Nov. 79, 29. Apr. 86, Rill. 17. Dez. 81, 5. Mürz 88 (R. I, 48; VIII, 310; E. V, 352, XVII, 233), OT., Münch. (O. XII, 644; XIII, 302; XIV, 204; BE. V, 360: BE. II, 82), v. Liszt S. 491; a. M. (insofern außerdem gefordert wird, daß der Vortheil unter Verletzung vermögensrechtlicher Grundsätze erlangt sei): Olsh. n. 45, Merkel, HH. III, 732. 773, Bind. II, 560, Schütze s. 456, HStR. II, 273, BL. s. 576 (: die Rechtswidrigkeit liege darin, daß einem fremden Vermögen ein Werth entzogen werde, auf welchen man keinen Anspruch habe). In RI. 22. Jan. 80, RII. 21. Mai 86 (R. I, 261; E. XIV, 137) wird die Rechtswidrigkeit eines Vermögensvortheils, auf welchen kein Recht bestand, darauf gegründet, daß derselbe durch Täuschung erzielt worden sei; vgl. auch Rill. 10. Jan. 80 (E. I, 55: Mot.), OT. (O. XV, 793; XVI, 66. 390; XVII, 606; XVIII, 175. 240. 611: betrafen den Gewinn, den der Darlehnsempfänger aus dem Darlehen, der Kaufmann aus dem Absätze seiner Waare sucht rc.) Keinesfalls ist jedoch jeder Vortheil, zu dessen Erreichung un­ erlaubte Mittel angewandt werden, darum allein schon ein rechtswidriger; zum Mindesten stellt die auf solche Weise herbeigeführte Realisirung eines bereits bestehenden, unbestrittenen und fälligen Anspruchs durch den Pflichtigen keinen solchen Vortheil dar: Rl. 20. Okt. 81, »III. 17. Dez. 81 (R. III, 629; E. V, 352), sollte auch die betreffende Forderung eine unsichere sein: RII. 26. Jan. 83 (R. V, 59); vgl. n. 27. Inwiefern Aehnliches von einem zwar an sich begründeten, aber be­ strittenen, urkundlich nicht nachweisbaren Ansprüche gelte, ist streitig; vgl. RII. 3. Dez. 80 (R. II, 599: betr. eine Anklage aus § 253), OT. 66, 68 (O. VII, 677; IX, 32: erachtete die Absicht, für einen solchen Anspruch unbefugter Weise ein Be­ weismittel oder eine günstigere Klage zu gewinnen, als eine auf einen rechts-

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widrigen Vortheil gerichtete) einer- und RU. 1. Juli 84 (R. VI, 493: leugnet ibie im § erheischte Absicht in allen Füllen, wo Jemand einen nach seiner Ueberzeugung fülligen Rechtsanspruch zu verwirklichen suche; durch das Mittel der Täuschung werde ein an sich rechtmäßiger Vortheil nicht zu einem rechtswidrigen), RIV. 29. Juni 94 (GA. 42 s. 257: fordert nicht einmal volle, jeden Zweifel ausschließende Ueberzeugung von der Rechtmüßigkeit des Anspruchs; vgl. n. 10), OT. (O. XVII, 424; XIX, 482) andererseits, sowie im Uebrigen § 253 n. 5ff. Unbedenklich genügt jedoch die Absicht, einen an sich nicht rechtswidrigen Vortheil dadurch zu erlangen, daß der Ersatz eines (drohenden oder erlittenen) Schadens auf Kosten eines Nichtverpflichteten (z. B. ein zu hoher Prozentsatz im Konkurse zum Nachtheile der übrigen Gläubiger), oder in einer über die Verpflichtung hinausgehenden lästigeren Werse (z. B. die Ausübung eines an sich begründeten Rechts trotz des einem Andern zustehenden Zurückbehaltungs- rc. Rechts oder auf Kosten der dem Schuldner ncich § 811 CPO. zustehenden Kompetenz) erfolge: OT. 65, 70, 74, 75, 77 (O. VI, 435; XI, 60. 536; XV, 495; XVI, 137; XVIII, 341), Dresd. (SGZ. XVII, 176), Carlsr. (BA. 47 s. 8). — Die Provision aus einem bewußt unerlaubten, auf rechtswidrige Benachtheiligung Dritter zielenden Geschäfte ist ein rechtswidriger Vermögensvortherl: RII. 12. Nov. 80 (E. II, 436); ebenso der bei Gründung einer Aktiengesellschaft durch Vorspiegelung eines höheren als des bedungenen Kaufpreises erzielte Gründer­ lohn; beschädigt wird hier das Vermögen der Aktienkäufer: OT. (O. XVIII, 625); vgl. n. 14. 7. Die Absicht eines späteren Ersatzes schließt die Annahme einer auf rechtswidrige Vermögensvortheile gerichteten Absicht nicht aus: OT. 66 (O. VII, 233; freit.), Dresd. (StZ. II, 202); vgl. n. 4. 16. 29, Rill. 25. Juni 85 (E. XII, 395). Auch wird die Rechtswidrigkeit des Zustandes durch dessen bloße Nichtbeseitigung (seitens des Verletzten) nicht aufgehoben: Rill. 10. Jan. 80 (E. I, 55). 8. Ob der Vermögensvortheil unmittelbar oder nur mittelbar gesucht wird, .ist gleichgültig: OT. (O. XV, 143: Fall des § 268), Carlsr. (BA. 47 s. 8). 9. Da es gleichgültig ist, ob der Thäter „sich oder einem Dritten" (alternative Fest- bezw. Fragestellung genügt: RI. 2. Juli 96; E. 29, 35) den Vortheil verschaffen wollte, so bedarf es nicht nothwendig der namentlichen Bezeichnung desjenigen, für welchen der Vortheil gesucht wird: OT. 25. Juni 62. Dagegen genügt nicht die Feststellung: Angeklagter habe auf die Gefahr hin gehandelt, ein Dritter möge die obwaltenden Umstände zur Erzielung eines rechtswidrigen Vortheils für sich benutzen: OT. 68 (O. IX, 433). — Der „Dritte" kann auch eine zum Dermögenserwerb befugte juristische Person fein: RII. 19. März 80 (R. I, 495). 9a. Ob der gesuchte Vortheil erlangt worden, ist gleichgültig; das Vergehen wird durch die zugefügte Vermögensbeschädigung vollendet: Rill. 10. Jan. 80, 5. März 88 (E. I, 55; XVII, 233), Münch. (BE. VI, 107), HStR. II, 275. Deshalb kommt es nicht darauf an, ob die Erreichung der Absicht auf dem eingeschlagenen Wege möglich war, oder ob der Vortheil auf einem andern, erlaubten Wege hätte erreicht werden können: OT. 7. Dez. 54. 10. Da der § die „Absicht" der Verschaffung eines rechtswidrigen Dermögensvortheils fordert, so genügt nicht schon das Bewußtsein, daß die That einen solchen Vortheil zur Folge haben werde, selbst nicht in Verbindung mit dem demnächstigen Eintritte dieser Folge, bezw. mit der Annahme jenes Vortheils; der Wille des Thäters muß gerade auf die Herbeiführung der Bereicherung gerichtet sein, ohne daß sie den Endzweck des Handelns zu bilden, somit das Motiv desselben zu sein braucht: Rill. 13. Mai 95 (E. 27, 217). Dolus eventualis genügt also hier nicht (s. aber n. 11); vgl. RII. 1. Juli 84 (cit. n. 6), RIV. 28. Sept. 86 (E. XV, 9), OT. (O. XVII, 435), Olsh. n. 49. — Durch die Feststellung, daß dem Beschuldigten jedes Bewußtsein der Rechtswidrigkeit gefehlt habe, ist auch die auf Beschaffung eines rechtswidrigen Vermögensvortheils gerichtete Absicht verneint: OT. (O. XVII, 469). Im Uebrigen vgl., bez. der Feststellung, n. 31. 11. Dagegen braucht die Absicht nicht auf „Beschädigung des Vermögens eines Andern" gerichtet zu sein, vielmehr genügt hier das Bewußtsein, daß eine solche die Folge sein werde oder doch sein könne (vorausgesetzt, was den letzteren Fall betrifft, daß der Wille des Thäters die als möglich erkannte Folge ev. mit umfaßte, dolus eventualis: § 59 n. 2, HStR. II, 270, Olsh. n. 42); vgl. RI. 6. Dez. 80, 8. Juni 82, 25. Sept. 84, RII. 23. März 80, 1. Juli 84, 29. März 89, 8. Dez. 93,

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Rill. 21. Dez. 81 (E. III, 142; V, 277; XI, 245; XIX, 90; XXV, 5; R. I, 499; IV, 547; VI, 493), OT. (O. XVIII, 10. 473); a. M.: OA. 71 (O. XII, 26: erachtete selbst dieses Bewußtsein für unwesentlich). — Die Rechnung mit der Möglichkeit eines Vermögensschadens begründet den dolus eventualis nicht: Still. 26. April 97 (GA. 45, 137). 12. Einer Wechselbeziehung zwischen dem gesuchten Vortheile und der zugefügten Vermögensbeschädigung bedarf es nicht, jener braucht namentlich nicht in der Erlangung dessen zu bestehen, was dem Vermögen des Andern entzogen wird: RI. 7. April 81, RIV. 3. Juni 90 (R. III, 202; GA. 38 s. 202), Still. 13. Mai 95 (dt. n. 10), OT. 69, 74 (Fall des § 268: O. X, 628; XV, 143); a. M.: OT. 54 (GA. II, 694), HS. II, 373 ff., Schütze s. 471, Merkel s. 764 ff., ML. s. 712 (nehmen die Nothwendigkeit einer Wechselbeziehung, nicht aber die einer Gleichheit von Vortheil und Nachtheil an). Demgemäß genügt die Absicht, den Lohn zu erlangen, welchen ein Dritter für die Täuschung in Aussicht gestellt; a. M.: Rill. 21. Dez. 81 (besprochen unter n. 32 a. 60). In diesem Sinne erkannte OT. (O. XVIII, 10), daß, wenn Jemand behufs Umgehung des ausländischen Zolls seinen Spediteur über die Natur einer Waare täusche und letzterer nun wegen falscher Deklaration in Geldstrafe genommen werde, ein zum Nachtheil des Spediteurs derübter Betrug vorliege, obwohl der gesuchte Vortheil nur im Falle des Gelingens der Zolldefraude zu erlangen, dann aber jede Benachtheiligung des Spediteurs aus­ geschlossen war; vgl. n. 11. 13. „Vermögensbeschädigung" ist jede ungünstigere Gestaltung der Dermögenslage: RI. 6. Dez. 80 (E. III, 142), OT. (O. XVI, 425) oder, wie RPl. 20. Apr. 87 (E. XVI, 1) definirt, jede Verminderung des Gesammtwerths des Dermögend (in Geld). (Auch eine bereits vorhandene Kundschaft ist ein Dermögenswerth: Rill. 22. Okt. 94; E. 26, 227; desgleichen der Anspruch des Spielers auf Erneuerung des Looses für die späteren Klassen: R1I. 16. Febr. 00; E. 33, 198). Vgl. auch Rill. 7. Okt., IV. 8. Okt. 97 (GA. 45, 433. 434). Hierbei kommen in Betracht alle Vermögensrechte, selbst die nicht fruchttragenden, z. B. nur Kosten verursachende Luxusgegenstände: OT. 68 (O. IX, 751), nicht aber vollkommen werthlose Objekte, wie z. B. eine ungültige Anweisung auf die demnächst fällig werdende Rate eines Beamtengehalts: RH. 19. Sept. 82 (E. VII, 95), oder gar Sachen, deren Besitz verboten ist, wie z. B. falsche Banknoten rc.: OT. (O. XVI, 788). Gleichgültig ist, ob das Recht durch eine Klage geschützt war, und ob durch die Beeinträchtigung eine Ersatzklage begründet wird: OA. 71 (O. XII, 26), ob dem Benachteiligten Mittel zur Abwendung des Verlustes zu Gebote standen, z. B. ob da, wo die Beschädigung in dem Eingehen eines nachtheiligen Vertrags bestand, letzterer civilrechtlich anfechtbar sei: 0£. (O. XVi, 425), Manh. (BA. 44 s. 268); endlich, wenn die Beschädigung in der Belastung des Vermögens mit einer Schuld bestand, für welche zur Zeit der That ein Rechtsgrund fehlte, ob später dem Thäter ein entsprechender Anspruch gegen den Beschädigten wirklich erwachsen ist: OT. (O. XVII, 844); vgl. n. 28 ff. Um so unbedenklicher hat die Verfolgung wegen Betrugs nicht zur Voraussetzung, daß der Betrogene zuvor die Verwirklichung seiner civilrechtlichen Ansprüche mittels einer Civilklage versucht habe: Wolfenb. (Br. Z. 26 s. 49). — Inwiefern (vertragsmäßige) Stipulationen zu Gunsten Dritter den Gegenstand einer Beschädigung des Vermögens dieser Dritten bilden können, darüber vgl. n. 15a, Still. 15. März 83, RI. 16. Dez. 86 (E. VIII, 164; R. VIII, 763). — In der Uebernahme einer nicht rechtswirksamen Derpflichtung kann niemals ein Dermögensschaden gefunden werden: RIV. 22. Mai 96 (E. 28, 386). Vgl. n. 19a. — Die Entziehung des Besitzes einer Sache ist eine Vermögensbeschädigung: Rill. 10. Jan. 80 (E. 1, 55). — Wegen erschlichener Einleitung einer Zwangsverwaltung: vgl. RII. 4. Dez. 96 (GA. 44, 375). 13a. Eine Veränderung der Vermögensbestandtheile als solcher stellt an sich noch keine Beschädigung in obigem Sinne (n. 13) dar; überhaupt läßt sich die Frage, ob letztere vorliege, durchweg nicht abstrakt, sondern nur nach der Indivi­ dualität des konkreten Falls, nach den individuellen Dermögensverhältnissen des Getäuschten beantworten, wobei stets die Gesammtheit der auf dessen Ver­ mögen ausgeübten Wirkungen zu beachten ist: RPl. 20. April 87 (E. XVI, 1). Daß der Getäuschte eine auf sein Vermögen bezügliche Verfügung lediglich deshalb, weil er in Irrthum versetzt war, getroffen hat, genügt nicht, um jenes Begriffsmerkmal als erfüllt zu erachten: cit. RPl. 20. April 87. Oppenhoff, D. Strafgesetzbuch. 14. Auff.

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13 b. Durch falsche Angaben über Thatumstände, nach denen ein VertraVs* Interessent die Höhe seines Anspruchs zu berechnen hat, wird eine Vermögemsbeschädigung begangen: RIV. 23. März 97 (GA. 45, 125); desgleichen durch (Sr* regung eines Irrthums, in Folge dessen Jemand von einem ihm zustehenden An* spruche keine Kenntniß erlangt und ihn nicht geltend macht: RIV. 22. Juni 97 (GA. 45, 285). 14. Wesentlich ist, daß das vorhandene Vermögen beschädigt sei; ebemso RI. 7. Juni 80 (E. II, 89: demgemäß sei auch bei einem aleatorischen Geschäfte rdie Frage, ob in dessen Eingehung eine Dermögensbeschädigung vorliege, nur nach bteilt zur Zeit des Vertragsabschlusses gegebenen Vermögensstande zu beurtheilen), 9MII. 11. Apr. 92 (E. XXIII, 55); dazu genügt ein mittelbarer Schaden; vgl. RLII. 17. März 94 (E. XXV, 183: z. B. der Verlust des Vertrauens der Kundschaft), dtes* gleichen (unter Umständen) ein entgangener Gewinn (lucrum cessans): RPl. 20.2üpr. 87 (E. XVI, 1: dann nämlich, wenn er, falls die Täuschungshandlung nicht vtor* gekommen wäre, mit Sicherheit würde gemacht worden sein und der Getäuschte dn Recht besaß, in diejenige Lage versetzt zu werden, welche für ihn den Gewinn «er* möglichte), Rill. 11. Apr. 92, 29. Nov. 94, RI. 18./20. Febr. 95 (E. XXIII, 55; XXVI, 239; XXVII, 43: wenn ein rechtlich begründeter Anspruch auf das Erlangen des Gewinns bestand oder aber thatsächliche Verhältnisse vorlagen, vermöge deren ohne die Täuschung der Gewinn dem Betreffenden ohne Weiteres und mit Sicher* heit zugefallen wäre), Olsh. n. 21, v. Liszt s. 492, HStR. II, 257 (lassen nur die erste der letzterwähnten Eventualitäten gelten), nicht aber die Entziehung eimerbloßen spes, z. B. die Nichterlangung eines in Aussicht stehenden Geschenks: Rllll. 12. Okt. 85 (E. XIII, 8), OT. 54 (GA. VII, 716), oder die Entziehung der Gelegen* heit, durch Ausübung einer Gewerbshandlung etwas zu verdienen, es sei denn, daß es sich um eine bereits bestehende Geschäftsverbindung handelte; so: RII. 28. Fedr. 82 (E. VI, 75); vgl. jedoch Münch. (BE. IV, 90: erblickte in dem Entziehen einer Kundschaft keine Vermögensbeschädigung), OT. (XX, 223: ebenso, sofern nicht die Geschäftsverbindung auf einen ausdrücklichen oder stillschweigenden Vertrag zurück­ zuführen sei). Dasselbe gilt, wenn Jemand einem Kaufliebhaber einen höheren Preis abverlangt, als er ev. selbst (oder sein Kommittent) für genügend erachtet: OT. 68 (O. IX, 620); vgl. übrigens n. 6. 66. — Wohl aber liegt eine Vermögens* Verringerung, bezw. ein Betrug vor, wenn der zum Abschlüsse eine Kaufs Bevoll* müchtigte mit dem Verkäufer zum Schein einen höheren Kaufpreis, als dieser be* ansprucht, vereinbart und den Ueberschuß sich aneignet, sollte auch jener höhere Preis dem Werthe des Kaufobjektes entsprechen; der Ueberschuß wäre alsdann eben ein Gewinn gewesen, welcher kraft Gesetzes dem Machtgeber zu Statten kam: hier kann daher auch nicht von einer Ausgleichung des Gewinns und Schadens (n. 16) die Rede sein; so: OT. (O. XV, 88: der Machtgeber war eine Aktiengesellschaft, deren Gründer sich auf obige Weise des sog. Gründerlohns versicherten, nachdem sie schon vor der Gründung sich ein Verkaufsversprechen hatten geben lassen). Als Verringerung des Vermögensbestandes ist auch die Beeinträchtigung eines bedingten oder eventuellen Rechts (z. B. eines Vorkaufsrechts) anzusehen: OT. (O. XII, 387; XIV, 199); desgleichen die Verursachung von Unkosten: RII. 24. Juni 84 (R. VI, 463). 15. Demgemäß (n. 14) ist die Nichterzielung desjenigen Vortheils, welchen ein durch Täuschung zum Abschlüsse eines Rechtsgeschäfts Veranlaßter demnächst aus diesem Rechtsgeschäfte zu ziehen' hoffte, für sich allein noch keine „Ver* mögensbeschädigung", weil dadurch die Vermögenslage nicht schlechter wird, als wenn die Täuschung und der dadurch veranlaßte Geschäftsabschluß nicht stattge* funden hätten: RPl. 20. Apr. 87, RII. 6. Nov., 5. Okt. 83, RIV. 21. Nov. 85 (E. XVI, 1; X, 362; R. V, 577; VII, 687), OT. 64, 67 (O. IV, 512; VIII, 20); vgl. RII. 29. April 81 (E. IV, 117), OT. 68, 69 (O. IX, 374; X, 233). — Anders ge* staltet sich die Sache, wenn durch die Täuschung nicht der Abschluß des Rechts* geschäfts herbeigeführt wird, eine solche vielmehr erst später bei der Beurkundung oder Erfüllung desselben stattfindet, wenn alsdann z. B. statt der echten Waare eine verfälschte geliefert, oder ein sog. Kellerwechsel oder ein Werthpapier zu einem seinen Kurswerth übersteigenden Betrage in Zahlung gegeben wird; hier war durch den Vertragsabschluß ein Recht erworben, welches beschädigt werden konnte: cit. RPl. 20. April 87, OT. 68, 69, OA. (O. IX, 431, 537; X, 46, 233; XII, 504).

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Vgl. n. 16. 21a. 22. — Nicht minder liegt eine Dermögensbeschädigung vor, wenn zu einem bestimmten Zwecke anvertraute Gegenstände zu einem anderen Zwecke verwendet werden, welcher deren Wiedererlangung für den Eigenthümer schwerer und unsicherer macht: Manh. (BA. 43 s. 46). — Der Verkauf einer gestohlenen (und daher vindizirbaren) Sache bewirkt gleichfalls eine Dermögensbeschädigung: Manh. (eit. n. 2). 15a. Ebendeshalb (n. 14) liegt keine Vermögensbeschädigung vor, wenn ein Richter durch falsche Vorspiegelungen bestimmt wird, von Verhängung einer Geld­ strafe abzusehen, da dergleichen Geldbeträge vor der Verurtheilung nicht zum Staatsvermögen gehören; RI. 21. Febr. 89 (E. XVIII, 442); vgl. n. 66. Dagegen nahm Rill. 14. Jan. 80 (E. 1, 68) in einem Falle, wo ein Fabrikmeister durch die Vorspiegelung, die Arbeiter verlangten höhere Löhne, solche erhalten und die Lohndifferenz sich zugeeignet hatte, eine Beschädigung des Vermögens der Arbeiter an, da diese zwar kein kontraktliches Recht auf.die Lohnserhöhung gehabt hätten, thatsächlich aber mehr erhalten haben würden, wenn sie nicht vom Angeklagten durch das Verschweigen jener Bewilligung des Fabrikanten darum gebracht mären; a. M.: Olsh. n. 37. — Vgl. auch OÄ. 71 (O. XII, 227). 16. Mit Rücksicht auf das unter n. 13a Gesagte beseitigt ein gleichzeitiger vollständiger Ersatz die Dermögensbeschädigung: OT. 68 (O. IX, 347. 751); daher trifft der § im Falle des Austausches gleicher Werthe nicht zu; ebenso: Rll. 5. Okt. 83 (R. V, 577). Es sind daher bei einem zweiseitigen Geschäfte die in der Vermögenslage herbeigeführten Veränderungen im Ganzen ins Auge zu fassen und Leistung und Gegenleistung (jenachdem sie bereits gemacht oder nur für die Zukunft versprochen sind) nach demjenigen Werthe gegeneinander abzuwägen, den sie im kontreten Falle individuell gerade für die Person haben, welche sie zu gewähren oder zu erlangen hat. Sonach kommt es nicht auf denjenigen Werth an, welchen die Gegenleistung nach einer (etwa durch Sachverständige zu bewirkenden) Werthschätzung im Verkehr haben würde, sondern lediglich auf den Werth, den dieselbe individuell für den Getäuschten hat, ob also die betr. Sache für ihn augenblicklich und für den Zweck, zu welchem er sie erwerben wollte, oder für einen anderen gleichzeitig von ihm ins Auge gefaßten, ihm ebenso genehmen Zweck jenen Werth hatte, unter Umständen auch, ob er, — wenn dies nicht der Fall, — sich in der Lage besindet, dieselbe sofort ohne Verlust, Schwierigkeit und Unzuträglichkeiten wieder zu ver­ äußern. Vgl. mi 20. April 87 (E. XVI, 1: Mot.), RI. 20. April 82, MI. 21. Febr. 93 (R. IV, 364; E. XXIII, 430). MI. 26. Jan. 97 (E. 29, 357). Demgemäß ist Vermögensbeschädigung anzunehmen, wenn Jemand bei einem zweiseitigen Geschäste in Folge einer Täuschung der Disposition über ein Vermögensobjekt Oerluftig bzw. mit einer Schuld belastet wird und dafür nicht die gewollte, sondern eine andere, (individuell) ihm minder werthe Gegenleistung erhält, wobei jedoch die eigne Schätzung des Getäuschten nicht entscheidet: cit. RPl. 20. April 87; vgl. RU. 17. Okt. 84, Rill. 16. Mai 87 (R. VI, 627; E. XVI, 93), M. 20. Okt. 81 (E. V, 137: selbst der spätere Weiterverkauf mit Gewinn beseitige die bereits beim Empfange der Gegenleistung erlittne Beschädigung nicht), OT. 69, 71, 72 (O. X, 758; XII, 67; XIII, 552), Münch. (BE. II, 82). Ebendeshalb läßt sich z. B. die Frage, ob der Bei­ tritt zu einer Versicherungsgesellschaft auf Gegenseitigkeit das Vermögen des Bei' tretenden im Sinne des § beschädige, nicht abstrakt, sondern nur nach den konkreten Umständen des Einzelfalls beantworten: cit. RPl. 20. April 87; vgl. RU. 2. Okt. 65, RI. 29. April 86 (E. XII, 392; XIV, 229), MV. 2. Juni 96 (E. 28, 394). Vgl. RI. 16. April 96 (E. 28, 310: Beitritt zu einer ausländischen Versicherungsgesellschaft, statt zu einer inländischen). — Bei der Täuschung über die Herkunft einer angekauften Waare wird der Thatbestand des Betrugs gemäß Rill. 10. März 80 (E. I, 266) nicht schon dadurch ausgeschlossen, daß die innere Güte der Waare aus der einen Bezugsquelle der Güte derjenigen aus der andern gleich ist; es müsse vielmehr auch der gangbare Preis der beiderlei Waaren der gleiche sein; vgl. RI. 20. Sept. 83 (E. IX, 171); ähnlich entschied OT. (O. XVI, 797) in einem Falle, wo statt der vertragsmäßig zu liefernden Waare eine von anderer Beschaffenheit geliefert worden war; vgl. ferner Rill. 16. Mai 87, RI. 29. Sept. 83 (E. XVI, 93; R. V, 555: betr. das Rathertheilen und Gewähren von Heilmitteln seitens eines sich für einen approbirten Arzt ausgebenden Kurpfuschers, bzw. den Verkauf von angeblichem Culmbacher Bier). — Daß durch die Möglichkeit eines Ersatzes oder durch das Vorhandensein eines demnächst geltend zu machenden Regreßanspruchs

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oder dadurch, daß der Empfänger einer vertragswidrigen, minderwerthigen Waare bei der späteren Zahlung einen dem Minderwerth gleichkommenden Abzug vom Preise macht, das Thatbestandsmerkmal der Vermögensbeschädigung nicht ausgeschlossen werde, ist selbstverständlich; vgl. n. 13.19. 29, OT. (O. XVII, 279), RIV. 23. Mai 90 (GA. 38 s. 193). — Auch durch falsche Angaben in einer Zeitung über die Zeit ihres Bestehens und die Höhe ihrer Auflage kann gegen die dadurch zum Jnseriren veranlaßten Personen Betrug begangen werden; RIV. 27. Okt. 96 (E. 29, 124). Ebenso macht sich ein Arzt des Betruges schuldig, der eine ernstlich gemeinte ärzliche Behandlung nicht intendirt, zur Erlangung von Gewinn aber bei den Patienten den Glauben erweckt, daß er sie nach bester wissenschaftlicher Ueberzeugung behandeln werde; Rl. 21. Juni 97 (GA. 45, 37). — Inwieweit Be. trug möglich ist beim Abschluß und bei der Erfüllung von Kaufverträgen über generell bestimmte Waaren — dort im Hinblick auf das Moment der Vermögensbeschädigung, hier im Hinblick auf das des Vorspiegelns falscher Thatsachen — vgl. Rill. 2. April 00 (GA. 47, 283). 17. Hiernach kann es beim Abschlüsse eines zweiseitigen Geschäfts geschehen, daß sich beide Kontrahenten wechselseitig beschädigen und betrügen; dann ist nicht etwa nur strafbar, wer dem Anderen den größeren Schaden zugefügt hat; eine Aufrechnung der Schadensznfügung findet nicht statt. 18. Eine durch Täuschung herbeigeführte Dermögensbeschädiguug behält diesen ihren Charakter auch dann, wenn es sich um die Erwerbung eines Rechtsanspruchs handelte, welcher im Falle der Wahrheit der vorgespiegelten Thatsachen rechtlich nicht besser gesichert sein würde, sobald nur im gedachten Falle die Lage thatsächlich eine günstigere gewesen wäre. Hat z. B. Jemand unter dem falschen Vorgeben eines ihm mündlich von einem Dritten ertheilten Auftrags bei einem Kaufmann Waaren auf Kredit entnommen, so liegt ein Betrug vor, selbst wenn ein wirklich ertheilter mündlicher Auftrag nicht genügt hätte, eine Klage gegen den Macht» geber zu begründen, sobald nur thatsächlich auf dessen Bereitwilligkeit, zu zahlen, gerechnet werden konnte; vgl. OT. 69 (O. X, 290). Davon abgesehen, liegt im gedachten Falle eine Vermögensbeschädigung auch darin, daß der Kaufmann von dem Bevollmächtigten die Abtretung seiner Klage gegen den Machtgeber fordern kann, während dieses Recht bei der blos vorgespiegelten Vollmacht gegenstandslos ist: OT. 67 (O. VIII, 370). 19. Daß die kontraktlich übernommene Gegenleistung noch nicht gezahlt ist, steht der Annahme einer durch den Vertragsabschluß erlittenen Vennögensbeschädi. gung nicht entgegen: OT. 1. Juni 61; vgl. n. 16. 24. 19a. Ansprüche, welche auf unsittlichen, unerlaubten bezw. strafbaren Handlungen des angeblich Berechtigten beruhen (vgl. § 138 BGB.) kommen bez. des Thatbestandsmerkmals der Vermögensbeschädigung nicht in Betracht; demgemäß liegt kein Betrug vor, wenn Jemand durch Vorspiegelung einer sittlich oder recht­ lich unmöglichen Gegenleistung zu einer sein Vermögen mindernden Aufwendung bestimmt worden ist, insbesondere auch dann nicht, wenn von vornherein der Entschluß bestand, die versprochene Gegenleistung, z. B. Lieferung gestohlener Banknoten, Bezahlung für einen Beischlaf, Besoldung eines gedungenen Verbrechers, nicht zu erfüllen; so: Rill. 27. April 89, I. 30. Okt./6. Rov. 90, III. 30. Juni 95, IV. 22. Mai 96 (E. 19, 186; 21, 161; 27, 300; 28, 386), Zimmermann, GSaal 29 s. 142. Auch von einem versuchten Betrüge kann in diesem Falle keine Rede sein. RI. 5. Mai, III. 6. Juni 98 (GA. 46, 216, 330). Dagegen erkannte RII. 1. Mai 94 (GA. 42 s. 119), daß die durch Jrrthumserregung erwirkte Hingabe von Geld, durch welches behufs Erlangung eines Vortheils Beamte bestochen werden sollten, zur Erfüllung des Thatbestandes des Betrugs genügen könne; vgl. auch RH. 14. Rov. 93 (E. 24, 408) und RIV. 2. Juni 96 (E. 28, 401: betr. Betrug durch Verkauf fälschlich angefertigter Totalisatorbillets, wonach es zur Nichtanwendung des § 263 nicht genügt, wenn das Recht dem Anspruch auf die Gegenleistung nur die Klage versagt oder sogar selbst die Rückforderung des Geleisteten zuläßt). Dgl. Olsh. n. 18 ii. GA. 46, 217. Betrug liegt nicht vor, wenn der getäuschte Andere nach der bei ihm erweckten Vorstellung durch Eingehung des Geschäfts einer strafbaren Handlung'sich schuldig macht. Rill. 27. Sept. 97 (GA. 45, 420). 20. Die Abtretung des Eigenthums an einen Andern (ohne vollständigen Entgelt) ist auch dann eine Vermögensbeschädigung, wenn letzterer bereits vorher

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den Gewahrsam der Sache hatte: OT. 70 (O. XI, 324). Die Möglichkeit einer Vermögensbeschädigung auf Seiten des Käufers mittels Täuschung über einzelne Kaufbestandtheile wird nicht durch einen Kauf in Bausch und Bogen ausgeschlossen: RI. 20. April 82 (R. IV, 364). 21. Die Entziehung eines Hypothekenrechts (einer Bürgschaft) ist eine Dermögensbeschädigung, sollte auch nicht feststehen, daß sonst die Forderung nicht genügend gesichert sei; so: OT. 69, 78, OA.. Manh. (O. X, 46; XIV, 670; XIX, 188; BÄ. 42 s. 273); vgl. übr. n. 13a. 16. 21a. Desgleichen die durch die Auflassung eines Grundstücks bewirkte Be» lastung des Erwerbers mit einer von demselben nicht übernommenen Hypothekenschuld selbst, wenn jener das Grundstück unter dem Werthe gekauft hat: RH. 20. Apr. 88 (R. X, 325); vgl. n. 14. 15. 22. Zum Thatbestände des vollendeten Betrugs genügt eine nur vorüber­ gehende Verschlechterung der Vermögenslage, z. B. die zeitweilige Entziehung der Lerwaltungs- oder Verfügungsgewalt über eine Sache: R1V. 14. Jan. 87 (R. IX, 49), OT. 64, 72 (O. V, 144; XIII, 552); die Verzögerung einer fälligen Zahlung:' RI. 8. März 80 (A. I, 476), OT. 63 (O. IV, 161), die zeitweilige hypothekarische Belastung eines Grundstücks: OT. 61 (O. I, 506), oder das zeitweilige Entbehren eines Aequivalents für ein hingegebenes Vermögensobjekt: OT. (O. XIII, 552), Dresd. (SGZ. XX, 20); vgl. n. 2. 15. 16. Eine solche ist jedoch in der bloßen Stundung einer Forderung (z. B. in der Prolongation eines Wechsels) nicht ohne Weiteres, insbesondere ohne Rücksicht aus die Frage der Eindringlichkeit derselben zur Zeit der Fristbewilligung, zu erblicken: n. 13 a, 91111. 9. Juni 87, 24. Juni 89, 8. Juni 91 (E. XVI, 161; GA. 37 s. 293; 39 s. 228); a. M.: Rill. 16. Febr. 81 (A. III, 253); vgl. Rll. 21. Okt. 79 (R. I, 12), noch, ohne den Hinzutritt besonderer, die thatsächliche Vermögenslage berührender Verhältnisse, in der vorübergehenden Anfechtbarkeit eines unter Verschweigung derselben zu Stande gekommenen PachtVertrags; so: Rl. 24. Nov. 92 (E. XXIII, 324). 23. Demgemäß ist auch die Verkümmerung des Rechts eines Gläubigers, aus dem Vermögen seines Schuldners Befriedigung zu erlangen, eine Dermögensbeschädigung, sollte diese Verkümmerung auch nur durch die Verzögerung seiner Befriedigung, z. B. durch Hinausschiebung der Exekution oder durch Ent­ ziehung eines einzelnen Erekutionsobjekts aus der begonnenen Vollstreckung statt­ finden: Rl. 23. Okt. 79 (R. 1, 13), OT. (O. XIII, 40. 331. 413; XV, 478; XVII, 443; XX, 78), Manh. (BA. 40 s. 93), Münch. (BE. V, 336); a. M.: Schw. n. 6. Der Notar, welcher einen simulirten Verkaufsakt aufnimmt, wissend, daß dadurch die Gläubiger des Verkäufers in der ihnen zustehenden Exekutionsvollstreckung behindert werden sollen, leistet dadurch Hülfe zum Betrüge; so: OT. 68 (O. IX, 85). Die Befriedigung eines Gläubigers aus dem Vermögen seines zahlungsunfähigen Schuldners involvirt eine Beschädigung des Vermögens der übrigen Gläubiger, falls letztere in Folge dessen nicht voll befriedigt werden: RIV. 25. Nov./5. Dez. 90 (E. XXI, 236); vgl. übrigens Frank (Z. f. StR. XIV, 401 ff.). 24. Ebenso stellt die Uebernahme einer formell rechtsbeständigen Verbindlichkeit eine Vermögensbeschädigung dar, selbst wenn der Verpflichtete sich durch einen ihm obliegenden Gegenbeweis von der Erfüllung befreien kann: OT. (O. XIV, 34; XVII, 382), Dresd. (SGZ. XVII, 83), Manh. (BA. 41 s. 16), Merkel f. 774; durch das Gelingen dieses Gegenbeweises wird der früher vollendete Be­ trug nicht beseitigt: OT. 67 (O. VIII, 150); vgl. n. 13. Das gilt namentlich von der durch Täuschung herbeigeführten Ausstellung oder Acceptation eines Wechsels für eine Nichtschuld, oder von der Ausstellung zweier Wechsel über den vollen Betrag einer nur einmal verschuldeten Summe: Rill. 7. Jan. 80 (R. I, 196), OT. 67, 73 (O. VIII, 238. 321; XIV, 151) Stuttg. (StZ. II, 197); vgl. Rl. 6. Dez. 80 (E. III, 142: nahm in einem ähnlichen Falle an, däß sogar die Absicht des Thäters, den Wechsel zur Verfallzeit einzulösen, den Thatbestand des § nicht ausschließe); a. M.: Abh. i. GA. V, 751, HS. II, 357, welche erst im Falle der Geltendmachung eines so entstandenen Wechsels einen Betrug (Betrugsversuch) annahmen; vgl. OT. 62, Münch. (O. III, 166; BE. IX, 441), welche die Uebernahme einer (wegen Minder­ jährigkeit des Ausstellers) unverbindlichen Wechselschuld nicht als Vermögensbeschädigung betrachteten. — Ebenso verhält es sich mit der Abtretung eines Forderungs­ rechts: Münch. (StZ. III, 123); desgl. mit der Belastung in einer laufenden Rechnung: OT. (O. XIV, 151).

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24a. Eine Dermögensbeschüdigung kann (unter Umständen) auch enthalten sein in der Beeinträchtigung der Freiheit, die eigene Arbeitskraft in den Dienst Anderer nur gegen solche Gegenleistungen zu stellen, welche objektiv ein angemessenes Aequivalent dafür bilden: RIV. 25. Mai 94 (E. XXV, 371). 25. Eine Vermögensgefährdung stellt eine Vermögensbeschädigung dar, wenn nach der konkreten Sachlage schon die eingetretene Gefahr eines Verlusts, also die Ungewißheit darüber, ob nicht ein Verlust eintreten werde, den Vermögenswerth vermindert: RPl. 20. Apr. 87, Rill. 8. Nov. 83 CE. XVI. 1; IX, 168), OT. 69 (O. X, 782); z. B. die Erlangung eines unstchern Forderungsrechts oder die Annähme eines zweifelhaften Zahlungsmittels: cit. Rill. 8. Nov. 83, OT. (O. XIV, 448; XV, 132), insbesondere die Hingabe eines Darlehns an einen unsicheren Schuldner, sollte auch später die Rückzahlung erfolgen: OT. 70, 71, 73 (O. XI, 529; XII, 598; XIV, 407); die Erlangung einer zweifelhaften Hypothek oder die Gewährung eines Kredits statt der zu beanspruchenden Baarzahlung: OT. 63, 74 (O. IV, 161; XV, 576), Dresd. 71 (GA. XIX, 765); vgl. n. 16; die Nothwendigfett, einen Rechtsstreit führen zu müssen, die Verwicklung in einen Prozeß (oder in ein Gantverfahren): RIV. 5. Dez. 84 (R. VI, 784), OT. 65, 71, 74, Manh. (O. VI, 233; XII, 110; XV, 381; BA. 43 s. 345); vgl. HStR. II, 253ff.; a. M.: Schw. n. 6. 7. Anders liegt der Fall, wenn die bloße Möglichkeit eines künftigen Vermögensschadens begründet wird, eine actuelle Beeinträchtigung des Vermögenszustandes daher nicht vorliegt; Beisp.: Versendung von Feuerwerkskörpern mittels Eisenbahntransports: vgl. Rill. 22. Febr., 8. Nov. 83 (E. VIII, 68; IX, 168). R. 8.Oft. 96 (GA. 44, 258: Erwerb einer für eine gewisse Zeit unkündbaren Hypothek.). 26. Das Eingangs der n. 25 Gesagte gilt ferner von der (die Beweislast erschwerenden) Entziehung eines Beweismittels: 91111. 12. Okt. 85 (E. XIII, 6), OT. 67 (O. VIII, 786), sowie umgekehrt von dem Falle, wo der Gegner eine bevorzugte Klage oder ein Beweismittel für einen ein Vermögensrecht betreffenden Anspruch (z. B. eine Quittung über eine nicht geleistete Zahlung oder eine Bescheinigung über nicht bewilligte Zahlungsfristen) erlangt: OT. 66 (O. VII, 677), Münch. (BE. VI, 107: mithin liege in einem solchen Falle nicht etwa ein bloßer Versuch vor, wenn der Thäter seinen Endzweck doch nicht erreichte, wenn dem Verletzten viel­ mehr gelang, die ihm aus dem Mangel des Beweismittels drohenden Folgen abzuwenden). Ebenso verhält es sich mit der Weiterbegebung eines bereits be­ zahlten Wechsels: OT. 62 (O. III, 32); vgl. n. 24. 51. 27. Dagegen enthält die Auflösung eines doloser Weise zu Stande gekommenen Vertrags keine Vermögensbeschädigung auf Seiten desjenigen Contrahenten, welchem im Falle der Klage auf Erfüllung eine alle Vertragsansprüche vernichtende exceptio doli entgegengestanden hätte: Rill. 7. Juli 84 (E. XI, 72). Ebendies gilt von der bloßen Erfüllung einer Verbindlichkeit; es ist daher kein Betrug, wenn Jemand durch Täuschung veranlaßt wird, dasjenige zu leisten, was er rechtsverbindlich schuldet: Rill. 25. Okt. 83 (R. V, 640), OT. 70 (Entsch. dess. 44. 2. 93), sollte auch die Forderung durch Urtheilsspruch noch nicht festgestellt sein: OT. (O. XIX, 483); vgl n. 6. 16. Das Gegentheil ist der Fall, wenn Jemand, um Sicherheit bezw. Deckung für eine Forderung zu erhalten, seinen Schuldner durch Täuschung veranlaßt, ihm Vermögensstücke zu überliefern; so: Rill. 10. Jan. 80 (E. I, 55). 28. Gleichgültig ist es, ob die herbeigeführte Dermögensbeschüdigung intvermeidlich war: OT. 19. Sept. 55; vgl. n. 13; und ob der Schaden für jedermann in gleicher Weise objektiv erkennbar sich darstelle: RH. 21. Febr. 93 (E. XXIII, 430: Mot.). 28a. Um so viel weniger schließt der Verkauf einer Aktie rc. zum Tagessurfe die Möglichkeit eines Betrugs aus; er setzt nur den Käufer in die Lage, durch sofortigen Weiterverkauf der Aktie rc. den etwaigen Vermögensschaden auf Andere zu übertragen; ev. wären dann diese die „Beschädigten"; so: OT. (GA. 23 s. 560); vgl. RII. 21. Febr. 93 (cit. n. 28: unterscheidet, ob der Ankauf zum Zwecke einer Capitalanlage erfolgt oder eine Handelsoperation gewesen sei; in ersterem Falle erscheine selbst ein demnächstiges vorübergehendes Steigen des Kurses als bedeutungslos). 28b. Die Beschädigung des Vermögens einer Aktiengesellschaft ist mittelbar eine Beschädigung des Vermögens der Aktionäre: Dresd. (SGZ. 22 s. 46: ob dieselbe sofort oder erst später, ob sie zum Nachtheile der jetzigen oder der späteren Aktienbesitzer existent werde, sei gleichgültig); vgl. n. 28a. 77.

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28c. Eine Vermögensbeschädigung zum Nachtheile dessen, welcher an einen Nichtberechtigten leistet, wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß jener sonst dieselbe Leistung (unentgeltlich) einem Andern gemacht hätte: Rl. 12. Mai 81 (A. III, 583: bett. Erschleichung einer Ausstellungsprämie). 29. Durch die Absicht und Möglichkeit später zu leistenden Ersatzes wird die Beschädigung nicht aufgehoben; die demnächstige Leistung eines solchen beseitigt die­ selbe nur für die Zukunft, macht also den früher vollendeten Betrug nicht straflos: OT. 70, 73 (O. XI, 60; XIV, 151); vgl. Rill. 10. Jan. 80 (E. I, 55). Dasselbe gilt von einer eine Kompensation ermöglichenden Gegenforderung des Betrügers: OT. 73; a. M.: OT. 71 (O. XIV, 125. 419; XII, 475). Noch unbedenklicher wird der durch einen Verkamsabschluß verübte Betrug durch spätere Annullirung des Vertrags nicht wieder aufgehoben: OT: (O. XV, 576). Dgl. n. 4. 7. 13. 16. 25. 30. Auch die Vermögensbeschädigung muß eine rechtswidrige sein. Als solche ist die durch den Ehemann bewirkte Belastung der Gütergemeinschaft mit einer stmulirten Forderung zum Nachtheile der Frau selbst dann anzusehen, wenn jener unbeschränkt befugt war, ernstlich gemeinte Schulden zu machen; vgl. RH. 15. Nov. 80, 17. Oft. 82 (E. II, 436; VII, 133: im zweiten Falle war die Ehe eine ungültige, weil bigamische; gleichwohl genieße die Frau, so lange die Ehe nicht für nichtig erklärt sei, die Rechte einer in Gütergemeinschaft lebenden Ehefrau), OT. 68 (O. IX, 519). 30a. Für die Frage, ob ein Betrug im Jnlande verübt sei, ist es ohne Belang, ob die Vermögensbeschädigung im Jnlande eintrat, eine im Jnlande befindliche Person betraf; so: Rl. 25. Sept. 84 (E. XI, 245); vgl. § 3 n. 6. 31. Die Feststellung des Betrags der zugefügten Beschädigung (d. h. also die Bezifferung der Differenz zwischen bent Geldwerth des Vermögens vor der Täuschung und demjenigen des Vermögens nach sowie in Folge derselben) ist nicht geboten: Rl. 22. April 80, Rill. 9. Juni 87 (R. I, 645; XVI, 161), und ebensowenig diejenige des Betrags des erstrebten Vortheils: OT. (O. XX, 219). Immerhin muß aber das konkrete Ziel, welches der Angeklagte als einen zu erlangenden Dermögenszuwachs erstrebte, und zwar aus dem Standpunkte des matenellen Rechts angegeben werden (StPO. § 266): Rill. 5. Mürz 88 (E. XVII, 233). Jena (Voll. 25 s. 163) erachtete mit der Feststellung der auf Erlangung eines rechtswidrigen Vermögensvortheils gerichteten Absicht auch das Bewußtsein des Thäters vom Eintritte der Beschädigung des Vermögens eines Anderen (n. 11) für festge­ stellt [?]; vgl. n. 12. 32. Die Vermögensbeschädigung muß „durch (gewollte: Rill. 26. Mai 82, E. VI, 360) Erregung rc. eines Irrthums" zugefügt sein. Es ist kein Betrug, wenn Jemand durch Täuschung veranlaßt wird, etwas zu thun, was er auch ohnedies zu thun Willens und bereit war: Rl. 10. Nov. 79 (R. I, 48), OT. 68 (£). IX, 77); doch wird die Anwendung des § nicht schon durch die bloße Möglichkeit ausgeschlossen, daß der durch Täuschung zu einem Handeln Veranlaßte ebenso gehandelt hätte, wenn er nicht getäuscht worden wäre (: Manh., BA. 43 s. 46), bzw. daß der schädliche Erfolg auch auf andere Weise herbeigeführt werden konnte: RIV. 25. Nov./5. Dez. 90 (E. XXI, 236); vgl. n. 38. Um so unbedenklicher gilt dasselbe bezüglich des Thatbestandes des Betrugsversuchs: OT. (O. XVII, 832). — Darum genügt nicht schon der Gebrauch eines falschen Namens beim Abschlüsse eines Vertrags, wenn nicht eben hierdurch die Beschädigung verursacht, z. B. eine Klageverfolgung erschwert ist; vgl. Dresd. (StZ. II, 116). Aus demselben Grunde ist es kein Bettug, wenn Jemand ein erschlichenes (echtes) Wechselaccept weiter begiebt, ohne der Erschleichung Erwähnung zu thun: Dresd. (SGZ. XVIII, 87). Ob durch das falsche Vorgeben, sog. Gefälligkeitswechsel seien reelle Geschüftswechsel (sog. Kunden, oder Waarenwechsel) ein Betrug verübt' werden könne, darüber vgl. Rlll. 14. Mai 91, RIV. 5. Mürz 95 (E. XXII, 20; XXVII, 75, Rl. 28. Jan. 97 (E. 29, 349) und andererseits Rill, 25. Juni 85, OT. (E. XII, 395; O. XVIII, 345). Ist die Liquidation der Ansprüche eines Angestellten von seinem Vorgesetzten zu prüfen, so ist die Unrichtigkeit der eingereichten Liquidation nicht kausal für die Vermögensbeschädigung, welche die Gesellschaft durch die Zahlung des zu hoch liquidirten Bettages erleidet. Rlll. 11. Nov. 97 (GA. 46, 31). Vgl. RII. 11. Juli 00 (E. 33, 356); III. 29. April 95 (E. 27, 164). — Jener Kausalzusammen­ hang bedarf der ausdrücklichen Feststellung: OT. 68, 70 (O. IX, 718; XI, 75). Münch. (BE. VII, 475).

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32 a. Ein Kaufalzusammenhang zwischen der Irrthumserregung und dem ge­ suchten „Dermögensvortheil" ist nicht erforderlich; a. M.: Rlll. 21. Dez. 81 (E. V. 277: mindestens insofern, als der strafbare Vorsatz des Thäters die Täuschung und die dadurch verursachte Vermögensbeschädigung als die ihm Gewinn bringenden Faktoren in Bewegung setzen müsse); vgl. n. 12. 33. Da es kaum denkbar sein wird, daß die Jrrthumserregung, also etwas rein Geistiges, unmittelbar eine Einwirkung auf das Vermögen als etwas Sachliches ausübe, so wird wesentlich vorausgesetzt, daß durch die Jrrthumserregung der Getäuschte zu irgend einem Thun oder Unterlassen bestimmt werde, welches die Vermögensbeschädigung zur Folge hat: OT. (GA. XX, 111). Sonach genügt ein mittelbarer Kausalzusammenhang zwischen Täuschung und Beschädigung: Stuttg., Dresd. (WGbl. VIII, 233; StZ. IV, 184), und zwar selbst dann, wenn der durch die Täuschung erregte Irrthum die Ursache des Irrthums einer andern Person ist, welcher für diese letztere die Vermögensbeschädigung hervorruft: RI. 25. Sept. 84 (E. XL 245: demgemäß stelle die Täuschung auch bei nur mittelbarem Zusammeneine Betrugs- und keine bloße Vorbereitungshandlung dar), R1V. 5. Apr. 92 . 40 s. 41). Daß der Betrüger selbst, nach der Jrrthumserregung, noch eine weitere Thätigkeit zur Herbeiführung der Vermögensbeschädigung entwickelte, gehört nicht zu den Merkmalen des Betrugs: Rill. 3. Dez. 79 (R. I, 111). 34. Welcher Natur dasjenige Thun (Unterlassen) gewesen, zu welchem der Getäuschte veranlaßt worden, ist für den Thatbestand gleichgültig; dasselbe braucht sonach nicht in der Eingehung eines Rechtsgeschäfts zu bestehen: ein Betrug kann sehr wohl auch in Beziehung auf ein bereits bestehendes Rechtsverhältnis;, namentlich in Bezug auf die Erfüllung eines Vertrags verübt werden: OT. 53, Darmst. 76 (GA. II, 832; HE. s. 64). Ebensowenig braucht die Handlung in einer unmittelbaren Disposition über Vermögensrechte zu bestehen; beispielsweise kann eine durch Täuschung herbeigeführte sog. reiche Heirath nach Umständen unter den Begriff des Betruges fallen; so: RH. 21. Mai 86 (E. XIV, 137: falls die Absicht von vornherein darauf gerichtet sei, das Vermögen der Frau nicht für die Zwecke der Ehe, sondern felbstnützig für sich zu verwenden); a. M.: Merkel s. 763; vgl. auch Rill. 22. Jan. 83 (E. VIII, 12), RI. 10. Jan. 01 (E. 34, 85); Olsh. n. 26. 44. Sogar eine strafbare Handlung kann genügen. — Vgl. auch Rill. 28. Okt. 95 (E. 28, 144: betr. Betrug eines Straßenbahnschagners durch Ausgabe ungültiger Fahrscheine). 35. War der erregte Irrthum für den Getäuschten der Bestimmungsgrund, welcher ihn zu dem beschädigenden Handeln oder Unterlassen veranlaßte, so ist es unwesentlich, ob derselbe sich für rechtlich verpflichtet erachtet hatte, so zu handeln rc.; der § trifft auch da zu, wo er aus freier Entschließung und mit dem Be­ wußtsein seiner Handlungsfreiheit thätig war: OT. 63, 66, 76 (O. IV, 161; VII, 388; XVII, 279. 606). 36. Demgemäß liegt ein Betrug auch da vor, wo Jemand durch Täuschung veranlaßt ist, eine vermeintliche moralische Pflicht zu erfüllen, ein Geschenk (eine Unterstützung) zu geben, oder eine Mildthätigkeit zu üben; z. B. wenn ein Bettler durch falsche Vorspiegelungen den Glauben erregt, daß er nur durch einen Unglücksfall momentan hülfsbedürftig geworden sei; vgl. RI. 20. Mai 97 (GA. 45, 269), RI. 4. Juli 81, »III. 26 Mai 82 (E. IV, 352; VI, 360), OT. 56, 76 (JMbl. 56 s. 115; O. XVII, 545), Dresd. (SGZ. XVI, 56; XXI, 51; StZ. III, 24), Wolfenb. (StZ. III, 124), BL. s. 574, HER. II, 249; a. M.: OT. 62 (O. III, 82: beil.) und für den'Fall einer gemeinen Bettelei unter lügenhaften Vorspiegelungen: OT. 53 (Entsch. dess. 26. 155); cit. Wolfenb. — Jedenfalls trifft § 263 zu, wenn sich die Täuschung auf die Person bezog, welcher das Geschenk zufließen sollte, z. B. angebliches Kollektiren für milde Zwecke: RII. 3. Nov. 85 (R. VII, 638), Münch. (BE. V, 360), Rüd. n. 8; a. M.: Merkel Abh. s. 200 (nimmt hier Unter­ schlagung an); sowie da, wo eine Gemeinde-Armenverwaltung durch Täuschung zur Verabreichung einer Unterstützung veranlaßt ist (sie will keine Mildthätigkeit üben, sondern eine Pflicht erfüllen): OT. 70 (O. XI, 394). — Vergl. WGbl. VII, 247. 37. Wegen des Mangels des Kausalzusammenhanges zwischen Täuschung und Vermögensbeschädigung stellt die Nichterfüllung einer Verbindlichkeit oder der Mißbrauch einer vertragsmäßig erworbenen Be fügn iß (z. B. Ueberschreitung

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der vertragsmäßigen Anzahl der Exemplare eines verlegten Werkes Seitens des Verlegers) keinen Betrug dar: Dresd. (StZ. I, 293). Vgl. übr. n. 46. 38. Liegt der Kaufalzusammenhang vor, so wird die Strafbarkeit nicht dadurch ausgeschlossen, daß die Beschädigung auch ohne die Täuschung (in Folge eines anderen Ereignisses) eingetreten fein würde; vgl. n. 32; noch dadurch, daß andere Umstände für den die Beschädigung herbeiführenden Entschluß des Geschädigten mitbestimmend waren: Will. 23. Febr: 81 (E. III, 392), OT., Münch. (O. XVIII, €25; BE. III. 474). Immerhin ist aber zwischen Veranlassung und Ursache zu unterscheiden; war die Täuschung nur die (entferntere) Veranlassung für das Thun des Geschädigten, nicht der eigentliche Bestimmungsgrund, so fehlt überhaupt der Kausalzusammenhang und ist daher mindestens kein vollendeter Betrug gegeben: cit. Will. 23. Febr. 81 (i. c. hatte Angeklagter fälschlich die Hypothekenfreiheit seines Guts behauptet und das Grundbuchamt aus Anfrage dies irriger Weise bestätigt); vgl. n. 61. 39. Der Irrthum muß „durch Vorgespiegelung einer falschen oder durch Entstellung einer wahren Thatsache" rc. erregt sein. In Betreff des Begriffs „Thatfache" vgl. § 131 n. 2, § 186 n. 7. 8. Die ältere Rechtsprechung hat dem Begriffe hier mitunter eine engere Bedeutung beigemessen und von demselben namentlich innere Zustände des Menschen grundsätzlich ausgeschlossen; a. M.: (mit Recht): Haager, GSaal 27 s. 575; vgl. n. 45. 46. Ob die Thatsache der Vergangenheit angehören, oder zur Zeit noch bestehen soll, ist gleichgültig: OT. 12. Okt. 60; ebenso, ob sie mit Sicherheit festgestellt werden kann; es genügt, wenn auf ihre Existenz eine Schlußfolgerung zu ziehen ist: OT. 69 (O. X, 758). Demgemäß ge. hören nicht allein alle Eigenschaften und Zustände eines Gegenstandes der Körperweit, z. B. das Gewicht eines Gegenstandes bei Verkäufen nach Gewicht: OT. (O. XVIII, 18). Münch. (BE. III. 321), die Realisirbarkeit bzw. Erweislichkeit einer Erbschaft: OT. (GA. 25 s. 56); die amtliche Eigenschaft einer Person: OT. (O. XVII, 846) hierher, sondern auch Dasjenige, was nur der Gedankenwelt angehört, sobald es als Feststehendes, Anerkanntes, nach Außen erkennbar Gewordenes erscheint: OT. (O. XIV, 659); z. B. der Curs eines Werthpapiers: OT. (O. XV, 244), sowie überhaupt der Werth von Sachen und die Art seiner Ermittelung: OT. (O. XVII, 740); vgl. Dresd. (SGZ. XX, 15: betraf die Versicherung, eine Bank sei gut, abgegeben bei einem Geschäfte in Papieren derselben). Ob die vorgespiegelte Thatsache thatsächlich, juristisch oder moralisch möglich war, ist gleichgültig, sofern nur der Glaube an ihre Existenz hervorgerufen werden sollte; vgl. Olsh. n. 9; a. M.: Zimmermann, GSaal 29 s. 131. 40. Hiernach ist auch das Vorhandensein eines Rechts bezw. Rechtsanspruchs eine Thatsache: OT. 63, 79 (O. III, 225, XX, 78: jeder Rechtserwerb setze eine Thatsache voraus, aus welcher dasselbe hervorgegangen sei); vgl. OT. (ib. XIX, 28: eine „Thatsache" sei freilich nicht die Vornahme einer juristischen Interpretation als einer geistigen Thätigkeit; wohl aber könne im Vorhandensein einer bestimmten Rechtsüberzeugung über Inhalt und Bedeutung einer Willenserklärung bei dem Erklärenden, bezw. die Erklärung Annehmenden eine innere „Thatsache" erblickt werden). 41................... ebenso das Bestehen einer Rechtsnonn (einer feststehenden Gerichtspraxis, eines Verwaltungsgrundsatzes); ein Betrug kann daher durch Erregung eines Rechtsirrthums verübt werden: Will. 7. Jan. 80 (R. I, 196: betraf eine Täuschung über die rechtlichen Folgen der Unterzeichnung eines Wechsels), WI. 3. Okt. 81 (ib. III, 579), OT. 67, 70 (O. VIII, 605; XI, 403). Daraus darf jedoch nicht gefolgert werden, daß jede wissentliche Überschreitung einer gesetzlich (obrigkeitlich) festgesetzten Taxe, selbst ohne Hinzutritt besonderer Umstände, einen Betrug darstelle; vgl. Dresd. (StZ. III, 357); § 352 n. 6. 13. 42. Ebenso gehört hierher das absichtliche Ziehen einer falschen (thatsächlichen) Schlußfolgerung aus richtigen Voraussetzungen, z. B. die Angabe eines falschen Ergebnisses einer in ihren einzelnen Aufstellungen richtigen Berechnung: OT. 67 (O. VIII, 107); vgl. n. 40. 43................ ebenso die vorgegebene Richtkenntniß eines dem Gebiete des Thatsächlichen angehörenden Umstands: OT. 12. April 61. 43a................ ebenso die Vorspiegelung des Besitzes sicherer Heilmittel und der Fähigkeit, die einzig sichere Belehrung über Heilung gewisser Krankheiten zu

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ertheilen: OT., Münch. (GA. 27 s. 373; BE. II, 58) oder sich auf die Heilung von Krankheiten aller Art zu verstehen: Rill. 12. Mai 87 (GA. 35 s. 209: mindestens unter Umständen). 44.................. ebenso die voraussichtlich künftige Rentabilität eines Unternehmens; a. M.: HS. II, 361 (sofern die Vorspiegelung sich nicht sogleich auf eine Wahrheitsentstellung rücksichtlich der Thatsachen gründe); vgl. n. 15. 39. 47. 44 a............... ebenso die Vorspiegelung eigener (augenblicklicher) Solvenz: Rill. 3. 10. April 80 (R. I, 535. 563: seien daraufhin Waaren geliefert worden, so könne Betrug angenommen werden, wenn auch die Absicht, das Gekaufte nicht zahlen zuwollen, nicht feststehe), z. B. die falsche Angabe eines Creditsnchenden, ein sicherer Mann zu sein: RII. 1. Juni 83 (R. V, 395). Doch ist jene Vor­ spiegelung nicht schon in einer Bestellung auf Credit seitens eines zur Zeit insol­ venten Kaufmanns (implicite) enthalten; so: Rill. 7. April 80, RI. 19. Juni 93 (E. II, 5; XXIV, 216); vgl. aber RIV. 16. Rov. 97 (E. 33. 333) und n. 46. 54. 44b. Ferner kann in der Abgabe und Annahme von Scheingeboten (bei einer Versteigerung) das Vorspiegeln einer falschen bzw. das Unterdrücken einer wahren Thatsache erblickt werden; vgl. RH. 30. Nov. 79 (GA. 28 s. 35), OT. (O. XIX, 425). 45. Ebenso ist die unwahre Versicherung einer bei einem Dritten vorwalten­ den Absicht, z. B. daß ein Dritter bereit sei, eine fremde Verbindlichkeit zu erfüllen, als Trassat einen Wechsel zu acceptiren, zur Herstellung eines Betruges geeignet: Rl. 24. Sept. 83 (R. V, 542), OT. (O. XII, 284; XIV, 659). Münch. (BE. II, 414). 46. Dasselbe gilt nicht minder von dem Vorspiegeln rc. der eigenen Absicht, in irgend einer Weise zu handeln; ebenso: Rl. 8. März, 6. Dez. 80, Rill. 11. Mai 81, 25. Okt. 83 (E. I, 305: III, 142; R. III, 294; V, 640). Namentlich kann durch Uebernahme einer Verbindlichkeit, welche nicht zu erfüllen man von Anfang an entschlossen war, ein Betrug verübt werden, wenn jene lediglich als Mittel zur Erlangung einer ausbedungenen Gegenleistung diente, sollte letztere auch nur in einem Handgelde, z. B. in soa. Miethpfennigen bestehen: cit. Rill. 25. Okt. 83, SLuttg., Manh., Wolfenb. (StZ. III, 214; BÄ. 38 s. 241; 43 s. 216; Br. Z. 24 s. 65), Darmst. 74 (HE. s. 43: betraf ein Eheversprechen), Dresd. 78 (StZ. VIII, 228), Olsh. n. 9, Haager, GSaal 27 s. 564, Zimmermann, ib. 29 s. 138. Dem ent» sprechend erblickten Rl. 10. Juni 80 (R. II, 54), RII. 14. Nov. 93 (E. XXIV, 405), OT. (D. XVI, 424; XIX, 208) in dem fälschlichen Vorgeben, eine Schuld (einen Wechsel) zur Stelle (mit aufgezähltem Gelde) zu bezahlen, bzw. ein Kaufgeschäft gegen Baarzahlung eingehen oder den Kaufpreis binnen bestimmter Frist zahlen zu wollen, Rill. 24. Jan., 11. Dez. 80 (R. I, 272; II. 629), OT. (O. XV, 795) in einer nicht ernstlich gemeinten Bestellung (einer Waare bei einem Kaufmanne) die Vorspiegelung einer falschen Thatsache. A. M.: die frühere Rechtsprechung des Pr. OT., welche annahm, die angeblich vorhandene eigene Willensrichtung in Beziehung auf ein späteres Thun oder Unterlassen, insbesondere auf die künftige Erfüllung einer übernommenen Verbindlichkeit, sei zu sehr dem Wechsel der Entschließung ausgesetzt, um für eine „Thatsache" also für etwas Fertiges, zur Existenz Gelangtes gelten zu können; vgl. 53, 65 (Entsch. best. 26 s. 418; O. VI, 326); ferner OT. (O. XVIII, 689: betr. Verlassen des Dienstes nach Em» pfang eines unter Verschweigung der desfallfigen Absicht begehrten Lohnvor» schusses); ähnlich; Dresd. 72, Münch. (StZ. II, 116. 292; BE. V, 202), Meckl. OG., GSaal 28 s. 506, Merkel HH. III, 753, HStR. II, 263, Schw., SGZ. XVI, 294. 47. Die Thatsache muß konkreter, spezieller Natur sein; allgemeine Ur» theile und Anpreisungen in Betreff gewisser, einer Person oder Sache angeblich bei» wohnender, durchaus relativer und ebendeshalb objektiv gar nicht festzustellender Eigenschaften gehören nicht hierher. Dagegen kann unbedenklich in der Versicherung bestimmter angeblich vorhandener Eigenschaften, zumal solcher, welche, wenn sie Sachen betreffen, Gegenstand der Gewährleistung sein würden, das Vorbringen falscher Thatsachen gefunden werden; z. B. in Versicherungen über die Vermögens» läge oder die Zahlungsfähigkeit einer Person OT. 66 (O. VII, 523); oder über den Werth eines Dermögensstückes (i. c. eines Grubenfeldes): Dresd. (SGZ. 23 s. 43); oder über den Ursprung, den Einkaufspreis oder eine spezielle Qualität einer Waare, insbesondere über die Gesundheit eines verkauften Stückes Vieh oder über die „Güte" einer Forderung: RI. 22. Jan. 80, 29. Sept. 83 (R. I, 261; V, 555: in letzterem Falle hatte ein Wirth gewöhnliches Bier als Culmbacher und zu dem höheren

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Preise des letzteren verkauft; hier werde die Anwendbarkeit des § 263 durch das Nahrungsm.-Ges. § 10 nicht ausgeschlossen), Rill. 9. Jnli 83 (A. VIII, 198), OT. 66, 71 (O. VII, 588: XII, 142), Dresd., Münch. (StZ. I, 361; SGZ. 22 s. 243; BE. VII, 328), Münch. (BE. IV, 91; betr. die fälschliche Versichenmg, ein Stück Tuch reiche zur Anfertigung eines ganzen Anzugs hin), Dresd. (SGZ. 20 s. 74); vgl. n. 51. Ob durch ein solches Vorbringen wirklich ein Irrthum erregt worden sei, ist selbstredend in jedem Einzelfalle Gegenstand der thatsächlichen Beurtheilung. Gerade hier ist zu berücksichtigen, das im kaufmännischen Verkehr unzählige Re. kllamen, Anpreisungen und Empfehlungen unter Hervorhebung spezieller Eigenschäften und Thatsachen vorkommen, welche kaum auf Glauben Anspruch machen und regelmäßig nicht geglaubt, durch die also auch eine Täuschung und Vermögensbeschädigung nicht herbeigen werden. Dgl. Rill. 2. April 00 (GA. 47, 283), Rill. 27. Sept. 97 (GA. 45, 420). Immerhin ist es aber kein Begriffsmerkmal des Betrugs, daß die Täuschung civilrechtliche Folgen habe, daß z. B. eine falsche Vorspiegelung beim Viehhandel eine Gewährschaftsklage begründe: RI. 13. Mai 93 (E. XXIV, 171: gemäß § 263 komme nur die thatsächliche Wirkung in Betracht). — Ob es sich um die Behauptung einer Thatsache oder um Kundgebung einer subjektiven Auffassung handelt, ist Sache der konkreten Beurtheilung; so kann in einer unrichtigen Werthangabe bei einer Brandschadensliquidation die Vorspiegelung einer falschen Thatsache gefunden werden. Rill. 18. Mai 98 (GA. 46. 323). 48. Die „vorgespiegelte" Thatsache muß objektiv „falsch" sein; wer eine wahre Thatsache in der irrigen Meinung, sie sei falsch, vorbringt, begeht, selbst wenn er dadurch täuscht, keinen Betrug. Ebenso genügt es nicht, wenn der Andere durch die vorgebrachten wahren Thatsachen zu irrigen Schlüssen veranlaßt wird, insofern nicht mit jenem Vorbringen das Unterdrücken anderer damit im Zusammenhange stehender wahrer Thatsachen zusammentrifft. — Die Falschheit muß dem An­ geschuldigten nachgewiesen werden; es liegt ihm nicht ein Wahrheitsbeweis ob: OT. 71 (O. XII, 149). Jene bedarf der ausdrücklichen Feststellung, obgleich sie schon im Begriffe des Vorspiegelns enthalten ist; vgl. § 223 n. 23; a. M.: Wolfenb. (Br. Z. 26 s. 49). 49. Der Ausdruck „Vorspiegeln" hat die Anwendung arglistiger Veranstaltungen oder Kunstgriffe (manoeuvres frauduleuses des franz. C. pen.) nicht zur nothwendigen Voraussetzung: n. 58, Manh. (BA. 44 s. 248). Doch liegt int Begriffe des „Vorspiegelns" wie in dem des „Entstellens" und „Unterdrückens", daß die Handlung vorsätzlich, also mit der Kenntniß vom wahren Sachverhalte und mit dem Willen geschehe, den Andern in Irrthum zu versetzen: OT. 62 (O. III, 79). Nach 9tlV. 18. Febr. 96 (E. 28, 189) soll Dolus eventuali» genügen. Doch kann ein solcher nur da vorliegen, wo überhaupt von einer Ungewißheit des Behauptenden betr. der Richtigkeit oder Unrichtigkeit einer behaupteten Thatsache die Rede sein kann, was nicht möglich, sofern sich die Behauptung auf eine innere Thatsache bezieht, die in dem Vorhandensein einer eigenen Absicht des Thäters besteht. R1V. 16. Nov. 97 (E. 30, 333). Die Vorspiegelung kann sich auch gerade auf die eigene Kenntniß von einer Thatsache beziehen, sodaß, obschon die Thatsache selbst richtig war, dennoch eine falsche Vorspiegelung dann vorliegt, wenn die behauptete eigene Kenntniß des Versichernden nicht vorhanden war. RI V. 22. Okt. 89 (E. XX, 3); RIV. 10. Mai 92), (GA. 40 s. 58) RIV. 25. Apr. 93 (E. XXIV, 144). Ein fahrlässiges Vorspiegeln (Entstellen, Unterdrücken) ist nicht denkbar: OT. 69 (O. X, 763). 50. Besteht die vorgebrachte falsche Thatsache in der einem zuständigen Beamten gegenüber erfolgten Annahme eines falschen Namens (§ 360 Nr. 8), so liegt ein Fall der Ideal-Konkurrenz vor; vgl. n. 32. 51. Nicht allein durch Aeußerungen, sondern auch durch konkludente Handlungen können unwahre Thatsachen vorgespiegelt und wahre entstellt (unterdrückt) werden: RI. 3. Jan. 81, Rill. 28. Jan. 82, 16. Febr. 81 (R. II, 690; IV, 89; A. III, 256), z. B. durch den Gebrauch eines unrichtigen Maßes rc., oder durch die täuschende Herrichtung einer verkäuflichen oder zu liefernden Waare: Dresd.. OT. (StZ. I, 123; O. XV, 264. 272); durch die zu letzterem Zweck benutzte Wirkung chemischer Gesetze, indem z. B. sog. Kunstwein statt des bestellten Traubenweins geliefert wird: RI. 20. Okt. 81 (E. V, 137), Manh. (BA. 41 s. 225); durch Uebergäbe eines falsch geführten Brauereireaisters fixirter Brauer an die Steuerbehörde: Rill. 3. Dez. 88 (R. X, 710); durch Einziehung einer cedirten Forderung seitens

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des Cedenten: RH. 12. Juli 81, Rill. 18. März 89 (R. III, 476; E. XIX, 161); durch Hingabe eines werthlosen oder durch Weiterbegebung eines bereits bezahlten Wechsels: OT. 62, 77 (O. III, 32: XVIII, 589. 549); durch falsches Spiel (falsche Würfel rc.): VT. 12. Dez. 62, 7. Juli 58; ja sogar durch den Gebrauch des eigenen Namens, wenn dadurch (gewollter Weise) ein Irrthum in Betreff der richtigen Person hervorgerufen wird; so: Münch. (StZ. IV, 60). — Aehnlich verhält es sich, wenn ein Apotheker statt der vom Arzte verschriebenen schlechtere und wohlfeilere Droguen dispensirt, diese sich aber nach dem Preise der echten bezahlen läßt. Dgl. n. 52. 47. — Darum stellt zwar nicht jede bewußt vertragswidrige Leistung (z. B. die Lieferung schlechten Baumaterials, dessen Beschaffenheit schwer erkennbar ist) ein „Vorspiegeln rc." dar; wohl aber kann solches angenommen werden, wenn jener der Schein einer vertragsmäßigen Leistung gegeben wird: RIH. 5. Juli 86, RI. 10. Jan. 87 (E. XIV, 310; R. IX, 15). 52. Das Vorbringen falscher und das Entstellen wahrer Thatsachen setzen eine positive Thätigkeit voraus; ein lediglich negatives Verhalten, ein Unterlassen, z. B. das Verschweigen einer Thatsache, genügt für sich allein dazu nicht. Dagegen kann ein „Unterdrücken wahrer Thatsachen" auch in pflichtwidrigem Verschweigen gefunden werden, sobald dasselbe geeignet ist, einen Irrthum zu erregen (vgl. § 170: „arglistig verschweigt"); nur darf man hier nicht von einem allgemeinen Rechte aus Wahrheit sprechen, vielmehr wird eine besondere, anderweitig gegründete Pflicht, die Wahrheit zu sagen, vorausgesetzt: OT. (O. XIII, 552. 635), Manh. (BA. 45 s. 180: betraf das pflichtwidrige Verschweigen von Vermögensan­ sprüchen seitens des Gantschuldners bei der notariellen Aufstellung der Gantmasse), z. B. wenn die betr. Mittheilung eine amtlich gebotene ist: OT. (O. XIX, 248); oder wenn Jemand sich einem Andern gegenüber speziell verpflichtet hat, ihn von gewissen Vorkommnissen in Kenntniß zu setzen: Dresd. (SGZ. XVI, 188). Es reicht aber auch aus, wenn der Angeschuldigte sich zwar nicht ausdrücklich zu einer solchen Mittheilung verpflichtet, aber Handlungen vorgenommen hat, welche für ihn die Verbindlichkeit begründeten, gewisse dazu in Beziehung stehende ihm bekannte Thatsachen zur Kenntniß des Andern zu bringen (Beisp.: ein Lotterie-Kollekteur verkauft ein Loos, wissend, daß es schon als Niete gezogen ist): Rll. 12. Juli 81 Rill. 18. März 89 (eilt n. 51), OT. (O. XIII, 89; XIV, 679), Dresd. (StZ. I, 294) Das Gegentheil gilt, wenn Jemand bei der Begebung eines Wechsels verschweigt, daß die Valuta noch nicht gezahlt ist (WO. Art. 23); so: OT. (O. XIV, 491); vgl. n. 15 a. E. — Jene Pflicht braucht auch nicht nothwendig eine rechtlich zwingende zu sein, es genüat, wenn sie (nach der allgemeinen Rechtsanschauung) durch die Rücksichten der Redlichkeit im Verkehr oder der Moral geboten war: OT. 67, 68, 69, 72, 73, 75 (O. VIII, 142; IX, 77; X, 478; XIII, 89; XIV, 679; XVI, 58), z. B. beim Abschlüsse eines Vertrages (auch beim Viehhandel): OT. 69 (O. X, 725), Manh. (BA. 44 s. 168). A. M.: RH. 9. Nov.80, 4. Nov. 79, 3. Okt. 90, Rl. 3. Jan. 81, RIV. 26. Jan. 94, 5. Febr. 95 (E. II, 430; XXI, 67; XXV, 95; XXVII, 1; R. I, 35; II, 690), RI. 2. Jnli 96, IV, 21. Juni 98 (E. 29, 35; 31, 208); RII. 24. Mai 98 (GA. 46, 328); Münch. (BE. IV, 467) und Haager, GSaal 27 s. 588; diese fordern die Verletzung einer Rechtspflicht, und zwar Haager eine solche, welche nach den Grundsätzen des Civilrechts eine Nichtigkeits- oder Entschüdigungsklage begründe; die eit. Erk. v. Nov. 80 und Münch, entschieden ferner, daß der Derkäufer in Ermangelung besonderer das Gegentheil vorschreibender Gesetze nicht die Rechtspflicht habe, dem Käufer unaufgefordert latente Mängel des Kaufobjekts, selbst solche, welche eine Gewährleistung bedingen, aufzudecken; vgl. HS. II, 364, HStR. II, 259, Merkel s. 752, während »III. 28. Nov. 89 (E. XX, 144) bas Gegentheil mindestens für den Fall annahm, wo jener, wenn auch ohne Beziehung auf den späteren Verkauf, die Unerkennbarkeit der Fehler selbst bewirkt habe, und sich dessen beim Abschluß des Verkaufs bewußt gewesen sei. Jedenfalls ist ein „Unterdrücken" in dem Verschweigen von Thatsachen, auch ohne daß eine RechtsPflicht zur Mittheilung derselben besteht, dann zu finden, wenn diesem (Verschweigen) ein actives, auf Täuschung angelegtes Verhalten des Angeklagten hinzutritt; so: RI. 15. März 80, 2. Juli 94, »IV. 20. Dez. 87 (E. I, 314; XXVI, 28; R. IX, 742). »III. 21. März 01 (GA. 48, 133) entschied, daß eine Rechtspflicht zur Offenbarung der Wahrheit aus § 826 BGB. nicht abzuleiten sei. — Hierbei ist übrigens in Betracht zu ziehen, daß der Eintritt in ein bestimmtes Rechtsgeschäft regelmäßig die Behauptung gewisser Eigenschaften und Umstände stillschweigend in sich schließt

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(Beisp.: wer eine Sache verkauft, behauptet damit, daß er die Disposition über sie habe), daß daher das unredliche Verschweigen erheblicher Thatsachen bei Vertragsabschlüssen in gar vielen Fällen schon mit Rücksicht auf das unter n. 51 Gesagte als Täuschung im Sinne des § erscheint; vgl. ML. s. 706, ferner oben n. 46. — Das (unredliche) Verschweigen einer Thatsache bei der Verabredung eines Rechts, geschäfts kann als Unterdrückung derselben angesehen werden, wenngleich es für die rechtliche Wirksamkeit jenes Geschäfts ohne Einfluß war: OT. (O. XVII, 721). — Bloßes Verschweigen des Verdorbenseins eines Nahrungsmittels ist kein Unter­ drücken einer wahren Thatsache: dt. RI. 2. Juli 96, dagegen wohl, wenn die Derschlechterung der Waare zum Zwecke der Täuschung vom Verkäufer selbst bewirkt ist: RI. 8. Febr. 97 (E. 29, 369) u. I. 16. Juni 98 (GA. 46, 338: sei es auch daß die Verschlechterung vorgenommen wurde, als eine Vertragspflicht zu Anzeige noch nicht bestand; die Zeiten des Abschlusses und der Lieferung seien nicht allein entscheidend. 53. Das unvollständige Vorbringen wahrer Thatsachen und das Verschweigen eines wesentlichen Theils derselben stellt nicht nur eine Unterdrückung, sondern auch eine Entstellung wahrer oder selbst die Vorspiegelung falscher (weil nicht wahrheitsgetreuer) Thatsachen dar; z. B. wenn Jemand beim Vorlesen einer Schrift absichtlich eine Stelle übergeht; vgl. OT. 67, Münch. (O. VIII, 220; BE. III, 502). Ebenso ist bei einem von Mehreren geplanten Unternehmen das Stillschweigen des Einen zu den Vorspiegelungen der Anderen (unter Umständen) als positive Thätig, feit (n. 52), und zwar als eine zur Jrrthumserregung mitwirkende Bestätigung jener Vorspiegelungen zu betrachten: Rill. 15. Mürz 80 (E. 1, 309), RIV. 18. Febr. 96 (E. 28, 189) OT. (GA. 24 s. 587); § 47 n. 14. 54. Nach dem unter n. 51. 52 Gesagten ist das Verschweigen der eigenen Zahlungsunfähigkeit beim Abschlüsse eines Rechtsgeschäfts (z. B. beim Zehren in einem Wirthshause) als das „Unterdrücken" jener Thatsache (oder als das Vorspiegeln der Zahlungsfähigkeit und des Willens zu zahlen: n. 44 a. 46) anzusehen, wenn der Thäter durch irgend ein Thun bei dem Andern den Glauben an seine Zahlungsunfähigkeit hervorgerufen hat: RI. 3. Jan. 81, Rill. 16. Febr. 81, 28. Jan. 82 (dt. n. 51), Dresd. (SGZ. XV, 283; XVI, 235; XVII, 284), Zäpe, SGZ. XIX, 84; a. M.: OT. 53 (Entsch. dess. 16 s. 418, welches in einem solchen Falle den Thatbestand des Betrugs unbedingt verneinte). — In Betreff der Scheingebote vgl. n. 44 b. 54a. Endlich kann ein „Unterdrücken" von Thatsachen in Handlungen gefunden werden, welche bezwecken, die Aufklärung eines bei dem Andern vorwaltenden Irrthums durch einen Dritten zu verhüten: OT. (O. XVIII, 99); vgl. n. 56. 54b. Dagegen ist in dem bloßen Ableugnen einer begründeten Forderung (dem Gläubiger gegenüber) eine den Betrugsbegriff erfüllende Täuschungshandlung nicht zu finden: Rill. 10. Okt. 92 (E. XXIII, 244: i. c. hatte der Gläubiger sich der Person des Schuldners, eines Darlehnsempfängers, nicht zu erinnern vermocht). 55. Durch die Vorspiegelung (Entstellung, Unterdrückung) der rc. Thatsache muß (gewollter Weise) ein „Irrthum erregt" sein; es folgt dies nicht von selbst aus dem Vorbringen unwahrer Thatsachen rc. Die Jrrthumserregung braucht im Uebrigen nicht für sich allein schon eine rechtsverletzende zu sein: OA. (O.XII, 227). 56. Der Erregung eines Irrthums ist die „Unterhaltung" eines solchen gleichstellt; die Benutzung eines schon bestehenden Irrthums, das bloße Belassen in demselben genügt (in Ermangelung eiuer Rechtspflicht, den Irrenden aufzuklären: Rill. 17. März 90, E. XX, 326) dazu nicht; vielmehr muß der Andere durch die Vorspiegelung rc. in seinem Irrthum bestärkt, in seinem irrigen Glauben erhalten sein: RU. 27. Nov. 83 (A. IX, 9: fordert eine äußere Thätigkeit zu diesem Behufe), OT. 70, Manh. (O. XI, 185; BA. 40 s. 93). Es kommt sonach wesentlich darauf an, daß das Verhalten des Angeklagten für den im Irrthume Befangenen mit ein Bestimmungsgrund war, die vermögenschädigende Handlung vorzunehmen; ckgl. Mot. s. 129. Demgemäß ist die Annahme einer freiwillig angebotenen Nichtschuld oder einer falsch adressirten Sache für sich allein noch kein Betrug, es sei denn, daß das bewußte Verschweigen des wahren Sachverhalts (n. 52) dazu mitgewirkt hat, den im Irrthum Befangenen zur Vornahme seiner Handlung zu veranlassen. Dgl. RI. 15. März 80 (E. I, 314), RIV. 26. Jan. 94 (E. XXV, 95: ob ein positives, auf Verdeckung der Wahrheit gerichtetes Handeln schon in der Annahme der Zahlung

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gefunden werden könne, sei eine nach der konkreten Sachlage zu entscheidende, thatsächliche Frage). 57. Der erregte rc. Irrthum braucht nicht in einer festen, jeden Zweifel ausschließenden Ueberzeugung zu bestehen: es genügt eine irrige Anschauung, welche den Getäuschten zu irgend einem Thun (Unterlassen) bestimmt; deshalb schließt der Umstand, daß bei einem Vertragsabschlüsse die Möglichkeit einer Täuschung vorgesehen und daß für einen solchen Fall eine Konventionalstrafe stipulirt ist, die Annähme eines durch solche Täuschung verübten Betruges nicht aus: OT. 68, 69 (O. IX, 347; X, 233). 58. Gleichgültig ist, ob der erregte Irrthum ein leicht vermeidlicher war: RG. 24. Sept.83, Rl. 12. Juni 84, RH. 20. Sept. 87 (BA. 50 s. 154. 237; R. IX, 441), RlV. 2. Jan. 95 (GA. 43 s. 31: auf die Entschuldbarkeit des Irrthums komme es bei dem Betrüge nicht an), OT. (O. XIV, 181; XVIII, 18). Steht die Jrrthumserregung fest, so kann der Thatbestand des (vollendeten) Betrugs nicht deshalb verneint werden, weil das angewendete Mittel nicht geeignet gewesen sei, jenen Erfolg herbeizuführen (von der Untauglichkeit des Mittels könnte nur bei einem Versuche die Rede sein), oder weil der Getäuschte sich nicht hätte täuschen lassen sollen bezw. dürfen: OT. 66, 76 (O. VII, 64; XVII, 443); vgl. jedoch n. 61. 65. Ebendeshalb bedarf es auch keiner besonderen Arglist: OT. 15. Oft. 56; vgl. n. 49. 59. Die Person des Getäuschten muß in der thatsächlichen Feststellung erkennbar gemacht werden; der namentlichen Bezeichnung bedarf es nicht: OT. 69 (O. X, 111). Dagegen ist die Feststellung der Person des Beschädigten (n. 60) nicht nöthig: OT. (GA. 22 s. 265). — Abweichungen (vom Eröffnungsbeschlusse) bezw. der der Persönlichkeit des Verletzten und des Getäuschten stellen an und für sich die Identität der That nicht in Frage: Rll. 21. Febr. 88 (GA. 36 s. 181). 60. Nur die einer einzelnen Person (nicht auch dem Publikum) gegenüber begangene Täuschung und Vermögenbeschädigung kann Gegenstand einer Aburtheilung wegen Betruges sein. R. 15. Oft. 94 (E. 26, 163). Mißbrauch an einem Leistungs- oder Warenautomaten ist kein Betrug. — Der Getäuschte braucht nicht selbst der Beschädigte noch ein Vertreter desselben zu sein: Rill. 23. Febr. 81, 5. März 88, RII. 12. Juli 81, RIV. 25. Nov. 90 (E. III, 392; XVII, 233; XXI, 236; R. III, 476), OT. (O. XIV, 540; XVIII, 99), Manh., Dresd. (BA. 40 f. 93; SGZ. 21 s. 211); a. M.: Köstlin, Abh. s. 154, Ortloff, Lüge rc. II, 471. Auch ist es nicht erforderlich, daß der Getäuschte rechtlich befugt war, über Bermögensstücke des Beschädigten zu verfügen; es genügt, wenn er faktisch in der Lage dazu war: ML. s. 710; vgl. 91111. 12. Apr. 94 (E. XXV, 244); a. M.: Merkel f. 764, Schütze s. 472. — Hiernach ist es Betrug, wenn Jemand eine fremde, nicht in seinem Gewahrsam befindliche Sache einem Dritten verkauft und diesen so ver­ anlaßt, in gutem Glauben die Sache wegzunehmen; vgl. § 242 n. 42, andererseits jedoch eit. Will. 12. Apr. 94 (: der Eigenthümer sei durch die Vindikation geschützt, eine Vermögensminderung daher nicht festgestellt). Dasselbe gilt da, wo Jemand gegen Entgelt für einen Andern unter dessen Namen eine Freiheitsstrafe abbüßt; a. M.: 91111. 21. Dez. 81 (E. V, 277), Merkel s. 772, ML. f. 712. 61. Demgemäß kann ein Betrug auch in der Weise verübt werden, daß im Prozesse durch eine Täuschung des Richters eine die Rechte der einen Partei beeinträchtigende Entscheidung oder Verfügung herbeigeführt wird. Zwar schenkt der Richter in der Regel dem einseitigen Vorbringen einer Partei keinen Glauben, sondern entscheidet nach den geführten Beweisen; die Einreichung einer ungerechten Klage ist daher für sich allein noch kein Betrugsversuch: OT. 70 (O. XI, 153. 518); vgl. Rl. 4. April 81 (A. III, 473). Wird aber gerade durch ein Beweismittel die Täuschung des Richters herbeigeführt, z. B. durch eine falsche, simulirte oder er­ schlichene Urkunde, durch eine Urkunde über einen inzwischen befriedigten Anspruch, insbesondere durch einen bezahlten, jedoch nicht quittirten Wechsel, durch eine wahrheitswidrige Quittung oder durch ein unrichtiges, mittels Täuschung der gerichtlich ernannten Sachverständigen erlangtes Gutachten, so kann unbedenklich ein Betmg angenommen werden; so: Rill. 18. Dez. 80, RI. 26. Sept. 87, 1. Nov. 80, RH. 20. Sept. 87 (E. III, 169; XVI, 193; R. II, 421; IX, 441), eit. RI. 4. Apr. 81, OT., Dresd. (O. XII, 137; XVI, 271. 637; XVII, 752. 823; XVIII, 36; SGZ. XVIII, 44; StZ. IV, 184), Münch. (BE. VII, 288), OHG. (Entsch. dess. 21 s. 120); vgl. übrigens

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das unten Gesagte, insbesondere das dort referirte RIV. 29. Juni 86. Gleiches gilt, wenn der Richter unter ähnlichen Voraussetzungen, auf Grund des einseitigen Vorbringens einer Partei, eine für die andere nachtheilige Verfügung trifft, z. B. einen Arrest verhängt, eine Exekution verfügt oder eine verfügte Exekution einst­ weilen aussetzt: RHI. 17. März, 22. Mai 80, RH. 8. Juni 80 (R. I, 479. 808; E. II, 91), OT. 63, 67, 79 (O. 111, 382; VIII, 171; XX, 78). Eben darum stellt die so stattgehabte, erfolgreiche Geltendmachung einer erdichteten Forderung bezw. eines hinfälligen Pfandrechts im gerichtlichen Vertheilungsverfahren einen Betrug dar: RG. 24. Sept. 83 (BA. 50 s. 154), Münch.. Dresd. (BE. IV, 41; StZ. V, 370); vgl. übrigens RI. 2. Juli 94 (E. XXVI, 28: Konkursrichter, Mot.). — Sind dagegen keine derartigen Täuschungsmittel angewendet, so kann die Aufstellung einer unwahren Behauptung im Prozesse nicht als Betrug aufgefaßt werden, sollte auch demnächst eine unrichtige richterliche Entscheidung (Verfügung) darauf ergangen sein; vgl. Rill. 25. Febr. 80, 30. Dez. 81 (E. 1, 227; V, 321: im ersteren Falle hatte Angeklagter unter den ihm zugesprochenen Kosten erdichtete unbescheinigte Auslagen mit Erfolg liquidirt; es wurde kein Betrug angenommen, weil der Gegner nicht durch Täuschung des Richters, sondern dadurch geschädigt sei, daß letzterer die ihm obliegende Prüfung jener Kosten unterlassen habe; im zweiten Falle hatte der Richter eine Zwangsvollstreckung auf unwahre Behauptungen hin sistirt, ohne daß letztere ihm gemäß § 769 CPO. glaubhaft gemacht waren) Das gilt umsomehr dann, wenn der Richter aus prozessualen Gründen gehalten ist, ohne Rücksicht auf seine eigene Ueberzeugung von der Wahrheit oder Unwahrheit des Vorbringens der Parteien, in einem bestimmten Sinne zu erkennen, indem hier von einer Täuschung, bezw. von einem Kausalnexus zwischen Täuschung und Vermögensbeschädigung überhaupt keine Rede sein kann; vgl. RI. 12. Mai 90 (E. XX, 391), Dresd. (SGZ. 23 s. 339. 357), RIV. 29. Juni 86 (R. VIII, 506: Angeklagter hatte, unter Verschweigung einer Theilzahlung, für die ganze ursprünglich verschuldete Summe ein Urtheil erwirkt; hier fehle jener Kausalnexus, weil der Prozeßgegner wegen un» genügenden Beweises dieser Theilzahlung, mithin auf Grund der Bewetsregeln des Prozesses verurtheilt worden sei). Ebendeshalb ist Jdealkonkurrenz von Betrug und Falschschwürung eines zugeschobenen Eides nicht möglich; vgl. Pfizer (WGbl. XV, 197); a. M.: Stuttg. (ib. 86). Aus ähnlichen Gründen liegt kein Betrug vor, wenn betn Grundbuchrichter bei der Auffassungserklärung verschwiegen wird, daß das Grundstück schon vorher einem Andern verkauft worden: RIV. 21. Mai 89 (GA. 37 s. 196). — Die CPO. § 580 Nr. 4 gewährt da, wo das Urtheil von einer Partei oder ihrem Vertreter durch wirklichen Betrug erwirkt worden ist, der Gegen­ partei die Restitutionsklage. — Wegen Betrugsversuchs vgl. n. 77. 61a. Auch durch fälschliche Anzeige eines im landwirthschaftlichen Betriebe vorgekommenen Unfalls kann Betrug verübt werden: RIV. 5. Jan. 97 (E. 29, 291). 62. Aehnlich verhält es sich mit der Täuschung des Prozeßgegners; er wird betrogen, wenn er tut Prozesse durch Jrrthumserregung zu einem ihn beschädigenden Thun (Unterlassen) veranlaßt wird, sollte dabei auch eine Täuschung des Richters nicht vorgekommen sein: RI. 14. April 87 (R. IX, 232), Dresd. (StZ. I, 58). 63. Ein Betrug zum Nachtheil eines Dritten kann in der Weise verübt werden, daß ein Rechtsstreit fingirt wird, indem die beiden (vermeintlichen) Prozeßgegner durch ihr Zusammenwirken den Richter täuschen und so ein materiell unrichtiges Urtheil erschleichen: RII. 12. Nov. 80 (E. II, 436: hier hatte sich der formell Beklagte in contumaciam verurtheilen lassen), RIV. 28. Sept. 00 (GA. 47, 432), OT. 61, 78, Dresd. (O. I, 506; XIX, 460; SGZ. 21 s. 169; 23 s- 243). 64. Ebenso kann die Täuschung des einen Akt aufnehmenden Notars den Thatbestand des Betrugs Herstellen, sofern durch jene Täuschung die Vermögensbeschädigung (eines Dritten) herbeigeführt ist; dagegen genügt es nicht, wenn beide Parteien im Einverständnisse den Notar getäuscht haben, und sich demnächst herausstellt, daß eine derselben durch den Vertragsabschluß einen Nachtheil erlitten hat: OT. 22. Mai 57. Ist durch die Täuschung des Notars die falsche Beurkundung einer für Rechte rc. erheblichen Thatsache zu Stande gekommen, so liegt außerdem der Thatbestand des § 271 (272) vor.

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65. Dasselbe gilt von der Täuschung eines mit einer Vollstreckung beauftragten Exekutors (Gerichtsvollziehers): Rl. 23. Okt. 79 (eit. n. 23: betr. Freigebung ge* pfändeter Sachen vom Pfande auf Grund falscher Vorspiegelungen). Doch nahmen Rill. 8. Mai 80, OT. (R. I, 744; O. XX, 319) keinen Betrug an, wenn Jemand den Besitz gewisser einzuziehender oder zu verpfändender Sachen fälschlich ableugne und der Exekutor, hierdurch getäuscht, von der Vollstreckung abstehe, da ein Exekutor trotz aller solcher Ausflüchte vorgehen müsse, die Vermögensbeschädigung daher in jenem Falle die Folge des pflichtwidrigen Verhaltens des Beamten, nicht diejenige der Jrrthumserregung sei. Ebenso liegt kein Betrug vor, wenn Jemand, unter Verschweigung einer nach Erwirkung des Vollstreckungsbefehls geleisteten AbschlagsZahlung (ohne Widerspruch zu finden) den ganzen ursprünglich verschuldeten Betrag einziehen läßt, da hier der benachtheiligende Erfolg kraft gesetzlicher Nothwendigkeit in Folge des Mangels einer zweckentsprechenden Vertheidigung des Schuldners ein­ tritt: RlV. 11. Nov. 92 (E. XXIII, 286). Dgl. n. 32. 58. 61. 66. Auch die durch Täuschung herbeigeführte Beschädigung des Staatsvermogens ist ein Betrug; dazu genügt aber in der Regel der Thatbestand einer Abgaben. (Steuer-, Zoll- rc.) Hinterziehung nicht, da durch eine solche dem Staate nicht ein erworbenes Vermögensrecht entzogen, sondern ein erst zu er­ werbendes vorenthalten wird, während das Forderungsrecht des Staates unverletzt fortbesteht: HS. II, 359, HStR. II, 258 (Defraudation sei an sich ein Omissiv-, Betrug ein Kommissivdelikt), Schütze s. 472, Merkel s. 762; vgl. jedoch Will. 24. Jan. 84 (E. X, 48: Motive). Abgesehen davon,' sind aber auch die HinterZiehungen von Steuer-, Zoll- und Postgefällen regelmäßig durch andere, theils ältere, int § 2 Abs. 2 EG. aufrechterhalten, theils neuere Vorschriften besonders verpönt (§ 73 n. 6): Will. 26. Juni 80, RI. 28. Okt. 80, 20. März 90, 2. Juli 94, RII. 13. Juli 86 (R. II, 113; E. II, 405; XIV, 293; XVIII, 151: betr. das Pr. Klassensteuer-G. v. 1. Mai 1851; XX, 305; XXVI, 48: betr. das Pr. Erbschaftssteuer-G. v. 19. Mai 91; RlV. 30. Dez. 95 (E. 28, 90: betr. Branntweinsteuerdefraude gemäß § 17 des Branntweinsteuer-G. v. 24. Juni 87); OT. (O. XIV, 63. 739; XVIII, 400), Cöln (RA. 75, II, 38); vgl. auch §§ 275. 276. 280. 364, Telegr.Ges. v. 16. Mai 1869 § 2, Wechselst. - Ges. v. 10. Juni 1869 § 23, Postges. v. 28. Okt. 1871 § 27 Nr. 3, welche die Benutzung falschen oder entwertheten StempelPapiers rc. mit besonderen Strafen bedrohen. — In solchen Fällen greift nur die Defraudatiousstrafe Platz, und zwar selbst dann, wenn die Thatbestandsmerkmale des Betrugs vorliegen, vorausgesetzt, daß das betr. Spezialgesetz die Anwendung der allgemeinen Strafgesetze nicht vorbehält, sondern erkennen läßt, daß es die Deliktöform anderweitig geregelt habe; vgl. citt. Rl. 28. Okt. 80, RII. 13. Juli 86, Will. 13. Juli 91, RI. 2. Juli 94 (E. XXII, 121; XXVI, 48). Doch erblickten RPl. 4. April 81, OT. (E. IV, 50; O. XVII, 607) in dem Verhalten eines unter Vorbehalt der Nachversteuerung firirten Brauers, welcher in das zur Ermittelung der Nachsteuer dienende Brauregister falsche Einträge macht, keine durch die Spezial, gesetzgebung vorgesehene Defraude, sondern Betrug, während eit. 91111. 26. Juni 80 hier weder das Eine noch das Andere annahm, vielmehr eine Ordnungsstrafe als verwirkt erachtete. Ueber das Verhältniß des § 263 zu dem Württemb. Wirthsckaftsabgab.-G. v. 9. Juli 1827 vgl. Rl. 21. Nov. 98 (E. 31, 354). 66 a. Durch § 175 des Jnvalidenversicherungs-G. v. 13. Juli 99, betr. Zulässtgkeit der Verhängung einer Geldstrafe durch die Verwaltungsbehörde wird die Bestrafnng wegen Betrugs nicht ausgeschlossen: RlV. 18. Okt. 97 (E. 27, 391). 67. Die Simulation eines niedrigeren Preises, als verabredet war, in der über einen Vertrag aufgenommenen Urkunde ist in Preußen weder als Stempel, steuerhinterziehung noch als ein zum Nachtheile des Stempelfiskus verübter Betrug zu bestrafen, da die Stempelsteuer nicht von dem Rechtsgeschäfte, sondern von dem Akte (dem Beweismittel) erhoben, also nur insofern verschuldet wird, als die Ur. künde einen Beweis liefert: OT. (Pl.) 9. März 57 (Entsch. dess. 36 s. 430). DaS Gegentheil gilt, wenn es sich um eine für die gerichtliche Uebereignung von Grundeigenthum zu entrichtende Kostenabgabe handelt, für deren Berechnung der Werth des entäußerten Grundstücks maßgebend ist, vorausgesetzt, daß solche Fülle nicht als Defraudationen besonders verpönt und daß die allgemeinen Thatbestandsmerkmale des Betrugs erfüllt sind: Rill. 24. Jan. 84 (E. X, 48). 68. Die Nichterhebung einer verschuldeten Abgabe (z. B. des zu zahlenden Chausseegeldes) durch den mit der Empfangnahme Beauftragten und die Gestattung

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der freien Eisenbahnfahrt durch einen Bahnbediensteten stellen für sich allein dm Thatbestand des Betmges ebensowenig dar (es fehlt die Jrrthumserregung: OT. 53, 54, GA. II, 126. 833), wie überhaupt die Benutzung eines Eisenbahnzuges ohne Fahrbillet: Wolfenb. (StZ. I, 158: demgemäß seien besondere, einen solchen Fall vorsehende Gesetze nicht aufgehoben). Das Gegentheil soll gelten, wenn die Mitfahrt heimlich bezw. unter mißbräuchlicher Benutzung eines unübertragbaren Retour-, Abonnements, oder Rundreisebillets geschieht (selbst bei bloßer Benutzung des Tritt­ bretts eines Personenwagens): RI. 7. Febr. 87, 20. Juni 81, RIV. 20. Okt. 93, RH. 13. März 88, OT. (R. IX, 114; E. IV, 295; XXIV, 319; XVII, 217; O. XVII, 383: die beiden letzten Erkk. nahmen Betrug sogar im Falle des Einverständnisses des kontrollirenden Schaffners an, da dieses die Heimlichkeit und Jrrthumserregung bez. des übrigen Aufsichtspersonals nicht ausschließe), OT. 70, Münch. (O. XI, 606, BE. V, 16); Rill. 11. Juni 94 (E. XXV, 412: nicht minder für den Fall des Besitzes eines gültigen Fahrscheins (einer Rückfahrtskarte), die aber nach der Abrede mit dem Schaffner nicht entwerthet wordm, sondern nur eventuell zur Sicherung im Falle des Betroffenwerdens dienen sollte; a. M.: Olsh. n. 2. 26, Westrum bei Bödiker VII, 222, v. Bar i. GSaal 40 s. 481 ff. (hält überdies, mit Jhering und de Jonge, den von der Bahnverwaltung auf ein Billet gesetzten Vermerk „unübertragbar" rechtlich für absolut wirkungslos). — Betrügereien tut Frachtverkehr mit Eisenbahnverwaltungen, verübt durch unrichtige Gewichtsangabe auf den Fracht­ briefen, fallen unbedenÜich unter den § 263; so: OT. (O. XVIII, 400). Daß nach dem Betriebsreglement die Eisenbahnverwaltungen im Falle solcher Angaben zur Festsetzung von Konventionalstrafen befugt sind, ändert hieran selbstredend nichts: Rill. 2. Juni 80, RIV. 11. Febr. 87 (R. II, 11; E. XV, 266). - Jur Uebr. vgl. n. 51. 69. Ein Kommissionär, welcher unbefugter Weise (HGB. §§ 383ff.) die für den Kommittenten zu kaufende Waare selbst liefert, oder die zu verkaufende selbst als Käufer behält, verübt einen Betrug, wenn er unter dem Vorgeben, er habe von einem Dritten ge- oder an einen Dritten verkauft, sich die vorbedungene Provision oder die Preisdifferenz zahlen läßt: OT. 29. Okt. 56. 70. Ein Minderjähriger, welcher durch das Vorgeben, er sei großjährig, einen Anden: täuscht und dadurch an feinem Vermögen beschädigt, verwirkt die Betrugsstrafe, selbst wenn nach dem Civilgesehe ein solcher Vertrag dem Minderjährigen gegenüber unwirksam ist: OT. 63 (O. IV, 221). 71. Treffen die Merkmale des § 263 zu, so darf der durch die Strafklage der Staatsanwaltschaft mit der Sache befaßte Richter nicht wegen Unerheblichkeit (Geringfügigkeit) der Täuschung bezw. Schädigung von der Bestrafung absehen; a. M.: Schütze f. 470 n. 3, s. 474 n. 13. 72. Ist ein Betrug durch eine Urkundenfälschung bewirkt worden, so waltet Jdealkonkurrenz ob; vgl. n. 64, § 268 n. 11, § 363 n. 1. Mit Betrug kann ferner ideell konkurriren Arrestbruch (: § 137 n. 31), Untreue (: Dresd., StZ. I, 294), ein Vergehen aus § 288, § 352 oder § 353 (: Rll. 4. Dez. 85, 25. Jan. 92, RI. 28. Apr. 81, E. XIII, 138; XXII, 306; IV, 227, OT., O. XVII, 388; vgl. § 352 n. 13), ein Vergehen aus § 10 Nr. 1 oder Nr. 2 deö Nahrungsm.-Ges. (: Rill. 11. Dez. 84, RI. 29. Sept. 83, 12. Dez. 87, 24. Jan. 95, E. XI, 355; R.V, 555; IX, 717; XXVI, 406: da alsdann gemäß § 73 und § 263 zu bestrafen sei, könne auf die in den §§ 15. 16 jenes Ges. angedrohten Nebenstrafen nicht erkannt werden); RI. 2. Juli 96 (E. 29, 35), ein Vergehen aus § 1811 des InvalidenversicherungsGes. v. 13. Juli 99: RIV. 18. Okt. 95; III. 8. April 97 (E. 27, 391; 30, 86), ein Vergehen aus §§ 81 und 82 des Krankenversicherungs-G.: RIV. 26. Nov. 95; I. 15. Febr. 00 (E. 28, 5; 33, 342). Jnwiefem dasselbe vom Meineide, von der Erpressung und Unterschlagung (§§ 246. 350) gelte, darüber vgl. n. 61 bezw. Katz, GSaal 31 s. 425, § 253 n. 9 und eit. RH. 25. Jan. 92. — 3m Uebr. vgl. n. 50. 66. 74, § 265 n. 11, § 246 n. 55. 73. Nach dem Pr. Ges. v. 8. Mai 1837 §§ 17. 28 sollte die „in böslicher Ab­ sicht geschehene Aufstellung einer zu hohen Entschädigung" bei der betr. Mobiliarfeuerverstcherungs-Gesellschaft die Betrugsstrafe des MR. nach sich ziehen. Jetzt ist § 28 nur insoweit noch in Kraft, als der Versicherte ohne bösliche Absicht handelte. Vgl. EG. tz 2 n. 48 und Rill. 4. Dez. 80, RIV. 15. Febr. 89 (E. III, 85; GA. 37 s. 162). — In Betreff des § 20 obigen Ges. vgl. jedoch EG. § 2 n. 30. Oppenhoff, D. Gtrafgesetzbuch. 14. «ufl.

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74. Vorschriften, welche das gleichzeitige Vermiethen eines Dienstboten bei mehreren Herrschaften mit Strafe bedrohen (Pr. Ges.-O. v. 8. Nov. 1810 § 31, Rh. Ges.-O. v. 19. Aug. 1844 § 12, Hann. Pol.-SLGB. v. 25. Mai 1847 § 297), sind nicht aufgehoben; sie schließen indessen die Betrugsstrafen nicht aus (§ 73), wenn der Thatbestand dieses Vergehens festgestellt wird: OT. 62 (O. II, 338); vgl. n. 37. 46. Dagegen ist § 8 ber Nass. Ges.-O. v. 15. Mai 1819, welcher eine solche Handlung im Falle einer gewinnsüchtigen Absicht mit der Betrugsstrafe bedrohte, als gesetzliche Vorschrift außer Kraft getreten: OT. (O. XVI, 220). 75. Mitthüterschaft wird begründet durch Anwesenheit als Zuschauer bei einem Spiele, wodurch der zu täuschende Mitspieler in seinem irrigen Glauben, es handele sich um ein reelles Spiel, bestärkt wurde: RII. 24. Mai 98 (GA. 46, 428). Bei Herbeiführung derselben Vermögensbeschädigung eines Dritten durch das betrüg. Handeln zweier selbständig thätiger Personen ist Alleinthäterschaft anzunehmen: 91111. 10. Mai 0Ö (GA. 47, 295). Beihülfe: vgl. Rill. 9. April 81 (E. 4, 95). — Fortgesetztes Vergehen: RI. 1. Febr. 97 (GA. 45, 43: Fortsetzung des Vergehens der betrüg. Erschleichung einer Unfallrente durch die jedesmalige ErHebung der erschlichenen Rente). — In Betreff der rc. Ehrenrechte rc. vgl. §§ 32. 35. 76. 77. Zum Thatbestände eines Betrugs-Versuchs (Abs. 3) wird eine Tüuschungshandlung erfordert, welche bereits den Anfang der Ausführung der Hauptthat enthält: Münch. (StZ. II, 293). Dagegen braucht gemäß RI. 9. Juli 88 (E. XVIII, 82) zur Zeit jener Handlung das Objekt, gegen welches der Betrug, sich vollziehen soll, nicht bereits vorhanden zu sein (das Erk. betr. die beabsichtigte Uebervortheilung einer noch zu gründenden Genossenschaft). Auch bedarf es weder des Gelingens der unternommenen Täuschung noch des Anfangs des gewollten Erfolgs der Vermögensbeschädigung; der Richter kann in dem zum Zwecke der Dermögensbeschädigung begonnenen unternehmen der Täuschung, z. B. iin Vorbringen einer falschen Thatsache, einen Versuch (den Anfang der Ausführung des ganzen Vergehens) finden: OA., Münch. (O. XII, 504; StZ. III, 360); vgl. O. IV, 78; VII, 281; X, 717; XI, 428. Doch ist in der Ueberversicherung eines demnächst verbrannten Gegenstandes, selbst, wenn ihr die Absicht zu Grunde lag, sie im Falle eines Brandes in betrügerischer Weise zu benutzen, noch kein Betrugsversuch, sondern höchstens eine Vorbereitungshandlung zu erblicken: 911. 18. Juni 94 (GA. 42 s. 248). — Daß der Andere sich nicht täuschen ließ, z. B. weil er dafür zu vorsichtig, oder weil ihm die Unwahrheit der vorgespiegelten Thatsache bereits früher bekannt war, schließt den Thatbestand des Versuchs nicht aus: 9UII. 17. März 80 (R. I, 479), OT., Dresd., Münch., Cöln (O. XII, 578; SGZ. XIX, 295; BE. V, 360; RA. 75, II, 36), sofern nur das angewendete Mittel an sich zur Herbeiführung einer Täuschung geeignet war: OT., Münch. (O. XVI, 342; StRZ. XIII, 280); a. M. (in Betreff des letzteren Punkts): RII. 18. Febr. 81 (A. III, 241); vgl. § 43 n. 9. Ebensowenig ist ein Versuch ausgeschlossen, wenn die Vollendung des Betrugs das Zusammenwirken Mehrerer voraussetzt, einer derselben jedoch seine Mitwirkung nur zum Scheine zugesagt und schon vor jeder Ausführungshandlung der Anderen den zu Täuschenden benachrichtigt oder sonstige Schritte gethan hat, welche das beabsichtigte Vergehen von vornherein vereiteltem RIV. 26. Jan. 86, OT. (R. VIII, 98; O. XVII, 651); hier sowie überall, wo das Mißlingen der Täuschung lediglich aus der individuellen Beschaffenheit der Verhältnisse des konkreten Falles resultirt, kann nur von relativer, nicht von absoluter (die Strafbarkeit ausschließender) Unmöglich, keit der Ausführung (§ 43 n. 8) die 91ebe sein: OT. (O. XVIII, 175). Das Gegentheil ist der Fall, wenn es sich um ein der Entwerthung durchaus unzugängliches Objekt handelte; vgl. jedoch RII. 19. Sept. 82 (dt n. 13), oder wenn die Handlung des Getäuschten (n. 33. 34) absolut irrelevant war, wie z. B. die Unterzeichnung einer Vertragsurkunde seitens der Frau, sofern der vom Manne allein abgeschlossene Vertrag auch ohne ihre Zustimmung für beide gleich wirksam blieb; a. M.: RII. 1. Dez. 82 (E. VII, 265). Betrugsversuch mittels Täuschung des Prozeßrichters kann nicht schon dadurch begangen werden, daß in einer Klage auf Urkunden als Beweismittel Bezug genommen oder daß die Klage unter Verschweigung solcher Thatsachen erhoben wird, von denen der Kläger weiß oder annimmt, daß sie eine Einrede des Beklagten zu begründen geeignet sind: 9111. 24. Jan. 99 (E. 32,1). — Neben der Gefängnißstrafe kann auch bei versuchtem Betrug auf Geldstrafe ersannt werden: R. 14. Mai 89 (E. 19, 234). Vgl. im Uebr. n. 26. 32. 33.

Thl. II. Abschn. XXII.

Betrug und Untreue. - §§ 264. 265.

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§ 264* Wer int Jnlande wegen Betruges einmal und wegen darauf begangenen Betruges zum zweiten Male bestraft worden ist, wird wegen abermals begangenen Betruges mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren und zugleich mit Geldstrafe von einhundertfunfzig bis zu sechstausend Mark bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängniß­ strafe nicht unter drei Monaten ein, neben welcher zugleich auf Geldstrafe bis zu dreitausend Mark erkannt werden kann. Die im § 245 enthaltenen Vorschriften finden auch hier Anwendung. [L (Sntro.: (fehlte); II. Entw.: § 259; Pr. StGB.: (fehlte)^

§ 265. Wer in betrügerischer Absicht eine gegen Feuers­ gefahr versicherte Sache in Brand setzt, oder ein Schiff, welches 78. Die Fassung des Abs. 4 stimmt im Wesentlichen mit der des § 247 Abs. 1 überein. Es sind daher die Bemerkungen zu diesem § sowie zu § 52 Abs. 2 zu be­ rücksichtigen. — Auch hier ist der Betrug „gegen" den an seinem Vermögen Beschädigten verübt, sollte auch der Getäuschte ein Anderer gewesen sein (n. 60). — Die Vorschrift gilt für alle Arten des Betrugs, also auch für die Fälle des § 264, nicht aber für diejenigen des § 265; vgl. dort n. 1; a. M.: Olsh. § 264. 79. Abs. 4 findet trotz deö Mangels einer dem § 247 Abs. 3 entsprechenden Vorschrift auf Theilnehmer oder Begünstiger, die zum Beschädigten nicht im Verhältnisse eines Angehörigen rc. stehen, keine Anwendung. (§ 63 n. 4); ebenso: Rll. 28. Mai 90 (GA. 38 s. 194). 80. Abs. 2 des § 247 gilt für den Betrug nicht; dieser bleibt daher strafbar, sollte er auch gegen einen Verwandten in absteigender Linie oder gegen den Ehegatten verübt sein. 81. Zuständig ist, wenn der Schaden 25 Mark nicht übersteigt, Schöffen-G., sonst Strafk. bezw. Schöffen-G.: §§ 27«, 731, 75' GVG. Dgl. auch § 242 n. 61. Dgl. StPO. § 261, und oben § 24C n. 63. Zur Erläuterung des Grund­ salles ne bis in idem in der Anwendung auf Betrug vgl. Rill. 15. Nov. 86 (E. XV, 133). § 264. 1. Die Voraussetzungen dieses § stimmen (trotz der etwas abweichenden Fassung: „einmal" rc.) mit denjenigen des § 244 überein; es sind daher hier die Bemerkungen zu letzterem zu berücksichtigen, namentlich auch das dort (n. 11. 16) in Betreff des Versuchs und der Theilnahme Gesagte; vgl. RI. 3. Mai 80, {RUI. 29. Sevt. 80 (E. II, 42; R. II, 275). Der einzige Unterschied liegt darin, daß hier die Rück­ fälligkeit nur durch Vorbestrafungen wegen Betrugs begründet wird. Die Be­ strafung wegen einer ideell mit Betrug konkurrirenden Fälschung kommt gleichfalls in Anrechnung, sofern das Strafurtheil den Thatbestand beider Strafthaten festge­ stellt und danach verurtheilt hat; vgl. § 73 n. 6. 13, § 268 n. 11, Rill. 15. Okt. 88 (E. XVIII, 193). 2—4. Die Verhängung der Geld- neben der Zuchthausstrafe ist hier obliga­ torisch; ebenso: Rl. 16. Sept. 80 (A. II, 314). — In Betreff des Verlustes der rc. Ehrenrechte vgl. §§ 32. 35. — Wegen des Antrages § 263 n. 78. — Zuständig ist Strafk.: GVG. § 737. § 265. (Versicherungsbetrug.) 1. Dieser § ist zwar in den von: „Betrüge" handelnden Abschnitt aufgenommen worden, er setzt aber einen besonderen Thatbestand voraus, welcher aus der allge­ meinen Begriffsbestimmung'des Betrugs (tz 263) nicht zu ergänzen ist. Sonach

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Abschn. XXII.

Betrug und Untreue. - § 265.

als solches oder in seiner Ladung oder in seinem Frachtlohn versichert ist, sinken oder stranden macht, wird mit Zuchthaus bis zn zehn Jahren und zugleich mit Geldstrafe von einhnndertfunfzig bis zn sechstausend Mark bestraft. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängniß­ strafe nicht unter sechs Monaten ein, neben welcher auf Geld­ strafe bis zn dreitausend Mark erkannt werden kann. [I. Ent».: § 288; II. ©nt».: § 260; Pr. StGB.: § 244.] bedarf es weder der Vorspiegelung rc. von Thatsachen, noch einer Jrrthumserregung ic., noch endlich einer durch diese bewirkten Vermögensbeschädigung (n. 10). Dem­ gemäß finden auch die den Rückfall betreffenden Vorschriften des'tz 264 hier keine Anwendung, insofern nicht festgestellter Maßen auch die Merkmale des Betrugs an­ treffen. Dgl. auch § 263 n. 73. 2. Unter „betrügerischer Absicht" ist die Absicht zu verstehen, die Ver­ sicherungssumme für sich oder einen Anderen ganz oder theilweise rechtswidrig zu gewinnen: Mot. s. 130. Es kann daher auch ein Anderer, als der Versicherte, der Thäter (Anstifter) sein: RlV. 9. Dez. 92, 911. 30. Jan. 93 (E. XXIII, 352. 426). Andere gewinnsüchtige Absicht, z. B. eine Belohnung für die erste geleistete Hülfe, genügt nicht, v. Liszt S. 495. — Ist die Brandstiftung rc. aus einer anderen Ursache, z. B. zur Verdeckung eines begangenen Vergehens verübt, so bleibt der § ausgeschlossen. 3. Gleichgültig ist es, pon welcher Art die in Brand gesetzte re. Sache, ob sie eine eigne oder fremde und ob sie geeignet war, das Feuer einem Gebäude rc. mitzutheilen oder nicht. 4. Die versicherte Sache muß selbst in Brand gesetzt rc. sein: nur da, wo es hierzu gekommen, liegt das vollendete Verbrechen vor: eö reicht nicht hin, wenn nur das Gebäude rc. in Brand gesetzt ist, in welchem sich die versicherte Sache befand; dagegen kann in Fällen dieser Art ein strafbarer Versuch vorliegen. War die versicherte Sache vor Anzündung des Gebäudes rc. bereits in Sicherheit gebracht, so daß in Betreff ihrer von einem Versuche der Jn-Brand-Setzung keine Rede ist, so scheidet § 265 aus; vgl. n. 11, § 263 n. 72. 5. 6. Der „Jn-Brand-Setzung" steht eine Zerstörung durch Pulver oder andere explodirende Stoffe nicht gleich, insofern die letztere nicht einen Brand verursacht hat; § 311 findet hier keine Anwendung. 7. Das sofortige Wiederlöschen des bewirkten Brandes schließt die Be­ strafung aus § 265 nicht aus; § 310 ist hier nicht anwendbar; a. M.: Schw. n. 9. 8. Das Sinken, oder Strandenmachen eines Schiffs (alternative Feststellung ist zulässig: v. Speßhardt, Versicherungsbetrug S. 55) fällt nur dann unter das Strafverbot, wenn entweder das Schiss selbst oder seine Ladung oder sein Fracht­ lohn versichert war; zu letzterem gehören auch die Ueberfahrtsgelder: dagegen sind solche Fülle auszuscheiden, wo ein anderer der im § 779 HGB. aufgezählten Gegenstünde (Bodmerei-, Havereigelder rc.) versichert ist: Meyer n. 4. 9. Es genügt, wenn in Betreff der Sache ein Versicherungsvertrag ab­ geschlossen ist; ob derselbe in rechtsverbindlicher Weise zu Stande gekommen sei, und einen Ersatzanspruch begründe, ist dann nicht wesentlich. 10. Zum Thatbestände des § 265 gehört die Einforderung oder Empfangnahme der Versicherungssumme in keiner Weise. Vgl. n. 1. 11. Die im § vorgesehenen Handlungen schließen leicht den Thatbestand einer andem Strafthat, sveziell der Beschädigung fremder Sachen (§§ 303. 305) oder der gemeingefährlichen Brandstiftung (§§ 306—308), in sich; es kommen dann die Grundsütze von der Jdeal-Konkurrenz (§ 73) zur Anwendung; vgl. OT. 68 (O. IX, 112), Schw. n. 7, Olsh. § 306 n. 12; a. M.: HStR. II, 279 (: § 265 setze Umstände voraus, welche die Beurtheilung der That als gemeingefährlichen Verbrechens ausschlössen). Dagegen erblicken Rll. 21. Jan. 88, RlV. 27. Nov. 88, 11. Juli 90 (R. X, 51; GA. 36 s. 462; 38 s. 345) in dem betrügerischen Jnbrandsetzen und

§ 266. Wegen Untreue werden mit Gefängniß, neben welchen! auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden kann, bestraft: 1) Vormünder, Kuratoren, Güterpfleger, Sequester, Massen­ verwalter, Vollstrecker letztwilliger Verfügungen und Ver­ walter von Stiftungen, wenn sie absichtlich zum Nach­ theile der ihrer Aufficht anvertrauten Personen oder Sachen handeln; 2) Bevollmächtigte, welche über Forderungen oder andere Vermögensstücke des Auftraggebers absichtlich zum Nach­ theile desselben verfügen; 3) Feldmesser, Versteigerer, Mäkler, Güterbestätiger, Schaffner, Wäger, Messer, Bracker, Schauer, Stauer und andere zur Betreibung ihres Gewerbes von der Obrigkeit ver­ pflichtete Personen, wenn sie bei den ihnen übertragenen Geschäften absichtlich diejenigen benachtheiligen, deren Geschäfte sie besorgen. Wird die Untreue begangen, um sich oder einem Anderen eilten Vermögensvortheil zu verschaffen, so kann neben der Ge­ fängnißstrafe ans Geldstrafe bis zu dreitausend Mark erkannt werden. [I. Entw.: § 240; II. Entw.: § 261; Pr. StGB.: § 246.] Vgl. § 246; § 93ff. u. 312 HGB.; § 36 Gew.-O.; Hülfskassen-G. v. 7. April 76 (Fassung vom 1. Juni 84) § 34; Gewerbe-Nnfallverstcherungs-G. § 45; Unfallvers.-G. f. Land. u. Forst-Wirthschaft § 47, Bau-Unfallversich.-G. § 14; SeeunfallVers.-G. § 45, Jnvaliditüts-Ders.-G. v. 13. Juli 99 (RGBl. S. 463), Krankenvers.-G. v. 10. April 92 § 428, Hyvothekenbankgesetz v. 13. Juli 99 (RGBl. S. 375). in dem Liquidiren, bezw. Erheben der Brandentschädigungsgelder zwei selbständige Strafthaten, mithin einen Fall der Realkonkurrenz, ebenso Olsh. n. 6 (letzterer auch in denr betrügerischen Jnbrandsetzen und in einer vorhergegangenen Ueberversicherung, falls diese als solche landesgesetzlich verpönt ist), ferner ML. s. 715; a. M.: Merkel, HH. III, 781, HStR. II, 279, Geyer, GR. II, 61, Schw. n. 5 - Zu­ ständig ist Schwnr-G. §

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1. Die beiden ersten Nrn. dieses § erheischen ein „absichtliches Handeln (Verfügen) zum Nachtheil" eines Andern, während Nr. 3 von einem „absicht­ lichen Benachtheiligen" spricht. Der Sinn beider Ausdrucksweisen ist insofern derselbe, als in allen drei Fällen vorausgesetzt wird» daß der Wille des Thäters auf die Zufügung eines Nachtheils gerichtet gewesen sei: OT. (O. XII, 177; XIII, 629; XVI, 357; XX, 176), Merkel, HH. III, 783; IV, 441; a. M.: Rill. 28. Jan. 80, RI. 23. März 80, 24. Sept. 83, 8. Dez. 84, 17. Jan. 87, «II. 2. Juli, 21. Sept. 80, 26. Jan. 94, RIV. 13. Juli 88, 6. Mai 92 (E. I, 172. 329; XV, 211; XXV, 104; R. II, 154; V, 542; VI, 785; A. II, 314; GA. 36 s. 400 ; 40 s. 55: „absichtlich" sei hier gleichbedeutend mit „vorsätzlich", mithin schon das bloße Bewußtsein des Erfolgs ausreichend); ebenso: OA. (O. XIII, 667: Fall der Nr. 2), Manh. (BA. 40 s. 41. 222; 42 f. 15. 262; 44 s. 99. 286), Darmst. 76, Dresd. (HE. s. 72; StZ. VIII, 233), Schw. n. 1, Rüd. n. 2, Bind. II, 597; demgemäß schließe im

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Thl. II.

Abschn. XXII.

Betrug und Untreue. - § 266.

Falle des Verbrauchs (der auftragswidrigen Verwendung) von Geldern rc. des Mündels (Auftraggebers) selbst die Absicht des dereinstigen Ersatzes den Dolus nicht aus; entweder überhaupt, so: citt. RII. 2. Juli 80 (Fall der Nr. 1) und Darmst. 76 (Fall der Nr. 2), oder doch, wenn der Thäter das Bewußtsein habe, daß die Deckung, bezw. der Ersatz nicht vollkommen sichergestellt sei; so: OA., Manh. (O. XIII, 667; BA. 42 s. 262; 44 s. 99: Fälle der Nr. 2); ebenso sei der Dolus nicht ausgeschloffen, wenn der Vorsteher einer Genossenschaft an austretende Mitglieder Dividenden zwar unstatthafter Weise, aber nur, um die Kreditfähigkeit der Genossenschaft zu erhalten, auszahle: eit. NIV. 6. Mai 92. — Dagegen braucht der Nachtheil des Anderen gemäß OT. (O. XVII, 830; XX, 176) nicht zunächst oder unter allen Umständen beabsichtigt zu sein, es genüge, wenn für den Fall, daß die betr. Handlung dereinst einen nachtheiligen Erfolg überhaupt haben möchte, dieser Nachtheil nach dem Willen des Handelnden seinen Auftraggeber treffen solle; vgl. RII. 21. Nov. 82 (E. VII, 279). — Stets wird aber das Bewußtsein der Rechtswidrigkeit erfordert; wer in dem guten Glauben handelt, daß er so, wie geschehen, zu verfahren befugt sei, verübt keine „Untreue": OT. (O. XVI, 287). 2. Das Vergehen aus § 266 setzt auf. Seiten des Thäters nicht nothwendig voraus, daß zu feinen Obliegenheiten eine eigentliche Vermögensverwaltung gehöre: RII. 15. Okt. 80, RF. 28. Aug. 84 (E. 11, 345; XI. 244). Wohl aber muß die Benachtheiligung das Vermögen zum Gegenstände haben: dafür spricht die Stelle des Abschnitts unter den Vergehungen gegen das Vermögen und seine historische Bedeutung; sonstige Pflichtwidrigkeiten, z. B. die vorsätzliche Vernachlässigung der Erziehung eines Mündels, gehören nicht hierher. Vgl. Rill. 21./28. Apr. 87, RlV. 8. Nov. 92, RII. 21. Febr. 93 (E. XVI, 77; XXIII, 280 (430); RI. 20. Febr. 95 (E. 27, 39); Merkel s. 783; a. M.: ML. s. 724. — In Betreff der Frage, was als Vermögensbenachtheiligung anzusehen sei, gilt das zu § 263 n. 13—61 Gesagte ; vgl. Rill. 20. Sept. 86 (E. XIV, 401), eit. RII. 21. Febr. 93 (: „Nachtheil" in § 266 sei gleichbedeutend mit „Vermögensbeschüdigung" in § 263); RI. 6. Juni 96 (GA. 44, 149: unter den § 266 falle auch der Verkauf von Waaren aus dem Ge­ schäfte des Vormundes an den Mündel weit über dessen Bedürfniß hinaus). Dem­ gemäß wird ein dauernder Nachtheil nicht erfordert: RII. 2. Juli, 21. Sept. 80 (eit. n. 1), RI. 21. März 89 (E. XIX, 80). Es genügt, wenn durch die Handlung des Vormundes re. die nutzbringende Anlegung von Mündelgeldern re. zeitwellig verhindert, oder wenn der Mündel re. einer Gefahr rückflchtlich der Wiedererlangung der Gelder ausgesetzt wird: eit. RII. 21. Sept. 80, NI. 21. März 89 (bez. der Gefährdung), OA. 70 (O. XI, 187); vgl. n. 3. 4, Manh. (BA. 43 s. 122: die verspätete Ablieferung stelle schon an sich einen Nachtheil dar). Die Vermögensbeschüdigung wird durch das Vorhandensein einer Gegenforderung des Angeklagten nicht ausgeschlossen. 3. Auch durch Unterlassungen kann das Vergehen begangen werden (: Rill. 23. Nov. 85, RIV. 10. Juli 88, R. VII, 692; GA. 36 s. 400), z. B. durch absicht­ liches Derjührenlaffen einer Forderung, absichtliches Verabsäulnen einer Hypotheken­ eintragung, eines Rechtsmittels re. oder verzinslicher Anlegung von Geldern; RI. 24. Juni 97 (E. 30, 191: betr. Verschweigen der Wahrheit seitens des Vormundes eines unehelichen Kindes über die eigene Vaterschaft zu demselben); RIV. 18. Nov. 98 (GA. 46, 449: betr. Nichtaufnahme einer gegen den Vormund selbst zustehenden Forderung in das Nachlaßverzeichniß); Schütze s. 478, HStR. II, 394, Merkel s. 783 nehmen hier die Fülle der Nr. 2 aus, da der dort gebrauchte Ausdruck „verfügen" eine positive Thätigkeit voraussetze; a. M.: Rill. 26. Jan. 85 (E. XI, 412), Rill. 11. Jan. 94 (GA. 42 s. 42: doch stelle das bloße Nichteinziehen des nach tote vor verschuldet bleibenden Fahrgelds seitens eines Kutschers keine aus Nr. 2 strafbare Unterlassung dar), OT. (O. XVIII, 473), OlSh. n. 9. 4. Die Benachtheiligung muß wirklich eingetreten sein (der Versuch ist nicht strafbar); ebenso: Rill. 21./28. Apr. 87, RII. 17. Jan. 88 (E. XVI, 77; R. X, 37: demgemäß gehöre eine Vermögensgefährdung nur dann hierher, wenn sie bereits eine nachtheilige Veränderung des Vermögenszustands enthalte, eine Verminderung des Vermögenswerths bewirkt habe), RI. 18./20. Febr. 95 (E. XXVII, 39). 5. Erfüllt die Handlung gleichzeitig die Begriffsmerkmale einer andern Strafthat (z. B. der Unterschlagung, des Betrugs), so wird § 73 anwendbar: Rill. 2.

Thl. II. Abschn. XXII.

Betrug und Untreue. — § 266.

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Okt. 80 (R. II, 293); Unterschlagung eines Mündelguts ist allch stets „Untreue" (Nr. 1): Manh. (Ml. 40 s. 41; 43 s. 372); vgl. n. 19, § 246 n. 10, RI. 26. Jan. 80 (R. I, 273); a. M.: Puch. n. 3, Bind. HB. I, 363. — Von der Anwendung der Vorschrift des § 247" kann keine Rede sein, soweit es sich um Bestrafung wegen Untreue handelt; RI. 24. Nov. 87 (E. 16, 343). Vgl. auch § 263 n. 72 (Krankenvers.-G.). Zu Nr. 1. 6. Die Nr. 1 ist auf andere Pesonen als die genannten, insbesondere auf solche, welche in einem bloß vertragsmäßigen, eine freie Wahl der Personen gestatten­ den Privatverhältnisse stehen, z. B. auf Haus- und Wirthschafts-Beamte, Beamte von Aktien- und anderen.Handelsgesellschaften, Gewerbsgehülfen und Dienstboten nicht auszudehnen; ebensowenig auf Rechtsbeistände (§ 356). Doch unterliegen der Strafbestimmung des § gemäß dem RG. über die eingeschriebenen Hülfskassen § 34 und dem RG. betr. die Krankenversicherung § 42 (Rill. 20. Sept. 86, E. XIV, 401) die Mitglieder des Vorstands u. s. w., wenn sie absichtlich zum Nachtheile der Kasse handeln. Vgl. auch die übrigen oben citirten Gesetze. § 312 (u. § 325 Ziff. 9) HGB. droht wider Mitglieder des Vorstands oder Aufsichtsraths einer Aktiengesellschaft u. s. w. besondere und zwar strengere Strafen an. Dgl. ferner, bez. der Mitglieder des Vorstands und Aufsichtsraths und Liquidatoren einer Erwerbsoder Wirthschafts-Genossenschaft § 146 RG. v. 20. Mai 1898; RIV. 30. April 89 (E. XIX, 184) erblickte in dem Liquidator einer in Konkurs gerathenen Genossen­ schaft nicht bloß einen „Bevollmächtigten" im Sinne der Nr. 2, sondern auch einen' „Massenverwalter" im Sinne der Nr. 1. 7. 8. Dgl. § 34 n. 8 u. 9. Zu den „Vormündern" gehört der GegenVormund und unter Umständen der Beistand: § 1687 BGB. Vgl. Rll. 15. Okt. 80, E. II, 345 ii. RI. 27. März 99 (E. 32, 103: betr. Vater-Vormünder des Bad. LR.) Zu den „Kuratoren" gehören auch die Pfleger. Nach RIV. 7. Apr. 93 (E. XXIV, 109) gehört aber der Vorsitzende des zur Beaufsichtigung der Verwaltung einer städtischen Sparkasse eingesetzten Kuratoriums so wenig hierher, wie jeder andere mittel- oder unmittelbare Staatsbeamte, der die Aufsicht über eine öffentliche Kasse zu führen hat. — Zu den in Nr. 1 Genannten gehören die Konkursverwalter und der Aftererbpfleger des Bad. LN.: Rll. 28. Sept. 94, RF. 28. Aug. 84 (E. XXVI, 106; XI, 244); vgl. n. 7. 9. Die amtliche Stellung des Vormundes u. s. w. dauert auch nach Beendigung der Vormundschaft so lange fort, bis derselbe das in seinen Händen be­ findliche Vermögen an den Mündel u. s. w. bezw. im Falle seiner Entlastung an den neuen Vormund zurückgegeben hat. Dill. 17. März 88 (E. XVII, 241), Olsh. n. 4; a. M.: RII. 10. Dez. 80 (R. II, 622) u. Ausl. 13. 10. Die Untreue setzt die Verletzung einer Pflicht voraus, welche dem Vor­ mund rc. als solchem oblag (n. 15); daher ist die kontraktwidrige Weigerung, eine Schuld zu zahlen, für welche jetzt der Mündel angegangen werden kann, noch keine Untreue: OT. 57 (GA. VI, 130). Ebendeshalb trifft die Nr. 1 den Vormund nicht in Angelegenheiten, für welche dein Mündel wegen kollidirenden Interesses ein Pfleger bestellt worden ist: Rill. 28. Jan. 86 (E. XIII, 333), — dagegen wohl, wenn ein Pfleger (noch) nicht bestellt ist, vgl. RI. 21. März 89 (E. XIX, 80), vgl. § 1909 BGB. — noch kann in dem Unterlassen des Ersatzes veruntreuter Gelder eine neue Untreue des Vormundes oder eine Fortsetzung der früheren erblickt werden: Rill. 23. Nov. 85 (R. VII, 692). Dagegen erachtete RII. 15. Okt. 80 (eit. n. 7) es für gleichgültig, ob der Vormund bezw. Gegenvormund bei Verübung der Un­ treue den Kreis seiner gesetzlichen Befugnisse überschreite; es genüge, wenn derselbe sein Amt, welches ihn zur Treue gegen den Pflegebefohlenen nach allen Richtungen hin verpflichte, zum Gegentheil mißbrauche (i. c. hatte der erkrankte Vormund dem Angeklagten mit Rücksicht auf dessen Eigenschaft als Gegenvormund die Verwaltung des Mündelguts anvertraut). — Untreue des Vormundes kann auch angenommen werden hinsichtlich Vermögensobjekte seines Mündels, die ihm schon vor der Bestellung zum Vormunde anderweitig, z. B. auf Grund eines Derwahrungsvertrages, anvertraut waren: Dill. 23. Febr. 97 (E. 29, 415). 10a. Der Vormund, welcher sich beim Verkaufe eines Mündelgutes ein Proxenetikum versprechen läßt, macht sich der Untreue, der jenes Proxenetikum Zahlende der Theilnahme schuldig: OT. 70 (O. XI, 102). Ebenso, wie hier bez. des Vormunds, entschied DilV. 30. April 89 (eit. n. 6) bez. des Liquidators einer in Konkurs

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Thl. II. Abschn. XXII. Betrug und Untreue. — § 266.

gerathenen Genossenschaft, wenn er nach Uebernahme dieser Stellung aus eigennütziger Absicht Forderungen an die Masse unter dem Nominalbeträge erwerbe und zu einem den Erwerbspreis übersteigenden Betrage der Genossenschaft gegenüber geltend mache. 11. Der Ausdruck: „zum Nachtheile der ihrer Aufsicht anvertrauten Sachen" ist auf die zu beaufsichtigenden oder zu verwaltenden Vermögensmassen in ihrem Gesamtbestände zu beziehen (individuelle Sachen können nicht „benachtheiligt" werden); vgl. jedoch RII. 8. Mai 85 (E. XII, 180: Mot.). Gleichwohl begründen wiederholte Benachtheiligungen Realkonkurrenz: RI. 26. Jan. 80 (R. I, 273). — RIV. 8. Nov. 92 (E. XXIII, 280) ließ es unentschieden, ob der ohne gesetzliche Grundlage zum Pfleger eines Hauses Bestellte zu den in Nr. 1 aufgezählten Perfönen überhaupt gerechnet werden könne: keinesfalls liege in dem Veruntreuen und Nichtzahlen der Miethzinse eine Benachtheiligung des Hauses.

Zu Nr. 2. 12. Die Nr. 2 bezweckt eine Ergänzung der Vorschriften über Unterschlagung, insofern letztere rechtswidrige Verfügungen über fremde Forderungen und solche körperlichen Sachen nicht treffen, welche sich nicht im Gewahrsam des Thäters befinden; vgl. «III. 4. Febr. 84 (E. X, 72: Mot.). 13. Die Nr. 2 unterscheidet nicht zwischen Vollmachts- und anderen Aufträgen, noch zwischen der Uebertragung einzelner Geschäfte, einer Gattung von Geschäften oder aller Geschäfte der Person; auch kommt es auf die Form der Uebertragung bzw. Uebernahme des Auftrags nicht an: erfordert wird aber eine wirkliche Uebertragung von Rechtsgeschäften für einen Anderen, die Uebertragung der an Stelle des Machtgebers auszuübenden Verfügungsgewalt, gleichviel, ob der Bevollmächtigte mit Dritten im Namen des Machtgebers (vgl. R. 17. Dez. 97; GA. 46, 49) oder im eigenen Namen kontrahiren soll, ob ihm in einzelnen Punkten Spielraum zur eigenen Entschließung gelaffen ist, oder nicht (den Gegensatz bildet der Fall, wo der Geschäftsherr selbst das Rechtsgeschäft abschließt, und sich hierbei nur der mechanischen Thätigkeit eines Anderen bedient): «UI. 15. Dez. 80, RI. 28. März 87 (E. III, 273: R. IX, 200); noch weiter gehen Rill. 3. Juni 89 (E. XIX, 271), Dresd. (SGZ. 22 s. 245), indem sie dahin alle Fälle einer privatrechtlichen Vertretungsbefugniß rechnen, sollte letztere auch nur die mittelbare, aus dem Gesetze fließende Folge eines anderen, weiter gehende Rechte und Pflichten begründenden Ver­ tragsverhältnisses sein; vgl. auch RI. 1. März 88 (R. X, 201: Mot.). — Demgemäß gehört das Verhältniß eines Dienstboten oder Tagelöhners als solches nicht hierher: RII. 9. Jan. 83 (E. VII, 377), Manh. (BA. 45 s. 181); anders, wenn der Dienstbote die dienstliche Funktion hat, beim Herumtragen der Waaren von den Kunden seines Herrn, soweit diese sofort zahlen wollen, die Gelder in Empfang zu nehmen: RI. 27. April 82 (R. IV, 393); desgleichen nicht dasjenige eines bloßen Waldwürters oder Fischereiaufsehers oder eines mit Beaufsichtigung des Fabrikbetriebs und mit Ausfühnmg technischer Arbeiten betrauten Technikers: eit. RII. 9. Jan. 83, Rill. 10. Dez. 85, RI. 14. Juli 84 (E. XIII, 195; XI, 241). Daß die Vollmacht (der Auftrag (in einer civilrechtlich gültigen Weise ertheilt und daß der Bevollmächtigte nach den Grundsätzen des Civilrechts dem Auftraggeber verantwortlich sei, ist nicht erforderlich: OT. (O. XIII, 517: XIV, 529: demgemäß finde der § Anwendung, wenn die Handlung zwar nicht der schriftlich übergebenen Vollmacht, wohl aber einer mündlichen Nebenabrede zuwiderlief), RI. 30. Jan. 90 (E. XX, 262: hier war Bevollmächtigter ein Minderjähriger). RII. 19. April 87 (R. IX, 247) erachtet als „Bevollmächtigten" sogar Denjenigen, welcher den Auftrag zu einem unerlaubten Rechtsgeschäft annimmt [?]. — Negotiorum gestio und vorgebliche Vollmacht genügen nicht. Ebensowenig ein Faustpfandvertrag; demgemäß macht sich der Gläubiger durch Begebung eines s. g. Sicherheits- oder Depotwechsels nicht aus Nr. 2 strafbar: RI. 15. Nov. 80 (E. III, 35). — RII. 8. Nov. 98 GA. 46, 444 verneinte ein Vollmachtsverhältniß bei Beauftragung mit einer nur vorbereitenden Thätigkeit (Ermittelung von Kauflustigen für den Abschluß eines Geschäfts). — Die Anwendbarkeit der Nr. 2 findet ihre Schranken in den Grenzen der dem Bevollmächtigten obliegenden Befugnisse, sie ist ausgeschlossen, sobald die den Auftraggeber benachtheiligenden Verfügungen objektiv oder subjektiv außerhalb der Grenzen liegen. RIV. 4. Febr. 96 (E. 28, 155); OT. (O. XX, 431), vgl. n. 10 u. 19.

Thl. II. Abschn. XXII.

Betrug und Untreue. - § 266.

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14. Ein Handels-Gesellschafter ist nicht „Bevollmächtigter" im Sinne der Nr. 2; 9t[II. 22*. Nov. 97 (GA. 46, 32: Handelsrecht!. Gelegenheitsgesellschaft); a. M.: (bez. der Theilhaber einer offenen Handelsgesellschaft): 91III. 3. Juni 89 (eit n. 13: der nicht im Allgemeinen von der Vertretung ausgeschlossene Theilhaber einer offenen Handelsgesellschaft sei „Bevollmächtigter" sowohl der letzteren als der Mittheilhaber, und zwar sogar bez. solcher Vermögensstücke, welche durch den GesellschaftSvertrag, mit der Wirkung nach innen, von seiner Dertretungsbefugniß ausgeschloffen worden), RI. 17. Nov. 92 (E. XXIII, 315); vgl. Dresd. (SGZ. 22 s. 245); § 242 n. 6, § 246 n. 22; ferner nicht ein Agent, dieser hat nur eine vermittelnde Thätigkeit 31t entwickeln: Rill. 12. Nov. 94 (E. XXVI, 230), vgl. auch §§ 84 ff. HGB., noch ein Konkursverwalter (oben n. 8 a), wohl aber Derjenige, welcher letzteren aus Grund der von demselben ertheilten Ermächtigung bei der Vornahme eines Rechtsgeschäfts vertritt: RII. 28. Sept. 94 (E. XXVI, 106) und jeder Prokurist (wegen der Profünften einer Bankfirma; vgl. Rill. 7. März 01; GA. 48, 131); desgleichen der Kommissionär, bezw. wer Waaren als Kommissionsgut, d. h. nach den Grundsätzen des Kommisfionsgeschäfts zu verkaufen übernommen hat: RI. 24. Sept. 83 (R. V, 542: regelmäßig), Dresd. (StZ. VI, 7: erachtete denselben für strafbar aus Nr. 2 sogar dann, wenn sein auftragswidriges Verhalten nicht schon in doloser Verfügung über die Waaren selbst, sondent erst in derjenigen über den Erlös bestehe; vgl. jedoch unten n. 17 a). Außerdem sind in der Rechtsprechung als Bevollmächtigte im Sinne der Nr. 2 anerkannt worden der Güterexpedient einer Eisenbahn: RI. 10. Juli 82 (R. IV, 683), der Handlungsgehülfe (Handlungslehrling, Handlungsdiener: RIV. 4. Febr. 96, 15. Febr. 99 (E. 28, 155, 32, 26). OT. (O. XIX, 237), ferner die Vorstandsmitglieder einer mit Korporationsrecht bestehenden Innung (als Be­ vollmächtigte der Innung, nicht der Jnnungsgenossen): RII. 1. Okt. 86 (R. VIII, 575: betr. die Ausführung eines ungültigen Beschlusses der General-Versammlung), die Mitglieder des Vorstands eines freien Personenvereins (nach Maßgabe der Statuten des letzteren): Rill. 25. Apr. 92 (E. XXIII, 97), der Vorstand (Generaldirektor) einer Aktiengesellschaft oder Erwerbs-Genossenschaft: OT., Dresd. (O. XVI, 762; XIX, 130. 547; SGZ. XX, 68; StZ. VIII, 233), RI. 2. Juni 87 (R. IX, 356) und die Mitglieder des Vorstands (Aufsichtsraths) einer Aktiengesellschaft: RII. 21. Nov. 82 (E. VII, 279); vgl. RI. 8. Jan. 83 (R. V, 15), eit. Dresd. (StZ. VIII, 233: letzteres bez. der Frage, inwiefern das einzelne Mitglied durch seine MitWirkung beim Fassen nachtheiliger Majoritätsbeschlüsse sich aus Nr. 2 strafbar machen könne), endlich der zum Liquidator einer aufgelösten Handelsgesellschaft durch Uebereinkunft oder gerichtlich bestellte frühere Gesellschafter: RI. 1. März 88 (R. X, 201) und der Liquidator einer in Korkurs gerathenen Genossenschaft RIV. 30. April 69 (E. 19, 184); vgl. n. 6. — Inzwischen werden die in Nr. 2 erwähnten Handlungen der Vorsteher von Aktiengesellschaften re. regelmäßig durch die strengere Straf­ bestimmung des § 312 HGB. bzw. des § 146 des NGes. v. 20. Mai 1899 (vgl. n. 6) gedeckt werden. — Wegen eines Rechtsanwalts: vgl. RI. 20. Febr. 99 (E. 32, 30). 14a. Beamte (§359) sind nicht grundsätzlich von dem Bereiche der Nr. 2 ausgeschlossen, selbst wenn die Ausführung der betr. Geschäfte zu den Befugnissen und Pflichten des übertragenen Amtes gehört; vgl. RIV. 9. Nov. 86 (E. XV, 41: erkannte, unter Zuhülfenahme des Pr. ALR. und der Städte-O. v. 30. Mai 1853, daß sogar Pr. Bürgermeister (auch die von der Regierung kommissarisch bestellten) in ihrer verwaltenden (wirthschaftlichen) Amtsthätigkeit unter Umständen als „Bevollmächtigte" [ber Stadtgemeinde) angesehen werden könnten). In Betreff der Gerichtsvollzieher vgl. Rill. 26. Jan. 85 (E. XI, 412). 14b. Mit dem rechtsgültigen Widerruf der Vollmacht hört die Eigenschaft eines „Bevollmächtigten" auf, der bisherige Bevollmächtigte kann sich daher von da ab des Vergehens aus § 266 nicht mehr schuldig machen; vgl. n. 9; a. M.: RII. 4. Juni 86 (E. XIV, 184). 15. 16. Dem Wesen des Vollmachtsverhältnisses entsprechend, sind hier unter „Forderungen" des Auftraggebers nur solche gegen Dritte, nicht Forderungen gegen den Bevollmächtigten selbst zu verstehen: OT. (O. XX, 331: demgemäß sei in der Aufstellung fingirter Ausgabeposten zur Ausgleichung einer Schuld des Bevollmächtigten keine Untreue zu finden). Dgl. übr. n. 18. 17. Während die Nr. 1 jedes Handeln zum Nachtheil verpönt, setzt die Nr. 2 voraus, daß der Angeklagte über ein fremdes „Vermögensstück" und zwar ein

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Thl. II. Abschn. XXII.

Betrug und Untreue. - § 266.

solches verfüge, welches sich zur Zeit im Vermögen des „Auftraggebers" befindet, ein activum desselben bildet; vgl. RII. 25. Juni 80 (E. II, 186). RII. 28. Sept. 94 (E. XXVI, 106) versteht übrigens unter Vermögensstücken des Auftraggebers" überhaupt Vermögensstücke, welche nach den Bestimmungen des maßgebenden Civilrechts der ausschließlichen Herrschaft des Machtgebers unterworfen sind, z. B., gegenüber dem Bevollmächtigten eines Konkursverwalters, Sachen der Konkursmasse. Die Verfügung über einen eigenen Anspruch des Bevollmächtigten fällt selbst dann nicht unter die Nr. 2, wenn jener verpflichtet war, diesen Anspruch an den Auftraggeber abzutreten, oder wenn sie zur mittelbaren Folge hat, daß die Ausübung eines Rechts des letzteren gegenstandslos wird: Rill. 31. März 90 (E. XIX, 358). Wohl aber kann das Vergehen an Sachen verübt werden, welche dein Bevollmächtigten und dem Vollmachtgeber gemeinschaftlich gehören: Rill. 10. Dez. 88, RIV. 10. Juni 90 (R. X, 715; E. XX, 436). 17a. Demgemäß (n. 17) gehört eine Verfügung über den Erlös aus Forderungen rc. des Vollmachtgebers nicht hierher, wenn dieser Erlös nicht selbst Eigenthum des letzteren geworden ist: RII. 13. März 83, RI. 24. Sept. 83 (R. V, 168. 542); a. M.: Dresd. (StZ. VI, 7), Kronecker, GA. 34 s. 402, noch auch der Fall, wo ein mit Aufsuchung von Bestellungen Beauftragter eine ermittelte Bestellung einem andern Gewerbetreibenden zur Realisirung überweist: Münch. (StZ. II, 118); dasselbe gilt von der Belastung des Vermögens des Auftraggebers mit einer Schuld: 91111. 4. Febr. 84 (E. X, 72), z. B. wenn ein Prokurist fremde Wechsel zum Nachtheile seines Prinzipals acceptirt; ebenso OT. (O. XIX, 534). Doch nimmt die Rechtsprechung an, daß vor der Begebung ein eigener Wechsel in der Hand des Ausstellers, ein Accept in der Hand des Acceptanten ein „Vermögensstück" des Ansstellers bzw. Acceptanten bilde; vgl. RII. 9. Mai 84, 4. Juni 86, Rill. 1. März 86, RI. 10. Nov. 94 (E. X, 385; XIV, 184, XIII, 376; XXVI, 246), RI. 17. Nov. 92 (E. XXIII, 315: Blanko- und Gefälligkeitsaccepte nicht ausgeschlossen), OT. (O. XIX, 414); a. M.: Dresd. (SGZ. XIX, 142), während ein mit der Unterschrift des Ausstellers und eineö Acceptanten versehener Wechsel, welcher im gemeinschaft­ lichen Interesse hergestellt ist, um zur Prolongation eines gleich beschaffenen Wechsels zu dienen, gemäß Rill. 10. Dez. 68 (cit. n. 17) gemeinschaftliches Eigenthum jener beiden ist, gleichviel, wem von ihnen bis dahin das betr. Stück Papier gehörte. Ebenso kann in der über eine fingirte Forderung errichteten Hypothekenurkunde als einem Kreditpapier ein Vermögensstück des Eigentümers der verhafteten Grundstücke gefunden werden; so: RII. 19. April 87 (11. IX, 247). — Das von den Mitgliedern einer Genossenschaft zu deren Betriebskapital als Geschäftsanteil ringezahlte Geld bildet, indem es in das Gesellschaftseigenthum übergegangen ist, ein Vermögensstück der Genossenschaft als solcher; der Bevollmächtigte der letzteren macht sich daher aus Nr. 2 strafbar, wenn er dergleichen Geschäftsanteile nicht austretender Mitglieder statutenwidrig an diese auszahlt oder zu ihren Gunsten Derrechnet; RI. 8. Jan. 83 (R. V, 15); vgl. übr. n. 6. 18. In dem „Verfügen über Vermögensstücke des Auftraggebers" ist nicht lediglich der Abschluß eines Rechtsgeschäfts über solche Sachen mit Dritten, sondem überhaupt jede Maßregel zu verstehen, welche in irgend einer Weise eine Veränderung in denr Verhältnisse des Auftraggebers zu dem betr. Vermögensstücke herbeiführt: Rill. 26. Jan. 85 (E. XI. 412: auf den Erfolg, nicht auf die Art des Handelns komme es an), RIV. 1. Dez. 00 (GA. 47, 450: über eine Forderung des Auftraggebers werde nur verfügt, wenn dessen rechtliches Verhältniß zum Forderungsrecht verändert wird), RI. 1. März 88 (R. X, 201). Das bloße Verspäten der Ablieferung vereinnahmter Gelder stellt kein „Verfügen" dar: cit. Rill. 26. Jan. 85. Wohl aber gehört nach RIV. 9. Nov. 86 (E. XV, 41) hierhin der Fall, wo der Beauftragte die Bezahlung eigener Schulden, z. B. ihm persönlich zur Last liegender Auslagen aus dem Vermögen des Machtgebers herbeiführt (er verfüge dann über die betr. Geldbeträge des letzteren). Im Uebr. vgl., bez. pflicht­ widriger Unterlassungen, n. 3. — Der zur Einziehung einer Forderung Beauftrage verfügt über die Forderung zum Nachtheile des Auftraggebers noch nicht dadurch, daß er die Zahlung in der Absicht demnüchstiger Verwendung im eigenen Nutzen ent­ gegennimmt. Rill. 17. Febr. 98 (GA. 46, 133). 18a. Die Verfügung muß „über rc. Vennögensstücke des Auftraggebers" getroffen werden, letztere daher zunl unmittelbaren Gegenstände haben und gerade als

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solche, d. h. in Bezug auf jene Stücke betn Auftraggeber „zum Nachtheile" gereichen; a. M.: RI. 10. Juli 82 (R. IV, 683: erkannte, daß unrichtige Gewichtsangaben im Frachtbriefe seitens der Güterexpedienten einer Eisettbahn die Bestrafung aus Nr. 2 begründen könnten, insofern jener auf solche Weise das Betriebsmaterial der Bahn, tnithin Vermögensstücke derselben gegen eine geringere als die ihr gebührende Sergütung in Anspruch nehmen lasse). 19. Die widerrechtliche Aneignung anvertrauter Sachen ist in dem Aus­ drucke „verfügett" einbegriffen, sowie denn Nr. 2 überhaupt zwischen den tut Be­ sitze des Bevollmächtigten befindlichen und anderen Sachen nicht unterscheidet: RI. 1. März 88 (lt. X, 201), Manh. (BA. 40 f. 222; 41 s. 119); vgl. n. 12. 18. Gleichwohl hielt Dresd. (SGZ. 22 s. 245) Jdealkonkurrenz der Unterschlagung „anvertrauter" Sachen (§ 246 a. E.) mit Untreue im Sinne der Nr. 2 für ausgeschlossen, weil letzteres Vergehen in dem ersteren aufgehe; a. M. (mit Recht): Darmst. 76 (HE. s. 72); vgl. n. 5, § 246 n. 10, eit. Rl. 1. März 88. 19a. Der Bevollmächtigte, welcher Jemanden ein Besitz- und Zurückhaltungs­ recht an einem sog. Depotschein seines Auftraggebers einräumt, verfügt dadurch über eine Forderung des letzteren, nämlich das Recht, gegen Rückgabe des Scheins jederzeit die Herausgabe der deponirten Werthpapiere zu verlangen; so: RH. 28. Sept. 94 (E. XXVI, 111: ob jener Schein selbst, wiewohl er keinen selbständigen Vermögenswerth hat, als Vermögensstück im Sinne der Nr. 2 anzusehen sei, ließ das RG. unentschieden). — Bez. des Falles jedoch, wo Zahlung an den Bevollmächtigten für Rechnung des Auftraggebers durch Girozahlung auf ein Bankgut­ haben des ersteren erfolgt ist und dieser demnächst über das Guthaben anderweitig verfügt, vgl. 91111. 12 Febr. 91 (E. XXI, 364). 20. Ein „Verfügen zum Nachtheile" rc. wird dadurch nicht ttothwendig ansgeschlossen, daß der Werth des betreffenden „Vermögensstücks" des Auftraggebers (z. B. des Geldes desselben ) dem Verkehrswerthe des Gegenstandes gleich ist, welchen jener dafür empfängt: RII. 6. Juli 80 (E. II, 215: der Bevollmächtigte eines Hotelbesitzers hatte die vollen Ladenpreise für gelieferte Backwaaren aus der Hotelkasse entnommen und den von betn Bäcker vertragsmäßig gewährten Rabatt im eigenen Vortheil verwandt). 21. Die unbefugte Entnahme von Geldern aus einer Kasse von Seiten des Kassenverwalterö zunt Zwecke der Darleihung derselben an einen Dritten enthält, so lange letztere noch nicht stattgefunden, die Kasse daher noch keinen Nachtheil er­ litten hat, keine vollendete Untreue; demgemäß macht sich jener Dritte durch Annähme der Gelder nicht der Hehlerei schuldig: RF. 12. Sept. 81 (R. III, 496). Da­ gegen ist, wer zur Vollendung der Untreue dttrch Annahme der Objekte des Dergehenö wissentlich mitwirkt, als Gehülfe (§49) strafbar; so: 91III. 1. Juli 86 (R. VIII, 507); letzteres Erk. scheint sogar die Möglichkeit einer Mitthäterschaft anzunehmen; vgl. jedoch § 47 n. 17. Zu Nr. 3. 22. Ueber die Anstellung Mbl. s. 339), 63 (GA. XI, 367: Cession einer nichtigen Forderung); vgl. n. 116. 127. 138. 57. Da die Rechtserheblichkeit einer Privaturkunde nur nach ihrem objektiven Inhalte beurtheilt, also nur aus ihr selbst hergeleitet werden kann (n. 50), so ist nur dasjenige eine Privaturkunde im Sinne des § 267, was für sich allein einen verständlichen Sinn hat; es genügt nicht, wenn aufgezeichnete Worte, Buch­ staben, Zahlen oder sonstige Zeichen nur dadurch für ein Rechtsverhältniß erheblich

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fmb, daß ihnen durch eine aus dem Schriftstücke selbst nicht erkennbare Ue&ereintkunft der Interessenten eine ihnen an sich nicht beiwohnende konventionelle Bedeu­ tung beigelegt ist: OT. 55, 63, 64 (Entsch. 31 s. 256; O. III, 402; V, 91), Dresd. (SGZ. XVIII, 78), Mommsen, GSaal 36 s. 46; a. M.: Nil. 19. Mai 82, Rill. 19. Apr. 88, RIV. 25. Okt. 89 (E. VI, 289; XVII, 352; XX, 6); vgl. auch RI. 31. Jam. 81 (ib. IV, 3), Rill. 12. Apr. 94 (besprochen in n. 41). — Jener verständliche Sinn braucht aber nicht durch vollständige Satzbildungen ausgedrückt zu sein: auch ein­ zelne Wörter rc. können ausreichen, wenn ihre Bedeutung und beweisende Kraft aus dem übrigen Inhalte des Schriftstücks zu entnehmen sind (: OT. 68, O. IX, 23), — oder wenn die beb. Form für ein bestimmtes Rechtsgeschäft so allgemein üblich und demzufolge auch so allgemein bekannt ist, daß eben wegen dieser Notorietüt der Sinn des Schriftstücks und seine Beweiserheblichkeit aus ihm selbst ohne Zu­ hülfenahme anderer dem Einzelfalle angehöriger Umstände sofort erkennbar werden. Das letztere gilt von den Bezeichnungen auf einem Grenzsteine, den Kerbhölzern, Siegeln und Stempeln (auf Waaren), dem Anschlage eines Waldhammers (vgl. n. 41), der Bezeichnung eines Baumes mit dem Namen des Ankäufers (: OT., O. XIII, 661), sobald bei ihnen die gedachte Voraussetzung zutrifft; ebenso von ge­ stempelten Eisenbahnfahrbillets: RII. 12. Nov. 95 (E. 28, 42); OT. 65 (O. V, 478; vgl. n. 90); von Eintrittsmarken zu öffentlichen Anstalten (SGZ. VIII, 139; X, 118); von Theaterbillets rc. In allen solchen Fällen unterliegt es der thatsächlichen Prüfung des Jnstanzrichters, ob die beb. Art der (sonst unverständlichen) Bezeichnung eine so allgemein gebräuchliche und demgemäß eine so allgemein bekannte fei, daß danach ihre Bedeutung aus ihr allgemein erkennbar werde. Vgl. Rill. 26. Okt. 85, 12. März 88 (E. XIII, 71; XVII, 282: beb. Geldrollen, welche mit der Bezeichnung ihres Inhalts und mit einem zu dieser Bezeichnung in Beziehung gebrachten Namen versehen waren, bezw. die Bezeichnung der Verpackung einer Waare mit der Firma und dem Handelsniederlassungs-Orte des Versenders; letzterer sprach das RG. die Eigenschaft einer Urkunde ab, während in Betreff ersterer Bezeichnung unter Umständen das Gegentheil gelte), ferner die Strafvorschrift im § 14 des Markenschutz-G. und Pr. FFP.-Ges. § 35, welchem zufolge die unbefugte, aber ohne „bebügliche Absicht" — Mot. zu diesem Ges. s. 36 — bewirkte Nachahmung (Veränderung) des Zeichens des Waldhammers oder der Loos­ nummer rc. an Bäumen rc. als Uebertretung strafbar ist. — Wegen Namenszug eines Künstlers auf Gemälden: vgl. RI. 29. Dez. 00 (E. 34, 53). 58. Die Beweiskraft einer Privatschrift, durch welche der Abschluß eines Rechtsgeschäfts dargethan werden soll, ist wesentlich dadurch bedingt, daß aus ihr diejenige Person erkennbar sei, welche für den Inhalt einzustehen hat: Dresd. (SGZ. XV, 84; XVII, 279; StZ. I, 364). Hierzu bedarf es nicht nothwendig einer Unterschrift; es genügt, wenn die Haftbarkeit sowie die Person des Haftbaren in anderer Weise aus der Schrift (ohne Hinzunahme sonstiger, aus jener selbst nicht erhellender Umstände) hervorgehen: Dresd. (SGZ. XV, 176. 250; XX, 351); vgl. auch 91111. 3. Dez. 94 (E. XXVI, 270: Mot.). Noch weiter gehen Rill. 1. Juli 82, RII. 6. Mai 84, RIV. 8. Juli 84 (R. IV, 660; VI, 356. 529), insofern sie zur Feststellung der Person des Ausstellers die Zuhülfenahme anderer von der Urkunde nicht umfaßter Umstände zulassen, RII. 29. Okt. 84, RIV. 17. Juni 90 (E. XI, 193; GA. 38 s. 327), indem sie es sogar für möglich halten, daß nicht in der Schrift in Derbindung mit solchen außer ihr belegenen Umständen, sondern aus letzteren allein die Person des Ausstellers festgestellt werde (: wie durch Gesetz und Herkommen, so könne auch durch Privatübereinkunft der Interessenten der Aussteller einer Schrift gekennzeichnet und diese zu einer rechtserheblichen Urkunde gemacht werden: cit. RII. 29. Okt. 84); vgl. ferner Rill. 9. Febr. 81 (E. IV, 4), Olsh. n. 19 (dort auch bez. des Falles, wo der Aussteller der Urkunde kraft Gesetzes verborgen bleiben soll) und unten n. 123 b (bez. desselben Falles). Demgemäß wird nicht verlangt, daß die Urkunde civilprozeßrechtlichen Erfordernissen der Rekognitionsfähigkeit entspreche: Dresd. (SGZ. XVIII, 78); vgl. n. 42, cit. Rill. 9. Febr. 81 (Motive). — Was von Urkunden gilt, die der Unterschrift völlig entbehren, muß auch von solchen Schrift­ stücken gelten, welche (ohne Beobachtung der gesetzlichen Vorschriften) unterkreuzt sind: cit. RII. 6. Mai 84. 59. Aus demselben Grunde ist eS nicht unerläßlich, daß die Unterschrift eine Namensschrift oder Firma darstelle; auch eine andere Bezeichnung der beb.

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Persönlichkeit kann genügen: OT. 52 (GA. II, 260), 19. Okt. 53 (hier lautete die Unterschrift: „die Verwaltung der Dauermühle"). 60. Findet sich eine Namensschrift nicht unterhalb, sondern an einer an­ dern Stelle eines Schriftstücks, so unterliegt es der Prüfung des Richters der Thatfrage, ob nach der Gestalt des Ganzen jene NamenSschrift zum Inhalte in einer solchen Beziehung stehe, daß sich annehmen lasse, Derjenige, welcher die Schrift mit seiner Namensschrift versehen, habe, durch sie den Inhalt als richtig und gegen sich verbindlich anerkennen wollen: OT. 67 (O. VIII, 758), OA. 68, Dresd. (SGZ. XVIII, 78). 61. Nach dem unter u. 58 Gesagten kann auch eine unvollständige Unter­ schrift, wenu sie für sich allein oder unter Zuhülfenahme anderer durch die Schrift selbst an die Hand gegebener Umstände den haftbaren Aussteller genügend erkennbar macht, zur Herstellung einer Urkunde genügen: OT. 65 (O. VI, 435: ein Steuerempfänger hatte unter eine seine gedruckte Unterschrift tragenden Steuerzettel eine Quittung gesetzt und diese nur mit den Anfangsbuchstaben seines Namens unter­ zeichnet). Vgl. OT. 62 (O. II, 340). 62. Daß die Unterschrift geschrieben sei, kann nicht grundsätzlich gefordert werden, in der Regel wird vielmehr die Herstellung derselben durch Aufdrücken des Namens mittels einer mechanischen Vorrichtung, insbesondere eines Namens- oder Firmenstempels, genügen: Rill. 20. Mürz 84 (E. X, 304); vgl. n. 42. 63. Dem unter n. 58 erwähnten Erfordernisse ist durch die einer Schrift hin­ zugefügte Unterschrift nur dann genügt, wenn sie sich äußerlich als eine solche darstellt, welche entweder vom Träger jenes Namens, oder von einem durch Auftrag zur Abgabe der Unterschrift Berechtigten (z. B. von einem Institor) ausgegangen ist; daher reicht dieselbe nicht hin, sobald in irgend einer Weise, z. B. durch ein vorgesetztes „(gez.)" aus der Schrift selbst erkennbar ist, daß dem nicht so sei:OT. 70 (O. XI, 119); ebenso, wenn sich vor der Namensschrift ein „pro" findet; ist dann nicht außerdem auch noch die Unterschrift des angeblichen Vertreters hinzu­ gefügt, so liegt (vorbehaltlich des unten n. 58 Gesagten) keine Urkunde vor:OT. 61 (O. II, 12). — Ein die Unterschrift des angeblichen Absenders wiedergebendes, von der Telegraphenanstalt an den Adressaten befördertes Telegramm (die „De­ peschenausfertigung") ist eine Urkunde; RPl. 6. März 83, Scherer (E. VIII, 92; GSaal 28 f. 601: jene Anstalt handle nur als eine Maschine, was sie thue, thue der sie mündlich oder durch Einreichung einer sog. Originaldepesche in Thätigkeit Setzende selbst), OT. 70 (O. XI, 367: ein an den Adressaten gelangtes Privattelegramm von rechtöerheblichem Inhalte sei eine Urkunde, wenn eine vom Absender unter­ schriebene Originaldepesche abgegeben worden); vgl. OT. IV. Civ.-Sen. 61 (Entsch. 45 s. 57); a. M.: Aufl. 13. Im Uebr. siehe n. 46a. 123 u. § 127 BGB. 64. Der Mangel des Datums nimmt einer Schrift in der Regel nicht den Eharakter der Urkunde: OT. 62 (O. II, 404). Ist aber die Angabe des Datums Bedingung der formellen Gültigkeit einer Urkunde (Beisp. WO. Art. 4. 96), so fragt eS sich, ob der Schrift nach einer andern Richtung die Rechtserheblichkeit bleibt; vgl. n. 54. 56. 65. Durch die Durchkreuzung einer Urkunde hört letztere nicht nothwendig auf, beweisfähig zu sein; so: RI. 16. März 82 (R. IV, 248). 65a. Der Umstand, daß nach jetzigem Recht ein Gegenstand nicht mehr die Eigenschaft einer Urkunde hat, hindert nicht die Bestrafung, wenn die That zu einer Zeit begangen wurde, wo der Gegenstand int Sinne des Gesetzes noch eine Urkunde war: Rill. 9. Febr. 81 (E. IV, 4: Mot.); vgl. § 2 n. 5. Als öffentliche Urkunden sind zu betrachten: 66. Die Originale landesherrlicher Erlasse, sobald sie inhaltlich geeignet sind, eine Thatsache zu beweisen; — die Originale der von einer zuständigen Be­ hörde erlassenen Polizeiverordnungen; a. M. früher: OT. 7. Mürz 62 (O. II, 291); — die Einträge in die Grund- und Hypothekenbücher: Dresd. 76 (SGZ. 21 s. 174). 67.......... gerichtliche Dorladungs-, Erscheinungs-, Verwahr- oder Haftbefehle (auch der Staatsanwaltschaft: R. 10. Dez. 86; E. 15, 110): OT. 62 (O. II, 278), — die Ladung eines Angeklagten zur Hanptverhandlung, selbst, wenn sie nicht

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die richtige Warnung für den Fall des Nichterscheinens enthält und der Eröffnungsbeschluß ihr nicht beigefügt, nicht aber, wenn sie nicht von der Staatsanwaltschaft, sondern von einem unzuständigen Beamten, z. B. dem Vorsitzenden, ausgegangen ist; so: RIV. 6./13. Juli 88 (R. X, 464). 68..........gerichtliche Untersuchungsverhandlungen, insbesondere die gerichtlichen Beschlüsse und Urtheile, sowie die Sitzungsprotokolle: OT. 53, 61 (JMbl. 54 s. 67; O. II, 53), nicht aber amtliche Anzeigen, welche von untergeordneten Polizeibeamten über eine Uebertretung ihrer vorgesetzten Behörde gemacht werden (sie be­ weisen nicht den' dort bekundeten Vorgang); so: Nil. 20. Nov. 83 (R. V, 724), noch auch der Bericht eines Pr. Richters über eine im Aufträge des OLG.-Präsidenten bei einem Notar vorgenommenen Revision: RH. 9. Okt. 94 (E. XXVI, 138), noch endlich eine amtliche Benachrichtigung über die Lage eines Prozesses sowie ein Rath über seine Weiterbetreibung: £)$. 23. Jan. 52. 69.------ein vom Richter vollzogener Zahlungsbefehl im Mahnverfahren: RIV. 17. Juni 92 (E. XXIII, 205); anders gilt, falls die Unterschrift fehlt. 70............eine gerichtlich aufgestellte Kostenliquidation und die Eintragung eines Gebührenbetrages in den „Soll-Einnahme-Belag": OT. 52 (GA. II, 260); nicht aber eine auf die Rückseite einer gerichtlichen Urkunde gesetzte, ununterschriebene Kosten, note: OA. 70 (O. XI, 379), noch die durch § 23 der Gebühren-O. v. 20. Mai 98 vorgeschriebenen Kostennoten der Gerichtsvollzieher: RI. 4. Mürz 89 (E. XIX, 62: diese hätten nicht einmal die Eigenschaft von Privaturkunden int Sinne der §§ 267. 348 Abs. 2), noch die schriftliche Erhebung oder Qnittirnng eines Gerichtsvollziehers über seine Gebühren und Auslagen: Rl. 20. April 82 (R. IV, 361). 71............eine richterliche Zahlungsanweisung: OT. 9. Febr. 53. 72............... eine amtliche Gebührenanweisung: OT. 14. Sept. 60, Münch. (BE. Hl, 257), während ein Deposital-Annahme-Befehl nur für den geschäftlichen Verkehr der betr. Behörde Bedeutung hat, also keine Urkunde ist: OT. 66 (O. VIII, 587); das Gegentheil entschied OT. 12. Juni 56 bez. einer von einein Gemeindevorstand an den Gemeinde-Empfänger erlassenen Annahmeversügung. 73............... die von den Gerichtsvollziehern über Vollstreckungshand. lungen aufgenommenen Protokolle, mit Einschluß der Verhandlungen über abgehaltene Zwangsversteigerungen, sowie die (vorherigen) Bekanntmachungen derselben über Zeit und Ort der Versteigerung; vgl. § 348 n. 5, Rll. 14. Juni 81, 10. Okt. 84 (E. IV, 283; R. VI, 613), OA. 71, OT. 58 (O. XII, 285, GA. VII, 120). Das Gegentheil gilt bezüglich der der Dienstbehörde erstatteten Berichte und Anzeigen jener Beamten über den Erfolg, die Unausführbarkeit der Vollstreckung rc., indem solchen Schriftstücken die Beweiskraft mangelt; so: cit. Rll. 14. Juni 81, OT. 64, Manh. (O. V, 267; BA. 42 s. 275); a. M.: OT. (O. XVII, 396). 74............... die notariellen Protestregister Rll. 7. Mai 80 (E. I, 426). 75............... eine Postzustellungsurkunde (sowohl das Original wie die dem Requisiten belassene Abschrift); vgl. Rll. 7. Febr. 82, 91111. 31. Mai 86, Rll. 14. März 90 (E. VI, 17; R. VIII, 417; GA. 38 s. 59), OT. 68 (O. IX, 320), und gemäß Manh. (BA. 44 s. 298) die Jnstnuationsbescheinigung eines Badischen Polizeidieners in einer zur bürgermeisteramtlichen Zuständigkeit gehörigen Polizeistrafsache, wogegen die Bescheinigung einer Privatperson über eine von ihr bewirkte Zustellung amtlicher Schriftstücke nicht einmal die Eigenschaft einer rechtserheblichen Privaturkunde hat: Rill. 15. Juni 85 (E. XII, 270). 76. 77...............die Anzeige eines Gefüngnißbeamten, daß ein Verurtheilter seine Freiheitsstrafe abgebüßt habe: OT. 67 (O. VIII, 394). 78............... die Beurkundung eines Gemeindebeschlusses (in Bayern); so: Münch. (BE. IV, 87); vgl. jedoch n. 43, § 197 n. 2. 79............... das Protokoll eines Badischen Bürgermeisters über einen von ihm bei dem Gemeinderechner bezw. dem Rechner einer weltlichen Ortsstiftung vorgenommenen Kassensturz; so: Rl. 28. Nov. 81, 10. Jan. 84, 19. April 79 (E. V, 246; X, 35; BA. 45 s. 86), selbst, wenn es vom Rechner nicht mitunterzeichnet ist: cit. Erk. 10. Jan. 84; vgl. § 348 n. 5. 7. 80............... die Standesregister (vgl. RGes. v. 6. Febr. 1875), bezw. die in denselben enthaltenen Urkunden und die aus ihnen gefertigten Auszüge (letztere

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gemäß RII. 11. Febr. 87, R. IX, 124, sogar dann, wenn die beb. Eintragung in das Register gar nicht hineingehörte [?]), sowie die die Zwecke jener Register er­ füllenden Kirchenbücher und die durch die vom Pfarrer daraus ertheilten Zeug­ nisse, sofern sie sich als Auszüge aus den Kirchenbüchern zu erkennen geben: OT. 52 (GA. II, 266) und das zur öffentlichen Beglaubigung erforderliche Amtsstegel beigedrückt ist; so: R. 8. Dez. 96 (E. 29, 241), 91111. 29. März 83 (II. V, 199); andere „Bescheinigungen" gleichen Inhalts sind keine Urkunden: OT. 54 (G.A. III, 140). Ebenso sind die solchen Auszügen beigefügten, die Unterschrift und Amts­ eigenschaft des Ausstellers beglaubigenden amtlichen Atteste öffentliche Urkunden: OT. 26. Juni 56. — Das Gesagte ist auf die vom Küster geführten sog. Trauauf­ nahmebücher (§ 271 n. 16) und auf die vom Lehrer einer Menonitengemeinde ausgestellten Zeugnisse nicht auszudehnen: OT. 63 (O. IV, 106). — Die seit Einführung der bürgerlichen Standesregister geführten Kirchenbücher besitzen keine Beweiskraft und daher nicht die Eigenschaft öffentlicher Urkunden; so: Hinschius, Commentar z. RGes. v. 6. Febr. 1875 § 1 n. 1; noch auch diejenige rechtserheblicher Privat­ urkunden; so: Manh. (BA. 44 s. 301); a. M.: RIV. 19. Apr. 87 (R. IX, 250) RIV. 23. 30. Juni 91 (E. XXII, 118) läßt sogar das Erstgesagte nur insoweit gelten, als die Beurkundungen staatlichen Beamten übertragen worden, also nur hinsichtlich der Eintragungen von Geburten, Heiraten und Sterbefällen, für den Geltungsbereich der §§ 481 ff., II, 11 des Pr. ALR.'s daher nicht hinsichtlich der übrigen dort angeordneten Einbagungen; bez. dieser, z. B. derjenigen der Taufen, hätten hier die Kirchenbücher die Eigenschaft öffentlicher, auf Grund der staatlichen Gesetzgebung zu führender Bücher bewahrt; vgl. auch Münch. 92 (BE. VII, 308: erblickte in dem heutigen Taufregister eines rechtsrheinischen, katholischen Pfarramts ein öffentliches Register im Sinne des § 271). Vgl. R. 8. Dez. 96 (E. 28, 241: Taufschein). — Im Uebr. vgl. n. 46 a und § 271 n. 14. 81................die Pfandscheine eines (staatlich bestellten) Leihamts: OT. 67 (O. VIII, 782). 82................ein amtlicher Präsentatio ns vermerk, wenn dadurch eine für ein Rechtsverhältniß erhebliche Thatsache festgestellt wird, z. B. das Präsentatunl auf einer Rechtsmittelschrift oder auf einer Muthung (Pr. Bergges. v. 24. Juni 1865 §§ 12. 95). 83................die Grundsteuermutterrolle und die daraus amtlich ertheilten Auszüge; OT. 1. Febr. 55; Nil. 27. Mai 84 (R. VI, 379) nahm ein Gleiches von den Klassensteuer-Veranlagungslisten der Pr. Einschätzungskommissionen (früheres Ges. v. 25. Mai 1873) an. 84................die Verhandlung, welche ein Steuerbeamter über die ihm aufge' tragene Vermessung eines Maischbottichs aufnimmt, wenn das Resultat der letzteren für die Steuerberechnung bei künftigen Einmaischungen maßgebend und sonach be­ weisend ist, desgleichen, gemäß NI. 25. Juni 91 (E. XXII, 90), OT. (O. XVII, 338), die von einem Steuerpflichtigen nach § 16 des Brausteuer-G. v. 31. Mai 1872 über einen beabsichtigten Brauakt erstattete schriftliche Anzeige, wenn sie mit der Quittung über die Zahlung der gleichzeitig mit der Anzeige zu entrichtenden Steuerversehen ist, in Betreff ihres ganzen Inhalts, insbesondere auch in Betreff der darin enthaltenen Deklaration des Bierzuges. — Bezüglich der Brauregister fixirter Brauer vgl. Rill. 20. Dez. 83 (E. X, 11). 85................ der von einem Branntweinbrenner aufgestellte, von einer Steuer­ hebestelle festgestellte Betriebsplan einer Brennerei: OT. 6. April 54, während dem auf ihm befindlichen Nevistonsvermerke eines Steueraufsehers höchstens (unter Umständen) die Eigenschaft einer rechtserheblichen Privaturkunde beiwohnt; so: RIV. 21. Juni 89 (E. XIX, 352). 86................die Eintragung, welche ein mit Verwiegung der zur Zuckerbereitung bestimmten Rüben beauftragter Steuerbeamter über das Resultat dieser Verwiegung in den vorgeschriebenen Notirbüchern macht (Pr. Jnstr. v. 19. August 1846, VMbl. s. 149): OT. 60 (JMbl. s. 362), und der von einem Steuerbeamten in das Revisionsbuch eines Bäckers oder Mehlhändlers eingetragene Vermerk über die bei der Revision vorgefundenen Mehlbestände: OT. (GA. VIII, 139). 87................die von einem Flußschiffer der Steuerbehörde eingereichte, von dieser ausgefertigte Proviantdeklaration; die spätere Abänderung des darin entOppenhoff, D. Strafgesetzbuch.

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haltenen (vom Schiffer selbst angefertigten) Proviantverzeichnisses stellt eine Derfälschung der amtlichen Ausfertigung dar: OT. 5. Juli 55; desgleichen der über die Tragfähigkeit rc. eines Flußschiffes von der Steuerbehörde ausgestellte Meßbrief; wird später unter einen solchen von jener Behörde ein Vermerk über einen gehabten Wechsel des Eigenthums am Schiffe gesetzt, so bildet dieser mit dem Briefe ein Ganzes; Beseitigung desselben ist daher Verfälschung des Meßbriefes: OT. 63 (O. IV, 70). 88............... ein für den Transport im Grenzbezirke erforderlicher Zoll.Legitimations-Schein (DZollges. §§ 119. 120); er beweist eine für die Zollfreiheit erhebliche Thatsache: OT. 54 (GA. III, 137), OT. 3. Dez. 52 (: selbst da, wo ein solcher Versendungsschein von einem dazu ermächtigten Privaten (DZollges. § 123d) ausgestellt sei, weil dieser dadurch eine amtliche Stellung erhalten habe [?]), des. gleichen ein zollamtlicher Waarenverschluß (welcher auch durch Translokation echter Plomben gefälscht werden kann); so: RI. 23. Dez. 85, RII. 1. Febr. 87 (E. XIII, 193; XV, 214). Ueber die in solchen Fällen eintretende Straferhöhung vgl. § 73 n. 9 und den dort eit. § 159 des DZollges.'s. 89............... jede Quittung eines Nassauischen Gemeinderechners über die Entrichtung schuldiger Leistungen zur Gemeindekasse; so: RI. 10. März 84 (E. X, 192). Die gleiche Eigenschaft wohnt jeder Quittung einer Finanzbehörde über Bezahlung von Staatsabgaben bei: Haager, BA. 43 s. 85. 90. 91. .... eine Quittungskarte im Sinne der §§ 101 ff. des RG. v. 22. Juni 1889, selbst vor der Einklebung von Verstcherungsmarken, so: RII. 6. Dez. 92. RIV. 17. Juni 92, 27. Okt. 93 (E. XXIII, 335. 178; XXIV, 348), RPl. 8. Juli 99 (E. 32, 263). — In Betreff der Fahrbillete, Abonnements, und Freifahrtkarten einer Staatseisenbahn vgl. n. 57. 58, RI. 21. Mai 83 (E. VIII, 409), Stuttg., Darmst. 74 (StZ. IV, 66; HE. s. 65); und andererseits Dresd. (SGZ. XVI, 47). 92............... das Nothschlachtzeugniß eines Sächs. Gemeindevorstandes (Sächs. Schlachtsteuer-Ges. v. 25. Mai 1852 § 5); so: Dresd. SGZ. 21 s. 274), gleich den in Bayern (Oberfranken) vom Fleischbeschauer über seinen Befund in das vorgeschriebene Fleischbeschaubuch eingetragenen Aufzeichnungen; so; RI. 22. Okt. 83 (E. IX, 139), und den Zeugnissen der Bayer. Fleischbeschauer über die Erlaubniß des Schlachtens rc., ungeachtet diese Zeugnisse noch der ortspolizeilichen Be* stätigung bedürfen; so: Münch. (BE. I, 115); vgl. § 359 n. 20, RI. 8. Mai 93 (E. XXIV, 158), und RII. 27. Jan. 88, RI. 2. Mai 89, Rill. 13. März 90 (E. XVII, 94; XIX, 197; XX, 313: speziell bezüglich der Atteste der Pr. bezw. Badischen Fleischbeschauer). Der von einem öffentl. Fleischbeschauer auf dem untersuchten Fleische bewirkte Stempelabdruck ist eine öffentl. Urkunde: RIV. 22. Sept. 96 (E. 29, 67). 93............... das Protokoll eines die Polizei leitenden Beamten, welches in An. gelegenheiten einer Pr. Provinzial'Feuer-Societät eine Thatsache feststellt oder bescheinigt: OT. (O. XIV, 168). 94............... die unter einem Feuerversicherungsantrage sich findende Be. scheinigung der Ortspolizeibehörde, daß der Aushändigung der Police polizeilich kein Bedenken entgegenstehe (Pr. Ges. v. 8. Mai 1837 § 14): OT. 56 (GA. VI, 135). 95. 96............. ein Posteinlieferungsschein, d. h. eine Bescheinigung de: Postbehörde über die Aufgabe einer Postsendung: Rill. 8. Nov. 83 (E. IX, 240: in Betreff einer Geldeinzahlung; OT. (Pl.) 29. Jan. 55 (Entsch. dess. 30 s. 380), OT. 63 (O. III, 232); derselbe verliert die Eigenschaft einer (öffentlichen) Urkunde weder durch den Ablauf der Frist, an welche die Gewährleistungspflicht der Behörde gebunden ist: OT. 52 (GA. II, 266), noch dadurch, daß der ausstellende Postbeamte selbst Aufgeber der Sendung war: OT. 66 (O. VII, 205); vgl. § 348 n. 3. Ueber Posteinlieferungsbücher: vgl. Rill. 8. Nov. 97 (E. 30, 369) und n. 43. 97................ Eine Postanweisung zur Auszahlung eines an die Post eingezahlten Betrags, sobald ihr die postamtliche Bescheinigung über die erfolgte Ein. zahlung, bzw. Eintragung in die Bücher hinzugefügt ist: RIV. 14. April 93 (R XXIV, 130: eine mit den vorgeschriebenen Vermerken der Postbeamten versehene Postanweisung), OT. 65, 70, Dres., Münch. (O. VI, 448; XI, 252; SGZ. XIX

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305; BE. IX, 427); in diesem Falle ist auch die von dem Absender selbst einge­ schriebene Summenangabe als Ä-eil der öffentlichen Urkunde anzusehen: cit. OT. 65. Alles dies gilt selbst, wenn die Annahme der Einzahlung regelmäßig nicht Hütte erfolgen dürfen: OT. 4. Juli 56. Dagegen ist ein Postanweisungs-Abschnitt mir eine Privaturkunde und auch dies nur unter Umständen, nach Maßgabe des ihm gegebenen Inhalts; so: Rill. 26. Okt. 81; vgl. RIV. 13. Jan. 93 (R. III, 649; GA. 40 s. 442). In Betreff des Portovennerks eines Postbeamten auf dem Ab­ schnitte einer Postpaketbegleitadresse vgl. RI. 15. Juni 85 (E. XII, 323: dieser Ver­ merk habe eine bloß instructionelle, keine urkundliche Bedeutung: n. 44 a), und in Betreff der Ausfüllung solcher Abschnitte mit dem Namen rc. des Absenders: RHI. 9. Febr. 88 (E. XVII, 141: letztere stelle an sich und von besonderen Umständen abgesehen, gleichfalls keine Urkunde dar). Wohl aber sind die Poststempelab­ drücke, welche die Zeit der Aufgabe oder Ankunft einer Postsendung angeben, öffentliche Urkunden; a. M.: RI. 16. Dez. 97 (E. 30, 381); vgl. auch 91111. 16. März 85 (R. VII, 180: betr. die Verfälschung der auf einem abgestempelten Briefkuvert befindlichen Adresse; letztere erachtete das RG. eben unt jener Stempelung willen als eine rechtserhebliche Privaturkunde; dies steht jedoch mit dem oben Gesagten nicht in Widerspruch). Nicht minder die von den Postbeamten der Adresse zugefügten Frankaturzeichen, während ein unterzeichneter Postauslieferungsschein, d. i. die Quittung des Adressaten über die von der Post bewirkte Ablieferung einer Sendung, nur eine Privat-Urkunde ist: OT. 21. Dez. 53, und das Gleiche von dem auf einem Briefe vom Aufgeber gemachten und unterzeichneten Vermerke über die Entnahme eines Po st Vorschusses gilt; er beweist den der Post ertheilten Auftrag zur Einziehung des betr. Betrages und in der Hand der Post, anstalt die Auszahlung des letzteren an den Absender, sowie demnächst in der Hand des Adressaten die jenem Aufträge gemäß an die Postanstalt geleistete Zahlung: OT. 63, 67 (O. III, 470; VIII, 171); dabei ist es gleichgültig, ob bei Abfassung jenes Vermerkes, und bei der Annahme des Briefs auf der Post instruktionsmäßig verfahren fei, nicht minder, ob von Seiten der Postanstalt auf Grund jenes DerMerkes die Auszahlung des Vorschusses geleistet zu werden pflegt, oder geleistet worden ist, weil dadurch Sinn und Wesen der Schrift selbst nicht verändert werden: OT. 58, 69 (JMbl. 59 s. 67; O. X, 781. Eine Privaturkunde im Sinne des § 267 ist ferner der mit der Unterschrift des Postboten versehene Vermerk auf einem Briefe „Adressat verstorben"; so: RH. 2. Okt. 94 (E. XXVI, 118). 98. 99............. der auf dem Kuvert eines Telegramms unter Benutzung deS vorgeschriebenen Formulars gemachte amtliche Vermerk über die Höhe des Botenlohns; so: Dresd. (StZ. V, 138); oder über Abgang und Ankunft des Telegramms: R. 19. Oct. 99 (D. J.-Z. 5, 74). 100............. ein von einem Forstkassenbeamten ausgestellter Schein, welcher die Verabfolgung des verkauften Holzes an den Käufer gestattet: OT. 71 (O. XII, 275); vgl. n. 125a. — Dagegen ist eine von einem Forstbeamten (als Grundlage einer demnächstigen Holzverwerthung) aufgestellte Holzabzühlungstabelle, so­ wie ein „Hölzwerbelohnzettel", welcher als Nachweis für den Betrag des zu zahlenden Holzhauerlohns bestimmt ist, darum noch keine Urkunde: OA. 71 (O. XII, 34). 101............. die Prüfungszeugnisse der staatlich dazu berufenen Personen; vgl. OT. (GA. IV, 703), Münch. (StZ. III, 373: betr. eine ApprobationSurkunde als Arzt). 102............. ebenso die zur Handhabung einer polizeilichen Beaufsichtigung vorgeschriebenen amtlichen Bescheinigungen über die Nichtigkeit einer Thatsache, selbst wenn sie nur zur Legitimation der Polizei gegenüber dienen, insbesondere Reisepässe, Legitimationsscheine, Militärabschiede, Civilversorgungsscheine (RI. 28. Febr. 95 (E. 27, 56), Wanderbücher (vgl. §§ 363. 348); aber nicht die gemäß § 10 des R.-Jmpfg. 8. April 1874 seitens öffentlicher Jmpfärzte ausgestellten Scheine: RII. 28. April 96 (E. 28, 332); a. M.: RII. 14. Dez. 83 (A. IX, 10); die Leichenschau- bzw. To dt ensch eine der Bayer. Leichenbeschauer; vgl. RI. 3. Mai 88 (E. XVII, 406), Münch. (BE. I, 87); Jagdscheine (Pr. JPol.Ges. v. 7. März 1850 § 14, Pr. Jagdschein-Ges. v. 31. Juli 1895); a. M.: OT. 55 (GA. IV, 261); Pferdelegitimationsatteste (Pr. Ddn. v. 13. Febr. 1843 § 7): RII. 2. April 86, OT. 57 (R. VIII, 247; GA. V, 575; gemäß cit. RH. selbst, wenn die in jener VO. enthaltenen Formvorschriften nicht überall erfüllt seien), und

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zur Legitimütion beim Viehtransport dienende Ursprungsatteste; so: RI. 17. Juni 80 (R. II, 76), «II. 23. Okt. 94 (E. XXVI, 158: vorausgesetzt, daß sie unter Beobachtung der wesentlichen Formvorschriften, zu denen i. c. auch die die Untersiegelung anordnende gehörte, ausgestellt sind; sonst liege nicht einmal eine Privat­ urkunde im Sinne des § vor). OT. 79 (GA. 27 s.- 376). Vgl. auch Dill. 22. Nov. 95 (E. 28, 43). In Betr. amtlicher Atteste, betr. die Ermächtigung zum Sammeln freiwilliger Gaben für milde Zwecke, z. B. für Abgebrannte, vgl. Meckl. OG., Dresd. (GSaal 28 s. 515; SGZ. 21 s. 207) und unten n. 103 und bez. der Frage, ob zu den öffentlichen Urkunden auch Holztransportatteste und Wildpassierscheine im Sinne gewisser partikularrechtlicher Vorschriften gehören, OT., Rill. 4. Nov. 87 (O. XIV, 689, R. IX, 555). Wegen der sog. Wildscheine in Preußen: vgl. RH. 1. Febr. 01 (E. 34, 114) u. n. 141 a. E. 103. Dasselbe gilt von den auf Grund gesetzlicher Vorschriften ausgestellten Bescheinigungen einer Ortsbehörde über die Führung oder die VermögensVerhältnisse (Hilfsbedürftigkeit rc.) eines Menschen (vgl. übrigens §363): Dresd. (SGZ. XV, 80). Inwiefern den Pr. Gemeinde- bzw. Ortsvorstehern das Recht zur Ausstellung amtlicher Bescheinigungen überhaupt eingeräumt sei, darüber vgl. § 348 n. 3, Rill. 20. Dez. 79, 7. Mai 81, Nil. 3. Juni 81, 26. Okt. 86 (R. I, 166; E. IV, 155. 246: XIV, 4), OT. (O. XVII, 831; XVIII, 279) und über die Frage der Befugniß einer Bayer. Ortspolizeibehörde, die Dauer des Besitzes eines zu prämiirenden Pferdes zu bescheinigen: RI. 25. Februar 86 (E. XIII, 367). — Keine öffentl. Urkunden sind: Die Bescheinigung ' des .Bezirksfeldwebels über Meldung einer Person des Beurlaubtenstandes im Militärpaß. RIV. 7. Mai 97 (E. 30, 118); die vom Gemeindevorsteher in den 7 östl. Provinzen vorgenommene Bescheinigung der Richtigkeit der Abschrift einer Urkunde. RIV. 19. April 98 (E. 31, 110). 104............ ebenso von amtlich geführten Büchern, Registern, Katastern, Inventarien rc., welchen eine urkundliche Beweiskraft beiwohnt, z. B. von dem in Preußen behufs Erhebung der Bergabgaben zu führenden Absatzregister: HM.Jnstr. v. 29. Jan. 1866 (Zeitschr. f. Berg- rc. Wesen 14 s. 60). Dagegen sind die zur Kontrole der Einnahmen und Ausgaben eines Beamten bestimmten Bücher nicht als Urkunden anzusehen, sofern ihnen nicht anderweitig, z. B. durch eine Unterschrift, ein Anerkenntniß, einen Beglaubigungsvermerk oder durch eine ausdrückliche Gesetzesvorschrift eine besondere Beweiskraft beigelegt ist: n. 44a, § 348 n. 8, OT. 56 (GA. V, 277: betr. die zur Kontrole des Transports der Geld­ briefe dienende Postgeldkarte), OT. 61, 62, OA. 68, Münch. (O. II, 115. 316; IX, 243; StZ. III, 372). Im Uebr. vgl. § 271 n. 6. 105. Desgleichen nicht das zur Kontrole rc. des Arbeitsverdienstes eines Lohnschreibers geführte Verzeichniß (sog. Kanzleizettel), so lange nicht seine Richtigkeit amtlich beglaubigt ist: OT. 3. Febr. 54. Dagegen ist eine solche amtliche Beglaubigung eine öffentliche Urkunde. OT, 70, 71, 72 (O. XI, 574; XII, 428; XIII, 310). . 106. Die Schätzungen der amtlich bestellten Hypothekenschätzer (in Bayern) sind keine öffentlichen Urkunden; sie erlangen öffentlichen Glauben erst mit ihrer vorschriftsmäßigen Verlautbarung; so: Münch. (BE. I, 252). Doch erkannte RI. 26. Nov. 85 (E. XIII, 112) denselben die Eigenschaft rechtserheblicher Privatur­ kunden zu, selbst wenn sie nicht als Beilagen zu hypothekenamtlichen Protokollen oder zu Notariatsurkunden genommen seien. 107. Jnhaberpapiere (Banknoten, Aktien rc.) sind, obschon § 149 sie unter gewissen Voraussetzungen dem Papiergelde gleichstellt, gleichzeitig unzweifelhaft (öffentliche oder Privat-)Urkunden, sollte es auch an der zur gültigen Ausstellung derartiger Papiere erforderten landesherrlichen Genehmigung fehlen: OT. 65 (O. V, 472). — In Betreff der Sparkassenbücher und der einzelnen Einträge in dieselben vgl. Dresd. (SGZ. 22 s. 336) und oben n. 45. 108. Dom Staate ausgegebene Stempelpapiere, Stempelblankette,

Stempelabdrücke, gestempelte Briefkuverts, Stempel-, Post- und Telegraphen. Freimarken, welche zu künftiger Verwendung auf Vorrath angefertigt werden, und keine außerhalb ihrer liegende Thatsache beweisen, ermangeln der Urkundenqualität: sie stellen (wie das Papiergeld) nur Staats-Werthzeichen dar, deren Fäl-

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Urkuirdeufälschung. — § 267.

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schung rc. zum Gegenstunde besonderer Strafvorschriften gemacht ist; vgl. §§ 275. 276. 364, EG. § 2 Abs. 2, Telegr.-Mark.-Ges. v. 16. Mai 1869 § 2, Wechfelst.-Ges. v. 10. Juni 1869 §23, NPostges. v. 28. Okt. 1871 § 27 Nr. 3, SGZ. IV, 389, Rill. 12./19 Nov. 88 (E. XVIII. 286: speziell bez. der Stempelmarken); sie werden auch nicht zu Urkunden durch das Versehen mit dem Entwerthungszeichen: eit. 91111. Nov. 88. — Dagegen sind die amtlichen Entwerthungszeichen selbst, sofern sie als solche erkennbar sind, z. B. der Poststempel . auf einer Postfreimarke (vgl. n. 97), öffentliche Urkunden, und die (instruktionsmäßig vorgeschriebenen) gleichem Zwecke dienenden Privatvermerke Privaturkunden; a. M. (anscheinend): RI. 8. Nov. 88 (eit. E. XVIII, 290); vgl. indessen § 274 n. 11, § 275 n. 12, § 276 Abs. 2, § 364. 108a. Im Uebrigen vgl. § 271 n. 6. 14, § 248 n. 3ff. — In der mißbräuch­ lichen Wiederverwendung von Stempelmarken (Krankenversicherungsmarken) und anderer Werthzeichen i. S. der §§ 275. 276 StGB, kann eine Urkundenfälschung nicht gefunden werden. RI. 18. Nov. 97 (E. 30, 329); IV. II. April 99 (E. 32, 116: Alters-Verflch.-Marken). Als srechtserhebliche^ Privat-Urkunden sind in der Rechtsprechung erachtet worden: 109............. eine Vollmacht, selbst wenn sie auf einen nicht näher bezeichneten Ueberbringer lautet: OT. 29. Jan. 55 (Entsch. dess. 30 s. 308), OT. 61, 62 (O. I, 133; II, 108), sie ist kein bloßes „Legitimationspapier" (§ 363): OT. 69 (O. X, 521). Dabei ist es gleichgültig, ob aus der Schrift die Annahme des Auftrages durch den Bevollmächtigten hervorgeht: OT. 22. April 54. — Das Gesagte gilt auch von einer Vollmacht zum Empfang milder Beiträge, zu deren Leistung gleichzeitig auf­ gefordert wird: OT. 65 (O. VI, 164); insbesondere von einer Kollektenliste, welche in objektiv erkennbarer Weise hergestellt ist, um die eingegangenen und vom Be­ auftragten abzuliefernden Beitrüge nachzuweisen: OT. (O. XVI, 61), vgl. n. 140a. Ebenso von dem an einen Dritten gerichteten Aufträge „an eigene Ordre" (d. h. also an einen künftig erst zu benennenden Dritten) auszuzahlen, sowie von dem darunter gesetzten Aeeeptationsvermerke deS Adressaten (§ 251,1, 16 ALR. trifft hier nicht zu): OT. 55 (GA. III, 713). 110. ...... ein Bestellbrief (Bestellzettel), auch wenn er keine Bevoll­ mächtigung enthält (er bekundet die Zustimmung zu einem abzuschließenden Kauf­ geschäfte): OT. 8. Okt. 62 (O. III, 64), Dresd. (StZ. I, 297). Ob die Bestellung mit gleichem Erfolge mündlich hätte bewirkt werden können, ist gleichgültig: OT. 5. Dez. 60 (O. I, 159). Auch ist es nicht unerläßlich, daß der Bestellbrief an einen namentlich bezeichneten Adressaten gerichtet sei, sofern aus demselben ersichtlich ist, Absender wolle die Ausführung der Bestellung durch irgend einen dazu Befähigten gutheißen: OT. 61 (O. I, 133); ähnlich indirekt: OT. 62 (ib. II, 208); a. M.: OT. 4. Jan. 56. — Ist der Adressat bezeichnet, so schaden kleine Ungenauigkeiten in der Rechtschreibung seines Namens re. nicht: eit. OT. 8. Okt. 62. — Der Bestellbrief verliert die Eigenschaft einer (beweisenden) Urkunde dadurch nicht, daß eine gesetzwidrige (z. B. durch Einschwärzung zu bewirkende) Art der Erfüllung ausbedungen wird: OT. 19. Okt. 54. Bez. der Bestellung bezw. Kaufsofferte eines in Wirklichkeit nicht existirenden Gegenstandes vgl. jedoch oben n. 50. 111............. ein zweiseitiger, nur von einem der Kontrahenten unterzeichneter Vertrag insofern, als er mindestens für den Unterzeichner verbindlich ist: OT. (O. XII, 592). Desgleichen ist ein schriftliches Darlehnsgesuch, selbst wenn es nicht gleichzeitig eine Bevollmächtigung zur Empfangnahme des Darlehns enthält, eine Urkunde; zwar beweist es nicht die Hergäbe eines Darlehns, wohl aber, daß der Betreffende seinerseits die Zustimmung zu einem abzuschließenden pactum de mutuo *dando gegeben habe, aus welcher gegen ihn Schadensersatzansprüche herge­ leitet werden könnten, wenn er später die Annahme des Darlehns verweigert: OT. 67 (O. VIII, 127), welches Gewicht darauf legt, daß im Falle der Hingabe und Annahme einer Geldsumme aus jenem Schreiben ihre Qualität als Darlehn gefolgert werden könne; daß dürfte aber, da es nicht objektiv durch die Schrift dargethan ist, zur Annahme der Urkundenqualität nicht genügen. Dagegen ist das Schreiben, wodurch Jeinand seinen Vater um eine Geldsumme, ein Rechtsanwalt seinen Cli­ enten um einen Vorschuß bittet, nicht als Urkunde zu betrachten; a. M-: OT. 67, 64 (O. XIII, 281; V, 305).

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Thl. II. Abschn. XXIII. Urkundenfälschung. — § 267.

112............. eilte Schrift, welche eine Verbürgung enthält, selbst, wenn sie die Hauptschuld nicht genau bezeichnet: OT. 62 (O. II, 404). Verbürgung kann in einer schriftlichen Bitte, „einem Dritten Kredit zugeben" gefunden werden: OT. 66 (D. VII, 652). Die Mitunterzeichnung einer fremden Schuldverschreibung mit betn Zusätze: „als Bürge" stellt eine gültige Verbürgung dar (§ 202, I, 24 ALR.): OT. 68 (O. IX, 368). Ueber die Verbürgung einer Frau vgl. n. 137. 113............. (mindestens unter Umständen) eine Rechnung, obwohl sie nur die einseitig ausgestellte Behauptung eines Rechtsanspruchs ist: Rlll. 1. Juli 82, SRIV. 8. Juli 84 (R. IV, 660; VI, 529: z. B. wenn sie geeignet fei, dafür, daß nicht mehr, als in ihr enthalten, gefordert oder daß eine Arbeit rechtzeitig geliefert worden sei, Beweisbehelfe zu bieten: eit. Rill.), RI. 5. März 88, RIV. 9. Juni 91 (R. X, 205; GA. 39 s. 229: scheinen Rechnungen unbedingt hierhin zu zählen); a. M.: OT. 53, 58, 66 (GA. II, 281; VI, 138; O. VII, 17). 114................ eilte gerichtlich eingereichte und prüsentirte Klageschrift: Rll. 20. Jan. 80 (E. I, 155: sprach dies mindestens bedingt aus); vgl. auch RIV. 19. März 86 (E. XIV, 1: betr. eine nach § 696 CPO. zu beurtheilende Ladung), andererseits jedoch OT. 69 (O. X, 394). Dasselbe erkannten RI. 20. Dez. 86, Rl V. 15. Mai, 21. Febr. 88, 11. Nov. 92 (R. VIII, 770; X, 396; GA. 36 f. 178; 40 s. 324) bez. einer bei der Staatsanwaltschaft (oder Militärgericht: Rll. 20. Dez. 95, E. 28, 75) eingereichten Strafanzeige, RIV. 24. März 93 (GA. 41 s. 37) von einer Schrift, durch welche die bei Gericht angebrachte Klage zurückgenommen wird, RIV. 13. Juni 93 (E. XXIV, 210) von der einen Strafantrag zurücknehmenden Schrift, selbst, wenn das betr. Vergehen kein Antragsvergehen fei: es komme nicht auf die konkrete Sachlage, sondent auf den Inhalt der Schrift an sich an. In Betreff eines Exekutionsgesuchs vgl. OT. (O. XV, 185; GA. 27 s. 112). — Eine Privat­ bescheinigung über Thatsachen, auf Grund deren gemäß § 766 EPO. eine EinWendung gegen die Zwangsvollstreckung hergeleitet werden soll, ist eine beweiserheb­ liche Urkunde. »II. 4. Nov. 98 (GA. 46, 439). 115.............ein Brief, durch welchen sich Jemand einer Strafthat schuldig bekennt: RII. 22. Sept. 82 (E. VII, 47); eine Anzeige beim Bezirkskommando: RII. 21. April 99 (E. 32, 133). 116.............eilte Quittung, auch wenn sie nur als Rechnungsbeleg gefordert oder zu Gunsten eines nicht genannten „Inhabers" ausgestellt ist: OT. 70 (O. XI, 35), oder wenn sie ersehen läßt, daß nicht an den zum Empfang berechtigten Gläu­ biger, .sondern an einen Dritten gezahlt ist; sie beweist immerhin die Thatsache der Zahlung und kann eventuell einen Anspruch auf Rückzahlung begründen: OT. 55 (GA. III, 714); a. M.: OT. 64 (O. IV, 477: betraf die Vernichtung der Quittung; auch hier konnte indessen nicht die Urkundenqualitat, sondern nur die Frage zweifel­ haft sein, ob die Vernichtung „zum Nachtheile" eines Anderen geschehen sei; vgl. § 274 Nr. 1). 117................ eine schriftliche Ausstandsbewilligung für die Erfüllung einer Verbindlichkeit, auch dann, wenn sie ohne Angabe einer Fristbestimmung erfolgt, daher jeden Augenblick widerruflich ist: OT. 8. Sept. 58; ähnlich: OT. 6. März 63. 118................ eine Abrechnung, welche die gegenseitige Aufrechnung dokumentirt, und den danach dem Einen zukommenden Saldo feststellt, sollte dieselbe auch die einzelnen zur Berechnung gekommenen Posten nicht enthalten: OT. 62 (O. III, 7). 119.............der Pfandschein einer Leihanstalt; die dort vorfindliche Angabe (Veranschlagung) des Werths des verpfändeten Gegenstands ist rechtserheblich: RI. 19. Okt. 82 (E. VII, 422). 120............... die von der Verwaltung des Totalisators ausgegebenen sog. Tickets: Rill. 10. Dez. 94 (E. XXVI, 302), RIV. 2. Juni 96 (E. 28, 401) und die in größeren Ladengeschäften üblichen sog. Kassenzettel: RII. 12. Okt. 00 (GA. 47, 436), Münch. (BE. VII, 526). 121............jede einseitige Bescheinigung eines Kontrahenten, daß ein zwei­ seitiger Vertrag wieder aufgelöst sei, oder daß er von demselben zurücktreten wolle: OT. 17. Mai 54; a. M. (bez. eines Dienstentlassungs-Zeugnisses): OT. (O.

Thl. II. Abschn. XXIII. Nrkllndenfälschung. - § 267.

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122........... die schriftliche Erklärung des Vaters, betr. die Genehmigung des Eintritts seines minderjährigen Kindes in den Gesindedienst, sowie ein Schriftstück, durch welches die Eltern schulpflichtiger Kinder deren Schulversäumnisse entschuldigen: RH. 8. Juli 90, RIV. 28. Nov. 90 (E. XXI, 56. 187). 123.............. ein Reklamationsgesuch, betr. Zurückstellung vom Militärdienste: RIV. 23. Sept. 84 (R. VI, 558). Bez. eines an einen Soldaten behufs Nrlaubserlangung gesandten, die Krankheit eines nahen Angehörigen meldenden Briefs vgl. RiV. 7. Jan. 93 (GA. 40 s. 441). 123a........... ein Schriftstück, in welchem von einer Gemeindebehörde gegen die Ertheilung einer Schankerlaubniß Widerspruch erhoben wird, falls nach den maßgebenden ländesrechtlichen Vorschriften jene Behörde ohnehin vor der Ertheilung gutachtlich zu hören ist: RIV. 12. März 95 (E. XXVII, 91). 123b............ ein Stimmzettel, sobald er in die Wahlurne gelegt ist (früher nicht): MM. 19. Okt. 91 (E. XXII, 182: betr. die Wahl eines Braunschw. GemeindeVorstehers); vgl. OT. (O. XX, 9), Olsh. n. 19. 124........... die einem Telegraphenbüreau zum Telegraphiren eingehändigte Aufzeichnung, wenn sie inhaltlich den Voraussetzungen einer solchen entspricht und eine Unterschrift trägt: sie würde in einem zwischen dem Adressaten und dem Absender entstandenen Rechtsstreite ein Beweismittel für die von letzterem ausge­ gangene Erklärung darstellen: Münch. (StZ. III, 220), OHG. (Entsch. dess. 21 s. 351); vgl. OT. 61 (Entsch. dess. 45 s. 57: entschied, daß eine solche Aufzeichnung dem Erfordernisse der schriftlichen Errichtung eines Vertrages genüge). Förster, Th. it. Pr. I, 452; a. M.: Bind. I, 110. — Dagegen ist die Aushändigung derselben an den Telegraphenbeamten kein „Gebrauchmachen" im Sinne des § 267, weil dieser jenem Beamten gegenüber gemachte Gebrauch nicht den rechtserheblichen Inhalt der Urkunde zum Gegenstände hat (n. 27), sondern sich lediglich auf die Iden­ tität des Absenders bezieht, in Betreff welcher die Niederschrift nichts beweist: RPl. 6. März 83, 9*111. 15. Mai 80 (E. VIII, 92; R. I, 793), dt. Münch., id. (BE. VII, 519), Geiler, BA. 43 s. 330; vgl. Telegr.-O. v. 21. Juni 1872 § 10; a. M.: cit. OHG., Dambach und (anscheinend) Darmst. (GSaal 23 s. 293; 28 s. 616). Im Uebrigen Vgl. n. 63. 125.............. ein Frachtbrief: 9*111. 18. Dez. 80 (E. III, 169: betraf die Fäl­ schung der Gewichtsangabe), 9*1. 11. Jan. 86 (R. VIII, 30: selbst in Betreff eines vor dem Abschluß des Frachtvertrags ausgestellten, letzteren mithin nicht bekunden­ den Frachtbriefs). Diese Eigenschaft ist auf die nicht vom Absender in den Frachtbrief aufgenommene, sondern vom Frachtführer (der Dersendungsanstalt) demnächst hinzugefügte Frachtberechnung nicht auszudehnen; sie ist nur eine aufgestellte Rech­ nung: OT. (Pl.) 9. Jan., 5. Juni 71 (O. XII, 21. 307); vgl. n. 113; a. M.: 9*111. 8. Mai 80 (R. 1,751: mindestens, sofern und nachdem der Frachtbrief angenommen sei); vgl. Dresd. (StZ. V, 129: mindestens in Betreff der Frachtbriefe einer Eisen­ bahnverwaltung, vgl. Formular zum Betriebsregl., BGbl. 1870 s. 419 ff.), Münch. (BE. IV, 126: sogar eine öffentliche Urkunde, falls sie von einem Organ der Staatseisenb.-Verwaltung herrühre). — Das Gegentheil gilt von der einem Fuhrknechte eingehändigten Rollkarte, d. h. dem Verzeichnisse der zu verfahrenden Stücke, der Adressaten und der zu erhebenden Frachtsätze; sie ist keine Urkunde; so: cit. OT. (Pl.) 5. Juni 71. 125a.............. die schriftliche Auskunft eines' gewerbsmäßigen Auskunftsbüreaus: 9*11. 1. März 98 (E. 31, 59); ein sog. Beibuch als solches im Gegensatz zu dem in ihm enthaltenen, auf die einzelnen Geschäfte bezüglichen Eintrage: RIV. 7. Juni 98 (E. 31, 175); Vermerke, durch welche in einer kaufmännischen Kladde die geschehene Uebertragung des betr. Postens in das Hmlptbuch dokumentut wird: R1I. 8. Febr. 01 (E. 34, 131): sog. Gegenbücher: 9*. 17. Juni 90 (GA. 38, 327); Arbeits- und Lohnmarken: R. 31. Jan. 81 (E. 4, 3); Wochenzettel über gelieferte Arbeiten: 9*. 29. Okt. 84 (E. 11, 183); der Holzverabfolgungszettel eines Pr^ Oberförsters: Rill. 17. Okt. 98 (GA. 46, 431), vgl. n. 100; das schriftliche Verlangen um Aufnahme einer Berichtigung im Sinne des Preß-G.: 9HI. 13. Febr. 00 (E. 33, 137); die Bescheinigung eines Fleisch, beschauers über untersuchtes Fleisch behufs Einführung in eine Stadt mit Schlachthauszwang: 9*11. 21. Febr. 96 (E. 28, 227). Im Uebr. vgl. n. 70. 75. 80. 85. 97. 106-108. 126 ff.

712

Tht. II.

Abschn. XXIII.

Urkundenfälschung. — § 267.

126. Ein (gezogener oder eigener) Wechsel, sowie jedes in demselben ein­ getragene Nebengeschaft (Annahme des Bezogenen, Giro, Wechselbürgschaft, Pro­ longation ic.) sind unzweifelhaft Urkunden. Das gilt auch von erneut auf eigene Ordre gezogenen, vom Bezogenen acceptirten, aber noch nicht girirten Wechsel (er hat für den Aussteller volle Wirksamkeit: WO. Art. 23): OT. 62 (O. II, 542); vgl. n. 128. - Das Gegentheil nahm OT. 69 (O. X, 212) an in Betreff eines von einem Andern als dem Bezogenen auf den Wechsel gesetzten Annahme­ vermerks, welcher sich nicht als Ehrenannahme kennzeichne; a. M.: Dresd. (StZ. IV, 187). 127. Eine Schrift, welche wegen irgend eines Formmangels nicht als Wechsel Geltung hat, ist doch als Urkunde anzusehen, wenn durch sie nach irgend einer andern Richtung hin ein für ein Recht re. erhebliches Moment bewiesen wird, z. B. wenn sie einen schriftlichen Zahlungsauftrag oder eine Anweisung dar­ stellt: OT. 10. Dez. 56, 30. Jan. 57; vgl. n. 56. Demgemäß ist ein vom Ehemann auf die Ordre seiner mit ihm in Gütergemeinschaft lebenden Ehefrau ge­ stellter, von letzterer auf einen Dritten „girirter" Wechsel eine Urkunde: OT. 25. Febr. 59. — Das Gesagte gilt namentlich auch da, wo eine Schrift zwar keinen vollständigen Wechsel, wohl aber ein wesentliches Erforderniß eines solchen enthält, so daß sie durch spätere Zusätze zum vollständigen Wechsel gemacht werden kann. Hiernach sind ein auf eigene Ordre gezogener, weder mit einem Giro noch mit einem Aceepte versehener, und ein auf eigene Ordre gestellter eigener oder trassirt-eigener Wechsel, welcher mit keinem Giro versehen ist, ohne Rücksicht auf die Streitfrage, ob sie wirklich „Wechsel" seien (vgl. in dieser Beziehung StA. 26 s. 298; 39 s. 1, Volkm. u. Löwy, Wechsel-O. s. 46. 360), „Urkunden", weil die Unterschrift des Ausstellers rc. für das (in dem Schriftstücke genügend erkennbar gemachte) Rechtsgeschäft ein wesentliches Merkmal darstellt: OT. 65 (O. VI, 314), DreSd. (SGZ. XIX, 292); a. M.: OT. 15. Febr. 56, 9. Dez. 58 (JMbl. 59 f. 58), welche mit Unrecht darauf das entscheidende Gewicht legen, daß ein solches Schriftstück in seinem jeweiligen Zustande weder ein Recht noch eine Pflicht begründe (nur die Beweiserheblichkeit kommt in Frage; deshalb ist es auch ohne Bedeu­ tung, daß aus einem solchen unvollständigen Wechsel ein Berechtigter noch nicht zu ersehen ist). 128. Schriftliche Aufzeichnungen, welche ein Wechsel-Nebengeschäft (Aecept, Giro, Wechselbürgschaft re.) darstellen, sind selbst dann Urkunden, wenn die Schrift in ihrem übrigen Hauptinhalte nicht als vollständiger Wechsel anzusehen ist, sobald nur aus dem Gesammtinhalte erhellt, daß der Vermerk ein Wechsel-Nebengeschäft znm Ausdruck bringe. Das trifft namentlich da zu, wo ein solcher Vermerk, z. B. ein unterzeichnetes Aecept (Giro), sich auf einem (gar nicht oder nur theilweise ausgefüllten, oder nicht unterzeichneten) Formular eines gezogenen Wechsels findet: RI. 3. Mai 80, Rill. 28. Okt. 82 (R. I, 715; E. VII, 183), OT. 64, 65, 67, 76, OA. 69 (O. IV, 398; V, 439; VI, 80; VIII, 558; X, 703; XVII, 28), Dresd. (StZ. III, 371; IV, 130; SGZ. XXII, 174), Münch. (BE. IX, 412). Vgl. auch Rill. 18. Mai 93 (E. XXIV, 192: hier war ein an eigene Ordre des Ausstellers lautender, eines Giros desselben als Remittenten entbehrender Wechsel mit Blankoindossamenten versehen worden) und § 269 n. 5. Als Aeeept ist nach Art. 21 der WO. die auf dem unvollständigen Wechsel ohne weiteren Beisatz sich findende Namensschrift des Be­ zogenen anzusehen. Ist der Bezogene noch ungenannt, so genügt jede auf ein Wechselformular gesetzte fremde Namensschrift, welche durch spätere Einschreibung des Namens des Betreffenden als Bezogenen die Bedeutung eines Aeeepts zu erlangen geeignet sind. Dasselbe gilt von einer auf ganz leerem Papier sich befindenden, eine Wechselannahme in sich schließenden unterzeichneten Erklärung, nicht aber von einer bloßen Namensschrift auf sonst ganz leerem Papier, weil aus ihr allein die Natur des Rechtsgeschäfts, zu welchem dieselbe mißbraucht werden kann, noch nicht erkennbar wird (n. 53). 129. Die Fälschung eines Giros ist selbst dann strafbar, wenn ein vorhergehendes Giro mangelhaft, und somit die rechtliche Wirksamkeit des folgenden in Frage gestellt ist: Dresd. (SGZ. XV, 184). 130. Wer als unrechtmäßiger Inhaber (z. B. als Dieb, Finder), mithin un­ befugter Weise ein auf dem Wechsel befindliches Blanko-Giro auf einen Andern ausfüllt, begeht eine Wechselfälschung: OT. 62 (O. III, 155). Das Gegentheil dürfte gelten, wenn er seinen eigenen Namen einschreibt; vgl. § 269 n. 6.

Thl.

ir.

Abschn. XX11L Urkundenfälschung. — § 267.

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131. Die Löschung eines unter entern Blanko-Indossament befindlichen aus­ gefüllten Indossaments stellt (arg. Art. 36 der WO.) unter den geeigneten Voraus­ setzungen eine Wechselfälschung dar: OT. 62 (cit. n. 130: Beil.). 132. Ziehung eines Wechsels auf eine nicht existirende Person (sog. Keller­ wechsel) ist keine Urkundenfälschung, sondern kann nur unter den Begriff des Be­ trugs fallen; der Wechsel ist echt und der Zieher haftet nach Wechselrecht; die Nicht­ existenz des Bezogenen hat keine andere Wirkung, als die verweigerte Acceptation dltrch den existirenden Bezogenen; das Gegentheil gilt von Bern einem solchen Wechsel unter dem Namen einer fingirten Person hinzugefügten Accepte; ebenso: RI. 26. Jan. 82 (R. IV, 74). 133. Die Benachrichtigung, welche der Inhaber eines Mangels Zahlung protestirten Wechsels an seinen Dormann absendet (WO. Art. 45), ist eine Ur­ kunde; das ist aber auf eine in das Schreiben mit aufgenommene unquittirte Retourrechnung nicht auszudehnen: OT. 63 (O. IV, 93); vgl. n. 113. 134. Mit Rücksicht auf das unter n. 54 Gesagte ist ein Wechsel, bezw. Accept selbst nach Ablauf der dreijährigen Frist des Art. 77 der WO. eine Urkunde; so: RH. 5. Febr. 84 (R. VI, 89), ein Schuldschein, durch welchen sich Jemand zu einer bestimmten Leistung verpflichtet, selbst dann, wenn er wegen Nichtangabe des Verpflichtungsgrundes zur Begründung einer Klage nicht ausreicht: OT. 65, 66, 67 (O. V, 472; VI, 314; VII, 290; VIII, 250). — Die Ungültigkeit der einem Schuldbekenntniß zugefügten Pfandverschreibung benimmt jenem nicht die Urkundenqualität: OA. (O. XIII, 142). 135. 136. Ebenso verhält es sich, wenn eine in ihrer Dispositionsfähig, keit beschränkte Person ohne den erforderlichen Beistand ein Rechtsgeschäft abgeschlossen hat. Die ihre Einwilligung beweisende Schrift ist eine Urkunde, da diese Einwilligung ein wesentliches Erforderniß für das Zustandekotnmen jenes Geschäfts ist; auch hier können die übrigen Erfordernisse durch andere Beweismittel ergänzt werden; eventuell begründen solche Schriften ein Rückforderungsrecht des dem Dispositionsunfähigen Gegebenen, insofern es noch vorhanden oder nützlich verwendet ist (ALR. II, I § 334): OT. 59 (GA. VII, 845). 137. Das Gesagte (n. 136) trifft zu, wenn eine Ehefrau ohne Einwilligung des ManneS Verträge schließt: OT. 66 (£>. VII, 62), z. B. eine Vollmacht ausstellt, sollte auch nicht feststehen, daß einer der Spezialfälle vorliege, in welchen sie ohne den Mann dazu befugt ist: OT. 23. April 53, oder sich verbürgt, ungeachtet es an den Voraussetzungen der rechtlichen Wirksamkeit der Verbürgung fehlt; a. M.: OT. 53 (GA. II, 261), John, Z. f. StR. IV, 32. 138. Handelsbücher find nicht als Urkunden zu betrachten, da sie für sich allein zum Beweise für irgend ein thatsächliches Moment nicht geeignet sind (n. 53); a. M.: Rill. 9. Febr. 81 (E. IV, 4). Meyer n. 7, Rüd. n. 8, Merkel s. 789, ML. s. 935; vgl. Dresd. (SGZ. XV, 84), Puch. f. 271. Eine Mittelmeinung vertritt RII. 8. Juli 90 (GA. 38 s. 342: es komme im Einzelfalle darauf an, ob bei der kaufmännischen Buchführung, wie es regelmäßig zutreffe, nur der Zweck verfolgt worden, dem Geschäftsinhaber Kenntniß von der Geschäftslage zu verschaffen, oder ob sie gleichzeitig Bestimmt gewesen sei, jenem oder Anderen ein Beweismittel zu verschaffen; es handelte sich i. c. um ein unterdrücktes Cassabuch: § 274). Keinesfalls sind Einträge unwahren Inhalts oder spätere Abänderungen richtiger Einträge durch den Berechtigten (n. 11. 18) aus § 267 zu bestrafen: 911. 23. Jan. 82 (E. V, 430), Dresd. (StZ. V, 122), Mommsen, GSaal 36 s. 43; a. M.: John 1. c. s. 48 ff. 139. Desgleichen nicht Bescheinigungen, welche ein Verpflichteter sich selbst über angeblich von ihm geleistete Zahlungen ausgestellt hat: OT. 69 (O. X, 132). 140. Ein Preiskourant ist gleichfalls keine Urkunde (das dadurch bekundete Angebot bindet nicht). 140a. Ebenso ein schriftliches Gesuch um ein Almosen: OT. 53, Dresd. (GA. 2 s. 261; 19 s. 537); vgl. RI. 8. Jan. 94 (ib. 42 s. 27: Fall, wo dem Bettelbriefe fälschlich ein Name als derjenige eines Almosenspenders beigefügt war). 141. Ferner sind (regelmäßig) keine Urkunden im Sinne des § Privatschriften, welche eine Anzeige oder ein außergerichtliches Zeugniß über irgend welche

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Thl. II. Abschn. XXIII. Urkundenfälschung. — § 268.

§ 268. Eine Urkundenfälschung, welche in der Absicht begangen wird, sich oder einem Anderen einen Vermögens­ vortheil zu verschaffen oder einem Anderen Schaden zuzufügen, wird bestraft, wenn Thatsachen enthalten, da ihnen als solchen, trotz des Grundsatzes der freien BeweisWürdigung, die Beweisfähigkeit bezw. Beweiserheblichkeit bez. der Existenz jener Thatsachen mangelt: RH. 16. Dez. 81, Rlll. 5. 12. März 83, 8. Apr. 89 (E. V, 262; VIII, 187; XIX, 174), «III. 3. Febr. 92 (GA. 39 s. 426: beb. die Beglaubigung der Unterschrift des Sohnes), Rill. 20. Nov. 93 (E. XXIV, 395: beb. das außergerichtliche, unbeeidigte Gutachten eines privaten Sachverständigen). Doch nimmt eit. RIl. 16. Dez. 81 die Fülle aus, wo es sich um eine bloße Glaubhaftmachung ttn Sinne der CPO. handelt (oben n. 53 a) und es huldigen citt. 91111. 5. 12. März 83, 8. Apr. 89 augenscheinlich derselben Ansicht; vgl. ferner »II. 17. Mai 95 (E. XXII, 239: erachtete eine einem Pr. Vormundschaftsrichter gemachte schriftliche Anzeige als rechtserhebliche Privaturkunde, weil der Vormundschaftsrichter bei Feststellung derjenigen Thatsachen, auf Grund deren er seine Anordnungen zu treffen habe, an keine Be­ weisregel gebunden sei), »II. 4. Nov. 87 (R. IX, 555: beb. einen von einem Jagdberechtigten ausgestellten Wildpassirschein), »IV. 19. Apr. 67 (R. IX, 250: Mot.), John 1. c. s. 40ff. 69., »IV. 28. Nov. 90 (E. 21, 187: Bescheinigung beb. Entschuldigung wegen Schulversäumniß). 142. Während eine schriftliche geschäftliche Empfehlung gemäß »I. 19. Apr. 86 (R. VIII, 298) unter Umständen als (rechtserhebliche) Privaturkunde in Betracht kommen kann, mangelt diese Eigenschaft einem bloßen Privatführungsatteste (vgl. jedoch »IV. 10. Apr. 88, E. XVII, 298: Mot.), sowie dem Atteste eines Privat­ arztes über einen Gesundheitszustand rc. (§§ 277—279). 143. Gleiches gilt von einem ärztlichen Rezepte; ebenso: Carlsr. 81 (BA. 47 s. 68); a. M.: »II. 12. Okt. 88, »IV. 16. Apr. 89 (E. XVIII, 149; GA. 37 s. 190), Dresd., Stuttg. (SGZ. XVII, 179; WGbl. XII, 408; ersteres Erk., weil das Rezept zur Rechtfertigung des Arztes oder Apothekers dienen könne, letzteres, weil ein gehörig datirtes und unterschriebenes Rezept u. a. einen Beleg für die Forde­ rung des Apothekers und ev. die Grundlage für Ansprüche gegen einen Arinenverband bilde); das Gegentheil tritt ein, wenn dasselbe von einem Gemeindebeamten nlitunterzeichnet bezw. vistrt ist, um die Zahlungspflicht der Gemeinde zu begründen; alsdann stellt es sogar eine öffentliche Urkunde dar: Dresd. (SGZ. XVII, 180). 144. 145............... ebenso endlich von allen unbeglaubigten Abschriften einer Urkunde, sofern ihnen nicht durch ein besonderes Gesetz eine Beweiskraft beigelegt ist: »III. 19. Febr. 83 (A. VII, 322: von ganz besonders gestalteten Ausnahmefällen abgesehen), »IV. 3. Okt. 93, »III. 3. Dez. 94 (E. XXIV, 281; XXVI, 270), OT. 53 (GA. II, 260), Dresd. (StZ. V, 105); »II. 26. Jan. 97, IV. 19. April 98 (E. 29, 357; 31, 110: es sei denn, daß sie eben nicht einfache Abschriften, sondem Originale sein sollen). In Betreff der beglaubigten Abschriften vgl. oben n. 46 a. 146. Ob die Urkunde eine in- oder ausländische, d. h. ob sie (in Wahrheit oder nach dem ihr fälschlich beigelegten Scheine) im In- oder Auslande hergestellt wurde, ist auch bei Privaturkunden gleichgültig. Die Frage, ob die Urkunde eine „öffentliche" sei, beurtheilt sich lediglich nach dem am ostensiblen Orte ihrer Entstehung geltenden Rechte; eine in diesem Sinne „ausländische" Urkunde ist daher selbst dann eine „öffentliche", wenn ihr letztere Eigenschaft nur nach dem beb. ausländischen, nicht nach den inländischen Gesetzen beiwohnt, und wenn, sie in Wahr­ heit im Jnlande angefertigt ist; vgl. »II. 26. Juni 83 (E. VIII, 372); »III. 24. Jan. 98 (GA. 46, 116); a. M.: Olsh. n. 7. 147. Zuständig ist Strafk.

§ 268. 1. Der § setzt eine „Urkundenfälschung", also den vollen Thatbestand des § 267 voraus, welcher durch die hier erheischte Absicht rc. näher qualisizirt ist; diese ist sonach prozessualisch als ein erschwerender („begleitender") Umstand zu behandeln: OT. 71 (O. XII, 599). Die zu jeder Urkundenfälschung erforderliche

Thl. II. Abschn. XXIII. Urkundenfälschung. — § 268.

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1) die Urkunde eine Privaturkunde ist, mit Zuchthaus bis zu fünf Jahren, neben welchem auf Geldstrafe bis zu dreitausend Mark erkannt werden kann; 2) die Urkunde eine öffentliche ist, mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren, neben welchem auf Geldstrafe von einhundertfunfzig bis zu sechstausend Mark erkannt werden kann. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängniß­ strafe ein, welche bei der Fälschung einer Privaturkunde nicht unter Einer Woche, bei der Fälschung einer öffentlichen Urkunde nicht unter drei Monaten betragen soll. Neben der Gefängniß­ strafe kann zugleich auf Geldstrafe bis zu dreitausend Mark erkannt werden. [I. Entw.: §§241. 244. 245; II. Entw.: § 263; — Pr. StGB.: §§ 247.250. 251.] Vgl. § 2339 Nr. 4. BGB. rechtswidrige Absicht muß auch hier ausdrücklich festgestellt, bezw. in die schwurgerichtliche Frage aufgenommen werden: Rl. 6. Dez. 80 (E. III, 168); vgl. übrigens n. 2. 2. In Betreff der Absicht einen Dermögensvortheil zu verschaffen" vgl. $ 263 n. 2 ff. Der letztere braucht nicht in einer Vermögensvermehrung zu bestehen; so: Manh., OT. (BA. 43 s. 305; O. XIX, 72); namentlich gehört auch die Abwendung eines Vermögensschadens hierhin: Rl. II. Febr. 86 (R. VIII, 112). Der gesuchte Dermögensvortheil muß (arg. § 263) ein rechtswidriger, d. h. ein solcher sein, den zu beanspruchen man kein Recht hat; vgl. § 263 n. 6. 7, Münch. (StZ. II, 327), Puch. n. 2, ML. s. 937; a. M.: RI. 5. Febr., 3. Mai 80, Rill. 16. Okt. 84, RII. 3. Okt. 90 (E. I, 186; II, 42; XI, 155; XXI, 67: der Thäter müsse zwar in rechtswidriger Absicht handeln, doch brauche diese nicht ans einen rechtswidrigen Dermögensvortheil gerichtet zu sein), RIV. 21. Okt. 98 (E. 31, 286: § 268 sei sogar anwendbar, wenn der gesuchte Vermögensvortheil nur in der Einbildung deS Thäters vorhanden ist), RI. 20. Juni 95 (E. XXVII, 300: bett. die Absicht, sich die in Hurenlohn bestehende Ausgabe zn ersparen), cit. OT., Schw. n. 2, Olsh. n. 1; die Stellung einer desfallsigen Frage hat jedoch, selbst, wenn sie beantragt ist, zu unterbleiben. — Es reicht bin, wenn die Absicht auf die Erlangung prozessualer Vortheile (z. B. einer Restitutwnsklage) gerichtet war: RII. 4. März 81 (E. III, 370: betraf eine Anzeige wegen Meineids), oder wenn sie dahin ging, für eine an sich begründete Forderung ungeachtet eines dem Schuldner zustehenden Zurückbehaltungs-Rechts sofortige Zahlung zu erlangen: Dresd. (StZ. III, 136), oder einen bereits erlangten, aber in seinem Fortbestände gefährdeten Vermögens­ vortheil sich zu sichen:, z. B. der Pflicht zur Erstattung unterschlagener Gelder sich zu entziehen: Rl. 7. Mai 80, 18. Dez. 81, 3. Juli 82, RII. 5. Febr. 84 (E. II, 53; X, 76; BA. 48 s. 51; R. IV, 669), Dresd. (SGZ. 22 s. 84; 23 s. 104); oder einem acceptirten Wechsel Verkehrsfähigkeit zu verschaffen: Münch. (BE. VIII, 63). Dasselbe gilt von der Erlangung eines herkömmlichen Geschenks: Darmst. 73 (HE. s. 79), von der Stundung einer Forderung, der Abwendung bez. Hinausschiebung einer drohenden Exekution und von der Aufnahme eines (ernstlich gemeinten) Darlehns; vgl. n. 8, § 263 n. 2. 3. 6, RI. 3. Mai 80 (E. II, 42), Dresd. (SGZ. 22 s. 84), Darmst. 75 (HE. s. 65), Stuttg. (StZ. V, 134. 135: ob hier die Absicht vorliege, sich einen Dermögensvortheil zu verschaffen, sei Thatfrage); desgleichen von der Schaffung eines Beweismittels für eine begründete Forderung; so: Manh. (BA. 45 s. 143). Jene Absicht ist selbst dann nicht nothwendig ausgeschlossen, wenn mittels der gefälschten Urkunde eine unbegründete Forderung gedeckt werden sollte, da hiermit gleichzeitig die Erlangung wirklicher Vermögensvortheile (z. B. Aufrechterhaltung einer Geschäftsverbindung, Hinausschiebung eines ungünstigen Prozeßangriffs) beabsichtigt sein kann; so: Dresd. (StZ. V, 133). Dagegen stellt

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Thl. II. Abschn. XXIII.

Urkundenfälschung. - § 268.

keinen Vermögensvortheil dar daS bloße Verhindern der Entdeckung (Feststellung) einer (vollendeten) Unterschlagung, Steuerdefraude rc. sowie das Bewahren vor der Verurtheilung zu einer criminellen Geldstrafe; vgl. § 263 n. 5, Rill. 1. Mai 80 (E. II, 34), ritt. RI. 18. Dez. 81, 3. Juli 82, Münch. (BE. VIII, 365); a. M.: Rill. 5. Juli 00 (E. 33, 333: betr. Geldstrafe), während bezüglich einer auf privatrecht, licher Grundlage, z. B. auf Statuten, beruhenden Geldstrafe (einer Conventionalstrafe) das Gegentheil gilt: RI. 11. Febr. 86 (R. VIII, 112). Desgleichen das Erwirken der Zustimniung eines Dritten zu einem Rechtsgeschäfte (z. B. zu einer Zahlung), wenn es dieser Zustimmung rechtlich nicht bedurfte: RI. 3. Juni 80 (E. II, 173). — Die Absicht der Verschaffung eines Vermögensvortheils liegt nicht in den Schritten zur Sicherung des Erfolges einer möglichen künftigen Handlung, welche aber auf den Bestand des Vermögens zunächst ohne Einfluß sind: RI. 20. Mai 97 (GA. 45, 260). 2 a. Der Eintritt des erstrebten Vermögensvortheils oder überhaupt die Reali. sirbarkeit des letzteren ist ebensowenig erforderlich, wie der Eintritt der beabsichtigten Schadenszufügung: RIV. 21. Okt. 98 (eit. n. 1) u. 9L 12. Febr. 80 (R. I, 350). 3. Die Absicht, sich oder einem Andern „ein besseres Fortkommen" zu verschaffen, ist, wie aus § 363 (vgl. dort n. 1) erhellt, für sich allein vom Gesetz, geber nicht als eine auf Verschaffung eines Vermögensvortheils abzielende angesehen worden; ebenso stellt die Erlangung irgend einer Stellung in der bürgerlichen Ge. sellschaft an sich noch keinen „Vermögensvortheil" dar, wenn nicht andere Umstände dabei zutreffen, welche einen solchen in Aussicht stellen; daher genügt zur Anwend, barkeit des § 268 nicht die Absicht, in einer Lehranstalt oder in einem Bordelle Aufnahme zu finden: OT. 52 (GA. II, 267), OT. 21. Dez. 55, noch derjenige, ein staatsbürgerliches Recht (z. B. das Jndigenat, den Adel), eine amtliche oder ge. werbliche (durch Prüfung oder staatliche Verleihung rc. bedingte) Stellung, oder ein Familienrecht, z. B. eine Herrath zu erlangen. Das Gegentheil gilt jedoch, wenn die durch eine solche Stellung in Aussicht gestellten Vermögensvortheile, z. B. durch eine Heirath eine „gesicherte Existenz" erstrebt worden (eine solche Absicht ist auf mehr als ein „besseres Fortkommen" gerichtet): OT. 15. Juli, 17. Dez. 53 (GA. II, 265). Ebenso ist die Absicht, eine freie Eisenbahnfahrt zu gewinnen, keine bloß auf ein „befferes Fortkommen", sondern auf Verschaffung eines rechtswidrigen Vortheils gerichtete; so: Dresd. (GA. XIX, 818). Inzwischen ist das Verhältniß des § 268 zu § 363 ein sehr streitiges und das Nähere hierüber zu § 363 n. 1 ff. mitgetheilt. 3a. Daß die durch den Gebrauch der Urkunde zu erzielende Täuschung schon allein hinreiche, um jenen Vortheil zu beschaffen, wird nicht erfordert; es genügt vielmehr, wenn der Gebrauch zur Herbeiführung dieses Erfolgs mitwirken konnte und der Angeklagte eben in solcher Absicht von der Urkunde Gebrauch machte: RIV. 25. Okt. 89 (E. XX, 6). 4. Der gesuchte Vermögensvortheil braucht nicht zugleich eine Beschädigung des Vermögens eines Anderen herbeizuführen (die Absicht, einen Schaden zuzufügen, genügt für sich allein): OT. (O. XV, 143); vgl. n. 8, § 263 n. 11. 5. Bei der „Absicht, einem Anderen Schaden zuzufügen", ist als „Schaden" jede Beeinträchtigung eines Rechts, jede ungünstigere Gestaltung des Rechtszustandes anzusehen; daß derselbe das Vermögen zum Gegenstände habe, ist hier nicht erforderlich: OT. 70 (O. XI, 192), Münch. (BE. VI, 270: betraf einen Schaden an der Ehre); es genügt daher die Absicht, Jemanden zu beleidigen: RII. 13. Febr. 00 (E. 33, 137), Rill. 5./12. März 83 (E. VIII, 187); a. M.: Merkel, HH. III. 800, ja, gemäß RIV. 11. Nov. 92 (GA. 40 s. 324) sogar die Absicht, Je. mandes gerechte Bestrafung herbeizuführen. Selbst die Verletzung eines öffentlicheil Interesses gehört hierher, z. B. wenn ein Militärpflichtiger sich dem Militärdienste zu entziehen sucht; vgl. § 274 („Absicht, einem Andern Nachtheil zuzufügen") und dort n. Iff. In Betreff der Vermögensbeschädigung vgl. § 263 n. 13 ff. Als Beschädigung des Vermögens des Staats ist die Entziehung einer (drohenden) crimi­ nellen Geldstrafe, z. B. die Verdeckung einer mit Geldstrafe verpönten Steuerdefraude, nicht zu erachten: Rill. 1. Mai 80 (E. II, 34); vgl. § 174 n. 7. — In der thatsächlichen Feststellung bedarf es nicht nothwendig der namentlichen BezeichnMg des zu Beschädigenden: OT. 24. Sept. 52. 6. Die im § erheischte Absicht muß nicht nur bei dem Gebrauche der Urkunde obwalten, sondern auch schon bei der Fälschung bestanden haben (sonst könnte ev.

Thl. II. Abschn. XXIII. Urkundensälschung. — § 269.

717

§ 269» Der fälschlichen Anfertigung einer Urkunde wird es gleich geachtet, wenn Jemand einem mit der Unterschrift eines Anderen versehenen Papiere ohne dessen Willen oder dessen Anordnungen zuwider durch Ausfüllung einen urkundlichen In­ halt gibt. [I. Entw.: § 242; II. Entw.: § 264; Pr. StGB.: § 248.] Vgl. § 2339 Nr. 4 BGB. nur § 270 Platz greifen, vgl. dort n. 2); ebenso: 91111. 2. Mai 98 (GA. 46, 315), RI. 21. Okt. 80 (R. II, 366). Daß diese Absicht erreicht worden und überhaupt thatsächlich erreichbar gewesen sei, ist auch hier nicht erforderlich; vgl. § 267 n. 5. 6; ebenso: RI. 5. Febr. 80 (E. I, 186). 7. Gemäß Darmst. 75 (HE. s. 68) ist unter der gedachten „Absicht" nur der gewollte, einen rechtswidrigen Vortheil oder eine rechtswidrige Beschädigung enthaltende Erfolg, nicht aber der Beweggrund eines solchen Willens (der Endzweck) und die weiteren denselben bestimmenden Momente zu verstehen (: i. c. hatte Jemand seiner kranken Frau den Schrecken einer gegen ihn eintretenden Vermögensexekution ersparen wollen; der Fall ist bedenklich). 8. Der durch den Gebrauch zu Täuschende braucht nicht identisch zu sein mit Demjenigen, welchem ein Schaden zugefügt werden soll, oder von welchem der Vermögensvortheil gesucht wird: RI. 5. Febr. 80 (E. I, 186). Daher reicht es hin, wenn zur Abwendung einer Exekution der damit beauftragte Exekutor oder das Gericht durch Vorlegung einer falschen Urkunde getäuscht ist, während der Ge­ winn auf Kosten des extrahirenden Gläubigers gesucht wird: OT. 7. Mai 53; insbesondere entspricht der Gebrauch vor Gericht unbedingt den Voraussetzungen des §, da der Richter ein vorgelegtes Beweisstück nothwendig berücksichtigen muß: OT. 30. Sept. 54, 18. Dez. 57; vgl. § 263 n. 60. 61, § 267 n. 26. 9. Im Falle der Nr. 1 wird selbstverständlich eine Privaturkunde der im § 267 gedachten Art vorausgesetzt. 10. Da die unter Nr. 1 oder 2 vorgesehene That ein Verbrechen darstellt, so ist auch der Versuch strafbar. Letzterer ist anzunehinen, sobald mit der Ausführung der Gesammtthat der Anfang gemacht ist, z. B. mit der Fälschung, sollte es auch noch nicht zu einer Gebrauchshandlung gekomuren sein, insofern nur der Wille des Angeklagten bei der Fälschung auf einen demnächst zu machenden Gebrauch gerichtet war: RI. 2. Okt. 82 (E. VII, 54), OT. 64, Münch. (O. IV, 270; VE. VI, 270). Dies gilt gemäß 9HV. 27. Mai 87 (R. IX, 352), Haager, BA. 43 s. 86 sogar dann, wenn der Angeklagte den Gebrauch nur bedingter Weise, bezw. im Falle, gewisser Eventualitäten, selbst solcher ihm nicht genehmer, beabsichtigte; a. M.: Manh. (ib.). — Der freiwillige Rücktritt von einer versuchten „Urkundenfälschung" (§ 46 Nr. 1, z. B. das Aufgeben des Willens, Gebrauch zu machen) hat Straflosigkeit zur Folge, selbst wenn die bereits gefälschte Urkunde nicht vernichtet worden ist; ebenso: Haager I. c. s. 87; a. M.: GM. II, s. 575 (verlangt Vernichtung der Urkunde). Ein solcher liegt jedoch gemäß Dresd. (SGZ. XX, 205) nicht vor, wenn der Thäter von der Urkunde nur deshalb keinen Gebrauch machte, weil es unter den obwaltenden, von seinem Willen unabhängigen Umständen zur Erlangung des beabsichtigten Dermögensvortheils jenes Gebrauchs nicht erst bedurfte. 11. Mit dem im § 268 vorgesehenen Verbrechen rc. kann ein Betrug (Betrugsversuch) ideell konkurriren; vgl. § 264 n. 1, 91111: 3. Dez. 79, Rl. 3. Mai 80 (E. I, 111; II, 42). Ueber reale Konkurrenz mit Unterschlagung vgl. R. 14. Dez. 86 (R. VIII, 762). 12. Zuständig ist im Falle der Nr. 1: Strafk.; im Falle der Nr. 2: Schwur.G. §

269.

1. Dieser § stellt der in den §§ 267. 268 gedachten „fälschlichen Anfertigung" die widerrechtliche Ausfüllung eines Blanketts gleich. Er setzt daher im Uebrigen den Thatbestand eines der gedachten §§ voraus, also auch den Gebrauch der Urkunde: Mot. s. 132, und bei einer Privaturkunde die Rechtserheblichkeit: Dresd. 17. März

718

Thl. II. Abschn. XXIII. Urkundenfälschung. - § 269.

73 (St. II, 24). Demgemäß sind sämmtliche in § 267 (§ 268) erforderten BegriffsMerkmale ausdrücklich festzustellen: RH. 18. Jan. 81 (E. III, 227). 2. Das Papier muß „mit der Unterschrift eines Andern versehen" sein; daraus folgt nicht, daß das Papier außer der Namensunterschrift und über derselben auch noch andere Aufzeichnungen enthalten müßte: die Namensunterschrift genügt; ebenso: RII. 29. Sept. 82 (A. VI, 297); diese muß echt oder wenigstens vom Angeklagten für echt gehalten sein; sonst liegt Urkundenfälschung im Sinne des § 267 vor: OT. 63 (O. IlL, 393). Daher genügt hier eine durch Druck oder sonst auf mechanischem Wege hergestellte Namenszeichnung nicht: OT. 66, Dresd. (O. VII, 572; GA. 22 s. 147); vgl. § 267 n. 16; a. M.: »III. 13. Nov. 90 (E. XXI, 183), Olsh. n. 3, Puch. n. 4. 3. Dadurch, daß die Schrift außer der Namensschrift auch noch andere Auf. Zeichnungen enthält, auf welche sich jene bezieht, wird der § nicht ausgeschlossen, vorausgesetzt, daß die Schrift in ihrem ursprünglichem Zustande nicht bereits eine „Urkunde" war, ihr vielmehr erst durch die unbefugte Ausfüllung der „urkundliche Inhalt" gegeben wird: Manh. (StZ. III, 221); die rechtswidrige Veränderung des Inhalts einer „Urkunde" wäre „Verfälschung": § 267: OT. 56 (JMbl. s. 320). Vgl. jedoch »III 9. Dez. 86 (E. XV, 67: erkannte, daß die Anwendbarkeit des § nicht dadurch bedingt werde, daß das „Papier" einen urkundlichen Inhalt im Sinne des § 267 noch gar nicht habe, daß es vielmehr genüge, wenn dasselbe, wie z. B. ein ohne Angabe des Zahlungstags, sonst aber vollständig ausgefülltes und mit Acceptvermerk versehenes Wechselformular, nur diejenige Urkunde nicht vollendet enthalte, welche es bei vollständiger Ausfüllung zum Ausdruck zu bringen seiner Natur nach bestimmt sei). Vgl. RII. 9. Okt. 94 (E. 26, 138: betr. Ausfüllung einer Lücke in einem Testamentsentwurf). 4. Gleichgültig ist es, ob das Papier dem Angeschuldigten anvertraut oder ob es in anderer Weise (etwa durch ein Vergehen) in seinen Besitz gelangt war: OT. 59 (GA. IX, 408). 5. Ein „Ausfüllen" ist in jedem Hinzufügen von Schriftzeichen zu finden, wodurch das Ganze den ihm früher nicht beiwohnenden Charakter einer Urkunde erlangt: OT. 56 (dt. n. 3). Ob die zugefügten Schriftzeichen räumlich über der Unterschrift oder an anderer Stelle sich befinden, ist unwesentlich. Demgemäß fällt die widerrechtliche Ausfüllung eines Wechsel.Formulars, auf welchem sich ein von einem Dritten unterzeichneter Annahmevermerk findet, unter diesen §, sollte auch der jetzt erst entstehende Wechsel selbst vom Ausfüllenden mit dem eigenen Namen unterzeichnet sein (dadurch wird das sich auf den Inhalt des Wechsels beziehende Accept des Dritten mit ausgefüllt) j vgl. »II. 29. Sept. 82 (dt. n. 2), »I. 19. März 96 (GA. 44, 46: betr. ei« mit einem Blankoaccepte versehenes Wechselformular), OT. 61, 63 (O. II, 84. 156; III, 250); a. M.: Dresd. (StZ. V, 132: nahm hier eine Fälschung im Sinne der §§ 267. 268 an und hielt die Anwendbarkeit des § 269 für ausgeschlossen, da es sich nicht um ein jedes urkundlichen Inhalts entbehrendes Papier handle: n. 3), während Dresd. (StZ. VI, 5) in einem Falle, wo das widerrechtlich ausgefüllte Blankoaccept mittels Betrugs erzielt worden war, bloß Betrug erblickte, weil die gewinnsüchtige Absicht schon durch die Subsumtion der Handlungsweise des Thäters unter § 263 mit getroffen und gedeckt werde. — Ebenso verhält es sich, wenn Jemand auf die Rückseite eines eine Namensschrift tragenden Papiers in der Weise einen regelrechten Wechsel schreibt, daß nun jene Namensschrift sich als (Blanko-)Giro darstellt: OT. (O. XIII, 30). Vgl. auch R. 20. Sept. 81 (E. 3, 410: Domizilvermerk). 6. Dagegen gehört die widerrechtliche Ausfüllung eines Blanko-Jndossaments mit dem eigenen Namen (als Indossatar) nicht hierher, weil der Inhaber als solcher auch durch das unausgefüllte Blanko-Jndossament genügend legitimirt war (WO. Art. 12); vgl. § 267 n. 130. 7. In der Natur eines Wechsels als Sicherheitswechsels und der Ein. schrünkung des Weiterbegebungsrechts liegt noch keine Einschränkung des Aus. füllungörechts: »II. 8. Dez. 82 (A. VII, 123). 8. Der § trifft nicht bloß da zu, wo jemand durck die Ausfüllung über. Haupt unbefugt handelt, sondern auch da, wo ein zur Ausfüllung an sich Berech­ tigter durch die Art der Ausfüllung (z. B. durch Einschreibung eines höherm

Thl. II. Abschn. XXIII. Urkundenfälschung. — § 270.

719

§ 270. Der Urkundenfälschung wird es gleich geachtet, wenn Jemand von einer falschen oder verfälschten Urkunde, wissend, daß sie falsch oder verfälscht ist, zum Zwecke einer Täuschung Gebrauch niacht. [I. Gntro.: § 243; II. Entw.: § 265; StB. S. 717; Pr. StGB.: § 249.] § 2339 Nr. 4 BGB.

Vgl.

als des vom Auftraggeber bestimmten Betrags) seine Befugnisse überschreitet; so: 6. Dez? 80 (R. I, 610), Rll. 29. Sept. 82 (cit. n. 2), OT., Dresd. 74 (O. XVII, 718; StZ. V, 136), Schw. n. 6. 8a. Die „Anordnung" braucht keine ausdrückliche zu sein Rll. 4. Okt. 98 (GA. 46, 423). Es ist gleichgültig, ob die Vereinbarung, auf welcher die „Anordnung" beruht, civilrechtlich güliig ist, RIV. 12. Juni 00 (GA. 47, 378). 9. Sind bei der Ausfüllung andere friitjer schon auf dem Papier befindliche Schriftzeichen mitbenutzt, so kommt es nicht darauf an, welche Bedeutung diese Zeichen ursprünglich hatten, söbald sie nur nach der Ausfüllung so zu lesen sind, daß dem Äanzen der Charakter einer Urkunde beiwohnt: OT. 64 (O. V, 383: dem ursprüglich sich vorfindenden, undeutlich geschriebenen Worte „Ihr" waren die Buchstaben „echsel" hinzugefügt, so daß nun das Ganze als „Wechsel" zu lesen war). 10. Inwiefern es einen Unterschied begründe, wenn die so zu Stande ge­ kommene Urkunde wegen eines Mangels in der Form oder in der Qualifikation des Unterzeichneten nichtig ist, darüber vgl. § 267 n. 54 ff. 134 ff. 11. Eine Berurtheilung aus § 267 bezw. § 268 statt aus § 269 motivirt nicht die Aufhebung des Urtheils: Rill. 9. Dez. 86 (E. XV, 67). m.

§ 270. 1. „Falsche Urkunde" umfaßt hier die fälschlich angefertigte (§ 267) und die durch unbefugte Ausfüllung eines Blanketts hergestellte Urkunde (§ 269); ebenso: Rll. 20. Mürz 85 (E. XII, 112); desgleichen die von einem zuständigen Beamten vorsätzlich falsch aufgenommene Beurkundung (§348); (auch diese ist „fälschlich angefertigt"; vgl. n 267 n. 49); der Dritte (Nichtbeamte), welcher eine solche, wissend, daß sie falsch rc. ist, gebraucht, verwirkt die Strafe des § 270, da er nach §50 von der Strafe der §§ 348. 349 nicht betroffen werden kann; a. M.: RH. 1. Febr. 64, OT. (E. X, 68; O. XVII, 798: hier sei § 273 anzuwenden), Merkel HH. III, 802. Dagegen scheidet § 270 aus und ist ev. § 273 anwendbar, wenn die Urkunde von einem zuständigen Beamten aus Irrthum falsch aufgenommen war; vgl. § 273 n. 1; ebenso: RI. 7. Okt. 80 (R. II, 300). 2. Es genügt, wenn die Urkunde objekiv den Charakter einer falschen oder verfälschten an sich trägt; es ist keineswegs erforderlich, daß Derjenige, von welchem die Fälschung rc. ausging, dabei mit Dolus gehandelt habe; ebenso: RH. 8. April 81 (E. IV, 69), OT. (GA. 24 s. 590; O. XVIII, 234). Daher trifft die Strafe des § auch Denjenigen, welcher die Fälschung selbst ohne Dolus oder sonst straflos (z. B. als Ausländer im Auslande) verübt hat, demnächst aber von bem so entstandenen Schriftstücke in strafbarer Absicht im Jnlande Gebrauch macht: cit. Rll. 8. April 81, Dresd. (StZ. II, 294; SGZ. XVII, 80); vgl. § 268 n. 6. 3. Aus demselben Grunde trifft auch den aus §§ 267—269 strafbaren Fälscher noch die Strafe des § 270 (nach den Grundsätzen von der Real-Konkurrenz), wenn er demnächst durch eine neue selbständige Handlung von derselben Urkunde nochmals Gebrauch macht (§ 267 n. 32). 4. Gleichgültig ist es, ob der Gebrauchende die Urkunde als echt empfangen hatte; die Unterscheidung der §§ 147. 148 greift hier nicht Platz. 4a. Der Thäter muß „wissen", daß die Urkunde falsch rc. ist; vgl. übr. RI. 24. Nov. 87 (E. XVI, 363: Mot.: läßt in dieser Hinsicht schon Eventualdolus gegenügen). 5. Ueber den „Gebrauch zum Zwecke der Täuschung" vergl. § 267 n. 22ff. Außer dem „Zwecke der Täuschung" wird auch hier die im § 267 überhaupt bi\ der Urkundenfälschung, insbesondere auch bei dem Gebrauche vorausgesetzte

720

Thl. II. Abschn. XXIII. Urkundenfälschung. - § 271.

§ 271. Wer vorsätzlich bewirkt, daß Erklärungen, Ver­ handlungen oder Thatsachen, welche für Rechte oder Rechts­ verhältnisse von Erheblichkeit sind, in öffentlichen Urkunden, Büchern oder Registern als abgegeben oder geschehen beurkundet werden, während sie überhaupt nicht oder in anderer Weise oder von einer Person in einer ihr nicht zustehenden Eigenschaft oder von einer anderen Person abgegeben oder geschehen sind, wird mit Gefängniß bis zu sechs Monaten oder mit Geldstrafe bis zu dreihundert Mark bestraft. [I. Entw.: §§ 250; II. Entw.: § 266; Pr. StGB.: § 255.] Dgl. 2339 Nr. 4 BGB. „rechtswidrige Absicht" erheischt: RIl. 20. März 85 (E. XII, 112), OT. (O. XIII, 597); vergl. § 267 n. 5. 22. War diese auf Verschaffung eines Vermögens­ vortheils oder auf Schadenszufügung gerichtet, so tritt die Strafe des § 268 ein. 6. Es bedarf der ausdrücklichen Feststellung, daß die betr. Urkunde die tut Gesetze vorgesehene Eigenschaft habe, daß sie mithin, wenn es sich um eine Urkunde im Sinne des § 267 handelt, eine öffentliche oder eine rechtserhebliche Privat-Urkunde sei: RII. 20. März 85, OT. 78 (E. XII, 112; O. XIX, 302). Desgleichen muß die rechtswidrige Absicht (n. 5) stets ausdrücklich festgestellt werden, da § 270 keine vollständige, in sich abgeschlossene Norm enthält, sondern eben aus § 267 zu ergänzen ist, es sich daher hier nicht um ein sog. stillschweigendes Merkmal handelt: Rill. 26. Juni 80 (A. II, 226), eit. RII. 20. März 85, OT.; a. M.: RII. 22. Okt. 80 (E. II, 376: Mot.). Doch erachtete OT. 78 (O. XIX, 109) jene Absicht für genügend festgestellt, wenn der AuSspruch der Geschwornen über eine weitere, dieselbe Handlung als Betrug auffassende Frage die Absicht, sich einen rechtswidrigen Dermögensvortheil zu verschaffen, ergebe. — Im Uebr. vgl., bez. der schwurgerichtlichen Fragestellung, RIl. 14. Okt. 92 (E. XXIII, 259). 7. Haben die Geschwornen bei einer Anklage aus § 267 oder 268 den An­ geklagten zwar des Gebrauchs der Urkunde rc., nicht aber der fälschlichen Anfertigung derselben für schuldig erklärt, so können sie, wenn keine eventuelle Frage aus § 270 gestellt war. nicht noch zu einer (ergänzenden) ErUärung darüber veranlaßt werden, ob die Urkunde falsch gewesen sei und jener dies gewußt habe, indem hier keiner der in § 309 der StPO, vorgesehenen Fälle vorliegt; vgl. OT. 76 (O. XVII, 326: Rh. Sache). — Im Uebr. vgl. § 267 n. 22. 8. Eine alternative Feststellung aus den §§ 270. 273 ist unstatthaft (StPO. §§ 260. 292ff.); nimmt der Richter daher an, daß nothwendig entweder der That­ bestand des § 270 oder der des $ 273 vorliege, so muß dennoch Freispreichung erfolgen: RII. 1. Febr. 84 (E. X, 68).

§ 271. Beamter, Täuschung: 1. . Zuständigkeit: 5. Betrug: 2. Bemlundung: 1. 5—7. • falsche: 11. 13. BeweiSerhebllchkeit: 1. 6. 10. 12. 13. 16. Bücher: 6. DoluS: 4. 19. 27. Dritter, Selbstbelastung: 2. 26. Ehrenrechte: 29. Eidesleistung: 18. Feststellung: 1. Freiheilsstr. Abbüßung: 19. Gebrauch: 29. GerichtSbk., frei».: 14. 15.

Inhalt: Ger..Dollz..Akt.: 20. Identität: 15. 27. Kirchenbuch: 16. Konkurrenz: 29—31. Kontrebaude: 30. Maischbott. Vermessung: 21. Mil.'AvShebung: 23. Namen, falscher: 13. 24. Notar: 14. 15. NotorietätSakt: 17. Personenstand: 16. 5. Person. Eigenschaft: 4. 13. 16. Pfarrer: 5. 16. Postsendung: 25. Prüfung: 23. Register: 6. 16. 24. 27.

RekognitionSzenge: 15. Simulation: 11. Steuerhinterziehung: 30. Testament, Uebergabe: 26. Thäter: 3. 4. Unterzeichnung: 9. 24. Urkunde: 6—8. • ausländ.: 8. • Unterzeichnung: 9. Urkundenfälschung, intell.: 1. Vernehmung, gerichtl.: 24. Verwah sam, amtl.: 7. Vollendung: 9. Vorsätzlichkeit: 4. Zollhinterziehung: 30. Zollvers., schein: 22.

1. Die §§ 271—273 behandeln die sog. intellektuelle Urkundenfälschung, d. h. die Fälle, in welchen durch Täuschung eines Beamten (oder einer sonstigen Urkundsperson: CPO. § 415) herbeigeführt worden ist, daß ein öffentliches (authentlsches) Beweisstück für eine Unwahrheit hergestellt wurde; ebenso: RIV. 3. März

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85, Rl. 25. Febr. 86 (E. XII, 62; XIII, 367). Wird der Beamte nicht getäuscht, nimmt er vielmehr die wahrheitswidrige Beurkundung wissentlich vor, so trifft ihn selbst die Strafe aus § 348 oder § 349, den ihn dazu wissentlich Veranlassenden aber die Strafe des Anstifters (oder Gehülfen) und nicht die des § 271: Rill. 19. Okt. 85 (E. XIII, 52), Meyer n. 3; a. M.: Rüd. n. 3, Schw. n. 6. Gemäß dem cit. Rill. 19. Okt. 85 soll übrigens § 271 nicht blos dann Platz greifen, wenn festgestellter Maßen Theilnahme am Vergehen des § 348, bezw. letzteres selbst nicht vorliegt, sondern auch, wenn nur nicht das Gegentheil erweislich ist; vgl. jedoch cit. RI. 25. Febr. 86. 2. Thäter ist, wer die wahrheitswidrige Beurkundung „bewirkt" d. h. wer selbst vorsätzlich den Beamten durch Täuschung veranlaßt, die Beurkundung vorzunehmen, nicht aber der Anstifter jenes: Münch. (StRZ. III, 225). Daß der Thäter an der Beurkundung selbst theilnehme, wird nicht erfordert; es kann sein, daß ein gutgläubiger Dritter als sein Werkzeug die unwahre Erklärung abgiebt; ebenso: Rill. 6. Dez. 83 (E. IX, 288: dies treffe jedoch nicht zu, wenn der Zusammenhang zwischen dem Thun beider nur ein entfernter und zufälliger sei), oder daß eine die Urkunde vorbereitende Mittelsperson getäuscht wird, und daß diese Täuschung sich auf den beurkundenden Beamten selbst überträgt: Rl. 25. Febr. 86 (E. XIII, 267); es kann aber auch (zumal im Falle der zweiten Alternative des §, der Beurkundung des „Geschehens von Thatsachen") das Mittel der Täuschung gar nicht in einer unwahren Erklärung, sondern in einer anderen dolosen Handlung des Thäters be­ stehen: Rl. 7. Mai 83 (R. V, 331: ein Pr. Bergrevierbeamter war zur Constatirung der Fündigkeit dadurch veranlaßt worden, daß Angeklagter Mineral von der Art des gemutheten am vermeintlichen Fundorte künstlich eingebracht hatte). Im Uebr. vgl. bez. der Bedeutung des Ausdrucks „bewirkt" Rill. 7. März 95 (E. XXVII, 100: fordert zur Anwendbarkeit des §, daß der Thäter sich des betr. Beamten unmittelbar als Werkzeugs bedient, daß er gerade die beurkundende Thätigkeit un­ mittelbar in Bewegung gesetzt habe, wenn es auch'gleichgültig sein möge, ob zwischen ihm und jenem Beamten eine unmittelbare Beziehung von Person zu Person ob­ waltete oder ob Zwischenpersonen mit thätig gewesen seien). 3. Alle gemeinschaftlich zur Täuschung Mitwirkenden.sind Mitthäter (tz 47), auch diejenigen, welche sich an der falschen Erklärung selbst nicht betheiligt haben; vgl. n. 2; a. M.: OT. 63 (O. III, 192), Merkel s. 605, welche nur den Er­ klärenden als Thäter, alle anderen Mitwirkenden nur als Gehülfen ansehen; vgl. § 47 n. 10. 4. Die „Vorsätzlichkeit" besteht hier in dem Willen, die äußere Handlung vorzunehmen, verbunden mit dem Bewußtsein, daß dadurch eine falsche Beurkundung, z. B. daß ein urkundlicher Vermerk in einem amtlichen Register rc., zu Wege gebracht werde und daß dieselbe für Rechte oder Rechtsverhältnisse erheblich sei; vgl. RIV. 20. März 85, 20. Sept. 87 (R. VII, 190; IX, 451); einer genaueren Bekanntschaft mit der betr. amtlichen Einrichtung bedarf es nicht: OT. (O. XII, 491). Ist die „Erklärung" in einer dem Erklärenden „nicht zustehenden Eigenschaft" abgegeben worden, so muß jener in dem Bewußtsein des Mangels dieser Eigenschaft gehandelt haben: OT. (O. XX, 28). Ebenso schließt bei einer Erklärung auf falschen Namen die irrige Ueberzeugung, zum Gebrauch des Namens berechtigt zu sein, den Dolus aus: cit. RlV. 20. Sept. 87. Doch genügt überhaupt schon ein dolus eventualis; die volle Ueberzeugung vom Gegentheil desjenigen, was beurkundet worden, kann daher nicht gefordert werden; so: RII. 28. Dez. 68 (E. XVIII, 309); desgleichen nicht, daß Absicht und Zweck auf die Herstellung einer falschen Beurkundung gerichtet gewesen seien: Rl. 28. Febr. 64 (A. IX, 493), cit. RIV. 20. Sept. 87, OT. (O. XVI, 333); a. M.: OT. 65 (O. VI, 473), noch daß dieselbe im Uebrigen eine „rechtswidrige" (§ 267) sei. 5. „Beurkunden" bezeichnet die Thätigkeit eines Beamten rc., welcher (nach den am betr. Orte geltenden Gesetzen) dazu berufen ist, ein authentisches beweisendes Schriftstück über eine stattgehabte Thatsache rc. herzustellen: OT. (O. XIV, 688); vgl. § 348. Im Uebrigen kommt aus die Qualität der Stellung des Beamten Nichts an. Der § bleibt ausgeschloffen, wenn der die Schrift aufnehmenden Person die Eigenschaft eines Beamten oder einer sonstigen Urkundsperson mangelte oder doch die Befugniß zur Beurkundung einer Thatsache rc. der gerade fraglichen Art Oppenhoff, D. Strafgesetzbuch. 14. Aufl. 46

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abging, jene Beurkundung daher außerhalb der Grenzen der Amtsbefugnisse derselben, bezw. des ihr zugewiesenen Geschäftskreises lag, sollte sie auch an Stelle des be­ rufenen Beamten gehandelt haben; vgl. RH. 3. Juni 81 (E. IV, 246), RIV. 23./30. Okt. 88 (R. X, 589: spez. in Betreff eines Pr. Justizanwärters), OT. (O. XVI, 387). Welcher Standesbeamte zuständig sei, die Anerkennung eines unehelichen Kindes zu beurkunden, darüber vgl. Rl. 28. Okt. 89 (E. XX, 15). — Wird eine Urkunde fälschlich unter dem Namen eines zur Aufnahme berufenen Beamten an­ gefertigt, so liegt eine fälschliche Anfertigung (§§ 267. 268) vor. 6. Die Beurkundung muß in „öffentlichen Urkunden, Büchern oder Registern" bewirkt sein; es muß sonach auch den letzteren die Eigenschaft einer „öffentlichen Urkunde" (die authentische Beweiskraft) beiwohnen (§ 267 n. 43ff.). Dahin gehören die Handels-, Genossenschafts., Vereins-, Güterrechts-, Schiffs-, Standesregister und das Grundbuch. Ebendahin zählt die Rechtsprechung die Kirchenbücher der Pr. Geistlichen: RIV. 30. Juni 91 (E. 22, 118); die nach der Pr. Gefängniß-Ordn. v. 21. Dez. 98 (JMbl. S. 293) vorgeschriebenen Gefangen-, bücher I—IV.: RIV. 24. Juni 85, RH. 5. Jan. 83, RI. 10. Juli 93 (E. XII, 315; VII, 373; XXIV, 308) (nicht aber das Hauptjournal das Polizeigefängnisses in Breslau; RIV. 1. Mai 96, E. 28, 336); ferner die durch die Bayer. Dienstordn. v. 10. April 1883 vorgeschriebenen Strafgefangenenverzeichnisse der Gefängniswärter (in gewisser Richtung): Rl. 15. Febr. 92 (E. XXIV, 345); vgl. Münch. (BE. VII, 225), in Braunschweig die bei den Amts- und Kreisgefängnissen geführten Kerkerregister: Rlll. 3. Okt. 98 (E. 31, 262); nicht aber die gemäß der Kgl. Württemb. Ddn. v. 9. April 1846 (zum Zweck der Controle, mithin blos im Interesse des inneren Dienstes) über die amtsgerichtlichen Untersuchungsgefangenen zu führenden Listen: Rl. 1. April 86 (E. XIV, 11), die durch Bundesraths-Vdn. v. 16. Juni 1882 vorgeschriebenen Strafregister: RI. 19. Sept. 87, 17. Mai 88 (R. IX, 432; X, 397), die in einzelnen Pr. Provinzen zu statistischen Zwecken eingeführten s. g. Seelen­ listen: RIV. 20. April 86 (E. XsV, 99), das polizeiliche Melde-Register: RII. 2. Juni 85 (E. XII, 228), die Jmpflisten und Impfscheine: vgl. § 267 n. 102, noch endlich die Loosebücher der Pr. Lotterieeinnehmer: OT. (O. XVII, 681); vgl. auch n. 16. 24. 27. —7. Es ist nicht erforderlich, daß die Urkunde bestimmungsmäßig in amtlichem Verwahrsam bleiben müsse; der § trifft zu, auch wenn die Urkunde in Urschrift an eine Partei abgegeben wird: OT. 14. Dez. 54. 8. Ausländische Urkunden rc. gehören hierher, wenn bei ihnen die Voraus­ setzungen des § nach den am Orte ihrer Entstehung geltenden gesetzlichen Vorschriften zutreffen („in- und ausländische": § 267). 9. Zur Vollendung des Vergehens gehört, daß die beweisende Beurkundüng vollständig hergestellt worden sei: Rll. 5. Dez. 90 (E. XXI, 228), Dresd. (SGZ. XV, 182); von da ab, und nicht etwa schon von dem der Beurkundung vorhergehenden und sie herbeiführenden Handeln des Thäters läuft daher auch die Verjährung: § 67 n. 4, cit. Rll. 5. Dez. 90. Daß die Beurkundung auch von dem sie dolose „Bewirkenden" selbst unterzeichnet sei, ist für den Thatbestand nicht wesentlich. 10. Entspricht die Urkunde rc. denjenigen formellen Bedingungen nicht, von welchen das Gesetz ihre Beweiserheblichkeit abhängig macht, so findet der tz keine Anwendung: OT. 54 (GA. III, 140); vgl. § 267 n. 54 ff. 11. Die Beurkundung muß falsch, es muß also Dasjenige unwahr sein, wo­ für durch die Mitwirkung des dazu berufenen Beamten rc. ein amtliches Beweis­ mittel geschaffen ist; sonach bleibt der § ausgeschlossen, wenn die auf der amtlichen Thätigkeit beruhende Beweiskraft für das wahrheitswidrig Bekundete nicht wirksam wird; ebenso: RI. 30. Nov. 82, 91111. 6. Dez. 83 (E. VII, 335; XI, 288). Diese Beweiskraft bezieht sich in der Regel nur auf das, was der Beamte als durch seine -eigenen Sinne wahrgenommen konstatirt (CPO. § 418). Daher trifft § 271 nicht zu, wenn die Beurkundung wahrheitsgetreu dahin geht, daß Jemand vor jenem eine gewisse Erklärung abgegeben habe, sollte auch der Inhalt dieser Erklärung unwahr -sein, z. B. die Konstatirung eines von den Parteien simulirten Rechtsgeschäftes; sie füllt ebensowenig unter § 271, wie die Anfertigung einer Privaturkunde über ein Don (allen konkurrirenden) Parteien stmulirtes Geschäft unter den § 267: OT. 55

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(GA. III, 845). Hat dagegen das Gesetz ausnahmsweise dem Inhalte einer amtlichen Verhandlung authentischen Glauben auch in Betreff solcher Thatsachen beige­ legt, welche der Beamte nicht selbst wahrgenommen hat, die vielmehr nur vor ihm bezeugt sind (CPO. § 418 Abs. 3), so findet § 271 auch auf diese Anwendung; Bei­ spiele siehe n. 14. 12. Die beurkundete falsche Thatsache rc. muß „für Rechte oder Rechts­ verhältnisse von Erheblichkeit sein". Es ist sonach das zu § 267 n. 50ff. Gesagte zu berücksichtigen, obgleich § 271 die Fälschung einer öffentlichen, nicht die einer Privaturkunde zum Gegenstände hat (vgl. § 267 n. 47). Erheblich im Sinne des § 271 ist eine Thatsache rc., wenn ihr Vorhandensein oder Nichtvorhandensein von Einfluß auf die Gestaltung konkreter, erkennbarer Verhältnisse ist, deren allge­ meine Normen durch das Privatrecht oder das öffentliche Recht eines Staates be­ stimmt werden; in diesem Sinne erheblich sind z. B. die Feststellungen bei gewissen Volkszählungen, da nach der bestehenden Gesetzgebung die Gesammtbevölkerungszahl der einzelnen Staaten den Maßstab für die Vertheilung der Zollvereinseinkünfte und der für das Reichsheer zu leistenden Matrikularbeitrüge bildet, nicht aber solche Feststellungen, welche lediglich zur Grundlage künftiger Gesetze dienen sollen; so: OT. (O. XV, 529: erklärte darum die Resultate der im Jahre 1872 für das ganze Reich angeordneten Viehzählung nach den in Preußen geltenden Gesetzen für nicht rechtserheblich). 13. Da gerade den beurkundeten falschen Thatsachen rc. die „Erheblich, feit für Rechte rc." beiwohnen muß, so findet der § keine Anwendung, wenn in Folge der Täuschung des Beamten lediglich einer in der Urkunde angeführten Person eine falsche Bezeichnung, Qualität (Rang, Titel rc.) beigelegt worden ist, es sei denn, daß dieser Bezeichnung für das Geschäft selbst (z. B. in Betreff der Identität der Person rc. oder in Betreff der Rechtsstellung, in welcher sie ihre Erklärung abgab) eine Erheblichkeit beiwohnte, z. B. ein Minderjähriger als großjährig (und somit als unbeschränkt verfügungsfähig), eine Ehefrau als un­ verehelicht (und somit bei ihren Rechtsgeschäften an keine eheherrliche Mitwirkung gebunden) aufgeführt wäre; in letzteren Fällen trifft der § zu, weil dann die Erklärung als „von einer Person in einer ihr nicht zustehenden Eigenschaft abgegeben" beurkundet worden ist. Vgl. § 267 n. 19, unten n. 24, RI. 6. Juli 85 (R. VII, 469). 14. Zu den Beurkundungen der hier fraglichen Art gehören (und zwar in erster Linie) die von den Standesbeamten aufgenommenen Personenstandsakte (:RIII. 25. Febr. 95, E. XXVII, 100: nach der Entstehungsgeschichte des § fei es Ursprunglieh gerade der Mißbrauch der beurkundenden Thätigkeit dieser Beamten gewesen, welcher geahndet werden sollte) und die vor Einführung der bürgerlichen Standes, register bewirkten Eintragungen in die Kirchenbücher über die Taufen, Trauungen, Beerdigungen rc.: OT. 62 (O. III, 35; X, 190), — inwiefern dasselbe von den nach jenem Zeitpunkte bewirkten Eintragungen in die Kirchenbücher gelte, darüber vgl. n. 6 u. § 267 n. 80, — nicht aber das (in Preußen) vom Küster über die An. Meldungen künftiger Trauungen geführte sog. Trauaufnahmebuch: OT. (O. XII, 527), noch die von den Standesämtern der Prov. Hannover geführten Register, in welche die Angaben der Verlobten über ihre persönlichen Verhältnisse eingetragen werden: Rill. 12. Dez. 89 (E. XX, 249). Bei jenen Urkunden gilt das oben n. 11 a. E. Gesagte: sie beweisen nicht nur, was der Beamte als von ihm selbst wahr, genommen beurkundet hat, sondern auch (bis zum Nachweise des Gegentheils) die Wahrheit desjenigen, was von den erschienenen Personen dem Beamten über die zu konstatirenden Personenstandsverhältnisse zu Protokoll erklärt worden ist: RGes. v. 6. Febr. 1875 § 15. Daher wird § 271 anwendbar, wenn Jemand wider besseres Wissen eine wahrheitswidrige Erklärung über die Geburt (den Tod) eines Menschen in einer solchen Urkunde abgiebt, oder eine unrichtige Person als Mutter'des Neugeborenen bezeichnet, oder wenn Jemand wahrheitswidriger Weise (: RI. 10. Nov. 79 E. I, 9) oder unter Annahme eines falschen Namens ein uneheliches Kind als Vater anerkennt; oder wenn im Heirathsregister der Stand der Eheschließenden falsch angegeben wird: RU. 14. Nov. 99 (E. 32, 386;. Das Gesagte gilt aber nicht weiter als die Beweiskraft der Urkunde reicht: ebenso: Rill. 6. Nov. 93, RIV. 29. Dez. 94 (E. XXIV, 360; XXVI, 347: diese Beweiskraft umfasse nicht alle Thatsachen, deren Eintragung obiges RGes. vorschreibe, sondern gemäß tz 15 des-

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selben nur solche Thatsachen, zu deren Beurkundung das betr. Register „bestimmt" sei, bzw. nach feiner speziellen Zweckbestimmung diene); vgl. jedoch Rill. 16. Nov. 81 (R. III, 717: Mot.). Daher trifft der § nicht zu. wenn bei einer Geburtsanzeige die Mutter des Kindes wahrheitsgemäß angegeben, gleichzeitig aber eine unrichtige Angabe in Betreff der Person des Vaters oder des Ehemannes der Mutter er» folgt, wenn z. B. der Deklarant die Mutter wahrheitswidrig als seine Ehefrau bezeichnet: OT. 57, 73 (GA.V. 705; O. XIV, 778); vgl. OT. 52 (StA. VI, 109); a. M.: Rill. 8. Mai 80 (R. I, 746), OT. (O. XVII, 108. 181); vgl. eil. RIV. 29. Dez. 94 (zählt zu den Fällen des § 271 sogar den, wo int Geburtsakt lediglich die Religion des Vaters falsch angegeben ist), — ebenso, wenn im richtig aufgenommenen Sterbeakt die Eltern des Verstorbenen unrichtig angegeben oder gar nur unrichtig als Eheleute bezeichnet werden (insofern nicht hierdurch die Identität des Verstorbenen selbst eine Aenderung erleidet); a. M.: RIV. 17. Jan. 88 (R. X; 42). In allen diesen Fällen wird die Vaterschaft (Aelternschaft) sowie das eheliche 93er. hältniß nicht durch die Relatirung im Geburts- bezw. Sterbeakte bewiesen. Dgl. ferner Rill. 20. Jan. 87, 6. Rov. 93, RI. 21. Mai 87 (E. XV, 256; XVI, 87; XXIV, 360: Fälle, wo in einem Sterbeakte die Deklarantin, eine Ehefrau, als Wittwe, in einem Heirathsakte die Braut, eine geschiedene Frau, als ledig, ein minderjähriger Zeuge als volljährig angegeben war). Aus gleichem Grunde sind unrichtige Angaben der Brautleute über Stand, Wohnort, Eltern, Geburtstag re. in dem vom Standesbeamten zu Protokoll genommenen Aufgebotsantrage, z. B. die Angabe, daß der verheirathete Bräutigam ledig sei, nicht geeignet, die Anwend, barkeit des § 271 zu begründen; vgl. Rill. 20. Jan. 69. 4. Juni 91, RII. 1. Juni 94 (E. XX, 249; XXII, 60; GA. 42 s. 234), und zwar selbst dann nicht, wenn sie in die öffentliche Bekanntmachung des Aufgebots übergegangen sind; so (speziell in Betreff der unrichtigen Angabe des Wohnorts eines der Brautleute und der 9tamen der Eltern): eit. Rill. 4. Juni 91. — Giebt in einer Geburtsurkunde der An. zeigende fälschlich an, daß er bei der Niederkunft zugegen gewesen sei oder die Ge­ burt in einer bestimmten Wohnung erfolgt sei, so verfällt er gemäß RII. 20. Mai 81, «III. 5. Nov. 81 (E. IV, 193, R. III, 686), RIV. 28. Jan. 98 (E. 30, 429) dem §, nicht, weil er eine rechtserhebliche falsche „Thatsache", sondern weil er eine rechtserhebliche „Erklärung", betreffend eine ihm nicht zustehende Eigenschaft (Personenst.'s. Ges. § 18) beurkunden lasse. — Falsche Angaben, welche in Abwesenheit des Standesbeamten eingetragen werden, fallen, selbst wenn dieser später unterzeichnet, nicht unter den §: RIV. 3. März 85 (E. XII, 62); a. M.: Olsh. n. 2. — In der Regel wird mit einer bei Aufnahme eines Personenstandsaktes begangenen intellektuellen Urkundenfälschung das Vergehen der Veränderung des Personenstandes (§ 169) ideell konkurriren. RIV. 16. März 94 (E. 24, 188). 15. Ebendahin gehören die Akte der freiwilligen Gerichtsbarkeit, bei welchen ein zur Beurkundung von Privatrechtsgeschäften berufener Beamter durch Täuschung veranlaßt wird, eine Unwahrheit zu konstatiren, z. B. wenn sich Jemand unter falschem Namen vor einem Notar gestellt, und durch diesen eine über eine rechtserhebliche Thatsache abgegebene Erklärung (auf jenen Namen) beurkunden läßt, oder wenn die Parteien vor den Augen des Notars eine Zahlung mit Scheinmünzen bewirken und ihn dadurch veranlaffen, die wirklich geschehene Zahlung als in seiner Gegenwart geschehen zu beurkunden. (Anders, wenn das wirklich gezahlte Geld später in Abwesenheit des Notars zurückgegeben würde). 16. Dasselbe (n. 15) gilt, wenn die Identität der vor einem Beurkundungsbeamten eine Erklärung abgebenden, ihm unbekannten Person nach Anleitung der maßgebenden Gesetze durch zugezogene Rekognitionszeugen wahrheitswidrig zum Protokolle des Beamten versichert worden ist. Insoweit hier die Identität nach dem Gesetze als feststehend angesehen wird, stellt die Handlung den Thatbestand des § dar; vgl. OT. 63 (O. III, 193), n. 11. 17. Es ist intellektuelle Urkundenfälschung, wenn Jemand unter Annahme des Namens eines Andern einen diesem auferlegten Eid vor Gericht ausschwört, und es so bewußter Weise bewirkt, daß wahrheitswidrig amtlich festgestellt wird, dieser Andere habe den Eid geleistet; vgl. O. I, 70 Note. Als (fernere) Fälle intellektueller Urkundenfälschung sind erachtet worden: 18................wenn Jemand sich einem Gerichtsvollzieher re. wahrheitswidrig als diejenige Person vorstellt, welcher derselbe eine Zustellung zu machen hat, und

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die Abschrift in Empfang nimmt, damit die richtige Person keine Kenntniß davon erlange: Gilb. C. pen. art. 147 n. 81. 19............... wenn ein Pr., mit Vermessung eines Maischbottichs beauftragter Steuer-Beamter durch Täuschung veranlaßt wird, eine unrichtige, der Berechnung der Maischsteuer zu Grunde zu legende Thatsache in seinem Protokolle zu konstatiren: OT. 59, 60 (GA. VII, 409; VIII, 804). 20............... wenn Jemand einen zuständigen Beamten durch Täuschung veranlaßt, einen thatsächlich unrichtigen Dersendungs-Legitimationsschein nach Anleitung des § 119 VZollg. auszustellen: OT. 54 (GA. III, 137); a. M.: jedoch (mit Recht: RIV. 20. März 94 (GA. 42 s. 49: jener Beamte sei überhaupt keine Urkundsperson im Sinne des § 271). — Dagegen nicht, wenn Jemand um auf Grund des 113 DZoll-G. die zollfreie Herausgabe von Retourwaaren zu erlangen, zu Protokoll eines Steuerbeamten falsche Angaben über den Ursprung der Waare macht: RH. 10. Juli 95 (E. 27, 350). 21............... wenn Jemand sich unter dem Namen eines Anderen zu einer Prüfung oder zu einer Militäraushebung von den von Staatswegen dazu be­ rufenen Personen gestellt, und es so bewirkt, daß durch diese in wahrheitswidriger Weise bescheinigt oder berichtet wird, als habe jener Andere die Prüfung bestanden, oder als sei der Militärpflichtige dienstuntauglich befunden worden; vgl. Gilb. C. pen. art. 147 n. 14; ThdCp. 2 p. 113. 22............... (unter Umstündeu) die Erwirkung eines auf einen falschen Namen rc. rc. ausgestellten Passes (§ 348 n. 5); so: Dresd. (SGZ. 23 s. 244); vgl. jedoch n. 28. 23............... (nach Bayer. Gesetzgebung) wenn Jemand durch wissentlich un­ wahre Angaben vor einem Notar vorsätzlich bewirkt, daß in dem vom Notar errichteten Nachlaß-Jnventar der Bestand dieses Nachlasses anders, als er in Wirklichkeit ist, beurkundet wird: Münch. (LE. VII, 419: jener Gesetzgebung zufolge habe die Urkunde authentischen Glauben nicht blos bez. der vom Beamten wahrgenommenen, sondern auch bez. der vor ihm bezeugten Thatsachen). 23 a............ wenn Jemand sich unter dem Namen eines Anderen zur Abbüßung einer dem letzteren zuerkannten Freiheitsstrafe gestellt und es so bewirkt, daß in den öffentlichen Strafverbüßungsregistern (n. 6) die Abbüßung durch den Verurtheilten wahrheitswidrig beurkundet wird, vorausgesetzt, daß jener dabei mit dem unter n. 4 erwähnten Bewußtsein handelt; vgl. 91111. 4. Jan. 83 (R. V, 9), OT. Münch. (O. XII, 491; XIII, 56; StZ. III, 225; BE. VII, 225). 23 b............ wenn ein Untersuchungsgefangener oder Derurtheilter den Gefängniß. beamten gegenüber einen falschen Namen angiebt oder bei denselben den schon durch die gerichtliche Wahrnehmung bez. des Namens entstandenen Irrthum aufrecht erhält und auf diese Weise vorsätzlich veranlaßt, daß er in den öffentlichen Unterfuchungsgefangenen- bezw. Strafverbüßungsregistern (n. 6) unter dem Namen einer anderen Person aufgeführt wird: R1I. 4. Nov. 84, RI. 10. Juli 93 (E. XI, 188; XXIV, 303) vorausgesetzt, daß das betr. Register [rote jenem bewußt auch bez. der Namen der aufgeführten Personen Beweiskraft besitzt, was RI. 3. Mai 88 (E. XVII, 402) hinsichtlich der in n. 6 erwähnten Strafgefangenen-Derzeichnisse der Bayer. Gefängnißwärter verneint. 24. Dagegen gehört die Abgabe einer unwahren Erklärung zu einem amtlichen Vernehmungsprotokolle, sowie die Unterzeichnung des letzteren mit einem unrichtigen Namen an und für sich nicht hierher, weil das Protokoll nicht die Bestimmung hat, die Wahrheit des Bekundeten zu erweisen, (n. 11); ebenso: RI. 13. März, 18. Dez. 84 (E. X, 243; XI, 314: betr. eine falsche Namensangabe im Hailptverhandlungstermin), 9*111. 29. Sept. 84, R1I. 4. Nov. 84 (E. XI, 126. 188), OT. (O. XVIII, 491); a. M.: Merkel s. 804. Dies gilt selbst dann, wenn der betr. Beamte, speziell ein Richter, sich nicht darauf beschränkt, die Er­ klärungen des Komparenten als solche zu Protokolliren, sondern durch die falsche Namensangabe getäuscht, den Komparenten unter dem falschen Namen selbst aufführt: eit. RI. 13. März, 18. Dez. 84, 9*11. 4. Nov. 84 (: es komme nicht darauf an, in welches Gewand die Erklärung des Angeklagten eingekleidet worden; selbst die Unterzeichnnng des Protokolls mit dem falschen Namen sowie eine durch die falschen Angaben verursachte Verurtheilung auf einen falschen Namen rechtfertige

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Abschn. XXIII.

Urkundenfälschung. — § 271.

nicht die Anwendung des §): vgl. auch RI. 6. Juli 85 (R. VII, 469: betr. das Protokoll einer Verwaltungsbehörde); a. M.: RI. 27. April 80, RII. 18. Febr. 21. Jan., 29. Nov. 81 (R. I, 686; III, 58; E. III, 204; V, 175: in dem ersten der dort entschiedenen Fälle hatte sich Jemand für einen anderen ausgegeben, welcher, behufs seiner Vernehmung, wirklich vorgeladen war), Münch. (RE. II, 114). 25. Desgleichen trifft der § nicht zu, wenn Jemand einen fälschlich als Geld­ brief bezeichneten Brief zur Post giebt, und sich darüber einen Empfangsschein ausstellen läßt, weil letzterer nicht die Wahrheit der Inhaltsangabe, sondern nur die Einlieferung eines so bezeichneten Briefs darthut. 26. Die Uebergabe eines versiegelten Testaments zum gerichtlichen (nota­ riellen) Protokoll bewirkt nur, daß die Erklärung des Testators: „der übergebene Aufsatz sei sein Testament rc.", nicht aber, daß auch der Inhalt der letztwilligen Erklärung selbst beurkundet werde; daher liegt kein Fall des § vor, wenn Jemand in ein für einen Andern niedergeschriebenes Testament ohne dessen Wissen andere Verfügungen mit aufnimmt und es so bewirkt, daß jener die Schrift ohne Kenntniß von den Zusätzen als sein Testament übergiebt: OT. 5. März 57; vgl. n. 2, § 267 n. 17. 27. Desgleichen kommt der § nicht zur Sprache bei den auf unwahren An­ meldungen beruhenden Einträgen in das Handelsregister, da sie außer der Identität des Anmeldenden nur dessen Erklärung, nicht auch die Thatsachen beweisen, welche den Gegenstand dieser Erklärung bilden: RI. 5. Nov. 88 (E. XVIII, 179), noch bei der Aufnahme falscher Angaben in das Register, welches über die durch das Krankenversicherungs-Ges. v. 10. April 1892 § 49 vorgeschriebenen An­ meldungen von der Gemeindebehörde geführt wird, iiidem auch diesem Register hinsichtlich der angemeldeten Thatsachen keine Beweiskraft beigelegt ist: Rill. 4. April 87 (E. XV, 414: ob solche Register zu den öffentlichen (n. 6) gehören, ließ das Erk. unentschieden), Münch. (BE. 111, 612: verneinte auch diese Frage), noch (aus ähn­ lichem Grunde) bei unrichtigen, auf Mittheilungen Dritter beruhenden Angaben in den Todtenscheinen der Bayer. Leichenbeschauer oder in den Zeugnissen öffentlicher Fleischbeschauer: RI. 30. Nov. 82, Rill. 13. Mürz 90 (E. VII, 335; XX, 313). 28. Ebenso liegt kein Fall des § vor, wenn Jemand sich auf fremden Namen ein zu Controllzwecken vorgeschriebenes polizeiliches Abzugsattest oder Gesindedienstbuch ausstellen läßt: RIV. 20. April 86 (E. XIV, 99). Dgl. ferner Rill. 7. März 95 (E. XXVII, 100: Fall, wo ein Förster einen unrichtigen Lohnzettel zur Erwirkung der Zahlungsanweisung seinem nächsten Vorgesetzten, dem Oberförster, vorgelegt und es so herbeigeführt hatte, daß dieser die Richtigkeit des Zettels be­ scheinigte). 28a. Der § 271 ist anwendbar, wenn die zur Ausstellung der Quittungs­ karten (Jnvalid.-G.) zuständigen Beamten durch unwahre Angaben über Namen, Geburtszeit u. s. w. getäuscht und so veranlaßt werden, diese Angaben in das Formular der Quittungskarten aufzunehmen: RIV. 24. Mai 98 (GA. 46, 326). 29. Der § 271 setzt nicht, gleich den §§ 267—269, zur Vollendung des Dergehens voraus, daß der Urheber der Fälschung von dem Schriftstücke Gebrauch gemacht habe. Käme indessen ein solcher hinzu, so könnte darin doch keine zweite selbstständige, aus § 273 zu strafende That gefunden werden, da aus §§ 267. 270 folgt, daß auch hier Derjenige, welcher von der Strafe der Fälschung betroffen wird, sich durch den späteren Gebrauch der gefälschten Urkunde nicht abermals strafbar mache. Dagegen trifft auch den Fälscher die Strafe des § 273, sobald aus irgend einem Grunde die Fälschung an ihm nicht gestraft werden kann, z. B. weil er bei dieser ohne Dolus handelte, oder weil er sie als Ausländer im Auslande verübte: Präj. Oldenb. (B. 18); vgl. § 270 n. 3. In Betreff wiederholten Gebrauchs vgl. § 267 n. 32. 30. Hat die intellektuelle Urkundenfälschung oder der Gebrauch der gefälschten Schrift zur Ausführung einer Kontrebande oder Zollhinterziehung gedient, so sind, selbst wenn beide Strafthaten durch eine und dieselbe Handlung begangen wurden, die Strafen beider zu kumuliren: VZollges. § 159; ebenso im Falle einer Steuerdefraude nach der Pr. Steuer-O. v. 8. Febr. 1819 § 86: OT. 59, 60 (GA. VII, 409; VIII, 804); letzteres gilt aber nicht für die neuen Pr. Landestheile; vgl. die beiden Ddn. v. 11. Mai 1867 § 67 bezw. § 35.

Thl. II. Abschn. XXIII.

Urkundenfälschung. — §§ 272. 273. 274.

727

§ 272. Wer die vorbezeichnete Handlung in der Absicht begeht, sich oder einem Anderen einen Vermögensvortheil zu ver­ schaffen oder einem Anderen Schaden zuzufügen, wird mit Zucht­ haus bis zu zehn Jahren bestraft, neben welchem auf Geldstrafe von einhundertfunfzig bis zu sechstausend Mark erkannt werden kann. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefängniß­ strafe ein, neben welcher auf Geldstrafe bis zu dreitausend Mark erkannt werden kann. [I. Entw.: § 246; II. Entw.: § 267; StB. S. 717; Pr. StGB.: § 252.]

§ 273. Wer wissentlich von einer falschen Beurkundung der im § 271 bezeichneten Art zum Zwecke einer Täuschung Gebrauch macht, wird nach Vorschrift jenes- Paragraphen und, wenn die Absicht dahin gerichtet war, sich oder einem Anderen einen Vermögensvortheil zu verschaffen oder einem Anderen Schaden zuzufügen, nach Vorschrift des § 272 bestraft. [I. Entw.: §§ 246. 250; II. Entw.: § 268; Pr. StGB.: § 252 Abs. 2.]

§ 274. Mit Gefängniß, neben welchem auf Geldstrafe bis zu dreitausend Mark erkannt werden kann, wird bestraft, wer 31. Wird ein Beamter durch dieselbe Täuschung zu mehrfachem Eintrag veranlaßt, so liegt dennoch nur Ein Straffall vor, während Realkonkurrenz anzunehmen ist, wenn Jemand durch verschiedene von ihm getäuschte Beamten dieselbe Thatsache beurkunden läßt: Bind. HB. I, 558. 32. Wegen Anstiftung und Jdealkonkurrenz derselben mit Thäterschaft vgl. 9R1V. 28. Jan. 98 (E. 30, 429). — Wegen Fragestellung im fchwurgerichtl. Verfahren vgl. RIV. 26. Jan. 00 (GA. 47, 158). Auf den Verlust der rc. Ehrenrechte kann nicht erkannt werden; § 280 bezieht sich auf die §§ 271—273 nicht mit. 33. Zuständig ist ©traft: GDG. §§ 73', 75".

§ 272. 1. Der „Dermögensvortheil" braucht sich nicht aus dem Inhalte der Beurkundung, aus der Konsequenz der beurkundeten Thatsache zu ergeben; daher gehört auch der Fall hierher, wo Jemand die That (§ 271) bloß verübt, um den hierfür vom Anstifter zugesicherten Lohn zu verdienen; so: RI1. 9. Okt. 88 (E. XVIII, 145); vgl. § 349 n. 2; a. M.: Münch. (BE. V, 279). — Im Uebr. vgl. die Bemerkungen zu den §§ 268. 271. — Zuständig ist Schwur.G.

§ 273. 1. Dieser § setzt eine „Beurkundung der im § 271 bezeichneten Art" voraus, d. h. eine von einem zuständigen Beamten aus Irrthum aufgenommene, eine materielle Unwahrheit beweisende Beurkundung: § 270 n. 1; vgl. übrigens das dort cit. OT. (O. XVII, 798); dagegen ist es nicht erforderlich, daß ein Dritter vorsütz. lich den Beamten durch Täuschung zu dieser falschen Beurkundung veranlaßt Ijabe, da diese „Vorsätzlichkeit" den (objektiven) Charakter der Urkunde selbst nicht berührt. 2. Im Uebrigen sind die Bemerkungen zu §§ 270. 271 zu vergleichen.

§ 274. 1. Beide Nrn. dieses § erheischen gleichmäßig die „Absicht, einem Andern Nachtheil zuzufügen" (die Fassung „Nachtheile" in Nr. 1 hat sich durch ein 23er*

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Thl. II.

Abschn. XXIII. Urkundenfälschung. - § 274.

1) eine Urkunde, welche ihm entweder überhaupt nicht oder nicht ausschließlich gehört, in der Absicht, einem Anderen Nachtheile zuzufügen, vernichtet, beschädigt oder unter­ drückt, oder 2) einen Grenzstein oder ein anderes zur Bezeichnung einer Grenze oder eines Wasserstandes bestimmtes Merkmal in der Absicht, einem Anderen Nachtheil zuzufügen, weg­ nimmt, vernichtet, unkenntlich macht, verrückt oder fälsch­ lich setzt. [I. Entw.: § 239 Nr. 7. 6; II. Entw.: § 269; Pr. StGB.: § 243 Nr. 8. 7.] sehen bei der dritten Lesung im Reichstage eingeschlichen). Diese ist gleichbedeutend mit der im § 268 erforderten „Absicht, einem Andern Schaden zuzufügen"; vgl. dort n. 4. 5. Auch hier braucht der Nachtheil kein vermögensrechtlicher zu fein: OA. (O. XIV. 62), HStR. II, 562; a. M.: Merkel HH. III, 806 ff. Ebensowenig wird ein bleibender Nachtheil vorausgesetzt: sonach schließt die Absicht eines später zu leistenden Ersatzes den Thatbestand nicht aus. Eigennutz, Gewinnsucht als vorherrschender Beweggrund des Thäters ist mit der im § erheischten Absicht wohl vereinbar; so: Rill. 1. Febr. 83 (R. V, 80); vgl. Rill. 3. Nov. 87 (R. IX, 552: es genüge die Feststellung, Angeklagter habe aus Eigennutz mit dem Bewußtsein gehandelt, daß der eigene Nutzen ohne Verletzung des fremden Rechtsgebiets nicht erreichbar sei [?]). Ja sogar der Endzweck, sich selbst vor Schaden zu bewahren, schließt gemäß RII. 24. Juni 87 (E. XVI, 150) die Anwendung des § nicht noth. wendig auS, es sei denn, daß der Thäter in Ausübung gesetzlich erlaubter Selbsthülfe und innerhalb der Schranken derselben handelte oder doch zu handeln ver­ meinte. Die Absicht, einem Andern Nachtheil zuzufügen, wird nach Rill. 2. Dez 97 (GA. 46, 37) erfüllt durch das Bewußtsein des Thäters, daß sein Thun die Be. nachtheiligung eines Anderen jedenfalls zur Folge haben müsse und werde. Im Uebr. vgl. n. 7. 21. — Wer der Benachteiligte sei (der Eigenthümer oder ein Miteigenthümer der Urkunde oder ein Dritter), ist gleichgültig. 2. Auch die Beeinträchtigung eines erst zu erwerbenden Rechtes ist ein Nachtheil; a. Meyer n. 4; vgl. § 263 n. 2. 14. Sonach trifft der § zu, wenn Jemand einen ihm irrthümlich zugegangenen, für einen Andern bestimmten Waarenbestellbrief (§ 267 n. 110) unterdrückt, um Jenem das gewinnbringende Geschäft zu entziehen; vgl. RI. 15. Juni 84, OT. 66 (E. X, 391; O. VII, 558). 3. Ob die beabsichtigte Benachteiligung eingetreten sei, ist unerheblich; der § bleibt anwendbar, auch wenn die Urkunde rc. wieder hergestellt oder der Beweis demnächst anderweitig erbracht wird: OT. 66, 68, 78, OA. (O. VII, 597; IX, 683; XIV, 62; XIX, 427); vgl. n. 7. 8. 4. In Betreff der Ehrenstrafen vgl. §§ 280. 32.35. Zu Nr. 1. 5. Begriff der „Urkunde" vgl. § 267 u. 37ff. Auch hier ist es ein wesent. liches Begriffsmerkmal, daß die Urkunde zum Beweise bestimmt sei: RII. 8. Juli 90 (GA. 38 s. 342: demgemäß stelle das Kassabuch eines Kaufmanns nicht ohne Weiteres eine Urkunde im Sinne des § dar; vgl. § 267 n. 138), auch hier muß die betreffende Privaturkunde „zum Beweise von Rechten rc. von Erheblichkeit" sein (§ 267 n. 50ff.); ebenso: OT. (O. XX, 9), Schw., SGZ. 23 s. 231, Olsh. n. 2; a. M.: Rl. 8. Nov. 80, 91111. 22. Okt. 83, RH. 6. Mai 84, RIV. 28. Okt. 87 (E. II, 425; IX, 141; R. VI, 356; IX, 537), Hamb. (GA. 37 s. 66). 6. Die Urkunde muß dem Thäter „überhaupt nicht oder nicht ausschließlich gehören" sie muß für ihn (ganz oder teilweise) eine fremde sein (§ 242 n. 6 ff.). Dies trifft nach dem Pr. AM. (§ 304, I, 9) unzweifelhaft zu bei einer durch die gemeinsame Thätigkeit Mehrerer behufs Beurkundung ihrer gegenseitigen Rechte und Verpflichtungen geschaffenen und nur in Einem Exemplare errichteten Urkunde: RII. 21. März 84 (E. X, 213); vgl. auch RIV. 20. Sept. 95 (GA. 43, 244). Es

Thl. II. Abschn. XXIII. Urkundenfälschung. — § 274.

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genügt aber auch, wenn ein Anderer ein erworbenes Editionsrecht hat: Rill. 4. Febr. 80 (E. I, 181: Mot.), Warneyer, GA. 41 f. 9; a. M.: Merkel s. 807, HStG. II, 561 (: fordern mindestens Miteigenthum), Olsh. n. 2 (fordert stets ein dingliches Recht an der Urkunde). Dresd. (StZ. I, 379) erachtete die Vernichtung rc. der eigenen einem Andern als Faustpfand übergebenen Urkunde, wenn sie während der berechtigten Jnnehabung des letzteren geschehe, für strafbar (: Verpfändung sei „Derüußerung"). Nach 9UV. 18. Mai 00 (E. 33, 288) ist § 274 Nr. 1 nicht anwend, bar, wenn der Alleineigenthümer einer Urkunde dieselbe vernichtet u. s. w., an derselben jedoch anderen Personen obligatorische oder prozessuale Ansprüche auf Herausgabe oder Vorlegung zustehm. 7. Der „Nachtheil", welcher nach Nr. 1 beabsichtigt sein muß, ist nicht schon in der formalen Rechtsverletzung zu finden, welche jede Vernichtung rc. einer ganz oder theilweise fremden Urkunde mit sich bringt, sondern muß darüber hinausgehen und vom Thäter noch selbständig daneben als nothwendig vorgestellt sein: RII. 10. Mai 98 (E. 31, 143), Manh. (BA. 43 s. 273). Doch genügt die Absicht, einem Andern (für immer oder zeitweise) diejenigen Vortheile zu entziehen, welche für ihn aus der Urkunde als einem Beweismittel entspringen: OT. 69, OA. (O. X, 422; XIV, 62); dieselbe umfaßt daher auch prozessuale Nachtheile (: Rll. 5. Okt. 83, A. VIII, 385), z. B. die bloße Erschwerung deö (ev. auch durch Zeugen oder sonstige Mittel zu beschaffenden) Beweises (: RH. 29. Dez. 91, E. XXII, 283), und braucht nicht so weit zu gehen, den durch die Urkunde zu begründenden Rechtsansprnch unwirksam zu machen: OT. 63, 68 (O. III, 516; IX, 206); demgemäß ist es unerheblich, ob jener Rechtsanspruch wirklich begründet war, oder ob ihm irgend ein durchgreifender Einwand entgegenstand, z. B. daß derselbe simulirt oder der Angeklagte durch Täuschung zur Ausstellung der Urkunde verleitet worden sei: 91111. 23. Okt. 80, RH. 3. Dez. 86 (R. II, 374; VIII, 722), OT. 63, 68, 69, 70 (O. IV, 127; IX, 314; X, 299; XI, 118). — Nicht minder ist dem Erforderniß des Dolus (n. 1) genügt, wenn ein ergangenes Zahlungsmandat unterdrückt wird, um den Adressaten zu verhindern, rechtzeitig seine Einwendungen vorzubringen: RII. 30. Mai 90 (E. XX, 413), OT. 70 (O. XI, 166). — Nach Pr. Recht ist die Beschädigung rc. einer Urkunde über ein ZinSversprechen nicht etwa wegen Mangels jener Absicht straflos, wenn der Inhaber der Urkunde über den Rückempfang der Darlehnssumme vorbehaltlos quittirt hatte, da die hierdurch begründete Vermuthung der Tilgung der Zinsenschuld sich durch den bloßen Nachweis eines mündlichen Vorbehalts heben läßt: OT. 76 (O. XVII, 492). Ebenso ist die Möglichkeit einer Benachtheiligung bez. die Annahme einer darauf gerichteten Absicht nicht ausgeschlossen bei einer Urkünde, deren angeblicher Aussteller seine Unterschrift eidlich diffitirte, insofern der Inhaber der Urkunde deren Echtheit noch immer in einem neuen Prozeffe darthun konnte: cit. OT. 76. Dagegen ist die Absicht, sich der Strafe der Stempeldefraude zu entziehen, keine solche im Sinne der Nr. 1: Rill. 4. Febr. 80 (E. I, 181); vgl. § 268 n. 5. Inwiefern eine (vorherrschend) gewinnsüchtige Absicht mit der Absicht der Benachtheiligung Anderer verträglich sei, darüber vgl. n. 1 und Rl. 15. Juni 84 (E. X, 391). Das bloße Bewußtsein, daß durch die Vernichtung rc. einem Andern Nachtheil zugefügt werde, genügt nicht; so: Wundt, BA. 43 s. 276; vgl. § 266 n. 1. — Der wirkliche Eintritt des Nachtheils ist nicht erforderlich: RI. 19. Jan. 84 (E. X, 43); vgl. n. 3. 8. 8. „Beschädigung" einer Urkunde ist jede mit letzterer vorgenommene Deränderung, welche deren Zweck, als Beweismittel zu dienen, beeinträchtigt, sei es daß der äußere Bestand der Urkunde, sei es, daß ihr materieller Gehalt, fct es, daß beide dadurch betroffen werden; so: Rl. 19. Jan. 84 (E. X, 43). — Dahin rechnet Rll. 29. Juni 80 (R. II, 135) die Löschung der Unterschrift unter einer Vertragsurkunde selbst dann, wenn die Durchstreichung der Unterschrift mit Bleistift geschehen und der Name leserlich geblieben ist; immerhin sei dadurch die Beweiskraft der Urkünde mit Rücksicht auf § 419 CPO. gemindert worden; vgl. Rl. 3. Juli 82 (R. IV, 670: betr. Löschung des in eine Sammelliste zum Nachweise der Zahlung eingetragenen Namens des Gebers). In Betreff des Zerreißens eines Schuldscheins rc. vgl. cit. Rl. 19. Jan. 84, OT. (O. XV, 513). — Ob die Beeinträchtigung der Integrität einer Urkunde eine so geringfügige sei, daß sie nicht als „Beschädigung" angesehen werden könne, ist eine rein thatsächliche, nicht revisionsfähige Frage: OT. (O. XIX, 427). — Daß der frühere Zustand der Urkunde sich leicht Herstellen läßt

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Thl. II. Abschn. XXIII. Urkundenfälschung. — § 274.

oder daß die Stücke einer zenissenen Urkunde, zusammengefügt, immer noch als Be» weisstücke benutzt werden können, schließt die Anwendbarkeit des § nicht aus: cittRII. 29. Juni 90, RI. 19. Jan. 84. 9. „Unterdrücken" hat hier nicht den in § 263 n. 52ff. entwickelten Sinn, weil es flch um eine körperliche Sache, nicht wie dort um einen ideellen Begriff (der Wahrheit) handelt; der Ausdruck kommt vielmehr mit dem „Beiseiteschaffen" des § 133 überein. Eine Urkunde ist „unterdrückt", sobald sie (bewußter Weise) durch eine sachliche Behandlung in eine solche Lage gebracht ist, daß sie dadurch der Benutzung des Berechtigten zu ihrem bestimmungsmäßigen Zwecke entzogen wird, sei es, daß ihre Existenz oder ihr Verbleib seiner Kenntniß entrückt, sei es, daß sie für ihn in dem Maße unerreichbar geworden ist, daß er zu ihr auch mittels der paraten obrigkeitlichen Hülfe nicht gelangen kann; vgl. Rill. 6. März 80 (A. I, 481; Wegnahme eines Wechsels aus der Hand des vorzeigenden Inhabers und unter­ lassene Rückgabe trotz wiederholter Aufforderung; das Bestehen eines Klagerechts bezüglich der Rückgabe sei bedeutungslos), RI. 15. Mai 84 (E. X, 391: VorentHaltung eines irrthümlich an den Angeklagten abgegebenen Briefs), RII. 30. Mai 90 (E. XX, 413), OT. 66, 69 (O. VII, 597; X, 50), John, HH. III, 185. Heimlichfeit der Handlung wird nicht erfordert: cit. RI. 15. Mai 84, RII. 29. Dez. 91 fE. XXII, 283), OT. 63 (O. III, 516). Vorübergehendes Entziehen genügt, wenn es in eine Zeit fällt, wo der Berechtigte Veranlassung hatte, sich der Urkunde zu be­ dienen, und gerade dies ihm unmöglich gemacht wurde; sonst ist ein zeitweiliges Vorenthalten der Urkunde kein Unterdrücken derselben; vgl. jedoch OT. (O. XV, 265: hielt die nur momentane Entziehung eines Wechsels für genügend, da der Wechselinhaber jederzeit über denselben zu verfügen berechtigt, und dieses Recht durch zeitweilige Entziehung beeinträchtigt sei), cit. Rill. 6. März 60, OT. (O. XVIII, 20). — Ebenso trifft dieser Begriff nicht zu, wenn die Handlung dahin abzielte, nicht dem Anderen das Beweismittel zu entziehen (n. 7), sondern sich selbst ein solches zu verschaffen; z. B. wenn der Schuldner eine vom Gläubiger in Erwartung der Zahlung ausgestellte Quittung an sich nimmt und, ohne zu zahlen, jenem vorenthält: RI. 22. Jan. 80 (E. I, 159), OT. (O. XIV, 677); eine solche Handlung kann Diebstahl oder Unterschlagung sein. 10. Unterschied zwischen der Vernichtung rc. einer Urkunde und einer durch theilweises Auslöschen der Schrift bewirkten Fälschung: § 267 n. 14. 107. 11. Die Entwerthungszeichen einer Stempel- rc. Freimarke sind Urkünden (§ 267 n. 108); gleichwohl fällt ihre Vertilgung nicht unter Nr. 1, wenn sie vom [Mein-] Eigenthümer der Freimarke ausging; daraus, daß jenes Zeichen dazu dienen soll, eine nochmalige Verwendung zum Nachtheile des Fiskus zu verhindern, folgt nicht, daß letzterer als Miteigenthümer der Schrift, der Marke oder des Entwerthungszeichens anzusehen sei. Vgl. § 275 n. 12. lla. Ein Vergehen gegen § 274 Dir. 1 darf in der Urtheilöformel nicht mit „Urkundenfälschung" bezeichnet werden; RI. 3. Febr. 98 (GA. 46, 123). llb. Der Dolus fehlt, wenn der die Urkunde Vernichtende im Aufträge des Alleinberechtigten handelte: RIV. 18. Mai 00 cit. n. 6.

Zu Nr.

2.

Vgl. § 370 Nr. 1; Pr. Ges. v. 7. April 1869 (GS. f. 729); Bayer. Dermarkungs-Ges. v. 16. Mai 1868. 12. Während das Pr. StGB, in dem hier vorgesehenen Vergehen eine Art Betrug erblickte, faßt das D. StGB, dasselbe als die Verfälschung (Fälschung) eines Beweismittels auf. Demgemäß muß den hier genannten „Merkmalen" ein urkundlicher Charakter beiwohnen, welcher sie geeignet macht, zum Beweise für einen Besitz- oder Rechtszustand zu dienen. Erinnerungszeichen an einen hohen Wasser, stand gehören nicht hierher, v. Liszt S. 556. Daß der betr. Gegenstand von Menschenhand gefertigt sei (§ 267 n. 40), wird dagegen hier nicht erfordert, vielmehr kann auch ein von Natur vorhandener Gegenstand, z. B. eine zwischen zwei Grundstücken freigelassene Bodenfläche (ein Grenzrain, ein Grenzgraben) jene Bedeutung haben: OT. (O. VII, 220). Auch auf einem Grenzrain stehende Steine können Grenzsteine sein; RIV. 17. April 97 (GA. 45, 133). 13. Das Merkmal muß dazu „bestimmt" sein, zur Bezeichnung einer Grenze (zwischen Immobilien) oder eines Wasserstandes zu dienen. Doch nimmt die Rechtsprechung (Rill. 22. Mai 80, 16. April 83, RII. 31. Jan. 90, RIV. 24. Jan. 90,

Thl. II. Abschn. XXIII. Urkundenfälschung. — § 274.

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20. Sept. 89, Stuttg. 28. Jan. 84, R. I, 811; V, 251; E. XX, 196. 202; GA. 37 s. 355; StZ. IV, 68) konstant an, daß jene Bestimmung nicht auf einen definitiven Grenzzustand gerichtet zu sein brauche, daß es vielmehr genüge, wenn ein nur provisorischer oder nur vorübergehender (z. B. für die Dauer eines Pachtver­ hältnisses) Grenzzustand geschaffen werden sollte. Bloß präparatorische Vorrichtungen, die die künftige Bezeichnung einer Grenze oder eines Wasserstandes vor­ bereiten sollen, stehen aber nicht unter dem Schutze des §: RH. 10. Mai 98 (eit. n. 7). — Wem die betr. Grundstücke oder das Merkmal selbst gehören, ist gleich, gültig; insbesondere wird Nr. 2 dadurch nicht ausgeschloffen, daß der Angeklagte Eigenthümer beider Grundstücke und des sie scheidenden Merkmals ist; auch ihn trifft die Strafe, wenn er jenes Zeichen verrückt rc., z. B. um einen Servitutberechtigten (des einen Grundstücks) zn benachteiligen: 91111. 26. April 83 (R. V, 292), OA. 69 (O. X, 756), ja es ist nicht einmal das Vorhandensein zweier Grundstücke unbedingt nöthig; so: (Dresd. StZ. V, 139: sofern es sich um die Bezeichnung der Richtung und des Umfangs einer Wegegerechtsame handle); a. M.: OT. 57 (GA. VI, 127). Immerhin wird aber erfordert, daß das Merkmal die Bestimmung habe, Eigenthum oder sonstige dingliche, und nicht blos persönliche Rechte z. B. auf Aberntung stehender Produkte, abzugrenzen (citt. Rill. 16. April 83, RH. 31. Jan. 90); Zeichen, welche nicht zur Jndividualisirung eines Grundstücks, sondern nur zur Scheidung oder Sonderung seiner Nutzungen dienen, gehören daher nicht hierhin: R1V. 12. Dez. 84 (R. VI, 809), es sei denn, daß diese Nutzungen eben einen ding­ lichen Charakter haben, eit. R1I. 31. Jan. 90, OT. 67 (O. VIII, 17: betr. die Antheile von Haubergsgenossen). — Ob die Grenzmerkmale auf privatrechtliche oder öffentliche rechtliche Verhältnisse sich beziehen, ist gleichgültig. Dgl. aber § 922 StGB. 14. Die „Bestimmung", zur Bezeichnung einer Grenze re. zu dienen, kann einem Gegenstände (z. B. einem Steine) nur durch einen für beide Nachbarn re. maßgebenden, äußerlich erkennbar gewordenen Willensakt beigelegt werden. Dazu bedarf es keiner besonderen Förmlichkeiten (z. B. der im Pr. AM. I, 17 §§ 383 bis 388 erwähnten: OT. 70, O. XI, 323), noch eines Setzens re. unter amtlicher Autorität re. (: OT. 64, O. IV, 329); es genügt, wenn das Grenzmerkmal als solches von beiden Nachbarn ausdrücklich oder stillschweigend anerkannt worden ist; vgl. RIV. 17. April 97 (GA. 45, 133), RII. 20. Jan. 88, 31. Jan. 90 (R. X, 46; E. XX, 196), RIV. 24. Jan. 90, RI. 7. Mai 94 (E. XX, 202; GA. 42 s. 125: speziell bez. der Frage, ob bei gütergemeinschaftlichen Grundstücken die Ehefrau zu. zuziehen sei), OT. 64 (O. V. 349); das gilt auch von den zur Bezeichnung der Höhe des Wafferstandes dienenden Zeichen (§ 2 des Pr. Vorfl.-Edikts v. 15. Nov. 1811 steht dem nicht entgegen, da er nur die zwangsweise erfolgende Bezeichnung des Wasserstandes regelt; a. M.: GM. II, 554). Ein einseitig gesetztes, vom andern Nachbar nicht anerkanntes Merkmal ist kein zur Bezeichnung der Grenze „bestimmtes"; ebenso: RII. 25. Jan. 84) R. VI, 49), selbst wenn dieses Setzen nur in dem Wiederherstellen eines widerrechtlich verrückten Merkmals an der früheren Stelle besteht; RII. 31. Jan. 90 (E. XX, 196), oder unter richterlicher, einer gesetzlichen Grundläge jedoch entbehrender Mitwirkung geschieht: RII. 18. Oft. 92 (E. XXIII, 254). Trifft dagegen obige Voraussetzung zu, so wird die Anwendbarkeit des § im Uebrigen nicht durch die eivilrechtliche Gültigkeit des Grenzzeichens bedingt (RII. 18. Apr. 82, E. VI, 199; eit. RI. 7. Mai 94), z. B. nicht durch die Unanfechtbarkeit des Ab­ kommens, auf welchem der so bekundete Besitzstand beruhte (a. M.: OT. 58, GA. VI, 427), noch überhaupt dadurch, daß jenes Zeichen die Grenze richtig angebe: eit. RII. 20. Jan. 88, RIV. 21. Dez. 97 (GA. 46, 51); vgl. n. 21. — In Betreff der Feststellung jener Voraussetzung vgl. RI. 15. Dez. 94 (GA. 42 s. 406). 15. Die „Bestimmung" eines Grenzmerkmals als solchen ist genügend erkenn­ bar, wenn sie aus seinem Vorhandensein (z. B. nach dem Ortsgebrauch) entnommen werden kann; besonderer jene Bestimmung anzeigender Bezeichnungen bedarf es dann nicht. Bezüglich der Grenzhügel vgl. Pr. AM. I, 17 § 368 u. RII. 18. April 82, RIV. 24. Jan. 90 (E. VI, 199; XX, 202). 16. Durch eine Amtshandlung erlangt ein Gegenstand die Bedeutung eines Grenzmerkmales nur dann, wenn dem betr. Beamten die Befugniß beiwohnte, eine derartige Bestimmung in einer für die Parteien wenigstens vorläufig maßgebenden Weise zu treffen. Das gilt selbst da, wo es sich um die Grenze zwischen einem

732

Thl. II. Abschn. XXIII. Urkundenfälschung. — § 274.

Grundstücke und dem benachbarten Wege handelt; die einseitig von der Ortsbehörde erfolgende Bezeichnung der streitigen Weges-Grenze durch einen Stein giebt diesem nicht den Charakter eines Grenzsteins, sofern nicht besondere Gesetze jener Behörde ausdrücklich das fragliche Recht beilegen. In dem linksrheinischen Theile der Pr. Rheinprovinz steht ein solches Recht (nach Arr. v. 23. mess. V; Ges. v. 9. vent. XIII art. 6; Min-Jnst. v. 7. prair. XIII; Dekr. v. 16. Okt. 1813; StRG. v. 8. Nov. 1813; Pr. Ress.-Regl. v. 20. Juli 1818 § 2) nicht den Bürgermeistern, sondern nur den Regierungen (Präfekten) zu, welche dazu berufen sind, die Breite derDicinalwege festzustellen, und somit den die festgestellten Grenzen bezeichnenden Steinen die Eigenschaft von Grenzsteinen beizulegen: OT. 56 (JMbl. s. 67). Dagegen sollen nach Rll. 18. April 82 (eit n. 15) im Gebiete der Pr. Kreis-O. v. 13. Dez. 72 (vgl. dort §§ 59. 61. 65) die Amtsvorsteher bezw. die von ihnen beauftragten Gemeindevorsteher befugt sein, behufs Herstellung eines öffentlichen Weges in seinen alten Grenzen Grenzzeichen zu errichten [?]. Inwiefern das von einem Bayer. Feldgeschwornen errichtete Grenzzeichen auf strafrechtlichen Schutz Anspruch habe, darüber vgl. RI. 8. Dez. 87 (E. XVII, 10). — Beruht das Grenzmerkmal auf einem Urtheile, welches unter zwei Nachbarn ergangen ist, so bindet dieses Urtheil (trotz § 261 der StPO.) den Strafrichter, wenn einer jener Nachbarn einer nach Erlaß des Urtheils verübten Grenzverrückung beschuldigt wird; vgl. Mot. z. StPO. s. 189. 17. Zu den Grenzsteinen rc. gehören die zur Bezeichnung der BergwerksfeldesGrenzen auf der Erdoberfläche gesetzten Lochsteine; vgl. Pr. Bergges. v. 24. Juni 1865 §§ 39. 40, nicht aber die behufs Legung eines trigonometrischen Netzes über die Landestheile errichteten Marksteine; vgt. § 304 n. 8. 18. Zu den Wasserstandsmerkmalen zählen nicht allein die Merkpfähle, sondern auch die nach dem Pr. Dorfl.-Edikt v. 15. Nov. 1811 zur Vergleichung be­ stimmten sog. Fixpunkte: OT. 67 (O. VIII, 213). 18a. In Betreff des „Unkenntlichmachens" eines Grenzsteins vgl. RI. 15. Dez. 94 (GA. 42 f. 406). 19. Ein Grenzdenkmal rc. ist „fälschlich gesetzt", wenn ein Unberechtigter (z. B. der eine Nachbar ohne Mitwirkung des anderen) einen Gegenstand, welcher zur Grenzbeurkundung geeignet ist (n. 15), zum Zweck, daß er als Grenzmerkmal diene, an einer andern, von der bisher als Grenzlinie geltenden verschiedenen Stelle anbringt. Daß der Gegenstand als Grenzmerkmal von den Betheiligten anerkannt sei, wird hier (selbstredend) nicht gefordert: RI. 10. März 81 (E. III, 410). Die Anwendbarkeit des § wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß die fälschlich Borgenommene Umgrenzung nur eine vorläufige sein sollte; so: RI. 5. Nov. 87 (E. XVI, 280). — (Die wegen fälschlicher Setzung erfolgende Verurtheilung eines der Grenzsteinverrückung Angeklagten enthält keine Veränderung des rechtlichen Gesichtspunkts im Sinne der StPO. § 264 Abs. 1: RI. 23. Jan. 82, R. IV, 62.) 20. Daß die Grenze durch die Wegnahme rc. ^unkenntlich geworden sei, gehört nicht zum Thatbestände: Manh. (StZ. II, 297). 21. Bez. der „Absicht, einem Anderen Nachtheil zuzufügen", vgl. n. 1—3. 7. Die Ueberzeugung, durch eine Verrückung der Grenzzeichen nicht in das Eigen­ thum des Nachbarn einzugreifen (z. B. weil die Grenze unrichtig sei; vgl. n. 14), schließt die Absicht, ihm Nachtheile zuzufügen, z. B. durch Aenderung des Besitz­ standes, nicht aus: RIV. 21. Dez. 97 (eit. n. 14)' demgemäß muß die Wegnahme rc. den Zweck verfolgen, einen Anderen zu benachtheiligen: RI. 1. Mai 84 (BA. 50 s. 316); es genügt wenn die Handlung dahin abzielte, jenem diejenigen Vortheile zu entziehen, welche für ihn aus einem rechtlich begründeten Besitz, oder Rechtszustande entspringen, z. B. wenn ihm das durch das Grenzmerkmal rc. gewordene Beweis-Moment entzogen worden sollte: OT. 66, 67 (O. VII, 331; VIII, 213), Manh. (eit. n. 20); RIV. 20. Sept. 89 (GA. 37 s. 355) hält sogar schon das bloße Bewußtsein von einem solchen Erfolge für ausreichend; daß ein weitergehender Zweck erreicht worden sei, z. B. durch Aneignung oder Benutzung eines jenseits des alten Grenzzeichen liegenden Raumes, wird keinesfalls erfordert: OT. 66 (O. VII, 280). — Die Absicht, sich im (bestehenden) Besitze zu schützen, ist der Absicht der Nachtheilszufügung nicht gleichzustellen: Rill. 9. März 81 (A. III, 368).

Thl. II. Abschn. XXIII. Nrkundenfälschilng. - § 275.

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§ 275. Mit Gefängniß nicht unter drei Monaten wird bestraft, wer 1) wissentlich von falschem oder gefälschtem Stempelpapier, von falschen oder gefälschten Stempelmarken, Stempelblanketten, Stempelabdrücken, Post- oder TelegraphenFreimarken oder gestempelten Briefkuverts Gebrauch macht, 2) unechtes Stempelpapier, unechte Stempelmarken, Stempelblankette oder Stempelabdrücke für Spielkarten, Pässe oder sonstige Drucksachen oder Schriftstücke, ingleichen wer unechte Post- oder Telegraphen-Freimarken oder gestempelte Briefkuverts in der Absicht anfertigt, sie als echt zu verwenden, oder 3) echtes Stempelpapier, echte Stempelmarken, Stempelblankette, Stempelabdrücke, Post- oder TelegraphenFreimarken oder gestempelte Briefkuverts in der Absicht verfälscht, sie zu einem höheren Werthe zu verwenden. [I. Entw.: § 247; II. Entw.: § 270; Nov. Art. I.; Pr. StGB.: § 253.1 Dgl. §§ 276. 280. 364; EG. § 2 Abs. 2; Postges. § 27 Nr. 3; Telegr.-Marken-Ges. § 2; Wechselst-Ges. v. 10. Juni 1869 § 23; EL. Ges. v. 14. Juli 1871; Spielkartenst..Ges. v. 3. Juli 1878; Ges. v. 20. Juli 1879 § 17. 22. Beim Mangel jener Absicht (n. 21) ist das unbefugte Vernichten, Beschädigen rc. von Grenz- oder Wasserstands-Merkmalen in Preußen als Uebertretung strafbar: FFP.-Ges. § 30 Nr. 2. 23. Rill. 29. Dez. 91 (E. XXII, 286) erachtet bei Grenzrainen Jdealkonkur. renz des Thatbestandes aus Nr. 2 mit demjenigen aus § 370 Nr. 1 für möglich, Gesetzeskonkurrenz (i. e. S.) daher für ausgeschlossen (: die Verringerung des Raines könne vorkommen, ohne daß er als Grenzmerkmal beseitigt werde). 24. Zuständig ist ©traft

§ 275. 1. Unter „Stempelabdruck" ist hier die Bezeichnung eines Gegenstandes (z. B. eines Wechsels, Kartenspiels rc.) mit einem Stempel zu verstehen, welche zum Nachweise der Entrichtung einer Stempelsteuer dient; vgl. Nr. 2, OT. 69, 72 (O. X, 478; XIII, 115). Ebenso kann von einem „Stempelblankett" nur da die Rede sein, wo der auf dem Blankett befindliche Stempel ein Werthzeichen, die Quittung über Entrichtung der betr. Abgabe bildet: Jena 76 (Voll. 24 s. 174). — Der Ausdruck „gestempelte Briefkuverts" umfaßt die gestempelten Streif, und Kreuzbänder mit, wogegen unter „Post.Freimarken" hier alle übrigen beim Postverkehr gebräuchlichen Werthzeichen, mithin auch die mit Marken versehenen Correspondenzkarten begriffen sind; so: Meves s. 247; vgl. auch Olsh. n. 4. 2. „Falsches" („unechtes": Nr. 2) Stempelpapier rc. ist dasjenige, welches von einem Unberechtigten in einer der echten ähnlichen Form so „angefertigt" ist, daß es geeignet erscheint, statt des echten gebraucht zu werden (einen Dritten dez. der Echtheit zu täuschen, wobei es wesentlich ist, daß aus der ganzen Beschaffenheit des Papiers oder aus einer ausdrücklichen Angabe auf demselben die Höhe des von ihm angeblich repräsentirten Stempelbetrags hervorgehe, so, speziell bez. des StempelPapiers, 911V. 26. Juni 91, GA. 39 s. 236). Dabei ist es gleichgültig, ob zur Herstellung nachgemachte mechanische Vorrichtungen, oder solche benutzt sind, die der Staat selbst zur Herstellung benutzen läßt. — Dagegen ist „gefälschtes" Stempel, papier rc. dasjenige, welches ursprünglich echt, nachträglich von einem Unberechtigten so verändert („verfälscht": Nr. 3) worden ist, daß es einen höheren Werth repräsentirt. Die Fälschung muß also das Werthzeichen selbst betroffen haben: Jena 76 (tit. n. 1).

734

Thl. II. Zlbschn. XXIII.

Urkundenfälschung. — § 275.

3. Der § unterscheidet nicht, ob das falsche Stempelpapier rc. inländisches oder ausländisches war; ebenso: RHI. 4. Febr. 01 (GA. 48, 124), II. 20. Juni 82 (E. VI, 387); vgl. OT. 69, 70 (O. X, 806; XI, 496); a. M.: Osh. n. 2, HStR. II, 565; er trifft somit nach tz 4 Nr. 3 auch dann zu, wenn ein Deutscher sich einer der vorgesehenen Handlungen int Auslande in Betreff eines ausländischen Stempels rc. schuldig macht: Dambach, GSaal 23 s. 266, Schw. n. 1; a. M.: Rüd. n. 1. 4. Als „Gebrauch" (Nr. 1) bezw. als „Verwendung" (Nr. 2. 3; § 276) kommt nur diejenige Benutzung in Betracht, welche das Stempelpapier rc. als solches zum Gegenstände hat und (beim Gebrauche echter Werthzeichen) die Entrichtung der Abgabe vermittelt; vgl. n. 8. 10, Merkel, HH. III, 810; a. M.: Olsh. n. 5. Jedenfalls können Handlungen, welche die Einführung eines falschen Werthzeichens in den äußeren Rechtsverkehr noch nicht darstellen, sondern erst anbahnen, höchstens als (strafloser) Versuch angesehen werden: Rill. 13. Apr. 93 (E. XXIV, 111: der Ange­ klagte hatte einen mit einer falschen Postfreimarke versehenen Briefumschlag einem Dritten übersandt, damit dieser, gewissermaßen als sein Bote, jenen Umschlag der Post zur Beförderung übergebe). 5. Einer anderen als der in den einzelnen Nummern hervorgehobenen Willensrichtung bedarf es nicht, ebendeshalb auch nicht der Feststellung einer (sonstigen) rechtswidrigen oder gewinnsüchtigen Absicht im Sinne der §§ 267 ff.: OT. (O. XIV, 5). 6. In Betreff der Ehrenstrafen vgl. § 280 n. 1. 7. Durch § 275 sind § 2 des B.-Telegr.-Marken-G. v. 16. Mai 1869 und § 23 Abs. 1 des B.-Wechselst.-G. v. 10. Juni 1869, soweit sie sich auf die Anfertigung un­ echter oder die Verfälschung echter Marken rc. und die wissentliche Benutzung solcher gefälschter Marken rc. bezogen, außer Kraft gesetzt; ebenso: Merkel, HH. 111, 810, Rüd. s. 637, Bind., HB. I, 339, Olsh. n. 9. — Vgl. auch § 187 Invalidenvers.-G.

Zu Nr. 1. 7a. „Gefälscht" ist hier gleichbedeutend mit „verfälscht" (vgl. § 270): Olsh. n. 5, HStR. II, 566; a. M.: Sont., GA. 19 s. 294. 8. Mit Rücksicht auf das unter n. 4 Gesagte genügt es nicht, wenn Jemand falsches Stempelpapier rc. an einen Anderen (von der Fälschung Unterrichteten oder Nichtunterrichteten) zum Zwecke späterer Verwendung veräußert; a. M.: RII. 20. Juni 82 (E. VI, 387), Colmar 85 (Franz s. 82); das Gegentheil tritt nur bei dem Verkaufe von Spielkarten ein, welche mit einem falschen rc. Stempelabdrucke versehen sind, weil die Stempelung der Karten gegen Entrichtung der Abgabe vor dem Verkaufe geschehen muß, bei ihnen also von einer späteren Verwendung des (falschen rc.) Stempels keine Rede mehr sein kann; vgl. OT. (O. XIII, 115, welches nur in seiner Begründung zu weit geht). Noch weniger ist ein „Gebrauch" eines Stempelpapiers rc. darin zu finden, wenn lediglich die auf dasselbe geschriebene Urkunde (der mit dem falschen Abdrucke versehene Wechsel rc., die mit dem falschen Stempel versehenen Karten) wissentlich zu ihren speziellen Zwecken benutzt werden: Merkel f. 810. Das Spielen mit Karten, welche nicht mit dem erforderlichen Stempel versehen sind (mithin sowohl das Spielen mit ungestempelten als dasjenige mit falsch gestempelten Karten) ist aus dem RGes. v. 3. Juli 1878 § 10 strafbar. 8a. Gemäß RI. 24. Nov. 87 (E. XVI, 363: Mot.) schließt das Wort „wissentlich" die Strafbarkeit im Falle des bloßen Eventualdolus nicht aus (?). 9. Der Thatbestand der Nr. 1 schließt gleichzeitig eine Stempelsteuerhinterziehung in sich; diese wird durch die Verhängung der oben angeordneten Strafe mitgesühnt, insofern nicht ein besonderes Reichs- oder Landesgesetz anordnet, daß außerdem auch diese zu erkennen sei; letzteres ist in Betreff des Spielkartenstempels der Fall; vgl. RGes. v. 3. Juli 1878 § 12 Abs. 2; ein Landesgesetz ähnlichen Inhalts existirt für Preußen nicht; vgl. § 276.

Zu Nr. 2. 3. 10. Diese Nummern erheischen beim Thäter die „Absicht, das Stempelpapier rc. als echt rc. zu verwenden"; er muß also selbst einen Gebrauch des-

Thl. II. Absch. XXIII. Urkundenfälschung. — § 276.

735

§ 276. Wer wissentlich schon einmal zu stempelpflichtigen Urkunden, Schriftstücken oder Formularen verwendetes Stempel­ papier oder schon einmal verwendete Stempelmarken oder Stempelblankette, ingleichen Stempelabdrücke, welche zum Zeichen stattgehabter Versteuerung gedient haben, zu stempelpflichtigen Schriftstücken verwendet, wird, außer der Strafe, welche durch die Entziehung der Stempelsteuer begründet ist, mit Geldstrafe bis zu sechshundert Mark bestraft. Gleiche Strafe trifft Denjenigen, welcher wissentlich schon einmal verwendete Post- oder Telegraphenwerthzeichen nach gänzlicher oder theilweiser Entfernung des Entwerthungszeichens zur Frankirung benutzt. Neben dieser Strafe ist die etwa wegen Entziehung der Post- oder Telegraphengebühren begründete Strafe verwirkt. [I., II. Entw.: §§ 248. 249; II. Entw.: § 271; Pr. StGB.: (fehlte).) selben in der oben (n. 4. 8) erwähnten Art beabsichtigen: es genügt nicht, wenn er die Anfertigung vornimmt, um Anderen das Mittel zur Verübung des unter Nr. 1 erwähnten Vergehens zu verschaffen, oder um die unechten Werthzeichcn an Dritte, Gutgläubige abzusetzen (das wäre keine „Verwendung"); a. M.: Rll. 20. Juni 82 (eit. n. 8). Hiernach ist die Nr. unzweifelhaft zu enge gefaßt; vgl. § 146 n. 9. 10. 11. Ueber den Begriff der „Anfertigung unechten Stempelpapiers rc." vgl. n. 2. Es gehört hierher auch der Fall, wo von einem (benutzten oder unbe­ nutzten) echten Stempelbogen der obere Theil mit dem Stempelabdrucke abgeschnitten und auf einen leeren Bogen aufgeklebt wird: OT. 15. Juli 55 (GA. 111, 716); vgl. § 276, B.-Wechselst.-G. v. 10. Juni 1869 § 23 Abs. 2, nicht aber die Zusammen­ setzung mehrerer beschädigter Postfreimarken zu einem eine unbeschädigte darstellenden Ganzen: Rlll. 19. April 88 (E. XVII, 394). 12. Das Auslöschen eines die Verwendung eines Stempelbogens bewirkenden oder konstatirenden Schriftsatzes oder eines auf einem Stempel oder aus einer Frei­ marke sich findenden Entwerthungszeichens ist weder Verfälschung eines echten noch Anfertigung eines neuen unechten Stempelpapiers rc.: Rlll. 19. April, 12./19. Nov. 88 (E. XVII, 394; XVIII, 286: letzterwähntes Erk. entschied gleichzeitig dasselbe bez. der bloßen Aenderung jenes Zeichens), OT. 66 (O. VII, 340. 735); a. M.: Antr. des GStA. (ib., 340); vgl. RPostg. v. 28. Okt. 1871 § 27 Nr. 3. Ebensowenig findet § 274 Nr. 1 Anwendung, es sei denn, daß der entwerthete Stempelbogen rc. dem Thäter nicht gehört hätte; vgl. § 274 n. 11. Dagegen ist die abermalige Verwendung bereits einmal verwendeter Stempel- rc., Post- und Telegraphen-Werthzeichen zum Gegenstände besonderer Strafandrohungen gemacht; vgl. § 276. Dasselbe gilt vom Verkaufe (Feilhalten) solcher entwertheter Aeichen: § 364. 13. Die Nrn. 2. 3 bedrohen die in der Absicht der Verwendung vorgenommene Fälschung (Verfälschung) für sich allein mit Strafe; es bedarf sonach nicht eines hinzutretenden Gebrauchs: OT. 70 (O. XI, 496). 14. Der Fälscher (Verfälscher), welcher demnächst von den Falsifikaten Gebrauch macht, verwirkt nicht neben der Strafe aus Nr. 2 (3) noch die Strafe aus Nr. 1; dagegen wird diese unbedenklich anwendbar, wenn ihn aus irgend einem Grunde die Strafe der Nr. 2 (3) nicht treffen kann; vgl. § 271 n. 27. 15. Zuständig ist Strafk.

§

276.

1. Der Thatbestand des Abs. 1 ist nicht dadurch bedingt, daß die betr. Stempelzeichen mit einem Entwerthungszeichen versehen gewesen und daß ein solches

736

Thl. II. Abschn. XXIII. Urkundenfälschung. — § 277.

§ 277. Wer unter der ihm nicht zustehenden Bezeichnung als Arzt oder als eine andere approbirte Medizinalperson oder unberechtigt unter dem Namen solcher Personen ein Zeugniß über seinen oder eines Anderen Gesundheitszustand ausstellt oder ein derartiges echtes Zeugniß verfälscht, und davon zur Täuschung von Behörden oder Versicherungsgesellschaften Gebrauch macht, wird mit Gefängniß bis zu Einem Jahre bestraft. [I. Entw.: § 252; II. Entw.: § 272; Pr. StGB.: § 256.] gelöscht worden sei; es genügt die Handlung mit der Kenntniß der früher stattge­ habten „Verwendung". Ueber letzteren Begriff vgl. § 257 n. 4. 8. 2. Auch dieser Abs. 1 findet bei den im Auslande in Betreff ausländischen Stempelpapiers rc. verübten Zuwiderhandlungen nach Maßgabe des § 4 Nr. 3 AnWendung: § 275 n. 3. — In Betreff des Dolus vgl. § 275 n. 8a bezw. das dort eit. Rl. 24. Nov. 87. 3. Die im § vorgesehenen Handlungen werden regelmäßig auch eine Stempelsteuer- bezw. Gebühren-Hinterziehung darstellen; für diesen Fall schreibt der § die kumulirte Verhängung beider Strafen ^vor. Dagegen ist, wenn mit einer jener Handlungen die Entfernung (Aenderung) des Entwerthungszeichens zusammentrifft, der Thäter doch aus § 276, und nicht etwa aus §§ 267. 268 oder aus § 275 zu bestrafen; vgl. RHI. 12./19. Nov. 88 (E. XVIII, 286), § 267 n. 108, § 275 n. 12. 4. Die entsprechende Strafandrohung im § 23 des BWechselst.-G. v. 10. Juni 1869 ist durch Abs. 1 ersetzt und beseitigt; ebenso: Merkel, HH. III, 811, Rüd. n. 3, Bind, HB. I, 339. 4a. Der Umstand, daß sich die Verpflichtung zur Entrichtung einer Stempel­ marke hinsichtlich des mit ihr verstempelten Schriftstücks später erledigt, begründet keine Befugniß zur nochmaligen Verwendung der Marke: RIV. 21. Dez. 97 (E. 30, 384: betr. RG. v. 20. Juli 79 § 17). 5. Abs. 2, eine Zusatzbestimmung des RG. v. 13. Mai 1891 (vgl. oben IX), dehnt die Strafandrohung des Abs. 1 auf die abermalige Verwendung von Post- und Telegraphenwerthzeichen aus, mit dem Vorbehalte jedoch, daß hier die Entfernung eines Entwerthungszeichens zum Thatbestandsmerkmale erhoben worden ist. Daß der Angeklagte selbst das Zeichen entfernt habe, wird nicht erfordert; es genügt, wenn er von der Entfernung Kenntniß besaß; vgl. Mater. z. cit. RG. (GA. 39 s. 34). Hat eine Entfernung nicht stattgefunden, so finden, wie früher, die StrafVorschriften der §§ 27 (Nr. 3). 28 des RPostg. v. 28. Okt. 1871 bezw. § 2 des Telegr.Marken-G. v. 16. Mai 1869 Anwendung: Olsh. n. 2. 6. Das Veräußern oder Feilhalten von bereits einmal verwendetem Stempelpapier rc. ist in § 364 mit einer Uebertretungsstrafe bedroht. — Zuständig ist Schöffen.G. § 277., 1. Bezeichnet sick ein Nicht-Approbirter in einem (den richtigen Namen tragen­ den) Zeugnisse als „Arzt rc.", so trifft der Thatbestand des § 277 ideell mit dem der GO. § 147 Nr. 3 (29) zusammen. Dagegen ist (von besonderen Komplikationen abgesehen) Jdealkonkurrenz der in den §§ 277. 279 vorgesehenen Strafthaten mit den in den §§. 267. 268 vorgesehenen ausgeschlossen; vgl. RI. 1. Dez. 81 (E. VI, 1) und RU. 1. Nob. 98 (E. 31, 296), § 73 n. 6, § 267 n. 142. 2. „Approbirte Medicinalperson" ist auch die mit einem Prüfungszeug, nisse versehene „Hebamme"; vgl. cit. Gew.-O. § 30, Merkel, HH. III, 811: a. M.: Rill. 27. Mürz 84 (E. X, 340), Meyer n. 1. Ueberhaupt beschränken die $§ 277 ff. jenen Begriff nicht auf die in § 29 der Gew.-O. angeführten Personen; selbst landesrechtliche Vorschriften kommen dabei in Betracht: RI. 8. Mai 82 (E. VI, 260: rechnete demgemäß für Bayern die Bader hierher). 3. Auch die unberechtigte „Ausstellung" eines Zeugnisses rc. ist nur beim hinzutretenden Gebrauche strafbar. Vgl. § 278 n. 2.

Thl. II. Abschn. XXIII.

Urkundenfälschung. — §§ 278. 279.

737

§ 278. Aerzte und andere approbirte Medizinalpersonen, welche ein unrichtiges Zeugniß über den Gesundheitszustand eines Menschen zum Gebrauche bei einer Behörde oder Ver­ sicherungsgesellschaft wider besseres Wissen ausstellen, werden mit Gefängniß von Einem Monat bis zu zwei Jahren bestraft. [I. (Sntro.: § 253; II. Entw.: § 273; Pr. StGB.: § 257.]

§ 279. Wer, um eine Behörde oder eine Versicherungs­ gesellschaft über seinen oder eines Anderen Gesundheitszustand zu täuschen, von einem Zeugnisse der in den §§ 277 und 278 bezeichneten Art Gebrauch macht, wird mit Gefängniß bis zu Einem Jahre bestraft. [I. Entw.: § 254; II. Entw.: § 274; Pr. StGB.: § 258,] 4. Das Zeugniß braucht nicht (wie in den Füllen des § 278) inhaltlich un. richtig zu sein, die hier fragliche „Täuschung" betrifft daher auch nur die formale Beschaffenheit desselben, seine Echtheit oder Unverfälschtheit: RHl. 28. Nov. 89 (E. XX, 138), Rüd. n. 1, Olsh. n. 4; a. M.: OT. (GA. 23 f. 539). Auch bei Derfolgung des Zwecks besseren Fortkommens ist nicht § 363, sondern nur § 277 an. wendbar: RU. 1. Nov. 98 (cit. n. 1). — Eine auf Erzielung von Vermögensvortheilen rc. gerichtete Absicht [§ 268] schließt die Anwendung der §§ 277. 279 nicht aus: Rl. 1. Dez. 81 (cit. n. 1). 5. Mehrmaliger Gebrauch (bezw. Gebrauch zur Täuschung verschiedener Behörden rc.) begründet stets nur Einen Straffall; so: Bind., HB. I, 558. 6.

In Betreff der Ehrenstrafen vgl. § 280 n. 1. — Zuständig ist Straft.

§ 278. 1. Das Zeugniß muß materiell unrichtig sein; Bezeugung der Wahrheit, welche der Aussteller irriger Weise für unwahr hielt, gehört nicht hierher. — .Eine unrichtige (gutachtliche) Schlußfolgerung aus den angegebenen Thatsachen genügt gemäß Rl. 14. Dez. 82 (A. VII, 124). — „Wider besseres Wissen" stellt ein Zeugniß auS, wer sich bewußt ist, daß biejemgejt, für welche dasselbe bestimmt ist, nach der gemeinen Auffassungs. und Ausdrucksweise das Wahre nicht zu erkennen vermögen: Rill. 12. April 97 (GA. 45, 132). 2. Als (ärztliches) Zeugniß über einen „Gesundheitszustand" (nicht nur den gegenwärtigen, sondern auch über frühere Krankheiten) ist auch dasjenige anzusehen, welches lediglich die Thatsache einer Schwangerschaft oder Entbindung bekündet: OT. 67 (O. VIII, 89). Weiterhin fällt darunter auch die sachverständige Würdigung der über den Gesundheitszustand unmittelbar wahrgenommenen That­ sachen in ihren Folgen für die Gesundheit: RH. 18. Mai 00 (E. 33, 293). In Betreff der Impfscheine vgl. Rill. 21. Sept. 93 (E. XXIV, 284) und R. 28. Sept. 95 (GA. 43, 385: betr. Erfolg der Impfung). 3. Gleichgültig ist es, ob das Zeugniß von der Behörde selbst, oder von einem Privaten zum Zwecke des Gebrauchs bei der Behörde erfordert wurde: OT. 1. März 61 (O. 1, 272: beil.). 4. Dagegen muß der Arzt rc. (vgl. § 277 n. 2) wissen, daß das Zeugniß zum Gebrauche bei einer Behörde rc. bestimmt sei: cit. OT. 61. 5. In Betreff der Ehren strafen vgl. § 280 n. 1. — Zuständig ist Straft.

§ 279. 1. Der § erfordert nicht, daß der Arzt das unrichtige Zeugniß wider besseres Wissen ausgestellt habe: R1V. 10. Okt. 99 (E. 32, 295). 2. Zuständig ist Straft. Oppeuheff, D. Strafgesetzbuch. H. Auf!.

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Thl. U. Abschn. XXIV. Bankerutt. - §280. [§ 281], tz 239. KO.

§ 280. Neben einer nach Vorschrift der §§ 267, 274, 275, 277 bis 279 erkannten Gefängnißstrafe kann auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden. [I. Entw.: §§ 252-254; II. Entw.: § 275; Pr. StGB.: §§ 253. 256-258.]

Vierundzmanzigster Ab schnitt*). Bankerutt.

KO. § 239. Schuldner, welche ihre Zahlungen ein­ gestellt haben, oder über deren Vermögen das Konkurs­ verfahren eröffnet worden ist, werden wegen betrüglichen Bankerutts mit Zuchthaus bestraft, wenn sie in der Absicht, ihre Gläubiger zu benachtheiligen, 1. Vermögensstücke verheimlicht oder bei Seite ge­ schafft haben, 2. Schulden oder Rechtsgeschäfte anerkannt oder auf­ gestellt haben, welche ganz oder theilweise erdichtet sind, 3. Handelsbücher zu führen unterlassen haben, deren Führung ihnen gesetzlich oblag, oder 4. ihre Handelsbücher vernichtet oder verheimlicht oder so geführt oder verändert haben, dass dieselben keine Uebersicht des Vermögenszustandes gewähren. Sind mildernde Umstände vorhanden, so tritt Gefäng­ nisstrafe nicht unter drei Monaten ein. § 280. 1.

In Betreff des Verlusts der rc. Ehrenrechte vgl. §§ 32. 35. •) Vierundzwanzigster Abschnitt.

1. Die den Bankerutt behandelnden § 281—283 StGB, sind durch § 3 EG. z. KO. aufgehoben. An deren Stelle sind die §§ 209—214 der Reichskonkurs, ordnung getreten. Die neue Fassung der Konkursordnung vom 17. Mai 1898 (RGBl. S. 230), §§ 239—244 bringt eine Aenderung in den §§ 240, insbes. Nr. 1 und 2 sowie im § 241. Die Strafbestimmungen des § 3152 HGB-, § 148 Abs. 1 Nr. 2 des Genossenschaitsgesetzes u. §§ 82 u. 83 des RG. betr. die Gesellschaften mit beschr. Haftung sind daneben bestehen geblieben (§ 3 EG. z. KO.). Vgl. auch § 10 des Depot. Ges. v. 5. Juli 96. — Wegen der Gesetzesänderung vgl. § 2 n. 12 u. RI. 1. März u. 8. März 00, II, 7. Dez. 00 (E. 33, 184 u. 187; 34, 37). — Die Vorschriften des Allg. Theils des StGB, finden auch bei den Die Strafvorschriften der §§ 239—241 finden gegen die Mitglieder des Vorstandes einer Aktien­ gesellschaft oder eingetragenen Genossenschaft und gegen die Liquidatoren einer Handelsgesellschaft oder eingetragenen Genossenschaft, welche ihre Zahlungen eingestellt hat, oder über deren Vermögen das Konkursverfahren eröffnet worden ist, Anwendung, wenn sie in dieser Eigenschaft die mit Strafe bedrohten Handlungen begangen haben. [I., II. Entw.: (fehlte); Pr. StGB, (fehlte).]

7. Der Thatbestand wird durch das „Versprechenlassen rc." erfüllt, sollte auch der versprochene Vortheil nicht geleistet oder die zugesicherte Abstimmung nicht erfolgt sein: RI. 6. April 82, 9. April 88, IV. 24. März 85 (E. 6, 194; 17, 296; 12, 122). 8. Theilnahme an der Strafthat aus § 243 ist auf Seiten des Gemein­ schuldners oder eines Dritten rechtlich möglich: RIV. 24. März 85 (E. XII, 122: ob dies auch da zutreffe, wo der Gläubiger das Versprechen gefordert habe, sei freilich zweifelhaft): RIV. 8. Jan. 97 (E. 29, 304: betr. Anstiftung). (Einfacher Bankerutt und Anstiftung zum tz 243 können im Verhältnisse der Realkonkurrenz stehen (cit. RIV. 8. Jan. 97); a. M.: v. Kries, Z. f. StR. VII, 546. — Zuständig ist Strafk.

§ 244 KO. 1. 2. Die genannten Personen werden durch Beschlüsse des Aufsichtsraths oder der Generalversammlung nicht entschuldigt; so: Rüd. n. 2; vgl. unten n. 4. 3. Wegen Anwendung der §§ 239—241 KO. auf Mitglieder des Vorstandes u. s. w. eines Versicherungsvereins auf Gegenseitigkeit; vgl. RG. v. 12. Mai 01 (RGBl. S. 139). Das RG. v. 20. Apr. 1892 trifft im § 83 eine dem § 244 entsprechende Vorschrift bezüglich der Geschäftsführer einer in Zahlungseinstellung oder Kon. kurs gerathenen Gesellschaft mit beschränkter Haftung. Wegen der Bilanz vgl. § 240 n. 17. — Im Nachlaßkonkurse und im Gesammtgutskonkurse (§§ 214ff. 232. 236) sind strafrechtlich verantwortlich die Erben, der Erwerber der Erbschaft und der überlebende Ehegatte; im Konkurse einer juristischen Person oder eines verklagsfähigen Vereins die Vertreter oder Vorstandsmitglieder: §§ 207. 208. 213. Vgl. § 239 n. 15. 4. Gemäß RPl. 9. Jan. 86 (E. XIII, 235) macht § 244 jedes einzelne Mitglied des Vorstands einer Aktiengesellschaft für die ordentliche Buchführung und Bilanzziehung strafrechtlich verantwortlich, und kann diese von einer besonderen Uebertragung jener Geschäfte unabhängige Verantwortlichkeit weder durch den Ge­ sellschaftsvertrag noch durch Beschlüffe der Gesellschaftsorgane und die Bestellung von Gesellschaftsbeamten oder Bevollmächtigten beschränkt bezw. alterirt werden; a. M.: RI. 9. März 85 (E. XII, 78: dasselbe erkannte übrigens an, daß jene Derantwortlichkeit dadurch allein nicht ausgeschlossen werde, daß dem betr. Vorstandsmitgliede nach dem Gesellschaftsvertrag rc. die Befugniß mangle, den Verein nach Außen zu vertreten). Stellvertretende Mitglieder sind strafrechtlich verantwortlich, wenn sie zur Zeit der strafbaren Handlung Vorstandsmitglieder waren oder deren Funktionen vertretungsweise ausgeübt haben: RI. 9. März 85 (E. 12, 83). 5. In der Jahresbilanz einer Aktengesellschast muß zum Ausdruck gebracht werden, ob das Grundkapital der Gesellschaft voll oder nur zu einem bestimmten Theilbetrage baar eingezahlt worden ist: Rill. 20. Sept. 94 (E. XXVI, 104). 6. Eine gesetz- oder statutenwidrige und darum anfechtbare Wahl schließt die strafrechtliche Verantwortlichkeit des auf deren Grund in Funktion ge­ tretenen Vorstandsmitglieds nicht aus; so: RIV. 14. Okt. 87 (E. XVI, 269).

762

Thl. IL Abschn. XXV. Strafbarer Eigennutz rc. — § 284.

Fiinfllnd;wansigster Abschnitt*). Strafbarer Eigennutz und Verletzung fremder Geheimnisse.

§ 284. Wer aus dem Glücksspiele ein Gewerbe macht, wird mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft, neben welchem auf Geldstrafe von dreihundert bis zu sechstausend Mark, sowie auf Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte erkannt werden kann. Ist der Verurtheilte ein Ausländer, so ist die Landes­ polizeibehörde befugt, denselben aus dem Bundesgebiete zu ver­ weisen. [I. Entw.: § 266; II. Entw.: § 279; Pr. StGB.: § 266.] *) Fünfundzwanzigster Abschnitt. 1. In diesem Abschnitte sind verschiedenartige Vergehen zusammengefaßt, welche unter keinen allgemeinen Begriff zu bringen waren; deshalb darf die Be­ griffsbestimmung des einzelnen Straffalls nicht aus der ^unpassenden) Ueberschrift „strafbarer Eigennutz" ergänzt, insbesondere darf nicht gefolgert werden, daß dazn Gewinnsucht stets, mithin auch dann gehöre, wenn solche nicht ausdrücklich als Theil des Thatbestandes erheischt ist: ebenso: Wolfenb. (Br. Z. 23 s. 186). Gleich, wenig ist „strafbarer Eigennutz" als eine „Materie" anzusehen, welche „Gegen, stand des StGB." sei; vgl. EG. § 2 n. 3. 4, OT. (O. XV, 555); a. M.: OT. (ib. s. 448).

§

284.

1. „Glücksspiel" (Hazardspiel: Pr. StGB. § 266) im weiteren Sinne ist jedes Spiel, dessen Ausgang (für alle oder für einzelne Betheiligte) wesentlich (d. h. allein oder hauptsächlich: Rill. 13. Okt. 80, Münch., R. II, 331; BE. III, 63) voin Zufalle abhängt, vorausgesetzt, daß dadurch die Erlangung oder der Verlust irgend eines Gewinnobjekts bedingt war; demgemäß sind Lotterien (Ausspielungen) unter jenem Ausdruck mitbegriffen; inzwischen gebraucht das StGB. (§§ 284. 285. 360 Nr. 14) letzteren in einem engern, die Lotterien rc. ausschließenden Sinne: Rll. 29. Sept. 85 (E. XII, 388). Zur Abgrenzung des so hergestellten Begriffs vgl. § 286 n. 1 ff. Auf den einem Spiele beigelegten Namen kommt es felbftrebeitb nicht an: eit. RH. 29. Sept. 85 (: betr. eine sog. Kartenlotterie). 2. Dem Gesagten zufolge sind Spiele, bei welchen überwiegend eine erlangte körperliche Geschicklichkeit oder eine auf bestimmten Regeln beruhende überlegende Anordnung und Leitung mit gleichen Vortheilen für gleich geschickte Spieler den Ausschlag geben, selbst wenn um ein ansehnliches Objekt gespielt wird, keine Glücksspiele; desgleichen nicht Spiele, bei denen der Ausfall des Spiels lediglich von dem Willen des Angeklagten abhängt (hier kann nur von Betrug die Rede sein): RIV. 10. Okt. 90 (E. XXI, 107). Hängt aber der Ausgang, nach der dem Spiele zu Grunde liegenden Idee, wesentlich vom Zufalle ab, so ist es gleich­ gültig, ob daneben noch andere Umstände (z. B. das Maß der Aufmerksamkeit und Geschicklichkeit der einzelnen Spieler) von Einfluß sind: OT. (O. XIII, 617; XVII, 503), zumal wenn die Geschicklichkeit des Einen auf eine Täuschung des Mitspielers berechnet ist: OT. 69, 70 (O. X, 16; XI, 28: Kümmelblättchen). Der Thatbestand des Glücksspiels wird dadurch nicht ausgeschlossen, daß der Angeklagte durch täuschende Manipulationen bei Einleitung oder Handhabung des Spiels die natürlichen Chancen des Zufalls zu seinen Gunsten zu vermehren gewußt hat: R. 12. Jan. 83 (E. III, 153), RI. 23. März 96 (E. 28, 283: Anwendung besonderer, den Mitspielern nicht bekannter Kunstgriffe). — Ein Spiel, das in abstracto als ein Geschicklichkeitsspiel sich darstellt, kann in concreto als Zufallsspiel in Betracht kommen: R. 19. März 94 (E. 25, 192). — Das zweite Begriffserforderniß des Glücksspiels

THI. II. Abschn. XXV.

Strafbarer Eigennutz rc. — § 284.

763

(n. 1) setzt ein Spielobjekt von solcher Bedeutung voraus, daß seine Erlangung für die Spielenden nach deren Verhältnissen überhaupt als Gewinn, seine Hingabe als Verlust betrachtet, und daß in der Aussicht auf ersteren der Bestimmungsgrund zum Spielen gefunden werden könne: OT., Münch. (O. XIII, 396. 426; XV, 107; BE. III, 327); a. M. (insofern es in dieser Hinsicht nicht auf Verhältnisse der jeweiligen Spieler, sondern auf die allgemeine gesellschaftliche Anschauung ankommen soll): RH. 28. Febr. 82, RlV. 3. Nov. 85, 1. Nov. 87, 11. Jan. 89 (E. VI, 70; XVIII, 342: R. VII, 536; IX, 547), RlV. 28. Mai 89 (E. 19, 253), Carlsr. (BA. 48 f. 101). 3. Der Begriff des Glücksspiels ist nicht dadurch bedingt, daß ein BankHalter einer Mehrheit von Spielern gegenüberstehe; es begründet daher auch keinen Unterschied, wenn das Bankhalten zwischen den verschiedenen Spielern umgeht. Ebenso trifft die Strafe nicht allein den Bankhalter, sondern jeden (Gewerbs«) Spieler: Mot. s. 137. Der Umstand, daß die Spieler übereingekommen sind, ihre Einsätze fest zu begrenzen, beseitigt den Begriff „Glücksspiel" nicht: R. 24. Apr. 83 (R. V, 283). Gleichgültig ist es, ob ein Wechsel unter den Betheiligten stattfindet, oder ob stets nur zwischen zwei Personen gespielt wird: R. 20. April 82 (A. V, 412). Der Thatbestand ist im einzelnen Falle gegeben, sobald die Betheiligten zum Zwecke des Spiels, Einsätze gemacht haben; so: 91111. 10. Dez. 79 (E. I, 119); a. M.: HStN. II, 446. Hat noch keiner der Spiellustigen eingesetzt, ist es vielmehr bloß bei den Veranstaltungen zum Spiele geblieben (z. B. weil dagegen eingeschritten wurde), so liegt kein (vollendetes) Glücksspiel vor: Rll. 28. Juni 81 (R. III, 442); vgl. n. 5. 3a. Als „Glücksspiele" sind betrachtet: das „Dreikartspiel": 91111. 13. Okt80 (R. II, 331), das sog. „Kümmelblättchen": 9UII. 10. Dez. 79 (E. I, 118), die sog. „Kartenlotterie" Gottes Segen bei Cohn: RII. 29. Sept. 85 (cit. n. 1), das sog. „Kartenlotto", wenigstens insofern es ohne vorher festgestellten Plan gespielt wird: RlV. 11. Jan. 89 (E. 18, 342), das sog. „Mauscheln": RlV. 15. Febr. 89, 19. Sept. 90 (GA. 37, 159; 38, 350), die sog. „Lustige Sieben": Dresden 17. Juni 72; StZ. 2, 115, das Würfelspiel um Geld: R. 25. Sept. 93 (GA. 41, 283). Wegen des sog. „Riemenstechens" vgl. . München (BE. I, 420). Nach den thatsächlichen Feststellungen kann aber unter Umständen auch bei diesen Spielen die Eigenschaft als Glücksspiel verneint werden. 4. Ein Spiel hört dadurch nicht auf, ein Glücksspiel und strafbar zu sein, daß es gleichzeitig den Voraussetzungen einer Wette entspricht: OT. 62 (O. III, 71), Merkel, HH. Ill, 829, Stenglein, Z. f. StR. III, lllff. (zwischen Glücksspiel und Wette bestehe überhaupt kein begrifflicher Unterschied); a. M.: 91111. 29. April 82, Rll. 30. Juni 82 (E. VI, 172. 421: halten beide für grundsätzlich verschieden: daS Unterscheidungsmerkmal liege im Vertragswillen bezw. Beweggründe der Contra, henten, indem die Wette zur Bewährung einer Behauptung, das Spiel zur Er. langung eines Gewinns betrieben werde); vgl. HStR. II, 444. Obiges kann selbst, redend nur da angenommen werden, wo die Wette wesentlich vom Zufalle abhängt (n. 1): Dresd. (SGZ. 22 s. 363); dieses Erk. läßt die Geschicklichkeit Dritter, welche den Ausgang bestimmt, nicht als Zufall gelten, wogegen cit. Rlll. 29. April 82, RII. 30. Juni 82 dahin anscheinend Alles rechnen, was vom Willen und Einflüsse der Spieler selbst unabhängig ist. — Alle organisirten Wettanstalten für Nennen sind nach Stenglein 1. c. Glücksspiele; dies ist in der Rechtsprechung anerkannt worden bez. des Geschäfts der sog. Buchmacher: citt. Rill. 29. April 82, RII. 30. Juni 82, Rl. 12. Juli 82 (R. IV, 692), Rll. 18. April 93 (GA. 41 f. 48: auf die Beobachtung der bei der sog. Buchmacherei üblichen Formen, insbesondere der schriftlichen Form, komme es nicht an; auch sei es gleichgültig, von welchem der Crntrahenten die Aufforderung zum Vertragsabschlüsse ausgegangen sei), und bez. der Einrichtung des sog. Totalisators: Rll. 7. Juli 82 (E. VII, 21), OVG. (Z. f. SlR. II, 551 ff.); vgl. jedoch Pr. MVf. v. 30. Aug. 1886 (VMbl. s. 201), cit. Rll. 18. April 93 (: Mot.). Die Einrichtung des Totalisators ist in Preußen als eir obrigkeitlich genehmigtes öffentliches Glücksspiel zu betrachten: R. 2. Juni 96 (E. 28, 401). — Differenzgeschäfte (§ 764 BGB.) sind keine „Glücksspiele". 5. Aus dem Glücksspiel macht Derjenige „ein Gewerbe", welcher den fort« gesetzten Betrieb des Glücksspiels zur Erwerbsquelle zu machen sucht, ohne daß lettere darum regelmäßig oder dauernd zu fließen braucht (ein nach der Gelegenheit

764

Thl. II. Abschn. XXV.

Strafbarer Eigennutz rc. — § 284.

gesuchter und genommener Gewinn genügt); so: Rill. 24. April 80 (R. I, 654); vgl. n. 6, § 260 n. 2.4—6, cit. RII. 18. April 93 (: daß überhaupt keine Gelegenheit unbenutzt gelassen werde, sei jedoch kein Erforderniß). Der § setzt daher auf Seiten der Handelnden den Willen voraus, eine fortgesetzte, auf Erwerb gerichtete Thätigkeit auszuüben, sich einen fortgesetzten Erwerb zu verschaffen: RII. 29. Sept. 85 (E. XII, 388). Diesen Willen kann er haben, wenn er auch durch einen anderen Grund als durch Gewinnsucht zum Spiele bestimmt wird, und wenn der Endzweck, den er erreichen will, nicht darin besteht, daß seine Sucht nach Gewinn Befriedigung erhält: RII. 10. April 00 (E. 33, 237). — Doch ist auch hier schon eine einzelne Handlung ausreichend, sofern sie den auf ihre Wiederholung gerichteten Erwerbswillen bethätigt: cit. RII. 29. Sept. 85, RII. 28. Juni 81 (R. III, 442), OT. 67 (O. VIII, 562), Dresd. (StZ. III, 136), Mot. s. 137. Immerhin muß aber das Spiel ein ernstlich gemeintes sein; ein bloß fingirtes, zur Anlockung Anderer unternommenes Spiel würde höchstens einen (straflosen) Versuch darstellen: Dresd. (SGZ. XX, 125). Eine Mehrheit von Füllen ist ebensowenig erforderlich, wie die Bethätigung eines Hanges zum Glücksspiel, da gewohnheitsmäßiges Glücksspiel nicht strafbar ist. Wer gewohnheitsmäßig am Glücksspiel sich betheiligt, macht sich auch dann nicht strafbar, wenn er in jedem Einzelfall gewinnen will, so lange er nur das Glücksspiel nicht in der Absicht betreibt, eine fortgesetzte auf Erwerb gerichtete Thätigkeit auszuüben: RII. 10. April 00 (E. 38, 237). Vgl. auch R. 12. Juli 82 (A. VI, 192). — Es ist statthaft, den Beweis der Gewerbsmäßigkeit bei einer Einzelhandlung aus Vorbestrafungen wegen gleicher Fälle oder aus verjährten Fällen (mit) herzuleiten: Rill. 10. Dez. 79, RII. 15. Nov. 81 (E. I, 118; R. III, 716). 5. Der durch daß (Gewerbs-)Spiel zu erzielende Erwerb muß in dem Spielgewinne (n. 1) bestehen, auf diesen muß das Spiel gerichtet sein. Demgemäß können nur diejenigen aus dem Spiel ein Gewerbe machen, auf deren Rechnung das Spiel geht: n. 3. 9, Rill. 18. März 86 (E. XIV, 28: treffe dies zu, so sei es gleichgültig, ob sie auch nach Außen als solche hervortreten), z. B. nicht Solche, welche ein Glücksspiel halten, jedoch am Spiel und dessen Gewinn- wie Verlust­ chancen nicht theilnehmen, sondern nur (wenn auch fortgesetzt) einen feststehenden Unternehmergewinn beziehen: RIV. 12. Febr. 97 (E. 29, 376), Rill. 5. Jan. 85 (R. VII, 17); vgl. n. 9. 14; a. M.: HStR. II, 445. Ob das Spiel in den Einzel­ fällen der fortgesetzten Thätigkeit zu Gunsten oder Ungunsten des Spielers ausfällt, ist ohne Belang: RIV. 23. Nov. 86 (R. VIII, 720). Es genügt zur Annahme der den Begriff des Gewerbe-Glücksspiels bedingenden Gewinnsucht, wenn die Absicht dahin ging, einen früher erlittenen Spielverlust zu decken: OT. (O. XIV, 660). — Im Uebrigen kommt es (unbeschadet des unter n. 2 Gesagten) auf die Bedeutsamkeit des Spielobjekts und die Vermögensverhültnisse des Spielers weiter nicht an; insbesondere wird nicht erfordert, daß der gesuchte Erwerb zur Gewährung des Lebensunterhaltes oder zur dauernden Vermehrung der Einkünfte bestimmt sei: Rill. 24. April 80 (cit. n. 5), OT. 63 (0.111, 557); ebenso schließt die Absicht, den Spielgewinn zur Berichtigung der gemeinschaftlichen Zeche zu verwenden, den Begriff des Gewerbemachens nicht nothwendig aus. — War der gehoffte Spielgewinn ein Bestimmungsgrund für den Spieler, so wird die Strafbarkeit dadurch nicht beseitigt, daß für ihn auch noch andere Gründe (z. B. der Wunsch, sich zu unterhalten) mitbestimmend waren: OT. (O. XV, 60), wogegen die Fälle, wo nur zum Zweck der geselligen Unterhaltung gespielt wird, überall außer Betracht bleiben: Rill. 29. April 82 (cit. n. 4), Stuttg. (WGbl. XIV, 95: betr. das Ausspielen von Getränken zum sofortigen Genusse); vgl. jedoch RII. 28. Febr. 82, RIV. 1. Nov. 87 (eilt n. 2). Der Begriff des gewerbsmäßigen Spiels wird durch die Feststellung ausgeschlossen, daß der Spieler nur von der Leidenschaft zum Spiele beherrscht, nicht aber von der Absicht, zu gewinnen, geleitet gewesen sei: cit. RIV. 23. Nov. 86. — Eine Berufung darauf, daß das Spiel von der Polizei gestattet sei, ist unzulässig: RII. 1. April 84, III. 12. Febr. 97 (E. 10, 245; 29, 376), ebenso ist ein Irrthum über die RechtsWirksamkeit der ertheilten Erlaubniß einflußlos. 7. Durch eine erlangte Spiel-Routine oder Geschicklichkeit ist der Begriff des Gewerbe-Machens in keiner Weise bedingt. 8. Es genügt, wenn der Angeschuldigte vom Glücksspiel „ein Gewerbe gemacht hat"; ob dasselbe bei seinen Mitspielern stattfand, ist gleichgültig: OT. 63

Thl. II.

Abschn. XXV.

Strafbarer Eigennutz rc. — § 285.

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§ 28s. Der Inhaber eines öffentlichen Versammlungs­ orts, welcher Glückspiele daselbst gestattet oder zur Verheim­ lichung solcher Spiele mitwirkt, wird mit Geldstrafe bis zu eintausendfünfhundert Mark bestraft. [I- Entw.: § 267; II. Guttu.: § 280; Pr. StGB.: § 267.] (0. III, 221). Die zeugeneidliche Vernehmung der letzteren steht, selbst wenn deren Thätigkeit gleichfalls eine strafbare sein sollte, nicht nothwendig mit § 56 StPO, in Widerspruch: RIV. 23. Okt. 88 (R. X, 587). 9. Personen, welche beim Spiele in irgend einer Weise mit thätig sind, ohne selbst einen Spielgewinn zu suchen, können nur als Gehülfen strafbar sein; das gilt auch von dem Darleiher des Geldes oder dem, einen festen Lohn beziehenden Croupier; a. M.: OT. 11. Juni 56. Vgl. auch Rill. 16. März 66 (E. 14, 28). Beihülfe zum Gewerbsspiel kann auch in der Thätigkeit Desjenigen gefunden werden, welcher den Spiellustigen den Eintritt zum Spiellokal gewährt oder durch Verab­ reichung von Speise und Trank (bewußter Weise) die lange Dauer des Spiels er­ möglicht: OT. (O. XIV, 653), vorausgesetzt, daß sein Vorsatz darauf gerichtet war, daß aus dem Glücksspiel ein Gewerbe gemacht werde: Rill. 3. Nov. 87 (R. IX, 551: nur in diesem Falle sei daher z. B. der wegen Gestattung desselben Glücksspiels aus § 285 verurtheilte Wirth als Zeuge nicht zu vereiden: StPO. § 56), wer die Spielutensilien hergiebt oder Wetten vermittelt: RI. 8. Juni 82 (R. IV, 545), II. 30. Okt. 99 (E. 32, 353). Dagegen ist eine Bestrafung wegen Nealkonkurrenz von Mitthäterschaft und Beihülfe, von letzterer bez. derjenigen Fälle, in welchen der Mitthäter am Spiele sich nicht betheiligte, ausgeschlossen: § 48 n. 5. 11; vgl. Ols n. 10; a. M.: cit. Rl. 8. Juni 82. — An dem mittels gewerbsmäßigen Glücksspiels in einem Einzelfalle Erlangten ist Hehlerei möglich: Rill. 16. Juni 80 (11. II, 72); vgl. § 259 n. 6. 9. 10. Bezüglich des Derlusts der Ehrenrechte rc. gelten die §§ 32. 35. 11. Die zum Gewerbs-Glücksspiel gebrauchten Gegenstände können, insofern sie den Thätern rc. gehören, eingezogen werden: §40. Welche Gegenstände zunr Gewerbsspiele gebraucht oder bestimmt waren, ob insbesondere dazu auch das auf dem Tische rc. sich befindende Geld der Spieler (namentlich des Bankhalters) ge­ höre, ist Gegenstand der thatsächlichen Beurtheilung des Einzelfalles Landers im Falle, wo Jemand öffentlich ein Glücksspiel hält (n. 14): für diesen schreibt § 360 Nr. 14 a. E. die Einziehung aller auf dem Spieltische oder in der Bank befindlichen Gelder vor, selbst wenn dieselben nicht dem Spieler gehören^. 12. lieber die polizeiliche Verweisung (auf diese braucht nicht erkannt zu werden) aus dem Bundesgebiete vgl. § 39 n. 9—13. Diese Verweisung ist hier an keine Frist gebunden: Erl. d. RKanzl-Amts v. 8. Okt. 1873 (JMbl. s. 282; VMbl. s. 267); vgl. § 362 n. 15. 13. Ueber die Verjährung vgl. § 67 n. 6. Bez. der Handhabung des Grundsatzes „ne bis in idem“ vgl. § 74 n. 10, Rll. 4. Dez. 94 (E. XXVI, 299). 14. Das unbefugte Halten eines Glücksspiels an einem öffentlichen Orte ist im § 360 Nr. 14 mit einer Uebertretungsstrafe bedroht; ein solches kann mit dem im § 284 vorgesehenen gewerbsmäßigen Glücksspiel ideell konkurriren. 15. Frühere, jedes Glücksspiel verbietende Strafvorschriften sind durch die §§ 284. 285 außer Kraft gesetzt: Jena (Doll. 21 s. 280), Olsh. n. 6). Noch weiter geht RIII. 3. Mai 88 (E. XVIII-, 1), indem es allgemein ausspricht, das StGB, habe, vorbehaltlich des zu § 268 n. 15 Gesagten, in den §§ 284—286. 360 Nr. 14 die Materie des Spiels überhaupt strafrechtlich erschöpfend regeln wollen und zwar, was die Nichtglücksspiele betrifft, dahin, daß diese schlechthin, also in jeder Form des Spiels und der Theilnahme daran oder ihrer Förderung straflos seien [?]; a. M.: Dresd. (GA. 37 s. 60). — Ueber den im Wege des Glücksspiels oder der Ausspielung (Lotterie) betriebenen Hausirhandel vgl. Gew.-O. (RGes. v. 1. Juli 1883) § 56c, § 148 Nr.7d. — Zuständig ist Strafk.

§

285.

1. „Inhaber eines öffentlichen Versammlungsorts" ist nicht bloß, wer gewerbsmäßig ein öffentliches Lokal (n. 2) hält, wie z. B. ein Wirth, sondern

766

Thl. II. Abschn. XXV.

Strafbarer Eigennutz rc. — § 285.

überhaupt jeder, welcher zur Zeit über ein solches Lokal und seine Benutzung that­ sächlich die Aufsichts- und Verfügungsgewalt hat; insbesondere also auch, wer den eigentlich Berechtigten im Falle einer längeren oder kürzeren Abwesenheit vertritt; vgl. RII. 26. Mai 93 (E. XXIV, 256: das Wort „Inhaber" sei hier nicht im civilrechtlichen Sinne gebraucht, sondern bezeichne jeden, der thatsächlich ein Lokal dem Publikum zur Benutzung offen halte, ihm dort Gelegenheit zur Vereinigung gewähre; der Fall betraf einen Oberkellner, welcher, während der Wirth der Nachtruhe pflegte, im Gastzimmer ein Glücksspiel gestattet hatte), OT. 67, 68, 73, 79 (O. VIII, 477; IX, 138; XIV, 195; XX, 137) und die Mot. s. 137 (: diese besagen, als Inhaber rc. könne nicht bloß der vom Eigenthümer eingesetzte Wirth oder Oekonom angesehen werden, sondern auch der Eigenthümer selbst oder dessen Stellvertreter, mit dem Hinzufügen „nach Befinden"). Ob der Inhaber zu dem betr. Geschäftsbetriebe einer amtlichen Erlaubniß rc. bedurfte und eine solche besaß, ist gleichgültig: OT. 62, 65 (O. III, 44; VI, 318). 2. Ein Versammlungsort ist „öffentlich", wenn er dem Publikum in einer nicht individuell begrenzten Weise zugänglich ist, sollte der Zutritt auch int klebrigen an gewisse Bedingungen (z. B. des Mitspielens) oder Beschränkungen geknüpft sein; vgl. § 85 n. 2—6, OT. 68 (O. IX, 649). Demgemäß gehört das Lokal einer geschlossenen Gesellschaft (Klub rc.) nicht hierher, es sei denn, daß an den Versamm­ lungen derselben auch Nichtmitglieder ohne jede Beschränkung Theil nehmen; in letzterem Falle ist der Oekonom als Inhaber des Gesellschaftslokals anzusehen, wenn ihm ein Aufsichts. oder Verfügungsrecht über das Lokal speziell auch nach der Richtung zusteht, daß er dessen Benutzung zu Glücksspielen den Mitgliedern rc. untersagen darf: OT. (GA. 27 s. 543). — Der Inhaber eines öffentlichen Versammlungsorts kann übrigens auch seinen Privatrüumen, indem er sie allgemein zugänglich macht, zeitweilig die Eigenschaft eines öffentlichen Lokals beilegen, sie verlieren alsdann diese Eigenschaft noch nicht dadurch, daß Einzelne oder gewisse Kategorien von Personen vom Besuche ausgeschlossen werden; so: OT. (O. XV, 877); vgl. n. 6; a. M.: HStR. II, 448. 3. 4. Ueber den Begriff des „Glücksspiels" vgl. § 284 n. 1 ff. Einer weiter­ gehenden Gewinnsucht des Spielers bedarf es hier nicht. Insbesondere erheischt der § 285 nicht, daß auö dem Glücksspiele ein „Gewerbe gemacht" sei; somit ist auch die Gestattung rc. eines einmal (nicht gewerbsmäßig) betriebenen Glücksspiels strafbar: OT. (O. XIII, 396), Olsh. n. 2. Mit dem Erfordernisse des Gewerbe-Machens fällt hier auch das einer bei den Spielern auf Erzielung eines Erwerbs (Gewinnes) gerichteten Absicht (§ 284 n. 6) hinweg; die Vorschrift des § 285 ist wesentlich polizeilicher Natur: der Wirth rc. soll überhaupt in seinem Lokale Glücksspiele nicht dulden: RII. 28. Febr. 82 (E. VI, 70), OT. (O. XIII, 396. 617). Sonach ist es auch gleichgültig, ob er von der Gewinnsucht der Spieler Kenntniß hatte, oder sich an dem Spiele mitbetheiligt: RII. 7. Juli 82 (E. 7, 21). Auch ist sein Irrthum über den Vermögenswerth des Objekts des Glücksspiels für seine Strafbarkeit unerheblich: R. 28. Mai 89 (E. 19, 253). 5. Der Inhaber rc. darf das Glücksspiel nicht „gestatten"; er verstößt gegen diese Vorschrift, sobald er das Spiel (mit der Kenntniß, daß es ein Glücksspiel ist) geschehen läßt und nicht die in seiner Macht liegenden Mittel (Wegnahme der Karten, Drohung mit Anzeige rc.) anwendet, dasselbe zu verhindern; ebenso: 91111. 21. Febr. 83 (A. VII, 325: ein wiederholt, aber wirkungslos von ihm ausgesprochenes Verbot schließe daher den Begriff des Gestattens nicht ohne Weiteres aus). Immerhin ist jedoch das Vergehen kein bloßes Fahrlässigkeitsvergehen, im „Gestatten" vielmehr das Moment der Einwilligung ausgedrückt, wenn auch nach Rill. 29. April 86 (R. VIII, 317) schon der eventuelle Vorsatz genügt, also auch die Einwilligung in das Glücksspiel oder die bewußte Nichtanwendung wirksamer Verhinderungsmittel für den Fall, daß ein solches Spiel unternommen werden sollte, und ohne bestimmte Kenntniß davon, daß dies geschehen werde. — Ein Gestatten liegt insbesondere auch im eignen Mitspielen vor: Dresd. (StZ. II, 115: selbst, wenn die Gegenpartei nur aus einer einzigen Person bestehen sollte). 6. Die „Gestattung" des Glücksspiels fällt nur dann unter die Strafvor­ schrift, wenn sie „daselbst", d. h. in dem öffentlichen Versammlungsorte, also in einer dem Publikum geöffneten Räumlichkeit stattfindet. Dagegen fällt diese Beschränkung weg, sobald es sich um die „Mitwirkung zur Verheimlichung"

Thl. II. Abschn. XXV.

Strafbarer Eigennutz rc. — § 286.

767

§ 286. Wer ohne obrigkeitliche Erlaubniß öffentliche Lotterien veranstaltet, wird mit Gefängniß bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bis zu dreitausend Mark bestraft. Den Lotterien sind öffentlich veranstaltete Ausspielungen beweglicher oder unbeweglicher Sachen gleich zu achten. [I. Entw.: § 286; II. Entw.: § 281; StB. S. 724; Pr. StGB.: § 268.] NG. v. 8. Juni 1871, betr. Jnhaberpapiere mit Prämien.

Vgl. auch

des betriebenen Glücksspiels handelt; hier genügt es, wenn sich der Lokal-Jnhaber als solcher jener Handlung schuldig macht, z. B. wenn ein Wirth einen allgemein oder zur Zeit des Spiels nicht öffentlichen Raum zu jenem Zwecke hergiebt: RH. 28. Febr. 82, Will 18. Okt. 82 (E. VI, 70; A. VI, 298). OT. 57, 72 (GA. V, 708; O. XIII, 372), Merkel, HH. III, 828, nach RII. 25. Febr. 87 (R. IX, 153) ferner, wenn jener die Fortsetzung des in seinem Privatzimmer begonnenen Spiels nach erlangter Kenntniß nicht hindert. — Beihülfe rc. zu dieser Mitwirkung ist nach den allgemeinen Vorschriften über die Theilnahme strafbar: cit. 91111. 18. Okt. 82. 7. Wiederholte Zuwiderhandlungen gegen den § begründen Realkonkurrenz und § 74 wird anwendbar: OT. 65 (O. V, 532). — Zuständig ist Strafk.

§ 286. 1. „Lotterie" ist ein Unternehmen, durch welches Jemand Anderen gegen Zahlung eines Preises das Recht gewährt, je nach dem Ausfalle einer (durch den Zufall geleiteten) Ausloosung (oder eines sonstigen der Looseziehung ähnlichen Zufallspiels) entweder einen vorausbestimmten Geldgewinn zu erlangen, oder aber den Einsatz ganz oder theilweise zu verlieren; vgl. RII. 1. April 84, 29. Sept. 85 (E. X, 245; XII, 388: fordern anscheinend stets eine Entscheidung durch Looseziehung), Rill. 21. Febr. 95 (E. XXVII, 47: eine Looseziehung im strengen Wortsinne sei nicht wesentlich, als wesentlich vielmehr nur zu erachten, daß nach dem Spielplane die Bestimmung der Gewinnloose von dem Eintritte oder Nichteintritte eines gewissen Ereignisses abhängen solle, und daß dieser Eintritt oder Nichteintritt in der Hauptsache auf einem bloßen Zufalle beruhe), Münch. (BE. VII, 208: ein der Loosziehung ähnliches Mittel genüge); nach Rill. 7. Okt. 82, Rl. 5. Mai 87 (A. VI, 300; R. IX, 300) ist es mit dem Begriffe einer Lotterie verträglich, wenn die Ziehung eines Gewinns oder einer Niete gleich bei Ueberreichung des Looses an den Spielenden stattfindet, z. B. in der Weise, daß jedes Loos in einem ver­ schlossenen entweder die Anweisung auf einen Gewinn, oder das Gegentheil enthaltenden Kuvert abgeliefert wird, und nach Rl. 7. Mai 80 (E. I, 414), wenn nicht sämmtliche Spieler, sondern nur die verlierenden einen Einsatz zahlen, während RIV. 12. Mai 95 (E. XXVII, 94) den Thatbestand (speziell denjenigen des Abs. 2) für nicht ausgeschlossen erachtet, wenn die Entscheidung über die Personen der Gewinner von der Willkür des Einsatzempfängers abhängig gemacht ist [?]. — Eine „Ausspielung" (Abs. 2) unterscheidet sich von der Lotterie nur dadurch, daß diese Geldgewinne, jene andere Sachen zum Gegenstände hat: OT. 69 (O. X, 493). Die Ausspielung wird zur Lotterie, wenn nach Wahl des Gewinners entweder die gewonnene Sache oder an deren Stelle ein im Voraus festgestellter Geldbetrag ausgehändigt wird. Dgl. n. 8. — Ein Spiel, dessen Ausgang nicht vom Zufalle oder nicht überwiegend vom Zufalle (Rill. 8. April 97, GA. 45, 58: Preiskegelschieben), sondern wesentlich von der Geschicklichkeit der Spieler abhängt, ist keine Lotterie rc.; doch wird der aleatorische Charakter dadurch nicht ausgeschlossen, daß persönliche Geschicklichkeit den Gewinner des Hauptgewinns bestimmt: OT. (O. XVII, 360). Auch kann ein Spiel, welches sich in abstracto als Geschicklichkeitsspiel darstellt, in concreto den Charakter eines Zufallsspiels an sich tragen: RI. 19. März 94 (E. XXV, 192). — Ebensowenig gehört hierher eine Verloosung, bei welcher jedem nothwendig ein volles Aequivalent für seinen Einsatz zu Theil werden muß; vgl. Rill. 15. März 63 (A. VII, 436: Mot.); a. M.: Rill. 18. Sept. 97 (GA. 45, 419), RII. 18. Mai 88 (E. XVII, 379: der Begriff der Ausspielung im Sinne des § sei nicht davon abhängig, ob die Ausspielung Gewinn oder Verlust auf der einen oder anderen Seite und damit die Beschädigung des einen oder anderen Theils bedinge oder bezwecke), OT. 71 (O. XII, 222); es ist aber bei Beurtheilung der

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Thl. II. Abschn. XXV.

Strafbarer Eigennutz rc. — § 286.

Frage, ob ein Gegenstand als volles Aequivalent anzusehen sei. das zu § 263 n. 16 Bemerkte zu berücksichtigen; namentlich genügt dazu nicht, daß der Handelspreis des Objekts, welches jeder Spieler, sei es bei der Verloosung. sei es schon beim 95er« tragsabschlusse, erhält, dem Einsätze gleichkommt; so: cit. Rill. 15. März 83, 28. April 84 (E. X, 398). la. In welcher Form der Einsatz gezahlt wird, ist gleichgültig; namentlich wird das Wesen einer Lotterie (Ausspielung) dadurch nicht berührt daß der Einsatz mit einer anderen Leistung und Gegenleistung in Verbindung gebracht ist, sollte dies auch in der Weise geschehen sein, daß seine Höhe sich nur schwer oder gar nicht er­ mitteln läßt: RII. 9. Jan. 80, SRI. 2. Mai 87 (E. I, 53; XVI, 83); vgl. RII. 26. Okt. 80, »III. 28. Mai 81, OT. (E. II, 390; R. III, 345; O. XVII, 360: betrafen Fälle, wo mit dem Abonnement auf ein literarisches Werk ein Anrecht an dem Gewinne aus einer dereinstigen Verloosung verbunden war; das erstere Erk. erwog, das; selbst die Gleichheit des sog. Snbscriptionspreises mit dem Werthe des Werks den § 286 nicht ausschließen würde, da jener Preis immerhin sowohl für jenes Anrecht als für das Werk gezahlt sei), SRI. 5. Mai 87 (cit. n. 1: betr. den Verkauf von Waaren, denen Anweisungen auf Zufallsgewinne beilegen) und Gew.-O. § 56c. In dem Kaufpreis für eine Waare kann der Einsatz für eine bei dem Ankauf gewährte Ge­ winnchance selbst dann gefunden werden, wenn der Preis für die Waare ange­ messen ist. SRI. 15. Febr. 97 (GA. 45, 56). Auch liegt es nicht im Begriffe einer Lotterie, daß der in Aussicht gestellte Gewinn nur einzelnen, nicht sämmtlichen Ein« zahlenden zufallen soll; so: cit. RII. 26. Okt. 80. — Unter welchen Voraussetzungen in dem Jnaussichtstellen von Gewinnen für die Auflösung sogenannter Preisräthsel das Veranstalten einer Lotterie zu finden sei, darüber vgl. cit. SRI. 2. Mai 87, Rill. 15. März, 9. April 94, SRIV. 23. Nov. 94 (E. XXV, 180. 226; XVI, 225), Münch. (BE. VII, 208). — Lotterie ist gefunden: in dem Ausbieten von Waaren unter dem Versprechen, einzelnen Abnehmern, die durch die Reihenfolge des Eingangs der Bestellung bestimmt werden sollen, eine Prämie zu gewähren (RII. 18. Juni 97; GA. 45, 278. Vgl. auch SRIV. 12. Mai 95 cit. n. 1) und in dem Angeloben eines Kauf­ manns, den Personen, die an einem bestimmten, nach seinem Belieben festzustellen­ den, später bekannt zu machenden Tage Waaren bei ihm gekauft haben würden, den dafür gezahlten Preis zurückzuerstatten. SRIV. 15. März 98 (GA. 46, 199). 2. Vom Glücksspiel (§ 284) unterscheidet sich eine Lotterie (Ausspielung) dadurch, daß es sich bei dieser um vorher genau bestimmte und begrenzte Objekte (Gewinne) handelt, und daß dementsprechend auch die Einsätze eines Jeden vor der Verloosung feststehen, während sie beim Glücksspiel ungemessen (der Selbstbestimmung der Spieler überlassen) sind und ebendeshalb eine weit größere Gefahr bedeutender Verluste mit sich führen; ähnlich: Rill. 24. April 83 (R. V, 283: im Gegensatze zum Glücksspiel sei für den Begriff einer Lotterie wesentlich eine derartige planmäßige Ordnung, daß an den einmal festgesetzten Gewinnen alle Mitspielenden begrenzte gleichmäßige Spielaussichten haben, der dem einen zufallende Gewinn da­ mit zugleich allen übrigen entzogen sei, kurz die Zufallsentscheidung über die plan­ mäßigen Lotteriegewinne ohne jede zulässige Wiederholung von Einsätzen und (Er­ neuerung von Gewinnchancen ihren abgeschlossenen Verlauf habe), SRIV. 11. Jan. 89 (E. XVIII, 324). Gleichwohl nimmt das in fortlaufenden Einsätzen und Gewinnen sich wiederholende und somit, bent Gesammtobjekt nach, sich der Berechnung entziehende Glücksspiel durch eine Vereinbarung über die Höhe des (jedesmaligen) Einsatzes und die diesem entsprechende Höhe des Gewinns nicht den Charakter einer Lotterie rc. an: OT. (O. XVII, 605). — Andererseits läßt sich nicht aufstellen, daß bei der Lotterie rc. nothwendig dem Veranstalter jedesmal eine Mehrheit von Spielern gegenüberstehen und daß das Objekt derselben einem der Spieler zufallen müsse, noch daß die Chancen des Verlustes nur auf Seiten der letzteren seien, während der Veranstalter durch die Gesammtbeträge der Einsätze einen vollständigen Ersatz für die gewährten Gewinne erlange: OT. 59 (JMbl. 60 s. 23); vgl. n. 6, SRI. 7. Mai 80, 9. Febr. 82, Münch. (E. I, 414; V. 432; BE. I, 86: betrafen in WirthsHäusern abgehaltene Früchte-Derloosungen, an deren jeder sich außer dem Unternehmer nur Ein Spieler betheiligte) und auf der andern Seite cit. Rill. 24. April 83. — Würfeln um Geld ist keine Lotterie: RII. 24. Nov. 91, 1. Apr. 84 (GA. 39 s. 336: Mot.; E. X, 245). — Eine Verurtheilung aus tz 286 kann, gegenüber einer Anklage aus § 284, nur nach Hinweisung auf den veränderten Gesichtspunkt erfolgen (StPO. § 264): cit. RII. 24. Nov. 91.

Thl. II.

Abschn. XXV.

Strafbarer Eigennutz rc. — § 286.

769

3. Der Begriff der Lotterie entfällt nicht, wenn Jemand solche Geschäfte an bereits bestehende Lotterieberechnungen anschließt und die näheren Bestimmungen der Looseziehung nach dem Plane eines solchen Unternehmens sich richten läßt: RIV. (Emils. 21. Sept. 85 (Civil-E. XIV, 84). Demgemäß stellt jeder Vertrag, durch welchen sich Jemand gegen Entgelt verpflichtet, einem Andern je nach dem Aus­ falle irgend einer'anderweitig stattfindenden (erlaubten oder nicht erlaubten) Ausloosung das betreffende Loos bezw. den darauf gefallenen Gewinn oder auch irgend einen anderen Gegenstand zu gewähren (Promessenspiel), die Veranstaltung einer neuen selbständigen Lotterie dar; vgl. RI. 5. Jan. 80, MII. 26. Okt. 80, 24. Okt. 82 (E. I, 133; II, 390; VII. 161), OT. (O. XII, 509); XIX, 258; GA. 27 s. 544), Münch. (BE. IX, 363. 559), Berl. (Johow IV, 339: betr. den Vertrieb von s. g. Partialscheinen), andererseits jedoch RHI. 10. Jan. 80 (R. I, 209). Das gilt namentlich von der Verheuerung eines Looses (z. B. eines Prämien-Anleihe-tzooses) oder Looseantheils für einzelne Ziehungen, sollte der betr. Vertrag auch in die Form eines Kaufs eingekleidet sein, bei welchem sich der Verkäufer zum späteren Rückkauf verpflichtet, falls auf dasselbe bei einer bestimmten Ziehung kein Gewinn fallen würde: OT. 58 (JMbl. s. 351), 59 (ib. s. 91), 75 (O. XVI. 647); vgl. MVf. v. 17. Okt. 1848, 28. Febr. 1851, 31. Jan. 1853 (VMbl. 48 s. 352; 51 s. 65; 53 s. 71); a. M.: Puch. n. 5. Demgemäß sind die, solche Handlungen speziell vorsehenden Landes, strafgesetze, z. B. die Pr. AKO. v. 27. Juni 1837 und Pr. RED. Art. IV. Nr. 2, durch § 286 ersetzt und beseitigt; vgl. OT. (O. XII, 509), Olsh. § 284 n. 6; a. M.: eit. MlII. 10. Jan. 80. 4. Dagegen ist es statthaft, daß Jemand (nicht, etwa in Form einer Zustellung bezw. Uebertragung von sog. Garantie- oder Cessionsscheinen, lediglich ein eventuelles auf Zahlung der Gewinne gerichtetes Forderungsrecht gegen sich begründe, sondern) bestimmte in seinem Besitze befindliche Loose einer erlaubten Lotterie oder bestimmte aliquote Theile derselben auf Ändere eigenthümlich übertrage: MII. 12. April 81 (E. IV, 80); vgl. Pr. Ges. v. 19. April 1894; mit dem ernstlichen Abschlüsse eines solchen Vertrags ist es sehr wohl vereinbar, wenn der Verkäufer im Besitze der Originalloose verbleibt und die einzelnen Ankäufer einander nicht kennen: ML 13. Juni 81 (ll. III, 387); ja sogar, wenn nach dem geltenden Civilrechte der Verkauf nicht die sofortige Uebertragung des Eigenthums zur Folge hat: ML 3. Jan. 84 (E. IX, 405), vorausgesetzt, daß die dereinstige Lieferung dieselbe bleibt, und nicht, gemäß den sonstigen Vertragsbestimmungen, zu einer ungewissen wird: ML 26. Mai 84 (LL VI, 372); vgl. jedoch MIL 17. Dez. 80 (R. II, 639: erblickte in dem Verkaufe von sog. Antheilscheinen keinen Verkauf aliquoter Theile des im Besitze des Ver­ käufers verbleibenden Originallooses, selbst wenn jener das Eigenthum solcher Theile habe ernstlich übertragen wollen). Das Gegentheil trifft, außer in den Fällen eines bloßen Scheinverkaufs, gemäß dem cit. MI. 3. Jan. 84 da zu, wo neben der wirklichen Uebertragung eines sog. Prämienlooses zu Eigenthum die Ueberlassung einer Hoffnung auf Gewinn bezw. ein bloßes Forderungsrecht bezüglich der Gewinne aus anderen Loosen das Vertragsobjekt bildet; vgl. n. 1. la, MIV. 20. 28. Okt. 85 (R. VII, 621). 5. Ebenso ist die durch den Besitz einer auf den Inhaber lautenden (inländischen oder ausländischen) Anleihe-Obligation bedingte Theilnahme an einer mit Prämienziehung statt der Verzinsung verbundenen Ausloosung, bei welcher jedenfalls der Nennwerth der Obligation dem Inhaber zu Theil wird, keine Lotterie: OT. 58 (JMbl. s. 351; ind.); vgl. RGes. v. 8. Juni 1871, Pr. AKO. v. 27. Juni 1837. In Betreff der Verheuerung von Prämien-Anleihe-Loosen vgl. jedoch n. 3. 6. Die Aufstellung sog. Würfelautomaten in einem Schanklokale zur BeNutzung durch die Gäste, ist eine Ausspielung. MIV. 22. Sept. 96 (E. 29, 66). Hierhin gehören auch die sog. Glücksbuden: MII. 1. April 84 (E. X, 245), OT. 54 (GA. II, 834); a. M.: Puch. n. 2. Das gilt selbst dann, wenn dabei kein eigentliches Ausspielen unter mehreren Spielern stattfindet, die Spiele sich vielmehr nur zwischen betn Unternehmer und je einem Spieler vollziehen: cit. MIL 1. April 84; vgl. ML 25. Febr. 89 (E. XIX, 11: betr. Einzelverkäufe sogenannter Ueberraschungspakete). Selbst der Umstand, daß dem gewinnenden Spieler von Anfang an die Wahl gelassen wird, statt der gewonnenen Sache eine vorher bestimmte Geld­ summe zu fordern, macht ein solches Spiel nicht zum „Glücksspiel": OT. 59 (cit. Oppenhoff, D. Strafgesetzbuch. 14. Llufl.

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Thl. II. Abschn. XXV.

Strafbarer Eigennutz rc. — Z 286.

n. 2); vgl. n. 2. 8, es sei denn, daß dieser Modus lediglich eine zur Umgehung des Gesetzes gewählte Form darstellt, wie z. B. im Falle einer solchen Preisdifferenz, daß von einem Wahlrecht des Käufers ernstlich nicht die Rede sein kann: cit. RH. 1. April 84. — Auch die Hydra- oder Schneeballengeschäfte, die zum Zwecke des Absatzes von Waaren veranstaltet werden, sind Ausspielungen. RI. 14. Febr. 01 (E. 34, 140). 7. Verloosungen behufs der Auseinandersetzungen und Theilung unter Miteigentümern einer gemeinschaftlichen Sache fallen nicht unter das Strafverbot: Stuttg. (StZ. II, 29): vgl. Pr. AKO. v. 20. Mürz 1827 Nr. 4. 8. Die die Straflosigkeit bedingende „obrigkeitliche Erlaubniß" wird in Preu­ ßen von den Oberpräsidenten für den Umfang ihres Verwaltungsbezirks, für den ganzen Staat aber nur von dem Minister des Innern ertheilt; ausnahmsweise können bei Volksbelustigungen Ausspielungen geringfügiger Gegenstände (n. 6) von den Ortspolizeibehörden gestattet werden: AKO. v. 2. Nov. 1868. Dgl. Jnn.-MDf.v. 30. Sept. 1876 (VMbl. s. 280) und RH. 15. Februar 95 (E. 27, 31). — Eine formgemäß ertheilte Erlaubniß unterliegt der richterlichen Kritik insbesondere hinsichtlich ihrer Zweckmäßigkeit nicht. 91111. 29. Mai 93 (GA. 41, 134). — Das vorherige Nachsuchen der Erlaubniß und die an das Angebot -er Loose (n. 10) geknüpfte Bedingung, daß im Falle der Versagung der Erlaubniß das Unternehmen rückgängig werde, schließen die Anwendbarkeit des § nicht aus; so: «III. 21. Mai 81 (R. III, 320). Die erforderliche Erlaubniß fehlt, wenn die von der Behörde gezogenen Schranken bezw. Bedingungen überschritten werden: RH. 17. Dez. 80, 1. April 84 (E. 3, 123; 10, 245); insbesondere bei der Ausspielung, wenn an Stelle der gewonnenen Sachen ein nicht einmal im voraus festgestellter Geldbetrag nicht kraft Rechtsanspruches, sondern nur kraft einer dem Veranstalter bekannten generellen Uebung gezahlt wurde. RH. 28. Febr. 96 (E. 28, 236). — Ebenso verfällt dem §, wer eine nur für eine Provinz erlaubte Lotterie rc. in einer andern Provinz veranstaltet, nicht aber, wer blos Loose einer solchen Lotterie rc. in einer anderen Provinz absetzt (sofern nicht der Veran­ stalter selbst strafbar und jener als dessen Gehülfe zu betrachten ist); in jenem Absetzen ist namentlich nicht die Veranstaltung einer neuen Lotterie (n. 3) enthalten: RI. 29. Sept. 81, «III. 23. Nov. 81 (E. V, 39; R. III, 728); vgl. n. 9 a. E. und Pr. MVf. v. 30. März 1882 (VMbl. s. 87). — Wer eine von einer unzuständi gen Behörde genehmigte Ausspielung'veranstaltet, bleibt straflos, wenn er die Be­ hörde für die zuständige gehalten hat: RI. 22. Nov. 80 (E. III, 49), RH. 15. Febr. 95 (E. XXVII, 31: selbst, wenn der Irrthum auf grober Fahrlässigkeit beruhe); OT. 68 (O. IX, 584). Dagegen kommt die Meinung, eine nicht erlaubte Lotterie rc. sei nicht strafbar, oder ein Irrthum darüber, was unter einer „Lotterie" und bereit „Veranstaltung" zu verstehen sei, nicht in Betracht; vgl. oben s. 134, 91111. 25. Sept. 80, «IV. 16. April 86, 30. April 89, Rl. 2. Mai 87 (K. II, 268; XVI, 83; XIX, 257; R. VIII, 295). — Der § 286 umfaßt das vorsätzliche und das fahrlässige Zuwiderhandeln. 9. Der § erklärt nicht erst die Ausführung (Ausloosung), sondern schon die „Veranstaltung" einer Lotterie (Ausspielung) für strafbar. Veranstalter ist Derjenige, auf dessen Rechnung das Geschäft geht, also Derjenige, welcher in Betreff der Gewinne als Schuldner den Spielern gegenüber steht, und bezüglich der von letzteren zu leistenden Sätze rc. deren Gläubiger ist: Rill. 23. Nov. 81 (R. III, 728). Wer daher Anderen Waaren zum Zwecke des demnächstigen Auswürfelns derselben verkauft, ist kein Veranstalten einer Ausspielung, selbst wenn er jene Personen zu dem Behufe in seine Wohnung gerufen und sowohl diese als die Würfel dazu hergegeben hat (er giebt blos Gelegenheit): 91111. 13. Dez. 83 (R. V, 775). Ebendeshalb ist das bloße Absetzen von Loosen, bezw. die bloße Annahme von Einsätzen beliebiger Personen für eine bestehende Lotterie und die Einsendung dieser Einsätze an die Kollekteure kein eigenes Veranstalten einer Lotterie: Rl. 29. Sept. 81 (E. V, 39), Münch. (BE. VIII, 18); vgl. jedoch Münch. (BE. IX, ■363); solche Mittelspersonen, mit Einschluß der Kollekteure, können vielmehr nur nach den allgemeinen Grundsätzen über Theilnahme strafbar sein: cit. Rill. 23. Nov. 81. 10. Eine Lotterie (Ausspielung) ist „veranstaltet", sobald der Plan (Ziehungsplan) bezw. das Objekt der Lotterie rc. (die Gewinne) bezeichnet und die Loose Änderen zur Erwerbung zugänglich gemacht sind: RI. 12. April 80 (E. I, 357: daher

Thl. II.

Abschn. XXV.

Strafbarer Eigennutz rc. - § 286.

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werde der Thatbestand des Vergehens nicht aufgehoben, wenn durch das Einschreiten der Behörde die Ziehung der Loose gehindert, bezw. infolge dessen von Unterbringung sämmtlicher planmäßiger Loose abgestanden werde), Rl. 29. Sept. 81 (E. V, 39: definirt die Veranstaltung einer Lotterie als das Anbieten des Abschlusses eines Vertrags, durch welchen der Anbietende sich verpflichte, nach einem bestimmt kundgemachten Spielplan dem sich Betheiligenden den infolge Verloosung ihm zufallenden Gewinn zu gewähren), KH. 33, OT., Münch. (RA. 18, II, 28; O. XVI, 647; GA. 27 s. 544; BE. VIII, 18). Einer vorherigen Vereinbarung mit den Spielenden über die Modalitäten der Ausspielung bedarf es nicht, wenn diese durch den Veranstalter allein bestimmt sind: OT. (O. XVII, 790: Angeklagter hatte für den Besuch seines Lokales ein Eintrittsgeld genommen, welches zugleich das Anrecht auf den Gewinn verschiedener Sachen gewährte; die Art der Ziehung und Gewinnvertheiluna wurde dann einseitig durch ihn bewirkt). Auch braucht gemäß OT. (O. XVII, 360) der Anwerbung der Spieler nicht die feste Bestimmung der Loose und Gewinne vorher­ zugehen; es genüge in dieser Hinsicht, wenn der Ausspielungsplan nur in Umrissen fixirt, insbesondere die Zahl der Loose und Gewinne nur annähernd bestimmt sei); RIV. 30. April 89 (E. XIX, 257) hält die vorherige Bestimmung der Zahl der Loose überhaupt für nicht erforderlich. Dagegen liegt in dem bloßen Ausschreiben einer Verloosung, bevor die Loose beigeschafft sowie zur Abgabe verfügbar sind, noch keine Veranstaltung vor; so: RI. 22. Nov. 83 (E. IX, 201), das Vergehen ist vielmehr erst vollendet, wenn nach Feststellung der Bedingungen für die abzu­ schließenden Verträge Anderen die Betheiligung ermöglicht ist; so: RII. 13. April 83 (R. V, 241); vgl. jedoch eit. RIV. 30. April 89 (: erkannte, daß die Veranstaltung einer Ausspielung das geschehene Fertigstellen der Loose nicht nothwendig voraussetze). 11. Die Lotterie (Ausspielung) ist „öffentlich" veranstaltet, sobald der Erwerd der Loose der Allgemeinheit (dem Publikum) zugänglich gemacht ist. RI. 15. Febr. 97 (GA. 45, 57). Diese Allgemeinheit braucht nicht unbedingt Alle zu umfassen, welche geneigt sein möchten, sich zu betheiligen; auch hier bildet den Gegensatz der eng vertraute oder, — wie RI. 12. April 80 (E. I, 357) will, — ein be­ stimmter, durch eine Jndividualbeziehung des Berufs, der persönlichen Bekanntschaft, gemeinsamer Interessen und ähnlicher Begrenzungen fest abgeschlossener Kreis (z. B. die Arbeiter einer Fabrik oder Eisenbahn-Centralwerkstätte, die Mitglieder eines Gewerbevereins, nicht aber die zufällig sich zusammenfindenden Wirthshausgäste): RII. 15. Febr. 87 (E. XV, 274: die feste Begrenzung eines Personenkreises oder die bloße Gemeinschaft des Berufs und der Jnteresien sei freilich für sich allein nicht maßgebend, es müßten vielmehr die so begründeten Beziehungen derartige sein, daß die dem Kreise Angehörigen in näherer Verbindung zu einander ständen), Rl. 12. Jan. 99 (E. 31, 413: eine private Ausspielung liege nur vor, wenn sie innerhalb eines privaten Kreises veranstaltet werde, dem auch der Veranstalter angehören müsse. Ausspielung unter den Arbeitern einer bestimmten Fabrik sei nicht unbedingt eine private), OT., Münch., Carlsr. (O. XIII, 515; BE. I, 149; BA. 47 f. 197; 48 s. 105); vgl. § 85 n. 5, Pr. AKO. v. 20. März 1827 Nr. 1. 2 („Privatzirkel"). Liegt die Absicht auf ein allgemeines Zugänglichmachen der Loose vor, so kommt es auf die Art und Weise der Aufforderung zur Betheiligung, ob namentlich diese Aufforderung gleichzeitig und durch Einen Akt an eine Mehrheit von Personen gerichtet war, nicht an: Rill. 21. Mai 81 (ll. III, 320). Es genügt dazu schon das Jn-Umlauf'Setzen einer Lotterieliste: KH. 41 (RA. 31. II, 51). Demgemäß wird nicht erfordert, daß das Unternehmen dllrch öffentlichen Anschlag oder durch öffentliche Blätter bekannt gemacht sei, und schließt das Anbieten von Loosen in Privatwohnungen den Begriff der Oeffentlichkeit nicht aus: eit. RI. 12. April 80. Rill. 8. April 86 (E. XIV, 89: Mot.). Andererseits wird der Privatcharakter einer nur auf den bestimmten Kreis von Vereinsmitgliedern beschränkten LotterieVeranstaltung dadurch nicht geändert, daß einzelne Vereinsmitglieder ohne Wissen und Willen der Veranstalter Loose an Dritte außerhalb des Vereins absetzen: Rl. 17. Juni 86 (R. VIII, 460: Mot.). Das Gegentheil gilt, falls die Theilnahme einer Mehrzahl unbestimmter, jenem Kreise nicht angehöriger Personen zugänglich gemacht ist, gemäß Münch. (BE. VII. 421) selbst dann, wenn alle Nichtmitglieder wegen einer solchen Betheiligung zu Ehrenmitgliedern erklärt werden. Ueberhaupt ist für die Frage der Oeffentlichkeit oder Nichtöffentlichkeit nicht das thatsächliche Nehmen der Loose, sondern die Absicht der Veranstalter, den Kreis der Be-

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Thl. II. Abschn. XXV.

Strafbarer Eigennutz rc. — § 286.

theiligten weiter oder enger zu ziehen, entscheidend: cit. WII. 15. Febr. 87. Eben­ deshalb ist es unerheblich, wenn Loose, wslche öffentlich zum Kaufe angeboten sind, schließlich nur an Bekannte der Veranstalter abgesetzt wurden: Rill. 21. Febr. 95 (E. XXVII, 47). 12. Der § setzt nicht voraus, daß der Unternehmer in der Absicht handle, für sich selbst einen Gewinn zu erzielen und daß der Ueberschuß der Einsätze über die Gewinne ihm verbleibe; vgl. 25. Abschn. n. 1, Will. 23. Nov. 81 (R. III, 728). Selbst ein ganz uneigennütziger, ja an sich löblicher Zweck macht das Unternehmen nicht straflos: Nil. 7. Jan. 80 (R. I, 205). Die Strafe trifft daher auch Den­ jenigen, welcher lediglich zu wohlthätigen Zwecken eine öffentliche Lotterie veranstaltet: cit. Will. 23. Nov. 81. 13. Da zur Vollendung des Vergehens der Absatz der Loose nicht gehört, dieser vielmehr nur eine Folge des vollendeten Vergehens ist (n. 10), so begründet der Umstand, daß der Angeklagte Loose derselben Lotterie an verschiedenen Orten und zu verschiedenen Zeiten vertrieben hat, keine Realkonkurrenz: WH. 13. April 83 (cit. n. 10), WI. 6. Nov. 84 (E. XI, 211). Ja, selbst die Veranstaltung mehrerer Lotterien durch denselben Willensakt stellt nur eine Strafthat dar; vgl. (auch darüber, wann dies anzunehmen sei) WH. 12. April 81 (A. III, 479). 14. In Betreff des Orts der That bezw. in Betreff der Frage, ob eine Lotterie rc. im In- oder Auslande veranstaltet sei, vgl. n. 10, Will. 7. Okt. 82 (A. VI, 300). 14a. Der § wird durch das RStempelabg.-Ges. v. 27. April 94 §§ 22ff., welches vorbehaltlich einzelner Ausnahmen für das Veranstalten von Lotterien rc., nach Will. 9. Juni 84 (E. XL 9) auch für das aus § 286 strafbare, eine AbgabenPflicht begründet und deren Verletzung mit Geldstrafe bedroht, nicht berührt; im Falle der Jdealkonkurrenz zwischen beiden Vergehen, von denen das letzterwähnte, im Gegensatz zu demjenigen aus § 286 (n. 13), erst mit dem Absätze der Loose existent wird, ist gemäß § 73 die Strafe lediglich aus § 286 zu verhängen und kann nach WI. 10. Nov. 87 (E. XVI, 301) sogar unter das Strafminimum jenes Stempel-Ges.'s hinabgegangen werden; vgl. § 73 n. 15 u. WIV. 11. Jan. 98 (E. 30, 396: spez. über Jdealkonkurrenz). — Ebenso ist zwischen den Vergehen aus § 286 und der Uebertretung aus § 56 c bezw. § 148 Nr. 7d Gew.-O. (vgl. oben § 284 n. 15) Jdealkonkurrenz möglich und nicht etwa Gesetzeskonkurrenz gegeben, indem die Oeffentlichkeit (n. 11) keine beiden Strafthaten gemeinsames Thatbestands. Merkmal darsteht: WIV. 15. Okt. 86 (E. XIV. 384). — Ueber das Verhältniß des § 286 zu § 55 Nr. 4 bezw. zu § 146 a Gew.-O. vgl. Will. 8. Apr. 66 (E. XIV, 89) bezw. WII. 15. Febr. 95 (E. XXVII, 31), über dasjenige zu dem Bayer. Pol.-StGB. Art. 59a: WI. 2. Mai 87 (E. XVI, 83), über dasjenige zum franz. Ges. v. 21. Mai 1836: Els.-Lothr. EG. n. 9. 15. Das Spielen in einer unerlaubten Lotterie wird durch § 286 nicht ver. pönt und ist namentlich nicht als Theilnahme an der That des Veranstalters zu erachten; vgl. n. 13; WIV. Eivils. 21. Sept. 85 (cit. n. 3) billigt dem Spieler sogar das Recht der Zurückforderung des seinerseits Geleisteten zu. Dagegen läßt § 286 landesgesetzliche Strafvorschriften, betr. das Spielen in auswärtigen Lotterien und das Kollektiren für solche, unberührt, diese sind nicht aufgehoben: Mot. s. 137, WII. 26. Jan., 2. März, III, 26. Mai 00 (E. 33, 124, 196, 335: auch §763 BGB. hat keine Aenderung herbeigeführt), WII. 24. Febr. 80 (E. I, 219), OA. (O. XIII. 663; XVII, 644. 816), Berl. (GA. 31 s. 294); a. M.: Rubo j. 931, Olsh. § 284 n. 6, v. Liszt s. 507; vgl. n. 3. Das gilt auch von denjenigen Bestimmungen dieser Gesetze, welche die Theilnahme betreffen; in letzterer Hinsicht ist daher beim Vorhandensein solcher Bestimmungen nicht auf die §§47 ff. zurückzugehen: Dresd. (SGZ. 21 s. 312). Solche Lotterien (zu welchen auch die von einem anderen Bundesstaate veranstalteten gehören: cit. WH. 24. Febr. 80) bedürfen in Preußen der Kgl. Zulassung; so Ges. v. 29. Juli 1885. Der positive, wenngleich irrige Glauben, daß eine Lotterie in Preußen zugelassen sei (nicht aber das bloße Nicht­ wissen des Gegentheils) fckstießt die Strafbarkeit aus: Will. 29. Sept. 84 (E. XI, 108); vgl. n. 8. Spielt ein Preuße während seines Aufenthalts im Auslande in einer dort gestatteten Lotterie, so bleibt er nach § 1 straflos: OT. 67 (O. VIII, 466). Das Gegentheil gilt nach Berl. (Johow VIII, 239), wenn Jemand das Loos zwar im Auslande kaust und dort (bis zur Ziehung) aufbewahren läßt, den Besitz seines Betheiligungsrechts aber in Preußen fortsetzt. Der Looseverkäufer kann nicht gleich­ zeitig wegen Anstiftung des Käufers zum verbotwidrigen Spielen bestraft werden:

Thl. II. Abschn. XXV.

Strafbarer Eigennutz rc. — §§ 287. 288.

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8 287*). -- -------------------------------------- ---------§ 288- Wer bei einer ihm drohenden Zwangsvollstreckung in der Absicht, die Befriedigung des Gläubigers zu vereiteln, Bestandtheile seines Vermögens veräußert oder bei Seite schafft, wird mit Gefängniß bis zu zwei Jahren bestraft. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag des Gläubigers ein. [I. Entw.: (fehlte); II. Entw.: § 284 StB. S. 726, 1174; Pr. StGB.: (fehlte).) 9IIV. 12. Juli 89 (GA. 37 s. 303). Vgl. im Uebr. § 74 n. 16, u. Delius, des Pr. Gesetz v. 29. Juli 85, Berlin 1889. 16. Dagegen sind landesgesetzliche über die Vorschrift des § hinausgehende Strafverbote, z. B. die sächsischen, durch § 286 außer Kraft gesetzt; so: RIH. 3. Mai 88 (E. XVIII, 1). Dgl. § 284 n. 15. Der Rechtmäßigkeit des Pr. G. v. 18. Aug. 1891 steht § 286 in Verbindung mit § 2 EG. gemäß Berl. 24. Apr., 4. Mai 93 (GA. 41 s. 76) nicht entgegen. Bez. des Handels mit Antheilen und Abschnitten von Loosen (n. 4) vgl. das Pr. Ges. v. 19. Apr. 1894. Das hessische Gesetz vom 11. April 96 ist rechtsgültig. RI. 6. Mai 97 (E. 30, 116). 17. Dgl. n. 2 a. E. — Es bedarf keines Hinweises gemäß § 264 StPO., wenn statt „Lotterie" „Ausspielung" oder umgekehrt, angenommen wird. RIV. 15-März 98 (E. 31, 71). — Wegen Theilnahme vgl. n. 9 n. Rill 9. April 94 (E. 25, 256). Der Spieler in einer unerlaubten Lotterie ist kein Gehülfe (§ 49). Olsh. n. 12. Wegen Strafbarkeit eines Redakteurs wegen Beihülfe durch Der. öffentlichung der Ankündigung einer verbotenen Lotterie. Dgl. RIV. 23. Nov 94 (E. 26, 225). — Zuständig ist Straft. § 287*).

(S. oben S. 20 Anm. 5.)

Der § ist durch § 14 des G. über den Markenschutz v. 30. Nov. 1874 ersetzt: vgl. jetzt RG. z. Schutz der Waarenbezeichnungen, v. 12. Mai 1894 §§ 14 ff.

§ 288. 1. Diese Bestimmung ist ans dem Kgl. Sächs. StGB. Art. 310 übernommen worden, um auch für Nichtkaufleute die Vereitelung einer Spezial-Exekution nicht straflos zu lassen; man fand darin ein Korrelat für die Befreiung des Schuldners von der persönlichen Schuldhaft: Mot. s. 137; vgl. Pr. Entw. v. 1847 § 327, Dresd. (SGZ. 22 s. 178). Gegenüber dem an sich freien, noch durch keine exeku. tivische Maßregel beschränkten Rechte des Schuldners, über sein Eigenthum zu verfügen, charakterisirt sich § 288 als (eng zu deutende) Ausnahmevorschrift: OT. (O. XVII, 666). 2. Nur der Schuldner d. h. derjenige, der aus irgend einem Rechtsgrunde eine Zwangsvollstreckung in Bestandtheile seines Vermögens zu dulden hat (RIV. 4. Febr. 98; E. 31, 22), kann sich des Vergehens gegen § 288 schuldig machen; ein Dritter [3. B. der Ankäufer des „veräußerten Vermögens-Bestandtheils", vgl. RII. 10. Jan. 88, E. XVII, 42] kann nur Gehülfe sein: Dresd. (StZ. I, 102). Vgl. n. 10, Thl. I, Abschn. III, n. 2. Ebendeshalb ist, wenn die Schuld bloß der Frau zur Last liegt, der Mann, welcher Bestandtheile seines Vermögens veräußert rc., nicht strafbar: OT. (GA. 27 s. 213). Doch ist der Ausdruck: Schuldner hier im weiteren Sinne zu nehmen und unter demselben z. B., bezüglich einer Schuld der Gütergemeinschaft auch die Ehefrau, gegenüber einem Hypothekengläubiger auch der persönlich nicht verpflichtete Schuldner zu verstehen: RII. 4. Dez. 85 (E. XIII, 138); vgl. n. 2a; das Gegentheil gilt vom Vertreter einer mit Zwangsvollstreckung be­ drohten Aktiengesellschaft als solchem: Rill. 26. Mai 87 (E. XVI, 121: es fehle hier an einer dem § 244 KO. entsprechenden Strafbestimmung). — § 288 ist an­ wendbar, wenn Mitglieder einer eingetragenen Genossenschaft mit unbeschränkter Haftpflicht trotz vorhandener Ueberschuldung der Genossenschaft Veräußerungen in der Absicht vornehmen, die Befriedigung des Anspruchs der Genossenschaft auf Nachschußleistung zu vereiteln. RIV. 20. März 00 (GA. 47, 168).

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Thl. II. Abschn. XXV.

Strafbarer Eigennutz rc. — § 288.

2a. Unter „Gläubiger" ist hier Jeder zu verstehen, welcher einen (obligatorischen oder dinglichen) Anspruch auf Zwangsvollstreckung in das Vermögen des Anderen hat: ,9111. 9. Nov. 83, 7. Jan. 87 (E. IX, 164; XV, 164). R1V. 4. Febr. 98 (E. 31, 22).. Namentlich unterscheidet der § nicht zwischen Gläubigern auf Grund des Privat- und denen auf Grund des öffentlichen Rechts; demgemäß ist derselbe z. B. anwendbar, wenn die Zwangsvollstreckung eine Einziehung (§§ 40. 295 rc.) betrifft, oder wegen einer in Geldbuße bestehenden Exekutiv strafe droht, sofern das die Einziehung verordnende Urtheil bereits erlassen, bezw. jene Exekutivstrafe bereits festgesetzt und nicht erst angedroht ist: RH. 7. Jan. 87, OT. (E. XV, 164; O. XXII, 792); desgleichen, wenn es sich um die Eintreibung von Untersuchungskosten handelt; doch entsteht hier der fiskalische Anspruch nach RH. 4. Dez. 85 (E. XIII, 138), — zum Mindesten, was die neben den Auslagen zu erhebende Bauschgebühr betrifft, — nicht erst mit dem über die Kosten erkennenden Urtheile, sondern schon mit dem Zeitpunkte, in welchem zum Zweck der Strafverfolgung staatliche Organe in Thätigkeit treten; a. M.: Carlsr. (BA. 50 s. 184).. Wegen des Kostenerstattungsanspruchs des Privatklägers vgl. RIV. 17. Okt. 99 (E. 32, 298). — Eine anfechtbare Forderung schließt die Anwendung des § nicht aus, wohl aber eine nichtige Forderung, selbst vor der Nichtigerklärung; so: Rill. 25. Jan. 86 (E. XIII, 292); der Gläubiger ist nur ein materiell Berechtigter. »III. 14. Mai 00 (GA. 47, 297). 3. „Zwangsvollstreckung" ist jedes gesetzlich geregelte (gerichtliche oder administrative) Zwangsverfahren, durch welches die Befriedigung eines Gläubigers herbeigeführt werden soll. Dazu genügt eine bloß konservatorische Maßregel noch nicht, wogegen dieselbe, wie z. B. ein Arrest, sehr wohl als Anhaltspunkt für eine drohende Zwangsvollstreckung (n. 4) angesehen werden kann: Rl. 22. Dez. 86 (E. XV, 114); vgl. »II. 26. Juni 94 (E. XXVI, 9); ebensowenig der Ausbruch des Konkurses. 3a. Gemäß »II. 10. Jan. 88 (E. XVII, 42) schließen die Worte „drohende Zwangsvollstreckung" den § nicht nothwendig aus, wenn mit dem Dollstreckungsverfahren bereits begonnen wurde (: Jdealkonkurrenz mit Arrestbruch — § 137 sei daher unter Umständen möglich). Dgl. aber »I. 15. Dez. 84 (Ann. i. Civ. S. 1, 257). 4. Damit die „Zwangsvollstreckung drohe", ist es nicht erforderlich, daß sie schon angeordnet oder doch vom Gläubiger in Auftrag gegeben, nnd daß sie später ins Werk gesetzt sei: »III. 1. Nov. 79, »II. 25. Mai 80 (11. I, 31. 824; E. II, 67), OT. (O. XIV, 83), noch, daß mindestens eine Derurheilung oder ein zur Beflrimbung einer Zwangsvollstreckung geeigneter Titel bereits vorliege; vgl. »I. 22. Dez. 86 (E. XV, 114); ja es ist gemäß »III. 13. Febr. 90, RF. 11. Aug. 92 (E. XX, 256; XXIII, 221) nicht einmal nothwendig, daß bereits Klage erhoben worden oder daß die Forderung fällig sei. »II. 4. Juli 93 (E. 24, 238). Vgl. auch n. 2 a. Andererseits genügt es aber nicht, wenn Jemand in hohem Grade verschuldet, eine künftige Exekution seitens eines Gläubigers daher wahrscheinlich ist; der betreffende Gläubiger muß vielmehr zur rechtlichen Geltendmachung seines Anspruchs schon einen Schritt gethan haben; ist dies geschehen, so ist es eine that­ sächliche Frage, ob die Vollstreckung drohte, d. h. ob sie beabsichtigt war und in naher Aussicht stand; vgl. »II. 16. Dez. 79 (R. I, 151: selbst wiederholte Mähnungen seien nicht geeignet solche Schritte zu ersetzen), OT. (O. XIII, 555; XV, 184; XVI, 159. 692); a. M.: OT. (O. XV, 551: insofern, als in dem gedachten Falle unter Umständen schon eine in fernerer Aussicht stehende Vollstreckung genügen soll), »II. 22. April 81, OT. (A. III, 480; O. XVIII, 501; XX, 91: nahmen an, daß unter besonderen Umstünden eine drohende Zwangsvollstreckung schon vor jeder gerichtlichen Geltendmachung der Forderung angenommen werden könne, sämmtliche Fälle betrafen verfallene Wechsel), Rl. 6. Nov. 79, »III. 4. Mai 81, 11. Jan. 83, 13. Febr. 90 (R. I, 37; III, 270; V, 24; E. XX, 256: sprachen allgemein aus, der Begriff der drohenden Zwangsvollstreckung sei durch vorherige gerichtliche Schritte nicht bedingt, sofern nur aus den Umständen, insbesondere aus schlüssigen Handlungen des Gläubigers dessen Absicht hervorgehe, eine Zwangsvollstreckung unverweilt herbeizuführen), dt. »II. 4. Juli 93 (jene Absicht könne, ohne vorher durch schlüssige Handlungen zu erkennen gegeben zu sein, ausnahmsweise schon aus der besonderen Natur der konkreten Forderung und aus besonderen sonstigen Umständen entnommen

Thl. II. Abschii. XXV.

Strafbarer Eigennutz rc. — § 288.

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werden), RH. 24. Juni 92 (E. XXIII, 177: ja, jene Absicht könne möglicher Weise zur Zeit gänzlich fehlen; i. c. heate der Gläubiger dieselbe in Folge irriger Auffassung der Sachlage nicht, es stand aber in sicherer Aussicht, daß er in kurzer Frist aufgeklärt und dann im Prozeßwege vorgehen würde). Die dem Schuldner in der Exekutionsinstanz bewilligte Zahlungsfrist bedingt nicht nothwendig die An­ nahme, daß die Zwangsvollstreckung während dieser Frist keine drohende sei: OT. (O. XX, 96), auch wird der Begriff einer solchen gemäß OT. (ib. 232) nicht durch Rechtsbehelfe ausgeschlossen, welche dem Schulduer dagegen zustehen, so lange er von diesen nicht mit Erfolg Gebrauch gemacht hat, wogegen die bloße Kündigung bezw. die dadurch herbeigeführte Fälligkeit der Forderung die Annahme des Gegen­ theils nicht rechtfertigt; so: Rill. 27. Lept. 90 (GA. 38 s. 360.) Der § 288 erfordert aber stets einen bereits existenten Anspruch, ist also nicht anwendbar, wenn die Handlung des Thäters erst die Ursache bildet, aus welcher ein Anspruch entsteht, wegen dessen künftig eine Zwangsvollstreckung stattfinden kann. RIV. 4. Febr. 98 (eit. n. 2 a). — Dem Gehülfen gegenüber ist der Begriff der drohenden ZwangsVollstreckung nicht anders aufzufassen, als dem Thäter gegenüber: OT. (O. XVIII, 243). — Die irrige Meinung des Schuldners, die Zwangsvollstreckung drohe, ersetzt dieses Thatbestandsmerkmal nicht: RIV. 1. Juli 90 (GA. 38 s. 334). 5. Die Zwangsvollstreckung muß gerade von Seiten „des Gläubigers" drohen, dessen Beeinträchtigung beabsichtigt wird (n. 8). Die Einleitung der Subhastation ist eine drohende Zwangs-Dollstr., jedoch nur von Seiten derjenigen Realgläubiger, die jenes Verfahren beantragt haben, oder ihm beigetreten sind: RH. 16. Dez. 79 (E. I; 37); vgl. ferner RII. 10. Jan. 88 (E. XVII, 42). 6. „Bestandtheil des Vermögens" ist hier Alles, was Gegenstand einer Zwangsvollstreckung sein könnte; also auch unbewegliche Gegenstände und Forderungen; ebenso: RII. 30. Nov. 83 (E. IX, 231), RII. 26. Juni 94 (E. 26, 9); desgleichen ein Nießbrauch, z. B. der dem Ehemanne zustehende: OT. (GA. 27 s. 213: eine „Veräußerang" des letzteren könne in der bein Verkaufe von Sachen der Frau ertheilten Genehmigung erblickt werden). Das Veräußern rc. solcher Vermögensstücke, in welche eine Zwangsvollstreckung mit rechtlicher Wirksamkeit nicht erfolgen konnte, fällt nicht unter den §: Rill. 6. Juli 91, 16. Juni 92 (E XXII, 208; GA. 40 s. 163; ersteres Erk. sprach ferner aus, daß hier zur Ausschließung des § die vorherige Einwirkung eines civilrichterlichen Ausspruchs darüber, ob ein solcher Fall vorliege, auf Seiten des Schuldners nicht erfordert werde). — Daß der Bestandtheil für die „drohende Vollstreckung" bereits ins Auge gefaßt und daß gerade die­ jenigen Gegenstände, welche der Gläubiger anzugreifen beabsichtigte, veräußert rc. worden seien, wird nicht erfordert; vgl. OT. (O. XV, 184), RII. 17. Febr. 82 (E. VI, 100). 7. „Veräußerung" erheischt eine Uebertragung von Vermögensrechten, welche eine Entziehung oder Minderung der Executionsobjekte nach sich zieht. RII. 3. Febr. 99 (E. 32, 20), sie liegt nicht nur in der Entäußerung des Eigenthums, sondern auch z. B. in dem Verpachten (als der Uebertragung des Rechts auf den Fruchtbezug); so: RII. 17. Febr. 82 (E. VI, 100), in der Verpfändung von Sachen oder Forderungen: RI. 18. Nov. 82, Rill. 11. Jan. 83 (E. VII, 237; VIII, 1), Münch. (BE. II, 142: betraf die Erklärung von Vermögensstücken als Zubehör eines hypothecirten Anwesens); oder in der Eintragung einer Vormerkung für eine Forderung int Grundbuche. RIV. 13. Nov. 00 (E. 34, 3). Dgl. auch Rill. 4. März 01 (GA. 47, 129: Veräußerung von Früchten auf dem Halm seitens des Pächters). Hierzu bedarf es nicht nothwendig des Abschlusses eines Vertrags, eine Entäußerung (z. B. der Verzicht auf das Nießbrauchsrecht) genügt jedenfalls, wenn das Gesetz bestimmt, auf wen alsdann die aufgegebene Berechtigung übergeht; so: RII. 10. Mai 92 (GA. 40 s. 145). Nach RIV. 17. Juni 92 (ib. s. 165) kann eine Veräußerung auch darin gefunden werden, daß der Schuldner die betr. Sachen von einem Dritten auf Grund einer mit diesem getroffenen Abrede gegen sich pfänden läßt. Doch wird im Uebrigen, d. h. abgesehen von der im § geforderten Absicht, nicht erheischt, daß die Veräußerung frandulös und anfechtbar sei: RII. 3. Okt. 82 (E. VII, 62). — Unter den Begriff des „Beiseiteschaffens" fällt hier jede BeHandlung von Vermögensbestandtheilen, welche dieselben dem Zugriffe im Zwangs­ vollstreckungsverfahren entzieht, mithin bei Mobilien auch deren Zerstören, bei For-

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Thl. II. Abschn. XXV.

Strafbarer Eigennutz rc. —. § 288.

derungen deren vorzeitige Entziehung; vgl. RII. 26. Febr. 89, 30. Nov. 83 (E. XIX, 25; IX, 231), ev. ferner ein Scheinverkauf oder die Bestellung einer Hypothek für eine simulirte Forderung: Rll. 14. April, 4. Dez. 85 (E. XII, 129; XIII, 138), RH. 10. Mai 95 (E. 27, 213) oder eine nicht ernstlich gemeinte Session RII. 1. Febr. 98 (GA. 46, 122); a. M.: OT. (GA. 27 s. 213: subsumirte den Scheinverkauf unter dem „Veräußern"). Cit. RI. 18. Nov. 82 rechnet dahin sogar jede Art der Der» heimlichung. Das Gegentheil gilt jedenfalls von einem rein passiven Verhalten und von dem bloßen Ableugnen des Besitzes dem zum Zwecke der Pfändung er­ schienenen Gerichtsvollzieher gegenüber; vgl. RIV. 15. Jan. 86 (R. VIII, 60: hebt hervor, daß der § nicht, wie § 249 KO., das „Verheimlichen" neben dem „Beiseiteschaffen" aufzähle); desgleichen, wenn der Schuldner während einer bei ihm vollzogenen Pfändung Beweisurkunden über ihm zustehende Forderungen vor dem Gerichtsvollzieher verborgen hält: RII. 26. Juni 94 (E. XXVI, 9). Bez. des bloßen Beschädigens von Vermögensbestandtheilen, insbesondere von Grundstücken, vgl. Rill. 25. März 95 (E. XXVII, 122). — Nach RI. 15. Jan. 80 (E. I, 145) und Olsh. n. 17 ist darin, daß die von einer Ehefrau bewerkstelligte Fortschaffung der gemeinschaftlichen Fahrnisse im Einverständnisse und mit Zustimmung ihres Mannes sowie in der, im § vorausgesetzten, beiden gemeinschaftlichen Absicht geschah, noch keine gemeinschaftliche Ausführung der That, keine Mitthäterschaft des Mannes zu finden [?]. — Alternative Feststellung ist zulässig. 8. „Absicht" ist hier nicht gleichbedeutend mit: Vorsatz, sondern mit: Zweck, Ziel: RIV. 19. Febr. 86 (R. VIII, 126), RII. 30. Jan. 91 (E. XXI, 312: Mot.). Auch handelt es sich nicht um die Absicht, die Zwangsvollstreckung im Allgemeinen zu vereiteln, es wird vielmehr die Absicht erfordert, die im Wege des in Aussicht genommenen Zwangsverfahrens herbeizuführende Befriedigung desjenigen Gläu­ bigers, von dessen Seite die Zwangsvollstreckung droht, bzw. seine vorzugsweise Befriedigung auf solchem Wege zu vereiteln; vgl. RII. 16. Dez. 79 (E. I, 37), OT. (O. XIV, 83; XV. 809; XVI, 455). Selbst das Bewußtsein, daß dem Gläubiger kein weiteres Objekt zu seiner Befriedigung bleibe, ist nicht geeignet, jenen Willen zu ersetzen: OT. (O. XVII, 666: hier war die Veräußerung des einzigen Objekts für eine drohende Pfändung zur Abwendung der eigenen Noth geschehen), OT. (ib. XVIII, 501); a. M.: RIV. 17. Mai 95 (E. XXVII, 241: bloßer Eventualdolus genüge freilich nicht, wohl aber das bestimmte Bewußtsein, daß die Vereitelung der Befriedigung des betr. Gläubigers die nothwendige Folge sein werde), Darmst. 76 (HE. s. 82). Dagegen braucht, nach RII. 9. Dez. 81 (E. V, 206), wenn obiger Wille obwaltet, die Absicht nicht dahin zu- gehen, daß die Befriedigung aus dem betr. Vermögensstück ganz und für immer ausgeschlossen werde; es genüge, wenn nur die konkrete bevorstehende Zwangsmaßregel wirkungslos gemacht werden sollte; vgl. Rill. 4./11., 4. Jan. 83 (E. VIII, 1. 50: hielten überhaupt eine blos auf vor­ läufige, bzw. zeitweilige Vereitelung, cit. Rill. 4. Jan. 83 sogar schon eine auf Erschwerung der Befriedigung gerichtete Absicht für ausreichend; doch entschied das letztere Erk., daß, wenn an Stelle des veräußerten Vermögensbestandtheils ein an­ derer, dem Gläubiger ganz gleiche Aussicht auf Befriedigung gewährender Werth­ gegenstand in das Vermögen des Schuldners gelange, Dolus nicht deshalb allein angenommen werden könne, weil der Gläubiger gerade aus dem ersteren seine Be­ friedigung zu suchen willens war, und der Schuldner ebendies zu verhindern beab­ sichtigte). Auch ist es in jenem Falle gleichgültig, ob eine anderweitige Befriedigung des Gläubigers beabsichtigt wird; so: RI. 8. April 80 (R. I, 560), OT. (O. XV, 184), nicht minder, ob die Handlung (gleichzeitig) dazu diente, einen andern Gläu­ biger zu befriedigen, sollte letzterer auch ein bevorrechteter (z. B. ein solcher, welcher an dem erworbenen Objekte ein Pfand- und Zurückbehaltungsrecht besaß) sein: Rill. 5. Nov. 79, RII. 3. Okt. 82, RI. 6. Nov. 79 (E. I, 96; VII, 61; R. I, 36. 37); a. M.: HStR. II, 425 (:hält beide Motive für unvereinbar). Dagegen trifft der § dem Eingangs Gesagten zufolge nicht zu, wenn der Angeklagte ausschließ, lich den Zweck verfolgte, ein früher gegebenes Versprechen zu erfüllen (:RIV. 19. Febr. 86, R. VIII. 126) oder einen Gläubiger vor dem anderen zu bevorzugen oder umgekehrt sämmtliche Gläubiger zu befriedigen: Dresd. (SGZ. 21 s. 245; 23 s. 136); vgl. Olsh. n. 14, v. Liszt s. 480 (:wer lediglich, um einen anderen Gläubiger zu befriedigen, handle, falle nicht unter das Gesetz). — Der Besitz von ander­ weitem, ausreichendem Vermögen ist immerhin zur Beurtheilung der Absicht des Angeklagten von Belang, ein desfallsiger Beweisantrag mithin nicht als uner-

Thl. II. Abschn. XXV. Strafbarer Eigennutz rc. — § 289.

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§ 289. Wer seine eigene bewegliche Sache, oder eine fremde bewegliche Sache zu Gunsten des Eigenthümers derselben, dem Nutznießer, Pfandgläubiger oder demjenigen, welchem an heblich abzulehnen: Rill. 18. Mai 85 (R. VII, 304). — Einer eigennützigen, bezw. auf Erlangung eines rechtswidrigen Dermögensvortheils gerichteten Absicht bedarf es in keinem Falle; ebenso: OT.' (O. XV, 184; GA. 27 s. 213), Dresd. (SGZ. 23 f. 136). 9. Daß jene Absicht (n. 8) erreicht, oder daß überhaupt für den Gläubiger ein Nachtheil herbeigeführt sei, wird nicht erfordert. Demgemäß ist es bedeutungslos, ob zur Zeit der Veräußerung rc. noch andere Befriedigungsobjekte vor­ handen waren und ob der Gläubiger demnächst durch die in diese eingetretene Exekution zur Befriedigung gelangt oder nicht: 911. 1. Nov. 79, Rill. 8. Okt. 81, MI. 8. April 92 (R. I, 37; III, 612; GA. 40 s. 36), OT. (O. XVII, 578). Ebenso wird die Strafbarkeit durch spätere Wiederbeischaffung des betr. Gegenstandes nicht beseitigt. 10. In Betreff der Theilnahme gelten die allgemeinen Grundsätze; vgl. n. 7 a. E. u. § 47 n. 14. Demgemäß wird zur Hülfeleistung (§ 49) die Kenntniß aller wesentlichen Merkmale der Hauptthat erfordert; dazu gehört aber nicht der Name deö betreffenden Gläubigers: RI. 6. Nov. 79, Dill. 8. April 92 (R. I, 37; GA. 40 s. 36). Der Hülfeleistung, kann sich auch ein anderer Gläubiger schuldig machen, z. B. durch den zu seiner eigenen Deckung geschehenen Ankauf des Dermögensstücks: RIV. 31. Jan. 90, 31. Mai/3. Juni 92 (E. XX, 214; GA. 40 s. 37), OT. (GA. 27 s. 213), Olsh. n. 17; vgl. oben n. 2; a. M.: ML. s. 733; gemäß RIV. 20. Mai 92 (GA. 40 s. 151), ferner durch die Rekognition eines der Interessenten bei einer gerichtlichen Auflassungs-Erklärung, wenn durch die Auflassung das betr. Grundstück der Zwangsvollstreckung eben entzogen werden sollte. 10a. Ueber das Verhältniß des § 311 § 241 KO. vgl. dort n. 14. 11. Zum Strafantrage (Abs. 2) ist derjenige Gläubiger berechtigt, seitens dessen die Zwangsvollstreckung drohte und dessen Befriedigung vereitelt werden sollte, bei Gefährdung einer Gerichtskostenforderung des Pr. Fiskus der Kassenkurator: RIV. 18. Mai 88 (R. X. 412), RIV. 25. Jan. 01 (E. 34, 111: ließ unentschieden, ob auch der Rendant antragsberechtigt sei); bei derjenigen der For­ derung einer offenen Handelsgesellschaft diese Gesellschaft (der Antrag kann hier wirksam unter der Gesellschaftsfirma gestellt werden, mindestens dann, wenn an der Kenntniß der Personen und Namen der Firmeninhaber kein Interesse besteht): Rill. 8. Okt. 81 (R. III, 612), bei derjenigen der Einziehung von Jagdgeräth (§ 295) in Preußen die Bezirks-Regierung bezw. deren Präsident (nicht die Strafvollstreckungs­ behörde): Dill. 7. Jan. 87 (E. XV, 164). — Der betr. Gläubiger bleibt antrags­ berechtigt, auch wenn er selbst in Konkurs geräth; RF. 11. Aug. 92 (E. XXIII, 221). Andererseits ist der Konkursverwalter unabhängig von dem Willen des verletzten Gläubigers berechtigt, wegen einer die Konkursmasse verkürzenden Strafthat, den Strafantrag zu stellen. RIV. 26. Okt. 00 (E. 33, 433); a. M.: Ausl. 13. — Stellt ein anderer Gläubiger den Antrag, so muß der mit der Handlung des Angeklagten nur in ihrer Richtung gegen jenen befaßte Strafrichter auf Freisprechung, nicht auf Einstellung des Verfahrens (StPO. § 259) erkennen; so: RII. 16. Dez. 79 (E. I, 37); vgl. jedoch RII. 10. Jan. 88 (E. XVII, 42). — Die Antragsfrist beginnt mit dem Tage, wo der Gläubiger Kenntniß erlangt von der Handlung des Schuldners und davon, daß letzterer auf solche Weise seine Befriedigung zu vereiteln beabsichtige, nicht also erst mit der fruchtlos erfolgten Zwangsvollstreckung, wenn ihm nicht eben durch diese jene Kenntniß erst zu Theil wird: Rill. 4. Mai 81 (R. III, 270); vgl. jedoch Rill. 4. Dez. 80 (A. III, 28). 12. Zuständig ist Strafk. bzw. SchöffenG. §

289.

1. Dieser § bestraft das früher sog. furtum possessionis, welches jetzt unter den Begriff des Diebstahls (§ 242) nicht mehr fällt. 2. In Betreff des Begriffs der „beweglichen" sowie der „fremden Sache" vgl. § 242 n. 13 ff. 6 ff.

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Thl. II. Abschn. XXV.

Strafbarer Eigennutz ic. — § 289.

der Sache ein Gebrauchs- oder Zurückbehaltungsrecht zusteht, in rechtswidriger Absicht wegnimmt, wird mit Gefängniß bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bis zu neunhundert Mark bestraft. Neben der Gefängnißstrafe kann auf Verlust der bürger­ lichen Ehrenrechte erkannt werden. Der Versuch ist strafbar. Die Verfolgung tritt nur auf Antrag ein. Die Besümmungen des § 247 Abs. 2 und 3 finden auch hier Anwendung. [I. Entw.: § 271; II. Entw.: § 285; StB. S. 1174, Pr. StGB.: § 271.] 3. Ein Dritter nimmt die Sache „zu Gunsten des Eigentümers" (vgl. KO. § 242: „im Interesse eines Schuldners") weg, wenn er durch seine Handlung dem letzteren auf Kosten des Nutznießers rc. einen Vortheil verschaffen will. Handelt der Dritte im eigenen Interesse, so macht er sich nicht aus § 289 strafbar, sollte er da­ mit auch gleichzeitig das Interesse des Eigentümers fördern, es sei denn, daß seine Absicht auf Letzteres mitgerichtet war: RlH. 4. Ddz. 82 (E. VII, 325), RIV. 1. Dez. 93 (GA. 41 f. 414). 4. Es ist nicht unerläßlich, daß das Nutznießungs- rc. Recht (dasselbe braucht kein dingliches zu sein: Rlll. 19. Dez. 98; E. 32, 12) in durchaus rechtsver­ bindlicher Weise begründet sei, sofern nur das betr. Rechtsgeschäft in einer nicht absolut nichtigen Weise zu Stande gekommen und demzufolge die Sache in den Gewahrsam des Berechtigten gelangt ist; a. M.: OT. 58 (GA. VI, 569). Nach OT. (O. XVII, 593) ist ferner die Strafbarkeit nicht ausgeschlossen, wenn zwar der Akt, durch welchen die Besitzeinräumung erfolgte, ein rechtsgültiger, das Rechtsgeschäft jedoch, zu dessen Sicherung jene geschah, anfechtbar ist. Dagegen erkannte RH. 2. Mürz 94 (Ei XXV, 154) die Einrede eines aus § 289 angeklagten Pächters, daß er durch Betrug zur Eingehung des Pachtvertrags veranlaßt, letzterer daher nichtig sei, als beachtlich an. 5. Nach §§ 559. 580 BGB. hat der Dermiether eines Grundstücks, einer Wohnung rc. ein Pfandrecht nur für seine „Forderungen aus dem Miethsverhältniß"; dagegen nicht für künftige Entschüdigungsforderungen und für den Miethszins für eine spätere Zeit als das laufende und das folgende Miethjahr. Das Pfandrecht besteht also nur wegen des rückständigen Miethszinses ohne Beschrünkung, sowie wegen desjenigen für das zur Zeit der Geltendmachung des Pfandrechts laufende und das folgende Miethsjahr, sowie wegen fälliger Entschädigungsforderungen. — Sollte der Miethszins nicht in Geld bestehen, sondern in Leistungen anderer Art, z. B. in Diensten, so erstreckt sich das Pfandrecht auch auf die Entschädigungsforderung wegen unterlassener Leistung des Dienstes: Rll. 27. April 94 (E. 25, 343: betr. Pr. Recht). Dgl. auch Rlll. 28. April 90 (E. 20, 417). Ueber den Einfluß der dem Miether wegen Mängel des vermietheten Grundstücks zustehenden Anspruchs auf die Forderung des Miethszinses und den Umfang des Pfanddrechts vgl. RIV. 11. Jan. 01 (E. 34, 88: die Befreiung von Entrichtung des Miethszinses bzw. Herabsetzung der Verpflichtungen treten kraft Gesetzes ein). Gegenforderungen des Miethers (mit diesen ist Angeklagter auch dann zu hören, wenn sie vom Vermiether bestritten werden: RIV. 26. Febr. 95; E. 27, 64) heben das Pfandrecht des Vermieters nicht ohne Weiteres auf, sondern begründen nur eine Kompensationseinrede: R. 13. Juni 92 (E. 23, 163), die aber bei oder vor Wegschaffung der Sachen geltend gemacht werden muß: eit. RIV. 26. Febr. 95. — Gegenstand des Pfandrechts sind nur die „eingebrachten Sachen des Miethers", also nicht auch die Dritter, insbesondere Familienangehöriger, es sei denn, daß die Ehefrau in Gütergemeinschaft (allg., Errungenschafts, oder Fahrniß-) lebt. Die Vermuthung des § 1362 BGB. kann als solche im Strafverfahren keine AnWendung finden. — Der Hauptvermiether hat kein Pfandrecht an den Sachen des Untermiethers, wohl aber der Untervermiether. — Der Vermiether hat kein

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Strafbarer Eigennutz rc. — § 289.

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Pfandrecht an den „der Pfändung nicht unterworfenen" Sachen des Miethers, d. h. den im § 811 CPO. aufgeführten; vgl. § 559 BGB., Rll. 1. Mai 96 (E. 28, 348), RIV. 15. Okt. 97 (GA. 45, 437), RH. 15. Febr. 81 (E. 34, 157: betr. die Uebergangszeit); wohl aber an solchen Sachen, deren Pfändung nach § 803 CPO. zu „unterbleiben" hat: RU. 8. Nov. 98 (E. 31, 316), oder die nach § 812 CPÄ. „nicht gepfändet" werden sollen. — Ob und inwieweit Gegenstände im Sinne des § 811 CPO. für den Schuldner „entbehrlich" sind, unterliegt wesentlich thatsächlicher Beurtheilung. — Das Pfandrecht erstreckt sich (hiervon abgesehen) auf alle Sachen (auch Geld rc.), ohne Rücksicht, ob und inwieweit sie zur Deckung der gorderungen des Vermiethers erforderlich sind: Rll. 9. April 86, IV. 16. Dez. 87, 10. Juli 88 (R. VIII, 272; IX, 730: E. 18, 80). — Das Pfandrecht entsteht in dem Zeitpunkte der Einbringung der Sachen des Miethers, und zwar in die vermietheten Räume des Grundstücks, oder mit dem Erwerb des Eigenthums seitens des Miethers an fremden eingebrachten Sachen. Es erlischt (abgesehen von den allg. Gründen: §§ 1250ff. BGB.) mit der vollständigen Entfernung der Sachen von dem Grundstück (§ 560 BGB.), also wenn die Miethräume nur einen Theil des Grundstücks umfaßten, nicht schon mit der Entfernung aus diesem: Rll. 22. April 84 (E. 10, 321); IV. 28. April 83 (GA. 41, 56); III. 26. April 00 (GA. 47, 287). Der Umstand, daß die Sachen auch nach der Entfernung dem Pfandrecht noch verhaftet bleiben, ist unerheblich: RI. 2. April 94 (E. 25, 220). Die Entfernung der Sachen hat jene Wirkung nicht, wenn sie ohne Wissen oder unter Widerspruch des Vermiethers geschieht (§ 560 BGB.). Der Wider­ spruch des Vermiethers hat jedoch keine Wirkung, wenn die Entfernung im regelmäßigen Betriebe des Geschäfts des Miethers oder den gewöhnlichen Lebensverhültniffen entsprechend erfolgt, oder wenn die zurückbleibenden Sachen zur Sicherung des Vermiethers offenbar ausreichen. Vgl. auch n. 10. Durch Veräußerung der Jllaten erlischt das Pfandrecht dann nicht, wenn sie auf dem Grundstücke ver­ bleiben: Rill. 25. Mai, 15. Jan. 81 (E. 4, 198; 3, 322). Vgl. wegen eines gut­ gläubigen Dritten § 936 BGB. — Beim mit Zustimmung des Vermiethers erfolgten Transloziren der Sachen aus der früheren in eine neue, demselben Vermiether ge­ hörige Wohnung wird jenem das gesetzliche Pfandrecht wegen seiner Forderungen aus dem früheren Miethovertrage selbst dann nicht konservirt, wenn dies unter den Contrahenten vereinbart war; für solche Forderungen erweist sich nur eine vertrags­ mäßige Pfandbestellung mit Uebergabe als wirksam: Rill. 26. Febr. 81 (R. III, 82). Das Gegentheil gilt, wenn die Translozirung in (Anderen vermiethete) Wohnräume desselben Grundstücks stattfindet. Bez. der Konsequenzen des Falles, wo eine solche Translozirung unter Zustimmung des Vermiethers erfolgt, vgl. Rll. 9. Mai 93 (E. XXIV, 153), dt. 91111. 26. Febr. 81. — Auf den Cessionar der Miethzinsforderung geht das gesetzliche Pfandrecht des Vermiethers und das Antragsrecht nicht über: RII. 16. Sept. 84 (E. XI, 81), mit dem Wegfalle jener Forderung erlischt dasselbe: RII. 14. Febr. 93 (GA. 41 s. 31). — Erachtet der Miether das Pfandrecht des DerMiethers in Bezug auf einzelne Sachen für ausgeschlossen, so hat er doch bis zu einer ergehenden richterlichen Entscheidung das geltend gemachte Recht zu respektiren: R. 31. Jan. 98 (GA. 46, 119). — Hat der Miether einzelne Jllaten dem DerMiether als Faustpfand in Pfandbesitz übergeben, so ist die widerrechtliche Wegnähme dieser Sachen aus dem Pfandbesitz des Vermiethers auch dann strafbar, wenn die Sachen wieder in die Miethswohnung zurückgebracht sind: RII. 26. April 98 (E. 31, 131). 5a. Auf das Pfandrecht des Verpächters finden nach § 581 BGB. die Vorschriften über dasjenige des Vermiethers entsprechende Anwendung. Das Pfandrecht des Verpächters eines landwirtlrschaftlichen Grundstücks ist jedoch durch § 585 BGB. in mehrfacher Beziehung erweitert. Dgl. Rill. 28. Febr. 01 (GA. 48, 127). 5b. Nach Olsh. n. 4a scheiden die Pfandrechte des eingetragenen Hypothekengläubigers (vgl. n. 10 u. 15) und die nach §§ 803ff. u. 930 CPO. durch Pfändung bezw. Vollziehung eines Arrests begründeten Pfandrechte für den That­ bestand des § 289 aus. 6. „Gebrauchsrecht" ist nicht auf dingliche Rechte dieser Art zu beschränken; ein persönliches Miethrecht genügt; ebenso: RII. 8. Mai 88 (R. X, 389); desgleichen das Gebrauchsrecht des Entleihers (Commodatars): cit. Rll. 6. Mai 88. Es kann auch öffentlich-rechtlicher Natur sein.

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Thl. II. Abschn. XXV.

Strafbarer Eigennutz rc. — § 289.

7. „Zurückbehaltungsrecht": vgl. §§ 273ff. BGB. u. Rill. 28. Jan. 01 (GA. 48, 123); ferner §§ 556 Abs. 2 u. 581 Abs. 2 BGB.; §§ 339 ff. HGB. — Ein Zurückbehaltungsrecht kann auch nach den durch Art. 89 EG. z. BGB. aufrecht­ erhaltenen Landesgefetzen betr. Pfändung von Sachen zum Schutz der Grundstücke rc. gegeben fein: Rl. 4. Dez. 82, IV. 12. Febr. 92 (E. 7, 302; 22, 364), 91111. 19. Dez. 98 (E. 32, 12: Bremen), cit. Rlll. 28. Jan. 01: Oldenburg. In Preußen sind die §§ 413 ff. I, 14 AM. durch Art. 89 AG. z. BGB. aufgehoben. Pfändungen, die rechtswidrig nach Maßgabe des Pr. FFPG. § 77 bewirkt sind, finden ihren strafrechtlichen Schutz im § 17 ib.; vgl. Rl. 4. Dez. 82, III. 29. Jan. 83 (E. 7, 302; R. V, 66). — Durch Hingabe eines Sparkassenbuches als Pfand für ein Dar­ lehn wird auch nach BGB. ein Zurückbehaltungsrecht begründet: Rll. 10. Okt. 93 (GA. 41, 387). Vgl. ferner RlV. 12. Febr. 92 (E. XXII, 364: betr. einen poliz. abgefangenen Hund), Rll. 9. Dez. 93 (E. XXIII, 356: betr. das Zurückbehalten von Kleidungsstücken eines Dienstboten zur Erzwingung der Fortsetzung -des Dienstes; hierzu fei die Dienstherrschaft nach der Pr. Gestnde-O. v. 1810 nicht berechtigt). Nützliche Verwendung begründet nach Pr. Recht kein Zurückbehaltungsrecht: OT. 58 (cit. n. 4). 8. Die Wegnahme der eigenen in Beschlag genommenen Sache aus dem Gewahrsam des bestellten Hüters fällt selbst dann, wenn durch die Exekutions-Beschlagnahme dem betr. Gläubiger ein Pfandrecht erworben ist, nicht unter § 289 (sondern nur unter § 137), weil der Hüter die Sache nicht als Vertreter des Gläu­ bigers, sondern im Aufträge des betr. Beamten inne hat. 9. „Absicht" ist hier gleichbedeutend mit: Zweck, nicht mit: Vorsatz „in rechtswidriger Absicht" nicht gleichbedeutend mit: im Bewußtsein der RechtsWidrigkeit: Rll. 30. Jan. 91, 2. März 94 (E. XXI, 312; XXV, 154: daher könne dolus eventualis bei Anwendung des § überhaupt nicht in Betracht kommen; a. M.: Frank, Z. f. StR. XIV, 409), Rll. 1. Mai 96 (E. 28, 348: es genüge nicht das Bewußtfein der Rechtswidrigkeit, sondern nur die bewußte Verfolgung des rechtswidrigen Zwecks). Die Absicht muß vielmehr auf Verletzung des in Betracht kommenden Nutznießungs- rc. Rechts gerichtet sein; ein Weiteres wird dagegen nicht erfordert; insbesondere braucht die Absicht nicht auf Verkürzung (Gefährdung) des durch das Pfand- rc. Recht gesicherten fremden Forderungsrechts zu gehen: RI. 28. Juni 80 (R. II, 131), OT. 2. Okt. 57, Wolfenb. (Br. Z. 23 s. 186), noch eine eigennützige oder gewinnsüchtige zu sein: cit. Rl. 28. Juni 80; a. M.: Jena (StZ. I, 273: erheischt die Absicht, sich einen Vermögensvortheil zu verschaffen oder dem Andern Schaden zuzufügen, arg. der Stellung des § im Abschn. 25 und seines 93erhältnisses zu dem eine geringere Strafe androhenden § 137). — Ebensowenig setzt der § voraus, daß dem Berechtigten durch die Wegnahme ein materieller Schaden (objektiv) erwachsen fei: RlV. 16. Dez. 87 (R. IX, 730); namentlich wird die Strafbarkeit dadurch nicht ausgeschlossen, daß der Gläubiger im Besitze fernerer, zur Deckung seiner Forderung ausreichender Pfandobjekte oder sonstiger Mittel, z. B. einer Kaution verbleibt; vgl. Rlll. 6. Nov. 80, Rll. 18. Jan. 81 (E. III, 24. 277). Doch würde die Meinung, um deswillen zur Handlung befugt gewesen zu sein, als ein civilrechtlicher Irrthum den Thäter straflos machen: vgl. oben s. 133 n. 7, Rll. 9. April 86 (R. VIII, 272). — Wegen des guten Glaubens beim Vorhandensein einer, wenn auch nicht konnexen oder liquiden Gegenforderung; vgl. R. 15. Juni 83 (E. 8, 346). 10. Ueber den Begriff der „Wegnahme" vgl. § 242 n. 33—39, oben n. 5. 8, RlV. 29. März 87, 28. Apr. 93 (E. XV, 434; GA. 41 f. 56: die Zerstörung der Sache falle auch hier nicht unter den Begriff; a. M.: Olsh. n. 7), Rll. 22. April 84 (E. X, 321: desgleichen nicht eine bloße Erschwerung in der Geltendmachung des Pfandrechts), Rll. 8. Mai 88 (E. XVII, 358: wohl aber das Bringen einer im Mitgewahrsam befindlichen Sache in den alleinigen Gewahrsam). Da derselbe voraussetzt, daß sich die Sache zur Zeit im Gewahrsam des Andern befand, so würde, bei streng buchstäblicher Auslegung, das Wegschaffen der eigenen Sachen aus der gemietheten Wohnung in rechtswidriger Absicht und unter Mißachtung des dem Dermiether zustehenden Pfand- bezw. Zurückbehaltungsrechts (n. 5) nicht unter den § fallen, so lange jenes Recht nicht ausgeübt, und die Sache so in den Gewahrsam des Dermiethers übergegangen ist (vgl. O. II, 104; XII, 526). Doch erachtete bereits eine ältere Rechtsprechung als in dieser Hinsicht wirksame Ausübung

Thl. II. Abschn. XXV.

Strafbarer Eigennutz rc. — § 289.

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xenes Rechts das bloße Verbot des Wegbringens" der Sachen (sowie den Versuch thätlicher Hinderung desselben): OT. (O. XVI, 817), Wolfenb. (eit. n. 9), ja schon die dem Miether (seinen Angehörigen rc.) gegenüber beim Ausziehen oder früher abgegebene Erklärung des Vermiethers, daß er von jenem Rechte Gebrauch mache: 91111. 8. Mai 80, RH. 23. Nov. 80 (E. I, 249; III, 58), OT. (O. XVII, 674; GA. 27 s. 379). Die neuere Rechtsprechung des RG. geht noch einen Schritt weiter, indem sie sogar von dem Erfordernisse eines solchen Verbots rc. absieht; es genüge, wenn die Wegschaffung gegen den (ausdrücklichen oder aus den Umständen zu ent­ nehmenden) Willen des Vermiethers und mit dem Bewußtsein von dem mangeln­ den Einverständnisse desselben erfolge, indem der mit dem Pfand- oder Zurückbehaltungsrecht ausgestattete Vermiether nach der Idee des Gesetzes zu den eingebrachten Sachen immerhin in einem dem Besitze ähnlichen Verhältnisse stehe; vgl. Rill. 26. April 00 (eit. n. 5), RH. 1. April 81, 20. Jan. 82, Rill. 29. April 82, 5. Juli 86, RI. 17. Sept. 91 (E. IV, 43; VI, 321; XIV, 321; XXII, 126; R. IV, 56. 441). Nicht gleichartig ist jedenfalls das Verhältniß des Hypothekengläubigers zu den beweglichen Zubehörstücken des verpfändeten Grundstücks, welche nach § 1120 BGB. für das Kapital und die eingetragenen Zinsen mitverhaftet sind; die Fortschaffung solcher Stücke fällt nicht unter den § 289: N1V. 13. Febr. 94 (E. XXV, 115). — Die in öffentlichen Niederlagen befindlichen Waaren sind nicht im Gewahrsam der mit der bloßen Aufsicht über jene Räume betrauten Beamten, weshalb auch von letzteren das Vergehen verübt werden kann; so: OT. (O. XVI, 512). 11. Erschwerende Umstände des Diebstahls kommen hier nur als Strafznmessungsgründe in Betracht. Ebenso ist es kein Raub, wenn die That mit Ge­ walt verübt wird, vielmehr könkurrirt dann mit dem Vergehen des § 289 ideell die durch die Anwendung der Gewalt begangene Strafthat (z. B. Körperverletzung); ebenso: RH. 12- März 86 (E. XIII, 399: ev. sei alsdann nicht aus § 223, sondern aus § 289 zu strafen; vgl. jedoch § 73 n. 14a). Wird die Herausgabe der Sache durch Gewalt oder Drohung erzwungen, so liegt in Jdealkonkurrenz Nöthigung (§ 240), niemals aber Erpressung (§§ 253. 255) vor; so: eit. RII. 12. März 86; desgleichen (bez. der Erpressung) Olsh. n. 15; a. M.: RII. 19. Okt. 94 (E. XXV, 435: i. c. hatte der Jnstanzrichter, ungeachtet Gewalt gegen eine Person verübt war, nur aus § 253 gestraft, und das RG. keinen Anlaß, sich darüber zu äußern, ob nicht konsequenter Weise statt des § 253 § 255 hätte zur Anwendung konrmen müssen). 12. Bezüglich des Verlusts der Ehrenrechte rc. vgl. die §§ 32. 35. 13. Ein Versuch (Abs. 3) kann gemäß «IV. 27. Okt. 93 (GA. 41 s. 396) in dem Fortschaffen von Sachen in die Wohnung eines anderen Miethers desselben Hauses erblickt werden, wenn der Angeklagte in der Absicht handelte, die Sachen später aus dem Hause fortzubringen und dadurch dem Pfandrechte des Vermiethers zu entziehen; vgl. n. 5. 10. Ein Versuch liegt nicht schon in dem Abschlüsse eines Kaufvertrages über Früchte auf dem Halm, die dem Pfandrecht des Verpächters bei ihrer Trennung unterfallen: Rill. 28. Febr. 01 (GA. 48, 127). 14. 15. Ein Hausverwalter, welcher bevollmächtigt ist, Miethverträge zu schließen und auch zu kündigen, sowie sämmtliche einem Vermiether gegen den Miether zustehenden Rechte wahrzunehmen, ist auch als zur Stellung eines Straf­ antrags wider jenen ermächtigt anzusehen; so: RII. 7. Dez. 81 (R. III, 770: sofern nicht aus den Umständen des konkreten Falles zu entnehmen stehe, daß die Stellung des Antrags überhaupt oder doch wider diesen Angeklagten dem Willen des Antragstellers nicht entspreche). Vgl. auch R. 18. Juni 97 (GA. 45, 279:.antichretiseher Pfandbesitzer). Ist im Zwangsversteigerungs-Verfahren ein Sequester bestellt worden, so steht diesem die Befugniß zu, wegen einer während der Sequestration verübten Verletzung des Pfandrechts des Vermiethers kraft eigner Entschließung auf Derfolgung anzutragen, und zwar selbst dann, wenn der betr. Miethvertrag vor Einleitung jenes Verfahrens abgeschlossen wurde; so: Rill. 12. Dez. 92 (E. XXIII, 344). Wegen des Antragsrechts bei bestehender Gütergemeinschaft vgl. RIV. 21.Dez. 00 (E. 34, 64). Der Hypothekengläubiger (vgl. n. 5b u. 10) hat kein Antragsrecht: R. 31. Jan. 98 (GA. 46, 119); vgl. indeß §§ 21 Abs. 2 u. 148 des Zwangsverst.-G. Im Uebr. vgl. n. 5 u. § 65 n. 8 ff. und Rill. 25. April 87 (R. IX, 284: betr. einen Fall, wo der Antragsteller Mitexekutor eines Testaments war, und als solcher den Miethvertrag geschlossen hatte).

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Thl.

II.

Abschn. XXV. Strafbarer Eigennutz rc. — §§ 290. 291.

§ 290. Oeffentliche Pfandleiher, welche die von ihnen in Pfand genommenen Gegenstände unbefugt in Gebrauch nehmen, werden mit Gefängniß bis zu Einem Jahre, neben welchem auf Geldstrafe bis zu neunhundert Mark erkannt werden kann, bestraft. [I. Entw.: (fehlte); II. Entw.: § 286; Pr. StGB.: § 265.]

§ 291. Wer die bei den Uebungen der Artillerie Derschossene Munition, oder wer Bleikugeln aus den Kugelfängen der Schießstände der Truppen sich widerrechtlich zueignet, wird mit Gefängniß bis zu Einem Jahre oder mit Geldstrafe bis zu neunhundert Mark bestraft. [I. Entw.: (fehlte); II. Entw.; § 287; Pr. StGB.: § 349 Nr. 5.] 16. In Betreff des Schlußsatzes vgl. § 247 n. 16—22. — Zuständig ist Strafk.

§ 290.

(Vgl. auch Pr. G. v. 17. März 81, betr. das Pfandgewerbe u. Art. 41, AG. z. BGB.) 1. „Oeffentlicher Pfandleiher" ist jetzt Jeder, welcher offenkundig aus dem Pfandleihen ein Gewerbe macht; daß er von diesem Gewerbebetriebe vorher der Behörde Anzeige gemacht habe (Gew.-O. § 35) oder gar als Pfandleiher förmlich konzessionirt sei und das Gewerbe unter öffentlicher Controls betreibe, ist zum Thatbestände nicht erforderlich; ebenso: RHI. 2. April 83, Rll. 8. Mai 83 (E. VIII, 269. 253). Das Lombardgeschäft des Banquiers gehört nicht hierher. — Dgl. § 360 n. 84 a. 2. Einer gewinnsüchtigen Absicht bedarf es zu diesem Vergehen nicht; bewußtes Handeln genügt. — 3. Unter „Gebrauch" ist hier gemäß Rill. 2. April 83 (dt. n. 1) nicht lediglich ein körperlicher Gebrauch, sondern jede Art der Benutzung, z. B. auch die Weiterverpfündung, zu verstehen. Ist der Gebrauch mit einem Berbrauche verbunden, so wird in der Regel Unterschlagung ideell konkurriren: Mot. s. 139; vgl. jedoch «III. 13. Dez. 86 (E. XV, 147). - Zuständig ist Strafk.

§ 291.

(Dgl. Pr. AKO. v. 23. Juli 1883; GS. S. 86.)

1. Der § unterscheidet in Betreff der verschoffenen Munition nicht, ob die. selbe sich noch im Gewahrsam (z. B. in den Kugelfüngen) des Militürfiskus befinde, unterstellt auch ebensowenig, daß durch das Verschießen das Eigenthum an den im § genannten Gegenständen aufgegeben sei; demgemäß schließt obige Spezial, bestimmung die Strafe des Diebstahls oder der Unterschlagung aus, selbst wenn alle Thatbestandsmerkmale eines dieser Straffälle vorliegen; so: Merkel, HH. III, 838, ML. f. 551; a. M.: Rlll. 10. Nov, 80 (R. II, 490: die Diebstahls strafe, nach Umständen sogar die Strafe des schweren Diebstahls, trete daher ein, wenn die Militärbehörde den Gewahrsam sich durch Umschließung des Kugelfangs erkennbar erhalten habe), OT. 60 (GA. VIII, 710). Ob der Bezug der in dem Kugelfange befindlichen Bleikugeln vom Militärärar vertragsmäßig einem Dritten überwiesen war, ist gemäß Münch. (BE. I, 250) für den Thatbestand des § gleichgültig. 2. Der § ist auf Munition (Bleikugeln), welche nicht bei militärischen Uebungen verschossen ist, nicht anwendbar. Dasselbe gilt von über die Kugelsänge hinausgeflogenen Bleikugeln oder von der Hinwegnahme der Bleikugeln aus einem Erdreiche, welches von abgetragenen Kugelfängen herrührt, und durch die Militärbehörde zu anderen Zwecken verwandt ist: Münch. (BE. II, 130: ebensowenig liege hier ein Diebstahl vor). Bei der Munition der Artillerie ist es gleichgültig, ob sie innerhalb oder außerhalb des Schießplatzes liegt. 3. Wegen Hehlerei vgl. RI. 13. Okt. 81 (R. III, 622).

Thl. II. Abschn. XXV.

Strafbarer Eigennutz rc. — tz 292.

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§ 292 Wer an Orten, an denen zu jagen er nicht be­ rechtigt ist, die Jagd ausübt, wird mit Geldstrafe bis zu drei­ hundert Mark oder mit Gefängniß bis zu drei Monaten bestraft. Ist der Thäter ein Angehöriger des Jagdberechtigten, so tritt die Verfolgung nur auf Antrag ein. Die Zurücknahme des Antrages ist zulässig. [I. Entw.: § 273; II. Entw.: § 288; — Nov. Art. I. — Pr. StGB.: § 274.] Vgl. §§ 293—295. 368 Nr. 10. 11. 4. Der Mangel des Bewußtseins der „Widerrechtlichkeit" schließt als ein Irrthum über die Bedeutung des Strafgesetzes die Strafbarkeit nicht aus; so: Rill. 19. Mai 92, GA. 40 s. 149. — Zuständig ist ©traft. § 292. Absicht der Zueignung: 9. 14. Absicht, gewinnsüchtige: 15. Anstand: 8. Aufsuchen: 1. 8. Beihülke: 10. Berechtigung: 16. 17. Berechtigung, Einrede: 6. Dachs: 23. 18. Diebstahl: 1. 11. DoluS: 9. 12. 14. 15. Fahrlässigkeit: 14. Fallwild: 9. 15. Fischereiberechtigter: 24. Fischotter, Fischreiher: 24 f. Fuchs: 20. Gewahrsam: 1. 11. 12. Glaube, guter: 14. Grenze: 3. 5. 15. Hamster: 21.

Inhalt: Hehlerei: 11. Hirschgeweihe: 9. 17. Hund, Jagdrevier: 8. 30. Jagd: 1. 8-13. • Ruhenlassen: 7. Jagdbarkeit: 17—28. 14. Jagdbarkeit, Vertrag: 18. Jagdfolge: 5. 9. 14. Jagdpacht: 2. Jagdpolizei: 7. 17. 30. Jagdrecht: 1—6. 17. • Beschränkung: 7. Jagdrevier, Hund: 30. Jagdschein: 16. Irrthum: 12. 14. Junge, AuSnehmen: 13. Kaninchen: 19. Konkurrenz: 16.

Krammetsvogel: 26. Lerche: 27. Marder: 22. MeereSstrand: 4. Okkupation: 1. 8—11. Ruhenlassen: 7. Schonung: 7. 18. 30. Schwan: 28. Strafantrag: 29. Treiber: 10. Unterschlagung: 11. Vollendung: 8. Wild, Freiheit: 11. • jagdbar: 18—28. • nicht jagdbar: 17. Wildschaden, Abwehr: 15. Zueignung: 9. 14. Zuständigkeit: 31.

1. Dieser § bestraft den Eingriff in ein fremdes Jagdrecht, d. h. in die Berechtigung, in einem bestimmten Reviere mit Ausschließung Anderer jagdbare wilde Thiere („Wild": § 293), welche sich in Niemandes Eigenthum oder Gewahrsam befinden, zum Zwecke des Erlegens, des Einfangens oder sonstiger Besitz­ nahme aufzusuchen, zu verfolgen oder zu okkupiren; vgl. n. 8, 9tIII. 21. Dez. 81 (E. V, 277). Die Wegnahme fremder Thiere aus dem Gewahrsam eines Andern ist nach den.den Diebstahl betreffenden Vorschriften zu beurtheilen; vgl. n. 11, § 242 n, 9. 10. 2. Ob die Berechtigung zu jagen eine dingliche oder persönliche (z. B. auf einem Jagdpachtvertrage beruhende) sei, ist gleichgültig. Auch derjenige, welchem das dingliche Jagdrecht an sich zusteht, handelt ohne Berechtigung, wenn er zu einer Zeit jagt, wo die Befugniß auf einen Andern (z. B. pachtweise) übertragen ist, oder wo die Jagd für gemeinschaftliche Rechnung aller Betheiligten nur durch einen gehaltenen Jäger ausgeübt werden darf oder gemäß Gemeindebeschluß gänzlich ruhen soll: vgl. Pr. JPol.-Ges. v. 7. März 1850 §§ 3. 10. 17, RH. 10. Mai 81 (E. IV, 158: anders liege der n. 7 a. E. erwähnte Fall, da dort von der Beeinträchtigung eines fremden Jagdrechts keine Rede sei). In ersterer Beziehung genügt ein formell zu Recht bestehender Vertrag, sollten auch bei seinem Abschlüsse Regelwidrigkeiten vorgekommen sein, welche seine Wiederaufhebung rechtfertigen würden (OT. 5. April 54), sobald derselbe nur nicht absolut nichtig ist; vgl. (bez. gemeinschaftlicher Jagdbezirke): OT. 70, 76 (O. XI, 585; XVII, 590: Beispiele der absoluten Nichtigkeit; in solchen Fällen verschlage es Nichts, wenn die Jagdinteressenten thatsächlich vom Vertrage bisher nicht zurückgetreten seien). — Was vom Jagdvertrage gilt, gilt in Bayern auch von einer (nach dortiger Gesetzgebung zulässigen und rechtsgültigen) Privatübereinkunft, durch welche die Mitpächter den Communal-Jagdbezirk unter sich getheilt haben: Rl. 1. Mai 93 (E. XXIV, 122), Münch. (BE. III, 463); vgl. n. 4. — Der Jagdpächter, welcher auf einem von der Jagdverpachtung ausgeschlossenen Grundstücke, mit Kenntniß von dieser Ausschließung, jagt, macht sich strafbar, sollte auch der Eigenthümer des Grundstücks die ihm gesetzlich obliegende

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Thl. II. Abschn. XXV.

Strafbarer Eigennutz rc. — § 292.

äußere Kenntlichmachung (Pr. JPol.-Ges. § 6) unterlassen haben: OT. 70 (O. XI, 217). — Ueber die unbefugte Jagdausübuug durch den Gemeinschuldner nach Er­ öffnung des Konkursverfahrens vgl. Colmar (Ztschr. für EL. VIII, 134). 3. Schießt der Jäger aus dem einen Jagdrevier über die Grenze nach einem in einem andern Revier sich befindenden Wilde, so ist die Berechtigungsfrage mit Rücksicht auf dasjenige Revier zu lösen, in welchem sich das Wild befindet: OT. 67, 69, Münch (O. VIII, 665; X, 420; BE. VIII, 212; BE. V, 135). Es ist daher keine unberechtigte Ausübung der Jagd (sondern eventuell nur aus § 368 Nr. 10 strafbar), wenn sich Jemand in einem fremden Reviere aufstellt, um von dort aus das auf sein eigenes benachbartes Revier übertretende Wild zu erlegen: Rill. 10. Juni 82 (E. VI, 375), OA., Münch. (O. XIII, 43; BE. III, 207), oder wenn er, um ein auf seinem Revier stehendes Wild zu erlegen, dasselbe anschleicht und hierbei fremdes Jagdgebiet passirt: OT. (O. XVI, 640), oder von seinem Jagdgebiete aus das Wild zum Uebertritte in dasselbe (z. B. durch Futterlegen, Locktöne u. s. w.: 911V. 4. Mai 99; E. i. Civ.-S. 44, 195) anlockt: Rl. 13. März 90 (E. XX, 341). Das Gegentheil gilt, wenn der Jäger sich das Wild aus frembein Revier (durch Treiber oder durch den Hund) zutreiben läßt, um dasselbe beim Uebertreten auf sein Revier zu erlegen, gleichviel, ob er in diesem oder in fremdem Revier auf Anstand steht; so: 9111. 1. Juni 86, 12. Okt. 88, Rl. 28. Nov. 89 (R. VIII, 420; X, 565; E. XX, 98); vgl. Stuttg., Münch (WGbl. XIV, 111; BE. VIII, 313; BE. VIII, 85), Rotering, GA. 32 s. 358. 4. Die Berechtigung zur Jagd ist nach den Landesgesetzen (vgl. Art. 69 EG. z. BGB.) zu beurtheilen; vgl. für Preußen Pr. Ges. v. 31. Okt. 1848 §§ 1—3, über ihre Ausübung das Jagdpol.-Ges. v. 7. März 1850; speziell für die Provinz Hannover die Hann. Gess. v. 29. Juli 1850 u. 11. März 1859, OT. (O. XIX, 149). In Schleswig ist die Jagd am Meeresstrande frei: OA. (O. XIII, 440). — Auf Wegen (insbesondere Eisenbahnschienenwegen), welche ein fremdes Jagdrevier durch­ schneiden, ist der in diesem Revier zur Jagd Berechtigte nach der Pr. Gesetzgebung die Jagd auszuüben nicht berechtigt: OT. (O. XVIII, 738). Bez. der Kirchhöfe vgl. Bresl. (GA. 38 s. 363). Wer auf seinem dauernd und vollständig eingefriedeten Grundstücke, bevor diese Eigenschaft durch landräthliche Entscheidung festgestellt ist (cit. Ges. v. 7. März 1850 § 2 b), jagt, macht sich nach RI. 14. März 88 (E. XVII, 363), OT. (O. XIII, 71) aus § 292 strafbar; vgl. jedoch Olsh. n. 9. — Ueber die einschlägige Bayer. Gesetzgebung vgl. RI. 15. März, 26. Nov. 88, 1. Mai 93 (E. XVII, 239; XVIII, 265; XXIV, 122: betr. die Auslegung des Jagdausübungs-G. v. 30. März 1850 Art. 2 Abs. 1), über die Hessische (fpez. über die Tragweite des G. v. 26. Juli 1848 Art. 6. 10): Rl. 13. März 90, 10. Dez. 91 (E. XX, 341; XXII, 250). 5. In Preußen ist die Jagd folge durch das Ges. v. 31. Okt. 1848 aufgehoben und durch das JPol.-Ges. v. 7. März 1850 nicht wieder hergestellt worden; dasselbe nahm OA. (O. XII, 465) für die neuen Provinzen an. Wer ein angeschossenes Wild aus seinem Revier in ein anderes verfolgt, ist Jagdfrevler: OT. 67 (O. IX, 399); vgl. n. 9; desgl. derjenige, welcher dasselbe von seinem Hunde aus dem fremden Reviere holen läßt: Rl. 22. Nov. 88 (E. 18, 266). — Der § 292 findet aber keine Anwendung, wenn die Okkupation auf eigenem Revier bereits vollendet ist und das Wild nun durch Zufall auf fremdes Revier gelangt. Ueber die Grundsätze des franz. Rechts in Betreff der Jagdfolge vgl. Rl. 7. Jan. 84 (E. IX, 412) und im Uebr. unten n. 9. 5a. Eine vom eigentlich Berechtigten nur bedingungsweise ertheilte Erlaubniß schließt den § dann nicht aus, wenn der die Jagd Ausübende die der Erlaubniß beigefügte Bedingung nicht erfüllt; vgl. Rl. 19. Jan. 84 (E. IX, 431: i. c. hatte ein Jagdaufseher, welcher ermächtigt war, im Jagdbezirke seines Dienstherrn für diesen zu jagen, für sich gejagt, das erlegte Wild für sich veräußert; anders liege regelmäßig der Fall, wo die Modalitäten, unter welchen die Erlaubniß eckheilt worden, von dem zur Jagdausübung Zugelassenen nicht eingehalten würden) und § 293 n. 5 a. E., § 296 n. 4. — Wer nur die Erlaubniß zum Jagen auf bestimmtes Wild hat, macht sich strafbar, wenn er auf anderes Wild Jagd macht. 6. Der Strafrichter hat den Einwand der Berechtigung zur Jagd selbst zu prüfen. — Hinsichtlich der Zulässigkeit der Revision vgl. § 242 n. 7. 7. Der Jagdberechtigte (oder ein mit dessen Genehmigung handelnder Dritter) verwirkt nicht die Strafe der §§ 292ff., wenn er anderweitigen gesetzlichen

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Strafbarer Eigennutz rc. — § 292.

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Beschränkungen zuwiderhandelt oder polizeilichen Formvorschriften nicht genügt (in einem solchen Falle finden die beb. landesgesetzlichen Straf-Vorschriften Anwendung; vgl. n. 30), z. B. wenn er zu einer Zeit die Jagd ausübt, wo er die­ selbe ruhen zu lassen oder zu schonen verpflichtet war: RII. 26. Juni 83 (E. VIII, 402), OT. 65, OA. 71 (O. VI, 245; XII, 549), Berl. (GA. 37 s. 370). 8. Nach dem unter n. 1 aufgestellten Begriffe des Jagdrechts umfassen die Ausdrücke „Jagen", „die Jagd ausüben" alle Handlungen, durch welche Jemand Wild okkupirt oder auch nur dasselbe aufsucht, verfolgt oder ihm nachstellt, um es (selbst) zu erlegen, eiuzufangen oder sonst in Besitz zu nehmen: RII. 17. März 85 R. VII, 184: jede nicht bloß vorbereitende Handlung, welche auf Erlangung von Wild gerichtet sei, z. B. das Durchstreifen der Forste mit schußfertigem Gewehr), OT. (O. XIV, 534), Cassel, Bresl. (GA. 38 s. 362ff.: beb. die Jagdausübung durch Hunde), ohne daß durch die beb. Handlung die Erlegung bzw. Ergreifung des Wildes unmittelbar ermöglicht zu sein braucht: RI. 9. Okt. 84, 24. Okt. 89 (E. XI. 249; XX, 4). Sonach bedarf es zur Vollendung des Vergehens nicht der Besitzergreifung des Thieres: OT. 64, 69 (O. IV, 361; X, 766); noch des Gebrauchs eines Jagdgeräths oder einer Jagdvorrichtung: der Okkupation braucht kein Nachstellen vorhergegangen zu sein: Münch. (StZ. III, 29). Demgemäß genügt ein Stehen aus Anstand: RlV. 29. Jan. 86 (R. VIII, 102), OT. (O. XIV, 520), selbst, wenn das Gewehr noch nicht schußfertig gestellt (geladen) ist; so: cit. RI. 24. Okt. 89; vgl. jedoch Rill. 15. Jan. 85 (E. XI, 421). Andererseits setzt sich aber das Vergehen durch die (sofortige) Aneignung und Fortschaffung des erlegten Wildes fort, weshalb derjenige, welcher zu letzterer Hülfe leistet, wegen Theilnahme (§ 49) und nicht wegen bloßer Begünstigung (§ 257) zu bestrafen ist; so: RII. 13. April 80 (R. I, 589). — Ob der Handelnde beabsichtigt, den Besitz für sich selbst oder für einen Andern auszuüben, das Wild sich selbst oder einem Andern, z. B. dem Jagdberechtigten, zueignen will, ist gleichgültig: RI. 16. Juni 81 (E. IV, 261), Münch., Cassel (BE. IV, 459; GA. 39 s. 351). Ja, die Absicht braucht überhaupt nicht auf (endgültige) Zueignung gerichtet zu sein; das Verfolgen (Hetzen) des Wildes genügt, selbst wenn die Absicht nur dahin ging, sich desselben vorübergehend zu bemächtigen und es dann wieder in Freiheit zu setzen (Parforcejagd): OT. 20. Juni 55, RlV. 20. Nov 94 (E. XXVI, 216: sollte es sich dabei auch lediglich um Ausübung eines Reitsports gehandelt haben). — Aus dem Besitze eines tauglichen Jagdgeräths (z. B. eines auseinandergenommenen, zllm Schusse rasch fertig zu stellenden Gewehrs) kann auf ein stattgehabtes Nachstellen geschlossen werden: OT. (O. XIII, 672). 9. Auch die unberechtigte Aneignung von Fallwild (im weiteren Sinne) fällt unter den §: RI. 13. Jan. 81 (E. III, 226), RII. 26. Sept. 82, 16. Febr. 83 (R. IV, 713; V, 126: einschließlich der werthlos gewordenen, insbesondere zur menschliehen Nahrung nicht mehr tauglichen, so lange noch keine den Begriff eines jagdbaren Thiers aufhebende Zerstörung eingetreten sei), R. 14. März 95 (GA. 43, 48), Will. 19. Nov. 85 (E. XIII, 84: beb. den integrirenden Theil eines aus natürlicher Ursache eingegangenen Wildes, nämlich ein Hirschgeweih), OT. (O. XIX, 543), Dresd., Stuttg., Münch. (StZ. I, 138; V, 153; BE. VIII, 26; BE. V, 343), Merkel, HH. III, 840, und zwar selbst, wenn der Angeklagte dasselbe auf seinem eigenen Reviere angeschossen hatte (vgl. n. 5): OT. (O. XIX, 309); das gilt auch im Gebiete des Gemeinen und rhein-preuß. Rechts, sowie in der Rheinpfalz: RI. 22. Nov. 88 (E. XVIII, 226), OT. 57 (RA. 52. II, 76), OA. 69 (O. X, 375). A. M.: GM. II, 623; IV, 3, TL. s. 1030 Nr. 3, Oldenb. (StZ. I, 206). — Entscheidend ist stets die örtliche Lage des Fallwildes zur Zeit der Okkupationshandlung. — Dagegen bleibt der § ausgeschlossen, wenn Jemand Fallwild ergreift, um es an den Jagdberechtigten abzuliefern; so: OT. 68 (O. IX, 386); vgl. jedoch n. 8, oder wenn die unbefugte Aneignung von Fallwild durch (ältere) landesgesetzliche. Vorschriften besonders verpönt ist: EG. § 2 n. 7; a. M.: Rill. 4. Febr. 89 (E. XIX, 49). 10. Nur derjenige ist Jagdfrevler, welcher eine der unter n. 8 aufgezählten Handlungen vornimmt, um selbst das Wild in Besitz zu nehmen rc. Der Treiber ist nur Gehülfe des Jägers. Vgl. jedoch Will. 25. April 88 (R. X, 331). 11. Don dem Augenblicke an, wo ein Anderer (berechtigter oder unberechtigter Weise) sich des Thiers bemächtigt, dasselbe okkupirt hat, kann von einem (neuen, Oppenhoff, D. Strafgesetzbuch. 14. Au fl. 50

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Thl. II. Abschn. XXV. Strafbarer Eigennutz rc. — § 292.

selbständigen) Jagdfrevel als dem Eingriffe in die fremde Okkupationsberechtigung nickt mehr die Rede sein: OT. 13. Mai 70 (O. XI, 306). Vgl. § 242 n. 12. Demgemäß macht sich der Jagdfrevler durch späteres Fortschaffen des erlegten Wildes aus dem Jagdreviere keines zweiten Jagdfrevels schuldig. Schafft ein Dritter im Einverständniß mit dem Frevler das Wild fort, so ist er dessen Gehülfe oder Begünstiger (n. 8); nimmt er die Handlung für sich vor, so kann Diebstahl oder Hehlerei vorliegen. — Erlangt dagegen ein lebendig ergriffenes Wild die Freiheit wieder, so wird es dadurch wieder herrenlos und kann Gegenstand einer neuen Okkupation, also auch eines Jagdfrevels sein. — Wer okkupirtes, vom Inhaber verlornes todtes Wild findet und bei Seite schafft begeht nach Umständen eine (Fund-)Unterschlagung. Dgl. im übrigen § 242 n, 9—12. 12. Zweifel kann der Fall erregen, wo jemand von einem Andern (Berech­ tigten oder Unberechtigten) in Besitz genommenes Wild, in der Unkenntniß von jener Besitznahme und in der Absicht der unbefugten Ausübung der Jagd sich zueignet; auch in einem solchen Falle wandte OT. 60 (RA. 55. II, 65) den § 274 Pr. StGB, an; a. M.: Rotering, GA. 32 s. 349. 13. Das Ausnehmen (aus dem Lager) oder das Aufgreifen der Jungen von jagdbaren vierfüßigen wilden Thieren stellt ein „Jagen" dar, — es sei denn, daß dasselbe nicht zu einem der in n. 1. 8 aufgezählten Zwecke, sondern z. B. nur, um das Junge vor dem Verenden zu bewahren, geschähe; so: Münch. (BE. I, 228). Der § 368 Nr. 11, welcher das Ausnehmen der Jungen von „jagdbarem Federwild" als Übertretung bestraft, ist eine nicht auszudehnende Ausnahme: OT. 2. Jan. 52 . III, 351; V, 52); a. M.: Bruck s. 49; vgl. auch Merkel, HH. IV, 461 ff. Doch genügt schon dolus eventualis; vgl. eit. Rill. 3. März 84, OT. 54 (GA. II, 835); auch schützt nach Münch. (BE. III, 609) nicht der Glaube des Handelnden, die nachträgliche Genehmigung des Jagdberechtigten zu erlangen.— Der ausdrücklichen Feststellung jenes Dolus.bedarf es nur im Bestreitungsfalle: a. M.: Stuttg. (StZ. II, 298: die Feststellung sei dann unerläßlich, wenn der Angeklagte anderswo jagdberechtigt war). 15. Eine über diesen (n. 14) Dolns hinausgehende (z. B. eine eigennützige oder gewinnsüchtige) Absicht wird nicht erheischt: OT. 68 (O. IX, 346): vgl. Abschn. 25 n. 1. Demgemäß trifft die Strafe auch den Grundbesitzer, welcher ledig, lich zur Abwehr des Wildschadens von seinen Feldern das Wild jagt und erlegt oder ihm sonstwie nachstellt: RI. 23. Sept. 86 (E. XIV, 419), OT. 56 (GA. IV, 267); vgl. Pr. JPol.-Ges. §§ 21. 22. 24 und RIV, 2. Juni 91 (E. XXII, 115: letzteres Erk. auch über das Verhältniß des § 31t § 149. I, 9 Pr. ALR). Das Gegentheil gilt vom bloßen. Schießen zur Verscheuchung des übertretenen Wildes, -sollte letzteres dabei auch (wider den Willen des Schießenden) getroffen worden sein: Meckl. OG. (GSaal 26 s. 550); vgl. n. 8. 16. Jagt Jemand unberechtigt und zugleich ohne Lösung eines Jagdscheins

materiellen Richtigkeit der Urkunde zu sorgen: RH. 23. Jan. 80, 25. Nov. 82, RIV. 23. Sept. 84 (E. I, 162; VII, 252; XI, 85); vgl. n. 14. 15. 14. „Amtlich anvertraut" ist eine Urkunde, sobald sie amtlich in den Gewahrsam des Beamten gelangt ist; daß dieses in Folge eines besonderen in ihn ge­ feiten Vertrauens geschehen sei, wird nicht erfordert; vgl. § 133, § 300 n. 4, HStR. 11, 1061; a. M.: RIV. 11. Dez. 96 (E. 29, 238), MV. 23. Sept. 84 (E. XI, 85: verlangt ein Einräumen der thatsächlichen Verfügungsgewalt in dem Vertrauen, daß letztere nur im Sinne des Einräumenden werde gebraucht werden; „anvertrauen" sei nicht gleichbedeutend mit „übergeben"). Auch die von dem Beamten selbst aufgenommenen und in seinem Gewahrsam verbliebenen Urkunden (z. B. die im Besitz eines Notars gebliebenen Urschriften, die im Gewahrsam eines Gerichtsbeamten befindlichen Originalurtheile rc.), sind ihm „amtlich anvertraut"; vgl. n. 13. 15, RIl. 25. Nov. 62, 6. April 86 (E. VII, 252; R. VIII, 261); a. M.: Münch. (BE. II, 245; IV, 470: erblickten in dem Verfälschen einer Notariatsurkunde, welche der Notar selbst durch nachträgliche Aenderungen bzw. Einschaltungen vorgenommen hatte, einen Fall des Abs. 1). 15. Eine Urkunde ist dem Beamten „amtlich zugänglich", sobald ihm seine amtliche Stellung oder seine amtliche Thätigkeit die rechtliche Möglichkeit gewährt, zur Urkunde zu gelangen; ebenso: RH. III. 19. Dez. 87 (E. XVII, 103). Daß es auch innerhalb seiner rechtmäßigen, der Geschäftsordnung ensprechenden Befugnisse gelegen hat, sich zur fraglichen Zeit mit dem Schriftstück amtlich zu befassen, ist nicht erforderlich. Gleichgültig ist es auch, ob die Urkunde offen war oder sich in einem verschlossenen Umschlag befand, den der Beamte erst öffnen mußte: RIV. 11. Juli 99 (E. 32, 265). Der Umstand, daß die Urkunde Eigenthum des Beamten ist, schließt an sich den Begriff der amtlichen Zugänglichkeit nicht aus; so: MI. 19. Sept. 93 (GA. 41, 276: betr. einen an Erledignng des Auftrags unter Androhung einer Beschwerde erinnernden Brief, welchen der angeklagte Gerichtsvollzieher vor Ablauf der vorgeschriebenen Frist zerstört hatte); vgl. n. 13.14. 15a. „Anvertraut" und „zugänglich" schließen sich nicht nothwendig aus; Beides kann zusammentreffen: RIV. 2. Juli 89 (GA. 37, 296: nahm auf Grund der Pr. Gerichtsvollz.-O. und Geschäfts-Anweisung einen solchen Fall bei einem Posteinlieferungsscheine an, welchen der angeklagte Gerichtsvollzieher bez. einer von ihm beigetriebenen, an den Auftraggeber abgesandten Geldsumme erhalten hatte), OT.

Thl. II. Abschn. XXVIII. Verbrechen u. Vergehen im Amte. - § 348.

885

(O. XVi, 667). Weder das Eine noch das Andere trifft bei Urkunden zu, welche in einem verschlossenen Umschlage als Postsendung von einem Postbeamten zu dienstlicher Behandlung übernommen werden: RI. 15. März 83 (E. VIII, 196). — Ver­ nichtung rc. einer „amtlich anvertrauten Urkunde" und Vernichtung rc. einer „amtlich zugänglichen Urkunde" sind im Sinne des § 264 StPO, zwei verschiedene Thatbestandsmerkmale: RH. 24. März 93 (E. 24, 89). Alternative Feststellung ist gestattet; Olsh. n. 14 u. Berlin 75 (O. XVI, 667). 16. In Betreff des vorsätzlichen „Bei-Seite-Schaffens" vgl. § 133 (n. 8). Demgemäß ist ein Beiseiteschaffen nicht schon die lediglich zum Zwecke eines äugenblicklichen unbefugten Gebrauchs bewirkte Wegnahme; ebenso: RIV. 29. April 92 (E. XXIII, 99); es wird vielmehr eine solche Verfügung über die Urkunde erfordert, welche gegen die durch die amtliche Verwahrung gewährte Sicherheit für die ErHaltung der Integrität und Gebrauchsfühigkeit der Urkunde gerichtet und diese aufzuheben oder doch zu beeinträchtigen bestimmt ist; dieser Erfolg muß die Gewahrsarnsentziehung nicht bloß begleiten, sondern durch sie bezweckt und beabsichtigt sein; so: cit. RlV. 29. April 92; vgl. n. 17; doch ist es auch hier gleichgültig, ob die Gebrauchsvereitelung und Beseitigung eine dauernde oder nur vorübergehende war: cit. RlV. 29. April 92, Rl. 8. Nov. 80, Rll. 4. Dez. 91 (E. II, 425; XXII, 242). Es braucht ferner, damit ein Verstecken ein „Beiseiteschaffen" darstelle, die Urkunde nicht aus dem Amtslokale, in welchem sie aufbewahrt wird, entfernt zu sein: Dresd., OT. (StZ. VI, 219; O. XVIII, 725). Dagegen genügt ein bloßes Verheimlichen, ein bloßes Verleugnen des Besitzes nicht, sollte der Beamte die Urkunde auch von gleichzeitig eingelaufenen Aktenstücken gesondert und ordnungswidrig behandelt, z. B. einstweilen nicht gebucht haben, sofern letztere sich nur am dienstlich statthaften Aufbewahrungsorte befand: RI. 28. Febr. 64 (E. X, 189), z. B. wenn ein Gerichtsschreiber amtliche Schriftstücke pflichtwidrig dem mit Bearbeitung der betr. Sachen betrauten Richter nicht vorlegt, sie gleichwohl aber zu den zugehörigen, ordnungsmäßig aufbewahrten Akten bringt: RlV. 16. Febr. 94 (E. XXV, 127). Desgleichen liegt kein Beiseiteschaffen einer Urkunde vor, wenn nur einzelne, für sich allein jeder Beweiskraft entbehrende Theile einer solchen, z. B. eines Protokolls, entfernt werden; hier kann nur von einer „Beschädigung die Rede sein: RIV. 18. Sept. 94 (E. XXVI, 72). „Beschädigen" ist ein Thun, durch welches die Beweiskraft der Urkunde beeinträchtigt oder zerstört wird: cit. RIV. 18. Sept. 94, R. 10. Mai 82 (R. IV, 470: Herausscheiden eines Theils gerichtlicher Akten, z. B. Protokoll). § 274 Nr. 1 nennt neben dem „Vernichten" und „Beschädigen" statt des „Beiseiteschaffenö" das „Unterdrücken". Vgl. jedoch dort n. 9. 10 und rücksichtlich des „Verfälschens" § 267 u. 9ff. Ein Verfälschen ist nicht die unter Verletzung einer Ordnungsvorschrift erfolgte Berichtigung einer vom Berichtigenden selbst gemachten Eintragung, falls diese Berichtigung zu einer Zeit stattfand, wo jener zu einer Abänderung an sich noch befugt war: RIV. 4. Okt. 92 (E. XXIII, 236). — Bei diesen Handlungen wird die Widerrechtlichkeit als selbstverständlich vorausgesetzt. Dagegen ist es gleichgültig, ob der Thäter dabei einen weitergehenden für sich selbst rechtswidrigen Zweck verfolgte und von welchen Motiven er überhaupt geleitet wurde; vgl. n. 17, Rill. 10. Mai 82 (R. IV, 470): desgleichen, ob durch die Handlungen Jemandem ein Nachtheil zugefügt ist: RI. 8. Nov. 80. 17. Als Dolus erheischt der § im Abs. 1 die „Vorsätzlichkeit" der Handlung, d. h. den Willen, sie zu begehen, verbunden mit dem Bewußtsein, daß das Beurkundete sich nicht zugetragen habe und rechtlich erheblich sei: RI. 17. Jan, 9. Juni 81, RII. 20. . XIX, 89: ob ein bestimmter Wasserzusatz, z. B. 5 Proz., schon die Milch ver­ fälsche, sei eine thatsächliche Frage), und (unter Umständen) die Beimischung von Mehl zu Wurstwaaren: cit. RI. 23. Sept. 86. Daß der beigemischte Stoff gerade ein fremdartiger sei, wird nach Rl. 1. Okt. 85 (E. XII, 400) nicht nothwendig er­ fordert; (das Erk. erblickte daher in der Beimischung von s. g. Neigenbier zu anderem Bier eine Verfälschung im Sinne des Nahrungsm.-G.); ebensowenig, daß die BeiMischung zum Schaden der Gesundheit gereiche: KB. II, 179. — Das Nachmachen ist in Nr. 7 nicht, wie im § 10 des cit. RG., mit dem Verfälschen auf gleiche Linie gestellt. Doch liegt letzteres, d. h ein Verfälschen, bei solchen Gegenständen, welche, um genießbar zu sein, erst einer Zubereitung oder Fabrikation bedürfen, auch dann vor, wenn bei jener Zubereitung andere Substanzen verwendet werden, als zur bestimmungsmäßigen Herstellung erforderlich ist; in dieser letzteren Beziehnng entscheidet nicht der der Sache beigelegte Name, sondern der allgemeine und bekannte Gebrauch (vgl. RH. 30. Okt. 79, R. 1, 26; Berl., Johow VII, 232); demgemäß ist die Benutzung von Zucker, Spiritus und Färbstoffen bei der Weinfabrikation (Chaptalisiren, Gallistren) noch keine „Verfälschung", insofern nicht schäd­ liche Substanzen beigemischt werden; vgl. Sten. Ber. s. 766; a. M. (bez. der BeiMischung von Wasser und Spiritus): Münch. (BE. VII, 53); vgl. SRI. 18. Dez. 82, 30. März 85, Münch. (E. VII, 314; R. VII, 203;. BE. VII, 105: erachteten es als „Verfälschung" des Biers, wenn ihm aus gebranntem Zucker bestehende sog. Biercouleur ausdrücklichen Gesetzesvoiffchriften zuwider beigemischt werde). Dasselbe gilt, wenn bei Bereitung der Ziegenmolke Kuhmilch zugesetzt wird, sofern dies zur schmackhaften Herstellung dienlich erscheint und daher herkömmlich, auch von den Aufsichtsbeamten gestattet ist: Münch, (cit. n. 42 a). 44. Ein zum Verzehren bestimmter Gegenstand ist „verdorben", sobald er sich in einem schlechten (zum Genusse nicht geeigneten) Zustand befindet, sollte er auch früher nie besser gewesen sein; das ergiebt das beispielsweise aufgeführte trichinenhaltige Fleisch. Aus eben diesem Beispiele folgern Rill. 5. Okt. 81 (E. V, 290) u. IV. 5. Febr. 95 (E. 26, 419), daß jener Ausdruck nicht auf die Fälle einer inneren Zersetzung und der völligen Ungenießbarkeit zu beschränken sei, SR1I. 9. Mai 82 (E. VI, 268), daß von dem Bereiche der Nr. 7 selbst solche Fälle nicht ausgeschlossen würden, wo die Mängel, welche den Gegenstand als verdorben erscheinen lassen, sich durch die (dem dereinstigen Genusse nothwendig vorhergehende) Zu­ bereitung oder eine anderweite Behandlung beseitigen lassen, im Augenblicke des Genusses daher regelmäßig nicht mehr bestehen. RIV. 27. Mai 87 (R. IX, 355) hält den Begriff „verdorben" sogar schon für erfüllt, wenn der ursprüngliche oder normale Zustand zum Schlechteren verändert und dadurch eine verminderte Tauglich­ keit sowie Verwerthbarkeit des Nahrungsmittels herbeigeführt sei; demgemäß könne Fleisch, in welches mit dem Munde Luft eingeblasen worden, als verdorben Ange­ sehen werden; vgl. übr. Jnn.-MVf. v. 13. Febr. 1885 (DMbl. s. 54: betr. den Erlaß desfallsiger Verbote durch eine Pol.-Vdn.) — Das blos todte Trichinen enthaltene Fleisch ist nicht „trichinenhaltig": SRI. 23. März 82 (A. V, 321); vgl. übr. n. 44 a. 44a. Wenngleich die Gesundheitsgefährlichkeit (-Schädlichkeit) des betr. Gegenstandes kein Thatbestandsmerkmal der in Nr. 7 vorgesehenen Uebertretung bildet (n. 43. 44), so schloß ihr Vorhandensein dennoch die Anwendbarkeit der Nr. 7 nicht aus. Gegenwärtig kommen jedoch in letzterem Falle an Stelle der Nr. 7 regelmäßig die §§ 12 ff. Nahrungsm.-G. (n. 42) zur Anwendung. Dies gilt nament­ lich von dem in Nr. 7 besonders aufgeführten Verkaufen rc. trichinenhaltigen Fleisches; vgl. § 324 n. 7, § 326 n. 3, Rill. 5. Okt. 81, cit. n. 44. (Rücksichtlich des Erlasses von Polizei-Verordnungen, betr. die mikroskopische Untersuchung des Schweinfleisches, vgl. Pr. Jnn.-MVff. vom 20. April 1866, 4. Jan. und 27. Febr. 1875, VMbl. 66 s. 77; 75 s. 49. 97.) 45. In subjektiver Hinsicht gilt das oben n. 36 Gesagte; die Strafbarkeit ist sonach durch die Kenntniß von dem betr. Zustande der erwähnten Gegenstände oder doch durch eine auf Fahrlässigkeit beruhende Unkenntniß bedingt (§59 Abs. 2): RIV. 20. Mai 90 (GA. 38 s. 191), OT. (O. XV, 30; XVI, 797), Münch., Darmst., Dresd., Jena (StZ. III, 237; BE. VII, 53; HE. 1874 s. 81; SGZ. 21 s. 249; Voll. 26 s. 154), Rüd. n. 8, v. Krävel, GSaal 26 s. 460. Hierbei ist zu beachten, daß wer Lebensmittel feil hält, im Allgemeinen verpflichtet ist, sich über deren BeOppenhoff, D. Strafgesetzbuch. 14. Nufl.

62

978

THI.Il.

Abschn. XXIX.

Uebertretungen. — 367 Nr. 8.

8) wer ohne polizeiliche Erlaubniß an bewohnten oder von Menschen besuchten Orten Selbstgeschosse, Schlageisen oder Fußangeln legt, oder an solchen Orten mit Feuer­ gewehr oder anderem Schießwerkzeuge schießt, oder Feuer­ werkskörper abbrennt; [I. Gntro.: § 353 Nr. 7; II. Entw.: § 363 Nr. 8; - Nov. Art. I. - Pr. StGB.: § 345 Nr. 6.] schaffenheit thunlich zu unterrichten und unterrichtet zu halten; die Verabsäumung dieser Pflicht, namentlich aber das Unbeachtetlassen einschlagender polizeilicher An­ ordnungen ic. charakteristrt daher die Unkenntniß als eine auf Fahrlässigkeit be­ ruhende; so: die Mot. z. Nahrungsm.-Ges. s. 23, welche jedoch nicht dahin zu ver» stehen sind, als liege in der Nichtbeachtung einer solchen Vdn. kraft Rechtssatzes eine Fahrlässigkeit, sondern dahin, daß darin regelmäßig ein genügender Beweis, gründ für die Fahrlässigkeit zu finden sein werde: RHI. 15. Febr. 82 (E. VI, 41). — Bez. der Fälle, wo durch den Genuß eine Krankheit oder gar der Tod ver­ ursacht ist, vgl. § 222 n. 17, § 230 n. 7 u. eit. Will. 15. Febr. 82, RH. 5. Mai 85 (R. VII, 276). 45 a. Die Nr. 7 bleibt nach OT. (O. XIX, 89) anwendbar, wenngleich der Käufer die Verfälschung, nach OT. (O. XVII, 487), wenngleich er den verdorbenen Zustand gekannt hat; vgl. Rill. 13. Nov. 80, RI. 17. Jan. 81 bis (E, III, 234. 269. 273: betrafen Fälle des Nahrungsm.-G.'s § 10); a. M.: (mindestens bezüglich der verfälschten Waaren); RI. 5. Dez. 83 (A. IX, 18). Hierbei ist jedoch zu be­ merken, daß dem Verkaufe ein Feilhalten nicht nothwendig vorherzugehen braucht: n. 46. 47. — Das „Verkaufen" umfaßt auch den Verkauf an Zwischenhändler: RIV. 5. Juni 85 (R. VII, 358: betraf die Anwendung des eit. RG.). 46. Eine Sache ist „feilgehalten", sobald sie dem Publikum zum Ankauf zugänglich gemacht ist. Geschieht das Feilhalten ohne eine „zur Täuschung geeig­ nete Bezeichnung" (n. 42) der Waare, so bewahrt, von den unter n. 44 a erwähnten Fällen abgesehen, die Nr. 7 ihre volle Geltung, der Thäter mag wissentlich oder blos fahrlässig handeln: RII. 9. Mai 82 (E. VI, 268); vgl. 911II. 11. Febr. 82 (ib. s. 34). Ein Feilhalten unter einer solchen Bezeichnung liegt nicht schon dann vor, wenn das Feilhalten an einem (öffentlichen) Orte geschieht, von welchem das Publikum anzunehmen berechtigt ist, daß dort nur unverdorbene Waaren feilgehalten werden: Rill. 18. Juni 85 (E. XII, 301); vgl. auch eit Rill. 11. Febr. 82. 47. Die Strafbarkeit ist nicht durch die Gewerbsmäßigkeit des Feilhaltens oder Verkaufs bedingt: OT. 57 (RA. 52. II. 92). 47 a. Die Nr. 7 schließt (gleich den bezüglichen §§ des Nahrungsm.-G. Mot. zu dems. s. 18) beim Zutreffen der Voraussetzungen des § 263 dessen Anwendung nicht aus (§73): Manh. (BA. 42 s. 342). — Ist die Verfälschung an sich mit besonderer Strafe bedroht, so soll nach Münch. (BE. VII, 105), wenn der Derfälscher selbst das verfälschte Getränk rc. verkaufte, Realkonkurrenz vorliegen; vgl. jedoch § 73 n. 2. Dasselbe dürfte mindestens bei Handhabung der Strafbestimmung des § 10 Nr. 1. 2 des eit. RG^s.'s nicht Platz greifen: ebenso (theilweise): Rill. 11. Dez. 84 (E. XI, 355); a. M.: RI. 13. März 84, 8. Dez. 87 (E. X, 198; R. IX, 710). 47. b. In Betreff des Feilhaltens re. von Nahrungsmitteln, welche unter Verwendung giftiger Farben hergestellt sind, vgl. RGes. vom 5. Juli 1887 (RGbl. s. 277) und Vdn. v. 5. März 1883 (ib. f. 3). Dgl. auch die zu § 324 eit. Gesetze. 48. Hinsichtlich Einziehung der re. Gegenstände vgl. Abs. 2, und, anlangend die dem Nahrungsm..Ges. zu unterziehenden Fälle, den § 15 ib. Im Falle einer Jdealkonkurrenz mit Betrug (n. 47 a) findet die Einziehung nicht statt (§ 73): RI. 24. Jan. 95 (E. XXVI, 406).

Zu Nr. 8. 49. Ueber die Form der polizeil. Erlaubniß entscheidet das Landesrecht. Ob ste zu Recht ertheilt ist, hat der Strafrichter nicht zu entscheiden. — Unter den „von Menschen besuchten Orten" sind nicht blos öffentliche Orte zu verstehen,

Thl. II. Abschn. XXIX.

Uebertretungen. — § 367 Nr. 9.

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9) wer einem gesetzlichen Verbot zuwider Stoß-, Hieb- oder Schußwaffen, welche in Stöcken oder in ähnlicher Weise verborgen sind, feilhält oder mit sich führt; [I. Gntro.: § 353 Nr. 8; II. Entw.: § 363 Nr. 9; Pr. StGB. § 345 Nr. 7.] sondern auch solche Privat-Räumlichkeiten (einschließlich der eigenen Räumlichkeit des Handelnden), welche von Menschen besucht zu werden pflegen RH. 26. Okt. 00 (GA. 47 ,440); vgl. § 366 n. 22; selbst wenn dies nicht gestattet ist: RHI. 11. Okt. 83 (E. IX, 124), Münch. (BE. V], 262). Dagegen genügt es nicht, wenn die Lage einer (nicht öffentlichen) Oertlichkeit offen ist, so daß möglicherweise einmal ein Mensch hineinkommen kann: OT. 68 (O. IX, 255). Gleichgültig ist, ob der Ort thatsächlich von Menschen besucht ist oder nicht. 50. Bei Prüfung der Frage, ob der betr. Ort „bewohnt oder von Menschen besucht" sei, ist derselbe in der Ausdehnung aufzufassen, bis wohin sich die Wirkung der Selbstgeschosse rc. erstrecken kann; ebenso: Rill. 11. Okt. 83 (cit. n. 49: soweit, als die gefährliche Wirkung der Regel nach reiche); vgl. jedoch Braunschw. (GA. 43 s. 63: nicht blos die gefährliche, sondern auch die belästigende Wirkung komme in Betracht). Das Legen von Selbstgeschossen an Orten, wo Menschen nicht hinzutreten pflegen, ist strafbar, sofern die Möglichkeit der Entladung durch ele­ mentare Ursachen bzw. durch Thiere vorliegt. Olsh. n. c. 51. „Schießen" (vgl. § 368 Nr. 7) bezeichnet Scharf-Schießen; ebenso: Rotering s. 85, Dalcke, Jagdrecht s. 201; a. M.: Münch., Braunschw. (StZ. VII. 217; GA. 43 s. 63), Puch. n. 8, Schw. s. 956, Olsh. n. b. Ein Blasrohr als Spiel, zeug in der Hand eines Kindes ist kein „Schießwerkzeug": MI V. Civilsen. 21. Apr. 90 (GA. 38 f. 242). 51a. Die Worte „an solchen Orten" sind auf das „Abbrennen von Feuerwerkskörpern" mit zu beziehen. 52. Ist durch das ohne Erlaubniß gelegte Werkzeug ein Mensch verletzt worden, so kann der Jnstanzrichter eine vorsätzliche Körperverletzung annehmen, wenn auch nur ein eventueller Dolus auf eine solche gerichtet war: OT. 21. Juni 55. 53. Strafe tritt ein ohne Rücksicht auf eine konkrete Gefährlichkeit RII. 26. Okt. 00 (cit. n. 1). Fahrlässigkeit genügt. Eine zum Waffengebrauch befugte Person ist aber dann nicht strafbar, wenn das Schießen aus besonderen Gründen als nicht rechtswidrig sich darstellt: RH. 24. April 01 (GA. 48, 301); Dresd. (GA. 43, 62 Anm.; vgl. jedoch KG. (GA. 43, 62). In Betreff der Einziehung der Selbstgeschosse vgl. Abs. 2. 53 a. Dgl. §§ 7. 8 des Pr. Jagdscheing, v. 31. Juli 1895. 53b. Eine Pol.-Ddn., welche das Legen von Selbstgeschossen, Schlageisen oder Fußangeln in einem weiteren Umfange, als durch Nr. 8 geschieht, verpönt, ist unverbindlich: Rotering, GA. 30 s. 423, Sommerlad, GSaal 39 s. 386. Zu Nr. 9. 54. Dgl. Delius, Selbstverwaltung 1895 S. 801, 817. — Das hier erheischte „gesetzliche Verbot" kann auch von einer nach Landesgefetzen dazu zuständigen Behörde ausgehen; nur muß das Verbot ein allgemeines (kein individuelles) sein. Selbst ältere, d. h. vor Verkündigung des StGB, erlassene Verbote gehören hierher: OT., Berl. (O. XX, 110; GA. 35 s. 158: erblickten ein solches, noch wirksames Verbot für Preilßen im § 345 Nr. 7 Pr. StGB). — Rückstchtlich des Dolus vgl. n. 36. 55. In Betreff des „Feilhaltens" vgl. § 324 n. 9 und oben n. 46; ein einzelnes Verkaufen (vgl. Nr. 7) genügt nicht. 56. Eine Waffe ist „in ähnlicher Weise verborgen", wenn sie selbst in Folge einer bei ihr angebrachten Vorrichtung sich äußerlich als etwas Unverfängliches, Ungefährliches darstellt; das Tragen einer Waffe in der Tasche gehört nicht hierher. 57. Unter „Mit-sich-führen" ist das bloße Besitzen oder Beisichbaben einer Waffe, wenn solches ohne jede Gefährdung anderer Personen in offenkundiger Weise geschieht, nicht mit verstanden; vgl. SGZ. XIX, 186, Schw. s. 956, andererseits jedoch Olsh. n. b (der Inhalt des „Verbots" entscheide).

980

Thl. II. Abschn. XXIX.

Uebertretungen. — § 367 Nr. 10.

10) wer bei einer Schlägerei, in welche er nicht ohne sein Verschulden hineingezogen worden ist, oder bei einem Angriff sich einer Waffe, insbesondere eines Messers oder eines anderen gefährlichen Werkzeugs bedient; [I., II. Entw.: (fehlte); Nov. Art. I; Pr. StGB.: (fehlte)^

Vgl. §§ 223a. 227.

58. Auf die Anfertigung von Waffen rc. ist der § nicht auszudehnen. 58 a. Aeltere landesgesetzliche Bestimmungen, welche das heimliche Führen mörderischer Waffen verpönen, sind, soweit nicht die Voraussetzungen der Nr. 9 zutreffen, in Kraft geblieben; so: Dresd. (SGZ. 23 s. 253). Keiuesfalls entzieht die Nr. 9 der Landesgesetzgebung bzw. der Polizeiverordnungsgewalt das Recht, nach einer anderen Richtung hin Strafverbote zu erlaffen, welche die Befugniß des Waffentragens beschränken: vgl. Rl. 14. Nov. 89 (E. XX, 43), z. B. von dem Be» sitz eines Waffenscheines abhängig machen: Berl. (GA. 38 f. 85). — Vgl. Pr. Ges. v. 11. März 1850 (GS. s. 277), FFP.-Ges. § 20 und für Bayern Pol.-StGB. Art. 39, königl. Vdn. v. 21. Jan. 1872 u. 19. Nov. 1887. 59. In Betreff der Einziehung der Waffen rc. vgl. Abs. 2. Zu Nr. 10. 60. Die Bestimmung enthält eine Ersatzvorschrift für § 227. Es wird hier eine „Schlägerei" (ein „Angriff") und eine Betheiligung an derselben indem Sinne vorausgesetzt, wie in jenem § 227 näher bestimmt ist; vgl. dort die Be­ merkungen, namentlich n. 4—6, 9—12. Insbesondere wird auch hier erheischt, daß bei der Schlägerei sich mindestens drei Personen betheiligen: Wolfenb. (Br. Z. 26 s. 33), Antr. des GStAnw. z. OT. 22. Febr. 77; a. M.: RH. 10. Mai 01 (GA. 48, 305: „Schlägerei" sei ein in Thätlichkeiten ausgearteter Streit unter zwei Per­ sonen), OT. 22. Febr. 77 (O. XVIII, 159), und daß der Angeschuldigte physisch oder intellectuell dazu mitgewirkt habe, daß geschlagen werde: Rl. 17. Okt. 81 (E. V, 170), ferner daß der „Angriff" von Mehreren (mindestens von Zweien) ausge» gangen sei: Münch. (StZ. II, 364); a. M.: tHIV. 6. Okt. 85, »III. 19. Jan. 88 (E. XIII, 3; R. X, 46), OHG. (Entsch. dess. VIII, 121), Wolfenb. (eit.), 73 (StZ. III, 294), eit. Antr. d. GStAnw. Dagegen braucht durch die Schlägerei rc. nicht (wie in den Fällen des § 227) der Tod oder eine schwere Körperverletznng eines Menschen verursacht zu sein. 61. In Betreff des „Hineinziehens ohne Verschulden" vgl.§ 227 n. I5ss. 62. Die Begriffe „Waffe" und „gefährliches Werkzeug" sind hier in dem» selben Sinne aufzufassen, wie im § 223 a; vgl. dort n. 3 u. Mot. S. 59. 63. Ein „sich Bedienen" liegt in jeder Benutzung des betr. Gegenstandes zu solchen Handlungen, durch welche eine „Betheiligung" bei der Schlägerei rc. ins Werk geseüt wird; vgl. § 227 n. 9. Es bedarf sonach nicht des Nachweises, daß mit dem Gegenstände eine Thätlichkeit gegen einen Andern verübt sei; ebenso: OT. (O. XVII, 733). Wo letzteres zutrifft, liegt in Jdealkonkurrenz auch eine Körper» Verletzung vor. Daß der Angegriffene sich eines Messers bedient habe, wird nicht erfordert: RIV. 27. Juni 90 (GA. 38 s. 331). Das bloße Zücken eines Messers ohne die (erweisliche) Absicht eines Angriffs ist nicht aus Nr. 10 strafbar; so: Münch. (BE. V, 188); desgleichen nicht ein Schuß in die Luft: RII. 21. Sept. 88 (R. X, 505). 64. Die Strafverfolgung ist hier nicht (wie im Falle des § 232) durch einen Antrag des Verletzten bedingt; sie ist statthaft, selbst wenn die bei der Schlä­ gerei zugefügte leichte Körperverletzung Mangels eines Antrags unverfolgt bleiben muß: OT. (O. XIII, 339), Münch. (StZ. III, 247). Ebenso findet hier § 233 keine Anwendung: Wolfenb. (Br. Z. 26 s. 46). 65. Den wegen „Betheiligung" an der Schlägerei (aus § 227) Bestraften kann nicht außerdem noch die Strafe des § 367 Nr. 10 treffen. — Jdealkonkurrenz zwischen § 36710 und 223a ist ausgeschloffen. R. 19. Febr. 00 (GA. 47, 162). 65 a. Da das StGB, das Sonderdelikt der Schlägerei im Sinne der Nr. 10 und des § 227 als einheitlichen Akt auffaßt, so kann der als Zeuge geladene Verletzte unter Umständen als theilnahmeverdächtig im Sinne des § 56 der StPO, erscheinen: RII. 15. April 87, 10. Febr. 88 (R. IX, 234; X, 126).

Thl. II. Abschn. XXIX.

Uebertretuugen. — § 367 Nr, 11.12.

981

11) wer ohne polizeiliche Erlaubniß gefährliche wilde Thiere hält, oder wilde oder bösartige Thiere frei umherlaufen läßt oder in Ansehung ihrer die erforderlichen Vorsichts­ maßregeln zur Verhütung von Beschädigungen unterläßt; [I. Entw.: § 353 Nr. 9; II. Entw.: § 363 Nr. 10; Pr. StGB.: § 345 Nr. 8.]

12) wer auf öffentlichen Straßen, Wegen oder Plätzen, auf Höfen, in Häusern und überhaupt an Orten, an welchen Menschen verkehren, Brunnen, Keller, Gruben, Oeffnungen oder Abhänge dergestalt unverdeckt oder unverwahrt läßt, daß daraus Gefahr für Andere entstehen kann: [I. Entw.: § 353 Nr. 10; II. Entw.: § 363 Nr. 11; Pr. StGB.: § 345 Nr. 9.]

Zu Nr. 11. 66. „Bösartig" sind auch solche Thiere, welche ihrer Gattung nach zu den zahmen gehören, wenn sie geneigt sind, zu beißen, zu stoßen rc., z. B. Stiere, betßende Hunde, schlagende Pferde rc.: Münch. (StZ. II, 134; BE. IV, 434). Vgl. auch 91VI. i. C.-S. 25. Febr. 97 (GA. 44, 432). — Beschädigungen an Sachen gehören nur insofern hierher, als sie eine Gefährlichkeit des Thieres bekunden, nicht also solche, die dem Wesen des Thieres entsprechen, wie z. B. Beschädigungen der Krippe. Olsh. n. 6. 67. „Erforderliche Vorsichtsmaßregeln" sind nicht nur die ausdrück' Itd) vorgeschriebenen, sondern alle, welche im Einzelfalle nothwendig sind, um der aus der Bösartigkeit des Thieres drohenden Gefahr vorzubeugen; vgl. Nr. 14 und RIV. C. S. v. 26. Mai 98 (GA. 46, 240: betr. Loslassen eines Hundes im Gehöft zur Nachtzeit). 67 a. Eine Regelung der Materie i. S. des § 2 liegt nicht vor: KG. (GA. 44, 405). Im Uebr. vgl. § 366 n. 34 u. § 366 Nr. 5.

Zu Nr. 12. 68. Die Verpflichtung liegt nicht dem Eigenthümer des Brunnens rc. als solchem ob; RIV. 23. Nov. 86 (E. XV, 58), sondern dem zeitweiligen Inhaber: LT. 67, 71 (O. VIII, 584; XII, 430): vgl. RI. 23. Febr. 82 (E. VI, 64: die Ver­ antwortlichkeit aus Nr. 12 könne selbst denjenigen treffen, welcher, ohne zur Jnnehabung oder Verwaltung ein Recht zu haben, diese thatsächlich führe), Münch. (BE. II, 454: wer den Brunnen rc. thatsächlich durch zeitweilige Benutzung inne habe). Aus der bloßen Befugniß zur Mitbenutzung einer Grube kann noch nicht die Pflicht (und das Recht) zu ihrer Verdeckung gefolgert werden: cit. RI. 23. Febr. 82. Hat nachweislich ein Dritter die angebrachten Verwahrmittel beseitigt, so ist der In­ haber nur dann strafbar, wenn ihn in Betreff der Herstellung der Vorwurf einer Dersäumniß trifft. 69- „Orte, wo Menschen verkehren", sind alle (auch nicht öffentlichen), welche thatsächlich von Menschen besucht werden, für die aus dem Offenlassen der Gruben rc. eine Gefahr entstehen kann, gleichviel, ob dort das „Verkehren" der Menschen ein berechtigtes oder blos geduldetes oder gar widerrechtliches ist; eben­ so: RIV. 18. Juni 89 (GA. 37 s. 202); a. M.: Wolfenb. (Br. Z. 24 s. 136: versteht unter Orten, wo Menschen verkehren, nur diejenigen Orte, zu denen nach dem gewöhnlichen Lattfe der Dinge Jedermann Zutritt habe, nicht also z. B. die Be­ triebsstätten der Fabriken, da Niemand solche einrichte, damit Jeder, dem es be­ liebe, dort Zutritt nehme); es läßt sich daher nicht mit OT. (I. Civ.-Sen.) (Entsch. dess. 65 s. 45) grundsätzlich aufstellen, daß der § aus einen durch ein Warnungs­ zeichen geschlossenen Privatweg (vgl. § 368 Nr. 9) keine Anwendung finde; vgl. cit. Entsch. 60 s. 17, StA. 45 s. 210; 65 s. 242, OHG. (Calm Wochensch. III, 384). 69a. „Brunnen" sind nur künstliche Anlagen, Quellen gehören nickt hierher RIV. 17. März 94 (GA. 42,427). — Die Nr. 12 trifft „Oessnungen" jeder Art, die ein Hindurchfallen von Personen und hierdurch eine Gefahr für dieselben ermöglichen, z. B.

982

Thl. II. Abschn. XXIX.

Uebertretungen. — § 367 Nr. 13.

13) wer trotz der polizeilichen Aufforderung es unterläßt, Gebäude, welche den Einsturz drohen, auszubessern oder niederzureißen; [I. Entw.: § 353 Nr. 11; II. Gntro.: § 363 Nr. 12; Pr. StGB.: § 345 Nr. 10.] Vgl. § 360 Nr. 10. durch Fehlen von Sprossen entstandene Lücken eines Treppengeländers: 9tlV. 20. Sept. 92 (GA. 40, 306). Vgl. R C.-S. 20. April 99 (E. i. C.-S. 44, 173 unverwahrtes Loch in einer Brücke). — „Abhänge" sind nicht blos natürliche oder künstlich geschaffene Vertiefungen oder Senkungen in der Erdoberfläche: R. E.-S. 5. Nov. 94 (E. i. C.-S. 34, 32: Gräben neben öffentlichen Wegen oder schroff ab» fallende Seiten eines Dammes), sondern z. B. auch geländerlose schmale Brücken: eit. R. C.-S. 20. April 99. Vgl. auch Stettin (GA. 42, 427); 70. Die „Gefahr" muß (objektiv: Münch.. BE. II, 454) „Anderen" (einschließlich der in Folge Alters oder Gebrechlichkeit mehr oder minder unbehülflichen Personen, z. B. der Kinder: RlV. 14. Jan. 90 (GA. 37 s. 441) drohen, welche die betr. Oertlichkeit besuchen; der Eintritt einer solchen Gefahr genügt; die Möglichkeit (oder schuldhaft veranlaßte Unmöglichkeit) des Vorhersehens derselben bildet kein subjektives Thatbestandsmoment (: eit. 911V. 14. Jan. 90). War jedoch die Gefahr vorherzusehen, so wird ev. in Jdealkonkurrenz auch § 222 oder § 230 anwendbar; ebenso: 9UI. 2. Jan. 80 (A. I, 236). — Die Nr. 12 ist nicht dahin zu verstehen, daß eine jede denkbare Gefahr ausschließende Sicherheit hergestellt wird. R. E.-S. 4. Apr. 98 (GA. 46, 241). 70a. Da die Nr. 12 nur die Beschaffenheit der Anlage betrifft, so fällt das Unbeleuchtetlassen des Raums, in welchem die Anlage sich befindet, nicht unter die Nr. 12; so: RIl. 14. April 85 (R. VII, 226: Mot.). Inzwischen dürfte der Begriff „unbeleuchtet" (mindestens unter gewissen Umständen) durch den Ausdruck „unverwahrt" mit umfaßt werden. Dgl. jedoch RlV. (Civ.-S.) 9. Dezbr, 95 (GA. 43, 295). 71. Die Strafe trifft auch Denjenigen, welcher beim Schürfen die erforderliche Verwahrung der Gruben re. verabsäumt; vergl. Oppenh. Bergges. n. 1044. Ebenso findet Nr. 12 auf Bergwerksgruben Anwendung; daß das Pr. Berggesetz vom 24. Juni 1865 den Bergbau auch in Betreff des Schutzes der Oberfläche re. unter die polizeiliche Aussicht der Bergbehörden stellt (§§ 196 ff. 1. c.), und die Be. triebsführer re. für die Jnnehaltung der Betriebspläne re. verantwortlich erklärt (§ 76 1. c.). schließt die strafrechtliche Verantwortlichkeit deö Bergwerksbesitzers (RePräsentanten) aus Nr. 12 nicht aus: OT. (O. XVJ, 508); vgl. n. 72, Oppenh. 1. c. n. 473. 474. 72. Durch die Nr. 12 haben ältere denselben Gegenstand betreffende Gesetze und Polizei-Verordnungen ihre Kraft verloren: OT. 30. Sept. 60. — Die Straf­ norm der Nr. 12 für Preußen insofern eine Erweiterung erfahren, als § 29 FFP.. G. „zum Schutze der Menschen wie des Weideviehs" (Mot. z. d. Ges. s. 34) mit gleicher Strafe denjenigen bedroht, welcher, von den Fällen der Nr. 12 abgesehen, den Anordnungen der Behörden zuwider, es unterläßt, Steinbrüche, Lehm-, Sand-, Kies-, Mergel-, Kalk- oder Thongruben, Bergwerksschachte, Schürflöcher oder die durch Stockroden entstandenen Löcher, zu deren Einfriedigung oder Zuwerfung er verpflichtet ist, einzufriedigen, bezw. zuzuwerfen, oder selbstgemachte Oeffnungen in Eisflächen durch deutliche Zeichen zur Warnung vor Annäherung zu verwahren. 72 a. Eine nach § 367 Nr. 12 strafbare Unterlassung und die durch letztere verursachte fahrlässige Tödtung können nur ideell konkurriren. RlV. 13. Jan. 97 (GA. 45, 34)..

Zn Nr. 13. 83. Hier genügt eine individuelle Aufforderung, eine solche kann in verbind­ licher Weise von der Lokal-Polizei-Behörde ausgehen. Selbst der wider die­ selbe bei der höheren Verwaltungsinstanz eingelegte Rekurs schützt nicht vor der Strafe, wenn jene Verfügung nach der Landesgesetzgebung vorläufig vollstreckbar ist. Nach dem Bayer. Pol.-StGB. (Art. 14) ist sie dies so lange, als nicht die höhere Instanz die Einstellung des Vollzugs angeordnet hat; vergl. Münch. (BE. VI, 68). Im Uebr. vgl. (für Bayern) unten n. 88.

Thl. II. Abschn. XXIX.

Uebertretungen. — § 367 Nr. 14.15.

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14) wer Bauten oder Ausbesserungen von Gebäuden, Brunnen, Brücken, Schleusen oder anderen Bauwerken vornimmt, ohne die von der Polizei angeordneten oder sonst erforder­ lichen Sicherungsmaßregeln zu treffen; II. Entw.: § 353 Nr. 12; II. Entw.: § 363 Nr. 13; Pr. StGB.: § 345 Nr. 12.1 Vgl. §§ 330. 367 Nr. 15.

15) wer als Bauherr, Baumeister oder Bauhandwerker einen Bau oder eine Ausbesserung, wozu die polizeiliche Ge­ nehmigung erforderlich ist, ohne diese Genehmigung oder mit eigenmächtiger Abweichung von dem durch die Behörde genehmigten Bauplane ausführt oder ausführen läßt; [I. Entw.: § 353 Nr. 13; II. Entw.: § 363 Nr. 14; Pr. StGB.: § 345 Nr. 12.] Vgl. § 367 Nr. 14 und die übrigen Citate. 74. „Gebäude" umfaßt hier jedes Bauwerk, z. B. eine Mauer; ebenso: Münch. (BE. I, 271). 75. Gemäß der herrschenden Ansicht ist die Nichtbefolgung der Aufforderung als solche strafbar, der Strafrichter mithin nicht berufen, zu untersuchen, ob die angeordnete Maßregel nach dem baulichen Zustande nothwendig war; vgl. KH. 30 (RA. 14. II. 11), Münch. (BE. IV, 377; BE. VIII, 162), BL. f. 704, Schw. s. 957, Rotering s. 90; a. M.; Olsh. n. b. — Unterbleibt die „Ausbesserung rc.", so erachtet Münch. (BE. I, 271) den Aufgeforderten selbst dann für strafbar, wenn er das Gebäude vor Ablauf der ihm gestellten Frist veräußert und den Vollzug der poliz. Aufforderung vertragsgemäß auf den neuen Erwerber übertragen hatte.

Zu Nr. 14. 76. Die Vorschrift ist nicht nur auf Baumeister, sondern auch auf Bauherren anwendbar: OT. 57 (Entsch. 37. 1 s. 35: bett.); vgl. Nr. 15 und RIV. (Civ.S.) 27. Nov. 90 (GA. 43, 295 Note) u. 18. Juni 96 (GA. 44, 298). 77. Zu den „anderen Bauwerken" gehören auch die Ausschachtungen von Sand- und Lehmgruben: OT. (I. Civ.-Sen.) 65 (StA. 60 s. 76), Münch. (BE. III, 408), letzterem Erk. zufolge ferner die Eröffnung oder Ausbeutung eines Steinbruchs. RVI. (Sit). Sen. 24. Nov. 94 (Gruchot's Beitr. 35 s. 939) wandte die Nr. 14 auf Wafferleitungen an, id. 16. März 93 (GA. 42 s. 453) rechnet dahin gar jede durch Veränderung des Grund und Bodens oder in Verbindung mit diesem entstehende Anlage (i. c. handelt es sich um die Legung einer Thonröhrenleitung unter einer Straße). 78. Unter „Sicherungsmaßregeln" sind hier nicht solche zu verstehen, welche in der tüchtigen, regelrechten Art der Ausführung des Baues selbst liegen, sondern im Allgemeinen nur solche, welche aus Anlaß eines Baues zu treffen sind, um das Publikum vor Unfällen zu schützen, z. B. das Anbringen von Planken, Warnungszeichen rc.: Dresd. (SGZ, XX, 92). Sie können von der Polizei nicht nur in allgemein verbindlicher Weise (vgl. Abschn. 29 n. 41, HMVf. vom 12. Mai 1855, 4. Jan. 1856: VMbl. 55 s. 100: 56 s. 53), sofern auch für den Einzelfall individuell „angeordnet" werden. In Betreff der „sonst erforderlichen" Maßregeln vgl. n. 67 und im Uebr. (speziell für Bayern) n. 88. 79. Die Uebertretung kann leicht mit der in der Gew. §§ 120 a—e, 1474 vorgesehenen (ideell) zusammentreffen. — Konkurrirt mit derselben fahrlässige Tödtung oder Körperverletzung, so schließt die schwerere Strafe wegen dieser Vergehen die Strafe der Nr. 14 aus (§ 73): Dresd. (cit n. 78).

Zu Nr. 15. 80. Zu einen: „Bau" im Sinne der Nr. 15 gehört Alles, was durch Bauen hergestellt wird, also auch ein Feldziegelofen; so: Münch. (BE. V, 307);

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Thl. II. Abschn. XXIX.

Nebertretungen. - § 367 Nr. 15.

tut Uebr. vgl. § 305 n. 8. Tiefbauten sind nicht ausgeschlossen und da, wo eine Pol.-Vdn., wie z. B. die Baupol.-O- für die pommerschen Städte v. 5. Nov. 1880, von „baulichen Anlagen" spricht, unter letzteren einbegriffen; so: Berl. (Johow XI, 260). 81. Das Erfordernd „polizeilicher Genehmigung" zu einem auszuführenden Baue rc. kann nicht blos durch ein (Landes-)Gesetz, sondern auch durch eine in gesetzl. Weise ergangene Polizei-Ddn. vorgeschrieben werden. Für Bayern vgl. in dieser Hinsicht: PStGB. Art. 2 (Nr. 11). 101 ff., Ddn. (Bau.-O.) v 30. Aug. 77 § 6 und revid. Bauordn. v. 19. Sept. 1881, welche letztere sich als eine zu § 367 Nr. 15 erlassene Ergänzungsvorschrift einführt. — In Preußen und zwar im Gebiete des AM. sind die §§ 65—73, I, 8 ib. maßgebend; an Stelle der 'Strafandrohung des § 70 eit. ist jetzt die Nr. 15 getreten. Anlangend insbe. sondere die Festsetzung der Straßen und Baufluchtlinien für neu anzulegende oder zu verändernde Straßen und Plätze in Städten und ländlichen Ortschaften, so ist diese Materie gegenwärtig für den ganzen Staat durch das Ges. v. 2 Juli 1875 geregelt. An den bereits früher festgestellten Fluchtlinien hat unnlittelbar durch das Gesetz selbst Nichts geändert werden sollen: OT. (O. XVIII, 733: er. blickte eine solche Feststellung schon in der Vorschrift eines Pol.-Reglements, daß Neubauten bis zu einer gewiffen Entfernung gegen Gemeindewege zurücktreten müssen). Bez. des Erlasses von Polizei-Verordnungen (Bau-Ordnungen) vgl. Abschn. 29 n. 41. 82. Ist durch eine gültige Pol.-Vdn. für die pol. Genehmigung die schrift­ liche Form vorgeschrieben, so schützt eine blos mündlich ertheilte Genehmigung nicht vor der Anwendung der Nr. 15: RIV. 3. April 91 (GA. 39 f. 208). — Ist polizeiliche Erlaubniß erforderlich, so schützt der Umstand, daß es sich um Wieder­ herstellung einer von einem Dritten eigenmächtig zerstörten Anlage handelt, nicht vor Bestrafung: München.17. März 91 (Bayer. Entsch. N. F. 6, 421). 83. Unkenntniß der betr. Vorschrift, sowie Unkenntniß des genehmigten Plans entschuldigen nicht (weil es sich um die Erfüllung einer gesetzlichen Pflicht handelt): Münch. (StZ. II, 252). Ueberhaupt gehört zum Thatbestände nicht das Bewußtsein der Rechtswidrigkeit: Münch. (BE. IV, 265; VI, 171. 209: es genüge vielmehr schon ein fahrlässiges Verhalten), Olsh. n. a. 64. Die Richtigkeit des genehmigten Bauplanes unterliegt nicht richterlicher Nachprüfung. — Die „eigenmächtige Abweichung" von dem genehmigten Plane ist selbst dann strafbar, wenn der letztere auf einem Irrthum beruht oder sich als unausführbar erweist: Münch. (StZ. II, 252; BE. IV, 388) oder wenn der aus­ geführte Bau den Anforderungen der Bauordnung entspricht: Münch. (BE. V, 235), eine Abweichung von der festgesetzten Baulinie selbst dann, wenn der Bau hinter letzterer zurückbleibt; so: Münch, (ib. s. 210). Dgl. München 6. April 99 (Bayr. Entsch. N. F. 10. 194: Nichtbeachtung von Bemerkungen, die von der technischen PrüfungssteUe in den Bauplan eingetragen sind). Die Weigerung der Beseitigung eines nur widerruflich zugelassenen Baues ist keine eigenmächtige Abweichung: München 22. Aug. 96 (Bayr. Entsch. N. F. 9, 111). 85. Als „eigenmächtige Abweichung" ist auch eine unvollständige Ausführung des Plans anzusehen, z. B. die Errichtung eines Schornsteins in zu geringer Höhe: OT. 13. Okt. 58. Dasselbe erkannten Darnrst. 72, Münch. (HE. s. 47; BE. V, 216) in Betreff der Nichterfüllung einer der Genehmigung hinzuge­ fügten Bedingung (i. c. der Erbreiterung des Bürgerstiegs vor dem Hause bezw. der Nichtbenutzung eines bereits vorhandenen Hinterbaus zu Wohnungen), Münch. (BE. I, 365) in Betreff der Nichtbeachtung einer für die Herstellung gewisser Bauarbeit an und für sich keine polizeiliche Erlaubniß erforderlich gewesen wäre. Doch liegt eine solche Abweichung auf Seiten des „Bauhandwerkers" nicht vor, wenn von letzterem statt der im Plane vorgesehenen Mauer eine Bretterverschalung lediglich zu dem Zwecke hergerichtet wird, um einstweilen als Schutzvorrichtung zu dienen, sollte sie auch hinterher vom Bauherrn die Bestimmung erhalten, dauernd die Stelle der Mauer zu vertreten: Münch. (BE. I, 278). ' 86. Jede der in Nr. 15 genannten Personen haftet selbständig: die Uebernähme der Verantwortlichkeit durch eine derselben, sowie die Zusage des Einzelnen, das Mangelnde nachzuholen, macht die andern nicht straffrei: OT. 13. Okt. 58. — Dagegen trifft die Strafandrohung nur den den Bau rc. „ausführenden (leitenden)

Thl. II. Abschn. XXIX. Uebertretungen. — § 367 Nr. 16.

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16) wer den über das Abhalten von öffentlichen Versteige­

rungen und über das Verabfolgen geistiger Getränke vor und bei öffentlichen Versteigerungen erlassenen polizei­ lichen Anordnungen zuwiderhandelt. [I., II. Entw.: (fehlte); Pr. StGB.: (fehlte).f

Vgl. Ges. v. 19. Juni 1893.

Bauhandwerker, nicht den unter der Leitung eines Meisters arbeitenden Gesellen. Desgleichen nicht denjenigen, welcher, ohne Anstifter zu sein, zu dem (für einen Andern zu errichtenden) Bau den Grund und Boden hergegeben hat: Münch. (BE. III, 12). — Tritt ein Wechsel hinsichtlich der Verantwortlichkeit der Personen ein, so haftet der Neueintretende für Abweichungen nach der Uebernahme, sowie für Nichtbeseitigung früherer Abweichungen: München 3. Nov. 96 (Bayr. Entsch. N. F. 9, 154). 87. Fehlt die „polizeiliche Genehmigung", so begründet schon der Beginn der Bauarbeiten die Strafbarkeit aus Nr. 15, und nicht etwa bloß einen straflosen Versuch: Münch. (BE. II, 51). Ebenso ist bei der positiv planwidrigen Ausführung eines genehmigten Baues der Thatbestand sofort mit der Abweichung vom Bauplane gegeben: Münch. (BE. VII, 224). Doch soll sich nach Münch. (StZ. III, 248; BE. V, 390, VII, 224) in beiden Fällen die Uebertretung bis zum Abschlüsse des Baues fortsetzen, so daß erst mit diesem Augenblicke die Verjährung beginne, selbst, wenn die Uebertretung nur in Detailabweichungen vom Bauplane bestehe und diese in eine frühere Zeit fallen, und es soll nach Münch. (BE. II, 446) mit Rücksicht auf die Vorschriften der Bayr. Bauordn. v. 19.. Sept. 1881 jener Abschluß des Baus erst dann als eingetreten zu erachten sein, wenn die Ortspolizeibehörde der Districtspolizeibehörde die zum Zwecke der Controle vorgeschriebene Anzeige von der Vollendung des Baus gemacht habe [?]. Noch weiter gehen Münch, (ib. III, 12; IV, 96. 491; V, 76. 210) für den Fall, wo die Bauführung einen gefahr­ drohenden, gesetzwidrigen Zustand geschaffen hat; alsdann beginne die Verjährung gar erst mit der Beendigung dieses Zustandes (höchst bedenklich, da jene Eventua­ lität den Thatbestand der durch Nr. 15 verpönten Uebertretung ganz unberührt läßt). Dagegen ließ RIV. 10. Mai 87 (GA. 35 s. 206) in einem Falle, wo die planwidrig zu dünn gebaute Mauer eines Unterstocks eingestürzt und demnächst die Weiterarbeit sistirt war, die Verjährungsfrist, dem angeklagten Maurermeister gegenüber, nicht erst mit jenem Einsturze oder mit Einstellung der zuletzt anscheinend nur noch in Zimmerarbeit bestehenden Bauthätigkeit, sondern schon mit dem Tage beginnen, wo die Maurerarbeit des Unterstocks vollendet worden. Bezüglich einer strafbaren Unterlassung gilt das oben § 67 n. 8 Gesagte; vgl. Münch. (BE. II, 516); a. M.: Därmst, (cit. n. 85: berechnete hier den Lauf der Verjährung von einer ergangenen Aufforderung zur Herstellung an). Nach Dresden (GA. 46, 349) bildet die Derletzung des § 36715 eine fortdauernde Strafthat. — Die thatsächliche Feststellung, der Bau sei planwidrig ausgeführt (vollendet), schließt den Einwand aus, daß eine fehlende Vorrichtung noch ausgeführt werden könne und deshalb keine strafbare Unterlassung vorliege: Münch. (BE. IX, 8). 87 a. Mehrere bei einem Bau vorgekommene, zeitlich auseinanderliegende Ab­ weichungen vom Plane können, wenn sie aus demselben Entschlüsse hervorgingen, nach Münch. (BE. IV, 12) als fortgesetzte Uebertretung aufgefaßt werden. 88. Hinsichtlich des etwaigen Einschreitens der zuständigen Polizeibehörde in solchen Fällen, wo es sich lediglich um einen ohne die erforderliche Genehmigung errichteten Bau handelt, vgl. Pr. ALR. I, 8 § 71. Zn Nr. 16. (S. oben VII b). 88 a. Nr. 16 bezweckt in erster Linie ein strafrechtliches Einschreiten gegen die vielerorts herrschende Unsitte zu ermöglichen, wonach bei öffentlichen Dersteigerungen den Bietern, oder anderen Personen, um diese zum Bieten anzureizen, unentgeltlich geistige Getränke verabfolgt werden, — eine schon an sich verwerfliche Sitte, welche aber auch dem Wucher wesentlich in die Hände arbeitet: Mot. s. 8. 88b. Zn Betreff der „polizeilichen Anordnungen" vgl. Abschn. 29 n. 41.

986

Thl. II. Abschn. XXIX.

Übertretungen. — § 368 Nr. 1. 2.

In den Fällen der Nummern 7 bis 9 kann neben der Geldstrafe oder der Haft auf die Einziehung der verfälschten oder verdorbenen Getränke oder Eßwaaren, ingleichen der Selbst­ geschosse, Schlageisen oder Fußangeln, sowie der verbotenen Waffen erkannt werden, ohne Unterschied, ob sie dem Verurtheilten gehören oder nicht. § 368» Mit Geldstrafe bis zu sechszig Mark oder mit Haft bis zu vierzehn Tagen wird bestraft:

1) wer den polizeilichen Anordnungen über die Schließung der Weinberge zuwiderhandelt; [I. Entw.: § 354 Nr. 2; II. Gntro.: § 364 Nr. 1; Pr. StGB.: § 347 Nr. 2.]

2) wer das durch gesetzliche oder polizeiliche Anordnungen gebotene Raupen unterläßt; [I. Entw.: § 354 Nr. 1; II. Entw.: § 364 Nr. 2; Pr. StGB.: § 347 Nr. 1.]

Zum Schlußsätze. 89. In Betreff der hier für statthaft erklärten Einziehung vgl. § 360 n. 96, § 295 n. 1 a. E. und die Bemerkungen zu § 40. Nach Münch. (BE. IV, 79) soll die Einziehung selbst dann ausgesprochen werden können, wenn die Gegenstände erst nach Verübung der That in das Eigenthum nicht strafbarer Dritter überge­ gangen sind, desgl., wenn der Thäter nicht ermittelt worden ist (§ 42). 90. Die Vorschrift ist auf die Schießwerkzeuge, mit welchen an bewohnten rc. Orten geschossen worden (Nr. 8), nicht auszudehnen.

§ 368. Zu Nr. 1. 1. 2. In Betreff der hier vorausgesetzten „polizeilichen Anordnungen", ihres Erlaffes, der Verkündung und der Kenntniß des Angeschuldigten von ihrem Vorhandensein vgl. Abschn. 29 n. 41. Aus dem Umstande, daß in der Nr. 2 des § 368 neben den „polizeilichen" auch „gesetzliche Anordnungen" erwähnt werden, ist nicht zu folgern, daß hier (bei Nr. 1) die Berücksichtigung gesetzlicher Anord­ nungen ausgeschlossen sei; vgl. n. 2.

Zu Nr. 2. 3. In Betreff der „gesetzlichen oder polizeilichen Anordnungen" vgl. oben n. 1, § 367 n. 11 und Abschn. 29 n. 41. Das dort clt. OT. (O. XVIIs, 146) betraf gerade eine poliz. Anordnung über das Abraupen. 4. Für das linke Rheinufer schreibt ein noch geltendes Ges. v. 26. vent. IV (v. Dan. 3 s. 333) allgemein vor, daß das Abraupen alljährlich vor dem 20. Febr. stattfinden soll; eine Abänderung dieser Zeitbestimmung durch örtliche Polizei-Verordnungen ist statthaft; vgl. Gilb. C. pen. art. 472 § 8 n. 12. Das dt. Gesetz gilt auch für Waldbäume (KG., Johow 20, C 103; OT. 69, O. X, 675), Sträuche und Hecken. — Für das Herzogthum Berg ordnete eine LandesVdn. v. 23. Jan. 1732 das Abraupen „während der Winterzeit" an: eine Vdn. v. 1. März 1763 bestimmte die Zeit näher': „bis zum 1. April": eine Dekl. v. 27. März 1783 verlängerte diese Frist bis „Ende April"; auch hier ward eine Abänderung dieser Zeitbestimmung durch Pol.-Vdn. für statthaft erachtet: OT. 71 (O. XII, 397). 4a. In Preußen verfällt, wer, abgesehen von den Fällen der Nr. 2, den zum Schutze nützlicher oder zur Vernichtung schädlicher Thiere oder Pflanzen er­ lassenen Polizeiverordnungen zuwiderhandelt, in die schwereren Strafen des § 34 des FFP.-G.

Thl. II. Abschn. XXIX. Uebertretungen. — § 368 Nr. 3.4.

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3) wer ohne polizeiliche Erlaubniß eine neue Feuerstätte errichtet oder eine bereits vorhandene an einen anderen Ort verlegt; [I. Gntro.: § 354 Nr. 3; II Gntro.: § 364 Nr. 3; Pr. StGB.: § 347 Nr. 3.]

4) wer es unterläßt, dafür zu sorgen, daß die Feuerstätten in seinem Hause in baulichem und brandsicherem Zu­ stande unterhalten, oder daß die Schornsteine zur rechten Zeit gereinigt werden; [I. Gntro.: § 354 Nr. 4; II. Gntro.: § 364 Nr. 4; Pr. StGB.: § 347 Nr. 4.]

Zu Nr. 3-8. 5. Durch diese Bestimmungen (und die im § 367 Nr. 4—7 gegebenen) sind anderweitige feuerpolizeiliche Vorschriften, welche bereits früher galten, sowie die (einen anderen Thatbestand vorsehenden) Strafandrohungen nicht beseitigt; ebensowenig ist es durch dieselben ausgeschlossen, im Wege der Landesgesetzgebung (der Pol.-Vdn.) bezüglich der Errichtung und Veränderung von Feuerstätten rc. anderweitige und selbst weitergehende Straf-Vorschriften zu erlassen: OT. 66 (O. VII, 711); vgl. Nr. 8 („andere feuerpolizeiliche Anordnungen") und unten n. 6b. 14. 15. 17, EG. § 2 n. 6.

Zu Nr. 3. 6. „Feuerstätte" umfaßt auch den Schornstein; vgl. n. 7. Dies erläutert Münch. (BE. VII, 240) dahin, daß ein Schornstein oder Kamin als Zubehör einer Feuerstätte zu betrachten sei, weshalb eine bloße Kaminveränderung, z. B. die Er« richtung eines russischen Kamins an Stelle eines deutschen, keine'„Neuerrichtung" oder „Verlegung" einer Feuerstätte darstelle. Münch. (BE. V, 307) zählt selbst einen Feldziegelofen zu den Feuerstätten im Sinne der Nr. 3. 6a. Die hier vorgesehene Uebertretung ist kein sog. Dauerdelikt; demgemäß beginnt der Lauf der Verjährung mit der Errichtung bezw. Verlegung der Feuer­ stätte, nicht erst mit dem Aurhören des polizeiwidrigen Zustandes: R1V. 29. März 92 (E. XXII, 435). 6 b. Durch Nr. 3 sind Pol.-Ddn., welche auch die Errichtung einer besonderen Art mit Feuerung verbundener Anlagen von polizeilicher Erlaubniß abhängig machen, nicht aufgehoben (n. 5); so: OT. (O. XVI, 690).

Zu Nr. 4. 7. Unter „Feuerstätte" ist hier zufolge Münch. (BE. VII, 55) nicht bloß die Feuerstelle im engsten Sinne, d. h. die zur Aufnahme des Feuers dienende Vorrichtung, sondern Alles begriffen, was vorschriftsgemäß (nach den landesrechtlichen Bauordnungen rc.) zur baulichen und brandsicheren Konstruktion der Heerde sowie Oefen gehört; vgl. unten n. 22. Auch hier umfaßt jener Ausdruck den Schornstein mit (n. 6); vgl. Berl. (GA. 40 s. 180). — Wegen des Begriffs „Schornstein" und „Rauchfang" vgl. KG. (GA. 46, 143). 7a. Die „Unterhaltung in baulichem und brandsicherem Zustande" umfaßt nicht nur die Reparatur, sondern überhaupt die Erhaltung des vorgeschriebenen Zustandes bei Vornahme von Aenderungen jeder Art; so: RI. 26. Juni 82 (R. IV, 621). 7 b. Ob sich eine Feuerstätte „in brandsicherem Zustande" befinde, beurtheilt sich nicht nach den zur Zeit ihrer Anlage, sondern nach den in der Gegenwart geltenden feuerpolizeilichen Grundsätzen und Bestimmungen; so: Berlin (Johow X, 228). 7c. Ob das „Reinigen der Schornsteine zur rechten Zeit" geschieht, beurtheilt sich — sofern dafür nicht Landesgesetze oder rechtsverbindliche Pol.-Verordnungen besondere Fristen bezw. Termine ein für allemal bestimmt haben (vgl. Berl., GA. 41 s. 428 und für Bayern: Münch., BE. IV, 488) — nach den konkreten Umständen.

988

Thl. II.

Abschn. XXIX.

Übertretungen. — § 368 § 5.

5) wer Scheunen, Ställe, Böden oder andere Räume, welche zur Aufbewahrung feuerfangender Sachen dienen, mit unverwahrtem Feuer oder Licht betritt, oder sich den­ selben mit unverwahrtem Feuer oder Licht nähert; [I. Entw.: § 345 Nr. 4; II. Entw.: § 364 Nr. 5; Pr. StGB.: § 347 Nr. 7.] Preußen: Dgl. FFP.-Ges. § 44 Nr. 1. 2. 8. Nr. 4 trifft denjenigen, welcher zur Zeit die Verfügungsgewalt über das Haus hat. Er wird seiner Pflicht nicht dadurch entbunden, daß er den Besitz durch einen Vertreter, z. B. durch einen Miether, ausüben läßt, es sei denn, daß besondere Umstände vorwalten, welche ihm die Erfüllung der Vorschrift unmöglich machen: OT. 61 (O. II, 17: letzteres treffe jedoch nicht schon dann zu, wenn ein Anderer unrechtmäßiger Weise das Haus inne habe, indem er denselben durch recht­ liche Mittel des Besitzes zu entsetzen vermöge). Im Uebr. vgl. Münch. (BE. V, 481), Olsh. n. c und andererseits Rotering s. 95. 9. Insoweit der Vertreter des zunächst Verantwortlichen (n. 8) eine 23er* fügungsgewalt über das Haus rc. hat, wird auch er von der Vorschrift betroffen. 10. Die vorschriftswidrige bauliche Einrichtung eines Schornsteins hat der Hausbesitzer als solcher nicht zu vertreten: OT. 1. Febr. 56. 11. Das Maß der aufzuwendenden „Sorge" ist nach dem Begriffe eines „guten Hausvaters" zu bemessen; das objektive Nichtvorhandensein eines brand* sicheren Zustandes rc. genügt für sich allein zur Bestrafung nicht: OT. 1. Febr. 56. Keinesfalls braucht jedoch die in Nr. 4 verpönte Unterlassung auf einem rechts* widrigen Vorsatze zu beruhen: Münch. (BE. IV, 488). Zu Nr. 5. 12. Ob im Einzelfalle das hingebrachte Feuer rc. (z. B. eine brennende, aber gedeckelte Pfeife) ein verwahrtes, d. h. gegen die Mittheilung und Verbreitung nach Außen sicher gestelltes oder ein „unverwahrtes" fei, und ob man sich mit demselben den erwähnten Räumen rc. „genähert" habe, ist nach dem Maße der daraus entspringenden Feuersgefahr vom Richter der Thatfrage zu beurtheilen: KH. .51, 52, OT. (RA. 46. II. 103; 48. II. 16; O. XVIII, 603). Dabei genügt zur Aus* schließung der Nr. 5 z. B. nicht der Feststellung, daß die Pfeife eine gedeckelte war, es bedarf vielmehr noch eines spezielleren Ausspruchs über die Beschaffenheit und den Verschluß der Pfeife: RI. 2. Nov. 82 (E. VII, 201). — Der § 368 Nr. 5 bedroht auch den, der in dem Raume unverwahrtes Licht oder Feuer anzündet, sollte auch der Eintritt in den Raum noch nicht mit solchem Feuer oder Licht erfolgt sein. Die Eigenschaft einer Sache, als einer feuerfangenden wird dadurch, daß sie in einem geschlossenen Gefäße (Petroleum, Schwefeläther) aufbewahrt wird, nicht ge* ändert: Nil. 4. Mai 97 (E. 30, 108). 13. In Betreff des Dolus vgl. Abschn. 29 n. 9. 10. 14. Durch die Nrn. 5 (6. 7) sind alle denselben Thatbestand (wenn auch in einer konkreteren Gestaltung) vorsehenden älteren Vorschriften, z. B. solche, welche das Betreten einer Scheune mit Feuer rc. oder das Tabackrauchen an den er* wähnten Orten unbedingt untersagen, außer Kraft gesetzt: KH. 52 (cit. n. 12), OT. 26. Febr. 57, 21. Sept. 76 (O. XVII, 584). — Dagegen ist es statthaft, mit Rücksicht auf örtliche Verhältnisse rc. im Wege der Pol.-Vdn. weitergehende Verbote (z. 23. Gebrauch bestimmter Laternen: KG., GA. 42, 281) zu erlassen; diese stehen dann nicht mit der Nr. 5 in Widerspruch. Demgemäß ist eine neue Pol.-Vdn., welche (im Hinblick auf lokale Verhältnisse) das Betreten jener Räume mit brennender Pfeife unbedingt verbietet, rechtsverbindlich: RI. 2. Nov. 82 (E. VII, 201), OT. 52 (JMbl. 1853 s. 439); vgl. Bind., HB. I, 319; a. M.: OT. (O. XVIII, 603). 15. Aeltere gesetzliche oder polizeiliche Strafvorschriften, welche die Abwendung einer Feuersgefahr bezwecken, aber einen anderen Thatbestand vorsehen, sind durch die Nrn. 5 (6. 7) nicht außer Kraft gesetzt; vgl. n. 6, Berl. (Johow XII, 181: rechnet dahin das Verbot des Tabackrauchens in der Nähe von Wohngebäuden, welche mit Stroh oder Schindeln gedeckt sind). Dasselbe gilt noch unbedenklicher von solchen Vorschriften, welche auf anderen Rücksichten als der der Abwendung

Thl. II. Abschn. XXIX. Uebertretungen. — § 368 Nr. 6.7. 8.

989

6) wer an gefährlichen Stellen in Wäldern oder Haiden, oder in gefährlicher Nähe von Gebäuden oder feuer­ fangenden Sachen Feuer anzündet; [I. Entw.: § 354 Nr. 7; II. Entw.: § 364; Nr. 6; Pr. StGB.: § 347 Nr. 7.] Preußen: FFP.-Ges. §§ 32. 44 Nr. 3.

7) wer in gefährlicher Nähe von Gebäuden oder feuer­ fangenden Sachen mit Feuergewehr schießt oder Feuer­ werke abbrennt; [I. Entw.: § 354 Nr. 8; II. Entw.: § 364 Nr. 7; Pr. StGB.: § 347 Nr. 8.1 § 367 Nr. 8.

Vgl.

8) wer die polizeilich vorgeschriebenen Feuerlöschgeräthschaften überhaupt nicht oder nicht in brauchbarem Zu­ stande hält oder andere feuerpolizeiliche Anordnungen nicht befolgt; [I. Entw.: § 354 Nr. 9; II. Entw.: § 364 Nr. 8; Pr. StGB.: § 347 Nr. 9.] einer Feuersgefahr beruhen, z. B. von einem Verbote des Rauchens auf der Straße: KH. 52 (GA. I, 267); vgl. Pr. AKO. v. 9. Dez. 1832. Eine der Nr. 5 entsprechende Bestimmung trifft, zum Schutz des Waldes, § 44 Nr. 1 Pr. FFP.-G.; vgl. auch Nr. 2 ib. und, bezüglich der militärischen Pnlvertransporte § 367 n. 34.

Zu Nr. 6. 16. Nach dem Grundsätze des § 59 ist die Anwendbarkeit der Nr. 6 durch die Kenntniß von der Feuergefährlichkeit bedingt. — „Feueranzünden" ist auch jedes Feuer- oder Lichtmachen. Der Begriff ist auch da gegeben, wo Jemand irgendwie für das Weiterbrennen eines schon entstandenen Feuers mitwirkt: Rl V. 14. Jan. 98 (GA. 46, 114). 17. Ueber ältere Vorschriften ähnlichen Inhalts vgl. n. 14. 15. Von neueren Vorschriften ist § 44 Nr. 3 Pr. FFP.-G. zu nennen, welcher unter Aufrechterhaltung der Bestimmung der Nr. 6 diese insofern ergänzt, als er jedes ohne Erlaubniß stattfindende Anzünden von Feuer im Walde oder in gefährlicher Nähe desselben verpönt. (Bei Beurtheilung der Frage, was hier unter „gefährlicher Nähe des Waldes" zu verstehen sei, kommt es im Einzelfalle auf die Terrainverhältnisse, die Bodenbeschaffenheit, die Bedeckung des Bodens, die Witterung, Windrichtung rc. an: Mot. z. FFP.-G. s. 38). Vgl. auch § 32 ib.

Zu Nr. 7. 18. Vgl. oben n. 5. 14—17. 19. Da hier nur die Feuergefährlichkeit den Grund des Strafverbots bildet, so macht es keinen Unterschied, ob scharf oder blind geschossen wird. 20. Das Abbrennen von „Feuerwerken" umfaßt nicht nur die zum Dergnügen, sondern auch die zu bestimmten technischen Zwecken vorgenommenen Hand­ lungen dieser Art, z. B. Sprengungen rc.

Zu Nr. 8. 21. Vgl. oben n. 5. 14—17. 22. Unter den als statthaft vorausgesetzten „anderen feuerpolizeilichen An­ ordnungen" sind auch hier nur allgemeine (für Alle geltende) Verordnungen, nicht also individuelle Weisungen zu verstehen; ebenso: Bert. (GA. 37 s. 308; 42 f. 281); vgl. für Bayern PStGB. Art. 2 Nr. 14, Kgl. Vdn. v. 27. Juni 1862 (speziell insoweit sie im § 18 das Sieden von Pech vorsieht: Münch., BE. I, 517) und vom 10. Jan. 1872. Sie umfassen, ihrem Gegenstände nach, nicht bloß die unmittelbar auf Löschung des Feuers gerichteten Maßregeln, sondern auch alle die-

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THI. II.

Abschn. XXIX. Uebertretungen. - § 368 Nr. 9.

9) wer unbefugt über Gärten oder Weinberge, oder vor beendeter Ernte über Wiesen oder bestellte Aecker, oder über solche Aecker, Wiesen, Weiden oder Schonungen, welche mit einer Einfriedigung versehen sind, oder deren Betreten durch Warnungszeichen untersagt ist, oder auf einem durch Warnungszeichen geschlossenen Privatwege geht, fährt, reitet oder Vieh treibt; [I. Entw.: § 354 Nr. 10: II. Entw.: § 364 Nr. 9; Pr. StGB.: § 347 Nr. 10.] Vgl. Nr. I; RPostges. v. 28. Okt. 1871 § 17 (RGbl. s. 351). Preußen: Vgl. FFP.-Ges. §§ 10ff. 30. 36. 69. 77ff. jenigen Vorkehrungen, welche bezüglich der Organisation der Dienstleistung der Feuerlöschpflichtigen rc. zu treffen sind, z. B. das Gebot des Eintritts in die Feuer« wehr, die Theilnahme an ihren Uebungen und an der Wahl ihrer Führer; so: Berl. (Johow VIII, 236: IX, 297; X, 161; GA. 39 s. 356), Münch. (StZ. III, 249; IV, 219; BE. V, 442; VI, 189); id. (BE. VIII, 83; BE. II, 231; IV, 311; VI, 108: erkannten gleichzeitig, daß die Prüfung der Frage, ob der Angeschuldigte der Pflichtfeuerwehr bezw. einer bestimmten Abtheilung derselben mit Recht einver­ leibt wurde, oder ob der Bürgermeister mit Grund die Befreiung von einer Uebung versagt habe, nicht dem Strafrichter, sondern nur der Verwaltung zustehe); vgl. ferner Münch. (BE. II, 304; V, 275: erkannten ebenso bezüglich der Rechtmäßigkeit einer in Vollziehung der Feuerlöschordnung v. 7. Juli 1879 § 26 getroffenen bezirksamtlichen Verfügung). Die Meldepflicht zur Stammrolle muß im Ortsstatut oder durch Pol.«Vdn. begründet werden: KG. (GA. 43, 268). Dagegen sind die in n. 7 cit. Vorschriften der Bayer. Bau«O. v. 1854 keine feuerpolizeilichen, sondern baupolizeiliche Bestimmungen, deren Uebertretung aus Nr. 4 zu ahnden ist; so: Münch, (cit. n. 7). Vgl. jedoch in Betreff des § 76 der Bau«O. v. 30. Aug. 1877: Münch. (BE. IX, 332). 23. Solche anderweitige „Anordnungen" können keine andere Strafandro« hung enthalten; die Zuwiderhandlung gegen eine gebietende oder verbietende Vorschrift der fraglichen Art zieht stets die Strafe des § 368 nach sich: KG. (GA. 44, 410). Ein bewußt unbefugtes Handeln wird hier nicht erfordert: Münch. (BE. II, 304). Zu Nr. 9. 24. Erheischt wird ein (bewußt: § 59) „unbefugtes" Handeln; ebenso: Münch. (BE. V, 21); somit fällt die Strafbarkeit weg, wenn die schlechte Beschaffen« heit eines zum gemeinen Gebrauche bestimmten Äeges zum Uebertreten auf ein oenachbartes Grundstück nöthigt: Pr. FFP.«Ges. § 10 Nr. 2; vgl. RPostges. v. 28. Okt. 1871 § 17, oder wenn der Thäter eine Fahrgerechtsame zu haben ver« meinte: KG. (Johow 16, 387), Münch. (BE. II, 302). Dagegen schließt der An« auf Einräumung eines Nothwegs (§ 917 BGB.) die Anwendbarkeit der nicht aus; der Eigenthümer des ringsum eingeschlossenen Grundstücks hat die zur Erwerbung der Servitut erforderlichen Schritte zu thun: OT. 65 (O. V, 395), Berl., Cöln (RA. 75. III. 70; GA. 37 s. 220); vgl. jedoch andererseits OHG. (Entsch. dess. XI, 28), die Jurispr. des franz. KH., Olsh. n. b. — Das (orts. gebräuchliche) keinen Schaden anrichtende Pflugwenden auf dem Nachbargrundstücke ist nicht „unbefugt"; so: Darmst. 72 (HE. s. 17); vgl. übrigens n. 35. Ueber die Befugniß zur Benutzung der Ufer öffentlicher Gewässer vgl. Berl. (Johow V, 406). — Dem Mangel der Befugniß ist eine Überschreitung derselben (in Bezug auf die Modalitäten ihrer Ausübung) nicht ohne Weiteres gleichzustellen: Dresd. (StZ. IV, 75); a. M.: Olsh. n. a. 24a. „Ueber Gärten rc. gehen rc." bezeichnet jedes Eindringen in die« selben, mithin nicht lediglich das Durchschreiten derselben nach Art der Benutzung eines Weges; es genügt vielmehr schon das bloße Hinschreiten auf einem Theile des Grundstücks: jo: Jena (StZ. IV, 220). — Ist ein früher über das Grundstück führender öffentlicher Weg thatsächlich eingegangen, wenn auch nicht zufolge eines

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Thl. II. Abschn. XXIX. Uebertretungen. — § 368 Nr. 10.

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10) wer ohne Genehmigung des Jagdberechtigten oder ohne sonstige Befugniß auf einem fremden Jagdgebiete außer­ halb des öffentlichen, zum gemeinen Gebrauche bestimmten zu Recht bestehenden Verfahrens, so ist die Benutzung eine unbefugte: Münch. 16. April 98 (bair. Entsch. N. F. 10, 39). 25. Der Jagdberechtigte (z. B. der Jagdpächter und dessen Jagdgast) ist befugt, die zu seinem Jagdreviere gehörenden fremden Grundstücke zu betreten, so­ weit dieses zur Ausübung der Jagd oder der sonstigen im Jagdrechte einbegriffenen Befugnisse erforderlich ist (der von ihm angerichtete Schaden kann alsdann nur zu einer Civil-Ersatz-Klage Anlaß geben): Darmstadt (GA. 43, 136), KH. 14. Dez., 14. Okt. 40, Dresd. (RA. 20. II, 95; Dolkm. s. 388; SGZ. 22 s. 179), Münch. 95 (GA. 43 s. 137: vorbehaltlich etwaiger abweichender Landesgesetze). Vgl. jedoch (für Bayern): Münch. (BE. IV, 147. 329). 26. Das einseitige Betreten einer gemeinschaftlichen Grenzfurche (vgl. C. civ. Art. 666) durch einen der Grenz-Nachbaren ist, selbst wenn jene von dem andern bestellt war; nicht aus Nr. 10 strafbar: OT. 11. Nov. 56. 27. Die Ernte ist nicht eher „beendet", bis die vom Boden getrennten Früchte von demselben entfernt sind. Bei Wiesen ist die Beendigung der Ernte erst nach dem zweiten (Grummet-)Schnitt rc. anzunehmen. 28. Ein Acker ist „bestellt", sobald er besäet oder bepflanzt ist; das bloße Pflügen genügt nicht: OT. 68 (O. IX, 142). 29. Die Strafbarkeit ist nicht durch die Anrichtung eines Schadens bedingt, Hat letztere vorsätzlich stattgefunden, so greift § 303 Platz; vgl. jedoch Pr. FFP.Ges. § 6. 30. Was als „Warnungszeichen" anzusehen sei, ist mit Rücksicht auf den Ortsgebrauch Gegenstand der thatsächlichen Beurtheilung; vgl. Pr. ALR. I, 22 § 64 und FFP.-Ges. § 30 (erwähnen Gräben, Kreuze, Schlagbäume — Tafeln, Stroh­ wische rc.). Daß dasselbe als solches von einer Behörde anerkannt oder bekannt gemacht sei, ist nicht erforderlich: OT. 30. Nov. 54. Ebensowenig bedarf es einer amtlichen Aufstellung. Immerhin muß die Aufstellung aber von einer hierzu be­ rechtigten Person ausgehen: OT. (GA. 24 s. 470); jeder Private kann in der ortsgebräuchlichen Weise seine Grundstücke schließen: cit. § 64. Ist die Maßnahme von einer Polizeibehörde ausgegangen, so ist eine anderweite amtliche Bekanntmachung derselben unnöthig: OT. 16. Jan. 56. — Es muß in erkennbarer und verständ­ licher Weise das Betreten u. f. w. verboten sein. 31. 32. Das Uebertreten des Viehs ist kein „Viehtreiben": OT. 69 (O. X, 436), Das Treiben und Weidenlassen einer Schafheerde auf offenem Gemeinde­ wege fällt nicht unter Nr. 9; OHG. (Puch. GZtg. f. EL. IV, 4). 33. Neben der Vorschrift der Nr. 9 sind die (int Thatbestände mit derselben nicht zusammentreffenden) Vorschriften der Forst- und Polizeigesetze in Kraft verblieben: EG. § 2; vgl. unten n. 35. Das gilt namentlich von allen die Weidefrevel betreffenden Bestimmungen. — Trifft ein Fall der Nr. 9 mit einem Weidefrevelt (ideell) zusammen, so wird § 73 anwendbar. Im Falle der Jdealkonkurrenz mit einer Uebertretung aus § 30 Pr. FFP.-G. ist die Strafe nach letzterem § zu bemessen: Berl. (Johow V, 406). 34. 35. Diese Nr. 9 bildet kein Hinderniß, im Wege einer Polizei-VerOrdnung weiter gehende Verbote zu erlassen und z. B. das Viehtreiben über unbestellte oder nicht mit Warnungszeichen versehene Aecker rc. zu untersagen (EG. § 2 n. 5): OT. 18. Juni 57. Gesetzlich ausgesprochen sind solche im § 10 Pr. FFP.-G., indem dieser § denjenigen mit Strafe bedroht, welcher, abgesehen von den Fällen der Nr. 9, unbefugt über Grundstücke reitet, karrt, fährt, Vieh treibt, Holz schleift, den Pflug wendet oder über Aecker geht, deren Bestellung vorbereitet oder in Angriff genommen ist. Dgl. auch § 36 Nr. 4 ib., betr. das unbefugte Betreten von Forstkulturen, § 69 ib., betr. das bei gewissen Zuwiderhand­ lungen gegen § 368 Nr. 9 dem Beschädigten zugebilligte Ersatzgeld, und oben n. 29. 33. Zu Nr. 10.

36. Auch diese Nr. setzt ein (bewußt: §59) unbefugtes Betreten des frem­ den Jagdgebietes rc. voraus; sie ist sonach unanwendbar, so oft ein Beamter in

992

Thl. II. Abschn. XXIX.

Uebertretungen. — § 368 Nr. 10.

Weges, wenn auch nicht jagend, doch zur Jagd ausgerüstet, betroffen wird; [I. Entw.: § 354 Nr. 11; II. Entw.: § 364 Nr. 10; Pr. StGB. § 347 Nr. 11.] Vgl. Nr. 11; §§ 292-295. Preußen: Vgl. Jagd.-Pol.-Ges. v. 7. März 1850 (GS. s. 165). Ausübung seiner Dienstfunktion berufen ist, eine Handlung der gedachten Art vor. zunehmen, z. B. wenn eine Militärperson (ein Gendarm) rc. dienstlich das fremde Revier betritt. Dasselbe gilt vom Förster, welcher bei einer Dienstverrichtung (z. B. der Verfolgung eines Frevlers) fremdes Jagdgebiet berühren muß: Komp.GH. 75 (JMbl. s. 240). Das ist aber nicht auf den Fall auszudehnen, wo ein Förster oder Jagdberechtigter auf dem Wege zu seinem Gebiete fremdes Jagdrevier passirt; sie üben dort weder eine Dienstverrichtung noch das Jagdrecht aus, müssen sonach die unentbehrliche Waffe in einem Zustande mit sich führen, welcher den Begriff der Ausrüstuug (n. 40) ausschließt: OT. 25. Okt. 55, Komp.-GH. 55 (JMbl. 56 s. 59); a. M.: (sofern der Förster dazu eine besondere, dienstliche Veranlassung habe): Rl. 26. Sept. 87 (E. XVI. 197). Gemäß Münch. BE. III, 68) wird das Betreten des Jagdgebiets seitens eines Dritten dadurch, daß dieser hierzu durch den zum Forstschutze in jenem Gebiet berufenen Beamten veranlaßt war und sich in dessen Begleitung befand, nicht zu einem befugten. Vgl. auch § 204 u. 917 BGB. — Die „Genehmigung" braucht keine schriftliche zu sein; anders nach § 17 des Pr. Jagd-Pol.-G. 37. Das Verbot trifft auch den Eigenthümer des Grundstücks, sobald die Jagdberechtigung einem andern zusteht oder zeitweise eingeräumt ist, nicht aber den jagdberechtigten Eigenthümer, welcher die Jagd ruhen zu lassen verpflichtet ist; vgl. Pr. Jagdpol.-Ges. § 17 Abs. 2; vgl. n. 38. 38. In Betreff dritter Personen wird das Verbot auch dann wirksam, wenn die Jagd auf den (zu einem gemeinschaftlichen Jagdreviere vereinigten) Grund­ stücken gänzlich ruhen soll (Pr. Jagdpol.-Ges. §§ 4. 10a), obgleich es hier an einem Jagdberechtigten, welcher die Genehmigung ertheilen könnte, gänzlich fehlt; der ein. zelne Grundbesitzer kann dann für sein Grundstück eine solche Genehmigung nicht ertheilen: OT. 17. März 54. 39. Insoweit Jemand die Grenzen einer ihnr ertheilten Genehmigung überschreitet, handelt er „unbefugt": dagegen reicht die Nichterfüllung anderweitiger der Genehmigung hinzugefügter Bedingungen (z. B. die Nichtbezahlung eines da­ für zu entrichtenden Preises) nicht hin, um das Strafverbot wirksam zu machen: OT. 60 (GA. VII, 708). 40. „ Zur Jagd ausgerüstet" ist, roerein zur Ausübung der Jagd geeignetes Werkzeug (z. B. Schießgewehr, Schlinge, Windhund: Pr. StGB. § 347 Nr. 11) in einem solchen Zustande mit sich führt, daß von demselben bei sich bietender Gelegenheit sofort zum gedachten Zwecke Gebrauch gemacht werden kann; ebenso: RI. 7. Jan. 84 (E. IX, 412: auch ein Karabiner sei ein solches Werkzeug); daher bleibt Nr. 10 ausgeschlossen, wenn der Angeklagte zwar mit einem Gewehre, nicht aber mit dem dazu gehörigen Schießmateriale versehen war: RI. 26. Avril 80 (R. I, 670); Münch. 14. März 99 (bayr. Entsch. N. F. 10, 185: Nr. 10 trifft aber zu, wenn das Gewehr oder das Schießmaterial sich in der Hand eines in der Nähe befind­ lichen Begleiters befindet); dagegen ist es nach der Rechtsprechung gleichgültig, ob derselbe die Hähne zur Ruhe gestellt hat oder ob das Gewehr ungeladen oder (am Schlosse) umbunden war: vgl. RI. 7. Jan. 84, 24. Okt. 89, RH. 4. Nov. 87 (E. IX, 412; XX, 4; R. IX, 556), OT. 66 (O. VIs, 265); a. M.: (bez. des Verbunden­ seins des Schlosses): Schw. Anm. 6. Daß jener durch seine Ausrüstung zu erkennen gegeben; er habe jagen wollen, wird nicht erfordert: eit. RI. 7. Jan. 84. Jena (Voll. 25 s. 167) hält die Frage, ob Jemand zur Jagd ausgerüstet sei, für eine rein thatsächliche, in der Nichtigkeitsinstanz nie zu erörterndes. — Unter „Jagd" fällt auch diejenige auf nicht jagdbare, wilde Thiere z. B. wilde Ka­ ninchen: vgl. Pr. StGB. § 34711 u. A.LR. II, 16 § 30 ff. u. Berger, Wildschaden-G. § 15 n. 4. 4L Die Anwendbarkeit der Nr. 10 ist nicht durch die Absicht zu jagen, sondern lediglich durch das Bewußtsein bedingt, daß man, zur Jagd ausgerüstet, ohne die Genehmigung des Jagdberechtigten rc. ein fremdes Jagdgebiet betrete

Thl. II. Abschn. XXIX.

Uebertretungen. — § 368 Nr. 11.

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11) wer unbefugt Eier oder Junge von jagdbarem Federwild oder von Singvögeln ausnimmt. [I. (Sntro.: § 354 Nr. 13; II. Entw. § 364 Nr. 11; Pr. StGB.: § 347 Nr. 12.] Vgl. §§ 292ff.; Ges., betr. den. Schutz von Vögeln, v. 22. März 1888. Preußen: Vgl. MR. II, 16 § 57; Ges. v. 26. Febr. 1870 § 6; FFP.-Ges. § 33. Celle (GA. 48, 148: das bloße Mitsichführen eines Jagdhundes genüge nicht), Berl. (GA. 39 s. 356), DL. s. 707, Rotering s. 103f.; a. M.: Darmstadt (GA. 44, 174), Olsh. n. a (insofern er nicht einmal dieses Bewußtsein fordert, sondern Fahrlüssigkeit genügen läßt); ev. ist daher auch Derjenige strafbar, welcher blos, um sich vor dem Förster zu verbergen, von dem öffentlichen Wege abweicht: RII. 31. Mai 81 (R. III, 352). Selbst die Berufung auf ein (wirkliches oder vermeintliches) Jagdfolgerecht schützt nach RI. 7. Jan. 84 (eit. n. 40) nicht vor der Anwendung der Nr. 10; a. M: (theilweise): Rotering I. c. Wer dagegen aus Irrthum über die Grenzen seines Gebietes hinausgeht oder irriger Weise mit „Genehmigung des Jagdberechtigten" oder auf Grund einer „sonstigen Befugniß" zu handeln glaubt, bleibt straflos: ebenso: BL., Rotering 11. cc. Meyer n. 10; a. M.: Jena (eit. n. 40: Nr. 10 erfordere nur die Thatsache, daß ein fremdes Gebiet ohne jene Genehmigung re. betreten werde), Olsh. 1. c. (für den Fall der Fahrlässigkeit). — Der Nachweis, daß Angeklagter gar nicht habe jagen wollen, schützt nicht vor Strafe. Olsh. n. a. 41a. Der Ausdruck „Jagdgebiet" umfaßt auf Gewässer sich erstreckende Jagdgebiete mit: Colmar (GA. 39 s. 185). Stettin (GA. 42 s. 54) rechnet dazu auch Eisenbahndämme (trotz § 54 des Bahnpol.-Regl. v. 30. Nov. 1885). Das Jagdrecht am Meeresstrande steht dem Fiskus zu. Der Meeresstrand ist nicht unter allen Umständen ein „öffentl. Weg". Marienwerder (GA. 47, 469). 41 b. „Außerhalb des öffentlichen re. Wegs" sind auch dessen Seiten» grüben, da sie zwar ein Zubehör, nicht aber einen Theil desselben bilden; so: Rill. 12. Juli 87 (E. XVI, 203), desgleichen die lediglich zur Bezeichnung der Wald, bestandsgrenzen dienenden Linien, selbst wenn deren (beschränkter) Gebrauch zu anderen Zwecken von der Forstbehörde geduldet wird: Münch. BE. V, 408). Ein nur zur Forstkultur angelegter Weg wird dadurch, daß er von den Angrenzern (ge­ legentlich) zu landwirthschaftlichen Zwecken benutzt wird, noch nicht zum öffentl. Weg; vgl. Münch. (BE. VII, 290: doch schließe die Unkenntniß der Nichtöffentlich, feit gemäß § 59 die Strafbarkeit aus). — Don dem Begriff des öff. Wegs sind Wasserstraßen hier nicht grundsätzlich ausgeschlossen; so: Colmar (eit. n. 41a). — Zum gemeinen Gebrauch bestimmt ist nur derjenige Theil eines Weges, welcher zum allgemeinen Verkehr, also zum Fahren, Reiten, Viehtreiben, Gehen für Jeder­ mann bestimmt ist, also nicht die Böschungen: eit. Rill. 12. Juli 87. 42. Die Worte „betroffen wird" sind nicht korrekt; es genügt das errotes eite Betreten des fremden Reviers, sollte auch ein „Betreffen" auf demselben nicht stattgefunden haben; vgl. Motive s, 151 (: „geht"); ebenso: RIl. 31. Mai 81, Rlll. 19. Oft. 85 (R. III, 352; E. XIII, 57). 43. Die Strafverfolgung ist hier nie durch einen Antrag des Verletzten (§292) bedingt; Dresd. (StZ. II, 103), Jena (Voll. 25 f. 167), Reber n. 269 d; a. M.: Lehmann, GA. XX, 737. 44. 45. Trifft mit der hier vorgesehenen Uebertretung eine unberechtigte Aus. Übung der Jagd zusammen, so sind nach dem Grundsätze des § 73 nur die ver. wirkten Strafen der §§ 292—295 zu verhängen; ebenso: OA. (StZ. III, 43); a. M.: Berl. (GA. 42 s. 282: Mot), Meyer n. 10, Olsh. n. c (halten Jdealkonkurrenz für unmöglich, da die §§ 292 und 368 Nr. 10 einander ausschlössen). Eine Einziehüng, insbesondere des Gewehrs findet hier nicht statt; gleichwohl darf ein Förster arg. des Pr. Ges.'s v. 31. Mai 1837 dasselbe pfänden, wenn er Jemanden als der hier fraglichen Uebertretung verdächtig betrifft; so: RII. 31. Mai 81 (eit. n. 42). Im Uebr. vgl. § 7 des Pr. Jagdscheinges.'s v. 31. Juli 95.

Zu Nr. 11. 46. Das (im Pr. StGB. § 347 Nr. 12 sowie in den Entwürfen zum B.-StGB. fehlende) Wort „unbefugt", wurde vom RT. zugefügt mit Rücksicht auf § 6 des Oppenhoff, D. Strafgesetzbuch.

14. Aufl.

63

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Thl. II.

Abschn. XXIX. Übertretungen. - § 369 Nr. 1.

§ 369* Mit Geldstrafe bis zu einhundert Mark oder mit Haft bis zu vier Wochen werden bestraft: 1) Schlosser, welche ohne obrigkeitliche Anweisung oder ohne Genehmigung des Inhabers einer Wohnung Schlüssel zu Zimmern oder Behältnissen in der letzteren anfertigen oder Schlösser an denselben öffnen, ohne Genehmigung des Hausbesitzers oder seines Stellvertreters einen Haus­ schlüssel anfertigen, oder ohne Erlaubnitz der Polizei­ behörde Nachschlüssel oder Dietriche verabfolgen; Pr. Ges.'s v. 26. Febr. 1870, welcher zwar das (im eit. ALR. II, 16 § 57 ausgesprochene) Verbot des Ausnehmens der Eier von jagdbarem Federwilde für den Jagdberechtigten wiederholt und auf die Jungen dieses Wildes ausdehnt, gleich­ zeitig aber hinzufügt: „doch sind dieselben (die Jagdberechtigten) namentlich die Be­ sitzer von Fasanerien, befugt, die Eier, welche im Freien gelegt sind, in Besitz zu nehmen, um sie ausbrüten zu lassen." In Folge dieser Aenderung ist jetzt in Be­ treff der Jagdberechtigten das Ausnehmen der Eier (Jungen) von jagdbarem Federwild nur strafbar, wenn daflelbe von ihrer Berechtigung (z. B. durch eine Klausel des Jagdpachtvertrags) ausdrücklich ausgeschlossen ist. Der Grundeigenthümer als solcher hat keine Befugniß zur betr. Handlung. 47. Der Nichtjagdberechtigte, welcher Junge von jagdbarem Federwilde ausnimmt, „übt unbefugt die Jagd aus" (§ 292); gleichwohl werden hier die §§ 292ff. durch die konkretere und mildere Nr. 11 ausgeschloffen (§ 73 n. 6). 48. 49. Von einem „Ausnehmen" der Jungen kann nur so lange die Rede sein, als sie sich noch im Neste befinden. 50. Soweit Nr. 11 die (nach Maßgabe der Landesgesetze jagdbaren Vögel be­ trifft, ist ihre praktische Wirksamkeit ungeschmälert geblieben, indem das RGef., betr. den Schutz von Vögeln, v. 22. März 1888 auf jenes Wild (wie auf das im Privateigenthum befindliche Federvieh) keine Anwendung findet: § 8 ib. Was dagegen die Singvögel betrifft, so werden die in Nr. 11 vorgesehenen Fälle wohl fämmtlich durch die weit umfassenderen und strengeren Strafbestimmungen des cit., sich übrigens nicht auf Singvögel beschränkenden RGes.'s gedeckt; vgl. auch § 9 ib. (betr. weitergehende landesgesetzliche Verbote). § 369.

Zu Nr. 1. 1. Airs andere Gewerbetreibende als Schlosser, z. B. auf Schmiede, Mechaniker rc., ist die Vorschrift nicht auszudehnen. — Nur der öffnende Schlosser ist strafbar, gleichgültig ob dieser Meister oder Gehülfe ist. KGCS. 15. Nov. 95 (GA. 43, 269). 2. Zur Anfertigung eines Hausschlüssels (ein solcher ist nur derjenige, der unmittelbar die Oeffnung des Hauses ermöglicht: KG. GA. 43, 268) genügt nicht die Genehmigung des Inhabers eines Einzelraumes, z. B. die eines Theilmiethers; der Besitzer des ganzen Hauses hat zu bestimmen, ob der Theilmiether in den Besitz eines Hausschlüssels gelangen, sowie ob ein verlorener Hausschlüssel durch einen neuen ersetzt werden soll, oder ob die Veränderung des Schlosses nothwendig ist. 3. Diese, die Hausschlüssel betreffende Bestimmung ist auf Hauptschlüssel auszudehnen, sobald ein solcher auch das Schloß der Hausthüre schließt. 4. Das Verbot trifft auch da zu, wo für einen Miether ein Hauptschlüssel Angefertigt werden soll, welcher, außer den Schlössern seines Quartiers, auch die anderer Gelasse in demselben Gebäude schließt. 5. „Verabfolgen" ist nicht blos ein Veräußern, sondern auch ein Verleihen. Falsche Schlüssel, vgl. § 243 Nr. 3.

Thl. II. Abschn. XXIX. Uebertretungen. — § 369 Nr. 2.

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2) Gewerbtreibende, bei denen zum Gebrauche in ihrem Gewerbe geeignete, mit dem gesetzlichen Aichungsstempel nicht versehene oder unrichtige Maße, Gewichte oder Waagen vorgefunden werden, oder welche sich einer an­ deren Verletzung der Vorschriften über die Maß- und Gewichtspolizei schuldig machen; (I. (futro.: § 355 Nr. 2; II. Gntro.: § 365 Nr. 2; Nov. Art. I; Pr. StGB.: § 348 Nr. 2.] Zu Nr. 2. 5a. Die B.-Maaß- und Gewichts-O. v. 17. Aug. 1868 ist durch BGes. t>. 16. April 1871 § 2 zum Reichsgesetze erhoben und durch RGes. v. 26. Nov. 1871 (mit Ausnahme der Artt. 15—20) auch in Bayern eingeführt (OLG. Colmar; GA. 47, 454), wo im Uebrigen die Art. 11. 12. bayerischen G. v. 29. April 1869 (mit einer Maßgabe) in Kraft bleiben. Vgl. die Ergänzungsgesetze vom 11. Juli 84 RGBl. 115), 26. April u. 26. Juli 93 (RGBl. S. 151) u. Ausf.-Bekanntmachung) v. 30. Okt. 84 (RGBl. S. 215). Dgl. n. 10. Es kommen ferner in Betracht: Die Bekanntmachungen betr. Medizinalwaagen u. -Gewichte v. 17. Juni 75 bzw. 24. Okt. 82 (Reichs-Centr.-Bl. 75 S. 374 u. 82 S. 418) RG. betr. die BeZeichnung des Rauminhalts der Schankgefäße (RGBl. S. 242) u. RG. v. 16. Juli 84 über den Feingehalt der Gold- u. Silberwaaren (RGBl. S. 120). 6. Gemäß Art. 18 der MG.-O. v. 17. Aug. 1868 ist eine Kaiserliche NormalAichungskommission in Berlin bestellt worden, deren Aufgabe und Befugnisse im cit. Art. 18 Abs. 2. 3 näher angegeben sind. Vgl. die „Aichordnung" v. 27. Dez. •84 (RGBl. 85 Beil, zu Nr. 5) u. deren Nachträge RGBl. 88 Beil, zu Nr. 24; 91 Beil, zu Nr. 16; 92 Beil, zu Nr. 33; 93 Beil, zu Nr. 2; 94 Beil, zu Nr. 26; 95 Beil, zu Nr. 16; 98 Beil, zu Nr. 57. — Nach OT. (O. XVIII, 453) sind Bestimmungen der Aichordnung, welche die Befugnisse jener Kommission überschreiten, ungültig, mithin nicht geeignet, den ihnen gemäß Handelnden vor der Strafe der Nr. 2 zu schützen. 7. Als nicht geaichtes Maß ist eine Elle auch dann zu betrachten, wenn sie, außer der gehörig geaichten Längenangabe des gesetzlichen Maßes, ein die Länge -eines fremden Maßes bezeichnendes Merkzeichen enthält; letzteres stellt dann für sich ein der Aichung ermangelndes besonderes Maß dar. 8. Zu den der Aichung bedürfenden Meßwerkzeugen gehören auch Gasmesser (RGBl. 87 Beil, zu Nr. 4) und die zur Ermittelung des Alkoholgehalts weingeistiger Flüssigkeiten dienenden Alkoholometer und Thermometer; Getreideprober (RGBl. 91 Beil, zu Nr. 16; 98 Beil, zu Nr. 22); Thermoaräometer (RGBl. 91 Beil, zu Nr. 31); chemische Meßgeräthe (RGBl. 93 Beil, zu Nr. 30; 96 S. 104; 97 S. 596); elektrische Meßgeräthe (RGBl. 98 S. 905); ebenso Weinfässer: MG.-O. Artt. 11—13, nicht aber andere Fässer: Münch. (StZ. II, 134). Vgl. ii. 5. 13. 22. 25. 9. Insoweit die MG.-O. nicht neue Vorschriften getroffen hat, sind die landes­ gesetzlichen Bestimmungen (z. B. die Pr. Maß- rc. O. v. 16. Mai 1816 rc.) in Kraft verblieben; vgl. n. 27. 10. Der erste Satz der Nr. 2 will der Vorschrift des Art. 10 MG.-O. den strafrechtlichen Nachdruck gewähren. Dieser Art. 10 lautet: „Zum Zumessen und Zuwägen im öffentlichen Verkehre dürfen nur in Gemäßheit dieser Maß. und Gewichtsordnung gehörig gestempelte Maße, Gewichte und Wagen angewendet werden. Der Gebrauch uurichtiger Maße, Gewichte und Wagen ist untersagt, auch wenn dieselben im Uebrigen den Bestimmungen dieser Maß- und Gewichtsordnung entsprechen. Die näheren Bestimmungen über die äußersten Grenzen der im öffentlichen Verkehr noch zu duldenden Abweichungen von der absoluten Nichtigkeit erfolgen nach Vernehmung der in Art. 18 [n. 2] bezeichneten technischen Behörde durch den Bundesrath." (Vgl. n. 14). 11. Demgemäß gilt die Nr. 2 nur für „Gewerbetreibende" (bzw. für ihren öffentlichen Verkehr), also weder für Privatpersonen (vgl. aber n. 27), noch für Be­ amte, noch auch für blos „Handeltreibende". Zu ersteren (den Gewerbetreibenden) rechnet Münch. (BE. VI, 64) auch Gast- und Schenkwirthe, sowie Pensionshalter,

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Thl. U. Abschn. XXIX. Uebertretungen. — § 369 Nr. 2.

deren Geschäftsbetrieb die Merkmale einer Gast. und Schenkwirthschaft, Stettin (GA. 40 s. 354) sogar Sandwirthe, sofern deren Beruf es mit sich bringe, daß sie Vieh, Getreide oder sonstige Produkte nach Gewicht verkaufen, gleichviel, ob es sich um eigene oder fremde Erzeugnisse handle, desgleichen Jeden, welcher nicht selbst, ständig, sondern im Namen eines Anderen und für dessen Rechnung das Gewerbe betreibe oder den Betrieb leite, und zwar ohne Unterschied, ob die Stellvertretung, auf Gesetz oder auf Vertrag beruhe. Gleichgültig ist, ob das „Gewerbe" das ganze Jahr hindurch ununterbrochen geführt wird oder nicht, oder ob es der Gewerbe­ ordnung untersteht (Posen GA. 46, 463). — Eingetragene Genossenschaften, deren Geschäftsbetrieb sich auf den Kreis ihrer Mitglieder beschränkt, sind keine Gewerbetreibenden und werden daher durch die Nr. 2 nicht betroffen: Jena (GA. 43, 63) OVG. (Entsch. dess. 20 s. 426). — Ob der Gewerbetreibende als Verkäufer oder Käufer auftritt, begründet nach Marienwerder (Ml. 41 s. 377) keinen Unterschied; vgl. n. 12. 12. Sodann ergiebt sich aus dem cit. Art. 10 (n. 10), daß auch in der Nr. 2 als „ein zum Gebrauche im betr. Gewerbe geeignetes Maß rc." nur ein solches angesehen werden darf, welches zu dem in Ausübung jenes Gewerbes stattfindenden Zumessen oder Zuwägen geeignet ist; es genügt nicht, wenn der Gewerbetreibende sich des Maßes rc. nicht zu dem seinem Gewerbe entsprechenden Zumessen eines Gegenstandes an Abnehmer, sondern lediglich bei der Anfertigung der demnächst in Bausch und Bogen zu verkaufenden Waaren bedienen konnte (z. B. ein Tischler): OT. (O. XIV, 370; XIX, 496); vgl. HMVf. v. 18. Febr. 1860, JMVf. v. 25. Febr. 1860 und (speziell bez. ausländischer Mäße rc.) MVf. v. 29. Dez. 87 (VMbl. 88 s. 5); wohl aber gehört dahin in einer Fabrik der Gebrauch beim Zuwägen der anzukaufenden Rohmaterialien; so: cit. (OT. XIX, 496). — Ist das Maß rc. „zum Gebrauche im Gewerbe des betr. Gewerbetreibenden geeignet", so kommt nichts darauf an, ob letzterer sich eines solchen Werkzeugs zu bedienen pflegt: OT. 9. März 54; vgl. Münch. (GA. 41 s. 298). 13. Endlich folgt aus der Beziehung des cit. Art. 10 zu Nr. 2 h. 1., noch unzweideutiger aber aus den Motiven zur Nov. (n. 22. 25), daß Nr. 2 unter „Maßen rc." die in den Artt. 11. 13 MG.-O. erwähnten Meßwerkzeuge (n. 8) nicht mit begreift, daß daher auf letztere der erste Satz der Nr. 2 keine Anwendung findet; a. M.: Meves s. 312. 14. In Betreff der äußersten Grenzen der im öffentlichen Verkehr zu duldenden Abweichungen von der absoluten Richtigkeit (n. 10) vgl. die Bekanntm. des R.-Kanzlers v. 27. Juli 85 (RGBl. S. 262). 15. „Unrichtig" ist nur ein solches Maß rc., welches das, .was es seiner Bezeichnung nach angeben soll, nicht richtig angiebt, nicht also auch ein Maß rc., welches zwar dem Gehalte nach richtig ist, aber nicht die vorschriftsmäßige Form besitzt: OT. (O. XVI, 33) ; vgl. unten n. 23. Unrichtig ist daher z. B. eine Wage, wenn sie nach ihrer Natur und Beschaffenheit (objektiv) das Gewicht nicht richtig und nicht zuverlässig anzeigt, mag dieser Mangel auf einem Fehler des Wagebalkens, auf der Ungleichheit der Schalen, oder auf einem sonstigen Grunde beruhen, z. B. wenn der einen Schale ein verborgenes Nebengewicht angehängt ist. Der Besitz einer solchen wird nicht dadurch straflos, daß der Gewerbetreibende bei ihrem Gebrauche die Ungleichheit durch ein Anhängsel auszugleichen pflegt: OA., OT. (O. XV, 177. 509). — Woher die Ungleichheit rührt, ist gleichgültig. Demgemäß gehört auch der Fall hierhin, wo ein Maß rc. erst durch den Gebrauch unrichtig geworden ist; vgl. Pr. Maß- rc. O. v. 16. Mai 1816, OT. 67 (O. VIII, 674). 16. Der Thatbestand ist erfüllt, wenn „bei einem Gewerbetreibenden" ein Maß rc. der gedachten Art „vorgefunden wird". Nr. 2 geht daher noch über das Verbot der mehrcit. Art. 10 hinaus, da dieses nicht schon den Besitz, sondern nur die Anwendung bezw. den Gebrauch trifft. Der Grund hierfür ist wohl weniger präventiver Natur, als vielmehr darin zu suchen, daß aus dem (leicht Nachweisbaren) Besitze auf den (schwer nachweisbaren) Gebrauch geschloffen wird, daß also in dem Besitze der vermuthete Gebrauch bestraft werden soll. Hieraus ist jedoch nicht zu folgern, daß der Beweis des Nichtgebrauchs die Strafbarkeit des Besitzes ausschließe. 17. Daß das betreffende Maß rc. sich in den dem gewerblichen Geschäfts­ betriebe bestimmten Räumen befunden habe, ist nicht erforderlich; es genügt, wenn es sich in den mit jenen ein zusammenhängendes Ganze bildenden Wohnräumen vorfand (a. M.: OT., O. XIV, 267: erforderte ein „Vorfinden im öffentlichen Der»

Thl. II. Abschn. XXIX. Uebertretungen. - § 369 Nr. 2.

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kehr"), nicht aber, wenn diese Wohnräume von dem Geschäftslokale vollständig ge­ trennt sind. 18. Da das „Vorfinden bei dem Gewerbetreibenden" genügt (n. 15), so kommt es auf des letzteren guten oder schlechten Glauben nicht an; § 59, welcher die „Be­ gehung einer strafbaren Handlung" voraussetzt, bleibt hier ausgeschlossen; so: Münch. (StZ. II, 133). Vgl. Golm. (GA. 39 s. 357: ein persönliches Verschulden werde nicht erfordert), andererseits jedoch Weingardt, SGZ. 23 s. 173, Olsh., Rotering s. 108. 19. Dem Erfordernisse des Vorfindens „bei. . .rc." ist genügt, wenn irgendwie dargethan wird, daß ein solches Maß rc. in den (n. 17 erwähnten) Räumen sich befunden habe; daß jenes „Vorfinden" amtlich konstatirt worden sei, ist nicht erforderlich: OT. 19. März 57, Münch, (eit. n. 18). 20. Der Schlußsatz der Nr. 2 bedroht den Gewerbetreibenden, welcher sich „einer anderen Verletzung der Vorschriften über die Maß- und GewichtsPolizei schuldig macht", mit derselben Strafe. Das gilt von allen Zuwiderhandlungen gegen Art. 10 der MG.-O. (n. 10), also vor Allem von dem Gebrauche eines nicht gestempelten oder unrichtigen Maßes rc. im öffentlichen Verkehr: Münch. (StZ. II, 134), Mot. zur Nov. s. 60. Ob jedoch neben dem Besitze der Gebrauch noch besonders bestraft werden könne, erscheint als zweifelhaft; vgl. n. 16. Konkurrirt mit dem Gebrauche eines unrichtigen Maßes rc ideell ein (vollendeter oder versuchter) Betrug, so wird § 73 anwendbar. 21. Der Schlußsatz der Nr. 2 trifft ferner zu im Falle des Nichtbesitzes gestempelter, richtiger Maße rc., sofern deren Besitz durch gültige landesgesetzliche Polizeivorschriften geboten ist (vgl. Art. 21 der mehrcit. MG.-O., wonach die Landesregierungen alle Anordnungen zu treffen haben, welche, außer den nach Art. 18 vorbehaltenen Vorschriften svgl. n. 23], zur Sicherheit der Ein- bzw. Durchführung der Bestimmung der MG.-O. erforderlich sind): Münch. (BE. V, 168; VI, 471). 22. Dasselbe gilt von dem Gebrauche ungestempelter Meßwerkzeuge im Sinne der Artt. 11—13 der MG.-O. (n. 8. 13): cit. Mot. s. 60. — Dagegen ist der bloße Besitz solcher Meßwerkzeuge, sowie der Gebrauch gestempelter, aber unrichtig gewordener Werkzeuge dieser Art nicht strafbar aus dem Schlußsätze der Nr. 2; a. M. (in Betreff des letzteren Punkts): HMCirk. v. 13. Mai 1876 (VMbl. s. 135); vgl. Meves s. 312. 23. Ferner sind strafbar aus dem Schlußsätze der Nr. 2 die Zuwiderhandlungen gegen eine von der Normal-Aichungskommission auf Grund des Art. 18 Abs. 3 MG.-O. zuständiger Weise erlassene Anordnung in Betreff der Einrichtung rc. der Maße rc. und ihrer Statthaftigkeit: OT. (O. XIV, 267: betr. die Unstatthaftigfeit eines gehörig gestempelten Drei-Pfund-Gewichts: dem stehe Art. 20 MG.-O. nicht entgegen, er bringe nur zum Ausdruck, daß die Beglaubigung einer Aichungsstelle im Bundesgebiet für das ganze Bundesgebiet Geltung habe); a. M.: OT. (O. XVI, 33; betraf ein gestempeltes Gewichtstück, dessen Form den Vorschriften jener Kommission nicht entsprach: das Verfahren des Beschuldigten sei durch die Handlung des Aichmeisters gedeckt; die Handhabung der Aichordnung liege zunächst den Aichungsbehörden ob; ein Gewerbetreibender mache sich nur insoweit einer Verletzung ihrer Vorschriften schuldig, als die Aichordnung selbst Bestimmung enthalte, für deren Beachtung die Gewerbetreibenden verantwortlich gemacht würden). Dem­ gemäß verfallen Apotheker, in deren Offizinen, entgegen der Bekanntm. jener Kommission v. 17. Juni 1875, andere Wagen als Präzistonswagen vorhanden find, der Strafe der Nr. 2; so: HMVf. v. 31. Juli 1875 (VMbl. s. 181). 24. Bei den unter n. 20—23 erwähnten Zuwiderhandlungen findet § 59 AnWendung: vgl. n. 18. 25. 26. Die Einziehung ist hier obligatorisch, aber nur auszusprechen, wenn die betr. Stücke dem Angeklagten gehören: vgl. § 40 n. 12; a. M.: KG. (Johow 16, 332), Celle (GA. 37 f. 308), Olsh. Auf sie muß selbst dann erkannt werden, wenn die Aichung rc. im Laufe des Untersuchungsverfahrens nachgeholt worden ist: OT. 57, Münch. (JMbl. 1858 s. 60; BE. IV, 324); a. M.: BL. s. 713. Darüber, wem der Erlös zufalle, vgl. HMVf. 25. Jan. 1876 (VMbl. s. 49). 27. Die Vorschrift der Pr. Vdn. v. 13. Mai 1840 § 1, daß, „so oft etwas nach Maß oder Gewicht verkauft wird, die im Jnlande erfolgende Ueberlieferung nur nach (inländischem) gehörig gestempeltem Maße oder Gewichte geschehen darf, bei Vermeidung einer Geldstrafe von 1—5 Thalern, sowie der Einziehung der mv

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3) Gewerbtreibende, welche in Feuer arbeiten, wenn sie die Vorschriften nicht befolgen, welche von der Polizeibehörde wegen Anlegung und Verwahrung ihrer Feuerstätten, sowie wegen der Art und der Zeit, sich des Feuers zu bedienen, erlassen sind. Im Falle der Nr. 2 ist neben der Geldstrafe oder der Haft auf die Einziehung der vorschriftswidrigen Maße, Gewichte, Waagen oder sonstigen Meßwerkzeuge zu erkennen. [I. Entw.: § 355; II. Entw.: § 356; No». Art. I; Pr. StGB.: § 348.]

§ 370. Mit Geldstrafe bis zu einhundertfunfzig Mark oder mit Haft wird bestraft: 1) wer unbefugt ein fremdes Grundstück, einen öffentlichen oder Privatweg oder einen Grenzrain durch Abgraben oder Abpflügen verringert; [I. Entw.: § 356 Nr. 1; II. Entw.: § 366 Nr. 1; Pr. StGB.: § 349 Nr. 1.] Vgl. § 274 Nr. 2. gestempelten Maße rc." — wurde für Nichtgewerbetreibende (n. 11) weder durch § 348 Nr. 2 Pr. noch durch § 369 Nr. 2 D. StGB, außer Kraft gesetzt; vgl. OT. 59 (JMbl. f. 179) u. Groschuff, Preuß. Strafges. S. 36. — Hene Vor­ schrift ist aber auf den Besitz oder Gebrauch ungestempelter Wagen durch Nicht­ gewerbetreibende nicht anzuwenden, obgleich § 1 des Ges. v. 24. Mai 1853 die Derbotsbestimmung der cit. Vdn. v. 13. Mai 1840 § 1 auf solche Wagen ausdehnte, weil die Strafandrohung des cit. G. (§ 10) die Gewerbetreibenden hervorhebt, unb somit die Straflosigkeit der Nichtgewerbetreibenden anerkennt: OT. 58 (GA. VI, 557), 59 (GA. VII, 375). — Vgl. auch Pr. Maß. u. Gewichts-O. v. 16. Mai 1816 (GS. S. 142).

Zu Nr. 3. 28. Zu „Vorschriften" der „Polizeibehörde" gehören auch spezielle, an den einzelnen Gewerbetreibenden gerichtete Vorschriften: Meves s. 314, BL. s. 713 u. Olsh. u. a.; a. M. Aust. 13. Eine Polizeiverordnung (vgl. Abschn. 29 n. 41) ist nicht nothwendig. § 370.

Zu Nr. 1. 1. Jnr Gegensatze zu Nr. 2 steht Nr. 1 die bewußter Weise unbefugte Zueig­ nung eines fremden Grundstücks bezw. Verringerung eines Weges rc. vor, welche durch eine Grenzverrückung so bewirkt wird, daß die betreffende Bodenfläche nicht die Eigenschaft einer unbeweglichen Sache verliert; vgl. Münch. (BE. IV, 416. 508). — Auch das Bett eines fremden (z. B. im Eigenthum des Staates stehenden) Flusses rc. gehört hierher: OT. 23. Sept. 58. — „Grundstück" ist nicht bloß ein „Acker", sondern z. B. auch ein städtisches Grundstück. 2. Das Wort „fremd" ist vor „Weg" und „Grenzrain" nicht zu suppliren; so (namentlich bez. der Wege) Olsh. n. c (: selbst ein dem Angeklagten gehöriger. Privatweg könne Objekt der Uebertretung sein, wenn an demselben eine fremde Grunddienstbarkeit bestehe); a. M.: Dresd. (StZ. V, 139, BL. s. 714). Gemäß Rll. 21. Sept. 94 (E. XXVI, 74) kann sogar der grundbuchmäßige Eigenthümer eines Grenzrains durch dessen Verringerung sich unter Umständen aus Nr. 1 strafbar machen. 3. 4. Die Strafvorschrift trifft nicht zu, wenn Jemand einem über sein Grundstück führenden Privatwege eigenmächtig eine andere Richtung giebt: OT. 61 (O. I, 435), BL. s. 714; a. M.: Rotering s. 109 (: soweit damit eine Zueignung verbunden sei). Ebensowenig fällt das bloße Verderben eines Weges unter die Nr. 1; vgl. in dieser Hinsicht Art. 40 Tit. 2 des franz. rc. Ruralges. v. 28. Sept. 1791, Pr. FFP-Ges. § 30 und oben § 303 n. 15. Das Gegentheil erkannte Münch.

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2) wer unbefugt von öffentlichen oder Privatwegen Erde, Steine oder Rasen, oder aus Grundstücken, welche einem Anderen gehören, Erde, Lehm, Sand, Grand oder Mergel gräbt, Plaggen oder Bülten haut, Rasen, Steine, Mineralien, zu deren Gewinnung es einer Verleihung, einer Konzession oder einer Erlaubniß der Behörde nicht be­ darf, oder ähnliche Gegenstände wegnimmt; [I. Entw.: § 356 Nr. 2; II. Entw.: § 366 Nr. 2; Pr. StGB.: § 349 Nr. 2.] (BE. VIII, 76) bez. des gänzlichen Beseitigens eines Weges durch Umpflügen. — Jdealkonkurrenz mit § 2742 ist denkbar: Rll. 29. Dez. 91 (E. 22, 286); vgl. auch § 274 n. 20.

Zu Nr. 2. 5. Vorausgesetzt wird eine „unbefugte Wegnahme" in der Absicht rechtswidriger Zueignung: OT. 63, 78 (O. IV, 25; XIX, 467). Daher genügt nicht die Feststellung, daß die (behauptete) Beiugniß, bezw. Gerechtsame nicht nachgewiesen, noch daß die Erde rc. abgeführt (statt: „gegraben, bezw. weggenommen") sei: Münch. (BE. VI, 503); vgl. auch Münch. (BE. II, 299). — Bez. der Wegnahme von Sand von dem Meeresufer vgl. Königsb. (GA. 37 s. 222). — Auch die mit der Hand ausgeführte Wegnahme von Erde ist ein „Graben" (OLG. München, GA. 44, 280). 6. Objekt dieser Übertretung können nur Gegenstände sein, welche zur Zeit einen Bestandtheil des Grundstücks (Wegs rc.) bilden, keine für sich bestehende bewegliche Sache sind (deshalb: „— aus Grundstücken"); ebenso (speziell bezüglich der Steine): RH. 13. Mai 87 (R. IX, 313), Rostock (GA. 39 s. 449: betr. Steine, welche beim Abfahren des Sandes aus einer Sandgrube zu Tage gefördert und ziemlich auf einen Haufen zusammengeworfen waren, ohne zur Zeit eine besondere Bestimmung erhalten zu haben). Es gehören somit der Koth auf den Straßen oder in den Chausseegräben hierher; ebenso: Rotering s. 110; a. M.: Olsh. n. c; desgleichen der auf fremden Aeckern ausgebreitete Dünger, insofern dessen Wegnahme nicht durch eine in Kraft befindliche feldpolizeiliche Vorschrift (z. B. Pr. FFP.-Ges. § 25) mit Strafe bedroht ist; vgl. § 242 n. 11. 57; a. M.: Schw. s. 962. — „Nasen" ist die mit Gras bewachsene Erdscholle: Dresden 3. Aug. 74 (StZ. 5, 186), der Begriff ist nicht identisch mit „Gras"; vgl. n. 9. 7. Dagegen findet Nr. 2 keine Anwendung auf den aufgefahrenen, noch in Haufen stehenden Dünger und die zur Ausbesserung einer Landstraße angefahrenen dort aufgeschichteten Steine; so lange sie nicht ausgebreitet und so zu einem Bestandtheile des Grundstücks selbst gemacht sind, ist ihre Wegnahme rc. Diebstahl; vgl. § 242 n. 57, Stuttg. (WGbl. XI, 398). 8. Ebenso scheidet Nr. 2 aus, wenn einer dieser Gegenstände (n. 7) durch einen Anderen, zumal den Berechtigten oder mit seiner Zustimmung, aufgesammelt oder in anderer Weise als selbständige bewegliche Sacke in Besitz genommen ist; wer mit Kenntniß von dieser Thatsache jenen Gegenstand in der Absicht rechtswidriger Zueignung wegnimmt, begeht einen Diebstahl: OT. 67, 68 (O. VIII, 357; IX, 152. 560); ebenso: OT. 61 (O. II, 116. 147: gestochenen Torf betr.); vgl. n. 11, § 242 n. 12. 9. Die Nr. 2 bleibt auch da außer Anwendung, wo es sich lediglich um ein Produkt der Vegetation handelt, z. B. um ausstehende Heide, das auf einem Wege wachsende Gras, Blumen rc.; hier können die besonderen Feldpolizeigesetze maßgebend sein; vgl. Pr. FFP.-Ges. § 24, Dresd. (SGZ. XIX, 49); a. M.: Oldenb. 18. Jan. 59 und Präj. Oldenb. (Old. Arch. VI, 127; IX, 53). In Betreff des Torfs vgl. jedoch n. 11. 10. Bez. der „Mineralien", zu deren Gewinnung es einer Verleihung rc. bedarf, ist für Preußen das (in den neuen Provinzen durch Vdn. vom 22. Febr., 12. März, 6. u. 8. Mai, 1. Juni 1867 eingeführte) Ges. v. 26. März 1856 und bez. des Bernsteins das Ges. v. 22. Febr. 1867 maßgebend: RIV. 25. Nov. 87 (R. IX, 656) und Groschuff S. 159 u. S. 3. — Wo das Bergbaurecht auf Steinkohlen ein

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3) wer von einem zum Dienststande gehörenden Unteroffizier oder Gemeinen des Heeres oder der Marine ohne die schriftliche Erlaubniß des vorgesetzten Kommandeurs Montirungs- oder Armaturstücke kauft oder zum Pfande nimmt; [I. Gntro.: § 356 Nr. 4; II. Gntro.: § 366 Nr. 4; Pr. StGB.: § 349 Nr. 4.]

4) wer unberechtigt fischt oder krebst; [I. Gntro.: 354 Nr. 12; II. Gntro.: § 292; - Nov. Art. I. - Pr. StGB.: § 273.]

5) wer Nahrungs- oder Genußmittel von unbedeutendem Werthe oder in geringer Menge zum alsbaldigen Ver­ brauche entwendet. Eine Entwendung, welche von Verwandten aufsteigender Linie gegen Verwandte absteigender Linie oder von einem Ehegatten gegen den anderen begangen worden ist, bleibt straflos; [I. Gntro.: § 356 Nr. 3; II. Gntro.: § 366 Nr. 3; Pr. StGB.: § 349 Nr. 3.] §§ 242. 243. 247.

Vgl.

Ausfluß des Grundeigenthums ist (vgl. z. B. Sächs. Bergges. v. 16. Juni 1868 § 4), fällt die unbefugte Wegnahme unabgebauter Steinkohlen unter Nr. 2, da Steinkohlen Mineralien oder doch „ähnliche Gegenstände" im Sinne der Nr. 2 darstellen: Dresd. (SGZ. 23 s. 318). 11. Zu den dort erwähnten „ähnlichen Gegenständen" zählen auch Tropfsteingebilde in einer zum fremden Grundstücke gehörigen Höhle; vgl. Münch. (BE. V, 259), (ungestochener) Torf: DHL 27. Juni 90 (E. 21, 27); vgl. n. 8, § 242 n. 55, nach WGbl. XIII, 121 sogar Eis aus Privatwässern, sofern dasselbe noch nicht gewonnen und ans Ufer gebracht ist.

Zu Nr. 3. 12. Diese Strafvorschrift (vgl. § 1316, II, 20 Pr. Allg. Landr.) wird dadurch nicht unanwendbar, daß die angekauften rc. Gegenstände dem Verkäufer eigenthümlich gehören. Auch fahrlässige Zuwiderhandlung ist strafbar. Untere Militärbeamte gehören nicht hierher.

Zu Nr. 4. 13. 14. Vgl. die Bemerkungen zu §§ 296. 296 a. — Strafantrag ist nicht nöthig. Auch todte (aber noch nicht verweste) Fische gehören hierher: Münch. (GA. 45, 144). 15. Eine Einziehung der Fischereigeräthschaften greift hier nicht Platz, da § 40 auf Uebertretungen keine Anwendung findet; vgl. Pr. Fischerei-Ges. v. 30. Mai 1874 § 48, RII. 7. Febr. 82 (R. IV, 132). 16. Anderweitige fischereipolizeiliche Vorschriften und die darauf bezüglichen Strafbestimmungen (auch solche, welche eine Einziehung vorschreiben) sind durch Nr. 4 nicht aufgehoben; vgl. EG. § 2 Abs. 2, Pr. Fisch.-Ges. §§ 49 ff.

Zu Nr. 5. 17. Zweck der Nr. 5 ist, die durch ein augenblickliches Bedürfniß oder Gelüste hervorgerufenen geringfügigen Diebstähle, den sog. Mundraub, milder zu strafen: Mot. s. 151. „Entwendung" ist sonach gleichbedeutend mit „Diebstahl", der vollständige Thatbestand eines solchen wird vorausgesetzt; selbst der Vorsatz ist bei beiden Strafthaten kein relativ verschiedener; ebenso: Rill. 19. März 81, 28. Jan. 82, RI. 8. Mai 82, 26. Apr. 88 (E. III, 423 ; V, 404; VI, 325; R. X, 333); vgl. § 361 n. 65; a. M.: Geyer, Z. f. StR. II, 301. Somit findet Nr. 5 auf

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Unterschlagungen keine Anwendung: RII. 7. März 93 (E. XXIV, 38), OT., Stuttg. (O. XIII, 209; WGbl. XIV, 248); a. M.: Olsh. n. a u. v. Liszt S. 460. Schlosky, Mundraub S. 9 zieht sogar Besitzentwendung (§ 289) hierher, 18. Aus dem Gesagten (n. 17) folgt, daß unter „Nahrungs- oder GenußMitteln (alternative Feststellung ist zulässig) nur solche für Menschen zu verstehen sind. Demgemäß gehört z. B. Viehfutter nicht hierher: Rill. 2. Okt. 80 (II. II, 294), Münch. (BE. VII, 100). Jene Begriffe unterscheiden sich insofern, als „Nahrungsmittel" nur solche Mittel sind, welche der Ernährung des Körpers dienen, während der Begriff „Genußmittel" weiter ist, nämlich alle Mittel bezw. Stoffe umfaßt, welche, auch ohne jenen Zweck zu erfüllen, in eigentlichem Sinne genossen, d. h. durch die menschlichen Organe dem Körper wirklich zugeführt und mit dem Genusse verbraucht werden: Rill. 9. April 81 (E. IV, 72). — Daß die Nahrungsmittel ohne vorherige Zubereitung genießbar seien, wird nicht gefordert: RII. 24. Febr. 80 (E. I, 223), Münch., Dresd. (StZ. II, 239; VI, 88), Meyer s. 293, Rüd. n. 4, Puch. n. 5; a. M.: Schw. s. 963 (: theilweise), Meves s. 322, Wolfenb., GSaal 25 s. 72; noch auch, daß sie leblose Gegenstände seien: RII. 1. Juli 84 (R. VI, 488). Ein Gegenstand, welcher in seiner Gesammtheit als Nah­ rungsmittel erscheint, z. B. lebende eßbare Thiere (Fische), verliert diese Eigenschaft nicht dadurch, daß er auch ungenießbare Bestandtheile (wie beim Geflügel die Federn) enthält: RI. 5. Jan. 82 (A. V, 149). Auch vermag die Art, wie der Eigenthümer über ein Produkt verfügt, demselben nicht die gedachte Eigenschaft zu rauben, sofern es objektiv zur Ernährung des Menschen tauglich bleibt; Beisp.: noch nicht untergepflügte Saatkartoffeln; vgl. eit. RII. 24. Febr. 80. — Zu den „Genußmitteln" gehören „Gefrorenes" (München StZ. 4, 78), „Backhefe" (RI. 28. Mai, 29. Sept- 00; E. 33, 301, 386), Tabak (Cigarren: Rill. 31. Dez. 81, E. V, 289; Münch. BE. VI, 343), Parfüms rc., nicht aber Brenn-Material (es wird nicht genossen): RI. 12. Juli 83 (E. IX, 46: betraf gewonnenen Torf), Dresd., Münchs (StZ. II, 207; V, 187. 188; BE. V. 538), OT. (O. XIX, 5), noch Beleuchtungsgegenstände: eit. RI. 12. Juli 83 (Mot.), noch gemäß eit. Rill. 9. April 81 (unter Bezugnahme auf die Mater, des G.) Blumen; a. M.: v. Liszt s. 460 (: falls letztere nicht zum Riechen, nicht als Schmuck verwendet werden sollen). — Die gleichzeitige, ohne selbständige Zueignungs-Abstcht bewirkte Wegnahme bloßer (geringwerthiger) Umhüllungen jener Gegenstände (z. B. Flaschen, Töpfe) schließt die Anwendbarkeit der Nr. 5 nicht aus; vgl. § 242 n. 41. OT., Münch. (O. XX, 287; BE. II, 553), Rüd. n. 4. 19. Der Sinn der Worte „zum alsbaldigen Verbrauche" ist mit Rücksicht auf den Zweck der Vorschrift (n. 17) zu bemessen, „alsbaldig" nicht gleichbe­ deutend mit „sofort" oder „auf der Stelle"; den Gegensatz bildet die Aufbewahrung (das Sammeln eines Dorraths) für späteren Gebrauch: Rll. 24. Febr. 80 (eit. n. 18). Münch. (StT. II, 239), RII. 24. April 01 (GA. 48, 300: unter „alsbaldi­ gem Verbrauch" sei nur ein Verzehren, nicht dessen Verwendung zur Zubereitung eines als Vorrath bestimmten anderen Nahrungsmittels, z. B. das Einbacken von Butter in einen Kuchen, zu verstehen). Jene Worte schließen daher den Fall nicht aus, wo das Nahrungsmittel an einen anderen, nahegelegenen Ort gebracht werden soll, um dort (zubereitet und) verzehrt zu werden: eit. RII. 24. Febr. 80, Münch. (StZ. IV, 78). Jinmerhin muß aber die Befriedigung eines augenblicklichen, nicht (gleichzeitig) diejenige etwaiger künftiger Bedürfnisse oder Gelüste bezweckt fein, weshalb die Anwendung der Nr. 5 durch die Feststellung, die Sache sei zum all­ mählichen Verbrauche oder sie sei zum Verzehren (nicht bei der nächsten Mahlzeit: RII. 13. Juni 84, R. VI, 422, sondern) bei den nächstfolgenden Mahlzeiten entwendet worden, nicht gerechtfertigt wird: RI. 6. Dez. 80, RII. 25. April 84 (A. III, 31; E. X, 308); vgl. jedoch Rlll. 15. Okt. 85 (E. VII, 582: erachtete die Feststellung, daß die entwendeten Sachen nicht in einer Mahlzeit hätten verzehrt werden können, ohne nähere Angabe über die Art und Zeit der Verwendung, für unzureichend, um das Thatbestandsmerkmal „zum alsbaldigen Verbrauche" auszuschließen). Aus dem Grunde der Vorschrift ergiebt sich ferner, daß jene Worte nur auf den eigenen Verbrauch (des Thäters oder des Anstifters und des Hausstandes, welchem sie angehören) zu beziehen sind; vgl. Rll. 25. April 84 (E. X, 308: Mot.); a. M.: Rll. 26. Febr. 86 (E. XIII, 371), Schw. s. 963, Rüd. n. 4, Meves s. 324, Olsh. n. g; vgl. auch v. Liszt s. 460. — Waltet die Absicht alsbaldigen Verbrauchs ob, so ist es gleichgültig, ob sie später zur Ausführung gebracht wird, oder ob z. B.

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Thl. II. Abschn. XXIX. Übertretungen. - § 370 Nr. 5.

der Thäter die betr. Gegenstände verschenkt; ebenso: Rill. 31. Dez. 81 (E. V, 289). War dagegen von vornherein beabsichtigt, die entwendeten Nahrungsmittel u. s. w. zu verkaufen, zu verschenken oder sonst zu veräußern, so findet Nr. 5 nicht Anwen­ dung: eit. RIl. 25. April 84. 20. Es genügt, wenn die betr. Gegenstände entweder „von unbedeuten­ dem Werthe" oder „in geringer Menge" waren; ebenso: RUI. 21. Sept., 31. Dez. 81 (R. III, 516; E. V, 289). Die desfälligen Feststellungen sind thatsäch­ licher Natur, daher nicht revisionsfähig: citt. RUI.; selbst insofern es sich darum handelt, ob die vom Jnstanzrichter quantitativ genau fixirten Gegenstände eine ge* ringe Menge darstellen; so: citt. Rill. 21. Sept. 81; a. M.: Geyer, Z. f. StR. IIr 308; vgl. n. 23, § 247 n. 9. — Werden Nahrungsmittel von Mehreren gemein­ schaftlich entwendet, so bildet für die erstere Alternative der Gesammtwerth den Maßstab: RI. 10. Mai 83, RIl. 13. Juni 84 (E. VIII, 406; R. VI, 422). — Bei Beurtheilung der Frage, was eine „geringe Menge" sei, ist dasjenige Maß zu berücksichtigen, welches „alsbald verbraucht" werden kann; vgl. jedoch RH. 26. Febr. 86 (E. XIII, 371). 21. Treffen die Voraussetzungen der Nr. 5 zu, so bleibt die Diebstahlsstrase ausgeschloflen, selbst wenn einer der erschwerenden Umstände des § 243 obwaltete: Mot. f. 151, RIl. 17. Sept. 80, 25. April 84, Rill. 9. Nov. 81 (A. II, 317; E. X, 308; R. III, 701), RI. 1. Mai 84 (R. XI, 166: betraf eine mittels Einsteigens versuchte Entwendung; diese sei zwar als Versuch nicht aus Nr. 5, wohl aber als voll­ endete That aus § 123 strafbar; vgl. dort n. 12 a), R1I. 29. Mai 88 (R. X, 418: erkannte, daß bei dem mittels Sachbeschädigung (Einbruchs) und widerrechtlichen Eindringens in eine fremde Wohnung ausgeführten Mundraub selbständig und reaItter die Delikte aus §§ 303. 123 konkurrirten). Dagegen ist die Strafe des Raubes rc. (§§ 249ff. 252) zu verhängen, sobald ein Thatbestand feststeht; ebenso: RI. 8. Mai 82 (E. VI, 325). — Jdealkonkurrenz mit versuchtem, einfachen oder schweren Diebstahl ist denkbar- RI. 22. April 97 (E. 30, 67). 22. Eine Mehrheit selbständiger Entwendungen der fraglichen Art ist, selbst wenn sie aus einem einheitlichen Entschlüsse hervorgingen, nicht als „fortgesetztes" Vergehen anzusehen (eie entgegengesetzte Auffassung könnte leicht dahin führen, daß der sonst für die Einzelfälle zutreffende § 370 Nr. 5 (nebst Schlußsatz ausgeschlossen und § 242 oder § 243 anwendbar würde): Stuttg. (WGbl. VI, 21); vgl. v. Liszt s. 460; a. M.: RI. 26. .April 88 (R. V, 333), Münch. (BE. IX, 27). Doch kann aus der Mehrheit gleichartiger Entwendungen, wenn letztere gleichzeitig, z. B. an demselben Morgen auf einem Wochenmarkt, stattfinden, gefolgert werden, daß die einzelnen Sachen nicht „zum alsbaldigen Verbrauche" entwendet worden seien: RH. 25. Sept. 83 (R. V, 545). 23. In prozessualer Hinsicht vgl. § 242 n. 59. 60. Dem dort Gesagten zufolge muß der Richter wegen einer „Entwendung von Nahrungs- rc. Mitteln" die Dieb­ stahlsstrafe verhängen, sofern er nicht das Vorhandensein aller die Anwendung der Nr. 5 bedingenden Momente im Urtheile ausdrücklich feststellt: OA. 73, OT. 72, 74, 77 (O. XIII, 247f XIV, 515; XV, 886; XVIII, 3), Stuttg. 77, Wolfenb. 78, Münch. 80 (WGbl. XII, 409; Br. Z. XXV, 68; BE. IX, 537); a. M.: OT. 69, 71 (O. X, 721; XII, 628), Meves s. 324. Jene Feststellung muß ferner, insoweit bei dieser Subsumtion der That rechtliche Bedenken obwalten können, erlernten lassen, daß bei der Annahme eines Mundraubs kein Rechtsirrthum untergelaufen, z. B. daß bei einer gemeinschaftlich verübten Entwendung die Gesammtheit der betr. Sachen als unter den Begriff des „unbedeutenden Werths" fallend ange­ nommen sei (n. 20): RIl. 13. Juni 84 (eit. n. 19. 20; hier hatte die Anklage aus Diebstahl, § 242, gelautet). Doch genügen schon zwei von fünf Stimmen zur Annähme eines Mundraubs statt eines Diebstahls: RUI. 28. Jan. 92 (E. V, 404), Löwe StPO. § 262 n. 2. 24. Rücksichtlich der Straflosigkeit der vom Ascendenten gegen Descendenten oder von einem Ehegatten gegen den anderen begangenen Entwendungen der hier fraglichen Art vgl. § 247 n. I6sf. Daß die Straflosiigkeit auf andere Theilnehmer (Begünstiger) an der Uebertretung, welche nicht in den gedachten persönlichen Verhältnissen stehen, nicht auszudehenen sei, ergiebt § 50; deshalb ist es unwesentlich, daß die Nr. 5 jene Bestimmung nicht (wie § 247 Abs. 3) ausdrücklich

Thl. II. Abschn. XXIX. Uebertretunge». - § 367 Nr. 6.

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6) wer Getreide oder andere zur Fütterung des Viehes be­ stimmte ober geeignete Gegenstände wider Willen des Eigenthümers wegnimmt, nm dessen Vieh damit zu füttern. [I. Emw,: § 365 Nr. 5; II. Entw.: § 366 Nr. 5; Pr. StGB.: § 348 Nr. 7.] trifft RIV. 28. April 96 (E. 28, 324): tz 64 Abs. 2 sei uneingeschränkt anwendbar); a. M.: Puch. n. 5. 25. Insoweit ein in Kraft verbliebenes Landes-Feldpolizeigesetz (EG. § 2) den Diebstahl von Früchten und sonstigen Bodenerzeugnissen besonders Derpönt, bleibt Nr. 5 (wie die allgemeine Diebstahlsstrafe) ausgeschlossen; ebenso: SRI. 15. März 96 (E. 28, 260: betr. Württemb. Pol. StGB. Art. 36a), Münch. (BE. VII, 109); vgl. Pr. FFP.-Ges. § 18 Abs. 2, wo dies ausdrücklich anerkannt wird. Die hier in Betracht kommenden Vorschriften des letzteren Ges. sind in §§ 6. 18-21 enthalten. Vgl. § 242 n. 50. 53. 26. 27. Die Strafverfolgung aus. Nr. 5 tritt nur auf den Antrag des Derletzten ein; vgl. Abs. 2. — Das ist aber auf die unter ein besonderes Gesetz (n. 25) fallenden Uebertretungen nicht auszudehnen, es sei denn, daß das letztere Gesetz aus­ drücklich das Gegentheil vorschriebe, wie es z. B. das Pr. FFP.-Geseh im § 18 Abs. 2 (nicht aber für die Fälle des § 20 ib.; so: Berl., Joh. VII, 270) thut. — Wird eine Entwendung im Sinne der Nr. 5 an Sachen des Eisenbahntransports verübt, so ist (neben dem Eigenthümer) die betr. Betriebsbehörde als GewahrsamSinhaber antragsberechtigt; so: Rill. 11. Nov. 86, RI. 23. Sept. 89 (R. VIII, 703; E. XIX, 378). Letzteres Erk. spricht dieses Recht bez. der von Pr. Eisenbahnbeamten während der Fahrt verübten Entwendungen mit Rücksicht auf den Pr. Erlaß v. 24. Nov. 1879 nicht blos dem Betriebsamte (jetzt wohl der EisenbahnDirektion) des Thatortes, sondern auch demjenigen zu, welches dem Thäter vor­ gesetzt ist [?]. 28. Die Hehlerei (Partirerei) der in der Nr. 5 erwähnten Gegenstände ist aus § 259 zu bestrafen. Anders, wenn auf die Entwendung selbst statt der Nr. 5 der § 18 des Pr. FFP.-G. anwendbar ist; vgl. § 8 ib.

Zu Nr. 6. 29. Der hier vorgesehene s. g. Futterdiebstahl ist kein Diebstahl, weil es dabei an der Absicht der Zueignung fehlt; vgl. § 242 3. 45. Die (bewußt un­ nötiger Weise) vorgenommene Verfütterung der Sache an das Vieh des Eigenthümers ist Sachbeschädigung. 30. Die Nr. 6 spricht allgemein, ist also nicht auf die mit der Pflege des betr. Viehes betrauten Personen (Dienstboten rc.) zu beschränken. 30a. Dalcke, GA. 41 s. 325 glaubt, daß die Worte „wider Willen" nichts anderes besagen wollen, als: ohne Willen, daß also das Bewußtsein des Thäters genüge, er handle ohne Zustimmung des Eigenthümers und würde auf eine solche niemals zu rechnen haben (?); a. M.: Schwarze, der s. g. Futterdiebstahl rc. 31. Zum „Vieh" gehört auch das Federvieh: Meves s. 327, Olsh. n. a. Schwarze 1. c. versteht unter „Vieh" hier nur das sog. Groß- und Kleinvieh, wie solches in einer Landwirthschaft gehalten werde; vgl. jedoch Dalcke 1. c. (: alle Thiere, welche der Mensch sich dienst, bezw. nutzbar gemacht und die er des Nutzens oder Vergnügens wegen in seinem Haushalte habe). 32. Ob die Absicht der Verfütterung später zur Ausführung gelangt, berührt an sich den Thatbestand nicht. Doch ist zu berücksichtigen, daß die Dersicherung: „die Wegnahme sei mit der (unausgeführt gebliebenen) Absicht der Derfütterung rc. bewirkt", meist nur eine leere Ausrede sein wird; der Znstanzrichter hat daher alle Ursache, ihre Richtigkeit sorgfältig zu prüfen, namentlich zu berücksichtigen, inwiefern der Angeschuldigte Anlaß hatte, für die Fütterung des Viehes zu sorgen, und ob er mit Grund annehmen konnte, daß däs vom Eigenthümer den den Thieren gewährte oder bestimmte Futterquantum nicht genüge. 33. Geschah die Wegnahme des Futters in der Absicht der Verfütterung an das Vieh eines Dritten, so bleibt Nr. 6 ausgeschlossen, und die Diebstahlsstrafe

1004

Thl. II. Abschn. XXIX.

Nebertretungen. — § 370 Schlußsatz.

In den Fällen der Nr. 5 und 6 tritt die Verfolgung nur ans Antrag ein. Die Zurücknahme des Antrages ist zulässig. [9106. v. 26. Febr. 1876 Art. I.] tritt ein, insofern die That nicht unter eine Feldpolizeivorschrift (z. B. Pr. FFP.Ges. § 18) füllt; vgl. OT. 19. Sept. 55. 34. Die Strafverfolgung tritt nur auf Antrag ein: Abs. 2. 35. In Betreff der prozessualen Behandlung vgl. n. 23; § 242 n. 59.

Zum Schlußsätze. 36.

Dgl. §§ 61—65 und die Bemerkungell zu denselben sowie oben n. 26.

Zusätze. Seite „ „ „ „ „ „

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100 zu § 43n. 10 Zeile 6 v. o. hinter: „a. M.:" Rl. 14. März 01 (E. 34 217). 119 zu tz 49 n. 7. Inwieweit sich in der Vorstelluna des Anstifters die auszuführende That, insbesondere hinsichtlich der Person des zu Verletzenden, konkretisirt haben müsse, darüber vgl. RH. 14. Mai 01 (E. 34, 327). 146 zu § 52 n. 14. Vgl. auch R1V. 15. Febr. 01 (E. 34, 161). 148 § 53n. 2: hiuter „RIX, 471": Vgl. auch RI. 2. Mai 01 (GA. 48, 304). 238 zu § 79 n. 1—4. Unter welchen Umständen von der Anwendung des § 79 Abstand genommen werden kann; darüber vgl. RIV. 14. Mai 01. (E. 34, 267). 264 § 95 n. 5: Wegen der Erfordernisse des Eventualdolus, vgl. Rill. 22. April 01 (GA. 48, 298). 297 zu tz 114 n. 5. Es genügt nicht zur Erfüllung des Thatbestandes des § 114, wenn sich der Dolus des Drohenden auf das Bewußtsein von der abstrakten Möglichkeit der Vornahme einer gewissen Amtshand­ lung seitens des Bedrohten beschränkt: RIV. 5. März 01 (E. 34, 206). 312 § 120 n. 13: Wegen Entziehung u. s. w. aus der Fürsorgeerziehung; vgl. § 21 Pr. v. 2. Juli 00 (G. S. 264). 331 zu § 130 n. 1. Bei öffentlichen Reden ist der Kreis der Personen, die für den Begriff der Friedensgefährdung in Betracht kommen, nicht auf die Zuhörer zu beschränken. Auch kommt es für diesen Begriff nicht allein auf die Empfindungen der angereizten Bevölkerungsklasse an. RII. 31. Mai 01. (E. 34, 268.) 340 zu § 132 n. 11. Darin, daß eine Privatperson als solche einer anderen int Einverständnisse mit derselben außergerichtlich zur Bekräftigung der Wahrheit einer von dieser behaupteten Thatsache den Eid in der Form des tz 6l StPO, abnimmt, kann die Vornahme einer Amtshand, lung nicht gefunden werden: Rill. 13. Juni 01 (E. 34, 288). 399 zu § 160 n. 4. RIV. 18. Juni 01 (E. 34, 298) giebt seine Ansicht in E. 15, 148 auf und erklärt den § 160 auch hier für anwendbar. 402 zu § 163 n. 5 a. E. Dgl. RIV. 18. Juni 01 (E. 34, 298).

Zusätze.

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Seite 404 zu § 164 n. 3 a. (5. Wann tritt bei einer einem Gensdarm gemachten Anzeige die Vollendung der falschen Anschuldigung ein? Rl. 4. März 01 (E. 34, 203). Vgl. auch E. 33, 383. „ 415 zu tz 167 n. 5. Die Beerdigungsfeier einer nicht mit Korporations­ rechten versehenen Religionsgemeinschaft auf einem unter kirchlicher Aufsicht und Verwaltung stehenden Friedhofe fällt auch dann unter § 167, wenn der mitwirkende Geistliche dadurch, daß er die Leichenrede ohne Genehmigung des zuständigen Kirchengeistlichen hält, sich der Uebertretung einer Polizeistrafverordnung schuldig macht: RlV. 14. Mai 1901 (E. 34, 264). „ 429 zu § 174 n. 9 u. 10. Wegen der Handlungslehrlinge vgl. R1V. 2. Juli 01 (E. 34, 311). „ 431 zu § 175 n. 3. Ein Mann, der das männliche Glied eines Anderen in den Mund nimmt und daran saugt, erfüllt auf seiner Seite den objektiven Thatbestand des § 175. Daß auch er zur Erregung oder Be­ friedigung seines eigenen Geschlechtstriebes gehandelt habe, ist nicht erforderlich, es genügt, daß er auch seinerseits bewußter- und gewolltermaßen zu der beischlafsühnlichen Handlung mitwirkt und zwar in Kenntniß davon, daß der Andere dabei in der'Absicht der Erregung oder Befriedigung seines Geschlechtstriebes handelt. Der nicht in eigener wollüstiger Absicht Handelnde ist als selbständiger Thäter und nicht bloß als Gehülfe anzusehen. Rll. 29. März 01 (E. 34, 245). „ 441 zu § 180 n. 7: RlV. 2. Juli 01 (E. 34, 310) giebt seine Ansicht (GA. 47, 373) auf und nimmt an, daß ein gewohnheitsmäßiges Delict auch durch eine fortgesetzte Handlung verübt werden könne. „ 444 zu § 181 a n 1. Die erste Alternative des Abs. I kann auch auf den erwerbsunfähigen und der Armenunterstützung bedürftigen Verlobten der Prostituirten Anwendung finden; RlV. 8. März 01 (E. 34, 212). „ 450 zu § 184 Nr. 1 n. 6. Unter Ankündigung zum Zwecke der Verbreitung ist jede Kundgebung zu verstehen, durch die auf die Gelegenheit zum Bezüge unzüchtiger Schriften aufmerksam gemacht werden soll. Dies kann auch durch das öffentliche Anbieten der Versendung eines Katalogs derartiger Schriften geschehen. RlV. 9. Juli 01 (E. 34, 317). „ 451 zu § 184 Nr. 3 n. 12. Ob die Inferate von Jedermann dahin verstanden werden können, daß sie auf Gegenstände, die zum unzüchtigen Gebrauche bestimmt sind, Bezug haben, ist unerheblich, es genügt, wenn Leute von einer gewissen Lebenserfahrung die Inserate in diesem Sinne auffassen müssen. Ebensowenig ist erforderlich, daß aus den Inseraten für sich allein die spezielle Art der zu unzüchtigem Zweck bestimmten Gegenstände zu erkennen ist, es genügt, wenn daraus zu entnehmen ist, daß Mittel zur Ermöglichung eines unzüchtigen geschlechtlichen Verkehrs zum Kaufe angeboten werden. Das Urtheil des N. (E. 14, 397) ist jetzt nicht mehr maßgebend: RlV. 11. Juni 01 (E. 34, 285). „ 477 zu n. 1 und Seite 483 n. zu n. 19 (§ 193). In einer wissentlich falschen Anzeige kann die Wahrnehmung eines berechtigten Interesses nicht gefunden werden. Auch ist die irrthümliche Annahme eines berechtigten Interesses diesfalls kein Strafausschließungsgrund. RlV. 19. März 1901 (E. 34, 222). „ 482 zu § 193 n. 18 Zeile 11 v. o. (hinter „Bedeutung"): Vgl. auch RlV. 12. März 01 (E. 34, 216). „ 503 zu § 204 n. 2. Nach Rl. 4. März 01 (E. 34, 200) genügt das frei­ willige Abstehen auch nur einer Partei vom Zweikampfe. „ 515 zu § 218. Vgl. Rl. 14. März 01 u. II. 14. Mai 01 (E. 34, 217 u. 327). „ 553 § 235 n. I: (wie oben auf S. 312). „ 571 § 242 n. 20: Wegen Besitzverlust bei Hausthieren nach BGB. § 856; vgl. RlV. 24. Mai 00 (GA. 48, 311). „ 571 n. 21 u. S. 573 n. 31 (§ 242). Unter welchen Voraussetzungen kann an Nachlaßsachen Diebstahl begangen werden? Rll. 19. April 01 (E. 34, 252). „ 606 au § 246 n. 1. Vgl. RI. 25. Febr. 01 (E. 34, 181 betr. Beamter einer Privatbank). „ 630 zu § 253 n. 3a. a. E.: u. Rl. 6. Juni 01 (E. 34, 279).

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Zusätze. 631 zu § 253 n. 5: Die Rechtswidrigkeit wird dadurch nicht beseitigt, das; der Thäter für einen in Wirklichkeit nicht vorhandenen Anspruch einen vollstreckbaren Schuldtitel erwirbt: RI. 6. Juni 01 (E. 34, 279). 643 zu § 259 n. 2 Zeile 1 (hinter „Thäter"): oder Mitthäter (RI. 1. Juli 01; E. 34, 304). 703 zu § 267 n. 63. Wenn der unter dem Schriftstücke befindlichen Unter­ schrift einer Firma ein „p" vorgesetzt ist, so liegt keine Urkunde vor: RU. 5. März 01 (E. 34, 205). 704 zu § 267 n. 103 Zeile 3 v. u. (hinter „E. 30, 118"): vgl. aber «IV. 28. Juni 01 (E. 34, 302). 716 zu tz 268 n. 5: Dgl. auch RI. 28. März 01 (E. 34, 243). 722 zu § 271 n. 6 Zeile 9 v. o. (hinter „XXIV, 308"): Die in den Strafanstalten des Ministers des Innern an Stelle des früheren „Mutterregisters" eingeführten Gefangenbücher: RI. 24. Juni 01 (E. 34, 299.) 723 zu § 271 n. 14. Zeile 24 v. o. (hinter E. 32, 386): oder im Heirathsregister eine unrichtige Angabe betr. Leben oder Tod der Eltern der Eheschließenden vermerkt wird: RI. 29. April 01. (E. 34, 263). 743 zu § 239 KO. n. 33 a. E. Vgl. RIV. 27. März 01 (E. 34, 238) wegen Konkurrenz mit tz 11 des Depotgesetzes v. 4. Juli 1896. 757 zu tz 241 KO. n. 9. Eine Sicherung liegt nicht vor, wenn dem Gläu­ biger wegen seiner Forderung vom Schuldner an dessen Grundstück eine Briefhypothek bestellt, der Hypothekenbrief aber nicht übergeben ist. RIV. 19. Febr. 01 (E. 34, 171). 770 zu § 286 n. 6 a. E.: u. RH. 11. Oct. 01 (E. 34, 321). 813 zu § 303 n. 4 a. E.: Dgl. auch RI. 17. Juni 01 (E. 34, 295). 840 zu § 318a. Vgl. RI. 15. April 01 (E. 34, 249). 883 zu § 348 n. 8a. a. E.: Wegen der Gefangenregister in Elsaß-Lothringen vgl. RI. 7. März 01 (E. 34, 208). 910 zu § 359 zu n. 32 Zeile 17 v. o. (hinter „erforderlich"): u. (E. 34, 234). 911 zu § 359 zu n. 32 Zeile 3 v. o. (hinter „E. 24, 274): städtische Kiesgrubenaufseher RI. 13. Juni 01 (E. 34, 287). 929 zu § 360 Nr. 8 n. 48a. Zeile 2 (vor „Colmar"): «II. 31. Mai 01 (E. 34, 271).

Register. (Die Zahlen ohne Zusah bezeichnen die §§.) Abbildung, strafbare, Unbrauchbarmachg: 41.42, unzüchtige, Verkauf rc.: 184; be. leidigende: 186. 187. 200; Papiergeld, Ähnlichkeit: 360 Nr. 6; Wappen v. Bundesfürsten: 360 Nr. 7. Abbrennen, Feuerwerke: 368 Nr. 7; Feuerwerkskörper: 367 Nr. 6. Abdruck v. Stempeln rc.: 360 Nr. 4. 5. Schl.; Stempelabdruck, Fälschg, Gebrauch: 275; zweimalige Derwendg: 276. Aberkennung der Ehrenrechte: 32ff.; einer Berechtigg: 40 n. 6; EG. 6 n. 9ff. Aberration r 59 n. 3; 211 n. 10. Abfeilen, Metallgeld: 150. Abgabe, widerrechtl. Erhebg: 353. 358; besondere Bestimmungen: EL. EG. Art. II; Verjährg: EG. 7. Abgeordneter, vgl. Reichstag. Abgeschlossene Räume, Eindringen: 123. Abgraben (Abpflügen): 370 Nr. 1. Abhalten (unterlassenes) v. Strafthaten: 361 Nr. 4. 9; 48 n. 28. Abhang, Derwahrg: 367 Nr. 12. Ablösung amtlicher Siegel: 136. Abreißen öffentlicher Bekanntmachgen rc.: 134; amtlicher Siegel: 138. Absatz, Mitwirkg z. A. gestohlener rc. S.; Partirerei: 259. Absicht: 124. 140. 143. 146. 147. 202. 235. 242. 249. 250. 263. 268. 272—275. 281. 288. 307. 313. 346. 347. 353a; betrügerische A.: 265; diebische A.: 243 Nr. 7; gewinnsüchtige 133. 169. 301. 302; rechtswidrige: 267. 289; A., zu beleidigen: 185 n. 27; 193 n. 6. — Absichtlich: 48. 210. 266. Absperrnngsmaßregel (Krankheit, Seuche): 327. 328. Abstimmen, Konkursgläubiger: KO. 243; Landtagsmitglied: 11. Abtreibung» Leibesfrucht: 218—220. Abtretenlaffen v. Forderungen g. Minderj.: 302. Acker, unbefugtes Gehen rc.: 368 Nr. 9. Adel, unbefugte Annahme: 360 Nr. 8. Adoptiveltern, Unzucht: 174 Nr. 1; „Angehörige": 52. Advokat, Advokatur; Beamter, Amt? 359. 31; Geheimnißbruch: 300; Gebührenexzeß: 352. 358; Prävarikation: 356. Aergerniß, Gottesläst.: 166; unzücht. Handl.: 183; Mitth. aus Gerichtsverhandlgen: 184; Unfug: 360 n. 83a; Thierquäl.: 360 Nr. 13. Aetzende Gegenstände, Postversendg: 367 Nr. 5 a. Affekt, Tödtung: 212 n. 14; 213. Aichung, Maße rc.: 369 Nr. 2. AichungSstempelr 369 Nr. 2. Akten, Verrath: 92 Nr. 1; Befchädigg rc.: 133. Vgl. Schriftstücke. Aktie, Nachmachg, Verfälschg: 149. 360 Nr. 6. Schl. Aktiengesellschaft» Vorstand, Bankerutt: KO. 244. Alignement: 367 n. 81—88. Alter, Strafbarkeit: 55-57. 173 Abs. 4. Amt, Begriff: 31 Schl.; 132 n. 1 ff.; 359. — Unfähigkeit, dauernde: 31. 36; zeitige: 35. 36, angedroht in 128. 129. 331. 358; U. z. Erlangg eines Amtes: 34 9tr. 3; U. z. Eisenbahn- und Telegraphendienst: 319. 320. — Verlust: 33. 35

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Register.

(81. 83. 84. 87—91. 94. 95); Bef. Strafgesetze: EG. 5. — Unbefugte Ausübg: 132. — Verbrechen rc. int Amte: 331 ff.; Ausland: 4 Nr. 1. Amtsgewalt, Mißbrauch: 339. Amtshandlung, Nöthigung: 114. 115; Geschenke rc.: 331. Amtskleidung (Amtszeichen), unbefugtes Tragen: 360 Nr. 8. Amtspflicht, Derletzg: 222. 232. 332 ff.; falsche Anzeigen: 164. Amtsverschwiegenheit, Verletzg, Auswärt. Amt: 353 a. 300. 356. Analogie, Gesetzesauslegg: 2 n. 3; Ausdehnung auf analoge Fälle durch Pol.-Vdn.: Abschn. 29 n. 44; 367 n. 81. Angehöriger, Begriff: 52; Nothstand: 54; Reizg b. Todtschlag: 213; bei Körper, verletzg: 232 Abs. 2, Diebstahl u. Unterschlagg: 247; Begünstigg: 257; Hehlerei: 258; Betrug: 263; Sachbeschädigg: 303; Entwendg von Nahrungsmitteln: 370 Nr. 5; Antrag, Zurücknahme: 232. 247. 263. 289. 292. 303. Angelegenheiten (öffentliche), Stimmen rc. in Bens.: 34; Verfälsch, d. Wahlhandl., Stimmenkauf rc.: 108. 109; A. d. Staats, Erörter., Geistl.: 130a. Angelöbnitz (eidliches), Zuwiderhandeln: 162. Angriff, Widerstand im Amte: 113; A. g. Forst- rc. Beamte rc.: 117. 118; Körperverletzg: 118; A. d. Gefangenen: 122; A. Mehrerer: 227; Waffengebrauch dabei: 367 Nr. 10. - Abwehr d. A. (Nothwehr): 53. Ankauf gestohlener Sachen: 259; A. v. Armaturstücken: 370 Nr. 3. Ankündigung, d. Papiergelde ähnlich: 360 Nr. 6, Schl. Anlage, Beschädigg: 304. 366 a. Anleitung zum Betteln: 361 Nr. 4, 362 Abs. 2. Annahme der Aufford. (des Erbietens) zu Verbr.: 49 a; einer Herausford.: 201. 204; v. Geschenken rc. durch Beamte: 331—335; v. Titeln rc.: 360 Nr. 8. Anordnung, der Obrigkeit, Auff. z. Ungehorsam: 110; Derächtlichmachg: 131; Aus­ wanderg. trotz Kais. Anordn.: 140 Nr. 3; gegen ansteckende Krankheiten: 327; Blankett-Ausfüllg g d. Anordn, rc.: 369; poliz. Anordn., Uebertretg: Abschn. 29 n. 41; 360 Nr. 12; 366 Nr. 1; 367 Nr. 2. 14; 368 Nr. 1. 2. 8. Anpflanzungen rc. auf Dünen rc., Pol.-Ddn.: 366 a. Anrechnung, Unters.-Haft: 60; im Ausland vollzogene Strafe: 7; vorläufige Entlassg: 24. Anreizung» d. Soldaten z. Ungehorsam: 112; A. z. Gewaltthätigkeiten: 130; z. Zweikampf: 210; Anstiftg: 48. 50. 111; vgl. 85 n. 21. Anschlag: Aufforderung z. Hochverrath durch Anschlag: 85; desgl. z. Ungehorsam: 110; dgl. z. strafb. Handlgen: 111; A. unzüchtiger Abbildgen: 184; Abreißen rc. angeschlagener Bekanntmachgen: 134. Anschuldigung» falsche: 164. 165. An-sich-bringen, Partirerei: 259. Anstalt; Unzucht, Beamter rc.: 174; Renten-A. rc., Errichtg: 360 Nr. 9.

Anstifter: 48. 50. 111. Antrag auf Bestrafg: 61—65; Ausland: 4 Schl-, 5 Nr. 3. — Amtsvergehen rc.: 101—104. 123. 170. 172. 179. 182. 189. 194-196. 232. 236. 237. 247. 263. 288. 289. 292. 299. 300—302. 303. 370 Nr. 5. 6, Schl. Anvertraute: Macht, Hochverrath: 84; Person, Unzucht, Untreue: 174. 266 Nr. 1; Sachen, Veruntreuung, Untreue: 246. 266; Geheimnisse, Schriftstücke: 300. 348. 353 a; Briefe, Packete, Depeschen: 354. 355; Angelegenh. in Rechtssachen: 356; Beaufsichtigg v. Gefangenen: 347. Anwalt, Anwaltschaft; vgl. Advokat. Anwerben zum Militärdienste einer ausländischen Macht: 141. Anzeige, Abreißen rc. öff. A.: 134; unterlassene A-: 139. 141 n. 12; 257 n. 7; 259 n. 14; 333 n. 5. 6; EG. 2 n. 42; falsche A.: 164; dienst!. A., Beleidigung: 193. Widerruf vor A.: 159. 163.

Anzeigepflicht: 139. Apotheker» Geheimnißbruch: 300; vgl. Arznei, Gift. Arbeit, Zwang in Strafanst.: 15—17; Forstarbeit rc.: EG. 6; EL. EG. Art. V. — Arbeitsbuch, falsches: 363. — Arbeitshaus, Landstreicher rc.: 362. 71 n. 6 (Der» jährg). — Arbeitsscheu: 361 Nr-7. 362. Arglistiges Verschweigen v. Ehehindernissen rc.: 170. Armaturstück, Ankauf rc.: 370 Nr. 3. Armenaustalt, vgl. Anstalt.

Arrestbruch: 137. Artillerie, vgl. Munition (291).

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Arzenei, Zubereitung, Verkauf, Feilhalten: 367 Nr. 3. 5. Arzt, Unzucht: 174 Nr. 3; Zweikampf: 209; fahrt. Tödt.: 222 n. 12; Zeugniß: 277—280; Geheimnißbruch: 300; Beurl.-Stand, Auswand.: 140. Ascendent, Beischlaf: 173; Kuppelei: 181 Nr. 2; Kindesaussetzg: 221; Diebstahl, Unterschlage Betrug rc.: 247. 263. 289. 370 Nr. 5. Aufbewahrung, amtliche A. von Urkunden rc., Vernichtg rc.: 133; A. von Gift, Pulver rc.: 367 Nr. 5; A. feuerfangender S.: 367 Nr. 6. 368 Nr. 5. Aufenthalt, Untersagg, Pol.-Aufsicht: 39; Militärpfl., Ausland: 140. Aufforderung z. Verbrechen: 49 a; off. A. z. Hochverrath u. anderen Strafth.: 85. 111; z. Ungehorsam: 110. 112: vergebt. A., Auflauf: 116; vergebt. A. z. Hülfe: 360 Dfr. 10; A. z. Fortgehen, Polizeistunde: 365. Aufhebung eines amtlichen Verschlusses: 136. Auflauf: 116. Auflösung der Ehe: 170. 171. Aufmerksamkeit» besondere, bei fahrt. Tödtung: 222 Abs. 2; Körperverletzung: 230 Abs. 2. Aufnahme feindlicher Spione: 90 Nr. 5; v. Festungsriffen: 360 Nr. 1. Aufruhr: 115. 116; Brandstiftg: 307 Nr. 2. 315; Kriegszustand: EG. 4. Aufsicht, Untreue: 266; Amtsvergehen: 357; bei Kindern: 361 Nr. 9; vgl. Beanfsichtigung. Aufstand unter den Truppen: 90 Nr. 6, EG. 4, EL. EG. Art. IV. Aufstellen von Sachen, gefährliches: 366 Nr. 8. 9. Ausbesserung, Einsturz: 367 Nr. 13; Sicherungsmaßr.: 367 Nr. 14. Ausbeutung der Nothlage rc., Wucher: 302aff. Ausbruch der Gefangenen: 122. Auseinandersprengung gesetzgebender Dersamml.: 105. Ausgeben von rc. Schriftstücken durch Geistliche: 130a. Ausgießen auf die Straße hinaus: 366 Nr. 8. 9. Ausland» Begriff: 8; Bestrafg v. Verbrechen rc.: 4—7. 298; Abschn. IV (s. 263ff.); abermalige Strafverfolgg: 37; falsches Geld: 147; falsche Urkunde: 267. Ausländer: 3. 4; Landesverrath: 91; feindl. Handl. g. befreundete Staaten: 102; Verweisg ouä dem Bundesgebiete: 39 Nr. 2. 362. 361 Nr. 2; Glücksspiel: 284; Fischen: 296a; Bettelei rc.: 362; Rückkehr: 361 Nr. 2. Auslieferung: 9. 3 n. 16. 17. Ausnehmen von Eiern und Jungen: 368 Nr. 11. Aussetzung: 231; Entführg: 234. Ausspielung: 286. Ausstellung, Aufforderg z. Hochverrath: 85; z. Ungehorsam: 110; z. Mißthaten: 111; A. unzüchtiger Schriften rc.: 184. Aussteuerkaffe, Errichtg: 360 Nr. 9. Auswanderung: 140; Reservist rc.: 360 Nr. 3; Verleitung: 144. Auswärtiges Amt, Verletzg der Amtsverschwiegenheit rc.: 353a. Ausweisung der Ausländer: 39 Nr. 2. 284. 361 Nr. 2. 362. Auswerfen von Sachen auf die Straße: 366 Nr. 8. Automatenmißbrauch: 242 n. 3,16; 243 n. 51. AutoritätS-Zeichen, Beschädigg rc.: 135. 103a. Bande, Diebstahl: 243 Nr. 6; Raub: 250 Nr. 2. Bankerutt: (281-^283) KO. 239ff.; vgl. Konkurs. Bankhalten: 284. 285. 360 Nr. 14, Schl. Banknote, Fälschg: 149; Abbildungen rc.: 360 Nr. 6, Schl. Bau, ordnungswidriger: 330; Baumaterialien, Anzünden: 308—310. 325; Bauwerk, Zerstörg: 305; Baupolizei: 367 Nr. 13—15. Beamter, wer? 359; Verbrechen rc.: 331—358; strafbare Verbindg: 128. 129; Unzucht: 174; fahrlässige Tödtg: 222; fahrlässige Körperverletzg: 230. 232; Be. leidigg: 193; Versicherg auf Diensteid: 155 Nr. 3; Widerstand: 123; Nöthigg: 114; Beleidigg eines B.: 196. 197; vgl. Amt, Eisenbahn-, Kassen-, Post-, Telegraphenbeamter, Richter. Beaufsichtigung, Maßreg. g. Kinder: 55; Gefangene, Befreiung: 121. 122. 347; Eisenb., Telegr., Dernachläff.: 316. 318. 355; vgl. Aufsicht. Beerdigung» heimliche, vorzeitige: 367 Nr. 1. 2. Beförderung eines Irrthums, Anstiftg: 48; Desertion: 141; Gefangene, Befreiung: Oppenhoff, D. Strafgesetzbuch. 14. «ufl.

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121. 347; B.-Gegenst., Diebst.: 243 Nr. 4; B. v. Gift, Pulver, Sprengstoffen: 367 Nr. 5; B. eines entzündlichen oder ätzenden Gegenst. durch die Post: 36 Nr. 57 a. Befreiung v. Gefangenen: 120 ff. 347. Befreundete Staaten (feindl. Handlungen g.): 102—104. Befriedetes Befitzthum, Eindringen: 123—125. Begnadigung f. Straferlaß. Begünstigung: 257; B. v. Diebstahl rc. g. Angehörige: 247. 289; Antrag: 63; — Brandstiftg: 307 Nr. 2; Begünst. eines Gläubigers, Konkurs: KO. 241; id. bei der Spezial-Exekution: 288 n. 8. 10. Behältniß: 243 Nr. 2. 3 n. 18. 38-42. Behauptung (verächtlich machende) gegen Anordnungen der Obrigkeit rc.: 131; gegen Andere: 186—191. Behörde, Begriff: 114 n. 7ff.; 164 n. 1; 196 n. 4 und (negativ) 197 n. 2; zur Abnahme v. Eiden rc. zuständige B.: 154t 156; Strafvollstr.: 72; Nöthigg: 114; falsche Anschuld.: 164; Beleidigg: 196; Täuschg: 277-280. 363. Beibringen, Abtreibung: 218. 219; Gift: 229. Beihülfe: 49. 50. 257 Abs. 3: Uebertrett.: Abschn. 29 n. 7. 12. 42. Dgl. Hülfe. Beischlaf, Blutschande: 173; B. in. Bewußtlosen: 176 Nr. 2; Nöthigg: 176 Nr. 1; Derleitg: 179; Derführg: 182. Beiseiteschaffn«- v. Urkunden rc.: 133.348; gepfändeter S.: 137; v. Leichen: 367 Nr. 1; b. Bankerutt: KO. 239. 242; b. drohender Exek.: 288. Beistand; gerichtlicher, Unfähigkeit: 34 Nr. 6; Beistand leisten Mißthätern (Be­ günstigung): 257. 258, feindl. Spionen: 90 Nr. 5; beiden Prozeßparteien, Rechtsbeistände rc.: 356. Bekanntmachung v. Staatsgeheimnissen: 92 Nr. 1; öffentliche, Abreißen rc.: 134; B. d. Strafurtheils: 165.200; EG. 6 n. 8; v. Pol.-Vdngen: s. 920 n. 54 ff. Belagerungszustand, Gesetz; EG. 4; EL. EG. Art. IV. Beleidigung: 185—200; B. von Fürsten: 95. 97. 99. 101. 103. 4 Nr. 2; B. von Gesandten rc.: 104; B. von Beamten rc.: 196. 197; B. der Angehörigen: 195; B. von Verstorbenen: 189; thätliche B.: 185; mittelbare: 95 n. 4; 185 n. 11; öffentliche: 186; verleumderische: 187; wechselseitige: 198; Erwiderg: 199. 233; Antrag: 189. 194—198; Bekanntm.: 200; Buße: 183; Privatklage 185 n. 30; 188 n. 16. Bemächtigen, sich, eines Menschen: 234. Bergwerk, Brandstiftg: 308—310. 325; Dorrichtgen, Zerstörg: 321. 326; bergpol. Ddn.: Abschn. 29 n. 26. 54a. 69; Gedingstufe: 267 n. 41. Bericht, Landtagsverhdl.: 12; falsche B.: 267 n. 73; 348 n. 7. Berns, fahrl. Tödtg rc.: 222. 230; Antrag: 196. 232; B.-Mißbrauch, Geistl.: 130a; Landtagsmitglieder rc.: 11. Beschädigung (Zerstörung) v. Bekanntmachungen rc.: 134; v. Hoheitszeichen: 135; amtlicher Siegel: 136; amtlicher Urkunden rc.: 133; anderer Urkunden: 274 Nr. 1; durch Beamte: 348. 349. 351; B. eines Grabes: 168; eines Grabmals: 304; der Gesundheit: 223; des Vermögens: 263 n. 13ff.; fremder Sachen: 303; B. v. Denkmälern rc.: 304; von Gebäuden rc.: 305; von Brücken: 90 Nr. 2; 305. 321; B. durch Pulver rc.: 311. 325; B. von Wasserleitungen rc.: 321. 325. 326; vgl. Zerstörung, Vernichtung. Bescheinigung (Beglaubigung), Stempel, Formular: 360 Nr. 4. 5, Schl. Beschimpfung von Autoritätszeichen: 103a; des Deutschen Reichs: 135; Verstor­ bener: 189; vgl. Beleidigung, Kirche, Unfug. Beschlagnahme d. Vermögens: 93. 140; Bei-Seite-Schaffen a. d. B.: 137. Beschneiden von Metallgeld: 150. Besserungsanstalt f. jugendl. Verbrecher: 55. 56; Besserungsnachhaft: 362. Bestechung: 332—335; Wahlbestechung: 109. Bestimmen zu einer Strafthat: 48. 216; zu einer Amtspflichtverletzg: 333. Betheiligen (sich), an einer Schlägerei: 227. — Betheiligter, Antragsvergehen: 63. Vgl. Theilnahme. Betheuerungsformel an Stelle des Eides: 155. Betrug: 263—265; Bankerutt, betrüg!.: (281) KO. 239. Bettelei: 361 Nr. 4. 362; Entführg zur 58.: 235. Beurkundung: 271 n. 5—7. 348. 349. Beurlaubter (Militärperson); Aufforderg z. Ungehorsam: 112; Auswanderg: 140 Nr. 2; 360 Nr. 3.

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Beurlaubung Verurtheilter: 23—26. Bevollmächtigter, Untreue: 266 Nr. 2. Bewaffnete Haufen, Bildg: 127; bewaffnete Macht, Widerstand: 113; Beleidigg 196; Bestechg: 333. 335; Beamte: 359 n. 49. Beweismittel, Vernichtung rc.: 274: dgl. z. Nachtheil des Bundes rc.: 92 Nr. 2; Betrug: 263 n. 2. 6. 26; Fälschg: 267 n. 40ff. Bewußtlosigkeit: 51; Beischlaf: 176 Nr. 2. 177; Bemächtigg: 234 n. 6. Bigamie: 171. Bilanzziehung (unterlassene), Bankerutt; (283. 281) KO. 240. 239 n. 55. 64 ff. Blankett, Mißbrauch: 269; Stempelblankett; vgl. Stempelpapier. Bleikugeln, Aneignung: 291. Blutschande: 173. Böswilliges Beschädigen rc.: 103a. 134. 135. Bracker, Untreue: 266 Nr. 3. Brandstiftung, vorsätzliche: 306—308. 310. 325; Kriegszustand: EG. 4. EL. EG. Art. IV; fahrlässige B.: 309. 310; Anzündg versicherter Sachen: 265; Bedrohg mit B.; 254; gemeingefährliche: 308—310. 325. Brief, Eröffng: 299; Postbeamte: 354. 358; Urkunde? 267 n. 40. Briefkuvert» Fälschg: 275. Brücke, Zerstörg: 90 Br. 2. 305: gemeingefährl.: 321. 325; Bauten, Sicherheit^ maßr.; 367 Nr. 14. Brunnen, Vergiftg: 324—326; Bedeckung: 367 Nr. 12; Bauten, Sicherheitsmaßr.: 367 Nr. 14. Bücher, Fälschg öffentlicher B.; 271—273; Beamter: 348. 349. 351. Bülte, Hauen: 370 Nr. 2. Bundesfürst, Hochverrat!): 80. 81 Nr. 1, EG. 4, EL. EG. Art. IV; Beleid.: 95. 99; Thätliche.: 94. 98; Bundesfürstl. Haus: 96. 97. 100; Beschüdigg d. Wappens: 135; Wappen, Waarenbezeichn.: 360 Nr. 7. Bundesgebiet, Hochverrath: 81 Nr. 3. 4, EG. 4, EL. EG. Art. IV; Verweisung: 39 Nr. 2; 284. 362; Rückkehr: 361 Nr. 2. Bundesstaat (einzelner), Hochverrath: 81 Nr. 2. 4, EG. 4, Gesetzgebende Versammlg: 92. 97; Hoheitszeichen, Beschädigung: 135; Gebiet 81 Nr. 4, 361 Nr. 2. Bürgerwehr, Widerstand: 113. Buße, Beleidigung: 188; Körperverletzung: 231; Nachlaß: 30 n. 3. Cession; Schuldscheine Minderjähriger: 301; wucherliche Forderungen: 302c. Civileinreden r 292 n. 6; 296 n. 6; 366 n. 24; 368 n. 34; 370 n. 4. 9a; Ruhen d. Verjährg: 69 n. 6. Eivilklage, Derjährg: EL. EG. Art. VI. Vgl. Haftbarkeit. Kompensation bei Beleidigungen 199, bei Körperverletzungen 233. Coupon, vgl. Zins sch ein. Contrebande 297. Damm (Deich), Beschädigung rc.: 305. 321. 325. 326. Darlehn» wucherisches 302 a. Darstellungen (strafbare), Platten rc. Unbrauchbarmachg: 41.42; Aufford. z. Hoch, verrath u. anderen Strafthaten: 85. 111; z. Ungehorsam: 110; unzüchtige D.: 184; beleidigende D.: 186. 187. 200. Dauerdelikter 74 n. 9a; Strafunmündige: 57 n. 4; Verjährung: 67 n. 7; Beisp.: 140 Nr. 1 (n. 10); Auswanderung, Bigamie? 140 n. 21; 360 n. 17; 171 n. 6. Denkmal, Beschädigung rc.: 304. Depesche, telegraphische, Fälschung rc.: 355. 358; Urkunde? 267 n. 63. Desertion, Verleitung: 141. 90 Nr. 3. Deutsche Staaten, feindl. Handlungen g. dieselben: 102. Diebstahl: 242—245. 257. 248; einfacher: 242; schwerer: 243. 244; in Banden: 243 Nr. 6; 250 Nr. 2; Fundoiebstahl: 246 n. 37; D. mit Gewalt rc. (Raub): 252; g. Verwandte rc.: 247.370 Nr. 5; v. Nahrungsmitteln: 370 Nr. 5; FutterD.: 370 Nr. 6; Holz-D.: EG. 2; Munition: 290; Rückfall: 244. 245; Begünstigg (Hehlerei): 258. 261; Ankauf gestohlener Sachen: 259: Gebrauchs rc. -D.: 289; unterlassene Abhaltung v. D.: 361 Nr. 9. Dienst, in feindl. Kriegsmacht: 88; als Spion: 90; Schiffsdienst, sich entziehen: 298; vgl. Amt. Dienstbote, Diebstahl, Unterschlagung: 247; Futterdiebstahl: 370 Nr. 6; unterlass.

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Abhalten v. Diebst.: 361 Nr. 9; Züchtigg's-Recht? 223 n. 11; Beleid. durch die Herrschaft: 185 n. 8; Miethpfennig, Betrug: 263 n. 37. 74. Dienstbuch» Fälschung: 263. Diensteid» Beamter: 359; Versicherung auf D. (Meineid): 155 Nr. 3. Dieustraume» Eindringen: 123. 124. Dietrich, Verabfolgung: 369 Nr. 1; Diebstahl: 243 Nr. 3. 4. Differenzhandel, Bankerutt: (283. 281) KO. 240. 239 n. 6. Diplomatischer LandeSverrath r 92. Dividendenschein, Fälschg rc.: 149. 360 Nr. 6 Schl. Dolus, (strafrechtlicher): 59 n. 1 ff. 16; Theilnahme: 47 n. 3—5. 10. 11. 18. 26; 48 n. 1. 2. 7. 20. 45; 49 n. 2. 14—16; Uebertretgen: Abschn. 29 n. 8ff.; dolus eventualis? 59 n. 7; 110 n. 13; 113 n. 24; 241 n. 6; 367 n. 52. Drohung (Androhung, Bedrohung), Anstiftg: 48; Anreizg z. Zweikampf: 210; D. g. Reichstagsmitgl. rc.: 106. 339; g. Beamte: 113. 114; Hinderg. z. wählen: 107. 339; Hinderg d. Gottesdienstes: 167; Bedrohg mit Gefahr für Leib und (oder) Leben: 52. 176. 177. 249 rc.; B. mit Verbrechen rc.: 240. 241; Androhg v. gemeingefährl. Verbr.: 126; Entführg durch D.: 234—236; Diebstahl (Raub) mit D.: 249ff.; Erpressg: 253—255; Bettelei: 362; Nöthigg: 240; Nöthigg z. e. Strasthat: 52; z. Unzucht: 176; z. Beischlaf: 177; Beamter: 339. 358. Drucksachen; vgl. Schriften. Duell: 201—210; Studenten-D.: s. 488 n. 5; Amerik. D.: s. 487 n. 1; 211 n. 7. Dünen» Schutz, Pol.-Vdn.: 366 a. Dünger, Aufsammeln: Diebstahl: 242 n. 11. 57; 370 n. 7. Duldung, Nöthigg z. D. unzüchtiger u. anderer Handl.: 176—178. 240. 253 ff. 339. Dynamit 311. Ehe» Doppelehe: 171. 338; Verleitg: 170; Ehehinderniß, Verschweigg: 170; Ent­ führg: 236—238; Beamter (Geistlicher): 338; vgl. Trauung. Ehebruch: 172. Ehefrau» Strafantrag: 195; Unzucht: 176 n. 14; Bankerutt: KO. 239 n. 11. Ehegatte» Angehöriger: 52; Beleid.: 185 n. 8. 11; Strafantrag: 195. 189; Dieb* stahl rc.: 248. 370 Nr. 5, Schl.; vgl. Angehöriger. Ehehinderniß» arglist. Verschweigen eines solchen: 170. Ehrenrechte» Verlust: 32—37; Versuch: 45; Strafunmündiger: 57 Nr. 5; Konkur* renz: 76; Verhängung fakultativ: 32; nothwendig: 161. 181. 302 d.e. Ehrenwort, Minderjähriger, Kredit: 302; Wucher: 302 b: Fälschg: 267 n. 12. Ehrenzeichen» Verlust: 33; Unfähigkeit: 34; unbefugtes Tragen: 360 Nr. 8. Ehrlose Gesinnung» Zuchthaus, Festungshaft: 20. Eid» Minderj., eidl. Dersicherg: 302; Wucher: 302b; vgl. Meineid, Diensteid. Eidesbruch: 162. 153 n. 5. Eier» Ausnehmen: 368 Nr. 11. Eigennutz: Abschn. 25 (Ueberschrift); Kuppelei: 180. Eigenthümer» Wegnahme der eigenen Sache bei Pfandgläubiger rc.: 289; Brand* stiftung durch denselben: 308. Einbruch, Diebstahl: 243 Nr. 2. Eindringen in fremde Wohnungen rc.: 123. 124. Einfahren v. Pferden, Gefahr: 366 Nr. 2. Einfriedigung bei Aeckern, Wiesen: 368 Nr. 9. Einfuhrverbot» Krankheiten: 327. 338. Einlassen (sich) mit einer ausländ. Regierung rc.: 84. 87. Einsatzstrafe» Realkonkurrenz: 74 n. 23 ff. Einschleichen» Diebstahl: 243 Nr. 7; Raub: 250 Nr. 4. Einsicht» Strafunmündiger: 56. Einfperrung» widerrechtl.; 239; Arbeitshaus: 262; Besserungsanstalt: 55. 56. Einsteigen, Diebstahl: 243 Nr. 2. Einsturzdrohende Gebäude, unterlassene Ausbesserung rc.: 367 Nr. 13. Einverleibung (gewalts.), Bundesgebiet, Bundesstaat: 81 Nr. 3. 4. Einwilligung des Verletzten: Abschn. 15 n. 4; 211 n. 6; 216 n. 3; 223 n. 2; 172 n. 7. 14. Einzelhaft, Vollstreckung: 22. Einziehung: 40. 42; besondere Strafgesetze: EG. 5; Pol.-Vdn.? Abschn. 29 n. 53; Schadensersatz, Vorzug: EL. EG. Art. XV; E. angedroht in 152. 295. 296a. 369. 367. 369; Verfallenerklärung: 355; E. eines Schiffes rc.: 297.

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Eisenbahn, Zerstörg, Gefährdg rc.: 90 Nr. 2. 305. 315. 316. 325; Diebstahl: 243 Nr. 4; Raub: 250 Nr. 3; Betrug 263 n. 51. 68. Eisenvahnbeamter, Transport. Gefährdg rc.: 316; Unfähigkeit: 319. 320; Eisenbahnbeamte, Vorgesetzter: 359 n. 40; 196 n. 18; Betrug: 263 n. 51. 68. Eltern, Beischlaf mit Kindern: 173; Kuppelei: 181 Nr. 2; Aussehg rc.: 221; Diebstahl rc.: 247. 361 Nr. 9. 370 Nr. 5. Schl.; Besitzdiebstahl: 289; Betrug: 263; Todtschlag: 215; Körperverletzg: 223. 228; Entziehg der Kinder: 225; Derführg, Beleidigg, Antrag: 182. 189. 195. EmpfehlungSkarte, Papiergeld: 360 Nr. 6 Schl. Entführung: 236—238; Menschenraub: 234. 235. 139: Minderjähriger: 235. Entlastung a. e. Freiheitsstrafe, vorläufige: 23—26. Entlaufen mit der Heuer: 298. Entschädigung, vgl. Schadensersatz. Entstellung v. Thatsachen: 131. 263. 353a. 358. Entweichenlaffen, Gefangene: 121. 347. Entwendung, Nahrungsm. rc.: 370 Nr. 5; Feldfrüchte: 242 n. 50ff. Entwerthungszeichen; Entfernung: 276 Äbs. 2; Urkunde: 267 n. 108. Entziehen der Verstrickg: 137; dem Militär-Dienste rc.: 140. 143; den Eltem rc.: 235; der Bestrafg. rc.: 257. 258. 346; dem Schiffsdienste: 298. — Entziehg öf­ fentlicher Aemter, Landesgesetze: EG. 5. Entzündliche Waaren rc., Aufbewahrung: 367 Nr. 6; Postversendg.: ib. Nr.5a. Erbieten (sich) zu Verbrechen: 49 a. Erbrechen, Behältniß, Diebstahl: 243 Nr. 2; E. amtlicher Siegel: 136. Erdegraben auf fremden Wegen rc.: 370 Nr. 2. Erdichtete Thatsachen: 131. 353a (271); Fordergg rc., Bankerutt: (281. 282) KO. 209. 212; Betrug: 263 n. 61. Erfolg: 2 n. 22; 3 n. 6ff.; 43 n. 11a; 47 n. 10. 13. 26; 59 n. 19ff.; 222 n. 16. 17; Versuch, Abwendg: 46 Nr. 2; Verjährg: 67 Abs. 4. Erheblich, Urkunde, Fälschung: 267. 271. 348. Ermächtigung z. Verfolgg: 99. 101. 197. Eröffnung v. Briefen, Packeten, Depeschen: 299. 354. 355. Erpressung: 253—255; räuberische E: 255; Beamter: 339. 358; E. v. GeständNissen: 343. Ersatzreservist, Auswanderg: 360 Nr. 3. Erschwerende Umstände, vgl. Umstände. Erwerb rc.: wucherlicher Forderg: 302c. Erwiderung einer Beleidigung, Körperverletzung: 199. 233. Erzieher, Unzucht: 174 Nr. 1; Kuppelei: 181 Nr. 2; Diebstahl rc.: 247; Betrug: 263. Erziehungsanstalt, Einsperrg: 55. 56. Eßwaaren, Verkauf verdorbener rc. E.: 367 Nr. 7: Entwendg: 370 Nr. 5. Exceß des Theilnehmers: 47 n. 15; 48 n. 43—45; 49 n. 16; Nothwehr: 53 (n. 3. 9. 16—18); Nothstand: 54 n. 8; Widerstand g. d. Exceß eines Beamten: 113 n. 17; Gebührenexceß: 392. 358; Feldexceß: 303 n. 14. Exekutivstrafen: 28 n. 21; 288 n. 2a; 341 n. 6; 345 n. 4; 347 n. 1; Abschn. 29 n. 35. Explodirende Stoffe: 311. 467 Nr. 4. 5; Fischen: 296. Fähre, Beschädgg rc. 321. 325. 326. Fahren, schnelles: 366 Nr. 2; Vorbeifahren, Hinderg: 366 Nr. 3; F. m. Schlitten ohne Deichsel rc.: 366 Nr.'4; über fremde Gärten rc.: 368 Nr. 9. Fahrlässigkeit: 59 n. I9ff.; kommt vor in 121. 163. 222. 230. 232. 309. 314. 318. 219. 326. 329. 345. 347. Theilnahme? 47 n. 21; 48 n. 20. 22. Fahrwasser, Störung: 321. 325. 326. Falsch; f. Eid: 153ff.; f. Namen; vgl. Namen; f. Schlüssel, Diebstahl: 243 Nr. 3. 4. Fälschung, Urkunde: 92 Nr. 2. 267—280; intellektuelle: 271—273; F. des Wahlresnltats: 108; v. Geld: 146—150; v. Stempelpapier rc.: 275; v. Attesten: 277. 363; v. Telegrammen: 355. 358. Familie, Strafunmündiger: 56; Unterbringg b. Familien: 55 n. 9. Familienrath, Unfähigkeit: 34 Nr. 6. Federwild, Ausnehmen der Eier rc.: 368 Nr. 11. Feilhalten, vergiftete rc. Sachen: 324; Arzneien, Gift, Pulver rc.: 367 Nr. 3. 5;

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verfälschte rc. Getränke rc.: 367 Nr. 7; Stockdegen rc.: 367 Nr. 9; verwendete rcStempelmarken rc.: 364. Fein-, Dienst int Heere: 88; EG. 4; Vorschubleisten: 89—91, EG. 4. Feindliche Handlungen g. befreundete Staaten: 102—104. Feldfrüchte, Diebstahl: 242 n. 51 ff. ; Anzünden: 308—311. Feldmesser, Untreue: 266 Nr. 3. Feldpolizeigesetze r EG. 2, 361 Nr. 9; Preußische: 242 n. 44. 50—60, 370 n. 25; unterlass. Abhalten v. Feldfreveln: 361 Nr. 9. Fernsprechanlager 316a: vgl. Telegraph. Festnahme, rechtswidrige: 341. 358; Strafvollstr., Derjührg: 72: F. vorläufig Entlassener: 25. Festtag, Störg: 366 Nr. 1. Festung, Zerstörung rc.: 90 Nr. 1. 2, EG. 4, EL. EG. Art. IV. Festungshaft: 17. 19, EL. EG. Art. V; Wahl zw. F. und Zuchthaus: 20; Ver­ hältniß z. Gefängnißstrafe: 21; Zusammentreffen mit Gefängniß: 75; Strafun» mündige: 57 Nr. 2; Versuch: 44; Beihülfe: 49; Derjährg: 70 Nr. 1. 3—5; F. angedroht in 81. 83-86. 87—92. 94—107. 201—206. 209. 345 Schl. Festungsplane» Mittheilg. rc.: 90 Nr. 4, 92 Nr. 1, EG. 4, EL. EG. Art. IV; Aus­ nahme: 360 Nr. 1 Schl. Feuer, Unvorsichtigk.: 368 Nr. 5; Anzündg in Wäldern rc.: 368 Nr. 6; feuer* polizeiliche Anordng., Uebertretg: 368 Nr. 8; 369 Nr. 3. Dgl. Aufbewahrung. Feuerlöschgerathschaften, Unterhalts: 368 Nr. 8; Unbrauchbarmachg rc., Brandstiftg: 307 Nr. 3. Feuergewehr, unerlaubtes Schießen: 367 Nr. 8. Feuerstätte, Errichtg rc.: 368 Nr. 3: Unterhalts: 368 Nr. 4; Polizeivorschriften: 369 Nr. 3. Feuerversicherung, Anzündg einer versicherten Sache rc.: 265. Feuerwerke, Zubereitg rc.: 367 Nr. 4; Aufbewahrg rc.: 367 Nr. 5; Abbrennen: 368 Nr. 7; 367 Nr. 8. Feuerzeichen f. d. Schifffahrt), Zerstörg rc.: 322. 325. 326; Krieg rc.: EG. 4. Fischen, unberechtigtes: 296. 370 Nr. 4 Schl.; in Küstengewässern: 296a; PolizeiGesetze: EG. 2; unterlass. Abhalten der Kinder: 361 Nr. 9. Fleisch, trichinenhaltiges: 367 Nr. 7; 324 n. 7; 326 n. 3; 230 n. 4. Flottendienst, Entziehen: 140. Flucht: 52 n. 8; 53 n. 2. Fahnenflucht, Derleitg: 141. 90 Nr. 3. Fluss, Fahrwasser: 321. 325. 326; Ufer: 366 a. Formen, vgl. Platten. Formular z. Papiergeld, öffentlichen Attesten rc.: 360 Nr. 5 Schl. Forstarbeit, statt der Gefängniß, oder Geldstrafe: EG. 6, EL. EG. Art. V. Forftbeamter rc., Widerstand: 117. 118. Forstdiebstahl: EL. EG. Art. II; 242 n. 50 ff. Forftpolizei, besond. Ges.: EG. 2, EL. EG. Art. V; 361 Nr. 9; 242 n. 50. 58. 60. Fortgesetzte Verbrechen rc.: 74 n. 3ff.; 67 n. 5; 57 n. 4. Fortgesetzte Begehg v. Raub rc.: 243 Nr. 6. Fortkommen, Nachtheil, Buße: 188; Fälschg. rc.: 363. 268 n. 3. Freiheit» Verbr. rc. g. d. pers. F.: 234—241; durch Beamte: 341. 358. Freiheitsstrafen, Arten: 14ff.; Dauer: 19; Umwandlg: 28. 29; Strafunmündiger: 56. 57; Konkurrenz: 74—77. Freimarke, Falsche, Gebrauch, Anfertigg: 275. Vgl.Werthzeichen. Frieden, öff., Störg: 126; Gefährdg: 130. 130a. Früchte, Anzündg: 308—310. 325; Entwendg: 370 Nr. 5 Schl. FührungSzeugniss, falsches: 363. Fund, Unterschlagg: 246 n. 6. 25. 37. 61; 259 n. 8. 11. 18. Fnrtnm possessionis: 289. 290. Fußangel, unbefugtes Legen: 367 Nr. 8 Schl. Futterdievstahl: 370 Nr. 6 Schl. Garten, Steinwerfen rc.: 366 Nr. 7; unbefugtes Betreten: 368 Nr. 9; Gartenfrüchte, Entwendg: 242 n. 51 ff. Gebäude, gottesdienstl., Diebstahl: 243 Nr. 1; bewohntes, Diebst.: 243 Nr. 7; Raub: 250 Nr. 4; Zerstörg: 305; Brandstiftg: 306—310. 325; Steinwerfen: 366 Nr. 7; Ausbesserg, Sicherungsmaßr.: 367 Nr. 13. 14.

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Gebrauchen z. Betteln rc., Entführg: 235; Gebrauch der persönl. Freiheit, Beraubg: 239, G. falschen Geldes: 146ff.; falscher Urkunden, Stempelmarken rc.: 267-270. 273. 275—280. 363; v. Waffen: 360 Nr. 7; v. Pfandobjekten, Pfand, leiher: 290; v. Pulver, Zerstörg: 311; Gebrauchsrecht, Derletzg: 289; vgl. Miß. brauch. Gebühren» widerrechtl. Erhebg: 352. 353. 358. Gefahr» Nothstand: 54; verweigerte Hülfe: 360 Nr. 10; Zureiten rc. mit gemeiner G.: 366 Nr. 2; gemeingefährl. Verbr. rc.: 306—330; gefährl. Werkzeuge: 117. 223a. 367 Nr. 10; vgl. Drohung, Gefährdung. Gefährdung der Rechte des Reichs rc.: 92; des off. Frisdens: 130. 130a; des Kredits: 187. 186 n. 19. 188 n. 17; eines Vermögensrechts: 263 n. 25; eines Schiffs rc. durch Contrebande: 297; des Lebens (Mißh.): 223 a; v. Leben und Eigenthum: 306—330. Gefangenanstalt» Strafverbüßung: 16; Befreiung aus der G.: 120. Gefangenaufseher, Befreien (Entweichenlassen) eines Gefangenen: 121. 347; Wider­ stand rc. der Gefangenen g. d. Anstaltsbeamten: 122; Unzucht: 174. Gefangener» Beschäftig rc.: 15—17; Strafunmündiger: 57; Befreiung: 120. 121; durch Beamte: 347; Zusammenrottg: 122; Unzucht: 174. Gefängnisstrafe: 16; Berechng: 19; Verhältniß zu Zuchthaus u. Festungshaft: . 21; Zusammentreffen: 75; Einzelhaft: 22; Entlassg: 23—26; Umwandl: 28. 29; Verjährg: 70 Nr. 3—5; besondere Gesetze: EG. 5. 6. Gegenseitigkeit mit anderen Staaten: 102. 103. Geheime Verbindung: 128. 129. Geheimniß» Verrath: 92 Nr. 1; v. milit. Geheimn. 4 n. 23a. 92 n. 2a; v. Privat, geheimn.: 300; v. Telegrammen 355. Gehör, Verlust desselben bei Körperverletzung 224. Gehülfe» vgl. Beihülfe. G. v. Notaren rc., Geheimnißbruch: 300. Geisteskranker: 51; Strafantrag: 65; Beischlaf: 176 Nr. 2; Körperverltzg. Geistes, krankheit: 224. 225. Geistlicher, Gefährdg d. off. Friedens: 130a; Unzucht: 174 Nr. 1; Kuppelei: 181 Nr. 2: Beleidigg: 196; Bigamie: 338; Beamter? 359 n. 28. Geld» Nachmachg, Verfälschg, Verausgabg: 146—152; Stempel rc.: 360 Nr. 4, Schl.; Unterschlagg amtlicher Gelder: 350. Geldstrafe: 27; Umwandlg: 28. 29. 78; Vollstreckg in den Nachlaß: 30: Konkurrenz 78; Verjährg: 70 Nr. 4-6. 71; bes. Ges.: EG. 5. Gemeindearbeit: EG. 6, EL. EG. Art. V. Gemeingefährliche Verbrechen rc.: 306—330; Androhg: 126; Anzeigepflicht: 139. Gemeinschaft: 47. 119. 123. 223a. 293-, vgl. Mehrheit. Genoffenschaft» Vorstand, Bankerutt: KÜ. 214. Gerichtsverhandlung» strafb. Mitth. aus G.: 184. 185 n. 19. 193 n. 23. Gesandter» Geschäftsträger, Beleidigg: 104; Amtsverschwiegenheit: 353a. Geschäft; sich zum Geschäft machen, Verleitg z. Auswanderg: 144. Geschäftsräume» Eindringen: 123. 124. Geschenk» Anstiftg: 48; Annahme durch Beamte: 331. 332. 354. 358; Verleitg dazu: 333; Einziehg: 335. Geschwister» „Angehörige" (vgl. d. W.): 52: Blutschande: 173; Diebstahl rc: 247; Begünstigg: 257; Hehlerei: 258; Betrug: 263. Geschworener» Amt: 31; falsche Entschuldig: 148; Bestechg: 334. 335. Gesetze (Vorschriften), besondere: EG. 2. 3. 5. 6. 8. Gesetzeskonkurrenz: 73 n. 6. GesetzeSunkenntniß» vgl. Rechtsirrthum. Gesetzgebende Versammlung, vgl. Reichstag. Gesinde» vgl. Dienstbote. Geftändniß» Erpressung: 343. Gesundheit, Körperverlehg: 223; Mißhandlg: 223; Gift 229. 324—326; unrich. tige G.'s-Atteste: 277-280; Poliz.-Vdn., Unzucht: 361 Nr. 6. Getränke» verdorbene rc.: 367 Nr. 7, Schl.; Entwendg: 370 Nr. 5, Schl. Gewahrsam» Begriff: 242 n. 16ff.; Unterschlagung: 246. 350; Leiche: 367 Nr. L Gewalt» Anstiftg: 48; Feindes-G., Bundesfürst 81; Anreizg zu Gewaltthätigkeit 130; Nöthigg: 52. 240; Zusammenrottg: 124. 125; Ausübg. g. Reichstagsmitgl. rc.: 106; Hinderg: 107; Widerstand: 113. 114. 117; Auflauf: 116; GefangenenMeuterei: 122; Unzucht: 176 Nr. 1. 177; Entführg: 234—236; Diebstahl (Raub) 252; Erpressg: 253-255.

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Register.

Gewehr, Jagd, Einziehg: 295; Jagdrevier: 368 Nr. 10; unbefugtes Schießen: 367 Nr. 8 Schl.; 368 Nr. 7. Gewerbe; des. Pflicht, fahrläss. Tödtg, Körperverletzg: 222. 230. 232; Untreue: 266 Nr. 3; Geheimnißbruch: 300; Gewerbepolizei, und Steuervergehen, Konkur­ renz: 74 n. 10; 73 n. 10ff.; Verjährg: 67 n. 6; Gewerbetreibende, Maß-, Gewicht- und Feuerpolizei: 369 Nr. 2. 3; Erlaß v. Poliz.-Vdngen: Abschn. 29 n. 56 ff. Gewerbsmäßigkeit: 3 n. 12; 74 n. 10ff.; 67 n. 6; 260 n. 2ff.; Hehlerei: 260; Jagdfrevel: 294; Glücksspiele: 284; Wucher: 302d; Unzucht: 361 Nr. 6; vgl. 144. Gewicht, ungestempeltes: 369 Nr. 2 Schl. Gewinnantheils-Schein, Fälschg: 149. Gewinnsüchtige Absicht: 133. 169. 301. 302; Diebstahl, Bankerutt? 242 n. 44. 45 (281); KO. 239 n. 25. Gewohnheitsmäßigkeit, Begriff, Allgemeines: 3 n. 12; 74 n. 10ff., 67 n. 6, 150 n. 4ff.; Münzverg.: 150; Kuppelei: 180 n. 7; Hehlerei: 260 n. 3; Wucher: 302 d. e. Gift, Dergiftg: 229. 324—326; Zubereitg rc.: 367 Nr. 3; Aufbewahrung und Beförderg: 367 Nr. 5. Gläubiger, Fallit, Vertrag: KO. 241. 243. Glücksspiel: 284. 285. 360 Nr. 14 Schl. — Glücksbude: 286 n. 6. Gottesdienst, Beschimpfg: 166; Störg rc.: 167; durch Beamte: 339; Diebstahl: 243 Nr. 1; Beschädigg rc.: 304; Brandstiftg: 306. 325. Gotteslästerung: 166. 167. Grab, Grabmal, Beschädigung rc.: 168. 304. Grandgraben auf fremdem Grundst.: 370 Nr. 2. Grenze, Verrückg rc. eines Grenzsteins rc.: 274 Nr. 2. 280; vgl. 370 Nr. 1. Grenzraiu, Abgraben rc.: 370 Nr. 1. Grube, unterlassene Bedeckg: 367 Nr. 12. Grundstück, Abpflügen rc.: 370 Nr. 1; Wegnahme von Erde rc.: 370 Nr. 2. Gutachten, falsches: 154 ff. Güterbestätiger (Güterpfleger), Untreue: 266 Nr. 3. Haft: 18. 19; Geldstrafe, Umwandlg: 28. 29; Konkurrenz: 77; Verjährg: 70 Nr. 6; bes. Strafgesetze: EG. 5. Haft (ausnahmsweise) als Strafe für Vergehen: 185. 186. 140 Nr. 2. Haftbarkeit, Civilhaftbarkeit (Dritter) für Strafe, Kosten rc.: 2 n. 25; 47 n. 8; Umwandlung? 28 n. 16; in Steuer-, Holzdiebst.'s-Sachen rc.: 57 n. 8; 361 Nr. 9; Verjährg: 66 n. 2; 68 n. 35; Poliz.-Vdn.: Abschn. 29 n. 43. Haide, Feuer anzünden: 368 Nr. 6. 308 n. 10 a. Handelsbücher, unterlassene Führg: (281. 283) KO. 209. 210; Urkunde? 267 n. 138. Hansestädte, strafbare Handlungen gegen den Senat rc.: 105. 106. 339. Haufen, unbefugte Bildung bewaffneter Haufen: 127. Hausfriedensbruch (Hausrecht): 123. 124; Beamter: 342. Haussuchung, Polizei-Aufstcht: 39 Nr. 3; Beamter: 342. Hebamme, Privatgeheimniß: 300. Heer, deutsches (Marine), Unfähigkeit: 31. 34 Nr. 2; Landesverrat rc.: 89. 90 Nr. 1. 2. 3. 6; Sold. d. H. rc., Verleitg: 90 Nr. 3. 112; Heeresdienst rc., Entziehg: 140. Hehlerei: 258—262; Rückfall: 261. 244. Herabwürdigung: 186. 187. 189. Herausforderung: 201—204; Nöthigg: 114 n. 4. Heuer (Entlaufen nt. d.): 298. Hinterlist: 181. 223 a; vgl. List. Hochverrath; 80—86. 93. EG. 4- Ausland: 4 Nr. 1. 2; Anzeigepflicht: 139. Hoheitszeichen, Zerstörung rc.: 135. 103a. Holzdiebstahl, besondere Gesetze: EG. 2, EL. EG. Art. II. Hülfe, vgl. Beihülfe; Hülfe leisten bei Eröffng rc. v. Briefen rc.: 354. 355; 33erweigerg d. H.: 360 Nr. 10; Müßiggang rc., fremde H.; 361 Nr. 5. 7; Aussetzen rc. Hülfloser: 221; Anstalten für Hüls lose, Unzucht: 174. Hunde, Jagd, Einziehg: 295; Hetzen: 366 Nr. 6; Tödtg: 303 n. 4. Hütte, Brandstiftung: 296—310. 325; vgl. Gebäude.

Register.

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Jag-, unbefugte: 292—295; Betreten fremder Jagdreviere: 368 Nr. 10; Ausnehmen der Eier rc.: 368 Nr. 11; unterlassene Abhaltg von Jagdfreveln rc.: 361 Nr. 9; Sonntagsfeier: 366 n. 6; Polizei-Gesetze: EG. 2.. EL. EG. Art. II. Jagdveamter (Jagdberechtigter), Widerstand: 117. 118. Ideale Konkurrenz: 73. Jnhaberpapier 149a, Fälschung rc: 149. 360 Nr. 6 Schl. Intellektueller Urheber: 48; intellektuelle Urkundenfälschung: 271. Jnterimsschein, Fälschung rc.: 149. 360 Nr. 6, Schl. Irrthum, Anstiftg: 48; Unkenntniß: 59; Beischlaf: 179; Betrug: 263; Amtshandlg: 113 n. 12; 137 n. 18. Irreleiten, Auswärt. Amt: 353a: vgl. Aberration u. Rechtsirrthum. Jugendliche Person (zw. 12 und 18 Jahren): 56. 57: Strafantrag: 65; Blut­ schande: 173; Aussetzung rc. jugendlicher Personen: 221; vgl. Kind. Junge, Ausnehmen: 368 Nr. 11.

Kaiser, Mord: 80; Thätlichkeit: 93; Beleidigg: 95. Kammer, vgl. Reichstag. Kanal, Störg des Fahrwassers: 321. 325. 326; vgl. Wasserstraße. Kartellträger beim Zweikampf: 202. 204. 209. Kaffe, Bringen in feindl. Gewalt: 90 Nr. 2, EG. 4., EL. EG. Art. IV. Kaffenbeamterr 353. 358. Kauf, vgl. Ankauf. Wahlstimmen-Kauf: 109; Konkurs: KO. 243. Kaufmann, Bankerutt: (281 ff.) KO. 239 ff. Kaution, vgl. Sicherheit (162). Keller, unterlassene Bedeckung: 367 Nr. 12. Kind, strafunmündiges: 55—57; Unzucht: 176 Nr. 3; Entführg: 235; Unterschiebg: 169; Aussetzen: 221: Kindesmord: 217; Blutschande: 173; Liebst, rc.: 247. 370 Nr. 5, Schl.; Betrug: 263; Begünstigg: 257; Beleidigg: 189; Anleitung z. Betteln, unterlass. Abhalten v. Betteln, Stehlen rc.: 361 Nr. 4. 9. Kirche, Beschimpfung: 166: Störg: 167; Liebst.: 243 Nr. 1: vgl. Gottesdienst. Klasfisizirung der Strafthaten: 1. Knochen-Sammeln: 242 n. 57. Kollision der Gesetze: 2. 4; Konkurrenz: 73. Komplott: 47 n. 12; vgl. Zusammenrottung. Konfiskationr vgl. Einziehung. Konkurrenz: 73—79. Konkurs» Bankerutt: (281 ff.) KO. 239 ff.; besondere Strafvorschriften: EG. 2; vgl. Bankerutt. Körperverletzung: 223—233; schwere: 224. 225; tödtliche: 226—229; fahrlässige: 230. 232; Erwiderg: 233: Strafantrag: 232. 65: Zweikampf: 207; Aussetzung: 221; Schlägerei rc.: 227; Freiheitsentziehg: 239; Raub: 251; Eisenbahntransport: 315. 316. 325; Beschädigg v. Wegen rc.: 321; Beamter: 118. 340. 358. Korporation (Körperschaft), Schuldverschreibg, Fälschg: 149: kirchl., Beschimpfg: 166; Beleidigg: 197; amtl. Aufbewahrg, Beamter: 133 n. 2; 359 n. 35. Krankenanstalt, Arzt, Unzucht: 174 Nr. 3. Krankheit, Kranker, Aussetzen rc.: 221; ansteckende Kr.; 327. 328. Krebsen, unbefugtes: 296. 370 Nr. 4. Kredit, vgl. Gefährdung: Kreditgeben an Minderj.: 300. 301. Krieg, Landesverrat: 87—90, EG. 4, EL. EG. Art. IV; Lieferungsverträge, Nichterfüllung: 329; Todesstrafe: EG. 4, EL. EG. Art. IV. Kriegsbedürfnisse, Zerstörg rc.: 90 Nr. 2, EG. 4, EL. EG. Art. IV; Versorgung gesammelter Mannsch.: 127; Lieferungsverträge, Nichterfüllung: 329. Kriegsdienst, feindl.: 88; fremder, Entführg: 234; Anwerben: 141; Wehrpflicht, Ungehorsam: 112; Auswanderg: 140; Verstümmelg: 142; Entziehg: 140. 142. 143. Kriegszustand, Todesstrafe: EG. 4, EL. EG. Art. IV. Kugeln, Zueignung: 291. Kunstfehler; b. Bauten: 330; der Aerzte: 222 n. 12. Kunstsache, Beschädigung rc.: 304. Kuppelei: 180. 181. Kurator, Unfähigkeit: Nr. 6; Untreue: 266. Nr. 1; vgl. Vormund. Küstengewäffer, Nothsignale: 145; unbefugtes Fischen: 296 a.

1018

Register.

LandeSgesetzgevurrg, Zuständigkeit: EG. 2. 3. 5. 8. Landesherr. Mord rc.: 80; Thätlichkeit: 94; Beleidigg: 95; Handlungen g. fremde Landesherren: 102. 103; vgl. Bundesfürst, Kaiser. Landesherrliches Haus» Thätlichkeit: 96; Beleidigung: 97. LandeSkokarde» Unfähigkeit: 35 Nr. 1; vgl. Nationalkokarde. Landesverrathr 87—93; EG. 4; Ausland: 4 Nr. 2; Anzeigepflicht: 139. Landesverweisung r 38 Nr. 2. 284. 361 Nr. 2. 362. Landfriedensbruch r 125. Landstreicher: 361 Nr. 3. 362. Landtag» vgl. Reichstag. Landwehr» Auswanderung: 360 Nr. 3; Aufforderung zum Ungehorsam: 112. Landwirthfchaftliche Erzeugnisse, Anzündung: 308—310. 325. Landzwang» öffentliche Friedensstörung: 126; Erpressung: 254. Lärm» ruhestörender: 360 Nr. 11; in der Kirche: 167. Leben» Verbr. rc. g. d. L.: 211—222; vgl. Drohung, Gefährdung. LebenSmittel» verdorbene: 367 Nr. 7 Schl.; Entwendung: 370 Nr. 5, Schl. Legitimationspapier, falsches: 363. Lehmgraben auf fremden Grundstücken: 370 Nr. 2. Lehrer, Unzucht: 174 Nr. 1; Kuppelei: 181 Nr. 2; Beamter: 359 n. 27; Titel? 360 n. 48a; Züchtigungsrecht: 223 n. 9; 222 n. 7. Lehrling, Diebstahl rc.: 247; Züchtigungsrecht: 223 n. 10. Leibeigenschaft, Bringen in L-: 234. Leibesfrucht, Abtreibung rc.: 218—220. Leiche (Leichnam), Wegnahme: 168. 367 Nr. 1; Beerdigung rc.: 367 Nr. 1. 2. Licht, Unvorsichtigkeit: 368 Nr. 1. Lieferungsvertrag, Nichterfüllung: 329. Liquidator einer Handelsgesellschaft rc., Bankerutt: KO. 244. List, Verbr. q. d. Freiheit: 234—236; vgl. 170. 181. 223 a. Lootsen, L.-Signale: 145. LoSreißuug, Bundesgebiet rc.: 81 Nr. 3. 4; Widerstand: 113 n. 31. Lotterie, Veranstaltg: 286; Spielen in fremden L.: 286 n. 15; L.-Kollekteure, Be­ amte? 359 n. 26; Loosebücher, Urkunde, Fälschung: 271 n. 6. Mäkler, Untreue: 266 Nr. 3; Taxüberschreitung: 352 n. 6; Handelsmäkler: 350 n. 45; Kaufmann? Bankerutt? (281) KO. 239 n. 8. 17. Mädchen, Verführung 182. Magazin, Zerstörg rc.: 90 Nr. 2: EG. 4; Anzündg: 308—310. 325. Majeftätsbeleidigung r 94—97. 4. Manifestationseid, Zuwiderhandlg: 162; Einziehg: 40 n. 18; 295 n. 5. Mannschaften, Anwerbg, Hochverrath: 84; Landesverrat: 90 Nr. 3, EG. 4; Dersorgg mit Waffen rc.: 127; Widerstand: 113. Marine, vgl. Heer. Martern, Raub: 251. Maffenverwalter, Untreue: 266 Nr. 1. Maß-Polizei: 369 Nr. 2 Schl. Medizinalperson, vgl. Arzt. Meer, Meeresufer: 145. 250. 366 a; vgl. 8 n. 3. Mehrheit der Theilnehmer; 47. 50; 83 n. 1; der Antragsberechtigten: 62ff.; Hochverrath: 83; Widerstand: 119; Hausfriedensbruch: 123; Diebst., Raub: 243 Nr. 6; 250 Nr. 2; Jagdfrevel: 293; Mißhandlg: 223 a. Meineid: 153—163; Verleitg: 159; Fahrlässigkeit: 163. Menschenmenge: 85. 110. 124. 125. 130 a. Menschenraub: 234. 235; Anzeigepflicht: 139. Mergelgraven auf fremden Grundstücken: 370 Nr. 2. Merkpfahl, Merkzeichen, Wasserstand: 274 Nr. 2. Meffer, gefährl. Werkzeug, Mißh., Schlägerei: 223 a. 367 Nr. 10. Messer (Beamter), Untreue: 266 Nr. 3. Meßwerkzeuge 369 Nr. 2. Meuterei d. Gefangenen: 122; Aufruhr: 115. Milderes, mildestes Strafgesetz — schwerste Strafe; 2. 4. 73. Mildernde Umstände, vgl. Umstände. Militairavschied, falscher: 363.

Register.

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Militairdienst, vgl. Kriegsdienst. Militairischer Landesverrath: 87—90. Militairperson, Strafgesetzbuch: 10; Abschn. 28 n. 3; Widerstand: 113; Beleidigg: 196; Bestechg: 333. 335.

Minderjähriger, Strafantrag: 65; Entführg: 235, 237; Kreditgeben rc.: 301. 302. Mineralien, unbefugte Gewinng: 370 Nr. .2. Mißbrauch des Ansehens: 48; anvertrauter Macht, Hochverrath: 84; der Amtsge­ walt: 339: z. außerehel. Beischlaf: 176 Nr. 3. 177.'

Mißhandlung: 223—228; M. v. Thieren: 360 Nr. 13; vgl. Körperverletzung. Mittel, untaugliches M., Versuch: 43 n. 9; vollendete That: 267 n. 6; Anstiftg, Beihülfe: 48. 49 n. 6; Leibesfrucht, Abtreibg: 218. 219; Armenmittel, Unterstützg, Arbeitsscheu: 361 Nr. 7. Mitthäter: 47. 50; Abschn. 29 n. 5. Mitwirken: zum Absätze gestohlener rc. Sachen: 259; zur Verheimlichung von Glücksspielen: 285; Banden-Diebstahl: 243 Nr. 6. Monat, Berechnung: 19. MontirnngSstück, Ankauf rc.: 370 Nr. 3. Mord: 211; des Landesherrn rc.: 80; Bedrohg mit M.: 254; Brandstiftung: 307. Nr. 2. 325, EG. 4, EL. EG. Art. IV; Anzeigepflicht: 139. Munition, verschossene, Zueignung: 291; Aufsammlung: 360 Nr. 2. Münzverbrechen rc.: 146—152 Nr. 1. 2; Anzeigepflicht: 139; Ausland: 4. Müßiggang: 361 Nr. 5. 6. 7. 362. MuthwilligeS Handeln: 366 Nr. 3; vgl. 134 n. 4. Mutter, Kindestödtg: 217; Abtreibg. 218; Aussetzg: 221.

Nachlaß, Geldstr., Vollstreckg: 30; Diebstahl: 242 n. 7.31. Nachlese: 242 n. 57. Nachwachen von Geld: 146 ff. Nachrichten» geheime, Verrath: 92 Nr. 1. Nachschlüssel 243 Nr. 3, 369 Nr. 1. Nachtzeit, Diebstahl 243 Nr. 7; Raub: 250 Nr. 4; Jagen: 293; Fischen rc.: 296; Strandhöhe, Feuer: 322. 325. 326, EG. 4, EL. EG. Art. IV.

Nahrungsmittel, Entwendg: 370 Nr. 5 Schl.; verfälschtere. N.: 367 Nr. 7 Schl. Namen, falscher: 360 Nr. 8; 263 n. 32. 50; 267 n. 18—21. Nationalkokarde, Verlust: 34 Nr. 1; unbefugtes Tragen: 360 n. 46. EG. 2 n. 32. Nebenstrafen: 32ff. 188. 200; 1 n. 4; 2 n. 15; 30 n. 3; Verjähr.: 70 n. 5; 71 n. 2; 72 n. 2; Konkurrenz: 73 n. 14; 74 n. 21. 24; 76; Versuch: 45.

Netze, Jagdfrevel: 293; Einziehg: 295; vgl. 296 a. Notar, Amt: 31; Beamter: 359; Geheimhaltung: 300. Nöthigung z. e. Strafthat: 52; z. Beschlüssen rc.: 105; z. e. Amtshandl.: 114; z. e. anderen Handl.: 240. 253—256. 339; z. Unzucht: 176—178.

Nothstand: 54; Ueberschwemmung: 313 n. 4; Noth, Lieferungsvertrag, Nichterfüllg: 329; Verweigerung d. Hülfe: 360 Nr. 10; Nothflgnale: 145; Vermögensbeschüdigg: 303 n. 3; Betteln: 361 n. 27.

Nothwehr: 53. Nothzucht: 177. 176 Nr. 1. Nutznießer, (Besitz rc.) Diebstahl: 289. Obhut: 174 Nr. 2. 221. Obrigkeit, Aufforderung z. Ungehorsam: 110; Derdächtigg: 13L Oeffentlichkeit: 85 n. 1—9. — Oeff. Amt: 31. 33; EG. 5; öff. Wahl: 33; Derdächtigg v. Staatseinricht, rc.: 131; unzücht. Handll.: 183; Beleidigg: 186.200; Derleumdg: 187; vgl. Angelegenheiten, Aufforderung, Frieden, Ord. nung, Ort, Zusammenrottung, Urkunde, Gerichtsverhandlung. Oeffnung, Bedeckg: 367 Nr. 12. Offenbarung v. Geheimnissen: 300; Offenbarungseid: 162. 153 n. 5. Operationsplan, Verrath: 90 Nr. 4, EG. 4, EL. EG. Art. IV. Orden, Verlust: 33; Unfähigkeit: 34 Nr. 3: unbefugtes Tragen: 360 Nr. 8. Ordnung (öffentliche), Verbr. rc. g. d. öff. O.: 123—145; Poliz.-Vdn., gewerbsm. Unzucht: 361 Nr. 6.

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Register.

Ordnungsstrafe, Umwandlg: 28 n. 21; Zeuge rc., Nichterscheinen: 138; widerrechtl. Strafvollstr: 345 n. 4; Landesgess.: 6 n. 2; 7 n. 3.

Ort der That: 3 n. 6ff.; Ges. des Orts: 4. 48 n. 10; off. Ort: 85 n. 1 ff. Packete, Eröffng, Unterdrückg rc.: 354. Päderastie 175. Papiergeld, Fälschung: 146—149. 151. 152; Anfertigg v. Stempeln rc. zu PG.: 360 Nr. 4. 5 Schl.; Abbildungen d. Papiergelde ähnlich: 360 Nr. 6 Schl.

Partirereir 259—262. Patz (Reisepaß), falscher: 363. 275 Nr. 2: 348 n. 5; 271 n. 23 a. Paffe, Bringen in feindliche Gewalt: 90 Nr. 1, EG. 4, EB. EG. Art. IV. Personenstand, Verbrechen rc.: 168. 170; P.'s-Register, Fälschung: 271 n. 6. 16; P.'s'Beamter, Doppelehe: 338; andere Pflichtwidrigkeiten: EL. EG. Art. IX.

Pfandglaubiger, Pfandleiher, (Besitz-) Diebstahl: 289; Gebrauch der Pfandobj.: 290; Wucher: 302a n. 4. 9; Anordnungen, Zuwiderhandeln: 360 Nr. 12.

Pfandnahme, Hehlerei: 259; Waffen rc.: 370 Nr. 3. Pfändung, Beseitigung gepfändeter Sachen: 137. Pferd, Zureiten aus Straßen rc.: 366 Nr. 2; Steinewerfen: 366 Nr. 7; Futterdieb. stahl: 370 Nr. 6.

Pflegeeltern, Angehörige: 52; Unzucht: 174. Pfleger s. Vormund. Plaggenhauen auf fremden Grundstücken: 370 Nr. 2. Plagium; vgl. Menschenraub. Plakat; vgl. Anschlag. Platten, Unbrauchbarmachung: 41. 42; Münzverbrechen: 141; unbefugte Anfertigg rc.: 360 Nr. 4-6, Schl.

Platz, Bringen in seindl. Gewalt: 90 Nr. 1, EG. 4, EL. EG. Art. IV; öffent­ licher Pl., Transportsache, Diebstahl: 243 Nr. 4; Raub: 250 Nr. 3; Beschädigg: 304; Reinlichkeit rc.: 366 Nr. 2. 3. 8—10; 367 Nr. 12. 14. Plünderung, Zusammenrottg: 125. Politische Rechte, Unfähigkeit: 34 Nr. 4. — Politische Körperschaft: 197. Polizei-Aufsicht: 38. 39; Versuch: 44. 45; Straf unmündiger: 57 Nr. 5; Konkurrenz: 76; Zuwiderhandlg: 361 Nr. 1. Polizeistunde» Uebertretung: 365. Polizeiverordnung (Anordnung): Absetzn. 29 n. 21 ff.; Zuwiderhandlg: 361 Nr. 6, 366 Nr. 1. 10, 367 Nr. 2. 5. 14, 368 Nr. 1. 2. 8. Post; P.-Beamter, wer? 359 n. 22ff.; Eröffng. rc. v. Briefen rc.: 354. 358; P.Gebäude, Diebst.: 243 Nr. 4; P-Kontravention, bes. Bestimmgen: EG. 2, EL. EG. Art. II, Verjährg: EG. 7; off. Urkunde, Fälschung: 267 n. 44. 95 ff. 104. 108; P.-Versendg, ätzende rc. Gegenst.: 367 Nr. 5a; P.-Werthzeichen, Fälschung: 275. 276. 360 Nr. 4; Entwerthung, Veräußerung rc.: 364. Prävarikation: 356. Pretzpolizeigesetze: EG. 2, EL. EG. Art. II; Preßerzeugnisse: 41. Privatgeheimnitz, Offenbarg: 300. Privatklage, Beleidigg, Körperverletzg: 185 n. 30; 188 n. 16. Privatweg, Wegnahme v. Erde rc.: 370 Nr. 2; geschlossner, Begehg rc.: 368 Nr. 9. Promeffenhandel: 286 n. 3—5. Pulver, Zerstörung rc.: 311. 325; Kriegszustand: EG. 4.; Zubereitung: 367 Nr. 4; Aufbewahrg rc.: 367 Nr. 5.

Quälen, boshaftes, von Thieren 360 Nr. 13. OuittungSbogen, Fälschung: 149. 360 Nr. 6. Schl. Rädelsführer, Aufruhr: 115; Landfriedensbruch: 125; Meuterei: 122 n. 16. Rath, Gehülfe: 49; durch Rath dienen beiden Prozeßpart., Prävarikation: 356. Rasen, Wegnahme: 370 Nr. 2. Raub: 249—252. 256 ; N. in Banden: 250 Nr. 2; 243 Nr. 6; Straßenraub: 250 Nr. 3; Rückfall: 244. 245. 250 Nr. 5; Hehlerei: 258. 261; Ankauf geraubter Sachen: 259; Brandstiftg: 307 Nr. 2. 325, EG. 4; Anzeigepflicht: 139; vgl. Menschenraub. Raufhandel: 227. 367 Nr. 10. Raum, besonderer für jugendl. Verbrecher: 57; abgeschlossener R., Hausfriedens-

Register.

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bruch: 1*23. 124; umschlossener R., Diebst.: 243; eingeschlossener R.: 366 Nr. 7. — Räumlichkeit, Brandstiftg: 306—310. Raupen, Unterlassung: 368 Nr. 2. Real-Injurie r 185 n. 17. Rechnung, Fälschg: 351. 353. 358. Rechtsanwalt, Rechtsbeistand, Beamter? 359; Geheimnißbruch: 300; Gebührenüberhebg: 352. 358; Prävarikation: 356. Rechtsbeugung: 336. Rechtsirrthumr s. 133 n. 7; 59 n. 15. 25; — 137 n. 37; 193 n. 8; 223 n. 6; 239 n. 9; 242 n. 40; 246 n. 45; 257 n. 8; 263 n. 41; 283 n. 2. 10; 292 n. 14; 293 n. 3; 303 n. 2; 341 n. 7; 342 n. 6. Rechtssache» Bestechung: 334—336; Prävarikation: 356. Rechtswahn: Th. I Abschn. 4 n. 7; 59 n. 15; vgl. 54 n. 5. Rechtswidrig: 242 ff. 246. 249 ff. 253 ff. 263. 267 ff. 289. 303 ff. 346. 353. 355; vgl. Widerrechtlich. Reciprocität: 102. 103. Regent, Thätlichkeit: 96. 100; Beleidigg: 97. 101. 103. Register, amtliches, Vernichtg rc.: 133; Fälschg: 271—273; Beamter: 348. 339. 351. Reich, Hochverrath: 81 Nr. 2. 3. 84, EG. 4, EL. EG. Art. IV; Landesverrath: 87-93, EG. 4, EL. EG. Art. IV; Strafthat g. e. gesetzgebende Dersammlg rc.: 105. 106. 339; Beleidigg: 197. Reichstag, strafr. Handl. g. dens. rc.: 105. 106. 339; Beleidigg: 197; Abgeordneter, Verantwortlichkeit: EG. 11; Bericht: EG. 12. Reinlichkeit, Polizeiverordnung: 366 Nr. 7. 8. 10. Reisegepäck, Diebstahl: 243 Nr. 4. Reisender auf Schiffen, Mitnahme verbotener Gegenstände: 297. Reisepaß, vgl. Paß (275 Nr. 2. 348 n. 5. 363). Reiten, schnelles: 366 Nr. 2; über fremde Gürten rc.: 368 Nr. 9. Reiz: 213; vgl. 199. 233. Religion, Vergehen in Bez. auf diese: 160—168; R.-Unterricht: 132 n. 2. Religionsdiener: 130a. 196. 338; vgl. Geistlicher. Religionsgesellschaft, Beschimpfg: 166; Gottesdienst, Störg: 167. 339; Beschädi­ gung rc.: 304. Rentenanstalt, unbefugte Errichtung: 360 Nr. 9. Reparatur, vgl. Ausbesserung (367 Nr. 13. 14). Reservist, Auswanderg: 360 Nr. 3. Retentionsrecht, Verletzg: 289. Reue (thätige), Versuch: 46 Nr. 2; Rücktritt, Theilnahme: 47 n. 12. 16; 48 n. 51; 49 n. 17; 49a n. 15; Hochverrath? 80 n. 2; 82 n. 4; 83 n. 7; Meineid, Widerruf: 158. 163; Brandstiftg: 310. Richter, Geschenknahme, Bestechg: 334. 335; Beugg des Rechts: 336. Riffe v. Festungen, s. Festungspläne. Rohrpostanlage, Befchädigg rc.: 317—318a. Rückfall: 1 n. 2; 37 n. 14; 70 n. 1; 73 n. 13; 74 n. 10. 22; Landesgesetze: EG 2 n. 16; Strafabmessung: s. 136 n. 12; Diebstahl: 244. 245; Raub: 250 Nr. 5 Hehlerei: 261; Betrug: 264; Schwurgericht: 244 n. 13. Rückkaufshändler, Zuwiderhandlg. ders.: 360 Nr. 12; Wucher 302 a n. 4. 9. Rücktritt (freiwilliger), vgl. thätige Reue. N. v. Komplott: 47 n. 12. 16. Rügen der Vorgesetzten: 193. Ruhe, Straße rc., Polizei-Vdn.: 366 Nr. 10; Lärm: 360 Nr. 11. Sachbeschädigung: 303—305. Sachverständiger, falsches Gutachten: 154. 155 Nr. 2. 157. 161; falsche Entschuldigung: 138. Sammlung, öffentliche, Befchädigg: 304. Sandgraben auf fremden Grundstücken: 370 Nr. 2. Schadensersatz: EG. 6 n. 11; EL. EG. Art. XV; Strafmaß: 1 n. 12; maß­ gebendes Ges., Zeit: 2 n. 26; Buße: 188. 231; Brandentschädigg, Neberforderg: 263 n. 73. Schaffner, Untreue: 266 Nr. 3. Schamhaftigkeit, Verletzung derselben 183, 184 a. Schankstube, Polizeistunde: 365.

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Register.

Schauer, Untreue: 266 Nr. 3. Schiedsmann, Sühneversuch: 61 n. 19; 68 n. 4. Schiedsrichter, Bestechung: 334. 335; Beugung des Rechts: 336. Tchießbedarf, Ansammeln desselben: 360 Nr. 2. Schießen, verbotenes: 367 Nr. 8, Schl.; 368 Nr. 7. Schießgewehr, vgl. Gewehr (295. 367 Nr. 8 u. 9). Schießpulver (Schießbedarf), Landesverrath: 90 Nr. 2, EG. 4, EL. EG. Art. IV; Aufsammeln: 360 Nr. 2 Schl.; Zubereitg: 367 Nr. 4; Aufbewahrg rc.: 367 Nr. 5. Schießstand, Zueigng v. Kugeln: 291. Schiff, Inland: 8 n. 3; Landesverrath: 90 Nr. 2, EG. 4, EL. EG. Art. IV; Ver­ hütung d. Zusammenstoßes: 145; Hausfriedensbr.: 123 n. 2—4; Diebft.: 243 Nr. 7; Stranden: 323. 325. 326; Gefährdung des Schiffes rc., Contrebande, 297; Verstcherg, Betrug: 265; Feuerzeichen rc.: 322. 325. 326, EG. 4, EL. EG. Art. IV; Zerstörg: 305; Brandstiftg: 306—310. 325. Bringen in ausl. Schiffsdienste: 234. Schiffer (Schiffsmann), verbotene Gegenstände: 294; Heuer, Entlaufen: 298. Schifffahrt, Feuerzeichen rc.: 322. 325. 326; Kriegszustd: EG. 4, EL. EG. Art. IV; Pol.-Verordngen: Abschn. 29 n. 26a; vgl. Schiff. Schlageisen, unbefugtes Legen: 367 Nr. 8, Schl. Schlägerei: 227. 228; Waffengebrauch: 367 Nr. 10. Schleuse, Beschädigg rc.: 321. 325. 326; Ausbesserg, Sichergsmaßr.: 367 Nr. 14. Schlingen, Jagdfrevel: 293. 295. Schlitten, Fahren, Deichsel, Geläute: 366 Nr. 4. Schlosser, Schlüssel, Anfertigg rc.: 369 Nr. 1. Schlüssel, Anfertigg: 369 Nr. 1; Diebstahl: 243 Nr. 3. 4. Schmerzensgeld: 188 n. 17. 32; 231 n. 3. 9; EG. 6 n. 14. Schöffe, Amt: 31; falsche Entschuldigg: 138; Bestechg: 334. 335. Schonung, unbefugtes Gehen rc.: 368 Nr. 9. Schonzeit, Jagen: 293. Schornstein, Reinigung: 368 Nr. 4; vgl. 368 n. 6. 7. Schrift, Aufforderg zu strafb. Handl.: 85. 110. 111; unzüchtige: 184; beleidigende: 186. 187. 200; Platten, Formen; 41. 42; unechte Stempelabdrücke: 275 Nr. 2; diplomatische Schriftstücke, Mittheilg rc.: 353a. Schuldverschreibung auf den Inhaber 149 a, Fälschg: 149. 360 Nr.' 6, Schl. Schutzwehr, Widerstand: 113; Beschädigg rc. einer Sch.: 321. 325. 326. Schwangere. Abtreibg rc. der Leibesfrucht: 218—220: Verheimlichg: EG. 2 n. 14. Schwer; schwere Körperverletzung: 224. 225. 227—229. 239. 251. 315. 321. 340; schwerer Diebst.: 243—245; minder schwerer Fall: 94. 96; schwerste Strafart, schwerste Strafe: 73. 74. Schwiegereltern, Beischlaf mit Schwiegerkindern: 173; vgl. Angehörige. See, Raub: 250 Nr. 3; Zusammenstoßen v. Schiffen: 145; vgl. Meer. Sekundant, Zweikampf: 208. 209. Selbstgeschoß, unbefugtes Legen derselben: 367 Nr. 8, Schl. Selbsthülfe: 59 n. 1; 123 n. 8; 240 n. 4; 242 n, 45; 289 n. 7; 303 n. 3. 4; EG. 2 n. 20. Selbstverstümmelung, Wehrpflicht: 142. Sequester, Untreue: 266 Nr. 1. Sicherheit, eidlich bestellte, Zuwiderhandeln: 162; öffentliche S., Gefährdung: 366 Nr. 2—5. 7-10. Tiegel, Beschädigg rc.: 136; untief. Anfertigg: 151. 360 Nr. 4—6, Schl. Signale, Noth rc.-S.: 145; falsche S., Eisenb.: 315. 316. 319; vgl. Feuerzeichen. Singvögel, Eier, Junge: 368 Nr. 11. Sittlichkeit^ Verbrechen rc.: 171—184; Entführung: 235ff.; vgl. Unzucht, Beischlaf. Sklaverei, Entführung: 234. Sodomie, vgl. Unzucht (175). Soldat, Landesverrath: 90 Nr. 1.3. 6, EG. 4, EL. EG. Art. IV; Montirung rc., Kauf: 370 Nr. 3; Anreizung rc. z. Ungehorsam: 112; Desertion, Verleitg: 141; Beleidigg: 196; vgl. Militärperson. Heer. SonntagSfeier, Störg: 366 Nr. 1.

Register.

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Spiel, Bankerutt: (283 Nr. 1) KO. 240 Nr. 1; Hülfsbedürftigkeit: 361 Nr. 5. 362; . vgl. Glücksspiel.

Spielkarten, unechte Stempelabdrücke: 275 Nr. 2. Spion: 90 Nr. 5, EG. 4. Sprengstoffe, Aufbewahrg: 367 Nr. 5. Staat, befreundeter, feindl. Händig: 102—104; vgl. Bundesstaat. Staatsbürgerliche Rechte, Verlust: 34 Nr. 4; Verbrechen rc. in Beziehung auf dieselben: 105—109. 339.

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Staatseinrichtung, Verächtlichmachg: 131. Staatsgeheimniß, Verrath: 92 Nr. 1. Staatsgeschäft, Führung zum Nachtheil des Reichs: 92 Nr. 3. Staatsgewalt, Widerstand: 110—122. Stauer, Untreue: 266 Nr. 3. Steine, Werfen: 366 Nr. 7; Wegnahme: 370 Nr. 2. Stempel, unbefugte Anfertigg rc.: 151. 360 Nr. 4—6, Schl. Stempelpapier (Stempelmarke, Stempelblankett, Stempelabdruck), falsches, Ge­ brauch: 275 Nr. 1, 276; Verkauf: 364; Fälfchg: 275 Nr. 3; Anfertigung von Platten rc.: 360 Nr. 4, Schl. Sterbekaffe, Errichtg: 360 Nr. 9. Steuer, widerrechtliche Erhebg rc.: 353. Steuervergehen, besondere Gesetze: EG. 2, EL. EG. Art. II; Verjährung: EG. 7; unterlassene Abhaltg der Kinder rc. v. StV.: 361 Nr. 9. Stiche, vgl. Stempel, Siegel. Stiefeltern, Beischlaf: 173. 174 n. 5; vgl. Angehörige. Stifter geheimer rc. Verbindungen: 128. 129. Stimmrecht, Unfähigkeit: 34; Verhinderg: 106. 107. 339. Stimmenkauf rc..- 109, KO. 243; Stimmzettel, Versälschg rc.: 108. Störung, off. Frieden: 126; Gottesdienst: 167; Telegr.-Anst., Benuhg: 317. 318; Fahrwasser: 321. 325. 326; Sonntagsfeier: 366 Nr. 1; Ruhe: 360 Nr. 11. — Krankhafte St. der Geistesthätigkeit: 51. Strafausschließungs- und Strafaufhebungs-Gründe; vgl. Straflosigkeit. Strafe, Gesetz: 2; Arten: 13—42; EG. 5. 6; Strafausschließg rc.: 51 ff. 186 n. 9; Strafzumessung: 136 n. 12; Untersuchungshaft, Anrechnung: 60; Zusammentreffen: 73—79; Verjährg: 70—72; Strafverbüßg: 79. 245; widerrechtliche Vollstreckg: 345.346; vgl. Todes-, Freiheits-, Geldstrafe. Straferlaß: 3 n. 4; Ausland: 5 Nr. 2; Zuchthausstr., Unfähigk. z. Dienst rc.: 31 n. 2; Ehrenrechte, Pol.-Aufsicht, Zeitberechng: 36. 38; Konkurrenz: 79; Rückfall, Diebst. rc.: 245. 250 Nr. 5. 261. 264. Straffolgenr 31. 35 Abs. 2; EG. 6 n. 9ff. Strafgefangener, Beschäftig: 15. 16. 362. Strafgesetz, allg. Anwendg: 3. 10; milderes: 2; besonderes: EG. 2. 3, EL. EG. Art. II. 111; Irrthum über Existenz oder Sinn des StGB.: 133 n. 7. Straflosigkeit: 51 ff. 46. 163. 204. 209. 247 (Abs. 2). 310. Strafsache, Meineid: 153. 154. Strafunmündiger: 55—57; vgl. Kind. Strafurtheil, Bekanntmachung: 165. 200. EG. 6 n. 8. Strafvollstreckung, pflichtwidrige: 345. 346. Strandung, vorsätzliche: 323. 325. 326, EG. 4, EL. EG. Art. IV; Derstcherg, Betrug: 265; Feuerzeichen rc.: 322. 325. 326; gestrandete S., Diebst.: 242 n. 18. Straße, Diebstahl: 243 Nr. 4: Raub: 250 Nr. 3; Zerstörung einer Straße: 305; Sicherheit rc., Uebertretung: 366 Nr. 2—5. 8-10. 367 Nr. 12. 14. Strom, Fahrwasser, Strömung: 321. 325. 326; Pol.-Vdn. Abschn. 29 n. 26 a. Stundung einer Geldforderung: 302 a. Tag, Berechnung: 19. Taubstummer, Straflosigkeit: 58; Strafantrag: 65. Täuschung: 170. 263. 267 ff. Telegraph; T.-Anlage, Beschädigg. rc.: 317—320; T.-Beamter, Vernachlässigung: 318-320; Fälfchg rc.: 355. 358; T.-Werthzeichen: 275. 276. 360 Nr. 4. 364. Telephon: 318a. TerritorialitätS-Prinzip: 3; Exterritoriale: 3 n. 14. 15. Testaments-Exekutor, Untreue: 266 Nr. 1.

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Thäter (Mitthäter): 47. Thätlichkeit» g. fürstliche Personen: 94. 96. 98. 100; Beleidigg: 185; Hinderg d. Gottesdienstes: 167. 339.

Thatsache» Verdächtige amtliche Anordng: 131; Beleidigg rc.: 186—191; Betrug: 263; Zeuge rc., Entschädige 138; Auswanderg: 144.

Theilnahme: 47—50; sog. nothwendige Th.: 103 n. 2; 50 n. 4; Wehrpflicht, Entziehg: 143; Diebstahl gegen Angehörige: 247. 289; Strafantrag; 63; Th. an e. Zusammenrottg: 115. 124. 125; an geheimen rc. Verbindgen: 128. 129; vgl. Anstifter, Beihülfe. Thier» Unzucht: 175; Aufsicht: 366 Nr. 5; Werfen auf Th.: 366 Nr. 5; gefährliche rc.: 367 Nr. 11; Thierfang, Diebst.: 242 n. 9. 10. 12. 20. Thierquälerei r 360 Nr. 13. Thronfolge» Aenderung: 81 Nr. 2. 102, EG. Art. IV. Titel» Verlust: 32; Unfähigkeit: 34 Nr. 3; unbefugte Annahme: 360 Nr. 8. Todesstrafe» Vollstreckg: 13; Ehrenrechte: 32; Versuch: 44; Beihülfe: 49; Strafunmündiger: 57 Nr. 1; Verjährg: 67. 70 Nr. 1; Todesstrafe angedroht in 80. 211, EG. 4. Todtschlag r 212—215; Schlägerei: 227. 228. Tödtnng» vorsätzliche: 211 ff., fahrlässige: 222; Bundesfürst: 81 Nr. 1; Nothzucht: 178; Zweikampf: 206. 207; T. im Zorn: 213; b. Begehg strafbarer Händigen: 214; auf Verlangen: 216; Kindestödtung: 217; T. d. Leibesfrucht: 218—220; tödtl. Körperverletzg: 226; Schlägerei: 227. 228; Freiheitsentziehg: 239; Raub: 251; Brandstiftg: 307 Nr. 1. 309. 325; Ueberschwemmg: 312. 314; Eisenbahntransport: 315. 316. 325; T. d. Gift: 229; Vergiftn v. Brunnen rc.: 324—326; T. d. Beschädigg rc. von Wasierleitung rc.: 321; Stranden rc.: 322. 323. 325. 326; Kriegszustand rc.: EG. 4, EL. EG. Art. JV. Torfmoor» Anzündung: 308—310. 325. Totalisator: 284 n. 4. Transport, Eisenbahn, Geführdg: 315. 316. 325 ; Gefangene vgl. d. W. Transport. mittel, Landesverrath: 90 Nr. 2; Transportsache, Diebstahl: 243 Nr. 4. Trauung» Vorspiegelung, Beischlaf: 179; vgl. Ehe. Trichinen, gleis d): 367 Nr. 7. 324 n. 7; 230 n. 4; Abschn. 29 n. 20. Trunk» Hülfsbedürftigkeit: 361 Nr. 4. 362. Truppen; vgl. Soldaten, Heer. Tumult; vgl. Aufstand, Aufruhr.

Ueberfall (hinterlistiger): 223a. UevergangSbestimmungen r EG. 8, EL. EG. Art. III. V. Uebergehen z. Feind, Verleitg: 90 Nr. 3. Ueberlaffenr 363. 367 Nr. 3. Ueberlegung, Mord: 211. Ueberlieferung v. Verbrechern: 9; v. Festungen rc.: 90 Nr. 1. 2. Ueberschreitung der Nothwehr: 53. Überschwemmung» vorsätzliche: 312. 313. 325, EG. 4, EL. EG. Art. IV; fahrlässige: 314; Bedrohg mit Ueberschw.: 254. 126.

Uebertretung» Begriff: 1; im Allg.: Abschn. 29 n. 1 ff.; Bestrafg: 350—370: Ausland: 6; Versuch: 43; Beihülfe: 49 n. 3; Strafunmündiger: 57 Nr. 4; Zusammentreffen: 78; Verjährg: 67. 70. — Uebertr. einer Amts- rc. Pflicht, KörperVerletzung: 232. Ueberweisung an die Landes-Polizeibehörde: 362. Ufer, Schutz: 366 a. Umstände» erschwerende, mildernder s. 135 u. 11 f.; Klasstfizirg der That: 1 n. 2. 3; mildestes Ges.: 2 n. 12; Verjährg: 67 n. 1; Znrechng v. Thatumst.: 50. 59. Umwandlung v. Geldstrafen: 28. 29. 78; v. Freiheitsstrafen: 19 n. 3; 21 n. 1; 44. 57 Nr. 3. 74 ff. Unbrauchbarmachung v. Schriften, Platten rc.: 41. 42. 68 n. 37; v. Festungs» werken, Schiffen, Brücken, Eisenbahnen rc.: 90 Nr. 2; v. Löschgeräthschaften: 307 Nr. 3; v. Feuerzeichen rc.: 322. Unfähigkeit (z. off. Amt): vgl. Amt. Unfug: 360 Nr. 11; beschimpfender Unfug: 103 a. 135. 166. 168. Ungehorsam» Aufforderg: 110. 112; U. g. amtl. Weisgen: 113 n. 39; 360 Nr. 10; EG. 2 n. 17.

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UrrglückSfall, verweigerte Hülfe: 360 Nr. 10. Uniform, unbefugtes Tragen: 360 Nr. 8. Unkenntniß, Strafbarkeit: 59; vgl. Rechtsirrthum. Unrath, Werfen: 366 Nr. 7. Unterbrechung, Verjährg: 68. 72; Arbeitshaus, Frist? 362 n. 6a; U. der StrafVollstreckung? 19 n. 8. Unterbringung, Erziehungs-(Besserungs.)Anstalt: 55. 56; Arbeitshaus: 362. Unterdrückung, Personenstand: 169; Urkunden rc.: 92 Nr. 2. 274; Rechnungen rc.: 351; Briefe, Depeschen: 354. 355; Thatsachen: 263. Unterhalt, Unterkommen, Beschaffung: 361 Nr. 5. 8. 362; Pflicht, die ©einigen zu unterhalten, Entziehung: 361 Nr. 10. Unterlassung, UnterlaffungSdelikter 1 n. 8; Versuch: 43 n. 15; Thäterschaft: 47 n. 7. 20; Anstiftg: 48 n. 28; Beihülfe: 49 n. 8. 9; Verjährg: 67 n. 8; Uebertretgen: Abschn. 29 n. 1. 10; unterlassene Anzeige, vgl. Anzeige; unter!. Buchführg, Bankerutt: (281. 283) KO. 209. 210; unterl. Aufstellg v. Feuerzeichen rc.: 322; unterl. Derfolgg v. Strafthaten: 346; unterl. Abhaltg v. Strafth.: 361 Nr. 4. 9; Körperverletzg, Sachbeschädigg rc. durch 11: 211 n. 4; 223 n. 24; 303 n. 13; 360 n. 89a; Nöthigg z. 11.: 114. 240. 253ff. 339. Unternehmen, Begriff: 49a n. 2: 62 n. 2. 7; Hochverrath: 81—83; gesetzgebende Versamml. rc., Sprengg: 105; Nöthigg, Beamter: 114; Meuterei, Ausbruch der Gefangenen: 122; Meineid, Verleitg: 159; Untergebener, Derleitg: 357; Stempelabdruck rc.: 360 Nr. 5. Unterschiebung v. Kindern: 169. Unterschlagung: 246—248; Beamter: 350. 351; Hehlerei: 258; Ankauf: 259. Untersuchung, Erpressg v. Geständnissen rc.: 343; widerrechtliche Eröffng rc.: 344; widerrechtl. Unterlassg: 346; Unzucht: 174 Nr. 2; Zeugniß, falsches: 154; Untersuchungshaft, Anrechng: 60; 2 n. 20; 15 n. 2; 16 n. 4; 19 n. 9. Untreuer 266. Vgl. Veruntreuung. Unzucht, Vormund rc.: 174 Nr. 1; Beamter rc.: 174 Nr. 2. 3; 11. mit Bewußtlosen rc.: 176 Nr. 2. 178; nt. Kindern: 176 Nr. 3. 178; m. Gewalt rc.: 176 Nr. 1. 178; widernatürliche 11.: 275; gewerbsmäßige: 361 Nr. 6. 362; Kuppelei: 180. 181; Entführg: 236. 237; Aergerniß: 183: Schriften rc.: 184; vgl. Sittlichkeit, Beischlaf. Unzurechnungsfähigkeit: 51—55; Strafunmündigkeit: 56. 57. Urkunde, Begriff: 267 n. 37 ff., öff. 11.: ib. n. 66 ff., Privat-U.: ib. n. 109 ff.; Landesverrath: 92 Nr. 1. 2; Beschädigg rc.: 133. 274. 348; unbefugte Er­ öffng: 299. Urkundenfälschung: 267—280; intellektuelle: 271—273; Beamter: 348. 349. 351. Landesverrath: 92 Nr. 2; Wahl- und Stimmzettel: 108; Gesundheitsattest: 277; andere Atteste, Pässe: 363. Urtheile, Bekanntm.: 165. 200; tadelnde Urtheile rc.: 193. Vater, Strafantrag: 189. 195; väterl. Gewalt: 15 Nr. 7; vgl. Eltern. Verabredung, Hochverrath: 83: Mitthäter: 47 n. 10. Verachtung, Verächtlichmachg, Staatseinricht, rc.: 131; Beleidigg rc.: 186ff.; Anreizg z. Zweikampf: 210. Verbergen, Spione: 90 Nr. 5; sich v., Diebstahl rc.: 243. 250. Verbindung, geheime rc.: 128. 129. Verbleiben in feindl. Kriegsmacht, Krieg: 88. Verbrechen, Begriff: 1; Versuch: 43; Verjährg: 67. 70. Verbreiten v. Thatst: 131. 186—192: v. Schriften rc.: 3n. 9: 85. 110. Ul. 130a. 184. 186. 187. 200; papiergeldähnliche Drucks, rc.: 360 Nr. 6. BereinSrecht, besondere Bestimmungen: EG. 2. EL. EG. Art. II. Vereinte Kräfte, Zusammenrottg: 115. 116. 124. 125; Meuterei: 122. Verfälschung; vgl. Fälschung, Urkundenfälschung. Verfassung, Hochverrath: 81 Nr. 2, EG. 4, EL. EG. Art. IV. Verführung eines jungen Mädchens: 182. Vergehen, Begriff: 1; Ausland: 4. 5; Versuch: 43 ; Strafunmündiger: 57 Nr. 4; Verjährg: 67. 70. Vergiftung eines Menschen: 229; v. Brunnen, Waaren rc.: 324—326. Verhaftung, rechtswidrige: 341. 358; vgl. Festnahme. Oppenhoff, D. Strafgesetzduch. 14. Aufl. 65

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Verheimlichen, Hehlerei; 259ff.; Handelsbücher, Vermögensstücke, Bankerutt rc.; 281. 282. 288 n. 7; Glücksspiele: 285; vgl. Verschweigung. Verjährung der Strafverfolgung: 66—69; Strafantrag: 61; Doppelehe: 171; Beleidigg: 198; Körperverletzg: 232; D. der Strafvollstreckg: 66.- 70—72; Abgabenhinterziehg rc.: EG. 7; Civilklage: EL. EG. Art. VI. »ersauf, Wahlstimmen: 109; unzüchtige Schriften rc.: 184; Gift, Arzneien: 367 Nr. 3; vergiftete rc. S.: 324—326; Stempelpapier rc.: 364; verdorbene rc. Getr8nke rc.: 367 Nr. 7; verbotene Waffen: 367 Nr. 9 Schl. Verkehr, in V. bringen falsches rc. Geld, vergiftete rc. Sachen: 146 ff. 324; Verkehrshinderg: 366 Nr. 9: Pol.-Vdn.: Absch. 29 n. 49. 53. 56. Verkündigung (Verkündung), Urtheil, Antrag, Zurückn.: 64; D. v. Pol.:Ddn.: Abschn. 29 n. 22. 41. 74-76. 79; Schriftst., Geistl.: 130a. Verlangen, Untauglichmachg eines Wehrpflichtigen, Tödtg auf D.: 142. 216; Zu. erkennung einer Buße aus D.: 188. 231; Sträfling, Beschäftig: 16. Verlaffen des Bundesgebiets, Wehrpfl.: 140: eines Hüls losen: 221. Verleitung z. Desertion rc.: 141. 90 Nr. 3; z. Auswanderg: 144; z. Meineid rc.: 159. 160; z. Duldg unzüchtiger Händigen, z. Beischlaf: 176 (Nr. 3). 179. 182; Vorgesetzter: 357; vgl. Anstifter. Verletzung der Wehrpflicht: 140; der Amtspflicht: 332.333; v. Absperrungs-Maßregeln rc.: 327. 328; vgl. Körperverletzung. Verleumdung: 187; verleumderische Denunciation: 164. Verlobte, Angehörige: 52. Vermögen, Beschlagnahme: 93. 140; V.'s-Dortheil rc.: 263 n. 2ff.; 263 n. 2. 3; 253 n. 4ff.: 302a n. 10ff. Vernichtung v. Urkunden: 92 Nr. 2. 133. 348. 274 Nr. 1, 280; eines Grenzsteins rc.: 274 Nr. 2. 280; der Handelsbücher: 281; v. Sachen b. e. Zusammenrottg: 125; als Strafe? EG. 6 n. 13; vgl. Zerstörung. Verringerung v. Geld: 150; v. fremden Grundstücken rc.: 370 Nr. 1. Verrückung von Grenzsteinen rc.: 274. Versammlung, gesetzgebende: 105. 106. 197; religiöse, Ort: 130a, 166; gottesdienstl. D., Brandstiftg: 306; V.'s-Recht, bes. Best.: EG. 2, EL. EG. Art. II. Verschaffen, sich; falsches Geld: 147; Dermögens-Dortheile, Betrug: 263. Verschleiern, Vermögens-Dortheile, Wucher: 302 b. Verschwägerte aus-, absteigender Linie: 52. 173. 174 n. 5; vgl. Angehörige. Verschweigung, vergiftete S.: 324; Betrug: 263 n. 52ff.; Meineid: 154 n. 11; 23. v. Ehehindernissen: 170. Verstcherung, Betrug: 265. — Vgl. Diensteid, Eidesstatt. Versicherungsanstalt, unbefugte Errichtung: 360 Nr. 9. Versicherungsgesellschaft, Täuschg durch falsche Atteste: 277—280. Versprechen an Beamte: 333. 334. Sich versprechen lassen v. Minderj.: 301. 302; wucherl. Vortheile: 302 aff.; Vortheile, Beamte: 331. 332. 334. Versteigerer, Untreue: 266 Nr. 3. Versteigerung, Verabfolgung geistiger Getränke: 367 Nr. 16. Verstorbener, Beschimpfung: 189. 190. Verstümmelung, Wehrpflicht: 142. Versuch: 43—46; Mord, Landesherr: 80. 102; Vergehen: 43. 107. 120. 141. 148. 150. 160. 169. 240. 242. 246. 253. 263. 289. 303—305. 339. 350. 352. Vertheidigung, Nothwehr: 53; Beleidigg: 193; Vertheidiger, Geheimnißbruch: 300. VertheidigungSposten, feindl. Gewalt: 90 Nr. 1, EG. 4, EL. EG. Art. IV. Veruntreuung: 246 n. 57. Vgl. Untreue. Verursachen: 118. 178. 220—222. 226. 227. 229. 239. 251. 309. 312. 314-316. 321-324. 326; vgl. 254. 225. Verwalter v. Stiftungen, Untreue: 266 Nr. 1. Verwandte auf-, absteigender L.: 52; Beischlaf: 173; Unzucht: 174 n. 5; Todtschlag: 215; Mißhdl.: 223. 228; Liebst, rc.: 247. 370 Nr. 5. Verwechselung e. Kindes: 169; Personen-V., Irrthum: 48 n. 44; 49 n. 16; 59 n. 2; 211 n. 9. Verweis: 57 Nr. 4, EL. EG. Art. XII; EG. 6 n. 6. Verweisung aus dem Bundesgebiete rc.: 39 Nr. 2: 284. 362. 361 Nr. 2. Verzicht auf Bestrafung: 61. n. 11. 12. Viehfutter, Futterdiebstahl: 370 Nr. 6. Schl. Viehseuche, Verhütung: 328.

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Viehtreiben über fremde Aecker rc.: 368 Nr. 9. Vögel, vgl. Singvögel, Federwild. Vollstreckung, Strafunmündiger: 57; Derjährg: 70—72: widerrechtliche: 345. 346; Vollstreckungs-Beamte, Widerstand: 113; vgl. Haft, Nachlaß. Vorbeifahren, Hindern: 366 Nr. 3. Vorbereitungs-Handlungen; Versuch? 43 n. 6; Beihülfe: 49 n. 4; Hochverrath rc.: 82 n. 6. 7; 83ff.; des. Gess.? EG. 2 n. 14. Vorgesetzter» Vorhaltungen: 193; Strafantrag: 196. 232, Verleitg z. Strafth.: 357. 358; Ausw. Amt, Amtsverschwiegenheit rc.: 353a. Vorhaben r 82. 139. Vormund, Unfähigkeit: 34 Nr. 6; Strafantrag: 65; Unzucht: 174: Kuppelei: 181; Untreue: 266; Diehst. rc.; 247: Betrug: 263. Vorräthe, Landesverrath: 90 Nr. 2, EG. 4, EL. EG. Art. IV; Brandstiftung: 308—310. Vorsatz, Vorsätzlichkeit: 59 n. Iff.; Versuch: 43 n. 2. 4; Anstiftg: 48 n. 20; vorsätzliche Verbr.rc., Einziehg: 40; vorsätzlich: 92. 108. 120ff. 133. 136ff. 141 ff. 162. 167. 169. 21 Iff. 217ff. 220ff. 229. 239. 271. 299. 303ff. 312ff. 317. 321 ff. 340. 344. 353; vgl. Dolus. Vorschub leisten der feindl. Macht: 89; der Unzucht 180. 181. Vorspiegelung falscher Thats.: 144. 263; einer Trauung: 179. Vorsteher geheimer rc. Verbindungen: 128. 129; v. Eisenb.°Ges. rc. 320. Vorstrafen bei Rückfall: 244. «ortheiler 49a Abs. 3. 257. 259. 331. Waage, unrichtige, Besitz, Gebrauch: 369 Nr. 2 Schl. Waare, Bezeichnung mit fürstl. Wappen: 360 Nr. 7; Waarenvorräthe, Anzündg: 308—310. 325; Vergiftg: 324—326; entzündliche Waaren, Aufbewahrg: 367 Nr. 6. Wäger, Untreue: 266 Nr. ,3. Waffen, Einübg, Hochverrath: 84; Waffentragen g. d. Reich rc.: 88, EG. 4; Bringen in feindl'. Gewalt: 90 Nr. 2, EG. 4, EL. EG. Art. IV; Dersorgg ge­ sammelter Mannschaften: 127; Aufsammlg: 360 Nr. 2, Schl.; Hausfriedensbruch: 123; Körperverletzg: 223 a; Diebstahl: 243 Nr. 5; Raub: 250 Nr. 1; Bettelei: 262; Schlägerei: 367 Nr. 10; verbotene W.: 367 Nr. 9, Schl.; tödtliche W., Zweikämpf: 201. Wahl; zw. Zuchthaus it. Festungsh.: 20; Wahlrecht, Derhinderg: 107. 339; Unfühigkeit: 34 Nr. 4; Verlust der aus öff. Wahlen hervorgegangenen Rechte: 31. 83. 84. 87—91. 94. 95; Wahlhandlung rc. Fälschung: 108; Wahlstimmen, Kauf: 109. Wahnsinn, s. Geisteskranker. Wahrheit, Beweis b. Beleidigung rc.: 185. 186. 190. 192. 193. Wald (Waldung), Anzünden: 308—310. 325; Anzünden v. Feuer: 368 Nr. 6; Jagdfrevel im W.: 293: Waldeigenthümer, Widerstand: 117. Wanderbuch, falsches: 363. Wappen, Waarenbezeichn.: 360 Nr. 7; Fam.-W., untief. Gebr.? 360 n. 55. Wasserbehälter, Vergiftung: 324—326. Wasserleitung (Wasserbauten), Beschädigung rc.: 321. 325. 326. Wafferstand, Merkmale, Vernichtung: 274 Nr. 2. Wasserstraße, Diebstahl: 243 Nr. 4; Raub 250 Nr. 3; Vorbeifahren, Derhinderg, Gefährdung, Pol.-Vdn.: 366 Nr. 3. 8. 9. 10. Wechsel, Minderjähriger, Wucher: 301. 302. 302 b; Urkunde: 267 n. 126 ff. Wechselseitige Beleidigg u. Körperverletzg: 198. 232. Weg, Diebstahl: 243 Nr. 4; Raub: 250 Nr. 3; Beschädigg: 304. 321. 325. 326; Sicherheit rc., Pol.-Vdn.: Abschn. 29 n. 48. 49; 366 Nr. 3. 5. 9. 10; 367 Nr. 12. 14; unbefugtes Gehen rc.: 368 Nr. 9; Verringerung: 370 Nr. 1; Wegnahme v. Erde rc.: 370 Nr. 2. Wegnahme v. Autoritätszeichen rc.: 103a. 135; v. Grenzsteinen rc.: 274; v. Leichen rc.: 168. 367 Nr. 1; v. Rasen rc.: 370 Nr. 2; vgl. Diebstahl. Wehr, Beschädigung: 321. 325. 326. 366 a. Wehrpflicht, vgl. Kriegsdienst. Weiden, unbefugtes Gehen rc.: 368 Nr. 9. Weinberg, Schließung: 368 Nr. 1; unbefugtes Betreten: 368 Nr. 9; Entwendung 242 n. 53.

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Werbung zum Militärdienst einer ausländischen Macht: 141. Werfen v. Steinen rc. 366 Nr. 7. Werkzeuge (gefährliche): 117. 223a. 367 Nr. 10. Werthzeichen (Telegraphen-, Post-): 275. 276. 360 Nr. 4. 364. Widernatürliche Unzucht: 175. Widerrechtlich: 123. 124. 239. 240. 291. 339. 353a; vgl. Rechtswidrig. Widerruf der vorläuf. Entlastung: 25. 26; des Meineides: 158. 163; W., Privatgenugthuung: EG. 6 n. 11. Widerstand gegen die Staatsgewalt: 110—122; g. Beamte: 113; b. Auflauf: 116; b. d. Meuterei: 122; W. gegen Forst- rc. Beamte: 117. Wiese, unbefugtes Gehen rc.: 368 Nr. 9; Entwendg: 242 n. 53. Wilde- Thier, Halten: 367 Nr. 11. Willensbestimmung, freie, Ausschließung: 51. 52. Wirth, Glücksspiel, Gestatten: 285; Polizeistunde: 365. Wiffentlichr 49. 153ff. 257ff. 270. 273. 275. 276. 324. 327. 328. 354. 355. 357. 363. 364; mistend rc.: 171. 338; wider besseres Wissen: 164. 187. 189.278; ohne Wissen oder Willen: 220; ohne Vorwiffen: 297: Witwenkasse, unbefugte Errichtung: 360 Nr. 9. Woche, Berechng: 19; Freiheitsberaubg.; 239. Wohnung, widerrechtliches Eindringen: 123. 124; Beamter: 342. Wucher: 302aff. Wundarzt, vergl. Arzt. Würde, Verlust: 33; Unfähigk: 34; unbefugte Annahme: 360 Nr. 8. Zahlungseinstellung, Kaufmann: (281—283) KO. 239 ff. Zeichen, Zerstörg d. Z. d. Autorität: 103a. 135; Schifffahrtszeichen: 322. 325ff.; EG. 4, EL. EG. Art. IV. Zeit der Begehung der That rc.: 2 Nr. 2; 48 n. 10; 56. 66 n. 5. Zerstörung v. Festungswerken rc.: 90 Nr. 2; v. Autoritätszeichen: 103a. 145; b. Zusammenrottgen: 125; gepfändeter S.: 137; eme§ Grabes: 168; v. fremden S., Gegenst. d. Derehrg, Gebäuden rc.: 303—305; v. Wasterleitgen, Feuerzeichen rc.: 321. 322; durch explodirende Stoffe: 311; vgl. Beschädigung, Vernichtung. Zeuge, Unfähigkeit: 34 Nr. 5. 161; falsche Entschuldigung: 138; falsches Zeugniß: 154. 155 Nr. 2. 157. 161; Zweikampf: 209. Zeughaus, Zerstörung rc.: 90 Nr. 2, EG. 4, EL. EG. Art. IV. Zeugniß, ärztliches, falsches: 277—280; andere Z.: 363; vgl. Meineid. Zinsscheiu, Fälschung: 149. 360 Nr. 6, Schl. Zollvergehen, besondere Bestimmungen: EG. 2, EL. EG. Art. II. ZüchtigungSrecht, Ueberschreitg: 223 n. 3—12. Zuchthausstrafe, EL. EG. Art. V; Dauer: 14. 19; Beschäftig: 15; Wahl zwischen Zuchthaus und Festungshaft: 20; Verhältniß z. Gefängniß.- 21; Umwandlg: 28; Einzelhaft: 22; Entlassg: 23—26; Folgen: 31; Verlust der rc. Ehrenrechte: 32; Strafunmündiger: 57 Nr. 1. 3; Versuch: 44; Hülfeleistg: 49; Meineid: 157. 158; Verjährg: 70 Nr. 1—3. Zueignung (rechtswidrige, widerrechtliche), Diebst., Raub: 242. 249; Unterschlagg: 246. 350; Z. v. Munition rc.: 291. Zuhälter 181a. Zurechnung von Thatumständen rc.: 50. 59; vgl. Unzurechnungsfähigkeit. Zureiten mit gemeiner Gefahr: 366 Nr. 2. Zurückbehaltungsrecht, Wegnahme: 289. Zusammenrottung, Aufruhr: 115; Gefangenen-Meuterei: 122; Haus. u. Land­ friedensbruch : 124. 125. Zusammenstoßen der Schiffe auf See: 145. Zusammentreffen mehrerer strafb. Händigen: 73—79; mehrerer Körperverletzgen: 227. ZustandSdelikte 74 n. 9. ZwaugSgestellung, rechtswidrige: 341. 358; Widerstand: 113 n. 11. Zwangsmittel, Untersuchg: 343. Zwangsvollstreckung, Vereitelg; vgl. Vollstreckung. Zweig, Abbrechen: 242 n. 57. Zweikampf: 201—210; Anreizung: 210; vgl. Duell. Zweck: 128. 129. 147. 151. 177. 191. 235. 267. 270. 273. 334. 363; öffentl. Zw. 317. 318. 320. 322. 329. 355.